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EN N EI ee * werner nenne nr ehe nee er erschien ernennen nr nenn ”* EL WEN EEE EEE IE LA A He EEE IE NE ICHEE BE Fe E HE “rer nd nennt En ar ILL AM if Pr er. AI H N: Asse Ne ARCHIV für Mikroskopische Anatomie I. Abteilung für vergleichende und experimentelle Histologie und Entwicklungsgeschichte II. Abteilung für Zeugungs- und Vererbungslehre herausgegeben von O0. Hertwig und W. Waldeyer in Berlin IRRE Neunundachtzigster Band Mit 36 Tafeln und 72 Textfiguren BONN Verlag von Friedrich Cohen 1917 artutIe? I WIN > SIE £ ar HN \ Inhalt. Abteilungl Erstes Heft. Ausgegeben am 31. Mai 1916. Zu Carl Rabl’s „Edouard van Beneden und der gegenwärtige Stand der wichtigsten von ihm behandelten Probleme.“ Von Franz Keibel, Strassburg. Hierzu 3 Textfiguren Zweites und drittes Heft. Ausgegeben am 20. Oktober 1916. Über den Wandungsbau der Arterien, insbesondere die Struktur des elastischen Gewebes bei Anamnien und Sauropsiden. Von Ortwin Reinecke. Hierzu Tafel I-II . ; Zur Kenntnis der Zellgranula. Untersuchungen über den Feneren Ban der Haut von Myxine glutinosa. (Erster Teil, erste Hälfte.) Von K. E. Schreiner. (Aus dem Anatomischen Institut der Uni- versität Kristiania.) Hierzu Tafel IIT- VIII und 15 Textfiguren Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges (Recessus labyrinthi oder Ductus endolymphaticus) bei den Schildkröten und über seine Homologisierung bei den Wirbeltieren. Von Franz Keibel, Strassburg i. Els. Hierzu Tafel IX—XI und 30 Textfiguren . Sind die „Sommerzellen“ in der Nebenniere des Frosches acidophil? Von Dr. Walter Carl, Privatdozenten an der Universität Königs- berg i. Pr. Hierzu 1 Textfigur . Viertes Heft. Ausgegeben am 5. Februar 1917. Historisch-kritische Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzen- zellen. Von Friedrich Meves in Kiel. Hierzu Tafel XII-—XV. Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers des Menschen. Von AlbertSzent-Györgyi, Budapest. (Aus dem I. Anatomischen Institut der Universität Budapest. Direktor Prof. Dr. M. von Len'hossek.) Hierzu Tafel XVI—XX und 6 Textfiguren Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo und deren arterielle Ge- fässe.. Von J. Rückert, München. Hierzu Tafel XXI—-XXIV und 11 Textfiguren Zur Entwicklung der Vena ara en von nee En deren Beziehungen zur Vorniere. Von J. Rückert, München. Hierzu Tafel XXV und XXVI und 1 Textfigur Seite 189 249 466 \6335 Abteilung 1. Erstes Heft. Ausgegeben am 31. Mai 1916. Über die Plasmakomponenten (Golgischer Apparat, Mitochondrien u. a. der weiblichen Geschlechtszellen (zytologische Untersuchungen am Ascidien-Ovarium). Von Prof. Dr. Jan Hirschler (Lemberg- Universität). (Aus dem Anatomisch-biologischen Institut an der Universität Berlin.) Hierzu Tafel I-IV. k Untersuchungen über den Vorgang der Befruchtung. I. Der Kan de Protoplasmas an der Befruchtung von Ascaris megalocephala. Von Hans Held. Hierzu Tafel V—X Literarische Rundschau . Zweites und drittes Heft. Ausgegeben am 20. Oktober 1916. Das genealogische Netzwerk und seine Bedeutung für die Frage der monophyletischen oder der polyphyletischen Abstammungshypo- these. Von Oscar Hertwig. Hierzu 5 Textfiguren Viertes Heft. Ausgegeben am 5. Februar 1917. Über die theoretische Fassung des Problems der Vererbung erworbener Eigenschaften. Von Professor Dr. Jan Hirschler (Lemberg- Universität) . Seite 225 180} 10} -] 243 ARCHIV für Mikroskopische Anatomie I. Ahteilung für vergleichende und experimentelle Histologie und Entwicklungsgeschichte II. Abteilung für Zeugungs- und Vererhungslehre herausgegeben von O0. Hertwig und W. Waldeyer in Berlin Neunundachtzigster Band I. Abteilung Mit 26 Tafeln und 67 Textfiguren | — BONN Verlag von Friedrich Cohen 1917 LER Wa : Sl Zu) JarE wi RER: nee Ir | BR ln net I Wr; x N iR eat MHNATT rg A re PR ,3 En : Dh BAUEN. N. an 2 \ vr hr Are Pe I £ Inhalt. Abteilungl. Erstes Heft. Ausgegeben am 31. Mai 1916. Zu Carl Rabl’s „Edouard van Beneden und der gegenwärtige Stand der wichtigsten von ihm behandelten Probleme.“ Von Franz Keibel, Strassburg. Hierzu 3 Textfiguren Zweites und drittes Heft. Ausgegeben am 20. Oktober 1916. Über den Wandungsbau der Arterien, insbesondere die Struktur des elastischen Gewebes bei Anamnien und Sauropsiden. Von Ortwin Reinecke. Hierzu Tafel I—-II . Zur Kenntnis der Zellgranula. Untersuchungen über den feifeen Bau der Haut von Myxine glutinosa. (Erster Teil, erste Hälfte.) Von K. E. Schreiner. (Aus dem Anatomischen Institut der Uni- versität Kristiania.) Hierzu Tafel III- VIII und 15 Textfiguren Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges (Recessus labyrinthi oder Ductus endolymphaticus) bei den Schildkröten und über seine Homologisierung bei den Wirbeltieren. Von Franz Keibel, Strassburg i. Els. Hierzu Tafel IX—XI und 30 Textfiguren . Sind die „Sommerzellen“ in der Nebenniere des Frosches acidophil? Von Dr. Walter Carl, Privatdozenten an der Universität Königs- berg i. Pr. Hierzu 1 Textfigur Viertes Heft. Ausgegeben am 5. Februar 1917. Historisch-kritische Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzen- zellen. Von Friedrich Meves in Kiel. Hierzu Tafel XII—XV. Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers des Menschen. Von Albert Szent-Györgyi, Budapest. (Aus dem I. Anatomischen Institut der Universität Budapest. Direktor Prof. Dr. M. von Lenhosseck.) Hierzu Tafel XVI—XX und 6 Textfiguren Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo und deren arterielle Ge- fässe. Von J. Rückert, München. Hierzu Tafel XXI—-XXIV und 11 Textfiguren Zur Entwicklung der Vena Cardhral a von Rorada MS deren Beziehungen zur Vorniere. Von J. Rückert, München. Hierzu Tafel XXV und XXVI und 1 Textfigur Seite 1 e) 189 466 Zu Carl Rabl’s „Edouard van Beneden und der gegenwärtige Stand der wichtigsten von ihm behandelten Probleme.“ Von Franz Keibel, Strassburg. In einer grossen Arbeit, welche im SS. Bande dieses Archives abgedruckt ist, will Carl Rabl das Lebenswerk Edouard van Benedens würdigen und den gegenwärtigen Stand der wichtigsten von van Beneden behandelten Probleme zur Darstellung bringen. Das Werk Rabls trägt dementsprechend „zum grössten Teil einen historischen Charakter“ (S. 268). Im Anschluss an den historischen Teil der Arbeit teilt dann Rabl ausgedehnte eigene Untersuchungen mit, durch welche die Forschungen Ed. van Benedens über die Gastrulation der Säuger weitergeführt werden sollen. In beiden Teilen der Arbeit werden in erster Linie mein Freund Hubrecht und ich, dann auch noch mancher andere auf das schärfste angegriffen. Dagegen wäre nun ja nichts zu sagen, denn es ist das gute Recht eines jeden, Ansichten, die er für falsch hält, zu bekämpfen, und wenn er kann, in ihrer Haltlosig- keit blosszustellen. Immerhin sollte aber auch hierbei die Form gewahrt werden, und kein Autor dürfte sich dazu bewegen lassen, seine wissenschaftlichen Gegner verächtlich zu machen. Er sollte doch überzeugt sein, dass auch sie sich nach Kräften bemüht haben, in die Probleme einzudringen; auch sollte er bei allem Selbstbewusstsein an die Möglichkeit denken, dass auch er sich irren kann. Von diesem Geiste, der für die historische Behandlung so wichtig ist, finde ich nun bei Rab] nichts. In schulmeisterlicher Weise fertigt er seine Gegner ab. Mich hierin mit ihm messen zu wollen, liegt mir fern. Wenn Rabl mir einen Druck- oder Schreibfehler vorwirft, so tut das nichts zur Sache, und, wenn ich ihm nun hier seine Druck- oder Schreibfehler, wie sie sich z. B. in seinem neuesten Werk finden, vorführen wollte, so würde ich das lächerlich finden. Vielleicht mag man Rabl für seine Leidenschaftlichkeit zugute halten, dass er selbst an den Fragen, Archiv f. mikr. Anat. Bd.89. Abt.I. 1 2 Franz Keibel: über welche er historisch berichten will, zu sehr beteiligt ist, um ein guter und gerechter Historiker zu sein. Spielt doch in seinem Werke die Darstellung seiner eigenen wissenschaftlichen Ent- wicklung fast eine grössere Rolle als die van Benedens. So sucht er nachzuweisen, dass von ihm eigentlich die Cell-lineage- Forschung ausgeht und greift dabei auf seine Arbeit über die Malermuschel (Unio) 1876 zurück. Trotzdem er sich nun aber ausgiebig mit der Gastrulation beschäftigt und gerade das Zu- sammenarbeiten der Resultate der Forschungen über Üell-lineage und der Gastrulations- und der Keimblätterlehre ein Hauptgegen- stand seiner uns hier beschäftigenden Arbeit ist, vergisst er daran zu erinnern, dass er in seiner Arbeit über Unio die Schalendrüsen- anlage als Gastrula angesehen hat. Ich verweise dafür auf Götte (Zeitschr. f. wiss. Zoologie, Bd. 52, 1891) und Korschelt (Lehr- buch der vergleichenden Entwicklungsgeschichte der wirbellosen Tiere von Korschelt und Heider. Spezieller Teil, 1893, S. 929). Es sei übrigens gleich erklärt, dass der Ausdruck Wirbeltier- zoologe, den er mir so übel nimmt, und den er als auf sich und van Beneden besonders gemünzt ansieht, durchaus nicht gegen ihn gerichtet ist, sondern gegen die Mehrzahl der Anatomen, welche, wie ich selber, sich mit Wirbellosen wenig oder gar nicht beschäftigt haben.') Ich habe zwar gelegentlich auch einmal Wirbellose beobachtet und habe einen grossen Teil der Arbeiten, über die Rabl berichtet, mit Interesse gelesen, habe mich auf diesem Gebiet aber mit Recht immer als Laie betrachtet und babe bei befreundeten Zoologen Rat und Belehrung gesucht. Der Hinweis von Hubrecht, dass man doch als Gastrulation einen Vorgang bezeichnen solle, der allen Metazoen gemeinsam wäre, und nicht die nur den Chordaten eigentümliche Bildung der Chorda und die besondere Form der Mesodermbildung mit in diesen Vorgang einbeziehen solle, weil dadurch die Vergleichbar- keit beeinträchtigt werde, hat mich veranlasst, die Vorgänge, welche. ich früher als zweite Phase der Gastrulation zusammen- fasste, als Chorda- und Mesodermbildung zu bezeichnen und nicht mehr in den Begriff der eigentlichen Gastrulation einzuschliessen. !) In dem Handbuche der Entwicklungsgeschichte des Menschen, S. 53, kann Rabl lesen: „... und ich habe mich ihm in dieser Hinsicht durch- aus anschliessen müssen, trotzdem ich viele Jahre lang die Frage durchaus vom Standpunkt der Wirbeltierzoologen aus behandelt habe.“ Zu Carl Rabl’s „Edouard van Beneden usw.“ 5) Aus entsprechenden Gründen glaubte ich davon absehen zu müssen, den Vorgang der Invagination oder auch nur einer nach Innen- verlagerung in die Definition der Gastrulation aufzunehmen. Wurde doch dadurch die Delaminationsgastrula nicht erfasst, und Delaminationsvorgänge kommen sogar bei Wirbeltieren in Betracht. Es sind das zunächst nur Definitionsfragen, aber sie hängen auch mit sachlichen Differenzen zusammen, welche Rabl zu überaus absprechenden Urteilen über mich veranlasst. Die Lehre von der Gastrulation in zwei Phasen, dann die Erklärung, dass man nur die erste dieser Phasen als Gastrulation bezeichnen solle, die zweite als Chorda- und Mesodermbildung, und die Beobachtungen, welche hiermit zusammenhängen, bilden den Kernpunkt des Streites zwischen Rabl und mir, und dass Ra bl hier mir gegenüber über- aus ungerecht, also ganz unhistorisch verfährt, darauf möchte ich hinweisen. Dabei kann ich nicht auf jede Einzelheit eingehen, bei der ich glaube, dass Rabl mir unrecht tut und möchte die Leser von Rabls Arbeit nur bitten, sich in dem, was ihnen Rabl vorträgt, durch die temperamentvolle Überzeugung, welche Rabls Darstellung trägt, nicht ohne weiteres fortreissen zu lassen, sondern selbst zu prüfen. Im Jahre 1901 (Ergebnisse der Anatomie und Entwicklungs- geschichte) sagte ich (S. 1113): „Unter Gastrulation verstehen wir bei Wirbeltieren den Vorgang, bei dem die Zellkomplexe für das Darmentoderm (resp. Darm- und Dotterentoderm), für das Meso- derm und für die Chorda in das Innere des Keimes gelangen.“ Dieser Vorgang würde nach meiner Ansicht in zwei Phasen verlaufen, in deren erster das Dottersack- und Darmentoderm, in der zweiten Chorda und Mesoderm gebildet wird. „Dabei bleibt,“ wie ich hervorhebe (Anat, Anz., Bd. 26, 1905, S. 368), „zu beachten, dass es vielfach schwer sein wird, in jedem Einzelfalle die Grenze zwischen beiden Vorgängen genau festzustellen, da auch hier, wie sonst vielfach in der Entwicklungsgeschichte, Ineinanderschiebungen von phylogenetisch zeitlich aufeinanderfolgenden Vorgängen statt- gefunden haben.“ So konnte ich z. B. bei meinen Untersuchungen über die Chorda bei Säugern (Meerschweinchen und Kaninchen) (Arch. f. Anat. u. Physiologie, 1889, Anatom. Abt.) und beim Schwein (Morphologische Arbeiten, 1893) nicht ausschliessen, dass auch bei der zweiten Phase der (Grastrulation, wie ich sie damals definierte, einzelne Elemente mit zur Bildung des Darmepithels beitragen. 1* 4 Franz Keibel: 1905 definiere ich im Anschluss an Hubrecht (Anat. Anz., Bd. 26, S. 367): „Die Gastrulation ist der Vorgang, durch welchen sich die Zellen des Metazoenkeimes in Ektoderm und Entoderm sondern); unter Entoderm sind dabei nur die den Darm bildenden Zellen zu verstehen.“ Ich habe hier den Ausdruck sondern deshalb gewählt, weil ich auch Delaminationsvorgänge damit erfassen wollte, was nicht geschah, wenn ich wie früher sagte, „in das Innere des Keimes gelangen“. Hubrecht braucht „diffe- renzieren“, aber versteht unter differenzieren etwas anderes als Rabl und begreift den Begriff der Abspaltung, wie ich weiss, auch in den Begriff der Differenzierung ein. Ich brauche mich dabei nicht auf meine Gespräche mit Hubrecht zu berufen. Es geht das auch mit aller Sicherheit aus einigen Sätzen der Hubrechtschen Erklärung hervor (Anat. Anz., Bd. 26, S. 357). Hubrecht kritisiert meine Definition von Gastrulation von 1901 und sagt: „Es soll (d.h. nach Keibel) die Gastrulation der Vor- gang sein, bei dem das Darmentoderm in das Innere des Keimes gelangt. Es wird also vorausgesetzt, dass genanntes Darmento- derm zunächst an anderer Stelle liegt und nun eine Umlagerung nach innen erfahren muss. Diese Petitio principii ist meiner An- sicht nach verwerflich, und die Definition soll so aufgestellt werden, dass sie auch auf Delamination passt. Sie würde dann folgendermaßen lauten: „Die Gastrulation ist ein Vorgang, bei dem ein Darmentoderm sich einem Hautektoderm gegenüber diffe- renziert und somit aus der einschichtigen Keimanlage eine zwei- schichtige hervorgeht.“ Rabl aber sagt (S. 263) „Dass der hier gebrauchte Aus- druck „sondern“ nicht im Sinne von isolieren, trennen, sondern im Sinne von differenzieren gemeint ist, kann nach dem Zusammen- hange, in dem er gebraucht ist, nicht zweifelhaft sein; denn sonst müsste der Satz lauten: Die Gastrulation ist ein Vorgang, durch welchen sich die bereits.zu Ektoderm und Entoderm differenzierten Zellen des Keimes voneinander sondern. Damit hätte der Satz aber einen ganz anderen Sinn. Übrigens beweist auch die Ver- sicherung Keibels, dass er in allen wesentlichen Punkten — und dahin gehört doch auch die Bestimmung der Gastrulation — mit Hubrecht übereinstimme, dass er unter Sonderung Diffe- renzierung verstanden habe. Ich behaupte und werde die Beweise = Im Original nicht gesperrt. ou Zu Carl Rabl’s „Edouard van Beneden usw.“ dafür beibringen, dass die Gastrulation in erster Linie kein Differenzierungs-, sondern ein Wachstumsvorgang ist, ein Vorgang, durch welchen gewisse bereits früher differenzierte Organanlagen in ihre definitive Lage gebracht werden.“ Rabl hat sich also hier als ein schlechter Textausleger erwiesen. Ein Historiker würde, wenn er die Entwicklung, welche ich in der Formulierung dieser Frage durchgemacht habe, sorgfältig verfolgt hätte, wohl auf die richtige Auslegung gekommen sein. Rabl aber hat nicht einmal für gut befunden, die Hubrechtsche Erklärung, auf die ich doch unmittelbar Bezug nehme, zu berücksichtigen. Meiner Definition wird hier von Rabl ein Sinn untergeschoben, welchen sie gar nicht hat. Auch hätte Rabl wohl berücksichtigen müssen, dass ich mich später 1913 noch an anderer Stelle (Kultur der Gegenwart III. IV. 2, S. 390) über die Definition der Gastrulation aussprach. Auch dann würde er erkannt haben, dass er meiner Erklärung von 1905 einen falschen Sinn unterlegt; — und das gleiche tat er auch, wie ich doch noch einmal ausdrücklich her- vorheben will, Hubrecht gegenüber, indem er dem Worte differenzieren einen ganz anderen Sinn zuschreibt, als es Hubrecht getan. Übrigens wird von Rabl auch ganz allge- mein meine Erklärung missbraucht, dass ich in allen wesentlichen Punkten mit Hubrecht übereinstimme. Dieser Satz findet sich in der Schlusszusammenfassung meiner Erklärung, nach- dem vorher Punkt für Punkt ausgeführt ist, worin ich mit Hubrecht übereinstimme, somit ist es nicht zulässig, eine Über- einstimmung in anderen Punkten anzunehmen als sie von mir festgestellt worden sind. Wenn die Grundlagen in dieser Weise willkürlich verschoben werden, müssen natürlich auch die Folge- rungen falsche und ungerechte sein. Das braucht nicht weiter ausgeführt zu werden. Doch ich will noch einige Einzelheiten hervorheben. Wie kommt Rabl dazu — und entsprechende Stellen finden sich mehrfach — zu sagen (S. 255): „Die Frage, was es denn eigentlich für einen Sinn habe, dass der Kopffortsatz, der doch ganz oder der Hauptsache nach Chordaanlage sein soll, dass also die Chordaanlage zuerst vom „Entoderm* vollkommen getrennt angelegt werde, dass sie dann mit ihm verschmelze („eingeschaltet* werde), sich aber zuletzt doch wieder von ihm trenne („ausgeschaltet“ werde), diese 6 Franz Keibel: Frage hat sich weder Hubrecht noch Keibel vorgelegt.“ Man vergleiche dazu auch Seite 263 und 246. Bei Besprechung meiner Arbeit über die Entwicklungs- geschichte der Chorda bei Säugern (Archiv für Anat. u. Physiol., 1589, Anat. Abt.) sagt Rabl, es könne ihm nicht einen Augen- blick zweifelhaft sein, „dass Keibel, obwohl er selbst sehr nach- drücklich vor diesem Fehler warnt, beständig ‚Einschaltung‘ und ‚Ausschaltung‘ der Chorda verwechselt. Keine seiner Zeichnungen zeigt einen wirklichen (primären) Chordakanal, d. h. einen Chorda- kanal im. Sinne Lieberkühns, ein Archenteron nach der Aut- fassung van Benedens und mir.“ Rabl irrt, und wenn er Fig. 34 meiner Arbeit vielleicht einmal vorurteilsfrei betrachten will, so wird er wohl den mit Ch. ec. bezeichneten Hohlraum als wirklichen Chordakanal im Sinne Lieberkühns gelten lassen müssen. Nebenbei wird in der gleichen Arbeit (S. 23 bezw. 347) zur Charakterisierung des Stadiums gesagt: „Das Herz selbst ver- dankt seine Entstehung Faltungsvorgängen des visceralen Blattes des Perikardialmesoblastes.“ Rabl zitiert diesen Satz, der mit dem ganzen Zusammenhange gar nichts zu tun hat (S. 250), mit der Hinzufügung: „Dies gilt, wie Keibel jetzt wohl selbst wissen wird, nur für das primitive Ektokard, das ‚äussere Herz- häutchen‘ Koellikers, nicht aber für das primitive Entokard oder das ‚innere Herzhäutchen‘. Der springende Punkt aber wäre gewesen, zu entscheiden, woher dieses Findothelsäckchen stammt. Diese Frage wird aber von Keibel gar nicht erwähnt.“ Ich erwähne diese Sätze. weil sie sehr charakteristisch dafür sind, wie Rabl mich behandelt. Ganz besonders charakteristisch des- halb, weil Rabl (S. 381) kein Bedenken trägt, bei einem Embryo von der paarigen Herzanlage zu sprechen, trotzdem ein Endothel- rohr des Herzens oder inneres Herzhäutchen Koellikers im strengen Sinne des Wortes noch nicht vorhanden ist. Es entbehrt nicht des Humors, wenn ich sogar gelegentlich den Sündenbock für Bonnet abgeben muss (S. 356): „Vor allem ist ihm (Bonnet) entgangen“, sagt Rabl, „dass man gegen- wärtig — wohl hauptsächlich infolge der äusserst mangelhaften Untersuchungen Keibels mit dem Ausdruck Chordaplatte sehr verschiedenartige Gebilde bezeichnet. Dadurch ist er in den Fehler verfallen, aus dem Kopffortsatz oder ‚Urdarmsäckchen‘ Zu Carl Rabl’s „Edouard van Beneden usw.“ 7 schliesslich doch nur die Chorda entstehen zu lassen.“ Übrigens ist Lieberkühn beim Meerschweinchen zu einem entsprechenden Resultat gekommen. Ich wende mich jetzt zur Frage der Nomenklatur, die in Rabls Arbeit eine grosse Rolle spielt. Dank der Bemühungen von Hubrecht und mir soll da das schlimmste Chaos herrschen. Nun habe ich mich stets bemüht, neue Namen überhaupt nicht einzuführen, sondern die Nomenklatur zu benutzen, wie sie uns von den Begründern der Keimblätterlehre überliefert war, dass dann die Keimschichten, die man bei den verschiedenen Tieren als Ektoderm und Entoderm bezeichnete, nicht zu homologisieren waren, habe ich natürlich lange erkannt, und noch 1913 (Kultur der Gegenwart III. IV. 2, S. 390) ausgesprochen. Ich kann mich hier damit begnügen, darauf zu verweisen. Übrigens will ich nicht versäumen, doch auch einmal meine Übereinstimmung mit Rabl hervorzuheben. Ich bin wie er gegen eine Fesselung der Nomenklatur durch die Abstimmungen einer Kommission besonders bei einer Wissenschaft, welche noch wie die Entwicklungsgeschichte im vollen Werden begriffen ist. Sogar die Baseler Nomenklatur, welche für eine alte Wissenschaft fest- gesetzt wurde, zeigt meiner Meinung nach, dass man in vielen Fällen gut getan hätte, hier von einer Bindung abzusehen. Wenn nun aber Rabl sagt (S. 233): „Vor langer Zeit wurde einmal auf einem Anatomenkongress (dem ich übrigens nicht beiwohnte) eine Kommission eingesetzt, die sich mit den Vorarbeiten für die Schaffung einer einheitlichen entwicklungsgeschichtlichen Nomen- klatur beschäftigen sollte“ usw., so täuscht ihn freilich sein Gedächtnis mehrfach. Der Kommission gehörte zunächst Waldeyer nicht an, sondern nur His, Rabl und ich, der Kommission sollte das Recht der Kooptation zustehen. Der von His gestellte Antrag, dem sich der Vorsitzende, Waldeyer, anschloss, lautete: „Die Anatomische Gesellschaft möge eine besondere Kommission ernennen mit dem Auftrag, sich über Grundsätze erspriesslichen Zusammenarbeitens auf dem Gebiete entwicklungsgeschichtlicher Forschung zu einigen.“ Die Aufgabe der Kommission war also eine viel weitere und freiere als Rabl annimmt. Ausserdem war Rabl auf dem Anatomenkongress in Bonn (1901), auf dem diese Kommision gewählt wurde, zugegen und hat sogar vorgetragen. Im Gegensatz zu Rabl habe ich stets bedauert, dass diese 8 Franz Keibel: Kommission nie zusammengetreten ist. Sie hätte sicher die Ent- wicklungsgeschichte durch keine mit Stimmenmehrheit beschlossene Nomenklatur in Fesseln geschlagen, hätte aber viel zur Ver- ständigung und zur Verhinderung einfach durch Missverständnisse hervorgerufenen unnützen Streites beitragen können. Hätte sie ausserdem zum Beispiel eine Übersicht über die in Betracht kommenden Termini technici gegeben, wie sie jetzt Rab] selbst in seiner Arbeit für ein kleines Gebiet der Entwicklungsgeschichte gegeben hat, so würde das von wesentlichem Nutzen gewesen sein. Übrigens finde ich auf diesem (Gebiet einen Widerspruch bei der Erklärung des Ausdruckes bouton embryonnaire. S. 198 heisst es: „den Rest der inneren Zellmasse“ beim Säugetier nach Ab- lösung der couche l&citophorale, „der übrigens deren Hauptmasse darstellt, nennt van Beneden bouton embryonnaire, was sich so ziemlich mit der deutschen Bezeichnung Embryonalknoten deckt. Dagegen lesen wir Seite 225: „Nicht gleichbedeutend mit „Embryonalknoten“ ist bouton embryonnaire.“ Wende ich mich jetzt von der Nomenklatur zum sachlichen Inhalt der Rablschen Arbeit, so ist hervorzuheben, dass Rabl zeigen will (S. 223), dass die Keimblättertheorie nur eine mehr untergeordnete Bedeutung hat. Auch darüber habe ich mich ja selbst, zuletzt an der zitierten Stelle der Kultur der Gegenwart ausgesprochen. Rabl behauptet dann ferner und will die Beweise bei- bringen (S. 263) „dass die Gastrulation in erster Linie kein Differenzierungs-, sondern ein Wachstumsvorgang ist, ein Vorgang, durch welchen gewisse bereits früher differenzierte Organanlagen in ihre definitive Lage gebracht werden“. Ich erinnere hier daran, dass Rabl unter differenzieren etwas ganz anderes ver- steht wie Hubrecht und ich unter differenzieren bezw. sondern, und dass es durchaus unzulässig ist, dass er seinen Sinn unsern Ausdrücken unterschiebt. Dass ich (wie er) annehme, dass die prospektive Potenz gewisser Embryonalbezirke schon sehr früh festgelegt ist, hätte er schon aus den Schemata in meinen Studien zur Entwicklungsgeschichte des Schweines (1893) entnehmen können. Eine scharfe Abgrenzung der einzelnen Bezirke ist freilich, wie ja aber auch Rab] selbst zugeben muss, zurzeit nicht möglich. Rabls Untersuchungen beziehen sich auf das Kaninchen, und da behauptet er, beweisen zu können, dass der Kopffortsatz Zu Carl Rabl’s „Edouard van Beneden usw.“ J nicht nur die Anlage für Chorda und Mesoderm liefert, sondern auch den grössten Teil des Darmentoderms und seiner Organe. Ja, er scheint es für ‚wahrscheinlich zu halten, dass das gesamte Darmentoderm vom Kopftortsatz geliefert wird. Würde aber auch nur erwiesen, dass ein Teil des Darmentoderms vom Kopf- fortsatz geliefert wird, so wäre damit die Lehre von der Gastru- lation in zwei Phasen widerlegt. Ich bin nicht dieser Ansicht. Als ich vor mehr als 25 Jahren nach Untersuchungen am Kaninchen, dann Anfang der neunziger Jahre nach Untersuchungen am Schwein für die Säuger zu der Aufstellung der Lehre von den zwei Phasen der Gastrulation kam, war ich ja zu dem Resultat gekommen, dass im wesentlichen vom Kopffortsatz Chorda und Mesoderm gebildet wird, hatte aber eine geringe Beteiligung an der Bildung des Darmentoderms nicht ausschliessen können. Trotzdem habe ich, wie gesagt, die Lehre von der Gastrulation in zwei Phasen aufgestellt und halte das damals (resagte auch aufrecht. Dass ich die „zweite Phase“ der Gastrulation nach meiner Definition von 1905 nicht mehr als Grastrulation definiere, ist dabei von untergeordneter Bedeutung. Ausserdem aber kann ich freilich auch nicht zugeben, dass Rabl den Beweis einwandfrei geführt hat, dass das gesamte oder fast das gesamte Darmentoderm und das Entoderm seiner Drüsen vom Kopffortsatz aus geliefert wird, und wenn man genau zu- sieht, so spricht sich Rabl auch da, wo es sich um die reine Feststellung von Tatsachen handelt, stets mit einer gewissen Reserve aus. Die Angaben, dass der in das „Lecitophor“ ein- geschaltete Kopffortsatz durch Abgabe von pyknotischen Zellen mit pyknotischen Kernen das Darmentoderm bilden soll, kann ich auch nicht als gelungen betrachten. Bei der Verwertung der Zellzählungen, welche Rabl wesentlich als Beweis gelten, ist her- vorzuheben, dass Rabl ein mögliches Ausziehen in die Länge und eine dadurch bedingte Umordnung der Zellen der Chordaanlage gar nicht in Betracht zieht. Nun ist aber die Chorda der Säuger ein ganz rudimentäres Organ. Die seitlich von ihr gelegenen Elemente sind sich stark progressiv entwickelnde Bildungen mit kräftigem, schon früh einsetzendem Wachstum, sicher geeignet, die rudimentäre Chordaanlage in die Länge auszuspinnen. Dann ist die Chordaanlage schon bei Schweineembryonen von etwa sieben Ursegmentpaaren, bei Kaninchen wenig später, am kaudalen Ende 10 Franz Keibel: aus dem Entoderm ausgeschaltet und entwickelt sich doch in der Kontinuität weiter. Von einer Abgabe von Entodermzellen kann nun aber gar nicht mehr die Rede sein. Noch ein Wort über die Art, wie Rabl fremde Unter- suchungen zur Stütze seiner Ansicht verwertet. Ich kann die- selbe nur als höchst willkürlich bezeichnen. Sehr empfindlich ist es Rabl, dass Brachet, der doch die Untersuchungen seines Lehrers, van Beneden, sehr genau kennen musste, sich auf die Seite von Hubrecht und mir gestellt hat (vergl. S. 222). Brachet wird nach Lage der Dinge sehr milde, ja freundlich behandelt, seiner Auffassung liegt (S. 259) „lediglich eine falsche Begriffsbestimmung zugrunde“, und es werden an diese Fest- stellung nicht die Werturteile geknüpft, durch die Rabl bei ent- sprechender Sachlage seine Gegner zu vernichten pflegt. Einen grossen Wert legt Rabl auf die Verhältnisse bei Reptilien — gewiss mit Recht. S. 258 wird O. Hertwig der Vorwurf ge- macht, dass er sich mit den Angaben Wenkebachs, Wills., Mitsukuris und Mehnerts nicht genügend auseinandergesetzt hätte. Nun sprechen aber die Untersuchungen Wills!) durchaus für die Gastrulation in zwei Phasen, und wir lesen denn auch S. 350, dass Rabl Will neben anderem „auch hinsichtlich des Schicksals des Urdarmsäckchens und vor allem seiner ventralen Wand nicht beistimmen“ kann. Wenkebach nimmt nach seinen Beobachtungen Rabl für sich in Anspruch. Er kann ihn (S. 257) nicht als Anhänger Hubrechts und Keibels gelten lassen, er könnte das auch dann nicht, „wenn er sich selbst auf die Seite seines ehemaligen Lehrers stellen sollte“. Schauinsland, der nach seinen Untersuchungen an Sauropsiden, auch an Hatteria, sich durchaus dafür ausspricht (S. 336), dass bei den Vorgängen, welche ich früher als zweite Phase der Gastrulation bezeichnet habe, nur Chorda und Mesoderm geliefert wird, sucht er für sich in Anspruch zu nehmen. — Für seine Auffassung beruft sich Rabl Hertwigs Untersuchungen an der Natter gegenüber, ') Born referiert das Ergebnis der Willschen Arbeit in den Ergeb- nissen der Anatomie und Entwicklungsgesch., Bd. 2, 1892: Beim Gecko wird „die gesamte dorsale Wand der umfangreichen Urdarmeinstülpung (mit Aus- nahme des vorderen Endes derselben) zur Bildung des gastralen Mesoderms, sowie der Chorda aufgebraucht.“ Überhaupt mache ich den Leser auf die Bornschen Aufsätze im 1. und 2. Bande der Ergebnisse aufmerksam, falls er sich für die historische Entwicklung der Gastrulationsfrage interessiert. Zu Carl Rabl’s „Edouard van Beneden usw.“ 4] dann „vor allem“ auf seine Untersuchungen an Hatteria. Mit einigem Erstaunen erfährt man aber später (S. 337), dass ihm die Kenntnis der entscheidenden Stadien, „jener Stadien, die der Einstülpung und dem Durchbruch des Urdarmsäckchens voraus- gehen“, fehlt. Übrigens stimmt, wie ich an einigen Stellen zeigen will, auch van Beneden nicht so ganz mit Rabl überein und muss sich eine Richtigstellung in ziemlich apodiktischer Weise gefallen lassen. Vorher aber sei hier noch ein merkwürdiges Bekenntnis hervorgehoben. Rabl sagt (S. 395) mit Bezug auf die Arbeit van Benedens und seine eigenen früheren Arbeiten: „Es kann nicht geleugnet werden, dass die Beweise, die van Beneden für seine Ansicht bringt, dass der Kopffortsatz ein Homologon des Urdarms sei, nicht unbedingt beweisend waren, und was meine eigenen Arbeiten über diesen Gegenstand betrifft, so muss ich zugeben, dass nur derjenige, der sich die Mühe nahm, meine Figuren sorgfältig und gewissenhaft zu studieren und dabei zu- gleich die Zahl der Zellen des Kopffortsatzes mit denen der Chordaplatte und der Chorda späterer Stadien zu vergleichen, sich von der Richtigkeit meiner Auffassung überzeugen konnte und musste.“ Doch nun zu der Beurteilung van Benedens durch Rabl. Van Beneden hatte angegeben, dass seine „Plaque lecitho- enterique einer Resorption amheimfalle“. Diese Auffassung hält Rabl (S. 203) für „durchaus unhaltbar“. Er tröstet sich damit, dass es sich vielleicht bei van Beneden nur um einen „Fehler im Ausdruck“ handelt. Auch die Darstellung, welche van Beneden von Lieber- kühns Chordakanal gibt, ist nach Rabl „unrichtig“ (S. 217). Die Beschreibung, welche van Beneden an verschiedenen Stellen vom Kopffortsatz gibt, hält Rabl für falsch und kann van Benedens Auffassung „nicht teilen“. Hätten Hubrecht oder ich entsprechende Angaben gemacht, so wäre ja freilich die Beurteilung noch ganz anders ausgefallen. Ein Beispiel dafür. Van Beneden hat versucht, eine Urform der Chordaten und Urochordaten zu konstruieren. „Hubrecht hat.“ wie Rabl selbst sagt (S. 204), „eine ganz ähnliche Hypo- these entwickelt.“ Bei van Beneden erhofit Rabl (S. 206) weitere Aufschlüsse „über diese interessante und bestrickende 112 Franz Keibel: Theorie“. Hubrechts Theorie kann er nicht schlecht genug machen (vergl. S. 247). Ich hätte ja zu Rabls Arbeit noch manches andere zu bemerken, ich glaube aber, das Gesagte wird genügen, um zu zeigen, dass Rabls Angaben, Schlussfolgerungen und Urteile — ich will von der Form hier ganz absehen — nicht ohne Nach- prüfung hingenommen werden dürfen, wenn sich der Leser ein richtiges Urteil über die Theorien der Gastrulation und ein ge- rechtes Urteil über die Arbeiten, welche zu anderen Ergebnissen geführt haben, wie Rabl sie vertritt, bilden will. Zum Schlusse lasse ich hier die Figuren 1la—c von Rabl (S. 441) abdrucken, welche Rabl für frühe Stadien der Säugetierentwicklung gibt. Ent’+Ch S\ Yu Fig. 11a NS ug Zu Carl Rabl’s „Edouard van Beneden usw.“ 15 Es kann meiner Meinung nach keine besseren Schemata für eine erste Phase der Gastrulation geben. Nach Rabl liegen die Zellen, welche später bei Säugern das Epithel des Dottersackes und nach seiner Ansicht unbedeutende, nach meiner die wesent- lichen Teile des Darmepithels und seiner Drüsen bilden, im Stadium der Van Benedenschen Metagastrula im sogenannten Van Benedenschen Blastoporus. Sie wandern von dort an die ventrale Seite der Embryonalanlage, wo sie sich später ausbreiten. Wenn man nicht eine typische Invagination für die Charakteri- sierung des (sastrulationsvorganges verlangt, und wie kann man das, da doch das Vorkommen von Immigrationsgastrulae und von Delaminationsvorgängen unbestreitbar ist — so sehe ich nicht ein, wie man den von Rabl geschilderten, freilich hypothetischen Vorgang nicht als einen Gastrulationsvorgang auffassen darf. te 4 y BEN: ER TI 15 Über den Wandungsbau der Arterien, insbesondere die Struktur des elastischen Gewebes bei Anamnien und Sauropsiden. Von Ortwin Reinecke. Inhalt. Seite I. Literarisches: 1. Über feinere elastische Faserstrukturen . ..22.22.2.2.16 2. Allgemeines über Arterienwandungen. . . 2... EN Ra. LG II. Eigene Untersuchungen: 1. Material, Methoden, Nomenklatur . . . 2.2. 2 2 22... RB AENTLemIenwannungens ben Eischen se nr Ta Er Rah or 3. Arterienwandungen bei Amphibien . . . .. . 2 2.2.2.2. 4. Arterienwandungen bei Reptilien. . . ..... . 2. .....48 Sytrterienwandungen ber Vögeln? |... 4... EN RO 20 Zusammenfassung und Ergebnisse .. .... . N. 69 IV. Tafelerklärungen . er dr N ac Ah et er ae ha V. Literaturangaben 76 I. Literarisches. Über den histologischen Bau der Arterienwandungen und die Beziehungen, die zwischen Bau und Funktionen der Blut- gefässe bestehen, hat sich in neuerer Zeit eine reichliche Literatur angesammelt. Unter den zahlreich erschienenen Arbeiten befinden sich auch einige, die sich im besonderen mit den feineren Struk- turen, die das elastische Gewebe in den Arterienwandungen zu bilden vermag, beschäftigen und durch eine ganze Reihe neuer 3efunde die Wichtigkeit dieser Verhältnisse für den Gesamtbau der Gefässe darlegen. Aber die bisher darüber vorliegenden Arbeiten beschränkten sich alle auf Säuger-, insbesondere menschliche Arterien. Es erscheint daher nicht wenig verlockend, diese Ver- hältnisse nun auch bei niedriger stehenden Vertebraten, deren Blutbahnen noch auf einer primitiveren Entwicklungsstufe stehen, als die der höheren Säuger, zu untersuchen und dabei zugleich auch einen Beitrag zur allgemeinen Histologie der Wirbeltier- arterien zu liefern, über die bisher nur erst sehr wenige Arbeiten Archiv f.mikr. Anat. Bd.S9. Abt.L 2 16 Ortwin Reinecke: vorliegen. Dieses Ziel war den Untersuchungen gesteckt, über deren Ergebnisse in folgendem berichtet werden soll. Als Einleitung zunächst einiges Literarisches. Von den am Schluss im Literaturverzeichnis aufgeführten Arbeiten beziehen sich auf unser spezielles Thema, die feinere Struktur des elastischen Gewebes, die Veröffentlichungen von Schiefferdecker, Grün- stein, Dürck, Rothfeld und besonders von Bonnet. Ferner befassen sich mit den Arterienwandungen der Vertebrata non mammalia die Abhandlungen von Suchard, Dragendorf und besonders von Argaud. Beginnen wir also mit einer Darstellung der Ergebnisse dieser beiden Gruppen von Arbeiten. 1. Über feinere elastische Faserstrukturen. Die ersten einschlägigen Angaben über die feinere Struktur des elastischen Gewebes finden sich bei Schiefferdecker. Er teilt 1896 in einem Vortrage über den Bau der Wandungen der Blutgefässe die elastischen Elemente der Media, die ja fast ausschliesslich in Frage kommt, ein I. in solche, welche mehr konzentrisch verlaufen : konzentrische Fasern bezw. Fasernetze oder Lamellen, und II. solche, welche die konzentrischen miteinander verbinden: Verbindungs- fasern. Diese verlaufen nun entweder a) mehr in der Querschnittsebene des Gefässes: querverlaufende Ver- bindungsfasern, oder sie verlaufen b) mehr parallel zur Längsachse des Gefässes: längsverlaufende Ver- bindungsfasern. Die querverlaufenden Fasern teilt er weiter 1. „in die radiären Fasern, welche über mehrere konzentrische Fasern hin mehr oder weniger in radiärer Richtung verlaufen und die konzentrischen elastischen Bildungen auf weite Entfernung hin untereinander und namentlich auch mit den beiden Elastiken in Verbindung setzen und 2. in mehr schräg verlaufende Fasern, die die benachbarten konzentrischen Bildungen mehr in der Querschnittsebene ver- binden.“ Der Begriff der radiären Fasern findet sich hier also schon völlig klar angewendet. Grünstein, ein Schüler Schiefferdeckers, übernimmt ihn in seiner im gleichen Jahre im „Archiv für mikroskopische Anatomie“ ver- öffentlichten Arbeit. Ausserdem befindet sich bei ihm noch folgende Anmerkung über die Iliaca communis eines 50jährigen Mannes: „Auf Längsschnitten sieht man an vielen Stellen von der Adventitia aus eigentümliche, bald dickere, bald dünnere Zapfen von elastischem Gewebe in die Media hineinragen. Diese Zapfen werden dann durch bogenförmige, mit der Convexität nach der Media Über den Wandungsbau der Arterien. 17 hinstehende elastische Fasern miteinander verbunden, wodurch die in der Nähe der Adventitia liegende Muskulatur der Media in einzelne Abschnitte getrennt wird.“ Ausser in diesem Falle findet er diese Bildung nur noch einmal in der Iliaca communis eines 17 jährigen Mädchens. Diesen Angaben gegenüber verhält sich v. Ebner in der von ihm besorgten 6. Auflage von v. Köllikers „Handbuch der Gewebelehre des Menschen“ sehr skeptisch. In Anbetracht der Tatsache, dass sich eine Arterie vermöge ihrer Elastizität beim Herauspräparieren aus der Leiche verkürzt, während zugleich der Umfang zunimmt, hält er es tür begreiflich, „dass bei so komplizierten Spannungsänderungen die Gewebselemente verschoben werden und dass dabei auch „Radiärfasern“ auftreten können, die in vivo sicher nicht vorhanden sind.“ Dagegen macht Dürck 1907 eine Mitteilung über das Vorkommen nicht nur einzelner Radiärfasern, sondern sogar ganzer Netzwerke, die durch sie gebildet werden. Sie verlaufen über kürzere oder weitere Strecken der Media, ja von einer Elastica zur andern. Deutlich erkennt er ihren Ansatz und verfolgt, wie sie dann straff gespannt radiär einstrahlen. Er hält dieses Zusammenhängen der gesamten elastischen Elemente für eine gute Stütze der Bonnetschen Ansicht, dass Elastica interna wie externa zur Media gehören und dass es am zweckmässigsten ist, die alte Einteilung der Gefäss- häute in Intima, Media und Adventitia ganz fallen zu lassen zugunsten der Bezeichnungen Endothelrohr und perithele Gefässwand. Die physiologische Wirksamkeit der Radiärfasern denkt Dürck sich so, dass sie vermöge ihrer Elastizität automatisch als Gegenspieler der sich auf vasomotorischen Nerven- reiz kontrahierenden Muskulatur wirken. Lässt die Kontraktion der Ring- muskulatur nach, so suchen die Radiärfasern selbsttätig in ihre Ruhelage zurückzukehren und bewirken so eine Lumenerweiterung des Gefässes. Im selben Jahre berichtet auch Bonnet selbst noch über die feinere Struktur des elastischen Gewebes und spricht sich dahin aus, dass das gesamte elastische Gewebe der Arterienwandungen als einheitliches Gerüstwerk über- all miteinander in Verbindung stehe. Insbesondere macht er Mitteilungen über die von ihm entdeckten Bogen- und Gabelfasern: die Bogenfasern, besonders schön entwickelt in der A. lienalis, ziehen sich auf Querschnitten durch längere Strecken mit gegen das Gefässlumen gerichteter Konkavität von einer Faltenkuppe der Elastica interna zur andern. Sie wirken bei der Flächenspannung der Gefässe und sind gut nur an Schnitten durch in Systole- stellung fixierte Gefässe zu beobachten. Die Gabelfasern dagegen entspringen an der Innenfläche der Elastica externa und entstehen durch Teilung einer wechselnd langen und dicken Faser. Ihre verschieden langen und bogenförmig geschwungenen Schenkel richten ihre Konvexität stets gegen das Gefässlumen und inserieren an inneren, diesen näher gelegenen elastischen Platten oder an der Elastica interna selbst. Sie sind ebenso wie die Radiärfasern vor- wiegend mit der Dickenspannung der Gefässe betraut. Infolge der Dürckschen Veröffentlichung schenkte man den Radiär- fasern nun grössere Beachtung, und in der Literatur begann sich dafür die Bezeichnung „Dürcksche Fasern“ einzubürgern. Das veranlasste 1911 Rothfeld zu einer Richtigstellung auf Grund der Literatur. Zugleich gibt I%* 18 Ortwin Reinecke: er eine Einteilung der radiären Faserelemente nach ihrer Herkunft. Er unterscheidet: 1. feinere radiäre Fasern, die von der Elastica externa oder der innersten Schicht der Adventitia direkt als solche abgehen und gleich einen radiären Verlauf annehmen (Schiefferdecker, Grünstein, Dürck), und 2. solche, welche von einem mit den elastischen Elementen der Adventitia in Zusammenhang stehenden Knäuel ihren Anfang nehmen, und 3. welche vom Zerfall einer dicken, durch die Media radiär verlaufenden Faser herrühren. Bonnet berichtet 1912 über den Bau der Arterienwand unter besonderer Berücksichtigung des elastischen Gewebes, für das er nach Triepels Vor- schlag die Bezeichnung „gelbes Bindegewebe“ gebraucht. In seinen Aus- führungen legt er besonderes Gewicht auf die physiologischen Bedingungen, denen der Arterienbau in seinem Verlaufe vom Herzen bis zu den Kapillaren von Strecke zu Strecke in ständigem Wechsel unterliegt. Ihnen kommt die den Wandungsbau beeinflussende und gestaltende Kraft zu. Deshalb hält er es für gerechtfertigt, die bisher übliche rein topographische und durchaus nicht allgemein durchführbare Nomenklatur fallen zu lassen zugunsten einer auf physiologische Gesichtspunkte gestützten Bezeichnungsweise, die nach seiner Meinung den wechselnden Bau der Arterien verständlicher macht. Demgemäss scheidet er die Wandungen in drei nach ihrer physiologischen Funktion verschiedene Teile, nämlich 1. in das Endothelrohr, das den Stoffaustausch vermittelt und die Blut- gerinnung verhindert, 2. in die eigentliche Gefässwand, die perithele Wand im topographischen Sinne oder die Accessoria (Schiefferdecker); sie umfasst die subendotheliale oder streifige Lage, die Elastica interna, Museulo-elastica und die Elastica externa der Autoren. Sie regelt die Blutbewegungen. Ihr Bau ist bedingt durch funktionelle Anpassung an die von innen wirkenden hämodynamischen Kräfte und die das Arterienrohr von aussen her beeinflussenden mechanischen Bedingungen. 3. In das die Arterienwand an die Umgebung festheftende Gemisch von sewöhnlichem und gelbem Bindegewebe, die Externa, Adventitia oder Conjunctiva, wie man sie ihrer funktionellen Leistung nach vielleicht am besten bezeichnet. Sie wird charakterisiert durch den Mangel an glatter Muskulatur, der allein für ihre Abgrenzung von der Accessoria massgebend ist. Die Radiärfasern teilt Bonnet ein in solche, die 1. entweder nur zwischen benachbarten elastischen Lamellen, oder 2. durch die ganze Dicke der Accessoria von der Elastica interna bis zur Elastica externa, oder 3. nur bis zu der der Elastica interna zunächst gelegenen Lamelle aus- gespannt sind. Über die Gabelfasern macht er noch die Bemerkung, dass sie nicht nur die Dicken-, sondern auch die Flächenspannung der Accessoria beeinflussen. Auch sollen sie oft spalierbaumartig verzweigt erscheinen. Sie würden dann Über den Wandungsbau der Arterien. 19 einen Übergang zu den von Rothfeld beschriebenen Radiärfasern bilden, die durch Zerfall einer dicken, durch die Media radiär verlaufenden Faser herrühren sollen. Fassen wir nun kurz die hier zusammengestellten Ansichten zusammen, so lässt sich zunächst sagen, dass ihnen gegenüber die Bedenken v. Ebners, es könne sich bei den Radiärfasern und ähnlichen Gebilden um Kunstprodukte handeln, hinfällig erscheinen. Die Einteilung der nicht konzentrischen elastischen Elemente zeigt folgendes Bild. Ihre weitaus grösste Masse ver- läuft in der Hauptsache in radiärer Richtung und wird demgemäss als Radiär- fasern bezeichnet. Von Schiefferdecker, Grünstein und Bonnet werden diese zunächst übereinstimmend gegliedert in solche, die nur benachbarte elastische Lamellensysteme in annähernd radiärer Richtung verbinden. Diesen verhältnismässig kurzen Fasern setzt dann Schieffer- decker alle die übrigen zahlreichen Modifikationen gegenüber, die die elastischen Lamellensysteme auf weitere Strecken in radiärer Richtung verbinden, während Bonnet diese noch weiter einteilt in solche, die die gesamte Accessoria durchmessen und solche, die nur die Elastica interna mit den zunächst liegenden Lamellensystemen verbinden. Alle diese Gattungen zu- sammen setzt Rothfeld als „feinere elastische Fasern“ den büschelförmig an der Elastica externa entspringenden und den aus dem Zerfall einer einzelnen starken Radiärfaser entstehenden gegenüber, während Dürck nur die von Rothfeld unter 1) zusammengestellten Fasern erwähnt und auf ihre weitere Gliederung nicht eingeht. Ausserdem unterscheidet Bonnet noch die Bogenfasern und die Gabelfasern, die eine spalierbaumartige Abänderung erfahren können, und endlich berichtet Grünstein über zwei Fälle von bogenförmigen Fasern longitudinalen Verlaufs, die an der Elastica externa an einem Zapfen entsprangen und ihre Konvexität der Media zukehrten, denen er aber weiter keine nähere Bezeichnung zulegte. 2. Allgemeines über Arterienwandungen. Nach diesen Erörterungen über die Kenntnis der Radiärfasern wollen wir zu den Arbeiten übergehen, die sich auch mit Arterien der Anamnien und Sauropsiden befassen. Hier sind drei Autoren zu nennen, Suchard, Argaud und Dragendorf. Dragendorf beschreibt die besonders in den Amphibien- und Reptilienarterien auftretenden, in das Gefässlumen hinein- ragenden Wulstbildungen, die beim Abgange von Gefässen in den Haupt- gefässen entstehen und sehr verschiedenartig gestaltet sein können. Da er aber auf die Histologie der betreffenden Gefässe nicht eingeht, kommt seine Arbeit für unsere Zwecke nur erst in zweiter Linie in Betracht. Ähnlich liegt es mit der Arbeit von Suchard, die spezielle Verhältnisse, insbesondere die Brückeschen Klappenbildungen bei einigen Amphibien untersucht. So bleibt denn als hauptsächliche Stütze die Arbeit von Argaud, die freilich auch derart umfassend und gut ist, dass sie für unsere Zwecke vollauf genügt. Er beschreibt in ihr die Arterienwandungen von Vertretern der Mollusken und sämtlicher Wirbeltierklassen aufwärts bis zum Menschen. Da er zugleich auch eine sehr erschöptende, bis auf Aristoteles und Hippokrat zurückgehende 20 Ortwin Reinecke: historische Übersicht über die Kenntnis vom Bau der Arterienwandungen gibt, so möge hiermit auf diese Arbeit ausdrücklich hingewiesen werden als der vollständigsten, die uns über den Bau von Arterienwandungen bekannt geworden ist. Da für unsere eigenen Untersuchungen in dieser Arbeit von Argaud der natürliche Stützpunkt gegeben ist, wollen wir ihre Ergebnisse. soweit sie für uns von Wichtigkeit sind. im folgenden mitteilen. Argaud findet bei den Mollusken keinerlei echte elastische Sub- stanz, dafür aber eine Gewebsart, die zwar alle die physikalischen Kenn- zeichen der elastischen Fasern besitzt, aber nicht deren Färbungsreaktionen. Die Muskulatur der Media besteht aus quergestreiften Muskelfasern. Bei den Oyelostomen fehlt die elastische Substanz ebenfalls noch. Sie erscheint in der Wirbeltierreihe erst bei den Selachiern und bildet in Form von elastischen Fäserchen dort das vorherrschende histologische Element in der Media der Fischarterien. Elastische Lamellen dagegen kommen nur im Truncus arteriosus einiger Arten vor. Die Muskelfasern sind bei den Fischen, wie überhaupt bei den Wirbeltieren, glatt. Bei den Lurchen fehlen die konzentrischen Lamellen vollständig. Hier gibt es nur ein Netzwerk von Fasern und Fäserchen, in dessen Maschen die Muskelfasern eingeschlossen sind. Die grösseren Arterien der Reptilien und Vögel gehören in ihren proximalen Teilen zum elastischen Typ. Bei den Reptilien geht der Übergang vom elastischen zum muskulösen Typ in diesen Hauptgefässen sehr langsam vor sich, in den Eingeweidearterien dagegen sehr schnell und schroff. Bei den Vögeln ist er auch in der Aorta schroff und nur in den Carotiden und Flügelarterien allmählich und langsam. Beim menschlichen Embryo tritt das elastische Gewebe nach Argaud schon im dritten Monat auf, besitzt dann aber, ähnlich wie bei den Mollusken, nur erst dessen physikalische Eigenschaften, aber noch nicht dessen Färbbarkeit. Der Übergang vom elastischen zum muskulösen Typ geht bei den Säugern langsam vor sich in den grossen und den Extremitätenarterien, sehr plötzlich dagegen in den Eingeweidearterien. Die Stärke der elastischen Elemente der Adventitia steht immer im umgekehrten Verhältnis zu denen der Intima. Nach Argaud können in allen drei Tuniken der Arterienwandung längsverlaufende glatte Muskelfasern vorkommen, also auch in der Adventitia, teils einzeln, teils zu Bündeln zusammengeschlossen, und zwar in erheblich grösserer Anzahl, als gewöhnlich beschrieben wird. Ja in manchen Arterien, z. B. der Iliaca primitiva, bilden sie in der Adventitia richtige zusammen- hängende Lagen, die an Breite der Media gleichkommen können. Liegt eine Arterie einem weichen Organ auf, z. B. einem Muskel oder einem Eingeweide, so zeigt der anliegende Teil der Gefässwandung eine Verringerung der Dicke, ist sie auf einem festen Widerlager, einem Knochen oder Knorpel, festgeheftet, so können an der Anheftungsstelle die Muskelfasern und das elastische Gewebe sogar vollständig verschwinden. Der Reichtum eines Gefässes an elastischen Fasern kann als Maßstab für den Blutdruck gelten, da diese beiden im direkten Verhältnis zuein- ander stehen. Über den Wandungsbau der Arterien. 21 Auf Grund seiner Untersuchungen versucht Argaud eine neue Ein- teilung der Arterien. die die alte, von Ranvier aufgestellte, in solche vom elastischen und muskulösen Typ bedeutend erweitert. Er unterscheidet: A. Arterien ohne elastische Elemente. Als Ersatz für die elastischen Fasern findet sich eine Art von schwachen, hyalinen, licht- brechenden Fasern, die sich verzweigen und miteinander anastomosieren wie die elastischen Fasern, aber nicht deren elektive Farbreaktionen (Affinität zum Orcein und Resoreinfuchsin) besitzen. {. Arterien mit gestreiften Muskelfasern. Hierher gehören die Arterien der Cephalopoden. 2. Arterien mit glatten Muskelfasern. Nur bei den Uyclostomen. B. Arterien mit elastischen Elementen. 1. Muskulöser Typ. Hier herrscht in der Media die glatte Muskulatur vor, die nur von sehr spärlichen und schwachen elastischen Fäserchen durchzogen wird, so dass die Elastica interna die einzige stark hervor- tretende elastische Bildung ist. 32. Elastischer Typ. Hier herrscht das elastische Gewebe vor, und zwar in Gestalt starker konzentrischer Lamellen, die die gesamte Media durchziehen und an Stärke der Elastica interna ganz oder doch annähernd gleichkommen. 3. Arterienvom gemischten Typ. Hier sind Muskulatur und elastisches Gewebe ziemlich gleich stark verteilt. Die Elastica interna ist deutlich breiter und stärker als die übrigen, meist in Form von Netzwerk auf- tretenden elastischen Elemente der Media. Er tritt da auf, wo elastische Gefässe allmählich zum muskulösen Typ übergehen. 4. Arterien vom hybriden Typ. Hierher gehören diejenigen Ar- terien. deren Media in ihrer histologischen Ausbildung eine Zwei- teilung zeigt: einen innen gelegenen Teil vom muskulösen Typ, der als konzentrische Lage, als Sektor oder auch unregelmässig begrenzt auftreten kann, und eine äussere Lage vom elastischen ‘Typ. Dieser hybride Typ zeigt sich überall dort gut ausgebildet, wo eine Arterie vom elastischen schroff und plötzlich gleich zum muskulösen Typ übergeht, weniger deutlich, wenn eine noch an elastischen Elementen reiche Arterie vom gemischten Typ plötzlich zum muskulösen wechselt. 5. Arterien vom aberranten Typ. Hierin fasst Argaud alle Arterien zusammen, die grösseren funktionellen Abänderungen unter- liegen, wie die A. uterina, A. umbilicalis u. a. mehr. Man erkennt aus dieser Einteilung, dass der elastische und muskulöse Typ Anfangs- und Endform darstellt, der hybride und gemischte dagegen Übergangsformen, die sämtlich fliessen, d. h. ohne Sprung ineinander über- gehen. Über die Art dieser Übergänge stellt Argaud ein Schema auf, das wir als Schluss unseres Referates hier noch mitteilen wollen. da die von ihm angewendete Bezeichnungsweise eine grössere Kürze in der Beschreibung erlaubt. € Argaud unterscheidet zwischen allmählichem und plötzlichem Ubergang. 22 Ortwin Reinecke: Beim allmählichen Übergange werden die Lamellen der elastischen Media hier und dort von Inseln glatter Muskelfasern unterbrochen, in denen sich die Lamellen aufspalten und allmählich immer weiter auflösen, erst in Fasern, dann in Fäserchen. Parallel hiermit geht das Abnehmen des Binde- gewebes. Derartige Muskelinseln werden distalwärts immer häufiger, sodass schliesslich eine zusammenhängende Muskularis entsteht, in der ein wirres Netzwerk feinerer und gröberer elastischer Fasern eingeschlossen liegt. Dann ist der gemischte Typ erreicht. Dieses dichte und wirre Netzwerk wird langsam schwächer und dürftiger. Zugleich nehmen die Muskelfasern noch mehr zu und das spärliche Bindegewebe verschwindet ganz. Schliesslich wird das elastische Netzwerk so dünn, dass die Fäserchen auf den einzelnen Schnitten isoliert erscheinen. Damit ist der muskulöse Typ erreicht. Anders sieht der plötzliche Übergang aus. Hier taucht in der Nach- barschaft der Elastica interna plötzlich ein einzelnes Fleckchen Muskulatur auf, welches, distalwärts schnell wachsend, sich ausbreitet und schliesslich über den ganzen Umfang der Media sich ausdehnt. Dann ist ebenfalls der mus- kulöse Typ erreicht. Die aus diesen beiden Übergangsformen sich ergebenden möglichen verschiedenen Zusammenstellungen zeigt das folgende Schema. Elastischer Typ. allmählicher Übergang plötzlicher Übergang Gemischter Typ Hybrider Typ I Da ah x — PN allmählicher Übergang plötzlicher Übergang | | | | schwach hybrider Typ muskulöser Typ muskulöser Typ muskulöser Typ Zum Schluss der literarischen Erörterungen sei übrigens noch darauf hingewiesen, dass gleichzeitig mit Argaud, aber offenbar unabhängig von ihm, Baum und seine Schüler bei der Untersuchung von Haustierarterien zu teilweise den gleichen Ergebnissen kamen wie Argaud, die wir hier aber nicht weiter aufführen können, weil sie über den Rahmen unserer Unter- suchungen hinausgehen würden. Über den Wandungsbau der Arterien. II. Eigene Untersuchungen. 1. Material, Methoden, Nomenklatur. Die vorliegenden Untersuchungen erstrecken sich über die Klassen der Fische, Amphibien, Reptilien und Vögel, und zwar derart, dass aus jeder Klasse ein Vertreter als Hauptunter- suchungsobjekt ausgewählt und einige weitere Vertreter zur Nachprüfung herangezogen wurden. Für die Wahl des Haupt- vertreters war das Maß der Körpergrösse ausschlaggebend, da es wahrscheinlich erschien, dass die zu untersuchenden Verhältnisse sich bei grösseren Tieren in ausgeprägterem Maße finden würden, weil dort die hämodynamischen und mechanischen Kräfte beträchtlicher sind und ihr Ineinandergreifen und ihre Wirkungs- weise auf die Blutbahnen sich verwickelter gestaltet als bei nur kleinen Organismen. Demgemäss wurden gewählt als Vertreter der Selachier: Acanthias vulgaris, Galeus canis, der Teleosteer: Carassius auratus, der Amphibien: Cryptobranchus japonieus, Rana esculenta, der Reptilien: Iguana tuberculata (Lacerta agilis, Tropi- donotus natrix, Pelias berus), der Vögel: Anas boschas, Anser domesticus (Fulica atra, Columba domestica, Garrulus glandarius, Chloris chloris). Die technische Behandlung des Materials geschah in der Weise, dass die Gefässe aus den mit Chloroform getöteten Tieren heraus- präpariert, mit Marken versehen und sogleich in absolutem Alkohol gehärtet, dann nach entsprechender Nachbehandlung in Paraffin von 63° Schmelzpunkt eingebettet wurden. Als zweck- mäßigste Schnittdicke hat sich für die vorliegenden Verhältnisse 10 u herausgestellt. Dünnere Schnitte liessen nur allzuhäufig die Verfolgung des gesamten Verlaufes der Fasern nicht zu, da dieser durchaus nicht immer genau in ‚der Querschnittsebene erfolgt. Die vorkommenden Abweichungen von ihr sind zwar nur gering, aber immerhin doch auf Schnitten von z.B. 5 u Dicke merklich. Als Färbemittel wurde für das elastische Gewebe aus- schliesslich das Weigertsche Resoreinfuchsin verwendet, das sich dem Orcein sehr überlegen erwies. Freilich reichte die in Krauses Encyklopädie angegebene Färbungsdauer von '/a Stunde 24 Ortwin Reinecke: zumeist nicht aus, um die zur Darstellung der feineren elastischen Elemente nötige Tiefe der Färbung zu bewirken, und sie musste deshalb sehr verschieden verlängert werden. Zumeist lagen die Schnitte über Nacht in der Farblösung. Fine halbe Stunde genügte im allgemeinen, um sie dann in 85 °/igem Alkohol ausreichend zu differenzieren. Als Nachfärbungsmittel wurde durchgehend das Hansensche Pikrofuchsin verwendet, zur Kernfärbung gelegentlich Boraxkarmin in Stückfärbung und Alaunkarmin in Schnittfärbung. Mitunter erwies es sich als notwendig, die Gefäßstücke vor der Paraffineinbettung durch Zedernholzöl zu bringen. Das hatte trotz häufigen Paraffinwechsels bei der Einbettung den Nachteil, dass das Resorzinfuchsin nun nicht mehr elektiv das elastische Gewebe färbte, sondern in etwas schwächerem Maße auch das gewöhnliche Bindegewebe. Durch verlängertes Difteren- zieren in 85°/oigem Alkohol und selbst in Salzsäurealkohol liess sich der Übelstand nicht beseitigen, bis der natürliche Ausweg eingeschlagen wurde, das noch in den Schnitten befindliche Zedernholzöl ihnen gleich zu Anfang des Färbeprozesses, nach dem Entparaffinieren in Xylol, durch längeren Aufenthalt in absolutem Alkohol zu entziehen. Hiernach pflegte die Färbung wieder normal vor sich zu gehen. Nomenklatur. Mit der Nomenklatur wollen wir es im folgenden so halten, dass wir für die verschiedenen Tuniken der Arterien die Bezeichnungen von Bonnet-Schiefferdecker wählen, nämlich Endothel, Accessoria und Conjunctiva, und uns dabei an die von Bonnet gegebenen Definitionen halten. In der Bezeichnung der Gefäßtypen und Übergänge möchten wir Argaud folgen und ebenfalls dessen Definition übernehmen. Bei der Benennung der Radiärfasern und sonstigen feineren elastischen Faserwerke wollen wir uns wieder Bonnets und daneben auch Rothfelds Unterscheidungen zu eigen machen und der Kürze halber folgendermaßen schreiben: Rı sind Radiärfasern, welche nur zwischen benachbarten elastischen Lamellen, R:, die durch die ganze Dicke der Accessoria von der Elastica externa zur Elastica interna, Rs, die von der Elastica interna (oder externa) aus nur bis zu der dieser zunächstliegenden Lamelle ausgespannt sind, ferner sind Über den Wandungsbau der Arterien. 25 Rı solche, welche von einem mit den elastischen Elementen der Conjunetiva in Zusammenhang stehenden Knäuel ihren Anfang nehmen, und R; solche, die vom Zerfall einer dicken, durch die Acces- soria radiär verlaufenden Faser herrühren. Weitere Bezeichnungen werden sich im Laufe der Arbeit noch ergeben. 2. Arterienwandungen bei Fischen. Argaud beschreibt bei den Fischen den Truneus arteriosus, die Radices aortae, die Aorta -dorsalis und abdominalis und die A. caudalis von Acanthias für die Selachier und den Truncus arteriosus, die Aorta dorsalis und die darin vorkommenden Klappen von Chrysophrys aurata für die Teleosteer. Überall findet er die Elastica interna unmittelbar unter dem Endothel liegend. Die Media besitzt nur im Truncus Lamellen, sonst zeigt sie überall muskulösen Typ mit meist spärlichen elastischen Fasern. Während in der Aorta von Acanthias die Media als zusammenhängende Muskularis ausgebildet ist, mit dicht nebeneinander gelagerten Muskelfasern, besteht sie bei Chrysophrys in der Hauptsache aus Bindegewebe. in dem in der Nachbarschaft der Elastica interna einige zerstreute Muskelfasern liegen, Da eine Trennung von Media und Adventitia somit nicht besteht und eine Intima fehlt, stellt sich die Aorta Descendens als ein noch ganz primitives undifferenziertes Gefäss dar. Sonst enthält die Adventitia ziemlich lockeres Bindegewebe mit reichlichen elastischen Elementen. Überall dort, wo die Aorta descendens der Wirbelsäule anliegt, findet eine beträchtliche Ver- ringerung der Wandungsdicke statt. Unsere eigenen Untersuchungen beschränken sich bei den Fischen auf nur wenige Arterien, nämlich auf die Aorta des- cendens und je eine A. mesenterica von Acanthias vulgaris und (raleus canis bei den Selachiern und auf die Aorta descendens und Aorta caudalis von Carassius auratus bei den Teleosteern. Acanthias vulgaris. Bei Acanthias besitzt die mittlere Aorta in der freien ventralen Wandungshälfte eine geringe Bindegewebslage zwischen Endothel und Elastica interna. Die Accessoria ist teils zum hybriden, teils zum gemischten Typ zu rechnen, je nachdem sich in der weiten Wandung noch stärkere elastische Lamellen finden oder nicht mehr. Sie besteht zum grösseren Teile aus Mus- kulatur, jedoch ist neben den elastischen Elementen auch viel Bindegewebe vorhanden. Die elastischen Fasern sind grössten- teils Zirkulärfasern, es finden sich nur wenige Radiärfasern, nach 26 OÖrtwin Reinecke: Bonnet Rı und Rz Fasern, so dass die eigentliche Netzwerk- bildung spärlich ist. Die Gewebselemente verlaufen alle konzen- trisch, im Gegensatz zu den longitudinal angeordneten der Con- jJunetiva. Durch diese verschiedene Faserverlaufsrichtung sind die beiden Tuniken auch dort gut getrennt, wo sich keine elastischen Lamellen an der Grenze der Accessoria mehr finden. Die Conjunetiva besitzt eine beträchtliche Mächtigkeit. Dagegen fehlt der dorsalen, an die Wirbelsäule fest- gehefteten Wand der mittleren Aorta eine Accessoria vollständig. Die an das Perichondrium sich anschliessende, nur noch sehr schwache Wandung ist rein bindegewebig, mit sehr spärlich ein- gelagerten elastischen Längsfasern. Sie ist also lediglich Con- jJunetiva. Elastische Faserwerke kommen nicht vor. Sogar die Elastica interna fehlt. Die A. mesenterica wurde in ihrem mittleren Verlaufe untersucht. Sie gehört dem muskulösen Typ an. Die Elastica interna liegt unmittelbar unter dem Endothel. Die Accessoria besteht aus zwei Lagen, einer inneren, konzentrisch angeordneten Muskularis mit wenigen Zirkulär- und Radiärfasern von der Art Rı und Rs, in der sich Netzbildungen nur in sehr beschränktem Maße finden, und einer äusseren, longitudinal verlaufenden Schicht von einzeln oder in Bündeln in Bindegewebe und elastische Elemente eingelagerten Muskelfasern. Diese äussere Schicht der Accessoria geht ohne feste Abgrenzung allmählich in die Conjunctiva über. Die Conjunctiva ist hier aussergewöhnlich mächtig. Galeus canis. Bei (Graleus canis zeigt die mittlere Aorta in der freien, ventralen Wand einen ähnlichen Zwittertynp wie bei Acanthias. In der sonst rein konzentrischen, muskulösen und bindegewebs- freien Accessoria treten gelegentlich noch elastische Lamellen auf, die der Elastica interna an Stärke durchaus nicht nachstehen, obwohl die Durchschnittsstärke der Fasern nur noch gering ist. Die elastischen Elemente bilden ein üppiges Netzwerk aus den Lamellenresten, zahlreichen Zirkulärfasern und noch zahlreicheren Radiärfasern, die hier als Rı, Re und Rs Fasern vorkommen, häufig auch wie Gabelfasern erscheinen. Doch scheinen echte Gabelfasern hier noch nicht vorzukommen, vielmehr dürfte es sich um Zirkulärfasern handeln, die durch eine gestraffte Radiär- Über den Wandungsbau der Arterien. 27 faser an der Insertionsstelle aus ihrer ursprünglichen Lage heraus und nach aussen zu gezogen werden. Zwischen Endothel und Elastica interna ist wieder eine schmale Lage Bindegewebe eingelagert. Die Conjunctiva besteht aus longitudinalem Binde- gewebe von grosser Mächtigkeit. Sie ist infolge der ver- schiedenen Faserverlaufsrichtung von der Accessoria scharf getrennt. Muskelfasern enthält sie nicht mehr, ist also echte Conjunetiva. Die innersten, sehr starken elastischen Längs- fasern bilden gegen die Accessoria zu eine Art Limitans externa. Die dorsale, an die Wirbelsäule festgeheftete Wand besitzt im Gegensatz zu der von Acanthias noch eine dünne Accessoria. Sie zeigt einen merkwürdigen Aufbau. Unter dem Endothel fehlt zunächst die Elastica interna. Sobald nämlich die Aorten- wand sich auf die Wirbelsäule auflagert, wird die Elastica interna dünner und dünner und verschwindet schnell für die Beobachtung. In einem Falle konnte auch ein unter Körnchenbildung statt- findendes Verschwinden festgestellt werden, d. h. die Elastica interna löst sich in ein Netz elastischer Längsfasern auf, deren (uerschnitte als kleine runde Körnchen erscheinen. Es scheint daher auf das Endothel sogleich die an Breite stark reduzierte Accessoria zu folgen, deren konzentrische Gewebselemente dicht aneinandergedrängt liegen: neben Bindegewebe und spärlichen schwachen Zirkulärfasern auch sehr schmale Muskelfasern, deren langgestreckte Kerne häufig deutlich zu erkennen sind. Dann kommt die Conjunetiva als gleichschwache Lage aus Bindegewebe und zahlreichen elastischen Längsfasern, und darauf erst das Perichondrium der Wirbelkörper. Die A. mesenterica wurde kurz nach ihrem Abgange von der Aorta untersucht. Sie ist von muskulösem Typ und besitzt eine geschlossene, bindegewebsfreie Accessoria.. Die Elastica interna liegt unmittelbar unter dem Endothel. In der Acces- soria herrscht wieder eine starke Netzbildung, noch stärker als in der Aorta descendens, allerdings mit dem Unterschiede, dass hier die elastischen Elemente weit zierlicher und schwächer sind als in der Aorta descendens. Hier finden sich neben den zahl- reichen Rı und Rz Fasern auch die langen Rs Fasern, die die gesamte Accessoria durchspannen, häufig in grösserer Zahl dicht nebeneinander. Die Conjunetiva ist von beträchtlicher Mächtig- keit und besteht aus longitudinalem Bindegewebe mit ein- 28 Ortwin Reinecke: gelagerten elastischen Längsfasern, die gegen die Accessoria auch hier eine Art Limitans externa bilden. Longitudinale Muskelfasern kommen dagegen in ihr nicht vor. GATASSım8 aukarns. Sehr schwach und nur wenig differenziert sind die Wan- dungen der Aorta descendens und Aorta caudalis von Carassius auratus. Sie bestehen in der Hauptsache aus Bindegewebe. Die dünne Elastica interna scheint sich nicht, wie bei den Haien, nur auf die ventrale Gefässwand zu beschränken, sondern einen auch dorsal geschlossenen Ring zu bilden. Radiärfasern finden sich hier garnicht. Zusammenfassung. Die untersuchten Haifischarterien zeigen folgende Eigen- tümlichkeiten. In der Aorta ist zwischen Endothel und Elastica interna noch eine schwache Lage Fibrillengewebe eingeschaltet, in den A. mesentericae nicht. Die Aorten gehören in Ihren mittleren Teilen einem Übergangstyp an, den man bald als gemischten, bald als hybriden bezeichnen möchte. Die A. mesen- tericae dagegen sind muskulös oder doch nahezu muskulös. In den Aorten finden sich die kurzen Radiärfasern und Netzbil- dungen, bei Galeus stärker als bei Acanthias. In den A. mesen- tericae finden sich ausserdem auch noch die langen Re Fasern, und zwar in den proximalen Teilen von Galeus häufiger als in den mittleren von Acanthias. Im allgemeinen ist die Accessoria rein konzentrisch gebaut, dagegen besitzt die Conjunctiva rein longitudinalen Faserverlauf, weswegen sich die beiden Häute gut voneinander abheben. Meist bilden in den innersten Lagen der Conjunctiva die dort besonders starken elastischen Längs- fasern eine Art Limitans externa gegen die Accessoria hin. Bei Acanthias besitzt die Accessoria in den mittleren Teilen der unter- suchten A. mesentericae ausserhalb der Ringmuskelhaut noch eine longitudinale Lage von Muskulatur und Bindegewebe nebst elastischen Elementen, die ohne Begrenzung allmählich in die Conjunctiva übergehen. Die dorsale, an die Wirbelsäule angeheftete und daher sehr dünne Wand der Aorta besitzt keine Elastica interna mehr, bei Acanthias nicht einmal eine Accessoria. Die Arterien von Carassius sind nur wenig differenziert und bestehen in der Hauptsache aus Bindegewebe. Uber den Wandungsbau der Arterien. 3. Arterienwandungen bei Amphibien. Bei den Amphibien kamen die Gefässe von Cryptobranchus japonicus und Rana esculenta zur Untersuchung. Als Grundlage für die topographische Anatomie dienten dabei die Monographieen von Hyrtl und Ecker-Gaupp, deren Nomenklatur auch im folgenden verwendet werden soll. Histologische Arbeiten über Amphibienarterien liegen nur vor von Argaud und Suchard, einiges findet sich auch bei Dragendorf. Argaud hat in seiner Arbeit die Gefässe von hana unter- sucht und beschreibt Schnitte durch den Truncus arteriosus, die Aorta descendens, die A. subelavia und A. iliaca mit ihren Ver- zweigungen, die A. intestinalis communis und die A. pulmonalis. Seine Zusammenfassung darüber mag hier angeführt werden: Die Intima ist bei Rana auf die Limitans interna und das Endothel reduziert. In der Media findet man nirgends eigentlich elastische Lamellen, auch nicht im Truncus arteriosus, abgesehen natürlich von der Elastica interna. Die elastischen Elemente sind vielmehr nur zart, verzweigen sich häufig und bilden so ein elastisches Netz, in dessen Maschen sich die glatten Muskel- fasern finden. Die Adventitia enthält zahlreiche Chromoblasten und Vasa vasorum. Die Strukturveränderungen in den (Gefäss- wandungen sind so ziemlich überall die gleichen und erstrecken sich hauptsächlich auf die Media. In dem Maße, wie man sich vom Ursprunge der Gefässe entfernt, nähern sich die anfangs spärlichen und durch die Bindegewebslagen getrennten Muskel- bündel allmählich und bilden schliesslich eine zusammenhängende Muskularis. Nach diesem Befunde von Argaud hat es das Aussehen, als ob die Amphibienarterien weiter keine besonders interessanten Eigentümlichkeiten bieten würden. Und doch scheinen uns gerade diese Amphibienarterien zu den interessantesten zu gehören. In ihnen ist nämlich in überraschend starkem Maße das Bindegewebe am Wandungsaufbau beteiligt, sodass durch sie geführte Schnitte meist einen eigentümlichen, man möchte sagen bindegewebigen Typ zeigen. Eine weitere Eigentümlichkeit besteht darin, dass zumeist die Accessoria und die Conjunctiva ohne scharfe Grenze, mitunter ganz unmerklich ineinander übergehen. Diesen beiden Besonderheiten verdanken die Amphibienarterien ihren von dem der Amniotenarterien so sehr abweichenden histologischen Ha- 30 Ortwin Reinecke: bitus. Auch Argaud sind diese beiden Eigentümlichkeiten aufgefallen. Er erwähnt die erstere bei der Schilderung der Art. subelavia und die andere bei der der A. pulmonalis, legt ihnen aber weiter keine besondere Bedeutung bei, wie daraus hervorgeht, dass er sie in der oben angeführten Zusammen- fassung nicht erwähnt. Bei der Untersuchung der Arterien von Cryptobranchus wurde uns aber klar, dass es sich hier um charakteristische Merkmale für die Gefässe der Amphibien handelt, die sich bei Cryptobranchus klar ausgeprägt finden, bei Rana auch noch vorhanden sind, aber schon etwas zurücktreten zu- gunsten einer Annäherung an die Gefässtypen der Amnioten. Da wir diese Verhältnisse bisher noch nirgends beschrieben fanden. so soll im folgenden näher darauf eingegangen werden. Uryptobranchus japonicus. 1. Topographisches. Bei Cryptobranchus erscheint der Truncus ar- teriosus äusserlich in seinem ganzen Verlaufe als ein einheitliches Gefäss. Tatsächlich ist er es aber nur in seinem proximalen Teile. Distalwärts beginnt er sich durch Ausbildung eines Septum horizontale in das dorsale Cavum pulmonale und das ventrale Cavum aorticum, dann durch weitere Septenbildung in die Carotis- und Aortenbögen zu teilen, sodass das distale Ende des Truncus schliesslich nicht weniger als 10 Arterien verlassen. Die Carotidenbögen sind nur wenig stark. Sie entsenden die Arteriae hyoideo- lingualis und maxillaris, versorgen also nur den Gesichtsschädel. Von den Aortenbogenpaaren gibt der Arcus posterior, der der bei weitem stärkere ist, die Art. pulmonalis ab, diese später wieder die Art. cutanea magna. Dann vereinigt er sich wieder mit dem Arcus anterior zum Arcus Aortae, und dieser gibt nun nacheinander drei Gefässen ihren Ursprung: einer sich sogleich in die Art. maxillaris externa und Art. sublingualis teilenden Arterie, ferner der ansehnlichen Carotis interna und darauf noch der Art. vertebralis collateralis. Dann schliessen sich rechter und linker Aortenbogen in der Radix Aortae etwa in der Höhe des zweiten Wirbels zur Aorta descendens zusammen. Bald hinter der Radix am 5. Wirbel gibt die Aorta descendens beiderseits die A. subelavia ab, der die Arterien der vorderen Extremitäten entstammen. Darauf folgen in kurzen Zwischenräumen die Abgänge der Eingeweidearterien. Zunächst eine A. gastrica anterior, die den Oesophagus und Ventrikel versorgt, dann eine A. gastro-mesenterica, die sich gleich in eine A. gastrica posterior und eine A. mesenterica prima teilt. Die erstere ernährt Milz, Cardia und Pylorus, die andere das Pankreas, den Pylorus und etwa ein Drittel des Dünndarmes. Darauf folgen 3 bis 5 Arteriae mesentericae accessoriae und weiter eine A. mesenterica posterior. Schliesslich sind noch gegen 24 Uro- genitalarterien vorhanden, die in der Hauptsache sich zu den Oviducten wenden und in die Nieren nur je einen schwachen Zweig abgeben, sowie 18 Arteriae ovaricae und 5 Arteriae spinalis, die mit der Arteria vertebralis Über den Wandungsbau der Arterien. Bi collateralis anastomosieren. Im Becken selbst kommen endlich noch als letzte Gefässe ein als A. epigastrica posterior bezeichnetes Arterienpaar hin- zu, das zugleich mit den beiden Arteriae crurales den Schluss macht. Kurz darauf verschwindet die Aorta descendens als Aorta caudalis im Schwanze. Untersucht wurden hiervon die Aorta in ihrem ganzen Verlaufe vom Truncus arteriosus bis in das Becken hinab, und zwar in Schnittserien, die ihr in kurzen Abständen hinterein- ander entnommen wurden, ferner die A. Carotis interna, die A. gastrica posterior und die A. lienalis, die A. mesenterica posterior mit einigen Verzweigungen, Renalarterien und die A. pulmonalis in ihrem Verlaufe in der Lunge. In dieser Reihenfolge mag auch im folgenden ihre Histologie besprochen werden. 2. Histologisches. Truncus arteriosus. Schnitte durch den Truncus arteriosus zeigen uns, dass die in ihm lagernden Carotiden- und Aortenbögen dem elastischen Typ an- gehören. Sie weisen alle den gleichen abwechselungsreichen Bau auf. Die Elastica interna liegt unmittelbar unter dem Endothel, wie es für die Amphibienarterien die Regel ist. Auf sie folgen noch drei bis vier weitere elastische Lamellen, zwischen denen schwache Muskelfasern und Bindegewebsbänder lagern. Die darauf folgenden konzentrischen, elastischen Systeme bestehen nicht mehr aus Lamellen, sondern aus gröberen elastischen Fasern, deren je zwei eine schmale Muskelfaser einfassen und in ihrem ganzen Verlaufe parallel wie zwei Bahngleise begleiten. Die innersten dieser groben konzentrischen, elastischen Fasern sind nur schwer als solche zu erkennen. Man hat zunächst von ihnen den Eindruck echter elastischer Lamellen, bei näherer Prüfung gewahrt man aber, dass diese scheinbaren Lamellen aus zweien oder mehreren derben elastischen Fasern bestehen, zwischen denen schmale Bindegewebsfasern eingelagert sind, die sich beim Ditferenzieren nicht genügend entfärbt hatten und so den An- schein einer Lamelle hervorrufen. Da die Unterscheidung dieser Fasersysteme von echten Lamellen nicht immer leicht ist, so ist es nicht unmöglich, dass sich auch die von uns für echte Lamellen angesprochenen innersten konzentrischen elastischen Elemente gelegentlich als grobe Ringfasern erweisen werden. Diese konzentrisch verlaufenden Systeme von Muskulatur, Binde- gewebe und elastischem (iewebe bilden den Hauptbestandteil der Archiv f. mikr. Anat. Bd.89. Abt. I. 3 32 OÖrtwin Reinecke: Arterienwandung im Truncus. Jedoch finden sich überall auch longitudinal verlaufende Elemente eingestreut. Insbesondere sind in den innersten Lagen der Gefässe grössere Mengen von longitudinalen Muskelfasern und elastischen Fasern vorhanden, teils zwischen Endothel und Elastica interna, würden dann also der Tunica intima der Autoren entsprechen, teils erst hinter der Elastica interna, wobei es vorkommen kann, dass sie die über- lagernden Schichten vorwölben und so frei in das Lumen hinein- ragende Leisten und Wülste bilden. Der Grund dafür mag in der ständig im Truncus erfolgenden Septenbildung liegen, die eine Kontraktionsfähigkeit der Wandungen in longitudinaler Richtung erforderlich macht. Eine eigene Öonjunctiva haben die einzelnen Gefässe des Truneus nicht ausgebildet, dafür findet sich aber eine das gesamte arterielle Gefässbündel umfassende gemeinsame äussere Hülle aus reinem Bindegewebe, die zugleich auch die Abrundung zum ein- heitlichen Truncus bewirkt. Innerhalb des Truncus stossen die Accessorien der benachbarten Gefässe teils direkt zusammen, teils findet sich, besonders zwischen den stärkeren Arterien- bögen, ein lockeres bindegewebiges Septum, das aber immer noch zahlreiche longitudinal wie konzentrisch verlaufende Muskelfasern enthält, mithin also wohl noch zur Accessoria zu rechnen ist. Bald nachdem die Bögen als selbständige Gefässe den Truncus verlassen haben, verschwinden die elastischen Lamellen und werden durch die schon oben beschriebenen groben Ring- fasern ersetzt. Die Elastica interna ist nun die einzige echte elastische Lamelle im Gefäss. Zugleich beginnen die Muskel- fasern aus den äusseren Lagen der Accessoria auszuscheiden und sich in den inneren anzusammeln. Infolgedessen wird eine scharfe Trennung zwischen Accessoria und Conjunctiva immer schwieriger. Das Bindegewebe besitzt eine starke Ausbildung, besonders in den äusseren Lagen. Man sollte meinen, der Truncus und die proximalen Teile der Aortenbögen, besonders aber die interarteriellen Wandungen im Truneus, würden ihres lockeren, an Bindegewebe und elastischen Elementen reichen Baues wegen auch eine Mannig- faltigkeit von feineren Strukturverhältnissen unter den elastischen Fasern zeigen. Aber dem ist nicht so. Sofern die Fasern nicht den bahngleisartigen Verlauf neben den Muskelfasern her zeigen, Uber den Wandungsbau der Arterien. 33 bilden sie konzentrisch verlaufende Geflechte. Eigentliche Radiär- fasern treten in diesen Gefässen vom elastischen und annähernd elastischen Typ nur selten auf, und dann auch nur die kurzen Rı Fasern, die sich zwischen den benachbarten konzentrischen elastischen Elementen aufspannen. Kompliziertere elastische Faserarten kommen nicht vor. Man muss dabei bedenken, dass diese Radiärfasern nach Bonnet als automatische Gegenspieler der auf Nervenreiz wirkenden konzentrischen Muskulatur aufzufassen sind, die sich wie Ligament und Adductoren bei den Muscheln verhalten. Es lässt sich deshalb theoretisch auch nur dort eine reichere Ent- faltung von Radiärfasern und ähnlichen Gebilden erwarten, wo sich eine wohl ausgebildete Muskularis findet. Arterienbögen im mittleren und distalen Teile ihres Verlaufes. Die weitere Umbildung des Wandungs- baues der Arterienbögen geht nun schnell vor sich. Schon in ihren mittleren und distalen Teilen ist ihr Bau wesentlich anders als in den proximalen. Kurz vor ihrer Vereinigung zur Aorta descendens zeigt sich folgendes Bild. Die groben elastischen Elemente sind zurückgetreten, dafür haben sich die kontraktilen Fasern zu innerst der Elastica interna zu einer zwar dünnen, aber zusammenhängenden konzentrisch verlaufenden Muskularis zusammengeschlossen. Die Bindegewebsfibrillen sind geblieben und wechseln als breitere oder schmälere Bänder mit den Muskel- fasern ab. Eine genaue Grenze zwischen Accessoria und Üon- junetiva ist nicht anzugeben, beide gehen allmählich ineinander über, in einer Art, wie Argaud sie für die A. pulmonalis von Rana sehr anschaulich beschreibt: „Die Media ist nach innen zu gut begrenzt durch die Limitans interna, nach aussen dagegen weniger gut abgegrenzt. In der Nachbarschaft der Intima sind die glatten Muskelfasern in einer zusammenhängenden Schicht angeordnet. Um diese erste Ringmuskelhaut herum findet sich, getrennt von ihr durch 3indegewebsbündel, eine zweite kontraktile Schicht, die aber stellenweise unterbrochen ist. Mit der Entfernung von der Limitans interna werden die Ringmuskellagen mehr ‘und mehr zerstückelt, so dass die daraus hervorgehenden Muskelbündel stetig an Ausdehnung einbüssen. Zugleich wird das Bindegewebe reicher und reicher und setzt sich unmerklich in die Adventitia 3%* 34 Ortwin Reinecke: fort.“ Abb. 1, Taf. 1 zeigt diese Verhältnisse an einem Schnitte durch den rechten Aortenbogen kurz vor der Radix Aortae. Man sieht deutlich, wie die helleren, ausschliesslich konzentrisch an- geordneten Muskelfasern, eingefasst durch parallel verlaufende elastische Zirkulärfasern, mit den dunkleren Bindegewebstibrillen abwechseln, wie sie allmählich verschwinden und nur das dunkle Bindegewebe der Conjunctiva bleibt, das hier auch keine elastischen Elemente mehr enthält. In diesen mittleren und distalen Teilen der Aortenbögen verlaufen die elastischen Elemente im allgemeinen in Form von feinen und feinsten Fasern in konzentrischer Richtung, sich mannigfach dabei ineinander verflechtend. Vielfach wird dieses (Geflecht aber derartig wirr, dass es nur noch wie ein einziges grosses Grefilz erscheint. Derartige Verfilzungen der elastischen Elemente sind bei den Amphibien für die distalen Bögen wie auch für die noch zu beschreibenden proximalen und mittleren Teile der Aorta descendens und die ihnen ähnlichen Gefässe typisch, ebenso wie die konzentrischen elastischen Lamellen es für die entsprechenden Gefässe bei den Amnioten sind. Sobald sich aber stärkere konzentrische Fasern in der Muskularis her- ausbilden, erscheinen auch die Radiärfasern, und zwar die Bonnetschen Rı und Rz Fasern, also die kürzeren Arten, die dann von einer solchen konzentrischen Faser zur andern oder zur Elastica interna ziehen. Nur gelegentlich finden sich dort, wo die Muskularis ausnahmsweise grössere Stärke und Zusammen- hang erreicht hat, auch die grossen R: Fasern, welche die ganze Muskularis durchqueren. In summa ist der Reichtum an Radiär- fasern hier also nur gering. Auf Abb. 1 ist eine kurze Rs Faser zur Darstellung gekommen. Man erkennt, wie sie, von einer der inneren konzentrisch verlaufenden elastischen Fasern ausgehend, nach der Elastica interna verläuft und an ihr inseriert. Proximaler Verlauf der Aorta descendens. Nach der Vereinigung der Aortenbögen zur Aorta descendens geht wieder eine allmähliche Änderung im Wandungsbau. vor sich. Es treten in der Accessoria neben den konzentrisch an- geordneten Muskelfasern auch solche longitudinalen Verlautes auf, und zwar besonders in den äusseren Lagen und in der Übergangszone nach der Conjunctiva zu, meist dicht umschlossen von gleichgerichteten elastischen Fasern. Zugleich wird das Über den Wandungsbau der Arterien. 39 Bindegewebe der Conjunctiva massiger. Hierdurch wird eine bessere Differenzierung der beiden Schichten angebahnt, indem sich nun die zahlreichen, meist longitudinalen elastischen Elemente der äusseren Accessoria schärfer gegen die dicken, an elastischen Fasern armen Bindegewebslagen der Conjunctiva absetzen, ohne dass indessen eine bestimmte Scheidung einträte. Mittlerer Verlauf der Aorta descendens. Diese Verhältnisse werden im weiteren Verlaufe der Aorta descendens distalwärts immer deutlicher. Abb. 2 zeigt die Accessoria der Aorta descendens am Abgange der A. mesenterica posterior, also etwa nach dem ersten Drittel ihres Verlaufes. Man sieht, wie hier im Gegensatz zu Abb. 1 (Aortenbogen vor der Radix) zahl- reiche längsverlaufende Muskelfasern eingestreut sind, meist kenntlich an den runden (uerschnitten ihrer Kerne. Die Uon- junetiva und die Übergangszone sind hier nicht mehr zur Darstellung gekommen. Nach dem Abgange der A. mesenterica posterior treten die longitudinalen Muskelfasern in den äusseren Lagen der Acces- soria. in solcher Stärke auf, dass man geneigt ist, von einer zwei- schichtigen Accessoria zu sprechen mit einer inneren Haut, deren Elemente hauptsächlich konzentrisch verlaufen, und einer äusseren, in der sie hauptsächlich longitudinal angeordnet sind. Die inneren Lagen enthalten etwas mehr Muskelfasern als Bindegewebsfasern, in den äusseren dagegen überwiegt das Bindegewebe an Masse. Diese Accessoria wird umschlossen von einer an elastischen Elementen auffallend armen Schicht dieker Bindegewebsbündel, die sich sonst in nichts von denen der Accessoria unterscheiden und teilweise noch in sie hineinreichen, so dass auch hier, wo sich zwar infolge des Mangels an elastischem Gewebe in der Conjuncetiva die beiden Tuniken verhältnismäßig recht gut von einander abheben, tatsächlich doch der Übergang infolge des starken Bindegewebsgehaltes der äusseren Lagen der Accessorla nur allmählich erfolgt. In diesen proximalen und mittleren Teilen der Aorta des- cendens spielt das Auftreten von Radiärfasern ebenfalls nur eine untergeordnete Rolle. In den proximalen Teilen, in denen die tingmuskelhaut die stärkste Entwicklung zeigt, finden sie sich häufiger als in den mittleren, wo sie durch die erstarkten Längs- schichten schon wieder geschwächt sind. Wie in den Bögen, so 36 Ortwin Reinecke: kommen auch hier hauptsächlich die kurzen Rı Fasern und seltener auch die Rs Fasern vor. Die längeren R» Fasern wurden nicht beobachtet. Auch hier ist die hauptsächliche Anordnungs- form des elastischen Gewebes das Geflecht und das Gefilz. Einige Rı Fasern sind auf Abb. 2 zur Darstellung gebracht. Diese Ab- bildung zeigt auch links oben ein Stück von den schon bei der Schilderung des Truncus erwähnten Wulstbildungen, die sich gelegentlich in den Gefässwandungen bei den Amphibien und den Reptilien finden, auf die wir hier kurz eingehen möchten. Sie bestehen aus einem mehr oder weniger starken Bündel längsgerichteter Gewebselemente, besonders Muskelfasern, die in ein dichtes elastisches Fasergeflecht von gleicher Verlaufsrichtung eingelagert zu sein pflegen. Dieses Bündel lagert sich nun ent- weder zwischen Endothel und Elastica interna ein, wie es im Truneus und im distalen Teile des linken Aortenbogens beobachtet wurde, oder es liegt unmittelbar unter der Elastica interna, wie es sich in der Aorta descendens verschiedentlich fand, oder aber die Elastica interna teilt sich, und die longitudinalen Gewebs- bündel werden in die Elastica hinein verlagert, wie es die Abb. 2 an der Aorta descendens beim Abgange der A. mesenterica posterior zeigt. In allen diesen Fällen findet, das ist das ihnen Gemeinsame, eine Hervorwölbung der Wandung in das Lumen hinein statt, so dass sich ein Längswulst ausbildet, der in das Lumen hineinragt. Es handelt sich hier offenbar um die von Dragendorf beschriebenen Taschen-, Lippen-, Trichter- und Wulstbildungen, wie sie an der Abgangsstelle von Gefässen, besonders bei Amphibien, hänfig aufzutreten pflegen. Einige der- artige schmale Längswülste, auf deren Grat sich die Abgangs- öffnung eines kleinen Gefässes befindet, lagen durch Zufall voll- ständig in Schnittserien vor und bestätigen vollauf die Befunde Dragendorfs. Distaler Verlauf der Aorta descendens Im distalen Ende der Aorta descendens, etwa in dem letzten Drittel ihres Verlaufes, nimmt die Accessoria überraschend schnell an Mächtigkeit und damit zugleich auch an Mannigfaltigkeit im Bau ab. Da das Lumen seine grosse Ausdehnung beibehält, so er- scheint die Aorta im Becken stets kollabiert. Auf den Schnitten nahe der A. caudalis sieht man nur noch wenige, hauptsächlich konzentrisch verlaufende dünne Muskelfasern, die auch hier noch Über den Wandungsbau der Arterien. I von elastischen Fasern in bahngleisartigem Verlaufe eingefasst sind, etwa drei- bis viermal abwechselnd mit ebenfalls nur schwachen Bindegewebsfibrillen.. Die Abgrenzung dieser Tunika von der Conjunetiva ist meist leicht zu erkennen, da die Conjunctiva, aus dickem, massigem Bindegewebe bestehend, meist bedeutend stärker und voluminöser ist als die Accessoria und sich daher ziemlich deutlich von ihr absetzt. Zur Entwicklung feinerer elastischer Strukturen kommt es hier nicht mehr. Wenden wir uns nun der Beschreibung der aus der Aorta sich abzweigenden Gefässe zu. A.Carotis interna. Die A. Carotis interna zeigt kurz hinter ihrer Abzweigungsstelle vom Aortenbogen eine Weiter- bildung der im mittleren Aortenbogen bereits angestrebten Um- wandlung zum muskulösen Typ. Während diese Umwandlung aber weder in den Aortenbögen noch in der Aorta selbst zustande kommt, sodass die Aorta sogar im Becken noch den „binde- gewebigen“, aber nicht den muskulösen Typ zeigt, macht sie in der Carotis interna schnelle Fortschritte, sodass dieses Gefäss nach kurzem Verlaufe bereits einen annähernd muskulösen Bau aufweist. Die Elastica interna ist hier die einzige elastische Lamelle. In der darauf folgenden zusammenhängenden Ring- muskelhaut findet sich Bindegewebe nur noch sehr spärlich. Die in ihr sich findenden elastischen Fasern sind sehr zart und erscheinen meist isoliert. Nach aussen ist diese Accessoria zwar immer noch nicht so scharf von der Conjunctiva abgeschieden, wie man das bei den Amnioten gewohnt ist, aber es lässt sich doch sagen, dass diese beiden Tuniken sich deutlich genug von- einander abheben, um auf natürliche Weise geschieden werden zu können, was noch dadurch um einiges erleichtert wird, dass sich das elastische Gewebe in den innersten Lagen der Conjunc- tiva stark vermehrt hat, entsprechend seiner Abnahme in der Accessoria, und nun teils konzentrisch, teils longitudinal an- geordnet, eine Art von elastischer Grenzzone bildet, die freilich noch weit davon entfernt ist, eine Limitans zu sein. Nimmt man alles zusammen, so zeigt sich, dass die Carotis interna, soweit wir sie untersuchten, zwar auch noch keine eigentlich muskulöse Arterie im Sinne der Amniotenarterien ist, da noch gelegentlich geringe Vermischung der Muskelfasern der Accessoria und der Bindegewebsfasern der Conjunctiva in den 38 Ortwin Reinecke: Grenzlagen vorkommen, dass praktisch diese Sonderung der Schichten aber doch schon vorhanden ist. Dem möchten wir dadurch Rechnung tragen, dass wir die Carotis interna zu den Arterien des muskulösen Typs stellen. An feineren elastischen Gewebestrukturen ist die Carotis verhältnismäßig reich. Das elastische Geflecht und Gefilz ist in ihr zurückgetreten zugunsten nur noch schwacher konzentrischer elastischer Fasern, zwischen denen häufig die Bonnetschen Rı und Rs Fasern ausgespannt sind. . Aber auch die grösseren Rz Fasern, die in straffem Strahle die gesamte Muskularis durch- queren, um erst an der Blastica interna selbst zu inserieren, finden sich ziemlich häufig. Der Bau der Eingeweidearterien schliesst sich an den schon beschriebenen der Aorta descendens an. Art. gastrica posterior. Die A. gastrica posterior entspricht in ihrem Bau dem der Aorta descendens in ihrem mittleren Verlaufe. Sie besitzt eine Accessoria mit einer inneren Lage, in der die Gewebselemente hauptsächlich konzentrisch, und einer äusseren, in der sie hauptsächlich longitudinal angeordnet sind. An Radiärfasern finden sich nur gelegentlich Rı Fasern. Art. lienalis. Die A.lienalis zeigt als Abzweigung der A. gastrica posterior im allgemeinen auch deren Bau, ist aber in der Accessoria um etwas ärmer an Bindegewebe, dagegen reicher an Muskelfasern und daher auch an Rı Fasern. Hier findet also eine wenn auch geringe so doch merkliche Annäherung an den gemischten Typ der Amnioten statt, wie das auch auf Abb. 4 zu erkennen ist. Auch die Abgrenzung der Accessoria von der Conjunctiva ist bei der A. lienalis noch etwas deutlicher als bei der A. gastrica posterior, weil hier das Bindegewebe der Conjunctiva fast frei von elastischen Elementen ist, während die Accessoria daran noch ziemlich reich ist. Art. mesenterica posterior. Die A. mesenterica posterior wurde an drei Stellen untersucht : beim Abgange von der Aorta descendens, bei den ersten dichotomisch vor sich gehenden Teilungen und in den kleinen Ausläufern. Sie zeigt bei ihrem Abgange von der Aorta descendens zunächst noch deren oben beschriebenen Bau, wie das auch Abb. 5 im Längsschnitt zeigt. Innen wechselt konzentrisch ver- laufende Muskulatur mit Bindegewebe ab, immer umgeben von Uber den Wandungsbau der Arterien. 39 elastischen Elementen. Nach aussen zu nehmen die Muskelfasern longitudinalen Verlauf an und verschwinden allmählich, so dass hier ein langsamer Übergang zwischen Accessoria und Conjunetiva stattfindet. Dort, wo die A. mesenterica anfängt, sich dichotomisch zu teilen, hat sich dieser Bau erst wenig geändert. Die äussere longitudinale Lage beginnt an Muskelfasern ärmer zu werden, dafür wird die Ringmuskelhaut etwas stärker und zusammen- hängender. In den Verzweigungen hingegen ist das Bild bereits wesentlich anders, wie auch die Abb. 3 eines Ramulus der Arteria mesenterica posterior zeigt. Zu innerst der Elastica interna liegt hier als Accessoria eine in Anbetracht des nur noch geringen Lumens des (refässes nicht unbedeutende vollständig zusammenhängende Ringmuskel- haut. Diese enthält wenige konzentrisch verlaufende elastische Fasern und auch einige Radiärfasern, die hier bei dem geringen Durchmesser der Accessoria gelegentlich sogar zu R2 Fasern werden, sonst sich auf Rı und Rs Fasern beschränken. Nach aussen zu ist diese Accessoria von der ziemlich starken aus dicken Bindegewebsbündeln bestehenden Conjunetiva gut getrennt. Diese Zweige der Art. mesenterica würden also ihrem Bau nach der A. Carotis interna am nächsten stehen, so dass also auch hier eine dem muskulösen Typ nahekommende Bauart zu verzeichnen wäre. Urogenitalarterien. Die Urogenitalarterien zeigen in ihrem proximalen Verlaufe, der allein untersucht wurde, den zweischichtigen bindegewebigen Typ der Aorta descendens. Da aber die zu innerst liegende konzentrische Muskelschicht ver- hältnismässig stärker entwickelt ist als sonst bei den bindegewebigen Arterien, so scheint es. dass sie in ihrem weiteren Verlaufe bald den Bau der Zweige der Art. mesenterica annehmen. Sie enthalten häufig Rı Fasern. Art. pulmonalis. Zum Schluss müssen wir noch die A. pulmonalis erwähnen. Sie teilt am Truncus den für die proximalen Aortenbögen beschriebenen elastischen Bau. In der Lunge dagegen ist sie rein muskulös. Während selbst die Carotis noch in den äussersten Lagen der Accessoria eine, wenn auch nur geringe, Übergangszone zeigt, ist in der Art. pulmonalis in ihrem Verlaufe in der Lunge der muskulöse Typ vollständig 40 Ortwin Reinecke: verwirklicht. Die rein muskulöse Accessoria ist von der binde- gewebigen Conjunctiva scharf abgesetzt. Sie enthält nur noch wenig elastische Elemente, teils in Form von spiralig aufgezogenen Zirkulärfasern, als Radiärfasern von allen drei von Bonnet unterschiedenen Arten, die sich scharf von ihrem muskulösen Untergrunde abheben. Besonderheiten zeigt die Arteria pulmo- nalis sonst weiter nicht. Zusammenfassung. Ein zusammenfassender Überblick über die Histologie der Gefässe von Cryptobranchus ergibt folgendes Bild. Der Truncus ist nach dem elastischen Typ gebaut, auch die proximalen Teileder Aortenbögen besitzen elastischen Habitus, wenngleich die dort sich findenden konzentrischen elastischen Systeme keine echten Lamellen sind. Das nicht in Form von Lamellen aufgebaute elastische Gewebe ist als Geflecht angeordnet. Selten finden sich Ra Fasern. Bei den mittleren und distalen Teilen der Aorten- bögen besteht die Accessoria aus einer zu innerst der Elastica interna liegenden zusammenhängenden Ringmuskelhaut und einer darauf folgenden gemischten, konzentrisch verlaufenden Lage von Bindegewebe und Muskelfasern. Accessoria und Üonjunetiva sehen allmählich ineinander über. In der Accessoria ist das elastische Gewebe hauptsächlich als Gefilz angeordnet, es bildet wenig Rı und Rz Fasern, selten Re Fasern. Die Conjunctiva ist ohne nennenswertes elastisches Gewebe. Die Aorta descendens zeigt im proximalen Ver- laufe in der Accessoria ebenfalls diesen aus Bindegewebe und Muskelfasern sich gleichmässig zusammensetzenden Bau, mit der Abänderung, dass in den Grenzlagen die Gewebselemente longi- tudinale Verlaufsrichtung zu zeigen beginnen. Sie enthält wenig Rı und Rs, selten Re Fasern, im übrigen ist in ihr das (Gefilz vorherrschend. In ihren mittleren Teilen hat die Aorta descendens in der Accessoria 2 Schichten ausgebildet, eine innere, in der die konzentrische Verlaufsrichtung und die Muskelfasern überwiegen, und eine äussere mit vorwiegend longitudinaler Gewebsanordnung und überwiegendem Bindegewebe. Die Accessoria geht allmählich in die Conjunctiva über. obwohl sich beide ziemlich deutlich von- Über den Wandungsbau der Arterien. 41 einander abheben. Die elastischen Elemente zeigen auch hier tilzige Ausbildung, selten kommen Rı und Rs Fasern vor. Dieser Bauart schliessen sich an die A. gastrica posterior, die A. mesenterica posterior im Anfang und mittleren Verlaufe und die Urogenitalarterien im proximalen Ver- lauf, bis zu einem gewissen Grade auch die A. lienalis. Das distale Ende der Aorta descendens besitzt nur eine sehr schwache Wandung, in der das Bindegewebe neben den schwachen kontraktilen Elementen immer noch eine bedeutende Rolle spielt. Auch das elastische Gewebe ist verhältnismässig stark vertreten, ohne indessen feinere Strukturen aufzuweisen. Als Ansätze zu einem Übergange in den muskulösen Typ lassen sich die Urogenitalarterien bald nach ihrem Abgange von der Aorta descendens und die A. lienalis auftassen, deren Tuniken im Begriff sind, sich schärfer zu differenzieren. Ferner bildet die A. Carotis interna den in den Bögen angestrebten muskulösen Typ weiter aus und erreicht ihn schon nach kurzem Verlaufe. Desgleichen besitzen die äussersten Zweige der Art. mesenterica eine, wenn auch schwache, so doch annähernd muskulöse Accessoria. Rein muskulös ist endlich die A. pulmonalis nach ihrem Eintritt in die Lunge. In diesen drei muskulösen oder doch annähernd muskulösen Gefässen treten reichliche Rı, Rz und auch Rs Fasern auf. Wir ersehen aus diesen kurzen Charakteristiken folgende gemeinsame Züge. Die Elastica interna liegt stets unmittelbar unter dem Endothel. Ausnahmen werden nur gelegentlich bei einigen der von Dragendorf beschriebenen Wulstbildungen beobachtet, wo sich longitudinal verlaufendes Gewebe zwischen Endothel und Elastica interna einlagern kann. Die Accessoria besteht in den Hauptgefässen zum grossen Teil aus Bindegewebe, in das die von derberen und feineren elastischen Fasern ein- gehüllten Muskelfasern konzentrisch wie longitudinal eingelagert sind. Accessoria und Conjunetiva sind deshalb nicht, wie es bei den Arterien der Amnioten der Fall ist, scharf voneinander getrennt, sondern gehen meist allmählich ineinander über. Die Accessoria kann zwei Lagen ausbilden, eine innere, mehr oder weniger geschlossene muskulöse und eine äussere, mehr binde- gewebige. Konzentrieren sich die Muskelfasern derart zu einer 42 Ortwin Reinecke: zusammenhängenden Muskularis, dass eine scharfe Trennung von Accessoria und Uonjunetiva erfolgt, so bildet sich dabei in der Accessoria der gemischte Typ heraus, der dann weiter distal- wärts durch Verschwinden des elastischen Gewebes aus der Muskularis in den muskulösen Typ übergeht. Diese Übergänge finden aber im allgemeinen erst sehr weit distalwärts statt. Das elastische Gewebe tritt, abgesehen von der Elastica interna, nur im Truneus in Form von elastischen Lamellen auf. Sonst er- scheint es in Form von derberen und zarteren Fasern, häufig in der beschriebenen bahngleisartigen Gestalt die Muskelfasern begleitend, häufig auch als ein Gewirr von feinsten Fäserchen, ein dichtes Gefilz bildend. Radiärfasern finden sich nicht sehr häufig. Am zahl- reichsten treten sie noch in den muskulösen oder annähernd muskulösen Gefässen auf. Hier finden sich häufig die Rı und Rz Fasern und nicht gar so selten auch Re Fasern. Weniger zahlreich sind sie schon in den Gefässen, wo das elastische Gewebe noch in stärkerem Maße auftritt: den Bögen und den proximalen und mittleren Teilen der Aorta descendens. In den letzteren zeigen sich nur noch Rı und Rz Fasern, im Truneus und den Eingeweidearterien nur noch spärliche Rı Fasern, und in der schwachwandigen distalen Aorta descendens fehlen sie schliesslich ganz. Rana esculenta. Als Vertreter der Anuren wurden einige ziemlich grosse Exemplare von Rana esculenta (10 cm Schnauze-Steisslänge) unter- sucht, und zwar auf annähernd dieselben Arterien, die auch bei Cryptobranchus zur Untersuchung gelangt waren. Da die Arterien von Rana meist einen ganz ähnlichen Bau aufweisen wie die ent- sprechenden von Uryptobranchus, so werden wir uns im folgenden zumeist auf sie beziehen und uns dementsprechend kurz fassen können. Die Aortenbögen zeigen unmittelbar nach Verlassen des Truneus eine Anzahl konzentrischer Systeme, bestehend aus schmalen Muskelfasern, die in grobe konzentrische elastische Fasern eingehüllt sind und mit breiten Bindegewebsbändern abwechseln. Diese konzentrischen Systeme sind infolge stärkerer Konzentrierung der einzelnen histologischen Elemente regelmässiger angeordnet als die der entsprechenden Gefässe von Cryptobranchus. In den Über den Wandungsbau der Arterien. 43 äusseren Lagen können die Muskelfasern auch longitudinal ver- laufen. In diesem Falle liegen sie ebenfalls in konzentrischen Reihen nebeneinander. Elastische Lamellen kommen ausser der Elastica interna, die auch bei Rana stets unmittelbar unter dem Endothel liegt, nicht vor. Radiärfasern finden sich nur ganz vereinzelt in der kurzen Rı Ausbildung zwischen den Lamellen, die Bindegewebsbänder durchquerend. Die Conjunetiva enthält keine konzentrischen elastischen Fasern mehr, ist infolgedessen von der Accessoria leicht zu unterscheiden. An der Radix Aortae zeigen die Bögen ebenfalls einen ähnlichen Habitus wie bei Cryptobranchus. Die innersten Lagen werden durch eine zusammenhängende, mit starken elastischen Fasern durchflochtene Muskularis gebildet. Darauf folgen abwechselnd Bindegewebsstreifen und von elastischen Elementen begleitete Muskelfasern, die nach aussen zu häufig longitudinal angeordnet sind. Eine scharfe Grenze zwischen Accessoria und Uonjunetiva lässt sich nicht ziehen. Radiärfasern werden hier nur selten beobachtet. und zwar nur Rı Fasern. Zum Unterschied von den mittleren und distalen Bögen von Cryptobranchus tritt hier das elastische Gewebe in den inneren Lagen meist nicht als Gefilz, sondern in derberen Fasern auf. Etwa in der Mitte ihres Verlaufes zwischen Radix und Bifureatio weicht die Aorta im Bau von der von Cryptobranchus ab, insofern keine Differenzierung der Accessoria in eine innere konzentrische und eine äussere longitudinale Schicht erfolgt, sondern der für die Radix beschriebene Bau beibehalten wird. Selbst Rı Fasern gehören hier zu den Seltenheiten. Vollständig von den von ÜUryptobranchus her gewohnten Arterienbildern weicht dagegen die A. iliaca ab. Etwa in der Mitte ihres Verlaufes zeigt sie nämlich den gemischten Typ. Zu- innerst der Elastica interna liegt eine geschlossene Ringmuskel- haut, die von zahlreichen elastischen Fasern durchzogen wird und sich nach aussen zu scharf von der bindegewebigen Con- junetiva abscheidet. meist sogar durch eine Elastica externa, so- dass die sonst bei Amphibienarterien übliche Übergangszone mit ihrem allmählichen Übergange von der muskelfaserhaltigen Accessoria zur muskelfaserfreien Conjunetiva fortfällt. Distalwärts wandelt sich die Art. iliaca bald zum reinen muskulösen Typ um. Radiärfasern finden sich nicht. 44 Ortwin Reinecke: Einen annähernd reinen muskulösen Typ bei noch beträcht- licher Stärke des (refässes zeigt, ähnlich wie auch bei Crypto- branchus, die A. Carotis. Hier besteht die Accessoria aus einer einheitlichen, zusammenhängenden Muskularis, die von einer Elastica interna und einer nicht immer ganz zusammenhängenden Elastica externa ziemlich scharf begrenzt wird und nur noch wenige feine elastische Faserelemente enthält. Die A. Carotis ist das einzige Gefäss, in dem bei Rana vereinzelte Re Fasern beobachtet wurden. Von den Eingeweidearterien haben die A. intestinalis und die Art. mesenterica vor ihrer Verzweigung den für die Aorta descendens beschriebenen Bau: eine stärkere oder schwächere Übergangszone mit longitudinalen Muskelfasern, die gelegentlich auch fehlen kann, trennt die innere muskulöse Lage der Acces- soria von der bindegewebigen Conjunctiva. Das elastische (rewebe ist in der ganzen Wandung stark ausgebildet, zeigt aber keine Radiärfasern. In ihren Ausläufern und kleinen Ästen dagegen zeigen sie alle einen Bau, der auf der Übergangslinie zwischen dem gemischten und dem muskulösen Typ liegt. Jedenfalls ist bei ihnen stets eine reinliche Scheidung zwischen muskulöser Accessoria und bindegewebiger Conjunctiva vollzogen, wenn auch ohne Elastica externa. Doch enthält die Accessoria zumeist noch ziemlich viel elastisches Gewebe, das meist in Form konzentrisch ver- laufender Fäserchen angeordnet ist. Radiärfasern finden sich nicht. Zusammenfassung. Bei Rana liegt die Elastica interna stets unmittelbar unter dem Endothel. Die Accessoria besteht in den Hauptgefässen noch zum grossen Teil aus Bindegewebe, in dessen breite Bänder die von elastischen Fasern eng um- hüllten Muskelfäserchen einzeln konzentrisch eingelagert sind, sodass der Übergang zur Conjunctiva allmählich erfolgt. Diejenigen Lagen, in denen dieser Übergang stattfindet, gehören noch zur Accessoria. Sie enthalten nur noch spärliche Muskelfasern und sollen deshalb als Übergangszone bezeichnet werden. In ihr verlaufen die Muskelfasern häufig auch longitudinal, jedoch kommt es im Gegensatz zu Uryptobranchus nicht zur Ausbildung einer ausgesprochen longitudinalen äusseren Schicht der Accessorla. Je weiter die Gefässe sich vom Herzen entfernen, um so mehr konzentrieren sich die Muskelfasern in den inneren Lagen zu einer zusammenhängenden Muskularis, ohne indessen schon eine Über den Wandungsbau der Arterien. 45 scharfe Trennung von Accessoria und Conjunetiva zu bewirken. Diese tritt im allgemeinen erst ziemlich weit distalwärts ein, wie bei der A. iliaca und den distalen Verästelungen der A. intes- tinalis, und führt zur Bildung des gemischten Typs, der dann zum muskulösen weiterführt. Schnell erfolgen diese Übergänge nur in der Üarotis, die hier bei Rana wie auch bei Urypto- branchus eine Ausnahme macht. Das elastische (Gewebe tritt, abgesehen von der Elastica interna, nie in Form von elastischen Lamellen auf, vielmehr kommt es nur zur Bildung von Fasern. Radiärfasern finden sich nur sehr spärlich, und zwar in den Aortenbögen und der A. descendens Rı Fasern, in der Carotis gelegentlich auch R> Fasern. Zusammenfassung über die Amphibien-Arterien. Was bei der Betrachtung von Amphibienarterien am meisten auffällt, ist ihr durch den Reichtum an Bindegewebe und durch die damit verbundene mangelhafte Differenzierung der Tuniken bedingter Habitus, der von dem der Säugerarterien so sehr abweicht. Zwar besitzen der Truncus und die ihm zunächst liegenden Teile der Aortenbögen wohl elastischen Bau, oder wenn die elastischen Lamellen fehlen, doch eine ganz ähnliche Gewebsanordnung. Auch findet sich der muskulöse Typ ausgebildet, in der Carotis und A.pulmonalis schon nach kurzem Verlaufe, dagegen in der Aorta descendens und den Eingeweidearterien erst sehr weit distalwärts. Daher zeigt die Hauptmasse der Arterien eine Bau- art, die mit den beiden von Argaud aufgestellten Übergangs- typen nicht in Übereinstimmung zu bringen ist, und zwar aus folgendem Grunde. Nach Argaud geht der Übergang vom elastischen zum muskulösen Typ in der Weise vor sich, dass die Masse des elastischen Gewebes zugleich mit der des Bindegewebes geringer wird, dagegen die der Muskelfasern im selben Maße zunimmt. Bei den Amphibienarterien nimmt indessen nur das elastische Gewebe ab, das Bindegewebe dagegen bewahrt seine Stärke, während eine Vermehrung der Muskelfasern nur in schwachem Maße eintritt. Daraus ergibt sich derjenige Arterien- typ, den wir im Verlaufe der mittleren und distalen Bögen, der Aorta descendens und der Eingeweidearterien kennen lernten. Wir möchten ihn als bindegewebigen Typ bezeichnen und folgender- massen charakterisieren. 46 Ortwin Reinecke: Arterien vom bindegewebigen Typ sind solche, deren Acces- soria mit zahlreichen Lagen von Bindegewebsbündeln durchsetzt ist, während elastische Lamellen oder stärkere konzentrische elastische Fasersysteme nicht mehr in ihr vorhanden sind. In den innersten Lagen können die Bindegewebsbündel zugunsten einer geschlossenen Ringmuskelhaut fehlen, nehmen aber stets nach aussen hin an Häufigkeit und Stärke zu, so dass in den äusseren Lagen die Muskelfasern meist nur noch spärlich und vereinzelt liegen. Die Accessoria geht daher in dieser „Über- gangszone“ allmählich und fast unmerklich in die Conjunetiva über. Gut wird dieser bindegewebige Typ verkörpert in den distalen Teilen der Aortenbögen, wie Abb. 1 zeigt. Dieser bindegewebige Typ verdankt seine Entstehung, wie schon angedeutet, der Armut an Muskelfasern, die in den Amphi- bienarterien herrschend ist. Er entwickelt sich aus dem elasti- schen Typ in der Weise, dass die elastischen Lamellen und die gröberen elastischen Fasersysteme allmählich zurückgehen und durch feinere Fasern ersetzt werden, wie es auch beim Über- gange vom elastischen zum gemischten Typ zu geschehen pflegt, während dagegen die Muskelfasern nur in ganz geringem Maße zunehmen, jedenfalls nicht so ausreichend, dass sie sich zu einer bindegewebsfreien geschlossenen Muskularis zusammenschliessen könnten. Der Übergang vom bindegewebigen zum muskulösen Typ kommt bei der Aorta und den Eingeweidearterien erst sehr weit distalwärts zustande. Dann erst schliessen sich die spärlichen Muskelfasern allmählich zu einer bindegewebsfreien dünnen mus- kulösen Accessoria zusammen. Bei der Carotis und A. pulmonalis geht der Uebergang dagegen schon in den proximalen Teilen der Gefässe vor sich. Hier wirkt neben dem allmählichen Zusammen- schluss auch noch eine Vermehrung der muskulösen Elemente mit, so dass der Übergang ziemlich schnell erfolgt. Eine weitere auffallende Erscheinung in den Amphibien- arterien ist das Vorkommen von longitudinalen Muskelfasern in dem ausserhalb der konzentrisch gebauten Accessoria gelegenen longitudinalen Bindegewebe, das im allgemeinen der Conjunctiva zugerechnet wird. Derartige Längsmuskeleinlagerungen kommen ja auch bei anderen Wirbeltierklassen vor, zeigen sich bei den Amphibien aber besonders ausgeprägt. Schwerlich dürften sie, Über den Wandungsbau der Arterien. 47 zumal sie so weit nach aussen liegen, an der Regelung der Blut- verteilung beteiligt sein, ebensowenig aber auch der Festheftung des Gefässes an seine Umgebung dienen. Man kann sie also weder der Accessoria noch der Conjunetiva zurechnen und müsste demnach die Lagen, in denen sie auftreten. eigentlich als besondere Tuniken ansprechen, die sie ja bei den Amphibien auch tatsäch- lich gelegentlich bilden. Weil sie aber keinen ständigen Bestand- teil der Arterienwandungen darstellen, ebensowenig wie die Tu- nica intima der Autoren, die fast durchgehends bei Fischen, Amphibien und Reptilien zu fehlen pflegt, so halten wir es für zweckmässiger, vor der Hand alle Arterienlagen, in denen lon- gitudinale Muskelfasern auftreten, der Accessoria zuzurechnen und als longitudinale Schicht der Accessoria zu bezeichnen, bis die Physiologie es anders lehren wird. Diese longitudinale Schicht ist aber als gelegentlicher Bestandteil der Arterienwandungen wohl zu unterscheiden von der konzentrisch angeordneten Über- gangszone der bindegewebigen Arterien, die einen wesentlichen Bestandteil ihrer Wandungen ausmacht, wenn auch häufige die Übergangszone mehr oder weniger von longitudinalen Schichten ausgefüllt wird. Diese longitudinale Schicht der Accessoria taucht bei Urypto- branchus in der Aorta descendens distal von der Radix auf und zwar als Einlagerung in die Übergangszone, wird in der Mitte der Aorta descendens aber so stark, dass sie der konzen- trisch gebauten Schicht der Accessoria an Stärke gleichkommt, verschwindet indessen distalwärts im letzten Drittel wieder voll- ständig. In den Eingeweidearterien ist sie ebenfalls vorhanden, und zwar von deren Ursprung an, verschwindet aber auch hier an den distalen Ausläufern wieder, ehe der Übergang der Gefässe vom bindegewebigen zum muskulösen Typ erfolgt. Bei Rana können diese longitudinalen Muskelfasern bereits vom Truncus an in sämtlichen Gefässen auftreten, auch in den muskulösen, z.B. der A. iliaca. Eine dritte den Amphibienarterien eigentümliche Erscheinung ist die nur schwache Differenzierung der elastischen Elemente. Echte Lamellen besitzt Uryptobranchus nur in geringer Zahl, bei Rana sind sie gar nicht nachweisbar. Ausgenonmen ist natürlich die Elastica interna, die in der Regel unmittelbar unter dem Endothel liegt. Die Lamellen werden durch Geflechte starker Archiv f. mikr. Anat. Bd.S9. Abt.I. 4 48 Ortwin Reinecke: konzentrischer Fasern ersetzt. In den meisten Arterien vom bindegewebigen Typ tritt das elastische Gewebe als Gefilz sehr feiner Fäserchen auf. Radiärfasern sind hauptsächlich in den Gefässen vom muskulösen oder annähernd muskulösen Typ vor- handen, und zwar die Rı, Rs und Ra Fasern. Spärlicher treten sie in denjenigen bindegewebigen Arterien auf, die eine innere, annähernd bindegewebsfreie Muskelschicht besitzen. Von den übrigen, besonders denen mit longitudinaler Muskelschicht, haben nur die grössten Radiärfasern, und da auch nur Rı, selten Rs Fasern. Feinere Faserarten oder besondere Strukturen finden sich nicht. 4. Arterienwandungen bei Reptilien. Über den Bau der Blutgefässwandungen bei Reptilien berichtet Argaud auf Grund seiner Untersuchung bei Vipera aspis, Testudo mauritanica, Varanus arenarius. Bei Vipera aspis findet er die Intima überall nur aus Elastica interna und Endothel bestehend. Die Media zeigt im Truncus arteriosus den reinen elastischen Typ ausgebildet mit starken elastischen Lamellen und eingelagerten Muskelbändern, zwischen denen sich ein sehr zartes elastisches Netzwerk ausbreitet. Dieser elastische Typ bleibt auch der Aorta noch auf eine weite Strecke erhalten und geht nur sehr allmählich in den gemischten und dann in den muskulösen Typ über. Ebenso verhält sich die Carotis communis und die A. pulmonalis. Die Eingeweidearterien dagegen zeigen schon kurz nach ihrem Abgange von der Aorta den muskulösen Typ, den sie durch sehr schroffen Übergang erreichen, so dass schon nach kurzem Verlaufe die Elastica interna das einzige elastische Element in ihnen ist. Bei Testudo mauritanica zeigen Aorta und A.pulmonalis im Truncus noch den gleichen elastischen Bau. Die elastischen Lamellen sind hier aber doch merklich schwächer als die Elastica interna. Zwischen ihnen findet sich eine reiche Geflechtbildung elastischer Elemente. Die Adventitia zeigt besonders in der interarteriellen Wandung einen grossen Reichtum Kkonzen- trischer elastischer Fasern. In der Aortenmitte herrscht immer noch das elastische Gewebe vor, geht aber doch schon stark zurück. In allmählichem Übergange erreicht die Aorta schliesslich an der Bifurcatio fast noch den rein muskulösen Typ, der sich dann von der A. iliaca an vollständig verwirklicht. Die Adventitia, die im ganzen Verlaufe der Aorta schon eine bedeutende Stärke aufweist, bildet in der A. iliaca eine ungewöhnlich starke Lage konzen- trischer elastischer Fasern. Der Truncus coeliacus ist elastisch. Die A. pulmo- nalis zeigt ein eigentümliches Verhalten. Im Truncus arteriosus ist sie rein elastisch, aber schon nach kurzem Verlaufe verengt sie ganz plötzlich ihr Lumen und geht unter Verstärkung der Wandung in schroffem Übergange zum muskulösen Typ über. Das dabei sich ergebende morphologische Bild lässt sich vielleicht am besten mit der ausgezogenen Spitze einer Pipette vergleichen. Uber den Wandunesbau der Arterien. 49 Bei Varanus arenarius sind der Truncus arteriosus und die Aorta fast bis zur Bifurcatio ebenfalls vom elastischen Typ, erst kurz vor der Bifurcatio setzt die allmähliche Umwandlung zum gemischten und musku- lösen Typ ein, die sich in den Extremitätenarterien fortsetzt. Desgleichen ist die Carotis am proximalen Ende elastisch und wandelt sich distalwärts langsam und allmählich zum gemischten und muskulösen Typ um. Dagegen zeigen die Eingeweidearterien wieder durchgehends den rein muskulösen Typ. entweder schon gleich von ihrem Abgange von der Aorta an, oder doch schon nach kurzem Verlaufe. Hier ist der Übergang wieder schroff. Einen besonderen Bau zeigt der Truncus chylopoieticus, der aus dem linken Aortenbogen entsteht, gleich nach der Vereinigung der beiden Bögen zur Aorta descendens.. Nach einem individuell verschieden langen Verlaufe teilt er sich nämlich dichotomisch in zwei Zweige. Im ersten Verlaufe zeigt der Truncus nun noch den elastischen Typ von der Aorta her, kurz vor der Verzweigung aber wandelt sich seine eine Wandhälfte in schroffem Über- gange um zum muskulösen Typ, während die andere elastisch bleibt, und jeder der beiden Zweige zeigt hernach den Typ der Wandhälfte, aus der er gebildet wurde. Fasst man die Ergebnisse von Argauds Untersuchungen zusammen, so kommt man auf folgende Hauptpunkte: Bei den Reptilien erstreckt sich der elastische Typ in der Aorta vom Truncus bis weit in die Aorta descendens hinab. Die von ihr abgehenden Extremitätenarterien gehen allmählich zum gemischten Typ und von da weiter zum muskulösen über. Die Eingeweide- arterien dagegen zeigen den schroffen Übergang, eine neuartige Übergangs- form, die hier direkt vom elastischen zum muskulösen Typ führt und sich in dieser Schärfe nach Argaud nur bei Reptilien findet. Unsere eigenen Untersuchungen beschränken sich auf die Arterien von Iguana tuberculata. Zum Vergleiche wurden ausser- dem auch gelegentlich Gefässe von Lacerta agilis, Tropidonotus natrix und Pelias berus geschnitten. Die topographische Anatomie der Arterien von Iguana ist schon wesentlich einfacher und weniger der Abänderung unterworfen als die von Öryptobranchus. Der Truncus arteriosus zerfällt hier in drei grosse, Gefäbstämme: Den Truncus pulmonalis, den rechten Aortenbogen, dem die Coronararterien, Carotidenbögen und Subelavien entspringen, und den linken Aortenbogen, der bis zur Radix nur wenige unwesentliche Gefässe abgibt. Die Eingeweidearterien entspringen nicht einem, die Fortsetzung des linken Aortenbogens darstellenden, unmittelbar hinter der Radix liegenden Truncus coeliacus, wie das sonst bei Reptilien häufig der Fall ist, sondern zweigen sich erst in einigem Abstande von der Radix einzeln aus der Aorta descen- dens ab. Der Abgang der beiden grossen Arteriae ischiadicae findet erst etwa 5 cm vor Eintritt der Aorta in den Schwanz statt. Von diesen (refässen haben wir untersucht den Truncus arteriosus, die Aortenbögen, die Aorta selbst in ihrer ganzen Ausdehnung, die Carotis externa, ferner von den Extremitäten- 4* 50 Ortwin Reinecke: arterien die A. subclavia, A. brachialis und A. femoralis, von den Eingeweidearterien die A. coeliaca, A. mesenterica und A. lienalis, und schliesslich die A. pulmonalis. In dieser Reihen- folge mögen sie auch beschrieben werden. Da ihr allgemeiner Bau nur in wenigen Fällen von dem von Argaud für die Arterien von Varanus beschriebenen abweicht, werden wir auf ihn nur, soweit diese Abweichungen oder der Zusammenhang es erfordern, näher eingehen. Truneus arteriosus. Die im Truncus arteriosus ver- einigten Grefässe weisen alle die gleiche Bauweise auf, und zwar die eines elastischen Typs, der dem bei Säugerarterien be- obachteten schon ziemlich nahe kommt. Auffällig ist an diesen Gefässen die starke Entwicklung der Muskulatur in ziemlich breiten konzentrischen Bändern, gegen die das Bindegewebe fast ganz zurücktritt, während die elastischen Lamellen an Dicke erst noch gering sind. Die Elastica interna ist stärker als die übrigen konzentrischen Lamellen und liegt stets unmittelbar unter dem Endothel. Eine sogenannte Tunica intima ist also nicht vorhanden. Die äussersten drei bis vier Lamellen sind meist ebenfalls etwas stärker und liegen dicht nebeneinander, ohne Muskelzwischen- lagerung, und bilden so eine Art Elastica externa. Von den im Truncus von Üryptobranchus beschriebenen Gefässen weichen diese von Iguana somit erheblich ab. Die auf- fälligsten Unterschiede sind einmal die zusammenhängende kon- zentrische Anordnung ihrer Gewebselemente in der Accessoria und der dadurch bedingte gleichmässige straffe Bau, dann das Überwiegen der Muskulatur über das Bindegewebe, und schliesslich die vollständige Trennung von Accessoria und Conjunctiva. Diese Unterschiede sind auch in all den übrigen Gefässen vorhanden. Man erkennt daraus, um wieviel das Gefäßsystem bei den Reptilien höher entwickelt ist als bei den Amphibien. In der Anordnung der feineren elastischen Gewebselemente ist der Unterschied im Truncus dagegen nicht sehr gross. Die für den Truncus und die ihm zunächst liegenden Gefässe von Cryptobranchus typischen bahngleisartigen elastischen Fasersysteme fehlen zwar bei Iguana, wohl infolge des strafferen Wandungs- baues, hingegen ist das Verhalten der Radiärfasern ähnlich. Auch hier kommen Radiärfasern nur sehr selten vor. Was sich findet, gehört zu den kurzen Rı Fasern, wofern sie sich nicht bei Über den Wandungsbau der Arterien. al näherem Zusehen als eine Reihe longitudinaler Fasern entpuppen, deren dicht nebeneinander liegende runde Querschnitte eine Radiär- faser vortäuschen. Sie sind hier meistens in Muskulatur einge- lagert, während sie bei Uryptobranchus durch das Bindegewebe zu verlaufen pflegen. Auf Schnitten, die durch den Truncus arteriosus von Iguana in der Höhe der Herzbasis geführt wurden, zeigten sich Ein- lagerungen von hyalinem Knorpel in die interarterielle Scheide- wand. Da wir in der Literatur über ein Vorkommen von Knorpel im Truncus von Iguana keinerlei Bemerkungen finden konnten, untersuchten wir den Befund an drei Leguanherzen näher, ob- wohl diese Untersuchungen ja eigentlich aus dem engeren Rahmen unserer Arbeit herausfallen. Bereits in Bronns „Klassen und Ordnungen, Bd. VI, 3, 2. Saurier und Hydrosaurier“, herausgebracht 1890 von Hoffmann, findet sich eine kurze Anmerkung, dass am Ausgange des Truncus arteriosus der Krokodile zwei eigentümlich gebildete Knorpelplättchen als Einlagerung der Wandung vor- kommen, mit Fortsätzen, die Stützpunkte der Klappen abgeben. Ähnlich wird in dem Bande über die Schildkröten von einem bereits von Bojanus entdeckten Knorpel von unregelmässiger, birnentörmiger Gestalt berichtet, der im Truneus arteriosus der Schildkröten zwischen dem Eingange der A. pulmonalis und den Eingängen der Aorta dextra und Aorta sinistra liegen soll und bei älteren Exemplaren mit einem Knochenkerne versehen sein kann. Ebenfalls beschreibt Favaro Knorpelbildungen an der Aortenwurzel bei einer grösseren Zahl von Säugern. Ferner untersuchte Vanzetti 17 Kaninchenherzen auf Knorpeleinlagerung, fand davon 8 ohne jede Knorpel, bei den übrigen dagegen war ein solcher vorhanden, mitunter sogar in mehreren Stückchen. Sie liegen stets im Bindegewebe des Herzens im intervalvulären Raume der Aortenwurzel. In Form und Grösse sind sie variabel und passen sich darin dem einhüllenden Bindegewebe an. Histologisch ist es zweifellos hyaliner Knorpel, dessen Umbildung aus fibrösem Binde- gewebe in der Randzone stufenweise sich verfolgen lässt. Die 17 Kaninchen waren verschiedenen Alters, den 8 jüngsten und kleinsten fehlte die Knorpel- einlagerung. Vanzetti nimmt deshalb an, dass sie sich beim erwachsenen Tiere regelmässig finden und erst extrauterin, wahrscheinlich mit indivi- duellen Schwankungen, ausgebildet werden. Jedenfalls handelt es sich nach Vanzetti um verknorpeltes fibrilläres Bindegewebe. Retterer und Lelit@vre beschreiben bei Testudo mauritanica ein Herzskelett, das, aus mehreren hyalinen Knorpeln zusammengesetzt, zwischen der Wurzel des Truncus pulmonalis und der Aorta dextra liegt, ferner findet sich bei einem 15jährigen Hunde ein Herzknorpel, beim ausgewachsenen Pferd und Schwein besteht das Herzskelett dagegen nur aus vesiculösem Binde- gewebe, beim Ochsen indessen aus einem echten Knochen mit Haversischen Systemen, der aus vesiculösem Bindegewebe hervorgeht. 52 Ortwin Reinecke: Man ersieht aus diesen Literaturangaben, dass die Aus- bildung eines „Herzskelettes“ nicht selten erfolgt, aber offenbar grossen Schwankungen selbst innerhalb der Spezies zu unterliegen scheint. Dies bestätigt sich auch bei Iguana. In den drei Leguanherzen, die wir untersuchten, zeigen die Knorpelein- lagerungen jedesmal eine andere Gestalt. Sie erscheinen in der zwischen dem Ostium pulmonale und Ostium arteriosum sin. gelegenen bindegewebigen Scheidewand in der Region der Semi- lunarklappen, steigen mit dem Truncus aufwärts, passen sich dessen Drehung wie der Rundung der Gefässwandungen an und ver- schwinden erst wieder hinter dem Ostium art. dextrum, zugleich mit den Semilunarklappen. Eines der Leguanherzen haben wir in eine Schnittserie zerlegt und daraus dann den Knorpel selbst wie auch die Aortenwurzel in Wachs rekonstruiert. Die Form des rekonstruierten Knorpels ist sehr eigen- tümlich und unregelmässig. Er besteht aus einem lang- gestreckten, mit schwacher Krümmung an die Rundung des Ostium arteriosum sin. angepasstem Unterbau von etwa 2,85 mm Längsausdehnung, 0,5 mm durchschnittlicher Breite und 1,0 mm Höhe, und einem turmartig auf die dorsale Ecke sich auf- setzenden Oberbau von etwa 1,0 mm Länge, 0,6 mm Breite und 1,0 mm Höhe, so dass die gesamte Höhe etwa 2,0 mm beträgt. Doch steigt der Knorpel nicht senkrecht auf, sondern etwas schräg unter dem von den Gefässen des Truncus eingeschlagenen Neigungs- winkel von etwa 45 Grad. Ebenfalls macht die Sagittalachse die Drehung der Truncusgefässe mit, wodurch der Knorpel eine schwache schraubengangartige Windung erfährt. Im dorsalen Teile wird er etwa in der Höhe der Grenzlinie zwischen Ober- und Unter- bau von zwei schlanken Bindegewebspfeilern durchzogen. Der eine dieser Pfeiler verläuft in der Richtung der Höhenachse und wird an seinem oberen Ende von dem andern, dorsoventral ge- richteten Pfeiler rechtwinklig gekreuzt. Histologisch ist der Knorpel rein hyalin, ohne Knochen- bildung in der Mitte (Abb. 8). Die Accessoria der benachbarten (refäßstämme bewahrt je nach dem Grade ihrer Anlehnung an den Knorpel ihre volle Stärke, oder wird mehr oder weniger reduziert, wie es auf dem auf Abb. S dargestellten Schnitte der Fall ist. Stets ist sie von rein elastischem Typ. Distalwärts wird der Knorpel im Truncus arteriosus durch ein Trigonum [1 | WB) Über den Wandungsbau der Arterien. fihrosum ersetzt, das der interarteriellen Wandung im Truncus von Öryptobranchus ähnelt und ebenso wie jene im Innern längs- verlaufende Muskelfasern aufweist. Schnittserien. die wir vom Herzen von Tropidonotus und Lacerta anfertigten, liessen dagegen keinerlei Knorpeleinlagerungen im Truncus erkennen. Aortenbögen. Die Aortenbögen gehören zum elastischen Typ. Schon sehr bald nach dem Verlassen des Truncus beginnen in ihnen die elastischen Lamellen ein mehr oder minder ver- zweigtes feines Geflecht zu bilden. ohne sich indessen darin auf- zulösen. Die Rı Fasern werden häufiger. Sonst ist der Bau derselbe wie der der Truncusgefässe. Radix. Besondere Beachtung verdient der Bau der hadıx, der Vereinigungsstelle der beiden Aortenbögen. Bei Iguana geht diese Vereinigung unter einem so spitzen Winkel vor sich, dass die beiden Bögen noch eine kurze Strecke getrennt nebenein- ander herlaufen, während sie, in eine gemeinsame Conjunctiva gehüllt, äusserlich bereits als eine einheitliche Aorta erscheinen. Die beiden Längsfurchen (Radixfurchen), die hierbei dorsal und ventral der Strecke, an der die beiden Accessorien aneinander stossen, im Gefässe sich bilden, werden durch Bündel längsver- laufenden Bindegewebes von der Conjunctiva her ausgefüllt, die auf Querschnitten ziemlich kreisrund erscheinen. Während nun die inneren Lagen der beiden Accessorien ungestört Ihren konzen- trischen Verlauf nehmen und dort, wo sie sich berühren, eine normal gebaute, interarterielle Wand bilden, treffen ihre äusseren Lagen auf die Bindegewebspfeiler, durch die sie wie durch einen Strombrecher unterbrochen werden. Ihre Muskelbänder ver- schwinden vollständig, und nur ein Teil ihrer elastischen Lamellen setzt sich in Form konzentrischer Fasern in Richtung der gemein- samen Conjunetiva durch die Bindegewebspfeiler fort. Die Ver- einigung der beiden Bögen geschieht nun in der Weise, dass in der Mitte der interarteriellen Wand plötzlich eine schmale Unter- brechung eintritt, die sich nur langsam weitet. Hier besitzt die Scheidewand noch ihre volle Breite, und bis an die Unterbrechungs- stelle hin auch noch die konzentrische Anordnung ihrer Gewebs- elemente. Erst mit der Erweiterung der Durchtrittsöffnung setzt eine stärkere Umbildung in der Struktur ein, besonders die Bildung einer Kappe von längsverlaufenden elastischen Fasern. 54 Ortwin Reinecke: Zu einem zweiten, stärkeren Zentrum longitudinal gerichteter (sewebselemente der Accessoria haben sich inzwischen die beiden Bindegewebspfeiler der Conjunetiva ausgebildet. Schon kurz vor der Durchtrennung der Scheidewand beginnen sich hier nämlich longitudinale Muskelfasern, von zahlreichen elastischen Fasern begleitet, einzulagern, die sich schnell ausdehnen und bald das gesamte Bindegewebe verdrängen, so dass die beiden Gewebs- pfeiler der Radixfurche distalwärts fast nur noch aus elastischen und muskulösen Elementen bestehen. Zunächst bleiben diese beiden Zentren aber noch getrennt. Je kürzer und stumpfbuckliger jedoch die beiden Scheidewandsreste werden, desto mehr ziehen sich ibre Kappen auf die Accessoria zurück, und desto weiter rücken auch zugleich die Pfeiler in die Accessoria nach innen hinein, weil die äusseren Lagen der beiden Accessorien sich in- zwischen zu einer gemeinsamen Tunica accessoria vereinigten, die nun immer stärker wird und die longitudinalen Elemente immer mehr nach innen drückt. Hier in den inneren Lagen der Acces- soria vereinigen sich schliesslich die beiden Zentren des longitu- dinalen Faserverlaufes. Sie werden aber bald schwächer und schwächer und verschwinden allmählich distalwärts zugleich mit den schliesslich nur noch ganz flachen Buckeln der Scheidewands- reste, worauf dann die gesamte Wandung wieder den normalen Bau zeigt, wie wir ihn für die Bögen beschrieben. Aorta descendens. Die Aorta descendens behält eben- falls für den weitaus grössten Teil ihres Verlaufes bis zur Bi- furcatio noch den oben beschriebenen elastischen Bau bei (Abb. 6). Nur geringe Abänderungen sind wahrnehmbar. Einmal nimmt die Zahl der Lamellensysteme ständig ab, womit im Gegensatz zur Aorta descendens von Cryptobranchus auch eine entsprechende Verringerung des Lumens verbunden ist. Ferner ist die Elastica interna nur noch von gleicher Stärke wie die übrigen Lamellen. Weiter wird die Geflechtbildung zwischen den Lamellen distal- wärts immer ausgedehnter, womit eine Zunahme der kurzen Radiärfasern verbunden ist. Diese Rı Fasern sind aber im Ver- hältnis zu den Lamellen nur sehr zart, heben sich auch aus dem feinen Fasergeflecht nicht weiter hervor, so dass sie leicht über- sehen werden. Endlich beginnt eine kurze Strecke vor Abgang der unteren Extremitätenarterien auch schon gelegentlich die Auf- ösung der Lamellen in konzentrische Fasersysteme. Die Con- Uber den Wandungsbau der Arterien. 55 junetiva nimmt distalwärts an Stärke zu und enthält zahlreiche, hauptsächlich longitudinale elastische Elemente. Erwähnt werden müssen hier auch die gelegentlich in der Aorta descendens sich findenden, von Dragendorf beschriebenen Wulstbildungen. Abb. 6 zeigt ein derartiges Gebilde, das sich etwa nach dem ersten Drittel der Aorta descendens kurz vor Abgang der grossen Eingeweidearterien fand. Man erkennt, wie sich die Elastica interna spaltet. Die innere Lamelle verläuft ungestört konzentrisch weiter, ebenso die darunter liegenden Muskelbänder und Lamellen. Die äussere hingegen springt in das Lumen vor und schliesst zwei bis drei Lagen longitudinaler Muskelfasern ein, die teilweise ebenfalls durch dünne Lamellen getrennt sind. Es liess sich in keinem Falle beobachten, dass diese Längswülste eine Änderung im Bau der darunterliegenden Accessoria bewirken. Sie erscheinen vielmehr stets als selbst- ständige, von der Accessoria unabhängige Gebilde. Sie ver- schwinden demgemäss auch nicht durch Vereinigung ihrer Gewebs- elemente mit denen der Accessoria, sondern in der Weise, dass ‚die jeweilig zu äusserst liegenden Muskelfasern allmählich ver- schwinden, ohne dass Ersatz eintritt, bis sich schliesslich mit dem Verschwinden der letzten Muskelfasern die beiden Lamellen der Elastica interna wieder vereinigen. Sehr verändert sieht die Wandung der Aorta descendens nach Abgang der unteren Extremitätenarterien aus. Sie zeigt jetzt nicht mehr den elastischen, sondern den gemischten Typ. Der Übergang hierzu wird bedingt durch die Verminderung der elastischen Substanz, welche nach Abgabe eines grossen Teiles der elastischen Lamellen in die beiden abgezweigten Extremitäten- arterien eintritt. Der in der Aorta descendens verbleibende Rest von Lamellen löst sich sofort in ein System gröberer und feinerer elastischer Fasern auf, wodurch der Übergang vollzogen wird. Die Elastica interna ist jetzt die einzige echte elastische Lamelle. Die von ihr und von der Elastica externa eingeschlossene Acces- soria enthält kein Bindegewebe mehr; die Muskelfasern verlaufen alle konzentrisch und werden anfangs selten, distalwärts aber immer häufiger von Radiärfasern durchzogen, die in längerem und kürzerem Verlaufe sich von einer Zirkulärfaser zur andern oder zu den Elastiken hinüberspannen, also nach Bonnets Ein- teilung Rı und Rz Fasern. Dagegen wurden die die ganze Acces- 56 Ortwin Reinecke: soria durchziehenden Re Fasern nicht beobachtet. Die Elastica interna zeigt hier zuerst klar die eigentümliche, an die Sutur- linie der Ammoniten erinnernde Schlängelung. welche alle Reptilien- arterien von gemischtem und muskulösem Typ auszeichnet. Garotis. Die Uarotis externa zeigt den reinen elastischen Typ. Die Elastica interna ist hier etwas stärker als die übrigen Lamellen. KRadiärfasern und sonstige feinere Strukturen des elastischen Gewebes kommen nicht vor. Nicht einmal die sonst bei elastischen Arterien weit verbreitete (eflechtbildung findet sich. Ähnlich wie. die Aorta deseendens behält auch die Carotis diesen Typ lange bei. Art.subelavia. Die Art. subelavia ist ein ziemlich dünn- wandiges Gefäss von elastischem Typ. Sie besitzt nur wenige elastische Lamellen, so dass den Muskelfasern schon viel Raum bleibt. Trotzdem kommt es aber nicht zur Radiärfaser- bildung. Art. brachialis. Etwas weiter distalwärts zeigt sie als Art. brachialis einen Bau, der sich nicht recht in die Schemata Argauds einordnen lassen will (Abb. 7). Die A. brachialis besitzt eine muskulöse Accessoria, eingefasst von einer sehr starken ge- kräuselten Elastica interna und einer aus längsverlaufenden Fasern bestehenden Elastica externa. Annähernd in der Mitte wird sie von einem konzentrischen elastischen Fasersystem halbiert, das bald in beachtenswerter Stärke wie eine Lamelle auftritt, bald auf eine grössere Strecke ganz fehlen kann und bald, in mehrere dicht nebeneinander gelegene Fasern aufgelöst, wieder erscheint. Von diesem mittleren System gehen zahlreiche Radiärfasern zu den beiden Elastiken (Bonnetsche Rz Fasern). Es kommt indessen nirgends zur Bildung eines aus Radiärfasern bestehenden elastischen (rerüstwerkes, desgleichen fehlen die Jangen Re Fasern. Obwohl die Muskulatur das elastische Gewebe hier bei weitem überwiegt, möchten wir doch die Art. brachialis nicht zum muskulösen, sondern zum gemischten Typ stellen, weil das einzige in ihr befindliche elastische System für den muskulösen Typ meist doch zu stark ist. Der vollständig reine muskulöse Typ findet sich erst in den kleineren Abzweigungen der Art. brachialis. Hier ist die Elastica interna überhaupt das einzige elastische Element der Accessoria. Diesen Typ zeigen alle uns zu Gesicht gekommenen, kleinen (sefässe von Iguana. ot =] Uber den Wandungsbau der Arterien. Art. femoralis. Die Art. femoralis ist am proximalen Ende von gemischtem Typ und geht distalwärts langsam in den muskulösen über. Sie ähnelt der Art. brachialis sehr, besitzt aber weniger Radiärfasern. auch ist die Mittellamelle nur als schwaches Fasersystem ausgebildet. Sowohl in der Art. brachialis wie in der Art. femoralis finden sich gelegentlich Dragendorfsche Wulst- bildungen, von denen einige auch innen in der Accessoria liegen, in dem Sinne, dass die Elastica interna sieh nicht spaltet und die longitudinalen Elemente des Wulstes in sich aufnimmt, sondern sich in ihrer ganzen Stärke vorbuchtet, so dass der Wulst direkt auf die Muskularis der Accessoria aufgelagert ist. Aber auch hier lässt sich keine Beeinflussung im Bau der Accessoria feststellen. Eingeweidearterien. Für die Eingeweidearterien beschreibt Argaud den muskulösen Typ. der durch schrofien Übergang unmittelbar aus dem elastischen der Aorta descendens erreicht wird. Auch wir fanden, dass dieser Übergang von der Aorta descendens sehr schnell vor sich geht, allein er führt bei Iguana nicht gleich zum muskulösen. sondern vorerst zum ge- mischten Typ. Der eigentlich muskulöse Typ wird erst sehr spät erreicht. Dieser gemischte Typ der Eingeweidearterien enthält zahlreiche Radiärfasern, noch zahlreicher als die A. brachialis, die in verschiedensten Längen die meist spiralig aufgerollten Zirkulärfasern verbinden und zu den Elastiken streben (Rı und Rs Fasern). Es zeigen sich auch, besonders in der A. gastrica posterior (A. coeliaca), Ansätze zu ausgedehnteren (rerüstwerken aus Radiär- und Zirkulärfasern: ausserdem wurden in der Art. A.lienalis auch Ra Fasern gefunden. Diese Arterien sind dadurch besonders interessant, dass sie noch ein primitives Merkmal der Amphibienarterien aufweisen. In einiger Entfernung von der Aorta descendens beginnen sich nämlich longitudinale Muskel- fasern in die Conjunetiva einzulagern, teils in Anlehnung an die Accessoria, teils unvermittelt inmitten des Bindegewebes. Besonders stark tritt diese Erscheinung in der A. coeliaca auf, weniger stark in den Abzweigungen der A. mesenterica, und in der A. lienalis nur an der Stelle der Conjunetiva, die der Milz zunächst liegt. Es wirkt sehr überraschend, wenn das zweifarbige Band. das ein Schnitt durch die A. coeliaca mit seiner pikringelben Muskularis und fuchsinroten Conjunetiva darstellt, allmählich im roten gelb- scheckig wird. Distalwärts nimmt diese Durchsetzung immer 58 Ortwin Reinecke: weiter zu, so dass auf diese Weise mehr oder weniger ausgeprägt ein Arterientyp entsteht, wie wir ihn für die mittleren Teile der Bögen und die proximalen Teile der Carotis von Cryptobranchus beschrieben haben: Innen eine Lage von gemischtem, fast schon muskulösem Typ mit Radiärfasern, aussen eine von bindege- webigem Typ. Da nach Bonnets Definition alle die Lagen zur Accessoria zu rechnen sind, welche noch Muskelfasern enthalten, so würde auch diese allmählich umgewandelte Conjunetiva distal- wärts mehr und mehr zur Accessoria gezählt werden müssen, da sie ja mit zunehmendem Gehalt an Muskelfasern neben den Auf- gaben der Conjunktiva auch mehr und mehr die der Accessoria mit erfüllt. Die in der bindegewebigen Lage eingelagerten zahl- reichen elastischen Fasern haben durchgehends longitudinalen Verlauf, im Gegensatz zu den konzentrisch angeordneten der Mus- kularis. Die übrigen Gewebselemente verhalten sich ebenso, wo- durch eine scharfe Trennung der beiden Lagen bewirkt wird. In ihren kleinen Ausläufern sind die Eingeweidearterien dagegen rein muskulös, haben das Aussehen der Brachialis-Schnitte und enthalten nur noch wenige zarte elastische Fasern von meist radiärem Verlauf oder überhaupt keine elastischen Fasern mehr. Art. pulmonalis. Ein besonderes Verhalten zeigt die Art. pulmonalis, ganz dem von Argaud für die A. pulmonalis von Testudo mauritanica beschriebenen entsprechend. Am Truncus zeigt sie noch den elastischen Typ, freilich schon mit ziemlich breiten Muskelbändern. Kurz nach dem Verlassen des Truncus verjüngt sie sich trichterförmig auf der kurzen Strecke von etwa 4 mm auf ungefähr auf !/a ihres Durchmessers. Hierbei macht sie eine Strukturveränderung durch, indem die elastischen Lamellen sich ziemlich schnell auflösen und dann als Fasern zum grössten Teil ganz verschwinden, während dafür die Muskelfasern sich annähernd verdoppeln. All dieses erfolgt, wie gesagt, auf ganz kurzer Strecke, weswegen denn auch der Übergang vom elastischen zum muskulösen Typ dementsprechend schroft erscheint. Nach diesem Übergange ist die A. pulmonalis ein im Verhältnis zum Lumen äusserst dickwandiges Gefäss von so charakteristischem muskulösem Typ wie er im Lehrbuche nicht besser gefunden werden kann: Eine reichliche Muskularis mit nur wenigen, grossen, teils radiär verlaufenden elastischen Fasern und einer dicken Elastica interna, die hier besonders gut die für muskulöse Rep- Über den Wandungsbau der Arterien. 59 tilienarterien so charakteristische Suturkräuselung besitzt. Eine aus elastischen Längsfasern bestehende Elastica externa scheidet die ohnehin scharf begrenzte Accessoria auch räumlich von der Conjunctiva, deren elastische Elemente fast nur longitudinal ver- laufen. Schon in der Übergangsstrecke, besonders aber, nachdem der muskulöse Typ erreicht ist, setzt eine für Reptilienarterien reichliche Ausbildung von Radiärfasern ein. Abb. 9 zeigt ein aus Rı, Rs und einigen Zirkulärfasern sich zusammensetzendes (rerüstwerk, wie es häufig in der A. pulmonalis gefunden wird. Auch die stattlichen Re Fasern lassen sich häufiger beobachten. Abb. 10 stellt einen Schnitt durch die A. pulmonalis von Lacerta kurz vor dem Eintritt in die Lunge dar. Hier haben wir die gleichen Verhältnisse wie bei Ieuana. Das anfänglich grosskalibrige elastische Gefäss verengt sich plötzlich und geht zum rein muskulösen Typ über, den die Abbildung wiedergibt. (Die Vergrösserung ist bei sämtlichen Abbildungen die gleiche.) Zusammenfassung. bei Iguana sind der Truncus, die Aortabögen und die Aorta descendens bis zur Bifurcatio elastisch, desgleichen die ÜUarotis im proximalen Verlaufe, die A. subelavia und auf eine kurze Strecke auch die A. pulmonalis. In diesen elastischen Gefässen besitzt das feinere, nicht als Lamelle aufgebaute elastische Gewebe meist den Charakter von feinen Geflechten. Radiärfasern kommen selten vor, und auch nur als kurze Rı Fasern. Den gemischten Typ zeigen die Aorta descendens distal- wärts der Bifurcatio, die A. brachialis, A. ischiadica und der proximale Teil der Art. femoralis, ferner die proximalen Teile der Eingeweidearterien und der Conus pulmonalis. Die mittleren und distalen Teile der Eingeweidearterien und der Extremitätenarterien, der grösste Teil der Carotis und A.pulmonalis sowie sämtliche kleinen Gefässe gehören schliesslich zum muskulösen Typ. Die mittleren Teile der Eingeweidearterien, besonders der A. coeliaca weisen ausser der konzentrischen Musku- laris der Accessoria noch eine longitudinale Muskelschicht in der Accessoria auf, wie sie bei Amphibienarterien häufig ist. In den Arterien vom gemischten Typ verlaufen zwischen den Zirkulärfasern und den Elastiken Radiärfasern von der Art Rı und Rs, die sich anschicken, elastische Gerüstwerke zu bilden. 60 Ortwin Reinecke: Gut ausgebildet sind diese dagegen erst in den muskulösen Ar- terien, besonders der A. pulmonalis. Hier finden sich auch die Rz Fasern häufiger, die schon gelegentlich in der mittleren A. lienalis auftauchen. Ein besonderes Charakteristikum für die Reptilienarterien vom gemischten und muskulösen Typ ist die an die Suturlinie der Ammoniten erinnernde Kräuselung der stets selır starken Elastica interna. An morphologischen Eigentümlichkeiten ist zu erwähnen das nicht seltene Auftreten von Dragendorfschen Wulstbildungen in den Arterien und die Einlagerung eines hyalinen Knorpels in die interarterielle Scheidewand des Truncus arteriosus bei Iguana. 5. Arterienwandungen bei Vögeln. Über die Histologie der Vogelarterien liegen ausser den Veröffent- lichungen von Argaud weiter keine Arbeiten vor. Argaud gibt darüber folgende Zusammenfassung: Intima. Die Intima der starken Aorta und die der proximalen Teile der vorderen Extremitätenarterien wird gebildet durch ein Endothel und eine bindegewebig-elastische Lage, in der die elastischen Längsfasern auf Querschnitten sich etwa wie unregelmässige Blumengehänge darstellen. Es gibt keinerlei gut ausgeprägte äussere Abgrenzung der Tunica intima. Mit der Annäherung an die Bifurcatio geht die Zahl der elastischen Längs- fasern zurück, während zugleich glatte Muskelfasern erscheinen und eine Limitans interna sich mehr und mehr von den übrigen elastischen Lamellen der Media abhebt. Von der Iliaca primitiva an sind die elastischen und muskulösen ‘Elemente vollständig verschwunden. Einzig eine geringe Binde- gewebslage trennt noch das Endothel von der Limitans interna. Von etwa der Mitte der A. femoralis an fehlt auch diese, so dass nunmehr das Endothel unmittelbar auf die Limitans interna zu liegen kommt. Bei den übrigen grossen Arterien verhält sich die Intima ebenso. Distalwärts wird die elastische Lage immer unbedeutender und das Bindegewebe bildet schliess- lich allein die Tunica intima. Media. In den proximalen Teilen der grossen Gefässe gehört die Media zum elastischen Typ, distalwärts ändert sie ihren Bau und wird muskulös. Dieser Übergang geht sehr schroff vor sich in der Aorta und den Eingeweidearterien, dagegen langsam in der Carotis und den Flügel- arterien. Von ihrem mittleren Verlaufe ab besitzt die Aorta bei den Vögeln den muskulösen Typ. Hinsichtlich der Art des Überganges verhält sich die Aorta wie die Eingeweidearterien der Reptilien. Adventitia. Hier besteht eine Art Gleichgewicht zwischen der Entwicklung des elastischen Gewebes der Intima und dem der Adventitia. Im selben Maße, wie die elastische Längsfaserschicht der Intima verschwindet, wächst die der Adventitia. In manchen Arterien, besonders der A. mesen- Über den Wandungsbau der Arterien. 61 terica superior, enthält die Adventitia eine beträchtliche Lage longitudinaler Muskelfasern, die sehr dicht aneinander gedrängt liegen. Die Topographie der Vogelarterien zeigt im allgemeinen folgendes Bild. Der Truncus arteriosus gibt gleich an der Aortenwurzel zwei Üoronar- arterien ab, die A. Coronaria anterior seu dextra und A. Öoronaria posterior seu sinistra. Beim Austritt aus dem Pericard teilt er sich in die Arteria anonyma sinistra und einen kurzen Gefäßstamm, der sich selbst alsbald in eine Arteria anonyma dextra und die Aorta descendens gabelt. Von den beiden Arteriae anonymae gehen nun sämtliche den Kopf, den Hals, die Brust und die vorderen Extremitäten versorgenden Arterien ab. Ihre Ver- zweigung kann auf sieben verschiedene Arten vor sich gehen. Die ge- bräuchlichste ist die, dass sich die Art. anonymae in einen Truncus caroticus und eine A.subelavia teilen, der Truncus caroticus dann in eine Arteria vertebralis, A. comes vagi und A. carotis comm.. und die A. subelavia in die Arteriae sterno-claviculares, A. axillares und A, thoracicae. Die Aorta descendens gibt neben kleineren Intercostal-, Lumbal- und Spermatica- arterien eine Arteria coeliaca, eine A. mesenterica superior und eine Arteria mesenterica inferior ab. Darauf folgen die paarigen Arteriae crurales, von denen unter andern einige Nierenarterien und die beiden nur schwachen A. femorales abzweigen, und schliesslich in der Bifurcatio die ebenfalls paarigen Arteriae ischiadicae, die Hauptgefässe der unteren Extremitäten, die ebenfalls noch Nierenarterien abgeben und sich etwa in Kniehöhe in die A.tibialis ant. und post. teilen. Distal der Bifurcatio ist die Aorta descendens nur noch schwach. Sie gibt noch die paarigen Art. pudendae comm. ab und endet schliesslich als Aorta caudalis im Schwanze. Unsere eigenen Untersuchungen erstrecken sich in der Hauptsache auf die Gefässe von Enten und Gänsen, doch wurden ausserdem auch solche von Tauben, vom Eichelhäher, Blässhuhn und Grünfink mit herangezogen. Untersucht wurden so ziemlich alle grossen und mittleren Gefässe, nämlich die Arteria Coronaria cordis, die Aorta in ihrer ganzen Ausdehnung, die A. anonyma, A. Carotis, Geliirnarterien, die A. vertebralis, A. subelavia, A. axillaris, Flügelarterien, Intercostal-, Lumbal-, Spermaticaarterien, die A. coeliaca, A. mesenteria superior und inferior, die A. cruralis, A. femoraliıs, A. ischiadica, die Renal- arterien, die A. pudenda communis und die Art. pulmonalis. Art. Coronaria cordis. Durch eine Veröffentlichung von Edholm wurde unsere Aufmerksamkeit besonders auf die Histologie der Coronararterien gelenkt, die - sonst wohl nicht wären berücksichtigt worden. Edholm beschreibt den sehr eigen- tümlichen Bau der A. Coronaria cordis des Menschen. Er findet die Media durch eine starke, gefensterte elastische Membran in zwei Schichten geteilt. Die innere ist etwas dicker, besteht aus longi- 62 Ortwin Reinecke: tudinal verlaufenden, an Masse etwa gleich starken Bindegewebs- und glatten Muskelfasern und enthält die Hauptmasse der elas- tischen Substanz in Form von Längsfasern, die aber trotz der Nähe des Herzens weit spärlicher sind als in der Aorta. Die äussere Schicht besteht aus konzentrisch angeordneter Muskula- tur, welcher vereinzelte Bindegewebsfasern eingelagert sind. Ihr Reichtum an elastischen Fasern ist nur gering und entspricht dem der A. femoralis. Die trennende elastische Membran findet sich nur distalwärts. Die Elastica externa ist stark entwickelt, desgleichen die aus longitudinalen Bindegewebsfasern bestehende Adventitia. Über den Bau der Coronararterien bei Vögeln konnten wir in der Literatur keine Angaben finden; auch Argaud beschreibt sie nicht. Wie wir sehen werden, ist hier das Bild etwas anders als beim Menschen. Die Coronararterien stellen ein Schulbeispiel für die schroffe Übergangsart dar. Sie bekommen aus dem Truncus arteriosus bei ihrem Abgange eine rein elastische Accessoria mit stattlichen Lamellen mit auf den Weg. Jedoch schon ehe die A. coronaria sich vollständig vom Truncus getrennt hat, treten in dem vom Truncus am weitesten abgelegenen, der Einflussöffnung aus dem Truncus gerenüber liegenden Wandungsteile der Arterie nahe an der Elastica interna Muskelinseln auf, die sich schnell ausbreiten und in der Accessoria zunächst in den inneren, dann aber weiter vordringend, auch in den äusseren Lagen der dem Truncus ab- seekehrten Wandung, sowie in den inneren Lagen der seitlichen Wände überraschend plötzlich den muskulösen Typ zur Herrschaft bringen. Das Bild einer Schnittserie durch den Abgang der Art. coronaria aus dem Truncus wechselt also folgendermaßen: Zuerst ist das der Ausflussöffnung aus dem Truncus gegenüber- liegende Wandungsviertel hybrid. und die beiden Seitenwandungen sind elastisch, dann wird jenes muskulös und diese werden hybrid, darauf erfolgt die Trennung der Art. coronaria vom Truncus und die Schliessung des Gefässes durch eine rein elastische Accessoria, so dass in dieser Höhe auf einem Schnitte der elastische, der hybride und der muskulöse Typ nebeneinander zu finden sind. Mit wachsender Entfernung vom Truncus arteriosus nehmen die elastischen Elemente schnell weiter ab und dafür die kontraktilen zu. Bald darauf zeigen die Gefässe nur noch muskulösen und Über den Wandungsbau der Arterien. 63 hybriden und schliesslich rein muskulösen Typ. Doch hält sich der hybride Typ auf der dem Herzen aufliegenden Wandungshälfte noch ziemlich lange. Solch ein hybrides Gefäss zeigt die Abb. 11, ein muskulöses die Abb. 12. Die Rückbildung der elastischen Lamellen beim Übergange geschieht meist derart, dass die jeweilig zu innerst gelegene Lamelle sich mehr oder weniger stark konvex in die vor ihr liegende Muskularis vorbuchtet und dabei zugleich in gröbere und feinere Fasern sich auflöst, die wie Blumengehänge auszu- sehen pflegen und häufig beiderseits an eigentümlichen, aus einem dichten Fasergewirr bestehenden elastischen Bindegewebsknoten inserieren. Diese konvexen Fasern wollen wir als Konvexfasern und die elastischen Bindegewebsknoten als elastische Pfeiler be- zeichnen. Auf Abb. 11 sind diese Verhältnisse erkennbar. Wir werden den Konvexfasern später noch einmal begegnen. Über den Bau der muskulösen Tuniken lässt sich folgendes sagen. Die Elastica interna liegt in den proximalen Gefässteilen unmittelbar unter dem Endothel, in den distalen dagegen kommt eine Einlagerung von einer schwachen fibrillären Lage zwischen beiden vor. Häufig ist sie aufgespalten, distalwärts wird sie gelegentlich sehr schwach, ja sie kann sogar ganz verschwinden und wird dann durch eine einreihige Lage elastischer Längsfasern ersetzt, deren runde Querschnitte deutlich erkennbar sind. (Abb. 12). Je reiner die Accessoria den muskulösen Typ ausbildet, um so stärker tritt die von Edholm auch an menschlichen Coronararterien beschriebene Zweiteilung der Accessoria auf. Doch erreicht die innere, longitudinale Muskularis bei der Ente und der Gans selten eine der konzentrischen Muskularis gleich kommende Ausdehnung. Ebenfalls finden wir bei ihnen nie eine als Scheidewand zwischen den beiden Schichten funktionierende gefensterte Membran. In diesen Punkten weicht also die A. coronaria bei den Vögeln, wie es scheint, von der des Menschen ab. Was die Verteilung des elastischen Gewebes anbelangt, ist die innere longitudinale Muskularis hauptsächlich der Sitz longi- tudinaler elastischer Fasern, hingegen die äussere konzentrische der von Radiärfasern (Abb. 12). Zwar ist der Gesamtgehalt an elastischem Gewebe in der A. coronaria in den distalen mus- kulösen Teilen nur noch unbedeutend, aber trotzdem oder viel- leicht gerade deshalb sind in ihr die Radiärfasern und andere Archiv f. mikr. Anat. Bd.89. Abt.L 5 64 Ortwin Reinecke: feinere Faserstrukturen gut ausgebildet. Rı und Rz Fasern sind seltener, häufiger dagegen R» Fasern, die zumeist gespannt sind und daher die Elastica interna, an der sie inserieren, zum Teil stark einziehen. Man gewinnt hierdurch eine Vorstellung davon, wie die Erweiterung der Gefässe nach der Kontraktion nun eigentlich vor sich geht. Statt der Rz Fasern finden sich häufig die von Bonnet beschriebenen Gabelfasern, die in einem nach dem Lumen zu konvexen Bogen von der Elastica externa aus in die Accessoria hineinstrahlen. Die Elastica externa besteht aus einer Lage dichtgedrängter. starker elastischer Längsfasern der Conjunctiva, der sich in den äussersten Lagen der Accessoria als letztes Überbleibsel vom hybriden Typ her häufig noch Reste der konzentrischen Lamellen auflagern.. Von der Elastica externa ragen gelegentlich kleine Zapfen elastischen (Gewebes in die Accessoria hinein, die an die elastischen Pfeiler der Konvexfasern beim Übergang zum hybriden Typ erinnern und den Ausgangspunkt eines Strahlen- büschels von Radiär- und Gabelfasern zu bilden pflegen, wie es Rothfeld beschreibt (Rı Fasern). Es scheint uns, dass sowohl diese Zapfen und Pfeiler, wie auch die Bonnetschen Gabelfasern und die Konvexfasern derselben Natur sind, wie sich denn auch zwischen ihnen alle Übergänge finden. Ursprünglich stehen die elastischen Pfeiler mitten in der hybriden Accessoria auf der Grenze zwischen der muskulösen und elastischen Schicht. Mit der Annäherung an den muskulösen Typ und dem damit ver- bundenen Rückgange des elastischen Gewebes werden sie schwächer und ziehen sich auf die Elastica zurück, wo sie jetzt nur noch die Gestalt kleiner Zapfen haben. Zugleich nehmen die ursprüng- lich nur schwach gekrümmten Konvexfasern eine stärkere Krüm- mung an und gehen so in die Gabelfasern über. Es ist hierzu zu bemerken, dass diese Pfeiler und Zapfen nicht etwa massive Komplexe elastischen Gewebes, sondern, wie schon oben gesagt wurde, einen dichten Knoten starker elastischer Fasern, meist longitudinaler Richtung, darstellen. Besonders haben wir die A. coronaria noch auf die von Bonnet beschriebenen Bogen- oder Guirlandenfasern hin untersucht, weil sie uns bei dem hohen Grade der Differenzierung, die das ela- stische Gewebe in ihnen zeigt, ein günstiges Untersuchungsobjekt zu sein schienen. Jedoch sind die Ergebnisse negativ ausgefallen. Über den Wandungsbau der Arterien. 65 Nur in zwei Fällen konnten wir Fasern feststellen, die annähernd die von Bonnejit beschriebene Struktur aufweisen: Fasern, die zwar von einer Faltenkuppe der Elastica interna zur andern ziehen. aber doch den einheitlichen Zug vermissen lassen, den die von Bonnet aus der A.lienalis hominis abgebildeten Bogen- fasern aufweisen. Immerhin lässt sich aber sagen, dass die Art. Coronariae cordis der Vögel recht dankbare Untersuchungs- objekte sind, einmal, weil sich an ihnen sehr gut der schroffste Übergang vom elastischen zum muskulösen Typ studieren lässt, den man sich wohl denken kann, und dann wegen der Mannig- faltigkeit in der Differenzierung der elastischen Faserelemente der Accessoria, die wohl ihren Grund in der besonderen funk- tionellen Anpassung der A. Coronaria an das in ständiger rhyth- mischer Bewegung befindliche Widerlager haben dürfte. Aorta. Im Truneus und der Aorta thoracica ist der Wandungsbau rein elastisch. Starke elastische Lamellen- systeme wechseln mit schmalen, konzentrischen Muskelbändern ab. In der Intima der Autoren verlaufen die elastischen Elemente longitudinal, in der Media konzentrisch. Feinere elastische Strukturen finden sich nicht. Bis zum Abgange der A. coeliaca ändert sich der Wandungs- bau wenig. Er bleibt elastisch, lediglich die Stärke der elastischen Lamellen nimmt ab, auch verschwindet die longitudinale Intima. Nach Abgang der A. coeliaca beginnt der Übergang der Aorta descendens vom elastischen zum hybriden Typ, merk- würdigerweise aber nicht auf dem ganzen Umfange des Gefässes, sondern zunächst nur in den ventralen Wandungsteilen, während die dorsalen, der Wirbelsäule aufliegenden Teile zunächst noch elastisch bleiben. Ein Schnitt durch die Aorta descendens zwischen dem Abgange der A. coeliaca und A. mesenterica superior zeigt daher ähnliche Verhältnisse, wie wir sie für die A. Coronaria cordis beschrieben. Die Abb. 13—15 bringen sie zur Darstellung. Alle drei Bilder sind von demselben Schnitte genommen. Abb. 13 zeigt die elastische dorsale Wandung, Abb. 15 die noch schwach hybride ventrale Wand und Abb. 14 die laterale Ansicht mit dem Übergange zwischen beiden. Auch hier finden sich, wie bei der A. Coronaria, die dicken elastischen Pfeiler, hingegen werden Konvexfasern nicht beobachtet. In Mengen finden sich Rı und Rs Fasern, die mit den kon- 5* 66 Ortwin Reinecke: zentrischen elastischen Elementen dichte, zierliche Gerüstwerke bilden. Nach dem Abgange der A. mesenterica superior ändert sich der Bau der Aorta descendens insofern, als die dorsale Wand ebenfalls hybrid wird. Trotzdem bleibt ihre Dicke die gleiche, während die der ventralen infolge weiterer Annäherung an den muskulösen Typ wächst, so dass sich ihre Wandungsstärken wie 1:2 verhalten. Diese Verhältnisse bleiben bis zum Abgange der Ischiadicaarterien unverändert die gleichen, erst distal der Bifurcatio findet sich wieder die gleiche Wandstärke in der ganzen Gefässwand (Einwirkung der Auflagerung auf die Wirbelsäule). Aus den konzentrischen elastischen Lameilen in den äussersten Lagen der Accessoria verschwinden nach Abgang der A. mesenterica superior die Muskelfasern sehr schnell, wodurch diese Lamellen aus der Accessoria ausscheiden und als konzentrische Elastica externa der Oonjunctiva zuzurechnen sind. Wir finden daher gleich nach dem Abgange der Eingeweidearterien in der Aorta den gemischten Typ. Eine grosse Zahl von Zirkulärfasern bildet hier mit Rı und Rs Fasern stark verschlungene Netze mit engeren und weiteren Maschen. Dieser gemischte Typ erhält sich distalwärts weithin, erst nach dem Abgange der A. pudenda comm. wandelt er sich in den muskulösen um. An besonderen elastischen Strukturen treten in der Aorta vom gemischten Typ, abgesehen von Rı und Rs Fasern und ge- legentlichen Gabelfasern, bei der Abgabe grösserer Gefässe starke Systeme von Konvexfasern auf, die ihren Ausgang von elastischen Zapfen der Elastica externa oder von in die Accessoria einge- lagerten elastischen Pfeilern nehmen. Abb. 16 und 23 bringen diese Verhältnisse auf Längsschnitten durch den Abgang der A.ischiadica und A. pudenda comm. von der Aorta zur Anschauung. Art. anonyma mit Verzweigungen. Die Art. anonyma ist rein elastisch, ebenfalls der Truncus caroticus im proxi- malen Teile. Distalwärts geht dieser dann bald zum gemischten Typ über. Bereits die A. Carotis comm. und A. vertebralis zeigen einen dem muskulösen sehr angenäherten Wandungsbau, wie ihn etwa die Aorta kurz vor Abgang der A. pudenda comm. aufweist. In ihnen finden sich viele Rı und Rz Fasern, in der A. vertebralis treten häufiger auch Gabelfasern auf. Abb. 17 stellt auf einem Schnitt durch die Art. vertebralis einen elastischen Über den Wandungsbau der Arterien. 67 Pfeiler dar, an dem beim Abgange eines kleineren (refässes die gesamten konzentrischen elastischen Elemente der Accessoria inserieren. Einen ähnlichen Schnitt hat auch Argaud zur Er- läuterung der Astabgabe bei Visceralarterien abgebildet. Sobald die Arterien in die Schädelhöhle eintreten, gehen sie zum rein muskulösen Typ über (Triepel). An elastischen Elementen findet sich dann in ihnen nur noch die Elastica interna und externa, und zwar in sehr schwächer Ausbildung, sonst aber auch nicht eine einzige Faser. Abb. 15 zeigt diese Verhältnisse an einem Schnitte durch einen Zweig der Art. ophthalmica. Die A. axillaris ist wie die proximalen Teile des Truncus caroticus noch elastisch. Der elastische Typ setzt sich auch in den Flügelarterien fort, erst in der A. radialis beginnt all- mählich die Umwandlung zum muskulösen Typ. Eingeweidearterien. Die A. coeliaca entspringt aus der Aorta als elastisches Gefäss, geht aber sogleich durch schrotfen Übergang zum gemischten Typ über, den sie noch weithin in ihren Verzweigungen beibehält. Die Muskularis enthält zahl- reiche konzentrische elastische Fasersysteme, zwischen denen sich ein reiches Netzwerk von Radiärfasern und anderen Faserelementen ausspannt. Häufig beobachtet man in der A. coeliaca und ihren Verzweigungen, besonders vor der Abgabe eines Seitenastes, Gabelfasern und Bücshel von Rı Fasern, das heisst solche, die von einem aus der Elastica externa herausragenden elastischen Zapfen ihren Ursprung nehmen. Abb. 21 und 22 zeigen diese Strukturen. Abb. 22 stellt einen Schnitt durch eine Abzweigung selbst dar. Das abgebildete Wandungsstück gehört zu dem ab- gehenden kleineren Gefässe und ist etwas schräg getroffen. Abb. 21 zeigt einen Querschnitt durch dasselbe Gefäss in kurzem Abstande von der Abzweigung. Bei den A. mesentericae liegen die Verhältnisse ähnlich. Sie gehören ebenfalls zum gemischten Typ und wandeln sich nur sehr allmählich zum muskulösen um. Auch bei ihnen sind auf jedem Schnitte zahlreiche R! und Rs sowie Gabelfasern zu beobachten. Die Renalarterien sind in ihren Ursprüngen noch vom gemischten Typ, doch vermindert sich in ihnen das elastische (Gewebe sehr bald, und allmählich gehen sie so in den muskulösen über. Sie zeigen ebenfalls grossen Reichtum an Rı und Rs, sowie Gabelfasern. Es kommen auch Re und Rs Fasern vor. 68 Ortwin Reinecke: Untere Extremitätenarterien. Im Gegensatz zu den Arterien der oberen Extremitäten besitzen die der unteren schon vom Ursprung an den gemischten Typ. In den proximalen Teilen der A. ischiadica ist die Masse der elastischen Fasern in der Accessoria nur noch gering. In der Struktur ähneln sie sehr denen der Eingeweidearterien, was besonders durch die Bildung von dichten Faserbüscheln an der Elastica externa zum Ausdruck kommt. Die A. ischiadica ist reich an Rı und Rz Fasern, die mit den Zirkulärfasern mannigfaltige Netzwerke bilden. Weiter distal geht sie in ihren Fortsetzungen zum muskulösen Typ über. Ähnlich wie die A. ischiadica verhält sich die A. cruralis. Auch sie ist vom Ursprung an vom gemischten Typ, zeigt aber weiter distalwärts als die Art. femoralis schon den muskulösen, Die A. femoralis ist reich an feineren Faserstrukturen. In ihr finden sich neben den anderen schon häufiger beschriebenen Fasern auch Rs Fasern. Eine solche ist als Abb. 19 abgebildet: eine dicke, von der Elastica externa ausgehende Radiärfaser, die in ihrem Verlaufe durch Abgabe von Seitenfasern allmählich zerfällt. Abb. 20 zeigt wieder ein von einem elastischen Zapfen ausgehendes Faserbüschel (Rı Faser). Art.pulmonalis. Die A. pulmonalis ist in ihrem Verlaufe vom Truncus bis zur Lunge ein elastisches Gefäss. Sie besitzt ziemlich breite, von zwei starken elastischen Lamellen eingefasste konzentrische Muskelbänder, zwischen denen sich ein Geflecht von elastischen Fasern ausbreitet. Dieses Bild ist für die elastische Art. pulmonalis der Vögel typisch. Feinere elastische Strukturen finden sich nicht. Erst mit dem Eintritt in die Lunge geht die A. pulmonalis ziemlich schroff zum muskulösen Typ über. Zusammenfassung. Bei den Vögeln gehören zum elastischen Typ der Truncus arteriosus, die Aorta bis nach Abgabe der A. coeliaca, die A. anonyma, A. subelavia und A. axillaris, die proximalen Teile des Truncus caroticus und die A. pulmonalis ausserhalb der Lunge. Den gemischten Typ zeigen die Aorta nach Abgabe der A. mesenterica superior bis nach Abgabe der A. pudenda comm., die Eingeweidearterien in der weitaus grössten Strecke ihres Verlaufes, die Hals- und unteren Extremitätenarterien, sowie die der oberen Extremitäten von der Art. radialis an. Über den Wandungsbau der Arterien. 69 Die A. Coronaria cordis, die Gehirnarterien, die A. pulmonalis in der Lunge, sowie sämtliche Fortsetzungen der genannten Gefässe vom gemischten Typ sind muskulös. Der schroffe Übergang findet sich hauptsächlich am Ursprunge der A. Coronaria cordis und der A. coeliaca, weniger schroff in der Aorta zwischen Abgang der A. coeliaca und A. mesenterica superior. In diesen Fällen findet sich auf kurze Strecken der hybride Typ. Alle übrigen Übergänge gehen allmählich vor sich. Das elastische Gewebe tritt in den Arterien vom elastischen Typ in starken elastischen Membranen auf, in denen vom hybriden und gemischten Typ hauptsächlich als konzentrische Ringfasern und Lamellen. Stets ist in den Vogelarterien eine Elastica externa ausgebildet, die meist konzentrisch verläuft und bedeutende Stärke aufweist. Feinere elastische Strukturen finden sich in grosser Menge. In allen Gefässen vom gemischten Typ kommen Rı. Rz und auch (rabelfasern vor, die mit den konzentrischen elastischen Elementen meist vielverflochtene Netzwerke bilden. Als Besonderheit treten in den Vogelarterien, besonders bei Astabgängen, Konvexfasern auf, die an elastischen Pfeilern inserieren, und in deren Nähe Büschel von R+ Fasern, welche von aus der Elastica externa herausragenden elastischen Zapfen ihren Ursprung nehmen. Diese beiden Strukturen scheinen an die Abzweigungen gebunden zu sein. Besonders gut sind die feineren Fasern in den muskulösen Arterien ausgebildet, die noch etwa mittlere Grösse besitzen, wie in der A. Coronaria und A. femoralis. Hier finden sich neben anderen auch Re und Rs Fasern. III. Zusammenfassung und Ergebnisse. 3ei Haien finden sich Arterien vom hybriden, gemischten und muskulösen Typ mit konzentrisch gebauter Accessoria und wohl davon getrennter, longitudinal verlaufender Conjunctiva. In den Eingeweidearterien kann sich in der Accessoria an die uingmuskelhaut nach aussen noch eine longitudinal verlaufende, stark bindegewebshaltige Muskelschicht anlagern. In dem der Wirbelsäule aufgelagerten Teile der Aortenwand verschwindet die Accessoria ganz oder teilweise. Die feineren elastischen Elemente bilden in der Accessoria Netzwerke. Es treten Rı und Rs, seltener R> Fasern auf. 70 Ortwin Reinecke: Bei Knochenfischen finden wir Arterien von binde- gewebigem Typ mit nur schwacher, wenig differenzierter Accessoria. Radiärfasern kommen nicht vor. Bei Amphibien gehen die Arterien vom elastischen Typ im allmählichen Übergange nicht zum gemischten, sondern zum bindegewebigen Typ über. Dieser bindegewebige Typ ist für Amphibienarterien kennzeichnend. Erst sehr weit distalwärts wandelt er sich in den muskulösen um. Fast in allen Gefässen, besonders aber der mittleren Aorta descendens und den Einge- weidearterien, kann in der Accessoria neben der konzentrischen Ringmuskelhaut auch eine stark bindegewebshaltige Längsmuskel- schicht auftreten. Das elastische Gewebe ist nurschwach differenziert. In den Arterien vom elastischen Typ findet man nur wenig echte Lamellen. Meist werden diese durch Geflechte sehr starker kon- zentrischer Fasern ersetzt. In den Arterien vom bindegewebigen Typ tritt ein Gefilz von sehr feinen elastischen Fäserchen auf. Radiärfasern kommen fast nur in Arterien von muskulösem oder annähernd muskulösem Typ vor, in solchen vom bindegewebigen Typ nur, wenn eine zusammenhängende Ringmuskelhaut vorhanden ist. Es sind spärliche Rı und Rz Fasern, seltener Rz Fasern. Bei Reptilien bewahren die Hauptgefässe weithin distal- wärts den elastischen Typ. Vom gemischten Typ sind die Aorta descendens distalwärts von der Bifurcatio und die proximalen Äste der Extremitäten- und Eingeweidearterien. Die A. pulmonalis wie alle übrigen Arterien sind muskulös. Der Übergang erfolgt bei den Eingeweidearterien ziemlich schnell, ohne jedoch den hybriden Typ zu bewirken, in allen übrigen Fällen nur langsam und allmählich. In den Eingeweidearterien kann sich in der Accessoria, ähnlich wie bei den Haien und Lurchen, neben der Ringmuskelhaut noch eine mit vielem Bindegewebe durchsetzte Längsmuskelschicht einlagern. An feineren elastischen Elementen finden sich in den Arterien vom gemischten Typ Rı und Rs Fasern, Gerüstwerke bildend. In den muskulösen Arterien treten auch noch R> Fasern hinzu. Bei Iguana findet sich ein in die Aortenwurzel eingelagerter Knorpel, dessen Grösse und Gestalt schwankt. Ihm aufgelagerte Teile der Aortenwandung erfahren eine Verringerung ihrer Dicke. Bei Vögeln ist der elastische Typ festgestellt in der Aorta descendens bis zum Abgange der A. coeliaca, in den proximalen Über den Wandungsbau der Arterien. 71 Flügel- und Halsarterien und in der A. pulmonalis, der gemischte Typ in der Aorta descendens bis zum Abgange der A. pudenda communis, in den Hals- und unteren Extremitätenarterien, den Flügelarterien bis zur A. radialis und in den Eingeweidearterien. Die A. coronaria cordis, die (Gehirnarterien und sämtliche übrigen Gefässfortsetzungen sind muskulös. Der hybride Typ findet sich auf kurze Strecken am Ursprung der A. Coronaria cordis und der A. coeliaca, schwächer in der Aorta descendens zwischen Abgang der A. coeliaca und A. mesenterica superior als Folge des schroffen Überganges. In allen anderen Fällen erfolgt der Übergang allmählich. Die der Wirbelsäule auf- liegenden Teile der mittleren Aorta descendens besitzen nur die halbe Stärke der freien Wandung, auch bewahren sie länger den elastischen Typ. Die Vogelarterien zeichnen sich durch eine hochgradige Differenzierung des elastischen (Gewebes aus. In sämtlichen Gefässen vom gemischten Typ kommen Rı und Rs Fasern, sowie (rabelfasern vor, in den muskulösen mittlerer Gröse auch Re und Rs Fasern. Bei Astab- gängen und dGefäßstellungen treten Konvexfasern und R«ı Fasern auf. Aus dieser gedrängten, letzten Zusammenfassung wollen wir zum Schluss eine kurze Darstellung der Ergebnisse dieser Arbeit ableiten. 1. Wir unterscheiden mit Argaud den elastischen, den hybriden, den gemischten, den muskulösen und den aberranten Typ. Bei der Untersuchung der Arterien von Fischen und Lurchen sahen wir uns genötigt, noch einen sechsten Arterientyp aufzu- stellen, den bindegewebigen. Dieser bindegewebige Typ wird charakterisiert durch das Überwiegen des Bindegewebes über die kontraktilen und elastischen Elemente in der Accessoria. Es kann hier eine geschlossene innere Ringmuskelhaut auftreten, aber stets wird sie nach aussen zu mehr und mehr von Bindegewebe durch- setzt und geht so ganz allmählich in die Conjunctiva über. Der bindegewebige Typ entwickelt sich aus dem elastischen Typ in der Weise, dass die starken elastischen Fasersysteme allmählich ver- schwinden, wie beim Übergange in den gemischten Typ, dass zu- gleich aber.die Muskelfasern gar nicht oder nur in geringem Maße zunehmen. Er kennzeichnet sich dadurch als ein primitiver Arterientyp. 12 Ortwin Reinecke: Das System der Arterientypen würde sich also nach unserer Auffassung folgendermassen gestalten: elastischer Typ allmählicher Übergang schroffer Übergang er haste | u —, De — bindegewebiger Typ gemischter Typ hybrider Typ 2 a ae N allm. Ubergang allm. Übergang schroffer Ubergang allm. Ubergang | | | I schwach hybrider Typ | en Seesen en ee muskulöser Typ 2. Vergleicht man den Wechsel der einzelnen Arterientypen in den verschiedenen Wirbeltierklassen, so sieht man, dass er keineswegs gleichmässig erfolgt. Bei den Haien zeigt nach Argaud nur der Truncus arteriosus elastischen Typ, bei den Lurchen dagegen der Truncus arteriosus und die proximalen Teile der Aortenbögen, bei den Reptilien auch noch die Aorta bis zur Bifurcatio, bei den Vögeln aber wieder nur bis zum Abgange der A. coeliaca. Ein ähnliches Beispiel ist die A. pulmonalis. In ihrem Verlaufe ausserhalb der Lunge ist sie bei den Reptilien muskulös, bei den Vögeln dagegen elastisch. Welche Gründe dafür vorliegen, bleibt weiteren Untersuchungen überlassen. 3. In den Arterien von Haien, Amphibien und Reptilien kommen ausserhalb der konzentrisch gebauten Accessoria häufig Einlagerungen von longitudinal verlaufenden Schichten vor, die zahlreiche Muskelfasern enthalten und allmählich ohne Begrenzung in die Conjunctiva übergehen. Diese Schichten sind nach den von uns übernommenen Definitionen Bonnets der Accessoria zuzurechnen. Sie finden sich hauptsächlich in Arterien, welche häufigen Ver- änderungen ihrer Lage ausgesetzt sind, wie in den Eingeweide- arterien und in der nur sehr locker der Wirbelsäule auflagernden Aorta descendens von ÜUryptobranchus. Möglicherweise stellen sie eine funktionelle Anpassung an die das Arterienrohr von aussen her beeinflussenden Bedingungen dar. Doch fällt auf, dass sie sich bei Vögeln nicht mehr finden. a ee Pe Über den Wandungsbau der Arterien. 13 Die von Dragendorf morphologisch untersuchten und be- schriebenen Wulstbildungen, die bei Amphibien und Reptilien beim Abgange von Gefässen in das Lumen der Arterien hineinragen, bestehen histologisch aus einem Bündel längsverlaufender Muskel- fasern, welche in ein ebenfalls längsverlaufendes, dichtes elastisches Fasergeflecht eingelagert sind. Ihr Verhalten zur Blastica interna ist verschieden. Sie können zwischen Endothel und Elastica interna wie zwischen Elastica interna und der Ringmuskelhaut der Accessoria eingelagert sein, ja die Elastica interna kann sich spalten und das Gewebsbündel in sich einschliessen. Nie aber haben diese Wulstbildungen Einfluss auf den Bau der Ringmuskel- haut der Accessoria. 5. Eine Verringerung der Wandungsstärke wird beobachtet bei der Aorta descendens der Haie infolge Auflagerung auf die Wirbelsäule, beim Truncus arteriosus von Iguana infolge Auf- lagerung auf den Herzknorpel, und bei der Aorta descendens von Vögeln ebenfalls infolge Auflagerung auf die Wirbelsäule. Auch wird festgestellt, dass sich in der der Wirbelsäule auf- liegenden Wandungshälfte hier der elastische Tvp länger erhält als in der freien Wandung. 6. Bei Iguana findet sich in der Aortenwurzel in der inter- arteriellen Scheidewand des Truncus ein Knorpel eingelagert, dessen Grösse und Gestalt individuell schwankt. 7. Radiärfasern und andere feinere Faserstrukturen sind in ihrem Vorkommen auf Arterien vom gemischten und muskulösen Typ beschränkt. Bei Anamnien und Reptilien treten sie nur erst sehr spärlich auf. und auch nur als Rı und Rs Fasern, in muskulösen Arterien gelegentlich auch als Re Fasern. Erst bei den Vögeln setzt die Differenzierung der feineren elastischen Faserstrukturen ein. Hier finden sich von den durch die Autoren beim Menschen beschriebenen Faserarten ausser den Rı, Ra und Rs Fasern auch zahlreiche Gabelfasern und Rı Fasern. Diese letzteren stehen meist im Zusammenhang mit dem schroffen Über- gange vom elastischen zum muskulösen Typ und finden sich daher vorzugsweise bei Arterien vom hybriden Typ. Ihnen verwandt sind die bei Teilung oder Astabgabe häufig in Arterien vom ge- mischten Typ auftretenden Konvexfasern. Die von Rothfeld beschriebenen R; Fasern dagegen wurden nur in einem Falle beobachtet, und die von Bonnet beschriebenen und abgebildeten 74 2 Ortwin Reinecke: Bogen- oder Girlandenfasern konnten überhaupt nicht festgestellt werden. 8. Vergleicht man zum Schluss den Gesamthabitus der Arterienwandungen der Anamnien und Sauropsiden untereinander, so lässt sich unverkennbar eine Aufwärtsentwicklung unter ihnen feststellen. Bei den Fischen sind die Wandungen schwach und wenig differenziert. Bei den Amphibien sind sie ebenfalls noch dünnwandig im Verhältnis zum Lumen, und stark mit Binde- gewebe durchsetzt, daher auch meist in kollabiertem Zustande. Die Muskelfasern sind nur schwach ausgebildet und das elastische Gewebe wenig differenziert. Bei den Reptilien stehen Wandung und Lumen in dem von menschlichen Arterien her gewohnten Verhältnis. Die Muskelfasern haben sich zu einer starken Ring- muskelhaut zusammengeschlossen, nur selten finden sich noch binde- gewebshaltige äussere Längsmuskelschichten. Feinere elastische Faserstrukturen sind aber immer noch selten. Bei den Vögeln endlich verschwinden auch die Längsmuskelschichten und das elastische Gewebe erreicht einen hohen Grad der Differenzierung. Lediglich die Haifischarterien fallen aus diesem Schema heraus. Sie zeigen einen höheren Grad der Ausbildung als man der Ent- wicklungsstufe der Selachier nach annehmen sollte. Am Schluss unserer Ausführungen angelangt, ist es uns eine angenehme Pflicht, allen denjenigen Herren unsern verbindlichsten Dank auszusprechen, die durch Rat und Tat uns unterstützt haben: in erster Linie Herrn Geh. Medizinalrat OÖ. Hertwig, auf dessen Anregung auch diese Arbeit zurückgeht, ferner den Herren Prof. Dr. R. Krause und Prof. Dr. Poll; für die Beschaffung des Materials u. a. Herrn Geheimrat Heinke, Direktor der Königl. biolog. Anstalt auf Helgoland, und für die Anfertigung der Lichtbilder Frl. Lotte Winkler aus Wilmersdorf und Herrn Hannes Schombardt aus Braunschweig. Abb. Abh. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. 2 Abb. -] 12. —1 or Über den Wandungsbau der Arterien. IV. Tafelerklärungen. Tafel I. Cryptobranchus japonicus, Querschnitt durch einen Aortenbogen. nahe der Radix Aortae. Hybrider Typ, Rı Faser. Öryptobranchus japonicus, Querschnitt durch die Aorta descendens, Hybrider Typ, links ein Dragendorfscher Wulst. Cryptobranchus japonicus, Ramulus einer Art. mesenterica, quer- geschnitten. Annäherung an den muskulösen Typ. Cryptobranchus japonicus, Art. lienalis, quergeschnitten. Gem. Typ. Cryptobranchus japonieus, A. mesenterica posterior, kurz nach Ab- gang von der Aorta descendens, längsgeschnitten. Hybrider Typ. Iguana tuberculata. Aorta descendens vor Abgang der grossen Eingeweidearterien. Elastischer Typ. In das Lumen hineinragend ein Dragendorfscher Wulst. Iguana tuberculata. Arteria brachialis. Fast muskulöser Typ, mit einem einzelnen elastischen Lamellensystem in der Mitte. Iguana tuberculata.. Truncus arteriosus. Knorpel in der inter- arteriellen Wand. Iguana tuberculata. Art. pulmonalis, quergeschnitten. Muskulöser Typ. Elast. Gerüstwerk aus Rı, Rz und R» Fasern. . Lacerta agilis. Art. pulmonalis. Rein muskulöser Typ. Tafel IL . Anas Boschas. Art. coronaria cordis am Truncus arteriosus. Hybr. Typ. Elastische Pfeiler und Konvexfasern. Anser domesticus. Art. coronaria cordis, distal. Muskulöser Typ. Ra Fasern. . Anas Boschas. Aorta descendens nach Abgabe der Art. coeliaca. Dorsale Wandung, elast. Typ. . Anas Boschas. Derselbe Schnitt, laterale Wandung, hybrider Typ mit elast. Pfeilern. Anas Boschas. Derselbe Schnitt, ventrale Wandung, muskulöser Typ. Elastisches Gerüstwerk aus Zirkulär- und Radiärfasern. . Anas Boschas. Aorta descendens am Abgange der Art. pudenda comm. Längsschnitt. Elast. Pfeiler und Konvexfasern, . Anas Boschas. Art. vertebralis. Musk. Typ. Elast. Pfeiler bei der Abgabe eines kleineren Seitenastes. Anser domesticus. Art. ophthalmica. Gefäss aus der Schädelhöhle. Die Elastica interna ist das einzige elastische Element. Anser domesticus. Art. femoralis. Muskulöser Typ. Rs Faser. Anser domesticus. Art. femoralis.. Muskulöser Typ. Rı+ Faser, konvexfaserartig von einem elast. Zapfen ihren Ursprung nehmend. . Anser domesticus. Art. coeliaca, kurz vor Astabgabe. Rı Fasern und Gabelfasern. 76 Abb. 22. Abb. 23. 4. 16. Ortwin Reinecke: Anser domesticus. Art. coeliaca bei Astabgabe. Etwas schräg geschnitten. Elast. Zapfen und Konvexfasern. Anas Boschas. Aorta descendens am Abgange der Art. ischiadica. Längsschnitt. Elast. Pfeiler und Konvexfasern. Sämtliche Schnitte haben die gleiche, 200fache Vergrösserung V. Literaturangaben. Ein ausführliches Verzeichnis der einschlägigen Literatur bis 1896 findet sich bei Grünstein, bis 1908 bei Argaud. 1878. 1893. 189. . 18%. . 189. 1896. 1898. 1900, 1901. 1902. 1902. 1902. 1903. 1903. 1903. 1903. Roux: Über die Verzweigung der Blutgefässe. Jen. Zeitschrift f. Nat., 12. Bd. Thoma: Untersuchungen über die Histogenese und Histomechanik des Gefäbsystems. Stuttgart. Bonnet: Vortrag über den Bau der Arterienwand. Deutsche med. Wochenschrift, Bd. 21. Schiefferdecker: Bau der Wandungen der Blutgefässe. Vor- trag. Sitzungsber. d. niederrhein. Ges. f. Naturkunde, Bonn. Grünstein: Über den Bau der grösseren menschlichen Arterien. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 47. Triepel: Das elastische Gewebe in der Wand der Arterien der Schädelhöhle. Anat. Hefte, I, Bd. 7. Triepel: Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes, des fibrillären Bindegewebes und der glatten Musku- latur. Anat. Hefte, I, Bd. 10. Schöppler: Über die feinere Struktur der Hirnarterien einiger Säugetiere. Anat. Hefte, I, Bd. 15. Thoma: Über den Verzweigungsmodus der Arterien. Roux’ Archiv, Bd. 12. Triepel: Einführung in die physikalische Anatomie. Wiesbaden. Suchard: Structure du bulbe, du coeur, du tronc arteriel et des vaisseaux, qui partent de ce tronc chez quelques Batraciens. Arch. d’anatomie microsc., tom. V. Thienel: Vergleichende Untersuchungen über den mikroskopischen Bau der Blutgefässe der Schultergliedmaßen usw. Diss., Bern. Priebatsch: Über Histogenese der Aortenwand mit besonderer Berücksichtigung der elastischen Fasern. Diss., Berlin. Ebener und Kölliker: Handbuch der Gewebelehre des Menschen, Bd. 3. Leipzig, 6. Aufl. Busse: Vergleichende Untersuchungen über den mikroskopischen Bau der arteriellen Blutgefässe des Beckens und der Beckenglied- maßen usw. Diss., Zürich. Argaud: Recherches sur la structure des arteres chez l’'homme. These, Toulouse. lg 18. 19. 20. 36. 37. 1904. 1904. 1904. 1905. 1905. 1907. 1907. 1907. Über den Wandungsbau der Arterien. (if) Baum und Thienel: Über Besonderheiten im Bau der Blut- gefässe. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 63. Reissinger: Vergleichende Untersuchungen über den mikro- skopischen Bau der arteriellen Blutgefässe des Kopfes und Halses der Haussäugetiere. Diss., Bern. Argaud: Structure des arteres chez les oiseaux. Ü.r. des Ana- tomistes. Toulouse. Bärner: Über den histologischen Bau der Arterien in der Brust- und Bauchhöhle des Pferdes mit besonderer Berücksichtigung der Anpassung dieser Gefässe an die Umgebung. Jen. Zeitschr. f. Naturw., Bd. 40. Argaud: Structure des arteres chez les Reptiles. Bibliogr. anatom. Schöppler: Über die feinere Struktur der Hirnarterien einiger Säuger. Anat. Hefte, I, Bd. 34. Dürck: Über eine neue Art von Fasern im Bindegewebe und in der Blutgefässwand. Virch. Arch., Bd. 189. Bonnet: Über den Bau der Arterienwand. Sitzungsber. der niederrhein. Gesellsch. f. Naturk., Bonn. 1908/09. Argaud: Recherches sur l’histotopographie des el&ments con- 1909. 1910. 1910. 1911. aa. 1911. 1912. 1912. 1912. 1912. 1912. 1912. tractiles et conjonctifs des parois arterielles chez les Mollusques et les Vertebres. Journal de l’Anat. et de la Physiolog., annde 44 et 45, Paris. Bory: Röle de la tunique interne dans la constitution des parois arterielles. ©.r. Soc. Biolog., Paris, tom. 66. Bory: De l’edification &lastique dans les arteres de l’embryon. C.r. Soc. Biolog., Paris, tome 67. Oppel: Über die gestaltliche Anpassung der Blutgefässe. Leipzig. Dragendorf: Über die Formen der Abzweigungsstellen von Arterien bei den Wirbeltieren. Anat. Hefte, I, Bd. 42. Rothfeld: Zur Kenntnis der radiären elastischen Fasern in der Blutgefässwand. Anat. Anz., Bd. 38. Vanzetti: Sur la presence du tissu cartilagineux dans le coeur du lapin. Arch. ital. de biologie, tom. 56. Favaro: Sulle cartilagini cardiache dei Mammiferi. Atti Accad. Sc., Padova, Vol. 28. Retterer et Lelievre: Du developpement et la structure des os du coeur de quelques ruminants. ©. r. Soc. Biol., Paris, tom. 72. Dieselben: Des variations de la structure du squelette cardiaque des Vertebres. Ebendort. Retterer et Neuville: Squelette cardiaque d’un vieil ours. Ebendort. Bonnet: Über den Bau der Arterienwand, unter besonderer Be- rücksichtigung der Masse und Anordnung des elastischen, besser „gelben“ Bindegewebes. Anat. Anz., Ergänzungsheft zum Bd. 41. Edholm: Über die Arteria coronaria cordis des Menschen. Anat. Anz., Bd. 42. A) FE v Bee Be RO =><- N » E RCHETE EM. Y ui a sherlke at TauG est ambRrna) s 27 B ER E TERLENE N Aus dem Anatomischen Institut der Universität Kristiania. Zur Kenntnis der Zellgranula. Untersuchungen über den feineren Bau der Haut von Myxine glutinosa. Von K. E. Schreiner. I. Teil. Erste Hälfte. Hierzu Tafel IIT—VII und 15 Textfiguren. Inhalt: Seite Kapitel 1. Der jetzige Stand unserer Kenntnisse von den Zellgranula, von ihrer Entstehung, Umbildung und funktioneller Bedeutung . 79 Kapitel 2. Orientierende Übersicht über den feineren Bau der Haut von Myxine. Frühere Untersuchungen. . .......... 114 Kapitel 3. Untersuchungsmethoden . ....... 2.2.0.0... 133 Kapitel 4. Die Epidermis . . . ne Da A A ee el ad A A. Die indifferenten Bellen RER ME RE AE Ta L. BRD) ESDrusenzellene wa en ee ara, aD PRRDOSHINdENZEHENE, Sn Eee en Re OO 2"Die erossen- Schlemmzellen "7... NH ur Tor. 7 Harelerklärung, v Sean RE Be 3185 Kapitel Il. Der jetzige Stand unserer Kenntnisse von den Zell- granula, ihrer Entstehung, Umbildung und funktionellen Bedeutung. Ältere Plasmatheorien: Die Filartheorie Flemmings und die Granula- theorie Altmanns. Die Mitochondrien Bendas. Die Beziehung der Mito- chondrien zu früher beschriebenen Plasmastrukturen. Der Ursprung der Plasmagranula. Die Benda-Mevessche Theorie von der Persistenz der Zellgranula und ihrer Rolle als Vererbungsträger. Goldschmidts Chromidialtheorie. Die Stellung von G. Retzius. Ziel der vorliegenden Arbeit. Literaturverzeichnis. Nach der Begründung der modernen Zellenlehre durch die klassischen Arbeiten von Leydig und Max Schultze am Anfang der zweiten Hälfte vorigen Jahrhunderts folgte, wie allgemein be- kannt, eine Periode in der Geschichte der Zellforschung, die vor Archiv f.mikr. Anat. Bd.89. Abt. I. 6 s0 K. E. Schreiner: allem durch das Bestreben, in die feinere Struktur der lebenden Substanz, des Protoplasmas, Einblick zu gewinnen, gekennzeichnet wird. Zu Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts sehen wir die zahlreichen Einzelbeobachtungen über verschiedene Zell- strukturen in mehrere selbständige Theorien von dem allgemeinen Bau des Plasmas gesammelt. Die wichtigsten dieser sogenannten Plasmatheorien werden jedem unter den Namen der Netztheorie, der Wabentheorie oder Schaumtheorie, der Granula- theorie und der Filartheorie bekannt sein. Von diesen Theorien gewann wohl die letzte, die Filartheorie, welche vor allem von Flemming stammt, unter den damaligen Zytologen die grösste Verbreitung und übte auf die Zellforschung der letzten Dezennien vorigen Jahrhunderts einen mächtigen Ein- fluss aus. Nach dieser Theorie lassen sich im Zellkörper sowohl der lebenden, wie der in geeigneter Weise fixierten Zellen ausser dem Kern und etwaigen besonderen Körnereinschlüssen zwei ver- schiedene Substanzen unterscheiden: feine Fäden und eine homogene Zwischensubstanz. Die ersteren stellen das Mitom oder die Filarmasse Flemmings dar, die letztere das Paramitom oder die Interfilarmasse. Innerhalb der feinen Fäden des Mitoms finden sich wieder oft reihenweise angeordnete Körnchen, sogenannten Mikrosomen (Van Beneden, Retzius). Während die Anhänger der Filartheorie und der mit dieser eng verwandten Netztheorie die wichtigste Differenzierung des Plasmas in den Fäserchen sahen, sind nach der Granula- theorie die verschiedenen Zellstrukturen auf granuläre Zusammen- setzung zurückzuführen. Als der Urheber der Granulatheorie wird mit vollem Rechte R. Altmann genannt, obwohl auch er seine Vorgänger hatte (vgl. Schlater, 1899, S. 697 — 98). In der Altmannschen Granulalehre (1890, 1894) finden wir die Ergebnisse ausgedehnter Untersuchungen, die mit einer bewundernswerten Genauigkeit und einer überlegenen Technik aus- geführt sind, mit den weitgehendsten theoretischen Spekulationen vereinigt. Durch seine zielbewussten Untersuchungen, während der er fast ausschliesslich seine später so bekannte Fuchsin-Pikrinsäure- Methode benutzte, gelang es Altmann im Zellkörper der ver- schiedensten Zellenarten feine fuchsinophile Körnchen und Fäden Zur Kenntnis der Zellgranula. 81 aufzufinden. Von den letzteren liess sich meistens eine Entstehung und Zusammensetzung aus Körnchen beobachten. In mehreren Zellengattungen meinte nun Altmann nicht nur ein Wachstum dieser Granula, sowie assimilierende Vorgänge an denselben fest- stellen, sondern auch die Fähigkeit der Selbstteilung konstatieren zu können. Weiter fand er, dass die Granula in den verschiedenen Zellen sich auf verschiedene Weise differenzieren und demgemäss sehr verschiedenartige Funktionen übernehmen können: In den Drüsenzellen geben sie zur Bildung der verschiedenen Sekret- granula Anlass; „sie besorgen das Geschäft der Kontraktilität, indem sie sich zu Fibrillen aneinanderreihen und umformen, und auch die Nervenleitung dürfte ihnen nicht fremd sein“. Diese Beobachtungen führten Altmann dazu, in den Zell- granula die morphologischen Einheiten der lebenden Materie. die eigentlichen Elementarorganismen oder „Bioblasten“, wie er sie nannte, zu sehen, auf deren vitale Prozesse alle physiologischen Leistungen eines Organismus zurückgeführt werden müssten. Die Zellen, denen man früher diese Bedeutung zuerteilt hatte, seien in der Tat sowohl in biologischer wie morphologischer Hinsicht als zusammengesetzte Organismen, und zwar als Bioblastenkolonien zu betrachten. Wie man nun nach der zur Zeit Altmanns noch allgemein herrschenden Volvoxtheorie die Metazoenkörper sich durch die Vereinigung ursprünglich gleichwertiger Zellenindividuen zu einer Zellenkolonie hervorgegangen dachte, so sollten nun nach Altmann die Zellen als Bioblastenkolonien auf ähnliche Weise durch Vereinigung ursprünglich freilebender Bioblasten gebildet worden sein. Solche freilebenden Bioblasten meinte Altmann noch in den Mikrokokken wiedererkennen zu können: Die leicht angreifbaren Seiten der theoretischen Spekulationen Altmanns, sowie die Einseitigkeit seiner Technik können uns den Widerspruch wohl erklären, den seine Lehre bei ihrem Er- scheinen erregte und das Misstrauen, womit seine Befunde fast von allen Seiten empfangen wurden. Der bleibende Wert derselben hat sich jedoch in den 25 Jahren, die jetzt seit der Veröffentlichung des Sammelwerks Altmanns verflossen sind, in immer klarerer Weise kundgegeben. Ja, wir dürfen wohl sagen, dass die Unter- suchungen Altmanns nach Abschälung ihres spekulativ-theore- tischen Anhangs nie mit grösserem Interesse betrachtet worden sind und nie einen ehrenvolleren Platz in der zytologischen Forschung 6* 32 KB. Schreiner: eingenommen haben, als eben in unseren Tagen. Was hierzu vor allem beigetragen hat, ist das Hervorblühen eines neuen Sprosses auf dem Stamm der Zellforschung, der sogenannten Mito- chondrienforschung. Der Begriff der Mitochondrien stammt bekanntlich von Benda her, dem es durch eine von ihm erfundene Methode im Jahre 1897 gelang, im Protoplasma der Samenzellen der Maus Körnchen elektiv zu färben, von denen er nachweisen konnte, dass sie sich beim Aufbau des Spiralfadens der Spermien beteiligten. Benda glaubte nun ursprünglich, dass diese Körnchen ein neuentdecktes, für die männlichen Geschlechts- zellen spezifisches Plasmaelement darstellten, und dass seine neue Methode auf dasselbe spezifisch wirkte. Es stellte sich aber bald heraus, dass sämtliche Voraus- setzungen Bendas falsch waren. Nicht nur waren seine Mitochondrien von mehreren früheren Forschern (vor allen von A.v. Brunn, v. La Valette St. George und den Brüdern Zoja) nach An- wendung anderer Methoden in den männlichen Geschlechtszellen verschiedener Tiere gesehen und genau beschrieben worden, sondern ganz gleichartige Körnchen wie diejenigen der Samenzellen kamen, wie es Benda selbst nachzuweisen gelang, auch in manchen anderen Zellenarten vor. Durch diesen Nachweis wurde Benda von seiner ursprünglichen Auffassung über die Natur der Fadenkörner als ein nur für eine kleinere Zellengattung (die männlichen Geschlechtszellen) spezifischer Plasmabestandteil allmählich weggeführt und gelangte zu dem Schluss, dass in diesen Körnern ein spezifischer Bestand- teil der tierischen Zelle überhaupt, ein Zellorgan zu erblicken sei. Für diese Annahme sah Benda in dem isolierten Fortbestehen der Körner während der Mitose eine wichtige Stütze. Die Untersuchungen Bendas erregten bei ihrer Veröftent- lichung grosse Aufmerksamkeit und gaben zum Erscheinen zahl- reicher Abhandlungen Anlass, in denen über das Auffinden von Mitochondrien in den verschiedenartigsten Zellen, sowohl von Tieren wie auch von Pflanzen, berichtet wurde. Durch diese Untersuchungen, die zahlreiche neue Details über die Mitochondrien zutage förderten, wurde die Auffassung Bendas, dass sie einen überall verbreiteten Bestandteil der Zelle Zur Kenntnis der Zellgranula. 59 darstellen und in den Mitosen von einer Zelle zu ihren Nach- kommen übertragen werden können, im grossen Ganzen bestätigt. Welche physiologische Rolle im Leben der Zelle sei nun diesem Zellbestandteil beizulegen, und in welche Beziehung sei er zu den übrigen Zellteilen und früher beschriebenen Zellen- strukturen zu bringen? Dies sind die wichtigen Fragen, auf deren Beantwortung wir bald das Hauptbestreben der auf diesem Gebiete tätigen Zytologen gerichtet sehen. Schon Benda hatte sich über die beiden Punkte in seinen Publikationen geäussert. Was die physiologische Bedeutung der Mito- cehondrien betrifft, so hatte er ursprünglich (1599) die Hypo- these ausgesprochen, dass sie ein motorisches Organ der Zelle darstellen. Für diese Hypothese, die in dem Vorkommen der Mitochondrien in dem lokomotorischen Teil der Spermien ihren Ausgangspunkt nimmt, sah Benda in seinen Beobachtungen über die chondriogene Natur der Wimperwurzeln der Flimmerzellen und die Beteiligung der Mitochondrien beim Aufbau der quer- gestreiften Muskelfibrillen eine weitere Stütze. In seinem Referat: „Die Mitochondria“ in den Ergebnissen der Anatomie und Ent- wicklungsgeschichte (1903) glaubt er aber den Fadenkörnern eine viel wichtigere Bedeutung vindizieren zu müssen, und zwar „die Rolle eines der Faktoren der Vererbung“. Er stützt diese Auf- fassung erstens auf die Beobachtung, dass die Mitochondrien einen konstanten Bestandteil des Protoplasmas sowohl der Sexual- zellen beider (Geschlechter, wie der jungen Embryonalzellen dar- stellen, und weiter auf den Umstand, dass der aus den Mito- chondrien gebildete Teil des Mittelstücks der Spermien unzweifel- haft bei der Befruchtung mit in das Ei dringt. Wenn man nun von den Mitochondrien weiss, dass sie individualisiert die Mitose überdauern, so lässt sich nach Benda mit Bestimmtheit voraus- sagen, dass sie „auch als individualisierte Bestandteile der männ- lichen Geschlechtszelle innerhalb der weiblichen wiedererscheinen und an der Befruchtung teilnehmen“ (S. 781). Was die Frage anlangt, wie sich die Mitochondrien zu früher beschriebenen Zellstrukturen verhalten, spricht sich Benda im Jahre 1899 dahin aus, dass seine Körnchen besonders deutlich gemachte Zellmikrosomen darstellen, die sich durch ihre Beziehungen zu dem Mitom ruhender und sich teilender S4 K. E. Schreiner: Zellen scharf von den Altmannschen Körnchen unterscheiden. Doch hält er es nicht für ausgeschlossen, dass Altmann bis- weilen, z. B. in den Leberzellen, Fadenkörner vor Augen gehabt haben könne. „Die scharfe Unterscheidung der von mir gesehenen Körner“, schreibt er (S. 7), „liegt eben in ihren Beziehungen zu dem Fadenwerk des Zelleibes, welches auch nach meiner Auf- fassung (in Übereinstimmung mit Flemming) die Grundlage der Zelleibstruktur bildet. Ich sehe meine Körner teils deutlich den Plasmafäden eingefügt, teils ergibt sich aus der Anordnung der Körner ihre Zugehörigkeit zu den Plasmafäden, die in denselben Präparaten nach Auswaschung der Körnerfärbung in voller Deutlich- keit erscheinen.“ Über das Verhalten der Mitochondrien zu den Fadenstrukturen sich teilender Zellen gelangte Benda zu dem Ergebnis, dass die Körnchen sich nie innerhalb der Fasern der Zentralspindel oder innerhalb der zu den Chromosomen ziehenden Hauptstrahlen finden, während dagegen die Hauptmasse der Pol- strahlungen aus Körnerfäden bestehe. Von späteren Mitochondrienforschern, die sich mit den oben erwähnten Fragen eingehend beschäftigt und zu ihrer Klarlegung wesentlich beigetragen haben, sind in erster Reihe Fr. Meves und Cl. Regaud zu nennen, deren Ergebnisse sich in vieler Hinsicht auf wertvollste Weise ergänzen. Meves (1907, 1; 1908; 1910) vermochte durch seine Unter- suchungen über das Vorkommen von Mitochondrien bei jungen Embryonen von Huhn und Säugetieren zu konstatieren, dass solche in sämtlichen Zellen in reichlicher Menge vorhanden waren. Sie erscheinen hier jedoch nur selten als Körner, viel häufiger als Stäbe oder mehr oder weniger lange, meistens gewundene, glatte Fäden, für welche er den Namen Chondriokonten vorschlägt. Während des weiteren Verlaufs der Entwicklung bilden nun nach den Ergebnissen von Meves diese Mitochondrien bezw. Chondrio- konten die Anlagesubstanz für die verschiedensten Faserstruk- turen, z. B. Myofibrillen, Neurofibrillen, Neurogliafasern und Binde- gewebsfasern. Mit Benda nimmt Meves weiter an, dass auch die Wimperwurzeln der Flimmerzellen, die Stäbchenstrukturen der Nierenepithelien, die Kopulationsfäden der Fusszellen im funktionierenden Hoden, ja wahrscheinlich noch andere Faden- strukturen mitochondrialer Herkunft sind. Genauer hat Meves jedoch nur die Bildung der Bindegewebsfibrillen untersucht (1910, 1). Zur Kenntnis der Zellgranula 85 Um die Rolle, welche die Mitochondrien nach diesen Unter- suchungen in der Histogenese zu spielen scheinen, auch in ihrer Bezeichnung zum Ausdruck zu bringen, schlug Meves vor, sie Plastosomen zu nennen. Während die oben erwähnten Untersuchungen von Meves das Vorkommen und das Schicksal der Mitochondrien in embryo- nalen Zellen behandeln, beschäftigen sich die Arbeiten Regauds mit der Rolle dieser Gebilde in Drüsenzellen. Es gelang Regaud (1909) in den Nierenzellen mehrerer Kaltblüter, sowie (zusammen mit Mawas, 1909) in den Speicheldrüsenzellen vom Esel und Menschen fadenförmige Mitochondrien aufzufinden, von denen er zu konstatieren vermochte, dass sie als die Bildungsstätten der Sekretkörner zu betrachten sind, indem die ersten Stadien der Sekretgranula („les plastes“ von Prenant) als Anschwellungen der Fäden entstehen. Sowohl die Ergebnisse von Meves über die Bedeutung der Mitochondrien in der Histogenese, wie diejenigen von Regaud über ihre Rolle in sekretorischen Zellen sind durch zahlreiche Nachuntersuchungen geprüft und ihre Richtigkeit für viele Objekte bestätigt worden. (Genauere Literaturangaben bei Duesberg, 1912 und Eklöf, 1914.) Die Frage, wie sich die Mitochondrien zu früher beschriebenen Zellbestandteilen verhalten, gewinnt natürlich mit der Kenntnis ihrer grossen histogenetischen und physiologischen Bedeutung in hohem Maße an Interesse. Es ist wohl, wie schon oben kurz berührt, ausser jedem Zweifel, dass Benda ursprünglich der Meinung war, dass seine Mitochondrien ein neuentdeckter Zellbestandteil seien. In dieser Auffassung fand er auch während der ersten Jahre nach seiner Entdeckung bei zahlreichen anderen Forschern Beifall. So schreibt z. B. Meves noch im Jahre 1907 (1): „Benda hat das grosse Verdienst, in den von ihm so genannten Fadenkörnern oder Mitochondrien zuerst einen weitverbreiteten spezifischen Bestand- teil der Zellen erkannt zu haben“ (S. 399). Weitere Untersuchungen haben jedoch gezeigt. dass diese Auffassung ein Irrtum war. In der ersten seiner den Mitochondrien gewidmeten Unter- suchungen glaubte Meves (1900) in Übereinstimmung mit Benda (vgl. 0.) konstatieren zu können, dass die Fadenkörner in den ruhenden Samenzellen von Paludina und Pygaera eine intrafilare 86 K. E. Schreiner: Lage hatten, während er sie in der Mitose sowohl ausserhalb der Spindelfasern wie der Polstrahlungen liegen sah. Bald ist er aber, wovon seine erste Arbeit aus dem Jahre 1907 deutlich zeugt, betrefis des Verhaltens der Mitochondrien zu der Filarmasse Flemmings unsicher geworden, und als er die Mitochondrien- methoden auf diejenigen Objekte angewandt hatte, auf welche Flemming seine Fadenbaulehre gegründet hatte, und hier die Entdeckung gemacht, dass die Fäden, welche Flemming in lebenden Gewebszellen gesehen, sich in der Farbe der Mito- chondrien intensiv tingierten, wurde es ihm (1907, 2) klar, dass die Fäden, welche er kürzlich als Chondriokonten in den Zellen junger Embryonen beschrieben hatte, Filarmasse im Sinne Flemmings waren. „Die Feststellung“, schreibt er in seiner ausführlichen Arbeit (1908, S. 842), „dass die Flemmingschen Fila mit Chondriokonten identisch sind, ist geeignet, eine höchst erwünschte Klärung in unseren Anschauungen über die Struktur der Zell- substanz herbeizuführen. Diejenige Substanz, welche die Fäden oder Chondriokonten bildet, kann, wie wir nunmehr wissen, auch in Form von Körnern vorkommen. Diese Körner, die Mitochondrien, verlieren damit die Sonderstellung, die ihnen zuerkannt werden musste, sie sind nur eine andere Erscheinungsform der Flemming- schen Fila.“ Neben diesem von den Mitochondrien, bzw. Chondriokonten, gebildeten Fadenwerk des Zytoplasmas, das sich, wie Flemmings Untersuchungen gelehrt haben, schon in lebenden Zellen nach- weisen lässt, gibt es nun nach Meves noch eine andere Art von Fadenstrukturen, „die zwar vital vielfach unsichtbar, aber doch sicher keine Artefakte sind: das sind die Strahlungen, welche allgemein in sich teilenden Zellen, mitunter auch schon während des Ruhezustandes, von den Zytozentren ausgehen“ (8. 844). Für diese letzteren Strahlungen, sowie für die in vielen fixierten Präparaten sichtbaren, bezüglich ihrer vitalen Existenz aber noch zweifelhaften, ihnen eventuell gleichwertigen feinen Faden- oder Netzwerke schlägt Meves vor, die alte Bezeichnung Flemmings: Filarmasse oder Mitom zu behalten, die Gesamtheit der aus den Mitochondrien stammenden Fadenstrukturen dagegen unter dem Namen Chondriom zusammenzufassen. Zwischen diesen beiden verschiedenen Fadenstrukturen denkt sich übrigens Meves, dass Wechselbeziehungen vorhanden sein können in der Weise, dass Zur Kenntnis der Zellgranula. 37 das Chondriom sich in Filarmasse und eventuell umgekehrt um- wandeln könne!). Nach der Meinung Meves’ lässt sich nun auch „behaupten, dass ein grosser Teil der von Altmann beschriebenen Granula (wahrscheinlich fast alle, soweit sie nicht Reagentienprodukte sind) mit Mitochondrien identisch sind. „Meine Befunde“, schreibt er weiter (S. 843), „sind demnach geeignet, die Granulalehre Altmanns und die Fadenbaulehre Flemmings miteinander zu versöhnen, insofern sie zeigen, dass es sich bei dem Fadenbau der Zellsubstanz nicht um ein allgemeines Prinzip handelt“. In einer späteren Arbeit (1910, 2) bringt Meves nach Untersuchungen an farblosen Blutzellen für die „Einigung zwischen Faden- und Granulalehre“ weitere Belege. Die Identität der Mitochondrien mit den Altmannschen Granula und Fila wurde fast gleichzeitig auch von Regaud und seinem Mitarbeiter Mawas mit aller wünschenswerten Klarheit hervorgehoben. In der Einleitung ihrer oben erwähnten Arbeit (1909, S. 1) schreiben diese Forscher: „Il y a cependant un auteur dont il est necessaire de mettre le nom en @vidence au debut de cet article: e’est Altmann (Die Elementarorganismen, 2me edit., 1894). Les filaments et les granules qu’il a deecrits et figures dans les glandes salivaires correspondent tres exactement aux chondriosomes. La comparaison des stades successifs de la s&eretion dans la parotide du chat pilocarpinise Jui a montr& la nombreux faits qu’il a su observer dans beaucoup de tissus et d’organes doivent le faire considörer non point seulement comme un pr&ecurseur, mais comme l’auteur veritable de la decouverte des chondriosomes?): car des noms nouveaun, quelque meritoires quils soient, ne remplacent point des faits.“ Mit dieser Erkenntnis der völligen Identität der Bendaschen Mitochondrien mit den Körnern und Fäden Altmanns ist die Geschichte des „neuentdeckten Zellorgans“ eigentlich als beendigt anzusehen. Den Untersuchungen Altmanns aber war endlich der ihnen zukommende ehrenvolle Platz in der Zytologie gesichert. Ihr !) Über die Weise, wie diese Umwandlung vor sich gehen solle, hat sich Meves meines Wissens nie näher geäussert. Er hat wahrscheinlich diese Auffassung, welche mit der Lehre von der „Kontinuität des Chondrioms“ (vgl. unten) in direktem Widerspruch steht, jetzt aufgegeben. ”) Von mir gesperrt. 88 RK. B: Schreiner: tatsächliches Hauptergebnis, dass in allen Zellen färbbare Plasmaelemente, Granula oder aus diesen hervorge- gangene Fäden, vorkommen, die sowohl bei der Differenzierung wie bei der verschiedenartigen Funktion derZellen eine maßgebende Rolle spielen, war durch die zahlreichen Untersuchungen, zu denen Bendas Neuentdeckung der v. Brunnschen Körner Anlass gegeben hatte, in schönster Weise bestätigt worden. Die Feststellung, dass die von Benda mittels seiner neuen Methode zur Darstellung gebrachten Körnchen keine neuen Zell- bestandteile, sondern mit den von Flemming in lebenden Zellen gesehenen Mitomfäden, sowie mit den fuchsinophilen Granula und Fäden von Altmann identisch sind, muss als eine für die Klärung der Frage nach den Plasmastrukturen sehr wertvolle Bereicherung unserer Kenntnisse betrachtet werden. Ein weiterer Schritt in derselben Richtung bedeutet der Nach- weis, dass auch die Basalfäden von Solger und dasErgasto- plasma von Garnier nichts anderes sind als Altmannsche Fäden, die wegen mangelhafter Fixierung ihre Form verändert haben (Bouin, 1905; Prenant, 11910;.Hoyen;;. 1910779322 Champy, 1911). — Die Beteiligung der Plasmagranula beim Aufbau der ver- schiedenartigen paraplastischen Differenzierungen der Zellen muss natürlich zu einer Abnahme der Anzahl der Körner führen. Dieser Schwund der Granula oder der von ihnen gebildeten Fäden während der Zelltätigkeit ist besonders an Drüsenzellen leicht zu beobachten und von zahlreichen Forschern geschildert worden (vgl. z. B. Regaud u. Mawas, 1909, S. 6: „Quand l’accumulation du material zymogene est au maximum, il n’y a plus, ou presque plus de filaments mitochondriaux“). Nach der Sekretentleerung treten aber in den Drüsenzellen bald Fäden in der ursprünglichen Anzahl auf. Es findet demnach in den Gewebszellen zweifellos eine mit der Zelltätigkeit parallel verlaufende Neubildung der Plasmakörnchen bezw. -stäbchen statt. Auch die Beobachtung, dass die Altmannschen Körner und Fäden in den Mitosen einigermassen gleichmässig auf die beiden Tochterzellen verteilt werden, ohne dass die Anzahl dieser Plasmaelemente der einzelnen Zellen z. B. eines rasch wachsenden Zur Kenntnis der Zellgranula. 89 (rewebes merkbar abnimmt, beweist deutlich, dass die betreffenden Gebilde, ähnlich wie die übrigen Bestandteile der Zellen, zwischen den Teilungen einen Zuwachs erfahren müssen. Auf welche Weise geht nun diese Neubildung der Plasmagranula vor sich? Die geringe Grösse der Elemente, von denen hier die Rede ist, erschwert selbstverständlich in hohem Maße eine sichere Beantwortung dieser wichtigen Frage. Wir sehen denn auch, dass die Ansichten der verschiedenen Forscher in diesem Punkte sehr voneinander abweichen. Wie leicht einzusehen ist, liegen hier a priori zwei Möglich- keiten vor: die Plasmakörnchen können sich als persistente Zellenorgane verhalten, die, ähnlich wie der Kern und die Zentriolen, die Fähigkeit des Wachstums und der Selbstteilung besitzen und von einer Zellgeneration zu der anderen übermittelt werden. In diesem Falle hat der Satz Altmanns: „omne sranulum e granulo“ Geltung. Oder, die Plasmagranula können vergängliche Gebilde sein, die in der Zelle als Differen- zierungen anderer Zellbestandteile, des Kerns oder des Zytoplasmas, fortwährend neugebildet werden. In der Tat wird nun auch für die Plasmagranula die eine wie die andere dieser Entstehungsweisen behauptet. Altmann selbst, der in den Granula die elementaren Lebenseinheiten sah, musste ihnen natürlich auch, wie schon oben (S. 80) erwähnt, die Fähigkeit der Selbstteilung beimessen. Er nahm weiter an, dass die sichtbaren Granula aus kleinsten unsicht- baren, den Bioblasten jedoch immer noch angehörigen Granula hervorgingen, die er sich in der netzförmigen Intergranularsubstanz in grosser Zahl eingelagert dachte. Er kam auf diese Weise schliesslich dazu, die Intergranularsubstanz, die er anfänglich als tot betrachtet hatte, als den wichtigsten Teil des Protoplasmas, die Matrix des übrigen, aufzufassen (1894). Diese Ansichten Altmanns waren mehr auf theoretische Spekulationen als auf Beobachtungen gebaut. Erst durch die Feststellung Bendas, dass die Plasmakörnchen die Mitosen überdauern, um von einer Zelle zu ihren Tochterzellen übertragen zu werden, wurde der Diskussion über den Ursprung der Plasmagranula eine empirische Grundlage gegeben, und zwar schien dieses erste sichere Ergebnis der Forschung zugunsten 90 K. E. Schreiner: der Auffassung zu sprechen, dass die Granula permanente Zell- bestandteile darstellen. Diese Auffassung erfuhr in den folgenden Jahren eine weitere Stütze durch die Ergebnisse, zu denen mehrere Forscher gelangten, dass die in sekretleeren Drüsenzellen neu- entstehenden Plasmafäden genetisch an die schon vorhandenen gebunden seien. Wenn aber die Plasmagranula und ihre Abkömmlinge, die Plasmafäden, nur aus schon vorhandenen Körnern und Fäden hervorgehen können, so ergibt sich hieraus als eine völlig logische Konsequenz, dass sämtliche Granula und Fila der verschiedenen Zellen eines Individuums auf die Granula und Fila der befruchteten Eizelle, aus welchen es hervorgegangen ist, zurückgeführt werden müssen. Da nun die Plasmagranula, wie sicher festgestellt, einen konstanten Bestandteil nicht nur der weiblichen, sondern auch der männlichen Geschlechtszellen bilden und in einem Teil der Spermien gelegen sind, der jedenfalls in der Regel mit ins Ei dringt, so liegt die weitere Annahme nahe, dass die Plasmagranula der befruchteten Eizelle aus den Granula beider kopulierenden Geschlechtszellen abstammen, dass, wie es Duesberg (1912, S. 766) ausdrückt, „eine wirkliche plastochondriale Keimbahn“ bestehe. Wie wir oben (S. 83) sahen, war schon Benda der be- stimmten Meinung, dass die Plasmagranula der männlichen Ge- schlechtszelle innerhalb der weiblichen wiedererscheinen und an der Befruchtung teilnehmen sollen. Er war sich der theoretischen Tragweite dieser Hypothese wohl bewusst. „Diese Feststellung“, schreibt er (1903, S. 781), „die mir als das dringendste Postulat erscheint, würde den Schlußstein in der Kennzeichnung der Mito- chondrien als Zellorgan abgeben und einem dem Zelleib ange- hörenden Bestandteil die Rolle eines der Faktoren der Vererbung vindizieren“. Diese Hypothese Bendas fand bald in Meves (1907, 1: 1908) einen eifrigen Anhänger. Auch seiner Meinung nach kann es kaum zweifelhaft sein, dass die Plasmagranula an der Befruchtung teilnehmen, „d. h. dass die Uhondriosomen der embryonalen Zellen teils von der männlichen, teils von der weiblichen Geschlechtszelle abstammen“, und dass sie „eine zytoplasmatische Vererbungs- substanz repräsentieren“ (1908, S. 831). Von einer solchen Sub- stanz muss nach Meves angenommen werden, „dass sie nicht Zur Kenntnis der Zellgranula. 91 spontan in der Zelle entstehen, sondern nur wachsen und sich teilen kann“ (1910, 1, S. 654). Wir wollen diese Hypothesen von der Kontinuität der Plasmagranula im folgenden nach ihren Begründern als die Benda-Mevessche Theorie bezeichnen. Während Meves, wie er selbst mitteilt (1911, S. 686), noch nach einem geeigneten Material suchte, an welchem er die postu- lierte Mitwirkung der Plasmagranula bei der Befruchtung auch tatsächlich nachweisen könnte, stiess er auf eine Abhandlung der Gebrüder Zoja aus dem Jahre 1891, in welcher sie die Alt- mannschen Bioblasten in den verschiedensten Zellen nachweisen, darunter auch in Spermien und Eizellen von Ascaris megalo- cephala. Sie konstatieren weiter, dass bei der Befruchtung dieses - Tieres die Plasmagranula des Spermiums sich mit denjenigen des Eies vermengen.) Diese Angabe veranlasste nın Meves, die Befruchtung von Ascaris mit den Granulamethoden selbst zu studieren. Es gelang ihm auch (1910, 2; 1911, 1) die Ergebnisse der Gebrüder Zoja, dass bei der Befruchtung dieses Tieres fuchsinophile Granula aus dem Spermiumkörper in die Eizelle übertreten, zu bestätigen. Innerhalb des Eiplasmas mischen sich die männlichen und weib- lichen Granula miteinander und können bald nicht mehr von- einander unterschieden werden. Wenn diese Mischung der männ- lichen und weiblichen Granula beendigt ist, konstatiert man, dass die einzelnen Granula im Vergleich mit denjenigen früherer Stadien nicht unerheblich grösser geworden sind, vielleicht auch, dass gleichzeitig eine Abnahme ihrer Zahl stattgefunden hat. Diese letzteren Phänomene glaubt Meves mit einer Konjugation oder Kopulation der männlichen und weiblichen Granula in Ver- bindung bringen zu können. „Aus theoretischen Gründen“, schreibt er, „muss angenommen werden, dass, nachdem die männlichen und weiblichen Plastochondrien sich gemischt haben, früher oder später je ein männliches und weibliches Korn miteinander verschmelzen“ (1911, 1, 8. 698). Durch die Befunde bei Ascaris schien Meves die von Benda postulierte Mitwirkung der „Mitochondrien“ bei der Befruchtung endgültig erwiesen und die Rolle dieser Zell- !) Nach Meves (l. c.) angeführt. 92 K. E. Schreiner: bestandteile als die Vererbungssubstanz des Protoplasmas ge- sichert zu sein.!) In einer Reihe weiterer Arbeiten (1911, 2; 1912; 1913; 1914, 1; 1915) ist Meves bestrebt, neue Belege für die Richtig- keit dieser Auffassung von der Bedeutung der Plasmagranula darzubringen. Wenn wir nun, ohne auf die Einwände und Bedenken theoretischer Art, die sich gegen die Spekulationen von Meves erheben lassen und auch von mehreren Seiten erhoben worden sind (vgl. Meves 1913) einzugehen, uns an das Be- weismaterial halten, auf das sich Meves und seine Anhänger stützen, so wird mir, glaube ich, jeder vorurteilsfreie Forscher darin beistimmen müssen, dass hier zwischen der Beweiskraft der beobachteten Tatsachen und der Tragweite der auf dieselben ge- bauten Theorien ein unleugbares Missverhältnis besteht. Es muss zunächst hervorgehoben werden, dass sowohl Meves wie sein Schüler und treuer Anhänger Duesberg ausdrücklich betonen, dass sie von jedem direkten Beweis von der Persistenz der männlichen Plasmagranula innerhalb der Eizelle absehen müssen. So schreibt Duesberg in seinem Referat in den Er- gebnissen der Anatomie und Entwicklungsgeschichte (1912, S. 844): „Andererseits ist zu bemerken, dass man nicht recht einsieht, wie die Rolle der männlichen Plastosomen bei der Bildung der Plastosomen der Embryonalzellen, noch ihre eventuelle Kopulation mit den weiblichen Plastosomen bewiesen werden könnte. In der Tat, entweder haben die männlichen Plastosomen nach ihrem Ein- tritt in das Ei das gleiche Kaliber wie die weiblichen Plasto- somen, und alsdann würden sie sich alsbald mit diesen ver- !, Held (1912), der über das Verhalten der Plasmagranula bei der Befruchtung des Ascariseies eine Nachuntersuchung ausgeführt hat, weicht zwar in seiner Schilderung des Schicksals der männlichen Plasmagranula unmittelbar nach ihrem Eindringen in das Eiprotoplasma betreffs gewisser Einzelheiten von Meves etwas ab, stimmt ihm jedoch darin vollkommen bei, dass die Plasmagranula („Plasmosomen“ Helds) der Geschlechtszellen persistierende Elemente darstellen. „Der Theorie von der Kontinuität der Chromosomen stellt sich jetzt die von der Kontinuität der Plasmosomen an die Seite.“ „Jede auf dem Wege der Befruchtung entstandene Zelle ist ein vollkommener Hermaphrodit. Denn sie beherbergt in ihrem Kern männ- liche und weibliche Chromosomen und in ihrem Protoplasma ein Gemisch von Plasmosomen der gleichen doppelten Natur“ (S. 248). Zur Kenntnis der Zellgranula. 93 wechseln lassen, oder aber, und das ist ein günstigerer, bei Ascaris analvsierter Fall, sie werden sich durch ihr Volumen von ihnen unterscheiden; aber alsdann ist es wahrscheinlich, dass sich als ein der Kopulation vorhergehender Vorgang eine Fragmentation dieser männlichen Plastosomen einstellen wird und man sie zuletzt doch, allerdings etwas verzögert, mit den weiblichen Plastosomen verwechseln wird.“ Auch nach Meves (1913, S. 235) kann man bezweifeln, ob die Persistenz der männlichen Plastochondrien „überhaupt durch direkte Beobachtung demonstrierbar ist“. Die Indizienbeweise sind aber für Meves und seine Anhänger deutlich genug, um diese Persistenz sicherzustellen. In erster Linie wird hier auf die oben erwähnte Beobachtung von Meves hingewiesen, dass bei der Befruchtung des Ascariseies eine „Aussaat männlicher Mitochondrien im Ei“ stattfindet. Es muss aber jedem, der sich diesem Befunde objektiv gegenüberstellt, einleuchtend sein, dass sich aus ihm allein absolut nichts mehr vom weiteren Schicksal der färbbaren Plasmagranula als von dem- jenigen der übrigen protoplasmatischen Spermienteile aussagen lässt, indem die einen wie die anderen sich bald unserer weiteren Ver- folgung vollkommen entziehen'). Schon vor mehreren Jahren hat Retzius (1909, S. 229) bei seiner Erwähnung der Benda-Mevesschen Vererbungs- hypothese auch auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die aus der männlichen (Greschlechtszelle abstammenden Körnchen bei dem Befruchtungsakte nicht wirksam sein oder gar untergehen könnten, und er hat in Anbetracht der biologisch ausserordentlich wichtigen Frage, welche hier vorliegt, vor übereilten Schlussfolgerungen gewarnt. Meves (1910, 2, S. 614) findet zwar die von Retzius genannte Möglichkeit „sehr unwahrscheinlich“, und Duesberg (1912, S. 844) findet es sogar geziemend, die Annahme, „dass die männlichen Plastosomen im Ei degenerieren“, als „absurd“ zu bezeichnen; wie wertvoll aber diese Gefühlsäusserungen der beiden geschätzten Forscher manchem auch erscheinen mögen. so können wir dennoch nicht einsehen, dass sie an dem Gewicht der von !, Ich sehe von den Angaben welche Meves (1911, 1; S. 698) zu- gunsten seiner Theorie von der „Konjugation der männlichen und weiblichen Plastochondrien“ angeführt hat, hier ab, weil mir dieselben durch die von ihm gebrachten Bilder auch nicht im geringsten Grade gestützt zu werden scheinen. 94 K. E. Schreiner: Retzius geäusserten Bedenken gegen eine einseitige Verwertung des Nachweises von dem Übertragen der färbbaren Plasmagranula des Spermiums ins Ei bei der Befruchtung im geringsten Grade gerüttelt haben. In wie hohem Maße diese Bedenken gerechtfertigt waren, und die Aufforderung von Retzius (l. c.), bei der weiteren Unter- suchung über die Rolle der Plasmagramula bei der Befruchtung „auf dem Wege zur Wahrheit nur ganz vorsichtig vorzuschreiten“, angezeigt war, das haben die Ergebnisse späterer Untersuchungen auf diesem Gebiete zur (senüge erwiesen. Wir erinnern hier zuerst an die von Van der Stricht (1909), Lams (1910) und Levi (1914, 1915) an verschiedenen Säugetiereiern gemachten Beobachtungen, nach denen der in das Ei eingedrungene Spermienschwanz, wenn das Ei sich segmentiert, mit seinen Plasmagranula ungeteilt in der einen Blastomere wieder- gefunden wird. Um diese für die Benda-Mevessche Theorie höchst un- bequemen Beobachtungen mit der Theorie in Übereinstimmung zu bringen, ist man genötigt gewesen, seine Zuflucht zu der kühnen Hilfshypothese zu nehmen, dass nur diejenige Blastomere, welche den Spermienschwanz erhält, den eigentlichen Embryo bildet, während die andere nur zur Bildung des Trophoblasts verwendet wird. Der Benda-Mevesschen Theorie nicht günstiger gestalten sich nach den Untersuchungen von Meves selbst (1911, 2; 1912, 1; 1912, 2) die Verhältnisse bei den Echinodermen. Retzius (1910) hatte im befruchteten Ei von Parechinus miliaris und microtuberceulatus hinter dem Spermienkopf vier bis fünf Körner nachweisen können, die sich sowohl von den Dotter- elementen wie den anderen Körnungen des Eiplasmas deutlich unterschieden, mit dem „Nebenkernorgan“ des reifen Spermiums aber genau übereinstimmten und zweifellos auch mit diesem identisch waren. Meves fand diesen Körper im befruchteten Ei von Parechinus miliaris wieder und fasste ihn als das „plastosomatische“ Mittelstück des Samenfadens auf. Während der Wanderung des männlichen Vorkerns gegen die Eimitte ändert nach Meves der Körper nicht seine Form. Meves glaubt aber in seiner vorläufigen Mitteilung (1911, 2; S. 101) „mit Bestimmtheit“ prophezeien zu dürfen, dass er sich bald in Körner zerteilen wird, „die sich mit den weiblichen Plastochondrien vermengen (eventuell kopulieren)“. Zur Kenntnis der Zellgranula. 3, Die weiteren Untersuchungen von Meves (1912, 1 u. 2) zeigten nun aber, dass es hier in der Welt leider nicht immer so geht, wie man es hätte wünschen können: das ganze männliche „Plastosom“ ging unverändert in die eine der zwei ersten Blastomeren über, ganz wie bei der Furchung des Säugetiereies (vgl. o.). Aber auch im weiteren Verlauf der Furchung blieb der Körper erhalten. Bis zum 32-Zellenstadium gelang es Meves sein Schicksal zu verfolgen, und noch fand er ihn völlig unverändert in einer der Furchungszellen gelegen. Dieser Befund verlangte selbstverständlich eine neue Hilfs- hypothese, um mit der Theorie in Einklang gebracht werden zu können. Die Hypothese wird auch gleich von Meves geliefert. Wir wollen dem Leser den Inhalt dieser Hypothese, sowie die allgemeinen Betrachtungen, welche Meves an dieselbe knüpft, nicht vorenthalten, weil beide uns in gleichem Grade lehrreich erscheinen, und entnehmen der letzten Arbeit von Meves (1915) folgendes: „Die Vermutung, welche ich im Anschluss an diese Beobachtungen ausgesprochen habe, basiert auf der Tatsache, dass der junge Seeigel aus dem sogenannten Pluteus nicht direkt oder durch weitere Umwandlung, sondern als ein Neugebilde aus einer Ektodermeinstülpung, der sogenannten Seeigelanlage oder Seeigel- scheibe, entsteht, wobei zahlreiche Teile des Larvenkörpers, welche zu dem neuen Bau nicht benutzt werden, zugrunde gehen. Und zwar glaube ich annehmen zu dürfen, dass die Substanz des Mittel- stücks in die Zellen der „Seeigelanlage“ übergeht, aus welchen sich, soviel ich aus der Literatur zu entnehmen vermag, sämtliche oder fast sämtliche Teile des jungen Seeigels mit Ausnahme des Darms (oder eines Teils desselben) und der Vasoperitoneal- blasen bilden. Die Zellen der zuletzt genannten Organe würden demnach allerdings keine männlichen Plastosomen erhalten; die Möglichkeit aber, dass fast der ganze übrige Leib des jungen Seeigels durch das Mittelstück des Samenfadens väterliche Eigen- schaften ererbt, bleibt bestehen. Die spätere Metamorphose des Seeigels ist übrigens ganz ausserordentlich kompliziert und trotz verschiedener auf diesen Punkt gerichteter ausgezeichneter Unter- suchungen noch keineswegs genügend aufgeklärt. Die Tatsache), welche sich demnach aus den Befunden am Säugetier- und Seeigelei zu ergeben scheint, dass die männliche '!) Von mir gesperrt. Archiv f.mikr. Anat. Bd.89. Abt.I. 7 96 K. E. Schreiner: plastosomatische Substanz nicht an vergängliche embryonale Bildungen verschwendet, sondern für das definitive Tier aufgespart wird, würde nur geeignet sein, unsere Wertschätzung der Plastosomenin ihrer Eigenschaftals Vererbungs- träger zu steigern.“') (S. 39—40.) Während man sonst in dem Umstand, dass eine Theorie allein vermittels einer zu der Erweiterung unserer Erfahrungen proportional steigenden Anzahl von Hilfshypothesen erhalten werden kann, eine Schwäche der Theorie zu sehen gewöhnt ist, so sieht man, dass dem in betreff der Benda-Mevesschen Theorie nicht so ist. Diese scheint im Gegenteil ihren Anhängern mit der Zahl und Kühnheit der zu ihrer Aufrechterhaltung notwendig gemachten Hilfshypothesen nur an Wahrscheinlichkeit zu gewinnen. Die neuesten Beobachtungen von Meves (1915) über die Mitwirkung der Plasmagranula bei der Befruchtung wurden an dem Ei eines Fadenwurms (Filaria papillosa) angestellt. Auch sie verdienen eine genauere Besprechung. Nach dem Eindringen des Spermiums in das Ei findet Meves hier den „Nebenkern“ im Zentrum des Spermienplasmas als eine ungefähr kugelige Anhäufung (nach Fixierung mit Flemmings Gemisch und Färbung mit Eisenhämatoxylin) intensiv schwarz tingierter Körnchen. Allmählich lösen sich die einzelnen dieser Körner von der zentralen Ansammlung ab und treten in das Eizytoplasma über, innerhalb dessen sie zunächst durch ihre Grösse deutlich erkennbar bleiben. In späterer Zeit nimmt man an den ausgewanderten Körnern vielfach Zerfallserscheinungen wahr; statt eines grösseren Korns findet man zwei oder drei oder vier kleinere, welche auf einem Haufen zusammenliegen. Zur Zeit der Ausstossung des ersten Polkörperchens ist das Zyptoplasma der Eizelle ausschliesslich von kleinen Körnern durchsetzt, welche sämtlich das Kaliber der ursprünglichen Granula des Eiplasmas besitzen. „Muss man nun annehmen“, fragt Meves, „dass die männ- lichen Plastochondrien nach ihrer Zerlegung im Eizytoplasma resorbiert worden sind?“ Seine Antwort lautet, wie folgt: „Ein Blick auf die Plastosomen der Eizelle, besonders der heran- wachsenden, genügt, um zu erkennen, dass diese Strukturen offenbar eine hervorragende Wichtigkeit besitzen; schon deshalb ist !) Von mir gesperrt. Zur Kenntnis der Zellgranula. 97 es wenig wahrscheinlich, dass die entsprechenden Strukturen des Spermiums dem Untergang bestimmt sein sollten!), Wir wissen ferner, dass die Plastosomen mit den Fäden Flemmings von 1882 und den Granulis von Alt- mann (1890) identisch sind, dass sie also ganz ursprüngliche Zytoplasmabestandteile darstellen. Wenn solche durch das Spermium in das Ei hineintransportiert werden, so erscheint mir aus- geschlossen, dass sie dortspurlosverschwinden sollten.t) Zugunsten der letzteren Annahme lässt sich kaum etwas anderes geltend machen, als dass eine Persistenz der männlichen Plasto- chondrien im Ei mit der Monopolstellung unvereinbar ist, welche dem Chromatin der Samenzelle von vielen Seiten bei der Über- tragung erblicher Eigenschaften eingeräumt wird“ (S. 29-—- 30). Das Zytoplasma der ersten Furchungszellen enthält nun nach Meves, ähnlich wie jenes der Eizelle, gleichmässig verteilte kleine Granula und neben diesen homogen aussehende Ballen, welche sich mit Eisenhämatoxylin schwarz färben lassen. In weiter vorgeschrittenen Furchungsstadien bietet aber das Zyto- plasma der Furchungszellen ein ganz anderes Bild dar: die kleinen Granula und die homogenen Ballen sind völlig verschwunden, in einer homogen aussehenden Grundsubstanz liegen aber einzelne dicke Plasmastäbchen eingebettet. „Die Herausbildung dieser dicken Plastokonten“, sagt Meves (S. 34), „habe ich nicht verfolgt; wie sie aber auch vor sich ge- gangen sein möge, die Annahme erscheint mir unabweisbar, dass nicht nur die Eiplastochondrien, sondern auch die in der Eizelle ausgesäten und zerlegten männlichen Plastochondrien an der Ent- stehung der Plastokonten Anteil genommen haben. Männliche und weibliche Plastochondrien müssen sich also zu einem Mischprodukt vereinigt haben. Dadurch erfüllen sie eine Forderung, welche Naegeli (1884) an die elterlichen Idioplasmakörper stellt: dass sie sich vereinigen, um ein neues Idioplasma, dasjenige des Kindes, zu bilden.“ Wie aus dem hier Angeführten mit aller wünschbaren Klarheit hervorgeht, ist es Meves durch diese seine neuesten Unter- suchungen nicht gelungen, ebensowenig wie durch seine früheren, irgendwelche tatsächlichen Belege für seine Theorie zu bringen. Seine in jeder neuen Arbeit wiederkehrenden Beteuerungen, dass die '), Von mir gesperrt. -_ 98 K. E. Schreiner: männlichen Plastochondrien „unmöglich untergehen können“, mit den weiblichen aber „kopulieren müssen“, um allen späteren Plastochondrien des neuen Individuums den Ursprung zu geben, können dem Ungläubigen doch nicht solche Belege ersetzen. Bis diese aber vorliegen, müssen wir die Benda-Mevessche Theorie von der Beteiligung der Plasmagranula bei der Befruchtung als eine völlig unbewiesene Hypothese betrachten. Ja, wir dürfen sogar, nach den bei Säugetieren und Echinodermen gemachten Beobachtungen, die Hypothese als sehr unwahr- scheinlich bezeichnen!). Nach der Theorie von der „plastockondrialen Keimbahn“ sollten nun weiter sämtliche Plasmagranula und Plasmafäden der Embryonalzellen von denjenigen der Eizelle abstammen. Auch für dieses Postulat liegen aber bis jetzt keine Be- weise vor. Zwar ist von mehreren Seiten nachgewiesen worden, daß Plasmagranula während der Furchungsteilungen, ähnlich wie während anderer Zellteilungen, von einer Zelle auf ihre Tochter- zellen übertragen werden. Auch wissen wir, dass die Plasma- granula sich während der weiteren Embryonalentwicklung zu Kettchen und Fäden umbilden und die Fäden vielleicht wieder in Körnchen zerfallen können, in keinem Falle ist aber das Schicksal dieser Plasmaelemente während der Embryonalentwicklung bis jetzt in so eingehender Weise verfolgt worden, dass wir berechtigt sind, über ihre Vermehrungsweise irgendwelche begründete Meinung zu haben. | Charakteristisch für die Obertlächlichkeit, womit diese wichtige Frage noch behandelt wird, sind die Angaben, welche sich hierüber in der neuesten Mitteilung von Meves (1915) finden. Wie oben angeführt, fand Meves in jungen Furchungsstadien des Eies von Filaria papillosa zahlreiche ganz feine Plasmakörnchen, in späteren Stadien dagegen dicke Stäbchen in sparsamer Anzahl. Meves kümmert sich aber nicht im geringsten darum, wie sich diese ganz anders gestalteten Plasmaelemente herausgebildet haben. Es !) Wenn die Angaben von Lillie (1912) und Just (1915), dass bei der Befruchtung des Nereiseies das Mittelstück des Spermiums in das Ei überhaupt nicht eindringe, zutreffend sind, woran zu zweifeln ich keinen Grund sehe, so würde damit die Unrichtigkeit der Hypothese direkt bewiesen sein. Zur Kenntnis der Zellgranula. 99 genügt ihm die Überzeugung, dass sie, wie ihre Bildung auch vor sich gegangen sein möge, aus den vereinigten männlichen und weiblichen „Plastochondrien“ des Eies sicher entstanden sein müssten. Sind nun aber unsere Kenntnisse der Vermehrung der färbbaren Plasmaelemente während der Embryonalentwicklung noch äusserst dürftig, so sind, wie in einem späteren Kapitel dieser Arbeit genauer nachgewiesen werden soll, diejenigen Beobachtungen, welche über die Vermehrung dieser Elemente während der Teilung und verschiedenartigen Tätigkeit der Gewebszellen vorliegen, in keiner Hinsicht erschöpfender. Wenn Duesberg in seinem oben mehrmals erwähnten Referat die Ergebnisse der neueren Granulaforschung, insoweit sie die oben behandelten Fragen betreffen, folgendermassen zu- sammenfasst: „ihre Kontinuität konnte vom befruchteten Ei bis zu den vorgeschrittensten Stadien, die untersucht worden sind, selbst bis zum Erwachsenen erwiesen werden“ (S. 759), so lässt sich hierzu allein die Bemerkung machen, dass diese Darstellung mit der wahren Sachlage nicht übereinstimmt. — Neben der oben ausführlich besprochenen Ansicht, dass die Altmannschen Plasmagranula permanente Zellorgane seien, die sich allein durch Selbstteilung vermehren, hat sich, wie schon früher erwähnt, auch die Meinung gebildet, dass sie ver- gängliche Bestandteile des Zelleibes sind, die aus dem übrigen Zytoplasma oder aus dem Kern ihren Ursprung nehmen. Während nur wenige Forscher, unter denen jedoch Vejdovsky (1907) und Margaret und Warren Lewis (1915) genannt werden müssen, eine Neubildung der „Mitochondrien“ aus dem übrigen Zytoplasma annehmen, die beiden letzteren Forscher jedoch mit aller Reservation, ist die Zahl derjenigen Zytologen, welche diese Plasmaelemente aus dem Kern herleiten, eine recht erhebliche. Bei der Erwähnung der hier in Betracht kommenden Beob- achtungen stehen wir gleich einer neuen Theorie gegenüber, der sogenannten Chromidialtheorie von Goldschmidt. Diese Theorie geht von den Beobachtungen des genannten Forschers an verschiedenen Zellen des Ascaris-Körpers aus (1904). Die lebhaft funktionierenden Gewebszellen der Ascariden, wie z. B. 100 K. E. Schreiner: die verschiedenartigen Muskelzellen (Epithelmuskelzellen, Körper- muskelzellen, Muskelzellen der inneren Organe), die resorbierenden Epithelien und Drüsenzellen, sind nach Goldschmidt durch eine ausgeprägte Struktureigentümlichkeit, die er als denChromidial- apparat bezeichnet, charakterisiert. Dieser Apparat „besteht in einem System von Fäden (Chromidialfäden, Chromidialsträngen). die typische Reaktion, Struktur und Anordnung innerhalb des /ytoplasmas zeigen. Sie färben sich stets intensiv chromatisch. in gleichem Farbenton wie das Chromatin des Kerns. Die einzelnen Fäden verlaufen meist stark gewunden durch das Zytoplasma., sind von wechselndem Umfang und meist fein vakuolisiert. Am dichtesten sammeln sich die Fäden immer um den Kern. den sie völlig umspinnen können. Auch direkte Beziehungen zum Kern sind nachzuweisen, Auflagerung der Fäden auf die Kern- membran, wahrscheinlich auch Eindringen in den Kern. Sodann treten aus den Kernen bisweilen chromatische Körper aus, die mit der Neubildung der Chromidien zusammenhängen“ (S. 48). Der Chromidialapparat zeigt sich, nach den weiteren Er- gebnissen Goldschmidts, in ein und derselben Zelle ziemlich verschieden. Bald ist er mächtig entwickelt, bald schwach oder fehlt sogar vollständig. Nachweislich hängt dies mit verschiedenen Funktionszuständen der Zelle zusammen. Einmal ergibt sich die Regel, dass stärker beanspruchte, funktionsmannigfaltigere Zellen auch reichere Chromidienbildung aufweisen. Sodann lässt sich der Zusammenhang mit der Funktion auch direkt nachweisen: In den Drüsenzellen treten die Chromidien nur auf, wenn der Kern ruht, fehlen aber gänzlich, wenn er in Wechselbeziehung zum Plasma tritt. In den Muskelzellen lässt sich dieser Zusammenhang zwischen Auftreten der Chromidien und Funktion der Zelle experimentell beweisen. „Bei starker Funktion — Tetanus, Alkoholreizung — vermehren sie sich zunächst mächtig und degenerieren schliesslich, bei übermässiger Beanspruchung ohne die Möglichkeit eines Ersatzes werden sie aufgebraucht“ (S. 49). Diese Beobachtungen Goldschmidts schliessen sich den bekannten Untersuchungen seines Lehrers, R. Hertwigs, über das Vorkommen extranukleärer Kernbestandteile bei Heliozoen eng an. Bei Actinosphaerium Eichhorni, wo Hertwig die Be- schaffenheit dieser von ihm als Ohromidien benannten Gebilde am genauesten feststellen konnte, sind sie kleine Körperchen und Zur Kenntnis der Zellgranula. 101 Fäden, welche sich wie Chromatin färben und nach Perioden starker Ernährung ganz besonders reichlich auftreten. Sie nehmen, wie es Hertwig sicher nachzuweisen gelang, aus dem Kern ihre Entstehung. Bei hohen Graden von Chromidialbildung liess sich erkennen, dass die Chromidien sich in bräunliches Pigment, welches ausgestossen wird, verwandeln (1902, 1907). Hertwig rechnete bei seinen Untersuchungen über Actinosphaerium mit der Möglich- keit, dass auch bei den Zellen vielzelliger Tiere Chromidienbildung vorkommen möge und wies darauf hin, dass im Laufe des Ei- wachstums ein Austritt von Chromidien aus dem Keimbläschen in das Protoplasma stattfinde. Sowohl die Chromidien von Actino- sphaerium wie die der Eizellen sind nach der Auffassung Hert- wigs an dem Stoffwechsel der Zelle beteiligt, „womit aber nicht gesagt sein soll, dass hiermit ihr gesamtes funktionelles Wesen zum Ausdruck gebracht wird“ (1907, 8. 6). Weil nun die von ihm in den Ascaris-Zellen aufgefundenen Zellstrukturen Goldschmidt „prinzipiell Gleiches zu sein“ schienen, wie die Hertwigschen Chromidien, hat er für sie auch die Bezeichnung Hertwigs adoptiert. Es liegt nun nach der Meinung Goldschmidts auf der Hand, dass eine Zellstruktur von solcher Bedeutung wie der Chromidialapparat der Zellen des Ascariskörpers nicht auf ein Objekt beschränkt sein kann. „Tritt die Struktur vielleicht nur in den seltensten Fällen so deutlich hervor wie bei Ascaris, so müssen wir doch auch bei anderen Objekten Vergleichbares finden“ (S. 49). Und das ist nun nach der Überzeugung Goldscehmidts in der Tat auch der Fall. Die von früheren Verfassern unter dem Namen Nebenkern, Ergastoplasma, Dotterkern, Pseudochromo- somen, Mitochondrien, Trophospongien, apparato reticolare usw. beschriebenen Bildungen sollen sämtlich als Homologa des Chromidialapparats von Ascaris aufzufassen sein. Alle diese Struk- turen stimmen durch ihre Beziehungen zur Zellfunktion sowohl untereinander wie mit dem Chromidialapparat überein. Von allen diesen Strukturen lässt sich der Beweis erbringen, dass sie sich mit der Funktion der Zelle ändern können, dass sie neugebildet werden und wieder verschwinden können. Noch weiteres Gremein- sames liegt in den Beziehungen all dieser Dinge zum Kern und dessen Chromatin. Von vielen dieser Bildungen liegen nach Goldschmidt in der Literatur sichere Angaben vor, dass sie 102 K. E. Schreiner: direkt aus dem Kernchromatin hervorgehen sollen; von anderen, wie den Mitochondrien, ist allerdings nichts derartiges bekannt, Goldschmidt bezweifelt aber nicht, dass dies festgestellt werden wird. Dass alle diese Strukturen trotz des vielen Gemeinsamen in morphologisch so verschiedener Weise auftreten und auch ein verschiedenes färberisches Verhalten aufweisen, spricht nach der Auffassung Goldschmidts durchaus nicht gegen ihre Identifi- zierung. Für diese Verschiedenheiten kann nämlich der be- treffende Funktionszustand verantwortlich sein. Dieser seiner Chromidialtheorie, die nur sagt, dass in allen lebhaft funktionierenden Zellen im Zytoplasma neben dem Kern eine besondere chromatische Einrichtung nachzuweisen ist, der sogenannte Chromidialapparat, welcher aus dem Kernchromatin herstammt und die engsten Beziehungen zur Zellfunktion auf- weist, hat Goldschmidt eine zweite Theorie angeknüpft, die eine viel grössere theoretische Tragweite hat, die Theorie von dem Dualismus der Kernsubstanzen. Nach dieser letzteren Theorie soll die für gewisse einzellige Tiere erwiesene Differenzierung des Kernapparats in funktio- nierende Kerne und Geschlechtskerne auf einer Grundeigenschaft der Zelle beruhen, insofern in allen Zellen, wenn auch nicht überall besondere Kerne, so doch zweierlei spezifische Kernsub- stanzen vorhanden sein sollen, eine somatische Substanz und eine generative. Während erstere den somatischen Funktionen, wie Stoffwechsel, Bewegung usw. vorsteht, vom Befruchtungs- prozess und der Vererbung aber ausgeschlossen ist, vermittelt letztere den Befruchtungsprozess und im Anschluss an ihn die Übertragung der väterlichen und mütterlichen Eigenschaften von Zelle zu Zelle, ist aber von den übrigen Funktionen des Lebens ausgeschlossen. „Diese beiden Kernsubstanzen sind gewöhnlich in einem Kern, dem Amphinucleus, vereinigt. Die Trennung kann aber in mehr oder minder hohem Maße erfolgen; eine völlige Trennung ist selten, am häufigsten eine Trennung in einen vor- wiegend propagatorischen, aber doch gemischten Kern, den Zell- kern im gebräuchlichen Sinne, und die Hauptmasse des somatischen Kerns, den Uhromidialapparat“ (S. 71). Wie sich aus dem hier Angeführten klar ergibt, sind die „Mitochondrien“ nach der Auffassung Goldschmidts, als ein Zur Kenntnis der Zellgranula. 103 dem Chromidialapparat zugehöriger Zellbestandteil, nicht nur was ihren Ursprung, sondern vor allem was ihre Bedeutung anlangt, ganz andere Dinge als nach der Meinung von Benda und Meves. Während sie, wie wir oben hörten, für die letzteren Forscher die zytoplasmatische Vererbungssubstanz repräsentieren, sind sie nach Goldschmidt der somatischen Kernsubstanz zuzurechnen, die eben von dem Befruchtungsprozess und der Vererbung ausge- schlossen sein soll. Um die Bedeutung der Ergebnisse Goldschmidts für die uns hier in erster Reihe interessierende Frage nach dem Ursprung der Altmannschen Körnchen und Fäden geziemend würdigen zu können, ist es uns von Wichtigkeit, darüber ins Reine zu kommen, erstens inwieweit wir auf die Befunde Goldschmidts in jeder Hinsicht sicher bauen dürfen, und zweitens, ob die von ihm postulierte Zugehörigkeit der „Mitochondrien“, d. h. der Alt- mannschen Körner, zu seinem Chromidialapparat durch die vor- liegenden Tatsachen bewiesen oder wenigstens wahrscheinlich ge- macht wird. Was den ersteren Punkt betriftt, so ist bekanntlich von Vejdovsky (1907) und seinem Schüler Bilek (1909, 1910, 1 und 2) behauptet worden, dass die Chromidialstränge Gold- schmidts nichts anderes als Kunstprodukte seien, die infolge einer ungenügenden Konservierung und schädlichen Vorbehandlung der Tiere durch Zerstörung des normalen Stützapparats der be- treffenden Zellen hervorgerufen wären. Dieser Auffassung wird aber durch die Ergebnisse mehrerer anderer Forscher (Literatur bei Duesberg), vor allem durch die gründlichen und mit ge- wissenhafter Kritik ausgeführten Untersuchungen von Kemnitz (1912) entschieden widersprochen. Die Arbeit des letzteren Forschers ist uns auch deswegen besonders wertvoll, weil sie die Frage nach dem Ursprung und der Bedeutung der Chromidial- stränge in eingehender Weise behandelt. Kemnitz findet, wie vor ihm Hirschler (1912), keine Anhaltspunkte für die Annahme Goldschmidts, dass die Chromidialstränge eine nukleäre Entstehung haben, er verwirft deswegen auch den Goldschmidtschen Terminus „Chromidial- apparat“ und schlägt statt dessen den nichts vindizierenden Namen „metachromatische Stränge“ vor. Mit Goldschmidt stimmt er darin überein, dass sie eine funktionelle Struktur darstellen: 104 K. E. Schreiner: vielleicht stellen sie in den Darmzellen „den morphologisch ver- folgbaren Abschnitt einer Eiweissresorption“ vor und sind in den Muskelzellen „als Glykoproteide oder Vorstufen eines Muskel- extraktivstoffes“ aufzufassen. Sicherheit lässt sich hierüber nicht erzielen. Jedenfalls scheint es sich nach Kemnitz bei Ascaris in den fraglichen Strukturen um eine Bildung sui generis zu handeln, die weder mit „Mitochondrien“ noch „Ergastoplasma“ etwas zu tun hat (S. 546, 569—70). Nach diesen Ergebnissen Kemnitz’ würden zwar die Chromidialstränge Goldschmidts für die uns hier interessierenden Fragen jede direkte Bedeutung verlieren; denn ihnen zufolge wäre der Versuch Goldschmidts, diese Bildungen mit den „Mito- chondrien“ zu homologisieren, als voreilig und seine Angabe über ihren nukleären Ursprung als nicht stichhaltig zu betrachten !). Dennoch hat sich der leitende Gedanke in der Chromidiallehre: die experimentell schon längst festgestellte enge physiologische Beziehung zwischen Kern und Zytoplasma mit den zahlreichen früheren Angaben über Austreten von Kernbestandteilen ins Plasma und Vorkommen färbbarer Plasmaelemente unter einen gemein- samen (resichtspunkt zu vereinigen, von grossem heuristischen Wert erwiesen und sicher zu zahlreichen weiteren Untersuchungen Anlass gegeben, durch welche unsere Kenntnisse der Plasma- strukturen in wichtigen Punkten bereichert wurden. Wir wollen auf die zahlreichen hierher gehörigen Einzel- beobachtungen, die sich den oben erwähnten Untersuchungen Hertwigsund Goldschmidts eng anschliessen, und derer auch ein grosser Teil aus dem Zoologischen Institut in München stammt, an dieser Stelle nicht näher eingehen. Auf mehrere dieser Arbeiten werde ich weiter unten, im Zusammenhange mit der Besprechung meiner eigenen Befunde, Gelegenheit haben zurückzukommen. Es genügt, hier darauf hinzuweisen, dass die meisten dieser Arbeiten das Ziel haben, den Beweis dafür zu bringen: 1. dass in allen Zellen — Geschlechtszellen wie Somazellen — ein Austritt von Kernchromatin?) ins Zytoplasma statthat und 2. dass diese ins !) Ob hiermit das letzte Wort über den Ursprung der Goldschmidtschen Chromidialstränge der Ascariszellen gesagt ist, wollen wir dahingestellt sein lassen. ?) Es geht aus der oben ausführlich besprochenen Arbeit Goldschmidts nicht ganz klar hervor, inwieweit er seine Chromidialstränge und überhaupt Zur Kenntnis der Zellgranula. 105 Plasma ausgetretenen Chromatinteile — die sog. Chromidien — „entweder direkt durch chemische Umwandlung oder indirekt durch Lieferung der bei seinem Zerfall freiwerdenden Energie“ alle lebhaften Stoftwechselvorgänge und formativen Tätigkeiten der Zelle ermöglichen (vgl. Goldschmidt 1910, S. 106). Wenn die Mitochondrienforscher eben dieselbe Bedeutung ihren Fadenkörnern beigemessen haben, so beruhe das nach der Meinung der Anhänger der Chromidiallehre einfach darauf, dass die sog. Mitochondrien entweder direkt Chromidien darstellen, oder aus Chromidien hervorgegangen seien. (regen diesen von den Anhängern der Chromidiallehre behaupteten nukleären Ursprung der „Mitochondrien“ haben, wie wir leicht verstehen können, die Anhänger der Benda-Mevesschen Theorie von der Permanenz dieser Plasmaelemente kräftigen Ein- spruch gemacht. Meves selbst, der anfänglich die „mitochondriale“ Natur der Chromidialstränge Goldschmidts anerkannt zu haben scheint (1907, 1; S. 400), spricht sich später (1910, 1; S. 159—160) sehr kategorisch gegen jeden engeren Zusammenhang zwischen „Chromidien“ und „Mitochondrien“ aus. Auch muss er jede genetische Beziehung zwischen „Mitochondrien“ und Bestandteilen des Kerns die Chromidien der Metazoenzelle aus einem bestimmten Teil des färbbaren Kerninhalts ableiten zu können meint, oder ob er sowohl dem Kernnetz als den Nukleolen die Fähigkeit der Chromidienbildung beimessen will. Es wird in der Arbeit mehrmals davon gesprochen, dass die Chromidialstränge sich „in gleichem Farbenton wie das Chromatin des Kerns färben“, und es wird zum Beweis des nukleären Ursprungs dieser Stränge auf eine Abbildung (Fig. 20) hingewiesen, in der ein Chromidialstrang, der an die Kernmembran tritt, mit einem innerhalb der letzteren gelegenen, dem Kernnetz offenbar angehörigen Faden Zusammenhang aufweisen solle. Gleichzeitig wird aber an anderen Stellen ein Ursprung der Chromidien aus Kernbestandteilen behauptet, die wohl nur als Nukleolen aufgefasst werden können (vgl. z. B. seine Fig. 19). Auch bei der Erwähnung der verschiedenen Arbeiten über „die funktionellen Strukturen der Drüsenzellen“ und über „Dotterkern der Eizellen“, in deren Ergebnissen Goldschmidt eine Stütze seiner Chromidiallehre sehen zu können glaubt, wird in keiner Weise zwischen denjenigen Arbeiten, wo ein Austritt aus dem Kern ins Zytoplasma von Nukleolarsubstanz, und jenen wo eine Chromatinabgabe seitens des Kernnetzes geschildert wurde, gesondert. Wir kommen weiter unten bei der Erwähnung unserer eigenen Befunde auf diesen Punkt wieder zurück. 106 K. E. Schreiner: mit grösster Bestimmtheit in Abrede stellen. Denselben Standpunkt nimmt Duesberg (1912) ein, der in seinem Referate nach kritischer Prüfung des von den Anhängern der Chromidiallehre erbrachten Beweismaterials zu dem Ergebnis gelangt, dass in den meisten Fällen der Beweis, dass die im Zytoplasma vorgefundenen, als Chromidien beschriebenen Körper etwas mit „Mitochondrien“ zu tun haben, gänzlich fehle; wo aber die Forscher tatsächlich solche Bildungen vor sich gehabt haben, da ist noch der Ursprung derselben aus dem Kern vollständig zu beweisen. Obwohl ich der Kritik, welche Duesberg an mehreren Arbeiten der Münchner Schule übt, in manchen Punkten nicht bei- stimmen kann, weil sie offenbar auf vorausgefassten Meinungen beruht!), so muss ich ihm doch darin Recht geben, dass für keines der zahlreichen Objekte, bei denen ein Austritt von Kernchromatin geschildert wurde, eine ein- wandfreie Schilderung des ganzen Verlaufes dieses Prozesses, sowie der postulierten Umbildungen der ins Zytoplasma gelangten Chromatinteilchen bis jetzt geliefert worden ist. Ich kann mich daher nicht der Ansicht Goldschmidts anschliessen, wenn er den Beweis, dass die „Mitochondrien“ aus Chromidien hervorgehen, „für vollständig erbracht“ erachtet (1910, Ss. 107). Trotz aller Anerkennung des Werts jener Arbeiten, worauf sich Goldschmidt besonders beruft, ist es mir nicht möglich, einzusehen, dass dieselben etwas mehr als zum Teile recht schwache Indizienbeweise für die genannte Auffassung zu bringen vermocht haben.?) !) In dieser Hinsicht äusserst charakteristisch ist z. B., dass Duesberg bei seiner Argumentation gegen die Identitätslehre erklärt: „Ich könnte noch hinzufügen, wenn ihr Ursprung aus dem Kern erwiesen wäre, so würde das ein weiteres Argument gegen ihre plastochondriale Natur sein“ (1912, S. 904), und weiter unten (S. 908): „da aber andererseits die zytoplasmatische Natur dieser Elemente (d. h. der „Mitochondrien“) auf Betrachtungen gestützt ist, die wir geltend zu machen Gelegenheit hatten und auf die zurück- zukommen uns folglich unnötig erscheint, so ist es sicher, dass der von Goldschmidt postulierte Beweis (von ihrem nukleären Ursprung) niemals erbracht werden wird“ (!!). ?) Mit besonderer Befriedigung konstatiere ich, dass sich Jörgensen (1913) in seinen hinterlassenen Zellstudien (S. 197) in genau derselben Richtung ausspricht. Zur Kenntnis der Zellgranula. 107 Auch muss ich der Kritik Duesbergs darin beistimmen, dass sich gegen mehrere der Arbeiten, welche von den Angehörigen des Münchner Institutes stammen, die gewichtige Einwendung nicht zurückhalten lässt, dass dieselben augenscheinlich nicht mit der technischen Einsicht ausgeführt worden sind, die, um in schwierigen zytologischen Fragen Ausschlag gebende Resultate zu erzielen, absolut erforderlich ist. Die Kluft, die betrefts des Ursprungs der „formativen Elemente des Zytoplasmas“ zwischen der Mitochondrienlehre und der Chromidiallehre besteht, hat Hirschler (1913) zu überbrücken versucht. Er meint, man könnte in Anlehnung an gewisse An- gaben Faur&-Fremiets „die Mitochondrien als aus zwei Sub- stanzen zusammengesetzt annehmen, von denen die eine einen stabilen und permanenten Bestandteil der Mitochondrien bildet und nur bei Anwendung der spezifischen Mitochondrienmethoden in der Zelle erhalten bleibt, während die zweite nur in gewissen physiologischen Zuständen der Zelle in den Mitochondrien erscheint und auch nach Anwendung gewöhnlicher Fixiermittel im Plasma darzustellen ist, wodurch uns dann die Mitochondrien als transitorische Gebilde, also als Chromidien erscheinen.“ Es würde nach Hirschler vielleicht möglich sein, dass diese transitorische Substanz aus dem Kern in die Mitochondrien, durch die chemischen Metabolien der letzteren, aufgenommen wird, woraus die grosse Affinität der Mitochondrien zu den Chromatinfarbstoffen zu erklären wäre (S. 358). Arnold (1914) aber erscheint zurzeit die Vorstellung am sachgemässesten, dass die Chromidien als umgewandelte Struktur- bestandteile der Intergranulärsubstanz des Plasmas (seiner „Plasmo- somen“ und „Mitosomen“) aufzufassen seien, welche Kernchromatin in gelöster Form aufgenommen, an sich gebunden und event. umgesetzt haben (S. 404—405). — Wie gross der Meinungsunterschied zwischen den Anhängern der Benda-Mevesschen Theorie und jenen der Goldschmidt- schen Chromidiallehre in betreff des Ursprungs der sog. „Mito- chondrien“ und „Chromidien“ auch sein möge, in der Überzeugung stimmen sie jedoch, wie wir oben gesehen haben, miteinander überein, dass die von ihnen beschriebenen färbbaren Zytoplasma- teile als mit bedeutungsvollen Funktionen betraute Strukturgebilde aufzufassen seien, gegen welche die Intergranulärsubstanz des Zytoplasmas mehr in den Hintergrund treten müsse. 108 K. E. Schreiner: Diese Auffassung, die, wie wir sahen, der Ansicht Altmanns sehr nahe steht, hat zwar im letzten Dezennium eine grosse Ver- breitung unter den Zytologen gewonnen, darf aber zurzeit noch nicht als allgemein anerkannte Lehre bezeichnet werden. Im Gegenteil, gewichtige Stimmen haben sich gegen diese Verallge- meinerung erhoben und vor voreiligen Schlussfolgerungen auf einem so äusserst schwierigen Forschungsgebiet wie demjenigen der Plasmastrukturen gewarnt. Wir haben oben (8. 93) gehört, dass ein Zellforscher wie (4. Retzius unter denen war, die hier schon vor mehreren Jahren ein Warnungswort ausgesprochen hatten. Neulich hat dann Retzius (1914) die ganze Mitochondrienlehre von Benda und Meves einer kritischen Prüfung unterworfen, und gelangt, nachdem er die alten und neuen Richtlinien der Plasmaforschung eingehend miteinander verglichen und geprüft hat, zu dem Ergebnis, „dass die neuere Lehre, die Plastosomenlehre, auf falsche Wege geraten ist; was in ihr richtig sein kann, ist nicht neu, und was in ihr als neu erscheint, ist nicht richtig, aber unklar und schwankend. Es wäre deshalb zeitgemäss, dass man allgemein darüber klar wird, was richtig und was irrtümlich in der Plasmalehre im ganzen ist, damit nicht die zytologische Forschung, beeinflusst durch scheinbar lockende Schlagworte, wie Plastosomen und dergleichen, in un- richtige Bahnen hineingleite, was unserer Wissenschaft für lange Zeit schaden kann“ (S. 211). Nach seiner vieljährigen Arbeit auf dem Gebiete der Zell- forschung ist Retzius selbst zu der Ansicht gelangt, dass im Protoplasma der Eizellen und vieler anderer Zellarten die Mitom- struktur in verschiedenen Variationen herrscht, indem das Proto- plasma aus folgenden Teilen besteht: aus einer scheinbar struktur- losen, aber wahrscheinlich in wechselnder Weise sehr kompliziert zusammengesetzten Zwischensubstanz, dem Paramitom (der Interfilarmasse) Flemmings, und einem Fadengerüst aus mehr oder weniger dicht umeinander sich windenden, nicht netzförmig zusammenhängenden, zuweilen aber dichotomisch geteilten Fäden, in denen sich reihenweise angeordnete feine Körner, die seit langem bekannten Mikrosomen, finden: dem Mitom (der Filarmasse) Flemmings. Offenbar ent- sprechen die genannten Körner grösstenteils den Plasmosomen J. Arnolds, den Granula (den „Bioblasten“) Altmanns, Zur Kenntnis der Zellgranula. 109 sowie auch den Mitochondrien Bendas und den Chondrio- somen — Plastosomen von Meves“ (S. 212). Neben den echten Mikrosomen des eigentlichen Mitoms können nun nach Retzius im Protoplasma mancher Zellarten, z. B. gewisser Epithel-, Drüsen- und Sinneszellen, auch andere Körner vorkommen, die zwischen den Fäden des Mitoms liegen und mit den Mikrosomen also nicht verwechselt werden mögen, z. B. alle die Sekretkörner der Drüsenzellen, die Dotterkörner der Ei- zellen usw. Diese Körner sind nach den Erfahrungen Retzius’ nicht aus den Mitomkörnern herzuleiten, sie entstehen viel- mehr in der Zwischensubstanz, dem Paramitom, wo sie sich auch weiter ausbilden (!. c.). Was endlich die in gewissen Drüsenzellen beschriebenen eigentümlichen faden- oder stabförmigen Gebilde anlangt, so hält Retzius ihre Natur und wie sie sich zu dem Mitom verhalten, für noch nicht genügend aufgeklärt. Diese Fäden, die z. B. ın den Pankreaszellen in verschiedenen Funktionszuständen aufzu- treten und dann wieder zu verschwinden scheinen, mit den in gewissen Knorpelzellen und Bindegewebszellen vorkommenden Faden- und Stabbildungen zu einer Gruppe zusammenzuführen, scheint Retzius ganz unnatürlich zu sein. Nach ihren Form- und Färbbarkeitsverhältnissen allein lässt sich die Natur solcher Zellelemente nicht sicher bestimmen. (regen den ablehnenden Standpunkt, den Retzius, wie aus dem oben Angeführten hervorgeht, der „Plastosomenlehre“ gegen- über einnimmt. hat Meves (1914) später eingewendet, dass dieser seine Erklärung darin findet, dass Retzius eine für das Studium der Plasmagranula ganz ungeeignete Technik angewandt hat, wo- durch ihm offenbar niemals wirklich gute Bilder dieser Plasma- elemente vor Augen gekommen sind, sonst hätte er sich leicht davon überzeugen können, dass die Altmannschen Körner und Fäden und die Strahlungen sich teilender Zellen, ebenso wie die ihnen möglicherweise gleichwertigen, hinsichtlich ihrer Vitalität anfechtbaren Fadengerüste der ruhenden Zellen, „Seite an Seite nebeneinander in der Zelle vorhanden sind“ (S. 250). Meves wirft Retzius weiter vor, dass er denselben Fehler begehe, wie seinerzeit Flemming, wenn er die in lebenden Zellen sichtbaren Plasmafäden von den Fadenwerken, die man in fixiertem Material beobachten kann, nicht unterscheide Was 110 K. E. Schreiner: diese letzteren anlangt, die Retzius an zahlreichen Tafeln seiner biologischen Untersuchungen abgebildet hat, so ist Meves „der Ansicht, dass die meisten von ihnen gegen den Verdacht, Arte- fakte zu sein, nicht im geringsten geschützt sind“ (S. 300). — In obenstehender kurzer Literaturübersicht habe ich, ohne allzuweit auf Einzelheiten einzugehen, dem Leser einen kurzen Überblick über den jetzigen Stand unserer Kenntnisse der Plasma- strukturen und die zur Zeit herrschenden verschiedenen Meinungen über ihre Natur zu geben gesucht. Wie wir gesehen haben, besteht noch betreffs vieler wichtiger Punkte grosse Meinungsverschieden- heit unter den Zytologen. Fund steht gegen Fund, Theorie gegen Theorie, ja man wäre versucht zu sagen, Glaubensbekenntnis gegen Glaubensbekenntnis. Neue Hypothesen, wie geistreich sie auch sein mögen, können uns hier nicht weiter bringen. Was wir aber um so mehr nötig haben, sind objektive, mit Kritik und tech- nischer Schulung ausgeführte Beobachtungen an einem möglichst grossen und für derartige Untersuchungen günstigen Material. Einen anspruchslosen Beitrag hier zu liefern, der diese Forderungen zu erfüllen sucht, ist das Ziel der Untersuchungen über die Plasmagranula, ihre Entstehung und Bedeutung, von deren Ergebnissen unten berichtet werden soll. Als Material für meine Untersuchungen haben mir in erster veihe die verschiedenen Zellformen der Haut von Myxine glutinosa gedient. Der Grund, warum ich eben dieses Material gewählt habe, ist ein doppelter. Erstens erschien mir diese Haut mit ihren eigen- artigen, aus einer gemeinsamen Anlage sich entwickelnden und doch so verschiedenen Drüsenzellenformen für derartige Studien besonders geeignet und verlockend. Zweitens aber hatte ich während meiner früheren, durch mehrere Jahre fortgesetzten Untersuchungen über den Bau des Geschlechtsorgans von Myxine Gelegenheit gehabt, mir über die Einwirkung der verschiedenen Fixierungsmittel auf die einzelnen Gewebe und Organe dieses Tieres, sowie auch über andere spezielle Eigenschaften dieses Materials. eine Reihe von Erfahrungen zu sammeln, die ich bei weiteren Untersuchungen an demselben Material nützlich machen zu können hoffte. Zur Kenntnis der Zellgranula. 11 Ursprünglich als eine Studie über die funktionellen Ver- änderungen der Drüsenzellen der Epidermis geplant, haben meine Untersuchungen sich allmählich während der bald vier Jahre, über die sie sich erstreckt, auch auf die übrigen Elemente der Haut ausgedehnt, wodurch gleichzeitig diese Arbeit zu einer Monographie der Haut von Myxine herangewachsen ist. Literaturverzeichnis zu Kapitel 1. Altmann, R., 1890: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. I. Aufl., Leipzig 1890, II. 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Derselbe, 1910, 3: Über Aussaat männlicher Mitochondrien im Ei bei der Befruchtung. Anat. Anz., Bd. 36. Derselbe, 1911, 1: Über die Beteiligung der Plastochondrien an der Be- fruchtung des Eies von Ascaris megalocephala. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 76. Derselbe, 1911, 2: Zum Verhalten des sogenannten Mittelstückes des Echiniden- spermiums bei der Befruchtung. Anat. Anz., Bd. 40. Derselbe, 1912, 1: Weitere Beobachtungen über das Verhalten des Mittel- stückes des Echinidenspermiums bei der Befruchtung. Ihbid., Bd. 40. Derselbe, 1912, 2: Verfolgung des sogenannten Mittelstückes des Echiniden- spermiums im befruchteten Ei bis zum Ende der ersten Furchungs- teilung. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 80. Derselbe, 1913: Über das Verhalten des plastosomatischen Bestandteiles des Spermiums bei der Befruchtung des Eies von Phallusia mammillata. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 82. Derselbe, 1914, 1: Die Plastochondrien in dem sich teilenden Ei von Ascaris megalocephala. Ibid., Bd. 84. 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Orientierende Übersicht über den feineren Bau der Haut von Myxine Frühere Untersuchungen. Myxine glutinosa hat, wie allgemein bekannt, ihren Namen bekommen wegen ihres Vermögens, binnen kurzer Zeit eine fast unglaubliche Menge von Schleim zu produzieren. Dieser Schleim zeichnet sich durch seine grosse Zähigkeit aus. So bedeutend ist dieselbe, dass man Tiere, die in einem Eimer gehalten werden, mittels der von ihnen abgesonderten Schleimmasse leicht aus dem Wasser emporheben kann. Bei näherer Untersuchung der gefangenen Tiere bemerkt man, dass ihre ganze Hautoberfläche von einer Schicht zähen Schleims, der durchsichtig wie Glas ist, immer überzogen wird. Wenn die Tiere mit den Händen oder mit einem Instrument berührt oder durch den Zusatz von Essigsäure zum Wasser gereizt werden, nimmt die Schleimschicht rasch an Mächtigkeit zu, und gleichzeitig tritt ein milchweisses, äusserst zähes Sekret in reichlicher Menge Zur Kenntnis der Zellgranula. 115 aus den Öffnungen der zahlreichen Schleimsäcke heraus, die an beiden Seiten des Körpers dem Bauche entlang gelegen sind, um sich dem vom übrigen Teil der Oberhaut produzierten Schleim beizumischen. Jedem Morphologen, der Gelegenheit gehabt hat, die enorme Schleimproduktion der Myxinen zu beobachten, muss es eine lockende Aufgabe erscheinen, durch Untersuchungen über den feineren Bau der Haut die Bildung dieses Schleimes näher zu ver- folgen. Wie wir unten gleich sehen werden, ist die Haut von Myxine auch zu wiederholten Malen Gegenstand eingehender ana- tomischer Untersuchungen gewesen. Bevor wir auf die Ergebnisse dieser Untersuchungen näher eingehen, wollen wir uns an der Hand einiger Abbildungen über die gröberen Züge des Baues der Haut kurz orientieren. An einem gefärbten Vertikalschnitt durch die Körperhaut von Myxine (Fig. 1) unterscheidet man gleich drei voneinander scharf getrennte Schichten: Zu äusserst eine aus mehreren Epitliel- zellenlagen bestehende Epidermis. Als zweite Schicht folgt ein dickes Corium, das aus zahlreichen zur Oberfläche parallel verlaufenden, sich gegenseitig kreuzenden Bindegewebslamellen zusammengesetzt wird und zahlreiche Pigmentzellen enthält. Als tiefste Schicht schliesst sich endlich dem Corium ein mächtig entwickeltes subeutanes Gewebe an, das aus grossen blasen- förmigen Fettzellen besteht, die in einem ziemlich faserarmen gallertartigen Bindegewebe eingelagert sind. Nach Benutzung der gewöhnlichen Fixierungsmittel und Einbettung der Hautstücke in Paraffin hat sich das Fett dieser Zellen vollständig gelöst. Die zwischen ihnen gelegenen feinen Bindegewebsfasern bilden dann in den Präparaten ein unregelmässiges Balkenwerk, innerhalb dessen Maschen nur die grossen Kerne der Fettzellen und einige feine Plasmazüge vorgefunden werden. Von den drei Schichten der Haut lenkt vor allem die Epidermis unsre Aufmerksamkeit auf sich. Nach Anwendung des Biondischen Dreifarbengemisches lässt die Oberhaut zwei nicht scharf voneinander getrennte Schichten unterscheiden: eine tiefere, die leicht rosagefärbt ist und aus mehreren Lagen kleiner Zellen mit relativ grossen ovoiden Kernen besteht, und eine oberflächlichere Schicht, die zwei bis drei Zellenlagen dick ist, und deren Elemente grösser, zum Teil hoch 116 K. E. Schreiner: zylindrisch sind, basalgestellte, querovale oder sichelförmige Kerne haben und einen Zelleib, der hell blaugrün tingiert ist. Zwischen den Zellen der beiden Schichten, besonders zwischen jenen der tieferen Schicht kommen zwei Arten grösserer Elemente in nicht geringer Zahl vor. Von diesen sind die einen bläschen- förmig, mit einem scheinbar homogenen Inhalt, der ähnlich wie die Zelleiber der oberflächlichen Schicht blaugrün gefärbt ist und in seiner Mitte einen unregelmässig sternförmigen, intensiv rot gefärbten Flecken enthält. Die anderen haben eine kolben- oder birnförmige Gestalt und sind rötlichgelb gefärbt. Ihr Inhalt erscheint, bei schwacher Vergrösserung untersucht, körnig oder fädig. Die Verteilung der beiden auffälligen Bestandteile der Ober- haut geht aus der Fig. 2, die ein Stück eines ungefärbten Total- präparates der Körperhaut wiedergibt, noch klarer als aus dem Vertikalschnitte hervor. Bei etwas stärkerer Vergrösserung untersucht. lassen senkrecht zur Oberfläche der Haut geführte Schnitte nach geeigneter Vor- behandlung und Färbung einige weitere bemerkenswerte Struktur- verhältnisse der Epidermis leicht wahrnehmen (vgl. Fig. 3). Die kleinen Zellen der tieferen Schicht zeigen eine sehr auffallende Abgrenzung des unmittelbar unterhalb des Kerns gelegenen Plasmaabschnittes vom übrigen Teil des Zelleibs. Die Zellen aber, welche die oberflächlichste Lage der Epidermis bilden und die, wie ihre intensive Färbung mit Delafields Hämatoxylin lehrt, Schleim enthalten, zeichnen sich durch eine eigentümliche Stäbchenstruktur ihrer oberen Teile aus. In den grossen birn- förmigen Elementen entdeckt man nun einen Zellkern, und ihr sonstiger Inhalt erweist sich aus dichtgedrängten, zentral gelegenen Körnern und unter der Zelloberfläche gesammelten, stark gewundenen Fäden bestehend. Wir wollen diese letzteren Zellen nach dem auffälligsten Teil ihren Inhalts als Fadenzellen bezeichnen, die grossen bläschenförmigen Elemente aber, deren ganzer Zell- leib, vom zentralen Flecken abgesehen, mit den zur Schleimfärbung allgemein benutzten basischen Teerfarbstoften sowie mit Hämatoxylin- und gewissen Karmingemischen intensiv tingiert wird, grosse Schleimzellen nennen. Bei Durchmusterung einer grösseren Anzahl von Schnitt- präparaten findet man, dass diese beiden grossen Zellformen der Epidermis sich an vielen Stellen der Oberfläche der Haut genähert Zur Kenntnis der Zellgranula. 117 haben, als würden sie ihren Inhalt hier bald entleeren. In der Tat gelingt es nun auch gar nicht selten, grosse Schleimzellen aufzufinden, die eben im Begriff sind, dies zu tun. Viel seltener lässt sich ein ähnliches Verhalten der Fadenzellen nachweisen (vgl. Fig. A u. B). Q LS ee nn Fig. A Senkrecht auf die Oberfläche geführter Schnitt durch die Epidermis einer 20 cm langen Myxine. Fixierung: Flemmings Gemisch, Färbung: Heidenhains Eisenhäma- toxylin. a grosse Schleimzelle, welche sich der Oberfläche der Haut genähert hat; b eine ähnliche Zelle, die im Begriff ist, ihren Inhalt auf die Oberfläche der Haut zu entleeren: c Spalt in der Oberhaut, durch die Entleerung einer grossen Schleimzelle hervorgerufen. Das Feststellen dieser Tatsache lehrt uns, dass die beiden grossen Zellformen der Epidermis Drüsenzellen sind. Es soll im folgenden unsere Aufgabe sein, den Bau, wo- möglich auch die Entwicklung der verschiedenen Zellformen der Epidermis, sowie die Struktur der übrigen Teile der Haut von Myxine genauer zu schildern. Ehe wir aber auf die Ergebnisse unserer Untersuchungen übergehen, soll die über unser Thema vorliegende Literatur kurz besprochen werden. K. E. Schreiner: 118 Fig. B. Schnitt aus derselben Serie wie die Fig. A. a, b, ce grosse Schleimzellen; d u. e zwei Fadenzellen, deren Inhalt zum grössten Teil auf die Oberfläche der Haut entleert worden ist. Bl. Blutzellen, S. Schleim. \ Zur Kenntnis der Zellgranula. 119 Die ersten Mitteilungen über den feineren Bau der Myxinehaut ver- danken wir Kölliker (1860) und Blomfield (1882). Über die Ergebnisse dieser beiden Forscher hat Retzius (1905) ein- gehend berichtet, es soll deswegen hier nur auf ihre Hauptresultate kurz hingewiesen werden. Kölliker gibt als erster eine Übersicht der verschiedenen Lagen der Haut sowie der verschiedenen Epidermiselemente. An den Öberflächenzellen beschreibt er das Vorhandensein von porösen Säumen. Seine schönste Ent- deckung ist jedoch an die grossen birnförmigen Drüsenzellen geknüpft, indem er hier einen zusammengewickelten, korkzieherartig gedrehten Faden entdeckte, weshalb er diese Zellen auch als Fadenzellen bezeichnete. Seine Mitteilung ist leider durch keine Abbildungen erläutert. Die ersten solchen wurden erst mehr als zwanzig Jahre später von Blomfield gegeben. Blomfield hat offenbar die Arbeit Köllikers nicht gekannt. Er unterscheidet dieselben drei Lagen der Haut wie Kölliker: die Epidermis, die Dermis und das subeutane Gewebe. Von den grossen Fettzellen des letzteren und ihrem Verhalten gibt er eine treffende Schilderung. Er scheint auch den von Kölliker zuerst beschriebenen Kutikularsaum der oberflächlichsten Zellage gesehen, ohne jedoch, wie seine Fig. 2a lehrt, die feinere Struktur des- selben erkannt zu haben. Blomfield hat die Fäden der grossen birn- förmigen Zellen nicht gesehen, er beschreibt ihren Inhalt einfach als körnig. Über die grossen bläschenförmigen Schleimzellen enthält seine Arbeit dagegen mehrere neue und richtige Beobachtungen. Sie sind von einer Membran begrenzt und zeigen im Innern eine fein granulierte Masse mit einem färbbaren Flecken, der der Rest des Kerns zu sein scheint. Von dieser granulierten Masse strahlen in chromfixierten Präparaten radiierende Fortsätze nach der Peripherie aus, wodurch die ganze Zelle ein spinnenartiges Aussehen bekommt. In seinem grossen Werke über die Epidermis behandelt Maurer (1895) eingehend den Bau der Oberhaut von Bdellostoma und Myxine. Seine Unter- suchungen haben für uns vor allem deswegen Interesse, weil sie den ersten Versuch darstellen, die Entwicklung der kleinen und grossen Schleimzellen aus den indifferenten Elementen der tiefen Lage der Epidermis klarzulegen. Dagegen bringen sie über die feinere Struktur der Fadenzellen, deren Inhalt nur aus feinen, stark lichtbrechenden Körnern bestehend geschildert wird, und die als Körnerzellen bezeichnet werden, nur wenig Neues. Die Umbildung der indifferenten Zellen zukleinenSchleimzellen findet nach Maurer in der Weise statt, dass in der freien Hälfte der Zelle, unmittelbar dem Kern angelagert, ein kleiner glasheller Tropfen im Plasma- körper der Zelle auftritt. In der folgenden Lage hat sich der Tropfen, der sich nach seinen Farbenreaktionen als Schleim ergibt, so vergrössert, dass der Kern eine napfartige Vertiefung an der Stelle seiner Anlegung zeigt; in der oberflächlichsten Schicht ist er endlich so angewachsen, dass die ganze Zelle durch ihn aufgebläht erscheint. Der Kern ist nun ganz abgeplattet und basal gelagert, wie in einer Becherzelle höherer Wirbeltiere. Diese ober- flächlichste Zellenlage besitzt einen deutlichen Kutikularsaum, der nach Maurer aus zwei Schichten besteht: einer tieferen dicken Schicht, die fein senkrecht gestreift und mattglänzend ist, und einer oberflächlichen Schicht, 120 K. E. Schreiner: die sehr fein, homogen und stark lichtbrechend erscheint. Offenbar ist die tiefere Schicht Maurers mit dem Porensaum Köllikers identisch. Nach der Meinung Maurers öffnen sich nun diese Schleimzellen nicht wie Becher- zellen an der freien Oberfläche der Epidermis, um ihren Schleim zu entleeren. Die Abgabe des Schleimes erfolgt vielmehr in der Weise, dass die ganzen Zellen der obersten Lage sich ablösen, nachdem die Zellen der darunter liegenden Lage Kutikularsäume entwickelt haben. Die grossen Schleimzellen besitzen im ausgebildeten Zustand meist eine kugelige oder eiförmige Gestalt. Im Zentrum liegt ein Gebilde, das kernähnlich aussieht und ein sehr verschiedenes Verhalten zeigt, je nach dem Sekretinhalt der Zelle. Die ganz jungen Schleimzellen, die stets zwischen den Elementen der tiefsten Zylinderlage der Epidermis liegen, lassen fünf Teile unterscheiden: zu äusserst eine feine homogene Zellmembran; daran schliesst sich zweitens eine dünne Lage von körnigem Plasma. Auf diese folgt drittens die homogene Schleimsubstanz, die von feinen Plasmafäden durchsetzt wird, und diese treten alle radiär zum vierten Teil, dem feinwabigen Endoplasma, das einen grossen, dunkel gefärbten, unregelmässig gestalteten Körper, der nichts anderes als den Kern darstellt, als fünften Teil einschliesst. Das Endoplasma wird aus kleinen Bläschen zusammengesetzt, die ins Plasma austretende Kernsubstanzteile darstellen. An der Oberfläche dieses Endo- plasmas findet unter Berstung der kleinen Bläschen eine fortwährende Bildung von Schleim statt. Hierdurch wird einerseits der Schleim vermehrt und da- durch die Zelle vergrössert, andererseits das wabige Endoplasma allmählich aufgebraucht, wenn der Kern sich aller disponiblen Substanz entledigt hat, und so verschwindet allmählich unter Schleimbildung das Endoplasma und der Kern, und es bleibt ein unregelmässiger Schollen von Kernrest in der Zelle liegen. Die Zelle gelangt dann zur freien Oberfläche, öffnet sich hier, und ihr Inhalt wird ausgestossen. In einer kleinen Mitteilung über den feineren Bau des Darmkanals von Myxine habe ich (1898) auf die grosse Übereinstimmung im Bau zwischen dem Kiemendarmepithel und der Epidermis hingewiesen und in dieser Ver- bindung eine kurze Beschreibung der Epidermiselemente geliefert. Ich fand die tiefen Lagen der Epidermis aus zylindrischen oder polygonalen Zellen mit verhältnismässig grossen Kernen, die oft in Teilung begriffen sind, bestehend. Diese Schichten stellen die jüngsten Zellgenerationen der Epidermis dar, von denen aus die Neubildung der Epithelelemente vorsichgeht. An diese schliessen sich nach oben zu kleine ovoide oder sphärische Schleimzellen, deren Kerne bis an die Zellbasis hinabgedrängt sind. Die oberflächlichste Schicht besteht endlich aus zylindrischen oder nach unten zugespitzten Zellen mit sphärischen oder ovoiden Kernen. Sie sind mit einer Kutikula versehen. Im Anschluss an Maurer wird das Zugrundegehen des Kerns der grossen Schleimzellen während der Schleimbildung geschildert, im Gegensatz zu den Befunden dieses Forschers aber der Inhalt der birnförmigen Drüsenzellen als fädig bezeichnet. Eine sehr wertvolle Studie über den Bau der Myxinehaut verdanken wir G. Retzius (1905). Er hat den feineren Zellstrukturen sowie der Ent- wicklung der verschiedenen Epidermiselemente mit modernen Methoden eine Zur Kenntnis der Zellgranula. 121 eingehende Untersuchung gewidmet; seine Studie wird durch treffliche Ab- bildungen erläutert. Wie es aus der von Retzius gelieferten Literaturübersicht hervor- geht, hat er von der Arbeit Maurers keine Kenntnis gehabt. Nur die Vor- arbeiten von Kölliker und Blomfield werden erwähnt. Während Maurer eine fortschreitende Verschleimung des Zellkörpers der kleinen Epidermiselemente gegen die Oberfläche der Haut vorfand und in den oberflächlichen Lagen derselben somit nur verschiedene Entwicklungs- stadien einer und derselben Zellenform sah, unterscheidet Retzius hier zwei verschiedene Zellenformen. Die Zellen der ersteren Form sind zylindrisch, an der Oberfläche der Haut palisadenartig nebeneinander ge- stellt, in ihrem unteren oder mittleren Teil haben sie einen ovalen oder mehr kugeligen Kern. Dieser liegt in einem hell erscheinenden Raume der Zelle, welcher von einem ziemlich weitmaschigen Protoplasmanetzwerk durch- flochten ist, in dessen Knotenpunkten sich dunklere Körnchen finden. Der Raum erstreckt sich nach unten hin, unter den Kern, ist aber hier in der Regel, wenn er nur eng ist, ohne sichtbares Netzwerk. Ringsum ist dieser Raum von einer verdichteten Membran umschlossen, welche die Zelle begrenzt. Nach oben hin ist derselbe Raum gewölbt und endigt scharf gegen die obere Partie der Zelle abgesetzt. Diese obere Partie stellt, wie schon Kölliker angegeben hat, einen Saum dar, der, wie dieser Autor sagt, gewissermaßen „porös“ ist; man sieht nämlich in demselben bei starker Vergrösserung eine lotrecht gerichtete streifige Struktur mit sehr feinen, helleren Streifen zwischen den dunkleren Stäbchen ; diese Stäbchen zeigen sich deutlich feingekörnt:; sie bestehen allem Anschein nach aus Körnerreihen; es liegt offenbar eine Art Protoplasmastruktur vor mit zu Fasern angeordneten glänzenden Körnchen. Ob nun aber die äusserst engen Zwischenräume zwischen diesen Körnerreihen als wirkliche Porenkanälchen aufzufassen sind, ist nach der Meinung von Retzius ganz unsicher. Ihm scheint es kaum der Fall zu sein. Zwischen diesen Zellen findet man in wechselnder Anzahl eine andere Zellenform, die sich mit Hämatoxylin oder Toluidin leicht färben lassen. Sie sind länger als die ersteren, reichen mit ihrem unteren ampullenartig etwas erweiterten Ende weiter in die Epidermis hinab und mit ihrem oberen Ende bis an die Oberfläche. Ihr Kern, der in den basalen Teil der Zelle hinab- gedrückt ist, hat Napfform. Aber auch die Struktur des Protoplasmas dieser Zellen ist von der zuerst beschriebenen verschieden, indem sie weit dichter netzförmig ist und über dem Kern keinen hellen Raum einschliesst; unter dem Kern findet sich in der Regel ein enger heller Raum. Am oberen freien Zellenende sieht man nicht selten eine saumartige Struktur, welche derjenigen der ersten Zellenart etwas ähnelt; dieser „Saum“ ist aber gegen das übrige Protoplasma nicht scharf abgegrenzt. Zwischen den unteren bauchigen Enden dieser zweiten Zellenform und nach unten von denen der ersteren Form findet man eine Reihe von Zellen, die jenen in vielen Hinsichten ähnlich sind und offenbar jüngere Entwicklungs- stufen derselben darstellen. Wieder nach unten von dieser zweiten Zellen- reihe finden sich mehr indifferente Zellen, die eine unregelmässige Form haben. In der Umgebung des Kerns sieht man hier sehr oft einen hellen Raum, in 122 K. E. Schreiner: dem das grossmaschige Protoplasmanetz liegt. Auch Retzius findet in den untersten Reihen der Epidermis hier und da Kernteilungsfiguren und betrachtet die Zellen dieser tieferen Schichten als Ersatzzellen. In betreff der Struktur der grossen Schleimzellen oder „Blasen- zellen“, wie sie Retzius nennt, stimmen seine Befunde in allem Wesent- lichen mit denen Maurers überein. Er bemühte sich vergebens, die allerersten Entwicklungsstadien dieser Zellen, u. a. wie sie aus den jungen Zellen der unteren Schichten entstehen, aufzufinden. Eine besondere Aufmerksamkeit hat Retzius bei seinen Untersuchungen den Fadenzellen gewidmet. Sie haben nach seiner Auffassung offenbar eine äusserst dünne Hülle, obwohl diese schwer zu- sehen ist. Im unteren Ende der Zelle liegt der ovale Kern. Was nun den von Kölliker be- schriebenen Faden dieser Zellen betrifft, den weder Blomfield noch Maurer gesehen haben, so stellt Retzius fest, dass er in der Tat auch vorhanden ist; derselbe bildet aber nicht den einzigen Inhalt der Zelle, sondern hat seine Lage unter der Membran, zwischen ihr und den von Blomfield zuerst beobachteten Körnern. In jeder Zelle gibt es kaum mehr als einen einzigen Faden; er windet sich in den zierlichsten Biegungen, bald mehr der Quere, bald mehr der Länge der Zellenachse nach. In allen mehr aus- gebildeten Zellen ist der Faden spiralig um sich selbst gedreht, und zwar in kurzen Windungen. Er färbt sich an Zenkerpräparaten mit Heiden- hains Hämatoxylin in wunderschöner Weise. In der untersten Epidermisschicht fand Retzius nicht selten ganz junge Zellen dieser Art, bei denen der Faden in der Entwicklung begriffen war. „Bei diesen Zellen ist der Faden noch viel dünner als bei den fertigen und bildet weniger dichte Windungen; er ist auch noch nicht spiralig gedreht, sondern mehr gerade verlaufend. In diesen früheren Entwicklungsstadien findet er sich nur am unteren Ende der Zelle, um sich immer mehr nach oben hin zu erweitern. Er windet sich aber schon in verschiedenen Biegungen um den ganzen Zellenbauch herum. An solchen Zellen sieht man unter dem Kerne einen kurzen Fuss nach der Cutisfläche gehen, wo derselbe, wie bei den übrigen Zellen der unteren Reihe, breit endigt“ (8. 71). Über die Frage, wie dieser Faden entsteht, äussert sich Retzius nicht. Ausihrer Beschaffenheit geht hervor, dass die Fadenzellen eine Art sekretorischer Zellen sind. Nur ein einziges Mal gelang es aber Retzius, in seinen zahlreichen Präparaten eine Zelle dieser Art zu finden, die an die eigentliche Oberfläche der Epidermis reichte. In seiner Arbeit über die Epidermiszellen und ihre Strukturen behandelt Studniäka (1909) auch den Bau der Epidermis von Myxine und liefert zwei Abbildungen der indifferenten Basalzellen der Oberhaut. Seine Resultate stimmen in den wesentlichen Punkten mit denen von Maurer und Retzius überein. Seine Arbeit enthält jedoch auch einige neue Beobachtungen über eine Struktur der Basalzellen, der von früheren Untersuchern wenig Auf- merksamkeit gewidmet wurde. In diesen Zellen fand der Verfasser, dass die äussere Protoplasmaschicht an ihrem inneren Rand gegen die den Kern um- gebende zentrale Schicht kapselartig verdichtet war. Retzius hatte diese Kapselbildungen der Basalzellen auf einigen seiner Abbildungen gezeichnet. sie im Texte aber nicht erwähnt. Es handelt sich nach der Meinung des Zur Kenntnis der Zellgranula. 123 Autors „um hier abgelagerte Schichten einer anscheinend festeren, sehr licht- brechenden und mit allen Farbstoffen intensiv sich färbenden Substanz, welche selten gleichmässig dicht ist. In der Regel ist diese Kapsel an den Polen der länglichen Zellen bedeutend dicker, doch verdünnt sie sich hier manchmal, gerade im Gegenteil, ein wenig; oft sieht man inmitten einer Verdickung eine vollkommene Dehiszenz der Kapsel. Besonders an Basalzellen kann solche Dehiszenz am unteren Pole der Zellen sehr auffallend sein, da sich hier die Kapsel unmittelbar davor stark verdickt (Fig. 48)* (S. 83—84). Diese Kapselbildungen entstehen nach der Meinung Studnilkas dadurch, dass die Zelle, resp. ihr Endoplasma, gewisse Stoffe in ihrer exoplasmatischen Hülle ablagert; diese Stoffe maskieren die ursprüngliche Fibrillenstruktur der Zellmembran und verleihen ihr an den betreffenden Stellen das eigen- tümliche Aussehen und gewiss auch eine viel grössere Festigkeit als ihr sonst zukommen würde. — Auf die in der Literatur vorliegenden, sparsamen Angaben über die sensiblen Nervenendigungen in der Haut von Myxine wollen wir hier nicht eingehen, ihre Erwähnung aber auf ein späteres, diese Frage behandelndes Kapitel aufschieben. Literaturverzeichnis zu Kapitel 2. Blomfield, J. E., 1882: The Thread-cells and Epidermis of Myxine. Quart. Journ. of Micr. Sc., Vol. 22. Kölliker, A., 1860: Über den Inhalt der Schleimsäcke der Myxinoiden und die Epidermis der Neunaugen. Würzb. Naturwiss. Zeitschr., Bd. 1. Maurer, Fr., 1895: Die Epidermis und ihre Abkömmlinge. Leipzig. Retzius, G., 1905: Über den Bau der Haut von Myxine glutinosa. Biolog. Untersuch. Neue Folge, Bd. 12. Schreiner, K.E., 1898: Zur Histologie des Darmkanals bei Myxine glutinosa. Bergens Mus. Aarb, 1898. Studniöka, F.K., 1909: Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. Anat. Hefte, Bd. 39. Kapitel 3. Untersuchungsmethoden. Die Myxinen, die mir für diese Untersuchungen zum Material dienten, habe ich während der letzten drei Sommer in der Nähe der Biologischen Station zu Dröbak gesammelt. Die Tiere kamen mir immer lebend in die Hände, und zwar in einer so grossen Anzahl, dass ich reiche Gelegenheit hatte, die verschiedensten Untersuchungsmethoden anzuwenden. Zur Orientierung über den Bau der Haut eignen sich vorzüglich die bei jedem mikroskopischen Kurs gebräuchlichen Methoden: Fixierung in Formalin (10 proz.), Zenkers Flüssigkeit, Sublimat-Essigsäure oder Flemmings Gemisch mit nachfolgender Färbung der Schnitte mit Hämatoxylin-Eosin, 124 K. E. Schreiner: Biondis Dreitfarbengemisch oder Hämatoxylin-Safranin-Pikrinsäure nach Stöhr (vgl. Fig. 1 u. 3). Wenn man an den gefärbten Schnittpräparaten die verschiedenen Formelemente der Haut kennen gelernt hat, leisten frisch zubereitete Zupf- präparate, oder solche, die nach Einlegung kleiner Hautstücke in Hayems Flüssigkeit oder dünne Osmiumlösungen gewonnen werden, für das weitere Studium, vor allem der Epidermiselemente, vorzügliche und nicht zu entbehrende Dienste. Um die verschiedenen Plasmastrukturen und paraplastische Einschlüsse der Zellen zu studieren, ist es aber notwendig, einige weitere Methoden zu benutzen. Ich habe während meiner Untersuchungen eine grosse Zahl der zu diesem Zwecke empfohlenen Methoden probiert; die folgenden fünf Fixierungs- flüssigkeiten haben mir jedoch die am meisten befriedigenden Ergebnisse gegeben: 1. Das Kaliumbichromat-OÖsmiumgemisch von Altmann, Modifikation von Metzner (1910). 2. Die Chrom-Osmiummischung von Flemming-Benda (Flemmings Gemisch, mit 3 Tropfen Essigsäure zu 19 cm? Flüssigkeit oder ganz ohne Essigsäure). 3. Das Kaliumbichromat-Ohrom-Osmiumgemisch von Champy (1901). Diese Mischung besteht aus 7 Teilen einer 1°/oigen Chromsäurelösung, 7 Teilen einer 3°/oigen Kaliumbichromatlösung und 4 Teilen einer 2°/'oigen Osmium- säurelösung. In dieser Flüssigkeit bleiben die möglichst kleinen Stücke 24 Stunden (oder länger) und werden dann nach Abspülung mit Wasser nach der Vorschrift von Benda (1903) weiterbehandelt. Lässt man die kleinen Hautstücke 5 bis 7 Tage in den beiden letzt- erwähnten Fixierungsflüssigkeiten liegen, so ist jedoch jede „Postehromierung“ überflüssig. 4 und 5. Die Kaliumbichromat-Formalingemische von Kopsch (1896) und Regaud und Mawas (1909), welche eine sehr ähnliche Zusammensetzung haben. Das Gemisch von Kopsch enthält 80 Teile einer 3,5°/oigen Kalium- bichromatlösung und 20 Teile des käuflichen Formalins, während Regaud und Mawas eine 3°/oige Kaliumbichromatlösung in derselben Menge anwendet. In diesen Gemischen lässt man die Stücke 24 Stunden (Kopsch) bis 3 Tage (Regaud) liegen und überträgt sie dann zum Chromieren auf 4 bis 10 Tage in die Kaliumbichromatlösung ohne Formalin. Nach Auswaschen in fliessendem Wasser wird eingebettet. Zu bestimmtem Zwecke habe ich mit gutem Erfolg zu diesen vorzüglichen Fixierungsflüssigkeiten etwas Osmiumsäure hinzugefügt, und zwar zu 10 Teilen der Kaliumbichromat-Formalinlösung 2 Teile einer 2° igen Osmiumsäurelösung. Die immer in Serien geschnittenen (2 bis 5 « dicken) Schnitte wurden entweder mit dem Hämatoxylin von Heidenhain, der Säurefuchsinlösung von Altmann oder nach Benda durch Eisenalizarin und Kristallviolett (modifizierte Färbungsmethode, veröffentlicht bei Meves und Duesberg, 1908) gefärbt. Nach der Säurefuchsinfärbung benutzte ich früher die alte Pikrin- säuredifferenzierung von Altmann, in den beiden letzten Jahren aber fast 106) | Zur Kenntnis der Zellgranula. l ausschliesslich die Thionin- Aurantiadifferenzierung von Kull (1913), die bei meinem Material ganz vorzügliche Dienste geleistet hat. Die Präparate, die man, wenn Fixierung, Einbettung und Färbung gelungen sind, nach diesem Verfahren erhält, zeichnen sich durch eine einfach wunderbare Klarheit und einen äusserst wertvollen Kontrastreichtum aus. Es lässt sich aber nicht leugnen, dass die sichere Handhabung der Methode einige Übung erfordert. Die Methode hat wie die ältere Altmannsche leider den Nachteil, dass die Präparate nicht unbegrenzte Zeit haltbar sind. Unverändert haben sich meine Präparate jedoch ungefähr zwei Jahre erhalten. Vor der Färbung mit Hämatoxylin und Säurefuchsin wurden die Schnitte gewöhnlich nach Rubaschkin (1910) mit Kaliumpermanganat und Oxal- säure gebeizt. Für das Studium der verschiedenartigen Sekretgranula sind mir neben den auf oben erwähnte Weise gefärbten Schnittpräparaten auch vitalgefärbte Präparate nützlich gewesen. Von den von Fischel (1901) bei Amphibien- larven mit so grossem Erfolg benutzten Farbstoffen habe ich mit vorzüglichem Resultat das Neutralrot angewendet. Die Tiere leben ebensogut in Wasser, dem etwas Farbstoff zugesetzt ist, wie in reinem Seewasser und nehmen nach einigen Stunden eine prachtvolle rote Hautfarbe an. Auch das Bismarck- braun wurde mit Erfolg benutzt. Bei dem Studium der Gefäss- und Nervenversorgung der Haut wurden die gewöhnlichen Injektions- und Imprägnationsmethoden, beim Suchen nach elastischen Fasern die verschiedenen Elastinfärbungen und Dissoziations- methoden in Anwendung gebracht. Literaturverzeichnis zu Kapitel 3. Benda, C., 1903: Die Mitochondria. Ergebn. d. Anat. u. Entwicklungsgesch., Bd. 12, 1902. Champy, Chr., 1911: Recherches sur l’absorption intestinale et le röle des mitochondries dans l’absorption et la s6er&tion. Arch. d’anat. mier., T. 13. Fischel, A., 1901: Untersuchungen über vitale Färbung. Anat. Hefte, Bd. 16. Kopsch, Fr., 1896: Erfahrungen über die Verwendung des Formaldehyds bei der Chromsilberimprägnation. Anat. Anz., Bd. 11. Kull, H., 1913: Eine Modifikation der Altmannschen Methode zum Färben der Chondriosomen. Anat. Anz., Bd. 45. Metzner, R., 1910: Altmannsche Granulamethoden. Enzyklopädie d. Mikr. Technik. Berlin und Wien. Meves, Fr. u. Duesberg, J., 1908: Die Spermatozytenteilungen bei der Hornisse. Arch. f. Mikr. Anat., Bd. 71. Regaud, Cl.et Mawas, J., 1909: Sur la structure du protoplasma (Ergasto- plasme, Mitochondries, Grains de segregation) dans les cellules sero- zymogenes des acini et dans les cellules des canaux excr6eteurs de quelgque glandes salivaires de Mammiferes. Compt. rend. Assoc. Anat. Nancy. Rubaschkin, W., 1910: Chondriosomen und Differenzierungsprozesse bei Säugetierembryonen. Anat. Hefte, Bd. 41. 126 K. E. Schreiner: Kapitel 4. Die Epidermis. Wie es aus unserer kurzen einleitenden Übersicht, sowie aus dem Berichte über die Ergebnisse früherer Untersuchungen hervor- seht, haben wir in der Oberhaut von Myxine zwei Hauptgruppen von Zellen zu unterscheiden: A. indifferente Bildungszellen und B. aus diesen hervorgegangene spezifisch differenzierte Drüsen- zellen. Von letzteren sind wieder drei verschiedene Arten zu unterscheiden: 1. grosse birnförmige Zellen mit fädigem und körnigem Inhalt, die sogen. Fadenzellen, 2. grosse bläschenförmige Schleimzellen und 3. kleine zylindrische Schleimzellen, welche die oberflächlichen Schichten der Epidermis einnehmen. An diese ver- schiedenen Drüsenzellenarten schliesst sich als eine zweite Gruppe von Abkömmlingen der indifferenten Zellen: ©. die Sinneszellen der Oberhaut. Wir wollen jetzt jede dieser verschiedenen Zellenarten genauer studieren. A. Die indifferenten Bildungszellen. Unter dieser Bezeichnung fassen wir diejenigen Zellen zu- sammen, in deren Protoplasma keine Einschlüsse erkennbar sind, die auf eine spezifische Differenzierung der Zellen zu schliessen gestatten. Bei jungen Tieren mit dünner, aus wenigen (4 bis 5) Zellen- lagen aufgebauter Epidermis sind diese Zellen auf die Basalschicht beschränkt, bei älteren Tieren aber, deren Oberhaut aus 7 bis 8 Lagen bestehen kann, nehmen sie in der Regel auch einen grösseren oder geringeren Teil der nach oben nächstfolgenden Schicht ein. Wie von früheren Untersuchern hervorgehoben, haben sie eine unregel- mässige Gestalt. Die Basalzellen sind kubisch, zylindrisch oder keulenförmig und zeigen gegen die Oberfläche des Coriums etwas verbreiterte Fussstücke, während die Zellen der nächstfolgenden Lage meistens unregelmässige Spindelform haben. Ihre Gestalt kann jedoch von der Nachbarschaft grosser Schleim- oder Faden- zellen auf mannigfachste Weise beeinflusst werden. An Quer- schnitten sind die Zellen vieleckig (Fig. 7). Sie haben einen ver- hältnismässig grossen sphärischen oder ovoiden Kern, der in zylindrischen und spindelförmigen Zellen die mittlere Partie der Zelle fast ganz ausfüllt (Fig. 4). Zur Kenntnis der Zellgranula. 127 Wie Studnitka (1909) zuerst eingehend beschrieb, zeigt ihr Protoplasma eine äusserst auffallende, scharfe Sonderung in zwei Schichten. Die Grenze zwischen den beiden Plasmazonen wird durch eine von Studnicka trefiend als „kapselähnlich“ bezeichnete Bildung markiert, die stark lichtbrechend ist und sich mit den meisten Farbstoffen intensiv färbt. Diese Kapsel ist besonders im basalen Teil der Zelle dick und hervortretend, während sie sich oberhalb des Kerns gewöhnlich weniger scharf von der Aussenzone des Plasmas abhebt. Ein sehr eigenartiges Bild zeigt die Kapsel in keulenförmigen Zellen, die mit einem schlanken Fußstück dem Corium aufsitzen. Hier setzt sie sich ein kürzeres oder längeres Stück tütenförmig in den Fuss fort und kann sogar in einigen Zellen bis zur Basis der Zelle als ein feines nach unten geschlossenes Röhrchen oder als solider Strang hinabdringen (Fig. 5). Das Ektoplasma der Basalzellen zeigt eine ähnliche Struktur, wie sie Studnitka in seiner oben erwähnten Arbeit (S. 75—77) für die entsprechenden Zellen der Epidermis von Petromyzon geschildert hat. Es besteht aus einer hyalinen Grundsubstanz, die zur Oberfläche der Haut meistens senkrecht oder schräg ver- laufende feinste Fibrillen („Tonofibrillen* Studnickas) enthält. Die letzteren sind im basalen Teil der Zelle, namentlich unterhalb der Kapsel am deutlichsten und lassen an der Grenze gegen das Corium oft etwas verdickte, leicht spreizende Endstücke erkennen. Nach leichter Mazeration der Zellen treten die Fibrillen sehr deutlich hervor, sind aber nach gelungener Fixation des Materials ebenso wie an frisch untersuchten Zellen meistens wenig distinkt. Im oberen Teil der Zelle treten die Fibrillen immer weniger scharf hervor. Die homogene Substanz des Ektoplasmas scheint hier eine bedeutendere Dichtigkeit zu besitzen als im basalen Zellteil. Die obere Partie des Ektoplasmas zeigt auch eine grössere Affinität zu den gewöhnlichen sauren Plasmafarbstofien als die basale Partie. Die an der Grenze gegen das Endoplasma gelegene Kapselbildung, die eine völlig homogene Struktur aufweist, scheint einer ähn- lichen, aber noch bedeutenderen Anhäufung und Verdichtung der (rundsubstanz des Ektoplasmas ihre Entstehung zu verdanken. Diese Kapsel hat offenbar die Bedeutung, dem weichen Endo- plasma mit dem Kern als widerstandsfähige, schützende Hülle zu dienen. Archiv f. mikr. Anat. Bd. 89. Abt. I. ) 128 K. E. Schreiner: Während die Coriumfläche der Basalzellen eben ist, springt das Ektoplasma nach oben hin oft in unregelmässige Fortsätze vor, die sich zwischen die Zellen der nächstfolgenden Lage empor- schieben oder die zugespitzten Basalteile derselben umfassen (Fig. 4) Sowohl diese oberen Fortsätze der Zellen wie ihre Seitenflächen sind mittels feiner Zellbrücken mit den Nachbarzellen verbunden. Diese treten in Präparaten, wo die Zellen etwas geschrumpft sind, besonders deutlich hervor (Fig. 6). Innerhalb der Zellbrücken laufen, wie es auch in der Epidermis vieler anderer Wirbeltiere beobachtet werden kann, feine Fibrillenbündel von einem Zell- körper in einen anderen über. Das innerhalb der Kapsel gelegene Endoplasma derindifterenten Zellen, das den Kern rings umschliesst und in der Regel oberhalb und unterhalb desselben seine grösste Ausdehnung hat, zeigt nach Anwendung der gewöhnlichen Fixierungs- und Färbemittel eine fein granuläre (Fig. 4) oder netzförmige Struktur. Vor allem nach Fixierung der Haut in Zenkers Flüssigkeit oder Sublimat-Essig- säure ist die Netzstruktur des Endoplasmas sehr deutlich zu be- obachten. An frisch isolierten Zellen lässt sich aber keine derartige Struktur nachweisen. Die Grundsubstanz des Endoplasmas erscheint hier vollkommen homogen; innerhalb derselben lassen sich keine anderen geformten Bestandteile nachweisen als zahlreiche ganz kleine, glänzende Körnchen und Stäbchen. Nach geeigneter Fixierung der Hautstücke und Färbung der Schnitte mittels Heidenhains Hämatoxylin entdeckt man im oberen Teil des Endoplasmas, dicht an der Grenze gegen das Ektoplasma oder dem Kern näher gelegen, die beiden von einer hellen Zentroplasmakugel umgebenen Zentriolen (Fig. 4). Sie sind hier, wie in anderen Gewebszellen von Myxine, punktförmig und unterscheiden sich dadurch von den stäbchenförmigen Zentriolen der männlichen Geschlechtszellen dieses Tieres (vgl. Schreiner, 1905 b). Nach Behandlung der Hautstücke mit den Gemischen von Altmann-Metzner, Flemming-Benda, Kopsch, Regaud oder Champy (vgl. Kap. 3) und Färbung der Schnitte mit Säure- fuchsin nach Altmann-Kull werden zahlreiche durch das Säure- fuchsin intensiv rot gefärbte Körnchen und Stäbchen innerhalb des Endoplasmas sichtbar (Fig. 6—34). Es ist leicht festzustellen, dass diese fuchsinophilen Plasmaelemente mit den innerhalb des Zur Kenntnis der Zellgranula. 129 Endoplasmas frisch untersuchter Zellen zu beobachtenden glänzenden Körperchen identisch sind, indem die Grösse und Anordnung beider aufs genauste übereinstimmen. Wo die indifferenten Zellen vom Messer durch ihre Mitte längsgetroffen sind (Fig. Sa, 9), sieht man, dass die Endoplasma- körperchen oberhalb und unterhalb des Kerns, in den hier befind- lichen grösseren Ausbreitungen des Endoplasmas, in grösster An- zahl vorkommen. Sie fehlen aber auch nicht in der dünnen Plasma- schicht, die den Kern sonst allseitig umschliesst. Schon eine Untersuchung dieser Plasmaelemente bei schwacher Vergrösserung lehrt, dass sie sich keineswegs in allen Zellen auf genau dieselbe Weise verhalten. Man wird im Gegenteil sofort auf recht erhebliche Schwankungen sowohl ihrer Anzahl wie ihrer Gestalt aufmerksam. Während das Endoplasma einiger Zellen eine so bedeutende Anzahl fuchsinophiler Elemente enthält, dass es ganz unmöglich ist, ihre Anzahl auch annähernd zu bestimmen und es wegen ihrer dichten Gruppierung auch sehr schwer ist, ihre Anordnung genau festzustellen, kann die Anzahl der entsprechenden Elemente in Nachbarzellen, und namentlich in jungen Zellen, recht spärlich sein. Und während innerhalb des Endoplasmas einiger Zellen nur oder fast nur fuchsinophile Körnchen vorkommen (Fig. 9), sind in anderen Zellen fast nur gerade oder leicht ge- bogene, homogene Stäbchen und Fäden nachzuweisen (Fig. 5), und wieder in anderen Körnchen und Stäbchen in wechselnder Anzahl nebeneinander (Fig. 10—12). Was ferner das Verhalten der fuchsinophilen Körnchen innerhalb der einzelnen Zellen betritt, so fallen bei etwas genauerer Betrachtung derselben bald recht be- merkenswerte Unterschiede sowohl ihrer Grösse wie ihrer Anordnung in die Augen. Während einige Körnchen, die meistens etwas grösser als die übrigen sind, einzeln liegen, sind andere je zwei mitein- ander zu kleinen hantelförmigen Gebilden vereinigt, andere sind wieder zu dreien oder noch mehr zu kleinen Ketten verbunden. Die Grösse, Gestalt, Anordnung und Färbbarkeit dieser ge- formten Bestandteile des Endoplasmas der indifferenten Zellen von Myxine lassen enge Beziehungen zu den im Protoplasma der ver- schiedenartigsten tierischen und pflanzlichen Zellen in den letzten Jahren aufgefundenen Altmannschen Körnchen und vegetativen Fäden, denen, wie wir im Kap. 1 sahen, von neueren Untersuchern verschiedene neue Namen wie „Mitochondrien“, „Plastosomen“ u. a. 98 150 K.HrSchreiner: gegeben wurden, deutlich erkennen. So weitgehend ist diese Über- einstimmung, dass sie uns dazu berechtigt, auch die betreffenden Gebilde der Epidermiszellen von Myxine zu den Altmannschen Plasmaelementen hinzuzurechnen. Nach ihrer charakteristischen Affinität zu dem Säurefuchsin wollen wir sie hier vorläufig mit einer nichts präsumierenden Bezeichnung als fuchsinophile (f.e) Plasmaelemente (bzw. Körnchen und Fäden) benennen. Wenn wir nun dem Plan unserer Arbeit gemäss das Verhalten dieser Plasmaelemente einer genaueren Untersuchung unterwerfen wollen, um ihre Vermehrung, funktionelle Bedeutung und ihre möglichen Umbildungen näher aufzuklären, so bleibt es unsere erste Aufgabe, uns darüber Klarheit zu verschaffen, inwieweit die Körnchen und Fäden, die beiden Formen. unter welchen wir die fuchsinophilen Plasmaelemente innerhalb der indifferenten Zellen auftreten sahen, voneinander unabhängige morphologische Gebilde darstellen, oder ob sich genetische Beziehungen derselben zueinander nachweisen lassen. Die genauere Betrachtung der Formverhältnisse der Plasma- elemente der indifferenten Zellen lehrt uns bald, dass solche Be- ziehungen zwischen den fuchsinophilen Körnchen und Fäden sicher bestehen. In vielen Zellen, wo Körnchen und Fäden nebeneinander vorkommen, lässt sich nämlich eine ununterbrochene Reihe von Übergängen zwischen den in Reihen gelegenen oder zu kleinen Ketten verbundenen sphärischen Körnchen und den homogenen Fäden oder kurzen Stäbchen nachweisen (Fig. 10—12). In dieser Hinsicht besonders erläuternd sind die Fäden, welche zwei, drei oder mehrere kleine Anschwellungen aufweisen (Fig. 12), deren Vorhandensein deutlich dafür spricht, dass der betreffende Faden entweder durch Vereinigung einer der Zahl der Anschwellungen entsprechenden Anzahl von Körnchen hervorgegangen ist oder im Begriff steht, in Körnchen zu zerfallen. Um diese letztere Frage, inwieweit die Körnchen oder die Fäden und Stäbchen die ursprüngliche Form der fuchsinophilen Plasmaelemente darstellen, mit Sicherheit beantworten zu können, genügt eine Untersuchung einzelner Zellen kaum allein, wir müssen den ganzen Lebenszyklus der indifterenten Bildungszelien der Epidermis zu verfolgen versuchen. Zu diesem Zwecke nehmen wir am besten von der Betrachtung der Teilungsvorgänge dieser Zellen unseren Ausgangspunkt. Zur Kenntnis der Zellgranula. 131 Wie schon von früheren Untersuchern nachgewiesen (vgl. Kap. 2) kommen auch bei Myxine in den tieferen Zellagen der Epidermis recht zahlreiche Zellteilungen vor, und zwar ist die Vermehrung, wie wir weiter unten sehen werden, nicht nur auf die indifferenten Zellen beschränkt. Die Teilung der Epidermis- zellen verläuft nun im wesentlichen unter ähnlichen Bildern wie die der Spermatogonien, und die Chromosomen verhalten sich bei beiden Zellenarten in den verschiedenen Teilungsphasen auf genau dieselbe Weise. Was diesen Punkt betrifft, kann ich mich auf einen Hinweis auf meine früheren, zusammen mit A. Schreiner (1905a) ausgeführten Untersuchungen über die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen von Myxine beschränken. Nur will ich hervorheben, dass es mir in den Teilungsfiguren der Epidermis- zellen, sowohl aus der Prophase (Fig. 26 a—a‘), wie aus der Meta- phase, mehrmals gelungen ist, das grosse Chromosomenpaar der Spermatogonien wiederzufinden. Während der frühen Prophase nimmt der Kern der in- difterenten Zellen an Grösse zu, und ihre Form wird mehr sphärisch, auch der Zelleib rundet sich ab. Das Ektoplasma wird heller, dabei tritt die Kapsel an der Grenze der beiden Plasmaschichten noch mehr hervor. Innerhalb der Kapsel, zwischen ihr und der Kernmembran, breiten sich die f.en Elemente als eine jetzt einiger- massen gleichmässig dichte Schicht aus. Die Anzahl der f.en Körn- chen nimmt während dieser Zeit beträchtlich zu, während die f. en Fäden aber immer seltener werden. Es lässt sich bei einer ge- naueren Untersuchung ohne Schwierigkeit feststellen, dass diese Vermehrung der Körnchen während der Prophase auf einer Seg- mentierung der homogenen Fäden beruht. Diese Segmentierung der Fäden verläuft offenbar nicht mit derselben Schnelligkeit in allen Zellen, ist aber zu der Zeit, wo nach Auflösung der Kernmembran die Einstellung der längsgeteilten Chromosomen in die Äquatorialebene ihren Beginn nimmt, in der Regel beendigt (Fig. 15). Wie die Fig. 14 lehrt, werden aber auch zu dieser Zeit in einigen Zellen homogene Stäbchen angetroffen. In späteren Teilungsphasen kommen sie jedoch nur ganz selten und immer in sparsamer Anzahl vor. Die Anzahl von Körnchen, die aus einem Faden hervorgeht, scheint in den meisten Fällen zwei bis drei zu sein, denn vor der Segmentierung findet man häufig hantelförmige Stäbchen und solche, 182 K. E. Schreiner: (sb) die drei Anschwellungen aufweisen, nach der Segmentierung aber, dass die Körnchen sehr oft zu zwei oder drei beisammen liegen und durch ganz feine, ungefärbte oder nur schwach gefärbte Substanz- brücken untereinander verbunden sind. Die Körnchen sind nicht alle gleich gross. Viele von ihnen haben einen Durchmesser, der die Dicke der f. en Fäden ruhender Zellen beträchtlich übertrifft, eine Tatsache, die offenbar darin ihre Erklärung findet, dass die Fädchen sich vor ihrer Segmentierung in verschiedenem Grade kontrahieren können. Was die Verteilung der f. en Elemente innerhalb des Endo- plasmas der sich teilenden Zellen betrifft, so kann dieselbe zwar von Zelle zu Zelle etwas wechseln, bleibt aber in ihren Hauptzügen ziemlich konstant. Während der Einstellung der Chromosomen in die Äquatorialebene werden die f.en Elemente, die, wie oben erwähnt, früher einigermaßen gleichmässig verteilt waren, um die beiden Pole zusammengeschoben, so dass die äquatoriale Zone des Endo- plasmas körnchenarm, in einigen Fällen sogar vollkommen körnchen- frei wird. Diese polare Anordnung behalten die f. en Elemente aber nur kurze Zeit. Schon während der Metaphase und zu dem Beginn der Anaphase (Fig. 16) bemerkt man, dass die Körnchen in der äquatorialen Zone der Zelle in steigender Anzahl auftreten, während sie an den beiden Polen jetzt nicht mehr so dicht an- gehäuft sind. Nach der Trennung der Tochterplatten (Fig. 16) wird endlich die Mehrzahl der Körnchen zwischen diesen angesammelt. Bei der jetzt folgenden Durchschnürung des Protoplasmas wird die f.e Substanz ziemlich gleichmässig auf die beiden Tochter- zellen. verteilt (Fig. 17—19). In den jungen indifferenten Zellen werden die f.en Körnchen ihrer Anordnung während der letzten Phase der Zellteilung ent- sprechend, anfangs innerhalb derjenigen Partie des Protoplasmas, die der früheren Teilungsebene zugekehrt ist, in grösster Anzahl vorgefunden. Nach der Bildung der neuen Kernvakuole breiten sie sich aber mehr gleichmässig über diese aus, um sich dann allmählich an den beiden zugespitzten Polen des Kerns innerhalb des Endoplasmas in grösster Zahl anzusammeln. Während der Rekonstitution des Kerns wird eine wichtige Veränderung im Verhalten der f. en Elemente der jungen Zellen bemerkbar: zwischen den Körnchen treten homogene Fäden auf (Fig. 22— 24). Wie eine genauere Untersuchung lehrt, sind diese Zur Kenntnis der Zellgranula. 133 Fäden aus Körnchen, die sich je zwei, drei oder noch mehrere aneinandergelagert haben und miteinander verschmolzen sind, hervorgegangen. Neben den homogenen Fäden und den Einzel- körnchen werden nämlich, ganz wie es auch bei der Vorbereitung der Zellen zur Teilung der Fall war, Doppelkörner, kurze hantel- förmige Stäbchen, Körnerketten und alle Übergänge von solchen zu homogenen Fäden angetroften (Fig. 19—24). Daneben werden auch ovoide oder kommaförmige Körperchen beobachtet, die Über- gänge zwischen grösseren Einzelkörnchen und Stäbchen darstellen. Die oben geschilderten Gestaltveränderungen derf.en Elemente während der Teilung der Bildungszellen — Zerfall der Fäden in Körnchen vor der Teilung und Neubildung von Fäden aus Körnchen nach beendigter Zellteilung — lassen sich mit ganz besonderer Deutlichkeit an solchen Präparaten (vgl. w. u.) verfolgen, wo wir im Endoplasma der ruhenden Bildungszellen der Epidermis nur oder fast nur f.e Fäden vorfinden (vgl. die beiden in der Fig. 5 abgebildeten Zellen, die aus demselben Hautstück wie die in den Fig. 14—20 wiedergegebenen Teilungsstadien stammen). Die genauere Unter- suchung der indifferenten Zellen eines solchen Materials lehrt uns auch, dass die Segmentierung der homogenen f. en Fäden vor der Zellteilung in den Epidermiszellen von Myxine eine vollkommen konstante Erscheinung ist, und dass unsegmentierte Fäden nie oder nur ganz ausnahmsweise in der Zeit nach der Auflösung der Kernmembran in der Prophase und vor der Durchschnürung des Zelleibes in der Telophase auftreten. Die Kenntnis von diesen eigentümlichen Formveränderungen der f.en Plasmaelemente, die mit den Veränderungen der übrigen Zellteile während der Mitose synchron verlaufen, ist zwar imstande, uns viele der Formunterschiede zu erklären, welche die Plasma- elemente in verschiedenen Zellen darbieten können, und auf die schon oben (S. 132) bei der allgemeinen Charakteristik der f. en Plasmaelemente aufmerksam gemacht wurde. Beider Untersuchung eines grossen, auf verschiedene Weise behandelten Materials wird man indessen häufig auch auf Plasmaelemente stossen, deren Form sich mit den eben geschilderten gesetzmässigen, zyklischen Ver- änderungen dieser Elemente vor und nach der Zellteilung nicht gut in Einklang bringen lässt, ja manchmal sogar zu dem, was hierüber angeführt wurde, in direktem Widerspruch zu stehen scheint. Es gilt dies vor allem von dem recht häufig zu be- 134 K. E. Schreiner: obachtenden Vorkommen einer wechselnden Anzahl granulärer Plasmaelemente auch bei Zellen, die sich scheinbar in „Ruhe“ befinden. Bei der Beurteilung solcher abweichenden Bilder der Plasma- elemente wird man sich natürlich zuerst Klarheit darüber zu schaffen haben, inwieweit dieselben wirklich auch als treue Wiedergabe der Form der Plasmaelemente während des Lebens gelten dürfen, oder ob es vielleicht auch eine Möglichkeit wäre, dass sie durch postmortale Veränderungen der Zellen mehr oder weniger beeinflusst sein könnten, z. B. mit der Anwendung bestimmter Fixierungs- flüssigkeiten irgend einen Zusammenhang aufweisen. An eine solche Möglichkeit zu denken liegt um so näher, weil wir ja aus zahlreichen früheren Untersuchungen wissen, dass die Plasmaelemente sehr vergängliche Strukturen sind, die durch schädigende Einwirkungen verschiedener Art in ihrer Form leicht verändert, ja vollkommen zerstört werden können. So haben z.B. mehrere Forscher die Erfahrung gemacht, dass fadenförmige Plasma- elemente bei fehlerhafter Fixation der Gewebe, oder wenn die be- treffenden Organteile nicht unmittelbar nach dem Tode des Tieres fixiert wurden, in Körnchen zerfallen. Von ganz besonderem In- teresse sind hier die schönen Untersuchungen von M. und W. Lewis (1915) über Plasmastrukturen lebender Zellen von Grewebs- kulturen. Diese Forscher konnten unter dem Mikroskop direkt beobachten, wie die fadenförmigen Plasmaelemente lebender Zellen bei der Einwirkung von Essigsäure- und Kohlensäuredämpfen in Körnchen zerfielen (8. 363). Wenn wir selbst in unserem nach Altmann-Metzner fixierten Material ausschliesslich körnchenförmige Plasmaelemente in den Bildungszellen vorfinden, auch bei denen, die sich, nach dem Bau ihrer Kerne zu urteilen, in Ruhe zu befinden scheinen, während die ganz überwiegende Zahl der Plasmaelemente dieser Zellen nach Flemming-Bendabehandlung ausserhalb der Teilungsperiode Fadenform aufweisen, so müssen wir diesen Unter- schied sehr wahrscheinlich auf eine im ersteren Falle wegen zu langsamen Eindringens der Fixierungsflüssigkeit verursachte De- generation der Plasmafäden zurückführen. Auch nach Fixierung der Hautstücke in den Kalibichromat-Formalingemischen, mit oder ohne Zusatz von Osmiumsäure, habe ich regelmässig eine grössere Zahl körnchenförmiger Plasmaelemente in den Zellen der tieferen Zur Kenntnis der Zellgranula. 135 Epidermisschichten, als nach Anwendung der Flemmingschen Flüssigkeit in der von Benda empfohlenen Form gefunden.') Wenn wir deswegen nach Kalibichromat-Formalinbehandlung der Haut in den ruhenden Bildungszellen zahlreiche Übergänge zwischen kleinen Körnerketten und homogenen Fäden finden (Fig. 9—11), so dürfen wir aus diesem Befunde nicht ohne weiteres schliessen, dass während des Lebens in diesen Zellen eine Bildung von Fäden aus Körnchen oder umgekehrt eine Segmentierung von Fäden statt- gefunden habe, obwohl eine solche Schlussfolgerung mit den Be- obachtungen von M. und W. Lewis über vitale Formveränderungen der Plasmaelemente wohl übereinstimmen könnte; wir müssen auch mit der leider ebenso naheliegenden Möglichkeit rechnen, dass die Körnerketten einer durch mangelhafte Fixierung bewirkten beginnenden Degeneration homogener Fäden ihre Bildung verdanken können. Selbst wenn wir nun aber bei unseren Untersuchungen der Plasmaelemente der tieferen Zellenlagen der Epidermis auf mögliche postmortale Veränderungen derselben volle Rücksicht nehmen, so werden wir doch finden, dass diese Elemente in manchen Zellen Formverhältnisse aufweisen, die weder auf solchen Veränderungen des Plasmas beruhen, noch mit den die Mitose begleitenden Ver- änderungen derselben im Zusammenhang stehen können. Wenn wir z. B. auch nach Flemming-Bendabehandlung der Haut junger Tiere, die wegen ihrer geringeren Dicke ein be- sonders günstiges Untersuchungsmaterial darbieten, in den tieferen Epidermislagen zwischen Zellen, die nur homogene Plasmafäden enthalten, sehr oft auch auf solche stossen die in ihrem Endo- plasma neben Fäden auch eine wechselnde Anzahl von Einzel- körnchen verschiedener Grösse oder von Doppelkörnern und kürzeren Stäbchen enthalten, so liegt kein Grund vor diese letzteren Bildungen ohne weiteres als Kunstprodukte auszusondern, im Gegen- teil, wir haben allen Anlass, die Frage ob diese Körnchen doch nicht auf irgend eine andere Weise als durch degenerative Seg- mentierung der homogenen Fäden entstanden sein könnten, einer genaueren Prüfung zuerst zu unterwerfen. !) Auch Schaxel (1911) hat die Erfahrung gemacht, dass nach Flemming-Benda behandlung des Materials stäbchenförmige Plasma- elemente, nach Altmannbehandlung aber körnchenförmige Elemente in den Präparaten prädominieren. 136 K. E. Schreiner: A priori stehen mehrere Möglichkeiten offen, die das Auf- treten dieser Körnchen im Endoplasma der Bildungszellen ausser- halb der Teilungsperiode erklären würden. Man könnte z. B. an die nicht so fern liegende Möglichkeit denken, dass der Wieder- aufbau einzelner Fäden nach der letzten Zellteilung etwas ver- spätet wäre, oder umgekehrt, dass einige Fäden schon sehr früh, vor dem deutlich erkennbaren Prophasestadium sich zu segmen- tieren angefangen hätten. Man könnte weiter auch hier an die Möglichkeit denken, worauf schon oben hingewiesen wurde, dass die Plasmaelemente der Epidermiszellen während des Lebens ihre Gestalt innerhalb gewisser Grenzen vielleicht zu ändern vermögen, die Fäden z. B. sich zu Körnern zusammenziehen und letztere sich wieder zu Stäbchen und Fäden strecken könnten. Nach diesen sämtlichen Versuchen, das Auftreten von f. en Körnchen innerhalb scheinbar ruhender Bildungszellen zu erklären, würden, wie leicht eingesehen wird, die Körnchen von früheren, in der Zelle selbst oder in ihrer Mutterzelle vorhandenen Plasma- elementen abzuleiten sein. Es liesse sich indessen a priori auch wohl denken, dass die Körnchen in keiner genetischen Beziehung zu diesen stünden, sondern als Neubildungen aufzufassen wären. Während wir nun von den ersteren, oben genauer erwogenen Möglichkeiten allein sagen dürfen, dass sie nach unseren jetzigen Kenntnissen der f.en Plasmaelemente der tierischen Zellen zwar denkbar sind, bei unserem Material aber durch keine direkten Beobachtungen gestützt werden, so sind wir in Betreff der letzteren Möglichkeit in der glücklichen Lage, zugunsten derselben zahl- reiche sichere Beobachtungen anführen zu können. Bei Betrachtung der indifferenten Zellen der Epidermis in Präparaten, die nach Flemming-Benda behandlung der Haut nach den Vorschriften von Kull gefärbt worden sind, wird man gleich darauf aufmerksam, dass die Nukleolen dieser Zellen auf genau dieselbe Weise wie die Plasmaelemente Altmanns vom Säurefuchsin intensiv rot gefärbt sind. Von den übrigen Zellteilen sind nur noch die Zentriolen auf gleiche Weise gefärbt. Das Kernnetz der ruhenden Zellen ist aber nach gelungener Färbung, ähnlich wie die Chromosomen der sich teilenden Zellen vom Thionin grün, oder nach längerer Aurantiadifferenzierung grüngelb gefärbt. Auch das Ektoplasma der Zellen mit der Plasmakapsel hat einen grünen Farbenton angenommen (vgl. Fig. 8, 14—22, 27—28, 34). Zur Kenntnis der Zellgranula. 15 Wegen dieses äusserst ausgeprägten Farbenkonstrastes treten in diesen Präparaten die Nukleolen innerhalb der Kernmembran, die Plasmaelemente ausserhalb derselben sehr distinkt hervor. Aus der übereinstimmenden Farbenreaktion der Nukleolar- substanz und der f. en Plasmaelemente allein darf selbstverständ- lich auf eine Übereinstimmung dieser Bildungen in ihrer chemischen Zusammensetzung nicht ohne weiteres geschlossen werden, noch weniger darf man aus der gemeinsamen Farbenreaktion allein auf einen genetischen Zusammenhang derselben schliessen. In vielen Zellen wird man indessen ein Verhalten der Nukleolen ge- wahr, das auf einen solchen Zusammenhang der genannten Bildungen hinweist und zu eingehender Prüfung der Frage nach möglichen Beziehungen dieser beiden Zellteile zueinander dringend auffordert. An der inneren Seite der Kernmembran, diese entweder direkt berührend oder von ihr ein kürzeres Stück entfernt, liegt der Nukleolus der Zelle oder ein kleinerer wie der Nukleolus eefärbter Körper. Diesem genau gegenüber, auf der äusseren Seite der Kernmembran, befindet sich im Endoplasma ein oder ein Paar Körnchen, das genau auf dieselbe Weise wie der Nukleolus gefärbt ist, sich in seinem färberischen Verhalten auch nicht von den übrigen f. en Plasmaelementen unterscheidet, sehr oft aber durch sein etwas gröberes Kaliber von diesen abhebt. Besonders wenn diese Körnchen in einem Teil des Endoplasmas liegen, der sonst keine f.en Plasmakörnchen enthält, tritt ihre auffallende Lagebeziehung zu dem Nukleolus sehr deutlich hervor. Solche Bilder begegnen einem in den Präparaten zu häufig, als dass hier von zufälligen Gruppierungen der extra- und intra- nukleären fuchsinophilen Körper die Rede sein könnte. Die Frage bleibt nur, auf welche Weise die Bilder zu erklären sind. Um diese Frage beantworten zu können, habe ich an einer Reihe besonders geglückter Präparate sämtliche Zellen, deren Nukleolen zu f. en. Plasmakörnchen solche Lagebeziehungen auf- wiesen, einer eingehenden methodischen Untersuchung unter- worfen. Spezielle Aufmerksamkeit wurde dabei auf das Verhalten desjenigen Teils der Kernmembran, der den Nukleolus von den betreffenden Plasmakörnchen trennte, gerichtet. Diese Unter- suchung hat als Resultat ergeben, dass das häufige Auftreten von f. en Plasmakörnchen in der unmittelbaren Nähe innerhalb der 138 K. BE. Schreiner: Kernmembran gelegener Nukleolen darin seinen Grund hat, dass diese Körnchen von der Nukleolarsubstanz her- stammen. Wir wollen die Tatsachen, die diesem Schluss zugrunde liegen, etwas genauer betrachten. Bei eingehender Untersuchung des Verhaltens der Nukleolen der indifferenten Epidermiszellen zu den ihnen gegenüber im Plasma gelegenen f. en Körnchen wird man in einer grossen Anzahl Fälle die wichtige Beobachtung machen können, dass zwischen dem Nukleolus und den Plasmakörnchen organische Verbindungen bestehen, indem feine, schwächer sowohl als der Nukleolus wie die Plasmakörnchen gefärbte Substanzfäden zwischen ihnen ver- laufend nachgewiesen werden können. In Textfig. C ist eine Gruppe von vier indifferenten Zellen wiedergegeben, von denen nicht weniger als drei solche Ver- bindungen zwischen dem Nukleolus und den ausserhalb der Kern- membran gelegenen Plasmakörnchen deutlich beobachten lassen. “ Pi ei Fig. C. Vier indifferente Epidermiszellen. Fixierung der Haut mit der Flüssigkeit von Flemming-Benda, Färbung mit Säurefuchsin-Thionin-Aurantia nach Kull. Apochr. 1,5 mm und Komp.-Ok. 8. 139 Zur Kenntnis der Zellgranula. Obwohl das in dieser Figur wiedergegebene Bild in seiner Art einzig ist, insoweit es ja ein sehr glücklicher Zufall ist, dass die feinen Verbindungsfäden zwischen den Nukleolen und den Plasma- körnchen in drei Nachbarzellen in die Schnittebene gefallen sind, so lassen sich doch ganz ähnliche Einzelbilder in den Präparaten ohne Schwierigkeit in erheblicher Anzahl auffinden (vgl. Fig. D 1—3 und Fig. 27—28). Manchmal geht vom Nukleolus nur ein feiner Faden gegen die Kernmembran aus und setzt sich durch dieselbe in ein im Plasma gelegenes Körnchen fort, andere Male sind es aber zwei, drei oder noch mehr (vgl. Fig. 28) solcher Fäden, die vom Nukleolus gegen die Kernmembran in verschiedenen Ebenen ausstrahlen, um gleichviele Körnchen mit dem Nukleolus in Verbindung zu setzen. Wenn in einer Zelle mehrere f. e. Plasma- körnchen dem Nukleolus gegen- über der Kernmembran an- liegen, kann es jedoch häufig vorkommen, dass nur eines oder ’ % ein Paar von ihnen mit dem | ©- Nukleolus Verbindung aufweist I 4 (Fig. D2, linke Zelle der Fig. ©). Dort, wo die feinen Fäden mit dem Kernkörperchen zusammen- hängen, springt die Oberfläche desselben oft in kleine Fort- sätze vor (vgl. Fig. D2), die sich ohne jede scharfe Grenze in die dem Kernkörperchen am nächsten liegenden Teile der Fäden fortsetzen. Die Kern- membran zeigt an den Stellen, wo diese dünnen Fäden sie X durchsetzen, niemals Unter- 2, 2 brechungen. Es mag aber mög- lich sein, dass sie hier etwas dünner als in ihren übrigen Partien ist. Die Plasmakörnchen, die auf die oben geschilderte Weise mittels feiner, die Kernmem- Fig. D. 1 Indifferente Epidermiszelle, 2—4 drei Kerne solcher Zellen. Fixierung der Haut mit der Flüssig- keit von Flemming-Benda. Färbung mit Heidenhains Häma- toxylin (1), mit Säurefuchsin-Thionin- Aurantia (2—4). Vergr. wie Fig. C 140 K. E. Schreiner: bran durchsetzender Fäden mit den Nukleolen im Zusammenhang stehen, haben eine recht verschiedene Grösse. Während viele von ihnen eine Grösse aufweisen, die sich von jener der übrigen f. en Plasmakörnchen der Zelle kaum unterscheidet, begegnet man andererseits auch nicht selten Körnchen, die die letzteren an Durchmesser um das Mehrfache übertreffen (Fig. D, 3). Das häufige Vorkommen eines organischen Zusammenhangs der Nukleolen der indifterenten Epidermiszellen mit ausserhalb der Kernmembran im Plasma gelegenen Körnchen, die genau dasselbe färberische Verhalten wie die Nukleolen aufweisen, lässt sich nur auf eine der beiden folgenden Weisen erklären: entweder müssen die Plasmakörnchen, die mit einem Nukleolus im Zusammen- hang stehen, aus diesem hervorgegangen sein oder umgekehrt im. Begriff stehen, durch die Kernmembran in den Kern hinein- zufliessen, um sich mit der im Nukleolus schon vorher gesammelten f. en Substanz zu vereinigen. Schon der Umstand, dass die feinen Verbindungsfäden zwischen den kleinen f. en Plasmakörnchen und dem Nukleolus innerhalb des Kerns oft eine recht beträchtliche Länge haben können (vgl. Fig. D, 2), und dass die Nukleolarsubstanz sich in diese Fäden nicht selten allmählich fortsetzt, scheint zugunsten der ersteren Erklärungsweise zu sprechen. Eine in dieser Hin- sicht noch grössere Bedeutung wird man aber der Tatsache bei- messen müssen, dass in einigen Zellen vom Nukleolus ähnliche Fäden ausgehen, die an der inneren Wand der Kernmembran endigen, ohne mit irgend einem Plasmakörnchen in Verbindung zu treten (vgl. Fig. D, 4). Solche Bilder wird man schwer auf andere Weise deuten können, als dass wir hier eine Vorbereitung für die Ausstossung der Nukleolarsubstanz durch die Kernmembran vor uns haben. Die Annahme, dass es sich bei den oben beschriebenen Bildern um ein Austreten von Nukleolarsubstanz ins Plasma und nicht umgekehrt um ein Eindringen von Plasmakörnchen in den Kern handelt, wird auch durch die Verfolgung der Veränderungen, die die Nukleolen der indifferenten Epidermiszellen zwischen je zwei Zellteilungen durchlaufen, in hohem Maße gestützt. Wir wollen auch diese Veränderungen etwas genauer betrachten. Das erste Auftreten der Nukleoien innerhalb der Kerne der indifferenten Epidermiszellen lässt sich auf ein sehr frühes Ent- Zur Kenntnis der Zellgranula. 141 wicklungsstadium dieser Zellen zurückverfolgen. Ehe sich noch eine zusammenhängende Kernvakuole um die Tochterplatte ge- bildet hat, wird man innerhalb der Verbindungsfäden, die zwischen den Chromosomen bald zur Entwicklung gelangen, kleiner Körnchen gewahr, die sich nach Färbung mit Säurefuchsin-Thionin ähnlich wie die f.en Plasmaelemente intensiv rot färben und sich dadurch von den grün gefärbten Chromosomen scharf abheben, nach Eisen- hämatoxylinfärbung aber auch nach Entfärbung der Chromosomen und ihrer kurzen Verbindungsfäden als tief schwarz gefärbte kleine Körperchen sehr deutlich hervortreten. Diese kleinen Körnchen entstehen nicht in den Zwischen- räumen zwischen den Chromosomen, wo sich schon der Kernsaft anzusammeln angefangen hat, sondern innerhalb oder vielmehr an 3. Fig. E. 4. Vier junge indifferente Basalzellen. Die Nukleolen schwarz. Kernnetz und Plasmaelemente entfärbt. Fixierung der Haut mit der Flüssigkeit von Flemming-Benda. Färbung mit Heidenhains Hämatoxylin. Vergrösserung wie Fig. C. 142 K. E. Schreiner: der Oberfläche der Netzbalken, welche aus den Chromosomen her- vorgegangen sind. Dass dem so ist, geht unter anderem aus der Beobachtung hervor, dass sie oft eine langgestreckte Form auf- weisen, welche der Verlaufsrichtung der chromatischen Balken, innerhalb derer sie gelegen sind, entspricht (Fig. E, 1). Während des Wachstums des Kerns nehmen nun diese Körperchen an (Grösse allmählich zu, dabei behalten sie ihre intime Verbindung mit dem Kernnetz unverändert bei (vel. Fig. E). Ihre Anzahl scheint in den meisten Zellen zwei oder drei zu betragen. Ihre Lage inner- halb des Kerns und ihr gegenseitiger Abstand sind recht grossem Wechsel unterworfen. Während nun die Nukleolen der wachsenden jungen Zellen eine einfache sphärische oder ovoide Gestalt haben und neben ihrer oben erwähnten allmäh- lichen Größenzunahme nichts Be- merkenswertes erkennen lassen, wird man bei einigen ruhenden N Zellen schon beim ersten An- ee blick derselben auf ein sehr | 4 auffallendes Verhalten ihrer L 7 Nukleolen aufmerksam. Dicht neben einem grossen Nukleolus wird hier oft ein kleinerer, wie dieser gefärbter Körper ge- 15 funden, der sich bei genauerer RN Untersuchung mit dem Nukle- fi olus durch eine schwächer ge- färbte, aber ganz deutliche Substanzbrücke verbunden er- weist (Fig. F1). In einigen Fällen ist der Grössenunterschied der ar beiden auf diese Weise mitein- 3. 4. Fig. F. 1, Indifferente Epidermiszelle; 2—4, drei Kerne solcher Zellen. Fixierung der Haut mit der Flüssig- keit von Flemming-Benda. Färbung mit Heidenhains Häma- toxylin. Vergrösserung wie Fig. C. ander verbundenen Gebilde sehr gross; der kleinere Körper prä- sentiert sich dann als eine kleine Knospe des grösseren Nukleolus. In anderen Fällen aber stehen die beiden Körper einander näher an Grösse; einige Nukle- Zur Kenntnis der Zellgranula. 143 olen können sogar Hantelform aufweisen (vgl. Fig. F3). Je nach der wechselnden Grösse der „Knospe“ ist auch die Dicke des Fadens, welche dieselbe mit dem Hauptnukleolus verbindet, eine verschiedene. Die nukleolenähnlichen Körper, welche auf diese Weise mit- einander verbunden sind, liegen auch meistens dicht beisammen: die Fäden, die sie verbinden, sind dementsprechend gewöhnlich ganz kurz. Es kommt aber auch vor, dass ein kleinerer Körper, der in recht grossem Abstand von einem Nukleolus gelegen ist, mit ihm auf ähnliche Weise verbunden ist (Fig. F, 4). Diese kleineren Körper werden bei stärkerer Differenzierung der Schnitte immer rascher als der Nukleolus selbst entfärbt. Wie sind nun diese Bilder aufzufassen? Sind die mit den Nukleolen verbundenen und wie diese gefärbten Körper als im Kernnetze, vor allem in den Netzknoten, gebildeten Nebennukle- olen zu deuten, die mit den früher gebildeten Nukleolen zusammmen- zufliessen im Begriff stehen? Oder sind die kleinen Körper als von den Nukleolen ausgetretene Tröpfchen von Nukleolarsubstanz aufzufassen? Was die erstere Möglichkeit betrifft, muss hervor- gehoben werden, dass man in jungen Kernen, deren Nukleolen sicher im Wachstum begriffen sind, und wo man demnach, wenn die Grössenzunahme der Nukleolen durch das Zusammenfliessen einer im Kernnetze fertig gebildeten Substanz bewirkt würde, am ehesten ähnliche Bilder anzutreffen erwarten sollte, in der Tat solchen niemals begegnet. Wie das Wachstum der Nukleolen in diesen Zellen stattfindet, ist mir überhaupt nicht festzustellen ge- lungen. Dagegen scheint mir das Vorkommen deutlicher, durch ihre leicht rötliche Färbung und ihren geradlinigen Verlauf sich von den übrigen Fäden des Kernnetzes hervorhebender Ver- bindungsfäden zwischen dem Nukleolus und von ihm so weit ent- fernten kleinen Körpern, wie dem in Fig. F, 4 sichtbaren, stark dafür zu sprechen, dass sich die letzteren vom Nukleolus abge- spalten haben. Diese Annahme steht auch mit der ganzen Reihe von Bildern, die man von den Nukleolen der indifferenten Zellen antrifft, in bestem Einklang. Die Nukleolen, welche die oben geschilderten Teilungsvor- gänge aufweisen, können entweder im Innern des Kerns oder näher seiner Oberfläche ihre Lage haben. Nach der Teilung oder während derselben scheint jedoch in allen Fällen eine Wanderung Archiv f. mikr. Anat. Bd.S9. Abt.I. 10 144 K. E. Schreiner: der Nukleolen gegen die Oberfläche des Kerns stattzufinden. Das Austreten der Nukleolarsubstanz ins Plasma schliesst sich nun offenbar der Teilung der Nukleolen unmittelbar an, in einigen Zellen lässt sich nämlich gleichzeitig sowohl eine Teilung der Nukleolen wie ein Austreten von Nukleolarsubstanz beobachten. Wenn wir die eben geschilderten Bilder der Teilung der Nukleolen mit den früher vom Austreten der Nukleolarsubstanz ins Plasma gegebenen zusammenhalten, so wird uns gleich die grosse Übereinstimmung derselben auffällig sein müssen. So weitgehend ist in vielen Fällen diese Übereinstimmung (vgl. 2. B. die Figuren F1,3 und D 1, 3), dass wir mit vollem Recht sagen dürfen, dass der Unterschied zwischen ihnen eigentlich nur darin bestehe, dass während im ersteren Falle die Teilung des Nukleols ganz und gar innerhalb der Kernmembran verläuft, so treten im letzteren Falle ein oder mehrere Teilstücke durch die Kern- membran ins Plasma hinaus. Diese grosse Übereinstimmung lässt sich allein durch die Annahme erklären, dass sich in beiden Fällen dieselben physi- kalischen Vorgänge innerhalb der Nukleolen abspielen. Es wurde oben (S. 137) erwähnt, dass ausser den Nukleolen auch kleinere, wie diese gefärbte Körper an der inneren Seite der Kernmembran an Stellen gefunden wurden, wo auf der äusseren Seite der Membran kleine f. e Körnchen gelegen waren. Zwischen solchen Körpern und den ihnen gegenüberliegenden Plasma- körnchen werden nun manchmal ganz ähnliche Verbindungen wie zwischen den Nukleolen und den ihnen benachbarten Plasma- granula beobachtet. Es liegt nach dem über die Teilung der Nukleolen oben Angeführten nahe. anzunehmen, dass die erwähnten, wie die Nukleolen gefärbten Körper abgespaltene Nukleolarteile sind. Ob dies immer der Fall ist, wage ich jedoch nicht zu be- haupten. Die Möglichkeit scheint mir nicht ausgeschlossen, dass sie vielleicht auch Netzknoten sein können, die, wie ihre Färbung schliessen lässt, Nukleolarsubstanz enthalten, welche ohne die Vermittlung differenzierter Nukleolen ins Plasma übertritt. Das oben geschilderte Austreten von Nukleolarsubstanz ins Plasma wird nur in Zellen beobachtet, deren Kerne sich im Netz- stadium befinden. Wenn sich in den Zellen die bevorstehende Teilung durch eine beginnende Kondensation des Chromatins an- kündigt, ist dieser Vorgang immer beendigt. Die Nukleolen, die Zur Kenntnis der Zellgranula. 145 nach ihrer Substanzabgabe an das Plasma an Grösse reduziert sind, werden jetzt in engem Zusammenhang mit den immer deut- licher hervortretenden Chromosomen vorgefunden. Nicht selten hat es sogar den Anschein, als ob einige Chromosomen mit ihrem einen Ende in die Nukleolen eintauchten. Während der fortgesetzten Kondensation der Chromosomen in der Prophase erleiden die Nukleolen Veränderungen, die denen ganz entsprechen, die ich früher zusammen mit A. Schreiner (1905a, S. 223) für die Spermatogonien von Myxine beschrieben habe. Ganz wie dort nehmen sie bald an Grösse merkbar ab und bekommen eine unregelmässige Gestalt: ihre Oberfläche sinkt 2, Fig. G. 3. Vier indifferente Epidermiszellen aus dem Prophasestadium. Nukleolen schwarz, Chromosomen und Plasmaelemente entfärbt. 1, zwei Nachbarzellen: 2, etwas späteres Stadium; 3, Kernmembran fast aufgelöst; N, Nukleolus- rest. Fixierung, Färbung und Vergr. wie Fig. E und F. 10* 146 Kos S:chhrieiimrer: ein, als würde ihr Inhalt allmählich entleert werden (Fig. G, 1—2). Sie verlieren jetzt jede Verbindung mit den Chromosomen und werden unmittelbar vor der Auflösung der Kernmembran als un- regelmässig gestaltete, schwächer gefärbte Körper zwischen den fertig gebildeten Chromosomen angetroffen (Fig. G3, Fig. 15). Nach der Auflösung der Kernmembran lassen sich dieselben nicht mehr nachweisen, dagegen triftt man während der Mitose nicht selten zwischen den f. en Plasmaelementen einige grössere Körnchen (vel. Fig. 17 oben, rechts), die sehr wahrscheinlich durch den Zer- fall der Nukleolenreste hervorgegangen sind. In einigen Basalzellen lassen sich zwar auch während der Mitose neben der Spindelfigur im Protoplasma unregelmässig ge- staltete, oft spindelförmige oder vieleckige fuchsinophile Körper nachweisen (Fig. 25), die man beim ersten Anblick leicht als die ausgestossenen, noch erhaltenen Nukleolen dieser Zellen auffassen könnte. Wie eine genauere Verfolgung ihres Entstehens lehrt, stellen sie jedoch nicht Nukleolen, sondern Prosekrete dar. Die Zellen, welche diese Körper enthalten, sind demnach keine in- differenten Bildungszellen, sondern vielmehr schon spezifisch difte- renzierte Drüsenzellen und zwar kleine Schleimzellen. Wir kommen bei der genaueren Beschreibung dieser Zellen auf die Bildung der betreffenden Prosekretkörper zurück. Das Vorkommen solcher schon differenzierten Drüsenzellen zwischen den indiffe- renten Basalzellen kann, wie wir gleich unten sehen werden, auch zu anderen fehlerhaften Schlüssen leicht Anlass geben. Das Wachstum der Nukleolen mit der folgenden Teilung derselben und Ausstossung von Nukleolarsubstanz ins Plasma kann in manchen Fällen früher einsetzen und offenbar mit einer grösseren Schnelligkeit als oben geschildert vor sich gehen. Dadurch werden sehr auffallende und interessante Veränderungen des ganzen Aus- sehens der Zelle, die eine genauere Besprechung wohl verdienen. hervorgerufen. Es wurde oben (S. 131) bei der Beschreibung der Teilung der indifferenten Zellen erwähnt, dass die eigentümliche Plasma- kapsel dieser Zellen sich während der Prophase zusammen mit dem Kern und dem Zelleib abrundete. Auch den weiteren Gestalt- veränderungen des letzteren folgend nimmt die Kapsel während der Anaphase eine ovoide Form an, um in der Telophase mit dem übrigen Protoplasma durchgeschnürt und gegen die Teilungs- Zur Kenntnis der Zellgranula. 147 ebene geöffnet zu werden (Fig. 13—19). Dabei bemerkt man, dass die Öffnung der Kapsel immer in ihrer oberen, schwächer entwickelten Partie beginnt, während ihr basaler dickerer Teil zuletzt durchgeschnürt wird (Fig. 18). Retzius (1905) hat von dieser Einschnürung der Protoplasmakapsel in seinen Figuren 5 und 6 treffende Abbildungen geliefert, ohne sie jedoch im Text zu erwähnen. Die Plasmakapsel der jungen Zellen zeigt dem oben Angeführten gemäss anfangs eine der Teilungsebene zuge- kehrte grosse Lücke (Fig. 20—23, E 1), die sich erst allmählich schliesst. Auch nachdem diese Ergänzung der Kapsel durch Zusammenbiegen ihrer Ränder und durch Neubildung erfolgt ist, lässt sich jedoch noch eine Zeitlang beobachten, dass sie ihrer früheren, durch die Zellteilung bewirkten Öffnung entsprechend dünner als in ihren übrigen Teilen ist. Obwohl somit nach jeder Zellteilung eine partielle Neubildung der Plasmakapseln stattfindet, so können wir jedoch sagen, dass die Kapseln der jungen Zellen von jener ihrer Mutterzelle herstammen. Neben den jungen Zellen, welche wie die in Fig. 21—22 wiedergegebenen regelmässig ovoide Kerne mit einem noch groben chromatischen Kernnetz und kleinen Nukleolen aufweisen, und deren Protoplasma durch eine deutlich hervortretende Kapsel in eine Endoplasma- und eine Ektoplasmaschicht geteilt wird, kommen in den tieferen Lagen der Epidermis eine wechselnde Anzahl junger Zellen vor, die ein von diesem abweichendes und zugleich sehr eigenartiges Aussehen darbieten. Was diesen Zellen vor allem ihr charakteristisches Gepräge verleiht, ist die auffallende Grestalt ihrer Kerne, welche nicht ovoid, sondern unregelmässig gelappt sind. Die Lappung kann, wie die Fig. H und 29—354 lehren, einen sehr verschiedenen Grad zeigen. Bei den Zellen, wo sie besonders ausgesprochen ist, können tiefe Furchen in den Kern einschneiden und zur Bildung fingerförmig geteilter, huf- eisen- oder wurstähnlicher und vieler anderen Kernformen Anlass geben. Die grösseren Lappen können ihrerseits wieder oft kleinere Sekundärlappen tragen. So tief kann die Zerklüftung der Kerne sein, dass dieselben an dünneren Schnitten fragmentiert erscheinen (Fig. H5). Eine vollständige Abschnürung einzelner Kernteile kommt jedoch sicher niemals vor. Das Chromatin dieser Kerne zeigt immer eine sehr feine Verteilung. Niemals findet man hier im Kernnetz solche stärker 148 K. F. Schreiner: gefärbte Netzknoten wie in anderen jungen Kernen derselben Präparate. Die Nukleolen dieser Zellen zeichnen sich durch ihre erheb- liche Grösse, oft zugleich durch ihre auffallende Gestalt aus, in- dem sie häufig hantelförmig (Fig. H3) sind oder kleinere oder grössere Knospen tragen (Fig. H6, 34). Nicht selten werden zwei oder noch mehr Nukleolen in den Kernen vorgefunden. Auch die Lage der Nukleolen ist in vielen Zellen bemerkenswert, indem sie häufig eben in den am meisten vorspringenden Partien der Kernläppchen vorgefunden werden und zwar hier der inneren Wand der dünnen Kernmembran dicht anliegend (Fig. H2, 30, Fig. H. Sechs junge Basalzellen mit gelappten Kernen. Fixierung der Haut mit der Flüssigkeit von Öhampy (1—5), mit dem Gemisch von Flemming- Benda (6). Färbung der Schnitte mit Säurefuchsin - Thionin - Aurantia. Vergr. wie Fig. C. Zur Kenntnis der Zellgranula. 149 32—33). In zahlreichen Fällen lässt sich nun leicht nachweisen, dass die Nukleolen, welche diese Lage haben, ganz wie es oben von den indifferenten Basalzellen geschildert wurde, durch feine Fäden mit kleinen fuchsinophilen Körnchen, die ausserhalb des Kerns im Plasma gelegen sind, in Zusammenhang stehen (Fig. 32 —33, H2). In einigen Zellen kommen auch ausserhalb der Kernmembran zwischen den hier gelegenen fuchsinophilen Plasmaelementen grössere f. e Körperchen vor (Fig. 31, H 4—5). Wenn, wie oben geschildert. die Nukleolen in einigen Zellen der Kernmembran dicht anliegend gefunden werden, in anderen ähnlich aussehenden Zellen aber gleich ausserhalb der Membran Körper angetroffen werden. die sowohl in Betreff ihrer Grösse wie ihrer Färbbarkeit mit diesen Nukleolen genau übereinstimmen, so könnte man leicht versucht sein, diese Bilder zueinander in direkte Beziehung zu bringen und die in den letzteren Zellen vorkommenden Körperchen als ins Plasma aus- getretene Nukleolen aufzufassen. Eine genauere Untersuchung der betreffenden Plasmakörper- chen lehrt uns indessen, dass sie ebensowenig wie die neben der Spindelfigur gewisser Basalzellen vorkommenden f.-Körperchen (vgl. Fig. 25) Nukleolen sind, sondern dass sie ganz wie diese Körperchen Sekretgranula darstellen. Die Zellen, welche solche Körper in ihrem Plasma enthalten, sind demnach keine indifferenten Bildungszellen mehr, sondern schon Drüsenzellen, und zwar ebenso wie die Basal- zellen, von denen schon oben die Rede war, kleine Schleimzellen. Die Feststellung dieser Tatsache lehrt uns, dass die letzteren Zellen mit den indifferenten Basalzellen nicht nur darin überein- stimmen, dass sie im Gegensatz zu den beiden grossen Drüsen- zellenformen der Epidermis die Fähigkeit zur Teilung bewahrt haben, sondern dass sie auch in gewissen Fällen nach der Teilung ganz ähnliche Veränderungen ihrer Kerne und ihres Plasmas zeigen können wie diejenigen, welche wir von den Bildungszellen eben kennen lernen. Ein Heraustreten ganzer Nukleolen durch die Kernmembran wird in diesen jungen Zellen ebensowenig wie in den gewöhnlichen indifferenten Epidermiszellen oder irgend welchen anderen Zellen der Haut von Myxine beobachtet. Was nun das Plasma dieser Zellen betrifft, so zeichnet es vor allem dadurch aus, dass die in anderen indifferenten Zellen 150 K. E. Schreiner: gewöhnlich sehr hervortretende Plasmakapsel und die durch ihr Vorhandensein bedingte scharfe Sonderung zwischen zwei Schichten des Plasmas in den meisten Fällen vollkommen fehlt. Der Kern wird von einem hellen, homogenen Plasma umgeben, in welchem die f.en-Elemente eingelagert sind. Dieses Plasma hat offenbar in seiner Gesamtheit dieselbe weiche Konsistenz wie das Endo- plasma gewöhnlicher Bildungszellen. Von der zarten Struktur des Plasmas zeugt auch der Umstand, dass es auch in sonst vor- züglich konservierten Präparaten sich von den Nachbarzellen oft etwas zurückgezogen hat, so dass zwischen demselben und den umgebenden Zellen ein feiner artifizieller Spalt beobachtet werden kann. Wie eine genauere Untersuchung lehrt, findet die Auflösung der Plasmakapsel zu der gleichen Zeit statt, wie der Kern seine lappige Gestalt annimmt. Zu dieser Zeit nimmt das Endoplasma an Mächtigkeit zu, die Kapsel wird dabei, ähnlich wie die Ekto- plasmaschicht, gedehnt und dünner, und verliert an Färbbarkeit, um sich schliesslich der Beobachtung ganz zu entziehen. Die f.en-Plasmaelemente dieser eigentümlichen Zellen be- stehen aus Körnchen und kurzen Stäbchen. Immer überwiegt die Zahl der ersteren beträchtiich über die der letzteren. Die Körn- chen sind oft je zwei oder drei miteinander zu kleinen Hanteln oder kurzen Körnchenreihen verbunden, und es werden, wie auch in anderen jungen Zellen, nicht selten Übergangsformen sowohl zwischen diesen Körnchenketten und den Stäbchen, wie zwischen etwas grösseren Einzelkörnchen und solchen vorgefunden. Die oben geschilderten Zellen mit gelappten Kernen werden in der Epidermis der verschiedenen Tiere in sehr wechselnder Anzahl beobachtet. Während sie in der Haut einiger Tiere nur in recht sparsamer Zahl, kommen sie bei anderen in jedem Gesichts- feld der Präparate häufig vor. Ich glaube festgestellt zu haben, dass ihre Anzahl eben bei denjenigen Tieren am grössten ist, deren Epidermis die grösste sekretorische Tätigkeit aufweist. Wir werden weiter unten bei der Schilderung der grossen Fadenzellen und ihrer Sekretion auf diesen Punkt wieder zurückkommen. Die Zellen, welche die oben genauer erwähnten Eigentümlich- keiten ihrer Kernform und ihres Plasmas aufweisen, werden niemals einzeln angetroffen, sondern kommen immer je zwei zusammen, zuweilen auch in Gruppen von je vier Zellen vor. Sie stellen somit Zur Kenntnis der Zellgranula. 151 offenbar die beiden Tochterzellen oder die vier Enkelzellen einer und derselben Zelle dar. Wie unsere Abbildungen lehren, wechselt die Grösse dieser Zellen innerhalb recht weiter Grenzen, was offenbar damit im Zusammenhang steht, dass ein beträchtliches Wachstum der Zellen, sowohl ihrer Kerne wie ihres Plasmas, die beschriebenen Gestalt- veränderungen der Kerne häufig begleitet. Nach unseren jetzigen Kenntnissen der verschiedenen Form- veränderungen der Zellkerne lebhaft funktionierender Gewebs- zellen scheint die Annahme nahe zu liegen, dass die Lappung der Kerne auch in den hier geschilderten Zellen ein Ausdruck dafür ist, dass innerhalb derselben ein besonders intensiver Stoffaustausch zwischen Kern und Plasma stattfindet. Auch mag wohl die An- nahme begründet sein, dass die rasche Vermehrung der Nukleolar- substanz innerhalb der Kerne und das Austreten von Nukleolar- substanz ins Plasma ebenso wie die Auflösung der Plasmakapsel mit diesem gesteigerten Stoffaustausch in engem Zusammenhang stehen. Es verdient in dieser Verbindung erwähnt zu werden, dass man auch während des Wachstums und der Teilung der Nukleolen innerhalb der gewöhnlichen indifferenten Bildungszellen ab und zu eine ähnliche, obwohl viel weniger ausgesprochene Oberflächen- vergrösserung der Kerne beobachten kann (Fig. 28). Der Unterschied im Baue, welcher zwischen diesen Zellen und den jungen Zellen mit den stark gelappten Kernen vorhanden ist, scheint demnach nur ein Gradunterschied zu sein und auf eine in den zuletzt beschriebenen Zellen früher einsetzende und mit einer grösseren Intensität vorsichgehende Vermehrung und damit verbundene Aus- stossung der Nukleolarsubstanz zurückgeführt werden zu können. Was lehren uns nun unsere Präparate über das weitere Schicksal der ins Plasma ausgetretenen Kernsubstanz ? Wie aus unseren Zeichnungen hervorgeht, unterscheiden sich in sehr vielen Fällen die von den Nukleolen stammenden f. en Körnchen, welche ins Plasma übertreten, an Grösse keineswegs von den im Plasma schon vorhandenen f. en Elementen; wenn sie ihren Zusammenhang mit den innerhalb der Kernmembran ge- legenen Nukleolen verloren haben, lassen sie sich deswegen von den übrigen f. en Plasmakörnchen nicht unterscheiden. Von ihrem weiteren Schicksal lässt sich somit in diesem Falle nur das mit 1:52 K. E. Schreiner: Sicherheit aussagen, dass sie sich den gewöhnlichen Plasma- elementen der betreffenden Zellen anschliessen. In anderen Fällen zeichnen sich aber die aus dem Kern ausgetretenen Nukleolarteile durch eine Grösse aus, welche die Grösse der übrigen Plasmaelemente übertrifft (Fig. D, 3). Nun lassen sich, wie schon früher erwähnt, häufig zwischen den f. en Plasmaelementen der Bildungszellen grössere Körnchen nachweisen, die zwar keinen Zusammenhang mit intranukleären f. en Körperchen erkennen lassen, die aber nach ihrer Lage zu urteilen sehr wahrscheinlich aus solchen herstammen. Diese grösseren f. en Körnchen zeigen sehr oft eine sehr charakteristische Gestalt (vgl. Fig. 10 und 11), indem sie ähnlich wie die sich teilenden Nukleolen der indifferenten Zellen (vgl. Fig. F, 1—2) kleine Knospen tragen, als stünden sie im Begriff, ihre Substanz auf kleinere Körnchen zu verteilen, die die Grösse der gewöhnlichen f. en Plasmakörnchen haben. In selteneren Fällen beobachtet man, dass die f. en Körnchen, welche noch mit einem innerhalb der Kernmembran gelegenen Nukleolus im Zusammenhang stehen, nicht sphärisch, sondern, wie es von den f.en Plasmaelementen junger Zellen auch recht häufig beobachtet werden kann, kommaförmig sind und sich somit in ihrer Gestalt den stäbchenförmigen Plasmaelementen nähern. Die enge chemische Verwandschaft zwischen den ins Plasma ausgetretenen Kernbestandteilen und den Altmannschen Plasma- elementen tritt nicht nur in der übereinstimmenden Weise, auf welche sie sich färben lassen, zutage, sondern auch darin, dass sie beide nach Fixierung der Haut mit Essigsäure enthaltenden Flüssigkeiten ganz oder teilweise aufgelöst werden. In letzterer Hinsicht unterscheiden sie sich von den Nukleolen. Alle die oben angeführten Beobachtungen legen die Annahme eines genetischen Zusammenhangs der f. en Plasma- elemente derindifferenten Zellen mitdenins Plasma ausgetretenen nukleolären Kernbestandteilen ausserordentlich nahe. Wie lässt sich nun die Annahme von einem genetischen Zusammenhang der f. en-Plasmaelemente und der Nukleolen der in- differenten Zellen mit dem, was wir von dem Verhalten dieser beiden Zellteile sonst kennen gelernt haben, in Übereinstimmung bringen ? Zur Kenntnis der Zellgranula. Wir haben oben (S. 131) bei der Schilderung des Teilungs- vorgangs der indifferenten Zellen gesehen, dass die fadenförmigen Plasmaelemente der ruhenden Zellen vor der Zellteilung in Körnchen zerfielen, die während der Mitose auf die beiden Tochter- zellen einigermaßen gleichmässig verteilt wurden. Nach der Teilung gingen wieder aus den Körnchen, die sich meistens zu kleinen Ketten vereinigten, Fäden hervor. Weder während der Zellteilung noch nach dem Ablauf derselben liess sich ein selbst- ständiges Wachstum der f. en-Plasmaelemente nachweisen, das die durch die Zellteilung bewirkte Herabsetzung ihrer Masse auf ähnliche Weise kompensieren könnte, wie es sich von anderen Zell- teilen, z. B. von den mit den f. en-Plasmaelementen an Grösse am nächsten übereinstimmenden Zentriolen, unschwer feststellen lässt. Da nun trotzdem die Bildungszellen der Epidermis älterer Tiere in ihrem Plasma keine geringere Anzahl f. en-Plasmaelemente enthalten als die entsprechenden Zellen junger Tiere, so muss zwischen je zwei Zellteilungen .innerhalb dieser Zellen eine Neu- bildung von Plasmaelementen stattfinden. Den Ausgangspunkt dieser Neubildung wird man, wie im Kapitel 1 (S. 79) erwähnt, entweder in dem Protoplasma selbst oder im Zellkern zu suchen haben. Für die Annahme, dass eine Neubildung f. en - Plasmaelemente innerhalb des Endoplasmas der indifferenten Epidermiszellen statt- finde, haben unsere Untersuchungen keine Anhaltspunkte geliefert, dagegen haben wir in diesen Zellen eine Abgabe f. er- Substanz seitens des Kerns an das Plasma in unzweideutiger Weise fest- stellen können, und wir haben weiter gefunden, dass die aus dem Kern heraustretenden Körperchen sich den im Plasma schon vor- handenen f. en-Elementen anschliessen, um von diesen bald nicht mehr unterschieden werden zu können. Nehmen wir nun, was unter diesen Umständen wohl als sehr naheliegend bezeichnet werden darf, an, dass die ausgetretenen Kernteile sich von den f.en-Plasmaelementen deswegen nicht unterscheiden lassen, weil sie sich in solche bald umwandeln, oder mit anderen Worten, dass der Kern das Material liefert, aus demdief.en Plasmaelemente neugebildet werden, so würde damit nicht nur die sonst dunkle Frage. wie die Zahl der f. en Plasmaelemente der indifferenten Zellen trotz der durch jede Zellteilung bewirkten Reduktion doch im grossen Ganzen 154 K. E. Schreiner: bei allen Tieren einigermaßen konstant bleiben kann, ihre be- friedigende Erklärung gefunden haben. Auch für die ebenso auf- fallenden wie rätselhaften Veränderungen der Nukleolen dieser Zellen, ihr Wachstum, ihre Teilung und Wanderung gegen die Kernmembran, sowie die Ausstossung eines grösseren oder ge- ringeren Teils ihrer Substanz ins Plasma würde damit gleichzeitig die Erklärung gegeben sein. Somit dürfen wir mit vollem Recht sagen, dass unsere An- nahme eines genetischen Zusammenhangs der f. en Plasmaelemente der indifferenten Bildungszellen mit der aus den Kernen dieser Zellen heraustretenden Nukleolarsubstanz durch viele Tatsachen ge- stützt wird und dass sie sonst rätselhafte Vorgänge sowohl innerhalb des Kerns wie des Plasmas der betreffenden Zellen unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt zu bringen und verständlich zu machen imstande ist, während es keine einzige Tatsache gibt, die sich mit dieser Annahme nicht zwanglos vereinigen lässt. Wie wir weiter unten sehen werden, wird die Richtigkeit dieser Annahme durch unsere Untersuchungen über die Kern- und Plasmastrukturen der übrigen Zellformen der Haut von Myxine in hohem Maße bekräftigt. Innerhalb des Endoplasmas vieler indifferenten Bildungszellen lassen sich nach Osmiumfixierung der Haut neben den f. en Plasma- elementen eine wechselnde Anzahl kleiner Körnchen beobachten, die entweder, wie nach Fixierung mit Kaliumbichromat-Formalin- Ösmiumsäure, geschwärzt sind (vgl. Fig. 9, 10, 13, 23), oder wie nach Fixierung der Haut in den Flüssigkeiten von Flemming- Benda und Champy eine graugrüne Farbe aufweisen (vgl. Fig. Sb, 16, 17, 34). Nach der Benutzung anderer Fixierungs- Hlüssigkeiten, welche keine Osmiumsäure enthalten, werden diese Körnchen in den Zellen nicht beobachtet; auch nach Vorbehand- lung mit Osmiumgemischen lösen sie sich teilweise oder ganz bei längerem Verweilen der Schnitte in Xylol oder Chloroform. Sie bestehen demnach offenbar aus lipoider Substanz. Diese Körnchen werden in jedem Teil des Endoplasmas der Bildungszellen angetroffen. Ihre Anzahl ist, wie oben erwähnt, eine wechselnde, immer aber eine recht beschränkte. Mehr als drei oder vier solcher Körnchen werden sehr selten innerhalb einer Zelle im selben Schnitte vorgefunden. In vielen Zellen fehlen sie ganz. Während der Teilung der Zellen werden sie, ohne eine Zur Kenntnis der Zellgranula. 155 Veränderung ihrer Substanz zu erleiden, auf die Tochterzellen passiv übertragen (Fig. 16—17). In Schnitten, die von Hautstücken stammen, welche in den (remischen von Flemming-Benda oder Öühampy fixiert wurden, zeigen die lipoiden Körnchen eine etwas bedeutendere (Grösse als nach Vorbehandlung mit Kaliumbichromat-Formalin-Osmiumsäure (vgl. die Abbildungen), was sehr wahrscheinlich auf eine durch die Einwirkung dieser beiden Fixierungsflüssigkeiten hervorgerufene (uellung der Körnchen zurückzuführen ist. Woher stammen nun diese Körnchen, und welche Bedeutung kommt ihnen zu? Während die letztere Frage erst durch das Studium der weiteren Umbildung der indifferenten Zellen ihre Beantwortung finden kann, liefert uns eine genauere Untersuchung der Körnchen selbst und ihrer Beziehungen zu den übrigen Plasmateilen über die erstere Frage sehr interessante und wertvolle Aufschlüsse. Wie oben erwähnt, werden diese Körnchen nach Fixierung der Haut in Kaliumbichromat-Formalin-Osmiumsäure geschwärzt. Wenn die Schnitte, welche aus solchem Material stammen, nach- her mit Altmanns Säurefuchsin gefärbt werden, treten im Endo- plasma der indifferenten Zellen sowohl die f. en Plasmaelemente wie die lipoiden Granula sehr distinkt vor. Die Grösse der letzteren übertrifft gewöhnlich diejenige der meisten f. en Granula ungefähr um das Doppelte. Doch kommen auch Körnchen beider Art vor, deren Grösse einander ziemlich nahe kommt. Von den lipoiden Granula werden die meisten frei zwischen den f. en Körnchen und Fäden gelegen angetroffen. Es lassen sich aber auch hie und da solche beobachten, die mit dem einen Ende eines f. en Fadens im Zusammenhang stehen (vgl. Fig. 13), auf genau dieselbe Weise, wie es sich in den betreffenden Zellen auch von einigen f. en Granula nachweisen lässt (dieselbe Ab- bildung). Oder ein lipoides Granulum kann mit einem, oft etwas kleineren f. en Granulum mittels eines ähnlichen feinen Verbindungs- fadens zu einer kleinen Hantel vereinigt sein. Die oben geschilderten Beziehungen der lipoiden Granula der indifferenten Epidermiszellen zu den f. en Elementen dieser Zellen erinnern in hohem Maße an jene, die ich (1915) früher in den Fettzellen des subkutanen Gewebes von Myxine vorge- funden habe, und die mich zu dem Schluss führten, dass die Fett- 156 K. E. Schreiner: granula dieser Zellen aus f. en Granula, die ihrerseits wieder durch Segmentierung homogener Fäden hervorgegangen waren, ihren Ursprung nahmen. Innerhalb der indifferenten Epidermis- zellen lässt sich dieser Prozess nicht mit derselben Übersichtlich- keit wie in den viel grösseren Fettzellen in allen seinen Phasen verfolgen, doch lässt sich, wie eben erwähnt, auch hier die wichtige Tatsache feststellen, dass die kleinsten, und, wie wir deshalb an- nehmen dürfen, jüngsten lipoiden Granula im Zusammenhang mit den f. en Plasmaelementen auftreten. Auch werden in den Bildungs- zellen, ähnlich wie in den erwähnten Fettzellen, nach Osmium- behandlung der Hautstücke und nachfolgender Fuchsinfärbung der Schnitte unter den Plasmagranula einzelne beobachtet, die einen dunkleren Farbenton als ihre Nachbarn zeigen, was darauf zu beruhen scheint, dass ihre Substanz neben der charakteristischen Affinität zu dem Säurefuchsin auch die Fähigkeit besitzt, die Osmiumsäure in geringem Grade zu reduzieren. Wir gelangen somit betrefis des Ursprungs der lipoiden Granula der indifferenten Bildungszellen der Epidermis zu dem Ergebnis, dass sie sehr wahrscheinlich aus den f. en Plasma- elementen dieser Zellen auf ähnliche Weise hervorgehen, wie wir in den Fettzellen die kleinsten Fettgranula sich aus den f. en Elementen zu bilden beobachten können. Es mag schliesslich noch erwähnt werden, dass unter den indifferenten Zellen hie und da solche vorkommen, die in ihrem Endoplasma neben den f. en Elementen auch braune Farb- körnchen enthalten, während die Epidermiszellen von Myxine sonst pigmentfrei sind, und dass in den tieferen Lagen der Epidermis nicht selten aus dem Corium eingewanderte Leukozyten vorge- funden werden, die einen gelappten Kern und ein feinkörniges Protoplasma haben. B. Die Drüsenzellen. 1. Die Radenzellen: Wegen ihres eigentümlichen Sekrets, dessen Struktur wohl von allen sonst bekannten Sekreten abweicht, bieten die Faden- zellen der Myxinehaut ein ganz besonderes Interesse. Wie aus unserer Literaturübersicht in Kapitel 2 hervorgeht, sind unsere Kenntnisse von der Bildungsweise dieses Sekrets sehr dürftig. Zur Kenntnis der Zellgranula. 187 Eine wichtige Aufgabe der vorliegenden Untersuchung muss eben sein, hierüber grössere Klarheit zu bringen. Es wurde oben bei der Schilderung der indifferenten Epidermis- zellen der eigentümlichen Veränderungen ausführliche Erwähnung getan, welche bei einer grössere oder geringeren Anzahl dieser Zellen nach ihrer Teilung beobachtet werden können und die durch eine starke Lappung ihrer Kerne, eine erhebliche Ver- mehrung ihrer Nukleolarsubstanz und ein damit verbundenes reich- liches Austreten dieser Substanz ins Plasma, sowie durch ein Ver- schwinden der für die indifferenten Zellen sonst eigentümlichen Sonderung des Plasmas in zwei Schichten charakterisiert wurden. Auch wurde darauf aufmerksam gemacht, dass diejenigen Zellen. welche diese Veränderungen aufwiesen, niemals einzeln auftraten, sondern immer je zwei zusammen vorgefunden wurden, und dass sowohl ihre Kerne wie ihr Plasma gleichzeitig mit diesen Ver- änderungen offenbar an Grösse beträchtlich zunahmen. Von den grösseren Zellen mit gelappten Kernen lassen sich nun wieder alle Übergänge zu solchen beobachten, die einen ovoiden Kern haben, deren Plasma aber dieselbe Eigentümlichkeit aufweist wie das der ersteren. Der Kern dieser Zellen zeigt dasselbe feine Chromatinnetz wie die gelappten Kerne und ent- hält immer einen grossen sphärischen Nukleolus oder ein Paar von solchen. Das homogene Zytoplasma schliesst zahlreiche fuchsinophile Elemente, Einzelkörnchen, Körnerketten und Stäbchen ein. Diese Plasmaelemente sind jetzt immer am oberen, der Oberfläche der Haut zugekehrten Pole des ovoiden Kerns, um die hier gelegenen Zentriolen in grösster Anzahl angesammelt, fehlen aber auch in den übrigen Partien des Zelleibs nicht (Fig. 35, 37). Neben den als f.en bezeichneten Plasmaelementen wird auch hie und da ein lipoides Körnchen vorgefunden (Fig. 37). Die hier geschilderten Zellen stellen junge Faden- zellen dar. Wir wollen unten versuchen, die recht komplizierten Um- bildungen, welche die Zellen während ihrer langen Entwicklung durchlaufen, ehe sie als reife Fadenzellen ihr Sekret an der Ober- fläche der Haut entleeren (vgl. Kap. 2), von Stufe zu Stufe zu verfolgen. Als erste Veränderung im Bau der oben geschilderten jungen Zellen beobachten wir, dass unter den im oberen Polteile der- 158 K. E. Schreiner: selben gesammelten f. en Plasmaelementen einige Körnchen zum Vorschein kommen, die zwar genau auf dieselbe Weise wie die Plasmaelemente gefärbt, aber deutlich grösser als diese sind (Fig. 36). Diese Körnchen, deren Zahl während der Entwicklung der Zellen rasch zunimmt, stellen, wie ihr weiteres Schicksal lehrt, Sekretgranula dar. Was die Bildung der Granula betrifft, so geht aus unseren Untersuchungen mit voller Sicherheit hervor, dass sie von den f. en Plasmaelementen ihren Ursprung nehmen (Fig. 38—42). In zahlreichen Zellen dieser Art werden f. e Plasmafäden beobachtet, deren Enden deutlich verdickt sind, oder die Endgranula tragen, welche auf genau dieselbe Weise, wie wir oben (S. 155) bei der Bildung der lipoiden Granula der indifferenten Zellen sahen, mit dem Faden mittels einer feinen Substanzbrücke verbunden sind (Fig. 42). Von solchen Fäden, deren Endstücke mehr oder weniger deutlich verdickt sind, lassen sich alle Übergänge in hantelförmige Gebilde und kleine Ketten, die aus drei, seltener vier Gliedern bestehen, nachweisen. Von den Körnchen dieser Ketten scheinen die beiden Endgranula konstant die grössten zu sein. Sie kommen den oben erwähnten Sekretgranula an Grösse oft sehr nahe. Mit der vorschreitenden Segmentierung der Plasmafäden sind die intersegmentalen Partien derselben immer dünner geworden, und schliesslich schnüren sie sich durch. Aus den f. en Plasma- fäden sind auf diese Weise freie Körnchen hervorgegangen, die junge Sekretgranula darstellen. An solchen Stellen, wo die f. en Plasmaelemente und die jungen Sekretgranula der Zellen nicht allzu dicht liegen, lassen sich die aus einem und demselben Faden hervorgegangenen Granula, auch nachdem sie sich vollkommen voneinander gelöst haben, an ihrer Anordnung eine Zeitlang leicht erkennen (Fig. 39). Wir hörten oben, dass die f. en Plasmaelemente in den jungen Zellen mit ovoiden Kernen, ähnlich wie in den Zellen mit gelappten Kernen, nicht nur aus Fäden oder Stäbchen, sondern auch aus Einzelkörnchen und Körnerketten bestanden. Dass in der einen wie in der anderen Art dieser Zellen eine Bildung von Fäden durch Vereinigung mehrerer Einzelkörnchen stattfindet, wird sowohl durch die allmähliche Zunahme der Fäden an Zahl wie das Vorkommen zahlreicher Übergangsformen von Körner- ketten zu homogenen Fäden bewiesen. Ob nun aber sämtliche Zur Kenntnis der Zellgranula. 159 Einzelkörnchen bei der Bildung der Fäden verbraucht werden, und diese letzteren allein die Sekretgranulabildner der Faden- zellen sind, oder ob sich vielleicht auch einzelne Einzelkörnchen durch selbständiges Wachstum in Sekretgranula direkt umbilden können, das lässt sich wegen der Kleinheit der betreffenden Ge- bilde, vor allem aber, weil die Bildung der f. en Fäden und die der Sekretgranula innerhalb derselben Zelle nebeneinander ver- laufen, nicht mit Sicherheit entscheiden. In einigen Zellen, die sich von den oben geschilderten nur darin unterscheiden, dass ihr Zelleib mehr keulenförmig ist, ent- deckt man nun eine eigentümliche Bildung, die die betreffenden Zellen als junge Fadenzellen sofort kennzeichnet, nämlich einen Sekretfaden. Dieser entspringt zwischen den Körnchen im oberen Teil der Zelle und verläuft über den Kern gegen die Zellenbasis (Fig. J), Er zeigt dieselbe Affinität zum Säurefuchsin wie die Plasmaelemente und die Sekretgranula.. Auch mit Eisenhämatoxylin, Safranin, Kristallviolett sowie zahlreichen anderen Farbstoffen wird er, ähnlich wie die Sekretgranula, intensiv gefärbt. Der Faden hat einen vollkommen homogenen Bau und zeigt einen kreisrunden oder ovalen (uer- schnitt. Nach unten endet er frei im Basal- teil der Zelle; er ist hier anfangs etwas dünner und färbt sich weniger intensiv als in seiner mittleren Partie (Fig. J, 38—39). Sein Anfangsteil, der dicht oberhalb des Kerns oder neben dem oberen Pole desselben gefunden wird, ist etwas breiter als der übrige Teil des Fadens und zeigt wieder geringere Färb- ) barkeit. In günstigen Fällen vermag man na . ——— nun festzustellen, dass mehrere feine, schwächer io. 7 gefärbte Fädchen hier zusammenlaufen und a en sich zu dem dicken Sekretfaden vereinigen ee Selitaden (Fig. J. Fig. 38b, Fig. 40). Es ist meistens Fixierung der Haut sehr schwer, ja unmöglich, sicher zu ent- mit der Flüssigkeit scheiden, woher diese dünnen Fädchen stammen. Ya Flemming- Was ihre Mehrzahl betrifft, so wird man Benda Färbung . j mit Säurefuchsin- sich damit begnügen müssen, feststellen nionin- Aurantia. zu können, dass sie aus der Körneransamm- _ Vergr. wie Fig. C. Archiv f. mikr. Anat. Bd.89. Abt.I. 11 160 K. E. Schreiner: lung im oberen Polteile der Zelle hervortreten. Durch genaues Studium besonders günstiger Präparate gelingt es jedoch, einzelne Fädchen bis an grössere Granula hin direkt zu verfolgen (Fig. 35b, 42). Die Granula, mit denen die Fädchen im Zu- sammenhang stehen und die mit den oben erwähnten Sekret- granula identisch sind, sind nicht vollkommen sphärisch, vielmehr scheinen sie meistens napfförmig und gegen den Anfangsteil des Fädchens etwas zugespitzt zu sein (Fig. 43). Noch vor der Bildung eines dicken Sekretfadens lassen sich in einigen jungen Zellen ganz ähnliche feine Fädchen als Anhänge der grösseren Sekret- granula hie und da beobachten (Fig. 36). Durch das Zusammen- fliessen zahlreicher solcher Fädchen F ge wird im oberen Teil der Zelle ein | dicker Faden gebildet, und dieser nimmt, von anderen Sekretgranula immer neuen Zufluss bekommend, sowohl an Dicke wie Länge zu. Dabei schiebt er sich dem Kerne vorbei allmählich in die basale Partie der Zelle hinab und treibt durch sein weiteres Wachstum diesen Basalteil zwischen die weichen Zelleiber der tiefsten Zellenschicht der Epidermis bis an das Corium nach unten hin, auch wenn die jungen Fadenzellen ursprünglich einer höheren Zellenlage angehört haben. Der obere Teil der Zelle wird aber gleichzeitig zwischen die oberflächlicher gelegenen Epidermis- zellen emporgehoben. Auf diese Weise bekommen die jungen Faden- zellen fast immer eine Keulenform (Fig. 33—40). Der basale Aus- läufer der Zellen kann manchmal eine recht ansehnliche Länge er- reichen (vgl. Fig. K). Junge Fadenzelle. Fixierung der Haut mit der Flüssig- keit von Champy. Färbung mit ö 4 n Säurefuchsin-Thionin-Aurantia. Wenn die Fußstücke deı Vergr. wie Fig. C. jungen Fadenzellen die Grenz- Zur Kenntnis der Zellgranula. 161 lamelle des Coriums erreicht haben, und dem weiteren Höher- steigen ihrer Zellkörper durch den Widerstand der oberflächlichen Epidermiselemente eine Grenze gesetzt ist, nimmt der Sekret- faden während seines weiteren Wachstums zuerst einen welligen Verlauf an, beginnt aber dann bald sich in Spiraltouren um den Kern zu legen. Die Regelmässigkeit dieser Windungen des Fadens ist in den verschiedenen Zellen eine wechselnde, doch bieten die Fadenzellen mit ihrem schönen Sekretfaden zu dieser Zeit ein äusserst zierliches Bild. besonders wenn man in den Schnitten Oberflächenbilder der Zellen bekommt (vgl. Fig. L). Nur in seltenen Fällen findet man Fadenzellen, die eine ganz abweichende Gestalt haben, indem sie nicht keulenförmig, sondern ovoid sind und mit ihrem Zellkörper der Grenzlamelle des Coriums direkt anliegen. In solchen Zellen zeigt auch der Sekretfaden einen unregelmässigen Ver- lauf (vgl. Fig. 44, die Zelle rechts). Ja, es ist in solchen Fällen oft unmöglich zu ent- scheiden, ob ein zusammenhängender Faden oder mehrere getrennte Fäden vorhanden sind. Es scheint hier aus irgend einem Grund eine Störung in der normalen Bildung des Sekretfadens eingetreten zu sein. Diese Störung hat dann wieder bewirkt, dass die He L. Entwicklung eines Fußstückes der betreffenden Junge a Zelle und damit auch das Emporrücken ihres Fixierung der Haut Zelleibes von der Oberfläche des Coriums nach Metzner- zwischen die Zellen der höheren Epidermis- Altmann. Färbung schichten ausgeblieben ist. A ang Pikrinsäure. Vergr. Die weitere Entwicklung der Fadenzellen wie Fig. C. wird nun durch eine sich immer weiter fort- setzende Sekretbildung und Sekretansammlung innerhalb ihrer Zellkörper gekennzeichnet. Aus den fuchsinophilen Plasmafäden gehen fortwährend Sekretgranula hervor. Diese Sekretgranula sammeln sich in der oberen Polhälfte der Zelle zu einem fast kompakten Körper, der diesen Zellteil immer mehr ausfüllt und dem oberen Pole des Kerns wie eine Mütze aufsitzt (Fig. 44, linke Zelle). An dünnen Querschnitten durch diese Körneransammlung vermag man bei i1% 162 K. E. Schreiner: starker Vergrösserung festzustellen, dass die Sekretgranula in konzentrischen Reihen um die kleine Zentroplasmakugel, die die Zentriolen einschliesst, geordnet sind (Fig. 45), und zwar auf die Weise, dass die kleinsten Granula die inneren Kreise bilden, während die grössten Granula, die schon mit Sekretfädchen in Zusammenhang stehen, die Peripherie der Körnchenansammlung einnehmen. Der dicke Sekretfaden, dem von der peripherischen Schicht des Granulakörpers immer neue Sekretströme als feine Fädchen zugeführt werden, nimmt fortwährend an Dicke und Länge zu. Seine Spiraltouren um den Kern werden dabei zahlreicher (Fig. 48), auch sein unteres, im schmalen Basalteil der Zelle gelegenes End- stück, das bis jetzt fast gerade verlief (vgl. Fig. K, Fig. 44, linke Zelle), rollt sich allmählich auf, wodurch auch dieser Zellteil breiter wird. Noch hat der Faden innerhalb seiner Windungen einen gestreckten Verlauf, bald fängt er aber an, kleine Knickungen und Faltungen zu zeigen, offenbar wegen der sich innerhalb der Zelle immer mehr geltend machenden Raumbeschränkung (Fig. 48). Diese Knickungen des Fadens entwickeln sich bei der fortgesetzten Längenzunahme des Fadens bald zu Spiraldrehungen desselben (Fig. 49). Es ist schon zu dieser Zeit wegen der vielen Windungen des dicken Sekretfadens nicht mehr möglich, sicher zu behaupten, dass nur ein zusammenhängender Faden und nicht mehrere iso- lierte Fäden in der Zelle vorhanden sind. Diese Entscheidung wird in der folgenden Zeit noch schwieriger. Mit der rasch zu- nehmenden Grösse der Zelle und der zunehmenden Zahl der Faden- schlingen wird es nämlich ganz unmöglich, die einzelnen Windungen durch mehrere Schnitte sicher zu verfolgen. Der Umstand aber, dass man an dicken Schnitten nur äusserst selten freie Faden- enden vorfindet, scheint dafür zu sprechen, dass die dicken Faden- schlingen ein zusammenhängendes System bilden. Zu dem gleichen Schluss kam auch Retzius (1905, S. 71). Trotzdem, dass die Entwicklung des mächtigen Sekretfadens auf Kosten des Granulakörpers der Zelle vor sich gegangen ist, hat dieser Körper während des oben geschilderten Wachstums des Fadens keineswegs an Masse abgenommen. im Gegenteil, er hat während dieser Zeit eine mächtige Volumenvergrösserung erfahren, den Zellkern gegen die Basis der Zelle hinabgedrängt und sich über die ganze zentrale Partie der Zelle ausgebreitet. Zur Kenntnis der Zellgranula. 163 Diese Volumenvergrösserung des Granulakörpers hängt mit dem eigentümlichen Reifungsprozess der Sekretgranula in den älteren Fadenzellen eng zusammen, und wir wollen deshalb gleich an Schnitten durch einige solche denselben etwas genauer unter- suchen. Wie die Betrachtung eines Längs- (Fig. 57) oder eines (uer- schnittes (Fig. 55) durch die fast ausgewachsene Fadenzelle lehrt. unterscheiden sich die einzelnen Granula der mächtigen, zentral gelegenen Körneransammlung sehr auffallend voneinander, sowohl was Grösse wie Färbbarkeit betrifft. Die kleinsten Granula, die vor allem in der zentralen Partie der Anhäufung zu finden sind, haben eine sphärische oder leicht unregelmässige Form. Sie zeigen genau dieselbe Färbbarkeit wie die Sekretgranula und die Plasma- elemente der jungen Fadenzellen, d. h. sie sind stark fuchsinophil und färben sich auch intensiv mittels Kristallviolett und Eisen- hämatoxylin. Ihre Färbung ist vollkommen gleichmässig, und ihre Substanz sieht völlig homogen aus. Im Gegensatz zu diesen Granula ist die überwiegende Mehrzahl der Körnchen in den ab- gebildeten Zellen vom Säurefuchsin ungefärbt und zeigt einen mattgelben Farbenton, indem sie von der Aurantia (Fig. 57) resp. der Pikrinsäure (Fig. 55) gefärbt ist. Nach Bendas Methode zeigen die letzteren Körnchen nur Alizarinfärbung, nach Eisen- hämatoxylinfärbung erscheinen sie hellgrau. Diese Granula sind grösser als die ersteren, haben aber auch einen vollkommen homo- genen Bau. Bei der Härtung und Einbettung der Hautstücke schrumpfen sie immer etwas, wodurch die Körnchenansammlung im Ganzen sich von den unter der Oberfläche der Zelle gelegenen dicken Fadenschlingen etwas zurückzieht und ein leerer Raum, der in lebenden Zellen nicht vorhanden ist, zwischen denselben oft entsteht (Fig. 57, links unten, Fig. 58). In diesen beiden Granulaformen, die sich in ihrem färbe- rischen Verhalten voneinander in so hohem Maße unterscheiden. haben wir das Anfangs- und das Endstadium der interessanten Umbildung der Sekretgranula der Fadenzellen vor uns. Die zwischenliegenden Stadien dieser Umbildung lassen sich fast an jedem gut gefärbten Schnitt von passender Dicke durch eine reife oder fast reife Fadenzelle ohne Schwierigkeit auffinden (Fig. 59). Gehen wir von den kleinen homogenen, fuchsinophilen Sekret- granula aus, so sehen wir diese zuerst an Grösse beträchtlich 164 K. E. Schreiner: zunehmen, offenbar durch Stoffaufnahme aus dem umliegenden homogenen Plasma. Wie die peripherischen Granula in der „Körnermütze“ der jungen Fadenzellen (vgl. oben) nehmen sie dabei eine unregelmässige Form an; einige werden mehr scheiben- förmig, andere mehr kegel-, halbkugel- oder napfförmig. In den anfänglich gleichmässig gefärbten Granula wird jetzt gleichzeitig mit ihrer weiteren Grössenzunahme ein auffälliger Farbenunter- schied zwischen ihrer zentralen und peripherischen Partie sichtbar. Die erstere verliert allmählich ihre Affinität zu dem Säurefuchsin und Kristallviolett und erscheint deswegen in den Altmann- Präparaten (Fig. 57—59) zuerst rötlichgelb, später reiner gelb, ebenso wie sie nach Bendas Methode eine immer deutlichere Alizarinfärbung aufweist. Die peripherische Partie bleibt aber von den beiden oben genannten Farbstoffen intensiv gefärbt und setzt sich als ein sichel-, reifen- oder schalenförmiges Rand- körperchen von dem blasser gefärbten zentralen Teil des Granulums immer schärfer ab. Die oben beschriebenen Veränderungen des färberischen Verhaltens der anwachsenden Granula beruhen offenbar auf einer Differenzierung ihrer Substanz in zwei Hauptbestandteile, die sich bald auf die Weise voneinander sondern, dass der eine sich in dem zentralen Teil des Granulums, der andere aber an seiner Peripherie ansammelt. Ähnliche Differenzierungsvorgänge ursprünglich homogener Zellgranula, Sekretgranula wie Dotterkügelchen, sind uns bereits von mehreren anderen Objekten bekannt. Es soll hier nur auf die interessanten Untersuchungen von M. Heidenhain (1390) an den Zellen der Beckendrüse von Triton, auf die Beobach- tungen Fleischers (1904) an den Zellen der Tränendrüse des Rindes und Hirschlers (1913) über die Entwicklung der Dotterkügelchen des Ascariseies hingewiesen werden. Auch in den verschiedenen Granula, deren Entwicklung die genannten Autoren schildern, findet eine Differenzierung in zwei Substanzen statt, von denen die eine schwächer färbbar ist und zentral zu liegen kommt, während die andere sich mittels verschiedener Farbstoffe, zum Teil genau derselben wie der von uns benutzten, intensiv färbt und die erstere allseits oder nur von der einen Seite umgibt. Trotz dieser ursprünglichen Übereinstimmung verläuft die weitere Differenzierung der Sekretgranula der Fadenzellen auf Zur Kenntnis der Zellgranula. 165 eine Weise, die von jener der oben erwähnten Granulaformen sehr verschieden ist. Die fuchsinophilen Randkörper bekommen all- mählich in sämtlichen Granula Reifen- oder Gürtelform, indem auch die halbkugel- und kegelförmigen Granula sich bei Zunahme ihres Durchmessers mehr oder weniger abplatten. An etwas älteren Granula bemerkt man, dass der Randreif immer an einer Stelle dünner ist. Hier erfolgt auch bald eine Durchschnürung seiner Substanz. Bei genauer Beobachtung wird man nun gewahr, dass die beiden Enden des geöffneten Reifens in der Regel nicht in derselben Ebene gelegen sind, dass vielmehr das Randkörperchen eine halbe oder eine ganze, mehr oder weniger steil aufsteigende Schraubenwindung bildet. Bald sieht man nun, dass das eine Ende des Reifens, das gewöhnlich fein zugespitzt ist, sich von dem blasser gefärbten. weicheren „Restkörper“ losmacht und als feiner Faden frei auswächst. Dieser Faden hat entweder einen leicht geschlängelten Verlauf, ähnlich wie die Fädchen, die wir in den jungen Zellen, auch mit Sekretgranula in Verbindung vorfanden, oder er ist, was häufiger der Fall ist, wie der Randreif selbst spiralgewunden. Indem der Faden an Länge zunimmt, wird der Randreif selbst, auf dessen Kosten offenbar dieses Wachstum stattfindet, immer dünner und vom Faden immer weniger deutlich abgesetzt. Auf diese Weise gibt jeder Randreif eines Granulum zur Bildung eines feinen, gewundenen primären Sekret- fädchens Anlass, das sich jetzt von dem Restkörperchen des Granulum vollständig löst. Das letztere rundet sich dabei ab, scheint aber keine weiteren Veränderungen durchzumachen, sondern nur als passiver Inhaltskörper in der zentralen Partie der Zelle aufgespeichert zu werden. Wenden wir uns jetzt mit unserer Kenntnis von der Diffe- renzierung der Sekretgranula in den älteren Fadenzellen, wo die Verhältnisse (Grösse der einzelnen Granula sowie der oft beträcht- liche Abstand derselben voneinander) uns gestatten, den ganzen Prozess, der zur Bildung der feinen primären Sekretfädchen führt, Schritt für Schritt zu verfolgen, wieder einmal zu dem Studium der Entwicklung der in den jungen Fadenzellen zuerst auftretenden Sekretfädchen, so werden wir auch hier feststellen können, dass die Fädchen im Prinzip auf dieselbe Weise gebildet werden wie in den grösseren Zellen, insoweit sie in beiden Fällen aus fuchsinophiler Granulasubstanz entstehen (vgl. Fig. 43). Die Sekret- 166 K. E. Schreiner: granula, die zur Bildung der ersten Sekretfädchen der jungen Zelle Anlass geben, lassen aber keine vorausgehende Difteren- zierung ihrer Substanz in einen Randkörper und einen schwächer gefärbten Zentralkörper unterscheiden, ebensowenig wie sich über- haupt ein Restkörper des Granulum nach der Fadenbildung nach- weisen lässt. Es scheinen demnach die ersten Sekretfädchen der Fadenzellen aus der ganzen, homogenen Substanz kleiner fuchsino- philer Sekretgranula gebildet zu werden, während, wie wir gesehen haben, in älteren Zellen nur gewisse Teile viel grösserer Granula für die Fadenbildung das Material liefern. Es mag wohl sein, dass die grössere Feinheit, die geringere Färbbarkeit und der mehr gestreckte Verlauf der zuerst auftretenden Sekretfädchen hiermit in Zusammenhang stehen können. An der Oberfläche der körnigen, beim ersten Blicke an einen Maiskolben erinnernden Inhaltskörper der grossen und mittelgrossen Fadenzellen, inner- halb deren die Bildung der primären Sekretfädchen auf die oben geschilderte Weise vor- sichgeht, verlaufen, vorwiegend zur Längsachse der Zelle paral- lel, lange, dünne, schön spiralig gewundene Sekretfäden (vgl. Fig. M), die offenbar aus den Primärfädchen hervorgegangen sein müssen. Auf welche Weise sind sie nun aus diesen gebildet worden ? Man hätte glauben können, es wäre verhältnismässig leicht, hierüber volle Klarheit zu ge- Fadenzelle. Die unterhalb der dünnen winnen. Dem ist aber nach Fädchen gelegenen Sekretgranula unseren Erfahrungen nicht so. Man nee BEE Se Zwar wird man nicht ganz seen Fädchen auffinden, die an einer Färbung mit Heidenhains Häma- toxylin. Vergr. wie Fig. C. oder an mehreren Stellen ge- Zur Kenntnis der Zellgranula. 167 ringe. aber unverkennbare Veränderungen ihres Kalibers aufweisen, und deren Bau somit die Annahme, sie seien durch endweises Ver- kleben mehrerer primären Sekretfädchen hervorgegangen, sehr nahe- legt. Es gelingt aber auch bei genauer Untersuchung zahlreicher Fädchen nur äusserst selten solche aufzufinden, die eben im Be- griff sind, sich auf diese Weise zu vereinigen. In Fig. 59b sind zwei derartige Fädchen, deren feine, etwas zugespitzte Enden sich augenscheinlich eben gefunden haben, wiedergegeben. Dass Bilder einer Verklebung primärer Sekretfädchen nicht häufiger angetroffen werden, mag wohl zum Teil in der Schwierig- keit der Untersuchung liegen. An den dünnen Schnitten, die eine Beobachtung des feineren Baues der Sekretfädchen gestatten, wird man natürlich die einzelnen der zahlreichen zwischen den Granula verlaufenden und sich oft überkreuzenden Fädchen nur kurze Strecken mit Sicherheit verfolgen und eventuell vorkommende Ver- klebungsstellen derselben deshalb übersehen können. Vor allem liegt aber der Grund darin, dass die spiralgewundenen dünnen Fädchen, die man in den grösseren Fadenzellen auf der Oberfläche der Körneransammlung und auch innerhalb derselben antrifft, in den meisten Fällen sicher nicht durch sekundäre Verklebung mehrerer, aus verschiedenen Sekretgranula frei auswachsender Einzelfädchen, sondern von zahlreichen Sekretgranula in Gemein- schaft gebildet worden sind. Um das zu verstehen, brauchen wir uns nur daran zu erinnern, dass die gleich grossen Sekretgranula in der Körneransammlung der Fadenzellen etwa wie die Münzen einer Geldrolle angeordnet sind. Wenn nun diese in Reihen gestellten Granula sich gleichzeitig auf die oben genauer beschriebene Weise differenzieren, so werden die freien Enden ihrer spiralgewundenen Randreifen sich untereinander berühren und, weil sie oftenbar aus einer klebrigen Substanz bestehen, gleich zusammentliessen (Fig. 45u, 59c). Auf diese Weise bildet sich aus jeder Körner- reihe ein zusammenhängender, schraubenförmiger Sekretfaden, dessen Länge von der Anzahl der miteinander verklebten Rand- reifen abhängen wird. Die freien Sekretfädchen, welche an der Oberfläche, sowie innerhalb des körnigen Inhaltskörpers der Fadenzellen vorgefunden werden, und deren Ursprung uns oben beschäftigt hat, werden nach aussen, gegen die Peripherie der Zelle, wieder von mehreren Schichten dickerer Fadenschlingen umgeben, die verschiedenen 168 K. E. Schreiner: Kalibers sind und zur Hauptachse der Zelle eine sehr wechselnde Orientierung aufweisen können. Schon bei der Schilderung des Entstehens des dicken Sekret- fadens der ganz jungen Fadenzellen wurde erwähnt, dass derselbe durch Vereinigung mehrerer dünnen Fädchen gebildet wurde. Dass nun auch bei der weiteren Entwicklung der Fadenzellen dicke Fadenschlingen durch immer fortgesetzte longitudinale Verklebung dünner Fäden gebildet werden, lässt sich leicht an fast jedem Schnitte durch eine ältere Fadenzelle feststellen. Es ge- nügt hier auf die verschiedenen Abbildungen der Tafel VI u. VII hin- zuweisen, an denen man auch sehen wird, dass dickere Fäden sich bald durch Vereinigung zweier mitteldicken Fäden bilden, bald durch gleichzeitiges Aneinanderlegen und nachfolgende Verklebung mehrerer dünnen Fäden hervorgehen. Dass die dicksten Fadenschlingen der Oberfläche der Zelle immer am nächsten gefunden werden, die dünneren aber im Innern, und zwar je dünner, desto tiefer in der Zelle, wird durch ihre Entstehungsweise leicht verständlich. Wie wir uns aus der Beschreibung der jungen Fadenzellen erinnern werden, waren die Sekretgranula innerhalb des Granula- körpers um die Zentroplasmakugel konzentrisch angeordnet, und zwar auf die Weise, dass die grössten Granula die Peripherie des Körpers einnahmen, die kleinsten aber dem Zentroplasma am nächsten lagen. Innerhalb der einzelnen Körnerlagen zeigten die Granula im Ganzen denselben Entwicklungsgrad. Von den grössten, peripher gelegenen Granula nahm die Fadenbildung ihren Beginn, allmählich reiften die Granula der inneren Lagen, nahmen an Grösse zu, pressten die zuerst gebildeten Fäden gegen die Ober- fläche der Zelle und gaben ihrerseits zu Fadenbildung Anlass. Diese stufenweise erfolgende Reifung der Sekretgranula muss, wie leicht einzusehen ist, eben zu einer Anordnung der aus ihnen gebildeten Fäden führen, wie wir sie in den älteren Zellen auch vorfinden. Wenn man die fast zahllosen Sekretgranula und die vielen dicken und dünnen Fadenschlingen der älteren Fadenzellen mit der gesamten Anzahl der fuchsinophilen Plasmaelemente der jungen Zellen zusammenhält und gleichzeitig bedenkt, dass aus jedem f. en Plasmafaden nur zwei oder drei, höchstens vier Sekretgranula hervorgingen, so wird man keine Zählungen der verschiedenen Zur Kenntnis der Zellgranula. 169 Elemente nötig haben, um sich sofort sagen zu können, dass die paraplastischen Bildungen der älteren Zellen von den in den jungen Zellen vorhandenen Plasmaelementen allein unmöglich stammen können. Eine genauere Untersuchung der Fadenzellen ergibt nun auch, dass in ihnen gleichzeitig mit der Bildung der Sekret- granula und ihrer weiteren Differenzierung eine immer fort- gesetzte Neubildung fuchsinophiler Plasmaelemente statthat. Diese Neubildung hat in der Nukleolarsubstanz der Zellkerne ihre Quelle. Schon die ganz jungen Fadenzellen zeichneten sich, wie wir uns erinnern, durch ihre grossen, oft in Zweizahl vorhandenen Nukleolen aus (vgl. Fig. 35— 37). Während der weiteren Ent- wicklung der Zellen wird die Zahl der Nukleolen durch Wachs- tum und Teilung der schon vorhandenen, vielleicht auch durch Bildung neuer innerhalb des feinen Kernnetzes, bald erheblich vermehrt (Fig. 39). Die Teilung der Nukleolen findet in den Fadenzellen im Prinzip auf ganz ähnliche Weise wie in den indifferenten Bildungszellen statt. Nur scheinen in den Faden- zellen viel häufiger als in den genannten Zellen aus einem grossen Nukleolus gleichzeitig eine beträchtliche Anzahl kleiner Nukleolen gebildet zu werden (Fig. 60—64), so dass der grosse Nukleolus einem Stechapfel ähnlich aussehen kann. Das Auftreten der kleinen sprossenähnlichen Auswüchse an der Oberfläche der grösseren Nukleolen und ihre allmähliche Los- trennung von denselben lässt sich an diesen Zellen mit besonderer Deutlichkeit Schritt für Schritt verfolgen, erstens weil die Verhält- nisse in ihren grossen Kernen so ausserordentlich übersichtlich sind, zweitens aber wegen eines speziellen Verhaltens bei der Ent- wicklung dieser Zellen. Es wurde schon oben bei der Schilderung der eigentümlichen Kern- und Plasmaveränderungen der jungen Zellen, die sich zu Fadenzellen entwickeln, hervorgehoben, dass diese Veränderungen immer die beiden aus einer Zelle hervorgehenden Tochterzellen betrafen. Hieraus folgt auch, dass die Fadenzellen in der Haut immer paarweise auftreten. In den zum selben Paare gehörigen Zellen findet man nun, dass sowohl die Sekretbildung, wie die Kernveränderungen ziemlich genau miteinander Schritt halten. Wenn man z. B. im Kerne der einen Zelle eine Bildung zahlreicher Knospen an dem grossen Nukleolus vorfindet, so wird man regel- 170 K. E. Schreiner: mässig auch am Nukleolus der anderen Zelle ähnliche Knospen beobachten können. Nur können diese in ihrer Entwicklung denjenigen der ersteren Zelle ein bisschen vor oder nach sein. Das ist eben mit den in nebenstehender Fig. N wiedergegebenen jungen Fadenzellen der Fall. In der linken Zelle, von der nur der obere Teil des Zell- körpers vom Schnitte getroffen ist, sind vier kleine Nukleolar- körper sichtbar, die sämtlich mit dem Hauptnukleolus durch feine, schwächer gefärbte Fäden im Zusammenhang stehen. In der rechten Zelle sind vier kleine nukleolenähn- liche Körper um den Haupt- nukleolus gruppiert. Von ihnen ist nur einer mit letzterem ver-- bunden, die übrigen drei, von denen wieder zwei etwas Fig. N. Zwei junge Fadenzellen. Fixierung der r : Haut in der Flüssigkeit von Flemming- 8Y0SSer sind und von dem Benda. Färbung mit Säurefuchsin- Hauptnukleolus etwas weiter Thionin- Aurantia. Vergr. wie Fig. C. entfernt liegen, zeigen keine solchen Verbindungen mit diesem. Offenbar ist hier in der letzteren Zelle der Teilungs- vorgang des grossen Nukleols demjenigen in der Schwesterzelle ein klein wenig vorausgeeilt. Durch eine vergleichende Untersuchung des Verhaltens der Nukleolen solcher Schwesterzellen verschiedenen Entwicklungsgrads gelingt es ohne grössere Schwierigkeit ein zusammenhängendes Bild der Kernveränderungen der Fadenzellen zu gewinnen, und es lässt sich mit voller Sicherheit feststellen, dass die durch Teilung der grossen Nukleolen hervorgehenden kleineren Nukleolarkörper gegen die Kernmembran wandern, sich an diese anlegen und genau auf dieselbe Weise, wie es für die Bildungszellen beschrieben wurde, Teile ihrer Substanz durch die Membran ins Plasma ausstossen (Fig. 67). Es lässt sich weiter nachweisen, dass der Hauptnukleolus auch hier ohne Vermittlung kleinerer Teilstücke Substanzteile direkt durch die Kernmembran ausstossen kann (Fig. 65—66). Zur Kenntnis der Zellgranula. IT Die auf diese Weise ins Plasma übergetretene Nukleolarsub- stanz lässt sich leicht an der Oberfläche der Kerne als kleinere oder grössere fuchsinophile Kügelchen nachweisen, die sich von den umliegenden Sekretgranula sowohl durch ihre geringere Grösse, wie durch ihre weniger intensive Färbung deutlich unterscheiden (Fig. 67—-74). Die Kügelchen scheinen der äusseren Oberfläche der Kernmembran anzukleben; sehr oft lassen sie eine Anordnung in Reihen beobachten, und es kommen auch alle Übergänge zwischen Körnerketten und homogenen Fäden vor (Fig. 73— 74). Ob nun aber sämtliche von den Nukleolen stammenden fuchsino- philen Kügelchen Plasmafäden bilden, und diese erst durch ihre Segmentierung Sekretgranula hervorgehen lassen, oder ob die kleinen Kügelchen sich direkt in Sekretgranula umbilden, ist ebenso schwer hier sicher zu entscheiden, wie in betreff der in den jungen Fadenzellen vorhandenen fuchsinophilen Plasmakörnchen., Dass aber eine nicht unbeträchtliche Anzahl der f. en Kügelchen wirklich Altmannsche Fäden bilden, scheint mir durch das häufige Vorkommen solcher an der Oberfläche des Kerns auch bei älteren Zellen bewiesen zu werden (vgl. Fig. 75). Wie dem nun auch sei, darüber lassen unsere Präparate keinen Zweifel übrig, dass die aus den Kernen austretende Nukleolar- substanz zur Bildung neuer Sekretgranula Anlass gibt. Diese Granula sammeln sich um die Zentroplasmakugel; offenbar üben die Zentriolen auf sie, wie auf alle Sekretgranula, eine anziehende Kraft aus. Im Innern der Körneransammlung machen sie dann ihre weitere Umbildung durch. Während des Wachstums der Nukleolen und des Austretens der Nukleolarsubstanz ins Plasma werden auch in den älteren Fadenzellen mehr oder weniger tiefe Furchen an der Oberfläche des Kerns sichtbar (Fig. 70, 72). Werfen wir mit unserer jetzigen Kenntnis der Kernver- änderungen der älteren Fadenzellen und des Schicksals der aus dem Kern dieser Zellen austretenden Nukleolarsubstanz schliesslich nochmals einen Blick auf die Kernveränderungen der jungen Zellen, die sich zu Fadenzellen entwickeln sollen (vgl. Fig. 32—34), so verlieren dieselben viel von ihrer Fremdartigkeit und reihen sich den späteren Veränderungen der Fadenzellen in ungezwungener Weise an. Sie stellen die Einleitung zu den Vorgängen dar, durch welche das Material für die Bildung der kolossalen Mengen 172 K. E. Schreiner: paraplastischer Einschlüsse, welche diese Zellen charakterisieren, herbeigeschafft wird. Die Grösse des Kerns bleibt während der Sekretansammlung in der Zelle unverändert. Durch den Druck der an Zahl und Grösse rasch zunehmenden Sekretgranula und Sekretfäden wird der Kern aber, wie schon früher erwähnt, allmählich tiefer in die Zelle hinabgedrängt und schliesslich in deren basalen Teil heruntergepresst. Hier wird er auch in der reifen Fadenzelle vorgefunden (Fig. 57). Seine Gestalt hat sich während der Sekret- ansammlung zu der eines liegenden Ovoids oder einer Schale ver- ändert; sein feinerer Bau hat sich aber während der ganzen Zeit merkwürdig unverändert erhalten. Erst in den fast reifen Zellen scheint die Vermehrung der Nukleolarsubstanz innerhalb der Kerne und die Ausstossung von Nukleolarsubstanz ins Plasma ganz auf- zuhören. Die reifen Fadenzellen (vgl. Fig. 50—51, 57) sind in der Regel birnförmig. Ihr schmäleres Fußstück sitzt dem Corium auf oder reicht zwischen den Zellen der Basalschicht der Epidermis herunter, während ihr oberer, breiter Teil sich gegen die Ober- fläche der Epidermis hervorbaucht, die Nachbarzellen komprimierend und zur Seite schiebend. Wie Retzius (1905) hervorhebt, bieten diese reifen Fadenzellen mit ihren schönen, guirlandenförmig ver- laufenden Fadenschlingen, die in mehreren Schichten übereinander angeordnet sind, Bilder unvergleichbarer Zierlichkeit. „Abbildungen können“, wie Retzius sagt, „jedoch von der Schönheit der An- ordnungen dieser Fäden nur eine Andeutung geben. Die Natur ist mit allen ihren wunderbaren Variationen noch viel zierlicher und hübscher.“ Von dem Vorhandensein eines undifterenzierten Plasmas ın den älteren Fadenzellen sehen wir in den Schnittpräparaten sehr wenig. Der Zellkörper scheint von den paraplastischen Einschlüssen fast vollkommen ausgefüllt zu werden. Wo Zwischenräume zwischen den Fäden und den Granula beobachtet werden, scheinen diese meistens leer zu sein. Nur im Innern der Körneransammlung vermag man hie und da, besonders dort. wo einige Sekretgranula bei der Präparierung ausgefallen sind, das Vorhandensein einer fast ungefärbten, pseudovakuolären homogenen Zwischensubstanz festzustellen, die offenbar Reste des sicher sehr wasserreichen un- differenzierten Plasmas dieser Zellen darstellt. Zur Kenntnis der Zellgranula. 173 Wie in der Literaturübersicht erwähnt (S. 122), gelang es Retzius in seinen zahlreichen Präparaten nur ein einziges Mal eine Fadenzelle an die eigentliche Oberfläche der Haut reichend zu finden. Es war ihm dies sehr merkwürdig, und er weiss nicht, wie er es erklären könnte. Auch mir war es anfangs sehr auf- fallend, dass ich in meinen Präparaten zwar zahlreiche reife Faden- zellen sah, die mit ihren oberen Teilen zwischen den Zellen der obersten Epidermisschicht emporragten, keine aber vorfand, die im Begriff waren, ihren Inhalt an der Oberfläche zu entleeren. Ich versuchte mehrmals, die Tiere vor dem Töten auf verschiedene Weise zu erhöhter Hautsekretion zu reizen, was auch leicht gelang, das Resultat blieb aber betreffs der Fadenzellen dasselbe. In den letzteren Jahren sind mir aber in der Haut vieler Tiere, die auf ganz ähnliche Weise, wie die zuerst untersuchten, gefangen und fixiert wurden, zahlreiche Fadenzellen begegnet, die sich eben im Stadium der Sekretentleerung befanden (vgl. Fig. B). Die grösste Anzahl solcher Zellen fand ich bei einem Tiere, das zusammen mit mehreren anderen im vorletzten Winter während der Nacht im Fjord bei Dröbak gefangen und mir den folgenden Tag in einem Eimer nach dem Institute zu Kristiana gesandt wurde. Das Tier war bei seiner Ankunft vollkommen lebendig und schwamm, bis es getötet wurde, im Wasser munter herum. Bei der Fixierung des Tieres wurde keine besonders starke Haut- sekretion bemerkt. An den von der Haut dieses Tieres ange- fertigten Präparaten fiel mir aber sofort die grosse Anzahl der in Entleerung begriftenen Fadenzellen in die Augen. Bei genauerer Untersuchung der Schnitte gelang es mir auch an vielen Stellen noch nicht geschlossene Spalten in der Epidermis aufzufinden, welche, wie die in ihnen gelegenen Fadenreste zeigten, die Lage eben entleerter Zellen andeuteten. Eben bei diesem Tiere kam nun in den tiefen Zellenlagen der Epidermis die grösste Anzahl der oben beschriebenen jungen Zellen mit gelappten Kernen vor, die ich jemals bei einem Tiere gefunden habe. Da nun, wie wir oben gehört haben, die Fadenzellen sich eben aus solchen Zellen entwickeln, werden wir in der Annahme kaum fehl gehen, dass die grosse Zahl der letzteren bei dem erwähnten Tiere mit dem Zu- grundegehen der zahlreichen Fadenzellen an der Oberfläche der Haut im Zusammenhang steht und eine dem hierdurch bewirkten Verlust entgegenwirkende reichliche Neubildung von Fadenzellen andeutet. 174 K. E. Schreiner: Wie schon die Bilder der vom Sekret erfüllten Zellen er- warten liessen, findet die Sekretentleerung der Fadenzellen auf ähnliche Weise wie diejenige der grossen bläschenförmigen Schleim- zellen statt. Die Zellen der obersten Epidermisschicht, die die bauchigen Teile der Fadenzellen von der Oberfläche trennen und die oft plattgedrückt sind, werden schliesslich voneinander gezerrt. wonach der Inhalt der Fadenzelle nach dem Platzen der scheinbar sehr dünnen Zellmembran sich an der Oberfläche der Epidermis entleert und dem übrigen Hautsekret zumischt. Gleichzeitig mit dem Sekret wird häufig auch der Zellkern ausgestossen. In anderen Fällen kann er jedoch am Grunde des durch das Platzen der Fadenzelle in der Epidermis gebildeten kleinen Spalts zusammen mit einigen Sekretresten gefunden werden. Hier geht er jedoch scheinbar rasch zugrunde, und der Spalt schliesst sich. Die Fadenzellen gehören nach dem oben Angeführten zu den sogenannten holocrinen Drüsenzellen, deren Leben nur eine Sekretionsperiode repräsentiert, und die mit der Sekretentleerung zugrunde gehen. Welches die Ursachen sind, die es bedingen, dass man ein- mal keine einzige Fadenzelle bei einem Tiere in Sekretentleerung vorfindet, ein anderes Mal dagegen eine ganze Anzahl, darüber vermag ich leider nichts auszusagen. Dass die Fäden dieser Zellen dieselbe Aufgabe wie die an sie in vielen Hinsichten erinnernden Fäden der sogenannten Müllerschen Körper der Schleimsäcke haben, diejenige nämlich, dem Hautsekret eine grössere Zähigkeit mitzuteilen, scheint sehr wahrscheinlich. Wie Retzius hervorhebt, finden sich die Fadenzellen in grosser Zahl in der Körperhaut (vel. Fig. 2), am Kopfe fehlen sie aber, ebenso auch am Rande der Rücken- und Bauchsäume. 2. Die grossen Schleimzellen. : Wie der Bau der grossen Schleimzellen, mit jenem der Fadenzellen verglichen, sich durch grössere Einfachheit auszeichnet (vgl. Kap. 2), so gestaltet sich auch ihre Entwicklung auf sehr viel einfachere Weise als die der letztgenannten Zellen. Einen guten Überblick über die Hauptzüge dieser Entwick- lung liefern Schnitte durch die Epidermis, welche nach Fixierung der Haut in Flemmings Flüssigkeit mit Delafields Häma- toxylin, Safranin und Pikrinsäure gefärbt wurden. Nach dieser or Zur Kenntnis der Zellgranula. LT: Färbung hat das Protoplasma der indifferenten Bildungszellen einen hellgelben Farbenton angenommen, und ihre Plasmakapsel tritt sehr deutlich hervor (vgl. Fig. 3). Die grossen bläschen- förmigen Schleimzellen sind aber vom Hämatoxylin fast ganz und gar dunkelviolett gefärbt, nur in ihrer Mitte findet sich ein un- regelmässiger, sternförmiger, hier vom Safranin rot gefärbter Körper, der von früheren Untersuchern beschriebene Kernrest. Bei genauerer Untersuchung solcher Präparate wird man bald unter den Zellen der tieferen Lagen der Epidermis auf einige Zellen aufmerksam, deren Grösse mit derjenigen ihrer Nachbarn übereinstimmt, bei denen aber ein kleiner Teil des Zelleibs vom Hämatoxylin violett gefärbt ist und somit offenbar Schleim ent- hält (Fig. 76). Im Gegensatz zu den Nachbarzellen, von denen die ganz überwiegende Mehrzahl ovoide Kerne haben, deren Haupt- achse senkrecht auf der Oberfläche des Coriums steht, zeigen die Mucin enthaltenden Zellen sphärische Kerne, die sich durch eine auffallende lichte Farbe, welche ihrem Reichtum an Kernsaft offenbar zugeschrieben werden muss, und ihre grossen Nukleolen auszeichnen. Auch der Zellleib selbst hat eine mehr abgerundete (sestalt, als bei denjenigen ihrer Nachbarzellen, welche nicht in Teilung begriffen sind oder sich für eine solche vorbereiten. Das Protoplasma der erwähnten Zellen zeigt eine ähnliche Sonderung in zwei Schichten wie das Plasma der Bildungszellen, und es lässt sich leicht nachweisen, dass die mit Hämatoxylin violett gefärbte Partie desselben dem Endoplasma angehört. An der Grenze der beiden Plasmaschichten wird aber keine eigentliche Plasmakapsel vorgefunden. Die hier geschilderten Zellen stellen die jüngsten mittels unserer Methode sicher nachweisbaren Entwicklungsstadien der grossen Schleimzellen dar. Während wir in den jungen Fadenzellen die Sekretbildung immer im oberen Polteile der Zellen beginnen sahen (vgl. oben S. 160), lehrt die Beobachtung zahlreicher junger Schleimzellen, dass die Stelle, wo die Sekretbildung hier zuerst innerhalb des Endoplasmas anfängt, keine bestimmte Orientierung zum Kerne hat, sondern bald an seinen Seiten, bald an seinem oberen, bald an seinem unteren Pole gelegen sein kann. Die weitere Entwicklung der grossen Schleimzellen wird durch eine immer fortgesetzte Mucinablagerung innerhalb des Archiv f. mikr. Anat. Bd.»9. Abt. 1. 12 176 K. E. Schreiner: Endoplasmas der Zellen gekennzeichnet. Während derselben bekommt der Kern bald eine exzentrische Lage und wird vom Sekrete dellenförmig eingedrückt. Gleichzeitig nimmt die Zelle an Grösse rasch zu, wobei die Ektoplasmaschicht immer mehr gedehnt wird und schliesslich nur eine dünne Membran um die Zelle bildet (Fig. 77—80). Während der fortgesetzten Sekretansammlung erleiden nun die Kerne der Schleimzellen tiefgreifende Veränderungen sowohl ihrer (restalt, wie ihres Baues. Bei der Verfolgung dieser Ver- änderungen werden uns neben den erwähnten Hämatoxylin- präparaten auch Schnitte, die nach Fixierung mit den Gemischen von Flemming-Benda oder Öhampy mit Säurefuchsin-Thionin- Aurantia oder Eisenhämatoxylin gefärbt sind, wertvolle Hilfe leisten können. Die erwähnten Kernveränderungen werden durch das Auf- treten kleiner zackiger Unebenheiten an der früher glatten Ober- fläche des Kerns eingeleitet. Diese Zacken werden immer an der dem Sekret zugekehrten Seite der Kernmembran zuerst sichtbar und entwickeln sich rasch zu kleineren und grösseren spitzigen Fortsätzen, die sich als feine, oft geteilte Fäden, welche miteinander’ zur Bildung eines unregelmässigen Maschenwerks in Verbindung treten, tief in die Sekretmasse hinein fortsetzen. Während der Entwicklung dieser Fortsätze nimmt der Kern’ an Grösse erheblich ab und bekommt an Durchschnitten Sichelform (Fig. 87—89). Gleichzeitig verliert er seine lichte Farbe, indem er einen immer dichteren und kompakteren Bau bekommt. Die Kernfortsätze und ilıre fadenförmigen Verlängerungen fangen jetzt allmählich an, sich, ähnlich wie das grosse Kernkörperchen, mit dem Safranin oder dem Säurefuchsin rot zu färben (Fig. 90), und nach einiger Zeit zeigt auch ein immer grösserer Teil des Kerns selbst diese Ver- änderung seines färberischen Verhaltens, so dass schliesslich der ganze Kern von den erwähnten Farbstotfen rot gefärbt wird (Fig. 91). Während dieser Veränderung der Kernsubstanz ändert sich auch die Lage des Kerns. Wie oben erwähnt, bekam der Kern infolge der Sekretablagerung innerhalb des Endoplasmas schon sehr früh in der Entwicklung der Schleimzellen eine exzentrische Lage. Diese Lage behält er auch lange Zeit unverändert bei (Fig. 78—79, 87—90). Wenn aber seine Grösse durch die Entwicklung der beschriebenen Fortsätze erheblich verkleinert worden ist, und Zur Kenntnis der Zellgranula. LAT sein kompakter Restkörper safranophil und fuchsinophil geworden, wird er von der Zellmembran allmählich abgehoben (Fig. 91) und ins Innere der Sekretansammlung geführt, wo er von jetzt an immer vorgefunden wird (Fig. 92). Der in der Mitte der grossen Schleimzellen gelegene Kern- rest zeigt eine äusserst unregelmässige Gestalt, die sich mit der- Jenigen einer Knochenzelle am besten vergleichen lässt. Von seiner Oberfläche strahlen nach allen Seiten Ausläufer verschiedener Mächtigkeit aus, die miteinander anasto- mosierend um den Zentralkörper ein unregelmässiges Maschenwerk bilden (Fig. 92, Textfig. O). In den Schnitt- präparaten lässt das Sekret einen vaku- oligen oder fädigen bau erkennen. Die Fäden, welche immer stärker als die zwischen ihnen lie- gende Substanz ge- färbt sind, hängen mit den feinen Enden der Kernfortsätze oder der Zellmem- bran zusammen und strahlen in den grösseren Schleim- zellen von dem zen- tralgelegenen Kern- rest aus. Retzius Fig. 0. fasst diese Fäden als Reife Schleimzelle unmittelbar vor der Entleerung. das „Stromanetz- Rz junge Fadenzelle, Oz. kleine Ba ken Zeilor der oberflächlichsten Page der Epidermis. Fixierung F der Haut mit der Flüssigkeit von Flemming- auf. Diese Deutung Benda, Färbung mit Säurefuchsin-Thionin-Au- ist aber, wie ich rantia. Vergr. wie Fig. C. 12* 178 Keis Srchhirlenimnteir: glaube, kaum zutreffend. Das Sekret der Schleimzellen zeigt in frisch untersuchtem Material eine völlig homogene Struktur und bildet einen einzigen grossen Sekrettropfen. Die innerhalb des- selben in fixiertem Material nachweisbaren Fäden verdanken meiner Meinung nach bei der Fixierung bewirkten Fällungen ihre Entstehung. Wie von Retzius geschildert, üben die grossen Schleim- zellen bei ihrem Wachstum einen immer stärkeren Druck auf die sie umgebenden Nachbarzellen aus, so dass diese samt ihren Kernen mehr oder weniger abgeflacht werden. Dass der Druck nicht nur auf die Gestalt indifferenter Bildungszellen und kleiner Schleimzellen, sondern auch auf die in der Nachbarschaft gelegenen Fadenzellen sich geltend machen kann, lehrt das in Fig. O wieder- gegebene Bild. Wie in Kap. 2 geschildert, rücken die grossen Schleimzellen allmählich gegen die Oberfläche der Epidermis herauf, indem sie die über ihnen gelegenen Zellen nach der Seite schieben. Nachdem sie die Oberfläche erreicht haben, bauchen sie sich über dieselbe hervor (vgl. Fig.B). Jetzt platzt ihre Membran, und ihr Inhalt wird entleert. Wir haben oben gesehen, dass die Entwicklung der grossen Schleimzellen von ihrem ersten Anfang an bis zu ihrem Zu- srundegehen durch eine immer fortgesetzte Sekretbildung und Sekretablagerung innerhalb ihres Protoplasmas, die eine sehr beträchtliche Grössenzunahme der Zellen zur Folge hat, gekenn- zeichnet wird. Als die neben dieser Sekretablagerung am meisten bemerkenswerte Erscheinung innerhalb der Zellen haben wir eine stufenweise vorschreitende Degeneration des Zellkerns vorgefunden. Wie aus der Literaturübersicht in Kapitel 2 hervorgeht, sind auch einige frühere Untersucher auf die allmähliche Degeneration der Kerne dieser Zellen aufmerksam geworden, und Maurer (1895) hat als erster diesen Vorgang zu der Sekretbildung inner- halb der Zellen in kausale Beziehung zu bringen versucht. Nach ihm spielt sich der ganze Vorgang der Sekretbildung in folgender Weise ab: „An einer indifferenten Epidermiszelle mit ovalem Kern und feinkörnigem Plasmakörper treten Teile der Kerne in das umgebende Protoplasma aus und regen eine perinukleäre Schleim- bildung an. Dadurch wird ein schleimhaltender Zellkörperteil und ein feinkörniges Ektoplasma unterscheidbar. Nun treten immer- fort Kernsubstanzteile ins Plasma, rascher als sie durch Ver- einigung mit dem Fndoplasma zu Schleim umgebildet werden Zur Kenntnis der Zellgranula. 1:79 können. So entsteht um den Kern ein wabiges Endoplasma, welches Teile der Kernsubstanz enthält, und an dessen Oberfläche findet fortwährend eine allmähliche Weiterbildung von Schleim unter Berstung der kleinen, das Endoplasma zusammensetzenden Bläschen statt. Hierdurch wird einerseits der Schleim vermehrt und dadurch die Zelle vergrössert, andererseits das wabige Endo- plasma allmählich aufgebraucht, wenn der Kern sich aller dispo- niblen Substanz entledigt hat, und so verschwindet allmählich unter Schleimbildung das Endoplasma und der Kern, und es bleibt ein unregelmässiger Schollen von Kernrest in der Zelle liegen“ (S. 35). Obwohl unsere oben mitgeteilten Ergebnisse über die Kern- veränderungen und die Sekretbildung der grossen Schleimzellen von dieser Darstellung Maurers in mehreren wichtigen Punkten abweichen, indem sie unter anderem deutlich zeigen, dass Maurer das Kernkörperchen der Schleimzellen fälschlich als ihren Kern, den übrigen Teil des letzteren aber als ein „Endoplasma“ auf- gefasst hat, und dass auch eine Schilderung der Schleimbildung, als auf der Berstung kleiner, von dem „Endoplasma“ austretender Bläschen beruhend, wenig zutreffend ist, so scheint es doch aus unseren Beobachtungen hervorzugehen, dass während der Sekret- bildung ein Austreten gelöster Kernbestandteile ins Plasma statt- findet, und dass es eben dieser Vorgang ist, welcher schliesslich zum Absterben des Kerns führt. Auch legen viele der beobachteten Bilder die Annahme nahe, dass zwischen der Substanzabgabe des Kerns und der Sekretbildung innerhalb des Plasmas ein kausaler Zusammenhang bestehe. Auf welche Weise aber sich die aus dem Kern austretende Flüssigkeit an der Sekretbildung beteiligt, da- rüber haben uns diese Bilder, ebensowenig wie diejenigen, auf welche sich Maurer in seiner oben zitierten Arbeit beruft, irgend welche sicheren Aufschlüsse zu liefern vermocht. Nach unserer Kenntnis von der Entwicklung der Fadenzellen und der maßgebenden Rolle, welche die fuchsinophilen Plasma- elemente bei der Bildung des Sekrets dieser Zellen spielen, muss es auf der Hand liegen, nach dem Vorkommen ähnlicher Elemente auch in den grossen Schleimzellen zu suchen, und falls sie hier nachgewiesen werden können, ihr näheres Verhalten einer ein- gehenden Prüfung zu unterwerfen. Zu diesem Zwecke wollen wir dieselben Schnittserien, die uns bei der Untersuchung der Ent- wicklung der Fadenzellen gute Dienste leisteten, wieder vornehmen, 150 K. E. Schreiner: Die jungen Schleimzellen sind in diesen Präparaten, auch bevor die Sekretbildung innerhalb ihres Zelleibs angefangen hat, leicht kenntlich. Von den indifferenten Bildungszellen unter- scheiden sie sich durch eine eigentümliche lichte Farbe ihrer Kerne und durch ihre grossen Nukleolen, sowie durch den Mangel einer deutlichen Plasmakapsel (vgl. Fig. 81 —83), von den jungen Fadenzellen aber durch die Sonderung ihres Plasmas in zwei Schichten, sowie dadurch, dass sie nicht wie diese Zellen paarig auftreten. Zwischen den jungen Bildungszellen und den jungen Schleimzellen lassen sich verschiedene Übergänge beobachten, welche beweisen, dass die letzteren aus den ersteren hervorgehen. Die jüngsten als solche sicher erkennbaren Schleimzellen haben, wie die jungen Bildungszellen, ovoide Kerne. Allmählich runden sich aber die Kerne ab und bekommen sphärische Gestalt (Fig. 84). Beim Anfang der Sekretbildung zeigen sie regelmässig diese letztere Form (vgl. Fig. 76). In allen jungen Schleimzellen wird nun, ganz wie in den indifferenten Zellen der Epidermis, eine wechselnde Anzahl kleinerer und grösserer fuchsinophiler Körnchen und Fäden innerhalb ihres Endoplasmas vorgefunden (Fig. SI—84). Hier wie dort treten die Körnchen teils einzeln, teils zu kleinen Ketten miteinander vereinigt auf. Die Zahl der Körnerketten ist in älteren Zellen mit sphärischen Kernen grösser als in jungen mit ovoiden Kernen. Auch Fäden, sowie Übergangsformen zwischen Fäden und Ketten, sind in jenen Zellen häufiger anzutreffen. Neben den fuchsino- philen Plasmaelementen wird eine geringe Anzahl lipoider Granula vorgefunden (vgl. Fig. 82). Wie sich leicht feststellen lässt, findet in den Kernen der jungen Schleimzellen eine rasche und sehr beträchtliche Ver- mehrung der Nukleolarsubstanz statt. Dies Wachstum der Nukle- olen führt nun, ganz wie in den indifferenten Bildungszellen der Epidermis und in den Fadenzellen, zu einer Teilung derselben und zu einem Austreten von Nukleolarsubstanz durch die Kernmem- bran ins Plasma (Fig. $2—86). Neben den kleineren oder grösseren Nukleolen, welche unterhalb der Kernmembran gefunden werden, und von welchen ein Austreten f. er Substanz ins Plasma stattfindet (vgl. Fig. S2 u. 86), wird in den jungen Schleimzellen, ähnlich wie in den Bildungszellen und den Fadenzellen, manchmal auch ein Austreten solcher Substanz aus kleineren, wie die Nukleolen ge- Zur Kenntnis der Zellgranula. 181 färbten Teilen des Kerninhalts beobachtet, von denen es zweifel- haft sein kann, ob sie als echte Nukleolen oder als Netzknoten aufgefasst werden sollen (vgl. Fig. SI u. 83). Das weitere Schicksal der aus den Kernen ausgewanderten Nukleolarsubstanz ist in den Schleimzellen ebenso schwer wie in den indifferenten Bildungszellen zu verfolgen. Auch hier gilt es nämlich von diesen Körperchen, dass sie naclı dem Verlust ihres Zusammenhangs mit den innerhalb der Kernmembran ge- legenen Nukleolen von den im Endoplasma schon vorhandenen f. en Elementen durch keine Kennzeichen unterschieden werden können. Der Umstand aber, dass man in etwas älteren Schleim- zellen (vgl. Fig. s4—85) in der Regel eine grössere Anzahl f. en Plasmaelemente als in ganz jungen Zellen (vgl. Fig. 31—82) vor- findet, scheint auch in betreff dieser Zellen zugunsten der Auf- fassung, dass durch die Ausstossung von Nukleolarsubstanz eine Vermehrung der Plasmaelemente bewirkt wird, zu sprechen. Über die feineren Vorgänge bei der Sekretbildung gestatten uns die oben besprochenen Präparate folgende weitere Tatsachen festzustellen. Die Sekretbildung wird durch ein Aussickern von Kernsaft ins Plasma eingeleitet. Dies Aussickern findet nur in einer begrenzten Partie der Kernoberfläche statt und zwar, wie es scheint, in derjenigen Partie. die dem Zentrum zugekehrt ist. Das Austreten von Kernsaft ins Plasma gibt sich durch ein Heller- werden und eine Ausbreitung des betreftenden Bezirks des Endo- plasmas und eine entsprechende Zunahme des Kerns an Dichtigkeit und Färbbarkeit zu erkennen. Besonders die letztere Veränderung lässt sich an Präparaten, die mit Eisenhämatoxylin gefärbt sind, auf das schlagendste demonstrieren. Die f. en Plasmaelemente, welche sich in dem Teile des Endoplasmas befinden, wo das Aus- treten des Kernsaftes stattgefunden hat, zeigen in der Regel Körnerform. Einige von ihnen haben eine bedeutendere (rrösse als diejenigen, welche in der entgegengesetzten Partie des Endo- plasmas liegen, und sind weniger intensiv als diese gefärbt (Fig. S6). Diese grösseren f. en Elemente werden bei genauerer Untersuchung innerhalb kleiner Vakuolen gefunden, deren Inhalt schon schwache Schleimreaktion zeigt. In einigen Fällen lässt sich feststellen, dass die f. en Elemente in der Wand der Vakuolen gelegen sind. Ob dies aber immer der Fall ist, wage ich nicht zu behaupten. Die erwähnten Vakuolen nehmen an Grösse zu, 182 K. E. Schreiner: ihre f. en Elemente verlieren dabei an Färbbarkeit und ver- schwinden bald vollkommen. Während der weiteren Sekretbildung fliessen die Vakuolen dann zu einem immer grösser werdenden Sekrettropfen zusammen. Aus dem Kerne tritt aber, wie seine immer dichter werdende Struktur lehrt, fortwährend Kernsaft aus. Sehr wahrscheinlich deuten die oben erwähnten, an der Kern- membran zum Vorschein kommenden Fortsätze (vgl. Fig. S7—89) die Stellen an, wo das stärkste Aussickern von Kernsaft statthat. Die f. en Plasmaelemente nehmen während der fortgesetzten Sekretablagerung allmählich an Zahl ab. Am längsten lassen sie sich an der konvexen Fläche des Kerns in der hier gelegenen schmalen Endoplasmazone, sowie an der Oberfläche des Sekret- tropfens nachweisen. Wenn der Kern aber schliesslich seine wand- ständige Lage aufgibt und ins Innere der Sekretmasse tritt, sind keine Plasmaelemente mehr in der Zelle vorhanden (vgl. Fig. 89—91). Auch die lipoiden Granula verschwinden während der Sekretbildung allmählich, ohne dass es gelingt, ihre Umbildung zu verfolgen. Die oben mitgeteilten Befunde haben uns einen Modus der Sekretbildung kennen gelehrt, der von demjenigen, der uns in den Fadenzellen begegnete, recht verschieden ist. Wie wir uns erinnern, gaben in den letzteren Zellen die f. en Plasmagranula zur Bildung von Sekretgranula den direkten Anlass, indem sie, an Grösse zu- nehmend, ohne ihr färberisches Verhalten zu verändern, sich zu solchen umwandelten. Durch innere Differenzierung dieser grösseren Sekretgranula ging das fertige Sekret, die Sekretfäden, hervor. Wenn die Sekretbildung in der anderen grossen Drüsen- zellenform der Epidermis, den blasenförmigen Schleimzellen, in entsprechender Weise vor sich gegangen wäre, so würde man auch hier aus den f. en Plasmaelementen eine Bildung grösserer Sekret- granula, welche alle Übergänge in das fertige Sekret beobachten liessen, vorzufinden erwarten müssen. Das war aber, wie wir ge- sehen, nicht der Fall. Zwar liess sich auch hier ein geringes Anwachsen der Plasmagranula während der Sekretbildung nach- weisen, für eine direkten Umbildung derselben in Prosekrete haben aber unsere Ergebnisse keine Anhaltspunkte geliefert. Die beobachteten Bilder liessen sich eher im Anschluss an die von Maurer (vgl. oben) ausgesprochene Meinung in der Weise deuten, dass der aus dem Kern austretende Kernsaft sich in Sekret umwandle. Zur Kenntnis der Zellgranula. 183 Obwohl die Kerne der jungen Schleimzellen zwar eine im Verhältnis zu ihrer Grösse beträchtliche Menge von Kernsaft ent- halten, wird es doch jedem klar sein, dass dieselbe als Bildungs- material für die ganze Sekretmasse der Schleimzellen quantitativ nur eine untergeordnete Rolle spielen kann. Diejenigen Stoffe, aus welchen das dünnflüssige Sekret dieser Zellen gebildet wird, werden, wie wir annehmen müssen, ähnlich wie in anderen Drüsen- zellen, zum überwiegenden Teile in die Zellen von aussen auf- genommen und zwar durch die Tätigkeit des noch undifteren- zierten Plasmas. Was bewirkt nun aber. dass diese von aussen aufgenommenen Stoffe in das spezifische Sekret der Schleimzellen umgewandelt werden? Dürfen wir annehmen, dass die fuchsinophilen Plasma- elemente auf irgend eine Weise dabei tätig sind? Die Tatsachen, welche wir von dem Verhalten dieser Ele- mente in den Schleimzellen oben haben feststellen können: ihre Zunahme an Zahl vor der Sekretbildung und während der ersten Periode derselben, ihr Auftreten in engem Anschluss an die jungen Sekretvakuolen, ihr allmähliches Verschwinden während des Vor- schreitens der Sekretbildung sprechen in der Tat dafür, dass sie bei der Sekretbildung wirksam sind. Fragen wir nun weiter nach der Natur dieser ihrer Tätig- keit, so wird es in Anbetracht ihrer geringen Grösse einleuchtend sein, dass sie als Material für die Sekretbildung eine noch viel geringere Bedeutung als der Kernsaft haben müssen, dagegen wird die Annahme, dass sie bei dem konstruktiven Prozesse der Sekret- bildung eine katalytische Wirksamkeit entfalten, nahe liegen. Wir wollen in einem späteren Kapitel, in welchem die gesamten Ergebnisse unserer Plasmauntersuchungen im Zusammen- hang erörtert werden sollen, auf diesen Punkt zurückkommen. Die Beschreibung des Baues und der Entwicklung der beiden grossen Drüsenzellenformen soll mit der Erwähnung einer Zelle abgeschlossen werden, die zwar einen Einzelfall darstellt, jedoch nicht ohne ein gewisses Interesse ist. Die betreffende Zelle, die in Fig. P wiedergegeben ist, hat ganz die Gestalt und Grösse einer reifen Schleimzelle. Ihr Zelleib ist auch zum grössten Teil mit typischem Sekret dieser Zellenform gefüllt. Daneben enthält er aber in seiner oberen Hälfte auch Fäden und Körnchen. Die 184 K. E. Schreiner: Fäden, die verschiedene Dicke haben, zeigen die nämliche Form und Färbbarkeit wie die Fäden der grossen Fadenzellen, sind aber hier unregelmässig angeordnet. Nach oben hin laufen sie zum grössten Teil in einem dichten Fadengewirr zusammen, das mit den hier gelegenen Körnern zu einem intensiv gefärbten Körper von schwer analysierbarer Struktur zusammentliesst; nach dem Äquator der Zelle zu laufen die Fäden aber mit zahlreichen freien, zum grössten Teil spitz ausgezögenen Enden in das schleimige Sekret aus. Beim ersten Anblick dieser Zelle war mein Gedanke, dass hier ein Kunstprodukt vorliege, das dadurch entstanden wäre, dass beim Schneiden ein Stück einer Fadenzelle in den Zelleib einer grossen Schleimzelle hineingeführt sein könnte. Dass dies aber nicht der Fall ist, lehrt die genauere Untersuchung der Fig. P. Grosse Schleimzelle, die auch Sekretfäden enthält. Fixierung mit der Flüssigkeit von Uhampy. . Färbung mit Säurefuchsin-Thionin-Aurantia. Vergr. wie Fig. C. Zur Kenntnis der Zellgranula. 185 Zelle, die in der Serie durch fünf Schnitte verfolgt werden kann, sowie ihrer Nachbarzellen. Die Zelle muss dann aber als eine Zwitterform der beiden grossen einzelligen Drüsentypen der Epi- dermis aufgefasst werden. Durch irgend welche Störung der Differenzierung dieser Zelle sind innerhalb ihres Zelleibs die beiden Sekretformen gleichzeitig gebildet worden, die normal auf zwei verschiedene Zellformen verteilt sind. Literaturverzeichnis zu Kapitel 4. Fleischer, B., 1904: Beiträge zur Histologie der Tränendrüse und zur Lehre von den Sekretgranula. Anat. Hefte, 1904. Heidenhain, M., 1890: Beiträge zur Topographie und Histologie der Kloake und ihrer drüsigen Adnexa bei den einheimischen Tritonen. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 35. Hirschler, J., 1913: Über die Plasmastrukturen (Mitochondrien, Golgischer Apparat u.a.) in den Geschlechtszellen der Ascariden. Arch. f. Zell- forsch., Bd. 9. Lewis, M.R.and Lewis, W. H., 1915: Mitochondria (and other eytoplasmie structures) in tissue cultures. The Americ. Journ. of Anat.. Vol. 17 Maurer, Fr., 1895: Die Epidermis und ihre Abkömmlinge. Leipzig. Retzius, G., 1905: Über den Bau der Haut von Myxine glutinosa. Bio- logische Untersuchungen, neue Folge, Bd. 12. Schaxel, J., 1911: Plasmastrukturen, Chondriosomen und Chromidien. Anat. Anz., Bd. 39. ’ Schreiner, A. und K.E., 1905a: Über die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen von Myxine glutinosa (L.), 1. Vermehrungsperiode, Reifungsperiode und Reifungsteilungen. Arch. de Biol., T. 21. Dieselben, 1905b: 2. Die Zentriolen und ihre Vermehrungsweise. Ibid. Schreiner, K. E., 1915: Über Kern- und Plasmaveränderungen in Fett- zellen während des Fettansatzes. Anat. Anz., Bd. 48. Studniäka, F.K., 1909: Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. Anat. Hefte, Bd. 39. Es sei mir schliesslich gestattet, Herrn Geheimrat Professor 0. Hertwig, der die grosse Liebenswürdigkeit hatte, mein Manuskript einer sprachlichen Revision zu unterwerfen, auch an dieser Stelle meinen besten Dank auszusprechen. Der Verfasser. Erklärung der Abbildungen auf Tafel III VII. Die Abbildungen 3—92 sind wie sämtliche Textfiguren von der Zeichnerin des Anatomischen Instituts, Frl. S. Mörch, die Abbildungen 1—2 von der früheren Zeichnerin des Instituts, Frau $S. Krafft, ausgeführt. Fig. 1-3. UÜbersichtsbilder der Haut. Fig. Fig. K. E. Schreiner: .1. Senkrechter Schnitt durch die Körperhaut. Ep. Epidermis. Co. Corium. Sube. Gew. Subeutanes Gewebe. Zenkers Flüssigkeit. Biondis Dreifarbengemisch. Linse D (Zeiss), Ok. 2, Vergr. 200. .2. Totalpräparat der Haut. Flächenbild der Epidermis. Einstellung auf die mittlere Zellenlage. Fz. Fadenzellen. Sz. Grosse Schleim- zellen. Formalin 10°o. Zeiss’ Apochromat 8 mm, Kompen- sationsok. 6. Vergr. 250. .3. Senkrechter Schnitt durch die Epidermis mit anliegender Partie des Coriums. S. Sekretschicht an der Oberfläche der Epidermis. a. Sp. Artifizieller Spalt im Epithel. Flemmings Flüssigkeit. Delafields Hämatoxylin, Safranin, Pikrinsäure nach Stöhr. Zeiss’ Apochromat 1,5 mm, Kompensationsok. 4, Vergr. 825. 4—24, 27—30 und 32—34. Indifferente Bildungszellen der Epidermis. .25—26 u. 31. Kleine Schleimzellen. 6—7 sind mit Zeiss’ Apochromat 1,5 mm, Kompensationsok. 6, Ver- gröss. 1250, Fig. 26 mit Zeiss’ Apochromat 1,5 mm, Kompen- sationsok. 12, Vergr. 2500, gezeichnet, alle übrigen Abbildungen mit derselben Linse und Ok. 8, Vergr. 1625. .4. Aus einem Vertikalschnitt der Haut eines 34 cm langen Tieres. Flemmings Flüssigkeit. Eisenhämatoxylin. .5. Keulenförmige Zelle mit nach unten tütenförmig auslaufender Plasmakapsel. Flemmings Flüssigkeit. Eisenhämatoxylin. . 6—7. Aus Flächenschnitten durch die tiefere Lage der Epidermis. In Fig. 6 sind die Zellen etwas geschrumpft, deutliche Interzellular- brücken. Fig. 6. Altmann-Metzner. Säurefuchsin-Pikrinsäure- Fig. 7, Champys Flüssigkeit. Säurefuchsin-Thionin-Aurantia. . 8—13. Zellen aus dem Ruhestadium. ig. 8 Zwei Zellen, von denen die eine (a) durch ihre Mitte, die andere (b) tangential getroffen ist. Die Mehrzahl der fuchsinophilen Plasmaelemente fadenförmig. In der rechten Zelle ein lipoides Granulum sichtbar Flemming-Bendas Flüssigkeit. Säure- fuchsin-Thionin-Aurantia. . 9—13. Kaliumbichromat-Formalin-Osmiumsäure. Dieselbe Färbung. Fig. 10—13 Tangentialschnitte. Die fuchsinophilen Plasmaelemente zeigen alle Übergänge von Körnerketten zu homogenen Fäden. .13. Dem Ende eines fuchsinophilen Fadens ist ein kleines lipoides Granulum angeheftet. . 14—20. Teilungsstadien der indifferenten Zellen. Flemming-Bendas Flüssigkeit. Säurefuchsin-Thionin-Aurantia. . 14—15. Prophasestadien. Segmentierung der homogenen Plasmafäden. In Fig. 15 der Nukleolusrest sichtbar. . 16. Metakinesis. Körnige Plasmaelemente. Unten ein lipoides Granulum. . 17. Anaphasestadium. Die fuchsinophilen Plasmaelemente sämtlich körnig. Zwischen den Tochterplatten in grösster Anzahl gesammelt. Unten in der Zelle ein lipoides Granulum. . 18. Telophasestadium. Plasmakapsel in Durchschnürung begriffen. Die Plasmaelemente zeigen dieselbe Gestalt und Anordnung wie im vorigen Bild. . 19. Etwas späteres Telophasestadium. Die Plasmakapsel auch in ihrer unteren Partie durchgeschnürt. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Zur Kenntnis der Zellgranula. 187 20. Noch späteres Stadium. Nur die eine Tochterzelle gezeichnet. Der junge Kern noch schalenförmieg. 21—24. Junge Zellen mit ovoiden Kernen. Die körnigen Plasmaele- mente zum Teil zu kleinen Hanteln und Körnerketten vereinigt. Neben diesen auch homogene Stäbchen und Fäden. 24. Tangentialschnitt. 25. Prophasestadium einer kleinen Schleimzelle. Die Kernmembran ist aufgelöst. Deutliche Plasmakapsel. Zahlreiche körnige fuchsino- phile Plasmaelemente. Neben den grün gefärbten Chromosomen zwei grössere, von dem Säurefuchsin gefärbte Prosekretkörper. Fixierung mit dem Gemisch von Flemming-Benda. Färbung mit Säurefuchsin-Thionin-Aurantia. . 26. Jüngeres Prophasestadium einer ähnlichen Zelle. Unter den Chromo- somen das grosse Paar (a—aı) leicht kenntlich. Innerhalb des Endoplasmas neben kleinen Körnchen grössere Sekretgranula sicht- bar. Fixierung und Färbung wie Fig. 25. 27—28. Indifferente Bildungszellen aus dem Ruhestadium. Ausstossung von Nukleolarsubstanz durch die Kernmembran. Fixierung und Färbung wie Fig. 25. g. 29—54. Junge Zellen mit gelappten Kernen. . 2931, 33—34. Fixierung mit dem Gemisch von Champy. Fig. 32 Fixierung mit Kaliumbichromat-Formalin-Osmiumsäure. Sämtlich mit Säurefuchsin-Thionin-Aurantia gefärbt. . 20, 32 und 33. Ausstossung von Nukleolarsubstanz durch die Kernmembran. .31. Zwei kleine Schleimzellen. Der grössere, ausserhalb der Kern- membran in der oberen Zelle gelegene Körper ist kein ausge- stossener Nukleolus, sondern ein Sekretgranulum. x. 35—75. Fadenzellen. . 43, 45 u. 59 sind mit Zeiss’ Apochromat 1,5 mm und Kompensations- okular 12, Vergr. 2500, alle anderen Abbildungen mit derselben Linse und Kompensationsok. 8, Vergr. 1625, gezeichnet. Fig. 35—40, 42, 60-75 Fixierung mit dem Gemisch von Flemming-Benda und Färbung mit Säurefuchsin-Thionin-Aurantia. Fig. 40, 43—44, 46-55, 57 und 59 Fixierung mit dem Gemisch von Champy, dieselbe Färbung. Fig. 45. 56 und 58 Fixierung nach Altmann- Metzner. Färbung mit Säurefuchsin-Pikrinsäure. 3937. Junge Zellen, in denen noch kein dicker Sekretfaden gebildet ist. g. 36. Im oberen Teil der Zelle einige Sekretgranula sichtbar, von denen feine primäre Selretfädchen ausgehen. . 38a—b. Dieselbe Zelle aus zwei Schnitten gezeichnet. Ein dicker Sekretfaden vorhanden. Im ersteren Schnitte ist sein unterer im letzteren sein oberer Teil getroffen. An seinem oberen Ende treten mehrere feine Sekretfädchen zusammen. 39. Zelle von dem gleichen Entwicklungsgrad wie die vorige. Der Kern enthält mehrere von dem Säurefuchsin gefärbte Körper. Nur der untere Teil des Sekretfadens im Schnitte sichtbar. 40. Etwas ältere Zelle. Der Sekretfaden in seinem unteren Teil spiral- gewunden und deswegen vom Schnitte zerteilt. An der Oberfläche des Kerns zahlreiche fuchsinophile Fäden gelegen, von denen einige Endgranula tragen. 185 K. E.Schreiner: Fig. 41—42. Tangentialschnitte durch die oberen Teile von wenig älteren Zellen. Auch hier sind einige fuchsinophile Fäden sichtbar, deren Enden grössere Granula angeheftet sind. Fig. 43. Sekretgranula mit primären Sekretfädchen, aus der Körneransamm- lung einer jungen Zelle gezeichnet und zusammengestellt. Fig. 44. 2 demselben Paare angehörende Fadenzellen, von denen die eine (rechte) eine abweichende Gestalt und Anordnung ihrer Sekretfäden zeigt. Fig. 45. Querschnitt durch die Körneransammlung einer Zelle des gleichen Alters wie die der Fig. 44. In der Mitte der Körnermasse die Zentroplasmakugel mit den Zentriolen. Um dieselbe die Sekret- granula in konzentrischen Reihen angeordnet, die grössten Granula die peripherische Lage einnehmend. Fig. 46—49. Bilder von den Sekretfäden älterer Zellen, Fig. 50—51. Reife Fadenzellen, von der Oberfläche gesehen. Fig. 52—56. Bilder von den Sekretfäden reifer oder fast reifer Zellen. Fig. 57. Längsschnitt durch eine reife Fadenzelle. Fig. 58. Querschnitt durch eine reife Fadenzelle. Fig. 59. Differenzierung der Sekretgranula und Bildung der primären Sekret- fädchen. Fig. 60—63. Kerne junger Fadenzellen. Nukleolen in Teilung begriffen. Fig. 64. Verschiedene Stadien der Nukleolenteilung. Fig. 65—67. Ausstossung von Nukleolarsubstanz durch die Kernmembran. Fig. 65—66. Die Ausstossung erfolgt von dem Hauptnukleolus. Fig. 67. Die Ausstossung erfolgt von einem kleineren Nukleolus. An dem Hauptnukleolus eine kleine Knospe sichtbar. Fig. 68— 72,74. Kerne älterer Fadenzellen mit den ihnen am nächsten liegenden Sekretgranula und Sekretfäden. Der Oberfläche der Kernmem- bran sind kleinere und grössere fuchsinophile Kügelchen angelagert. Fig. 73 und 75. Tangentiale Längsschnitte durch Fadenzellen von demselben Entwicklungsgrad wie die der Fig.66. Auf derOberfläche desKernsund neben ihm fuchsinophile Körnchen, Körnerketten und homogene Fäden. Fig. 76—92. Grosse Schleimzellen. Sämtliche Abbildungen sind mit Zeiss’ Apochromat 1,5 mm und Kompensationsok. 8 entworfen. Vergr. 1625. Fig. 76—80. Fixierung mit Flemmines Flüssigkeit Färbung mit Delafields Häma- toxylin-Safranin-Pikrinsäure nach Stöhr. Fig. 81—86. Fixierung mit dem Gemisch von Flemming-Benda. Färbung mit Säure- fuchsin-Thionin-Aurantia. Fig. 87”—92. Fixierung mit dem Ge- misch von Ohampy. dieselbe Färbung. Fig. 76. Junge Schleimzelle mit noch sphärischem Kern. Im Endoplasma eine geringe Menge von Sekret gebildet. Fig. 77—80. Weitere Entwicklungsstadien. Fig. 77—79. Die Kerne durch ihre Mitte vom Schnitte getroffen. Fig. 80. Der Kern tangential getroffen. Fig. 81—84. Ganz junge Schleimzellen, in denen noch kein Sekret gebildet ist. Teilung der Nukleolen und Ausstossung von Nukleolarsubstanz. Fig. 85—86. Etwas ältere Entwicklungsstadien. Beginnende Sekretbildung. Fig. 87—92. Fortgesetzte Sekretablagerung innerhalb der Zellen. Schrumpfung und Degeneration des Kerns. Fig. 90-92. Wanderung des Kerns in die Mitte des Sekrettropfens. Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges (Recessus labyrinthi oder Ductus endolymphaticus) bei den Schildkröten und über seine Homologi- sierung bei den Wirbeltieren. Von Franz Keibel, Strassburg i. Els. Hierzu Tafel IXN— XI und 30 Textfiguren. Sowohl über die Entwicklung wie über die morphologische Bedeutung des Ductus endolymphaticus der Wirbeltiere ist eine Einigung noch nicht erzielt. Während wir Angaben finden, dass die Abschnürungsstelle des Gehörbläschens dem (Gebiete oder sogar der Spitze des Ductus endolymphaticus entspricht, soll er nach andern Angaben nichts mit dieser Abschnürungsstelle gemein haben und nur durch Abfaltung von der medialen Wand des Öhrbläschens entstehen. Die Teleostier sollen nach R. Krause überhaupt keinen Ductus endolymphaticus besitzen. Demgegenüber betont freilich Jaromir Wenig (Anat. Anz. Bd. 38, 1911), dass den Knochenfischen ein Ductus endolymphaticus zukommt, der sich in seiner ganzen Länge von der medialen Wand des ÖOhrbläschens abschnürt, und auch der letzte Unter- sucher dieser Frage, Gösta Fineman, spricht Ganoiden wie Knochenfischen einen Ductus endolymphaticus zu. Ich selbst habe mich schon einmal mit der Entwicklung des Ductus endolymphaticus beschäftigt (Anat. Anz., Bd. 16, 1899). Nach Untersuchungen an Hühnerembryonen kam ich Poli (Arch. f.mikr. Anat., Bd. 45, 1597) gegenüber zu dem Ergebnis, dass der Ductus endolymphaticus in Beziehung zur Abschnürungsstelle des Ohrbläschens steht. Ich bildete einen Schnitt durch die Ohrgegend eines 72 Stunden bebrüteten Zwerghuhnembryo ab, der das (rehörbläschen und den von ihm ausgehenden, noch kurzen, aber sehr deutlichen Ductus endolymphaticus zeigt. Der Ductus endo- Iymphaticus steht an seinem peripheren Ende durch einen kurzen Zellstrang noch mit dem Ektoderm in Verbindung, doch so, dass diese Verbindung nicht die Richtung des Ductus endolymphaticus fortsetzt, sondern lateralwärts zum Ektoderm zieht. Ich konnte 190 Franz Keibel: mitteilen, dass ich ähnliche Befunde mehrfach gemacht habe, und hervorheben, dass es gar keinem Zweifel unterliege, „dass hier der letzte Rest der ursprünglichen Verbindung des Gehörbläschens mit seinem Mutterboden vorliegt, da ich an meinen Serien diese Vorgänge Schritt für Schritt beobachten konnte“. Ich schloss meine Mitteilung mit den Sätzen: „Dass dieser Befund bei Hühner- embryonen ausserordentlich dafür spricht, dass der Kanal, welcher bei den Selachiern den Hohlraum des inneren Ohres mit der Aussenwelt verbindet, mit dem Ductus endolymphaticus anderer Wirbeltiere zu vergleichen ist, braucht wohl nicht weiter ausgeführt zu werden. Bei all jenen Tieren, bei denen der Ductus endo- Iymphaticus erst entsteht, nachdem die Abschnürung des Ohr- bläschens längere Zeit erfolgt ist, kann die Beziehung des Ductus endolymphatieus zur Abschnürungsstelle natürlich nicht deutlich erkannt werden. Wir haben dann hier offenbar auch wieder eine Verschiebung in der zeitlichen Folge der ontogenetischen Vorgänge gegenüber den phylogenetischen. So dürften sich, wenn die Beobachtungen Nettos (1898) richtig sind, die Verhältnisse bei Axolotl erklären.“ Einen entgegengesetzten Standpunkt nahm Peter (Archiv (f. Ohrenheilkunde, Bd. 51, 1901) ein. Zwar gibt Peter zu, „dass den Abbildungen Polis keine rechte Beweiskraft für seine“ „Ansicht innewohnt“, aber er stellt fest, dass „bei der Eidechse die Stelle des Schlusses des Gehörsäckchens nicht an seiner dorsalen Spitze“ liegt, und nach Peter geht der Recessus labyrinthi „nicht aus diesem Kanal hervor. sondern wächst von der oberen (inneren) Wand des Bläschens aus.“ Peter findet es immer schwieriger, die Homologie des Ductus endolymphaticus „mit dem gleichbenannten Gebilde der Selachier, welches sich aus dem often bleibenden Ohrkanal herausbildet, aufrecht zu erhalten“; er hält es „nach den Befunden bei Bdellostoma, Rana und Lacerta, die übereinstimmend den Recessus labyrinthi bereits vor Schluss des Gehörbläschens angelegt zeigten, nicht für wahrscheinlich, dass dieser dem Ductus endolymphaticus der Haifische entspricht“. Peter gegenüber muss ich zunächst bemerken, dass er meine Ansicht offenbar nicht ganz richtig aufgefasst oder doch wenigstens so wiedergegeben hat, dass sie missverstanden werden muss. Er sagt: „Keibel dagegen glaubt, dass Poli sich geirrt Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 191 hat und bildet einen Schnitt durch einen Hühnerembryo ab, bei welchem der am meisten nach dem Rücken zu gelegene Punkt des Hörbläschens noch in Verbindung mit der Epidermis steht. Er schliesst daraus, dass aus diesem Zusammenhange die fragliche dorsale Ausstülpung hervorgeht.“ Ich kann in meinem kleinen Aufsatze nichts von einem solchen Schlusse finden. Der Ductus endolymphatieus ist, in dem von mir abgebildeten Schnitte mit rl (Recessus labyrinthi) bezeichnet, bereits deutlich vorhanden. Ich habe weder gesagt, noch war es meine Meinung, dass aus dem Verbindungsstrange des Gehörbläschens mit dem Ektoderm der Ductus endolymphaticus seinen Ursprung nimmt. Wohl aber war ich der Ansicht, dass diese Beziehung des Ductus endolymphaticus zum Ektoderm beim Hühnchenembryo dafür spricht, dass der Ductus endolymphaticus der Vögel mit dem gleichbenannten Kanal der Selachier zu homologisieren ist. Auch die Lage des Zusammenhanges in der Nähe des dorsalen Endes des Ductus endolymphaticus lässt sich in diesem Sinne verwerten, worauf ich später zurückkommen werde, aber jeder Befund, der ergibt, dass der Ductus endolymphaticus im Bereiche der Abschnürungsstelle entsteht, spricht meiner Meinung nach dafür; so Peters eigene Figuren. In Fig.2 des Petersschen Aufsatzes liegt die Abschnürungsstelle des Gehörbläschens vom Ektoderm zweifellos im Gebiet der Anlage des Ductus endo- Iymphatieus, wenn auch weiter ventral als in dem von mir abgebildeten Schnitte durch einen Hühnchenembryo. Wie die von Peter gefundenen Bilder meiner Ansicht widersprechen sollen, kann ich nicht einsehen. Auch meinen ganz einwandfreien Befunden bei Hühnerembryonen widersprechen sie nicht. Sie zeigen nur, dass im Einzelnen die Abschnürungsverhältnisse bei verschiedenen Tieren verschieden liegen können, sogar individuelle Variationen müssen zugegeben werden. Ganz an der Basis der Anlage des Duetus endolymphaticus liegt nach Krause (Anat. Anz., Bd. 19, 1901) offenbar die Abschnürungsstelle bei Coluber natrix, während, wie ich später zeigen werde, die Schildkröten Bilder aufweisen, bei denen die Abschnürungsstelle wieder dem distalen Ende der Anlage des Ductus endolymphaticus näher liegt. Übrigens konnte bereits 1900 Alexander nachweisen, dass die Dinge beim Meerschweinchen ähnlich liegen wie beim Hühnchen, Archiv f.mikr. Anat. Bd.89. Abt.l. 13 192 Franz Keibel: und er spricht sich in einem besonderen kleinen Aufsatz (1901) nochmals darüber aus. Er sagt: „Es ist somit sicher, dass beim Hühnchen und Meerschwein der Ductus endolvmphaticus aus der ursprünglichen Verbindungsregion zwischen Hornblatt und Labyrinthanlage hervorgeht,“ und er fährt dann fort: „und ich möchte die Art seiner Genese für diesen Kanal als charakteristisch ansehen. Wenn daher bei einer Reihe von Wirbeltieren (Axolotl, Rana, Bdellostoma, Lacerta) ein allerdings ähnlich gelagerter Kanal als selbständige Ausstülpung des Labyrinthbläschens zur Entwicklung kommt (s. 0.), die mit der ursprünglichen Verbindungsregion nichts zu tun hat, so kann diese Bildung der oben erörterten, an Hühnchen und Meerschweinchen nachgewiesenen nicht homolog sein und es ist daher nur für eine der beiden Formationen — und zwar nach der historischen Auffassung nur für jene, welche aus dem ursprünglichen ektodermalen Verbindunesrohr hervor- geht — (Säuger, Vögel), der Name » Ductus endolvmphaticus « zulässig.“ Dass ich dieser letzten Schlussfolgerung Alexanders nicht zustimmen kann, soll später genauer erörtert werden, doch sei hier schon erwähnt, dass, wenn es mir schon bedenklich erscheint, dass Peter aus seinen Befunden an Lacerta ableiten will, dass der Ductus endolymphaticus dieses Tieres nicht dem der Haifische entsprechen soll, ich noch grössere Bedenken trage, den Ductus endolymphaticus von Lacerta als eine anders zu bewertende Bildung als den der Vögel und Säuger aufzufassen. Wir würden, wie wir sehen werden, auf diesem Wege dazu kommen müssen, festzustellen, dass es nicht erlaubt sei, die bislang als Ductus endolymphatici der Schlangen, der Eidechsen und der Schildkröten aufgefassten Bildungen einander zu homologisieren. Bevor ich nun zu der Schilderung der Verhältnisse bei den Schildkröten übergehe, sei noch kurz angeführt, was sonst über die Entwicklung des Ductus endolymphaticus bei Wirbeltieren be- richtet wird: Bei Bdellostoma findet sich nach Kupffer (1900) der Duetus endolymphaticus bereits vor Schluss der Ohrgrübchen, als dorsale Ausstülpung. Die in Frage kommende Stelle bei Kupffer lautet (S. 31): „Die Durchschnitte der Labyrinthblase liegen in 13 Schnitten vor. Etwas hinter der Mitte ihrer Länge öffnet sich die Blase durch einen kurzen Mündungskanal, Fig. 25, der sich an der Oberfläche Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 193 trichterartig erweitert, nach aussen. Die von gleichmässig hohem Zylinderepithel umschlossene Blase gliedert sich, aber nicht deut- lich, in zwei Abschnitte, einen medialen, einen unter dem Mündungs- kanal gelegenen lateralen. Von der dorsalen Wand des Kanals geht die Bildung eines lateralen Ganglions aus, und hart einwärts von diesem Ganglion buchtet sich aus der dorsalen Wand der Labyrinthblase der Recessus labyrinthi hervor. Derselbe ist also von dem Mündungskanal scharf abgesetzt und berührt das Gang- lion, dessen Bestimmung nicht ganz sicher ist. Jedenfalls ist es noch ganz isoliert. Wahrscheinlich ist dieses das Acusticus- ganglion und das vorausgehende das Hauptganglion des Facialis. Das Acusticusganglion liegt aber später vor dem Recessus laby- rinthi.“ Ich muss gestehen, dass es mir sehr zweifelhaft er- scheint, ob die Falte, welche Kupffer in Fig. 25 abbildet, die Anlage des Ductus endolymphaticus und nicht eine zufällige Falte ist. besonders da der Konservierungszustand des Materials nach Kupffers Angaben eine solche Deutung recht nahelegt. Jeden- falls dürfte es kaum angehen, aus dem Befunde bei Bdellostoma weitgehende Folgerungen abzuleiten. Bei den Selachiern wollen wir bis auf Balfour (Hand- buch der vergleichenden Entwicklungsgeschichte, deutsch von B. Vetter, Bd. I, S. 463, 1881) zurückgehen, der den Ver- bindungsgang des Öhrbläschens mit der Aussenwelt bei diesen Tieren mit dem Ductus endolymphaticus der höheren Wirbeltiere homologisierte. Von neueren hat Poli (l. c. 1597) auch Selachier untersucht und Schnitte von Mustelus und Pristiurusembryonen ab- gebildet, es sei besonders auf die Fig. 11 der Tafel 32 hingewiesen. Einen ähnlichen Schnitt bildet R. Krause in seiner Arbeit „Die Entwicklung des Aquaeductus vestibuli s. Ductus endolymphaticus“ (Anat. Anz., Bd. 29, 1901) ab. Auf Untersuchungen an Selachiern beruft sich auch Fleissig, auf dessen Arbeit über Platydaktylus mauretanicus ich bei den Reptilien etwas genauer eingehen werde: der Ductus endolymphaticus wäre nach ihm bei Selachiern, wie bei allen Vertebraten, ein Abschnürungsprodukt der medialen Alveuswand. Einen sehr wertvollen Beitrag für die Labyrinth- entwicklung der Selachier (Torpedo ocellata) liefert Hellmann in einem Vortrag in den Verhandlungen der deutschen oto- logischen Gesellschaft (Mai 1598). Er hat auf Anregung und unter Leitung von Sobotta eine recht vollständige Reihe von 13* 194 Franz Keibel: Modellen gemacht, und seinem Vortrag ist eine Tafel mit Ab- bildungen dieser Modelle von Sobottas Hand beigegeben, welche einen Überblick über die Entwicklung vom weit offenen Ohr- grübehen bis zur fertigen Form erlaubt. Eine im Vortrag in Aussicht gestellte eingehendere Darstellung ist leider nicht er- schienen. Nach Hellmanns Modellen „entspricht die Hautöffnung des Saccus endolymphaticus bei Torpedo ocellata tatsächlich der Einstülpungsstelle der Labyrinthblase“. Schnittserien von anderen Plagiostomen „beweisen das Gleiche auch für diese“. „Die Verlängerung des Ductus endolymphaticus scheint von Anfang an durch eigenes Längenwachstum zu geschehen. Ab- schnürung von der Ohrblase“ konnte Hellmann „für den Be- ginn nicht nachweisen.“ Der Verfasser erinnert auch daran, dass Boettcher (1870) bei Säugern ein mächtiges Wachstum des Ductus endolymphaticus nachgewiesen hat. Über die Homologisierung spricht sich Hellmann in seinem Vortrage nur kurz aus, danach scheint er den Ductus endolym- phaticus dem der höheren Wirbeltiere nicht zu homologisieren. Er sagt nämlich: „Hertwig (in Schwarzes Handbuch der Ohrenheilkunde, Bd. 1, S. 137) führt das Verhalten der Selachier als einen Beweis für seine Meinung an, dass der Ductus endo- Iymphaticus der Säuger ein Rest des ursprünglichen Stieles sei, durch welchen das Gehörbläschen zur Zeit seiner Abschnürung mit dem Hornblatt verbunden war. Er scheint damit fehl zu gehen. Denn wie Boettcher (]. c. S. 170 und 172) beim Schaf, Koelliker (Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Wirbeltiere, 2. Aufl., 1879, 8. 715), Poli (Zur Entwicklungs- geschichte der Hörblase bei den Wirbeltieren. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 48, S. 654, 1897) beim Hühnchen unzweifelhaft nachgewiesen haben, entspricht bei diesen der Recessus labyrinthi nicht der Verschlußstelle des Gehörbläschens; der Recessus labyrinthi tritt auch erst auf, nachdem sich das Gehörbläschen vollkommen vom Ektoderm abgeschnürt hat. Nach Noordens (Die Entwicklung des Labyrinths bei Knochenfischen, Arch. f. Anat. u. Entwicklungs- geschichte 1883, S. 235 u. f.) Untersuchungen fällt die Bildung des Ductus endolymphaticus bei den Knochenfischen in eine sehr späte Zeit.“ Wir werden später sehen, dass die Grundlage einer Vergleichung sich inzwischen doch verschoben hat. N E Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 195 Wir kommen zu den Teleostiern. Da will ich auf Noordens eben erwähnte Arbeit nicht näher eingehen. Von R. Krause wird den Teleostiern — worauf bereits einleitend hingewiesen wurde — sowohl in der Arbeit im Anatomischen Anzeiger von 1901 wie im II. Band von ©. Hertwigs Entwicklungslehre der Wirbeltiere ein Ductus endolymphatieus überhaupt abgesprochen. Mit Hinweis auf ein Modell, welches die Hörblase eines Forellenembryo darstellt, sagt er: „Von einem Ductus endolymphatieus ist hier nicht das ge- ringste zu bemerken, und die Knochenfische besitzen einen solchen Gang, wenigstens in dem von uns gebrauchten Sinne überhaupt nicht. Wenn ich das grosse Werk von Retzius!) durchblättere, so finde ich, dass der Ductus endolymphaticus fehlt bei sieben Arten. Das Gebilde, das man bei Knochenfischen mit diesem Namen belegt, tritt zuerst auf bei jungen Forellen von 22-—-25 mm Länge, bei denen das Gehörorgan schon fertiggebildet ist.“ „Eine irgendwie bedeutendere Ausdehnung erlangt aber dieses Gebilde bei keiner Art und darf vom entwicklungsgeschichtlichen und vergleichend-anatomischen Standpunkt aus jedenfalls nicht als ein Ductus endolymphaticeus bezeichnet werden. Dagegen spricht auch schon die Tatsache, dass es niemals an seinem peripheren Ende zur Bildung eines Saccus endolymphaticus kommt, der sich bei allen anderen Wirbeltiergattungen doch dann bildet, wenn sich der Ductus endolymphaticus von der Haut abschnürt.“ Gegen R. Krause wendet sich in einer jüngst erschienenen Arbeit Jaromir Wenig. Wenn er auch noch weitere Unter- suchungen abwarten will, „um diese so verwickelte Frage über die Homologie des Ductus endolymphaticus in ein klares Licht stellen zu können“, schliesst er doch seine Mitteilung „Die Ent- wicklung des Ductus endolymphaticus bei den Knochenfischen“ (Anat. Anz., Bd. 38, 1911): „Der Labyrinthanhang der Knochen- fische kann also den Namen Ductus endolymphaticus, mit dem ihn die alten Autoren bezeichnet haben, auf Grund meiner Arbeit mit Recht weiter behalten.“ Wenig hat Forellen untersucht. Nach ihm beginnt die Entwicklung des Ducetus endolymphaticus bereits zu einer Zeit, zu der der Utriculus noch nicht vom Sacculus abgetrennt ist, !) G. Retzius, Das Gehörorgan der Wirbeltiere, Stockh. 1581. 196 Franz Keibel: und zwar an der medialen Wand der Labyrinthanlage. Dort bildet sich eine Verdiekung von drüsenartigem Aussehen. „Bei den nächstälteren Stadien sehen wir, dass das dorsal gelegene, dünn gebliebene Epithel sich um diese Wandverdickung einstülpt. Die so entstandene zweischichtige Lamelle (Fig. 1) streckt sich nun ventralwärts und verwächst mit ihren seitlichen Rändern mit der Medialwand. So schnürt sich ein Teil des Alveusraumes ab. Sobald die herabwachsende Lamelle eine gewisse (Grenze erreicht hat, verbreiten sich ihre Ränder auf der Medialwand, die jetzt den Alveusraum einzuschnüren beginnt. So entsteht erst jetzt die dorsale Abgrenzung des Sacculus. Der abge- schnürte Raum ist das Lumen des Ductus endolymphaticus (Fig. 2).“ Wenig beruft sich für diese Homologisierung auf Julius Fleissigs Arbeit über die Entwicklung des Geckolabyrinthes (Anat. Hefte, Bd. 37, 1908), der „den Ductus endolymphaticus beim Platydactylus mauretanicus als ein in seiner ganzen Länge vom Alveus abgeschnürtes Organ erklärt.“ Ich werde, wie gesagt, auf diese Arbeit später noch zurückkommen. Über Amphibien liegen eine ganze Anzahl von Arbeiten vor. Ich nenne die von Francis Villy (1890; über Rana temporaria); H. W. Norris (1892 und 1901; über Amblystoma), Camillo Poli (1897; mehrere Amphibien), Friedrich Netto (1898; über Axolotl), H. K. Corning (1899; über Anuren), Rudolph Krause (l. cc.) undK.Okajima (1912; über Hynobius). Norris (1892) sagt: „Villy states that in the frog the recessus is not the last part of the vesicle to retain its connection with the external skin, but results merely from the mode of involution“, doch drückt sich Villy wesentlich vorsichtiger aus. Es heisst bei ihm (S. 524—525): As development proceeds the involution is more rapid at the dorsal than at the ventral part (des Ohr- grübchens), so that in sections it comes to have the appearance shown in Fig. 2. After this has taken place the ventral part in turn grows rapidly, pushing its way inwards (see Fig. 3), and as this process is going on the lips of the pit grow towards each other and coalesce, thus closing the aperture completely. Soon afterwards the newly formed outer wall of the vesicle separates from the deeper layer of epiblast, which remains near the surface. I am not certain that the mouth of the auditory sac is closed precisely in this manner, for the nervous layer of the epiblast is Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 197 so ill defined at this time and place that I have thought it more probable that the outer wall of the vesicle is formed simply by the cells at the edges of the pit proliferating, and closing the mouth by forming a plate across it. What ever the real mode may be, the vesicle is pyriform, when first closed, the dorsal part being the narrower. This narrow part ultimately becomes the recessus labyrinthi. Aus Fig. 2 darf man wohl schliessen, dass die Anlage des Ductus endolymphaticus bereits kenntlich ist, bevor die Abschnü- rung bezw. der Schluss des Ohrbläschens erfolgt. Wenn ich hier von Schluss des Ohrbläschens spreche, so sehe ich da natürlich von der mir bei Amphibien wohl bekannten Deckschicht ab, welche, an der Bildung des Ohrbläschens unbeteiligt, über dasselbe hinwegzieht. Für Amblystoma schildert Norris (1892) den Vorgang des Abschlusses des Ohrbläschens und die Bildung des Ductus endolymphaticus folgendermaßen (S. 24): „The closing ot the mouth of the pit begins at the ventral side and progresses dor- sally, so that the dorsal part of the ear vesicle is the last to close off from the space beneath the indifferent ectoderm. This dorsal portion is the recessus, and it is thus homologous with the recessus in those forms in whish the vesiele never loses its connection with the exterior.“ Und an einer anderen Stelle (S. 29) heisst es: „The recessus represents the last connection of the in- vaginated ear vesicle with the indifferent eetoderm“. Ganz abweichend von dieser Schilderung sind die Angaben, welche Friedrich Netto (1898) in seiner in OÖ. Hertwigs Laboratorium gearbeiteten Dissertation über die Bildung und Abschnürung des Öhrbläschens beim Axolotl macht. Er sagt: „Durch Abschnürung der Innenschicht des äußeren Keimblattes, nicht durch Ausstülpung, da kein Hohlraum vorhanden ist. bildet sich ein Zellhaufen, der ohne Höhlung, kompakt sich nach innen zu begibt. Ohne Verbindung mit dem Mutterboden wachsen die Zellen, weichen so drängend allseitig auseinander und bilden einen Hohlraum. Aus diesem wächst nach und nach durch Dehnung der Bläschenwand der Ductus endolymphaticus. Der mehrfach erwähnte Gang bei den Selachiern muss also wohl etwas anderes sein als die letzte Verbindung des Labyrintlis mit dem Mutter- boden.“ 198 Franz Keibel: Anders lauten R. Krauses (1901) Angaben über die Bil- dung des Ductus endolymphaticus bei Axolotl. Da R. Krause offenbar die der Arbeit von Netto zugrunde liegenden Prä- parate kannte, denn Netto bedankt sich bei ihm für „Ratschläge“ und „Winke“, wird es wohl nicht nötig sein, weiter auf die Arbeit von Netto zurückzukommen. Krauses Befunde lassen sich gut mit den Angaben von Villy für Rana temporaria in Ein- klang bringen. Es heisst bei R. Krause für Axolotl (S. 56): „Zuerst schlägt sich (nämlich) der dorsale Rand der Hörplatte um und wächst gegen die Mitte vor, dann folgt der ventrale Rand, der aber weiter ausholt, die eingestülpte Deckschicht vor sich herschiebt und sogar nach aussen etwas vorbuchtet. Dass sich wirklich der dorsale Rand zuerst vorbuchtet, zeigt sich auch daraus, dass er zuerst seine Verbindung mit der Grundschicht verliert. Wenn also die Hörblase noch nicht geschlossen ist, ist der Ductus endolymphaticus schon sehr deutlich angelegt. Er entsteht auch hier nicht durch Ausstülpung aus der Hörblase sekundär, sondern ist der Teil der Hörblase, der bei der Ein- stülpung oder, hier richtiger gesagt, Umstülpung der Hörplatte zuerst gebildet wird.“ Nicht ganz klar ist mir, wie Norris (1901) in einer Prioritätsreklamation sagen kann: „I wish to call attention to the fact that in 1892 I described the origin of the same structures in Amblystoma, and that my statements and figures agree in every respect with the later ones of Dr. Krause.“ Das bezieht sich jedenfalls nur auf die gröberen Verhältnisse und die in diesen vonN etto abweichende Darstellung. AusserAxolotlhatR. Krause auch Anuren untersucht, er bildet Schnitte durch Larven von Rana esculenta ab. Die Anuren bieten uns nach ihm fast die gleichen Verhältnisse dar als Axolotl. Ich bin hier ein wenig von der zeitlichen Folge abgewichen, weil ich die Arbeiten von Netto und Krause im Anschlusse an die von Norris besprechen wollte, und trage nun noch einiges Wenige auf die Entwicklung des Hörbläschens bei Amphibien bezügliche von Camillo Poli(1897) und Corning (1899) nach. Nach Poli ist nach seinen Untersuchungen von Hyla arborea und Bufo vulgaris die Schliessung der Gehörblase bei den Anuren „vorzugsweise als das Ergebnis einer von den Rändern (oder Lippen) der Invagination ausgehenden Zellenproliferation zu betrachten. Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 19% Der Recessus labyrinthi ist in seiner Anlage noch vor Abschluss der Blase sichtbar und ist somit nicht der äusserste Punkt, an welchem sich die Gehörinvagination von der Ektodermschicht ab- löst.“ Polis Resultate schliessen sich gut an die älteren von Villy an und mit Poli stimmt Corning (1899) völlig überein. Nachdem er schon einmal (S. 184) Poli bestätigt hat, sagt Corning (S. 190): „Dieser Recessus labyrinthi ist also zu einer Zeit angelegt, wo der Schluss der Platte eben erst angefangen hat, und kann keineswegs als die Stelle bezeichnet werden, an welcher das Gehörbläschen sich zuletzt schliesst“ ; und später betont er noch einmal (S. 191): „Ich befinde mich in bezug auf die Entwicklung des Gehörorgans bei Rana in Übereinstimmung mit Poli, der eine ausführliche Schilderung der Vorgänge gegeben hat.“ Ausden Untersuchungen von Okajima (1912) an dem Urodelen Hynobius (Ellipsoglossa) nebulosus ergibt sich, „dass die Spitze des Ductus endolymphaticus bei Hynobius mit der Abschnürungs- stelle des Hörbläschens nicht übereinstimmt.“ Der Ductus soll sich nicht sekundär aus dem Labyrinth ausstülpen, sondern er wird gebildet „durch das absteigende Eindringen einer Falte, Plica verticalis, durch welche der Ductus aus der Medialwand des Alveus abgeschnürt wird.“ Okajima beschreibt einen eigentümlichen Zustand der Epithelzellen an der medialen Wand des Ductus, die „dem Ependym- gewebe des Zentralnervensystems“ sehr ähneln. Seiner Meinung nach „wird diese Besonderheit der medialen Ductuswand dadurch hervorgerufen, dass die letztere, welche zugleich die ursprüngliche mediale Labyrinthwand darstellt, durch die Plica verticalis an der Alveuswand abgeschnürt und nicht fortentwickelt wird, wie es bei anderen Labyrinthteilen der Fall ist, wobei ihr hohes Epithel keine bemerkbare Differenzierung erfährt; sie werden im gewissen Grade rückgebildet und bleiben lange Zeit in diesem Zustand. „Der Ductus scheint mir also“, sagt Okajima, „wie Fleissig mit Recht gezeigt hat, auch ein Labyrinthteil zu sein, welcher in seinem Entwicklungsverlaufe einer weniger starken Ausbildung unterworfen ist.“ Wenden wir uns nun zu den Reptilien, so sind da ausser den schon in der Einleitung genannten Arbeiten von Peter (1901) und Krause (1901) die älteren Angaben von C. K. Hoffmann in Bronns Tierreich und die Arbeit von Julius Fleissig, „Die 200 Franz Keibel: Entwicklung des Geckolabyrinthes* (Anat. Hefte, Bd. 37, 1908) zu erwähnen. Poli (1897) hat zwar Anguis und Emys europaea untersucht, aber seine Angaben sind für unsere Frage ohne Be- lang. Auch A. Rabinowitsch, der 1903 in O. Hertwigs Laboratorium eine Dissertation „Über die Entwicklung des häutigen Labyrinths von Emys europaea“ gearbeitet hat, fehlen die Stadien, in welchen die Abschnürung des Ohrbläschens erfolgt. Auf die nicht ganz klaren Angaben von ©. K. Hoffmann (1890) will ich hier nicht näher eingehen, da sie durch die Untersuchungen Peters (1901), die am gleichen Tier und an einem sehr grossen Material angestellt wurden, überholt sind. Beachtung verdient die Arbeit von Julius Fleissig, „Die Entwicklung des Geckolaby- rinthes*“ (Anat. Hefte, Bd. 37). Fleissig gibt die Darstellung einer vollständigen Reihe schöner Plattenmodelle und versucht eine Ableitung der Formausgestaltung durch Feststellung der Wachstumsverhältnisse. Für die Abschnürung des Hörbläschens sind folgende Feststellungen hervorzuheben. Bei dem Stadium, von dem Fleissig ausgeht, liegt die Öffnung des Hörbläschens „nicht in der Mitte seiner lateralen Wand, sondern nimmt die obere Hälfte derselben ein; eine obere Lippe gibt es hier dem- nach nicht, die untere Lippe ragt etwas über die halbe Höhe des vertikalen Bläschendurchmessers hinauf.“ Es liegt also ein exzen- trischer Verschluss des Hörbläschens vor. Während im ventralen Rande der Öffnung zahlreiche Mitosen vorkommen, fehlen sie am dorsalen fast ganz. Der Verfasser glaubt schon in diesem Stadium den Bereich des Ductus endolymphaticus angeben zu können. Bei einem älteren Stadium erkennt man an der medialen Wand des Ohrbläschens eine ziemlich stark vorspringende Kante, die von der Spitze des Bläschens beginnend, senkrecht bis zum unteren Drittel der Wand hinabläuft; dort biegt sie in stumpfem Winkel nach hinten ab, um sich bald darauf zu verlieren. Diese Falte gibt an, „wie tief der Ductus endolymphatieus hinabreicht und wo wir derzeit seine Mündung zu suchen haben.“ Also nicht erst durch die Aufwerfung der Plica communis wird die Mündungs- stelle des Ductus endolymphaticus allmählich von der lateralen an die mediale Seite verlegt. Das Hörbläschen war in diesem Stadium vollkommen ge- schlossen. „Etwa 40 « unterhalb der Spitze steht es mit dem Ektoderm durch eine Zellmasse in Verbindung.“ Verfasser ist Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 201 im Zweifel, ob diese Zellmasse nicht bloss dichter gefügtes Ekto- derm ist, denn das Bläschen lässt sich — weniger gut das Ekto- derm — ganz deutlich in seinen Konturen abgrenzen. „Das Bläschen der anderen Seite zeigt an seiner Spitze eine kleine, gegen das Ektoderm gerichtete Zacke, ist aber mit diesem in keinem Zu- sammenhang mehr.“ Bei dem nächsten Stadium findet sich auch noch eine Stelle, „an welcher Ektoderm und Öhrbläschen in einem Zusammenhang stehen“; — Mesoderm scheint hier nicht in Frage zu kommen. „Man kann auch hier eine Abgrenzung der beiden aneinander liegenden Epithelien durchführen.“ Bemerkenswert ist die Lokali- sation dieser Verbindungsstelle; sie entspricht hier nicht mehr einem Punkte des Ductus endolymphatieus, sondern gehört dem oberen äusseren Ende des Labyrinthbläschens an. Jedenfalls liegt sie aber, wie die Fig. 6 zeigt, unmittelbar an der Basis der An- lage des Ductus. Zusammenfassend schreibt dann Fleissig, dass er zu dem Ergebnis gekommen sei, dass nicht nur der untere Teil des Ductus, wie Rabinowitsch nach seinen Untersuchungen an Schildkröten- embryonen meint, sondern „der ganze Ductus sich durch Ab- schnürung“ aus der medialen Wand gebildet hat, und ist der An- sicht, dass er selbst ein aktives Wachstum nur in geringem und vor allem wesentlich schwächerem Grade als das übrige Labyrinth besitzt.“ Seine Grössenzunahme soll im allgemeinen eine passive durch Dehnung und hochgradige Abflachung seines Epithels be- dingte sein. Nach Studien von Serien zweifelt Fleissig nicht daran, dass sich die Entwicklung des Recessus labyrinthi ebenso auch bei den Haifischen abspielt, und dass auch die Frage nach der Homologie des Recessus labyrinthi — als eines bei allen Verte- bratenordnungen ganz gleichartig entstandenen Abschnürungs- produktes der medialen Alveuswand — endgültig in bejahendem Sinne entschieden“ sei. „Über die Abschnürungsstelle konnte“ Fleissig „nicht ins Klare kommen“; sie lässt sich nach dem ihm „zur Verfügung stehenden Material nicht genau lokalisieren; mit Rücksicht auf die Befunde von Poli (1897), Peter (1901) und Krause (1901) gewinnt es an Wahrscheinlichkeit, dass die bei den Stadien 2 und 3 beschriebene Stelle* — über die ich auch hier berichtet 202 Franz Keibel: habe — „die der letzten Verbindung zwischen Bläschen und Ektoderm ist und also nicht mit der Spitze des Ductus endo- Iymphaticus zusammenfällt. Im allgemeinen kann man sagen, dass die Abschnürungsstelle des Bläschens dann mit der Spitze des Ductus endolymphaticus zusammenfallen wird, wenn es nicht zur Bildung einer dorsalen (oberen) Lippe kommt; dies ist vor allem bei den Selachiern, dann auch, wie es scheint, bei den Säugern der Fall.“ „Aber auch dort, wo eine dorsale Lippe gebildet wird, ist sie immer weitaus kleiner als die ventrale, der Schluss des Ohrbläschens daher immer exzentrisch und die Abschnürungsstelle in der oberen Bläschenpartie gelegen.“ Diese letzte Feststellung steht freilich in gewissem Wider- spruch zu der Angabe, dass Platydactylus eine dorsale Lippe fehlt und nach dem Stadium 3 des Autors die vermutliche Abschnürungsstelle doch nicht an der Spitze des Ductus endo- Iymphaticus liegt. Wenden wir uns jetzt zu der Klasse der Vögel, so sind die Arbeiten von Poli (1897) mir (1899), Alexander (1901), Krause (1901) und Roethig und Brugsch (1902) zu nennen. Polı hat an Huhn und Gans gearbeitet. Seine Resultate sind, soweit sie die Abschnürung des Gehörbläschens und die Beziehungen der Abschnürungsstelle des Ductus endolymphaticus betreffen, von mir (1899) und Krause (1901) beim Hühnchen widerlegt worden. Polis (1897) Abbildungen haben, wie selbst Peter, der sich auf seine Seite stellt, zugibt, keine rechte beweiskraft und auch seine Ausführungen sind nicht ganz klar. Über die Entwicklung des Ductus endolymphaticus sagt er (8.654): „Es sei gleich hier daran erinnert, dass, was den Entwicklungs- prozess betrifft, der inneren Wand der späteren Gehörblase der kecessus labyrinthi entspricht, eine Sackbildung, welche sich von jener Wand ablöst und sich nach oben und vorn hinzieht. Dass daher der Rückenrand noch vor erfolgtem Schlusse der Gehörinvagination sich einsenkt, beweist, dass bei Hühner- embryonen der Recessus labyrinthi nicht dem Punkte entspricht, wo das Gehörbläschen zum letzten Mal mit dem Ektoderm in Kontakt steht.“ Röthig und Brugsch (1902) haben beim Hühnchen die Abschnürung des ÖOhrbläschens vom Ektoderm geschildert, wie ich sie nach eigenen (18399) Untersuchungen kenne. Es heisst in Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 203 ihrer Arbeit (S. 357): „Die Epithelbrücke ist nach erfolgtem Schlusse des Bläschens ganz solide, ohne jeden Hohlraum; sie ist auch nicht der Teil, aus dem sich später der Ductus endo- Ivmphatieus entwickelt. Sie geht vielmehr vollständig zu Grunde, sobald erst das Bläschen vom FEktoderm abgedrängt wird.“ Röthig und Brugsch fahren dann fort: „Diejenige Stelle aber, wo das Bläschen zum letzten Male mit dem Ektoderm in Berührung war, also die Ansatzstelle der Epithelbrücke an das Bläschen, ist die Matrix für den Ductus endolymphaticus.“ Ich glaube, es wäre richtiger, zu sagen, die Abschnürungsstelle liegt beim Huhn in der Nähe der Spitze des sich entwickelnden Ductus endolymphatieus. Für die Säuger wurden Alexanders (1900 und 1901) Angaben für das Meerschweinchen bereits erwähnt. R. Krause (1901) macht ganz entsprechende Angaben für das Kaninchen. Er sagt, dass die Abschnürungsstelle der Hörblase „dem dorsalen Ende des Ductus endolymphaticus ganz ebenso wie bei den Vögeln“ entspricht, „nur bildet sich der Ductus endolymphaticus bei den Säugetieren erst nach oder gleichzeitig mit der Abschnürung der Hörblase.“ P. Denis (Archives de Biologie T. 15, 1902) hat bei der Fledermaus die Abschnürung des Öhrbläschens offenbar nicht beobachtet; über die weitere Ausbildung des Ductus endo- Iymphaticus sagt er (S. 433): „Le canal endolymphatique s’accroit non seulement par allongement de sa pointe, mais aussi en se separant de plus en plus completement de la face interne de l’otocyste et en reportant vers le bas son insertion sur ce dernier.* Ebenso wie Denis bei der Fledermaus entging Streeter beim Menschen die Abschnürung des Ohrbläschens vom Ektoblast. „No epidermal stalk could be detected connecting the vesicle with the surface, or persisting beneath the surface epithelium, as observed in the rabbit by Krause. Evidently in the human embryo such a stalk must be either very temporary or else never present, as here we have to do with a vesicle whose closure and detachement from the surface must be regarded as only just completed.“ Dass eine solche Verbindung auch beim Menschen besteht, ist dann in der Normentafel zur Entwicklungsgeschichte von Keibel und Elze (1908) an einem grossen Material festgestellt worden. Man schlage dafür die Tabellen S, 9, 10, 11, 13, 14, 204 Franz Keibel: 15, 16, 17, 18, 19 auf. Zugleich ergibt sich, wenn man diese Tabellen miteinander vergleicht, dass in dem Auftreten des Duetus endolymphaticus und der Abschnürung des Öhrbläschens zeitlich gewisse individuelle Schwankungen bestehen. Dementsprechend ist auch die letzte Stelle der Verbindung etwas variabel. So heisst es in der Tabelle 11, welche Broman zu der Normentafel bei- gesteuert hat: „Die Labyrinthbläschen sind noch durch je einen epithelialen Stiel mit dem Ektoderm in Verbindung. Dieser Stiel geht nicht vom oberen Ende des Bläschens aus, sondern von der lateralen Bläschenwand etwa an der Grenze des oberen und mittleren Drittels derselben.“ Einen Ductus endolymphaticus hat Broman bei diesem Embryo noch nicht erkannt. Bei dem Embryo der Tabelle 10 liegen die Dinge sogar rechts und links etwas verschieden. Das Gleiche gilt von dem Embryo der Tabelle 15, bei welchem zur Zeit der Abschnürung doch auch schon die Ductus endolymphatiei deutlich werden, und zwar, wie Fig. 11b—e zeigen, an der Stelle der Abschnürung. Zusammenfassend sage ich (in Keibel und Mall, Hand- buch der Entwicklungsgeschichte des Menschen, Bd. 2, 1911, S. 258): „So entsteht also auch beim Menschen, wie bei anderen Säugern und bei Vögeln, der Recessus labyrinthi im unmittelbaren Anschluss an die Abschnürungsstelle des Hörbläschens, ist also sicher dem Ductus endolymphaticus der Selachier gleichzusetzen.“ „Wenn“, so füge ich hinzu, „bei Reptilien und Amphibien die Entwicklungsvorgänge nicht mehr so deutlich auf diese Homologie hinweisen, so sehe ich darin keinen Grund, welcher gegen die Homologisierung durch die ganze Wirbeltierreihe spricht.“ In dieser Anschauungsweise nun bin ich bestärkt worden durch Befunde, welche ich bei einer Schildkröte, Chrysemys marginata, gemacht habe und über die ich jetzt berichten will. Ich fand die entsprechenden Stadien in den Serien meines ver- storbenen Freundes von Alten, dessen hinterlassene Arbeit über die Entwicklung der Kiemenregion bei Chrysemys ich zum Druck fertig machte (vgl. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 87, 1916). Herr Privat- dozent Dr. v. Berenberg-Gossler hatte dann die Güte, mir auch seine Serien zur Verfügung zu stellen. Ich sage ihm meinen herzlichen Dank dafür. Die Gesichtspunkte, aus denen die Entwicklungsvorgänge zu betrachten sind, ergeben sich aus dem schon Gesagten. Wir Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 205 werden unsere Aufmerksamkeit zu richten haben auf die Ab- schnürungsstelle und die Art der Abschnürung des Ohrbläschens vom Ektoblast, auf die Beziehungen dieser Stelle zur Anlage des Recessus labyrinthi (Ductus endolymphaticus) und auf die Aus- bildung des Recessus labyrinthi selbst. Wir werden zu unter- suchen haben, inwieweit Ausstülpungs- oder Abfaltungsvorgänge, oder vielleicht beide ineinandergreifend, festzustellen sind. Es wird dann die Frage nach der Homologie des Recessus labyrinthi bei den Wirbeltieren zu erörtern sein. Andere Fragen sollen nicht in den Bereich unserer Betrachtungen gezogen werden. Gleich hier sei erwähnt, dass ich R. Krause in seiner Anschauung über die Bedeutung der Abschnürungsstelle der Hörblase vom Ektoderm nicht beistimmen kann. Krause sagt, dass, wenn man alles zusammenfasst, man zu dem Ergebnis kommt, „dass die Ab- schnürungsstelle der Hörblasenwand von der Epidermis in ihrer Lage zur Hörblase wechselt: bald liegt sie in der Mitte der lateralen Hörblasenwand, oder sie nimmt, und zwar anscheinend in den meisten Fällen, das dorsale Ende der Hörblase ein.“ „Aber diese Tatsachen sind für die Frage nach der Homologie des Ductus endolymphaticus von ganz untergeordneter Bedeutung. Wenn wirklich der Ductus endolymphatieus der höheren Wirbel- tiere jenem Gang bei den Selachiern homolog sein soll, so müsste man nachweisen können, dass sich bei beiden der Gang nach den gleichen Grundprinzipien und aus denselben Teilen der Hörblase entwickelt; man müsste nachweisen können, dass der Ductus endolymphaticus eine primäre Bildung ist und nicht erst eine sekundäre Ausstülpung der Hörblase, mag die letztere nun schon geschlossen oder noch offen sein.“ Dem stimmt auch Julius Fleissig (1908) bei und sagt: „Krause hat viel Klarheit in diese Frage gebracht, indem er namentlich die geringe Bedeutung der Abschnürungsstelle des Labyrinthbläschens bei der Beurteilung der Homologie des Ductus endolymphatieus ins rechte Licht setzte.“ Nun gewiss wird man auch die sonstigen morphologischen Momente, wie sie Krause betont, zu berücksichtigen haben, aber man wird die Beziehungen der Anlage des Ductus zur Abschliessungs- stelle des Ohrbläschens vom Ektoderm schon darum nicht ausser Acht lassen dürfen, weil es ja eben das Hauptcharakteristikum des Ganges bei Selachiern ist, dass er auf der Oberfläche ausmündet. 206 Franz Keibel: Wie die Varianten in der Abschnürung zu beurteilen sind, das wird später zu erörtern sein. Seitdem ich die Einleitung zu meiner Arbeit und einen Teil der Arbeit selbst niedergeschrieben hatte, sind in den Anatomischen Heften zwei Arbeiten erschienen, welche ich nicht unberücksichtigt lassen kann. Beide kommen zu voneinander ganz abweichenden Ergebnissen. Die erste stammt aus dem II. Institut der Wiener Uni- versität und trägt den Titel: „Zur Entwicklungsgeschichte des Ductus endolymphaticus beim Menschen“ (Anat. Hefte, Bd. 52, Heft 3, 1915). Seine Verfasser sind Perovic und Aust. Sie bestätigen für den Menschen die von mir (im Handbuch der Ent- wicklungsgeschichte des Menschen von Keibel und Mall) ausge- sprochene Ansicht, die schon wiedergegeben wurde, indem sie sagen: „Im folgenden kann nun die Ansicht von Keibel nicht nur bekräftigt, sondern zugleich auch gezeigt werden, dass die Abschnürungsstelle des Labyrinthbläschens von der Epidermis streng im Gebiet der Anlage des Ductus resp. Saccus endo- lymphaticus gelegen ist.“ Über eine Abschnürung des Ductus von der medialen Wand des Hörbläschens wird nichts berichtet. Die Arbeit von Perovi@ und Aust veranlasste mich, im Anatom. Anzeiger eine vorläufige Mitteilung unter dem Titel „Der Ductus endolymphaticus (Recessus labyrinthi) bei Schild- kröten“ erscheinen zu lassen. Aber bereits bevor diese herauskam, erschien eine Arbeit von Gösta Fineman (Anatom. Hefte, Bd. 53, Heft 1, 1915) „Beiträge zur Kenntnis der Entwicklung des Ductus endolymphaticus bei dem Menschen und einigen Wirbel- tieren“, welche auf breiter Basis und in sehr sorgfältiger Weise die Entwicklung des Recessus labyrinthi untersucht. Für mich war die Arbeit dadurch von besonderem Interesse, dass auch Schildkröten und zwar besonders mein Objekt Chrysemys marginata herangezogen wurden. Fineman fasst die Resultate der grossen Arbeit in folgenden Sätzen zusammen: 1. „Beim Menschen entwickelt sich der Ductus endolymphaticus aus einer selbständigen Ausstülpung am dorsalen Ende der Labyrinth- anlage, deren ektodermale Verbindung verschwindet und nichts mit dem Ductus endolymphaticus zu tun hat.“ %. „Der Ductus endolymphatieus beim Kaninchen und Schwein entsteht ebenfalls aus einer selbständigen Ausstülpung am dorsalen Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 207 Ende der Labyrinthanlage und hat nichts mit der ektodermalen Verbindung zu tun.“ 3. „Bei Hühnern und Enten entwickelt sich der Ductus endolymphaticus als eine selbständige Ausstülpung am dorsalen Ende der Labyrinthanlage. Die ektodermale Verbindung bei Hühnern hat gewöhnlich ihren Platz an der lateralen Wand des Ductus endolymphaticus ventral vom dorsalen Ende, wogegen sie bei der Ente sich ähnlich verhält wie beim Kaninchen und Schwein. Mit der Entwicklung des Ductus endolymphaticus hat er!) weder beim Huhn noch bei der Ente etwas zu tun.“ 4. „Der Ductus endolymphaticus bei Chrysemys marginata und Chelydra serpentina entwickelt sich aus einer Ausbuchtung des kaudo-dorso-medialen Randes der Labyrinthanlage und wächst davon in dorsaler Richtung aus, wobei die ektodermale Ver- bindung wegen des schnellen Wachstums des Ductus endolymphaticus allmählich ihren Platz auf dessen lateraler Fläche erhält, aber nichts mit der Entwicklung des Ductus endolymphaticus zu tun hat.“ 5. „Beim Frosch entwickelt sich der Ductus endolymphaticus aus einer selbständigen Ausstülpung am dorsalen Ende der Labyrinthanlage schon zu einem Zeitpunkt, wo dieselbe noch nicht geschlossen ist.“ 6. „Der Ductus endolymphaticus bei Lepidosteus osseus und Salmo iridis entwickelt sich als eine selbständige Ausstülpung an der dorso-medialen Wand der Labyrinthanlage nach dessen Abschnürung vom Ektoderm und wächst nachher in dorsaler Richtung Seite an Seite mit dem übrigen Labyrinth.“ 7. „Der Ductus endolymphaticus beim Selachier Torpedo ocellata entsteht aus der, einen Kanal umschliessenden, ektodermalen Verbindung. die nach dem unvollständigen Zusammenschluss der Labyrinthanlage entstanden ist und deren in die Länge gehendem Wachstum.“ 8. „Der Ducetus endolymphaticus bei Torpedo ocellata ist höchstwahrscheinlich nicht homolog mit dem Ductus endo- Iymphaticus bei dem Menschen und den übrigen von mir unter- suchten Wirbeltieren.“ 9. „Der Name Ductus endolymphaticus bei Torpedo ocellata sollte darum durch einen geeigneteren Namen ersetzt werden.“ !) Soll sie heissen. Archiv f. mikr. Anat. Bd.89. Abt. I. 14 208 Franz Keibel: Eine Besprechung der Resultate und der Untersuchungen Finemans soll erfolgen, nachdem ich meine eigenen Unter- suchungen an Schildkröten dargelegt habe. Zunächst nur soviel, dass meine Abweichungen von Fineman nicht in den objektiven Befunden, sondern in der Deutung liegen; teilweise auch in der Nomenklatur. Ich habe schon einmal betont, dass die Arbeit Finemans nicht nur auf breiter Grundlage ruht, sondern auch mit grossem Fleisse ausgeführt ist. Fineman hat eine grosse Anzahl von Modellen gemacht. Leider ist die Wiedergabe der Modelle vielfach nicht glücklich und der Mangel einer gleich- mässigen Orientierung erschwert den Überblick. Eigene Untersuchungen. Ich lege, obwohl ich eine grössere Zahl von Serien durch- gesehen habe, dieser Darstellung nur elf Embryonen, zehn von Chrysemys marginata und einen von Aromochelys odorata zugrunde. Man kann diese Embryonen in drei Gruppen einteilen. 1. Embryonen vor dem Verschluss des Hörbläschens. Von solchen werden sechs besprochen, alle von Chrysemys marginata. 2. Embryonen nach eben erfolgtem Verschluss, in denen noch ein Zusammenhang des Ohrbläschens mit dem Mutterboden bestand. Ich bespreche hier Serien durch drei solcher Embryonen, — zwei Uhrysemysembryonen und einen Embryo von Aromochelys. 3. Embryonen nach vollständiger Lösung der Ohrbläschen vom Ektoderm. Ich habe von solchen Embryonen fünf untersucht, berücksichtige hier aber nur zwei. Ich beginne mit einem Embryo von Chrysemys marginata (Bez. v.G. 6). der von der Scheitelbeuge abgesehen noch voll- kommen gestreckt war. Seine Länge betrug 4 mm. Er hatte etwa elf Ursegmentpaare und im Grunde der Medullaranlage konnte man kaudal einen weit offenen Canalis neurentericus erkennen. Die Textfig. Ja—lm geben Querschnitte durch die OÖhrgegend dieses Embryo in kranio-kaudaler Reihenfolge. Beiderseits sind die noch weit offenen Ohrgrübchen getroffen. Ein Verschluss dieser Ohrgrübchen beginnt von der ventro-kaudalen Seite her. Hier erkennt man die „ventrale Lippe“ des Ohrgrübchens schon deutlich. Von einer „dorsalen Lippe“ ist keine Spur vorhanden, wohl aber ist die Stelle der späteren dorsalen Kante des Öhr- bläschens schon zu erkennen, die zur Spitze des Recessus labyrinthi Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 209 2) Franz Keibel: wird. Um einen Einblick in die Wachstumsverhältnisse zu geben, habe ich die Lage der Kernteilungen im Gebiete der Ohranlagen als Punkte eingetragen. Es ergibt sich keine besondere Anhäufung der Kernteilungen kaudo-ventral. Jedenfalls finden wir in Fig. If, i und k Kernteilungen ganz dorsal, in der Gegend der Anlage, welche später den Recessus labyrinthi entstehen lässt. Der nächstältere Embryo, den wir hier berücksichtigen wollen, ist durch v. Alten in seiner Arbeit „Beitrag zur Ent- wicklung des Kiemendarms einer Schildkröte (Chrysemys margi- nata)“ (dies Archiv Bd. 87, S. 596) als Textfigur 2 abgebildet worden. v. Alten bezeichnet ihn als Stadium 2 (Bez. v. G. 1). Die grösste Länge des Embryo beträgt 4,5 mm, die Zahl seiner Ursegmentpaare 14. Vergleicht man ihn mit den Eidechsen- embryonen der Peterschen Normentafel, so würde er etwa dem Embryo Nr. 54 oder 55 entsprechen. Auch hier kann man fest- stellen, dass der Verschluss der Ohrgrübchen in kaudo ventro- dorsaler Richtung erfolgt. Die Figuren 2a—2g‘ geben die Um- risse einer Reihe von 32 Schnitten in kranio-kaudaler Richtung. Auch bei diesen Bildern ist wie bei den vorigen die Lage der Kernteilungen durch Punkte angegeben. Man erkennt leicht, dass die Ohrgrübchen noch weit offen sind. Eine dorsale Lippe fehlt, doch ist die Stelle der dorso-kaudalen Kante des Ohr- bläschens, die zur Entwicklung des Recessus labyrinthi Bezie- hungen hat, wohl zu erkennen. Die ventrale Lippe ist gut ent- wickelt, doch ist sie nicht allein für die Entwicklung des Ohr- bläschens verantwortlich zu machen. Betrachten wir nämlich die Häufung der Kernteilungen in den Figuren 2m und 2,, so wird man doch wohl zu der Anschauung kommen, dass neben der Faltenbildung auch eine kräftige Einwucherung solider Zellmassen statt hat. Der Embryo, zu dem wir uns nun wenden, ist der Repräsen- tant des Stadiums 3 v. Altens. Das Stadium entspricht Nr. 61 bis 62 der Peterschen Normentafel der Eidechse. Die grösste Länge des Embryo beträgt 4 mm, er hat 18—19 Ursegment- paare aufzuweisen. Für seine weitere Charakterisierung ver- weise ich auf v. Alten (Bez. v. G. 2). Die Ohrbläschen nähern sich dem Schluss. Links ist ihre Öffnung auf sechs, rechts sogar nur noch auf vier Schnitten von 7,5 u Dicke getroffen. bei den Schildkröten. 211 312 Franz Keibel: Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 213 214 Franz Keibel: Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 215 Beide Ohrbläschen wurden bei 133,3:1 modelliert und sind in den Tafelfiguren la und 2a von der lateralen und in den Figuren 1b und 2b von der medialen Seite bei 100facher Ver- grösserung wiedergegeben. Die Zeichnungen sind wie alle dieser Art mit Hilfe des Dioptrographen entworfen. Die Schnitt- richtung entspricht den Linien am Rande der Tafel. Von lateral bezw. von medial gesehen erscheinen die ÖOhrbläschen birn- förmig. Ihr spitzer Pol ist dorso-kranial gerichtet. Man kann an ihnen unterscheiden eine laterale und eine mediale Fläche und einen dorso-kaudalen und einen vorderen Rand. Auf der lateralen Fläche befindet sich, dem spitzen Pol genähert, die Öffnung des Ohrbläschens. Die Öffnung ist etwas in die Länge gezogen, entsprechend der längsten Ausdehnung des Ohrbläschens. Die Öffnung misst rechts 0,041 mm, in der grössten Ausdehnung 0,015 mm senkrecht darauf. Die Spitze überragt den oberen Rand der Öffnung um 0,075 mm, das untere etwas aufgetriebene Ende ist 0,1575 mm vom unteren Rande der Öffnung entfernt. Die Gesamtentfernung vom spitzen zum stumpfen Pol des Bläschens beträgt 0.255 mm. Alle diese Maße sind direkt mit dem Gleit- zirkel genommen, ebenso die sonst von den Modellen angegebenen Maße. Am linken Ohrbläschen ist die grösste Ausdehnung der Öffnung 0,045 mm, senkrecht darauf messen wir 0,015 mm. Die Spitze des Hörbläschens überragt den oberen Rand der Öffnung um 0,0525 mm. Das untere Ende ist 0,165 mm vom unteren Rande der Öffnung entfernt. Die grösste Entfernung vom spitzen zum stumpfen Pol beträgt direkt gemessen 0,2475 mm. Die mediale Fläche beider Ohrbläschen ist muldenförmig ausgehöhlt. Diese Aushöhlung ist da- durch zustande gekommen, dass die Ohr- a bläschen sich einem Neuromer des Meten- Var cephalon fest anlegen und dieses sich auf der medialen Fläche abdrückt (Text- hgur 3). Jenseits der so entstandenen Mulde weitet sich das Ohrbläschen aus, und diese Ausweitung macht sich auf dem unteren Teil der medialen Wand geltend, ihre Wölbung geht auf die laterale Wand über, und diese er- scheint in ihrer ganzen Ausdehnung Fig. 3. 216 Franz Keibel: bis gegen die dorso-kaudale Kante hin sackförmig vor- gewölbt. Der spitze Pol ist durch eine seichte Furche gegen die dorso-kaudale Kante des Ohrbläschens abgesetzt und geht ohne Abgrenzung in die vordere Kante über. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass wir in diesem spitzen Ende des Ohr- bläschens und in einem Teile der dorso-kaudalen Kante Gebilde haben, welche zur Bildung des Recessus labyrinthi beitragen. Der nächstältere Embryo, dessen Labyrinthanlagen ich wenigstens in ihren dorsalen Teilen modelliert habe, ist ein Embryo von 22—23 Ursegmentpaaren; aus der Anzahl der Schnitte bestimmt, beträgt die Länge des Embryo 3,5 mm. Bei dieser Länge ist die Schrumpfung in Paraffin und die inzwischen aufgetretene Nackenkrümmung des Embryo zu berücksichtigen. Die übrigen Embryonen sind in Celloidin-Paraffin eingebettet. Der Embryo repräsentiert v. Altens Stadium 4, in Altens Arbeit kann man die genauere Charakterisierung nachlesen. Trotzdem die Ohr- bläschen grösser sind, ist in ihrer Gestalt keine wesentliche Änderung eingetreten. Die Öffnung des Ohrbläschens beträgt rechts nach seiner grössten Länge gemessen 0,045 mm, senkrecht dazu 0,015 mm: links 0,025 mm in die Länge und 0,0075 mm senkrecht dazu. Die Öffnung liegt rechts wie links ganz im Bereich der Anlage des Recessus labyrinthi. Der Embryo von Chrysemys marginata v. G. 3 hatte bei ausgesprochener Zusammenkrümmung eine grösste Länge von 5,5mm. Die Tafel- fieuren 3a und 3b stellen sein rechtes Ohrbläs- chen von lateral undmedial dar,die Tafelfiguren 4a und 4b das linke. In der Textfig.4ist ein Schnitt wieder- gegeben, welcher beide Öhrbläschen getroffen hat. a PR" Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 217 Die Öffnungen der Ohrbläschen sind nur noch eanz klein und rundlich. Sie liegen vollkommen im Bereich der Anlage des Recessus labyrinthi, ganz gegen sein oberes, dem spitzigen Pol des Ohrbläschens entsprechendes Ende zu. Die Anlage des Recessus geht ohne Grenze in die dorso-kaudale Kante des Ohrbläschens über. Besonders das Modell des rechten Öhrbläschens ist lehrreich, weil es zeigt, wie die ursprünglich dorso-kaudale Kante des Bläschens sekundär auf die mediale Seite verlagert wird. Es geschieht das da- durch, dass das Material, aus dem sich später die vertikale Taschenfalte bildet, stärker wuchert und sich durch eine Rinne gegen die dorso-kaudale Kante absetzt. Diese Abgrenzung setzt sich weit auf die laterale Wand fort, während sie auf der medi- alen Wand kaum zu verfolgen ist. Auf der Textfig. 5 erkennt man rechts wie links im Schnitte bereits das Anlagegebiet der vertikalen Bogengangtasche. Besonders deutlich abgegrenzt erscheint es links im Bilde. Wenig weiter als bei dem Embryo Chrysemys marginata v.G. 3 sind die Öhrbläschen bei dem Embryo Chrysemys marginata v. G. 4 entwickelt. Beide Ohrbläschen stehen noch durch eine feine Öffnung mit der Aussenwelt in Verbindung. Die Spitze der Anlage des Recessus labyrinthi ragt weiter über die Öffnung hinaus als beim vorher beschriebenen Embryo. Die mediale Fläche liegt einem Neuromer des Metencephalon dicht an und wird durch dasselbe in seiner Gestalt beein- flusst; sie zeigt dem Neuromer entsprechend eine ausge- sprochene Konkavität. Auf der lateralen Wand grenzt sich das Material der vertikalen Bogenfalte gegen die dorsale Kante mit der Anlage des Recessus labyrinthi ab. Dass dies die Ver- lagerung der dorso-kaudalen Kante auf die sekundäre mediale Fläche einleitet, wurde schon hervorgehoben. Die Entfernung vom schmalen proximo-dorsalen Pol des Ohrbläschens zum kaudo- ventralen beträgt rechts 0,45 mm; die Mitte seiner Öffnung liegt 0.075 mm vom proximalen, 0,375 mm vom kaudo-ventralen Pol entfernt. Die entsprechenden Maße betragen am linken Ohr- bläschen 0,4275 mm, 0,0825 mm und 0,345 mm. Die Textfiguren 5—7 geben drei Schnitte durch die Ohr- gegend des Embryo. In Fig. 5 ist die Öffnung des linken, in der Fig. 6 fünf Schnitte von 7,5 u Dicke weiter kaudal die 218 Franz Keibel: Öffnung des rechten Ohrbläschens dargestellt. Den Schnitt weitere acht Schnitte von 0,75 u kaudal gibt Fig. 7 wieder. Man erkennt auf diesen Figuren die nahe Anlagerung der Hörbläschen gegen die Gehirnanlage und die von der lateralen Wand des Gehör- bläschens gegen die Epidermis sich vorwölbende vertikale Taschen- falte. Nebenbei sei hervorgehoben, dass Kernteilungen im Gebiete der Anlage des Recessus labyrinthi durchaus nicht spärlich sind. Fig. 6 Wir kommen jetzt zu der zweiten Gruppe von Embryonen, zu den Embryonen, bei welchen das Hörbläschen zwar nach aussen abgeschlossen ist, aber ein ektodermaler Strang noch die Verbin- dung mit seinem Mutter- boden herstellt und die Stelle erkennen lässt, an der es zuletzt mit der Aussenwelt in Verbindung stand. Ich bespreche in dieser Gruppe von Em- Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 219 bryonen zuerst den Embryo Emys marginata O; der als älter als der Embryo © der v. Altenschen Arbeit bezeichnet ist. Die Serie ist leider beschädigt, doch lässt sich das linke Ohrbläschen ganz und wenigstens ein wichtiger Teil des rechten rekonstruieren. In den Tafelfiguren 7a—7c ist das linke Ohrbläschen von lateral, von medial und nach Abtragung seines unteren (ventro-kaudalen) Teiles von ventro-kaudal dargestellt. Das Verständnis der Modelle wird durch eine Anzahl von Schnittbildern (Textfig. S—16) unter- stützt. Die Schnitte folgen sich in kranio-kaudaler Richtung. In Textfigur 8 ist auch noch die rechte Körperhälfte mit der rechten Ohranlage mit zur Darstellung gebracht. Von der Spitze des Recessus labyrinthi, der dem Dach des vierten Ventrikels auf- liegt, bis zum kaudo-ventralen Pol misst das linke Ohrbläschen 0,5Smm. Die Verbindung mit der Epidermis liegt 0,12mm von der Spitze des Recessus, 0,46 mm vom kaudo-ventralen Pol. Die Wurzel des Recessus beginnt sich gegen das übrige Ohrbläschen abzugrenzen. Die Anlage der vertikalen Bogengangtasche schiebt sich dorsalwärts, und das Ursprungsgebiet des Recessus labyrinthi wird so sekundär nach medial verlagert. In der An- sicht vom Inneren des Ohrbläschens sieht man das in der Tafel- figur 7c. Der kraniale Teil der Labyrinthanlage überragt die Wurzel des Recessus labyrinthi nur wenig; ein Beweis dafür, dass der Recessus bis jetzt im wesentlichen nicht durch Ab- schnürung der dorso-kaudalen Kante der früheren Stadien ent- standen ist. Auf der rechten Seite scheinen ganz entsprechende Verhältnisse vorgelegen zu haben. Die Ansicht der Einmündungsstelle des Recessus labyrinthi geben die Tatelfig. 7e und die Textfiguren 10—16. Man sieht, dass die Einmündungsöffnung des Recessus labyrinthi ziemlich eng ist und in eine kurze Rinne übergeht. Spuren einer Ab- schnürungsnaht konnte ich nicht auffinden. Lateral von der Einmündung sieht man auch von innen her die Falte, welche sich infolge des dorsalwärts gerichteten Wachstums der verti- kalen Taschenanlage bildet; auch auf den Schnittbildern ist sie zu erkennen. Der Embryo Chrysemys marginata B v. Alten ist in Altens Arbeit (dieses Arch., Bd. 87, Taf. XXXI, Fig.B) durch die Abbildung seines Kopfendes genügend charakterisiert. Er ist ganz auffallend klein. Das linke Ohrbläschen misst von der 220 Franz Keibel: Spitze des Recessus labyrinthi bis zum kaudo-ventralen Pol0,53mm. Die Verbindungsstelle des Recessus labyrinthi ist O,llmm von seiner Spitze, 0,42 mm vom kaudo-ventralen Pol des Ohrbläschens entfernt. Die Länge des Recessus labyrinthi, dessen distaler Teil sich bereits zum Saccus endolymphaticus zu erweitern beginnt, von der Spitze bis zur Mitte seiner Basis gemessen, wo diese an die vertikale Bogentasche angrenzt, beträgt 0,23mm. Die Verbindungsstelle mit der Epidermis liegt O,llmm von der Spitze des Recessus, 0,12 mm von der Mitte der Basis, in dem (rebiet des Recessus, das bereits als dem späteren Saccus angehörig zu erkennen ist. 14 15 16 sc ee N ee a a ra ir De SE ee ne 4 Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 22] Die Basis des Recessus labyrinthi ist durch die vertikale Bogengangtasche medialwärts verdrängt, und so kann man, falls man von diesem Stadium ausgeht, sagen: der Recessus labyrinthi nimmt seinen Ursprung von der medialen Wand des Ohrbläschens. Ein grosser Teil dieser „medialen“ Wand ist aber, das darf man nicht aus dem Gedächtnis verlieren, erst sekundär durch die Bildung der vertikalen Bogentasche medialwärts verschoben worden, und so kann ich es nicht als berechtigt anerkennen, dass man den Recessus labyrinthi schlechthin als ein Produkt der medialen Wand des Ohrbläschens erklärt. Betrachtet man die Einmündung des Recessus labyrinthi in das Ohrbläschen vom Lumen des Ohr- bläschens her, so erscheint sie als ein ziemlich weiter, in die Länge gezogener Spalt, welcher lateral durch die Falte, welche die vertikale Bogengangtasche von der Basis des Recessus laby- Yinthi trennt, begrenzt wird. Kranial sowohl wie kandal biegt diese Falte ein wenig nach medialwärts um, so dass auch kranial und kaudal eine Begrenzung gegeben ist. Medial grenzt sich die Öffnung nicht deutlich gegen die mediale Wand des Alveus ab. Die Maße des rechten Ohrbläschens sind: Spitze des Recessus zum kaudo-ventralen Pol 0,53 mm; Spitze des Recessus zur Ver- bindung mit der Epidermis 0,13; Verbindung mit der Epidermis zum ventro-kaudalen Pol 0,40 mm. Die Länge des Recessus labyrinthi beträgt 0.25mm. Die Verbindung des Recessus mit der Epidermis ist 0,12mm von der Spitze, 0,13 von der Mitte der Basis entfernt. Wie in den Maßen, so stimmt auch sonst das rechte Ohrbläschen im wesent- lichen mit dem linken überein. Ich gebe von dem rechten Ohrbläschen in den Tafelfiguren Sa—c drei Abbildungen, von lateral, von medial und nach Eröft- nung des Öhrbläschens von lateral und ventral auf die Ein- mündungsstelle des Recessus labyrinthi gesehen. Die Textfiguren geben vier Schnitte, auf denen beide Ohranlagen getroffen sind, in kranio-kaudaler Richtung. Dem am weitesten kranial gelegenen Schnitt entspricht Textfig. 17, links ın der Figur ist nur der Recessus labyrinthi getroffen. Er hat sich hier schon zum Saccus zu erweitern begonnen. Rechts in der Figur ist die Abschnürungs- stelle des Recessus kenntlich, es ist nur die Wand des Lumens des Alveus noch nicht getroffen. 222 Franz Keibel: Textfigur 18 ent- spricht einem 40 u weiter kaudal gelegenen Schnitt. Der Verbindungsstrang der Saccusanlage mit der Epidermis ist jetzt auf der linken Seite der Figur zu sehen. Auf der rechten Seite der Figur erkennt man dieEinmündungsstelle des Recessus labyrinthi. Man sieht gut, wie diese durch die vertikale Bogen- gangtasche sekundär medialwärts verlagert wird. In der gleichen Be- ziehung ist auch Text- figur 19, 50 u weiter kau- dal gelegen, lehrreich. Der Schnitt, dem die Text- figur 20 entspricht, liegt 80 «u weiter kranial. Wir kommen jetzt zu Stadien von Chrysemys, bei welchen die Verbindung des Ohrbläschens mit der Epidermis geschwunden ist. Das Kopfende von Chrysemys D ist in der Arbeit von v. Alten ab- gebildet und der Embryo dadurch charakterisiert. Die rechte Labyrinthan- lage ist vollständig, die linke nur teilweise model- liert, soweit nämlich, dass die Einmündungsverhält- nisse des Recessus laby- rinthi in den Alveus dar- Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten 223 gelegt werden konnten. Das Modell des rechten Labyrinthes geben die Tafelfig. 9a—9e wieder. Der Recessus labyrinthi hat sich in den Duc- tus endolymphaticus im engeren Sinne und in den Saccus endolym- phaticus gegliedert, der obere Rand der verti- 20 kalen Bogengangfalte fällt etwa mit dieser Grenze zusammen. Die Einmündungsverhältnisse sind noch ähnlich wie beim Embryo B. Eine Verlängerung des Ductus endolymphaticus durch Abschnürung vom Alveus durch Nahtbildung liess sich nicht nach- weisen. Neben der vertikalen Bogengangtasche ist auch die horizon- tale Bogengangtasche und noch deutlicher die Lagena zu erkennen. Betrachtet man die Laby- rinthanlage von medial (Tafel- fig. 9b), so kann man das Ge- biet der lateralen Wand, das sekundär medialwärts ver- lagert wurde, noch sehr wohl unterscheiden und auch jetzt noch erkennen, dass der Re- cessuslabyrinthi seinen Ursprung nicht von der primären medialen Wand des Ohrbläschens nimmt. Archiv f.mikr. Anat. Bd.89, Abt. I. 224 Franz Keibel: Fast noch besser als auf den Abbildungen der Modelle tritt das auf den ‚Abbildungen der Schnitte hervor, welche in den Textfig. 21—23 wiedergegeben sind. Die abgebildeten Schnitte folgen einander in kaudo-kranialer Richtung. Man beachte die Lagerung des Saccus endolymphaticus dorsal von dem Dach des vierten Ventrikels und die vertikale Bogengangtasche, welche sich lateralwärts von dem Recessus labyrinthi aufwärts schiebt. Ich verweise dabei besonders auf die linke Seite der Fig. 22. Es ist auch die linke Seite des Embryo. Auch die Dünne der Wand der vertikalen Bogengangtasche ist beachtenswert. Der Schnitt der Textfig. 22 liegt 60 « kranial von dem Schnitt der Fig. 21, der Schnitt der Fig. 23 wieder 60 u weiter kranial. Noch etwas weiter entwickelt als bei dem Embryo Chry- semys marginata D ist der Embryo Chrysemys marginata E, auch sein Kopfende ist bei v. Alten abgebildet. Die linke Labyrinth- anlage konnte ganz, die rechte zum grössten Teil modelliert werden. In Tafelfig. 10a stellt die linke Anlage von lateral, die Fig. 10b von medial dar. Tafelfig. 10c zeigt einen Blick in das Ohrbläschen von lateral, nachdem der grösste Teil der lateralen Wand entfernt ist. Man blickt auf die Einmündungsstelle des Recessus labyrinthi. Wie schon hervorgehoben, ist die letzte Spur einer Verbindung des Ohrbläschens mit dem Mutterboden geschwunden. Der Saccus endolymphaticus ist beträchtlich ge- wachsen und liegt zum Teil auf dem Dach des vierten Ventrikels. Die vertikale Bogengangtasche erreicht mit ihrem oberen Rande gerade die Grenze zwischen dem Saccus endolymphaticus und dem definitiven Ductus endolymphaticus. Neben der vertikalen Bogengangtasche ist auch die horizontale Bogengangtasche und die Lagena gut zu erkennen. Der hecessus labyrinthi mündet (vergl. Tafelfig. 10c) mit einer rundlichen Öffnung in eine kleine elliptische Grube, die lateral von der 'Falte zwischen vertikaler Bogengangtasche und der Basis des Recessus labyrinthi umzogen wird, medial keine deutliche Ab- grenzung hat. Entsprechend dieser Grube haben wir an der sekundären medialen Wand eine Vorwölbung (Tafelfig. 10b). Rechnet man diese Grube noch zum Recessus labyrinthi, so beträgt die Länge der medialen Wand des Ductus endolymphaticus im engeren Sinne 0,26 mm. Die der Grube entsprechende Vor- wölbung hat eine Länge von 0,12 mm, die laterale Wand hat Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 225 eine Länge von 0,14 mm. Die Länge des Saccus endolymphaticus der Krümmung nach mit einem biegsamen Draht gemessen 0,33 mm. Die Höhe der vertikalen Bogengangtasche von dem Wulst, den sie gegen das Lumen des Ohrbläschens neben der Einmündungs- stelle des Recessuslabyrinthi bedingt, bis zum Rande beträgt 0,17 mm. Die Verhältnisse an der linken Labyrinthanlage liegen ganz entsprechend, nur dass die Grube, in welche der KRecessus labyrinthi einmündet, auf der Aussenfläche sich nicht so stark vorwölbt. Anhangsweise seien dann hier noch die beiden Labyrinth- anlagen eines Embryo von Aromochelys odorata (Bezeichnung nach v. Alten F) beschrieben. Die vertikale und die horizontale Bogengangtasche ist angelegt. Die Anlagen sind noch sehr weit. Auch die Anlage der Lagena ist deutlich zu erkennen. Der Teil des Recessus labyrinthi, der zum Saccus endolymphaticus wird, überwiegt den zum definitiven Ductus endolymphaticus werdenden Teil beträchtlich. Der definitive Ductus endolymphaticus ist dementsprechend sehr kurz. Während der rechte Ductus endolymphaticus auf seiner lateralen Fläche noch mit der Epidermis in Beziehung steht (Tafelfig.11a), ist von Resten einer Verbindung links (Tafelfig. 12a) nichts mehr zu finden. Auch auf der rechten Seite freilich ist die Trennung eingeleitet, aber eine leichte Verdickung der Epidermis steht doch noch in unmittelbarer Berührung mit einem entsprechenden Fortsatz des Hörbläschens, der, wie die Textfig. 25 und 26 zeigen, im Bereich des Saccus endolymphaticus E gelegen ist. Es handelt sich hier ganz unzweifelhaft um das letzte Stadium der Abschnürung des Hörbläschens von der Epidermis. Die Grube, in welche der Recessus labyrinthi von dorsal her einmündet, wölbt die Wand an beiden Labyrinthen, wie bei dem des Embryo Chrysemys marginata rechts, deutlich vor (Tafelfig. 11b und 12b). Eine Nahtbildung lässt sich nicht nach- weisen. Sollte der Bereich der Grube durch Abschnürung in den Recessus labyrinthi aufgenommen werden, so würde man, trotzdem das Gebiet, um dases sich handelt, jetzt an der medialen Wand des Labyrinthes liegt, doch beachten müssen, dass es augenscheinlich der kaudo-dorsalen Kante der jüngeren Stadien des Ohrbläschens entspricht und erst sekundär durch die Entwicklung der verti- kalen Taschenfalte medialwärts verlagert wurde. 15* 226 Franz Keibel: Die Einmündungsverhältnisse des Recessus labyrinthi in die Labyrinthanlagen zeigen die Tafelfig. 1lc und 12c. Die Hohlräume der Hörbläschen sind von lateral her eröffnet und man blickt auf die Einmündungsstellen der Recessus, den von medial her an der Aussenfläche erkennbaren Vorwölbungen entsprechen hier Einsenkungen. Die Textfig. 24—30 erläutern die Verhältnisse der Ab- schnürung des Saccus endolymphaticus von der Epidermis und die Einmündungsverhältnisse des Recessus labyrinthi noch etwas weiter. Textfig. 24 zeigt links in der Figur, der rechten Labyrinth- anlage angehörig, einen Fortsatz des Saccus endolymphaticus, der gegen die Epidermis gerichtet ist. Die Epidermis ist an dieser Stelle noch nicht verdickt. Der nächste Schnitt (Textfig. 25) zeigt auch im Gebiete der Epidermis an entsprechender Stelle einen kleinen Fortsatz und beide Fortsätze berühren sich auf diesem Schnitte unmittelbar. Die Schnittdicke der Serie beträgt 10 u. Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 227 228 Franz Keibel: Der Schnitt der Textfig. 26 liegt 70 « weiter kaudal. Wir sehen rechts in der Figur, wie sich der Recessus labyrinthi in das linke Hörbläschen öffnet. Die Textfig. 27, 28, 29 und 30 stellen Schnitte 20 «, 40 u, 60 u und 90 « weiter kaudal dar. Auch sie dienen zur Erläuterung der Einmündungsverhältnisse des Recessus labyrinthi in die Labyrinthanlage,. Man kann an ihnen das Grübchen erkennen, in das der Recessus einmündet, auch eine Zweiteilung, wie sie ja auch in der Ansicht des Modells besonders an der rechten Seite (vergl. Tafelfig. 11b und c) so deutlich in die Erscheinung tritt; ob nicht durch eine leichte Schrumpfung ein wenig übertrieben. mag dahingestellt bleiben. Überblicken wir die Befunde, welche soeben geschildert wurden, noch einmal im Zusammenhang, so können wir bei der untersuchten Schildkröte bereits sehr frühzeitig, bei noch recht weit offenen Hörbläschen, Teile feststellen, welche in die Anlage des Recessus labyrinthi übergehen. Diese können auf Schnitten gegebenenfalls das Vorhandensein einer dorsalen Verschluss- lippe vortäuschen, trotzdem eine solche in Wirklichkeit fehlt. Engt sich die Öffnung des Gehörbläschens mehr ein, so finden wir sie ganz im Bereich des Recessus labyrinthi. Nicht nur der die Öffnung überragende zugespitzte kranio-dorsale Pol des Ohr- bläschens gehört dem Recessus labyrinthi an, sondern auch ventral davon gelegene Teile der lateralen Wand des Ohrbläschens. Dann setzt sich die Anlage auf die kaudo-dorsale Kante des OÖhrbläschens fort, welche mediale und laterale Wand des Ohr- bläschens trennt. Inwieweit der Recessus aus dem eben gekennzeichneten (Gebiet so entsteht, dass er, sozusagen, aus eigener Kraft hervor- wächst, oder inwieweit Abschnürungsvorgänge mitspielen, ist mit Sicherheit nicht zu entscheiden. Dass ein lebhaftes Eigenwachstum stattfindet, kann festgestellt werden. Abschnürungsvorgänge sind jedenfalls nicht so deutlich, dass man ihre Spuren in einer Naht- bildung erkennen könnte, doch soli nicht in Abrede gestellt werden, dass die Modelle älterer Stadien es möglich erscheinen lassen, dass der Ductus sich an seiner Basis durch Abschnürung verlängert, ein bindender Beweis dafür erscheint mir aber nicht erbracht zu sein. Sicher unrichtig ist es, den ganzen Recessus labyrinthi durch Abschnürung aus dem Ohrbläschen entstehen zu lassen. Der Beweis dafür ist auch bei anderen Tieren, für die Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 229 diese Behauptung aufgestellt wurde, nirgends befriedigend geführt worden. Von grosser Bedeutung scheint mir, um es zu wieder- holen, zu sein, dass der Beweis mit Sicherheit geführt werden konnte, dass die Matrix des Recessus labyrinthi ursprünglich nicht, wie mehrere der neuesten Forscher, vor allem auch Fineman, wollen, an der medialen Wand des Ohrbläschens liegt, sondern erst sekundär medialwärts verlagert wird. Nur so lassen sich ja die Beziehungen des Recessus zur Epidermis verstehen. Wie durch Wachstumsverschiebungen diese Verbindung sekundär auf die laterale Wand des Saccus endolymphaticus kommen soll (Fineman), wo wir sie bei Chrysemys marginata und Aromochelys odorata gefunden haben, ist schwer einzusehen, wenn der Recessus labyrinthi ein Produkt der medialen Wand des Ohrbläschens ist. Bei Chrysemys marginata lässt sich nun nachweisen, dass auch zu einer Zeit, zu der die Öffnung des Öhrbläschens noch deutlich offen ist, auch ventro-kaudal von dieser Öffnung an der lateralen Wand des ÖOhrbläschens Material liegt, das später dem Recessus labyrinthi angehört, und zwar dürfte die Stelle, an der die Verbindung des ektodermalen Mutterbodens am längsten erhalten bleibt, dem Saccus angehören. Die Verlagerung des Recessus labyrinthi und seiner Matrix findet nun, wie Modelle und Figuren zeigen, dadurch statt, dass sich erst die Matrix der vertikalen Bogengangtasche, dann diese selbst stark entwickelt. Hierdurch wird das Ursprungsgebiet des Recessus labyrinthi medial- wärts verlagert und kommt sekundär auf die mediale Wand der Labyrinthanlage zu liegen, welcher er primär nicht angehört. Wenden wir uns jetzt dazu, den Recessus labyrinthi und seine Abkömmlinge, den definitiven Ductus endolymphaticus und den Saccus endolymphatieus durch die Reihe der Wirbeltiere zu vergleichen, so hat schon die Einleitung gezeigt, dass hier die Meinungen noch sehr geteilt sind. Eine gewisse Unsicherheit und Unklarheit, auch geradezu Missverständnisse, hat verursacht, dass die Bezeichnung Ductus endolymphaticus in doppeltem Sinne gebraucht worden ist. Zunächst synonym mit Recessus labyrinthicus für den ganzen Labyrinthanhang, aus dem sich dann sekundär der definitive Ductus endolymphaticus und der Saccus endo- Iymphaticus differenziert, und dann, ohne dass das besonders hervorgehoben zu werden pflegt, auch nur für den definitiven Ductus endolymphaticus, gegebenenfalls in besonderem Gegensatz 230 Franz Keibel: zu dem Saccus. Vielleicht dürfte es sich empfehlen, in Zukunft die Bezeichnung Ductus endolymphaticus nur für den definitiven Gang zu brauchen, von dem sich der Saccus endolymphaticus bereits abgegliedert hat. Da das aber, wenn man die Homologie durch die Wirbeltierreihe durchführen will, z. B. bei dem Unter- bleiben einer Gliederung des Recessus labyrinthi in einen Ductus und einen Saccus Schwierigkeiten machen kann, sollte man wenigstens immer deutlich hervorheben, ob man von dem primären Ductus endolimphaticus (= Recessus labyrinthi = Labyrinth- anhang) spricht, oder von dem sekundären, der nur den proximalen Teilen des primären entspricht, während die peripheren sich zum Saccus umgebildet haben. Wenden wir uns jetzt von der Nomenklatur zu den Tat- sachen, so kann, glaube ich, nicht der geringste Zweifel darüber bestehen, dass die Recessus labyrinthi der Reptilien mit denen der Säuger und Vögel streng homolog sind. Der Mutterboden für das periphere Ende des Recessus liegt immer an dem dorsalen, zugespitzten Ende des Hörbläschens, und oft ist die Anlage des Recessus schon vor geschehener Abschnürung des Oberbläschens zu erkennen. Ist das nicht der Fall, so braucht uns das an der Homologisierung in keiner Weise irre zu machen. Es handelt sich da um ausserdem noch ziemlich geringfügige zeitliche Ver- schiebungen. Solche kommen auch bei derselben Art ja zwischen rechts und links vor. Beim Menschen scheinen sie besonders häufig zu sein, was zum Teil wohl darauf zurückzuführen ist, dass vielfach Embryonen untersucht worden sind, die, wenn auch nicht erkennbar krank, doch nicht als vollkommen normal zu bezeichnen sind. Wie die Zeit der Abschnürung, so spielen auch die Schwan- kungen in der Stelle des letzten Zusammenhanges des Ohrbläschens mit der Epidermis für die Frage der Homologisierung des Laby- rinthanhanges bei Säugern, Vögeln und Reptilien keine Rolle. Bedeutungslos ist sie darum nicht, und dass ich sie bei Chrysemys marginata stets im Gebiet des Recessus labyrinthi gefunden, spricht dafür, dass diese Stelle die typische, phylogenetisch be- deutungsvolle ist, und im gleichen Sinne sprechen die Befunde bei Vögeln und Säugern, trotz der apodiktischen Sätze von Fineman. Ich habe bereits in meiner vorläufigen Mitteilung ausgeführt, dass viele Forscher immer noch geneigt sind, von Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 231 der ÖOntogenie eine viel getreuere und vollständigere Wieder- holung der Plıylogenie zu erwarten und zu fordern, als sie gibt und geben kann, nicht geben kann schon wegen der für das Leben der sich entwickelnden Keime notwendigen physiologischen Be- dingungen. Man braucht dafür ja nur daran zu erinnern, in wie weitgehender Weise die phylogentisch spät erworbene Plazen- tation die frühen Entwicklungsstufen der plazentaren Säuger und besonders des Menschen beeinflusst. Aber auch, wo die frühzeitig wichtige Funktion nicht so drängend in den Vordergrund tritt, haben wir entsprechende Erscheinungen. Ich will hier nur, um ein Beispiel aus einem ganz anderen Gebiet zu geben, an die Ausführungen von G. Schwalbe über die Jugendformen des Schädels beim Menschen und bei den Affen erinnern, die sich in seinen Studien zur Vorgeschichte des Menschen finden. Ein anderes Missverständnis wirkt bei Fineman und anderen mit. Er scheint zu glauben, dass ich z. B. angenommen habe, dass der Zellstrang, welcher kurz vor Lösung des Ohr- bläschens von der Epidermis sich nachweisen lässt, die Anlage des Recessus labyrinthi wäre. Das habe ich, wie aus dem in der Einleitung Gesagten hervorgeht, weder je ausgesprochen, noclı gedacht. Wenn Fineman mit dem leicht zu erbringenden Be- weis, dass dies nicht der Fall ist, dass, wie er sagt, „der Ductus endolymphaticus bei diesen Reptilienarten nicht seinen Ursprung aus dem Stiele hat, sondern eine selbständige Ausstülpung an der kaudo-dorso-mediale Wand der Labyrinthanlage darstellt,“ die Bedeutung der Lage dieser Zellverbindung für erledigt an- sieht, so ist das doch nicht richtig. Durch die Lage des Stieles lässt sich bei den Schildkröten, und dasselbe gilt für das Huhn wie für die Ente, und für Mensch, Kaninchen und Meerschweinchen, der Beweis erbringen, dass die laterale Wand des Hörbläschens, welche dieser Strang mit der Epidermis verbindet, mindestens sehr erheblich Material zur Bildung des Recessus labyrinthi liefert. Das ist, wie meine eigenen Untersuchungen zeigen, bei Chrysemys marginata gerade, weil hier die Stelle früh kenntlich wird, aus der die Spitze des Recessus labyrinthi entsteht, unschwer nach- zuweisen. Fineman ist die Bedeutung, welche die Lage des Stieles des Hörbläschens hat, freilich entgangen. Wir lesen bei ihm (S. 63): „Der Stiel, der anfangs an der lateralen Fläche der Labyrinthanlage ventral von deren dorsalen Ende liegt, 232 Franz Keibel: nimmt allmählich seinen Platz auf der lateralen Fläche des Ductus endolymphaticus ein, was auf dem schnellen Wachstum desselben beruht.“ Wie das geschehen kann, ist mir unverständlich ; die Verlagerung des Stranges auf die laterale Seite des Recessus ist nur dadurch erklärlich, dass ventral von ihm gelegene Teile der lateralen Wand des Ohrbläschens noch in ihn aufgenommen werden. Wie dann die ganze Anlage des Recessus labyrinthi, besonders die BEinmündungsgegend des definitiven Ductus endolym- phaticus durch das Vorwachsen der vertikalen Taschenfalte sekundär medialwärts verlagert wird, wurde wohl bereits genügend betont. Für die Reptilien, wenn wir von der Beobachtung Krauses an Coluber.. natrix, welche ich in der Einleitung zitiert habe, absehen. bestehen da keine Schwierigkeiten. Weniger klar liegen die Verhältnisse nach den offenbar sehr sorgfältigen Unter- suchungen von Fineman bei den Säugern, besonders bei dem Menschen und dem Schwein. S. 16 heisst es über die Verhält- nisse beim Menschen bei Fineman: „Diese grossen Ungleich- heiten in der Lage der ektodermalen Verbindung, die einmal von der Mitte der Wand der Labyrinthanlage, einmal nalıe dem dorsalen Ende derselben ausgeht, scheint mir dafür zu sprechen, dass sie nichts mit dem Ductus endolymphaticus zu tun hat, auch nicht Matrix für denselben sein kann. Dazu kommt noch, dass beim Entwicklungsstadium des 4,5 mm-Embryos (Taf. 1, Fig. 4) die Labyrinthanlage vollständig abgeschnürt und ohne Verbindungs- rest nicht das geringste Zeichen einer Anlage des Ductus endolym- phaticus zeigt, welcher erst deutlich beim 5mm-Embryo (Taf. 1, Fie. 5) auftritt. Daher darf man mit vollem Recht folgende Behauptung aussprechen : Der Ductus endolymphaticus beim Menschen hat nichts mit dem embryonalen Stiel der Labyrinth- anlage zu tun, sondern tritt ontogenetisch als eine vollkommen selbständige Ausstülpung des dorsalen Endes der Labyrinth- anlage auf.“ Für das Schwein lauten die entsprechenden Ausführungen (S. 26): „Betrachtet man die Figuren meiner Modelle von Schweineembryos, so sieht man, dass keines eine ektodermale Verbindung hat, die vom dorsalen Ende der Labyrinthanlage ausgeht. Bei den Embryos, an denen sich Stielreste vorfinden, haben diese ihre Lage 24 u bis zu 72 u ventral vom dorsalen Ende. Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 233 Besonders möchte ich erwähnen, dass bei einem 7 mmi- Embryo die linke Labyrinthanlage in ihrer ektodermalen Ver- bindung eine Zusammenschliessung zeigt, welche 72 « ventral vom dorsalen Ende liegt. Das gleiche zeigt ein 3,5 mm-Embryo. dessen rechte Labyrinthanlage 96 « ventral von dem dorsalen Ende eine Zusammenschliessungsfuge besitzt, die also die Stelle angibt, wo der letzte Zusammenschluss der Labyrinthanlage stattfand. Dazu kommt, dass 5,5 mm- und 6,6 mm-Embryonen eine beinahe runde Labyrinthanlage haben, die nirgends eine Spur von Stiel, Stielrest oder Anlage des Ductus endolymphatieus zeigt, und dass wir erst in einem späteren Stadium, 6,5 mm- Embryo, eine Anlage des Ductus endolymphaticus vorfinden.“ Es folgt dann etwa der gleiche apodiktische Schluss wie für den Menschen. Über das Entstehen des Recessus labyrinthi aus der ekto- dermalen Verbindung brauche ich nach früher Ausgeführtem zu Finemans Sätzen wohl weiter nichts zu sagen. Ebenso ist ohne weiteres klar, dass, wenn die Hörbläschen sich abgeschnürt haben, bevor die Anlage der Recessus labyrinthi oder Teile derselben kenntlich sind, sich daraus kein Schluss dahin ziehen lässt, dass die Abschnürungsstelle mit dem Material für den Recessus keinerlei Beziehungen hat. Natürlich kann, wir werden darauf, wenn wir die Verhältnisse bei Amphibien und vor allem bei Knochenfischen und Ganoiden besprechen, ausführlicher eingehen, zwischen dem Zeitpunkt der Abschnürung des Ohrbläschens und dem des In-die- Erscheinung-tretens des Recessus labyrinthi eine sekundäre Ver- lagerung des Materials eintreten. Etwas schwieriger liegen die Dinge, wenn man die verschiedene Lage der Epithelverbindung zwischen Labyrinthanlage und Epidermis erklären will. Gewiss können hier geringe zeitliche Verschiebungen in der Differenzierung und im Wachstum des Materials schon beträchtliche Unterschiede hervorrufen. Selbst wenn, wie in dem Falle, den Krause von Coluber natrix berichtet, die Verbindung nicht im Bereich der Anlage des Recessus labyrinthi, sondern dicht ventral von ihr liegt, ist die Annahme möglich, dass der ventralste Teil des (Gebietes des Recessus hier noch nicht differenziert ist, sondern sich noch weiter ventral differenzieren wird, aber man kann a priori natürlich auch die Annahme nicht zurückweisen, dass eine Änderung der Art des Verschlusses des Ohrbläschens ein- 234 Franz Keibel: getreten ist. Der Verschluss erfolgt von kaudo-ventral in kranio- dorsaler Richtung, die Trennung typisch zuletzt in der Nähe des kranio-dorsalen Endes. Es wäre ja möglich, dass der letzte Zusammenhang einmal nicht am kranio-dorsalen Ende der Labyrinthanlage, sondern weiter ventral sich am längsten erhielte. Ziehen wir den Verschluss des Medullarrohres zum Vergleich heran, so lassen sich dort bei grossem Material solche Ver- schiebungen und Variationen des Verschlussortes wohl auch erkennen. Gewiss werden solche Variationen gelegentlich auch phylogenetisch festgelegt werden können, in anderen Fällen werden sie in das Gebiet des Abnormen oder sogar des Patho- logischen gehören. Keinesfalls sind sie als das phylogenetisch Typische zu betrachten. Wenden wir uns jetzt zu den Amphibien, so ist auch hier nach der Lage, in welcher die Anlage des Recessus labyrinthi deutlich wird, an seiner Homologisierung mit der gleich benannten Anlage bei Sauropsiden und Säugern keinesfalls zu zweifeln, dagegen sagt Okajima für einen Urodelen, Hynobius (Ellipsoglossa) nebulosus (S. 42): „Aus dem eben Auseinandergesetzten ergibt sich, dass die Spitze des Ductus endolymphaticus bei Hynobius mit der Abschnürung des Hörbläschens nicht übereinstimmt“ und für den Frosch sagt Fineman (8.47): „Mit voller Deutlichkeit begründen diese Modelle die Auffassung, dass der Ductus endo- Iymphaticus beim Frosch nichts mit der ektodermalen Verbindung zu tun hat, sondern als eine vollkommen selbständige Ausstülpung des dorsalen Endes der Labyrinthanlage zu betrachten ist.“ Ich bemerke hier zu den Sätzen Okajimas folgendes. Dass die Spitze des Ductus endolymphaticus (gleichbedeutend gebraucht nit Recessus labyrinthi) nichts mit der ektodermalen Verbindung zu tun hat, darauf kommt es nicht an, sondern darauf, dass die Abschnürungsstelle im Bereiche der Anlage des Recessus labyrinthi liegt. Das ist aber nach Okajimas Textfig. 2 (S. 12) durchaus wahrscheinlich. In seiner Textfig. 3 sieht man dann, wie die Anlage des Recessus labyrinthi durch das starke Wachstum der vertikalen Taschenfalte von der lateralen Seite medialwärts verlagert wird. Dafür, dass die Spitze des Recessus labyrinthi, oder sagen wir sein distalstes Ende, das dem distalen Ende des Saccus labyrinthi entspricht, nicht mit der Stelle, an welcher die Labyrinthanlage zuletzt mit der Epidermis in Verbindung steht, Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 235 zusammenfällt, lässt sich ausserdem wohl eine Erklärung finden. Bei Amphibien sowohl als bei Reptilien kann die Ausdehnung des peripheren Endes des Recessus labyrinthi eine ganz ausserordent- liche sein. Ich habe dafür bereits in meiner vorläufigen Mitteilung im Anat. Anz. auf die Arbeit Wiedersheims „Zur Anatomie und Physiologie des Phyllodactylus europaeus mit besonderer Berücksichtigung des Aquaeductus vestibuli der Ascalaboten im allgemeinen“ (Morpholog. Jahrb., Bd. 1, 1876) und auf seine Vergleichende Anatomie (7. Aufl., 1909) verwiesen. In der Vergleichenden Anatomie lesen wir, dass „das freie Ende des Ductus endolymphaticus bei vielen Reptilien dicht unter die Schädeldecken (Parieto-occipital-Naht) zu liegen“ kommt und dass bei Ascalaboten der Gang sogar die Schädelkapsel verlässt, sich zwischen die Nackenmuskeln hineindrängt und im Bereich des Schultergürtels zu einem grossen, gelappten Sack anschwillt, von dem sich wurstförmige Ausläufer bis zur Ventralfläche der Wirbel- säule und zum submukösen Gewebe des Pharynx hinunterziehen. Bei Amphibien kann (Wiedersheim, Vergl. Anat., S. 434) der Ductus endolymphaticus „eine sackartige Erweiterung erfahren und indem die Ötholithenmassen enthaltenden Säcke von beiden Seiten entweder an der dorsalen oder zugleich auch an der ventralen Zirkumferenz des Gehirns enge zusammentreten, kann letzteres in einen förmlichen Kalkgürtel zu liegen kommen. Dieses gilt z. B. für die Anuren. Zugleich zieht sich hier der dorsale Teil jenes Kalkgürtels nach rückwärts in ein unpaares Gebilde aus, welches sich dorsal vom Rückenmark liegend durch den ganzen Spinalkanal bis zum Steissbeine erstreckt und in der Höhe der Foramina intervertebralia paarige (@uerfortsätze erzeugt. Diese begleiten die Wurzel der Spinalnerven’ durch die Foramina, erreichen die Spinalganglien und bedecken dieselben verschieden- artig, indem sie die sogen. „Kalksäckchen“ bilden.“ Es wächst also ein Teil des Recessus labyrinthi weit über die ursprüngliche Ausmündungsstelle auf der Oberfläche dorsalwärts und gewinnt zweifellos auch eine besondere Bedeutung. Dieser Teil nun der Anlage des Recessus labyrinthi schlägt ontogenetisch vor. Man darf aber diesen zuerst deutlich werdenden Teil des Recessus labyrinthi weder für die Anlage des ganzen Recessus noch für die Anlage des primitiven Teiles des Recessus halten, weil er zuerst deutlich wird, denn es ist eine allgemeine Regel, dass 236 Franz Keibel: Organe und Organteile, welche eine besonders starke Ausbildung erlangen, auch wenn sie phylogenetisch erst spät auftreten, ontogenetisch sich bereits frühzeitig zeigen und entwickeln. Ich erinnere dafür noch einmal an die Verhältnisse des Menschen- und Affengehirnes und ihre Bedeutung für die Kopfformen der Menschen- und Affenfeten und -kinder, wie sie G. Schwalbe (l.c.) dargelegt hat. Bei Reptilien, Vögeln und Säugern lässt sich vielfach einwandfrei nachweisen, dass ein grosser Teil der Anlage des Recessus labyrinthi ventral von dem epithelialen Verbindungs- strange liegt, welcher den letzten Zusammenhang des Labyrinthes mit seinem Mutterboden darstellt. Nichts spricht dafür, dass es bei Amphibien anders ist. Wenden wir uns von den Amphibien zu den Ganoiden und Knochenfischen. Ich war für diese Tierklassen vor dem Erscheinen der Finemanschen Arbeit — und ich habe das für die Knochen- fische in meiner vorläufigen Mitteilung ausgesprochen — über die Homologisierung ihres „Ductus endolymphaticus“ noch zu keinem sicheren Urteil gekommen. Immerhin hielt ich die Homologie für wahrscheinlich und betonte, dass es sich um eine rudimentäre Bildung handle, deren vollständiges Fehlen bei manchen Arten keinesfalls ohne weiteres als Beweis gegen die Homologie anzuführen sei. Noch weniger konnte ich anerkennen, dass das Fehlen eines Saccus endolymphaticus bei Knochenfischen irgendwie entscheidend gegen die Homologisierung spräche. Die Untersuchungen Finemans an Lepidosteus und Salmo iridis haben mich inzwischen in meiner Ansicht bestärkt, und ich zweifle nicht daran, dass der „Ductus endolymphaticus“ der Teleostier und der Ganoiden dem der anderen Amphibien, Reptilien, Sauropsiden und Säuger zu homologisieren ist. Übrigens konnte ja Fineman bei Lepidosteus sogar einen Saccus endolymphaticus nachweisen. Bei den Ganoiden und den Knochenfischen ist, soweit sie bis dahin untersucht wurden, der Recessus labyrinthi ein ausgesprochen zurückgebildetes Organ. Solche Organe und Organteile haben die Neigung, sich in der Ontogenie später an- zulegen, als ihnen phylogenetisch zukäme. So nimmt es nicht wunder, dass die Anlage des Recessus labyrinthi erst beträcht- liche Zeit nach der vollkommenen Abschnürung der Labyrinth- anlage von der Epidermis kenntlich wird. Wenn das nun an Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 237 der „medialen“ Wand der Labyrinthanlagen nahe der dorsalen Kante geschieht, so ist nicht anzunehmen, dass das Material für die Anlage des Recessus labyrinthi primär hier gelegen hat. Es lässt sich bei allen anderen Wirbeltieren, welche wir bis jetzt betrachtet haben, nachweisen, dass die Anlage des Recessus labyrinthi beziehungsweise das Material, aus dem sich der Recessus labyrinthi aufbaut, durch die Anlage der vertikalen Bogengang- tasche von lateral medianwärts verlagert wird. Das ist ohne jeden Zweifel auch bei den Ganoiden und den Teleostiern der Falle In höherem Maße noch und frühzeitiger, weil bei ihnen der Recessus labyrinthi bei den erwachsenen Tieren rückgebildet ist oder gar fehlt. Bei ihnen ist das Übergewicht der Zell- komplexe, welche die Bogengänge zu bilden haben, über die zur Anlage des hecessus labyrinthi prädestinierten noch grösser, daraus dürfen wir schliessen, dass die Verlagerung noch früher vor sich gehen und weitgehender sein wird. Und nun kommen wir zum Schluss zu den Selachiern, die Cyklostomen berücksichtige ich nicht weiter. Bei den Selachiern mündet auch noch bei den ausgebildeten Tieren das Labyrinth frei auf der Haut, und der Gang, der von dem die Bogengänge tragenden Teil des Labyrinthes zu der Öffnung auf der Haut führt, wird allgemein als Ductus endolymphatieus, Aussackungen am peripheren Ende des Ganges werden als Saccus endolym- phaticus bezeichnet. Die Bedeutung der Verbindung des Laby- rinths mit dem umgebenden Medium ist nicht klar. Ein freier Austausch zwischen Labyrinthinhalt und Meerwasser findet, wie Hellmann ausführt, offenbar nicht statt, denn die Öffnung ist sehr eng und der Ductus und Saccus endolymphaticus mit Otolithenbrei und einer zähen, gelatinösen Masse angefüllt. So erscheint es Hellmann „unwahrscheinlich, dass viel Seewasser eindringen kann. Die Öffnung dürfte höchstens, wie schon E. H. Weber (Weber, E. H.: De aure et auditu etc. Lps. 1820, Pars. 1, S.95f.) vermutet, den Zweck erfüllen, dem überschüssigen Labyrinthinhalt Abfluss zu gewähren.“ Die Berechtigung der Homologisierung des Ductus endolymphaticeus der Selachier mit dem der übrigen Wirbeltiere ist, wie schon in der Einleitung betont wurde, von verschiedenen Seiten in Frage gestellt worden. Bei Hellmann tauchte der Verdacht auf, „dass auch bei Selachiern das Ohrbläschen wenigstens zeitweise sich ganz 238 Franz Keibel: abschnüre“ und die Öffnung „des Ductus endolymphaticus auf der Haut eine sekundäre Bildung sei.“ Doch hat er das sehr reiche Material Sobottas untersucht, ohne „bei einem Selachierembryo eine geschlossene Ohrblase finden zu können“ und glaubt für Torpedo „das ständige Offenbleiben des Ductus endolymphaticus mit aller Bestimmtheit behaupten zu können“. Fineman kommt, wie schon erwähnt, zu dem Schluss, dass der Ductus endolymphaticus bei Torpedo ocellata — und das würde dann doch wohl allgemein für Selachier gelten — höchst wahrscheinlich nicht homolog mit dem Ductus endolymphaticus des Menschen und der übrigen von ihm untersuchten Wirbeltiere sei. Der Name Ductus endolymphaticus bei Torpedo ocellata sollte darum durch einen geeigneteren Namen ersetzt werden. Der Grund für diese Anschauung ist in der Hauptsache der, dass nach der Annahme Finemans und anderer die Anlage des Recessus labyrinthi, des Ductus endolymphaticus in weiterem Sinne nichts mit dem Abschnürungsgebiet des Öhrbläschens zu tun haben soll. Zum Teil scheint sich geradezu die Ansicht festgesetzt zu haben, dass von einer Homologie nur danı ge- sprochen werden könne, wenn sich nachweisen lasse, dass der Ductus endolymphaticus aus dem letzten Epithelstrang hervor- geht, welcher die Labyrinthanlage mit ihrem Mutterboden ver- bindet. Diese Annahme ist, wie ich gezeigt habe, nicht berechtigt. Alles, was billigerweise verlangt werden kann, ist der Nachweis, dass die Anlage des Recessus labyrinthi aus dem Material des Ohrbläschens sich bildet, das in der Umgebung der Abschnürungs- stelle des Labyrinthes von der Epidermis gelegen ist. Diesen Nachweis habe ich in dieser Arbeit ausführlicher für eine Schild- kröte geführt; er lässt sich auch für Vögel, Säuger und den Menschen führen. Auch das glaube ich gezeigt zu haben, dass die Fälle, in welchen sich nicht durch den unmittelbaren Augenschein nach- weisen lässt, dass der Recessus labyrinthi aus dem Teil der Labyrinthanlage entsteht, welche im Gebiet der Abschnürungs- stelle des Ohrbläschens gelegen ist, nach der frühzeitig erfolgten Abschnürung eine medialwärts gerichtete Verlagerung des Materials, aus dem sich der Recessus labyrinthi aufbaut, eintritt, so dass er z. B. bei Teleostiern aus der „medialen“ Wand der Labyrinthanlage entsteht. So können diese Fälle nicht dafür Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 239 angeführt werden, dass in ihnen der Recessus labyrinthi sicher aus Material entstünde, welches der Abschnürungsstelle fremd sei. Sieht man sich dann die Modelle an, welche Hellmann und Fineman abbilden, so erkennt man, dass bei Torpedo der Recessus labyrinthi ebenso aus dem dorsalen zugespitzten Ende des Hörbläschens entsteht wie bei fast allen Wirbeltieren, bei denen er nicht, wie bei Ganoiden und Teleostiern, rudimentär ist. Diese Ähnlichkeit der Lage kann schon auf Schnitten hervor- treten. Man vergleiche dafür die Schnitte, welche Fineman Taf. XI, Fig. 21 und 22a und b durch Selachierembryonen, Taf. IX, Fig. 25a und b von Chrysemys marginata gibt, auch meine Schnitte Fig. 3, 5 und 6. Auch bei Torpedo ocellata wird wie bei Chrysemys marginata offenbar eine dorsale Lippe vorgetäuscht durch überstürzte Entwicklung von Teilen, welche den Sacceus endolymphaticus bei Torpedo bilden. Ob darum der Saccus endo- Iymphatieus bei Torpedo dem Saccus endolymphaticus der höheren Wirbeltiere homolog ist, das ist eine andere Frage, die nicht ohne weiteres dadurch entschieden wird, dass im allgemeinen die Recessus labyrinthi zu homologisieren sind. Jedenfalls finden wir bei Selachiern noch kein Homologon der weitentwickelten Kanal- systeme, welche sich, wie hervorgehoben, bei manchen Amphibien und Reptilien an die Sacei Iymphatiei anschliessen. Das kann uns aber nicht abhalten zu sagen, dass der Recessus labyrinthi oder der Ductus endolymphaticus im weiteren Sinne bei allen Wirbeltieren homolog ist, ebenso wie wir ohne Scheu das Auge der Amphibien dem so viel höher differenzierten der Vögel homologisieren. Sehr möglich ist es, dass der Saccus endolymphaticus der Säuger bereits von neuem Rückbildungen erfahren hat, und dass die Reptilienvorfahren der Säuger einen höher entwickelten Saccus endolymphaticus gehabt haben. Beobachtungen von Tandler und mir bei menschlichen Embryonen haben mich auf diese Vermutung gebracht. Tandler hat in der Normentafel zur Entwicklungsgeschichte des Menschen von Keibel und Elze bei zwei menschlichen Embryonen (Tabelle 55 und 65) nach- gewiesen, und ich habe das bei anderen Embryonen bestätigen können (Keibel und Mall, Handbuch der Entwicklungs- geschichte des Menschen, Bd. II, S. 259), dass. der Recessus labyrinthi sich ursprünglich über das Gebiet des bleibenden Archiv f. mikr. Anat, Bd. 89. Abt. I. 240 Franz Keibel: Saccus endolymphaticus hinaus ausdehnt, dass aber sein peripheres Ende fadenförmig ausgezogen wird und zugrunde geht. Fasse ich nun noch einmal zusammen, so glaube ich nach- gewiesen zu haben, dass der Recessus labyrinthi (Ductus endo- Iymphaticus im weiteren Sinne) der Selachier gleich dem Recessus labyrinthi der Teleostier, Ganoiden, Amphibien, Reptilien, Vögel und der Säuger mit Einschluss des Menschen aus dem Teil der Labyrinthanlage entsteht, welcher der Abschnürungsstelle des Hörbläschens ursprünglich benachbart, ist und dass die Recessus labyrinthi all dieser Wirbeltiere — die Oyclostomen habe ich nicht in den Kreis meiner Untersuchungen einbezogen — homolog sind. Eine andere Frage habe ich nicht zu einer mich vollkommen befriedigenden Lösung gebracht. Nach der Ansicht der einen Autoren, welche besonders Fleissig in seiner Arbeit über die Entwicklung des Geckolabyrinthes vertritt und der sich auch Okajima für Hynobius anschliesst, soll der Recessus labyrinthi durch Abschnürung entstehen, wie Fleissig sagt, ein Ab- schnürungsprodukt der medialen Alveuswand sein. Nach der der anderen soll er sich durch Ausstülpung und Eigenwachstum bilden. Diese Anschauung hat Fineman, trotzdem er sagt (8.43), dass das Ergebnis seiner Untersuchungen in seinen hauptsächlichen Teilen mit dem von Fleissig übereinstimmt. Nach meinen Untersuchungen liegt zunächst jedenfalls eine Ausbuchtung vor, die sich durch Eigenwachstum vergrössert, aber es lässt sich nicht ausschliessen — freilich auch nicht beweisen — dass sich an die Ausstülpung und ihre weitere Entwicklung durch Eigen- wachstum noch eine Vergrösserung des Recessus labyrinthi durch Abschnürung von der Alveuswand anschliesst. Ob das Material, welches hierbei in Frage kommt, von Anfang an der medialen Wand der Labyrinthanlage angehört und nicht erst, wie das des übrigen Recessus labyrinthi, sekundär dorthin verlagert worden ist, das ist eine weitere Frage. Literaturverzeichnis. Alexander, Gustav: Über Entwicklung und Bau der Pars inferior laby- rinthi der höheren Säugetiere. Denkschr. der math.-naturw. 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(Bd. 49, S. 29, 1916) weist Hoch- stetter darauf hin, dass sein Schüler Perovic auf der Naturforscherver- sammlung in Wien 1913 unter Vorzeigen von 25 Modellen über die Ent- wicklung des Labyrinthes von Emys lutaria vorgetragen hat. Mir war das entgangen. Ich entnehme der Hochstetterschen Mitteilung, dass Perovic im wesentlichen zu den gleichen Resultaten gekommen ist wie ich, in manchen Dingen sogar an seinem reichen Material weiter vordrang. So glaubt er sicher erkannt zu haben, dass der untere Abschnitt des Ductus endolym- phaticus durch Abschnürung aus der medialen Wand entsteht, eine Frage, dieich nicht entscheiden konnte. Die Frage, ob das Material für den Ductus endolym- phaticus primär in der lateralen Wand liegt, wurde im Texte genügend erörtert. Über die Entwicklung des Labyrinthanhanges bei den Schildkröten. 243 dar. Schnittdicke: 7,5 „. Vergrösserung: 100:1. Die Lage der Kernteilungen ist durch Punkte angegeben. Textfig. 3. Schnitt durch das rechte Ohrgrübchen eines Embryo von Chrysemys marginata (Bez. v. G. 2). Das Modell des Öhrgrübchens ist in Tafelfig. 2a dargestellt. Die Umrahmungsstriche am rechten und linken Rande der Tafel geben die Schnittrichtung an. Schnitt- dicke: 75 a. Vergrösserung 100:1. Textfig. 4. Schnitt durch die beiden Ohrbläschen eines Embryo von Chrysemys marginata (Bez. v. G.3). Der Schnitt hat die Ohrbläschen kaudal von der Verbindung mit der Epidermis getroffen; lateral sieht man an ihnen Vorwölbungen, aus denen die vertikalen Bogengangtaschen hervorgehen (vgl. Tafelfig.3a u.b und 4a u. b). Die Umrahmungs- striche am rechten und linken Rande der Tafel geben die Schnitt- richtung an. Schnittdicke: 7,5 z. Vergrösserung: 100:1. Textfig. 5, 6,7. Schnitte durch die Ohranlagen eines Embryo von Chrysemys marginata (Bez. v. G. 4). In Fig. 5 ist die Öffnung des linken, in Fig. 6 fünf Schnitte weiter kaudal die des rechten Ohrbläschens getroffen. Der Schnitt Fig. 7 liegt acht Schnitte weiter kaudal als der Fig. 6 (vgl. Tafelfıg. 5a u. b und 6a u. b). Die Umrahmungs- sriche am rechten und linken Rande der Tafel geben die Schnitt- richtung an. Schnittdicke: 7,5 u. Vergrösserung: 100:1. Textfig. 8—16. Schnitte durch die Ohranlagen eines Embryo von Chrysemys marginata (Bez. 0); abgesehen von Textfig. 8 ist nur die linke Ohr- anlage dargestellt. Man beachte die Anlage der Bogentaschen- falte und die Einmündungsstelle des Recessus labyrinthi. Die Schnitte folgen in kranio-kaudaler Richtung. Der Schnitt der Fig. 9 liegt fünf Schnitte kaudal von dem der Fig. 8; die übrigen Schnitte der übrigen Figuren folgen aufeinander. Schnittdicke: 10 «. Vergrösserung: 50:1. Textfig. 17—20. Schnitte durch die Ohranlagen eines Embryo von Chrysemys marginata (Bez. B). Die Schnittbilder sind in kranio-kaudaler Richtung wiedergegeben. Der Schnitt von Fig. 18 liegt 40 „ weiter kaudal als der von Fig. 17, weitere 50 „ kaudalwärts liegt der Schnitt von Fig. 19 und noch 80 „ weiter kaudal der von Fig. 20. Schnittdicke: 10 „. Vergrösserung 75:1. Textfig. 21—23. Schnitte durch die Ohranlagen eines Embryo von Chrysemys marginata (Bez. D). Die Schnitte folgen in kaudo-kranialer Richtung aufeinander, der Schnitt der Fig. 22 liegt 60 „ weiter kranial als der Schnitt der Fig. 21, der Schnitt der Fig. 23 wieder 60 „ weiter kranial. Schnittdicke 10 a. Vergrösserung 50:1. Textfig. 24—30. Schnitte durch die Ohranlagen eines Embryo von Aromo- chelys odorata in kranio-kaudaler Reihenfolge. Die Schnitte der Textfig. 24 und 25 folgen unmittelbar aufeinander. Der Schnitt der Textfig. 26 liegt 70 „ weiter kaudal, dann folgen die Schnitte in den Entfernungen von 20 „, 40 „, 60 „ und 90 „. Schnitt- dicke: 10 „. Vergrösserung: 50:1. 244 Franz Keibel: Die Entwicklung des Labyrinthanhanges. B. Tafelfiguren. Alle Figuren sind nach Plattenmodellen bei 100 facher Vergrösserung dargestellt. Sie wurden mit dem Dioptrograph entworfen. Die untere Ein- rahmung der Tafeln deutet die Grundebene an, die seitlichen Grenzen der Tafeln die senkrecht darauf stehenden Ebenen der Platten, also auch die Schnittrichtung. Man wird sich mit Hilfe dieser Linien die Schnittbilder leicht in die Modelle hinein denken können. Dort, wo die Epidermis dar- gestellt wurde, ist sie durchsichtig gezeichnet. Doppeltafel R. Fig. 1a u. 1b. Das linke Ohrbläschen von Chrysemys marginata v. @. 2., la von der lateralen, 1b von der medialen Seite gesehen. Fig. 2a u. 2b das rechte Ohrbläschen entsprechend. Fig. 3a u. 3b. Das rechte Öhrbläschen von Chrysemys margin. v. G. 3. Fig. 3a von der lateralen, Fig. 3b von der medialen Seite gesehen. Fig. 4a u. 4b das linke Ohrbläschen entsprechend. Fig. 5a u. 5b das rechte Öhrbläschen von Chrysemys margin. v. G. 4. Fig. 5a von der lateralen, Fig. 5b von der medialen Seite gesehen. Fig. 6a u. 6b das linke Ohrbläschen entsprechend. Fig. 7a, 7b u. 7c. Die linke Labyrinthanlage von Ührysemys marginata v.G.0. Fig. 7a von lateral; Fig. 7b von medial gesehen. Fig. 7 c zeigt die Labyrinthanlage von lateral her eröffnet. Man blickt auf die Einmündungsstelle des Recessus labyrinthi. Fig. 8a, Sb u. Sc. Die rechte Labyrinthanlage von Chrysemys margin. B. Fig. 8a von lateral, Fig, 8b von medial gesehen. In Fig. 8c ist das Labyrinthbläschen von lateral und ventral her zum grossen Teil entfernt, man sieht auf die Einmündungsstelle des Recessus labyrinthi. Doppeltafel X. Fig. 9a, 9b u. 9c. Die rechte Labyrinthanlage von Uhrysemys margin. D. Fig. 9a von lateral, Fig. 9b von medial gesehen. In Fig. Ic ist die Labyrinthanlage von lateral her eröffnet dargestellt, so dass man auf die Einmündungsstelle des Recessus labyrinthi blickt. Fig. 10a, 10b und 10c. Die linke Labyrinthanlage von Chrysemys E, ent- sprechend dargestellt wie in den Figuren 9a, 9b und 9e. Fig. 11a u. 11b die rechte Labyrinthanlage von Aromochelys odorata F. Fig. 11a von der lateralen, Fig. 11b von der medialen Seite ge- sehen. Tafel XI. Fig. I1c. Die rechte Labyrinthanlage von Aromochelys odorata von lateral her eröffnet dargestellt, so dass man auf die Einmündungsstelle des Recessus labyrinthi blickt. Fig. 12a, 12b und 12c die linke Labyrinthanlage von Aromochelys odorata F. in entsprechender Weise dargestellt, wie die rechte in den Fig. 11a, 11b und 11e. Sind die „Sommerzellen“ in der Nebenniere des Frosches acidophil? Von Dr. Walter Carl, Privatdozenten an der Universität Königsberg i. Pr. Hierzu ] Textfigur. In den Nebennieren des Frosches liegen nebeneinander die verschiedenen Arten der Zellen, welche wir bei den höheren Tieren, vor allem bei den Säugern, von einander getrennt und topographisch auf die Rinden- und Markschicht verteilt vorfinden. Von diesen Zellelementen haben die von H. Stilling (1) als eine Gattung sui generis einst beschriebenen „Sommerzellen* eine besondere Be- achtung gefunden. Wie der Name besagen soll, handelt es sich um Zellen, deren Vorkommen an eine bestimmte Jahreszeit gebunden schien; diese Feststellung glaubte ihr Entdecker, der den Zellen auch den Namen gegeben hat, mit Bestimmtheit machen zu können. Von späteren Untersuchern wurde das Vorkommen dieser Zellen bestätigt, aber sie fanden, dass das Vorkommen nicht an den Nebennierenstränge eines Winterfrosches!(Rana escul.). FixierungnachWiesel, Färbung mit Wasserblau und Safranin. r = Rindenzelle. chr = chromaffine Zelle. s= Zelle mit safraninophilen Granulis. Vergr. 500fach. 246 Walter Carl: Sommer gebunden war, sondern dass die Zellen auch in Winter- tieren vorkamen. Patzeltund Kubik (2) haben zu allen Jahres- zeiten bei der Gattung Rana esc. Sommerzellen nachweisen können, und zwar haben sie mit besonderer Sorgfalt darauf geachtet, dass ‚ die von ihnen untersuchten Tiere sich auch tatsächlich in dem Winterzustande befanden. Es ist angezweifelt worden, dass im Laboratorium gehaltene Tiere sich in demselben physiologischen Zustande befinden, wie die in der Freiheit. Die Untersucher haben deshalb im Winterschlaf befindliche Tiere direkt ausgegraben. Auch in solchen konnten sie die Stillingschen Zellen, wie sie an- geben, in unverminderter Zahl und Färbbarkeit finden. Patzelt und Kubik schlagen vor, den Namen „Sommerzellen“ aufzugeben und dafür dıe Bezeichnung „acidophile“ Zellen einzuführen, da die Granula der Zellen eine besondere Affinität zu sauren Farb- stoffen haben, wie durch Anwendung von Eosinlösung, dem Ehrlich- Biondischen Dreifarbengemisch, von Orange, Erythrosin, Säure- fuchsin bewiesen werden konnte. Nur die acidophilen (eosinophilen) Leukozyten des Blutes sollten eine noch grössere Verwandtschaft zu sauren Farbstoften besitzen. Die Kenntnis dieser acidophilen Zellen glaube ich auf Grund meiner Untersuchungen ein wenig erweitern zu können. Meine ersten Untersuchungen gehen zurück bis zum Winter 1910/11; gelegentlich meiner Studien überdas chromaffine System (4), helen mir auch die acidophilen Zellen auf. Ich behandelte die zu untersuchenden Nebennieren nach der von Wiesel(3) angegebenen Methode. Ich konnte mein Material immer lebensfrisch fixieren und habe meistens, um eine gute Chromierung zu erzielen, die Fixierung im Brutschrank bei 30° bis 37° sich vollziehen lassen. Bei Nachfärbung der Präparate mit 1 Prozent Safraninlösung zur Darstellung der Kerne fiel mir auf, dass sich in den Nebennieren einzelne Zellen in ihrem Plasmateil rot färbten und dass diese Rotfärbung bei stärkerer Vergrösserung sich als eine exakte Granula- färbung erkennen liess. Es wurden von mir drei Winter hindurch immer eine Anzahl von Fröschen untersucht mit dem gleichen Resultat. Vergleiche meiner Präparate, die von männlichen und weiblichen Tieren vom Sommer und Winter stammten, mit den von Patzeltund Kubik gegebenen Darstellungen der acidophilen Zellen lassen keinen Zweifel darüber, dass es sich um identische Zellen handelt. Die Anordnung in den Nebennierensträngen, die . . vv. . . 1% c 7 Sind die „Sommerzellen“ in der Nebenniere des Frosches acidophil? 247 Zahl und Form der Zellen, sowie die Art der Granulierung zeigen weitgehende Übereinstimmungen; die Granula scheinen mir in der Darstellung mit Safranin noch distinkter als mit Eosin. Eine Beziehung dieser Gebilde zu dem Ernährungszustand und zu der Geschlechtstätigkeit konnte ich nicht finden. Safranin ist ein basophiler Farbstoff. Wenn sich die Granula- tionen der Sommerzellen so, wie ich es gefunden habe, mit einem basophilen Farbstoff färben lassen, kann man nicht gut an der Bezeichnung acidophil festhalten. Mit Ausnahme dieser Granula ist das Plasma irgend welcher anderer Zellen in meinen Präparaten durch Safranin nicht gefärbt, wohl zeigen aber die Zellkerne, besonders die Kerne der roten Blutkörperchen eine distinkte Tinktion mit Safranin. Literatur. 1. Gaupp: Anatomie des Frosches. 2. Aufl. 2. Patzelt,V. u. Kubik, J.: Acidophile Zellen in der Nebenniere von Rana escul. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 81, S. 82-91. 3. Schmorl, G.: Untersuchungsmethoden. 7. Aufl., 1914, S. 293. 4. Carl: ‚Das chromaffine System und seine Erschöpfung durch Muskel- arbeit. Deutsch. med. Woch. 1911, Nr. 40. “ j P 2 be MEN SER EL FE a sat N ee x MIR & h Bnyiar ah y ‚her er u Aura ai ie AD Rn f Dr ‘ # Au ste. En AB, En SR ET" IRRE en ‘ 32 - r, id ‚u ERBETEN 71h, ) uns Hl Aa I k U rn ih nu 0 e a, Zun Mr IE RO Ye da rei Kot, al Re RRLUN HERHE- AM Zug: Le h Re ai) de A ern Kol aan van EINE “4 Ih Er % FRKYT- ie ne 4 I: A na ride Dhpi ia Bin j N ET j & Ey Int, LET NER Ka FR Kar Mi. Ey 4 ver alok ET 7 ZUR j ‚ UWE De ar Bin Bl Me Te BE ER Ei DelstbiN Ihe Yankee Na, TR AINor Kaaaık Ban. N } ii ji a cu N a # Yı Sud BT Fr w Bi E FT ei oe a we IR Air er a hi ek TE Ev i ER A ee Ro w Rat LAUNE a, NE IC E HR 4% N wa an « Ir a A ED a u Shi VETENN Aumener!. I # 3 A = f NEN { 07 f * un 3 TEE a N er . J ! e EEE 43 au ei eye un * IE 12 Kan re nn wu Aee Du Zu » au rin Altlagıt art De an Rn. I ame A eh ; TE IRTE N REEL SAFE En | Au . Id Ba A day.) } ’ Dh IN EL BR ErLase "and: Fer, | Fer Ye ar hai, DACHTE TEN IDEER 17 5 Wr. i PORN ee m u pr y ” D - ı i A k ei a \ (. PR Te 5 A N £ ev. ds h Male Dann & Work Melbinusn * ALTER BER ae f % gr Real: ; u... ah Kali“ Re Eu Ma ara, ned er" Ar KEANE We Historisch=kritische Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. Von Friedrich Meves in Kiel. Hierzu Tafel XII--XV. I. Einleitung. Was sind Plastosomen? Als ich im Jahre 1904 in den Berichten der Deutschen botanischen Gesellschaft die heute von mir als Plastosomen (früher als Chondriosomen) bezeichneten Gebilde in Pflanzenzellen ( Tapeten- zellen) als erster beschrieb, glaubte ich, dass es sich um neuent- deckte Zellbestandteile handle, die anfänglich in tierischen Samen- zellen, besonders von A. v. Brunn, v.la Valette St. George, Benda und mir selbst aufgefunden worden seien. Von dieser Meinung bin ich aber auf Grund weiterer Unter- suchungen aus eigener Einsicht gänzlich zurückgekommen. Ich vermochte nämlich 1907, 2 festzustellen, dass die Plastokonten oder fädigen Plastosomen den „Fila“ entsprechen, welche Flemming 1876—1882 in lebenden Gewebszellen der Sala- manderlarve beobachtet hat.') Noch später gelang es mir (1910, 2 im Verein mit Samssonow (1910) die schon 1908 von mir vermutete völlige Gleichheit der Plastochondrien oder körnigen Plastosomen mit den Granulis von Altmann (1890) nachzu- weisen. Auf pflanzlichem Gebiet haben seit 1904 zahlreiche Autoren Plastosomen oder Chondriosomen beschrieben. Die Frage, ob man (sebilde, welche mit den Plastosomen identisch sind, in !) Diese Tatsache war von vornherein keineswegs so selbstverständlich wie sie heute vielleicht erscheint, weil Flemming und die meisten Anhänger seiner Filarlehre (darunter auch ich selbst) früher der Ansicht waren, an der Retzius irrtümlicherweise festhält, dass die Fäden, welche Flemming in lebenden Salamanderzellen beobachtet hat, mit den Polstrahlen der achromatischen Figur der Mitose identisch seien. Dadurch erklärt es sich, dass Flemming selbst, wie ich schon a. a. 0. (1914, 2) mitgeteilt habe, in den Plastokonten, die ich ihm im Verlauf des Jahres 1899 wiederholt demon- striert habe, seine Fila von 1882 nicht wiederzuerkennen vermochte, wozu ich damals ebensowenig im Stande war. Archiv f. mikr. Anat. Bd. 89. Abt. 1. 17 250 Friedrich Meves: Pflanzenzellen schon früher, vor 1904, gesehen hat, ist jedoch nur gelegentlich und kurz, zuerst von mir selbst (1908, 1, 1910, 2), dann auch (1911—1912) von anderen (Lewitsky, Pensa, Rudolph) berührt worden. Im folgenden habe ich nun die ältere mir bekannt gewor- dene botanische Literatur bis 1904, welche Plastosomen betrifft oder zu betreffen scheint, zusammengestellt; es ist dies also die- selbe Literatur, welche ich bei weiter vorgeschrittener Erkennt- nis schon 1904 hätte anführen können. Die Entscheidung dar- über, ob es sich tatsächlich um Plastosomen handelt, habe ich in einer grösseren Anzahl von Fällen auf Grund von Nachunter- suchungen zu treffen gesucht. Meine Zusammenstellung umfasst auf Zellstrukturen bezügliche Arbeiten folgender Autoren: Stras- burger, Pfeffer, Berthold, Wigand, Fr. Schwarz, Klebs, Zacharias, Zimmermann, Crato, Mikosch, Swingle, Lagerheim, N&emec, Haberlandt. Von diesen habe ich 1908, 1 (S. 843) bereits Strasburger, Berthold, Zacharias, Mikosch und N&ömec und 1910, 2 (S. 850 Anm.) Zimmermann namhaft machen können. Auf Fr. Schwarz ist in Verbindung mit den Plastosomen zuerst von Lewitsky (1911, 1, S. 692, Anm. 2), auf Crato und Swingle von Pensa (1912, S. 618), auf Wigand von Rudolph (1912, S. 620) ver- wiesen worden. Weiter berichte ich über Untersuchungen, die ich ausgeführt habe, um die Beziehungen der Uhloroplastenanlagen von Schimper zu den Plastosomen aufzuklären. Zum Schluss habe ich einige „allgemeine Betrachtungen“ über die Plastosomen unter spezieller Berücksichtigung der pflanzlichen Zelle gegeben. Was sind nun zunächst überhaupt Plastosomen und woran erkennt man, dass man Plastosomen vor sich hat? Für die Be- antwortung dieser Fragen kann ich der Hauptsache nach auf frühere in diesem Archiv erschienene Mitteilungen (speziell 1914, 2 und 1915,2) verweisen. Hier sei nur kurz konstatiert, dass es sich um Körner oder Fäden spezifischer Natur handelt, welche nach meiner Auffassung wie nach derjenigen von Altmann (1890) nicht spontan in der Zelle entstehen, sondern nur wachsen und sich teilen können (vergl. Meves, 1908 und 1910, 2), also „genuine“ Bestandteile des Cytoplasmas sind und die Grundelemente desselben darstellen; weiteres über die Bedeutung siehe unten. Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 251 Vielfach sind die Plastosomen schon im lebenden Zustand deutlich zu erkennen, während sie in anderen Fällen infolge gleicher Lichtbrechung mit dem umgebenden Cytoplasma un- sichtbar bleiben. Um sie in allen Fällen nachweisen und von anderen Einschlüssen des Zelleibes unterscheiden zu können, muss man künstliche Hilfsmittel anwenden. Die Methoden, welche in der tierischen Uytologie für diesen Zweck ausgebildet worden sind, findet man in dem vortrefflichen Plastosomenbericht von Duesberg (1912, S. 599 u. folg.) zusammengestellt. Bei den vorliegenden Untersuchungen an Pflanzenzellen habe ich für die Fixierung Flemmingsches Gemisch in der von mir 1908 empfohlenen Zusammensetzung'), für die Färbung vorwiegend Eisenhämatoxylin?) nach M. Heidenhain, ausserdem zuweilen auch Eisenalizarin-Kristallviolett nach Benda angewandt. Die von Altmann angegebene Methode (Fixierung mit einem Ge- misch von 2°/oiger Osmiumsäure und 5 °/oiger Kaliumbichromat- lösung zu gleichen Teilen, Färbung mit Säurefuchsin-Pikrinsäure), von der Altmann selbst (1890, S. 30) schreibt, dass sie bei Ptlanzenobjekten „sehr wenig leistet“, liefert auch nach meinen Erfahrungen, wenigstens bei den höheren Pflanzen, nur selten gute Resultate; dagegen habe ich sie schon vor Jahren auf be- fruchtete Eizellen von Fucus mit Erfolg angewandt. Dass man nicht alle Gebilde, welche sich mittels der Plasto- somenmethoden darstellen lassen, für Plastosomen erklären darf, braucht wohl nicht bemerkt zu werden. Wenn die Plastosomen, wie so häufig, in Form längerer gewundener Fäden (Plastokonten) auftreten, erscheint eine Verwechselung mit anderen Zellbestand- teilen von vornherein so gut wie ausgeschlossen. Dagegen gibt es Fälle in denen man Plastochondrien z. B. nicht von Sekret- kügelchen unterscheiden kann, die sich in gleicher Weise wie Plastochondrien gefärbt haben. Von der Möglichkeit einer Verwechse- lung abgesehen sind die Plastochondrien jedenfalls in tierischen Zellen, z. B. in Filariaeiern, mitunter sehr klein, und es scheint nicht ausgeschlossen, dass sowohl Tier- als Pflanzenzellen ») I/20/oige Chromsäure, welche 1°/o Kochsalz enthält, 15 cem, 2%oige ÖOsmiumsäure 4 cem, Eisessig 3 Tropfen. ®) Der Eisenhämatoxylinfärbung die von Rubaschkin empfohlene Vorbehandlung nach Lustgarten-Pal vorausgehen zu lassen, erwies sich mir bei den Pflanzenzellen als unnötig. 17* DD ot DD Friedrich Meves: existieren, in denen sie die zur optischen Wahrnehmbarkeit notwendige Grösse nicht erreichen. Dies könnte der Grund sein, warum Strasburger (1909, S. 113) bei der Suche nach Mito- chondrien in Pollenschläuchen von Lilium Martagon mittels meiner Methode „auch nicht das winzigste Mitochondrium zu erblicken vermocht“ hat; oder warum Scherrer (1914) die Plastosomen bei dem Lebermoos Anthoceros in der Scheitelzelle, den aus- gewachsenen Sporenmutterzellen und den Sporen vermisste, während er sie in allen übrigen Zellen des Gameto- und Sporo- phyten nachweisen konnte. II. Die ältere Literatur über die Plastosomen als Bestandteile der Protoplasmastruktur. Schon in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts war den Untersuchern bekannt, dass die Substanz des Zellkörpers pflanzlicher Zellen häufig sehr zahlreiche kleine Körnchen ent- hält. Diese Körnchen sind in manchen Fällen ungleich im Cvyto- plasma verteilt in der Weise, dass sich eine äussere hyaline „Hautschicht“ (Pringsheim, 1854) von einer körnerhaltigen Innenschicht oder einem körnerhaltigen Innern abhebt. Man hat daraufhin ein Hvaloplasma und ein Körnerplasma (oder Polio- plasma) unterschieden. Hanstein hat es jedoch 1880 für treffen- der erklärt, „die Körnchen an sich der gesamten, bald mit ihnen begabten, bald ihrer ledigen Grundsubstanz gegenüberzustellen“ und vorgeschlagen, sie mit einem Ausdruck, der allgemein An- nahme gefunden hat, als Kleinkörperchen oder Mikrosomen zu bezeichnen. Von Anfang an ist man sich aber wohl niemals darüber im Unklaren gewesen, dass sich unter diesen Mikrosomen Körperchen von sehr verschiedener Qualität befinden. Es unter- liegt nun ferner nicht dem geringsten Zweifel, dass die von mir als Plastochondrien bezeichneten Körner einen Teil der Mikro- somen ausmachen und schon früher vielfach als Mikrosomen ge- sehen und beschrieben worden sind. Man hat aber bis vor kurzem nicht vermocht, die Plastochondrien zwischen den körnigen Einschlüssen metaplasmatischer Natur (Hanstein) her- auszufinden, obgleich Pfeffer, wie sich im folgenden zeigen wird, schon 1886 ein Mittel gekannt hat, welches dazu geeignet ist. Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 253 Während man aber Plastochondrien jedenfalls schon vor langer Zeit geselien, wenn auch, wie gesagt, nicht von anderen Körnchen unterschieden hat, sind Plastokonten in pflanzlichen Zellen meines Wissens erst 1584 beschrieben worden, nachdem Flemming ihr Vorkommen in tierischen Zellen schon 1876— 1582 festgestellt hatte. Strasburger erwähnt 1884, 8.53 (in der ersten Auflage seines botanischen Praeticums) bei der Schilderung der Protoplasmaströmung in den Haaren der sogenannten Spring- gurke, Momordica elaterium, dass man ausser den freien. in dem Strome fortschreitenden Mikrosomen, bei hinreichend starker Ver- grösserung, in vielen Zellen auch noch dünne, lange Fäden wahr- nehmen könne, welche dem Strom, wenn sie in der Längsrichtung desselben gelagert sind, ein longitudinal gestreiftes Aussehen ver- leihen. Strasburger erklärt nun allerdings diese Fäden für „Mikrosomenreihen, welche, so vereint, schwächer lichtbrechend als vereinzelte Mikrosomen erscheinen“. „So eine Mikrosomen- reihe“, sagt er, „wird oft durch den Strom schlangenförmig hin und her gekrümnit, auch wohl durchrissen, während sich einzelne Mikrosomen von ihren Enden ablösen.“ Eine Nachuntersuchung hat mir jedoch gezeigt, dass es sich bei den in den Haaren von Momordica vorkommenden Fäden um Plastokonten handelt, d.h. also um Fäden, welche nicht etwa perlschnurförmig, sondern in ganzer Länge gleich dick sind. Als solche sind sie auch schon von Zimmermann (1593, S. 215), dem die Beobachtung von Strasburger unbekannt geblieben ist, beschrieben und ab- gebildet worden. Pfeffer hat 1886 durch Methylviolett in zahlreichen Fällen eine Färbung des lebenden Protoplasmas erzielt. Ein ausgezeichnetes Versuchsobjekt sind die Wurzelhaare von Trianea bogotensis, deren Protoplasma nach kurzer Einwirkung verdünnter Lösung des genannten Farbstoffes schön violett wird. Schöne Plasmafärbung beob- achtete Pfeffer ferner in den Wurzelhaaren der Keimpflanzen von Cucur- bita pepo und Triticum vulgare, sowie in den Hyphen von Saprolegnia ferax, in denen sämtlich die Strömung des Protoplasmas das Fortbestehen des Lebens zu kontrollieren gestattete. Solche Kontrolle geht den Wurzelhaaren der Keim- pflanzen von Ricinus sowie den Rhizoiden des Prothalliums von Ceratopteris thalietroides und der Brutknospe von Marchantia polymorpha ab, in welchem gleichfalls das lebendige Protoplasma sich schön mit Methylviolett tingiert. Schwach oder unsicher ist dagegen die Färbung in Haube und Epi- dermis der Wurzeln von Trianea, Lemna minor, Azolla caroliniana sowie 254 Friedrich Meves: in Spirogyra communis. Auch in den Drüsenhaaren von Primula sinensis und in den Haaren von Momordica elaterium konnte Pfeffer eine ent- schiedene Färbung des lebenden Protoplasmas durch Methylviolett nicht be- obachten:;: ebensowenig an einem frei präparierten Vegetationspunkt von Elodea canadensis, „in welchem die Zellen des Urmeristems bekanntlich einen relativ massigen Plasmakörper enthalten“. Wo das Protoplasma sich färbte, tat es dies nun nicht gleichmässig, sondern „es waren körnige oder vakuolenähnliche. Massen, welche das Methylviolett speicherten, während das Hyalo- plasma, d. h. die homogenere Masse des Protoplasmakörpers, eine merkliche Färbung nicht zeigte“. „Hinsichtlich der sich färbenden Massen lässt aber schon die Er- fahrung an nur wenigen Pflanzen spezifische Verschiedenheiten erkennen.* „In den Wurzelhaaren von Trianea bogotensis färben sich tief violett die Mikrosomen, während eine viel geringere, zum Teil sogar schwache Färbung grössere Massen annehmen, welche präformiert im Plasma vorhanden sind und als Grana bezeichnet werden mögen. In Saprolegnia ferax erscheinen die verhältnismässig grossen glänzenden Mikrosomen ungefärbt, wohl aber färben sich kleine Vakuolen im Protoplasma.“ In den Haaren von Momor- dica und in dem Urparenchym des Stengels von Elodea canadensis kommt, wie bemerkt, eine sichere Färbung durch Methylviolett nicht zustande und so sind auch die verhältnismässig grossen und zahlreichen Mikrosomen bei Momordica ungefärbt, oder wie es Pfeffer manchmal schien, doch nur minimal gefärbt. In den Wurzelhaaren der Keimpflanze von Cucurbita pepo und in den Rhizoiden der Brustknospen von Marchantia polymorpha. scheinen, nach beiläufigen Beobachtungen Pfeffers, nur die Mikrosomen zu speichern. In Chondrioderma difforme sah Pfeffer „ausser einer Anzahl zweifelloser Fremdkörper, auch einzelne Körnchen gefärbt, die wohl den Mikrosomen gleichwertig sein mögen, und ausserdem hatten vereinzelte kleine Vakuvlen etwas Methylviolett gespeichert“. Pfeffer kommt nun (S. 252) auf Grund seiner Beobach- tungen zu folgendem Resultat: „In jedem Fall kennzeichnet die Färbung besondere Qualitäten der den Farbstoff aufnehmenden Körperteile, mag nun die Ursache des besonderen Verhaltens in den färbenden Teilen allein oder in ihrer Umgebung begründet sein. So geht aus dem Mitgeteilten z. B. hervor, dass die Mikro- somen verschiedener Pflanzen nicht identische Qualität besitzen, und auch in derselben Pflanze verhalten sich nach einigen Fr- fahrungen die unter dem Namen Mikrosomen zusammengefassten stark lichtbrechenden Körnchen nicht gleich gegen Farbstoffe. Es eröffnet sich somit die Aussicht, mittels Methylvioletts und anderer Farbstoffe in Strukturverhältnisse und Eigenschaften des Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. Pa) lebenden Protoplasmakörpers nach verschiedenen Richtungen hin tiefer eindringen zu können.“ Es war nun von vornherein anzunehmen, dass die Mikro- somen, welche Pfeffer durch Methylviolett vital gefärbt hat, im wesentlichen Plastochondrien sind. v. lJaValetteSt.George hat nämlich schon in den Jahren 1885 und 1856 Dahlia, einen dem Methylviolett nahe verwandten Farbstoft, zur Lebendfärbung von Plastosomen benutzt. Die gleiche Methode haben später Prenant (1888), Pictet (1891), Henneguy (1896), Faure- Fremiet (1910) u. a. angewandt. Auch Methylviolett ist in der tierischen Cytologie neuerdings mehrfach, z. B. von Renaut (1911), für denselben Zweck gebraucht worden. Die Vermutung, dass Pfeffer Plastochondrien vor sich gehabt hat, habe ich schon 1908, 1 (S. S43) geäussert und nun- mehr bei einer Nachprüfung, die ich an einigen der Pfefter- schen Objekte vorgenommen habe, bestätigt gefunden. Fig. 6 zeigt den basalen Teil eines Wurzelhaares von Trianea, wie er sich nach Fixierung mit modifiziertem Flemmingschen (remisch und Färbung mit Eisenhämatoxylin darstellt. Man sieht das Uytoplasma von zahlreichen kleinen, intensiv schwarz gefärbten Körnchen und kurzen Stäbchen, den Mikrosomen P feffers, durch- setzt; daneben sind in viel geringerer Zahl grössere Kügelchen vor- handen, welche augenscheinlich den Grana Pfeffers entsprechen, durch das Eisenhämatoxylin ebenfalls intensiv schwarz gefärbt werden und den Farbstoff bei stärkerer Differenzierung sogar noch länger als die kleinen Körnchen und kurzen Stäbchen festhalten. Die Körnchen und Stäbchen sind nun zweifellos plastosomatischer Natur, wie auch durch ihre später bei Hydrocharis zu beschreibende Entstehung (aus Plastokonten) bewiesen wird, welche für Trianea in gleicher Weise zutrifft. Die Grana dagegen, welche nach Pfeffer bei Vitalfärbung mit Methylviolett eine viel geringere, zum Teil sogar schwache Färbung annehmen, überschreiten er- heblich die Grösse, welche Plastochondrien zu erreichen pflegen; über ihre Bedeutung vermag ich nichts Bestimmtes auszusagen; vielleicht handelt es sich um Stärkebildner oder Leukoplasten (vgl. Strasburger 1902, S. 123). Wenn Pfeffer bei der Wurzel von Trianea durch Methyl- violett an den Haaren eine starke Färbung, an Haube und Epi- dermis dagegen nur eine schwache erhalten hat, so kommt dies 256 Friedrich Meves: wahrscheinlich daher, dass nicht nur die Dicke des plasmatischen Wandbelegs, sondern auch die Anzahl der Plastosomen in den Zellen von Haube und Epidermis geringer ist als in den Wurzel- haaren. Auffällig ist es dagegen, dass nach Pfeffer „die in Trianea sich intensiv färbenden Mikrosomen“ in den Haaren von ‚Momordica, in den Zellen des Vegetationspunktes von Elodea und in den Hyphen von Saprolegnia Methylviolett nur in sehr geringem Grade oder überhaupt nicht zu speichern vermögen. Wie ich mich überzeugt habe, enthalten die Zellen des Vegetations- kegels bei Elodea wie bei allen übrigen untersuchten Pflanzen reich- liche Plastosomen; in den Haaren von Momordica und im Plasma- körper einer Saprolegnia fand ich sie ebenfalls in grosser Zahl. Das Zustandekommen der Methylviolettfärbung bei den genannten Pflanzen könnte entweder durch äussere Umstände wie Undurchlässig- keit der Zellwandung oder auch durch „spezifische Differenzen“ (Pfeffer, S. 273) der darzustellenden Elemente verhindert werden. Schliesslich sei noch darauf hingewiesen, dass ein anderer Anilinfarbstoff, Methylenblau, nach den Feststellungen Pfeffers schnell in den Protoplasmakörper eindringt und bis zum Zellsaft gelangt, in welchem er gespeichert wird, dass er aber das lebende Protoplasma nicht zu färben vermag. Daraus ergibt sich eben- falls (siehe ausserdem Meves 1915, 2, S. 295), dass der Anspruch von Arnold, welcher Chondriosomen oder Plastosomen durch Methylenblau (oder Neutralrot) vital gefärbt haben will, unbe- rechtigt ist. Die Chondriosomen oder Plastosomen lassen sich nicht in vivo durch Methylenblau oder Neutralrot tingieren. Die Körner und körnigen Fädchen, welche Arnold bei dieser Be- handlung erhalten hat, sind zum Teil Farbniederschläge (Meves 1915, 2 u.a. a. 0.). Diejenigen aber, welche als vital präformiert anerkannt werden müssen, sind weit davon entfernt, einheitlicher Natur zu sein. Die Plasmosomen Arnolds stellen nach meiner Überzeugung eine Kollektion heterogener Dinge dar, welche der Mehrzahl nach Kunstprodukte sind. Der Beweis, dass sich unter den Plasmosomen irgendwelche Chondriosomen oder Plastosomen befinden, soll noch erst erbracht werden. Es ist also falsch, die Chondriosomen oder Plastosomen, wie es von Retzius, Held, C. Rabl'!), OÖ. Schultze geschieht, ' ni) C. Rabl (1915) setzt ausserdem die Chondriosomen oder Plasto- somen den „Mikrosomen“ Hansteins gleich, wie van Beneden es 1883 Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 257 als „Plasmosomen“ anzusprechen. Arnold hat anfänglich selbst in Abrede gestellt, dass seine Plasmosomen mit den Altmannschen Granulis identisch sind. Benda, der zuerst die Identität der „Mitochondrien“ mit den „Plasmosomen“ annahm, an welche ich selbst (1908. S. 847) vorübergehend (bis 1910, 2) geglaubt habe, hat sie nenerdings (1914) ebenfalls fallen lassen. Diejenigen Autoren, welche in Zukunft den Ausdruck Plasmo- somen für die von mir als Chondriosomen oder Plastosomen be- zeichneten Gebilde gebrauchen wollen, werden also nicht umhin können, zunächst einmal den Nachweis zu versuchen, dass sie dazu berechtigt sind. In demselben Jahre (1886) wie die Untersuchungen Pfeffers erschienen Bertholds Studien über Protoplasmamechanik, in welchen ein Abschnitt dem feineren Bau des Zellkörpers ge- widmet ist. Berthold führt darin aus, dass zuerst Frommann und Heitz- mann von zoologischer, dann später hauptsächlich Strasburger und Schmitz von botanischer Seite die Ansicht vertreten hätten, dass die Grundmasse des Protoplasmas einen netzförmigen (gerüstförmigen) Bau be- sitze. Gegen diese Auffassung sei Flemming mit aller Entschiedenheit aufgetreten. Flemming, sagt Berthold, „untersuchte verschiedene Ob- jekte, teils lebend, teils nach sorgfältiger Konservation mit verschiedenen Reagentien, wobei alle Vorsichtsmassregeln beobachtet wurden, welche die wissenschaftliche Kritik gerade bei diesen Fragen unbedingt verlangen muss. Flemming konnte auf diese Weise nur das Vorkommen von fädigen Differenzierungen in der Grundmasse des Plasmakörpers, von nach den Einzelfällen verschiedener Gestalt und Ausbildung konstatieren. Einen netz- förmigen Zusammenhang dieser Fäden hält er nur bei manchen Objekten für möglich, aber nie mit Sicherheit nachgewiesen.“ „Nach den von mir erhaltenen Resultaten“, fährt Berthold fort, „kann ich mich der Auffassung Flemmings nur anschliessen.“ „Schon vor einigen Jahren habe ich Bildungen in der farblosen Grund- masse des Protoplasma von Bryopsis beschrieben, welche den von Flemming gefundenen Differenzierungen durchaus zu vergleichen sind.“ „Im plasmatischen Wandbeleg ausserhalb der von den Chlorophyl1- körpern eingenommenen Schicht liegen massenhaft glänzende, homogene Fädchen von verschiedener Länge und mit torulösen Auftreibungen versehen. Zuweilen erscheinen sie in der Flächenansicht auch als runde Tröpfchen. mit den Plastochondrien des Ascariseies getan hatte. Dies ist deshalb nicht zulässig, weil, wie ich oben bemerkt habe und wie in der Botanik allgemein feststeht, Hanstein unter dem Namen Mikrosomen die verschiedenartigsten „Kleinkörperchen“ vereinigt hat. 258 Friedrich Meves: In radialer Richtung sind sie stark abgeplattet. Sie wechseln langsam ihre Lage, zerfallen gelegentlich und verschmelzen auch wohl miteinander. Bei Eingriffen erwiesen sie sich als sehr unbeständig, sie verquellen sofort, es treten Vakuolen in ihnen auf, die sich vergrössernd der gesamten Grund- masse des Plasma eine anscheinend netzförmige Struktur verleihen. Ziemlich gut kann man sie aber mit ÖOsmiumsäure, Jod in Meerwasser, Sublimat konservieren.* „Wiederholte Untersuchung des lebenden Objektes im Frühjahr 1884 gab mir volle Bestätigung der früheren Befunde.“ „Saprolegnien sollen nach Schmitz sehr schön die netzförmige Struk- tur des Plasmakörpers zeigen. Ich finde auch hier nur stark lichtbrechende Kügelchen in grosser Menge und gestreckte etwas torulöse Fädchen, die wie bei Bryopsis besonders schön und deutlich an den Stellen zu erkennen sind, wo der plasmatische Wandbeleg nur geringe Dicke besitzt. Auch hier quellen sie bei Knickungen und Verletzungen der Fäden auf, sind mit Jod- lösung koagulierbar und färben sich mit derselben braun unter geringer Schrumpfung. Ebenso zeigten mir Vaucheria geminata und andere Vaucherien im Plasma ganz entsprechende torulöse Fädchen. Auch hier zeigen sie zitternde Bewegungen, verbiegen sich und glitschen langsam hin und her wie in geringerem Maße auch die umliegenden Chlorophylikörner und Zell- kerne. Oft zerfallen sie oder verschmelzen stellenweise miteinander, nehmen auch für einige Zeit Tropfenform an, um sich bald darauf wieder auszuziehen.“ „Auch in den älteren Gliederzellen von Callithamnion corymbosum und von Ceramium-Arten fand ich neben einfachen Kügelchen solche fädige Bildungen in der plasmatischen Grundmasse vor... .‘ „Ferner fand ich noch in den Plasmakörpern mancher Haarzellen fadenförmige Differenzierungen, bei denen indessen nur zum Teil scharfe Konturen nachweisbar waren. So stellenweise gut erkennbar bei Urtica, Goldfussia glomerata, Thladiantha dubia. Ihre Längsrichtung fällt mit der Richtung der Protoplasmaströmung zusammen. Daneben finden sich in grosser Menge jene kleinen Kügelchen und Körnchen, welche fast immer aufzutreten scheinen und die ich z. B. in den Blattzellen von Valisneria, in Cucurbita und Tradescantia-Haaren nur allein auffinden konnte.“ Berthold fasst seine Beobachtungen (S. 63) dahin zu- sammen, „dass der nach Abzug der Chlorophylikörper, Kerne, Öl und Harztropfen usw. übrigbleibenden Grundmasse noch kleine Tröpfehen. Körnchen oder Fädchen meist unbekannter Natur und Funktion eingelagert sind.“ „Alle diese Bildungen‘, sagt er, „werden nach dem Vorgange von Hanstein vielfach unter der Bezeichnung Mikrosomen zusammengefasst. Es dürfte aber vielleicht besser sein, dieses zusammenfassende Fremdwort zu vermeiden. Es ist nicht daran zu zweifeln, dass sie je nach den Einzelfällen von sehr verschiedener Natur und Zusammensetzung sind, wenn darüber auch nichts Sicheres bekannt ist und wenig Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 259 Aussicht vorliegt, dass wir sobald etwas Sicheres darüber er- fahren werden. Es mögen in vielen Fällen kristallinische oder amorphe feste Ausscheidungen organischer oder unorganischer Natur sein, in anderen wieder tropfenförmige Ausscheidungen unbekannter Gemische. Bei der Anwendung des Wortes „Mikro- somen“ liegt aber die Gefahr zu nahe, alle diese Bildungen für substantiell gleichartig, homolog zu halten, wie Kerne, Chloro- phylikörper usw., wie die Erfahrung der letzten Jahre zur Genüge gezeigt hat.“ Berthold ist demnach weit davon entfernt, die Körner und Fäden, welche er in den verschiedenen Zellarten beobachtet hat, für identische Bildungen zu erklären. In der Tat war er bei der von ihm in erster Linie angewandten Untersuchung von lebendem Material nicht im Stande, zwischen den verschiedenartigen farblosen Körnern, welche im Uytoplasma vorkommen können, irgend welche sicheren Unterscheidungen zu treffen. Bei einer Nachprüfung, welche ich an einem Teil der von Berthold studierten Objekte, nämlich an Saprolegnia, Vaucheria, Bryopsis, zwei Ceramiumarten (aus dem Kieler Hafen), Urtica- und Trades- cantia-Haaren mit Hilfe der Plastosomenmethoden vorgenommen habe, bin ich nun aber zu dem Ergebnis gekommen, dass die Körner und Fäden, welche er bei den genannten Pflanzen be- schrieben hat, anscheinend sämtlich, mit einer Ausnahme, Plasto- somen sind. Die Ausnahme betrifft das letztgenannte Objekt: die jedem Botaniker bekannten „Mikrosomen“ in den Zellen der Staubfadenhaare von Tradescantia virginica sind nach dem Resultat meiner Untersuchung nur zum Teil Plastochondrien; zum anderen Teil sind es gleichgrosse Körnchen, die sich mit Osmiumsäure bräunen und durch die Plastosomenmethoden nicht gefärbt werden; möglicherweise handelt es sich um winzige Gerb- stofftröpfehen. Neben den letzteren und den Plastochondrien kommen in den Zellen der Staubfadenhaare von Tradescantia mitunter auch noch grössere, stark lichtbrechende, durch Eisen- hämatoxylin schwarz färbbare Kügelchen vor, welche nach Stras- burger (1902, S. 117) Stärkebildner oder Leukoplasten darstellen. Wigand (1857) berichtet über das Vorkommen von plasmatischen Gebilden („Plastiden“) innerhalb geschlossener und lebendiger Gewebszellen (teils in Luft- und Wurzelhaaren, teils 260 Friedrich Meves: in Epidermis- und Parenchymzellen) und zugleich von so auf- fallender Ähnlichkeit mit Bakterien, dass es vielleicht als ein übertriebener Rigorismus erscheinen werde, wenn er fast nur wegen gewisser eigentümlicher Beziehungen zu Kristallbildungen davon absehe, geradezu von wahren Bakterien zu sprechen. In den meisten Fällen, besonders bei den Gesneriaceen, Acanthaceen und Labiaten sowie bei den Wasserpflanzen handelt es sich um Stäbchen; solche hat Wigand bei ca. 70 Pflanzenarten (bzw. Gattungen) nur etwa zehnmal (bei Azaleapontica, Urtica dioeca, Salpiglossis, Verbascum, Veronica, Begonia hybrida, Heterotrichum macrodon (Melanostomaceae), unter den Labiaten nur bei Laven- dula offieinalis, Ajuga reptans, Scutellaria Mociniana) vermisst. Und obgleich er bei der Mehrzahl der Pflanzen nur die Haare in Betracht gezogen hat, so wird man doch, wie er sagt, in Anbetracht dessen, dass überall, wo von jenen Pflanzen auch die Epidermis und das Rinden- und Markparenchym untersucht wurde, dieselben sich in gleicher Weise wie die Haare verhielten, annehmen dürfen, dass die genannten Plastiden fast den ganzen Pflanzen- körper bevölkern mögen. Mit Bakterien haben die in Rede stehenden Gebilde Gestalt, Entwick- lung, Bewegung, Chemismus und Vermehrungsfähigkeit gemeinsam, weichen aber von diesen dadurch ab, dass sie durch Mineralsäuren (Salzsäure) auf- gelöst werden, vor allem aber dadurch, dass sie in einer gewissen Generation zu längeren Stäbchen, auswachsen und hiermit ihre Teilungsfähigkeit verlieren. Während die gewöhnlichen Bakterien ferner isotrop sind, erweist sich ein Teil der Stäbchen in jeder Zelle, besonders diejenigen, welche schon im gewöhnlichen Licht durch scharfe Zeichnung und Lichtstärke ausgezeichnet sind, als anisotrop; ein anderer Teil, und zwar vorzugsweise die weich und zart erscheinenden Stäbchen, sind dagegen ebenfalls isotrop. Das isotrope Verhalten ist nach Wigan d der primäre, das anisotrope der sekundäre Zustand; die Anisotropie kommt dadurch zustande, dass der Körper der Plastiden sich ıit einer mineralischen Substanz inkrustiert. Meines Erachtens kann es nun kaum einem Zweifel unter- liegen, dass Wigand in zahlreichen Fällen unsere Chondriosomen oder Plastosomen vor sich gehabt, ebensowenig aber, dass er sie mit Dingen zusammengeworfen hat, die nicht hierher gehören. Wenn er unter den von ihm beobachteten Formen neben mikro- kokkus-artigen Körnchen, kürzeren und längeren Stäben und dünnen langen leptothrix-artigen Fäden auch tafel- und schiffchen- förmige Gebilde aufzählt, so erwecken letztere schon durch ihre (restalt den Verdacht, dass sie anderer als plastosomatischer Natur gewesen sind. Es würde aber allerdings entschieden gegen meine Annahme einer teilweisen Identität der „Kristallplastiden“ mit Plastosomen sprechen, wenn die Angabe Wigands (S. 54) zutreffend wäre, Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 261 dass die von ihm beobachteten Gebilde durch konzentrierte Essig- säure gar nicht oder nur langsam angegriffen werden. Im übrigen aber haben die Plastosomen mit Bakterien in der Tat vielfach eine überraschende Ähnlichkeit, und zwar nicht nur am lebenden, sondern auch an dem in geeigneter Weise fixierten und gefärbten Objekt. Ich habe mehrfach die Erfahrung gemacht. dass jemand, der zum erstenmal scharf gefärbte Plastosomen gezeigt bekommt, nachdem er früher nur Präparate gesehen hatte, die unter Anwendung der üblichen plastosomenzerstörenden Fixierungsmittel hergestellt waren, zunächst geneigt ist, an eine Invasion von Bakterien oder auch von Pilzfäden zu glauben. Altmann (1890) hat seine Granula ebenfalls mit Bakterien ver- glichen; er meint sogar, dass abgesehen von der äusseren Ähn- lichkeit noch sonst mancherlei Umstände dafür sprächen, dass „Mikroorganismen und Granula einander gleichwertig“ seien, und fasst sie daher unter dem gemeinsamen Namen Bioblasten zu- sammen. Swingle (1598) und Lagerheim (1899) haben Gebilde, die wahrscheinlich mit Plastokonten identisch sind, als Endoparasiten („Vibrioiden“) beschrieben. Als Nemec (1901, 1) an dünnen Querschnitten der Zwiebelwurzel seine „Fibrillen“, die nichts anderes als Plastokonten sind, zum erstenmal vor sich sah, kam ihm zunächst der Gedanke, dass es sich vielleicht um ein „para- sitisches Mycelium“ handle, „das die Wurzelspitze durchwuchert und aus einer Zelle in die andere wächst“. Maximow (1913, S. 246) wurde durch das Bild, welches die Plastosomen oder Chondriosomen im strömenden Protoplasma des Kürbishaares darboten, an bewegliche Bazillen und Spirillen erinnert, „nur dass die Bewegung der Chondriosomen“. wie er sagt, „hier natürlich nicht aktiv ist, da sie vom Plasma einfach fortgeschwemmt werden.“ Wenn Wigand (S. 56) schreibt. dass die Stäbchen aus Plasmakörnchen ihre Entstehung nehmen, so würde man dies auf ein Auswachsen oder eine Aneinanderreihung von Plastochondrien zu Plastokonten beziehen können. Bedenklich wird die Sache aber, wenn er (S. 57) angibt, man könne eine Umformung des Protoplasmas in Plastiden auch künstlich herbeiführen und zwar zunächst schon bei gewöhnlicher Temperatur durch blosse Mazeration. Weiter glaubt Wigand sogar Konstatieren zu können (S. 60), dass die Stäbchen, gegliederten Fäden und feinen langen ungegliederten leptothrix - artigen Fäden, welche mitunter an der Aussenwand der Wurzelhaare von Trianea und Hydrocharis mit ihren Enden senkrecht angeheftet sind, bezüglich der Dicke, Homogenität und Lichtbrechung mit den gleichzeitig im Inneren 262 Friedrich Meves: der Zellen vorkommenden Stäbchen und Fäden vollkommen überein- stimmen; er nimmt an, dass diese an der Aussenwand noch ansitzenden und weiterhin die frei umherliegenden Stäbchen und Fäden gleichfalls aus dem inneren Bildungsherd herrühren und von innen nach aussen sich durch die Zellwand hindurchgebohrt haben. Diesen Ansichten über „Plasma-Anamorphose* („Umformung gegebener Strukturelemente des Protoplasmas zu morphologisch und physiologisch selbständigen Einheiten“), welche schon früher (1884) von Wigand ge- äussert waren, hat de Bary (1885) die scharfe Zurückweisung, welche sie verdienen, zuteil werden lassen. Wenn de Bary (S. 39) jedoch die „schmalen Stäbchen“ in den Blattzellen von Trianea bloss wegen ihrer Löslichkeit in Salzsäure für Kristalle von oxalsaurem Kalk erklärt, so wird man dieses Urteil mit Wigand allerdings als ungerechtfertigt bezeichnen müssen. Fr. Schwarz ist 1557 in seinem Buch „Die morphologisclıe und chemische Zusammensetzung des Protoplasmas“ zu der Auf- fassung gekommen, dass zwischen den Plasmasträngen, welche den Zellraum durchsetzen, und den Plasmafäden, wie sie z. B. Berthold bei Bryopsis beschreibt, ein prinzipieller Unterschied nicht vorhanden sei; er glaubt bei verschiedenen Pflanzen Über- gänge zu finden, welche diese Strang- und Fadenbildungen mit- einander verbinden. Beide, Stränge und Fäden, sind nachı ihm nicht präformiert vorhanden, sondern entstehen aus dem Uyto- plasma durch Umbildung eines Teiles desselben. Schwarz teilt folgende Beobachtungen mit: „Bei einer sehr gross- zelligen Spirogyra waren die inneren Schichten des Uytoplasmas ausgekleidet mit sehr zahlreichen feinen Fäden, die man erst bei Anwendung guter starker Objektive deutlich sehen konnte ..... Man erkennt diese Fäden dadurch leichter, dass die zahlreichen Mikrosomen sich in ihnen fortbewegen und die Fäden selbst häufig eine hin und her schwingende oder schlängelnde Be- wegung zeigen. Die Fäden gehen über die Aussenseite der Chlorophyll- körper hinweg; wie man aber an den chlorophyllifreien Stellen beobachten kann, ragen sie vielfach in den Zellsaft hinein, bilden Schlingen- und Faden- werke, welche direkt vom Zellsaft umspült werden, ohne dass sie denselben durchsetzen.“ Diese Fadenwerke bei Spirogyra werden von Sch warz mit denjenigen in Parallele gestellt, welche Berthold in der farblosen Grundmasse von Bryopsis beobachtet hat. „Etwas Ähnliches“ konnte Schwarz an Blättern von Mnium undu- latum wahrnehmen, welche er im September untersuchte. „Zahlreiche, feine, perlschnurartige Stränge erfüllen die ganze Zelle. Obwohl sie hier und da miteinander zusammenhängen, so verlaufen sie doch im wesentlichen parallel und zwar zumeist in der Richtung der Zellen, welche auf dem Mittelnerv ungefähr senkrecht steht. In der Regel trifft dieses zusammen Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 263 mit der Längsachse der Zellen. Die Stränge verlaufen innerhalb der Chloro- phylikörper und bedecken dieselben nur an ihrer zentralen Seite, man sieht sie daher auch am besten bei Wandstellung der Chlorophylikörper. Diese Cytoplasmafäden sind hier feine Stränge, welche durch den Zellsaft, aber dem Wandbeleg anliegend, verlaufen. Ihr charakteristisches Aussehen er- halten sie durch die mit grosser Regelmässigkeit verteilten Mikrosomen, welche in diesem Fall nur kleine Fettröpfchen sind. Die Stränge sind über- all gleich breit und ebenso die Körnchen gleich gross.“ Die Körnchen schwingen in der Längsrichtung der Fäden hin und her. Die beschriebenen Fäden sind „sehr empfindlich gegen nachteilige Einflüsse“ (längeres Verweilen im Wasser, Sauerstoffabschluss in Olivenöl) und gegen Reagentien. Den Fadenwerken von Mnium zunächst stehen nach Schwarz diejenigen, welche er in den Zellen junger unreifer Cotyledonen von Ricinus sanguineus beobachten konnte; sie bilden den Ubergang zu den „Cytoplasmasträngen“ (Wurzelspitze von Pisum sativum, Trades- cantiahaare). Muss nun auch die Anschauung von Schwarz, nach welcher zwischen Plasmafäden und Plasmasträngen im obigen Sinne kein Unterschied sein soll, als „durchaus unzulässig“ be- zeichnet werden (vgl. Zacharias, Bot. Ztg., Jahrg. 46, 1885, Spalte 75), so möchte ich doch andererseits bestimmt annehmen, dass Schwarz, wenigstens in den Zellen von Mniumblättern, Fäden nach Art derjenigen. wie sie nach Berthold bei Bryopsis vorkommen, das heisst also Plastokonten, vor sich gehabt hat. Bei einer Nachuntersuchung habe ich solche hier leicht nach- weisen können. Sie sind allerdings nicht „perlschnurförmig“, wie Schwarz sie beschreibt und abbildet (das von Schwarz beobachtete „perlschnurförmige“* Aussehen dürfte durch irgend eine Schädigung zustande gekommen sein), sondern in ganzer Länge gleichmässig dick. Ferner verlaufen sie nicht, wie Sch warz angibt, frei „durch den Zellsaft“, sondern, wo dies der Fall zu sein scheint, erstrecken sie sich in dünne Scheidewände zwischen Zellsaftvakuolen hinein, welche dann den Innenraum der Zelle in der Mehrzahl erfüllen. Von den Blattzellen einer anderen Moosart, Funaria hygro- metrica, hat G. Klebs (1888, S. 558) beschrieben, dass sie „eine eigenartige Struktur des Protoplasmas besitzen, insofern stark lichtbrechende, in verschiedener Weise hin und her gebogene Plasmastränge den Zellsaft durchziehen, welche von den gewöhn- lichen Plasmafäden wohl zu unterscheiden sind; sie bilden manch- mal einen verwickelten Knäuel“. 264 Friedrich Meves: Diese „Plasmastränge“* von Klebs dürften mit den „perl- schnurartigen Strängen“, welche Schwarz bei Mnium gefunden hat, und also ebenfalls mit Plastokonten, identisch sein. Ich merke schliesslich noch an, dass in neuerer Zeit in den Blattzellen verschiedener Moosarten von Senn (1908), Knoll (1908), Linsbauer und Abranovicz (1909) und zuletzt von Boresch (1914) Fadengebilde beobachtet, aber nicht auf ihre Beziehung zu Chondriokonten oder Plastokonten untersucht worden sind. Nach Zacharias (1888) schwimmen im strömenden Plasma der Wurzelhaare von Chara 1. zahlreiche, längliche, blasse Körper differenter Gestalt und Grösse, ausserdem werden 2. kleinere glänzendere Körperchen, meist Bakterienstäbchen vergleichbar, und 3. vereinzelte grössere Körper verschiedener Art mitgeführt. Das in relativer Ruhe befindliche Plasma der Schlauchspitze ent- hält dieselben Körper wie das strömende. Ähnliche Verhältnisse wie bei Chara findet man nach Zacharias im strömenden Plasma der Wurzelhaare von Hy- drocharis morsus ranae. „Den sub 1 für Chara beschriebenen Körpern entsprechen hier blasse, sich mannigfach schlängelnde Fäden, welche in einer homogenen Grundmasse dahingleiten, bald dicker, bald dünner werdend, und dabei oft in kürzere Stücke zerreissend. Fasst man ganz junge, noch kurze Wurzelhaare ins Auge... ., so sieht man im Plasma die Fäden mannigfach anastomosierend dahinziehen, wobei einzelne Anastomosen zer- reissen, andere sich neu bilden, das Ganze überhaupt fortgesetztem Formwechsel unterworfen ist.“ „Dementsprechend“, fährt Zacha- rias fort, „sah ich im Wandbeleg von Spirogyrenzellen ausser feinen Körnchen ein blasses Fadenwerk, welches seine Anordnung beständig änderte“. Nach Zacharias sind ähnliche Beobachtungen für Pflanzenzellen von Strasburger, Pfeffer und Berthold veröffentlicht worden. Die länglichen blassen Körper von Chara scheinen ihm den Grana Pfeffers bei Trianea zu entsprechen, die kleineren Körper von Chara den Mikrosomen. „Den blassen Körpern und Granis werden des weiteren die Fäden bei Hydro- charis, Spirogyra, Bryopsis usw. an die Seite zu stellen sein, und desgleichen, wie schon Berthold hervorhebt, die von Flemming und anderen für tierische Zellen beschriebenen Fäden im Plasma derselben.“ Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 265 Von den Objekten, bei denen Zacharias den Bau des Protoplasmas studiert hat, habe ich die Wurzelhaare von Hydro- charis nachuntersucht und bin dabei auch auf ihre Entwicklung eingegangen. Die Zellen, welche bestimmt sind, zu Wurzelhaaren auszu- wachsen, lassen sich in akropetaler Richtung bis ganz nahe an den Wurzelscheitel heran verfolgen. Sie sind hier an Grösse von den benachbarten Zellen des Dermatogens noch wenig unter- schieden, lassen sich aber sehr leicht daran erkennen, dass sie ein reichliches Uytoplasma besitzen, welches eine Anzahl kleiner Vakuolen und daneben sehr zahlreiche Plastosomen in Form von Körnern und kurzen Stäben einschliesst (Fig. 1, linke Zelle). In den übrigen Dermatogenzellen dagegen ist das Cytoplasma infolge des Vorhandenseins von einer oder zwei grossen Zellsaftvakuolen auf einen dünnen Wandbeleg und eine den Kern umgebende Ansammlung beschränkt (Fig. 1. rechte Zelle). Die wurzelhaarbildenden Zellen beginnen nun, noch unter der Wurzelhaube, stark heranzuwachsen (Fig. 2, 3), wobei sie sich anfangs ausser in die Breite ausschliesslich in die Tiefe aus- dehnen. Die Vakuolen bleiben zunächst klein, nehmen aber er- heblich an Zahl zu: in jeder von ihnen tritt eine sternförmige, durch Eisenhämatoxylin schwarz färbbare Kristallbildung auf. Die Plastosomen vermehren sich gleichfalls stark, bewahren aber im übrigen im grossen und ganzen bis etwas über das Stadium der Fig. 3 hinaus ihr ursprüngliches Aussehen. Indem die Zellen nun weiter über die Wurzelobertläche hervorwachsen, fangen die Zellsaftvakuolen an sich zu vergrössern und immer mehr zusammenzufliessen: aus den trennenden Plasma- lamellen werden auf diese Weise rings von Zellsaft umspülte Plasma- balken (Fig. 4, 5). Die Plastosomen gestalten sich von dem genannten Zeit- punkt an zu den von Zacharias beschriebenen feinen Fäden um; die anastomotischen Verbindungen derselben, welche Zacharias in ganz jungen Wurzelhaaren während des Lebens beobachtet haben will. sind aber wohl vorgetäuscht gewesen. Gleichzeitig treten im Uytoplasma grössere Kügelchen aut, die mit den Granis von Pfeffer bei Trianea identisch sind. In älteren Wurzelhaaren von Hydrocharis bildet das Ovto- plasma ebenso wie bei Trianea (Fig. 6) an der Basis eine grössere Archiv f. mikr. Annt. Bd.89. Abt. I. 18 266 Friedrich Meves: Ansammlung, in welcher der Kern liegt und im übrigen einen dünnen (am fortwachsenden Ende des Zellschlauchs noch wieder stark verdickten) Wandbeleg. Auch die Plastosomen bieten das- selbe Bild wie bei Trianea: die feinen plastosomatischen Fäden der Fig. 4 und 5 haben sich in kurze Stäbe und Körner zerlegt. Zimmermann (1890) fand in den Zellen des Assimilations- gewebes bei sehr zahlreichen Pflanzen Granula, von denen er sagt, dass sie „ihrem ganzen Verhalten nach mit den von R. Altmann im Cytoplasma der tierischen Zellen beobachteten Differenzierungen übereinstimmen“. Er fixierte nicht mit dem Altmannschen Gemisch von Osmiumsäure und Kaliumbichromatlösung, sondern mit konzentrierter alkoholischer Pikrin- säure oder 3°/oiger Salpetersäure und färbte mit Säurefuchsin-Pikrinsäure. Die in dieser Weise sichtbar gemachten Granula zeigten im aus- gewachsenen Blatt stets genau kugelförmige oder wenig in die Länge ge- streckte rundliche Gestalt. Nur in einem Fall fand Zimmermann er- hebliche Abweichungen von der Kugelgestalt und zwar in den jungen Blättern von Polypodium ireoides. Hier waren die Granula bald nur in die Länge gestreckt, bald bestanden sie aus einem geraden oder etwas ge- krümmten stabförmigen Körper, der an einem oder beiden Enden verdickt war. Die Granula sind stets bedeutend kleiner als die Chloroplasten; im übrigen schwankt ihre Grösse je nach der Pflanzenart innerhalb sehr weiter Grenzen. Ebenso wie die Grösse ist auch die Anzahl der in einer Zelle ent- haltenen Granula sehr verschieden. Bei Tradescantia discolor und auch bei anderen Pflanzen findet man im Schwammparenchym häufig ungefähr eben- soviel Granula als Uhromatophoren ; bei anderen Pflanzen ist die Zahl der Granula bedeutend grösser. Die Granula sind nur selten über den gesamten plasmatischen Wandbeleg gleichmässig verteilt; meistens bevorzugen sie die Nähe der CUhromatophoren; zuweilen sind sie auch um den Kern herum in grösserer Menge angehäuft. Denselben Gegenstand behandeltZimmermann in seiner „Botanischen Mikrotechnik“ (1892, S. 208). Nachdem er der Existenz Altmannscher Granula im Cytoplasma tierischer Zellen Erwähnung getan hat, fährt er folgendermassen fort: „Inwieweit nun auch dem Cytoplasma der Pflanzen- zellen eine ähnliche Granulastruktur zukommt. lässt sich zurzeit noch nicht angeben. Die diesbezüglichen Untersuchungen des Verfassers sind bisher noch nicht zu irgendwie abschliessenden Resultaten gelangt. Dahingegen konnte mit Hilfe der Altmannschen Methoden der Nachweis geliefert werden, dass im Cytoplasma der Assimilationsgewebezellen gewisse Inhalts- körper sehr verbreitet sind, die mit den Altmannschen Granulis in vieler Beziehung übereinstimmen und auch zunächst einfach als Granula bezeichnet wurden (cf. Zimmermann, 1890, S. 38).“ „Dieselben sind stets farblos und stellen meist kleine Kugeln dar, die in ausgewachsenen Zellen höchstens etwa die Grösse der Nukleolen besitzen Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 267 (ef. Fig. 48, g). Ihr chemisches Verhalten spricht dafür, dass sie aus protäin- artigen Stoffen bestehen.“ Die beigefügte Fig. 48 betrifft eine Zelle aus der untersten Meso- phylischicht eines Blattes von Tradescantia albiflora; sie ist nach einem Präparat gezeichnet, das mit alkoholischer Pikrinsäurelösung fixiert und mit Säurefuchsin-Pikrinsäure nach Altmann gefärbt war. Es fragt sich nun, ob die von Zimmermann dargestellten Granula in der Tat, wie Zimmermann annimmt, mit Alt- mannschen identisch sind. Ich war ursprünglich geneigt, diese Frage ebenfalls zu bejahen (vergl. Meves 1910,2, S. 650 Anm.), fand aber neuerdings im Assimilationsgewebe ausgewachsener Blätter von Tradescantia albitlora nach Fixierung mit Flemmingschem Gemisch und Färbung mit Eisenhämatoxylin grössere Körner (wie Zimmermann sie 1892, Fig. 48 bei demselben Objekt abbildet), nur hin und wieder vereinzelt; dagegen konstant, hauptsächlich in der Umgebung der Chloroplasten, kleinere Granula, die in sehr viel grösserer Zahl vorhanden waren als die von Zimmer- mann beschriebenen. Diese kleineren Granula entfärbten sich bei dem Differenzierungsverfahren im Gegensatz zu den Plasto- somen, welche in denselben Schnitten in den Zellen der Leitbünde vorhanden waren, ausserordentlich schnell, so dass ich sie nicht für Altmannsche Körner oder Plastochondrien halten möchte. Wahr- scheinlich handelt es sich um dieselben Körnchen metaplasmatischer Natur, die ich bei derselben Pflanze in den Zellen des Stengelvege- tationspunktes und der jüngsten Blätter aufgefunden habe (s. unten). Plastosomen habe ich in den Assimilationszellen ausgewach- sener Tradescantiablätter nicht in einwandfreier Weise nach- weisen können, und bezweifle ich auch deshalb, dass solche hier überhaupt vorhanden sind, weil nach meinen Beobachtungen bei dieser Pflanze sämtliche Plastosomen in den Zellen der Blatt- anlagen zur Chloroplastenbildung verbraucht werden. Mit der Annahme, dass den Assimilationszellen ausgewach- sener Tradescantiablätter Plastosomen fehlen, trete ich in Gegen- satz zu Guilliermond (1914,5), welcher glaubt, dass bei den Phanerogamen „Mitochondrien“ auch noch in jeder Zelle der er- wachsenen Pflanze in mehr oder minder grosser Zahl enthalten seien. Ich habe aber bei der Lektüre seiner Mitteilung den Eindruck gewonnen, dass er sich bei seinen bezüglichen Fest- stellungen (wie auch Zimmermann) durch Körner metaplasma- tischer Natur hat täuschen lassen. 185 * 268 Friedrich Meves: In dem ersten seiner „Sammelreferate aus dem Gesamt- gebiete der Zellenlehre“ (1893, S. 215) erwähnt Zimmermann ferner, dass neben Körnern jedenfalls auch fadenförmige Diffe- renzierungen innerhalb des Cytoplasmas der Pflanzenzellen vor- kommen. Hierher gehört nach Zimmermann wohl jedenfalls ein Teil der von Wigand als Kristallplastiden beschriebenen Körper, nämlich die isotropen Stäbchen, welche Zimmermann unzweifelhaft plasmatischer Natur zu sein scheinen. Zimmer- mann selbst beobachtete derartige Fäden in den Haarzellen von Momordica elaterium sowie innerhalb des Wurzelmeristems von Vicia faba; und zwar an letzterem Objekt sowohl während des Lebens als auch nach Fixierung mit Pikrinsäure-Sublimat-Alkohol und Färbung mit Säurefuchsin -Pikrinsäure; er schlägt vor, sie unter der Bezeichnung „Nematoblasten“ zusammenzufassen. Ich möchte meinerseits glauben, dass diese Nematoblasten nichts anderes als Plastokonten sind. Crato (1892—1896) beschreibt, dass in der plasmatischen Grundsubstanz, welche nach ihm stets eine „schaumförmige“ (Bütschli) oder „lamellöse“ Struktur besitzt, bläschenartige, von ihm als Physoden bezeichnete Gebilde eingelagert sind, die eine Auftreibung der Lamellen bedingen. Die Physoden sind dadurch ausgezeichnet, dass sie ein stärkeres Lichtbrechungsvermögen als die übrigen Zellbestandteile besitzen, besonders aber dadurch, dass ihnen ein eigenes Bewegungsvermögen zukommt. Bei den Braun- algen kriechen sie ähnlich wie Amöben oder gleiten bald mehr bald weniger lebhaft im Lamellensystem umher. Die Hülle der Bläschen ist keine konstante, sondern eine wechselnde, aus der Lamellensubstanz bestehende; an und für sich ist der Physodenstoff unbehäutet (1896, S. 418). Die Physoden vermehren sich nicht etwa durch Teilung, sondern ent- stehen dadurch, dass sich in den Lamellen „Tröpfchen einer stärker licht- brechenden Substanz“ abscheiden (1892, S. 300— 301, 1896, S. 422). Die Formänderungen, welche die Physoden zeigen, beweisen, dass ihr Inhalt flüssiger oder zähflüssiger Natur sein muss. Mikrochemische Prüfungen des Physodeninhalts, welche Crato in grosser Ausdehnung besonders bei den Braunalgen vorgenommen hat (1893, S. 172 u. folg.), ergaben, dass schon innerhalb der Gruppe der Braunalgen wesentliche Verschiedenheiten in Be- zug auf die chemische Zusammensetzung desselben vorkommen. Die Phy- soden enthalten aber stets die am leichtesten oxydierbaren, bezw. die am stärksten reduzierenden Stoffe der Zelle. Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 269 Der „wesentlichste Teil der Zelle“ ist nach Orato (1896, S. 417—419) das Lamellensystem; jedoch ist dieses auf den Kern und die übrigen vor- handenen Organe, Physoden, Chromatophoren angewiesen. Die Physoden sind die „Trabanten“ des Lamellensystems, „die Organe, welche in allen Lamellen umhergleitend, auf die denkbar günstigste Weise den chemischen Austausch und den Transport wichtiger Baustoffe übernehmen“ (1893, S. 163). Der „bereits individualisierte“ Physodeninhalt wird zum Aufbau der Lamellen- substanz verbraucht; er „besitzt keinen organisierten Bau“, im Gegensatz zum Kern und den Chromatophoren, die „in sich völlig abgeschlossene, selbst wieder kunstvoll gebaute Organe der Zelle“ sind. Ein Verschmelzen und Aufgehen dieser beiden Organe in die Lamellensubstanz kommt nicht vor, „dagegen ist dies oft der Fall bei der Physodensubstanz“ (1896, S. 419). Trotzdem kann dem Physodeninhalt, da er sich eigenmächtig bewegt. eine gewisse Vitalität nicht abgesprochen werden (1896, S. 447). Urato erhebt nun keineswegs den Anspruch, die von ihm als Physoden bezeichneten Gebilde als erster gesehen zu haben, sondern meint, dass der bei weitem grösste Teil der sogenannten Mikrosomen hierher gehöre. Er bezeichnet es ferner (1896, S. 411) als möglich, dass die Altmannschen Granula „mit den Physoden in Beziehung stehen, bezw. damit identisch sind“. In der Tat ist es wohl zweifellos. dass sich unter den (re- bilden, welche Urato bei höheren Pflanzen als Physoden beschrieben hat, zahlreiche Altmannsche Granula oder Plasto- chondrien befinden. Ebenso bestimmt lässt sich aber auf Grund der von ihm angestellten mikrochemischen Reaktionen behaupten, dass er ausser Plastochondrien vielfach Einschlüsse metaplasma- tischer Natur zu den Physoden gerechnet hat. Um ein Beispiel anzuführen, so findet Crato, dass sich die Physoden bei Elodea in den Zellen des Vegetationspunktes und in den peripherischen Zellen junger Wurzeln mit Osmium- säure schnell schwarz bezw. braun färben. Das tun die Plasto- chondrien aber niemals, wohl aber tun es Fett- oder Gerbstoft- tröpfehen, und die Kügelchen, welche Crato bei Elodea gesehen hat, gehören wahrscheinlich einer von beiden Kategorien an. Jedenfalls vermochte ich leicht festzustellen, dass in vielen Zellen dieser Pflanze an den von Crato bezeichneten Orten Kügelchen, welche durch Osmiumsäure gebräunt werden, neben Plasto- somen vorhanden sind. Über die Physoden Cratos speziell bei Elodea hat sich neuerdings auch Lewitsky (1911, 1, S. 688) geäussert: Ihm ist es am wahrscheinlichsten, dass sie als „vielleicht fettartige Abbau- 270 Friedrich Meves: produkte des Stoffwechsels* zu deuten sind, „welche zwar auch im normalen Leben gebildet, aber in einem in der Lebenstätig- keit etwas gestörten Plasma viel stärker produziert werden“. Ebenso wie in den Zellen von Elodea werden sich meines Erachtens bei den Braunalgen Plastosomen neben den „Physoden“ nachweisen lassen. Wenn Crato sagt, dass die Physoden bei Fucus und Ecto- carpus nach Behandlung mit Osmiumsäure farblos bleiben, bei Sphacellaria, Chaetopteris und Pylaiella sich schwärzen, so kann mit Bestimmtheit behauptet werden, dass es sich im letzteren Fall nicht um Plastosomen handelt. Ebensowenig lassen sich Plastosomen lebend durch Methylenblau färben, wie Crato es von den Physoden bei Chaetopteris beobachtet hat. Dagegen sind Bräunung mit Osmiumsäure und Färbung mit Methylenblau beides Reaktionen, welche auch Gerbstoffblasen zeigen. Die von Crato bei den Braunalgen beschriebenen Physoden sind nach Cratos eigener Angabe schon früher teils als Fett- oder Gerbstofftröpfchen, teils als der Stärke entsprechende Gebilde („Fucosankörner“) ge- deutet worden. Crato selbst hat nun bei den Braunalgen bereits Zell- bestandteile beschrieben, in denen ich Plastosomen vermuten möchte; das sind einmal die „Tröpfchen einer stark lichtbrechenden Substanz“, welche nach Crato den Physoden Entstehung geben; ferner die „stark lichtbrechenden unregelmässig angeordneten Fädchen“, welche z. B. in Parenchymzellen von Fucus besonders bei hoher Einstellung in der wandständigen Lamelle (aber auch in den im Innern der Zelle befindlichen Lamellen) sichtbar sind (1896, S. 422—424). Die Fädchen krümmen sich nach Crato meist lebhaft hin und her, verzweigen sich bisweilen aderig und können stellenweise sogar den Eindruck eines unregelmässigen Netzwerkes hervorrufen, „so dass man anfangs geneigt ist, das so viel umstrittene Protoplasmanetzwerk, wenn auch nur in einem Teil der Zelle, aufgefunden zu haben“. Den „Physoden“ wird von Crato, wie ich oben berichtet habe, „eigenes Bewegungsvermögen“ zugeschrieben. Da sie aber bei den Braunalgen, bei denen sie am lebhaftesten „kriechen“, zum Teil Gerbstoffblasen darstellen, kann die von Crato beob- achtete Bewegung wohl nicht gut eine „eigenmächtige“ sein. Ich möchte meinerseits vermuten, dass sie vielleicht durch Änderungen na Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 271 im Füllungszustand der in der Grundsubstanz des Üytoplasmas eingeschlossenen Zellsaftvakuolen bedingt wird. Wenn dabei auch Formänderungen der „Physoden“ auftreten, so würde dies bei flüssiger Beschaffenheit des Physodeninhalts nicht weiter merk- würdig sein. Mikosch (1894) sah in lebenden Epidermiszellen von Sedum Telephium im Wandbeleg des Protoplasmas ziemlich stark lichtbrechende Körnchen, die in der Regel zu mehreren perl- schnurförmig aneinander gereiht waren; der Verlauf der Reihen war nicht selten geschlängelt. Fixierte Mikosch die an lebenden Pflanzenteilen ausgeführten Schnitte mit 1— 1/2 /oiger Salpeter- säure und färbte mit Hämatoxylin, so konnte er verschieden orien- tierte, gerade oder geschlängelt verlaufende Fäden wahrnehmen, von denen einige deutlich gekörnt, andere homogen waren. Ausser in Epidermiszellen konnte Mikosch auch in Parenchymzellen von Sedum, in Epidermis- und Parenchymzellen von Sempervivum und mehreren Malvenarten die genannten Fäden beobachten. Im Cytoplasma jüngerer Blätter von Sedum sind die fadenförmigen Elemente der Zahl nach geringer, kürzer und dicker als in älteren. Das Protoplasma von Meristem- zellen zeigt, soweit die Beobachtungen von Mikosch reichen, gar keine Fäden, sondern nur Körnchen. Ich selbst habe bei einer Nachuntersuchung, die ich an den Blättern von Sedum Telephium mit Hilfe der Plastosomenmethode vornahm, in den Epidermiszellen neben Kügelchen, welche durch Osmiumsäure gebräunt werden und wahrscheinlich Gerbstoff- tröpfchen darstellen, zahlreiche teils körnige teils fädige Plasto- somen aufgefunden. Swingle (1598) teilt mit, dass bei einigen Saprolegniaceen und Florideen in den oberflächlichen Schichten des Cytoplasmas reichlich „Vibrioiden“ vorkommen, die er als „neue Organe oder OÖrganoide“ der Pflanzenzelle bezeichnet. Die Vibrioiden sind schlanke, zylindrische, scharf abgegrenzte Körper, welche etwa die Grösse von vielen gewöhnlich vorkommenden Bazillen haben; sie weisen langsame biegende oder undulatorische Eigenbewegungen auf. Sie sind schon in der lebenden Zelle gut sichtbar, lassen sich aber auch durch die gewöhnlichen Reagentien gut fixieren und durch Färbung scharf von dem umgebenden Uytoplasma abheben. Ihr Aussehen legt den Gedanken nahe, dass es sich um winzige „Endoparasiten“ handelt, aber ihr konstantes Vorkommen in Pflanzen, die sich auf allen Entwicklungsstadien befinden und von weit von einander entfernten Lokalitäten stammen, spricht gegen BT Friedrich Meves: diese Ansicht. Ihre Funktion ist unbekannt. Swingle fügt hinzu, dass diese Gebilde schon von früheren Autoren, die er nicht mit Namen anführt, beobachtet, aber nicht zutreffend beschrieben seien. Lagerheim (1899) fand Swinglesche Vibrioiden ausser bei einer Saprolegniacee (Dietyurus nionospurus) in den Zellen eines Pilzes Ascoidea rubescens, welcher eine Mittelstellung zwischen Ascomyceten und Phycomyceten einnimmt. Man sieht sie bei Ascoidea am leichtesten in dem protoplasmatischen Wandbeleg älterer fettfreier Hyphenzellen; sie sind so bazillenähnlich, dass man glauben würde, dass es sich um intrazellulär lebende Bakterien handelt. Auch im Verhalten zu den Farbstoffen zeigen sie eine auffallende Überein- stimmung mit Bakterien. Lagerheim hat eine ganze Anzahl von Anilin- farbstoffen auf in Alkohol konserviertes Material einwirken lassen; „von diesen erwiesen sich eigentlich nur einige Triphenylmetanfarbstoffe und zwar Fuchsin, Diamantfuchsin, Methylviolett, Gentianaviolett, Dahlia, Erythrosin zur guten Färbung der Vibrioiden geeignet“. Am besten und bequemsten fand Lagerheim die Verwendung von Ziehlschem Karbolfuchsin. Eine distinkte Tinktion der Vibrioiden erhält man auch, wern man mit Ehrlichs Anilinwasser-Gentianaviolett-Lösung färbt und das Präparat nach Aus- waschung in Wasser mit Jod-Jodkalium behandelt. Dass die „stark lichtbrechenden Kügelchen“ und „gestreckten, etwas torulösen Fädchen“, welche Berthold bei Saprolegnia be- schrieben hat, nach dem Resultat meiner Untersuchung Plasto- somen darstellen, habe ich oben bereits bemerkt. Von Flori- deen habe ich Nemalion multifidum geprüft und hier durch Fixie- rung mit modifiziertem Flemmingschen Gemisch und Färbung mit Eisenhämatoxylin in den Rindenzellen sehr zahlreiche stäb- chenförmige (Gebilde nachweisen können, welche offenbar die „Vibrioiden* sind. Ich gestehe, dass ich kein Bedenken tragen würde, sie für Plastokonten zu erklären, wenn es mich nicht stutzig machen würde, dass die „Vibrioiden“ sich nach Swingle und Lagerheim mit den „gewöhnlichen Reagentien“ fixieren und nach Lagerheim auf sehr verschiedene Weise färben lassen; die Richtigkeit dieser Angaben habe ich bisher nicht nachgeprüft. N&mece (1901,11) berichtet über fibrilläre protoplasmatische Strukturen, welche er als „reizleitende“ auffasst. Er hat sie be- sonders in der Wurzelspitze von Allium cepa studiert. Hier kann man nach ihm auf einem medianen Längsschnitt in zahl- reichen Zellen, „besonders im Plerom und Periblem“, longitudi- nal verlaufende Plasmastränge wahrnehmen, welche an den Quer- wänden miteinander korrespondieren und aus zahlreichen homo- r .. . ec Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 275 genen Fibrillen bestehen, die in einem diehten granulären Plasma eingebettet sind; das Plasma bildet an den Fibrillen eine feine, jedoch scharf distinkte Scheibe. Die Fibrillen können nach Nemee durch verschiedene Methoden zur Darstellung gebracht werden. N&mec (8.72) gibt an, dass er eine Färbung der Fäden, die aber nur „einige Sekunden lang“ andauerte, da- durch erzielt habe, dass er Längsschnitte des lebenden Objekts in eine 1"/o ige wässerige Lösung von Methylenblau hineinbrachte und direkt in derselben beobachtete. Die Färbung trat „beim Absterben der Zelle oder direkt vor demselben“ auf und fiel noch deutlicher aus, wenn die Farbstofflösung mit einigen Tropfen Ammoniak versetzt wurde, was das Absterben der Zellen beschleunigte. Hauptsächlich aber wurde der Nachweis der Fibrillen an fixiertem und gefärbtem Material geführt. Zum Fixieren wurde Pikrin-Eisessig-Schwefel- säure, Chromessigsäure und Flemmingsches (Gemisch gebraucht. Für Stückfärbung diente Parakarmin oder Hämatoxylin; für die Schnittfärbung kamen Eisenhämatoxylin nach M. Heidenhain, das Flemmingsche Drei- fachverfahren und andere Methoden in Anwendung. Die Fibrillen verlaufen nun nach Nömec „in den Pleromzellen longi- tudinal von einer Querwand zur anderen, zwar nicht ganz gerade, jedoch lässt sich immer diese Hauptrichtung ziemlich leicht feststellen. In jüngeren Zellen bilden die Fibrillen oft verschiedenartig gewundene Schlingen und Windungen, in älteren richten sie sich jedoch mehr gerade und sind nur schwach wellenförmig gekrümmt.“ So wie die plasmatischen Stränge, so korrespondieren auch die einzelnen Fibrillen an den Querwänden miteinander; jedoch stehen sie nie in konti- nuierlichem Zusammenhang; die Querwände werden von ihnen nicht durch- brochen. In den jüngeren Teilen der Wurzelspitze gesellen sich zu den longi- tudinal verlaufenden Fibrillen, welche die Mehrzahl ausmachen, andere, welche eine radiale oder annähernd radiale Richtung innehalten. Letztere bilden nie eigentliche Bündel. sondern verlaufen stets isoliert, meist unregel- mässig gekrümmt. Nahe am Vegetationspunkt müssen die Fibrillen ganz neu entstehen; denn in den Zellen des Vegetationspunktes selbst konnte N&mec sie nicht nachweisen. Da die Fibrillen „wahrscheinlich selten im Oytoplasma blind endigen, vielmehr meist von einer Wand zur anderen verlaufen und an die äussere Plasmahaut sich anknüpfen“, wobei sie in den benachbarten Zellen korre- spondieren, bilden sie nach Nemec ein gesetzmässig zusammenhängendes System („Fibrillensystem“), welches „höchstwahrscheinlich vorwiegend eine reizleitende Struktur vorstellt“, die im letzten Prinzip mit derjenigen über- einstimmt, welche in den Leitungsbahnen der Metazoen festgestellt wurde. Allium cepa stellt nach N&mec das günstigste Objekt zur Auffindung und Beobachtung der Fibrillen dar, jedoch hat N&mec sie ausserdem noch in den Wurzelspitzen zahlreicher anderer monocotyler und dicotyler Pflanzen (Hyacinthus orientalis, Iris germanica, Panicum miliaceum, Zanichellia 274 Friedrich Meves: palustris, Trianea bogotensis und Cucurbita pepo, Vicia faba, Pisum sativum u. a.), sowie einiger Farne (Woodwardia und Aspidium) nachweisen können. Der Abhandlung von N&mec, welcher bereits eine vor- läufige Mitteilung vorausgegangen war, hat man seinerzeit, wie ein Referent (Kohl, im Botanischen Zentralblatt, Bd. 57, 1901, S. 344) schreibt, „mit grosser Spannung entgegengesehen“. Die Erwartungen gingen aber wohl nur zum Teil in Erfüllung. Zwar sagt Kohl von den von N&mec beschriebenen Strukturen, dass sie dem Beschauer in den beigegebenen „schönen Figuren“ „so klar und deutlich entgegentreten, dass man sich nicht genug wundern könne, wie diese (Gebilde dem geübten Auge anderer Forscher, welche früher danach gesucht, entgehen konnten“. Ebenfalls Noll (Bot. Zte., Bd. 59, 2, 1901, Spalte 148) wirft die Frage auf, wie es möglich war, dass diese Fibrillensysteme bei der hochausgebildeten mikroskopischen Technik und der Inten- sität der mit ihrer Hilfe betriebenen histologischen Forschung nicht schon früher und allgemein gefunden wurden. Er meint, es sei nicht das erste Mal, dass Dinge jahrzehntelang nicht ge- sehen wurden, die nach ihrer mit Kopfschütteln begrüssten Ent- deekung nachher zu den unvermeidlichsten Funden gehörten. Die theoretische Deutung, welche N&mec seinen Fibrillen beilegte, wurde aber von vornherein skeptisch aufgenommen. Am entschiedensten bezweifelte Haberlandt (1901, 1) bei einer Besprechung der N&mecschen Arbeit, dass die von N&mec beobachteten Fibrillensysteme Organe der Reizleitung darstellen. Haberlandt erklärt, es könne nach den Angaben von N&mec kaum einem Zweifel unterliegen, dass diese Fibrillen mit den Kinoplasmafasern Strasburgers nahe verwandt oder identisch seien; sie könnten persistierende und in die Länge ge- wachsene Spindelfasern darstellen. Weiter macht er darauf auf- merksam, dass sie sich fast ausnahmslos nur in unausgewachsenen, erst in Entwicklung begriffenen Zellen vorfinden und meist mit den Zellkernen in sehr innige Berührung treten. Diese beiden Umstände lassen ihn vermuten, dass die Hauptbedeutung jener Fibrillensysteme in der Übertragung der vom Zellkern ausgehenden Impulse auf die Zellmembran besteht. N&mec (1901, 2) weist in einer Erwiderung auf verschiedene Punkte hin, in welchen die von ihm beschriebenen Strukturen Qi Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 27: von den Kinoplasmafasern Strasburgers abweichen und hält im übrigen seine Anschauungen „Haberlandts hypothetischen Deutungen der Fibrillen gegenüber“ als die „wahrscheinlichsten und am nächsten liegenden“ aufrecht. Haberlandt (1901, 2) hat darauf, um sich über die frag- lichen Fibrillensysteme ein auf eigener Anschauung basierendes Urteil bilden zu können, die Wurzelspitzen von Allium cepa, das Hauptobjekt der N&mecschen Untersuchungen, einer „mög- lichst genauen Nachuntersuchung unterworfen“. Er studierte zunächst Längsschnitte durch frische Wurzelspitzen in 5°/oiger Rohrzuckerlösung und sah an diesen sehr deutlich, dass die Plasma- stränge, welche die grossen Pleromzellen der Länge nach durch- ziehen, eine längsfaserige Struktur zeigen, „d. h. man sieht lang- - gestreckte Plasmafasern oder Plasmalamellen, die durch lange, spaltenförmige Vakuoien von einander getrennt werden“. Bei diesen Plasmasträngen handelt es sich nun aber um Massen, welche sich in strömender Bewegung befinden, wenn die Strömungen auch infolge der Empfindlichkeit des Objekts oft sehr bald schon zum Stillstand kommen. Haberlandt kommt daher zu dem Resultat, dass die längsfibrilläre Struktur der zen- tralen Plasmastränge in den Pleromzellen der Alliumwurzel das- selbe Phänomen sei, wie der von früheren Forschern (Frommann, Wigand, Berthold, Strasburger, Urato u.a.) beobachtete Aufbau strömenden Protoplasmas überhaupt. Was man an Präparaten sieht, welche nach den Angaben von N&mee fixiert und gefärbt sind, entspricht nach Haber- landt vollkommen dem, was nach dem Aussehen des lebenden Objekts zu erwarten war. Die zentralen Plasmastränge zeigen eine längsfaserige Struktur, wie sie von Nömec im allgemeinen beschrieben wird, wenn auch die meisten seiner Abbildungen als mehr oder weniger stark schematisiert bezeichnet werden müssen. Obgleich sich, wie bereits N&mec bemerkt, die „Fibrillen“ nicht spezifisch färben lassen, so heben sie sich doch durch intensivere Färbung deutlich von der feinkörnigen Grund- substanz ab, in der sie eingebettet erscheinen. Die „Grund- substanz“ kann repräsentiert werden 1. von jenen Wabenwänden, die sich in der „Flächenstellung“ befinden, wobei dann die in der Profilstellung befindlichen Wabenwände die „Fibrillen“ dar- stellen, oder 2. von feinkörnigen Fällungsprodukten, die durch 276 Friedrich Meves: das Fixierungsmittel in den spaltenförmigen Vakuolen des Plas- mastranges erzeugt werden. Wahrscheinlich wird das mikro- skopisclie Bild von beiden Momenten bedingt. Wenn Haber- landt sonaclı die Fibrillen im Anschluss an Bütschlis bekannte Vorstellungen als lang gezogene, im Profil gesehene Wabenwände aufzufassen geneigt ist, so kann er sich doch auch gut vorstellen, dass trotz des ursprünglich gegebenen Wabenbaues eine wirk- lich fibrilläre Struktur zustande kommen kann. Wenn die Wabenwände längs der Kanten, ähnlich wie im Collenchymgewebe die Zellulosewände, stärker verdickt werden, so bildet sich ein „Fibrillensystem“ aus. das zu einem reinen Netzwerk wird, wenn die unverdickt gebliebenen Partien der Wabenwände resorbiert werden. Wie man sieht, ist bei dieser Nachprüfung von den Nemec- schen Fibrillen so gut wie nichts übrig geblieben. Haber- landt ist aber, was die Tatsachen anlangt, im Unrecht. Die „Fibrillen“ sind mit Bezug auf ihre Existenz von der Proto- plasmaströmung und einem Wabenbau der Grundsubstanz völlig unabhängig. Sie sind nichts anderes als Plastokonten, welche durch die neueren Methoden so scharf hervorgehoben werden können, wie man es nur irgend verlangen kann. N&mec sagt (1901,1,S. 91), dass. wenn man jemals eine „spezifische Tinktion der Fibrillen oder ihrer Scheiden“ auffinden würde, man natürlich ein viel besseres Bild des Fibrillensystems würde entwerfen können. Hierzu ist zu bemerken, dass es in erster Linie auf die richtige Fixierung ankommt. Stark saure Fixierungsmittel sind für Plastosomenstudien ungeeignet. Dass die Färbung allein es nicht tut. ergibt sich daraus, dass N&mee selbst bereits mit Eisenhämatoxylin nach M. Heidenhain gear- beitet hat, also mit einer Färbemetliode. die sich ausgezeichnet zur Darstellung der Plastosomen eignet. Indem Haberlandt den Verdacht abwehren will, dass die „Fibrillen“ in seinen Präpa- raten schlecht fixiert gewesen sein könnten, weist er darauf hin, dass „in sich teilenden Zellen die Spindelfasern und überhaupt alle Kern- und Zellteilungsfiguren in typischer Ausbildung zu sehen waren“. Dieser Umstand spricht aber melır für einen ungenügenden Erhaltungszustand der Plastosomen als für das Gegenteil; jedenfalls sind die Spindelfasern am besten bei einer stärker sauren Fixierung sichtbar, durch welche die Plastosomen in der Regel mehr oder weniger vollständig gelöst werden. MN a ei [Ss —1 | Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. An der Hand von Präparaten, welche in geeigneter Weise fixiert und gefärbt worden sind, kann man bei der Zwiebel- wurzel leicht feststellen, dass das Uytoplasma der Pleromzellen zahlreiche, mehr oder weniger lange, gewundene Plastokonten enthält. In aen langen und breiten Zellen (Fig. 7) der Reihen. aus welchen die (Grefässe hervorgehen sollen, zeigen sie einen vorwiegend longitudinalen Verlauf, sind aber wohl nur selten so lang, dass sie die ganze Zelle durchziehen. Einige der Fäden endigen an den (Querwänden in der „Hautschicht“; es kann aber keine Rede davon sein, dass sie mit denjenigen benachbarter Zellen anders als zufällig korrespondieren. Die Fibrillen sind ferner nicht, wie N&Emec behauptet, von einer besonderen Scheide umgeben, sondern liegen nackt im Uytoplasma. Fig. 8 gehört zu derselben Zellreihe wie Fig. 7, liegt aber am Anfang derselben, in der Nähe des Vegetationsscheitels: das Uytoplasma enthält hier Körnchen und kurze dünne Fäden. Die meisten Zellen des Periblems enthalten ebenfalls Körner und ‚eventuell noch vereinzelte kurze Fäden (Fig. 9). Längere Fäden kommen im Periblem in den innersten Zellen- reihen in grösserer Entfernung vom Vegetationsscheitel vor (Fig. 10). Dass die von N&mee beschriebenen Fibrillen Plastokonten (oder Chondriokonten) seien, habe ich schon 1908, 1 S. 843 ver- mutungsweise ausgesprochen. Im selben Jahre hat Lams auf der Berliner Anatomenversammlung durch Van der Stricht Präparate der Zwiebelwurzel demonstrieren lassen, welche mit modifizierttem Flemmingschen Gemisch fixiert und teils mit Eisenalizarin-Kristallviolett nach Benda, teils mit Eisenhäma- toxylin gefärbt waren. Nach dem beigegebenen kurzen Bericht zeigten sie „Mitochondrien, Chondriokonten und Chondriomiten* in sehr grosser Zahl. Was das hier behauptete Vorkommen von Chondriomiten anlangt, so kann man nach meinen Beobachtungen wohl Reihen von Mitochondrien oder Plastochondrien auffinden, kann aber nicht feststellen, dass diese Plastochondrien in „Plasma- fäden“ eingefügt seien. Nemeec selbst hält noch 1910, S. 481 die „pflanzlichen Mitochondrien“ für „Chromidien“ (!) und erklärt sie für Stoff- wechselprodukte (!), die sich in besonders stark funktionierenden Zellen (Tapetenzellen, Riesenzellen, Nektardrüsen) anhäufen. 278 Friedrich Meves: III. Die Plastosomen und die Chloroplastenanlagen von Schimper, A. Meyer und Mikosch. Eine Reihe neuerer Untersucher, zuerst ein Vertreter der menschlichen Anatomie, Pensa (1910), weiter die Botaniker Lewitsky (1910, Guilliermond (1911), Forenbacher (1911) und wiederum ein Mediziner, Maximow (1913) haben gefunden, dass die Chromatophoren (Uhlorophylikörper, Stärke- bildner und Farbkörper) bei den höheren Pflanzen von Plasto- somen abstammen. Da die Richtigkeit dieses Resultats von anderen (z. B. A. Meyer, Rudolph, Scherrer, Sap&hin) be- stritten wird, dürfte es nicht überflüssig erscheinen, wenn ich sie speziell hinsichtlich der Chlorophylikörper oder Chloroplasten im folgenden nochmals bestätige. Hauptsächlich aber habe ich ge- mäss der Aufgabe, die ich mir gestellt habe, untersucht, ob die älteren Forscher, besonders Schimper und A. Meyer, als sie die Entstehung der Chloroplasten studierten, bereits auf die Plastosomen gestossen sind. Schimper vereinigte 1883 die Chlorophylikörper, Stärkebildner und Farbkörper als Gebilde gleichen Ursprungs unter einer gemeinsamen Be- zeichnung, als welche er damals Plastiden ') wählte; die Chlorophylikörper nannte er Chloroplastiden, die Stärkebildner „und alle hierher gehörigen farblosen Gebilde“ Leukoplastiden und die Farbkörper Chromoplastiden. In einer weiteren Arbeit (1885) schloss er sich aber dann der Terminologie von Strasburger (1884, S. 67) an, welcher die Chlorophylikörper als Chloro- plasten, die Stärkebildner als Leukoplasten, die Farbkörper als Chromoplasten bezeichnet und alle diese Gebilde unter dem Namen Chromatophoren zu- sammenfasst. Nach dem Ergebnis der Schimperschen Untersuchung (1883) werden nun die Chromatophoren allgemein nicht durch Differenzierung aus dem Plasma, sondern ausschliesslich, wie Schmitz bereits 1882 für die Chloro- phylikörper der Algen festgestellt hatte, durch Teilung auseinander gebildet. Die chlorophylifreien Vegetationspunkte enthalten nach Schimper Leuko- plasten, welche bereits im Vegetationspunkte des Stengels der Keimpflanze vorhanden sind und durch Teilung alle Leuko-, Chloro- und Chromoplasten des gesamten Organismus erzeugen, mit Ausnahme derjenigen der Wurzeln, die in gleicher Weise die Nachkommen von in dem Vegetationspunkte der Keimwurzel befindlichen Leukoplasten sind. Als besonders geeignete Objekte, um die Entwicklung der Uhromato- phoren zu studieren, empfiehlt Schimper die Vegetationspunkte von Im- ') Zu diesem Terminus ist zu bemerken, dass er 1883 bereits lange vergeben war; Haeckel hatte 1866 die ganzen Zellen als Plastiden oder „Bildnerinnen“ bezeichnet. 1 I. u. Erd Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 279 patiens parvitlora, in deren relativ durchsichtigen Scheitelmeristemzellen die Leukoplasten als mattglänzende, relativ grosse Kugeln wohl unterscheidbar sind, von Tropaeolum maius, Reseda odorata und etiolierten Sprossen von Dahlia variabilis. Bei den Monocotyledonen sind die Leukoplasten in den Vegetationspunkten kleiner als bei den Dicotyledonen. Die Umwandlung der Leukoplasten in Chloroplasten hat Schimper „besonders eingehend“ bei den Tradescantiaarten, namentlich bei Trades- cantia albiflora. untersucht und zwar teilweise an frischen, teilweise an in Pikrinsäure erhärteten und mit Hämatoxylin gefärbten Präparaten. „Durch diese letztere Behandlung nehmen die Plastiden des Scheitelmeristems, die hier sehr klein und dicht sind, eine viel dunklere Färbung als das umgebende Plasma an.“ Schimper hat die „wichtigeren Momente der Entwicklung“ in vier Figuren dargestellt, die ich hier als Fig. 15—21 reproduziert habe. Auch in den Luftwurzeln von Hartwegia comosa istes nach Schimper leicht, den Übergang der kleinen Leukoplasten des Scheitelmeristems in die Chlorophylikörper zu sehen. Schimper beschreibt ferner Leuko- und Chloroplasten in jungen Embryonen und (1885) grosse stärkehaltige Leukoplasten in den Eizellen von Hyacinthus, Daphne und Torenia und bei der letztgenannten Pflanze auch im Embryosack. A. Meyer (1883) kam unabhängig von Schimper zu dem Resultat, dass die Chromatophoren, welche er Trophoplasten nennt, bei Allium cepa in den Meristemzellen der wachsenden Blätter niemals neu entstehen, sondern schon als geformte Organe der Zelle vorhanden sind. Mit dieser Erkenntnis, sagt er, „erscheint die Frage nach der Ent- stehung der Trophoplasten für uns allerdings nur hinausgeschoben; denn es wäre ja immer noch die Möglichkeit vorhanden, dass in den Zellen des Vege- tationspunktes das Protoplasma — mit Ausnahme des Zellkerns — homogen wäre und aus demselben in einer gleichen oder ähnlichen Weise, wie bisher aufSachs’ Vorgang hin angenommen wurde, eine „freie Chlorophyllbildung“ stattfände.“ Ein Objekt, das zur Prüfung dieser Frage geeignet ist, liegt nach A. Meyer in Elodea canadensis vor. „Untersucht man zuerst die meristematischen Zellen der Basis junger, etwa 0,7 mm langer Blätter aus dem Innern einer Laubknospe, so findet man, wie die Abbildung einer Zelle der Blattoberseite Fig. 79!) zeigt, kleine grüne Trophoplasten, welche meist längliche Stärkekörnchen einschliessen, im vakuo- ligen, farblosen Plasma verteilt.“ „Geht man am Vegetationspunkte aufwärts und untersucht die jüngste Blattanlage oder selbst eine Zelle des noch höher am Vegetationspunkte hinauf gelegenen Meristems, so findet man, wie es in Fig. 78?) dargestellt, auch hier schon die allerdings sehr kleinen und schwach grünen Tropho- plasten, welche meist kleine Stärkeeinschlüsse führen.“ !, Hier als Fig. 23 reproduziert. ?) Vgl. Fig. 22 hier. 250 Friedrich Meves: „Man überzeugt sich leicht, dass die Körner, welche: wir hier als Trophoplasten beschreiben, unzweifelhaft solche sind, wenn man von den Blattanlagen, in welchen die grünen Trophoplasten leicht zu erkennen sind, ausgeht und mit der Beobachtung sukzessive am Vegetationspunkt aufsteigt. Sowohl im Dermatogen als in dem von ihm umhüllten meristematischen Ge- webe des Vegetationspunktes erkennt man dann die kleinen stärkeführenden Trophoplasten relativ leicht und unzweifelhaft.“ Guilliermond (1913, 3, 1914, 1 und 2) hat nun bereits die Frage erörtert, ob die Ergebnisse von Schimper und A. Meyer sich mit der Entstehung der Chloroplasten aus Chondriosomen oder Plastosomen vereinigen lassen, und ist dabei (1914, 1, S.27), in einem Bericht über die pflanzliche Mito- chondrienfrage, zu folgendem Schluss gekommen: „Des lors il semble!) done que les elöments que Schimper et A. Mever considerent comme de petits leucoplastes ne sont pas autre chose que les mitochondries actuelles aue ces auteurs n’ont pu observer que tres imparfaitement, dont ils n’ont pas pu se rendre compte de l’importance dans la cellule, et dont ils n’ont pu observer ni les formes caracteristiques, ni les details de leurs processus de transformation en plastes“. In einer anderen Veröffentlichung desselben Jahres hat sich derselbe Autor sogar mit Bestimmtheit für eine Identität der Chromatophorenanlagen mit Mitochondrien ausgesprochen. „Wenn man prüft,“ sagt er 1914, 2, S. 300, „was die von Schimper und Meyer beschriebenen kleinen Leukoplasten, die durch weitere Differenzierung in den ausgewachsenen Geweben zu Amylo-, Uhloro- und Chromoplasten werden, eigentlich vorstellen, so kommt man zu dem Schluss. dass sie ganz einfach den jetzigen Mito- chondrien entsprechen.“ „Es sei namentlich hervorgehoben, dass die Frage nach dem Ursprung der Schimperschen Plastiden immer sehr dunkel geblieben ist. was auch darüber geredet worden ist. Schimper so wenig wie Meyer haben die Herkunft der Plastiden genau angeben können. Sie beschränken sich meist darauf, in der Eizelle und in den Embryonalzellen ohne Abbildungen kleine Leukoplasten zu beschreiben, die auf frischen Schnitten sehr schwer zu sehen und allgemein unmöglich zu färben sein sollen. Durch ihre Ver- grösserung entständen Chloro-, Amylo- und Chromoplasten. In manchen Fällen sogar kommen sie nicht einmal zur Beobachtung !, Von mir gesperrt. Unsersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 281 der Leukoplasten, sondern sie erschliessen nur aus der Analogie mit den günstigsten sichtbaren Fällen, dass die Leukoplasten doch vorhanden sind, aber durch die Dichtigkeit des Uytoplasmas unsichtbar bleiben. Im übrigen berufen sich diese Autoren meist zur Stütze ihrer Theorie auf die Tatsachen, die bei manchen Algen bekannt sind.“ „Es ist also gewiss, dass die kleinen Leuko- plasten Schimpers und Meyers weiter nichts als Mitochondrien sind,!) welche diese Forscher nur unvollkommen gesehen haben, von deren Bedeutung für die Zelle sie sich nicht Rechenschaft gegeben haben, deren charakteristische Form sie nicht sehen konnten und deren Feinheiten und Verwandlung in ausgebildete Plastiden sie nicht unterschieden haben.“ Ich selbst vermochte, als ich zunächst die Arbeiten von Schimper las und seine Figuren betrachtete, keineswegs die Überzeugung zu gewinnen, dass die von Guilliermond geäusserte Auffassung, nach welcher die kleinen Leukoplasten von Schimper Mitochondrien entsprechen sollen, zutreffend ist. Ich habe daher, um zu einer Entscheidung zu kommen, die von Schimper am meisten empfohlenen Objekte mit Hilfe der Plastosomenmethoden nachgeprüft. Von den Leukoplasten, welche Schimper in Zellen des Scheitelmeristems von Impatiens parviflora und Dahlia variabilis abbildet (seine Fig. 1 von Impatiens habe ich hier in Fig. 17 reproduziert), kann man allerdings auch ohne Nachuntersuchung mit Sicherheit behaupten. dass sie keine Mitochondrien oder Plastochondrien darstellen können, weil sie dafür viel zu gross sind. Hier kann es sich meines Erachtens wohl nur um junge, wenn auch noch nicht ergrünte Chloroplasten oder um Plastosomen handeln, die schon ein grosses Stück ihrer Entwicklung zu Chloro- plasten hinter sich haben. In der Tat behauptet Guilliermond ja auch nur von den kleinen Leukoplasten (wie Schimper sie in Vegetations- punkten von Monocotylen [Tradescantia, Hartwegia] beschrieben hat), dass sie Mitochondrien darstellen. Bei einer Nächuntersuchung, die ich an Tradescantia albiflora vornahm, vermochte ich nun folgendes zu konstatieren. Die Zellen des Stengelvegetationspunktes sind stark vakuolisiert (Fig. 11). Ze 2) Von mir gesperrt. Archiv f. mikr. Anat. Bd.89. Abt.I. 19 282 Friedrich Meves: Das Cytoplasma, welches auf ein dünnes Fachwerk zwischen den Vakuolen beschränkt ist, enthält Plastosomen nicht in Form von Körnern, sondern in derjenigen von mehr oder weniger langen Fäden. Neben den Fäden oder Plastokonten finden sich Körnchen, welche sich durch Eisenhämatoxylin zunächst ebenso wie die Plastokonten schwarz färben lassen, den Farbstoff bei der Differenzierung aber sehr leicht und rasch wieder abgeben und bald so blass werden, dass sie überhaupt nicht mehr erkennbar sind; sie sind zweifellos metaplasmatischer Natur. Man überzeugt sich nun leicht, dass die Fäden sich in den jungen Blättern in derselben Weise, wie Pensa, Lewitsky, Guilliermond und Forenbacher beschrieben haben, in Chloroplasten umwandeln. In Fig. 12 sind vier Zellen aus einer jüngsten Blattanlage abgebildet, welche als rundliche Vorragung seitlich am Vegetations- kegel in der Achsel eines drittjüngsten Blattes sichtbar war; die Zellsaftvakuolen sind hier kleiner, die Grundsubstanz des Cyto- plasmas ist reichlicher vorhanden als in Fig. 11, das Kaliber der Plastokonten aber noch unverändert. In dem zweitjüngsten Blatt dagegen, aus welchem ich in Fig. 13 eine Zellreihe wiedergegeben habe, findet man die Plasto- konten bereits deutlich verdickt und dabei an einem oder häufiger an beiden Enden angeschwollen. Die oben erwähnten Körner metaplasmatischer Natur sind auf diesen und den folgenden Stadien unverändert vorhanden, waren aber in den Präparaten, welche den Fig. 13—16 zugrunde liegen, infolge stärkerer Differenzierung nicht wahrnehmbar. In den Meristemzellen an der Basis eines drittjüngsten Blattes (Fig. 14, aus einem Blattlängsschnitt, gibt ebenso wie Fig. 16 die ganze Blattdicke wieder) hat die Verdickung und Anschwellung der Plastokonten weitere Fortschritte gemacht. Die meisten Plastokonten haben nunmehr ausgesprochene Komma- oder Hantelformen angenommen; daneben findet man einzelne mehr unregelmässige Gestalten. Geht man nun bei demselben Blatt mit der Untersuchung höher hinauf, so beobachtet man, dass in den Epidermiszellen die plastosomatischen Elemente die Gestalt und Grösse, welche sie an der Blattbasis besitzen, beibehalten. In den mittleren Zellschichten dagegen verdicken sie sich kontinuierlich weiter, Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 283 wobei die Kommaformen ihre zugespitzten Fortsätze einziehen und die Hanteln sich in der Mitte durchschnüren (Fig. 15, 16). Auf diese Weise entstehen grosse Kügelchen, welche die jungen Chloroplasten darstellen. Vergleicht man nunmehr die Darstellung von Schimper, so ergibt sich, dass dieser die Fäden (Plastokonten) überhaupt nicht gesehen hat, was sich einfach genug dadurch erklärt, dass sie am lebenden Objekt nicht wahrnehmbar sind und die von ihm angewandte Fixierungs- und Färbungsmethode ungeeignet ist, um sie zur Ansicht zu bringen. Dagegen ist es mir auffällig, dass Schimper auch die Vakuolisierung des Cytoplasmas weder erwähnt noch abbildet. Die von ihm beschriebenen farblosen Körner, welche „kleine Leukoplasten“ darstellen sollen, sind weder Leukoplasten, noch auch, wie Guilliermond meint, Mito- chondrien oder Plastochondrien, sondern wahrscheinlich identisch mit den oben erwähnten Körnchen metaplasmatischer Natur, welche den Farbstoff nach der Eisenhämatoxylinfärbung bei der Differen- zierung sehr rasch abgeben. Sie stehen zu der Chloroplastenbildung in keiner Beziehung. Es sei übrigens darauf hingewiesen, dass auch die Figuren Schimpers (vergl. hier Fig. 1s—21) Übergänge zwischen diesen Körnern und den Chloroplasten vermissen lassen. Das andere Objekt, bei dem es nach Schimper leicht sein soll, die Umwandlung „kleiner Leukoplasten“ zu Chlorophyll- körpern zu verfolgen, sind die Luftwurzeln von Hartwegia comosa (Chlorophytum Sternbergianum). Die Zellen, welche ich in den Fig. 27—-39 abgebildet habe, stammen von älteren, stark ergrünten Luftwurzeln, deren Spitzen ich vor der Fixierung ganz wenig angetrieben hatte, indem ich die wurzeltragenden jungen Pflänzchen abschnitt und für einige Tage in Wasser setzte. Fig. 27 und 28 stellen dem Scheitel des Vegetationspunktes nahe liegende Zellen der primären Rinde dar. Man gewahrt hier in dem von grossen Vakuolen durchsetzten Cytoplasma neben einzelnen Metaplasma- körnern, welche sich bei der Differenzierung entfärbt haben, zahlreiche lange und feine, stark gewundene Plastokonten, welche hauptsächlich an der Oberfläche des Kerns gelegen sind; einzelne von ihnen erstrecken sich in die Scheidewände zwischen den Zellsaftvakuolen hinein, andere bilden in Fig. 23 eine knäuelförmige Anhäufung neben dem Kern. Untersucht man nun Zellen der Rinde, die wenig weiter rückwärts vom Scheitel gelegen sind (Fig. 29—34), 19* 284 Friedrich Meves: so beobachtet man, dass die Plastokonten sich zunächst verkürzen und meistens an einem Ende stärker verdicken, wodurch unregelmässige Keulenformen entstehen. Indem die verdickten Enden der Keulen weiter anschwellen und sich gleichzeitig abplatten, bilden sich scheibenförmige junge Chloroplasten, denen häufig noch die ursprünglichen Keulenstiele in Form dünner Fäden ansitzen. Letztere scheinen später abzufallen; möglicherweise werden sie zum Ausgangspunkt für eine Plastosomenregene- ration. In den Chloroplasten der Fig. 35 sind Stärkekörner auf- getreten. Was nun Schimper anlangt, so hat er auch bei Hartwegia (Chlorophytum) von den Plastokonten nichts wahrgenommen. Die von ihm beschriebenen kleinen Leukoplasten, welche sich in Chloroplasten umwandeln sollen, sind anscheinend auch hier Körner metaplasmatischer Natur, welche sich ähnlich wie die bei Tradescantia vorkommenden verhalten und mit der Chloroplasten- bildung nichts zu tun haben.') An dieser Stelle sei bemerkt, dass man in der Luftwurzel von Hartwegia (Chlorophytum) in denjenigen Zellen des Zentral- zylinders, welche die Anlage der Gefässe bilden und in den Zellen der Gefässbündelscheide eine direkte Entstehung von Stärke aus den Plastosomen beobachten kann, wie sie an anderen Stellen bereits besonders von Guilliermond beschrieben worden ist. In den Fig. 36—39 habe ich vier Zellen aus der meristematischen Anlage eines Gefässes wiedergegeben. Fig. 36 und 37 stammen aus der Nähe des Vegetationsscheitels, Fig. 35 und 39 aus grösserer Entfernung davon. In Fig. 36 und 37 schliesst das Cytoplasma zahlreiche Plastokonten ein. In Fig. 38 sind an ein- zelnen dieser Plastokonten an dem einen Ende oder nahe dem- selben Verdickungen aufgetreten, welche ein helleres Innere ein- schliessen. Letzteres besteht aus Stärke, wie sich daraus ergibt, ı) Anm. bei der Korrektur. Die hier gegebene Beschreibung bezieht sich auf Luftwurzeln von Chlorophytum, welche ich im Herbst 1915 fixiert hatte. In anderen Luftwurzeln derselben Pflanze, welche im Frühling dieses Jahres eingelegt und untersucht wurden, waren die kleinen Meta- plasmakörnchen zahlreicher und hielten das Hämatoxylin bei der Differen- zierung stärker fest; ausserdem schlossen die Zellen zum Teil noch grössere Kügelchen ein, welche durch Osmimsäure gebräunt waren. Die Plastokonten und die in Bildung begriffenen Chloroplasten in den Zellen der primären Rinde waren weniger dicht um den Kern angehäuft. Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 285 dass es durch Jod färbbar ist. In Fig. 39!) haben die Stärkekörner bereits eine ansehnliche (Grösse erreicht; die Plastokonten haben sich fragmentiert, die auf diese Weise entstandenen Körnchen und Stäbchen sind grösstenteils an die Zellobertläche verlagert. Letztere Erscheinung wird gleich darauf noch viel ausgesprochener; sie hängt mit dem Auftreten der ring- bezw. schraubenförmigen Verdickungen an der Zellmembran zusammen. Man findet alsdaın Körnchen und Stäbchen plastosomatischer Natur an der Zellober- fläche streifenförmig (quer zur Längsachse der Zelle) angeordnet; die Streifen entsprechen den Vorsprüngen des Plasmaschlauches, welche zwischen den sich bildenden Verdickungsleisten liegen.?) Kehren wir jetzt zu der Frage nach der von Guilliermond behaupteten Identität der früher beschriebenen Chromatophoren- anlagen mit „Mitochondrien“ oder Plastochondrien zurück, so ist es mir unverständlich, wie Guilliermond überhaupt zu der Meinung hat kommen können, dass auch die von A. Meyer (1883) geschilderten jüngsten Entwicklungsstadien der Chloroplasten „Mitochondrien“ oder Plastochondrien darstellen, denn die oben wiedergegebene Beschreibung und die Figuren von A. Mever liefern unzweideutige Beweise des (regenteils. Die kleinsten „Trophoplasten“ (Chromatophoren) in den jüngsten Blattanlagen und im Meristem des Vegetationspunktes von Elodea sind nämlich nach A. Meyer schon „schwach grün“ und „führen kleine Stärke- ') Die Grundsubstanz des Protoplasmas sollte in Fig. 38 und 39 die gleiche, annähernd homogene Beschaffenheit wie in Fig. 36 und 37 zeigen. Die hellen, zum Teil in regelmässigen Reihen liegenden Flecke und Strichelchen. welche man in Fig. 38 und 39 in der Grundsubstanz wahrnimmt, sind bei der lithographischen Reproduktion irrtümlicherweise hinzugesetzt. ?) Anm. bei der Korrektur. Wie ich nachträglich gefunden habe, sind in der Literatur eine Menge zum Teil schon sehr alter Beobachtungen von Crüger (1855), Dippel (1868), Schmitz (1880), Strasburger (1882) und zahlreichen anderen niedergelegt, nach welchen Protoplasma- körnchen oder „Mikrosomen“ beim Membranwachstum (speziell bei der Aus- bildung von Verdickungsleisten) beteiligt sind. Aus meinen Feststellungen geht hervor, dass es sich bei diesen Körnern um Plastochondrien gehandelt hat. Die bezüglichen Arbeiten hätten daher schon in der Zusammenstellung der älteren Plastosomenliteratur, die ich im Teil II der vorliegenden Abhandlung gegeben habe, berücksichtigt werden müssen. Da ich eventuell beabsichtige, auf die morphologischen Vorgänge beim Membranwachstum zurückzukommen, hoffe ich Gelegenheit zu haben, das Versäumte nachzuholen. 286 Friedrich Meves: einschlüsse“. Die zur Illustration beigegebenen Abbildungen habe ich hier in Fig. 22 und 23 reproduziert. Fig. 22 stellt eine Zelle aus dem Dermatogen des Vegetationspunktes (oberhalb der ersten sichtbaren Blattanlage) dar, Fig. 23 zwei Zellen aus der meriste- matischen Basis eines 1 mm langen Blattes, von denen die eine bei hoher, die andere bei tiefer Einstellung gezeichnet ist. Die grünliche Farbe der Körner habe ich bei der Reproduktion aus Sparsamkeitsgründen durch eine graue ersetzen lassen. Stärke- einschlüsse sind nur in der rechten Zelle der Fig. 23 in wenigen Körnern wahrzunehmen. Zum Überfluss hat Lewitsky (1911,2, S. 699) ausserdem bereits konstatiert, dass die Vorstadien der Chloroplasten in „sehr jungen“ Blättern von Elodea „ganz verschieden von der Darstellung und den Figuren von A. Meyer“ sind. „Die meisten Chloroplastenanlagen“, sagt Lewitsky, „sind hier länglich, stäbchenförmig, einige lang-hantelförmig, mit anderen Worten: sie zeigen dieselben Formen, welche ich schon für die jüngsten Stadien derChloroplastenentwicklung in dem Scheitelmeristem der Keimlings- stengel von Asparagus officinalismit Benda-Mevesscher Methode festgestellt hatte... .“ Ebensowenig wie die „Trophoplasten“ bei Elodea können diejenigen, welche A. Meyer in 2 dem langen Blättern von Alllum cepa beschrieben hat, als Plastochondrien angesprochen werden. Wie Schimper und A. Meyer nach Guilliermond, so soll nun auch Mikosch (1885) nach Lewitsky (1910, S. 545) die „jüngsten Stadien der Chloroplastenentwicklung“ „schon längst“ gesehen haben. Meiner Überzeugung nach ist auch dies nicht zutreffend. Die Beobachtungen von Lewitsky bei Asparagus zeigen nach ihm selbst „eine unzweideutige Übereinstimmung mit den betreffenden Angaben von Mikosch für Allium und Galanthus“. „Die ersten wahrnehmbaren Anlagen der Chlorophylikörner (Etiolin- körner) an der Basis der jungen Blätter!) der genannten Pflanzen sind nach Mikosch auch spindel- oder stäbchenförmig (s. Fig. 12, 18, 19, 21), ‚mitunter von ganz eigentümlicher Gestalt‘ !) Von mir gesperrt. Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 287 (s. Fig. 19), d. h. verschieden und unregelmässig, ganz wie die oben beschriebenen Chondriokonten, gebogen (Fig. 20).“ Mikosch hält nun aber in seiner 1885 erschienenen Ab- handlung gegenüber Schimper und A. Meyer an der Ansicht fest, dass die Chlorophylikörper einem im Zellplasma vor sich gehenden Differenzierungsprozess ihre Entstehung verdanken. In Übereinstimmung damit konnte er bei Allium in Meristemzellen an der Basis von ganz jungen Blattanlagen (5 mm Länge) trotz eifrigen Bemühens keine differenzierten Plasmakörper auffinden. „Schreitet man in der Untersuchung genannter Blätter höher hinauf, so erscheinen erst in der zweiten Hälfte!) gegen die Spitze zu gelb oder grün gefärbte, meist spindel- oder stäbchen- förmige Körper, welche teils dem Wandbeleg (Fig. 12)?), teils der zentralen Plasmatasche (Kerntasche) angehören.“ Nach Mikosch ist anzunehmen, „dass alle diese Chlorophylikörner an Ort und Stelle entstanden sind“. Von Galanthus nivalis hat Mikosch „der vorgerückten Jahreszeit wegen“ ganz junge Blattanlagen überhaupt nicht unter- suchen können, sondern musste sich bereits 2/e—3 em langer Blätter bedienen. „Natürlicherweise“, sagt er, „ist daselbst das Meristem der Blattbasis in seiner Entwicklung schon ziemlich weit und findet man daher auch überall, an der Basis wie an der Spitze, differenzierte Plasmakörper im hyalinen Wandbeleg sowie in der zentralen Kerntasche. In der Blattbasis sind diese Körper farblos, ganz schwach konturiert, stets spindelförmig (Fig. 19)°), mitunter von ganz eigentümlicher Gestalt (Fig. 20)*), nehmen in älteren Gewebsschichten schärfere Konturen an, färben sich dort gelb oder grün.“ Nach den Erfahrungen, welche ich selbst bei Tradescantia gemacht habe, möchte ich nun aber stark bezweifeln, dass man in Meristemen so alter Blätter, wie Mikosch sie von Gralanthus untersucht hat, von 2!/a—3 em (!) Länge, noch undifterenzierte Plastosomen antrifft. Es kann sich meines Erachtens höchstens um Stadien der Chloroplastenentwicklung gehandelt haben, welche etwa meiner Fig. 15 von Tradescantia entsprechen. !) Von mir gesperrt ?) Hier als Fig. 24 reproduziert. 3) Vergleiche Fig. 25 hier. *) Vergleiche Fig. 26 hier. 283 Friedrich Meves: Aus obigen Ausführungen ergibt sich, dass es falsch ist, wenn E. W. Schmidt in einem Sammelreferat (1912,2. S. 709) schreibt: „So viel steht fest: Guilliermond, Forenbacher. Arnoldi, wie auch alle anderen Autoren, die über die Ent- stehung von Chloroplasten aus „Mitochondrien“ gearbeitet haben, brachten durch Anwendung der Mitochondrienfärbemethodik für die seit A. Meyer und Schimper bekannte Entwicklungsgeschichte der Chloro- und Leukoplasten eine übereinstimmende Bestätigung.“ In diesem Satz werden A. Meyer und Schimper Ver- dienste zugeschrieben, auf welche sie keinen Anspruch haben. Es kann keine Rede davon sein, dass die Entwicklungsgeschichte der Chloro- und Leukoplasten seit A. Meyer und Schimper bekannt gewesen wäre. A. Meyer selbst hat 1911 geglaubt, das von Pensa und Lewitsky erhaltene Resultat, nach welchem die Chromatophoren von Chondriosomen oder Plastosomen abstammen, als „wohl sicher unrichtig“ bezeichnen zu dürfen. Zu diesem Ausspruch glaubt er sich, wie er schreibt, berechtigt, weil die von Schimper und ihm „gleichzeitig und unabhängig voneinander gemachten sorgfältigen Beobachtungen“ zu dem Schluss geführt hätten, dass die Chromatophoren nur durch Teilung aus anderen Chromato- phoren entstehen. Für die kritische Bewertung der Chondriosomen wäre nach A. Meyer zunächst die Frage zu prüfen, welche uns schon bekannten Gebilde nach der Methode von Benda-Meves gefärbt würden; zweitens, „ob die uns noch unbekannten Gebilde, welche vielleicht durch diese Methode sichtbar gemacht würden, alle unter sich morphologisch, mikrochemisch, physiologisch usw. gleichwertig wären. so dass es gestattet wäre, einen Namen für sie anzuwenden“. Wollte man den neu aufgestellten Satz über die Entwicklungs- geschichte der Chromatophoren beweisen, so hätte man nach A. Meyer zu untersuchen, „wodurch man die Chondriosomen von den kleinsten bekanntermassen körnig oder spindelförmig oder fadenförmig erscheinenden Chromatophoren unterscheiden könne“, und ob Übergänge zwischen den Chondriosomen und Chromatophoren wirklich vorkommen. Am Schluss seines Artikels erklärt A. Meyer nochmals, „infolge seiner genauen Kenntnis der Chromato- Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 289 phoren“ überzeugt zu sein, dass die Annahme von Lewitsky unrichtig sei; da er sich aber nicht unnötig auf das von diesem Autor in Angriff genommene Gebiet begeben möchte, so gedenke er vorläufig keine Untersuchungen über die Uhondriosomen vor- zunehmen, es vielmehr Lewitsky zu überlassen, Beweise für den von ihm ausgesprochenen Satz zu erbringen. Einen in gleicher Weise ablehnenden Standpunkt hat A.Meyer auch in seinem 1915 in neuer Auflage erschienenen „ersten mikroskopischen Praktikum“ eingenommen, in welchem er (S. 174) die irrtümliche Behauptung wiederholt, dass die Chromato- phoren „wie die Zellkerne“ Organe der Zelle seien, „welche sich nur durch Teilung vermehren, niemals neu entstehen'j“, Die Gegnerschaft von A. Meyer und E. W. Schmidt, welcher ihm sekundiert, kann nun aber nicht ins Gewicht fallen, da beide Autoren, wie Guilliermond (1914,2, S. 284) zutreffend bemerkt hat, keine neuen Beobachtungen gemacht haben und lediglich auf Grund ihrer vorgefassten Meinungen argumentieren.?) Wenn A. Meyer fragt, wodurch sich die Chondriosomen von den „kleinsten bekanntermassen körnig oder spindelförmig oder fadenförmig erscheinenden Chromatophoren“ unterscheiden, so will ich hier nochmals hervorheben, dass die von Schimper als Chloroplastenanlagen beschriebenen Körner, sofern sie nicht überhaupt metaplasmatischer Natur sind, keine Mitochondrien oder Plastochondrien, sondern junge Chloroplasten darstellen, welche sich von den bei denselben Pflanzen in den jüngsten Meristem- zellen vorkommenden Plastosomen schon äusserlich durch Kaliber- und meistens auch durch Formenverhältnisse?) unterscheiden. Die Körner, welche A. Meyer bei Elodea gefunden hat, sind bereits grün gefärbt und können schon aus diesem Grunde keine Plastochondrien sein. Auch Mikosch hat nach meiner Über- !) Von mir gesperrt. °, Anm.bei der Korrektur. Seitdem ich die vorliegende Abhand- lung in den Druck gegeben habe, ist zu dem hier behandelten Thema in den Berichten der Deutschen botanischen Gesellschaft, Bd. 34, Heft 3, 1916 unter dem Titel „Die Allinante*“ eine neue Mitteilung von A. Meyer erschienen, auf welche ich ebendort in Heft 5 geantwortet habe. ®»), Anm. bei der Korrektur. Im Vegetationspunkt von Tropae- olum maius, bei welchem Schimper kugelige Leukoplasten als Chloroplasten- anlagen beschreibt, sind die Plastosomen, wie ich inzwischen festgestellt habe, ebenfalls in Form von Fäden vorhanden. 290 Friedrich Meves: zeugung in den spindel- oder stäbchenförmigen Gebilden, welche er in 2!/o—3 em langen Galanthusblättern beschreibt, keine Plastosomen vor sich gehabt. Ausser durch Kaliber- und meistens auch durch Formen- verhältnisse unterscheiden sich die jungen Chloroplasten, wie Lewitsky (1910, S. 544) und Guilliermond (z.B. 1914, 2, S. 287) bemerken, von den Plastosomen dadurch, dass sie durch Mittel konserviert werden, welche die Plastosomen zerstören. Im übrigen liegt es in der Natur der Sache, dass eine scharfe Ab- grenzung der jungen Chloroplasten gegen die Plastosomen, aus denen sie hervorgehen, nicht möglich ist. Es ist aber trotzdem gänzlich unzutreffend, wenn E. W. Schmidt am Schluss seines zweiten Sammelreferates (1912,2) zu dem Ergebnis kommt, „dass das, was als ‚pflanzliche Mitochondrien‘ oder ‚ÜUhondriosomen‘ beschrieben worden ist, wechselnd gestaltete Chromatophoren in den verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung gewesen sind“. Wir wissen heute, dass aus den Plastosomen ausser den Chromatophoren noch viele andere Dinge, wie z. B. Sekretkörner oder Muskelfibrillen, hervorgehen. Man könnte also auch mit demselben Recht die Behauptung aufstellen, dass das, was als Chondriosomen oder Plastosomen beschrieben worden ist, Sekretkörner oder auch Muskelfibrillen „in den verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung“ gewesen seien. Mit solchen Formulierungen, wie derjenigen von E.W.Schmidt, vermag man das Neue, das die Plastosomenlehre gebracht hat, nicht aus der Welt zu schaffen. Die Entstehung der Chloroplasten aus Plastosomen ist bei höheren Pflanzen mit Hilfe der neueren Methoden so leicht fest- zustellen, dass jeder, der sich in die Technik hinreichend ein- gearbeitet hat, am geeigneten Objekt zu einer Bestätigung kommen muss. Wenn Rudolph (1912) dazu bei dem von Lewitsky untersuchten Asparagus officinalis nicht im Stande war, sondern für das wahrscheinlichste erklärt, dass Chromato- phoren und Chondriosomen Gebilde verschiedener Natur sind und dass kein genetischer Zusammenhang zwischen ihnen besteht, so möchte ich mit Guilliermond (1914,2) annehmen, dass seine Studien nicht gründlich genug gewesen sind. Das gleiche dürfte für Sape&hin (1915) zutreffen, welcher erklärt, auf Grund seiner Beobachtungen an Samenpflanzen (darunter ebenfalls Aspa- Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 291 ragus) nicht zwischen den bestehenden Ansichten entscheiden zu können. Ob die Chromatophoren bei niederen Pflanzen, speziell bei Moosen, wie Sap&hin (1913, 1915) und Scherrer (1913, 194) angeben, nur durch Teilung anderer Chromatophoren entstehen, ist eine Frage, die ich bisher nicht untersucht habe. Ich muss es aber auf das bestimmteste zurückweisen, wenn Scherrer aus seinen Beobachtungen bei Anthoceros folgern will, „dass den Chondriosomen auch bei den höheren Pflanzen jedenfalls nicht die Rolle von Chromatophorenbildnern zukommen kann“. „Wir anerkennen zwar“, schreibt Scherrer (1914, S. 23 unten), „den in allen diesbezüglichen Arbeiten enthaltenen, theoretisch interes- santen Gedanken von der Einheit in fundamentalen Lebens- Prozessen‘... .. “ „Das Unbewiesene in der von Meves u.a. angestrebten Ausnützung der tierischen Uhondriosomen als An- lagesubstanz spricht aber entschieden gegen eine Herleitung der Chromatophoren höherer Pflanzen von Chondriosomen, da diese Annahme weniger auf Tatsachen als vielmehr auf reine Analogie mit dem Tierreich sich gründet, was aus zahlreichen Arbeiten klar hervorgeht.“ Ich bemerke demgegenüber, dass die Ent- stehung der Chloroplasten aus Plastosomen bei den höheren Pflanzen keine „Annahme“, sondern eine feststehende Tatsache ist, welche die theoretischen Anschauungen, die ich 1908, 1 über die Bedeutung der Plastosomen als Anlagesubstanz geäussert habe, in glänzender Weise bestätigt. Sap&hin(1915) ist durch seine Untersuchungen ebenfalls zu dem „kategorischen Schluss“ geführt worden. dass „die Plastide und das Chondriom“ beiden Moosen „voneinander unabhängig“ sind. Hier- gegen vermagich einstweilen nichts einzuwenden. Wenn eraber weiter erklärt, diesen Schluss „auf Grund einfacher logischer Betrach- tungen“ auch auf die Samenpflanzen ausdehnen zu müssen, in deren Meristemen die Plastiden und die Chondriosomen eben- falls unabhängig voneinander vorhanden und nur infolge Ähnlichkeit ihrer äusseren Formen nicht genügend klar zu unter- scheiden seien, so muss ich dem eine entschiedene Verneinung entgegensetzen. Guilliermond (1914. 2, S. 299) hält die Sap&hinschen und Scherrerschen Beobachtungen bei den Moosen für zu- treffend, ist aber der Ansicht, dass sie sich vollständig mit den 292 Friedrich Meves: Resultaten, die von Pensa, Lewitsky, ihm selbst und anderen bei Phanerogamen gewonnen sind, in Einklang bringen lassen ; näheres darüber bitte ich bei ihm selbst nachzusehen. IV. Allgemeine Betrachtungen. Im Anschluss an meine Untersuchungen möchte ich hier noch einige allgemeine die Plastosomen betreffende Fragen unter spezieller Berücksichtigung der pflanzlichen Zelle erörtern, wobei ich es nicht vermeiden kann, Äusserungen aus meinen früheren Schriften zu wiederholen. Unter den Einschlüssen von sehr verschiedener Art, welche in der flüssigen oder halbflüssigen Grundsubstanz des pflanzlichen Cytoplasmas vorkommen, wie Plastosomen. Chromatophoren, Stoff- wechselprodukten. Zellsaftvakuolen etc., stehen die Plastosomen an Bedeutung obenan. Sie finden sich konstant in den Ei- und Samenzellen,') den Embryonen und Vegetationspunkten. In vielen Zellen der fertigen Pflanzengewebe bleiben sie als solche. wenn auch häufig nur zum Teil erhalten, in anderen dagegen werden sie nach meiner Meinung (vergl. oben S. 267) sämtlich zu para- plastischen Bildungen (z. B. Chloroplasten) aufgebraucht. Die gleiche Ansicht habe ich für tierische Zellen schon früher (z. B. 1910, 2, S. 655) ausgesprochen. Die Tatsache, dass die Plastosomen als solche in Zellen des ausgewachsenen Körpers fehlen können, hindert nun aber nicht, dass sie, soweit sie vorhanden sind, kontinuierlich existierende Zellbestandteile darstellen, weiche nicht spontan in der Zelle entstehen, sondern nur wachsen und sich teilen und welche von einer Zellgeneration auf die andere übertragen werden. Diese 1) Über das Vorkommen von Plastosomen an pflanzlichen Spermien hatte bisher nur Retzi-us berichtet, welcher 1906 ein „Nebenkernorgan“ an den Spermien von Fucus beschrieben hat; die Existenz dieses Neben- kernorgans wird von Kylin (Ber.d. Deutsch. bot. Ges., Jahrg. 34, 1916, S. 200) mit Unrecht in Abrede gestellt. Ich selbst habe neuerdings gefunden, dass der aus dem Kern hervorgegangene mittlere Teil des noch nicht völlig reifen Öharaspermiums eine sehr deutliche Querstreifung aufweist, welche durch ihm auflagernde Reifen plastosomatischer Natur bedingt wird. Am reifen Spermium vermochte ich von dieser Querstreifung nichts wahr- zunehmen; vergl. hierzu einen Passus auf S. 308—309, in dem nachträglichen Zusatz zu der Anmerkung, welche auf S. 306 beginnt. Näheres über meine Befunde beabsichtige ich binnen kurzem mitzuteilen. Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 293 Annahme wird von Altmann (1890), mir selbst (z. B. 1908 und 1910,2, 8. 654), Duesberg (z. B. 1912, S. 766) und anderen vertreten. Von Botanikern hat sich Guilliermond (1914, 1) in gleichem Sinne geäussert. In sich teilenden Pflanzenzellen kann man mittels stärker saurer Fixierung in der Grundsubstanz Fäden nachweisen, welche keine Plastokonten sind, sondern „Kinoplasmafasern“ (Stras- burger 1897), das sind Fäden, welche besonders in die Teilungs- vorgänge eingreifen. Sie treten im Beginn der Mitose, häufig schon zu einem verhältnismässig frühen Zeitpunkt, auf. Nach Ablauf der Mitose werden sie wieder unkenntlich. Letztere Tatsache ist mit Bezug auf die Nomenklatur der von mir als Plastosomen bezeichneten Gebilde von Wichtigkeit. Statt der Ausdrücke Plastochondrien, Plastokonten, Plasto- somen verwendet man nämlich heute meistens noch die Bezeichnungen Mitochondrien, Chondriokonten, Chondriosomen. Den Namen Mitochondrien oder „Fadenkörner“ hat Benda vorgeschlagen und ausschliesslich damit begründet, dass es sich dabei um Körner handle, welche innerhalb von „Plasmafäden“, während der Mitose innerhalb der Polstrahlen, gelegen seien. Diese Anschauung ist nun aber, wie ich mehrfach ausgeführt habe, unzutreftend. Während des Ruhezustandes kennt man in der Pflanzenzelle weder „Kinoplasmafasern“ noch überhaupt, mit wenigen Ausnahmen, irgendwelche Plasmafäden, abgesehen von eventuell vorhandenen Plastokonten. Dagegen hat man in der tierischen Zelle, besonders nach starker saurer Fixierung, aus feinen „Plasmafäden“ bestehende Netz- oder Gerüstwerke beschrieben, welche möglicherweise zum Teil vital präformiert sind. Ich habe aber a. a. ©. (1912, 1914,2) den Nachweis geführt, dass eine Lage der Plastosomen innerhalb dieser Gerüstfäden gänzlich ausgeschlossen ist. Bei sich teilenden Pflanzen- und Tierzellen kann gleichfalls keine Rede davon sein, dass die Plastosomen hier innerhalb der Fäden der Strahlungen gelegen seien. Tatsächlich sind auch wohl nur ausserordentlich wenige unter den zahlreichen Autoren, welche von „Mitochondrien“ sprechen, geneigt, eine „intrafilare“ Lage derselben anzunehmen. Ich selbst habe den Ausdruck Mitochondrien, als ich ihn 1900 (5. 554) von Benda zur Bezeichnung der Körner übernahm, die ich unabhängig von ihm in tierischen Samenzellen aufgefunden 294 Friedrich Meves: hatte, durch den Hinweis zu rechtfertigen gesucht, dass die „Mitochondrien“ oder „Fadenkörner“ sich zu Fäden aneinander- reihen oder zu Fäden auswachsen können. Diese meine frühere Art der Begründung des Namens haben neuerdings (1914) Benda und Scherrer zu der ihrigen gemacht. Benda hält dabei aber auch heute noch an seiner alten, von mir als irrtümlich erwiesenen Vorstellung fest, dass die in Rede stehenden Gebilde (nicht nur die Körner, sondern auch die Fäden!) in „Plasma- fäden“ eingelagert seien, wenn er nunmehr auch zugibt, dass „Mitochondrien auch in nicht fädig differenziertem Protoplasma vorkommen“. Zur Vermeidung von Konfusion möchte ich daher empfehlen, von dem Gebrauch des Ausdrucks Mitochondrien (und meiner Weiterbildungen Chondriokonten, Chondriosomen, Chondriom) abzusehen und dafür die Bezeichnungen Plasto- chondrien, Plastokonten, Plastosomen zu benutzen, welche meines Erachtens auch aus anderen Gründen vorzuziehen sind. Der Name Plastosomen ist auf botanischem Gebiet für die in Rede stehenden (rebilde allein schon durch die Beziehung derselben zu den Chromatophoren gerechtfertigt. Er fügt sich ausserdem den Terminis Leuko-, Chloro- und Chromoplasten in glückliebster Weise an. Dem Sinne nach stimmt er mit dem Ausdruck „Plastiden“ !) überein und deckt sich damit zum Teil sogar sachlich, wenn man, wie Wiesner (1906, S. 367) diese letztere Bezeichnung den (bis Pensa [1910] und Lewitsky [1910] unentdeckt gebliebenen) „Chromatophorenanlagen“ vorbehält. An dieser Stelle will ich nicht unterlassen zu erwähnen, dass es unter den Botanikern verschiedene Autoren gibt, welche die von der Plastosomenforschung festgestellten Tatsachen einer völlig absprechenden Kritik unterworfen haben. Diese Kritiken finden (ebenso wie diejenigen, welche von histologischer ?) und !) Vergl. hierzu die Anmerkung auf S. 278. ?) Die Angriffe, welche Retzius seit dem Jahre 1910 zu wiederholten Malen, zuletzt 1914, gegen die Plastosomen gerichtet hat, haben auf dem Gebiete der tierischen Cytologie trotz der umfangreichen Literatur, die sich über diese Gebilde angehäuft hat, fast nirgends Unterstützung gefunden. Beigestimmt hat ihnen Schreiner (1915), welcher sich der von Gold- schmidt (1904) ausgehenden, auf unzureichenden Beobachtungen beruhenden Anschauung anschliesst, dass die Plastosomen nuklearer Herkunft seien oder mit anderen Worten „Chromidien“ darstellen. Letztere Ansicht ist von mir schon 1907, 1, S. 479f. zurückgewiesen und seitdem fast allgemein als Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 295 zoologischer Seite ausgegangen sind) zum grössten Teil ihre Erklärung darin, dass ihre Urheber sich die zur Darstellung der Plastosomen nötige Technik nicht genügend angeeignet haben. Das gilt z. B. von Lundegärdh (1910), welcher auf Grund von Präparaten, die für Plastosomenstudien gänzlich ungeeignet sind, nach Duesbergs Worten (1912, 8.858) „gegen alle auf die Plastosomen bezüglichen Beobachtungen zu streiten und ihnen jeden Wert abzusprechen sucht‘. Nach Löwschin (1913) sollen die Plastosomen nicht von „Myelinformen“ zu unterscheiden sein. Da man nun aber einfache Körner, Stäbe oder Fäden doch nicht „Myelinformen‘ (unter Anführungsstrichen) zu nennen pflegt, so möchte ich glauben, dass Löwschin hauptsächlich durch die Fixierung oder ander- weitig misshandelte Plastosomen zu (Gesicht bekommen hat. Wenn Lundegärdh (1914, S. 590) sich Löwschin anschliesst und es für möglich erklärt, „dass die Mitochondrien zum Teil Emulgierungsphänomene in der lebenden Zelle darstellen“, so entnehme ich daraus, dass der schwedische Autor technisch seit 1910 keine Fortschritte gemacht hat. A. Meyer (1911) hat überhaupt keine eigenen Unter- unhaltbar erkannt worden. Schreiner hat nun aus der von ihm als „ein- gehend und sachlich“ belobten Retziusschen Kritik (1914) den folgenden Satz zitiert: „Was in ihr (der Plastosomenlehre) richtig sein kann, ist nicht neu, und was in ihr als neu erscheint, ist nicht richtig, aber unklar und schwankend.* Da die Mitteilung von Schreiner erschienen ist, nachdem meine „Antwort an Retzius“ (1914, 2) bereits längere Zeit vorlag, sehe ich mich genötigt, zu dem angeführten Satz nochmals zu konstatieren, zunächst, dass Retzius für die Feststellung der unzweifelhaft richtigen Tatsache, dass in der Plastosomenlehre nicht alles neu ist, in keiner Weise in Betracht kommt; der Nachweis, dass die „Mitochondrien“ mit den Fäden Flemmings von 1882 und den Granulis von Altmann substantiell identisch sind, ist von mir erbracht worden, bevor Retzius sich überhaupt zu den Plastosomen kritisch geäussert hatte. Die Behauptung von Retzius, dass das, was in der Plastosomenlehre „als neu erscheint“ (!), nicht richtig sei, lasse ich getrost auf sich beruhen. Was aber den Vorwurf anlangt, dass das Neue in der Plastosomenlehre „unklar und schwankend“ sei, so habe ich schon 1912, S. 92f. und 1914, 2 gezeigt, dass die Unklarheit auf Seiten von Retzius ist, welcher die Plastosomen andauernd mit den Fäden der Strahlungen und der in vielen tierischen Zellen möglicherweise intra vitam vorkommenden Gerüste zusammenwirft. Dagegen betrachte ich selbst (1915,2, S. 289) gerade als ein „Hauptergebnis meiner Arbeit“, dass sie es mir ermöglicht hat, „in das Chaos der Lehre von der Protoplasmastruktur etwas Ordnung hineinzubringen‘“. 296 Friedrich Meves: suchungen über Plastosomen angestellt.) Das hindert. ihn aber nicht, zu behaupten, dass wir nicht das geringste Recht hätten, die nach der Methode Benda-Meves gefärbten Gebilde ohne weiteres als morphologisch und physiologisch gleichwertig anzusehen, und weiter (1911, S. 159 und 1915, S. 233), dass die Körner und Fäden, welche ich 1904 in Tapetenzellen der Antheren von Nymphaea beschrieben habe, „sicher ganz andersartige Gebilde‘ seien als die Chondriosomen des Hühnerembryo oder als die Mitochondrien der tierischen Samenzellen. Er fährt dann im „ersten mikroskopischen Praktikum“ (1915, 8.232) folgender- massen fort: „Alle die weiter bei den Pflanzen mit der genannten Methode durch Lewitsky, Guilliermond und andere nach- gewiesenen körnchen- oder fädchenförmigen Gebilde sind ebenfalls sicher?) verschiedenartiger Natur. Ein Teil derselben sind Uhromatophoren, andere sind wohl ergastischer Natur. Es muss noch genauer nachgewiesen werden, was sich unter diesem Sammelnamen verbirgt.“ Dieses von A. Meyer abgegebene Urteil darf als gänzlich unzutreffend bezeichnet werden. Unsere Überzeugung von der Homologie der Gebilde, welche wir als Chondriosomen oder Plastosomen ansprechen, gründet sich darauf, dass ihr morpho- logisches Aussehen, ihr Verhalten gegen zahlreiche Reagentien und Färbungsmittel, die Rolle, welche sie bei der Bildung der Differenzierungsprodukte spielen, in tierischen und pflanzlichen Zellen völlig gleich ist. Ein Beweis für die Identität der tierischen Plastosomen ist ferner, wie besonders Duesberg (1912) betont hat, dadurch geliefert worden, dass man sie vom befruchteten Ei durch die ersten Blastomeren bis zu den Embryonal- zellen und den Zellen des erwachsenen Körpers kontinuierlich hat verfolgen können; diese Kontinuität wird sich unschwer auch bei den Pflanzen feststellen lassen. Will man die Vergleichbarkeit tierischer und pflanzlicher Plastosomen bestreiten, so kann man es nach Guilliermond (1914, 2, S. 23) ebensogut mit der- jenigen der Kerne tun. Wenn A. Meyer daher die Bezeichnung Chondriosomen einen Sammelnamen nennt und fordert, es müsse genauer nach- gewiesen werden, was sich darunter verbirgt, so möchte ich 1) Vergleiche hierzu die Anmerkung 2 auf S. 289. ?) Von mir gesperrt. Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 297 meinerseits wünschen, dass der Marburger Botaniker selbst damit den Anfang macht und diesen Dingen endlich einmal durch eigene Untersuchungen näher tritt.') statt dass er weiter wie bisher versucht, sicher richtige Tatsachen, ohne sie nach- geprüft zu haben, als „sicher unrichtig“ hinzustellen. Gewiss gibt es Fälle, wie ich hier in der Einleitung und schon früher wiederholt (z. B. 1907, 1, 1912) betont habe, in denen man körnige Plastosomen schwer oder einstweilen überliaupt nicht von Körnern metaplasmatischer Natur unterscheiden kann, und es steht sogar fest, dass beide Arten von Elementen schon wiederholt verwechselt worden sind ; das berechtigt aber A. Meyer durchaus nicht, sich in der Weise, wie er es getan hat, über die Chondrio- somen oder Plastosomen auszusprechen. E. W. Sehmidt, welcher die Plastosomen ebensowenig wie A. Meyer studiert zu haben scheint, hat über diese (Gebilde in zwei Sammelreferaten (1912, 1 und 2) wesentlich im Sinne von A. Mever berichtet, wobei es ihm passiert, dass er eine Untersuchung wie diejenige von Lundegärdh (1910), von welcher Guilliermond später (1914, 2, S. 256) mit Recht geurteilt hat, dass sie nur „ganz mangelhaft durchgeführt“ sein kann, als eine kritische Leistung wertet, die „erst einiges Licht in das Dunkel der Mitochondrienfrage trägt“ (!). Sap&hin (1915) stimmt mit Arnoldi 1913) überein, welcher gesagt hat, dass unter dem Namen Mitochondrien „alle möglichen, was Entstehung und Funktion anlangt, verschiedenen Bildungen zusammengeworfen werden“. Für Sapehin und Arnoldi selbst ist diese Behauptung nun allerdings ohne weiteres als zutreffend zuzugeben. Betrachtet man die Abbildungen von Sap&hin (1915), so erhält man den Eindruck, der durch die Darlegungen dieses Autors bestätigt wird. dass ihm eine scharfe Hervorhebung der Plastosomen und Abtrennung von anderen Zellbestandteilen nicht gelungen ist. Arnoldi aber hat wahr- scheinlich „Mitochondrien“ überhaupt nicht zu sehen bekommen. Für die Beschäftigung mit den Chondriosomen oder Plasto- somen gilt eben leider noch immer, was Benda (1903, S. 746) geschrieben hat: dass Geduld und Opferfreudigkeit zunächst noch „unbedingte Voraussetzung“ dafür sind. „Die Untersuchungen 1) Anmerkung bei der Korrektur. Dieser Wunsch ist mir inzwischen erfüllt worden; vergleiche die Anmerkung 2 auf 8. 289. Archiv f. mikr. Anat. Bd.8S9. Abt.I 20 298 Friedrich Meves: sind zeitraubend und die Resultate unsicher. Es ist die noch nicht ganz überwundene Unzuverlässigkeit der Methoden, die dem gewiss nicht fehlenden guten Willen, ein so wenig beackertes Feld zu bebauen, einen natürlichen Hemmschuh anlegt.“ Dadurch ist das Studium dieser Zellbestandteile, schloss Benda damals, „bisher zu einem mit Misstrauen und Zurückhaltung betrachteten Wagnis weniger gestempelt“ worden. Mehr als über die bisher behandelten Punkte kann es über die Bedeutung der Plastosomen Meinungsverschiedenheiten geben. Die Erörterung dieser Frage beginne ich mit dem Hinweis, dass ein so objektiver und kritisch-nüchterner Beurteiler wie Flemming schon vor mehr als 30 Jahren (1882) eine „Hypo- these von Wahrscheinlichkeit“ genannt hat, dass in den Fäden (Plastokonten), welche er in lebenden Zellen der Salamanderlarve beobachtet hatte, „die wesentlichen Kräfte ihren Sitz haben, auf denen das Leben beruht“. Einen wie hohen Wert Altmann (1390) seinen „Granulis“, unseren Plastochondrien, beilegte, geht daraus hervor, dass er sie — allerdings irrtümlicher Weise — als selbstlebende Einzelorganismen, die Zelle als eine Kolonie oder ein symbiotisches Aggregat von solchen angesehen hat. Flemming ist ferner bereits der Meinung gewesen, dass die „Fila“ den Muskel- und Nervenfibrillen, den Bindegewebsfasern usw. Ursprung geben. Altmann (1890), Metzner (1890), L. und R. Zoja (1891) u. a. haben angenommen, dass die verschiedensten Stoff- wechselprodukte (Fett, Sekret- und Dotterkügelchen, Pigment- körnchen) durch Umwandlung der „Granula“ entstehen. Ich selbst bin 1908 (zu einer Zeit, wo ich die Identität zwischen Plasto- konten und Flemmingschen Fäden von 1882 bereits festgestellt, diejenige zwischen Plastochondrien und Altmannschen Körnern nur vermutet, aber noch nicht nachgewiesen hatte) auf Grund direkter Beobachtungen an Wirbeltierembryonen zu dem Resultat gekommen. mit welchem ich, wie sich mir hinterher heraus- gestellt hat, die Meinungen von Flemming und Altmann vereinigt habe: dass die Plastosomen den verschiedensten Difte- renzierungen, welche im Lauf der Entwicklung auftreten, fibril- lären sowohl wie chemischen, als materielles Substrat zugrunde liegen. Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 299 Man wird mir glauben, dass es nicht in meiner Absicht gelegen hat, die Gültigkeit dieses Satzes auf tierische Zellen beschränken zu wollen. Heute ist nun bereits durch die Untersuchungen von Pensa, Lewitsky, Guilliermond, Forenbacher und Maximow, denen ich mich auf Grund meiner eigenen hier mitgeteilten Beobachtungen anschliesse, für die pflanzlichen Plastosomen der Nachweis erbracht worden, dass sie sich in Chromatophoren um- wandeln; besonders Guilliermond hat ferner gezeigt, was ich hier gleichfalls bestätigt habe, dass die Plastosomen auch direkt Stärke bilden können. Lewitsky hat denn auch schon 1910, S. 542 seine Ansicht dahin ausgesprochen, dass die Chondriosomen oder Plastosomen im Pflanzenreich als ebensolche Bildungs- oder Differenzierungsgranula wie im Tierreiche betrachtet: werden müssen; in ähnlicher Weise hatten sich kurz vorher auch Duesberg und Hoven (1910) geäussert. In der Tat konnte durch weitere Untersuchungen festgestellt werden, dass die Rolle der Plastosomen in der pflanzlichen Zelle sich keineswegs „auf die Herstellung von Chlorophyll. Stärke und von Xanthophyli- und Carotinpigmenten beschränkt“ (Guillier- mond, 1914, 2, S. 301), sondern dass noch mannigfache andere Zellbestandteille aus den Plastosomen ihren Ursprung nehmen. Aus den Arbeiten von Guilliermond (zuerst 1913, 1) geht hervor, dass auch die „Phenolkörper und Anthozyanpigmente, die man in den Vakuolen vieler höherer Pflanzen findet“, das Produkt einer Lebenstätigkeit der Plastosomen sind. Sodann ist von Guilliermond (1913,2) und Lewitsky (1913) gezeigt worden, dass die Plastosomen bei Pilzen als Bildner von Reservestoffen tätig sind, deren chemische Beschaffenheit bisher nicht aufgeklärt werden konnte (corpuscules metachroma- tiques von Pustularia nach Guilliermond, „gelbe Sphären“ von Albugo nach Lewitsky). Ich selbst habe eine Metamorphose von Plastokonten in Sekretkörner, deren Natur mir gleichfalls unbekannt geblieben ist, bei der Luftwurzel von Hartwegia (Chlorophytum) in denjenigen Meristemzellen des Zentralzylinders beobachtet, aus denen die Siebröhren hervorgehen; ein ausführlicher Bericht darüber befindet “sich im Druck. 20* 300 Friedrich Meves: Eine Beobachtung, welche für eine Beteiligung der Plasto- somen beim Wachstum der Zellmembran spricht, habe ich oben S. 285 mitgeteilt; man vergleiche ausserdem die Anmerkung 2 auf derselben Seite. Von weiteren Stoffen, welche bei Pflanzen möglicherweise durch Umwandlung von Plastosomen entstehen, möchte ich auf Grund der Angaben, welche von tierischen Zellen vorliegen, Fett und Öl namhaft machen. Als „Ort der Fettbildung“ sind die tierischen Plasto- somen von Altmann (1890), Metzner (1590), Krehl (1890), L. und R. Zoja (1891), neuerdings. von Dubreuil (1911), Hoven (1911, 1912) und verschiedenen anderen bezeichnet worden. Wir wissen nun bereits, dass in der Pflanzenzelle die Chloro- plasten, das sind also Derivate der Plastosomen, „zur Öl- bildung befähigt“ sind. Da diese ebenfalls Stärke bilden können, die Stärke aber auch aus den Plastosomen direkt entsteht, so kann man schon aus diesem Grunde vermuten, dass das gleiche mit dem Öl der Fall ist. Von den „Elaioplasten“, „plasmatischen Organen“, in denen sich das Öl zuweilen „vorwiegend bildet und ansammelt“, liegt die Annahme nahe, dass sie ihrerseits von Plastosomen abstammen. Auf tierischem Gebiet besitzen wir ferner über die Ent- stehung von Schleimgranulis aus „Protoplasmakörnchen“ eine ansehnliche Literatur, welche Metzner bis zum Jahre 1907 zusammengestellt hat. Die Botaniker sind nun aber grössten- teils zu dem Resultat gekommen, dass die Pflanzenschleime durch eine Metamorphose der Zellmembran entstehen. Die Schleim- bildung würde also in diesem Fall von den Plastosomen nur in- direkt und nur unter der Bedingung abhängig sein können, dass die Zellmembran zu den genannten Gebilden in genetischer Be- ziehung stände'). Das gleiche würde von der Harzsekretion !) Bei einer gelegentlichen Untersuchung der Schleimzotten von Rumex Patientia konnte ich die von Hanstein (1868) gegebenen Bilder, welche für eine Entstehung des Schleims durch Umwandlung der „subkutikularen“ Schichten der Zellmembran sprechen, bestätigen, ausserdem aber feststellen, dass die Zellen dieser Schleimzotten mit körnchen- und stäbchenförmigen Plastosomen vollgepfropft sind. Ferner machte ich beim Studium der aus zwei Lagen von Zellen bestehenden Achselschuppen oder Intravaginalschuppen von Elodea canadensis, welche nach Schilling (1894, S. 336) „zur Bildung von Schleim dienen‘ (es handelt sich um dasselbe Objekt, welches Lewitsky Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 301 gelten, wenn es sich bestätigen sollte, dass sie „ohne Mithilfe des Plasmas“ in der „resinogenen‘“ Membran (Tschirch, 1900) vor sich geht. Für die letztgenannten und andere Stofle der pflanzlichen Zelle muss nun freilich erst bewiesen werden. dass sie tatsächlich unter direkter oder indirekter Beteiligung von Plastosomen ent- stehen. Wenn Scherrer aber (1914, S. 24) den Plastosomen eine Rolle bei den formativen Prozessen überhaupt abstreitet und sie, wie schon früher Nemee (1910), als „blosse Stoffwechselprodukte“ hinstellt, so wird doch wohl niemand. um mit Scherrer selbst (S. 24—25) zu reden, „im Ernst glauben“, dass „blosse Stoft- wechselprodukte“ bei den Phanerogamen „zur Anlagesubstanz der Chromatophoren geworden sein“ könnten. In der Erforschung der verschiedenen Umwandlungen, welche die Plastosomen der pflanzlichen Zelle durchmachen können, bietet sich weiteren Untersuchungen ein ausgedehntes Feld, das sich nach meiner Überzeugung als überaus fruchtbar erweisen wird. Die Gebilde, welche durch Metamorphose der Plastosomen entstehen, sind zum Teil ebenfalls unzweifelhaft lebende Organe, wie z. B. die Chloroplasten ; andere dagegen können an sich nicht als lebendig bezeichnet werden. Man kann aber vielfach auch an den letzteren chemische Umsetzungen und Wachstumserschei- nungen wahrnehmen. Das gilt auch von solchen Plastosomen- derivaten, welche wie die Bindegewebsfasern der Wirbeltiere bei ihrer Entstehung aus der Zelle abgeschoben werden (Meves 1910, 1). Die Bindegewebsfasern behalten, wie schon Kollmann (1877), Flemming (1577 und später), v. Ebner und neuer- dings zahlreiche andere geschlossen haben, die Fähigkeit des Wachstums bei. Die Interzellularsubstanzen, sagt Lukjanow (nach Lid- forss, 1915, S. 267), „haben aus den Zellen jenen Lebenshauch mitgenommen, welcher die Zellen selbst belebt“. olsahıl 1) für seine „vergleichende Untersuchung über die Chondriosomen in lebenden und fixierten Pflanzenzellen“ benutzt hat), folgende Beobachtung, welche vielleicht auf eine direkte Mitwirkung der Plastosomen bei der Schleimsekretion zu beziehen ist: ich fand auf bestimmten Entwicklungs- stadien die Oberflächen der Zelleiber, merkwürdigerweise allerdings nur an denjenigen Seiten, welchen den Membranen zwischen beiden Zellagen zuge- kehrt sind, dicht mit Plastochondrien besetzt, welche eines unmittelbar neben dem anderen liegen. 302 Friedrich Meves: Auf Grund des Gesagten erscheint es mir statthaft, in den Plastosomen und ihren lebendigen Derivaten die Träger der molekularen Organisation zu erblicken, welche Brücke in seiner viel zitierten Abhandlung (1861) als Substrat der hauptsächlichsten Lebensäusserungen des Protoplasmas gefordert hat. Ich weise ferner erneut darauf hin (vgl. auch Meves, 1915,1, S. 36), dass Delage schon 1895, S. 503 von Altmann gesagt hat, dass er in seinen Bioblasten in konkreter Form die bisher für unsichtbar gehaltenen Einheiten aufgezeigt habe, welche einer Reihe von Hypothesen über den Aufbau des Protoplasmas zu Grunde liegen: die physiologischen Einheiten von H. Spencer, die Keimchen von Darwin, die Idioplasmakörper Naegelis, die Pangene von de Vries, die Plasomen von Wiesner und andere. In Übereinstimmung mit den Ideen, welche ich seit 1908 hinsichtlich der Bedeutung der Plastosomen vertrete, hat OÖ. Schultze (der diese Gebilde Plasmosomen nennt; vgl. dazu oben S. 256) kürzlich (1916) als Ziel der Biologen, die sich mit der Lokalisationsfrage der Gestaltungs- und Betriebsfunktionen innerhalb des Protoplasmas beschäftigen, „nichts geringeres als den Nachweis“ bezeichnet, „dass alle die Teilchen, die als Dotterkörper den Embryo ernähren, die als kontraktile Teilchen die aktive Bewegung, die in den Neurofibrillen die Nervenleitung und in dem Stützgewebe dessen Funktion bedingen. in den Drüsen die Sekretion, im Darm die Resorption und als Chloro- plasten den wichtigsten Assimilationsvorgang vermitteln, kurz alle Elementarindividuen in einfachen Urlebensträgern im Sinne der Entwicklungslehre an der Wurzel zusammenhängen.“ „Ein solcher Nachweis des mit dem lebendigen Mikrokosmos be- schäftigten Mikroskopikers“, fährt er fort, „würde unser nach ein- fach-einheitlicher Auffassung der Naturerscheinungen strebendes Kausalitätsbedürfnis in ähnlicher Weise befriedigen, wie den Chemiker die Atomtheorie und den in die Mechanik des Makro- kosmos vertieften Teleskopiker die Kant-Laplacesche Theorie der Genese der Himmelskörper.“ Es ist nun wohl ohne weiteres anzunehmen, dass Gebilde von derartiger Bedeutung wie die Plastosomen bei der Über- tragung der erblichen Eigenschaften eine Rolle spielen müssen. Nach meiner Überzeugung kann für die Vererbung nicht Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 303 die Zelle in ihrer Totalität, wie z. B. Noll und Jensen wollen, sondern von Bestandteilen des Protoplasmas nur die plastosomatische Substanz als „Stirp“, „Idioplasma“ oder „Keimplasma“ in Betracht kommen. Dafür lässt sich abgesehen von den Deduktionen Naegelis, durch welche die Notwendigkeit fester Teile für die Erblichkeitsübertragung erwiesen wird, noch ein anderes sehr gewichtiges Argument anführen, auf welches ich schon wiederholt (zuerst 1913, S. 249) hingewiesen habe: die protoplasmatische (srundmasse der Samenbildungszelle findet beim Aufbau des Säuge- tierspermiums fast gar keine Verwendung, indem sie bis auf einen ganz minimalen Rest, welcher als äussere Hülle um das sogen. Verbindungsstück des Schwanzfadens zurückbleibt, abgeworfen wird. Sämtliche in der Samenbildungszelle vorhandenen Plastochondrien dagegen vereinigen sich, um eine den Schwanzfaden im Bereich des Verbindungsstücks umgebende innere Scheide zu bilden; in den abgeworfenen Cytoplasmaballen gelangt kein einziges von ihnen hinein. Die meisten Autoren halten nun ja allerdings heute noch an dem „unerwiesenen Axiom“ (Pfeffer) fest, dass der Kern der alleinige Vererbungsträger sei. Diese Lehre ist in den letzten Jahrzehnten hauptsächlich aut Grund der meiner Ansicht nach irrtümlichen van Beneden-Rabl-Boverischen „Individualitäts- hypothese der Chromosomen“ ausgebaut worden, wobei man sich in ein Wirrwarr von weiteren Hypothesen verstrickt hat, welche zum grössten Teil, wie z. B. die Kopulationshypothesen, weiter nichts als Folgerungen aus der Individualitätshypothese und meines Er- achtens ebenso unzutreffend wie diese sind'). Nachdem mit Boveri ') C. Rabl (1915, 5.110) gibt eine Zasammenstellung der nach ihm „wichtigsten Theorien und Hypothesen, die seit Beginn der neuen Ära der Zellforschung über die Zelle aufgestellt worden sind“. An erster Stelle führt er die Theorie von der „Kontinuität der Centrosomen“ an. Ich habe nun schon 1902, S. 46—54 nachgewiesen, dass die Zentralkörperchen van Benedens oder die Centrosomen Boveris nicht als permanente Zellorgane aufzufassen sind, und dass die letztere Bezeichnung nur für die von ihnen umschlossenen „Centriolen“ gelten kann, für welche ich ebenfalls eine Kontinuität annehme. Wenn C. Rabl über E.van Beneden und den „gegenwärtigen Stand der wichtigsten von ihm behandelten Probleme“ schreiben wollte, so durfte er meine Feststellung, dass die Centrosomen keine permanenten Zellorgane sind, nicht unerwähnt lassen. 304 Friedrich Meves: der erfolgreichste Verfechter der Individualitätshypothese aus dem Leben geschieden ist, dürfte die Zahl ihrer Anhänger bald noch Die von C Rabl unter II genannte Theorie von der Kontinuität (= Individualität) der Chromosomen halte ich für unbegründet und über- flüssig und habe sie seit 1907 in meinen Schriften mit Entschiedenheit be- kämpft. Die Argumente, welche ©. Rabl vor Jahren zugunsten der Indi- vidualitätshypothese beigebracht hat und welche er 1915 von neuem aufführt, sindnicht im mindesten stichhaltig; das gleiche gilt von den Beweisen, welche Boveri geliefert hat. Die III. der von ©. Rabl aufgezählten Theorien, diejenige von der Kontinuität des Achromatins, muss ich ebenfalls ablehnen; vgl. dazu Meves, 1911,2, S. 293. Sodann führt ©. Rabl unter IV die Hypothese an, dass jeder Kern zwei einander gleichwertige Gruppen von Chromosomen enthält, deren eine väterlichen, deren andere mütterlichen Ursprungs ist, und weiter (V—VH) die Hypothesen von der Heterodynamie, Homologie und Heteromerie der Chromosomen. Meinerseits möchte ich kein Hehl daraus machen, dass mir die letztgenannten Chromosomenhypothesen (IV—VII) noch viel weniger fundiert zu sein scheinen als die Individualitätshypothese. An VIII. Stelle erwähnt C. Rabl die Theorie von der „Kontinuität der Plasmosomen“ (soll bedeuten Chondriosomen oder Plastosomen; über die irrtümliche Anwendung der Ausdrücke „Plasmosomen“ und „Mikrosomen“ von Seiten ©. Rabls vergleiche oben S. 256). Diese Theorie schreibt er Held (1912) zu und sagt, dass sie „in gewissem Sinne durch Benda und Meves vorbereitet“ wäre Gegen diese unzutreffende Behauptung möchte ich auch hier (vgl. ausserdem Meves, 1916, S. 616) nachdrück- lichsten Einspruch erheben. Die Theorie von der Kontinuität der Plastosomen hat Altmann bereits 1890 aufgestellt und ihr in seinem Satz „omne granulum e granulo“* prägnanten Ausdruck verliehen. Dabei hat er wohl zweifellos, wie ich mit Miescher annehme, dessen Worte ich 1912, S. 81 zitiert habe, auch an eine „Immanenz“ der Granula in Zeugung und Entwicklung gedacht. Ich selbst habe 1908 die Plastosomen als den Sitz der „spezifischen zu vererbenden ÜCytoplasmastruktur*“ hingestellt und mit den Idio- plasmakörpern Naegelis in Parallele gesetzt; schärfer als durch diese Parallele konnte die Fortdauer der Plastosomen durch die Genera- tionen hindurch überhaupt nicht betont werden. Im Jahre 1910 habe ich sodann die Identität der Altmannschen Granula mit den Plastochondrien nachgewiesen und die Kontinuität der Plastosomen unter Hinweis auf Altmann von neuem behauptet. In meiner Ascarisarbeit (1911) habe ich zwar das Wort Kontinuität nicht gebraucht; ich habe aber in der Einleitung meiner Anfang 1912 in Druck gegebenen Abhandlung über die Befruchtung des Seeigeleies die Frage nach der „Kontinuität der Organisation“ im Anschluss an Miescher wiederum erörtert und (S. 82) gesagt, dass die Kontinuität der Plastochondrien bei der Befruchtung von Ascaris „keine Unter- brechung erleidet“. Gleichfalls Duesberg hat in zwei Abhandlungen aus dem Jahre 1910 (1 und 2) sowie in seinem Plastosomenbericht (1912) eingehend ausgeführt, dass eine Kontinuität der Plastosomen von den Sexual- Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 305 mehr abnehmen, als dies in den letzten Jahren bereits geschehen ist, und damit die Bahn für eine richtigere Auffassung der Chromatin- reduktion frei werden!). Der Weismannschen Reduktionsteilung, bei welcher ungeteilte Chromosomen auf die Tochterzellen verteilt werden sollen, kommt nach meiner Überzeugung, der ich erst zellen bis zum befruchteten Ei und weiter bis zu den vorgeschrittenen Stadien der Entwicklung besteht. Aus dem Gesagten geht auf das unzweideutigste hervor, dass Held in keiner Weise als „Urheber“ (C. Rabl) für die Kontinuitätstheorie der Plastosomen angeführt werden kann. Ü Rabl (l. e. S. 110-111) bemerkt ausserdem noch, dass die Theorie von der Kontinuität der Plastosomen „in ähnlicher Weise, nur in Bezug auf die achromatischen Fäden, schon früher vonK.v. Kostanecki aufgestellt“ worden sei. ©. Rabl hat vor längerer Zeit mit Bezug auf diejenigen achromatischen Fäden, welche von den „Polkörperchen“ zu den Ühromosomen verlaufen, die Vermutung geäussert, dass sie während des Ruhezustandes, wenn auch in undeutlicher Form, persistieren und mit der Teilung des Pol- körperchens eine Längsspaltung erfahren ; das gleiche ist vonv. Kostanecki für die sog. Polstrahlen angenommen worden. Die Ähnlichkeit, welche zwischen diesen Hypothesen, deren Widerlegung sich erübrigen dürfte, und der Kontinuitätshypothese der Plastosomen besteht, beschränkt sich aber ausschliesslich auf die Annahme der Kontinuität! Zusatz beiderKorrektur. Held unternimmt am Schluss einer inzwischen erschienenen Arbeit (vgl. dazu die Anmerkung, welche auf S. 306 beginnt), den aussichtslosen Versuch, der denn auch als gänzlich misslungen bezeichnet werden muss, ©. Rabl gegen meinen Vorwurf (1916) zu vertei- digen, dass er (Ü. Rabl) eine „durchaus irrtümliche“ Behauptung aufgestellt habe, indem er ihm, Held, die Urheberschaft an der Kontinuitätstheorie der Plastosomen zuschrieb. =) Über meinen Standpunkt in dieser Frage, welcher sich an denjenigen von OÖ. Hertwig (1890) und Brauer (1893) anschliesst, wolle man meine Arbeiten 1902, 1907, 1, 1908, 1911,.2 vergleichen. Wilson (1912, S. 393) bemerkt zu meiner Auffassung unter anderem: „For Meves there is no problem of synapsis. The Gordian knot is cut with the statement: „Die Geschlechtszellen haben die besondere Eigenschaft ererbt, beim Eintritt in die Wachstumsperiode nur die halbe Zahl von Chromosomen auszubilden‘. Öertainly the adoption of this simple solution would save a great deal of trouble; but I fear that the facts compel us to take a more roundabout way out of our difficulties.*“ Was Wilson ein Durchhauen des Gordischen Knotens nennt, besteht nun aber wesentlich in einem Verzicht auf die un- glückliche Individualitätshypothese, durch welche der Knoten geschürzt worden ist. Welche Tatsachen sind es denn, die die Annahme der von mir vorge- schlagenen „einfachen Lösung“ (Wilson) verbieten und uns zu einem „more roundabout way“ nötigen? Hoffentlich nimmt sich Wilson oder sonst jemand die Mühe, mir eine Antwort auf diese Frage zu erteilen. 306 Friedrich Meves: kürzlich (1915, 3) von neuem Ausdruck gegeben habe (vgl. ausser- dem Meves, 1902, 1907, 1, 1911,2, 1915, 1), keine Realität zu. Man möge mir doch nur einen einzigen Fall nennen, in dem die Existenz einer solchen Teilung, an welche auch ©. Rab1(1915) glaubt, sich gegenüber einer ernsthaften Kritik aufrecht erhalten lässt! Die Mendel-Spaltung muss demnach eine andere eytologische Grund- lage besitzen als die heute allgemein angenommene. Meiner Meinung nach (vgl. Meves, 1915, 3) ist sie entsprechend der von Naegeli (1584, S. 208) entwickelten Vorstellung von dem Verhalten der bei der Befruchtung zusammenkommenden Idio- plasmen abhängig. Infolge der Vorherrschaft der OÖ. Hertwig-Strasburger- schen Lehre und der unter den Botanikern noch so wenig aus- gebreiteten Bekanntschaft mit den Plastosomen ist nun aber die Möglichkeit einer Mitwirkung dieser Formelemente bei der Ver- erbung auf pflanzlichem Gebiet noch kaum erörtert worden. Abgesehen von Lundegärdh (1910), auf dessen wenig belang- reiche Ausführungen ich bereits a. a. ©. (1913, S. 251) geantwortet habe, hat sich von botanischer Seite bisher nur Guilliermond (1914, 1 und 2) dazu geäussert. Während dieser Autor aber sonst in zahlreichen Punkten mit mir übereinstimmt, nimmt er in der in Rede stehenden Frage einen völlig ablehnenden Standpunkt ein. „Meves und einige Autoren“, schreibt er 1914,2, S. 293, „haben die Hypothese aufgestellt, dass in den Mitochondrien Cytoplasma- teilchen als Trägerinnen der Erblichkeit auftreten. Dieser ganz aussichtslosen Theorie, die ich für meinen Teil nicht gelten lasse, hat man bestimmte Tatsachen gegenüber gestellt, die zeigen, dass die hauptsächliche und einzig bewiesene Funktion der Mitochondrien die der Sekretion ist. Die Arbeiten von Regaud, die durch eine grosse Zahl von Autoren, namentlich von Meves und seinen Schülern, bestätigt sind, haben gezeigt, dass die mannigfachsten Sekretionsprodukte im Schoss der Mitochondrien entstehen.“ Nach diesen Worten zu urteilen scheint es Guilliermond unbekannt geblieben zu sein, dass ich eine Beteiligung der Plasto- somen bei der Befruchtung zunächst (1908) allerdings nur theo- retisch postuliert, zu der Zeit aber, als er die obigen Sätze schrieb, schon bei Ascaris (1910, 3 und 1911, 1) und Phallusia (1913) bewiesen hatte!). Die gleiche Feststellung ist mir inzwischen bei Filaria 5] C.Rabl (1915, S. 131) erwähnt die „schönen Untersuchungen“ von Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 307 (1915,1) und Mytilus (1915,3) gelungen. Unter den von mir mitgeteilten Beobachtungen beanspruchen das meiste Interesse diejenigen, welche ich bei den genannten Nematoden habe machen können, bei denen die Plastosomen des Spermiums aus diesem aktiv in das Eiprotoplasma auswandern, um sich mit den homo- logen weiblichen Elementen zu vermengen. Kostanecki und Wierzejski (1896), „durch welche auf die Bedeutung des durch das Mittelstück des Spermatozoons eingeführten Protoplasmas hin- gewiesen wurde“. Ich habe inzwischen schon ausgeführt (1916, S. 615), dass die Befunde dieser beiden Autoren mit den meinigennicht das geringste gemeinsam haben. Als Vorgänger von mir kommen meines Wissens nur die Gebrüder L. und R. Zo ja in Betracht, auf deren völlig vergessene Ab- handlung (1891) ich 1910 (2 und 3) aufmerksam gemacht habe. L. und R Zoja haben aber ihren Beobachtungen keinerlei theoretische Bedeutung beigelegt. R Zoja hat 1896 in sehr ausführlicher Weise auf mehr als 100 Druckseiten den damaligen Stand der Befruchtungsstudien auseinandergesetzt, ist aber mit keinem einzigen Wort auf den von seinem Bruder und ihm beschriebenen Befund bei der Befruchtung des Ascariseies zurückgekommen, hat vielmehr direkt ausgesprochen, dass das Protoplasma des Spermiums bei der Vererbung keine Rolle zu spielen und, auch bei Ascaris, vom Eikörper resorbiert zu werden scheine. Vom theoretischen Standpunkt ist die Möglichkeit einer Beziehung der Altmannschen Protoplasmagranula zur Erblichkeitsübertragung zuerst von Delage (1895, S. 503) erörtert worden. Sodann hat Benda (1903) den von ihm sogenannten „Mitochondrien“, in denen er motorische Organe (!) der Zelle vor sich zu haben glaubte, auf Grund der Feststellung, dass sie sowohl im Spermium als auch im Ei vorhanden sind, eine Rolle bei der Ver- erbung vindiziert. Die Beobachtungen der Gebrüder Zoja waren sowohl Delage als auch Benda unbekannt geblieben und wären es wahrschein- lich, da sie an schwer zugänglicher Stelle publiziert sind, noch heute all- gemein, wenn ich nicht 1910, 2 und 3, auf sie hingewiesen hätte. Nachträglicher Zusatz beider Korrektur. Held hat seiner vorläufigen Mitteilung aus dem Jahre 1912 über Mitwirkung der Plastosomen bei der Befruchtung des Ascariseies nunmehr im ersten Heft dieses Bandes des Archivs für mikroskopische Anatomie eine ausführliche Arbeit folgen lassen. Das Bestreben, meinen Anteil an der Erforschung der in Rede stehenden Probleme zu verkleinern, tritt darin so offensichtlich zu Tage, dass es schon darum seine Wirkung verfehlen wird. Leider muss ich an dieser Stelle wegen Raummangels darauf verzichten, auf die zahl- reichen Entstellungen und Irrtümer, welche sich in der Heldschen Arbeit finden, einzugehen und mich auf einige wenige Bemerkungen beschränken, Held sagt von meiner Ascarisarbeit (1911, 1), dass die Ergebnisse derselben nach Retzius in der Luft schweben; weiter erklärt er, ebenso wie Retzius zu dem Resultat gekommen zu sein, dass „schon“ (!) „für den Vorgang der Verschmelzung männlicher und weiblicher Plastosomen keine 308 Friedrich Meves: Spur eines Beweises erbracht sei* (!). So Held, trotzdem ihm bekannt sein müsste, dass ich niemals behauptet habe, bei Ascaris eine Kopulation zwischen männlichen und weiblichen Plastosomen bewiesen zu haben! Ich habe sehon 1912 S. 84 betont, dass der Beweis für einen solchen Vorgang, welchen ich ebenso wie Delage theoretisch postuliert habe, bei Ascaris, „schwer zu erbringen sein dürfte.“ „Ich habe zwar“, sagte ich damals, „eine Beob- achtung beschreiben können, welche in diesem Sinne gedeutet werden könnte, bleibe mir aber bewusst, dass es sich einstweilen nur um eine Hypothese handelt; an dieser möchte ich allerdings bis auf weiteres, zum mindesten als an einer berechtigten Forschungshypothese festhalten.“ Inzwischen habe ich bei Filaria bestimmten Anhalt dafür gewonnen, dass eine Vereinigung männlicher und weiblicher Plastosomen, wenn auch erst im Laufe der Furchung; stattfindet. Was nun die am Ascarisei zu erhebenden tatsächlichen Befunde anlangt, so weicht Held von mir (1911,1) ausser in vielen anderen Punkten darin ab, dass er die männlichen Plastosomen unzerlegt aus dem Spermien- körper in das Eiprotoplasma übertreten, sich in ihm zerstreuen und dann erst zerfallen lässt. Die Präparate, auf welche sich meine erste Schilderung aus dem Jahre 1910 (3) bezog, zeigten nun ebenfalls vielfach eine Aus- wanderung unverkleinerter männlicher Plastochondrien (vgl. auch Meves, 1913, S. 240), wie sie anscheinend auch von den Gebrüdern Zoja gefunden worden war, deren Beschreibung ich damals (1910, 3) bestätigt habe; sie wiesen aber daneben unverkennbare Fixierungsfehler auf (vgl. Meves, 1911, 1, S. 686 und 1913, S. 241). Als ich dann später den Inhalt der Eiröhren von sorg- fältig warm gehaltenen Würmern möglichst rasch nach dem Tode des Wirts in der Altmannschen Mischung zerzupfte und zwar so, dass womöglich jedes einzelne Ei mit dem Reagens in Berührung kam, gewann ich die ein- wandfreien Präparate, welche ich 1911,1 völlig naturgetreu beschrieben und abgebildet habe; bei ihnen fand ich, dass die Plastochondrien des Spermiums sich in allen Fällen vor der Auswanderung in das Eiprotoplasma in kleinere Körner zerlegt hatten. Wenn sich ein Übertritt unzerlegter männ- licher Plastochondrien, wie ihn die Gebrüder Zoja (1891) dem Anschein nach und zuerst jedenfalls ich selbst (1910, 3), angenommen haben, bei An- wendung derselben Kautelen, welche ich 1911, 1 gebraucht habe, nachweisen lässt, will ich gern aufhören, ihn als eine pathologische Erscheinung zu betrachten und mich der Meinung von Romeis (1913) anschliessen, dass es bei Ascaris verschiedene Modifikationen des Vorgangs gibt. Im übrigen erscheint mir dieser Punkt prinzipiell nach wie vor belanglos (vgl. auch Meves, 1913, S. 239). Wenn Held nun weiter bei der von ihm benutzten Doppelfärbung (Molybdänhämatoxylin und Säurefuchsin-Pikrinsäure nach Altmann) die grossen Körner seiner Präparate rot, die kleinen gelb, respektive schwarz erhalten hat, so könnte es sich in diesem Fall, wie ich 1913, S. 242 aus- geführt habe, um weiter nichts als um eine „Konzentrations-Doppelfärbung“ im Sinne von Fischer. d.h. um eine rein physikalische Erscheinung, handeln. Es ist aber allerdings seit langem bekannt, dass die plastosomatischen Bestandteile des reifen Spermiums sich färberisch vielfach anders verhalten £& Ku 2 >, FE re Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 309 Die Befunde, welche ich bei Filaria erhalten habe, scheinen mir ferner die Annahme unabweisbar zu machen, dass in Lauf der Furchung eine Vereinigung von männlichen und weiblichen Plastosomen stattfindet.') als z. B. die Plastosomen der Spermatiden oder der Eizellen. Z. B. lassen sich die Plastochondrien im Spiralfaden reifer Säugetierspermien mit Hilfe der Plastosomenmethoden meistens nicht mehr tingieren; Benda (1914, S. 27) vermutet aber, dass sie hier „tatsächlich unter einer chemischen oder physika- lischen Modifikation persistieren, die nur ihre Farbaffinität verändert“: bei der Befruchtung werden sie „sicheriich reorganisiert und reaktiviert“. Im gleichen Sinne habe ich mich selbst schon 1913, S. 245 über den plastoso- matischen „Nebenkern“ bei Insekten geäussert. Zweifellos kann man nun auf diese Verhältnisse Doppelfärbungen gründen. Ich selbst habe neuerdings bei Mytiluseiern nach Fixierung mit Altmannschem Gemisch durch Kombination der Eisenhämatoxylinmethode mit der Kullschen Modifikation der Altmannschen Färbung die Eiplasto- chondrien schwarz, das „Nebenkernorgan“ des in das Ei eingedrungenen Spermiums dagegen rot tingiert erhalten können. Dass aber die zerlegten männlichen Plastochondrien im Ascarisei sich von den gleichgrossen weiblichen durch andere Färbbarkeit unterscheiden, vermag ich auf Grund einer Untersuchung. welche ich mit der genannten und der Heldschen Doppelfärbung vorgenommen habe, nicht zu bestätigen. Allerdings habe ich diese Färbungen an gut fixiertem Material ausgeführt und nicht an solchem, bei welchem z. B. die grossen Plastochondrien- anhäufungen in der Umgebung der Centrosomen (vgl. Meves 1914, 1, Fig. 10) nach Färbung mit Säurefuchsin-Pikrinsäure Bilder darboten, wie Held sie in seinen Figuren 46a und b wiedergibt. Ich möchte daher glauben, dass der Behauptung von Held, nach welcher männliche und weibliche Plasto- chondrien des gleichen Kalibers sich im Ascarisei verschieden färben, ent- weder unreine Tinktionen zugrunde liegen, wie sie bei der von Held angewandten Doppelfärbung leicht vorkommen können, oder dass Held irgend einer anderen Täuschung, zu welcher das schwer zu fixierende Ascarisei mit seinen verschiedenen Einschlüssen so leicht Veranlassung geben kann, zum Opfer gefallen ist. Dass übrigens die Präparate, auf welche Held sich bei seiner vorläufigen Mitteilung (1912) bezogen hat, nicht nur für Plastosomenstudien schlecht fixiert gewesen sind, habe ich 1913, 8. 238-243 ausführlich dargelegt. ') Anm. bei der Korrektur. In meiner Filariaarbeit habe ich beschrieben, dass, nachdem die männlichen Plastochondrien aus dem Spermium in das Eiprotoplasma ausgewandert sind und sich hier in kleinere Körner vom Kaliber der Eiplastochondrien zerlegt haben, in der Eizelle und ebenso noch in den ersten Blastomeren ausschliesslich kleine Plastochondrien, auf den späteren Stadien der Furchung dagegen an Stelle der kleinen Plastochondrien. Plastokonten vorhanden sind. Da nun ein Übergang von Plastochondrien in Plastokonten im Lauf der Furchung bereits in verschiedenen Fällen (von 310 Friedrich Meves: Bei Pflanzen hat man eine Aussaat männlicher Plastosomen im Ei bisher allerdings noch nicht beobachtet, hat aber auch wohl noch kaum viel versucht sie aufzufinden. Ich selbst habe zwar schon vor einer Reihe von Jahren auf Helgoland den Befruchtungs- vorgang von Fucus studiert, um das von Retzius (1906) erkannte plastosomatische „Nebenkernorgan“ des Fucusspermiums im be- fruchteten Ei nachzuweisen.!) Meine damaligen Untersuchungen haben jedoch zu keinem Resultat geführt; ich beabsichtige aber sie an neuem Material wieder aufzunehmen. An der Tatsache, dass dieses „Nebenkernorgan* bei Fucus mit in das Ei ein- dringt, kann allerdings auch so kein Zweifel sein. Dass die im Eiprotoplasma ausgesäten männlichen Plasto- somen von diesem resorbiert werden sollten, was Retzius (1911) nicht für ausgeschlossen hält, ist aus Gründen, die ich 1913, S. 228 u. folg. eingehend dargelegt habe, im höchsten Grade un- wahrscheinlich ; dann aber ist es angesichts der grossen Bedeutung, welche diesen Elementen für das zellulare Leben zugesprochen Duesberg, Rubaschkin, Levi u.a.) beobachtet worden ist (vergl. Meves, 1915, 1,$S. 38), war ich ohne weiteres berechtigt, den gleichen Vor- gang auch für Filaria anzunehmen; tatsächlich gelingt es auch hier die Herausbildung der Fäden aus den Körnern festzustellen. Ein Untergehen der in das Eiprotoplasma übergetretenen männlichen Plastochondrien kommt meines Erachtens nicht in Frage. Ich durfte daher mit Recht die weitere Annahme als unabweisbar bezeichnen, „dass nicht nur die Eiplastochondrien, son- dern auch die in derEizelle ausgesäten und zerlegten männlichenPlastochondrien an der Entstehung der Plastokonten Anteil genommen haben“. Schreiner findet nun diesen Ausspruch in einer Abhandlung „Zur Kenntnis der Zellgranula“, welche im letzten Heft des vorliegenden Archivs erschienen ist, „charakteristisch für die Oberflächlichkeit, mit welcher diese wichtige Frage behandelt wird“. Meinerseits weise ich diese Kritik Schreiners als durchaus unberechtigt zurück und möchte im übrigen glauben, dass!der norwegische Autor, welcher bereits bei einer früheren Diskussion mit mir keineswegs Sieger geblieben ist (vergl. Fr. Meves: Es gibt keine parallele Konjugation der Chromo- somen! Antwort an Herrn und Frau Schreiner auf ihren Artikel: Gibt es eine parallele Konjugation der Chromosomen? Arch. f. Zellforsch., Bd.]1, 1908) und welcher neuerdings die Plastosomen, d. s. die Fila Flemmings von 1882 und die Granula von Altmann, auf Grund von sicher unrichtigen Beobachtungen aus Nukleolarsubstanz (!) entstehen lässt, bei der Formulierung seiner kritischen Bedenken besser mit etwas mehr Zurückhaltung und Vor- sicht zu Werke ginge. !) Dass die Existenz dieses Nebenkernorgans von Kylin (Ber. d. Deutsch. bot. Ges., Bd. 34, 1916, S. 200) mit Unrecht bestritten wird, habe ich schon oben $. 292, Anmerkung, erwähnt. u ee Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 311 werden muss, nicht anders glaublich, als dass sie bei der Über- tragung erblicher Eigenschaften mitwirken. Ob Guilliermond eine Beteiligung des Uytoplasmas bei der Vererbung überhaupt ablehnt, ist aus seiner Abhandlung nicht ersichtlich. Unter den Botanikern fordert sie z. B. Pfeffer (1897), welcher sogar meint (S. 46), es würde aller Wahrscheinlich- keit nach nicht an Theorien fehlen, welche dem Cytoplasma gegen- über dem Kern die Herrscherrolle zuweisen, „wenn es fernerhin gelingen sollte, in diesem auffällige Gestaltungen zu erspähen, die sich sicherlich im Cytoplasma abspielen, in welchem sich eben- falls die physiologischen Einheiten selbsttätig vermehren“. Es ist überflüssig zu bemerken, dass ich meinerseits der Überzeugung bin, dass wir solche „auffälligen Gestaltungen“ des Uytoplasmas in den Plastosomen gefunden haben. Pfeffer äussert nun in seiner Pflanzenphysiologie (1897, S. 48) weiter die Auffassung, zu welcher (nach Johannsen, 1909, S. 478 u. folg.) schon Galton durch das Studium der Erblichkeitsgesetze geführt wurde, dass das „Keimplasma“ „fort- bildungsfähig“ ist und dass es „so gut wie das embryonale (re- webe zu verschiedenen Zielen und Zwecken ausgenutzt und umgebildet wird“. Falls Pfeffer hier unter „Keimplasma“ nur den eytoplasmatischen Anteil der Erbmasse versteht, würde seine Anschauung mit derjenigen übereinstimmen, welche ich mir auf Grund meiner Beobachtungen von den Plastosomen gebildet und dahin zusammengefasst habe (vgl. Meves, 1913, S. 247 und 1915,3, S. 56), dass die Plastosomen eine primitive („indifferente, neutrale“) Substanz darstellen, die im Lauf der Entwicklung die verschiedensten Differenzierungen epigenetisch ausbildet, wobei sie die elterlichen Eigenschaften in die Erscheinung treten lässt. Von den Plastosomen gilt ferner dasselbe, was Pfeffer (1897, S. 48—49) von dem „Keimplasma“ sagt, dass es mit der Umwandlung die bisherige reproduktive Fähigkeit bedingungsweise oder gänzlich einbüsst. Die Metamorphose der Plastosomen ist meines Erachtens der wichtigste Teil desjenigen Vorgangs, welchen man als „In- krustation* (Hensen, Goebel) bezeichnet hat. Hensen ver- tritt seit 1881 (vgl. auch 1911, 1912 und 1913) die Anschauung, dass die Zellen sich im Lauf des Lebens mit „Schlacken inkru- stierender Materie“ erfüllen, welche er im Kern (1881— 1912), a Friedrich Meves: seit 1913 aber auch im Protoplasma lokalisiert sein und bei der Befruchtung entfernt werden lässt. Stellt man sich auf meinen Standpunkt und fasst speziell die Sexualzellen ins Auge, so ent- halten die Samenzellen in der Regel keine Bestandteile, welche als Schlacken angesprochen werden können, wohl aber die Ei- zellen; denn die Dotterelemente entstehen nach den Angaben zahlreicher Autoren (s. den Bericht von Duesberg, 1912) durch Umwandlung von Plastosomen. (oebel (1902) schreibt in seiner Abhandlung über Re- generation im Pflanzenreich (S. 486, Satz 2): „Die .somatischen Zellen‘ sind embryonale Zellen, die gewissermassen inkrustiert sind, d. h. es ist zu dem in den embryonalen Zellen Vorhandenen noch etwas gekommen, das ihnen ihren charakteristischen Stempel aufdrückt.“ „Die Inkrustation,“ fährt er fort, „kann aber bei vielen Pflanzen, namentlich, wenn sie nicht zu weit fortgeschritten ist, wieder aufgelöst werden, die'Zelle wird dann wieder embryonal.* Dazu möchte ich bemerken, dass nach meiner Vorstellung nur solche Pflanzenzellen befähigt sind, zum embryonalen Zustand und zu embryonaler Tätigkeit zurückzukehren, in welchen sich Plastosomen intakt erhalten haben, was keineswegs bei allen der Fall sein dürfte (vgl. oben S. 267 und 292). Eine Theorie, welche die Plastosomen bei der Vererbung mitwirken lässt. kann sich also nicht nur auf die überaus wichtige tolle, welche diese Elemente im Leben der Zelle spielen, und auf ihr durch einwandsfreie Beobachtungen festgestelltes Verhalten bei der Befruchtung berufen, sondern steht ausserdem mit den Anschauungen, welche schon früher z. B. von Galton (nach Johannsen ]l.c.) und Pfeffer über die Natur der „Erbmasse* geäussert worden sind, in Einklang und kann daher mit Recht gewiss nicht als „ganz aussichtslos“ bezeichnet werden.') Wenn Guilliermond sielı nun weiter in dem oben zitierten Passus dahin ausspricht. dass „man“ meiner Theorie bestimmte Tatsachen gegenübergestellt habe, welche zeigen, dass die einzig bewiesene Funktion der „Mitochondrien“ die der Sekretion sei, und sich im darauf folgenden Satz auf die Resultate von Regaud beruft, welche von mir und meinen Schülern bestätigt sein sollen, !) Auf die Verhältnisse im Seeigelei, welche nach der Meinung ver- schiedener Autoren der Plastosomenlehre der Vererbung im Wege sind, ge- denke ich demnächst von neuem einzugehen. Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 313 so habe ich hierzu zweierlei zu bemerken. Zunächst hat mir Regaud in einem Brief vom 15. April 1913, welchen ich 1913 S. 253 mit seiner Erlaubnis abgedruckt habe, mitgeteilt, dass er selbst eine Mitwirkung der Plastosomen bei der Übertragung erblicher Eigenschaften nicht in Abrede stellt. Ferner ist die Tatsache, dass die Plastosomen als Sekretbildner funktionieren, nicht von Regaud, sondern schon 1890 von Altmann entdeckt und in den darauf folgenden Jahren von einer Reihe von Autoren bestätigt worden. Ich selbst habe sie 1908, 1, S. 847 als richtig angenommen. Regaud, dessen Arbeiten über Plastosomen von 1908 an, über die Rolle der Plastosomen bei der Sekretion von 1909 an beginnen, hat meines Wissens die Priorität dieser Feststellung niemals für sich reklamiert. Guilliermond als Botaniker ist offenbar die gesamte ältere Literatur der tierischen Cytologie über die Beteiligung der Plastosomen bei den Absonderungsvorgängen (vgl. R. Metzner im Nagelschen Handbuch der Physiologie des Menschen, Bd. 2, 1907) unbekannt geblieben. An anderer Stelle (1914, 1, S. 35) versucht Guilliermond noch folgendes Argument gegen eine Beteiligung der Plastosomen bei der Vererbung geltend zu machen. Bei gewissen Algen, wie z. B. Spirogyra, deren Zellen nur einen einzigen voluminösen, nach (zenus oder Art verschieden gestalteten Chloroplasten einschliessen, hat er im Protoplasma keine Plastosomen nachweisen können; er vermutet daher, dass der Chloroplast, von dem er behauptet, dass seine Wirksamkeit viel verwickelter sei als man gedacht habe, alle diejenigen Funktionen, welche sonst unter die Plastosomen. verteilt sind, in sich vereinigt. Daraus schliesst Guilliermond nun weiter: „que les mitochondries ne semblent avoir aucun röle dans l’heredite, contrairement a l’opinion de Meves qui leur attribue a la fois un röle &laborateur et un röle dans l’heredite. En effet, bien que la question ne soit pas encore resolue pour toutes les Algues, il est aujourd’hui d&montr6 pour certaines especes que, pendant la fecondation, le chloroplaste mäle s’introduit avec le noyau et le cytoplasme dans l’®uf, mais qu’il ne tarde pas ä y degenerer. Seul, le chloroplaste femelle fournit par division les chloroplastes des cellules issues de la germination de l’aeuf. Üest ce qui a ete mis en Evidence recemment par Kursanow dans diverses Zygonemes.“ Archiv f,mikr. Anat. Bd.89. Abt.I. 22 314 Friedrich Meves: Die Annahme von Guilliermond, nach welcher die Zellen der genannten Algen keine Plastosomen besitzen sollen, kommt mir nun aber recht unwahrscheinlich vor. Im Wandbeleg von Spirogyrazellen hat nämlich schon Zacharias (1888) ausser feinen Körnchen ein blasses Fadenwerk gesehen, welches er dem- jenigen bei Hydrocharis, Bryopsis etc. und dem von Flemming für tierische Zellen beschriebenen an die Seite stellt (vgl. oben S. 264). Ferner scheint mir das Verhalten des männlichen Chloro- plasten bei der Befruchtung in den von Guilliermond be- zeichneten Fällen noch viel zu wenig aufgeklärt, als dass man irgendwelche Folgerungen daraus zu ziehen vermöchte. Wenn nun die Plastosomen die Fundamentalstruktur des Protoplasmas repräsentieren, wie es nach meiner Vorstellung der Fall ist, welche Bedeutung sollen wir alsdann der Grundsubstanz zuschreiben? Wie verschiedene Erscheinungen, z. B. diejenige der Protoplasmaströmung, zeigen, kann die Grundsubstanz in pflanz- lichen Zellen eine flüssige oder halbflüssige Konsistenz besitzen. Sollen wir uns nun aus diesem Grunde dem Standpunkt von Altmann anschliessen, welcher die Grundsubstanz als tot be- zeichnet und mit der Gallerte der Zoogloea verglichen hat? Flemming hat es demgegenüber bereits 1582 (S. 80) abgelehnt, die „Zwischensubstanz“ als „leblose Nebenmasse“ zu betrachten und für fraglich erklärt, ob die in den Fäden liegenden Kräfte ohne ihr Beisein entwickelt werden können. Zwölf Jahre später (1894, S. 46 Anm.) schreibt er, wir könnten „einstweilen jedenfalls nicht ausschliessen, dass, wenn die eine Substanz die aktive ist, die andere doch für ihre Lebensäusserungen nötig sein und dabei mitwirken kann.“ Diese Worte Flemmings werden der Bedeutung, welche der Grundsubstanz zukommt, wohl im wesentlichen gerecht. Darüber hinaus aber lässt sich heute nicht mehr bezweifeln, dass die flüssigen Bestandteile des Protoplasmas (Grundsubstanz oder Vakuolen- inhalt?) für sich allein vitale Eigenschaften entfalten können, nach- dem z.B. E. Buchner 1897 gezeigt hat, dass der Saft, welcher durch feinstes Zerreiben und Auspressen der Hefe unter hohem Druck gewonnen wird. noch Alkoholgärung zu bewirken vermag. Ich möchte aber als wahrscheinlich annehmen, dass die Ferment- substanzen, denen der protoplasmatische „Saft“ seine Lebenseigen- Untersuchungen über die Plastosomen der Pflanzenzellen. 315 > schaften in diesem und in anderen Fällen!) verdankt, ihre Herkunft von den Plastosomen ableiten. Abgesehen von der Mitwirkung der Grundsubstanz wird es auch noch der tätigen Beihilfe des Kerns bedürfen, damit die Plastosomen ihre Funktion ausüben können. Literaturverzeichnis. Altmann, R.: 18590: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Arnold, J.. 1914: Über Plasmastrukturen und ihre funktionelle Bedeutung. Jena. Arnoldi, W., 1913: Materialien zur Morphologie der Meeressiphoneen. HlORası Na BR. Bar >. Benda, (Ü., 1897: Neuere Mitteilungen über die Histogenese der Säugetier- spermatozoen. Verh. d. phys. Ges. zu Berlin, Jahrg. 1896/1897. Derselbe: 1898, 1: Über die Entstehung der Spiralfaser des Verbindungs- stückes der Säugetierspermien. Verh. d. anat. Ges. in Kiel. 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Zoja, R., 1896—1898: Stato attuale degli studi sulla fecondazione. Disser- tazione di libera docenza. Boll. scientifico, anno 18—-20, Pavia. 322 Friedrich Meves: Erklärung der Abbildungen auf Tafel XII—XV. Die Abbildungen der Tafeln XII XV sind mit Zeiss’ Apochromat 2 mm (Apertur 1,40) und Kompensationsokular 12 unter Benutzung des Abbeschen Zeichenapparates bei Projektion auf Öbjekttischhöhe entworfen. Die zu- grunde liegenden Präparate waren mit modifiziertem Flemmingschen (remisch fixiert und mit Eisenhämatoxylin gefärbt. Tafel XI. Fig. 1—5. Aus der Wurzel von Hydrocharis morsus ranae. Fig. 1. Zwei Zellen aus dem Dermatogen nahe dem Vegetationsscheitel ; die linke Zelle ist bestimmt, zu einem Wurzelhaar anuszuwachsen. Text S. 265. Fig. 2-5. Weitere Entwicklungsstadien wurzelhaarbildender Zellen. Text Seite 265. Fig. 6. Basis eines jungen Wurzelhaares von Trianea bogotensis. Text S. 265 — 266. Tafel XII. Zellen aus der Wurzelspitze von Allium cepa. Fig. 7 u.8. Zwei Zellen des Pleroms, aus einer Zellreihe, welche bestimmt ist, sich zu einem Gefäss umzuwandeln. Fig. 8 stammt aus dem Anfang der Zellreihe, Fig. 7 liegt eine grössere Strecke vom Vege- tationsscheitel entfernt. Text S. 277. Die in Fig. 7 sichtbaren grossen Kügelchen, welche ein graues Innere und eine schwarz gefärbte (plastosomatische) Rinde zeigen, die bei zweien von ihnen unvollständig ist, sind wahrscheinlich Stärkekörner. Fig. 9 u. 10. Zwei Zellen des Periblems, Fig. 9 aus einer mittleren, Fig. 10 aus einer inneren Zellreihe. Fig. 9 liegt dem Wurzelscheitel näher als Fig. 10. In Fig. 9 sind obere und untere Seite der Zelle nach rechts und links gekehrt. Text S. 277. Tafel XIV. Fig. 11—16. Tradescantia albiflora. Fig. 11. Zellkomplex aus dem Stengelvegetationspunkt. Text S. 281. Fig. 12. Vier Zellen aus der Anlage eines jüngsten Blattes. Text S. 282. Fig. 13. Zellreihe aus einem Längsschnitt durch ein zweitjüngstes Blatt. Text S. 282. Fig. 14—16. Aus einem Längsschnitt durch ein drittjüngstes Blatt. Fig. 14 von dem Meristem der Blattbasis, Fig. 15 und 16 von Teilen des- selben Blattes weiter gegen die Blattspitze zu. Fig. 14 und 16 geben die ganze Blattdicke wieder, Fig. 15 eine Zellreihe des Meso- phylis zwischen den in Fig. 14 und 16 abgebildeten Teilen. Text S. 282—283. Fig. 17—21 nach Schimper 1883. Fig. 17. Zellen aus dem Scheitelmeristem des Stengels von Impatiens parvi- flora. Untersuchungen über die Plastosomen der Ptlanzenzellen. 5323 Fig. 1S—21. Aus dem Stengel von T'radescantia albitlora. Fig. 15. „Zellen vom Scheitelmeristem“. Fig. 19-21. „Allmähliches Grösserwerden der Plastiden: Pikrinsäure-Häma- toxylin-Präparate.“ Fig. 22 u. 23. Meristemzellen von Elodea eanadensis nach A. Meyer 1582. Fig. 22. Meristemzelle aus dem Dermatogen des Vegetationspunktes ober- halb der ersten sichtbaren Blattanlage. Fig. 23. Zwei Zellen aus der meristematischen Basis eines 1 mm langen Blattes, a bei hoher Einstellung, b bei tiefer. In den Original- figuren weisen die Körner (jungen Chloroplasten) eine grünliche Färbung auf, welche ich bei der Reproduktion aus Sparsamkeits- gründen durch eine graue habe ersetzen lassen. Fig. 24—26. Nach Mikosch 1885. Fig. 24. Aus der zweiten Hälfte (gegen die Spitze zu) einer 5 mm langen Blattanlage. von Allium cepa: „Parenchymzelle mit spindelförmigen Chlorophylikörnern. “ Fig. 25 u.26. Aus der Basis eines 2!/»-—-3 cm langen Blattes von Galanthus nivalis. Fig. 25. „Wandbeleg mit spindelförmigen Chlorophylikörnern.“ Fig. 26. „Etiolinkörner* „von ganz eigentümlicher Gestalt.“ Tafel XV. Zellen aus der Luftwurzel von Chlorophytum Sternbergianum (Hart- wegia comosa). Fig. 27-35. Zellen der primären Rinde. Fig. 27 u. 28 ganz aus der Nähe des Vegetationsscheitels. Text S. 283. Fig. 29—35 weiter entfernt davon. Text S. 283-284. Die blass gefärbten Körper in Fig. 32—35 wurden erst bei tiefer Einstellung sichtbar. Fig. 36—39. Zellen des Zentralzylinders, aus der Anlage eines Gefässes. Fig. 36 u. 37 aus der Nähe des Vegetationsscheitels, Fig. 35 und 39 weiter entfernt davon. Text S. 284—285. Bezüglich der hellen Flecke und Strichelehen in der Grundsubstanz des Protoplasmas bei Fig. 38 und 39 vgl. Anm. 1 auf S. 285. 324 Aus dem I. Anatomischen Institut der Universität Budapest. Direktor Prof. Dr. M. von Lenhossek. Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers des Menschen. Von Albert Szent-Györgyi, Budapest. Hierzu Tafel XVI—XX und 6 Textfiguren. Einleitung. Die Untersuchungen, die vorliegender Arbeiten zugrunde liegen, sind im Schuljahre 1913/14im I. Anat. Institut der Universität Budapest angestellt worden.') Die Arbeit schien nicht überflüssig, da eine Gesamtdarstellung der mikroskopischen Architektur des Glaskörpergerüstes im menschlichen Auge bisher nicht vorlag. Die Möglichkeit, diese Lücke der histologischen Literatur bis zu einem gewissen Grade ausfüllen zu können, verdanke ich dem Umstande, dass es mir gelungen ist, technische Methoden der histologischen Augenuntersuchung auszuarbeiten, dieesermöglichen, den Glaskörper ohne wesentliche Schrumpfung und ohne nennens- werte Verlagerungen seiner Fibrillen zur Darstellung zu bringen. Hier zeigt es wieder sich, wie wichtig die Vervollkommnung der Technik für den Fortschritt auf dem Gebiete der Histologie ist. Dies beweist uns übrigens die ganze geschichtliche Ent- wickelung unserer Kenntnisse über den Glaskörper, deren einzelne Etappen sich an die angewandten verschiedenen Untersuchungs- methoden anknüpfen lassen. Die erste Phase umfasst die Periode, in der man den Glas- körper nur mit freiem Auge, unter Zuziehung gewisser mechanischer ') Meine Arbeit ist leider in vielen Beziehungen, namentlich in bezug auf die literarischen Hinweise und die Abbildungen, nicht so vollkommen, wie ich es wünschte; dies liegt an äusseren Umständen. Im Begriffe, meine Arbeit abzuschliessen, wurde ich bei Ausbruch des Krieges einberufen und kam seit- dem nicht in die Lage, meine Arbeit zu ergänzen. Ich veröffentliche sie daher in dem Zustande, wie sie sich im August 1914 befand. Dass ich sie überhaupt veröffentlichen kann, verdanke ich meiner Verwundung im Sept. 1915, die mich für einige Monate dem Kriegsschauplatz entzog. Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 325 Eingriffe, wie das Einblasen von Luft, untersucht hat. In diese Periode fallen die Angaben Demours’ (1751), Zinns (1755), Arnolds (1832) u.a. In einer zweiten Periode, die ebenfalls noch der makro- skopischen Phase angehört, suchte man der Frage nach dem Auf- bau des Glaskörpers dadurch beizukommen, dass man ihn mit ver- schiedenen chemischen Stoffen (Chromsäure, Sublimat usw.) behan- delte, ihn also nach unserer heutigen Ausdrucksweise fixierte. In diese Periode sind die Mitteilungen von Brücke, Hannover, Gerlach u. a. einzureihen. Eine besondere Stelle nimmt hier die Anwendung des Gefrierverfahrens von Coceius ein. Nun folgt die mikroskopische Epoche, die, von Ciaccio inau- guriert, von H. Virchow fortgesetzt, besonders durch die auf der Anwendung neuer histologischer Verfahren beruhenden bedeutungs- vollen Arbeiten von Retzius zum Aufschwung kam. Hier reihen sich auch die Mitteilungen von Salzmann an. Im letzten Jahrzehnt bewegte sich die Forschung haupt- sächlich auf embryologischem Gebiete und betraf besonders die Frage, auf welches Keimblatt, auf welchen Bestandteil des embryo- nalen Auges das Fibrillenwerk des Glaskörpers zurückzuführen sei. Für die Kenntnisse vom Bau des fertigen Glaskörpers blieb diese Richtung der Forschung ziemlich ohne Erfolg. Von dem menschlichen Glaskörper lagen bisher nur Schilde- rungen seines vordersten Teiles vor, der vermöge seiner festen Verbindung mit dem Ciliarkörper und der Linse technisch leichter darzustellen ist. Nur diesen Teil des Glaskörpers finden wir in der Literatur histologisch beschrieben und abgebildet. Wie das Fibrillengeflecht des Glaskörpers weiter hinten angeordnet ist, ob hier überhaupt eine gewisse Regelmässigkeit, eine bestimmte An- ordnung der Fibrillen herrscht, darüber waren wir bisher nicht unterrichtet. Historisches. Die Lehre von der konzentrischen Anordnung des Glaskörpers geht auf Pappenheim zurück, der sie im Jahre 1842 aufstellte. Brücke suchte diese Lehre in den folgenden Jahren (1843—1847) eingehender zu begründen. Durch die Untersuchungen dieser Forscher wurde die bis dahin dominierende Ansicht von Demours, Zinn und Arnold, dass der Glaskörper einen wabigen Bau habe, endgültig beseitigt. Aber auch die Lehre vom konzen- trischen Bau erfreute sich keines längeren Bestandes, da Hannover (1845) 326 Albert Szent-Györgyi: sie auf Grund der Chrombehandlung des Glaskörpers durch die „Apfelsinen- theorie“, d.h. durch die Lehre, dass der Glaskörper aus radiären Segmenten zusammengesetzt sei, zu ersetzen suchte. Bowman wieder verwarf 1848 beide Lehren; der Glaskörper sei weder konzentrisch, noch apfelsinenartig gebaut, sondern weise eine „eigentümliche fibröse Struktur“ auf, eine An- schauung, in der man, obgleich sie von Bowman nur makroskopisch be- gründet wurde, schon gewissermassen eine Vorahnung der späteren Fibrillen- lehre erblicken darf. Die nächstfolgenden Angaben schwanken zwischen den beiden ersteren Theorien: der Theorie der konzentrischen und der radiären Architektur, auch wurde versucht, sie miteinander in Einklang zu bringen (Gerlach 1853, Smith 1868). Einen besonderen Standpunkt vertrat wieder R. Virchow, der im Jahre 1852 den Glaskörper als ein Schleimgewebe ohne bestimmte Struktur darstellte. Nun folgt die bedeutungsvolle Entdeckung Ciaccios (1870) vom mikroskopisch-fibrillären Bau des Glaskörpers, der erste Schritt auf dem Ge- biete der Histologie dieses (Gewebes. Nach der Beschreibung des italienischen Forschers „besteht der Glaskörper ganz und gar aus Fasern und einer sehr durch- sichtigen Materie, die etwas klebrig ist und homogen erscheint. Die Fasern sind ausserordentlich zahlreich, dünn, deutlich begrenzt; sie verlaufen nach verschiedenen Richtungen und sind dabei so miteinander verfilzt, dass ein wunderbar feines, unentwirrbares Netz daraus hervorgeht.“ Die wichtige Entdeckung des italienischen Forschers geriet in den nächstfolgenden 15 Jahren so ziemlich in Vergessenheit. Erst Hans Virchow lenkte im Jahre 1885 die Aufmerksamkeit wieder auf sie. Ihre glänzende Bestätigung und gleichzeitige Vervollständigung erfuhr sie durch die Arbeiten von Retzius. Sie bedeuten den Beginn einer neuen Epoche in der Geschichte unserer Kenntnisse vom Bau des Glaskörpers. Von nun an erscheint der fibrilläre Bau dieses Gewebes als eine gesicherte Tatsache der Histologie. Die Fibrillen stellen den einzigen morphologischen Bestand- teil des Glaskörpers dar. Wichtig ist der Nachweis, dem wir zuerst bei Retzius begegnen, dass die Fibrillen nicht alle regellos verlaufen, sondern dass sie teilweise eine bestimmte Anordnung erkennen lassen, dass im Fibrillengewirr regelmässige Systeme, bestimmte Faserbündel und Faserströme, bei der gleichen Art immer in derselben Form wiederkehrend, vorkommen, die das histologische Bild des Glaskörpers beherrschen. Es sei mir erlaubt, hier auf meine Arbeit über den Glaskörper der Amphibien und Reptilien!), als auf den neuesten Beitrag zu dieser Lehre, hinzuweisen. Bezüglich des Menschen betreffen aber die Angaben von Retzius» ebenso wie die späteren von Salzmann (1900. 1912) ausschliesslich den (laskörper in der vorderen Augenhälfte. Die mikroskopische Richtung in der Erforschung des Glaskörpers hat die Frage, ob der Glaskörper auch einen makroskopisch erkennbaren Bau auf- !) A. Szent-Györgyi: Untersuchungen über den Glaskörper der Amphibien und Reptilien. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 85, 1914, S. 303. Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 327 g l weise, völlig in den Hintergrund gedrängt; die Angaben, die von Pappenheim, Brücke und Hannover hierüber früher gemacht worden sind, wurden von der Mehrzahl der Forscher den Kunstprodukten zugezählt. Im Jahre 1911 nahm aber J. Stilling den lange fallen gelassenen Faden wieder auf und suchte die Apfelsinentheorie von Hannover für den menschlichen Glaskörper wieder zur Geltung zu bringen. In der Tat verdienen seine Angaben Be- achtung, und ich kann schon jetzt sagen, dass meineBefunde auf mikroskopischem Gebiete eher als Stütze, denn als Widerlegung dieser Anschauung aufgefasst werden können. Die Anordnung der Fibrillen ist eine derartige, dass man sich recht gut vorstellen kann, dass durch sie makroskopisch eine gewisse radiäre Anordnung der Glaskörper-Architektur bedingt wird. Ich werde hier- auf im zweiten Teil meiner Arbeit zurückkommen. Technisches. Ich habe bereits in einer besonderen Arbeit!) die von mir angewandte Technik beschrieben, doch scheint es mir nicht überflüssig, hier nochmals in Kürze auf diesen Gegenstand zurückzukommen. Schon Hans Virchow betonte, dass für die Entscheidung nach dem Bau des Glaskörpers nur „Totalschnitte ohne jede Schrumpfung“ ausschlag- gebend sein können. Nun ist aber die Herstellung solcher Totalschnitte aus dem mensch- lichen Auge mit ausserordentlichen Schwierigkeiten verbunden, die sich aus den im Körper alleinstehenden physikalischen, chemischen und histologischen Eigenschaften des Glaskörpers leicht verstehen lassen. Vor allem muss hier auf den grossen Wassergehalt des (rewebes hingewiesen werden. Nach Michel und Wagner?) besteht der Glaskörper aus 98,81°/o Wasser und nur 1,19°/o fester Substanz. Im mikroskopischen Bilde scheint zwar das Fibrillen- gewirr einen ansehnlichen Bestandteil zu bilden, doch ergeben schon diese chemischen Daten, dass die Fibrillen in quantitativer Hinsicht einen viel ge- ringeren Bestandteil des Glaskörpers bilden, als es histologisch den Anschein hat. Dies ergibt sich auch schon aus den bekannten Filtrier- und Belastungs- versuchen von Hans Virchow ,?) nach denen sich der Rest des auf Filtrier- papier gebrachten, oder noch besser ausgepressten Glaskörpers als eine ganz unscheinbare Spur, vergleichbar etwa der Spur, die eine kriechende Schnecke !) Derselbe: Die histologische Darstellung des Glaskörpers. Zeitschr. für wissenschaftliche Mikroskopie und für mikroskopische Technik. Bd. 31, 1914, S. 23. ?2) Michel u. Wagner: Physiologisch-chemische Untersuchung des Auges. v. Graefes Arch., 32, 1886, S. 149. 3) H. Virchow: Die morphologische Natur des Glaskörpers. Ber. über die Versamml. der Ophthalmologischen Gesellschaft i. Heidelberg. 1885. Klin. Monatsbl. f. Augenheilk., 23. Jahrg., Beilageheft. Derselbe: Fächer, Zapfen, Leiste, Polster, Gefässe im Glaskörper- raum von Wirbeltieren, sowie damit in Verbindung stehende Fragen. Erg, d. Anat. u. Entwicklungsgesch. 10, 1901, S. 742. 328 Albert Szent-Györgyi: hinter sich lässt, darstellt. Nach Lobmayer') beträgt der Rest nicht mehr als 0,21°/ der ganzen Menge des Glaskörpers. Verschiedene Forscher, wie'z. B.Mawas und Magitot?) haben sich bereits bemüht, die Bedingungen festzustellen, die ein Fixierungsmittel des Glaskörpers besitzen muss. Hiermit ist aber durchaus nicht alles getan. Wichtiger noch als das Fixieren ist für die Integrität des Glaskörpers die Art der Entwässerung. Ich darf mich glücklich schätzen, in dem Aceton (dem allgemein bekannten Dimethylaceton) ein Mittel gefunden zu haben, das uns über die Schwierigkeiten der Entwässerung hinweghilft. Schon als Lösungs- mittel des zur Fixierung benützten eiweissfällenden Stoffes empfiehlt sich das Aceton, wodurch das Präparat schon bis zu einem gewissen Grade ent- wässert wird. Mein Verfahren stellt sich für das menschliche Auge folgendermassen dar. Das möglichst frische, von dem episkleralen Bindegewebe befreite Auge wird in folgende, frisch zubereitete Lösung eingelegt: Aceton 125, Wasser 100, Sublimat 4, Eisessig 4, Formalin 40. Nach 5 Tagen werden der Lösung 50 ccm Aceton auf je 100 ccm zugesetzt und das Auge noch für weitere 3 Tage in der Lösung belassen. Hernach wird es zur endgültigen Ent- wässerung in Aceton eingelegt und durch Zusatz von Calcium chloratum siceum vollkommen wasserfrei gemacht. Man soll mit dem Aceton, das ja billig ist, nicht sparen, umsomehr, da es zugleich zur Entfernung des Sublimats dient. Am nächsten Tage wird das Aceton erneuert und auf den Boden des Gefässes zur völligen Entwässerung wieder eine dickere Schicht von CaCl, gebracht, über der man das Auge an einem Faden aufhängt. Wenn die Schollen des CaCl, am anderen Tage verklebt sind, so beweist dies, dass das Präparat noch nicht genügend wasserfrei gemacht war; das Präparat kommt in diesem Falle in frisches Aceton, mit frischem CaCl,. Bleiben die Schollen nunmehr unverklebt, so lässt man das Auge noch einen Tag im Aceton, im andern Falle muss das Aceton wieder erneuert werden. Nun kommt das Präparat, als Vorbereitung zur Zelloidineinbettung, in Äther-Alkohol für 3 Tage, welcher nach den ersten 24 Stunden gewechselt werden soll. Vor dem Einlegen in Zelloidin ist es zweckmässig, an zwei entgegengesetzten Seiten des Auges (am besten oben und unten®) eine genügend grosse, am besten etwa 1,5 cm breite Kuppe des Augapfels mit einem scharfen Rasier- oder Mikrotommesser abzutragen. Zur Durchtränkung mit Zelloidin bedient man sich successive in dreitägigen Intervallen einer 1-, 2- und 3"/oigen Lösung, so dass die Behandlung mit Zelloidin 9 Tage in Anspruch nimmt. Die Einbettung erfolgt in der 3°/oigen Lösung. Um das Starrwerden des !) Lobmayer: Beitr. z. Histologie u. Ätiologie d. erworbenen Linsen- staare. Z.f. ration. Med., N. F., Bd. 5, 1854, S. 56. 2) J. Mawas et A. Magitot: Etude sur le döveloppement du corps vitr6 et de la zonule chez l’homme. Arch. d’anat. miscroscopique, 14, S. 41. 3) Zur Orientierung, was an dem herausgenommenen Bulbus oben und unten ist, kann die bekanntlich leicht elliptische, von oben nach unten etwas schmälere Form der Cornea dienen. Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 329 Zelloidins herbeizuführen, stelle man die Papierschachtel, die das mit Zelloidin umgossene Auge enthält, in einem grösseren Glasgefässe in Chloroform, und zwar wenigstens bis zu der Höhe der Zelloidinschicht. Natürlich wird das Glasgefäss zugedeckt. Am nächsten Tage ist die Masse genügend erstarrt. Da aber das 3°%oige Zelloidin sich wegen seiner schwachen Konsistenz nicht schneiden. lässt, muss das Auge mit einer festeren, konzentrierteren Zelloidinlösung umgeben werden. Zweckmässig ist es, bei dieser Gelegenheit auch die Linse zu entfernen, was so geschieht, dass man das eingebettete Auge ganz von der umgebenden Zelloidinmasse befreit, die eine der beiden schon vor dem Ein- betten angelegten Öffnungen nach vorne erweitert, und die Linse vorsichtig durch diese Öffnung mit der Pinzette entfernt. Die Linse kann auch durch Abtragen der Cornea nach vorne durch die Pupille entfernt werden, doch wird in diesem Falle natürlich der aus den Augen angefertigte Totalschnitt kein so hübsches Bild geben, wie bei Vorhandensein der Hornhaut. Nun wird das vom Zelloidinmantel befreite Auge in Äther-Alkohol kurz abgespült und in dickeres, 8°/oiges Zelloidin eingelegt, wobei man Sorge trägt. dass das Zelloidin auch in den durch Entfernung der Linse entstandenen Raum eindringt. Das in dieser Weise zum zweitenmale eingebettete Auge lässt sich gut schneiden, besonders wenn der Block noch in Terpineol nach- gehärtet ist. Beim Schneiden wird das Messer ganz schief eingestellt, um dessen ganze Schneide auszunützen. Die Schnitte sollen nicht zu dünn sein. Beim erwachsenen Menschen- auge zeigen 200 „ dieke Schnitte die Glaskörperstruktur am schönsten, eine Schnittdicke, die für die anderen Bestandteile des Auges natürlich viel zu gross ist, infolgedessen sich an den gefärbten Glaskörperpräparaten die Augen- häute in der Regel nur als durch und durch dunkle Silhouetten darstellen. Die Schnitte kommen zunächst in 90°oigen, dann in 80°/oigen Alkohol, weiter in Jodalkohol, dann in Wasser. Das Jodieren kann eventuell auch wegbleiben, da in der Regel die Bildung der Sublimatkristalle schon durch das Aceton unterdrückt ist. Spärliche Kristallbildung wirkt nicht störend. Die Jodierung der Schnitte ist für die Färbung nicht gerade vorteilhaft. Zur Färbung der Schnitte benützt man 1°/oiges Bleu de Lyon, oder noch besser das Heldsche molybdänsaure Hämatoxylin, welches zur Färbung des Glaskörpers zuerst von Wolfrum') angewendet wurde. Es hat folgende Zusammensetzung: Hämatoxyln. ‚pur: erisb. + 3%. .2080.. = Lig Molybdaansäure. .. -......% 0... 2 Messerspitzen AQUBSHESDINANG 0. ar a nn 100.8 Man lässt die Lösung 2 Wochen lang stehen und dekantiert vor dem Gebrauch. Die Heldsche Färbung lässt die Fibrillen deutlicher hervortreten als das Bleu de Lyon, letzteres hat aber vor jener den Vorzug, die umgeben- den Gewebe nicht übermässig zu färben. Es ist daher empfehlenswert, beide ) M. Wolfrum: Über Ursprung und Ansatz der Zonulafasern im menschlichen Auge. v. Graefes Arch., 69, 1908. S.1. Archiv f. mikr. Anat. Bd.89. Abt. 1. 23 330 Albert Szent-Györgyi: Methoden parallel an den Schnitten desselben Auges anzuwenden. Die Schnitte dürfen weder in Wasser, noch in Alkohol länger verweilen, da die Färbung schon nach einigen Stunden von ihrer Deutlichkeit etwas verliert. Sie werden zum Schlusse durch Alkohol und Karbolxylol in bekannter Weise in Kanada- balsam aufgehoben, nur darf zur Entwässerung kein stärkerer Alkohol als 94° herangezogen werden. Kurz zusammengefasst gestaltet sich also das Verfahren folgender- massen: Fixierflüssigkeit . BENDER. NATR 5 Tage - + !/, T. Aceton . wer Neben: it. ORT Te RN REN Ätheralkohol RS BP WERDE: EERN REIBON OR ElLGTANI” NL. ve. E REN S EL EIN, DRRERE RR) 20% 2 ee A a agree schal®, 3%o „ . . . . . . . . . . . . . . 3 „ Chloroform zur Erhärtung des Zelloidins . 1 Tag Einbettung in 8PJoiges Zelloidin...... 1 ,„, Erhärtung in Terpineol, Mikrotomieren, Färbung in 1°/oigem molybdänsauren Hämatoxylin — 24 Stunden, Bleu de Lyon ebenso lange. (Starke Färbung und Differenzierung in 94°/oigem Alkohol.) Alle diese Zeitangaben sind als Minima aufzufassen, über die man ohne Schaden für das Gelingen des Präparates hinausgehen darf. Was das zu verwendende Material betrifft, so ist es vorteilhafter, so- weit man eben nicht die senilen Veränderungen des Glaskörpers untersuchen will, das Auge jüngerer Individuen, zu benützen, da man mit dem Auge älterer Individuen nicht selten Misserfolge hat, was im zweiten Teil dieser Arbeit seine Erklärung finden wird. Da die äquatorialen und meridionalen Schnitte gleich wichtig sind und sich gegenseitig ergänzen, entnimmt man zweckmässig beide Augen der Leiche und zerlegt das eine in Frontalschnitte, das andere in Meridionalschnitte. Natürlich wird man bestrebt sein, möglichst frisches Material zu ver- arbeiten, wenn man aber schon Präparate aus solchem Material zur Kontrolle besitzt, soll man auch das nicht ganz frische Material nicht abweisen, denn, wie es schon S. Mayer!) betont hat, ist der Glaskörper verhältnismässig wenig postmortalen Veränderungen unterworfen. Ich besitze Präparate aus 92 Stunden nach dem Tode der Leiche entnommenen Augen, in denen keine Spur einer postmortalen Veränderung zu erkennen ist. Allgemeines über den Bau des Glaskörpers. Im lebenden oder frisch der Leiche entnommenen Auge erscheint der Glaskörper als eine glashelle, homogene, gallert- artige Masse, die sich auf fester Unterlage ausbreitet und nur ') 8.Ma yer: Über eine neuartige Verwendung des Farbstoffes „Neutral- rot“. Arch. f. mikrosk. Anat., 81, 1913, S. 61. Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 331 in einem flüssigen Medium suspendiert seine lorm bis zu einem gewissen (Grade beibehält. Im Gegensatz zu diesem makroskopischen Verhalten steht das mikroskopische Strukturbild, das uns den Glaskörper als ein Gewirr von Fibrillen vor Augen führt, die ein so dichtes Netz bilden, dass zwischen ihnen nicht einmal ein rotes Blutkörperchen Platz findet. (H. Virchow.) Dieser Widerspruch zwischen dem makroskopischen Aus- sehen und der mikroskopischen Struktur galt stets als ein schwer- wiegender Beweis in den Händen der Forscher, die die Realität der Fibrillen in Abrede zu stellen suchten, wie z. B. Lieber- kühn (1872), Schwalbe (1874), Haensell (1886), Schieffer- decker (1891), van Bambeke (1899). In viel gemässigterer Form tritt uns diese Skepsis auch noch bei Salzmann entgegen, wie dies folgende Worte dieses Forschers beweisen: „In der Deutung des mikroskopischen Bildes müssen wir beim Glaskörper vielleicht vorsichtiger sein, als bei anderen Geweben. Seine halbflüssige Beschaffenheit im Leben, die geringe feste Substanz, die er auf dem Filter zurücklässt, lassen es begreiflich erscheinen, dass es Skeptiker gibt, die das histologische Bild mehr oder weniger für ein Kunstprodukt er- klären.“ Sind die Fibrillen nicht Produkte einer Gerinnung, wie es vielfach behauptet wurde, sondern sind sie in der Tat schon im Lebenden vorhanden, so muss ihre Summe offenbar dem unschein- baren Rest entsprechen, den der Glaskörper bei Auspressung zurücklässt. Betrachtet man aber die Dichte jenes unentwirrbaren Fibrillennetzes im mikroskopischen Präparate, so mag dies manchem vielleicht ganz unmöglich erscheinen. Dieser Wider- spruch wird aber ausgeglichen, wenn man nicht die grosse Menge allein, sondern auch die Feinheit der einzelnen Fibrillen ins Auge fasst. Die einzelnen Fibrillen sind in der Tat ausserordentlich fein, so fein, dass man sich — obwohl sie sehr enge Maschen bilden — recht gut vorstellen kann, dass sie nicht mehr als 0,21°/o des ganzen, ihnen zur Verfügung stehenden Raumes ein- nehmen. Neben den verhältnismässig festeren Fasern gibt es auch eine Menge von Fasern, die so fein sind, dass sie auch bei guten Färbungen an der (Grenze der Sichtbarkeit stehen. Man 23* 332 Albert Szent-Györgyi: beobachtet im Glaskörper, selbst bei gelungensten Färbungen, einzelne Stellen, die faserfrei zu sein scheinen. Ich vermute, dass dies Stellen sind, deren Fibrillen bis zur Unsichtbarkeit zart sind. Wir sind heute schon so weit, dass die Realität der Fibrillen kaum mehr verteidigt zu werden braucht. Einen überzeugenden Beweis ihrer Existenz bilden meines Erachtens die Fasersysteme, die in den Augen derselben Tierart immer ganz regelmässig an derselben Stelle und in derselben Anordnung wiederkehren. Von der Frage nach der Realität der Fihrillen ist die andere Frage zu trennen, ob ihr Aussehen im mikroskopischen Präparate wirklich ihre Beschaffenheit im lebenden Auge wider- spiegelt. Im Präparate erscheinen die Fibrillen zum grossen Teile als unmessbar feine Bildungen, mit rundem., punktförmigem Durch- schnitt. Ob sie im Leben dünner, dicker oder von gleichem Durchmesser sind, lässt sich wohl kaum ausmachen; ein wesent- licher Unterschied dürfte aber, meiner Ansicht nach, nicht be- stehen. Dagegen möchte ich mich denjenigen anschliessen, die die an den Fibrillen stets wahrnehmbaren Varikositäten als Kunstprodukte | auffassen. Diese Varikositäten fehlen nie, oder nur selten. Sie schliessen sich perlschnurartig dem Verlaufe der Fasern an, be- sonders aber sind sie an den Kreuzungs- und Verzweigungsstellen zu finden, wo sie oft grössere Klümpchen darstellen und tropfen- artig kugelrund erscheinen. Meiner Ansicht nach liegt hier ein Niederschlag aus der zwischen den Fibrillen befindlichen Flüssig- keit, dem Humor vitreus, vor. Ihre gleiche Färbbarkeit mit den Fibrillen bedingt es, dass ihre Trennung von den Fibrillen in der Regel nicht wahrzunehmen ist, dass sie als Verdickungen der Fibrillen selbst erscheinen. Hierauf ist es zurückzuführen, dass z.B. Addario sie direkt als Bestandteile der Faser bezeichnet. Er hält sie übrigens nicht für Kunstprodukte, sondern für normale Bestandteile der Fibrillen, was er damit begründet, dass sie angeblich schon im frischen, unfixierten Objekte wahrzunehmen sind. Eine Beweiskraft kann ich diesem Argument nicht zuerkennen, da bekanntlich das ani- male Eiweiss schon durch Temperaturerniedrigung, wie sie durch die Herausnahme des Auges aus dem Körper oder durch die Abkühlung der Leiche nach dem Tode bedingt wird, einer Fällung unterliegen kann. Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 333 Salzmann!) war es, der die Natur der Klümpchen als Fällungsprodukte aus der interfibrillären Flüssigkeit des Glas- körpers richtig erkannte. Der Einwand von Retzius?), dass die Schollen immer nur unmittelbar an den Fasern und nicht auch in den Zwischenräumen zu finden sind, ist meines Erachtens nicht entscheidend. Man kann sich recht gut vorstellen, dass sich die aus der Flüssigkeit bildenden Niederschläge aus physikalischen Gründen ausnahmslos an die Fibrillen anschliessen. Der Hinweis von Retzius, dass die Varikositäten bei verschiedenen Tieren, an verschiedenen Stellen und je nach dem Alter des Tieres ver- schieden und charakteristisch sind, scheint mir auch nicht viel Beweiskraft für die Entstehung dieser Bildungen aus den Fibrillen selbst zu besitzen. Die Form des Niederschlages wird verschieden sein je nach der chemischen Zusammensetzung der interfibrillären Flüssigkeit und je nach den durch die Stärke und Dichte des fibrillären Gerüstwerkes gegebenen physikalischen Bedingungen, unter denen sie zustandekommen — Faktoren, die nach Spezies, Alter und Lokalisation typische Verschiedenheiten aufweisen. Als richtige Kunstprodukte will ich diese Schollen und Varikositäten in der weiteren Darstellung bei Seite lassen. Es fragt sich weiter, in welchem Verhältnis zueinander die einzelnen Bestandteile des fibrillären Gerüstes stehen: ver- laufen sie und verschlingen sie sich miteinander isoliert. wie etwa die Fasern eines Wattebausches, oder hängen sie unter Bildung eines dreidimensionalen Gerüstwerkes anastomotisch mit- einander zusammen ? Von den beiden Forschern, die sich bisher am eingehendsten mit den Fibrillen des Glaskörpers beschäftigt haben: Hans Virchow und Retzius, hat sich der eine für die eine und der andere für die andere Anschauung ausgesprochen. Retzius konnte keinen anastomotischen Zusammenhang der Fibrillen nach- weisen. Ich kann nicht umhin, meiner Vermutung Ausdruck zu geben, dass für dieses Ergebnis die Methodik von Retzius verantwortlich zu machen ist. Es ist selbstverständlich, dass für ') Th. Salzmann: Die Zonula ceiliaris und ihr Verhältnis zur Um- gebung. Leipzig und Wien 1900. 2) G.Retzius: Über den Bau des Glaskörpers und der Zonula Zinnii in dem Auge des Menschen und einiger Tiere. Biol. Unters., N. F. 6, 1894. 334 Albert Szent-Györgyi: das Studium dieser Frage nur solche Präparate entscheidend sind, die die Fibrillen des Glaskörpers in ihrer natürlichen Lage darbieten. Nun nahm aber Retzius stets nachträglich eine Auslösung des Einbettungsmediums an seinen Schnitten vor, wo- durch doch unbedingt eine Störung in der natürlichen Anordnung der Fasern hervorgerufen sein musste. Hans Virchow!) hat schon im Jahre 1884 die Natur des Glaskörpers in dieser Hinsicht in richtiger Weise aufgefasst. „Der Glaskörper des Igelauges“ — sagt er — „enthält keine Häute, sondern nur Fasern, welche sich teilend und sich ver- bindend ein nach allen Seiten gleichartiges, dichtes, an ver- schiedenen Stellen verschieden dichtes Netz bilden. Ich muss mich in dieser Hinsicht vollkommen Hans Virchow anschliessen, gegenüber Retzius und auch J. Kubik?), der die Fasern sich verzweigen, aber nicht in gegenseitige anastomotische Verbindung miteinander treten lässt. Es scheint mir ein Ding der Unmöglichkeit, im mikroskopischen Gewirr der Glaskörper- fibrillen beim Nachweis von unmittelbaren Verbindungen von Fasern miteinander bestimmt sagen zu können, ob es sich hier um einen Astwinkel oder eine Anastomose benachbarter Fasern handelt. Liest man die Arbeiten, die sich mit den Glaskörperfibrillen befassen, so erhält man den Eindruck, dass man diese bisher in einer Hinsicht nicht ganz richtig aufgefasst hat. Obgleich es nicht möglich ist, einen bestimmten Ausspruch in den Äusserungen der Forscher zu bezeichnen, in der diese Auffassung scharf präzisiert wird und es sich um etwas handelt, was gewissermassen nur zwischen den Zeilen zu lesen ist, so gewinnt man doch den Eindruck, dass die Fibrillen sozusagen als passive, unbelebte, etwa den kutikulären Bildungen vergleichbare Gebilde aufgefasst werden, die in der Form, wie sie entstanden sind, durch das ganze Leben hindurch oder bis zu ihrem Zugrundegehen unverändert erhalten bleiben und zu weiteren Differenzierungen und Umge- staltungen nicht mehr befähigt sind. ı) H. Virchow: Demonstration von Augenpräparaten. Sitzungsber. d. physik.-med. Ges. z. Würzburg, 1884, S. 54. 2 Kubik: Über die Darstellung des Glaskörpergerüstes und peri- pherer markloser Nervenfasern nach S. Mayers Methode. Arch. f. mikr. Anat., 81, 1913, S. 74. Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 335 Diese Auffassung scheint mir eine vollkommen verfehlte zu sein. Sie ist aus der ungenügenden Kenntnis des Glaskörpers in verschiedenen Stadien des Lebens zu erklären. Die Glaskörperfibrillen scheinen im Gegenteil in hohem Maße plastische, zu weitgehenden Differenzierungen befähigte Gebilde zu sein, die während des Lebens einer fortschreitenden Differenzierung, selbständigem Wachstum und fortwährender Umgestaltung unterworfen sind. Sie reagieren auch schon auf kleinste Reize, auf pathologische Störungen der inneren Flüssigkeits- zirkulation des Auges und auf physiologisch-mechanische Bean- spruchung, auf erstere mit Vertlüssigung, auf letztere mit bestimmter Differenzierung und Gruppierung ihrer einzelnen Fibrillen. Die Fibrillensysteme, Fibrillenbündel und Fibrillenströme des Glaskörpers bilden ein charakteristisches Merkmal dieses Gewebes und einen auffallenden typischen Bestandteil des mikro- skopischen Bildes. Allerdings sind diese Fasersysteme nur mit schwachen Ver- grösserungen gut zu erkennen. Bei der Betrachtung mit stärkeren Linsen tritt die Regelmässigkeit der Systeme stark zurück, indem der zweite Bestandteil des Fibrillenwerkes, nämlich das zwischen den in bestimmter Richtung orientierten Fasern befindliche und mit diesen anastomotisch zusammenhängende regellose Füllwerk das Bild beherrscht, umsomehr, als an den meisten Schnitten von den orientierten Fasern nur ganz kurze Segmente im Präparate, bei der Betrachtung mit starken Linsen, enthalten sind. Über- haupt ist die Schnittrichtung für das Studium der einzelnen Faser- systeme von der grössten Bedeutung. Bei unzweckmässiger Schnitt- richtung entziehen sie sich oft vollkommen der Wahrnehmung. Die einzelnen Systeme erfordern verschiedene Schnittrichtungen zur genauen Beobachtung: für gewisse Faserbündel und Faser- ströme sind nur äquatoriale und mit der Äquatorialebene parallele, für andere meridionale Schnitte vorteilhaft. Weiterhin wird hier der Nachweis erbracht werden, dass diese Fasersysteme im Fibrillenwerke des Glaskörpers nicht etwa veste der embryonalen Struktur des Glaskörpers sind, nicht etwa Bildungen darstellen, die schon in fötaler Zeit angelegt sind, sondern dass sie zum grössten Teile Produkte einer späteren, im extra- uterinen Leben stattfindenden Umlagerung, Differenzierung und Neu- gruppierung der Fibrillen sind. Die Bedingungen, unter denen und 336 Albert Szent-Györgyi: auf deren Einwirkung sie zustandekommen, sind etwas verschieden, immer aber handelt es sich, wie gesagt, um eine Neugruppierung schon vorhandener Elemente und nicht etwa um das Hereinwachsen neu entstandener Fibrillen aus den den Glaskörper formenden Be- standteilen, etwa der Retina, in den Glaskörper. Hans Virchow stellt in seinem schon zitierten hoch- wichtigen Referate vier Gesichtspunkte in den Vordergrund, die mit der Herausbildung von besonderen Strukturen im Glaskörper in ursächlichen Zusammenhang gebracht werden können. Es sind dies folgende: mechanisch zweckmässige Anordnung, Reste fötaler Bildungen, Alters- und Degenerationserscheinungen. Für die Herausbildung der in jugendlichen Augen sichtbaren normalen Struktur kommen natürlich von diesen Momenten nur die zwei ersten in Betracht. Auf Grund meiner Untersuchungen kann ich aber das von Virchow an zweiter Stelle namhaft ge- machte Moment ausschliessen, nämlich den Einfluss von Resten fötaler Bildungen. Somit bleibt also nur die mechanisch zweck- mässige Anordnung übrig. Vollkommen falsch ist die Auffassung, der wir über die Bedeutung und Entstehung dieser sekundären Differenzierung bei einzelnen Forschern, besonders bei Addario,)) begegnen. Die Beobachtung, dass sich im vorderen Teile des Glas- körpers bei den meisten Tieren ein besonders differenziertes Bündel von Fibrillen herausbildet, das sich der Pars coeca retinae an- schliesst und mit diesem Teil des Auges inniger zusammenhängt als mit anderen Teilen, genügt ihm zur Aufstellung der Hypothese, dass dieses Bündel aus der Pars coeca retinae resp. aus dem Grenz- gebiete zwischen Pars optica und coeca hervorgegangen ist, und dass diese Stelle der Netzhaut für die Bildung der Glaskörper- fibrillen von besonderer Wichtigkeit sei. Die Beobachtung, dass diese Anheftung sich erst sekundär herausbildet, entzieht dieser Ansicht vollkommen den Boden. Dass sich der Glaskörper mit Rücksicht auf die spezifischen mechanischen Bedingungen im Innern des Auges irgendwo stark anheften muss, ist leicht erklärlich, eben- so wie auch der Umstand, dass zu dieser festeren Verbindung die Pars coeca retinae und nicht die optisch wirksame, zur Erfüllung solcher mechanischer Bedingungen ungeeignete Pars optica benützt wird. Sobald einmal der Glaskörper aus seiner primären Bildungs- DRS Addario: La matrice ciliare delle fibrille del vitreo, loro forma € disposizione, nonch& loro rapporti etz. Archivio di Ottalmologia, 1904, S. 206. Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 337 stätte — sei sie nun Retina oder Linse — hervorgegangen ist, schliesst er die Bedingungen nicht nur des selbständigen Wachs- tums, sondern auch der selbständigen Differenzierung in sich. Der einzige Gesichtspunkt, den wir für die Herausbildung der Faser- züge und Systeme im Glaskörper als ursächliches Moment ver- antwortlich machen können, ist die mechanisch zweckmässige An- ordnung. Wenn wir berücksichtigen, dass fibrilläre Strukturen auch in anderen (Geweben immer auf eine mechanische Bestimmung schliessen lassen (Heidenhain!), ist es von vornherein höchst wahrscheinlich, dass die Glaskörperfibrillen und die in ihrem Ge- wirr hervortretenden besonderen Systeme mechanischen Zwecken dienen. M.v. Lenhossck?) war der erste, der die Fasersysteme des Glaskörpers mit den Trajektorien der Knochenspongiosa ver- glichen hat. Des weiteren hat dann J. Kuschel’) in einer be- achtenswerten Arbeit diesen (redanken aufgenommen und weiter ausgeführt. Nach Kuschel steht die Zartheit und fadenförmige Beschaffenheit der einzelnen Glaskörperfibrillen der Auffassung entgegen, dass hier Bildungen vorliegen, die Druckkräfte vermitteln, wohl aber dürften die Fibrillen geeignet sein, Zugwirkungen zu verkörpern. Im einzelnen wird es wohl sehr schwer sein, die Faser- systeme des Glaskörpers ihrer mechanischen Bedeutung nach zu analysieren; wir werden wohl über die allgemeine Auffassung dieser Bildungen als statisch bedingter Trajektoriensysteme kaum hinaus- kommen. Berücksichtigt man die charakteristische Struktur des Glas- körpers mit all ihren Faserdifferenzierungen, so wird man mehr und mehr die Berechtigung der Anschauung von Tscherning, Anderson, Stuart und Schoen anerkennen, die den Glas- !) M. Heidenhain: Plasma u. Zelle. I. Handb. d. Anat. d. Menschen. Herausg. v. Bardeleben, 1910. ?) M.v. Lenhoss&k: Die Entwicklung und Bedeutung der Zonula- fasern nach Untersuchungen am Hühnchen. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 77, 1911, S. 280. >) J. Kuschel: Die Architektur des Auges in ihren hydrostatischen Beziehungen zum intraokularen Stromgefälle. Zeitschr. f. Augenheilk., 1907, Bd. 17, S. 270. 338 Albert Szent-Györgyi: körper nicht etwa als ein indifferentes Füllmaterial, sondern als ein besonderes Organ aufgefasst wissen möchten. Wir müssen Stilling!) vollständig zustimmen, wenn er dieser Auffassung mit folgenden Worten Ausdruck verleiht: „Der Glaskörper ist kein Füllsel und kein wassergefüllter Sack, sondern ein wirkliches. difterenziertes Organ, sehr verschieden bei verschiedenen Tier- klassen und in den einzelnen Gruppen gebaut.“ Die mechanischen Bedingungen, die für die Herausbildung einer „Architektur des Glaskörpers“ in Betracht kommen, können nur in den inneren Druckverhältnissen des Auges gegeben sein. Da diese Bedingungen im allgemeinen geringfügig sind, werden auch die dadurch veranlassten Differenzierungen der Glaskörper- struktur nicht weitgehend sein. Eine besondere Stellung nimmt aber in dieser Beziehung der vorderste Abschnitt des ursprüng- lichen Glaskörpers ein, dem die Aufgabe zuteil geworden ist, bei der Akkomodation eine besondere Rolle zu spielen, d. h. die Zug- wirkung des Ciliarmuskels auf die Linse zu vermitteln. Hier ist die Differenzierung eine so weitgehende, dass sie zur Heraus- bildung eines scheinbar selbständigen Gebildes geführt hat, das mit Recht als Zonula ceiliaris besonders bezeichnet wird, und bis vor kurzem nicht nur anatomisch, sondern auch genetisch als ein vom Glaskörper vollkommen unabhängiges Organ betrachtet wurde. Nur auf Grund neuerer embryologischer Untersuchungen (Retzius, v. Lenhoss6k) ist es bekannt geworden, dass wir in der Zonula nichts anderes als die vorderste Abteilung des Glaskörpergewebes zu erblicken haben, die der ihr zugeteilten besonderen mechanischen Aufgabe gemäss sich in ganz besonderer und weitgehender Weise differenziert hat, während der dahinter befindliche Teil des Glaskörpers sich sekundär, wahrscheinlich um zu verhindern, dass seine feinen Fibrillen während der Akkomodation zwischen die Zugfasern der Zonula hineingepresst werden (Lenhossek), von dieser durch eineVerdichtungsmembran, die „vordere Grenzschicht“, abschliesst. Die Zonula ist also, gemäss dieser Auffassung, nichts als eine besonders stark differenzierte Glaskörperpartie, deren aus- gesprochene selbständige Differenzierung uns ausihrer mechanischen Rolle klar und leicht verständlich wird. 1) J. Stilling: Über den Mechanismus der Akkomodation. Zeitschrift f. Augenheilk., Bd. 25, 1911, S. 19. Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 339 Dementsprechend wäre es logisch, in die Beschreibung des (laskörpers auch die des Zonularteiles einzuschliessen. Von ge- netischem Standpunkt ist die Trennung von Zonula und eigent- lichem Glaskörper durchaus künstlich zu nennen. Wenn wir trotz- dem in dieser Arbeit von der Beschreibung der Zonula Abstand genommen haben, so ist dies aus praktischen Gründen genügend gerechtfertigt: liegt doch über die Zonula des menschlichen Auges bereits eine ausführliche, den Gegenstand beinahe erschöpfende Literatur vor, in der besonders die wohlbekannte Arbeit von Salzmann hervorragt. Mit einigen Worten nur möchte ich mich über eine Frage äussern, die vielleicht im Bereiche dieses Gegenstandes die grösste Zahl literarischer Äusserungen aufzuweisen hat, bald aber wohl in ihrer Gesamtheit nur der Vergangenheit wird zugezählt werden können. Es ist dies die Frage nach der Membrana hyaloidea. Nach meiner Überzeugung, der ich schon an anderer Stelle!) Ausdruck gegeben habe, gibt es eine solche Membran, wenn wir absehen von der schon oben erwähnten vorderen Grenzschichte des (rlaskörpers, die aber schon in der Gegend der Ora serrata aufhört, überhaupt nicht. Was früher als solche bezeichnet wurde, stellt nichts anderes dar als die künstlich abgelöste und dem Glaskörper anhaftende innerste Schicht der Netzhaut, die Membrana limitans interna retinae. Ich schliesse mich in dieser Beziehung vollkommen den Autoren an, die sich schon früher in diesem Sinne geäussert haben, und finde mich in Übereinstimmung mit dem neuesten Autor, Salzmann), der sich hierüber folgendermassen äussert: „Man mag darüber streiten, ob diese Haut, die bei post- mortaler oder artifizieller Ablösung des Glaskörpers von der Re- tina gewöhnlich als eine deutliche Membran an der Oberfläche des Glaskörpers haften bleibt (die Membrana limitans interna) der Netzhaut oder mehr dem Glaskörper zugehöre, und man mag sie dementsprechend Membrana limitans interna retinae oder hyaloidea nennen, das eine ist sicher, dass ausser ihr keine zweite Membran zwischen den Basen der Müllerschen Fasern und der Grenz- schicht des Glaskörpers existiert.“ ') A.Szent-Györgyi: Unters. über den Glaskörper etc. 1914. °, M. Salzmann: Anatomie und Histologie des menschlichen Aug- apfels. Leipzig und Wien, 1912. 340 Albert Szent-Györgyi: In der Literatur spielt vielfach die Trennung des Glaskörpers in eine Rindensubstanz und einen Kern eine Rolle. Diese Trennung trifft in der Tat für den Glaskörper der Säugetiere im allgemeinen zu: zumeist besteht der Glaskörper aus einer lockeren äusseren Partie und aus einem festeren inneren Teil. Beim Menschen liegt aber die Sache anders. Besonders Stilling!) hat es festgestellt, aber auch schon vor ihm wurde auf Grund gehärteter Präparate vielfach beobachtet, dass der Glaskörper des Menschen ein gerade entgegengesetztes Verhalten zeigt, indem er in seinem inneren Teile locker, in seiner oberflächlichen Partie fester gefügt erscheint. Demgemäss kann der Name „Rinde“ beibehalten werden, während die mit dem Begriff eines härteren Bestandteiles verknüpfte Be- zeichnung „Kern“ nicht zur Anwendung kommen kann und durch „Glaskörpermark“ oder einfach „zentrale Substanz“ ersetzt wer- den muss. Schon bei Stilling begegnen wir Andeutungen darüber, dass der Glaskörper im extrauterinen Leben Änderungen und be- sonders im höheren Alter senilen Erscheinungen unterworfen ist. Bei Retzius finden sich auch histologische Belege hierfür. Meine Untersuchungen führten zur Erkenntnis, dass diese inneren Umgestaltungen viel ausgiebiger und typischer sind als wir es uns dachten. Zum grössten Teil fallen sie noch unter den Begriff der progressiven Entwicklung, worunter aber nicht die Bildung neuen Glaskörpergewebes, sondern nur eine fortschreitende innere Differenzierung zu verstehen ist. In den ersten Lebens- jahren leitet sich sozusagen eine vollkommene Umordnung der inneren Glaskörperstruktur ein, die etwa im Auge des 3 Jahre alten Kindes ihren provisorischen Abschluss findet. Gleichwohl bietet uns der Glaskörper des 13 Jahre alten Knaben wieder ein anderes Bild dar, das sich im allgemeinen etwas einfacher darstellt, indem jene stark hervortretenden Systeme, die das Bild im Auge des 5jährigen Kindes beherrschten, hier zum grossen Teile ver- schwunden sind. Vom 13. bis zum 18. Jahre gestaltet sich das Bild wieder um und erscheint erst im Auge des 19 jährigen Menschen an einem gewissen Ruhepunkt angelangt. In diesem Alter ist nunmehr eine Struktur ausgeprägt, die sich fürderhin nicht mehr durch das Auftreten neuer Strukturen umgestalten, sondern nur ),a.a. 0,8 2325. Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 541 durch stärkere Ausprägung und geringfügige Verlagerung einzelner bereits vorhandener Systeme etwas verändern wird. In diesem Sinne schreitet die Differenzierung, wenn auch ausserordentlich langsam, bis zum hohen Alter fort, sogar in einer Periode, in der daneben schon regressive senile Veränderungen nicht nur auf- getreten sind, sondern sogar schon einen hohen Grad erreicht haben. Die innere Differenzierung des Glaskörpers ist also mit der (zeburt durchaus noch nicht vollendet, vielmehr fällt der grösste Teil derselben auf die postnatale Periode ; besonders ausgesprochen ist sie in den ersten Lebensjahren, bleibt aber noch ziemlich leb- haft bis zum 19. Jahre. Von diesem Alter angefangen zeigt sie einen langsameren Fortgang, setzt sich aber ununterbrochen während des ganzen Lebens fort und fällt trotz ihres entschieden progres- siven Charakters im höheren Alter schon: mit daneben sich ab- spielenden regressiven Erscheinungen zeitlich zusammen. Unter diesen Umständen ist es unmöglich zu sagen, wann der Glaskörper eigentlich seine volle Entwicklung erreicht hat. Er erreicht über- haupt keine dauernde innere Ausgestaltung, sondern lässt während des grössten Teiles des Lebens eine fortschreitende innere Differenzierung erkennen. Schon vorhin wurde auf einen Unterschied zwischen dem Glaskörper des Menschen und der Säugetiere in dem umgekehrten Konsistenzverhältnis von äusserer und zentraler Schicht hingewiesen. Ein zweites hierher gehörendes Moment ist, dass das fibrilläre Gerüst. des menschlichen Glaskörpers im allgemeinen feiner, aus zarteren Elementen bestehend erscheint, als das des tierischen. Im ganzen ist der Bau ein feinerer und zierlicherer. Damit hängt auch der bereits von Stilling festgestellte Unterschied zusammen, dass der menschliche Glaskörper weicher, zerfliesslicher ist als der von anderen Säugetieren. Das Material, das mir zur Verfügung. stand, ist ein ziemlich grosses. Vom vollkommen entwickelten Menschen vermochte ich eine grosse Anzahl Augen zu untersuchen, bis zum 18. Lebens- jahre aber stand mir leider nur ein geringeres Material zur Ver- fügung, so dass meine Studien in dieser Beziehung nicht ganz lückenlos genannt werden :können. Ich konnte durch den Ver- gleich von Augen, die gleichalterigen Individuen entnommen waren, feststellen, dass in jedem Falle gewisse geringfügige individuelle Unterschiede vorhander sind; dass diese Schwankungen aber um- 342 Albert Szent-Györgyi: so geringfügiger werden, je mehr wir uns dem Greisenalter nähern. Allerdings wäre es möglich, dass diese Differenzen mit gewissen physiologischen Momenten, etwa der verschiedenen Refraktion des Auges, in Zusammenhang gebracht werden können, worüber mir aber keine Anhaltspunkte zur Verfügung stehen. Es wäre natürlich am allerbesten, wenn man die Systeme der (slaskörperfibrillen sofort so beschreiben könnte. wie sie im Raume eigentlich liegen. Eine solche Beschreibung wäre aber sehr schwerfällig und kompliziert. Zweckmässiger und einfacher erscheint es, von der Beschreibung des im Schnitte sich darstellen- den Bildes auszugehen. Eine solche Beschreibung der Systeme ist dadurch ermöglicht, dass die Systeme nicht unregelmässig in allen denkbaren Ebenen liegen, sondern sich im wesentlichen in drei Gruppen einteilen lassen, in 1. meridionale, bzw. longitudinale, 2. ın zirkuläre bzw. äquatoriale, und 3. in Tadiäre. Alle drei Systeme haben denselben Mittelpunkt, der für ihre An- ordnung massgebend ist, nämlich den geometrischen Mittelpunkt des Auges. Dank diesem gemeinschaftlichen Mittelpunkte lassen sich diese drrei-Systeme wieder in zwei Gruppen zusammenfassen, näm- lich in die meridional verlaufenden, die also am deutlichsten an einem Meridionalschnitte des Auges zur Beobachtung kommen und in die äquatorial und radiär verlaufenden, die sich am klarsten auf einem durch den Äquator des Auges geführten Frontalschnitte darstellen. Diese Verhältnisse ermöglichen es, eine erschöpfende Be- schreibung der Glaskörperstruktur und ihrer Systeme durch Be- schreibung meridionaler und äquatorialer Schnitte zu geben. Da die meridionalen Systeme der nasalen und temporalen Seite des Auges nicht ganz symmetrisch sind, habe ich die Meridionalschnitte nicht regellos angelegt, sondern stets die Horizontalebene bevor- zugt, resp. der Beschreibung meiner Befunde in dieser Ebene an- gefertigte Schnitte zugrunde gelegt. Da die im Glaskörper befindlichen Zellen und zellenähnlichen (rebilde schon eine grosse Literatur aufweisen, in der besonders die Namen A. Iwanoff, Schwalbe, Retzius, H. Virchow, Bertachini, Addario, Mawas- und Magitot hervorragen, Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 343 und in der dieser Gegenstand eine erschöpfende Behandlung findet, habe ich in vorliegender Arbeit diese Bildungen vollkommen un- berücksichtigt gelassen, um so mehr, da die Untersuchung dieses Gegenstandes eine spezielle, mit besonderen technischen Verfahren vorgehende Untersuchung erfordert haben würde. Es war auch nicht mein Zweck, den Glaskörper des Menschen nach allen Richtungen hin erschöpfend zu behandeln, sondern nur der, ein Bild der An- ordnung und des Verhaltens des fibrillären (rerüstwerkes im Auge des Menschen zu geben. Spezieller Teil. Glaskörper des 7 Monate alten Fetus. (Fig. 1.) Ich beginne mit diesem Stadium, da es ungefähr den Zeit- punkt darstellt, mit dem die spezifisch embryologische Darstellung des menschlichen Auges aufhört. Entsprechend dem Zwecke dieser Arbeit. nur ein Bild des fertigen Glaskörpers zu geben, möchte ich auf die Berücksichtigung der umfangreichen embryologischen Literatur des Gegenstandes und besonders auf die Berührung der so viel diskutierten Frage nach der Histogenese des Glaskörpers verzichten. Bei der Betrachtung eines horizontalen Axialschnittes des Auges, wie er in Taf. XVI vorliegt, fällt sofort die Asymmetrie in der Struktur des Glaskörpers zwischen temporaler und nasaler Hälfte auf. Bedingt wird diese Asymmetrie handgreiflich durch eine vom Sehnervenkopf zur hinteren Linsenfläche ziehende Bildung, den Uanalis hyaloideus von Cloqueit. Der Kanal entspringt an der leicht vertieften Papille, und zwar entsprechend ihrer ganzen Breite, mit einer kegelförmigen Erweiterung, der Area Martegiani, und nimmt seine Richtung geradlinig gegen die Linse, und zwar nicht gerade nach der Mitte von deren hinterer Fläche, sondern nach einer etwas nasalwärts vom hinteren Linsenpol gelegenen Stelle zu. Der an der Papille beginnende Kegel zieht sich unter allmählicher Verschmälerung etwas über die Mitte des Abstandes zwischen Papille und Linse aus und geht hier in den kurzen isthmus des Kanales über, in dessen Bereich sich die Wände des Kanales so sehr nähern, dass gerade nur die Arteria hyaloidea Platz findet. Zuletzt folgt dann hinter der Linse das breite, ziemlich regelmässig dreieckige, 344 Albert Szent-Györgyi: gegen die Linse sich allmählich erweiternde Infundibulum, mit dem der Kanal sein Ende findet. Wie es durch die Arbeiten von J. Stilling,und Schwalbe (1874) festgestellt worden ist, ist der Kanal durch eine membran- artige Bildung gegen seine Umgebung abgegrenzt, die, wie wir es seit Haensell (1888) und Retzius (1894) wissen, eine fibril- läre Verdichtungsmembran des Glaskörpers ist, entstanden durch dichtere Gruppierung der Fibrillen und Auftreten einer dickflüssigen Interfibrillärsubstanz, ähnlich der vorderen Grenzschicht des Glas- körpers, durch die dieser sich gegen den Zonularraum abschliesst. Ich kann den bisherigen Beschreibungen dieser Grenzmembran des Can. hyaloideus folgende Einzelheiten beifügen. Sie ist nicht überall gleich stark entwickelt; an der nasalen Seite ist sie im allgemeinen schwächer als temporal. Mit starken Linsen betrachtet, erscheint sie nirgends homogen, sondern lässt eine Längsstreifung erkennen. Sowohl.nach innen wie nach aussen hängt sie unmittelbar mit dem sie umgebenden Glaskörpergewebe zusammen. An allen solchen: Stellen, wo: die Membran :tangential getroffen ist, lässt sie sich unschwer in ihre beiden Bestandteile: in ein ungemein feines und dichtes Fasergeflecht und in eine homogene, verdichtete Interfibrillärsubstanz auflösen. Das Fasergeflecht umfasst alle Fibrillensorten von den feinsten zu den gröbsten; der grösste Teil der Fasern läuft in der Längsrichtung des Kanales. Die Fasern laufen parallel oder überkreuzen sich spitzwinklig; sie werden durch quer und schief verlaufende Fasern miteinander verbunden. Die Längsfasern sind gewöhnlich die stärkeren. Vielfach erscheint die Membran wie aus mehreren konzentrischen Lamellen zusammen- gesetzt, indem die unregelmässigen Fibrillen, in mehreren flächen- förmigen Netzen angeordnet, mehrere besondere Membranellen zu bilden scheinen. Stellenweise kann sich die Membran ganz auflockern, um sich aber gleich wieder ‚zu einer festeren Membran zu verdichten. Untersucht man sie mit starken Vergrösserungen in der Nähe der Sehnervenpapille, so erkennt man, dass die Membran. wenn man sie von vorne nach hinten verfolgt, die Oberfläche der Papille nicht ganz erreicht, sondern sich schon früher in ihre Elemente auflöst und verschwindet. Nur einzelne isolierte Fasern scheinen mit der Membrana limitans in den peripherischen Teilen des Sehnervenkopfes in unmittelbare Verbindung zu treten. Nur in Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 345 diesem reduzierten Sinne ist die Angabe Stillings, derzufolge die Membran des Glaskörperkanales am Sehnervenkopf inserieren soll, zu bestätigen. Ihre kräftigste Entwicklung erreicht die Membran im vordersten Teil des Isthmus, wo sich zu ihrer Bildung besonders starke, gerade Fasern vereinigen, am schwächsten erscheint sie dagegen im Bereiche des Infundibularteiles. Zu erwähnen ist noch, dass die Membran nicht überall einen geradlinigen Verlauf zeigt, sondern stellenweise wellige Biegungen erkennen lässt. Ich wiederhole nur bereits Bekanntes, wenn ich betone, dass wir es hier nicht eigentlich mit einem Kanal mit leerem Lumen, sondern nur mit einer besonders locker gesponnenen Glaskörper- partie zu tun haben, die sich gegen den übrigen, dichter gebauten (laskörper durch eine besondere Verdichtungsmembran abschliesst. Es wäre daher nicht unberechtigt, den Namen „Canalis“ durch einen anderen zu ersetzen; Tractus hyaloideus scheint mir aber hierzu nicht ganz geeignet zu sein, da unter Tractus in der Ana- tomie in der Regel Bildungen verstanden werden, die kräftiger, substanziöser sind als ihre Umgebung. Der Inhalt des Kanales ist ebenfalls nur Glaskörpergewebe, das aber in der ganzen Ausdehnung des Gebildes bedeutend lockerer gebaut ist, als der übrige Teil des Corpus vitreum. Im einzelnen aber lassen sich in dieser Hinsicht gewisse Verschiedenheiten in den verschiedenen Abteilungen des Kanales feststellen. Am lockersten erscheint das Gewebe in der Area Martegiani, etwas dichter im Isthmus und am dichtesten und dabei aus den zartesten Fasern bestehend im Bereich des Infundibulum. Am gröbsten ist das Netzwerk der Fibrillen in der Area. Hier lässt es auch keine besondere Orientierung seiner Elemente erkennen, nur einige Fasern, besonders die stärksten, verlaufen der Länge nach. Im mittleren Teil des Kanales leitet sich eine longitudinale Anord- nung der Fibrillen ein, die sich dann noch eine kurze Strecke im Infundibularteil verfolgen lässt. Im letzteren Teil ist das Geflecht am allerdichtesten, es besteht aus ganz zarten, vielfach miteinander anastomosierenden Fibrillen. Eine naturgetreue und künstlerische Illustration dieser Verhältnisse findet der Leser in dem Werke von Retzius, worin auf Taf. 29, Fig. 1 die entsprechenden Verhältnisse beim 6 Monate alten Fötus ab- gebildet sind. Archiv f. mikr. Anat. Bd. 89. Abt. I. 24 346 Albert Szent-Györgyi: Im Kanal verläuft die Arteria hyaloidea. Am vordersten Ende des Isthmus, entsprechend dem Beginne des Infundibular- teiles, zerfällt sie in ihre Äste, die zum Teil im Innern dieses Teiles, zum Teil aber randständig im Anschluss an die Grenz- membran verlaufen. Auf die Anordnung der Fibrillen im Innern des Kanales übt die Arterie kaum einen Einfluss aus. Mit stärkeren Vergrösserungen überzeugt man sich, dass sich die Fibrillen viel- fach an der Wandung der Arterie und besonders ihrer vordersten Verästelung anheften. An den Teilungsstellen der Arterie scheinen sich die Fibrillen etwas dichter anzuordnen. Im Auge des 7 Monate alten Fötus ist die Arteria hyaloidea noch in ihrer ganzen Ausdehnung als zusammenhängende, wenn auch ziemlich dünne Arterie ganz gut nachzuweisen. Ich betone dies deshalb, weil Stilling sie schon um einen Monat später nicht hat nachweisen können. Vielleicht liegen hier individuelle Schwankungen vor. Es scheint mir nämlich unwahrscheinlich, dass eine so kräftige Bildung, wie sie die Arterie in dem meiner Beschreibung zugrunde liegenden Präparat darstellt, binnen eines Monates ganz dem Schwund anheimfallen könnte. Wenden wir uns nun dem ausserhalb des Kanales gelegenen Glaskörper zu, so fällt uns zunächst in dessen vorderster, der Gegend der Ora serrata angehörender Partie eine gewisse Asym- metrie zwischen nasaler und temporaler Seite auf. Meinen Be- funden gemäss lässt sich diese Asymmetrie zum Teil darauf zu- rückführen, dass der Glaskörper hier auf beiden Seiten in seiner Differenzierung sich auf verschiedenen Stadien befindet: temporal ist die Differenzierung weiter vorgeschritten als nasal. Betrachten wir zuerst die nasale Seite. Der Glaskörper hat sich gegen den Zonularraum bereits durch eine Verdichtung, die erste Anlage der vorderen Grenz- schicht, abgegrenzt. doch ist diese gegen später noch ziemlich schwach entwickelt. Die Grenzschicht beginnt an der hinteren Fläche des seitlichen Linsenumfanges und zieht, zuerst stärker werdend, dann aber sich allmählich abschwächend, nach aussen; sie erreicht aber die Ora serrata lange nicht, sondern löst sich schon in der Höhe der Ciliarfortsätze in ihre Fasern frei aus- laufend auf. Die Zonulafasern nehmen bloss von der Corona eiliaris ihren Ursprung. Vom Orbiculus eiliaris sehen wir einen breiten Strom zarter Glaskörperfibrillen entspringen. Schief ge- Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 347 kreuzt wird dieses Fibrillensystem durch ein Bündelchen, das in der Gegend der Ora serrata entstehend, ohne Zweifel die erste Anlage der noch fehlenden äusseren Partie der vorderen Grenz- schicht des Glaskörpers darstellt: sie hat noch keinen Zusammen- hang mit der schon angelegten inneren Abteilung dieser Grenz- schichte: letztere geht also aus zwei getrennten Teilen hervor. An der temporalen Seite finden wir im wesentlichen dieselben Verhältnisse, mit dem Unterschied nur, dass die soeben auf der nasalen Seite beschriebene äussere Abteilung der vorderen Grenz- schieht bereits stärker entwickelt und mit dem medialen Teil bereits einheitlich verbunden ist, wobei aber die Unterscheidung der beiden Abteilungen der Grenzschicht, der medialen und lateralen, immer noch möglich ist. Die laterale Partie der Membran wird auch hier gekreuzt von dem aus Glaskörperfibrillen gebildeten, vom Orbieulus eiliaris ausgehenden Bündel. Wir sehen also, dass der spätere Zonularraum hier zwei wesentlich verschiedene Abteilungen in sich begreift. Der vordere. den Üiliarfortsätzen entsprechende Raum enthält im wesentlichen nur die Zonulafasern, der laterale, dem Orbiculus ciliaris ent- sprechende Abschnitt, von Garnier und Üzermak als „Orbi- eularraum“ vom eigentlichen Zonularraum abgetrennt, wird von einem dichten Glaskörpergewebe ausgefüllt, das vom Ciliarepithel ausgehend und die Grenzschichte passierend, schief nach hinten in den übrigen Glaskörper übergeht. Auch in diesem Gebiete sind schon einzelne stärkere, parallel der Anlage der Grenzschicht folgende Fasern nachzuweisen, in denen wir die späteren lateralsten Zonulafasern erblicken dürfen. Ganz bis zur Ora serrata reicht die Grenzschicht auch in diesem Stadıum nicht, sondern löst sich kurz vor dieser in ihre Fibrillen auf. Betreffs der Zonula möchte ich nur des interessanten Tat- bestandes Erwähnung tun, dass in diesem Stadium die Zonula- fasern nicht nur an den Üiliarfortsätzen entspringen, sondern auch, und zwar in ziemlich dichter Anordnung, am äusseren Drittel der hinteren Irisoberfläche, ja sogar ab und zu auch noch bis etwa zu deren Mitte. Wichtig ist die bestimmt nachweisbare Tatsache, dass die Zonula in diesem Stadium immer noch nicht nur aus den stärkeren eigentlichen Zonulafasern besteht, sondern auch noch aus einem Rest feiner, zwischen den stärkeren Fasern 24* 348 Albert Szent-Györgyi: sich ausspinnender und mit diesen anastomotisch verbundener netzförmiger Glaskörperfibrillen. Der Schwund dieses intermediären Netzes, aus dem sich die Zonulafasern herausdifterenziert haben. ist also in diesem Stadium noch nicht vollkommen abgeschlossen. Ich möchte aus diesem Anlass auf den von mir geführten Nachweis hinweisen, dass bei gewissen Reptilien, wie bei den Eidechsen, dieses intermediäre Fibrillennetz zeitlebens erhalten bleibt. Bezüglich des Glaskörpergewebes lässt sich im allgemeinen sagen, dass die Einzelfibrillen etwas stärker sind als in den reiferen Stadien und ihr Geflecht nicht so dicht erscheint wie später. Die Anordnung der im Glaskörpergewebe hervortretenden stärkeren Fasersysteme lässt den Glaskörper in drei Partien teilen, und zwar: a) eine Randpartie, b) ein intermediäres sagittales Fasersystem und c) eine die axialen Gebiete des Glaskörpers ein- nehmende lockere und regellosere innere Abteilung. Der Canalis hyaloideus liegt nicht in der Mitte dieser letzten Abteilung, sonderh an ihrem nasalen Rande, an der Grenze zwischen ihr und dem nasalen sagittalen Faserbündel. Die peripherische Abteilung des Glaskörpers (Textfig. 1a) zeigt im allgemeinen eine netzartige Beschaffenheit der Glaskörper- struktur, immerhin aber mit Vorwiegen der sagittalen Richtung der Fasern. Ihren Ausgangspunkt hat diese longitudinale Faser- richtung an dem unmittelbar vor der Ora serrata liegenden Teil des Giliarepithels. Die äusseren Elemente dieses Systems schliessen sich im grossen und ganzen in ihrem Verlauf der Konkavität der Netzhaut an, während die mehr innen gelegenen, mehr und mehr sich von der Netzhaut emanzipierend, die Rich- tung gegen den Sehnervenkopf einschlagen und so den Übergang zu dem intermediären sagittalen System vermitteln. Nach hinten zu wird die Anordnung der Fasern allmählich regelloser, so dass die sagittale Richtung schliesslich kaum mehr nachzuweisen ist. Am dichtesten und aus den feinsten Fasern gesponnen erscheint der periphere, unmittelbar der Netzhaut anliegende Abschnitt dieses Glaskörperteiles. Ich bemerke vorgreifend, dass sich in diesem seitlichen Abschnitt des Glaskörpers später ein schon in diesem Stadium in seinen ersten Anfängen angedeutetes besonderes Fasersystem herausbildet, das von der hintersten Partie des Üiliarepithels ui „Er Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 349 seinen Ursprung nimmt. Es ist das „ketziussche Fasersystem“, von dem bei der Beschreibung späterer Stadien vielfach die Rede sein wird. Fig! th! Fig. 1.c. Aus dem Glaskörper eines 7 Monate alten Fetus. Starke Vergrösserung. a) Aus der Randzone, b) aus dem lockeren axialen Teil, ec) aus der inter- mediären, sagittal gestreiften Zone, Die Glaskörperfibrillen, die von mehr nach vorn gelegenen Teilen des Ciliarepithels im Bereich des „Orbieularraumes“ ent- springen, ziehen, unter Kreuzung mit der seitlichen Abteilung der vorderen Grenzschichte, in das Innere des Glaskörpers und gehen hier unter charakteristischen Krümmungen in das inter- 350 Albert Szent-Györgyi: mediäre sagittale Fasersystem über. Die vordersten ziehen fast parallel mit der Grenzschicht in der Richtung der Linse hin, um sich erst in deren Nähe in das sagittale System umzubiegen, während die mehr nach hinten gelegenen eine mehr schiefe Rich- tung einschlagen. An den Stellen, wo diese Fasern in die sagittale Richtung umbiegen, kommt es auf der nasalen Seite vielfach zur Bildung von kleinen Membranellen, (Text- fig. 2), die einiges Interesse ver- dienen. Sie kommen durch den re wellenförmigen Verlauf der Faser 2 ee zustande, und zwar in der Weise, 7 f £ dass die Nachbarfasern im Bereich N / # ihrer wellenförmigen Krümmung ; sich dicht aneinander legen und $ sich, offenbar durch eine etwas verdichtete Interfibrillärsubstanz, Fig. 2. miteinander verbinden. Derart ge- * Monate alter Fetus. Die im bildete wellenförmige Lamellen Glaskörper auf der nasalen Seite | mmen auch in späteren Stadien hinter der vorderen Grenzschicht und auch an anderen Stellen vor. des Glaskörpers sichtbaren Ver- i dichtungsstreifen bei starker Ver- Es kann so zur Bildung ganz erösserung (Immersion). ausgesprochener wirklicher La- mellen kommen, deren Entstehungs- weise nur durch die Kenntnis früherer Stadien, wo sie erst in Spuren erkennbar sind, zu verstehen ist. Das intermediäre sagittale Fasersystem (Textfig. Ic) ist ziemlich grobfaserig: seine Längsfasern verlaufen isoliert oder in kleineren Gruppen, die dann dem System bei schwächerer Vergrösserung noch eine zweite, gröbere Streifung verleihen. An der nasalen Seite wird dieses Längssystem durch den Traetus byaloideus begrenzt, in dessen Membran die innersten Längsfasern unter spitzwinkligem Anschluss unmittelbar übergehen. Temporal dagegen liegt zwischen diesem System und dem Kanal noch, wie erwähnt, die regellos grobfaserige axiale Partie des Glaskörpers. Vom sagittalen System wäre noch zu erwähnen, dass dessen Fasern nach hinten zu eine allmähliche Divergenz erkennen lassen, so dass das ganze Bündel an einen Besen erinnert, weiterhin, Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 351 dass dessen Fasern die Innenfläche der Netzhaut nicht ganz er- reichen, sondern sich schon früher verlieren. Die temporal vom “laskörperkanal befindliche axiale Partie (Textfig. 1b) zeigt im grossen und ganzen eine unregelmässige, netzförmige, „wattebauschartige“ Anordnung des Fibrillenwerkes, daneben aber lassen sich auch hier gewisse, in bestimmten Rich- tungen verlaufende Fasern nachweisen, und zwar sind es etwas stärkere, ziemlich geradlinige Fibrillen, die schief vom Kanal nach vorne und aussen verlaufen, vorne im Anschluss an die Kanal- wandung des Infundibularteiles, und die sich teilweise schief mit dem sagittalen System kreuzen. Wie es an den Aquatorial- schnitten erkennbar ist (Textfig. 3) lin wird diese axiale Glaskörperpartie EAN ausserdem noch von Fasern durch- RER setzt, die von der Kanalwandung nach den Seiten ausstrahlen. N; \ Des weiteren sind noch zwei \ (hi \ besondere Fibrillensysteme im Glas- \ körper zu beobachten. Das eine } ist ein tangentiales System, im Bereich des Augenhintergrundes gelegen. Seine Fasern laufen parallel mit der Netzhaut, kreuzen sich mit den hinteren Enden des sagittalen Bündels, ziehen nach aussen und t : : A Fetus vom 7. Monat. Aus einem verlieren sich etwa dem äusseren Frontalschnitt des Auges. Axiale, Rande des sagittalen Bündels ent- jocker vefügte Zone des Glas- sprechend. Am breitesten ist dieses körpers mit dem Canalis hya- tangentiale System vor dem Seh- loideus. Immersion. nervenkopf, nach aussen zu ver- schmälert es sich allmählich, um, wie gesagt, etwas hinter dem Augenäquator aufzuhören. Am feinsten, am dichtesten angeordnet und in ihrem Verlaufe am regelmässigsten sind die Fibrillen dieses Systems unmittelbar in der Nähe der Retina. Ein zweites Fasersystem nimmt den nach vorne-aussen ge- richteten Winkel zwischen der Membran des Glaskörperkanales im Bereich der Area Martegiani und der Retina auf der temporalen Seite ein. Der Orientierungspunkt für die Richtung der Elemente Fig. 3. 352 Albert Szent-Györgyi: dieses Systems ist etwa die Spitze des Winkels. Von dieser Stelle gehen in radiärer Richtung Fibrillen aus, die schief nach vorne verlaufen und sich unter Kreuzung mit den tangentialen Fasern bald verlieren, ohne das sagittale System zu erreichen. Sie werden auch noch gekreuzt durch bogenförmig verlaufende Fasern, die sich auf der temporalen Seite des Kanales unmittelbar an die vorhin beschriebenen Tangentialfasern anschliessen. Diese auf dem Meridionalschnitt sichtbaren Fasersysteme werden noch ergänzt durch ein zirkuläres System, das nur auf Äquatorialschnitten zur Beobachtung kommt. Am ausgesprochensten ist dieses System in der Ebene des Augenäquators. Die dichteste Anordnung zeigen diese Fasern unmittelbar an der Netzhaut: nach innen zu werden sie spärlicher. Radiäre Fasern, von der Netzhaut ausgehend, kommen an den Äquatorialschnitten nicht zur Beobachtung. In Fig. 1 werden dem Beschauer dunklere Punkte auffallen, die, symmetrisch angeordnet, temporal und nasal im vorderen Bereich des Glaskörpers an der äusseren Seite des sagittalen Bündels in einem ovalen, mit der Längsachse sagittal gelegenen Gebiet ausgeprägt sind. Ich habe diese Gebilde als auffallende Bildungen in derZeichnung zur Ansicht bringen lassen, ohne bestimmt angeben zu können — die Art der von mir angewandten Technik erlaubt dieses nicht — ob es Zellen, anderweitige präformierte Bildungen oder Niederschläge sind. Beiläufig möchte ich bemerken, dass die Angabe von Mawas und Magitot (a.a. O.), dass in der Umgebung der Sehnervenpapille im Hintergrund des Auges besonders zahlreiche Zellen im menschlichen Glaskörper zu finden sind, in meinen Beobachtungen keine Bestätigung findet. Zum Schluss möchte ich bemerken, dass man sich mit stärkeren Vergrösserungen überzeugen kann, dass die Fibrillen des Glaskörpers in der Tat bis an das Epithel der Pars ciliaris retinae heranreichen und sich an ihrer inneren Kutikularhaut befestigen. Weiteres über ihr Verhältnis zu den Zellen habe ich an meinen Präparaten nicht feststellen können. Das gleiche gilt für die Beziehung der Zonulafasern zu dem Ciliarepithel. Ich halte es für vollkommen unmotiviert, aus diesem Zusammenhange Schlüsse auf die Entstehung der Glaskörper- resp. Zonulafasern aus diesem Epithel zu ziehen. Der Zusammenhang kann durch- aus sekundärer Natur sein, was ich auf Grund der Kenntnis der Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 355 Verhältnisse des Glaskörpers für viel wahrscheinlicher halte. Das Studium der Literatur zeigt mir, dass die Stellungnahme der Autoren im Sinne des „Hervorwachsens“ der Zonulafasern aus den Zellen der Pars ciliaris retinae nur ein Rückschluss aus diesem histologischen Verhalten auf die mutmaßliche Entwicklung ist; gesehen und von Schritt zu Schritt verfolgt hat dieses Her- vorwachsen noch niemand. In diesem Sinne sind auch diese Angaben zu beurteilen und zu bewerten. Glaskörper eines 2 Monate alten Kindes (Fig. 2). Dieses Stadium vergegenwärtigt uns den im Schwunde be- griffenen Canalis hyaloideus. Wie die Figur zeigt, verschwindet der Kanal in der Weise, dass sich seine Membran auflöst und das in ihm befindliche Fibrillengewebe mit der Umgebung ver- schmilzt. Nur an einzelnen Stellen noch sind Reste der Kanal- wandung zu erkennen, so im Bereich des Isthmus und an der nasalen Seite der Area Martegiani. Es ist nunmehr nur der verschiedenen Dichtigkeit und Anordnung des extra- und intra- kanalikulären Glaskörpergewebes zuzuschreiben, dass die Kon- turen des einstmaligen Kanales noch annähernd erkennbar sind.') Bei ihrer Auflösung geht die Membran des Kanales regressiv durch dieselben Stadien hindurch, die für ihre Entwicklung von M.v. Lenhoss&k (1911) festgestellt worden sind. Diese sind (progressiv aufgezählt): 1. Verdickung, parallele und dichtere Anordnung der Fibrillen. 2. Zusammenschluss der Fibrillen zu mehreren hintereinander liegenden Membranellen. 3. Verklebung dieser Membranen zur einheitlichen Haut. Die drei Teile: Area. Isthmus und Infundibulum sind immer noch voneinander zu unterscheiden. In seiner ganzen Länge hat der Kanal in seinem Durchmesser zugenommen, die Area ist jetzt an ihrer Basis schon breiter als der Sehnervenkopf, der Isthmus erscheint gegen früher als breiter Kanalabschnitt, nur bezüglich des Infundibulum trifft die Verbreiterung nicht ganz zu, resp. lässt sie sich infolge des vollkommenen Schwundes der srenzmembran und der Vermischung der inneren Fibrillen mit den äusseren nicht mehr genau feststellen. Von der einstmaligen Arteria hyaloidea sind nur mehr einzelne schwache, isolierte !) In der Wiedergabe der Figur sind die Grenzen des Kanales etwas zu scharf ausgefallen. 354 Albert Szent-Györgyi: Spuren zwischen den Fibrillen des Tractus zu beobachten. Es sind das die letzten Reste, die schon im Begriffe sind, „durch eine Art von Auflösung“ (Retzius) zu verschwinden. Es ist das das vorgerückteste Stadium, in dem bisher Spuren des Kanales beim Menschen nachgewiesen sind, so dass wir wohl nicht fehl gehen, wenn wir den definitiven Schwund desselben auf diesen Zeitpunkt, oder angesichts der noch bestehenden Reste, auf den nächstfolgenden Monat, also den dritten Monat nach der Geburt. setzen. Bestimmt kann auf Grund des geschilderten Bildes gefolgert werden, dass das Verschwinden des Kanales nicht in der Weise erfolgt, wiees Mawas und Magitot angeben, nämlich durch Zusammenrücken und Verklebung seiner Wände, sondern durch Auflösung der @renzmembran bei unverschmälertem oder sogar noch etwas erweitertem Lumen und durch Vermischung des von der Linsenanlage stammenden (Lenhossek) intrakanali- kulären Glaskörpergewebes mit dem umgebenden Glaskörper. Im entwickelten Menschenauge gibt es also keinen Glaskörper- kanal. Wir sehen hier also einen nicht unwesentlichen Unter- schied zwischen dem Menschenauge und den Augen einer langen Reihe von Säugetieren, in deren Glaskörper ein Canalis hyaloideus im erwachsenen Zustande mit Sicherheit nachgewiesen werden konnte.!) Worin der Grund dieses Unterschiedes zu suchen ist, lässt sich schwer sagen. Nur vermutungsweise möchte ich die Meinung äussern, dass diese Differenz mit der Verschiedenheit der Lymph- zirkulation im Glaskörperraume zusammenhängt. Wir wissen es, dank den Untersuchungen von Nuöl und Benoit,?) ferner denen von ©. Behr,?) dass im Auge des Menschen, abweichend von den Säugetieren, ein Abfluss von Lymphe aus dem Glaskörper durch den Sehnerven nicht stattfindet. Hiermit mag der Mangel eines Glaskörperkanales zusammenhängen. Damit ist natürlich noch keine befriedigende Erklärung gegeben, denn es muss weiter gefragt werden nach der weiteren Ursache beider zusammen- !) Siehe z. B. A.v. Szent-Györgyi: Der Canalis hyaloideus im Auge des Schweines. v. Graefes Archiv, 85, 1913. 2) S. Nuäl u. F. Benoit: Voies d’elimination de l’bumeur aqueuse dans le chambre anterieure. IX. Internat. Congr. für Augenheilk. Utrecht 1899 u. a. Arch. d’Ophth. 20, S. 161. ®) ©. Behr: Besteht beim Menschen ein Abfluss aus dem Glaskörper in den Sehnerven ? v. Graefes Arch. 83, 1912. S. 519. or > Untersuchungen über den Bau des (laskörpers. 3 hängender Differenzen, oder zumindest muss man die Frage stellen, durch welche anderweitigen Einrichtungen der Mangel dieser Abflusswege ersetzt wird. Auch inbetreff des ausserhalb des Kanales gelegenen Ge- webes haben sich beträchtliche Veränderungen eingestellt, und zwar nicht nur in der Anordnung, sondern auch in der Beschaffenheit der Fibrillen, indem diese im allgemeinen feiner und das von ihnen gebildete Fibrillennetz dichter geworden ist. Auch haben sich die in dieser Beziehung auf dem früheren Stadium noch nachweisbaren lokalen Verschiedenheiten des Glaskörpergewebes so ziemlich ausgeglichen, so dass die Verschiedenheiten der ein- zelnen Glaskörperpartien nunmehr nur in der verschiedenen An- ordnung und nicht mehr in der verschiedenen Beschaffenheit der Fibrillen bestehen. Die vordere Grenzschichte des (Glaskörpers hat sich nun auf beiden Seiten zu einer einheitlichen Membran herausgebildet: sie zieht gleichmässig gewölbt von der Gegend der Ora serrata zur hinteren Linsenfläche, etwa bis zur Mitte zwischen hinterem Linsenpol und Linsenäquator. Nach aussen zu erreicht sie nicht ganz die Ora serrata, sondern löst sich schon in einer Ent- fernung von etwa l mm vor dieser auf. Im Vergleich zu ihrem definitiven Verhalten ist sie in diesem Stadium, wie das bereits Retzius festgestellt hat, immer noch sehr dünn und schwach, besonders in ihren seitlichen Abschnitten. Die beiden Abschnitte des vor ihr liegenden prävitrealen Raumes, der Zonularraum und der Orbicularraum, sind immer noch scharf zu unterscheiden. Letzterer Raum ist auf diesem Stadium noch neben den jetzt schon vorhandenen Zonulafasern durch eine reiche, dichte und feine Glaskörperfaserströmung, vom Epithel des Orbieulus eiliaris entspringend, in Anspruch ge- nommen. Die Zonulafasern, die dieses Fasersystem kreuzen, sind nun schon zahlreicher und stärker. Natürlich hat dieses Faser- system beim Übergang in den eigentlichen Glaskörperraum auch hier die vordere Grenzschichte zu passieren. Bezüglich der Zonula will ich erwähnen, dass auch auf diesem Stadium noch das äussere Drittel der hinteren Irisoberfläche ihr als Ursprungsstelle dient. Diese von der Iris ausgehende Fase- rung ist etwas feiner und regelloser als die von den Ciliar- fortsätzen entspringende. > an 2) Albert Szent-Györgyi: Gehen wir auf die vom Epithel des Orbieulus ciliaris ent- springenden Glaskörperfibrillen etwas näher ein. Hier ist eine hintere und eine vordere Abteilung zu unterscheiden. Der Ursprung des hinteren Bündels umfasst ein ungefähr 1 mm breites, dicht vor der Ora serrata gelegenes, von der Grenzschichte unbedecktes Gebiet des Ciliarepithels. Das Bündel ist sehr dicht: es tritt nun als wohlabgegrenztes, auf dem früheren Stadium nur an- deutungsweise vorhandenes Retziussches Bündel in Erscheinung. Seine fein geschlängelten Fasern ziehen von der Gegend der Ora serrata sagittal nach hinten, wobei sie die Rindenpartie des Glas- körpers in Anspruch nehmen. Das Bündel behält nicht lange seine kompakte Beschaffenheit, sondern lockert sich sehr bald auf in ein meridionales Fasersystem, dessen Elemente sich aber weit nach hinten verfolgen lassen. Die Rindenpartie des Glaskörpers entspricht jener äusseren Abteilung, die wir schon auf dem früheren Stadium beobachtet haben. Sie weist dieselben Strukturverhältnisse auf, wie dies dort geschildert wurde. Die randständigen Fasern folgen auch hier der Biegung der Netzhaut, während die innersten Fasern sich mehr an die sagittale Richtung halten. Nach hinten zu wird dieses Rindengewebe regelloser, bis es schliesslich überhaupt keine bestimmte Anordnung mehr erkennen lässt Im allgemeinen ist diese Abteilung des Glaskörpers diejenige, die von dem vorher- gehenden Stadium bis zu dem vorliegenden die geringsten Um- änderungen erfahren hat, und ich kann hinzusetzen, dass dies auch für die weiteren Stadien gilt. Nach innen zu geht die Faserung der Rinde allmählich in ein anderes System über, das dem intermediären sagittalen Bündel im Auge des 7 Monate alten Fetus entspricht. Auch hier bilden sich diese in einiger Entfernung hinter der vorderen Grenzschicht, aus der Umbiegung von Fasern aus, die teils vom Ciliarepithel des Orbiculus eiliaris vor dem Re’tziusschen Bündel entspringen, teils aber selbständig an der äusseren Partie der vorderen Grenz- schichte ihren Ursprung nehmen. Diese Fasern laufen eine Strecke parallel mit der vorderen Grenzschicht und biegen dann mit sehr charakteristischer Krümmung in das sagittale Bündel um. Ich will die Gelegenheit ergreifen, um den Sinn des Aus- druckes „das Bündel entspringt vom Ciliarepithel“ näher zu prä- zisieren. Es ist darunter nicht zu verstehen, dass ein und dieselbe Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 357 Faser vom Epithel bis zur Umbiegungsstelle in das sagittale Bündel zu verfolgen ist. Die Fibrillen bilden ein netzartiges, durch vielfache Anastomosen und Verzweigungen gekennzeichnetes Gewebe. Der genannte Ausdruck gibt nur das Bild wieder, das man bei schwachen Vergrösserungen von dem Bündel enthält. Auch möchte ich auf die Gefahr hinweisen, die der Ausdruck „das Bündel entspringt da oder dort“ in dem Sinne in sich birgt, dass hierdurch die Vorstellung eines wirklichen genetischen UT- sprunges hervorgerufen werden kann. Wir könnten ebensogut sagen, dass die Fasern des sagittalen Systems unter allmählicher Konvergenz zum Ciliarepithel hinziehen und sich dort ansetzen. An der temporalen Seite kommt es ebenso wie früher an der Umlenkungsstelle der Fasern in das sagittale Bündel zur Bildung feiner Membranellen. Nasal grenzt das sagittale Bündel an die Reste des Kanales, nach hinten zu löst es sich nasal wie temporal schon in einer gewissen Entfernung vor der Netzhaut auf und verschwindet als selbständige Bildung, wobei sich die Enden seiner Elemente mit den Fasern des tangentialen Systems kreuzen. Die innersten Fasern des sagittalen Bündels verlaufen geradlinig, nach der Seite zu nehmen die Fasern mehr und mehr einen nach der Oberfläche des Auges konkaven bogenförmigen Verlauf an. Nasal liegt die tiefste Stelle dieser Konkavität un- gefähr in der Höhe des Augenäquators, temporal weiter hinten, indem die äussersten Fasern des sagittalen Bündels eine längere Strecke geradlinig verlaufen, um sich erst im hinteren Teil des Auges unter starker Krümmung nach aussen zu wenden. Im Augenhintergrunde erkennen wir wie früher das tan- gentiale Fasersystem im unmittelbaren Anschluss an die Innen- fläche der Netzhaut, eine ziemlich regelmässige Fibrillenlage an der Retina bildend und sich nach vorne, unter Kreuzung mit den Ausläufern des sagittalen Bündels, allmählich verlierend. Nach der Seite hin gehen diese Faserbildungen nicht unmittelbar in die meridionale Faserung der Rinde über, sondern lösen sich unter Kreuzung mit beiden Systemen, sowohl dem meridionalen wie dem sagittalen, in ein Fibrillengewirr auf. Weder diese noch die sagittal verlaufenden Bündelchen erreichen unmittelbar die Oberfläche der Netzhaut; ich habe nirgends einen eigentlichen Ansatz stärkerer Fibrillenbündel an der Oberfläche der Pars optica retinae gesehen, was ich mir auch erklären kann, wenn 358 Albert Szent-Györgyi: ich berücksichtige, dass die Netzhaut vermöge ihrer feinen op- tischen Tätigkeit Zerrungen nicht unterworfen sein darf. An den meridionalen Schnitten kommt in der Rindenpartie noch eine weitere Erscheinung zur Beobachtung. Es sind das nicht eigentliche .Faserzüge, sondern radial gerichtete, schmale, die der Netzhaut parallele Faserung senkrecht durchsetzende helle Streifen, die stellenweise wie faserfrei erscheinen. Sie sind in Fig. 2 links unten und rechts in der Äquatorgegend zur Ansicht gebracht. Wir wollen uns mit dieser Erscheinung im Anschluss an spätere Stadien noch ausführlicher beschäftigen. An den äquatorialen Schnitten erkennt man, dass das zir- kuläre Fasersystem nun bedeutend stärker entwickelt ist, als im früheren Stadium. Am dichtesten erscheint es peripherisch, nach innen zu wird es lockerer, um dann weiter innen, entsprechend dem sagittalen System, wieder an Dichtigkeit zuzunehmen. Die soeben erwähnten, im meridionalen Schnitt beobachteten helleren radiären Streifen sind auch im äquatorialen Schnitt zu beobachten. Weiterhin kommt hier noch bei Beobachtung mit schwachen Linsen eine anderweitige radiäre Struktur zum Aus- druck. Es sind das wieder nicht eigentlich Faserbündel, sondern pyramidenförmige, schattenartige Verdichtungen des Glaskörpers, die peripherisch mit erweiterter Basis entspringend, sich nach dem Zentrum des Glaskörpers hin richten, wobei sie sich all- mählich verschmälern und mit einer charakteristischen S-fürmigen Biegung in den mittleren Teil des Glaskörpers übergehen, wo sie sich dem Blick entziehen. Diese Bildungen sind auf diesem Stadium erst im Entstehen begriffen, wir werden auf sie, bei Be- schreibung des entwickelten Auges. wo sie auffallende Bildungen darstellen, zurückkommen. Glaskörper eines 3 Jahre 4 Monate alten Kindes. (Fig. 3 u. 4.) Charakteristisch ist vor allem, dass die in den früheren Stadien erst angedeutete radiäre Struktur des Glaskörpers nun zur stärkeren Entwicklung gelangt ist und sozusagen das Bild des Glaskörpers beherrscht. Am regelmässigsten ist diese Struktur in der Ebene des Augenäquators entwickelt, daher sie sich auch am besten an äquatorialen Schnitten beobachten lässt. Dementsprechend wollen wir bei diesem Stadium von der Be- Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 359 schreibung eines in der Äquatorialebene des Auges angelegten Schnittes ausgehen (Fig. 4). Unmittelbar neben der Retina erblicken wir eine zusammen- hängende, schmale zirkuläre Faserung (Textfig. 4), dicht an der Netzhaut feiner und dichter, weiter nach innen etwas lockerer. An der inneren Grenze dieser schmalen zirkulären Schicht bilden sich pyramidenartige Verdichtungen heraus, zwischen denen das Füllmaterial aus einem lockeren und regellosen Fibrillengeflecht besteht. Die Pyramiden selbst schlagen unter allmählicher Ver- schmälerung eine radiäre, gegen den Mittelpunkt des Glaskörpers orientierte Richtung ein. Bezüglich dieser Pyramiden oder Kolumnen will ich gleich vorausschicken, dass es nicht Durchschnitte isolierter Bündel oder wirklicher Pyramiden sind, sondern die Durchschnitte längerer scheidewandartiger Verdichtungen, die in meridionaler Richtung apfelsinenartig den Glaskörper, dicht hinter der Ora serrata be- ginnend und bis zum Augenhintergrunde reichend, durchsetzen. In ihrem inneren, bündelförmigen Teil beruht ihre Längs- streifung nicht auf wahrer Faserung, sondern mehr auf einer lamelligen Struktur, was sich durch den Vergleich des frontalen und horizontalen Schnittes feststellen lässt, in welchen beiden die Bündel dieselbe Längsstreifung aufweisen (vergl. Fig. 3 und 4). Im äquatorialen Schnitt erkennen wir, dass das Verhalten dieser Kolumnen nicht gleich ist an den verschiedenen Seiten des Auges. Die Kolumnen auf der nasalen Seite sind länger als die ihnen gegenüber liegenden; ihr fussartig verbreiteter Basalteil ist kürzer als bei den anderen Kolumnen. Sie ziehen unter all- mählicher Konzentration zu einem dickeren Bündel ziemlich ge- streckt temporalwärts hin, etwas über den Mittelpunkt des Quer- schnittes hinaus, um hier rechtwinklig in ein halbmondförmiges, schon in der temporalen Hälfte des Glaskörpers gelegenes Gebiet überzugehen. Das halbmondförmige Gebiet zeigt ebenfalls eine Längsstreifung, die aber gleichfalls durch gleichsinnige Lamel- lierung und nicht durch das Hervortreten eigentlicher Faserbündel bedingt ist. Die oben und unten gelegenen Kolumnen schliessen sich wie die seitlichen Teile eines Fächers an dieses temporale Bündel an, wobei sie eine allmählich zunehmende Konkavität auf- weisen. Sie laufen ebenfalls noch in die Bucht des eben erwähnten 360 Ar Aus Albert Szent-Györgyi: „Ir Fig. 4. dem Glaskörper eines 46 jährigen Mannes. Ein radiärer Verdichtungs- streifen bei stärkerer Vergrösserung. Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 561 Halbmondes ein, endigen aber zum Teil nicht dort, sondern krümmen sich wieder zurück. Temporal sind die Kolumnen am schwächsten entwickelt und kurz; sie treten an den konvexen Teil des zentralen Halb- mondes heran ohne ihn ganz zu erreichen. Die mehr oben und unten gelegenen temporalen Bündel krümmen sich um den seit- lichen Teil des Halbmondes herum und verlieren sich teils in dem Halbmond selbst, teils hängen sie mit den Enden der weiter oben und unten folgenden Kolumnen zusammen. Fassen wir nun den Bau des Glaskörpers. wie er sich auf einem meridionalen Schnitte darstellt, ins Auge (Fig. 3). Be- trachten wir zunächst den vordersten Teil des Glaskörpers, in der Gegend der Ora serrata und davor, so ist zunächst das be- merkenswerte Verhalten hervorzuheben, dass der Orbicularraum. d. h. der seitliche Abschnitt des von der Zonula in Anspruch ge- nommenen, vor der vorderen (Grenzschicht des Glaskörpers ge- legenen Raumes, ausser den Zonulafasern immer noch einen Bestand an Glaskörperfibrillen aufweist. Die Grenzschicht reicht mit ihrem äusseren Ende übrigens auch hier nicht bis an die Ora serrata heran, sondern verliert sich schon etwas früher, so dass der Orbieularraum hier vor der Ora serrata sozusagen eine Ver- bindungspforte mit dem Glaskörperraum hat. Hier entspringt eine feine Faserung an der unmittelbar vor der Ora serrata gelegenen Partie des Ciliarepithels, die sich schief nach hinten wendet. um sich aber bald zu verlieren. Es ist dies das schon auf früheren Stadien klar erkennbare Retziussche Bündel. Weiter nach vorne, bis zur Wurzel der Ciliarfortsätze, dient das Ciliarepithel immer noch feinen Glaskörperfibrillen zum Ursprung, die den ganzen Orbieularraum in Anspruch nehmen; sie durchsetzen diesen schief nach hinten, kreuzen sich mit den Zonulafasern, passieren die Grenzschicht in ihrer seitlichen Abteilung und setzen sich dahinter in eine zarte sagittale Faserung des Glaskörpers fort. Das in der Fig. 3 dargestellte Bild entspricht nicht ganz der Horizontalebene, sondern kreuzt sie unter spitzem Winkel. Das Bild der Anordnung im eigentlichen Glaskörper lässt sich leicht durch Vergleich der Fig. 3 und 4 mit dem vorhin geschil- derten äquatorialen Bilde in Einklang bringen. Wir sehen zunächst nasal und temporal zwei peripherische Gebiete des (Glaskörpers mit ziemlich regelloser Fibrillierung, Archiv f.mikr. Anat. Bd.s9. Abt. 1. 25 362 Albert Szent-Györgyi: ohne ausgesprochene Architektur, die immerhin noch eine ein- heitliche Lage bilden. Der innere Teil des Glaskörpers erscheint durch parallel verlaufende, lamellenartige, dem inneren Teil der oben geschil- derten radiären Verdichtungen entsprechende sagittale Streifen durchsetzt. Diese Lamellen zeigen an ihrem vorderen und hinteren Ende ein verschiedenes Verhalten. Vorne nehmen sie in einiger Entfernung von der Linse einen wellenartig gekrümmten Verlauf an; ihre gewellten Endteile erreichen weder die hintere Linsen- fläche, noch die vordere Grenzschicht des Glaskörpers, sondern hören schon früher auf. Sie nehmen mehr und mehr einen faser- bündelartigen Charakter an: schliesslich verliert sich dann das Faserbündel in dem hinter der Linse befindlichen Fibrillengewirr. Verfolgen wir die Lamellen nach hinten, dem Augenhinter- grund zu, so sehen wir, dass sie auch hier schon aufhören, bevor sie die Netzhaut erreichten. Das dem Augenhintergrund ent- sprechende halbmondförmige Segment des Glaskörpers wird durch ein (rebiet mit hauptsächlich tangentialer Faserung in Anspruch genommen. In diesem halbmondförmigen tangentialen System treten besonders seitlich etwas stärkere Bündel auf, die teilweise als die nach aussen gekrümmten Endteile der sagittalen Lamellen erscheinen, während in den mittleren Teilen des (sebietes ein Zusammenhang zwischen der tangentialen Faserung und den sa- gittalen Lamellen nicht nachzuweisen ist. Auf der temporalen Seite schliessen sich die sagittalen La- mellen zu einer dichteren Bildung zusammen, so dass hier schon mit freiem Auge gesehen eine stärkere streifenförmige Bildung im Glaskörper entsteht. Dies entspricht offenbar der am fron- talen Schnitte geschilderten halbmondförmigen Bildung. Einzelne Teile dieses exzentrischen Bündels zeigen vorne ein bemerkens- wertes Verhalten, indem sie nicht nach Art der übrigen Lamellen in wellige Endteile übergehen, sondern hinter der vorderen Grenz- schicht des Glaskörpers knieförmig nach innen biegen, um sich hinter der Linse zu verlieren. Hinten krümmt sich dieses Bündel in die vorhin erwähnten Streifungen des hinteren tangentialen Halbmondes um. An das Bündel schliessen sich temporal sagittale Fasern an, die die Fortsetzung der Fibrillen bilden, die von der Pars ciliaris retinae entspringen. Im vorderen Teil dieses Systems treten unregelmässige feinere oder stärkere, kürzere oder längere Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 363 wellenförmige Lamellenbildungen auf, wie sie für diese Gegend auch im Auge des entwickelten Menschen charakteristisch sind. Temporalwärts von dem Durchschnitt dieser halbmond- fürmigen Bildung sind höchstens nur schwache Längsbündelchen zu beobachten, was auch mit der am frontalen Schnitte sicht- baren Struktur vollkommen im Einklang steht. Ich möchte noch bemerken, dass die vordere Grenzschichte des Glaskörpers gegen früher eine ausgesprochene Verstärkung und besonders eine schärfere Abgrenzung gegen den Glaskörper zeigt, gleichwohl ist sie noch weit von ihrer späteren Mächtig- keit entfernt. Glaskörper eines 13 Jahre alten Knaben. (Fie. 5.) Die Architektur des Glaskörpers zeigt sich von Grund aus verändert. Die endgültige Struktur ist noch nicht erreicht, doch sind einzelne Teile des Glaskörpers schon nicht weit von ihrer definitiven Ausgestaltung. Besonders gilt dies von dem charakte- ristischen Retziusschen Fasersystem. Auf früheren Stadien nur schwach angedeutet, tritt es nun in typischer Weise hervor (Textfig. 5). Es ist dies ein Faserstrom, der im Bereich des Ciliarepithels, dicht vor der Ora serrata entspringt, an einer Stelle, wo die vordere Grenzschicht des Glaskörpers nicht aus- gesprochen ist, wo also gewissermassen eine freie Verbindungs- pforte zwischen Zonularraum und Glaskörperraum besteht. Die Faserung des Bündels ist dicht und einheitlich, die Fasern wenden sich schief nach hinten, um sich im weiter hinten gelegenen peripherischen Teil des Glaskörpers fasergarbenartig aufzulösen. Innerhalb des Bündels sind schwach hervortretende membranellen- artige Verdichtungen zu beobachten. Die einzelnen Fibrillen laufen, besonders in dem Anfangsteil des Bündels, vielfach wellig gekrümmt. Ausserordentlich charakteristisch für dieses Bündel ist die wellenartige, ungemein feine Zeichnung, wie sie sonst in dieser Ausprägung nirgends im Glaskörper vorkommt. Diese Zeichnungen sind schon seit Retzius bekannt, der von ihnen vortreffliche Abbildungen gibt. Salzmann vergleicht sie mit büscheln des aufgelösten weiblichen Haares und sagt von ihnen (a. a. O., S. 40): „Die Wellenlinien, die sich dabei bilden, ge- hören zu den schönsten, die die moderne dekorative Kunst er- sinnen könnte.“ 25 * Zr 364 Albert Szent-Györgyi: Ich möchte mit Salzmann hervorheben, dass die feine Zeichnung, die der vorderste Teil des Retziusschen Bündels aufweist, nicht auf wahrer Faserung, sondern auf feiner lamellärer Struktur beruht, deren Entste- hung auf flächenhafte Anordnung und Verklebung der Fibrillen durch Verdichtung der Interfibrillärsub- stanz zurückzuführen ist. Die ein- zelnen Lamellen brauchen nicht grösser im Durchmesser zu sein, als die zu ihrer Bildung zusammen- tretenden einzelnen Fibrillen. Wir sehen in dieser lamellären Struk- tur keine isolierte Erscheinung, sondern eine Tendenz des Glas- körpers, die sich auch an anderen Stellen bei der Bildung massiverer Faserbildungen tätig erweist, wie Fig. 5. bei der Bildung der vorderen Grenz- Aus dem Auge eines I3 jährigen schicht des Glaskörpers und vor- Knaben. Gegend der Ora serraim, übergehend bei der Ausbildung Ursprungsstelle des Retziusschen & S = R Ne einer (Grenzmembran des Canalis hyaloideus. Nach hinten zu löst sich aber das Retziussche Bündel bald in eine wahre Faserung auf. Temporal und nasal verhält sich das Retziussche Bündel übrigens etwas verschieden, temporal erscheint es verschwommener, mit breiterer Basis am Orbiculus ciliaris entspringend, nasal schmäler, aber dafür dichter konzentriert, schärfer hervortretend. Die Faserı des Retziusschen Systems lassen sich nicht weit nach hinten verfolgen. In den vorderen Teilen der periphe- rischen Zone des Glaskörpers, in die sie eintreten, lässt sich ver- möge ihres Eintrittes noch eine gewisse Längsfibrillierung nach- weisen, aber schon etwa im Äquator des Auges verliert sich diese Faserung ganz und die Rindenlage erscheint nunmehr ohne aus- gesprochene Orientierung ihrer Elemente. Ich kann Salzmann nicht zustimmen, wenn er der ganzen Rindenschicht des Glas- körpers eine lamelläre Struktur zuteilt, und führe seine Angabe darauf zurück, dass er nur die vordere Abteilung des Glaskörpers zu untersuchen in der Lage war. Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 365 Auf die Rindenlage folgt nach innen, auf beiden Seiten, ein lockerer gefügtes (rebiet, dessen Fibrillengeflecht ebenfalls eine bestimmte Anordnung vermissen lässt, doch treten auf der Grund- lage dieses (reflechtes hier doch schon einige der Länge nach, d. h. meridional verlaufende Züge, an der vorderen Grenzschicht entspringend, hervor. Es entpricht dieses Gebiet der „intermediären Zone“ früherer und späterer Stadien. Was die zentralen Teile des Glaskörpers betrifft. so ist am meisten der Umstand auffällig, dass die starken sagittalen Mem- branellen, die in den vorhergehenden zwei Stadien eine so auf- fallende Bildung darstellten, hier kaum mehr ausgeprägt sind. Statt dessen finden wir ganz unregelmässig verlaufende Faser- gebiete, durch eine kräftige, hauptsächlich sagittale Faserung durchsetzt. Genauer ist der Faserstrom nicht regelmässig sagittal, sondern leicht schief von vorne nach hinten und nasal verlaufend angeordnet, er liegt nicht in der Achse des Auges, sondern ist davon, besonders vorne, stark temporal verschoben. Vorne krümmt sich das Bündel knieartig in ein Fasersystem über. das die hintere Konvexität der Linse bedeckt. in parallelem Verlauf mit der hinteren Linsenfläche und das sich nasal schief an die vor- dere Grenzschicht des Glaskörpers, beinahe bis zu deren äusserem Ansatz, anschliesst. Hinten breitet sich das sagittale System aus, mit konkavem Ausbiegen seiner seitlichsten Bündel und hört schon in einiger Entfernung :von dem Augenhintergrund auf. Hier grenzt es an ein tangentiales Fasersystem, das sich vor der Sehnervenpupille und den zu beiden Seiten davon befindlichen Abschnitten der Netzhaut ausbreitet. Als wichtigen Unterschied gegen früher möchte ich zum Schlusse hervorheben, dass {die Glaskörperfibrillen aus der vorderen Hälfte des Orbicularteiles des Zonularraumes nunmehr so ziemlich geschwunden sind. Es ist höchst merkwürdig, dass in diesem Präparat, ebenso wie im nächstfolgenden Stadium, von der schon beim dreijährigen Knaben so deutlichen radiären Lamellierung kaum etwas wahrzunehmen ist; hier liegen offenbar individuelle Unterschiede vor. Glaskörper eines 20jährigen Mannes. Hier führt uns der Glaskörper wieder ein etwas verschie- denes Bild vor Augen, aber wie ich gleich hervorheben kann, ist damit auch ein gewisser Ruhepunkt in den Umgestaltungen 366 Albert Szent-Györgyi: der Glaskörperarchitektur erreicht. Die weiteren Veränderungen sind nicht mehr so auffällig. Charakteristisch ist, dass die aus- gesprochene Asymmetrie zwischen temporaler und nasaler Seite, die wir in früheren Stadien beobachteten, nunmehr im grossen und ganzen geschwunden ist; der Glaskörper erscheint jetzt schon einheitlicher. Nur in einer Beziehung besteht eine solche Asymmetrie noch, in bezug auf das Retziussche Bündel, welches temporal an seinem Ursprung vor der Ora serrata etwas breiter, lockerer gefügt, durchsichtiger ist, während es nasal einen konzen- trierteren, mehr bündelartigen Ursprung erkennen lässt und sich erst weiter hinten auflockert. Dieses Fasersystem geht, sich nach hinten und einwärts krümmend, in den peripherischen Teil des Glaskörpers über, in dem es sich bald blumenkelchartig aus- breitet. Seine Elemente laufen nicht gestreckt. sondern besonders in ihren Anfangsteilen wellig. Unter den Fasern kommt es auch hier, wie schon in den vorhergehenden Stadien, besonders in der Nähe der Ora serrata, zur Herausdifferenzierung wellig-lamellen- artiger Verdichtungen. Die feine Längsstreifung des Systems ist ähnlich, wie dies beim 13jährigen Knaben beschrieben und dar- gestellt wurde. Einwärts von der durch das Retziussche System charak- _ terisierten Rindenzone liegt beiderseits nasal und temporal ein Fibrillensysteem von etwas lockerer Anordnung, worin ebenfalls die sagittale Faserrichtung vorherrscht (intermediäre Zone). Diese sagittalen Fasern nehmen ihren Ursprung an der hinteren Fläche der vorderen Grenzschichte des Glaskörpers, und zwar gewöhnlich bogenförmig, indem sie sich von der Grenzschichte einwärts und nach hinten krümmen. Der axiale Teil des Glaskörpers weist wieder hauptsächlich eine sagittale Fibrillenstruktur auf, doch liegen die in dieser Richtung verlaufenden Fibrillen weiter auseinander und ist das dazwischen gelegene diffuse Netzwerk von etwas loserer Be- schaffenheit als in den äusseren (Grebieten des Glaskörpers, so dass diese innere Zone schon durch ihr um ein geringes lichteres Verhalten gegenüber den äusseren Gebieten sich auszeichnet. Wir sehen darin die ersten Spuren des später so ausgesprochenen Unterschiedes zwischen Rinde und Mark, doch liegen in diesem Stadium gerade nur die ersten Spuren dieses Unterschiedes vor. Im Hintergrund des Auges vor der Netzhaut erkennen wir auch Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 367 hier ein tangentiales Fasersystem. Ein Teil der axialen Längs- fibrillierung krümmt sich im Bogen in dieses tangentiale System um. Glaskörper eines 46 Jahre alten Mannes. (Fig. 6.) Ich gebe folgende Beschreibung in der Überzeugung, damit eine Darstellung der typischen Glaskörperstruktur im Auge des vollkommen entwickelten Menschen zu bringen. Ich führe dies auch als Rechtfertigung an für die Ausführlichkeit der nächst- folgenden Schilderung. Fig. 6 stellt einen horizontalen Meridionalschnitt des Auges dar. Bei schwacher Vergrösserung erkennen wir, dass wir an dem Glaskörper temporal- wie nasalwärts drei Abteilungen unter- scheiden können: eine peripherische, eine intermediäre und eine einheitliche axiale. Sie unterscheiden sich unverkennbar voneinander, doch sind die Unterschiede nicht mehr so augenfällig wie in früheren Stadien. Die äusserste Zone, die Rindenschicht, beginnt schmal hinter der Ora serrata und verbreitert sich etwas nach hinten. Ihr Charakteristikum besteht, wenigstens in ihrer vorderen Abteilung, in der Gegenwart des Retziusschen Bündels, das sich in ihr auflöst. Nach innen zu wird sie in den äquatorialen Abteilungen des Auges durch eine schwache Verdichtungsmembran abgegrenzt, durch die „Grenzschicht der Rinde“, die gewöhnlich die unmittel- bare Fortsetzung des innersten Bündels des Retziusschen Systems bildet. Ausser den annähernd sagittalen Bündelchen des Retziusschen Systems besteht die Schichte aus einem feinen, dichten, gleichmässigen Fibrillengeflecht. Nach innen von der Rinden- schicht folgt eine Abteilung, die sich durch etwas gröbere und lockerer zusammengefügte Fibrillen auszeichnet. Man könnte diese Partie noch in zwei Schichten teilen, von denen die innere sich durch zahlreichere und besser ausgeprägte sagittale Bündelchen auszeichnet. Das innerste, axiale, im horizontalen Meridionalschnitt unge- fähr 7 cm breite Segment hebt sich, mit schwacher Vergrösserung betrachtet, durch hellere Färbung ab, was darin begründet ist, dass das Fibrillengerüst hier breitmaschiger gefügt ist als in den zwei erstgenannten Abteilungen. Diese innere lockere Zone ist es offenbar, die von einigen Forschern auf Grund von Injektions- versuchen mit dem Glaskörperkanal verwechselt wurde. Es braucht 368 Albert Szent-Györgyi: kaum hervorgehoben zu werden, dass diese Abteilung mit dem Kanal nichts zu tun hat, mit ihm keine genetischen Beziehungen aufweist. In seinen letzten Untersuchungen spricht allerdings auch Stilling beim erwachsenen Menschen nicht mehr von einem Glaskörperkanal, sondern nur von einem besonders lockeren zen- tralen Segment des Glaskörpers, das den „Ersatz“ für den beim Menschen fehlenden Kanal bilden soll. Intermediäre und innere Abteilung sind natürlich nicht scharf voneinander getrennt. Das mikroskopische Bild des Glaskörpers zeigt uns also eine dichter gewebte Rindenpartie, der nach innen eine weniger dichte Schichte folgt. In der Mitte aber befindet sich in ziemlich breiter Ausdehnung eine besonders lockere Partie. Wir sehen darin die histologische Erklärung der schon seit langer Zeit, bereits von Zinn, gekannten Tatsache, dass der Glaskörper des Menschen aus einem äusseren konsistenteren und einem inneren weicheren Teil besteht. Aus der Beschreibung der vorgehenden Stadien geht hervor, dass sich dieser Unterschied zwischen Rinde und Mark im Laufe des postembryonalen Lebens erst allmählich einstellt. Schon Stilling, dem die Tatsache ebenfalls bekannt war, hebt mit Recht hervor, dass beim Neugeborenen eine Rindenpartie und ein „Kern“ noch nicht zu unterscheiden seien. Unsere Beob- achtungen zeigen, dass die Mittelpartie des Glaskörpers lange — noch beim 20jährigen Individuum — ein verhältnismäßig festes, aus sagittalen Fasern bestehendes Gewebe aufweist. Erst in den mittleren Jahren des Lebens leitet sich das hier geschilderte Verhalten definitiv ein. Nach vorne zu schliesst sich der Glaskörper gegen das Zonulagebiet durch die bekannte vordere Grenzschicht ab. Sie stellt in diesem Alter eine stark entwickelte, wohlausgeprägte Verdichtungsmembran dar, die bei näherer Betrachtung aus mehreren feinen, einander dicht anliegenden Membranellen zu bestehen scheint. Im abgebildeten Präparat beträgt ihre Dicke 0,023 mm. Ungefähr so viel gibt auch Salzmann an (0,012 bis 0,059 mm, im Mittel 0,026). Man kann sie nach Salzmann, von aussen nach innen gehend, in eine Orbicularzone, eine Coronarzone, eine zirkumlentale Zone und eine Linsenzone einteilen. Wie wir esseit Retzius wissen, Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 369 reicht sie mit ihrem äusseren Ende nicht ganz bis an die Ora serrata heran, so dass der hinterste Teil des Ciliarepithels schon dem eigentlichen Glaskörperraum angehört. Sie beginnt erst in einer Entfernung von 0,5 bis 1,0 mm vor der Ora. Von hier zieht sie dann bogenförmig zum seitlichen Linsenumfang, aber nicht mit gleichmässiger Krümmung, indem sie im Bereich der Ciliarfortsätze leicht abgeplattet ist, und zwar „entsprechend den Fortsätzen mehr als in den zwischen diesen gelegenen Tälern“ (Salzmann, aa. 0. Seite 44), wodurch seichte radiäre Rinnen an ihr ent- stehen. Weitere feinere rinnenförmige Vertiefungen verursachen einzelne ihr anliegende Zonulafasern. In der Nähe der Linse wird die Grenzschicht etwas schmäler und verbindet sich hier mit der Linsenkapsel. Wahrscheinlich ist es nur diese Verbindung der Grenzschichte mit der Linsenkapsel, die Wieger als Ligamentum hyaloideo-capsulare beschrieben hat. Die Grenzschicht lässt sich an der Linse nicht weiter ver- folgen, sie hört an ihrer Ansatzstelle auf, ohne sich auf die eigentliche hintere Linsenfläche zu erstrecken. Die Bedeutung der Grenzschicht als Verdichtungsprodukt der Glaskörperfibrillen und der zwischen ihnen gelegenen Inter- fibrillärsubstanz kann keinem Zweifel unterliegen und ist schon von Retzius richtig erkannt worden. Wir wissen, dass sie in ihrer ersten Entwicklung noch nicht den Namen „Grenzschicht“ verdient, da sie innerhalb des Glaskörpergerüstes in die Er- scheinung tritt, indem nicht nur hinter ihr, sondern auch vor ihr im Bereich des späteren Zonularraumes ein typisches Glas- körpergewebe vorhanden ist. In den Stadien, von denen wir ausgingen, trifft dies allerdings nur für die äussere Abteilung des Zonulagebietes, den sog. Orbicularraum, zu. Noch beim 3 Jahre alten Knaben sahen wir, dass vom Ciliarepithel dieses kaumes eine sehr dichte und feine Fibrillenströmung ausgeht, die nach Kreuzung mit den äussersten Zonulafasern den äusseren Endteil der Grenzschichte senkrecht durchsetzt. Erst über diesen Zeitpunkt hinaus schwindet dieses Fibrillensystem und wird der Zonularraum den Zonulafasern reserviert, womit sich auch die vordere Grenzschicht verdickt und besser abgrenzt. Erst dicht vor der Ora serrata, an einer Stelle, wo eine vordere Grenz- schicht kaum mehr wahrzunehmen ist, wo sich also sozusagen eine seitliche Pforte des Orbicularraumes befindet, bleibt dieses v 370 Albert Szent-Györgyi: Fibrillensystem erhalten. Da sich die äussersten Zonulafasern in ihrem ciliaren Ursprung teilweise bis vor die Ora serrata verfolgen lassen, kommt es hier immer noch zur Kreuzung von Zonula- fasern und Glaskörperfibrillen. Salzmann hat diese Stelle, wo das Glaskörpergewebe mit dem Ciliarepithel so innig zusammenhängt, mit dem Namen „Glaskörperbasis“ belegt. Die Wolfrumsche Bezeichnung „Zone des Glaskörperursprunges“ ist insofern unzweckmässig, als sie genetische Beziehungen präjudiziert, die zumindest noch nicht sicher nachgewiesen sind. Die vom Ciliarepithel ausgehende Faserströmung nimmt durch die Feinheit, Dichtigkeit und Regelmässigkeit ihrer Elemente eine besondere Stellung im Glaskörper ein, die Faserbündelchen laufen in der Regel fein „onduliert“, um den Ausdruck von Retzius zu benützen. Die Faserung dieses vor dem eigent- lichen Retziusschen Bündel gelegenen Systems zieht, wie schon erwähnt, schief nach hinten und innen. Nach hinten zu verlieren die Fasern ihre besondere Feinheit. Bald lenken sie dann in die sagittale Richtung über, um die nach innen von der Rinde gelegene Partie, die intermediäre Schichte, zu bilden. In der Gegend der Ora serrata und etwas davor kommen in der soeben beschriebenen Glaskörperpartie merkwürdige starke, straffe Fasern vor, etwas hinter der vorderen Grenzschicht; sie laufen parallel mit dem Orbieulus ciliaris und teilweise mit der Grenzschicht des Glaskörpers Hinten kreuzen sie sich ab und zu mit dem Wurzelteil des Retziusschen Bündels. Es sind das spärliche, aber recht auffallende Fasern. Ihren ersten Spuren begegnen wir schon im Auge des 2 Monate alten Kindes. Sie zeigen dann eine progressive Verstärkung, scheinen aber indi- viduellen Unterschieden zu unterliegen. Ich vermag es nicht festzustellen, ob dieses sehr auffallende System auch schon von anderen Forschern beobachtet und beschrieben worden ist. Ich glaube kaum, dass es identisch ist mit dem System, das Retzius beim Katzen- und Kaninchenembryo beschrieben und in Fig. 2 der Taf. XXXII seines Werkes abgebildet hat. Vielleicht deckt sich dieses System mit den Fasern, die Salzmann „an der inneren Fläche der Grenzschicht“ beschreibt. Unmittelbar an der hinteren Fläche der Grenzschicht, in ihrer inneren Abteilung, lässt sich in einer schmalen Zone eine Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 371 mit der Grenzschicht parallele Fibrillierung nachweisen. Dahinter wird die Anordnung der Fibrillen zu einer gleichmässigen, ohne bestimmte Orientierung, welches Verhalten dann weiter hinten wieder der sagittalen Faserung der intermediären Schichte Platz macht. Eine auffallende Erscheinung in dem Glaskörpergebiet unmittelbar hinter der Grenzschicht sind die zuerst von Retzius beschriebenen feinen Membranellen, die, sich von der Grenzschicht ablösend oder auch hinter dieser frei entstehend, in regellos ge- wundenem, von Fall zu Fall verschiedenartig geschlängeltem Verlauf gegen das Innere des Glaskörpers hinziehen, wo sie dann, immer noch in der vorderen Abteilung des Glaskörpers, pferde- schweifartig in ihre Fasern zerfallen und sich der Beobachtung entziehen. Ihr Bau fügt sich dem Lamellenschema ein, wir sehen nämlich eine dichte Interfibrillärsubstanz, die die flächenhaft ge- ordneten Fasern zusammenhält. Sie bestehen manchmal aus mehreren Unterlamellen, in die sie sich dann bei ihrer Auflösung aufsplittern. Retzius hat diese Membranellen schon eingehend beschrieben und in Fig. 3 der Taf. XXX in einer unerreichbar schönen Abbildung zur Darstellung gebracht. Besonders charak- teristisch und konstant scheint, wie dies auch Retzius hervor- hebt, eine wellige Membranelle zu sein, die von der Grenzschicht dicht vor ihrem Ansatz an der Linse ausgeht, um nach hinten und ein wenig nach innen zu verlaufen und sich in einiger Ent- fernung hinter der Linse zu verlieren. Ich finde diese Mem- branellen schon früher wohl ausgeprägt. Das hinter dem Linsenpol befindliche Glaskörpergewebe erscheint locker und regellos; etwas seitlich vom Pol scheinen sich die Fibrillen parallel der Linsenoberfläche zu ordnen. Ich habe nichts dem von Berger beschriebenen Espace postlenti- eulaire Ähnliches gefunden. Stilling hat bekanntlich vor einigen Jahren eine neue Akkomodationstheorie aufgestellt, in der dem Glaskörper eine wichtige mechanische Aufgabe zufällt. Die histologischen Beobach- tungen sind dieser Theorie nicht günstig, indem sie jede Spur einer besonderen Anordnung oder Verdichtung der retrolentiku- lären Glaskörperpartie, wie es die Theorie erfordern würde, ver- missen lassen. Kehren wir zur Gegend der Ora serrata zurück. Hier sehen wir in früheren Stadien vom Epithel des Orbiculus ciliaris mit 372 Albert Szent-Györgyi: breiter Basis das sich nach hinten wendende Retziussche Fibrillensystem entspringen. Auch hier begegnen wir diesem System, mit dem Unterschied nur, dass es zu einem wesentlich schmäleren, etwa 0,05—0,1 mm breiten, dichten, ja sogar wegen seiner Dichtigkeit fast homogen erscheinenden Faserbündel kon- zentriert erscheint, das mit dem Ciliarepithel dicht an der Ora serrata in Verbindung steht und von hier im Anschluss an die hier beginnende Pars optica retinae nach hinten zieht, um sich etwas weiter hinten pferdeschweifartig in seine sagittal ziehenden Elemente aufzulösen. Im Ursprungsgebiet dieses Bündels fehlt ein Abschluss des „Orbicularraumes“, indem die vordere Grenz- schicht des Glaskörpers in der Tat, wie dies schon lange bekannt ist, nicht ganz bis an die Ora serrata oder das Üiliarepithel reicht, sondern schon früher frei ausläuft. Man kann demnach hier mit einer gewissen Berechtigung von einer „spaltförmigen“ Öffnung des Zonularraumes sprechen, wie es Salzmann tut. Die sekundären Bündelchen, in die das Retziussche Bündel zerfällt, lassen sich ziemlich leicht in der peripherischen Zone des Glaskörpers nach hinten verfolgen. Zwischen diesen erkennt man ein ausserordentlich feines, dichtes Fasergeflecht, das, wohl aus besonders zarten aber dicht gewebten Elementen bestehend, durch seine Dichtigkeit eine grössere Konsistenz der Rindenpartie des Glaskörpers gegenüber den inneren Teilen histo- logisch begründet. Die wohl abgegrenzte Rindenlage nimmt aber nicht den ganzen Umfang des Auges in Anspruch, weiter hinten, gegen den Augenhintergrund zu, verliert sich sowohl die histo- logische Eigenart, wie die Abgrenzung dieser Lage nach innen. Mit anderen Worten: eine besondere Rindensubstanz kommt dem Glaskörper nur in den seitlichen Gebieten, d. h. im Äquator- gebiet und in den vor diesem gelegenen Bezirken des Auges zu. Hier ist die Rindenlage, wie schon erwähnt, gegen die inter- mediäre Schichte besonders in ihrer vorderen Abteilung durch eine Verdichtungsmembran abgegrenzt, die sich weiter hinten, in Einzelfasern zerfallend, auflöst. Ein weiteres Strukturdetail der Rindenlage sind senkrecht auf die Netzhaut verlaufende, die Rindenschichte nach der Augen- mitte zu durchsetzende, schwach angedeutete helle und dunkle Streifen, die sich teilweise auch noch in die intermediäre Schicht verfolgen lassen. Wir haben hier ein radiäres System von flächen- Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 373 haft angeordneten Verdichtungs- und Verdünnungszonen vor uns, deren Bedeutung erst an den äquatorialen Durchschnitten hervor- tritt, wo sie genauer beschrieben werden sollen. Auf die Rindeniage folgt nach innen die intermediäre Zone, die schon vorhin charakterisiert wurde. Bezeichnend für sie ist die schon etwas lockerere, aber grobfaserige Beschaffenheit des Grundnetzes, sowie der Gehalt an sagittalen Fasern, weiterhin, dass sie durch stärkere Längsbündel oder richtiger Membranellen durchsetzt .ist, ebenso wie durch die inneren, oft winklig ge- knickten Fortsetzungen der soeben beschriebenen Verdichtungs- und Verdünnungsstreifen. Das innere Gebiet ist, obwohl hier die einzelnen Glaskörper- fasern am gröbsten von den drei Partien des Glaskörpers erscheinen, der hellste, am lockersten strukturierte Abschnitt des Glaskörpers. Sein helles Aussehen ist bedingt durch den weitmaschigen Bau des Glaskörpergerüstes, durch den geringen Besitzstand an stärker hervortretenden Fasern — die vorhandenen zeigen hauptsächlich einen sagittalen Verlauf — und durch die Gegenwart von vakuolen- artigen, fast ganz strukturlosen Stellen, die aber gegen die Um- gebung nicht scharf abgesetzt sind. Wir begegnen also hier einer neuen Erscheinung gegen die früheren Altersstufen. Schon Retzius und Salzmann geben die Gegenwart solcher heller, strukturloser Stellen im Glaskörper des Menschen an, ohne sich darüber zu äussern, ob es präformierte Bildungen oder Kunst- produkte der Fixiermittel sind. Wichtig scheint mir der Nach- weis bei Wolfrum!'), dass diese aufgelockerten, verflüssigten Stellen auch schon im unfixierten Glaskörper zu beobachten sind. „Der Kern ist sehr weich“ — sagt Wolfrum — „ja zerfliess- lich und nicht immer homogen, sondern wie man sich an Durch- schnitten an fixierten wie an unfixierten Präparaten überzeugen kann, nicht gleichmässig gewebt, sondern teilweise zerklüftet“ UnrelNS4'370): Meiner Überzeugung nach haben wir hier die ersten Spuren seniler Veränderungen im Glaskörper vor uns, eine Verflüssigung einzelner Partien in der inneren Abteilung des Glaskörpers. Vielleicht setzen diese Erscheinungen schon etwas früher ein; leider fehlen mir die entsprechenden Stadien zur genauen Fest- ») M. W olfrum: Zur Frage nach der Existenz des Glaskörperkanales. v. Graefes Arch., 67, 1908, S. 370, 374 Albert Szent-Györgyi: stellung des Zeitpunktes dieses ersten Erscheinens. Es wird sich lohnen, an der Hand der von mir angegebenen Technik zu unter- suchen, inwieweit das Auftreten dieser Erscheinung von Re- fraktionsanomalien des Auges abhängig ist. Dass das histologische Bild der Vakuolen künstlich durch die technische Behandlung des Glaskörpers hervorgerufen sein sollte, kann ich mir kaum denken. Höchstens möchte ich die Möglichkeit zugeben, dass fast vakuolenartig aufgelockerte Stellen des Glaskörpers durch die Behandlung zu ganzen Vakuolen umgestaltet werden, durch Zerstörung der in ihnen befindlichen spärlichen Fibrillenreste. Diese Mögliehkeit scheint mir auf Grund der Beobachtung nicht vollkommen ausgeschlossen zu sein, da ich manchmal am Rand der Vakuolen zusammengedrängtes, dichteres Fibrillengewebe wahrgenommen habe. Im Augenhintergrunde legt sich der Netzhaut oberflächlich eine schmale tangentiale Fibrillenlage an, die nach vorne zu bald regelloser wird und ganz aufhört. Vor der Sehnerven- papille erscheint diese Schichte weniger regelmässig, auch können wir hier regellose kleine Faserbündelchen und Züge finden, Die Tangentialschicht wird seitlich durch ein schwaches System radiärer, von der Netzhaut gegen den Augenmittelpunkt hinziehender Bündelchen gekreuzt. Nach dem im allgemeinen Teil Gesagten ist es wohl kaum nötig, besonders hervorzuheben, dass eine Membrana hyaloidea auch in Spuren nicht wahrzunehmen ist. An die Innenfläche der Netzhaut schliesst sich unmittelbar der zarte Bau des fibrillären Glaskörpers an. Ebensowenig existiert eine sog. „hintere Grenz- schichte“. Salzmann hat aller Wahrscheinlichkeit nach den Anfangsteil des Retziusschen Bündels als solche beschrieben. Hiermit wird auch die Namengebung von Salzmann „Zonular- spalt“ hinfällig. Betrachten wir jetzt das Bild, das uns Äquatorialschnitte des Auges darbieten (Fig. 7). Wie ich es im allgemeinen Teil vorausgeschickt habe, lassen sich die im Glaskörper befindlichen Fasersysteme ziemlich scharf in zwei Gruppen teilen, in solche, die in meridionalen Schnitten und in solche, die in äquatorialen Schnitten am besten zur Be- obachtung kommen. An anderen Schnitten als an den zu ihrer Beobachtung geeigneten sind die betreffenden Systeme überhaupt Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 375 kaum zu sehen. Daher kommt es, dass, wenn man den Glaskörper zuerst z. B. an Horizontalschnitten untersucht und sich mit dem an diesen sichtbaren Bilde vertraut gemacht hat, das total ver- schiedene und mit jenem scheinbar zusammenhangslose Bild, das ein Äquatorial- oder Paräquatorialschnitt darbietet. überraschend wirken muss. Es treten hier radiäre und zirkuläre Fasersysteme in die Erscheinung, von denen an den erstgenannten Schnitten kaum etwas wahrzunehmen war. Sie sind hier so scharf aus- geprägt, dass man zur Überzeugung kommen muss, dass sie im entwickelten menschlichen Auge eigentlich noch eine wesent- lichere Rolle spielen, als die im Meridionalschnitt sichtbaren Fasersysteme, und es scheint, dass sie im höheren Alter noch an Stärke und Deutlichkeit zunehmen, während die meridionalen Systeme eher zurücktreten. Die durch einen hellen Streifen getrennten beiden Hälften der Abbildung 7 stellen in verschiedenen Frontalebenen des Auges angelegte Schnitte des Auges dar. A entspricht einer Reihe von Ebenen, die unweit hinter der Ora serrata beginnen. B gibt eine teihe von Schnitten weiter hinten bis etwa 3—53,5 mm vor der tiefsten Stelle des Augenhintergrundes wieder. Fassen wir zunächst den Schnitt A ins Auge. Ergänzend zu dem eben Gesagten ist noch hinzuzufügen, dass in dieser Abbildung verschiedene Ebenen kombiniert sind. Der obere Teil des Schnittes bei A ist dem Auge unmittelbar hinter der Ora serrata, der untere bei Ü in einer sich mehr dem Augenäquator nähernden Ebene entnommen, die Mittelpartie desselben ent- spricht der Übergangsstelle zwischen beiden Ebenen. Auffallend stark ist im Bereich der ganzen Halbfigur die scharfe Trennung von Rinde und Mark. Die Trennungslinie entspricht der schon im Meridionalschnitt beschriebenen lamellenartigen Trennungslinie zwischen Rindenlage und intermediärer Schicht. Die Rindenlage zeigt in ihrer mehr nach vorne gelegenen Partie, besonders im Anschluss an die Netzhaut, eine ziemlich weit auseinanderliegende konzentrische Streifung. Diese ist bedingt durch die hier schon leicht fächerförmig aufgelösten Bündelchen des Retziusschen Systems. Man erkennt übrigens am Äquatorialschnitt. dass diese Bündelehen eine Tendenz zu membranartiger, flächenhafter An- ordnung zeigen, woraus eben die konzentrischen Linien des frontalen Durchsebnittes zustande kommen. Zwischen diesen konzentrischen 376 Albert Szent-Györgyi: Zügen liegt ein feines, dicht gewebtes Fibrillennetz mit ausge- sprochen zirkulärer Anordnung seiner Elemente, die weiter hinten im Äquatorialgebiet noch ausgesprochener wird. Von dieser zirku- lären Orientierung der Elemente in der Rinde war an den meridio- nalen Schnitten nichts wahrzunehmen, was ja auch natürlich ist, da die zirkulären Fibrillen an solchen Präparaten punktförmig durchschnitten erscheinen müssen. Schon in der hinteren Abteilung der vorderen Hälfte des Schnittes, in höherem Maße aber in dessen hinterer Hälfte tritt als auffallende Erscheinung eine ziemlich regelmässige radiäre Streifung der ganzen Rindenlage hervor. Vorne wird sie noch durch die vorhin beschriebenen konzentrischen Züge gekreuzt. in der hinteren Hälfte aber fällt dieses störende Moment weg, so dass diese Streifung allein das Bild beherrscht. Von vorne nach hinten wird sie allmählich deutlicher und regelmässiger. Die Rindenschieht wird durch diese Streifen in eine Anzahl schmaler radiärer Sektoren geteilt. Wir sehen einen Wechsel dunkler und heller Streifen, ungefähr von gleicher Breite. Eigentlich sind es schmale, lang ausgezogene Pyramiden mit äusserer Basis. Unter- sucht man diese Streifen auf ihre Entstehung, so erkennt man, dass die dunkleren durch dichtere Anordnung der Fibrillenzüge und -netze bedingt sind. Mit stärkerer Vergrösserung kann man sicher feststellen, dass es sich so wie in den ähnlichen Bildungen des Kinderauges (Textfig. 4) speziell um eine Verdichtung des diffusen Netzes handelt, das die Zwischenräume zwischen den zirkulären Fasern, mit denen es übrigens anastomotisch zusammen- hängt, ausfüllt. An der Zeichnung war es allerdings nicht möglich, schon wegen der schwachen Vergrösserung, dies in entsprechender Weise darzustellen; es sieht aus, als ob eine Verdickung der zirkulären Züge die Ursache der dunkleren Streifen sei, was natürlich entsprechend zu korrigieren ist, obwohl eine Verdickung auch der zirkulären Elemente im Bereiche dieser Bildungen ohne Zweifel nachzuweisen ist. Wir haben hier scheidewandartige, durch die Verdichtung des (zlaskörpergewebes gebildete Gebilde vor uns, die in meri- dionaler Richtung beinahe die ganze Rinde durchziehen und sie apfelsinenartig in radiäre Sektoren teilen. Vorne, hinter der Ora serrata, und hinten, im Augenhintergrunde, lösen sie sich im umgebenden Gewebe auf. Untersuchungen über den Bau des (Hlaskörpers. 377 Die helleren Streifen sind wesentlich strukturärmer, ohne aber auch an den hellsten Stellen ganz faserfrei zu sein. Stellen- weise bildet sich in der Mitte der hellen Streifen ein ganz schmaler dunklerer Streifen durch Verdichtung der Grundfibrillen heraus, vergleichbar etwa dem Streifen Z in der isotropen Sub- stanz der quergestreiften Muskelfaser. Hervorzuheben ist noch. dass die Streifen in den vorderen Augengebieten nicht bis zur Netzhaut zu reichen scheinen, so dass die unmittelbar an die Netzhaut grenzende Glaskörperlage bloss durch zirkuläre, oder — wenn wir auch das Bild des Meridionalschnittes hinzunehmen — durch eine aus sich kreuzenden zirkulären und meridional- tangentialen Fasern bestehende Lage hergestellt wird. Die einwärts von der Grenzlage der Rinde gelegene Glas- körperpartie lässt sich ziemlich deutlich in die beiden am Meri- dionalschnitt erkennbaren Abteilungen scheiden, in die inter- mediäre Schicht und das Glaskörpermark. Erstere zeigt folgenden Bau: Zunächst begegnen wir hier auch einer feinen zirkulären Streifung, besonders im Anschluss an die Rinde, während weiter nach innen dieses System mehr und mehr an Regelmässigkeit verliert. Die zweite Erscheinung sind wieder die radiären Ver- dichtungsstreifen, die aber hier in ihrem Verhalten viel unregel- mässiger sind als in der Rindenlage. Sie stellen sich als niedrige Pyramiden mit äusserer, ziemlich breiter Basis und sich rasch zuspitzendem inneren Teil dar, doch ist die Längsachse der Pyramiden selten geradlinig, sondern alle Pyramiden scheinen mit ihren Spitzen sich nach einer Seite umzukrümmen. Die Pyramiden- spitzen gehen zumeist in die Durchschnitte feiner Membranellen über, die teilweise schon in das Glaskörpermark hineinragen. Die pyramidenförmigen Verdichtungen der intermediären Lage er- scheinen dunkler als die der Rindenschicht, sie liegen nicht immer in der unmittelbaren Fortsetzung der Rindenstreifen, sondern ent- springen manchmal in regelloser Verschiebung im Verhältnis zu den inneren Enden der Rindenstreifen. Besonders in der inneren Hälfte der intermediären Schichte ist das zwischen den einzelnen Verdichtungen gelegene Gewebe vollkommenregellos und sehr locker. Auch in der intermediären Lage legen uns also die histo- logischen Bilder einen Aufbau des Glaskörpers aus radiär ange- ordneten Sektoren nahe, wobei natürlich unter diesem Aufbau Archiv f.mikr. Anat. Bd. 89. Abt. 1. 26 378 Albert Szent-Györgyi: nicht die Zusammensetzung aus ähnlich angeordneten selbständigen Teilen zu verstehen ist, sondern nur der Weehsel diehterer und lockerer strukturierter Teile. Erst an der Grenze des Glas- körpermarkes hört diese Struktur auf. Nach vorne zu reichen diese Verdichtungen nicht bis zur vorderen Grenzschichte, sondern lösen sich ungefähr in der Höhe der Ora serrata im umgebenden (rewebe auf. Das hier, hinter der vorderen Grenzschichte gelegene (sewebe bildet also eine einheitliche Lage. Was nun das Rindenmark betrifft, so fällt auch auf dem Äquatorialschnitt dessen helle, lockere Beschaffenheit auf, bedingt durch das sehr weitmaschige Fibrillennetz. Auch hier erkennt man vakuolenartige strukturarme oder ganz strukturlose Gebiete. Eine sehr auffallende Erscheinung sind hier aber schmale Streifen, die in der Fortsetzung der pyramidenförmigen Verdichtungen der intermediären Schichte, mit ihren umgebogenen Spitzenteilen winklig zusammenhängend, nach der Augenmitte zu verlaufen. Es sind das Durchschnitte von zarten Membranellen im vorderen Teil des Auges, die sich auf dem Meridionalschnitt infolge ihrer Dünne bloss als zarte sagittale Linien darstellten. Sie sind übrigens nur in den vorderen Gebieten des Glaskörpermarkes ausgeprägt, schon etwas weiter hinten werden sie unsichtbar. Wenden wir uns nun der anderen Hälfte der Abbildung zu, die die Verhältnisse des Glaskörpers in der hinteren Augenhälfte vergegenwärtigt. Auch in dieser Zeichnung sind die Verhältnisse in verschiedenen Ebenen zur Darstellung gebracht: die untere Hälfte der Zeichnung bringt uns die Verhältnisse in der Äquator- gegend vor Augen, während nach oben zu mehr und mehr nach hinten hin angelegte Schnitte zu Grunde gelegt wurden. Im ganzen stellt also die Abbildung in ihren beiden Hälften eine Kombination sich spiralförmig von vorne nach hinten aneinander schliessender Schnittfragmente dar. In der Äquatorgegend, die etwa das untere Drittel der Abbildung in sich fasst, erscheint die Rindenschicht immer noch durch eine Grenzmembran von der intermediären Schicht getrennt, die aber hier schon ihre Rolle auszuspielen beginnt. In der Rinde erkennen wir immer noch klar die zirkuläre Faserung und ebenso die dunklen und hellen radiären Streifen. die sich gegen früher nur dadurch unter- scheiden, dass sie jetzt schon bis dicht an die Netzhaut heran- zureichen scheinen und dass die dunklen Streifen zumeist schmäler Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 379 sind als vorher. An der intermediären Schichte sehen wir keine wesentlichen Änderungen. Das Mark lässt die vorhin beschrie- benen Membranellen vollkommen vermissen: es stellt ein helles, locker gefügtes (sewebe, ohne bestimmte Orientierung seiner Elemente dar. Wenn wir weiter nach hinten, d.h. in der Abbildung nach oben gehen, so ergibt sich als Unterschied nur der Schwund einer ausgesprochenen Grenzmembran zwischen Rinde und inter- mediärer Schichte, wobei aber die Trennung beider immer noch erkennbar ist durch eine allerdings verschwommene leichte Ver- dichtung des Gewebes zwischen beiden. Auch werden die radiären Verdichtungsstreifen in beiden Lagen sowohl in der Rinde wie in der intermediären Schicht schmäler, undeutlicher, sie hängen jetzt in den beiden Schichten unmittelbar miteinander zusammen, der Verdichtungsstreifen setzt sich geradlinig von der Netzhaut bis zum Rindenmark fort. Die zirkuläre Faserung der Rinde ist immer noch klar zu erkennen. Mit der oberen Hälfte der Abbildung befinden wir uns nun schon ganz im Augenhintergrunde. Als wesentlicher Unterschied ergibt sich, dass in der Rinde die radiären Streifen so gut wie ganz aufhören und auch in! der von dieser kaum mehr scharf abgrenzbaren intermediären Schicht fast unsichtbar werden. Etwas weiter hinten tritt aber die radiäre Streifung der Rinde merk- würdigerweise wieder, wenn auch schwach, hervor, während sie in der intermediären Lage ganz unsichtbar wird. Im hintersten Abschnitt fehlen aber die radiären Streifungen überall. Das Glas- körpermark erscheint in allen Ebenen in einheitlicher Form, wie vorhin geschildert. Der Befund radiärer Verdichtungs- und Verdünnungszonen im Glaskörper lässt eine Anknüpfung an die Hannoversche Apfelsinentheorie zu. Eigene Untersuchungen fehlen mir aller- dings über das makroskopische Verhalten des Glaskörpers nach Erbärtung in verschiedenen Reagentien — am frischen Glaskörper lässt sich von einer solchen Struktur nichts wahrnehmen —, doch kann man sich recht gut vorstellen, dass sich bei gewissen Fixierungen des Auges die im mikroskopischen Bild so deutliche radiäre Folge dichterer und dünnerer lamellenartig angeordneter Zonen in einer gewissen mit freiem Auge sichtbaren Streifung oder Spaltbarkeit ausspricht. 26 * 380 Albert Szent-Györgyi: Von diesem Gesichtspunkte aus wird es interessant sein, die Angaben Hannovers (1845) hier wörtlich anzuführen. Es heisst: „Man kann den Bau des Glaskörpers am bestimmtesten mit dem Bau einer Apfelsine vergleichen, die man bekanntlich in mehrere Sektoren zerlegen kann. Macht man einen senkrechten Querschnitt eines in Ohromsäure wohl gehärteten Auges, so sieht man auf der Schnittfläche eine Menge nach innen konvergierender feiner Streifen, welche die Radien der Sektoren sind.“ „Die Winkel der Sektoren reichen indes nicht ganz bis in die Achse.“ „Ich habe an zwei Augen ungefähr 180 Radien gezählt, weshalb der ganze Glaskörper aus ungefähr ebensoviel Sektoren zusammen- gestellt ist. Doch können zwei oder drei Sektoren während ihres Konvergierens gegen die Mitte des Auges miteinander verschmelzen.“ Ich kann hierzu bemerken, dass ich mir die Mühe genommen habe, an meinen Präparaten die Zahl der Hannoverschen Sektoren, d. h. der Verdichtungsstreifen im Äquatorialschnitt, annähernd festzustellen und habe ebenfalls etwa 180 gefunden. Auch die Erfahrungen Stillings, die er am unfixierten menschlichen Material über die Struktur des Glaskörpers mit Hilfe seiner Injektionsmethoden in letzterer Zeit gemacht hat, lassen sich mit dem von mir beschriebenen mikroskopischen Bilde und ebenso mit der Hannoverschen Darstellung in Einklang bringen. Stilling fand, dass sich bei dem Aufträufeln von Farbstofflösung auf die hintere Fläche des Glaskörpers eine axiale Partie des letzteren sozusagen momentan mit dem Farbstoff an- füllt. In dieser Partie erkennen wir das auf dem mikroskopischen Bild so klar ausgeprägte Glaskörpermark mit seiner lockeren, für die Aufnahme von Flüssigkeiten so geeigneten Struktur. Diese zentrale Partie des Glaskörpers hat nach Stilling gegen die peripherische „vorhangartige, faltenförmige Ausläufer“. Diese Ausläufer dürften den radiären Verdünnungszonen zwischen den Verdichtungsstreifen entsprechen. Endlich ist auch auf die interessante Beobachtung von Evers- busch!) hinzuweisen, der bei einem Blutaustritt in das Innere des Auges am Lebenden das ausgetretene Blut sich im Glas- 1) 0. Eversbusch: Ein, auch in anatomischer Hinsicht beobachtens- werter Fall... etc. Klin. Monatsbl. f. Augenheilk., 1899. * Untersuchungen über den Bau das Glaskörpers. 381 körper vom Zentrum aus nach der Peripherie sternförmig ver- breiten sah. Aber auch für das Zustandekommen der Angaben über eine konzentrische Struktur geben unsere Befunde eine Erklärung Wir haben gesehen, dass in den paräquatorialen Schnitten aus der vorderen Augenhälfte die Rindenlage wie durch konzentrische Membranellen sozusagen in mehrere Etagen geteilt erscheint. Von diesen Membranellen hörten wir, dass sie die Fortsetzungen des in seine Einzelbestandteile zerfallenen Retziusschen Bündels sind. Allerdings sind diese Streifen gerade nur in der vordersten Abteilung des Auges bis in einiger Entfernung hinter der Ora serrata nachzuweisen. Nun kann man sich recht gut vorstellen, dass es gewisse Fixiermittel gibt, die den Glaskörper gerade im Sinne dieser konzentrischen Membranellen zerlegen oder zerfallen lassen. Auch kommt hier die Grenzmembran zwischen Rinden- schicht nud intermediärer Schicht in ähnlichem Sinne in Betracht. Allerdings triftt dies alles gerade nur für die vordersten Ab- teilungen des Auges und gerade nur für die Rindenschichte des Glaskörpers zu. Letzterem Umstande entspricht auch tatsächlich die Darstellung Iwanoffs (1872), eines Anhängers der Zwiebel- schalenlehre, der hervorhebt, dass die konzentrische Struktur gerade nur in der äusseren Schichte des Glaskörpers nachzuweisen ist. Wir haben gesehen, dass die konzentrischen Verdichtungs- membranellen in der vorderen Abteilung der Grenzschichte beim Kinde noch fehlen und erst mit der Vollreife des Individuums zur vollen Entwicklung gelangen. Damit stimmen die Angaben Addarios?), überein, dass die konzentrische makroskopische Struktur im Auge des Neugeborenen noch kaum angedeutet ist und erst später in die Erscheinung tritt. Glaskörper eines 60 Jahre altes Mannes. In diesem Alter setzt der Glaskörper einer tadellosen histo- logischen Verarbeitung bereits grosse Schwierigkeiten entgegen. Es liegt dies hauptsächlich an der schon sehr ausgesprochenen Verflüssigung und Auflösung einzelner Teile desselben, besonders im Bereiche des von mir „Glaskörpermark“ genannten inneren 2) C. Addario: Sulla struttura del vitreo embrionale e dei neonati, sulla matrice del vitreo e sull’ origine della Zonula. Annali di Ottalmol., 1902. 382 Albert Szent-Györgyi: Abschnittes. Die Vakuolen der inneren Partien bedingen es, dass selbst bei vorsichtigstem Vorgehen beim Fixieren und Einbetten der Glaskörper zusammenschrumpft, oder zumindest das Mark ganz zugrunde geht. Es handelt sich hier offenbar um physio- logisch-senile Veränderungen. Stilling hat ihnen schon auf Grund makroskopischer Beobachtungen Aufmerksamkeit geschenkt. Sie lassen sich ohne jede Behandlung am frischen Auge beobachten. Stilling sagt: „Im Glaskörper sehr alter Leute, über 70 Jahren, findet man die zentrale weiche Substanz geschwunden bis auf Reste, die bei der Färbung wie membranöse Fetzen aussehen.“ Ich kann dem hinzufügen, dass ich bei der makroskopischen Präparation des Auges schon bei etwas jüngeren Individuen ähn- liche Wahrnehmungen machen konnte. Rindenschicht und intermediäre Schicht lassen sich noch beide unterscheiden; sie weisen zwar einige histologische Ver- schiedenheiten gegen früher, aber durchaus keine ausgesprochenen senilen degenerativen Veränderungen auf. Die radiären Verdich- tungsstreifen der peripherischen Schichten erscheinen etwas schmäler gegen früher, aber Hand in Hand damit noch markanter und stärker hervortretend. (Textfig. 6.) Einzelne von ihnen nn nn Pi nm TO nn nn . Fig. 6. 60 jähriger Mann. Aus einem äquatorialen Frontalschnitt des Auges. Radiäre Verdichtungsstreifen der Rindenzone des Glaskörpers. Immersion. Untersuchungen über den Bau des Glaskörpers. 383 können sich zu förmlichen Membranellen verdichten, die allerdings, mit stärkeren Vergrösserungen betrachtet, sich nicht als richtige Membranen, sondern als dichte Fibrillengetlechte darstellen. In der Textfig. 6 treten zwei von den Verdichtungsstreifen mem- branartig hervor. Auch in der intermediären Schicht weisen die radiären Streifen eine ähnliche Veränderung auf Das Grundnetz der intermediären Schicht erscheint immerhin lockerer als auf dem früheren Stadium. Im grossen und ganzen rechtfertigt das mikroskopische Bild die Angabe Stillings (1911), derzufolge: „der feste periphere Ring selbst im hohen Alter vollkommen er- halten ist“. Verhältnismässig wohl erhalten ist auch noch das tangentiale System im Augenhintergrunde. Auch die Fibrillenanordnung in der (Gegend der Ora serrata zeigt keine wesentlichen Veränderungen. Die zentralen Teile weisen auf dem Schnitt ein Degene- rationsbild auf, das Bild unregelmässiger Hohlräume mit fetzen- artigen Resten des zerrissenen und durch die Fixiermittel zu- sammengebackenen reduzierten Fibrillengewebes: hier und da er- kennen wir noch die Reste des fibrillären Glaskörpergerüstes in seiner netzartigen Anordnung. Für alle Teile des Glaskörpers gilt, dass sich die Fibrillen im allgemeinen etwas stärker als auf früheren Altersstufen darstellen. Zusammenfassung. 1. Der einzige wesentliche morphologische Bestandteil des Glaskörpers des Menschen ist sein fibrilläres Gerüstwerk. Die Fibrillen stellen teils ausserordentlich feine, teils gröbere Faser- bildungen dar, die sich vielfach verzweigen und miteinander in anastomotischer Verbindung stehen. Im Präparat stellen sie sich varikös dar, im Lebenden sind sie wahrscheinlich von ganz glatter Oberfläche. 2. Das Fibrillenwerk des Glaskörpers ist nicht als eine leblose, etwa kutikuläre Bildung, sondern als ein zu selbständigem Wachstum und vielseitiger Differenzierung befähigtes Organ auf- zufassen, das seine selbständige Differenzierungs- und Reaktions- fähigkeit durch das Hervorbringen besonderer Faserbildungen und Fasersysteme beweist. 384 Albert Szent-Györgyi: * 3. Es bildet kein ganz regelloses Gewirr, sondern lässt, vergleichbar der Knochenspongiosa, gewisse typische Fasersysteme erkennen, die bei den im gleichen Alter stehenden Individuen stets im (Grossen und Ganzen in derselben Form wiederkehren. 4. Unter den Gründen, aus denen sich diese Anordnung der Glaskörperfibrillen erklären lässt, kommt im Auge des Menschen an erster Stelle die mechanische Bedeutung in Betracht. 5. Die inneren Differenzierungsvorgänge des Glaskörpers setzen sich beim Menschen ununterbrochen bis ins reifere Alter fort und lassen sich selbst noch in einem Stadium nachweisen, wo daneben auch schon senile Veränderungen im Glaskörper Platz gegriffen haben. Bis zum 20. Lebensjahre sind diese Differen- zierungen rasch vorgehend und führen zu einer beinahe vollstän- digen Umlagerung der Fibrillensysteme, über dieses Alter hinaus spielen sie sich langsam ab und bestehen weniger in dem Her- vortreten neuer Fibrillensysteme als in der stärkeren Ausprägung bereits früher vorhandener. 6. Die ersten regressiven Erscheinungen treten, neben den progressiven, gegen das 40. Lebensjahr auf, und zwar betreffen sie die zentralen Teile des Glaskörpers. Um das 60. Lebensjahr haben sich letztere in der Regel bereits zum grössten Teile auf- gelöst und finden sich hier nur Reste des Glaskörpergewebes, dagegen bleiben die peripherischen Schichten des Glaskörpers bis zum hohen Alter verhältnismässig gut erhalten. Es ergeben sich übrigens in diesen Verhältnissen ausgesprochene individuelle Unterschiede. 7. Als Orientierungsmittelpunkt für alle Fibrillensysteme des Glaskörpers dient der Mittelpunkt des Auges. Man kann sie in meridionale, zirkuläre und radiäre einteilen. Die ersteren lassen sich am besten an meridionalen, die beidan letzteren an frontalen Durchschnitten des Auges untersuchen. 8. Beim 7 Monate alten Fetus (Fig. 1) liegt noch ein wohlentwickelter Glaskörperkanal vor. Das zirkuläre und radiäre System sind noch kaum entwickelt, hingegen treten ein meridio- nales und ein longitudinales Fasersystem deutlich hervor. Der Glaskörper weist eine meridional-fibrillierte Rindenlage, eine sagittal-fibrillierte intermediäre Zone und einen regellos struk- turierten zentralen Abschnitt auf. 9. Das Auge des zwei Monate alten Kindes (Fig. 2) vergegen- Untersuchungen über den Bau des (ilaskörpers. 385 wärtigt uns den im Schwunde begriffenen Kanal: wahrscheinlich gelangt dessen Schwund in den nächstfolgenden Monaten zum Abschluss. Im Auge des entwickelten Menschen ist keine Spur des Glaskörperkanales mehr vorhanden. Der Schwund des Kanales geht durch Auflösung seiner membranösen Wandung und durch Verwischung des intra- und extrakanalikulären Fibrillenwerkes vor sich. Das Bild der Glaskörperarchitektur wird durch ein randständiges meridionales und ein zentrales sagittales System beherrscht. Eine konsistentere Rinde und ein weicheres Mark ist noch nicht zu unterscheiden. 10. Im Glaskörper des 3 Jahre und 4 Monate alten Kindes (Fig. 3—4) ist als neue Erscheinung das Hervortreten eines radiären, sektorenartigen Systems festzustellen. 11. Beim 13 Jahre alten Kinde (Fig. 5) erreicht der äussere Teil des Glaskörpers ein gewisses Ruhestadium, während im Innern immer noch mächtige Faserzüge zu beobachten sind, die später dem Schwunde verfallen. 12. Das 20. Lebensjahr bildet einen gewissen Wendepunkt in den Differenzierungsvorgängen des (Glaskörpers, indem von diesem Zeitpunkt ab die weiteren Differenzierungen nur mehr in dem stärkeren Hervortreten schon früher vorhandener Fibrillen- systeme und nicht in dem Auftreten neuer Bestehen. 13. Der Typus des vollentwickelten Glaskörpers, wie er sich etwa im Auge eines 46 Jahre alten Individuums (Fig. 6) darstellt, lässt sich folgendermassen schildern. An einem meridionalen Schnitt erscheint der Glaskörper aus drei Zonen bestehend. Die Rinden- lage zeichnet sich durch dichtere Struktur aus — sie ist wohl auch konsistenter — ; ihre Faserung zeigt eine meridionale Faserrichtung, die Fibrillen drängen sich nach vorne zum „Retziusschen System“ zusammen, das sich auf dem Durchschnitt als schmales, ziemlich kompaktes Bündelchen darstellt, welches dicht vor der ÖOra serrata am Epithel des Orbiculus ciliaris zu haften scheint. Nach innen von der Rinde, von dieser in den vorderen Gebieten des Auges durch eine Verdichtungsmembran abgegrenzt, liegt ein loseres, ebenfalls durch meridionale Verlaufsrichtung gekenn- zeichnetes Fasersystem, das sich vorne in einer am ciliaren Epithel haftenden Faserung verliert. In letztere eingebettet findet sich hinter der vorderen Grenzschichte ein besonderes System von auffallend dicken, straffen Fasern, die sich infolge ihres mit dem 386 Albert Szent-Györgyi: Über den Bau des Glaskörpers. Orbiculus eiliaris parallelen Verlaufs mit den anderen Fasern kreuzen. Der ca. 7 mm breite innerste Abschnitt des Glaskörpers („Glaskörpermark‘) wird durch ein besonders lockeres, diffuses, nur einzelne sagittal orientierte Elemente aufweisendes (sewebe dargestellt, in dem als Zeichen der beginnenden regressiven Vor- gänge kleinere und grössere Vakuolen zu beobachten sind. In äquatorialen frontalen Schnitten tritt ausser einer zirku- lären Faserung besonders ein stark entwickeltes radiäres System in den Vordergrund. Es besteht aus streifenförmigen Ver- dichtungen, die, durch lockerer strukturierte Schichten vonein- ander getrennt, die Rinde des Glaskörpers in radiäre Sektoren teilen. Sie setzen sich, noch schärfer ausgeprägt, als schmale membranellenartige Bildungen in die intermediäre Zone fort, innerhalb deren sie bis zur zentralen Substanz zu verfolgen sind. In letzterer lösen sie sich im lockeren Glaskörpergewebe auf. 14. Weder die Pappenheimsche Lehre vom konzentrischen Aufbau des Glaskörpers, noch die Hannoversche Lehre vom Apfelsinenaufbau entbehrt vollkommen der Begründung, soweit aus histologischen Beobachtungen gefolgert werden darf. Besonders für den Apfelsinenbau sind die histologischen Bilder günstig zu nennen. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XVI-XX. Fig. 1. Horizontalschnitt durch das Auge eines 7 Monate alten Fetus. Vergrösserung 10 fach. Horizontalschnitt durch das Auge eines 2 Monate alten Kindes. Vergrösserung 10 fach. Fig. 3. Horizontalschnitt durch das Auge eines 3 Jahre und 4 Monate alten Kindes. Vergrösserung 6 fach. Fig. 4. Frontalschnitt durch das andere Auge desselben Kindes, in der Äquatorialebene angelegt. Vergrösserung 6fach. Fig. 5. Horizontalschnitt durch das Auge eines 13jährigen Knaben. Ver- grösserung 5,5 fach. Fig. 6. Horizontalschnitt durch das Auge eines 46jährigen Mannes. Ver- grösserung 7 fach. Fig. 7. Frontalschnitt durch das andere Auge desselben Mannes. In der Figur sind verschiedene Ebenen kombiniert dargestellt. w Fig. Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo und deren arterielle Gefässe. Von J. Rückert, München. Hierzu Tafel XXI—XXIV und 11 Textfiguren. Inhalt: Seite A ; . 387 I. Einleitung SEE II. DieGlomeruli der linken Vorniere und deren Grefässe. BERUHEN BA Are ae UNE RLNT SE RE T I RESBLREIHETIIEBTAGUNS Fe A ee Eee ne re OD SISVerwleichanfles N EEE BE Er AR A008 Ill. DieGlomeruli der rechten Vorniere und deren Gefässe OBEN EHER I eh SC RIEMEN BIT NEUE a) Die Gefässe der rechten Vorniere. . :» : .......421 b) Die Glomeruli der rechten Vorniere. . . . ..2....426 c) Rückbildung der rechten Glomerularanlagen . . . ...433 d) Zusammenfassung der Befunde von a-—c .......437 2atBelackierieratur ne AS ER AED FEN FEN AAO 3. Vergleichendes nebst weiteren Befunden über die Entwicklung der. V.ornierengefässeinenes irre ee lerne ee) I. Einleitung. In meiner Arbeit „Über die Entwicklung der Exkretions- organe bei Selachiern“ (1888) habe ich, um die Vornierennatur des vorderen Anlagestückes des Urnierenganges der Selachier zu erweisen, unter anderen Befunden auch das Auftreten von Glo- meruli an diesem Abschnitt des Exkretionssystems beschrieben. Ich habe mich damals mit einer etwas summarischen, nur von einer einzigen Abbildung begleiteten Darstellung meiner Beobach- tungen begnügt. Auch waren diese nur an der rechten Vor- niere von Torpedo angestellt worden, die wegen ihrer eigen- tümlichen und auffallenden Gefässverhältnisse zu einer solchen Untersuchung herausforderte. 388 J. Rückert: Diesen Umständen dürfte es zuzuschreiben sein, dass meine Angaben bei den Fachgenossen eine geteilte Aufnahme gefunden haben. Van Wjhe (1889), der als erster zu der Frage Stellung nahm, beschrieb für die rechte und linke Vorniere von Pristiurus Bildungen, die er mit den von mir bei Torpedo gefundenen verglich und als „Glomus“ der Vorniere ansprach. Er tat dies aber nicht ohne Vorbehalt, und in der Tat sind seine Befunde, wie später gezeigt werden soll, nicht gerade geeignet, das Vor- kommen von Vornierenglomeruli bei Selachiern ausser Zweifel zu stellen. Sie wurden denn auch später von Ü. Rabl (1896) und zwar zusammen mit den meinigen entschieden abgelelınt. Doch sah Rab] selbst einmal auf der linken Seite eines Seylliumembryos eine Bildung. die er noch allenfalls als „Andeutung eines Glo- merulus“ aufzufassen geneigt ist. Indeß „steht der Befund“, wie er sagt, „zu isoliert, um darauf weitergehende Schlüsse zu bauen“. So kommt Rabl zu dem Ergebnis, dass man bisher bei Selachiern keine „konstante Bildung gefunden habe“, die „als Vornieren- glomerulus gedeutet werden dürfte“. Dementsprechend äussert sich auch Felix (1906) in seiner vortrefflichen Bearbeitung der Entwicklung der Harnorgane im Hertwigschen Handbuch mit Zurückhaltung über die Frage. In seiner Schlusszusammenfassung (S. 392 und 394) sagt er, dass die „Selachier keine Glomeruli bilden“. Unter diesen Umständen schien es mir angezeigt, den Gegen- stand nochmals und zwar eingehender als bisher und unter Mit- berücksichtigung der linken Vorniere zu bearbeiten. Die äussere Veranlassung dazu gab mir eine Wiederaufnahme meiner Unter- suchung der Entwicklung der ersten Gefässbahnen von Torpedo, durch die ich auf die Vornierengefässe geführt wurde. Als Objekt dienten mir ausschliesslich Torpedoembryonen, zum kleineren Teil meine alten Serien, in der Hauptsache aber neues Material, das ich in den letzten Jahren vor dem Kriege aus der Zoologischen Station zu Neapel erhalten habe. Auch hat mir Herr Kollege H. Marcus eine Anzahl von Serien, namentlich für die älteren Entwicklungsstadien, in freundlicher Weise zur Verfügung gestellt. Die Zeichnungen und einige Pattenmodelle sind von Frl. Sophie Bachhammer ausgeführt. Indem ich zur Beschreibung der Embryonen übergehe, schildere ich zuerst: Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 359 II. Die Glomeruli der linken Vorniere und deren Gefässe. 1. Befunde. Der Darstellung ist ein Entwicklungsstadium zugrunde gelegt, in welchem fünf Visceraltaschen ausgebildet und die zweite und dritte nach aussen durchgebrochen sind. Die Zahl der Rumpf- somiten beträgt 39'). Zu dieser Zeit sind die Quergefässe der Vorniere und die Grlomeruli vollzählig entwickelt und zeigen noch keine beginnende Rückbildung. Auch die Vorniere steht auf der Höhe ihrer Ausbildung, sie hat schon fast in ihrer ganzen Länge ein Lumen entwickelt. Von noch jüngeren Stadien aus- zugehen, würde dem Leser die Arbeit nur erschweren, denn das Wenige, was von der ersten Entstehung der Vornierengefässe für das Verständnis des Ganzen notwendig ist, lässt sich an gelegener Stelle bequem einflechten. Von drei gleichaltrigen, demselben Muttertier entstammenden Embryonen des Stadiums wurden zwei (Torp. 52 und Torp. 54) in Querschnitte, einer (Torp. 64) in horizontale Längsschnitte zerlegt. Die letztere Serie gibt einen guten Überblick über die gesamte Vorniere, wie der Schnitt der Fig. 13 Taf XXII zeigt. Die Anlage besteht hier, wie dies in der Regel bei Torpedo der Fall ist, aus sechs Segmenten, „Vornierendivertikeln“. Diese erscheinen als laterale Ausbuchtungen von sechs aufeinanderfolgenden Ur- wirbelstielen oder Nephrotomen (N 1 bis N 6 in Fig. 13), welch letztere dem dritten bis achten Rumpfsomiten angehören. Das vorderste, schwächste Vornierendivertikel geht vom lateralen Drittel der hinteren Wand des ersten Nephrotoms aus und ist in seinem Verlauf, ebenso wie das zweite und dritte, stark nach hinten ab- gelenkt, das vierte weniger stark, das fünfte ist rein quer und das sechste schräg nach vorn gerichtet. Diesem Verhalten entsprechend erscheint in der nun genauer zu betrachtenden Querschnittsserie des Schwesterembryos Torp. 52 das vorderste Vornierendivertikel erst kaudal vom ersten Vor- nierensomiten. In Fig. 2, einem Schnitt, der zwischen dem ersten und zweiten Nephrotom hindurchläuft, wird es zum erstenmal !) Am aufgehellten Objekt wurden im ganzen 43 Somiten gezählt, deren vorderste vier, wie die Untersuchung der Schnittserien ergab, postotische Kopfsegmente sind. 390 J. Rückert: sichtbar in Form einer ganz leichten Vorwölbung (P.) des Meso- derms, die man übersehen würde, träte sie nicht schon auf dem nächsten Schnitt als deutliche, wenn auch niedrige Falte zutage. Von hier ab: nach hinten nimmt die Vornierenanlage all- mählich an Stärke zu. So finden wir sie in Fig. 3, fünf Schnitte hinter Fig. 2, und schon vorher, als deutliche Rinne. Der Schnitt geht durch die Mitte des zweiten Nephrotoms. Auf dem übernächsten Schnitt (Fig. 4) ist die hintere Wand dieses Ne- phrotoms getroffen. Hier zeigt sich nun folgendes bemerkens- werte Verhalten. Von der angeschnittenen Wand dieses Urwirbel- stückes senkt sich ein keilförmig zugespitzter Fortsatz (Fig. 4 Gl 2) nach abwärts in den dorsalen Abschnitt der einheitlichen Leibes- höhle (C.). Die letztere ist in ihrem grösseren ventralen Teil im Querdurchmesser ziemlich weit, dorsal verengt sie sich aber beträchtlich, indem ihre Seitenwände, besonders das viscerale Mesodermblatt, in ihr Lumen vorspringen. Erst gegen ihr oberes Ende verbreitert sie sich wieder ein wenig dadurch, dass die hier dicke Splanchnopleura medianwärts abbiegt. In dieses erweiterte Endstück der Peritonealhöhle, in welches von oben die Lumina der Nephrotome und seitlich von diesen, von oben und lateral, diejenigen der Vorniere münden. drängt sich der beschriebene Mesodermzipfel soweit herab, dass seine lateral gerichtete Spitze gerade an die auf dem Querschnitt trichterförmige Öffnung der Vornierenrinne zu liegen kommt. Zwei Schnitte kaudal von Fig. 4. in Fig. 5, ist der Zwischen- raum zwischen dem zweiten und dritten Nephrotom getroffen. Hier sieht man, dass in die an die Aorta anstossende Basis des Zipfels ein ventro-lateral gerichteter kurzer Aortenast, ein „Quergefäss der Vorniere“, eindringt und in ihm blind endet (Q 2). Man erkennt jetzt, dass der keilförmige Zipfel (G12) einer durch den Aortenast ausgebuchteten Falte des Mesoderms ent- spricht. Diese nimmt ihren Ausgang von dem schmalen Streifen des Cölomdaches, der die Mündungen der zwei benachbarten Urwirbel trennt. Ihr laterales Blatt wird oben durch die mediale Wand der Vorniere gebildet, setzt sich aber über diese hinaus noch ventral weiter fort, wodurch die Cölommündung der Vor- niere gegenüber der vorhergehenden Figur weiter nach unten verlagert wird. Das mediale Blatt der Falte steigt dorso-median zum oberen Ende der Splanchnopleura empor, in das es sich fortsetzt. Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 391 Der folgende Schnitt (Fig. 6), der schon durch die vordere Wand des dritten Nephrotoms. geht, zeigt die Falte voll getroffen. Das hintere Ende des (refässes ist hier quer durchschnitten, es steht nicht mehr mit der Aorta in Verbindung, woraus hervorgeht, dass es nicht nur in ventro-lateraler, sondern zugleich etwas in kaudaler Richtung verläuft. Weiter hinten, im bereich des dritten Nephrotoms, biegt das mediale Faltenblatt nicht mehr die Splanchnopleura um, sondern steigt nach oben und lateral empor, um in die laterale Wand der neu auftauchenden Nephrotomhöhle überzugehen. Dies bereitet sich schon im Schnitt der Fig. 6 vor, wird aber deutlicher erst in Fig. 7, in welcher diese Urwirbelhöhle voll getroffen ist. Man sieht, wenn man in diesen Quer- schnitt eine Horizontale (H) ein- trägt, welche durch die Spitze der bisherigen Falte geht, dass der Platz der letzteren in Fig. 7 frei geworden ist. Sie hat auf- gehört, indem ihr hinteres Ende in eine weiter dorsal gelegene Falte sich zurückgezogen hat. welche die Vorniere mit der late- ralen Nephrotomwand verbindet. Dass der Mesodermzipfel der Fig. 4—6 eranial ebenso ausläuft wie kaudal, lehrt ein Vergleich mit Fig. 3, einem der Fig. 7 ent- sprechenden (uerschnitt durch die Mitte des vorhergehenden = zweiten Nephrotoms. Auch hier ist durch die Horizontale H die Ebene angegeben, bis zu welcher die Mesodermfalte der Fig. 5 und 6 sich herabsenkt. Querschnitt durch die Vornierengegend Die hier beschriebene ge- eines Embryo von Petromyzon Planeri fässhaltige Mesoderm- nach Wheeler 1900. Stad.4. Fig.29. ielkedan.die/Aulnga ninen. ya a Rene Tal Vo E nierenglo IR erul u sund pelix 1906), pron Vornierenkanälchen, der in der Falte blind endigende pron. gl Vornierenglomerulus. 392 J. Rückert: Aortenast (= (uergefäss der Aorta) eine Glomerular- arterie. Wenn man unter den verschiedenen für die Wirbeltiere bekannten Glomerulusformen der Vorniere Umschau hält, so findet man, dass die obige Bildung am meisten der Anlage gleicht, welche Wheeler (1900) für Embryonen von Petro- myzon Planeri dargestellt hat. Ich gebe zum Vergleich in Textfig. A einen solchen Schnitt aus dem Stadium 4 von Wheeler wieder, welcher die frühe Anlage des Vornierenglome- rulus enthält. Die Abbildung ist reproduziert bei Felix in Hertwigs Handbuch der Entw.-Gesch. (Bd. III, Fig. 100). Wenn man sie neben meine Fig. 6 von Torpedo hält und namentlich auch den weiter kaudal gelegenen, stärker ausgebildeten Glome- rulus der Fig. 9 und den eines älteren Embryo (Fig. 18) mit in Betracht zieht, so ergibt sich in allen wesentlichen Punkten eine Übereinstimmung: In beiden Fällen ragt der Glomerulus als Mesodermfalte frei in die Leibeshöhle herab, dicht medial neben dem Vornierenostium. Das laterale Blatt der Falte wird von der medialen Wand des Vornierenkanälchens und deren ventraler Fortsetzung gebildet, während das mediale, wieder aufsteigende Blatt an seinem oberen Ende sich in die Splanchnopleura um- schlägt. In das Innere der Falte dringt von oben ein ventro- lateral gerichteter Aortenast ein. Dieser reicht bei Petromyzon als wandungsloser Hohlraum allerdings bis in die Spitze des Glomerulus, während er bei Torpedo sich meist nur in die Basis desselben verfolgen lässt. Aber der Unterschied ist neben- sächlich, da er nur durch die ungleiche Längenentwicklung des Gefässes bedingt wird. Er kann sich bei stärker ausgebildeten (uergefässen ganz ausgleichen, wie Fig. 18 lehrt. Der eben beschriebene Glomerulus von Torpedo ist der zweite, in der Richtung von vorn nach hinten gezählt. Der erste Glomerulus wurde, da er schwächer entwickelt ist, in der obigen Beschreibung übergangen. Es sei dies nur nach- geholt. Auf dem Schnitt der Fig. 1, der zwischen dem ersten und zweiten Nephrotom durchläuft, ist er an der Stelle seiner stärksten Entfaltung getroffen. Auf dem nächsten Schnitt (Fig. 2) erscheint der zugehörige Aortenast, das erste Vornierengefäss oder Glomerulargefäss (Q 1). Dieses ist schwächer als das zweite und schlägt im Gegensatz zu ihm und namentlich den weiter Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 395 hinten folgenden eine mehr transversale Richtung ein, indem es sich zwischen den Anschnitt des zweiten Nephrotoms und das vordere Ende der Vorniere (P.) einschiebt zu einem Punkt, an dem später die Vena cardinalis auftritt. Infolge dieser Verlaufs- richtung hat es den Anschein, als ob das Gefäss keine Beziehung zu dem glomerularen Mesodermzipfel der Fig. 1 besässe. Bei genauerem Zusehen aber bemerkt man, dass es sich doch ventral, freilich nur schwach, vorbuchtet, wobei es eine kaum merkliche Falte des Cölomdaches unter sich erzeugt. Aus diesem Verhalten geht hervor, dass der vor dem Glo- merulargefäss gelegene solide Mesodermzipfel hier nicht bloss einer durch das vorsprossende Gefäss bedingten Faltenbildung seine Entstehung verdankt. Das Gleiche lässt sich auch für die ersten Anlagen der übrigen Glomeruli feststellen. So stellt der vor dem zweiten Quergefäss gelegene solide Anteil des zweiten Glomerulus (Fig. 4), da er in vier aufeinander folgenden Querschnitten ge- troffen wird, nicht etwa bloss den vorderen Anschnitt der weiter hinten (Fig. 6) folgenden Gefässfalte dar, sondern einen vor ihr gelegenen Zellenwulst, welcher die dünnwandigere Falte kranial fortsetzt. Kaudal endet der erste Glomerulus ebenso wie der zweite, was aus dem zwischen den beiden Glomeruli durch die Mitte des zweiten Nephrotoms geführten Querschnitt der Fig. 3 zu ersehen ist. Die zwei kranialen Glomeruli sind also vollständig voneinander getrennt, ebenso wie der zweite vom dritten (vergl. Fig. 7). Wenden wir uns nun dem dritten Glomerulus zu. Der Schnitt der Fig. 7, bis zu welchem wir unsere Serie verfolgt hatten, ging durch die Höhle des dritten Nephrotoms. Zwei Schnitte weiter hinten, im Anschnitt der hinteren Wand dieses Urwirbelstiels, tritt ein neuer Mesodermzipfel zutage. Auf dem dritten Schnitt (Fig. S) ist er voll getroffen und stellt nun einen Glomerulus dar, der länger ist als die bisherigen und bis zu der Stelle herabreicht, wo die Leibeshöhlenwände gegeneinander vorragen und den dorsalen Abschnitt der Peritonealhöhle einengen. An der Spitze dieses Glomerulus finden sich einige Zellen mit intensiv gefärbten Kernen, ein Verhalten, das auch bei den längeren Glomerulis anderer Embryonen häufig auffiel. Wenn schon in Fig. 8 der Glomerulus Faltenbau erkennen lässt, so ist das noch viel deutlicher auf dem nächsten. zwischen Nephrotom 3 Archiv f.mikr. Anat. Bd.90. Abt. I. 27 394 J. Rückert: und 4 hindurchgehenden Schnitt der Fall (Fig. 9). Dieser stellt eine Wiederholung von dem der Fig. 6 des zweiten Glomerulus dar, nur dass die Glomerulararterie tiefer in die längere Mesoderm- falte vordringt und rein nach abwärts gerichtet ist, ohne sich seitlich gegen die Stelle der späteren Vena cardinalis auszubuchten. Das Verhalten nähert sich dem der Fig. 18 eines älteren Embryos. doch ist die Falte beim letzteren Objekt noch breiter geworden. Vierter Glomerulus. Beim vierten Nephrotom quillt schon aus der Urwirbelhöhle die in den Fig. 1 und 4 für die zwei ersten Glomeruli abgebildete Zellenmasse ventral vor. Auf einem weiter hinten geführten Schnitt (Fig. 10), der die kaudale Nephrotomwand trifft, füllt sie als starker Wulst den oberen verengten Abschnitt der Peritonealhöhle fast vollständig aus und schiebt sich in die Cölommündung der hier schon mächtigen Vor- niere hinein, dieselbe vollständig verstopfend. Seitlich verbindet sie sich mit der lateralen Lippe dieses Ostiums. Auf dem nächsten Schnitt, der die hintere Nephrotomwand noch streift, dringt das vierte Glomerulargefäss ziemlich tief in die Zellmasse ein, buchtet aber die dorsale Leibeshöhlenwand nur als niedrige Falte wenig vor. Es folgt nun der Schnitt der Fig. 11, der zwischen dem vierten und fünften Ne- phrotom durchgeht. Die vor der Arterie gelegene Zellenmasse ist jetzt verschwunden, an ihrer Stelle liegt das voll getroffene (Gefäss, die stärkste von allen bisherigen Glomerulararterien. Sie reicht bis zur Decke der Peritonealhöhle nach abwärts, buchtet aber diese im Gegensatz zu den vorhergehenden Arterien nicht im geringsten vor, so dass der Glomerulus als ventraler Vor- sprung oder Falte hier sein Ende hat. Die Ursache dieses Verhaltens ist folgende. Während bisher die Vorniere nicht durch gesonderte Trichter, sondern als fast einheitliche, d. h. nur zwischen dem dritten und vierten Nephrotom geschlossene Rinne sich in die Peritonealhöhle eröffnet hatte, schnürt sie sich jetzt im Bereich ihres vierten Divertikels (Seg- mentes) zum erstenmal von der Leibeshöhlenwand ab, mit der sie in der Figur nur mehr durch einen schmalen soliden Stiel in Ver- bindung steht. Unterhalb der abgetrennten Vorniere biegt die parietale Leibeshöhlenwand in horizontaler Richtung zur visceralen um. Das so gebildete Cölomdach liegt ventral von der Vorniere abgerückt, also unterhalb der Stelle, wo weiter vorn die Peritoneal- Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 395 öffnung der Vorniere sich befand. Daher ruft die Glomerular- arterie trotz ihrer ziemlich beträchtlichen dorso-ventralen Aus- dehnung keine Vorbuchtung dieses Leibeshöhlendaches hervor. Stellt man sich vor, dass in der Figur die Vorniere sich in der bisherigen Weise nach unten in die Leibeshöhle eröffne, so erhält man die frühere, das (refäss umfassende Falte, wie in Fig. 6 und 9. Das mediale Faltenblatt ist überdies in der Abbildung im An- schnitt noch zu sehen, während an Stelle des lateralen nur der dünne Verbindungsstiel der abgeschnürten Vorniere vorliegt. Die fünfte Glomerulararterie. Der Schnitt der Fig. 12 trifft die Höhle des fünften Nephrotoms im vorderen Än- schnitt und zeigt eine neue Peritonealöffnung der Vorniere (0). Von ihr läuft ein spaltförmiges Lumen in das fünfte Vornieren- divertikel empor. Erst auf dem folgenden Schnitt eröffnet es sich in den darüber gelegenen dorsalen Abschnitt der Vorniere, den Sammelgang. Die Mündung des Peritonealtrichters ist hier und auf dem vorhergehenden Schnitt verlegt durch einige kleine, zum Teil intensiv gefärbte Zellen. offenbar eine Andeutung eines fünften Glomerulus (Gl. 5). Zwei Schnitte kandal von Fig. 12, noch im Bereich ihres fünften Segmentes, schnürt sich die Vor- niere zum zweitenmal von ihrer Unterlage ab. Obwohl daselbst die hintere Wand des Nephrotoms getroften ist, tritt kein Glome- rulus auf. Hingegen erscheint auf dem vierten Schnitt, der zwischen dem fünften und sechsten Nephrotom hindurchläuft, eine fünfte Glomerulararterie, ein Gefäss von der gleichen Richtung und Stärke, wie die in Fig. 11 abgebildete vierte Arterie. Sie buchtet das Leibeshöhlendach nur ganz unmerklich vor, so dass man auch hier von einer Glomerulusfalte kaum reden kann. Am kranialen Anschnitt des sechsten Nephrotoms tritt die Vorniere wieder in Verbindung mit der Cölomwand. Die letztere ist unterhalb dieser Stelle leicht eingebuchtet und nimmt so einen Anlauf zur Bildung eines Trichters für das sechste Vor- nierendivertikel, das hier schon beginnt, da es schräg nach vorn gerichtet ist. Der Zellenstrang aber, welcher von dieser Stelle der Leibeshöhlenwand zur Vorniere sich erhebt, ist so dünn, dass es fraglich erscheint, ob er sich zu einem Trichter. wie bei den vorhergehenden Segmenten, ausbilden wird. Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass er schon in Abschnürung, also in Rückbildung begriften ist, denn auf dem folgenden Schnitt erscheint er ganz le 396 J. Rückert: vom Cölomepithel abgetrennt, um sich danach nochmals für einen Schnitt schmal mit ihm zu verbinden. !) Entsprechend der Mitte des sechsten Nephrotoms schnürt sich das sechste Vornierensegment endgiltig von der Unter- lage ab. Bei der Mehrzahl der Torpedoembryonen wäre damit das !) Ich halte auf Grund erneuter Untersuchungen an meiner früheren (1888) Behauptung fest, dass bei Torpedo ein kranialer Abschnitt der Vor- nierenanlage sich in eine kontinuierliche, in das Cölom sich eröffnende Rinne umwandelt, die in kranio-kaudaler Richtung allmählich verstreicht. Ebenso habe ich meine damalige Angabe wieder bestätigt gefunden, dass am kaudalen Ende der Vorniere eine Abschnürung derselben von der Leibeshöhle statt- findet. Im Gegensatz hierzu bildet nach van Wijhe (1889) und Rabl (1896) die Squalidenvorniere ebensoviele Ostien als Vornierensegmente vor- handen sind, nämlich bei Pristiurus nach Rabl vier. Diese getrennten Cölommündungen verschmelzen sodann nach beiden Autoren, indem sie sich näher rücken, nach und nach zu einer einzigen, dem definitiven Ostium. Der Gegensatz zwischen unseren beiderseitigen Auffassungen ist nicht ganz so tiefgreifend, wie er auf den ersten Anblick erscheint. Wenn anfänglich solide Vornierensegmente beim Hohlwerden eine einheitliche Rinne bilden, so ist das im Prinzip der gleiche Vorgang, wie die Verschmelzung der Ostien, es bleibt nur der Unterschied, dass die Zwischenstufe getrennter offener Cölommündungen übersprungen wird und dass die Vornierenrinne mit Aus- nahme ihres hinteren, ein Ostium bildenden, Endes verstreicht, also verloren- geht. Die Richtigkeit der Befunde bei Pristiurus vorausgesetzt, welche anzuzweifeln ich keinen Grund habe, würde sich das Verhalten von Torpedo einfach aus dem Umstande erklären, dass seine um zwei Segmente längere Vorniere in ihrem kranialen Abschnitt entschieden rudimentärer ist als die des genannten Squaliden. Was den Abschnürungsprozess des kaudalen Abschnittes anlangt, so gibt Rabl selbst für Pristiurus zu, dass „sich zuweilen einzelne Ostien schliessen und verschwinden, ohne mit anderen zu verschmelzen“. Nun kommen bei Torpedo zwischen der kranialen Rinne und dem sich abschnürenden Kaudalende der Vorniere ebenfalls einige getrennte Ostien — ich gab ihre Zahl früher auf drei an — zur Ausbildung. Ob diese nach van Wijhe und Rabl zum definitiven Ostium verschmelzen, oder ob sie durch das Fortschreiten der beiden Rückbildungsprozesse bis auf das einzige bleibende Ostium noch verloren gehen, wie ich früher annahm, möchte ich Jetzt, nachdem ich mehr Embryonen der einschlägigen späteren Stadien unter- suchen konnte, nicht mehr entscheiden. Der Vorgang ist schwierig zu ver- folgen und erfordert eine ganz lückenlose Entwicklungsserie, die mir nicht zur Verfügung steht. Ich kann aus dem gleichen Grunde aber auch nicht anerkennen, dass Rabl an seinen sonst sehr instruktiven Plattenmodellen den Nachweis für die Verschmelzung der Ostien erbracht hat. Er hat keine Entwicklungsphase dargestellt, aus der man eine bevorstehende, geschweige denn eine sich vollziehende Ostienvereinigung ersieht. Uber die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 397 hintere Ende der Vorniere erreicht. Bei unserem Objekt aber ver- einigt sie sich nochmals, und zwar im Bereich der vorderen Hälfte des siebenten Nephrotoms, mit der Cölomwand. Der verbindende sehr kurze und schmale Stiel zeigt sogar geordnetere Zellverhältnisse als der des sechsten Segments, so dass man meinen könnte, es bereite sich in ihm ein Kanallumen vor. Auch die trichterförmige Einsenkung des Peritoneums unter ihm ist deutlicher, als beim vorigen Segment. Nach der schmalen Beschaffenheit seines soliden Stiels zu urteilen, dürfte sich auch der Trichter dieses überzähligen Segments zurückbilden. Hinter dem sechsten und siebenten Nephrotom ist kein Quer- gefäss mehr vorhanden. Es bestehen also auf der linken Seite nur fünf Glomerulararterien bei sieben Vornierensegmenten. Als notwendige Ergänzung für die Querschnitte dient eine Serie horizontaler Längsschnitte des gleichaltrigen Embryo Torp. 64. Mit einem dieser Schnitte (Fig. 13) wurde oben die Beschreibung der Vorniere eingeführt. Dem dort Ge- sagten ist hier hinzuzufügen, dass zwischen den sechs Nephrotomen der Figur fünf Vornierengefässe (Q 1 bis Q 5), also die gleiche Zahl wie bei dem quergeschnittenen Torp. 52, durchtreten. Die drei hinteren sind rein quer getroffen, da sie ja fast ventral verlaufen, die beiden vorderen sind etwas schräg geschnitten, was ebenfalls mit ihrer an den Querschnitten konstatierten Richtung stimnit. Sie buchten die angrenzende Nephrotomwand gegen das Urwirbel- lumen vor. In ihrer Umgebung sind nur vereinzelte kleinere Zellen zu sehen. Auf dem ventral sich anschliessenden Schnitt der Fig. 14 sind die Gefässe nicht mehr getroffen, sondern an ihrer Stelle die ventral von ihnen gelegenen Teile der Glomeruli. Be- sonders kräftig entwickelt ist auch bei dieser Serie wieder der vierte Glomerulus (Gl4). Er besteht in Fig. 14, wo wir uns noch im segmentierten Mesoderm befinden, in einer Vorbuchtung der hinteren Wand des vierten Nephrotoms, die nach vorn zu tief in dessen Hohlraum vorspringt. Den Inhalt der Falte bildet eine Gruppe kleinerer runder Kerne, die von dem Zwischenraum zwischen den zwei Nephrotomen ausgeht. Es ist dies das gleiche Material, das auch an dem (Querschnittsbild die Glomerulusfalte, soweit sie nicht vom Gefäss eingenommen wird, ausfüllt. Das Vorkommen mehrfacher Mitosen in ihr zeigt 395 J. Rückert: an, dass sie in Wucherung begriffen ist. Das sie überziehende Zylinderepithel der hinteren Nephrotomwand wird dadurch aus der Reihe gebracht und auf der Höhe der Falte sogar gesprengt. Zwischen drittem und viertem Nephrotom, also an der Stelle der dritten Glomerulararterie, ist die gleiche Er- scheinung, aber in schwächerem Grade, zu beobachten. Ein Häufchen runder kleiner Zellen (Gl 3) buchtet die Vorderwand des vierten Nephrotoms nach hinten, und die Hinterwand des dritten nach vorn in die Urwirbelhöhle vor. Die Zellenordnung der Nephrotom- wände ist aber hier weniger gestört. Nur in der Hinterwand des dritten Segments sind keilförmige Elemente zwischen die Zylinderzellen eingeschoben. An sie schliessen sich einige frei in der Urwirbelhöhle gelegene Rundzellen an. Um so auffallender tritt die Bildung wieder im Bereich des zweiten Glomerulus (Gl 2) zu Tage. Hier drängt sich eine kleinkernige mitosenhaltige Masse von dem Urwirbelinter- stitium nach vorn in die Hinterwand des zweiten Nephrotoms keilföürmig vor. deren Zylinderzellenreihe auseinander treibend. Ein den Keil fortsetzender Zellenstrang durchsetzt die Höhle des zweiten Nephrotoms bis zu dessen Vorderwand, in die er noch einzudringen scheint. Im Bereich des kleinen ersten Glome- rulus (Gl1) ist nur eine spärliche Zellengruppe zwischen den Nephrotomen zu finden, die keine deutliche Einbuchtung der Nephrotomwände hervorruft. Der ventral folgende Schnitt der Fig. 15 trifft die einheit- liche Leibeshöhle und in ihr die unteren Enden der Glomeruli, von denen nur der erste und zweite in der Figur dargestellt sind. Der erste (Gl 1) liegt dicht an derjenigen Stelle der Splanchno- pleura, bei welcher der Umschlag der ersten Nephrotomwand in die zweite stattfindet. Er ist mit der letzteren nicht verbunden, seine längliche Zellengruppe ragt somit frei in die Peritoneal- höhle hinab. Der zweite Glomerulus (Gl 2), der die nämliche Lage an der Grenze der zweiten und dritten Nephrotomwand einnimmt, ist etwas stärker. Das quer durchschnittene Gebilde stellt einen von niedrigen, epithelartig aneinander geschlossenen Zylinderzellen geformten Kranz dar, der ein helles körniges Zentrum enthält. Die gleiche auffallende Beschaffenheit fand ich an dem auf dem Querschnitt mehr rundlichen Glomerulus der horizontalen Längs- Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. >99 schnittsserie eines anderen nur wenig älteren Torpedoembryos. Nur sind hier in das Zentrum des Zellenringes einige kleine runde Kerne eingelagert. An dieses Verhalten wurde ich lebhaft erinnert, als ich später die Beschreibung Hans Rabls (1904, S. 314) von der histologischen Beschaffenheit des Vornierenglomerulus von Sala- mandra las. Mit fast den nämlichen Worten wird hier eine Anordnung geschildert, die für den Salamanderglomerulus kon- stant ist. Beieinem Teil der Salamanderlarven umschliesst der Zellen- kranz ein Lumen, das ich bei Torpedo nicht fand, bei anderen (l. ce. Fig. 31) dagegen ein paar runde Kerne, wodurch genau das gleiche Bild zustande kommt wie bei meinem zweiten Torpedoembryo. Entsprechende Bildungen hat schon Wiedersheim (1890) im Glomus der Vorniere vom Krokodil beschrieben (I. c. S. 423). Die Capillarräume werden hier „von einem Kranz rundlicher Zellen“ mit „grossen Kernen“ umschlossen. Wie aus den Figuren l. e. 4—6 ersichtlich, zeichnen sich diese Kerne durch ihre intensive Färbbarkeit in Karmin aus. Auch für den Vornierenglomerulus eines menschlichen Embryos bildet Tandler (1905, Fig. 1) eine ähnliche Struktur ab. Diese Untersuchung der horizontalen Längsschnitte lehrt erstens, dass die Glomeruli nicht bloss in die Peritonealhöhle ventral vorragende Ausstülpungen des zwischen den Nephrotommündungen gelegenen Streifens des Leibeshöhlendaches sind, sondern dass bei ihrer Bildung auch das dorsal sich anschliessendesegmentierte Mesoderm, die Nephrotome beteiligt sind. Kleinere Rundzellen, welche das blinde Ende der Glomerulararterie nach abwärts fort- setzend zwischen den Nephrotomen liegen, drängen sich in deren Wände, besonders die hintere des nächst vorderen Nephrotoms, ein und buchten sie zugleich mehr oder minder stark in die Nephrotomhöhle vor. So verhält sich der dorsale Teil der Glomeruli, während ihr ventrales Ende in die unsegmentierte Peritonealhöhle hinabragt. Diese Beteiligung der Nephrotome am Aufbau der Glomeruli ist an Querschnitten zwar ebenfalls zu erkennen, wie aus der Beschreibung des letzteren hervorging, aber die kleinzellige Glomerulusmasse lässt sich von den flachen Anschnitten der zylindrischen Nephrotomwandzellen schwer unterscheiden und nicht scharf abgrenzen. 400 J. Rückert: Zweitens bestätigen die Horizontalschnitte die schon oben (S. 393) vertretene Ansicht, dass die Glomeruli nicht blos passiv durch eine von den Aortenästen (Glomerulararterien) ausgehende Ausstülpung der Leibeshöhlenwand zustande kommen. Es nimmt vielmehr an ihrer Bildung eine aktive Wucherung des diese Gefässanlagen umgebenden Mesenchyms teil. An einer nur wenig älteren Horizontalschnittserie als der abgebildeten (41 Rumpfsomiten) waren in den Interstitien der Nephrotome mit Ausnahme des zweiten die unterhalb der Gefässe gelegenen Zellen fast ganz geschwunden, ebenso wie das in die Nephrotomwände eingedrungene kleinzellige Material. Es scheint also, dass hier die Zellenwucherung sehr bald zur Ruhe kommt. Aber weiter ventral in den Nephrotommündungen und in der Peritonealhöhle waren die Zellenhäufchen der Glomeruli erhalten wie in Fig. 15. Die Glomeruli der Torpedovorniere unterliegen als rudimentäre Örgananlagen einer nicht unbeträchtlichken individuellen Variabilität. Es soll daher noch kurz angegeben werden, wie sich die übrigen untersuchten Torpedoembryonen zu dem vorstehend beschriebenen verhalten. Es kamen noch zur Beobachtung: 1. Drei weitere Embryonen mit eröffneter zweiter und dritter Visceraltasche, darunter der Schwesterembryo (Torp. 54) der beiden schon geschilderten Objekte. 2. Zwei Embryonen mit eröffneter erster bis dritter Visceral- tasche. 3. Zwei Embryonen mit eröffneter erster bis vierter Vis- ceraltasche. Bei den Embryonen der Gruppen 1—3 sind fünf Visceral- taschen angelegt. Die Zahl der Rumpfsomiten bewegt sich zwischen 39 und 44. Hierzu kommen noch: 4. Sechs Embryonen, bei denen die sechste Visceraltasche angelegt ist, davon drei mit eröffneter erster bis vierter, drei mit eröffneter erster bis fünfter Visceraltasche. Bei den ersten wurden bis zu 49 Rumpfsomiten gezählt, bei den letzteren am aufgehellten Embryo 60—61 Urwirbel, was auf eine Zahl von 56—58 Rumpfsomiten schliessen lässt. Über die Glomerulararterien und Glomeruli dieser Embryonen lässt sich folgendes sagen: Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 401 Die Zahl der linksseitigen Vornierenquergefässe betrug bei den drei Embryonen der ersten Gruppe einmal sechs, einmal fünf und einmal vier. Rechnet man dazu die zwei gleich- altrigen Embryonen, welche unserer Beschreibung zugrunde gelegt wurden, mit je fünf Quergefässen, so ergibt sich für diese fünf jüngsten Embryonen dreimal die Zahl fünf. Bei der zweiten Gruppe schon etwas älterer Embryonen fanden sich einmal fünf und einmal nur zwei Quergefässe. In der dritten Gruppe waren bei einem Embryo zwei Gefässe deutlich erhalten, bei einem anderen zwei in Rückbildung begriffen und bei dem dritten sämt- liche linke Gefässe rückgebildet. Im Stadium von sechs Visceral- taschen waren bei den jüngeren Embryonen die linken Quergefässe in verschiedenem Grade der Rückbildung begriffen, bei den älteren waren sie verschwunden. Hieraus geht hervor, dass die Zahl der linken Glomerular- arterien im Höhestadium ihrer Entwicklung, nämlich bei den jüngeren Embryonen der Stadien von fünf Visceraltaschen, meist fünf beträgt, dass aber auch sechs vorkommen und weniger als fünf. Ferner, dass sie bald darauf gleichzeitig mit der Reduktion der Vorniere sich ebenfalls zurückbilden. Sie gehen unter Auf- lösung ihrer Wand zugrunde. Zeitlich erfolgt die Rückbildung nicht ganz gleichmässig, entweder noch vor dem Erscheinen der sechsten Kiementasche oder erst danach. Waren fünf Glomerulargefässe vorhanden, so lagen sie hinter den fünf vorderen Nephrotomen, so dass das sechste Nephrotom und, wenn vorhanden, auch das siebente, leer ausgingen. War ihre Zahl geringer als fünf, so fehlten entweder die vorderen oder die hinteren, die mittleren waren erhalten. Nur in einem Fall waren bloss das erste und dritte angelegt. In ihrem Kaliber unterscheiden sich die aufeinander- folgenden Gefässe im Gegensatz zu den rechtsseitigen (s. unten) verhältnismässig wenig. Das vorderste, manchmal die beiden vorderen, waren enger als die folgenden. Auffallender sind ihre Längendifferenzen. Man kann angeben, dass im allgemeinen das vorderste oder die zwei vorderen und das letzte in ihrer Ausbildung hinter den mittleren zurückbleiben. Da ein sechstes Gefäss meist gar nicht angelegt wird, so korrespondiert der Entwicklungsgrad der linken Gefässe mit dem der Vorniere, deren vordere und hinterste Segmente rudimentär sind. Dass zwischen 402 J. Rückert: den rechten Gefässen und der Vorniere eine solche Korrelation besteht. habe ich früher (1888) dargetan. Auf der linken Seite geht die Übereinstimmung noch weiter als rechts, weil links das dritte Gefäß und besonders auch das vierte, öfters auch noch das fünfte die stärksten sind, während rechts neben dem dritten meist noch das zweite sich mächtiger ausdehnt. In bezug auf die Unterschiede in der Verlaufsrichtung der Quergefässe stimmen die übrigen Embryonen mit den beiden beschriebenen überein, d. h. das erste und auch noch das zweite (sefäss buchten sich im Gegensatz zu den folgenden mehr lateral als ventral aus. Was die Glomeruli dieser sämtlichen Embryonen anlangt, so bleibt ihre Zahl gewöhnlich um ein oder auch um zwei Stück hinter derjenigen der Quergefässe zurück. Sie beträgt also bei der Mehrzahl der jüngeren Embryonen mit fünf Visceraltaschen drei bis vier. In diesem Fall fehlt dann meist der Glomerulus des fünften (Juergefässes, der aber durch eine kleinere Zellen- gruppe angelegt sein kann. Oder es fehlt der Glomerulus des ersten Quergefässes,. der, wenn vorhanden, immer schwächer als der des zweiten bis vierten ist. Umgekehrt kann aber der vorderste Glomerulus auch vorhanden sein bei fehlendem ersten (uergefäss, woraus wiederum (S. 393) hervorgeht, dass er nicht in Abhängig- keit von seinem Gefäss entsteht. Wiederholt liess sich ein Zusammenhang mehrerer auf- einanderfolgender Glomeruli und zwar kaudaler verfolgen. Bei dem oben beschriebenen Torpedoembryo Nr. 52 waren nur die drei kranialen Glomeruli voliständig voneinander getrennt. Zwischen dem dritten und vierten dagegen war eine Verbindung durch eine aus der vierten Nephrotomhöhle zur medialen Lippe des Vornierenostiums sich hinziehende Zellengruppe hergestellt. Die Möglichkeit zu einer Verschmelzung der Glomeruli ist ja in der Entwicklung von vornherein dadurch gegeben, dass die Vor- buchtung der einen Nephrotomwand in die Nephrotomhöhle hinein sich bis zur gegenüberliegenden Wand erstreckt. Es ist das ein Vorgang, der bei weiterem Fortschreiten eine totale Verschmelzung zu einem einzigen Glomerulus herbeiführen würde, wie ein solcher bei anderen Wirbeltieren, z. B. Urodelen und Anuren, tatsächlich vorhanden ist. Bei Torpedo kommt eine so weitgehende Verschmelzung Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 405 nicht vor, schon deshalb nicht, weil die Anlage, statt weiter zu wuchern, sich alsbald wieder rückbildet. Die Rückbildung.der linken Glomeruli erfolgt gleichzeitig mit derjenigen ihrer Gefässe, von welcher oben schon berichtet wurde, dass sie mit einer Verbreiterung der Gefässfalte (Fig. 18) unter Reduktion des soliden Zellenwulstes einsetzt. Unter weiterer Abflachung verstreicht die Falte allmählich. Bei einem der ältesten Embryonen des Stadiums von fünf Kiementaschen waren die Glomeruli bis auf zweifelhafte Reste verschwunden, ebenso wie die Quergefässe, die aber zum Teil in aufgelöstem Zustand sich noch erkennen liessen. Andererseits fanden sich noch bei den jüngeren Embryonen des Stadiums von sechs Visceraltaschen (sechste Tasche unfertig) die beiderlei Bildungen vor. Später, wenn die sechste Tasche vollständig aus- gebildet ist und die fünf ersten eröffnet sind, findet man nichts mehr von linksseitigen Glomerulis und Glomerulargefässen. Ich möchte die Beschreibung nicht abschliessen, ohne einer eigentümlichen Bildung zu gedenken, die sich nur bei einem Teil der Embryonen an einzelnen ihrer linken Glomeruli fand. Bei Betrachtung der Fig. 15 fällt es auf, dass schräg gegenüber dem ersten und zweiten Glomerulus eine Zellengruppe (S) liegt, die der parietalen Leibeshöhlenwand dicht angeschmiegt ist. Die gleiche Anordnung traf ich bei einer zweiten nur wenig älteren Horizontalschnittserie, nur liegen die Zellenhäufchen hier schräg vor dem dritten und schräg hinter einem ganz schwach entwickelten fünften Glomerulus. Sie stehen in diesem Falle mit der Somato- pleura in inniger Verbindung, heben sich aber von diesem Blatt durch ihr sehr dichtes Gefüge und ihre intensive Färbbarkeit ab. Das letztere Verhalten traf ich übrigens wiederholt auch am Ventralende der Glomeruli selbst. Dieses Ende des Glomerulus nähert sich nun stark der fraglichen Zellengruppe (vgl. Gl 2 in Fig. 15), einmal stand es sogar mit ihr in Zusammenhang. Auch auf (Querschnitten der untersuchten Embryonen habe ich dieses Verhalten wiederholt gefunden. So entsendet z.B. die intensiv gefärbte Spitze des Glomerulus der Fig. 8 auf dem vorher- gehenden, nicht abgebildeten, Schnitt lateral einen Zellenstrang, der sich durch kurze Fäden mit der fraglichen Zellengruppe an der Somatopleura in Verbindung setzt. Die letzteren Zellen liegen, wie aus Querschnitten zu ersehen ist, genau an jener medial 404 ° J. Rückert: vorspringenden Ecke des Parietalblattes, durch welche der obere glomerulushaltige Abschnitt des Cöloms von der übrigen Leibes- höhle sich absetzt. Auch für diese Bildung fand ich nachträglich beim Studium der Literatur ein Analogon in der sorgfältigen Beschreibung, die Hans Rabl (1904) vom Glomerulus der Salamanderlarve gibt. Er schreibt S. 315: „eine weitere Eigentümlichkeit des Vornieren- Glomerulus besteht darin, dass derselbe nicht bloss an einer Seite der Vornierenkammer aufgehängt, sondern auch entlang einer kurzen Strecke an ihrer lateralen Wand befestigt ist. Auch bei Amphiuma (Field) wurde eine Verlötung des Glomerulus mit der Somatopleura gefunden und, um noch ein Beispiel zu nennen, bei der Schildkröte Chrysemis von Burlend (1913). Weiteren Aufschluss über diese mir anfangs ganz unverständ- liche Anordnung bei Torpedo gab mir ein Schnitt (Fig. 17) durch einen etwas älteren Embryo aus der Gruppe 3, bei welchem nur zwei kleine, offenbar schon in Rückbildung begriffene Glomeruli vorhanden sind. Hier ragt an der gleichen Stelle der Somatopleura die fragliche Zellengruppe (S) vor, aber auch gegen- über von ihr springt. ebenfalls von der Einknickungsstelle der Splanchnopleura, ein zweiter Zellenfortsatz in die Leibeshöhle vor. Er ist kräftiger als der parietale und steht in so inniger Verbin- dung mit diesem Blatt, dass er als Bestandteil von ihm erscheint. Auf dem vorhergehenden Schnitt (Fig. 16) stehen die beiden hier im Anschnitt getroffenen Vorsprünge miteinander in Verbindung (S). Und merkwürdigerweise hängt mit dieser Vereinigungsstelle wieder die angeschnittene Spitze des Glomerulus (Gl) zusammen. Diese Anordnung, durch welche der dorsale, die Vornieren- mündung und den Glomerulus aufnehmende, Abschnitt. der Leibes- höhle (Vk) von dem übrigen Cölom abgetrennt wird, entspricht offenbar der Anlage einer äusseren Vornierenkammer. Das Eigenartige der Bildung würde nur darin bestehen, dass das untere Ende des Glomerulus an ihr beteiligt ist, insofern es mit dem die Vornierenkammer abtrennenden Horizontalseptum zu- sammenhängt. Dies letztere Verhalten, so auffallend es erscheint, steht aber ebenfalls nicht isoliert da, wie die oben angeführten Beobachtungen bei Amphibien zeigen. Hans Rabl deutet die Möglichkeit an, dass die Brücke zwischen Glomerulus und der Vornierenkammerwand bei Salamandra das Rudiment einer Kammer- Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 405 scheidewand darstellt, lässt aber die Frage offen, da er ein bis zur Splanchnopleura durchlaufendes Septum nicht gesehen hat. Bei Torpedo handelt es sich nun freilich nicht um ein die Kammer durchsetzendes Septum, sondern um den ven- tralen Abschluss derselben. also einen Vornierenkammer- boden. Dass auch die häufiger vorkommenden der Somatopleura anliegenden Zellengruppen (Fig. 15) in dem gleichen Sinn, d.h. als schwächere Rudimente eines Vornierenkammerbodens zu deuten sind, ist mir sehr wahrscheinlich. Ihr Vorkommen gerade an diesem Isthmus der Leibeshöhle ist jedenfalls sehr auffallend und eine andere Deutung wüsste ich für sie nicht zu geben. Die Tatsache also, dass es bei Torpedo in vereinzelten Fällen wie in Fig. 16 und 17 zur vollständigen ventralen Abgrenzung einer äusseren Vornierenkammer im Bereich eines Glomerulus kommt, steht ausser Zweifel. und dass mehr oder minder aus- gesprochene Rudimente einer solchen Bildung häufiger vorkommen, darf ebenfalls angenommen werden. Ja. ich möchte noch weiter gehen und die konstant auftretende Einbiegung, insbesondere die starke Einknickung der Somatopleura in das Cölom in dem Sinn deuten, dass sie die Einleitung zur Abkapselung einer Vornieren- kammer darstellt. Denn erstens liegt die Stelle, wo dies geschieht. genau da, wo in Ausnahmefällen ein wirklicher Kammerboden sich bildet und zweitens kommt die Erscheinung nur in der Vornierengegend vor. Sowohl vor wie hinter der Pronephros- region verengt sich die Leibeshöhle nach aufwärts gegen die Urwirbelmündungen gleichmässig, ohne dass durch eine Isthmus- bildung ein oberes, wieder etwas sich erweiterndes Stück, eben eine Vornierenkammer, abgegrenzt wird. Das parietale Blatt zeigt dabei sogar umgekehrt eine gegen das Ektoderm zu gerichtete flache Abbiegung. Wenn somit anzunehmen ist, dass die mit einer wohl ausgebildeten Vorniere versehenen Vorfahren der Selachiereine Vornierenkammer besessen haben, so muss es doch often bleiben, ob eine solche der äusseren Vornieren- kammer der heutigen Amphibien vergleichbar ist oder, was nach den obigen Befunden vielleicht wahrscheinlicher ist, nur einem dorsalen bis zur Verlötungsstelle des Glomerulus hinabreichenden Abschnitt derselben. 406 J: Rückert: Auch vom vererbungstheoretischen Standpunkt sind die hier mitgeteilten Beobachtungen nicht ohne Interesse, insofern sie zeigen, dass in einer so rudimentären Organanlage, wie der Vorniere der Selachier, die es nicht mehr über die ersten, primitivsten Entwicklungszustände hinausbringt, doch bei einzelnen Individuen ziemlich spezialisierte Formgestaltungen zähe festgehalten werden, wie z. B. in der histologischen Struktur der Glomeruli, ihrer sekundären Verlötung mit der Leibeshöhlenwand und der Anlage eines Vornierenkammerbodens. Wie die Glomeruli als Ganzes, so sind auch diese ihre speziellen Eigenschaften in ihren verschie- denen Abstufungen einer weitgehenden individuellen Variabilität unterworfen. 2. Selachierliteratur. Die wenigen Beobachtungen, die ausser meinen eigenen früheren Angaben (1888) über die Glomeruli der Selachiervorniere gemacht worden sind, beziehen sich auf Squaliden. Sie betreffen, soweit sie überhaupt brauchbar sind, nur die linke Vorniere und sollen daher an dieser Stelle besprochen werden. In seiner Arbeit vom Jahre 1889 beschreibt van Wijhe für „Haifischembryonen“ (Pristiuren) mit „70—100 Myotomen“ ein Gebilde, das er, wenn auch mit einiger Reserve, als einen „Glomus“ deutet und mit den von mir bei Torpedo gefundenen Glomerulis vergleicht. Wie aus der Beschreibung (l. c. S. 480) und den Figuren (l.c. Fig. 6 c—f) hervorgeht, handelt es sich dabei auf der linken Seite um einen Zellenstrang, der dicht an einem Vornierenostium entlang zieht, indem er dessen dorsale Lippe mit der ventralen verbindet. Diese Bildung von Pristiurus ist den oben geschilderten linken Glomerulusfalten von Torpedo nicht gleichwertig, wohl aber scheint sie jenen Zellengruppen zu entsprechen, die oft bei dem letztgenannten Objekt als ventrale Teile der glomerularen Zellenwucherung sich an den Peritoneal- mündungen der Vorniere vorbeischieben, um an der Somatopleura unterhalb der ventralen Lippe des Ostiums zu enden (vgl. meine Fig. 10 und 12). Solche Zellengruppen können bei Torpedo auch selbständig auftreten alseinzige Andeutung eines stark rudimentären Glomerulus (s. S. 395). Van Wijhe gibt nun an, dass sich in diese Stränge sowohl ein Ast der Aorta wie der Kardinalvene verfolgen lässt. Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 407 Das letztere wäre selbstverständlich eine sehr wichtige Beobach- tung, doch muss ich Ü. Ra bl (1896) beistimmen, wenn er auf Grund der beigegebenen Figuren diese Angaben für den linken Strang anzweifelt. Der rechtsseitige Strang stellt, wie Rabl mit Recht vermutet, etwas ganz anderes dar. Ich kann ihn, ebenso wie eine gleichwertige Bildung, die Rabl ebenfalls für die rechte Seite von Pristiurus beschrieben hat, erst später, in der folgenden Arbeit, besprechen, nachdem das Verhalten der Vena cardinalis zur Vorniere klargestellt ist. Die einzige aus der Literatur mir bekannte Glomerulus- bildung eines Squaliden, die mit denjenigen von Torpedo, wenigstens den schwächer ausgebildeten Anlagen bei diesem Objekt, über- einstimmt, wurde von Ü. Rabl für die linke Seite eines Seyllium- embrvos dargestellt (l. c. S. 669). Wie die beigegebene Abbil- dung (l. ec. Taf. XV, Fig. 6) zeigt, besteht dieselbe aus einer ventralen Falle der dorsalen Cölomwand, in welche eine kleine Aortenbucht eintritt, „um sich unterhalb der medialen Lippe des ersten Vornierenostiums, wie es scheint, in die hintere Kardinal- vene zu ergiessen“. Dieses letztere vom Autor mit Vorbehalt angegebene Gefässverhältnis wäre, wenn es sich bestätigt, sehr wertvoll. Es lägen hier das arterielle und venöse Gefäss eines (‚lomerulus nebeneinander vor, eine Anordnung, die ich an der linken Vorniere von Torpedo nicht angetroffen habe, weil hier die Rückbildung der arteriellen Gefässe schon einsetzt, wenn die Kardinalvene sich ausbildet. Rabl selbst wäre nicht abgeneigt, seinen Befund als eine rudimentäre Glomerulusanlage zu deuten, wenn er nicht zu isoliert dastünde. Ich selbst habe keine Gelegenheit gehabt, die Squaliden auf Glomerulusbildungen ihrer Vorniere zu untersuchen, möchte aber auf Grund der angeführten Literaturangaben annehmen, dass diese Objekte, zum wenigsten der wiederholt und genau untersuchte Pristiurus, in bezug auf die Erhaltung dieser Rudimente entschieden hinter Torpedo zurückstehen, sonst wären meine neueren Befunde schon längst von anderer Seite beschrieben und die älteren nicht angezweifelt worden. Um so auffallender ist es, dass trotzdem auch bei diesen Objekten die Abgrenzung einer Vornierenkammer, wenn auch wohl als Ausnahme, vorzukommen scheint. Ich möchte dies nach einer Beschreibung annehmen, die Ü. Rabl (l. ce. S. 658) 408 J. Rückert: von einer „Peritonealduplikatur“ gibt, die bei Pristiurus vom Mesenterium „nach aussen zieht, um sich derart mit der Somato- pleura zu verbinden, dass dadurch eine nach vorn offene Nische der Leibeshöhle abgegrenzt wird“. Rabl versucht für diese Bildung keine Erklärung, wenn ich eine solche hier gegeben habe, so geschah dies selbstverständlich mit dem Vorbehalt, den mir die Unbekanntschaft mit dem betreffenden Präparat auferlegt. 3. Vergleichendes. Die beschriebenen linksseitigen Glomeruli der Torpedovorniere ragen frei in den oberen Abschnitt der allgemeinen Leibeshölile vor und sind deshalb als äussere Glomeruli anzusprechen. Solche besitzen unter den Wirbeltieren bekanntlich die Petromy- zonten, Dipnoer, Urodelen, Anuren und die Amnioten. Auch bei den Ganoiden treten sie auf, allerdings spät und im Anschluss an die vorausgegangene Bildung innerer (lomeruli. An der rudimentären Vorniere von Torpedo kommen die Glo- meruli nicht über eine frühe Entwicklungsstufe hinaus, wir können daher zum Vergleich nur solche Vertebratenformen heranziehen, bei welchen die ganz junge Anlage dieser Gebilde bekannt und genau beschrieben ist. Das ist nun vor allem bei Petromyzon der Fall. In der Tat weisen die Frühformen der Glomeruli bei diesem Objekt wie oben (S. 392) gezeigt wurde, eine weitgehende Übereinstimmung mit denjenigen von Torpedo auf. Auch von den Urodelen und namentlich den Anuren ist die Entstehung des äusseren (Glomerulus, des „Glomus“, von den ersten Anfängen an wiederholt dargestellt worden von Götte (1875), Fürbringer (1878), Field (1891) und Filatow (1904 und 1905). Aber aus diesen Beschreibungen ist ersichtlich, dass der Glomus der Amphibien in bezug auf sein topographisches Verhalten von den linksseitigen Glomeruli von Torpedo sich merk- lich unterscheidet. Er tritt als eine Falte der Splanchnopleura auf, die von der Darmwand, bezw. später von dem kurzen Mesenterium, gegenüber der Vornierenmündung ausgeht und sich lateral gegen die letztere vorbuchtet. Bei Torpedo dagegen und ebenso bei Petromyzon senkt sich die Falte vom Leibes- höhlendach dem Vornierenkanälchen entlang nach abwärts. Unten den Amnioten sind es die Vögel, bei denen die Vornierenglomeruli noch am ehesten eine Beurteilung zulassen. Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. +09 Die beste Abbildung eines solchen Gebildes hat meines Erachtens H.Rabl (1908, Fig. S1) von einem Kibitzembryo von 27 Urwirbeln gegeben. Der Glomerulus ist hier in seiner Verbindung mit einem Vornierenkanälchen und dessen Uölommündung dargestellt. Er springt als Falte der dorsalen Leibeshöhlenwand ventral in das Cölom vor und schliesst sich unmittelbar an die mediale Wand des Vornierenkanälchens bzw. dessen Ostium an, so dass das /ylinderepithel des letzteren sich direkt in seinen Peritoneal- überzug fortsetzt. Die Anordnung stimmt mit derjenigen von Torpedo gut überein, abgesehen von dem nebensächlichen Um- stand, dass der Glomerulus auf dem Querschnitt abgerundet und breiter erscheint. Das Gleiche lässt sich übrigens schon aus älteren Abbildungen, so z. B. denen von Mihalcovics (1855 Fig. 20 und 21 von einem 4 Tage alten Entenembryo) entnehmen. Was die Reptilien anlangt, so sind bei Eidechsen und Schlangen Vornierenglomeruli in den älteren Arbeiten nicht beschrieben worden, ja ihr Vorhandensein wird von Braun und Mihalcovics direkt in Abrede gestellt. Die sorgfältige neuere Untersuchung über die Entstehung des Exkretionsapparates der Amnioten von Kerrens (1907) erstreckt sich auf so junge Stadien. dass aus der Nichterwähnung von Glomerulusbildungen bei Lacerta und Tropidonotus kein bestimmter Schluss zu ziehen ist. Hingegen ist beidemKrokodilunddenSchildkröten von Wiedersheim (1390), Gregory (1900) und Burlend (1913) ein „Glomus“ der Vorniere beschrieben worden. Das jüngste Stadium, welches Wiedersheim von Crocodilus biporcatus darstellt (l. ec. Fig. 1 «-y), zeigt das Gebilde in schon etwas vor- gerücktem Entwicklungsstand, doch gleicht es auf den Querschnitten den Glomeruli der Vogelembryonen. Es buchtet sich als rund- licher, stellenweise zweigeteilter Wulst in die Leibeshöhle vor, von deren dorsaler Wand zwischen der Abgangsstelle des Mesen- teriums und den Vornierentrichtern. von den letzteren durch eine dorsale Cölombucht getrennt. Für seine Untersuchung der Schild- krötenembryonen stand Gregory ein reiches Material auch jüngerer Stadien zur Verfügung, so dass die Entwicklung des Glomus von Anfang an verfolgt werden konnte. Er entsteht hier bei Platypeltis als eine gefässhaltige Falte der dorsalen Peritonealwand unmittelbar neben den Vornierenostien (l. c. Fig. 40 Archiv f. mikr. Anat. Bd.89. Abt.I. 28 410 J. Bückert: und Fig. 41), wobei wie bei Torpedo: und Petromyzon die mediale Wand des letzeren sich ventro-lateral in die Glomusfalte um- schlägt. Die Komplikation, dass medial vom Glomus „Mesone- phroskanälchen“ münden, deren mediale Trichterwand sich ihrer- seits in der gleichen Weise in eine zweite von der Aorta gespeiste elomerulare Cölomfalte fortsetzt, muss hier unberücksichtigt bleiben, denn das Verhältnis zwischen Vornieren- und Urnierenglomeruli bedarf bei Reptilien noch der Klärung. Bei den Säugetieren ist die Vorniere. wie bekannt, er- heblich rudimentärer als bei den Sauropsiden, und dementsprechend sind Glomerularbildungen derselben bis jetzt nur bei wenig Ob- jekten, am meisten noch bei menschlichen Embryonen, festgestellt worden. So von Janosik (1887), Tandler (1905), Elze (1907), Ingalls (1907) und Veit (1909). Der von Tandler (l. ce. Fig. 2) abgebildete Glomerulus seines Embryo I lässt sich in seiner Frühform mit den Torpedoglomeruli vergleichen. Vielleicht noch weitgehender ist in rein struktureller Hinsicht (vergl. oben S. 399) die Übereinstimmung einiger Glomerulus- querschnitte von Torpedo und dem Zapfen, der auf der linken Seite des gleichen menschlichen Embryos von Tandler beschrieben wird (l. ec. Fig. 1). Da der Zapfen von der Wand des Vornieren- kanälchens ausgeht, müsste er allerdings einem inneren Glomerulus entsprechen, doch würde dies der Vergleichung keine allzu grosse Schwierigkeit in den Weg legen, wie aus der späteren Darlegung hervorgehen wird. Bei 14 jungen menschlichen Embryonen hat O. Veit (1909) neunmal Vornierenrudimente gefunden, aber nur zweimal Bildungen, die „vielleicht“ als Rudimente äusserer Glomeruli zu deuten sind, so besonders einmal einen vaskularisierten Zellenzapfen, der in das Nephrotom „hereinhängt“. Bemerkenswert ist das von Veit beobachtete Vorkommen Malpighischer Körperchen im Bereich seiner Vornierenreste. Für die übrigen Säugetiere sind, so viel mir bekannt, Vornieren- elomeruli nur noch beim Maulwurf von Tourneux und Soulie (1903) und bei Affen und Halbaffen von Keibel (1905) ge- funden worden. Die unmittelbar vor der Urniere gelegenen äusseren Glomeruli zweier Affenarten werden vom letztge- nannten Autor nur kurz als solche erwähnt. Besser entwickelt fanden sich die Vornierenreste bei Tarsius. Keibel bildet Uber die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 41: von mehreren Embrvonen dieser Art äussere Glomeruli ab. die in ihrer Lage sich an. die der Vögel und Selachier. an- schliessen. In ihrer unmittelbaren Nähe liegen innere Glomeruli, die nach den Figuren zu urteilen mit ihnen zusammenzuhängen scheinen. Am kranialen Ende der Urniere fand sich bei einem ‚etwas älteren Tarsiusembryo ein Urnierenglomerulus. der durch den Triehter sich frei in die Bauchhöhle vordrängt. Es liegen also hier Verhältnisse vor wie bei den Übergangsglomeruli der Reptilien (Wie dersheim). Bei Torpedo tritt nicht ein zusammenhängender Vornieren- glomerulus, sondern wie oben gezeigt wurde, eine Anzahl getrennter Glomeruli auf und zwar in segmentaler Anordnung. Die zu ihnen verlaufenden Aortenäste sind streng intermetamer. Wie verhalten sich hierzu die äusseren Glomeruli der übrigen Wirbeltiere ? Bei Petromyzon kommt nach den übereinstimmenden Beobachtungen älterer und neuerer Autoren nur ein Paar Glomeruli zur Ausbildung. Aber dieser „Glomus“ lässt, wie Wheeler (1900) für Petromyzon Planeri angibt, vier bis fünf hintereinander gelegene Lappen unterscheiden. Dementsprechend wird er. von einer Anzahl von Aortenästen versorgt. Anfänglich kann man die Andeutungen von vier Aortendivertikeln erkennen, später, wenn das Verhalten klarer zutage tritt, sind es jeder- seits drei solcher (refässe oder drei auf der einen, zwei auf der anderen Seite, schliesslich nur noch eines. Noch brauchbarer für eine Vergleichung mit Torpedo sind die Angaben Hattas (1900). Auch nach diesem Autor ist der den Glomerulus liefernde Gefäßspalt (vergl. meine Textfigur A) anfänglich einheitlich und erstreckt sich vom vorderen Ende des dritten bis zu dem des fünften Vornierentubulus. also fast über die ganze Länge der bleibenden Vornierenanlage. Aber der mit der Aortenanlage in Verbindung stehende Gefässraum (s. oben S. 392) wird durch sekundäre Verlötung seiner Wände in drei aufeinanderfolgende intermetamere Abteilungen zerlegt. Die beiden vordersten dieser Gefässanlagen gehen alsdann zugrunde. Die dritte erweitert sich sackartig an ihrem unteren Ende, füllt sich mit Zellen und wird so zum Glomerulus. Das Endresultat ist also auch hier ein von einem einzigen Aortenast versorgter Glomerulus. Die Differenz gegenüber Wheeler ist. wenn der 28* 412 J. Rückert: auf dem Sagittalschnitt gelappte Glomerulus dieses Autors der dreigeteilten Falte Hatta’s entspricht, ein nur unwesentlicher,. vielleicht durch das Objekt — Hatta untersuchte eine japanische Petromyzonform — bedingter. Jedenfalls geht aus Hatta’s Angaben hervor, dass die Glomerulargefässe, wenn ihrer Heraus- differenzierung auch ein gemeinsamer Spaltraum vorangeht, als solche. doch eine Zeitlang intermetamer angeordnet sind. Diese Tatsache, mit der sich die Befunde Wheeler’s vereinigen lassen. weist in Zusammenhang mit der Entwicklung des Glomerulus aus einer dieser Gefässanlagen darauf hin, dass die Petromyzonten ursprünglich segmentale Glomeruli, gespeist von segmentalen Aortenästen, besessen haben werden, wie solche bei Torpedo- embryonen noch zur Anlage kommen. Diese Glomeruli wären dann bis auf einen einzigen verloren gegangen. Noch besser stimmt zu dieser Auffassung die Angabe, welche ‘Hatta später (1908) in einer der Gefässentwicklung von Petro- myzon gewidmeten Arbeit macht. Hiernach würden im Bereich von sechs Nephromeren fünf intersegmentale Quergefässe angelegt, von welchen später eines zur Glomerulararterie sich umgestaltet. Der äussere Glomerulusvon M yxine ist in dem vorgerückten Stadium, in welchem er bisher zur Untersuchung kam, einheitlich, wird aber von drei bis fünf Aortenästen versorgt. Maas (1897), dem wir diese Kenntnis verdanken, hat hiernach eine Entstehung des (refässknäuels aus Einzelstücken vermutet. Bei den Urodelen und Anuren findet sich ein durchaus einheitlicher Glomerulus, ein „Glomus“ im Sinne von Felix) von der ersten Anlage an bis zum ausgebildeten Organ. Er erstreckt sich zur Zeit seiner maximalen Ausdehnung bei Rana vom ersten bis über das dritte Nephrotom (Field 1891), bei Bombinator (Möllendorf 1911) über zwei Segmente, bei Amblystoma, wo nur zwei Vornierensegmente vorhanden sind, reicht er vom ersten bis zum zweiten Nephrotom (Field 1891). Das gleiche gibt Hoffmann für Triton cristatus (1886) an. Wäre die Anlage segmental, so müsste dies zum mindesten bei den Anuren zum Ausdruck kommen, weil sie sich hier über mehrere Segmente erstreckt. Einige ältere Angaben über eine Lappung bezw. höckerige Oberfläche des Organs, über taschen- !) v. Wijhe, von dem der Ausdruck stammt, wollte mit ihm allgemein die Glomeruli der Vorniere von denen der Urniere unterscheiden. Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 413 artige Einbuchtungen der Wand und über eine Zweiteilung der Vornierenkammer durch Verwachsung des Organs mit der Somato- pleura bieten keine stichhaltige Unterlage für die Annahme eines seementalen Banes. Die einzigen Anhaltspunkte für die Ableitung des Amphibien- slomus von metameren Glomerulis gibt die arterielle Gefässver- sorgung. Schon Field, der sich mit dem (Gegenstand eingehend beschäftigt hat. lässt bei Rana und Amblvstoma mehrere Aortenäste, deren Zahl er aber nicht feststellen konnte, zum “slomerulus verlaufen. Diese Angabe kann durch die gegenteilige Behauptung Filatows (1904 und 1905), nach welcher bei Rana arvalis nur eine einzige Glomerulararterie auftritt und der Befund von Field sich durch partielle Verstopfung von Gefäss- schlingen mit Blut erklären soll. meines Erachtens nicht erschüttert werden, Denn, auch aus der Beschreibung. die Möllendorf (t911) von der Gefässentwicklung des Bombinator gibt, geht hervor, dass der (refäßsinus. der die Glomerularfalte in ihrer ganzen Länge. über zwei Segmente, erfüllt, anfänglich zwei breite Aortenverbindungen besitzt, von denen jede sich über ein Segment erstreckt. Später werden allerdings durch Teilung des ursprünglichen Raumes vier schmälere Aortenverbindungen gebildet, die sich schliesslich in Zusammenhang mit der Ab- schnürung des Glomerulus bis auf eine zurückbilden. Ganz klar tritt die segmentale Gefässversorgung des Glo- merulus bei Siredon und Salamandra atra nach einer neuen mit Hilfe von Rekonstruktionen sehr sorgfältig ausgeführten Untersuchung von Fräulein Dr. Hartmann zutage. Aus der noch nicht veröffentlichten aber druckfertigen Arbeit ergibt sich, dass bei beiden Objekten je zwei intermetamere Aortenäste ent- sprechend den zwei vorhandenen Vornierensegmenten sich anlegen, um den sonst völlig einheitlichen über etwas mehr als zwei Myvotome sich ausbreitenden Glomerulus zu versorgen. Für die Vögel findet man über die in Rede stehende Frage nur in der älteren Literatur Aufschluss. Diese ist von Felix im Hertwigschen Handbuch (lII S. 196) zusammengestellt. Bei den Vögeln kommen bekanntlich, wie zuerst durch Sedgwick (1880) für das Hühnchen festgestellt worden ist, nicht ein grosser ‚einheitlicher, sondern mehrere getrennte Glomeruli zur Ausbildung. Ihre Zahl ist nicht nur bei den verschiedenen Vogelarten eine 414 J. Rückert: ungleiche, sondern schwankt auch bei den "einzelnen Individuen der gleichen Art (z. B. Huhn), :wie dies bei den ebenfalls rudi- mentären Glomerulis von Torpedo ja auch der Fall'ist. Ob sie aber wie diese segmental angeordnet sind, lässt sich aus der Lite: ratur nicht mit Sicherheit ersehen. Sedgwick (1581), der ältere Stadien von Hühnchen untersucht hat. fand keine regelmässige Verteilung der Glomeruli, in ein paar Segmenten waren sogat zwei Gefässknäuel vorhanden. Massgebender ist die Untersuchung von Felix, weil sie sich auf jüngere Zustände beim Hühnchen erstreckt. Felix gibt an, dass er die Glomeruli der Vorniere „oft ganz regelmässig hintereinander angetroffen“ habe, aber auch er fand einmal zwei Glomeruli in demselben Segment. Aus zwei Abbildungen Siemerlings (1882) vom Hühnchen (l. e. Fig. 2 und Fig. 3) könnte man einesegmentale Anordnung entnehmen; doch bei einem etwas älteren Embryo (l. ec. Fig. 4) müsste dann eine sekundäre Verschiebung für die rechte Seite nachträglich stattgefunden haben. Auch ist nicht ersichtlich, ob die Methode der Darstellung (Projektion auf eine horizontale Längsebene) hier eine zuverlässige ist. Für segmentale Glomeruli spricht die Beobachtung von Mihalcovies (1885), der bei Entenembryonernt fünfbis sechs äussere Glomeruli im Bereich von fünf Körpersegmenten; dem achten bis zwölften, gezählt hat. Dass ursprünglich getrennte: Glomeruli beim Vogel zu einem einheitlichen langen Glomus verschmelzen können, geht aus den Abbildungen hervor. die Siemerling von der (lomerulusentwicklung bei der Gans gibt. Wichtig ist endlich die Angabe von Felix (1906), dass die Gefässversorgung „durch segmental angeordnete Äste der Aorta. erfolgt“. Zusammenfassend kann man also sagen, dass die Vorniere der Vögel durch den Besitz einer Serie äusserer (ilomeruli der Torpedo- vorniere näher steht, als derjenigen der Amphibien. Es ist sogar nicht unwahrscheinlich, dass sich diese Gebilde durch genaue Untersuchung ihrer ersten Entwicklung im Prinzip auf eine seg- mentale Anordnung zurückführen lassen, womit sich eine nock weitergehende Übereinstimmung mit Torpedo ergeben würde. Durch die bei Vögeln vorkommende Verschmelzung der Glomeruli zu einem einheitlichen Glomus, die in geringerem Grade auch im hinteren Glomerulusgebiet von Torpedo zur Beobachtung kommen kann, ist ein Übergang zu dem Verhalten bei Amphibien gegeben. Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. t15 Beim Krokodil ist. wie bei den Amphibien, ein einziger, über mehrere Segmente ausgedehnter Glomerulus. ein „Glomus“, vorhanden, der durch tiefe Einschnitte in Unterabteilungen zerlegt wird. Von den Übersichtsbildern, welche Wiedersheim (1390) in Form von Flachschnitten durch das Organ eines 20 mm langen Embryos gibt. lässt der am weitesten dorsal geführte (1. e. Fig. 17) und allenfalls auch der folgende Schnitt der Fig. 15 auf der rechten Seite eine regelmässig seriale Lappung des Cölomwulstes erkennen. Ob diese Anordnung eine zufällige sekundäre Erschei- nung ist oder der Überrest einer ursprünglichen Metamerie, liesse sich nur durch Untersuchung jüngerer Stadien entscheiden. Für die Landschildkröte Chrysemis beschreibt Burlend (1913) in der ‚vorderen \‘ornierenregion“, in welcher das Organ in typischer und reiner Form zur Anlage kommt. einen einheitlichen äusseren Glomerulus (Glomus). der in frühen Stadien von einer kontinuierlichen Aortenbucht versorgt wird und auch später keine metameren Äste erhält. Im Gegensatz hierzu lässt Gregory (1900) bei Platypeltis die *Vornierenglomeruli durch Vereinigung ursprünglich getrennter Anlagen entstehen. Eine Reihe von Aortenästen bildet, mit ihren.blinden. lakunen- artig erweiterten Enden die dorsale Peritonealwand vorbuchtend, die erste Anlage der äusseren Vornierenglomeruli. Durch Anasto- mosen der Gefässe kommen dann die Glomera „mehr oder weniger“ zur Verschmelzung. Die primäre seriale Anlage ist aber nach Gregorys bestimmten Angaben eine durchaus dysmetamere und variable. Bei einem Embryo. bei dem sie sich vom sechsten bis zehnten Somiten erstreckt, besteht sie rechts aus neun und links aus fünf Aortenästen, bei einem zweiten älteren Embryo wurden vom fünften bis zehnten Somiten rechts acht und links fünfzehn gezählt, bei einem dritten rechts nur ein Ast und links fünf. Die zum Teil auffällig hohen Ziffern erklären sich vielleicht dadurch, dass die Aortenäste, die zu Urnierenglomerulis verlaufen. mit gezählt worden sind. Die weitgehende Variabilität. die viel beträchtlicher ist als bei Torpedo, liesse sich schliesslich durch die Annahme einer rasch vor sich gehenden Rückbildung verstehen. Aber auch hier müsste erst durch weitere, genaue Untersuchungen festgestellt werden, ob der (lomerulusanlage eine metamere Anordnung zugrunde liegt. Eine genaue Bearbeitung der ersten Entstehung des Exkretionssystems der Schildkröten wäre schon 416 J. Rückert: mit Rücksicht auf das noch nicht genügend geklärte Verhältnis zwischen Vor- und Urniere erwünscht. Die Vorniere der Säuger ist zu rudimentär, um sie für unsere Frage verwerten zu können. — Ein weiteres auffallendes Merkmal der Vornierenglomeruli von Torpedo besteht darin, dass ihre erste Anlage sich dorsal in Fig. B. Kombinierter Längsschnitt durch die Vorniere von Hypogeophis rostr. nach Brauer 1902, Fig. 182. Das Original ist spiegelbildlich wieder- gegeben. gl Glomerulus, n Nephro- tom; vnı, vne usw. erstes, zweites usw. Vornierenkanälchen, vg Vor- nierengang. jenen Abschnitt des segmen- tierten Mesoderms erstreckt, von welchem die Vornierenkanälchen ihren Ausgang nehmen, in welchen sie münden. Dieser Abschnitt ent- spricht jenem Teil des Urwirbel- stiels (Nephrotoms), der bei Verte- braten mit inneren Vornieren- glomerulis sich in das innere Vor- nierenkämmerchen umwandelt. Da- raus folgt, dass der dorsale Ab- ‘schnitt der Vornierenglomeruli von Torpedo den frühen Anlagen inne- rer Glomeruli gleichzustellen ist. Wie die kaudalen Wände der Urwirbelstiele durch die Glo- merulusanlagen bei Torpedo ein- gebuchtet werden. wurde oben (S. 397) an der Hand horizontaler Längsschnitte (Fig. 13 und 14) aus- führlich beschrieben. Wenn man nun nach einer entsprechenden Bildung unter den mit inneren Vornierenglomerulis ausgestatteten Wirbeltieren Umschau hält, so er- scheint die Vorniere von Hypo- geophis als ein geeignetes Ver- gleichsobjekt; denn deren innere Glomeruli und Vornierenkämmer- chen sind durch Brauer (1902) von ihrer frühesten Anlage an in sehr eingehender und zugleich über- sichtlicher Weise dargestellt worden. Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 417 In beistehender Textfig. B ist ein , Längsschnitt durch diesen Anlagenkomplex nach der Fig. 182 von Brauer mit einigen un- wesentlichen Modifikationen wiedergegeben. Es wurde, um die Vergleichung mit meinen Fig. 13 und 14 zu erleichtern, die Abbildung im Spiegelbild reproduziert. Hält man diese Figur neben die meinigen, so fällt die Übereinstimmung ohne weiteres ın die Augen. In beiden Fällen buchten die intersegmentalen, zwischen den Nephrotomen gelegenen, ventro-lateral gerichteten Aortenäste als erste Anlagen von Glomeruli die Wände der benachbarten Segmente an den Übergangsstellen der Nephrotome in die Vornierenkanälchen ein. Nur haben sich bei Hypogeophis die Nephrotome zur Bildung der Vornierenkammern unter Ver- dünnung ihrer Wände bereits erweitert, während sie bei Torpedo, wo es nicht zur Ausbildung von Kämmerchen kommt, unverändert geblieben sind. Aus dieser Darlegung ergibt sich, dass die linken Vornieren- glomeruli von Torpedo die Anlagen innerer und äusserer Glomeruli in sich vereinen. Ihr dorsaler, der Aorten- wurzel des (Glomerulargefässes näher gelegener Abschnitt verhält sich, indem er sich in einen dem inneren Vornierenkämmerchen entsprechenden Teil des Ur- wirbelstiels vorbuchtet,. wieeininnerer Glomerulus. Der ventrale Abschnitt der Anlage aber dringt als solider Zellenwulst über das Gebiet des kurzen Urwirbelstiels hinaus als äusserer Glomerulus in die allgemeine Leibeshöhle vor, wobei er nicht nur die Wand des Stiels. sondern auch den zwischen den Stielen gelegenen schmalen Streifen des Cölom- daches vorbuchtet. Nun versteht man auch, dass die äusseren “lomeruluszapfen bei Torpedo metamere Anordnung zeigen, denn sie stellen die Fortsetzung von inneren, in das segmentierte Mesoderm sich einbuchtenden Anlagen dar. So weisen die Vornierenglomeruli von Torpedo einen Zustand auf. von welchen man diejenigenaller übrigen Vertebraten ableiten kann, wenn man sich vorstellt. dass von dieser frühen Anlage in den einen Fällen nur der dorsale Anteil (Glomeruli interni), in den anderen nur der ventrale (aGlomeruli externi) und wieder in anderen beide zugleich (alomeruli communes) zur Ausbildung ge- 418 J. Rückert: kommen sind. Ob man berechtigt ist, für die Phylogenese der Glomerulusformen diesen Weg anzunehmen, wird sich vielleicht mit mehr Sicherheit beurteilen lassen, wenn die erste Entwiek- lung dieser Gebilde noch bei mehr Objekten als bisher genäu verfolgt ist. So viel'ich sehe, lässt sich aber gegen den Gedankeitt kein triftiger Grund geltend machen. Für ihn spricht der Umi® stand, dass bei einer Anzahl Wirbeltierordnungen, und zwar gerade bei’ den im System am niedrigsten stehenden, die beiderlei (Glomeruli zusammen vorkommen. ar Die Niere der Myxinoiden ist nicht hinreichend geklärt! als dass eine sichere Deutung dieses Harnorgans und ihrer Glomeruli möglich wäre, wenn man aber mit Felix (1906) die Hohlräume ‘des „strittigen Gewebes“ (Maas 1397) als innere Vornierenkämmerchen betrachtet. so gelangen im kranialen Ab- schnitt des Harnorgans der Myxinoiden innere und äussereGlomerulus: bildungen nebeneinander zur Ausbildung. Die Glomeruli von Petromyzon wurden als äussere beschrieben, weil sie sich in die allgemeine Leibeshöhle einsenken. Felix (1906) macht aber, wie mir scheint mit Recht, darauf aufmerksam, dass die Cölomfalte („Mesenterialfalte“), welche ihre mediale Wand mit dem Peritonealüberzug des Darms bildet (m. f. in Textfig. A), von den Urwirbelstielen abzuleiten ist. und die Glomeruli dementsprechend als innere anzusprechen sind. Dem wäre nur hinzuzusetzen, dass der ventrale Teil des Glomerulus, wie schon aus der Textfigur zu ersehen ist und in späterer Zeit noch deutlicher hervortritt, über das Nephrotom und die Mesen- terialfalte ventral hinaus frei in die Leibeshöhle vorwuchert. Dieser Abschnitt entspricht somit einem äusseren Glomerulus (unterhalb des Striches pron. gl. der Textfig. A), so dass hier wie in der ersten Anlage von Torpedo die beiderlei Glomeruli ein einziges untrennbares (ranze bilden. Schliesslich sind noch die Ganoiden hier anzuführen. Bei Lepidosteus hat Felix (1906) einen gemeinsamen inneren und äusseren Glomerulus beschrieben, von denen der letztere die ventrale Fortsetzung des ersteren ist. Bei Amia legt sich nach der Entstehung der inneren Vornierenkammer ebenfalls eine äussere an und zwar „genau so“, wie bei Lepidosteus, aber sie verschwindet wieder unter Verklebung ihrer Wände, ohne dass in ihr ein Glomerulus erscheint. Es liegt nahe, aus diesent Uber die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 419 Verhalten den Schluss zu ziehen, dass die Vorfahren von Amia den gleichen äusseren Glomerulus besessen haben, wie Lepidosteus. Die frühen Anlagen der Vornieren kammern und der Glomernli von Accipenser sind leider nicht bekannt. Erst bei den Amphibien tritt eine scharfe Trennung der beiderlei Glomerulusbildungen auf. Die Gymnophionen haben lediglich innere, die Urodelen und Anuren und ebenso die Dipnoer einen äusseren. Die Wurzel dieses Glomus ist vom seementierten Mesoderm und den Vornierentrichtern ven- tral abgerückt auf das Mesenterium, ein Verhalten, welches die einheitliche, nicht segmentale Anlage des Organs verständlich macht. Nur seine arterielle (Gefässversorgung (s. S. 413) gibt einen Hinweis auf einen ursprünglich vielleieht metameren Bau. Ob die Vornierenglomeruli auch bei den Amniıoten als rein äussere aufzufassen sind. wie bei den Urodelen und Anuren, möchte ich nach den bis jetzt vorliegenden Beobachtungen nicht entscheiden. Der äussere Anschein spricht ja zunächst dafür. Andererseits lässt sich auch manches zugunsten der Auffassung anführen, dass hier die gleichen Verhältnisse vorliegen, wie bei Torpedo. Nur dürfte ein Zusammenhang der ersten Glomerularanlagen mit dem segmentierten Mesoderm aus ver- schiedenen Gründen hier schwerer nachzuweisen sein, als bei Selachiern. Die sogenannten Übergangsglomeruli könnten als Stütze für die obige Auffassung angeführt werden, doch lasse ich sie als noch nicht genügend geklärt hier lieber bei Seite, ebenso wie ich es vermeiden möchte, die besprochene Glomerulus- frage auf eine Erörterung des Verhältnisses zwischen Vorniere und Urniere an dieser Stelle auszudehnen. Die Frage der Segmentierung der Vornierenglomeruli wäre nach dieser Übersicht folgendermassen zu beantworten. Die inneren Vornierenkämmerchen treten, zum mindesten in ihrer ersten Anlage, segmental auf, da sie aus Abschnitten der Vornieren- kanälchen hervorgehen. Eine einheitliche Kammer entsteht erst sekundär durch Verschmelzung der segmentalen Kämmerchen. Dementsprechend können sich auch die inneren (lomeruli segmental (intermetamer) anlegen (Hypogeophis). Tritt aber der (Grefäss- knäuel erst nach der Verschmelzung der Kämmerchen auf, so 420 J. Rückert: kann er von Anfang an ein einheitlicher sein. Dies scheint nach der Beschreibung von Felix bei Ganoiden der Fall zu sein. | Rein äussere alomeruli finden sich bei den Urodelen, Anuren und Dipnoern. Sie nehmen hier ihren Ausgang, wie durch die Untersuchung sehr junger Anlagen von Amphibien gezeigt ist, vom unsegmentierten Mesoderm und zeigen daher von Anfang an einen nicht metameren Bau. Nur die Gefäss- versorgung weist, wie bei einigen Objekten (Siredon, Sala- mandra atra) sich ergeben hat. auf eine ursprüngliche Me- tamerie hin. Die Glomeruli communes können segmental auftreten, wenn infolge abgekürzter Entwicklung ihr ventraler, in das Cölom vorragender Abschnitt gleichzeitig mit dem segmentalen dorsalen Abschnitt als dessen. Verlängerung-erscheint (Torpedo). Bildet sich der ventrale Abschnitt (äusserer Glomerulus).später, | im Anschluss an einen schon einheitlichen inneren (lomus, so wird er selbstverständlich die gleiche Beschaffenheit zeigen, wie letzterer (Lepidosteus). Ich brauche nach dieser Darlegung kaum ausdrücklich her- vorzuheben, dass ich durch die Einführung des Begriffes eines (rlomerulus communis, den ich von Torpedo abgeleitet habe, keineswegs die Grenze zwischen den Begriffen‘ der äusseren und inneren Glomeruli verwischen will. Ich halte an dieser grund- legenden Scheidung, durch welche Felix sich ein grosses Verdienst um die Klärung der vorher verworrenen Vornierenglomerulus- frage erworben hat, fest und habe mir nur zur Aufgabe gestellt. diese verschiedenen Bildungen in genetischen Zusammenhang zu bringen. Das Gleiche hat auch Felix selbst im Hert wigschen Handbuche (S. 401) versucht durch die Ableitung der beider- lei Bildungen von den „Glomeruli“ des Amphioxus. In seiner früheren Arbeit über die Salmoniden (1897) ist er in dieser Hinsicht noch weiter gegangen, indem er (S. 340) sagt: „Ich bin daher geneigt. gar keinen Unterschied zwischen äusseren und inneren Glomerulis zu machen, sondern beide Arten als Abkömmlinge ein und derselben Mutteranlage zu betrachten“. Der letzte Teil dieses Satzes deckt sich mit der Auffassung, zu der ich durch meine Befunde bei Torpedo gelangt bin. Über die Glomernli der Vorniere von Torpedo. 421 III. Die Glomeruli der rechten Vorniere und deren Gefässe. 1. Befunde. a) Die (sefässe der rechten Vorniere. Die Glomeruli der rechten Seite scheinen auf den ersten Anblick grundverschieden von den linksseitigen zu sein. Bei näherer Untersuchung stellt sich aber heraus, dass ihr Verhalten auf das der letzteren zurückführbar ist, und dass die Unterschiede in der äusseren Erscheinung durch die eigentümliche Anordnung des Arteriensystems in der rechten Vornierengegend sich voll- ständig erklären lassen. Während die intermetameren Quergefässe der linken Vor- nıerenregion nur rudimentäre, blind geschlossene Aortenästchen oder -buchten sind, laufen diejenigen der rechten Seite bekannt- lich in ihrer Mehrzahl zu dem unter der Vorniere gelegenen Anfangsstück der Dotterarterie durch und stellen so die Wurzeln dieses Gefässes dar, wie aus Textfig. D, einer Profilrekonstruktion der rechtsseitigen Vornierengefässe, zu ersehen ist. Das Verhalten und die Entstehung der rechtsseitigen Vor- nierenquergefässe habe ich in letzter Zeit von neuem eingehend untersucht. Ich werde darüber demnächst an anderen Stelle näher berichten. Hier beschränke ich mich darauf, eine kurze Inhalts- angabe dieser Befunde zusammen mit einigen schon bekannten Tatsachen der nachfolgenden Beschreibung der Glomerulusanlagen vorauszuschicken, soweit dies für das Verständnis der letzteren nötig erscheint. Die Zahl der rechten Quergefässe der Vorniere von Torpedo beträgt zur Zeit ihrer vollen Entwicklung meist sechs. Hinter jedes Vornierensegment (N bis N 6 in Fig. D) kommt ein zuge- höriges Quergefäss zu liegen. Bei einer Minderzahl von Embryonen, drei unter zehn, waren nur fünf Quergefässanlagen vorhanden, wobei die Möglichkeit, dass sich später noch ein sechstes entwickelt hätte, namentlich bei dem jüngsten dieser Embryonen gegeben ist. Von diesen (sefässen erreichen, wie ich schon früher (1888) beschrieben habe, nur die mittleren einen grösseren, zum Teil sehr beträchtlichen Querdurchmesser. Am weitesten werden ge- wöhnlich zwei derselben gefunden, meist das zweite und dritte. Von da erfolgt nach rückwärts eine allmähliche Abnahme des 422 KoRtickerit: Kalibers, das sechste. oft auch das fünfte und zuweilen das erste sind eng, etwa wie die linken Quergefässe, oder noch enger als diese. Der rudimentäre Charakter der hinteren (Juergefässe und teilweise auch der vordersten zeigt sich auch darin. dass sie mehr oder minder unvollständig ausgebildet sind. Im einfachsten Fall, wie bei (uergefäss 5 der Textfig. D, zeigen sie nur an einer schmalen Stelle ihres Verlaufes eine Unterbrechung in ein dorsales und ventrales Stück... In anderen Fällen ist die Lücke zwischen den letzteren viel weiter (z. B. das kraniale Quergefäss in Text- figur K) oder es ist überhaupt nur entweder ein kurzer Aortenast, wie bei Nr. 6 der Textfigur D, oder nur ein ventrales Stück vorhanden. Das letztere ist in der Textfigur D für das sechste (Juergefäss ganz schwach angedeutet. Bei der Mehrzahl. meiner Embryonen mit voll entwickelten Quergefässen betrug die Zahl der von der Aorta zur Dotterarterie durchlaufenden entweder je vier oder je fünf. Dieses Verhalten der Gefässe erklärt sich aus ihrer Ent- wicklungsweise.. Ihr erstes Auftreten fällt in das Stadium “ Fig. C. Frühe Anlage der rechtsseitigen Vornierengefässe eines Torpedoembryos mit 4 geschlossenen Visceraltaschen, 35 Urwirbeln, darunter 30 Rumpfsomiten. Graphische Rekonstruktion, linke Seitenansicht. Ao Aorta, D 3—4 dorsale Anlagestücke der Vornierenquergefässe (Aortenbuchten), Dg Darmäste des Vornierenlängsgefässes. Lg Vornierenlängsgefäss, N Nephrotom, P Vorniere (es soll nur ihre Längsausdehnung ausgedrückt werden), V zwei ventrale Anlagestücke der Vornierenguergefässe. Punktiert: unfertige, d. h. aus Ge- fässzellen bestehende Gefässanlagen. Vergr. 100:1. Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 4253 von vier geschlossenen Visceraltaschen, in welchen der Vornieren- wulst. schon seine maximale Entfaltung aufweist, aber mit Aus- nahme seines vorderen Endes noch solid ist. Hier (Textfig. U) zeigt sich, dass ein (uergefäss aus zwei getrennten An- lagen hervorgeht, einer dorsalen und einer ventralen. Die dor- salen Anlagen (D in Textfig. C) ‚sind kurze intermetamere Aortenästchen. die zwischen den Urwirbelstielen ventral vor- dringen. Sie gleichen somit in jeder Hinsicht den linksseitigen (Juergefässen, werden aber im Verlauf ihrer Weiterentwicklung länger und namentlich erheblich weiter als jene. Die ventralen Anlagen haben eine etwas kompliziertere Entwicklung. Sie ent- stehen im Zusammenhang mit einem in kranio-kaudaler Richtung verlaufenden engen Endothelrohr. welches ich „Längsgefäss der Vorniere“* nenne (Lg in Fig. C). Dieses liegt ventral vom Pro- nephros auf dem dorsalen Abschnitt der seitlichen Darmwand zwischen dem Entoderm und der Splanchnopleura. Unmittelbar nach seinem ersten Auftreten, noch bevor es in seiner ganzen Länge angelegt ist, erhält es dorsal aufsteigende Seitenästchen, welche in den von mir beobachteten Fällen zuerst als selbständige Endothelröhrchen auftreten (V in Fig. C), um sich dann, meist bald darauf. in das Längsgefäss zu eröffnen. Dies sind die ventralen Anlagestücke der (uergefässe. Die weitere Entwicklung geht in der Weise vor sich, dass sich die dorsalen und ventralen Anlagestücke der (Quergefässe entgegenwachsen und sich ineinander eröffnen. Dies geschieht aber nicht bei allen Quergefässen, vielmehr bleiben gewöhnlich ein, seltener zwei kaudale, und auch ein kraniales auf der Stufe der un- vereinigten Anlagen stehen, womit sich das oben (Fig. D) geschilderte Vorkommen unterbrochener (uergefässe als eine Entwicklungs- hemmung erklärt. Da diese rudimentären Anlagen auf sehr un- gleichen Stufen ihrer Entwicklung haltmachen, und zudem ihre Zahl und Verteilung eine wechselnde ist, kommen zahlreiche Varianten im Gesamtbild der rechten Vornierengefässe zum Vorschein. Während die Quergefässe in dieser Weise sich ausbilden, gelangt das kraniale Anfangsstück des Längsgefässes in Ver- bindung mit dem dorsalen Ende der an der seitlichen Darmwandung emporsteigenden Dotterarterie (Da in Textfig. F, S. 445), einem mächtigen Gefäss, auf dessen vorherige Entwicklung an dieser Stelle nicht eingegangen werden kann. Das Längsgefäss 424 J. Rückert: der Vorniere wird dadurch zum Anfangsstück der Dotterarterie: Dieses „Vornierenstück der Dotterarterie“, wie wir es nennen werden, erweitert sich nun, indem es sich im oberen Ab- schnitt der Leibeshöhle mächtig ausbuchtet und seinen Splanchno- pleuraüberzug vom Darm abhebt (Texttig. D und (Querschnitt Taf. XXIII Fig. 20 und 21). Nur sein hinteres Ende lässt noch in späterer Zeit die ursprüngliche Beschaffenheit erkennen, insofern es eng bleibt (A. m. in den Textfiguren D—-G). Die durch- laufenden Quergefässe stellen nun die bekannten Aorten- wurzeln der Dotterarterie dar. Fie. D. Gefässanlagen der rechten Vornierengegend eines Torpedoembryo mit 5 Visceraltaschen, zweite und dritte durchgebrochen, 43 Somiten, davon 39 Rumpfsomiten (Torpedo 52). Graphische Rekonstruktion, linke Seitenansicht. Ao Aorta, Am Art. mesenterica, Da Dotterarterie, Dz Darmzipfel derselben, N Nephrotom, P Ausdehnung der Vorniere, Qı—Qs Vornierenquergefässe, V ventrales Anlagestück (?) des ersten Quergefässes. Die Querschnitte der Tafelfiguren 19--28 sind in das Rekonstruktionsbild eingetragen. Ver- grösserung 100:1. Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 425 Bei der Ausweitung des Längsgefässes der Vorniere in dorsaler Richtung werden ventrale Teile der (uergefässe, also Abschnitte, die den oben beschriebenen ventralen Anlagen ange- hören, in dasselbe einbezogen. Die (uergefässe verkürzen sich dementsprechend. Dies Verhalten ist aus den Textfiguren D, F und G deutlich abzulesen, wenn man den kranialen, stark ausge- weiteten Teil des ehemaligen Längsgefässes der Vorniere mit dem kaudalen, enger gebliebenen, vergleicht. Über die Weiterentwicklung der Quergefässe und die Aus- bildung der definitiven Wurzeln der Dotterarterie besteht bekanntlich eine Meinungsverschiedenheit unter den Autoren, P. Mayer (1887), ich (1888), und van Wijhe (1889) haben übereinstimmend für Torpedo und Pristiurus angegeben, dass nur eines der (Juergefässe, und zwar ein von Anfang an stärker ausgebildetes, als Dotterarterienwurzel erhalten bleibt. Demgegenüber hat C. Rabl (1896) an der Hand zahlreicher Abbildungen bei Pristiurus darzutun versucht, dass die Mehr- zahlder Quergefässe, nämlich von den drei bis vier bei diesem Selachier vorhandenen, „in den meisten Fällen die drei ersten“ verschmelzen und so die Dotterarterienwurzel bilden. „Diese Tatsache“, so schreibt Rabl, „ist van Wijhe und Rückert ganz entgangen“. „Ich habe guten Grund“, so fährt er fort, zu der Annahme, dass _ Torpedo ganz ähnliches gilt wie für Pristiurus“. Den Beweis für seine Behauptung ist Rabl allerdings schuldig geblieben, ebenso wie ihn auch P. Mayer, ich selbst und van Wijhe seiner Zeit nicht erbracht hatten.!) Und doch lässt er sich leicht führen, wenn man sich an die Tatsache hält, dass jedes Quergefäss zwischen zwei Urwirbelstielen durchtritt. Entsteht die Dotterarterienwurzel durch Verschmelzung mehrerer (Juergefässe, dann muss sie sich über eine entsprechende Anzahl von Urwirbelstielen ausdehnen, geht sie aus einem einzigen sich ausweitenden (uergefäss hervor, dann wird sie nur von zwei aufeinanderfolgenden Stielen, von dem einen kranial und von dem anderen kaudal, umfasst werden. Das letztere ist nun tatsächlich der Fall.) Bezeichnenderweise sind diese Urwirbelstiele durch ‚ ') Das gilt auch für Burlend, der neuerdings (1914) unsere alten Angaben für Seyllium gegen Rab] bestätigt. ?) Wie ich in meiner Gefässarbeit ausführen werde, erhalten sich bei einem Teil der Torpedoembryonen je zwei ziemlich gleich starke Archiv f. mikr. Anat. Bd.89. Abt.I 29 426 J. Rückert: den Druck des sich ausdehnenden Quergefässes stark verdünnt und das vordere kranial, das hintere caudal ausgebogen. In meiner (sefässarbeit werde ich an horizontalen Längsschnitten dies Verhalten illustrieren. Im übrigen ist es auch aus dem Rekonstruktionsbild der Textfig. E, in welches die Urwirbelstiele eingetragen sind. zu ersehen. Schliesslich findet man auch in späteren Stadien, wenn man genau untersucht, in den Zwischen- räumen der übrigen Urwirbelstiele die mehr oder minder stark rückgebildeten Reste der übrigen Quergefässe als enge, zum Teil längere, zum Teil ganz kurze Aortenästchen, entweder noch durch- gängig oder schon von der Aorta abgetrennt und verschieden stark obliteriert. Auch an der Dotterarterie sind Überbleibsel dieser Quergefässe in Form blinder Erhebungen nachweisbar (Fig. 30, Taf. XXIV). Die erhalten gebliebene Wurzel der Dotterarterie entspricht entweder dem zweiten oder dem dritten ehemaligen (Juergefäss. b) Die rechten Glomerularanlagen. Wir wenden uns nun der Untersuchung der rechtsseitigen Glomeruli zu und legen derselben die nämliche (uerschnittsserie (Torp. 52) zugrunde, welche wir für die linke Seite benützt haben. Fig. 19, ein (Juerschnitt, der zwischen dem ersten und zweiten Nephrotom hindurchführt, trifft das flache Vorderende der Vor- nierenfalte (P). das nebenbei bemerkt bei diesem Embryo auf der rechten Seite etwas weiter nach vorne reicht als links. während sonst meist das Gegenteil der Fall ist. Medial von der Vorniere ist das zwischen dem ersten und zweiten Vornierensomiten hin- “durehtretende erste Quergefäss (Q1) getroffen, das auf diesem Schnitt nicht mit der Dotterarterie in offener Verbindung steht, sondern durch ein dünnes Septum von ihr getrennt ist. Aus dem Rekonstruktionsbild des gleichen Embryo (Textfig. D), in welches der vorliegende und die folgenden Querschnitte ein- getragen sind, erkennt man, dass die Dotterarterie gegen dieses Quergefäüsse bis in spätere Stadien, so dass man vermuten könnte, es möchten wenigstens in diesen Fällen zwei von den ursprünglich angelegten sechs (Juergefässen zur Dotterarterienwurzel verschmelzen. Aber ich habe unter den ausschlaggebenden Objekten mit nur einer einzigen, definitiven Wurzel bisher ausschliesslich solche gefunden, bei denen das Gefäss zwischen zwei benachbarten Urwirbelstielen durchläuft. Hier muss es also einem einzigen Quergefäss entsprechen. Uber die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 427 erste Quergefäss einen blindsackförmigen Vorstoss macht. Dieser entspricht wahrscheinlich dem ventralen Anlagestück des (Quer- gefässes. Ein solches Verhalten des ersten (Juergefässes kommt bei anderen Embrvonen zweifellos vor. so tritt es z. B. deutlich an dem Plattenmodell eines etwas älteren Embryo (Textfig. K, S. 453) zutage, weil hier das fragliche ventrale (Juergefäßstück länger ist. Dafür stellt der Aortenast daselbst nur einen kurzen blinden Stummel vor, während er im Fall der Textfig. D nach hinten bis zum Vornierenstück der Dotterarterie (= ehemaliges Längsgefäss) reicht und in dieses mündet. Auf dem Schnitt der Fig. 19 liegt also das (uergefäss jedenfalls in Form eines reinen Aortenastes vor. und damit bekommen wir hier das gleiche Verhalten, wie auf der linken Seite, nur mit dem Unterschied, dass das Gefäss hier weiter nach abwärts reicht, bis unter die Peritonealmündung der kaum an- gedeuteten Vornierenrinne. Es buchtet, wie auf der linken Seite, den zwischen zwei Urwirbelmündungen gelegenen schmalen Streifen des Cölomdaches ventral vor in Gestalt einer Falte, welche zunächst die mediale Wand der Vorniere nach abwärts fortsetzt und sich dann, dünner geworden, im Bogen lateral zur Splanchnopleura hinüberschlägt, zu der sie wieder emporsteigt. Aber diese „(Glomerulusfalte“ hängt nicht frei in die Leibes- höhle hinab. wie auf der linken Seite, sondern trifft mit dem dorsalen Umfang der am Darm emporgestiegenen Dotterarterie zusammen. Deren vom Darm abgehobene. in die Leibes- höhle vorgebuchtete Wand hat ihren Splanchnopleuraüberzug mitgenommen, und dieser ist dem Mesoderm der Glomerulusfalte so innig verbunden, dass beide wenigstens auf dem vorliegenden Schnitt nicht zu unterscheiden sind. Wenn man die beiden Gefässe der Fig. 19 noch einige Schnitte weiter kaudal verfolgt bis zu der Stelle, wo sie sich ineinander eröffnen, so zeigt sich, dass ihre Hauptrichtung eine dorso-ventraie ist. Daraus ergibt sich, dass sie in Fig. 19 von dieser Richtung aus etwas abweichen. Es buchtet sich sowohl das untere Ende des Aortenastes als das obere der Dotterarterie, das vielleicht dem ventralen Anlagestück eines (Juergefässes ent- spricht, lateral gegen die Vorniere zu aus. Die Buchten (Gb 1) sind entsprechend der rudimentären Beschaffenheit des ersten Vornierensegments zwar schwach, aber doch unverkennbar und 29* 428 J. Rückert: können schon deshalb nicht übersehen werden, weil die Erscheinung an den folgenden Quergefässen in stärkerem Grade sich wieder- holt. Wir wollen sie als Glomerularbuchten bezeichnen. '' Wie oben gezeigt wurde, besteht ein linker Glomerulus nicht bloss aus einer gefässhaltigen Peritonealfalte, sondern zum grossen Teil aus einem soliden Mesodermzapfen. wie denn solche Zellenwucherungen auch beianderen Objekten als Frühformen von Glomeruli vorkommen, die sich später erst vaskularisieren. Ein'entsprechendes Verhalten findet sich nun auch an der rechten Vorniere von Torpedo. Kranial und kaudal vom beschriebenen ersten Quergefäss tritt an Stelle der zwei Glomerularbuchten ein auf dem Querschnitt dreieckiges Zellenlager auf (Gw, Fig. 20), das dorsal an seiner Basis mit der medialen Wand der Vorniere und dem Urwirbel- ' stiel zusammenhängt und von diesen Teilen seinen Ausgang nimmt. Sein lateraler, in der Figur freier Rand ist der Vornierenrinne und dem angrenzenden oberen Ende der Leibeshöhle zugewendet, sein ventro-medianer Rand sitzt dem oberen lateralen Umfang der Dotterarterie auf und verliert sich hier unter Verbindung mit deren Splanchnopleuraüberzug nach abwärts. Denkt man sich den dreieckigen Zipfel von der Dotterarterie abgetrennt, so würde er wie ein linker Glomeruluszapfen (vgl. Fig. 1 und 5) frei in die. Bauchhöhle neben dem Vornierenostium herabhängen. _ Weiter kaudal, im Bereich des zweiten Wuergefässes, (Fig. 21. @ 2) dringt dicht unter dessen Einmündung in die Dotter- arterie eine zweite Glomerularbucht in das Zellenlager ein und verdrängt es vollständig (Gb 2), so dass sie nur mehr von der aus Zylinderzellen gebildeten Cölomwand bedeckt wird. Diese letztere ist wieder abzuleiten von den die Urwirbelmündungen verbindenden Streifen des Cölomdaches, der von dem durchtretenden Quergefäss nach unten abgebogen ist (siehe S. 427). Die Bucht dringt ‚lateral soweit vor, dass sie sich an die Somatopleura unterhalb der Cölommündung der Vornierenrinne dicht anlegt, vielleicht sogar mit ihr verlötet. Die Vornierenmündung wird dadurch gegen die Leibeshöhle abgesperrt. Das Quergefäss bildet oberhalb seiner Einmündung in die Dotterarterie eine laterale Bucht gegen die Vorniere oder genauer gegen die Stelle, we die Zellengruppe für die Anlage der Vena cardinalis (V.c.) liegt, entsprechend dem Verhalten der zwei vorderen Quergefässe der linken Seite. Bei der Querschnittsserie eines Schwesterembryos (Torp. 54), die ich hier immer gleich mit berücksichtigen will, bohrt sich im'Bereich des zweiten Uber die Glomeruli der Vorniere von Torpedo, 429 «uergefässes der solide Glomeruluswulst noch tiefer in das Lumen der Vor- nierenrinne ein, als in Fig. 21, aber es dringt keine Gefässbucht in ihn ein. Die Glomerularbucht kommt hier entweder ganz zum Ausfall oder sie ist noch nicht angelegt. Kaudal vom zweiten Wuergefäss tritt wieder ein Glomeruluswulst (Fig. 22 Gw) an die Stelle der Gefässbucht. Er ist dicker als der vorhergehende und nimmt seinen Ursprung aus der Zellenmasse des Urwirbelstiels, es ist dies auf dem abgebildeten Schnitt die Hinterwand des dritten Nephrotoms. Die rechtsseitigen Urwirbelstiele sind durch die zwischen ihnen durchtretenden (Quergefässe stark komprimiert in sagittaler Richtung, so dass sie nur auf wenigen (uerschnitten getroffen werden. Schon auf dem übernächsten Schnitt (Fig. 23) erscheint das dritte Quergefäss (23) und mit ihm die dritte Glo- merulusbucht (Gb3) als ein schmäleres und tieferes und schärfer abgesetztes Divertikel der Dotterarterie, als ihre Vorgänger. Mit ihr buchtet sich wie in Fig. 21 eine Oölomfalte in das Vor- nierenostium ein und zwar so tief, dass sie die Vornierenrinne fast vollständig ausfüllt und ihre Wände etwas auseinandertreibt. Das letztere Verhalten war übrigens schon beim vorigen Glomerulus zu erkennen. Diese dritte Glomerularbucht ist die ausgeprägteste, die ich bei Torpedo gefunden habe. Bei Torpedo 54 füllt am dritten Quergefäss ein Wulst von der gleichen Form wie die Falte der Fig. 23 den entsprechenden Raum aus. Er ist aber vollständig solid. Nur dicht unter ihm ist in einem eigenen der Dotterarterie aufsitzenden kleineren Wulst ein Endothelröhrchen aufgetreten, das vielleicht der Anlage einer Glomerularbucht entspricht. Der nach hinten auf Fig. 23 folgende, vom vierten Nephrotom ausgehende Glomerularwulst erscheint noch im Bereich des dritten weiten Quergefässes. Er füllt wie die vor- hergehende Bucht die Vornierenrinne und den unter ihr befindlichen Cölomraum fast vollständig aus, wobei er sich wieder innig mit der Somatopleura verbindet. Nach rückwärts (Fig. 24) wird dann sein lateraler Umfang frei, so dass er nun dem früher von mir (1888, Fig. 185) für einen anderen Torpedoembryo abgebildeten (Glomeruluszapfen nach Form und Lage gleicht. Noch weiter kaudal senkt sich die aus dem Urwirbelstiel vorquellende Zellenmasse auf den dorso-lateralen Umfang der Dotterarterie (an der Stelle des Risses der Fig. 24) herab, so dass die Vornierenlichtung wieder frei wird. Auf dem dritten Schnitt 430 J. Rückert: hinter Fig. 24 tritt in der kaudalen Anschnittmasse des vierten Nephrotoms das vierte Quergefäss zunächst ganz schmal in seinem kranialen Anschnitt zutage (Fig. 25, W4). Die enger gewordene Dotterarterie bildet daselbst eine vierte Glome- rularbucht (Gb 4), deren verdickte Wand bis an die Somato- pleura, unterhalb des Vornierenostiums, heranreicht. Bei Torpedo 54 ist ebenfalls eine vierte Glomerularbucht vorhanden. Die vierte Glomerulusbucht endet noch im Bereich des vierten Quergefässes. Unmittelbar hinter diesem, drei Schnitte kaudal von Fig. 25, treten in Fig. 26 als Fortsetzung der Dotter- arterie zwei enge übereinander gelegene Gefässlumina auf, in einer ausgedehnten Mesenchymansammlung gelegen, die hier schon als Vorläufer des Spiralwulstes die rechte Darmwand vorbuchtet. Infolge der Verengung des Gefässes ist das diesem aufruhende Zellenlager noch weiter ventral von der Vorniere abgerückt, als dies in Fig. 25 der Fall war. Aber es ist nun sehr bezeichnend, dass es sich als Zapfen (Gw) dorsal gegen sie vorstreckt, gegen die Stelle zu, wo ein Trichter als Einkerbung der Peritonealwand angeschnitten ist. Der Zapfen entspricht offenbar einem zwischen den Buchten stets auftretenden (lomerularwulst. Zwischen ihm und dem vor ihm gelegenen Wulst war zum ersten Mal keine vollständige Unterbrechung vorhanden, der Zellenbelag der Dotter- arterie lief vielmehr über die dazwischen gelegene Glomerular- bucht der Fig. 25, wenn auch abgeschwächt weiter. Schon auf dem folgenden Schnitt (Fig. 27) erweitert sich die Dotterarterie wieder, wobei die zwei Röhrchen der Fig. 26 in ihr aufgehen und der Zellenzapfen der vorigen Figur, der nicht etwa nur ein Anschnitt der Gefässwand war, sich zu einer fünften Glomerularbucht höhlt (Gb 5). Diese beginnt also schon im Bereich des fünften Nephrotoms, das nebst dem zweiten Trichter in Fig. 27 voll getroffen ist, um sich von da über das Gebiet des fünften Quergefässes auszudehnen. Das letztere ist, wie Textfig. D zeigt, beim vorliegenden Embryo kein durchlaufendes. Bei Torpedo 54 zeigt die Dotterarterie im Bereich des fünften Quer- gefässes nur die Andeutung einer kleinen Glomerularbucht, aber vor ihr ist ein wohlentwickelter knopfförmiger solider Glomeruluszapfen. Kaudal vom fünften Quergefäss verengt sich die Dotter- arterie (vgl. Textfig. D) wieder und zwar noch stärker als hinter Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. +31 dem vierten. Von hier an ist das Gefäss in seiner ursprünglichen (restalt: als Längsgefäss der Vorniere erhalten. Es verdient dieses Endstück schon deshalb nicht mehr die Bezeichnung „Dotter- arterie“, weil es auch später nicht in ihr aufgeht. Es erscheint zunächst unfertig ausgebildet, d. h. als unscharf begrenzte Lücke (Fig. 285, Lg). Wiederum erhebt sich hier, im Bereich des sechsten Nephrotoms aus dem Mesenchymlager, in dem die Arterie ein- gebettet liegt, ein (rlomeruluszapfen (G w) gegen die Vorniere zu, wie in Fig. 26. Die nach dem Trichter wieder abgeschnürte Vorniere verbindet sich am sechsten Nephrotom abermals mit der Peritonealwand, aber nur durch einen in Fig. 28 im kaudalen Ans- schnitt getroffenen soliden Stiel. Dieser besitzt wie links (S. 395) keinen als Trichteranlage zu bezeichnenden Spalt. Er entspricht der Anlage eines sechsten Vornierendivertikels. Hinter dem sechsteu Nephrotom taucht die Arterie noch- mals für ein paar Schnitte als fertiges Endothelrohr auf und zieht sich etwas nach aufwärts aus zu einer ganz kurzen An- deutung der Ventralanlage eines sechsten (uergefässes, dem- gegenüber auch eine schwache dorsale Anlage von der Aorta ausgeht (vgl. Textfig. D). Von einer sechsten Glomerularbucht kann dementsprechend hier keine Rede mehr sein. Das einzige Rudiment einer sechsten Glomerulusanlage ist der Mesenchym- zapfen der Fig. 28. Hinter dem sechsten Nephrotom tritt bei diesem Embryo auch auf der rechten Seite die rudimentäre Anlage eines siebenten Vornierenkanälchens auf, die mit derjenigen der linken Seite (S. 397) völlig übereinstimmt. Bei Torpedo 54 ist im Bereich des sechsten Nephrotoms ein besser ausgebildeter Glomeruluszapfen vorhanden wie in Fig. 25. Der eng gebliebene hintere Abschnitt der Dotterarterie, — ursprüngliches Längsgefäss der Vorniere, ist nicht unterbrochen und sendet ein kurzes unfertiges sechstes Quergefäbstück gegen die Aorta empor (vgl. Textfig. G, S. 447). Von der Altersstufe dieses ausführlich beschriebenen Embryo wurden noch drei weitere Querschnittserien untersucht. Es ergab sich, dass auch auf der rechten Seite die Glomerulusanlagen individuell variieren. Dies geht schon aus den im Kleindruck beigegebenen Notizen über den Schwesterembryo des abgebildeten hervor (Torpedo 54), dessen Vorniere und Vornierengefässe sich in genau dem gleichen Entwicklungszustand befinden. Es soll nur noch von einem dritten Embryo eine kurze Darstellung 432 J.aRau eikde rite: gegeben werden, um zu zeigen, wie die Variabilität der Vornieren- gefässe einschliesslich der Dotterarterienanlage die Glomerulus- bildungen beeinflusst. Der Embryo weicht durch das Verhalten dieser Gefässe in extremer Weise von dem Durchschnitt ab, in- sofern seine Quergefässentwicklung auf einer jugendlichen Ent- wicklungsstufe zurückgeblieben ist: 1: Erstes Quergefäss als ganz flache Aortenbucht. Die Dotterarterie steigt hier noch nicht an der Darmwand empor, sondern erst am zweiten Quergefäss. Trotzdem ein Glomerulusrudiment als Zellengruppe vorhanden, die der Cölommündung der Vorniere frei anliegt und sich von da zur Somatopleura hinüberzieht. . Zweites Quergefäss besteht ebenfalls aus kurzem Aortenast. Ihm gegenüber erhebt sich aber eine noch unfertige ventrale Quergefässanlage von der Dotterarterie aus, die sich später wohl mit dem Aortenast verbinden wird. Dieses Gefäss reicht nicht bis in die Höhe der Vorniere empor. Daher auch hier keine Glomerularbucht, aber vom Mesenchymlager der Dotterarterie erhebt sich ein Glomeruluszapfen bis an die Cölommündung der Vor- niere. . Drittes Quergefäss: Das einzige gut ausgebildete, durch- laufend, weit, zweifellos die Anlage der definitiven Wurzel der Dotterarterie. In den bisherigen Glomeruluswulst senkt sich jetzt eine Glomerularbucht der Dotterarterie ein, verdrängt die Zellen bis auf eine Epithelreihe, ähnlich wie in Fig. 23. Auch Vornierenrinne ähnlich wie dort, vollständig ausgefüllt. Von da ab kaudal füllt wieder solider Zapfen die Rinne aus. Diese zwischen drittem und viertem Nephrotom erstmalig abgeschnürte Glomerulus- masse gelangt zum Teil mit in ihr Inneres. Der kaudal folgende zweite Trichter wird durch Glomerulusmasse ausgefüllt und auseinander getrieben. . Viertes Quergefäss: durchlaufend, aber eng besonders an der noch kenntlichen Grenze zwischen ventralem und dorsalem Anlagestück. Neue Glomerularbucht in dem das Vornierenlumen immer noch ausfüllenden Zapfen, deutlich ausgehend vom ventralen Anlagestück des Quergefässes, nicht von der Dotterarterie. Erreicht, da Quergefäss rY . N . . 909 Uber die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 453 sehr eng und von der Vornierenwand . absteht, das Triehterlumen nicht. 5. Fünftes Quergefäss: sein dorsales. und ventrales Anlage- stück getrennt. Von letzterem, nicht. von der schon | ganz engen Dotterarterie (gleich ursprüngliches Längs- gefäss der Vorniere), geht wieder eine Glomerulusbucht aus. Sie dringt wie bei vier, nicht bis in das vom (slomeruluszapfen immer noch ausgefüllte Vornierenlumen (dritter Trichter) ein. 6. Sechstes Nephrotom: Anlage eines soliden sechsten Vor- nierendivertikels. Dotterarterie bzw. Längsgefäss der Vorniere nicht mehr vorhanden, daher auch kein Mesen- chymlager. Trotzdem wie bei 1, an der Stelle, wo vierter Trichter (? ob zur Ausbildung gelangend) zu er- warten wäre, eine freie Zellengruppe, die sich zur Somato- pleura herabzieht, — Rudiment eines Glomeruluszapfens. Hinteres Ende der Vorniere. Sechstes Quergefäss nur durch flache Aortenbucht angedeutet. ec) Rückbildung der rechten Glomerularanlagen. Das erste, was sich von den beschriebenen rechtsseitigen Anlagen zurückbildet, sind die Glomerularbuchten. Im Stadium von vier eröffneten Visceraltaschen weitet sich das Vornierenstück der Dotterarterie zusammen mit dem dorsalen Abschnitt der Leibeshöhle, in welchem es liegt, seitlich noch stärker aus als bisher, wie ein Vergleich der Fig. 29 mit den bisherigen Abbil- dungen zeigt. Am auffallendsten ist dies dicht unterhalb der Einmündung der (Juergefässe, wo die Seitenwand der Arterie fast horizontal nach aussen sich abknickt, um dann unterhalb der Vorniere wieder steil nach abwärts umzubiegen. Die diffuse Ausbuchtung, welche so entsteht. muss die kleineren Glomerular- buchten zum Verstreichen bringen. Trotzdem fand ich sie gerade bei dem ältesten von vier Embryonen dieses Stadiums, bei dem allerdings die Ausweitung der Dotterarterie schwächer war, als bei dem der Fig. 29, noch in ihrer ursprünglichen Form erhalten. Aber bei den übrigen Embryonen lassen sie sich nicht mehr, weder von der diffusen Ausbuchtung der Dotterarterie, noch namentlich untereinander scharf abgrenzen, das letztere deshalb nicht, weil die Zellenauflagerung auf der Dotterarterie durch die 434 J. Rückert: Ausbuchtungen jetzt nicht mehr unterbrochen wird, sondern über sie als einheitliche Lage hinwegzieht. Aber dieses Mesoderm- lager verdickt -sich immer noch streckenweise und dringt dabei in der bisherigen Form in das Lumen der Vorniere von deren Cölommündungen aus ein (Fig. 29). Es kann dasselbe auch noch ganz erfüllen, wie der Zapfen der früheren Fig. 22 und 24. Reicht die Bucht ‚unterhalb der Vorniere bis an die laterale Lippe des Ostium heran, wie in Fig. 29. so kann eine Abschnü- rung der Vorniere von der Völomwand überzeugend vorgetäuscht werden. Man wird überhaupt die Querschnitte durch die rechte Vornierengegend von Torpedo in diesem Entwicklungsstadium kaum verstehen, wenn man die beschriebenen Glomerularverhält- nisse nicht berücksichtigt. Bei Embryonen mit sechs Visceraltaschen, deren fünfte in Durchbruch begriffen und bei solchen, deren fünfte schon voll- ständig eröffnet ist, hat sich der Zellenbelag auf der Dotterarterie, den man seinem leicht aufgelockerten Gefüge!) nach jetzt als Mesenchymlager bezeichnen darf, etwas weiter nach abwärts ausgebreitet (Fig. 30) und auch an den Stellen der rückgebildeten Quergefässe vermehrt. Am oberen Umfang der Arterie entsendet er aber immer noch als Überreste der früheren Glomeruluswülste vereinzelte zapfenartige Fortsätze gegen die Ostien der Vorniere. In Fig. 6 der nachstehenden, die Entwicklung der V. cardinalis behandelnden, Arbeit ist ein solcher abgebildet, wie er sich unter- halb der weiten Mündung der hier schon stark abgeflachten Vor- nierenrinne zu deren lateraler Lippe erstreckt. Auch in Fig. 30 der vorliegenden Abhandlung ist ein ähnlich geformtes Gebilde (Gw) dargestellt, das weiter kaudal, unterhalb des zweiten, hier letzten, Ostiums liegt. In seiner Basis hat sich sogar noch aus- nahmsweise eine kleine Glomerularbucht erhalten. Diese Zapfen, die in einen dünnen, gekrümmten Schwanz auslaufen, erfüllen jetzt nicht mehr das Vornierenlumen, sondern haben sich offenbar aus ihm herausgezogen. Die Ursache hierfür wird leicht ersicht- lich, wenn man die weitere Entwicklung der Dotter- arterie berücksichtigt, auf die ich hier in Kürze eingehen muss. !) Im Gegensatz zu den kompakteren Glomeruluswülsten, die früher im grösseren kranialen Abschnitt der Vorniere (Fig. 20, 22 und 24) vor- handen waren. Kaudal dagegen (Fig. 26) war die Struktur immer mesen- chymatös. Über die Glomernli der Vorniere von Torpedo. h55 Das Rekonstruktionsbild der Textfig. E, das von demselben Embryo stammt wie der Querschnitt der Fig. 30, zeigt, dass sich von mindestens fünf bei diesem Objekt angelegten (Juergefässen nur mehr eines durchlaufend erhalten hat und nun stark erweitert die Aortenwurzel der Dotterarterie darstellt. Damit ist das defini- tive Ursprungsverhältnis der Dotterarterie hergestellt. Von da ab zieht das (efäss jetzt nicht mehr schräg ventro-kranial an der seitlichen Darmwand herunter wie in Textfig. D, sondern senkrecht. Es lässt sogar schon den Beginn der späteren ventro-kaudalen t 1: ETEHERSER FREE He Fig. E. Arterien der rechten Vornierengegend eines Torpedoembryo mit 6 Viscerali- taschen, erste bis vierte eröffnet, fünfte im Durchbruch begriffen. 49 Rumpf- somiten, graphische Rekonstruktion, linke Seitenansicht. Ao Aorta. Da Dotterarterie, N. Nephrotom. Nur ein einziges Vornierenquergefäss: W — Wurzel der Dotterarterie erhalten. Gefässzellengruppen punktiert. 436 J. Rückert: Verlaufsrichtung erkennen. Diese Umgestaltung ist von Einfluss auf das Anfangsstück der Dotterarterie, auf ihren Vornieren- abschnitt. Dieser dehnt sich jetzt nicht mehr wie vorher (Textfig. D) horizontal, in kranio-kaudaler Richtung unterhalb des Pronephros aus, sondern ist in Anpassung an die neue Richtung der Arterie nach abwärts trichterförmig ausgezogen. Die kraniale Wand des Trichters verläuft, wie Textfig. E zeigt, schon senkrecht, die hintere buchtet sich noch nach rückwärts aus und lässt so den kaudalen Abschnitt des ehemaligen Horizontalgefässes erkennen. Aber dieser Teil hat sich doch schon gesenkt und von der Aorta entfernt. Zum Teil ist er schon aufgelöst. Auch hier stellt sich in späterer Zeit ein steiler Verlauf der Dotterarterienwand her, so dass der trichterförmige Abschnitt sich schliesslich zu einem zylindrischen Rohr von dem Kaliber seiner Aortenwurzel verengt. Hierbei bilden sich nun alle vorher durchlaufenden Quer- gefässe mit Ausnahme des einen persistierenden zurück. ein Vor- gang, der beim Embryo unserer Figur schon in vollem Gange ist. Die Rückbildung pflegt, wie die Abbildung zeigt, in der Weise einzusetzen, dass zuerst das Mittelstück der Quergefässe verödet. Aber die Verbindung der Dotterarterie mit der dorsalen Peritonealwand erhält sich an den Stellen dieser Quergefässe noch längere Zeit in Gestalt von Peritonealduplikaturen, die, entweder leer oder mit Zellen erfüllt, von der dorsalen Cölomwand frei durch die Leibeshöhle zum Mesenchymlager der Dotterarterie herabsteigen, Gebilden, die den Namen „Quergefässgekröse“ ver- dienen und von denen in der nächstfolgenden Arbeit’ noch die Rede sein wird. In Fig. 7 und 5 jener Arbeit sind sie abgebildet. In sie hinein ragen die Reste der obliterierten @Quergefässe, von oben ihre Aortenäste und von unten ihre ventralen Überreste, die an der dorsalen Wand der Dotterarterie hängen geblieben sind. Wenn nun das Vornierenstück der Dotterarterie in der be- schriebenen Weise nach abwärts ausgezogen wird und sich dabei gleichzeitig im Querdurchmesser verengt (vgl. Da in Fig. 30, die Verengung ist hier so ziemlich die gleiche, wie weiter vorn), so wird das ihr aufsitzende Zellenlager, das die Glomeruli bildet, ihr folgen und es werden die in das Vornierenlumen eingesenkten (slomeruluszapfen aus diesem wieder herausgezogen werden. Diese Glomerulusrudimente habe ich erst bei Embryonen von 11,5 und 12,5 mm Körperlänge an vollständig vermisst. Sie = a ’ e + E >. Uber die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 457 erhalten sich also erheblich länger als links, was sich dureh ihren Zusammenhang mit einer bleibenden Bildung, der Dotterarterie, erklärt. d) Zusammenfassung der Befunde von Abschnitt a bis «& Im. Bereich der rechten \orniere von Torpedo kommen in der Regel sechs Vornierenquergefässe zur Entwicklung. Sie ent- stehen aus je zwei getrennten Anlagen, einer dorsalen und: einer ventralen. Die dorsalen Anlagestücke treten als Aortenäste auf, entsprechen somit den linksseitigen Quergefässen. Die ventralen erscheinen im Anschluss an die Bildung eines unterhalb der Vorniere gelegenen Längsgefässes(Vornieren- längsgefäss) als dorsal sich erhebende Seitenäste desselben. Wahrscheinlich treten sie zuerst selbständig oberhalb desselben auf, um sich dann sofort mit ihm zu vereinigen. Bei der Mehrzahl der (Juergefässe geht die Entwicklung in der Weise weiter, dass die ventralen und dorsalen An- lagestücke sichineinander eröffnen, wodurch die Ver- bindung zwischen der Aorta und dem: Vornieren- längsgefäss hergestellt wird. Das letztere wandelt sich gleich- zeitig, nachdem sein vorderes Ende mit dem dorsalen der an der seitlichen Darmwand emporsteigenden Dotterarterie in Verbindung getreten ist, in das Anfangsstück oder „Vornierenstück* der Dotterarterie um, die nun ihr Blut durch die (Juergefässe aus der Aorta erhält. Meist kommt am hinteren (uergefäss, zuweilen auch am: vorderen und am vorletzten, die Vereinigung der beiden Anlage- stücke nicht zustande. Die Gefäßstümpfe bleiben dann auf ver- schiedenen Stufen ihrer Entwicklung stehen. Nachdem das Vornierenlängsgefäss sich in das Anfangs- stück der Dotterarterie umgewandelt hat, behält es seine hori- zontale Verlaufsrichtung unterhalb der Vorniere noch einige Zeit bei und erweitert sich beträchtlich, mit Ausnahme eines kaudalen Abschnittes, der das Kaliber des ursprünglichen Längsgefässes beibehält und sich im Spiralwulst verliert. Bei der Ausweitung der Dotterarterie werden die ventralen Abschnitte der Quergefässe ihr einverleibt. Später gehen die (uergefässe alle wieder zugrunde bis auf ein einziges, das zweite oder dritte. das dauernd die 438 E J.BRückert: Verbindung der Dotterarterie mit der Aorta vermittelt. Dies ist die definitive Wurzel der Dotterarterie. Die Gefässgrundlage der rechten Glomerulus- bildungen besteht aus kleinen Seitendivertikeln der Dotter- arterie, welche gegen die Gölommündungen des Pronephros (Prone- phrostrichter) sich vorbuchten und bei maximaler Ausbildung in sie eindringen. Diese „Glomerularbuchten“ nehmen von jenem dorsalen Abschnitt der Dotterarterie ihren Aus- gang, der dicht unter den Einmündungen der fertigen (Juergefässe liegt, aber von den ehemaligen ventralen Anlagestücken der letzteren abzuleiten ist. Es können Glomerularbuchten auch direkt von den ventralen Anlagestücken von (uergefässen ausgehen. die noch (oder noch nicht?) in die Dotterarterie ein- bezogen sind. Solche Fälle liefern den Beweis für die Abstam- mung der Buchten aus Quergefässen. Auch das gewöhnlich weit herabreichende dorsale Anlagestück des ersten (Juergefässes (Aorten- ast) kann eine Glomerularbucht bilden. | Ausser diesen Gefässbuchten beteiligen sich noch meso- dermale Zellenwucherungen an dem Aufbau der rechten Glomerularanlagen. entsprechend den Verhältnissen auf der linken Seite. Diese soliden Anlagen stehen dorsal mit den Urwirbel- stielen in Verbindung. sie nehmen von diesen ihren Ausgang wie links. aber sie ragen nicht frei wie dort in die Leibes- höhle herab. sondern sitzen dem oberen Umfang der Dotterarterie auf. Denkt man sich die Dotterarterie unter ihnen weggenommen, so zeigen sie auf den (uerschnitten das gleiche Verhalten, wie die zipfelartigen linken Glomeruli. Sie reichen aber ventral weiter herab als die linken, so dass sie die Cölommündungen der Vorniere erreichen. In diese bohren sie sich mehr oder minder tief ein, so dass sie bei maximaler Entwicklung das Vornierenlumen ganz ausfüllen und auseinander treiben können. Der Ansatz zu diesem Ent- wieklungsgang kommt schon in der hinteren Hälfte der linken Vorniere (Fig. 10) vor. Dass er rechts zu solcher Ausbildung gelangt, hängt offenbar mit den anderen Gefässverhältnissen zu- sammen: Die (uergefässe der Vorniere enden hier nicht oberhalb der Vornierenostien, wie die rudimentären linken, sondern sie reichen ventral bis zu den Ostien herab und über diese hinaus. Dadurch ist die Möglichkeit gegeben, mit den letzteren in direkte Uber die Grlomeruli der Vorniere von Torpedo. 439 Berührung zu gelangen. was durch Ausbildung der Glomerular- buchten geschieht. Die Verlaufsrichtung der soliden Glomerular- anlagen entspricht nun wie immer derjenigen der zuführenden Gefässe, stellen sie doch im Grunde nichts anderes dar, als solide Anlagen von Gefäßschlingen, die es bei Torpedo nicht wie bei anderen Objekten bis zur Vaskularisation bringen. So dringen auch sie mit den Gefässbuchten, und noch tiefer als diese, in die Ostien ein. Noch häufiger als links kommt auf der rechten Seite eine Anlagerung dieser Zellenmassen unterhalb der Ostien an die Somatopleura zur Ausbildung. Auch die rechten Glomerularwülste oder -zapfen lassen segmentale Anordnung erkennen und zwar nicht nur durch ihre dorsale Verbindung mit den Urwirbelstielen, sondern auch in ihrem ventralen in die Vorniere sich einbuchtenden Ende, soweit hier glomerulare Gefässbuchten zustande kommen. Die letzteren dringen nämlich so tief in die mesodermale Zellenmasse ein. dass auf ihnen nur mehr ein einreihiger epithelialer Cölom- übergang erhalten bleibt, und trennen so den Zellenwulst in segmentale Unterabteilungen. Wo dagegen die Gefässbuchten ganz flach sind oder vollständig fehlen, läuft die Zellenmasse über sie weg und stellt eine einheitliche Bildung dar. wie bei den äusseren “Glomeruli der übrigen Wirbeltiere. Wieder anders gestaltet sich das Bild da, wo die QWuer- gefässanlagen stark rudimentär sind, wie z.B. am hinteren Ende der Vorniere. Hier ist die Dotterarterie durch das enge Vornierenlängsgefäss vertreten, das weit ventral vom Pronephros abgerückt in einer lockeren, mesenchymartig gebauten Schicht liegt, welche die kaudale Fortsetzung des auf der Dotterarterie ruhenden Zellenlagers bildet. Trotzdem treten auch hier rudimentäre solide Glomerulusanlagen auf in Form von Zellenzapfen, die als Umhüllung rudimentärer ventraler Anlagestücke von (uergefässen sich gegen die Vorniere zu erheben und selbst da vorkommen, wo eine solehe Gefässanlage fehlt, aber zu erwarten wäre. Noch eine andere Form soleher Glomerulusrudi- mente kann am vorderen Ende der Vorniere erscheinen, wenn die (uergefässe daselbst nur durch Aortenästchen vertreten werden und unterhalb derselben die Dotterarterie mit ihrer Zellen- 440 i J). Rückert: auflagerung fehlt. ‘ Dann findet man Zellengruppen am Vornierenostium, d.h. an der Eröffnungsstelle der Vornieren- rinne, die an der medialen Rinnenlippe haften und sich zur Somatopleura hinüberziehen können, die also in dieser ihrer Lagerung ganz mit den übrigen Glomerulis übereinstimmen und deshalb als Rudimente von solchen angesehen werden dürfen. Die Rückbildung der rechten Glomeruli geht in der Weise vor sich, dass mit der Ausweitung des dorsalen Ab- schnittes der Leibeshöhle die Glomerularbuchten sich allmählich abflachen und verschwinden. Die zwischen ihnen gelegenen glomerularen Zellenwülste und Zapfen verdünnen sich gleichzeitig, doch‘ erhalten sich einzelne von ihnen in Form von spitz aus- gezogenen Zipfeln längere Zeit, wie denn überhaupt die rechten (Glomerularanlagen infolge ihres Zusammenhangs mit der Dotter- arterie später verschwinden als die rasch vergänglichen linken. Über die Einzelheiten des Rückbildungsvorganges und die mit ihm’ einhergehende Umgestaltung des Vornierenstückes der Dotter- arterie vergleiche die obige Beschreibung. 2. Selachierliteratur. Rechtsseitige Glomerulusanlagen sind bei Selachiern bisher nur für Torpedo von mir (1888) beschrieben worden. Es sind dies die gleichen Bildungen, die ich jetzt auf Grund eingehenderer Untersuchung in erheblich erweiterter Form wieder zur Dar- stellung gebracht habe. - Die Arterien der rechten Vornierengegend der Selachier sind zuerst von P. Mayer (1587), dann von mir (1858) und van Wijhe (1589) und eingehend von Rabl (1896), in jüngster Zeit wieder von Burlend (1914) beschrieben worden. Dieser Teil der Literatur ist bereits oben (S. 406) berücksichtigt und wird in meiner Gefässarbeit noch näher gewürdigt werden (vgl. auch S. 473 meiner nachstehenden Arbeit über die Vena cardinalis). 3. Vergleichendes nebst weiteren Befunden über die Ent- wicklung der Vornierengefässe. Die in der rechten Vornierengegend der Selachier zur Dotterarterie verlaufenden Quergefässe wurden, seitdem sie von mir (1388) als Vornierengefässe erkannt worden sind, in der Literatur wiederholt mit den Vornierengefässen anderer Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 441 Wirbeltiere homologisiert. Bei diesen Vergleichungen hat sich ein schon in der Nomenklatur zum Ausdruck kommender Irrtum eingeschlichen, der zunächst richtiggestellt werden muss. Man bezeichnet die (refässe ganz allgemein als „Darmgefässe" oder auch nach ihrem Entdecker als P. „Maversche Darm- gefässe*, ohne zu bedenken, dass dieser Name nur für die kaudal von der Vorniere, sagen wir kurz „im Hinterrumpfe* auftretenden. vergänglichen Quergefässe passt, die von der Aorta zur Subintestinalvene herabziehend den seitlichen Darmumfang umgreifen. Die (Quergefässe der Vornierenregion dagegen um- schlingen den Darm nicht, dafür sind sie viel zu kurz. Sie er- strecken sich in der ersten Zeit.ihres Auftretens, in der sie relativ noch etwas länger sind als später, gerade noch bis in den Bereich des dorsalen Darmumfanges nach abwärts, später erreichen sie ihn nur knapp oder gar nicht melır. Sie verdienen also nichts weniger als gerade den Namen „Darmgefässe*“. Dieser Unterschied kommt in der grundlegenden Darstellung P. Mayers klar zum Ausdruck, wie die Betrachtung eines von ihm abgebildeten Plattenmodells (1857, Taf. 11, Fig. 1) zeigt. Aber für Maver ist dieser Differenzpunkt nur von untergeord- neter Bedeutung, denn der Autor betrachtet das Anfangsstück der Dotterarterie, in welches die Quergefässe münden, als einen nachträglich in diese Arterie einbezogenen Abschnitt der „Sub- intestinalvene*, die somit an dieser Stelle ungewöhnlich weit dorsal verlagert sein müsste. Den Beweis für diese Ansicht hat er allerdings nicht beigebracht. Statt dessen hat im Gegenteil 0. Rabl (1896) die Verbindung der Dotterarterie mit der Sub- intestinalvene Mayers in Abrede gestellt. und ich selbst muss dem auf Grund meiner Befunde bei Torpedo beipflichten. !) Neuerdings stellt Burlend (1914), ein Schüler von Sedgwick die intermetamere Anordnung der Vornierenquergefässe der Selachier im Abrede. Er lehnt sogar den segmentalen Bau der Selachiervorniere ab. Vor beiden Irrtümern hätte ihn die Herstellung eines horizontalen Längs- schnittes durch einen seiner Seylliumembryonen bewahren können. Auch mit der Literatur ist der englische Autor nicht hinreichend vertraut. So be- zeichnet er es z. B. als ein Hauptverdienst der Rablschen Arbeit, die P. Mayerschen Arterien des Vornierengebiets als Vornierenarterien „identifiziert“ zu haben. Ebenso schreibt er die Auftindung des Sammel- rohres der Vorniere Rabl zu, statt mir. Archiv f. mikr. Anat. Bd.89. Abt.I. BIT] 442 J. Rückert: /weitens sind die (uergefässe des Hinterrumpfes, wie P. Mayer schon richtig erkannt hat. im Gegensatz zu denen der Vorniere nicht segmental angeordnet.!) Ich habe dies seiner- zeit (1855) bestätigt und muss heute meine damalige Angabe auf (Grund erneuter Untersuchung für die ausgebildeten Endothel- röhren aufrecht erhalten. Und endlich treten die (Juergefässe der Vorniere nach ihrem Abeang von der Aorta zwischen den Urwirbelstielen durch, während die kaudal folgenden medial von diesen Somiten- absehnitten, zwischen ihnen und der Darmwand sich herabsenken. So bleibt schliesslich. wenn man die Gefässe in ihrem fertigen Zustand in einem etwa der Textfig. D entsprechenden Stadium miteinander vergleicht, als übereinstimmendes Merkmal nur das eine übrig, dass sie beide ventrale Aortenäste sind, was nicht viel besagt. Man wird daher in Zukunft diese zwei Gruppen von (Quergefässen der Selachier streng auseinander halten müssen, indem man die einen Quergefässe der Vorniere, die anderen Quergefässe des Darms nennt. Man versteht nun, dass den meisten Forschern, welche die Vornierenquergefässe anderer Wirbeltiere mit den Mayerschen „Darmgefässen“ verglichen haben, eine Verfolgung jener Ge- fässe auf die Darmwand nicht oder nur in unbefriedigender Weise geglückt ist. So gibt Hatta (1908) für Petromyzon ausdrücklich an, dass die Vornierenquergefässe sich nicht am Darm herabsenken und nicht einmal an ihn herantreten, mit Ausnahme des 6. — letzten, das die Wurzel der Art. mesenterica bildet. Um hier zunächst die Amphibien anzuschliessen, ver- weise ich auf die Arbeit von Fie!d (1891), in der für Bom- binator mitgeteilt wird, dass es „gelegentlich so aussieht, als ob das Glomusgefäss nur der laterale Zweig“ eines Darmgefässes sei, welches ein Stück weit ventral über den Glomus hinaus ver- folgbar ist. v. Möllendorf (1911) beschreibt in bestimmter Form, ebenfalls bei Bombinator, einen Zusammenhang von Darmgefässen mit dem Gefäßsinus des Glomerulus. Wie die Verbindung zustande kommt, geht aber aus seiner Darstellung nicht hervor, auch ist sie nur in seinen schematischen Textfiguren, nicht aber in den Originalbildern zu erkennen. Das Objekt ist offenbar für die Untersuchung junger Gefässanlagen schwierig. Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 443 Immerhin geht aus der Darstellung das eine hervor, dass in der Vornierengegend von Bombinator Darmquergefässe vielleicht zur An- lage kommen. Leider stehen damit die noch nicht veröffentlichten Befunde von Frl. Dr. Hartmann bei Siredon und Sala- mandra in Widerspruch. Trotz genauer Rekonstruktionen liessen sich hier im Vornierengebiet keine Darmquergefässe feststellen. Eine beachtenswerte Angabe macht Brauer (1902) über das arterielle Vornierengefäbsystem von Hypogeophis mit den Worten: „auf etwas vorgerückteren Stadien der Ausbildung der Vorniere geht gleich hinter der Vorniere ventralwärts ein unpaares, anfangs schwaches Gefäss ab, welches dann, an der Wurzel des Mesenteriums angekommen, kranialwärts unter der Vorniere weiterzieht, auf dem Wege von den Glomeruli Zweige aufnimmt und dann weiter am Darm sich verzweigt“ (l.c. S. 114). Dieses Gefäss erinnert an das Längsgefäss der Selachiervorniere, und die Darmverästelung seines vorderen Endes an die Anlage der Dotterarterie. Aber segmentale Darmquergefässe, von welchen die intermetameren Glomerulararterien ausgehen, sind auch hier nicht nachgewiesen und wahrscheinlich nicht vorhanden, sonst wären sie einem so sorgfältigen Beobachter wie Brauer wohl kaum entgangen. Indessen fand v. Möllendorf (1911) an dem von Brauer untersuchten Semonschen Material von Hypo- geophis am hintersten Vornierensegment wenigstens einen kurzen zipfelartigen Darmast der Aorta (l. e. Textfig. N). Die Vornierengefässe des Ganoiden Amia und die der Forelle hat Felix (1906 und 1910) gerade mit Rücksicht auf die vorliegende Frage untersucht. Obwohl er in dem Bestreben, die Vornierenquergefässe der Cranioten auf die Kiemengefässe des Amphioxus zurückzuführen, bei diesen Objekten nach Vornieren- Darmgefässen („viscero-ventralen Bogengefässen“ im Bereich der Vorniere) gesucht hat, konnte er solche bei Amia nicht finden und bei der Forelle nur in Form eines einzigen Gefässes, der Dotterarterie. Hingegen gelang es ihm, solche bei Embryonen von Men- schen festzustellen. Er sagt von ihnen, dass die mehr kopf- wärts gelegenen Gefässe dieser Gruppe „nur rudimentär angelegt“ sind, „manchmal gar nicht mehr mit der Aorta in Verbindung“ stehen. „Die schwanzwärts gelegenen Bogen dieser Gruppe sind 30 * 444 J. Rückert: besser entwickelt; sie versorgen an der Vorniere vorbeiziehend den Dottersack und bilden in seiner Wand zahlreiche Äste, die wahrscheinlich alle untereinander in netzförmiger Verbindung stehen“ (1910, S. 543). Die letzteren (refässbogen dieser ver- gänglichen Gruppe sind durch eine Längskommissur verbunden. In ein ventrales Längsgefäss (Subintestinalis) scheinen sie nicht zu münden. Die Gefässe wären dafür auch zu kurz (vgl. 1. e. Fig. 7). Auch sind sie ebenso wie die Gefässe einer sich anschliessenden kaudalen Gruppe. die den echten Darmquergefässen der Selachier entsprechen, nicht segmental. Und schliesslich ist nicht zu er- sehen, ob diese Vornieren-Darmgefässe des Menschen wirklich Beziehungen zur Vorniere haben. Jedenfalls aber ist durch Felix bei menschlichen Em- bryonen gezeigt worden, dass in der Vornierenregion eine Gruppe von Darmgefässen überhaupt vorkommt. Dies ist an sich schon eine für die Auffassung der Wirbeltierquergefässe sehr beachtens- werte Tatsache. Sie würde bedeuten, dass beim Menschen un- gemein primitive Verhältnisse der Quergefässe vorliegen, wie dies auch Felix ausspricht, — allerdings nur unter der Voraus- setzung, dass bei Selachiern oder doch bei irgend einer anderen niederen Vertebratenform solche „Vornieren-Darmgefässe“ wirk- lich existieren. Ist dies nicht der Fall, dann bliebe als An- knüpfungspunkt nur der Amphioxus mit seinen glomerulus- bildenden Kiemengeftässen. Eine Brücke von ihm zum Menschen über alle übrigen Wirbeltiere weg zu schlagen, wäre aber ein etwas kühnes Unterfangen, um so mehr, als die Homologie seiner Niere mit der Vertebratenvorniere keineswegs sichersteht, Boveri selbst (1590, 1892) hat seinen Vergleich, wie bekannt, hauptsächlich auf die Gefässverhältnisse der Selachiervorniere ge- stützt, indem er von der Voraussetzung ausging, dass hier den Kiemengefässen des Amphioxus gleichwertige glomerulusbildende Darmquergefässe vorhanden seien, die von der Aorta zur Sub- intestinalis durchlaufen. Trifft das letztere nicht zu, so ist der Boverischen Homologisierung der Gefässe der Boden ent- zogen. Unter diesen Umständen scheint es mir am Platze, schon hier einige neuere Beobachtungen über die Entwicklung der Vornierengefässe von Torpedo einzuflechten, die ich aus meiner umfassenden, noch nicht publizierten Gefässarbeit herausgreife. Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 445 Schon während der ersten Anlage des Vornierengefässes zeigt sich, wie die Textfig. Ü erkennen lässt, dass das in Ent- stehung begriffene Endothelrohr sich an mehreren (in der Figur drei) Stellen ventral auszieht in Zipfel (De.), die sich an der seitlichen Darmwand herabsenken. Diese kurzen Darmäste werden ventral noch verlängert durch Gefässzellengruppen. Die letzteren. in der Figur punktiert angegeben, bilden Teile eines an der LITITIZIILTT De wish $ a & ® [4 N 3.5 & £# Fig. F. (sefässanlagen der rechten Vornierengegend eines Torpedoembryo, der seiner Entwicklung nach zwischen denjenigen der Figuren Ü und D steht. 5 Vis- ceraltaschen, zweite weit eröffnet, dritte links offen, rechts nur zum Teil. 34 Rumpfsomiten. Graphische Rekonstruktion, linke Seitenansicht. Am Art. mesenterica, Ao Aorta, Da Dotterarterie, Dz u. Dg Darmziptel des V.ornieren- längsgefässes, Lg Vornierenlängsgefäss, N Nephrotom, P Längsausdehnung der Vorniere, Qı— (5 Quergefässe der Vorniere, Gefässzellengruppen punktiert. 446 JeRnieikenit: seitlichen Darmwand sich ausbreitenden Gefässzellennetzes. In einer noch etwas jüngeren Entwicklungsphase. in der das Endothel- rohr des Längsgefässes nur über ein Drittel von der Länge des abgebildeten fertiggestellt ist, zieht es sich ebenfalls schon ventral in einen Darmzipfel aus. Aus diesen Beobachtungen geht hervor, dass das Vornieren- längsgefäss gleich in seiner ersten Anlage in Verbindung mit kurzen Darmästchen auftritt. Es stellt zuerst eine Längs- kommissur dieser letzteren dar, die sich sodann mit den (@uer- gefässen der Vorniere verbindet. In diesem Zustand finden wir das Längsgefäss in der bei- stehenden Textfig. F, welche ihrer Entwicklung nach zwischen Fig. © und D einzuschalten ist. Hier sind dorsal von der Längsarterie fünf Vornierenquergefässe aufgetreten, von denen die drei kranialen bereits die Verbindung mit der Aorta her- stellen. Ventral zieht sich das Längsgefäss in drei, oder wenn man den unter dem kranialen Ende der Vorniere gelegenen mithinzu- rechnet. in vier Darmzipfel (Dg u. Dz) aus. Nur der kaudale liegt direkt unter einem Vornierenquergefäss, so dass man ihn als seine ventrale Fortsetzung betrachten könnte. Für die vorhergehenden liesse sich ein Zusammenhang mit den Vornierenquergefässen nur so konstruieren. dass man die Verbindung in schräg kranial ab- steigender Richtung zieht. Doch kann dieses Lageverhältnis auch ein zufälliges sein, denn ich habe für dieses Entwicklungs- stadium nur den einen in Fig. F abgebildeten Embryo zur Ver- fügung. Instruktiv für die Entstehung dieses Gefäßsystems ist der kaudale Endabschnitt desselben (unterhalb Nı und N; in Fig. F). Sein Anschluss an das übrige Längsgefäss ist, wie seine dünne Verbindung nach links zeigt, noch unfertig und doch zieht er sich nieht nur dorsal in ein Vornierenquergefäss, sondern auch ven- tral gegen den Darm zu aus. Es ergibt sich hieraus, dass das Primäre hier die Anlage eines Vornierendarmgefässes ist, die durch eine Längsanastomose sich mit der Nachbaranlage zum Längsgefäss verbindet. Das Gefässnetz, das sich an der seitlichen Darmwand herab- senkt, ist in Fig. F weiter ausgebildet als in Textfig. ©. Es sind an Stelle der Zellennetze schon grossenteils Endothelröhren entstanden, unter denen die nach Art der Darmquergefässe ab- Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 147 steigenden Züge überwiegen. Besonders kräftig ist der kraniale Abschnitt dieses Netzes, der im Begriff steht, sich in das an der Darmwand schräg eranial absteigende Stück der Dotterarterie umzudifferenzieren Die bekannte Entwicklung von Gefäss- stämmen aus netzförmigen Anlagen tritt nebenbei bemerkt hier deutlich hervor. wenn man diesen Dotterarterienabschnitt mit dem des älteren Embryos der Textfig. D vergleicht. In der letzteren Abbildung sind die Darmäste des \ornierenlängs- gefässes nur in Form von Stümpfen dargestellt. weil das an- schliessende Netz hier nieht mit in die Rekonstruktion auf- eenommen wurde. Ich füge deshalb in Texttig. (x die Rekon- struktion eines zweiten genau gleichaltrigen Embryos bei (Torp. 54). Das den absteigenden Teil der Dotterarterie kaudal fortsetzende Darmgefässnetz wird hier von oben her, d.h. von dem aus dem Vornierenlängsgefäss entstandenen Anfangsstück der Dotterarterie durch drei absteigende Züge gespeist. Diese letzteren erinnern Er EARZER Bi u u BB EB 37“ DL ELT. vH. BEE Ehen - P Gefässanlagen der rechten Vornierengegend eines Torpedoembryo, welcher dem der Fig. D genau gleichaltrig ist (Torp. 54). Methode der Darstellung und Fignrenbezeichnung wie bei Fig. D. 448 IRücekert: noch in ihrer Verlaufsrichtung an die Darmquergefässanlagen der Fig. F. Auch in den Querschnitten der Fig. 21—-23 und 25 sind solche absteigende Darmgefässzipfel als engere ventrale Fort- sätze der Dotterarterie getroffen. In späterer Zeit, wenn die Vornierenquergefässe sich rück- gebildet haben. ist von dem ventral von ihnen gelegenen Teil des Darmgefässnetzes nur mehr wenig zu sehen, wie Textfig. E zeigt. Das Netz ist aber inzwischen nicht etwa völlig verloren gegangen, sondern für die Weiterentwicklung der Dotter- arterie verwendet worden. Das weite, in Fig. E trichter- förmige,. Anfangsstück der Arterie ist aus ihm hervorgegangen, und die aus den Figuren ersichtliche Rückwärtsverlagerung des zum Dotter absteigenden Gefässes, die mit einer gleichsinnigen Verschiebung der vorderen Darmpforte Hand in Hand abläuft, geht — wenigstens in der bisherigen Entwicklungsperiode — im wesentlichen dadurch vor sich, dass successive kraniale Teile des (refässes veröden, während es sich gleichzeitig in kaudaler Rich- tung auf Kosten des Netzes neu aufbaut. Noch in einer anderen Hinsicht ergibt sich nach meinen neueren Beobachtungen eine Übereinstimmung zwischen den Quer- gefässen der Vornierengegend und den kaudal sich anschliessenden Darmgefässen des Hinterrumpfes. Untersucht man die letzteren zur Zeit ihres ersten Auftretens, wenn sie noch solide Zellenstränge sind oder hohl zu werden anfangen, dann erkennt man, dass sie in der überwiegenden Mehrzahl im ereich ihres dorsalen, mit der Aortenanlage verbundenen, Ur- sprungsstückes intermetamer sind. Ventralwärts verwischt sich diese Anordnung, indem die Gefässe unter sich zu bogen- förmigen Anastomosen konfluieren. Dieses Verhalten kann man schön an sagittalen Längsschnitten erkennen, welche eine Über- sicht über eine Anzahl solcher Gefässanlagen geben, während es auf den gewöhnlich untersuchten Querschnitten der Beobachtung entgeht. Später, wenn diese Darmquergefässe sich mächtig ausdehnen und mit weiten Lakunen die seitliche Darmwand umspinnen, ist ihre ursprüngliche Metamerie vollständig verwischt. In diesem letzteren Zustand sind sie früher von P. Mayer und darauf von mir untersucht und von uns beiden als nicht segmental erklärt worden. So bleibt. wenn wir von dem Auftreten eines Vornieren- Uber die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 449 längsgefässes zunächst absehen,') als einziges Unterscheidungs- merkmal der (Juergefässe beider Rumpfregionen nur ihre ver- schiedene Lage zu den Urwirbelstielen. Das scheint mir aber kein prinzipieller Unterschied zu sein. Die Vornierenquergefässe brauchen bei ihrem Abgang von der Aorta nur eine etwas mehr laterale Richtung einzuschlagen, dann werden sie zwischen den Urwirbelstielen statt medial von ihnen zum Darm herabtreten. Eine solche Ablenkung ihres Verlaufs lässt sich ungezwungen aus ihren Beziehungen zu der lateral von ihnen gelegenen Vorniere ableiten. Hieraus ergibt sich, dass in der Vornierengegend von Torpedo wie im übrigen Rumpf Darmquergefässe angeleet werden, deren dorsaler Abschnitt durch Bbe- ziehungen zur Vorniere modifiziert erscheint. Dieser Abschnitt sind die „Vornierengefässe*. Damit ist es nun möglich, auf Grund von fest- stehenden Tatsachen „Vornierendarmgefässe* bei Selachiern anzunehmen, diese mit den glomerulus- bildenden kiemengefässen des Amphioxus zu ver- gleichen und auch die beim Menschen von Felix ge- fundenen Gefässverhältnisse der Vornierenregion an diejenigen niederer Uranioten anzuknüpfen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich noch bei anderen Wirbel- tieren durch genauere Untersuchung der etwas schwer zu ver- folgenden frühesten Gefässanlagen entsprechende Befunde werden feststellen lassen. In der beistehenden Textfig. H gebe ich für die rechts- seitigen (Juergefässe von Torpedo ein Schema in der von Felix (1906. 1910) für Selachier und andere Wirbeltiere gewählten übersichtlichen Form. — Was nun die rechtsseitigen Glomeruli selbst anlangt, so zeigen sie auf (uerschnitten eine Übereinstimmung mit den als laterale Bucht der Splanchnopleura auftretenden jungen Glome- rularanlagen von Urodelen und Anuren, insofern als auch diese als Mesodermfalten erscheinen, die von einer der Vorniere ', Von dem ventralen Längsgefäss, in welches die Vornierendarm- sefässe einmünden sollten, muss ich hier ganz absehen, da dieser Gegenstand nicht in Kürze erledigt werden kann. Er wird in meiner Gefässarbeit ein- zehend behandelt. Rückert: ]: 450 fo) -wvwol 99S 94y99y opadıo] uoA soJdumy sap Asse paFıand ap wumayag Yapedobuny vaTmrjuan MN "nl bar au dr v0 OU YDPTDI! :UMOBUUITIIUrTY Ba yE mWRUoN afoho -WU CDOT] UATD : UIUIIU 204 Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 451 gegenüberliegenden Stelle der Splanchnopleura in lateraler Rich- tung gegen die Vornierenostien zu vordringen.') Von den sonst bekannten äusseren Glomeruli,. denen des Petromyzon und der Amnioten, unterscheiden sie sich äusserlich dadurch, dass sie nicht frei von oben in die Leibeshöhle herabhängen. Es wurde oben dargelegt, dass dieser Unterschied dadurch bedingt ist. dass sie der weiten Dotterarterie seitlich aufsitzen und dass man sie von den linksseitigen Glomeruli von Torpedo und damit auch von denen der letztgenannten Vertebraten ableiten kann, wenn man sie sich von dieser Verbindung abgetrennt denkt. Ihre Zellenwucherungen wenigstens — nicht die Gefässbuchten — senken sich dann ebenso wie dort von der Wand der Urwirbel- stiele neben der Vorniere nach abwärts. Und zwar treten sie weiter herunter als die linken Glomeruli. so dass sie die Cölom- mündungen der Vorniere erreichen und in diese eindringen. Da bei den übrigen Wirbeltieren — mit einer einzigen, gleich zu besprechenden Ausnahme — ein dem Vornierenstück der Dotter- arterie entsprechender weiter (Grefässraum wie in der rechten Grlomerularregion von Torpedo nicht existiert. so kommt bei keinem dieser Objekte eine Glomerulusanordnung zustande, die in allen Einzelheiten mit der rechtsseitigen von Torpedo vergleichbar ist. Das einzige Objekt, bei welchem bis jetzt ein (refässver- halten gefunden wurde, welches sich demjenigen der rechten Vor- nierengegend von Torpedo an die Seite stellen lässt, sind die Teleostier. In seinen „Beiträgen zur Entwicklungsgeschichte der Salmoniden* beschreibt Felix (1897) ein den Glomerulus in seiner Längsrichtung durchsetzendes Gefäss, das er als „Eigen- gefäss des Glomerulus“, später im Hertwigschen Handbuch als „Glomerularabschnitt der A. mesenterica“ bezeichnet. !) (gegen diesen Vergleich, den ich schon früher (1888) gezogen habe, wendet sich ©. Rabl. indem er die Übereinstimmung mit dem Vornieren- slomerulus der Amphibien, „den wohl jeder aus eigener Anschauung kennt*, in Abrede stellt. Ich bemerke, dass ich damals nicht den Amphibienglome- rulus, „den jeder aus eigener Anschauung kennt, zum Vergleich heran- gezogen habe“, sondern die Querschnitte ganz junger Glomerulusanlagen von Rana, welche Fürbinger (1878, Fig. 2 u. 3) abgebildet hat. Man ver- sleiche diese Bilder mit den meinen und man wird die Übereinstimmun« herausfinden. 452 J.Rückert: In untenstehender Textfig. I ist eine Abbildung von Felix wiedergegeben, welche dieses (sebilde zusammen mit dem übrigen arteriellen Gefässapparat der Vorniere der Forelle auf dem Höhe- punkt seiner Ausbildung zeigt. Der mächtig ausgeweitete Gefäss- sack wird durch vier bis fünf Aortenäste gespeist, von denen der kraniale stärkste und zuerst aufgetretene („Hauptafferens“, „primäre Wurzel der A.mesent.“) schräg von vorn und oben in ihn ein- dringt. während drei bis vier später erschienene ganz kurze Ästchen („Nebenafferentia*, „Nebenwurzeln der A. mesent.*“) senkrecht von oben sich in ihn einsenken. Die Ähnlichkeit dieser Bildung mit dem weiten Vornieren- abschnitt der Art. vitellina von Torpedo und deren Quer- gefässen fällt in die Augen, wie eine Vergleichung mit dem in Fig. RK abgebildeten Plattenmodell des voll entwickelten Vornieren- gefässsystems von Torpedo zeigt. Dass die „Nebenwurzeln“ bei der Forelle. die Felix als „sehr regelmässig“ angeordnet bezeichnet. den intermetameren \ornierenquergefässen von Torpedo vergleichbar sind, bedarf keiner weiteren Begründung. Sie unterscheiden sich von ihnen nur durch ihre geringere Stärke, was sich damit erklärt. dass der Haupt- zufluss zum sackartig ausgedehnten Längsgefäss durch die weite un cranial. Nebenmwarxeln a.Art.mesert. ZEN , SR NEN caudal. P ee enE. Glomerularabschn.tt eo Acı Art. mesent. Fie. I. Rekonstruktion der Gefässe der Vornierengegend eines Forellenembryo vom 54. Tage. Nach Felix (Anat. Hefte Bd. VII). Die Bezeichnungen zum Teil nach der Kopie im Hertwigschen Handbuch (Bd. 3, Fig. 75). ot a Uber die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 45: „primäre Wurzel“ geschieht. Diese letztere entspricht offenbar dem ersten Quergefäss von Torpedo, welches, wenn vollständig ausgebildet (Fig. D u. @), ebenfalls schräg kaudal zum Vorder- ende des Gefäßsackes absteigt, im Gegensatz zu den folgenden senkrecht verlaufenden (uergefässen. Störend für die Vergleichung wirkt auf den ersten Blick der Umstand, dass der (refäßsack bei Torpedo an seinem vor- deren Ende sich in das am Darm absteigende Stück der Dotter- arterie fortsetzt. Aber auch bei Salmo fehlt ein entsprechender (Gefässabschnitt nicht, wenn er auch in der beistehenden Figur. nicht wiedergegeben ist. In seiner letzten über diesen Gegen- stand publizierten Arbeit teilt Felix (1910) mit, dass eines der Fig. K. Plattenmodell der (refässe der rechten Vornierengegend eines Torpedoembryo mit 5 Visceraltaschen, zweite und dritte eröffnet, erste und vierte unmittelbar vor dem Durchbruch. 46 Urwirbel, davon 41 Rumpfsomiten. Von der rechten Seite gesehen. Am A. mesenter., Av Aorta, Da Dotterarterie, Qı Qs Vornierenquergefässe. 454 Je Brüre erit: von der Aorta kommenden (uergefässe durch das Wundernetz des Horizontalgefässes hindurehtritt und an der Darmwand herab zur V.subintestinalis verläuft. Dieses (iefüss vergleicht er selbst der Art.vitellina der Selachier. Aus dem dort beigege- benen Schema (l. ec. Fig. 5) ist zu entnehmen, dass das (refäss viel schwächer ist als bei Torpedo und weiter kaudal das Wunder- netz durchsetzt. Mit Rücksicht auf die spätere Rückwärts- verlagerung der Dotterarterie von Torpedo, die unter Einver- leibung kaudal anschliessender Darmgefässe geschieht. ist es gestattet, das absteigende Stück der Dotterarterie von Torpedo der „Art. vitellina“ der Forelle gleich- zustellen. So besteht der Unterschied nur darin, dass bei erste- rem Objekt dieser Gefässabschnitt die Hauptabflussbahn des Vor- nierenstückes bildet. während er bei Salmo in der Entwicklung zurückbleibt. Das Verhalten des Horizontalgefässes an seinem kaudalen Ende bietet eine weitere Stütze für die Vergleichung. Bei der Forelle setzt sich, wie die Textfig. J zeigt, der weite Sack kaudal in ein zwar kräftiges, aber doch erheblich engeres Rohr, die Art. mesenterica, fort. Dieses bildet somit — aller- dings nur eine Zeitlang — das Anfangsstück der genannten Darmarterie, so dasses Felix als „alomerularabschnitt“ derselben bezeichnen durfte. In einem Stadium, das jünger ist, als das hier abgebildete, stellt es sogar die einzige Wurzel der Art. mesenterica dar (vgl. Felix, Il. c., Textfig. 7). Später setzt es sich mit der Aorta durch eine kurze, sich ausweitende Ana- stomose in direkte Verbindung. Dieses in beistehender Textfigur als „sekundäre Wurzel“ bezeichnete (sefäss wird später, wenn der „Glomerularabschnitt“ zugrunde geht, zur definitiven und einzigen Wurzel der A. mesenterica. Vergleichen wir damit die Gefässverhältnisse von Torpedo. Auch hier setzt sich das weite Vornierenstück der Dotterarterie kaudal in ein erheblich engeres Rohrstück fort, welches als Über- rest des ursprünglichen Längsgefässes, wie oben beschrieben, im Spiralwulst des Darms liegt (vgl. Taf. XXIV Fig. 26—28). Es ist in den Rekonstruktionsfiguren D, F und G in ganzer Länge zu sehen und mit A.m bezeichnet. An dem Plattenmodell der Fig. K ist es sehr kurz und steht mit dem letzten (uergefäss in offener Verbindung. Dieses Gefäss wurde schon von C. Rabl bei Pristi- Uber die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 455 urus in der gleichen Lage gesehen und abgebildet und als Art. mesenterica angesprochen (l.c. S. 654 und Taf. XIV, Fig. 4). Ob es bei Torpedo dauernd als Wurzel dieser Arterie erhalten bleibt, habe ich nicht verfolgt, aber es stellt jedenfalls die früheste Anlage der A. mesenterica dar. Auch zwischen ihm und der Aorta wird eine Anastomose vorübergehend hergestellt oder wenigstens angebahnt durch ein sechstes bzw. fünftes Vornieren- quergefäss. eine Verbindung, die der „sekundären Wurzel“ der Art. mesent. von Salmo entspricht. Die letztere liegt zwar hinter dem Glomerulus, aber sie setzt die Reihe der Vornierenquergefässe unmittelbar fort, so dass wir sie mit einem rudimentären kau- dalen Vornierenquergefäss von Torpedo vergleichen dürfen. Bei beiden Objekten mündet das fragliche (uergefäss in das Längs- sefäss, kaudal von dessen sackartig erweitertem Abschnitt ein. Dieses Ursprungsverhältnis der A. mesenterica scheint eine allgemeine Verbreitung zu besitzen. So berichtet Hatta (1908), dass bei Petromyzon das letzte — hier ebenfalls hinter dem letzten und sechsten Nephrotom gelegene — Quergefäss der Vorniere auf der rechten Seite zur Wurzel der Art. mesenterica wird, während das linke Gefäss früh obliteriert. Eingehender beschäftigt sich v. Möllendorf (1911) mit diesem Verhalten bei Bombinator. Er leitet die Art. coeliaco mesenterica von einer unter der Aorta gelegenen Längsanastomose ab, die im Bereich des Vornierenglomerulus die Darmgefässe verbindet und hinter dem- selben der genannten Darmarterie den Ursprung gibt, also einem (refäss, das dem Vornierenlängsgefäss von Torpedo entspricht. Ferner lässt Greil bei Ceratodus, wie aus den Abbildungen seiner Plattenmodelle klar ersichtlich ist. die Art. coeliaco mesen- terica aus dem Gefässnetz des Glomerulus entspringen. Als weiteres wesentliches Argument für die vorgetragene Auffassung ist schliesslich die gleiche Entwicklungsweise des Längsgefässes bei Torpedo und Salmo anzuführen. Aus der Darstellung von Felix (1897) geht hervor, dass der „Glomerular- abschnitt der A. mesenterica“ selbständig, d. h. ohne primären Zusammenhang mit der Aorta entsteht. Das Gleiche gilt für das Vornierenlängsgefäss von Torpedo. Ferner tritt es an derselben Stelle auf wie dieses, nämlich ventral von der Aorta zwischen dem dorsalen Umfang der Darmwand und der ihm anliegenden Splanchno- pleura, was aus dem Querschnittsbild der Taf. 35, Fig. 7 von Felix 456 URBON: ,Riwekert.: zu erkennen ist. Die entsprechenden (@Querschnitte von Torpedo werden in meiner Gefässarbeit abgebildet. Ob die später erfolgende Verbindung mit der Aorta durch Quergefässe in genau der gleichen Weise erfolgt, wie bei Torpedo, nämlich durch Vereinigung je eines dorsalen und ventralen Anlagestückes, ist für die Forelle nicht ermittelt. Nur für das kraniale (uergefäss ist ein Ent- wicklungsstadium (l. e. Textfig. 6 A) dargestellt, welches dafür spricht, dass dem ventro-kaudal herabwachsenden Aortenast eine kurze Ausbuchtung des Längsgefässes entgegenstrebt. Der Umstand, dass der verglichene (refässapparat bei der Forelle paarig sich anlegt, beiTorpedo nuraufderrechten Seite, bietet für die Ableitung desselben aus einer gemeinsamen Wurzel kein Hindernis. Auf diesen Punkt werde ich bei Ver- gleichung der rechtsseitigen Gefässe von Torpedo mit den linken noch zurückkommen. | So gelangen wir zu dem Schluss, dass dassackartig er- weiterte Vornierenstück der Arteria mesenterica von der Forelle, ihr „alomerularabschnitt“ dem eben- falls ausgebuchteten Vorniererenabschnitt derDotter- arterie von Torpedo entspricht. Der hauptsächliche und in die Augen fallende Unterschied zwischen beiden (ebilden ist sekundärer Art. Er besteht darin, dass von zwei in der Anlage vorhandenen Abtlussbahnen des Längsgefässes: bei der Forelle die eine, nämlich die kaudale, in die Art. mesenterica führende, zur Ausbildung gelangt, bei Torpedo hingegen die andere, die an der seitlichen Darmwand zum Dotter hinabführt, dieBahniin die Dotterarterie. Dadurch erscheint das Gefäss beim Teleostier als Anfangsstück der Art. mesenterica, beim Selachier als solches der Art. vitellina. In beiden Fällen wird das Gefäss zu Glomerularbildungen benutzt. Bei der Forelle wird es durch Umwachsung von Seite einer Vornierenkammer zu einem inneren Glomerulus, bei Torpedo liefert es frei in die Leibeshöhle vorragende äussere Glomeruli. Dass dieser Unterschied kein wesentlicher ist, geht aus den Dar- legungen S. 417 hervor. Ferner wird bei der Forelle der Gefäß- sack in toto in einen Glomerulus umgestaltet, während bei Torpedo nur kleine Glomerularbuchten an seiner lateralen Wand auftreten. Aber auch bei der Forelle beginnt die Umwandlung Uber die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 457 des (refässes in einen (Glomerulus damit, dass es „Ausbuchtungen“ treibt. nur treten diese an seiner ganzen Wand auf, die sich da- nach mitsamt den Buchten „fältelt*“ (Felix). Diese letztere Stufe zur Umbildung in einen Glomerulus erreicht das Gefäss bei Selachiern nicht, möglicherweise aber nur deshalb nicht, weil die Vorniere auf früher Entwicklungsstufe stehen bleibt. „Jedenfalls ist es eine auflallende Tatsache, dass hier das Anfangsstück der Dotterarterie sich zur Zeit der Vornierenentwicklung, wie bei den Teleostiern, zu einem weiten Sack ausgedehnt.') der dann mit dem Schwund der Vorniere sich wieder zurückbildet. Ich wüsste für diese auffallende Erscheinung keine andere Erklärung, als dass beiden mit funktionierender Vorniereausgestatteten Vorfahren der heutigen Selachier der Gefässraum. wie jetzt noch bei den Teleostiern, als Filtrations- apparat jener Vorniere gedient hat. Ja. es ist nicht einmal ausgeschlossen, dass die Einrichtung auch jetzt noch bei unseren Embryonen von Torpedo, wo sie zu so mächtiger Ent- wicklung gelangt, in diesem Sinne tätig ist. Dann würde der Vornierenapparat der Torpedoembryonen trotz der rudimen- tären Beschaffenheit seines Drüsenanteils nicht ganz funktions- los sein. Über den phylogenetischen Zusammenhang der beiden mit- einander verglichenen Bildungen lassen sich nur Mutmassungen aufstellen. Es sind hier zwei Möglichkeiten gegeben. Entweder ist dieser Filtrationsapparat schon bei gemeinsamen Vorfaliıren der Selachier und Ganoiden ausgebildet gewesen und wurde von den letzteren auf die Teleostier übertragen. In diesem Fall müssten ihn die rezenten (sanoiden, die ihn, soweit sie bis jetzt untersucht sind. nicht besitzen, wieder verloren haben. Oder es ist von der gemeinsamen Stammform nur das einfache Längsgefäss der Vor- niere vererbt worden, in der einen Richtung auf Ganoiden und Teleostier, in der anderen auf die Selachier und hat sich dann in jeder der zwei letzteren Gruppen selbständig zu einem Glomerulus- sack erweitert. In diesem Falle bestünde streng genommen keine genetische Homologie der beiden Glomernlussäcke, sondern nur !, Ich bemerke, dass auch die Aorta im Bereich des Vornierenstückes der Dotterarterie. namentlich in ihrem Querdurchmesser, beträchtlich erweitert ist, was mit dem Verhalten bei anderen Objekten, z. B. beim Hühnchen (Felix), übereinstimmt. Archiv f.mikr. Anat. Bd.89. Abit. ]. 31 458 J. Rückert: eine solche der Vornierengefässe, des Längsgefässes, sowie der (uergefässe. — Was das Längsgefäss der Vorniere selbst anlangt. so scheint dieses bei den Anamniern ziemlich weit verbreitet vor- zukommen. Ausser bei den Selachiern, den Teleostiern und dem Ganoiden Amia (Felix) ist diese Längsanastomose der Vornierenquergefässe noch bei Ceratodus und Amphibiem gefunden worden. Bei Geratodus schliesst sie, wie ich einem Rekonstruktionsbild von G reil entnehme, ein durch kurze Aorten- äste gebildetes Anastomosennetz ventral ab. Für Bombinator beschreibt v. Möllendorf eine Längsanastomose seiner oben er- wähnten, im Bereich des Vornierenglomerulus gelegenen Darm- gefässe, die ich allerdings in seinen Abbildungen kaum erkennen kann. Sehr deutlich sind dagegen an den demnächst zu publizierenden Rekonstruktionen von Frl. Dr. Hartmann beim Axolotl und Salamander die beiden hier vorhandenen Vornierenquergefässe zu einer bogenförmigen Anastomose verbunden. Nur bei Myxi- noiden und Petromyzonten ist meines Wissens ein solches Längsgefäss bis jetzt nicht beschrieben worden. Dass es auch bei Amnioten, wenn auch rudimentär, vorkommt, geht aus den oben zitierten Beobachtungen von Felix an menschlichen Embryonen hervor. Felix leitet dieses Gefäss von einer Längsanastomose ab, die schon die Glomeruli des Amphioxus verbinden soll. In diesem Punkt muss ich aber dem um die Glomeruluserforschung so verdienten Autor widersprechen. Boveri (1892) hebt aus- drücklich hervor, dass das von Spengel beschriebene Längs- gefäss des Kiemendarms nicht existiert. Nur ein einziges Mal hat er zwischen zwei Glomeruli eine horizontale Anastomose auf einem Flächenpräparat „andeutungsweise konstatieren können“. Man mag nun die Amphioxusniere mit der Vorniere der Kranioten homologisieren oder nicht, keinesfalls ist man demnach berechtigt, das Vornierenlängsgefäss der Kranioten von amphioxus- artigen Glomerulargefässen abzuleiten, es stellt vielmehr einen Neuerwerb der Anamnier dar. Die Ausbildung dieser Anastomose steht vermutlich in Zusammenhang mit der bei den Wirbeltieren auftretenden Neigung der Vornierenglomeruli zur Verschmelzung. i Diese Frage führt uns zu einer Besprechung des asym- Uber die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 459 metrischen Verhaltens der beiderseitigen Vornieren- gefässe von Torpedo. Man könnte nach der eben dargelegten Auffassung versucht sein. anzunehmen, dass die linken Vornieren- gefässe der Selachier, für die ich in beistehlender Fig. L ein der Fig. H entsprechendes Schema gebe, ein primitiveres Verhalten zeigen als die rechten, weil sie aus unverbundenen segmentalen (uergefässen bestehen. Ventral von ihnen kommen Darmquer- gefässe zwar in geringerem Grade als rechts zur Anlage und ohne jede Verbindung mit den Vornierengefässen, aber sie sind doch immerhin vorhanden. So könnte man versucht sein, in den linken Vornierengefässen die ursprünglicheren und reiner erhal- tenen Abkömmlinge von amphioxusartigen Vornierenkiemengefässen zu erblicken und anzunehmen, dass die rechtsseitigen (Juergefässe ihre Längsverbindung sekundär, etwa durch die Ausbildung der Dotterarterie auf dieser Seite erworben haben. Dem steht jedoch die Erwägung entgegen, dass die Längsanastomose bei allen übrigen Wirbeltieren, bei denen sie bisher gefunden wurde, auf beiden Seiten vorhanden ist. Dass die Selachier allein hierin eine Ausnahme gemacht haben sollen. wäre eine durch nichts begründete Annahme. Man muss vielmehr davon ausgehen, dass Arrta Varnierenzegion caudalvonc Ösrnıeuemregsorn, BE Bam OU - Anlagen. ve 3 les l& nsgefafs. Schema derfQuergefässe des Rumpfes von Torpedo, linke Seite. 3l* 460 JeBRückert: auch hier das Gefäss ursprünglich in paariger An- ordnung vorhanden war, und beiden heutigen Formen nur deshalb asymmetrisch zur Anlage kommt, weil ‘es links in Zusammenhang mit der Rückbildung der ‚Vorniere und ihrer Quergefässe verloren gegangen ist. während es sich rechts deshalb erhalten konnte, weiles hier mitsamt den Quergefässen für den Auf- bau einesfürdieganze Embryonalzeit persistieren- den und funktionierenden (Gefässes, der Dotter- arterie, verwendet wird. — Im Vorstehenden wurden nur die arteriellen Vornieren- ‚gefässe berücksichtigt und die venösen Abtlussbahnen, die bei den übrigen Wirbeltieren in die Kardinalvenen sich ergiessen, vernachlässigt. Es geschalı dies deshalb. weil bei Torpedo bis zu der Zeit, in welcher die Vorniere und ihre Arterien den Höhe- punkt ihrer Entwicklung erreicht haben, Beziehungen. dieser Anlagen zur Kardinalvene nicht existieren. Die hintere Kardinal- vene selbst ist in dieser Entwicklungsperiode noch durchaus unausgebildet. Die fehlende Verbindung mit der Kardinalvene ist für C. Rabl der Hauptgrund gewesen zu seiner apodiktischen Ablehnung der von mir früher beschriebenen Glomeruli der Torpedo- vorniere. Er sagt, von einemGlomerulus „ist doch zum allermindesten zu verlangen, dass er eine (efäßschlinge enthalte. die von der Aorta zur hinteren Kardinalvene führt“.!) Rabl übersieht hier die bekannte und von ihm selbst an anderer Stelle auch betonte Tatsache, dass die Vorniere der Selachier in hohem Maße rudi- mentär ist. Man darf daher nicht verlangen, dass die (Grefäss- versorgung ihrer Glomeruli sich vollkommen in der gleichen Weise anlegt, wie bei dem besser ausgebildeten und funktionie- ._. renden Organ anderer Wirbeltierformen. Und schliesslich ist es nicht einmal ausgemacht. dass die arteriell-venöse Gefässbahn im Vornierenglomerulus den primitiven Zustand bei den Kranioten darstellt. Es ist ebensogut möglich, dass die Blutversorgung ') v. Möllendort hat es neuerdings (1911) für nötig befunden, diese Einwendung Rabls sich zu eigen zu machen und nochmals zu unterstreichen, ohne die Selachier daraufhin selbst untersucht zu haben. Er zweifelt auch die Bedeutung der Quergefässe der Torpedovorniere als Vornierengefässe an, hauptsächlich wegen ihres asymmetrischen Auftretens, ein Einwand, der durch diese Arbeit wohl als erledigt gelten dürfte. Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 461: ursprünglich wie beim Amphioxus durch ein in die Vornieren- arterien eingeschaltetes arterielles Wundernetz geschah und dass eine venöse Abflussbahn erst sekundär erworben wurde. Die, (refässentwicklung in der Vornierengegend von Torpedo — wenn man ihren zeitlichen Ablauf überhaupt für phylogenetische Schluss- folgerungen verwenden will — lässt sich sogar direkt für eine’ solche Auffassung verwerten, denn sie zeigt das eigentümliche Verhalten, dass verspätet, nach vollständiger Herstellung der arteriellen Bahnen, Beziehungen zwischen der Vena cardinalis und den Glomerulusresten sich ausbilden. Doch dies soll in einer besonderen, an diese Arbeit sich anschliessenden Publikation von mir behandelt werden. Literaturverzeichnis. Boveri: Über die Niere des Amphioxus. Münch. med, Wochenschr. 1890, Nr. 26. Derselbe: Die Nierenkanälchen des Amphioxus. Zool. Jahrb., Abt. f. Anat. u. Ontog. d. Tiere, Bd. V, 1892. Brauer: Beiträge zur Kenntnis der Entwicklung und Anatomie der Gym- nophionen. III. Die Entwicklung der Exkretionsorgane. Zool. Jahrh., Abt. f. Anat. u. Ontog. d. Tiere, Bd. 16, 1902. Burlend: The pronephros of Chrysemys marginata. Zool. Jahrb., Abt. f. Anat. u. 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Fig. I9— Fig. 9. Fig. 10. Fig. 11. Fig. 12. Fig Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18. Fig. J. Rückert: Längsgefäss der Vorniere Peritonealostium der Vorniere Vorniere ‘Parietales Mesodermblatt Vornierenquergefässe (auf der linken Seite — Glomerulargefässe) in Fig. 16 und Fig. 17 Septum, welches die Vornierenkammer ventral abschliesst. In Fig. 15 Rudimente eines solchen. Anlage der Vena cardinalis Vornjerenkammer viscerales Mesodermblatt Sämtliche Schnitte stammen von Embryonen von Torp. ocellata. Ver- grösserung 210/1. Tafel XXI. ig. 1—8. Querschnitte durch die linke Vornierengegend eines Embryo von Torpedo ocellata mit 5 Visceraltaschen, zweite und dritte eröffnet. 43 Urwirbel, 39 Rumpfsomiten. | Zwischen erstem und zweitem Nephrotom. 1 Schnitt kaudal von Fig. 1. Zweites Nephrotom voll getroffen. 5 Schnitte kaudal von Fig. 2. Zweites Nephrotom, kaudaler Anschnitt. 2 Schnitte hinter Fig. 3. Zwischen zweitem und drittem Nephrotom. 2 Schnitte hinter Fig. 4. Drittes Nephrotom im kranialen Anschnitt. 1 Schnitt hinter Fig. 5. Drittes Nephrotom voll getroffen. 2 Schnitte hinter Fig. 6. Zwischen drittem und viertem Nephrotom. 3 Schnitte hinter Fig. 7. ’ Tafel XXII. 12. Fortsetzung der Querschnittsserie der Taf. XXI. Zwischen drittem und viertem Nephrotom. 1 Schnitt hinter Fig. 8. Viertes Nephrotom, kaudaler Anschnitt. 6 Schnitte hinter Fig. 9. Zwischen viertem und fünftem Nephrotom. 2 Schnitte hinter Fig. 10. Fünftes Nephrotom. 3 Schnitte hinter Fig. 11. . 13—15._ Drei in dorso-ventraler Richtung aufeinanderfolgende horizon- tale Längsschnitte durch die Vornierengegend eines Embryo von Torp. oc. von genau der gleichen Altersstufe wie in Fig. 1—12. Querschnitt durch die linke Vornierengegend eines Embryo von Torp. oc. 5 Visceraltaschen, erste bis dritte offen, vierte dicht vor Durchbruch. 41--42 Rumpfsomiten. Tafel XXIII. Ein auf Fig. 16 kaudal folgender Querschnitt. Querschnitt durch die linke Vornierengegend eines etwas älteren Embryo von Torp. oc. 5 Visceraltaschen, erste bis vierte eröffnet. 19—23. 5 Querschnitte durch die rechte Vornierengegend des Embryo der Fig. 1—12. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 2 Fig. : Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. rt Ne) DD WW DwmO© 30. Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo. 465 Zwischen erstem und zweitem Nephrotom. Die Dotterarterie zwischen C und D getroffen. Zweites Nephrotom, kaudale Wand. 6 Schnitte hinter Fig. 19. Zwischen zweitem und drittem Nephrotom. 4 Schnitte hinter Fig. 20. Drittes Nephrotom, hintere Wand. 4 Schnitte hinter Fig. 21. Zwischen drittem und viertem Nephrotom. 2 Schnitte hinter Fig. 22. Tafel XXIV. — 28. Fortsetzung der Querschnittsserie der Fig. 19-23. Viertes Nephrotom, vordere Wand. 4 Schnitte hinter Fig. 23. Hinterer Anschnitt des vierten Nephrotoms, viertes Quergefäss kranial angeschnitten, 3 Schnitte hinter Fig. 24. Fünftes Nephrotom, vordere Wand. 3 Schnitte hinter Fig. 25. Fünftes Nephrotom voll getroffen. 1 Schnitt hinter Fig. 26. Sechstes Nephrotom im kaudalen Anschnitt. 9 Schnitte hinter Fig. 27. Die Schnitte von Fig. 19--28 sind in Texttig. D eingetragen. Querschnitt durch die linke Vornierengegend des Embryo der Fig. 16 und 17. Zwischen drittem und viertem Nephrotom. Querschnitt durch die Vornierengegend des Embryo der Textifig. E, Auf der rechten Seite (links im Bild) ist das Vornierenostium ge- troffen. 466 Zur Entwicklung der Vena cardinalis posterior von Torpedo und deren Beziehungen zur Vorniere. Von J. Rückert, München. Hierzu Tafel XXV und XXVI und 1 Textfigur. Die nachstehende Untersuchung, welche sich mit der Ent- stehung der Kardinalvene im Vornierengebiet von Torpedo beschäf- tigt, schliesst sich an meine vorangehende Arbeit „Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo und deren arterielle Gefässe“ (Arch. f. mikrosk. Anat., Bd, S9, Heft 4, 1916) an. Es wird daher in ihr wiederholt auf diese Publikation Bezug genommen. Wenn die Entstehung der Venen der Vornierengegend hier gesondert von derjenigen der Arterien dargestellt wird, so mag dies in dem Umstande seine Rechtfertigung finden, dass bei Torpedo diese beiderlei Gefässe nicht gleichzeitig auftreten, sondern die Venen merklich später als die Arterien. 1. Selachierliteratur. In der Literatur finden sich über die erste Entstehung der Kardinalvenen bei Elasmobranchiern folgende Angaben. C. Rabl teilt in seiner Schrift „Über die Entwicklung des Venensystems der Selachier“ (1892) mit, dass die Anlagen der V. cardinalis posterior bei Pristiurusembryonen von 60 und 70 Urwirbeln noch sehr kurz sind und kaum über die Leberanlage hinausreichen, während die vordere Kardinalvene gut entwickelt und vielleicht schon bei Embryonen von 56 Urwirbeln vorhanden ist. Über die Art ihrer Entstehung äussert er sich nicht bestimmt, doch hält er es für möglich, dass sie nicht vom Duct. Cuvieri aussprosst, sondern durch Vereinigung der venösen Schenkel der von den Aorten entspringenden Intersegmentalarterien („Interprotoverte- bralarterien“ der Autoren) entsteht. Die V.cardinalis posterior liegt dann „in der hinteren Rumpfhälfte seitlich von dem in Bildung begriffenen Interrenalkörper, weiter vorn neben der Aorta und dabei stets dorsal von den Urnierenkanälchen“. Im folgenden Jahre beschreibt dann C. K. Hoffmann, dem die Rablsche Zur Entwicklung der Vena cardinalis posterior von Torpedo. 467 Publikation nicht zugänglich war, die Kardinalvenenanlagen zuerst (1893a) als „Ausstülpungen des Sinus venosus“ und darauf (1893b) als segmentale Ausbuchtungen der Aorta. Die letztere Ent- stehungsweise der Kardinalvene ist auch für andere Objekte, so in neuerer Zeit für das Hühnchen von Grafe (1905) und Evans (1909) angegeben worden. Auch Hoffmann lässt die hintere Kardinalvene später entstehen als die vordere. 2. Eigene Befunde über die erste Anlage der hinteren Kardinalvene. Meine eigenen Untersuchungen über die Entwicklung der hinteren Kardinalvene betrachte ich keineswegs als erschöpfende, es kommt mir nur darauf an, die Entstehung der Vene im Be- reich der Vorniere zu verfolgen und einen auffallenden Unterschied in der Entwicklung dieses Stückes und des übrigen Rumpfabschnittes klarzustellen. Da ich auf die Entstehungsweise des Duct. Cuvieri und des anschliessenden, bis zum Vorderende der Vorniere reichenden kurzen Venenabschnittes im folgenden nicht zurückkomme, erwähne ich hier nur kurz, dass auch ich ein Auswachsen der Vene aus dem Duct. Cuvieri nicht gefunden habe und bestätige ferner die leicht festzustellende Tatsache, dass die hintere Kardinalvene später auftritt als die vordere. Dass ihre Anlage aus Ausbuchtungen der Aorta oder aus Aortenästen hervorgeht,') trifft dagegen für Torpedo nicht zu. Sie erscheint vielmehr wie diejenigen der übrigen grossen Gefäßstämme zuerst in Form einer Ansammlung von Gefässzellen, die auf einzelnen Querschnitten nur spärlich, oft nur in der Einzahl vorhanden sind, neben der schon hohlen Aorta und ohne Verbindung mit ihr, wie wir sehen werden. Aus dieser Anlage gehen dann in der bekannten Weise Endothelröhrchen hervor, die aber gleich- falls nicht mit der Aorta in Verbindung stehen. Dagegen will ich nicht in Abrede stellen, dass ein Zusammenhang mit den An- lagen von Intersegmentalgefässen besteht, doch habe ich diesem Punkt keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Ihre Lage zu den Urnierenkanälchen bzw. den Urwirbelstielen wird dagegen eingehend behandelt werden. ‘) Das letztere ist nach neueren Angaben Möllendorfs (1911) bei Bombinator der Fall. Vgl. auch Grafe und Evans. 468 J:Rückert: Bei Torpedo tritt die Anlage der :hinteren Kardinal- vene zuerst in der Vornierengegend und bald danach auf der kurzen Streeke zwischen dem Duct. Cuvieri und der Vor- niere auf. Sie breitet sich langsam bis zum hinteren Ende der Vorniere aus und greift von da in der gleichen Richtung fort- schreitend auf die weiter kaudal gelegenen Teile des Rumpfes über. In der Vornierenregion,. auf die ich mich zunächst beschränke, erscheint die Vene erst zu einer Zeit, in welcher die arteriellen Quergefässe, besonders die rasch vergänglichen links- seitigen, und die Glomerularanlagen schon wieder in Rückbildung begriffen sind. Infolgedessen ist ihr Verhältnis zu den Glomeruli bei unserem Objekt viel schwieriger klarzustellen als bei den übrigen Anamniern, bei denen diese (rebilde eine vollkommenere Ent- wicklungsstufe erreichen und die Kardinalvene das Blut aus funktionierenden Glomerulis zurückführt. Beginnen wir die Beschreibung mit dem Entwicklungsstadium. welches der voranstehenden Arbeit zugrunde liegt, in welchem also von fünf Visceraltaschen die zweite und dritte eröffnet ist und 39 Rumpfsomiten vorhanden sind. Bei dem einen der zwei quergeschnittenen Embryonen dieses Stadiums (Torp. 52) fand sich auf der rechten Seite die erste Spur der hinteren Kardinal- vene in Gestalt eines sehr engen Endothelröhrchens, das medial dicht neben der Vornierenrinne, zwischen ihr und dem Urwirbel- stiel bzw. dem Quergefäss liegt (siehe Rückert, 1916, Taf. XXIII, Fig. 20). Das junge Hohlgefäss dehnt sich nur über ein paar Schnitte aus, in einer (Querschnittsebene, die dicht vor dem zweiten arteriellen Quergefäss liegt. Vor ihm und hinter ihm (l.e., Fig. 21) finden sich als solide Vorstufen des Venenrohrs nur ein kleines Zellenhäufchen oder vereinzelte Gefässzellen, die sich. von den zwischen den Urwirbelstielen gelegenen Mesenchym- zellen nicht immer mit Sicherheit unterscheiden lassen. Auf der linken Seite des Embryo und an einer zweiten (Juerschnittserie des gleichen Stadiums (Torp. 54) fehlt noch jede Spur eines. Hohlgefässes, hier sind nur die zuletzterwähnten zelligen Vorläufer der Anlage, und auch diese in geringerer Zahl, vorhanden. ’ Ebenso verhält sich ein Embryo mit 41 und 42 Rumpf- somiten, eröffneter erster bis dritter und in Durchbruch begriffener Zur Entwicklung der Vena eardinalis posterior von Torpedo. 46% vierter Visceraltasche. Bei diesem sowie bei den nächstfolgenden Embryonen sind die Glomeruli, besonders die linken. schon erheblich zurückgebildet. Auch bei einem Embryo mit 45—44 Rumpfsomiten und fünf Visceraltaschen, von denen die erste bis vierte eröffnet sind, ist die Anlage der linken Kardinalvene noch auf der nämlichen sehr frühen Stufe. während sie rechts in den (Querschnittsebenen des ersten und dritten Quergefässes über je ein paar Schnitte die Form eines Endothelröhrchens erreicht hat. | Bei einem gleichaltrigen Embryo dagegen erscheint, die Vene auf der rechten Seite als Endothelrohr am vorderen Ende der Vorniere schon über eine etwas längere Strecke. Sie dehnt sich über den ganzen Zwischenraum zwischen dem ersten und zweiten Nephrotom aus und liegt hier (Taf. XXV Fig. 1) in einer flachen. ventral vorgebuchteten -Falte der dorsalen Leibeshöhlenwand, in welche dicht medial von ihr ein kurzer Aortenzipfel, das Rudiment eines ersten Quergefässes (()), vordringt. Die Peritonealfalte ist so- mit als eine rudimentäre Glomerularfalte anzusprechen, von der Art, wie sie für die linke Körperseite von mir (Rückert,. 1916) dar- gestellt worden ist. Das neue ist nur, dass in ihr neben dem arteriellen jetzt auch ein venöses (refäss liegt. Wie man das rstere als zuführendes. so darf man das letztere als abführendes Glomerulargefäss betrachten. Mit dem Auftreten des kaudal sich anschliessenden Urwirbel- stiels (Nephrotoms Fig. 2N), dessen Hohlraum medial von der Falte gelegen. nach aufwärts und lateral vordringt, wird die letztere tiefer ausgeschnitten. Sie ragt jetzt in ventro-medianer Richtung in die Leibeshöhle vor. Auch ist sie mitsamt ihrer Vene durch den Urwirbelstiel nach abwärts verdrängt worden, wie am deutlichsten aus der Lageveränderung des (sefässquer- schnittes zum dorsalen Darmrand oder zur ventralen Aortenwand ersichtlich wird. Noch weiter kaudal (Fig. 3) tritt die herabgetretene Falte auf das dichte Mesenchymlager (Ml), welches das zur Aorta auf- steigende vordere Ende der Dotterarterie (Da) bedeckt, und ver- bindet sich mit ihm. Dabei geht ihr Peritonealüberzug in die den Mesenchymwulst überkleidende und durch ihn vom Darm abzehobene Splanchnopleura über, so dass die im Innern der Falte gelegene Vene direkt auf das Mesenchymlager gelangt. Dem e 470 J. Rückert: letzteren aber sitzen, da wo es dorsal bis an die Vorniere heran- reicht, die Glomeruluszapfen auf, wie in der voranstehenden Arbeit gezeigt wurde. Es geht also aus dem (Gesagten hervor, dass am vorderen Ende der Vorniere die frisch gebildete Kardinalvene sich auf das Glomerulargebiet herabsenkt und zwar innerhalb einer Falte der dorsalen Peritonealwand, die als „Cölomstrang“ (Fig. 3,.St) den dorsalen Abschnitt der Leibeshöhle in ventro- medianer und zugleich etwas kaudaler Richtung durchsetzend zur Mesenchymdecke der Dotterarterie zieht. Bei anderen Embryonen, . bei welchen der vordere Umfang der. Dotterarterie etwas weiter kaudal emporsteigt, schlägt der Cölomstrang mehr die Richtung nach hinten ein und wird daher auf: Querschnitten fast quer getroffen, wie aus der Abbildung eines gleich zu besprechenden etwas älteren Embrvos (Fig. 4, St) ersichtlich ist. Den beschriebenen CGölomstrang fand ich schon. bei einem Teil der jüngeren Embryonen, die noch keine. Spur einer Kardinalvenenanlage aufweisen. Er stellt zu jener Zeit einen soliden, d. h. gefässlosen ‚Zellenzug dar. Erst wenn mit dem Auf- treten der hinteren Kardinalvene ein Endothelröhrchen in ihm erscheint. habe ich ihn konstant angetroffen. Von da an erhält er sich, auch nach dem Verlust des Gefässes, über eine lange Zeit des Embryonallebens. Wir fahren in der Beschreibung unseres Stadiums fort. Nachdem die Kardinalvene in der geschilderten Weise aus ihrer Lage abgelenkt ist, tritt sie kaudal nach längerer Unterbrechung erst zu Beginn des zweiten, durchlaufenden, arteriellen Quer- gefässes der Vorniere wiederum, und zwar an ihrer alten Stelle neben .der Aorta, als enges Endothelröhrchen über ein paar Schnitte auf. | Auf der linken Seite erscheint die Vene gegenüber der Fig. 1 ebenfalls. zwischen zwei: Urwirbelstielen, aber. nur über wenig Schnitte. Sie liegt hier ‚gleichfalls in einer Peritonealfalte. Diese sehnürt sich. jedoch ‚links: niemals zu einem Strang ab, entsprechend dem Umstand, dass hier keine Dotterarterie gebildet wird, der sie zustreben könnte. Auch hier taucht sie hinter dem übernächsten Nephrotom nochmals auf, doch nur als solide Anlage. Aber diese liegt in der Basis einer schwachen Peritonealfalte, Zur Entwicklung der Vena cardinalis posterior von Torpedo. 471 lateral neben einem Aortenast, ähnlich wie in Fig. 1 der rechten Seite, so dass man auch hier von einer Glomerulusfälte. sprechen kann. Es folgen dann noch drei kräftig ausgebildete Aortenäste (Glomerulararterien) mit wohlerhaltenen Glomerulusfalten; aber in deren Bereich ist die Vene noch nicht angelegt, Da wei dieser (refässe schon von der Aorta abgetrennt sind, kann man sie leicht mit der Anlage der Kardinalvene verwechseln und: so zu der Annahme kommen, dass die letztere in Form von inter- metameren Aortenbuchten entstehe. Vielleicht klärt sich der Irrtum U. K. Hoffmanns (s. S. 467) auf: diese‘ Weise :auf. Einen weiteren Fortschritt ihrer Längenentwicklung zeigt die hintere Kardmalvene bei einem nur‘ wenig älteren Embryo, bei welchem die sechste Visceraltasche als schwache Ausbuchtung schon angelegt ist, aber nur die vier ersten Visceraltaschen. wie bei dem vorigen Embryo. eröffnet sind. Über. die linke Seite dieses Embryo können wir kurz hin- weggehen. Die Vene dehnt sich ‚hier über die vordere Hälfte des Vornierengebiets aus und zwar mit zweimaliger Unterbrechung an den Urwirbelstielen. Das erste Rohrstück gelangt beim Ein- schneiden des Urwirbelstiels, indem es solid und unfertig wird, in die gleiche Peritonealfalte, wie sie in Fig. 2 für die rechte Seite des vorigen Embryos abgebildet ist. Das zweite und ..dritte Venenstückchen liegen in ganz flachen, nur erst: augedeuteten Falten. Das dritte hat zwar neben sich einen noch wohl er- haltenen Aortenast. doch kann man von einer „Glomerularfalte“ hier nicht mehr sprechen. Erst am folgenden Aortenast ist eine solche noch vorhanden. hier ist aber die Vene noch nicht angelegt. Auf der rechten Seite erstreckt sich die Vene kaudal bis über die Mitte der Vornierenregion hinaus. Sie ist noch .unter- brochen und zwar wie bisher an den Stellen der Urwirbelstiele, wie aus dem nach einer graphischen Rekonstruktion hergestellten Übersichtsbild der Fig. 11 zu erkennen ist. Die Vene ist hier schraffiert. die Urwirbelstiele sind mit schwarzem Farbenton an- gegeben. Im Einzelnen verhält sie sich bei unserem Embryo folgender- massen. Am vorderen, ganz flachen und unbestimmten Ende der Vorniere geht von der Stelle, wo die Vene liegt, eine Peritoneal- falte aus. die sich in den oben beschriebenen „Cölomstrang“ (Fig. 4) fortsetzt. Dabei besteht gegenüber dem vorigen Embryo 472 J. Rückert: (der nebensächliche Unterschied, dass die Vene nicht als Hohl- gefäss in die Falte eintritt, sondern blind an ihr endet. Aber einige Zellen, die man als ihre Fortsetzung ansehen darf, ge- langen in das Innere der Falte, und an deren Stelle erscheint dann im weiteren Verlauf des Stranges durch die Leibeshöhle das in Fig. 4 abgebildete Hohlgefäss, das sich zum Mesenchym- lager der Dotterarterie herabsenkt. Dieses Gefäss ist in Fig. 11 unterhalb des ersten Urwirbelstieles zu sehen (Cvı). In den Zwischenräumen zwischen diesem und dem folgenden Urwirbelstiele taucht nun die unterbrochene Kardinalvene (O2 in Fig. 11) wieder an ihrem alten Platz, am ventro-lateralen Umfang der Aorta, auf (Fig. 40). Sie kommt auf den folgenden Schnitten dicht neben das erste arterielle (Juergefäss zu liegen, das von der Aorta zur Dotterarterie durchläuft. Fig. 4 zeigt schon die Stelle. an welcher die Aorta sich zu diesem (Quergefäss (()) aus- zieht, im vorderen Anschnitt und gibt so eine Vorstellung von der Lage der Vene zur Arterie. Durch den nächsten Urwirbelstiel (zweites Nephrotom) wird die Vene wieder mitsamt dem angrenzenden Leibeshöhlendach ventral verschoben und von der Aorta abgedrängt, ähnlich wie es in Fig. 5 für ein späteres Segment dargestellt ist (Fig. 11 Uv2). Alsdann endet sie wieder im Bereich desselben Urwirbelstiels. Hinter ihm tritt sie zum dritten Male auf (Fig. 11 Cs), kommt neben das zweite arterielle (Quergefäss und wird sodann dureh das dritte Nephrotom wiederum ventral verdrängt (Fig. 11 Uvs). Diese Stelle wurde auf dem Querschnitt der Fig. 5 abgebildet, weil hier die Vene sich bezeichnenderweise ventral gegen das Mesenchymlager spitz auszieht, als ob sie in dasselbe einzu- dringen im Begriff stünde und weil am Mesenchvmlager sich hier noch ein Glomeruluszapfen (Gl) erhalten hat. Nach einer kurzen Unterbrechung durch das dritte Nephrotom erscheint die Vene im Bereich des dritten und weitesten (uergefässes nochmals auf ein paar Schnitte, zum vierten und letzten Male (C+ in Fig. 11). Wie hieraus ersichtlich, tritt die hintere Kardinalvene in der vorderen Hälfte des Vornierengebietes intermetamer zwischen den Urwirbelstielen auf, um sich von diesen Stellen aus noch ein längeres oder kürzeres Stück in das Bereich des nächstfolgenden Urwirbelstiels fortzusetzen, wobei sie von der di sa Zur Entwicklung der Vena cardinalis posterior von Torpedo. 473 Aorta ventral abrückt und sich dem Glomerulusgebiet nähert. Hierbei zeigt sie nun in den einzelnen Segmenten ein ver- schiedenes Verhalten. Während sie nämlich am vordersten Urwirbelstiel der Region in eine ventral in die Leibeshöhle vor- ragende Peritonealfalte (Fig. 2) gerät, die sich in einen die Leibeshöhle durchsetzenden Uölomstrang (Fig. 3 und 4) fort- setzt, scheinen an den folgenden Urwirbelstielen beide Bildungen zu fehlen. Ich sage scheinen, denn in Wirklichkeit kommen auch hier wie Fig. 5 zeigt, beim Einschneiden der Urwirbel- stiele (N) die gleichen gefässhaltigen Peritonealfalten zum Vor- schein, wie in Fig. 2, nur ragen diese jetzt nicht frei in die Leibeshöhle vor. Sie treffen vielmehr, wie aus einem Vergleich der beiden Figuren ohne weiteres ersichtlich, auf die jetzt zur Vornierenhöhe emporgestiegene Dotterarterie (Da) und verschmelzen mit deren Überzug. So rückt also auch hier die Vene an das Mesenchym der Dotterarterie heran, aber sie erreicht es direkt ohne Zuhilfenahme eines Cölomstrangs, weil die Dotterarterie bis nahe zu ihr emporgerückt ist. Damit ergibt sich eine einfache Erklärung für den Cölomstrang am vorderen Ende der Vorniere: er stellt keine Bildung sui generis dar, sondern nur eine Spezialform der auch in den übrigen Vornierensegmenten vorhandenen Verbin- dung der Vena cardinalis mit dem Mesenchymlager der Dotterarterie. Wo die Dotterarterie hoch steht, kommt diese Verbindung durch direkte breite Be- rührung zustande, da wo sie tief steht, wie am vor- deren Vornierenende, geschieht dies mittelst eines dünnen Peritonealstranges. Die Cölomstränge der rechten Vornierenregion stellen so auffallende Gebilde dar, dass sie begreiflicherweise schon von früheren Untersuchern gesehen worden sind. Wir finden sie bei van Wijhe (1589) und bei Rab] (1896) für die rechte Seite von Pristiurusembryonen beschrieben und abgebildet. Die Schil- derung van Wijhes leidet daran, dass der rechtsseitige Cölom- strang mit einer ganz anderen linksseitigen Bildung (s. S. 406 meiner vorhergehenden Arbeit) gemeinsam dargestellt wird. Doch ist er, nach den Figuren zu urteilen, mit dem von mir bei Torpedo gefundenen Strang identisch (vgl. meine Fig. 3 mit van Wijhes Fig. 6f), vorausgesetzt, dass er wirklich, wie Archiv f.mikr. Anat. Bd.89. Abt. 1. 39 474 J. Rückert: van Wijhe angibt, einen Ast der Kardinalvene enthält.!) Dass auch ein Zweig der Aorta in den Strang eintritt. wie es van Wijhe beschreibt, habe ich bei Torpedo nicht gefunden, doch ist es nach dem Verhalten späterer Stadien (s. unten) sehr wohl denkbar, dass bei diesem Objekt ein in Rückbildung be- griffenes arterielles Quergefäss mit der Vene in einen gemein- samen Peritonealstrang zu liegen kommen kann. Den Strang als solchen als einen Glomus anzusprechen. wozu van Wijhe neigt, ist nicht berechtigt, doch gehen von dem Mesenchymlager, zu dem er zieht, die glomerularen Gefässbuchten und die soliden “lomeruluszapfen aus (s. Rückert, 1916). Der von Rabl abgebildete Strang stimmt ebenfalls mit dem von mir bei Torpedo gefundenen überein (vgl. Rabls Taf. 14, Fig. 5 und 6 mit meinen Fig. 4 und 9), so dass ich an der Identität der beiderlei Bildungen keinen Augenblick zweifeln würde, wenn dem nicht die bestimmte Angabe Rabls im Wege stünde, dass das Gefäss des Stranges vorn mit der Aorta und hinten mit der Dotterarterie sich verbindet (?). Bei Torpedo geht es von der V. cardinalis aus und endet blind neben der Dotter- arterie. Ist Rabls Beobachtung zutreffend, dann muss man mit der Möglichkeit rechnen, dass der Strang bei Pristiurus nicht einen Kardinalvenenast, sondern ein enges und in die Länge aus- gezogenes arterielles Quergefäss führt, eine Bildung, der ich bei Torpedo nicht begegnet bin. Ein sicheres Urteil lässt sich aber ohne Kenntnis des Objektes auch hier nicht fällen. Jedenfalls haben beide Autoren die Bedeutung der von ihnen beschriebenen Stränge nicht erkannt. Für die älteren Stadien, zu denen wir jetzt übergehen, muss zuerst die Ausdehnung der Vorniere und das Verhalten ihrer arteriellen (uergefässe kurz berührt werden. Schon bei den bisher beschriebenen Embryonen war die Abgrenzung der Vorniere nach vorn wegen der rudimentären Beschaffenheit ihres Anfangsstückes auf Querschnitten nicht ohne weiteres möglich. Nur auf horizontalen Längsschnitten war eine vollständige Übersicht über diese Organanlage zu gewinnen. Solche Schnitte liessen zugleich erkennen, dass hinter jedem der !) In diesem Fall hat der Strang mit dem in Fig. 18 meiner alten Arbeit (1888), mit dem ihn van Wijhe vergleicht, nichts zu tun, denn diese Figur zeigt nur die Dotterarterie mit einem aufsitzenden Glomeruluszapfen. Zur Entwicklung der Vena cardinalis posterior von Torpedo. 475 sechs Vornierensegmente auf der rechten Seite ein arterielles “Wuergefäss liegt. Mit Hilfe dieser Gefässe gelang es nun, das vordere Ende der Vorniere auch auf Querschnitten zu bestimmen, bei einem Teil der Embryonen mit Sicherheit, während bei anderen infolge der mangelhaften Ausbildung des ersten und letzten Quer- gefässes mit einem Irrtum um ein Segment gerechnet werden musste. Diese Fehlerquelle war auch durch die Bestimmung der Somiten nicht zu beseitigen, weil sich die Möglichkeit einer ge- ringen Schwankung in der Ausdehnung des Organs nicht immer ausschliessen lässt. Bei den nun folgenden älteren Embryonen steigert sich diese Schwierigkeit. weil die Peritonealrinne, zu welcher die kranialen Vornierendivertikel schon frühzeitig verschmelzen, nun- mehr weitgehend verstreicht. Man kann im allgemeinen sagen, dass dann etwa die vordere Hälfte der ehemaligen Vornieren- anlage infolge dieser kückbildung nicht mehr oder doch nur sehr undeutlich zu erkennen ist, und zwar versagen jetzt nicht nur die Querschnitte, sondern auch die bisher noch zuverlässigen horizontalen Längsschnitte. Dafür geben aber wiederum die Quergefässe, die sich auf der rechten Seite länger als die Vorniere erhalten, auch jetzt noch brauchbäre Anhaltspunkte. Ich habe über ihr Verhalten und ihre Beziehungen zur Bildung der Dotterarterie in der voranstehenden Arbeit (Rückert, 1916, S. 421 und 444) neue Angaben gemacht, auf die ich hier verweise. Da aus denselben hervorgeht. dass die Vornierenquergefässe nicht zur Dotterarterie verschmelzen, sondern sich bis auf eines, das zur Wurzel der Dotterarterie wird, zurückbilden, so kann man an allen älteren Embryonen, bei welchen die Reste der sämtlichen sechs Quergefässe noch auffindbar sind, die ehemalige Längsausdehnung der Vorniere nachträglich eruieren. Sind nur mehr fünf Quergefässe nach- weisbar, dann ist wieder ein Irrtum um ein Segment nicht aus- zuschliessen. Nach diesen orientierenden Vorbemerkungen verfolgen wir «die Weiterentwicklung der hinteren Kardinalvene bei einem Embryo von ca. 49 Rumpfsomiten, dessen fünfte Visceraltasche in Durch- bruch begriffen ist und dessen sechste das Mesoderm an ihrem hinteren Umfang schon verdrängt hat. Bei diesem Embryo ist die rechte Kardinalvene schon 327 476 J. Rückert:; über die ganze Länge der Vornierenregion angelegt. In den vorderen zwei Dritteln der Gegend bildet sie statt der bisherigen getrennten Abschnitte jetzt ein durchlaufendes Hohlgefäss, das nur einmal durch ein ganz kurzes unfertiges Stück unterbrochen ist. Auch über das hintere Drittel der Region dehnt sich ihre Anlage aus, aber sie ist hier noch grösstenteils solid und lässt auch die segmentale Anordnung vermissen, die im vorderen Abschnitt beim vorigen Stadium (Fig. 11) vorhanden war. Es schneiden jetzt fünf aufeinanderfolgende Urwirbelstiele der Vor- nierengegend (Nephrotome), indem sie dorso-lateral aus der Leibeshöhle empordringen, Falten der dorsalen Cölomwand für die Vene aus, wie früher in Fig. 2. Eine nähere Beschreibung ihres Verhaltens verschiebe ich auf das nächste Stadium und be- merke nur, dass hier die zweite Venenfalte des Vornierenabschnittes sich zu dem die Leibeshöhle nach hinten durchsetzenden Cölom- strang abschnürt. Dieser ist gefässlos und endet am vorderen Umfang des dritten arteriellen Quergefässes, des einzigen zur Dotterarterie durchlaufenden. Die linke Kardinalvene ist hier in der Entwicklung noch etwas zurück. Sie erstreckt sich nur über die vordere Hälfte des Vornierengebiets und ist hier noch dreimal unterbrochen durch ebensoviele aufeinanderfolgende Urwirbelstiele. Diese bilden die gleichen Falten wie rechts, wobei sie die Vene ventral von der Aorta abdrängen. In jeder Falte endet die Vene sofort und setzt sich nur in Form von Zellen noch weiter in sie fort. Sämt- liche Falten sind hier, wie stets auf der linken Seite, an ihrem ventralen Umfang frei (s. S. 470). Es folgt nun ein Embryo mit 57 Rumpfsomiten und sechs Visceraltaschen, von denen die erste bis fünfte weit eröffnet sind. Die Visceralbogen 2—4 tragen die ersten knopfförmigen An- lagen äusserer Kiemen. Es sind hier noch fünf deutliche Vor- nierenquergefässe erhalten, zwei vordere weite, die zur Dotter- arterie durchlaufen, und drei folgende rückgebildete, die blind oberhalb dieser Arterie enden. Die Kardinalvene der rechten Seite, deren Verhalten in Fig. 12 übersichtlich dargestellt ist, dehnt sich hier über das gesamte ehemalige Vornierengebiet aus und zwar mit Ausnahme eines hinteren Endstückes als ununterbrochenes Rohr. Zur Entwicklung der Vena cardinalis posterior von Torpedo. +77 Am vorderen Ende der Vornierenregion tritt die Kardinal- vene wie bisher, indem sie sich ventro-median auszieht,. in den Cölomstrang ein. Aber sie endet im vorliegenden Falle schon an dessen Abgangsstelle (Cvı in Fig. 12) von der dorsalen Peri- tonealwand und setzt sich nur mit einigen Zellen in ihn fort ‘in Fig. 12 punktiert, so dass der Strang gefässlos durch die Leibeshöhle zieht. Er läuft nach hinten zur ersten Wurzel der Dotterarterie zu der Stelle. wo diese von der Aorta abgeht. Der Fortschritt gegenüber den jüngeren Embryonen besteht nun darin, dass die Kardinalvene jetzt nicht mehr nach ihrem Eintritt in den Cölomstrang unterbrochen ist. sondern über diese Stelle hinaus kandal sich fortsetzt, so dass der in den Strang sich einsenkende Zipfel jetzt nicht mehr ihr Ende (wie in Fig. 11), sondern einen ventralen Seitenast ihres Stammes vorstellt (Fig. 12). In welcher Weise diese Kontinuität der Vene nach hinten sich hergestellt hat, soll später erläutert werden. Es folgen jetzt die zwei grossen Quergefässe, welche von der Aorta zur Dotterarterie durchlaufen. Hinter der Einmündung jeder dieser „Wurzeln“ tritt der dorsale Umfang der. Dotterarterie zutage. bedeckt von seinem Mesenchymlager tFig. 6). Auf dieses kommt nun die Kardinalvene (Cv) zu liegen, die sich gegen diese Schicht ventro-median auszieht. Sie rückt damit an das Ursprungsgebiet der Glomeruli heran, welch letztere allerdings im vorliegenden Stadium schon fast vollständig wieder zurückgebildet sind. Doch ist gerade auf dem Schnitt der Fig. 6 ein solches Gebilde noch erhalten in Gestalt eines zipfelförmigen Fortsatzes (Gl), der gegen die Vornierenrinne zu vorspringt. Durch die auf die (uergefässe folgenden Urwirbelstiele wird die Vene wie bisher nach unten verdrängt, sie rückt ventral von der Aorta ab und damit auf das Mesenchymlager zu. Fig. 6 zeigt den auf das zweite (uergefäss folgenden Urwirbelstiel (N) mit seiner Höhle. Die Vene liegt ventro-lateral von ihm. Freilich kommt es hier durch das Einschneiden des Urwirbelstieles nicht zur Bildung einer frei in die Leibeshöhle herabhängenden Venen- falte der dorsalen Cölomwand, wie sie für das vordere Vornieren- ende in Fig. 2 dargestellt wurde und wie sie im vorliegenden Stadium an derselben Stelle und auch hinter dem ersten Quergefäss noch teilweise vorhanden ist, weil die Dotterarterie in der Um- gebung des zweiten, mächtigsten aller (Juergefässe bis zur dorsalen 478 J). Rückert: Peritonealwand emporragt. Das Verhältnis ist hier ganz das gleiche wie in Fig. 5 eines jüngeren Embryo. und man kann sich auch hier die freie Falte konstruieren, wenn man die laterale Wand des Urwirbelstiels um den ventralen Umfang der Vene herum gegen die Vornierenrinne zu in Gedanken weiter zieht. Die dritte bis fünfte Vornierenarterie sind enge, blind geschlossene Aortenäste, die umsomehrrückgebildet erscheinen, je weiter kaudal sie liegen. Die dritte ist in Fig. 7 (@s) dicht hinter ihrer Abgangsstelle von der Aorta En Sie erreicht den hier schon tiefer stehenden dorsalen Umfang der Dotterarterie und damit auch dessen Mesenchymlager nicht mehr, sondern ist mit ihm durch ein schmales (ekröse (Quergefässgekröse s. Rückert, 1916, S. 436) verbunden. An diesen Arterienast legt sich nun die Vena cardinalis (Cv) dicht an, wobei sie sich gegen das Gekröse und das Mesenchymlager zu auszieht. Die vierte Vornierenarterie (Fig. 3 Qu) ist etwas kürzer als die dritte. Auch sie besitzt ein zur Dotterarterie ziehendes Gekröse. das sie aber nicht mehr erreicht. Die Kardinal- vene (Cv) verhält sich ebenso wie gegenüber der dritten Vor- nierenarterie, ja, sie zieht sich noch stärker gegen das Arterien- gekröse und das Mesenchymlager zu aus. Da, wo die Urwirbelstiele hinter der dritten und vierten Vornierenarterie in die dorsale Cölomwand eindringen, verlagern sie wieder in der üblichen Weise die Kardinalvene ventral. Der Schnitt der Fig. 5. der den Urwirbelstiel (N) gerade trifft, zeigt dies Verhalten. Infolge der Senkung des dorsalen Umfanges der Dotterarterie werden wieder freie Venenfalten durch die Urwirbel- stiele aus der Cölomwand ausgeschnitten. Die betreffenden Schnitte wurden nieht ‘abgebildet, doch kann man in Fig. 8, welche das vierte Nephrotom noch im kaudalen Anschnitt zeigt, die Falte sich zur Anschauung bringen, wenn man sich wieder die laterale Nephrotomwand unterhalb der Vene mit der dorsalen Cölomwand verbunden denkt. Die fünfte Vornierenarterie ist wieder etwas kürzer als die vorhergehende. Unter ihr entsendet die dorsale Cölom- wand nochmals ein Gekröse zur Dotterarterie, das aber ganz rudimentär und bereits durchrissen ist. Die Kardinalvene, die bisher die Vornierengegend kontinuierlich durchlaufen hat, tritt vor dieser Stelle nach vorübergehender Unterbrechung nochmals r x . r . . . ' Zur Entwicklung der Vena cardinalis posterior von Torpedo. 419 als kurzes nengebildetes Endstück auf (Uvs. Fig. 12). Es liegt hier in der Peritonealfalte des fünften Nephrotoms.') Diese Falte schnürt sich nun mit dem Gefäss zu einem Cölomstiang ab, der frei durch den dorsalen Abschnitt der Leibeshöhle nach vorn zieht zum Mesenchymlager der hier noch weiter ventral ab- gerückten Dotterarterie, das ihm seinerseits einen zipfelförmigen Fortsatz zur Verbindung dorsal entgegenschickt. So gelangt der Strang an den hinteren Umfang des Gekröses des vierten (Juer- gefässes. In Fig. 9 ist er auf seinem Weg durch die Leibeshöhle abgebildet. Auf diese Weise kommt jetzt am hinteren Ende des Vor- nierenstücks der Kardinalvene das gleiche auffallende Gebilde zustande, das wir bisher nur vorne angetroffen haben. Die Ursache für die Erscheinung ist die gleiche wie dort, es ist der Tiefstand der Dotterarterie (Da, Fig. 9). Die Vene sucht hier wie in allen vorausgehenden Nephrotomen Verbindung mit dem Mesenchym- lager der Dotterarterie und kann diese bei dem Tiefstand des hinteren Arterienumfangs nur durch einen eigenen Peritoneal- strang erreichen. Es treten also in den einzelnen Vornierensegmenten der rechten Seite sehr wechselvolle (@Querschnittsbilder zutage, die das Verständnis nicht nur der Kardinalvene, sondern der gesamten Vornierenregion ungemein erschweren. Sie sind bedingt durch das ungleichmässige Verhalten der einzelnen Vornierenquergefässe eines Embryo. das sich jetzt, zur Zeit ihrer Rückbildung, gegen früher noch gesteigert hat. Aber sie lassen sich gerade unter Berücksichtigung dieses arteriellen (refässverhaltens auf ein gemeinsames Prinzip zurückführen und damit erklären: 1. Zur Zeit der Rückbildung der Vornierenquergefässe ragt die Dotterarterie nur an den Einmündungsstellen der weiten, mit ihr in offener Verbindung gebliebenen Quer- gefässe — es sind das im vorliegenden Stadium nur ein bis zwei Stück — bis zur dorsalen Cölomwand empor. Infolgedessen, senkt sich hier die Kardinalvene, wenn sie !, Hier schnürt sich der einzige erhalten gebliebene Vornierentrichter ab. Es folgt kaudal im Bereich des sechsten Nephrotoms noch ein weiterer Trichter, der aber schon stark rückgebildet und in Abschnürung begriffen ist. Kaudal von ihm konnte ich den Überrest einer rudimentären sechsten Vornierenarterie auffinden. 480 J. Rückert: durch die auf die Quergefässe folgenden Urwirbelstiele ventral verschoben wird, direkt auf das die Dotterarterie deckende Mesenchymlager (Fig. 6).') In seinem übrigen Verlaufe reicht das ehemalige Vor- nierenstück der Dotterarterie jetzt nicht bzw. nicht mehr bis zur dorsalen Uölomwand empor. Aber auch hier strebt die Kardinalvene dem Mesenchymlager der Dotterarterie zu und zwar auf zweierlei Weise. 2. Im Bereiche von mässig zurückgebildeten Vornieren- quergefässen, die noch durch ein Arteriengekröse mit der etwas gesenkten Dotterarterie verbunden sind, zieht sie sich gegen dieses Gekröse zu aus (Fig. 7 und 3). . Wo dagegen keine solche Verbindung vorhanden ist und die Dotterarterie zugleich noch tiefer steht, zieht die Kardinalvene in einer eigenen Peritonealfalte (Cölom- strang) auf das Mesenchymlager zu. Es findet sich diese Anordnung am vorderen Ende der Vornierenregion, wo- selbst sie gegenüber der am Darm emporsteigenden vor- deren Wand der Dotterarterie von Anfang an besteht (Fig. 3 und 4) und sie kann später auch am hinteren Ende auftreten (Fig. 9). Wenn man von diesem Verhalten der arteriellen Gefässe ausgeht, versteht man nicht nur die wechselnden Querschnitts- bilder in den einzelnen Segmenten des gleichen Embryo, sondern auch die individuellen Unterschiede, die zwischen den Embryonen der gleichen Altersstufe auftreten. Und namentlich wird man auch die Veränderungen richtig beurteilen, welche die mit zu- nehmendem Alter fortschreitende Rückbildung der Arterien bedingt. In letzter Hinsicht sei besonders darauf hingewiesen, dass die Dotterarterie ihre ursprünglich horizontale Verlaufsrichtung in der Vornierengegend allmählich aufgibt, indem sie von ihrer Aortenwurzel an nach hinten eine steil absteigende Richtung annimmt (Rückert 1916. S. 435). Wenn nun der hinter der Aortenwurzel gelegene Teil der Dotterarterie sich senkt und von der dorsalen Peritoneal- wand entfernt, werden die anfänglich breiten Verbindungen os !) Zwischen den Urwirbelstielen d.h. im Bereich der Quergefässe selbst, liegt die Vene an ihrer typischen Stelle seitlich vom ventralen Aorten- umfang, also an der Abgangsstelle der Quergefässe. Dies Verhalten wurde nicht eigens abgebildet, es ist ähnlich wie in Fig. 4 und 9. Zur Entwicklung der Vena cardinalis posterior von Torpedo. 481 zwischen jenem (Gefäss und der dorsalen Leibeshöhlenwand an den Stellen der (uergefässe in die Länge ausgezogen. So treten auch hier Arteriengekröse und vielleicht auch jene dünnen UGölom- stränge auf, die anfänglich nur am vorderen und dann am hinteren tiefer stehenden Ende der Dotterarterie zu finden waren. Was die letztere Möglichkeit anlangt, so sei erwähnt, dass ich bei einem Embryo am vierten Vornierensegment einen typischen, von einer Venenfalte ausgehenden Cölomstrang gefunden habe, der aber nach abwärts frei endete. Offenbar ist er durch Zug von dem Mesenchymlager der Dotterarterie abgetrennt worden. Nach dieser ausführlichen Darstellung kann ein zweiter gleichaltriger Embryo kürzer behandelt werden. Die Unterschiede im Verhalten der Vena cardinalis gegenüber seinem Vorgänger sind einmal dadurch bedingt. dass unter den fünf vorhandenen Quergefässen nur mehr ein einziges, weites, zwischen zwei Urwirbel- stielen zur Dotterarterie durchläuft. Ausserdem zeigt die Kardinal- vene noch eine unterbrochene Strecke in der Mitte ihres Vornieren- abschnittes. Der hintere „Cölomstrang“ fehlt. Auf der linken Seite ist bei beiden Embryonen . dieses Stadiums die Vena cardinalis in der hinteren Hälfte des Vor- nierengebiets ebenfalls als Hohlgefäss aufgetreten wie rechts. Im Bereich der Urwirbelstiele liegt sie hier in den durch diese ab- gegrenzten Peritonealfalten,. die sich inzwischen gebildet haben (Fig. 7 rechts im Bild). Dagegen sind in der vorderen Hälfte der Vornierenregion diese Venenfalten wieder verloren gegangen, ') so dass das Gefäss von jetzt an über der ungefalteten dorsalen Peritonealwand liegt. Dieses Verhalten stelit den definitiven Zu- stand dar. Später bilden sich auch im hinteren Abschnitt der Vornierengegend die Falten zurück und ebenso diejenigen auf der rechten Seite, soweit sie hier vorhanden waren. Diese Um- gestaltung ist durch eine Rückbildung der Urwirbelstiele ver- ursacht, die ihre die Falten bedingenden offenen Cölommündungen durch Verschluss verlieren, so dass sie dann nur mehr solide, keilförmige Zapfen der dorsalen Peritonealwand vorstellen. Bei beiden Embryonen sind die--linken Kardinalvenen an den Urwirbelstielen immer noch unterbrochen. !) Schon in Fig. 7 binter der Mitte der Vorniere ist die Falte ab- geflacht. 482 J. Rückert: 3. Zusammenfassung von Abschnitt 2. Die Vena cardinalis posterior entsteht zuerst in der Vornierengegend. Ihre Anlage beginnt hier im vorderen Abschnitt der Region und schreitet von da langsam gegen deren hinteres Ende fort. Sie tritt diskontinuierlich auf. und zwar in den vorderen zwei Dritteln der Vornierengegend aus- gesprochen intermetamer, während für das hintere Drittel dies nicht nachweisbar war. \on den intermetameren Mesenchym- räumen aus erstrecken sich die (sefäßstücke oder die sie fort- setzenden Grefässzellenketten in das Bereich des kaudal folgenden Urwirbelstiels, wo sie enden (Fig. 11). Später vereinigen sich diese getrennten Anlagen zu einem durchlaufenden Längs- gefäss (Fig. 12). Wenn die Gefässanlage — die diskontinuierliche sowie die spätere kontinuierliche — an einen Urwirbelstiel herantritt, senkt sie sich unter ihn, indem sie von ihrem neben dem ventralen Aortenumfang gelegenen Ausgangspunkt ventral abrückt (Fig. 11 und 12). Die vom Cölomraum aus in die dorsale Leibeshöhlenwand eindringenden Urwirbelstiele schneiden aus ihr Peritoneal- falten aus, die frei ventral (ventro-median) in das Cölom herab- hängen (Fig. 2, Fig. 7 rechts im Bild). In diesen Falten liegt die Vena cardinalis. Sie kommen links in der ganzen Vornierenregion zur Entwicklung, rechts nur da, wo die Raum- verhältnisse des dorsalen Cölomabschnittes dies gestatten. Die Venenfalten sind vergängliche Gebilde. Mit der späteren Ver- ödung der Urwirbelstiele gehen sie in der dorsalen Cölomwand auf. Damit liegt dann die Vene auch in der Vornierengegend über der geglätteten dorsalen Leibeshöhlenwand wie im übrigen Rumpfe. Die Beziehungen der Vena cardinalis zu den Glomerulus- anlagen sind folgende: Auf der linken Seite sind die Glome- rulusanlagen, die hier als ventral in die Leibeshöhle vorragende Peritonealfalten auftreten, ebenso wie die in ihnen enthaltenen (lomerulusarterien, schon fast vollständig zurückgebildet, wenn die Kardinalvene in ihrer Umgebung erscheint. Nur an einzelnen günstigen Stellen kann man erkennen, dass die Vene lateral dicht neben der Arterie in der bereits abgeflachten Glomerulusfalte sich anlegt. Wenn die (Glomerulusfalte vollständig verstrichen ist, Zur Entwicklung der Vena eardinalis posterior von Torpedo. 483 liegt die Vene in ihrer eigenen Peritonealfalte, der Venenfalte. Auf der rechten Seite wird die Entstehung freier Venenfalten dadurch eingeschränkt, dass die den dorsalen Cölomabschnitt einnehmende mächtige Dotterarterie sich strecken- weise direkt an die dorsale Peritonealwand anlagert. Nur wo dies nicht der Fall ist, nämlich an dem tiefer stehenden vorderen (Fig. 2 und 4) und hinteren Ende der anfangs horizontal nach rückwärts verlaufenden Dotterarterie (vgl. Fig. 9), können freie Falten der dorsalen Cölomwand auftreten. Später, wenn die Arterie eine absteigende Richtung annimmt, indem sie sich mit ihrem kaudalen Ende senkt, erweitert sich naturgemäss das Gebiet der Falten. Das Verhalten der Kardinalvenenanlage an den einzelnen Stellen des rechtsseitigen Vornierengebietes ist dementsprechend ein verschiedenes: 1. Wo die Dotterarterie sich an die dorsale Peritonealwand direkt anlehnt, also an ihren stärker entwickelten Quer- gefässen, verschmelzen die Peritonealfalten, welche die Vene umschliessen, mit dem Splanchnopleuraüberzug dieses grossen (sefässes. Dadurch kommt das in die Falten herabgetretene Venenstück direkt auf das die Dotter- arterie deckende Mesenchymlager zu liegen. Dieses letztere aber stellt den Mutterboden für die Glomeruli dar, von welchem einzelne bis in diese späte Entwicklungszeit sich er- halten (Fig. 6). 2. Auch da, wo die Dotterarterie nicht unmittelbar an die dorsale Peritonealwand hinaufreicht, steht sie mit ihr an der Abgangsstelle der arteriellen Quergefässe in Ver- bindung durch Peritonealduplikaturen, in denen die hier rückgebildeten Quergefässe verlaufen oder denen sie zu- streben. In diese Arteriengekröse zieht sich dieKardinalvene ventral aus, indem sie dicht lateral von der Arterie dem Mesenchymlager zustrebt (Fig. 7 und 8). 3. Und selbst da, wo die Quergefässe stark rudimentär sind und keine Verbindung durch Arteriengekröse zwischen der dorsalen Peritonealwand und 484 J. Rückert: der tief stehenden Dotterarterie vorhanden ist, verläuft die Vene oder ein sie fortsetzender Gefäss- zellenzug frei, nur von einem Peritonealüberzug um- hüllt, als Cölomstrang durch die Leibeshöhle zum Mesenchymlager der Dotterarterie. Dieser Strang ist am vorderen Ende der Vornierenregion vom Beginne der Venenbildungen an regelmässig zu finden (Fig. 2 und 4.) Später tritt er auch am hinteren Ende inkonstant auf (Fig. 9) und kommt in noch späterer Zeit wie es scheint auch zwischen dieser Stelle und der Dotterarterienwurzel vor. Dashier zusammengefasste Verhalten gestattet dieDeutung, dass die ersten, metamer oder richtiger intermetamer auftretenden Anlagestücke der hin- teren Kardinalvene der Vornierengegend rudimen- täre, verspätet auftretende Glomerulusvenen sind (Fig. 11). Auch das.später durch Verschmelzung der- selben entstandene durchlaufende Venenrohr hält durch segmentale Ausbiegungen gegen das Mesen- chymlager der Dotterarterie seine Beziehungen zum GlomerulargebietnocheineZeitlangaufrecht (Fig. 12). 4. Weitere Entwicklung der Kardinalvene. Die vorstehende Auffassung erfährt eine wesentliche Stütze, wenn man die Entwicklung der hinteren Kardinalvene im Bereich der Vorniere weiter verfolgt und mit deren Entstehung im übrigen Rumpfgebiet vergleicht. Dies soll im Folgenden geschehen. Bei dem Embryo unseres vorletzten Stadiums (49 Rumpf- somiten), bei welchem die Vene in der hinteren Hälfte der Vor- nierenregion als unterbrochene und unfertige Anlage aufgetreten war, reicht sie nicht über dieses Gebiet nach hinten hinaus, wenn ich von ein paar vereinzelten Schnitten absehe, auf welchen ich ihre solide Anlage, und einmal auch ein kleines Endothelrohr, wahrzunehmen glaube. Anders in unserem letzten Stadium (57 Rumpfsomiten). Hier, wo die Venenanlage sich in der hinteren Hälfte der Vorniere weiter ausgebildet hat, überschreitet sie schon diese Region nicht unbeträchtlich. Bei dem einen Embryo über sechs, bei dem anderen um zwölf Segmente. Ihre Entwick- lung ist also im Vergleich zu der des Vornierenstückes rasch Zur Entwicklung der Vena cardinalis posterior von Torpedo. 485 . nach hinten vorgeschritten. Sie ist auf dieser Strecke allerdings enger als davor im Vornierengebiet und zeigt stärkere Unter- brechungen, die namentlich nach hinten, wo die Anlage ganz jung und unfertig erscheint, an Länge zunehmen. Es folgen zwei Embryonen eines noch älteren bisher nicht berücksichtigten Stadiums, bei welchen die sechste Kiementasche durchgebrochen, die äusseren Kiemen schon als kurze Fädchen, und der solide Oesophagus mit rundlichem, noch nicht in die Breite ausgezogenem Querschnitt aufgetreten sind. Die Zahl der Rumpfsomiten wurde bei dem einen der zwei Schwesterembryonen dieses Stadiums auf 65 bestimmt. Bei dem einen dieser Embryonen erstreckt sich die Kardinalvenenanlage schon um 17 Segmente, bei dem anderen in horizontale Längsschnitte zerlegten Embryo um 15 Segmente über die Vorniere kaudal hinaus. Hier wie in dem vorausgegangenen Stadium lässt sich deutlich verfolgen, dass die Kardinalvene ihren Entstehungsmodus aus getrennten Stücken auch kaudal von der Vorniere beibehält. Die Einzelabschnitte erscheinen aber nicht in den intermetameren Mesenchymräumen, um sich von da in das Bereich des nächsten Urwirbelstiels auszubreiten, wie das im vorderen Abschnitt der Vornierengegend der Fall war (Fig. 11), sondern sie treten sowohl im Bereich der Nephrotome auf, als auch zwischen ihnen und sind von ungleicher Länge, so dass man bei Verfolgung der Quer- schnittsserie den Eindruck einer ganz unregelmässigen Anordnung erhält. Horizontale Längsschnitte aber (s. Textfigur auf nächster Seite, die eine grössere Strecke der Gefässanlage überblicken lassen als Querschnitte, zeigen doch, dass auch hier eine ziemlich regelmässige, annähernd segmentale Anordnung eingehalten wird, wenn dieselbe auch durch die ungleiche Längenausdehnung der Einzelstücke streckenweise gestört erscheint. So breitet sich eines der Venensegmente über zwei Urwirbelstiele aus, wobei es offen bleiben muss, ob es nicht vorher aus zwei Segmenten entstanden ist. Auf dieser hinter der Vorniere gelegenen langen Strecke nimmt nun die Kardinalvene eine andere Lage zu den Urwirbel- stielen ein, als im Bereich der Vorniere. Wie aus der obigen Beschreibung und aus den Figuren 2, 5, 6 und 8 zu ersehen war, liegt sie im Vornierengebiet ventral oder genauer ventro-lateral von den Urwirbelstielen. Dabei ist sie aus ihrer als typisch anzusehenden Stellung neben dem ventralen 486 J. Rückert: Umfang der Aorta nach unten mehr oder weniger weit abgerückt. Im Gegensatz hierzu verläuft die Vene kaudal von der Vor- niere, wenn sie auf die Urwirbelstiele trifft, dorsal oder genauer dorso-median über diese weg, wie Fig. 10 C zeigt. Die Urwirbelstiele, die hier die Urnierenkanälchen liefern, schmiegen Anlage der hinteren Kardinal- vene kaudal von der Vornieren- region. Kombination von zwei aufeinanderfolgenden horizontalen Längsschnitten durch einen Tor- pedoembryo von 68 Rumpfsomiten. Uw — Urwirbel, Ve = Anlage- stücke der Vena cardinal. poster., Ao = Aorta. sich dem Vornierengang dicht an, so dass zwischen beiden ein Raum für eine Venenanlage nicht frei ist. Es kommt daher auch keine Peri- tonealfalte (Venenfalte), wie sie weiter vorn zwischen der Vorniere und den Stielen erscheint, zustande, sondern das unter dem Vornieren- gang gelegene Peritoneum biegt direkt nach aufwärts in die late- rale Wand des Urwirbelstieles um. Der Übergang zu diesem Verhalten macht sich, wie nebenbei erwälnt sel, schon im hinteren Vornieren- abschnitt bemerkbar. Das vorletzte Nephrotom rückt bereits näher an die Vorniere heran, so dass seine Venenfalte erheblich schmäler wird und am letzten Nephrotom kann man schon eine Anordnung finden, die fast derjenigen der Fig. 10 gleicht. Gegenüber diesem eigentüm- lichen Verhalten muss man sich die Frage vorlegen, ob die in der Vornierengegend unter die Ür- wirbelstiele tretende Vene über- haupt der Kardinalvene des übrigen Rumpfes entspricht? Eine Antwort hierauf können wir nur erhalten, wenn wir diese abwei- chende Venenanlage der Vornieren- gegend in ihrer Weiterentwicklung verfolgen und zusehen, ob aus ihr noch eine echte Kardinalvene wird. sa Be Zur Entwicklung der Vena cardinalis posterior von Torpedo. 487 Das letztere ist nun in der Tat der Fall. Schon im Stadium unserer Fig. 6—10 ist im Vornierengebiet die Anlage eines zweiten Venenzuges dorsal von den Urwirbelstielen aufgetreten. also eines (zefässes, das in bezug auf seine Lage mit der echten Kardinalvene übereinstimmt. In Fig. 6 und 8 (C. d.) ist es auf der rechten (links) und in Fig. 7 auf der linken (rechts) Seite des Embryo in seiner Lage zum Urwirbelstiel dargestellt. Diese dorsale (sefässanlage ist im Bereich der Urwirbel- stiele von der ventralen vollständig getrennt. In den inter- metameren Zwischenräumen dagegen kontluieren beide miteinander. In Fig. 7, auf der rechten Seite des Embryo, berühren sie sich, um auf dem nächsten nicht abgebildeten Schnitt sich ineinander zu eröffnen. Die intermetameren Venenstücke, von welchen die dorsalen Anlagen sich abzweigen (Fig. 6 linke, Fig. 7 rechte Seite des Embryo), sind gemäss ihrer frühzeitigen Entstehung weiter als die dorsal und ventral von den Urwirbelstielen ge- legenen Abschnittte (Fig. 6 rechte, Fig. 7 linke Seite des Embryo). Einen guten Überblick über die dorsalen Gefässanlagen gibt Fig. 12. Man erkennt hier, dass sie über die zwischen ihnen gelegenen Urwirbelstiele hinweg einander zustreben. Über dem zweiten Urwirbelstiel dieser Abbildung bilden sie schon ein ein- heitliches (Grefässrohr (während das ventrale Rohr daselbst keine Verbindung nach hinten erhalten hat). über den anderen ist die Anlage noch diskontinuierlich. Diesen Entwicklungsgang im einzelnen hier zu schildern, unterlasse ich, schon wegen der individuellen Varianten in der jeweiligen Ausbildung der beiden Venenzüge. Doch sei hier erwähnt, dass die dorsale Anlage nach aufwärts mit Gefässanlagen in Verbindung steht, die über die Ebene der Kardinalvene hinausreichen bis in die Höhe der COhorda dorsalis (Fig. 7 rechts). Dies Verhalten stimmt mit dem hinter der Vorniere gelegenen Ab- schnitt der Kardinalvene überein, so dass die dorsale Gefässanlage des Vornierengebietes auch in dieser Hinsicht sich als echte Kardinalvene erweist. Inwieweit seine Entstehung mit der Bildung dieser anscheinend segmentalen Äste zusammenhängt, bedürfte einer näheren Untersuchung. Die Beziehung der Kardinalvenenbildung zu denselben ist, wie aus der Literaturübersicht hervorgeht, schon von früheren Autoren gesehen oder vermutet worden. Was die weitere Entwicklung anlangt. so ist schon im Stadium von 65 Rumpfsomiten die dorsale Venenanlage, wie Fig. 13 zeigt, bis auf eine über dem ersten Urwirbelstiel der Abbildung noch vorhandene Unterbrechung als durchlaufendes Rohr ausgebildet. Dasselbe nimmt nach hinten (nach rechts in 489 Jahnutekert: der Figur) am stärksten zu. Das ventrale dagegen wird um- gekehrt gegen das hintere Ende der Vornierenregion eng und schliesslich undurchgängig. Ein Vergleich mit Fig. 12 erweckt den Anschein, dass dieses letztere Stück schon wieder der Rück- bildung anheim gefallen sei. Doch vermute ich mit Rücksicht auf spätere Stadien, dass es bei dem vorliegenden Objekt nur in seiner Entwicklung zurückgeblieben ist. Es sind also jetzt in der Vornierengegend zwei längsverlaufende Venenzüge, einventralerunddor- saler, vorhanden, dieintermetamer, zwischen den Ur- wirbelstielen, konfluieren, während sie im Bereich der letzteren sich trennen. um sie zu umfliessen. Diese regelmässige Anordnung wird nun dadurch gestört, dass die dorsale Vene in ihrer vorderen Hälfte erheblich schwächer als die ventrale, einmal sogar unterbrochen ist, während die ventrale umgekehrt nach hinten zuin der Entwicklung zurücksteht und schliesslich durch die hier stärkere, dorsale ganz ersetzt wird. Durch das letztere Verhalten ist ein allmählicher Übergang zu der kaudal von der Vorniere gelegenen typischen, nur aus den dorsalen Anlagen aufgebauten, Cardinalis gegeben. Die Bezeichnungen „dorsal“ und „ventral“ haben jetzt für das Anfangsstück der beiden Venenzüge keine Berechtigung mehr. Die Urwirbelstiele, die ursprünglich eine fast horizontale, nur wenig aufsteigende Richtung von der dorsalen Cölomwand zum Myotom eingeschlagen und damit eine dorso-mediane und ventro- laterale Gefässanlage getrennt hatten, sind jetzt im vorderen Abschnitt der Region bis auf ihr ventrales ehemaliges Mündungs- stück aufgelöst. Sie bilden nur mehr kurze Stümpfe, die sich von der dorsalen Peritonealwand nach aufwärts erheben, sich zwischen die beiden Gefässe einschieben, so dass diese jetzt medial und lateral von ihnen liegen. Da diese Umgestaltung in kranio-kaudaler Richtung vor sich geht, so trifft man in späterer Zeit die beiden Gefässe über die ganze Ausdehnung der Vornierenregion in der neuen Stellung zueinander. Diese Verlagerung wird zugleich dadurch bedingt, dass durch die zunehmende Verbreiterung der dorsalen Cölomwand die beiden Gefässe nebeneinander den nötigen Platz finden. Dementsprechend zieht sich schliesslich die gesamte Venenanlage u u u en Zi 2 Zur Entwicklung der Vena cardinalis posterior von Torpedo. 459 erheblich in die Breite aus. Von oben senkt sich dann der inzwischen entstandene Interrenalkörper in sie ein, so dass dessen ventraler Umfang vom Blut der Vena cardinalis direkt umspült wird. Diese Beziehung der Cardinalis zum Interrenal- körper tritt von jetzt an so in den Vordergrund, dass die Vene geradezu als das abführende Gefäss dieser Drüse erscheint. Um das Endresultat des Entwicklungsvorganges zu ermitteln, muss man die Untersuchung auf erheblich ältere Embryonen aus- dehnen. Bei einem Torpedoembryo von 12,5 mm Körperlänge, dessen solider Oesophagus in die Breite ausgezogen ist, macht die Kardinalvene der Vornierengegend, wie Fig. 14 zeigt, noch mehr als im vorhergehenden Stadium (Fig. 13) einen einheitlichen Eindruck, weil sie sich wiederum ausgedehnt hat und weil die Urwirbelstiele gleichzeitig durch weitere Rückbildung kleiner geworden sind. Sie werden wie Inseln vom Venenstrom um- flossen. Immer noch erkennt man deutlich, wie der kraniale Abschnitt des Gefässes ganz überwiegend durch die ventrale (laterale), der kaudale Abschnitt dagegen durch die dorsale (mediale) Anlage, die dann allein nach hinten erhalten bleibt. entstanden ist. Erst bei einem Embryo von 15mm Länge, dessen grösste Breite im Bereich der Flossenanlagen auf Schnitten 2,5 mm be- trägt, sind die trennenden Urwirbelstiele in mindestens der vor- deren Hälfte des ehemaligen Vornierengebietes ganz verschwunden, womit daselbst eine vollkommen einheitliche Kardinalvene her- gestellt ist. Derjenige Urwirbelstiel, welcher die Dotterarterie kaudal begrenzt,') ist zu dieser Zeit gerade noch als leichte !) Es folgen also in diesem Stadium auf die Wurzel der Dotterarterie zunächst zwei rückgebildete Urwirbelstiele, von denen der vordere, der dieses Quergefäss kaudal begrenzt, nur mehr eine peritoneale Einkerbung bildet. Diese Urwirbelstiele entsprechen dem dritten und vierten, event. dem vierten und fünften Nephrotom, wie aus der Lage dieses Segments zu den Quer- gefässen in früheren Stadien mit Sicherheit zu bestimmen ist. Weiter kaudal schliessen sich an sie zwei weitere Urwirbelstiele an, die ihren epithelialen Bau beibehalten haben und an ihrem dorsalen Ende zu kleinen rundlichen, mit engem Lumen versehenen Bläschen sich erweitert haben. Sie geben sich dadurch als Anlagen von Urnierenkanälchen zu erkennen. Daraus geht hervor, dass mindestens das sechste, vielleicht aber auch das fünfte Nephrotom, also Segmente, dieinihren weiter dorsal gelegenen Abschnitten vorher am Aufbau der Vor- niere Teilgenommen hatten, Anlagen von Urnierenkanäl- Archiv f.mikr. Anat. Bd.89. Abt.I 33 490 J. Rückert: Peritonealkerbe kenntlich. Dann folgt nach rückwärts ein eben- falls, aber doch weniger stark rückgebildeter Urwirbelstiel. Er dringt als erster in die Vene von unten ein und trennt ebenso wie die folgenden Urwirbelteile einen kleineren lateralen Venenzug von dem grossen Hauptgefäss ab. Das laterale Gefäss ist also in der hinteren Hälfte der Vornierenregion noch erhalten, doch ist es gegenüber dem medialen in der Entwicklung zurückgeblieben und verengt sich zunehmend in kaudaler Richtung. Trotzdem setzt es sich, noch enger werdend, jetzt auch über die Vornieren- gegend kaudal eine Strecke weit fort, indem es sich als kleine Seitenbucht diskontinuierlich vom Hauptgefäss abtrennt. Bei einem erheblich älteren Embryo von 22 mm Körper- länge und einer grössten Querschnittsbreite von 4mm ist die kleine laterale Vene immer noch neben der medialen vorhanden. Erst bei einem Embryo von über 24mm Länge und 7 mm Querschnittsbreite auf dem Schnitt!) vermisse ich dieses Nebengefäss im kaudalen Teil des ehemaligen Vornierengebietes und weiter nach rückwärts. Ob es zugrunde gegangen ist oder schliesslich noch der Cardinalis einverleibt wurde, kann ich nicht entscheiden. 5. Zusammenfassung von Abschnitt 4. Die Vena cardinalis posterior entsteht in dem kaudal von der Vorniere gelegenen längeren Abschnitt des Rumpfes ebenfalls in kranio-kaudaler Richtung und aus getrennten Stücken, die sich nachträglich zu einem kontinuierlichen Längs- zug vereinigen. Diese anfänglichen Einzelstücke treten aber nicht intermetamer, d. h. zwischen den Urwirbelstielen (Nephro- tomen) auf, sondern sowohl im Bereich der Urwirbelstiele als zwischen ihnen. Indessen halten sie, von einzelnen durch ihre Rabl bei Squaliden gemachten Beobachtungen übereinstimmt, möchte ich bei dieser Gelegenheit hervorheben, angesichts des Umstandes, dass die von mir (1888) und van Wijhe (1889) schon vor langer Zeit vertretene An- schauung von der Nicht-Homologie der Vor- und Urniere immer wieder angezweifelt wird. Es dürfte ein vergebliches Bemühen sein, durch negative, bei anderen Wirbeltieren gemachte Befunde den klaren und positiven Tat- sachenbestand bei Selachiern entkräften zu wollen. !) Am frisch fixierten Objekt wurden von Herrn Prof. Marcus 9mm gemessen. Zur Entwicklung der Vena cardinalis posterior von Torpedo. 491 ungleiche Länge bedingten Abweichungen abgesehen, im grossen und ganzen eine segmentale Anordnung ein (vgl. Text- figur S. 486). In seiner Lage zu den Urwirbelstielen aber unter- scheidet sich dieser kaudal von der Vorniere gelegene Abschnitt. der Kardinalvene wesentlich von demjenigen der Vornierengegend, insofern er dorso-median von diesen Somitenstücken auftritt (Fig. 10) und später rein median von ihnen bzw. den aus ihnen hervorgegangenen Urnierentrichtern verläuft. Im Gegensatz hierzu liegt innerhalb der Vornieren- gegend die erste Anlage der Kardinalvene ventro-lateral (Fig. 3 und 5 Cv und Fig. 11) und später rein lateral von den Urwirbelstielen. Alsbald aber gesellt sich im Vornieren- bereich zu diesem primären Venenzug ein zweiter Parallel- zug hinzu, der sich von ihm in den zwischen den Urwirbelstielen befindlichen Interstitien abzweigt und dorso-median über die Stiele hinwegläuft (Fig. 6 und 38 Cd und Fig. 12). Dieser dorso- mediane Venenzug nimmt also zu den Urwirbelstielen die gleiche Lage ein, welche die typische Kardinalvene in dem langen, kaudal auf die Vorniere folgenden Rumpfgebiet inne hat. Er breitet sich, inkaudaler Richtung über die Vorniere hinaus- greifend, rasch auf den übrigen Rumpfabschnitt aus, und stellt daselbst für sich allein die definitive Kardinalvene her (Fig. 12 und hinteres Ende der Fig. 13 und 14). Innerhalb der Vornierenregion dagegen bildet sich die definitive Kardinalvene — sehr langsam — durch Verschmelzung der beidendieUrwirbelstiele ventral und dorsal umfliessenden Venenzüge unter allmäh- licher Rückbildung der sie trennenden Stiele. Dabei liefert im kranialen Abschnitt der Region die ursprüngliche ventro- laterale (primäre) Venenbahn den grösseren Anteil der definitiven Kardinalvene, während umgekehrt im kaudalen Abschnitt diese Rolle der ursprünglich dorso-medialen Venenbahn zufällt (Fig. 13 und 14). Es geht hieraus hervor, dass in der Vornierengegend nur der später entstehende dorsale Venenzug nebst den zwischen den Urwirbelstielen gelegenen ersten An- lagestücken der typischen Kardinalvene entspricht 33* 492 | J. Rückert: und dass der vorher auftretende ventrale Anteil der Gefässanlage eine Bildung sui generis darstellt, dieder Vornierenregioneigentümlichist. Esstimmt dies zu unserer oben (8. 484) vorgetragenen Auffas- sung, nach welcher diesen Venenanlagen die Bedeu- tung von rudimentären Glomerularvenen zukommt. Der in der Vornierengegend zuerst auftretende venöse Längszug ist daher als eine Vornierenvene anzusprechen, die sich nachträglich durch Hinzu- treteneineszweitenLängszugesindie echte Kardinal- vene umwandelt. Literaturverzeichnis. 1909. Evans: On the development of the Aortes, Cardinal- and Umbilical veins and the other Blood-Vessels of Vertebrate Embryos from Capillaries. The Anat. Record, Vol. III, 1909. 1905. Grafe: Beiträge zur Entwicklung der Urniere und ihrer Gefässe beim Hühnchen. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 67, 1905. 1893, a. Hoffmann, ©.K.: Zur Entwicklungsgeschichte des Herzens und L der Blutgefässe bei den Selachiern. Morph. Jahrb., Bd. 19, Heft 4, 1893. » 1893, b. Derselbe: Zur Entwicklungsgeschichte des Venensystems bei den bs Selachiern. Morph. Jahrb., Bd. 20, Heft 3, 1893. 1911. v. Möllendorf: Uber die Entwicklung der Darmarterie und des u Vornierenglomerulus bei Bombinator. Morph. Jahrb., Bd. 43, 1911. 1892. Rabl, C.: Über die Entwicklung des Venensystems der Selachier. Festschrift zum 70. Geburtstage Rudolf: Leuckarts. Leipzig 1892. 1896. Derselbe: Über die Entwicklung des Urogenitalsystems der Selachier. n Theorie des Mesoderms, III. Morph. Jahrb., Bd. 24, 1896. 1888. Rückert: Über die Entstehung der Exkretionsorgane bei Selachiern. Arch. f. Anat. u. Physiol., Anat. Abt., 1888. 1916. Derselbe: Über die Glomeruli der Vorniere von Torpedo und deren arterielle Gefässe. Arch. f. mikr. Anat, Bd. 89, Heft 4, 1916. 1889. Van Wijhe: Über die Mesodermsegmente des Rumpfes und die Ent- wicklung des Exkretionssystems bei Selachiern. Arch. f. mikr. Anat.., Bd. 33, 1889. | Sp | Zur Entwicklung der Vena cardinalis posterior von Torpedo. 493 Figurenerklärung. Erläuterung der Bezeichnungen. Aorta Arteriengekröse (Gekröse der arteriellen Quergefässe der Vorviere). Vena cardinalis kaudal von der Vornierengegend (Fig. 10) . in der Vornierengegend zwischen den Urwirbelstielen er F in der Vornierengegend dorsal von den Urwirbel- stielen e in der Vornierengegend ventral von den Urwirbel- stielen Chorda dorsalis Cölom Darm Dotterarterie Glomerulus Mesenchymlager auf der Dotterarterie Mesenterium Urwirbelstiel (Nephrotom) Vorniere Vornierengang Arterielles Quergefäss der Vorniere Somatopleura Sp.p = Splanchnopleura St — Cölomstrang Sämtliche Figuren stammen von Embryonen von Torpedo ocellata. Ver- Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. © grösserung der Schnittbilder Fig. 1—-10: 210:1. Tafel XXV. Querschnitt durch das vordere Ende der Vornierenregion von einem Torpedoembryo mit 5 Visceraltaschen, erste bis vierte eröffnet. 43—44 Rumpfsomiten. Querschnitt durch den gleichen Embryo, 4 Schnitte kaudal von Fig. 1. Querschnitt durch den gleichen Embryo, 3 Schnitte kaudal von Fig. 2. Querschnitt durch das vordere Ende der Vornierenregion eines wenig älteren Embryos als Fig. 1--3. Erste bis vierte Visceral- tasche eröffnet, erste Anlage der sechsten Visceraltasche. Querschnitt durch die Mitte der Vornierenregion (Gegend des dritten Quergefässes) des Embryo der Fig. 4. Querschnitt durch die Vornierenregion eines Torpedoembryo mit 6 Visceraltaschen, erste bis fünfte eröffnet. 57 Rumpfsomiten. Der Schnitt streift das dritte Vornierenquergefäss im kranialen Anschnitt. Das Gefäss Cd vom nächsten Schnitt eingetragen. 494 Fig. Fig. Fig. ig. 10. 12. 13. 14. J. Rückert: Zur Entwicklung der Vena cardinalis posterior. Tafel XXV1. Querschnitt durch den gleichen Embryo wie Fig. 6, 2 Schnitte kaudal von Fig. 6. Drittes Vornierenquergefäss getroffen. Querschnitt durch den Embryo von Fig. 6 und 7. Vier Schnitte kaudal von Fig. 7. Das vierte Quergefäss vom nächsten Schnitt eingetragen. Querschnitt durch den Embryo der Fig. 6—8, 5 Schnitte kauda von Fig. 8. Querschnitt durch den Embryo der Fig. 6—9, 21 Schnitte kaudal von Fig. 9. Zweites Nephrotom kaudal von der Vorniere. Erste Anlage der V. cardinal. post. in der Vornierengegend des Torpedoembryo der Fig. 4 und 5. Nach einer graphischen Rekon- struktion. Weitere Entwicklung der V. card. post. in der Vornierengegend des Torpedoembryo der Fig. 6—9. Nach einer graphischen Rekon- struktion. Dasselbe von einem Torpedoembryo mit eröffneter sechster Visceral- tasche und kurzen äusseren Kiemenfäden, 68 Rumpfsomiten. Dasselbe von einem Torpedoembryo von 12,5 mm Körperlänge. Archiv K.mikroskop. Anatomie Bd. EXXXIN, Abt. I Taf 1. et 3 Be, ERr.77 A Be N) En Es u # A Er & NT N — Archiv £mikroskop. Anatomie Bd. LAXXIN Abt. 1. r ” * = m « Archiv fmikroskop Anatomie BALXXXIX, Abul Sude. Gew. a.5p 4 Gerz Bere eure eg Ye ES . N N S < S iv Arch $.Mörch gez “ Werner u.Winter, Frankfurt®M. & Archiv f'mikroskon. Anatomie Ba.LXXXIX, Ab. $.Mörch gez. De nn Een» Taf. 1. Werner u.Winter, Frankfurt M. uni he ER m. . Be ER *5 2 (2 » Taf VI. ‚Archiv fmikroskon. Anatomie BA.LXXXIX, Abt I. wa ‘. WI g. > ERAE SI | < . 5 a R} © © id er Werneru.Winter, Frankfurt 3.Mörch gez. Archiv (mikroskop. Anatomie Bad.LXXXIX, Abt 1 87 76 86 88 a A N 73 i ©. 4 “\ 5 rat A U a2 :® : f FR E 0) ; i ne 7 ” « A - 5 ey ; Pe} & R \ sy © RR zu ». a EI: s u . . .. ® A - . ’ ne n “" ı ® ea = RR Un, BR or er ; 20 s Ri / DT nr, F 92 % 2 C' ı tar“ ? dd wi . @ 1 ve v3 » ® Curse E ei, @ u \ TA nn #7 .. NH = fe) N X u Erz | ö . a : : FE NE j z \ f ( AN NA } Ku: TE ı a a‘ WET, ® ® f DC y I ” ’ . < "® & ‚ 6; Ye ET ” B,8 - ar { Dr; ei R er, N X 85 Ä \ 34 \ 0. 1 | 2 8 r „‘ \ BD en SEE, h F f 5 # “ [2 | 4 ” ’ a h m > y N } f . BERN vr N zw IA Bi ei nu wi Ra nf N " ak Archiv fmikroskop. Anatomie Bd. LXXXIX, Abt. lak' IX. er Frankfurt”. Archiv Kmikroskop. Anatomie Ba. LXXXIX, Abt]. FE TEN 2 u 5 2 u we u? a | Iuf X. Werner u. Winter Fran) Er ren Tg | Archiv Emikroskop. Anatomie BA. LNXXIN, AbUI. Kak X. En ei ‘ . Taf. KU. Archiv £mikroskon. Anatomie BALXXXN, Abt]. say su ,® u N Fr or (or ee u? Yz >. m Pr & Fa Pi ®@ BR N .“.. ie k 1 s rL- In Bern Werner u.Winter Frankfürt@&:M. A? vun v Archiv mikroskon. Anatomie BA.IXXXIX, Abt - LS - ° 5 u £ Be ne a ae en A B 2 R> . > =? 4 “u ie - u Zr s q a ns \ [7 himner. e Y [' A FR A » IN Y Wu ‚Ruf r . Ay j) % M\ DR Ip I] al HU SRUR HR N RR " R\ Archiv Emikroskop. Anatomie Ba.LXXNIX, Abt1. [4 Ku ERARR, j Vi) A Mn y i # w a AP BB), 7 IN Di REIN KAIRGN I HaONı RN hi PR NN h BR A, u eg Archiv £mikroskop. Anatomie Bd.LXXNIX, Abt. Werner u. Winter. FrankfürtYM. & er Archiv fmikroskop. Anatomie Ba.LAXXKX, Abt. Werner u. 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Obernetter, München, repr-. Re N \ Du ’ u 4 7 u ’ = u 4 ni % * 5 ki E ; “si u Fi - >» D y L 4 0 D [2 u Pi . £ u « i # x En - ' 2 ie Ei D F [7 ey \ 4 Fr 48 .- er - [4 ’ Le Pre v , Pr . gr a j 7 ‚ | Be Pf ° > 5 % “ - . 4 7 - u R z ” . B 2 = 5 ‚re Er ® un .. x # P - Eur Y . F a eh = . e ö i i ) 4 wa “r u Ai j “ - Eu Be 3 > £ = urn > > E . r ° g e E s « I E I ‘ pP > x Archiv f. mikroskop. Anatomie Bd. LXXXIX. Abt. I 8. Bachhammer gez. J. B. Obernetter, München, repr. i E Li i “rt q Kar, ar SH fa ma 2 20T, 2A 17 ARE RR TE Fa Da Archiv f. mikroskop. Anatomie Bd. LXXXIX. Abt. I 8. Bachhammer er i J. B. Obernetter, München, repr » ii ‚ . + % Y » » [ \ Bi RR [ RR , ' iR N & - Y s Ro + ” - di # Fi : “ vo , k r ES. Base) ine REIHE anna 5 rer nn Dee Den! PR ermerrr? et . u Te a a ee u 0 . s “ie KERLE . 3 2 Pe W EERKENKEENNF he A 4 Eu) 4 9. + EEE IE HE NEHM, 3 „mu han au ann - x wi“ PER EHMM ERICH 4 J u 5.3 y BEI ne BC, Be £ , “ ir DT EEE NEN) J £ MEN UEN } “u.