Ä£- -^x^i^^ «5^ K:J^m wm^ L ARCHIV FOR NATURGESCHICHTE. GEGRÜNDET VON A. F. A. WIEGMANN, FORTGESETZT VON W. F. ERICHS ON. N VERBINDUNG MIT PROF. DR. GRISEBACH IN GÖTTINGEN , PROF. DR. VON SIE BOLD IN MÜNCHEN, PROF. DR. A.WAGNER IN MÜNCHEN UND PROF. DR. LE UCK ART IN GIESSEN. HERAUSGEGEBEN YOH Bb. f. H. TZtOSCHEI.y PROFESSOU AN DER FRlEDRICH-WiLHELMS-UHIVERSITÄT Zu BONN. ZWANZIGSTER JAHRGANG. Erster Band« BERLIIN, 1854. VERLAG DER NICOLAPSCHEN BUCHHANDLUNG, Vi Inhalt des ersten Bandes. Monographie der Ostracoden. Von Dr. Zenker. (Hierzu Taf. 1-VI.) üeber die Cyciopiden des süssen Wassers. Von Demselben (Hierzu Taf. VI. Fig. 8—14.) lieber Asellus aquaticus. Von Demselben. (Hierzu Taf. VI Fig. 3-6.) System der Crustaceen. Von Demselben Beiträge zur Kenntniss der Pteropoden. Vom Herausgeber. (Hierzu Taf. VIII— X.) . . . . Seile 1 88 103 108 Critik der Erichson'schen Gliedmassentheorie. Von Demselben 118 Beiträge zur Kenntniss der Vegetationsverhältnisse oberhalb der Schneelinie. Von Adolph Schlagintweit . . 139 üeber eine neue Familie von Fischen aus Californien. Von L. Agassiz. Uebersetzt vom Herausgeb er . . . 149 üeber die systematische Stellung der Gattung Embiotoca. Be- merkung zur vorigen Abhandlung. Vom Herausgeber 163 üeber die Schw^immblase in der Familie Gymnolini. Von J. Reinhardt. Aus dem Dänischen übersetzt vom Her- ausgeber . 169 Beschreibung zw^eier neuer Siphonostomen-Gattungen. Von Dr. A. Gerstaecker in Berlin. (Hierzu Taf. VII.) . . 183 196 IV Inhalt. Seite Einiges über die Mundlheile der saugenden Insecten. Resultate aus Gerstfeld's Abhandlung über diesen Gegenstand. Von Prof. Dr. E. Grube 242 riachträge zu den „Bemerkungen über die PiiyHopoden/«- Von Demselben 247 Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Wizza. Von Rud. Leuckart in Giessen. (Hierzu Taf. XI— XIll.) . . 249 ]IIoiiog:rapliie der Oistracodeu. Von Dr« Zenker. Hierzu Taf. I— VI. Einleitung^. Erste Kenntniss. Die erste Cypris, dieLinne in seinem „Systema nalurae« aufführte, nannte er Monoculus con- cha pedata und in diesem Namen drückte er völlig den Ein- druck aus, den der erste Anblick eines solchen Thierchens auf denBeschauer macht. Wir sehen einThiervor uns, von 2 Schalen eingeschlossen wie eine Muschel , und an Gestalt oft nicht unähnlich den Unionen undAnodonten unserer süs- sen Gewässer. Nur ein schwarzer Fleck, den wir sogleich als Auge erkennen , könnte uns Misstrauen gegen die Mu- schelnatur des Thierchens einflössen. Da plötzlich öffnen sich seine Schalen und statt der Athemröhren bricht unge- stüm eine Anzahl langer verschieden gekrümmter Gliedmassen hervor, arbeitet mit einer Geschwindigkeit, der unsere Au- gen kaum folgen können, scheinbar regellos hin und her und bewegt dabei den kleinen Körper mit Leichtigkeit in schnur- gerader Richtung vorwärts. So wunderbar und seltsam dieser Anblick jedem Laien erscheint, so ganz gewöhnlich ist er dem Zoologen, der in Gräben und Teichen nach wirbellosen Thieren sucht. Ja diese Thierchen sind so zahlreich in unsern stehenden Ge- wässern und dabei so gefrässig , dafs oft manche andere Thierart von zarterer Körperbedeckung ganz von ihnen aus- gerottet und dadurch manche Erwartung des Zoologen zer- AtcUv f. Naturgescb. XX. Jahrg. Bd. 1. l 2 Zenker stört wird. Später freilich steht es auch um die armen Cy- priden schlimm, die sich selbst ihrer Nahrung- beraubt haben. Sie sinken vom Höhepunkt ihrer quantitativen Enlwickelung schnell herab und oft stirbt so die ganze Generalion völlig aus. Dann ruht allein auf dem Boden des Gewässers in den Eiern , welche an den Blättern der Wasserpflanzen haften, der Keim für die Enlwickelung neuer Generationen , welche bald von der Sonnenwärme erweckt, ohne irgend ältere Thiere ihrer Art zu sehen, ein neues Leben beginnen. Stellung und Einlheilung. lieber den ungefäh- ren Platz dieser so häufigen Thierchen im Systeme desTliier- reichs war man bald klar geworden. Schon Linne stellte sie zu denKrustenlhieren, wenn auch mit fremdartigen Thie- ren (Daphnoiden und Cyclopiden) in eine Galtung Monoculus vereinigt. Dem fleissigen Durchsucher „des süssen und salzigen Wassers,« dem ruhmvollen Dänischen Zoologen 0. F. Mül- ler gelang es, Thiere von nahe demselben Körperbau auch im Meere wiederzufinden. Aber sie waren nicht wie die munteren Muschelkrebse des süssen Wassers, die mit ihren Armen und Beinen so unermüdlich arbeiteten und so behen- de herumschwammen: sie hallen schwere Schalen und matte Gliedmassen, die nur zum Anklammern und Kriechen dienen konnten. Sie schleppten sich wie Schildkröten im Miniatur- maassstabc langsam von Ort zu Ort, von Zweig zu Zweig an den Wasserpflanzen entlang oder die Wände des Glases hinauf. So in der Lebensart und entsprechend im Gliedma- fsenbau unterschieden, trennte 0. F. Müller die Muschel- krebse in die beiden Gattungen Cypris und Cythere und be»- schrieb dieselben in seinem schönen Werke „Entomostraca seu Insecta testacea* 1785. Zu diesen ist, aus fernen Oceanen hergeführt, in neuerer Zeit noch eine Reihe lebender Gattungen hinzugefügt, als Cypridina (M. Edvv.), Lepidurus (Leach), Conchaecia (Dana), Candona (Baird), Asterope (Philippi) O- Wenn auch die 1) Milne Edwards Histoire naturelle des Crustaees 1840. Tome JIL pag.409. pl.36. Dana in den Proceedings of the Ameri- Monographie der Ostracoden. 3 Anatomie dieser seltneren Galtungen noch durcliaus nicht genügend aufgelilärt ist , so scheinen sie doch wohl den Cytheren näher zu stehen, als den Cypriden. Es lassen sich mithin die Ostracoden, unter welchem Namen wir mitMilne Edwards die sämmtlichen Muschelkrebse zusammenfassen, in 2 Abiheilungen bringen, die durch Körperbau, Aufenhalt und Lebensweise getrennt sind: 1) die Cypriden oder Süfswasser-Ostracoden und 2) Cytheriden oder See-Ostracoden. Wir bezeichnen diese Abtheilungen einstweilen als Fa- milien, ohne dadurch die Bildung von Unterfamilien verhin- dern zu wollen, die bei näherer Kennlniss der jetzt lebenden Ostracoden gewiss als wünschenswerth hervortreten wird. Die Cypriden, bisher als einzige Galtung Cypris bekannt, Iheilcn wir in die beiden Gattungen Cyprois und Cypris, letzlere in die Untergattungen Cypris und Cypria. Die nä- here Erörterung und Begründung dieser Eintheilung wird im 2ten Theile dieser Abhandlung ihren Ort finden. Die nur fossilen Gattungen Cytherina (Bronn.) ; Cyprella u. Cypridella (De Konink.) ; Cytherella, Bairdia u. Cytheridea (Bosquet) gehören, scheint es, alle zu den Cytheriden. Geologische Verbreitung. Die Cytheriden fin- den sich in ununterbrochener Reihe von dem ältesten Kohlenkalke an in den Ablagerungen jedes Alters wieder; auch die Cypriden sind schon in den ältesten Süsswasserbil- dungen des Wälderthons vorhanden. Bosquets i) erfolg- reiche Untersuchungen der Maestrichter Kreide und der ter- tiären Ablagerungen Frankreichs und Belgiens hat uns mit can Academy of Arts and Sciences 1847. 1849. Vol. II. W. Baird Description of several new species of Entomostraca iu den Annais and Magazine of natural history 1852. Ser, II. Vol. X. p. 56. Phi- lip p i und L e a c h unbekannt. 1) Bosquet, Description des Entomostracees fossiles de la craie de Maestricht in den Memoires de la Societe royale des Scien- ces de Liege Tome IV. 1847. u. Descript. d.Entoin. foss. des terrains tertiaires de la France et de la Belgique in den Mem. d. Savans etr. publ. p. l'Academie royale des sciences des lettres et des beaux-arts de Belgique T. XXIV. 1850-51. pag. 1. Pl.I-VL 4 Zenker: einer so grossen Zahl neuer Arten und Gattungen wahrhaft überrascht , dass wir daran sehen , wie lückenhaft unsere Kenntniss der fossilen Formen noch dasteht. Es ist daher unmöglich, den Zeitpunkt der höchsten Artenentwickelung für die Ostracoden anzugeben; dagegen scheint es, als ob im Allgemeinen die Ostracoden früher grösser gewesen wä- ren, als jelzt. Die lebenden kommen nicht überLinsengrösse hinaus, während die Cylherina baltica unserer Norddeutschen Geschiebe schon einer Bohne gleicht und in den Böhmischen Gebirgen, nach einer mündlichen Aeusserung des berühmten Geognosten Barande, Ostracoden von 1 72 Zoll Länge vor- kommen. In wie weit die fossilen Galtungen in ihrer Organisa- tion von den lebenden abweichen, ist nur an solchen Exem- plaren genauer zu erkennen , deren Gliedmassen noch wohl- erhalten in der Schale eingeschlossen liegen. Ich halte die Auffindung solcher Exemplare für sehr möglich, da ich wenigstens in einem Sehleswigschen Thon jüngster Bildung, den mir Hr. Prof. Beyr ich zur Untersuchung gab, in meh- reren Exemplaren der Cylh. lutea Müll, noch manche Glied- massen völlig erhalten fand. Ich empfehle für Untersuchun- gen in dieser Bichtung wie für die lebender Arten und be- sonders für die Aulbewahrung der erhaltenen Präparate die Anwendung des Glycerins, welches in der That fast in allen Theilen der Mikroskopie die kühnsten Erwartungen noch übertrifft. Anatomische Kenntniss. Die anatomische Un- tersuchung der Ostracoden bietet viele nicht geringe Schwie- rigkeiten. Der Körper derselben , wenn auch für mikrosko- pische Untersuchung allein geeignet, ist doch so undurchsich- tig und so dick, dass für die blosse Beobachtung die anato- mischen Verhältnisse durchaus unzugänglich bleiben. Um also zu meinem Besultate zu gelangen, mufs man diese win- zigen Thierchen von V^"' — 1 'A'" Länge einer eigentlichen Section unterwerfen, bei welcher durchschnittlich die Schärfe des Besultats mit der Schärfe des Messers in Proportion steht. Durch Tödtung der Thiere in kochendem Wasser oder Es- sigsäure erhält man die Schalen geöffnet und leicht ablös- bar. Ebenso werden durch kochendes Wasser alle Muskeln Monographie der Ostracoden. 5 erschlafft und daher alle erectionsfähigen Organe erigirt. Wichtiger aber als alle Untersuchung präparirter Exemplare ist die häufige Seclion der lebenden , die allein ein klares Bild des inneren Zusammenhangs der einzelnen Theile giebt. Bei einer solchen Section muss sich der Anatom erst mittelst des Mikroskops und oft mit den stärksten Objeclivlinsen auf dem Objectivglase über die Lage der einzelnen auseinander- gezerrten Theile des Thierkörpers orientiren, ehe er nun mit blossem Auge oder höchstens unter einer Loupe den sichern Schnitt führen kann. Besonders viel Mühe habe ich in die- ser Beziehung bei den so complicirten Begattungsgliedern gehabt, sowie bei manchen andern Körpertheilen. Wegen der eben erwähnten grossen Schwierigkeiten ist es nicht auffallend , dass die Anatomie der Ostracoden nur von wenigen Forschern und mit verschiedenem Erfolg bearbeitet worden ist. Die ersten Beobachtungen hierüber stellte 0. F. Mül- ler an, welcher fand, dafs die Cypriden 1 P. Antennen und 3 P. Füsse, die Cytheren dagegen 1 P. Antennen und 4 P. Füsse hatten. Die Resultate der anatomischen Untersuchungen von Ramdohr, Treviranus und Jurine 0 sind von keiner Bedeutung, Erst S trau SS 2) gab eine vollständigere Darstellung von der Organisation der Cypris fusca, beschrieb die Gliedmassen vollständig und grösstentheils richtig und lehrte zuerst die Weichtheile ihres Körpers kennen; diese jedoch ziemlich un- vollständig. Er erklärte die Ostracoden für wahrscheinlich hermaphroditisch, weil er nie ein Männchen gesehen hatte. Zwar ist schon die von ihm nicht verschmähte Annahme der 1) Ramdohr Beiträge zur Naturgeschichte einiger deutschen Alonocnlusarten in seinen „Mikroskopischen Beiträgen zur Entomolo- gie und Helminthologie" 1805. Treviranus Abhandlungen über den inneren Bau der ungeflügelten Insecten in seinen „Vermischten Schrif- ten, anatomischen und physiologischen Inhalts«* 1816. 17. Jurine Hi- sloire des Monocles 1820. 2) Strauss Memoire sur les Cypris in den Memoires du Mu- seum d'histoire naturelle 1821. Tom. VII, pag.33. pl. 1. 6 S5enk6r: Selbstbefruchtung ein Zeichen, dass die Kenntniss der Ge- schlechtsverhältnisse noch sehr in der Jugend war. Dennoch war diese Autorität so gewaltig, dass sie sogar die Wahr- heitsliebe des ehrlichen Ledermüller '), der die Cypri- den in der Begattung gesehen haben wollte, in Verdacht brachte. Einen Beitrag zur Kenntniss der Cypriden lieferte R. Wagner 2) durch Auffindung des Zoosperms, dessen erstaun- liche Grösse er mit Recht bewundert. Jedoch ist zweifel- haft, ob dies Zoosperm aus dem Hoden des Männchens oder der Samentasche des Weibchens kam. InjüngsterZeit hatSeb. Fi scher 3) die seit Strauss so gut wie ruhenden Untersuchungen wieder aufgenommen. Seine Resultate sind jedoch zu verwirrt und naturwidrig, um sie einen Fortschritt nennen zu können. Oft sind richtige Abbildungen vorhanden^ nur mit den abenteuerlichsten Deu- tungen der verschiedenen Organe. Er hält die Cypriden für „vorherrschend (!) hermaphroditisch'^ und bezeichnet nicht weniger als 3 verschiedene Organe mit dem Namen „Hode"; die wirklichen Hodenschläuche aberhält er für einen 4fachen Eierstock. Die bei den Crustaceen so verbreiteten Leberschläu- che, die hier in den Schalen liegen, erklärt er für Circula- tionsorgane u. dgl. m. Die Verdienste seiner Arbeit um die Darstellung mehrerer Species werden durch solche Irrlhümer wahrhaft verunstaltet. Für die Cytheren und Cypridinen haben W. Baird^) 1) Ledermüller Mikroskopische Gemüths- und Augen-Ergöt- zung. I. S. 141. Taf. 43. Fig. d. Er sagt: d stellet die Art vor, wie sie sich zu paaren pflegen und häufig also aneinander hängend im Was- ser gefunden werden , wovon das Weibchen allemal auf dem Rücken schwimmend von dem Männchen lortgezogen wird, 2) R. Wagner Beiträge zur Kenntniss der Samenflüssigkeit der Thiere und in Wiegm. Archiv. 1836. ßd. I. p. 369. 3) Seb. Fischer lieber das Genus Cypris in den Mem, des Savans etrangers de i'Academie de St. Petersbourg 1851. Tom. VII. p. 129. pl. I-XI 4) W. Baird History of British Entomoslraca im Magazine of Xoology and Bolany 1834. Voll. p. 514. pl, XVI. u. 1838. Vol. II. p. 132. pl.V. Monographie der Ostracoden 7 und Milne Edwards die Gliedmassen vollständig darge- stellt, ohne jedoch die Weichlheile oder harten Geschlechts- apparate zu beachten. Sie haben in dieser Beziehung nur die Str auss'schen Resultate adoptirt. Eine frühere Arbeit von mir 0 bewies schon, dass die Gatt. Cypris getrennten Geschlechts sei und stellte die beiden Geschlechlsapparate dar. Manche Unvollkommenheit der da- maligen Darstellung veranlasst mich, in meiner jetzigen Ar- beit dieselben Punkte noch einmal ganz und gar mitabzu- handeln und nur in wenigen Fällen mich auf die frühere zuruckzubeziehen. y^natomiscBier TJieil« I. Die Schalen. Die beiden Schalen, deren grosse Aehnlichkeit mit Muschelschalen in Bezug auf Gestalt, Verschluss, Beweglich- keit und Zweck den Namen Ostracoden oder Muschelkrebse rechtfertigt, stossen, wie jene der Acephalen, längs der Mit- tellinie zusammen und umschliessen den ganzen Körper un- serer kleinen Thierchen. Im mittleren Drittel des Rückens sind sie aneinander geheftet durch ein zartes elastisches Band (Taf. I. Fig. 10 &, Taf. IV. Fig. 10), welches sich aussen von einer Schale zur andern schlägt, zu dessen Anheflung auf den Buckeln derselben besonders kleine Leisten (//) ange- bracht sind. Am stärksten ist dies Band an beiden Enden, wo die ursprünglich weitere Distanz der Schalenbuckel eine stärkere Wirkung seiner Contraction erklärt. Eine feinere Structur in diesem Bande habe ich nicht erkennen können. Durch die Contraction desselben werden selbstverständlich die Schalen geöffnet. Ihm entgegenwirkend und die Schalen schliessend, fm- 1) W. Zenker, über die Geschlechtsverhällnisse in der Gattung Cypris in iMüllers Archiv 1850. p. 193. pl, V. und meine Dissertation: De natura sexuali generis Cypridis 1850, 8 Zenker: den wir, wie bei den Muscheln, besonders den einmuskligen, einen zweiköpfigen Schliessmuskel (Taf. I. Fig. 12 m), der von einer Schale zur andern geht und sich mit mehreren Bündeln an deren innere Fläche ansetzt. Man bemerkt seine An- salzstellen auch äusserlich bei den Cypriden und unterschei- den sich dieselben in ihrer Stellung wesentlich von denen der Cytheren ; so dass diese Galtungen aus blossen etwa ver- steinerten Schalen wohl unterschieden werden können, so- bald noch diese Muskeleindrücke erhalten sind *). Sogar für die einzelnen Species ist die Stellung der Muskelbündel oft charakteristisch und es ist zu bedauern^ dass die Dar- stellungen derselben an vielen Species von Baird und Fi- scher durchaus unzuverlässig und offenbar ohne besondere Beachtung nur hingeworfen sind. Wegen der Unterschiede selbst verweisen wir hier auf die Abbildungen. In der Mittellinie begegnen sich die Sehnen der beiden Muskelköpfe. Diese Stelle bezeichnet so ziemlich den Schwer- punkt des ganzen Thiers und ist für die Lagerung der Theile von grösster Wichtigkeil. Oberhalb geht der Darmkanal fort und bildet die Einschnürung, die ihn in zwei Hälften theilt. Bis hieher erstrecken sich höchstens die Schleimdrüse des männlichen und die Samenblase des weiblichen Geschlechls- apparates. Hier biegt der Eierstock nach hinten zurück und hier trennen sich die hinteren Hodenschläuche von den vor- deren , um sich nach hinten zurückzubiegen. Hier ist end- lich der Anfang des grossen Raumes, in welchem die Kie- menplalte des zweiten Kieferpaars in steten Schwingungen sich befindet. Die R ä n d er der Schalen (Taf. I. Fig. 1 1 , Taf. IV. Fig 9) sind von feslerem , härterem Chitin als die übrigen Theile derselben; auch sind sie durchsichtiger. An manchen Stel- 1) Die Schalen der Cytheriden unterscheiden sich von denen der Cypriden ausserdem noch durch die dünnen Stellen, welche die Stelle der zwei seitlichen Augen bezeichneu. Es ist übrigens sehr möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass öfters die Anheftungsstellen der Aluskel- bündel für Augen gehalten worden sind und dass man daher zusam- mengesetzte Augen zu finden geglaubt hat. Es ist merkwürdig , dass in den fossilen Gattungen die Augen stets angegeben werden, nie aber die Angatzslellen des Schliessmuskels. Monographie der Oslracoden. 9 Jen , besonders in der Mundgegend , sind sie gegeneinander umgekippt , an anderen parallel , so dass sie sich theils an- einanderlegen , theils übereinanderschieben. Dazu wechseln verdickte Stellen (a) und Lücken miteinander ab und zwar so, dass die Ränder schlossartig ineinander passen. Zur Be- festigung dienen noch einige dort hervorspringende steife Haare (c), die bei Cypris sehr regelmässig am Rande entlang ste- hen , bei Cylhere dagegen zerstreut, ohne dass jedoch hier- durch der Verschliessbarkeit der Schalen Eintrag geschähe. In manchen Species (C. pubera, C. ornata, C. monacha), be- finden sich noch besondere knopfartige Erhabenheiten längs des Vorder- und Hinterrandes, auch öfters zahnartige Be- waffnungen, besonders (C. pubera, C. monacha) an der Ecke des unteren und hinteren Randes. An Cyth. lutea ist dieser Rand so fest und stark, dass er in den oben erwähnten Ver- steinerungen oft allein erhalten war und dabei ziemlich voll- ständig , während die eingeschlossene Schale zerstört war. Der Rand ist vorn und hinten am stärksten, weniger an der Mundseite und nach dem Schalenbande hin verschwindet er mehr und mehr, endlich unter demselben vollständig. Denkt man sich den Durchschnitt einer Cypris rechtwinklig auf die Mittellinie in der Gegend des Schliess- muskels, so treten die Schalen vom Rücken aus buckelför- mig gewölbt auseinander und wenden sich erst später und ziemlich plötzlich nach unten um und zur Mittellinie zurück. Sie bilden dabei meist auch am Bauche eine Wölbung nach oben, aus der nur die Mundgegend als Wölbung nach unten hervortritt. In den verschiedenen Species, besonders aber in den verschiedenen Altersstufen, wird der Bauchrand daher im Allgemeinen bald nach oben gewölbt, bald g r a d e j bald auch nach unten gewölbt erscheinen können. Die Gestalt der Schalen entwickelt sich erst allmäh- lich gemäss der Ausbildung des übrigen Körpers. Bei jun- gen Thieren, deren Geschlechtsapparate noch nicht entwickelt sind, cTaf. II. C. Fig. 4) ist die Schale hinten sehr niedrig, vorn hoch und es ist dies ein sicheres Zeichen für ein jun- ges Thier. Bei den allerjüngsten Thieren (Taf. IV. Fig. 17}, wo noch so gut wie gar kein Abdomen vorhanden ist, steigt 10 Zenker: sie dagegen steil zu der Höhe des Auges an , ähnlich der Schale eines alten Thieres. Im Aller nimmt der mächtig entwickelte Geschlechtsapparat den Raum des nun erhöhten und erweiterten Hinterlheils ein. Dann liegt die grösste Höhe und Breite der Schale immer hinter der Mitte. Die Arten, deren Diagnose die Schalen vorn höher nennt als hinten, sind daher jedenfalls nach geschlechtsunreifen Exemplaren aufge- stellt und von allen am wenigsten zuverlässig. Es gilt dies auch von Cythere. Die Schalen sind ein Product der Chitinhaut, die vom Bauch her den ganzen Körper umhüllt. Sie schlägt sich in der Gegend des Schliessmuskels nach aussen um (Taf. I. Fig. 12. ö) und dringt nach allen Richtungen bis zur Mittellinie vor, schlägt sich dort wieder nach aussen um (a), indem sie den harten Rand bildet und kehrt nun zurück bis zur Ver- einigung mit der von der anderen Seite kommenden Chilin- haut, wobei das elastische Schalenband (/) die Brücke ist. Zwischen die so entstehenden Blätter der Chitinhaut schiebt sich eine zweite Membran (c) von zelliger Structur, die ih- nen längs ihrer ganzen Ausdehnug folgt , in ihren Zellen Pigmentkörnchen^ violett, blau, grün oder blau absondert und der blauen Rückenhaut des Flusskrebses durchaus ähnlich sieht (Taf. 1. Fig. 19). Unter dieser Pigmenthaut liegen die Eingeweide und zwar nicht bloss in dem von den Schalen umschlossenen Körper, sondern auch innerhalb der Schalen selbst zwischen ihren inneren und äusseren Blättern. An der Umschlagstelle der Chitinhaut neben dem Schliessmuskel drängen sich vorn Leberschläuche (<;) und Hodenschläuche (Ä), hinten Eier- stock und Hoden in die Schale hinein, um blind in ihnen zu enden. Bei den Cytheren gilt dies nur für den Eierstock. Diese Organe bleiben innerhalb der Pigmenthaut; der Schliess- muskel dagegen durchbohrt dieselbe und setzt sich unmittel- bar an die äussere Schalenhaul. Die äussere Schalenhaut ist anfangs dünn und zart und besteht aus Zellen; allmählich aber verdickt sie sich und erhärtet, weil sie von der Pigmenthaut Chitin und Kalk zu- geführt erhält. Bald treten an den Zellenscheidewänden, senk- recht darauf kleine hornige Wülste hervor (Taf. II. C. Fig. 4. Monographie der Ostracoden. 11 5) , die stark das Licht brechen und bald ein ganzes Netz- werk bilden. Der Anblick solcher Schalen verändert sich fast jeden Tag durch die fortwährende Zufuhr neuer theils organischer, theils unorganischer Masse, bis endlich durch die Anhäufung derselben alle früheren Zellengrenzen ver- wischt werden und eine oft ganz glatte Oberfläche herge- stellt wird. Bei einigen bleiben die Zellen der Schale ab- gegrenzt (Cyth. gibba, Cyp. vidua), färben sich in verschie- denen Farben und zeigen nicht das erwähnte netzartige An- sehen, wie bei den Cypriden. Es scheint dies alles auf ein Verwachsen der Chitin - und Pigmenlhaut hinzudeuten. Die Schalen der Cylheren sind überhaupt härter, dicker, fesler und reicher an kohlensaurem Kalke als die der Cypriden, wesshalb auch die Eindrücke des Schliessmuskels weniger deutlich hervortreten. Die Schalen mancher alten Exemplare von C. punctata haben eine gestreifte Oberfläche, die von C. monacha eine punklirte. Ursprünglich steht an den Punkten, wo drei Schalenzeflen zusammenstossen, immer ein Haar. Diese Haare fallen jedoch mit der Erhärtung der Schalen mehr und mehr ab und blei- ben am Vorder- und Hinterrande am zahlreichsten. Die Be- haarung ist abhängig von dem Alter, dem Wohnort, der Individualität und der Species des Thieres, mithin immer nur ein relativ sicherer Charakter. Häutungen scheinen bei den Ostracoden nicht statt- zufinden, denn nie fand ich abgeworfene Chitinskelete. Die Schalen sicherlich werden niemals abgeworfen. Die Schalen der Ostracoden gleichen denen der Deka- poden durch ihre Härte und Kalkhalligkeit, so wie darin, dass sie ihre Masse aus einer darunter liegenden drüsigen Haut erhalten. Sie gleichen denen der Branchiopoden in ihrer ursprünglichen histiologischen Zusammensetzuug aus Zellen und in ihrer Entwickelung aus der Eischale selbst (Daphnoiden). Sie gleichen denen von Nicothoc und Argu- lus, indem sie wichtige weiche Organe zwischen ihre Schich- ten aufnehmen. Doch unterscheiden sie sich von den Scha- len aller Crustaceen und gleichen darin allerdings den Mu. schelschalen , dass sie an demselben Thiere bis zum Tode ausdauern , dass sie in der Mittellinie des Rückens beweg- 12 Zenker: lieh aneinanderstossen, und dass sie in ihrem gezahnten Rande das Mittel zu einem lange dauernden festen Verschluss besitzen. II. Gliedmassen. S trau SS und Baird haben uns zuerst die Gliedma- fsen der Cypriden und Cytheren bekannt gemacht. In beiden Familien finden sie sich zu 8 Paaren, darunter 2 Paar An- tennen und ein paariger Schwanz. Von den übrigen 5 Paaren dienen bei den Cypriden 3, bei Cytheren 2 dem Munde , so dass wir entsprechend 2 und 3 Paar Abdominalfüsse finden. A. Cypriden (Taf. 1. Fig. 1-9 u. Fig. 18). I) Die Antennen des ersten Paares (Fig. 1.^. I, Fig. 2) entspringen dicht unter dem Auge , durch Gelenke und starke Muskeln zu grosser Beweglichkeit geeignet. Sie bestehen aus 7 Gliedern. Das erste ist stark und muskelreich und fest verbunden mit dem dreieckigen kleinen 2tenGIiede, das einer Gelenkkapsel ähnlich sieht. Die grosse Beweglich- keit des 3ten erlaubt es, die Antennen bald weit nach oben überzubiegen , bald sie nach unten einzuklappen und in die Schalen zurückzuziehen. Die folgenden 5 Glieder werden nach dem Ende zu kleiner und bilden eine Geissei, welche dem Thier zum Rudern dient. Während nach unten nur kurze Borsten aus ihnen entspringen, so tragen nach oben das 4te Glied 2, das 5te 4, das 6te und 7te 8 lange, bis- weilen gefiederte Haare, welche zusammen einen ganzen Büschel bilden. Wenn nun das Thier schwimmt, so stehen dieselben nach oben und werden abwechselnd über den Rücken nach hinten geschlagen und wieder vorgezogen. Beim Zu- rückschlagen bietet die Antenne selbst den nöthigen Wi- derstand, beim Vorziehen dagegen geben die Haare nach und schwächen die vorbewegende Wirkung des Zurückschiagens sehr wenig. In dieser Art wirken die beiden oberen Anten- nen als Schwimmorgane. Strauss und Fischer haben die Borsten fälschlich an der unleren Seite dargestellt , wo sie nur wirken könnten, wenn die Antennen auf der Bauch- seite nach unten peitschten, W^enn Baird 8 Glieder her- Monographie der Ostracoden. 13 auszählt, so ist dies wohl veranlasst durch eine optische Täuschung , die an solchen Stellen leicht eintritt , wo zwei Glieder übereinandergreifen. 2) Die Antennen des 2ten Paares (Fig. 1.^.11, Fig. 3) inseriren sich dicht unter denen des ersten Paares an der Vorderseite des Körpers mit starken Muskeln. Sie sind reich an Gelenken und sehr beweglich , dabei kräftig und wohl geeignet zum Ergreifen von allerlei Gegenständen. Sie sind es auch vorzugsweise, mit denen sich das Thier an Wasserpflanzen oder Gefässwänden anklammert und mit de- nen es verwundete Inseclenlarven u. dgl. festhält, um sie zu verzehren. Sie bestehen aus 6 Gliedern, von denen das erste nach unten, das 2te rechwinklig nach vorn und das 3te wie- der nach unten gerichtet ist. Die folgenden 3 Glieder sind schwach, so das 4te und 5te, die bei sehr alten Thieren bis- weilen verwachsen und besonders das 6ste, das jedoch biswei- len mit Klauen versehen ist. Alle Glieder tragen kürzere Borsten, aus dem 3ten jedoch entspringen vorn etwa 8 lange Borsten, welche oft weit über die Klauen des Endgliedes hinausreichen. Das erste Stück ist steif, nachher aber wer- den sie mehr geisselartig und lassen sich wohl nach hinten biegen, nicht aber nach vorn. So werden sie ebenfalls ge- eignet, beim Rudern zu helfen, indem sie abwechselnd unter den Bauch zurück geschlagen und wieder vorgezogen wer- den. Sie wirken auf der Unterseite des Körpers wie die Geissein des ersten Antennenpaars auf der Oberseite und stehen auch rücksichtlich der quantitativen Entvvickelung mit jenen in auffallender Beziehung. Bei Cypris ornata, Candida sind beide Borstenbüschel kurz, das des 2ten Anlennenpaars fehlt im Alter ganz. Bei Cypria ovum, punctata sind sie beide von bedeutender fast gleicher Länge. Bei Cyprois monacha sind die Büschel des ersten Antennenpaars lang und die des 2ten scheinen unverhältnissmässig kurz zu sein; doch sieht man sie bei genauerer Beobachtung mit Fiedern besetzt, wie die Schwimmfüsse von Notonecfa u. a. , um das Gleichge- wicht zu erhalten. Ohne diese Borsten würde das Thier durch die Arbeit des ersten Antennenpaars nur im Kreise herum- getrieben werden wie ein Dampfschiff, an welchem nur ein Rad arbeitet. Mit der Grösse dieser Borstenbüschel und der 14 Zenker: von den oberen Antennen steht die Beweglichkeit des Thiers in nächster Verbindung; denn während Cypria ovum, punctata munter umherjagen und auch Cyprois an der Oberfläche her- umschwimmt, kriechen C. Candida, ornala langsam im Schlamm und an den Wasserpflanzen umher, nur in der Jugend mun- teren Spielen zugethan. 3) Es folgt nun in weiterem Abstände das erste Kie- ferpaar (Fig. 1. Ji. I. Fig. 4). Ich halte es für unzweck- mässig, diese Kiefer besonders als Mandibeln zu unterschei- den. Sie sind fussartige Organe , denen ihre Stellung eine besondere Function und daher besondere Form anweist. Dass sie im Gliederlhierreich auch ganz fehlen können oder we- nigstens völlig fussähnlich werden können, sehen wir an den Arachniden und besonders deutlich an den Pycnogoniden ')• Dasselbe gilt auch von den beiden andern Kieferpaaren oder Kaufüssen. Die Kiefer des ersten Paares bestehen aus 5 Gliedern, von denen das erste besonders stark entwickelt und als Kau- organ mit Zähnen versehen ist. Es besteht aus einem ke- gelförmigen oberen Theil, welcher sich mit seiner Spitze an das Chitinskelet befestigt und durch einen breiten Muskel (m) herumgerollt wird, und aus einem hakig gekrümmten mit starken Zähnen (d) besetzten unteren Theil. In der Mitte des ersten Gliedes etwa befindet sich das Loch, worin sich das 2te Glied einfügt, an welches sich die 3 übrigen kleine- ren anhängen. Letzlere sind cylindrisch und reich mit Haa- ren besetzt. Das 2le Glied ist nach unten winkelig gekrümmt und auf seinem Winkelvorsprung trägt es ein dreieckiges Kiemenblättchen (6), welches mit 6 gefiederten breiten Haa- ren besetzt ist. Strauss und Fisch er stellen nur 4 Glieder dar, in- dem sie die Trennung des 2ten und 3ten Gliedes übersahen. 4) Das zweite Kieferpaar (Fig. 1. iliH., Fig. 5.) ist dasjenige, welches von der fussartigen Gestalt am meisten ab- weicht und sich nur schwer durch theoretische Betrachtung auf dieselbe zurückführen lässt. Es trägt an seinem drei- 1) S. meine Untersuchungen über die Pycnogoniden in Müll. Arch. 1852. S. 379. Taf. X. Monographie der Oslracoden. tß eckigen Basalglied ein grosses halbmondförmiges Kiemen- blatt (6), das an seinem ganzen hinleren Rande ') mit gefie- derten Haaren besetzt ist. Dies Basalglied ist durch Chitin- leisten von den vier zum Munde gerichteten Vorsprüngen die- ses Kiefers getrennt. Diese Vorsprünge sind parallel und tragen an ihrem Ende einige nach unten gekrümmte Häär- chen, welche dem Munde durch Abputzen der Speisen dienst- bar sind. Bei genauerer Betrachtung ist man geneigt , den äusserslen dieser Vorsprünge für das 2te Glied anzusehen, das nur durch die Anordnung des Ganzen so seitlich fort- gedrückt wäre; so folgend die mittleren für das 3te und 4te Glied und endlich den innersten zweigliedrigen Vorsprung für das 5te 6ste. Diese Auffassung muss allerdings gewagt erscheinen, so lange man sich auf die Cypriden und Cythe- ren beschränkt, bei welchen letzteren ganz dasselbe Verhält- niss stattfindet. Auch die Section jüngerer Thiere giebt über die ursprüngliche Gestalt dieses Kieferpaares nicht den er- wünschten Aufschluss. Wenn man dagegen die Mundlheile der Isopoden mit denen der Ostracoden vergleicht, so erkennt man eine unläugbare Analogie im Bau der zweiten Kiefer- paare z. B. des Asellus und der Cypriden. Hier sieht man ebenfalls aus dem Basalglied vier parallel gerichtete, aber lamellöse Fortsätze entspringen und erkennt sie als die Aus- läufer von vier besonderen Gliedern. Denkt man sich aber bei demCypriskiefer die Kieme kleiner und die andern Theile weniger zusammengedrängt, so tritt die Aehnlichkeit deullich hervor. Die Kiemenplatte, ist wie die der andern Kieferpaare, fortwährend in schwingender Bewegung. Von Strauss und Baird ist der Bau und die Func- tion dieses Kieferpaares richtig erkannt worden, Fischer dagegen ist durch eine ungeeignete Präparalion zu ganz fal- schen Resultaten geführt. 5) Das dritte Kieferpaar (Fig. 1. üi HI. , Fig. 6.) liegt versteckt hinter dem 2ten und besteht aus zwei Abthei- lungen. Die erste, das Basalglied, ist nach unten, vorn und innen gerichtet von oblonger Form. Es endet nach vorn in 1) Strauss stellt sie irrthümlich am Vorderrande dar. 16 Zenker: ein horizontal liegendes Blatt, dessen abgestutzter Vorderrand mit steifen nach unten gekrümmten Häärchen (rf) besetzt ist und beim Beputzen der Speisen thätig zu sein scheint. Da die Lamelle senkrecht auf der Profilebene des Körpers steht, so erkennt man sie nur als solche , wenn man den Kiefer isolirt, besonders unter einem Deckgläschen betrachtet. Wei- ter oben entspringt aus dem Basalglied ein Kiemenblätlchen (&) mit gefiederten Haaren. Die 2te Abiheilung besteht scheinbar nur aus einem Gliede, das nach hinten konisch zuläuft und am Ende beim Weibchen mit 3 ringsum gefiederten Borsten besetzt ist , beim Männchen jedoch einen gekrümmten Haken trägt. An gehörig jungen Thieren, ich sah es an C. monacha, sieht man jedoch, dass diese zweite Abtheilung ursprünglich aus drei Gliedern besteht (Taf.I. Fig. 18). Statt des Hakens sieht man hier zwei miteinander verwachsene, aber doch noch erkenn- bare Glieder , die an ihrem Ende eine starke und zwei kleinere Borsten tragen. Bei den Weibchen verschmelzen allmählich diese Glieder mit dem grossen 2ten Gliede und die 3 Borsten rücken an dessen Spitze. Bei den Männchen ver- wandeln sich das 3te und 4le Glied allmählich auch in Chitin und nehmen an der Bildung des Hakens Theil. Hier fallen die Borsten fort. An diesem Präparate erkannte man auch, wie die allmähliche Erhärtung der Chitinhaut vor sich geht. Die erhärtende Substanz lagert sich nämlich zuerst sternför- mig an die Kerne der Zellen, aus welchen ursprünglich die Haut besteht. Es ist hier also umgekehrt wie bei den Ab- lagerungen in den Zellen der Pflanzen, die vom Rande nach innen vorschreitend, nur sternförmige Lücken lassen. 6) Das erste Fusspaar (Fig. I.P. I, Fig. 7) besteht aus 5 Gliedern, jedoch nicht in der Ordnung wie es Strauss angiebt, wohl aber Fischers Darstellung entsprechend. Die ersten beiden Glieder sind stark und gelenkig, das erste nach unten, das 2te nach hinten gerichtet. Die 3 andern Glieder, unter sich wenig beweglich, richten sich, das 3te und 4te nach unten, das 5te nach vorn. Dies letzte trägt eine starke lange Klaue, die öfters mit kurzen Häärchen besetzt ist. 7) Das zweite Fusspaar (Fig. I.P. IL Fig. 8) be- steht aus 5 Gliedern und biegt sich nach hinten und oben, Monographie der Ostracoden. 17 SO dass Sir au SS meinte, es müsse dort die Eier festhalten. Die ersten 4 Glieder sind ziemlich von gleicher Grösse, lang und dünn, das 5te trägt eine bisweilen gezahnte nach hin- ten gebogene Klaue. Strauss stellt sie irrthümlich nach vorn gebogen dar, wohl durch seine vorgefassle Meinung über die Function dieser Füsse getäuscht. Die Eier aber brauchen keine Unterstützung, da sie von der Wandung des Eileiters und ausserdem noch von der Chitinhaut bedeckt sind. Mir scheinen die Füsse bestimmt, die grosse Kiemenplalte mit ihren gefiederten Haaren zu reinigen, wozu sie durch ihre bewegliche und weit verschiebbare Klaue sehr geeignet wären und wozu auch keine grössere Kraft erfordert würde, als in ihren dünnen Muskeln liegen mag. 8) Nach einem Zwischenraum, der dem Geschlechtsappa- rate gewidmet ist, folgt nun der Schwanz (Fig. 1. C, Fig. 9), der stets paarig und sehr beweglich in das Chitinskelet ein- gelenkt ist. Starke Muskeln bewegen ihn und machen ihn zu einem kräftigen Bewegungsorgane, das besonders bei Be- wegungen an festen Gegenständen gebraucht wird. Er be- steht aus zwei völlig symmetrischen Schwanzslacheln, die wohl ursprünglich zwei bald miteinander verwachsende Glie- der gehabt haben mögen. Jeder Stachel trägt 4 Borsten, von denen die beiden mittleren die grössten sind. Die Stel- lung und Beschaffenheit derselben variirt nach den Arten. Bei den Weibchen, nicht bei den Männchen, von Cyprois monacha sind die beiden Schwanzstachel symmetrisch in einen verschmolzen, der nun die doppelte Anzahl Borsten trägt. Im Allgemeinen finden wir die Gestalt und Verhältnisse der meisten Gliedmassen durch die ganze Familie wenig ver- ändert wieder. Bei den älteren Thieren findet man oft zwei Glieder verwachsen, die bei jüngeren noch getrennt sind. Am stärksten variirt das 3te Kieferpaar, besonders des Männ- chens, wobei sogar der linke Kiefer vom rechten abweicht. Es eignet sich daher oft zu Artenbeslimmungen und ist aus- serdem dadurch wichtig, dass es ausser dem Genitalapparat bei den meisten Species das einzige äussere Organ ist, in dem sich die Geschlechtsverschiedenheit ausdrückt. Archiv f. Naturgesch. XX. Jahrg. Bd. 1. 2 |§ Zenker: B. Cythcreii (Taf. IV. Fig. 1—7). Die Gliedmassen der Cylheren sind den entsprechen- den der Cypriden sehr ähnlich, doch findet man oft ein Glied weniger. Nimmt man bei dem ersten Antennenpaar eine Ver- schmelzung des Isten und 2ten Gliedes, beim 2len Antennen- paar des Isten und 2ten , so wie des 4ten und 5ten Gliedes an, so erkennt man im Uebrigen eine analoge Bildung. Die Antennen des ersten Paares (Fig. 1. a. Fig. 2) haben also 6 Glieder, die beiden ersten stärkeren ar- liculiren untereinander , die übrigen 4 heften sich , weniger beweglich , an das 2te Glied und tragen nur kurze Borsten. Die Antennen des zweiten Paares (Fig. 1. b, Fig. 3) haben nur 4 Glieder, das 2te bildet ein Gelenk, worauf nach unten das lang ^gestreckte 3te Glied folgt und endlich das kleine Endglied, das bei Cylh. lutea eine Kralle, übrigens aber auch Borsten trägt. In das 3te Glied ist noch ein gros- ser Chilinhaken mit einer breiten Basis eingefügt, der sich nach vorn biegend , weit über das Endglied hervorragt und lebhaft an die Schwimmborsien des 2fen Antennenpaars der Cypriden erinnert. Dieser Haken (h) (Fig. 3. A^ ist nahe seinem Ende gelenkarlig geknickt und enthält einen Canal, der an seinem fein zugespitzten Ende (i) ausmündet und der von einer zwischen den Muskeln des Vorderleibes liegenden Blase (^f) herkommt. Das Sekret derselben ist gelb und of- fenbar giftig, so dass dieser Stachel zu gleicher Zeit als Be^ wegungsorgan und als AVafTe dient. Das erste Kiefer paar (Fig. I.e. Fig. 4) ist öglied- Xig und dem der Cypriden ganz ähnlich. Das 2te Glied trägt statt des Kiemenblatts nur einen kleinen Höcker (6) mit zwei einfachen Haaren. Die Haare, die einzeln an den übrigen Gliedern stehen, sind wie Widerhaken gebogen und dienen oft zum Anklammern und Ergreifen. Das zweite Kiefer- paar (Fig. l.d Fig. 5) gleicht dem der Cypriden völlig, nur ist verhältnissmässig die Athemplatle (6) etwas kleiner und ihr Rand mit weniger Haaren besetzt. Die nächstfolgenden 3 Paar Gliedmassen sind wirkliche Beine (Fig. l.eee, Fig. 6), unter sich nur durch die vom Isten zum 3len zunehmende Grösse verschieden, dem 2ten Monographie der Ostracoden. 19 Fusspaar der Cypriden ähnlich. Da die Kralle ein besonde- res Glied zu bilden scheint, so bestehen sie aus 5 Gliedern, ziemlich gleich lang, dünn, deren erstes stärker, das letzte aber mit der Kralle verschmolzen. Die Beine richten sich gewöhnlich nach hinten und unten und dann ist die Kralle auch nach hinten gerichtet. Die Schwanzhälften (Fig. 1./". Fig. 7) sitzen auf einem gemeinsamen Basalstück (a) , bestehen aus 2 Gliedern, einem bauchigen grösseren und einem nach aussen gerichte- ten viel kleineren, welches kurze Borsten trägt. Auch bei den Cytheren sitzt der Schwanz eigentlich hinter den Ge- schlechtsorganen; da dieselben jedoch sehr weil von der Mittellinie entfernt befestigt und oft ganz und gar nach hin- ten gerichet sind, so kommt öfters der Schwanz auch vor ihnen zum Vorschein. Zwischen den beiden Schwanzhälften nach unten liegt der After. Eine solche Anordnung der Gliedmassen führt offenbar eine andere Lebensweise herbei als die der Cypriden. Die Cytheren schwimmen nicht wild im Wasser umher, dazu feh- len ihnen die langen Haarbüschel an den Antennen ; sondern sie kriechen an den Wasserpflanzen fort, sich 'mit ihren ha- kigen Borsten und Klauen überall anklammernd, mit ihren langen Beinen von hinten anstämmend und mit dem langen Haken des 2ten Antennenpaars sich befestigend. Man findet daher die Cytheren stets zwischen den Tangen, von welchen man sie abspülen muss. Auch in den Gläsern sind sie meist unten und arbeiten sich nur mit Mühe einmal an den Wän- den bis zur Oberfläche empor. Die Gliedmassen der Gattung Cypridina M. Edw. , wie sie von M. Edwards dargestellt werden, schliessen sich dem allgemeinen Familientypus an. Vergleichen wir nun die Gliedmassen der Ostracoden mit denen anderer Crustaceen, so finden wir viele Beziehun- gen, aber auch viele eigenthümliche Abweichungen. Bei den Cyclopiden sind die Antennen des ersten Paa- res, bei den Daphnoiden die des zweiten Paares Hauplbewe- gungsorgane geworden, hier sind es beide Paare. Als Tast- organ scheint keins von ihnen zu dienen. Von den Maxil- len 1 cMandibeln) ist bei den Branchiopoden nur das Basal- 20 Zenker: glied erhalten, bei den übrigen Crustaceen bilden die ande- ren Glieder eine Palpe und nur bei den Ostracoden findet sich noch ein Kiemenanhang. Die Maxillen II bestehen auch bei den Malacoslraceen aus 3 — 4 Blättern, die nach dem Munde gerichtet sind. Die Kiemenplatte aber findet sich dort nicht an ihnen. Bei den Branchiopoden und Cyclopiden sind sie sehr viel weniger zusammengesetzt. Die Maxillen III der Cy- priden erinnern ganz auffallend an das dritte Kieferpaar der Isopoden, welches ebenfalls aus 2 Aesten besteht, von denen der eine beim 'Kauen gebraucht wird und dazu mit einer Reihe von Zähnen versehen ist, der andere aber frei her- vorsteht und an seiner Spitze drei allseits gefiederte Borsten trägt. Der einzige Unterschied ist, dass bei Asellus beide Aeste einen sehr kleinen Winkel einschliessen, während der- selbe bei den Cypriden 180° erreicht. Die Füsse der Cythc- ren gleichen durchaus denen der Isopoden, wenn sie auch aus weniger Gliedern bestehen , die der Cypriden mehr de- nen der Dekapoden und errinnert das 2te Fusspaar beson- ders an die Abdominalfüsse der Macruren. Der Schwanz endlich entspricht ganz und gar den Stacheln am Hinterleibe des Asellus, so wie den zweitheiligen Schwanzanhängen der Oniscoden und übrigen Isopoden, Amphipoden , Dekapoden; ferner den borstentragenden Warzen oder Fortsätzen am Hin- terleibe der Phyllopoden, Daphnoiden, Cyclopiden und Para- siten, so wie auch der Insectenlarven ; endlich dem einfachen Schwanzstachel des Limulus , an den ganz besonders der einfache Schwanzstachel erinnert, der bei dem Weibchen von Cyprois monacha durch Verwachsung der beiden Schwanz- hälften entsteht. HI. Chitinskelet. Muskelsyslem. Nervensystem. Die inneren Organe des Ostracodenkörpers werden ge- stützt wie von Knochen durch die erhärteten Chitinleisten, welche sich in der Körperhaut vorfinden und zu einer Art Ske- let verbunden sind, ähnlich wie bei den Insecten, Dekapo- den u. a. Die einfachsten Formen derartiger Skeletbildung Monographie der Ostracoden. ül werden wir weiter unten bei den Cyclopiden behandeln, die zusammengesetztesten finden wir bei den Insecten. Bei un- seren Thieren ist das Bauchskelet wichtig, nicht etwa weil hier ein tiefer Blick in den Anlageplan dieses Skelcfs sich öffnete, sondern vielmehr weil in dem Skelet sich der An- lageplan des ganzen Oslracodenkörpers abspiegelt. Bei Thie- ren, die so von dem allgemeinen Typus ihrer Klasse abwei- chen, wie die Ostracoden, Daphnoiden, Cirrhipedien u. a. von dem Typus der langgestreckten Crustaceen : da ist es wich- tig, Kennzeichen der ursprünglichen Körperanlage aufzufin- den und diese sind vorzugsweise: die Gliedmassen, das Mus- kelsystem und das Nervensystem und , als deren Stütze , das Skelet. Auch bei den Wirbelthieren lässt sich der gemein- same Plan des Körperbaues am deutlichsten aus diesen Organ- systemen erkennen. Vor dem Munde finden wir (Taf. I. Fig. 13) die Chilin- haut helmartig gewölbt (^), eine Stirn bildend, gestützt durch zwei gerade nach oben aufsteigende Doppelleisten (c), deren nach vorn abgeschickte Zweige sich dort in der Mit- tellinie verbinden. Auch quer hindurch sind sie durch zwei Brücken verbunden, zwischen denen der Pylorus des Darm- kanals (bei b) sich befindet und an deren oberster zugleich das Hirngestell (a) angebracht ist. Vorwärts sind die An- tennen eingelenkt. Nach dem Munde zu geht dieser Helm in eine schmalere mit Haaren besetzte scharfe Kante aus, die wir als Oberlippe (ß) analog der Oberlippe der Insecten bezeichnen müssen. Durch den Helm steigt der Oesophagus empor. Er ent- hält ganz nahe dem Munde einen Zalmapparat (d) , der bei den Cypriden der Oberlippe, bei den Cytheren (Taf. IV. Fig. 8. c) der Unterlippe näher liegt, den wir aber erst weiter unten näher beschreiben werden. Hinter dem Munde beginnt das eigentliche Bauchskelet mit einer Art Brustbein (!>), von Gestalt eines Dreiecks, das seine Spitze nach hinten kehrt. Die Grundlinie des Dreiecks bildet den hinteren Mundrand und verbindet sich an dessen Endpunkten gelenkartig elastisch mit den Haiiplleisten der Oberlippe. Das vorderste Stück des Brustbeins (C) nennen wir Unterlippe, fern von aller Beziehung zur Unterlippe 22 Zenker: der Insecten. In der Mittellinie wölbt sich das Brustbein nach unten heraus, sogar kielförmig, und trägt in dieser Höhlung (n) das erste Bauchganglion. In demselben Winkel, wie beim Zusammentreten, gehen die Chitinleisten am hinteren Ende des Brustbeins nunmehr auseinander und bilden ein zweites kleineres Dreieck (i). Von dessen Winkeln entspringen seitlich , wie weiter vor- wärts schon die des Isten (e) und 2ten (f) Kieferpaars, hier die Stützen des 3ten (^), deren Verlängerung auch das Iste Fusspaar trägt. Die beiden Fusspaare sind ausserdem noch durch Leisten gestützt, die quer zwischen den zusammenge- hörigen Füssen herüberlaufen. Bei den Cylheren sind diese Querleisten (gf) zu 3 und werden durch eine starke bogen- förmige Chitinleiste (f) vom Brustbein gelrennt gehalten. Es folgt nun das Gerüst für die Geschlechtstheile und endlich für den Schwanz. Ersteres wird bei den Geschlechts- organen erwähnt werden, der Schwanz aber hat bei den Cy- theren gar kein besonderes Gerüst weiter, bei den Cypriden aber dient das vorhandene stark verzweigte Paar von Chitin- leislen cTaf. I. Fig. 9. a) nur den zahlreichen Muskeln zum Ansatz , welche den Schwanz bewegen. Bei C. acuminata allein , deren Hintertheil so sehr entwickelt ist , ist es von bedeutender Ausdehnung. Viele innere Theile des Chitingerüstes, die zum Schutze einzelner Organe dienen, mögen mir noch entgangen sein. Bei Vergleichung dieses Gebildes in beiden Familien sieht man, wie die nähere oder fernere Beziehung eines Fusspaars zur Function des Kauens sich auch im Baue dieses Gerüstes ausdrückt. An die Stücke des Chilinskelets heften sich nun vor- zugsweise die Muskeln, welche den Körper und die Glied- massen bewegen. Die grosse Zahl dieser Muskeln hat mich indess abgeschreckt, ihre Anordnung genauer zu verfolgen. Auch auf dem Rücken sieht man einige Muskeln laufen und einige derselben gehen in die Augengegend und scheinen das Auge zu bewegen. Die Muskeln innerhalb der Gliedma- fsen haben eine ganz entsprechende Anordnung wie bei Asel- lus u. a. grösseren Crustaceen. Auch hier bilden sich nahe den Gelenken und Muskelansätzen gern Verdickungen und Monographie der Oslracoden. ^ Leisten in der Chilinhaut und bilden so ein Skelet für jede Extremität. Bei sehr schwachen Gliedmassen z. B. dem 2ten Fusspaar der Cypriden finden sich Muskeln^ die nur aus ei- nem Faserbündel bestehen und daher hisliologisch interes- sant sind. Man erkennt in ihnen noch eine feine Längs- streifung (0,0006'" br.), daneben aber eine sehr grobe Querstreifung. Die Querstreifen sehen vielmehr einer Zick- zackbildung wie einer Spiralbildung ähnlich und haben 0,002'" Breite, am Anfange und Ende aber bis gegen 0,0025'". Ue- berhaupt lässt sich hier erkennen, dass die weniger ange- strengten, also weicheren Muskeln eine engere Querstreifung haben als die härteren, mehr gebrauchten. Es ist dies aus den Gesetzen derElasticität leicht verständlich. Denn wenn man durch Biegung bei Stäben von ungleicher Härte und Elastici- tät mit der gleichen Kraft eine gleiche relative Näherung der Endpunkte erzielen will, so muss die Länge derselben um- gekehrt proportional sein ihrer Elasticität. Bei den meisten Faserbündeln liegt die ganze Zickzackreihe in einer und der- selben Ebene; treten dagegen mehrere Bündel zu einem Mus- kel zusammen, so sind die Zickzackebenen gegeneinander geneigt. Nur in den benachbarten Bündeln bleibt sie biswei- len parallel, dann aber tritt die Zickzackbildung im entge- gengesetzten Sinne hervor. Glatte Muskelfasern habe ich bei den Ostracoden nicht gesehen. Die stärksten Muskeln sind die der Antennen und des Sckwanzes, die zartesten die der grossen Kiemenplatte. So stark und deutlich die Muskeln hervortreten , so zart und unzugänglich bleiben die Nerven. Bei lebenden Thieren durchsichtig, bei todten von harten Gliedmassen und Schalen verborgen, gelingt es nur selten, etwas von ihnen zu sehen. Bei den Cypriden habe ich nur das Gehirn mit dem Auge deutlich gesehen und undeutlich innerhalb des Brustbeins ein grosses Ganglion, welches wahrscheinlich aus drei kleineren zusammengesetzt war. Deutlicher erschien mir das Nervensystem an einem Exemplar der Cyth. lutea und ich habe es gelreu (Taf. IV. Fig. 11) so dargestellt, wie ich es fand. Vor dem Munde liegt ein grosses Gehirnganglion, welches einige Fäden nach oben ausschickt zum Auge, die dort noch zu einem Augen- 54 Zenker; gehirn fo) anschwellen. Andere Fäden , die aus dem Ge- hirn entspringen , gehören jedenfalls den beiden Antennen- paaren an Der Schlundring war zerstört ; dagegen erkannte ich mit grösserer Deutlichkeit als bei Cypris in dem Innern des Brustbeins eine gangliöse Nervenmasse (iW), deren ur- sprüngliche Zusammensetzung aus zwei Ganglien hervortrat. Die Fäden, die von hier entsprangen , Hessen sich theils als Verbindungsstränge, theils als Nerven für die beiden Kiefer- paare auffassen. Wiederum nach einer Lücke folgten nun drei herzförmige kleine Ganglien (P. J, II, III) für die Fuss- paare und endlich ein halbmondförmiges (c), dessen Spitzen nach hinten gekehrt waren, und das den Schwanz und viel- leicht auch den Gesclilechtsapparat beherrschte. Eingewei- denerven habe ich nicht gesehen. Aus dem Obigen geht hervor, dass, obwohl die Gestalt der Ostracoden von der anderer Crustacecn sehr abweichend ist, doch keineswegs eine Verzerrung der Art stattgefunden hat, dass etwa ein Gliedmassenpaar nach vorn gerückt wäre, dessen Stelle ursprünglich weiter hinten gewesen wäre, ein Resultat, das uns bei Besprechung der Eric hson'schen Glied- massentheorie wichtig sein wird. IV. Sinnesorgane. Es ist mir nicht gelungen , ausser dem Auge noch an- dere Sinnesorgane zu entdecken. Ich zweifle nicht, dass die Ostracoden Geschmack haben, der wohl bis zu einem be- stimmten Grade keinem Thiere abgeht, am wenigsten den in ihrer Nahrung so wählerischen Crustaceen. Auch scheinen sie Geruch zu haben , denn nicht lange liegt ein verwunde- tes Thier im Wasser, so sammeln sich dort die Cypriden von allen Seiten her. Auch ist es wohl möglich , dass sie Ge- hör besitzen, wie dies ja für die Malakostraceen schon von mehreren Seiten wahrscheinlich gemacht ist; doch konnte ich niemals durch irgend ein Geräusch oder einen Ton, wobei nicht auch das Glas mechanisch erschüttert wurde, eine Wir- kung auf sie hervorbringen. Der schwarze Fleck , der sich in der Gattung Cypris Monographie der Ostracoden. d5 vorn an der Slirn da befindet, von wo an die Schalen ge- öffnet werden können, ist der Augapfel (Taf. I. Fig. 17), welcher aus zwei nach den Seiten und vorn gerichteten Ein- zelaugen besteht. Jedes Einzelauge ist von einer becherför- migen Hülle eingeschlossen, die ich bei C. ornata aus drei Schichten zusammengesetzt fand. Die äussersle (a) (Sclero- tien) bildet den Becher, welcher das ganze Organ umschliesst und dem Auge vorzugsweise die Farbe giebt. Sie ist me- tallisch glänzend, gelblichweiss bei C. Candida und C. acu- minata, dunkelbraun bei Cypria, schwarz bei Cyprois, C. pu- bera und den Cytheren. Die Cyclopen endlich haben den- selben Bau des Auges^ aber mit rothem oder rothbraunem Pigment. Aus diesem Becher hervor sieht ein schmaler Ring (&) von scharf unterschiedenem nicht glänzendem Schwarz, etwa der Chorioidea zu vergleichen. Von dieser steht aber wieder die dritte Schicht (c) (Iris) hervor;, die ebenfalls me- tallisch glänzend ist und eine Pupille begrenzt, aus der der lichtbrechende Körper hervorquillt. Durch diesen hindurch zeigt sich die Retina, bei den meisten Species weisslich oder bläulich, so dass mindestens 4 Schichten hier übereinander liegen. Beim Zerreissen lassen sich neben Pigment und Zel- len auch wohl faserige Elemente erkennen; es ist jedoch nicht zu bestimmen, welchen Schichten sie angehören. Der lichtbrechende Körper ist überdeckt von ei- ner zarten , structurlosen Haut und besteht aus Zellen mit farblosem glashellem Inhalt. Bei Berührung mit Wasser quillt er schnell auf und zerlliesst. Seine Refractionskraft steht hinter der des Glases zurück. Die Weite der Pupille variirt nach den Arten und ist bei den Cytheren und Cyprois mo- nacba besonders eng. Bei letzterer, deren Augen leicht zu isoliren sind, bemerkte ich an einem in Spiritus conservirlen Exemplare innerhalb des lichtbrechenden Körpers eine Kugel von noch etwas stärkerer lichtbrechender Kraft, die also we- nigstens funktionell der Linse des Wirbelthierauges ent- spricht. Dies , der Becher und die lichtbrechenden Körper sind die Bestandtheile des Auges, das nur von dem Blute des Thieres umspült und von der Körperhaut bedeckt wird. Ei- nige Muskeln , die von dem Rücken nach der Augengegend ^ Zenker: laufen, scheinen dasselbe vor- und rückwärts zu bewegen; diese Bewegung ist jedoch nicht mit der bei dem Auge der Daphnoiden zu vergleichen. Die eben beschriebenen Einzelaugen stehen bei Cypris eng aneinander, so dass sich das Pigment nur wenig zwi- schen ihnen ausbreitet; bei Cypria ist der Augapfel breiter und das Pigment massenhafter; bei Cyprois treten die seit- lichen Augen weit auseinander, nur durch schwarze Stiele mit dem medianen Augengehirn verbunden und so sind es zwei gelrennte einfache Augen. Bei Cythere erreichen die Augen seitlich die Schalen und verwachsen mit ihnen, so dass deren äussere Fläche als Hornhaut dienen muss. Bei Cypridina endlich rücken diese Augen von der Kantengegend der Schale bis mitten auf den Buckel und sind dort ihre Hornhauteindrücke an lebenden und fossilen Exemplaren be- kannt. Niemand aber hat diese Augen, wie es Dana in seinem Conspectus Crustaceorum nur ganz beiläufig Ihut, für zusammengesetzte erklärt , und ich lasse diese Sache dess- halb dahingestellt sein. In der ersten Jugend sind bei allen von mir beobachteten Cypriden und Cytheren die Augen in einen Augapfel verwachsen und trennen sich bei Cyprois und Cythere erst allmählich, aber sehr früh. Wir dürfen nicht glauben, den Bau dieser Augen ver- standen zu haben, wenn wir nicht zuvor eine vergleichende Betrachtung der einfachen, ja sogar auch der zusammenge- setzten Augen anderer Gliederthiere angestellt haben. Der- gleichen Betrachtungen sind jn unserem Falle zugleich von physiologischem, vergleichend -anatomischem und zoologi- schem Werlhe. Zuvörderst finden wir ganz denselben Bau des Auges bei der weiter unten näher abgehandelten Familie der Cyclo- piden so wie bei den Cirrhipedien und Parasiten. Auch hier sind die Einzelaugen theils eng vereinigt (Süsswasser-Cope- poden), theils in zwei deutliche Augen getrennt (Cetochilus, Pontia u. a.). An Cyclops gewahrt man auch, was bei den Ostracoden wohl nur zu schwierig zu beobachten ist, näm- lich dass der lichtbrechende Körper erst allmählich aus dem Pigmentbecher sich zu einer Halbkugel erhebt und ebenso auch dann erst allmählich in lichlbrechender Kraft zunimmt Monographie der Ostracoden. 27 von der des Wassers elwa bis zu der des Glases. Man miiss daher annehmen, dass vor der völligen Ausbildung des licht- brechenden Körpers die gewölbte Oberfläche der Haut und die lichtbrechende Kraft der Körpersubstanz denselben er- setzen. In solchem Zustande finden wir diese Augen bei den Cirrhipedien und Parasiten , bei denen sie die völlige Ausbildung nie erreichen. Ebenso sehen wir sie bei den jungen Branchiopoden als anfangs einziges Sehorgan. Bei diesen entwickeln sich entweder die lichtbrechenden Körper gar nicht (Daphnoiden) und dann treten neben den einfachen schon in den Embryo- nen zusammengesetzte Augen hervor; oder sie quellen her- vor, wie bei den Cyclopiden, behalten aber die anfängliche geringe lichtbrechende Kraft bei. Im letzteren Falle befinden sie sich bei Branchipus, Artemia und Argulus, wo sie als so- genannter ^dreilappiger Gehirnfleck« bekannt sind '}. In an- 1) Bei Argulus foliaceus erklärten Jurine (Mem. s. I'Argule foliace in den Annales d. Museum d'hist. nat. Tome YIl 1806. p. 431. pl. 26.) und C. Vogt (Beitr. z. Naturgesch. d. Schweizer. Crustaceen in den Neuen Denkschr. d. allgem. Schweizer. Gesellsch. f. d. ge- sammten Naturwissenschaften Bd. YII. 1845. p. 1. Taf. I.) dies Organ für das Gehirn. F. Leydig (Ueb. Arg. foliaceus in der Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. II. 1850. p. 323. Taf. XIX. und. XX.) erwies je- doch, dass das eigentliche Gehirn nnter diesem kleeblattartigen Fleck läge und nannte es daher „oberer Hirnlappen«. In seiner Abhand- lung über Artemia salina und Branchipus stagnalis (Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. III. 1851. p. 280. Taf. YIII.) bespricht er dasselbe Organ (p. 296) mit folgenden AVorten: „Wollte man sagen, dass es ein ver- kümmertes Auge sei 5 so ist auch dies unrichtig, denn in Artemien- larven, deren seitliche Augen noch mangeln, die aber fraglichen Stirnfleck besitzen, ist er ebenfalls nur ein Haufen vonPigmentkügel- chen und hat keine brechenden Medien.« Dass man es dennoch für ein verkümmertes Auge halten muss, glauben wir, beweist sein Verhal- ten und seine allmählige Ausbildung zum vollkommenen Auge bei den Cyclopiden mit voller Klarheit. Ob es wirklich, wo es verküm- mert alle optische Thätigkeit ganz verliert, oder ob es mit Hülfe der lichtbrechenden Körpersubstsnz noch immer zum Sehen brauchbar ist, selbst dies wäre noch eine schwebende Frage. (S. auch meine „phy- siologischen Bemerkungen über die Daphnoiden in Müll. Arch. 1851. S. 112. Taf. III.). Was übrigens die dreilappige Gestalt anbetrifft, die mehr ein verkümmertes Auge von drei als von zwei Linsen erwarten 28 Zenker: deren Crustaceen (Apus, Liinulus) sind sie als Nebenaugen hinlänglich bekannt geworden. Diese einfachen Augen haben nun entweder eine be- sondere Hornhaut (Cythere , Apus, Limulus u. a.) oder die Körperhaut läuft einfach über sie hinweg (Cypris, Cyclops, Argulus u. a.). Den Bau der letzleren Augen haben wir so eben beschrieben, die ersteren aber bilden einen Uebergang zu den Augen der Isopoden , Myriapoden und Arachniden. Bei diesen nehmen mehr und mehr die Hornhaut und ihre Gebilde Antheil an der lichtbrechenden Thätigkeit. Wenn bei Apus und Cythere die Hornhaut eben nur glatt die Au- gen überzieht, so verdickt sie sich bei den Isopoden schon etwas nach der Mitte, so dass sie wie ein Sammelglas selbst ein Bild wirft. Eine deutlich abgegrenzte rundliche Erhe- bung zeigt sich schon bei den Scolopendren, gering nur bei den einfachen Augen der von mir untersuchten Inseclcn; aber die bedeutendste Verdickung zeigt die Hornhaut der Arach- niden und besonders der Scorpioniden. Bei ihnen wächst durch Verdickung der Hautschichten eine vollkommene Kry- stalUinse nach innen hervor und bleibt nur durch einen ziem- lich dünnen Stiel mit der eigentlichen äusserlich glatten Horn- haut verbunden. Deutlich erkennt man beim Durchschnitt die Schichten, von denen auch die Linse des Skorpions ge- bildet wird, und die, wie die Schichten in der Linse der Wirbelthiere, aus meridionalen Fasern, aber mit glatten Rän- dern, bestehen. Die Sehlinse des Skorpions bietet genau den Zustand dar, wie die noch nicht völ- lig von der Hornhaut abgelöste Linse eines Wi r- bellhier-Embryos und ist ganz mit ihr zu parallelisiren. Hesse, so bekenne ich", dass ich auch in Betreff der Ostracoden und Cyclopiden lange zweifelhaft gewesen bin, ob zwei oder drei Augen vorhanden waren. Endlich kam ich zu dem Resultat, besonders durch Cyprois monacha, dass das, was ich für ein drittes unpaares Auge gehalten hatte, wahrscheinlich nur die Anschwellung des Sehnerven sei, und dass also nur 2 Augen vorhanden seien. So ist auch wohl der mittlere, nach vorn und nnten gerichtete, Lappen des dreilap- pigen GehirnQecks aufzufassen , ebenso wahrscheinlich das dritte Auge, welche Dana bei einigen Copepoden-Gattungen hat erkennen wollen. Monographie der Ostracoden. 29 Die grossen Augen auf dem Kopfschilde des Skorpions sind überhaupt die grössten und vollkommensten Einzelaugen im ganzen Gliederlhierreich. In ihnen findet sich ausser der Hornhaut und Linse (den exogenen Bestandlheilen des Auges) noch ein Glaskörper und die Augenhülle (endogene Beslandtheile). Die Augenhülle ist offenbar von demselben Baue wie bei den Ostracoden und Cyclopiden; hier aber zeigt sich erst ihre complicirte Structur »)• Sie besteht viel- leicht aus nicht weniger Schichten wie die der Wirbelthiere, wenn auch ihr Bau noch nicht völlig und besonders nicht an frischen Exemplaren erforscht ist. Sie bildet dicht hinter der Hornhaut eine Pupille, durch welche der Stiel der Seh- linse tritt. Der Glaskörper ist von zelliger Structur wie der der Wirbelthiere, so dass diesem Auge nur der optisch höchst unbedeutsame Humor aqueus fehlt, um dem der Wir- belthiere ganz und gar zu gleichen. Wenn wir nun, entsprechend den Principien der Ent- wickelungsgeschichte, die endogenen optischen Medien des Auges wie bei den Wirbelthieren als „Glaskörper^^ bezeich- nen, so müssen wir auch die lichtbrechenden Körper der Cy- clopiden, Ostracoden u. a. als solche auffassen. Die lichlbre- chenden Körper der Augen mit glatter Hornhaut müssen also nicht „Linsen," sondern „Glaskörper* genannt werden. So- gar Linsen müssen wir unterscheiden, endogene, wie bei Cyprois und exogene, wie bei den Arachniden. Vergleichen wir ferner die Augen mit glatter Hornhaut (Ostracoden etc.), denen mit optisch mitwirkender Hornhaut (Isopoden , Myriapoden , Arachniden) , so tritt uns der be- merkenswerthe Gegensatz entgegen, dass in diesen der ei- gentlich lichlbrechende Körper ein exogenes Gebilde (Linse), in jenen ein endogener (Glaskörper) ist; dass in diesen der Glaskörper zur Verminderung , in jenen zur Erzeugung der Convergenz der Lichtstrahlen bestimmt ist. Dasselbe, was wir hier bei den einfachen Augen finden, gilt nun auch für die zusammengesetzten. Auch in ihnen findet sich der Unterschied, dass bald die exogenen, 1) J. Müller , zur vergleich. Physiol. des Gesichtssinns und in Meckels Archiv. 1828. p. 60. Taf. I. so Zenker: bald die endogenen Augenlheile die Convergenz der Strah- len bewirken. Denn wie bei Cyclops der zellige Glas- körper von innen hervorwächst ^ so auch der lichtbrechende Körper im zusammengesetzten Auge der Daphnoiden. Auch er besteht, wie bei Cyclops, aus Zellen, welche be- sonders deutlich durch Behandlung mit kaustischem Kali hervortreten. Die Körperhaut dagegen geht glatt darüber fort und ist ohne lichtbrechende Kraft. Wenn Burmeister von Branchipus eine kugelförmige Linse und einen pyrami- dalen Glaskörper abbildet, so muss erstere doch sehr schwach lichtbrechend sein, da Leydig nur den birnförmigen Glas- körper als lichtbrechendes Organ darstellt; hier ist der Glas- körper Hauptorgan der Lichtbrechung. Ebenso bei Apus, Argulus und Limulus. Bei allen diesen geht die Hornhaut, wenn sie vorhanden ist, glatt über das Auge weg oder trägt wenigstens nicht zur Convergenz der Lichtstrahlen bei. Bei den Asseln und Dekapoden dagegen liegt die Ursache der Convergenz in der Hornhaut, welche in der Mitte dicker ist als am Rande. Dasselbe findet bei vielen Insecten statt, z. B. bei Dyticus, wo die Hornhaut innerhalb jeder Facette eine Wölbung von löO"^ macht. Der dahinter liegende Glaskör- per, der sogenannte lichtbrechende Körper, dient nur dazu, die Convergenz der Strahlen bis zu seiner Spitze zu verzö- gern. Im Dyticus hat die gewölbte Hornhaut eine Refrac- tionskraft von 1,50, während der Glaskörper nur etwa 1,40 hat. Daher liefert auch die blosse Hornhaut eines Insecten- auges für jede Facette ein besonderes Bild, weil die Horn- haut einer jeden Facette selbst als Linse betrachtet werden kann. Ich habe nicht genug Material und Zeit gehabt, um das Verhältniss von Hornhaut und Glaskörper in den Insectenau- gen umfassender zu studiren und leider zerstört Weingeist oft die wichtigsten Theile und greift sogar den Glaskörper beträchtlich an, Frische Augen wären zu diesen Untersu- chungen sehr wünschenswerth. Ueberhaupt, glaube ich, ist auch der übrige Bau des Einzelauges im zusammengesetzten Auge zurückzuführen auf den des einfachen Auges. Die Pigmenthülle muss natürlich ihre Gestalt wegen der gedräng- ten Stellung der Augen modificiren; dennoch findet sich an Monographie der Ostracoden. 3l ihr in beiden Augenarten eine ganz ähnliche histiologische Beschaffenheit und sogar die Bildung einer Pupille zunächst unter den Hornhautgebilden, auch in zusammengesetzten Augen. Endlich ist das Verhallen der Augen nerven in bei- den Augenarten ganz analog. Wie Newport ^) naturge- treu darstellt, bildet im Skorpion der Nerv für jedes Auge vor seinem Eintritt in dasselbe ein einfaches Ganglion und so lange die Augen selbst noch nicht unmittelbar aneinan- derstossen, bleiben auch die Ganglien getrennt. Dies Verhal- ten kehrt im Gliederthierreich wieder. Die Existenz eines Nervs mit gangliöser Anschwellung neben einem dunklen Fleck ist ein anatomischer Beweis, dass dieser Fleck ur- sprünglich ein Auge ist. So sehen wir zu dem unentwickel- ten Auge der Lepadeen zwei Nerven treten mit gangliöser Anschwellung vor ihrem Eintritte in dasselbe; so hat schon Seh öd 1er an Acanthocercus rigidus und später Lievin an Sida crystallina die beiden Nerven dargestellt, die von bei- den Seiten aus dem Gehirn zu dem „schwarzen Fleck«* tre- ten und neben ihm zwei gangliöse Anschwellungen bilden» Bei den Seitenaugen des Skorpions findet schon eine Ver- schmelzung der Nerven an ihrem Ursprünge statt, der bei- läufig für die Sehnerven immer über oder vor allen übri- gen Nerven am Gehirne zu suchen ist. Sobald aber die Ocellen sehr nahe aneinanderstehen, so verschmelzen auch die Ganglien zu einem gemeinschaftlichen Augengehirn, aus dem dann die Fäden wieder zu den Ocellen herantreten. Dies fanden wir oben bei den Cytheriden und dies gilt ebenso für die zusammengesetzten Augen sowohl der Crustaceen (Malacostraceen , Branchiopoden, Xiphosuren), als der In- secten. Ein zusammengesetztes Auge ist daher nur als eine Aggregation einfacher Augen zu be- trachten, die sich, veränderten Verhältnissen gemäss, um- gebildet haben; ein specifischer anatomischer Unterschied be- steht nicht. Auch muss desshalb die Art und Weise des Sehens dieselbe sein. Die umgekehrten Bilder in den be- 1) Philosophical Transactions 1843. p.260. pl.XII. 39 Zenker: nachbarten parallelgerichteten unbeweglichen einfachen Randaugen des Skorpions können nur dadurch vereinigt werden, dass der Ort des gesehenen Gegenstandes in der Richtung des einfallenden Lichtstrahls nach aussen projicirt wird, und dass da, wo für je zwei Augen die Projections- richtungen sich kreuzen, der Körper selbst gesehen wird. Es ist hier gleichgültig, ob diese Bilder aus 2 oder 3, 4 und mehr Augen projicirt werden; die Kreuzungsstelle wird im- mer nur der Gegenstand selbst sein können. Durch die zahlreichen Ocellen des zusammengesetzten Auges wird also eine eben so klare Anschauung des Gegenstandes erreicht werden, wie in jeden zwei gleichgerichteten unbeweglichen einfachen Augen. Wenn also Gott sehe ') die Ansicht ausspricht, dass das in den Ocellen des zusammengesetzten Auges entstehende umgekehrte Bild eine nochmalige Um- kehrung, d. h. eine Wiederaufrichtung erfahren müsse, um ein einmaliges zusammenhängendes Bild des Gegenstandes zu erhalten: so würde dies ebenso für die einfachen Augen auf dem Rücken der Spinnen und am Kopfrande des Skor- pions gelten müssen, in denen aber ein dazu geeigneter op- tischer Appanit anerkannter Weise völlig fehlt. Auch wäre es kaum denkbar , dass die Insecten mit ihren Nebenaugen umgekehrte , mit ihren zusammengeselzlen Augen dagegen aufrechte Bilder sehen sollten. Es darf aus dem Vorgange des Sehens mit beweglichen Augen kein Schluss gezogen werden für die Theorie der unbeweglichen. Y. Organe der Ernährung, Absonderung, Athmung und des Kreislaufs. Die Gliedmassen, welche dem Munde Nahrung zuführen und überhaupt an dem Geschäft des Kauens theilnehmen, ha- ben wir schon oben aufgeführt. Strauss und seine Nach- folger betrachteten sie als die einzigen Kauorgane und über- sahen die merkwürdigen Apparate im Innern der Mundhöhle, 1) Müllers Archiv 1852. Monographie der Ostracoden. 33 denen dies Attribut wohl mit viel grösserem Rechte beizule- gen wäre. Der Mund ist eine Querspalte, bei den Cypriden nahe, bei den Cytheren an dem Winkel der Bauch- und Vorder- seite gelegen, die vorn von der helmartigen Oberlippe, hin- ten von der Unterlippe, d. h. dem vordersten Rande des Brust- beins begrenzt wird. Durch den Mund geht die Chilinhaut der äusseren Körperbedeckung über in die der innersten Darm- wandung und erzeugt auf diesem Wege noch in der Mund- höhle Chilingebilde , die an Härte und Festigkeit den stärk- sten Gelenkkapseln der Gliedmassen nicht nachstehen. Die Lippen (Taf. I. Fig. 13. B. C.) selbst sind hart und besonders die Oberlippe scharf. Sie lassen sich nicht weit öffnen, aber fest verschliessen. Ihre Bewegungen sind nicht gross und es müssen daher die Speisen schon einen gewis- sen Grad von Feinheit haben, um in den Mund zu kommen. Die Lippen sind übrigens , da diese Gegend des Körpers kiel- förmig nach unten vortritt, ähnlich den menschlichen gebo- gen. Um ihnen beim Festhalten der Beute behülflich zu sein, stehen auf jeder Lippe eine Menge gegen den Mund gerichteter Häärchen. Nach innen schliessen die Lippen eine Mundhöhle ein , die sich nach vorn zu mit der eigentlichen Speiseröhre verbindet. In dem Winkel , den diese Mundhöhle bei den Cypri- den nach oben, bei den Cytheren nach hinten zu bildet, be- finden sich nun 2 eigenthümliche rechenartige Kauor- gane (Taf. L Fig. 14) aus hartem Chitin und ziemlich be- weglich. Die Basis jedes Rechens bildet ein rechtwinklig geknickter Chitinstab (a), der den bewegenden Muskeln zur Anheftung dient. Mehrfach gestützt erhebt sich aus ihm gegen die MundöfTnung zu ein Stab (6), der an seinem Ende rechtwincklig aufsitzend eine Reihe starker Zähne (c) trägt. Die Zähne beider rechenartigen Organe sind einander zuge- kehrt und können in einander greifen. Bei C. ornata sind es 9 Zähne, die hier rechenartig gereiht stehen und die fast die ganze Breite des Schlundes einnehmen. In dem freiblei- benden Räume desselben befindet sich ein bewegliches zun- genarliges mit Haaren besetztes Läppchen (e) , welches die Speisen immer wieder zwischen die Zahnreihen treibt. An Archiv f. Najurgesch. XX.Jftbrg. l.Bd. 3 34 Zenker! den Stielen der Rechen ist die Schlundwand ((f) befe^igt und diese ist mit dichtgedrängten Häärchen beselzt in der Breite der Zahnreihen. Indem die Häärchen nun mit den Spitzen aneinanderreichen, so können sie alle gröbere Speise, die von den Zahnrechen herkommt, wieder zu ihnen zurück- führen und brauchen nur dasjenige durchzulassen, was schon die gehörige Feinheit besitzt. Bei den Cytheren ist dieser Apparat auch vorhanden (Taf. IV. Fig. 8); nur fehlen den rechenförmigen Organen (c) die Zähne und die Haare stehen hinter ihnen nicht so dicht; so dass mehr ein Zerquetschen erzielt zu sein scheint. Ausserdem bleibt der Apparat in der Präparation bei den Cypriden in der Oberlippe , bei den Cytheren in der Unter- lippe. Dies kommt aber nur davon her, dass die beiden Lippen bei den Cypriden einen stumpfen , bei den Cytheren aber einen spitzen Winkel einschliessen, und dass desshalb die Mundhöhle sich tief in die Wölbung der Unterlippe hinein- erslreckt. Der Apparat ist an das Chitinskelet da befestigt, wo Ober- und Unterlippe einander berühren und reicht stets in die Mundhöhle hinab. Er wird also beim Zerreissen ein- mal der Oberlippe , das andere Mal der Unterlippe anhaf- ten. Stets ist er als Gebilde der Chitinhaut zu betrachten und keineswegs etwa mit den Gliedmassen zu parallelisiren. Mit einer Wendung nach vorn geht der Weg der Spei- sen nun in den eigentlichen Darmkanal (Taf. I. Fig. 15. Taf. iV. Fig. 13). Derselbe besteht, nach Strauss's Dar- stellung, aus einem hellen dünnen Theil, einem weiteren drü- sigen mittleren Theil, der in zwei Unterabiheilungen einge- schnürt ist , und aus einem durchsichtigen engeren End- slücke, welches zum After führt. Ohne Rücksicht auf Ana- logie der Benennungen mit denen des menschlichen Darm- kanals besteht er allerdings aus diesen drei Theilen, die ich als Speiseröhre {ab), Darm (c dj und Mastdarm (e) bezeichnen will. Die ersteren beiden sind durch eine pylorusarlige Einschnürung Q?) geschieden, die letzteren ge- hen in einander über. Die Speiseröhre reicht mit einem Bogen nacii vorn hinauf bis in die Gegend des Auges, der Darm aber geht mit einer kleinen Biegung nach oben zurück in die Schwanzgegend. Monographie der Ostracoden. 35 Bei genauerer Untersuchung zeigt sich gegen das Ende der Speiseröhre ein aus Chitinblätlern gebautes dunkleres Organ (Taf. I. Fig. 16. Taf. IV. Fig. 14), welches äusserlich einem menschlichen Kehlkopf, in seinem inneren Baue dage- gen wesentlich dem Mafien der Isopoden gleicht. Dieser M a gen apparat besteht bei den Cypriden aus einem unte- ren Chitinring von der Gestalt des Ringknorpels (ß); auf diesem sitzt eine grössere Chitinwand (Cj auf, welche einem längs der Axe durchschnittenen Becher gleicht und nur an einer Stelle hornig ringförmig geschlossen ist , an den Lücken aber von einer weicheren dehnsamen Haut (&) überspannt wird. Aus diesem Halbbecher, den wir der Kürze und seiner äusseren Aehnlichkeit halber den Schildknor- pel nennen wollen, erhebt sich ein Körper (2>) , und zwar von dem Chilinring aus, welcher seine convexe Seile gegen die concave Seite des Schildknorpels drückt , so dass zwi- schen beiden Flächen nur ein schmaler halbmondförmiger Raum übrig bleibt. Auch dieser Raum ist nicht frei, son- dern von Haaren ausgefüllt, welche sich von beiden Flächen aus nach oben richten. Am Schildknorpel sind dieselben über die ganze innere Oberfläche verbreitet, an dem Reibe- zeng aber, wie jener Körper wohl zu nennen wäre, stehen sie in parallelen Reihen angeordnet. Dieses Reibezeug besteht nämlich aus Chitinlamellen, welche von unten nach oben schuppenartig übereinander greifen und deren letzte sich endlich wieder zum Schildknorpelring zurückbiegt. Auf der äusseren freien Fläche dieser Schuppen (rf) sitzen nun die Haare des Reibezeugs und können sammt dem ganzen Reibezeug gegen die innere Fläche des Schildknorpels hin und her bewegt werden. Von vorn betrachtet, zeigt dieses Reibezeug in der Mitte eine Vertiefung; dorthin werden die Speisen von den Seiten zusammengedrängt, und dort ist der Heibeapparat am stärksten. Bei den Cytheren treten nicht bedeutende Veränderungen ein; nur dass der Ringknorpel (6) höher ist und dass das Reibezeug (d) nicht den Schild- Jinorpel (c) überragt , sondern von ihm überragt wird und aus weniger schuppenartigen Lamellen aufgebaut ist. Wie mir scheint, dient die weiche Haut am Schildknor- pel (6) dazu, die Speisen vorläufig aufzunehmen; der Ring» 36 Zenker: knorpel, gegen den der Schildknorpel auch einen ganz ei- genthümllchen (wahrscheinlich ventilartigen) Ansatz (a) hat, die Speisen am Zurücktreten zu verhindern; und endlich der Schildknorpel und das Reibezeug , sie zu zerreiben. Eine kurze Strecke werden die Speisen nun noch im häutigen Oe- sophagus (e) fortgeführt und treten dann durch den Pylorus (p) in den Darm. Man wird sich wundern, dass ich jenseits dieses Ma- gens noch von einem Oesophagus rede und das Stück bis zum Darme nicht vielmehr Duodenum nenne. Es würde allerdings so bezeichnet werden können und man unterschiede dann Oesophagus, Slomachus, Duodenum, Colon und Rectum; ich halte es aber für richtiger, nur zwei Hauptabiheilungen zu machen und Alles vor dem Pylorus und der Einmündung der Leberschläuche als Oesophagus, dahinter als Intestinum und Rectum zu bezeichnen, wie es bei Cyclops einfach her- vortritt. Nun tritt bald im Oesophagus, bald im Intestinum eine magenarlige Erweiterung ein, im Oesophagus bei den Malacostraceen und Oslracoden, im Intestinum bei vielen Branchiopoden, den Cirrhipedien, Parasiten und wieder den Ostracoden. Der Magen der letzteren liegt hinter dem Pylo- rus an oder hinter der Einmündungsstelle für die Galle. Wenn man nun jede magenartige Erweiterung ohne weite- res Magen nennt, so confundirt man ganz ungleichartige Or- gane. Man thut daher besser die Eintheilung festzuhalten, die für die Cyclops das Schema giebt: Schlund und Speise- röhre einerseits, Darm und Mastdarm andererseits, und die besonderen Erweiterungen als Speise röhrenmagen, Darmmagen oder in dieser Art zu bezeichnen. Hinter dem Pylorus kommen wir an den Darm (Taf. I. Fig. 15. c. Taf. IV. Fig. 13. c), dem Theil des Verdauungska- nals, welcher von Strauss als Magen bezeichnet wurde und der durch seine Weite und Abrundung allerdings dazu veranlassen kann. So lange der Darm noch eine zellige Wandung hat, nenne ich ihn Darm, wenn aber die Wandung nur noch muskulös ist, Mastdarm. Der erste Theil ist durch eine Einschnürung (m) in der Gegend des Schliessmuskels in zwei Theile gelheilt und zeichnet sich durch seine Weite aus. Seine Wandungen bestehen aus einer äusseren slruc- Monographie der Ostracoden. 3? lurlosen Membran, einer darunterliegenden Schicht von Ouer- und Längsmuskeln, einer inneren Zcllenschicht und einer in- nersten Chilinhaut. In die erste Abtheilung des Darmes, unmittelbar neben dem Pylorus mündet bei allen Cypriden jederseits ein Le- berschlauch (h) ein, der denen der fsopoden und Am- phipoden histiologisch ganz ähnlich ist. Die Wandungen die- ser Schläuche (Taf. L Fig. 21) enthalten nämlich, wie die Darmwände (Fig. 20), so weit sie zur Verdauung beitragen, Zellen (a) , in denen das Gallenfett sich allmählich in Form kleiner Kügelchen anhäuft, bis es durch Zerplatzen der Zel- lenwandung in die Höhlung (c) ergossen wird. Dann kommt der Zellenkern (6) , der bisher verborgen war, wieder deut- lich zum Vorschein. Die so abgesonderten Fetttröpfchen sind bald glashell, bald gelb. S t r a u s s bezeichnete diese Schläuche als vaisseaux coniques et aveugles und liess es zweifelhaft, ob sie Speicheldrüsen oder Hoden seien. Fischer will rhythmische Contractionen an ihnen bemerkt haben und hält sie desshalb für Herzen. Bei manchen Arten sind die Leberschläuche nur kurz und verstecken sich zwischen den Organen der vorderen Körpergegend, bei anderen dagegen (C. ornata, C. pubera) (Fig. 15. h) sind sie lang und laufen neben dem Eierstock in der Duplicalur der inneren Schalenhaut quer über die Schale fort, als gelber Streif neben dem rolhen schon von aussen erkennbar. Ausser diesen Schläuchen finden sich oft noch kleine Darmzellen, welche Galle absondern und in der er- sten Jugend die Leberschläuche vertreten. So findet sich in den Cypriden eine Stufenleiter der Ausbildung galleabson- dernder Organe, die sich über die ganze Klasse der Crusta- ceen fortsetzen lässt. Denn die Cyclopen haben nicht einmal mehr Zellen, sondern nur die Darmwände selbst als Organe der Gallabsonderung ; wogegen die Isopoden uns die stär- kere Enlwickelung der Leberschläuche zeigen und die Ab- sonderung in den Dekapoden ihren Gipfel erreicht. Von dieser Leberbildung weicht die verästelte Leber mancher Phyllopoden, wie z. B. des Apus und die Leber der Cylheren ab. Bei den Cylheren findet man keine Leberschläu- cho, sondern nur (Fig. 13 /i. Fig. 14. h) zwei runde Blasen, 38 Zenker: welche stets mit braungelber Flüssigkeit gefüllt sind und die- selbe durch ihre kurzen Ausführungsgänge in den Darm fliessen lassen. Ob die Blasen selbst die Galle absondern oder ob sie ihnen von einem andern Organe zugeführt wird, blieb mir dunkel. Ueberall bei den Crustaceen müssen wir die Punkte des Darmkanals, wo der Gallerguss slaüfindet, für aequivalent halten. Darnach entspricht dem Oesophagus der Cyclopiden die Speiseröhre und der Magen der Ostracoden, Dekapoden und Isopoden, die Speiseröhre der Branchiopoden: und dem Darm der Cyclopiden entspricht der Darm der Ostracoden, Dekapoden und Isopoden, dagegen der Magen und Darm zu- sammen der Branchiopoden. Der Darm der Ostracoden verrichtet in seinen beiden Abtheilungen die Function des Verdauens und verläuft sich allmählich verengend durch den Mastdarm (e) zum After. Der After ist eine Verticalspalte zunächst dem Schwanzsla- chel. lieber die Beschaffenheit der Nahrungsmittel giebt der Darminhalt wenig Aufschluss, der auch wohl dazu schon eine zu grosse mechanische Zerstückelung erfahren hat. Denn nach dreimaligem Zerbrechen, durch die Kiefer, die Lippen und die Rechenzähne werden die Speisen noch zweimal durch- gebürstet, zuletzt in dem Speiseröhrenmagen. Diese Zerbür- stung der Speisen , die wohl am ausgebildesten bei den Fy- cnogoniden vorkommt, ist bei den Malacostraceen ebenfalls ganz allgemein, da auch aus dem Magen des Flusskrebses von Oesterlen ') ein ganz ähnlich gestaltetes blättriges Reib- zeug beschrieben ist. Von Absonderungs Organen haben wir schon oben die Leber erwähnt, die sich bei allen Ostracoden vorfindet. In der Gegend desPylorus ebenfalls finden sich bei den Cypri- den noch andere lappig verzweigte Drüsenmassen (Taf. L Fig. 22). Ich habe nie einen Ausführungsgang entdecken oder eine Thätigkeil nach einer Richtung hin erkennen kön- nen. Nennen wir sie einstweilen „Milz.** In ein äusserst feinzelligcs Parenchym eingestreut liegen zahlreiche Fett- tröpfchen von verschiedener Grösse und meist von gelblicher 1} Müll. Arch. 1840. p. 387. Taf. XII. Monographie der Ostracoden. 30 Farbe. Vielleicht sind diese drüsigen Gebilde der letzte Rest von der im ganzen Gliederthierreich sich vielfach dort vor- findenden Drüse, die wir bei den Cytheren deutlicher aus- gebildet linden. Wir haben schon oben erwähnt, dass sich zwischen den Muskeln der unteren Antennen (Taf. IV. Fig 3.g} eine beuteiförmige Blase befinde, deren Ausführungsgang bis in die Spitze des grossen Hakens zu verfolgen sei. Eine drü- sige Structur Hess sich an dieser Blase nicht erkennen , ob- wohl sie von hellgelbem Inhalt strotzte. Ueber die Function wie über die anatomischen Beziehungen dieser Drüse kann wenig Zweifel sein. VTas soll eine solche Drüse, die sich durch einen kräftigen Stachel ergiesst , wenn es nicht eine Giftdrüse ist? und wer kann die Beziehung verkennen, in der sie mit der Giftdrüse im Basalgliede der unteren An- tennen (Kiefertaster) der Spinnen steht? Wir werden bei Cyclops und Apus unten noch mehrere diesen entsprechende Drüsen kennen lernen; gewiss sind auch die von Leydig an ßranchipus und Artemia beschriebenen , so wie off*enbar die Giftdrüsen des Argulus hiemit verwandt ; endlich bewei- sen die sorgfältigen Untersuchungen des Dr. C. A. Strahl über das grüne Organ des Flusskrebses , wie mir derselbe mündlich miüheilte, dass auch dieses drüsige Gebilde in näch- ster Verwandtschaft mit den angeführten Drüsen steht. Dass dieselben darum nicht alle Gift abzusondern brauchen, wird Jeder wissen. Eine Absonderung, welche ich merkwürdigerweise nur bei den Cypriden beobachtet habe , ist die von festem oder doch ziemlich festem Fett. Es findet sich vorzugsweise zwischen den Blättern der inneren Schalenhaut und oft in ziemlich grossen Quanliläten. Die chemische Natur eines solchen Fetts näher zu bestimmen wäre nicht unthunlich, aber doch sehr schwer. Wundersam ist es, dass dieses Fett, in Wasser gebracht, allmählich mehr und mehr auseinander geht, dabei höchst abenteuerliche Figuren bildet und endlich in kleinere Theile auseinanderplalzt. Es ist sogar wohl möglich, dass diese Substanz nicht zu den eigenilichen Fet- ten gehört; doch sprach für diese Deutung das Aussehen und doch auch das Vorkommen mehr als für jede andere. Im Geschlechtsapparate erscheinen noch einige Abson- 40 !2enkeri derungen. Bei jungen Thieren ist nämlich das Knäuel des zur Samenblase führenden Canals rings von einer zelligen Masse (Taf. 11.^1. Fig. 4. c) umgeben und diese sondert eine gelbliche feinkörnige Masse ab , welche gegen Säuren und Alkalien sehr unempfindlich ist und ganz dem Secret gleicht, welches wir bei Asellus noch näher besprechen werden. Dass übrigens dasselbe chemisch doch nicht ganz unempfind- lich ist, zeigt der Umstand, dass es später verschwindet, also doch wohl aufgelöst sein muss. Ich habe es am öftesten bei C. ornata und C. pubera beobachtet. Das zweite Absonderungsorgan des Genitalapparals ist die Schleimdrüse der männlichen Cypriden, die aber mit dem übrigen Geschlechtsapparat zugleich abgehandelt werden soll. Wir kommen zu den Organen der A thmu n g und des Kreislaufs. Schon Strauss erkannte die stets schwin- gende Platte des zweiten Kieferpaars (Taf. I. IV. Fig. 5. 6) mit Recht als das Hauptwerkzeug der Athmung. Jedenfalls dienen die ganz analog gebauten Platten am Isten und 3len Kieferpaar der Cypriden denselben Zwecken. Die Athem- platten gleichen in ihrem Baue denen an den Füssen der Branchiopoden; sie enthalten eine zellige Membran und ihr Rand ist mit breiten zweiseitig gefiederten Borsten besetzt. Die Branchiopoden treiben mit diesen Borsten das Wasser heran und dies umspült die dünnen Platten, in denen eine reiche Menge Blutes umkreist. Bei den Ostracoden aber findet man auch beim eifrigsten Suchen weder Herz noch Blutkör- perchen noch bei der Section Eiweissgerinnsel. Wie soll man es also verstehen , wenn solche Platten arbeiten , ohne dass man einen Blutstrom in ihnen, ohne dass man überhaupt einen Blutstrom bemerkt? Es wäre wohl möglich, dass hier eine Athmung ohne Kreislauf stattfände, und dass die Athem- platten nur das Wasser heranschaffen. Dies schlägt gegen den Körper und gegen die innere Seite der Schale, hinter welcher die Absonderungs- und Geschlechtsorgane versteckt liegen. Wohl möglich , dass es an diese seinen Sauerstoff abgiebt, der dann auf diesem Wege auch in den Darm und den übrigen Geschlechtsapparat dringen könnte. Eine ge- wisse Unempfindlichkeit der Ostracoden gegen die Art des sie umgebenden Wassers (Ostsee oder süsses Wasser) ist Monographie der Ostracoden. 41 dabei wohl einigermaassen bemerkenswerlh und zeugt viel- leicht für die Geringfügigkeit des Athemprocesses. VI. Geschlechtsorgane. Ledermüller erzählt von den kleinen Muschelkreb- sen, die er zu seinen Gemülhs- und Augen -Ergötzungen zählte, dass er sie oft im Begattungsacle schwimmend gese- hen habe, das Männchen vom Weichen nachgezogen. Diese Erscheinung, die übrigens gar nicht selten vorkommt, aber schwer genauer zu beobachten ist, wurde von den späteren Beobachtern nicht gesehen und daher Led erm üller's Notiz für irrthümlich gehalten. W. Baird bekennt sogar dasselbe beobachtet zu haben , hält es aber aus Hochachtung für 0. F. Müller, De Geer, Jurine und Strauss nicht für eine eigentliche Begattung und nimmt lieber einen Irrlhum von Seiten L e d erm ül ler's an. Der Grund hiezu lag in der durch Strauss verbreiteten Meinung, die Cypriden seien hermaphroditisch und bedürften keiner Begattung. Ich erwies zuerst in meiner Dissertation : De natura sexuali generis Cy- pridis und in Müll. Arch. 1850. p. 191 die Richtigkeit der Ledermüller'schen Angabe und die Existenz getrennter Geschlechter bei der Gattung Cypris. Auch Fischer be- stätigte seitdem die Angabe von Ledermüller, ohne je- doch die Trennung der Geschlechter zu erkennen. Die Cypriden sind allerdings getrennten Geschlechts und ebenso die Cytheriden. Ein Weibchen legt ohne vorherige männliche Begattung niemals reife Eier ab; aber da sie eine Samentasche haben, so reicht eine Begattung für mehrere Geburten hin. Die Cypriden sind, so weit ich sie kenne, durchweg eierlegend; unter den Cy- theren kenne ich mehrere lebendigg-ebärende und vielleicht sind sie es alle. Aeusserlich unterscheiden sich die Männ- chen von den Weibchen bei den Cytheriden nur durch die Anwesenheit eines grossen Penis, bei den Cypriden auch durch einen grösseren Körper (Taf. I. Fig. 24) und eine ab- weichende Gestalt des 3ten Kieferpaars (Taf. II. D. Fig. 2). Die Männchen finden sich zu jeder Zeit des Jahres, freilich 4t Zenker: in geringerer Zahl, neben den Weibchen; scheinen jedoch nach der Abgabe der Zoospermien nicht mehr lange zu le- ben, denn zeitweise findet man in einzelnen Tümpeln nur samenführende Weibchen. Andrerseits glaubt man oft die Männchen völlig zu vermissen, wenn die vorhandenen Thiere noch geschlechtlich unreif sind und sich der Geschlechlsap- parat der Weibchen, dem der Männchen voraneilend entwik- kelt hat. Wohl bei wenig anderen Thieren ist der Genilalapparal in gleicher Kraft ausgebildet, wie bei den Ostracoden. Er füllt bei den Cypriden etwa die Hälfte des ganzen Leibes aus und erstreckt sich in alle Theile desselben. Fast das ganze Abdomen ist zu geschlechtlichen Functionen ausge- bildet. Auch die Schönheit und bedeutende Grösse der Zoo- spermien ist ein Zeichen dafür. Bei den Cytheren finden diese Verhältnisse zwar nicht in demselben Grade stall, sind aber doch besonders im weiblichen Geschlechle sehr hervor- tretend. Der weibliche Geschlechtsapparat, der für die Cypriden theilweise schon vonStrauss dargestellt ist, besteht in bei- den Familien jederseits aus einer Eierröhre (Fabrica ovo- rum) (theils Eierstock, theils Eileiter, theils endlich Gebär- mutter), einer Scheide (Vagina) und einer Samen blase (Receptaculum seminis). Der Geschlechtsapparat der männ- lichen Cylhcren besteht nur aus einem Samen bereiten- denOrgan (Fabrica seminis) und aus einem Begattungs- apparat (Penis). Bei den Cypriden kommt noch eine höchst characleristische Schleimdrüse (Glandula mucosa) hinzu. A. Weiblicher Geschlechtsapparat. (Taf I. Fig.15). Wir kennen die Ei er röhre aus Strauss's naturge- treuer Darstellung. Sie liegt (c) mit ihrem blinden Ende zwischen den Schalen, bald im hinleren unteren Winkel ein- fach (C. ornala, C. pubera) oder mit einer Anschwellung (C. acuminata) endend, bald nach hinten (C. Candida), bald erst nach vorn , dann nach hinten (C. punctata , C. Ovum) sich herumbiegeiul. Sie steigt quer über die Schale zwi- schen deren beiden inneren Blättern, stet« an Weite zunehmend, Monographie der Ostracoden. 43 bis zur Umschlagstelle der Chitinhaut in der Nähe des Schliess- muskels (wi) auf und wendet sich dann, über den Darm ent- lang- laufend, zur Schwanzgegend, woselbst die Eierröhren beider Seiten nebeneinander getrennt ausmünden. Bei den lebendig gebärenden Cytheren ist dieser letzte Theil schon als Gebärmutter aufzufassen. Dicht vor der Ausmündungsstelle dieser Eierröhren be- finden sich die beiden hornigen Scheiden (Vaginae) (Taf. I. Fig. 15, ??.Taf. IV. Fig. 15), die in den verschiedenen Arten ziemlich abweichend angetroffen werden. Sie bestehen aus ei- nem becherförmigen Napf, welcher von einem langen horni- gen Bogen aus bewegt werden kann , so dass er zur Auf- nahme und Abgabe der Zoospermien geeignet ist. Er ver- engt sich in seinem Grunde zu einem Ganal (fe) , der von festen starklichlbrechenden scheinbar structurfosen Wandun- gen umgeben, sich in zahlreichen Schlingungen knäuelförmig aufrollt und endlich in eine weite Tasche ausmündet, in die von zarten aber elastischen und festen Wandungen umgebene Samentasche, welche zur Aufnahme der Zoospermien wäh- rend und nach der Begattung dient. Diese gleicht der Urin- blase der Säugethiere an Gestalt, ist bald birnförmig, bald rund und durch die elastischen Zoospermien in ihrem Innern stets gespannt. Der Mündungsstelle des Ausführungsganges gegenüber hat sie einen Pol (?^3, eine 6—8 slrahlige Narbe, die Endstelle des Schlauchs, aus dem sich Blase und Canal entwickelt haben. Die Ostracoden sind meines Wissens die ersten Cru- staceen, von denen mit Sicherheit ein Receptaculum seminis erkannt worden ist. Strauss hatte diesen Apparat ganz und gar übersehen; Fischer aber hat ihn sehr irrthümlich aufgefasst. Zuerst findet er sich beschrieben in meiner Dis- sertation und in Müller's Archiv. 1850. B. Männlicher Geschlechtsapparat. (Taf. I. Fig. 23. Taf. 11.^. Fig. 1). Der männliche Geschlechtsapparat der Cypriden besteht jederseits aus einem samenbereitenden Organ (fa- brica seminis) , einer Schleimdrüse (Glandula mucosa) 44 Zenker: und einem Begattungsapparate (Penis). Bei den Cy- theren fehlt die Schleimdrüse. Diese Organe entsprechen nach ihrer Lage und Entwickelung ganz denen des weibli- chen Geschlechtsapparats und zwar der Samenschiauch der Eierröhre, die Schleimdrüse der Samentasche und der Penis der Scheide. In den meisten Arten erkennt man das Männ- chen von aussen an den Hodenschläuchen und der Schleim- drüse, welche am ersten hindurchschimmern^ so wie an dem Fühlen der Eier. 1. Der Samenschlauch. An der Stelle, wo bei bem Weibchen das blinde Ende der Eierröhre mit noch durchsichtigen Eikeimen angefüllt liegt, finden wir bei den Männchen vier parallel neben ein- ander liegende Schläuche (6), deren blinde Enden ebenfalls mit Zellen angefüllt sind. Diese Zellen sind aber nicht Ei- keime, sondern Zoospermienkeime und die Schläuche Ho- den. Ihre blinden Enden sind bald nach hinten längs dem Schalenrande umgebogen (C. Candida, acuminata), bald zu- erst nach vorn (C. punctata). Diese vier hinteren Hoden- schläuche laufen, wie der Eierstock der Weibchen, quer über die Schale der Gegend zu, wo sich beim Schüessmuskcl die Chilinhaut umschlägt. Dort treffen sie mit zwei andern vor- deren (a) zusammen, die gleich ihnen zwischen den Scha- len, aber am Vorderrande, verlaufen und längs des ßauch- randes fast auch bis in den hinteren Schalenwinkel dringen. Um die Hoden in situ zu präpariren , muss man das Thier zuvor in heissem Wasser tödten und dann die Schalen vor- sichtig ablösen. Diese 6 Schläuche (0, die sich oberhalb des Schliess- muskels einander berühren, laufen noch lange miteinander fort und um die Schleimdrüse (^f) herum, crgiessen sich aber endlich in einen gemeinsamen Samen leit er (Vas deferens) (rf), der den Samen mit einigen Windungen um die Schleim- drüse weiterführt und der endlich in d(^n Begatlungscanal übergeht. Oelters werden die znrlen zelligen Wände des Samenleiters durch strotzende Samenfülle ausgedehnt und er- scheint es dann, als ob er mit einer Samenblase endete. Der Begaltungscanal, dessen Wände fest^ stark lichtbrechend und Monographie der Ostracoden. 45 von nicht erkennbarer Slructur sind , tritt nunmehr in das Begallungsglied (p) ein und wird als ein Theii desselben mit abgehandelt werden. Bei den Cylheren linden sich auch 5 oder 6 Hoden jederseits vor, dieselben sind aber kugelförmig und liegen nicht in der Schale. Die Zoospermien bewegen sich in die- sen Säckchen an den Wänden in spiraler Linie entlang (Taf. IV. Fig. 19), die beiden Samenleiter sind nicht so lang und münden in eine unpaare Samenblase. Die histiologische Struc- tur dieser Theile ist von der bei den Cypriden nicht ver- schieden. Die Samenblase liegt bereits innerhalb der Penes und wird bei deren Beschreibung mit abgehandelt werden. Die Anordnung der Hodenschläuche erinnert am mei- sten an die bei den Isopoden, bei denen auch jederseits meh- rere Hoden ihren Inhalt in einen Samenleiter entleeren. 2. Die Schleimdrüse. (Taf. VI. Fig. 2). Von den Windungen der Hodenschläuche und des Sa- menleiters umschlossen, liegt bei den Cypriden zu beiden Seiten des Darmes die merkwürdige cylindrische Schleim- drüse (Glandula mucosa), die den Cytheren fehlt und un- ter den Absonderungsorganen aller Thierklassen sich durch ihre wunderbare Form und ihren zusammengesetzten Bau auszeichnet. Sie erreicht wohl ein Dritftheil der ganzen Kör- perlänge des Thiers und ist bei durchsichtigen Schalen schon von aussen, so wie auch bei der Section leichter als alle andere Organe zu erkennen. Sie eignet sich daher vorzüg- lich zur Unterscheidung des männlichen Geschlechts und in demselben der verschiedenen Species. Bei genauerer Untersuchung zeigt sich dieselbe aus drei Cylindern zusammengesetzt, die eine gemeinschaftliche Axe haben. Der innerste Cylinder (c) ist von einer Haut um- schlossen , bei der starke Chitinringe mit häutigen Ringen abwechseln. Nach dem einen Ende ist er durch eine eigen- Ihümlich sternarlige Narbe (n) geschlossen , oder bisweilen noch durch eine sackartige Fortsetzung verlängert ; nach dem andern Ende geht er in einen engen Ausführungscanal (fc) über, der ganz dem der weiblichen Samenlaschc ähnlich 46 Zenker: sieht. Des äusseren Cylinders Wandungen (a) sind durch ein System von Chitinstreifen parallel der Axe gestützt und verfestigt und bestehen aus Drösenzellen , denen oft noch kleine drüsige Schläuche anhängen , so weit die herumge- wickelten Genilalorgane dazu Raum lassen. Diese Zellen und Schläuche sondern den Schleim ab , welcher nun , wie es scheint, in den Cylinder eindringt und dessen ganzes Innere ausfüllt. Zwischen dem äusseren und dem innersten Cylinder liegt noch der mittlere , umschlossen von einer äusserst zarten, scheinbar structurlosen Haut (6), welche sich nur als feine Linie kenntlich macht und welche, wie die des inneren Cy- linders , nur bestimmt scheint , den Schleim, wie durch Fil- tration zu reinigen. Das ganze Organ ist gestützt durch ein Chitingerüst, welches auf den Chillnringen des inneren Cylinders aufsitzt und aus 7 scheibenförmigen maschigen Chitinkränzen, 2 ex- tremen (e) und 5 mittleren (^d) besteht, die in zahlreichen Radien nach der Peripherie ausstrahlen. Zwischen den Chi- tinmaschen und Chitinstrahlen spannt sich eine feste durch- sichtige Haut aus, so dass hiedurch die beiden äusseren Cy- linder in 6 Abtheilungen gelheilt werden. In Cyprois monacha und ebenso in der von Fischer beschriebenen Cyprois dispar finden sich gegen 24 Chilin- kränze ohne Zwischenräume , welche aber nur aus wenig Strahlen bestehen. Auch habe ich hier nie einen mittleren Cylinder wahrnehmen können. Durch die beschriebene Anordnung von Chilinstäben und Chitinringen erhält das Organ neben grosser Festigkeit auch eine gewisse Biegsamkeit. Bei der Section lebender Thiere sieht man die Schleimdrüsen stets gekrümmt durch die Einwirkung des Wassers , während sie im Leben ganz gestreckt sind. Ihr Bau befähigt diese Organe, als Schleim- drüsen und Schleimbehälter zugleich zu fungiren und eine grosse Masse Schleim fertig zu enthalten, was vielleicht für die Begattung von grosser Wichtigkeit ist. Welchen Ein- fluss vermuthlich der Schleim auf die Zoospermien ausübt, werden wir unten anführen. Er ist zähe, wasserhell und von Monographie der Ostracoden. 47 wenig stärkerer Refraclionskraft als das Wasser, daher sehr schwer sichlbar. Die Schleimdrüse ist für die Unterscheidung der Arten von der höchsten Wichtigkeit. Die einfachste Form mit kur- zem Ausführungsgang findet sich bei C. Candida und C. acu- minala; C. punclata zeichnet sich durch helmartige Ansätze an beiden Polen aus, von denen der am blinden Ende auch stets mit einer strahligen Narbe versehen ist, entsprechend der an der Samenblase der Weibchen. Auch diese Narbe ist oft characterislisch. Die Schleimdrüse von C. Ovum zeich- net sich durch ihren langen Ausführungsgang aus. Bei den Cytheren findet sich kein Aequivalent dieser Drüse, dagegen bei den Insecten, wo aber diese eigenthüm- liche Form nicht vorkommt. 3. Begattungsap parat (Penis). (Taf. VI. Fig. 1). Unter allen Crustaceen finden wir nirgends einen so ausgebildeten Begattungsapparat , wie bei den Ostracoden ; denn er erreicht hier contrahirt ein Viertel, erigirt wohl ein Drittel der Körperlänge. Er liegt dicht vor dem Schwänze an der Bauchseite und ist vollkommen symmetrisch, so dass sogar die ßegattungscanäle getrennt ein- und austreten. Er besteht aus hornigem Chitin, besitzt jedoch eine grosse Ela- sticität und Beweglichkeit, besonders bei denCypriden. Um den Bau des Penis irgend einer Cypridenart genau zu erklä- ren, dazu bedarf es sehr genauer und mühseliger Beobach- tungen und Zeichnungen, die zum Theil nur ein mechanisches Interesse haben würden. So vollkommen und so complicirt die mechanische Einrichtung desselben ist, so darf sie uns hier doch nur insoweit fesseln, als zum allgemeinen Ver- ständniss des Begaltungsactes oder zur etwaigen Artenunter- scheidung nothwendig ist. Die wichtigsten Bestandtheile sind: 1) der ßasalkörper zur Verbindung der inneren und äusseren Geschlechtsorgane; 2) das Begallungsrohr; 3} der Apparat zum Festhalten der weiblichen ßegat- tungsorgane. 4B Zenker: Der Basalkörper (yl) ist nur durch dünne Bänder mil dem übrigen Körper des Thieres verbunden, so dass sich der Penis bedeutend (um 90° nach jeder Seite) hin und her drehen kann. In der Mitte treten nebeneinander die beiden Begattungscanäle (C) ein, die nach kurzem Laufe sich rechtwinklig in die beiden konischen Hälften des Penis wenden, von denen sie fernerhin umiiüllt bleiben. Anfangs dünn, schwellen sie bald trichterförmig an und in der Ge- gend der grössten Breite des Penis werden auch ihre Wände stark und fest und biegen sich in mehreren gelen karligen Winkeln. Von der nach hinten und innen liegenden trich- terförmigen Erweiterung (o) biegt sich nämlich der Canal plötzlich nach vorn und aussen (b), dann nach oben (c) und dort wieder als enger Canal (C) nach unten um. Alle diese Gelenkstücke sind vielfach eingedrückt und gekrümmt, um eine leichte Beweglichkeil herzustellen. Zugleich sind sie mit den Theilen der Chilinumhüllung verwachsen, die durch ihre gleichzeitige Bewegung die Anheftungsorgane in Thä- ligkeit setzen. Wie wir die Gelenkstücke beschrieben haben , sind sie im Zustande der Ruhe. Bei der Erection des Penis bleibt das erste Stück unbewegt, das zw^eite wird nach hinten zu- rückgezogen und gerade nach unten ausgestreckt und hie- durch endlich das drille geradezu umgeklappt , so dass der enge Canal nun nicht von seinem oberen , sondern von sei- nem unteren Ende nach unten weilergeht. Dieser Canal schliesst sich mit seinen Krümmungen den umgebenden Theilen an und tritt bei erigirtem Penis aus demselben her- vor. Sein Ende ist auch noch sigmoidisch gebogen, sodass es sich den Krümmungen der weiblichen Vagina anschmiegt und der Same unmittelbar in den Befruchtungscanal überge- hen kann. Den drillen Theil bilden also die Organe, welche in der Ruhe zum Schulze des Begaltungsrohrs, bei der Begat- tung aber zum Festhalten der weiblichen Organe qBB) dienen. Sie bestehen bei den Cypriden nur aus der Chilinhaut, die wir als Umhüllung des ganzen Penis bereits kennen gelernt haben, und welche bei contrahirtem Penis sich eng ineinander legt in vielfach verschlungene Fallen, Monographie der Ostracoden. 49 durch die stürmischen Bewegungen der Ereclion aber sich so auseinanderklappt, dass das ganze Organ verändert scheint. Eben hier liegt für das Verständniss des mechanischen Vor- gangs bei der Begallung die grösste Schwierigkeit und ich kann nicht behaupten, das Ineinandergreifen der einzelnen Tiieile völlig durchschaut zu haben. Das hauptsächlichste bewegende Moment scheint mir das Umklappen der dritten Abtheilung des erweiterten Begattungscanais zu sein , denn in seiner Nähe zeigen sich auch noch sonst zwei höchst anf- allende llügelförmige Umklappungen (p, q) , deren eine be- sonders ein starkes inneres Gerüst erkennen lässt. Andrer- seits iinden sich die beim Festhalten selbst wichtigsten Theile ausser einem sehr starken Greifer ((/) an dem unteren Rande der Umhülking, so z. B. Fallungen in der Chitinhaut, welche von der Seite öfters hakenförmig (Ji) oder knopfförmig aus- sehen, besonders aber dient eine Spalte (/"), die dort längs der inneren vorderen Seiten von unten nach oben empor- steigt, dazu, der Umhüllung jede beliebige Weite zu geben und sie an die mit ihr umfassten Theile nachher fest anzu- schmiegen. Diese Vorrichtungen werden noch unterstützt durch den Haken am dritten Kieferpaare, welcher bestimmt ist, die Schale des Weibchens offen zu halten. So wenio- diese Darstellung für sich ein Bild dieser Organe giebt, so wird sie doch mit der Zeichnung zusam- mengehalten, ein besseres Verständniss eröffnen, als eine noch so detaillirte Beschreibung der einzelnen Stücke. Dass der Vorgang der Erection hier ein rein mechanischer ist, er- kennt man deutlich , wenn man einen herausgeschnittenen Penis durch ein Glasblättchen zusammendrücken lässt. Er wird alsdann so völlig erigirt, dass sogar der Begattungsca- nal aus ihm hervortritt. Durch welche Muskeln eine solche Wirkung hervorgebracht wird, ist übrigens bei den Cypriden darum schwer zu sagen, weil im Penis derselben gar keine mehr vorkommen. Sollten sich noch innerhalb des Körpers Muskeln an denBegattungscanal heften? Sollte ein Druck auf die Begattungstaschen hinreichen , diese mächtige Erection zu bewerkstelligen? Oder sollten endlich vielmehr nur Mus- keln vorhanden sein, die Contraction zu bewirken? Die Begattung habe ich niemals, wohl aber einmal Archiv f. Naturgescb. XX. Jahrg. i.Bd. 4 ÖÖ Zenker: die Erection genau beobachtet. Ich hatte 2 Thierchen noch während der Begattung unter das Mikroskop gebracht , sie jedoch schon getrennt gefunden und legte sie nun zwischen zwei Gläschen, von denen das eine hohl geschliffen war und deren Höhlung ich mit Wasser anfüllte. Zufällig war beim Auflegen des Planglases ein Luftbläschen mit hineingekom- men und hatte sich dicht an das Männchen gelegt. Sei es aus Irrthum oder wegen des noch andauernden geschlecht- lichen Reizes, das Männchen fing an, gegen diese Luftblase zu erigiren. Die Falten der Chitinumhüllung sprangen aus- einander , der Samencanal trat hervor. Der Penis schien noch zu suchen, denn er drehte sich um volle 180<^ schnell hin und her. Alle Kraft des Thieres schien auf diesen einen Punkt concentrirt, keine Muskel mehr zu wirken. Die Scha- len klafften weit auseinander, die Füsse waren unbeweglich, ja sogar die Kiemenblättchen standen still. Erst allmählich, nachdem sich der Penis zusammengefaltet hatte , kam Leben auch wieder in die Kiemenblättchen, die Füsse und endlich in die Schalen zurück. Dies wiederholte sich mehrmals hin- tereinander. Der Penis der verschiedenen Cypris- Arten variirt nur in den Dimensionen der einzelnen Theile; der Anlageplan ist bei allen derselbe. Abweichender ist der der Cyprois monacha (Tat. IIL Fig. 7.), der noch manche besondere Ha- ken u. dgl. enthält. Auch konnte ich ihn niemals durch Druck oder kochendes Wasser zur Erection bringen. Aehn- lich scheint auch der von Cyprois dispar zu sein. Das Begattungsorgan der Cytheren ist ebenso merkwürdig complicirt, wie das der Cypriden. Auch hier herrscht völlige Symmetrie, doch sind die Basalkörper bei- der Seiten in grösserer Ausdehnung miteinander und mit dem übrigen Körper verbunden. In der Miltelpartie befindet sich eine Samenblase in welche sich die beiden Samenleiter ergiessen und von der die Begattungscanäle nach den bei- den Seiten abgehen. Ausserdem enthält der Basalkörper starke Muskelmassen , welche zur Bewegung der festhalten- den Werkzeuge dienen. Dieselben bestehen hier nur selten aus Chitinlamellen, meist aus sonderbar geformten Ha- ken und Zangen. Auch hier ist das Begaltungsrohr von ei- Monographie der Ostracoden. 5i ner hornigen Scheide eingeschlossen und variirt ausseror- dentlich in seiner Länge. Wenn auch das Princip seiner Befestigung wohl dasselbe ist wie bei denCypriden, so sind die Dimensionen und Nebenverhältnisse doch so abweichend, dass wenig Aehnlichkeit aufzufinden ist. Besonders aber va- riiren die Haftwerkzeuge in den einzelnen Species so sehr, dass eine allgemeine Schilderung dieser Theile nicht mög- lich ist. Um so wichtiger ist es daher zur sicheren Bestim- mung von Arten, diese Verhältnisse genau aufzufassen, ohne deren Berücksichtigung so wenig sichere Anhaltspunkte zu finden sind. Vergleichen wir diese beiden Genilalapparate in ihrer Gesammtheit miteinander, so finden wir bei den Cypriden dieselben in zwei fast völlig von einander unabhängige Sei- ten getrennt , bei den Cylheriden dagegen eine Vereinigung der beiden Seiten in der Samenblase und überhaupt im Pe- nis. Bei den Cypriden bleibt der Same der rechten Seite von dem der linken Seite völlig getrennt, von seiner Entstehung in den Hodenschläuchen des Männchens bis zu seiner Thätigkeit in der Samentasche und Eierröhre des Weibchens: ebenso wie die Eier der rechten Seite von de- nen der linken innerhalb des Thieres stets getrennt bleiben. In solchen Fällen könnte ein völlig entwickelter krankhafter Hermaphroditismus gedacht werden, so dass die eine Hälfte weibliche die andere männliche Geschlechtstheile besässe. VII. Leben der Zoospermien (Taf. IL if). Wir haben so eben die beiden Geschlechtsapparate be- schrieben, ohne den Inhalt derselben näher zu berücksichti- gen; denn dieser bedarf einer besonderen Behandlung und besitzt für eine beiläufige Erwähnung zu complicirte und in- teressante Verhältnisse. Dies gilt sowohl von den Eiern, deren Entwickelung ja in allen Thierklassen von grösster Wichtigkeit ist, als besonders von den Zoospermien, die durch Grösse und Geslaltenwechsel denen aller anderen Thiere weit vorangehen. 5$ ' Zenker! Zwar haben R. Wag-ner und ich selbst die Spermato- zoen von Cypris bereits beschrieben und abgebildet; doch haben sich mir erst später so viel wichtige Verhältnisse auf- geklärt, dass ich sie ganz von Neuem beschreiben werde. Zuvörderst aber nehme ich meine frühere Bezeichnung Sper- matophoren zurück, zu der mich nur ihre unverhällnissmässige Grösse und ihre den Samensäcken des Cyolops nicht ganz unähnliche Gestalt verleitet hallen. Die Zoospermien der Cypriden sind meines Wissens die absolut grösslen Zoosper- mien der Thierwelt, denn sie erreichen bei C. ovum die Länge von %'" — 1'"; im Verhältniss aber zur Grösse des Thiers ist es slaunenswerth, sie über 3mal länger als das Thier selbst zu finden. Erste Periode. Zellenform (Fig. 1—7). Die Enl- wickelung der Zoospermien beginnt bei den Cypriden in den blinden Enden der Hodenschläuche. Hier erzeugen sich Zellen (Fig. 1) von 0,006'" Durchmesser und mit einem ein- fachen etwas stärker lichtbrechenden Kern. Während sie sich bis 0,012'" vergrössern, wächst auch der Kern, zeigt eben- falls (Fig. 2) einen Kernkern und erhält schliesslich ein kör- niges Ansehen (Fig. 3). Nach diesem Stadium dehnt sich die Zelle ziemlich plötzlich bis gegen 0,022"' in die Länge; das gekörnte Ansehn verschwindet und stall dessen zeichnen sich im In- nern (Fig. 4. u. 5) zwei längsliegende breite Streifen aus. Es sind dies die ersten Anlagen des bandförmigen Zoosperms, dessen späterer Mittelnerv schon hier deutlich hervortritt. Der- artige Streifen zeigen sich bald 4—5 (Fig. 6), aber kürzer und stets an der Peripherie. Sie sind Theile eines mehrfach herumgeschlungenen Bandes, welches aber nicht mit einer einzigen Einstellung des Mikroskops übersehen werden kann. Geht dies Band endlich 3 — 4mal um die Peripherie herum (Fig. 7), so zerplatzt die Zelle und ihre Wandung wird all- mählich in der Ernährungsflüssigkeit der Zoospermien aufge- löst. Dies geschieht noch auf der ersten Hälfte des Weges bis zum Schliessmuskel hinauf. Zweite Periode. Umbildungsform (Fig. 8— 10). Das herausgetretene Zoosperm (Fig. 8) erscheint als ein Band, (0,140"'lang, 0,002'"breiO mit einer kurzenSpilze (0,040"' Monographie der Ostracoden. 53 lang) und einem etwas verdickten steifen Mittelnerv, der sich sogleich gerade ausstreckt. Der häutige Saum und be- sonders sein Rand wachsen schnell; aber noch bleibt der Miltelnerv ungedehnt und daher schlägt der Saum wellige Falten, die mit dem Wachsen des Ganzen zahlreicher werden (Fig. 9). Nun scheint der Mittelnerv plötzlich zu erweichen, denn es verschaffen sich die Ränder der Hautplatlen Raum , in- dem sie den Mittelnerv herumdrillen und sich selbst um ihn wickeln. So verändert plötzlich das Zoosperm ganz und gar sein Aussehen, es sieht jetzt (Fig. 10) glatt und schlank aus und nur mit Mühe erkennt man noch die Ränder der häuti- gen Spiralplatlen, wie sie um den Körper des Zoosperms herumlaufen. Zugleich hat sich das ganze Zoosperm ausser- ordentlich verlängert, besonders auch die Spitze. Wir finden diese Form in der Gegend des Schliessmuskels. Die Spitze des Zoosperms geht stets voran und zeichnet dem Zoosperm seinen spiralen Weg an den Wandungen des Samenschlauchs vor. Die Samenfäden schieben sich stets wild durcheinan- der, und als ich dies zuerst in den Hodenschläuchen am Vor- derrande beobachtete, war ich zweifelhaft, ob ich ein Wim- perorgan, oder einen Blutstrom vor mir hätte. Dies gewährt einen hübschen Anblick, wie deren die Zoospermien derCy- priden gar viele darbieten , ist jedoch nicht so aufzufassen, als wären die Zoospermien selbst das Bewegende, vielmehr sind sie nur das Bewegte. Dritte Periode. Definitive Form. Ihre definitive Gestalt (Fig. 1 1) erhalten die Zoospermien durch weitere Drehung und immer grössere Geschmeidigkeit des Cenlral- fadens. Derselbe wird nicht nur immer stärker gedrillt, sondern bildet selbst eine cylinderförmige Spirale, so wie ein sehr stark gedrillter Faden sich auch schraubenför- mig heraiifschiebt. Hiedurch werden die Windungen be- deutend enger, das Zoosperm dicker und zugleich kürzer: nur die Spitze verkürzt sich nicht , nimmt sogar an Länge zu. Die Randspiralplatten stehen nun auf den Windungen des Centralfadens fast winkelrecht und ragen mit ihren freien Enden nach aussen und unten hervor. Allmählich verkürzt sich nun noch die Spitze, welche übrigens auch von einer 04 «o^A-^«" -Jfenker: .,,>^^ofTof/ etTvas schmaleren Spiralplatte umgeben ist und dadurch fast wie mit Widerhäkchen besetzt erscheint. Sie scheint von geringerer Bedeutung zu sein, denn ihre Länge bleibt bis zuletzt höchst ungleich und ihre Verkürzung scheint durch Abbrechen zu geschehen. In solchem Zustande werden die Zoospermien bei der Begattung in die weibliche Samentasche übergeführt. Sie haben keine Spur selbstlhätiger Bewegung; elastisch nur schnellen sie auseinander, sobald sie nicht mehr beengt sind. Sie sind jetzt begattungsreif, nicht befruchtungs- reif. Dies scheinen sie erst durch die Einwirkung des Schleims aus der männlichen Schleimdrüse zu werden. Wir treffen die Zoospermien in der Samentasche des Weibchens (Fig. 12) an, unverändert an Gestalt, aber dicker und länger geworden. Die Spitze bricht immer kürzer ab. Der Cen- tralfaden theilt sich allmählich in zwei Fäden, die nun eben- falls umeinander gedrillt sind. Endlich sehen wir bei den ältesten Zoospermien, dass sie eine Haut (Fig. 13) von ihrem Körper abstreifen, die ihren Windungen folgend sie umhüllte. Dies alles deutet darauf hin , dass der Schleim, der bei der Begattung mit übergeführt wird, einestheils in die Masse des Zoosperms eindringe und dieselbe aufquellen mache, an- derntheils aber auch die äussere Fläche desselben überziehe und auf derselben erhärtend eine anschliessende Haut bilde. Das Abstreifen derselben geschieht immer in der Richtung der Spiralplatten d. h. von oben nach unten. Es war in der That nur mit dem grössten Staunen, dass ich den ersten An- blick dieser in Häutung begriffener Zoospermien hatte. Kennt man die Einschliessung von Samenmassen in eine harte Um- hüllung und deren endliches Freiwerden auch bei andern Thieren, so ist doch diese Umhüllung des einzelnen Zoo- sperms eine bisher in der Thierwelt einzig dastehende That- sache. Wie die Abwerfung der spiralen Hülle innerhalb der Samentasche vor sich geht, habe ich nicht beobachten kön- nen. Bringt man die Zoospermien in Wasser , so bleiben sie anfangs unbewegt; nach einiger Zeit aber fangen die freien Ränder der Spiralplatten eine heftige wellenförmige Bewegung an, welche von oben nach unten herum zu laufen Monographie der Ostracoden* Öd scheint. Nach einiger Zeit nimmt sie mehr und mehr ab, spielt zuletzt nur noch um den untersten Theil des Zoosperms und erlischt dann ganz. Eine Wiederkehr dieser Flimmer- bewegung habe ich nie an ein und demselben Zoosperm be- obachtet. Dagegen ist die Zeit zur Erregung der einzelnen Zoospermien eine sehr verschiedene. Bei der grossen Zahl von Zoospermien in derselben Samentasche ist es schwer zu controlliren, ob eins oder das andere derselben etwa über- haupt nicht wimpert, und wenn es uns auch so erscheint, sind wir wegen der verschiedenen Empfindlichkeit der ein- zelnen Körper doch oft Irrthümern ausgesetzt. Mir schei- nen diese undulirenden Spiralplatten das Werkzeug zu sein, womit die spirale Hülle abgeworfen wird. Es müssle wohl zu diesem Ende innerhalb der Samentasche eine langsamere ündulation fortwährend stattfinden. Die Spirale Hülle ist ein treues Bild der äusseren Oberfläche des Zoosperms und bleibt, wo die Spitze anfängt, oben offen. Sie bleibt in der Samentasche und findet sich dort bei älteren Weibchen massenhaft abgelagert. Es wird auf- fallen, dass während die Zoospermien selbsl, conchyliologisch gesprochen , rechts gewunden dargestellt sind , die spirale Hülle sich im entgegengesetzten Sinne dreht. Beides sind Copien meiner Zeichnungen nach der Natur und mir selbst war der Widerspruch auffallend. Nach langen Bemühungen, darüber in's Reine zu kommen , habe ich endlich die Ver- muthung bestätigt gefunden, dass die Zoospermien der beiden Körperhälften nicht congruent, sondern symmetrisch sind, dass die einen rechts-, die andern linksgewunden sind. Offenbar wird der Sinn ihrer Spiraldrehung dadurch bestimmt, in welchem Sinne sie sich an den Wänden der Hodenschläuche entlang ziehen und hier war mir die Sym- metrie längst aufgefallen. Ich kann jedoch nicht bestimmen, ob die Drehung nach der gleichnamigen oder entgegenge- setzten Seile hin stattfindet; ich sah nur die Zoospermien der isolirten Samenblasen eines Weibchens von C. acuminata, die einen rechts, die andern links gewunden. Will übrigens Jemand , wie es sehr wünschenswerlh wäre , an grösseren Species, vielleicht C. ornala oder C. pubera, diese Unter- suchung wiederholen y so hüte er sich sehr vor optischen 56 ,>:Mi'8i Zenker: Täuschungen, die nur durch Auf- und Abbewegen des Mi- kroskops vermieden werden können. In der Gestalt gleichen diese Zoospermien , die wegen der Spiralplalten Niemand mehr für Spermatophoren halten wird, am meisten denen von Asellus , Gammarus , Porcellio etc. Bei diesen habe ich jedoch nie eine Spiralplalte ent- decken können. Die undulirende Bewegung dieser Platte ist in meiner Dissertation noch nicht erwähnt, ich wurde viel- mehr selbst erst durch meinen Freund Max Schnitze auf dieselbe aufmerksam gemacht, der, angeregt durch F. Czer- maks 0 Beobachtung einer ähnlichen undulirenden Membran an den Zoospermien der Salamander und Tritonen , sie so- gleich erkannte, als wir einst gemeinsam unsere Thierchen beobachteten. Die ganze Entwickelung lässi sich am besten an den Zoospermien der C. Candida, C. acuminala und C. ornata ihrer grösseren Dicke wegen beobachten. Ich habe aber auch an denen der übrigen Cypriden alle obigen Angaben bestätigt gefunden. Wie aber die Befruchtung der Eier schliesslich vor sich gehe, wieviel Zoospermien auf ein Ei kommen und wie sie sich dort verhallen, darüber fehlen mir leider alle Beobachtungen. Die Zoospermien der Cytheren entwickeln sich etwa in derselben Weise , jedoch zu sehr abweichenden Gestalten. Bei Cyth. gibba (Taf. IV. Fig. 21) C0.040'" 1., 0,0007'" d.) erreichen sie die Gestalt der lelzten Stufe in der zweiten Periode und haben auch noch ausserhalb der Zelle eine ent- sprechende Umgestaltung; bei Cyth. viridis (Taf. IV. Fig. 20) d agegen gehen die Zoospermien nur als Miniaturbilder der reifen aus den Bildungszellen hervor und bleiben auf der ersten Stufe der zweiten Periode stehen. Sie haben eine banförmige Geissei (0,006'" 1., 0,002'" br., 0,0002'" d.) mit einem scharf abgeschnittenen, breiten Ende und einem spit- zeren , an welches sich unter einem rechten Winkel ein Slil (der Spitze des Cypridensamens entsprechend) heftet , der von wenig grösserer Länge (0,008'" lang, 0,0005'" breit, 1) Zeilschr. f. wigsensch, Zool. Bd. II. Heft 2.. Monographie der Ostracoden. 57 0,0002'" dick) und auch bandförmig ebenfalls Vjmal um seine Axe gedreht erscheint. Beide Formen von Zoospermien sind ganz und gar unbeweglich, sowohl im Männchen wie im Weibchen. Die Enlwickelung aus der Zellenform geschieht ganz ähnlich wie bei den Cypriden und wird erläutert in den Abbildungen (Taf. IV. Fig. 19. 20. 21). VIII. Entwickelung der Eier und Jungen. Die Eier wachsen im blinden Ende der Eierröhre aus den drüsigen Wänden hervor, sogleich versehen mit einem hellen scharf conlourirten Keimbläschen und einem deutlichen Keimfleck. Alle drei Bläschen sind unipolar , sodass der Keimfleck den Punkt bezeichnet , wo sich das Ei von der Wandung ablöst. Nach einiger Zeit erhält der Keimfleck ein körniges Ansehen (Taf. II. C. Fig. 1) , das sich von ihm aus auch bald dem Keimbläschen miltheilt (Fig. 2). Dann erst häuft sich der Dotter in grösserer Menge an, trübt sich und wird entweder weiss (Cythere, Cyprois^ Cypria), gelb (C. Candida, acuminata) oder roth (C. pubera, ornala). Als Product der Absonderung aus den drüsigen Wandungen des Eileilers bildet sich eine Haut um das Ei , die wie bei den Eiern der Spinnen viele hohle Räume enthält. Bringt man ein solches Ei in Wasser (Fig. 3), so quillt diese Haut be- deutend auf und die Hohlräume (6) füllen sich mit Wasser, bis endlich die Haut zerplatzt. Ueber das Verhalten des Eies und des Mutterthicres beim Eierlegen und über die folgende weitere Entwickelung im Eizustand vermag ich für die Cypriden keine eigenen Be- obachtungen anzuführen. Sie sollen ihre Eier an Wasser- pflanzen in grösserer Menge auf einmal ankleben und die Eihaut soll sich zur Schale umbilden. In Betrefi* der Cythe- ren dagegen habe ich Cyth. viridis , lebendige Jungen her- umtragend, gefunden. Die allerersten Anfänge der Körperbildung Hessen sich nicht wohl beobachten , dagegen zeigte sich bald (Taf. IV. 96 r..(,. . Zenker: Fig. 16) eine Sonderung der Dottermasse in drei Theile, die verschiedenen Körpergegenden bezeichnend. Auch das Auge war schon durch eine kleine Pigmenlanhäufung (o) angedeu- tet. Als erste schon ausgeprägte Form fand ich einen Em- bryo (Fig. 17) mit zwei zarten Schalen, die hier allerdings als aus der Dollerhaut hervorgegangen erschienen , und mit einem braunen Auge (o) , dessen beide Hälften noch einen einzigen Körper ausmachten. Die Antennen des zweiten Paa- res waren schon fast völlig entwickelt (a) und traten zwi- schen den Schalen hervor, während sonst keine Gliedmassen zu erkennen waren. Dagegen waren in den obigen Abthei- lungen der Doltermasse der Mund (m) und der Darm (i) durch dunklere Stellen angedeutet. Ob die Antennen des ersten Paares nur verstekt oder überhaupt noch nicht vor- handen waren, blieb ungewiss. Bei der Geburt sind sie schon viel weiter entwickelt (Fig. 18). Sie sind länger geworden , das Auge (o) , der Schliessmuskel (spÄ), der Mund werden deutlicher. Von Gliedmassen sind die beiden Antennenpaare (a I, a II) und Kieferpaare (m\, m II) vorhanden. Das Abdomen selbst ist noch sehr unaus^ebildet und träfft statt Gliedmassen nur drei kleine Anhänge (p). Der Magen und der Geschlechtsapparat fehlen noch. Die Cytheren und daher wahrscheinlich die Oslracoden überhaupt entwickeln also von ihren Gliedmas- sen die vorderen früher als die hinteren und schliessen sich hierin den Cyclopiden und Branchiopoden an. Auch junge Cypriden habe ich übrigens gefunden mit sehr rudimentärem Abdomen und schon ziemlich ausgebildetem Thorax. Die weitere Entwickelung des bereits lebenden Thieres habe ich wiederum an den Cypriden besser beobachten kön- nen (Taf. II. C. Fig. 4). Allmählich bildet sich mehr und mehr das Abdomen aus, sowohl was die Gliedmassen betrifft, als die Geschlechtsapparate und das Volumen. Die hiemit in Verbindung stehenden Veränderungen in der Gestalt der Schalen haben wir schon oben angeführt. Bei den Thieren, deren drei Augen getrennt stehen , fängt bereits die Tren- nung an, die schnell bis zu ihrer normalen Weite vorschrei- tet. Bei der Geburt existiren derMagen und vielleicht auch die zahnarlige Mundbewaffnung noch nicht, doch habe ich Monographie 4w Ostracoden. ö9 dieselben in den nächsten Altersstufen stets schon fertig aus- gebildet angetroffen. Die Leberschläuche entstehen ebenfalls schnell bei schon etwas grösseren Thicren und haben von vorn herein dieselbe feinere Structur, wie nachher. Wenn auch unvollkommen, Hess sich doch Einiges über die geschlechtliche Entwickelung erkennen. Die Eierröhre und der Samenschlauch entstehen zuerst, erstere verhältniss- mässig noch früher. Die zwei vorderen Hodenschläuche scheinen sich später zu entwickeln , als die vier hinteren, Aber ehe noch von irgend andern Geschlechtstheilen eine Spur vorhanden ist, sieht man die Eierröhre und Hoden durch die Schale schimmern. Die erstere producirt unreife Eier, die sich bei zunehmendem Alter immer mehr der Reife nä- hern; die letzteren Zoospermien im ersten und später im zweiten Stadium der zweiten Periode. Ob diese Producte auch ausgestossen werden, oder bis zur geschlechtlichen Reife im Inneren bleiben , ist zweifelhaft. Die Hoden ver- längeren sich durch Zuwachs in der Gegend zunächst dem Samenleiter. Die Samentaschen (Taf.H.J^. Fig. 4) und Schleimdrusen entstehen aus dem Canal, der sich beim weiblichen Ge- schlechle weil stärker, als beim männlichen in die Länge entwickelt. Eine drüsige Masse (c), deren Zellen gegen die Mitle gerichtet sind , nimmt ihn auf und liefert ihm wahr- scheinlich den StofF zurBildung seiner harten Wandung. Die Zellen sind gekernt und sondern ausserdem noch den gel- ben körnigen Stoff ab , dessen wir schon oben (S. 40) er- wähnten. Bald erkennt man innerhald dieser Drüse das stark lichtbrechende Knäuel der Canalwindungen (6), deren letztes Ende sich in die noch schlauchförmige Samentasche (a) er- weitert und mit einer 6— 8strahligen Narbe schliesst. Beim Männchen wird die drüsige Masse zur Bildung der Schleimdrüse verwandt. Ich habe dieselbe nur an Cy- prois monacha (Taf. 11. A. Fig. 2) beobachtet. Der innere Cy- linder (a, 6) tritt zuerst deutlich hervor mit seinen Chilin- ringen, aus denen nach und nach die Chitinstrahlen hervor- sprossen. Die Drüsenmasse (yaigen Uebergang der einen 1) V. Sicbold, üb. die Sainenflüssigkeit wirbelloser Thicrc in Müll. Areh. 1836. p. 245. Taf. X. F. Leydig, üb. Paludina vivi- para in d. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. II. 1850. p. 182, 104 Zenker: Form in die andre durch forlschreitende Entwickelung nicht die Rede sein liann. Vielmehr zeigt sich ihre Verschieden- heit, wie in dem reifen Samen, so seit ihrer ersten Anlage. Die sechs Hoden des Asellus aqualicus sind feigenför- mige Blindsäcke , deren immer drei durch enge Oeffnungen in ihren stumpfen Enden in ein gemeinsames weites Vas de- ferens einmünden. In dem spitzen Ende jedes Hodens er- zeugen sich kleine gekernte Zellen , deren Kern bald ver- schwindet und in denen die Bildung der Zoospermien vor sich geht. Diese Zoospermien-Mutlerzellen nehmen (Fig. 4) allmählich an Grösse zu, werden nach einem Pole zu (Fig. 4. a) spitzer und endlich ganz in die Länge gezogen, so dass sie, wenn endlich die Haut zerplatzt , die Form einer spitzen Tüte annehmen (Fig. 5). Indess sondert sich der Inhalt dieser Zellen in zwei Hälften ab. Diejenige zunächst dem Pole (a) enthält viele Kügelchen (rf), die sich nach dem Pole zu in einen dünne- ren Theil verlängeren und sich damit an die Wandung an- heften. Der Inhalt des antipolarcn (6) Theiles ist mehr von gleichmässiger Beschaffenheit und es markirt sich dort nur ein öfter durch die ganze Zelle sich schlingender Faden, durch dessen Zunahme an Grösse undElaslicität endlich die- ser Theil der Zellenwandung zerrissen wird. Nun tritt Alles deutlicher hervor (Fig. 5). Der elasti- sche Faden (c) streckt sich in seiner ganzen Länge (etwa 0,140'") aus. Er besteht aus 5—15 Einzelfäden von höch- stens 0,0002'" Dicke, welche aus dem polaren Theil der Zel- lenwandung entspringen und sich so eng umeinander schlin- gen, dass sie bis zum Ende wie e i n Faden erscheinen und nur durch Anwendung aufblähender oder zusammenziehen- der Agentien (Glycerin, Chromsäure) weiterhin kenntlich werden. In der Zellenhaut dagegen erkennt man die oben erwähnten nun sehr zahlreichen geschwänzten Kügelchen (d) jetzt als die Anlage der andern Art von Zoospermien. Sie zeigen sich (Fig. 6) als Bläschen (von 0^003"' Durchmesser), die an Fäden (0,012"' I., 0,0004'" d.), vielfach miteinander verschlungen, von der Wandung herabhängen. Bei manchen (d, e) erkennt man noch, dass diese Fäden durch Verlänge- rung des Zellenken'is. entstanden, sind, bei den meisten ver^ Ueber Asellus aqualicus. 105 schwindet jedoch schon die ihn gegen die eigentliche Zelle abgrenzende Haut. Im weiteren Verlauf derSamencntwickelung (/", ö') ver- längert sich dieser Faden (bis auf etwa 0,016'") und die Zelle bildet sich zu dem Kopf des Zoosperms (von etwa 0,020'" L. und 0,001'" D.) aus. Zugleich wächst die licht- brechende Kraft dieser Organe, die zwar schon in der ersten Anlage (er, 6, c) die der umgebenden Masse überlraf. Die haarförmigen Zoospermien verändern sich nicht weiter, son- dern verbinden sich nur noch zu grösseren Bündeln mitein- ander und sind dann in ihrer ganzen Länge, wie wir sie zu- erst beschrieben, mit anhängenden keulenförmigen Zoosper- mien umgeben. Kommen solche Samenmassen in das Was- ser y SO quellen sie auf, die haarförmigen Bündel isoliren sich mehr und mehr, lösen sieh sogar in die einzelnen Zoo- spermien auf; die keulenförmigen dagegen (&) schwellen in der Mitte ihres Kopfes blasenförmig an und bezeichen da- durch wahrscheinlich die Stelle, wo noch der alte weiche Zelleninhalt vorhanden ist, und wo sich daher eigentlich Kopf und Schwanz des Zoosperms berühren. Beweglichkeit fehlt beiden Arten von Zoospermien ganz und gar. In dieser Entwickelung aus gemeinsamer Quelle auf verschiedenem Wege zu gemeinsamer Verrichtung ist recht deutlich ausgesprochen, wie der Keim zu aller befruchten^ den Kraft in der Zoospermien -Multerzelle verborgen liegt, möge sie nachher diese Kraft in Gefässe einer oder meh- rerer Formen einhüllen. Wer vermag auch zu sagen, ob nicht noch in vielen andern Thieren so wie hier eine Thei^ lung der Befruchtungsarbeit zu finden wäre, wenn auch die Formen vielleicht in weniger scharfem Gegensatz zu einan- der stehen. Soviel von den Zoospermien des Asellus aquaticus. Auf- fallend ist aber die Aehnlichkeit der Gestalten, welche man hier findet, mit denen, welche Fr ey und L eu ck art ') an dem Samen der Mysis flexuosa gefunden haben. Die Figuren 1 — 14 in No. 16 ihrer Taf. II. stimmen ganz mit der Entwicke- lungsgeschichte der keulenförmigen Zoospermien des Asellus ' t) Frey u. Lcuckart, Bcilr, z. Kcnnlniss wirbelloser Thiere. Wß Zenker: Überein und die Figuren 15—17 passen ganz gut auf die haarförmigen. Frey und Leuckart leiten zwar die Bildung des haarförmigen Zoosperms aus der keulenförmigen Form her, wissen aber nicht bestimmt anzugeben, ob der Schwanz der letzteren aus oder nur an dem Kopfe sich verlängert und zwar von etwa 0,12'" bis auf 0,33'". Es drängt sich hiebei und namentlich auch bei Vergleichung der Figuren 15 und 16 die Vermuthung auf, als ob die zusammengefal- lene Zellenhülle für den Kopf des alten Zoosperms genom- men wäre. Ich kann diese Vermuthung übrigens nur als solche hinstellen , da ich Mysis nicht untersucht habe. In verschiedenen Species von Gammarus habe ich immer nur die haarförmige Art gefunden, die in der Ordnung der He- driophthalmen sehr verbreitet zu sein scheint , die sich je- doch stets innerhalb grosser Mutter-Zellen, niemals aus keu^ lenförmigen Entwickelungsformen hervorbildel. Gäbe auch die genauere Darstellung des Asellus aqua- ticus noch manches Interesse ab, so will ich doch nur noch auf ein Organ aufmerksam machen , dessen noch nirgends Erwähnung geschehen ist und das dem Asellus aqualicus ei- genthümlich zu sein scheint. Es ist dies ein Absonderungs- organ, welches sich in beiden Geschlechtern findet und sich jederseits von etwa dem vierten ßrustringe bis in das äus- sersle Ende des Schwanzes erstreckt. Bei jungen Thieren (Fig. 3./2) sieht man in dieser Gegend zu beiden Seiten des Darms sechs Flecke, die bei auffallendem Lichte weissglän- zend sind. Mit vorrückendem Alter nimmt die Masse der- selben mehr und mehr zu , die Flecke verbinden sich mit einander zu einer fortlaufenden Röhre, diese schwillt zu be- trächtlicher Stärke an und auf ihrer Wandung malen sich dunkle Streifen ähnlich denBlufgefässverästelungen bei Thie- ren von vollkommnerem Kreislauf. Endlich wird auch noch eine kurze Röhre mit dieser weissen Masse erfüllt, gleichsam injicirt, die aus der Mitte des Schlauchs in die Gegend der Geschlechlsöffnung führt. Ob dort eine Oeffnung wirklich vorhanden ist und ob wirklich hier diese Masse ausgeslossen wird, blieb mir zweifelhaft. Die Masse selbst besteht aus durchsichtigen farblosen Körnchen von ausserordeRtlicber Kleinheit und stark lichtbre- Ueber Asellus aquaticus. 107 chender Kraft. Salpetersäure, Schwefelsäure, Kali, Ammo- niak, Spiritus, Chromsäure vermochten nicht die geringste Wirkung auf die fragliche Masse auszuüben. Versuche, sie zu glühen, gaben wegen der zu geringen Ouantität keine si- cheren Resullale. Mögen spätere Untersuchungen über die eigentliche Natur dieser Absonderung Aufschluss geben, je- denfalls ist es eine einstweilen isolirt dastehende. Denn Niere ist doch ein Organ nicht zu nennen, das weder Harn- stoff noch Harnsäure absondert und zu den geschlechtlichen Absonderungsorganen scheint es doch auch nicht zu gehö- ren. Eine gewisse Aehnlichkeit hiemil hat die Masse , wel- che in den jungen Individuen von C. armata und C. ornata behufs der Bildung der männlichen Schleimdrüse oder des Canals zur weiblichen Samentasche abgesondert wird. Sel- bige sieht jedoch gelb aus und verschwindet mit zunehmen- dem Aller. In andern Crustaceen habe ich niemals ein ana- oges Gebilde gefunden. iSystein der Crustaceeii. Von Dr» Zenker« 1. Als Hauptresultat meiner anatomischen Untersuchun- gen über die Klasse der Crustaceen fuge ich hier ein System derselben an, wie es mir mit allseitiger Berücksichtigung des Körperbaues und der Entwickelung am natürlichsten er- scheint. Dasselbe beschränkt sich jedoch meist auf die An- ordnung der grossen Gruppen , da ein näheres Eingehen in dieselben bis zur Critik der Familien und Gallungen in den meisten Fällen als zu zeitraubend und erfolglos erscheinen musste. 2. Es befinden sich gegenwärtig noch zwei Systeme für die Crustaceen in Geltung, das eine von Latr eilte, das andre von Milne Edwards. Das System vonLatreill e •), wie es sich seither durch die neueren Forschungen gestallet hat, thcilt die Crustaceen in Malacoslraca und Enlomoslraca. Erstere zerfallen in Po- dophthalma (Dekapoden, Stomapoden) und Hedriophlhalma (Laemodipoden, Amphipoden , Isopoden , Trilobilen). Die Enlomoslraca zerfallen in Phyliopoda , Lophyropoda (Daph- nia, Cyclops, Cypris), Parasita, Cirrhipedia und Xiphosura. Das System von Milne Edwards macht drei Unter- klassen: Maxilies, Succurs und Xiphosures. Die Maxilies zerfallen in Malacostracees (Pod., Hcdr.)jTrilobiles, ßranchio- podes (Phyllopodes, Daphnoides) und Entomostracees (Cy- clops , Cypris). Die Suceurs zerfallen in Siphonostomes, 1) Latreille im Regne animal von Cuvier. Zenker: System der Crustaceen. 109 Lerneodes und Pycnogonides. Die Xiphosures endlich ent- halten die einzige Galtung Limulus. 3. Zuvörderst muss der Umfang der Thierklasse be- stimmt werden und ich schliesse mich darin an das obige Latreille'sche System an, indem ich wie Burmeister') und Martin St. Ange 2) es fordern, dieCirrhipedien zu den Crustaceen ziehe, dagegen die Pycnogoniden gegenüber Milne Edwards 3) und Quatr e fages ^) zu denArach- niden zähle. Ich habe am Schluss meiner „Untersuchungen über die Pycnogoniden'^ in Müller's Archiv 1852. S.379. Taf. X. fol- gende Zeichen ihrer Verwandtschaft mit den Arachniden hervorgehoben: die Anwesenheit von paarigen einfachen Augen und der vier Fusspaare, den Mangel eigentlicher Kie- fer und die besondre Function der antennenartigen Schee- renfühler und Taster , endlich die merkwürdige Bewaffnung des Schlundes durch borstentragende Chilinleisten und die Erweiterung des Magens in fünf Paar Blindsäcke. Das Feh- len von Alhemorganen , welches Milne Edwards, das rudimentäre Abdomen ^ welches Quatrefages bewog, sie zu den Crustaceen zu stellen , sowie endlich die Entwicke- lung aus anders gestalteten Larven ^) finden sich theils bei den Acarinen theils bei den Tardigraden wieder. Es ist daher die Stellung zwischen diesen beiden Arachniden-Grup- pen, wie sie v. Siebold^} ihnen giebt, gewiss die natur- gemässe. 4. Die Cirrhipedien stehen allerdings den übrigen Cru- 1) Burmeister, Beiträge zur Naturgeschichte der Ranken, füsser. 1834. 2) Martin St. Ange, Mem. sur l'organisation des Cirripe- de» 1835. 3) Milne Edwards, Hist. nat. des Crustaces. T. III. p. 4) Quatrefages, Mein, sur l'organisation des Pycnogonides in den Ann. des sciences natur. T. IV. 1845. p. 69. pM. II. 5) Kröyer, Katurhistorisk Tidsskrift Bd. III. 1840. S. 299. Taf. III. 6) V. Siehold und Stannius, vergleichende Anatomie 1848. Bd.I. S.506. tlO Zenker: slaceen durch das überraschende Vorkommen des Hermaphro- dilismus bei ihnen ziemlich fern. Seitdem Max Schnitze') in den ßalanen neben den Eiern alle Entwicklungsstufen der Zoospermien gefunden hat, ist sein Vorkomnien uube- zweifelbar und auch das durch Darwin 2) verbürgte Vor- kommen eingeschlechllii her Individuen in einer sonst her- maphrodilischen Art rückt sie den übrigen Crustaceen nicht näher; sondert sie vielmehr von allen übrigen Thieren in physiologisch eigenthümlicher Weise ab. Dennoch findet sich in dem Bau des Auges, des Darms und der stets dicho- tomischen Füsse, besonders aber in derEntwickelung ^) eine so auffallende Aehnlichkeil mit den Cyclopiden und andern Crustaceen, dass ohne den Hermaphroditismus kein Zweifel über ihre Zusammengehörigkeit bliebe. Die hermaphroditi- schen Tardigraden stellt man aber allgemein zu den sonst eingeschlechtlichen Arachniden; also können wir entsprechend auch die Cirrhipedien als einzige hermaphrodilische Gruppe bei den Crustaceen lassen, zumal da ihnen sonst eine ganz neue Thierklasse eingeräumt werden müsste. 5. Die Hauptveränderung, die mit den übrigen Ab- theilungen der Cruslaceenklasse vorzunehmen ist, besteht in der völligen Auflösung der Ordnung Entomostraca Müll., . Lophyropoda Lair., Monoculus Jur., in welche bisher die drei Familien der Cyclopiden, Daphnoiden und Cyproiden zusam- mengezwängt wurden. Die Verwandtschaft dieser Thierfami- lien ist so gering, dass sie uns vielmehr als Repräsentanten von drei verschiedenen Hauptgruppen der Crustaceen dienen werden. Die Oslracoden wollte schon Strauss aus dieser Ordnung entfernen und Milne Edwards nahm die Daph- noiden daraus fort, sodass die bisherigeErhallung der Gruppe nur der Ungewissheit zuzuschreiben ist, wohin man die ein- zelnen Familien zerstreuen sollte. 1) Max Schultz e in der Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Bd. IV. 1852. 2) Darwin, On Cirrhipeds 1852. Ich habe dies AVerk nicht selbst kennen. gelernt, :;ondern nur einige Resultate daraus erführen 3) S. Burmeister a. a. 0.; Thompson, zoologipal rege- arches p. 62. pl.IX. Goodsir, Edinburgh new philos, Journal July 1843. Ko.69. p.97. pl.III.lV. System der Crustaceen. Hl 6. Die Daphnoiden erlialten schon bei Mi Ine Ed- wards den ihnen gebührenden Platz neben den Phyllopoden. In beiden Familien finden sich drei Augen, ein einfaches und zwei zusammengesetzte mit nicht faceltirter Hornhaut und mit birnförmigen Linsen. Die mit Athemplalten versehenen schwingenden Füsse, die Zahl der Kiefer (wovon nur Apus ') mehr hat als die übrigen), die ganze innere Organisation bestätigen die Verwandtschaft. Die Schalen, welche sich in beiden Familien finden, haben ganz dieselbe Struktur und in allen diesen Beziehungen sind es vorzüglich die Galtungen Hedessa 2) und Limnadia 3) ^ welche den Uebergang vermit- teln und fast den Daphnoiden näher zu stehen scheinen, als den eigentlichen Phyllopoden. Die geringere Fusszahl der Daphnoiden entfernt sie nicht von den Phyllopoden , da in beiden Familien die Fusszahl variabel ist. Ein wichtigerer Unterschied liegt dagegen in der Entwickelung, indem die Phyllopoden erst allmählich ihre ganze Fusszahl erlangen, die Daphnoiden hingegen völlig ausgebildet aus dem Ei schlüpfen. Freilich kennen wir die Entwickelungsgeschichte von Limnadia und Hedessa noch nicht und dann findet sich wieder in der Zeugungsgeschichte beider Familien die merk- würdige Analogie, dass sie sich Iheils durch Knospung, theils durch Zeugung, theils durch lebendige Junge, Iheils durch Eier vermehren und dass die Männchen meist nur gewissen Jahreszeiten anzugehören scheinen "♦). Ausserdem finden 1) Zaddach, De Apodis caucriformis an^tome nee non hi- sloria evolulionis. 2) Lievin, Hedessa Sieboldii in den Branchiopoden der Dan- ziger Gegend Taf. I. II. 3) Brongniart, Mein. s. la Limnadia Hermanni in den Mem. du Museum d'hist nalur. T. VI. 1820. p.83. 4) In meinen „Physiologischen Bemerkungen über die Daph- noiden« Müll. Arch. 1851. S. 112. Taf. III. stellte ich die Meinung auf, dass mit der kälteren Jahreszeit die Eier der Daphnoiden sich eher zu männlichen Individuen entwickelten als im Sommer. Ich hatte dies geschlossen aus dem Verhalten von acht einheimischen Arten. Diese Anschauungsweise auch auf die Phyllopoden übertra- gend, suchte ich in der Greifswalder Saline nach den Männchen der Arlemia snlina. Im "NVintcr wurde die Soole abgelassen; aber in der 112 Zenker: wir in beiden Familien den Dann ohne Oesophagus-Magen, theils mit einer eigenlliclien Leber, Iheils nur mit oder auch ohne Leberblindsäcke; einen sehr ausgebildeten Blutlauf mit grossen zahlreichen Blutkörperchen und zellenförmige Zoo- spermien '). So stellen wir denn die Gruppe derBranchiopodcn hin, wie sie Milne Edwards gegründet hat und möchten sie Iheilen in Phyllopoden (mit Metamorphose) und Daphnoiden (ohne Metamorphose), wobei also Limnadia und Hedessa noch zweifelhaft blieben. In der weiteren Eintheilung finden wir nichts zu ändern, schliesscn uns vielmehr völlig der von Milne Edwards an. 7. Auch für die zweite Familie der Lophyropoden, die Cyclopiden oder Copepoden , hat schon M. E d w. und noch entschiedener C. Vogt 2) die richtige Stelle angedeu- tet, nämlich die neben den Parasiten. Im Aller zwar zu den bizarrsten Gestalten aufgetrieben, zeigen die Parasiten doch in den Männchen und Larven noch die reinere Form, die allein zur Anknüpfung zoologischer Vergleichungen ge- eignet ist. So lange sie überhaupt fussartige Organe am Bauche haben, sind diese in zwei Aeste gespalten und stim- ersten neuen Generation fand ich 3 Männchen unter etwa 200 Weib- chen; später unter Tausenden nicht ein einziges. Dies geschah frei- lich erst am 18ten Juli 1851 ; aber die Entwickelung der Eier war doch noch während der lialten Frühjahrswilterung geschehen, so dass dieser Fund wohl als Bestätigung gelten kann. Bald darauf brachte die Zeitschr. f. wiss. Zool. 1851 den schönen Aufsatz von Leydig über Branchipus und Artemia, in welchem derselbe ebenfalls die Auf- findung der männlichen Artemia salina bei Cagliari und zwar im De- cember 1850 anzeigte. In ähnlicher Weise fand ich auch neuerdings am Ende des Octobers das ölännchen von Lynceus striatus, welches sich beiläufig von dem Weibchen vorzüglich durch das Fehlen der Helmkante, durch das engere Anliegen der Schale und durch den Ha- ken am ersten Fusspaare unterscheidet. 1) Bei Branchipus stagnalis, Artemia salina, Lynceus lamel- latus, macrurus, striatus, sphaericus, Sida crystallina, Daphnia pulex, sima, Eunica longirostris habe ich ellipsoidisch zellenförmige Zoo- spermien gefunden. Für die ersten beiden Gattungen ist diese Zoo- spermienforra schon durch Leydig bekannt geworden (a. a. ü.). 2) Vogt, Ocean und Mittelmeer. S. 100. System der Crustaceen. 1 13 men in ihrer Zahl mit denen der Cyclopiden überein. Ihr Auge, so lange es vorhanden ist, zeigt denselben Bau, wie bei den jungen Cyclopen. Die Eintheilung in Kopf, Brust und Schwanz lässt sich bei den meisten noch erkennen und besonders bei gcschlechtsreifen Weibchen durch die langen Eiersäcke , welche neben dem Schwänze herabhängen und in denen sich die Jungen zu der Form der Müll er'schen Nauplius und Amymone entwickeln. Tritt die Verwandtschaft mit den Cyclopiden jetzt schon klar hervor, so zeigt sie sich noch besser in dem allmählichen Uebergang, der von den Copepoden durch die Ergasiliden zu den übrigen Parasiten stattfindet. Der Unterschied zwischen Cyclops und Ergasilus ist so gering, dass Burmeister ^ gesteht, „nicht einmal einen generellen Character zwischen beiden aufzufinden, aus- ser dem der Lebensweise.^ Und dennoch trennt M. Edw. die Copepoden von den Parasiten wegen der Verschiedeneeit , der dort zum Kauen, hier zum Saugen eingerichteten Mundorgane und bildet so- gar aus den „saugenden Cruslaceen« eine eigne Unterklasse. Aber kann die Gestalt der Mundorgane hier von so grosser systematischer Wichtigkeit sein, hier, wo durch die parasi- tische Lebensweise eine bestimmte zweckmässige Form ver- langt und hervorgebracht wird? Wären dieThiere nun auch verwandt oder nicht, so würden sich doch ihre Mundbildun- gen ähnlich sehen. Verhältnisse also, die durch die Lebens- weise modificirl sein müssen, sind kein Zeichen für ursprüng- liche natürliche Verwandtschaft; bessere Zeichen sind sol- che, die sich möglichst unabhängig von der Lebensweise erhalten. Von der Art sind aber in unserm Fall die Ent- wickelung aus Cyclopenformen, das Auge, die Eiersäcke und die Dichotomie der Füsse. Darnach bilden die parasitischen Crustaceen mit den Copepoden wiederum eine grosse Ord- nung, für die wir den vielgebrauchten Namen Entomostraca erhalten wollen. Sie würden zerfallen in Copepoden, Sipho- nostomen und Lernaeoden , die ersteren in die von Dana angegebenen fünf Familien , die anderen wie bisher. Nur Argulus nehmen wir ganz von hier fort und werden ihm 1) Burmeister, Naturgeschichte S. 555. Archiv f. Naturgescb. XX. Jahrg. Bd. 1. 114 Zenker: weiter unten seine Stellung im System anweisen. Die grosse Verwandtschaft der Cirrhipedien mit den Entomostraceen haben wir schon oben hervorgehoben. 8. Die dritte Familie aus den Lophyropoden, die der Ostracode?i, hat uns zwar oben schon ausführlicher beschäf- tigt ; hier jedoch sollen erst die systematischen Schlüsse aus den anatomischen Daten gezogen werden. Sie schliesst sich durch die beiden muschelartigen Schalen, die sich nur bei jungen Balanen in ähnlicher Art wieder finden, völlig von den übrigen Crustaceen ab; ebenso durch die geringe Glied- massenzahl, über deren Conslanz durch alle lebenden und fossilen Galtungen wir freilich noch unwissend sind. Das Vorkommen einfacher Augen verbindet sie mit den nun von uns so benannten Entomostraceen und den Cirrhipedien. Die Gliedmassenbildung sowie der Oesophagusmagen und die Le- berschläuche erinnern an die 31alacostraceen, vorzüglich die Isopoden. Bei den letzleren finden sich ebenso fadenförmige Zoospermien und zahlreiche Blindsäcke des Hodens. Die Abwesenheit eines Herzens und ßlullaufs weist dagegen wie- der mehr auf die Cyclopiden hin. Durch diese vielseitige Verwandtschaft wird bewiesen , dass die Ostracoden zu kei- ner bisherigen Gruppe gehören und eine eigene Ordnung bilden müssen , deren vorzüglichster Character die Schale ist. Ist es wahr, was Dana kurz angiebt, was ich aber sonst nirgends bestätigt finde ^ dass Cypridina zwei seitliche zusammengesetzte Augen hat, so zeigt sich darin nur noch mehr, wie innerhalb dieser Ordnung auch bedeutende Unter- schiede auftreten können, ohne den gemeinsamen Typus zu verdrängen. Die nächsten Verwandtschaften zeigen die Ostracoden einerseits mit den Malacostraceen, besonders den Isopoden, andrerseits mit den Entomostraceen und Cirrhipedien, beson- ders den Balanen; äusserst geringe aber mit den Branchio- poden, deren einige ihnen äusserlich so ähnlich sind, lie- ber ihre fernere Einthcilung haben wir schon oben ge- sprochen. 9. Die Ordnung der Malacostraca fassen wir ganz wie Latreille und Milne Edwards und finden sie^ cha- racterisirt durch die zwei zusammengesetzten Augen, mit fa- System der Crustaceen. 115 cettirler Hornhaut und die regelmässige Segmentzahl, durch den Oesophagusmagen und die Leberschläuche , durch den stark ausgebildeten Circulationsapparat und das Herumtragen der Eier an den Füssen. Die Podophlhalmen bieten dann noch vielfache Unterschiede von den Hedriophthalmen und vorzuglich letztere schliessen sich nahe an die Trilobiten an, deren Stellung wir hier sogleich erörtern wollen. 10. Die Merkmale^ welche uns die fossilen Reste der Trilobiten erkennen lassen , bestehen in zwei seitlichen zu- sammengesetzten Augen mit facettirter Hornhaut, einer Reihe von unter sich gleichen Segmenten, mit langen seitlichen Fortsätzen, von denen sich nur Kopf und Schwanz durch grössere Schilder abzeichnen , und in dem Mangel jeglicher Art von Gliedmassen. Ueber die Gliedmassen lässt sich daher nur vermulhen, sie seien blattförmig gewesen; ebenso gut können sie lang und dünn gewesen sein wie die der Iso- poden, die auch bei der Verwesung leicht abfallen. Alles Uebrige finden wir ebenso bei den Isopodcn wieder: Augen, Segmente mit seitlichen Fortsätzen sammt Kugelungsvermö- gen (Sphaeroma), das grosse Kopf- und Schwanzschild, aus je vier Segmenten bestehend; nur nicht die variable Anzahl der Segmente. Hierin liegt der Character, der die Trilobi- ten doch wohl den Malacostraceen entziehen muss und der sie den Phyllopoden einerseits, den Myriapoden andrerseits nähert, mit welchen beiden sie auch die Art zu wachsen gemein haben. Dennoch stehen sie, meiner Ansicht nach, den Malacostraceen sehr viel näher als den Branchiopoden. Innere Theile kennen wir noch nicht. Die Eintheilung in Familien und Gattungen wage ich hier, wie bei den Malaco- straceen, nicht zu besprechen. 11. Uns fehlen noch die beiden Gattungen Argulus und Limulus. Argulus ') wird mit Unrecht unter die Siphonoslomen gestellt, da sein Stachel nach C. Vogt und F. Leydig keineswegs den Mund trägt, sondern nur oberhalb des Mun- des sich befindet. Noch weniger aber gehört er zu den mit Cyclops verwandten Formen , denn er hat neben dem 1) Citate auf S. 27 Anm. 1. 116 Zenker: einfachen Auge auch zusammengeselzle Augen mit nicht fa- celtirter Hornhaut , ferner bedeutende Magenanhänge , ähn- lich denen der Daphnoiden , eine grosse blutreiche Rücken- schale, die mit der des Kopfs zusammen das Thier fast ganz einhüllt, ein sehr entwickeltes Circulalionssystem und keine Eiersäcke. Nur in der Zahl der Gliedmassen stimmt Argu- lus mit Cyclops, indem er 2 Paar Antennen , 4 Paar aller- dings auch gelheilte Ruderfüsse hat, und die 3 Paar Glied- massen neben dem Munde des Cyclops den Saugnäpfen, dem sogenannten ersten Fusspaar und, nach Leydig, dem Horn- gerüsl des Mundes entsprechen. Mit den Daphnoiden geht die Parallelisirung aber ganz ebenso gut in der Zahl der Gliedmassen und auch deren Füsse sind oft ästig. In den übrigen Characleren, dem Auge, der Schale, dem Darmkanal, der Circulation stimmen sie völlig mit ihm überein und wenn sie auch im Geschlechtsapparat von ihm abweichen , so steht in Beziehung auf Gestalt und Producl desselben der Argulus auch den übrigen Cruslaceen ziemlich fern und nähert sich noch am meisten den Oslracoden durch fadenförmige Zoospermien und die Existenz einer männlichen Schleimdrüse und einer weiblichen Samentasche» Die Enl- wickelung aus einer anders gestalteten Jugendform giebt keine Andeutung näherer Verwandtschaft nach irgend einer Seite hin. So muss denn Argulus entweder eine eigne Ord- nung bilden oder mit den Branchiopoden vereinigt werden. Die hieraus entstehende Ordnung nennen wir der schildarti- gen Schale wegen, welche die meisten haben: Aspidostraca, und würde dieselbe also durch die Augen, die Schalen, den Darmkanal und das Circulalionssystem characterisirt sein. 12. Limulus ^ steht noch vielfach räthselhaft da. Die Füsse und Athemplatten gleichen am meisten denen derMa- lacostraceen, die Augen und Schale denen der Branchiopo- den ; ebenso das Herz und der Darm , dessen Oesophagus nur wenig erweitert ist. Der schwertförmige Schwanzsta- chel gleicht dem der Cyprois monacha; durch den Mangel deutlich unterschiedener Kiefer entfernt er sich aber von 1) \an der Hoeven, Recherches sur l'histoire naturelle et Panatomie des Limules 1838. System der Cruslaceen. 117 allen übrigen Criislaceenordnunoren. Wir stellen also die Poecilopoda als eigne Ordnung zwischen die Malacoslraceen und Aspidoslraceen näher den letzteren und unter ihnen zunächst dem Argulus. Vielleicht wäre es sogar hesser, diese beiden Gattungen in eine Unterordnung zusammenzu- ziehen und so aus ihnen und den Branchiopoden eine Ord- nung zu bilden. 13. Bei der Gruppirung des ganzen Systems , das wir nun in seinen einzelnen Theilen durchgenommen haben, zei- gen die einzelnen Gruppen durch die verschiedenen Organe so viele verschiedenartige Beziehungen zu einander, dass eine einfache lineare Aneinanderreihung nicht als genügend er- scheint. Vielmehr giebt eine kreisförmige Zusammenstel- lung einen besseren Ucberblick, wie etwa folgende: 1. Malacoslraca. Trilobita 2. 7. Ostracoda. Poecilopoda 3. 5. Entomostraca. 6. Cirrhipedia» (Argulina a.) 4. (b. Branchiopoda). Aspidostraca. Wir glauben, dass in diesen Gruppen die Verbindung und Trennung der verschiedenen Galtungen naturgemässer geschieht, als in den Systemen von Latreille und Mi Ine Edwards. Dass eine kreisförmige Anordnung einer linea- ren vorzuziehen wäre, finden wir nicht bei den Crustaceen allein, sondern bei sehr vielen Thierklassen, ja ich möchte sogar sagen den meisten, wenn wir die Anatomie und Ent- wickelung derselben allseitig in's Auge fassen. Wir erkennen darin nicht einen Fehler jener allseitigen Betrachtung, son- dern vielmehr den Ausdruck eines Naturgesetzes und die Bedeutung, welche den Eintheilungen der organischen Schö- pfung in grössere und kleinere Gruppen überhaupt zukommt. Critik der Erichs on'schen Gliedmassen* tlieoric« Von Ilr* SKenker« Es ist hier der Ort, auf eine Prüfung der vielfach ange- nommenen Erichs on'schen Gliedmassentheorie einzugehen, welche bei allen Gliederthieren die an den Insecten auftre- tenden 6 Gliedmassenpaare des Mundes und der Brust wie- derfinden will. Bei den Arachniden, meint Erichson, sei das dritte Kieferpaar, die Unterlippe der Insecten, an die Brust gerückt und bilde dort das erste Fusspaar; so dass also 4 Fusspaare und entsprechend 2 Kieferpaare („Anlennes- pinces^ und jjPalpes" nach Latreille) herauskommen. Bei den Asseln, deren Mund mit 4 Kieferpaaren bewaffnet ist , nennt schon Savigny das letzte pätes-mächoires, um zu bezeich- nen, dass dies ursprünglich ein Fusspaar, nur funktionell ein Kieferpaar sei. Die ersten 2 Fusspaare entsprechen darnach dem 'iten und 3ten der Insecten, die folgenden 5 bezeichnen das Praeabdomen und endlich die 4 Paar Alhemplatten des Schwanzes das Postabdomen. Beim Flusskrebs , welcher 6 Kieferpaare hat, sind alle 3 Brustfüsse an den Mund gerückt und wird der Kopf des Krebses daher als Cephalothorax be- zeichnet. Es folgen noch die 10 eigentlichen Lauffüsse am Praeabdomen und die 4 Paar eiertragenden Füsse am Posl- abdomen. Bei den Ostracoden, Daphnoiden und Cyclopiden endlich soll das erste Fusspaar nicht an, sondern vor den Mund gerückt sein und hier als Buderorgan fungiren; so dass die Cypriden dann auch 3 Paar Kiefer und 3 Paar Füsse hät- ten, bei den Daphnoiden (denen Er ich so n irrthümlich auch 3 Paar Kiefer zuschreibt) und Cyclopiden aber die ersten 2 Zenker: Critik der Erichson'schen Gliedmassentheorie. 119 locomotorischen Füsse dem Thorax, die folgenden dem Ab- domen angehörten. Durch die Annahme dieses Vorrückens der Füsse glaubte Erichson die Schwierigkeiten zu heben, die bei den kleineren Crustaceen seiner Anschauungsweise entgegentreten. Um näher auf die Würdigung einer derartigen Theorie eingehen zu können, versuchen wir erst, das systematisch Wesentliche an den Gliedmassen von dem Accidentellen zu sondern und die Bedingungen einer zoologischen Gleichwer- thigkeit aufzufinden. Die Frage ist: macht Gestalt, Function oder Lage 2 Gliedmassen gleichwerthig? 1) Ist die gleiche Gestalt eine Bedingung oder ein Zeichen der Gleich werthigkeit von Glied massen? Keinesw^egs. Die Kiefer und Saugapparate der verschiedenen Insec- tcnordnugen sind überall als zoologisch gleichwerthig aner- kannt und doch sehr verschieden gestaltet. Die Schwanzan- hänge der Isopoden und Amphipoden sind zwar sehr unähn- lich an Gestalt , aber doch zoologisch entsprechend. Die Kaubfüsse der Manlis gleichen den Füssen der meisten an- dern Insecten sehr wenig und doch erkennt man sie als gleich- werlhige Gebilde an. Bedingung ist also die gleiche Gestalt nicht für die Gleichwerthigkeit von Gliedmassen, aber auch nicht Zeichen. Denn die grossen Antennen des Flusskrebses gleichen dem ersten Fusspaar von Telyphonus ungemein, sind aber durch- aus nicht gleichwerthig. Die Scheerenfühler des Skorpions und das erste Fusspaar des Flusskrebses sind einander sehr ähnlich, aber zoologisch durchaus nicht gleichwerthig. 2) Ist die gleiche Function eine Bedingung oder ein Zeichen der Gleichwerthigkeit von Glied massen? Keineswegs. Cypris und Cythere haben beide ohne den Schwanz 7 Paar Gliedmassen, aber das 5te Paar von Cypris dient dem Munde, das von Cythere ist ein Paar echter Lauffüsse. Sie sind also bei verschiedener Function dennoch offenbar gleich- werthig. Die Anhänge auf der Bauchseite am Schwanz der Krebse und Asseln sind jedenfalls gleichwerthig und doch dienen sie diesen zum Athmen , jenen zum Festhalten der 120 Zenker: Eier. Das erste Fusspaar von Phrynus und Telyphonus ist jedenfalls gleichwerthig dem von Epeira und doch dient die- ses zum Laufen , jenes zum Tasten. Dasselbe Fusspaar ist jedenfalls nicht zoologisch gleichwerthig mit dem Antennen- paar der Insecten und doch dienen beide dem Tastsinn. Die Antennen von Cyclops quadricornis und Ergasilus Sie- boldii sind offenbar gleichwerthig, doch ist das eine ein Ru- derorgan, das andere ein Klammerorgan. Ja sogar ein und dasselbe Gliedmassenpaar kann in verschiedenen Lebensaltern des Thieres ganz verschiedene Functionen haben. So sind bei Apus und Branchipus die Antennen in frühester Jugend Schwimmorgane, bei erwach- senen Thieren aber sind sie Tastorgane. Wir können somit die Thesis aufstellen, dass im Reiche der Gliederthiere jedes Gliedmassenpaar die Verrichtung je- der Art von Gliedmassen und mit ihr die entsprechende Ge- stalt annehmen kann. Bei Aufsuchung gleichwerthiger Glied- massen müssen wir daher jede Rücksicht auf Gestalt und Ver- richtung fallen lassen und uns dieselben in ihren primitiven Zustand als stielformigeSlummel zurückverselzt denken. Dann sind Antennen, Kiefer, Füsse, und Alhemplatten nicht mehr zu unterscheiden. Als Zeichen der Gleichwerthig- keit bleiben dann nur noch der Ort und die ana- tomische Eigen thümlichkeit. Gliedmassen, die von entsprechenden Ganglien ihre Nerven erhalten, entsprechen einander. Gliedmassen, die an entsprechenden Stellen des Körpers eingefügt sind , sind ebenfalls gleichwerthig. Es kommt daher theils auf anato- mische Untersuchung, theils auf die Feststellung analoger Punkte am Körper der Gliederthiere an. Wir werden dabei öfters eine relative Gleichwerthigkeit anerkennen müssen, wo von einer absoluten nicht die Rede sein kann ; fassen jedoch zuvörderst nur die Fälle der absoluten Gleichwertigkeit in's Auge. Solcher festen Punkte giebt es am Körper der Glie- derthiere drei ; die Augengegend, den Mund und den After. Die Augen bilden immer die vorderste Grenze, bis zu welcher fussarlige Gebilde reichen liönnen; über sie hinaus nach dem Rücken zu kommen höchstens noch llügelartige vor. Critik der Erichson'schen Gliedmassentheorie. 121 Sie liegen auf der Slirn , seitlich oder nahe der Mittellinie und werden stels von den obersten Nervenstämnien des Ge- hirnganglions versorgt. Sie scheinen zwar bei den Arachni- den und besonders bei den Pycnogoniden auf dein Rücken zu liegen; doch ist der Augenhügel daselbst in Wahrheit die Stirn, welche nur durch den rüsselarlig angeschwollenen Mundapparat nach oben gedrängt ist. Der zweite feste Punkt ist der Mund. Er ist darum eine so wichtige Scheidegrenze, weil die durch ihn getrenn- ten Organe nicht bloss örtlich, sondern auch anatomisch un- terschieden sind. Ihn urnfasst der Nervenschlundring, von dem aus die drei Züge des Nervensystems der Gliederthiere entspringen. Nach hinten entspringt daraus die ganze Reihe der Bauchganglien , welche sich bis zum After fortsetzt. In der Mitte neben dem Munde entspringen die paarigen Darm- nerven, welche bei den Insecten wenig, bei den Crustaceen aber vorzugsweise hervortreten. Nach vorn endlich geht der Schlundring über in die Kette der Gehirnganglien, wel- che ihrerseits, wie auch die Bauchganglien, wiederum Zweige zu den Eingeweiden schicken, die bei den Insecten sogar den so eben erwähnten Darmnervenslamm an Grösse über- treffen. Jedenfalls erkennt man hieraus, wie zwischen den Ge- hirn- und Thoraxnerven kein Uebergang, sondern eine schnei- dend bestimmte Trennung stattfindet, und dass es daher durch- aus unstatthaft ist, Gliedmassen zu parallelisiren , von denen das eine vom Gehirn , das andere von einem Bauchganglion versorgt wird. Diese scharfe Trennung tritt auch äusserlich hervor; denn alle Gliedmassen, die vor dem Munde, respective der Speiseröhre, eingelenkt sind, erhalten ihre Nerven aus den Gehirnganglien, alle hinter dem Munde aus den Bauch- ganglien. Wo also keine Verzerrung stattgefunden hat, die aus der Anordnung der Nerven und Muskeln ersichtlich sein müsste, da kann niemals ein Gliedmassenpaar vor dem Munde mit einem hinter dem Munde eines andern Thieres paralle- lisirt werden. Der dritte feste Punkt ist der After, der stets die Stelle des letzten Abdominalsegments angiebt. Bei den Cru- staceen und den Larven der Insectea finden- wir --üb^r dem- 122 Zenker: selben ein Paar meist zweigliedriger Fortsätze, die bald blalt-, Stachel- oder bald borsten -förmig werden. Es sind diesel- ben, welche bei Limulus und der weiblichen Cyprois mona- cha in einen unpaaren festen Stachel verwachsen. Die Gliedmassen zwischen dem Auge und dem Munde heissen Antennen, die zwischen dem Munde und dem After sind zum Theil Kiefer (so lange sie dem Kaugeschäft die- nen), zum Theil Füsse (zum Laufen) , zum Theil werden sie zum Geschäft des Athmens oder des Ausbrütens der Eier be- sonders metamorphosirt. Das eine Gliedmassenpaar hinler dem After bezeichnen wir als Schwanzstachel oder Schwanz- borsten, je nach ihrer jedesmaligen Gestaltung. Als Anten- nen bezeichnet desshalb Latreille die sogenannten Mandi- beln der Arachniden , und zwar mit Recht , da sie vom Ge- hirne ihre Nerven erhalten. Als Antennen sind aber auch die Scheerenfühler der Arachniden zu bezeichnen, da auch sie vom Gehirne ihre Nerven erhalten. Lässt sich dies auch an den zusammengedrängten Nervencenlren der übrigen Arach- niden und selbst des Skorpions nicht deutlich erkennen 0» so tritt es doch in einigen der langgestreckteren Pycnogoni- den 2) mit grösster Klarheit hervor. Auch bestätigt sich die Analogie der Scheerenfühler mit dem zweiten Antennenpaar der kleineren Crustaceen durch das ziemlich constante Vor- kommen einer kleinen (Gift?-) Drüse an der Basis dersel- ben (Ostracoden S. 39 ; Cyclopiden S. 98). Darnach sind bei allen Arachniden (Tardigraden?) und Crustaceen 2 Paar Antennen aufzuführen , bei den Insecten hingegen entschie- den nur eins. Bei den Arachniden werden wir also keine Kiefer finden, sondern nur den Gegensatz zwischen Antennen und Füssen. Lassen nun auch die gleichnamigen Gliedmassen in summa sich vergleichen und so die Gegenden „zwischen 1) Newports D.irstellung vom Nervencentrum des Skorpions (Philosophical Transactions 1843. p. 260. PI. XV.) giebt in dieser Be- ziehung keine ganz richtige Anschauung. Man vergleiche sie mit der von J. Müller (Meckels Archiv 1828. p. 60. Taf. I. Fig. 5 u. 7) ge- gebenen und wird sehen, wie gerade der fragliche Punkt von beiden Forschern ganz entgegengesetzt aufgefasst ist. 2). Siehe meine Abhandlung ?i, a. 0. Critik der Erichsoö'schen Gliedmassentheorie. 123 Mund und Aiige,^ „zwischen Mund und After," „hinter dem Afler'^ sich parallelisiren , so gilt dies doch keineswegs für beliebige Gliedmassenpaare daraus. Das erste Paar hinter dem Munde entspricht sich nicht durchaus in allen Glieder- Ihieren. Denn zählte man vom After an, so würde es hier das löte (Krebs), dort das 5te (Cypris) vor dem After heis- sen. Nur dann sind 2 Gliedmassenpaare von gleicher Num- mer zoologisch gleichwerlhig , wenn zwischen den beiden festen Punkten in beiden Thieren eine gleiche Anzahl von Gliedmassenpaaren , oder im Falle , dass einige davon nur rudimentär oder gar nicht vorhanden wären , eine gleiche Anzahl von Segmenten sich vorfindet. Die Insecten, Malacostraceen und Skorpione haben nun sämmtlich 15 Segmente zwischen Mund und After und sind daher die gleichviellen Gliedmassenpaare und Segmente ein- ander entsprechend. Seien die Kiefer mit M, die Füsse mit P, die Afterfüsse mit p , die fusslosen Segmente mit — be- zeichnet, so erhalfen wir: 1 2 3 4 5 6 7-11 12-15 Insect. MI MII MIII PI PIl Pill — — Skorpion, PI PlI Pill PIV — — — — Assel. Ml MII MIII MIV PI PIl PlII-VII pI-IV Krebs. MI MII MIII MIV MV MVI PI-V pI-IV. Zwischen diesen Gliedmassen herrscht eine absolute Gleich- werthigkeit. Bei Vergleichung der Skorpione mit den übrigen Arach- niden , sehen wir das beiderseitige Vorkommen von 2 Paar Antennen und 4 Paar Füssen. Nur das gliedmassenlose Ab- domen ist verschieden, denn seine Segmente verschmelzen bei den Spinnen und Acarinen mehr und mehr, bei den Py- cnogoniden am meisten, während sie beim Skorpion deutlich gesondert hervortreten. Ein solches Verschmelzen der Seg- mente, ein derartiges Zurückbleiben eines Organs ist aber nur etwas Accidentelles, Antitypisches, und daher sind die Spinnen dennoch in die Reihe absoluter Gleichwerthigkeit mit einzureihen. Ob dies auch mit den Tardigraden gesche- hen kann , wage ich nicht zu entscheiden , da mir in Be- zug auf diese Ordnung leider alle eigene Anschauung fehlt. Wir haben also die 8 Beine der Spinnen als Aequiv^lentc^ 124 Zenker: nicht eines Kieferpaars und der 3 Fusspaare der Insecten, sondern eines Fusspaars und der 3 Kieferpaare. Soweit von der absoluten oder zoologischen Gleich- werlhigkeit. Neben ihr müssen wir eine, so zu sagen, re- lative Gleichwerlhigkeit anerkennen, die mehr von physiolo- gischer Bedeutung ist. Nicht allein die ganzen Thiergestalten lassen sich miteinander vergleichen, sondern auch die ein- zelnen Abtheilungen des Thierkörpers : der Kopf, die Brust, der Schwänz. Wenn auch nicht, wie oben, durch feste Punkte getrennt, so sind sie doch durch anatomische Eigenthümlich- keiten unterschieden. So enthält z. B. der Kopf der Crustaceen stets den Schlund und die Speiseröhre, den Oesophagusmagen mit ein- geschlossen, bei den meisten die Giftdrüse des zweiten An- tennenpaars, ferner die Sinnesorgane und Kauwerkzeuge. Für alle Kauwerkzeuge giebt es entweder gar keine oder nur eine einzige Ganglienmasse, während die Füsse der Brust für jedes Paar ein Ganglienpaar haben. So sind die Glied- massen des Kopfs in ähnlich bestimmter Weise von den übri- gen abgegrenzt und unter sich vergleichbar wie die Glied- massen „zwischen Auge und Mund" u. s. w. Die Gleichwer- lhigkeit aber, die unter diesen hervortritt , nennen wir eine relative. Recht auffallende Beziehungen zu einander zeigen z. B. die zwei Kieferpaare der Phyllopoden und Daphnoiden , die an Gestalt sich so ähnlich sehen /ferner die der Ostracoden und Isopoden, deren Vergleichung zum Verständniss dersel- ben so vörderlich ist, überhaupt die gleichvielten Kiefer auch der anderen Crustaceen. Denn auch hier ist die Zahl von Wesentlichkeit, wenn auch natürlich nicht ohne Schwan- kungen. Die Brust ist eine ebenso gut bezeichnete Körperabthei- lung, wie der Kopf. Sie enthält den Darm vom Pylorus bis zum Mastdarm, die Geschlechtstheile, Circulationsorgane, und die locomotorischen Füsse. Wo sie am Anfang des Schwan- zes aufhört, liegt bei den meisten (nicht bei allen) Crusta- ceen die Geschlechtsöffnung, welche also beinahe auch als fester Punkt angesehen werden kann. Hinter der Brust folgt deF- Schwanz , meist beweglich, von Eingeweiden nur den Crilik der Erichson'schen Gliedmassentheorie. 125 Mastdarm enthaltend. Er trägt entweder gar keine Glied- massen oder verkümmerte (Eierfüsse, Athemplatten u. dgl.) und endet mit den Schwanzborsten. Zwischen dem Krebs und der Assel nicht allein , sondern auch zwischen diesen und Cyclops oder Apus wird man die Analogie im Baue des Schwanzes auffinden. Eine Vergleichung der Gliedmassen dieser Körperabiheilungen an verschiedenen Thieren würde also eine gewisse Gleichwerthigkeit, wenn auch nur eine re- lative, herausstellen. Eine solche relative Gleichwerthigkeit kann oft der ab- soluten widersprechen , wie dies ja bei Betrachtungsweisen von verschiedenen Standpunkten aus stets geschehen kann. Oft kann sie aber auch zur Auffindung einer absoluten Gleich- werthigkeit führen (wie z. ß. oben bei den Arachniden ge- schah) , noch öfter zum Verständniss der abweichenden Or- ganisationstypen. In ihr Bereich werden vorzüglich die Cru- staceenfamilien fallen, die nicht, wie die meisten, 15 Seg- mente besitzen, sondern entweder mehr oder weniger. So vorzugsweise die Branchiopoden , die Entomostra- ceen, Ostracoden und Myriapoden. Darauf jedoch specieller einzugchen, ist die „Critik« einer Theorie nicht der Ort. Resultate. !• Ostracoden» Anatomischer Theil. Die Schalen werden niemals abgeworfen. (S. 11.) Die Schalen der Cytheren entwiciieln sich aus der Ei- haut. (S. 58.) Die hinleren Gliedmassen enlwickeln sich später als die vorderen. (S. 58.) Das Sehorgan der Oslracoden besteht aus zwei einfachen Augen, die einander bald näher bald ferner stehen. (S. 25). Diesem Auge analoge Gebilde kommen bei sehr vielen Crustaceen vor. (S. 27.) Die Ocellen der zusammengesetzten Augen im Glieder- thierreiche haben wesentlich denselben Bau wie die einfachen Augen. So bringen auch beide Augenarten nur umgekehrte Bilder zu Stande. (S. 30.) In Beziehung auf den lichlbrechenden Körper zerfallen die Gliederlhiere in zwei Abiheilungen. Bei der einen ist er ein endogenes Gebilde, Glaskörper (Oslracoden, Enlomo- straceen, Branchiopoden); bei den andern ein exogenes, Linse (Malacoslraceen, Myriapoden, Arachniden). Von den Jnsecten gehören einige in diese, andere in jene Abtheilung» (S. 29.) Jeder Sehnerv bildet vor seinem Eintritt in das Auge bei den Gliederlhieren ein Ganglion; bei zusammengesetzten Augen entstehen daraus die Bulbi optici. (S. 31.) Der Darmeanal der Crustaceen besteht aus zwei Hauptab- iheilungen; die vor dem Pylorus umfasst den Schlund und die Speiseröhre, die hinter dem Pylorus den Darm und Mast- Zenker: Monographie der Oslracoden, Cyclopiden etc. 127 darm. In beiden Theilen können magenarlige Erweiterungen vorkommen. Die Verdauung findet in dem zweiten Theile statt, deren Anfang durch die Einmündung der Galle abson- dernden Organe bezeichnet wird. (S. 36.) Bei vielen Gliederthieren sind die Hauptkauorgane Ge- bilde des Mundrandes. (S. 33.) Blut scheint in den Ostracoden weder zu circuliren noch zu existiren. Als Alhemorgane sind die schwingenden Plat- ten an den Kiefern zu betrachten. (S. 40.) In der Gegend des zweiten Antennenpaars liegt bei den meisten Crustaceen und Spinnen eine Drüse , die bei vielen Gift absondert. (S 39.) Die Oslracoden sind getrennten Geschlechts. Die Ge- schlechtsapparate sind völlig symmetrisch und sehr volumi- nös. Es sind die ersten Cruslaceen^ bei denen ein deutliches Receptaculum seminis bekannt wird. (S. 41.) Die Zoospermien der Cypriden sind die grössten und schönsten aus der ganzen bekannten Thierwelt. Sie errei- chen bei Cypris ovum die 3 — ofache Länge des Thieres selbst. QS. 51.) Die selbsithätige Bewegung der Zoospermien geschieht durch eine welliinschlagende Wimperplalte, die ähnlich wie bei den Tritonen spiral herumläuft. Die Bewegung fängt erst im Weibchen an. (S. 56.) Die Zoospermien der beiden Körperhälften sind nicht congruent, sondern symmetrisch. Die einen sind rechts, die anderen links gewunden. (S. 55.) In der Samenblase des Weibchens werfen die Zoosper- mien eine aus erhärtetem Schleim gebildete Hülle ab. (S. 54.) Die Zoospermien der Cytheren sind klein und bewe- gungslos und kommen in den verschiedenen Arten in zwei verschiedenen Formen vor. (S. 56.) Die Cypriden legen Eier. Die von mir daraufhin un- tersuchten Cytheren sind vivipar. (S. 57.) Durch die Entwickelung (\es Geschlechtsapparats wird das bei jungen Thieren niedrige Abdomen imnier höher und breiter. (S 59.) 128 Zenker: Zoologischer Theil. Die Ostracoden zerfallen in zwei Familien: Cypriden und Cytheriden. Die von den Augen entnommene und in der Paläontologie güllige Unterscheidung von Cytherc und Cypridina ist falsch. (S. 60.) Die bisherigen Charactere für die Cypris-Arlen genü- gen nicht. Eine möglichst allseitige anatomische Verglei- chung führt hier allein zu sicheren Resultaten. (S. 62.) Wegen Unsicherheit der Charactere ist die Synonymie sehr gross und müssen zahlreiche Species fortfallen. (S. 64.) Bei einigen Cypridenspecies finden sich Varietäten , in denen sogar die Zoospermien von verschiedener Grösse sind. (S. 75. S. 77 .) Die Cypris monacha Müll, und Cypris dispar Fisch, sind als Gattung Cyprois von den übrigen abzutrennen. (S. 61.) Die Cythere gibba und Cylhere gibbera Müll, sind Männ- chen und Weibchen derselben Species. (S. 85.) II. Cyelopiden* Unsere Süssvvasser-Copepoden gehören zu drei verschie- denen Familien. (S. 88.) Nur Cyclopsine Castor hat ein Herz und einen Kreislauf. Blutkörperchen fand ich nur in einem Exemplare. (S. 94.) Bei Cyclops quadricornis scheinen die Bewegungen des Darmes die Pulsationen eines Circulationsorgans zu ersetzen. CS. 96.) Respirationsorgane werden vermisst. (S. 96.) Auch Cyclops quadricornis hat Spermatophoren; dieselben sind aber denen von Cyclopsine Castor und Harpacticus staphylinus unähnlich. (S. 101.) In den Cyelopiden zeigt sich die Bauchskelelbildung in der einfachsten Form. (S. 90.) III« Asellus aqnatictis* Bei Asellus finden sich zwei Arten von Zoospermien, die in Gestalt und Entwickelung verschieden sind. Sie ent- stehen innerhalb derselben Mutterzelle und werden gemein- schaftlich ausgestossen. Selbstthätige Bewegung haben sie nicht. (S. 104.) Monographie der Ostracoden, Cyclopiden etc. 129 Im Hinterleib von Asellus findet sich ein nierenähnliches Absonderungsorgan. (S. 106.) IV. System. Die Pycnogoniden gehören zu den Arachniden. (S.109.) Die Daphnoiden müssen mit den Phyllopoden eine Ord- nung (Branchiopoden) bilden. Ihnen reiht sich Argulus an (Aspidostraceen). (S. 111. S. 116.) Die Cyclopiden sind mit den Parasiten zu vereinigen (Entomostraca). Ihnen nahe stehen die Cirrhipedien. (S. 113. S. 110.) Die Ostracoden bilden eine eigene Ordnung wie dieMa- lacostraceen, Entomoslraceen etc. (S. 114.) V. €Kliedinasseii.t]ieorie« Die Erich so n'sche Theorie ist nur in sehr beschränk- ter Weise anwendbar. (S. 120.) Die Arachniden und Crustaceen haben 2, die Insecten 1 Paar Antennen. (S. 122.) Man kann eine absolute und eine relative Analogie der Gliedmassen unterscheiden. (S. 124.) Einige Grössenangaben in Pariser Linien. 1) Cypris ornata. Schale 1,18'" 1. 0,54'" h. 0,50'" br. Auge 0,067'" br. 0,048"' h. 2) Cypris acuminata. Schale 0,65'" 1. 0,30'" h. Auge 0,024'" br. 0,020'" h. Schleimdrüse 0,25'" 1. 0,11'" d. Innerer Cylinder . . . 0,018'" d. Archiv f. Naturgesch. XX. Jahrg. Bd. 1. 130 Zenker: 3) Cypris punctata, striata. Schale 0,44'" I. 0,33'"h. 0,24'"d. Auge 0,042'" 1. 0,030'" h. Schleimd. 0,092'" 1. 0,052'" d. Inn.Cylind. 0,060'" 1. 0,015'" d. Canal — 0,0025'" d. Schwimmborsten 0,25'" 1. non striata. 0,34'"]. 0,24"' h. 0,17'" d. 0,036'" br. 0,024'" h. 0,064'" 1. 0,038'" d. 0,040'" I. 0,010'" d. 0,002'" d. 0,25'"]. Streifen der Schale 0,0016'"— 0,002'" br. 4) Cypris Joanna. Schale 0,271. 0,18 h. 0,20 d. Auge 0,030 br. 0,020 h. Schleimdr. 0,0801. 0,036 d. Inn. Cyl. ... 0,011 d. Canal 0,003 d. 6) Cyprois monacha. Schale 0,55 1. 0,40 h. 0,30 d. Auge 0,10 br. 0,03 h. Schleimdr. 0,291. 0,13 d. Inn. Cyl. 0,025 d. 5) Cypris Ovum. 0,191. 0,12 h. 0,11 d. 0,032 br. 0,020 h. 0,0751. 0,028 d. 0,0501. 0,012 d. sehr lang 0,002 d. Schwimmborsien der Autenna I. 0,235 1. Antennall. 0,1901. Zoospermien. Körper. Spitze. Imas. 0,1681. 0,0024 d.; 0,1201. acuminataj^^^ 0,2121. 0,0030d.; 0,112 1, jmas. 0,1201. 0,0024 d.; 0,0601. 0,0006d. /fem. 0,1601. 0,0030 d.; 0,0451. Imas. 0,9101. 0,0013d.; ? /fem. ? ? ? Vmas. ? ? ? non striata/fem. 0,4861. 0,0010 d.; ? \mas. 0,3201. 0,0015 d.; 0,120 1. /fem. 0,4801. 0,0015 d.; 0,0841. 0,0003d. Jmas. 0,4801. 0,0008 d. ; 0,2121. 0,0002 d. /fem. 1,0001. 0,0008 d; ? incl. mas. 0,4701. 0,0013 d.; 0,2401. 0,0002 d. fem. Art. C. Candida C. punctata striata C. punctata C. Joanna C. Ovum G. monacha incl. incl. Monographie der Ostracoden, Cyclopiden etc. 131 Erklärung der Tafeln. Taf. T* Fig. 1. Cypris Candida. Gliedmassenfigur. AI, All Antennen vom Isten und 2ten Paar; MI, M II, MIII Kiefer ; P I, P II Füsse ; C Schwanz ; o Auge. Fig. 2. Antennen des Isten Paars. (Die Ziffern bezeichnen hier und weiter unten die Zahlen, welche den einzelnen Gliedern zukommen) s. Raderborsten. Fig. 3. Antennen des 2ten Paars. Fig. 4. Kiefer des Isten Paars. 6. Kiemenanhang, d. Zähne, m. Ansatzslelle der Kaumuskeln. Fig. 5. Kiefer des 2ten Paars. Fig. 6. Kiefer des 3ten Paars. Fig. 7. Fuss des Isten Paars. Fig. 8. Fuss des 2ten Paars. Fig. 9. Schwanz. a. Chitingerüst zum Ansatz der Muskeln, h. Schwanzstachel mit den vier Borsten. Fig. 10. Schalenschlossband. v. Schalen. 6. Band. l. Leisten. Fig. 11. Schalenrand aus der Mundgegend von Cypris ornata. f). Schale, m. Rand. a. Erhabenheiten, c. Haare. Fig. 12. Schematische Darstellung der Schalenstructur. a. Aeussere harte Chitinhaut. h. Innere dünne Chitinhaut. c. Auskleidende zellige Haut. c. Körpermasse, f. Darm. g. Leberanhänge. h. Hodenschläuche. /. Schalenschlossband. m. Schliessmuskel. Fig. 13. Chitinskelet im Profil von Cypris ornata. A. Stirn. B. Oberlippe. C. Unterlippe. D. Brustbein. £. Magen, a. Gehirnslütze. h. Magenstütze, c. Vordere Haupt- leiste, d. Zahnreihen, e. f. g. Stützen für die drei Kiefer- paare, h. Kielförmiger Yorsprung des Brustbeins, i. Drei- ecksbildung. Anfang des Abdomens, h. Fussstütze. n. La- ger des Bauchganglions. Fig. 14. Rechenförmiges Kauorgan von Cypris ornata. a. Ansatzstück, b. Stiel, c. Zahnrechen, d. Haarige Stelle der Schlundwandung, e. Seitenlappen zum Zuführen der Spei- sen, f. Andeutung der gleichen Gebilde links. 132 Zenker: Fig. 15. Darmkanal und Genitalien einer weiblichen Cypris ornata. a. Speiseröhre, h. Magen, c d. Darmabtheilungen, e. Mast- darm, f. Pylorus. s. Schwanz, h. Leberschlauch, o. Eier- rohr, r. Samenblase (Receptaculum seminis). h. Kanal zu derselben, v. Scheide (Vagina), m. Sehne des Schliessmuskels. Fig. 16. Speiseröhren-Magen von Cypris ornata. A. Speiseröhre. B. Ringlmorpel. C. Schildknorpel. D. Rei- bezeug, a. Ansatzstück des Schildknorpels, h. Weiche Haut als Kropf, d. Reibende Seite des Reibezeugs. Fig. 17. Auge von Cypris ornata. ' a. Aeussere becherartig'e Hülle (Sclerotica) ; 6. Schwarzer Ring (Chorioidea) ; c. Metallisch glänzender Ring (Iris); d. Lichtbrechender Körper (Humor vitreus). Fig. 18. Kiefer des 3ten Paars einer jungen Cyprois monacha masc. Fig. 19. Zellen der auskleidenden Schalenhaut. Die Theilung der Kerne leitet die Vermehrung der Zellen durch Theilung ein. Fig. 20. Zellen aus der Darmwand. a. Mit Fettkügelchen erfüllt. h. Nach Auflösung der Fett- kügelchen. Fig. Hl. Blindes Ende eines Leberschlauchs. a. Fett absondernde Zellen, c. Canalhöhlung. Fig. 22. Follikel der Milz. a. Fettkügelchen. Fig. 23. Männliche Cypris acuminata. a. Vordere Hodenschläuche; h. hintere; g. Schleimdrüse; m. Schliessmuskel ; o. Auge. Taf. II. A. Genitalapparat. Fig. 1. Männlicher Geschlechtsapparat von Cypris acuminata. 1 1. Hodenschläuche : a. vordere , h. hintere ; d. Samenleiter (Vas deferens) ; g. Schleimdrüse (Glandula mucosa) ; c. Aus- führungsgang der letzteren, p. Begattungsglied (Penis). Fig. 2. Schleimdrüse einer jungen männlichen Cyprois monacha. a. Innerer Cylinder; 6. Uebergang zum Ausführungscanal (c) ; d. Polare Narbe, als Uraschlagsstelle. e. Nach innen umge- schlagenes Ende des häutigen Rohrs, g. Umgebende Drü- senmasse (äusserer Cylinder). f. Längsstreifen auf dessen innerer Oberfläche. Fig. 3. Ein Stück vom Hodenschlauch. Darin die Spiral herumlaufenden Zoospermien (zs). Monographie der Oslracoden , Cyclopiden etc. 133 Fig. 4. Samenblase und Samen canal einer jungen Cypris ornata. '' ö. Samenblase, b. Samencanal. c. Drüsenzellen. B. EntWickelung des Samens von Cypris acuminata. 1—7. Erste Periode. Zellenform. 380fach. Fig. 1. Zelle mit einfachem Kern. Fig. 2. Zelle mit Kern und Kernkern. Fig. 3. Der Kern erhält durch eine Art Furchung ein körniges An- sehen. Fig. 4. Erste Spur bandartiger Gebilde (s) neben kugligen Molecü- len (m). Fig. 5. Zwei Zoospermienbänder (z-z"). Fig. 6. Das Zoosperm (sss) öfter herumgeschlagen. Fig. 7. Die Zelle (C. C) platzt. Heraustreten des Zoosperms (s) und der kugligen Molecüle (m). 8—10. Zweite Periode. Uebergangsformen. Länge 190f. Breite 380f. Fig. 8. Erste Form mit hellem Hautrande. a. Spitze, b. Hautrand. c. Mittelnerv (Körper). Fig. 9. Zweite Form mit welligem Hautrande. Fig. 10. Dritte Form, platt und gedreht. 11 — 13. Dritte Periode. Definitive Form. Länge 190f. Breite 380f. Fig. 11. Begattungsreifes Zoosperm aus dem Männchen. Fig. 12. Befruchtungsreifes Zoosperm aus der Samenblase des Weib- chens. Fig. 13. Abgeworfene Hülle des Zoosperms ebendaher. a. Riss, wo früher die Spitze hindurchtrat. Fig. 14. Ein Stück des reifen Zoosperms. Darstellung seiner Structur 2500 f. C. Entwickelung der Eier, Fig. 1. Ei mit Keimbläschen und bereits körnigem Keimfleck. Fig. 2. Ei mit bereits körnigem Keimbläschen. Fig. 3. Reifes Ei, im Wasser aufgequollen. a. Dotter; bb. Aufgequollene Räume der Eihaut. Fig. 4. Schale einer jungen Cypris ornata (133 f.). a. vorn. Fig. 5. Schalenstructur. a. für die in Fig. 4. dargestellte Altersstufe; b. für eine etwas ältere (300 f.). D. Cypris acuminata Fischer. Fig. 1. Schale der gewöhnlichen Form. a. Auge. b. Vorderer Schalenrand. c. Zugespitzter hinte- rer Rand. m. Schliessmuskel. o. Blindes Ende des Eier- stocks, t. Dunkle Stelle wegen Durchscheinens des Darms. 134 Zenker: Fig. 2r Drittes Kieferpaar des Männchens, r. rechts, l. links. Fig. 3. Hintertheil einer wenig ausgeprägten Form. a, Abdominalfortsatz, b. Abdominalskelet. c. Schwanz. Fig. 4. Hinterleib der gewöhnlichen Form. Fig. 5. Hinterleib eines Individuums von ungewöhnlicher Ausbildung. Fig. 6. Schuppenartiges Gebilde im Hintertheil der Schale desselben Individuums. Fig. 7. Cypris Joanna Baird. Schale, a. Auge, «t. Muskel. Taf. Uli A. Cypris (Cypria) punctata Jurine. Fig. 1. Schale der gestreiften Varietät. Weibchen. a. Auge. b. Rand. m. Muskeleindrücke, o. Eierstock. Fig. 2. Structur der Schale dieser Varietät. Fig. 3. Antenna II mit den langen Ruderborsten (s). Fig. 4. Drittes Kieferpaar des Männchens, r. rechts. /. links. Fig. 5. Schwanzstachel der einen Seite. Fig. 6. Schleimdrüse des männlichen Geschlechtsapparats. fl, 6. vorderer, hinterer Helm; c. Karbe. e e. Extreme Bor- stenkränze. B. Cypris (Cypria) ovum Jurine. Fig. 1. Schale Qa,b,m wie oben). Fig. 2. Auge. n. Eintrittsstelle des Sehnerven, oo. Einzelaugen. Fig. 3. Ein Kiefer vom dritten Paar des Männchens. Fig. 4. Schleimdrüse (a, c, ee wie oben), k. Knäuel des Canals. Fig. 5. Schlussfläche des inneren Cylinders dieser Schleimdrüse. a. Peripherie des inneren Cylinders. b. Grundfläche, in 18 Felder getheilt. c. Zwölfstrahlige Narbe. C. Cyprois monacha Müller. Fig. 1. Schale eines Weibchens. (a, 6, m wie oben) c. Zähne am hinteren Schalenrande. Fig. 2. Auge. n. Eintrittsstelle des Sehnerven, oo Einzelaugen. Fig. 3. Antenna II mit Rudenborsten (s). Fig. 4. Drittes Kieferpaar des Männchens, r. rechts. L links. Fig. 5. Einfacher Schwanz des Weibchens. a. Schwanzskelet. e. Schwanzstachel, s. Schwanzborsteti. Fig. 6. Schleimdrüse des männlichen Geschlechtsapparats. fl. Wandung des äusseren Cylinders. c. Innerer Cylinder. d. Innere Borstenkränze, e. Extreme Borstenkränze, h. Aus- führung/icanal. Monographie der Osiraeoden, Cyclopiden etc. 135 Fig. 7. Begattungsglied (Penis). A. Basalkörper. C. Begaltungscanal. «, 6, c dessen Erwei- terungen, f. Spalte, g, Greifer, l^m^riy eigenthümliche Haftorgane. Taf, IV* Fig. 1. Cythere viridis, Gliedmassenfigur. rt, h. Antennen I und II; c, d. Kiefer I und II; eec. Füsse; f. Schwanz; o. Auge. Fig. 2. Antennen des Isten Paars. (Die Ziffern zeigen hier und weiter unten die theoretische Zählung der Glieder an den Gliedmassen an.) Fig. 3. Antennen des 2ten Paars. g. Giftdrüse; /*. Chitinstachel am 2ten Glied. Ä. Dessen En- digung. Man sieht darin den Giftcanal, der an der Spitze («) ausmündet. Fig. 4. Kiefer des Isten Paares {h,d,m wie Taf. I. Fig. 4). Fig. 5. Kiefer des 2ten Paars. Fig. 6. Fuss. Fig. 7. Schwanz, a. Ansatzstück, letztes Segment ; h. Schwanzhäiften. Fig. 8. Bauchskelet von Cythere Fulea. a. Brustbein. Kielförmige Vertiefung. Lager des Bauchgang- lions. 6. Vorderer haariger Rand. Unterlippe, c. Zahnappa- rat; rf, e. Einfügungssteilen der Kiefer, f. Grosse Querleiste. g. Abdominalsegmente, h. Schwanz. Fig. 9. Schalenrand von Cythere viridis. a. Erhabenheiten, b. Streifige Zone. c. Haare, d. Körnige Schalenhaut. Fig. 10. Schalenschloss von Cythere viridis. a. Vordere Schlosszähne, b, Uebergreifender Vorsprung der rechten Schale, c. Hintere Zahnreihe. Fig. 11. Nervensystem von Cythere lutea. A, Gehirn. M. I, II. Brustganglien. P. I, II, III. Abdominal- ganglien. aa. Stränge des Schlundrings; Jft. Verbindungsstränge zwischen M. II und P. I. ff. Grosse Querleiste (Fig. 8. ff) ; o. Anschwellung der Seh- nerven. Fig. 12. Auge von Cythere viridis. a. Eintrittsstelle des Sehnerven, oo. Einzelaugen. 12 a, Auge eines jungen Thiers, noch wenig getrennt. 13Ö Zenker: Fig. 13. Darmcanal von Cythere viridis. a. Speiseröhre, b. Oesophagusmagen. c, d. Darmabiheilungen. c. Mastdarm, h. Gallenblase; m. Sehne des Schliessmuskels ; p. Pylorus. Fig. 14. Speiseröhrenmagen von Cythere viridis. a. Speiseröhre zunächst dem Munde, b. Ringknorpel, c. Schild- knorpel, d. Reibezeug. e. Fortsetzung der Speiseröhre, h, Gallenblase. t. Andeutung der ersten Darmabtheilung, p. Pylorus. Fig. 15. Scheide (Vagina) von Cythere viridis, a. Oeffnung. b. Canal. Fig. 16. Ei aus Cythere viridis 0,042'" 1., 0,032"' h. o. Augenfleck. Fig. 17. Embryo aus Cythere viridis 0,043"' 1. 0,036'" h. 0. Auge. i. Darm. m. Mundgegend, a. Antenne des 2ten Paars. Fig. 18. Fast reifer Embryo aus Cythere viridis. 0. Auge; a I, all, Antennen; m I, II, Kiefer; sph. Schliess- muskel. t. Darm. p. Fussstummel. Fig. 19. Ein Hode von Cythere gibba. a. Bildungsstätte der Zoospermienzellen. b. Weitere Ausbil- dung derselben, c. Hervortreten fadenförmiger Zoospermien. Fig. 20. Zoospermien von Cythere viridis. a. Stiel, b. Geissei. c. Mutterzelle. Fig. 21. Zoospermien von Cythere gibba. a, b, c, d. Entwickelungsslufen. e. Reifes Zoosperm. A. Cythere viridis. Müller. Fig. 1. Schale, a. Auge. b. Rand. c. Oberer Muskeleindruck, m. Schliessmuskel. Fig. 2. Penis. a. Basis mit der Samenblase, b. Hauplglied. cc. Begaltungs- rohr. gg. Oberer und unterer Greifer. s. ßorslentragende Warzen. B. Cythere flavida. Muller. Schale (a, b, c, m wie oben). Oberfläche der Schale, h. Knöpfe, ursprünglich mit Haaren. Innere Schalenhaut mit abgelagertem (blauen) Pigment. Penis. (a, b, c, g wie oben), f. Drittes Penisglied. r. Hartes Rohr zur Aufnahme des Begattnngscanals. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Monographie der Ostracoden, Cyclopiden etc. 137 C. Cythere lutea. Müller. Fig. 1. Schale (a, b, m wie oben). Fig. 2. Ein Stück der Schale (a) und des Randes (6). Fig. 3. Abdominalfuss mit gefiederter Endklaue. Fig. 4. Oberes hinteres Körperende. Der unpaare Chitinzapfen (i/) darf nicht als Schwanz betrachtet werden. Flg. 5. Penis. («, 5, c, /, g, s wie oben). l. Löffeiförmiges Ende des dritten Penisgliedes. D. Cythere gibba. Müller. Fig. 1. Schale des Männchens. a. Auge. h. Rand. c. Verlängerung des Hinterlheils. e. Mitt- lere Eindrückung. Fig. 2. Schale des Weibchens. a. Augen, e. Ausbauchung an der unteren Seite. Fig. 3. Ein Stuck der Schale (o) und des Randes (6). h. Haar- knöpfe. Fig. 4. Ein Feld der Schale, stark vergrösserl. a. Feld. b. Zwischenstäbe, faserig abgebrochen. Fig. 5. Penis. («, 6, c, f, g, l wie oben). t,z. Accessorische Greiforgane, «.blattförmig, z. klauenförmig, Taf. VI. Fig. 1. Penis von Cypris acuminata. A. Basalkörper. B. Organe zum Festhalten ; unterer Theil. C. BegattungscanaL a, h, c. Dessen Erweiterungen, f. Längs- spalte, g. Greifer, h. Haken, p, q. Flügeiförmige Fortsätze Fig. 2. Schleimdrüse von Cypris acuminata. a. Wandung des äusseren Cylinders. 6. Mittlerer Cylinder. c. Innerer Cylinder. d. Chitinkränze, mittlere, c. extreme, ft. Ausführungscanal. n. Polare Narbe. Fig. 3. Asellus aquaticus. Körper. Junges Thier. n. Nierenähnliches Absonderungsorgan. Fig. 4. Zoospermien-Mutterzelle aus Asellus aquaticus. a. Polarer, b. antipolarer Theil. d. Anfang der Zoospermien- bildung. Fig 5. Zoospermien-Mutterzelle nahe der Reife, zerplatzt. Asellus. a. Spitzer polarer Theil. b. Antipolarer Theil , unten aufge- rissen, c. Hervorgetretene haarförmige Zoospermien. d. Noch eingeschlossene keulenförmige Zoospermien. Fig. 6. Entwickelungsformen der keulenförmigen Zoospermien. Asellus. a. Zelle mit Kern ; b, c, d, e. Verschwinden des Kerns, Her- vortreten des Schwanzes; f. Kernloses Zoosperm. g. Ausgebil- detes Zoospenu- h. Durch Wasser aufgeblähtes Zoosperra. f38 Zenker: Monographie der Ostracoden, Cyclopiden etc. Fig. 7. Ein Stück der Schalendrüse von Apus prod actus. Fig. 8. Cyclops quad ricornis. Müller, Männchen. Ganze Figur. 0. Auge. t. Hoden, e. Windungen der Hodenschläuche (Ne- benhoden), d. Samenleiter, v. GeschlechtsölTnung. Fig. 9. Samen von Cyclops quadricornis. a. Zelle mit aufsitzendem Kern. b. Zelle ohne Kern. c. Her- auswachsende Zoospermien. d. Ausgebildetes Zoosperra. c. Spermatophor. Fig. 10. Bewaffnungen des Mundes von Cyclops quadricornis. a. Zahnreihe an der Kante der Oberlippe, b. Zahngeröst im Schlünde. Fig. 11. Ein Wirbel aus dem Bauchskelet von Cyclops quadricornis. A. Wirbelkörper. BB. Seitenflügel, r. Rinne, w. Wülste. q. Schief ansteigende Endfläche, zz. Zapfen nach hinten, y. Unpaarer Zapfen, m. Vorderer, n hinterer Flügelfortsatz. l. Loch zur Einlenkung des Fusses. Fig. 12. Ein Bauchwirbel im Durchschnitt. r. Rinne, w w. Wülste, »n m. Seitenflügel, nn. Lager für die Nervenstränge, pp. Raum für die Fussmuskeln. s, Lei- beshöhle. Sinus abdominalis. Fig. 13. Cyclopsine Castor Milne Edwards. Männchen. GanzeFi- gur. 0. Auge, gl — • Die folgende Liste enlhält eine Zusammenstellung der Arten von Phanerogamen und von Moosen und Flechten, welche wir im Jahre 1851 in den westlichen Alpen an einzelnen Punkten noch weit über der mittleren Schneegrenze auffanden. Diese Beobachtungen schliessen sich an die Be- merkungen an, welche ich in unseren früheren Untersuchun- gen über die physicalische Geographie der Alpen 1850 (Cap. XXI S. 584 — 596v) über die Vegetationsverhällnisse der sub- nivalen und nivalen Region, zwischen 7000 und 12000', für die östlichen Alpen mitgetheilt habe. Die sorgfältige Bestimmung der gesammelten Pflanzen verdanke ich Herrn Prof. Alex. Braun in Berlin für die Moose und Flechten, und Herrn Prof. Karl Koch in Berlin für die Phanerogamen. Es sei mir gestattet, diesen beiden Herren meinen verbindlichsten Dank hier auszudrücken. Ich muss noch bemerken, dass die Aufzählung der Pflan- zen für die Umgebungen der Vincenthütte ebenso wie für die übrigen einzelnen Standpunkte nicht auf absolute Voll- ständigkeit Anspruch machen kann. In den Felsenritzen und 1) Mitgetheilt aus den „Neuen Untersuchungen über die phy- sicalische Geographie und die Geologie der Alpen von Adolph Schlagintweit und Hermann Schlagintwei t. Leipzig. T. 0. "Waigel 1854. 4. mit einem Atlas von 22 Tafeln.« 140 Schlagintweil: an den steilen Wänden entgeht leicht eine Pflanze der Beob- achtung; auch erlaubten uns unsere übrigen Beschäftigungen nur verhällnissmässig wenige Zeit auf das Sammeln der Pflan- zen zu verwenden. Die Vergleichung der verschiedenen Standpunkte lässt jedoch mit ziemlicher Sicherheit die Summe der characteristischen Arten erkennen. In den Umgebungen des Monte-Rosa reichen die Pha- nerogamen vorzugsweise zu sehr grossen Höhen hinauf; ihr Gedeihen wird durch die grosse absolute Erhebung dieser Gebirgsgruppe und durch die südliche Lage ^) derselben be- günstigt. Man trifl't hier noch ziemlich allgemein vereinzelte phanerogamische Pflanzen bei llOOO Fuss, während im Maxi- mum eine dieser Pflanzen (Cherleria sedoides) noch bei 11700 P. F. gefunden wurde. In den Centralalpen von Tyrol und im Berner Oberlande treten einzelne Phanerogamen noch zwischen 10000 und 10500 F. auf. In der nördlichen Ne- benzone der Alpen, in der Schweiz, in Südbayern und in Oesterreich, sind die Berge meistens nicht hoch genug, um eine sichere Bestimmung der äussersten Phanerogamengrenze zu- zulassen. Jedenfalls können dort phanerogamische Pflanzen noch bei 9000 P. F. und wohl etwas darüber gedeihen. In folgender Zusammenstellung sind die Pflanzen angegeben, welche wir an verschiedenen hohen Punkten gefunden haben. SBag^spitze in den bayerischen Kalkalpen, 2954 Met. 9094 P. F. Auf hellem oberen Alpenkalke.-' Die Phanerogamen fanden sich etwas unterhalb des Gi- pfels zwischen 9000 und 8900 P. F. Die Moose sind von der obersten Felsenkuppe selbst. 1) Um Wiederholungen zu vermeiden, erlaube ich mir auf die vergleichende Darstellung der physicalischen Verhältnisse der Alpen in der vierten Abtheilung unseres oben angeführten Buches zu ver- weisen. Wir haben uns dort bemüht, den Einfluss, welchen die cli- matischen Verhältnisse und die Bodengestaltung auf die Vertheilung der Vegetation in verschiedenen Höhen des Alpengebirges ausüben, specieller zu betrachten. Vcrgl. auch die Beobachtungen über die Temperatur der oberen Bodenschichten imd über ihren Einfluss auf das Gedeihen der Hochalpen-Pflanzen in Cap. Vi. S. 207. u. s. w. Beiträge zur Kenntn. d. Vegetationsv. oberhalb d. Schneelinie. 14 1 Phanerogamei). Draba tomentosa Wahlenb. Saxifraga slenopctala Gaud. Saxifraga androsacea L. var. pygmaea. Moose. Andraea rupestris Hedw. Barbula tortuosa Vi 11. Didymodon capillaceus Sehr ad er. Didymodon flexicaulis? steril. Hypnum julaceum Schw. Hypnurn uncinatum. Flechten waren auf dem höchsten Gipfel selbst unge- mein wenig entwickelt. Es fanden sich nur einige nicht näher bestimmbare Anflüge einer Lecidea und einer Verrucaria. Umg^eliung^en tler Vincentliiitte , auf der südlichen Abdachung des Monte -Rosa in Piemont; zwischen 9500 und 9800 Par. Fuss. Auf Gneiss. Phanerogamen. D icotylen. Achillea hybrida Gaud. Androsace glacialis Hoppe. Artemisia mutellina Vill. Artemisia spicata Wulf. Aster alpinus L. Cardamine alpina Willd. Cerastium latifolium L. Cherleria sedoides L. Chrysanthemum alpinum L. Erigeron uniflorus L. Eritrichium nanum S c h r d. Gentiana imbricata Froel. Gentiana verna L. Hutschinsia petraea R. Br. Linaria alpina Mill. Oxyria digyna Campd. Potentilla alpestris Hall. Fil. Primula Dinyana La gg. Phyteuma pauciflorum L. 142 Schlagintweit: Ranunculus glacialis L. Salix herbacea L. Salix reticulata L. Saxifraga aizoides L. Saxifraga bryoides L. Saxifraga biflora All. Saxifraga exarata Vi 11. Saxifraga muscoides Wulf. Saxifraga oppositifolia L. Saxifraga retusa Gouan. Saxifraga stellaris L. Senecio uuiflorus All. Silene acaulis L. Thlaspi cepeaefolium Koch. Thlaspi corymbosum Gaud. Thlaspi rotundifolium Gaud. Veronica alpina L. Monocolylen. Agroslis rupestris All. Avena subspicata Clairv. Carex nigra All. Elyna spicata Sehr ad. Festuca Halleri All. Fesluca ovina L. y violacea Gaud. Koeleria hirsuta Gaud. Luzula spicata DC. Poa alpina L. Poa laxa Haenke. Poa minor Gaud. Cryptogamen. Moose. Bartramia ilhyphylla Schwaegr. Bryuin turbinatum Hedw. Didymodon capillaceus Sehr ad. Grimmia obtusa Schwaegr. Gymnomitrium concinnatum Corda. Gymnostomum rupestre Schwaegr. Hypnum julaceum S c h w. (Isotheciunj pioniliforme Hüb.) Beiträge zur Kenntn. d. Vegetationsv. oberhalb d. Schneelinie. 143 Polylrichiim septentrionale S w a r z. (P. sexangulare Flörke.) Trichostomum lalifolium Schwaegr. CDesmalodon la- tifolius Brid.) Weisia crispula H e d w, Flechten. Cetraria cucullata Bell. Cetraria islandica Ach. Cetraria nivalis L. Cladonia gracilis L. Cornicularia ochroleuca Ach. Lecidea conglomerata Ach. Lecidea geographica L. Lecidea pulchella Schaer. Lepra incana Wahl. Parmelia ceratophylla var. multipuncla Schaer. Parmelia fahlunensis « vulgaris Schaer. Parmelia fahlunensis S lanata Schaer. Parmelia saxatilis Ach. Pelligera canina Schaer. var. minor. Solorina ^crocea Ach. Stereocaulon alpinum Laur. Thamnalia vermicularis Schaer. Umbilicaria polymorpha a cylindrica Schaer. Umbilicaria polymorpha s mesenteriformis Schaer. Ilmg^ebiiiigen des monte-Rosa. St. Theodul-Pass oder Matterjoch. 3353 Met. 10322 P. F. P hanero gamen. Androsace gladalis Hoppe. Erilrichium nanum Sehr ad. Gentiana verna L. Linaria alpina Mi 11. Ranunculus glacialis L. Salix herbacea L. Saxifraga oppositifolia L. 144 Schlagintweit: Thlaspi cepeaefolium Koch. Die Nase; ein Felsenkamm, welcher aus dem Lys- gletscher hervorragt. A. Zweiter Gipfel 3570 M. 10990 F.F. Cherleria sedoides L. Chrysanthemum alpinum L. Erigeron uniflorus L. Eritrichium nanum Sehr ad. Juniperus nana Willd. Ein einzelner Strauch; der höchste Stand, an welchem diese Pflanze in den Umgebungen des Monte-Rosa beobachtet wurde. Primula Dinyana La gg. Ranunculus glacialis L. Saxifraga bryoides L. Saxifraga oppositifolia L. Senecio uniflorus All. Foa laxa Haenke. Didymodon capillaceus Sehr ad. Jungermannia. Polytrichum alpinum L. Racomitrium lanuginosum Brid. Weisia crispula Hedw, B. Erster Gipfel. 3630 Met. 11176 F. F. Cherleria sedoides L. Chrysanthemum alpinum L. Ranunculus glacialis L. Saxifraga bryoides L. Silene acaulis L. ß. exscapa All. Foa laxa Haenke. Didymodon capillaceus Sehr ad. Weisia crispula Hedw. Weisia crisp. Hedw. var. atrata. Lecanora flava ß chlorophana Schaer. Lecanora muralis Schaer. var. ? Beiträge zur Kenntn. d. Vegetationsv. oberhalb d. Schneelinie. 145 Lecidea conglomerata Ach. Lecidea geographica L. Parinelia slygia var. lanata Meyer. (Cornicularia lanata Ach.) Solorina crocea Ach. Stereocaulon condensatum Hoffm. Umbilicaria anthracina Sc ha er. Umbilicaria vellea y spadochroa Sc ha er. W e i s t h 0 r , Pass über den Hauptkamm des Monte-Rosa. 3618 Met. 11138 F. F. Chrysanthemum alpinum L. Eritrichium nanum S c h r a d. Gentiana imbricata Froel. Ranunculus glacialis L. Saxifraga muscoides Wulf. « compacta. (S. acaulis Gaud.) Saxifraga muscoides Wulf. £ moschata. (S. moschata Wulf.) Senecio uniflorus All. Poa alpina L. Poa laxa Haenke. Racomitrium. Lecidea geographica L. Parmelia fahlunensis var. lanata Sc ha er. Umbilicaria polymorpha var. Firninsel amWestabhange des Monte-Rosa, gegen den Gornergletscher. 3723 Met. 11462 P.F. Cherleria sedoides L. Lecidea conglomerata Ach. Lecidea geographica L. Es war hier die letzte Spur phanerogamischer Pflanzen, wel- che wir auf der nordwestlichen Seite des Monte-Rosa beobachteten. Archiv f. Naturgesch. XX. Jahrg. 1. Bd. 10 146 Schlagintweit: Felsen auf der südlichen Abdachung der Vincentpyramide. 3823,5 Met. 11770 P. F. Cherleria sedoides L. In einigen kleinen Exemplaren. Es ist dieses der höchste Standpunkt phan e r o ga mischer Pflanzen, wflcherbis jetzt in den Alpen beobachtet wurde. Andraea rupestris Hedw. Grimmia. Stereocaulon. Weisia crispula Hedw. Lecidea armeniaca Sc ha er. Lecidea conglomerata Ach. Lecidea geographica L. Umbilicaria vellea a hirsuta Schaer. ümbilicaria polyphylla a glabra Schaer. Gipfel desMonte-Rosa. 4640 Met. 14284 P.F. Lecidea conglomerata Ach., in kümmerlichen Anfängen. Lecidea geographica L. „ „ var. a contigua Schaer. „ „ var. ß atrovirens Schaer. Spuren einer Parmelia und einer Umbilicaria, die nicht näher bestimmbar waren. Gipfel des Mont-Blanc'}- 4810 Met. 14809 P.F. Lecidea confluens Ach. Parmelia polylropa Schaer. ' Hemer Alpen. Gaulipass; zwischen dem Gauligletscher und dem Unler- aarglelscher. 3274Met. 10080 P.F. Androsace glacialis Hoppe. 1) Bestimmt von Schaer er, nach den von Saussure am Mont-Blanc gesammelten Exemplaren. Linnaea 1842. Bd. XYL S.66. Beiträge zur Kenntn. d. Vegetationsv. oberhalb d. Schneelinie. 147 Chrysanthemum alpinum L. Genliana imbricata Froel. Potenlilla grandiflora L. Ranunculus glacialis L. Saxifraga biyoides L. Saxifraga oppositifolia L. Silene acaulis L. Poa laxa Haenke. Barbula (Syntrichia) ruralis Hedw. Bryum (Ludwigii? Spreng.) Jungermannia. Polytrichum seplentrionale Swarz. (F. sexangulare Flörke.) Racomitrium (fasciculare? Brid.). Lecidea geographica L. Umbilicaria polyphylla ß flocculosa Schaer. Felsen auf der südwestlichen Abdachung des Finsteraar hornes, gegen den rechten Zufluss des Yieschergletschers. 3350 Met. 10313 F. F. Chrysanthemum alpinum L. Draba frigida Saut. Linaria alpina Mi 11. Saxifraga bryoides L. Saxifraga muscoides Wulf, a compacta. Silene acaulis L. Poa laxa Haenke. Didymodon capillaceus Sehr ad. Hypnum cypressiforme L. Cladonia neglecla Flörke. Lecidea geographica L. Lepra incana Wahl. Parmelia elegans Ach. Parmelia fahlunensis var. lanata Schaer. Gipfel desEwigschneehorneSj neben dem Gau- lipasse. 3400,5 Met. 10468 F. F. Androsace imbricata Lam. 148 Schlagintweit: Beiträge zur Kennln. d. Vegetationsv. etc. Poa laxa Haenke. Didymodon capillaceus Sehr ad. Grimmia (uncinata? Kaulf.). Lecidea geographica L. Lecidea confervoides Schaer. Parmelia elegans Ach. Umbilicaria polymorpha ß deusla Schaer. Gipfel der Jungfrau *) 4167 Met. 12828 P.F., nach Eschmann. Lecidea conglomerata Ach. Lecidea confluens var. steriza Ach. Parmelia elegans a miniata Schaer. Umbilicaria alro-pruinosa y reliculata Schaer. Umbilicaria Virginis Schaer. 1) Bestimmt von Schaerer, nach den von Agassiz auf der Jungfrau gesammelten Exemplaren. Linnaea 1842. Bd. XVI. S.66. lieber eine iBeiae Familie von Fischen aus Californien. Von li« A g- a s s i z« Aus Silliman's Amer. Journ. Vol. XVI. p. 380, übersetzt. Vom Herausg-elici** Vor etwa fünfzehn Monaten empfing* ich einen Brief von Herrn A. C. Jackson, bald nach seiner Rückkehr von San Francisco in Californien, in welchem er mir anzeigte, dass er beim Fischen in der Bai von San Salifa einen Fisch aus der Barschfamilie gefangen habe, der lebende Junge in sich hatte. Die Angabe schien mir so auffallend, dass ich, trotz einer beigelegten Zeichnung des beobachteten Exemplars, doch ein Missverständniss argwöhnte , und Herrn Jackson auffor- derte mir weitere Mitlheilung über das, was er gesehen habe, zu machen, und wo möglich mir Exemplare in Weingeist zu senden. Darauf erhielt ich folgende Antwort: „Ich bedaure sehr, dass meine neuliche Mittheilung Ih- nen ohne Vorlegung des Fisches und der Jungen so wenig genügt hat; ich habe aber Massregeln getroffen^ sie zu er- halten, und hoffe in einigen Monaten Ihnen wenigstens Exem- plare des Weibchens, wenn auch nicht der Jungen verschaf- fen zu können. Ich würde zu der Zeit, wo ich den Fisch fing, ihn in Weingeist aufbewahrt haben , aber damals hatte ich die nöthigen Vorrichtungen nicht zur Hand. Ich habe 150 Agassiz: Aufträge nach Californieii gegeben, für mich einige von den Fischen zu fangen, und wenn in jetziger Jahreszeit (16. Sep- tember 1852) die Weibchen tragend seien (was nicht wahr- scheinlich ist), aus einem den Sack mit den Jungen zu neh- men, und Mutler und Junge in das Gefäss mit Weingeist zu legen, auch einige andere Weibchen unverletzt hinzuzufügen. Die Untersuchung dieser Exemplare wird, selbst wenn sie nicht tragend sind, die Wahrheit und Genauigkeit meiner letzten Angabe bestätigen. Es wird dann leicht sein, während des nächsten Frühlings und Sommers Exemplare in allen Stadien der Trächtigkeit zu erhalten. Ich glaube, wenn ich in der Gegend bleibe, Ihnen im nächsten Jahr hinreichendes Mate- rial verschaffen zu können. Der in Rede stehende Fisch scheint in den Gewässern derSanSalita Bai nicht eben häufig zu sein, denn die beiden, welche ich fing, waren die einzi- gen, welcher ich habhaft wurde, obgleich ich an derselben Stelle wohl viermal fischte. Vielleicht kam mir ein beson- derer Umstand bei dem Fange zu Statten. Ich hatte vorher meine Ruthe und Schnur, wie erwähnt, viermal versucht, und hatte immer Groppen, Barsche u. dergl. gefangen, ohne eine Spur von unserem seltsamen Fisch. Einige Tage , vielleicht eine Woche darauf, am 7ten Juni, brach ich früh Morgens auf um ein Gericht Fische zum Frühstück zu fangen, ging an den gewohnten Ort, köderte mit Krabben, und begann zu fischen, als der Wind zu stark für voiA heilhaftes Angeln blies ; dennoch fing ich beim ersten und ztreilen Auswerfen die beiden Fische, Männchen und Weibchen, über die ich schrieb, und ihre Lebhaftigkeit und Stärke waren so gross, dass meine schwache Angelrulhe in Gefahr kam. Es gelang mir beide in Sicherheit zu bringen, aber in einer halben Stunde wollte kein Fisch mehr anbeissen. Ich beschloss den Köder zu wechseln, ein Stück von den eben gefangenen Fischen an den Haiken zu stecken. Ich schnitt daher ein Stück von dem Bauch des grössten ab, und war überrascht, aus der gemach- ten Oeffnung einen kleinen lebenden Fisch hervor- kommen zu sehen. Anfangs glaubte ich, der Fisch möge ihn verschluckt haben, aber mein Erstaii:cn sli'^g, als ich bei weiterem Oeffnen des Fisches dicht am Rücken des Fi- sches und schwach daran angeheftet einen langen hell vio- Ueber eine neue Familie von Fisclien aus Californien. 151 leiten Sack fand, so durchscheinend, dass ich schon durch ihn hindurch die Gestalt, Farbe und Bildung einer Menge klei- ner Fische, alle einander gleich, erkennen konnte, mit de- nen der Sack angefüllt war. Als ich den Sack öfTuete, nahm ich noch achtzehn junge Fische heraus, die ganz dem ersten zufällig daraus hervorgegangenen an Grösse, Gestalt und Farbe glichen. Die Mutter war sehr dick um ihre Mitte, und von sehr dunkel brauner Farbe, am Rücken und an den Flossen fast schwarz, ein besonders kräftiger Fisch. Die Jungen, welche ich heraus nahm , glichen der Mutter vollständig in der allgemeinen Form, nur war die Alte, vermulhlich in Folge ihrer Trächtigkeit, viel breiter und umfänglicher zwischen Rük- ken und Bauchflossen. An Farbe glichen sie durchaus der Mut- ter, nur waren sie etwas heller. Kurz , sie waren in allen Beziehungen der Mutter und unter sich gleich , derselbe ei- genthümliche Mund, dieselbe Lage und Gestalt der Flossen, dieselben Augen und Kiemenspalteu , so dass nicht der ge- ringste Zweifel darüber stattfinden kann, dass es die Brut des Fisches war, aus dem ich sie genommen habe, und dass diese Fischart lebendige, vollkommen ausgebildete, und sich selbst ihre Nahrung im Meere zu suchen befähigte Junge zur Welt bringt. Die Zahl der Jungen in dem Sacke war neunzehn, und alle waren so flink und munter und so heimisch in ei- nem Eimer mit Salzwasser, als w^enn sie seit Monaten an das Wasser gewöhnt wären. Der gefangene männliche Fisch war nicht ganz so gross wie das Weibchen, weder in Länge noch Umfang und überhaupt schlanker. Ich denke wir können darauf rechnen , anfangs December die Exemplare zu erhal- ten. Aber ich kann kaum hoffen solche Exemplare mit Jun- gen zu verschaffen als in derselben Jahreszeit, nämlich im Juni. Dann wird gewiss die Thatsache entschieden, und die Resultate nach ihrer Wichtigkeit gewürdigt w^erden." In einem ferneren Briefe (dalirt vom 31. Januar 1853) meldete mir Herr Jackson, dass er den Capitain Gase, welcher eine Kriegs-Schaluppe in San Francisco commandirt, und der auch den Fisch gesehen hat, augefordert habe, mei- nem Freunde, Herrn T. G. Gary jun. in San Francisco, Exem- plare dieses Fisches mitzutheilen, wenn es ihm gelingen sollte, deren zu fangen. 152 Agassiz; Elwa vor vierzehn Tagen wurde ich in einem Briefe des Herrn Gary aus San Francisco vom 10. August 1853 benachrichtigt, dass nach einigen Monaten vergeblichen Be- mühens es ihm gelungen sei, einige Exemplare von diesem sonderbaren Fisch aufzubringen, und dass er drei davon di- rect an mich gesandt habe (die inzwischen angekommen sind), während eine grössere Anzahl um Cap Hörn schiffen werde. Nach einer sorgfältigen Untersuchung der Exemplare habe ich mich von der vollständigen Genauigkeit in den An- gaben, wie sie in dem Briefe des Herrn Jackson vom Fe- bruar 1852 enthalten sind, überzeugt, und ich habe ferner die Freude gehabt, festzustellen, dass unter den Exemplaren von Herrn Gary zwei sehr bestimmt unterschiedene Species dieses merkwürdigen Fischtypus enthalten sind. Ich schlage dafür die generische Benennung Embioto ca vor, um auf ihre eigenthümliche Fortpflanzungsweise anzuspielen. Ich trage einiges Bedenken in Beziehung auf den Fa- miliennamen für diesen Typus. Es ist wahrscheinlich, dass alle Mitglieder dieselbe Eigenthümlichkeil in ihrer Fortpflan- zungsweise zeigen werden , und dass der Name Embiotoca passend in Embiotocoidae modificirt werden könnte, wie Didelphis ihren Namen für eine zahlreiche Familie, Didelphi- dae hergegeben hat, nachdem es lange Zeit nur ein Gattungs- name gewesen war. Sollte sich jedoch ergeben, dass an- dere Typen dieser Familie verschiedene ModiGcationen in ih- rer Fortpflanzungsart darböten, wodurch der Name Embioto- coidae verwerflich würde, so würde ich vorschlagen, einen Familiennamen nach einer anderen Eigenthümlichkeil im Bau dieser Fische, die noch bei keinem andern beobachtet ist, zu bilden, nämlich nach dem nackten, furchenartigen Raum pa- rallel der Basis der hinteren Rückenflosse, welcher die Schup- pen, mit denen die Basis der Strahlen bedeckt ist, von de- nen an den Seiten des Körpers trennt, und sie Hole onoti nennen. Die Beharrlichkeit und Sorgfalt, mit der die Herren Jackson und Gary während längerer Zeit jede Gelegen- heit wahrgenommen haben, um das nöthige Material für eine wissenschaftliche Untersuchung dieser wunderbaren Fische herbeizuschaffen, hat mich veranlasst^ dem Dienst den sie Ueber eine neue Familie von Fisclien aus Californien. 153 dadurch der Zoologie geleistet haben, ein Denkmal zu set- zen, und ihre Namen den beiden Arten beizulegen , welche sich jetzt in meinen Händen befinden, und welche in meinem Museum in Cambridge als Emb. Jacksoni und Emb. Caryi etiquettirt sind. Eine Gegend, welche in unseren Tagen solche Neuig- keiten bietet, verspricht die Wissenschaft mit vielen anderen unerwarteten Thatsachen zu bereichern , und was im höch- sten Grade von Californien wahr ist, gilt auch einigermas- sen von allen unsern Gewässern. Möge dies nicht nur un- sere Naturforscher, sondern auch alle Liebhaber der Natur und der Wissenschaft in diesem Lande zu erneuten Nach- forschungen anspornen. I^iimiSie Holconoti oder lEanbiotocoidae« Das allgemeine Ansehen der Fische , auf welche diese Familie gegründet ist, ist das unserer grösseren Arten von Pomotis, oder vielmehr das der breiteren Typen der Sparoi- den. Ihr Körper ist zusammengedrückt, oval ^ bedeckt mit Schuppen von mittlerer Grösse. Die Schuppen sind Cycloid- schuppen, und dadurch sind diese Fische weit von denen verschieden^, denen sie im äusseren Ansehen gleichen. Die Deckelstücke sind ohne Dornen oder Zähnelungen. Kiemen- hautstrahlen sechs. Der Mund ist von ziemlich dicken Lip- pen umgeben; die Zwischenkiefer bilden den ganzen Rand des Oberkiefers. Zvvischenkiefer und Oberkiefer sind etwas vorstreckbar. Zähne nur an dem Zwischenkiefer, Unterkiefer und Schlundknochen, keine Zähne am Gaumen und am Vo- mer. In dieser Rücksicht, wie auch in der Abwesenheit der Zähnelung an den Kiemendeckelstücken , weichen sie mehr von den Percoiden als von den Sparoiden ab; aber die Cy- cloidschuppen entfernen sie sogleich von den letzteren, bei denen die Schuppen überall Ctenoidschuppen sind. Die dik- ken Lippen möchten an die Labroiden erinnern , aber die Schuppen von Embiotoca sind weder länglich, noch besitzen sie die charakteristischen verzweigten Röhren dieser Familie. Eine lange Rückenflosse, deren vorderer Thcil durch Stachelstrahlen, deren hinterer durch zahlreiche gegliederte und verzweigte Strahlen gestützt ist, welche an der Basis 154 Agassiz: mit einer Scheide von zwei oder drei Scliiippenreihen ver- sehen sind, die von den Schuppen des Körpers durch eine ziemlich breite und tiefe schuppenlose Furche getrennt sind. Diese letzte Eigenthüralichkeit ist, soviel ich weiss, noch bei keinem Fisch beobachtet worden. Es befindet sich ein deut- licher länglicher Raum parallel dem weichen Theil der Rük- kenflosse, etwa von der Breite einer einzelnen Schuppenreihe, welcher völlig nackt, und wohl umgrenzt ist, und der gleich- sam eine Furche zwischen den Schuppen des Rückens und denen an der Basis der Flossenstrahlen bildet. Obgleich so von einer Art Scheide beschützt, kann nur der vordere Theil der Rückenflosse nach hinten niedergelegt, und ganz zwischen diesen Schuppen verborgen werden , wie bei vielen Sparoi- den; der hintere Theil kann dies nur theilweise. Ferner sind die Schuppen der Scheide nur längs der Basis des weichen Theils der Rückenflosse durch eine Furche von denen des Rückens getrennt. Die ersten Strahlen der Afterflosse sind kurz, verhältnissmässig klein und stachlig. Die Basis dieser Flosse ist seltsam gebogen und ebenso wie die Rückenflosse mit einer Schuppenscheide versehen ; wenn die Afterflosse niedergelegt ist, sind die Stachelstrahlen vollständiger in der Scheide verborgen als die weichen Strahlen. Die Bauchflossen sind an der Brust befestigt, wie bei den Sparoiden, und mit einem kräftigen Dorn und fünf wei- chen Strahlen ^versehen. Vier Kiemenbogen , deren jeder vier vollständige Kie- men, jede mit zwei Reihen von Kiemenblättern trägt. Die OefFnung hinter dem letzten Bogen ist sehr klein und ganz über der Basis der Brustflossen. Die Pseudobranchien sehr gross, und aus sechzehn bis siebzehn Lamellen bestehend. Der Nahrungskanal ist auffallend gleichmässig weit in der ganzen Länge. Er verläuft zuerst an der linken Seite nach hinten bis zu den Bauchflossen , wendet sich dann vorwärts und aufwärts nach rechts, folgt dann der Mittellinie, längs 'der grossen Schwimmblase, bis zum zweiten Drittel der Leibeshöhle, neigt sich dann längs der rechten Seite abwärts und schwach vorwärts bis fast zur ersten Biegung , wo er sich wieder nach hinten wendet, und in geradem Laufe im After endet. Der Magen kann äusserlich durchaus nicht von Üeber eine neue Familie von Fischen aus Californien. 155 dem engen Darm durch seine Grösse und Gestalt unterschie- den werden. Blindsäcke sind nirgends am Darmkanal vor- handen. Der ganze Nahrungsschlaiich enthielt viele Schal- stücke von kleinen Mytili. Die Leber hat zwei Lappen , ei- nen kurzen an der linken Seite, und einen langen längs der Mittellinie des Körpers. Der weibliche Generations-Apparat besteht im Zustande der Trächtigkeit aus einem grossen Sack, der am lebenden Thier von Herrn Jackson beschrieben worden ist; an sei- ner Oberfläche sieht man grosse Gefässverzweigungen, und er ist im Innern in eine Anzahl von Taschen eingetheilt, die sich durch weite Spalten in den unteren Theil des Sackes öffnen. Dieser Sack scheint nichts als das erweiterte untere Ende des Ovariums zu sein, und die Taschen darin durch die Falten des Ovariums gebildet zu werden. In jede dieser Taschen ist ein Junges wie in ein Betttuch eingehüllt, und alle sind zur Raumersparniss in öconomischer Weise so ge- packt, dass die einen ihren Kopf nach vorn, die andern nach hinten richten. Dies ist also eine normale Ovarial- Schwangerschaft. Die äussere Geschlechtsöffnung liegt hinter dem After, auf dem Gipfel und in der Mitte eines ke- gelförmigen, durch einen kräftigen Sphincter gebildeten Vor- sprunges , der in seiner Lage durch zwei starke Quermus- keln gehalten wird, die an den Abdominalwänden angeheftet sind. Die Zahl der in dem Sack enthaltenen Jungen scheint zu variiren. Herr Jackson zählte neunzehn; ich habe in den von Herrn Gary eingesandten Exemplaren nur acht oder neun gesehen, aber da sie geöffnet waren , als ich sie em- pfing, so können möglicherweise schon einige herausgenom- men sein. Uebrigens ist ihre Grösse im Verhältniss zur Mut- ter sehr bemerkenswerth. In einem Exemplare von Emb. Jacksoni, 10y2 Zoll lang und 4'/, Zoll hoch, waren die Jun- gen fast drei Zoll lang und einen Zoll hoch; und in einem Exemplar \on Emb. Caryi , acht Zoll lang und 3'/^ Zoll hoch, waren die Jungen 2% Zoll lang und yg Zoll hoch. Nach ihrer Grösse zu urtheilen, glaubte ich anfänglich , dass die Jungen sich wie junge Apossum's in und aus dem Sack begeben könnten , aber bei sorgfältiger Untersuchung der Lage der Jungen in den Taschen, und durch den contrahir- 156 Agassiz; ten Zusland des Sphincter an der äusseren Oeffnung der Geschlechtsorgane, habe ich mich überzeugt, dass dies nicht der Fall sein könne, und dass die Jungen, welche Herr Jack- son so munter fand, als er sie in einen Eimer mit Seewas- ser setzte, damals zum erstenmal in freie Berührung mit dem Elemente kamen, in dem sie bald leben sollten; zugleich kann es aber kaum bezweifelt werden, dass das Wasser in den Marsupialsack dringe, da diese Jungen vollkommen entwickelte Kiemen haben. Die Grösse der Jungen im Vergleich zur Mutter ist sehr bemerkenswerth , da sie bei der einen Art ein volles Drittel der Länge haben, und ein solches bei der andern Art beinahe erreichen. Wirklich sind diese Jungen Embiotocae vor ihrer Geburt drei bis vier mal grösser als die Jungen einer Pomotis (von derselben Grösse) in einem Alter von einem Jahre. In dieser Beziehung unterscheiden sich diese Fische von allen übrigen bisher bekannten leben- dig gebärenden Fischen. Ein anderer Punkt von grossem Interesse ist es, dass, während die beiden Eltern sich in der Färbung merklich unterscheiden^ die Jungen dieselbe Farbe haben, hell gelblich olivenfarbig mit dunkleren und helleren Querbinden, ähnlich wie die jungen Forellen und Lachse in ihrer Parr-Tracht. Die Art mit Querbinden kann also als nie- driger entwickelt als die andere betrachtet werden, da sie das Farbensystem des Embryonenzustandes während des ganzen Lebens beibehält. Es wird ein Gegenstand von höchstem Interesse sein, die frühzeitigen Grössengrade dieser Fische zu erforschen, die Structur des Ovariums und der Eier vor der Befruchtung zu untersuchen u. s. w. Der Zustand der Conservation mei- ner Exemplare liess solche Untersuchung nicht zu. Obgleich ich bisher nur ein Genus dieses Typus kenne, so halte ich es doch nicht für recht, die Galtungscharaktere mit denen der Familie zu vereinigen , wie dies in solchen Fällen gewöhnlich geschieht, wie ich auch gegen das Ver- fahren Einspruch thue, dass man die specifischen Charaktere übergeht, wo nur eine Art einer Gattung bekannt ist. Dies zeioft ein völüofes Missverstehen des relativen Werlhes und der Unterordnung der Charaktere der Thiere. Ich charak- terisire also die Gattung folgendermassen : Ueber eine neue Familie von Fischen aus Californien. 157 Embiotoca Agass. Körper sehr comprimirt und hoch. Kopf klein, nur an den Wangen und Kieinendeckelstücken beschuppt. Zähne in beiden Kiefern kurz^ konisch, in einer Reihe, und schwach gekrümmt. Die Schlundzähne viel kürzer und stumpfer als die der Kiefer, und pflasterartig. Rückenflosse mit neun oder mehr Stachelstrahlen. Die ersten drei Strahlen der After- flosse Stachelstrahlen, und viel kürzer als die folgenden ge- gliederten Strahlen, welche immer feiner und zahlreicher sind als die entsprechenden Strahlen der Rückenflosse. Die Sei- tenlinie verläuft ununterbrochen bis zur Schwanzflosse. Ob die besondere Forfpflanzungsart Familien- oder Gatlungscha- rakter ist, bleibt ferneren Beobachtungen zu entscheiden. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass dieselbe mit einigen geringen Modificationen bei allen Mitgliedern der Familie gefunden werden wird. Einige Diff"erenzen zwischen den beiden beobachteten Species machen es zweifelhaft , ob sie als ebenso viele Ge- nera betrachtet werden müssen oder nicht. Aber wir wis- sen, dass in Gattungen, die beträchtlich von anderen ab- weichen, auch die Grenze für die specifischen Unterschiede weiter ist als in Gattungen mit vielen Arten; daher werde ich die beiden Arten , bis ich eines besseren durch neue Beobachtungen belehrt bin, in eine und dieselbe Gattung set- zen. Solche Zweifel können kaum bei Familien mit vielen Gattungen entstehen, wo man leicht eine Richtschnur für die Schätzung ächter generischer Charaktere hat. 1. Embiotoca Jacksoni Agass. Der Körper ist sehr hoch, von ovaler Gestalt, stark comprimirt, und oben und unten gleichmässig gebogen. Der obere Bogen reicht bis zum hinteren Ende der Rückenflosse, von wo er sich in horizontaler Linie bis zur Basis des Schwan- zes fortsetzt. Der ventrale Bogen des Körpers gleicht dem des Rückens. Das Profil von der Rückenflosse bis zur Schnau- zenspitze ist ziemlich steil und regelmässig gebogen, ausge- nommen schief über und vor den Augen, wo es schwach concav ist. Die grösste Höhe des Körpers mit Einschluss der Rückenflosse ist gleich der Entfernung der Schnauzen- 158 Agassiz: spitze von der Brustflosse. Die grösste Dicke des Körpers beträgt ein Viertel seiner Höhe. Der Kopf ist von massiger Grösse, seine Länge, bis zum hinteren Winkel des Kiemen- deckels gemessen, nimmt ein Viertel des ganzen Fisches ein. Der Mund ist ganz klein , das Hinterende des Zwischenkie- fers und Oberkiefers reicht nur bis zum vorderen Augen- rande. Nur ein kleiner Theil des Oberkiefers erreicht den Mundwinkel. Der vordere Rand des Schnauzentheiles, wel- chen der Zwischenkiefer bilden hilft, ist eine horizontale Li- nie, die dicht unter dem Auge vorbeigeht. Der Oberkiefer springt ein wenig mehr vor als der Unterkiefer, die Zähne des letzteren fügen sich innerhalb der Oberkieferzähne ein. Im Oberkiefer stehn 14 bis 15 Zähne, im Unterkiefer 2 — 3 weniger. Alle sind an der Spitze ein wenig verdickt, und nicht spitz, sondern stumpf. Sie reichen nicht über die Mund- winkel hinaus, sondern lassen einen zahnlosen Raum an je- dem Kiefer. Die Oberkieferzähne sind nur wenig grösser als die des Unterkiefers. Die Schlundknochenzähne sind viel kürzer als die Kieferzähne, stellen zwei ganz bewegliche Plat- ten oben und eine dreieckige unten dar. An jedem oberen Schlundknochen stehn nicht mehr als 30, meist am Gipfel abgestutzte Zähne; die vier oder fünf Zähne , welche den inneren Rand jedes Knochens bilden, stehen vor den andern ein wenig hervor , und sind etwas zugespitzt. Die Zähne des unteren Schlundknochens sind den oberen ähnlich, aber die der hintern Reihe sind länger und spitz. Die Lippen sind ziemlich fleischig und verhüllen die Zähne ganz. Hinter der Unterlippe ist jederseits eine längliche Grube, die sich bis zum Mundwinkel erstreckt ; sie ist von einem dünnen Lip- pensaum bedeckt. Die Entfernung der Schnauzenspitze vom vorderen Augenrande ist um ein Drittel grösser als ein Au- gendurchmesser. Der untere Rand des Auges liegt auf der mittleren Längslinie des Körpers, und der Hinterrand des Auges liegt in der Mitte der Entfernung der Schnauzenspitze von dem hintern W^inkel des Kiemendeckels. Die Deckel- stücke sind gross. Am Praeoperculum sind vier concentrische Schuppenreihen; die beiden inneren sind die längeren. In der dem Auge nächstgelegenen Reihe sind vierzehn Schup- peuj in den andern vermindert sich die Zahl allmählich. Zwi- Ueber eine neue Familie von Fischen aus Californien. 159 sehen diesen Schuppen und dem Auge ist ein nackter Raum, in welchem Poren liegen, die strahlig vom Augenrande aus- gehen. Der hintere und untere Rand des Praeoperculums ist dünn, häutig und ohne Schuppen^ aber mit zahlreichen Poren oder Röhren, wie die um das Auge, strahlenförmig von in- nen nach aussen. Das Operculum, Suboperculum und Interoperculum sind mit Schuppen bedeckt^ welche an Grösse von dem ersteren nach dem letzteren abnehmen. Am Operculum ist ein schma- ler häutiger Saum, der sich von seinem hinteren Winkel bis zur Höhe des Endes der Seitenlinie erstreckt. Der Ein- schnitt zwischen dem Suboperculum und Interoperculum liegt senkrecht unter dem hintern Rande des Praeoperculums. Un- mittelbar über der oberen Anheftung des Praeoperculums ist ein kleiner Haufen von neun bis zehn Schuppen. Die Rük- kenflosse erstreckt sich über etwa ^5 der oberen Krümmung des Körpers j ihr hinterer Theil ist Yg höher sowohl wie län- ger als der vordere. Der stachlige Theil enthält neun oder zehn Strahlen, von ihnen sind die letzten drei mal so lang wie die ersten. An der Spitze jedes Stachels scheint die Flosse sich in einen freien Faden nach hinten auszudehnen. Die Flosse enthält ferner lOy^ gegliederte Strahlen; die obere Linie dieses Theils ist ähnlich der des Rückens, obgleich die Strahlen der ersten Hafte die längsten, und fast gleich lang sind. Die Furche jederseits reicht nach vorn bis zur Basis des ersten weichen Strahles, wo drei Schuppenreihen die Scheide bilden; die Reihen reduciren sich aber auf eine am hintern Ende der Flosse. Die Brustflossen sind ziemlich gross, und unter der Mit- tellinie und unter dem hinleren Rande des Operculums an- gefügt. Sie reichen, wie die Bauchflossen, fast bis zur Af- terflosse. Der zweite Strahl der Brustflosse ist nur schwach gekrümmt gegen sein Ende. Die Brustflosse enthält 21 Strah- len. Die Insertion der Bauchflossen ist genau vor der Mitte dieses zweiten Brustflossenstrahls. Der Stachel der Bauch- flosse nimmt 2/5 der Länge des folgenden weichen Strahles ein. Zwischen den Bauchflossen ist eine lange Schuppenplatte. Die Afterflosse ist breit und hauptsächlich aus feinen schlan- ken Strahlen zusammengesetzt. Der hinterste und längste 160 Agassi z: ihrer Stachelstrahlen ist viermal in der Länge des folgenden weichen Strahles enthalten, welcher letztere dem entsprechen- den Strahl der Rückenflosse gleich ist. Der letzte Strahl der Afterflossse steht der Schwanzflosse näher als der der Rückenflosse. Die Flosse selbst reicht näher an die Basis des Schwanzes. Die Schwanzflosse ist tief gegabelt; sie ent- hält 14 Strahlen ausser den kürzeren. Zwischen der Seiten- linie und dem slachh'gen Theil der Rückenflosse sind acht Schuppenreihen , und achtzehn Reihen unter der Seitenli- nie in derselben Gegend. Auf der Seitenlinie liegen 60 Schuppen. Die Farbe ist einfarbig dunkel olivenbraun längs dem Rücken, an den Seiten etwas verschossen ; Rückenflosse schwarz mit weissen Flecken; Schwanzflosse schwärzlich, heller an der Basis; Afterflosse tief schwarz mit einer hellen Längs- binde; Brustflossen weiss; Bauchflossen schwarz mit heller Basis. Nach dieser Beschreibung muss es einleuchten, dass dies die von Herrn A. C. Jackson zuerst beobachtete Species ist, oder wenigstens eine ihr sehr nahe verwandle. Es über- rascht mich nur die Thatsache, dass, während er am 7. Juni reife Junge darin beobachtete, Herr T. G. Gary sie noch im Anfang des August mit Jungen gefunden haben sollte. Fer- ner sah Herr Jackson neunzehn Junge darin , während in den Exemplaren des Herrn Gary ich nur acht bis neun Junge fand, die quergebändert waren wie Emb. Garyi. Sollten es zwei so nahe verwandte Arten sein^ dass sie leicht verwech- selt werden könnten ? Ich muss hinzufügen, dass Herr Jack- son der gefleckten Rückenflosse und der hellen Binde auf der Afterflosse seines Fisches keine Erwähnung Ihut; was die Vermuthung wahrscheinlicher macht, dass es nicht bloss zwei, sondern mehrere Arten dieser merkwürdigen Gattung um San Francisco giebt. Ich wollte jedoch die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, den Namen des Herrn Jackson mit dieser interessanten Entdeckung zu verknüpfen, und habe daher die eine der beiden von Herrn Gary an mich gesand- ten Arten, welche am meisten auf seine Beschreibung passt, Emb. Jacksoni genannt, und überlasse es künftiger Entschei- dung, ob dies wirklich die zuerst von ihm gesehene Art ist, i Ueber eine neue Familie von Fischen aus Californien. 161 ein Umstand der ganz unwesenllich ist, seil wir schon zwei Species dieses merliwürdigen Typus kennen. 2. Enibiotoca Caryi Agass. Der Körper ist viel mehr verlängert als bei Embiotoca Jacksoni, jedoch gleichfalls comprimirt. Seine Höhe mit Ein- schluss der Rückenflosse ist geringer als die Entfernung der Schnauzenspilze vom Ende der Brustflosse, und geringer als die halbe Länge des Fisches. Das Profil ist viel weniger steil, die Schnauze vorstehend, und der Kopf länger als hoch. Der hintere Rand des Auges ist dem Winkel des Operculums näher als der Schnauze. Die obere und untere Krümmung des Körpers sind gleich, und indem sie sich gegen den Schwanz mehr nähern, wird der Schwanz niedriger als bei voriger Art. Die Schuppen des Rückens gehen am Kopf nur bis zur Hälfte der Entfernung des ersten Rückenflossenstrahls von der Schnauzenspitze herab. Die Stirn ist schwach concav wie bei Emb. Jacksoni. Das hintere Ende des Zwischenkiefers reicht nicht bis zum vorderen Augenrande nach hinten. Die Beschaff'enheit der Lippen und die Ausdehnung des Oberkie- fers ist sehr ähnlich wie bei der anderen Art, aber der Vor- derrand der Dille des Zwischenkiefers liegt über der Linie des unteren Augenrandes. Eine senkrechte Linie durch das Auge ergiebt, dass die Kopfhöhe hier um ein Drittel gerin- ger ist als bei E. Jacksoni. Die Mundöff'nung ist mehr schief aufwärts gerichtet. Die Zähne sind schlanker, haben aber sonst dieselbe Gestalt. Im Oberkiefer stehn zwölf, im Unter- kiefer acht Zähne. Die Naslöcher sind massig gross, eins vor dem andern gelegen und vor dem Auge, aber etwas un- ter der Linie seines oberen Randes. Der senkrechte Durch- messer des Auges ist kleiner als der Längsdurchmesser. Das Praeoperculum ist bei dieser Art weniger rechtwinklig als bei der vorigen. Der unlere abgerundete Winkel seiner Leiste liegt vor dem hinleren Augenrande. Die Schuppen des Prae- operculums sind auch viel kleiner und weniger deutlich. Röhren strahlen vom Augenrande und von der Leiste des Praeoperculums aus, wie bei E. Jacksoni. Der hintere Haul- rand des Operculums ist schmaler : der Einschnitt zwischen dem Suboperculum und Interoperculum liegt in der senk- Archiv f. Naturgescli. XX. Jahrg. 1. Bd. J { 162 Agassis: Ueb. eine neue Familie von Fischen aus Californien. rechten Linie des Hinlerrandes des Praeoperculums. Ein Hau- fen von Schuppen liegt über der oberen Anheftung des Prae- operculums. Die Rückenflosse unterscheidet sich sehr wenig von der vorigen Art, erstreckt sich aber etwas weiter nach vorn, indem ihr erster Stachel unmittelbar über dem hintern Winkel des Operculums steht. Die Entfernung dieses Sta- chels von der Schnauzenspitze reicht von ihm rückwärts bis zum neunten weichen Strahl. Die hinteren Strahlen des weichen Theiles sind kürzer als bei der ersten Species, aber sie sind um drei Strahlen zahlreicher. Die Rückenflosse hat ein und zwanzig Strahlen; sie ist vielleicht länger als bei der anderen. Die Bauchflossen unterscheiden sich wenig. Die Afterflosse unterscheidet sich dagegen bedeutend: sie ist sehr klein und zusammengezogen, und liegt weit hinter den Bauch- flossen. Die Schuppen an ihrer Basis von welligem Umrisse sind viel mehr markirt als bei E. Jacksoni. Die Stachelstrah- len sind sehr kurz, indem der letzte weniger als halb so lang ist wie der folgende weiche Strahl; die Basis dieses letzteren liegt genau unter der des fünfzehnten entsprechen- den Strahles der Rückenflosse. Ihre hintere Basis und ihre Endigung sind wie bei der ersten Species, Die Schwanzflosse ist schlanker und liefer ausgeschnitten. Die Schuppen des Körpers sind entschieden nicht so gross. Die Seitenlinie folgt dem Umrisse des Rückens, wie bei E. Jacksoni; sie ent- hält fünf und siebzig Schuppen. Farbe hellolivenfarbig, dunkler längs dem Rücken, hell- braune Längsbinden verlaufen zwischen den Schuppenreihen, und dunklere Querbinden reichen vom Rücken bis zu den Seiten des Körpers, und überragen im vorderen Theile des Rumpfes die Seitenlinie nicht, während sie am Schwänze mehr ausgeprägt sind und fast bis zur Afterflosse reichen. Kopf schwarz und weiss scheckig. Rücken- und Schwanzflosse schwarz und weiss gefleckt. Afterflosse mit einer ausgebreite- ten schwarzen Zeichnung auf hellerem Grunde. Brustflossen weiss. Bauchflossen weiss am Grunde, schwarz an der Spitze. Es ist nur ein Weibchen beobachtet worden , welches acht Junge in sich halte. Diese Art wurde durch Herrn T. G. Gary in der Bai von San Francisco, Anfangs August 1853, entdeckt. lieber die systematische Stellung^ der Glat- tung^ Cinbiotoca. Bemerkung zur vorigen Abhandlung. Vom Heransg^elver« Es ist in den meisten Fällen ungemein schwer, nach blossen Beschreibungen ein solches Bild von einem Thiere zu gewinnen, dass man ein sicheres Urtheil darüber zu fäl- len im Stande wäre, ob die Species neu , oder etwa mit ei- ner irgend wo beschriebenen identisch sei. Ja selbst wenn Abbildungen beigegeben sind, bleiben oft Zweifel übrig. Der beste Beweis für die Schwierigkeit solcher Kritik liegt wohl darin, dass selbst geschickte Bearbeiter von Monographien, trotz allem angewandten Fleiss und Scharfsinn, Missgriffe thun. Es ist leicht durch eine unbestimmte Phrase gegen den Werth einer Art Zweifel zu erregen, z. B. ,,dieseArt des Verfassers scheint von der oder jener nicht verschieden;" solche Aeus- serungen helfen jedoch eigentlich wenig, können aber sehr viel schaden, wenn sie irrthümlich sind, und auf Autorität ange- nommen werden. Ich enthalte mich daher in der Regel sol- cher Aussprüche in den Jahresberichten, welche ich in diesem Archiv über einige Thierklassen veröffentliche. Bei der grossen Zahl als neu beschriebener Arten würde sogar die gründli- che Vergleichungmit den bereits bekannten, und eine Entschei- dung über ihre Berechtigung eine Arbeit und einen Zeitauf- wand erfordern , der alle anderweitige Thätigkeit fast aus- schliessen würde; abgesehen davon, dass dazu eine sehr vollständige und wohlbestimmte Sammlung unerlässiich noth- 164 Troschel: wendig wäre. Es ist die Aufgabe der Monographen, von Zeit zu Zeit Alles in ihren Bereich Fallende zu sichten, und zur Klarheit zu bringen. In manchen Fällen jedoch , und namentlich in solchen, wo die Beschreibung solche Vollständigkeit erreicht hat, dass dem Leser keine etwa gestellte Frage unbeantwortet bleibt, ist es möglich mit grosser Bestimmtheit zu entscheiden, ob der Verfasser aus seinem Material die richtigen Resultate gewonnen habe. In solchem Falle , und darin befinden wir uns hier, ist es gewiss von grossem Nutzen, sogleich einen Irrlhura zu berichtigen, bevor derselbe sich weiteren Eingang verschafft. Ohne Zweifel gewährt die eben beschriebene Gattung Embiotoca von der Californischen Küste ein grosses Inter- esse , und durch vollständige üebersetzung dieses Artikels unseres berühmten , jetzt in Amerika lebenden Landsmannes, dem kein geringer Anlheil an dem mächtigen Aufschwung gebührt, den dort die beschreibenden Naturwissenschaften in den letzten Jahren genommen haben, glaubte ich den deutschen Zoologen eine interessante Bekanntschaft zu ver- schaffen. Es sei mir jedoch erlaubt, einige systematische Bemer- kungen der Abhandlung beizufügen. Agassiz bildet aus dieser Gattung eine eigene und neue Familie, wozu er grossentheils wohl durch die Bewun- derung der eigenthümlichen Fortptlanzungsweise angeregt wurde. Diese Fische sincl lebendig gebärend. Beispiele von lebendig gebärenden Fischen sind nicht selten, wir kennen sie bei den Cyprinodonten, bei den Blennioiden und Anderen. Jedoch nicht allein bei den Fischen, sondern auch bei ande- ren Thierklassen, Amphibien, Mollusken, Insecten, Echinoder- men u. s. w. finden sich Beispiele, dass nahe verwandte Gat- tungen eierlegend und lebendig gebärend sein können; ja zuweilen weichen einzelne Species von ihren eierlegenden Gattungsgenossen dadurch ab, dass sie lebendige Junge zur VTelt bringen. Unter solchen Umständen kann also der Fort- pflanzungsweise allein nicht der Werth beigelegt werden, eine Familie zu gründen, wenngleich es immer sehr bemerkens- werth bleibt , dass diese Jungen bei ihrer Geburt schon so Ueber die systematische Stellung der Galtung Embiotoca. 165 sehr gross, und so auffallend weit entwickelt sind. Ueber- haupt hat man in neuerer Zeit der Entwickelungsgeschichte einen viel zu bedeutenden Einfluss auf die Systematik zuge- standen. Agassiz vergleicht die neue Familie zunächst mit den Percoiden und Sparoiden. Von beiden unterscheiden sie sich auffallend genug, von ersteren durch den Mangel der Gau- menzähne und der Bewaffnung der Kiemendeckelstücke, von letzteren durch die Cycloidschuppen. Dann fügt er hinzu, die dicken Lippen möchten an die Labroiden erinnern, geht aber kurz darüber fort, indem er sagt, die Schuppen der Em- biotoca seien weder verlängert, noch mit den charakteristi- schen verästelten Röhren dieser Familie versehen. Es hätte sehr nahe gelegen, bei der Entscheidung über die letzte Frage^ nämlich ob die Fische Labroiden seien, das wesentlichste Merkmal, welches J. Müller in die Verwachsung der unteren Schlundknochen gesetzt hat, und worauf er seine Unterordnung Pharyngognathi gründete, zu Rathe zu ziehen. Dies hat der Verf. bei seiner Charakteristik der Familie un- terlassen. Bei der Gatlungsdiagnose ist nur erwähnt, dass die Schlundzähne pflastersleinarlig seien, was auch bei den Labroiden der Fall ist. Bei der Beschreibung von E. Jack- soni steht jedoch ausdrücklich : „die Schlundzähne bilden oben zwei völlig bewegliche Platten, und eine dreieckige unten; die Zähne des unteren Schlundknochens seien wie die der oberen abgestutzt, nur die der hinteren Reihe seien länger und zugespitzt." Damit ist jeder Zweifel gehoben , und wir sind gezwungen, die Gattung Embiotoca in Müller's Unterord- nung Pharyngognathi zu setzen. Diese Abtheilung von Fischen beruht freilich nur auf einem Merkmale, nämlich der Verwachsung der unteren Schlundknochen , und ist daher eine künstliche. Ja es sind sehr verschiedene Fische, Stachelflosser und Weichflosser, in ihr vereinigt, während J. Müller nicht ganz consequent die Anacanthini von den Acanthopteri getrennt hat, nur weil jene Weichflosser, diese Stachelflosser sind. Möge man nun für Vereinigung der Scomberesoces mit den übrigen Pharyngo- gnalhen stimmen, oder sie voneinander als besondere Unter- ordnungen trennen, soviel bleibt gewiss, dass die Gattung 166 Troschel: Embiotoca mit den Stachelflossern unter den Pharyngognathen in allernächster Verwandschaft steht, indem ausser den Schlundknochen auch die fleischigen Lippen , die Fähnchen an den Stacheln, die Agassiz bei Beschreibung der E. Jack- soni ausdrücklich erwähnt , nnd die Cuvier als ein wesentli- ches Merkmal seiner Labroidenfamilie ansah , sowie andere Charaktere darauf hinweisen. Sie darf nicht von ihnen ge- trennt werden. Wer etwa die Untersuchungen J. Müller's ausser Acht lassen wollte, müsste doch wenigstens die Gat- tung Embiotoca in die Cuvier-Valenciennes'sche Familie der Labroiden setzen; denn sie weicht auch in keinem einzi- gen Punkte von den Charakteren ab, welche Valenciennes in der grossen Hist. nat. des poissons XIII. p. 12. für sie aufstellte. Diese sind : Längliche Gestalt eines beschupp- ten Körpers ; eine einzige Rückenflosse , vorn mit Stachel- strahlen, meist mit Hautläppchen geziert; Kiefer von fleischi- gen Lippen bedeckt; Gaumen glatt und ohne Zähne; drei Schlundknochen, zwei obere und ein unterer: alle drei mit Zähnen besetzt, die bald steinpflasterförmig, bald plattenför- mig^ oder spitz sind; Darmkanal ohne Blinddärme und eine Schwimmblase. Durch J. Müller's Untersuchungen sind die Familienun- terschiede der Labroiden noch durch einige Charaktere ver- mehrt, und dadurch um so schärfer geworden. Dies geschah deshalb, weil es darauf ankam, die eigentlichen Labroiden (Labroidei cycloidei) von den Labroidei ctenoidei und Chro- mides zu unterscheiden. Die Chromiden *) sind Flussfische, haben meist Cte- noidschuppen, meist einfache Nasenlöcher, keine Nebenkie- men, vier vollständige Kiemen mit grosser Spalte hinter der letzten, mit unterbrochener Seitenlinie, mit Blindsack des Ma- gens; ohne Nebenkiemen. Alle diese Charaktere schliessen die Gattung Embiotoca aus. Unter den Labroidei ctenoidei wird sie wegen ihrer Cycloidschuppen , der steinpflasterartigen Schlundzähne , der ununterbrochenen Seitenlinie , und wegen des Mangels von 1) J. Müller: Ucber den Bau und die Grenzen der Ganoiden p. 53. lieber die systematische Stellung der Gattung Embiotoca. 167 Blindsack und Blinddärmen, keine Aufnahme finden können, obgleich das Vorhandensein vier vollständiger Kiemen mit sehr kleiner Spalte dahinter in Uebereinstimmung mit den La- broidei ctenoidei steht. Am grössten ist die Uebereinstimmung mit den La- broidei cycloidei; ja ich finde eigentlich nur eine wesentli- che DifTerenz von dieser Familie, nämlich die Beschaffenheit ), die im Gegen- satz zu der weit hinten liegenden Blase des Zitteraales im vorderslen Theil des Leibes liegt, und einen feinen Luftgang zum Magen sendet. Eine abweichende Darstellung findet sich in J a c o b i's Dissertation über die Schwimmblase der Fische; nach diesem Verfasser sollen sich bei Gymnotus ae- quilabiatus zwei Schwimmblasen finden, welche nicht in Ver- bindung mit einander stehen, und zwei Luftgänge, von wel- chen der vorderste von dem hintersten Ende der ersten Blase, der andere von dem vordersten Ende der hintersten Blase entspringt 2). Ich wende mich nun zu meinen eigenen Untersuchun- gen, zu denen ich Arten benutzen konnte, die zu dreien von den fünf Gattungen der Familie gehörten, nämlich: einen Carapus, den ich mich für jetzt ausser Stand sehe, mit Si- cherheit von der älteren Art zu unterscheiden; ferner zwei neue Arten der Gattung Sternopygus, von denen die eine, S. Marcgrami nahe mit S. macrourus (Bl.) verwandt ist, die an- dere, S. microstomus, zu der Gruppe ohne Augenlieder ge- hört, und endlich eine, wie ich glaube, neue Art Sternarchus brasiliensis m. Bei allen vieren habe ich die Schwimmblase nach demselben Typus gebildet gefunden. Bei ihnen allen ist dieses Organ doppelt; in dem vordersten Theil der Bauch- höhle findet sich nämlich dicht unter dem Rückgrat eine kleine Schwimmblase, welche hinten abgerundet und vorn in der Mitte etwas ausgerandet ist, indem sie mit zwei vorspringen- den stumpfen Hörnern versehen ist; an der Bauchseite der 1) Rccucil d'observat. de zool. et d'anat. comp. Tom. I. p.47. pl. X. Fig. 2. 2) De vesica aerea piscium cum appendice de vesica aerea cel- lulosa Erythrini. Berolini 1842. , lieber die Schwimmblase in der Familie Gymnotini. 173 Blase laufen diese in eins mit der übrigen Oberfläche, aber an der Rückenseite bilden sie zwei gewölbte Hervorragun- gen, die durch eine Furche von dem dahinter liegenden Theii der Blase scharf abgegrenzt, und von einander durch einen vertieften Zwischenraum getrennt sind. Von den beiden Hautschichten dieser Blase ist die äussere dicii, seidenglän- zend und sehr elastisch, die innere ist ein dünnes, schlaffes und durchsichtiges Häutchen ohne eine Spur von Blutdrüse, und beide sind so lose verbunden, dass man mit Leichtigkeit die äussere Haut durch einen Schnitt öffnen und darauf die innere Blase herausnehmen kann, ohne dass sie irgend eine Beschädigung erleidet. In einiger Entfernung hinter dieser vorderen Schwimm- blase findet sich dann hinten in der Bauchhöhle eine mehr- mals grössere Blase, die mit ihrem vordersten Ende den hintersten Theil der Niere bedeckt, und übrigens dicht am Rückgrat liegt, jedoch nur lose an dieser Lagerstätte mittelst ihrer Peritoneal-Bekleidung befestigt ist; ihre äussere Haut ist beträchtlich dünner als die entsprechende an der vorderen Blase, schlaff und mehr oder weniger durchsichtig, und lässt sich nicht so wie jene von der inneren trennen. Diese beiden Blasen sind inzwischen nicht ganz ohne Verbindung mit einander. Von dem hinteren Ende der vor- deren entspringt nämlich ein feiner Kanal ') , welcher nach hinten mitten zwischen den Nieren gegen die hinterste Schwimmblase verläuft, um in grösserer oder geringerer Ent- fernung von ihr sich mit einem entsprechenden, von ihrem vorderen Ende entspringenden Gange zu vereinigen, der dann seinen Lauf nach vorn und etwas schräg abwärts fortsetzt, 1) Es ist nicht ganz leicht zu erkennen , ob es ein Kanal ist, oder ein solider Strang, der von der vordersten Blase abgeht; ich glaube indessen, dass das erste der Fall ist; denn bei einer der un- tersuchten Arten (S. Marcgravii) ist es mir einmal gelungen, in einem feinen Strahl den von der vorderen Blase aufgesogenen Spiritus durch den abgeschnittenen Lufgang auszupressen, und bei S. microstomus habe ich unter dem Mikroskop innerhalb desselben Luftblasen und kleine Luftsäulen gesehen, die durch den eingesogenen Branntwein abgesperrt waren und sich vor- und rückwärts bewegten, wenn ich aussen auf den Luftgang drückte. 174 Reinhardt: und sich endlich in die Rückseite dej* Wandung der Speise- röhre öffnet, nahe an deren Uebergang- in den Magen, durch eine kleine aber leicht ins Auge fallende Oeffnung. Da beide von den Blasen entspringenden Kanäle meist dieselbe Dicke haben, liegt die Vermuthung nahe, dass der von der vorder- sten Blase kommende im Grunde nichts anderes sei, als die Einschnürung zwischen den beiden Abtheilungen der Schwimm- blase bei den Karpfen und Characinen, welche hier zu ei- nem langen Rohr ausgezogen ist , von welchem dann der Luftgang entspringt, anstatt wie bei den obengenannten Fa- milien von der hintersten Schwimmblase auszugehen. Wenn ich dennoch nicht geglaubt habe, einer solchen Erklärung folgen zu müssen, so hat dies seinen Grund in dem Um- stände, dass bei der untersuchten Carapus-Art ein so gros- ses Missverhältniss zwischen der Weite der beiden Luftgänge stattfindet, dass es hier unverkennbar ist, dass der von der vordersten Blase kommende nicht die hinterste Schwimmblase erreicht, sondern wirklich in einem Abstände von ihr in den viel dickeren Luftgang einmündet, den sie aussendet. Es wäre jedoch möglich, dass das Verhältniss in einem sehr frü- hen Stadium ein anderes wäre , und mit völliger Gewissheit kann die Frage wohl kaum anders als durch die Enlwicke- lungsgeschichte gelöst werden. Wie ich bereits bemerkt habe, bleibt der oben beschrie- bene Typus der Schwimmblase im Wesentlichen derselbe bei allen untersuchten Formen ; in gewissen untergeordneten Be- ziehungen zeigen sich jedoch Modificationen, hauptsächlich in Betreff der Gestalt und Grösse der hinteren Schwimmblase, ferner in Hinsicht auf die Entfernung der Blasen von einan- der, die relative Dicke der Luftgänge, und endlich in Hin- sicht auf die Stelle, wo der vorderste Luftgang sich mit dem hintersten vereinigt, bald etwas näher bald etwas entfernter von seinem Ursprung. Wie jedoch auf diese Abweichungen schon an und für sich kein grosses Gewicht gelegt werden zu können scheint, ebenso ist es zweifelhaft, in wie fern sie sich mit äusseren Charakteren in Uebereinstimmung brin- gen lassen, so dass gewisse Modificationen gewissen Gattun- gen oder Gruppen eigenthümlich wären. Vergleicht man nun die oben gegebene Darstellung mit Ueber die Schwimmblase in der Familie Gymnotini. 175 den älteren Angaben über die Schwimmblase bei andern For- men der Gymnotinen, so kann fürs Erste kaum ein Zweifel darüber stattfinden, dass dieses Organ auch bei Gymnotus electricus durchaus die von mir beschriebene Bildung hat. Nicht allein die Anwesenheit zweier Blasen ist hinlänglich constatirt ; sondern es geht ferner aus Fahlberg's Abhandlung hervor, dass die vorderste von ihnen ganz die eigenlhümli- che Gestalt hat, welche dieselbe bei den vier von mir un- tersuchten Gymnotinen auszeichnet; selbst eine Verbindung der beiden Blasen durch einen feinen Kanal ergiebt sich aus seiner Beschreibung und Abbildung '), und es ist so nur der zur Speiseröhre gehende Luftgang , welcher ihm enigangen ist; derselbe ist jedoch von Humboldt angezeigt, der dage- gen nicht nur den vordersten Luftgang , sondern auch die Blase, aus der er entspringt, übersehen hat. Auch in v. Baer's Beschreibung der Schwimmblase bei Sternopygus macrourus (Bl.) findet man denselben Typus wieder, und es fehlt nur eine Angabe über den Verlauf und die Vereinigung der beiden Luftgänge, damit das ganze cha- rakteristische Verhalten bereits von diesem Verfasser hervor- gehoben wäre. Zweifelhafter könnte es scheinen , ob man auch Hum- boldts Gymnotus aequilabiatus die oben beschriebene Bildung der Schwimmblase zuschreiben könnte , da er ausdrücklich angiebt, nur eine einzige Schwimmblase bei ihm gefunden zu haben; freilich haben wir schon oben gesehen, dass in Jacobi's Dissertation eine entgegengesetzte Angabe vorliegt, aber obgleich dieselbe in einige der neuesten Lehrbücher und Systeme der Zootomie übergegangen ist , zweifle ich doch sehr, dass man sich darauf verlassen darf. Es ist näm- lich schon auffallend, dass Jacobi in seiner Beschreibung der Schwimmblase bei dem erwähnten Fisch ^) mit keinem Wort die frühere abweichende Angabe erwähnt, und sich überhaupt so ausdrückt, dass man nicht ersehen kann, ob er an dieser Stelle eine eigene Beobachtung mitlheilen , oder sich bloss auf die Untersuchungen Anderer beziehen will. Weiterhin 1) L. c. p. 144. Tab. II. 2) De vesica aera piscium etc. p. 10. 176 Reinhardt: in seiner Abhandlung i) erinnert er demnächst an v. Baer's Beobachtung von zwei Schwimmblasen bei Sternopygus ma- crourus, und weist bei der Gelegenheit auf seine erste An- gabe im §. 6. der Abhandlung hin , obgleich an der letzten Stelle von einem ganz anderen Fisch die Rede ist, als an der ersten. Fügt man nun hinzu, dass Jacobi's Beschreibung der Schwimmblase bei Gymnotus aequilabialus nicht das Min- deste mehr enthält, als was v. Baer bereits früher über die Bildung dieses Organs bei Sternopygus macrourus mitgetheilt hatte, so erscheint es mir wahrscheinlich , dass Jacobi auch an der ersten Stelle in seiner Dissertation nur die Absicht gehabt hat, v. Baer's Beobachtung über den letzteren Fisch anzuführen, und dass das Wort aequilabialus durch einen Schreibfehler eingeflossen ist; und diese Vermuthung dürfte noch an Wahrscheinlichkeit gewinnen, wenn man in Erwä- gung zieht, dass J. Müller und Troschcl noch im Jahr 1849 die lelzlgenannle Art nur aus Humboldt's Beschreibung kann- ten, obgleich die erwähnte Dissertation in Berlin geschrie- ben, und zum Theil sogar nach dem Material ausgearbeitet ist, zu welchem J. Müller dem Verfasser den Zutritt ge- stattete. Aber wenn man somit scheinbar aus Jacobi's Angabe nichts schliessen kann , dürfte es doch nach Humboldt's ei- gener Beschreibung und Abbildung wahrscheinlich bleiben, dass auch Gymnotus aequilabialus in der Bildung der Schwimm- blase sich den übrigen Arten anschliesse. Die eine Schwimm- blase, welche er diesem Fisch zuschreibt, liegt nämlich nicht bloss ganz an derselben Stelle, \Ae die vorderste Blase bei den übrigen Gymnotinen, sondern man sieht zugleich aus der Beschreibung. und der beigegebenen Abbildung, dass sie ganz und gar die für diese erste Schwimmblase charakteri- stische Form hat, und ihren Luftgang genau von derselben Stelle wie diese aussendet. Wäre jedoch diese Art wirklich von der Natur bestimmt, nur eine einzige Schwimmblase zu besitzen, so ist es wenig wahrscheinlich, dass dieselbe als ein blosses Bruchstück des bei anderen Formen verdoppelten Or- gans aultreten, und als solches seiner Bestimmung entspre- 1) L. c. p. 14. Ueber die Schwimmblase in der Familie Gymnotini. 177 chen können sollte; man müfsle in solchem Falle unzwei- felhaft erwarten , die einzige Schwimmblase nach einem eigenen Typus und somit verschieden in Bau und Form von der ersten Schwimmblase der übrigen Gymnotinen zu finden. Ich glaube daher nicht, einen übereilten Schluss zu ma- chen, wenn ich annehme, dass die hinterste Schwimmblase bei Gymnotus aequilabiatus übersehen worden ist, und dass der oben beschriebene Typus für die Gymnotinen-Fa- milie allgemein gültig, und gleichsam charakteristisch für sie ist, wie die durch eine Einschnürung in zwei Abthei- lungen gelheilte Schwimmblase es für die Familien der Kar- pfen und Characinen ist. Es ist aber noch eine Bildung an der Schwimmblase der Gymnotinen, welche von grosser Bedeutung ist; die vor- derste Blase ist nämlich vermittelst sogenann- ter Gehörknöchelchen mit dem Ohre inVerbin- dung gebracht. Eine solche Verbindung hat v. Baer be- reits vor einer Reihe von Jahren bei Sternopygus macrou- rus (Bl.) ^) gefunden; aber seine Beobachtung scheint trotz ihrer Wichtigkeit bisher übersehen worden zu sein. Ich kann nun die Richtigkeit auch bei den Arten bestätigen, die ich untersuchen konnte, und es kann daher keinem Zweifel unter- worfen sein, dass diese „Gehörknöchelchen* einen der gan- zen Familie zukommenden Charakter bilden. Die Art, wie diese Verbindung der Schwimmblase mit dem Ohre zu Stande gebracht wird, ist im Wesentlichen die- selbe wie bei den Karpfen. Es findet sich an jeder Seite eine Reihe von drei Knöchelchen , von denen der hinterste mit seinem einen Ende unter einen stark entwickelten Fort- satz des vierten Wirbels sich erstreckt, auf dessen innere concave Seite sich die vorspringenden Zipfel der vordersten Schwimmblase stützen , während dieser kleine Knochen sich so mit dem einen Ende an die Schwimmblase anlehnt, ist er 1) L. c. p. 43. : V. Baer berührt übrigens dies Verhältniss nur beiläufig, ohne sich auf eine nähere Beschreibung einzulassen; seine Worte sind: „(vordere) kleine Schwimmblase, an welche sich Gehör- knöchelchen anlegen." Archiv f. Naturgesch. XX. Jahrg. 1. Bd. 12 178 Reinhardt: durch eine von seiner vordersten Spitze ausgehende Sehne mit dem mittelsten Gehörknöchelchen verbunden; dieses ist wieder durch eine Sehne an das vorderste geheftet, welches sich unmittelbar auf den Schädel stülzt. Selbst in der Gestalt der einzelnen Knöchelchen findet grosse Uebereinstimmung mit den Karpfen statt. Das hinterste, der sogenannte Ham- mer, ist ein flacher, halbmondförmiger Knochen, von dessen innerem concaven Rande ein Zapfen abgeht, mittelst dessen er in eine tiefe Grube an der Seite des dritten Wirbels ein- gelenkt ist: er hat eine etwas schräge Lage, und während sein hinterster Theil unter den erwähnten Querfortsatz am vierten Wirbel herabreicht, ruht sein vorderstes Ende auf dem gleichfalls stark entwickelten Querfortsalz am zweiten Wir- bel. Diese beiden Fortsätze sind bei einigen Arien durch Sehnenband vereinigt, bei anderen sogar theilweis verwach- sen; in beiden Fällen bilden sie zusammen einen Ring, der den Hammer umschliesst, und durch welchen derselbe herab- ragt, um sich an die Schwimmblase anzulehnen. Das mitt- lere Knöchelchen, der Amboss, ist das kleinste von allen, und theilt sich in drei Fortsätze ; durch zwei von diesen steht es mittelst Sehnen in Verbindung mit den beiden anderen Knöchelchen, durch den dritten befestigt es sich an den zwei- ten Wirbel. Das vorderste Knöchelchen, der Steigbügel, wen- det sich mit seiner vorderen ausgehöhlten Fläche gegen den Vorhof zu dem sogenannten Sinus impar, und ist mit einem kleinen Fortsalz in eine Vertiefung an der Oberseite des er- sten Wirbels eingelenkt '). Von den Wirbeln, mit denen die- ser Apparat von Knöchelchen in Verbindung steht, ist der erste sehr klein, und hat gleichwie der dritte keinen Proces- sus transversus, während der zweite und vierte Wirbel die- sen Fortsalz stark entwickelt haben, jedoch in verschiede- 1) Den besonderen Ideinen Knochen, welcher bei den Karpfen und Welsen einen Theil der „Atria sinus imparis" deckt , habe ich nicht bei den Gymnotinen gefunden; da jedoch die Gehörlinöchelchen hier so sehr klein sind (ist bei einigen kaum ein halb Millimeter), und da ich diesen Theil der Untersuchung nicht bei mehreren Exem- plaren wiederholen konnte, so bin ich nicht ganz sicher, dass dieses „Claustrum« wirklich bei den Gymnotinen fehlt. Ueber die Schwimmblase in der Familie Gymnolini. 179 nem Grade bei den verschiedenen Arten. Erst der fünfte Wir- bel trägt Rippen '). Wenn die oigenlhümliche Bildung der Schwimmblase künftig zu den Charakteren hinzugefügt wird , welche man bereits für die Gymnotinen geltend gemacht hat, so ergieht sich immer bestimmter , dass sie eine wohl begründete und scharf begrenzte natürliche Familie bilden ^) , aber zugleich entfernen sich diese Fische dadurch noch weiter von den Aa- len, und es bleiben hauptsächlich negative Charaktere übrig, namentlich der Mangel der Baiichflossen und Nebenkiemen, die sie noch an dieselben knüpfen, während sich sonst in al- len wichtigeren Organisalionsverhältnisscn Abweichungen und Unähnlichkeiten zeigen. Es bleibt von positiven Charakteren fast nur eine gewiss habituelle Aehnlichkeit in der Körper- form übrig, und selbst diese ist im Grunde nur bei dem Zit- teraal recht hervortretend, der nicht einmal zu den typischen Formen der Familie gehört, und der wohl nicht so lange als die Grundform der Gymnotinen gegolten hätte, wenn nicht seine electrische Eigenschaft von Anfang an die Aufmerksam- ke'd mehr auf ihn gelenkt hätte, als auf die übrigen verwand- ten Formen. Wenn daher Joh. Müller nach Entfernung der Gattungen Ophidium, Fierasfer und Ammodytes von den „ An- guilliformes^^ die übrigen Gattungen dieser Cuvier'schen Gruppe in drei coordinirte Familien: Muraenoidei, Symbranchii und Gymnotini vertheilt, so kann es schwerlich geleugnet werden, dass diese Familien einen sehr verschiedenen Werlh haben, indem die Verschiedenheit zwischen den Gymnotinen und je- der einzelnen der beiden anderen Familien weit grösser ist als die zwischen diesen beiden. W^ährend es augenschein- lich ist, dass eine nahe Verwandtschaft die Muraenoidei und Symbranchii vereinigt, scheinen die Gymnotini nach einem 1) Bei den Karpfen ist dieses Verhalten etwas anders, denn da bat der dritte Wirbel einen grossen Processus transversus. 3) Wo Gymnarchus endlich seinen Platz finden wird, ist wohl »ehr zweifelhaft; aber jedenfalls gehört er gewiss nicht zu den Gym- notinen, mit denen er im Skelet keine Aehnlichkeit hat; vergl. Erdl's Beschreibung des Skeletes von Gymnarchus niloticus ct. in den Ab- handl. der mathem. physical. Classc d. Königl. Bayerischen Acad. d. Wissensch. Y. Band. 180 Reinhardt: ganz anderen Typus gebaut zu sein und durch ihre Schwimm- blase eine Art Annäherung an gewisse mit Bauchflossen ver- sehene Familien aus der Ordnung der Physostomen zu zei- gen, und etwa namentlich an die Characinen. Will man in- nerhalb der Ordnung der Physostomen eine Abtheilung Apoda beibehalten, so wäre es gewiss am richtigsten, wenn darin den Gymnotinen eine aus den Muraenoidei und Symbranchii gebildete Gruppe entgegengesetzt würde; zieht man es jedoch vor, die Abtheilung in ihrer gegenwärtigen Form mit den drei coordinirten Familien bestehen zu lassen, so darf man jedenfalls mit den Gymnotinen nicht schliessen 0^ sondern muss mit ihnen beginnen; und noch weniger ist es zulässig, dieselben zwischen die beiden anderen zu schieben 23. Ich füge nun eine kurze vorläufige Charakteristik der im Vorhergehenden angeführten neuen Arten hinzu : Sternopijgus Marcgravn Rh dt 3) Die Augen sind mit einem kreisrunden Augenliede ver- sehen, und der Kiemeudeckel ist mit einem Hautsaum an der Stelle eingefasst, wo die Kiemenhaut an ihm feslgewachsen 1) Wie in der 3ten Ausgabe von Wiegmann's undRuthe's Hand- buch der Zoologie. Berlin 1848. S.243. 2) So findet es sich in der Bearbeitung der Fische in Richard Schomburgk's Reisen in Britisch Guiana. 3. Theil. Versuch einer Fauna und Flora ct. Leipzig 1848. S.638. 3) An merk, des Herausgebers. Scheint sich von St. ma- crourus nicht zu unterscheiden, da die Verschiedenheit lediglich auf einigen Maassen beruht, bei denen der Augendurchmesser als Einheit benutzt ist. Ich würde mehr Vertrauen auf die Artberechtigung ha- ben, wenn Verf. durch unmittelbare Vergleichung an Exemplaren diese Differenz in den Verhältnissen bemerkt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall gewesen ; Verf. hat nur mit den gedruckten Angaben ver- gleichen können, und eine wenig andere Auffassung des Augendurch- messers wird leicht Abweichungen in den Zahlen der Verhältnisse zulassen. Von dem Vorhandensein hecheiförmiger Zähne am Gaumen habe ich mich bei einem Exemplare des Bonner Museums überzeugt. Es ist ein länglicher Streifen jederseits. Carapus hat keine Gaumen- zähne. Ueber die Schwimmblase in der Familie Gymnotini. 181 ist. Der Augendurchmesser ist ungefähr dreimal in der Ent- fernung der Augen, und viermal in der Entfernung des Au- ges von der Schnauzenspitze enthalten. Ausser den hechei- förmigen Zähnen im Zwischenkiefer findet sich jederseits am Gaumen eine Gruppe von 17 bis 20 kleinen Zähnen, die ziem- lich regelmässig in zwei bis drei Längsreihen geordnet sind. Die Länge des Kopfes (bis an den Nacken gerechnet) ist zehn- bis elfmal in der ganzen Länge enthalten. Der Ober- kiefer ragt kaum ein wenig über den Unterkiefer hervor. Die Afterflosse beginnt unter der Wurzel der Brustflossen ; die Anzahl ihrer Strahlen ist 231 bis 255 (nach der Unter- suchung von zehn Exemplaren). Der lebende Fisch ist einfarbig, dunkel chokoladenbraun ohne Spur von dunklen Flecken oder Zeichnungen; in Wein- geist bleicht die Farbe nur unbedeutend aus. Die gewöhnliche Grösse ist etwa 370Millim., doch habe ich Exemplare gesehen, die bis 462 Millim. lang waren. Im Rio das VelhaSj einem Nebenfluss des San Francisco. Da die früheren Verfasser keine Gaumenzähne bei der Gattung Sternopygus angeben, würde ich mehr Gewicht auf ihr Vorkommen bei der hier beschriebenen Art gelegt haben, wenn ich nicht zugleich auch dergleichen bei dem folgenden Sternopygus microstomus gefunden hätte, der in eine andere Gruppe von Arten gehört ; denn dadurch entsteht leicht die Vermuthung, dass sie vielleicht nur bei den älteren Arten übersehen sind, zumal da sie so äusserst klein sind, dass namentlich bei den kleinmäuligen Arten, eine äusserst sorg- fältige Untersuchung erfordert wird, um sie zu bemerken. Sternopygus microstomus Rhdt. i). Die Haut überzieht die Augen , ohne ein Augenlied zu bilden, und der Kiemendeckel hat keinen Hautsaum. Die Au- gen sind verhältnissmässig gross, ihr Durchmesser ist andert- halb mal in der Entfernung der Augen von einander enthal- ten. Der Mund ist ausnehmend klein; die Breite des aufge- 1) Anmerk. des Herausgebers. Diese Art scheint mir von St. lineatus Müll. Trosch. nicht verschieden, aus denselben Grün., den, welche ich in der Kote «ur vorigen Art dargelegt habe. 182 lleinhardt: sperrten Rachens ist kaum so gross wie der Augendurch- messer, und der Oberkiefer ist merklich kürzer als dieser. Die Gaumenzähne verhalten sich wie bei S. Marcgravii, sind jedoch noch kleiner. Die Entfernung der Schnauzenspitze vom Auge ist ungefähr gleich der Breite desselben. Der Körper ist sehr zusammengedrückt, bandförmig; seine grössle Höhe (die Afterflosse ungerechnet) fälltauf die Spitze der Brustflossen , und ist sieben bis sieben und ein halb mal in der ganzen Länge enthalten ; die Dicke an dieser Stelle beträgt nicht voll ein Drittel der Höhe. Die Afterflosse beginnt unter der hintersten Wurzelecke der Brustflossen und enthält 202 Strahlen. Die Grundfarbe ist weisslich , aber Rücken und Seiten bis eine Sirecke unter der Seitenlinie sind sehr dicht mitganz feinen Punkten übersäet, was diesen Theilen einen bräunli- chen Anstrich giebt. Die Seitenlinie bildet einen dunklen Strei- fen, ein ähnlicher findet sich längs der Wurzel der After- flosse, und ein dritter verläuft zwischen diesen beiden in der Nähe des untersten. Er erreicht eine Länge von 140 Millim. Im See Lagoa Santa dicht bei dem Dorfe gleiches Namens. in der Farbe gleicht er sehr dem S. lineatus M. T., unterscheidet sich aber von diesem besonders durch die ge- ringere Entfernung der Augen und den ausserordentlich klei- nen Mund. Siernarchus brasiliensis Rhdt. Der Körper sehr zusammengedrückt; der Kopf (bis zum Nacken gemessen) ist 9 bis lOmal in der ganzen Länge ent- halten; er ist von der Seite zusammengedrückt, und langge- streckt keilförmig. Die Mundöff'nung ist ziemlich kurz; in je- dem Zwischenkiefer findet sich eine kleine längliche Zahn- gruppe, die aus einigen wenigen kaum merklichen Zähnen besteht; im Unterkiefer sind die Zähne merklich grösser und in zwei Reihen geordnet, von denen die innerste schräg ein- wärts gerichtet ist. Die Augen sind sehr klein, und von der Haut überzogen; ihre Entfernung von einander ist wenig mehr als doppelt so gross, wie ihr Durchmesser. Der After liegt wenig weiter hinten als die Augen. Die Brustflossen haben 18 Strahlen, ihre Längte betrögt etwa ^jj dpr Kopflänge, Ueber die Schwimmblase in der Familie Gymnotini. 183 Die Afterflosse beginnt wenig vor der Kiemenspalte, und enthält 177 bis 185 Strahlen (nach der Untersuchung von 4 Exemplaren). — Die Schwanzflosse ist abgerundet und hat 19 bis 20 Strahlen. Der ganze Fisch ist dunkel chokoladenfarbig; er erreicht eine Länge von 400 Millim., und findet sich im Rio das Velhas. Diese Art steht zwar Sternarchus albifrons sehr nahe; ich habe indessen doch nicht gewagt, sie mit ihm zu vereini- gen, weil das Auge kaum halb so gross ist wie es nach Pallas 's Beschreibung ') bei gleichgrossen Exemplaren der anderen Art sein soll; weil sich ferner bei der letzten Art bedeutend weniger Strahlen in der Afterflosse finden, und noch nicht hinlängliche Erfahrungen vorliegen , um zu bestimmen, in welchen Grenzen sich die Anzahl dieser Strahlen in einer und derselben Art hält; und endlich weil sich ein so auf- fallender Unterschied in der Farbe findet. Dürfte man ferner annehmen, dass Fallas's Abbildung ganz naturgetreu wäre, so würde die brasilianische Art eine merklich längere und spit- zere Schnautze haben, als die von Surinam. Ich kann diesen Fisch nicht verlassen, ohne den eigen- thümlichen vom Rücken entspringenden Anhang zu berühren, der noch immer unter die Galtungsmerkmale aufgenommen wird. Bereits Cuvier hat in der ersten Ausgabe des Regne animal 2) die Vermuthung ausgesprochen, dass er nur künst- lich von der übrigen Haut getrennt wäre, und diese Meinung ist vollkommen richtig; bei dem lebenden oder unlängst ge- tödteten Fisch habe ich niemals eine Spur davon gefunden, und erst wenn der Fisch einige Zeit in Spiritus gelegen hat und wiederholten Manipulationen ausgesetzt worden ist, lö- set sich der lange Hautstreifen, welcher den Anhang bildet. Selbst nachdem dies geschehen ist, wird er noch anfänglich an der Furche, in die er passt, mittelst sehr feiner Sehnen- fäden festgehalten; aber diese zerreissen leicht, und der An- hang löset sich dann ganz. Der Grund, dass dies so leicht und stets in derselben Weise geschieht, scheint darin zu lie- gen, dass die oberste Schuppenreihe am hintersten Theil des 1) Spicilegia zoologica. Fasciculus septimus S.36. lab. VI. 2) L. c. Tom.IIL S.238. in der Nole. 184 ReinHardtt Ueb. d. Schwimmblase in d. Familie Gymttotini. Stark zusammengedrückten Körpers sich nicht genau an die entsprechende der entgegengesetzten Seite anschliesst, son- dern dass längs der schmalen Rückenfläche eine Furche zwi- schen ihnen übrig bleibt, die nach hinten immer schmaler wird, bis sie in einiger Entfernung vor der Schwanzflosse ganz verschwindet; die dünne Haut, welche hier wie überall die Schuppen bekleidet, setzt sich nun über diese Furche fort, und füllt sie aus, indem sie sich verdickt, aber gerade des- halb zerreisst sie desto leichter längs der Schuppenreihe und löset sich in Gestalt der langen Hautfaser ab, die so sehr die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Bescliroibiiiig: zweier neuer Siplioiiostomeii- Grattiiiig'eii. Von I>r« A. Oerstaecker. in Berlin. (Hierzu Taf. VIL). Unter einigen am Bord der Fregatte „Gefion^^ gesam- meilen und dem Berliner Museum übersandten Naturalien fan- den sich einige noch unbeiiannte Schmarotzerkrebse, welche auf einem erbeuteten Haifische angetroffen worden waren. Derselbe ward einige Grade nördlich vom Aequator an der Westküste Afrika's gefangen; aus Mangel an allen näheren Notizen lässt sich jedoch die Gattung, der er beizuzählen ist, nicht bestimmen. Uebrigens ist derselbe von Parasiten in einem Grade geplagt gewesen, wie man es gewiss selten antrifft; denn ausser den unten beschriebenen zwei neuen Galtungen und einer neuen Art von Siphonostomen, die sich zwischen seinen Kiemenblättern vorfanden, beherbergte er noch auf sainer Hauloberfläche den Pandarus dentatus Edw. und in seinen Eingeweiden zwei verschiedene Eingeweidewürmer, also im Ganzen sechs Schmarotzer-Gattungen. Die noch un- beschriebenen Siphonostomen sind folgende: 1. lioncltidium 9 nov. gen. Diagn. Cephalothorax brevis, obcordatus, processu spi- niformi postico instructus, laminis frontalibus nullis: oculi 186 Gerstaecker: distincti nulli: antennae multiarticulatae, anterior! cephalotho- racis margini inserlae : thorax annulis quatluor composilus, tribus anterioribus brevibus, quarto (in femina) Ovaria in- cludenle, longissimo ; abdoraen gracile, non articulatum, la- minis duabus lerminalibus instructum : pedurn maxillarium pa- ria tria, quorum tertium longissimum : branchialium paria quat- tuor, singulis bifidis, triarticulatis, setis ciliatis longis ornalis. Der Cephalothorax ist von umgekehrt herzförmiger Ge- stall, auf der Oberfläche massig gewölbt, mit einigen einge- grabenen Strichen, von denen die beiden vorderen den mitt- leren Kopftheil von den beiden Seitenlappen trennen (Fig. 1 a). Am Vorderrande des Kopftheiles und zwar auf seiner unteren Seite sind die Antennen befestigt (Fig. 2 a) ; sie entsprfngen dicht neben einander, gerade in der Mittellinie, und sind aus acht etwas undeutlich getrennten Gliedern zusammengesetzt. Die Glieder verschmälern sich nach der Spitze zu und sind mit vereinzelten Häärchen besetzt; das letzte trägt an der Spitze einen ganzen Büschel solcher Häärchen (Fig. 7.). — Organe , welche mit Sicherheit für Augen gehalten werden könnten, fehlen. — Am Hinterrande des Cephalothorax ent- springt aus dem Zwischenraum , welcher durch die beiden Seitenlappen desselben einerseits und den ersten Thoraxring andrerseits gebildet wird, ein langer etwas gebogener, nach hinten scharf zugespitzter Fortsatz, welcher aus einer Verei- nigung des oberen und unteren Blattes des Cephalothorax entsteht (Fig. 1 u. 2 z). An der Ursprungsstelle dieses Fort- satzes bildet das obere Blatt einen tieferen Einschnitt als das untere, so dass man von der Röckenseite aus durch die Lücke des oberen Blattes das untere zur Bildung jenes Organes nach hinten hervortreten sieht. Ueber den Zweck dieses eigen- thümlichen Stachelfortsatzes könnte man wohl nur durch Be- obachtung lebender Exemplare in's Reine kommen; für eine unwesentliche Bildung, die gleichsam nur zum Schmuck des Thieres da ist, kann ich ihn deshalb nicht halten, weil schon die Art, wie er mit dem Cephalothorax zusammenhängt, da- gegen spricht. An der Unterseite sieht man nämlich eine Art Gelenk , welches sich von der Basis des Dornes gegen die Mitte des Körpers hinzieht und Aehnlichkeit mit den Ba- saltheilen der vorderen Füsse hat ; auch deutet die Einschnü- Beschreibung zweier neuer SipHonQStomen-Gattungen. 187 rung an seiner Ursprungsstelle darauf hin, dass er zur Be- wegung eingerichtet ist. Bei den Exemplaren, die ich zu untersuchen Gelegenheit halte, war seine Stellung verschie- den; bei den einen stand er in gleicher Ebene mit dem Ce- phalolhorax , bei anderen mehr oder weniger vertikal gegen dieselbe. Bei allen bisher bekannt gewordenen Siphonosto- men ist eine ähnliche Bildung noch nicht beobachtet worden. Von den drei Fusspaaren des Cephalothorax entspringt das erste nicht weit hinter den Antennen ; die Füsse sind sehr kräftig entwickelt und bestehen aus einem Basal- und einem Endgliede, welche beide ziemlich von gleicher Länge und Stärke sind ; das letztere ist mit zwei grossen scheerenförmi- gen Klauen, einer kleineren inneren und einer grösseren äusseren, etwas übergreifenden bewehrt (Fig. 3.)- Das zweite Fusspaar ist im Verhältniss zu den übrigen ausnehmend klein ; die beiden Glieder sind zart und gestreckt, das letzte mit einem etwas gekrümmten Haken versehen (Fig. 4.). Die Füsse des dritten Paares sind vorzüglich stark entwickelt, in- dem der Schenkeltheil derselben seitlich sogar die Breite des Cephalothorax überragt ; das zweite Glied ist etwas schlanker und an seiner Spitze mit einem kräftigen, stark gekrümmten und scharf zugespitzten Haken versehen (Fig. 5.). Der Rüssel liegt in der Mitte zwischen dem ersten und zweiten Fusspaar des Cephalothorax; er ist kurz und dick, im übrigen nach demselben Typus, wie bei den Siphonosto- nien im Allgemeinen, gebildet. Nahe seiner Basis entspringt jederseits eine aus zwei Gliedern gebildete Palpe (Fig. 8.). Der Thorax besteht aus vier deutlich von einander ge- trennten Ringen, von denen der letzte beim Weibchen etwa doppelt so lang ist als die drei vorhergehenden mit dem Ce- phalothorax zusammengenommen; er schliesst die sehr volu- minösen Ovarien ein, die zu jeder Seite des in der Mittelli- nie verlaufenden Darmkanals gelegen sind. Der erste dieser Ringe trägt auf der Unterseite zwei, die beiden folgenden je ein Kiemenfusspaar. Diese vier Fusspaare stimmen in ihrer Struktur sämmtlich mit einander überein, in der Grösse aber nehmen sie von vorn nach hinten zu, so dass das erste als das kleinste, das vierte als das grosseste erscheint. Die drei hinteren Fusspaare sind in der Gegend des Hüftgelenkes je- 188 Gers ta eck er: derseits mit einem langen , nach hinten gerichteten Dorn be- waffnet. Der plumpe und kurze Schenkeltheil eines jeden dieser Kiemenfüsse trägt an seinem freien Ende zwei neben einander liegende Portionen, von denen jede aus drei Glie- dern besieht. Die innere ist die Pars branchialis (Fig. 6 a), die äussere die Pars gressoria (Fig. 6 b). Die Glieder der ersteren sind etwas breiter und kürzer als die der letzteren. Die beiden ersten Glieder der Pars gressoria tragen an der Verbindungsstelle mit dem folgenden Gliede nach aussen ei- nen Dorn, nach innen eine lange gefiederte Borste: das dritte Glied zeigt am Rande Einkerbungen, aus denen vier an Länge abnehmende, gefiederte und einige kleinere ungeüederte Bor- sten entspringen. Die Glieder der Pars branchialis sind an ihrem Aussenrande gewimpert; das erste und zweite tragen an der Verbindungsstelle mit dem folgenden Gliede nach in- nen eine lange, das dritte ebenfalls am Innenrande gekerbte vier an Länge abnehmende gefiederte Borsten. Der Hinterleib besteht aus einem einfachen langen, schma- len Gliede, an dessen hinterem Ende der After gelegen ist; zu beiden Seiten desselben ist ein kleines längliches Anhäng- sel befestigt, welches drei ungewimperte Borsten trägt. Die massig langen, deutlich geringelten Eiertrauben nehmen ih- ren Ursprung vom hinteren Ende des letzten Thoraxringes. Was die systematische Stellung dieser Galtung betrifft, so passt sie eigentlich genau in keine der von Milne Ed- wards aufgestellten Gruppen der Siphonostomen; während sie sich nämlich durch die fehlenden Stirnfortsätze und die vielgliedrigen Antennen der Gruppe der Dichelestinen zunächst anschliesst, tritt sie durch die Bildung der Kiemenfüsse in nähere Verwandtschaft mit den Caligiden. Ihrem allgemeinen Körperhabitus nach würde sie jedoch nach meiner Meinung eher zu den ersteren gezählt werden müssen, bei welchen ohnehin die Bildung der Kiemenfüsse sehr mannichfaltig er- scheint. In Rücksicht auf die hohe Entwickelung der letzte- ren könnte die Gattung also die Reihe der Dichelestinen er- öffnen, indem sie gleichsam das Verbindungsglied mit den Ca- ligiden abgiebt. Beschreibung zweier neuer Siphonostomen-Gattungen. 189 Lonchidium aculeatum nob. Long-, 3 lin. Fem. cephalothorace dimidio fere latiore quam longiore, modice convexo, processu poslico aculeato longissimo: quarto thoracis annulo long-issimo , anterioribus brevibus: abdomine gracillimo, laminis duabus terminalibus oblongis ornalo. Mas ignotus. Der Cephalothorax des Weibchens ist massig gewölbf, etwa um die Hälfte breiter als lang, von verkehrt herzför- migem Umriss ; der dornartige Fortsatz (\qs Hinterrandes er- reicht mit seiner Spitze etwa die Mitte des zweiten Thorax- ringes. Von den drei ersten Thoraxringen ist der erste am breitesten, der dritte am schmälsten, und etwas länger als die vorhergehenden. Der vierte ist etwa doppelt so lang als die drei ersten mit dem Cephalothorax zusammengenommen, am Grunde etwa so breit wie der erste Ring, bis zu seiner Mitte breiter werdend und nach hinten sich wieder verschmälernd. Die länglichen Anhängsel des Abdomens tragen drei einfache Borsten an ihrer Spitze. Die Länge der Eierlrauben fand ich bei verschiedenen AVeibchen verschieden ; die längsten kommen ungefähr der halben Länge des vierten Thoraxringes gleich. Das Männchen ist unbekannt. 2. Oang^liopus , nov. gen. Diagn. Cephalothorax magnus, laminis duabus frontali- bus instructus : antcnnae biarticulalae, laterales. Thorax an- nulis quattuor compositus, tribus anterioribus laminas binas dorsales ferentibus: abdomen sub ultimo thoracis articulo con- ditum, biarticulatum, foliolis duobus lateralibus nee non termina- libus ornatum. Pedes branchiales bifidi, pro parte biarticu- lali, articulis non ciiiatis : anteriores nodulis globosis instructi. Der Cephalothorax ist gross, von hufeisenförmiger Ge- stalt, von vorn nach hinten verschmälert, hinter der Mitte des Seitenrandes eingebuchtet; der Vorderrand trägt zwei seit- liche Stirnlamellen, an deren Unterseite nach dem Aussenrande 190 Gerstaecker: ZU die Antennen befestigt sind. Diese bestehen aus zwei Glie- dern, einem breiteren Basal- und einem schmächtigeren End- gliede; das letztere trägt an seiner Spitze drei kurze Bor- sten (Fig. 15.)- — Organe, die mit Sicherheit für Augen an- gesprochen werden könnten, habe ich nicht aufgefunden. — Der Rüssel ist schmal und in eine sehr lange Spitze ausgezo- gen (Fig. 16.); er ist wie gewöhnlich aus einer Oberlippe (a), einer Unterlippe (b) und zwei sehr feinen, langgestreckten Kie- fern (d) zusammengesetzt; am Grunde sitzen zu jeder Seite die kurzen Palpen (c), welche aus zwei Gliedern bestehen. Die Füsse des ersten Paares am Cephalothorax (Fig. 10.), welche zu beiden Seiten der Basis des Rüssels entspringen, sind sehr kräftig entwickelt; sie bestehen aus einem breiten Basal- und einem schmaleren Endgliede, welches an seiner Spitze einen sehr kräftigen , stark gekrümmten Haken trägt. Die Füsse des zweiten Paares sind klein und zarter gebaut; ihr Endglied ist mit einem massig starken, schwach geboge- nen Nagel versehen. Die Füsse des dritten Paares haben ein schmales, langgezogenes Schenkel-, und dagegen ein sehr kurzes und plumpes Endglied, welches zwei starke, gekrümmte, einander zugewendete Klauen trägt; an den Hüften dieses Fusspaares ist beiderseits des Rüssels eine dreieckige Platte mit stark aufgeworfenem Aussenrande eingelenkt. Der Thorax besteht aus vier deutlich getrennten Ringen (Fig. 9) : die drei ersten tragen auf der Rückenseile zwei seitliche Lamellen , welche den hinter ihnen liegenden Tho- raxring zum Theil bedecken : der vierte ist quadratisch, ent- hält beim Weibchen die Eierstöcke, und trägt an seiner un- teren Seite das aus zwei Gliedern zusammengesetzte Abdomen (Fig. 10 X}. Ein jedes Abdominalglied trägt zwei seitliche Blättchen, welche am Rande nicht mit Borsten besetzt sind; die Blättchen des ersten Gliedes sind bedeutend grösser als die des zweiten. Die Kiemenfüsse, von denen die beiden ersten Paare am ersten, die beiden folgenden je am zweiten und dritten Thoraxringe befestigt sind, zeigen eine höchst eigenthümliche Construklion; sie bestehen nämlich nicht allein aus den bei den verwandten Siphonostomen - Gattungen gewöhnlich vor- kommenden blattartigen Gliedern, sondern tragen ausserdem Beschreibung zweier neuer Siphonostomen-Gattungen. 191 noch gestielte Knöpfe, deren Zahl und Sitz bei den verschie- denen Fusspaaren verschieden ist. Das erste derselben (Fig. 11.3 ist bedeutend kleiner als die folgenden und weicht von diesen dadurch ab, dass die nach aussen gelegene Pars gres- soria («/) nur eingliedrig ist; dieselbe ist an ihrer Spitze in einen lileinen Zapfen ausgezogen und auf jeder Seite dessel- ben mit drei kurzen Borsten versehen. Die innere Portion (Pars branchialis) ist zweigliedrig, das Endglied oval und mit kurzen Cilien gesäumt (Fig. 11 z). Der Schenkellheil zeigt 4 knopfartige , auf einem kurzen Stiele sitzende Anschwel- lungen, von denen zwei nach oben und zwei mehr nach hin- ten gerichtet sind ; die grösste ist nach innen und oben ge- richtet. Ihre Stellung zu einander ist ersichtlich aus Fig. 1 1 a, welche den Schenkeltheil des Fusses von seiner unteren Kante aus gesehen darstellt. Die gewölbte Überfläche dieser knopf- artigen Organe ist mit sehr feinen und zahlreichen Poren versehen (¥\g. Hb) — Die Kiemenfüsse des zweiten und dritten Paares zeichnen sich dadurch aus, dass sie in der Mitte durch eine breite membranöse Platte mit einander verbunden sind. Beim zweiten Paar (Fig 12.) steigt die Anzahl der knopfförmigen Organe auf fünf; doch haben sie hier eine ganz verschiedene Anordnung. Zwei derselben befinden sich am Basaltheil des Fusses, und zwar ist das eine nach innen, das andere nach oben gerichtet; das dritte findet sich an der Stelle, wo die Pars branchialis eingelenkt ist, das vierte am Ende des ersten Gliedes der Pars gressoria und das fünfte an einem besonderen Lappen am Grunde der Pars gressoria. Das Endglied der Pars gressoria ist klein, länglich, nach in- nen mit kurzen Borsten besetzt; das zweite Glied der Pars branchialis ist bedeutend grösser, am Grunde breit, nach der Spitze hin schmaler werdend und gekrümmt. — Das dritte Fusspaar (Fig. 13.) zeigt nur eine knopfartige Erhabenheit und zwar am Ursprung des Basaltheiles jedes Fusses; von der Stelle, wo sich diese erhebt^ entspringt nach innen ein gros- ser herzförmiger, vom übrigen Fuss getrennter Lappen, der sich zunächst an die beide Füsse verbindende Lamelle anlegt. An der Pars gressoria ist das erste Glied auswendig mit Ci- lien besetzt, das zweite trägt nach innen drei starke kurze Borsten. Das bei weitem grössere Endglied der Pars bran- 192 Gerstaeckert chialis ist nach innen gekrümmt und verschmälert sich nach der Spitze zu. — Am vierten Fusspaar (Fig. 14.) ist der Ba- saltheil weniger breit als bei den beiden vorigen; er trägt an seinem Grunde nur noch die Spur eines Knopfes und die nach innen gerichtete lappenartige Erweiterung ist nicht von ihm getrennt. Die Pars gressoria («/) besteht nur aus einem sehr langen Gliede, welches sich unter einem stumpfen Win- kel nach innen umbiegt, und an der Spitze drei kurze, dorn- artige Borsten trägt: die Pars branchialis (ä) ist ebenfalls nur eingliedrig und nach innen gebogen, und wird von der Ba- sis an allmählich breiter. — Diese Bildung der Kiemenfüsse ist eine von den bisher beobachteten Siphonostomen sehr abwei- chende: welche Bestimmung die erwähnten knopfförmigen Er- habenheiten haben mögen, kann ich nicht entscheiden; für Saugnäpfe möchte ich sie ihrer gewölbten Oberfläche wegen kaum halten, wiewohl ihre Struktur dies vermuthen Hesse. Die Gattung Gangliopus würde nach den blaltartigen An- hängen der Thoraxringe und der Bildung der Kiemenfüsse zu der Gruppe der Pandaliiien zu rechnen sein; in der nächsten Verwandtschaft steht sie mit der Gallung Phyllophora Edw. Von dieser unterscheidet sie sich durch den bedeutenderen Umfang des Cephalothorax im Vergleich zu den Thoraxrin- gen, und ausserdem durch die Bildung des zweiten und drit- ten Fusspaares des Cephalothorax (Siehe Milne Edwards, Hist. nat. des Crustac. pl. 38. fig. 14.). Bei Phyllophora ist nämlich das zweite Fusspaar durch zwei gleich lange Endhaken be- grenzt, und das dritte trägt nur eine grosse gekrümmte Klaue. — In wie weit die Construktion der Kiemenfüsse bei Phyl- lophora mit der unsrer Gattung übereinstimmt, lässt sich we- der aus der von Milne Edwards gegebenen Abbildung, noch aus seiner Beschreibung ersehen. Gangliopus pyriformis nob. Long. 4 lin. Fem. cephalothorace vix longiore quam latiore, postice anguslato, annulis thoracicis illo angustioribus, tribus ante- rioribus foliolis binis dorsalibus ornatis, quarto subquadralo, postice rolundato : abdominis articulo primo laminis duabus lateralibus ovatis, altero subrotundis, minutissimis instructo. Mas ignotus. Beschreibung zweier neuer Siphonostomen-Gattungen. -193 Der Umriss des weiblichen Körpers ist birnförmig; die Länge des Cephalothorax kommt in der Mittellinie ungefähr der der vier Thoraxringe zusammengenommen gleich^ an den Seiten tritt jedoch ein zugespitzter Lappen viel weiter nach hinten. Etwas hinter der Mitte des Seitenrandes zeigt sich jederseits eine kleine Einbuchtung, von welcher auf der Rük- kenseite eine schwache Querfurche gegen die Mittellinie hin verläuft; ausserdem ist die Oberfläche noch durch mehrere kleine Furchen in verschiedene Felder getheilt (Fig. 9.). Die Thoraxringe nehmen von vorn nach hinten an Breite ab; die drei ersten tragen auf der Rückenseite je zwei seitliche La- mellen. Die des ersten sind mehr seitwärts gewendet und schliessen sich den nach hinten hervortretenden Lappen des Cephalothorax nach innen zu an ; die der beiden folgenden liegen dicht neben einander und bedecken zum Theil den nächstfolgenden Ring. Der vierte Thoraxring, welcher keine Blättchen trägt, ist quadratisch, hinten abgerundet und einge- buchtet. Das Abdomen ist sehr klein und nur von unten sichtbar. Sein erster Ring trägt an seinen Hinterecken zwei ovale Blättchen; der zweite bildet fast ein regelmässiges Viereck, das sich jedoch mit einer seiner Ecken dem ersten Ringe anschliesst^ so dass seine Diagonale in die Längslinie des Körpers fällt. Die kleinen rundlichen Blättchen, welche an seinen seitlichen Zipfeln befestigt sind, tragen, wie die des ersten Ringes, keine Spur von gefiederten Borsten. Die geringelten Eiertrauben nehmen ihren Ursprung vom hinteren Ende des vierten Thoraxringes, sind ziemlich dünn und etwa doppelt so lang als der Körper. 3. Nogagus angustulus nob. Long. 3^2 lin- Mas cephalothorace ovato, lobis posticis anguslatis, acu- minatis: annulis thoracis tribus anterioribus inier se remo- tis, appendicibus lateralibus primi oblongis, secundi tertiique brevibus, subrotundis: quarto thoracis annulo subquadrato, laleribus emarginato, poslice in lobulos duos producto : abdo- mine biarticulato, laminis terminalibus setiferis admodum latis. Fem. ignota. Archiv f. Naturgesch. XX. Jahrg. 1. Dd. 13 ^194 Gerstaecker: Der Cephalothorax ist verhällnissmässig schmal, von ei- förmigem Umriss; die Stirnlamellen sind von massiger Breite, in der Milte schmal eingebuchtet; die seitlichen Lappen des hinteren Theiles des Cephalottiorax sind schmal und lang und endigen in eine stumpfe Spitze. Die Thoraxringe sind durch ziemlich breite Zwischenräume von einander getrennt und hängen nur durch einen Stiel mit einander zusammen. Der erste ist viereckig, breiter als lang und trägt an jeder Seite einen blattartigen Fortsatz, der sich zwischen die Lappen des Cephalothorax einzwängt und diesen an Länge gleich kommt. Die beiden folgenden sind elliptisch und tragen viel kürzere rundliche Blattfortsätze. Der vierte Thoraxring ist quadra- tisch, mit abgerundeten Vorderecken, an den Seiten merklich ausgebuchtet, hinten jederseits in einen kleinen Lappen er- weitert. Das Abdomen besteht aus zwei kurzen Gliedern, an deren letztem zwei sehr breite und kurze flossenförmige Lamellen eingelentit sind ; diese tragen an ihrem Hinterrande vier gebogene, starke und mit langen Wimpern besetzte Bor- sten, von denen die beiden mittleren bei weitem länger sind als die seitlichen. Das Weibchen ist unbekannt. In Fig. 18. ist der letzte Thoraxring mit dem Abdomen von unten stark vergrössert dargestellt. Zu beiden Seiten des Darnikanals (ic), welcher am Ende des Abdomens in den After (y) mündet, liegen im letzten Thoraxringe eingeschlos- sen die ovalen Hoden (z,^); sie gehen an dessen hinterem Ende in einen kurzen, dicken Ausfülirungsgang (o) über, wel- cher sich nach der Mittellinie hin krümmend, dicht vor dem Ursprung des Abdomens nach aussen mündet. Die OefTnung ist spaltenförmig und liegt jederseits der Mittelinie auf einem länglichen Wulste (."). Erklärung der Abbildungen, Fig. 1. Lonchidium aculealum fem. in starker Vergrösserung von oben gesellen, a. Cephalolliorax mit dem beweglichen dornarti- gen Fortsatz z. f. Antennen, b. erster, c. zweiter, d. drit- ter, e. vierter Thoraxring. ^f. Abdomen, h. Eiertrauben. Beschreibung zweier neuer Siphonostomen-Galtungen. 195 Fig. 2. Dasselbe Thier von unten, a. Antennen, z. Dornartiger Fortsatz. Fig. 3. Erster Fuss des Cephalothorax. Fig. 4. Zweiter „ „ „ „ Fig. 5. Dritter „ „ „ „ Fig. 6. Einer der am Thorax sitzenden Kiemenfüsse. a. Pars bran. chialis. b. Pars gressoria. Fig. 7. Antenne. Fig. 8. Rüssel, a. Oberlippe, b. Unterlippe, c. Palpen. Fig. 9. Gangliopus pyriformis fem. stark vergrössert von oben gese- hen, ö. erster, b. zweiter, c. dritter, d. vierter Thoraxring. Fig. 10. Dasselbe Thier von unten, x. Abdomen. Fig. 11. Erstes Kiemenfusspaar. y. Pars gressoria. z. Pars branchia- lis. o. KnopfFörmige Anschwellungen. Fig. H.a. Der Basaltheil desselben Fusses von der unteren Kante aus gesehen, o. wie Fig. 11. Fig. 11.6. Eins der knopfförmigen Organe stärker vergrössert. Fig. 12. Kiemenfuss des zweiten Paares. Fig. 13. „ „ dritten „ Fig. 14. „ „ vierten „ (y und s wie Fig. 11.) Fig. 15. Antenne. Fig. 16. Rüssel, a. Oberlippe, b. Unterlippe, c. Palpe, d. Kiefer. Fig. 17. Nogagus angustatus mas. stark vergrössert von oben gesehen. a. erster, b. zweiter, c. dritter, d. vierter Thoraxring. e. Ab- domen. Fig. 18. Letzter Thoraxring nebst Abdomen desselben Thieres von unten gesehen, stärker vergrössert. x. Darmkanal, y. After. s,z. Hoden, o. Ausführungsgang derselben, n. Aeussere Ge- schlechtsöffnung. Bciträgfe zur Hctiutuiss der Pteropodcii« Vom Herausgrebe r« (Hierzu Taf. VIII— X.) Während eines mehnnonatlichen Aufenthaltes in Messina in den Monaten August, September, October und November, anfänglich in Begleitung des Herrn Geh. Med. Raths Jo ha n- nes Müller und des Herrn Dr. Max Müller, habe ich reiche Gelegenheit gehabt , Pteropoden zu untersuchen. In neuerer Zeit ist zwar die Kenntniss dieser Thiere durch Van Beneden, Eschricht, d'Orbigny und Soulcyet be- deutend erweitert worden; dennoch werden die Beobachtun- gen, welche ich im Folgenden initlheilen will , eines Theils manches Neue bringen, anderenlhcils Einiges berichtigen. Meine Beobachtungen beziehen sich nur auf die Fami- lien der Hyalaeaceen, Cymbuliaceen und nackten Pteropoden. Familie Hyalaeacea. Vor allen Dingen muss ich bemerken , dass alle Thiere dieser Abtheilung zwei ganz eigenthümliche Kiefer besitzen, welche ich von keinem Beobachter erwähnt finde, und wel- che diesen Thieren vonSouleyet ausdrücklich abgespro- chen werden '). Ich habe sie bei keiner Art vermisst. Je- derseils am Eingange in den Schlundkopf liegt eine Horn- 1) Histoire naturelle des Pteropodes. Paris 1852. p. 16. Troschel: Beiträge zur Kenntniss der Pteropoden. 197 platte, welche aus vier hintereinander geordneten Lamellen besteht. Bei den Kaubevvegungen zeigte sich, dass die Zunge nicht gegen die Kiefer reibt, sondern dass in dem Augen- blick, wenn die Zunge ihre einschöpfende Bewegung gemacht hat, die davor liegenden Kiefer mit ihren inneren Rändern seitlich gegen einander stossen (Vergl. als Beispiel Taf. VIII. Fig. 7.). Die Zunge ist von drei Längsreihen von Platten be- waffnet, und ist kurz, indem nur wenige^ 7 bis 12 Querrei- hen angetroffen werden. Meine Angaben müssen sich auf die Gattungen Hyalaea und Cleodora mitEinschluss von Creseis beschränken, da ich Thiere aus den Gattungen Cuvieria, Limacina und Spirialis nicht untersucht habe. Ueber den Werth und die Begrenzung der Gattungen Hyalaea, Cleodora und Creseis sind verschiedene Meinungen ausgesprochen worden. Die Gattung Cleodora Peron und Lesueur ist ziemlich allgemein von den späteren Schriftstel- lern als von Hyalaea verschieden anerkannt worden. D'Or« bigny ist der Meinung, dass die Charaktere diese Gattung nicht scharf von Hyalaea trennen , und er gesteht ihr daher nur den Werth eines Sous-genre zu '), indem er am Thiere keine generische Differenz, an der Schale nur allmählich in einander übergehende Verschiedenheiten auffinden konnte. Weiterhin, bei der Aufzählung der Arten 2), giebt jedoch d'O r- bigny vom Thiere als Unterschied an, es sei bei Hyalaea kurz und gewölbt, und habe ziemlich oft seitliche Anhänge, wäh- rend es bei Cleodora meist länglich, und niemals mit seitli- chen Anhängen versehen sei. — Souleyet-^) nimmt beide Gattungen als verschieden an, und hebt als Differenz in den Diagnosen besonders hervor, dass Hyalaea die seitlichen Man- telanhänge besitze, dass dieselben bei Cleodora fehlen. Frei- lich sagt er selbst gleich darauf (p.49.), dass C. cuspidata dergleichen besitze, und dass sie den seillichen Spitzen der Schale entsprechen. Das letztere beruht jedoch auf einem 1) Yoyage dans l'Amerique meridionale. Mollusques p.84. 2) L. c. p.89. und 111. 3) L. c. p. 33. und 47. 198 Troschel: Irrthume, indem die genannte Art keine verlängerte fadenför- mige Anhänge hat. Wenn man das Vorhandensein oder Fehlen dieser Man- telanhänge als Unterschied zwischen den Galtungen Hyalaea undCleodora festsetzt, so wird dadurch die Grenze zwischen beiden ein wenig verschoben, indem dann nicht bloss die Ar- ten mit gewölbter Schale, welche doch ursprünglich die Gal- tung bildeten, zu Hyalaea gezählt werden müssen, sondern auch einige ganz flache, die man ohne Berücksichtigung der Fäden zu Cleodora stellen würde. Ich bin daher geneigt, fol- gende vier Gruppen zu unterscheiden: I. Hyalaea Lam. mit gewölbter Schale, verengter Scha- lenmöndung, meist mit seitlichen Mantelanhängen. Dahin ge- hören folgende Arten ') : 1. Hyalaea tridentata Lam. 2. Hyalaea uncinata Rang. 3. Hyalaea globulosa Rang. 4. Hyalaea gibbosa Rang. 5. Hyalaea quadridentata Lesueur. 6. Hyalaea Orbignyi Rang. 7. Hyalaea longirostris Lesueur. 8. Hyalaea angulata Souleyet. 9. Hyalaea labiata d'Orbigny. 10. Hyalaea inflexa Lesueur. II. Hyalaea trispinosa Lesueur. H. Pleuropus Eschsch. mit flacher Schale, nicht vereng- ter Schalenmündung und mit seitlichen Mautelanhängen. Da- hin gehören : 1. Pleuropus pellucidus Eschschollz. 2. Pleuropus laevigatus Nob. (Hyalaea laevigata d'Or- bigny). 3. Pleuropus depressus Nob. (Hyalaea depressa d'Or- bigny; von Souleyet mit Unrecht als Synonym zu H. inflexa Lesueur gestellt). 4. Pleuropus longifilis Nob. nov. spec. 1) Ich lasse mich hier auf eine Kritik der Synonymie Sou- leyet's nicht ein, da mir kein hinreichendes Material zu Gebote fleht. Beiträge zur Kenntniss der Pteropoden. 1^9 in. Cleodora Peron et Lesueur mit flacher seitlich ge- kielter Schale, nicht verengter, zweilippiger Schalenmündang und ohne oder mit ganz kurzen, nicht aus der Schale her- vorragenden Mantelanhängeri. Dahin gehören folgende Arten : 1. Cleodora cuspidata Quoy et Gaimard. 2. Cleodora pyramidata Peron et Lesueur. 3. Cleodora compressa Souleyet. 4. Cleodora Chaptalii Souleyet. 5. Cleodora curvata Souleyet. 6. Cleodora balanlium Rang. 7. Cleodora inflala Souleyet. 8. Cleodora australis d'Orbigny. 9. Cleodora trifilis Nob. nov. spec. IV. Creseis Rang mit rundlicher Schale, rundlicher Scha- lenmündung ohne Lippen und ohne oder mit ganz kurzen Mantelanhängen. Dahin: 1. Creseis striata Rang. 2. Creseis subulata Quoy et Gaimard. 3. Creseis acicula Rang. 4. Creseis virgula Rang. 5. Creseis phaeosloma Nob. nov. spec. 6. ? Creseis monotis Nob. nov. spec. Hyalaea Lam. Aus dieser Gruppe habe ich in Messina zwei Arten be- obachtet, nämlich H. tridentata Lam., und H. gibbosa Rang. 1. Hyalaea tridentata Lam. mit ihrer grossen zierlichen Schale, aus der seitlich weisse, durchsichtige Lap- pen hervorragen , die sich nicht in lange Fäden zu verlän- gern vermögen, und mit ihren grossen bläulichen Flossen, ist l*ei Messina gar nicht selten, scheint es auch in anderen Mee- ren nicht zu sein. Daher kennt man wohl diese Art genauer als irgend eine andere aus dieser Familie. Jeder Kiefer besieht aus vier schmalen Streifen, die von vorn nach hinten an Länge etwas zunehmen, aber alle fast gleich breit sind; ihre Ränder sind äusserst fein, und ziem- lich unregclmässig gekerbt. Sie ^ind wenig durch die Farbe 200 Troschel: von ihrer Umgebung ausgezeichnet , und um so leichter zu übersehen, als sie ausserdem klein, sehr zart sind, und an einer von zahlreichen Körnern braungefärbten Haut liegen. Ich hatte sie längere Zeit an frischen Exemplaren gleichfalls ver- misst, und habe sie erst später an Weingeist-Exemplaren auf- finden können. — Eine Abbildung der ZungenbewafTnung ken- nen wir bereits durch Loven ^). Mit seiner Abbildung stimmt meine Beobachtung so ziemlich überein, ich möchte nur noch hinzufügen, dass 8 bis 10 Querreihen von Platten vorhanden sind. Die Zunge ist also sehr kurz, und gleicht darin den übrigen schalentragenden Pteropoden vollkommen, was wohl Souleyet zu der Aeusserung Veranlassung gege- ben hat ^), die Zunge sei nur im rudimentären Zustande vor- handen. Der mittlere Zahn jeder aus drei Platten bestehen- den Querreihe zeigte mir eine Eigenthümlichkeit, die Loven nicht erwähnt hat: derselbe ist nach der Spitze hin compri- mirl, und am Ende schräg von oben nach unten abgestutzt, wodurch eine obere stumpfe und eine untere spitzere, weiter vorragende Spitze entsteht. 2. Von Hyalaea gibbosa Rang habe ich nur zwei Exemplare in Messina, und zwar am 14ten October, erhalten, und diese mehrere Stunden lebend beobachtet. Das Thier schimmert tief dunkel braunroth durch, die Flossen sind durch- scheinend, am Grunde braunroth ; Fäden hingen an der Seite nicht hervor. Ich theile hier eine Beobachtung, die ich an den beiden Thieren gemacht habe, unter der ausdrücklichen Bemerkung mit, dass ich den Vorgang nur einmal gesehen habe , und daher nicht weiss , was dem Zufall dabei zuzu- schreiben ist. Während ich die beiden Thierchen betrachtete, die dicht neben einander in einem Glasnäpfchen lagen, und von denen das eine zwei grell gelbe eiförmige Körper in sich, oder wenigstens zwischen seinen Schalen hatte, gab das andere von ihnen einige Flocken von sich, die ich sogleich unter dem Mikroskop untersuchte und als Samenlhierchen er- kannte, welche in äusserst lebendiger Bewegung waren, und aus ziemlich langen Fäden mit deutlichem Knopf bestanden. 1) Öfvers. Kongl. Yetensk.-Akad. Förhandl. 1847. p. 188. 2) Hist. nat. des Ftöropodes p. 16. Beiträge zur Kenntniss der Pteropoden. 201 Als ich nun wieder nach den Thieren sah, war der eine gelbe Körper aus dem Thiere hervorgetreten, das andere, welches die Flocken unter meinen Augen von sich gegeben halte, nahm den gelben Körper zwischen seine Flossen, während es diese bewegte. Als ich nun auch den gelben Körper fortgenom- men hatte, war das lebhafte Exemplar, welches die Flocken ausgeworfen hatte, eifrig bejnüht, sich dem anderen trägen, fast ganz zurückgezogenem Individuum zu nähern, und zwar mit Auswahl, da auch andere Pteropoden in dem Glasnäpf- chen sich befanden. Es schlug mit den Flossen an dasselbe. Bald wurde auch der zweite grellgelbe Körper entleert, lei- der auch in einem Momente, wo ich den Austritt selbst nicht beobachtete.— Die gelben Körperchen waren völlig undurch- sichtig, eiförmig, von einer zarten durchsichtigen Hülle um- geben. Beim Pressen quoll eine grosse Menge sehr kleiner Körperchen hervor, die ganz den Dotterkügelchen der Schnek- keneier glichen, und sich an einer einzelnen Stelle zitternd bewegten. Dass dieser Vorgang mit den Geschlechtsfunctionen in Beziehung stand, geht aus der Anwesenheit von Samenthier- chen hervor, deren Auswerfen übrigens, wie ich bestimmt versichern kann, ein freiwilliges war. Das Thier war dabei durchaus nicht alterirt, ich beobachtete es während des Vor- ganges mit der Lupe. Dass die beiden gelben Körperchen, die zwar sehr klein , doch gross genug waren, um mit der Lupe deutlich wahrgenommen werden zu können , Eier wa- ren, steht zu vermuthen. Freilich finde ich nirgends eine Angabe über die Beschaffenheit von Hyalaeen-Eiern. Es ist mir nicht unwahrscheinlich, dass ich in diesem Vorgange eine Art Copulation beobachtet habe. Es würde , falls sich diese Vermuthung bestätigen sollte , die Befruchtung eine äussere sein, bei welcher das Ei unmittelbar nach dem Ablegen mit dem männlichen Samen in Berührung käme. Ob das Ei zu- fällig zwischen die Flossen des als Männchen fungirenden In- dividuums gekommen sei, oder ob das letztere seine Thätig- keit bei diesem Geschäfte auch dahin ausdehnt, das Ei in Be- wegung zu setzen, und dadurch mit den Spermatozoen in nähere Berührung zu bringen, muss dahin gestellt bleiben, bis es durch wiederholte Beobachtung festgestellt werden kann. 202 Troschel: — Auffallend bleibt diese freiwillige Samenenlleerng immer, da diese Thiere einen Penis besitzen und man daher auch eine wirkliche Begattung erwarten sollte. Durch das Aus- werfen der Samenflocken wurde ich sogleich an die einzige von Muscheln bekannte Begattung erinnert, die WilP) be- schrieben hat. Hier ^varf ein Männchen von Teilina planata Flöckchen von Spermatozoen aus, die das Weibchen durch die Athemröhre einsog. Möchten doch andere Beobachter ihre Aufmerksamkeit im October auf diese Thierchen richten. Mir selbst gelang es nicht, diese Beobachtung zu wiederholen, da keine Exem- plare von dieser Art mehr in meinen Besitz kamen. PIeuropu§ Eschsch. Die Schale dieser Gruppe unterscheidet sich von Hyalaea auffallend genug dadurch, dass sie flach ist und dass die Mün- dung keine Verengung zeigt; sie bildet einen Uebergang zur Gruppe Cleodora. Gerade die hierhergehörigen Arten sind es, welche die Grenze zwischen Hyalaea und Cleodora unsi- cher gemacht haben. PI. peliucidus und die gleich zu be- schreibende neue Art PI. longifilis besitzen jederseits zwei lange fadenförmige Mantelanhänge. Ob auch die beiden an- deren Arten, die ich wegen der Aehnlichkeit der Schale hier- her zu ziehen keinen Anstand nehme, H. laevigata und de- pressa d'Orb., gleichfalls mit solchen Fäden versehen sind, ist nur zu vermuthen. Von depressa kennt d'Orbigny das Thier gar nicht, von laevigata ist das Thier ohne Mantelanhänge abgebildet, aber Verf. sagt in der Beschreibung zu wenig, als dass daraus mit Bestimmtheit auf die Abwesenheit dieser Or- gane geschlossen werden könnte. Pleuropus longifilis nov. spec. Taf.VHI. Fig. 1 — 3. Testa subtriangularis, antice rotundata, postice uncinata, depressa, pellucida, nitida, laevissima, fragilissima ; aperlura transversa, satis aperta,Iabrisrotundatis, supero inferum longe superante, spini laterales nulli, cuspis postica longa, recta, ad apicem superne hamala. — Animal pinnis roseis, trilobatis, 1) Froriep's Notizen XXIX. p.57. J844. Vergl. auch dies Ar« chiv 1845. II. p.322. Beiträge zur Kenntniss der Pteropoden. 203 appendicibus pallii utrinque binis, longissimis, fuscis. Long. 7 mill., Lat. 5 mill. Diese Art scheint bei Messina gar nicht selten zu sein, mir sind acht Exemplare vorgekommen, von denen ich noch sechs in Weingeist bewahre. Um so schwerer habe ich mich entschliessen können , sie als neu anzusehen. Ich finde je- doch keine Art, mit der ich sie in Uebereinstimmung zu brin- gen vermöchte. Gewiss ist sie von früheren Beobachtern mit Hyalaea laevigata d'Orbigny verwechselt worden. Die Schale ist flach, vollkommen durchsichtig, glatt, glän- zend und so zerbrechlich, dass es schwer hält, ein Exemplar unverletzt aufzubewahren. An der äussersten Spitze ist die Schale hakenförmig umgebogen, sonst aber gerade. Sie er- weitert sich von dieser hakigen Spitze nach vorn anfangs wenig, weiterhin aber sehr bedeutend, so dass jederseits eine stark gebogene Linie von der Spitze zur Seitenecke der Schale verläuft. Die Oeffnung der Schale bildet eineQuerspalte von ziemlicher Weite. Beide Lippen sind abgerundet, die dor- sale oder Oberlippe ist jedoch viel weiter vorgezogen als die ventrale oder Unterlippe. Von Leisten oder Erhabenheiten auf der Oberfläche der Schale ist keine Spur vorhanden, sehr zarte Anwachsstreifen erzeugen eine Art unregelmässiger Querstreifung an der Schale, die jedoch nur bei Vergrösse- rung wahrgenommen werden kann. Das Thier macht sich sehr kenntlich durch die rosen- farbigen Flossen, die am Rande zweimal eingekerbt, also drei- lappig sind. Jederseits tritt aus der Seitenecke der Schale ein langer fadenförmiger Fortsatz des Mantels hervor, der von dunkelbrauner Farbe ist, und die Schale an Länge bei weitem übertrifft. Diese Fäden flimmern in ihrer ganzen Länge. Sie sind platt und in ihrer Mitte verläuft eine hellere Stelle, die im Leben des Thieres wie ein Gefäss aussieht. Ich glaube jedoch, dass dies die Stelle ist, wo die zwei Fäden jederseits aneinander haften, da ich bei allen Exemplaren in Weingeist zwei deutlich von einander getrennte Fäden wahr- nehme, während das lebende Thier mir nur einen platten und breiten Faden gezeigt hat. Die Oberfläche dieser Fäden ist rauh durch zahlreiche sehr kleine Schläuche von dunkelbrau- ner Farbe; wenn man sie presst, entleeren sie eine gelbe 204 Troschel: Flüssigkeit. Die Fäden wickeln sich ganz unregelmässig auf, sind äusserst contractu, machen sich nach Delieben sehr kurz, und andererseits wieder ausnehmend lang. Sie scheinen als Fangfäden zu dienen. Abgerissen behalten sie noch lange selbstständige Bewegung. — Es sind jederseits zwei Kiefer vorhanden, deren jeder aus vier bandförmigen, am Vorder- rande sehr fein gekerbten Platten, von vorn nach hinten bei gleicher Breite an Länge zunehmend, besteht. Die Zunge besteht aus sieben oder acht Plattenreihen, jede mit drei Plat- ten. Die Mittelplatte tritt nach hinten in eine grosse Spitze vor; die Seitenplatten bilden ebenfalls kräftige etwas nach innen gewendete Spitzen, welche die Mittelplatte noch ein we- nig überragen. Im Magen sind fünf knorplige Stücke vorhan- den, welche an manchen Stellen ihrer inneren Oberfläche mit vorragenden Erhabenheiten pflasterartig besetzt sind. Die Gehörbläschen sind sehr deutlich, und enthalten viele Otolithen. Meine Weingeistexemplare haben eine grosse Aehnlich- keit mit Eschscholtz's Pleuropus pellucidus ') , so dass beide Arien gewiss in dieselbe Gattung gehören, deren Cha- raktere Eschscholtz darin setzt, dass die Schale vorn breit, platt, hinten zugespitzt sei, und dass vom Mantel jederseits zwei Fühlfäden heraushängen. Jedenfalls hatSouleyet Un- recht, wenn er den Pleuropus pellucidus als identisch mit Cleodora cuspidata ansieht. Die citirte Abbildung scheint nach Weingeistexemplaren angefertigt zu sein. Unterschieden ist die Art von der unsrigen durch die hinreichend abweichende Gestalt der Schale. Eschscholtz beobachtete seine Art in der Sudsee, was gleichfalls für specifische Verschiedenheit spricht. Cleodora Per. Les. Aus dieser Gruppe habe ich in Messina zwei Arten be- obachtet: 1. Cleodora pyramidata Per. Les., die nicht zu 1) Isis 1825. p. 735.Taf. Y. Fig. 2. ; — Zoologischer Atlas Heft 3. p. 16. Taf. XV. Fig. 1.; — Rang et Souleyet Bist. nat. des Ptero- podes pl.X. Fig. 8. copirl. Beiträge zur Kenntniss der Pteropoden. 205 verkennen und von den verschiedenen Schriftstellern gut be- schrieben und abgebildet ist. 2. Cleodora trifilis n. sp. (Taf. VIII. Fig. 4.). Te- sta elongata, triangularis , depressa, antice rolundata, apice tuinida, pellucida, subtiliter striata. Animal diaphanum, pin- nis bilobatis, appendicibus pallii utrinque tribus, diaphanis, brevibus. Long. 1 Millim. Die Schale ist flach, länglich dreieckig, vorn abgerundet^ mit wenig vorstehenden Rändern, hinten stumpf und gerade, nicht hakenförmig gebogen und äusserst fein quergestreift. Die Flossen sind deutlich zweilappig. Sie ist sehr klein, höch- stens Vi Linie lang. Der Mund ist rundlich und von einer Wulst umgeben. Zwei Kiefer sind vorhanden ; jeder besteht aus vier braunen Stücken, von denen die vorderen drei bandförmig, das hin- terste von dreieckiger Gestalt und verhältnissmässig gross ist; das vorderste ist auff'allend klein. Die Zunge enthält fünf Querreihen. Die JVlittelpIalle bildet einen grossen Zahn, die seitlichen sind fast dornförmig. Sowohl die Mundmasse wie der Schlund sind farblos und enthalten nichts von dem brau- nen Pigmente der folgenden Art. Der kleine Magen liegt vor der Mitte der Länge, hinter ihm die Leber; der Darm begiebt sich nach vorn und öffnet sich rechts im After. Das Herz liegt rechts hinter dem Magen. Am Rande des Mantels lie- gen jederseils drei kurze contractile Fäden , die nach vorn gerichtet sind, und nur wenig aus der Schale hervorgeslreckt werden können. Die Gehörbläschen enthalten viele Otolithen. Diese Art lässt sich nach der Gestalt der Schale am er- sten mitHyalaea rugosa d'Orb. ') und Cl. curvata Souleyet ^) ver- gleichen, welche der letztere für identisch hält. Indessen die fein gestreifte, hinten nicht gekrümmte Schale, sowie die drei Mantelfäden unterscheiden sie von ihnen, auch ist die Schale weniger spitz und mehr langstreckig. Ich habe nur ein Exemplar am 23. September 1853 be- obachtet. 1) Voy. dans l'Amcr. merid. Alollusques p. 118. pl. 8. ßg. 12— 14, 2) Hist. nat. des Pleropodes p.52. pl. 13. fig. 5— 10. 206 Troschel: Creseis Rang. 1. Creseis phaeostoma Nob. nov. spec. cTaf.VIII. Fig. 5 — 7). Testa conica, fragilissima, recla, transversim re- gulariter striata, apertura subcirculari. Animal pinnis sub- quadrangularibus , bllobis, flavimaculatis ; massa buccali et oesophago fuscis. Long. 1 Mill. Von dieser leicht kenntlichen Art habe ich am 22. Sep- tember und am 4. October Exemplare beobachtet. Zuweilen hatte das Thier gar keine Schale, ein Zeichen, dass dasselbe sie leicht verliert, in anderen Fällen war die Schale vorhan- den, doch nicht ganz vollständig; sie ist äusserst zerbrechlich. Die Schale scheint kurz zu sein, wofür auch die kurze, hinten abgestutzte Form des Thierkörpers spricht. Die Schale, wie ich sie beobachtet habe, und die zerbrochen und wohl nicht ganz vollständig war, war konisch, und hatte ringför- mige Querstreifen, welche als sehr feine Wülste hervortraten, Ihre Gestalt war kegelförmig und erweiterte sich von der Spitze, welche verletzt war, ziemlich schnell; die Mündung war rundlich. Eine Krümmung der Schale war nirgends zu bemerken. (Fig. ö.) Sicherere Charaktere für die Unterscheidung gab der Bewohner dieser Schale selbst. Ich zähle dahin die fast vier- eckigen Flossen, mit geradem Vorderrande und einer Ein- kerbung am Seitenrande, auf deren jeder zwei schwefelgelbe, verwaschene, grössere Flecken sichtbar sind, und namentlich die dunkelbraune Färbung der ganzen Mundmasse und des Schlundes , welche ich bei keiner anderen Creseis wahrge- nommen , oder in den Beschreibungen Anderer angedeutet finde; letztere Eigenschaft hat mich zu dem Namen veranlasst. Cleodora pyramidata hat auch diese braune Färbung des Mun- des und Schlundes. Die Flossen sind fast viereckig. Der Vorderrand ist geradlinig ; der Aussenrand hat auf ein Drittel seiner Länge einen tiefen Einschnitt, wodurch die Flosse zweilappig wird. Der hinlere dieser beiden Lappen ist bei weitem der grös- sere und dehnt sich nach hinten in eine grosse Abrundung aus, wodurch die Flossen fast so lang wie breit werden. Die Flossen sind ganz durchsichtig und farblos, doch zeich- nen sich auf jeder zwei grössere schwefelgelbe Flecken aus, Beiträge zur Kenntniss der Pteropoden. 207 die den beiden Flossenlappen entsprechen, und die nach der Mitte der Flosse sich verwaschen, und ohne scharfe Grenze ins Farblose übergehen. Die Flossen sind mit sehr feinen kleinen Borsten oder Dornen auf der ganzen Oberfläche be- selzt. Hinten liegt zwischen beiden Flossen eine dickere, weniger durchsichtige Masse, welche in ihrer ganzen Aus- dehnung flimmert. Die Mundmasse und der Oesophagus sind durch sehr zahlreiche dunkelbraune kleine Flecke, die ihr eingestreut sind, braun gefärbt. Die Mundmasse ist länglich eiförmig (Taf. VIII. Fig. 7.) ; an ihr liegt vorn ein Eingang, der sich in eine obere Spalte fortsetzt, die man bis auf die Hälfte der Mundmasse deutlich sehen kann. Jederseits neben dem vorderen Eingange liegt ein Kiefer. Derselbe besteht aus vier querliegenden bandför- migen Streifen, die so hinter einander liegen , das der vor- derste der kleinste, der hinterste der grosseste ist; übrigens sind alle diese Streifen gleich breit, rechtwinklig und unter- scheiden sich von einander nur durch ihre Länge. Ihre Rän- der sind glatt. Beim Druck Hessen sich die Streifen ein wenig von einander trennen; sie sind also nicht zu einem Stuck verwachsen. An den einzelnen Streifen lassen sich einzelne unregelmässige Querlinien unterscheiden, als wenn jeder durch Verschmelzung mehrerer an einander gereihter Stücke entstanden wäre. Weiter hinten in der Mundmasse, am Ende der oberen Spalte beginnend, liegt eine umgrenzte runde Masse, die Stütze der Reibmembran, welche sehr be- weglich und verschiebbar ist, so dass sie die Kiefer zuweilen erreicht. Auf ihrer Mitte liegt die Reibmembran, oder die mit Platten bewaff'nete Zunge, Diese besteht aus 7 bis U Querreihen, deren jede drei Platten enthält. Die Mittelplat- ten sind breit, vorn concav, hinten convex, an den Seiten ab- gerundet; jede erhebt sich in einen grossen nach hinten ge- richteten ganzrandigen Zahn. Die Seitenplatten sind dorn- förmig , nach innen und hinten gekrümmt und haben eine etwas verdickte Basis. Hinter der Zunge habe ich einmal sehr deutlich etwa ein Dutzend hinten abgerundeter kleiner Schläuche erkannt, die mit ihren vorderen Enden convergirend der Zunge zu- 208 Troschel: gewendet waren. Es mögen Schleimdrüsen sein, welche ih- ren Inhalt in den Mund ergiessen. Der Schlund geht unter den beiden Gehörbläschen hin- durch nach hinten, wendet sich ein wenig nach rechts und mündet in den Magen. Dieser ist länglichrund und enthält vier Knorpelstücke, die an der inneren Fläche mit stumpfen Erhabenheiten steinpflasterähnlich besetzt sind. Aus dem hin- teren Ende des Magens tritt der Darm aus, macht zwei Win- dungen in der Leber, steigt dann an der linken Seite des Körpers nach vorn, wendet sich über dem Magen nach rechts, und öffnet sich an der rechten Seite des Halses. Die Leber liegt dicht hinter dem Magen, und bildet eine braune läng- liche Masse, etwa ebenso breit wie der Magen. An den beiden grossesten Schlundganglien liegen die Gehörbläschen , welche viele Otolithen enthalten. Ich habe bei dieser Art recht deutlich zwei Nervenstämme verfolgen können, welche sich von diesen Ganglien nach vorn bege- ben , sich bald mehrfach theilen und die Flossen mit einem grossen Nervenreichthum versehen. i2. Creseis striata Rang, Von dieser Art habe ich nur die Zunge untersucht. Es sind lO Querreihen von Platten vorhanden, deren jede aus drei Platten besteht. Die Mittelplatten sind breit, am Hinterrande gezähnt. Drei Zähne, von denen der mittlere der grosseste ist, zeichnen sich aus, dazwischen stehn viele ungemein kleine Zähnchen. Die Sei- tenplatten sind dornförmig, ganzrandig. Obgleich ich keine Abbildung dieser Zunge gebe, mir eine solche für einen an- deren Ort vorbehaltend, wollte ich doch nicht unterlassen, zu erwähnen, wie sehr diese Art in der Zungenbewaffnung von den übrigen Arten derselben Gattung abweicht. 3. Creseis monotis n. sp. (Taf. VIH. Fig. 8. 9^). Diese sehr kleine neue Art, welche nur 72 mill. lang ist, will ich anführen, obgleich ich sie nur ohne Schale gefun- den habe (am 5. October), um künftige Beobachter darauf aufmerksam zu machen, ihr Körper ist kurz, hinten wie ab- gestutzt. Die Flossen sind am Aussenrande zweilappig; ihr Vorderrand ist an der innern Hälfte in einen abgerundeten Lappen vorgezogen, und daher eigenthümlich geschweift ; sie sind durchaus farblos. Die Mundmasse hat keine Spur von lieilrägc zur KdintiusS der Fleiopoden. 209 brauner Färbung. Die aus vier Streifen bestehenden Kiefer sind farblos. Die Zunge enthält 5 Querreihen von Platten. Am auffallendsten sind mir die Gehörbläschen gewesen, weil sie, ganz abweichend von den übrigen Pleropoden , nur ei- nen einzigen Otolilhen enlhalten. An der Stelle, wo der Nerv an das Bläschen tritt, besitzt dasselbe einen eigenthümlichen inneren Ausschnitt (Taf. Vlll. Fig. 9.). Es mag sich hier leicht die Vermuthung aufdrängen, dass das Vorhandensein ei- nes einzigen Otolithen nur einem jugendlichen Zustande des Thieres angehöre, und dies mochte als Einwand gegen die Eigenthümlichkeit der Art benutzt werden. Bei oberflächli- cher Behandlung des Gegenstandes könnte man auch vielleicht meinen, dass die Beobachtungen von Frey') an Limnaeus stagnalis die Erwartung rechtfertigten , dass auch bei unse- rer Hyalaea später noch mehrere Otolilhen sich ausbilden wür- den. Bei reiflicher Ueberlegung kann ich einer solchen An- sicht jedoch nicht zustimmen. Erstens ist unser Thier ein völlig entwickeltes, das vom Embryonenzustande nichts mehr übrig hat, und es lässt sich annehmen , dass auch hier, wie sonst überall bei den Mollusken, die Gehörorgane sich sehr früh ausbilden. Dafür sprichtauch, dass selbst die kleinsten mir zu Gesicht gekommenen Exemplare anderer Arten be- reits sehr viele kleine Otolilhen besassen. Zweitens ist der einzige Otolilh bei Hyalaea monotis im Verhältnisse zum Ge- hörbläschen sehr gross, und es ist nicht einmal für einen zweiten Otolithen Platz vorhanden. Es könnte im Falle der Vermehrung der Otolithen nur an eine Zerspallung des einen gedacht werden. Dagegen sprechen jedoch die eben erwähn- ten Beobachtungen Frey's an Limnaeus, der es sehr wahr- scheinlich gemacht hat, dass die Entstehung neuer Otolithen auf einem Herauskrystallisiren aus dem flüssigen Inhalt des Gehörbläschens beruhe. Drittens spricht die kugelrunde Form des Otolithen dafür, dass er einsam bleibe, da in allen Fäl- len, wo nur ein Otolith vorhanden ist, wie bei den Hetero- poden und bei Muscheln, derselbe eine kugelige Gestalt hat. Viertens endlich ist es nicht ohne Beispiel , dass sehr ver- wandte Thiere mit vielen oder nur einem Otolithen versehen 1) Dies Archiv 1845. I. p. 217. TaMX. Archiv f. Naturgesch. XX. Jahrf . 1. Bd. 14 ^10 Troschel: sein können; ich erinnere namentlich an die Angaben von Hancock und Ernblelon'), der bei Aeolis aiirantiaca, olivacea, picta und exigiia nur einen Otolilhen fand, während andere Arten deren viele besitzen. 6. Cr es eis acicula Rang* ist mir häufig vorgekom- men. Ich habe einmal in jedem Gehörbläschen zwei Otoli« ihen beobachtet, halte jedoch vorher zu wenig darauf geach- tet, als dass ich die Besländigkt^it dieses Verhaltens behaup- ten könnte. Familie CymbaHacea. Die Gattung Cymbulia Peron Lesueur ist von Quoy und Gaimard in der Voyage de l'Astrolabe um drei Arten be- reichert worden. Die eine derselben ist in der That eine Cymbulia, nämlich C. ovata (1. c. pl. 27. fig. 25—30.). Von den beiden anderen, G. radiata (ib. fig. 33. 34.) und punctata (ib. fig. 35.36.) hat schon Krohn-^) die Vermuthung ausge- sprochen, sie möchten Tiedemannien sein. So uley et ^j hat die erstere , C. radiata , in der Galtung Cymbulia gelassen die zweite dagegen als T. punctata in die Gattung Tiedeman- nia versetzt. Ich sehe mich in dem Falle, vollkommen der K r 0 h n'schen Ansicht beitreten zu müssen. Man hat anfanglich geglaubt, die Gattung Tiedemannia unterscheide sich von Cymbulia durch den Mangel der Schale, durch einen stark hervorragenden Rüssel, und die Verwachsung der Flossen zu einer einzigen Scheibe. Dass der Mangel der Schale auf falschen Angaben beruhe, hat zurersl Krohn (I.e.) nachgewiesen, und die Schale von Tiedemannia abgebildet; ich kann ihr Vorhandensein aus eigener mehrfacher Beob- achtung bestätigen. Es ist jedoch auch in der Schale ein in die Augen fallender Unterschied übrig: bei Cymbulia ist sie mit hervorragenden Spitzen besetzt (daher gehört auch C. ovata Quoy und Gaimard unzweifelhaft in diese Gattung), bei Tiedemannia ist sie glatt, und geht sehr leicht verloren. Der hervorragende Rüssel ist mehr oder weniger lang, die Ver- 1) Annais natural history Vol. III. 1849. p. 196. 2) Dies Archiv 1847. I. p.37. 3) Rang et Souleyel Hist. nat. des l'teropodts p. 68. und 70. Bfilväge zur Kenn!niss der Pleropodeo. 211 wachsung der Flossen zu einer Scheibe lässt einen Ueber- gang zu, indem beiT. radiata, Scylla und Charybdis ein mitt- lerer Schwanzlappen hervorsteht, der durch Einschnitte von den Flossen abgesetzt ist. Ausser allen Zweifel wird nun nach meinen Beobach- tungen die Verschiedenheit beider Gattungen dadurch gesetzt, dass Cynibulia zwei Kiefer und eine Zunge hat, während bei Tiedemannia beide Organe durchaus fehlen. Mir ist es we- nigstens trotz sorgfältiger Nachsuchung unter dem Mikro- skop an lebenden Exemplaren von T. neapolitana, Scylla und Charybdis nicht gelungen, eine Mundbewaffnung zu entdek- ken. Dafür, dass auch Cymbulia radiata Quoy und Gaimard eine Tiedemannia sei, sprechen namentlich die strahlenförmi- gen Punklstreifen auf den Flossen, welche ich bei Tiedeman- nien ganz ähnlich wiedergefunden habe, von denen ich jedoch bei Cymbulia nichts habe bemerken können. Cyin1)ul££i Per. Lcs. Cymh ulia Peronii Cuv. ist mir einigemale in Mes- sina vorgekommen. Ich habe ihre Mundfheile untersucht. Van Beneden hat diesem Thiere jede Bewaffnung des Mun- des abgesprochen, er hat sie übersehen'). Ebenso C an- tra ine 2). Souleyet hat 3) angegeben, dass drei Reihen nach hinten gekrümmter Haken vorhanden seien, was ziem- lich ungenau ist. Von den Kiefern heisst es daselbst, es seien zwei kleine Hornstücke, ein wenig in sich selbst ge- krümmt , und durchlaufen von Querleisten. Abbildung und Beschreibung sind ungenügend. — Ich habe die Mundlheile am Eingange in den Nucleus gefunden. Sie bestehen aus zwei Kiefern und einer Zunge. Die Kiefer liegen vor der Zunge und seitlich; jeder besteht aus fünf Leisten, die so hinter ein- ander geordnet sind, dass sie von vorn nach hinlen allmäh- lich kleiner werden. Die einzelnen Leisten oder Streifen sind unregelmässig zerspalten, und am Vorderrande gekerbt. 1) Exercices zootomiques. Fascicule deuxieme. Bruxelles 1839» p. 15. 2) Nouv. Mein, de l'Acad. de Biuxelles. Vol. XIH. 1841. 3) Voyage de la Bonite Zoologie li. Mollnsques pl. Ij^/s Fig. 34. 212 Troschel: Diese Kiefer, welche ganz nach dem Typus der Hyalaeen ge- baut sind, zeigen recht deutlich, dass die Cymbulien den Hya- laeaceen näher verwandt sind , als den nackten Pteropoden. Die Zunge ist dunkelbraun gefärbt und nur wenig durchsich- tig, sie enthält 8 bis 11 Querreihen von Platten; in jeder sind drei Platten vorhanden. Die Mittelplatte ist breit, vorn in die Höhe gerichtet und so umbogen , dass ein freier, nach hinten gewendeter Rand entsteht. Dieser umgebogene Theil der Platte ist durch feine vertiefte Linien ausgezeichnet; der freie Hinterrand trägt sechs spitze, etwas gekrümmte Zähne. Die Seitenplalten sind viereckig, ihr Vorderrand krempt sich um, und bildet so einen kräftigen Zahn. Eine Abbildung be- halte ich mir für einen anderen Ort vor. Die Gehörbläschen (Taf. IX. Fig. 16.) enthalten viele Oto- lithen. An ihnen fiel es mir auf, dass die einzelnen ellipti- schen Otolilhen einen rundlichen Kern enthalten. Solche Otolithen mit Kern sind von Hancock und Embleton ') von Aeolis papulosa und coronataan gegeben worden; Ae. au- rantiaca und olivacea sowohl, wie picta und exigua, besitzen nach der Angabe derselben Verfasser nur einen grossen Oto- lithen, der auch die Anzeichen eines Kerns hat. Sonst er- innere ich mich nicht von Otolilhen mit Kern gelesen zu haben. Tiedemannia Van Beneden. Wie schon oben bemerkt ist, hat die Gattung Tiedeman- nia keine Kauwerkzeuge, weder Kiefer noch eine bewaffnete Reibmembran an der Zunge; das halte ich für einen voll- ständigen Beweis für die generische Verschiedenheit von Cymbulia. Auf die Note in Ersch und Gruber Allgem. Encycl. Sect, I. Bd. 20. p. 420., wo es heisst: „aus der von Lesueur in seiner handschriftlichen Monographie angeführten neuen Art von Martinique, Cymbulia parva, will derselbe eine neue Gat- [ung, Argivora ^ gebildet wissen, weil ihr die Schale fehll^S ist nach meiner Meinung keine weitere Rücksicht zunehmen. Der Gattungsname kann auf keine Berechtigung Anspruch ma- chen, weil die Gattung nicht einmal auf einem richligen Cha- 1) Annais natural hislory Vol. III. 1849. p. 196. Beiträge zur Kenntniss der Pleropoden. 213 rakter basirt ist, und die Species wird nimmer zu bestimmen und zu unterscheiden sein. Man sieht aus dieser Note nur, dass es bei Martinique ein kleines Thier giebt, welches aller Wahrscheinlichkeit nach in die Gattung Tiedemannia gehört. In dem neusten Werke über die Pteropoden hat Sou- leyet ') nur zwei Arten dieser in vieler Beziehung interes- santen Gattung angeführt. Ihm sind die Abhandlungen von Krohn in diesem Archive nicht bekannt gewesen. Ich glaube, dass sich die Zahl der Arten bereits auf sechs beläuft, wenn ich zwei von mir bei Messina entdeckte kleine Tiede- mannien hinzufüge. Es sind folgende, deren Synonymie ich vervollständige: 1. Tiedemannia neapolitana Delle Chiaje (Taf. IX. Fig. 1—9.). Gleha cordata Forskai Fauna arabica Tab. 43. D. Copirt in Bruguieres Tableau encyclop. et method. pl.89. fig. 4. Tiedemannia napolitana Van Beneden Exercices zootomi- ques Fase. 2. p.22. pl. 2. 1839. (Mem. de l'Acad. de Bruxelles Tom. XII.). Angezeigt in der Isis 1843. p. 636. ; copirt in Gray's Figures of Molluscous Animals Vol. III. Tab. 252. Fig. 4. 1850. Tiedemannia 9iapolitana Delle Chiaje Antologia di Scienze naturali publicata da R. Piria ed A. Scacchi. Napoli 1841. p.81. (Angezeigt in Menke's Zeilschr. für Ma- lakozoologie. 1844. p. 78.). Tiedexaannia cristallina Delle Chiaje Animali senza Verle- bre della Sicilia citeriore Tom. I. p. 96. Tab. 32. Fig. 4-7. 1841. Cymbulia proboscidaea Krohn Giornale di gabinetto di Messina. Tiedemannia neapolitana Philipp! Enum. Mollusc. Sicil. II. p.215. 1844. Tiedemannia creniptera Krohn Archiv, für Naturg. 1844.1. p. 324. Fig. A. — Copirt bei Gray Molluscous Animals III. Tab. 254. Fig. 5. 1850. Tiedemannia creniptera Philippi in Menke Zeitschr. fürMa- lakozoologie 1844. p. 104. 1) Rang et Souleyet Hiat. iiat, des Mollusqiies Pleropodes p.69. 214 TroschcJ: Tiedemannia neapoUfana Krohn Archiv für Nalurgeschichte 1847. I. p.36. Taf. II. Fig A-C. Tiedemannia napoUtana Rang et Souleycl Hist. nal. des MoIIusques Pleropodes p.70. pI.XV. Fig. 8. copirt nach Van Beneden. Alle Exemplare, welche ich in Messina zu beobachten Gelegenheil halte, besessen die Einkerbungen am Rande der grossen Flossen, gehörten also zu der Form, auf welche Krohn seine T. creniptera gründete, deren Uebereinslimmung mit T. neapolitana er jedoch selbst anerkannt hat. Ich er- wähne dies für den Fall^ dass sich dennoch beide Arten als verschieden herausstellen sollten. Die Schale habe ich auch gefunden; sie stimmt vollstän- dig mit der Krohn'schen Abbildung übercin , ist ungemein durchsichtig, daher leicht zu übersehen und mit glatter Ober- fläche. Sie hat sehr wenig Festigkeit, ist biegsam, und legt sich an den Finger, oder an die Glasplatte, auf der man sie ruTien lässt, an. DasThier ist nur sehr lose mit ihr verbun- den, so dass sie sehr leicht, und schon bei der leisesten Be- rührung, sich abtrennt. Am vordem Ende der Schale, wel- ches zugleich das dickste ist, wird die Verbindung mit dem Thiere hergestellt. Dieser Theil , in der vorderen Ausbucht zwischen den Flossen des Thieres gelegen, ist nämlich noch von einer gewölbten, sehr zarten Haut überzogen , die wie eine Kappe Thier und Schale vorn umfasst. Diese Haut ist elliptisch oder rundlich, und besitzt an der Oberfläche viele Chromatophoren '). Die ganze vordere Partie löset sich als eine dünne durchsichtige kappenförmige Masse leicht ab, so dass mit ihr die Chromatophoren abgehen. Dieselben waren übrigens als solche nicht zu verkennen. Dass Van Beneden sie übersehen hat, ist leicht daraus zu erklären, dass er nur Weingeist-Exemplare benutzte, und dass an ihnen die er- wähnte Haut bereits verloren gegangen war. 1) Chromatophoren bei Pleropoden hat zuerst Herr H. Möller (Zeitscbr. für wissensch. Zoologie von v. Siebold und Kölliker IV. p. 332.) an einem Thier beobachtet, welches er für Cymbulia radiala Q. et G. hält, das aber gewiss eine der unten von mir aufgestellten neuen Arien von Tiedemannia ist. ßcilräge zur Keniiluiss der Tlejopoden. 215 Auf den grossen Flossen finden sich Züge von Punkten, welche slrahlig vom Cenlrum desThiercs zur Peripherie hin- laufen; dieselben sind ziemlich unregeltnässig geordnet. Aus- serdem sind einzelne solche Punkte am Rande der Flossen verlheilt (Taf. IX. Fig. 9.). Alle sind sehr klein. Bei hinrei- chender Vergrösserung sieht man, dass alle diese Punkte ei- nen centralen Fleck besitzen , von dem strahlenförmig aber sehr unregelmässig Linien ausgehen, die sich in verschiede- ner Weise krümmen und verästeln. Es scheint, als ob dies hohle Räume wären, in denen eine braune Masse enthalten ist, die bei Erweiterung heller und durchsichtiger, bei Con- Iraclion dunkler und undurchsichliger würden. Es lassen sich daher diese Punkte vielleicht mit den Chromatophoren ver- gleichen, sind aber etwas Anderes als die oben erwähnten, da ich im Leben keine Veränderungen an ihnen wahrnahm. Der Rand der Flossen ist von einem sehr eigenthümli- chen schmalen Saum umgeben. Derselbe besieht aus einer einfachen Reihe sehr zahlreicher Röhrchen, welche am freien Ende mit einer runden Oeffnung versehen sind , am unteren Ende, wo sie dem Flossenrande anhängen, geschlossen er- scheinen. Ein Stück dieses Saumes habe ich nach einem Weingeistexemplar von Tiedemannia chrysosticta , die darin von T. neapolitana nicht abweicht, abgebildet (Taf. IX. Fig. 11.). Der Rüssel (Fig. \a und Fig. 2.) bildet eine fast senk- recht vom Körper abstehende Röhre, welche durchsichtig und am Grunde cylindrisch ist , sich aber gegen ihr Ende ver- flacht und verbreitert. Dieses Ende (Fig. 2.) besteht aus zwei auf einander liegenden Häuten , die beide von einem etwas verdickten, wulstigen, gefärbten Rande gesäumt sind. Es lässt sich eine vordere und eine hintere Haut unterscheiden. Beide sind in der Milte tief ausgebuchtet, wodurch zwei vor- springende Lappen entstehen, ein rechter und ein linker. Die beiden erwähnten Häute sind grossenthells mit einander ver- bunden, nur an dem inneren Theil jedes Lappens bleiben sie von einander getrennt. Wenn die Häute der Lappen ausge- spannt liegen, bemerkt man darin kleine Fleckchen, die we- gen ihrer Durchsichtigkeit nur undeutlich zu sehen sind. Bei sehr starker Vergrösserung zeigt sich, dass diese Fleckchen eiförmige oder runde Körperchen (wohl Hautdrüsen) sind, ^16 Troschel: von sehr zaiier Membran umgeben, und meist drei , zuwei- len auch wohl zwei oder vier grnnulirte Körperchen einschlies- send; die Membran scheint einen Ausführungsgang- zu besit- zen. Diese Drüsen sind jedoch nur da sichtbar , wo beide Häute mit einander verbunden sind; wo man nahe dem In- nenrande jedes Lappens bei zurückgeschlagenem Rande nur ein Häutchen sieht, zeigt sich eine geringe Streifang, die von sehr feinen Muskelfasern herrührt. Die wulstigen Ränder selbst sind muskulös^ und setzen sich am Innenrande der Lap- pen in Muskeln fort, die längs dem ganzen Rüssel hinlaufen; am Aussenrade geht der Randwulsl der hinteren Haut in den der vorderen Haut über. Der Randwulst der vorderen Haut macht am Innenrande jedes Lappens eine Falte, oder eine Art Schleife, wodurch ein tenlakelartiger Vorsprung entsteht. In der Mitte zwischen beiden Lappen am Ende des Rüssels findet sich eine Ocffnung , der Mund. Ich konnte mit einer Nadel in denselben eingehen, und so durch den Rüssel ohne irgend welche Hemmung bis in die spindelförmige Eingewei- demasse gelangen. Kiefer und Zunge fehlen ganz. Der spindelförmige Nucleus (Fig. 3.), in welcher der Schlund einmündet, ist völlig undurchsichtig, und von einer glänzenden Haut umgeben. Im Innern scheint eine mittlere Höhlung zu sein. Zunächst unter der überziehenden Haut liegt eine Schicht von dunkelbraunen, fast schwarzen Körnern, die Leber. Unmittelbar beim Eintritt in die Lebermasse erwei- tert sich der Schlund zu einer Art Vormagen (gesier Van Be- neden), der muskulös ist; die Muskeln bilden viele Längsstrei- fen an diesem Theil des Nahrungsschlauches (Fig. 4 a). Hier- auf folgt der eigentliche Magen (Fig. 4. h), der eine weissli- che Farbe hat, ziemlich festwandig ist, und der vier Knor- pelstücke (Fig. 5 und 6.) in sich einschliesst. Letztere sind von unregelmässig eiförmiger Gestalt und erheben sich in ei- nen beträchtlichen Vorsprung, neben welchem wohl noch eine zweite unregelmässigere Erhabenheit vorkommt. Diese Knor- pelstücke sind nicht völlig einander gleich. Hinter dem Ma- gen liess sich noch ein Stück Darm (Fig. 4 c) verfolgen. Dieser tritt aus einer OefTnung, die schon äusserlich an dem Nucleus sichtbar ist (Fig. 3.- a), und die ziemlich weit nach vorn, etwa auf ein Viertel der Länge, liegt. Die weitere Fort- Beilräge zur Kennlniss der Fleropoden. 217 Setzung des Darmes habe ich wegen grosser Durchsichtigkeit aller Theile nicht wahrnehmen können. Im Innern des Nu- cleus findet sich noch ein Sförmig gebogener Schlauch von brauner Farbe (Fig. 8.), der zahlreiche Ouerfalten auf seiner Oberfläche hat, die dunkler gefärbt sind. Derselbe dürfte nach der Analogie mit den Hyalaeen für den Eierstock zu neh- men sein. Von den Geschlechtstheilen habe ich ausserdem nur die Rulhe (Fig. 7.) gefunden. Sie liegt unterhalb des Schlundes, nahe dem Schlundringe, und ist ein gewundener zusammen- gekrümmter Körper, der sich leicht in die Länge strecken lässt. Sie sitzt mit dem dünneren Ende fest^ das andere keu- lenförmig verdickte Ende ist frei. Am freien Ende liegt eine kleine Oefl'nung, von der strahlenförmig feine Linien ausge- hen^ die bis zu einer das keulenförmige Ende umgebenden Kreislinie reichen. An der Stelle, wo der Rüssel von der Körperscheibe abtritt, liegt die Centralmasse des Nervensystems. Der Schlund- ring besitzt zwei grössere Ganglien, die nach hinten gelegen sind, und an sie lehnen sich die Gehörbläschen an. Diesel- ben quellen als nicht unbedeutende Blasen an der Oberfläche der Ganglien hervor, und sind nicht in die Nervenmasse ein- gesenkt. Sie sind gelb gefärbt und haben einen starken Glanz, so dass sie durch die Lupe betrachtet wie zwei goldene Kü- gelchen erscheinen. Sie enthalten eine sehr grosse Menge von Ololithen. Vor diesen beiden Ganglien, die nur durch eine kurze Commissur verbunden sind, liegen noch vier oder fünf kleinere Ganglien. Augen sind nicht vorhanden. — Von jedem der beiden grossen, ohrtragenden Ganglien gehen zwei Nervenfäden ab (Fig. 1.). Der vordere geht gerade nach der Seite, senkrecht auf die Längslinie des Thieres, und theil sich bald in zwei Aeste, von denen der vordere die Verlän- gerung des Stammes bildet, und wieder nach vorn einen Ast abgiebt. Die so entstandenen drei Aeste theilen sich wieder in je zwei Zweige, so dass, soweit ich es habe mit Hülfe von Acidum chromicum , weiches die Nerven sehr deutlich macht, ermitteln können, der vordere Nervenstamm mit sechs Zweigen an die Peripherie der Flosse tritt. Der zweite hin- lere Nervenstamm nimmt seine Richtung schräg nach hinten, ^18 Troschel: theill sich vor dem dritten Tlieil seines Weges in zwei Aeste, und weiterhin verzweigt sich jeder Ast wieder, so dass von diesem hintern Nervenslamm jederseits vier Zweige an die Peripherie der Flossenscheibe treten. 2. Ti edemannia chrysostict a Krohn MS. Archiv f. Naturgesch. 1847. I. p. 37. An dem eben cilirten Orte unseres Archives hat Krohn erwähnt, dass er gewisse Tiedemannien als besondere Art un- terscheide , die einen kürzeren Küssel besitzen, und deren Flossen sich durch einen goldgelben Teint auszeichnen. Auch mir ist in Messina eine solche Tiedemannia vorgekommen, die ich in Liqueur conservateur aufbewahrt habe, und die sich ganz vortrefflich gehalten hat. Einen Namen hat Krohn dieser Art a. a. 0. nicht gegeben. In einem Verzeichnisse von niederen Thieren des Mitlelmeeres, welches dieser sorg- fällige Naturforscher mir vor meiner Abreise nach Messina mitzutheilen die Freundschaft hatte, ist diese Art jedoch mit dem sehr passenden Namen T. chrysoslicla bezeichnet, wel- chen ich daher beibehalte. Auch bei meinem Exemplar ist der Rüssel kürzer als bei den von T. neapolitana untersuchten Exemplaren. Das am meisten in die Augen fallende Merkmal sind jedoch die gelben Flecke. Diese sind dicht und zahlreich über die ganze Ober- und Unterfläche der Flossen verlheilt, sind viel grös- ser, und viel reicher verzweigt, als bei der vorigen Art. Ich habe auf Taf. IX. Fig. 10. einen solchen Punkt vergrös- sert abgebildet. In den verästelten Röhren ist ein Farbesloff enthalten, welcher heller oder dunkler erscheint, je nachdem er hier oder da mehr condensirt ist. So kommt es, dass manche Zweige kaum mit den übrigen oder mit dem Kern zusammenzuhängen scheinen, weil ein Thcil derselben last leer und farblos ist. Auch diese Art hat, wie es schon bei der vorigen be- merkt ist, einen den Flossenrand umgebenden Saum, welcher aus zahlreichen kleinen einfach aneinander gereihten Röhr- chen besteht, deren unteres Ende geschlossen, deren oberes freies Ende mit einer kreisrunden Oefl'nung versehen ist (Taf. IX. Fig. 11.). üeber die Redeutung dieses zierlichen Organes vermag ich keine Vermuthung auszusprechen. Beiträge zur Kennlniss der Plcropoden. 219 3. Tiedemannia punctata Soul. Cymbulia punctata Quoy et Gaim. Voy. de l'AslrolabeTom. II. p.377. pl. 27. Fig. 35. 36. — Copirt bei Gray Mol- luscous Animals III. Tab. 253. Fig. 1.2. Vergl. Krohn Archiv f. Nalurgesch. 1847. I. p.37. Note. Tiedemannia punctata Soul. Rang et Souleyct Hist. nal. des Pteropodes p. 70. pl. XI. Fig. 11. 12. Copie nach Quoy et Gaimard. Vaterland : Neu Irland 4. Tiedemannia r adiata. Cymbulia radiata Quoy et Gaim. Voy. d'Astrolabe t. II. p. 375 pL 27. Fig. 33. 34. Copirt bei Gray Molluscous Animals III. Tab. 253. Fig. 4. Vergl. Krohn Archiv für Nalurgesch. 1847. I. p.37. Note. Cymbulia radiata Souleyet Hist. nat. des Pteropodes p. 68. pl.XI. Fig. 9. 10. Copie nach Quoy et Gaimard. Vaterland : Amboina. 5. Tiedemannia Scylla Nob. n. spec. (Taf. IX. Fig. 12. 13.). ? Cymbulia radiata Kölliker undH. Müller Zcitschr. für wiss. Zool. IV. p.332. Bei Messina habe ich eine kleine Tiedemannia beobach- tet, welche ich für eine neue Art halte. Sie ist 10 Mill. breit, wenn die Flossen ausgespannt sind, und hat dabei eine Länge von 7 Mill. Der Rüssel vorn zwischen den beiden Flossen gelegen, wie bei den übrigen Tiedemannien, ist kurz und dick. Die Flossen umgeben nicht den ganzen Körper, son- dern lassen hinten einen beträchtlichen mittleren Vorsprung frei, so dass das Ganze, abgesehen vom Rüssel, eine drei- lappige Scheibe darstellt. Das ganze Thier ist breiter als lang, und jede Flosse ist ebenfalls breiter als sie lang ist. Jede Flosse hat einen vorderen spitzen Winkel, der sogar einen oder zwei spitze Zähnchen trägt; der Seitenrand der Flosse geht in einem Bogen in den Ilinterrand über. Auf je- der Flosse finden sich vier Streifen schwarzer Punkte, wel- che den Mitlellheil des Thieres nicht erreichen. Auf dem 220 Troschel: Scliwanzlappen verläuft in der Mitte eine Linie von Punkten, die jedoch nur bis auf die Hälfte der Länge des Schwanzlap- pens reicht. Von T. neapolilana weicht diese Art durch den vor- spring-enden Schwanzlappen und durch die vordere Flossen- spitze ab. Grosse Aehnlichkeit hat sie mit T. radiata; bei dem verschiedenen Yaterlande stehe ich jedoch nicht an, sie auch von dieser verschieden zu halten , da letztere Flossen besizt, welche überall abgerundet sind. Ob Kolli ker und H. Müller 1. c. diese oder die folgende Art gesehen haben, muss ich unentschieden lassen. Von der Anatomie dieses Thierchens habe ich nur Ei- niges beobachtet. Der Schlundring des Nervensystems be- steht aus 5 Ganglien; an den beiden grösseren liegen die Gehörbläschen an. Sie enthalten eine sehr grosse Zahl von Otolilhen. Augen, Kiefer und bewafTnete Zungenmembran sind nicht vorhanden. Der Magen enthält vier Knorpelstücke. 6. Tiedemannia C har yb dis ^oh,n,s]^. (TsiLlX, Fig. 14. 15.). Eine andere Form derselben Gattung habe ich ebenfalls in Messina beobachtet. Sic wurde, wie die vorige, mit dem feinen Netz an der Oberfläche des Meeres gefangen. Ihre Breite beträgt 4'/, Mill. , bei einer Länge von 4 Mill. Sie stimmt mit der vorigen Art in dem Vorhandensein eines Schwanzlappens überein, auch besitzt sie die strahlenförmigen Punktstreifen. Die Breite des ganzen Thieres übertrifft die Länge nur um ein Geringes. Die Flossen sind auffallend län- ger als breit, und überall abgerundet. Vorn zwischen den Flossen war ein abgerundeter Vorsprung, der viele Chromato- phoren enthielt. Dies ist die Haut, welche eine Verbindung des Thieres mit der Schale vermittelt, wie ich es schon bei T. ncapolitana geschildert habe. Die Chromatophoren sind schwarze Punkte, grösser als die Punktstreifen auf den Flos- sen. Sie werden grösser und kleiner. Zuweilen sah ich sie sich plötzlich so bedeutend erweitern, dass der ganze Mittel- theil des Thieres braun wurde, worauf sie sich oft plötzlich wieder zusammenzogen. Auf jeder Flosse sind fünf Punkt- streifen vorhanden. Der vordere Streifen erstreckt sich vom Beiträge zur Kcnntniss der Fteropoden. 221 Nucleus zum vorderen Flossenrande, die übrigen entspringen vom Centrum des Thicres hinter dem Nucleus, wie es auf der Abbildung dargestellt ist. Von diesem Centrum erstreckt sich auch eine einfache Punktreihe bis in die Spitze des Schwanz- lappens. Dicht vor dem Nucleus schlug das Herz sehr deutlich; es zeigte sich wie eine rundliche Blase. Dass die beiden letzleren Arten verschieden sind^ dar- über habe ich keinen Zweifel. Möglicherweise könnte sich jedoch ergeben, dass der Schwanzlappen nur der Jugend an- gehörte, später verkümmerte; und dann könnte wohl T.Scylla eine Entwickelungsstufe von T. neapolitana, T. Charybdis eine solche von T. chrysosticta sein. Dies kann jedoch nur durch eine directe Beobachtung der Entwickelung dieser Thiere fest- gestellt werden. Ich habe jedoch die Veröffentlichung die- ser beiden Formen nicht zurückhalten wollen, weil auch in diesem als möglich hingestellten Falle eine nicht uninteres- sante Entwickelungsstufe der beiden grösseren Arten vorlie- gen würde, durch welche ein neuer Anhalt für die Verschie- denheit jener beiden Arten gegeben wäre. GryitiiiosoBiiata. Tn der Abtheilung der nackten Pteropoden finden sich zwei Typen, die so verschieden von einander sind, dass sie zur Aufstellung zweier Familien berechtigen. Die Gattung Clione Fall, besitzt keine äusseren Kiemen, keine mit Saugnäpfen besetzte vorstreckbare Arme, statt de- ren vorstreckbare tentakelartige Organe in verschiedener Zahl, und zwei Kiefer mit langen Zähnen kammarlig besetzt. Die Gattung Pneumodermon Cuv. besitzt äussere Kiemen am hinteren Körperende, besitzt zwei mit deutlichen Saug- näpfen besetzte vorstreckbare Arme, und zwei lange mit Zäh- nen besetzte vorstreckbare Röhren, und ausserdem sehr kleine Kiefer. Um diese beiden Typen gruppiren sich mehrere Formen, die als Gattungen unterschieden werden müssen. In wie weit sich Cliodila und Pelagia Quoy et Gaimard von Clio gene- risch unterscheiden lassen, kann sich erst nach näherer Kennl- niss, namentlich der anatomischen Verhältnisse, ergeben. In naher Verwandtschaft mit Clio (Clione Fall.) steht ein Thicr- 222 Troschel: chen, welches bei Messina vorkommt, und auf welches ich schon durch meinen werlhen Freund Kro h n aulmerksam ge- macht worden war. Das Thier hat in vielen Punkten eine völlige Uebereinstimmung mit Clio, unterscheidet sich jedoch von ihr durch drei Kiefer, den Mangel der aus dem Munde hervortretenden sogenannten Kop fk egel us. w. Ich kann nicht umhin, das Thier für den Typus einer neuen Gat- tung zu nehmen, die ich, um die nahe Verwandtschaft mit Clio anzudeuten, Cliopsis nenne. Der Art gebe ich den Namen des verdienten Beobachters Dr. A. Krohn. Cliopsis liroliiiii IVoh. nov. spec. Am 5ten November 1853 kamen in Messina zwei Exem- plare eines kleinen nackten Pteropoden in meinen Besitz, die ich sogleich als neu erkannte und sie so genau untersuchte, wie es die Umstände zuliessen. Das Thierchen hat eine Länge von 4 — 5 Linien, und in der Mitte des Körpers gegen 2 Linien im Durchmesser; im Querdurchschnitt ist es kreisrund. Fig. l. stellt es in natür^ lieber Grösse dar, während es in den Figuren 2, 3 und 4 etwas vergrössert, durch die Lupe und in den verschiedenen Körperlagen betrachtet ist. Vorn tritt ein rundlicher Vorsprung, der Kopf, hervor, der beliebig ganz zurückgezogen und mehr oder weniger weit vorgestreckt werden kann. In der Mille und vorn liegt an demselben der Eingang in den Mund, der sich zuweilen, von oben oder von unten betrachtet, als eine geringe Einkerbung zu erkennen giebt. Mundpapillen oder Kopfkegel, wie sie die bekannten Arten von Clio besitzen, habe ich niemals wahr- nehmen können, und ich zweifle, dass dergleichen vorhan- den sind; auch Krohn versichert, dass er sie nie gesehen habe. Diese Mundpapillen entsprechen den mit Saugnäpfen besetzten Anhängen von Pneumodermon , und ihre Zahl va- riirt nach den Species , indem bekannilich Clio borealis de- ren 3 jederseits besilzt , während Clio longicaudata Sou- loyet nur zwei an jeder Seite aus dem Munde hervorslreckt. Neben dem Munde befindet sich jederseits ein kleiner Tenta- kel, der zuweilen als ein winziger hakenförmiger Anhang her- vorlrilt, andrerseits aber auch vollständig zurückgezogen und Beiträge zur Kenntnlss der Fleropoden. 223 verborgen werden kann (F'ig'. 3, 4. a). Diese vorderen Ten- takeln haben grosse Aehnlichkeit mit denen von Clio und Pneumodermon. Dasselbe gilt von den hinteren Tentakeln, welche zwischen beiden Flossen liegen und welche von Esch- richt') für Augen genommen wurden. Ich sah sie nur im eingestülpten Zustande, wo sie zwei Grübchen darstellen. Ich komme später wieder auf sie zurück, wenn ich die Sinnes- organe zur Besprechung bringen werde. Eine eigenlhümliche Einschnürung zwischen Kopf und Rumpf ist nicht vorhanden, der Kopf ist jedoch viel schma- ler als der Rumpf, und daher deutlich vom Rumpfe geschie- den. An dieser Grenze liegt unterhalb in der Mitte zwischen den Flossen der Anhang, welchen Esc bricht mit dem Na- men des Halskragens belegt, der aber mit Recht als das Ru- diment des Fusses von den Neueren angesehen wird. Er ist saltelförmig, in der Mitte vertieft, und jedcrseits in einen dicken fleischigen Lappen erhoben, dessen Ränder sich vorn zu einer Bucht vereinigen (Fig 3, 4. 6). Jederseits neben diesem Bauchhöcker liefen die kleinen Flossen, die in eine Höhlung völlig zurückgezogen werden können. Wenn sie ganz hervorgestreckt sind^ wie es beim Schwimmen geschieht, und seillich ausgebreitet liegen, dann überragen sie mit ihren Enden kaum die grosseste Breite des Thieres. Sie sind et- was breiter als lang, haben einen convexen Vorderrand, und einen concaven Hinterrand. Der eiförmige Rumpf des Thieres ist hinten stumpf ab- gerundet und ebenso wie der Kopf und die Flossen, weiss- lich und durchsichtig. Mit der Lupe nimmt man auf der Ober- fläche sehr feine Pünktchen wahr, die über den ganzen Rumpf unrcgelmässig zerstreut liegen und nur vor dem gleich zu erwähnenden Wimperkranze einen Kreis um den Körper bil- den. Ich halte sie für Hautdrüsen. Bei dem ersten Exemplare, welches ich uniersuchte, war gegen das hintere Ende ein zierlicher Wimperkranz von lan- gen lebhaft flimmernden Wimpern vorhanden; an dem zwei- ten Exemplare fehlte derselbe. 1) Annlomische Untersuchungen über die Clione borcalis. Ko- penhagen 1838 p. 7. 224 Troschel: Der Körper enthält im Innern eine spindelförmige dunkle Stelle, denNucleus, den man beim Schwimmen des Thieres im Wasser , wegen der Durchsichtigkeit der übrigen Theile, fast allein wahrnimmt. Die Thierchen schwammen im klaren Seewasser mun- ter umher , und ihr specifisches Gewicht ist dem des Was- sers wohl sehr nahe, da sie selbst bei völliger Ruhe ihrer Flossen in demselben schwebten, oder doch nur sehr lang- sam zu Boden sanken. Meist halten sie den Kopf nach oben gerichtet. Das eine Exemplar habe ich mehrere Tage lebend beobachtet. Nach dieser allgemeinen Schilderung der äusseren Be- schaffenheit wende ich mich nun zu der näheren Betrachtung der inneren Organisation. Die Körper Wandung. Die eigentliche Leibeshöhle ist verhältnissmässig klein. Sie erstreckt sich vom Munde gegen das hintere Körperende, und ist von einer durchsichtigen Körperschicht umgeben, die viel dicker ist als die Eingeweidehöhle selbst. Dabei ist je- doch zu bemerken, dass nur die Ernährungs- und Geschlechts- organe in ihr Platz nehmen, während Herz und Niere ausser ihr liegen. In dieser dicken Körperwandung bemerkt man viele feine Längsmuskeln, wenige Quermuskeln. Bei Clione bo- realis sind nach Eschricht die Quermuskeln vorherrschend. Die Oberfläche der Haut ist völlig glatt, ohne Erhaben- heiten oder Vorsprünge. Man bemerkt jedoch schon mit der Lupe an der Oberfläche des Körpers sehr feine Pünktchen, welche überall am Rumpfe zerstreut liegen, und in denen keine Ordnung zu erkennen ist. Wie schon oben erwähnt ist, bilden sie nur in geringer Entfernung vor dem Wimper- reifen einen Kreis um den Körper. Auch am hinteren Kör- perende, hinter dem Wimperreifen finden sich einige solche Pünktchen. Bei stärkerer Vergrösserung sieht man, dass je- des dieser Pünktchen aus einem Haufen grösserer und kleine- rer Bläschen besteht, die unregelmässig neben einander lie- gen. Mit seltenen Ausnahmen findet sich in jedem solchen Haufen eine (niemals mehrere) kugelrunde Blase mit doppel- ten Conturen, die eine ölartige Flüssigkeit zu enthalten scheint; Beiträge zur K!enntniss der Pteropoden. 2*5 neben ihr liegen dann einige Blasen von gleicher Grösse aber länglicher Gestalt, und ausserdem viele äusserst kleine Bläs- chen (Vergl. Fig. 5 ). Diese Organe sind offenbar ölbildende Hautdrüsen. Das Exemplar, welches den Wimperreifen bereits verloren hatte^, enthielt eine weit geringere Zahl dieser Haut- drüsen; es sind jedoch deren mehrere vorhanden. Als Ur- sache dieser Abweichung sind drei Fälle möglich: entweder ist das mehr oder minder häufige Vorkommen rein individuell, oder diese Drüsen vermindern sich mit vorschreitender Enl- wickelung und mit dem Alter, oder endlich sie sind in die- sem Falle verkümmert, weil das Thier vier Tage in ganz kla- rem Seewasser ohne Nahrung gelebt hat. Die Entscheidung darüber ist nach den zwei Exemplaren nicht möglich, wird aber von Anderen, die mehrere zu untersuchen Gelegenheit haben, leicht getroffen werden können. Ich wollte nicht un- terlassen, darauf aufmerksam zu machen. J. Müller beobachtete in der Haut seiner Pneumoder- mon-Larven ästige violette Pigmentflecke und am mittlem und hintern Theil des Körpers auch grosse Zellen, ein Oeltröpfchen enthaltend, die ringförmig um den Körper gestellt waren. Da diese letzteren neben den Pigmentflecken vorhanden sind, so darf man auch nicht annehmen, dass die Hautdrüsen unseres Thieres etwa den Büchsen, wie sie E seh rieht in der Haut von Clione borealis fand, und diemitrothem öligen Pigmente gefüllt sind, entsprechen, oder sich in sie umwandeln. Von einem Pigmente in der Haut hat sich nirgends auch nur eine Spur gezeigt. Bewegungsorgane. Zunächst fällt äusserlich der Wimper r ei fen ins Auge, der fast mit blossen Augen, sehr deutlich mittelst einer Lupe gesehen werden kann. Er liegt nahe dem hinteren Ende des Körpers, umgiebt denselben rundum und trennt so einen klei- nen kuppeiförmigen Theil vom Körper. Die Wimpern waren stets in einer lebhaften zierlichen Bewegung. Von einem an- deren Wimperkranze war keine Andeutung vorhanden. An dem zweiten gleich grossen Exemplare fehlte auch dieser eine Wimperreifen gänzlich. Als ich das erste Exemplar mit dem Wimperreifen allein beobachtete, und zugleich wahrnahm, dass Archiv f: Naturgescb. XX. Jahrg. 1. Bd. 15 226 Troscliel: (las Thier geschlechtsreif war, auch alle übrigen Organe sich so vollständig entwickelt zeigten, stieg in mir die Vermuthung auf, dass ich es mit einem Thier zu thun habe, bei welchem der Wimperreifen, der früher nur an Larven nackter Ptero- poden beobachtet war, hier permanent sei. Glücklicherweise kam ich sogleich auch in den Besitz eines zweiten Exempla- res, welches bei gleicher Grösse den Wimperreifen schon vollständig verloren hatte, und wurde so vor einer irrlhüm- Ijchen Behauptung bewahrt. Meine Beobachtung dieser beiden Thiere bildet auch einen Baustein zur Kennlniss der Entwik- kelung der nackten Pteropodcn. Joh. Müll er 2) beobach- tete zuerst die Larven eines nackten Pteropoden , die er we- gen der Bündel von Saugnäpfen am Kopfe und wegen den violetten Farbe auf Pneumodermon mediterraneum Van Bene- den bezog, und sagte über die Wimperreifen der Jungen, wel- che höchstens 1 Linie lang waren, Folgendes : „Die ringför- migen Räderorgane verhalten sich in allen angeführten Grös- senstufen der Larven gleich, auch die kleinsten von mir ge- sehenen Exemplare hatten keine Spur eines Kopfsegels. Das Junge hat 3 Wimperreifen. Der erste umgiebt den Kopf. So- wohl die Stelle des Kopfes, aus welcher der grosse Rüssel hervortritt, als die Tentakeln und die Saugnäpfe liegen schon vor diesem Reifen, d,er Wimperreifen liegt aber noch vor den am Halse befindlichen Flügellappen und vor dem vordem der beiden intermediären Lappen, auch vor der Stelle, wo die Gehörbläschen ihren Sitz haben. Das zweite ringförmige Rä- derorgan liegt in den jüngsten gegen die Mitte der Körper- länge, in älteren hinter der Mitte, so dass der After noch vor diesem Ringe gelegen ist. Das dritte liegt kurz vor dem hintern Ende des Thiers, welches Ende bei dem ganz ausge- bildeten Thier durch die terminalen Kiemen ausgezeichnet ist.« Da es wohl wahrscheinlich ist, dass alle nackten Pteropoden darin übereinstimmen werden, dass sie in früher Jugend drei Wimperreifen besitzen, so spricht meine Beobachtung dafür, dass der hintere Wimperreifen sich am längsten erhält, und dass er erst dann verschwindet, wenn das Thier bereits alle seine Qcgan^ völlig ausgebildet hat und geschlechtsreif, also 1) Monatsberichte der Akademie zu Berlin. October 1852. Beiträge zur Kenntniss der Pleropoden. 227 woH auch ausgewachsen ist. Weitere Beobachtungen müs- sen lehren, ob eine solche Uebereinstimmung zwischen allen nackten Pteropoden statt findet. Es ist nicht dem geringsten Zweifel unterworfen , dass die von Eschscholtz^ beschriebene Gattung Trichocyclus nur der Jugendzustand einer anderen nackten Pteropodengat- tung sei, wie es bereits Philippi 2) vermuthete; es lässt sich jedoch nicht zur Entscheidung bringen, ob diese Gattung mehr mit Clio oder Pneumodermon verwandt sei. Auch un- ser Thier bewegt sich, wie die von Müller beobachteten Larven, ohne Rotation um die Achse. Als Hauptbewegungsorgan müssen die Flossen betrach- tet werden. Sie sind klein, und können vollständig in das Innere des Körpers zurückgezogen werden. Ihr innerer Rand, mit welchem sie dem Körper angewachsen sind, ist der kür- zeste; der vordere ist der längste, er ist convex, der hintere ist concav; der Aussenrand ist fast geradlinig, ein wenig convex, und zeichnet sich vor den übrigen Rändern dadurch aus, dass an ihm viele Dörnchen oder kleine Borsten hervor- ragen, die starr sind und nicht wimpern (Fig. 6.). Müller erwähnt von seinen Pneumodermon -Larven gleichfalls diese steifen Wimpern, es bleibt jedoch unerwähnt, ob sie auf den äusseren Rand beschränkt sind. Die Rückenfläche der Flossen ist glatt, die Bauchfläche ist mit zahlreichen, sehr kleinen spit- zen Dörnchen besetzt. Zahlreiche Muskeln kreuzen sich in den Flossen so, dass eine Lage von innen nach aussen^ die andere schräg von innen nach vorn verläuft. Die ersleren, die Quermuskeln, gabeln sich gegen den Aussenrand der Flosse hin, erreichen jedoch den Flossenrand nicht, oder werden wenigstens so zart, dass man sie hier selbst bei sehr starker Vergrösserung nicht mehr sehen kann. Beide Muskellagen hän- gen an der Flossenbasis so zusammen, dass je zwei Muskeln in einander übergehen, oder die queren Muskeln wenden sich an der Insertion der Flossen um, und werden zu schrägen (Fig. 7.). Wenngleich ein muskulöser Zusammenhang der bei- 1) Isis 1825. p.735. 2) Handbuch der Conchyliologie und Malacozoologie. Halle 1853. p. 297. 228 Troschel: den Flossen unzweifelhaft vorhanden ist^ so habe ich mich doch von einem Uebergehen der einzelnen Quermuskeln in die andere Flosse, wie es bei Esc bricht von Clione bo- realis beschrieben und abgebildet ist, nicht überzeugen kön- nen. Bei unserem Thier scheinen daher die einzelnen Flos- sen eine grössere Selbstständigkeit zu besitzen. Der Bauchhöcker, welcher unterhalb mitten zwischen den Flossen liegt, ist recht entwickelt (Fig. 8.). Er ist sattelför- mig gestaltet und besteht aus zwei fleischigen Lappen, die vorn in einander übergehen. So entstehen zwei freie Hin- terränder, einer jederseits und zwei freie Unterränder, die sich vorn mit einander vereinigen und so einen Bogen bilden. Die Oberfläche dieses Organs ist glatt , und ohne Flimmern, die Ränder dagegen sind mit sehr feinen Wimpern besetzt, die in der Richtung nach vorn flimmern. Einen hinter diesem Haupt- theil gelegenen Lappen habe ich nicht beobachtet, weil in den meisten Lagen der Bauchhöcker überhaupt von den Flossen verdeckt war, und weil unter einer Glasplatte gedrückt, diese Theile nur sehr undeutlich zu sehen waren. Es kann jedoch möglicherweise ein solcher hinterer Lappen vorhanden gewe- sen sein. Nervensystem und Sinnesorgane. Der Schlundring (Fig. 9r.) besteht aus drei Ganglien- paaren, einem oberen, einem seitlichen und einem unteren, und liegt noch hinter den Flossen, wenigstens dann, wenn die Mundmasse zurückgezogen ist und ihre Lage zwischen den Flossen hat. Der Schlundring liegt hinter der Mundmasse, und umgiebt in einiger Entfernung von derselben den Schlund. Wenn die Mundmasse nach der vorderen Mundöff'nung bewegt wird, was ohne Zweifel bei der Einnahme von Nahrung ge- schieht, dann mag auch der Schlundring etwas mehr nach vorn vortreten. Die beiden oberen Ganglien berühren einander; mit den seitlichen sind sie durch ziemlich lange fadenförmige Commis- suren verbunden; ähnliche Commissuren verbinden auch die seitlichen mit den unteren Ganglien ; die letzteren stehen un- ter sich durch eine kurze Commissur in Verbindung. Ob auch die seillichen Ganglien durch eine untere Commissur inVer- Beiträge zur Kenntniss der Pteropoden. 229 bindung stehen, habe ich nicht durch Beobachtung festgestellt, doch ist es wegen der Analogie mit dem durch Eschri cht beschriebenen Nervensystem von Clione borealis vorauszu- setzen, mit dem eine allgemeine Uebereinstimmung in der An- ordnung statt findet. Ein Zerfallen der seitlichen Ganglien in zwei jederseits habe ich bei unserem Thiere nicht bemerkt; die kürzeren Commissuren bei Es c h ri c h t können wohl darin ihre Erklärung finden, dass derselbe seine Untersuchung an Weingeist-Exemplaren anstellte. Von jedem der oberen Ganglien treten, ausser einigen feineren, drei sehr deutliche Nerven ab, und verlaufen nach vorn. Das vorderste Paar tritt zu den vorderen Tentakeln neben der MundöfTnung; zu den hinleren Tentakeln treten je zwei Fäden. Die vorderen und hinteren Tentakeln jeder Seite sind ausserdem durch einen Nervenfaden verbunden. Die vorderen Tentakeln (Fig. 9^) erscheinen im vorge- streckten Zustande als dünne, etwas gebogene Vorsprünge, im Contrahirten Zustande sind sie dreieckige, minder durch- sichtige Körper. Sie können ganz zurückgezogen werden. Nach der Analogie mit den übrigen Mollusken sieheich nicht an, sie für die Riechorgane zu erklären. Dafür sprichtauch, dass das vorderste Nervenpaar zu ihnen tritt. Die hinteren Tentakeln (Fig. 9 i') sind den vorderen sehr ähnlich; sie können zurückgezogen werden, und erscheinen dann als dreieckige Organe von minderer Durchsichtigkeit, die nach innen in eine Spitze auslaufen, au welche sich der dritte Nerv anfügt. An der Oberfläche des Thieres zeigt sich die Basis in diesem zurückgezogenen Zustande als ein keines Grübchen. Sehr zu beachten ist ein durchsichtiges, rundes und sehr kleines Bläschen (Fig. 9. o), welches im zurückge- zogenen Zustande des hinteren Tentakels dicht bei ihm sicht- bar wird, und welches eine Bedeutung haben muss, weil zu ihm ein besonderer Nerv tritt. Wenngleich kein Pigment an diesem Bläschen vorhanden ist, so glaube ich doch, es für ein rudimentäres Auge betrachten zu dürfen. Eschri ch,t beschrieb die hintern Fühler geradezu als Augen, S o u 1 e y e t ') erklärt dies für einen Irrthum, und nennt die im Nacken ge- 1) Voyage de la Bonitc, Zoologie II. p.277. 230 Troschel: legenen Organe hinlere Fühler, an denen er keine Augen hat entdecken können. Van Beneden i) meint, der Nervenfa- den bei Pneumodermon violaceum, welcher zu dem hinteren Fühler tritt und sich an seinem Ende verdickt, sei als Seh- nerv anzusehen, vreil Eschscholtz bei Pleuropus die Au- gen abgebildet habe ^); er selbst hat keine Augen gesehen. Bei der Winzigkeit des erwähnten Bläschens ist es sehr be- greiflich, dass Souleyet und Van Ben e den es übersehen konnten, selbst wenn es die von ihnen untersuchten Thiere besitzen. Sein Vorhandensein bei unserem Thier, dessen Durch- sichtigkeit die Wahrnehmung desselben möglich gemacht hat, lässt jedoch vermuthen, dass es auch bei den anderen ver- wandten Thieren sich finden lassen werde, und so möchte leicht eine Vermittelung der sich widersprechenden Ansichten E sch- rieb t's und Souleyet's angebahnt werden können. Die hinteren Fühler sind zwar nicht Augen , jedoch ist ein sehr kleines Auge in enger Beziehung zu ihnen. An den seitlichen Ganglien sind die sehr deutlichen Ge- hörbläschen befestigt und enthalten eine grosse Anzahl von Otolithen. Verdauungsorgane. Der Mund liegt am vorderen Ende des Kopfes, in der Mitte zwischen den beiden vorderen Tentakeln. Er führt in einen langen Gang, an dessen Ende, zwischen und selbst hinter den Flossen der Schlundkopf mit den Kauwerkzeugen liegt. Unzweifelhaft kann der Schlundkopf nach vorn bis zur Mundöffnung vorgestreckt werden , wenn das Thier Nahrung zu sich nehmen will. Ich habe ihn nur im zurückgezogenen Zustande unter dem Mikroskop gesehen. Weder die Bündel von Saugnäpfen, welche die Gattung Pneumodermon auszeich- nen, noch die Mundpapillen oder Kopfkegel, welche Clio aus dem Munde hervorslreckt, habe ich auffinden können. 1) Recherches anatomiques sur le Pneumodermon violaceum d'Orb. MQller's Archiv für Anat. ct. 1838. p.296. 2) Die von Eschscholtz im Zoolog. Atlas lab. XV. Fig. 1. als Au- gen gedeuteten Funkte sind ohne Zweifel die durchschimmernden Ge- hörbläschen. Beiträge zur Kennlniss der Fteropoden. 231 Die Mundmasse oder der Schluntikopf ist von eiförmiger Gestalt, vorn schmaler als hinten, und enthält drei Kiefer und die Zunge. Die Kiefer (Fig. 10.) lassen sich mit den Kiefern von Clio vergleichen. Jeder von ihnen besteht aus einer grossen Zahl ungefähr gleich grosser zahnarliger Stacheln, die unre*- gelmässig neben einander gestellt, einen Haufen bilden. Die Spitze der einzelnen Stacheln ist oft ausgeschweift. Ein sehr bemerkenswerther, und wie ich nach meinen bisherigen Er^ fahrungen annehmen muss, generischer Unterschied von Clio liegt in der Zahl dieser Kiefer. Clio hat deren entschieden nur zwei. In der ganzen Thierwelt ist mir kein Beispiel be- kannt, dass man Thiere mit zwei und mit drei Kiefern in ei- nem Genus vereinigt hätte. Dazu kommt die BeschafFenheit und Anordnung der einzelnen den Kiefer bildenden Stacheln. Diese sind bei Clio von sehr verschiedener Länge, indem die vordersten sehr kurz, die hintersten sehr lang sind, auch nicht unregelmässig auf einer Fläche neben einander stehen, son- dern in regelmässigen Reihen geordnet sind. Die Zunge besteht aus ungefähr zwanzig Querreihen von Platten. In jeder Querreihe liegen neun Platten. Die Mittel- platten haben einen gebogenen Vorderrand, der in seitliche Spitzen, die nach hinten uud aussen sehen, ausläuft. Zwischen diesen stehen noch drei zahnartige Vorragungen am Hinter- rande der Platte. Die vier seitlichen Platten sind dornförmig, ihre Spitze ist nach innen und schräg nach hinten gerichtet, und sie haben eine schmale Basis, die mit den Dornen selbst etwa einen rechten Winkel bildet. Diese Platten liegen ziem- lich eng an einander und sind einander an Länge und Ge- stalt ziemlich gleich. — Die Abbildung, welche Eschricht 1. c. Fig. 22. von der Zunge von Clione geliefert hat, so wie seine Beschreibung p. 1 1 zeigen, dass er sie nicht ganz rich- tig verstanden und z. B. die Mittelplalten übersehen hat. Sehr gut ist dagegen die Abbildung Loven's^ von demselben Thiere, wie ich es aus eigener Beobachtung bestätigen kann. Diese Zunge weicht von der von Cliopsis Iheils durch die Ge- l) Öfvers. af Kongl. Vetensliaps - Akad. Förhandl, 1847. p. 188. Tab. 3. 232 Troschel: stalt der Mittelplatte ab, die statt der drei hintern Zähne nur zwei rundliche Vorsprünge trägt, theils durch die Zahl (12 je- derseits) der Seitenplatten. Bisher habe ich die Anzahl der Längsreihen von Plat- ten auf der Zunge bei den Mollusken stets constant gefunden, und ich muss der Ansicht sein , dass das Wachslhum der Zunge nur durch Hinzubildung neuer Querreihen am hintern Ende derselben geschehe. Die Zahl der Längsreihen über- wiegt daher an Werlh die Zahl der Querreihen entschieden. Bei dem näheren Studium der Pteropoden stossen jedoch in dieser Beziehung Bedenken auf, die ich hier zur Sprache brin- gen muss, weil sie von grossem Einflüsse auf die Erkennung der Jugendzustände der nackten Pteropoden sein müssen. Dies wird um so wichtiger, als in nächster Zeit voraussichtlich der Entwickelungsgeschichte der nackten Pteropoden besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden wird. Clio borealis hat nach Loven 1. c. zwölf Dornenreihen jederseits , unser in Rede stehendes Thier hat deren vier^ bei einer sehr jungen Larve mit drei Wimperreifen, die gleichfalls farblos war, fand Herr Dr. Max Müller i) nur eine Reihe jederseils, als er sie in Messina beobachtete. Alle diese sind mit Miltelplalten versehen. Die Gattung Pneumodermon hat keine Mittelplattcn. Pneumodermon Peronii hat nach Souleyet^) vier Seiten- platten jederseils, ebenso Pneumodermon violaceum nach Van Beneden ^); bei dem Pneumodermon, welches bei Messina vorkommt, habe ich sechs Seitenplatten jederseits gefunden. Von Euribia endlich erwähnt Souleyet^), dass die Zunge nur mit zwei Hakenreihen (also einer Reihe jederseits) bewaff- net wäre. Nicht zu übersehen ist es, dass J.Müller in sei- ner Abhandlung über die Entwickelungsformen einiger nie- deren Thiere ^) sagt, die Zähne der Zunge seiner in Triest beobachteten jungen Pneumodermen bilden zwei Reihen zak- kiger Platten, und zwischen ihnen in der Mitte eine leicht zu 1) aiuller's Archiv 1854. p. 72. 2) Voyage de la Bonite Zoologie II. p. 254. pl. 15. fig.22. 23. 3) Möller's Archiv 1838. p. 300. Taf. X. fig. 12. 4) Voyage de la Bonite. Zoologie II. p. 246. pl. 15. fig. 5. 6. 5) Monatsberichte der Akad. zu Berlin. October 1852. Beiträge zur Kenntniss der Pteropoden. 233 Übersehende Reihe kleinerer Plättchen mit vier kleinen Zak- ken. Die erwachsenen Pneumodermen haben keine Miltelplat- ten. Dass diese später verschwinden sollen, ist kaum anzuneh- men. Es wird nun zu ermitteln sein , ob wirklich die Zahl der Längsreihen bei einer und derselben Art mit dem Alter zunehmen kann; bis dieser Nachweis g-eführt ist, muss ich aber derartige Verschiedenheiten mindestens für specifische ansehen. Von der Mundmasse führteinzartwandiger Schlund (Fig. 9. s) nach hinten durch den Schlundring zu dem Magen. Am Schlünde hängen zahlreiche kleine Bläschen und Zollen an. Speicheldrüsen habe ich nicht gesehen, vermuthe aber, dass deren vorhanden sind. Der Magen (Fig. 9.w) liegt weit hinten in der Leibes- höhle, hat eine spindelförmige Gestalt, und ist vorn und hin- ten zugespitzt; sein hinteres Ende ist in der Abbildung durch die Zwilterdrüse verdeckt. Er liegt in der Längsrichtung des Körpers. Die Farbe des Magens ist bräunlich, was seine Ur- sache darin hat, dass er an seiner ganzen Oberfläche von der dünnen Leber überzogen ist. Der Schlund mündet in den Magen ein wenig hinter der vorderen Spitze an der linken Seite. Von dem Magen tritt, etwa in der Mitte seiner Länge, an der rechten Seite der enge Darm (Fig. 9. rf} aus, der sich ohne Windungen zu machen, nur bei Verkürzung des Kör- pers etwas geschlängelt, schräg nach vorn begiebt, und sich rechts hinter der Flosse öff'net. Der Dorn war ganz leer bei beiden untersuchten Exemplaren. Der After (w) liegt in der Mitte einer vertieften , und von einer Art Wall umgebenen Grube, die das Thier mehr oder weniger einziehen kann. Bei Clionesoll sich der After an der Bauchseite desThieres öffnen. Girculations Organe. Rechts neben der hinteren Hälfte des Magens sieht man deutlich das Herz schlagen. Es besteht aus einer Vorkam- mer (Fig. 9. f) und einer Herzkammer (Fig. 9.Ä). Die Vor- kammer ist breit und kurz, und mit mehreren Muskeln nach hinten zu festgeheftet. Es scheint, als wenn sie hinten weit offen wäre. Die Herzkammer hat eine flaschen- oder birn- förmigc Gestalt, ist hinten abgerundet und vorn verschmälert. 234 Troschelr Sie ist durchsichtig, und macht beständige und kräftige Pul- sationen. Von dem vorderen Ende der Herzkammer geht die Aorta (Fig. 9. a), ab, die am Anfange sogar noch ein wenig wei- ter ist, als die Herzspitze, verschmälert sich dann, und lässt sich als ein immer noch beträchllich weiter Schlauch bis in die Gegend des Schlundringes verfolgen. Hier nahm ich schwa- che Pulsationen derselben wahr. Sie ist auch hier noch ziem- lich weit, weiter als der Darm, und in ihrer ganzen Länge vollkommen glashell und durchsichtig. Gleich an dem Grunde dieser Aorta tritt aus ihr ein ebenfalls ziemlich weites Gefäss aus, und zwar an ihrer rech, ten Seite, wendet sich jedoch gleich nach links, geht unter der Aorta fort, und verläuft geradlinig als ein kurzer Schlauch zum Magen, an den sie an derselben Stelle tritt, wo der Darm austritt. Dieses Gefäss ist ebenfalls völlig durchsichtig. Es zeigt sich von verschiedener Weite, je nach den Contractio- nen des Tliieres. Wenn sich das Thier verkürzt, entfernt das Herz sich mehr vom Magen, und dann ist das Gefäss enger und länger. Im engen Zusammenhange mit den Circulationsorganen fiteht ein Organ,, welches mit grosser Wahrscheinlichkeit neuer- lich als Niere gedeutet ist. Es ist die „Poche pyriforme« von Souleyet'3, welche J. Müller ^3 bei Cleodora für Niere erklärt, und welche Herr Gegenbaur^) anfänglich für eine Art Respirationsorgan zu halten geneigt war, weil er Was- ser in ihre Oeffnung einströmen sah, später jedoch "♦) ihr die Funclion eines nierenarligen Excretionsorganes zugesteht^ ihr gleichzeitig die Besorgung von Wasseraufnahme zuschreibend, um solches dem Blute beizumischen. Dieses Organ (Fig. 9. n} habe ich bei unserem Thier sehr deutlich beobachtet; es ist von beträchtlicher Ausdehnung. Obgleich es von sehr zarten und vöUi-g durchsichtigen Wän- 1) Voyage de la Bonite 2oologieVoI.il. 1852. —Rang et Sou- leyet Hist. nat. des Pteropodes. Paris 1852. 2) Monatsberichte der Berliner Akademie. October 1852. 3) V. Siebold u. Kölliber Zeitschr. f. wiss. Zool. IV. p.335. 1853. 4) Ebenda V. p. 113. 1853. Beiträge zur Kennlniss der Pteropodeii. 235 den umgeben ist, so habe ich diese doch in ihrem ganzen Um- fange wahrnehmen können. Es liegt an der rechten Seite des Thiores, neben dem Herzen, ist ein weiter und langer Schlauch, und erstreckt sich vom Hinterende des Thieres bis vorn ge- gen den After hin. Dieser Schlauch ist in seinem hinteren Theile nach links gewendet, sonst entspricht er der Längsrich- tung des Thieres. Hinten ist er gerade abgestutzt und ge- schlossen. Er ist nicht überall gleich weit, namentlich ist er in seiner Mitte, vor dem Herzen, in eine nach links gerich- tete Spitze ausgezogen, und an einem zarten Faden befestigt. Ein wenig hinler dieser vorspringenden Spitze findet sich ein zartes Gefäss, durch welches er mit dem Herzbeutel zu com- municiren scheint, und zwar vor der Herzkammer an der Stelle, wo aus der Aorta das Gefäss zum Magen tritt (Vergl. die Abbildung Fig. 9.). Nach vorn verengt sich das Organ allmählich und mündet sich neben und ein wenig hinler dem After in einer OefTnung nach aussen, die klein aber doch noch etwas grösser ist als der After. DieOefFnung liegt mit dem After in derselben Verliefung, hart an der hinteren Wulst, und wird mit dem After zurückgezogen und vorgestreckt. Solche Wahrnehmungen, welche auf die Function dieses Or- ganes ein helleres Licht werfen könnten, habe ich nicht ma- chen können, halte jedoch wegen der Beziehung zu den Cir- culationsorganen und wegen der Oeffnung in der Afternähe die Deutung als Niere für sehr wahrscheinlich. Noch ist hier eines sehr eigenthümlichen Organes Er- wähnung zu thun, üb^r dessen Function ich aber kaum eine Andeutung zu geben vermag. Es ist so eben erwähnt wor- den, dass After und Harnöffnung in einer Vertiefung liegen, die von einem wulstigen Rande, einer Art Wall, umgeben ist» Ihr oberer Rand verlängert sich nach vorn bis an die Basis der Flosse hin. Dieser ganze obere Rand flimmert stark, und die Haulfläche, welche sich links an ihn anschliessl, zeichnet sich dadurch von der übrigen Körperoberfläcke aus, dass viele drüsige Bläschen, eng aneinander liegend, in ihr eingebettet sind. Zunächst drängle sich mir die Vermuthung auf, dass diese flimmernde Stelle der Alhmung dienen, und als Kieme zu deuten sein möchte, da nirgends sonst ein Alhmungsorgan aufzufinden ist; dagegen spricht jedocli die Lage des Herzens, 236 Tioschel: dessen Vorkammer nach hinten gerichtet ist, wodurch es an- gedeutet ist, dass auch hier, wie bei Pneuinodermon und bei Spongiobranchaea, der Sitz der Respiration am hinteren Kör- perende zu suchen sei. Ich halte es nicht für überflüssig, hier der Beobachtung Erwähnung zu thun, welche ich an der Niere vonPterotrachea mutica gemacht habe, welche, wie es auch Souleyet I.e. richtig abbildet, ohne es genauer zu be- schreiben, und wie es Herr Gegenbaur I.e. V. p. 115. er- wähnt, zwischen Nucleus Herz und Kieme liegt. Die linke oder innere Wandung der Niere ist muskulös, die rechte oder äussere Wandung enthält viele kleine zerstreute Drüsenkör- per, welche denen unseres flimmernden Organes sehr ähnlich sind. Ich lasse es dahingestellt, ob eine Analogie zwischen ihnen statt findet. Geschlechtsorgane. Am wenigsten vollständig habe ich die Geschlechtsor- gane mir klar machen können, was hauptsächlich darin sei- nen Grund hat, dass die beiden einzigen mir zu Gebote ste- henden Exemplare bei der Untersuchung der übrigen Organe schon zu sehr alterirt waren, um den ganzen Zusammenhang der Geschlechtsorgane genau erkennen zu lassen. Der Eierstock (Zwitterdrüse?) liegt ganz hinten in der engen Leibeshöhle, und verdeckt den hinteren Theil des Ma- gens von oben her (Fig. 9. e). Er hat eine länglich eiförmige Gestalt und ist in der Mitte dunkler gefärbt als an den Sei- ten. Von seinem vorderen Ende entspringt ein ziemlich schma- ler dunkelbraun gefärbter Gang, der bald eine Windung macht, die sich gewiss bei völliger Ausstreckung desThieres gerade zieht. Hierauf erweitert sich der Eileiter beträchtlich, und bildet einen schwach Sförmig gebogenen Körper, der auf sei- ner dunklen Oberfläche viele helle Pünktchen zeigt. Dann ver- schmälert er sich wieder und tritt mit einem dünnen Stiel zu einem unregelmässig kugligen Organ (Fig. Q.gf), welches aus verschiedenen Drüsen und aufgewickelten Schläuchen besteht und das ich der Kürze wegen als Geschlechtsknäuel bezeichnen will. Von ihm geht nach vorn ein weiter Kanal ab, den ich nicht vollständig habe verfolgen können, von dem ich jedoch vcrmuthe, dass er mit einer dunklen längli- Beiträge zur Kennlniss der Pteropoden. 237 chen Masse^ die unter der rechlen Flosse gelegen ist, in Ver- bindung stehe; hier muss die Geschlechtsöffnung (die männ- liche?) in der Nähe des Bauchhöckers liegen. Ich habe sie nicht als Oeffnung beobachten können. An dem Geschlechtsknäuel nimmt man unregelmässige Windungen wahr, die von der gleich zu beschreibenden Ruthe herrühren. Als ich eine kleine Glasplatte auf das Thierchen legte, um den Zusammenhang der verschiedenen inneren Or- gane näher erforschen zu können, war ich erstaunt zu sehen, dass bei einigem Druck der grosseste Theil des Geschlechts- knäuels verschwand , und als ein sehr langer Schlauch aus dem Körper hervortrat. Er war mehr als dreimal so lang wie das ganze Thier. Leider konnte ich den Ort, an welchem er aus dem Körper austrat, an dem etwas gequetschten Thier nicht unterscheiden ; ich glaubte anfänglich, er trete aus dem Munde hervor. Dieser lange Schlauch ist die Ruthe. Ab- gesehen von ihrer bedeutenden Länge, lässt sie sich wohl mit den Beschreibungen von Eschricht^) und Souleyet^) von Clio vergleichen. Die Ruthe (Fig. IL) ist ein überall, soweit sie aus dem Körper hervorragt, gleich weiter Schlauch und endet in einer keulenförmigen Anschwellung. Diese besteht hauptsächlich aus sehr feinen Quermuskeln. Der Theil des Schlauches un- mittelbar hinter der keulenförmigen Anschwellung hat mich am meisten in Erstaunen gesetzt; hier nämlich sah ich in einer Länge, die etwa der keulenförmigen Anschwellung gleich kam, ein Phänomen von äusserster Zierlichkeit. Es Hess sich in der Mitte ein sehr enger Längscanal wahrnehmen, der von einer dicken Wandung umgeben war. Diese Wandung ent- hielt zahllose kleine, spindelförmige, an einem Ende zugespitzte Körperchen, die sich äusserst lebhaft zitternd durch einander bewegten (Samenthierchen); der enge innere Längskanal gab den Anschein, als ob sich feine Körperchen äusserst schnell nach vorn bewegten, was wohl von einer sehr lebhaften Flim- merung herrührte. Vor und hinter dieser Abtheilung des 1) Anatomische Untersuchungen über die Clione borealis p. 14. Fig. 24. 2) Voyage de la Uonite. Zoologie IL pl. X5bis fig. 15. 238 Troschel: Schlauches zeigte sich davon keine Spur, an beiden Enden war diese Abtheilung scharf begrenzt. Der nun nach hinten zu folgende Theil des Schlauches war drüsig, und weiter nach hinten gingen diese Drüsen in Zotten über, die die innere Fläche auskleideten. Der Theil des Geschlechtsknäuels , welcher nach dem Austritt derRuthe im Körper zurückgeblieben war, hatte eine röthlich braune Färbung. Entwickelung. Leider habe ich zu wenig Exemplare zu meiner Verfü- gung gehabt, denn sonst wäre es mir wohl gelungen. Einiges über die Entwickelungs - Geschichte dieses Thieres zu erfah- ren. Ich hatte nämlich gleich am ersten Tage, den 5. No- vember 1853, das eine noch mit dem hinteren Wimperkranze versehene Exemplar untersucht, und dabei zerstört. Das zweite Exemplar bewahrte ich in einem Glase mit reinem See- wasser, welches ich täglich erneuerte. Schon am dritten Tage, den 7. November, fand ich Morgens in seinem Glase einen rundlichen Haufen gallertartiger Masse schwimmen, und be- merkte schon mit der Lupe zerstreute Pünktchen in diesem Haufen. Er war von Grösse des Thieres. Da ich Tages zu- vor das Thier in demselben Wasser stundenlang beobachtet halte, und so mit der Lupe gewiss in alle Theile der Flüssig- keit geblickt hatte, so schien es mir unmöglich, dass ich diese schwimmende Masse hätte übersehen sollen. Sie muss daher von dem Thiere, welches einzig dieses Wasser bewohnte, her- rühren, und am vorigen Abend oder in der Nacht abgelegt sein. Es waren seine höchstens 18 Stunden alten Eier. Die einzelnen Eier (Fig. 12.) liegen zerstreut in der kry- stallhellen, vollkommen durchsichtigen, eiweissartigen, zähen Masse, nicht eben nahe bei einander. Sie sind kugelrund, und von einer so äusserst feinen Membran umgeben, dass man dieselbe unter dem Mikroskop kaum wahrnimmt; nur bei ge- wissem zweifelhaften Licht wird die Linie sichtbar. In den Eiern lag ein Dotter, bereits zerklüftet in viele Kügelchen, von denen sich meist drei durch ihre Grösse und scharfe Be- grenzung auszeichneten. Bei durchgehendem Licht sind diese Dotter durchscheinend, fast farblos; bei auffallendem Lichte Beiträge zur Kehnlniss der Pteropoden. 239^ sind sie silberglänzend. Ausser der Dolterinasse fanden sich in jedem Ei zwei sehr kleine, einander berührende Bläschen, welche an der Eihaut liegen, und die sich wohl mit den von Fried r. Müller *) beschriebenen Richtungsbläschen der Schneckeneier vergleichen lassen. Weiler Hess sich vorläufig an diesen Eiern nichts be- merken. Der Eihaufen war aber durch die Behandlung so beschädigt worden, dass keine Aussicht auf Erfolg bei wei- terer Aufbewahrung vorlag. Ich glaube jedoch, dass es mir gelungen sein würde, diese Eier zur Entwickelung zu brin- gen, wenn ich mehrere Eihaufen besessen hätte. Pneumodermoa Cuv. Aus dieser Galtung kommt eine Art bei Messina nicht selten vor. Zuweilen sind sie mir in grösserer Zahl von Kna- ben gebracht worden, woraus sich schiessen lässt , dass sie sich truppweise halten. Von den Arten, welche in dem mehr- fach citirten Werke von Rang etSouleyet aufgezählt sind, ist die unsrige jedenfalls specifisch verschieden. Wahrschein- lich ist es jedoch Pn. mediterraneum. Aus den Angaben von Van Beneden 2) lässt sich nichts mit Sicherheit schliessen. Souleyet bringt diese Art, ich weiss nicht aus welchen Gründen, zu Pn. Peronii, was wenigstens für die von mir be- obachteten Exemplare unrichtig ist. Die nähere Charakteri- stik des Pn. mediterraneum, wie sie Verany ^} gegeben haben soll, ist mir leider^ Dank der Schwierigkeit des Italie- nischen Buchhandels, noch nicht zugänglich. Meine Exem- plare sind recht gross, im lebenden Zustande etwa 15—20 Millim. lang , schön violett gefärbt^ und zeichnen sich beson- ders dadurch aus, dass an jedem der beiden aus dem Munde hervorragenden Arme nur fünf Saugnäpfe vorhanden sind, vier grosse und ein kleinerer. Auf der Zunge sind, wenig- stens an ihrem vorderen Theile^ jederseits sechs Längsreihen von Platten vorhanden, die an Gestalt von denen der Galtung Clio, Cliopsis den Pneumodermon-Arten nicht wesentlich ab- 1) Archiv für INaturgesch. 1848. 1. p. 3. 2) Exercices zootomiques I. p. 53. 3) Catologo degli animali invertebrati marini del Golfo di Genova e Nizza 1846. 240 Troschel: weichen. Bernerkenswerth jerscheint es mir, dass ich vor der Zunge eine rudimentäre Kieferbildung gefunden liabe, woraus ich den Schluss ziehe, dass die beiden bekannten vorstreck- baren Röhren, die auf der ganzen Oberfläche mit vielen klei- nen Stacheln bewaffnet sind ^ nicht den Kiefern der Galtung Clio und Cliopsis analog sind. Erklärung der Abbildungen. Taf. VIII. Fig. 1. Pleuropus longifilis n. sp, mit dem Tiiier^ etwas vergrössert. Fig. 2. Schale desselben in natürlicher Grösse. Fig. 3. Schale desselben von der Seite gesehen, etwas vergrössert. Fig. 4. Cleodora trifilis n. sp. vergrössert. g. Gehörbläschen, h. Herz, m. Magen, o. Mund, to. After. Fig. 5. Creseis phaeostoma n. sp. vergrössert. Fig. 6. Schale desselben Thieres, vergrössert. Fig. 7. Mundmasse und Anfang des Schlundes von demselben Thiere, stark vergrössert. F'ig. 8. Creseis monolis n. sp. a. Kiefer, b. Zunge, c. Mittlerer Iheil der Flossen, welcher auf der ganzen Oberfläche flimmert. Fig. 9. Gehörorgane von Creseis monotis , nur einen Ololithen ent- haltend. Taf. IX. Fig. 1. Tiedemannia neapolitana Van ßencd. um die Verzweigung der Nerven zu zeigen, a. Der Rüssel. Fig. 2. Erweiterung am Ende des Rüssels von derselben. Fig. 3. Nucleus desselben Thieres. a. Austritt des Darmes. Fig. 4. Darmkanal von Tiedemannia neapolitana. a. Vormagen, b. Ma- gen, c. Darm. Fig. 5. und 6. Knorpelstücke aus dem Magen von Tiedemannia neapo- litana. Fig. 7. Ruthe von derselben. Fig. 8. Ein Theil des Eierstockes von derselben. Fig. 9. Zwei stark vergrösserte Punkte von der Oberfläche der Tie- demannia neapolitana. Fig. 10. Ein gelber Fleck von der Oberfläche von Tiedemannia chry- sosticla Krohn. Beiträge zur Kenntniss der Pleropoden. 24 1 Fig. 11. Stück des eigenlhümlichen Saumes, der die Flossenränder der Tiedemannia chrysosticla unigiebt. Fig. 12. Tiedemannia Scylla n. sp. nalärliche Grösse. Fig. 13. Dieselbe, etwas vergrössert. Fig. 14. Tiedemannia Charybdis n. sp. natürliche Grösse. Fig. 15. Dieselbe, etwas vergrössert. Fig. 16. Gehörbläschen mit Otolithen von Cymbulia Peronii ; sehr stark vergrössert. Taf. X. Alle Figuren beziehen sich auf Cliopsis Krohnii n. gen. Fig. 1. Natürliche Grösse des Thieres. Flg. 2. Das ganze Thier, ein wenig vergrössert, vom Rücken gesehen. Fig. 3. Das Thier, etwas vergrössert, von der Seite gesehen, a. Vor- derer Tentakel, b. Der ßauchhöcker oder rudimentäre Fuss. Fig 4. Das Thier, etwas vergrössert, von der Bauchseite gesehen, a. Die vorderen Tentakeln. 6. Der Bauchhöcker. Fig. 5. Drei Gruppen von Ooldrüsen aus der llauloberfläche. Fig. 6. Ein Flosse, vergrössert, Fig, 7. Basis der Flosse, um die Lage der Muskeln zu zeigen. Fig. 8. Der Bauchhöcker, von der Seile gesehen, vergrössert Fig 9. Das ganze Thier, vergrössert, um den inneren Bau deutlich zu machen, a. Aorte, b. ßauchhöcker, d. Darm, e. Zwitterdrüse, f. Flosse, g. Geschlechtsknäuel , h. Herz, m. Magen, von der Leber umhüllt, n. JNiere, o. rudimentäres Auge?, r. Schlund- ring, s. Schlund, t. vordere Tentakeln, ('. hintere Tentakeln, v. Vorkammer des Herzens, w. AfteröIFnung. Fig. 10. Die drei Kiefer, sehr stark vergrössert. Fig. 11. Die Rulhe, stark vergrössert. Fig. 12. Zwei Eier von Cliopsis Krohnii. Bonn, im Juni 1854. Archiv f. Naturgesch. XX. Jahrg. 1. Od. 16 £inig:es über die Mundtlieile der saiig-eiiden Iiisecteii. Resultate aus Gerslfeld's Abhandlung über diesen Gegenstand. Von Prof. Dr. Ed. Orube. (Briefliche Mittheilung an den Herausgeber.) Die zur Aufnahme flüssiger Nahrung bestimmten Mund- theile der Insecten, eben so mannigfach gestallet als combi- nirtj sind seit längerer Zeit so wenig Gegenstand einer um- fassenden Revision gewesen, dass mir eine solche sehr wün- schenswerlh schien, und ich Herrn Gerstfeld aufforderte, sich dieser Arbeit zu unterziehen. Insbesondere aber empfahl ich ihm die Mundtheile der Pediculiden, in deren Beschreibung ich nach eigener Untersuchung von Haematopinus suis nur ßurmeister, nicht aber Erichs on und Simon beipflich- ten konnte^, auf's genaueste zu prüfen, und hier wie bei allen streitigen Punkten nicht nur die selbst gewonnene Ansicht ausführlich zu entwickeln, sondern auch wo möglich zu er- mitteln, was zu dem Irrlhum der Gegner Veranlassung gege- ben haben möchte. Wie weit dies Herrn Gerstfeld gelun- gen sei, werden Sie aus seiner Magisterschrift „Ueber die Mundtheile der saugenden Insecten" (im Verlag von Herrn Rey- her in Mitau), am besten selbst ersehen. Hier erlaube ich mir nur eine kurze Zusammenstellung ihrer verschiedenen Com- binationen zu geben , wie sie aus dieser Arbeit hervorgeht, und zur bequemeren Uebersicht geeignet ist. Indem der Verfasser die Theile der Unterlippe auf die der Maxillen zurückführt, parallelisirt er das an dem Kopf ein- Grube: Einiges über die Mundtheilfc der saugenden Insecten. 243 gelenkte Submentum Newport (Mentutn Erichs., Fulcrum Kirby) der Unterlippe der Aogel (Cardo) der Maxillen, das darauf sitzende Mentum Newp., das die Taster und Laden trägt, den Slipites der Maxillen , die eigentliche Lippe Languette Latr., oft Zunge genannt, den Laden, welche bekanntlich in äussere und innere zerfallen können : die äussern der Unterlippe bil- den die Paraglossen , die Innern gewöhnlich verschmolzenen die Ligula, von der man strenge den Hypopharynx zu unter- scheiden hat, das Gegenstück zumEpipharynx. Nur der Hy- popharynx kann als Stechborste auftreten, und der Verfasser möchte ausschliesslich für diesen den deutschen Ausdruck Zung e beibehalten. A. Es existiren 2 von einander getrennte Saugröhren, eine rechte und eine linke und der Oesophagus beginnt gabiig. Dieser Fall findet nur bei wenigen meist im Wasser le- benden Larven statt und die Lippen betheiligen sich an der Bildung der Röhren gar nicht. a. Jede Röhre besteht aus einer obern und einer untern Hälfte, welche sich eng an einander legen und so einen Kanal bil- den; die obere ist die Mandibel, die untere die Ma- xillenlade. 1. Die Röhren sind gerade und nicht zugespitzt, Taster fehlen: Larve von Sisyra. 2. Die Röhren stellen spitze, gegen einander gebogene Haken dar, welche zum Verwunden dienen. Labial- taster 4-glie(Jrig, Maxillentaster fehlen: Larve von Hemerobius und Myrmecoleon. b. Jede Röhre wird nur von einer kanalarlig durchbohr- ten Mandibel gebildet, die kurzen Maxillen sitzen da- neben und tragen 4-oliedrige , die kleine Unterlippe nur 2-gliedrige Taster. Die Mandibeln sind schlanke gegen einander gekrümmte Haken, die zum Verwun- den dienen : Larven der Dytisciden. B. Es existirt nur l (mittlere) Saugröhre. a. Ohne ste chende Theile. Die hieher gehörigen Thiere saugen Blumensäfte. 244 Grube: a. Die Röhre wird von den mehr oder minder faden- arlig verlängerten, rinnenarlig ausgehöhlten und ge- nau an einander passenden Maxillenladen gebildet, und pflegt spiralförmig eingerollt zu sein. DieMa- xillentaster fehlen nicht, sind 2- oder 3-gliedrig, jedoch viel kürzer als die 2- selten 3-gliedrigen Lippentasler. Oberlippe, Mandibeln und Mentum kurz; Lepidopteren. ß. Sie wird von der röhrenartigen verlängerten Ligula gebildet, welche die Paraglossen, die Lippentaster und Maxillen umhüllen, die Lippentaster 4-, die Ma- xillenlaster 1- bis 6-gliedrig, um so kürzer je län- ger die Maxillenladen. Epi- und Hypopharynx vor- handen, Oberlippe ziemlich gross, Mandibeln kräftig : Meliliden. y. Ein kurzer weichhäutiger Schnabel, der aus der ver- längerten unten rinnenartig ausgehöhlten Oberlippe und der an ihrem Basaltheil mit den Maxillen ver- schmolzenen Unterlippe besteht. Die Maxillenladen selbst 2-gliedrig, ihre Taster 2- bis 5-gliedrig, die Lippenlaster 3-gliedrig. Mandibeln aussen sitzend, winzig oder fehlend: Phryganidae. b. Mit Stechborsten. In diesem Fall besteht die eigentliche Röhre, in welcher die Stechborsten liegen^ hauptsächlich aus der Unterlippe (ent- weder aus ihren verwachsenen Laden oder ihren getrennt blei- benden Tastern) und es zeigt sich weiter darin ein Unter- schied, ob die Maxillen borstenförmig und mit in die Röhre aufgenommen sind, oder äusserlich liegen, und als schützende Aussenhülle dienen. of. Bildung der Röhre ähnlich wie bei den Phryganeen, aber die Mandibeln darin verborgen, borstenförmig. Maxillen und Mentum verwachsen, Lippentaster 2- oder 1-glicdrig: Thysanoptera. ß. Die Saugröhre wird von den mit einander zu einer Halbrinne verwachsenen Laden der Unterlippe gebil- det, aufweiche sich die Oberlippe legt. Lippentaster fehlen. Einiges über die Mundlheile der saugenden Insecten. 245 1. Auch die Maxillentaster fehlen: die von der Unter- lippe gebildete Halbrinne ist gegliedert (3-, 4- sel- ten 5-gliedrig), die Zahl der Stechborsten 4 oder scheinbar 3, indem die Maxillenborsten enger an ein- ander schliessen als die Mandibelborsten: Rhynchota. 2. Maxillentaster vorhanden, 1- bis 5-gliedrig; Saug- röhre ungegliedert in zwei Polsterchen auslaufend. Die Zahl der Slcchborsten schwankt zwischen 1 und 5 oder, wenn man die zuweilen sehr dünne und spitze Oberlippe mitrechnet, 6 : Hypopharynx, Maxillen und Mandibeln: Diplera ovipara. Von diesen Borsten fehlt nie der Hypopharynx, selten die Maxillen, häuGg die Mandibeln. So besitzen : nur 1 Stechborste (Hypopharynx) die Museiden. „2 „ (Hypopharynx und borstenför- mige Oberlippe) die Tipuliden. Die meisten von ihnen, freilich nur schwache (zuweilen mit Spuren von noch 2Sintenborslen), Ceratopogon aber und Simulia, ebenso wie dieConopiden und Stomoxyden stärkere, zum Stechen geeignete: 3 Stechborsten (Hypopharynx und Maxillen): Asilus, Syrphus. 4 „ (Hypopharynx, Maxillen , Oberlippe) : Xylophagus, Stratiomys, Empis, Leptis, Anthrax, Bombylius. 6 5, Die Culiciden und Tabaniden (wenig- stens im weiblichen Geschlecht). y. Die Saugröhre entsteht durch das Aneinanderlegen der 4- oder 5-gliedrigen Lippentaster, zwischen wel- chen 3 Stechborsten (Hypopharynx und Mandibeln) und wird von aussen noch geschützt durch die schmal drei- seitigen verlängerten Maxillenladen mit ihrer 4- oder 5-gliedrigen Tastern (früher für Antennen gehallen. Die Laden der Unterlippe sind ebenso wenig zur Aus- bildung gekommen, wie die Oberlippe : Pulicidac. J. Die eigenthümliche Saugröhre, nur 1 Slechborsle, den Hypopharynx enthaltend, wird von der Ober- und Unterlippe zusammengesetzt, aber noch seillich ge- 246 Grube: schützt von den rinnenförmig ausgehöhlten, an ihrer Basis von einem fleischigen Ringwulst umgebenen Ma- xillenladen. Mandibeln, Maxillen- und Lippentaster fehlen: Diptera pupipara. £, Die Saugröhre ist vorstreckbar und gänzlich zurück- ziehbar, der Ringvi^ulst, aus dem sie hervortritt, aus- stülpbar, (wo er dann mit winzigen Häkeken oder schräg nach hinten gerichteten Erhabenheilen besetzt erscheint) und ebenfalls vollkommen einstülpbar. Die Saugröhre besteht aus 2 an einander liegenden Halb- rinnen (Mandibeln?), und enthält 2 gleichfalls anein- ander liegende Borsten (Maxillen), Taster fehlen : Pe- diculidae. Dorpat, den 20. Februar 1854. IVacliträg^c zu den MBemcrkiiiig^eii über die Phyllopodeu'' % ^ Von Prof. K. Orulie. 1. Auch in diesem Frühjahre (1853) hatte ich verge- bens darauf gehofft, Eierchen von Lymnetis brachyurus zu erhalten und das Ausschlüpfen der Jungen zu beobachten, doch erhielt ich jüngere Zustände als in dem verflossenen Jahre. Die ersten kamen mir am 3. Mai (21. April) zu Ge- sichte; ihre Länge betrug 0,011 Zoll oder 0,132 Lin., ihre Breite 0,0095 Zoll oder 0,1 14 Lin., das keinste Thierchen mass nur 0,0097 Zoll in der Länge. Alle zeigten dieselbe Form, den flachen Rückenschild, die Lippenplatte und die beiden Paare der Ruderorgane, welche die jüngsten Zustände der er- sten Beobachtung besassen, nur finde ich die seitlichen Kopf- stacheln stark nach hinten gekrümmt, mehr oder minder dem Schalenrande concentrisch, und an der Basis des Stirnkegels (etwa in der Breite des Auges) jederseits ein keulenförmiges unbewegliches Körperchen am Rande, welches die übrigen Spitzchen, mit denen er besetzt ist, an Grösse übertrilTi; und einigermassen an die später auftretenden untern Fühlerchen er- innert. Der Darm, dessen Wände sich stark bewegten, ent- hielt noch lauter Dotter und zwar von gelber Farbe. Bei einer Larve, welche eine Länge von 0,0127 Zoll 1) Dieser Tfachtrag ist vom Juni 1853 dalirt, jedoch durch einen eigenthümlichen Zufall erst jetzt, Juni 1854, in meine Hände gekom- men. Yerf. hatte geglaubt, dieAenderungen könnten noch im Texte (vergl. den vorigen Jahrgang) angebracht werden, derselbe war je- doch schon damals im Drucke vollendet. Der Herausgeber. 248 Grube: Nachträge zu d. Bemerk, üb. d. Phyllnpoden. oder 0,1524 Lin. erreicht halte, beobachtete ich eine Häu- tung — vielleicht ist es überhaupt die erste, die bei diesen Crustaceen vorkommt. Darnach halte das Thierchen genau die von mir abgebildete Form des frühesten im Jahr 1852 beobachteten Zuslandes. Die Kopfstacheln waren ganz seit- lich fortgestreckt, die keulenförmigen Körperchen des Stirn- kegels nicht mehr vorhanden, die winzigen Stachelchcn des Rückenschildes mehr in Maschen geordnet, während sie vor- hin mehr in Längsreihen standen. Der Darm enlhielt auch jetzt noch Dotter, bald darauf aber sah ich in ihm schon von aussen her aufgenommene Nahrung; neben demselben lagen jederseils 4 bis 5 kleine runde farblose Zellen von 0,0004 Zoll mit einem excentrischen Kern, die sich mit ihm hin und her bewegten. Die von dem Afterdarm zur Leibeswand gehen- den Stränge sind sehr deutlich, die Afterhörnchen schienen mir stärker ausgeschnitten. Die Häutung beginnt am Kopf und geht bei den Ruderexlremiläten sehr langsam vor sich, so dass der ganze Act wohl einige Minuten dauert. 2. Ueberall stall ßranchipus Josephinae ist zu lesen: Brauch ipus Josephinus. 3. Den Fundorten von Esthcria cycladoides p. 153 ist hinzuzufügen : Schlesien bei Breslau in stehenden, während des Som- mers austrocknenden Gewässern (v. Siebold 2lcr Be- richt über die Arbeiten der enlomologischen Seclion der Schlesischen naturf. Gesellschaft 1850. p. 20.) 4. Desgleichen unter Limnetis brachyurus p. 156: Polen bei Warschau (Waga Annales de la socicte entomologique de France Tom. VI. 1837. p. XI. nach Siebold's Angabe 2. Bericht über die Arbeiten der entomolog. Sect. der Schles. naturf. Gesellschaft 1850. p. 22.) Zur ifiähcrci K.eaBiitiilss clor !§ip8ioiioi>lioroii von IVszza« Von R u d* li e 11 c U a. r t , in Giessen. (Hierzu Taf. XI~XIII.). Als ich im Laufe des vergangenen Sommers meine Un- tersuchungen über den Organismus der Siphonopboren oder Schwimmpolypen, wie diese Thiere heuligen Tages häufig ge- nannt werden, namentlich über den Bau und die Entwicklung der einzelnen Anhänge, publicirle (zoologische Untersuchun- gen, erstes Heft), da war es meine Absicht, später eine aus- führliche zoologische Charakteristik der in Nizza von mir be- obachteten Arten folgen zu lassen. Die Publicationen von Kölliker (die Schwimmpolypen oder Siphonopboren von Messina), Gegenbaur (Beiträge zur nähern Kcnnfniss der Schwimmpolypen, aus der Zeitschr. für wiss. Zool. Bd. V. bes. abgedruckt) und Vogt (Rech, sur les anim. infer. de la Me- diterranee, lere mem. Sur les Siphonophores de la mer de Nice), die in rascher Folge nach meiner Abhandlung erschie- nen, haben mich dieser Arbeit, wenigstens in ihrer ursprüng- lich beabsichtigten Ausdehnung, enthoben. Fast alle die von mir beobachteten Arten finden sich in der einen oder andern dieser Abhandlungen beschrieben und abgebildet, so dass ich mich jetzt darauf beschränken kann, dieselben kurz zu cha- rakterisiren und an diese Charakteristik, je nach ßedürfniss, eine Reihe von mehr oder minder ausführlichen Bemerkun- gen anzuknüpfen. Ueberhaupl dürfte es wohl an der Zeit sein, die Beobachtungen über den Bau der Siphonophoren, die uns das letzte Jahr gebracht hat, mit einander zusammenzustellen, 250 LeucRarl: die Verschiedenheiten^ die zwischen denselben obwalten, her- vorzuheben und wo möglich zu einer Ausgleichung zu brin- gen. Auch aus systematischen Gründen ist eine solche Zu- sammenstellung nothwendig; die Beobachtungen, um die es sich handelt, sind unabhängig von einander angestellt und fast gleichzeitig veröffentlicht, die einzelnen beobachteten Thier- formen, zum grossen Theile wenigstens, unter sehr verschie- denen Bezeichnungen aufgeführt. Dass die Siphonophoren als zusammengesetzte Thiere zu betrachten sind, die in den Hauptverhältnissen ihres Baues mit den sogenannten Hydroidpolypen übereinstimmen und sich zunächst und hauptsächlich nur durch eine mehr oder min- der freie Beweglichkeit (Besitz von Schwimmapparaten) von denselben unterscheiden , können wir gegenwärtig wohl als ausgemacht ansehen 0. Die Bezeichnung „Schwimmpo- lypen (polypi nechalei)" möchte desshalb strenggenommen, auch wohl bezeichnender sein /als der Eschscholtz'sche Namen„Röhrenquallen (Siphonophorae)," doch der letz- 1) Wenn ich bei dieser Gelegenheit nochmals hervorhebe, dass ich wohl der Erste gewesen bin , der über die früher so sehr ver- kannten Siphonophoren diese Ansicht ausgesprochen hat , so ge- schieht das nur, um die Behauptung von Herrn Vogt zurückzuwei- sen, dass ich diese Ansicht von ihm entlehnt hätte (1. c. p. 129 : „Mr. Leuckart se saisit de cette idee, exprimee par moi — «). Früher be- schränkte sich die Behauptung des Herrn Vogt darauf, dass er sie von mir nicht entlehnt habe (Zeitschr. für wiss. Zool. III. S. 522), jetzt mit einem Male hat sich das Blatt gewendet. Herr Vogt beruft sich beide Male auf seine naturhistorischen Reisebilder „Ocean und Mittelmeer"; aber diese sind weder im Jahre 1847, wie es zuerst hiess, noch viel weniger 1846, wie jetzt angegeben wird, erschienen, sondern erst im März 1848, während meine ersten Untersuchungen über die Siphonophoren, in denen bereits das obige Resultat niedergelegt ist, in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen 1847. S. 1917 zu le- sen sind. Im Grunde genommen ist es freilich gleichgültig, von wem ursprünglich eine Ansicht herrührt, wenn sie sich überhaupt nur be- stätigt ; lässt man sich aber einmal auf die historische Entwickelung irgend einer Anschauung ein, so soll man hübsch bei der Wahrheit bleiben und einem Jeden das Seine gönnen. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 251 tere hat jedenfalls das Recht der Priorität und dürfte auch wohl beibehalten werden müssen , da er der Nalur unserer Thiere keineswegs vollkommen widerspricht. Die Röhrenquallen oder Siphonophoren bilden mitsammt den Hydroiden und den ech- ten Scheibenquallen eine gemeinschaftliche Classe, die man mit Herrn Vogt als die Classe der Hydromedusae bezeichnen kann, wenn man es nicht vorzieht^ derselben die Cuvier'- sche Benennung Acalephae zu lassen, wie ich früher (zool. Unters. S.91.) vorgeschlagen hatte. Mit den Rippenquallen und echten Polypen (ohne Bryozoen) gehören diese Hydro- mediisen in eine gemeinschafiliche, sehr natürliche Abthei- lung, die ich schon vor längerer Zeit mit dem Namen „Coel- enterata^^ bezeichnet und von den Echinodermen abgetrennt habe *). Ueber die Organisation der Siphonophoren lässt sich im Allgemeinen etwa Folgendes bemerken. Die Schwim mapparate, die unsere Thiere so auf- fallend auszeichnen, sind zweierlei Art, Luftblasen, die als hy- drostatische Elemente wirken 2) ^ und Schwimmglocken, die bald zugleich mit den Luftblasen, bald aber auch allein ge- funden werden. Die ersteren sind in einfacher Anzahl be- ständig in das blind geschlossene obere Ende des Körperstam- mes eingelagert, bei den verschiedenen Arten aber von einem ausserordentlich wechselnden Umfang (und Werthe). Die Schwimmglocken stehen gleichfalls am obern Ende des Kör- perstammes zu einer mehr oder minder ansehnlichen Menge zusammengruppirt. Sie sind im Allgemeinen nach dem Typus des Medusenkörpers gebildet, d, h. sie bestehen aus einem ela- stischen Mantel von glockenförmiger, manchfach modificirter Gestalt, der im Innern von einer contractilen Muskellage 1) Dass die Cuvier'sche Abtheilung der Radiata auch in dem raodificirten Sinne der späteren Zoologen nicht länger beibehalten werden könnte, dürfte jetzt wohl ziemlich allgemein anerkannt sein. Sars, Forbes, Milne Edwards, J. Müller, Huxley, V. Ca- rus u. A. haben sich bereits entschieden in diesem Sinne ausge- sprochen. 2) Daher die Cuvier'sche Benennung „Acalephes hydrostatiques,« die freilich nicht für alle Siphonophoren passt , auch für die Diphyi, den von Cuvier nicht gebraucht wurde. 252 Lcuckarl: (Schwimmsack) ausgekleidet ist ^). Auf der äussern Fläche des Schwimmsackes verläuft ein System von vierRadialgefäs- sen , die im Umkreis der Mantel-Ocffnung in ein Ringgefäss einmünden und auf dem Scheitel der Glocke zu einem unpaa- ren Centralstamme zusammenkommen, um sich von da durch den Stiel der Schwimmglocke hindurch mit der allgemeinen Körperhöhle zu vereinigen. Auch die übrigen Anhänge des Siphonopliorenkörpers enthalten ohne Ausnahme ein mehr oder minder complicirtes Gefässsystem, das mit der gemeinschaft- lichen Körperhöhle zusammenhängt. Diese letztere durchsetzt die ganze Länge des Körperslammes , der bald cylindrisch und gestreckt (aber nie verästelt) , bald auch in verschiede- nem Grade, mitunter selbst scheibenförmig, abgeplattet ist. Die MundöfTnungen lier Polypen sind die einzigen Stellen, an denen diese Körperhöhle mit der Aussenwelt zusammenhängt. Durch die Thätigkeit dieser Anhänge wird die Körperhöhle mit einer Ernährungsflüssigkeit gefüllt, die von da (zum Theii mit Hülfe von Flimmerhaaren) durch die eben erwähnten Ge- fässe in die übrigen Anhänge hinübertrilt. Die Bildung dieser Anhänge zeigt mancherlei Verschie- denheilen, die wir später zumTheil noch im Speciellen ken- nen lernen werden. Einstweilen wollen wir nur bemerken, dass die Polypen der Siphonophorenstöcke niemals (wie die der Hydroiden) mit Tentakeln im Umkreis der Mundöffnung versehen sind. Die Polypenleiber (Schluckmäuler oder Saug- röhren) sind einfache Cylinder, die aus drei hinter einander gelegenen Abschnitten zusammengesetzt werden, einem äus- serst conlraclilen Endslücke, dem Rüssel, der die mannichfach- slen Formen annehmen kann ~), einem bauchigen Millelslücke mit mehr oder minder slark entwickelten Leberstreifen, dem eigentlichen Magen, und einem hügligen ßasalstück mit dik- ken und zelligen Wandungen. Die Fan ga ppa rate erschei- 1) Die Muskelfasern dieses Sackes .sind während des Lebens nur schwierig wahrzunehmen, werden aber durch Behandlung mit Reagentien (Spiritus u. s. w.) gewöhnlich sehr deutlich. Ich sehe sie jetzt bei meinen conservirten Exemplaren auch da , wo ich sie früher vermisste. 2) Für die Muskelfasern dieser Anhänge gilt dasselbe, wie für die des Schwiramsackes. Zur nähern Kenntnis s der Siphonophoren von Nizza. 253 nen besländig* als isolirte Anhänge ') und stehen in der Re- gel an der Wurzel der Polypenleiber , bald unmillclbar auf dem Stamm, bald auch zugleich mit den Polyprn auf einer meist kurzen und slielförmigen Aussackung des Stammes. In den mei- sten Fällen sind die Fangapparale der Siphonophoren einzelne lange und dünne Fäden mit zahlreichen und unverästeKen Seitenzweigen, seltner einfache Fäden oder kürzere Cylinder. In allen Fällen sind dieselben aber mit einer Unzahl grösse- rer und kleinerer Angelorgane (Nesselkapseln) besetzt, die namentlich in den Fangfäden mit Seitenzweigen eine sehr regelmässige und constantc Gruppirung einhalten und durch massenhafte Anhäufung dann die sog. Nesselknöpfe bilden, die wegen ihrer lebhaften (gelben^ rofhen) Pigmentirung ge- wöhnlich leicht auffallen. Die Gesch lechts anhä nge der Siphonophoren wiederholen im Allgemeinen, wie die Schwimm- glocken, die Form und Bildung der Medusen-). Sie beste- hen aus einem glockenarligen Mantel (mit Gefässen) und ei- nem mehr oder minder ansehnlichen Kerne, der die Ge- schlechtsstoffe (Samenkörperchen oder Eier) trägt und klöpfel- artig, wie der Mundstiel der Medusen, von dem Scheitel der Glocke herabhängt. Durch Verkümmerung des Mantels und der Gefässe wird die Medusenform dieser Anhänge allerdings mitunter verwischt, aber daneben giebt es auch Siphonophoren, in denen diese Anhänge vollkommene kleine Medusen (mit Mund- öffnung) darstellen, die sich dann schon frühe, wie bei der Aufammung an Hydroiden, loslösen und erst später, während des freien Lebens, geschlechtsreif werden. Auch die übrigen 1) Ich kenne keinen einzigen Fall , in dem diese Gebilde an den Polypenleibern selbst anhingen. Herr Vogt behauptet allerdings (p. 47), dass die Fangfäden von Physophora zwischen Magen und Ba- salstück angebracht seien, man kann sich indessen leicht davon über- zeugen, dass das, v\as Herr Vogt als Magen beschreibt, in Wirklich- keit schon das Basalstück dieser Polypen darstellt. 2) Auch Herr Vogt nennt jetzt ohne Weiteres, als ob sich das von selbst verstände, die Geschlechtsorgane der Siphonophoren „geni- mes medusiformes« — und doch hatte er noch vor kurzer Zeit (Zeit- schr. f. w. Zool. III. S. 524) ausdrücklich gegen mich behauptet : „diese Schwimrakapseln der Eier und Hoden gleichen den Schirniquallen nicht einmal in ihrer Gestalt, gar nicht im Bau" u. s. w. 254 Leuckart: Geschlechtsanhäng-e trennen sich gewöhnlich von ihrer Bil- dungsstätte, aber erst nach der Reife der GeschlechlsstofFe. Ausser den bisher beschriebenen Anhängen, die bei kei- ner Siphonophore fehlen, giebt es noch einige andere, die ein beschränktes Vorkommen haben. Zu diesen gehören vor allen Dingen die sogenannte Deckstücke oder Deckblät- ter, die sich zum Schutze der übrigen Organe entwickelt haben und sich durch ihre Festigkeit auszeichnen. Die Be- wegungen dieser Anhänge sind auf den Stiel beschränkt; sie bestehen aus einem abwechselnden Heben und Senken, das durch die Contraction des Stieles vermittelt wird '). Die Form ist wechselnd und, wie die Form der Schwimmstücke, von grossem systematischen Werthe. Eine zweite Gruppe dieser inconstanlen Anhänge bilden die sog. Taster oder Fühler, cylindrische oder wurmförmige Gebilde, die sich durch ihre Formverhällnisse im Allgemeinen an die Polypcnleiber anschliessen und von den frühern Beobachtern gewöhnlich als Flüssigkeitsbehälter ^} bezeichnet wurden. Ueber die physio- logische Bedeutung dieser Apparate sind wir noch nicht voll- kommen im Reinen, doch scheint es wohl, dass die ausneh- mende Beweglichkeit derselben den Namen rechtfertigt, den man ihnen neuerdings gegeben hat. Ob das Tastgeschäfl freilich ihre einzige Aufgabe sei, stehet dahin. An der Wur- zel dieser Taster findet sich gewöhnlich auch noch ein ein- facher dünner Fangfaden ohne Seitenzweige und Nesselknöpfe, obgleich immer noch mit einer ganz erklecklichen Menge von Ckleinen) Angelorganen versehen, mit Gebilden, die aber auch — freilich meist nur in geringer Anzahl — auf den übrigen Anhängen des Siphonophorenkörpers, besonders am äusser- sten Ende derselben, beobachtet werden. Wo solche acces- sorische Fangfäden vorkommen, da mögen die Taster auch wohl dazu dienen, gelegentlich ihren Inhalt in den Fang- faden hinüber zu treiben und diesen dadurch zur Entfaltung zu bringen. 1) Ich habe solche Bewegungen bei allen Siphonophoren mit Deckstücken, wenigstens bei allen Physophoriden , wahrgenommen und glaube nicht, dass sie irgend wo fehlen. 2) Herr Vogt hielt dieselben bis auf die neueste Zeit für junge und unvollständig entwickelte Polypenleiber. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 255 Das Körperparenchym der Siphonophoren ist von derselben wasserreichen und durchsichtigen Beschaffenheit wie das der Medusen und Rippenquallen^, d.h. es hat ungefähr die specifische Schwere des Wassers , so dass also ein verhält- nissmässig geringer Impuls für die Bewegung ausreicht i). Nur einzelne wenige Anhänge (Schwimmglocken, Deckstücke) ha- ben aus Gründen, die mit ihrer functionellen Bestimmung zu- sammenhängen, eine derbere, pergament- oder lederarlige Beschaffenheit. Das sog. Skelet oder die Schale, die man bei einigen Siphonophoren ohne Schwimmglocken antrifft, ist die Wand des Luflsackes, die in solchen Fällen mitunter eine grosse Festigkeit besitzt. Mit der Natur dieses Körperparenchymes hängt es zu- sammen, dass die Siphonophoren in einem so ganz ausseror- dentlich hohen Grade die Fähigkeit der Contraction besitzen. Eine ellenlange Colonie mit vielen Tausenden von Anhängen, die auch in dem grossesten Poeale keinen Raum zum Entfallen ihres Körpers findet, kann sich beim Berühren fast bis auf Faustgrösse zusammenziehen. In viellen Fällen wird die Con- tractionsfähigkeit dieser Thiere noch dadurch erhöhet, dass die langen und fadenförmigen Theile des Körpers (Fangfäden, Körperstamm) durch eine eigene Einrichtung (förmliche Glie- derung) befähigt sind, sich in zickzackförmiger Biegung oder spiraliger Windung mit ihren einzelnen Theilen dicht aufein- ander zu legen. So Vieles über die Organisation der Siphonophoren im Allgemeinen. Es enthält die Resultate der Untersuchungen, die in den Eingangs genannten neueren Werken enthalten sind. Was nun die Systematik unserer Thiere betrifft, so lassen sich die mit leidlicher Sicherheit bis jetzt bekannt gewordenen Arten in fünf Familien vertheilen , in die der Velelliden , Physaliden , Rhizophysiden , Physophoriden und eine fünfte mit den Diphyiden und einigen verwandten For- men (Hippopodius und Vogtia), für die ich hier den Namen 1) Dieselbe Beziehung zur Ortsbewegung erkennen wir auch in der Form der ganzen Colonie, der Zusammenhäufung der Loco- motiven, der Anordnung der Fangfäden u. s. w. Yergl. R. Leuckart, über den Polymorphismus, S. 14. 256 Leuckart: Calycophoriden vorschlagen möchte ^). Aus Nizza kennen wir bis jetzt nur Repräsentanten von dreien dieser Familien; Rhizophysiden sind daselbst bis jetzt noch ebenso wenig- auf- gefunden ^) , als Physaliden, obgleich auch diese im Mittel- meere — Gegenbau r beobachtete (freilich nur ein ein- ziges Mal) die Physalia Caravella in Messina ^ einheimisch zu sein scheinen. A. Calycoplioridae Lt. Die Familie der Calycophoriden enthält Siphonophoren mit cylindrischcm Stamme und einigen wenigen, meist nur zweien, Schwimmglocken, die alternirend am obern blindge- schlossenen Ende des Siphonophorenstammes angebracht sind und niemals durch einen Luftsack in ihrer Action unterstützt werden^). Die übrigen Anhängo sind gruppenweise in ziem- lich gleichmässigen Absländen am Stamme verthcilt und nur am obern Ende, unter den Schwimmglocken, wo sie hervor- knospen, in einer continuirlichen, dichten Reihe hinter einan- der angebracht. Taster fehlen ; die Anhänge bestehen — ab- gesehen von den Schvvimmglocken — aus Polypenleibern mit Fangfäden und Geschlechtsknospen^ die dicht neben ein- ander befestigt sind und gewöhnlich auch noch von einem schirm- oder Irichlerförmifren Deckblatte umhüllt werden. Nur bei einigen wenigen Formen mit retraclilem Stamme fehlen diese Deckschilde, die, wenn sie vorhanden sind;, beständig einen Gefässapparat mit mehr oder minder symmetrisch ent- wickelten Seitenzweigen einschliessen. Die Polypen bleiben klein — wie denn überhaupt die betreffenden Thiere die klein- 1) Von y.dXv^, Becher (für Schwimmgloclce) und (fiQSir, tra- ten — um anzudeuten, dass die Bewegungsorgane dieser Gruppe aus- schliesslich auf die Schwimmglocken beschränkt sind. (Früher hatte ich für die Bezeichnung dieser Gruppe den Kamen Diphyiden ge- braucht, doch dieser passt zunächst nur für die Calycophoriden mit zwei Schwimmglocken). 2) Die Rhizophysa filiformis, die nach Bis so (hist. nat. de l'Eur. meridion. T. Y. p. 303) um Nizza vorkommt , ist unsere Galeo- laria filiformis. 3) Auch nicht bei Hippopodius , dem Herr Vogt noch immer eine Luftblase, wenn auch gegenwärtig (p. 97) — wie früher den Diphyiden ohne Ausnahme — eine „inconstante« zuschreibt. Zur nähern Kennlniss der Siphonophoren von Nizza. 257 stenSiphonophorenformen darstellen — und meistens nur mit wenig- entwickelten Leberstreifen versehen. Die Seitenzweige der Fangfäden tragen nackte Nesselknöpfe von unbedeutender Grösse und nierenförmiger Bildung, die an der Basis der Fä- den in einfacher Reihe, aber grosser Menge hinter einander hervorknospen und Angelorgane von ziemlich übereinstimmen- der stäbchenförmiger Gestalt einschliessen. Die Geschlechts- anhänge sind für Samen und Eier ganz gleichmässig gebaut, mit vollständigem, meist mit abstehendem Mantel und regel- mässigem Gefässapparat. Der Stempel, der die Geschlechts- stoffe trägt, enthält eine weite Höhle, die in der Kuppel des Mantels mit den Radialgefässen zusammenhängt. Sie stehen einzeln oder doch nur in geringer Menge an der Basis der Polypen und sind mit ihren verschiedenen Geschlechtern auf verschiedene Anhangsgruppen, häufig auch auf verschiedene Stämme vertheilt. Bei der Entwicklung aus der flimmernden Larve oder Amme entsteht zuerst (nach den schönen Beobachtungen von G e g e n b a u r , S. 48. ff., an Diphyes) die Schwimmglocke, der dann später die ernährenden Polypenleiber und andern An- hänge nachfolgen. a. Mit zwei Schwimm gl ocken und Deckstücken (Diphyidae). a. Beide Schwimmglocken pyramidal und in merklich verschiedener Höhe über einander angebracht, nichts desto weniger aber in einer Weise entwickelt, dass ihre Längsdurch- messer mit dem Körperstamm parallel sind und ihre Oeffnun- gen nach derselben Seile hinsehen. Das Stielgefäss des vor- dem— in manchen Fällen auch das des hintern — Schwimm- sackes tritt (in verschiedener Höhe) seitlich an denselben hinan, nicht an die Kuppel, wie sonst gewöhnlich. Ausserdem ent- hält die vordere Schwimmglocke meist noch einen eigenen geräumigen Flüssigkeitsbehäller, der an der innern, dem Kör- perstamme zugekehrten Seite in den Mantel eingelagert ist und mit dem obcrn Ende des Stammes zusammenhängt '). 1) Die Innenfläclie dieses Saftbehälters trägt eine dicke Lage grosser heller Zellen und einen Fliinmerbcsatz. Das obere Ende des- Archjv f. Naturgesch. XX. Jahrg. 1. Bd. 17 258 Leuckarl: Gen. Abyia Eschsch. (Abyla Q. et G. Calpe Q. et G.). Der vordere Schwimmsack ist besträchllich kleiner, als der hintere und mitsammt einem stark verkürzten Saflbehäller in einen dicken seillich abgeflachten Mantel (Saugröhrenstück) eingeschlossen. Die innere^ d. h, dem Stamm zugekehrte, Wand dieses Mantels verlängert sich nach unten in einen hohlen Fort- salz, der zur Aufnahme des vordem Stammendes und der stielförmig verlängerten Kuppel der hintern Schwimmglocke (Schwimmstück) bestimmt ist. An der Innenfläche der letz- tern eine Längsleiste, die klappenarlig über eine Rinne hin- läuft und dadurch einen Kanal zur Aufnahme und zum Durch- lass des retraclilen Körperstammes bildet. Die Deckstücke entstehen erst in der hinlern Hälfte des Stammes, nachdem die Polypen schon längst ihre vollkommene Gestalt erreicht haben ') und bilden im entwickelten Zustande eine flächenhaft selben enthält in der Regel einen grossen Fetttropfen (mitunter auch mehrere kleinere), die von den frühern Beobachtern, auch noch von Herrn Vogt und, freilich weniger bestimmt, von Kölliker — mit Unrecht, wie man noch an Spiritusexemplaren und hier noch ent- schiedener, als während des Lebens, sehen kann — für ein Luftbläs- chen gehalten wurde. Die functionelle Bedeutung dieses Apparates ist noch nicht gehörig festgestellt, möchte aber wohl vorzugsweise die eines Wahrungsreservoires sein. Damitist jedoch nicht gesagt, dass sich die Bedeutung desselben auschliesslich hierauf beschränkt. Der Saftbehälter der Diphyiden wird gewiss auch für die Ernährung des Mantels nicht ganz werthlos sein (trotz seiner Weite und der davon abhängenden geringen Ausdehnung der Contactfläche), vielleicht auch, nach Art der Mark- und Lufthöhlen im Knochensysteme, als ein Mit- tel zur Verringerung des Gewichtes in Betracht kommen. Dass dieser Saftbehälter weder als das obere Ende des Körperstammes aufzufas- sen sei, noch auch morphologisch mit den übrigen Saftgefässen im Mantel der Schwimmglocken zusammengehöre, habe ich früher schon behauptet, und ist neuerlich durch die schönen Beobachtungen von G e- genbaur über die Entwickelung der Diphyiden (a. a. 0. S. 53) noch wahrscheinlicher geworden. In genetischer Beziehung soll der Saflbehälter der Diphyiden mit seinem grosszelligen Inhalte den Rest des ursprünglichen Larvenleibes darstellen. 1) Daher ist es denn auch erklärlich, dass diese Deckstücke von den frühern Beobachtern, noch von Kölliker, übersehen werden Konnten. Zur nähern Kennlniss der Siphonophoren von Nizza. 259 begrenzte Umhüllung der einzelnen Anhangsgruppen. Die letz- ten und reifsten dieser Gruppen lösen sich aus dem frühe- ren Verbände und führen dann als sogenannte Eudoxien ein freies und selbstständiges Leben '). Abyla pentagona (Quoy et Gaim.) Eschsch. Das hintere Schwimmstück mit fünf vorspringenden Fir- 1) Eschscholtz, der die Eudoxien für eigene „monogastrische Diphyidenformen« hielt, betrachtete das Deckstück dieser frei leben- den Anhangsgruppen als „Saugröhrenstück" und das medusenförmige Geschlechtsorgan als „Schwimmstück." Das Höhlensystem des Deck- stückes wurde dabei als „Saftbehälter" gedeutet, und in derThat hat dasselbe auch histologisch mit dem Saftbehälter der vordem Schwimm- glocke eine auffallende Aehnlichkeit , aus der wir freilich wohl nur auf eine Gleichheit der physiologischen Bedeutung zurückschliessen dürfen. Ein zweiter kleinerer Geschlechtsanhang, der häufig (mit- unter auch, nach meinen Beobachtungen, zugleich mit einem unent- wickelten dritten) neben dem ausgebildeten Schwimmstück beob- achtet wird, wurde von Eschscholtz als „ Schvvimmhöhle des Saugröhrenstückes" gedeutet und zum Charakter eines besondern Ge- nus Ersaea gemacht, Eudoxien mit flächenhaft begrenztem Mantel hat Eschscholtz übrigens nicht beobachtet. Sie wurden von Quoy und Gaimard (Isis XXI. S. 335.) als Cuboides , Enneagonum und Cymba beschrieben, als Thiere, die Eschscholtz irrthümlicher Weise den polygastrischen Diphyiden zuzählte. Die Eudoxien und Ersaeen von Eschscholtz sind, wie die Lesson'schen Genera Cucubalus, Cucullus u. a. , ohne Ausnahme mit einem glockenförmigen 3Iantel (Deckstück) versehen und wahrscheinlich die Abkömmlinge gewisser Diphyesarten. Man vergl. hierüber namentlich Leuckart a. a. 0. S. 41 ff. und Gegenbaur S. 3ff. Auch Herr Vogt hat die abge- lösten Einzelgruppen von Abyla als Eudoxien erkannt und die Ver- muthung ausgesprochen, dass alle monogastrischen Diphyiden eines ähn- lichen Ursprungs seien (p. 126). Indessen scheint es, als wenn der- selbe über die Eudoxien und die verwandten Formen eine nur sehr unklare Vorstellung hatte. TNicht bloss dass er das Eschscholtz'sche Genus Aglaisma mit den Eudoxien zusammenstellt, obgleich es sich nach Form und Ursprung sehr auffallend von denselben unterscheidet (vergl. Leuckart a. a. 0. S. 50.) — er beschreibt auch die um Kizza vorkommenden Eudoxien mit glockenförmigem Mantel (Eudoxia campanula Lt.) als junge und unentwickelte Colonien einer später noch näher zu berücksichtigenden Diphyidenform, der Galeolaria fili- formis (Suculceolaria 4-valvis}. 260 Leuckart: slen und Spitzen; die Eiidoxien von würfelförmiger Gestalt, mit einem Schirmfortsatze, wie eine Uhlanenmütze. Die einzige genauer bekannte Art, über die ich hier namentlich auf die Beobachtungen von Kölliker (a. a. 0. S. 40.) und mir (a. a. 0. S. 56. Tab. III. Fig. 1—9.) ver- weisen kann. Herr Vogt hat wahrscheinlich dieselbe Art zur Untersuchung gehabt, obgleich er sie (p. 120) als Abyla trigona beschreibt und abbildet. Freilich erwähnt er an der hintern Schwimmglocke nur drei Längsleisten und Zahnfort- sätze (statt fünf, unter denen sich allerdings drei durch ihre Grösse besonders auszeichnen), freilich giebt er auch von den Eudoxiengruppen seiner Form eine Darstellung (nament- lich Tab. XX. Fig. 7), die für Abyla pentagona sehr unge- nau sein würde, allein nichts desto weniger glaube ich doch die Identität unserer Arten behaupten zu dürfen. Ein- mal zeigt die Abyla trigona des Herrn Vogt mit unserer Ab. pentagona — abgesehen von den eben hervorgehobenen Verhältnissen — eine sehr verdächtige Uebereinstimmung, namentlich auch in der Bildung der vordem Schwimmglocke, die doch nach der Beschreibung von Quoy und Gaimard mancherlei abweichende Charaktere darbieten müsste. So- dann ist die Abyla pentagona in den ruhigen Buchten von Nizza und Villa franca so häufig, dass sie Herrn Vogt, der ja fast zwei Jahre in Nizza zubrachte, wohl schwerlich un- bekannt bleiben konnte, selbst wenn man annehmen wollte (wie es Herr Vogt nach seiner Bemerkung auf p. 164 ') von mir 1) An die Freundlichkeiten des Herrn Vogt gewöhnt, hat mich auch das Urtheil, welches derselbe an dieser Stelle über meine oben angeführten „zoologischen Untersuchungen" ausgesprochen hat, nicht im Geringsten überraschen können. Ich bedaure nur, dass er dasselbe nicht weiter begründet hat, als durch das Gewicht seiner Persönlich- keit, das in diesem Falle vielleicht nicht vollkommen ausreichen dürfte, wenigstens nicht für Solche, die da wissen , dass ich fast auf jeder Seite meiner Untersuchungen Gelegenheit fand, den Angaben und Beobachtungen meines Vorgängers entgegen zu treten. Das Urtheil des Herrn Vogt ist freilich äusserst hart; es lautet dahin, dass ich schlecht beobachtet und fast nur bekannte Sachen breit getreten hätte — bevor es indessen nicht im Speciellen begründet wird, werde ich es meinerseits eben so wenig der Beachtung für werth Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 261 ZU vennulhen scheint) , dass er sich das Material für seine ünlersuchungen ganz einfach von einem Fischer habe auf das Zimmer bringen lassen. Auf der anderen Seite kann ich aber versichern, dass ich, trotz einiger vierzig Excursionen um Nizza, von Ab. trigona auch niemals eine Spur gefun- den habe. Ich verzichte darauf, hier eine vollständige Beschreibung unserer Abyla zu geben , ich wurde sonst nur wiederholen müssen, was ich an dem oben erwähnten Orte bereits mitge- theilt habe. Aber unterlassen kann ich es nicht, auf einige Controverspuncte und Differenzen in den Angaben unserer Beobachter hier näher einzugehen. Meine erste Bemerkunof O CS betrifft den Gefässapparat der Schwimmsäcke, namentlich den des vordem. Dass dieser Schwimmsack mit zweien schlin- genförmig verlaufenden Seitengefässen versehen sei , die in ein Ringgefäss einmünden, darüber sind alle Beobachter ei- nig, aber in anderer Beziehung weichen die Angaben aus- einander. Herr Vogt behauptet, dass diese Seitengefässe ungefähr in der Mitte ihres Verlaufes einen nach vorn auf- steigenden Zweig abgeben, der mit dem entsprechenden Zweige der andern Seite sich vereinigte, während K Olli k er ausser den beiden Seitengefässen noch zwei andere Gefässe be- schreibt, die geraden Weges von ihrem Ursprünge aus dem Stielgefässe nach unten zum Ringgefässe hinabliefen. Nach meiner eignen Darstellung finden sich gleichfalls vier Radial- gefässe, wie es Kölliker angiebt , aber ausser den beiden Seitenstämmen noch zwei mediane, die in der Mitte zwischen diesen bis zum Ringgefässe hinlaufen, und zwar der eine ge- raden Weges nach hinten, der andere aber bogenförmig über die Kuppel des Schwimmsackes hinüber, wie es auch bei den von Gegenbaur beobachteten Arten des Gen. Diphyes der halten, als die Aeusserungen anderer unberufener Personen, die kei- nen Anstand nehmen über den „Werth des innern Gehaltes« bei einem Werke abzuurtheilen, dessen Gegenstand ihnen notorischer Weise voll- kommen unbekannt ist. Meine Leser aber hoffe ich jedenfalls davon zu überzeugen, dass Herr Vogt von Allen am wenigsten berech- tigt war, als ein so sehr gestrenger Herr über meine Arbeiten zu GerlcU; ^u sitseii. 262 LeucUarl; Fall ist. Die Gefässe der hintern Schwimmglockc, die von Herrn Vogt nicht erwähnt werden, konnte ich mit aller Bestimmtheit bis zum Ringgefässe verfolgen. Ausser den beiden ausgebildeten Schwimmglocken fin- det sich übrigens bei Abyla — und Gleiches gilt für Diphyes — ganz constant auch noch eine dritte unausgebildete , die am vordem Ende des Stammes aufsitzt und offenbar zum Ersatz der nicht selten verloren gehenden hintern Schwimm- glocke 0 bestimmt ist. KöUiker hat diese Ersatzglocke gleichfalls gesehen (es ist die von demselben S. 44. beschrie- bene birnförmige Knospe), ihre wahre Bedeutung aber nicht erkannt. Ich fand sie in der Regel auf dem von mir Tab. XI. Fig. 1. abgebildeten Stadium, wo man bereits die spätem Canäle — auch das Ringgefäss — und die Schwimmhöhle im Innern erkennen kann, wo aber letztere noch nicht nach Aussen geöffnet ist. In einigen seltenen Fällen habe ich auch vor dieser Knospe noch eine zweite Ersatzglocke in Form eines einfachen Beutelchens mit einem Divertikel im Innern unterscheiden können. Den vonKölliker erwähnten rothen Pigmentfleck, der sich am Vorderende des Abylastammes finden soll, habe ich nicht gesehen. Möglich, dass derselbe eine inconstante Bil- dung ist. Was die Fangfäden unserer Abyla betrifft, so giebt Kol- li k er (S. 45) an, dass er je an der Basis eines einzigen Polypen deren zwei gefunden habe. Wenn ich die Richtig- keit dieser Angabe in Zweifel ziehe, so berufe ich mich da- bei zunächst und vorzugsweise auf meine Untersuchungen über die Entwickelungsgeschichte der einzelnen Anhänge, die 1) Bei einem solchen Verluste wird sehr häufig auch der kurze Stamm bis auf den obern geschützten Anfangstheil eingebüsst. Ich habe (Z. U. S. 50.) nachgewiesen, dass das von Eschsch ol tz aufgestellte Genus Aglaisma, eine sogenannte monogastrische Diphyide, nach der- artigen verstümmelten Colonien aufgestellt wurde. Dass die Aglais- maformen mit der normalen und regelmässigen Entwickelung unserer Abylaarten Wichts zu thun haben, geht auch aus der Beobachtung von Gegenbaur hervor, dass sich bei den Diphyiden die hintere Schwimm- glocke früher am Larvenkörper entwickelt als die vordere, die bei den Aglaismaartea beständig vorhanden ist. Zur nähern Kenntnis^ der Siphonophoren von Nizza. 263 man am vordem Ende des Stammes beständig an einem rei- chen Maleriale sludiren kann. Nicht, dass ich die Unter- suchung- der Fangfäden an den entwickelten Polypen unter- lassen hätte; aber diese ist bei der ausserordentlich grossen Contractilität der Fäden und der zahlreichen Menge entwik- kelter und unentwickelter Nesselknöpfe zu trügerisch, als dass sie zu irgend einem bestimmten und unbestreitbaren Resul- tate hinführen könnte. An der Basis der Polypenknospen sieht man aber mit aller Entschiedenheit die Bildung des Fangfadens und der Nesselknöpfe ganz in derselben Weise vor sich gehen , wie ich sie früher (a. a. 0. S. 24) im All- gemeinen für die Siphonophoren beschrieben und für Praya abgebildet habe. Der Fangfaden ist Anfangs, während der Polyp noch ein geschlossenes und einfaches Bläschen dar- stellt — die Entwickelung der Polypen geschieht bei Abyla gleichfalls in ganz derselbe Weise, wie bei Praya u. s.w. — eine kurze Aussackung (Tab. XI. Fig. 2.), die allmählich in einen hornförmig gekrümmten Cylinder auswächst und dann die einzelnen Nesselknöpfe in einfacher Reihe dicht hinter einander auf der convexen Fläche hervorknospen lässt (ibid. Fig. 3). Niemals sah ich bei einem Polypen mehr als ein einziges solches Hörnchen. Wenn die Angabe von Kölli- k er richtig wäre, dann müsste der zweite Fangfaden erst in einer spätem Zeit gebildet sein, aber auch von solcher spätem Bildung habe ich niemals, weder bei Abyla, noch bei einer andern Siphonophore, eine Andeutung gefunden. Nach der Beschreibung von Gegenbaur sollen die Fangfäden auch bei den übrigen Diphyiden in mehrfacher Anzahl neben der Basis der Polypen befestigt sein. Sie sollen z. B. bei Praya (8.23) ein ganzes Büschel bilden, das aus einigen, zwei bis vier, entwickelten Fangfäden und zahlreichen blind- darmartigen Sprossen zusammengesetzt werde , die (wie an einer andern Stelle bemerkt wird) dazu bestimmt seien , die erstem im Falle eines Verlustes zu ersetzen. Diese „blind- dannarligen Sprossen^^ sind mir sehr wohl bekannt (Tab. XI. Fig. 4. auch Fig. 16 von Galeolaria) — so gut, dass ich sie mit aller Bestimmtheit nicht als Ersatzfangfäden, sondern als Ersatznesselknöpfe, die das ganze Leben hindurch beständig neu gebildet werden, in Anspruch nehmen kann. In densel- 264 Leuckart; ben Irrthum ist auch Kölliker bei Stephanomia und andern Physophoriden gefallen. Man braucht nur die jungen Ersatz- fangfaden, wie sie von letztenn auf Tab. XIL Fig. 8. und 9. (von Forskalia) abgebildet sind, mit den Abbildungen zu ver- gleichen, die ich (Z. U. Tab. I. Fig. 25.) oder auch Herr Vogt (Tab. VIII. Fig. 6} von der Entwickelung der Nessel- knöpfe (bei Agalma rubra) gegeben haben, um die vollstän- dige Uebereinstimmung der betreffenden Anhänge augenblick- lich zu erkennen. Ich wiederhole nochmals , dass ich niemals, weder bei Abyla, noch bei irgend einer andern Siphonophore mehr als einen einzigen Fangfaden für je einen Polypen habe beobach- ten können^). Ein Verlust dieses Fangfadens, wie ihn Ge- gen bau r anzunehmen scheint, findet wohl schwerlich je- mals statt. Allerdings gehen die Nesselknöpfe bei dem Ge- brauche fortwährend verloren (sie können nur beim Zerreis- sen ihre Wirksamkeit entfalten), aber dafür findet sich auch an der Wurzel der Fäden ein beständiger Nachschub solcher Fangapparate. Beständig, wie bei der ersten Bildung, knos- pen hier Anhänge hervor, die Anfangs, wie ich es früher beschrieben habe 2) und auch bei Abyla vorfand, einfache Bläschen sind, sodann blinddarmartig in die Länge wachsen und dabei durch eine ringförmige Einschnürung in zwei Ab- schnitte zerfallen (Fig. 5). Der vordere Abschnitt wird zum eigentlichen Nesselstrang, der hinlere, der in eigenthüinlicher Weise durch Entwickelung einer immer tiefer greifenden Spiralfurche sich in einen zusammengewundenen dünnen An- hang auflöst, der Endfaden des Nesselorganes. Der Stiel ent- steht erst später, indem sich die Anheltungsstelle des Nessel- stranges auszieht. Die Angelzellen in den Nesselknöpfen der Diphyiden (und Gleiches gilt auch für die meisten andern Siphonopho- ren mit Nesselknöpfen) zeigen bekanntlich eine dreifache Form und Grösse. Die einen und zwar die kleinsten sind auf den 1) Auch Herr Vogt beschreibt überall bei den Siphonophoren nur einen einzigen Fangfaden mit Nesselknöpfen und Kesselknopfknospen. 2) Ganz ähnlich ist die Beschreibung der knospenden Nessel- knöpfe (Praya) bei Herrn Vogt p. 104. Zur nähern KenntnisB der Siphonophoren von Nizza. 265 Endfaden beschränkt, wo sie, wenn der Faden gestreckt ist, eine Doppelreihe zusammensetzen, während die beiden andern Formen in dem sogenannten Nesselstrange neben einander vorkommen und hier eine eben so auffallende wie constanle Gruppirung einhalten (Fig. 6). Der grösste Theil dieser An- gelzellen steht senkrecht auf der Längsachse des Nesselslran- ges, aber nur in der einen Seitenhälfle des Stranges, so dass Batterie, die durch die Zusammenhäufung dieser Waffen ge- bildet ist, gewissermaassen als eine excentrische Verdickung erscheint. Bei unserer Abyla besteht eine solche Batterie aus etwa 80 — 90 Columnen, von denen eine jede wiederum aus acht an einander gereihcten Nesselzellen gebildet ist. Das äus- sere Ende dieser Zellen, die im Allgemeinen eine stäbchen- förmige Gestalt haben, ist abgestumpft und ragt durch die ziemlich feste, aber vielfach durchlöcherte Oberhaut nach aussen hervor. Es ist dasselbe Ende, aus dem späterhin, wie es scheint, durch Aufspringen der festen Kapselhaut, der eingeschlossene Angelfaden hervortritt. Das andere nach der Längsachse des Nesselstranges zugewandte Ende unserer Zellen verjüngt sich allmählich und zeigt eine leichte säbel- förmige Krümmung, die namentlich in den äussersten Reihen der Batterie ganz unverkrennbar ist. Zu den Seiten dieser die Batterie entdeckt man die dritte Form der Nesselzellen, lange und gerade Stäbchen von spindelförmiger Gestalt, die mit der Längsachse des Stranges parallel liegen. In den hellen Wänden des Kanales, der sich hinter der Angelzellenbatterie durch den Nesselstrang hinzieht und auch den Endfaden durchsetzt , findet sich ein ejgenthümliches band- oder fadenarliges Gebilde, das ich bereits in meiner frü- heren Abhandlung erwähnt und mit dem Namen des Angel- bandes bezeichnet habe cZ. U. S. 20). Den übrigen Beob- achtern ist das Vorkommen dieses Gebildes unter den Di- phyiden nur bei Praya (vergl. Kolli ker S. 35, Vogt p. 103) bekannt geworden, obgleich es wahrscheinlicher Weise kei- nem Thiere dieser Gruppe abgeht und, wie ich glaube, für den Gebrauch der Nesselknöpfe von grossester Bedeutung ist. Die Entwickelung dieses Bandes, das ich — wenn auch in Stärke, Anordnung und Structur inanchfach modificirt — ■ bei Abyla, 266 Leuckartt Dipliyes, Galeolaria, Pi aya und Hippopodlus aufg-efunden habe, richtet sich im Allgemeinen nach der Grösse des Nesselkno- pfes. Unter den von mir untersuchten Diphyiden ist es ohne Frage bei Abyla, die auch die grossesten Nesselknöpfe hat, am meisten, bei Praya und Hippopodius (mit den kleinsten Nesselknöpfen) am wenigsten ausgebildet. Als ich meine Abhandlung über den Bau der Siphono- phoren publicirte — es geschah dies aus mancherlei Gründen unmittelbar nach meiner Rückkehr aus Italien, zu einer Zeit, in der meine Vorräihe noch nicht bei mir eingetroffen wa- ren, in der ich also auch noch keine Gelegenheit gefunden hatte, die Resultate meiner frühern Beobachtungen , so weit das überhaupt an Exemplaren in Spiritus oder Liqueur con- servatoire angeht, zu prüfen — hatte ich über dieses Gebilde eine nur ungenügende Kenntniss. Durch meine spätem Un- tersuchungen habe ich demselben indessen einige neue und, wie mir dünkt, richtigere Gesichtspunkte abgewonnen. Zu- nächst bin ich zu der Ueberzeugung gelangt, dass dieses Angelband wirklich, wofür es auch Kölliker, zum Theil auch Herr Vogt erkannt hatte, von muskulöser Beschaffen- heit ist. Es stellt bei unseren Diphyiden einen einfachen, aber ansehnlich starken und scharf contourirten Muskelfaden dar, der zickzacklormig gefaltet ist und an der hintern Fläche des Nesselknopfkanales liegt, zum Theil auch seitlich densel- ben überdeckt (Fig. 6. a) und dann fast spiralig um densel- ben herumgewunderi scheint '). Das obere Ende verläuft sich allmählich in den Stiel des Nesselknopfes, während das un- tere bis an den Anfang des Endfadens hinabreicht. Bei Praya und Hippopodius zeigt dieser Faden einen Durchmes- ser von etwa y^oo'" und eben keine besondere Verschieden- heiten von den Muskelfäden in den übrigen Theilen des Kör- pers, namentlich im Stamme, obgleich man an demselben bisweilen eine leichte Querstreifung erkennen kann. Bei Di- phyes und noch mehr bei Abyla verdickt sich aber dieser 1) Herr Vogt beschreibt den Faden als eine quergefaltete Muskelhaut (membrane nmsculaire plissee en spirale , 1. c. p. 103). Eine Zusammensetzung des Fadens, wie sie Kölliker bei Praya erwäljnt, habe ich nicht auffinden können. Zur nähern Kennlniss der Siphonoplioren von Nizza. 267 Muskelfaden allmählich während seines Verlaufes, bei Abyla sogar um ein sehr Beträchtliches (bis zu yao"')? ^^^ nimmt dabei dann eine sehr deutliche Querslreifung an, so dass man ihn, namentlich bei Abyla den schönsten quergestreiften Mus- kelfäden dreist an die Seite stellen kann. Scheide und Inhalt lassen sich in diesem Faden eben so wenig unterscheiden, wie Kerne. Es sieht aus, als wenn die Querstreifung durch eine förmliche Gliederung bedingt werde, indem selbst die Ränder des Fadens, der Einschnü- rung zwischen den einzelnen Gliedern entsprechend, von Zeit zu Zeit (in Abständen von '/'soo'") vollkommen gekerbt sind. Bei Abyla ist dieser Muskelfaden übrigens nur wenig abge- plattet und durch den Druck der dicht aufeinander liegenden Falten an vielen Stellen dreikantig. Sieht man unter dem Mikroskope nun zufällig gerade auf eine solcher Kanten , so kann man durch die Querstreifung leicht zu der Ansicht ge- führt werden^ dass in. den Faden zwei Reihen querslehender Stäbchen eingelagert wären , wie ich früher auch wirklich (7j. ü. S. 233 für Abyla u. a. angegeben hatte. Was nun die Bedeutung dieses Muskelbandes betrifft, so tritt diese wahrscheinlicher Weise erst bei dem Gebrauche des Nesselknopfes hervor ')• Hat sich der Endfaden des- selben irgend wo befestigt, und bekanntlich geschieht das so leicht, dass man sich fast versucht fühlt, den Faden für kle- brig zu halten , so zerreisst der Stiel des Nesselknopfes, sei es nun durch eine Bewegung des Fangfadens oder der fest- gehaltenen Beute, bis auf das Band, dessen Bildung und La- gerung wir so eben kennen gelernt haben. Durch Hülfe dieses Muskelbandes bleibt der Nesselknopf mit der Colonie auch noch dann in Verbindung, wenn sich der Gefangene, trotz seiner Bande, vielleicht noch eine Strecke weit ent- fernen sollte. Die einzige Folge eines solchen Fluchtversu- ches ist die, dass der Muskelfaden sich allmählich, wie das l) Die folgenden Bemerkungen über die Bedeutung des Nes- selbandes stützen sich freilich nicht auf Beobachtungen an lebenden Thieren, lassen sich aber auch noch an conservirten Exemplaren leicht mit der Nadel prüfen. 268 Leuckart: Seil einer Harpune abrollt, ein Umstand, der für die Beute unserer Siplionophoren um so verhängnissvoller wird, als die Nesselzcllenbatlerie dabei zerreisst und ihren Inhalt über den Gefangenen ausstreuet. Durch Verkürzung des Fadens kann dann sonder Zweifel die Beute dem Polypen zugeführt wer- den '}. Die Eudoxiengruppen unserer Abyla sind wahrschein- lich schon von Q u o y und G a i m a r d beobachtet und (Okens Isis 1828. S. 335) unter dem Namen Cuboides vitreus als ei- gene Thierchen beschrieben worden, lieber ihre Organisa- tion und Bildung verweise ich auf die fast in allen Punkten genau übereinstimmenden Darstellungen von mir (Z. U. S. 49) und Gegenbaur (S. 10). Gegenbaur macht darauf aufmerksam, dass die Form der Safthöhle im Innern des cubischen Deckstückes oder Man- tels mancherlei Verschiedenheiten darbiete. Mir sind solche DifTerenzen gleichfalls vorgekommen; .aber die bei Weitem gewöhnlichste Form war in Nizza die von mir beschriebene. Neben der ausgebildeten Geschlechtsglocke mit weit abste- hendem, vierkantigem Mantel und ausgesprochener Medusen- form kommt fast beständig eine zweite 2), in manchen Fällen auch noch eine dritte unvollständiger entwickelte Glocke vor, die dazu bestimmt ist, die erstere nach ihrer Reife und Ab- stossung vom Eudoxienstamme zu ersetzen 3). Man darf wohl 1) Kölliker hat über die Bedeutung des Fadens eine andere Ansicht ausgesprochen. Er soll einen zugleich elastischen und contractilen Apparat darstellen, der den unverletzten Nesselknopf von dem Fang- faden entferne und demselben annähere. Solche Bewegungen sieht man allerdings häuflg; sie sind aber, wie ich glaube, von unserem Apparate ganz unabhängig. Sie hängen, meiner Meinung nach, theils von den Muskelfasern im Stiele des Wesselknopfes, theils auch von dem Injectionszustande des im Innern enthaltenen Canales ab. Nach Herrn Vogt soll der betreffende Apparat den INesselstrang in seiner Kapsel (?) festhalten. 2) Hier und da habe ich eine solche zweite (natürlich ganz unreife) Geschlechtsknospe schon vor der Abtrennung an den Eudo- xiengruppen unserer Abyla unterscheiden können. 3) Busch, der bei seinen Eudoxien gleichfalls diese Ersalz- glocke beobachtete (Untersuchungen u. s. w. S. 12), stellt die Ueber- Zur nähern Kenntnis^ der Siphonophoren von Nizza. 269 annehmen, dass die Neubildung solcher Geschlechtsglocken das ganze Leben über andauert. Das Geschlecht dieser Glok- kcn ist übrigens beständig dasselbe: dieEudoxien sind ohne allen Zweifel eingeschlechtliche Tliiere. Die Entwickelung der Geschlechtsglocken ist leicht und bestimmt zu beobachten; sie ist ganz genau dieselbe, wie ich sie (a. a. 0. S. 45) zu- nächst für Galeolaria s. Suculceolaria beschrieben habe. (Zur Vergleichung mit Tab. IL Fig. 17 d — von Galeolaria — - habe ich hier Tab. XI. Fig. 7. eine junge und unvollständig entwickelte männliche Glocke abbilden lassen.) Die Beobachtungen, die ich undGegenbaur über die Eudoxien von Abyla pentagona publicirt haben, weichen nur in einem einzigen Punkte von einander ab, aber dieser ist, wie es mir scheint, nichts weniger als unerheblich. Er be- trifft die Anheflung der Eudoxien an dem gemeinschaftlichen Stamme der Diphyide, oder, was so ziemlich auf dasselbe hinaus kommt, die Entwickelungsgeschichte der Eudoxien. Nach meiner Darstellung bildet sich die erste Anlage des Deckslückes ungefähr zu derselben Zeit, in der das spätere Geschlechtsorgan hervorknospet, Beide Knospen stehen dicht über einander an der Basis des Polypen und Fangfadens und haben im Anfang ganz dieselbe einfache Bläschenform. Spä- ter geht diese Uebereinstimmung indessen immer mehr ver- loren. Während die Geschlechtsknospe sich allmählich in ge- wöhnlicher Weise nach Art der knospenden Medusen umformt, durchläuft das Deckstück einen sehr verschiedenen Entwicke- lungsgang (Tab. XI. Fig. 8). Die erste Veränderung dessel- ben besteht darin, dass es sich abplattet und eine dreilappige kleeblattartige Gestalt annimmt (Fig. 9). Später krümmen sich die beiden Seitenlappen sattelförmig um den Stamm der Colonie dicht oberhalb der Geschlechtsknospe und des Po- lypen zusammen, sie verschmelzen dann endlich mit ihren freien Rändern und bilden somit über den ebengenannten An- hängen eine Hülle, die allmählich die spätere Gestalt des Eu- doxienmantels immer mehr hervortreten lässt. Die Höhle, die einstimmung derselben mit dem ausgebildeten Geschlechtsorgan , mit anderen Worten die Bedeutung derselben „als Ersatzglocke" unrich- tiger Weise in Abrede. Yergl. Leuckart und Gegenbaur 11, cc. 270 Leuckart: das ursprüngliche Bläschen in sich einschliesst, hal an diesen Veränderungen theilgenommen. Ihre Seilenlappen verwandeln sich in die zvveilappige Hauplhöhle des Eudoxienmantels, während der mittlere Lappen sich in den Mediankanal des spätem Schirmes auszieht. Der kleine zipfelförmige Fortsatz, der diesem Canale gegenüber zwischen den Lappen der Haupthöhle hervorkommt und nach oben hin gerichtet ist^ erscheint erst später als eine Ausstülpung (vgl. Z. U. Tab. IIL Fig. 1). In diesem Zustande verharrt das Deckschild sammt den übrigen Anhängen seiner Gruppe eine Zeitlang in seinem ur- sprünglichen Zusammenhang mit den übrigen Theilen der Di- phyitle , bis schliesslich bei einer lebhaften Bewegung oder einer plötzlichen Conlraction des Stammes der letztere dicht oberhalb der äussersten Anhangsgruppe abreisst, und diese dann als sogenannte Eudoxia ein neues und selbslstäntliges Leben anfängt. Die Veränderungen dieser Gruppe nach der Abtrennung beschränken sich — abgesehen von einem ziem- lich ansehnlichen Wachsthum — darauf, dass der anhängende Theil des ursprünglichen Diphyicienstammes bis auf einen kleinen Rest (aus dem die Anhänge unserer Eudoxia hervor- kommen) verloren gehl und das vordere, früher noch trich- terförmig vertiefte Ende des Deckslückes sich ausfüllt. So war meine Darstellung in den Zool. Unters. S. 58. , während sich Gegenbaur anfänglich (a. a. 0. S. 13) ganz einfach auf die Bemerkung beschränkte , dass die Anheflung einer Eudoxiengruppe an dem gemeinschaftlichen Stamme dicht an der Basis des Saflbehälters stattfinde. Nach der Abtren- nung, so wird ferner bemerkt , sei nicht die geringste Spur der früheren Anheflung mehr vorhanden. Ich gestehe offen, dass ich beim Durchlesen der Ge g enbaur'schen Abhand- lung kaum einmal auf die Differenzen aufmerksam wurde, die unsere beiderseitigen Angaben involvirten, am allerwe- nigsten aber vermulhen konnte, dass Gegenbaur diesen Punkt später noch einmal in einer von meiner Darstellung ganz abweichenden Weise zur Sprache bringen und mich ei- nes Irrlhums zeihen werde (Zeitschrift für wissensch. Zool. V. S. 451). Nach diesen weiteren Bemerkungen soll sich nun das Deckstück der Einzelgruppen niemals um die ganze Pe- Zur nähern Kennlniss der Siphonophoren von Nizza. 271 ripherie des Stammes herumbilden , wie ich behauptet hatte, sondern auf jene Seite des Stammes beschränken, an der es zuerst in Form einer Knospe zum Vorschein kam. Die aus- gebildete Eudoxie sei an ihrer vertieften Basalfläche, da, wo Geschleclitsknospe, Magenstück und Fangfaden entsprän- gen, mit dem Diphyidenstamme in Verbindung, so dass die obere Fläche des Würfels von dem Stamme am meisten ab- stehe, der Längsdurchmesser der Eudoxie also nicht, wie es nach meinen Angaben der Fall sei , mit dem des Stammes zusammenfalle. Es war natürlich , dass mich diese Bemerkungen von Gegenbaur zu einer erneuerten Prüfung meiner früheren Beobachtungen aufforderten , besonders da derselbe angiebf, sich durch die Untersuchung seiner Vorräthe nochmals von der Richtigkeit seiner Darstellung überzeugt zu haben. Aus leicht begreiflichen Gründen ist die Untersuchung solcher Objecte freilich immer etwas misslich, wenn dieselben auch noch so schön conservirt sind; nichts desto weniger machte ich mich aber alsbald nach Empfang der Gegenbaur'schen Notizen an die Arbeit. Ich habe wohl ein Dutzend von Aby- lastämmen vorgenommen und auf das Sorgfältigste "untersucht — aber keine einzige Anschauung gewonnen, die mich ver- anlassen könnte, meine frühere Darstellung zu verwerfen oder auch nur zu modificiren. Im Gegentheil sind mir Präparate vorgekommen, die die Richtigkeit meiner Angaben mir von Neuem zur sichersten Ueberzeugung gebracht haben. Ein solches Präparat (mit vier Eudoxiengruppen und Geschlechts- glocken) habe ich hier zur nochmaligen Stütze meiner Beob- achtung in Fig. 10 abbilden lassen. So steht nun Beobachtung gegen Beobachtung. Ein spä- terer Forscher wird über dieselben entscheiden. Einstwei- len kann ich aber doch nicht unterlassen, hier noch auf ei- nige Punkte aufmerksam zu machen , die , wie ich glaube, zur Empfehlung meiner Darstellung nicht ganz werthlos sein möchten. Dass meine Darstellung viel mehr ins Detail geht und die ganze Enlwickelungsgeschichte der Eudoxiengruppe vorführt, die spätem Zustände also aus den vorhergegan- genen erklärt, während Gegenbaur vorzugsweise nur die fertigen Eudoxien und ihr Verhältniss zu dem Diphyiden- 272 Leuckart: stamme ins Auge fasst , will ich nicht ein Mal geltend ma- chen, obgleich ich kaum annehmen kann, dass sich auf al- len Entvvickelungsstufen der Eudoxienginppe bei mir derselbe Irrlhum wiederholt habe. Was ich zu Gunsten meiner Dar- stellung bemerken will, ist Folgendes. Einmal ist es die Analogie mit der Bildung der Deckstücke bei der übrigen Diphyiden ohne Ausnahme, namentlich mit den Deckstücken beiDiphyes. Auch diese stellen ja, wicGegen- baur selbst ganz richig (Beiträge S. 18) bemerkt, ein „um den Stamm herumgevvickeKes ') Blättchen" dar, das aller- dings (Fig. 11) eine trichterförmige Gestalt hat und weniger solide ist, ffis das Deckstück von Abyla, sich aber doch, wie ich schon früher (a. a. 0. S. 65.) erwähnte und später noch einmal hervorheben werde, in einer wesentlich ganz gleichen Weise aus einem ursprünglich einfachen Bläschen hervorbildet. Freilich findet sich auch darin ein Unterschied, dass die Sei- tenlappen des Deckstückes bei Abyla mit einander verschmel- zen, bei Diphyes aber (wenigstens so lange die Vereinigung mit dem gemeinschaftlichen Stamme dauert) getrennt bleiben, indessen darauf kann man doch unmöglich ein grosses Ge- wicht legen : Sehen wir es doch so häufig, dass gewisse paarige Theile — und die Seitcnlappen des Deckstückes sind solche paarige Gebilde — bald mit einander verschmelzen, bald aber auch, vielleicht bei einem sonst ganz nahe stehen- den Thiere, in ihrem früheren isolirten Zustande verharren. Sodann ist es der Zusammenhang der einzelnen An- hänge derEudoxiengruppe, auf den ich hier hinweisen möchte. Nach den Angaben von Gegen baur kann man sich aller- dings ein Bild von der Entwickelung und der Abtrennung des Deckstückes machen; wie aber kommt es, so möchte ich fragen , dass der Polyp mit Fangfaden und Geschlechls- knospe, die doch nicht an dem Deckstücke, sondern an dem 1) Gegenbaur scheint das vergessen zu haben, wenn er (Zeitschr. f. w. Z. S. 451) gegen meine Angabe, dass das Deckblatt von Abyla allmählich den Stamm umwachse, anführt, dass dasselbe „bei allen Siphonophoren" auf die eine Seite des Stammes beschränkt bleibe. Es gilt dieses nur von den Physophoriden , während die Di- phyiden dagegen wahrscheinlich ohne Ausnahme durch eine Bildung der Deckblätter charakterisirt sind, wie sie Gegenbaur hier leugnet. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 273 Stamme ansitzen, später nach der Abtrennung des Deckstük- kes mit diesem vereinigt sind? Gegenbaur beschreibt, wie ich^ im Innern des Deckstückes einen gemeinschaftlichen Körper, einen „Stamm" , in dem alle die einzelnen Anhänge der Eudoxien , auch das Höhlensystem des Deckslückes , wur- zeln; was kann dieser Stamm wohl anders sein, als ein Ueberrest des frühern Diphyidenstammes , und wie kann er anders in die Eudoxie übergegangen sein , als durch eine Zerreissung ? Man sieht, einstweilen kann ich bei aller Achtung vor den Untersuchungen und Angaben von Gegenbaur die Po- lemik desselben nicht für gerechtfertigt halten. Ich habe früher angeführt, dass die Zahl der ausgebil- deten Eudoxiengruppen beständig nur gering sei. Es giebt selbst Stämme, an denen dieselben vollkommen fehlen. In anderen Fällen ist die Zahl derselben aber auch grösser, als ich früher beobachtete; ich habe unter den hier untersuchten Stöcken ein Exemplar mit acht vollkommenen Eudoxiengruppen angetroffen. Soweit sich die Geschlechlscontenla dieser Grup- pen mit Bestimmtheit erkennen lassen, sind sie beständig in demselben Sinne entwickelt; die Abyla pentagona ist nach meinen Untersuchungen eine diöcische Siphonophorenkolonie. Herr Vogt, der dieselbe Bemerkung gemacht hat, aber auf- fallender Weise bloss männliche Stämme zu Gesicht bekam, folgert daraus, dass es keine weiblichen Abylaformen gebe. Er betrachtet (p. 125) unsere Abyla als den männlichen Thier- stock der um Nizza einheimischen Diphyes, von der er durch einen eben so seltsamen Zufall keine männlichen Colonien auffinden konnte! Gen. Dipliyes Cuv. Das vordere Schwimmslück von einer kegelförmigen oder pyramidalen Geslalt und in der Regel grösser, als das hintere '), das mit dem Anfangslheile des gemeinschaftlichen 1) Herr Vogt wird sich wohl inzwischen davon überzeugt ha- ben, dass dieses hintere Schwimmstück kein blosses Deckstück ist, wie er früher (Zeitschr. f. wiss. Zool. III. S. 524) behauptete, sondern eben so gut, ja noch ausschliesslicher als das vordere, das ja noch den Flüssigkeitsbehälter einschliesst, zur Ortsbewegung dient. Archiv, f. Naturgesch. XX. Jahrg. 1. Bd. lg 274 Leuckart: Körperslamnies in einer mehr oder minder ansehnlichen Ver- tiefung an dem Innenrande des vordem Schwimmslückes be- festigt ist und zu diesem Zwecke einen eigenen slielförmigen Fortsatz trägt. Ist diese Vertiefung höhlenartig, dann liegt sie, wie bei Abyla^ in einem besondern zapfenförmigen An- hange des vordem Schwimmstücks. Der Saftbehäller ist spin- delförmig und in der Verlängerung des Körperstammes gelegen, so dass er leicht für das vordere Ende desselben ') gehalten werden könnte. (Bei D. turgida Gegenb. fehlt der Saftbe- häller.) Die Innenfläche der hintern Schwimmglocke ist zum Durchlass des Körperstammes rinnenförmig ausgehöhlt oder auch mit zwei parallelen Längsleisten versehen, deren freie Ränder sich nicht selten zur Bildung eines Canales mit ein- ander vereinigen. Im letzten Falle kann der Körperslamm vollständig in diesen Canal zurückgezogen werden. Die Deck- slücke haben eine trichterförmige Gestalt und erreichen schon frühe ihre vollständige Ausbildung. Auch unter den Diphyes- arten giebt es wahrscheinlicher Weise einige, deren Anhangs- gruppen sich nach ihrer Reife ablösen und als Eudoxien mit kegelförmigem oder glockenförmigem Mantel selbslsländig existiren. Diphyes acuminata Leuck. Die Schwimmstucke schlank, das vordere stark zuge- spitzt und in contrahirtem Zustande nach Aussen etwas ge- bogen, wie eine Grenadiermütze. Ein ganz ansehnlicher Fort- salz zur Aufnahme und Befestigung des hintern Schwimm- slückes, das mit einem geschlossenen Längscanale zum Durch- lass des Körperstammes versehen ist. Neben der Mündung des untern Schwimmsackes zwei scharfe, mehr oder minder parallele Zacken, von denen der rechte (den Schwimmsack nach unten gedacht ) beständig etwas kürzer ist , als der linke. 1) So sagt u. A. Kolli k er (a. a. 0. S. 39) ; „icli halte dieses Organ — den Saftbeliälter — analog dem erweiterten und lufthalti- gen obern Ende des PhysopboTidenstammes" — gewiss mit Unrecht, wie schon in einer früheren Anmerkung hervorgehoben wurde. Auch die Structur des Luftsackes ist von Kölliker nicht richtig erkannt. Durch die Contouren der grossen Zellen im Innern verführt, glaubte er in dem Saftbehälter ein weitmaschiges Netzwerk vor sich zu sehen. Zur nähern Kennlniss der Siphonophoren von Nizza. 275 Eine ausführliche Beschreibung dieser auch von Herrn Vogt erwähnlen und (sehr wenig ähnlich) abgebildeten, aber nicht weiter untersuchten Diphyide findet sich in meinen zoologischen Untersuchungen 1. S. 61. Tab. III. Fig. 11. Sie ist der von Kölliker und Gegenbau r beobachteten D. Sieboldii Köll. (D. gracilis Gegenb.) ausserordentlich ähn- lich, so dass ich sie anfangs für dieselbe Art hielt, bis ich später, namentlich durch die Darstellung von Gegenbaur (a. a. 0. S. 27), auf die Verschiedenheiten zwischen beiden aufmerksam wurde. Die Hauptauszeichnung meiner Art be- steht in der Anwesenheit eines geschlossenen Durchlasska- nales am hintern Schwimmstücke. Diph. Sieboldii besitzt hier anstatt des Kanales eine offene von zwei zarten La- mellen begrenzte Rinne. Herr Vogt (p. 127) nennt die Deckblätter unserer Art „lanzettförmig", aber mit grossem Unrecht, da sie nach mei- nen Untersuchungen, die ich hier nochmals bestätigen kann, einen trichter- oder glockenförmigen Mantel im Umkreis des Körperstammes darstellen (Fig. 11). Es ist das eine Form, die wahrscheinlicher Weise bei allen Diphyesarten den Deck- schildern zukommt '). Das Höhlensystem dieser Deckschil- der ist sehr rudimentär, so dass Kölliker und Gegen- baur die Deckschilder von Diphyes geradezu solide heissen. Den Beobachtungen des lelztern ist dieses Höhlensystem frei- lich nicht entgangen ; er beschreibt an der Ansalzstelle der Deckschilde bei seinen Diphyesarten (D. Sieboldii und D. tur- gida) eine quere Verdickung, resp. Erweiterung des Stammes, von ringförmiger Gestalt, die ihrer Lage und Gestalt nach mit dem Höhlensystemo in den Deckschiluern von D. acumi- nala übereinstimmt. So lange die Deckschilder an dem Stamme befestigt sind, kann man diesen Apparat auch wirklich leicht in dem Sinne, wie ihn Gegenbaur aufgefasst hat, deuten, untersucht man aber die abgetrennten Deckstücke, so wird man, glaube ich, mit aller Entschiedenheit sich davon über- zeugen, dass die scheinbare Erweiterung des Stammes dem 1) Kö 11 ik er beschreibt bei D. Sieboldii (S.40) freilich „schau- feiförmige" Deckblätter, doch konnte Gegenbaur auch hier die trichterförmige Bildung mit Bestimmtheit beobachten. 276 Leuckart: Deckblatte zugehört. Zu demselben Resultate kommt man durch die Untersuchung der unausgebildeten Deckstücke, bei denen die Höiile verhältnissmässig sehr viel grösser ist. Bei der ersten Bildung stellt das Deckstück auch bei Diphyes (vergl. hierüber meine Darstellung a. a. 0. S. 65, Tab. HI. Fig. 14), wie bei den übrigen Siphonophoren ohne Ausnahme ein einfaches Bläschen dar (Fig. 12*»'j, das sich erst später abplattet und durch Entwickelung der Seilenflügel (die sich freilich niemals so scharf, wie bei Abyla, gegen das Mittel- stück absetzen) um den Stamm herumwächst. Eine Verschmel- zung dieser Seitenflügel findet nicht statt , wenigstens nicht so lange, als man die Schicksale des Deckstückes am Diphyi- denstamme verfolgen kann. In Betreff der Geschlechlsverhällnisse von D. acuminata kann ich nur nochmals wiederholen , was ich schon früher bemerkte. An den Stämmen von D. Sieboldii und D. turgida hat Gegenbaur inzwischen ein monöcisches Verhalten nach- gewiesen; unsere D. acuminata ist indessen bestimmt ein ge- trennt geschlechtlicher Thierstock '). Ich habe mich nicht selten in 8 und 10 und mehr hinter einander liegenden An- hangsgruppen von der Uebereinstimmung der Geschlechts- contenta überzeugen können, an den Stämmen mit weiblichen Knospen aber niemals eine männliche oder umgekehrt an de- nen mit männlichen Knospen eine weibliche angetroff'en. Was die Entwickelung dieser Geschlechtsknospen betriffst, so ist diese, wie es auch Gegenbaur darsteflt, der Entwicke- lungsweise bei Abyla ganz conform, nur mit dem Unter- schiede, dass der Mantel auch an den letzten Knospen (Fig. 13) noch ziemlich dicht auf dem stempeiförmigen Kerne mit den GeschlechtsstofTen aufliegt, wie es bei Abyla bekanntlich nur auf einer früheren Entwicklungsstufe vorkommt. Ich habe zum Theil aus diesem Umstände früher den Schluss gezogen, dass die Geschlechtsknospen unserer Thiere nicht an ihrer ursprünglichen Bildungsstätte, sondern unter andern Verhält- nissen zur vollständigen Reife gelangten, dass die Diphyiden, 1) Nach den Beobachtungen vonHuxley (Müller's Arch. 1851. S. 381) sollte man ein solches Verhalten für Diphyes fast als das ge- wöhnliche ansehen. Zur nähern Kennlniss der Siphonophoren von Nizza. 277 ganz wie die Abylaarten, Eudoxienbildende Siphonophoren seien. Gegenbaur hat nun freilich inzwischen nachge- wiesen (Zeitschr. für wiss Zool. V. S. 446), dass es Diphyi- den giebt, deren Geschlechtsknospcn an ihrem Stamme her- anreifen und auch im reifen Zustande eine noch unvollstän- dio^ere Bilduno- haben, als ich sie bei l). acuminata beobach- lete '), allein nichtsdestoweniger ist meine Vermuthung durch diesen einen Umstand, glaube ich, noch nicht widerlegt wor- den. Auch die Goschlechtscontenta meiner Diphyes schie- nen mir, selbst in den reifsten Knospen, immer noch hinler ihrer vollkommenen Ausbildung zurückgeblieben zu sein. Dazu kommt, dass ich in Nizza eine Eudoxienform be- obachlete (Eudoxia campanula Lt., beschrieben Z. U. S. 43), die möglichenfalls, wie ich nachzuweisen versuchte (ebendas. S. 66}.) von meiner Diphyes acuminata abstammen könnte. Die Verschiedenheiten, die in der Gestalt und Bildung des Man- tels zwischen dieser Eudoxie und den Deckstücken unserer Diphyes obwalten, sind allerdings nicht zu verkennen — ich glaube indessen , und habe mich a. a. 0. weitläufiger hier- über ausgesprochen, dass sie noch immerhin eine Ausglei- chung zulassen. Auch die Bedenken, die Gegen baur (a. a. 0. S. 452) gegen meine Vermuthung anführt, können mein Urheil hierüber nicht ändern , besonders da ich nach den obigen Bemerkungen über die Eudoxienbildung beiAbyla die früher angezogene Analogie mit diesem Vorgange noch heule als gerechtfertigt ansehen darf. Der Umstand, dass es Diphyiden giebt, die keine Eu- xien produciren, lässt sich natürlich gegen meine Behauptung nicht anführen; die Eudoxien verhalten sich zu den Anhangs- gruppen am Diphyidenstamme, wie die frei lebenden Pro- gloltiden zu den Gliedern einer Bandwurmketle; wie es ne- ben den Bandwürmern, die ihre Glieder auf einer mehr oder minder frühen Entwickelungsstufe abstossen, auch andere giebt, bei denen diese beständig zu einer gemeinschaftlichen Colo- 1) Nach Gegenbaur besitzt der Mantel an den Geschlechts- kapseln von D. turgida trotz der gewöhnlichen Ausbildung des Ge- fässapparates eine keulenförmige Gestalt und keine OefFnung im Cen- trum des Ringgefässes. Erst bei der Knileerung der Geschlechtsstoffe soll derselbe aufbrechen (Vergl. Zeitschr, u. s. w. S. 446). 278 Leuckart: nio vereinigt bleiben, so mögen aucli Diphyiden mit und ohne Eudoxienbildiing in unserem Systeme immerbin dicht neben einander stehen. Wenn es übrigens richtig ist, dass dieEudoxia campa- nula von Diphyes acuminata abstammt , so werden die Ver- änderungen der abgestossenen Anhangsgruppen zum Zweclie der Eudoxienbildung jedenfalls grösser sein müssen, als bei Abyla. Die frühere Deckschuppe wird sich (unter Verschmel- zung ihrer bis dahin noch freien Ränder) zunächst nur in den untern schirmartigen Theil des Eudoxienmantels umwan- deln, der dann durch Wucherung seiner Masse nach oben in die spätere solide Glocke auswächst. Ich mache hier noch- mals auf den flachen bandartigen Streifen aufmerksam, der, wie es scheint, bei allen Eudoxien mit glockenförmigem Man- tel an der niedrigsten Stelle der Glocke herabläuft , und der wenigstens auf mich noch immer den Eindruck macht, als wenn er einer unvollständigen Ausfüllung den Ursprung ver- danke. Dieser Streifen entspricht genau derjenigen Stelle, an der der Körperstamm der Diphyiden von dem Anfangstheile des Deckstückes (der sogenannten Handhabe) frei bleibt, an der das Deckstück also gewissermaassen , wenn wir es uns als eine geschlossene Glocke denken , eine Lücke hat , die bei der Wucherung der Handhabe nur unvollständig ausge- füllt wird. Dass endlich auch die Entwickelung des Saftbehälters im Mantel unserer Eudoxia eine Reduction auf das Höhlen- system der Deckschuppe erlaubt, glaube ich gleichfalls nach- gewiesen zu haben. An den ausgebildeten Deckstücken sehe ich zwischen den beiden Bogenschenkeln dieses Apparates einen kleinen senkrechten Zapfen (Fig. U'"*)? der, wenn er an der Vergrösserung der Handhabe theilnimmt, leicht in den weiten und senkrechten kegelförmigen Hohlraum des Saftbe- hälters auswachsen könnte. Wie die Sachen gegenwärtig stehen , handelt es sich bei der Frage nach dem Ursprünge der Eudoxien mit glok- kenförmigem Mantel um Muthmassungen und Wahrscheinlich- keiten — ich möchte meine Hypothese nur vor dem Vor- wurfe retten , als sei dieselbe ohne gehörige Kenntniss und Erwägung der vorliegenden Verhältnisse aufgestellt worden. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 279 Wie ich schon oben bemerkte, ist die Eudoxia campa- nula auch von Herrn Vogt beobachtet, aber gänzlich ver- kannt cp, 117). Herr Vogt hält dieses Geschöpf für eine junge Galeolaria, die später zu einer ganzen Colonie ausvvach- sen würde. Wie das freilich möglich ist, wird nicht ange- deutet— es möchte auch schwer sein, aus unserm Geschöpfe, selbst durch die gewagtesten Voraussetzungen, wiederum eine ausgebildete Diphyidencolonie herauszuconstruiren ^). Auch die Abbildung dieser Thiere ist nicht ganz genau. Die An- gabe, dass die Uadialgefässe des medusenförmigen Geschlechls- organes in ihrem Verlaufe durch Queranastomosen verbunden seien (dafür aber des untern Ringgefässes entbehrten) beruht auf einem Irrthume. Oen. Oaleolaria Les. (Beroides Q. et G. Sucul- ceolaria Blainv., Epibulia Vgt — früher — u. Lt.). Das vordere Schvvimmstück wie bei Diphyes, an der Be- rührungsstelle mit dem hintern aber nicht ausgehöhlt, sondern abgeflacht. Das hintere ohne Stiel und an der Innenfläche mit zwei parallelen Längsleisten versehen, die eine liefe für den Körperstamm bestimmte Rinne zwischen sich nehmen und mit ihren obern lappenförmig entwickelten Ecken eine Strecke weit neben dem vordem Schwimmstück emporragen. Der Saftbehälter ist schlank und gefässartig; die Deckstücke ha- ben eine sattelförmige Gestalt. An der Mündung der Schwimm- säcke, namentlich am Innern Rande, eine wechselnde Anzahl von ansehnlichen klappenartigen Fortsätzen. 1) Ich glaube , wir können — das Folgende in Bezug auf die von Kölliker S. 78 angeregten Fragen — mit aller Bestimmtheit behaupten, dass die Eudoxiengruppen zeitlebens bleiben, was sie von ihrer Trennung an waren, sich wenigstens eben so wenig zu Diphyiden- stöcken ergänzen, wie die getrennten Proglottiden zu Kettenwürmern. Erst aus den Eiern der Eudoxien wird wiederum eine Diphyidencolo- nie hervorgehen. Von einem Generationswechsel kann dabei nicht mehr und nicht weniger die Rede sein, als bei den übrigen Sipho- nophoren, denn die den Eudoxien entsprechenden' Anhänge finden sich bei allen diesen Thieren. üb dieselben sich ablösen oder befestigt bleiben, ist für unsere Frage ganz gleichgültig. 280 L e u c k a r t : Galeolaria filiformis (Delle Ch.) Lt. Die Klappen des vordem Schwiminslückes klein , ein inneres und ein äusseres Paar; die Klappen des hinteren Schwimmstückes ähnlich, aber sehr viel grösser, namentlich die Klappen des Innern Paares. An dem hintern Schwimm- stück sehr gewöhnlich auch noch ein Paar Seitenklappen. Das Thier^ das ich hier mit dem voranstehenden Namen bezeichne, hat, wie viele andere Siphonophoren^ das Schick- sal gehabt, auf das Manchfachste von den Zoologen gedeu- det und benannt zu werden. Der Erste, der dasselbe, mei- nes Wissens, auffand, war Delle Chiaje, der (Descriz. e notom. etc. T. V. p. 135) eine unverkennbare Beschreibung davon lieferte — nebst einer sehr viel schlechtem Abbildung, die Herrn Vogt verführt hat das betreffende Thier für Praya diphyes zu hallen — , dasselbe aber irrthümlicher Weise für die Forskalsche Physophora fdiformis (Rhizophysa) ausgab. Die Thiere, die Delle Chiaje beobachtete, waren verstüm- melt; sie entbehrten der hintern Schwimmglocke , die über- haupt sehr leicht, noch leichter, als bei Diphyes und Abyla, verloren geht. Dem zweiten Beobachter Lesueur ist es noch übler ergangen ; er bekam nichts anderes zu Gesicht, als überhaupt nur die Schwimmglocken, die er beide für selbstsländige und verschiedene Thierformen ansah. Die Be- obachtungen von Lesueur, die in Nizza angestellt wurden, sind nur theilweise durch Blainville bekannt geworden. Das vordere Schwimmstück bildet hier den Typus eines Gen. Ga- leolaria Les., das Blainville den Rippenquallen annähern möchte, während das hinlere Schwimmstück den Genusnamen Suculceolaria erhielt. Von erslerem unterschied Lesueur zwei Arten: G. bilobata und G. Rissoi , von letzterem drei: S. quadrivalvis, S. biacuta und S. minuta — Arten, deren Deutung kaum möglich sein dürfte , da wir nur von S. quadrivalvis durch eine Abbildung (Bla in vil le , Aclino- zool. All. PI. VL Fig. 6) etwas Näheres erfahren haben, ich habe keine Gelegenheit gehabt, diese Abbildung zu verglei- chen, nach den Aeusserungen von Krohn (in Gegenbaur's Beiträgen S. 33) und der kurzen Beschreibung in Lesson's Hist. natur. des Acalephes dürfte dieselbe aber mit Recht bei unserer Gal. filiformis angezogen werden können. Quoy und Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 281 Gaimarcl haben die vordem Schwimmslücke von Galeola- rien gleichfalls aufgefischt und zwar im Indischen Ocean '), und nach denselben anfangs , bevor sie die Beschreibungen von Blainville kannten, das Genus Beroides aufgestellt (vergl. L e s s 0 n 1. c. p. 140). Die erste vollständige Galeolaria ist von Herrn Vogt beobachtet und als Epibulia aurantiaca n. sp. (später, Tab. XVIII., Galeolaria aurantiaca) beschrieben worden. Es ist dieselbe, für die ich hier mit Rücksicht auf die ganz unzwei- felhafte Darstellung von Delle Chiaje den Namen Gal. filiformis gewählt habe. In meinen zoologischen Untersuchun- gen ist dieselbe als Epibulia filiformis bezeichnet, da ich damals die Beziehungen der Genera Galeolaria und Sucul- ceolaria zu unserem Thiere noch nicht kannte. Gegen- baur beschreibt (Tab. XVI. Fig. 8) dasselbe Thier, mit Bei- behaltung des Blainville'schen Speciesnamens quadrivalvis als eine Diphyes und ist der Meinung (Zeitschr. für wiss. Zool. 1853. S. 449), dass das Gen. Galeolaria oder Suculceolaria überhaupt einzuziehen sei. Ich kann diese Ansicht nicht theilen und berufe mich dabei namentlich auf die Verschie- denheiten, die — wenigstens nach meinen Untersuchungen — in der Zusammenfügung der beiden Schwimmslücke zwischen unserm Thiere -) und den echten Diphyiden obwalten. Ue- brigens will ich gerne zugeben, dass Galeolaria dem Gen. Di- phyes ausserordentlich nahe steht, besonders der von Ge- genbaur beschriebenen D. turgida, die dafür aber auch von den übrigen Diphyesarten mehrfach abweicht und sich (in der Form der Schwimmsäcke, dem Gefässverlaufe , dem Besitze von Klappen an der OefTnung der Schwimmsäcke , sogar in der Färbung des Kerns an den männlichen Geschlechtsknos- pen) an die Galeolarien anschliesst. 1) Ich besitze ein solches (durch R. A. Philippi) auch von der Grön- ländischen Küste. Es ist dem vordem Schwimmstück unserer Art in Form und Bildung (Flüssigkeitsbehälter, Gefässverlauf) ganz ausser- ordentlich ähnlich, aber nur mit zwei sehr grossen Klappen versehen, die an der InnenQäche stehen und mit den beiden grossen Klappen am hintern Schwimmstücke von G. fdiformis übereinstimmen. 2) Dasselbe gilt auch für die oben erwähnte Grönländische Art. 282 L e u c k a r t : lieber die Form und Bildung unseres Thieres kann ich auf die Beschreibungen von Gegen bau r (Beiträge S. ^3) und Vogt cl. c. p. HO) verweisen, mit denen meine Unter- suchungen im Allgemeinen übereinstimmen, obgleich sich im Einzelnen mancherlei Differenzen ergeben haben. Die voll- kommene Ausgleichung dieser Differenzen muss ich allerdings hier, wie überhaupt bei allen untersuchten Arten, einer spä- tem Zeit überlassen; die Untersuchungen, um die es sich hier handelt , sind ja bekanntlich alle ganz unabhängig von einander angestellt. Erst ein späterer Beobachter, der die vorhandenen Darstellungen vergleicht, wird über unsere Dif- ferenzpunkte ein entscheidendes und letztes Urtheil fällen können. Eine wesentliche Abweichung ergeben meine Untersu- chungen, wie ich schon oben angedeutet habe, in Bezug auf den Zusammenhang der beiden Schwimmstücke. Während Ge- genbaur dieselben im Ganzen ebenso, wie bei Diphyes dar- stellt, also angiebt, dass das hintere Schwimmstück in eine Ver- liefung des vordem eingefalzt sei , möchte ich vielmehr das Gegenlheil behaupten , dass dasselbe das vordere '} umfasst. Die beiden Längsleisten , die den rinnenförmigen Halbkanal zum Durchlass des Körperstammes bilden ^) sind am oberen Ende des hintern Schwimmstückes (Fig. 14. ^J in ein Paar ansehnliche blatt- oder lappenförmige Fortsätze ausgezogen, zwischen welche die Basis des vordem Schwimmstückes hin- eingesenkt ist. Diese Basis (Ibid. A) ist abgeflacht , wenn auch nicht ganz eben und gegen eine entsprechende Abfla- chung des vordem Schwimmstückes eingelenkt. Die Uneben- 1) Die Bezeichnung „vordere" und „hintere" Schwimmglockc beruht vorzugsweise auf der morphologischen Uebereinstimmung mit den gleichnamigen Schwimmglocken bei den übrigen verwandten Di- phyiden. In der Ruhe wird die hintere Schwimmglocke mit ihrer OefFnung nach oben gekehrt, so dass die vordere dann nach hinten gerichtet ist und mit dem Körperstamme einen spitzen Winkel bil- det. In dieser Haltung sind die Galeolarien von Herrn Vogt abge- bildet (1. c. Tab. XVIII.). 2) Herr Vogt hat auffallender Weise diese Bildung übersehen. Er spricht (p. 112) von einer scharfen Leiste (une arete presque tran- chante) die an der innern Fläche der hintern Schvrimmglocke hinliefe. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 283 heilen dieser Berührungsfläche kommen daher , dass die äussere, an die Oeff'nung des Schwimmsackes angrenzende Hälfte derselben mit einer leistenförmigen Längserhebung ver- sehen ist, die nach innen zu ziemlich steil abfällt. Auf sol- che Weise entsteht nun vor dieser Leiste eine Art Vertie- fung, aber sie existirt doch nur im Verhältnisse zu der da- hinter liegenden Erhebung, so dass ich es kaum für gerecht- fertigt halten kann , wenn man hier genau dieselbe Bildung wie bei Diphyes (und Abyla) zu erkennen glaubt. Eine ge- wisse Aehnlichkeit wird Niemand in Abrede stellen ; es han- delt sich bloss um die Frage, ob die hier vorkommenden Modifikationen gross genug sind, um die Aufstellung eines besondern Genus zu rechtfertigen. Ich glaube diese Frage bejahen zu dürfen, besonders da die belreffende Bildung viel weniger in's Auge fällt, als die oben erwähnte Einsenkung der vordem (kleinern) Schwimmglocke zwischen die Blätter der hintern, die freilich weder von Herrn Vogt, noch auch von Gegen baur erwähnt ist. Die Vertiefung, auf die ich oben aufmerksam gemacht habe , dient übrigens auch hier, bei Galeolaria , zur Aufnahme des vordem Stammendes und einer entsprechenden leistenförmigen Erhebung an der Be- rührungsfläche der hintern Schwimmglocke. Ich habe oben bei Abyla und Diphyes darauf aufmerksam gemacht, dafs neben den beiden ausgebildeten Schwimmglok- ken in der Regel (oder wohl immer) auch noch ein drittes — und selbst viertes -- unausgebildetes Schwimmstück am vordem Stammende angetroffen werde. Dasselbe gilt auch, und sogar in einem noch viel höhern Grade, von Galeolaria. Hier finden sich nicht bloss ganz constant 2—3 Ersatzglok- ken neben den ausgebildeten; man beobachtet auch nicht sel- ten , wie diese Knospen noch bei Anwesenheit der Haupt- schwimmstücke ihre weitere Entwicklung beginnen. Ersatz- glocken von 1'" und darüber (Fig. 15.) sind keineswegs sel- ten , wie aurh Gegenbaur bemerkt hat. Ich beobachtete sogar ein Exemplar mit drei vollkommen ausgewachsenen Schwimmstücken, einem vordem und zweien hintern, die kei- nerlei Unterschied in Grösse und Ausbildung erkennen Hessen. Leider gelang es nicht, den Zusammenhang der dreiLocomo- tiven genauer zu beobachten, du die eine (vordere) der hin- i>84 Leuckarl: lern Schwimmglocken bei der Berührung augenblicklich sich abtrennte. Ich kann nur so viel bemerken, dal's die betref- fenden beiden Schwimmglocken hinter einander standen und das vordere Ende der letzten zwischen die Leisten der vor- hergehenden Schwimmglocke eingekeilt war. Auch die un- entwickelten Ersatzglocken stehen beständig reihenweis hinter einander, die kleinsten am meisten nach vorn. In Bezug auf die Klappenapparate an der Mündung der Schwimmglocken (Fig. 14.) bin ich im Wesentlichen zu dem- selben Resultate gelangt, wie Gegenbaur, nur sah ich bei allen untersuchten Individuen die Klappen am äussern und In- nern Rande der vordem Schwimmglocke (die Herr Vogt übersehen hat) in der Medianlinie gespalten, also paarig, wie die entsprechende Klappe der hintern Schwimmglocke. Ebenso fand ich an dem Aussenrande der grofsen schaufeiförmigen Klappen, die bei unserer Art nur an der hintern Schwimm- glocke vorkommen, ziemlich conslant noch einen eignen klei- nen Fortsatz, der von den Seitenklappen, die übrigens eine sehr ungleiche Entwicklung besitzen und mitunter gänzlich fehlen, getrennt ist. Contractile Spitzen, wie sie Herr Vogt noch ausser den (nur unvollständig beschriebenen) Klappen der hintern Schwimmglocke aufgefunden haben will, sind mir niemals aufgefallen. Der Gefässapparat unserer Schwimmstücke ist gleichfalls von Gegenbaur sehr vollständig beschrieben worden, wäh- rend sich Herr Vogt auf die Bemerkung beschränkt, dafs die hintere Schwimmglocke vier Längscanäle und ein Ring- gefäss besitze, wahrscheinlich also weder die Eigenthümlich- keiten des Verlaufes, noch auch die Gefässe der vordem Schwimmglocken und den Saftbehälter beobachtet hat. Den Bemerkungen von Gegenbaur habe ich nur eins hinzuzu- fügen, und dieses betrifft eine sehr aussergewöhnliche (sonst nirgends von mir beobachtete) Anastomose zwischen den Ge- fässstämmen des vordem Schwimmstückes, die ich auch bei der oben angeführten Grönländischen Galeolaria ganz deut- lich erkennen kann '). Die vier Gefässe dieser Schwimm- 1) Gegenbaur hat diese Anastomose ebenfalls gesehen, wie seine Abbildung zeigt. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 285 glocke verlaufen im Allgemeinen, wie bei Abyla; es finden sich zwei schlingenförmig gewundene Seitengefässe und zwei Mediangefässe, von denen das innere, wegen der tiefen Inser- tion des Stielgefässes fast verschwindend kurz ist, während der äussere in einem desto längern Bogen über den Gipfel des Schwimmsackes hinübertritt. Bald nach dem Ursprung dieses letztem Gefässes, also noch an der Innern Fläche des Schwimmsackes und noch vor der Mitte dieser Fläche, ent- springt vorn aus demselben rechts und links ein Seilenzweig, der schräg nach aussen emporsteigt und in den aufsteigenden Stamm des anliegenden Seilengefässes hineinführt (Fig. 14. ^*''*). Die Länge des Körperstammes wird von Gegenbaur auf 4—6 Zoll im ausgedehnten Zustande, die Zahl der An- hangsgruppen auf 20 — 30 angegeben. Die Exemplare, die mir und auch Herrn Vogt in Nizza zur Untersuchung kamen, wa- ren sehr viel gröfser. Ich habe Galeolarien gesehen, die im ausgedehnten Zustande über 2 F'uss massen und mehrere hun- dert Anhangsgruppen trugen, also Grössenverhältnisse zeig- ten, wie sie bei den echten Diphyesarlen ganz unerhört sind. Ueber die Anhangsgruppen unserer Galeolaria will ich mir nur einige wenige Bemerkungen erlauben. Sie sitzen nicht unmittelbar, wie bei den übrigen Diphyiden auf dem Stamme der Colonie, sondern auf einer Aussackung dieses Stammes, in der ich eine deutliche Flimmerbekleidung unterschieden habe. Das Deckblatt beschreibt Gegenbaur als einen Trichter, wie bei Diphyes, ich gestehe indessen, dass ich ebenso wenig, wie Herr Vogt (p. 114), an denselben ein Uebergreifen der freien Ränder beobachtet habe. Der Trichter , der bei dem Gen. Diphyes ganz geschlossen ist, schien hier gewissermaas- sen (Fig. 17} dem Ansatzpunkte gegenüber der Länge nach gespalten ; die Form der Deckslücke also — bei horizonta- ler Lage des Stammes gedacht — mehr eine sattelförmige, als eine trichterförmige. Die Gefässe des Deckblattes sind ausserordentlich deutlich und im ausgebildeten Zustande, wie auf den früheren Phasen der Enlwickelung schon früher von mir beschrieben (Z.U. S. 29. Tab. !I. Fig. 8. 9). Herr Vogt hat nur die Wurzel dieses Gefässapparates dargesleltt, wäh- rend Gegenbaur auf seiner Abbildung nur eine Erwei- terung des Körperslammes zeichnet, wie er sie auch bei Di- 286 L eu cka r t: phyes statt eines eigentlichen Gefässapparates vorgefunden zu haben glaubt. Männliche und weibliche Geschlechlsknospen sind be- kanntlich auf verschiedene Stän»me verlheilt und von einer exquisiten Mediisenform mit weit abstehendem Mantel. Ich habe die Entwickelung dieser Anhänge in meinen Untersu- chungen ausführlich beschrieben (Fig. 17); sie ist ganz die- selbe, wie bei den übrigen Diphyiden. Ein Gleiches gilt auch für die anatomische Bildung der Glocken, obgleich Herr Vogt bei den ausgebildeten weiblichen Glocken weder des Gefäss- apparates im Mantel, nach der weilen Höhle im stempeiför- migen Träger der GeschlechtsslofFe Erwähnung thut. ß. Diphyiden, deren Schwimmglocken in einer fast glei- chen Höhe und parallel neben einander angebracht sind und eine im Wesentlichen symmetrische Bildung haben. Der Cen- tralkanalderSchwimmglocken tritt an die Kuppel des Schwimm- sackes. Gen. Praya Blaiuv. Die Schwimmstücke von einer ansehnlichen Grösse und bohnen- oder nierenförmigen Gestalt, mit einem weichen und gallertartigen, aber ausserordentlich dicken Mantel, so dass die eigentliche Schwimmhöhle auf einen kleinen Raum in der hinlern Hälfle der Schwimmstücke beschränkt wird. Zur Er- nährung des Mantels dient ein eigener Gefässapparat , der sich aus dem Stielgefässe der Schwimmglocken abzweigt '}. Die Deckslücke und der Mantel der Geschlechtsorgane be- sitzen dieselbe physikalische BeschafFenheil und dieselbe Dicke, wie der Mantel der Schwimmglocken. Die Form der Ge- schlechtsorgane ist glockenartig, der Stempel im Innern der- selben, der die Geschlechlsstoffe trägt, so klein, dass er leicht übersehen werden kann. Praya cymbiformis (Delle Ch.) Lt. Das Schicksal des Thieres, mit dem wir uns hier be- schäftigen, ist nicht anders gewesen, als das des vorherge- 1) Nacti K Olli k er und Vogt sollen diese Mantelgefässe frei- lich (wie Saftbehälter) isolirt aus dem vordem Stammende ihren Ur- sprung nehmen, doch dürfte diese Angabe wohl auf einem Beobach- tungsfehler beruhen. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 287 henden. Gleichfalls von Delle Chiaje entdeckt und im verslümmelten Zustande (mit einer einzigen Schwimmglocke) als Physalia cymbiformis ') beschrieben (Descriz. etc. T. V. p. 134), ist es späterhin, bis auf Herrn Vogt (Zool. Briefe S. 140), nur bruchstücksweise beobachtet und in diesem Zu- stande zum Repräsentanten verschiedener Genera von unsi- cherer Stellung gemacht worden. Quoy und Gaimard, die solche Bruchstücke (wahrscheinlich von unserer Art) bei Gibraltar auffanden, bildeten aus denselben das Gen. Rosacea und beschrieben die isolirte Schwimmglocke mit dem Anfangs- theile des Stammes als R. plicata, eine isolirte Anhangsgruppe als R. ceutensis (vergl. Isis a. a 0.). Später beobachteten dieselben Naturforscher auf ihrer Entdeckungsreise von Neuem die isolirten Schwimmglocken einer Praya , die sie jetzt — ohne die Beziehungen zu dem früher aufgestellten Gen. Ro- sacea zu würdigen — als eine Diphyes, D. prayensis und du- bia bezeichneten. Diese letztern waren es, die Blainville Gelegenheit zur Aufstellung des Gen. Praya gaben , das wir hier beibehalten, obgleich eigentlich dem Genusnamen Rosa- cea 2) die Priorität gebührte. Gegenbau r, dem wir eine vortreffliche Darstellung unseres Thieres verdanken (Beiträge S. 19. Tab. XVi. Fig. 1) unterscheidet zwei Arten des Gen. Praya, die Praya maxima Geg., die mit unserer Art identisch ist, und Praya diphyes Bl. (Diphyes prayensis Q. et G. , die an den Inseln des grünen Vorgebirges aufgefunden worden). Bei letzterer verweist er auf Vogt, der dieselbe bei Nizza beobachtet habe (Rech. p. 09. Tab. XVI) , und auf Kölliker, dessen Praya diphyes (S. 33. Tab. IX.) im Wesentlichen mit der Vogt'schen Form übereinstimmt , aber nur in einem einzigen Exemplare zur 1) Freilich ist die Beschreibung und Abbildung von Delle Chiaje nur wenig genau und kenntlich, doch glaube ich sie nichts- destoweniger auf unsere Praya beziehen zu dürfen. Schon die Hal- tung, in der sie Delle Chiaje abbildet, spricht dafür. Ich habe un- sere Praya nach Verlust einer Schwimmglocke sehr gewöhnlich in derselben (mit horizontal stehender Glocke und senkrecht herabhän- gendem Körperstamme) angetroffen. 1) Eschschollz rechnet die Arten des Gen. Rosacea, freilich nur vermuthungsweise, zu Abyla. 288 Leuckart: Beobachtung kam. Die unterscheidenden Charaktere dieser beiden Arten sind nach Gegenbaur (Zeitschrift für wiss. Zool. V. S. 453) folgende : Pr. diphyes BI. Schwimmslücke nur lose mit einander verbunden, in je- dem Schwimmstücke ein bläschenförmig endender Canal, der mit dem Stamme in Verbindung steht. Gefässverlauf auf den Schwimmstücken gerade, vom hintern Ende derselben bis zum Ringcanale an der Mündung. Pr. maxima Geg. Schwimmstücke ungleich gross. Das kleinere wird vom grössern theilweise umfasst. Nur im kleinern Schwimmstücke ein blind endender Fortsatz des Stammes. Die beiden seit- lichen Gefässe verlaufen auf den Schwimmstücken in vielfa- chen Biegungen. Ich weiss nicht, ob Gegenbaur ausser der Pr. ma- xima auch die Pr. diphyes genauer untersucht und mit der Pr. maxima verglichen hat. Sollte dem so sein, so zweifle ich allerdings nicht im Geringsten , dass diese beiden Arten sich unterscheiden lassen und gute Arten sind '). Bis dahin aber möchte ich mir doch erlauben , über die Zulässigkeit derselben einige Bedenken zu äussern. Ich habe in Nizza fast täglich Exemplare von Praya gesehen und gefangen, aber alle, die ich untersuchte, zeigten eine Vereinigung und einen Ge- fässverlauf an den Schwimmstücken, wie es Gegenbaur von Pr. maxima als characteristisch angiebt. Auch unter mei- nen Vorräthen, einigen und vierzig Schwimmslücken, findet sich kein einziges Exemplar, welches nicht jetzt noch die un- verkennbaren Zeichen dieser Vereinigungsweise an sich trüge. Wenn neben dieser Pr. maxima wirklich noch eine zweite Art in Nizza vorkommt, wenn also die Angaben des Herrn Vogt über die lose Vereinigung der Schwimmstücke bei den von ihm beobachteten Exemplaren auf keinem Beobachtungs- 1) In diesem Falle ist nur zu bedauern, dass Geg. uns nicht eine vollständige Beschreibung der Fr. diphyes mitgetheilt hat, da die Darstellungen von Vogt und auch von Koplik er am Ende doch noch Manches zu wünschen übrig lassen. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 289 fehler beruhen ^), so muss dieselbe zur Zeit meines Aufent- haltes in Nizza entweder gänzlich gefehlt haben oder doch sehr einzeln vorgekommen sein, während es dann gerade zu jener Zeit, in der Herr Vogt seine Untersuchungen anstellte, umgekehrt der Fall war ^). Ausser den oben angemerkten unterscheidenden Charak- teren der Pr. diphyes führt Gegenbaur übrigens gelegent- lich bei seiner Darstellung der Pr. maxima noch einige an- dere minder hervorstechende an, und unter diesen finde ich einen, den ich gleichfalls beobachtet habe. Er betrifft den Verlauf des Nesselknopfkanales, der bei Pr. maxima gerade, bei Pr. diphyes aber in vielfachen queren Windungen verlau- fen soll (S. 25.). Unter meinen Zeichnungen habe ich nur einige, die (Fig. 18.) diese Windungen deutlich erkennen las- sen ; doch gestehe ich, dass ich bei der Beobachtung keinen besonderen Werth auf diese Eigenthümlichkeit gelegt habe, einmal weil ich die Windungen bald mehr bald minder aus- gebildet fand , also Uebergänge zwischen dem geraden und dem gewundenen Verlaufe beobachtet zu haben glaubte, sodann aber auch desshalb, weil mir auch die Entwicklung der Nes- selknöpfe im Ganzen, ihre Form wenigstens, mancherlei kleine Verschiedenheiten (namentlich in dem Grade ihrer Krümmung) darbot. Unter solchen Umständen habe ich denn auch nicht darauf geachtet , ob dieser Charakter vielleicht nur an den Nesselknöpfen gewisser Exemplare, und zwar an allen Nes- selknöpfen derselben , zu beobachten war und mit gewissen Eigenlhümlichkeiten in der Bildung der Schwimmglocken co- incidirte. Die beiden Schwimmglocken, die, wie schon oben be- 1) Ueber den Gefässverlauf an den Schwimmsäcken von Pr. di- phyes erfahren wir von Herrn Vogt auch nicht das Geringste. Auch die Angaben von Köllilier erscheinen nur unvollständig. Er giebt an (S. 34), dass zwei Gefässe in leichtgebogenem Verlaufe an den Grund der Schwimmhöhle hinantreten, um hier, in zwei Aeste gespal- ten, an den Seitentheilen gegen die Mündung hin zu verlaufen und, wie es schien, mit einem Ringgefässe zu endigen. 2) Die eine von Herrn Vogt gegebene Abbildung (Tab. XYI Fig' 3) glaubt Gegenbaur auch wirklich auf Pr. maxima beziehen zu müssen. Archiv f. Naturgesch. XX. Jahrg. 1. Bd. 19 590 Leuckart: merkt, im Ganzen eine gleiche Entwicklung und übereinstim- mende Bildung besitzen, lassen nichts desto weniger bei nä- herer Belrachlung manche constante Verschiedenheiten 'erken- nen. Zunächst ist die eine dieser Schwimmglocken (Fig. 19.) beständig, wie auch Herr Vogt bemerkt hat, kleiner oder vielmehr richtiger kürzer, als die andere. Wir wollen diese kürzere Schwimmglocke die vordere nennen, theils wtü sie in morphologischer Hinsicht (Beziehung zum Stamme U.S.W.) der vordem Schwimmglocke bei den Diphyiden mit ungleich hohen Schwimmglocken entspricht, theils auch, weil sie mit ihrem vordem Ende die andere Schwimmglocke et- was überragt, obgleich der Unterschied vielleicht nur sehr gering ist. Die Gestalt der beiden Schwimmglocken lässt sich am besten mit einer Niere vergleichen, zumal auch die in- nere dem Körperslamme anliegende Fläche derselben in ih- rer ganzen Länge von einem tiefen und rinnenlörmigen Hi- lus durchzogen ist. Offenbar entspricht diese Rinne dem Durchlasskanale, den w^ir sonst bei den Diphyiden an der hintern Schwimmglocke vorfinden, obgleich die Seitenfirsten, die ihn zwischen sich nehmen, weniger eine aufsitzende La- melle, als eine unmittelbare Fortsetzung des Mantels darstel- len. Herr Vogt, der diese Rinne gleichfalls beschreibt, giebt an, dass die Ränder derselben sich auf einander legen, um einen Canal zum Schutze des vordem Stammendes zu bil- den ^); ich finde indessen bei den von mir näher untersuch- ten Exemplaren eine sehr abweichende Anordnung, wie sie nach Gegenbaur nur bei Pr. maxima vorkommen und für diese charakteristisch sein soll. Mit kurzen Worten lässt sich diese Anordnung als eine Einsenkung der vordem und kleinern Schwimmglocke in die Längsrinne der grössern und äussern bezeichnen (Fig. 19) , als eine Bildung, wie wir sie schon bei Galeolaria angedeutet sahen. Betrachtet man die beiden Schwimmglocken genauer, so findet man, dass die seit- lichen Begrenzungen der Längsrinne an der kleinern Schwimm- l) Aehniich sagt Kolli ker, dass die „halbkugelförmigen" Schwimmstücke von Pr. diphyes mit ihren ebenen Flächen sich an einander legen und zugleich mit ihrer leicht vertieften Mitte das obere Ende der Leibesachse aufnehmen. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 391 glocke in der vorderen Hälfte sich mit ihren Lippen an ein- ander legen und (ier innern Fläche dadurch eine etwas keil- förmige Gestalt mittheilen (Fig. 20.^). Mit Hülfe dieses Kei- les nun ist die kleinere Schwimmglocke in die klaffende Längsrinne der grösseren (Fig, 20. jB) hineingeschoben, so dass die Ränder derselben sich an die Seitenflächen der er- stem anschmiegen. Die Einkeilung der kleinern Schwiram- glocke beschränkt sich übrigens vorzugsweise, wie ich er- wähnte, auf die vordere Hälfte der Schwimmglocken ; in der hintern Hälfte liegen die Ränder der beiden Längsrinnen wirk- lich, wie es Herr Vogt beschreibt, mehr oder minder dicht auf einander ^ die beiden Schwimmglocken sind daher auch nicht so streng parallel, wie es Gegenbau r abbildet, son- dern nach unten digergirend — , um einen Kanal zur Auf- nahme des obern Körperstammes zu bilden. Der Antheil, den die Längsrinne des grössern (hintern und äussern) Schwimm- slückes an der Bildung dieses Kanales nimmt ^ wird immer kleiner, je weiter derselbe nach vorn oder oben vorrückt, bis der Kanal endlich nur noch in dem keilförmig gebildeten Theile von der kleinern Schwimmglocke umschlossen wird. In diesem vordem Ende liegt der Anfangslheil des gemein- schaftlichen Körperstammes ^) mit einer zahllosen Menge von jungen und hervorknospenden Anhängen (Fig. 20. ^). Den Verlauf der Gefässe im Mantel und an der Schwimm- giocke habe ich schon früher in wesentlich übereinstimmen- der Weise mit Gegen bau r beschrieben 2). Ich habe nur zu bemerken, dass die früher von mir mitgetheilte Abbildung (Z. U. Tab. I. Fig. 4) einem Exemplare entnommen ist, bei dem der Verlauf der Seitengefässe an der Schwimmglocke 1) Daher Icommt es denn auch, dass bei einer Verstümmelung unseres Thieres gewöhnlich die äussere Schwimmglocke zuerst ver- loren geht. 2) Gegenbaur wirft mir vor (Zeitschr. für wiss. Zool.V. S. 450), dass ich den Schwimmapparat meiner Praya unvollständig be- schrieben habe — es lag früher aber überhaupt nicht in meiner Ab- sicht, eine vollständige Beschreibung dieses Apparates zu liefern. Eine solche halte ich mir für die speciellcrc zoologische Darstellung vorbehalten. ij9^ Leuckart: eine einfache Doppelschlinge bildete, während in der Regel der vordere Bogen dieser Schlinge nochmals (vgl. Fig. 19 u. 20.) eine kleine Einbiegung nach oben zeigt. Was ferner die Bemerkung von Gegenbaur betrifft, dass der Mantel der grössern Schwimmglocke des obern blinden Gefässforl- satzes entbehre, so muss ich die Richtigkeit derselben in Ab- rede stellen. Ich habe den Gefässverlauf im Mantel der bei- den Schwimmglocken beständig ebenso übereinstimmend ge- funden, wie den Gefässverlauf auf den Schwimmstücken (Fig. 19.)} und mich durch die Untersuchung meiner in Liqueur conservatoire autbewahrten Schwimmstücke nochmals von der Richtigkeit dieser Bemerkung überzeugt. Die Gefässe des Mantels sind ihrer Weite wegen so deutlich und bestimmt wahrzunehmen, dass hierbei kaum ein Irrthum möglich ist. In dieser Hinsicht findet sich also keinenfalls ein Unterschied zwischen Pr. maxima und Pr. diphyes 0» wenn wir wenigstens annehmen, was gewiss erlaubt sein wird, dass der untere Ge- fässfortsatz für den Mantel von Kölliker und Vogt über- sehen sei. Am vordem Ende des Stammes trifft man beständig, wie bei Galeolaria, einige kleine, mehr oder minder knospen- artige Ersatzschwimmglocken, von denen die hinterste nicht selten schon vor einem etwaigen Verluste zur Entwicklung kommt. Ich fand dieselben häufig von der Länge einer Li- nie, ein Mal vier Linien lang, ein ander Mal vollkommen ausgebildet, wie es oben auch für Galeolaria bemerkt wurde. Die überzählige Schwimmglocke war in diesem Falle eine vordere. Sie stand neben der andern und war mit ihr zu- sammen in die stark ausgeweitete Rinne der hintern Schwimm- glocke hineingesenkt. Anomalien in der Bildung der Schwimm- glocken gehören überhaupt bei unsermThiere, wie es scheint, nicht zu den Seltenheiten. So beobachtete ich eine Praya, deren äussere Schwimmglocke mit ihrer Oeffnung nicht nach hinten sah, wie die vordere, sondern vielmehr nach vorn, 1) Auch die knopfförmige Anscliwellung am blinden Ende der vordem Mantelgefässe, die von Vogt und Kölliker beschrieben \vird, scheint kaum ein Unterschied zu sein, da sich diese auch bei Pr. cymbiforrais angedeutet findet. Zur nähern Kennlniss der Siphonophoren von Nizsa. 293 also in entgegengesetzter Richtung entwickelt war, nichts desto weniger aber doch ihre vollkommne Ausbildung zeigte. Wie- derum in einem andern Falle sahen beide Schwimmglocken, eine ausgewachsene innere und eine 5 — 6'" lange äussere, nach vorn, so dass der Durchlasskanal sich hier also am Scheitel der Schwimmglocken öffnete; eine Anomalie, die wohl darin ihre Erklärung finden dürfte, dass hier nach dem Verluste der äussern Schwimmglocke, vielleicht auch durch denselben Zufall, der diesen Verlust herbeiführte, der Stamm in eine falsche Lage gebracht war und zwar in eine solche, die der normalen entgegengeselzt war. Wenn die kanalför- mige Höhle, in welcher der Stamm befestigt ist, geschlossen wäre, dann würde eine solche Lagenveränderung allerdings unmöglich sein, aber diese Höhle ist ja eigentlich , wie wir wissen, nichts anderes, als eine Rinne mit zusammengeboge- nen Rändern , die am Scheitel des Schwimmstückes ebenso gut (wenn auch durch eine bei weitem kleinere Oeffnung) nach aussen führt, als am entgegengesetzten Ende. Die Entwicklung der Polypen und Fangfäden von Praya habe ich in meinen zoologischen Untersuchungen (Tab. L Fig. 15.) dargestellt; sie ist ganz genau dieselbe, wie bei den übrigen Siphonophoren, und namentlich den Diphyiden (zur Vergleichung mache ich auf Fig. 2. 3. 4. 12 in Tab. XL der vorliegenden Abbildungen aufmerksam). Auch die Form die- ser Anhänge im ausgebildeten Zustande zeigt eben keine be- merkensvverlhe Eigenlhümlichkeiten. Ich verweise für die- selben auf die Beschreibungen von Gegen bau r, Vogt und Kölliker und begnüge mich mit der Bemerkung, dass der Kopf der Nesselknöpfe gewöhnlich ziemlich stark (Fig. 18.) nach innen eingebogen ist, und der muskulöse Angelfaden sich auf das obere Ende des Nesselknopfes beschränkt, auf jene Stelle , an der man nicht selten die oben erwähnten Windungen des eingesclilossenen Kanales wahrnimmt. Die Form und Bildung der Nesselorgane ist von Gegenbaur sehr genau dargestellt worden. Dasselbe gilt von den Deckstücken unserer Praya, die eine sehr eigenlhümliche Gestalt haben. Sie gleichen gewis- sermaassen (Fig. 24.) einer liegenden Bohne mit einer stär- ker gewölbten obern Fläche, die rund um den Stamm herum- Ö94 Leuckart: gekrümmt ist, so dass die Enden sich berühren, und einen flachen und kappenförmigen, aber ausserordentlich dickwandi- gen Trichter darstellt. Das eine freie Ende dieses Deckstückes ist vollkommen solide, das andere aber anseinerinnern, dem Stamme zugekehrten Fläche mit einer tiefen Grube versehen, die zur Aufnahme der Geschlechtsglocke und übrigen An- hänge bestimmt ist und zwischen zw^eien Lamellen, einer obern und einer untern, eingeschlossen wird. Unter solchen Umständen kann man die Deckstücke unserer Praya auch, wie von Herrn Vogt und Kölliker geschieht, mit einem Helme vergleichen, aber nicht mit einem aufrecht stehenden, sondern vielmehr mit einem liegenden, wobei denn das so- lide Ende der Deckschuppe gewissermaassen den Kopftheil, die beiden Lamellen des andern Endes die Backenfortsätze darstellen würden. Im Innern dieses Deckstückes unterschei- det man (Fig, 24.) vier blindschlauchartige Gefässvcrlänge- rungen, die etwa in der Mitte des Deckstückes durch Hülfe eines gemeinschaftlichen Stammes aus dem Reproductionska- nale hervorkommen ; ein Gefäss für das solide Kopfende, ei- nes für je einen lamellösen Seitenfortsatz und endlich ein vier- tes Gefäss , das etwa in der Mitte zwischen den eben ge- nannten, wenn auch meistens den letztern mehr angenähert, herabläuft, hier und da auch wohl erst aus dem einen der beiden letztern Gefässe hervorkommt. Das blinde Ende die- ser Gefässe ist nicht selten etwas keulenförmig erweitert, doch habe ich diese Erweiterung niemals in einem solchen Grade beobachtet wie Herr Vogt. In der Regel zeigen auch die Gefässe für die zwei lamellösen Seitenfortsätze einen ge- knickten Verlauf. So auffallend nun übrigens auch diese Bildung ist, so lässt sich doch durch Hülfe der Entwicklungsgeschichte der Nachweis liefern, dass sie nur eine Modification der bei den Diphyiden ganz gewöhnlichen Form der Deckstücke darstellt. Die ersten Phasen der Entwicklung haben, wie ich mich über- zeugte, eine frappante Aehnlichkeit mit den Vorgängen in der Bildung der Deckstücke bei Abyla. Wie hier , ist das Deckstück von Praya Anfangs ein einfaches Bläschen dicht oberhalb der Geschlechtsknospe, das sich später abplattet und eine klceblaltartige Gestalt annimmt (Fig.2I.> Die Seiten- Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 295 läppen, die ein Dive^itikel des ursprünglich ganz einfachen Höhlenapparates in sich einschliessen, umwachsen dann spä- ter die Basis der Geschlechtsknospe und der übrigen An- hänge mitsammt dem Stamme , an dem dieselben befestigt sind. Natürlich geschieht dieses unter beständiger Grössen- zunahme, auch unter einer Formveränderung, so fern wenig- stens die Grenze zwischen den einzelnen Lappen des Deckstük- kes dabei immer mehr und mehr verschwinden. Noch be- vor übrigens die Umwachsung vollständig ist, entsteht an der untern Fläche und zwar an der Basis des rechten Seitenlap- pens — von demßefestigungspunkte aus gesehen — eine neue Aufwulstung, die gleichfalls ein Divertikel des Höhlensyste- mes in sich einschliesst (Fig. 23.). Diese letzte Aussackung wird zu dem untern Seitenfortsatze *), der darüberliegende (rechte) Lappen zum obern, während sich der linke Lappen, der beständig einfach bleibt, in den Kopf des Deckstückes verwandelt. Unter solchen Umständen glaube ich denn auch nicht, dass man den Deckstücken unseres Thieres mit Recht eine jede Symmetrie absprechen kann. Die Symmetrie unse- rer Deckslücke ist allerdings durch die Entwicklung eines drit- ten Seitenlappens gestört, im ausgebildeten Zustande auch sonst vielleicht (durch asymmetrische Lage des mittlem Ge- fässslammes) getrübt, aber nichts desto weniger auf das Be- stimmteste nachweisbar. Ueber die Geschlechtsverhältnisse unserer Praya sind wir durch G egen baur aufgeklärt. Wir erfahren durch die Beobachtungen desselben, dass die von Herrn V o gt be- schriebenen „Specialschwimmglocken" die neben den einzel- nen Polypen ansitzen, Geschlechtsglocken sind, wie bei den übrigen Diphyiden. Herr Vogt beschreibt nun freilich ne- ben diesen „Specialschwimmglocken'' noch besondere Ge- schlechtsorgane (p. 106), sogar männliche und weibliche, es ergiebt sich indessen, dass diese Gebilde nur unvollständig beobachtete junge und knospenartige Geschlechtsglocken dar- stellen, die, wie bei der Mehrzahl der Diphyiden, an der Ba- 1) In meinen zool. Untersuchungen I. S. 23 habe ich über die Bedeulung dieses untern SeiUnfortsatzes eine nicht ganz richtige An- sicht geäussert. 296 Leuckarl: sis der ausgebildeten Geschlechtsorgaiie ansitzen und dazu bestimmt sind, diese letztern zu ersetzen, wenn dieselben nach erlangter Reife von ihrer Bildungsstätte sich abtrennen. Die Eier, die Herr Vogt im Innern dieser Geschlechtsglocken, der weiblichen wenigstens, beschreibt und zeichnet, mögen auch wirklich in manchen Fällen Eikeime gewesen sein — in andern (Tab. XVII. Fig. 11) sind sie es entschieden nicht — die Spermatozoen aber, die in den sogenannten männli- chen Organen vorkommen sollen und, wie beschrieben wird, aus der Innern Höhle hervorwachsen und schliesslich sich abtrennen, sind die schon von W i 11 gesehenen fadenförmigen „Eingeweidewürmer", die seither von allen Beobachtern bei allen Siphonophoren in Menge aufgefunden wurden und in den Anhängen zur Untersuchung kamen. Ich habe schon an einem andern Orte meine Ansicht über diese Gebilde aus- gesprochen (Unters. I. S. 11) und kann dieselben auch heute noch nicht für individuell belebte Thiere 0» sondern nur für colossale frei gewordene Flimmerhaare hallen,, obgleich K Ol- li ker und auch Gegenbaur die thierische Natur derselben ohne Weiteres anzunehmen scheinen. Bei dieser Gelegen- heit erfahren wir auch von Herrn Vogt (p. 109), dass die Samenfäden bei den Diphyiden wurmförmig , nicht steckna- delförmig seien, wie bei den Physophoriden, doch diese An- gabe ist nicht minder unrichtig, wie die Deutung jener Flim- merhaare. Durch die Untersuchungen von Gegenbaur ist die 1) Beiläufig will ich hier bemerken, dass die Siphonophoren sehr häufig von einem kleinen, durchsichtigen Distomum heimge- sucht werden. HerrVogt erwähnt desselben bei Hippopodius (p.973, Kölliker (S. 19) bei Apolemia, Philippi (Müller's Arch. 1843. S. 56) bei Physophora; mir ist es bei den verschiedensten Arten der Siphonophoren, so viel ich mich erinnere, bei allen, die ich unter- suchte, aufgestossen. Ueberhaupt muss dieses Thier sehr weit ver- breitet sein. Ich fand es auch bei andern pelagischen Geschöpfen, bei den Firoloiden (Firola fredericiana, Firoloides Lesueurii) bei Sa- gitten, Salpen (S. democratica) u. s. w. , und zweifle kaum daran, dass es mit den schon von Forskai, Eschscholtz, Will u. A. bei verschiedenen Akalephen beobachteten Würmern identisch sei. Vgl. hierzu die Bemerkungen von Bus eh a. a. 0. S. 99. Zur nähern Kennlniss der Siphonophoren von Nizza. 297 Natur der sogenannten Specialschwimmglocken bei Praya jetzt in einer Weise festgestellt, wie ich es schon früher einmal, zu einer Zeit, wo ich die Praya nur aus der Abbildung in den zoologischen Briefen des Herrn Vogt kannte, vermuthet halte (Zeitschr. für wiss. Zool. IIL S.208). Mir selbst ist es leider nicht geglückt , diese Vermulhung zur Geltung zu bringen , zumal ja Herr Vogt so sehr entschieden darüber abgeurtheilt halte. Allerdings war es mir nicht entgangen, dass von dem Scheitel der „Specialschwimmglocke" ein klei- nes Knöpfchen mit einem Divertikel im Innern in die weile Schwimmhöhle hineinragte (Z. U. S. 9) , wie bei den Ge* schlechtsanhängen, dass auch die Entwicklung derselben ohne irgend erhebliche Verschiedenheit mit der Entwicklungsweise der Geschlechtsknospen übereinstimmte (S. 12u. 31), aber es wollte mir nicht gelingen, die Geschlechlsstoffe, Eier und Sa- menfäden, in den Wandungen jenes stempeiförmigen Knöpf- chens aufzufinden. Noch heute weiss ich nicht, was hier- von die Schuld trägt, ob irgend ein unglücklicher Zufall oder allzugrosses Vertrauen auf die Untersuchungen des Herrn Vogt, der mich ja specicll auf die „ausser jenen Schvvimm- glocken noch vorhandenen Geschlechtsknospen" hingewiesen hatte. Dass dadurch meine Aufmerksamkeit von den grossen und ausgebildeten Glocken abgezogen und vorzugsweise auf die von Herrn Vogt hervorgehobenen Gebilde gelenkt wurde, ist wohl erklärlich ; allein ich fand hier, an der Wurzel der „Specialschwimmglocken^^ nichts Anderes als Knospen, deren Entwickelung, wie ich mich überzeugte, mit der der Special- schwimmglocken übereinstimmte (S. 33). Für die geschlecht- liche Natur derselben ergaben sich keine andern Andeutun- gen, als dieEigenthümlichkeit der Entwicklung, die ich auch schon bei den sogenannten Specialschwimmglocken hervor- gehoben halte. Somit lag mir nur die Alternative vor, ent- weder einen Irrthum von Seite des Herrn Vogt zu vermu- then, oder anzunehmen, dass meine Exemplare trotz ihrer Grösse nicht geschlechlsreif seien. Dass ich mich mit der letztem Annahme beruhigte, war allerdings ein Fehler, den ich nur mit dem Hinweis auf die Fülle des Beobachtuujsfs- materiales entschuldigen will, das den Naturforscher an den fernen Seeküslen in Anspruch nimmt. Später, als ich die 298 Leuckart: Verhältnisse ruhiger überlegen konnte , erkannte ich selbst, wie wenig- wahrscheinlich die Behauptung von Herrn Vogt sei. Noch auf S. 70 meiner Abhandlung habe ich die Ver- muthung ausgesprochen , dass die kleinen Knospen an der Basis der sogenannten Specialschwiminglocken zum Ersätze derselben dienten und diese letztern die eigentlichen Ge- schlechtsanhänge darstellten, wie es von Gegenbaur ge- genwärtig nachgewiesen ist ')• Bei unserer Praya ist es übrigens wirklich leicht mög- lich, die eigentlichen Träger der Geschlechtsorgane und da- mit denn auch die GeschlechtsstofFe im Innern des Mantels zu übersehen, da der Mantel sehr weit, der betreffende Stem- pel aber verhältnissmässig ganz ausserordentlich klein ist. Was dagegen die Gefässe der Geschlechtsglocken betrifft, so sind diese sehr deutlich entwickelt, von Herrn Vogt aber in sofern irrthümlich beschrieben, als er nicht nur, wie auch Kölliker, den Stempel mit seinem Divertikel ganz un- beachtet lässt, sondern (p. 103) auch behauptet, dass der Ca- nalapparat sowohl durch das Stielgefäss, wie gewöhnlich, in den Reproductionskanal, als auch daneben noch in das Ge- fässsystem der Deckstücke einmünde. Männliche und weibliche Geschlechtsglocken fand Ge- genbaur an demselben Stamme vereinigt; die Praya ist also, wie manche andere Diphyiden,monöcischen Geschlechtes. b. Mit einem zweizeiligen Schwimmkegel, der aus mehrern in einander gefügten Schwimm- glocken gebildet wird, und an einer eigenen Achse befestigt ist. Der Körperstamm, der am obernEnde mitdieserAchse zusammenhängt, ist retractil und ohne Deckstücke. {Hippopodiidae). Gen. Hippopodiiis Q. et G. Schwimmstücke hufeisenförmig, zu einem ziemlich fe- sten Hohlkegel in einander gefügt. 1) Ich darf mich desshalb auch wohl gegen die Aeusserung von Gegenbaur verwahren, dass ich die geschlechtlichen Verhält- nisse von Praya, „verkannt" hätte (Zeitschr. u. s. w. S. 450). Das kann man allerdings von Herrn Vogt sagen — über meine Angaben darf man wohl kaum mehr urtheilen , als dass ich die betreffenden Verhältnisse nicht vollständig erkannt hätte. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 299 Hippopoclius gleba Li. Schwimmkegel mit einer mehr oder minder abgerunde- ten Spitze und ziemlich parallelen Seitenflächen. Unter den zahlreichen schönen Entdeckungen über Si- phonophoren, die in den Descriptiones animalium von Fors- kal niedergelegt sind, findet sich auch die unseres Hippopo- dius (Gleba hippopus Forsk.). Leider existirt von demselben nur eine Abbildung, die noch dazu, wie man sich bald über- zeugen wird, nach einem unvollständig beobachteten Exem- plare entworfen ist. Späterhin (Act. Acad. Caes. Leopold. Vol. XXXVIII. p. 309) beschrieb Otto die Schwimmglocken unseres Thieres unter dem Namen Gleba excisa als selbst- ständige Geschöpfe, die nach Art der Salpen aneinanderge- reihet seien und einzeln eine vollkommne Organisation, Mund, Verdauungsapparate u. s. w. besässen ^). Andere Beobach- ter haben unsern Hippopodius genauer untersucht und auch als eine Siphonophore erkannt, wie namentlich Delle C h i a j e , der denselben in seiner Descrizione bald als Hippopus exci- sus, bald auch als Hippopodius luteus aufführt, und Quoy et Gaimard, die unter dem Namen Hippopodius luteus wahr- scheinlich ganz dieselbe Art (Elephantopus neapolitanus Less.) beschrieben. Unter den neuern Beobachtern erwähne ich Kölliker (S. Q8. Tab.VLFig. 1) und Vogt (p. 93. T. XV.), von denen der erslere sein Thier als Hippopodius neapolita- nus, der andere als H. luteus bestimmt hat. Wenn man die Abbildungen dieser beiden Beobachter vergleicht, so sollte man meinen, dass sie zwei verschiedene Arten zur Untersuchung gehabt hätten. Der Hippopodius nea- politanus von Kölliker hat, wie der Delle Chiaje'sche H. excisus, einen stark gewölbten halbkugelförmigen Schwimm- kegel, während der H. luteus des Herrn Vogt einen Schwimm- kegel besitzt, der sehr viel schlanker und nach oben mehr zugespitzt ist. Ich habe um Nizza Exemplare angetroffen, die sich ganz genau an diese beiden Formen anschliessen, und bin auch wirklich früher (noch in meinen zoologischen 1) Ebenso geschieht es an derselben Stelle mit der abgelösten hintern Schwimmglocke von Abyla (Pyramis telragona). 298 Leuckart: Verhältnisse ruhiger überlegen konnte , erkannte ich selbst, wie wenig wahrscheinlich die Behauptung von Herrn Vogt sei. Noch auf S. 70 meiner Abhandlung habe ich die Ver- muthung ausgesprochen , dass die kleinen Knospen an der Basis der sogenannten Specialschwimmglocken zum Ersätze derselben dienten und diese letztern die eigentlichen Ge- schlechtsanhänge darstellten, wie es von Gegenbaur ge- genwärtig nachgewiesen ist '). Bei unserer Praya ist es übrigens wirklich leicht mög- lich, die eigentlichen Träger der Geschlechtsorgane und da- mit denn auch die Geschlechtsstoffe im Innern des Mantels zu übersehen, da der Mantel sehr weit, der betreffende Stem- pel aber verhältnissmässig ganz ausserordentlich klein ist. Was dagegen die Gefässe der Geschlechtsglocken betrifft, so sind diese sehr deutlich entwickelt, von Herrn Vogt aber in sofern irrthümlich beschrieben, als er nicht nur, wie auch Kolli ker, den Stempel mit seinem Divertikel ganz un- beachtet lässt, sondern (p. 103) auch behauptet, dass der Ca- nalapparat sowohl durch das Stielgefäss, wie gewöhnlich, in den Reproductionskanal, als auch daneben noch in das Ge- fässsystem der Deckstücke einmünde. Männliche und weibliche Geschlechtsglocken fand Ge- genbaur an demselben Stamme vereinigt; die Praya ist also, wie manche andere Diphyiden, monöcischen Geschlechtes. b. Mit einem zweizeiligen Schwimmkegel, der aus mehrern in einander gefügten Schwimm- glocken gebildet wird, und an einer eigenen Achse befes tigt ist. Der Körperstamm, der am obernEnde mitdieserAchse zusammenhängt, ist retractil und ohne Deckstücke. (Eippopodiidae). Gen, Hippopodius Q. et G. Schwimmstücke hufeisenförmig, zu einem ziemlich fe- sten Hohlkegel in einander gefügt. 1) Ich darf mich desshalb auch wohl gegen die Aeusserung von Gegenbaur verwahren, dass ich die geschlechtlichen Verhält- nisse von Praya, „verkannt" hätte (Zeitschr. u. s. w. S. 450). Das kann man allerdings von Herrn Vogt sagen — über meine Angaben darf man wohl kaum mehr urtheilen, als dass ich die betreffenden Verhältnisse nicht vollständig erkannt hätte. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 299 Hippopodius g leb a Lt. Schwimmkegel mit einer mehr oder minder abgerunde- ten Spitze und ziemlich parallelen Seitenflächen. Unter den zahlreichen schönen Entdeckungen über Si- phonophoren, die in den Descriptiones animalium von Fors- kal niedergelegt sind, findet sich auch die unseres Hippopo- dius (Gleba hippopus Forsk.). Leider existirt von demselben nur eine Abbildung, die noch dazu, wie man sich bald über- zeugen wird , nach einem unvollständig beobachteten Exem- plare entworfen ist. Späterhin (Act. Acad. Caes. Leopold, Vol. XXXVIII. p. 309) beschrieb Otto die Schwimmglocken unseres Thieres unter dem Namen Gleba excisa als selbst- ständige Geschöpfe, die nach Art der Salpen aneinanderge- reihet seien und einzeln eine vollkommne Organisation^ Mund, Verdauungsapparate u. s. w. besässen ^). Andere Beobach- ter haben unsern Hippopodius genauer untersucht und auch als eine Siphonophore erkannt, wie namentlich D e 1 1 e C h i a j e , der denselben in seiner Descrizione bald als Hippopus exci- sus, bald auch als Hippopodius luteus aufführt, und Quoy et Gaimard, die unter dem Namen Hippopodius luteus wahr- scheinlich ganz dieselbe Art (Elephantopus neapolitanus Less.) beschrieben. Unter den neuern Beobachtern erwähne ich Kölliker (S. Q8. Tab.VLFig. 1) und Vogt (p. 93. T. XV.), von denen der erstere sein Thier als Hippopodius neapolita- nus, der andere als H. luteus bestimmt hat. Wenn man die Abbildungen dieser beiden Beobachter vergleicht, so sollte man meinen, dass sie zwei verschiedene Arten zur Untersuchung gehabt hätten. Der Hippopodius nea- politanus von Kölliker hat, wie der Delle Chiaje'sche H. excisus, einen stark gewölbten halbkugelförmigen Schwimm- kegel, während der H. luteus des Herrn Vogt einen Schwimm- kegel besitzt, der sehr viel schlanker und nach oben mehr zugespitzt ist. Ich habe um Nizza Exemplare angetroffen, die sich ganz genau an diese beiden Formen anschliessen, und bin auch wirklich früher (noch in meinen zoologischen 1) Ebenso geschieht es an derselben Stelle mit der abgelösten hintern Schwimmglocke von Abyla (Pyramis telragona). 300 Leuckarl: Untersuchungen) der Ansicht gewesen, dass man dieselben als zwei besondere Arten unterscheiden könne. Gegenwär- tig habe ich indessen diese Ansicht aufgegeben, nachdem ich mich durch die Untersuchung meiner zahlreich gesam- melten Exemplare davon überzeugt habe, dass sich die schein- baren Verschiedenheiten durch Zwischenformen auf das Vollständigste ausgleichen. Die Exemplare mit schlankem Schwimmkegel sind allerdings in der Regel auch (bei gleicher Anzahl der Schwimmglocken) die kleinern , doch das kann sich möglicher Weise ja auch noch auf andere Weise erklä- ren lassen, als durch die Annahme zweier besonderer Arten. Dass ich für unsere Art den alten Forskarschen Namen — wenn auch etwas verändert — restituirt habe, bedarf wohl keiner Rechtfertigung. Die Benennungen von Delle Chi a je und Quoy et Gaimard haben zunächst nur eine Beziehung zu einzelnen Hauptformen unserer Species und müssen um so eher fallen, als sie nicht nur sehr viel jünger, sondern auch sehr viel weniger bezeichnend sind, als die Benennung von Fors k al. Was die Form der Schwimmslücke bei unserm Thiere betrifft, so lässt sich diese in der That mit Nichts besser vergleichen, als mit einem Pferdehufe, dessen unlere Fläche nach oben gekehrt ist. Die Schwimmstücke unseres Hippo- podius sind keilförmig abgestulze Kegelschnitte, an denen man (vgl. die Profildarstellung auf Tab. XII. Fig. 3) eine obere dia- gonal auf die Längsachse des Schwimmkegels stehende Flä- che, eine weniger stark geneigte untere Fläche und eine huf- eisenförmige gekrümmte Seitenfläche unterscheiden kann. Die erste dieser Flächen, die der Achse des Schwimmkegels zu- gekehrt ist und der Innern Fläche an den Schwimmstücken von Praya u. s. w. entspricht, ist, wie diese, mit einer liefen Längsrinne versehen (Tab. XII. Fig. 2). Die Ränder, die sie rechts und links begrenzen, sind in zwei starke, nach innen eingebogene Firsten ausgezogen, die sich nach unten immer mehr erheben und schliesslich am untern und Innern Rande des Schwimmslückes in zwei stumpfe Fortsätze auslaufen, zwischen denen ein bogenförmiger Ausschnitt vorspringt. Die untere kleinere Fläche der Schwimmstücke .(Tab. XII. Fig. 1) trägt eine kreisrunde grosse Oeffnung, die, bis an die Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 30l Ränder derselben hinanreicht und in einen flachen Schwimm- sack hineinführt. Am vordem Kande des Schwimmsackes er- hebt sich die Firste zwischen der untern und der seitlichen oder vordem Fläche des Schwimmstückes in vier aboferun- dete symmetrisch entwickelte Höcker, die durch bogenför- mige Ausschnitte von einander getrennt sind und auf der vordem Seitenfläche des Schwimmstückes allmählich nach oben zu verstreichen. Der obere Rand dieser Fläche zeigt gleichfalls einigehöckerförmige Erhebungen, zwei seitliche und eine mittlere, die nach Grösse und Entwicklung den Ausschnit- ten zwischen den Höckern des untern Randes entsprechen. Die Beschreibung, die ich hier mitgetheilt habe, passt für die Schwimmstücke unseres Hippopodius ohne Ausnahme. Nichts desto weniger finden sich aber mancherlei Diff'erenzen in der speciellen Bildung dieser Anhänge; Diff'erenzen, die Iheils von der Grösse des Schwimmkegels und der Entfer- nung der Schwimmstücke von der Spitze desselben abhän- gen, theils auch mehr individueller Natur sind. Bald sind die Schwimmstücke länger und schmaler, bald kürzer und ge- krümmter; bald ist die vordere Seitenfläche derselben höher oder gewölbter, bald niedriger oder flacher; bald endlich er- scheinen die Höcker an den Firsten dieser Fläche sehr stark entwickelt , bald fast gänzlich fehlend. Natürlicher Weise sprechen sich solche Verschiedenheiten schliesslich auch in der Form des Schwimmkegels aus — und derartige Verschie- denheiten eben sind es, die uns z. B. in den Abbildungen von Vogt und Kölliker entgegentreten. Bekanntlich ist die Substanz^ aus der die Schwimmstücke von Hippopodius bestehen, von einer ziemlich consistenten^ fast knorpelartigen Beschaffenheit und einem opaken Ausse- hen, sehr verschieden namentlich von jener gallertartigen Masse, die wir in den Schwimmstücken von Praya aufgefun- den haben. Indessen muss ich doch bemerken, dass in Con- sistenz und Aussehen auch bei Hippopodius zahlreiche Ver- schiedenheiten obwalten und mitunter Exemplare (namentlich unter den kleinern Formen von H. luteus) vorkommen^ bei denen sich die Schwimmstücke durch ihre physikalischen Eigenschaften nur wenig von den Schwimmstücken bei den übrigen Siphonophoren unterscheiden. 302 Leuckart: Die Zahl der Schwimmslücke, die in die Bildung- eines Schwimmkegels eingehen , ist vielfachen Schwankungen un- terworfen. Kolli ker giebt dieselbe auf 5 — 9 an; es kom- men aber auch Exemplare von 12 und noch mehrSchwimm- slücken vor. Die unlern Schwimmstücke sind beständig die grossesten; die Neubildung geschieht an der Spitze des Schwimmkegels, wo man jederzeit eine nicht unbeträchtliche Anzahl junger Knospen auf den verschiedensten Stadien der Entwicklung antrifft. Die Verbindung der einzelnen Schwimm- stücke wird durch die rinnenförmig ausgehöhlte obere oder innere Fläche vermittelt, und zwar in ähnlicher Weise, wie bei vielen andern Siphonophoren, durch Einkeilung. Zwi- schen die Seitenleislen dieser Fläche senkt sich einmal das hinlere etwas zusammengedrückte Ende der zunächst vorher- gehenden Schwimmglocke der gegenüberliegenden Seite und sodann die unlere Fläche der darüberstehenden Schwimm- glocke hinein (Fig. 3). Die letztere nimmt natürlicher Weise den vordem Raum der betreffenden Fläche in Anspruch und zwar so vollständig, dass dabei die Forlsätze am obern Rande der vordem Seitenfläche in die Ausschnitte zwischen ilen entsprechenden untern Fortsätzen der darüberliegenden Schwimmglocke hineingreifen. Auf solche Weise kommt es nun, dass die Seilenflächen des Schwämmkpgcls ausschliess- lich von den Seitenflächen der einzelnen Schwimmstücke ge- bildet werden. Nur dieSchwimmsäcke der beiden untersten Glocken sind frei und unbedeckt, während die übrigen eine sehr versteckte Lage haben. Ob die letztern nun aber bei dieser ihrer Lage für die Ortsbewegung des Hippopodius ohne alle Bedeutung sind, will ich dahingestellt sein lassen, dar- über kann jedoch wohl kein Zweifel sein, dass ihre locomo- torische Bedeutung, wenn sie überhaupt existirt, nur sehr beschränkt ist. Der Raum, in den sie hineinmünden, com- municirt mit dem Meerwasser nur durch die engen Spalten zwischen den einzelnen Schwimmstücken. Aber dieser Raum communicirt auch mit dem kegelförmigen Innenraume in der Achse des Schwimmapparales, der durch die in einander greifenden Längsrinnen der einzelnen Schwimmstücke zusam- jnengesetzt wird und zur Aufnahme des relractilen Körper- Stammes bestimmt ist. Vielleicht, dass die Aufgabe dieser Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 303 obern Schwimmglocken überhaupt nicht in der Erzeugung einer Bevvegungskraft zu suchen ist, sondern vielmehr in ei- ner Wasserzufuhr nach Innen, die gerade bei unserem Hip- popodius um so bedeutungsvoller sein dürfte, als der Kör- perstamm desselben fast beständig in dem Innenraume des Schvvimmkegels versteckt liegt i). Die Schvvimmbewegung unseres Hippopodius ist sehr langsam, ein Umstand, der theils aus derBildung des Schwimm- kegels im Ganzen, theils aber auch aus der Organisation der einzelnen Schwimmstücke und zwar vornämlich der Schwimmsäcke resultiren möchte. Die Schwimmsäcke sind nicht nur ausserordentlich flach (und weit), sondern auch so dünn und wenig muskulös, dass Kölliker die Anwesenheit einer eignen Auskleidung in den Schwimmhöhlen überhaupt in Abrede stellen konnte. Der Saum, der, wie bei den übri- gen Siphonophoren ohne Ausnahme , den Eingang in den .Schwimmsack umgiebt, ist in der hintern (oder untern) Hälfte ^ehr schmal, am vordem (oder obern) Rande dagegen von einer nicht ganz unbeträchtlichen Breite. Diese vordere Hälfte des Randsaumes hat etwa eine sichelförmige Gestalt; jsie ist dasselbe Gebilde , das Herr Vogt als beweglichen Deckel (couvercle mobile) an der OefFnung des Schwimm- sackes beschrieben hat ^). Was den Zusammenhang des Schwimmkegels mit dem Körperstamme betrifft, so ist dieser im höchsten Grade ei- genthümlich und abweichend von dem Verhalten bei den übrigen Siphonophoren mit einer sogenannten Schwimmsäule. Bei den letztern sind die Schwimmstücke unmittelbar an dem 1") Kölliker hat den Körperstamm von Hippopodius sogar nie- mals hervorgestreckt gesehen, obgleich er viele Exemplare beobach- tete. Wie es scheint, geschieht das Hervorstrecken desselben nur zum Zwecke der Nahrungsaufnahme. Der Schwimmkegel steht dabei senkrecht, und eben so senkrecht wird dann auch der Körperstamm mit seinen Anhängen herabgelassen, wie es Quoy und Gaimard abbilden. Herr Vogt zeichnet den Körperstamm seines Hippopodius in einer diagonalen Haltung, wie es etwa während der Schwimmbe- Viregung der Fall sein würde, doch habe ich den Hippopodius nur mit zurückgezogenem Stamme sich bewegen sehen. 2) Nach Herrn Vogt soll dieser Deckel die üeffnung des Schwimrasackes vollständig verschliessen können. (?) 306 Leuckart: derende des Körperstammes und zwar ohne alle Grenzen, so dass man die kleinsten Schwimmstücke mit gleichem Rechte als Anhänge des Körperstammes , denn als solche der eben beschriebenen Achse betrachten kann. Bei den jüngsten Exemplaren von Hippopodius lässt sich überhaupt noch keine gesonderte Achse für den Schwimmkegel unterscheiden; ich habe in meinen zoologischen Untersuchungen einen Hippo- podius mit nur zweien Schwimmstücken abgebildet (Tab. IL Fig. 24, 25) , bei dem die Gefässe dieser Schwimmstücke in ganz ähnlicher Weise , wie bei den Diphyiden , aus dem obern Ende des gemeinschaftlichen Körperstammes hervor- kommen. Auch die Vereinigungsweise der beiden Schwimm- stücke zeigte hier ganz analoge Verhältnisse. Die untere Schwimmglocke war zugleich die äussere, wie beiPraya. Die Rinne an der innern Fläche war ihrer ganzen Länge nach von dem zweiten Schwimmstücke in Anspruch genommen. Erst bei der Ausbildung der dritten Schwimmglocke , die sich zwischen beide einschiebt und die obern Enden der- selben aus einander drängt, wird das spätere Verhalten her- vortreten. Durch die Entwicklung einer eigenen Schwimmkegel- achse wird es nun möglich, den Befestigungspunkt des Kör- perstammes, gegen den derselbe im Augenblicke der Con- traction sich zurückzi<;hl, in das äusserste Ende des Schwimm- kegels zu verlegen. Nur auf diese Weise wird es möglich, den ganzen , keineswegs unansehnlichen Körperstamm mit seinen zahlreichen Anhängen im Innern dieses Apparates zu verbergen. Ich habe Exemplare von Hippopodius gesehen, bei denen der ausgestreckte Stamm reichlich einen halben Fuss mass und immerhin einige 20—30 ausgebildete Polypen trug, ungerechnet die zahlreichen Knospen, die im Innern des Schwimmkegels versteckt blieben. Die Gestalt der aus- gebildeten Polypen ist äusserst schlank und fast wurmförmig. Der Rüssel trägt im Innern ganz ausserordentlich lange Wim- perhaare, die nach Innen zu wedeln, wie man sehr deutlich unterscheiden kann. AuflPallend war es mir, dass die letz- ten dieser Polypen nicht seilen eine auffallend geringere Grösse zeigten, als die vorhergehenden, während es doch sonst als allgemeine Regel gilt^ dass die Entwiklung und Zur nähern Kenntniös der Siphonophoren von Nizza. a07 Grösse der Polypen nach dem freien Ende des Körperstam- mes hin zunimmt. Wahrscheinlicher Weise ist übrigens diese Grössenverschiedenheit nur zufällig. Auch bei den übrigen Siphonophoren kommt es nicht selten vor, dass die Polypen eine etwas verschiedene Grösse haben; es hängt das von der Grösse der Nahrungszufuhr ab, wie man wenigstens daraus schliessen kann, dass das Volumen dieser Thiere bei längerem Hungern sehr beträchtlich einschrumpft. Schon nach 24 Stunden ist dieser Grössenunterschied mitunter ganz auffallend. Jeder einzelne Polyp trägt an seiner Anheftungsstelle, wie gewöhnlich , einen Fangfaden mit Nesselknöpfen ^) , die kurzgestielt und äusserst zahlreich, aber noch kleiner sind, als sonst gewöhnlich bei den Calycophoren, auch kleiner, als bei Praya und Galeolaria, die ihrerseits schon in dieser Beziehung hinter Diphyes und Abyla zurückbleiben. Sonst übrigens ist die Bildung der Nesselknöpfe (auch die Form und Gruppirung der Angelzellen ) ganz dieselbe , wie bei den nahe verwandten Diphyiden. Man könnte höchstens hervorheben, dass die Nesselknöpfe sehr gewöhnlich eine kürzere und mehr rundliche Gestalt haben. Nach Gegen- baur (S. 41) soll an dem Endfaden der Nesselknöpfe auch noch ein contractiles Bläschen von rundlicher Form anhän- gen, das bei der Conlraction seinen Inhalt in den Endfaden hineintreibt und diesen dadurch ausdehnt. Mir selbst ist die Anwesenheit eines solchen Apparates (auch Vogt und Kol- li k er) entgangen. Die Entwicklung der Polypen, Fangfäden und Nessel- knöpfe ist genau dieselbe (Fig. 4), wie bei den übrigen ver- wandten Thieren, so dass die Bildung der letzten als Beispiel für die Genese der nierenförmigen Nesselknöpfe von mir be- 1) KöUiker beschränkt die Zahl der Fangfäden irrthümlicher Weise auf 2—3 (bei 6—9 Polypen) und lässt dieselben — laut Ab- bildung auf Tab. VI. — in einer grösseren Entfernung von den Poly- pen aus dem Körperstaram hervorgehen. Ich habe mich dagegen — auch durch Untersuchung der Entwickelungsweise, die mit den frü- her geschilderten analogen Vorgängen ganz übereinstimmt (Fig. 4) — von der constanten Anwesenheit eines Fangfadens an jedem Polypen auf das Bestimmteste überzeugen können. 308 Leuckart: schrieben werden konnte {Z. U. S. 24). Der ausgebildete Fangfaden erreicht eine sehr beträchtliche Länge und wird beim Aufwinden gewöhnlich (am constanteslen an der Wur- zel) spiralig zusammengelegt. Was die Geschlechtsverhältnisse unseres Hippopodius betrifft, so ist dieser, wie Kölliker (S. 31) und ich (S. 36) in übereinstimmender Weise gezeigt haben — Herr Vogt hat keine Geschlechtsorgane auffinden können — monöcischen Geschlechtes. Die Geschlechtsorgane haben eine ganz an- sehnliche Grösse und sind sehr auffallend gebildet, indem nämlich (Fig. 5) der Mantel nicht bloss eng an dem stempei- förmigen Kerne anliegt, sondern auch von dem letzlern sehr weit überragt wird. In der Regel bildet der Mantel nur eine kleine kragenförmige Aufwulstung an der Wurzel der mit Sperma oder Eiern angefüllten Beutel. Das Gefässsystem des Mantels (und Stempels) ist aber nichts desto weniger ganz vollständig entwickelt. Nach Kölliker soll beständig bei unserm Hippopodius eine männliche und eine weibliche Kapsel und zwar in der Nähe der Polypen beisammensitzen; ich muss indessen be- merken, dass mich meine Untersuchungen in diesem Punkte zu einem abweichenden Resultate geführt haben. Einmal finden sich die Geschlechtskapseln keineswegs in der gan- zen Länge des Stammes, sondern nur in der obern Hälfte desselben, besonders in demjenigen Theile, der auch bei dem hervorgestreckten Stamme in der Höhle des Schwimmkegels verborgen liegt. An der Basis eines jeden Polypen steht hier eine Gruppe von 3, 4 und noch mehr Geschlechtsan- hängen auf den verschiedensten Stufen der Entwicklung, Knospen und ausgebildete, aber niemals männliche und weib- liche Anhänge in derselben Gruppe vereint. Die männlichen Anhänge stehen unterhalb der weiblichen und sind überdiess in einer geringern Anzahl vorhanden. Die erste Bildung der Geschlechtsknospen erfolgt schon ausserordentlich frühe, zur Zeit, wo die zugehörigen Po- lypen noch einfache und geschlossene Bläschen darstellen. Während diese sich allmählich entwickeln , gelangen auch die Geschlechtsknospen allmählich zur Ausbildung, so dass man etwa an den ersten Polypen mit MundölTnung auch die Zuf nähern Kennlniss der Siphonophoren von Nizza. 309 ersten reifen Geschlechtsknospen antrifft. Die speciellen Vor- gänge der Entwicklung sind übrigens im Wesentlichen so vollständig dieselben, wie bei den Diphyiden , dass man die Geschlechtsknospen unseres Thieres bis zum Aufbrechen des Mantels von denen der Galeolaria, Abyla u. s. w. kaum un- terscheiden kann (vgl. Tab. XII. Fig. 5 mit Tab. XI. Fig. 13, 7). Erst später bilden sich die Eigenthümlichkeiten hervor, die die Geschlechtskapseln unseres Thieres auszeichnen. Der Man- tel bleibt in seiner Entwicklung zurück, während der stem- peiförmige Träger der Geschlechtsstoffe aus der Oeffnung des Mantels immer weiter hervorwächst. Auch bei den rei- fen Geschlechtsanhängen findet man übrigens in der relati- ven Entwicklung dieser Theile mancherlei Verschiedenheiten. Ich habe Geschlechlskapseln, namentlich weibliche Geschlechts- kapseln, gesehen, deren Stempel bis weit über die Hälfte von dem Mantel bedeckt war. Flimmerung und Bewegung, die Kölliker an den Geschlechtskapseln von Hippopodius vermisste , wurden beide von mir auf das Entschiedenste wahrgenommen , die erstere (bei reifen Anhängen) an dem Stempel, der auch sonst wohl ziemlich allgemein mit einem Flimmerbesatz versehen ist, die letztere an dem Mantel. Frei- lich war dieselbe nur schwach und zu einer Fortbewegung der Kapsel nicht ausreichend; sie äusserte sich darin, dass der Mantel sich von Zeit zu Zeit in einer fast wellenförmi- gen Contraction noch enger an den Stempel anschloss , als es sonst in der Ruhe der Fall war. B. Pliysoplioridae Eschsch. Von der Familie der Calycophoriden unterscheidet sich die der Physophoriden — abgesehen von der sehr viel be- trächtlichem Durchschnittsgrösse der einzelnen Formen — vorzugsweise durch den Besitz eines Luftsackes , eines klei- nen ovalen Bläschens 0? ../i Zur nähern Kennlniss der Siphonophoren von Nizza. 343 sammenfällt, bis schliesslich die Form der ausgebildeten Glocken daraus hervorgeht. Der Ausschnitt , der zwischen diesen beiden Fortsätzen bleibt und zum Umfassen des Stammes dient, ist bei den einzelnen Glocken freilich verschieden tief, im Allgemeinen aber sehr ansehnlich, so dass er sich leicht bemerklich macht. Die Fortsätze, die er von einander trennt, sind in der Regel (Fig. 8) von einer ungleichen Grösse und am Ende mehr oder minder zugespitzt. Mitunter kommen selbst Schwimmglocken vor , bei denen der eine Fortsatz ganz rudimentär ist. Der Querschnitt der ausgebildeten Schwimmglocken (Fig. 10) ist so ziemlich rautenförmig; die Schwimmglocken sind von oben nach unten stark deprimirt (die grosseste Höhe beträgt etwa 3'", die grosseste Länge 7—9'" — bis zum Ausschnitte 6'" — , die grosseste Breite 7'") und nach den Rändern, wie nach der Spitze zu (Fig. 9) verdünnt. In der contrahirten Schwimmsäule greifen die Glocken der einzelnen Umläufe in einander, so dass die Längs- reihen, die sich in der Säule unterscheiden lassen, auf das Regelmässigste alterniren, während sich sonst die Zahl die- ser Reihen auf die Hälfte reducirt, indem die Glocken der einzelnen Umläufe dann über einander rücken. Der Schwimmsack ist nur wenig tief, aber mit stark entwickelten Seitenflügeln versehen (Fig. 8). Er zeigt die gewöhnlichen vier Radialgefässe, zwei Mediangefässe und zwei Seitengefässe, die hier ohne irgend erhebliche Windun- gen verlaufen. Das Ringgefäss ist eben so deutlich, als die Radialgefässe , in denen ich hier und da auf das Bestimm- teste (wie auch bei Galeolaria) eine schwingende Wimper unterscheiden konnte. Der Mantel ist ohne Gefässe; ein Um- stand, der sich durch seine starke Abplattung und die ge- ringe Grösse seiner Masse wohl hinreichend erklären lässt. Das Stielgefäss durchsetzt den Mantel geraden Weges von dem Ausschnitt an der Spitze bis zum Grunde des Schwimm- sackes. Bevor es aber an diesen herantritt, wird es (Fig. 8*) von einem brennend rothen Pigmentfleck umlagert, der fast eine Linie im Durchmesser hat und eine rundliche Scheibe darstellt, die mit der Richtung der Höhenachse zusammen- fällt. Herr Vogt beschreibt gleichfalls einen C:, schwefelgel- ben'«} Pigmentfleck bei unserer Forskalia , verlegt ihn aber 344 Leuckart: (p. 88) an die Mündung des Schwimmsackes (siir le bord interne du canal droit superieur) , wo auch Kölliker bei seiner F. Edwardsii eine solche Pigmentirung beschrieben hat. Es ist kaum anzunehmen, dass Herr Vogt und ich den- selben Pigmentfleck beobachtet haben, da sich die Lage des- selben, wenigstens des von mir beobachteten Fleckes, eben so leicht als bestimmt lixiren lässt. Ich muss übrigens hin- zufügen^, dass ich diesen Fleck, der sonst ganz constant vor- kam, bei einem meiner Exemplare (unter 6—8) vermisste. Der Luftsack, der mit seiner Kammer bald nach aussen über die Schwimmsäule hervorragt, bald auch zurückgezogen und zwischen den jüngsten Schwimmglocken versleckt ist, hat , wie bei allen Forskalien , eine verhältnissmässig sehr unbedeutende Grösse und eine schlanke Bildung. Einen Pig- mentfleck habe ich niemals an demselben aufgefunden, wäh- rend die folgende Art (auch F. Edwardsii Köll.) ganz con- stant damit versehen ist. Die Körperachse, in deren oberes Ende der Luftsack eingelagert ist, und die Stiele, die davon abgehen, zeigen eine eigenthümliche weingelbe (nach Herrn Vogt rosarothe) Färbung, die den äusseren Bedeckungen und zwar den Muskelschichten zu inhäriren scheint, aber von keinerlei geformtem Pigmente herrührt. Dieselbe Färbung zeigt die folgende Art, wahrscheinlich auch F. Edwardsii, der Kölliker, wie Herr Vogt unserer F. contorta , einen „blassröthlichen" Stamm giebt Als abweichend wird von Kölliker auch noch der Umstand hervorgehoben, dass der Centralkanal des Stammes nicht, wie sonst gewöhnlich, in der Mitte desselben herabläuft , sondern der Innern concaven Fläche angenähert ist ; ich möchte auch noch weiter hinzu- fügen, dass der Stamm unserer Forskalia nach eben dieser Fläche zu seitlich etwas abgeplattet ist, auf dem Querschnitte also kein völlig rundes, sondern ein mehr keilförmiges Aus- sehen hat. Was die Polypen betrifft, so zähle ich bei meinen Ex- emplaren deren etwa 40 — 50. Sie haben eine wechselnde Grösse, von 3 bis 5 oder 6'" und stehen am Ende eines dün- nen und langen Stieles, der reichlich einen halben Zoll und darüber (bis 10'") misst und durch zahlreiche schindelför- mig sich deckende, aber ausserordentlich durchsichtige Deck- Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 345 blätter nicht bloss geschützt ^ sondern auch in einer Weise gestützt wird, dass er beständig, gleich einem starren und festen Stabe , gestreckt ist. Wenn die Deckblätter verloren gehen , so zieht sich der Stiel bis auf einen Stumpf von 1 oder IV2'" zusammen, der dann aber nicht bloss sehr viel dicker ist, als im gestreckten Zustande, sondern auch an sei- ner obern Fläche einen krausenartig gefalteten Kamm trägt, in welchem man bei näherer Untersuchung die aufeinander gerückten, nach aussen etwas vorspringenden Insertionspunkle der Deckschilder erkennen wird. ( Ganz dasselbe gilt von der Achse der Schwimmsäule 0 nach Verlust der Schwimm- stücke.) Die Deckschilder stehen in einer einfachen und geraden Linie , obgleich sie bei vollkommener Integrität den ganzen Stiel umgeben und namentlich auch im Umkreis der Polypen eine blumenkronenartige Umhüllung bilden, deren Ele- mente sich über den Polypen, wenn er sich contrahirt, zu- sammenlegen können. Die scheinbare radiäre Gruppirung der Deckstücke beruhet , wie die Bildung der Schwimmsäule , auf einer leichten Spiraldrehung der Achse , an der sie befe- stigt sind. Bei F. Edwardsii sollen die gleichfalls sehr dünnen und langen Stiele der Polypen nach der Beschreibung von Köl- liker nur mit zwei Deckblättern versehen sein, doch muss ich gestehen, dass ich einigen Zweifel in die Richtigkeit dieser Angabe setze. Die Deckblätter, um die es sich han- delt, sind so durchsichtig und dabei so hinfällig, dass man sich nur durch die sorgfältigsten Untersuchungen von den Verhältnissen ihres Vorkommens mit Sicherheit unterrichten kann. Auch M iln e Edward s beschrieb bei unserer F. con- torta nur einige sehr wenige Deckblätter; er kannte nur die jüngsten, die in der Nähe der Polypen befestigt sind und weniger leicht abfallen, während die Zahl derselben doch an einem ausgebildeten Stiele wenigstens 25 — 30 (bei F. ophiura noch weit mehr) beträgt. Die Anhänge, die ich eben er- wähnt habe, stehen, gleich den übrigen Anhängen ohne Aus- nahme, an der äussern convexen Fläche des Körperstammes 1) Auch hier sind die Insertionspunkle der Anhänge zu einem kleinen und überdiess flimmernden Forlsalze ausgezogen. 346 Leuckart: und zwar in ziemlich regelmässigen Entfernungen , so dass sie, wie Radien, nach den verschiedensten Richtungen hin- sehen und einen kegelförmigen Körper von ansehnlichem Durchmesser zusammenselzen. Beim Hervorziehen aus dem Wasser gleicht solch ein Kegel einem durchsichtigen Tann- zapfen, dessen Oberfläche mit vielen Hunderten einzelner Deckblätter besetzt ist Das hintere Ende des Zapfens ist zugespitzt , weil die Stiele der letzten Polypen sich immer mehr neigen und schliesslich mit der Achse, an der sie be- festigt sind, einen sehr spitzen Winkel bilden. Die Polypen, die in der Ruhe meist senkrecht von dem Ende ihrer Stiele herabhängen, sich aber von da nach allen Richtungen tastend bewegen können, zeigen auf das Bestimm- teste die drei schon mehrfach erwähnten Abschnitte. Eine ausführliche Beschreibung derselben liegt nicht in meiner Ab- sicht; ich würde nur wiederholen müssen, was Kolli k er bei seiner F. Edwardsii hierüber bemerkt hat, und beschränke mich desshalb auf die Angabe, dass die 8 — IQ Leberwülste des Magens eine sehr ansehnliche Entwickelung haben und um so eher auffailen, als sie durch ein rostrothes Pig- ment ausgezeichnet sind. Die gefärbten Längsbinden, die dadurch entstehen, fliessen am Grunde des Magens zu einem rosettenförmigen Flecke in einander. Im Innern der Magen- wülste findet man ausser einer Anzahl grösserer Vacuolen auch zahlreiche Fetttröpfchen. Die rippenförmigen kleinen Wülste, die an der Innenwand des Rüssels vorspringen und schon von Kölliker erwähnt werden, finde ich in ziemlich grosser Anzahl, bis zu 12. Die Nesselknöpfe der grossen Fangfäden wiederholen im Kleinen ganz dieselbe Bildung, die wir früher bei Ag. rubrum kennen gelernt haben. Sie sind (Fig. 13) nackt und schraubenförmig gewunden, mit 3— 4 Umläufen — Herr Vogt behauptet freilich, dass sie gewöhnlich nur eine einzige Win- dung beschrieben — und, namentlich an der Basis, mit einer brennend rothen Färbe gezeichnet. Die grossen Angelorgane, die rechts und links sich in einfacher Reihe bis an das Ende des Nesselstranges hinziehen , besitzen eine bohnenförmige, sehr bauchige Form (y^o"' lang , %5o breit), während die übrigen schlank und säbelförmig (V^q lang, y^oo breit) »ind, i Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 347 wie gewöhnlich. Die kurzen und bohnenförmigen Nessel- kapseln des Endfaclens messen y,8o"'- Der Muskelapparat ist übrigens sehr viel einfacher gebaut, als bei Ag. rubrum, wie schon nach der geringern Grösse der Nesselknöpfe (höch- stens yj", im gestreckten Zustande IV2'") sich erwarten lässt. Er besteht aus zwei Paar Muskelslrängen, deren Fa- sern die gewöhnliche quere Faltung zeigen und sich leicht isoliren und abrollen lassen. Eine elastische Scheide, wie bei Agalma, wurde nicht beobachtet. An der Basis des Fangfadens (tigelle M. Edw.) findet man beständig eine grosse Anzahl junger und unreifer Nes- selknöpfe auf allen Stadien der Entwickelung , die genau in derselben Weise vor sich gehet, als bei Ag. rubrum. Milne Edwards beschreibt diese Anhänge als „filaments tentacu- laires'^; es ist schon früher ein Mal erwähnt worden, dass sie von Kölliker (auch bei Agalma) irrthümlicher Weise als unentwickelte Ersatzfangfäden gedeutet wurden. Zwischen den Polypen sind nun, wie bei Agalma, die Taster (organes pyriformes M. Edw.) angebracht und zwar gleichfalls mit Hülfe besonderer Stiele, die aber nicht bloss nackt (ohne Deckblätter), sondern auch nur kurz und weit sind , und den Aussackungen des Stammes gleichen , die ja bekanntlich sehr häufig bei den Siphonophoren an der Inser- tionsslelle der Körperanhänge entwickelt sind. Bei F. Edwardsii soll in den Zwischenräumen zwischen den Polypen je ein Zwillingstaster und ein einfacher Taster ansitzen; bei un- serer F. contorta — und eben so ist es auch bei der fol- genden Art — finde ich in diesen Zwischenräumen indessen meist eine grössere Anzahl (bis vier) von Tastern, die ohne Ausnahme Zwillings - und Drillingstaster sind oder doch we- nigstens zu solchen sich entwickeln. Bei der ersten Bildung sind die Taster durchgehends einfach; der zweite (und dritte) Anhang des Stieles entwickelt sich erst später, häufig erst dann , wenn der erste bereits vollkommen ausgebildet ist. Daher kommt es denn auch, dass die einzelnen Taster einer solchen Gruppe (Drillingstaster werden übrigens weder von Kölliker noch von Herrn Vogt erwähnt, obgleich sie bei den von mir beobachteten Arten sehr häufig sind) in der Regel auf einer verschiedenen Entwickelungsstufe neben ein- 348 Leuckart: ander stehen. Namentlich gilt solches von dem dritten Ta- ster, obgleich auch dieser nicht selten in derselben Grösse, wie die beiden andern^ angetroffen worden. Die Taster sind, wie überall, äusserst beweglich und im ausgestreckten Zustande , wo sie bis 2" messen , von einer wurmförmigen Beschaffenheit und vollkommen durchsichtig. Nur die Spitze hat ein opakes Aussehen , bei den grösseren Tastern nicht selten auch eine brennend rothe Farbe. Nach den übereinstimmenden Beobachtungen von Kölliker (S. 8) und mir (S. 17) rührt diese Farbe von einem Secrete her, das in der Spitze der Taster und zwar in einem eignen von dem übrigen Höhlensysteme abgeschlossenen Räume gebildet wird und eine bläschenförmige Beschaffenheit hat. Es wird durch Berstung der äusseren Hülle entleert, sobald man un- sere Thiere unsanft berührt, und färbt dann das Wasser mit einer blutrothen Tinte. Die Fangfäden der Taster sind wie gewöhnlich einfach und mit zahlreichen zu vier oder fünf zusammengruppirten kleinen und rundlichen Angelorganen CAoo'") versehen. Trotz der immensen Anzahl, in der die Deckstücke an dem Körper unserer Forskalia vorkommen^ ist es doch aus- serordentlich schwer, eine gehörige Anschauung von der Form derselben zu gewinnen. Zum Theil mag die Durch- sichtigkeit und die geringe Solidität dieser Gebilde daran Schuld sein, andern Theils zeigt aber auch die Gestalt der- selben so vielfache Verschiedenheiten , dass man in Verle- genheit kommt, wenn man den Versuch macht, die zufälli- gen Abweichungen von der Norm zu unterscheiden. Zahl- reiche Deckstücke erscheinen als mehr oder minder unregel- mässigen Schuppen mit einer Endspitze und einer starken buckeiförmigen Krümmung, aber andere, und, wie mir schien, die Mehrzahl, besitzen eine sehr abweichende und auffallende Gestaltung. Sie gleichen gewissermassen (Fig. 14. ) einem dreieckigen Keile oder einer Schaufel , mit zwei stark ver- dickten kürzern Seitenrändern und einem dritten längern und verdünnten, fast schneidenden Rande. Der längere Durch- messer dieses Körpers (der etwa 5 — 6'" misst) entspricht offenbar dem Längendurchmesser der übrigen Schuppen, denn der Kanal, der den Apparat versorgt, verläuft in dieser Rieh- Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 349 tung; aber erläuft nicht in der Mitte des Blattes, sondern in der Nähe des verdickten Randes, und nicht gestreckt, son- dern mit einem auffallenden Winkel, der die Form des ver- dickten Randes wiederholt. Dass die jüngsten Deckblätter beständig an der Spitze der Polypenstiele angebracht sind , ist schon oben erwähnt worden; ich habe nur noch zu bemerken, dass man auch bei den längsten und ältesten an dieser Stelle einen ganzen Hau- fen von jungen Knospen mit allen Uebergängen zu den aus- gebildeten Deckstücken antrifft. Die Entwickelung derselben zeigt keinerlei Eigenthümlichkeiten ; sie ist eben so einfach, als bei den Deckstücken der übrigen Siphonophoren. Die Knospe, die anfangs eine ovale Gestalt hat, plattet sich ab, und verwandelt sich (Fig. lö} durch Wucherung ihrer äussern Hülle in ein Blatt, das von einem Centralkanale durchsetzt wird und in diesem Centralkanale das Rudiment der in der Knospe vorhandenen Höhle besitzt. Die ganze eigenthümliche Bildung scheint durch eine sehr starke seitliche Compression entstan- den zusein. Der geknickte dicke Rand entspricht der Rücken- fläche, der schneidende Rand der Innern Bauchfläche der gewöhnlichen schuppenlörmigen Deckstücke. üebrigens beschränkt sich das Vorkommen der Deck- schilder nicht ausschliesslich auf die Stiele der Polypen. Sie finden sich auch — was Kolli ker entgangen ist — un- mittelbar am Stamme und zwar in grösserer Anzahl zwischen den übrigen Anhängen, die hier angebracht sind. Wie bei allen Siphonophoren und namentlich bei den grössern und reichern Physophoriden,. trägt das vordere Ende des Körperstamrnes unterhalb der Schwimmsäule einen dich- ten Haufen von unentwickelten Anhängen. Bei unserer Fors- kalia bestehen diese Anhänge ausschliesslich, wenigstens im übern Theile des Haufens, aus jungen Polypen, die sich eben so entwickeln, wie ich es für Praya u. s. w. in meinen Un- tersuchungen dargesteflt habe. Anfangs erscheinen diese An- hänge als einfache Bläschen, deren erste Veränderung in der Bildung eines Tentakelrudimentes an der Wurzel besteht (Fig. 16). Während nun der Polyp und der Tentakel sich in be- kannter Weise weiter entwickelt, zieht sich der Insertions- punkt des Polypen allmählich in einen Stiel aus^ dessen obere 350 Leuckart: Fläche si€h mit einer Anzahl kleiner Knospen bedeckt^, die eine hinter der andern hervorkommen und in Deckstücke auswachsen (Fig. 17). Man kann die Form dieser Deckstücke schon zu einer Zeit ganz deutlich erkennen, in der die Po- lypen noch geschlossen und ihre Nesselknöpfe noch knospen- artig sind Während dieser Veränderungen sind die Polypen allmäh- lich etwas weiter auseinander gerückt , aber nur, um eine neue Brut von Knospen zwischen sich entstehen zu lassen, anfangs nur eine einzige, bis die Zahl derselben zu 3, 4 und mehr heranwächst. Die Anhänge, die auf solche Weise ent- standen sind, verwandeln sich in Deckstücke, zu denen sich weiter nach unten noch ein Taster hinzugesellt und zwar anfangs ein ganz einfacher Taster, der erst später seinen Zwillingsanhang hervortreibt. In der Regel geschieht dieses erst zu einer Zeit, in der bereits ein zweiter Taster neben dem ersten sich hervorgebildet hat. Die Geschlechtsanhänge von Forskalia sind zum Theil schon von M ilne Edwards ganz richtig erkannt und neuer- dings von Kölliker (S. 9) und mir (S. 38) — die Angaben des Herrn Vogt sind in dieser Beziehung^ wie überhaupt über unsere Forskalia, sehr dürftig und unvollständig — ganz übereinstimmend beschrieben worden , so dass ich alles nä- here Detail hier übergehen kann. Sie sind bekanntlich grup- penweise zusammengehäuft und zwischen der Wurzel der Taster angebracht, so dass man diese bei unserer Forskalia mit vollem Rechte auch als „proliferirende Anhänge« bezeich- nen kann, obgleich damit wohl noch keineswegs die ganze Bedeutung dieser Gebilde erschöpft wird. Männliche und weibliche Anhänge bilden übrigens ihre besondern Gruppen, die je mit Hülfe eines kurzen Stieles befestigt sind. Mitun- ter beschränkt sich die Zahl dieser traubenförmigen Gruppen auf zwei, eine weibliche und eine männliche, so dass es fast scheinen könnte, dass ein jeder Anhang des Zwillings- tasters seine eigene Gruppe trüge; in andern Fällen habe ich aber auch 3—6 Gruppen unterscheiden können. Freilich ist diese Unterscheidung nicht immer ganz leicht , da die An- hänge sehr dicht gedrängt stehen und vielfach verschränkt sind. Die Vermehrung ist übrigens ganz constant auf Seiten Zur nähern Kennlniss der Siphonophoren von Nizza. 351 der weiblichen Gruppen , wie denn die weiblichen Anhänge überhaupt beständig in einer sehr viel grössern Menge vor- handen sind als die männlichen, obgleich es, wenigstens für unsere F. contorla , wohl etwas zu gering angeschlagen ist, wenn K Olli k er die Zahl der männlichen Anhänge an den Zwillingstastern nur auf vier beschränkt. Auch ist noch zu berücksichtigen , dass neben den reifen männlichen Anhän- gen , die durch ihre Grösse, ihre oblonge Form und ihre gelbe Farbe leicht auffallen, immer noch einige unreife (roth- gefärbte) und junge, eben hervorknospende Anhänge dieser Art vorhanden sind. Die männlichen Anhänge (Fig. 18) sind vor denen von Agalma dadurch ausgezeichnet, dass ihr Mantel ganz dicht auf der Oberfläche des Kernes aufliegt, wie bei den weibli- chen Anhängen. Die Bewegungen beschränken sich auf das äusserste Ende des Mantels, namentlich den Saum, der die Oeffnung umgiebt. Zu einer Ortsbewegung sind dieselben un- fähig; es scheint, als wenn sie ihre Aufgabe in der Veran- staltung eines raschern Wasserwechsels im Umkreis des Ker- nes fänden. Ich überzeugte mich wenigstens — und eben so wohl bei weiblichen , als auch bei männlichen Knospen (Kölliker hat an den erstem keine Contractionen wahrge- nommen) — ganz deutlich, dass bei jeder Contraclion des Mantels ein ziemlich starker Wasserstrahl aus der Oeffnung hervortrat. Das Gefässsystem der männlichen Anhänge ist beslän- dig regelmässig und auch im ausgebildeten Zustande noch nachzuweisen, obgleich es in den Jüngern Knospen, wie bei allen Siphonophoren, sehr viel deutlicher ist. Die weiblichen Knospen zeigen gleichfalls häufig einen regelmässigen Ge- fässapparat in ihrem Mantel, aber fast eben so häufig trifft man auf verkümmerte Gefässe, auf Verästelungen, Anasto- mosen u. s. w. Ich habe auch einzelne Anhänge (ganz eben so wie bei der folgenden Art) angetroffen, die statt vier Radialgefässe deren sechs oder acht enthielten, sonst aber ganz regelmässig entwickelt waren. Forskalia ophiura (Delle Ch.) Lt. Mit keilförmigen Schwimmglocken ohne Ausschnitt und Pigmentfleck, mit zimmetbraunen Leberwülsten und rosaro- 352 L e u c k a r t : then Nesselknöpfen. Der Scheitel der Luftblase ist röthlich- braun gefärbt. Zwischen den untern Schwimmglocken stehen einzelne Taster. Deckslücke schuppenförmig. Eine riesengrosse, bis vierFuss lange Art, die ich weit häufiger, als die vorhergehende um Nizza — eines Tages in mehr als 12 Exemplaren — angetroffen und in meinen zool. Untersuchungen als Slephanomia conlorta bezeichnet habe. Ob- gleich der echten F. contorla sehr nahe verwandt^ ist sie doch ganz bestimmt von derselben verschieden, so dass ich niemals, auch nicht bei einem verstümmelten Exemplare^ in Zweifel sein konnte , ob dasselbe dieser oder der vorherge- henden Species angehörte. Uebrigens , glaube ich, ist diese Form schon früher beobachtet. Ob die Steph. prolifera von Milne Edwards dahin gehöre, wage ich freilich nicht zu entscheiden, dagegen finde ich bei Delle Chiaje (I. c. p. 134. Tab. 149. Fig. 7) eine Steph. ophiura, die mir ein freilich ganz verkanntes und auch verstümmeltes Exemplar meiner Art zu sein scheint. Ich habe desshalb auch den Na- men von Delle Chiaje beibehalten, und zwar um so lieber, als er in der That recht treffend und bezeichnend ist. Auch mein Fischer nannte unsere F. ophiura, die er sehr wohl von der F. contorta unterschied, ,,serpent«. Uebrigens giebt es wohl kaum eine Siphonophore, die sich an Schönheit und Fülle mit unserer Art messen könnte. Mit den vielen Tausenden dicht gedrängter Anhänge, die an der gemeinschaftlichen Achse angereiht sind, bildet sie, wenn sie im Wasser sich schaukelt, eine höchst elegante, reiche und dicke Guirlande, aus der neben den zartesten und durch- sichtigsten Tinten von Zeit zu Zeit die intensivsten Farben hervorleuchten. Dazu die Manchfaltigkeit der Anhänge, die Regelmässigkeit , in der sie gruppirt sind, die Schönheit ih- rer Formen — es ist Alles vereint, das Bild eines solchen Thieres zu einem unvergesslichen Eindrucke zu verweben. In archileclonischer Beziehung stimmt unsere F. ophiura (Fig. 18) vollkommen mit der F. contorla überein, nur dass die Zahl der einzelnen Anhänge sehr beträchtlich vermehrt ist. Ich habe Exemplare gesehen, deren Schwimmglocken eine Säule von reichlich 4" C"i»t einigen 20 Umläufen) zusammensetz- ten, während die Zahl der Polypen sich auf wenigstens 4—500 Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 353 belief. Die Grösse der Polypen beträgt auch im contrahirten Zustande reichlich drei Viertheile eines Zolles, die Länge ih- rer Stiele bis IV2". Die Zahl der Deckblätter am Stiele mag sich wohl auf 100 belaufen. Der einzige bemerkenswerlhe architeclonische Unterschied besteht darin, dafs in dem un- tern Dritlthcile der Schwimmsäule zwischen den Schwimm- glocken sehr allgemein einige (einfache) Taster vorkommen, wie bei Apolemia. Fangfäden wurden an diesen Tastern nicht wahrgenommen , auch wurden sie niemals ausserhalb der Schwimmsäule gesehen, obgleich man in den Zwischen- räumen der einzelnen Glocken ihre tastenden Bewegungen sehr deutlich beobachten konnte. Zwillingstasler sind ver- hällnissmässig seltener, als bei F. contorta; die meisten Ta- ster sind Drillingstaster, auch Vierlings - und Fünflingstaster gehören eben nicht zu den Seltenheiten (Fig. 21). Die sonstigen Unterschiede unserer F. ophiura sind in der voranstehenden kurzen Diagnose bereits hervorgehoben. Sie beschränken sich im Wesentlichen auf die Form der Schwimmglocken und Deckstücke. Die ersteren (Fig. 19) sind vollkommen keilförmig, d. h. sie entbehren des Ausschnittes an der Eintrittsstelle des Stielgefässes. Die beiden Fortsätze, die durch diesen Aus- schnitt sonst abgetrennt werden, sind hier zu einem mittlem Zapfen mit einander verschmolzen , der das Slielgefäss an seiner Spitze aufnimmt. Was den Apparat der Deckschilder betrifft, so besteht dessen Eigenthümlichkeit nur darin, dass ich bei unserer F. ophiura jene auffallenden , keilförmig gestalteten Blätter, die bei F. contorta so häufig sind , vermisst habe. Die Deck- stücke unserer F. ophiura sind, wenn auch hier und da ein- mal unregelmässig, doch beständig (Fig. 20) schuppenförmig, mit geradem Centralkanale und einer Endspitze. Mitunter findet sich auch ein Paar kleinerer Seitenspilzen , wie bei Ag. rubrum. Die Mitte der Deckschilder ist ziemlich dick, hier und da auch, namentlich an den Jüngern Schildern, zu einer mehrfach gezahnten Firste erhoben. Der Unterschied in der Färbung der Polypen und Nes- selstränge ist , so weit meine Erfahrungen reichen , so con- stant, dass er allein schon hinreicht, beide Arten mit Be- Archiv f. Naturgesch. XX, Jahrf . 1. Bd. 23 354 Leuckart: stimmtheit zu diagnosficiren. Weniger gilt das von dem Pigmentfleck des Luftsackes, den icti in einzelnen Exemplaren vermisst habe. In allen andern Beziehungen ist die üebereinstimmung unserer Art mit F. contorta so gross , dass ich ganz einfach^ um eine Wiederholung bis in's Detail zu vermeiden, auf letz- tere verweisen kann. Nur das will ich noch bemerken , dass die Geschlechtsanhänge etwas grösser sind, als bei F. con- torta. Die ausgebildeten weiblichen Anhänge sind in der Jugend gestielt (Z. U. Tab. II. Fig. 20), im ausgebildeten Zu- stande geht aber dieser Stiel verloren , indem der Scheitel des Mantels sich stark verdickt (Z. U. Tab. II. Fig. 21) und die ganze Länge des Stieles dabei in Anspruch nimmt ')• Wo der Stiel in den Mantel übergeht, finden sich in der Ju- gend ziemlich constant einige Angelorgane, obgleich das Vor- kommen dieser Gebilde sonst gewöhnlich auf den äussern Rand des Mantels beschränkt ist. Die Anordnung der Man- telgefässe zeigt denselben Wechsel, auf den wir oben, bei F. contorta, hingewiesen haben. b. Physophoriden mit verkürzter Leibes- achse. Gen. Pliysopliora Forsts. Oberhalb der verkürzten Leibesachse eine zweizeilige Schwimmsäule 2). Deckstücke fehlen. Die Leibesachse bil- det einen Sack, dessen unlere Fläche zuäusserst einen Kranz von Tastern, und sodann einen Kranz von Polypen trägt ^), Die Taster sind ohne Tentakel; die Nesselknöpfe schrauben- förmig gewunden und in einen kapseiförmigen Mantel einge- geschlossen. 1) Ob das auch bei F. contorta vorkommt, muss ich dahin ge- stellt sein lassen ; ich habe die weiblichen Anhänge dieser Art be- ständig gestielt gesehen. 2) Die Pli. telrasticha Phil, mit einer vierzeiligen Schwimm- säule dürfte wohl mit Recht ein eigenes Genus oder Subgenus bilden. 3) Die frühern Beubachter hielten die Taster irrthümmlicherWeise für Polypen (Saugröhren) , die wirklichen Polypen für Flüssigkeits- behälter. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 355 Pkysophora hydrostatica Forsk. Mit roth gefärbten Tastern und schlanken Gelchlechts- trauben, die je zu zweien, eine weibliche und eine männli- che, zwischen den Polypen und Tastern ansitzen. Der Luft- sack trägt einen braunrothen Pigmentfleck. Eine Art, die^ wie es scheint, im Mitlelmeere und auch im allantischen Ocean ziemlich weit verbreitet ist, und unter den verschiedensten Namen, neuerlich von KöUiker auch als Ph. Philippii (p. 19), beschrieben wurde. Möglicher Weise bezeichnet der eine oder andere dieser Namen (Ph. disticha, Ph. muzonema, Ph. Forskalii) übrigens auch wirklich eine eigene, von der echten Ph. hydrostatica abweichende Species; allein es dürfte nach den bis jetzt vorliegenden Beschreibun- gen unmöglich sein , diese mit Sicherheit von einander zu unterscheiden. Die Verschiedenheiten , die bei den einzel- nen Formen hervorgehoben werden , beziehen sich fast aus- schliesslich auf die Zahlenverhältnisse, in denen die Anhänge, Schwimmglocken, Taster, Polypen und Fangfäden, vorkom- men; wir wissen indessen zur Genüge, dass wir darauf bei unsern Thieren nur äusserst wenig zu geben haben. Ich glaube desshalb auch , dass die Kölliker'sche Ph. Philippii (Tab. V.) von der Vogt'schen Ph. hydrostica (Tab. III) nicht verschieden ist, obgleich die letztere eine sehr viel reichere Form darstellt. Freilich finden sich auch sonst in den Dar- stellungen der beiden Beobachter mancherlei Differenzen, doch dürfte erst zu entscheiden sein, ob diese auch wirk- lich constant und durchgreifend sind. So stattet KöUiker z. B. die Nesselknopfkapseln seiner Art mit einer sckwanz- artigen Endspitze aus, die von Herrn Vogt nirgends erwähnt ist; so giebt KöUiker an, dass Polypen und Taster in ver- schiedener Anzahl neben einander vorkämen , während Herr Vogt für seine Art ausdrücklich eine Uebereinstimmung in der Zahl dieser Anhänge hervorhebt u. s. w. Die Schwimm- slücke, deren Form und Bildung vielleicht noch am ersten die Frage nach der Identität oder Verschiedenheit der be- treffenden Arten entscheiden könnte, sind von beiden Beob- achtern leider nicht mit einer ausreichenden Vollständigkeit und Genauigkeit beschrieben worden. Sie sollen mit denen 356 L e u c k a r t : von Agalma übereinslimmen ') — aber auch die einzelnen Arten des Gen. Agalma zeigen bekanntlich Verschiedenheiten in der Gestalt der Schwimmglocken. Um Nizza scheint unsere Physophora ziemlich selten zu sein, da Herr Vogt (der dieselbe früher als Ph. Corona n. sp. beschrieben) nur zwei Exemplare, ich selber aber^ trotz allen Nachstellungen, kein einziges antraf. Natürlicher Weise kann ich unter solchen Umständen mir auch kein Urlheil über die Angaben von Kölliker und Vogt erlauben; ich kann es aber doch nicht unterlassen, hier ein Paar Punkte zur Sprache zu bringen, über welche diese beiden Beobachter verschie- dener Ansicht sind. Der eine dieser Punkte betrifft die Bildung der ver- kürzten Leibesachse, die Kölliker in Uebereinstimmung mit den frühern Beobachtern als eine sackförmige beschreibt und durch einfache Verkürzung und Erweiterung aus der gewöhn- lichen langgestreckten Leibesachse der übrigen Physophori- den hervorgehen lässl. Herr Vogt (p. 44) betrachtet diesen Körperstamm dagegen nicht eigentlich als einen Sack , son- dern als einen stark verdickten Cylinder, der sich, abgese- hen von seiner Kürze , noch dadurch auszeichne, dass er in einen horizontalen (fast scheibenförmigen) Bogen zusammen- gewunden sei. Die Concavität des Bogens soll durch einen Ausschnitt angedeutet werden, wie ihn auch Philipp i bei der Ph. tetrasticha beschrieb , aber irrthümlicher Weise als ,,Mund" deutele ^). Ich habe leider, wie gesagt ^ keine Ge- legenheil gehabt, diese Angabe zu prüfen, aber ich muss offen gestehen , dass ich durch die Behauptung des Herrn Vogt noch nicht im Geringsten überzeugt bin. Allerdings giebt Herr Vogt an, dass die Entwickelung der Anhänge nach dem eben erwähnten Ausschnitte hin in einer be- .1) Die Seitengefässe der Schwimmglocken sind überselien, ebenso auch die Mantelgefässe , die gewiss vorhanden sind, w^enn diese Ue- bereinstimmung so gross ist, wie namentlich Kölliker angiebt. 2) Die Ansicht, welche Philipp i (Müllers Arch. 1843. S.63) über die Organisation der Physophoriden aussprach, hat sich als gänz- lich verfehlt ergeben und bedarf gegenwärtig keiner weitern Wider- legung. Zur nähern Kennlniss der Siphonophoren von Nizza. 357 sllmmten Richtung- zunehme , dass also der Vegetationspunkl dieser Anhänge am entgeg-engesetzten Ende der Scheibe zu suchen sei, allein Herr Vogt behauptet ganz dasselbe auch von den Anhängen (Tentakeln) der Velella, bei der ich mich entschieden von der Unrichtigkeit dieser Behauptung über- zeugt habe. Sollte diese Angabe übrigens für Physophora vielleicht bestätigt werden (Kölliker hat es leider unter- lassen, auf die Wachsthumverhällnisse der Anhänge Rücksicht zu nehmen), so würde sich dadurch allerdings ein gewich- tiger Grund für die Richtigkeit der Vogt'schen Auffassung ergeben. Einstweilen darf man aber , wie gesagt , hieran noch zweifeln, um so mehr, als die Darstellung der Entwick- lungsverhältnisse, die Herr Vogt von den betreffenden An- hängen giebt, keineswegs hinreichen möchten, diese Zweifel zu verscheuchen. Dazu kommt , dass — auch nach Herrn Vogt — diese Anhänge in verschiedenen (kreisförmigen) Reihen neben einander stehen , was doch sonst bei den Si- phonophoren mit gestreckter Leibesachse (nach mir und Gegenbau r) nirgends der Fall ist, auch nicht bei Agalma rubrum, bei dem die Insertionspunkte der Schuppen mit de- nen der Polypen und Taster , wie überall in eine einfache Reihe hinter einander fallen, mag die Richtung der ausge- bildeten Anhänge auch noch so verschieden sein. Herr Vogt giebt freilich für letztere Art gerade das Gegentheil an; er behauptet, dass die Deckslücke an der der Insertionsstelle der Polypen entgegenliegenden Fläche des Körperstammes befestigt seien (p. 69) , und glaubt desshalb sogar die Taster unserer Physophora — auch die Tentakel der Velella ! — als „Deck- stücke" in Anspruch nehmen zu können ! Gegen diese letz- tere Behauptung werden wir uns freilich immer aussprechen müssen, selbst dann, wenn die Analogie des Ag. rubrum mit völligem Rechte von Herrn Vogt angezogen wäre. Dass die Taster der Physophora — auch die Tentakel von Velella — mit den Deckstücken morphologisch übereinstimmen (freilich auch mit den Polypen und andern Anhängen der Sipho- nophoren) , darüber kann wohl nach meiner Ansicht kein Zweifel sein; dass sie aber Deckslücke vorstellen, wird wohl schwerlich Jemand (ausser Herrn Vogt) im Ernste behaupten können. Die Charaktere eines Deckstückes, wie 358 L e u c k a r l : die eines Tasters, liegen in der Form und der Function — man muss der vorgefassten Meinung wirklich ein grosses Opfer bringen, wenn man alle diese Charaktere mit einem Worte für nichtig erklärt. Am Ende wird Herr Vogt auch die Ta- ster zwischen den Schwimmglocken bei Apolemia und Fors- kalia ophiura für Locomotiven in Anspruch nehmen , da er ja von seinem Gesichtspunkte aus Alles, was an der Schwimm- säule knospet, für Schwimmglocken halten muss. Die eigenthümliche Bildung der Nesselknöpfe, die un- sere Physophoraarlen auszeichnet, schliesst sich, nach meiner Ansicht , unmittelbar an die oben bei Agalma Sarsii näher beschriebene Form an. Denken wir den glockenförmigen Mantel dieser Nesselknöpfe bis auf eine kleine Oeffnung in der Nähe des Stieles geschlossen, lassen wir dann den dop- pelten Endfaden mit der contractilen Blase ausfallen, so ha- ben wir die Bildung, um die es sich hier handelt. Dass der Stielkanal des Nesselknopfes, wie Herr Vogt angiebt (p. 50), mit dem Innenraume des Mantels in offener Communication steht , möchte ich sehr bezweifeln. Es ist wenigstens nach der Analogie mit den übrigen Physophoriden sehr viel wahr- scheinlicher, dass sich derselbe nach hinten in den Nessel- slrang fortsetzt, der mit seinen schraubenförmigen Windun- gen im Innern liegt und (nach Vogt) mit seinem obern Ende in der unmittelbaren Nähe des Stieles und der Oeffnung fest- geheftet ist. Natürlicher Weise kann dieser Nesselstrang auch nach Aussen hervorgestossen werden , vielleicht durch Con- traction des Mantels, der eine innere muskulöse Auskleidung zu tragen scheint. Die Form und Anordnung der Nesselor- organe ist, wie bei Agalma, vielleicht auch die Bildung der Muskelbänder, die jedenfalls eine beträchtliche Stärke zu be- sitzen scheinen. C. Velellidae Eschsch. Eine kleine Gruppe scheibenförmiger Thiercolonieen '), 1) Auch Herr Vogt hat jetzt — freilich stillschweigend, wie in vielen andern Punkten — zugegeben, dass die Velelliden zusam- mengesetzte Thiere seien, obgleich er, im Gegensatze gegen diese meine Auffassung (Zeitschrift für wiss. Zool. a.a.O. S. 211), noch vor Kurzem die einfache Natur derselben behauptet hatte (Ebendas. S, 525). Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 359 die sich in mehrfacher Beziehung von den übrigen Siphono- phoren, auch von den Physaliden, denen sie sonst noch am nächsten stehen, sehr auffallend unterscheiden. Schwimm- glocken fehlen; die Bewegungsapparate bestehen ausschliess- lich, wie bei den Physaliden , in einem sehr ansehnlichen Luftsacke, aber dieser Luftsack (Schale) ist scheibenförmig von oben nach unten abgeplattet, von einer festen fast ske- lelartigen Beschaffenheit und im Innern durch eine Anzahl concentrischer Scheidewände in Kammern getheilt. Die An- hänge , die an der untern Fläche der Körperscheibe ange- bracht sind (vergl. die halbschematische Abbildung auf Tab. XIIL Fig. 21) , bestehen aus einem grossen Centralpolypen (a) mit einer stark entwickelten braunen Leber, aus zahlrei- chen kleinern proliferirenden Polypen (&) , die denselben nach allen Seiten umgeben und schliesslich aus einem peripheri- schen Kranze von tasterartigen Fangfäden (c). Die Geschlechts- anhänge entwickeln sich zu förmlichen kleinen Medusen mit Mundöffnung und Bandfäden, die sich schon frühe von ihren Mutterthieren abtrennen und erst nach der Abtrennung ge- schlechsreif werden. Dazu kommt , dass die gemeinschaftli- che Körperhöhle, mit der die Anhänge communiciren, bei den Velelliden keinen einfachen Hohlraum darstellt , sondern in ein System radiärer Kanäle zerfallen ist (rf), das sich viel- fach verästelt und eben so vielfach mit seinen Zweigen ana- stomosirt ^). Die Hauptstämme dieses Gefässsystemes ent- springen im Magengrunde des Centralpolypen und verbreiten sich von da in radiärem Verlaufe. Die Velelliden verhallen sich in Bezug auf die gemeinschaftliche Körperhöhle zu den übrigen Siphonophoren ganz eben so, wie die Scheibenqual- len zu den Hydroiden und Polypen ^y, denken wir uns die Scheibe der Velelliden (wie es in der schematischen Ab- 1) Die Ansicht von der morpholcgischen Uebereinstimmung die- ser sogenannten Saftgefässe mit der gemeinschaftlichen Leibeshöhle der übrigen Siphonophoren ist bereits von Herrn Vogt (p. 35) ausge- sprochen. 2) lieber das Verhällniss dieser Thiergruppen vergl. man meine Bemerkungen in den Beiträgen von Frey und Leuckart S. 32 und Morphol. der wirbellosen Thiere S. 17 ff. 360 L e u c k a r t : bildung auf Tab. XIII. Fig. 22 gezeichnet) zu einem cylindri- schen Stamme ausgezogen, wie bei den übrigen Siphonopho- ren, so werden die radiären Gefässc allmählich in einen ge- meinschaftlichen Centralkanal zusammenfliessen. An diesem Stamme werden dann die Anhänge des Velellidenkörpers über einander befestigt sein, gleichfalls wie sonst gewöhnlich bei den Siphonophoren, zuunterst der grosse Centralpolyp, der älteste der ganzen Colonie , zuoberst die Tentakeln. Das obere, blindgeschlossene Ende des Stammes wird dann auch hier den Luftsack enthalten. Uebrigens ist auch der Luflsack der Velelliden nicht vollkommen geschlossen, wie es vielleicht auf den ersten Anblick scheinen möchte. Aus der untern Fläche entspringt eine Anzahl von dünnen tracheenartigen Luftgefässen, die an die einzelnen Anhänge hinantreten und hier (namentlich an den proliferirenden Polypen) in einer noch nicht ermittellen Weise endigen ^). Ausserdem trägt die obere Fläche der Luftblase eine Anzahl von kleinen spalt- förmigen Oeffnungen, die d(!n äussern Körperüberzug durch- brechen und eine directe Communication zwischen dem Luft- räume und der äussern Atmosphäre herstellen. Gen. VelelHa Lam. Die Körperscheibe hat eine ovale Gestalt und trägt ei- nen diagonalen — von oben und rechts nach unten und links oder umgekehrt verlaufenden — kammförmigen Aufsatz (Se- gel) , der im Innern durch ein eigenes mit dem Luftsacke zusammenhängendes Hornblatt gestützt wird. Die Fangfäden sind einfache cylindrische Anhänge. Der radiäre Bau ist durch die Körperform in mehrfacher Beziehung (Form des Centralpolypen , Gruppirung der Oeffnungen für die Saffge- fässe im Grunde des Magensackes u. s. w.) modificirt Avor- den. Die Luftlöcher liegen neben der Wurzel des Segels, in der einen Hallte des Körpers auf der rechten, in der an- dern auf der linken Seite. Die Luftgefässe kommen in ge- 1) Ich möchte diese Luftgefässe mit dem halsförmigen Aufsatze an dem Luftsacke der Physophoriden vergleichen, und das morpho- logische Yerhältniss dieser beiderlei Gebilde in derselben Weise auffas- sen, wie das der Saftgefässe und der canalförmigen Leibeshöblc bei den meisten übrigen Siphonophoren. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza, 36l ringer Anzahl aus dem Mittelpunkte der Körperscheibe her- vor. Die Luftkauimern stehen unter sich in Communication. Velella spirans Forsk. Die Scheibe der Luftblase ist schmal, im Centrum ke- gelförmig- erhoben und mit einem sehr ansehnlichen , von oben und rechts nach unten und links verlaufenden ') Kamme versehen, der in der Mitte sich in eine Spitze auszieht und mit seinen abgerundeten Seitentheilen über den Rand der Luftblase vorspringt. Die Zahl der Luftlöcher beträgt 13; das mittelste derselben communicirt mit der Centralkammer. Der Rand der Körperscheibe, der über den Rand der Luft- blase herabfällt, und die Tentakeln sind blau gefärbt. Obgleich die Velellen oftmals in der wärmern Jahres- zeit (vom Mai an) zu unermesslichen Schaaren an der Küste um Nizza erscheinen, bin ich doch nicht so glücklich gewe- sen', diese Thiere lebendig beobachten zu können. Nichts desto weniger mag es mir aber erlaubt sein, einige Worte über diese interessanten Geschöpfe hier anzumerken. Der Güte meines verehrten Freundes V erany verdankeich zahl- reiche wohlerhaltene Exemplare dieses Thieres, die mir we- nige Wochen nach meiner Abreise von Nizza hieher nach- gesendet wurden und mir Gelegenheit gaben , durch eigene Untersuchungen eine ziemlich vollständige Einsicht in den Or- ganismus und die Structurverhältnisse unserer Thiere zu ge. winnen. Bin ich auch ausser Stande, den Beobachtungen von K ö 1 1 i k e r (S. 46. Tab. XI) und V o g t (p. 5. Tab. I) et- was Neues von Erheblichkeit hinzuzufügen, so wird doch, wie ich hoffe , die Bestätigung der einen oder andern An- gabe nicht ganz ohne Werth sein. Dass die sogenannte Schale oder das Skelet unseres Thieres, wie überhaupt der Velelliden, als Analogon des Luft- sackes zu betrachten sei , scheint mir ausser Zweifel und wird durch die Uebereinslimmung in den allgemeinen mor- phologischen Verhältnissen zur Genüge bewiesen. Es kann 1) So wenigstens, wenn der breite Rand der Scheibe dem Be- obachter zugekehrt ist. Eschscholtz scheint die Bestimmung bei der Lage mit dem schmalen Rande gegen den Beobachter vorgenom« men zu haben. 362 Leuckart: nur da bestritten werden, wo man übersehen hat, dass auch bei den Physophoriden ein eigenes BehäKniss für die Auf- nahme des Lufltropfens vorhanden ist. Ich glaube mich so- gar davon überzeugt zu haben , dass die physikalische und chemische Beschaffenheit der Luftblasenwand in beiden Grup- pen vollkommen übereinstimmt. Uebrigens habe ich schon früher einmal darauf auf- merksam gemacht (Zeitschrift für wiss. Zool. III. S. 193) , dass man die Substanz der Yelellenschale mit Unrecht ge- wöhnlich als „knorplich" bezeichnet, da sie weit eher eine hornige Beschaffenheit habe. Herr Vogt bemerkt nun frei- lich (p. 12) gegen diese meine Angabe, dass er keinen Cha- rakter in der histologischen Zusammensetzung von Ho/n und Knorpel kenne, der überall und namentlich auch „bei so dün- nen und homogenen Lamellen«, wie in dem Skelet der Velel- len, zur Unterscheidung ausreiche, allein er scheint dabei zu vergessen, dass es, wenigstens nach unserem gegenwärtigen Wissen, keinen homogenen Knorpel giebt. Gerade die Homogeneität , die Herrn Vogt diese Scrupel gemacht zu haben scheint, ist wohl ein sicheres Zeichen, dass die Luft- blase der Velellen nicht aus Knorpel bestehe. Sollte Herr Vogt übrigens trotzdem über die Natur der Luftblasenwand noch im Zweifel geblieben sein, so würden wohl die einfach- sten Manipulationen dazu hingereicht haben, die Verschieden- heit von dem Knorpelgewebe zu constatlren. Die Velellen- schale giebt beim Kochen keinen Leim, sie bleibt in kausti- schem Kali selbst nach wochenlanger Maceration und vielfa- chem Kochen unverändert, während sie in kochender Schwe- felsäure sich mit Leichtigkeit auflöst — kurz sie zeigt, wie ich schon an einem andern Orte (dieses Arch. 1852. L S. 26) hervorgehoben habe, die chemischen Reaclionen des Chitin- gewebes. Ich kann hier diese Angabe nach erneuter Prüfung — auch trotz der widersprechenden Aeusserung vonKölli- ker (S. 49) — nur nochmals bestätigen und freue mich jetzt auch die Autorität von Prof. Schlossberger dafür anführen zu können. Letzterer, dem ich einige dieser sog. Knorpel zur Untersuchung mittheilte, hat sich ferner noch davon überzeugt , dass die betreffende Substanz nicht etwa Cellulose ist, sondern zu den stickstoffhalligen Verbindungen Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 363 gehört, aber schon wegen der vollständigen Abwesenheit von Schwefel weder den leimgebenden Geweben , noch den Proteinkörpern zugerechnet werden darf. lieber die Luftgefässe unserer Velella herrscht beiKöl- liker und Vogt einige Verschiedenheit. Nach Ersterem sollen dieselben mit etwa 10 — 15 unverästelten Stämmen aus den 5— 6 innersten Luflkammern hervorkommen (S. 55), wäh- rend Herr Vogt nur vier Hauptstämme annimmt, die mit kreuzweis gestellten OefFnungen aus dem Mittelpunkte der Schale ihren Ursprung nehmen und, wie es auch Krohn, der Entdecker dieses Apparates, beschrieben hatte, während des Verlaufes sich vielfach verästelten, lieber den Ursprung dieser Gefässe bin ich durch meine Untersuchungen zu kei- nem entscheidenden Resultate gekommen, doch scheint es mir fast, als wenn die Angabe des Herrn Vogt die richti- gere wäre. Jedenfalls gilt dieses in Bezug auf die Veräste- lungen der Luftgefässe, die ich mehrfach auf das Entschie- denste beobachtet habe. Eben so unbedingt kann ich aber auch die Angabe von Kölliker über die Existenz der Luftlöcher auf der obern Fläche der Velellenscheibe bestätigen. Wie ich schon frü- her die Stigmata der Schale auffand (Z. U. S. 5) , so habe ich jetzt auch die entsprechenden Oeffnungen in den Weich- theilen gesehen und zwar so constant und leicht , dass ich mich in der That darüber wundern muss , wie Herr Vogt trotz seiner Bekanntschaft mit dem Kölliker'schen Funde, dar- über im Ungewissen bleiben konnte. Der Rand der Mantel- Öffnungen ist aufgewulstet , doch ohne Muskelfasern, die ich, wie Kölliker, nur in dem Rande des Mantels unterscheiden konnte. (Herr Vogt bezeichnet den ganzen Mantel als mus- kulös.) Die flaschenförmigen Drüsen in der äussersten Pe- ripherie dieses Mantelrandes sind noch an Spiritusexemplaren sehr bestimmt zu erkennen. Der grosse (sterile) Centralpolyp besteht eigentlich nur aus zwei Abschnitten, aus dem Rüssel und dem Magensacke, aus dessen Grunde die Saftgefässe mit zwei Längsreilien querstehender Spalten, die nach den Enden zu immer kleiner werden, ihren Ursprung nehmen 0. Die Leber umlagert den 1) Lesson iäs3t diese Gpfässe irrlhümlicher Weise aas den 3ö4 L e u c k a r t : Anfangstheil dieser Saftgefässe — die Kölliker desshalb auch, so weit sie von den Leberzellen umschlossen werden, als „Lebergefässe" bezeichnet — und bildet eine ziemlich scharf begrenzte Masse von spindelförmiger Gestalt, deren Secret durch die Saftgefässe dem Cenlralpolypen (wohl auch den peripherischen kleinen Polypen) zugeführt wird. Ueber die Anordnung und den Bau dieser Gefässe verweise ich auf die Darstellungen von Kölliker und Vogt. Im Allgemei- nen lässt sich nur so viel von denselben bemerken, dass sie einen peripherischen Verlauf einhalten und theils (vgl. Fig. 21) in den Rand des Mantels eintreten, theils auch um den Rand des Luftsackes herum auf die obere Fläche des Mantels ge- langen, um hier, gleichfalls in radiärer Anordnung, nach dem Mittelpunkte hinzulaufen. Der Kamm erhält seine eigenen Gefässe, zwei seilliche und zwei mittlere, die eine ansehnli- che Weite besitzen. Die peripherischen Polypen sind sehr viel kleiner , als der Centralpolyp und aus den gewöhnlichen drei Abschnitten zusammengesetzt , obgleich der Basaltheil eine abweichende stielförmige Bildung hat und auch im Innern (nach Unter- suchungen an Spiritusexemplaren) jener grossen und hel- len Zellenlage entbehrt, die man sonst ganz allgemein bei den Siphonophoren in diesem Abschnitte antrifft. Ebenso scheinen auch die Zellenwülste des Magensackes zu fehlen. Die äussere Fläche dieser Polypen trägt zahlreiche runde An- gelorgane, die gruppenweis neben einander gelagert sind und warzenförmig nach aussen vorspringen. Der Mund ist im geschlossenen Zustande schwer wahrzunehmen, so dass man früher die Existenz desselben vollkommen in Abrede stellen konnte , aber doch unzweifelhaft vorhanden , wie ich mich jetzt gleichfalls überzeugt habe. Der Zusammenhang der peripherischen Polypen (und Tentakel) mit den Saftgefässen ist leicht zu conslatiren. Von den zugespitzten Enden des grossen mittlem Polypen sah ich dagegen niemals solche Anhänge abgehen , auch nicht von (zugespitzten) Enden des Magensackes hervorgehen, der bekanntlich einen spindelförmigen, in der Längsrichtung der Scheibe verlaufenden Anhang darstellt. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Niiza. 365 der Leber, die, nach Kölliker (S. 52), gleichfalls bisweilen mit proliferirenden Polypen besetzt ist. Die Tentakel sind einfache , aber ausserordentlich be- wegliche Cylinder oder kurze Fäden von ziemlicher Weite, deren Nesselorgane, wie Kölliker ganz richtig angiebt, zwei breite — bei Velella oblonga? aus der Südsee vier schmälere — Streifen zusammensetzen, die von der Basis bis zur Spitze hinziehen und hier in einander fliessen. Die Form der Nesselorgane ist dieselbe , wie an den peripherischen Polypen. Ueber die Geschlechtsverhältnisse unserer Velellen sind wir besonders durch Gegenbaur (Zeitschr. f. wiss. Zool. V. S. 370) und Vogt (p. 54), auch schon früher durch Hux- ley (Müller's Arch. 1851. S. 383) aufgeklärt worden. Die kleinen gestielten Knöpfchen, die an dem Stiele der peripheri- schen Polypen ansitzen und sich nach den Untersuchungen von Vogt und Kölliker wesentlich ganz in derselben Weise entwickeln, wie die Geschlechtsanhänge der übrigen Sipho- nophoren, verwandeln sich in förmliche Scheibenquallen, die sich von ihrer Bildungsstätte abtrennen, bevor sie geschlechts- reif sind und auch nach ihrer Abtrennung (vergl. Gegen- baur a. a. 0.) sich noch mehrfach verändern. Leider fehlt es bis jetzt noch an einer genauem Darstellung dieser Vor- gänge. Wir wissen nur, dass die ausgebildeten Velellen. quallen zwei Randfäden und 16 Radialgefässe (bei ihrer Ab- trennung nur 4) besitzen und an dem kurzen stumpfkoni- schen Magen vier Geschlechtsorgane tragen. Die Jugendzustände unserer Velelle sind wahrscheinlich schon von dem alten Forskai beobachtet worden. Es sind dieselben Formen, die von Eschscholtz später als Typen eines eignen Genus Rataria aufgestellt wurden. Bestätigt sich diese Vermuthung, so bestehen die jungen Velellen anfangs nur aus dem spätem Cenlralpolypen mit (einfachem) Luflsack und Tentakeln. So viel ist jedenfalls gewiss, dass noch Velellen von 3_4'" den Ratarien nicht unähnlich sehen, auch erst eine geringe Anzahl von peripherischen Polypen (ohneQuallenknos- pen) , Tentakeln und Luftkammern besitzen. Was die Ver- mehrung der erstgenannten Anhänge betrifft, so soll diese, nach Herrn Vogt, wie beiPhysophora, an einer ganz genau 366 Leuckart: fixirten Stelle vor sich gehen (p. 34). Der Kranz, den die Fühler zusammensetzen, soll nämlich an einer bestimmten Stelle unterbrochen sein und zwar der Art, dass der eine Schenkel desselben nach Innen etwas ausweicht. An dem Ende dieses Schenkels (und ausschliesslich hier) soll nun die Neubildung der Tentakel , nach Innen davon auch die der peripherischen Polypen vor sich gehen. Kölliker schweigt über diesen Punkt; ich muss indessen gestehen, dass es mir unmöglich war, das von Herrn Vogt beschriebene Verhält- niss aufzufinden. Dagegen glaube ich mich mit aller Be- stimmtheit davon überzeugt zu haben , dass die Neubildung der Tentakel aller Orten zwischen den ausgebildeten vor sich gehet. Man sieht die kleinen fast zottonförmigen Tentakel überall zwischen den alten und ausgebildeten und zwar ge- wöhnlich nach Aussen umgeschlagen , so dass man auf den ersten Blick vielleicht vermuthen könnte , sie seien vor den alten, nicht zwischen denselben eingepflanzt. Aehnliches gilt für die proliferirenden Polypen, die, zum Theil wenigstens, gleichfalls zwischen den altern Einzelthieren, zum Theil aber auch in der Peripherie derselben hervorkommen. Was die Lebensweise der Velellen betrifft, so giebt Kölliker an (S. 55), dass er diese Thiere nie anders, als mit herabhängendem Segel und aufwärts gekehrten Anhängen an der Oberfläche des Wassers schwimmend gesehen habe. Die früheren Beobachter theilen gerade dasGegentheil mit; sie stimmen ohne Ausnahme darin überein, dass die Velellen den horizontalen Kamm ihres Körpers nach oben tragen und zwar ausserhalb des Wassers, so dass er die Rolle eines förmli- chen Segels übernehmen kann. Herr Vogt beschreibt diese Haltung gleichfalls als die normale und Verany hat mir über die Locomotion unserer Thierchen dasselbe mitgetheilt. Wahrscheinlicher Weise ist hier also von Seiten KöUiker's ein Irrthum untergelaufen , vielleicht durch die Beobachtung gefangener oder halbtodler Exemplare. Uebrigens wird man gewiss gerne mit Kölliker darin übereinstimmen, dass un- sere Kenntnisse über die Lebensverhältnisse der Velellen noch keineswegs abgeschlossen sind. Ob dieselben durch die Bil- dung ihres pneumatischen Apparates zeitlebens an die ober- sten Schichten des Wassers gefesselt sind, ob sie durch Aus- Zur nähern Kennlniss der Siphonophoren von Nizza. 367 treibung" oder auch vielleicht durch Compression der Luft — möglichenfalls könnten hierbei ja die Luftgefässe, die so vielfach ein contracliles Gewebe durchsetzen, eine Rolle spie- len — eine Veränderung ihrer Hallung herbeiführen können, das Alles sind Fragen, die erst bei fortgesetzter Beobachtung ihre Erledigung finden können. Freilich habe ich kaum die Hoffnung, dass die Bemerkungen, dieKölliker an seine Behauptung anknüpft, in dieser Beziehung unsere Kenntnisse wesentlich fördern werden. Gen, Porpita Lam. Mit kreisrundem Körper ohne Kamm und längern mit Nesselknöpfen besetzten Fühlern, die in zwei oder drei Rei- hen stehen. Luftlöcher und Luftgefässe sehr zahlreich und in radiärer Gruppirung. Die Luftkammern sind von einander abgeschlossen »)• Porpita medi terra nea Esch. Mit massig breitem Rande und kurzgestielten Nessel- knöpfen, die die keulenförmig verdickte äussere Hälfte der Tentakel besetzen. Rand und Tentakel blau gefärbt. Ueber diese Siphonophore weiss ich Nichts anzugeben. Sie ist weder von mir, noch von Herrn Vogt beobachtet, wird aber vonVerany (Catalogo degli anim.) unter den Nizzaer Siphonophoren aufgeführt ~). Den Untersuchungen von Kölli- ker (ß. bl. Tab. XII) verdanken wir bekanntlich eine eben so interessante , als wichtige Anatomie dieses Thieres , auf die ich hier hinweise. Die wesentlichen Verhältnisse des Baues sind übrigens, wie bei Velella. Ich habe am Eingange meiner Abhandlung bemerkt, dass über die zusammengesetzte Natur der Siphonophoren ^) nicht 1) Mit Unrecht giebt Eschscholtz seinen Porpitaarten eine „Kalkschale.« Der Luftsack dieser Thiere hat nach KöUiker (S.57) dieselbe physikalische Beschaffenheit, wie bei Velella. 2) Die Porpita nioneta Risso ist keine Siphonophore, sondern der nach der Auflösung der Weichtheile übrig gebliebene Glaskörper einer Cunina, die man nicht selten um Kizza auffischt, 3) Von Lesueur, Lamarck, Delle Chiaje und Milne 368 Leuckart: länger ein Zweifel mehr obwalten könne. Wir brauchen uns nur die eine Thatsache der Eudoxienbildung zu verge- genwärtigen — und der Beweis für die Richtigkeit unserer Behauptung ist geliefert. In der Tliat stimmen die neueren Beobachter der Siphonophoren ohne Ausnahme in diesem Punkte mit einander überein. Aber an diese Erkenntniss knüpft sich sogleich eine neue und weitere Frage. Es han- delt sich ferner um die Entscheidung, ob ausschliesslich die Polypen der Siphonophorencolonie als „Thiere," die übrigen Anhänge dagegen als „Organe" zu betrachten sind^ oder ob gar Alles, was an dem Stamme hervorsprosst ^ mag seine Form und Aufgabe auch noch so verschieden sein, in gene- tischer Beziehung die Bedeutung eines Individuums besitze. Betrachtet man den Organismus einer fertigen Eudoxie, so möchte man vielleicht noch einer andern dritten Ansicht den Vorzug geben und annehmen, dass nicht etwa dieser oder jener einzelne Theil des Siphonophorenkörpcrs, sondern jedesmal ein Complex von Theilen, wie er in einer Eudoxia uns vorliegt, Magens^ack mit Fangapparat, Deckschild und Ge- schlechtsanhang, ein Individuum darstelle. Von dieser An- sicht wird man indessen zurückkommen, wenn man sich über- zeugt, dass alle die Theile, die hier zu einem gemeinsa- men Körper zusammenhängen, anfangs von einander voll- kommen isolirt sind und auch bei der Mehrzahl der Siphono- phoren beständig als isolirte Anhänge und in ganz überein- stimmender Weise an dem Stamme befestigt bleiben. Aber ge- rade dieses gleichmässige Verhälfniss der einzelnen Anhänge zum Körperstamme drängt uns auf der andern Seite, wie ich glaube, zu der Ansicht, dass dieselben vom genetischen Stand- punkte aus vollkommen gleichwerlhig seien. Gebilde, die unter ganz denselben Verhältnissen hervorknospen , die bei ihrer ersten Anlage formell mit einander übereinstimmen und auch noch im entwickelten Zustande eine gewisse, mehr oder min- der auffallende Analogie ') besitzen , solche Gebilde dürfen wir wohl für morphologisch gleichwerlhige Theile ansehen. Edwards wurde schon früher die zusammengesetzte IVatur einzelner Siphonophoren behauptet. 1) Diese Analogie der einzelnen Anhänge erstreckt sich auch auf ^ie histologische Entwickelung der Knospen, über wel- Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza, 369 Können wir beweisen, dass das eine dieser Gebilde ein In- dividuum darstellt, so ist damit auch die individuelle Natur che sich im Allgemeinen etwa Folgendes angehen lässt. Bei dem er- sten Auftreten sind die Knospen glashell und structurlos ; die neu gebildeten Knospen bestehen aus einem homogenen Blastem, in dem man keinerlei geformte Elemente unterterscheiden kann. Aber dieser Zustand der primitiven Indifferenz hat nur kurze Dauer; nach einiger Zeit nimmt die Substanz der Knospe eine liörnige und bald darauf auch eine deutlich zellige Beschaffenheit an. (Es ist sehr unrichtig, wenn Herr Vogt, Bilder aus dem Thierleben S. 160 behauptet, dass die Knospen der Siphonophoren „stets nur eine einförmige Substanz ohne Spur von Zellenmembran und Zellenkernen" unterscheiden Hessen, wenn er aus dieser seiner Beobachtung dann ferner den Schluss zieht, dass die Gewebe der Siphonophoren nicht aus Zellen hervorgingen.) Wiederum vergeht eine kurze Zeit, und die Zellenmasse der Knospen zerfällt in zwei ziemlich dicke Schichten, in eine äussere un dinnere, die beide auf ihrer freien Fläche mit Flimmerhaaren bedeckt sind. Wie es scheint, wird diese Trennung dadurch hervorgerufen , dass eine dünne Schicht von structurloserHyalinsubstanz sich zwischen beide ablagert. In vielen Knospen bleibt diese Ablagerung sehr beschränkt, in andern wächst sie dagegen (wie die Hyalinsubstanz — Cellulose — im Älantel der Salpen, die auf demselben Wege ihren Ursprung nimmt, vgl. Zool. Unters. II. S. 59) sehr beträchtlich, so dass sie schon nach kurzer Zeit den grössern Theil der ganzen Knospe ausmacht. Das letztere geschieht namentlich bei den Deckblättern und Schwimmglocken, bei denen diese Hyalinsubstanz den spätem festen und elastischen Mantel darstellt und die äussere Zellenschicht allmählich fast vollkommen ver- drängt. Der Rest dieser Zellenschicht bildet eine Epitheliallage auf der Oberfläche, die sich namentlich bei den jungen Anhängen sehr deut- lich erkennen lässt. Die innere Zellenlage der Knospe verwandelt sich in die Epithelialbekleidung des Höhlensystemes. Dasselbe ge- schieht mit der innern Zellenlage bei den übrigen Knospen, die we- niger reich an Hyalinsubstanz sind, während dagegen die äussere Zellenlage dieser Anhänge nicht bloss in einer Epitheliallage , son- dern auch in Muskelfasern, Nesselzellen u. s. w. auswachsen. Die letztern sind anfangs sehr zart und hell und entbehren eine längere Zeit hindurch der äussern festen Kapsel, die sich gleich der Cellulo- seschicht auf dem Primordialschlauche der Fflanzcnzellen erst später durch Ablagerung zu bilden scheint. Was die Schwimmhöhle der Locomotiven und die Mantelhöhle der medusenformigen Geschlechts- anhänge betrifft, so lässt diese gleichfalls (auch in den Schwimmglocken vonHippopodius) eine Zellenauskleidung erkennen, die sich später in den muskulösen Schwimmsack, verwandelt. Archiv, f. Naturgesch. XX. Jahrg. J. Bd. 24 ^7^ Leuckarl; der übrigen bewiesen. Freilich wird man fragen , wo dann etwa die Aehnlichkeit zwischen einer Schwimmglocke und einem Polypenleibe und Taster sei ? Ich gebe zu , diese Aehnlichkeit fällt nicht sogleich in die Augen , aber nichts desto weniger ist sie vorhanden. So gewiss als eine Schei- benqualle in den allgemeinsten Zügen ihres Baues mit dem Hydroidpolypen übereinstimmt, an dem sie hervorkommt, eben so gewiss findet sich auch eine solche Uebereinslimmung zwischen der Schwimmglocke und dem Taster einer Siphono- phore. Wir brauchen den Taster nur durch Depression der Längsachse in eine Scheibe zu verwandeln , diese Scheibe glockenförmig zu krümmen, um beide Gestalten mit einander in Zusammenhang zu setzen. Die Centralhöhle des Tasters wird dann in eine Reihe radiärer Canäle zerfallen — wie die Leibeshöhle bei den Velelliden — , um eine möglichst grosse und gleichmässige Contactfläche für die ernährende Flüssigkeit zu gewinnen ; es wird auch der innere Bau dieser Anhänge die morphologische Uebereinstimmung documenliren. Auch in physiologischer Beziehung herrscht zwischen den einzelnen Anhängen des Siphonophorenkörpers eine ge- wisse Uebereinstimmung. Es wird vielleicht Niemand Be- denken tragen, die Magensäcke oder Polypen als Individuen in Anspruch zu nehmen, weil sie sich nach Art eines Indi- dividuums selbstständig ernähren — aber ernähren diese In- dividuen denn nicht auch eben so gut die übrigen Anhänge, die den Siphonophorenkörper zusammensetzen? Sind sie in dieser Beziehung nicht eben so gut Organe der Gesammt- colonie, als die Taster, Deckblätter, Schwimmglocken u. s. w., die mit den Ernährungsthieren an dem gemeinschaftlichen Kör- perslamme anhängen und hervorknospen und mit ihnen zu- sammen sich in die verschiedenen Aufgaben des Lebens ge- theilt haben? ich gestehe, es scheint mir ziemlich wenig consequent, wenn man nur den einen oder andern Anhang des Siphonopho- renkörpers, vielleicht nur die Polypen, als Individuen will gel- ten lassen, und die übrigen als Organe betrachtet. Der eine dieser Anhänge ist nicht mehr Organ, aber auch nicht we- niger, als der andere. Es giebt bei den Siphonophoren kei- nen einzigen bleibenden Körperanhang, der alle die Functio- Zur nähern Kenntniss der Siplionophoren von Nizza. 371 nen und Aeusserungen des thierischen Lebens, die wir sonst gewöhnlich in einem Individuum sich vollenden sehen, verei- nigte. Alle die einzelnen Anhänge des Siphonophorenkör- pers repräsenliren für sich nur Bruchstücke des thierischen Lebens, die sich erst gegenseitig zu einem Gesammtbilde er- gänzen. Von diesem Standpunkte aus habe ich schon seit mei- nen Mittheilungen über den Bau unserer Thiere in der Zeit- schrift für wiss. Zool. III. S, 189 behauptet, dass die Sipho- nophorcn nicht blosse Thicrcolonieen , sondern polymor- phe Thiercolonieen seien, deren einzelne Anhänge nach dem Gesetze der Arbeitstheilung, das in der Thierwelt bekanntlich so vielfältige Anwendung findet (ich verweise hierbei namentlich auf meinen Art. Zeugung in Wagner's HWß. der Physiologie) , in die Aufgaben des Lebens sich getheilt und darnach in verschiedener Weise sich entwickelt hätten. Meine Ansicht 0 hat manchen Beifall , aber auch manchen Widerspruch gefunden. Reichert (monogene Fort- pflanzung), V. Carus (Morphologie), AI. Braun (das In- dividuum in der Pflanzenwell), neuerdings auch Hr. Schultz- Schultzenstein (Verjüngung im Thierreiche) haben sich derselben ganz unbedingt angeschlossen. Gegenbaur giebt gleichfalls zu (Generationswechsel der Medusen und Polypen S. 49), dass man nicht nur die Polypen und Geschlechtsan- hänge, sondern auch andere Theile des Siphonophorenkör- pers, Schwimmstücke und Deckblätter, als Individuen betrach- ten könne 2), glaubt aber, dass ich zu weit gehe, wenn ich solches auch für die Fangapparate behaupte. In einem noch beschränktem Sinne spricht sich Herr Vogt für den Polymorphismus der Siphonophoren aus, freilich ohne diesen Namen zu nennen oder überhaupt nur meiner Ansicht direct 1) Zur weitern Begründung derselben verweise ich hier na- mentlich auf meine Zool. Untersuchungen S. 70 ff. 2) Gegenbaur scheint nur Bedenken zu tragen (Beiträge u. s. w. S.56), diese Anhänge Individuen zu nennen — es ist das im Grunde sehr gleichgültig, wenn man sich nur darüber verständigt hat, dass sie (in genetischer Beziehung, denn der Begriff des Indi- viduums ist zunächst, obgleich man das gewöhnlich vergisst, ein ge- netischer) wirklich Individuen sind. 372 Leuckart: ZU erwähnen *)• Er erklärt ausser den Polypen auch noch die Taster und die Geschlechtsanhänge für Individuen, we- nigstens die schwärmenden Geschlechtsanhänge, erklärt auch auf p. 58 die Möglichkeit, dass man bei fortgesetzten Unter- suchungen vielleicht später noch einmal die Schwimmglocken, Deckstücke und bläschenförmigen Eikapseln als Individuen werde erkennen lernen, hält es aber nichts destoweniger an einer andern Stelle (p. 136) für einen Verstoss gegen den gesunden Menschenverstand Q„ce serait choquer le bon sens^O? die letzteren für Individuen auszugeben. Die beerenartigen Eikapseln seien und bleiben „Organe" — als ob nicht auch die schwärmenden Geschlechtsanhänge, nicht auch die sogenann- ten Polypen mit gleichem Rechte Organe genannt werden könnten! Herr Vogt scheint nicht zu wissen oder nicht wissen zu wollen, dass diese kapselartigen Geschlechtsanhän- ge durch die manchfaltigsten Zwischenformen allmählich zu den Geschlechtsanhängen mit exquisiter Medusenform hinfüh- ren^ dass sie nur eine niedrigere (d. i. weniger selbstständige) Entwickelungsform derjenigen Gebilde darstellen, die bei den Velellen als vollständige Scheibenquallen sich ablösen. Auch Kölliker scheint diesen Umstand nicht gehörig gewürdigt zu haben , wenn er — der einzige unter den neuern Beobachtern — den Polymorphismus der Siphonopho- ren vollkommen in Abrede stellt und die vielgeslaltelen An- hänge dieser Thiere ohne Ausnahme als Organe der Polypen ansieht. Nimmt er doch sogar Anstand (S. 73), die Velellen als „Ammen" zu betrachten, obgleich es ihm (durch die Un- tersuchungen von Huxley und Gegenbau r) bekannt war, dass sich die Geschlechtsknospen dieser Thiere zu Medusen entwickeln. Wenn man freilich auch bei den Hydroiden den 1) Hr. Vogt pflegt meinen Namen überhaupt nur bei solchen Gele- genheiten zu nennen, wo er glaubt, mir Etwas versetzen zu können. So figurire ich — abgesehen von dem sehr schmeichelhaften Postscriptum auf p. 164 — nur an dreien Stellen seines grossen Siphonophorenwer- kcs, bei Gelegenheit der Frage nach der IN'atur der Schwimmblasen-. wand bei den Velellen (p. 12) und der sogenannten Spccialschwimm- glocken bei Praya (p. 104), wobei ich natürlich mit meinen Behaup- tungen vollkommen im Unrecht bin, und bei der Frioritätsrcdamation auf p. 12P. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 373 Generationswechsel leugnet, wenn man die Quallensprösslinge dieser Thiere nur für eine besonders hoch organisirte Form von Geschlechtsorganen ausgiebt, die^ wenn auch eine Zeitlang frei umherschwimmend , doch nicht wirklich als Individuen anzusehen seien und kein eigentlich individuelles Leben füh- ren, dann wird es allerdings ganz natürlich scheinen, dass auch die Geschlechtsthiere der Velellen blosse Organe sind, wie die Geschlechtskapseln der übrigen Siphonophoren. Giebt man aber einmal die Individualität der aufgeammten Medusen zu (und ich glaube kaum , dass man dieselbe ernstlich in Zweifel ziehen kann), so folgt daraus auch zunächst mit lo- gischer Nolhwendigkeit die Individualität der übrigen soge- nannten Geschlechtsanhänge, die nach ihrer Entwickelungs- geschichte und ihrer Organisation sich an diese Medusen an- schliessen. Gegenbaur ist desshalb auch gewiss in vollem Rechte, wenn er nicht bloss den Velelliden, sondern den Si- phonophoren ohne Ausnahme einen Generationswechsel zu- schreibt, wie ich das, nach dem Vorgange von Sars, schon längst gethan hatte. Aber Gegenbaur fühlt auch sehr wohl^ dass zwischen dem Generalionswechsel bei den Sipho- nophoren und der gewöhnlichen Form dieses Vorganges ein gewisser Cwenn auch nur gradueller) Unterschied obwaltet: er nennt den Generationswechsel unserer Thiere — natürlich mit Ausschluss der Velelliden — einen „unvollkommenen'« und bezeichnet damit im Grunde genommen ganz dasselbe, was ich mit der Idee meines „Polymorphismus" auszudrücken ge- dachte. Wo die Geschlechtsthiere bei dem Generationswech- sel, wie in unserm FallC;, zu keiner völligen Selbstständigkeit gelangen, und blosse (mehr oder minder emancipirte) Anhänge am Körper ihrer Ammen darstellen , da beschränkt sich die Aufgabe derselben ausschliesslich auf die Vermittelung der Fort- pflanzung ^3. Die Ammengeneration, die sonst nur eine unterge- ordnete Rolle zu spielen pflegte, ist in solchen Fällen nicht bloss für die Entwickelung, sondern auch für das spätere Leben dieser ^^Geschlechtsthiere" nothwendig 2) ; sie repräsentirt ein 1) Gegenbaur nennt die Geschlechtsthiere in solchen Fällen eine „unvollkommene zweite Generation.« 2} Ich möchte desshalb auch nicht gerade dem Ausspruche von S74 Leuckart: weit grösseres Stück Lebensgeschichte, als die Generation der Geschlechtsthiere, die wir doch sonst gewöhnlich als die Haupt- repräsentanten der einzelnen Arten zu betrachten gewohnt sind sie stellt mit den Geschlechtslhieren zusammen eine polymorphe Colonie dar. Sind nun aber die Geschlechtsanhänge der Siphonopho- ren in Wirklichkeit Individuen (wenn auch immerhin , wie Mancher vielleicht lieber möchte, unvollkommene Individuen), so kann meiner Meinung nach darüber kein Zweifel obwal- ten, dass auch die Schwimmglocken, die sich eigentlich nur durch die Abwesenheit der Geschlechtsstoffe von denselben unterscheiden , als Individuen zu betrachten sein dürften 0« Die Entwickelung und der Bau der Schwimmglocken ist ja wesentlich mit diesen Anhängen übereinstimmend , eben so übereinstimmend, wie die Entwickelung und der Bau bei den Polypen, den Ernährungsthieren, und den mundlosen Tastern. Von den Tastern zu den Deckstücken und auch den Fangfä- den und Nesselknöpfen scheint mir kein eben sehr gewagter üebergang, ich kann mich, trotz aller Bedenken, nicht von der Ansicht lossagen, dass alle diese Anhänge, Alles, was an demSiphonophorenkörper sprosst und keimt, die morpho- logische Bedeutung eines Individuums besitze. In functioneller Beziehung mögen diese Individuen immerhin als „Organe" bezeichnet werden ; der Begriff des Wortes Organ knüplt zu- nächst nur an die Verwendung eines Gebildes für die Zwecke einer höheren Einheit an, mag nun dieses „Organ", wie in der Mehrzahl der Fälle, das Bruchstück eines Individuums, oder , wie bei unsern Siphonophoren, ein ganzes Individuum darstellen ^). Ist man einmal darüber klar geworden, dass Gegenbaur beipflichten, dass solche Ammen eine „unvollkommene" erste Generation darstellen. 1") Dasselbe geht aus den Beobachtungen von Gegenbaur über die Entwickelung derDiphyiden hervor — oder wollte man hier etwa die Bildung und Action eines „Organes" (Schwimmglocke) der Bildung und dem Leben des zugehörenden Individuums (Polypen) vor- ausgehen lassen? 2) Wenn ich fürchten könnte, dass es mit dieser Behauptung mir ginge, wie mit einer andern , die man durch Hindeutung auf den scheinbar feststehenden Begriff eines bekannten Wortes (Embryo, Me- Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 375 „Organ« und „Individuum« nicht Begriffe sind, die sich unter allen Verhältnissen gegenseitig ausschliessen, dann wird man es nicht mehr wagen, die consequente Durchführung der Idee des Polymorphismus eine Beleidigung des gesunden Men- schenverstandes zu heissenl Erklärung der Abbildungen. Taf. XI. Fig. 1. Eine junge Schwiramglocke von Abyla pentagona. Fig. 2. Ein junger und unentwickelter Polyp desselben Thieres mit knospendem Fangfaden. Fig. 3. u. 4. Weitere Entwicklungszustände dieses Polypen mit Nes- selknöpfen auf verschiedenen Bildungsstufen. Fig. 5. Entwicklung der Nesselknöpfe bei Abyla pentagona. Fig. 6. Ausgebildeter Nesselknopf von Abyla mit dem muskulösen Angelbande*. Fig. 7. Männlicher Geschlechtsanhang von Abyla vor seiner vollstän- digen Ausbildung. Fig. 8. Geschlechtsknospe mit kleeblattförmigem Deckslucke von dem- selben Thiere. Fig. 9. Dasselbe Deckstück von der Fläche aus gesehen. Fig. 10. Vier an dem gemeinschaftlichen Stamm aufgereihete Anhangs- gruppen (Eudoxien) von Abyla. Fig. 11. Anhangsgruppe von Diphyes acuminata. Bei * das Höhlen- system der trichterförmigen Deckschuppe. Fig. 12. Ein junger Polyp von Diphyes acuminata mit erster Anlage des Fangfadens und Deckstückes. Fig. 13. Weiblicher Geschlechtsanhang von Diphyes mit anhängender Ersatzknospe. Fig. 14. Vorderende von Galeolaria filiformis in natürlicher Grösse; A. vordere, B. hintere Schwimmglocke. tamorphose) hat widerlegen wollen, so würde ich an die zu beherzi- genden Worte von Gegen baur erinnern (Generationswechsel u. s. w. S. 48) : „dass in der Naturforschung die einzelnen Begriffsbestimmun- gen nicht a priori construirt , sondern, als Resultate der Forschung selbst, mit jeder Feststellung einer neuen Thatsache und jedem da- durch neu gewonnenen Gesichtspunkte sich modificiren , und eben diesen neuen Forschungsweisen sich adoptiren müssen". 376 Leuckart: ¥ig. 15. Junge (hintere) Schwimmglocke desselben Thieres. Fig. 16. Ausgebildete!' Polyp mit Fangladen und Kesselknöpfen. Fig. 17. Deckstück desselben Thieres. Fig. 18. Nesselknopf von Praya cymbiformis. Fig. 19. Vorderes Leibesende von Praya cymbiformis in natürlicher Grösse. Fig. 20. A vorderes, B hinteres Schwimmstück desselben Thieres, von der hintern Fläche gesehen. Fig. 21. Geschlechtsknospe mit Anlage des Deckstöckes. Fig. 22. Dasselbe Deckstück, von der Fläche gesehen. Fig. 23. Spätere Entwicklungsstufe des Deckstückes. Fig. 24. Ausgebildetes Deckstück von Praya cymbiformis in naturlicher Grösse. Taf. XII. Fig. 1. Schwimmstück von Hippopodius gleba von vorn gesehen. Nat. Gr. Fig. 2. Dasselbe Schwimmstück von hinten. Fig. 3. Schwimmkegelachse von Hippopodius zum Theil noch mit an- hängenden (aus einander gezogenen) Locomoliven. Fig. 4. Gruppe männlicher Geschlechtsanhänge auf verschiedener Ent- wicklungsstufe. Fig. 5. Luftkammer und Luftsack von Apolemia uvaria. Fig. 6. Schwimmglocke von Apolemia, in naturlicher Grösse, von hin- ten gesehen. Fig. 7. Deckstück von Apolemia in nat. Gr. Fig. 8. Unentwickeltes Deckslück. Fig. 9. Taster von Apolemia mit Fangfaden. Fig. 10. Weibliche Geschlechtstraube von Apolemia mit jungen (un- entwickelten) Tastern. Fig. 11. Schwimmglocke von Agalma rubrum, von oben gesehen. Na- türliche Grösse. Fig. 12. Dieselbe Schwimmglocke im Profil. Fig. 13. Schwimmglockenknospe. Fig. 14. Anhangsgruppe von Agalma rubrum (ohne Deckstücke): Taster, Polyp, weibliche, männliche Anhänge in nat. Grösse. Fig. 15. Deckstück von Ag. rubrum in nat. Grösse. Fig. 16. Unvollständig entwickelter männlicher Geschlechtsanhang. Fig. 17. Männliche Geschlechtsknospe. Fig. 18. Weiblicher Anhang mit regelmässig entwickeltem Gefässap- parat. Zur nähern Kenntniss der Siphonophoren von Nizza. 377 Fig. 19. Stiel der weiblichen Geschlechislraube. Fig. 20. Schwimmsäule von Agalma Sarsii. Fig. 21. Schwimmglocke desselben Ihieres von oben gesehen, Natur- liche Grösse. Fig. 22. Junger Taster mit unentwickelter Deckschuppe. Fig. 23. Deckstück von Agalma Sarsii ; nat. Grösse. Fig. 24. Querdurchschnitt desselben. Fig. 25. Unentwickelter INesselknopf von Ag. Sarsii. Fig. 26. Nesselknopf mit unvollständig entwickeltem Mantel. Taf. XIII. Fig. 1. Ein junger Stock von Agalma Sarsii. Fig. 2. Deckstück von Agalma clavata. Nat. Grösse. Fig. 3. Dasselbe im Profil. Fig. 4. Dasselbe im Querdurchschnitt. Fig. 5. Kesselknopf von Ag. clavata. Fig. 6. Männlicher, Fig. 7. weiblicher Anhang desselben Thieres. Fig. 8. Schwimraglocke von Forskalia conlorta mit Pigmentfleck ♦. Nat. Gr. Fig. 9. Dieselbe im Profil, Fig. 10 von vorn gesehen. Fig. 11. Junge Schwinimglocke, vor Entwicklung der Forlsätze. Na- türliche Grösse. Fig. 12. Ein früherer Entwicklungszustand desselben Anhanges. Fig. 13. Nesselknopf von Forskalia contorta im aufgerollten Zustande. Fig. 14. Keilförmiges Deckslück von F. contorta. Fig. 15. Eine solche Deckslückknospe. Fig. 16. Ein sehr junger Polyp mit knospendem Fangfaden. Fig. 17. Späterer Enlwickelungszustand mit Nesselknopfknospen und Deckschuppen. Fig. 18. Stock von Forskalia ophiura in nat. Grösse. Fig. 19. Schwimmslück von F. ophiura in nat. Grösse. Fig. 20. Deckslück desselben Thieres. Nat. Gr. Fig. 21. Vierlingstaster mit Geschlechtstrauben in nat. Grösse. Fig. 22. Halbschematische Darstellung vom Bau der -Velella spirans. a Centralpolyp ; h peripherische Polypen mit Geschlechlsknos- pen; c Fangläden; d Saflgefässe. Fig. 23, Ideale Darstellung desselben Thieres mit ausgezogenem, cy- lindrischen Stamme. Druckfehler. S.4. Z. 7. V. u. 1. einem statt meiuem. — S. 36. Z. 14 v. u. 1, für die statt die für die. — S. 36. Z. 9. v. u. 1. den Theil statt dem Theil. — S.37. Z. 8. v. u. 1. Zotten statt Zellen. — S.44. Z. 9. v.o. 1. Fehlen statt Fühlen. — S.49.Z. 10. v. o. 1. -fallende statt -allende. — S.49. Z. 17. V. 0. I.Seite stattSeiten. — S.49. Z. 11. v. u. 1. Glas- plättchen statt Glasblättchen. — S. 54. Z. 12. v. u. 1. begriffenen statt begriffener. — S. 56. Z. 6. v. u. 1. bandförmige statt banförmige. — S.58. Z.4. V. u. 1. zwei statt drei. — S. 59. Z. 12. v. u. 1. innerhalb statt innerhald. — S. 61. Z.7. v. o. 1. hat statt ist. S. 209. Z. 15. V. 0. und 15. v. u. 1. Creseis statt Hyalaea. Bonn, gedruckt bei Carl Georgl I8Si Tafl. 3uqo Tro.i-cfiel .rc. Tcif.M. JCufo TrosoM jv. in.'U. Tapi: 7.y; /. //'^',, /;:..,/,r/ ffu/rp T/v.irAf/ 7r^y:P7/: .h^/■r-/• //<7. ^,^r Tir.s'-A,/ 7^/. VJ7/ \ /lu/or ,/r/ . ^i'ffi /h-j'cvif M,K ^^/.ZT. J/lf,r.,. f^^/ /rV Taf I .^f/rr Trvjr^f/ . //i r '/hfi.'Mr/ /SSi-. 7h/: J//. ff,,^,' r,/>sr/u/ /<^s^. 7k/:iz//. J^eucAwrr/^ fff/ //f/fff '/rasaiy f 1 ■ I M _j » «*\^ Ä^^SSfe 3^:^