^-- '«* ^^■■^ .=-==«!(, ■^'9'&=* .„^er^p^T^:^^^ ::^ r^^ ARCHIV FÜR NATURGESCHICHTE GEGEÜNDET VON A. F. A. WIEGMANN, FORTGESETZT VON W. F. ERICHS ON. IN VERBINDUNG MIT PROF. DR-LEUCKART IN LEIPZIG HERAUSGEGEBEN Dr f. a. TROSCHEI., PROFESSOR AN DER FRIEDRICH-WILHELMS-UNIYERSITÄT ZU BONN. SECHS UND DBEISSiaSTER JÄHEaANG. Krster Band. Mit 8 Tafeln. Berlin, Nicolaische Verlagsbuchhandlung. (A. Eifert und L. Lindtner.) 1870. Inhalt des ersten Bandes.' Seite Ueber den hydrostatischen Apparat des Nautilus Pompilius. Von Dr. Wilh. Meigen 1 Ueber Temnocephala chilensis. Von Dr. R. A. Philippi. Hierzu Tafel I. Fig. 1—6 35 Ueber ^elis Colocolo Molina, Von Dr. R A. Philippi in Santiago. Hierzu Taf. I. Fig. 7 41 Eine vermeintliche neue Hirschart aus Chile. Von Dr. R. A. Philippi in Santiago . ; 46 Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Südbrasiliens. Von Dr. Reinhold Hensel (Fortsetzung, Fische) . 50 Ueber den Bau und die Function der Oberkiefer bei den Spin- nen, und ihre Verschiedenheit nach Familien und Gat- tungen. Von Philipp Bertkau in Bonn. Hierzu Tafel II 92 Ueber die Jugendzustände der Seeigel. Von Alexander Agassiz. (Uebersetzt aus dem Bulletin of the Museum of comparative zoology 1869. p. 279) . . ... 127 Verzeichniss der von Dr. G und lach auf der Insel Cuba ge- sammelten Rüsselkäfer. Von Dr. E. Suffrian, Schul- rath in Münster 150 Die Descendenztheorie aus einigen besonderen Gesichtspunk- ten betrachtet. Von W. V e 1 1 m a n n, Lehrer der Recto- ratschule in Wiedenbrück 234 Die Ophiuriden des indischen Oceans. Von E. von Martens 244 rV Inhalt. Seite Ueber ein neues Faulthier. Von Dr. R. A. Philipp! in San- . tiago. Hierzu Taf. III. Fig. 1 und 2 263 Neue Seesterne aus Chile. Von Dr. R. A. Philipp i in San- tiago. Hierzu Tafel III. Fig. a, b, c . . . .268 Ueber den Sexual-Unterschied bei Neosilurus brevidoraalia. Von Troschel 276 Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. Von Prof. Dr. Ed. Grube 281 Untersuchungen über den Bau und die Naturgeschichte der Vorticellen. Von Dr. Richard Greeff, Professor in Marburg. Hierzu Tafel IV— VHI 353 Heber deu hydrostatischen Apparat des Nautilus Pompilius. Von Dr. Wilh. neigen. (Die nachstehende Abhandlung erschien zuerst als Beilage zum Programm des Gymnasiums zu Wesel vom Jahre 1869, ist aber bei dem vorliegenden Wiederabdruck den Zv^^ecken dieser Zeitschrift entsprechend theilweise einer Umar- beitung unterworfen worden). Die kleine Gruppe der Cephalopoden umfasst zwar nur einen verhältnissmässig sehr unbedeutenden Theil der gesammten Thierwelt^ bietet dabei aber doch eine solche Fülle des Merkwürdigen und auch nicht bloss für den Fachmann Interessanten, dass sie in dieser Be- ziehung kaum irgend einer der übrigen Klassen des Thier- reichs nachsteht. Von grossem Interesse ist schon die Geschichte der Entwicklung unserer Kenntnisse von die- ser Thierklasse, von Aristoteles an, „aus dessen Schriften sich eine überraschend vollständige Naturgeschichte, Ana- tomie und Entwicklungsgeschichte der mittelmeerischen Dintenfische zusammenstellen lässt, so dass wir noch jetzt in manchen Punkten auf ihn als Quelle zurückgehen können ''' (Keferstein), bis auf die Entdeckungen der letzten De- cennien, an denen eine ganze Reihe der bedeutendsten Zoologen der Gegenwart und der jüngsten Vergangen- heit thätigen Antheil genommen haben. Die vorliegende Archiv f. Naturg. XXXVI. Jahrg. l.Bd. 1 2 M eigen: Abhandlung nun bezweckt durchaus nicht, die Zahl dieser Entdeckungen durch Mittheilung einer neuen zu vermehren, sie verfolgt nothgedrungen ein bescheideneres Ziel. Eine, wenn auch unscheinbare, aber doch nicht ganz uninter- essante und noch keineswegs nach allen Beziehungen hinlänglich aufgeklärte Erscheinung hat sie zum Gegen- stande, und muss, in Anbetracht der nur unvollständig zu Gebote stehenden Hülfsmittcl 0, sich damit begnügen. 1) Unter den von mir benutzten literarischen Hülfsmitteln sind vorzugsweise zu nennen : a) G. Johnston: Einleitung in die Konchyliologie. Deutsch von Dr. H. G. Bronn. Stuttgart, 1853. b) S. P. Woodward: A Manual of the Mollusca. London 1851—1850. c) C. Bergmann und R. Leuckart: Anatomisch-physiologi- sche Uebersicht des Thierrreichs. Stuttgart 1855. — Für die vorliegende Abhandlung kommt namentlich der von Berg- mann bearbeitete Abschnitt: »Lufträume in den Thieren in ihrem Verhältniss zur Bewegung.« S. 412 — 426, in Betracht. d) H. G. Bronn: Die Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Dritter Band, Malacozoa, fortgesetzt von W. Keferstein Leipzig und Heidelberg, 1862—1866. — Die Cephalopodeu, welche den Schluss dieses Bandes bilden, sind ganz von Ke- ferstein bearbeitet. Das sachliche Material habe ich vor- zugsweise diesem Werke entnommen. e) F. A, Quenstedt: Handbuch der Petrefaktenkunde. 2. Aull. Tübingen. 1867. — Von S. 388—474 sind die Cephalopoden abgehandelt, wobei die lebenden ebenfalls stets berücksich- tigt sind. f)Joh. Czermak: Hydrostatische Apparate im Thierreiche. Im Programm des k. k. Josephstädter Gymnasiums in Wien für 1856. g) G. E. Bumphius: D' Amboinsche Eariteitkamer. Amster- dam, 1705. — Das zweite Buch enthält eine Abhandlung über den Nautilus major sive crassus, unsern Nautilus Pompilius, und darin die «rste genaue Beschreibung des Thieres nebst Mittheilungen über dessen Lebensweise und den zugehörigen Abbildungen. Es fehlten mir dagegen erstens die in den verschiedenen wis- senschaftlichen Zeitschriften zerstreuten Arbeiten über den Nautilus, dann aber auch das für die Naturgeschichte der Cephalopoden klas- lieber den hydrostatischen Apparat des Nautilus Pompilius. 3 eine zusammenfassende, klare und übersichtliche Darstel- lung des Sachverhaltes zu geben, ohne den Anspruch zu machen, etwas wesentlich Neues zu bringen. In den verschiedensten Klassen, des zoologischen Systems kommen Thiere vor, welche im Besitz von Vor- richtungen sind, denen man mit mehr oder minder gros- ser Sicherheit eine Einwirkung auf das specifische Ge- wicht und dadurch auch auf die Bewegung des betreffen- den Thieres, wenigstens insoweit dieselbe in einem flüs- sigen Medium vor sich geht, zuschreiben kann. Im All- gemeinen treten diese Apparate, die, jenachdem es sich um Bewegungen im Wasser oder in der Luft handelt, als hydrostatische oder alsaerostatische bezeichnet werden, in der Gestalt von geschlossenen, mit Gas er- füllten Hohlräumen auf. In dieser Form scheinen sie auf den ersten Blick der ihnen beigelegten Function in sehr einfacher Weise genügen zu können, indem bei der grossen Elasticität des eingeschlossenen Fluidums ihr Vo- lumen und also auch ihr specifisches Gewicht mit Leich- tigkeit geändert w^erden kann. Bei genauer Untersu- chung aller in Betracht zu ziehenden Umstände stösst man jedoch häufig sehr bald auf nicht geringe Schwie- rigkeiten, deren Nichtbeachtung zur Folge gehabt hat, dass selbst über so bekannte Dinge, wie z. B. die pneu- matischen Knochen der Vögel und die Schwimmblase der Fische, falsche oder wenigstens mangelhafte Vorstel- lungen noch sehr verbreitet sind. Bei den Cephalopoden sind die Schale und die mit derselben in Verbindung stehenden Theile, also na- mentlich noch der Sipho, diejenigen Organe, bei denen an eine hydrostatische Wirkung gedacht werden kann. Bekanntlich ist die Schale dieser Thiere theils eine in- nere, theils eine äussere, und zwar unterscheiden sich die beiden grossen Abtheilungen, in welche man seit sisch gewordene »Memoir on the Pearly Nautilus by R Owen. London, 1832«, dessen wesentlicher Inhalt jedoch, soweit er hier in Betracht kommt, in die oben sub a, b und d genannten Werke über- gegangen ist. 4 Meigen: Owen die Klasse der Cephalopoden theilt, die Tetrabran- chiaten und die Dibranchiaten, unter andern aucb dadurch, dass jene eine äussere^ diese, wenn sie überhaupt im Be- sitz einer Schale sind, eine innere haben, mit alleiniger Ausnahme der Gattung Argonauta, deren Schale eben- falls zu den äussern gehört. Unter den inneren Schalen lassen sich drei Haupt- formen unterscheiden. Die einen, häufig mit dem Worte Schulp^) bezeichnet, sind im Allgemeinen von platten- oder federförmiger Gestalt und haben ihre Lage in einer besonderen Tasche des Mantels an der Rückenseite des Thiers. Ihrer Substanz nach sind sie entweder ganz hornig (d. h. aus Chitin bestehend), wie beiLoligo, oder zum Theil hornig, zum Theil kalkig, wie bei Sepia, von welcher Gattung sie unter dem Namen Sepienknochen oder weisses Fischbein als obsoletes Arzneimittel sowie einiger technischer Anwendungen wegen allgemein be- kannt sind. Die Schalen dieser Art können in keiner Weise irgend einen hydrostatischen Effect haben und brauchen daher hier nicht weiter in Betracht gezogen zu werden. Die zweite Hauptform der inneren Schalen findet sich nur bei der ausgestorbenen Familie der Belemniten. Eine solche Schale besteht, wenn sie ganz vollständig ist, aus drei Stücken, die aber nur sehr selten alle drei sich vollkommen erhalten haben. Am häufigsten findet Tiian das unter dem vulgären Namen Donnerkeil be- kannte, in neuerer Zeit nach Huxley's Vorgange als rostrum bezeichnete fingerförmige Endstück, das aus einer soliden, nur am Grunde kegelförmig ausgehöhlten Kalkmasse besteht. In dieser Höhlung sitzt an vollstän- digen Exemplaren ein genau hineinpassender, durch Quer- wände in Kammern getheilter Körper, von 0 w e n P hr ag- moconus, bei uns gewöhnlich Alveole genannt. An der einen Wand, der Bauchseite des Thiers entsprechend, zieht sich durch alle Kammern eine Röhre, der Sipho, 1) Das Wort Schulp oder Schelp ist holländisch und gleich- bedeutend mit Schale. lieber den hydrostatischen Apparat des Nautilus Pompilius. 5 hindurch. Nach vorn schliesst sich endlich noch ein horniges oder kalkiges Blatt an, das proostracum Huxley's. Dass diese Schalen vermöge der in den Kammern des Phragmoconus enthaltenen Luft eine Einwirkung auf das specifische Gewicht des Thiers ausgeübt haben, ist nicht undenkbar, doch lässt sich darüber, da eine di- recte Beobachtung nicht mehr möglich ist, schwer etwas feststellen. Die dritte Klasse der inneren Schalen kommt nur bei der einen Gattung Spirula vor. Denkt man sich den Phragmoconus eines Belemniten zu spiralförmig in einer Ebene liegenden, sich nicht berührenden Windungen zu- sammengebogen, so erhält man die Spirulaschale. Die Substanz derselben ist jedoch nicht, wie bei jenen, reine Kalkmasse, sondern Perlmutter. Ausserdem ist dieses schneckenförmige Gehäuse nicht, wie die beiden andern Arten von inneren Schalen, ganz im Innern des Thier- körpers verborgen, sondern umgekehrt steckt ein aller- dings nur kleiner Theil von dem Hinterende des Thiers in der äussersten Kammer der Schale i), so dass man ver- sucht sein könnte, diese für eine äussere zu halten, was auch vielfach geschieht. Da sie aber von einem auf jeder Seite herabhängenden Lappen des Mantels fast ganz bedeckt wird, und diese Lappen noch ausserdem an ihrem hintern Ende in ziemlicher Ausdehnung zusammenge- wachsen sind, so erhält sie doch ganz den Anschein einer inneren Schale und wird auch meistens als solche bezeichnet. Jedenfalls bildet sie aber den üebergang 1) Ob von dem Körper des Thieres ein Fortsatz in die Kam- mern hineinragt, ist zwar nach der Analogie von Nautilus höchst wahrscheinlich, scheint aber doch aus den anatomischen Unter- suchungen von Owen und Blainville nicht mit Sicherheit her- vorzugehen, wenigstens drückt Keferstein a. a. 0. S. 1332 sich nur vermuthungsweise darüber aus: » — — während ein Fortsatz dieses (Eingeweide-) Sackes sich als Sipho durch alle Kammern in jener schaligen Siphonairöhre laufend hindurchziehen wird.« 6 M e i g e n : ZU den äussern *), und hinsichtlich ihrer Function schliesst sie sich ohne Zweifel ganz und gar an diese an. Aeusere Schalen finden sich, wie bereits bemerkt, unter den Caphalopoden nur bei den Tetrabranchiaten, und zwar bei allen, und dann noch bei der zu den Di- branchiaten gehörenden Gattung Argonauta. Eine ein- gehende Behandlung dieser letztern, die in mehrfacher Beziehung sich als eine höchst merkwürdige Bildung erweist, liegt nicht im Plane der gegenwärtigen Arbeit 2). 1) Vielfache Uebergänge verbinden übrigens auch die erste Form mit der zweiten. Die federförmige Schale von Onychoteu- this trägt an der Spitze einen soliden, die von Ommastrephes und Loligopsis einen ausgehöhlten Kegel; auch am Sepienknochen zeigt sich ein kleiner Endkegel, und in den schräg gegen die Fläche desselben einfallenden Kalkschichten kann man allenfalls eine An- deutung von den Scheidewänden des gekammerten Theils der Be- lemnitenschale finden. 2) Die Schale von Argonauta, der Papiernautilus, weicht in mehrfacher Beziehung von allen übrigen Weichthierschalen ab. Auffal- lend ist schon, dass sie ein anderes Windungsgesetz befolgt, wie die andern, indem sie, wie Prof. Heis gefunden hat, nach einer para- bolischen Spirale gebildet ist, während sonst die logarithmische (bei den meisten Cephalopoden, insbesondere auch bei Nautilus Pöm- pilius) oder die von N au mann als Conchospirale bezeichnete Curve, von welcher die logarithmische nur ein specieller Fall ist, die Win- dungen der spiraligen Molluskengehäuse bestimmt. Wunderbar ist ferner, dass nur das weibliche Thier eine Schale besitzt, während das erst seit 1850 bekannte, viel kleinere, auch im Uebrigen sehr abweichend gebaute Männchen sich ohne eine solche behelfen muss. Endlich ist es eine einzig in ihrer Art dastehende Erscheinung, dass der Argonaut ganz lose in seiner Schale sitzt, ohne an irgend einer Stelle organisch mit ihr verbunden zu sein, so dass man eine Zeitlang geneigt war, ihn für einen parasitischen Eindringling zu halten, während der ursprüngliche Verfertiger und Besitzer noch unbekannt sei. Bekanntlich ist diese Vermuthung durch die von Sander Rang und Anderen bestätigten Beobachtungen der Frau Jean nette Power in Messina widerlegt worden. Man weiss seitdem, dass der Argonaut sein Schiff selber baut, und zwar ver- möge einer Absonderung der beiden dorsalen, am Ende flächenartig erweiterten Arme, eine Entstehungsweise, die ebenfalls kein Analo- gen in der übrigen Thierwelt hat. Es erklärt sich dadurch aber lieber den hydrostatischen Apparat des Nautilus Pompilius. 7 Die Tetrabranchiaten, in der gegenwärtigen Schöpfung nur vertreten durch die Gattung Nautilus mit wenigen (4 — 6);, im indischen und grossen Ocean lebenden Arten, von denen Nautilus Pompilius die am häufigsten vorkommende und daher bekannteste ist, besitzen eine Schale, die, durch eine Absonderung der äusseren Fläche des Mantels gebildet und nirgends von einem Theile des Thierkörpers umschlossen i), mit vollem Rechte als eine äussere bezeichnet werden kann. Die hydrostatische Wirkungsweise derselben soll auf den folgenden Blättern im Einzelnen untersucht werden, und zwar knüpft sich die Besprechung naturgemäss an den Nautilus Pompilius an, als den Hauptrepräsentanten dieser Abtheilung. sowohl der Mangel eines Zusammenhanges zwischen Körper und Schale, als auch das Fehlen der letzteren beim männlichen Thier, da diesem die Erweiterung jener Arme gleichfalls abgeht, lieber die hydrostatischen Beziehungen der Schale sind in der mir zugänglichen Literatur keine Angaben zu finden. Das von Aristoteles behauptete Segeln der Argonauta wird gegenwärtig auf die Autorität von Verany hin allgemein für eine Fabel gehalten, da für die beiden angeblich als Segel gebrauchten Arme sich eine ganz andere Function ergeben habe, das Segeln selbst auch niemals (in neuerer Zeit!) beobachtet worden sei. Ich kann indessen nicht umhin, dem vollständig beizu- pflichten, was Aubert in seiner Abhandlung über die Cephalopo- den des Aristoteles (Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie, Bd. XII, und daraus als besonderer Abdruck, Leipzig 1862) darüber sagt, wonach die Sache noch keineswegs als so rein abgethan angesehen werden darf, wie man gewöhnlich annimmt. Dass ein und dasselbe Organ zu verschiedenen Verrichtungen dient, kommt ja häufig genug vor, so dass etwas Befremdendes nicht darin gefunden werden kann, wenn jene beiden Arme, denen immerhin die Erzeugung der Schale als Hauptfunction zukommen mag, daneben auch noch als Bewe- gungswerkzeuge auftreten. Ausserdem ist dies ja auch von Ve- rany selbst direct beobachtet worden. Dass aber von ihrer Ver- wendung als Ruder, die Verany gesehen hat, aber nur selten und nur bei windstillem Wetter, bis zu dem, was Aristoteles berichtet, nur ein sehr kleiner Schritt sei, wie Aubert hervorhebt, kann wohl nicht bestritten werden. 1) Nur an der innern Seite der Mündung wird ein Theil der Schale von einem Lappen des Mantels bedeckt, der dort eine schwarze Schicht absetzt, nach deren Entfernung erst die schönen Farben der Porzellanschicht zum Vorschein kommen. 8 Meigen: Die Schale dieses Thiers, durch ansehnliche Grösse, schönen Farbenschmuck und ansprechende Regelmässig- keit der Gestalt ausgezeichnet und unter dem Namen Schiffsboot oder Perlboot ein sehr gewöhnlicher ßestandtheil der Conchyliensammlungen ^), besteht aus mehreren spiralförmigen, symmetrisch in einer Ebene liegenden Windungen, deren letzte und grösste die übri- gen vollständig umschliesst, so dass von aussen nur sie zu sehen ist. Auf der Aussenseite ist die Schale mit einer matten Schicht von sogenannter Porzellansubstanz bedeckt, derselben Masse, welche der Hauptsache nach auch die Schalen der Schnecken und Muscheln bildet; die viel dickere innere Lage dagegen besteht aus glän- zender Perlmuttersubstanz. Der Innenraum sämmtlicher Windungen ist, ähnlich wie bei Spirula, durch eine grosse Anzahl querstehender, nach vorn concaver Scheidewände, die ebenfalls aus Perlmutter bestehen, in Kammern ge- theilt. Jede dieser Scheidewände hat in der Medianebene der Schale eine runde Oeffnung, nach hinten mit einem röhrenförmigen, aus derselben Substanz bestehenden An- satz, der Siphonaltute. Nur die äusserste, nach vorn offene Kammer wird von dem Thiere bewohnt, ist aber 1) So häufig die Schale in unseren Sammlungen ist, eine so grosse Seltenheit ist das Thier und nur in wenigen Exemplaren bis jetzt in die 'Hände europäischer Naturforscher gekommen, ob- schon es in seinem Vaterlande keineswegs zu den Seltenheiten ge- hört und von den Eingeborenen daselbst häufig gefangen und ver- zehrt wird. Nachdem der deutsche Kaufmann Georg Eberhard Kumph aus Hanau, der gegen Ende des 17. Jahrhunderts lange Zeit auf der molukkischen Insel Amboina lebte, die erste Beschrei- bung und Abbildung gegeben hatte (s. oben S. 2 Note), dauerte es bis zum Jahre 1832, ehe wieder eine neue Publicatiou über das Thier des Nautilus erfolgte. Es war dies das berühmte Memoir of the Pearly Nautilus von Richard Owen, dem ein von Georg Bennet bei Erromanga, einer zu den Neu-Hebriden gehörenden Insel, gefangenes Exemplar zum Grunde lag. Seitdem sind von mehreren Seiten Nachträge geliefert worden, von V alenciennes, Vrolik und Anderen, zuletzt (1865) von W. Keferstein in Göt- tingen, dem beide Geschlechter des Thiers zur Untersuchung vor- lagen. lieber den hydrostatischen Apparat des Nautilus Pompilius. 9 gross genüge um dasselbe in zusammengezogenem Zu- stande ganz in sich aufzunehmen. Der Zusammenhang zwischen dem Nautilus und seinem Gehäuse ist ein dreifacher. Als eigentliches ße- festigungsmittel des Thiers an der Schale sind zwei grosse Muskeln anzusehen, die Körper- oder Schalenmus- keln, die, auf jeder Seite vom Kopfknorpel entspringend, nach kurzem Verlauf an der Innenseite der Schale sich ansetzen und damit verwachsen. Ausserdem ist aber zweitens der Mantel ungefähr in derselben Gegend, wo jene Muskeln sich anheften, auch noch mit einem schmalen, ringförmigen Streifen rund herum, wenn auch in mehr- fachen Biegungen, an die Schale angewachsen, so dass dadurch der Zutritt des vorn an der Mündung frei ein- tretenden Wassers zu dem hinter diesem Ringe liegenden Theile der Wohnkammer verhindert wird. Drittens end- lich zieht sich von dem hintern Körperende ein dünner, röhrenförmiger, häutiger Fortsatz, der Sipho, vermöge der in den Scheidewänden befindlichen Löcher durch die sämmtlichen Kammern des Gehäuses hindurch i). Ob nun diese Organe dem Nautilus bei seinen Be- wegungen im Wasser von irgend welchem Nutzen sind, darüber lässt sich mit Sicherheit nicht eher urtheilen, als bis man weiss, was durch directe Beobachtung über diese Bewegungen, wie über die Lebensweise des Thiers über- haupt festgestellt ist. Nach Rumph sowohl wie nach G. Bennet, den einzigen, deren Bericht auf eigener Anschauung beruht ^), 1) Einen solchen Sipho besassen, wie aus der obigen Darstel- lung erhellt, auch die Belemniten, ebenso ist er bei Spirula vorhan- den. Seine Function ist wohl ohne Zweifel überall dieselbe. 2) Den von Rumph gegebenenBericht in seiner einfach-naiven Darstellung wird man nicht ohne Vergnügen lesen und auch ohne besondere Schwierigkeit verstehen, selbst wenn man kein besonderer Kenner des Holländischen ist. Die Hauptstelle lautet: »Wanneer hy aldus op't water dryft, zo steckt hy het hoofd met alle de baarde uit, en spreid dezelfe op't water, met de achtersteeven of krul altyd boven water, maar op den grond kruipt hy omgekeerd, met het bootje om hoog, en met den kop en baarden op den grond, maa- 10 M eigen: ist der gewöhnliche Aufenthaltsort des Nautilus der Mee- resgrund in einer Tiefe bis zu 30 Faden. Dort liegt er meistens zwischen Steinen und dergleichen versteckt, die Schale nach unten gekehrt, die Tentakeln weit aus- gebreitet, um auf Beute, besonders Krebse, zu lauern. Oft sieht man ihn aber auch mit ziemlicher Geschwindig- keit umherkriechen, wobei er manchmal, wie schon Rumph erzählt, in die Fischkörbe hineingeräth, was, nach dem Bericht von Macdonald, von den Fidji-Insulanern benutzt wird, um ihn zu fangen. Beim Kriechen hat er, wie alle Cephalopoden , den Kopf nach unten gerichtet und trägt also die Schale, wie eine Schnecke ihr Haus, über sich. Er kann diese Bewegung wohl nur mit Hülfe der Tentakeln ausführen, obschon die fadenförmige Bildung derselben wenig dazu geeignet scheint i). Zu Zeiten kende eenen redelyk radden voortgang. Hy houd zieh meest op den grond, kruipt zomtyds ook in de visch-fuiken of bobbers, maar na een storm, als het weer stil word, ziet men ze met troepen opt water dryven, zynde buiten twyffel door de ongestuimigheit der haaren opgeligt, waar uit men bemerkt, dat ze op den grond zieh ook met troepen by malkander houden. Dit dryven duurt echter niet lang, want alle de baarden intrekkende, keerd by zyn bootje om en gaat weer te grond. Daer en tegen de leege scbaale vind men dikwils dryven, of op den Strand gesmeeten, want die weerlose dier geen dekzel hebbende, is een prooy voor Krabben, Haijen en Kaimans, weshalven men de schaal aan de kanten meest geknaagt vind, en dewyl hy niet vast aan zyn schaale hangt können ze hem licht daar uit trekken, en laaten de leege schal dryven. De Jonge schepzels van dezen Nautilus, noch niet grooter dan een schelling zynde, zyn schoon Parleraoer verwig van buiten en binnen, zoo dat de ruige schaal eerst metter tyd dar over groeit, 't welk van't voorste deel of het bootje af begint.« A. a. 0. S. 61. 1) Wenn es auch schwer ist, sich eine Vorstellung davon zu machen, wie der Nautilus mit Hülfe der fadenförmigen Tentakeln im Stande ist, sich vorwärts zu ziehen oder zu schieben, so dass Kef er stein wohl aus diesem Grunde bemerkt, die Mittel des Fortkriechens seien ihm nicht ganz klar, so kann man ihnen doch deswegen diese Function nicht absprechen, da dem die ausdrückliche, augenscheinlich auf directer Beobachtung, nicht auf blosser Vermu- thung beruhende Aussage von Rumph entgegensteht: »Alle deze vingers kann hy intrekken en uitschieten naar believen, die hem lieber den hydrostatischen Apparat des Nautilus Pompüius. 11 treibt er aber auch schwimmend an der Oberfläche des Meeres einher mit weit aus der Mündung der Schale vor- ragendem Körper und ausgespreiteten Tentakeln, das Hinterende seines Bootes über dem Wasser. Dieses Schwimmen dauert jedoch nicht lange, dann zieht er sich in die Schale zurück, diese kippt um, und so sinkt er köpflings in die Tiefe. Ob er aus freien Stücken nach oben kommt oder nur durch die Wellen emporgehoben wird ^), ist zweifelhaft; Rumph scheint das letztere anzu- nehmen, jedenfalls ist das erstere nicht bewiesen. Wie dem aber auch sei, sicher ist, dass er eine Zeitlang an der Oberfläche des Wassers zu schwimmen vermag, und zwar ist dieses Schwimmen, wie sich schon aus dem von den Beobachtern dafür gebrauchten Ausdruck „Treiben*' schliessen lässt, sicherlich ein natürliches. Zwar wird der Nautilus ebenso gut wie die zweikiemigen Cephalo- poden durch die Athembewegungen des Mantels und den dadurch erzeugten Rückstoss des W^assers eine rückgän- gige Bewegung durch das Wasser hin zu machen im Stande sein, doch ist der ganze Bau der Schale sowohl wie des Thieres einer solchen Schwimmaction keines- wegs günstig und lässt es fast als eine Unmöglichkeit erscheinen, dass er dadurch allein vermögend sei, vom Grunde des Meeres an die Oberfläche zu gelangen und sich dort schwimmend zu erhalten. Daraus folgt mit Nothwendigkeit, dass das specifische Gewicht seiner Ge- sammtmasse zeitweise geringer, zeitweise aber auch grös- ser ist, wie das des Meerwassers, ersteres, wenn er an der Oberfläche , letzteres , wenn er an seinem gewöhn- lichen Aufenthaltsorte, dem Meeresboden, sich befindet. dienen niet alieen voor voeten in het kruipen, maar ook voor handen om zyn aas aan te vatten, en naar den mond te brengen.cc (A. a. 0. S. 60.) Immerhin kann ausserdem auch noch die s. g. Kopfkappe mitwirken, verrauthlich auf ähnliche Art wie der Fuss der Schnecken. 1) Wenn man, wie gewöhnlich, annimmt, dass die Wirkung der Wellen höchstens bis zu einer Tiefe von 15 Faden reicht, so würde er allerdings an seinem normalen Aufenthaltsorte häufig ausser deren Bereich sein. 12 Meigen: Es fragt sich, nun; durch welche Mittel diese Verände- rung des specifischen Gewichts ermöglicht wird. Dass die Schale mit ihren zahlreichen Kammern dabei eine Hauptrolle zu spielen hat, liegt sehr nahe, ist auch von jeher als unzweifelhaft angesehen worden. Es wird sich also zunächst darum handeln, festzustellen, wel- cher Art der Inhalt dieser Kammern sei, ob Wasser, ob Luft, oder ob sie vielleicht ganz leer sind. Wasser hat man in möglichst frisch untersuchten Exemplaren niemals darin gefunden ; es ist auch nicht recht zu ersehen, auf welchem Wege es in diese geschlossenen Räume hinein- kommen sollte. Durch den Zwischenraum zwischen dem Sipho und dem Rande der in den Scheidewänden befind- lichen Oeifnungen kann es nicht eindringen, denn dieser Zwischenraum steht nur in Verbindung mit dem hintern Theile der Wohnkammer, welcher durch den oben er- wähnten ringförmigen Mantellappen gegen das äussere Wasser abgesperrt ist. Dass aber Wasser von der innern Körperhöhle aus durch die Haut des Sipho in die Kam- mern gewissermassen hineinfiltrirt werden könnte, ist kaum anzunehmen, namentlich wenn man berücksichtigt, dass der Sipho, ausser von der nur kurzen Siphonaltute, auch noch von einer kalkigen Haut, der Siphonal- scheide, umgeben ist, die allerdings beim lebenden Nautilus nur sehr dünn, bei manchen seiner fossilen Ver- wandten aber dick und stark genug ist, um den Gedanken an ein Durchdrungenwerden von einer tropfbaren Flüs- sigkeit nicht aufkommen zu lassen. Höchstens könnte dies in der ersten Jugend des Thieres geschehen, bevor noch die Siphonalscheide ausgebildet ist. Dann aber würde bei einer vollständigen Erfüllung der Kammern mit Wasser, dessen Menge doch nicht beliebig geändert werden könnte, die als nothwendig erkannte Veränder- lichkeit des specifischen Gewichts sich schwerlich erzielen lassen; bei einer unvollständigen Erfüllung aber würde das Wasser (oder welche Flüssigkeit sonst durchge- schwitzt wäre) ganz oder theilweise verdunsten, und dann wäre dieser luftförmige Inhalt der Kammern, dessen Vor- handensein sich auch aus dem Folgenden als nothwendig Ueber den hyärostatischen Apparat des Nautilus Pompilius. 13 ergibt, das Wesentliche, das etwa noch übrig gebliebene Wasser aber Nebensache. Dass nämlich die Kammern nicht ganz leer sein können, ist gleichfalls aus theoreti- schen Gründen unschwer nachzuweisen. Zunächst er- scheint es schon sehr fraglich, ob dann die Schale den auf ihr lastenden Druck, der in einer Tiefe von 30 Faden, bis zu welcher der Nautilus ja vorkommen soll, mehr als sechs Atmosphären beträgt, auszuhalten vermöchte, ohne zerdrückt zu werden ^), wenn auch allerdings ihre Wider- standskraft durch die wie Strebepfeiler wirkenden Schei- dewände bedeutend verstärkt ist. Jedoch auch abgesehen davon, so würde der mit dem Innenraum der Kammern durch den Sipho in Connex stehende Körper des Thieres unter einem Drucke von sechs ^Atmosphären zum min- desten mit seinen flüssigen Bestandtheilen in den Sipho hineingedrängt und dieser, wenn auch nicht gesprengt, so doch wenigstens gezwungen werden, gasförmige Theile seines Inhaltes an den leeren Kammerraum abzu- geben. Jedenfalls wird dies geschehen, solange die Si- phonalscheiden entweder noch gar nicht gebildet oder doch noch dünn genug sind, um für Gase permeabel zu sein, also in der Jugend des Thieres. Somit ergibt sich also nicht bloss, dass die Kammern nicht ohne Inhalt sein können, sondern auch, dass dieser Inhalt aus Luft bestehen muss. Der allgemein gebräuchliche Ausdruck Luftkammern ist demnach vollkommen gerechtfertigt. Bestätigt wird die Sache endlich noch dadurch, dass man bei frischen Exemplaren wirklich Luft darin gefunden hat. Dass diese nicht erst nachträglich bei der Unter- suchung hineingekommen ist, geht daraus hervor, dass sie bedeutend mehr Stickstoff, als die atmosphärische, und gar keine Kohlensäure enthielt ^). Aus dem Vorstehenden lässt sich aber auch noch die Entstehungsweise der Kammern mit ihrem Luftgehalte erklären, sowie die eigentliche Function des Sipho ab- 1) Nach einer Notiz bei Woodword a. a. 0. S. 83 werden leere, gut verkorkte Flaschen in einer Tiefe von 100 Faden stets zerdrückt, 2) Es scheint allerdings nur eine einzige Analyse darüber zu 14 Meigen: leiten. Indem das Thier die Schale als eine Absonde- rung seiner Körperhülle herstellt (und zwar die äussere oder Porzellanschicht aus dem Mantelrande, die innere oder Perlmutterschicht aus dem s. g. Körpersack) und bei fortschreitendem Wachsthum durch Bildung neuer Ansatzstreifen am äusseren Rande fortwährend vergrössert, zieht es sich gleichzeitig aus dem hinteren Theile der- selben allmählich zurück, was ihm nur möglich wird durch Erfüllung dieses leer werdenden Raumes mit aus- geschiedenen Gasen. Es verlässt denselben aber nicht ganz; denn der oft erwähnte röhrenförmige Fortsatz seines Körpers, der Sipho, bleibt darin. Bei diesem langsamen Vorrücken des Thieres müssen natürlich auch die Schalen- muskeln mit ihren Ansatzpunkten nach vorn rücken, was aber sicherlich nicht nach d' Orbigny's Ansicht ^) sprung- weise durch Loslassen, Vorstrecken und neues Anheften derselben geschieht, sondern stetig, indem sie vorn wachsen und hinten resorbirt werden. Tritt nun im Wachsthum des Thieres eine Periode des Stillstandes ein, während deren es nicht weiter nach vorn rückt, so wird auch die bisherige Gasausscheidung, weil keine Nöthigung mehr dazu vorhanden ist, sehr nachlassen und statt ihrer die an den übrigenTheilen des Körpersackes fortwährend im Gange befindliche Kalkabsonderung auch hier beginnen resp. zunehmen. Dadurch bildet sich denn hinter dem Thiere eine Scheidewand, welche den verlassenen Theil der existiren, von van Breda, mitgetheilt von Vrolik (s, Kefer- stein a. a. 0. S. 1342). Dass das eingeschlossene Gas, wie Ke- f er st ein meint, mit der Luft im Wasser vermöge der Diffusion durch die Schalenwand in Austausch tritt, ist zwar nicht unwahr- scheinlich, vorläufig aber doch noch ohne Beweis, für den hydrosta- tischen Effect übrigens ganz gleichgültig. 1) D'Orbigny wurde durch seine Theorie von dem stoss- weisen Vorrücken des Thieres in der Schale veranlasst, die Bedeu- tung des Sipho vorzugsweise darin zu suchen, dass derselbe wäh- rend der Zeit, wo die Schalenmuskeln losgelassen haben und also ihrem Zwecke, das Thier in der Schale' zu befestigen, nicht genü- gen können, diese Function übernehme. Auch Leopold von Buch hielt den Sipho für ein blosses Haftorgan. üeber den hydrostatischen Apparat des Nautilus Pompilius. 15 Schale abkammert^ natürlich aber vom Siplio durchbohrt wird. Um diesen selbst herum scheidet sich jetzt gleich- falls Kalkmasse aus, welcbe zunächst der Scheidewand die Siphonaltute bildet, weiter nach hinten, wo vermuth- lich auch jetzt noch etwas stärkere Gasdiffusion statt- findet, die viel dünnere Siphonalscheide. Beginnt das Wachsthum wieder, so wiederholt sich der ganze Process, so dass demnach, wie Wood ward sagt, die Scheidewände die periodischen Stillstände im Wachsthum anzeigen. In welchen zeitlichen Zwischenräumen diese eintreten und wie lange sie jedesmal dauern, ist noch ganz unbekannt. Auch auf die Function des Sipho lassen sich nun mit einiger Wahrscheinlichkeit Schlüsse ziehen. Dass er kein blosses Haftorgan ist, wie Leopold von Buch und d'Orbigny annehmen, ist sofort klar, geht ausser- dem auch schon daraus hervor, dass zur Befestigung des Thieres die grossen Schalenmuskeln ohne Zweifel ge- nügen. Ebenso wenig lässt sich die von mehreren Seiten beifällig aufgenommene Ansicht aufrecht halten, dass er als Brutstätte diene. J. Hall begründete diese von allen andern weit abweichende Theorie darauf, dass bei man- chen fossilen Tetrabranchiaten (bei Orthoceratiten, nament- lich bei der danach benannten nordamerikanischen Gat- tung Endoceras) im Innern des Sipho Kalkmassen sich finden, welche kleinen Schalen derselben Art gleichen und von ihm für Junge angesehen wurden. Entweder sind dies wirklich kleine Orthoceratiten, welche dann aber wohl nur zufällig dorthin gelangt sind, oder, was wahrscheinlicher, es sind blosse Kalkabsonderungen des Sipho, die in den mannigfaltigsten Formen auch bei an- dern Gattungen (Actinoceras, Huronia u. a.) an derselben Stelle sich finden. Dagegen hat die von Quenstedt zuerst aufgestellte und von Fr. Edwards weiter ent- wickelte Ansicht über die Bedeutung des Sipho weit üiehr für sich. Quenstedt sagt : „Das Absterben der leeren Kammern (Dunstkammei*n) zu verhüten, mussten sämmtliche durch einen Strang (Sipho) mit dem Körper in Verbindung bleiben (a. a. 0. S. 400). ^^ Auch bei Schnek« ken kommt es nämlich vor, dass das Thier den hintern 16 Meigen: Theil der Schale verlässt und denselben dann durch eine Scheidewand von dem vorderen, bewohnten Theile ab- gränzt. Dieser Vorgang wiederholt sich auch wohl, so dass eine ganze Anzahl solcher Scheidewände ge- bildet werden. Gewöhnlich werden dann aber die ab- gekammerten Theile abgestossen und gehen verloren, sie sterben ab , weil sie nicht mehr in organischer Verbindung mit dem Körper des Thieres stehen ^), Bei Nautilus nun, meinen die Verfechter dieser Theorie, und bei den Tetrabranchiaten überhaupt wird dieses Ab- sterben verhütet durch den Sipho, der die hinteren Kam- mern in lebendiger Verbindung mit dem Thiere erhält. Es ist nach dem Obigen nicht zu leugnen, dass der Sipho diese Wirkung haben kann, schwerlich aber ist dies sein einziger Zweck. Denn einerseits lässt sich dagegen ein- wenden, wie schon von Saemann geschehen, „dass es eine Eigenthümlichkeit im Schalenbau ist, wenn die ver- lassenen Theile sich verände rn und abgestossen werden und dass bei Weitem die Ueberzahl der Conchylien sich auch unter den ungünstigsten Verhältnissen lange fest und frisch erhalten.'^ Andererseits hat Barrande Or- thoceratiten entdeckt, welche trotz ihres Siphos die hin- teren Kammern abgestossen haben ^). Offenbar muss also der Sipho auch noch einen andern Zweck haben, und der kann wohl nur darin erblickt werden, dass er die noth wendige Wechselwirkung zwischen dem gasförmigen Inhalt der Luftkammern und dem Körper herstellt, welche erforderlich ist, um das eingeschlossene Gas beständig im normalen Zustande zu erhalten, sowohl hinsiclitlich 1) Bei einzelnen Arten der Gattungen Bulimus, Melania, Ce- rithium u. a. geht sehr regelmässig die Spitze des Gewindes auf diese Art verloren , so dass man dieselben sogar danach benannt hat: Bulimus decoUatus, Melania decollata , Cerithium decollatum , Truncatella truncatula u. s. w. 2) Bar ran de schreibt diese Eigenthümlichkeit namentlich seinem Orthoceras truncatum, sowie allen Arten der Gattung Asco- ceras zu. Quenstedt verhält sich gegen diese Angaben stark zweifelnd (a. a. 0. S.405f.), während Keferstein sie unbedenklich gelten lässt (a. a. 0. S.1425). Ueber den hydrostatischen Apparat des Nautilus Pompilius. l7 der Qualität, der chemischen Zusammensetzung, als auch hinsichtlich der Quantität, mithin auch der Tension. Wenn das Thier längere Zeit unter einem Drucke von sechs Atmosphären steht, so muss die Gasmenge der Kammern allmählich zunehmen, bis ein Gleichgewichtszustand zwi- schen dem inneren und äusseren Druck sich hergestellt hat. Erfolgt nun durch irgend eine Ursache, mag die- selbe im freien Willen beruhen oder in einem zufälligen äusseren Ereignisse zu suchen sein, eine Versetzung an die Oberfläche, so muss die Sache den entgegengesetzten Verlauf nehmen. Auf alle Fälle aber kann dieser Gas- austausch nur langsam durch die Umhüllungsw^and des Sipho hindurch vor sich gehen ^), und also unmöglich 1) Durch die Wand des Sipho zieht sich eine feine Arterie, welche in der Nähe des Herzens aus der kleinen Aorta entspringt. Bei dem im Text erwähnten Gasaustausch kann also zunächst das diese Arterie durchströmende Blut functioniren. Dann steht ferner der Innenraum des Sipho mit der Körperhöhle, dem s. g. Pericar- dialraum, in Verbindung. Dieser enthält erstens das frei die Ein- geweide umspülende Blut (welches von dort erst durch die Hohlvene und weiter durch die Kiemenarterien den Athmungsorganen zuge- führt wird), communicirt zweitens aber auch durch besondere Oefi- nungen mit der Mantelhöhle und kann also von dieser aus auch Wasser aufnehmen. Beide Flüssigkeiten, Blut und Wasser, können demnach auch in das Innere des Sipho gelangen, um sich daselbst ebenfalls an der Gasdiffusion zu betheiligen. Dabei wird nun frei- lich beständig vorausgesetzt, dass nicht bloss die häutige Wand des Sipho, sondern auch die denselben noch ausserdem umgebende Scheide dem Durchgange von Gasen kein dauerndes Hinderniss ent- gegensetzt, eine Voraussetzung, welche bei Nautilus jedenfalls zu- lässig ist, da bei diesem jene Scheide, wenn auch kalkhaltig, doch sehr dünn ist. Bei denjenigen Orthoceratiten aber, bei welchen dicke Kalkablageriingen um den Sipho herum sich finden, wird die Gasausscheidung vor Bildung dieser Ablagerungen stattgefunden haben, wenn überhaupt bei diesen Geschöpfen die Kammern Luft enthalten haben, was für sie keineswegs mit solcher Bestimmtheit sich behaupten lässt, wie für den Nautilus und seine nächsten Ver- wandten unter den fossilen Tetrabranchiaten. Denn warum sollten die Orthoceratiten nicht ihren ständigen Aufenthalt am Grunde des Wassers gehabt und eines hydrostatischen Apparates daher gar nicht bedurft haben ? Ist es doch immerhin fraglich, ob das, was man als solchen deutet, diese Function wirklich gehabt hat. Archiv für Naturg. XXXVI. Jahrg. 1. Bd. 2 18 Meigcn: diejeuigen Aenderungen im specifischen Gewicht derGe- sammtmasse eintreten lassen, welche zu den binnen kur- zer Zeit erfolgenden Bewegungen des Thieres nach oben oder unten nothwendig sind, eine hydrostatische Wirkung kann dadurch also nicht hervorgebracht werden. Aller- dings erklärt man sich diese gewöhnlich auch in anderer Weise, und damit kommen wir wieder auf die Frage zu- rück, ob die Kammern, deren Luftgehalt jetzt also als feststehend angesehen werden kann, auf die erwähnten Aenderungen im specifischen Gewicht von Einfluss sind oder nicht. Nehmen wir zunächst an, das in den Kammern ent- haltene Gas habe die Dichtigkeit der atmosphärischen Luft, so lässt sich durch einen einfachen Versuch ent- scheiden, ob es das Thier mitsammt seiner Schale im Wasser zu tragen vermag oder nicht. Man verstopft den Sipho und bestimmt zunächst das Volumen der Wohn- kammer, lässt dann die Schale auf Wasser schwimmen (wobei sie von selbst eine solche Lage annimmt, dass die Mündung nach unten kommt) und ermittelt dasjenige Ge- wicht, welches erforderlich ist, um sie zum Untersinken zu bringen, so sind diese Data genügend, um die Grösse des etwa vorhandenen Auftriebes zu bestimmen, voraus- gesetzt, dass Volumen und Gewicht des Thieres ebenfalls bekannt sind. Ueber das letztere, das Gewicht des Thie- res, haben wir freilich gar keine Angaben und über das erstere, das Volumen, nur die weiter unten erwähnte von Woodward, doch lässt sich jenes wenigstens an- nähernd berechnen ^) und dieses kann man, auch abge- r) Die Angaben über das specifische Gewicht des menschlichen Körpers schwanken zwischen 0,9 und 1,1, die Durchschnittszahl 1 möchte aber als solche wohl etwas zu niedrig sein, da bei jenen Grenzzahlen die Anzahl der Fälle noch zu berücksichtigen ist, und die niedrigen Zahlen doch verhältnissmässig selten vorkommen wer- den. Der Nautilus, als ein knochenloses Thier, ist jedenfalls speci- fisch leichter als der Mensch, aber doch wohl, wie sich aus der Ana- logie mit anderen ähnlichen Geschöpfen schliessen lässt, schwerer als das Meerwasser, für welches die Mittelzahl 1,026 angegeben wird. lieber den hydrostatischen Apparat des Nautilus Pompilius. 19 sehen von der Woodward' sehen Angabe, ohne besonderen Fehler gleich dem der Wohnkammer setzen. Die Resul- tate eines hierher gehörigen^ von Quenstedt angestellten Versuchs entnehme ich dem Werke von K ef erst ein ^). Eine Naiitilusschale trug im Süsswasser 52,7 Gramm, und die Wohnkammer fasste 900 Kubikcentimeter. Nimmt man das specifische Gewicht des Nautilusfleisches zu 1,08, das des Meerwassers zu 1,03 an, so findet sich, dass die Schale im Meerwasser 54,3 Gramm trägt, und dass 900 Kubikcentimeter Meerwasser 927 Gramm wiegen, da- gegen der die Wohnkammer ganz erfüllende Nautilus- körper 972 Gramm. Die Schale kann also vermöge ihrer Luftkammern 54 Gramm tragen, erleidet aber vom Nau- tiluskörper nur eine Belastung von 45 Gramm, trägt ihn also mit einer Kraft von 9 Gramm an die Oberfläche. — Ein anderes Beispiel gibt Wo od war d: Eine Nautilusschale trug in der Mündung V2 Pfund, während das Thier den Raum von 2V2 Pfund Wasser einnahm. Giebt man ihm nun ein Gewicht von 3 Pfund, so würde das Ganze mit dem Wasser im Gleichgewicht gewesen sein. Die Schwierigkeit liegt also, wie voraut^zusehen war, nicht darin, das Schwimmen oder Treiben des Nau- tilus an der Oberfläche des Meeres zu erklären, sondern darin, für die Möglichkeit des, nach den Beschreibungen in seinem Belieben stehenden Untersinkens eine Erklä- rung zu finden. Die älteren Ansichten darüber wider- sprechen meistens dem anatomischen Thatbestande. Wenn z. B. Robert Hooke meinte, die Luftkammern könnten nach dem Willen des Thieres vermittelst des Sipho entweder mit Luft oder mit Wasser gefüllt werden, so bedarf dies keiner Widerlegung mehr, da, wie schon Parkinson 1804 erinnerte, der Sipho in gar keiner Aus der unten (S. 28) folgenden Rechnung ergiht sich die Zahl 1,08, dieselbe, welche auch Keferstein annimmt, und welche ohne Be- denken als der Wahrheit sehr nahe kommend angesehen wer- den kann. 1) A, a. 0. S. 1347. Statt der Zahlen 45 und 9 steht dort 44 und 10. 20 M eigen: offenen Verbindung mit den Lul'tkammern steht Die eigene Meinung von Parkinson war, dass die Kammern zwar beständig mit Luft gefüllt bleiben, dass der Sipbo aber durch Hineintreiben von Luft oder Wasser sich aus- dehnen und dadurch die Kammerluft stark genug com- primiren könne, um die nothwendige Aenderung im specifischen Gewicht derselben hervorzubringen. Der- selben i^nsicht war auch Buckland 1836, nur liess er den 8ipho bloss mit der Flüssigkeit der Körperhöhle sich füllen, da ihm die 1832 erschienene Owen'sche Ana- tomie des Nautilus schon vorlag, aus welcher die Un- möglichkeit einer Anfüllung des Sipho mit Luft zu er- sehen war. Dadurch, dass eine gewisse Quantität Flüs- sigkeit aus dem Pericardialraum in den Sipho getrieben wird, erleidet aber nicht bloss dieser eine Ausdehnung, vermöge deren die Luft in den Kammern zusammenge- drückt wird, sondern zugleich wird dabei die in den Wohnkammern befindliche Körpermasse in ihrem Volu- lumen vermindert, durch beides zusammen also das spe- cifische Gewicht des Ganzen vergrössert, und das Thier somit zum Sinken gebracht. Will es sich wieder erheben, so hat es nur den Druck von den Wänden der Körper- höhle aus einzustellen ; die Elasticität der Luft in den Kammern treibt das Wasser (oder Blut) aus dem Sipho in jene Höhle zurück, und indem hiermit auch der Um- fang des ganzen Körpers zunimmt, vermindert sich die Schwere des Thieres im Verhältniss zu der des Wassers, und es wird über dasselbe emporgehoben ^), Diese Theo- rie erscheint auf den ersten Blick sehr einleuchtend, ist auch mit vielem Beifall aufgenommen worden und findet sich z. B. reproducirt indem oben (S. 2) genannten Werke von Bergmann und Leuckart, sowie fast mit densel- ben Worten in der Abhandlung von Czermak 2). Lei- 1) Die ganze Stelle ist der B r o n n'schen Bearbeitung des Werkes von Johnston (S. 121 daselbst) entnommen, ebenso die nächstfolgende über die Ansicht von Owen. 2) Bergmann und Leuckart 1. c. pag, 425; Czermak 1. c. pag. 5. lieber den hydrostatisclieu Apparat des Nautilus Pompilius. 21 der aber ist ein Umstand dabei nicht berücksichtigt, wel- cher die ganze Demonstration hinfällig macht, nämlich das Vorhandensein der schon mehrmals erwähnten Sipho- nalscheide. Diese kalkhaltige Umhüllung des Sipho lässt denselben schon bei Nautilus einer solchen Ausdehnung, wie die Theorie sie verlangt, wenig fähig erscheinen, noch viel weniger aber bei vielen der fossilen Verwand- ten desselben, bei denen man eine Ausdehnung des mit einer dicken Kalkmasse umgebenen Sipho geradezu für unmöglich erklären muss ^). Ist es demnach nicht mehr gestattet, bei den Be- wegungen des Nautilus dem Sipho eine Rolle zuzutheilen, und muss man sich vielmehr damit begnügen, die Func- tionen desselben auf die oben (S. 16) besprochenen Ver- richtungen zu beschränken, so liegt es nahe, den Körper selbst mit dieser Action zu betrauen. „Vielleicht ist, wie Owen sagt, nichts weiter nöthig, um den Nautilus zum Steigen zu befähigen, als die ganze Entfaltung seiner Organe und ihr Heraustritt aus der Schale. Erleichtert durch diese Ausbreitung der Organe, braucht das Thier sich nur der emporhebenden Kraft zu überlassen, welche in der specifisch geringeren Schwere der Schale gegen das Wasser ihren Grund hat; denn wir nehmen an, dass ihre Kammern bei deren fortschreitender Bildung all- mählich mit leichtem Gase gefüllt werden. In Betracht solcher Thatsachen, sagt Owen weiter, bin ich eher zu schliessen geneigt, dass die einzige Verrichtung der Luft- kammern die eines Ballons, und dass die Kraft, wodurch 1) Bei einigen fossilen Nautilusarten bildet sogar schon die Siphonaltute ein Hinderniss für die Ausdehnung des Sipho, z. B. bei der ganzen Abtheilung der Nautili moniliferi Quenstedt's, bei denen die Tuten so lang sind, dass sie die nächste Scheidewand er- reichen; ebenso ist es bei der Gattung Spirula. Dass diese dichte Umhüllung des Sipho das Vorhandensein tropfbarer und gasförmiger Flüssigkeiten in den Luftkammern nicht unmöglich macht, ist oben erörtert worden. Einer Ausdehnung des Sipho aber, die nicht bloss vor Ausbildung dieser Ablagerungen, sondern in jeder Altersstufe des Thieres möglich sein soll, setzt sie offenbar ein nicht zu besei- tigendes Hinderniss entgegen. 22 M e i g e n : das Thier seine Eigenschwere willkürlich ändern kann, der der Schalthiere des Süsswassers analog sei und haupt- sächlich nur von den Veränderungen in der Ausdehnung der Oberfläche abhänge, welche die weichen Theile dem Wasser darbieten, wenn sie entweder aus der Mündung der Schale hervorgeschoben und ausserhalb derselben ausgebreitet, oder aber in eine dichte Masse innerhalb der Schale zusammengezogen werden. Der Nautilus mag ausserdem noch den Vortheil gemessen, eine kleine Leere im hinteren Theile seiner Wohnkammer erzeugen zu kön- nen, welche von der übrigen Höhle durch die hornige Einfassung und Anheftmaskeln abgeschlossen ist." Einer solchen Autorität, wie die Richard Owen's ist, einen Fehler in der Beweisführung nachzuweisen, ist ein gewagtes Unternehmen, aber dennoch ist, wie ich glaube, Kefer stein vollkommen im Rechte, wenn er sagt, es scheine ihm nicht möglich, dass durch solche Con- traction und Expansion des Thieres wirklich das Ab- und Aufsteigen im Wasser bewirkt werde. „Dass bei der Muskelcontraction das Volum sich nicht ändert," sagt er, „ist seit Swammerdam bekannt i), und man hat alle Ursache, auch für die übrigen Organe eine Incompressi- bilität, wenigstens bei den überhaupt in Betracht kom- menden Druckkräften, anzunehmen. Vielmehr scheint eine Volumveränderung, die wir in so hohem Grade bei allen Mollusken bemerken, allein von der Wasseraufnahme in das Innere des Körpers abzuhängen und dieselben in vergleichbarer Weise sich ähnlich mit Wasser, wie die Vögel mit Luft aufzublähen. Allerdings w^ird durch solche Aufnahme, da diese Medien leichter als die Körpersub- stanz sind, das specifische Gewicht des ganzen Körpers 1) In aller Strenge ist dies freilich nicht ganz richtig. Nach Otto Funke's Lehrbuch der Physiologie, 4. Aufl. 1863. Bd. I. S.434, setzen die genauesten, unter allen Cautelen angestellten Versuche, insbesondere von Marchand und Ed. Weber, eine Verdichtung des Muskels bei seiner Verkürzung, wenn auch eine ausserordent- lich geringe, kaum in Betracht kommende, ausser Zweifel. Das im Texte Gesagte wird dadurch natürlich nicht alterirt. lieber den hydrostatischen Apparat des Nautilus Pompilius. 23 verringert, allein da dabei im selben Verhältniss das Volum vergrössert und der grössere Raum durch das umgebende Medium selbst eingenommen wird, d. h. das Volum der eigentlichen Körpersubstanz unverändert bleibt, so vergrössert sich damit in keiner Weise der Auftrieb.'' Diesen Gründen lässt sich nichts entgegensetzen. Ob der Nautilus aus der Schale möglichst weit heraustritt und seine Organe dabei vollständig entfaltet, oder ob er sie innerhalb derselben in eine dichte Masse zusammen- zieht, ob dabei seine Muskeln im contrahirten oder er- schlafften Zustande sich befinden, ob er in die Athem- und Körperhöhle Wasser aufnimmt oder nicht, hat auf das Volumen der Substanz seines Körpers und also auch auf das speciüsche Gewicht desselben keinen irgendwie erheblichen Einfluss; der Auftrieb, den er von Seiten des Wassers erleidet, bleibt immer derselbe. Somit ist denn auch durch die Owen'sche Theorie das Problem nicht gelösst. In dem letzten Satze der oben mitgetheilten Owen'- schen Demonstration: „Der Nautilus mag ausserdem noch den Vortheil geniessen, eine kleine Leere im hinteren Theile seiner Wohnkammer erzeugen zu können,^ ist ein Umstand erwähnt, dem Owen offenbar kein beson- deres Gewicht beilegte, da er diese Bemerkung nur ganz nebenbei noch hinzufügt, in welchem Ke fers tein jedoch den Kern einer neuen Theorie gefunden hat. Er sagt : „Wenn sich an dieser Stelle hinter dem Thiere Luft befindet, und dieselbe durch ein Zurückziehen oder Vor- strecken des Thiers, oder durch ein Zu- oder Wegströmen des Blutes in dem hintern Körpersack comprimirt oder ausgedehnt wird, sieht man hierin sofort das Mittel, wo- durch das Thier, dessen Gewicht durch die Luftkammern etwa gleich dem des verdrängten Wassers gemacht ist, durch kleine Bewegungen in den Stand gesetzt ist, leichter oder schwerer wie das verdrängte Wasser zu werden. Nur wenn gerade ein neues Septum gebildet wird, also das Thier einen Stillstand im Wachsthum er- leidet, kann es in dieser Weise diesen einfachen hydro- statischen Apparat nicht in Thätigkeit setzen und wird 24 M eigen: dann vielleicht ausschliesslich und in Ruhe am Grunde des Meeres leben müssen.^ Wenn nun Prof. Keferstein der Ansicht ist, dass auf diese Weise das Auf- und Absteigen und das plötz- liche Herabsinken bei zurückgezogenem Körper, wie es als Thatsache feststeht, leicht möglich erscheine, so lassen sich doch einige Bedenken nicht unterdrücken. Bei dem oben (S. 19) angeführten Quenstedt'schcn Versuche stellte sich der Auftrieb, den das in seiner Schale sitzende Thier durch das verdrängte W'asser zu erleiden hätte, zu 9 Gramm heraus. Soll nun durch Compression der in dem hinteren Räume der Wohnkammer vorhandenen Luft dieser Auf- trieb vernichtet werden, so müsste diese Luft . dasselbe Gewicht von 9 Gramm haben. Dem entspricht aber für gewöhnlichen Druck ein Volumen von 7200 Kubikcenti- meter, wenn nämlich das specifische Gewicht der Luft gegen Wasser gleich Ysoo gesetzt wird, was für die Tem- peraturverhältnisse, unter denen der Nautilus lebt, gewiss nicht zu viel ist. Um dieses Luftquantum auf die Dimen- sionen zu beschränken, wie sie dem in der Nautilusschale dafür disponibeln Raum entsprechen, wäre ein Druck er- forderlich, der bei weitem über das Maximum desjenigen hinausgeht, der allenfalls hier vorkommen könnte. Es scheint also der Schluss zulässig, dass die Keferstein'sche Theorie ebenso wenig wie irgend eine der früheren zur Lösung des vorliegenden Problems genüge. Ob dies nicht zu voreilig geschlossen ist, wird sich aus den nach- stehenden Erörterungen ergeben. Um einen allgemeinen Ausdruck für die Beziehun- gen, welche zwischen den hier in Betracht kommenden Grössen bestehen, zu erhalten, genügt die folgende ein- fache Betrachtung. Wenn die Schale mit dem darin be- findlichen Thier im Gleichgewicht mit dem Wasser sein soll, und die jedenfalls zulässige Voraussetzung gemacht wird, dass das Thier und die Luft der Wohnkammer zu- sammen den Raum dieser letzteren gerade ausfüllen, so muss die Summe der Gewichte dieser beiden genau gleich dem Gewichte des denselben Raum wie die Wohnkammer einnehmenden Wassers sein, vermehrt um das Gewicht, Ueber den hydrostatischen Apparat des Nautilus Pompilius. 25 welches die im Wasser befindliche blosse Schale ohne Thier noch eben tragen kann, ohne zu sinken. Bezeichnet man nun, um das eben Gesagte in eine mathematische Form zu bringen, das Volumen der Wohnkammer mit v, das der darin enthaltenen Luft mit v' (beides in Kubik- ccntimetern ausgedrückt), den Druck, unter welchem diese letztere steht, mit d (in Atmosphären), das grösste Gewicht, welches die Schale im Wasser zu tragen ver- mag, mit p (in Gramm), und endlich noch das specifische Gewicht des Nautiluskörpers mit s, so muss nach dem Obigen für den Fall des Gleichgewichts die Relation bestehen s{v-v') + ^ = 1,03t+p, worin die Zahlen ^Jg und 1,03 die aus dem Früheren schon bekannte Bedeutung haben, nämlich das specifische Gewicht der Luft und des Meerwassers ausdrücken. Aus dieser Gleichung folgt , _ 800[(s— l,03)v— p] ^ ~ 800s— d Die Discussion dieses Ausdrucks zeigt, dass v' zu einem Maximum (unendlich gross) wird, wenn d = 800s ist, ein Fall, der nicht vorkommen kann, da s jedenfalls grösser als 1 ist, und also d immer grösser als 800 sein müsste. Seine untere Grenze, nämlich Null, erreicht v', wenn (s — l,03)v = p ist. Da nun v und p immer po- sitive Grössen sind, so muss auch s — 1,03 positiv oder s grösser als 1,03 sein, d. h. das specifische Gewicht des Nautiluskörpers muss grösser sein als das des Meerwas- sers. So lange nun (s— l,03)v grösser ist als p (und d kleiner als 800s, sonst aber von beliebiger, natürlich immer positiver, Grösse), hat v' einen positiven Werth ; wird aber (s— l,03)v kleiner als p, so wird v' negativ, und da dies unter den gegebenen Umständen keinen Sinn hat, so heisst das nichts anders als: die Aufgabe enthält in diesem Falle einen Widerspruch in sich selbst, Gleich- gewicht kann niemals eintreten, es findet vielmehr immer ein Sinken statt. Substituiren wir nun in die eben gefundene, die 26 M e i g e n : untere Grenze von v' bedingende Gleichung (s — l,03)v = p die obigen von Quenstedt angegebenen Zahlen V = 900 und p = 54, so berechnet sich leicht, dass dann s = 1,09 ist, d. h. bei diesen Werthen für das Vo- lumen der Wohnkammer und die Tragkraft der Schale ist ein nach der Keferstein'schen Theorie vor sich ge- hendes Auf- und Absteigen des Nautilus im Wasser nur möglich, wenn das specifische Gewicht seines Körpers grösser als 1,09 ist. Da diese Zahl den mit vieler Wahr- scheinlichkeit dafür zu vermuthenden Werth übersteigt, so scheint der aus ganz oberflächlicher Rechnung oben gezogene Schluss sich als vollkommen richtig zu bestä- tigen, vorausgesetzt, dass die Quenstedt'schen Zahlen richtig sind. Nun ist es aber wenigstens nicht geradezu undenkbar, dass die zu diesen Zahlen führenden Versuche an einer niciit ganz vollständigen Schale gemacht wor- den sind und daher das Volumen der Wohnkammer zu klein gefunden wurde ^). Um darüber Sicherheit zu ge- winnen, musste, da die von Woodward gemachten An- gaben zu unvollständig sind, um für diese Rechnung ver- wandt werden zu können, ein neuer Versuch gemacht werden. Da in der zoologischen Sammlung des hiesigen Gymnasiums ein dazu brauchbares Stück sich nicht vor- fand, und auch sonstwoher mir hier keins zu Gebote stand, so hatte Herr Apotheker Lübbecke in Duisburg auf meine Bitte die Güte, an einem seiner prachtvollen Sammlung entnommenen, durchaus unverletzten und ganz vollständigen Exemplare die erforderlichen Bestimmungen vorzunehmen ^). Dabei stellte sich zunächst heraus, dass 1) Bei den in den Sammlungen aufbewahrten Nautilusschalen scheint Unvollständigkeit des Randes ein sehr häufig vorkommen- der Fall zu sein, wenigstens zeigte sich unter vier dem ersten Blick ganz unversehrt erscheinenden Exemplaren in der Sammlung des Plerrn Löbbecke in Duisburg nur eine einzige in dieser Beziehung tadellos. Auch Rumph bemerkt in der oben (S. 9 Note) abge- druckten Stelle, dass man die Schale an den Kanten oft ange- nagt finde. 2) Da Herr Löbbecke die Freundlichkeit hatte, die Versuche üeber den hydrostatischen Apparat des Nautilus Pompilius. 27 für die beiden Zahlen, um die es sich handelt, nicht die- selbe Genauigkeit erreicht werden kann. Das die Trag- kraft der Luftkararaern darstellende Gewicht p lässt sich mit jeder wünschenswerthen Genauigkeit ermitteln, nicht aber das Volumen der Wohnkammer, da es nicht mög- lich ist, dieselbe ganz mit Wasser zu füllen. Es liegt das an der eigenthümlichen Krümmung des Mündungs- randes, dessen auf jeder Seite vorspringende Lappen einen nicht ganz unbeträchtlichen Raum zwischen sich haben, der, vorn und hinten offen, durch Eingiessen von Flüssigkeit sich nicht messen lässt \). Wurde die Schale nachher in meiner Gegenwart zu wiederholen, so war mir Gelegen- heit geboten, von der Genauigkeit derselben und der Zuverlässig- keit der daraus zu entnehmenden Zahlenangaben mich selbst zu überzeugen. Die dazu benutzte Schale gehört vermuthlich mit zu den grössten ihrer Art, wie schon aus der überraschend grossen Ca- pacität der Wohnkammer (mehr als ein Quart) hervorgeht. Ihr grösster Längendurchmesser betrug 22 Centimeter, die Höhe 16 Cen- timeter und die grösste Breite der Mündung 12 Centimeter, das absolute Gewicht 405 Gramm. — Die Tragkraft der Luftkammern kann man auch in der Weise zu ermitteln suchen, dass man die Gewichte im Innern der Wohnkammer so placirt, dass beim Ein- tauchen der Schale ins Wasser die Mündung nach oben und zwar die beiden tiefsten Punkte des Mediandurchschnitts in eine horizon- tale Ebene zu liegen kommen; die weiter zuzulegenden Gewichte kann man alsdann ebenfalls in ,die jetzt nicht mit Wasser gefüllte Wohnkammer hineinlegen, was freilich mit grosser Vorsicht gesche- hen muss, um Schwankungen und dadurch den Eintritt von Wasser in die Kammer zu verhüten. Die obige Schale konnte auf diese Art mit 1070 Gramm beschwert werden, bevor das Wasser anfing, über die tiefste Stelle des Eandes zu treten, doch sank sie erst ganz unter, nachdem eine nicht unbeträchtliche Wassermenge hin- eingelaufen war. Es war aber nicht möglich, sie genau beim Be- ginn des vollständigen üntergehens herauszunehmen ; diese Methode führte also zu keinem Resultate. Auch die Bestimmung des Volu- mens der ganzen Schale konnte wegen deren Grösse nur mit ap- proximativer Genauigkeit ausgeführt und zur Ableitung einer zuver- lässigen Zahl für die Tragkraft nicht benutzt werden. 1) Man könnte vielleicht nach Einschieben eines künstlichen Bodens mit Hülfe von feuchtem Sande oder dgl. den Rauminhalt dieses Theils annähernd bestimmen, doch ist dies nicht versucht worden. 28 M e i g e n: SO gebalten, dass man möglichst viel Wasser hineinbringen konnte, so nahm die Wohnkammer 1235 Gramm, also ebenso viel Kubikcentimeter auf, eine Zahl, die man aus dem oben angeführten Grunde unbedenklich auf 1300 erhöhen kann. Auf alle Fälle kann man wenigstens mit Sicherheit behaupten, dass der wahre Inhalt der Kammer nicht weniger als 1250 und nicht mehr als 1400 Kubik- centimeter betrug. Ferner ergab sich, dass die (bei ver- verschlossenem Sipho) ganz untergetauchte Schale, mit einem Gewichte von 68,5 Gramm belastet, sich noch schwe- bend erhielt, während sie bei 69 Gramm schon sank. Berücksichtigt man den Gewichtsverlust, den die aus Messing (spec. Gew. 8,3) bestehenden Gewichtstücke im Wasser erlitten, und setzt ausserdem an die Stelle des verwandten süssen Wassers Seewasser vom spec. Gew. 1,03, so erhält man als Tragkraft der leeren Schale im letzteren 62. Gramm. Setzt man die so gefundenen Werthe in die obige Gleichung (s — l,03)v = p, so findet man, wennv — 1250 gesetzt wird, s = 1,0796, wenn v r:r 1400 genommen wird, s = 1,0743 ; für den Mittelwerth v = 1300 ist s = 1,0777. Daraus folgt, dass, wenn die Keferstein'- sche Theorie richtig ist, das specifische Gewicht des Nau- tiluskörpers nicht kleiner als 1,0743 sein, oder, wenn man sich mit der vollkommen ausreichenden Genauigkeit von zwei Decimalstellen begnügt, mit ziemlich grosser Sicherheit zu 1,08 angenommen werden kann (vergl. oben S. 18, Note). Für s = 1,08 und v = 1300 findet man dann weiter v'=---- ^. Da nun die Grosse von d 864 — d wohl nur zwischen 1 (wenn das Thier sich an der Ober- fläche befindet) und 6 (für die Tiefe von 30 Faden, die ja wohl schwerlich jemals überschritten wird) schwanken kann, so liegt v' zwischen 2,781 und 2,797; es braucht also der hinter dem Mantelring liegende abgesperrte Luftraum noch nicht einmal ganz 3 Kubikcentimeter zu betragen, um allen Anforderungen zu genügen ^). Es 1) Für die angeuommenen Grenzwerthe des Volumens, 1250 und 1400 Kubikcentimeter , liegt v' entweder (im ersten Falle) Ueber den hydrostatischen Apparat des Nautilus Pompilius. 29 bedurfte also in der That einer sorgfältigen Wiederholung des betreffenden Versuchs, um nicht irre geleitet zu werden. Das Resultat der vorstehenden Erörterungen und Rechnungen lässt sich kurz in folgender Weise zusam- menfassen : 1) Die Luftkammern dienen, wie schon Owen sagt, nur als Ballon, um das Gewicht der ganzen Masse un- gefähr gleich dem des verdrängten Wassers zu machen. 2) Die Hauptfunction des Sipho besteht darin, nicht sowohl die abgekammerten Theile der Schale als vielmehr deren gasförmigen Inhalt in organischer Verbindung mit der Lebensthätigkeit des Thiers zu erhalten, damit das eingeschlossene Gas nach Qua- lität und Quantität seine normale BeschaiFenheit be- haupten resp. den veränderlichen Lebensbedingungen des Thiers sich anpassen kann (s. S. 16). 3) Die Möglichkeit des willkürlichen Steigens und Sinkens im Wasser liegt in dem Vorhandensein des in dem hinteren Theile der Wohnkammer befind- lichen abgesperrten Luftraums von veränderlichem Volumen, das im Ganzen aber wenige Kubikcenti- meter nicht zu überschreiten braucht. Dabei ist je- doch vorausgesetzt, dass das specifische Gewicht des Nautiluskörpers nicht kleiner als 1,08 ist. Es ist nun leicht, zu zeigen, wie sich die Sache im Einzelnen gestaltet. Nehmen wir an, der Bewohner der zu dem Versuche benutzten Schale habe in dem hintern Theile seiner Wohnkammer einen geschlossenen Luft- raum von circa 3 Kubikcentimeter gehabt, den übrigen Theil der Kammer (1297 Kubikcentimeter) aber selbst eingenommen, so würde das Gewicht der die Kammer zwischen 0,463 und 0,466, oder (für das grössere Vohimen) zwischen 7,416 und 7,459, Werthe, von denen selbst der grösste die Grenze des Möglichen wohl nicht überschreitet; denn bei einem Kammervo- lumen von 1400 sind 7,5 Kubikcentimeter für den mit v' bezeich- neten Raum schwerlich übermässig viel. 30 M eigen: füllenden Masse (Körper des Tliieres und Luft) 1400 Gramm, das Gewicht des verdrängten Wassers 1339 Gramm be- tragen haben^ also von jenem um 62 Gramm übertreffen worden sein. Da nun die Luftkammern diese 62 Gramm zu tragen vermögen, so würde vollkommenes Gleichge- wicht bestanden haben, und es hätte also nur eines ge- ringen Zurückdrängens oder Vorstreckens des Körpers bedurft, um ein Sinken oder ein Aufsteigen zu veran- lassen. Wäre z. B. das Tbier im Stande, die Luft seiner Wohnkammer von 3 auf 2,5 Kubikcentimeter zusammen- zupressen, so hätte dadurch das Gewicht des verdrängten Wassers um 0,5 Gramm abgenommen, es würde also das Sinken mit einer Kraft von 0,5 Gramm beginnen. Nun wäre zu dieser Compression der Luft allerdings, wie sich mit Hülfe des Mariotte'schen Gesetzes leicht berechnen lässt, eine Kraft von 1,2 Atmosphären erforderlich, wenn man als Ausgangspunkt der Bewegung die Tiefe von 160 Fuss annimmt. Scheint diese Kraft eine zu starke Zumuthung für das Thier, so ist erstens zu bemerken, dass ja auch schon durch eine geringere Gewichtsabnahme des verdrängten Wassers ein Sinken zuwege gebracht werden kann, wobei dann also auch die zum Zusammen- pressen der Luft erforderliche Kraft geringer wäre, zwei- tens, dass die Tiefe von 160 Fuss (ungefähr 27 Faden) vermuthlich niemals überschritten wird, wofür einerseits die Beobachtungen sprechen, was andrerseits auch durch die Widerstandskraft der Schale motivirt erscheint, und drittens endlich, dass, wenn man eine geringere Tiefe als Ausgangspunkt nimmt, auch diese Kraft bedeutend geringer zu sein braucht, bei d = 3, also in 60 Fuss Tiefe, nur 0,6, bei d = 1, also an der Oberfläche, nur 0,2 Atmosphären. Für das Steigen sind die Verhältnisse etwas günstiger. Will der Nautilus aus einer Tiefe von 160 Fuss mit einer Kraft von 0,5 Gramm nach oben stei- gen, so braucht er nur 0,8, aus einer Tiefe von 60 Fuss nur 0,4 Atmosphären Druckkraft aufzuwenden. Im Uebrigen ist es ziemlich gleichgültig, wo man den Anfangspunkt der Bewegung, an welchem Schale und Wasser in Gleichgewicht sind, wählt, da ein Blick lieber den hydrostatischen Apparat des Nautilus Pompilius. 31 auf die für v' entwickelte Formel zeigt, dass auf den Werth derselben die Grösse von d innerhalb der zuläs- sigen Grenzen ohne merklichen Einfluss ist ^). Ist die Bewegung einmal in Gang gebracht/ so setzt sie sich von selbst fort, da alsdann ja die drückende Wassersäule immer grösser resp. kleiner wird, bis ent- weder der Grund oder die Oberfläche erreicht ist. Nach unten wird übrigens auch die Festigkeit der Schale end- lich ein Haltmachen gebieten, da ja die Spannung der in den inneren Kammern enthaltenen Luft der Zunahme des äusseren Druckes nicht rasch genug folgen kann, um einen entsprechenden Gegendruck herzustellen. Bei längerem Verweilen in der neuerreichten Tiefe w^ird aller- dings allmählich sich Alles wieder ins Gleiche setzen, daher ist es wohl denkbar, dass bei ganz langsamem Vordringen nach unten, etwa an dem sich senkenden Meeresboden entlang, der Nautilus ungefährdet jede be- liebige Tiefe erreichen kann, wenn nur das Gas der Luftkammern Zeit hat, in gleicher Weise wie der äussere Druck an Menge und folglich auch an Spannkraft zuzu- nehmen (vgl. oben S. 17). Die Tragkraft der Schale nimmt dadurch natürlich um ebenso viel ab, als das Gewicht des in den Luftkam- mern enthaltenen Gases zunimmt. Wäre das Volumen der Luftkammern etwa doppelt so gross w^ie das der Wohnkammer, was ohne Zweifel über das wirkliche Ver- hältniss hinausgeht, also bei der den Versuchen zu Grunde gelegten Schale gleich 2600 Kubikccntimeter, so würde die darin enthaltene Luft, wenn sie dasselbe specifische Gewicht hätte wie die atmosphärische (Vsoo) , bei einem Druck von einer Atmosphäre ungefähr 3 Gramm wiegen, bei sechs Atmosphären 18 Gramm. Die Tragkraft ver- 1) So erhält man z. B., wenn d sogar gleich 100 gesetzt wird, für v' nur wenig über 3 Kubikcentimeter. Einem Drucke von 100 Atmosphären entspricht aber eine Tiefe von mehr als 3000 Fuss, bis zu welcher gewiss niemals ein Nautilus sich verirrt. Sollte v' — 4 Kubikcentimeter werden^ so raüsste d = 264 sein, wozu eine Tiefe von über 8000 Fuss gehört. 32 M eigen: minderte sich mithin um 15 Gramm und sänke demnach von 62 auf 47 Gramm, der Werth von v' stiege dagegen auf 16,8 Kubikcentimeter. Kann das Thier also sich nicht so weit aus der Schale vorstrecken, dass der abgesperrte Luftraum der Wohnkammer sich von 3 auf circa 17 Ku- bikcentimeter vergrössert, so würde ein Aufsteigen nicht mehr mögb'ch sein. Nur dadurch, dass durch Kriechen am Meeresboden entlang höher gelegene Punkte desselben erreicht würden, an denen das Gas der Luftkammern allmählich wieder durch Diffusion sich mit dem kleiner gewordenen Druck der Umgebung ins Gleichgewicht setzte, wäre es möglich, den hydrostatischen Apparat wieder zum Functioniren zu bringen. Hätte aber das Gas der Luftkammern ein geringeres specifisches Ge- wicht wie die atmosphärische Luft, was nach dem Er- gebniss der auf S. 5 erwähnten Analyse desselben nicht unwahrscheinlich ist, so wären die Yerhältnisse wieder günstiger. Beim Aufsteigen bis an die Oberfläche vergrössert die Luft der Wohnkammer ihr Volumen, und zwar, wenn eine Tiefe von 160 Fuss als Ausgangspunkt genommen wird, von 3 auf 18 Kubikcentimeter, folglich sind 15 Ku- bikcentimeter der Körpers aus der Schale herausgetreten, und um. ebenso viel Gramm hat das Gewicht des ver- drängten Wassers zugenommen, demnach wird der Nau- tilus jetzt mit einer Kraft von 15 Gramm oben gehalten und dort, mit einem kleinen Theile aus dem Wasser herausragend, treiben. Da er dabei nach der Schilderung der Beobachter eine solche Lage einnimmt, dass die Mün- dung der Schale nach oben gekehrt ist, die leere Schale aber, wie der Versuch ausweist, mit der Mündung nach unten schwimmt und das noch um so mehr thun wird, wenn das Thier darin sitzt, so kann jene Stellung nur durch eine künstliche Bewegung, durch Stoss oder Schwung, eingenommen und durch fortwährendes Balanciren be- hauptet werden (vergl. übrigens den S. 27 in der Note beschriebenen Versuch zur Bestimmung der Tragkraft). Sowie nun der Körper zurückgezogen wird, schlägt lieber den hydrostatischen Apparat des Nautilus Pompilius. 33 die Schtale von selbst in die natürlicbe Lage des stabilen Gleichgewichts um und sinkt hinab. Soll einer im Gang befindlichen Bewegung Einhalt gethan werden, so ist es nur nöthig, den Körper die ent- gegengesetzte Action von derjenigen vornehmen zu lassen, durch welche zu der zu hemmenden Bewegung der An- stoss gegeben wurde. Es ist kein Grund vorhanden, um anzunehmen, dass dies nicht in jedem beliebigen Stadium des Steigens oder Sinkens und in jeder beliebigen Tiefe ausgeführt werden könne ^). Als selbstverständlich kann wohl angesehen werden, dass die ganze vorstehende Beweisführung, wenn sie sich auch in den zur Exemplification dienenden Zahlen an die bestimmte zum Versuche benutzte Schale anlehnt, doch dadurch an ihrer allgemeinen Gültigkeit nichts verliert, indem auch bei abweichenden absoluten Werthen der räumlichen Dimensionen die gegenseitigen Verhältnisse immer dieselben sind. Somit kann denn jetzt wohl die von Ke ferst ein aufgestellte Theorie über den hydrostatischen Apparat des Nautilus als durchaus gesichert und zur Erklärung der beobachteten Thatsachen vollständig ausreichend an- gesehen werden. Sie auf die übrigen Cephalopoden mit gekammerter Schale anzuwenden scheint mir, soweit es 1) Der hydrostatische Apparat des Nautilus erinnert in viel- facher Beziehung an die ähnlich wirkende Schwimmblase der Fische. Während diese aber dem Aufenthaltsort ihres Besitzers nach oben und unten feste Grenzen zieht, ausserhalb deren ihre Thätigkeit nicht mehr nach seinem Belieben geleitet und unter Umständen sogar gefährlich für ihn werden kann, findet bei dem Schwimmap- parat des Nautilus nur in dem oben bezeichneten Falle etwas Aehn- liches statt. Ygl. über die Schwimmblase die Bemerkungen von Bergmann in dem S. 2 in der Note citirten Werke von S. 414 — 422, so wie betreffs grösserer Einzelheiten meine dem Programm der höheren Bürger- und Realschule zu Marienburg in Westpreussen für das Jahr 1856 beigegebene Abhandlung: »lieber die Function der Schwimmblase bei den Fischen.« Archiv f. Naturg. XXXVI. Jahrg. 1. Bd. 3 S4 M eigen: Ueb. d. hydrostatischen Apparat d. Naut. Pomp. die ganz ähnlich gebildeten fossilen Nautiliden, die Am- moniten und Spiruliden angeht, ganz unbedenklich, ob sie aber auf die Orthoceratiten und die Belemniten sich ebenfalls ausdehnen lässt_, ist mindestens noch zweifelhaft und jedenfalls nur auf Grund einer besonderen Unter- suchung zulässig (vgl. S. 27 Note). Heber Temnocephala eliilensis. Von Dr. R. A. Philipp!. Hierzu Tafel I. Fig. 1—6. Im Februar 1867 Hess ich mir eine Partie Aeglea bringen, um wo möglich die Entwickelung der Jungen zu beobachten, was ich durch verschiedene Umstände verhindert nicht ausführen konnte, fand aber auf denselben und zwar sowohl auf den Beinen wie auf dem Körper, namentlich aber unter dem Schwanz zahllose Exemplare der Temnocephala chilensis Blanch., welche mir damals noch unbekannt war. Mehrere Tage habe ich wohl an 200 dieser Thiercben in einer flachen Schüssel mit reinem Wasser am Leben erhalten, während die Krebse, die mir schon fast halbtodt gebracht waren, bald abstarben. Die Temnocephala hat im zusammengezogenen Zu- stand eine eiförmige Gestalt, im ausgedehnten eine fast länglich lanzettförmige, und ist etwas plattgedrückt, unten ganz flach, oben etwas gewölbt, mit ziemlich scharfen Rändern, s. Fig. 2, wo das Thier im zusammengezogenen und ausgestreckten Zustand vergrössert abgebildet ist. Am vordem Ende sitzen in einer Ebene fünf fingerar- tige Arme, von denen der mittlere kaum merklich länger als die übrigen ist, und die, wenn das Thier sich aus- streckt, fast halbe Körperlänge erreichen. Am hintern Ende sitzt ein kreisrunder Saugnapf. Die Länge beträgt im ausgestreckten Zustand ohne die Finger selten mehr 36 Philippi: als IVs Linien, die Breite kaum ^'2 Linie, verkürtzt sich aber das Thier €0 erreicht die Breite 2/3 Linien. Die erwähnten Finger erscheinen nicht cylindrisch, sondern ebenfalls flach gedrückt, und ein Mal, als ich ein junges Individuum unter dem Mikroskop hatte, welches durch das Deckgläschen gepresst war, kam es mir vor, als ob sie am Ende, welches bei der Verkürzung bisweilen knopfartig erscheint, s. Fig. 4, ebenfalls einen kreisrunden Saugnapf hätten ; jedenfalls können sie sich mit demselben anheften. Querringe sind am Körper nicht vorhanden, wohl aber erkennt man in der Bedeckung des Körpers Querrunzeln, ebenso wie an den Fingern, die wohl von Kreismuskel- fasern herrühren. Wimpern habe ich bei einer 240mali- gen Yergrösserung, der stärksten, die ich überhaupt an- gewendet habe, nicht gefunden. Auf dem Rücken, etwa im vordem Viertel der Kör- perlänge, stehen ziemlich dicht neben einander zwei ovale rothe Punkte, die man wohl für Augen ansprechen muss. Lange konnte ich keine Mund Öffnung entdek- ken; endlich fand ich dicht hinter den Augen auf der Unterseite über dem gleich zu erwähnenden Magensack(?) eine dreieckige, mit dem stumpfen Winkel nach vorn gekehrte Oeffnung, deren Ränder sich ausdehnten und zusammenzogen, und die ich für die Mundöffnung halte. S. Fig. 5. Innerhalb derselben sah ich am Hinterrand eine zweite, kreisförmige, welche ich nicht zu deuten weiss; für die Mündung eines ein Sekret ausführenden Kanales scheint sie mir zu gross, sie ist vielleicht die Mündung eines kurzen Oesophagus, der in den fraglichen Magensack führt. Das Thier ist ziemlich durchsichtig, im Ganzen von einer hellen, bräunlichen Farbe, aber im Körper, nament- lich hinten und an den Seiten, mit einem dunkleren, krümeligen Inhalt erfüllt, der einzelne hellere Stellen, Blasen, zeigt. Unmittelbar hinter den Augen, etwa bis zur halben Körperlänge reichend, und fast die Hälfte der Körperbreite einnehmend, befindet sich eine scharf begrenzte rundliche Blase, deren Gestalt sich natürlich etwas ändert, je nachdem sich das Thier streckt oder lieber Temnocephala chilensis. 37 verkürzt. Ich habe sie als Magens ack(?) bezeichnet, ungeachtet ich darin keinen fremdartigen Inhalt gesehn habe, vielleicht weil die Thiere, als ich anfangen konnte sie zu untersuchen, schon längere Zeit gefastet hatten, was sie übrigens^ wenigstens acht Tage lang ganz gut aushalten. Im vorderen Drittheil dieses Magensacks be- findet sich die oben beschriebene, dreieckige Mundspalte. Hinler dem Magensack befindet sich ein gelbliches, volu- minöses Organ, das man vielleicht für eine Leber an- sehen könnte. Der vordere Theil desselben ist in Fig. 3 zu erblicken. Zu jeder Seite dieses Organs ist die braune krümelige Substanz am dichtesten, und hier würden wohl die Fortpflanzungsorgane zu suchen sein. Doch habe ich weder Eier noch irgend welche Kanäle darin sehen können; vermuthlich sind diese Theile farblos und durch die bräunliche , krümlige ziemlich undurchsichtige Kör- permasse verdeckt. In einer Querlinie mit der Mund- öfFnung liegen zwei ovaleBlasen, eine auf jeder Seite, die einen kurzen schrägen Spalt im Centrum zu haben scheinen, und aus denen ich nichts zu machen weiss. S. Fig. 3 a. Mehrmals habe ich auf der siechten Seite des Körpers in der Mitte zwischen dem fraglichen Magensack und dem Saugnapf ein besonderes Organ erblickt, siehe Fig. 6 a. Es ist dies eine Blase von eiförmiger Gestalt, in welcher schräg ein griffeiförmiges Organ liegt, welches aussen abgestutzt ist und einen etwas vorstehenden Rand hat, nach innen aber einen ovalen Kopf zeigt. Ich muss es Personen, die sich specieller mit der Naturgeschichte der verwandten Thiere beschäftigt haben, überlassen zu beurtheilen, wofür das Organ anzusehen ist. Was das Muskelsystem anbetrifft, so erkennt man Längsfasern sehr deutlich im Centrum der Finger, sowie am Hinterende des Körpers, wo sie sich in die Saugscheibe begeben. Die Querfasern scheinen sowohl in den Fingern, wie in der allgemeinen Körperhülle nach aussen zu liegen, und dieses ist auch der Fall bei der Saugscheibe. Die Bewegung der Thiere ist ganz die der Blut- 38 Philippi: egel. Sie heften sich mit dem hintern Saiignapf fest, sei es auf dem Boden des Wassers oder einem andern festen Körper, sei es auf der Oberfläche des Wassers, die ja besonders für kleine Thiere als ein fester Körper be- trachtet werden kann, in welchem letzteren Fall natürlich der Rücken nach unten gekehrt ist, und meist auch der ganze Körper herabhängt. So festgeheftet verhalten sie sich oft stundenlang ruhig und eingezogen, indem bald die Finger massig ausgestreckt, bald sehr stark verkürzt erscheinen. Oft aber strecken sie den Körper lang aus, und bewegen das Kopfende rasch nach allen Richtungen, indem sie mit den Fingern im Wasser umherfahren, als ob sie etwa darin schwimmende Gegenstände erhaschen wollten. Wollen sie den Ort verändern, so machen sie es ganz wie die Spannerraupen oder wie die Blutegel oft thun, d. h. sie heften sich mit dem Vorderende fest, lassen den Saugnapf los, krümmen den Körper bis das Hinterende dicht am Vorderende ist, heften sich nun mit der Saugscheibe wieder fest, strecken den Körper aus, und befestigen sich aufs Neue mit dem Vorderende, um dann das Hinterende wieder heranzuziehen, und so fort. Siehe Fig. 1 a, b, c, wo die Thierchen in natürlicher Grösse und in verschiedenen Bewegungen vorgestellt sind. Niemals habe ich sie schwimmen sehen. Die jungen Thiere sind heller gefärbt als die alten, aber auch an ihnen ist es mir nicht gelungen mehr von der innern Organisation zu sehen, als oben angegeben ist. Der erste Anblick des Thieres erinnerte mich an Hydra, womit das Thier viele Aehnlichkeit hat, wenn man es mit blossem Auge im Wasser aufgerichtet und mit seinen stark ausgedehnten Fingern herum fechtend erblickt, allein ich erkannte bei genauerer Betrachtung sogleich, dass es zu den Würmern in die Nähe von Ma- lacobdella gehören müsse, und fand bald, dass es die von Blanchard in Gay's Zoologia chilena vol. III p. 51 als Temnocephala chilensis beschriebene und Tab. II der An- nelides Fig. 6 abgebildete Art sei. Blanchard sagt daselbst: „Corpus oblongum, antice in digitis (sie!) divi- sum; annulis parum distinctis. Oculi duo. — Körper üeber Temnocephala chilensis. 39 merklich und allmählich von vorn nach hinten verbreitert, mit wenig deutlichen Ringen. (Ich kann keine Spur von Ringen sehen). Das vordere Ende der Kopfregion ist regelmässig in fünf grade, gleiche Finger getheilt, welche gegen ihre Spitze etwas von einander entfernt sind. Zwei Augen, die weit nach hinten und in einer Querlinie liegen. Der hintere Saugnapf ist ziemlich gross und vollkommen terminal. — Die Temnocephala's unterscheiden sich auch vom Genus Branchiobdella durch die Anwesenheit der Augen und die Theilungen der Kopfgegend, von denen bei diesem keine Spur ist.^ „Temnocephala chilensis, T. rosea, antice albcscens; lineis nonnullis obscurioribus. — Branchiobdella chilensis, erwähnt aber nicht beschrieben von Moquin-Tandon Mo- nogr. des Hirudinees p. 300.^ „Diese Art ist eiförmig, und vor dem hintern Ende etwas angeschwollen ; sie hat fünf fingerförmige Ver- längerungen am Kopfende, die vollkommen gleich sind, und etwa den fünften oder sechsten Theil der Körper- länge betragen. Die Farbe ist ein röthlichcs Braun, der vordere Theil weisslich, und zeigt verschiedene dunklere, immer aber noch helle Längslinien , (ich kann keine Längslinien entdecken) besonders oben. — Länge IV2 Li- nien. — Diese Art lebt parasitisch auf den Kiemen der Krebse Chile's" (Ob im salzigen oder süssen Wasser ist nicht gesagt). Ich habe dieses Thierchen späterhin vielfach und stets in grosser Menge unter dem Schwanz der Aeglea, welches ein Flusskrebs ist, gefunden, und an keinem an- dern Flusskrebs, womit ich indessen nicht grade leugnen will, dass es auch vielleicht auf andern Flusskrebsen und auf deren Kiemen vorkommen kann. Vielleicht lebt gar auf diesen eine andre Art, die sich durch dunkle Längs- linien von der von mir beobachteten unterscheidet. In- dessen dürfte doch eine Bestätigung der Angabe von Gay nicht überflüssig sein. Selbst auf Exemplaren der in der Provinz Mendoza vorkommenden Aeglea-Art habe ich die Temnocephala gefunden, und so viel ich bei einer flüchtigen Beobachtung sehen konnte, ist es dieselbe Art. 40 Philipp i: Ueber Temnocephala chilensis. Die Eier sind roth und verhältnissmässig sehr gross; sie finden sich ebenfalls unter dem Schwanz der Aeglea, so dass ich sie Anfangs für die Eier dieses Krebses nahm, bis ich sie auch unter dem Schwanz der männlichen Aeglea fand, und die wohl dreimal so grossen Eier des Krebses entdeckte. Santiago, den 15. Nov. 1869. lieber Felis Colocolo Nolina. Von Dr. R. A. Philipp! in Santiago. Hierzu Taf. I. Fig. 7. Um Ihnen zu beweisen, dass ich noch lebe, sende ich Ihnen einliegend die Beschreibung der Felis Colocolo Molina's, welche meines Wissens noch von keinem Natur- forscher seit Mol in a gesehen ist. Sie ist nach einem im Käfig befindlichen lebenden Thiere gemacht. Bei der beifolgenden Abbildung habe ich die Figur der Ham. Smith'schen Felis Colocolo zum Grunde gelegt ; die gelben Streifen des Rückens könnten vielleicht breiter sein, aber das Thier war sehr wild, und fuhr gleich wieder in die Ecke des Käfigs zurück, wenn man es einen Augenblick hervorgezogen hatte. Vielleicht hätte ich mit der Be- schreibung warten sollen, bis diese Katze in unserm zoologischen Garten gestorben, oder mir ein andres, todtes Exemplar in die Hände gefallen wäre, aber dann bin ich vielleicht nicht mehr in Santiago. In seinem bekannten Saggio sulla storia naturale del Chili sagt Molina (p. 295 der ersten Ausgabe) Folgendes : „Die Guigna (mit spanischer Orthographie Guina, auch Huina) Felis Guigna, und der Colocolo, Felis Colo- cola^), sind zwei wilde Katzen von schönem Fell, welche 1) Colocola ist offenbar ein Druck- oder vielmehr Schreibfeh- 42 Philippi: die Wälder Chile's bewohnen. Sie ähneln in der Form der Hauskatze^ sind aber etwas grösser, und haben einen dickeren Kopf und Schwanz. Die Guigna ist von gelb- licher (fulvo) Farbe, und angenehm mit runden schwarzen Flecken von vier bis fünf Linien Durchmesser verziert, die sich auch auf den Schwanz erstrecken. — Der Co- locolo ist weiss, unregelmässig gefleckt mit schwarzen und gelben" Flecken. Sein Schwanz ist bis zur Spitze schwarz geringelt. Diese Thiere wagen in Folge ihrer Kleinheit nicht den Menschen und ebenso wenig das Vieh zu belästigen ; ihre ganze Kraft ist gegen die Feld- mäuse und die Vögel gerichtet; bisweilen nähern sie sich auch den Häusern auf dem Lande, um auf die Hühner Jagd zu machen. — Die Einwohner des Landes zählen noch verschiedene andre Arten wilder Katzen auf, die ich nicht gesehn habe'^. Aus den letzten Worten folgt, dass Molina die bei- den Katzenarten, die er Guina und Colocolo nennt, selbst gesehn hat, und seine Beschreibungen derselben sind in der That so gut, dass man gar nicht im Zweifel sein kann, welche chilenische Arten er gemeint hat, wobei es nur auffallend ist, dass er der F. Pajeros, welche weit häufiger als F. Colocolo ist, nicht gedenkt. Seine Felis Guina ist offenbar die in Valdivia sehr gemeine wilde Katze, welche Poeppig als Felis tigrina var. beschrieben hat, und w^elche im Werk von Gay (Zool. I p. 70) unter dem Namen F. guigna Mol. nach Pöppig beschrieben ist, indem damals — wie es scheint — kein Exemplar dieser Art in Paris existirte. Gay hat sie nicht gekannt. 1er, und ist nur sonderbar, dass sich derselbe p. 341 wiederholt, man hört in Chile immer Colocolo und niemals Colocola. Mit diesem Namen bezeichnet man auch in Santiago die Didelphys elegans, die sonst Llaca und Comadreja heisst, so wie die singenden Hausmäuse. Colocolo heisst im Araukanischen die wilde Katze, so gut wie Guina. In der Provinz Santiago, wo die F. Guigna Molina's unbe- kannt ist, heisst F. Pajeros Guina. Dass diese letztere Art bis nach der Magellansstrasse vorkommt, beweist ein dort von meinem un- glücklichen Bruder geschossenes und im Museum aufgestelltes Ex- emplar. üeber Felis Colocolo. 43 1 3 = = 487 191,6 Mm. Ich bemerke nur noch, dass sich Molina in Angabe der Grösse geirrt hat, sie ist nicht grösser, sondern kleiner als die Hauskatze, und es ist auffallend, dass sie überaus häufig ganz schwarz vorkommt. Im Museum von Santiago sind zwei gefleckte, und zwei schwarze Exemplare auf- gestellt, deren Maasse folgende sind: Maasse. Chilenisch. Fuss Zoll Linien Von der Nasenspitze bis zur Schwanzwurzel .... Länge des Schwanzes . . Länge des Kopfes von der Nasenspitze bis zum Hinter- hauptloch (mit dem Zirkel gemessen) Entfernung zwischen Augen und Ohren Höhe des Kopfes .... Länge der Hinterbeine .vom Gelenke des Oberschenkels bis zur Zehenspitze . . . Länge der Vorderbeine vom Schulterblatt bis zur Zehen- spitze 1 — = 92,8 63, 61,8 == 278,6 10 - = 232,0 3 6 = 81,2 — 6 = 11,6 1 3 - 29,0 1 6 = 34,8 Länge des Unterarms Eckzähne . , . . . Höhe des Ohres . . Breite desselben . . Felis Colocolo ist nach Molina später von Nie- mand gesehen, denn die Katze aus Guiana, welche H. S m i t h in der englischen Uebersetzung von Cuvier's Animal Kingdom unter diesem Namen, freilich mit einem ? be- schrieben, und deren Beschreibung in W. Jardine's nat. bist. Felinae nebst der Abbildung wiedergegeben ist, ist ein ganz verschiedenes Thier. Nach der Beschrei- bung, ich muss die deutsche Uebersetzung citiren, „war der Rücken mit langen schwarzen Strichen ge- zeichnet, und diese waren braun eingefasst; auf den 44 Philippi: Schultern und Schenkeln befanden sich braune Striche, ein schwarzer Strich ging auch von dem Augenwinkel bis zur Kinnlade." (Dieser schwarze Strich findet sich in der Abbildung nicht. Dieselbe zeigt zwei schwarze Striche zwischen Auge und Ohr, die erst in beträcht- licher Entfernung vom Augenwinkel anfangen.) Der Co- locolo Molina's hat aber statt der langen schwarzen Striche der Guianischen Katze unregelmässige schwarze und gelbliche Flecke, und das einzige auf die Smith- sche Art passende Kennzeichen ist der schwarz geringelte Schwanz. Ich muss hier bemerken, dass der Schwanz der Smith'schen Art eine schwarze Spitze hat, und dass die Figur ihm 14 schwarze Ringe incl. der Spitze giebt; ebenso jst zu beachten, dass die Beine spärliche, schwarze Längs str ic he zeigen, was sich Alles beim Colocolo, wie wir gleich sehen werden, ganz anders ver- hält. Von vorn herein war es höchst unwahrscheinlich, dass eine chilenische wilde Katze zugleich in Guiana vorkommen sollte, und hätte dieses Bedenken zu einer grossen Vorsicht mahnen sollen, ehe man eine dortige Katze mit einer chilenischen identificirte. Der Colocolo muss in Chile selten sein, wenigstens habe ich während meines nunmehr 18jährigen Aufent- haltes in Chile keinen zu sehen bekommen, bis vor we- nigen Tagen (Ende Sept. 1869), wo wir für den zoolo- gischen Garten ein lebendiges Männchen erhielten, das noch dazu wenige Stunden von Santiago in der Cordillere von Santiago, in der hacienda de la Dehesa, an einem Infernillo genannten Ort, gefangen war. Das Thier hat ziemlich die Grösse und Gestalt der Felis pajeros, von der eine gute Abbildung bei Gay Zool. tab. 4 gegeben ist, allein es unterscheidet sich von derselben auf den ersten Blick durch den schwarz geringelten Schwanz, (der Schwanz von F. pajeros ist einfarbig grau), so wie durch den gefleckten oder vielmehr quergebänderten Rücken. Die Bänder sind von braungelber Farbe, etwa ein Dutzend an der Zahl, und ein Paar vereinigt sich jederseits einen ovalen Ring bildend, was offenbar zu- fällig ist. Sie reichen etwa bis zur Mitte der Seite. Auf lieber Felis Colocolo. * 45 der Brust, auf Ober- und Unterschenkel sind schwarze oder dunkelbraune Querbinden; zwei Längsstriche von dieser Farbe finden sich auf der Stirn, kleinere Flecke auf dem Scheitel, und zwei Streifen auf den Backen, die sich hinten beinah vereinigen, und von denen der obere den äusseren Augenwinkel erreicht. Die Schnurrborsten sind weiss. Der Schwanz ist sehr lang, stark, buschig, und zeigt sieben schwarze Ringe, die schmaler als ihre Zwischenräume sind. Das Thier ist ebenso wild wie F. pajeros, und kann ich genauere Maasse erst geben, wenn mir ein todtes Exemplar in die Hände kommen sollte. Als ich nachsehen wollte, ob diese Art vielleicht in der Prov. Mendoza vorkäme, fand ich, dass B urmeister (Reise durch die La Plata Staaten I p. 295) nur eine wilde Katze ausser dem Puma erwähnt, „die kleine, grau- gelbliche, schwarz getüpfelte Pampaskatze, Felis Payeros^ (heisst es denn nicht Pajeros?). Graugelblich und schwarz getüpfelt ist aber F. Pajeros durchaus nicht, wenigstens nicht die Art, die Gervais bei Gay unter diesem Namen abbildet. Unser Museum hat von Mendoza nur F. Geof- froyi erhalten, lebend in einem jungen, unausgewachsenen Exemplar, und in mehreren Häuten, die leider nicht zum Ausstopfen taugten. Burmeister hat die wilde Katze von Mendoza nicht selbst gesehn, und glaube ich, dass es von ihm etwas gewagt war, dieselbe nach den An- gaben der Einwohner ohne Weiteres für F. pajeros zu erklären. Santjago, den 26. October 1869. Eine vermeintliche neue Hirsehart aus Chile. Von Dr. R. A. Philipp! in Santiago. In der englischen Zeitschrift Scientific Opinion vom 6. Okt. 1869, p. 385 findet sich folgender Artikel : „Ueber einen neuen Hirsch von Chili, von Dr. J. E. Gray F. R. S. Herr Whitley jun. hat dem Britischen Museum eine Reihe von Exemplaren eines sehr interessanten Hir- sches oder Rehes von Chile geschickt, welche aus einem Männchen mit vollkommenem Geweih, den Häuten eines Weibchens und Jungen und deren Schädeln besteht. Das Thier ist möglicherweise dasselbe wie die unvoll- kommene Haut eines Weibchens! (ich übersetze wörtlich Ph.), welche aus demselben Lande 1849 an den Grafen von Derby geschickt war, und welche ich in den Procee- dings of the zool. Soc. 1849 pp. 64— 120 unter dem Na- men von Capreolus leucotis beschrieben habe, aber alle diese drei jetzt gesendeten Arten (soll heissen Exem- plare Ph.) sind von dem Fell jener Thiere (soll heissen jenes Thieres Ph.) in der Färbung sehr verschieden. Sie sind sämmtlich mit einem sehr dichten Pelz von ver- längerten dicken elastischen Haaren oder „quills^ wie der europäische Rehbock bekleidet, von einer gleich- massigen gelben Farbe, mit dunkeln Gesichtern und einem deutlichen weissen Fleck an jedem Mundwinkel, wie beim europäischen Rehbock; dies mag die Farbe in der Brunst- Philippi: Eine vermeintliche neue Hirschart aus Chile. 47 zeit, breeding seazon, sein, denn das Weibchen zeigt unter den blass braunen Haaren (also ist die Farbe des Pelzes nicht gelb, sondern braun?) noch kürzere sehr dunkle Haare mit blass gelblich weissen Ringen, so dass mög- licher Weise das Thier in andern Jahreszeiten ganz von dieser (dunkeln? Ph.) Farbe ist, wie das Weibchen, wel- ches dem Grafen von Derby geschickt war und von mir a. a. O. beschrieben ist. Unglücklicherweise hatte jenes Thier, da es ein Weibchen war, kein Geweih, und wurde von mir in das Genus Furcifer gestellt, da dieses das einzige Genus süd- amerikanischer Hirsche ist, welches den „quill^ oder dickes elastisches Haar wie die europäischen Rehe hat. Das jetzt gesendete Männchen zeigt, dass das Geweih sehr verschieden von dem Geweih irgend eines bekannten Hirsches ist, und der Typus eines neuen Genus sein muss, für das ich den Namen Anomolocera (soll wohl sein Anomalocera Ph.) vorschlage. Das Geweih ist auf- recht mit wenigen kleinen Spitzen und dem des europäi- schen Rehes sehr ähnlich; aber es hat einen mehr oder weniger entwickelten conischen vorderen Basalast; die Rose (bur) ist gross, und von dem hintern Theil der Basis eines jeden Horns erstreckt sich nach hinten ho- rizontal (parallel mit dem Rücken des Kopfes und Nak- kens des Thieres) ein sehr dicker, starker, eckiger Fort- satz, läQger als das vordere Hörn (front hörn), und ge- theilt in mehrere, längere oder kürzere dreieckige spitze Fortsätze (processes) von der obern und untern Fläche. Die Schädel haben eine tiefe cylindrische Grube vor der Augenhöhle, und es ist ein grosser Büschel von dik- kem kurzen Haar auf der innern Seite der hintern Knie- kehle (hock) vorhanden, aber kein drüsiger Haarbüschel an der Unterseite des Tarsus. — Dieser chilenische Hirsch ist eher grösser als der europäische Rehbock. Dies Thier kann der Guemul oder Heumul (soll heissen Huemul Ph.) der Chilenen sein, den Molina als Equus bisulcus zu den Pferden brachte, Hamilton Smith zu den Llama's als Auchenia Huamul, Lauchardt nennt ihn ein Kamel, Ca^ melus equinus, bildete aber später daraus ein eigenes 48 Philip pi: Genus unter dem Namen Hippocamelus dubius; darauf nannte Lesson es Cervequus andinus. Alle diese (Be- nennungen) sind auf Molina's kurze Beschreibung ge- gründet, und als Herr Gay ein Exemplar ohne Geweih erhielt, beschrieb er es zuerst als ein neues Genus ohne Namen, dann als Cervus chilensis in den Ann. des Sci- ences nat. 1846, 9." So weit Herr Gray. Er scheint keine Kenntniss von der historia fisica i politica Gay's zu haben, sonst würde er gewiss angegeben haben, dass dieser Cervus chilensis in diesem Werk abgebildet ist. (Das elende Exemplar, nach dem die hübsche Abbildung gemacht ist, existirt noch im Museum von Santiago). Herr Gray weist ferner nicht, dass dieser Cervus chilensis identisch mit d'Orbigny's Cervus antisiensis ist, eine Art, welche sich von Peru bis zur Magellans-Strasse ausbreitet, und in Chile selten ist. Doch gibt es auch in der Provinz Colchagua eine hacienda de los Guemules, in der von Chillan einen cerro de los Guemules u. s. w. Der von Gray a.*a.-"0. kurz beschriebene Anomalocera leucotis kann nicht mit dem Guemul zusammengeworfen werden, welcher keine Spur von dem „nach hinten gerichteten, dem Nacken parallelen, dicken, starken, eckigen Fortsatz^ hat, den Gray beschreibt. Aber ich stehe nicht an zu behaupten, dass diese Anomalocera leucotis gar kein chilenisches Thier ist. Es ist gar nicht denkbar, dass Niemand in Chile etwas von der Existenz eines solchen Thieres wissen sollte, wenn dasselbe wirklich in dieser Republik vorkäme; ein Thier von diesen Dimensionen kann nicht der Aufmerksamkeit der Hirten, Jäger, Landleute, Gutsbesitzer entgehen. Ich will gern glauben, dass Gray mehrfach Exemplare dieser Hirschart aus Valparaiso erhalten hat, aber daraus folgt keineswcges, dass sie in Chile vorkommt; sie kann aus Ecuador, Centroamerica, Mejico u. s. w. sein, von wo sehr häufig lebende Thiere, so wie Thierbälge etc. nach Valparaiso gebracht werden, aber von Chile ist dieser Hirsch nicht. Ich halte es für wichtig, auf diesen Punkt aufmerksam zu machen, denn leider werden schon eine Eine vermeintliche neue Hirschart aus Chile. 49 Menge Vögel, Insekten, Pflanzen etc. als chilenische an- gegeben, die es niclit sind, und wenn man solche Irr- thümcr nicht rügen und sorgfältig ausmerzen wollte, so würde eine Confusion bleiben und sich vermehren, die für die wichtige Lehre von der geographischen Verbrei- tung der Thiere und Pflanzen offenbar höchst nachtheilig ist. Die Gelehrten, die Thiere oder Pflanzen von frem- den Ländern bekamen, sollten sorgfältiger, als es bisher geschehen ist, nach der wahren Heimath derselben forschen. Archiv f. Natnrg. XXXVI. Jahrg. l.Bd. Beiträge zur Kenutniss der Wirbelthiere Sädbrasiliens. Von Dr. Reinhold Heusei. (Fortsetzung.) Iq der vorhergehenden Abtheilung dieser Beiträge habe ich schon 12 Spccies der Fische beschrieben ^), In diesem Beitrage folgt die Beschreibung aller übrigen von mir in der Provinz Rio Grande do Sul gesammelten Fische, doch habe ich der Vollständigkeit v^egen noch- mals die Namen der schon in der früheren Abtheilung beschriebenen Arten aufgeführt, obgleich ohne Nummer. In der Systematischen Anordnung bin ich Günthers Catal. Fish, gefolgt. 13. Soiaena adusta Agass. (Spix, Pisc. Bras. p. 126, tab. 70). D. 10/1x30. A. 2/9. P. V17. L. lat. 52. Vent. V15. Die Höhe des Körpers ist 3V2naal in der Länge desselben (ohne Schwanzflosse) enthalten und beträgt Ve der Länge des Kopfes. Der Unterkiefer wird nur wenig vom Oberkiefer überragt. Der 2te Stachel in der Anal-" flösse halb so lang wie die zunächst folgenden weichen Strahlen. Das Praeoperculum auf der Hinterseite ge- zähnelt, die unteren Zähne grösser, dornartig, am Winkel desselben zwei grössere um den Durchmesser der Pupille von einander entfernte Dornen, der obere mehr nach 1) Vergl. Dieses Archiv Jahrg. 34. Bd. 1. p. 356—375. Hensel: Beiträge z. Kenntniss d. Wirbelthiere Südbrasiliens. 51 hinten, der untere mehr nach unten gerichtet. Die vor- deren Zähne in beiden Kiefern nur wenig grösser als die hintern, die Grösse der Zähne nimmt von vorn nach hinten nur allmählich ab. Die Farbe der Bauchseite silberweiss, der Rückenseite hat zwar eine silbergraue Grundfarbe, allein schmale (in Spirit.) bräunliche Bänder laufen schräg nach oben und hinten, indem je ein solches Band die Mitte einer der schräg nach hinten aufsteigen- den Schuppenreihen einnimmt. Die Rückenflosse ist un- beschuppt, die Schwanzflosse beschuppt, beide sind ganz schwach grau pigmentirt, die übrigen Flossen sind (in Spirit.) weiss. Dieser Fisch findet sich vorzugsweise bei Rio Grande, doch kommt er auch in den Guahyla bei Porto Alegre vor und führt hier den Namen Cruvina. Die Farbe an den beiden mir vorliegenden Exem- plaren stimmt wenig mit der oben citirten Abbildung in Spix, Pisc. Bras. und auch von Günther (Catal. Fish. II, p. 289) werden alle Flossen „schwärzlich'^ genannt, doch scheinen die von Jenyns 1. c. p. 42, beschriebenen Exemplare von Maldonado und Montevideo den meinen zu gleichen. 14. Mugü liza Cuv. Val. Hist. nat. Poiss. XL p. 83. Dieser von Brasilianern Dainha (spr. Dai'nje) ge- nannte Fisch gehört eigentlich dem Meere an, geht aber auch weit in die Flüsse hinauf. So beobachtete ich ihn in den ersten Monaten des Jahres 1864, also im Sommer, in grosser Menge bei Porto Alegre, wenigstens 36 Meilen vom Meere entfernt. Doch hielten sich hier die Fische ihrer Natur getreu stets im offenen und tiefen Wasser auf, während die wirklichen Süsswasserfische die Buchten und alle ruhigen mit Wasserpflanzen besetzten Stellen bevorzugen. Die Dainha zeichnet sich durch eine ausser- ordentliche Springfähigkeit aus, und beständig sieht man Fische mehr oder weniger senkrecht aus dem Wasser her- ausspringen, oft bis zur Höhe eines Mannes. Durch Feinde, konnten die Thiere nicht dazu veranlasst werden, aucl laichen sie vielleicht nicht im süssen Wasser, denn m 52 H e n s e 1 : dem salzwasserhaltigen Hafen von Montevideo fing ich ein sehr kleines Exemplar des Mugil. Mit dieser Schnellkraft des Fisches hängt auch der Bau des Rückens zusammen^ der durch die starke Ent- wicklung seiner Muskeln, durch seine breite und kantige Gestalt sehr an Exocoetus erinnert. Merkwürdigerweise wollen sich ältere Leute in Porto Alegre nicht erinnern, die Dainha früher daselbst gesehen zu haben. Sie soll sich erst seit einigen Jahren perio- disch daselbst einfinden. In den Sommer- (Winter-) mo- naten des Jahres 1866, ungefähr Mai, Juni, Juli habe ich nicht ein einziges Exemplar der Dainha zu Porto Alegre beobachtet. 15. Äcara portalegrensis n. sp. D. i^-^Vio-ii. A. V9. L. lat. 22. Drei Schuppenreihen auf den Backen. Die Breite des Praeorbitale etwas schmäler als der Durchmesser des Auges. Hellgrün mit dunkelgrünen Querstreifen. Ein undeutlicher Fleck unter dem x\uge, am oberen Ende des Operculum unterhalb der Seitenlinie, fast in der Mitte der Seite ungefähr im zweiten Querstreifen unterhalb der Seitenlinie und in der achten und neunten Schuppenreihe. Zwischen dieSen beiden Flecken ist ein sehr undeutliches dunkles Längsband zu bemerken, dass aber auch von den hellen Zwischenräumen zwischen den Querstreifen unter- brochen sein kann. An der Schwanzwurzel, oberhalb der Seitenlinie ein kleiner dunkler Fleck. Die Flossen grau. Die Rückenflosse und die Analflosse nur in ihrem hintersten Theile dunkel und hell gestreift. An der Schwanzflosse wechseln auf der Flossenhaut schmale graue Streifen mit hellen ab; und zwar sind sie, soweit die 6 oberen Strahlen reichen, von hinten nach oben und vorn gerichtet, auch sind hier die hellen Streifen breiter als die dunkeln, an den übrigen Strahlen gehen sie schräg von hinten nach unten und vorn. Hier sind auch die hellen und dunklen Streifen gleich breit. Diese Art gleicht nach der von H eck el 1. c. p. 343 gegebenen Beschreibung der A. viridis sehr, unterscheidet Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Südbrasiliens. 53 sich aber von ihr durch die gefleckten Flossen und die geringe Zahl der Querschuppenreihen. Die Breite der Stirn zwischen den Augen ist fast doppelt so gross wie der Durchmesser dieser. Die grösste Dicke des Thieres gleich der halben Höhe. Die Höhe gleich der Hälfte der Länge (ohne Schwanzflosse). Die Brustflossen reichen bis auf die Ute Schuppenreihe. An den Bauchflossen reicht der erste fadenförmig verlängerte weiche Strahl fast bis zur Spitze des zurückgelegten dritten Analstachcls. Die Analflosse reicht angedrückt mit ihrer Spitze fast soweit nach hinten wie die Rückenflosse und ungefähr bis in die Hälfte der Schwanzflosse. Diese ist abgerundet. Unter 11 Exemplaren besitzt das grösste derselben eine Totallänge von 140 Mm. wovon ungefähr 39 auf die Schwanzflosse kommen. Bei Porto Alegre in stngnirenden Gewässern. 16. Acara minuta n. sp. D. iVi2. A. Vs. C. 17. P. 14. V. Vö' L. lat. 28. Die vorderen Fortsätze des äusseren Kiemenbogens kurz^ warzenförmig. Die Backen sowie der ganze Kie- mendeckel ohne Schuppen. Der Schwanz ziemlich lang. Die Entfernung vom hinteren Ende der Basis der Rük- kenflosse bis zum Anfang der Schw^anzflosse nur wenig länger als die Höhe des Schwanzes, so lang wie die Ent- fernung der Schnauzenspitze vom x\uge. 8 — 9 dunkle Querstreifen auf den Seiten, in deren Mitte ein dunkler Fleck. Die Höhe des Körpers beträgt 2/5 der Länge des- selben (ohne Schwanzflosse). Die Länge des Kopfes kaum kleiner als die Höhe des Körpers. Der Raum zwischen den Augen wenig kleiner als der Durehmesser derselben. Die Kiefer gleich lang. Der Mund klein. Die Zähne fein und spitz, die grösseren etwas braun ge- färbt. Die Schuppen ctenoid, ziemlich gross. Die Sei- tenlinie unterbrochen, ihr vorderer Theil durch 2 voll- ständige Schuppenreihen von der Rückenflosse getrennt, geht über 17 Querreihen der Schuppen, d. h. bis unter den 4ten weichen Strahl der Rückenflosse. Der hintere 54 H 6 n 3 e 1 : Theil der Seitenlinie geht über 11 Schuppenreihen und verläuft genau in der Mittellinie der Seite. Unterhalb der vorderen Seitenlinie befinden sich 10 Läugsreihen der Schuppen. Nur die Schwanzflosse an ihrer Basis etwas beschuppt. Die Farbe im Leben grünlich, (im Spiritus bräunlich), auf hellem Grunde mit 8—9 dunk- leren Querstreifen^ die im Vordertheile nicht deutlich getrennt sind, denn man kann hier auf dem Rücken mehr oder weniger deutlich 3 Streifen unterscheiden, die an der Seite des Körpers zusammenfliessen. Zwischen der Mittellinie der Seite und der vorderen Seitenlinie ein dunkler Fleck, der ungefähr im 4ten Querstreifen liegt. Er ist doppelt so weit von der Basis der Schwanzflosse wie von der Spitze des Kiemendeckels entfernt. Ein dunkler Streifen geht von dem Auge aufwärts nach oben und hinten und nähert sich im Nacken dem der anderen Seite, ohne sich jedoch mit ihm zu vereinigen. Ein an- derer dunkler Streifen geht von dem Auge abwärts und etwas nach hinten über die Backe. Die Rückenflosse zeigt 2 bis 3 undeutliche Streifen parallel der Basis. Die Schwanzflosse hat deren 4 — 5. Das grösste unter 5 Exemplaren ist (ohne Schwanz- flosse) 34 Mm, lang, und 14 Mm. hoch. Aus kleinen Tümpeln bei Porto Alegre. 17. Hei'os acaroides n. sp. D. 1V9- A. e-Vs. L. lat. 26. Auf den Backen 4 — 5 Schuppenreihen. Umschlag der Unterlippe in der Mitte unterbrochen. Ursprung der ßauchflossen nur sehr wenig hinter dem vorderen Ende der Rückenflosse. Die Breite des Praeorbitale nur wenig kleiner als der Durchmesser des Auges, Entfer- nung der Augen voneinander etwas grösser als dieser. Höhe etwas mehr als 2mal und Länge des Kopfes fast 3mal in der Länge des Körpers (ohne Schwanzflosse) enthalten. Der Raum zwischen Rücken- und Schwanz- flosse gleich der halben Höhe des freien Theiles des Schwanzes. Farbe hell grün, mit 6—7 schwarzgrünen Querbändern. Das 3te (oder 4te?) hat unter der Selten- Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Südbrasiliens. 55 linie eine dunklere Stelle^ die bei ausgebleichten Exem- plaren wie ein Seitenfleck erscheint. An der Basis der Schwanzflosse bildet das letzte Querbänd über der Seiten- linie gleichfalls einen etwas dunkleren Fleck. Unter 4 Exemplaren ist das grösste ohne Schwanzflosse 73 Mm. lang. Bei Porto Alegre in stagnirenden Gewässern. Ich würde die Art unbedingt für H. autochthon Gnthr. ge- halten haben, doch unterscheidet sie sich von diesem durch die zahlreicheren und kleineren Schuppen der Backen. Eine Anzahl junger Individuen (ohne die Schwanz- flosse) nicht über 20 Mm. lang ist zwar im Spiritus sehr ausgebleicht^, allein die Querbinden sind doch ziemlich deutlich zu erkennen, ebenso der schwarze Seitenfleck, der sich von der Schwanzflosse aus gezählt auf der 4ten Querbinde befindet, wenn die dunkle Stelle an der Basis der Schwanzflosse als Ite Binde gezählt wird. 18. Heros sp. ? Ein einzelnes Exemplar eines Heros aus dem Rio Cadea, dem vorigen sehr ähnlich gefärbt, aber viel nie- driger im Verhältniss zur Lange, ist zu schlecht erhalten, um noch die Species mit Sicherheit bestimmen zu können. Namentlich ist auch die Rückenflosse, wahrscheinlich durch eine früher erhaltene Wunde, etwas defect, so dass sich die Zahl ihrer Strahlen nicht genau ermitteln lässt. 19. Crenicichla lepidota Heck. 1. c. p. 429. D. *^-^«/i4-i5. A. V9. L. lat. 45—47. Diese Art, welche von Günther (Catal. of the Fishes etc. Vol. IV, p. 308) mit C. saxatilis vereinigt wird, scheint mir doch von dieser verschieden zu sein. Ich erhielt nämlich theils aus dem Rio Cadea des Urw^aldes, theils aus dem Guahyba bei Porto Alegre 7 Exemplare einer Crenicichla, auf welche die von Heckel 1. c. ge- gebene Beschreibung seiner C. lepidota sehr gut passt. Namentlich charakteristisch ist die geringe Anzahl der Schuppenreihen, die bei Heckel für C. lepidota nur 44 beträgt, so dass diese Art unter allen derselben Gattung 56 Heusei: die grössten Schuppen besitzt. Für C. saxatilis giebt He ekel 1. c. p. 432 zwar dieselbe Zahl an, ohne jedoch seine Quelle dafür zu nennen. Da He ekel nach der Beschreibung neuer Arten der Gattung Cichla I.e. p. 415 auch die schon bekannten mit der Bemerkung ;,von uns nicht gesehene AiHen" aufführt, eine solche Notiz aber 1. c. p. 432 bei Aufzählung der schon bekannten Creni- cichlen fehlt, so könnte man annehmen He ekel habe die beiden Arten C saxatilis und labrina selbst vor sich gehabt; allein dann ist es auffallend, dass er nur für die Erstere eine genaue Aufzählung der Flossenstrahlen und Schuppen giebt, für die Letztere aber nicht. Eine Auf- klärung dieser Verhältnisse ist um so wünschenswerthcr, als die Angaben in Günther's Fischcatalog p. 308, sehr abweichend sind. Hier werden nämlich der C. saxatilis 54 Schuppenreihen zugeschrieben. Es ergiebt dies eine Differenz, welche bei den Crenicichlaarten mit vielen Schuppenreihen wie C. Johanna etc. nicht auffallend wäre, bei C. lepidota und C. saxatilis aber ausser den Grenzen des Variirens zu liegen scheint. An einem Exemplar der C. saxatilis der Bloch'schen Sammlung (Berl. zool. Mus. Nr. 843) wahrscheinlich das Original zu der Abbildung der Perca saxatilis bei B 1 o c h Taf. 309, zähle ich 58 Querreihen der Schuppen i), welche Zahl mehr mit den Angaben bei Günther als mit denen bei Heckel übereinstimmt. Ein kleines Exemplar, 23 Mm. lang, welches bei Porto Alegre gesammelt wurde, stimmt in der Zahl der Flossenstrahlen und Schuppenreihen mit C. lepidota über- ein, darf also wohl als ein Jugendzustand dieser Art an- gesehen werden. Die Oberseite ist (in Spiritus) hell- bräuniich, die Unterseite weiss. Auf der Grenze beider geht ein dunkler Streifen vom Oberkiefer anfangend durch das Auge bie zur Basis der Schwanzflosse und 1) Die citirte Abbildung zeigt nur etwa 48 Querreihen ; sie ist auch sonst ungenau, da sie die Schuppen der Seitenlinie nur so gross darstellt wie die übrigen Schuppen, während sie in Wirklich- keit grösser sind. Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Südbrasiliens. 57 lässt sich auch noch auf dieser bis z\i ihrem Hinterrande verfolgen. Auf der Rilckenseite kann man noch 2 sehr feine und iindentlichc Streifen unterscheiden, deren oberer unmittelbar an der Rückenkante, deren unterer zwischen ihm und dem dunklen Seitenstreifen von vorn nach hinten verläuft. Das Profil des Rücken erscheint etwas gewölbt und ist am Ursprung der Rückenflosse am höchsten. 20. Crenicicltla punoiata n. sp. D. 22/^2. A. Vio. L. lat. 64—67. Der senkrechte Durchmesser des Auges l'/2mal in der Entfernung der Augen von einander, diese 372 in der Kopflänge (vom Oberkiefer aus gemessen), diese 374mal in der Körperlänge (ohne Schwanzflosse) enthalten. Die Unterseite (in Spiritus) ist von der Mittellinie ab- wärts hell bräunlich, die Rückenseite dunkler 'braun mit ungefähr 7 dunklen Querbinden, w^elche nur bis zur Mittellinie herabgehen, hier aber am dunkelsten sind. Bei dem kleineren Exemplare sind diese Bänder nach dem Rücken zu fast verschv^unden , die unteren Enden dagegen zu einem dunkeln mehr oder weniger zusammen hängenden Längsbande vereinigt, w^elches sich oberhalb der Mittellinie vom Kopf bis zur Basis der Schwanzflosse erstreckt. Im Leben ist die Grundfarbe gelblich grün mit dunkelgrünen Zeichnungen. Auf der Basis der Schwanzflosse oberhalb der Mittellinie ist ein runder schwarzer Fleck. Ein dunkelbraunes Band geht von dem unteren Rande der Orbita schräg nach abwärts über die Backen, soweit diese beschuppt sind. Ein anderer aber nicht so deutlicher Fleck befindet sich dicht hinter dem Auge. Die ganze Oberseite des Thieres ist mit dunkeln Punkten besäet, die aber nicht so gross und zahlreich wie bei C. polysticta sind. Auch fehlen sie auf einem bedeu- tenden Theile der Unterseite, da sie sich wenig unter die Mittellinie erstrecken. Die verticalen Flossen hell mit wenigen feinen Punkten zwischen den Strahlen, Die Brust- und Bauchflossen sind ganz weiss und ohne Punkte. Die Schwanzflosse ist etwas weniger beschuppt als bei der folgenden Art. Von dieser unterscheidet sie 58 H e n 8 e 1 : sich durch die geringere Zahl der Querbänder und durch die feineren und minder zahlreichen Punkte. Sowohl aus dem Guahyba bei PortoAlegre wie aus den Bächen dos Urwaldes. Das grössere Exemplar hat eine Länge (ohne Schwanzflosse von der Oberlippe an gemessen) von 148 Mm. Drei kleinere Exemplare von 76, 91 und 104 Mm. Länge aus den Waldbächen von der deutschen Colonie Sta. Cruz in Rio Grande do Sul sind, obgleich sehr gut erhalten, durch einen eigenthümlichen Zersetzungsprozess des Spiritus, in dem sie anfangs lagen, ganz braun ge- worden, lassen aber doch noch die dunkeln Punkte, und das grösste Exemplar auch noch eine Spur der dunkeln Zeichnung erkennen, so dass sie wohl ohne Bedenken zu dieser Spccies gezogen werden können. In demselben Bach, welcher diese drei Exemplare lieferte, wurden ausserdem 6 kleine Individuen gefangen, welche unsre Art im Jugendzustand vorstellen und mit ihr in der Zahl der Flossenstrahlen und Schuppenreihen übereinstimmen. Sie sind höchstens 29 Mm. lang und unterschieden von den Jungen der vorhergehenden Art sogleich durcli ihre ganz walzenförmige Gestalt. Ihre Unterseite ist auch etwas weniger weiss, und der bra;H:e Seitenstreif enthält auf der Basis der Schwanzflosse einen schwarzen Fleck. Auf der Rückenseite lassen sich 7 — 8 etwas dunkle Querbänder unterscheiden, die in dem braunen Seitenstreifen endigen. 21. CreMiciGhla polysticta n. sp. D. 20-22/^2. A. Vio. L. lat. 70. Der senkrechte Durchmesser des Auges ist ungefähr 2V4nial in der Entfernung der Augen voneinander, diese 4mal in der Länge des Kopfes (vom Oberkiefer aus ge- messen), diese 3mal in der Länge des ganzen Thieres (ohne Schwanzflosse) enthalten. Die Farbe (in Spiritus) ist an der ganzen Unterhälfte hellgrau, die Rückenseite ist dunkler und zeigt ungefähr 10 — 11 schwärzliche Quer- binden, die nur bis zur Mittellinie herabgehen, hier aber am dunkelsten und so breit sind, dass oft zwei benach- Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Südbrasiliens. 59 harte zusammenfliessen. Wenn durch die Einwirkung- des Spiritus die Rückenseite heller geworden ist^ dann erscheinen die unteren Enden dieser Querbänder deut- licher und gleichen mehr einzelnen Flecken. Ein schmaler dunkler Streifen geht vom unteren Rande der Orbita schräg nach unten und hinten, soweit die Backen be- schuppt sind. Einsehr undeuth'cher wenig dunkler Fleck befindet sich auch unmittelbar hinter dem Auge. Ausser- dem ist das ganze Thier mit schwärzlichen Punkten besät, die nur die Unterseite des Bauches, vom Kinn bis zum After frei lassen, auf den dunkeln Theilen der Rücken- seite verschwinden, an dem Kopf aber am grössten sind und hier ah kleine runde Flecke erscheinen. Auch alle verticalen Flossen sind zwischen den Strahlen auf hellem Grunde mit diesen Punkten versehen. Die Brust- und Baucbflossen sind einfarbig hell oder haben nur wenige und undeutlichere Punkte. Im Leben ist der helle Grund gelblich grün, die dunkleren Stellen sind dunkelgrün. Die Schwanzflosse ist zwischen den Strahlen beschuppt, am oberen und unteren Rande über die Hälfte hinaus, in der Mitte etwas weniger. Drei grosse Exemplare sind (ohne Schwanzflosse) 225 Mm. lang. Ein kleineres Indi- viduum von 120 Mm. Länge zeigt dieselben Zeichnungen wie die grösseren Exemplare. Im Rio Cadea des Ur- waldes von Rio Grande do Sul. In der Mundhöhle des Fisches lebt ein noch unbe- schriebener iVrgulus. 22. Geophagus hrasüienais Kner. Novara Exp. Fische, p. 266, Taf. X Fig. 3. D. ^-^iVii-12. A. %. Unter 4 Exemplaren dieser Art sind die beiden kleineren (ohne Schwanzflosse) 131 Mm. und 99 Mm. lang aus einem kleinen Teiche im botanischen Garten bei Rio de Janeiro, die beiden grösseren, 163 Mm. und 143 Mm. lang, aus Porto Alegre. Im Leben schillern die Seiten des Körpers und der Rücken im schönsten Blaugrün und sind mehr oder weniger deutlich mit kleinen silberglän- zenden Flecken bestreut. 60 H e n s e 1 : Von Günther (Catal. Fish. IV 1862, p. 312) ist eine besondere Gattung, Satanopcrca, für die Geophagusarten errichtet worden, bei denen die Basis des weichen Theiles dci Rückenflosse iinbeschuppt ist. Es würde dann der G. brasiliensis in diese Gattung gehören. Allein es finden sich zwischen den Arten mit nackter und denen mit be- schuppter Basis der Rückenflosse so allmähliche üeber- gänge, dass eine strenge Unterscheidung der beiden Gat- tungen nicht auszuführen ist. 23. Geophaqus rhabdotus n. sp. D. ^Va- A. Vs. L. lat. 26. Backen mit ungefähr 4 Schuppenreihen. Breite des Praeorbitale etwas grösser als der Durchmesser des Auges. Der Umschlag beider Lippen nicht gross, in der Mitte unterbrochen. Die Seiten des Rumpfes mit hell silber- glänzenden Längsstreifen und dazwischen liegenden, schmä- leren dunkeln. Die verticalen Flossen grau mit feinen hellen Streifen. Die Höhe ist 273raal, die Länge des Kopfes 2V3mal in der Länge des Körpers (ohne Schwanzflosse) enthalten. Die Entfernung der Augen von einander gleich der Breite des Praeorbitale. Ein schmales dunkles Band beginnt auf dem Hinterkopf und geht abwärts über das Auge und die Backen. Mehrere etwas dunkle aber sehr un deutliche Querbänder gehen von dem Rücken nach dem Bauche. Etwa im 3ten derselben unterhalb der Seiten- linie ein grosser schwärzlicher Fleck, ungefähr in der Mitte zwischen Kopf und Schwanzflosse, aber zwischen der mittleren Höhe der Körperseite und der Seitenlinie. Charakteristisch ist die Färbung der Seiten auf denen helle silberglänzende Längsstreifen mit schmäleren dunklen abw^echseln. Diese gehen über die Mitte der Schuppen, jene über die Seiten derselben. Bei G. brasiliensis Kn. und G. gymnogenys findet sich oft eine ähnliche Zeich- nung, allein dann werden die hellen Längsstreifen von einzelnen silberw^eisscn Flecken zusammengesetzt, die sich auf der Mitte jeder Schuppe befinden, aber nicht den freien Rand derselben erreichen, während die Seiten der Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Südbrasiliens. 61 Schuppen dunkel sind. Die Brustflossen, wclcbe bis zum Anfang der Analflossen hinausreichen, sind weiss, die übri- gen grau, am dunkelsten die Ventralflossen, welche nur bei den grösseren Exemplaren mit ihren Spitzen die Basis der Ventralflosse erreichen. Die hellen Streifen auf den verticalen Flossen sind sehr schmal, im Allge- meinen nur halb so breit, wie die dunklen Zwischenräume. An der Rückenflosse gehen sie von. deren Basis schräg nach hinten und oben, so dass die, welche am Fusse des Uten und 12ten Stachels entspringen, die äusserste Spitze des weichstrahligen Theiles erreichen. Die übrigen Streifen sind diesen mehr oder weniger parallel. An der Caudal- flosse sind sie unregelmässiger, etwa so breit wie die dunklen Zwischenräume, und gehen schräg über die Flosse, ungefähr horizontal wenn diese ausgebreitet ist. An der Analflosse gleichen sie denen der Rückenflosse, sind aber undeutlicher. Schwanzflosse an der Basis wenig beschuppt, Rücken- und Afterflosse sind nackt. Unter vier Exemplaren ist das grösste (ohne Cau- dalflossc) 82 Mm. lang. Aus dem Rio Cadea. 24. Geophagus gymnogenys n. sp. D. 13-14/^0. A. 3/8. L. lat. 27. Die Backen und Praeoperculum ganz nackt. Um- schlag der Ober- und Unterlippe in der Mitte unter- brochen. Breite des Praeorbitale V/2 des Augendurch- messers. Rückenscite dunklerblaugrün schillernd, Unter- seite hell. Jede Schuppe der Seiten des Rumpfes mit einem silberweissen Fleck, ein schwärzlicher Streifen verbindet die Augen mit einander und erscheint noch als dunkler Fleck auf den Backen. Ein zweiter breiter Streifen beginnt auf dem Rücken vor der Rückenflosse, und endet hinter dem oberen Ende des Operculum unter- halb der Seitenlinie. Ein dritter Streifen beginnt in der Mitte der Rückenflosse, ist hier aber wenig deutlich, bildet jedoch unterhalb der Seitenlinie einen sehr dunklen Fleck. Rückenflosse grau, in ihrem vorderen Theile, der die Stacheln enthält, mit schmalen weissen Streifen, die sich vor der Basis beginnend, nach hinten und oben zie- 62 Hensel: hen und sich lauf dem Tbeile mit weichen Strahlen in einzeine runde Flecken auflösen. Schwanzflosse am oberen und unteren Rande fein beschuppt, in der Mitte nur an der Basis, sonst grau mit weissen Flecken. Afterflosse ein wenig grau, am Rande dunkler, an der Basis heller, in ihrer basalen Hälfte mit rundlichen weissen Flecken. Bauchflossen dunkelgrau oder weiss, erreichen mit ihren Spitzen die Basis der Analflosse. Die Brust- flossen weiss, gehen bis hinter den Anfang der Analflosse. Bei diesen Fischen scheint ein Geschlechtsunter- schied in der Bildung des Kopfes zu bestehen. Einige Exemplare besitzen auf dem Hinterkopf eine Anschwel- lung, welche sich bis auf die Stirn zwischen den Augen erstreckt, und vielleicht aus einer fetthaltigen gallertartigen Masse besteht. Sie hat Schuppen, da diese bis zu den dunklen Streifen gehen, der die Augen miteinander ver- bindet. Diese Anschwellung flndet sich bloss bei einigen Individuen, wahrscheinlich den alten Männchen in der Laichzeit, bei allen jungen Individuen fehlt sie, auch bei einigen grösseren, wahrscheinlich den Weibchen. Ist die Anschwellung sehr entwickelt, so geht ein dunkler fast schwarzer Längsstreifen über ihre obere Kante, der das erste Querband mit dem zweiten verbindet. An den Exemplaren ohne Anschwellung sind Analflosse und Bauchflosse hell, doch zeigt die erstere immer noch die weissen Flecke. Die Zähne sind fein, hecheiförmig, vorn etwas grösser und kegelförmig, an den Spitzen etwas braun. Bei einzelnen Exemplaren finden sich unter dem Auge auf den Backen einige vereinzelte Schuppen vor. Der Kiemendeckel ist in seinem mittleren Theile schuppenlos. Auch die Rücken- und Analflosse sind ganz nackt. An den kleineien Exemplaren lassen sich nament- lich auf der Rückenseite noch einige unbestimmte und verwaschene dunklere Querbänder sehen, das di'itte dunkle Querband bildet bei den mit Anschwellung versehenen Exemplaren ein dunkler Fleck auf der Mitte der Seite, der die 9te und lOte Schuppe der Seitenlinie und je drei Schuppen der zwei darunter liegenden Längsreihen um- fasst. Die Höhe des Körpers am Anfang der Rücken- Beiträge zur Kenntnis s der Wirbelthiere Südbrasiliens. 68 flösse ist 2V2nial und die Länge des Kopfes reichlich 3mal in der Länge des Körpers (ohne Schwanzflosse) enthalten. Der Darmkanal enthält stets nur die zerbrochenen Schalen der jungen Cyrena limosa Mat. ^), welche die Thiere aus dem Schlamm der Gebirgsbäche aufnehmen, ohne jedoch diesen selbst zu verzehren. In Gebirgs- bächen des Urwaldes von Rio Grande do Sul. 25. Geophagus buoephalus n. sp. D. ^Vio. A. Vs. L. lat. 29. Backen mit ungefähr fünf Schuppenreihcu. Lip- penumschlag ausserordentlich entwickelt.* Der obere in der Mitte am grössten, so gross wie der Durchmesser des Auges, der untere ihm gleich, in der Mitte durch einen tiefen Einschnitt, der aber nicht die Basis erreicht, halbirt. Auf der Stirn eine grosse, gallertartige An- schwellung, welche bis zu einer Linie herabsteigt, die die Nasenlöcher mit einander verbindet. Das Praeorbitale doppelt so breit wie das Auge. Farbe blaugrün, auf der Oberseite dunkel, unten hell. Jede Schuppe mit einem hellen silberglänzenden Fleck, der freie Rand aber dunkel. Auf der Mitte der Seite zwischen Mittel- und Seitenlinie ein dunkler Fleck, da hier der freie Rand der Schuppen besonders dunkel und der helle Fleck kleiner ist. Die Körperform lang gestreckt. Die Höhe 2V4mal, die Länge des Kopfes etwas mehr als 3mal in der Körper- länge (ohne Schwanzflosse) enthalten. Die Rückenflosse verhältnissmässig niedrig, der 8te Stachel derselben gleich IVsmal dem Durchmesser des Auges. Alle Flossen grau, die Brustflossen am hellsten, die Bauchflossen am dunkel- sten. Rückenflosse mit einigen breiten weissen Streifen, die im stacheltragenden Theil vorzugsweise am freien 1) Hr. V. Märten s hatte sie in der Bearbeitung der von mir in Südbrasilien gesammelten Land- und Süsswassermollusken (Malak. Blatt. 1868. V. p. 202) als C. variegata Orb. bezeichnet. Später hat derselbe jedoch Gelegenheit gehabt, sich zu überzeugen, dass diese Art mit der älteren C. limosa Mat. identisch ist. 64 Hensel: Rande und diesem ziemlich parallel^ im hinteren Theile dagegen mehr den Strahlen parallel gehen. An der Schwanzflosse hat sich das Weiss auf der ganzen Flossen- haut so ausgehreitet, dass nur am oberen und unteren Rande das Grau der Gruiid färbe in einigen Flecken auf- tritt. Auf der Analflosse befinden sich statt der Streifen rundliche helle Flecke. Die Bauchflossen erreichen mit ihren Spitzen kaum die Basis der Analflosse. Der freie Theil des Schwanzes sehr lang, fast so lang wie die Schwanzflosse, welche in der Mitte ein wenig ausge- schnitten ist. Rücken- und Analflosse erreichen ange- drückt die Basis der Schwanzflosse. Sie sind ganz nackt, die Letztere dagegen an der Basis beschuppt und zwar in der Mitte sehr wenig, am oberen und unteren Rande mehr, fast bis zur Hälfte. Drei grosse Exemplare von 137 Mm. Körperlänge (ohne Schwanzflosse) besitzen die grösste Anschwellung des Kopfes, die hier die Verticallinie der Schnauzenspitze erreicht. Bei einem 4ten Exemplar, fast ebenso lang und zu derselben Zeit gefangen, und bei einem 5teu, 111 Mm. lang, ist die Anschwellung nur ganz unbedeutend. Auch sieht man noch eine Spur davon an einem 93 Mm. langen Individuum. Dagegen fehlt sie ganz bei zwei 72 und 68 Mm. langen Individuen. Auch ist hier die Entwick- lung der Lippen geringer als bei den grossen Exemplaren. Die Breite des Praeorbitale ist ebenfalls vom Alter ab- hängig, denn bei dem kleinsten Individuum ist sie nur wenig grösser als der Durchmesser des Auges. Aus dem Rio Cadea und seinen Zuflüssen. 26. Geophagus labiatus n. sp. D. ^Vio. A. Vs. L. lat. 28. Die Beschuppung der Backen ist unvollständig; in vier Reihen geordnet bedecken die Schuppen nur die oberen 2/3 der Backen. Die Lippen sehr entwickelt, ähnlich wie bei G. bucephalus. Ihr Umschlag oben und unten vollständig, nur an der Unterlippe zeigt er in der Mittellinie einen tiefen Einschnitt ungefähr bis zu seiner halben Breite. Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Südbrasiliens. 65 Die Breite des Praeorbitale ungefähr P/smal den Durchmesser des Auges. Die Höhe des Körpers 2V2inal, die Länge des Kopfes 3mal in der Länge des Körpers (ohne Schwanzflosse) enthalten. Zwischen den Augen befindet sich eine unbedeutende Anschwellung die aber im Spiritus sehr eingeschrumpft ist. Die Rückenflosse niedrig, ihr 8ter Stachel ungefähr lV2mal den Durchmesser des Auges. Alle Flossen hell. Auf dem hintersten Theil der Rückenflosse einige weisse Flecke angedeutet. An der Schwanzflosse die Flossenhaut zum grossen Theile weiss, nur an der Basis unregelmässig grau gezeichnet. An der Afterflosse die weissen Flecke ziemlich deutlich. Die Farbe (im Spiritus) gelblich braun, unten heller, oben dunkler, jede Schuppe der Seiten mit einem un deutlichen Silberfleck. In der Mitte des Körpers unter- halb der Seitenlinie ein dunkler Fleck, unmittelbar hinter ihm ein anderer weniger deutlicher. Die Rücken- und Afterflosse nackt, die Schwanzflosse an der Basis deutlich beschuppt, in der Mitte weniger, am oberen und unteren Rande über deren Mitte hinaus. Von G. bucephalus un- terscheidet sich die Art besonders durch die viel bedeu- tendere Höhe des Körpers. Das einzige Exemplar, von 145 Mm. Körperlänge (ohne Schwanzflosse) fand sich im Rio Santa Maria des Urwaldes von Rio Grande do Sul. 27. Qeophagus sGymnopInlus n. sp. D. ^Vio. A. Vs. L. lat. 28. Auf den Backen 4 — 5 Reihen zum Theil etwas un- regelmässig geordneter Schuppen, die nur die oberen ^/s derselben bekleiden. Das Praeorbitale bei den grösseren Exemplaren nur wenig schmäler als das Auge. Der Umschlag der Lippen massig entwickelt (mehr als bei G. brasiliensis Kn. oder G. gymnogenys und weniger als bei G. labiatus oder G. bucephalus), in der Mitte der Unterlippe mit einem Einschnitt, der aber nicht bis auf die Basis reicht. Eine Anschwellung der Stirn ist nicht vorhanden. Die Farbe der in Spiritus aufbewahrten Exemplare ist hell bräunlich gelb, mit dunkleren Zeich- Archiv für Naturg. XXXVI. Jahrg. 1. Bd. 5 66 H e n 3 e 1 : nuDgen^ welche in Gestalt von undentliclien und iinregel- mässlgen Querbändern auf den Seiten verlaufen und den Rücken dunkler färben als die Bauchseite, Vielehe nach unten hell silberfarben wird. Das dunkle Querband, welches etwa der Mitte der Rückenflosse entspricht, ent- hält einen runden, schwarzen Fleck, der dicht unter der Seitenlinie liegt. Als erstes Querband kann man einen dunkeln Streifen betrachten, der im Genick nahe vor dem Anfang der Rückenflosse entspringt und schräg nach vorn und abwärts gegen das Auge verläuft, um über das- selbe und darauf über die Backen fast senkrecht abwärts zu gehen. Dieser Streifen ist hier dunkler als die Zeich- nungen der Körperseiten aber heller als der Seitenfleck. Die Flossen sind hell, ungefleckt und nur wie gewöhnlich mit den feinen Pigmentpünktchen besäet. Die Brustflossen erreichen mit ihren Spitzen die Vertical-Linie des An- fangs der x\nalflosse, die Bauchflossen reichen nicht so weit. Rücken- und x\nalflossen erreichen mit ihren Spitzen nicht die Basis der Schwanzflosse. Höhe 273™a'l, Kopflänge 3mal in der Körperlänge (ohne Schwanzflosse) enthalten, die bei dem grössten unter 9 Exemplaren 66 Mm. beträgt. Diese Species, welche nicht grösser wird, als das angegebene Mass beträgt, ist schon dadurch hinreichend von G. gymnogenys und G, bucephalus unterschieden, sie gleicht aber sehr den jungen Individuen dieser beiden Arten. Namentlich ist sie ganz so gefärbt und gezeichnet wie der G. gymnogenys in der Jugend, auch die Propor- tionen des Körpers stimmen dann tiberein, allein durch die einfarbigen Flossen, die beschuppten Backen und den entwickelteren Umschlag der Lippen ist sie leicht von dieser Art zu unterscheiden. Von dem G. bucephalus im Jugendzustande ist sie unterschieden durch die be- deutendere Höhe des Körpers und die etwas geringere Höhe des Schwanzes dicht vor der Caudalflosse. x\uch ist schon bei dem jungen G. bucephalus der Lippenura- schlag stärker entwickelt. Die Gattung Geophagus ist durch höchst merkwür- dige Eigenthümlichkeiten in ihrer Brutpflege bekannt. Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Südbrasiliens. 67 und zwar scheint es das männliclie Geschlecht zu sein, welches sich durch eine besondere Aufmerksamkeit für die Brut auszeichnet. Ich habe Gelegenheit gehabt, Aehn- liches auch bei G. scymnophilus zu beobachten. Leider war der Sommer schon zu weit vorgerückt (December), um das Laichen selbst zu sehen. Ich muss es daher un entschieden lassen, ob der Fisch ein besonderes Nest baut, oder ob er die Eier in der Mundhöhle ausbrütet. Dagegen gelang es mir sehr häufig, die Sorgfalt au be- obachten, mit welcher das Thier, wahrscheinlich das Männchen, die Jungen beschützt und leitet. Zu der Zeit, in welcher diese noch sehr klein sind, hält sieh der alte Fisch in den seichten Gebirgsbächen auf, wo das Wasser hell und rein über die Geschiebe dahin fliesst, und wo er auch wahrscheinlich laicht. Hier nun findet man ihn an besonders flachen Stellen in der Nähe des Ufers, wo das Wasser durch locale Hindernisse aufgehalten, ganz ruhig erscheißt, wo die Steine mit grünen Algen überzogen sind und der Boden reichlich mit Schlamm bedeckt ist. Hier schwimmt diö Heerde der Jungen vielleicht aus 20 — 30 Stück bestehend sorglos umher, während der Alte in einer Entfernung vorsichtig Wache hält. Zeigt sich nun irgend eine Gefahr z. B. ein plötzlich herantretender Mensch, so erscheint der Alte schnell unter der Heerde und giebt ihr wahrscheinlich ein Zeichen. Alle Jungen ver- sammeln sich wie auf Coramando an dem Maule des Alten, das sie wie ein Bart umgeben, blitzschnell ver- schwinden sie alle zusammen in ihm, und ehe man es hindern kann, hat sich der Alte weit mit ihnen entfernt. Behält man ihn im Auge, so sieht man wie er bald eine Stelle , ähnlich der verlassenen aufsucht und hier seine Jungen aus ihrem Gewahrsam wieder entlässt. Hat man den Fisch von weitem beobachtet, was bei der Klarheit des Wassers leicht ist, so gelingt es nicht selten durch Vorsicht so nahe heran zu kommen, dass man durch schnelles Zufahren, mit einem Netz z. B., zwischen den Alten und seine Jungen gelangt, und diese in der Bucht isolirt. Sie schwimmen dann in einen Haufen zusammengedrängt in dem kleinen, ihnen übrig gebliebenen 68 H e n s e 1 : Räume hin und her und harren der Hilfe des Alten, wäh- rend dieser ausserhalb unruhig auf eine Lücke lauert, durch die er seine Jungen entführen kann. Er vollführt das so schnell und vorsichtig, dass es mir trotz aller Mühe niemals gelungen ist, ihn mit den Jungen im Maule durch das Netz zu fangen. Erst dadurch, dass auf seiner Flucht dicht neben ihn ein starker Schuss in's Wasser abgefeuert und er auf diese Weise getödtet oder betäubt wurde, gelang es mir ein Exemplar mit der Brut in der Mundhöhle zu erhalten. Die Jungen liegen darin dicht gedrängt, mit den Köpfen nach den Kiemen hin gerichtet. 28. Geopkagus pygmaeus n. sp. D. iVio- A. Vs. L. lat. 27. Der Mund klein und spitz, etwas vorgestreckt. Der Körper stark seitlich zusammengedrückt, mit fünf dunklen Querstreifen, welche in der Mittellinie und an der Rük- kenkante am dunkelsten sind. Ein dunkler Fleck im Nacken, ein ziemlich deutlicher grauer Streifen von dem Auge nach dem Winkel des Praeoperculum. Die Backen sowie der ganze Kiemendeckei ohne Schuppen. Die Höhe des Körpers beträgt Ys seiner Länge (ohne Schwanzflosse). Die Augen sind gross, ihr Durchmesser gleich Vs der Höhe und gleich der Höhe des Schwanzes vor der Basis der Schwanzflosse. Das Praeorbitale schmal, nur halb so breit wie der Durchmesser des Auges. Die Breite der Stirn zwischen den Augen beträgt nur ^s ^^s Durchmessers derselben. Die Länge des Kopfes unge- fähr gleich der Höhe des Körpers oder nur sehr wenig grösser. Die Lippen gewöhnlich, ohne besondere Falten- bildung. Die Zähne klein, hecheiförmig. Der Anhang des äusseren Kiemenbogens sehr deutlich. Die Flossen sind farblos. Die Grundfarbe im Leben hell grünlich gelb, die Streifen bräunlich grün. Das grösste unter fünf Exemplaren hat eine Länge (ohne Schwanzflosse) von 23 Mm. Dieses kleine Fischchen lebt in Guahyba bei Porto Alegre, zwischen dichten Wasserpflanzen. Es Beiträge zur Kermtniss der Wirb elthiere Südbrasiliens. 69 findet sich nur einzeln und weiss sich den Nachstellungen durch grosse Schnelligkeit zu entziehen. 29. Pimelodiis macuiatus Lacep. Dieser von den Brasilianern seiner hübschen Fär- bung wegen ^Pintado^ genannte P^isch lebt sehr häufig im Jacuhy und seinen Zuflüssen^ doch geht er nicht in's Gebirge hinauf. Der erste Strahl seiner Brustflossen gilt als giftig, daher auch kein Exemplar auf den Markt gebracht wird, dem nicht dieser Stachel vorher abge- brochen worden ist. 30. Pimelodrts sapol Val. (d'Orb. Vov. Amer. M^rid. Poiss. pl. 2. Fig. 6—8). Die mir vorliegenden Exemplare, vier grössere, und sechs kleinere, haben D. Vt und A. 12, eins der grösseren hat D. Vs? A. 11. Sie vereinigen also die Charaktere des P. sapo und P. Hilarii Val., welcher D. Vs A. 12 haben soll (Hlst. Nat. Poiss. XV. p. 180). Der Oberkiefer überragt bei allen ein wenig den Unterkiefer. Die Barteln variiren in der Länge. Bei kleinen Indivi- duen reichen sie bis zur Mitte der Fettflosse, bei den grössten nur bis zum Ende der Rückenflosse. Es fragt sich daher, mit welcher der beiden genannten Arten wir es hier zu thun haben, und ob nicht diese vielleicht in eine zusammengezogen werden müssen. Der Durclimesser der Augen ist bei dem grössten Exemplare, welches (ohne Schwanzflosse) ungefähr 325 Mm, lang ist, gleich V4 des x\bstandes der x\ugen von einander. Die Brasi- lianer nennen den Fisch Jundiä. Er lebt im Guahyba und seinen Zuflüssen und geht selbst bis aum Urwald hinauf. Bei Tage hält er sich in Löchern des Ufers auf und kommt nur des Nachts zum Vorschein, wo er mit Angeln gefangen wird. 31. Pimelodus lateri'striga Müll. Trosch. Hör. Ichth. m. p. 3. Fünf Exemplare dieses Fisches von Porto Alegre gleichen sehr dem Müller'schen Original-Exemplar im Berliner Zoologischen Museum. Aber alle haben hoch- 70 Hensel: stens eine schwache Andeutung des dunklen Seiten- streifens. Die grössten Exemplare sind (ohne Schwanz- flosse) 88 Mm. lang. 32. Arius Commersonii. (Günther. Cat. Fish. V. p. 143). Pimelodus Commersonii Lacep. ßagrus Commersonii Val. (d'Orb. Voj. Amer. Merid. Poiss. pl. 3. Fig. 1.) Er ist einer der grössten und häufigsten Fische des Guahyba und seiner grossen Zuflüsse. Die Oberseite ist bleigraU; die Unterseite weiss. Die Exemplare, welche ich in Rio Grande sah, die also wahrscheinlich aus Brack- wasser waren, sahen auf der Oberseite grün aus. Die Brasilianer nennen ihn Bagre (auch Bagadü) und ver« achten sein Fleisch, welches nach ihrer Ansicht nur für Neger gut ist, daher heisst er auch der „Negerfisch" und ist trotz seiner Grösse der billigste. Auch bei ihm findet sich die merkwürdige Brut- pflege, welche schon von anderen Arius-Arten und Ver- wandten bekannt ist. Das Weibchen legt ungefähr im September, also im Frühling, nur wenige aber sehr grosse Eier, welche etwa die Grösse gewöhnlicher Flintenkugeln besitzen. Das Männchen befruchtet sie ohne Zweifel zu- erst, und nimmt sie darauf in die Mundhöhle, um sie hier sich entwickeln zu lassen. Welche Zeit dazu nöthig ist, blieb mir unbekannt. Ohne Zweifel kann das Männchen unterdess keine Nahrung zu sich nehmen, und da man den Bagre ungemein häufig todt im Wasser findet, ohne irgend eine Todesursache an ihm wahrnehmen zu kön- nen, so ist wohl nicht unwahrscheinlich, dass viele Männ- chen den Entbehrungen erliegen, die mit dem Brutge- schäft verbunden sind. Oder sollten die Weibchen nur ein- mal laichen und dann zu Grunde gehen ? Leider hatte ich keine Gelegenheit und Zeit, mich über diese Verhältnisse genauer zu unterrichten, da mir die Thatsache zu spät, und nur dadurch bekannt wurde, dass ich einst selbst einen todten Fisch fand, und in der Absicht, ihn nach Wasserinsecten abzusuchen, von allen Seiten besichtigte. Er war noch ganz frisch und unversehrt, und als ich ihm Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Südbrasiliens. 71 zufälligerweise das Maul öffnete, fand ich es ganz ange- füllt mit sclion sehr entwickelten aber ebenfalls todten Jungen. Dieselben trugen noch den Dottersack in seiner ursprunglichen Grösse. Leider fehlte mir damals die Zeit, weitere Beobachtungen anzustellen, nur erfuhr ich auf meinen Erkundigungen, dass die Fischer in der Laich- zeit die männlichen Fische fangen, sie an der Schwanz- flosse in die Höhe heben, und durch Schütteln der Eier in der Mundhöhle berauben. Diese werden gesammelt und getrocknet und später als Köder für die Piaven (Leporinus obtusideus) benutzt. Vielleicht ist auch diese Beraubung die Ursache des Todes der Fische. Wenn man zu rechter Zeit nachsucht, würde man also leicht ein un- schätzbares Material für die Entwicklungsgeschichte der Fische sanmieln können, da der Bagre häufig ist und in allen Stadien der Foetus ohne Mühe zu erhalten wäre. Auch würden sich die Eier ihrer kolossalen Grösse wegen sehr zur Untersuchung eignen. Wahrscheinlich wird der Bagre nicht bloss die Eier im Maule ausbrüten, sondern auch die Jungen noch eine Zeit lang darinnen beherbergen, so dass man vielleicht aus diesem Vorgange auf Aehnliches bei Geophagus scymnophilus schliessen darf. Vielleicht* trägt dieser seine Jungen nicht bloss in der Mundhöhle umher, son- dern brütet sie auch darinnen aus. 33. Genidens (Jumeri. Casteln. (Bagrus genidens Cuv. Val. XIV. p. 452. pl. 419). Er kommt gemeinschaftlich mit Pimelodus sapo vor, ist aber seltner. Die Brasilianer unterscheiden ihn nicht von diesem. Calliohthys areifer (vgl. dies. Arch. XXXIV. Jahr- gang 1. Bd. p. 373). Gallichthys hemiphractus (dies. Arch. 1. c. p. 374). 34. CalUchthys paleatus Jenyns (Zool. Beagle, Fish, p. 113). Jenyns unterscheidet l. c. seine Art von C. pun- ctatus durch das Vorhandensein zweier kleinen Barteln 72 Hensel: an der umgeschlagenen Unterlippe und bezeichnet ausser- dem noch die Barteln des Oberkiefers als ^haud ultra oculos pertingentibus." In diesen Punkten stimmen die zahlreichen von mir gesammelten Exemplare mit den von Jenyns beschrie- benen überein; doch weichen sie in der Farbe etwas ab, da bei ihnen Brust-, Bauch- und zum Theil auch Anal- flossen hell, Rücken- und Schwanzflossen aber querge- bändert sind. Das Verhältniss des C. paleatus zu C. punctatus Val. bedarf noch der Aufklärung. Valenciennes hat Exemplare aus Surinam und Montevideo gehabt. Viel- leicht gehörten diese letzteren dem C paleatus an, we- nigstens sind die Angaben der Farben bei letzteren über- einstimmend mit dem, was ich an meinen Exemplaren sehe. Bei diesen ist im Leben die Grundfarbe gelb, nach dem Rücken dunkler, nach dem Bauch heller. Alles, was an den Exemplaren in Spiritus dunkel erscheint, ist ein glänzendes Blaugrün. Der Rücken ist unregel- mässig gefleckt, an den Seiten kann man drei grosse eckige Flecken unterscheiden. Der erste reicht vom Kie- mendeckel fast bis unter das hintere Ende der Basis der Rückenflosse, der zweite kleinere liegt unter dem Anfang der Fettflosse, der dritte kleinste an der Basis der Schwanz- flosse. Diese hat 4 — 5 winklig gebogene Querbänder. Die beiden Rückenflossen haben den Stachel bunt gefärbt, an der ersten derselben besitzt der weiche Theil ein un- deutliches Querband, an der zweiten eine dunkle Spitze. Auch die Brust-, Bauch- und Analflossen zeigen bei be- sonders dunkel gefleckten Individuen je einen grossen dunklen Querfleck in der Nähe der Basis. Unter zahl- reichen Exemplaren ist das grösste (ohne Schwanzflosse) 36 Mm. lang. Der Fisch lebt in den umfangreichen Gewässern bei Porto Alegre schaarenweise an seichten Stellen in der Nähe des Ufers. Hier liegt die ganze Schaar in den von der Sonne durchwärmten Schlamm versenkt und erhebt sich bei einer Störung blitzschnell, um sich in der Nähe sogleich wieder herab zu senken und in dem Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Südbrasiliens. 73 Schlamm zw verbergen. Dabei halten sie alle den Rük- kenstachel aufgerichtet und können den, der unver- sehens mit blossen Füssen auf sie tritt, schmerzhaft ver- wunden. 35. Plecostomus Commeraonii (Günther. Cat. P^ish. V. p. 232). Hyportomus Commersonii Val. (d'Orb. Voy. Amer. Merid. Poiss. p. 7. Fig. 2). Dieser grösste unter den Panzerwelsen des Jacuhy- gebietes erreicht eine Länge (ohne die Schwanzflosse) von 4 — 500 Mm. Doch sind solche Exemplare nicht häufig, oder entziehen sich vielleicht sehr allen Nachstellungen. Die Thiere halten sich am liebsten in seichten Gewässern auf einem Grunde aus grossen Steinen auf, da sie sich hier gut verbergen können und wahrscheinlich an den die Steine überziehenden Algen reichliche Nahrung finden Wenigstens erzählte mir ein Müller an dem Rio Santa Maria, einem Zuflüsse des Rio dos Sinos, dass bei Hoch- wasser, wenn seine Mühle still stehe, die Cascuden, der brasilianische Name der Panzerwelse, in Menge an das Mühlrad kämen, um das grüne „Moos*^ von demselben abzufressen. Bei Porto A legre halten sie sich auch gern an solchen Stellen auf, wo Excremente und überhaupt unreine Stoffe in den Guahyba geschüttet werden. Das Fleisch des Fisches wird nicht geachtet, und höchstens Neger essen ihn, auf dem Markte sieht man ihn niemals. 36. Plecostomus spiniger n. sp. D. V7. A.? L. lat. 27—28. Ein trocknes Exemplar aus dem Rio Cadea, welches (ohne Schwanzflosse) 320 Mm. lang ist, zeigt folgende Beschaffenheit: Der Kopf ist flach, vorn elliptisch abgerundet, sehr deutlich granulirt, d. h. durchaus mit kleinen kegelför- migen Spitzen dicht besetzt, wie gepflastert. Am Rande des Kopfes, über dem Auge, und auf der Mitte der Schnauze sind diese Spitzen am dichtesten gedrängt und am längsten, so dass diese Stellen sich auch durch eine 74 Hensel: etwas hellere Farbe Yor den übrigem Theilen des Ge- sichtes auszeichnen. Von jeder Nasengriibe aus verläuft über jedem Auge eine undeutliche etwas wulstige Er- habenheit, die zwar schmäler aber deutlicher auch auf dem Temporalschilde zu sehen ist. Auf dem Hinterhaupt ist ein ähnlicher stumpfer und flacher Kiel, ebenfalls durch deutlicbe Granulirung ausgezeichnet. Er setzt sich als zwei schmale, aber sonst ihm ähnliche Kiele über die drei 8c}iuppen des Nackens fort, nach hinten zu divergirend, und endet allmählich verschwindend auf der getheilten dritten Nackenschuppe zu beiden Seiten des Ursprunges der Rückenflosse. Der Kiel des Temporalschildes wird nach seinem Verschwinden wieder sichtbar auf den nächst- folgenden drei Schuppen, die nach aussen vor den Nak- kenschuppen liegen. An jeder Seite des Körpers lassen sich vier Kiele unterscheiden. Jede Schuppe der Seiten ist fein granulirt, d. h. mit sehr kleinen, zugespitzten ke- gelförmigen Spitzen besetzt. Aber in der Mitte jeder Schuppe erhebt sich der Kiel, an und für sich unbedeu- tend aber dadurch sehr kenntlich, dass hier die Spitzen sich zu kleinen Dornen verlängern, die am Hinterende jedes Kielstückcs am höchsten sind. Der erste der vier Seitenkiele entspringt um eine Schuppenlänge hinter dem Ursprung der Rückenflosse, ohne jedoch eine unmittel- bare Fortsetzung eines .Nackenkieles zu sein. Der 2te Seitenkiel entspringt um eine Schuppenlänge vor dem Iten, etwas unterhalb des kurzen Kieles, der von dem Temporalschilde herkommt. Der 3te Kiel, der schwächste von allen, entspringt in Gestalt von stärkeren Granula- tionen und zwei Schuppen vor dem 2ten Kiel, der 4te Kiel endlich entsteht hinter dem Humeralschilde. Der senkrechte Durchmesser ist etwas grösser als der 4te Theil des Abstandes der Augen von einander. Der Stachel der Rückenflosse ist gleich ihrer Basis, diese ist länger als ihre Entfernung von der Fettflosse, von der sie durch sieben Schuppen getrennt wird. Die Brust- ^ flösse erreicht nicht den Ursprung der Bauchflossen. Ihr Stachel ist an der Basis stärker granulirt als der Kopf, nach seiner Spitze zu verwandeln sich auf der Oberseite Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Südbrasiliens. 75 die spitzen Granula in kurze, mehr borstenförmigc Dornen, deren längsten etwa gleich dem halben senkrechten Durch- messer des Auges sind. An den Bauchflossen, welche den Ursprung der Analflosse nur wenig überragen, sind die Granula zu kurz, um noch borstenförmig genannt zu werden, obgleich auf der Unterseite in der periphe- rischen Hälfte viel länger als am Kopf. Zwischen Anal- und Caudalflosse kann man ungefähr 14 Schuppen oder Schilder zählen. Die Spitzen sind an den beiden Randstrah- len der Letzteren kurz und kaum Dornen zu nennen. Sie sind kürzer als die Dornen an den Brustflossen und län- ger als die an den Bauchflossen. i\uch der Stachel der Fettflosse ist mit Dornen besetzt, die im Allgemeinen denen der Seitenkiele gleichen. Die Zahl der Zähne ist geringer als bei P. Com- mersonii, der Umschlag der Unterlippe ist mit kleinen Warzen besetzt, ob er ganzrandig war, iässt sich nicht mehr entscheiden, vielleicht aber vermuthen. Kehle und Bauch, deren Haut zum Theil entfernt ist, sind, nach den noch gebliebenen Resten zu urtheilen, ohne Zweifel mit kleinen granulirten Schildern besetzt gewesen. Die Länge des Kopfes bis zum Ende des Occipital- Kieles beträgt 84 Mm., seine grösste Breite an den Hu- meral-Schildern 75 Mm., die Farbe, so weit sie sich an dem trocknen Exemplar beurtheilen Iässt, gleich der der vorhergehenden Art. Die x\rt hat einige Aehnlickkeit mit Plecostomus (Hypostomus horridus Kner.), allein die Verhältnisse der Rückenflosse, die Form der Bedornung der Seitenschilder und der Schwanzflosse unterscheiden sie hinreichend. 37. Plecostomus bicirrhosics? Gronov. Syst. ed. Gray p. 158, (Loricaria plecostomus L,). Ein kleines, ohne die Schwanzflosse nur 52 Mm., langes Exemplar aus dem Rio Cadea möchte ich zu dieser Species ziehen. Doch unterscheidet es sich von den mir zur Vergleichung vorliegenden Exemplaren des P. bicir- rhosus nicht unbedeutend. Kehle und Bauch sind ganz nackt, die Dornen an allen Schildern der Körperseiten 76 He n sei: sind ziemlich langf, spitz, etwas nach hinten gekriimnit und stehen auf jedem Schilde in nur wenigen, deutlich von einander gesonderten Reihen, während ich bei P. bicirrhosus die Unterseite nur dicht hinter dem Umschlag der Unterlippe und in der Gegend um den Ursprung jeder ßauchflosse nackt, sonst aber fein granulirt sehe. Auch sind hier die Seitenschilder viel dichter mit Dornen besetzt, deren Reihen eng aneinander stehen und wenig- stens doppelt so zahlreich wie bei meinem Exemplare sind. Da dieses aber sehr viel kleiner als die vergliche- nen Exemplare der genannten Art und also möglicher- weise noch sehr jung ist, so mögen die angeführten Un- terschiede vielleicht die Jugend-Charaktere sein. 38. Ghaetostomus cirrkosus (Ilypostomus cirrhosus Val. in d'Orb. Vov. Amer. Merid. Poiss. pl. 7. Fig.3j. Findet sich nicht selten in steinigen Gebirgsbächen, wo er sich nach Art der Plecostomen in dem Schlamm zwischen den Steinen verbirgt. 39. Chaetostomus spmosusf (Plypostomus spinosus, Casteln. Anim. Amer. Sud. Poiss. p. 45. pl. 22. Fig. 3). Ein kleines, ohne Schwanzflosse nur 18 Mm. langes Fischchen, welches ich bei Porto Alegre fing, stellt offenbar den Jugendzustand eines Panzerwelses vor. Zwar ist das Interoperculum durchaus ohne die Stacheln der Chaetostomen, doch glaube ich das Thier zu Chae- tostomus stellen zu müssen, da wahrscheinlich diese Sta- cheln in der frühesten Jugend immer fehlen werden. Unter den Arten jener (Gattung gleicht es am meisten dem C. spinosus Cast. , ohne völlig übf^reinzustimmen. Jedes Schild an den Seiten trägt nämlich einen verhält- nlssmässig langen, spitzen und nach hinten gebogenen Dorn, so dass diese im Ganzen fünf Längsreihen bilden. Die unterste Reihe, welche aus den längsten Dornen be- steht, gohö-'-t wahrscheinlich den Schildern an der Unter- seite des Schwanzes an und scheint auf der Kante zu stehen, in welcher jedes derselben von der Unterfläche Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Südbrasiliens. 77 auf die Seiten des Schwanzes umbiegt. Diese Reihe ist auch die kürzeste, da sie nur. von der Anal- bis zur Cau- dalflosse reicht. Der erste Strahl aller Flossen, der obere und untere der Caudalflosse, sind ebenfalls mit ähnlichen Dornen besetzt. Im Gesicht entspringt zwischen den Nasengruben ein breiter, stumpfer Kiel, der nach der Spitze des Gesichts herabgeht und auch mit diesen Dornen besetzt ist. Die Farbe (in Spiritus) ist hellbraun mit dunkelbraunen undeutlichen Querbändern. Die ganze Vorderhälfte ist auf der Oberseite dunkel, auf der Hin- terhälfte kann man mit einiger Schwierigkeit noch drei Querbänder unterscheiden. Auf der Schwanzflosse sind deren zwei, eins an der Basis und eins am hinteren Rande. Bei C. spinosus sollen sich nur vier Dornenreihen an den Körperseiten finden, auch ist er durchaus anders gezeichnet, allein wir sind mit den Jugendzuständen der Chaetostomen noch zu wenig bekannt, um nach so kleinen Exemplaren, wie das meinige ist, mit Bestimmtheit über die Species entscheiden zu dürfen. 40. Loricaria onus Val. (d'Orb. Voy. Amer. Merid. Poiss. pl. 6. Fig. 1). Unter vier Exemplaren ist das grösste (ohne Schwanz- flosse) 385 Mm. lang. Im Unterkiefer befindet sichjeder- seits eine Reihe kleiner Zähiichen. Im Oberkiefer fühlt man bloss eine harte Stelle, da wo die Zähne vorhanden waren, bei den kleinsten Exemplare sieht man noch mehrere rudimentäre Zahnspitzen durch das Zahnfleisch hervorragen. Die Brasilianer nennen diesen Fisch, wahrscheinlich seiner Gestalt wegen, wie alle Loricarien Viola. Loricaria lima Kner. (dies. Arch. 1. c. p. 366). Loricaria i a, b, c). Die Haut der Drüse ist sehr fein und zart und erscheint auf ihrer Innenseite nflt feinen Wärzchen be- setzt^ die wahrscheinlich die Flüssigkeit ausscheiden. In den meisten Fällen strotzt die Drüse von dieser Flüssig- keit; dieselbe mischt sich mit Wasser nicht augenblick- lich. Wenigstens beobachtete ich bei mehreren durch Zerquetschen des Cephalothorax getödteten Exemplaren vonTeg. dorn., dass der Inhalt der Drüse in Gestalt kleiner, klarer Kugel chen mit grosser Geschwindigkeit ausströmte. Diese Kügelchen waren noch längere Zeit in dem auf dem Objektglas befindlichen Wasser gesondert zu sehen. In anderen Fällen quoll der Inhalt als eine gelbgraue, breiige Masse hervor, Alkohol lässt die Flüssigkeit ge- rinnen; bei den in Spiritus getödteten und längere Zeit aufbewahrten Exemplaren ist die Drüse mit einer gelb- lichen^ bröckeligen Masse angefüllt und hat ihren Turgor gänzlich verloren. Bei den meisten Arten ist die zarte Haut der Drüse von starken, parallel verlaufenden Bändern umgeben, die dicht neben einander liegen und nur geringen Zusammen- hang unter einander haben. Bei einigen Arten (Sparassus) verlaufen sie fast rechtwinkelig zur Längsrichtung der Drüse, so dass dasselbe Band mehrere Mal um dieselbe gewunden ist; gerade die entgegengesetzte Erscheinung zeigt Eucharia, bei der sie fast in der Längsrichtung ver- laufen. Da die Drüse eine mehr oder weniger cylin- drische Gestalt hat, so kreuzen die auf der einen Seite befindlichen Theile der Bänder mit denen der entgegen- gesetzten Seite ihre Richtung, wodurch es den Anschein gewinnt, als sei die Drüse von einem Bandgeflecht um- geben. Bei Oletera, den Dysderiden und einem Theil der Thomisiden vermisste ich diese Bänder ganz ; bei den übrigen Familien sind sie recht deutlich. Der Ausführungskanal senkt sich in die Kralle, die inwendig hohl ist, ein, nachdem er nicht den geraden Weg durch das Basalglied genommen, sondern sich viel- fach hin und her gewunden hat, wodurch seine Länge 102 B e r t k a u : die des Basalgliedes meist übertrifft, trotzdem die Drüse selbst mit einem Theil noch in dasselbe hineinragt. Seine Breite ist im ganzen Verlauf ungefähr dieselbe; nur an der Spitze, dicht vor der Kralle, schwillt er etwas an. Dazu beobachtete ich bei Amaurobius ferox feine Ver- ästelungen, die sich indessen vor dem Eintritt in die Kralle wieder mit dem Hauptstamm vereinigten. In der Kralle schmiegt er sich so innig an die innere Wand an, dass es mir nur bei grösseren Arten gelang, ihn durch Zerdrücken der Kralle zu Gesicht zu bekommen. Er mündet an der Spitze der Kralle aussen an der konvexen Seite in einer langen, schmalen Spalte. Leunis gibt an, diese Spalte befinde sich unter der Spitze, was doch nur heissen kann, an der konkaven Seite; alle Arten, die ich auf diesen Punkt hin untersucht habe, überzeugten mich vom Gegentheil. Die Nerven erhalten die Oberkiefer von dem Supra- oesophagealganglion ; genauere Mittheilungen über ihren Verlauf werde ich, so weit es mir möglich ist, weiter unten machen. €. Yerschicdenheiten nach Familien, (iattungen und Arten. Schon in der obigen allgemeinen Besprechung des Baues der Oberkiefer mussten Unterschiede nach Gattun- gen und Arten hervorgehoben werden, weil eben ausser der Zweigliederigkeit und einigen anderen ganz allge- meinen Eigenschaften die verschiedenen Arten Abweichun- gen von einander zeigen. Bei der speciellen Frage nach diesen Verschiedenheiten richtete ich mein Hauptaugen- merk darauf, ob dieselben nicht so fasslich auszudrücken und so leicht wieder zu erkennen seien, dass sich darauf eine Eintheilung begründen Hesse. Indem ich diese Frage einer gründlichen Erwägung unterzog, konnte ich mir nicht verhehlen, dass es wünschenswerth sei, wenn die auf den Bau der Oberkiefer begründete Eintheilung in Familien mit der bereits nach anderen Merkmalen ge- machten zusammenfiele, da sich mir bei einer eingehen- deren Betrachtung die Natürlichkeit der bisherigen Fa- lieber d. Bau ii. d. Funktion d. Oberkiefer b. d. Spinnen. 103 raillen (mit Ausnahme der Dysderiden etwa) immer mehr herausstellte. Ich war daher bestrebt, unter dem Arten- komplex, der eine bestimmte Familie bildet, sowohl ge- meinsame wie ausschliessende Kennzeichen aufzufinden. Das Kesultat meiner hierhin zielenden Bemühungen folgt unten, bei der Charakteristik der einzelnen Familien. Es sei indessen schon gleich hier bemerkt, dass die aufgefun- denen Unterschiede kleinlicher Natur und oft erst mit dem Mikroskop oder durch Anatomie zu erkennen sind. Da ich ausserdem nur über beschränktes Material verfügen konnte, so nehme ich dabei an, dass die von mir nicht untersuchten Angehörigen einer Familie dieselben Cha- raktere tragen. Familie I.^ Mygalides. ßasalglied ganz wagerecht; die Kralle bewegt sich auf der Unterseite des Basalglie- des in der Längsrichtung des Körpers senkrecht zur Erde (schlägt sich abwärts ein); gezähnt. 1. Oletera picea (?). Die beiden Basalglieder eng anein- ander gedrückt und an der Berührungsfläche ganz platt; die Aussenseite bogig gekrümmt ; die untere Seite keilförmig. An der Basis, so weit sie im Kopfestecken, eingeschnürt; ausserhalb desselben auf der oberen Seite stark hervor- gewölbt; Behaarung spärlich; Wimperhaare vorhanden. Ein eigentlicher Falzrand fehlt, indem die keilartige untere Seite eine Reihe von 7 — 13 Zähnchen trägt, auf deren Spitze sich die Kralle legt. Diese so lang wie das Ba- salglied, aus kurzer gerader Basis plötzlich dünner wer- dend und rechtwinkelig abgebogen. Die Giftdrüse ist ohne Geflecht; ganz an der Spitze des Basalgliedes, fast in der Kralle steckend und sehr klein. Anmerk. Ich bin nicht ganz sicher, ob die mir vorliegende Spinne die benannte Art ist; die von C. W. Hahn (Tab. XXXI. Fig. 88) gegebene Abbildung und die etwas kurz gefasste Beschreibung (V. I. p. 117) stimmen leidlich; weniger die Angaben über ihr Vorkommen. Ich fand sie vor- züglich in Kiefernwäldern, auch auf Haiden, wo sie V2 — V*' lange Schläuche spinnt, die zum grössten Theil in der Erde stecken und nur wenig über den Boden hervorragen. Oft mündet ein solcher Schlauch neben oder unter einem 104 Bertkau: - Stein; in Kiefernwäldern waren sie immer am Stamme eines solchen Baumes angelegt und zwischen dessen Wur- zeln geschlungen. Diese Spinne scheint ein Nachtthier zu sein, da die meisten Schläuche, die ich bei Tage aus- grub, ihren Insassen im Grunde hatten ; nur wenfge, die auch Spuren von Verletzungen zeigten, waren ohne Be- wohner. In einem fand ich einen todten, halb ausgeso- genen Regenwurm. In der Umgebung von Bonn ist diese Spinne sehr häufig; so fand ich an einem Nachmit- tage auf einem etw^a 50 D' grossen Stück Kiefernwal- des am östlichen Abhang des Venusberges sieben Stück, Hahn giebt an, dass sie ,,in Deutschland, der Schweiz, Italien und Frankreich in Kellern und anderen dunkelen, feuchten Orten, unter Steinen, aber überall sehr sel- ten^ vorkomme. Alles, was früher von Oletera ausge- sagt worden ist, bezieht sich auf diese Art. Familie II. Dysderides. Basalglied in der Ruhe senkrecht oder schief gegen die Erde; die Kralle bewegt sich quer zur Längsrichtung des Körpers) schlägt sich nach innen ein) ; Basalfleck fehlt, ebenso die Sägezähne an der Kralle; die Wimperhaare sind entweder vorhan- den oder fehlen; die Giftdrüse ist ohne Geflecht (oder vielleicht ganz fehlend, s. Scytodes). 1. Dysdera erythrina. Basalglied fast wagerecht zur Erde; kegelförmig gestaltet; die Haut grob gekörnelt und roth gefärbt. Es ist nur ein unterer Falzrand mit Wimperhaaren und drei Zähnchen vorhanden. Die Kralle ist lang und schw^ach gewölbt. Giftdrüse lang gestreckt, ohne Geflecht und von zahlreichen feinen Ausläufern des dieser Gattung in hohem Grade eigenthümlichen Tra- cheensystems fast eingehüllt. D. rubicunda. Basalglied plötzlich abgesetzt ver schmälert, Falzrand mit zwei Zähnchen ; Giftdrüse wie bei D. erythr. 2. Segestria ßavarica. Basalglied senkrecht zur Erde; glänzend schwarz und w^enig behaart. Am oberen Falzrande befinden sich die Wiraperhaare und drei Zähn- chen, am unteren zwei Zähnchen; Giftdrüse ohne Ge- flecht. Ueber d. Bau u. d. Funktion d. Oberkiefer bei d. Spinnen. 105 S. senocnlata^ wie S. Bavarica, nur in allen Theilen kleiner. 3. Scytodes thoracica, Basalglied schräg gegen den Boden, ohne Wirnperhaarc Das Basalstiick der Kralle unförmlich dick. Statt weiterer Beschreibung verweise ich auf die Abbildung (Fig. 13). Giftdrüse? Bei zwei Exemplaren fand ich keine solche, bei dem dritten ent- deckte ich im Cephalothorax eine birnförmige Blase, die wohl die Giftdrüse hätte sein können. Sie war ohne Ge- flecht, allmählich verschmälert, der Ausführungsgang war abgerissen. Das Fehlen der Wimperhaare macht die systematische Stellung dieser Spinne unter den Dvsderi- den, mit denen sie nur die sechs Augen gemeinsam hat, bedenklich. Fam. III. Drassides. Die Kralle schlägt sich nach innen ein. Basalfleck und Wimperhaare sehr deutlich ausgeprägt; die Kralle mit Sägezähnen; die Giftdrüse mit deutlichem Geflecht. Von dieser Familie sind mir die Oberkiefer der meisten Arten durch das Werk : Die Arachniden-Familio der Drassiden, Dr. L. Koch, bekannt geworden. Alle Arten, die ich gefunden und mit der Koch'schen Be- schreibung verglichen habe, liessen mich durchaus das- selbe sehen; den Basalfleck erwähnt Koch nicht (s. übri- gens bei Cheiracanthium nutrix); die Wimperhaare nennt er durchweg Borsten, was sie durchaus nicht sind. Leider sind mir von den beiden Gattungen, die auf den Bau der Mandibeln gegründet sind, keine Repräsentanten zu Gesicht gekommen. 1. Pythonissa. Der untere Klauenfalzrand trägt eine breite Platte, deren unterer Rand eine Reihe kurzer Zähn- chen zeigt, während die beiden Winkel in zahnartige Ecken vorgezogen erscheinen. ^^Nur bei P. nocturna ist an Stelle dieser Platte ein grosser, breiter Zahn" (L. Koch p. 6). P. lucifuga. Basalglied stark knieartig gewölbt; der obere Falzrand mit einem kräftigen Zähnchen. P. muscorum. Der obere Rand trägt dicht beisam- men zwei kurze Zähnchen. 106 Bertkau: P. tricolor. Der obere Rand trägt drei Zähnchen, von denen das mittlere am stärksten ist. P. exornata. Das der Gattung eigenthümliche ge- zahnte Plättchen ist wenig entwickelt. P. nocturna. Am unteren Rande steht statt der der Gattung eigenthümlichen Platte ein grosser Zahn. Koch bemerkt zu dieser Art fp. 38) : ^Westring zieht diese Art zu Melanophora, wohin sie sicher nicht gehört, denn sie hat die eigenthümliche Bildung des hinteren Falz- randes der Mandibeln, wenn auch in aussergewöhnlicher Form." Ich kann hierüber nicht urtheilcn, da ich weder diese Art^ noch eine Pythonissa überhaupt zu sehen Ge- legenheit hatte; doch halte ich es für einen Fehler, dass Koch in der analytischen Tabelle zur üebersicht der Gattungen (p. 2) zu dem Charakteristikum von Pytho- nissa: .,An dem hinteren Falzrand der Mandibeln eine gezahnte Platte" nicht den einen Zahn von P. nocturna als Ausnahmefall hinzugefügt hat. So hat er sich das Recht, diese Art zu Pythonissa zu ziehen, vergeben. 2. PhruroliUius. Das Basalglicd hat vorn an der Wölbung einen gerade vorwärts gerichteten Stachel. Ph. Romanus. Basalglied von dem Grunde bis zum letzten Drittel schwarz, dann gelb. Ph. minimus. Basalglied gelb und schwarz ge- fleckt; Stachel gebogen. Ph. festivus. Basalglied blass gelb, schv^arz ange- laufen und stark gewölbt; an der höchsten Stelle der Wölbung der gerade vorwärts gerichtete Stachel. 3. Micaria cincta. Am oberen Rand drei kleine, am unteren ein Zähnchen. M. Albini. Der obere Rand mit einem kurzen, brei- ten, der untere mit einem kleinen Zähnchen. M. formicaria. Basalglied am Grunde mit Schup- pen besetzt. M. fulgens. Das ganze Basalglied dicht mit feurig schillernden Schuppen bekleidet. 4. Drassus rubrens. Der obere Falzrand trägt drei, der untere ein. Zähnchen. D. viator. Beide Falzränder sind ohne Zähnchen. lieber d. Bau u. d. Funktion d. Oberkiefer bei d. Spinnen. 107 ü. fiiscus. Am oberen Falzrand drei, am unteren zwei kurze Zähnchen. D. hispanus. Der obere Rand hat gar kein, der untere drei starke Zähnchen. D. scutulatus. Am oberen zwei, am unteren ein Zähnchen. D. braccatus. Beide Falzränder sind ohne Zähnchen. Der obere bildet eine rechtwinkelige Ecke. D. severus. Der obere Rand trägt drei, der untere zwei kräftige Zähnchen. D. pubescens. Am oberen befinden sich zwei derbe, kurze und ein kleines ; am unteren zv/ei sehr kleine Zähnchen. D. lapidicola. Oben 4 — 5, unten zwei ganz kleine Zähnchen. D. mandibularis. Basalglied am Grunde mit zwei kurzen, g^g^n einander gerichteten Ecken ; der obere Falzrand mit drei kräftigen, der untere mit einem kleinen Zähnchen. D. villosus. Der obere Rand trägt zwei Zähnchen, von denen das erste klein, das zweite sehr stark Ist; unten zwei kurze. 5. Melanophora Caucasica. Am oberen Falzrand be- finden sich fünf Zähnchen ; vier kurze, gleich lange, und ein längeres. M. longinqua. Der untere Rand mit vier kurzen Zähnchen. M. praefica. Oben drei Zähnchen. M. violacea. Der obere Rand hat zwei Zähnchen, das vorderste sehr stark ; der untere ebenfalls zwei, von denen das oberste klein, das unterste grösser ist. Koch giebt von dieser Art die Zahl der Zähnchen nicht an, und ich bin zweifelhaft, ob die nach einem Exemplar gemachte Angabe die richtigen Zahlenverhält- nisse trifft. Mein Exemplar hatte nämlich an allen vier Fusspaaren zwei Klauen, die eine normal am Ende, die andere seitwärts, ungefähr in der Hälfte des letzten Tar- sengliedes. Die Taster hatten dagegen nur eine Kralle, Es wäre möglich, dass die Anomalie sich auch auf die 108 Bertkau: Oberkiefer ausgedehnt hätte^ obwohl sie sonst nicht ab- norm aussahen. M. oblonga. Oben fünf^ unten zwei Zähnchen. M. petrensis. Der obere Rand hat 4 — 5 stärkere, der untere drei kurze Zähnchen. M. barbata. Der obere Rand ohne, der untere mit vier sehr kleinen Zähnchen. M. subterranea. Oben drei, unten zwei Zähnchen^ M. Argoliensis. Oben drei, unten ein Zähnchen. M. atra. Der obere Rand hat vier Zähnchen, von denen die beiden mittleren kräftig, die beiden seitlichen klein sind; der untere zwei ganz kleine Zähnchen. M. scrotina. Oben drei lange, unten ein sehr kleines Zähnchen. M. spadix. ZahlenverhäUnisse wie bei voriger; die des oberen Randes nicht grösser als das des unteren. 6. Anyphaena bogotensis. Am oberen Falzrande befinden sich sechs, am unteren fünf Zähnchen. A. tenuis. Der obere Rand trägt vier Zähnchen, von denen das zweite grösser, ist als die übrigen ; der untere 7 — 8 fast gleich lange kurze Zähnchen. A. sericea. Oben fünf, unten vier kleine Zähnchen. 7. Cheiracanthium auricomum. Am oberen Rande fünf, am unteren 6 Zähnchen. Ch. tenuissimum. Der obere Rand trägt zwei kleine, der untere einen sehr kräftigen, vorwärts gerichteten Zahn. Ch. tropicum. Oben drei Zähnchen, das mittelste am stärksten ; unten vier, von denen das letzte sehr klein ist. Ch. pelasgicum. Der untere Rand mit 7 — 8 gleich langen Zähnchen; Kralle lang, sensenförmig gekrümmt. Ch. edentulum. Beide Ränder sind scharf, doch ohne Zähnchen. Ch. nutrix. Oben drei, unten vier gleich lange Zähnchen. L. Koch giebt (p. 250) „am Aussenrande (des Ba- salgliedes) oben ein leichter Eindruck vorhanden" an; derselbe kommt vom ßasalfleck her, an dessen Spitze >die übrige Haut eben eingedrückt ist. Ch. carnifex. Beide Ränder sind ohne Zähnchen. lieber d. Bau u. d. Funktion d. Oberkiefer b. d. Spinnen, 109 Ch. mordax. Obere Rand ohne, untere mit drei Zälmchen. Ch. insulare. Am oberen Falzrande befinden sich drei, am unteren zwei Zähnchen. 8. Hypsinotus Capito. An der Unterseite des Basal» gliedes befinden sich drei Stacheln : der erste (der Kralle am nächsten) nach vorn, der zweite nach unten gerichtet, beide gleich gross; der dritte sehr klein. An der Innen- seite am Grunde befindet sich ein vierter kleiner Stachel. H. raptor. Der obere Falzrand hat drei sehr kräf- tige, aber kurze, der untere vier Zähnchen. H. bellator. xVm oberen Falzrand stehen drei Zähn- chen, von diesen das mittlere am längsten; am unteren sechs. H. maculatus. Oben drei, unten vier Zähnchen. H. macer. Der obere Rand mit drei, der untere mit fünf Zähnchen. 9. Clubiona erratica. ßasalglied kurz, stark ge- wölbt, rothbraun gefärbt; der obere Rand trägt fünf, der untere vier Zähnchen, von denen je öie zwei obersten die stärksten sind. Cl. holosericea. Basalglied kräftig und lang; beide Falzränder mit je vier Zähnchen. Cl. pallidula. ßasalglied vom Grunde bis zur Mitte hervorgewölbt, dann senkrecht abfallend. Am oberen Falzrand stehen fünf, am unteren vier Zähnchen. Cl. Phragmitis. Oben fünf, unten drei Zähnchen. Cl. terrestris. Vom Kopfrande senkrecht abfallend; auf der Vorderseite zieht sich, etwas unter der halben Länge ansetzend, eine Kante bis zur Spitze hinab. Cl. caerulescens. Basalglied vom Grunde an stark über den Kopfrand gewölbt, ohne Kante auf der Vorder- seite. Der obere Falzrand ist mit zwei Zähnchen besetzt. Fam. IV. Agelenides. Die Kralle hat Sägezähne, schlägt sich nach innen ein. Basalfleck und Wimperhaare sind vorhanden; Giftdrüse mit Geflecht. 1. Philoica doraestica. Der obere Falzrand trägt vier Zähnchen, von denen das mittelste am stärksten ist; der untere 8 — 10; oft hat der untere des einen Kiefers mehr als der des anderen. 1]0 Bertkau: 2. Tegenarla domestica. Am oberen Falzrand vier Zähnchen, von denen das letzte sehr klein; am unteren vier oder fünf; manchmal an beiden Kiefern desselben In'iividuums verschieden. T. civilis. Beiderseits drei Zähnchen. 3. Agelena labyrinthica. An beiden Rändern drei Zähnchen. 4. Amaurobius. Sämmtliche vier Arten^ die ich ge- sehen, hatten knieartig hervorgewölbte Mandibeln, die mit dem vorderen Kopfrande einen rechten Winkel bilden. A. clanstrarius. Basalglied glänzend schv^arz; am oberen Falzrand vier, am unteren drei Zähnchen ; Kralle kurz, aber kräftig ; im ersten Drittel schwarz, dann hellroth. A. atrox, A. ferox wie A. claustrarius.^ A. terrestris. Am oberen P^alzrand stehen drei starke, am unteren drei schwächere Zähnchen, sonst wie A. claustrarius. Famil. V. Theridides. Die gezähnelte Kralle schlägt sich einwärts ein ; Wimperhaare fehlen, Basalfleck in der eigenthümlichen Gestalt ebenfalls; Giftdrüse mit Geflecht. 1. Meta. An der Stelle, wo sonst der Basalfleck ist, befindet sich ein flacher Eindruck in der Wölbung des Basalgliedes. Meta Merianae. Der obere Falzrand trägt drei, gleich grosse, der untere vier Zähnchen, von denen das zweite sehr klein ist. 2. Theridium. Vom Basalfleck iiess sich keine Spur auffinden; der obere Rand des Basalgliedes ist in eine lange Spitze vorgezogen; die beiderseitigen Kiefer nur wenig mit einander verwachsen. T. reticulatum. Oben drei, unten zwei Zähnchen. T. lunatum, wie die vorhergehende. T. varians, oben drei, unten fünf in einer Linie ste- hende Zähnchen. 3. Latrodectus giittatus. Beide Falaränder ohne Zähnchen. 4. Eucharia. ßasalglied an der Spitze fast recht- winkelig abgeschnitten. Obere Rand des Basalgliedes in eine lange Spitze ausgezogen ; kein Basalfleck. lieber d. Bau u. d. B'unktion d. Oberkiefer bei d. Spmiien. 111 Eucharla bipimctata und castanea. Oben und unten je ein Zähnchen. Famil. VI. Epeirldes. Die stark gezähnelte Kralle schlägt sich nach innen ein; keine Wimperhaare; Üasal- fleck vorhanden; Giftdrüse mit Geflecht. 1. Singa conica. Oben drei, unten kein Zähnchen. 2. Epeira umbratica. ßasalglied schwarz gefärbt, stark gewölbt; der Basalfleck erscheint in Gestalt einer durchscheinend roth gefärbten leistenartigen Erhöhung, die sich ungefähr bis zur Mitte der ganzen Länge des Basalgliedes hinzieht und nach oben sanft, nach unten steil abfällt. Am oberen Falzrande stehen vier^ am un- teren drei Zähnchen. E. patagiata ; weniger gewölbt ; sonst wie E. umbratica. E. bicornis. Basalfleck in der eigentlich normalen Gestalt vorhanden; durch seine gelbe Farbe vor dem dunkelen Theil leicht bemerkbar. Zahl der Zähnchen wie die vorhergehenden. E. angulata; wie E. bicornis. 3. Miranda cucurbitina. Basalfleck deutlich vorhan- den ; von seiner Spitze zieht sich eine bis zur Mitte des Basalgliedes reichende Furche. Der obere Falzrand trägt vier Zähnchen, von denen das erste und dritte stärker ist als die übrigen; der untere drei gleich grosse. 4. Tetragnatha. Basalfleck deutlich vorhanden, Kralle flach gedrückt. T. epeirides. 9 und J" hinsichtlich der Mandibeln gleich. Basalglied halb so lang wie der Cephalothorax, nach dem Ende zu keulenförmig verdickt. Beide Falz- ränder mit je sechs Zähnchen, die allmählich kleiner werden. Kralle stark gekrümmt; im ersten Drittel dun- kelbraun, dann hellgelb; sonst ohne Auszeichnung. T. extensa cT. ßasalglied so lang wie der Cepha- lothorax; nach vorn wenig verdickt, sehr divergirend. Vor seinem Ende oben ein nach vorn gerichteter, gabelig getheilter Zapfen. Der obere Falzrand trägt acht Zähn- chen; das zweite sehr stark; der untere 8 — 9. Kralle erreicht zwei Drittel der Länge des Basalgliedes und ist stark bogig gekrümmt. 112 Bertkaui $. Im Allgemeinen wie ^T- E)^^' Zapfen vor der Spitze des Basalgliedes fehlt. Zahl der Zähnchen am oberen Falzrande 6 — 8, das zweite nicht grösser als das erste und dritte. Die Kralle Anfangs gerade^ dann recht- winkelig gebogen ; aussen an der Ecke ein stumpfer Höcker; Endstück fast ganz gerade; in der ersten Hälfte verdickt, dann dünner werdend und sägeartig gezähnt. T. striata ^. ^ Basalglied fast birnförmig, d. h. aus kurzer, dünner Basis plötzlich verdickt; am vorderen Ende oben ein kurzer, gerade vorwärts gerichteter Stachel; untei' den Zähnchen des oberen Falzrandes kein beson- ders vergrössertes. Die Endkralle unten mit zwei kno- tigen Anschwellungen." (L. Koch. Zur Arachniden- gattung Tetragnatha Walck. Correspondenzblatt des zool. mineral. Vereins zu Regensburg XVI. p. 79. 80). Farn. VII. Thomisides. Die meist ungezähnte Kralle schlägt sich nach innen ein; ßasalglied immer senkrecht gegen die Erde, ßasalfleck und Wimperhaare vorhanden; Giftdrüse mit oder ohne Geflecht. 1. Sparassus virescens. Basalglied walzenförmig; der obere Falzrand trägt zwei, der untere fünf Zähnchen, von denen die drei letzten sehr klein sind. Die Kralle kurz, aber kräftig; flach gedrückt und stark gekrümmt, schwach gesägt. Giftdrüse mit Geflecht. 2. Thanatus trilineatus. Der obere Falzrand ohne, der untere mit drei Zähncben ; die Kralle wie bei Sp. vir. ; Giftdrüse ebenfalls. 3. Xysticus. Giftdrüse ohne Geflecht, die sehr kurze Kralle ungesagt. Falzrand ohne Zähnchen. X. viaticus, mordax und horridus, alle gleichmässig den Gattungscharakter tragend; unter einander nicht verschieden. 4. Thomisus calycinus. Giftdrüse ohne Geflecht, keine Zähnchen am Falzrande. Kralle ohne Sägezähne. Th. globosus ebenso. 5. Artamus. Giftdrüse mit Geflecht. A. griseus. Der obere Falzrand trägt ein Zähnchen; der untere keins. Ueber d. Bau u. d. Funktion d. Oberkiefer bei d. Spinnen. 113 A. laevipes. Am oberen Falzrand ein, ain unteren kein Zähnchen. Fam. VIII. Lycosides. Die schwach gezähnelte Kralle schlägt sich einwärts ein; Basalfleck und Wimper- haare vorhanden; Giftdrüse mit Geflecht. 1. Ocyale rufofasciata. Basalglied walzenförmig ; am oberen Falzrand stehen drei, am unteren vier Zähnchen. 2. Lycosa ruricola. Basalglied vorn stark gewölbt, zottig behaart. Am oberen Falzrand ein, am unteren zwei Zähnchen. Fam. IX. Attides. Basalfleck , Wimperhaare und Sägezähne an der Kralle fehlen. Giftdrüse mit Geflecht; Ausführungskanal unsymmetrisch an einer Seite. 1. Marpissa. Mandibeln bei beiden Geschlechtern gleich. M. muscosa. ßasalglied kürzer als der Cephalothorax; der obere Falzrand trägt zwei schwache, der untere ein starkes Zähnchen. 2. Heliophanus. Mandibeln bei beiden Geschlech- tern gleich. H. chalibeus. Der obere und untere Falzrand mit je einem kräftigen Zähnchen. 3. Pyrophorus ^. Basalglied so lang als der übrige Körper, wagerecht ausgestreckt. P. semirufus. An der Innenseite des Basalgliedes stehen sechs spitze Zähnchen; die des rechten greifen in die Lücken des linken. Kralle so lang wie das Basal- glied. Ein $ ist mir nicht zu Gesicht gekommen. 4. Calliethera. Mandibeln bei beiden Geschlechtern ungleich: ßasalglied des cT so lang wie der ganze übrige Körper , fast wagerecht abstehend ; die Kralle so lang wie das Basalglied. Mandibeln des $ wie bei Marpissa. C. scenica d^. Der obere'Falzrand trägt ein, der un- tere zwei Zähnchen, das zweite des unteren befindet sich fast am Grunde und ist sehr klein. Die Kralle so lang wie das Basalglied, grösstentheils schwarz ; nahe vor der Spitze plötzlich verdünnt und stärker gebogen, hell durch- scheinend roth. Ich habe hier eine grössere Zahl von Arten aufge- Archiv für Naturg. XXXVI. Jahr^. 1. Bd. 8 114 B ertkau; führt und deren Oberkiefer mehr oder weniger genau beschrieben. Aus den Beschreibungen geht deuth'ch her- vor, dass ausser den Mygaliden keine Familie auf den ersten Blick an den Mandibeln zu erkennen, dass viel- mehr eine genauere, mikroskopische Betrachtung dersel- ben erforderlich ist. Trotz aller Mühe konnte ich zwi~ sehen den vier Familien : Drassiden, Ageleniden, Thomi- siden und Lycosiden keine specifischen, durchgreifenden Unterschiede auffinden ; die Wimperhaare sind bei den Thomisiden sehr kurz und in geringer Zahl vorhanden. Zur leichteren üebersicht des gewonnenen Resultats lasse ich hier eine Zusammenstellung der verschiedenen Fa- milien folgen. Die Ki-alJe schlägt sich^ abwärts ein . . . f Kralle mit Sägezähnen . . . I. Mygalides. V. Theridides. OS fl 1| Giftdrüse ohne Geflecht I3 ticl Giftdrüse mit Geflecht W«^ IL Dysderides. IX. Attides. Wimperhaare fehlen VI. Epeirides. nil. Drassides. jlV. Agelenides. ■ ' |VII. Thomisides. (^VIII. Lycosides. w -S ^ Wimperhaare vorhanden Ich wiederhole noch einmal, dass Scytodes nicht nur dem Bau der Oberkiefer nach (hauptsächlich durch das Fehlen der Wimperhaare), sondern auch in anderen Verhältnissen so sehr von den übrigen Dysderiden ab- weicht, dass man ohne Zweifel eine neue Familie aus dieser und einigen verwandten Gattungen, (die mir nicht aus eigener Anschauung, sondern durch Hentz's Descr. of the Aran. of thc Un. Stat., Bost. Journ. of Nat. Hist. Vol. IV — VI bekannt geworden sind) , gebildet haben würde, wenn nicht dadurch die ohnehin an Gattungen und Arten arme Familie der Dysderiden noch mehr be- einträchtigt worden wäre und die neu zu bildende Fa- milie an demselben Mangel gelitten haben würde. Die- ses ist wohl der einzige Grund, weshalb man nicht eine Spaltung der Dysderiden vorgenommen hat. üeber d. Bau ii. d. Funktion d. Oberkiefer bei d. Spinnen. 115 Dagegen kann mit Fug und Recht die Frage auf- geworfen werden, ob nicht die Gattungen Sparassus und Thanatus besser den Lycosiden eingereiht würden. Der bei den Dysderiden einer Theilung entgegenstehende Grund hat hier keine Geltung, und für eine solche Ver- änderung sprechen die Sägezäbne an der Kralle, die un- ter den Thomisiden nur die beiden genannten Gattungen, aber alle Lycosiden ^) haben. Auch entfernt sie von den Thomisiden das lange, w^alzenförmige Basalglied, die grössere Zahl der Zähnchen am Falzrande (während nur Artaraus ein Zähnchen hat) und der langgestreckte, cylin- drische Hinterleib , der bei den typischen Thomisiden eine melir in die Breite als in die Länge gehende Aus- dehnung hat, was ihnen ja auch den Namen „Krabben- spinnen" eingetragen hat. Mit den Thomisiden haben sie nur den unter Um- ständen seitwärts gerichteten Gang gemeinsam (Lateri- gradae L;ttr.). Doch ist zu bemerken, dass sich in der Beziehung die bei den Lycosiden unweigerlich stehende Gattung Ocyale durchaus gleich verhält. Daher, glaube ich, verdient diese Frage wohl eine Berücksichtigung; mir scheinen Sparassus und Thanatus am zweckmässig- sten in der Nähe von Ocyale untergebracht werden zu können. Hat man sich zu diesem Wechsel entschlossen, so würde das Fehlen der Sägezähne an der Kralle die Thomisiden vor den drei übrigen Familien: Drassiden, Ageleniden und Lycosiden auszeichnen. Die beste Verwendung finden die Oberkiefer in systematischer Hinsicht aber bei der Feststellung von Gat- tungen und Arten. Namentlich in der letzten Beziehung liefern sie in der Zahl und verhältnissmässigen Grösse der Zähnchen leicht erkennbare und im Allgemeinen auch sichere Merkmale. Somit stellt sich eine interessante 1) Es sei hier bemerkt, dass ich von den Lycosiden eine weit grössere Anzahl als die beiden namhaft gemachten Arten untersucht und darnach den Familiencharakter aufgestellt habe. Da mir in- dess ihre Artbestimmung nicht gelingen wollte, so konnten sie nicht namentlich aufgeführt werden. 116 Bertkau: Wechselbeziehung zwischen den Oberkiefern und Fuss- klauen heraus^ welche letztere sich zur Aufstellung und Umgrenzung von Familien als sehr brauchbar bew^ährt haben, dagegen schlechte Gattungs- und gar keine Art- charaktere liefern. ^ D. Funktion der Oberkiefer. Die Spinnen bedienen sich der Oberkiefer zum Tödten ihrer Beute, die hauptsächlich in Insekten be- steht, indem sie die Kralle in den Leib ihrer Opfer ein- schlagen. Doch liegt die Hauptwirkung des Bisses nicht in der mechanischen Verletzung, sondern in dem Gifte, welches beim Biss durch die an der Spitze der Kralle befindliche Spalte ausströmt. Die Wirksamkeit des Giftes ist bei den verschiedenen Arten verschieden; wie zu er- warten, sind die tropischen weit gefährlicher, als die in gemässigten Klimaten lebenden. Wohl die wenig- sten Arten sind auf die Wirkung ihres Giftes hin genau beobachtet und bekannt, und die wenigen über diesen Gegenstand gemachten Mittheilungen widersprechen ein- ander zum Theil, so dass ein sicheres Resultat noch nicht gewonnen ist. In folgenden Zeilen sind einige Beob- achtungen über die Wirkung des Spinnenbisses im Aus- zuge mitgetheilt; dieselben sind hauptsächlich an tropi- schen Arten, namentlich aus der Gattung Mjgaie, angestellt. Doleschall beobachtete eine M. Javanica, die er einem ausgewachsenen Reisvogel in den Käfig setzte. Fast augenblicklich sprang die Spinne auf ihn zu, umfasste ihn mit den Füssen und schlug ihre Gifthaken tief in der Nähe der Wirbelsäule ein; der Vogel starb innerhab 30 Sek. unter tetanischen Erscheinungen. Bei der Sektion fanden sich die Herzkammern leer, die Atria mit coagu- lirtem Blut gefüllt, ausserdem Hyperämie der Muskeln und des Rückenmarks. (Natuurk. Tijdschr. vor Nederl. Indie, XII. p. 507 ff.). In derselben Zeitschrift veröffentlichte Ludeking Beobachtungen über die Wirkung des Bisses von M. Sumatrensis. 36 Stunden, nachdem sie gefangen worden war, setzte er ihr einen kleinen Vogel in den Behälter; Ueber d. Bau u, d. Funktion d. Oberkiefer bei d. Spinnen. 117 sie sprang' anf denselben los und bfss ihn. Eine Sekunde darauf zuckte der Vogel zusammen^ fiel auf die linke Seite, bekam die heftigsten Anfälle und war nach 8 Sek. todt. Darauf Hess er die Spinne 10 Tage fasten und brachte dann ein 16 — 18 Tage altes Küchlein zu ihr; sie biss dasselbe in ein Bein, so dass es blutete, den Schnabel öfinete , die Augen hervorquillen lioßs und Athemnoth zeigte. Doch trat der Tod nicht ein, sondern nach 6 Stun- den wurde die Wunde besser, und das Küchlein genas. Doleschall berichtete ferner, dass eine M. Javanica eine zu ihr eingesperrte Loxia orycivora durch Einschlagen ihrer Klauen in den Rücken innerhalb 17 Sek. tödtete. Der genannte Beobachter selbst wurde von einem 9'" langen Salticus in den Finger gebissen ; er empfand einen heftigen Schmerz, welcher etwa 8 Min. andauerte und ein Gefühl von Lähmung hervorrief, das sich vom Finger über die Hand bis in den Arm erstreckte. Livingstone erzählt, dass eine kleine Spinne die Reisenden im Schlaf oft dadurch gestört habe, dass sie ihnen über Gesicht und Hände lief. Ergriffen wehrte sie sich durch ihren Biss, der einen empfindlichen Schmerz verursachte ; ohne Mittel verging letzterer indess schon nach zwei Stunden. Dagegen steht eine grössere, schwarze Art bei den Becbuanen im Ruf, gefährliche Verletzungen hervorzu- bringen. L. hält dieselbe für identisch mit einer von ihm öfter gesehenen, V/^' langen und 3/4" breiten Spinne, „welche an den Mandibeln einen eigenthümlichen, stachelförmigen Fortsatz hat, aus dessen Spitze beim Druck Gift her- vorquillt." Aus dieser Beschreibung geht nicht hervor, ob diese Spinne neben der allen eigenthümlichen Kralle einen be- sonderen Stachel hat, in welchen dann die Giftdrüse münden würde, oder ob mit dem „eigenthümlichen Fort- satz'^ eben die Kralle gemeint ist, die vielleicht hier eine von den übrigen Arten abweichende Gestalt hat ; das letztere halte ich für das wahrscheinlichere. Auch Europa birgt eine, wenn auch eingeschleppte 118 Bertkau: Art, die sich an Gefährlichkeit wohl mit den Mygaliden der Tropen messen kann; es ist dies die mit Getreide aus Afrika nach Italien und Spanien herübergekommene Latrodectus guttatus Walck. (Theridium Malmignatha.) Heber die bei gebissenen Personen und Thieren auftretenden Krankheitserscheinungen theilt M. A. Rai- kem in den Annal. des scienc. nat. Tom. XII. p. 1 — 27 seine Beobachtungen mit. Nach ihm wird die giftige Flüssigkeit beim Bisse in einer kleinen Wunde zurück- gelassen und schnell absorbirt. In den Blutkreislauf ein- gedrungen äussert sie ihren verderblichen Einfluss auf das Muskel- und Nervensystem. Die Krankheitssymptome zeigen sich besonders in Abweichungen der animalischen Funktionen, scheinen jedoch anfänglich gefährlicher als sie wirklich sind. Gewöhnlich verlaufen sie in einem Zeitraum von 3 — 4 Tagen, und ein reichlicher Schweiss- ausbruch führt das Ende der Krankheit herbei. Ob der Biss einer einzigen Spinne einen erwachsenen Menschen tödten könne, ist sehr in Zweifel zu ziehen. Die Wir- kungen des Bisses an Kaninchen, Hunden und Tauben sind denen an Menschen sehr ähnlich und unterscheiden sich nur durch den Ausgang, der bei den genannten Thieren tödtlich sein kann. Besonders sind sie im Monat August zu fürchten; zu anderen Zeiten, wenn sie lange ohne Nahrung waren, sind sie wenig oder gar nicht ge- fährlich. Während Raikem es hier noch als zweifelhaft hin stellt, ob eine Malmignatte einen Menschen tödten könne, berichtet 20 Jahre später Lareynie in seiner „Note sur le Therid. Malmignatha" (Annal. soc. entom.VII. p. 284), dass ihr Biss eine grosse Korsikanische Mygale augen- blicklich tödtete, und dass ihr auch alljährlich Menschen auf Korsika zum Opfer fielen. Dagegen ist die Giftigkeit einer anderen südeuropäi- schen Spinne, der Tarantel (Lycosa tarantula) sehr über- trieben. Die Tanzwuth namentlich, welche ihr Biss her- beiführen sollte, ist nach dem Zeugnisse glaubwürdiger Männer geradezu erheuchelt, und hat oft zum Verwände und Deckmantel schamloser Excesse (nach Kirch er) oder lieber d. Bau u. d. Funktion d. Oberkiefer bei d. Spinnen. 119 als ergiebige Einnahmsqnelle der müssigen Lazzaroni gedient. Von ursprünglich in Europa einheimischen Arten scheint somit keine im Stande zu sein, das Leben des Menschen zu gefährden; wenigstens ist kein derartiger P^all bekannt; für Insekten hingegen ist ihr Gift tödtlich. Zwar berichtet Black wall (Transact. of the Linn. soc. XXI. Experim. and observat. on the pois. of animals of the ordre Araneid.) über Versuche^ die er mit Epeira diadema, E. quadrata^ Tegenaria civilis^ Segestria senocu- lata und Lycosa agretyca angestellt hat und das Gegentheil zu beweisen scheinen. Nach ihm gaben die Versuche an Spinnen und Insekten das Resultat, dass der Spinnen- biss den Tod der betreffenden Thiere nicht schneller herbeiführe als eine bloss mechanische Verletzung, so dass eine Vergiftung nicht anzunehmen sei. Die gebis- senen Thiere überlebten die Verletzung längere oder kürzere Zeit und gingen, wie es schien, an Säfteverlüst zu Grunde. Bei der Lektüre dieser Angaben musyte ich mich fragen : Wozu der komplicirte Apparat, wenn er dem Thiere nichts nützen soll? Auch kam es mir sehr un- wahrscheinlich vor, dass ein specifischer, nicht bloss gra- dueller Unterschied hinsichtlich der Giftigkeit unter den verschiedenen Arten herrschen sollte. Um zu einigen thatsächlichen Anhaltspunkten zu gelangen, habe ich da- her auch Versuche angestellt, zu denen ich indess an- dere, als die von Black wall benutzten, anwandte, da mir dieselben nicht zugänglich waren. Die Arten, mit denen ich experimentirte, waren : Meta Mcrianae, Phi- loica domest. und Amaurobius ferox. Fliegen^ die ich von den genannten Spinnen beis- sen liess, wurden augenblicklich gelähmt, taumelten von der einen auf die andere Seite und waren nach 2 — 3 Min. todt. Auch hatte ich hinreichend Gelegenheit, an mir selbst die Wirkung des Spinnenbisses zu beobachten. Beim Einsammeln suchten sich natürh'ch alle Spinnen zu wehren; doch verursachte ihr Biss in die Fingerspitzen durchaus keinen Schmerz, wahrscheinlich weil dort die 120 Bertkau: Haut zu dick ist und das Gift nicht bis in das Blut drin- gen kann. Liess ich dagegen dieselbe Spinne ihre Kral- len am Grunde zwischen den Fingern, wo die Haut sehr weich ist^ einschlagen, so empfand ich einen Schmerz, ähnlich dem, den der Stich einer gelben Ameise verur- sacht. Besonders schmerzhaft fand ich den Biss eines Amaur. atrox. Derselbe hatte seine zwar kurze, aber sehr kräftige Kralle ganz in das Fleisch eingebohrt; trotzdem floss kein Blut aus der Wunde, was jedenfalls auf Rech- nung des Giftes zu schreiben ist. Die gebissene Stelle schwoll an und die Haut darum spannte sich; daher war die Bewegung dieses Fingers etwas erschwert. Nach einer Viertelstunde etwa ging der Schmerz in ein heftiges Jucken über, dass sich allmählich verlor, jedoch noch einen Tag nachher wieder eintrat, wenn ich zufälh'g an der betreiFcnden Stelle vorbeistrich und sie so reizte. Ich glaube beobachtet zu haben, dass bei feuchter, küh- ler Witterung das Gift weniger wirksam ist. Es ist mög- lich; dass Blackwall zu solcher Zeit experimentirte, oder dass er zu seinen Versuchen Exemplare anwandte, die er längere Zeit in der Gefangenschaft gehalten hatte, wo das Gift viel von seiner Wirksamkeit verliert, wie aus Ludeking's Beobachtung an Mygale Sumatrensis hervorgeht. Oft reicht aber die Muskelkraft der Oberkiefer nicht aus, um mit den Krallen eine Verwundung herbeizufüh- ren. So fand ich häufig in den Netzen einiger Epcira- Arten silberglänzende Knötchen, die sich bei genauerem Zusehen als von Fäden dicht umsponnene Gegenstände erwiesen. Löste ich die Fäden, so kamen unverletzte, lebendige Käfer (namentlich Arten von Ontophagus, Cas- sida und die kleineren von Elater) zum Vorschein. Die harte Hornbekleidung setzte also der Spinne zu viel Wi- derstand entgegen. Damit nun aber die Befreiungsver- suche der Gefangenen ihr Netz nicht zerstören sollten, umstrickte sie dieselben und machte sie so unschädlich. Die Fäden, welche sie hierzu verwenden, sind weit zäher als die, aus denen sie ihr Netz verfertigen. Wird nun alles in ein kurzes Endresume zusammen- lieber d. Bau u. d. P'unktion d. Oberkiefer bei d. Spinnen. 121 gefasst, so lautet dasselbe folgendermaassen: Das Gift wird durch die Kralle in die von, ihr gemachte Wunde übertragen. Für Insekten und kleinere wirbellose Thiere ist wahrscheinlich das Gift jeder Spinne tödtlich ; für grössere nur das der tropischen Arten. Dass der Spin- nenbiss auch für Menschen von tödtlichen Folgen be- gleitet sein kanU;, ist nur von Latrodectus guttatus be- kannt; andere verursachen höchstens leichte Entzündun- gen. Die Wirksamkeit des Giftes ist wesentlich beein- flusst durch die Jahreszeit, so wie durch den Umstand, ob die Spinne wohlgenährt ist, oder längere Zeit hat fasten müssen. Während somit die Funktion der Kralle als des die giftige Flüssigkeit übertragenden Organs ganz klar ist, können über die Bedeutung der übrigen ausgezeichneten Theile nur Vermuthungen geäussert werden. Bei den Zähnchen amFalzrandc hat die Vermuthung keinen Spiel- raum und somit auch keine Schwierigkeit. Denn er- wägt man, dass die Unterkiefer der Spinnen ganz weich sind, so leuchtet sofort ein, dass diese Theile nicht zum Zerkleinern der Beute verwandt werden können; die spitze Kralle eignet sich hierzu auch schlecht. Es bleibt also nichts anderes übrig, als anzunehmen, dass die Sj^inne mit den Zähnchen die Haut ihrer Opfer zerstört und so ^ie weichen Theile des Inneren bloss legt, aus denen dann die Unterkiefer und übrigen Mundtheile mit Leichtigkeit die flüssigen Theile aufnehmen können. Bevor ich nun eine Deutung der übrigen Theile des Oberkiefers, der Wimperhaare und des Basalflecks versuche, will ich einige Worte zur Rechtfertigung sagen. Ich finde die Berechtigung, diesen Theilen eine tiefere physiologische Bedeutung zuzuschreiben eben in ihrer Auszeichnung, sowohl der Wimpcriiaare vor den übrigen Haargebilden, wie des Basalflecks vor der übri- gen Haut, nicht nur des Oberkiefers, sondern des gan- zen Körpers überhaupt. Wie weit sich die beiderseiti- gen Verschiedenheiten erstrecken, ist schon auseinan- dergesetzt worden. Die ganze Frage gewinnt aber eine grössere Bedeutung und ihre Beantwortung eine be- 122 Bertkau: stimmtere Richtung, wenn noch hinzugefügt wird, dass an beiden Stellen Nerven herantreten, nachdem sie zu- vor zu einer Art von Ganglienknoten angeschwollen sind. Ans diesem Umstand geht nun mit grosser Wahrschein- lichkelt hervor, dass wir es an beiden Stellen mit Sinnes- organen zu thun haben; welche könnten dies sein? Zu- nächst mögen die Winjperhaare behandelt w^erden/ Nach ihrer ganzen Beschaffenheit und nach allen Analogieen, die von den Sinnesorganen der Gliederthiere bekannt sind , können hier nur zwei Möglichkeiten in Betracht gezogen werden: entweder dienen sie dem Tast- oder dem Geruchs.^inn. Prüfen wir beide Möglichkeiten auf ihre grössere oder geringere Wahrscheinlichkeit etwas genauer I Für den Tastsinn scheinen sie nicht an der geeig- netsten Stelle angebracht. Denn sie befinden sich an der Innenseite von Extremitäten, die in den meisten Fällen eine sehr geringe Länge haben und wenig oder gar nicht hervorgestreckt werden können. Ausserdem fehlt jeder empirische Anhaltspunkt, welcher diese Organe zum Sitz einer Tastempfindung stempeln könnte. Dagegen ist durch die Erfahrung unzweifelhaft nachgew^iesen, dass an- dere Extremitäten, die Palpen- und Fussspitzen, namentlich des ersten Paares, der Sitz einer äusserst feinen Tastem- pfindung sind. Sonach werden wir diese Möglichkeit als eine sehr unwahrscheinliche fallen lassen müssen und be- halten nur noch die eine übrig, nach der die Wimper- haare die Wahrnehmung des Geruchs vermitteln würden. Gegen diese Ansicht lässt sich, so wie ich die Sache beurtheilen kann, nichts, für dieselbe viel sagen. Vorab ist es klar, dass die Kiefer beim Packen der Beute die Haare mit derselben in die innigste Berührung bringen; dieselben können somit recht gut der Spinne Kunde von der Beschaffenheit der Beute geben. Ferner bieten die feinen Wimperchen, mit denen sie besetzt sind, der Luft eine grosse Fläche dar und halten zugleich die Luft fest; wieder eine Eigenschaft , die sie zur Geruchsempfin- dung recht tauglich macht. Endlich sind von Leydig (Müllers Archiv für Anatomie und Physiologie, 1860. lieber cl. Bau «. d. Funktion d. Oberkiefer bei d. Spinnen. 123 p. 265 — 314) bei Insekten und Krustaceen ähnliche Haar- gebilde an den Fühlern ') als Geruchsorgane gedeutet worden, und später vonBaltzer angestellte Experimente haben die Richtigkeit dieser auf Grund anatomischer Ei- genthümlichkeiten ausgesprochenen Ansicht zur Evidenz erwiesen. Mit den dort beschriebenen und (aufTaf. VII u. VIII) abgebildeten ,,Geruchszapfen" haben nun die Wimperhaare der Spinnen die grösste Aehnlichkeit; so- nach wird man ihnen eine gleiche physiologische Be- deutung nicht wohl absprechen können. Es wäre mir in hohem Grade erwünscht gewesen, wenn auch ich einige Versuche zur Unterstützung meiner Ansicht hätte anstellen können. Indess ist die Lebensweise der Spinnen eine solche, dass eine Translokation mit ihnen nicht wohl vorzunehmen ist, und in der Nähe meiner Wohnung wusste ich keinen Ort, an dem Versuche ungestört an- zustellen gewesen wären ; ich musste daher diese Lücke unausgcfüllt lassen. Was nun den Basalfleck anlangt, so muss ich ge- stehen, dass meine Kräfte nicht hingereicht haben, seine Natur und Bedeutung klar zu legen; die vorhandene Li- teratur, so weit dieselbe mir zugänglich war, gab mir auch keine Auskunft. Da die Nerven sich innig an die Muskeln anschmiegen, welche in den Rand eingefügt sind, so w^äre man vielleicht berechtigt, die Nerven des Basal- flecks nur für Vermittler der Muskelbewegung zu halten. Indess ist hierbei einmal nicht die faktisch beobachtete ganglionäre Anschwellung und dann auch nicht der Fleck mit seiner ganzen Eigenthümlichkeit erklärt. Denn das ist hervorzuheben, dass dem Fleck durchaus keine Mus- keln ansitzen, sondern nur der Verdickungsleiste des Randes. Auch fehlt er ja vielen Arten, die zum Theil weit kräftigere Muskeln haben als die mit einem Fleck ausgerüsteten (z. B. Dysdera rubicunda). Ich habe lange Zeit die Vermuthung gehegt, der Basalfleck möchte ein 1) Von der morpholog^ischen Gleichwerthi^keit der Oberkiefer bei den Spinnen und der Fühler bei den Insekten wird noch die Rede sein. 124 Bertkau: Gehörorgan sein und wenn ich diese Meinung hier nicht weiter vertrete, so geschieht es nicht deshalb, weil ich sie als eine irrthümliche erkannt habe, sondern weil mir jeder positive Beweisgrund fehlt. Trotz des eifrigsten Suchens bei einer sehr grossen Zahl von Arten habe ich nie die „Gehörstäbchen" gefunden, welche Leydig als das charakteristische Kennzeichen der Gehörnerven auf- stellt. Allerdings fand ich einige Male stabähnliche Ge- bilde in den betreffenden Nerven, jedoch nicht in den Endverzweigiingen, wo sie vorkommen sollen, sondern in dem fibrillären Theil; dieselben können also ohne w^eiteres nicht als Beweisgrund verwandt werden. Wie dem nun auch sei, jedenfalls verdient der Basalfleck so viel Aufmerksamkeit, dass man es mir nicht als Unbe- scheidonheit auslegen wird, wenn ich ihn geübteren Ana- tomen zu weiteren Untersuchungen anempfehle. Zum Schlüsse sei es mir gestattet, der Ansicht Er- wähnung zu thun, welche die Oberkiefer bei den Spinnen und den Arachniden überhaupt als Aequivalente der In- sektenfühler auffasst. Der Umstand, dass bei den Spinnen eigentliche Fühler durchaus fehlen, dagegen ein Beinpaar mehr vorhanden ist als bei den Insekten, mag wohl am frühesten zu dieser Ansicht hingeführt haben. Gestützt wird dieselbe wesentlich durch die Mehr- (bei den echten Spinnen Zw^ei-)gliederigkeit der Oberkiefer, während die der Insekten immer nur eingliederig sind, sowie durch einen sehr beweiskräftigen, bindenden anatomischen Grund. Bei den Insekten sendet bekanntlich ein Nervenknoten Zweige an die Augen und Fühler, ein anderer solche an die Mundtheile ab. Bei den Spinnen werden Augen und Oberkiefer von demselben (vorderen) Knoten mit Nerven versorgt, während zu den übrigen Muudthcilen Zweige des hinteren Knotens gehen. Somit verhalten sich die Oberkiefer bei den Spinnen und die Fühler bei den Insekten vollkommen gleich, und man wii'd daher nicht anstehen, sie für umgewandelte Insektenfühler an- zusehen. . Nach dieser veränderten Auffassung hat mau diö Oberkiefer der Spinnen auch wohl mit dem beson- deren Namen „Kieferfühler'* belegt. Obwohl derselbe Ueber d. Bau u. d. Funktion d. Oberkiefer bei d. Spinnen. 125 nicht ganz glücklich gewählt ist, indem er eigentlich und nach Analogie ähnlich gebildeter Wörter (Kiefer- tastcr^ Lippentaster) Fühler bedeuten würde, die sich an den Kiefern befinden, so ist er doch, weil man nach einer einmaligen Erklärung durch den Wortlaut stets an den richtigen Sinn erinnert wird, wohl zu adoptiren. Sollten sich nun auch noch, woran ich nicht zweifele, die Wimperhaare als Geruchsorgane bethätigen, so wäre neben der marpljologischen auch eine gleiche physiolo- gische Bedeutung der Oberkiefer bei den Spinnen und der Antennen bei den Insekten dargethan. Erkläruug der Abbilduugen. Fig. 1. Mundiheile von Tegenaria domestica $, von unten, a Un- terlipjje; b Unterkiefer mit c den Palpen; d Oberkiefer. B 2. Oberkiefer von Tegen. domestica $> etwas vergröss., von oben gesehen, a Basalglied; b Basalfleck; v Verdickungs- leiste des Randes; w Wimperhaar; c Kralle. » 3. Basalglied von Amaurobius claustrarius. a von unten, b von der äusseren Seite gesehen. Die Wimperhaare sind nicht gezeichnet. B 4. Kralle von Amaur. ferox. a Basalstück; b die bewegliche Platte; c Endstück; m Mündungsspalte der Giftdrüse; s Sägezähne. * 5. Kralle von Tetragnatha extensa ^. Die Buchstaben haben dieselbe Bedeutung wie in der vorhergehenden Figur. » 6. Basalfleck von Amaur. claustr., von inn^ gesehen, stark vergrössert. v Verdickungsleiste des Randes, an der die Muskelfasern m ansitzen. » 7. Basalfleck von Sparassus virescens, von innen gesehen. » 8. Dysdera rubicunda. v die stark entwickelte Verdickungs- leiste ; m Muskelfasern ; kein Basalfleck. » 9. Durchschnitt eines Hautkanals mit den gewöhnlichen Haa- ren; c Kanal; r der Ringwall; h das angedeutete Haar. » 10. w Wimperhaare von Amaur. ferox ; daneben h die gewöhn- lichen, zur Vergleichung. B 11. Verschiedene Formen der Giftdrüse, a von Drassus la- pidicola; b von Heliophanus chalibeus; c von Marpissa muscosa. 126 Bertkau: Heb. d. Bau u. d. Funktion d. Oberkiefer etc. Fig-. 12. Oletera picea, a ganzer Oberkiefer ; b Kralle mit c Gift- drüse. » 13. Scytodes thoracica. i> 14. Eucharia bipunctataJ a Giftdrüse ; b der in eine lange » 15, Theridiuni lunatum ) Spitze vorgezogene Rand. » 16. Tetragnatha extensa, a u. b vom $; c vom (^. » 17. Calliethera scenica. a vom $; b u. c vom ^. Zar Ver- gleichung der Grössenverhältnisse ist der ganze Körper im Umriss gezeichnet. s 18. Pyrophorus semirufus r^. • Deber die Jugeiidziistäude der Seeigel. Von Aiexauder Agassiz, (üebersetzt aus dem Bulletin of the Museum of compa- rative Zoology 1869 p. 279.) Um die grosse Menge kleiner Echinen, welche von Pourtales gesammelt wurden, gründlich zu studiren, war es nöthig die Jugendzustände möglichst vieler Arten zu untersuchen, und so ein Criterium zur genauen Be- stimmung dieser Sammlung zu erhalten. Im Folgenden werden die Resultate dieser Untersuchung gegeben, in soweit dies in einem kurzen Resume und ohne Abbil- dungen möglich ist. Ausführliche Beschreibungen mit Abbildungen von den Veränderungen, welche die jungen Seeigel eingehen, werden für eine spätere Abhandlung vorbehalten. Manche von Pourtales bei seinem Schlepp- netzfange zwischen Cuba und Florida gesammelte Exem- plare sind so klein, dass sie erst kürzlich ihren Pluleus absorbirt haben können. Diese Sammlung in Verbindung mit dem Material des Museums, gaben die Mittel die Veränderungen beim Wachsthum folgender Arten zu studiren : Cidaris annulata Gray. Dorocidaris abyssicola A. Agass. Diadema antillarum Phil. Garelia cincta A. Agass. Echinocidaris punctulata Desml. 128 Agassiz: Echinocidaris aequituberculata Ag. Ecliinometra Van Brunti A. Agass. Toxopneustes drobachiensis Ag. Echinus Flemingii Ball. Echlnus melo Lam. Echinus gracib's A. Agass. Spbaerechinus brevispinosus Des. Temnotrema sculptum A. Agass. Toreuraatica concava Gray. Genocldaris maculata A. Agass. Trigonocidaris albida A. Agass. Lytecbimis variegatiis A. Agass. Tripneustes ventricosus Ag. Boletia granulata A. Agass. Echinocyamus angulosus Leske. Clypeaster rosaceus Lam. Stolonoclypus prostratus A. Agass. Echinaraebnius parma Gray. Encopc emarginata Ag. Mellita testudinata KL Mellita bexapora Ag. Mellita longifissa Mich. Fibularia volva Ag. Echinolampas caratomoides A. Agass. Echinocardium cordaturn Gray. Brissopsiö lyrifera Ag. Ayassizia excentrica A. Agass. Ich zweifle, dass obne die durch des Studium der jungen Seeigel gewonnene Kenntniss ein befriedigender Bericht über diese Sammlung hätte gegeben werden können. Die Veränderungen, welche einige Species ein- gehen, sind so gross, dass nichts natürlicher gewesen wäre, als die Extreme der Reihen nicht nur in verschie- dene Species, sondern oft in verschiedene Gattungen, und sogar in verschiedene Familien zu stellen. Als eine nothwendige Consequenz wird uns das Studium der Ju- gendzustände, welches uns belehrt, dass manche Diffe- renzen nur vom Wachsthum abhängen, zu der Elimination zahlreicher Arten und Gattungen führen, und wird uns Ueber die Jugendzustände der Seeigel. 129 später eine genauere Basis für die Begrenzung der Gat- tungen, Arten und die höheren Untcrabtheilungen geben. Es würde jedoch hier nicht am Orte sein, mehr als eine Hinweisung auf diese Reform zu geben, besonders da ich hoffe, bald in unserem Illustrated Catalogue eine Revision der Echinen zu veröffentlichen, welche ich auf Grund der Sammlungen des Museums und der Smith- sonian Institution unternommen habe. Bei Toxopneustes drobachiensis Ag. hat der junge Seeigel bald nach der Absorption des Piuteus einige grosse Höcker mit Warze, begrenzt im Umfange (Podo- cidaris und Podophora ähnlich). Das nächste Stadium hat zwei Hauptreiben grosser Höcker, die die ganze Schale einnehmen (Cidaris ähnlich), ohne Miliarhöcker, und in dem Maasse an Zahl zunehmen, wie sie grösser werden, wobei die Stacheln allmählich aus einem Zustande ähnlich dem von Rhabdocidaris, Cidaris, Echinocidaris endlich bis zu Toxopneustes ähnlichen Stachein über- gehen, so schnell wie die primären Höcker gebildet wer- den, die ihr embryonisches Ansehen festhalten, während die Stacheln direct mit der Schale verbunden sind, w^ie bei Podocidaris. In früheren Stadien ist die Mundöffnung gross (Echinocidaris ähnlich), ohne Einschnitte (Cidaris ähnlich), fast die ganze untere Fläche einnehmend. Wie die Schale wächst, wird die Oeffuung allmählich kleiner, und seichte Einschnitte bilden sich (Psammechinus ähn- lich). Das Analsystem ist zuerst von einer einzigen Sub- analplatte geschlossen, die vor der Bildung der Genital- platten und Ocularplatten auftritt; sie bleibt lange mehr vorragend als die andern Platten, welche hinzutreten, um das vergrösserte Analsystem zu bedecken. Die sym- metrische Axe der Subanalplatte behält nicht eine feste Lage zu der Madreporenplatte, sie ist in verschiedenen Wachsthumsstadien verschiedenen Genitalplatten gegen- übergestellt- Dies entspricht der schiefen Lage der Subanalplatte bei den Salenidae , wenn w^ir die Madre- porenplatte als Richtpunkt betrachten. Das Abactinal- System geht also durch ein Stadium, welches an Echi- nocidaris und au Trigonocidaris erinnert, nur dass hier Archiv für Nnturg. XXXVI. Jahrg. 1. HA. 9 130 Agassiz: fünf Analplatten anstatt vier vorhanden sind. Die Ambulakren sind zuerst schmal, die Poren in vcrticaien Reihen geordnet; dann werden sie vertical schwach ge- bogen; sie trennen sich dann in horizontale Bogen mit einer kleineren Porenzahl, die schnell mit dem Alter an Zahl wächst, .md in kleinen Exemplaren können wir ihre Bildungsweise verfolgen, da die Bogen nahe der Peripherie denen der Alten ähnlich sind, w^ährend sie in der Nähe des Abactinal-8ystems den jüngeren Stadien gleichen. Die Platten des Porengürtels wachsen unab- hängig von den Interambulacralplatten. Die verschiede- nen Wachsthumsstadien repräsentiren in den jüngeren Stadien Cidaris, demnächst Hemicidaris, dann Pseudodia- dema, Echinocidaris, Heliocidaris. Dieselbe allgemeine Umänderung findet bei Toxopneustes lividus statt, aber die Turbanform (Cidaris- Stadium) der jungen Schale ist auffälliger als bei T. drobachiensis. Bei Cidaris ist die Differenz zwischen alten und jungen Stadien fast ganz auf die vcrhältnissmässige Grösse der Stacheln beschränkt, und auf die auffallendere Zähne- lung (was an Salenocidaris erinnert). Das Abactinal- System nimmt zeitig den Charakter der Erwachsenen an; in der That bilden die angegebenen Differenzen der Stacheln, abgesehen von der kleineren Zahl der Coro- nalplatten, die einzig wichtigen Veränderungen, welche in dieser Gattung eingegangen werden. Dasselbe gilt fürDiadema und Garelia, in welchen beiden die Stacheln verhältnissmässig grösser sind, und giebt, da sie weniger zahlreich sind, den jungen Diadematiden ein eigentlüm- liches x^nsehen (D. calamaria ähnlich). Wir finden auch bei jungen Diadema Charaktere in der Actinal-Membran, die von den Alten abweichen ; die eigenthümliche Grup- pirung der zuerst auftretenden Mund-Ambulacralplatten in fünf getrennten Haufen, geht bald durch die Annähe- rung der kleineren Interambulacralplatten verloren, und bei älteren Exemplaren werden die Platten tief in die Mundmembran eingebettet. Die Poren sind zuerst in sehr jungen Exemplaren in verticale Reihen gestellt; sie ordnen sich dann in Bogen von drei oder vier Paaren; lieber die Jagendzustände der Seeigel. 131 mit zunehmendem Alter nehmen die mittleren Reihen der Interambulacral-Höcker die Anordnung an, wie sie sich im Alter finden. In Folge des rapiden TVachsthums der Stacheln bei den Jungen ist das Ende, und häufig der grössere Theil des Stachels fast bis zur Basis, hohl; aber wie das Junge wächst, werden sie im Alter an der Basis mehr solid, und so weiter im Verhältniss zu ihrem Alter ^). Garelia ist ein gutes Genus, wie es B öl sehe in Briefen, später als sein „Nachtrag" zu seinen Diade- matiden im Archiv für Natui'geschichte, anerkannt hat. Die Stacheln sind solid, schon in den jüngsten unter- suchten Exemplaren längsgestreift, und unterscheiden sich gänzlich in ihrer Structur von denen von Echinothrix oder Diadema. Dies beweist deutlich, dass bei diesen embryonischen Echinen (Cidaridae, Diadematidae) der Bau der Stacheln eine gute Basis zur Unterscheidung der Gruppen bildet, ungeachtet ihrer sehr grossen Ver- änderungen in der Form. Dies dehnt sich nicht bis auf die Beschaffenheit der Ornamcntation aus, welche sehr constant bleibt, und deren Werth sich bei den fossilen Echinen bewähren wird. 1) Verrill's Gattung Echinodiadema ist auf Eigenthümlioh- keiten in dem Bau von jungen Diadema mexicanum gegründet. Vollständige Reihen von jungen Diadema antillarum, von Vio Zoll Durchmesser an, beweisen, dass die seichten Einschnitte, die Gestalt des Abactinal-Systems, die Gegenwart kleiner das Analsj^stem be- deckenden Schuppen (geringe an Zahl bei sehr kleinen Exemplaren), die Anordnung der Poren zu je drei Paaren, die Hohlheit (im All- gemeinen nur der oberen Extremität) der Stacheln, die durch die Art des Wachsthums und spätere Solidificatiou von der Basis auf- wärts bei den Diadematiden abhängt, die Anordnung der Tuber- keln, die eigenthümliche Gruppirung der Platten der Mundmem- bran, — Merkmale, nach welchen das Genus aufgestellt ist, — fin- den sich bei jungen Diadematiden. Ich habe sorgfältig den Typus von Verrill's Art, so wie von dem Jugendzustande von Diadema mexicanum, von D. antillarum und Exemplare des genannten Echi- nodiadema coronatum untersucht, was mich überzeugt hat, dass V e r- rill's Art nur ein junges Diadema mexicanum ist, da die Differen- zen im Bau in allen jungen Diadematiden gefunden werden, die ich untersuchen konnte (D. antillarum, paucispinum, und mexicanum). 132 A g a s s i z *. Nirgends unter den jungen regulären Echinen habe ich so grosse Veränderungen in der Gestalt und in den Verhältnissen der Schale und der Stacheln gefunden, wie bei Echinometra. Wir finden häufig Exemplare derselben Grösse, wo in einem Fall der Umfang fast kreisförmig, die Schale flach ist, bedeckt mit langen dünnen Stacheln, während im anderen die Schale gelappt, angeschwollen, hoch, von zahlreichen kurzen, dicken Stacheln bedeckt ist. Diese und alle zwischenliegenden Stufen, complicirt durch die grössere oder kleinere Zahl der Haupthöckei-, die Anordnung der Bogen des Porengürtels mit ganz ähnlichen Veränderungen, wie oie bei Toxopneiistes be- schrieben sind, finden sich erhalten in Exemplaren von sehr verschiedener Grosse. Dies hat in grossem Maasse Veranlassung zu der verwirrten Svnonymie gegeben, welche unserer gemeinsten Art anhängt, und macht ihre Bestimmung bei spärlichem Material fast hoffnungslos. Bei jungen Echinocidariden haben wir bereits in den jüngsten Stadien vier Analplatten. Das Abactinal- Svstem sehr junger Exemplare ist auffallend hervorragend, und nimmt mehr als die Hälfte des x\bactinaltheiles der Schale ein. Die ganze Schale ist tief punktirt (Trigono- cidaris ähnlich); die rudimentären Höcker, die den grös- seren Theil des abactinalen Theils der Schale bedecken sind durch Leisten verbunden, welche allmählich resorbirt und zu der Granulation auf den Coronalplatten des Genus resorbirt werden. Die Haupthöcker sind zuerst im Um- fange begrenzt, besetzt mit kurzen dicken Stacheln (Po- dophora ähnlich), die bei zunehmendem Alter allmählich dünner und verhältnissmässig länger w^erden (umgekehrt als bei Toxopneustes, Cidaris und den meisten jungen Echini). Die rudimentären Stacheln .sind nicht auf Hök- kern befestigt; sie sind keulenförmig (identisch im Bau mit denen von Podocidaris). Der Porengürtel hat in den frühsten Stadien die Structur wie bei den Alten, nur erweitert er sich nicht auf der Unterseite. Das Verhält- niss der Mundöffnung zu der Schale ändert nicht sehr in den verschiedenen Jugendstadien; der Rand des Acti- nalsystems, der die Grube für die Kiemen bildet, ist bei lieber die Jugecdzustände der Seeigel, 133 den Jungen nur schwach aufwärts gebogen, die Lippen, welche die Stelle der Einschnitte einnehmen, treten mit vorschreitendem Alter mehr hervor (Boletia ähnlich). Die Trennung von Echinocidaris und Arbacia , welche die Gruppen mit nackten oder bestnchelten Interambulacren repräsentiren, ist nicht natürlich; sie hängt von der gros- seren oder geringeren Resorption der rudimentären Tu- berkeln ab, die in den früheren Stadien gebildet waren. Man findet sehr häufig junge Echinocidaris punctulata, welche für junge Arbacia gelten könnten, und junge Ar- bacia aequituberculata, welche man für junge Echinoci- daris nehmen könnte. In Folge des unabhängigen Wachs- thums der Platten des Porengürtels haben wir drei oder vier Porenpaare für jede Ambulacralplatte ; dasselbe ist der Fall bei anderen Oligoporiden in der Begrenzung von Desor, weshalb seine Eintheilung, obgleich brauchbar als ein Schlüssel zu einer leichteren Gruppirung der Ge- nera, doch nicht strenge anwendbar ist, da die Art des Wachsthums mancher Polyporiden in ihren jungen Stadien zeigt, dass sie nur eine kleine Zahl von Porenpaaren (Tripneustes, Mespilia) für jede Ambulacralplatte haben, was sie unter die Oligoporiden versetzt, obgleich sie doch in Folge des unabhängigen Wachsthums der Platten des Porengürtels in älteren Stadien zu den Polyporiden zu ge- hören scheinen. Bei Echinus, Sphaerechinus, Lytechinus finden wir in den jüngeren Stadien dieselbe ununterbrochene verticale Anordnung der Poren, die zunächst eine verticale bogige, noch verbundene Form, und dann die Anordnung der Alten annimmt. In diesen Gattungen ist das Analsystem zuerst von einer Platte bedeckt, und geht ähnliche Ver- änderungen ein wie Toxopueustes, durch das Hinzutreten von vier kleineren Platten, und so weiter, indem die ur- sprüngliche Subanalplatte lange hervorragt. Die Miliar- höcker werden in diesen Gattungen ebenso wie bei To- xopueustes durch strahlige Leisten gebildet, die sich von der Basis der Haupthöcker erheben, eine Art Stern bil- dend, dann schwellen sie am Ende und bilden eine Reihe keulenförmiger Speichen rund um den Haupthöcker; 134 Agassiz: diese werden nach und nach von ihm getrennt^ und wer- den zuerst unabhängige elliptische Tuberkeln und dann Miliar- oder secundäre Tuberkeln. Die zehn grossen Mundplatten der Mundmembian erscheinen zuerst. Kleine Platten (in Gattungen, wo sie im erwachsenen Zustande gefunden werden), werden dann zwischen ihnen und den Zähnen gebildet (Echinus ähnlich), während sie spä- ter die ganze Membran bedecken, wie bei Lytechinus, Psammechinus, Trigonocidaris, zwischen den zehn Plat- ten und der Schale auftretend. Diese Art des Wachs- thums ist gänzlich unähnlich dem Wachsthum der Mund- platten der Cidariden, wo eiiese Platten den Theil der Ambulacral- und Interambulacral-Platten vollenden, und zuerst nahe der Schale erscheinen und bei ausgewachsenen Exemplaren Reihen von mehr als zwei Platten bilden, wie bei den Palaechiniden, den Anschein gebend, die Schale der Palaechiniden müsse aus Platten entstanden sein, die den Mundplatten der Cidaris homolog wären. Die Schale würde dann also beträchtlicher Compression und Veränderung des ümfanges fähig gewesen sein, wie es bei Astropyga und Asterosoma der Fall ist. Diese Aehnlichkeit ist sehr auffällig bei jungen Cidariden, wo die Zahl der Coronaiplatten klein ist, und der junge See- igel fast ganz aus einem Abactinal-System und einem Actinal-System zu bestehen scheint, die durch eine schmale Binde von Coronaiplatten getrennt sind. Denkt man sich diese schmale Binde von Coronaiplatten ganz verschwin- den, und die Mundplatten eine entsprechend grosse Ent- wickelung annehmen, so hat man einen Palaechinus, ge- bildet aus kleinen Ambulacral- und Interambulacralplatten in mehreren Reihen, und im Zusammenhange von den Zähnen bis zum Abactinal-System, ähnlich wie es Meek undWorthen entdeckt haben, die ganze Schale bedeckt mit kurzen Stacheln, die auf einer mehr oder weniger deutlichen Warze articuliren. Die Structurverhältnisse der Mundmembran der Cidariden berechtigen sie zu einem höheren Range als den einer Familie in der Unterordnung der Echiniden , in der Mitte zwischen den Palaechiniden und eigentlichen Echiniden. lieber die Jugendzustände der Seeigel. 135 Bei den Temnopleiirlden (Toreumatica) bleibt die Subanalplatte sehr vorragend bei alten Exemplaren; das Analsystein der Jungen ist von einer grossen elliptischen Platte bedeckt; mit der Vergrössening des Analsystems umgeben zahlreiche kleine Platten die grössere Platte, welche immer ihre eigenthiimliche Ornamentation behält, und von den anderen durch ihre Grösse und Gestalt leicht zu unterscheiden ist. Bei Temnotrema dagegen geht das Analsystem gleiche Veränderungen ein wie bei Toxopneustes, Echinus und Verwandten. Bei Toreumatica erscheinen die Vertiefungen an den Winkeln der Platten zuerst als rectanguläre OefFnungen, welche mit dem älter werden der Exemplare allmählich durch Gruben verbun- den werden, die mit vorschreitendem Alter tiefer und hervorstechender werden. Dasselbe ist der Fall bei Tem- notrema; die Vertiefungen sind jedoch bei den Erwach- senen niemals so markirt, und werden einfach Komma- förniig. Die Miliarhöcker bilden sich in diesen beiden Gattungen ebenso wie in den anderen Gattungen durch Reifen, welche anfangs mit der Basis der Haupthöcker verbunden sind. Bei Trigonocidaris sind die Jungen von den Alten durch grössere Vertiefungen, weniger zahlreiche und niedrigere Reifen und nur wenige Secun- där-Höcker verschieden, und ihre Hauptreihen von Am- bulacral- und Interambulacralhöckern sind sehr hervor- ragend. Die Mundmembran und das Abactinal-System bieten keine auffallenden Dififerenzen dar, die Analplatten sind bei allen gesammelten Exemplaren nur vier an Zahl, Bei Genocidaris, wovon eine ausgedehnte Reihe gesammelt war, finden wir an den kleinsten Exemplaren einige grosse Stacheln, die den Stacheln der jungen Dorocidaris abyssicola ähneln, und an Länge dem Durchmesser der Schale gleich kommen. Wenn die Exemplare wachsen, verlieren die Stacheln ihre spindelförmige Gestalt und ihren gesägten Rand; sie werden spitzer und länger, ver- ringern sich schnell im Verhältniss zur Schalengrösse und nehmen bald die Verhältnisse an, welche sie bei den Erwachsenen haben. Die Actinal-Oeffnung ist zuerst sehr gross, und die Schale der Jungen ist ein schmaler 186 Agassiz: Ring^ wenn man sie von der Actinal-Seite ansieht. Die Hanpttiiberkeln sind wenige an Zahl mit merkh'ch her- vorragenden von ihnen ausstrahlenden Leisten, die tiefe Furchen zwischen sich lassen. Mit zunehmender Grösse werden diese Leisten zu Miliar-Höckern und Seeundär- Höckern, die Vertiefungen bleiben jedoch rund um den Knopf der Haupttuberkel in beiden Feldern; so dass die Schale Stadien durchläuft, in welchen sie zuerst einem jun- gen Psammechinus ähnlich ist, dann einem Psammechinus mit tiefen von den Höckern ausstrahlenden Furchen, und endlich mit tiefen Höhlungen rund um ihre Basis. Die Subanalplatte bleibt immer vorwiegend und der em- bryonale Charakter des Analsystems (ausgesprochen in dem generischen Namen) ist ein bemerkenswerther Zug dieses interessanten Seeigels. Die Actinalöffnung wird rasch kleiner, und ähnelt der von Psammechinus. In der That könnte Genocidaris ein Psammechinus unter den Temnopleuriden genannt werden, während Toreuma- tica der Lytechinus der Familie ist. Die Veränderungen in der Anordnung der Poren bei Tripneustes und Boletia sind ähnlich denen bei Echi- nus; zuerst eine einfache verticale Reihe, deren seitlich gekrümmte Bogen, dann drei Porenpaare für jede Am- bulacralplatte in schiefen offenen Bogen, und endlich fast horizontale Bogen, so dass die Poren in unabhängigen ver- ticalen Reihen zu liegen scheinen. Gray's Hipponoe kann nicht beibehalten werden, da der Name von Au- douin vergeben ist, und da Hipponoe und Tripneustes identisch sind, kann der Name Tripneustes erhalten wer- den, um die Arten dieser beiden Genera einzuschliessen. Unter den Clypeastroiden finden bei den Jungen, während ihres Wachsthums grosse Veränderungen der Gestalt und des Baues statt. Bei jungen Echinarachnius ist der Umfang elliptisch, die Schale ist gewölbt, hoch, der After liegt in einer seichten Depression der Schale, und im Profil gesehen , wird man an das aligemeine Ansehen von Pygorhynchus erinnert. Es giebt nur zwei Hauptreihen grosser Höcker in jedem Felde, die sich von dem Apex bis zu dem Munde erstrecken, so dass von Ueber die Jugendzustände der Seeigel. 137 oben gesehen der junge Echlnaraclinius sehr das Anse- hen einer Echinometra hat. Der Mund ist gross, penta- gona], sein Halbmesser ist halb so gross wie der Halb- messer der Schale. Die Ambulacral-Rosette ist auf zwei Porenpaare reducirt , — einfache Diirchbohnmgen der Schale, eines in joder Porenrcihc für jedes Ambulacrnra. Diese seltsame Gestalt und Ötructur der Jungen bleibt nicht lange; sie werden bald birnförmig ; das stumpfe Ende ist das hintere, die Schale wird sehr flach und der After nähert sich dem Rande. Die Rosette besteht nun aus drei und zwei Paaren einfacher Poren in jeder Poren- reihe für jedes Ambulacrum, das vordere Ambulacrura hat nur zwei Porenpaare in jeder Reihe. Die Höcker sind verhältnissmässig kleiner, obgleich noch nur zwei Reihen in jedem Felde vorhanden sind, aber weiter ge- trennt. In dem nächsten Stadium ist die rudimentäre Rosette aus vier und fünf dicht aneinander liegenden und zwei oder drei entfernten Porenpaaren zusammengesetzt, in den folgenden x\mbulacralplatten, ein Paar in jeder Platte, welche in den folgenden Stadien an Zahl zuneh- men und sich fast bis zum Rande der Schale ausdehnen. Die Schale ist ganz flach geworden, die Unterseite ist concav, wellig, dieAmbulacralfelder sind nun viel schma- ler als die Interambulacralfelder, Jede Platte hat auch nur einen Höcker; die Trennungslinien zwischen den bei- den Feldern laufen gerade vom Schalenrande zum Apex. In nur etwas älteren Stadien, wenn die Rosette ihren strahligen Umriss verliert und eine schwach petaloide Form annimmt, finden wir den Winkel an der Basis des Petalums in dem Ambulacralfelde gebildet, von welchem Punkte sich die Ambulacralplatten rasch erweitern: jede Platte trägt nun zwei bis sechs kleinere Höcker. Dtr Um- riss ist ganz pentagonal, die ünterfläche concav, aber wenig wellig, der After liegt nahe dem Rande, und wie in allen vorhergehenden Stadien von einer Platte be- deckt; das Analsystem hat in älteren Individuen fünf Plat- ten, die zuerst gebildete Platte bleibt etwas grösser. Wie der junge Echinarachnius an Grösse zunimmt, wird sein Umriss mehr kreisförmig und Exemplare von Vö ^^11 ini 138 Agassiz: Durchmesser haben das allgemeine Ansehen der Erwach- senen. Die Furchen^ welche die Arabiilacralporen ver- binden, treten bald nach den ersten Spuren der wahren Rosette auf; sie werden tiefer nnd die Poren trennen sich im Verhältniss mit der petalolden Strnctiir des Ab- actinaltheiles des Ambulacriims. Die Höcker sind ver- hältnissmässig viel kleiner und zahlreicher, und haben bald nachdem die Ambulacra eine wohlentwickelte Ro- sette haben, beinahe das Verhältniss zu den. Platten, wel- ches sie bei den Erwachsenen haben. Junge Exemplare von Meilita hexapora von V32 2oll im Durchmesser, sind fast kreisrund, mit verdicktem er- habenen Rande, wie bei Laganum, und haben noch keine Lunulae. Die Rosette ist einfach eine Reihe strahliger Poren, drei und zwei in jeder Porenreihe, für jedes Am- bulacrum, und sich nur auf kurze Entfernung vom Apex erstreckend. Die Arabulacral- und Interambulacralplatten sind von derselben Grösse, hexagonal, bilden 20 gleiche Felder und tragen nur einen einzigen grossen Höcker auf der Mitte jeder Platte; von unten gesehen ist die Oberfläche tief concav, der Mund viel grösser im Ver- hältniss zur Schale als bei ausgewachsenen Exemplaren, und man sieht in dieser Ansicht die hintere Interambula- cral-Lunula sich bilden als eine tiefe Grube, an deren einem Ende der After in der Nähe des Mundes liegt, etwa auf ein Drittel der Entfernung vom Schalenrande. Man findet auch rudimentäre Phylloden, die aus wenigen kleinen Poren bestehen, welche sich zuletzt in den Am- bulacralfurchen bis zum Schalenrande erstrecken, aber jetzt noch auf eine kleine Zahl rund um den Mund ge- häuft beschränkt sind. Der Umriss wird in einem fol- genden Stadium schwach pentagona!, die Platten läng- lich; dieLunula bohrt sich bis zur Rückenseite hindurch; die Rosette ist auch strahlig und besteht aus fünf bis sechs Porenpaaren in jeder Reihe. Das Ambulacralfeld ist jetzt kaum schmaler als die Interambulacralfelder. Wenn die hintere Lunula eine runde Oeffnung gewor- den Ist und die Platten des hinteren Interambulacralfel- des beeinträchtigt, welches wie ein Lappen über den um- Ueber die Jugendzustände der Seeigel. 139 rivss der Schale liinansragt, dann ist die Rosette schwach petaloid. Es sind zwei bis fünf Höcker auf jeder Platte vorhanden; diese sind ganz langstreckig und haben ihren hexagonalen ümriss verloren ; die ünterfläche ist flach, und an der Unterseite haben sich die Ambulacra sehr schnell verbreitert, die Interambulacra bilden schmale Bänder und tragen grössere Höcker zwischen den Am- bulacralfeldern. Der Schalenrand ist noch ganz verdickt^ und erst wenn die junge Mellita fast einen halben Zoll im Durchmesser erlangt hat, erscheinen die Ambulacral- Lunulae als Gruben, die man anfänglich nur an der Un- terseite sieht, und die sich allmählich durch die Schale hindurch zwängen. Die hintere Interambulacral-Lunula nimmt sehr schnell an Grösse zu; die Schale und die Grube, in der der After liegt, werden etw^as von ihr ge- trennt und bilden einfach einen Eindruck in der Fort- setzung der Lunula. Nach dem Auftreten der Lunulae als kleine Vertiefungen, welche sich ungleich entwickeln und nicht gleichzeitig erscheinen, beschränken sich die Veränderungen auf die Vergrösserung der Lunulae und der Porenreihen an der Unterseite ; Umriss und allge- meines Aussehen sind mit Ausnahme der bedeutenderen Grösse der Höcker, wie bei den Erwachsenen. Der allgemeine Charakter der Veränderungen bei Echinarachnius und Mellita hexapora, so weit sie sich auf die Umbildungen der Ambulacral-Rosette, das Wachs- thum der Tuberkeln, die Veränderungen in den Verhält- nissen der relativen Breite der Ambulacral- und Interam- bulacralfelder bezieht, sind identisch mit denen von Mellita testudinata und Encope emarginata. Bemerkenswerth ist bei M. testudinata, dass die Art der Bildung der Ambula- cral- Lunulae nicht mit der von M. hexapora übereinstimmt. Die Interambulacral - Lunula allein entwickelt sich aus einer Depression an der Unterseite und drängt sich durch die Schale hindurch, die Ambulacral- Lunulae resultiren aus dem Verschluss von Einschnitten, welche am Scha- lenrande auftreten, und die offen bleiben bis die Mellita eine beträchtliche Grösse erlangt hat, — drei Viertel Zoll oder etwas mehr; lange nachdem die Anordnung der 140 Agassiz: Platten, die Form der Rosette, die Grösse der Tuberkeln und die Ausdehnung der Porenreihen «an der Unter- seite den Charakter der Erwachsenen erhalten haben. In der That, die Entwickeln ngsweise von Encope und von Mellita testudinata (auch M. longifissa) ist weit enger mit einander verbunden als die der beiden Mel- lita Arten der Typen von hexapora und testudinata un- ter sich. Bei Encope emarginata haben wir, wie bei Meilita, ein frühes Stadium, in welchem keine hintere Interambu- lacral-Lunula existirt. Der Umriss dieser jungen Enco- piden ist nicht Laganum-ähnlich, wie bei Mellita, sondern ist elliptisch, wie bei sehr jungen Echinarachnius ; die Anibulacralfelder erstrecken sich einförmig vom Rande zum Apex, sind schmaler als die Interambulacralfelder. Die Platten beider Felder tragen eiiren oder zwei grosse Höcker und ein Paar sehr kleine. Die Ambulacralporen erstrecken sich vom Apex bis zum Munde. Ein Poren- paar, nicht durch Furchen verbunden, liegt in der Naht jeder Ambulacral platte. Der Umriss von oben gesehen ist tief gekerbt — es ist wirklich eine Moulinsia, — und die von Agassiz in der Monographie des Scutelles ge- gebene Figur ist nur eine junge Encope emarginata. Die hintere Interambulacral-Lunula beginnt als eine Vertie- fung von der Unterseite, und zu der Zeit, wo die junge Encope einen Durchmesser von drei Viertel Zoll erlangt hat, sieht man die Lunula auch von oben als eine kleine elliptische Oeffnung. Der Rand der Schale ist tief ge- kerbt, besonders an den mittleren Ambulacral-Nähten, wo bald Kerben auftreten, und die junge Encope be- kommt allmählich einen tief lappigen Umriss. Diese Einschnitte können sich schliessen oder nicht, und so haben wir den Grund für die grosse Zahl von Arten, welche nach der Tiefe der Lappen und nach der Gegen- wart oder Abwesenheit gewisser Lunulae aufgestellt sind, welche nichts anderes sind als Eigenthümlichkeiten der Jugend, die entweder bei den Erw^achsenen gehemmt oder übermässig entwickelt werden. Die Ambulacral - Rosette bildet sich wie bei Mellita und Echinarachnius Ueber die Jugendzustände der Seeigel. 141 durch das unabhängige Waclisthum des oberen Theils des AmbulacralfeldeS; welches bei den Ciypeastroiden rascher wächst als die übrige Schale, von dem Moment an, wo die Poren durch Furchen verbunden werden, indem die Platten sich auf einander drängen und sie oder einen Theil von ihnen gegen den Rand der Schale schieben. Bei den Scutellen liegen die Porenpaare der Rosette in den Nähten der Ambulacraiplatten, während bei den Ciypeastroiden ausser dem Porenpaar in den Nähten ein ferneres Paar die Mitte jeder Ambulacralpiatte durch- bohrt Die Entwickelung von Stolonoclypus prostratus und der flachen Ciypeastroiden des Typus von Clypeaster placuuarius ist sehr instructiv, da sie geeignet ist zu zei- gen, dass in Verbindung mit der Entwickelung der oben beschriebenen Scutelliden, wir wahrscheinlich eine voll- ständige Reform unter den Gattungen Lenita, Scutellina, Runa, Echinocyamus und andern kleinen Echinoiden ein- führen müssen, die sich vielleicht als nichts anderes er- geben werden, als die Jungen anderer Ciypeastroiden, wie Meilita, Scutella, Laganum, Stolonoclypus^ Clypea- ster, Encope und Verwandte; aber Mangel an hinreichen- dem Material hindert mich, weiter in das Detail dieser Ver- gleichung einzugehen. Wir wissen jedoch nun aus dem Gesagten, dass die Scutelliden Stadien durchlaufen, wel- che nicht von Moulinsia, Fibularia, Runa, Scutellina un- terschieden werden können, und die Ciypeastroiden durch- laufen, wie ich unten zeigen werde, ein Stadium des Wachsthums, das mit Echinocyamus identisch ist. Aus ähnlichen Gründen bin ich geneigt Fibularia als ein frü- hes Stadium einiger Ciypeastroiden zu betrachten. Die Abwesenheit von Scheidewänden bei einigen Species kann nach meiner Ansicht leicht auf Rechnung davon kommen, als würden sie nur später entwickelt. Wir be- sitzen eine Art Fibularia von den Sandwicbinseln, in welcher keine Scheidewände vorhanden so lange sie sehr klein, während bei den Erwachsenen diese Scheidewände sehr rudimentär sind. Grösseres Material, als ich besitze, ist erforderlich, um die Verwandtschaft der Gattung auf- 142 Ag-assiz: zukläreii; welche gewiss alle Charaktere unreifer Clypea- stroiden hat. Unter den von Pourtales in grosser Menge ge- sammelten Echinen war eine kleine Zahl, welche bei sorgFälliger Prüfung das Ansehen von Echinocyamus hatten, und welche ich, nach einer genauen Vergleichung mit Echinocyamus pusilhis, davon nur durch den mehr kreisförmigen Umriss, grössere Höcker, weniger ge- drängte und dünnere innere Scheidewände unterscheiden konnte; als ich jedoch in den horizontalen Nähten der Ambulacralplatten Reihen kleiner Poren bemerkte, die sich von der unvollkommenen Rosette bis zum Munde erstreckten, sah ich sogleich, dass es ein junger Clypea- ster sein müsste, und ihre Vergleichung mit jungen Sto- lonoclypus prostratus, die einen halben Zoll lang waren, ergab eine ähnliche Anordnung in der Ambulacralreihe, unter der Rosette. Es war nun klar, dass unser Florida- Echinocyamus nur ein junger Stolonoclypus prostratus war, welcher in früheren Stadien in allen Structurver- hältnisseu mit Echinocyamus identisch ist ; denn Europäi- sche Exemplare von Echinocyamus zeigen die Gegenwart ähnlicher horizontaler Porenreihen wie in unseren jungen Stolonoclypus von Florida. Ich weiss w^ohl, dass kein Clypeaster in den Europäischen Meeren gefunden worden ist, indessen wir haben offenbar eine so unvollständige Kenntniss der marinen Fauna in grossen Tiefen, nach den Pourtales'schen Sammlungen zu urtheilen, dass ne- gative Bew^eise nicht länger gegen solche positive That- sachen Gültigkeit haben können, wie wir sie in Florida finden. Die Larven, welche Müller Echinocyamus zu- sehrieb, waren nicht durch künstliche Befruchtung erzo- gen; sie gleichen nicht Spatangoid- oder Clypeastroid- Larven, sondern scheinen nahe verwandt mit Larven von eigentlichen Echiniden. Können sie nicht eher Larven von Cidaris hystrix und von Cidaris papillata sein — was für das Vorkommen solcher Formen in der Nordsee und im Mittelmeer sprechen würde — als zu Echinocyamus gebracht werden? Bei sehr kleinen Exemplaren, die in der Zahl der Höcker auf jeder Platte, in der Porenzahl lieber die Jugendzustände der Seeigel. 143 der Tinvollkommcncn Rosette vaniren, sind die Verän- derungen ähnlicher Art^ wie wir sie bei den Scutelliden beobachtet haben. Von dem Echinocyamns-Stadium wer- den sie ' mehr pentagona! ; die Concavität der unteren Seite nimmt zxi, die Scheidewände vermehren sich durch Hinzufügnng nadolförmiger Fortsätze, und sie erlangen bald die Form und Structur, welche Lütken in seinen Figuren junger Stolonoclypus prostratus gegeben hat. Die Tuberkel mehren sich schneller nahe dem Rande der Schale und eine auftauende Eigenthümlichkeit dieser Stadien ist die Gegenwart kleiner Glastuberkel, ähnlich wie bei Echinoneus, die sich neben jungen Höckern ent- wickeln, deren Function eben so dunkel ist, wie bei Echino- neus, und die an älteren Exemplaren nicht gefunden werden. Die Entwickelung von Echinolampas hat unerw^ar- tetes Licht auf die Beziehungen der zahnlosen Galerites und der Cassidulidae geworfen. Sie beweist entschei- dend, dass Echinoneus nur ein permanentes Embryonal- stadium von Echinolampas ist, und so mit den Cassidu- lidae verbunden wird, und dass er nichts mit den Galerites gemein hat, wie ich sie begrenzen möchte, indem ich sie ganz auf die ont Zähnen versehene Gruppe beschränke. Das redueirt den Typus zu einer sehr natürlichen Abtheilung, und nach dem w-as wir jetzt von der einfachen Natur der Ambulacren aller Echinen in ihren frühzeitigen Stadien wissen, würde ich diesem Charakter nicht die Bedeutung geben, w^elche er bekommen hat, sondern würde geneigt sein die gezähnten Galerites mit den eigentlichen Echi- nidae in derselben Unterordnung zu vereinigen, als eine prophetische Familie, die sich durch die Trennung des Afters von dem Apicalsystem der Ciypeastroiden nähert, und die Zähne und den allgemeinen symmetrischen Bau der regulären Echlnl festhält. Ich weiss jedoch wohl, dass die grosse Entwickelung der Galerites in früheren geologischen Perioden , und die Beziehung von After und Schale, bei weiterer Bekanntschaft mit lebenden Repräsentanten, sie berechtigen mögen als eine Unter- ordnung zwischen den eigentlichen Echini und den Ciy- peastroiden zu rangiren* Junge Echinolampadae von 144 Agassiz'. etwas über '/g 2oll sind elliptisch^ ähnlich Echinoneus, mit einem grossen quer elliptischen Munde, dem After an dem abgestutzten Hinterende über der Peripherie. Der ümriss im Profil ist fast kuglig, jede Platte des schmalen Ambulacralfeldes tiägt einen einzigen Ilaupt- höcker, umgeben von einem Kreise Miliarhöcker. Die Poren sind in einer vertlcalen Reihe von einer einzigen Porenlinie geordnet, drei oder vier für jede Platte, die sich vom Munde zum Apex erstreckt. Die Interambula- cralplatten sind horizontal verlängert, und tragen einen bis drei Haupthöcker, mit zahlreichen kleinen Miliarhök- kern, die in Kreisen um die Haupthöcker geordnet oder unregelmässig gehäuft sind. Bei Exemplaren von dop- pelter Grösse der vorigen ist die Schale weniger ellip- tisch, mehr abgeflacht, und die erste Spur einer rudimen- tären Rosette tritt als eine kurze Reihe doppelter Poren auf, die vom Apex ausgeht und aus acht bis neun Paaren besteht, nur in einer Porenzone jedes Ambulacralpaares — in der vordem Reihe des hintern Paares und in der hinteren Reihe des vorderen Paares der Anibulacren — das unpaarige Ambulacrum bleibt einfach. In Exemplaren von über ^'2 Zoll hat diese rudimentäre einseitige Rosette an Länge zugenommen, und man sieht Spuren der zweiten Reihe Doppelporen in den einfachen Reihen nahe dem Apex. In Exemplaren von einem Zoll sind diese Reihen halb so lang wie der Bogen der zuerst gebildeten Ro- sette; dieselbe Structur hat sich auch bis auf den Abac- tinal-Theil des unpaarigen Ambulacrums erstreckt. Der elliptische Umriss ist bei diesen Exemplaren ganz ver- schwunden, die Gestalt ist allmählich mehr kreisförmig, pentagonal und eiförmig geworden. Zur selben Zeit ver- mehren sich die Miliarhöcker rasch, und bilden Haufen kleiner Höcker, v/elche die Platten beider Felder zieren. Das Analsystem ist von drei grossen dreieckigen Platten bedeckt, der After öffnet sich nahe dem Rande des Sy- stems in einer schmalen von sehr kleinen Platten ver- deckten Spalte. Der Mund wird mit dem Wachsthum der Jungen mehr und mehr eingesenkt. Die Mundhaut ist mit kleinen Platten bedeckt, der Mund öönet sich in Üeber die Jugendzustände der Seeigel. 145 der Mitte. Noch zeigt sich keine Spur von Phylloden oder Wülsten, welche erst später auftreten; die Wülste sind zuerst Anhäufungen kleiner Tuberkeln zwischen den Phylloden. Bei einer Länge von etwa einem halben Zoll ähneln die jungen Echinolampas in solchem Masse Caratoraus, dass man dieses Stadium eine Zeitlang als einen lebenden Repräsentanten von Caratomus angespro- chen hat. Die grössere durch Pourtales auf seiner zweiten Expedition gesammelte Reihe zeigte überzeugend die Verwandtschaft mit Echinolampas, und beweist die Richtigkeit des Schrittes, den Desor gethan hat, indem er Caratomus und verwandte Gattungen von den Galeri- tidae entfernte, und sie auf Grund der semipetaloiden Beschaffenheit des apicalen Theiles der Ambulacra, unter die Cassidulidae stellte. Pedicellarien mit einem kurzen Stiel sind unregelmässig über die Schale zerstreut ; die Stacheln ähneln denen der Clypeastroiden ; sie sind kurz, dünn, gerade, die secundären Stacheln seidenartig. Die Tentakeln, so weit es an Weingcistexemplaren festge- stellt werden konnte, sind mit einer kräftigen Saugscheibe versehen, so lange sie das Aussehen von Caratomus be- halten. Unter den eigentlichen Spatangoiden zeigt die Un- tersuchung junger Exemplare, dass sie grosse Verände- rungen des Umrisses während ihres Wachsthums einge- hen, dass der hintere Theil der Schale besonders der Veränderung unterworfen ist, dass die Lage des Afters ausserordentlich veränderlich in einer und derselben Species ist, dass der Mund nicht labiat bei den Jungen ist, wie bei den Erwachsenen, dass die peripetalen Se- miten und die lateralen Semiten sich nicht in ihrem Verlaufe verändern, dass aber die subanale und anale Semiten grossen Modificationen während ihres Wachs- thums unterworfen sind und nicht als unterscheidende Charaktere von generiscbem Werthe angewendet werden können, wogegen die Beständigkeit der peripetalen und lateralen Semiten diesen grossen systematischen Werth ver- leiht. Die Ambulacral-Blätter werden auch mit dem Alter sehr modificirt, sie werden im Allgemeinen geschlossen, Archiv f. Naturg. XXXVI. Jahrg. l.Bd. 10 146 Agassiz: während sie in der Jugend merklich getrennt und die Poren nicht verbunden sind. Die Semiten sind nicht mit regelmässigen Pedicellarien bedeckt, wie allgemein angegeben wird. Wir finden an den Semiten kleine Höcker, welche embryonale Stacheln tragen. Troschel war der erste, welcher hierauf aufmerksam machte, und Müller hat darauf, in seiner Embryologie der Echino- dermen, genaue Abbildungen von Stacheln aus den Se- miten von S. canaliferus gegeben, in seiner sechsten Ab- handlung, Tafel VII Fig. 7 — 9. Diese Beobachtungen, die von vor 1852 datiren, scheinen indessen der Auf- merksamkeit neuerer Autoren entgangen zu sein, welche bei der Angabe beharren, dass die Semiten wahre Pedi- cellarien tragen. Diese findet man unregelmässig über die Schale zerstreut, im Allgemeinen häufiger in der Umgebung des Mundes. Nach der Untersuchung der Pedicellarien an einigen Gattungen unserer Sammlung (Podocidaris) ist es ausser Zweifel, dass Pedicellarien nichts anderes sind als modificirte Stacheln; das Vor- kommen von Pedicellarien auf einem Höcker, und ihre Bewegung durch denselben Mechanismus wie bei den Stacheln, sowie die Art der Bildung der Pedicellarien, wie sie bei Asteracanthion und den Spatangoiden von Müller und mir beobachtet wurde, beweisen überzeugend, dass sie nur mehr sensitive Stacheln sind, und dass sie je nach ihrer Stellung die Functionen von Gassenfegern oder Lieferanten versehen. Der Cassiduloidförmige Mund junger Spatangoiden, sowie das Vorkommen einiger Spatangoiden, fossil und lebend, bei denen der Mund einen ähnlichen Bau hat, ist ein überzeugender und zwingender Beweis von der Richtigkeit die Cassiduloidcn und Spatangoiden in der- selben Unterordnung zu vereinigen, obschon der von AI bin Gras eingeführte Name „Irreguläre*^ noch man- ches zu wünschen übrig lässt. Junge Brissopsis lyrifera unter V^ 2oll Länge sind cyllndrisch, der Mund hat einen flachen, mondförmigen Rand, die Schale ist hinten vertical abgestutzt, umgeben von einer vorspringenden elliptischen Subanal-Semita; Ueber die Jugendzustände der Seeigel. 147 die peripetale Semita ist elliptisch, wellig ; der After liegt nahe dem hinteren Ende der Semita. Das impaarige Ambulacriim trägt vier oder fünf grosse Tentakeln mit lappiger Scheibe ; die Poren des unpaarigen Ambulacrums sind einzeln, nicht paarig; die übrigen Ambulacra sind kurz, gerade, wohlbegrenzt, und bestehen aus drei und vier nicht verbundenen Porenpaaren. In älteren Exem- plaren wird der hintere Mundrand lippenförmig, der After nähert sich der subanalen Semita, welche einen rudimentären Analzweig entsendet, der sich schliesslich mit der peripetalen Semita vereinigt, deren ümriss mit der Zunahme der petaloiden Ambulacra mehr pentagonal, wellig und verlängert wird. Der hintere Rand wird mit dem Alter schiefer, das subanale Plastron springt mehr vor, die seitlichen Ambulacra haben die Neigung sich zu vereinigen, und gehen von einem genauen Brissopsis- Umriss zu einem bisher für charakteristisch für Toxo- brissus gehaltenen über. Die Stacheln bei allen jungen Spatangoiden sind verhältnissmässig merklich grösser als bei den Erwachsenen. Bei Echinocardium cordatura sind die Veränderungen des Mundes, des Umrisses der inneren Ambulacral-Semita, und das allmähliche Zusammenfliessen der seitlichen Am- bulacra ähnlich wie bei Brissopsis ; das hintere Ende geht die grössten Veränderungen im Umriss ein; das Subanalplastron ist sehr vorragend; in der That, das Aussehen des jungen E. cordatum erinnert an E. gib- bosum. Die Subanal-Semita und der Analzweig sind zuerst vereinigt, aber wie die Exemplare an Grösse zu- nehmen, trennt sich der Analzweig von ihr. Die ein- zelnen Ambulacralporen sind zuerst zwei einzelne Poren- reihen, welche durch dichteres Aneinanderdrängen wohl alterniren, aber sich nicht paarweise ordnen. Die junge Agassizia von V^ 2oll Länge ist ein flacher elliptischer Spatangoid, der Gualteria ähnlich sieht. Die peripetalen und lateralen Semiten haben denselben allge- meinen Verlauf wie bei den Erwachsenen, aber die An- ordnung der Poren ist in allen Ambulacren identisch; es ist nur eine einzelne Pore für jede Ambulacralplatte, 14Ö Agassiz: wie sie in den vorderen paarigen und in den unpaarigen Ambulacrcn bei den Erwachsenen vorkommt; die Ara- bulacralfurchen sind noch nicht gebildet, die vordere ist allein schwach angedeutet; der Mund ist nicht labiat. Die grosse Zahl der Spatangoiden-Gattungen, welche auf Differenzen in der subanalen Semita, das Vorhanden- sein oder die Abwesenheit des Analzweiges, die Tiefe der Ambulacralfurchen, die Vereinigung oder Trennung der seitlichen Arabulaera gegründet sind, und alle auf Charakteren von grosser Veränderlichkeit während des Wachsthums beruhen, machen eine sorgfältige Revision der ganzen Spatangoidengruppe auf Grund der hier an- gegebenen Thatsachen nothwendig; und so nahe ver- wandte Genera wie Maretia, Spatangiis, Hcmipatagus und Macropneustes; Eupatagus, Plagionotus undMctalia; Meoma und Linthia; Agassizia, Prenaster und Periaster; Gual- leria und Brissopsis ; Tripylus, Desoria, Abatus und viele andere müssen aufs Neue untersucht und kritisch revidirt werden, bevor wir zu einer Eintheilung der Spatangoiden in natürliche Familien gelangen können. Die Unterordnungen, welche gewöhnlich seit ihrer Einführung durch Alb in Gras anerkannt werden, schei- nen nicht befriedigend, wenn man sie nach unserer jetzigen Kenntniss prüft. In erster Stelle ist die ganze Classification auf der Trennung des Afters vom Abacti- nalsystem begründet. Nach dem was die Embryologie der Echinen aus gelehrt hat, hat die Lage des Afters nicht die physiologische Wichtigkeit, die ihr durch die Autoren, welche so allgemein diese Classification ange- nommen haben, beigefügt wird. Die unbeständige Lage, welche er an demselben Thiere in verschiedenen Wachs- thumsstadien hat, — in der Nähe des Mundes, dann am Rande, und endlich im Mittelpunkt des apicalen Systems bei den Erwachsenen — muss uns anstehen lassen, einen einzelnen anatomischen Charakter als unseren einzigen Führer anzuerkennen. An erster Stelle ist die Ordnung der Perisclioechinidae, eine sehr natürliche, auf Charak- teren begründet, die von der Structur des Interambula- cral- und Ambulacral-Systems hergenommen sind. Die Ueber die Jugendzustände der Seeigel. 149 beiden andern Unterordnungen, Reguläre und Irreguläre, gewöhnlich anerkannt, können kaum natürlich genannt werden. Die Unterordnung der regulären Echini ist noch befriedigender als die andere, obgleich nach dem, was ich von den Galerites mit Zähnen gesagt habe, ich ge- neigt sein würde, sie der Unterordnung als eine ihrer drei Unterabtheilungen hinzuzufügen, welche, wie hier begrenzt, sind; die Cidaridae, die eigentlichen Echinidae, und die Galerites. Die Unterordnung der irregulären Echinen, nach Abzug der Galerites, enthalten noch die Clypeastroiden. Nach dem Bau des Ambulacral-Systeras haben sie einige Aehnlichkeit mit den Spatangoiden ; indessen die Anwesenheit von Scheidewänden und Zähnen, in Verbindung mit petaloiden Ambulacren, scheinen gute Unterordnungscharaktere für die Clypeastroiden darzu- bieten, gegenüber den eigentlichen Spatangoiden, welche alle zahnlosen Formen einschliessen und sowohl die früher zu den Galerites gestellten zahnlosen Genera, als auch die Cassidulidae aufnehmen, die zuweilen als besondere Unterordnungen betrachtet werden. Verzeichniss der vou Dr. Gundlach auf der Insel Ciiba gesammelten Rüsselkäfer. Von Dr. £. Suffriau, Schulrath in Münster. Nach Beendigung meines Verzeichnisses der von dem Dr. Gundlach auf der Insel Cuba gesammelten C h r j s 0 m e 1 i n e n hat mir der genannte Naturforscher den Wunsch ausgesprochen, an dasselbe eine entsprechende Bearbeitung seiner dortigen Rüsselkäfer-Ausbeute ange- schlossen zu sehen^ und mir zu diesem Ende die von ihm daselbst seit 30 Jahren zusammengebrachten^ hierher gehörigen Arten zugesandt. Ich habe mich zu dieser Arbeit nicht ohne einiges Bedenken entschlossen, da ich dieser Familie seit fast zwei Decennien ein eingehenderes Studium nicht habe widmen können, sie aber auch nicht ablehnen mögen, da die ungemeine Ergiebigkeit der sorg- fältigen Gundlach'schen Durchforschung jener reich ge- segneten Insel sich auch hier wieder in einem kaum zu erwartenden Maassc bestätigt hat, und andererseits die gründliche Durcharbeitung des systematischen Theils die- ser Familie in Lacordaire's Genera etc. VI. und VII. hier noch mehr als sonst wohl meine Mühe auf das Ver- zeichnen und Kenntlichmachen der von Dr. Gundlach gesammelten x\rte n zu beschränken gestattete. Was nun die Anordnung im Einzelnen betrifft, so habe ich im An- schlüsse an die vorausgegangenen Chrysomelinen die von Herrn Lacordaire und dann auch von Hrn. Jekel als selbständige Familien anerkannten Brüchen, Anthri- S uffrian: Verz. d. auf d. Insel Cuba gesammelt. Rüsselkäfer. 151 ben und ßrenthen vorangestellt, und lasse auf diese, unter Ausschluss der von mir niemals genauer studirten Scolytiden in La cordaire'söinne, die Rüsselkäfer im engern Sinne folgen; ich halte dabei im Allgemeinen, und zwar in umgekehrter Reihenfolge die Lacordair e'sche Anordnung fest, und bin von derselben nur da abgewi- chen , wo , wie bei dem Einschalten des Restes der S chön h err'schen Orthoceren zwischen die Langrüss- 1er mit gebrochenen Fühlern, und die Verweisung dieser letzteren überhaupt an das Ende der Familie zum An- schlüsse an die Scolytiden, mir jene Anordnung aus hier nicht näher zu entwickelnden Gründen nicht recht natürlich zu sein scheint. A. Brncheii (Briichidae). I. Bruchus Linn. a. Femora postica modice incrassata, unidentata aut edentata, tibiis rectis. (Rruchi genuini Schh.) 1. Br. p ectin icor nis Lin. Syst. Nat. I. 605. n. 7. Br. scutellaris Fab. Aut. Schh. Cure. I. 33. n. 2. V. 6. n. 6. Das zuletzt von Dr. G. eingesandte Stück ist ein c^, und entspricht genau der bei Schönherr a. a. O. von Gyl l e n h al gegebenen Beschreibung der Hauptform. Ein früher eingeschicktes $ zeigt das Halsschild und die Deckschilde dunkelroth, letztere vorn leicht bräunlich gewölkt, mit deutlichen weisslichen Fleckenbinden, und auf dem Pygidiura die beiden bräunlichen Längsflecke, deren bei der var. y. a. a. 0. gedacht wird. Auf der Unterseite sind Brust und Hinterfüsse schwarz, Hinter- leib und Beine roth. Bei einem, von G. an Hrn. Riehl gesandten Päärchen stellt das c/* Schönhcrrs Stammform, jedoch ohne weisse Querbinden, vor; bei dem $ sind die Flügeldecken braunroth mit hellerer Spitze , von den Querbinden ist nur die hintere weiss, die vordere hell- gelb, nach aussen hinten weiss gesäumt und mit einem weissen Haarfleck auf dem zweiten Zwischenräume, dabei jeder Längsfleck des Pygidiums unterbrochen, wo- 152 Suffrian: durch letzteres als mit zwei Paar verloschenen schmutzig gebräunten Wischen gezeichnet erscheint. Damit sind jedoch die verschiedenen Formen dieser vielgestaltigen Art noch keinesw^egs erschöpft; ich habe hier nur die- jenigen angeführt , von denen cubanische Stücke vor- liegen. Nach Walton (vergl. Ent. Zeit. 1846. 8.46. n. 7), vsrelcher die Linne'schc Sammlung verglichen hat, ist diese Art und zw^ar deren vie bei dem folgenden zeigt. Hinterleib und Beine des mir nicht bekannten $ sind wahrscheinlich, wie bei diesem, ohne Auszeichnung. 21. Tr. confusus m. Oblongus niger opacus fusco - tomentosus, parce albido-irroratus, fronte rostro pygidioque albido-squamosis, elytris depressiusculis antice profundius punctato - striatis , fascia abbreviata undulata albida pone medium signatis, tibiis albo-annulatis. cT Abdominis basi elliptice impressa, inter coxas po- sticas bidenticulata, tibiis anterioribus arcuatis. $ Abdomine simplici, tibiis rectis. Long. 3-3V2'"; lat. IV4-IV3'". Dem vorhergehenden überaus ähnlich, von G. in grösserer Zahl und mit jenem unter gleicher Nummer ein- gesandt, aber auch ausser den Geschlechtsmerkmalen von ihm unschwer zu unterscheiden. Die Stirn zeigt, wenn sie abgerieben ist, bei einzelnen Stücken eine kurze glatte Kiellinie ; die weissen Schuppen finden sich regelmässig nur auf dem Schildchen, der hinteren scharf begränzteu Flügeldeckenbinde, einem Schienenringe und dem ersten Fussglicde, In geringerer Anzahl und unregelmässiger Vertheilung auf dem Rüssel , an den Seiten des Hals- schi Ids, auf dem Pygidium, und (bei einzelnen Stücken) als rundliche Spritzfleckchen auf den Deckschilden, wäh- rend Unterseite und Beine mit feinen grauen Schuppen- fleckchen dicht bestreut und dadurch fein gewölkt er- scheinen. Die auf dem Rücken ziemlich flachen, fast gleichbreiten Deckschilde sind hinterwärts die Naht ent- lang seicht niedergedrückt, mit deutlich erhöhter Wur- Verz. d, auf d. Insel Cuba gosamtnelteji Rüsselkäfer. 199 zelkaiite, die vorn stärkeren Pnnktstreifen fast nur an den abgeriebenen Stellen erkennbar, nnd caiisserdera zei- gen sich bei schräger Beleuchtung auf der vorderen Hälfte der Flügeldecken schwache Spuren von drei leicht erhöhten Zwischenräumen, deren äusserster von der Schul- terbeule ausgeht, während zwischen dem innersten und der Naht noclnnals eine sehr flache Auftreibung, gleich- sam das abgerissene Vorderende eines 4ten erhöhten Zwi- schenraums sich bemerken lässt. Die hintere weisse Querbinde erreicht mit ihrem meist sehr verschmälerten Innenrande die Naht nicht. Die Creschlechtsmerkmale finden sich auch hier in dem Baue des Hinterleibes und der Schienen ausgespro- chen. Bei den grosseren, ohne Zweifel (/-Stücken ist der grössere vordere Theil des Hinterleibs bis zum Hin- terrande des 4ten Ringes in Gestalt einer ziemlich brei- ten elliptischen Längsmulde eingedrückt und die vordere Krümmung dieser Ellipse zwischen den Hinterhüften von einer feinen erhöhten Kiellinie eingeschlossen, deren Hin- terende jcderseits als ein kurzes aber scharfes dreiecki- ges Zähnchen vorspringt. An den Beinen sind die Vor- derschienen etwas verlängert und nach innen gekrümmt, in weit stärkerem Grade ist beides bei den Mittelschienen der Fall, an deren unterem Ende zugleich die Spitze der Innenkante als ein feines Zähnchen vortritt. Bei den klei- neren $ sind die Schienen beider Fusspaare kürzer und gerade, der Hinterleib ist flach gewölbt, sein abgestutzt- drcieckiger, zwischen die Plinterhüften hineinreichender Mittelzipfcl jederseits von einer feinen erhöhten Schräg- linie begränzt, am Vorderrande stumpf gekielt und das vordere Ende dieses Kiels in ein feines Grübchen am Hinterrande der Hinterbrust eingreifend. V. Ptychoderes Schh. 22. P t, an gu latus Chv. Nigricans, ochraceo- squamosus, antennis (clava excepta) ferrugineis, thoracis angulati disco obscuriore, elytris punctato-striatis bitu- berculatis, interstitiis alternis subelevatis nigro-variegatis. 200 Suffrian: ^ Abdomine longitudinalitcr deprcsso basi carinato. $ Abd. simplici. Long. 3V2-4V4'" ; -lat. IV3-P/3'". In den Sammlungen ist dieser stattliche Käfer un- ter den Namen Tropideres antiquus Klug und Pla- tyrhinus angulatus Chv. zu finden, von denen ich den ersteren obwohl älteren nicht habe beibehalten kön- nen, weil er bereits von Hrn. Jekel für eine andere und von ihm beschriebene Art dieser Gattung verwandt w^or- den ist. Von den beiden genannten Gattungen entfernt ihn jedoch der Mangel eines deutlichen zweiten (hinteren) Querkiels auf dem Halsschilde und die Beschaffenheit des Rüssels, und er scheint mir deshalb, einiger geringfü- giger Abweichungen ungeachtet, am passendsten in der Gattung Ptychoderes Schh., noch geeigneter vielleicht der nicht furchenartig ausgezogenen Fühlergruben wegen in der von Ptychoderes abgezweigten Gattung Tribo- trop is Jekel untergebracht werden zu können, wenn man diese letztere fast nur auf habituelle oder auf einem „Mehr oder Weniger*' begründete Unterschiede gestützte Gattung überhaupt beibehalten will. Eine zwingende Nothwendigkeit dazu scheint mir nicht vorhanden zu sein. Der Käfer ist, wie die abgeriebenen Stellen zeigen, schwarz, über den ganzen Körper mit einer schmutzig ockergelben, am Kopfe, den schräg abfallenden Vorder- winkeln des Halsschilds und meist auch an der Unter- seite etwas bleicheren Beschuppung bedeckt. Der Rüssel ist unter den Augen am schmälsten, von da ab nach vorn in geschwungenem Bogen erweitert, überhaupt aber breit, der Länge nach scharf gekielt und dieser Kiel hinter- wärts bis zum Nacken fortgesetzt, jederseits dieses Kiels in die Länge flach muldenförmig niedergedrückt, und in jeder dieser Mulden die (zuweilen kaum wahrnehmbare) Spur eines feinen, vom unteren Augenrande ab schräg nach vorn laufenden Seitenkiels. Oberlippe und Taster so wie die kurzen, den Hinterrand des Halsschilds nicht erreichenden Fühler, bis auf deren geschwärzte Keule, hellgelb. Von den letzteren ist das ziemlich kurze, massig verdickte Wurzelglied fast ganz in der Fühler- Verz. d. auf d. Insel Cnba gesammelten Rüsselkäfer. 201 gnibe vorborgen; die folgenden sind gestreckt-verkehrt- kegelförmig, nur das 2te und 3te nach oben etwas stär- ker verdickt, der dritte (längste) um die Hälfte länger als das zweite, die folgenden bis zur Keule allmählich abnehmend, letztere elliptisch, etwas flachgedrückt mit halbelliptisch abgestumpftem Endgliede. Die unter den Seitenrändern des Rüssels liegenden Fühlergrubcn weit trichterförmig, auf der Innenseite halbkreisförmig zuge- rundet. Der flach gewölbte Nacken jederseits von den elliptischen stark vortretenden Augen durch einen breiten und flachen, bogenförmigen Eindruck geschieden, daher mit einem dreieckigen Zipfel in die Stirn auslaufend, an welchen sich der Kiel des Unterkopfes anschlicsst. Das Halsschild fast regelmässig sechseckig, indem seine Sei- tenränder hinter ihrer Mitte durch den zahnartig vortre- tenden Querkiel wie gebrochen erscheinen; das Mittelfeld flach, nach vorn und den Seiten durch eine leicht gebo- gene, mit einer meist unterbrochenen schwärzlichen Linie bezeichnete Kante abgegränzt, von welcher aus es nach den Vorderecken und der Vorderhälfte des Seitenrandes zu mit einer sanft gekrümmten, meist etwas heller ge- färbten Schrägfläche abfällt. Die hintere iVbgränzung jenes Mittelfeldes wird durch den mittleren, geraden Theil des in seiner Mitte unterbrochenen scharfen Querkiels ge- bildet, welcher sich dann seitlich mit einer geschweiften Krümmung nach vorn biegt und dicht hinter der breite- sten Stelle der seitlichen Rundung mit einem kurzen, nach vorn gerichteten Ende abbricht. Hinter dem Quer- kiele fällt das Halsschild dann in breiter Schrägfläche gegen die Wurzel der Deckschlhle ab, vor welcher hier noch eine schwache Andeutung des zw^eiten (hinteren) Querkiels wahrnehmbar ist. Auf dem Mittelfelde zeigt sich hinten noch jederseits ein schmaler, schräg nach hin- ten und innen gerichteter, schwarzer Schrägwisch, und über das ganze Halsschild zieht sich dann noch eine Längslinie, welche auf dessen vorderem, abfallendem Theile als eine schwach erhöhte Kiellinie, auf und hinter dem Mittelfelde aber leicht niedergedrückt erscheint und vorn gewöhnlich schwarz, weiter hinterwärts und zwar sich 202 Suff'rian: allmälilicli erweiternd und den Qnerkicl in seiner Unter- brechung durchsetzend heller gelb, fast weiss gefärbt, auch hinter dem Querkiel meistens jederseits von einem dunk- leren Wische begleitet ist. Das überaus kleine Schild- chen ist dreieckig mit abgerundeter Spitze und gelb. Die sehr unebenen Deckschilde fast doppelt länger als breit, mit schmal walzlieh aufgetriebenem Wurzelrande, hinter den stumpf abgerundeten Schultern leicht ver- schmälert und dann wieder stärker im Bogen erweitert, von dem flach gewölbten Rücken ab seitlich mit ziemlich steiler, hinterwärts mit anfangs sanfter, dann stärkerer Krümmung, zuletzt fast gerade abfallend, regelmässig aber nichtsehr tiefpunktstreifig, die abwechselnden Zwischen- räume leicht erhöht, der 2te vorn stark erweitert und zu einem länglichen Höcker aufgetrieben : dadurch erheben sich hier auch der erste und dritte, und bilden mit jenen einen aus drei kleinen Höckern zusammengeflossenen Quer- höcker, dessen durch den 2ten Zwischenraum gebildete Mitte durch einen schwarzen Längsfleck kenntlich gemacht wird, und wodurch zugleich die Vorderenden der äus- seren Punktstreifen in einen Bogen nach aussen gescho- ben werden. Ein ähnlicher, ursprünglich dreigliedriger, aber seine ursprünglichen Bestandtheile meist weniger deutlich zeigender Höcker findet sich auf jenen Zwischen- räumen hinter der Mitte, da wo die erste flache Krüm- mung des Rückens sich stärker abwärts zu senken be- ginnt, und ein dritter, schwächerer bildet das Hinterende des zweiten Zwischenraums, da, wo die Spitze der Flügel- decke fast gerade abwärts zu fallen anfängt. Dabei ist der Rücken gleich hinter den vorderen Höckern tief quer eingedrückt, und die Oberfläche besonders auf den er- höhten Zwischenräumen stellenweise mit unregelmässig vertheilten schwärzlichen Linienfleckchen, auch wohl mit vereinzelten heller gelblichen W^ischcn gezeichnet. Das halbelliptische Pygidium steil abfallend, mit kielartig er- höhtem Rande, auch über die Mitte mehr oder weniger deutlich gekielt, der zuweilen noch sichtbare vorletzte Rückenring mit einer tiefen, zum Aufnehmen der Naht- kante dienenden Längsrinne, deren unteres Ende mit dem Verz. d. aitt' d. lusel Cuba {yesammelteu llüsselkäfer. 203 abwärts gebogenen Rande des Ringes noeh auf den oberen Theil des Pygidiiims übergreift, und hier meist mit einem bräunlichen oder sehwärzh'chen Hofe umgeben ist Die Vorderbrust an den abgeriebenen Stellen deutlich aber zerstreut punktirt, der Kiel zwischen den Vorderhüften reichlich so breit wie letztere selbst. Die Beine ohne besondere Auszeichnung, die Hinterschienen auf der In- nenseite etwas geschweift, an dem unteren Ende bräun- lich durchsclieinend, was meist in noch höherem Grade bei den Fussgliedern der Fall ist. Das langgestielte Krallenglied gelb mit gebräunten Krallen, das Zähnchen der letzteren nur kurz, und von aussen her kaum wahr- nehmbar. Das dritte Fussglied von der Breite, aber nur der halben Länge des zw^eiten, die beiden oberen am un- teren Ende jederseits in eine haarförmige Dornspitze aus- gezogen. Die (^ unterscheiden sich von den nicht ioinier kleineren $ durch einen der Länge nach flach niederge- drückten Hinterleib, und einen scharf erhöhten Längskiel aus dem letzten Hinterleibsringe. C. Breutheii. (Breuthidae.) I. Uiocerus Dalm. 1. U. bicaudatuö m, Lineari-elongatus niger squa- mulis ulbidis fuscisque variegatus, antennis albo-annulatis, capite rostrocjue canaliculatis, thorace oblonge lateribus arapliato 10-tuberculato, elytris subtilissime punctato-stria- tis, apice bituberculatis albido-nigroque fasciatis. Long. 572'"; lat. Vs'"- Ein sehr eigenthümlicher Käfer, in dem man bei abgebrochenem Kopfe eher einen kleinen Clytus oder einen Clerus, als einen Brenthiden vermuthen möchte. Der Kopf mit dem Rüssel fast doppelt länger als das Hals- schild, der ganzen Länge nach von einer deutlichen Rinne durchzogen und jederseits derselben mit einer ungleich- massigen Reihe kleiner aufgerichteter Schüppchen be- setzt, letztere von der Farbe der in mancherlei Schatti- rungcn aus dem Weisslichcn ins Röthlichgreise, selbst 204 S u f f r i a D : Schwärzliche übergebenden Schüppchen auf dem Unter- grnnde; nur die kurze, wie abgeschliffene, auch von jener Längsfurche nicht erreichte Spitze des Rüssels glänzend schwarz. Die runden, glänzenden Augen treten nur we- nig hervor, der Kopf ist zwischen ihnen etwas stärker und auch in die Quere eingedrückt, von da ab hinterwärts aber kaum verschmälert. Die vor der Mitte des Rüssels angehefteten Fühler kurz und gedrungen, neungliedrig; die acht unteren Glieder verkehrtkegelförmig, mit abste- henden blättrigen Schüppchen ziemlich dicht besetzt, das zweite (kleinste) viermal kürzer als das dritte (nächst dem an seiner Basis sehr verschmälerten und etwas ge- krümmten Wurzelgliede längste), die folgenden fünf gleich lang, je etwa halb so lang als das dritte, aber nach der Spitze zu allmählich verschmälert: dabei die fünf unteren schmutzig gebräunt mit untermischten weisslichen Schüpp- chen, das 6te bis 8te weiss, das diesen dreien zusammen an Länge gleichkommende, oben zugespitzte, schuppen- lose Endglied schwarz und mit einer kurzen , dünnen Behaarung besetzt, die aber doch bei guter Vergrösse- rung die Entstehung des Gliedes aus drei verschmolzenen Gliedern noch ziemlich deutlich erkennen lässt. Das längliche Halsschild in der Mitte seitlich im Bogen er- weitert, etwa doppelt länger als breit, hinter dem Vor- derrande deutlich eingeschnürt, mit weisslichen stellen- weise ins Fuchsrothe fallenden Schüppchen dicht bedeckt, und daneben mit einzelnen noch stärker beschuppten Höckern besetzt, unter denen besonders zehn in die Au- gen fallen. Davon stehen sechs in zwei über die Mitte des Halsschildes hinziehenden Längsreihen, so dass das letztere zwischen beiden flach längsrinnig erscheint, der (vor der Einschnürung stehende) vordere und der hinten büschelförmig, der mittlere etwas kammartig in die Länge gezogen ; ein 4ter jederseits steht aussen neben dem Zwi- schenräume des ersten und zw^citen, etwas mehr hinter- wärts gerückt, und der 5te seitlich auf der am breitesten erweiterten Stelle des Halsschilds. Die linienförmigen Deckschilde etwa fünfmal länger als breit, von den stumpf zugerundeten Schultern ab hinterwärts wenig verschmä- Verz. d. auf d. Insel Cuba gesammelten Rüsselkäfer. 205 lert, hinten ganz kurz aber ziemlich breit zugerundet, und dicht über dem Rande jederseits der Naht mit einem schräg nach aussen und hinten gerichteten Büschel ziem- lich langer blättriger, weisslicher Schuppen besetzt, über welchem sich ein zweiter ähnlicher und entsprechend gerichteter, aber etwas kürzerer Büschel befindet. Die Oberfläche selbst überaus fein punktstreifig, die Streifen- bildung aber nur an der Naht, längs dem Seitenrande, und stellenweise da wahrnehmbar, wo die Streifen die feinere angedrückte weissliche Beschuppung des Grundes durchbrechen, und nicht von den aufgesetzten bräunlichen oder schwärzlichen Schuppenhöckern bedeckt werden. Von letzteren ist nur der grössere Theil der Naht, be- sonders hinterwärts ganz frei, und lässt hier deutlich er- kennen, dass die (hier leicht ins bräunlichgroise fallende) Bedeckung des Untergrundes aus dachziegelig an einan- derliegenden, durch feine Bogenlinien getrennten und quer gezogenen Schuppen besteht. Auf dieser, der Be- schuppung von Schmetterlingsflügeln ähnlichen Decke lie- gen dann gröbere, meist rundliche, fahl röthlichgelbe oder schwärzliche Schuppen, welche, und zwar je weiter hin- terwärts desto deutlicher, in eine höckerartige Spitze aus- laufen und durch ihre Vertheilung ziemlich regelmässige, aber nur in gewisser Entfernung und mit unbewaffnetem Auge deutlich erkennbare Querbinden bilden, durch welche die Deckschilde ein durch abwechselnd hellere und dunklere, mit den Aussenenden etwas nach vorn ge- bogene Querbinden buntes Ansehen erhalten, und von den dunkleren besonders eine ziemlich breite auf der Mitte der Deckschilde wegen ihrer weissen, vorn und hinten zickzackförmigen Einfassung hervortritt. Die Unterseite ist mit einem dichten kalkähnlichen Ueberzuge bedeckt, die Mittelbrust sattelförmig quer eingedrückt, und die Hinterbrust zeigt eine Andeutung eines flachen Längs- eindrucks. Der Bau des Hinterleibes ist nicht von dem der übrigen Brenthiden abweichend, das schmale 4te Seg- ment tief eingedrückt. Die Beine von massiger liänge und Stärke, weiss beschuppt, und besonders an den Schie- nen mit Höckerchen und Dörnchen besetzt; die Vorder- 206 Suffrian: beine etwas verlängert, die Schenkel zahnlos, auch die öcliieuen in der Mitte ungezähnt, dafür aber auf der Aussenkante mit einer feinen, an den Vorderschienen deutlichen Längsrinne versehen, an deren Rändern sich die Dörnchen zu unregelmässigen Längsreihen zusammen- ordnen. Die Mittel- und Hinterschienen vor der Spitze mit einem schwarzen (eigentlich mir schuppenfreien) Fleckchen gezeichnet, das besonders an den Vorderfüsscn stark verlängerte Krallenglied hellbraun mit schwärzlichen Krallen. II. Brenthus Fab. 2. Br. turbatus Schh. Cure. V. 533. n. 7. Der bei Schh. a. a. O. (von G yllenhal) gegebenen Beschrei- bung hat nur das ^ vorgelegen. Die Flügeldecken des- selben können jedoch nicht wohl als hinten abgestutzt und am Aussenwinkel abgerundet bezeichnet werden; sie sind vielmehr über den letzten Hinterleibsriug hinaus in einen breiten, abgeflachten und zugerundeten, glanz- losen Lappen verlängert, während sie bei dem $ aller- dings abgestutzt mit abgerundeten Aussenecken genannt werden können. Ausserdem sind die $ leicht erkennbar an dem kürzeren, hinterwärts viel stärker verbreiterten und an seiner breitesten Stelle die Schulterbreite über- ragenden Halsschilde, dem gedrungenen, plumpen Kör per bau im Allgemeinen, und dem kürzeren, in seinem vorderen Theile fadenförmigen, glatten und etwas ge- krümmten Rüssel. Auf den Deckschilden ist bei beiden Geschlechtern die Naht in ihrem vorderen Viertel leicht vertieft; der erste Zwischenraum verschmälert und ver- tieft sich fadenförmig schon früher , und verschwindet hinterwärts fast ganz, so dass schon von der Mitte ab der erste und zweite Punktstreifen zu einer deutlichen und tiefen liängsfurche zusammenfliessen; der dann fol- gende breite zweite und dritte Zwischenraum sind von- einander durch eine ähnliche aber schwächere Längsrinne getrennt. Der Zahn am unteren Ende der Vorderschenkel ist eigentlich nur eine stumpfe, durch die tiefe Einschnü- rung der Schenkelenden gebildete Auftreibung, auch die Verz. d. auf d. Insel Cuba gesammelten Rüsselkäfer. 207 Vorderscliienen sind eigentlich auf der Innenseite nur doppelt ausgerandet und beide Einbiegungen durch einen ziemlich breiten aber kurzen dreieckigen Yorsprung ge- trennt, und von diesem ab bis zum unteren Ende mit einer dichten, bei dem $ kürzeren, dem cT längeren Haar- bürste besetzt. Das Innere der Halsschildsrinne ist bei allen (12, darunter 5 cT.) mir vorliegenden Stücken, auch den dunkelsten, stets heller, rothbraun oder auch lichter gcröthet, die Körperfarbe zuweilen (ob durch unvoll- kommene Ausfärbung ?) mit theilweise verschwimmender Linienzeichnung der Deckschilde. Die Grösse wechselt von 5—14'" Länge, und ^I^—Vj^" Breite, es darf dabei jedoch nicht übersehen werden, dass die grössere Länge mehr dem rT, die grössere Breite mehr dem $ zukommt, und daher die breitesten Stücke keineswegs stets auch die längsten sind. Li den Sammlungen war die Art bis zum Erscheinen des S ch önh er r'schen Werkes meist unter dem Namen P)r. aullcus Dej. zu finden. III. ßelophorus Schh. 3. B. strigicoUis Lac. Gen. Cur^^. VU. 435. n. 3. Mit vollem Rechte nennt der Antor diesen Käfer eine von allen bekannten gänzlich verschiedene Art, und theils dies, theils der Umstand, dass er sich auf die Mlttheilnng einer einfachen Diagnose beschränkt hat, über dem ihm nur das c^ bekannt geworden ist, wird ein nähe- res Eingehen auf ihre Eigenthümlichkeitcn rechtfertigen. Die von den Gescblechtsmerkmalen befreite Diag- nose würde sich etwa also fassen lassen: B. Fusco-aeneus, rostro basi triquetro asperato, tliorace oblongo-ovali, transversim donse strigoso, clytris subtiliter striato - punctatis , quadrifariam fulvo - fasciatis , apice rotundatis, ad angulum extremum spinosis. j/ Rostro basi elongato, ante antennas asperato late- ribiisque spinuloso, apIce triangulai'iter dilatato, thorace lateribus granulato, abdominis segmento ultimo evidentius pu nctato-rugu loso. 208 Suffrian: 5 Rostro basi breviore^ ante antennas laevi fillformi, abd. segmento ultimo vix punctulato. Long. GV2-I5'"; lat. 3/^_i3/^///^ Der schöne Käfer theilt sonach die innerhalb der ganzen Familie herrschende Grösse Veränderlichkeit der einzelnen Arten, gehört^aber auch andrerseits in seinen am vollständigsten ausgebildeten (/-Stücken zu den gröss- ten Arten dieser Familie überhaupt. Der Rüssel bildet bei dem c^ etwa 7i2j also fast die kleinere Hälfte der Körperlänge überhaupt, und von ihm fallen ^s auf den hinteren Theil zwischen Fühlern und x^ugen, welcher stumpf dreieckig, dabei grob gekörnt und vor seiner Mitte seitlich leicht zusammengedrückt ist; der kleinere, vordere Theil des Rüssels ist von einer feinen Längs- rinne durchzogen, gleichfalls grob gekörnt, jederseits mit drei allmählich grösseren, rechtwinklich abstehenden und mit der Spitze hakenförmig aufwärts gekrümmten Dornen besetzt, und am Vorderende jederseits in einen flach drei- eckigen, gleichfalls leicht gekrümmten, den längsten Dorn noch um das doppelte überragenden Fortsatz erweitert, wodurch die Rüsselspitze die Gestalt eines Schieferdecker- hammers erhält, an dessen Vorderrande die überaus un- scheinbaren Kinnbacken sich schwer bemerkbar machen. Bei dem $ dagegen erreicht der Kopf nur etwa die Länge des Halsschilds und bildet wenig mehr als 74 <3er Kopf- länge; die Länge und Dicke des hintern Theils des Rük- kens ist gleichfalls gebräunt und mit einer Längsrinne durchzogen, welche an beiden Enden (zwischen den Au- gen und zwischen den Fühlern) in einem tieferen Grüb- chen endigt; sein vorderer, doppelt längerer Theil dage- gen ist nur halb so dick, fadenförmig stielrund und glän- zend braun. Die schlanken fadenförmigen Fühler errei- chen bei dem r^ reichlich die Länge des Kopfes mit dem Rüssel, bei dem $ reichen sie, obwohl in allen Theilen kürzer und gedrungener, wohl mit dem dritten Theile ihrer Länge über die Länge des Kopfes mit dem Rüssel hinaus. Das Halsschild ist flachgewölbt, bei dem ^ mehr, dem $ weniger gestreckt, bei jenem etwa 2V2nial, bei diesem kaum l'/imal so lang als an der breitesten Stelle Verz. d. auf d. Insel Cuba gesammelten Rüsselkäfer. 209 breit, Dach vorn hin bei dem welche lelztere aber nach der breitesten Stelle des Hals- schilds bemessen werden muss. 5. ß. simplicic ollis Chv. Obscure aeneus nitidus, thorace elongato pone medium ampliato, elytris interrupte punctato-striatis, iuxta suturam leviter unisulcatis, fasciis tribus abbreviatis lineolaque postica flavis, apice spinulosis. ^ Rostro longiore, leviter canaliculato, ante antennas bifariam tuberculato, apice triangulariter dilatato, thorace elongato, eljtris apice evidentius spinosis, femoribus anticis acute dentatis. $ Rostro breviore laevi, ante antennas filiformi, tho- race breviore, elytris apice brevius spinulosis, femoribus anticis denticulatis. Long. 4 — 8'"; lat. 1/2 — IV*"'« Dem vorhergehenden ähnlich, aber kleiner, und an dem auch bei dem (/> glatten Halsschilde und der eigen- thümlichen Sculptur der Deckschilde leicht kenntlich. Der Rüssel des ^ ziemlich lang, der die kleinere Hälfte bildende hintere Theil nach vorn kegelförmig verschmä- lert, von einer feinen, hinterwärts allmählich verschwin- denden und das rundliche Stirngrübchen nicht erreichenden eingedrückten Längslinie durchzogen, welche, die Auf- treibung zwischen den Fühlern überschreitend und in zwei stärkere oder schwächere Längsbeulchen theilend, sich bis zu der kurz aber breit dreieckigen Erweiterung der Rüsselspitze fortsetzt und jederseits mit einer lockeren Reihe feiner aber scharfen Körnchen besetzt ist. Bei dem $ ist jener hintere Theil des Rüssels nur sehr kurz, wenig länger als breit, mit einem kurzen aber breiten und nur seichten Längseindrucke besetzt, und von dem Stirngrübchen nur eine schwache Spur vorhanden; der vordere, etwa die Länge des Halsschilds erreichende Theil des Rüssels ist fadenförmig, stielrund und glatt. Das kurz vor der eingeschnürten Wurzel seitlich im Bogen verbreiterte Halsschild verschmälert sich dann kegelför- mig nach vorn, bei den ^ länger ausgezogen, bei den Verz. d. auf d. Insel Cuba gesammelten Rüsselkäfer. 213 $ kürzer mit stärker znsammengeneigten Seiten; es ist dabei dem Rücken entlang abgeflacht, zuweilen mit schwa- cher Andeutung eines unterbrochenen seichten Längsein- drucks, und zeigt bei besonders grossen zumal cT Stücken unter schräger Beleuchtung auch vorn an den Seiten undeutliche Spuren geschwundener, wie weggeschliffener Querstriemen nach der Weise der vorhergehenden Arten. Die Farbe ein schönes dunkles, ziemlich glänzendes Erz- grün. Die Flügeldecken von dem Bau der vorhergehenden xVrten; längs der Naht ein kräftiger, furchenartig ver- tiefter Längsstreifen, ein zweiter etwas schwächerer längs dem Seitenrande, und innerseits dieses letzteren noch ein dritter, welchem jedoch das vordere Drittel fehlt und der an dem Eindrucke vor der Spitze der Flügeldecken wieder mit dem Randstreifen zusammenfliesst. In diesem Eindrucke finden sich auch noch 2 — 3 längsgrübchenartige Hinterenden von Punktstreifen, sonst aber sind bis auf einige unscheinbare, schwer wahrnehmbare Spuren die Streifen auf dem glänzend dunkel erzgrünen Grunde der Flügeldecken ganz geschwunden, wie abgeschliffen, und kommen nur da zum Vorschein, wo die lackartig aufgetragenen, glänzend hochgelben Zeichnungen von ihnen durchschnitten und in gelbe Längslinien zertheilt werden. Solchor querbindenartiger gelber Zeichnungen sind auf jeder Flügeldecke drei vorhanden, die erste an der Wurzel, zwischen der Schulterbeule und dem 2ten Streifen, aus drei Linien bestehend, deren mittlere die längste ist; die zweite am 2ten Drittel der Flügeldeckenlänge, in Ge- stalt einer innerseits abgekürzten an den Seitenrand ge- lehnten Querbinde, aus sechs Längsfleckchen gebildet, deren (meist kleinster) innerster etwas hinterwärts gerückt ist, während der grosseste (vorletzte) am weitesten nach vorn und hinten reicht; die dritte endlich am letzten Drittel der Flügeldeckenlänge als eine beiderseits abgekürzte Binde zwischen dem 2ten und 7ten Streifen, bestehend aus 5 Linien, die vorletzte nur kurz und fleckenartig, die äusserste meist am längsten hinterwärts ausgezogen. Zu- letzt findet sich noch hinten auf dem erhöhten zweiten 214 Suffrian: Zwischenräume eine gelbe Längslinie, welche auf den sich an diesen ansetzenden, bei dem $ übrigens merklich kürzeren dornartigen Anhang der Flügeldecke übergeht und von diesem nur die Spitze gebräunt oder geschwärzt lässt. Die Zeichnung der Flügeldecken ist im Ganzen sehr beständig, und zeigt selbst bei Stücken von sehr verschiedener Grösse nur geringe Abw^eichungen. Die Unterseite gleichfalls dunkelerzgrün mit ziemlichem Glänze, die Basis des Hinterleibs auch bei dem ^ ohne Eindruck, die Sculptur des letzten Ringes bei beiden Geschlechtern kaum verschieden. Die Beine wie bei den vorhergehen- den Arten; der Zahn an den Vorderschenkeln des $ ist jedoch nur klein und höckerartig, während der Zahn an der Innenseite der Vorderschienen keine Geschlechtsver- schiedenheit erkennen lässt. Anmerk. Schönherr schreibt den Gattungsnamen Belo- pherus, hat aber, indem er (Cure. I. 335) das Wort als eine Ableitung von ßsXog und (psQco bezeichnet , selbst das ürtheil über dasselbe gesprochen. Denn da (f^Qco seine Ableitungen grammatisch nur auf — cfOQog bilden kann (und das ist auch entomologisch durch Na- menbildungen, wie Helophorus, Cardiophorus, Chalcophora u. a. längst anerkannt worden) , so muss auch der obige Name sprachrichtig in Belophorus umgestaltet werden, mit demselben Rechte, mit wel- chem Lacordaire (Gen. Col. VI. 131. Note) die von mir vorge- schlagene Umbildung des sprachlich falsch gebildeten Schönherr'- schen Gattungsnamens Geonemus in Geonomus gebilligt und angenom- men hat. Dr. Gundlach in seinen handschriftlichen Mittheilungen schreibt den Namen stets richtig Belophorus, und eben so hat Lacordaire wenigstens einmal (1. 1. VII. 426) für die Gruppe den richtig gebildeten Namen Belophorides gebraucht. IV. Estenorhinus Lac. 6. E. f orcipi tigern s Schh. Arrhenodes forci- pitigerus Schh. 1. 1. V. 478. Gyllenhal, von welchem das cT" dieser Art a. a. 0. kenntlich und gut beschrieben worden ist, scheint nur ein sehr kleines Stück vor sich gehabt zu haben, da er sagt: Rostrum apice supra planum, während der vordere Theil des Rüssels bei den normal ausgebildeten Stücken von einer sehr deutlichen Verz. d. auf d. Insel Cuba gesammelten Rüsselkäfer. 215 Längsrinae durchzogen ist. Bei dem $ ist der hintere Theil des Rüssels zwischesn Fühlern und Stirn kaum noch so lang wie breit, die Auftreibung zwischen ersteren durch eine kurze Längsrinne getheilt, der verlängerte vordere Theil des Rüssels noch etwas länger als der übrige Theil des Kopfes zwischen Fühlern und Halsschild, dabei dünn fadenförmig, stielrund und glänzend. Der Zahn an dem unteren Theile der Vorderschenkel ist bei beiden Ge- schlechtern klein und höckerartig, der in der Mitte der Innenseite an den Vorderschienen stehende kurz und breit, die Basis des Hinterleibes bei dem $ der Länge nach eingedrückt. In der Grösseveränderlichkeit gibt die Art den übrigen Brenthiden Nichts nach, denn die mir vor- liegenden 9 Stücke der Art (4 c/'d^ und 5 $$) befinden sich zwischen 4 — 7'" Länge und Vs— V4'" Breite. In den Sammlungen kommt sie auch unter dem Namen Arrheno- des occidentalis Mus. Berl. vor. V. Trachelizus Schh. 7. T r. u n c i m a n u s Schh. 1. 1. V. 496. n. 8. Der hier vonBoheman gegebenen Beschreibung scheint nach den Angaben über Rüssel und Halsschild nur ein $ vorgelegen zu haben ; bei dem (/• ist der erstere an der Spitze bis auf das Doppelte verbreitert und zugleich platt gedrückt, und auf dem Halsschilde reicht die Längsfurche fast bis an den Vorderrand, während bei dem $ der Rüssel fa- denförmig dünn und vorn nicht erweitert ist, auch die Halsschildsrinne vorn schon weit früher abbricht. Der Vorderrand des Halsschilds ist bei den mir vorliegenden Stücken (1 c^, 2 ^$j geschw^ärzt, bei einem $ auch noch die Naht etwas dunkler gebräunt. Die hakenförmige Krümmung am unteren Ende der Vorderschienen ist bei dem d^ kräftiger als bei dem $, und, wiewohl in gerin- gem Grade, bei ersterem auch an den Mittel- und Hin- terschienen vorhanden; dagegen sind die Punktstreifen der Deckschilde bei dem $ etwas deutlicher. Vor dem Hinterende der Flügeldecken erweitert sich auch der 2te 216 Suffrian: Punktstrelfen zu einer kurzen, tiefen Längsfurche, welche mit der ersten, die Naht begleitenden durch einen tief eingedrückten Bogen zusammenhängt; weiter auswärts liegt daselbst noch ein eingedrückter nach vorn offener Ilufeisenbogen , gleichsam das verbundene Hinterende zweier weiterer Furchen, und zwischen diesem und dem Aussenrande eine zweifache hinten zusammenfliessende kurze Reihe grosser, tiefer Grübchen, deren innere sich nach vorn zu einer bis zum ersten Drittel der Flügel- decken reichenden, die äussere zu einer vollständigen, bis zum Abreissen der erstcren schwächeren, von da ab bis zur Schulter kräftigen Längsfurche entwickelt. Auf der Unterseite ist der erste Bauchring gleichfalls jederseits längs dem Flügeldeckenrande mit einer unregelmässigen Reihe grober Punkte besetzt und bei dem vorliegenden (7* mit einem seichten und unscheinbaren Längseindrucke versehen. Das Hinterende der Flügeldecke ist mit rund- lichen Winkeln schräg abgestutzt, deutlich ausgeschweift, mit breiten, nur wenig vortretenden Nahtwinkeln ; auch sind die Flügeldecken bei beiden Geschlechtern nur wenig über den Hinterleib hinaus verlängert. 8. Tr. tenuis m. Piceus nitidus, fronte impressa, rostro basi trisulcato, thorace oblonge convexo profunde canaliculato, lateribus ampliato, elytris subtiiissime punc- tulato-striatis, juxta suturam uni-, ad marginem lateralem sub-bisulcatis, tibiis anticis apice extus uncinatis. ^ Elytris appendiculatis apice subacuminatis, abdo- minis basi longitudinaliter fortius impressa. $ Elytris abdomineque simplicibus. Long. 4\/2— 10"'; lat. V2— l'A'"- Dem vorhergehenden ungemein ähnlich, so dass Hr. Riehl geneigt ist, in der bei Schönherr gegebenen Beschreibung des Tr. uncimanus die vorliegende Art zu erkennen, was sich jedoch mit der allein auf die vorher- gehende passenden xlngabe jener Beschreibung: j^elytro — — versus marginem iterum sulco sesqui- alter 0 exarato^ nicht wohl vereinigen lässt. Im Uebrigen wird es bei der nahen Verwandtschaft beider Arten, welche auch schon Verz. d. auf d. Insel Ciiba gesammelten Rüsselkäfer. 217 aus der oben gegebenen, der Schönherr'schen Diagnose des Tr. uncimanus tbunlichat angepassten Diagnose der vorliegenden Art hervorgeht, nur einer Angabe der Ab- weichungen beider Arten bedürfen. Bei aller Grössen- differenz der grössten und kleinsten Stücke ist die vor- liegende Art schlanker und mehr gestreckt, das Halsschild nach vorn stärker verschmälert und seitlich vor der Mitte mit mehr oder v^^eniger deutlichen Spuren seichter Quer- runzeln. Die Punktstreifen der Deckschilde sind kaum zu bemerken, und von deren Randfurchen bricht jederseits die äussere nur mit ilirem Vorderende vorhandene fast an der- selben Stelle ab, wo die innere nur mit ihrem hinteren Theile ausgebildete ihr Ende findet, so dass von dem Vorderende dieser inneren und dem Hinterende der äussern nur ein ganz geringer Theil neben einander zu bemerken ist. Die beiden aus Grübchen bestehenden Streifenreste vor der Spitze der Flügeldecken sind zwar auch hier vorhanden, aber die Fortsetzung des äusseren bildet nur einen un- gemein feinen, kaum wahrnehmbaren Längsstreifen, wel- cher vorn auch nicht mit der hinterwärts abgekürzten äusseren Furche zusammenhängt. Dazu kommen noch die abweichenden Geschlechtsmerkmale. Bei dem ^ sind die Flügeldecken über den Hinterleib hinaus merklich verlängert, oben vor dieser Verlängerung niedergedrückt, und letztere selbst ist in einen dreieckigen, stumpf zuge- rundeten, bei grösseren Stücken löfFelförmig abwärts ge- krümmten Zipfel ausgezogen, von welchem aus sich der Seitenrand nach vorn leicht ausschweift. Auch zeigt der grosse vordere Hinterleibsring einen kräftigen, mul- denförmigen Eindruck. Bei dem $ fehlt letzterer ganz, ebenso fehlt der Anhang der Flügeldecken ; die letzteren sind am Nahtwinkel breit und stumpf abgerundet und von da ab nach aussen nur sehr seicht ausgeschweift. Die Häkchen an den Vorderschienen wie bei dem vorher- gehenden, die Vorderschienen selbst bei grösseren ^(^ auf der Innenseite deutlich geschweift. Der mir in ziemlicher Anzahl vorliegende Käfer scheint auf Cuba gerade keine Seltenheit zu sein. Die 218 Suffrian: grösseren Stücke sind meist, wenn auch nicht immer, die dunkleren, die kleineren zuweilen ziemlich hell leder- braun. In den Sammlungen führt die Art auch den Na- men Tr. forficatus Mus. ßerol. ; ich habe denselben jedoch nicht beibehalten, weil der Artname schon wiederholt für bereits beschriebene Arten der Brenthiden - Familie — Arrhenodes forficatus Schh. aus Brasilien; Arrh. forficat. Thomson aus Guinea — zur Verwendung gekommen ist. 9. Tr. linearis m. Piceus fronte foveolata, rostro basi lateribus punctato, thorace elongato latcribus parum ampliato convexo profunde canaliculato, elytris opacis punc- tato-striatis, iuxta suturam uni- ad marginem sub-bisulcatis, tibiis anticis apice extus breviter uncinatis. (^ Elytris appendiculatis,, appendiculis ad suturam impressis, apice subacuminatis, abdominis basi longitudi- naliter fortius impressa. $? Long. 6'"; lat. V4'". Abermals den vorhergehenden sehr ähnlich, aber wenn man Stücke von gleicher Länge vergleicht, viel schlanker und gestreckter, mit viel schwächer hinterwärts erweitertem Halsschilde, und ausserdem von jenen bei etwas tieferer Färbung hauptsächlich durch den Bau des Rüssels und die Beschaffenheit der Flügeldecken ver- schieden. Jener ist nämlich, auch abgesehen von der viel geringeren Verbreiterung der Spitze, bei dem (allein vorliegenden) cT nur auf der Anschwellung zwischen den Fühlern leicht längsrinnig, vor und hinter »dieser bald sich vorn in gabeliger Theilung, hinterwärts ungetheilt verlierenden Linie auf der Oberseite glatt und stielrund, weshalb denn auch der bei den vorhergehenden Arten mit der Rüsselrinne zusammenhängende Eindruck auf der Stirn hier als abgesondertes Längsgrübchen allein steht; seitlich dagegen ist der Rüssel hinter den Fühlern flach gedrückt, grob punktirt und dazwischen je von einer stumpfen Längskante durchzogen, aber ohne dass dadurch wirkliche Längsfurchen gebildet würden. Auf den tief gebräunten, matten Flügeldecken ist die Streifenbildung ungleich deutlicher, dagegen die Furche längs der Naht Verz. d. auf d. Insel Cuba gesammelten Rüsselkäfer. 219 merklich schwächer, hinterwärts auf der Wölbung fast zu einem Punktstreifen abgeschwächt, und in noch hö- herem Grade abgeschwächt sind die beiden Randfur- chen, von deren äusserer zwischen dem längeren Vorder- und dem kurzen Hinterende jede Spur geschwunden ist, wenn gleich jenes an dem abgerissenen Yorderende der inneren Furche etwas länger als bei der vorigen Art vorbei reicht. Ausserdem sind die Hinterenden der Flü- geldecken über den Hinterleib hinaus sehr merklich ver- längert, und auf dieser (heller gerötheten) Verlängerung durch die zusammenfallenden Plinterenden der Nahtfurche und ihrer kurzen Nebenfurche tief eingedrückt, mit ziem- lich scharfer, nur nach aussen hin sich fast zurundender Spitze. Von der hakenförmigen Erweiterung der unteren Schienenenden zeigt sich überall nur eine schwache An- deutung. 10. Tr. Simplex m. Castaneus nitidus, rostrobasi trisulcato, fronte impressa, thorace elongato convexo late- ribus parum ampliato profunde canaliculato, elytris sub- tiliter punctato-striatis juxta suturam et ad marginem uni- sulcatis, tibiis anticis apice brevitcr uncinatis. c^ Abdominis basi tenue canaliculata. $? Long. SVa'"; lat. 2/5'". Ein kleiner, zierlicher, in der Länge etwa den grös- seren Stücken des Stereodermus exilis gleichkommender, aber gegen diese noch merklich schmalerer und schlankerer Käfer, auch von allen anderen der Gattung sofort an der hell kastanienbraunen Farbe, und dem Mangel der äusseren Randfurche der Flügeldecken zu unterscheiden. Der Rüssel ist bei dem einzigen vorliegenden ^ vorn nur schwach erweitert, auf dem hinteren Theile mit tiefer, in das dreieckige Stirngrübchen auslaufender Längslinie, die sich nach vornüber den Wulst zwischen den Fühlern in allmählicher Abschwächung bis zur Mitte des Vor- derrüssels fortsetzt: letzterer zeigt dann auch seitlich auf seiner hinteren Plälfte eine sich nach und nach erwei- ternde Längsfurche, die sich noch kräftiger hinter den Fühlern bis zu den Augen fortstreckt. Das Halsschild 220 Suffrian: ist hinterwärts nur schwach im Bogen erweitert, tief längs- gefurcht. Die Flügeldecken schmal, fein aber deutlich punktstreifig, mit ziemlichem Glänze; die Furche längs der Naht überall gleichmässig stark, und eben so stark das neben ihr liegende kurze Hinterende der zweiten Furche. Von den Randfurchen sind zwar die je aus einer kurzen Reihe grober Punkte bestehenden Hinter- enden vorhanden, doch verliert sich die äussere bald in die etwas tiefer eingedrückte Randlinie der Flügeldecke, so dass nur die innere Furche zu einer wirklichen, und auch nur massig stärkeren Ausbildung gelangt ist. Die Spitze der Flügeldecken ist nicht verlängert, nur vor ihrer Abrundung tief quer eingedrückt, und der vordere Theil des Hinterleibes schmal aber tief längsrinnig. VI. Stereodermus Lac. 11. St. exilis Moritz. Brunnens nitidus, rostro basi thoraceque pnnctato profunde sulcatis, elytris punctato- striatis subtrisulcatis, sulcis antice posticeque extrorsum flexis, tibiis anticis dentatis. Long. 2V4— SVa'"; lat V4— V2'". Dem St. (Cerobates) pygmaeus Schh. (1. 1. I. 331. n. 27.) aus Mexico nahe verwandt, aber von ihm durch die grobe Punktirung des Halsschilds sogleich zu unter- scheiden. Die Farbe ein gl-änzendes helleres oder dunk- leres Braun, der hintere Theil des Rüssels mit einer tiefen Längsfurche, welche sich hinterwärts bis zum un- teren Tlieile der Stirn fortsetzt, sich aber beim Ueber- schreiten der wulstigen, die Fühler tragenden Auftreibung des Rüssels etwas verengt und meist auch verflacht. Das Halsschild etwa 2Y4mal länger als breit, seitlich sanft ge- rundet, hinter dem Vorderrande ziemlich breit und tief eingeschnürt, mit einer zerstreuten aber groben Punktirung besetzt und der ganzen Länge nach tief gefurcht. Die linealischen Deckschilde an den Schultern abgerundet und hinten sich erst kurz vor der breiten Spitze ver- schmälernd, grob punktstreifig; die drei ersten Streifen jeder Flügeldecke vorn furchenartig vertieft, und der Verz. d, auf d. lüsel Cuba gesammelten Rüsselkäfer. 221 zweite und dritte daselbst nacli aussen geschweift, der erste und zweite auf der Mitte fast zusammenlaufend und ihre überaus abgeschwächten Linien daselbst nur durch einen haarfeinen Zwischenraum getrennt, hinterwärts wie- der divergirend und sich mit dem Hinterende des dritten und dem hier gleichfalls vertieften Hinterende des 4ten Streifens wiederum nach aussen krümmend; so dass die drei ersten Zwischenräume sich an beiden Enden rip- penartig emporheben, die äussern Zwischenräume aber nur schmale, etwas gekerbte Längsleisten bilden, und zwar so, dass der 5te, 6te und 7te sich erst weit hinter der Schulterbeule trennen, und ihre bis dahin breitere Vereinigung nur mit einer Längsreihe feiner und sehr vereinzelter Punkte besetzt ist. Im Uebrigen ist die ganze Oberseite glänzend und punktfrei. Auch die Un- terseite mit den Beinen glänzend braun, die Brust vorn mit einem rundlichen, der vordere die beiden ersten Ringe umfassende Theil des Plinterleibes mit einem mul- denförmigen, länglich viereckigen Eindrucke. Der Zahn an den Vorderschienen ziemlich breit dreieckig und, wie bei den Carabiden, schräg nach aussen und unten gerichtet. Aeussere Geschlechtsmerkmale habe ich bei den in Mehr- zahl vorliegenden Stücken nicht gefunden, und muss deshalb glauben, dass sich die beiden Geschlechter nur durch die verschiedene Grösse unterscheiden. D. Eigentliche Rüsselkäfer. I. Attelabus Lin. Die auf der Insel Cuba vorkommenden Arten dieser Gattung gehören sämmtlich der zweiten Schönherr'- schen Gruppe (Euscelus Gm.) an, zu deren generischer Ab- trennung mir eben so wenig ein Bedürfniss vorhanden zu sein scheint, als dies für Hrn. Lacordaire den Fall gewesen ist. l. A. scutellatus Schh. Cure. I. 205. n. 18. Diese Artist bei Seh. a. a. O. von dem sorgfältigen Gy He nhal 222 Suffrian: in beiden Geschlechtern gut und kenntlich beschrieben worden, und ich habe dem nur hinzuzusetzen, dass die Deckschilde nicht, wie bei den beiden folgenden gleich- falls mit Höckern hinter den Schultern bewaffneten Ar- ten, hinterwärts verschmälert, sondern gleichbreit, hinter den Schultern etwas ausgebuchtet und dann wieder etwas erweitert sind, und dass die langen Vorderschienen beider Geschlechter auf jeder Kante der leicht ausgerinnten Innenseite eine Reihe höckerartiger Sägezähne zeigen. Auch an den übrigen Schienen findet sich davon meist eine schwache Andeutung. Der äussere (bei dem $ ein- zige) Zahn der Vorderschenkel ist breit und lamellenartig, mit geschwungenen Seiten plötzlich in eine kurze, scharfe Spitze auslaufend. Schlecht ausgefärbte Stücke, deren mir ein $ vorliegt, sind hell lehmgelb, und nur der Kopf mit dem Halsschilde, die aufgetriebene Mitte der Vorder- schenkel und die Schienenenden etwas dunkler gebräunt. 2. A. angulosus Schh. 1. 1. L 208. n. 23. Von dieser anscheinend seltenen Art hat Gyllenhal bei Schh. a. a. O. nur das (^ beschrieben, und auch Dr. G. hat nur e i n solches eingesandt. Im Habitus und besonders durch den von den Schultern ab verschmälerten Hinter- körper gleicht der Käfer am meisten der nächstfolgenden Art, weicht aber von ihr hauptsächlich ab durch den nur kurzen und stumpfen Zahn hinter den Schultern der Flü- geldecken und die nicht gezähnelten Vorderschienen. Dagegen vermag ich Gyllenhal's Angabe über die Zahnung der stark keulig aufgetriebenen Vorderschenkel nicht mit deren Beschaffenheit an dem vorliegenden, kräftig und gut ausgebildeten Stücke in Einklang zu bringen. Bei dem letzteren zeigen die Vorderschenkel nur, wie beiden verwandten Arten, zwei (nicht, wie Gyllenhal angiebt drei) Zähne, davon der grössere in der Mitte, grade abstehend, plump, wenig gebogen, bis über die Hälfte hinaus verjüngt, das unregelmässig gestaltete obere Ende wieder etwas verdickt und nicht einmal an beiden Beinen gleichgebildet; der kleinere kegelförmig zuge- spitzte hart am Innenrande des Schenkels. Die Farbe Verz. d. auf d. Insel Cuba gesammelten Rüsselkäfer. 223 des Körpers ist eigentlich ein dunkles Purpurbraun, bei welchem der aufgetriebene Rand der inneren Vorderecke der Flügeldecken am Schildchen etwas mehr ins Röthlich- gelbe fällt, und auf dem quernmzligen Halsschildc zeigt sich in der Mitte ein stumpfer, flacher Längskiel. Im Supplement von Schönherr (a. a. O. V. 314. n. 32.) wird die Art durch einen augenscheinlichen Schreib- oder Druckfehler als A. angulatus aufgeführt. 3. A. armatus Schh. 1. 1. I. 208. n. 24. Auch von dieser, von den vorhergehenden besonders durch die bedeutend kürzeren Fühler (auch des ^) und den drei- eckig zugeschärften, breit zusammengedrückten Zahn hin- ter den Schultern ausgezeichneten Art hat Gyllenhal (bei Schh. a. a. O.) nur das ^ kennen gelernt. Das $ unterscheidet sich von jenem bei gleicher Körpergrösse durch noch kürzere, kaum die Länge des Kopfes errei- chende Fühler, in allen Theilen, besonders aber den Schienen, verkürzte Vorderbeine, und die schwächere Zahnbildung an dem Innerrande dieser zugleich weniger gekrümmten, vielmehr nur leicht geschweiften Vorder- schienen. Im Uebrigen zeigen die verschiedenen Stücke (ich habe 2 cf und 3 $ vor mir) mancherlei Abweichun- gen. Die Farbe der Fühlerschnur durchläuft alle Schat- tirungen vom röthlichen Lehmgelb bis zum tiefen Schwarz- braun, und ist zuweilen auf der Oberseite fast schwarz, wo dann nur am Tten und 8ten Gliede etwas von hellerer Färbung zurückbleibt ; nur das Endglied der Keule scheint stets röthlich zu bleiben, und zeigt bei einigen Stücken eine dichte greise Behaarung. Damit stimmt dann durch- weg die Farbe der Mittel- und Hinterbeine, wie die der Vorderschienen und -füsse überein. Die Runzeln auf dem Halsschilde erscheinen auf den ersten Blick ord- nungslos, lassen aber doch eine ganz bestimmte Sculptur erkennen, indem auf der Mitte der Scheibe vier deutliche Felder, zwei kleinere vor und zwei grössere hinter der die Mitte durchziehenden Querfurche hervortreten, erstere manchmal nur buckeiförmig, auch die letzteren leicht ge- wölbt. Weniger deuth'ch ausgebildet sind jeu?rseits noch 224 Suffrian: zwei hintereinander liegende, am Seitenrande sich hin- streckende Querfelder. Die Zähne an den Vorderschen- kein des ^ finde ich auch hier nicht mit Gyllenhal's Beschreibung übereinstimmend. Jene Schenkel zeigen in der Mitte der Unterseite eine kräftige Auftreibung und auf dieser zwei nebeneinander stehende Zähne; der kür- zere äussere ist scharf, mit der Spitze dem Knie zuge- bogen, der längere innere stumpfer, mehr höckerartig, mit jenem eine zum Einlegen der Schiene bestimmte Zwinge bildend, und ausserdem steht vor dem Schenkel- ende der gewöhnlictfe, hier etwas zusammengedrückte spitze, und auf der dem Knie zugewandten Seite tief ausgebuchtete, daher unten noch mit einem schwächeren Höcker vorspringende Zahn. Bei dem $ ist nur dieser Endzahn und von den beiden Mittelzähnen der äussere vorhanden, letzterer nicht länger als jener und eben so spitz, der innere aber fehlt ganz, und es liegt daher die Vermuthung nahe, dass Gyllenhal, w^elcher des innern Mittelzahns gar nicht gedenkt und zwischen den beiden andern keinen Unterschied hervorhebt, nur ein J vor sich gehabt und dies nach der Analogie der beiden Ge- schlechter des A. scutellatus für ein , ist aber nicht bei allen Stücken in gleichem Grade ausgebildet, zuweilen sogar ganz un- scheinbar. Anmerkung". Aus der zweiten, nur die Gattung Apo der us Oliv, enthaltenden Gruppe der Lacordaire'schen Attelabiden ist bis dahin noch keine Art auf der Insel Cuba gefunden worden, und es galt selbst bisher als feststehend, dass dieselbe überhaupt auf der westlichen Halbkugel keinen Vertreter besitze. So sagt daher auch Lacordair e (1. c. VI. 544) von der Gattung Apoderus, »Le genre est riche en especes, mais exclusivement a l'ancien continent.« In unserer Kenntniss der geographischen Verbreitung dieser Familie ist daher eine wesentliche Lücke dadurch ausgefüllt, dass mein gelehrter Freund Hr. Ch. Sonne nunmehr auch in Illinois U. St. eine hierhergehörige Art aufgefunden hat, deren kurze Charakteristik der Bedeutung dieser Entdeckung wegen hier eingeschaltet werden mag. Der Käfer ist etwas grösser als unser Ap. intermedius 111., im Habitus aber die- ser Art überaus ähnlich, der Farbe nach rein und glänzend wachs- schwarz, nur das Pygidium und der Hinterleib roth, der erste Ring des letztern geschwärzt , jedoch so, dass der zwischen die Hinter- hüften hineinreichende Mittelzipfel und die verv>'aschenen Seiten röthlich bleiben: die Kinnbackenspitzen tief gebräunt. Die einge- drückte Linie des Kopfes nach vorn leicht verbreitert. Das Hals- schild spiegelglatt. Die Flügeldecken vor der Mitte mit einer tiefen Quergrube, welche seitlich durch das hier rippenförmig er- höhte Vorderende des 4ten Zwischenraums begränzt wird, vor jener Grube auch das Vorderende des zweiten Zwischenraums in ähnlicher Weise aufgetrieben, und dadurch bei gleichzeitiger Auftreibung der angränzenden Theiie des Isten und 3ten Zwischenraums einen flachen rundlichen Höcker bildend. Die seitlichen Punktstreifen sind merk- lich tiefer als die des Rückens, die Zwischenräume mit einer feinen, ziemlich dichten Punktirung bestreut, durch welche auf dem Rücken der Glanz etwas gemildert wird. Diagnosiren lässt sich die, Schön- her r's erster Gruppe {»capite basi ohconico^) angehörende Art als: A. foveipennis m. Ater nitidus, pygidio abdo- Verz. d. auf d. Insel Cuba gesammelten Rüsselkäfer. 229 mineqiie rufis, rostro capite thoraceque subtiliter canali- culatis^ elytris ante medium impressis, antice bicostulatis, punctato-striatis, interstitlis subtilissime punctulatis. ^ Long. 21/4'"; lat. IV4'"*). II. Rhynchites Hbst. 6. Rh. trifasciatus m, Griseus parce pubescens, thoracis crebrius punctati disco elytrorumqua sutnra ob- scurioribus, antennfs pedibusque lurlde testaceis, elytris subtiliter punctato-striatis, fasciis tribus densius albido-pi- losis. Long. V4— r"; lat. V4~V3'". Ein kleiner, zierlicher Käfer von dem äussern An- sehen eines unterraittelmässigen Apion und der Grösse unseres bekannten Rh. nanus Payk., aber an der nicht- metallischen Färbung und den Haarbinden der Deckschilde leicht kenntlich. Der Rüssel ziemlich lang, wie der übrige Körper hell bräunlich greis, deutlich zerstreut punktirt, sparsam greishaarig mit glänzendem Zwischengrunde, die stark hervorgequollenen kugeligen Augen schwarz. Die Fühler von massiger Länge, die beiden unteren Glieder aufgetrieben birnförmig, die folgenden verkehrt-kegel- förmig, von dem dritten (längsten) ab allmählich an Länge abnehmend, so dass die zunächst der Keule vorhergehen- den am oberen Ende schon breiter als lang sind, die Keule selbst schwärzlich. Der Kopf zwischen und hinter den Augen mit längeren anliegenden greisen Haaren dicht besetzt. Das Halsschild länger als breit, seitlich breit zugerundet, so dass die grösste Breite hinter die Mitte fällt, und hier flach quer aufgewölbt, vor dem Hin- terrande breit aber nur seicht eingeschnürt, dicht sieb- artig punktirt, mit einer sparsamen etwas krausen ange- drückten Behaarung besetzt, der quer aufgewölbte Theil *) Dasselbe wiederholt sich auch noch in der Gruppe der Gym- netriden, welche nach Lacordaire a. a. 0, VlII. 7 auch bis da- hin auf die alte Welt beschränkt ist, und von der ich doch eine noch unbeschriebene, dem G. netus zunächst verwandte, nur etwas grössere Art aus Illinois — gleichfalls eine Entdeckung des H. Sonne — besitze. 230 Suffrian: tiefer schmutzig gebräunt. Das kleine Schildchen drei- eckig mit abgerundetem Hinterende, bei nicht abge- riebenen Stücken dicht weiss behaart. Die Deckschilde noch merklich breiter als der breiteste Theil des Hals- schilds, gleich breit und um die Hälfte länger als breit, hinten stumpf zugerundet, am Ende des ersten Viertels ihrer Länge mit einem breiten, massig tiefen, bogenförmigen nach vorn offenen Eindrucke, hinter welchem der Rücken wieder leicht buckelig ansteigt. Die Oberfläche punkt- streifig. Die Streifen hinter der Mitte längs der Naht etwas gestört, die sehr flach gewölbten Zwischenräume überaus fein aber dicht runzlig punktirt, an den abgerie- benen Stellen glänzend, sonst sparsam behaart, die Naht verwaschen gebräunt. Dazu verlängert und verdichtet sich die Behaarung stellenweise, und bildet dadurch drei nicht überall in sich zusammenhängende Querbinden, die erste vor der Mitte hinter dem oben genannten ge- krümmten Quereindrucke und denselben begleitend, daher ebenso gekrümmt und mit den Enden meist bis an die Schultern reichend, die zweite hinter der Mitte und in ähnlicher Weise, nur nicht so stark, nach vorn gekrümmt, die dritte vor der Spitze und manchmal mit den Enden die zweite erreichend. Das Pygidium ist von den Deck- schilden vollständig bedeckt. Die Unterseite, auf welcher sich der untere Theil des Kopfes durch seine dichte Punk- tirung auszeichnet, ist besonders längs der Mitte schmutzig gebräunt oder geschwärzt, die Beine sind greisgelb und mit dem Hinterleibe dünn greishaarig, die unteren Enden der Fussglieder tiefer braun, und das innere Zähnchen jedes Krallenhakens erreicht fast die Länge des letz- teren selbst. Wegen des bedeckten Pygidiums und des behaarten Körpers würde die Art der Gruppe Lasiorhynchites Jekel angehören, deren Erhebung zu einer eigenen Gat- tung mir jedoch weder nothwendig, noch auch natürlich zu sein scheint. Vergl. auch Lac. a. a. O. VI. 555. III. Apion Hbst. 7. A. nigro-sparsum Chv. Basicorne brunneum Verz. d. auf d. Insel Ciiba gesammelten Rüsselkäfer. 231 parce albido-vel aureo-squamosum, rostro arcuato nitidulo, thorace lateribus parimi arapliato, obsolete punctulato^ ely-^ tris breviter ovatis, punctato-sulcatis, interstitiis convexius- culis, maculis deniidatis nigricantibus. Long, (rostro excl.) Vs'"; lat. Vs'"- Etwa von der Grösse und dem Habitus unseres A. superciliosum Gyl., nur in den Deckschilden etwas breiter, und in deren Umrisse mehr dem A. flavofemoratum ähnlich. Die Farbe ein dunkles Lederbraun, der Hinterkopf, der Vorder- und Hinterrand des Halsschilds, das Schildchen und die Naht verwaschen geschwärzt. Der Rüssel reich- lich so lang als Kopf und Halsschild zusammen, massig gekrümmt, ziemlich glänzend, an der Anheftungsstelle der Fühler dicht vor den Augen leicht verdickt. Der Kopf selbst zwischen den Augen schwach längsrunzlig punktirt und dabei mit weisslichen, hinterwärts gerichteten Schüppchen bekleidet; die Fühler schwärzlich, mit kräf- tiger, länglicher Keule. Das Halsschild etwas länger als breit, seitlich leicht im Bogen erweitert, nach vorn stärker verengt, wenn auch nicht eigentlich eingeschnürt, durch eine feine, aber dichte Punktirung matt, seitlich stärker-, auf der Mitte sparsamer beschuppt, und hinterwärts mit schwacher Andeutung einer eingeschnittenen Längslinie. Das kleine, längliche Schildchen in eine durch die tief eingedrückten Ränder der vorderen inneren Flügeldecken- ecken gebildete, fast halbkreisförmige Grube eingesenkt. Die länglich-eiförmigen Flügeldecken massig gewölbt, zwi- schen den stumpfwinklig zugerundeten Schultern etwa Y3 breiter als der Hinterrand des Halsschilds, bis über die Mitte hinaus sanft erweitert und dann gemeinsam kurz zu- gerundet; die Punktstreifen in deutliche Furchen einge- drückt, die breiten, flach gewölbten Zwischenräume kaum querrunzlig. Die Oberfläche auch hier mit weisslichen, bei schräger Beleuchtung besonders auf dem Rücken ins Goldgelbe, selbst Kupfrige fallenden Schüppchen be- deckt, die sich vorn neben dem Schildchen dichter zu- sammendrängen, hinterwärts aber sich zu drei unregel- mässigen und unterbrochenen, mit den Aussenenden nach vorn gekrümmten Querbinden ordnen, vor und zwischen 232 Siiffrian: denen durch schnppenfreie schwärzliche Längsfleckchen kahle und dunklere Querbinden gebildet werden. Die Spitze ist wieder dichter beschuppt. Die Unterseite spar- sam weisslich behaart; die Beine sind heller braun als der übrige Körper, Hüften, Knie, Schienenenden und Fuss- glieder tiefer schwarzbraun. 8, A. macula alba m. Basicorne brunneum sub- cupreo-micans, disperse albido-squamosum, rostro arcuato nitidulo, thorace lateribus parum ampliato, profunde par- cius punctato", elytris breviter 'oblongo-ovatis, profunde punctato-sulcatis, interstitiis convexis nitidulis, macula al- bido-squamosa communi pone scutellum notatis. Long, (rostr. excl.) ^3'"; lat. V*"'. Dem vorhergehenden überaus ähnlich, aber in den Flügeldecken schmaler, daher bei gleicher Länge anschei-^ nend gestreckter, die Fühler bis auf die geschwärzte Keule ziemlich hell rothbraun, und das Schildchen mit seiner Umgebung nicht eingesenkt. Das Halsschild ist nicht sehr dicht aber ziemlich grob- und fast grubig- runzlig punktirt mit etwas glänzendem Zwischengrunde, vor der Mitte des Hinterrandes leicht eingedrückt. Die Farbe der Flügeldecken fällt leicht ins Kupferfarbige, ihre Längsfurchen sind breit und tief, mit länglichen, tief ein- gestochenen Punkten besetzt, und wenig schmaler als die gew^ölbten, besonders längs der Naht sich rippenartig erhebenden, ziemlich glänzenden Zwischenräume. Kopf und und Beine sind etwas heller braun als bei der vorherge- henden Art, letztere bei einem der vorliegenden Stücke fast gelblich. Die Beschuppung sehr sparsam; sie bildet am Kopf nur je eine Bogenlinie, welche den inneren Au- genrand umzieht, und auf dem Halsschilde Andeutungen von vier schmalen, theilweise unterbrochenen odejr in Atomenfleckchen aufgelösten Längslinien; auf den Deck- schilden erscheint sie, besonders auf deren Hinterhälfte, in Gestalt kleiner, regellos verbreiteter Spritzfleckchen, aber überall nur sparsam und nicht einmal auf beiden Flügeldecken stets in gleichmässiger Weise. Nur hinter dem Schildchen sind die Schuppen zu einem dichten und ziemlich grossen gemeinsamen und scharfbegränzten weis- Verz.- d. auf d. Insel Cuba gesammelten Rüsselkäfer. 233 sen Nahtflecke zusammengedrängt. Alles Uebrige, wie bei der vorhergehenden Art. Ein etwas kleineres, besonders schmaleres, von Dr. G. mit dem beschriebenen Käfer unter gleicher Nummer eingesandtes Stück unterscheidet sich von letzterem aus- serdem noch durch dunklere Färbung von Fühlern und Bei- nen, den Mangel aller Schüppchen auf der Oberseite und eine kurze abgerissene eingedrückte Längslinie auf dem noch gröber punktirten Halsschilde. Hr. Riehl, in dessen Sammlung sich dies Stück befindet, ist geneigt, darin eine eigene Art zu erkennen; ich möchte es eher für das andere Geschlecht und zwar das (etwas ölig gewordene) (/ des beschriebenen Käfers halten, zumal die durch Quer- runzeln unterbrochene und vorne etwas nach links ge- richtete Halsschildslinie sich schon durch diese Gestaltung als eine abnorme Bildung zu erkennen giebt, und ein trübes Fleckchen hinter dem Schildchen auf ein früheres Vorhandensein des jetzt unkenntlich gewordenen weissen Nahtflecks hinzudeuten scheint. IV. Cylas Latr. 9. C. f 0 rmicariu s Fab. Brenthus formicarius Fab. Syst. Eleuth. II. 549. n. 13. Cylas turcipennis Schh. 1. 1. I. 369. Die Ansicht, dass der unter letzterem Namen bei Schh. a. a. O. von Gyllenhal beschriebene Käfer nicht von jener, von Fahr ic ins beschriebenen Art ver- schieden sei, wurde, wie von Dejean, so auch von dem verewigten G er mar (in mündlicher ^littheilung) getheilt, und ich glaube nicht, dass ihr ein begründetes Bedenken entgegen steht. F. hat nach seinen Angaben über die Färbung der Schenkel ein $ vor sich gehabt, und die von Gyllenhal als blaugrün beschriebenen Flügeldecken sind auch nicht selten tief blau, selbst schwarzblau und schwarz, wie sie F. bei seinem Käfer angiebt. Die eigent- liche Heimath dieses jetzt weit verbreiteten Käfers scheint Ostasien zu sein, wo er nach Herrn Nietner's Mitthei- lungen (Ent. Zeit. 1857. S. 36) auf Ceylon in den Knollen von Batatas edulis verwüstend hauset; Schönherr nennt 234 Siiffrian: dann noch Java, und die mir vorliegenden asiatischen Stücke stammen vom Ostindischen Festlande, ich habe aber auch früher in der Germar'schen Sammlung deren von Hongkong und von Madagaskar gesehen, und nach dieser letzteren Insel, wie nach Tsle de France, wo er nach Schh. (V. 587) vorkommt , ist er wohl ohne Zweifel durch eine noch nicht mit Gewissheit ermittelte Cultur- pflanze übergesiedelt. In gleicher Weise hat er sich auch seit einiger Zeit (gebracht hat ihn erst die letzte Sendung des Dr. G.) auf Cuba eingestellt, von wo aus er mir in Mehrzahl vorliegt. Einen Unterschied dieser Stücke von den Ostindischen habe ich jedoch nicht auffinden können, und über die Futterpflanze hat G. bis dahin keine An- gaben mitgetheilt. (Fortsetzung folgt.) Die Descendenztbeorie aus einigen besonderen Gesichtspunkten betrachtet. W. Veitmann. Lehrer der Rectoratsclinle in Wiedeubrück. Die Abweichungen von der mittleren Beschaffenheit der Art können bei den einzebien Individuen in fünferlei Weise vortheilhaft sein und nach der Darwin'schen An- sicht durch natürliche Züchtung zur Entstehung von neuen Arten Anlass geben. Sie können nämlich bedingen: 1. Von Geburt an eine längere Lebensdauer. Es ist hier diejenige Lebensdauer gemeint, welche das Thier erreicht, wenn es eines natürlichen Todes stirbt, nachdem es sich während seines Lebens unter normalen Verhält- nissen befunden hat. Je grösser diese dem Thiere seiner anfänglichen Beschaffenheit gemäss zukommende Lebens- dauer ist, desto grösser wird auch im Durchschnitt die wirkliche und folglich die Mitwirkung zur Erhaltung der Art sein. 2. Eine leichtere Ernährung, d. h. Erlangung des nöthigen Futters. In Bezug auf die Vererbung der Ei- genschaften kommt dies insofern in Betracht, als Mangel an Nahrung die Entwickelung und Thätigkeit des Sexual- systems beeinträchtigt und auch die Dauer der Fortpflan- zungszeit sowie das Leben selbst verkürzen kann. 3. Die Fähigkeit, den Verfolgern und anderen Ge- fahren leichter zu entgehen. Hierin ist auch die grössere 236 V e 1 1 m a n n : Geschütztheit der Eier und Jungen vor dem Untergange mit einbegriffen. 4. Eine grössere Leichtigkeit, zur Paarung zu ge- langen (Ergreifen, Festhalten des Weibchens u. s. w.) 5. Grössere Fruchtbarkeit. Unter diesen verschiedenen Momenten hängen 2, 3 und 4 zum Theil von der kräftigeren und dauerhafte- ren Beschaffenheit der inneren Organe ab; eben hier- von ist aber auch 1 mit abhängig. Im Uebrigen sind dagegen 2 , 3 und 4 durch die Erzeugung besonderer innerer und äusserer Organe oder sonstiger Eigen- schaften (Farbe u. s. w.) bedingt. Die hierdurch so- wie auch die in Bezug auf 5 entstehenden Verschieden- heiten in der Theilnahme an der Fortpflanzung können jedoch immei? nur sehr gering sein, da sehr bedeutende Abweichungen immer nur sehr selten und ganz vereinzelt vorkommen. Die Verschiedenheiten in der angeborenen Lebensdauer sind dagegen sehr beträchllich. Diese wer- den daher stets einen so überwiegenden Einfluss haben, dass derjenige der übrigen zufälligen Abweichungen da- gegen verschwindet. Es folgt hieraus, dass aus einer Art keine andere Art entstehen kann, die eine kürzere Lebens- dauer besitzt. Von allen Abweichungen in der äusseren oder inneren Beschaffenheit können nur diejenigen con- stant werden, welche eine längere Lebensdauer bedingen. Die Verschiedenheiten in der Fruchtbarkeit würden nur bei sehr fruchtbaren Thieren, also solchen etwa, die Tausende von Eiern legen, in gleichem Grade von Ein- fluss sein können. Wer sich also bemüht, die Darwin'sche Lehre aus einer sehr allgemeinen und unbestimmten Hypothese zu einer wissenschaftlichen Theorie zu erheben, der muss jedenfalls stets auf obigen Punkt Rücksicht nehmen. Er darf seinen „Stammbaum^ nur so einrichten, dass alle Verästelungen, welche aus irgend einem Zweige hervor- gehen, eine längere Lebensdauer besitzen, als dieser. Einiges Thatsächliche in Bezug auf die Aufeinander- folge der Species liefert uns die Paläontologie. Im All- gemeinen entspricht dieselbe nicht einer Zunahme der Die Descendenztheorie aus bes. Gesichtspunkten betrachtet. 237 Lebensdauer. Den Insekten, welche grösstentheils, den Sommergewächsen im Pfliinzcnreich entsprechend, äusserst kurzlebig sind, gingen Polypen, Mollusken und Crusta- ceen vorher. Wenn wir nun auch nicht ermitteln können, wie lange ein Graptolith, Trilobit u. s. w. der Ueber- gangsformation lebte, so lässt sich' doch wohl kaum an- nehmen, dass die Insekten aus Thieren mit kürzerer Le- bensdauer entstanden seien. Es würde dies nur in der Weise möglich sein, dass Mollusken, Insekten u. s. w. von einem gemeinschaftlichen kurzlebigen Stamm ab- stammten. Aber wo wäre dann die Seitenlinie geblieben, welche von jenem Stamme neben den Mollusken u. s. w. zu den Insekten hinaufführte ? Wie wäre es zugegangen, dass davon nichts erhalten blieb, während doch von den Mollusken und Crustaceen zahllose petrificirte Exemplare vorhanden sind? üeberdies lehrt die Erfahrung, dass selbst die niedersten Thiere, Polypen, Rhizopoden u. a. eine längere Lebensdauer besitzen als die Insekten und dieselben auch in der Fruchtbarkeit übertreffen. Aehnlich verhält es sich mit den Säugethieren. Mit Sicherheit kann man denselben wohl kaum einen früheren als tertiären Ursprung zuschreiben. Fische und Am- phibien sind denselben vorhergegangen und aus letzteren müsste man sie wohl als entstanden betrachten. Nun leben aber die Amphibien im Allgemeinen länger als die Säu- gethiere. Von Schildkröten hat man Beispiele eines Al- ters von über 200 Jahren, während das am längsten lebende Landsäugethier, der Elephant, etwas über lOOjahre alt wird. Darwin bezeichnet die Nachvveisung der Entstehung einer dem Thiere schädlichen Eigenschaft auf Grund seiner Hypothese als verderblich für diese. Fr. Müller fordert in seiner Schrift ;,Für Darwin^ die Gegner auf, unter der grossen Menge naturhistorischer Thatsachen irgend welche nachzuweisen, welche mit der Darwin'- schen Ansicht unvereinbar sind. Den Umstand, dass dies selbst von den mit der Thierwelt vertrautesten Forschern bis jetzt nicht geschehen ist, betrachtet er als einen Be- weis für die Dar win'sche Lehre. So lange indess letztere nichts weiter ist, als eine einfache nur die allgemeinsten 238 Veitmann: Umrisse einer Theorie enthaltende Hypothese, können bestimmte Thatsachen derselben ebensowenig entgegen- gestellt werden, als bestimmte Behauptungen in ihr ent- halten sind. Die Unbestimmtheit der Theorie bedingt eine ebenso grosse Unbestimmtheit der Widerlegung. Die oben aus den Ergebnissen der Paläontologie her- genommenen Gründe gegen die Darwin'sche Ansicht machen durchaus keinen Anspruch darauf, unanfechtbar zu sein. So weit es aber bei den auch in Bezug auf diesen Punkt dem Darwinismus zu Gebote stehenden mannichfalti- gen Auskunftsmitteln überhaupt als möglich gedacht wer- den kann, die Entstehung einer schädlichen Eigenschaft nachzuweisen, dürfte dies dort geschehen sein. Die Ver- kürzung der Lebensdauer ist eine solche. Man hat die Arten des Thierreichs in sehr passender Weise mit dem Laufe der Planeten verglichen (Blas ins Fauna Deutschlands, Vorrede). Die Planetenbahnen sind nicht unveränderlich, so wenig als eine bestimmte Thier- species in einem Jahre genau Dasselbe ist, wie in einem anderen. Die Aenderungen sind aber für lange Zeiten in bestimmte Gränzen eingeschlossen. Für alle Zeit lässt sich dies jedoch streng genommen nicht beweisen, da man dabei auch die zwischen den Planeten enthaltene Materie u. s. w. mit berücksichtigen müsste. Ebensowenig lässt sich auch von dem gegenwärtigen Zustande des Pla- netensystems auf eine beliebige frühere Zeit zurückschlies- sen. Man hat versucht, den gegenwärtigen Zustand des Pla- netensystems aus einem früheren einfacheren abzuleiten, als welchen man eine rotirende Dunstkugel annahm. Diese Hypothese ist zuerst von Kant, der übrigens nichts weniger als ein gewiegter Mathematiker war, wofür ihn Häckel (Natürliche Schöpfungsgeschichte) ausgibt, aufgestellt wor- den. Später hat Laplace dieselbe in einem etwas mehr mathematischen Gewände dargestellt, jedoch nicht in seiner streng wissenschaftlichen „Mechanik des Himmels,^ son- dern in einem mehr populären Werke. Bei den Astro- nomen steht sie gleichwohl in ziemlichem Ansehen, jedoch nur als einfache Hypothese, die einer weiteren Entwi- Die Descendenztheorio aus bes. Gesichtspunkten betrachtet. 239 ckelung zu einer wirklichen Theorie (wie dies der Versuch einer solchen von W eiss gezeigt hat) gar nicht fähig ist. Auch die Darwin'sche Lehre wird vielleicht stets Anhänger zählen, da sich ja die'Unrichtigkeit derselben in aller Strenge ebenso wenig nachweisen lässt, wie z. B. die Unrichtigkeit irgend einer Ansicht über die Beschaf- fenheit der Flora und Fauna des Mondes. Jeder Versuch aber, die Hypothese in einer bestimmten Weise zu einer Theorie zu gestalten, selbst wenn derselbe sich in leid- licher Uebereinstimmung mit den zoologischen, botanischen und paläontologischen Thatsachen befände, würde immer etwas Willkürliches haben, da sich an die Stelle desselben tausend andere setzen Hessen. Wegen der nahen Verwandtschaft der Lap lace'schen Schöpfungshypothese und der Dar win'schen Lehre stand zu erwarten, dass die Darwinisten auch auf erstere zurück- kommen würden. Alle derartige naturwissenschaftliche Ansichten entspringen aus einer selbst den bedeutendsten Forschern anhaftenden Schwäche, der Neigung nämlich, überall die Vielheit aus der Einheit abzuleiten. Dieselbe hat ihren Grund in der Endlichkeit des menschlichen Verstandes, welcher bei seiner Unfähigkeit, die unendliche Mannigfaltigkeit der Natur zu umfassen, sich genöthigt sieht, dieselbe so viel als möglich auf Einheiten zurück- zuführen. Bis zu einer absoluten Einheit kann er es aber hierbei nicht bringen, da in der Einheit die Vielheit nicht enthalten ist. Dergleichen Bestrebungen stehen im Wider- spruch mit dem Causalprincip, auf welches doch die Dar- winisten (wie z. B. Häckel in der „Generellen Morpho- logie") so grosses Gewicht legen. Eine homogene Dunst- masse, die um ihre Drehungsaxe in einem bestimmten Augenblicke so angeordnet ist, dass sie einen Rotationskör- per darstellt, dessen Diametralschnitte in Bezug auf die Ver- theilung der Materie in denselben vollkommen miteinander übereinstimmen, wird diese Eigenschaft stets beibehalten; die Einheit bleibt Einheit. Legt man aber den verschiedenen Diametralschnitten im Anfang irgend eine bestimmte Ver- schiedenheit bei, so ist gar kein Grund vorhanden, wes- halb man nicht jede beliebige andere Verschiedenheit, 240 • Veitmann: also etwa den Zustand des Planetensystems vor so und so viel Jahren als den ursprünglichen betrachten sollte. Ebenso verhält es sich mit jenem Klümpchen Ur- schleim, welches nach Häckel den Anfang der orga- nischen Natur bildete. Häckel legt seinen ^Moneren*^ eine vollkommene Homogeneität ohne innere Differenzirung bei. Alle Bewegungen, die in einem solchen von einem bestimmten Zeitpunkte an stattfinden, sind dann noth- wendig Funktionen seiner Gestalt und der Anordnung der gesammten übrigen Materie in diesem Augenblicke. Die ganz unregelmässige Art und Weise, wie das Moner seine Pseudopodien ausstreckt, würde hiermit überein- stimmen, da die Anordnung der äusseren Materie ebenfalls eine ganz unregelmässige ist. Nun denke man sich aber, dass ein solcher Plasmaklumpen eine Kalk- oder Kiesel- schale erhält. Die Form derselben wird nur eine ganz unregelmässige sein können ; denn sie ist ebenso wie das Hervorwachsen der Scheinfüsse eine Folge ganz unregel- mässig wirkender Ursachen. Die Beobachtung lehrt je- doch, dass die festen Schalen der Polythalamien zum Theil eine ganz bestimmte Form haben. Diese kann keine Funktion der Aussenwelt sein, da die Gesammtheit der Materie gewiss nicht in irgend einer bestimmten Bezie- hung zur Gestalt und Einrichtung der schneckenförmigen und gleich derjenigen mancher Cephalopoden in Kammern getheilten Schale jener Thierchen steht. Man muss daher nothwendig annehmen, dass die scheinbar homogene und formlose Plasmamasse, welche die Schale erzeugt, zu dieser in einer bestimmten Beziehung steht, oder dass eine fremde an die Atome des Plasmas nicht gebundene Kraft die Schale hervorbringt Häckel berührt diesen Funkt in seiner Morphologie (I. S. 190) und ist der Meinung, der Grund für diese Erscheinung müsse in der besonderen Zusammensetzung der Atome zu Molekülen gesucht wer- den. Bei denjenigen Protozoen, deren Schale eine geo- metrisch-reguläre Gestalt hat, wäre diese Annahme nicht gerade absurd, da wir Aehnliches auch bei den Krystallen annehmen müssen. Zu der Annahme aber, dass die Mo« leküle irgend einer chemischen Verbindung in einer be- Die Descendenztheorie aus bes. Gesichtspunkten betrachtet. 241 stimmten Beziehung zu der Spiralform der Schale von Cornuspira planorbis oder der fossilen Nummulina radiata stehen, würde wohl jeder „denkende*' Naturforscher den Kopf schütteln. Hinsichtlich der Urzeugung legt Häckel grossen Werth auf die künstliche Darstellung organischer Ver- bindungen. Bis jetzt hat indess noch Niemand Kohlehy- drate und Albuminate aus ihren Elementen dargestellt, und was die künstliche Bereitung des Harnstoffes, der Ameisensäure und anderer Rückbildungsprodukte des thierischen Organismus betrifft, so hatte man im Grunde gar keine Ursache, davon so viel Aufhebens zu machen. Ein Rückbildungsprodukt ist auch die ausgeathmete Koh- lensäure und diese hatte man schon längst künstlich dar- gestellt. Vielmehr scheinen gerade die in den organischen Körpern vor sich gehenden chemischen Prozesse für die Annahme besonderer Kräfte zu sprechen. Irgend ein Gewächs sei in reinen Kieselsand gepflanzt, welcher als Nahrung für dasselbe nur Kohlensäure, Am- moniak und die nöthigen unorganischen Salze enthält. Das Ganze befinde sich auf einer Temperatur von etwa 20^ und sei von einem Glasgefäss umgeben, das stets auf einer kaum höheren Temperatur erhalten wird. Die Pflanze und der Boden, in welchem sie wächst, empfangen also von aussen her Licht und Wärme. Sehen wir nun, was aus diesen beiden Agentien wird. Wenn man Kohlehydrate im Sauerstoffe verbrennt, so findet zweierlei Statt: 1. Trennung des Kohlenstoffs vom Wasser des Koh- lehydrats. 2. Verbindung des Kohlenstoffs mit dem Sauerstoff. Das Resultat ist also Kohlensäure und Wasser. Da- bei wird beständig Wärme entwickelt. In obiger Pflanze findet nun das Gegentheil hiervon Statt. Unter dem Einfluss des Lichts trennt der Sauer- stoff der Kohlensäure sich von dem Kohlenstoff und dieser verbindet sich mit dem Wasser zu Kohlehydrat. Dabei muss nothwendig Wärme oder überhaupt mechanische Bewegung (in Form von Wärme und Licht) verschwinden. Archiv f. Naturg. XXXVI. Jahrg. l.Bd. 16 242 Veitmann: Lässt man nun die Pflanze etwa einen Sommer hin- durch wachsen und verbrennt dann die erzeugten Kohle- hydrate, so entsteht wieder Kohlensäure und Wasser. Auf mannichfaltige Weise kann man nun einen Theil der dabei auftretenden Wärme in mechanische Arbeit verwandeln, während ein anderer Theil an Körper über- geht, die mindestens 20<^ warm sind und wobei zugleich die Verbrennungsprodukte wieder diese ursprüngliche Temperatur erhalten. Dieser ganze Vorgang scheint nun im Widerspruche zu stehen mit dem zweiten Hauptsatze der mechanischen Wärmetheorie oder mit dem diesem zu Grunde liegenden C a r n 0 t'schen Princip. Letzteres sagt nämlich, dass Wärme nicht in mechanische Arbeit verwandelt werden kann, ohne dass zugleich irgendwo Wärme von einem wärmeren Körper zu einem kälteren übergeht. Ein sol- cher Uebergang hat aber hier nirgends stattgefunden. Man könnte zwar sagen, die Wärme der Sonne sei in der Fotm von Licht von der heisseren Sonne auf die kältere Pflanze übergegangen. Allein die betreff'ende Quan- tität kann nur ein sehr geringer Bruchtheil der in den Kohlehydraten latent gewordenen Wärme sein ; jedenfalls ist sie viel geringer als die bei der Verbrennung in Ar- beit verwandelte Quantität. Jene durch das absorbirte Licht repräsentirte Wärmemenge ist daher in der in Ar- beit verwandelten enthalten, mithin nicht, wie das Car- no t'sche Princip es verlangt, dauernd an einen kälteren Körper übergegangen. Es ist bis jetzt noch Niemandem gelungen, irgend einen Vorgang in der unorganischen Natur zu ersinnen, wo der Garn o t'sche Grundsatz nicht gilt, obgleich schon manche Physiker und Techniker (Hirn z. B.) ihren Scharf- sinn hieran versucht haben. W^enn wir nun in der or- ganischen Natur solche Vorgänge finden, so deutet das wohl darauf hin, dass in der letzteren besondere Kräfte thätig sind. In der That lässt sich obige Abwei- chung von dem Garnot'schen Grundsatz einfach durch die Annahme erklären, dass in der Pflanze eine Kraft wirkt, welche im Stande ist, die unregelmässig durchein- Die Descendenztheorie aus bes. Gesichtspunkten betrachtet. 243 ander wirbelnden Wärmebewegungen auf eine bestimmte Weise zu lenken. Damit man hierdurch nicht mit dem Princip der lebendigen Kräfte in Widerspruch komme, muss man annehmen, das diese Kraft mit der Bahn eines Atoms, auf welches sie wirkt, stets einen rechten Winkel bildet, also im mechanischen Sinne keine Arbeit verrichtet. Die Darwinisten nehmen vielfach das Privilegium für sich in Anspruch, die einzigen „denkenden^ Natur- forscher zu sein. Um sich diesen Vorzug mit grösserem Rechte beilegen zu können, möchte man denselben rathen, sich etwas näher mit den Lehren der Mathematik bekannt zu machen. Von den Vertheidigern der ausschliesslich mechanistischen Naturanschauung müsste man doch noth- wendig verlangen, dass sie in der Mathematik und Me- chanik gründlich bewandert wären. Naturgeschichte und Mathematik sind zwar zwei Gebiete, die etwas weit aus- einander liegen; allein sowie die Vereinigung des Un- gleichartigen zu manchen neuen Resultaten in der Vieh- zucht und Gärtnerei geführt hat, so wäre es ja auch möglich, dass eine Hjbridation der Wissenschaften zu neuen und eigenthümlichen Resultaten führte. Freilich würde die Verbindung eine solche sein müssen, dass daraus nicht etwa Bastarderzeugnisse im schlimmen Sinne hervor- gehen. Von manchen Ausführungen in Häckel's Mor- phologie und anderen Darwinistischen Schriften lässt sich behaupten, dass sie durch „Anpassung" an die Gesetze des mathematischen Denkens einen wesentlich anderen Schnitt erhalten würden. Die Ophiuridon des indisrlieii Oreans. Von K. V. Marteus. Die nouercn Bearbeitungen der Ophiuren von Tb. Ly man (Illust. Catal. of tbe Mus. of Comparative Zoology at Harvard College, Xo. I. Cambridge 1S05. gr. 8.) und A. Ljungiuan (^in OtVersigt af Kgl. Vetenskaps Akade- miens Förbandlingar 1S67) welobe die Artenkenntniss der- selben wesentliob gefördert baben. sind neben den älteren von Job. Müller und T r o s c b e 1. sovile L ü t k e n bei der Bestimmung der im indiscben Arcbipel gesammelten zu Grunde gelegt. Die folgende Zusammenstellung gibt in der von Ljungman gewäblten Reibenfolge alle mir bekannt gewordenen Arten und Fundorte aus dem Ge- biet des indiscben Ooeans von Ostafrika bis zu den polv- nesiscben Inseln, darunter die von mir selbst im indiscben Arcbipel gefundenen durcb Cursivschrift ausgezeicbnet, die beigefügten Nummern sind diejenigen, unter denen sie im Berliner zoologiscben Museum aufgestellt sind. a'> Opbiodermatidae. Opbioderma Wablbergi M. Tr. Port Natal. Wablberg. Opbiopeza fallax Peters Mossambique, Peters; San- sibar. Lvnian und v. d. Decken. Fidji-Inseln, Gräfte. Ophiarach?ia ificrassata Lam.. M. Tr.. Herklots Bydragen tot de Dierkunde IX. 1SG9. pl. G, Lütken addit. III, p. 33. Indiscber Ocean. Peron und Lesueur. Java, Kubl und Hasselt. Laren tu ka auf Flores. Scbeibendurcbmesser bis 40 Mill. und Kupang auf Timor (1S33, 1605). Cap York im nördlicben Australien. Dämel: Samoa- und Fidji- Inseln, Gräöo. Die Spiritusexemplare sind meist blassgelb mit Spuren V. Martens: Die Ophiuriden des indischen Oceans. 245 von dunkleren Augenflecken ; ziemlich auffällig sind diese bei meinen Exemplaren von Fiorcs und Timor. Ein un- gewöhnlich grosses und lebhaft gefärbtes Exemplar dieser Art, dunkelgrün mit zahlreichen kleinen weissen schwarz- eingefassten Flecken, von Cap York, ist die von mir in den Monatsberichten der Berliner Akademie 1867. S. 345 beschriebene Ophiocoma ocellata. Diese Art unterscheidet sich, wie Lütkcn am angeführten Orte auseinandersetzt, merklich von den übrigen Ophiarachnen Müllers und wenn sie als erstaufgeführte Art diesen Gattungsnamen beibe- hält, so müssen die übrigen ausgeschlossen und zur Gat- tung Pectinura Forb. gebracht werden. Fectinura infernalis (Ophiarachna) M. Tr. Indischer Ocean, Leidner Museum. Zamboanga auf Mindanao und Amboina (1473, 1755). Die dunkeln Querbinden der Arme nehmen bei einigen Exemplaren nur einen oder anderthalb Schilder ein und auf dem folgenden Schilde finden sich zwei schwarze Flecken. Bei andern nehmen sie drei Schilder ein und sind schwarz umsäumt. Meist nur 7 Armstachcln. Pectinura Gorgonia (Ophiarachna) M. Tr. Port Na- tal, Ljungman ; Mossambique, Peters; Zanzibar, Lyman. Samoa-Inseln, Ljungman und Gräffe ; Fidji-Inseln, Gräffe. Pectinura septemspinosa Kühl et v Hasselt, M. Tr. Molukken, Leidner Museum. Pectinura stellata (Ophiarachna) Ljungman 1. c.p. 305. Singapore, Knoll im Stockholmer Museum, b) Ophiolepididae. Ophiolepis cincta M. Tr. Rothes Meer, Ehrenberg; Aden, Wiener Museum; Zanzibar, Lyman; Mossambique, Peters. Mambulao, Prov. Camarines; Norte, Luzon, F. Jagor im Berliner Museum (1736). Laren tuka aufFlo res und Amboina, v. Martens (163, 1747.) Fidji-Inseln, Ljungman und GrälFe ; Gesellschaftsinseln, Lyman. Lyman unterscheidet von dieser Art noch eine Opb. Garretti von den Kingsmill-Inseln, p. 61. Taf. 2. Fig. 4, weil die Arme länger, die Mundschilder kürzer und die obern Armplatten mikroskopisch granulirt seien. Die Arme geben Müller und T rose hei allerdings nur „2V2tnal 246 V. Martens: SO lang als die Scheibe" an, an ihren eigenen Exemplaren im Berliner zoologischen Museum aber sind sie bis 3V2nial so lang und unter den von mir gesammelten kleineren Exemplaren sind sie 5V2nial so lang als der Scheiben- durchmesser, bei Lyman's Oph. Garretti 6V2niah Die Mundschilder sind nach Müller und Troschel ö. 90 ^ebenso breit wie lang^ und Ly man sagt von Garretti: mouth shields as broad as long, hierin ist also kein Un- terschied; abgebildet hat er sie nicht. Endlich zeigen die Armplatten auch an cincta bei Betrachtung mit einer starken Lupe einzelne Höcker. Somit scheinen die Un- terschiede zwischen beiden sehr gering. Ophiolepis ammlosa Blainv. M. Tr. Herklo ts Bydra- ger tot de Dierkunde IX. 1869. pl. 4. fig. 2. Rothes Meer, Ehrenberg. Zanzibar, Lyman; Mossambique, Peters- In- discher Ocean, Sal. Müller im Leidner Mus. (Celebes?); Schönlein im Berliner Museum. Laren tuka auf Flores. V. Martens (1604), Timor und Neuguinea, Ljungman. Sa- moa-Inseln, Gräffe, c) Amphiuridae. Ophioplocus imbricaius (Ophiolepis) M. Tr. Herklots 1. c. pl. 5. fig. 1. Zanzibar und Mossambique, Lyman; He de France, Lamare Picquot im Berliner Museum. Niko- baren, Beim. Mambulao auf Luzon, Jagor (1898). Batjan (Molukken), Larentuka (Flores) und Kupang (Timor) V. Martens (1732 und 1628). Neuguinea, Sal. Müller im Leidner Museum. Kingsmill-Inseln, Lyman; Wallis-Inseln, Ljungman; Samoa-Inseln, Ljungman und GräfFe; Fidji In- seln, Gräffe. Die fünf strahlige Zeichnung auf dem Scheibenrücken ist bei den mir vorliegenden Exemplaren theils minder breit als in der Abbildung bei Herklots, theils ganz in einzelne Flecken aufgelöst. Ophionereis dubia M. Tr. (Ophiolepis.) Description de l'Egypte, Rad. pl. 1. fig. 3. Rothes Meer. Ich glaube diese Art in einer Ophiure wiederzufinden, welche das Berliner zoologische Museum durch F. Jagor erhalten hat und deren Beschreibung hier folgt : Scheibenrücken fein gekörnt; an der Stelle der Radialschilder feine Die Ophiuriden des indischen jDceans. 247 längliche Vertiefungen. Fünf Mundpapillen beiderseits in jeder Mundspalte. Mundschilder kreisrund, ungetheilt. Genitalspalten vom Mundschild bis nahe zum Scheiben- rand sich erstreckend, durch beinahe die ganze Breite des Radialschilds von einander getrennt. Obere A.rm- schilder halbkreisförmig, mit aboraler Convexität, die zwischen ihnen bleibenden seitlichen Lücken durch je ein Hülfsschild ausgefüllt, wie bei Opiopholis scolopen- drica. Drei Armstacheln, alle etwas länger als die Arm- schilder, der mittlere der längste. Untere x\rmschilder nahezu quadratisch, nur der aborale Rand öfters eingebo- gen; gegen die Spitze der Arme zu werden sie länger als breit. Eine breite fast kreisrunde Tentakelschuppe. Scheibenrücken hellrothbraun mit zahlreichen weissen runden Flecken. Oberseite der Arme hellbraun mit einem etwas dunkleren mittleren Längsstreifen, welcher selbst wieder eine Reihe heller Flecken enthält; durchschnitt- lich auf dem sechsten Schilde eine dunkle Querbinde. Scheibendurchmesser 9, Armlänge 64 Millimeter. Java, F. Jagor (Berl. zool. Mus. 1753). Ophionereis squamata Ljungman, Fidji-Inseln., Gräffe ; Sandwich-Inseln, Kinberg. ^ Ophionereis crassispina Ljungman. Sandwich-Inseln, Kinberg. Amphipholis depressa Ljungman. Zwischen Batavia und Singapore, Kinberg. Amphipholis integra Ljungman. Port Natal, Wahl- berg. Amphipholis hastata Ljungman. Mossambique, G. v. Düben. Amphipholis impressa Ljungman, Zwischen Batavia und Singapore, Kinberg. Ophiophragmus gibbosus Ljungman, Port Natal, Wahlberg. Ophiophragmus echinatus Ljungman. Zwischen Ba- tavia und Singapore, Verngren. Amphiura divaricata Ljungman. Ebenda, Kinberg. Amphiura Candida Ljungman. Mossambique, G. v. Düben. 248 V. Härtens: Amphiura Capensis Ljungman. Port Natal, Wahlberg. Cap, Kinberg. Ophiocentrus aculeatus Ljungman. Zwischen Ba- tavia und Singapore^ Kinberg. Scheibenrücken weich- häutig mit Stacheln. Keine Tentakelschuppen. Ophiactis sexradia Grube Wiegm. Archiv 1857. = O. Reinhardti Lütken (1859), Rothes Meer, Steud- ner im Berl. Mus.; Zanzibar, Lyman. Ile de France und Port Natal, Ljungman. Nicobaren, Behn. Singa- pore und Batjan, v. Martens (1580, 1730). Samoa- und Fidji-Inseln, Gräfte. Tonga-, Gesellschafts- und Sand- wich-Inseln, Lyman und Ljungman. Meist sechsstrahlig; ein Exemplar von Singapore hat 5 Strahlen. Ophiactis maculosa n. sp. Scheibe kreisrund, in der Peripherie mit zahlreichen Stacheln besetzt. Mundschilder kreisförmig, nicht untereinander zusammenhängend. Obere Armschilder breiter als lang, mit convexem aboralen Rand ; untere Armschilder quadratisch. Je vier kurze Armstacheln, nicht länger als die Armschilder, meist gleich lang, aber die obern etwas in die Höhe gerichtet, zunächst der Basis der Arme bald der zweite allein, bald der zweite und dritte merklich länger als die übri- gen. Farbe blassgrün ; auf der Scheibe einige rundlich dunkelgrüne Flecken, auf der Oberseite der Arme breite dunkelgrüne Querbänder, welche meist je 2 Schilder einnehmen und um 3 — 5 Schilder voneinander abstehen; zuweilen sind dieselben weiss umsäumt. Durchmesser der Scheibe 3, Armlänge 18 Mill. Südchinesische See, zwischenSingapore und Bangkok, in 8^ nördl. Breite, 105^ östl. Länge, aufgefischt (Berl. zool. Mus. 1729). Ophiactis incisa n. sp. Scheibe zwischen den Armen in stumpfen Winkeln ausgeschnitten, so dass der kleinere Halbmesser ^4 des grössern beträgt. Die Stacheln auf dem Scheibenrücken keulenförmig, 2 — 3mal so lang als dick. Radialschilder gekörnt, gegen die Peripherie zu paarweise sich berührend, im grössern Theil der Länge von einander getrennt. Je zwei Mundpapillen jederseits in jeder Mundspalte. Die Mundschilder bilden keinen zu- Die Ophiuriden des indischen Oceans. 249 sammenhängenden Kreis. Fünf Arme, die Schilder ihrer Oberseite gekörnt, durchschnittlich doppelt so breit als lang, ihr adoraler Rand gerade, der aborale nur in der Mitte etwas convex. Schilder der Unterseite der Arme ebenfalls gekörnt, so lang wie breit, mit halbkreisförmi- gem aboralem Rand, gegen die Spitze der Arme zu sechseckig. Armstacheln je 7, stumpf und breit, von oben nach unten plattgedrückt, die obern so lang wie die Rük- kenschilder, die untern etwas kürzer. Eine Tentakel- schuppe. Scheibe oben schwärzlich grün mit helleren Flecken am peripherischen Ende der Radialschilder, unten blass gelblich; Oberseite der Arme mit spärlichen un- regelmässigen helleren Fecken, Armstacheln einfarbig. Scheibendurchmesser 6, Armlänge 30 Millimeter. Singapore und ßatjan (Berl. zool. Mus. 1838 und 1731); Java, Jagor im Berl. Museum (1754). Chinesi- sche See in S^ Nordbreite und einer Tiefe von 40 Faden aufgefischt (Berl. zool. Mus. 1830). Ophiactis Savignyi M. Tr. (Ophiolepis) Descr. Eg. 2, 4, 5. Rothes Meer? Ophiactis fragilis Ljungman. Gesellschafts- und Freundschafts-Inseln. Ophiactis carnea Ljungman. Port Natal, Wahlberg. Ophiacantha Indica Ljungman. Zwischen Batavia und Singapore, Kinberg. Ophiomyxa brevispina n. sp. In einer von Hrn. v. Rosenberg auf Amboina zusammengebrachten Sammlung, welche im Uebrigen einige der bekannteren Arten des Archipels enthält, finde ich eine Art dieser Gattung, welche bei grosser Aehnlichkeit mit derjenigen des Mit- telmeers sich dadurch unterscheidet, dass die Stacheln, von der Wurzel der Arme an nur vier in jeder Reihe, so kurz sind, dass sie nicht einmal bis zum Ansatz der nächsten Reihe reichen, sowie dass sie glatt und stumpf sind; die Form der Mundschilder, welche der sie überzie- henden Haut wegen ohne Verletzung des einzigen Exem- plars schwer zu erkennen ist, scheint mehr breit als lang zu sein. Alle Mundpapillen sind mit einem dünnen wie glasartigen vielfach ausgezackten Saume versehen. Farbe 25U V. Martens: des Spiritusexemplars schmutzig dunkelbraun mit helleren Flecken auf dem Scheibenrücken und Ringbändern auf den Armen; Unterseite blass, nur die zwischen den Ar- men liegenden Scheibentheile der Unterseite so dunkel wie der Rücken. Durchmesser der Scheibe 20, Armlänge 91 Mill. (ßerl. zool. Mus. 1513). Vielleicht ist die von Lütken, additara. III. S. 45 (27) in der Note kurz erwähnte Ophiomyxa von den Fidji-Inseln dieselbe Art. d) Ophiocomidae. Ophiocoma Valenciae M. Tr. Rothes Meer, Lord A^alencia. Aden, Portier; Zanzibar, Lyman; Mossambique, Peters; Port Natal, Wahlberg. Samoa- und Fidji-Inseln Gräffe. OphioGorna scolopendrina Lam. M. Tr. Rothes Meer, Ehrenberg. Zanzibar, Lyman und v. d. Decken (Berl. Museum 1828). Mossambique, Peters. Nikobaren, Behn. Indischer Occan, Sah Müller, ßankastrasse, Brandt im Berliner Museum (Nr. 1844) Sing apo re, Pulotikus bei Benkulen (Sumatra), Palabuan (an der Süd Westküste Javas), Laren tu ka (auf Flores), Timor undAmboina V. Martens ; Batavia und Mambulao auf Luzon, F. Jagor (Nr. 1619, 1618, 1616, 1603, 1617) Neuguinea und Kings- mill*Inseln, Lyman. Samoa-Gruppe, Ljungman und Gräffe. Fidji-Inseln Gräffe. Ophiocoma erinaceus M. Tr. Rothes Meer, Ehren- berg. Zanzibar, Lyman; Mossambique, Ljungaian. Ile de France, Michelin (Oph. nigra). Seychellen , Pariser Museum. Mambulao auf Luzon, F. Jagor (1737). Zam- b o a n g a auf Mindanao, Ternate, BatjanundAmboina V. Martens. Kingsmill-Inseln, Lyman ; Fidji-Inseln, Gräffe; Samoa-Gruppe, Ljungman, Gräffe. Otaheiti, Lütken. Sand- wich-Inseln, Lyman. Diese beiden Arten sind nahe unter sich sehr ähnlich undnicht immer leicht von einander zu unterscheiden. Von Flores und Timor habe ich Exemplare von scolopendrina mitgebracht, welche auf der Oberseite beinahe ganz schwarz sind, wie erinaceus. Auf Timor habe ich umgekehrt ein ganz blassbraunes Exemplar von scolopendrina gefunden. Die Die Ophiuriden des indischen Oceans. 251 Unterschiede in der Form der Armschilder, sowie ob die obe- ren, stets dickeren und stumpferen Armstacheln etwas mehr oder weniger länger sind, als die untern, sind sehr fliessend. Selbst die Anzahl der Ambulakralschuppen wechselt bei demselben Exemplar an demselben Arme; in der Regel sind zwei vorhanden, oft aber auch stellenweise nur Eine. Ophiocoma Schönleinii, M. Tr. von Celebes, aus der Schönlein'schen Sammlung, unterscheidet sich von erinaceus nur dadurch, dass an den Armen, soweit sie nicht der Scheibe noch angehören, nur Eine Ambula- kralschuppe vorhanden ist; eine ähnliche ebenfalls ein- farbig schwarze mit je nur Einer Schuppe habe ich von Zamboanga mit der ächten erinaceus, aber bei derselben sind die untern Armschilder quadratisch mit abgerundeten Ecken, während sie bei erinaceus und Schönleinii etwas breiter als lang sind, freilich auch nur im ersten Theil der Arme, während sie gegen die Spitze zu ebenfalls qua- dratisch werden; endlich zeigt jene abweichende Form von Zamboanga auch radial gestellte Anschwellungen auf der Scheibe. Trotzdem möchte ich weder diese noch Schönleinii von erinaceus trennen. Ophiocoma Wendtii M. Tr. scheint mir dagegen nach dem Orginalexemplar mit der westindischen Riisei Lütk. identisch. OpJnoco7na alternans m. Durchmesser der Scheibe zum Durchmesser der Arme =1:6. Scheibe oben gleichmässig gekörnt, die Interbrachialräume an den Seiten etwas eingezogen. Mundschilder breiter als lang. Rücken- schilder der Arme breiter als lang, abgestutzt herzförmig, nach dem adoralen Rande zu verschmälert, ihr aboraler Rand schwach convex. Bauchschilder der Arme nahezu quadratisch, an den Seiten etwas eingezogen. Stacheln an den Seiten der Arme wechselnd zu drei oder vier, indem der oberste unter den vier, welcher zugleich der bei weitem längste und stärkste ist, 3mal so lang als die Breite der Armschilder, in der zweiten, vierten, sechsten Reihe spurlos fehlt, öfter auch in zwei Reihen hinterein- der, so dass erst die dritte wieder vier hat. Die drei andern Stacheln nehmen von oben nach unten unbedeu- tend an Länge ab ; zuweilen, namentlich gegen das Ende 252 V. Mart ens: der Arme liin^ fehlt auch einer von ihnen. Eine Schuppe am Tentakelporus. Färbung schwarz und weisS; Rücken der Scheibe schwarz, mit mehreren weissen Flecken in der Nähe der Mitte. Unterseite weiss, die Mundschilder in ihrem mitt- leren Theil schwärzlich, wie bei 0. scolopendrina. Rücken- schilder der Arme dicht schwarz punktirt mit einem grossen weissen Fleck am aboralen Rande ; zuweilen auch an den Seitenrändern weiss ; selten ein kleinerer weisser Flecken in der Mitte. Bauchschilder der Arme weiss. Stacheln oft mit einem schwärzlichen Längsstrich. Scheibe 7 Mill. im Durchmesser. Palabuan an der Wynkoopsbai, an dem südwest- lichen Ende von Java (1902). Die nur abwechselnd vorkommenden, auffallend grossen und dicken etwas keulenförmigen Stacheln erin- nern an Ophiomastix, sind aber an ihrem oberen Ende einfach. Ophiocoma picta M. Tr. Herklots in ßydragen tot de Dierkunde, 9. Lief. Taf. 5. Fig. 2. Java, Kühl und Hasselt im Lejdner Museum. Ophiocoma brevipes Peters Monatsberichte Berl. Akad. 1851. p. 463. Troschel's Archiv f. Nat. 1852. p. 85. Mossambique, Peters. Kingsmill-Inseln, Lyman ; Samoa- und Fidji -Inseln, Gräffe (nach Lütken = squamata Lam., M.Tr.) Ophiocoma dentata Lütken (nicht der gleichnamige von M. Tr. nach Ljungman). Nikobaren und Keeling- Inseln. Ophiocoma lineolata Desjardins M. Tr. Rothes Meer, Ljungman. Ile de France, Desjardins im Berliner Mu- seum. Java, Pariser Museum. Fidji-Inseln, Gräffe; Kings- mill und Sandwich-Inseln, Lyman; Gesellschafts -Inseln, Ljungman. Nach Lütken würde zu dieser Art auch O. pica M. Tr. gehören. Ophiocoma ternispina n. sp. Scheibe dicht und sehr fein granulirt, seitlich von den Armen leicht ausgebuch- tet. Mundschilder 172nial so lang als breit, am adoralen Ende abgestutzt, ihre grösste Breite nahe dem aboralen Die Ophiuriden des indischen Oceans. 253 Ende, dieses Ende selbst aber wieder sehr schmal, schma- ler als das adorale, nur eine schmale Brücke zwischen den beiderseitigen Genitalspalten bildend. Keine Granu- lation zwischen den Mundschildern und den Mundpapil- len; diese über den Zähnen unregelraässig angehäuft. Zahnpapillen in drei Reihen. Rückenschilder der Arme doppelt so breit als lang, mit abgerundetem aboralen Rande. Bauchschilder der Arme ungefähr so lang als breit, ihre grösste Breite nahe dem aboralen Rande, welcher etwas convex ist; Seitenränder schwach eingebuchtet, Armsta- cheln jederseits in drei Reihen, nur ganz nahe der Scheibe stellenweise in vier, doppelt so lang^ als die Rückenschilder der Arme, die obern etwas kürzer und dicker. Zwei Schuppen am Tentakelporus. Farbe (in Spiritus) hellbraun. Oberseite der Scheibe einfarbig, Rückenschilder der Arme mit zwei schwarzen oder durkelbraunen Flecken am adoralen Rande, welche gegen die Mitte des Schildes zu convergiren und sich öfters bogenförmig verbinden; ausserdem in der Mitte des aboralen Randes oft auch zwei kleine Flecken, wel- che ebenfalls öfters nach der Mitte des Schildes zu sich bogenförmig verbinden, so dass sie mit den vorhergenann- ten eine Xförmige Zeichnung bilden können, deren abo- rale Schenkel aber stets kleiner und näher beisammen sind als die adoralen. Bauchschilder der Arme einfarbig. Armstacheln mit 3 — 4 schwarzen oder braunen Ringen, Mundschilder iäugs ihrer Mitte schwärzlich, an beiden Seiten blass. Durchmesser der Scheibe 0,0175, Armlänge 0,056 Mm. Larentuka auf der Insel Fl eres (Berl. Mus. 1815). Verwandt in Habitus und Färbung mit 0. brevipes Peters, aber von diesem wie von den anderen Ophicomen durch die geringere Anzahl der Reihen von Armstacheln verschieden. Ophiomastix anrmlosa Lam. M. Tr. Lütk. add. III. p. 23 (41). Keeling-Insel und Nikobaren, Behn. Java, Leidn. Mus. Auf Amboina, Larpntuka auf Flores und zu Kupang auf Timor von mir gesammelt (1330, 1818, 1629). Ein kleines Exemplar von Timor, Scheibendurch- messer 7 Mill., (die grössten von Amboina haben 18 Mill.), 264 V, Martens: zeigt verhältnissmässig weniger Stacheln auf der Scheibe: Radialschilder sind nicht zu unterscheiden. Obere Arm- Schilder ungeführ so lang wie breit^ unten im Allgemeinen etwas länger als breit^ einzelne aber auch nicht länger als breit. Die obern Armstacheln etwas länger als die untern und länger als die obern Armschilder. Ambula- cralschuppeii meist einzeln. Die Färbung dieser Art zeigt auf grauem Grunde eine scharfmarkirte braunschwarze Zeichnung, auf dem Scheibenrücken volle Flecken und Punkte, auf den Mund- schildern je ein Viereck^ auf den unteren Armschildern ein Viereck mit einem Funkt in der Mitte, auf den oberen Armschildern mittelständige rhombische und seitliche dreieckige volle Flecken, auf den Armstacheln Querbän- der. Die Zeichnung in der Herklots'schen Abbildung Bydragen tot de Dierkunde IX, 4, 1. weicht ziemlich da- von ab. Ophiomastix venosa Peters Monatsberichte Berliner Akad. S. 83. Mossambique, Peters ; Zanzibar, Lyman. Ophiarthrum elegcms Peters 1. c. p. 82. Mossambi- quC; Peters; Zanzibar, Lyman. Auf Amboina und zu Kupang auf Timor von mir gesammelt, frisch purpur- roth (1334. 1626). Samoa-Inseln, Ljungman und Gräffe ; Gesellschafts-Insoln ; Lyman. Fidji-Insein, Gräffe. e) Ophiotrichidae. OpMothrix. a) Arten, deren Scheibe mit Stacheln oder C^'^lin- derchen besetzt ist. Ophiothrix longipeda Lam. , M. Tr. Herklots 1. c. Taf. 7. Radialschilder gekörnt, x\rme sehr lang, etwa 20mal so lang als der Durchmesser der Scheibe, 6 Arm- stacheln. Farbe der von mir auf Timor beobachteten im frischen Zustand ziegelroth, in Spiritus hell violett. Sehr zahlreiche (in Spiritus dunkelviolette) kleine Flecken auf dem Rücken der Scheibe und der Arme, weit mehr als auf der Abbildung angegeben. Rothes Meer, Ljungman. Ile de France, Pariser Museum. Nikobaren, Behn. Sin- gapore, Amboina, Timor und Zamboanga auf Mindanao v. Martens (1757, 1332. 1500. 1649). Samoa- Die Ophiuriden des indischen Oceans, 255 Inseln, Lyman und Gräfte; Fidji-Inseln, Ljiingman und Gräfte ; Gesellschaft-Inseln^ Ljungman. Ophiothrix triglochin M. Tr. Zwei- oder dreizackige Fortsätze auf der Scheibe^ einzelne solche auch auf den Radialschildern. 6—7 Armstacheln. Port Natal, Wahl-, berg im Stockholmer und Berliner Museum (1558). Si- monsbai am Cap, Kopenhagener Museum. Ophiothrix striolata (Grube) Lütken add. III. p. 33. (57) Chinesische See (Salmin), Neu- Guinea (Brandt) im Kopenhagener Museum. Ophiothrix elegans Lütken ebenda. Chinesische See, Salmin. Ophiothrix hirsuta M. Tr. Stacheln in den Inter- radialräumen der Scheibe. Arme lang. Armstacheln zahl- reich, bis 10, der oberste und die drei untersten kurz. Blassgrau mit dunkler violetten Bändern, welche auf der Scheibe radial verlaufen, auf den Armen Querbinden bil- den und ausserdem mit zahlreichen dunkelvioletten Punk- ten, die Stacheln blass. Rothes Meer, Hemprich und Ehrenberg im Berliner Museum. Zanzibar, v. d. Decken, ebenda (1635). Lyman's Oph. Chenlyi, ebenfalls von Zanzibar, scheint mir mit dieser Art zusammenzufallen. Ophiothrix carinata m. Der vorigen verwandt, die Scheibe mit stumpfen Cylinderchen besetzt, sowohl auf den Radialschildern als im übrigen Theil. Mundschilder breiter als lang, mit convexem aboralen Rande und ado- raler Spitze, Genitiilspalten nur durch eine schmale Brücke geschieden, wie bei O. hirsuta. Obere Armschilder mit einem Längskiel in ihrer Mitte, ihr adoraler Rand in eine Ecke vorspringend. Armstacheln zu fünf, glän- zend, stark echinulirt, die beiden obern drei bis sechsmal so lang als die Rückenschilder breit (bei hirsuta dreimal so lang), die folgenden stufenweise kürzer. Farbe blass- grau, der Kiel der obern Armschilder heller, jederseits von einer dunkleren violetten Linie begleitet. Scheiben- durchmesser 8, Armlänge 35 Mill. Singopore, v. Martens (Berliner zoolog. Museum No. 1752.) 256 V, Härtens: Ophiothtix pitrpurea Martens, Monatsberichte d. Ber- liner Akademie 1867. S.346. Scheibe mit Ausnahme der 10 nackten dreieckigen Radialschilder von zahlreichen stumpfen kurzen Stachel- chen und von einer Interbrachialreihe langer spitziger Stacheln, kürzer als die Armstacheln, besetzt. Mundschil- der viel länger als breit, mondförmig, am pheripherischen Rande eingebuchtet. Obere Armschilder regulär fünf- eckig, die Spitze nach der Armspitze zu gerichtet und die Basis des folgenden deckend. Untere Armschilder durchschnittlich so breit wie lang, in der Mittellinie er- haben, in der Mitte des aboralen Randes eingekerbt. Arm- stacheln in drei Reihen, schwach echinulirt, die obersten die längsten, 3 — 4mal so lang als die Rückenschilder der Arme. Die Radialschilder blass, mit dunkelpurpurnen Linien eingefasst, welche somit auf der Scheibe einen zehnstrah- ligen Stern und ein denselben umschreibendes Zehneck mit concaven Seiten bilden. Mittellinie des Armrückens ebenso dunkelpurpurn, und eine Querlinie gleicher Farbe auf jedem Schilde desselben zwischen den Stacheln. Obere Armstacheln heller purpurroth, die unteren und die Stacheln der Scheibe weisslich. Scheibendurchmesser 12, Armlänge 75 Mill. Amboina, v. Martens. Drei Exemplare. Zoologi- sches Museum in Berlin, No. 1331. Ophiothrix viridialha v. Martens, Monatsberichte d. Berl. Akad. 1867. S. 347. Scheibe fein granulirt, mit nackten Radialschildern, welche am äussern Ende etwas eingebogen sind, und mit langen beweglichen Stacheln, denen der Arme ähnlich, in zehn von der Mitte zum Rande ausstrahlenden Reihen, in den den Armen entsprechenden Reihen minder zahlreich als in den damit abwechselnden. Mundschilder breiter als lang, dreiseitig mit abgerundeten Ecken, in der Mitte vertieft. Obere Armschilder viereckig, länger als breit, stumpf gekielt; untere so lang wie breit, mit stark con- vexem aboralen Rande. Armstacheln stark echinulirt, seidenglänzend, in 4 — 5 Reihen , v^erhältnissmässig lang, Die Ophiuriden des indischen Oceans. 257 die obern 5— Gmal so lang als die Schilder des Armrük- kens nnd doppelt so lang als die folgenden. Scheibenrücken und Armstacheln weiss, letztere an der Spitze schwarz. Rückenschilder der Arme lebhaft grün. Unterseite blassgelb. Scheibendurchmesser 10, Armlänge 38 Mill. Chinesische See, in 40 Faden Tiefe, v. Martens. Zwei Exemplare (zoologisches Museum in Berlin, No. 1499). Verwandt mit der westindischen 0/?/?. Sue7isoniLm' ken, aber durch die Anordnung der Stacheln auf dem Scheibenrücken, die Form der obern und untern Arm- schilder und die Färbung zu unterscheiden. Ophiotltrix trilmeata Lütken additam. bist, ophiurid , dritter Theil 1869. S. 40 (58) Zamboanga (1840) Sa- moa-Inseln im stillen Ocean, Godeffroy (1661). b) Arten, deren Schale granulirt ist. Ophiothrix punctoUmbata n. sp. Scheibe fünfeckig, grob gekörnt, die Radialschilder von derselben Körne- lung bedeckt, reichlich 2/3 des Radius einnehmend; die Körnelung erstreckt sich auch auf die untern Theile der Scheibe zwischen den Armen. Mundschilder rhombisch, breiter als lang. Brücke zwischen den Genitalspalten breit. Rückenschilder der Arme reichlich doppelt so breit als lang, ihr aboraler Rand gerade oder wenig ein- gebogen, der adorale nur halb so lang als der aborale. Armstacheln fünf, die drei oberen so lang wie 2V2 Arm- rückenschilder, stumpf, der vierte kürzer, der unterste noch kürzer und viel dünner, Bauchschilder der Arme quadratisch. Beiderlei Schilder der Arme gekörnt, die Bauchschilder etwas gröber. Färbung {m Spiritus) hell blaugrau, auf dem Schei- benrücken dunkle Flecke, auf den Rückenschildern der Arme der aborale und der adorale Rand mit dunkeln Punkten gezeichnet; durchschnittlich je der dritte Schild ganz oder halbseitig dunkelblau, sowohl an der Oberseite als an der Unterseite der Arme. Mundschilder weiss. Scheibendurchmesser 13, Armlänge 174 Mill. Java, F. Jagor (Berl. zool. Mus. 1749). Ophiothrix ciliaris M. Tr. Die Körnchen auf den Archiv für Naturg:. XXXVI. Jahrg. 1. Bd. I7 258 V. Martens: Radialschildern seltener. Armstacheln zu 5 — 6, haarförmig, seidenglänzend, doppelt so lang als die Breite der Arme. Aus dem indischen Ocean nach Ljungman. Ophiothrix aspidota M. Tr. Radialschilder glatt. Arm- stacheln zu 8 — 9, platt, die obern und mittlem zweimal so lang als die Arme breit. Indischer Ocean (Celebes?) aus der Schönlein'schen Sammlung im Berliner Museum. Ophiothrix rotata n. sp. Radialschilder dreieckig, gross, über 2/3 des Halbmessers der Scheibe einnehmend, die interbrachialen Zwischenräume zwischen den Paaren derselben nur wenig breiter als die brachialen Zwischen- räume zwischen den beiden Radialschildern desselben Paars ; alle Zwischenräume etwas mehr erhaben als die Radialschilder, daher das Bild eines Rades mit 10 Spei- chendarstellend; Radialschilder und Zwischenräume gleich- massig granulirt. Unterseite der Scheibe zwischen den Armen mit feinen Stacheln besetzt. Mundschilder beii- förmig, der adorale Rand einen abgestutzten Winkel bil- dend, der aborale stark convex. Genitalspalten breit, mit bogenförmig divergirenden breiten Leisten an ihren En- den und nur durch eine schmale Brücke von einander getrennt. Obere Armschilder anderthalbmal so lang als breit, ihr aboraler Rand leicht concav und anderthalbmal so lang als der adorale. Untere Armschilder zunächst der Scheibe nahezu quadratisch, weiterhin etwas länger als breit, alle mit deutlich eingebogenem aboralen Rand. Armstacheln zu 6 — 7, stark echinulirt, die obern fast 4mal so lang als die Arme breit, die untersten beträcht- lich kürzer. Eine kurze Ambulacralschuppe. Farbe blass violettgrau mit dunkelblauer Zeichnung : auf dem Scheibenrücken einzelne dunkelblaue Punkte, auf jedem Radialschild ein grösserer dunkelblauer Flek- ken an der dem zugehörigen desselben Paars zugewand- ten Seite. Von den obern und untern Armschildern ist durchschnittlich je der dritte oder vierte dunkelblau, zu- weilen folgen aber auch zwei blaue unmittelbar aufeinan- der. Unterseite der Scheibe mit den Mundschildern und die Armstacheln blass. Scheibendurchmesser 7, Armlänge 35 Mill. Die Ophiuriden des indischen Oceans. 259 Zamboanga auf Mindanao. Ein Exemplar (Berl. zool. Mus. 1748). Das der Madreporenplatte zugehörige Mundschild ist merklich grösser, an den Seiten nicht eingebuchtet und weiss, nicht wie die andern violett. c) Arten, deren Scheibe beschuppt ist. Ophiothrix nereidina Lam. M. Tr. Arme lömal so lang als der Durchmesser der Scheibe, Armstacheln zu 7, die mittlem länger als die Arme breit, Ile de France und Singapore, Ljungman. Südsee, Peron im Pariser Museum. Ophiothrix propinqua Lyman, Kingsmill-Inseln. Ophiothrix clypeata Ljungman. Ofvers. K. Vetensk. Acad. Förhandl. Stockholm 1866. p. 163. Aehnlich der folgenden, aber die Schuppen des Scheibenrückens mit zerstreuten Körnchen bedeckt. Unterseite der Scheibe nackt. Arme 4— 5mal so lang als der Scheibendurchmes- ser. Singapore. Ophiothrix cataphracta n. sp. Der Scheibenrücken mit Schuppen besetzt, welche mehr oder weniger lanzett- förmig sind und radiale Reihen bilden; vier solche Rei- hen zwischen den Radialschildern, bei jüngeren Exempla- ren nur zwei Radialschilder gross, ^/s ^^^ Scheibenhalb- messers einnehmend, dreieckig, die zugehörigen dessel- ben Paares durch eine Schuppenreihe getrennt. Weder die Schuppen noch die Radialschilder granulirt. In der Mitte der Scheibe kurze Stacheln. Unterseite der Scheibe mit kurzen Stacheln besetzt. Mundschilder brei- ter als lang , der adorale Rand eine vorspringende Spitze bildend, der aborale Rand leicht convex. Die Ge- nitalspalten hinter den Mundschildern durch eine schmale Brücke getrennt, welche schmäler oder ebenso schmal als die halbe Breite der Armschilder ist, und zwei pa- rallele Leisten bildet. Die Arme sehr lang; die obern Armschilder doppelt so breit als lang, mit geradem adoralen Rand ; der aborale Rand ist meist in der Mitte ein wenig eingebogen, im Uebrigen gerade und etwa doppelt 30 lang als der adorale; untere Armschilder 260 V. Märten s: granulirt, nahezu quadratiscli mit abgerundeten Ecken, die der Scheibe zunächst liegenden etwas "breiter als lang. Eine kleine schmale Ambulakralschuppe. Armsta- cheln zu fünf oder sechs; der oberste klein und oft feh- lend, die nächsten 6 — 8mal so lang als die Arme breit, der unterste schlanker und kürzer. Farbe hellviolett mit dunkelvioletter Zeichnung: die Schuppen des Scitenrückens dunkclviolett eingefasst, auf den Radialschildern dunkelviolette Radiallinien und nach dem Seitenwinkel zu dunkelviolette Ringe. Auf jedem Rückenschilde der Arme ein weisses dunkelviolett einge- gefasstes Querband, welches dem adoralen Rande näher liegt als dem aboralen. Die untern Armschilder in der Mitte dunkler violett als an den Seiten. Armstacheln blass mit einer dunkelvioletten Längslinie. Ambulakral- schuppen weiss. Scheibendurchmesser 16, Armlänge 240 Mill. Singapore (Berl. zool. Mus. No. 1758). Nahe verwandt mit den vorher genannten, aber bei allen dreien sollen die Schuppen des Scheibenrückens granulirt sein, bei propinqua überdies 5 — 7 Schuppen- reihen in jedem Interbrachialraum zwischen den Radial- schildern, bei clypeata die Unterseite der Scheibe nackt, die Mundschilder anders gestaltet, die Arme kürzer, nur 4— 5mal so lang als der Scheibendurchmesser. Ophiotltrix triloba n. sp. Scheibe eingeschnitten, oben mit kleinen Schüppchen bedeckt. Radialschilder gross, gebogen, zwei Drittel des Halbmessers einneh- mend, die zwei zusammengehörigen eines Paares durch mehrere Schuppenreihen von einander getrennt, ihr zuge- wandter Rand concav. Das äussere Ende des Radial- schilds erhebt sich ein wenig und bildet einen abgerunde- ten Lappen, wie auch bei Oph. longipeda. Mundschilder breiter als lang, Brücke zwischen den Genitalspalten sehr schmal. Obere Armschilder anderthalbmal so breit als lang, ihr adoraler Rand dreilappig. Armstacheln zu 6, die drei obern länger, viermal so lang als die Arme, breit, platt, die drei untern kürzer. Untere Armschilder Die Ophiiiriden des indischen Oceans. 261 etwas breiter als lang, sechsseitig. Keine Ambulakral- schuppe. Oberseite der Scheibe und der Arme (in Spiritus) violettblau, ziemlich gleichfarbig; das äussere Ende der Radialschilder weiss, die Mundschilder ebenfalls weiss. Die Mitte der obern Armschilder etwas dunkler, die mitt- lere Spitze des aboralen Randes auffällig blass; untere Armschilder weiss mit kleinen wenig zahlreichen blauen Punkten. Stacheln weiss, einfarbig. Scheibendurchraesser 9, Armlänge 80 Mill. Rothes Meer, von Dr. S teudn er gesammelt. (BerL zool. Mus. No. 1750). Die von Herklots als Ophiothrix serrata Kühl et van Hasselt 1. c. pl. 8 gegebene Abbildung vermag ich auf keine der von mir gesammelten Arten zu deuten. Die sehr langen schlanken Arme erinnern an cataphracta, die Abwechslung in der Färbung der Armstacheln passt aber nicht und die Bedeckung des Scheibenrückens ist aus der Abbildung nicht zu erkennen. Ophiocnemis marmorata Lam., M. Tr. Lütken addit. III. S- 21. (39.) Zanzibar, Lyman. Ceylon, von Reynaud. Nikobaren, Behn, Neuholland, von Peron imPariser Museum. Ophiocnemis obscura Ljungman. Ofvers. etc. 1867. S. 333. Malakkastrasse, A. Westeröö im Stockholmer Mu- seum. Java und Chinesisches Meer, Kopenhagener Mu- seum. Fidji-Inseln, Gräffe. Ophiogymna elegans Ljungman Ofvers. etc. 1866. S. 163. Singapore und Hongkong, Stockholmer Museum. Trichaster flagellifer Marteus. Siehe dieses Archiv Bd. XXXII. 1866. S. 87. (Berl. Mus. 1283 und 1324.) Astrophyton. „Indien" wird bei Müller und T ro- se hei für zwei Arten als Vaterland genannt, A. verrucosum Lam. und A. asperum Lam., ich habe aber bis jetzt im engeren Gebiet des indischen Oceans keinen einzigen speziellen Fundort einer Art dieser Gattung erfahren können, noch auch selbst eine solche gefunden. Die Ab- bildung von R u m p h, amb. rarit. Taf. 16, ist erst in Holland von Hrn. D'Acquet seinem Werke beigegeben worden, beweist also "nichts für das Vorkommen in Indien; der 262 V. Martens: Die Ophi urideu des indischen Oceans. Text Rumphs spricht von zweierlei Medusenhäuptern; eines davon gehört jedenfalls zu Coniatula, einer Gattung, die auch ich mehrmals im indischen Archipel aufgefischt habe; ob beide, wage ich nicht zu entscheiden, die Be- schreibungen lassen sich auch auf Astrophyton beziehen. Ein im Berliner Museum befindliches Exemplar von A. verrucosum soll Lichtenstein vom Cap mitgebracht haben; für A. asperum wurde neuerdings von S. A. de Morales Westindien, speziell die Bai von Matanzas (Cuba) als Vaterland angegeben. Die einzigen noch der indi- schen Meeresfauna in weiterem Sinne angehörenden Fund- orte von Astrophyton-Arten, die mir bekannt, sind Zan- zibar (Astr. clavatum Lyman) und der südliche Theil des rothen Meeres, wo Hr. Siemens unter 15^ N.Breite in der Tiefe von 15 Faden ein Exemplar am Telegraphen- kabel zwischen Suakim und Aden gefunden. (Berl. Mus. 1281.) Diese zwei Angaben machen denn doch das Vor- kommen der Gattung auch im indischen Archipel nicht unwahrscheinlich. Sonst ist sie hauptsächlich in den nordischen Meeren, doch auch im Mittelmeer (A. arbo- rescens), Westindien (muricalum u. a.), Californien (A. Caryi Lyman), Panama (A. Panamense Verrill) und Chile (A. Chilense Phil.) Ich benutze diese Gelegenheit, um in Bezug auf die vonLütken additam. IIL S. 47. (65) über Hemieuryale gemachten Bemerkungen zu antworten, dass die von ihm nach der Abbildung als Zähne gedeuteten Stücke die von mir angegebenen Mundpapillen sind ; Zähne kann ich an den zwei vorliegenden Exemplaren nicht sehen ; doch ist die Mundöflfnung sehr klein, so dass man ohne Verlet' zung keinen deutlichen Einblick in dieselbe erhält; A. Agassiz, der die Exemplare hier angesehen, blieb auch darüber zweifelhaft. Die ßadialschilder liegen kaum noch auf dem Rücken der Scheibe, sondern vielmehr in den ■> seitlichen Interbrachialräumen. Heber ein neues Fanithier. Von Dr. R. A. Philippi in Santiago. Hierzu Tafel III. Fig. 1 und 2. Von Faultbieren sind, so weit meine Kenntnisse reichen, folgende Arten beschrieben : a. mit nur zwei Zehen am Vorderfuss, Choloe- pus 111. 1. Bradypus didactylus L. b. mit drei Zehen am Vorderfuss, Pterygoidal- knochen geschwollen, hohl, blasenartig, Brady- pus sen. stric. 2. Er. crinitus Browne, tridactylus L., torquatus 111., von Guyana. 3. Br. afßnis I. E. Gray, nur der Schädel bekannt, von Brasilien. c. mit drei Zehen am Vorderfuss, Pterygoidal- knochen zusammengedrückt, dünn, Arctopithe- ces I. E. Gray. 4. Br. gularis Rüpp. (Ai ä dos brüle Buff.), Bolivia nach Bridges. 5. Br. marmoratus I. E. Gray, die gemeinste Art der englischen Sammlungen, Brasilien. 6. Br. Blainvillei I. E. Gray, tropisches Amerika. 7. Br. flaccidus I. E. Gray, Venezuela, Para. 8. Br. problematicus I. E. Gray, Para, nur das Skelet bekannt. 264 Philippi: Ueber die Unterschiede dieser Arten siehe I. E. Gray Zool. Proceed. 1849. p. 65 sq. Gray gibt den Namen Bradypus tridactylus ganz auf, indem er sagt, die kurze Beschreibung, welche Linne von seinem Br. tridactylus gegeben habe (Amoen. acad. p. 487), passe am besten auf Br. crinitus Browne oder torquatus 111., Cuvier, Desmarest und die meisten französischen Au- toren hätten aber alle zur Unterabtheilung Arctopithecus gehörenden Individuen für eine Art gehalten, nämlich für den Linne'schen tridactylus, und davon eine unbe- stimmte Beschreibung gegeben, um alle darin einschliessen zu können. Cuvier beschreibt im Regne animal ed. I. p. 217 diese Art also: sa couleur est grise, souvent tache- tee sur le dos de brun et blanc; plusieurs individus por- tent entre les ^paules une tache d'un fauve vif, que tra- verse une ligne longitudinale. Burmeister führt in seiner systematischen Ueber- sicht der Thiere Brasiliens vol. I. p. 265 sq. nur ßr. torquatus 111. und Br. tridactylus Cuv. auf, und rechnet zu letzterem als Synonym den Br. flaccidus Gray nach den Ann. nat. bist. 2. ser. V. p. 215, welches Werk mir nicht zugänglich ist, wogegen ihm Gray's Arbeit in den Zool. Proceed. unbekannt gewesen zu sein scheint. In einer Note p. 268 erwähnt er zweier andrer Arten, die nördlich vom Amazonenstrom vorkommen, nämlich 9. Bradypus cuculliger Wagler. Isis 1831. p. 605. Marcgr. bist. nat. Brasil, p. 221 und 10. Br. infuscatus Wagl. ibid. p. 611. Von diesen Wagler'schen Arten hat Herr Gray offenbar keine Kenntniss gehabt, und ist mir leider deren Beschreibung ebenfalls unzugänglich, so dass ich mich mit den kurzen Angaben bei Burmeister be- gnügen muss, nach denen aber keine der Wagler'schen Arten mit einer Gray'schen zusammenzufallen scheint, es müsste denn Br. affinis oder Br. problematicus sein, von denen Gray nur Schädel und Gerippe gesehen hat. Bradypus cuculliger soll von Marcgraf bist. nat. Brasil, p. 221 beschrieben sein, nach der Angabe bei Burraeister; Gray sagt dagegen , Marcgraf gebe p. 221 eine Copie der zweiten Figur von Clusius p. 373, lieber ein neues Faulthier. 265 welche seinen crinitus (lUiger's torquatus) vorstelle. Die Beschreibung, die Gray aus Marcgraf abschreibt, verstehe ich nicht ganz ; vielleicht ist sie voller Druckfehler, aber die Worte: „per colli longitudinem pilis jubae modo" scheinen auf Br. crinitus zu passen. Dieser Br. cuculliger nun hat einen schwarzen Scheitel und Nacken, einen braungrauen, heller weisslich gefleckten Leib, und das Männchen einen orangefarbenen Halskragen. — Br. infuscatus ist „noch dunkler braun gefärbt, mit Reihen heller Flecke in ähnlicher Weise geziert, und im Nacken beim Männchen auch mit einem gelben, schwarz geran- deten Fleck (soll das auch anzeigen, dass der Fleck einen Halskragen bedeutet? Ph.), selbst der helle, steif- haarige Gesichtskreis ist vorhanden, aber statt des schwar- zen Nackens ist nur ein schwarzer ßackenstreif, breiter als bei Br. tridactylus (flaccidus Gray) sichtbar.^ Ob dieser gelbe Fleck von kurzen, weichen Haaren gebildet ist, wie bei Br. gularis, ist nicht gesagt, aber wahrschein- lich. Es ist nicht zu ersehen, ob diese Arten zu Arcto- pithecus oder Bradypus sens. strictissimo gehören. Das Museum von Santiago hat in diesen Tagen einen männlichen Bradypus aus der Abtheilung Arctopithecus erhalten, der ebenfalls einen gelben Nackenflecken besitzt, aber in Färbung weder mit Br. gularis noch Br. cucul- latus, noch infuscatus übereinstimmt. Sein Gesicht ist mit ziemlich feinen anliegenden Häärchen bekleidet, die um Mund- und Nasenöffnung grau, an den Backen und der Stirn gelblich w^eiss sind, während ein braunschwarzer Streifen vor dem Auge anfängt, von dort über das Ohr sich fortzieht, und hinter demselben allmählich mit der braunschwarzen Färbung des Nackens sich vermischt. Seine Haare werden immer länger und steifer, je mehr er sich dem jSacken nähert. Die Haare des Scheitels sind braunschwarz, viel steifer und länger als die Gesichts- haare, aber nicht so lang wie die Körperhaare, und dabei nach vorn gerichtet, so dass sie wulstartig über die weisse Stirn hervorstehen. Die Haare unter dem Kinn sind hellbraun, und werden auf der Kehle allmählich länger und dunkler. Die Körperhaare sind über zwei Zoll lang, 266 Philippi: platt, bald weiss, bcald graubraun, so dass auf den Selten und den Extremitäten ein etwas geschecktes Ansehn ent- steht, wogegen Scheitel und Hinterkopf dunkelbraun ^ind, welche Farbe allmählich najch hinten heller wird; am hell- sten, fast weiss, ist die untere Seite des Bauches. Zwi- schen den Schultern und fast bis zur Mitte des Rückens erstreckt sich ein hellgelber Fleck, der von dicht anlie- genden Haaren gebildet ist, in der Mitte einen schwarzen Längsstreifen, und jederseits am Rande^ dicht an dem langhaarigen Pelz drei runde schwarze Flecke zeigt. Die ziemlich kurzen Haare dieses Fleckes sind sehr ver- schieden von den langen groben, platten Borstenhaaren, so wie von den w-eit längeren, weit feineren und wei- cheren, senkrecht aufgerichteten Wollhaaren, welche über- rall unter dem Borstenhaar stecken, und auf den hellen Körperstcllen weiss, auf den dunkleren aschgrau sind. — Jeder Fuss hat drei weisse, gleich lange Krallen. Von Bradypus infuscatus scheint sich unsere Art dadurch zu unterscheiden, dass der gelbe Fleck durchaus nicht im Nacken sitzt, und nicht schwarz gerandet, die Färbung auch nicht sehr dunkelbraun ist. (In meiner Abbildung erscheint die Färbung in Folge des Schattens dunkler als sie bei auffallendem Licht ist). Der gelbe Rückenlleck unserer Art erinnert an Br. gularis Rüppel, welche Art Gray a. a. O. also beschreibt: dunkel grau- braun (meine Art ist grösstentheils hell graubraun) ; der Rücken weiss gescheckt (unser Faulthier ist nur an den Sei- ten und den Extremitäten etwas gescheckt), mit einem brei- ten Fleck weichen, gelben Haares auf jeder Seite zwischen den Schultern, (bei unserer Art ist ein einziger gelber durch einen schwarzen Streifen getheilter Flecken). Auf diese Unterschiedein der Färbung ist vielleicht nicht viel zu ge ben, aber der Schädel ist sehr abweichend. Der von Br. gularis hat „eine breite Stirn, und ist ziemlich convex über dem hintern Theil der Augenhöhlen. Die vordem Mahlzähne des Oberkiefers sind ziemlich lang. Die Hinterseite des Unterkiefers ist concav ausgeschnit- ten, und ihr unterer Winkel ist schlank und spitz vor- gezogen. Die Vorderseite des Unterkiefers ist flach, ohne Ueber ein neues Faulthier. • 267 kielförmig erhabene Naht." Dieser Schädel ist in Ca vi er Rögne aniraal illustre Mammif. tab. 70. üg. 1 abgebildet. Der Schädel unseres Faulthiers ist viel gestreckter und in der Gegend der Schläfengruben auffallend eingedrückt; der hintere Theil des Kopfes ist niedriger als der vordere vor der Einsenkung; die vorderen Mahlzähne sind kürzer als die folgenden ; die Hinterseite des Unterkiefers spitzwinklig eingeschnitten. Der untere A\'inkel desselben ist eben- falls spitz vorgezogen, und das Kinn ebenfalls flach, ohne kielartig vorspringende Naht. Ich muss es den Zoologen, denen ein reichlicheres Material von ausgestopften Thieren, Schädeln und Lite- ratur zu Gebote steht, überlassen zu entscheiden, ob das eben beschriebene Faulthier wirklich eine besondere Art ist, oder etwa durch Zwischenformen mit einer andern zusammengehörig ist. Vorläufig habe ich es unter dem Namen Bradypus ep}iip])iger im Museum aufgestellt. Leider kann ich das Vaterland nicht genau angeben, da das Thier indessen von einem nördlichen Hafen, Guaya- quil oder Callao, lebend nach Santiago gebracht worden ist, wo es bald starb, so ist es mir höchst wahrscheinlich, dass dasselbe aus den Wäldern vom Ostabhang der Re- publik Ecuador oder des nördlichsten Peru's stammt. Vielleicht ist es das Faulthier, dessen Herr Flemming als am Fluss Mira unmittelbar an der Küste des Stillen Meeres lebend erwähnt. Siehe Ausland 1870 p. 65. Die Dimensionen sind folgende : Länge von der Schnauzenspitze bis zum After (mit dem Bandmaasse ge- messen) 23 Zoll ; Länge der Arme von der Achselhöhle bis zur Klauenwurzel 15 Zoll, Länge der Hinterbeine von den Weichen an gemessen 9 Zoll; Länge der Klauen an den Vorderfüs.sen 2 Zoll 5 Linien, an den Hinterbeinen 1 Zoll 11 Linien, beidemal mit der Krümmung gemes- sen. Der gelbe Sattelfleck ist beinah 5 Zoll lang und 31/2 Zoll breit. Santiago de Chile den 8. Juli 1870. Nene Seesterue aus Chile. Von Dr. R. A. PMlippi in Santiago. Hierzu Taf. III. Fig. a, b, c. 1. GoniodisGus penicülatus Ph. Die Gestalt ist fast die des Pentagrammes oder Drudenfusses, doch sind die einspriogenden Winkel etwas gerundet. Die Arme tragen jederseits 11— 12 Randplatten, welche dicht gekörnelt sind. Die Papillen des Rückens tragen auf der abgestutzten Spitze etwa ein Dutzend Pa- pillen und erscheinen daher beinah pinselförmig ; fünf solcher Papillen umgeben die Madreporenplatte, welche kissenförmig gewölbt ist. Die untere Seite ist ganz und gar mit Stacheln bedeckt. Die Platten, welche die Fur- chen für die Füsse einfassen, tragen jede sechs ziemlich kurze cylindrische Stacheln in drei Reihen, die übrigen Platten je sechs bis acht kürzere und conische Stacheln. — Der grosse Durchmesser, schräg von Spitze zu Spitze gemessen, beträgt 1 Zoll 9 Linien oder 45 Mülim., der der Scheibe, von einem einspringenden Winkel zum an- dern, 1 Zoll oder 26 Millim. Das Museum besitzt nur ein getrocknetes, von Dr. Fr. Fonck bei Puerto Montt gesammeltes Exemplar, welches hell braungelb ist. Philipp] : Nene Seesterne aus Chile. 269 2. Asteracanthion clavaUim Ph. Der Stern zeigt fünf stark verlängerte, cylindrische Arme und verhält sich der Halbmesser der Scheibe zur Länge der Arm.e wie 1 : 5 oder 5V2. Die Stacheln, Vielehe auf den die Furchen für die Fusse einfassenden Platten stehen, sind fast 2 Linien, 4 Millim. lang, wenig zusam- mengedrückt, cylindrischer und feiner als bei A. auran- tiacum Meyen; sie bilden zwei Reihen und stehen dicht gedrängt. Die angrenzenden Stacheln sind kürzer, 1 Y2 Linie (3 Milh'm.) lang, stärker^ nach der Spitze hin verbreitert, und stehen bei weitem nicht so dicht wie bei der er- wähnten Art, Auf dem Rücken kann man neun Reihen Papillen unterscheiden; auf der mittleren stehen die Pa- pillen am gedrängtesten, und trägt jedes Kalkplättchen deren sechs bis acht in zwei Querreihen; die angrän- zende Reihe trägt auf jedem Plättchen etwa drei, die in einer schrägen Reihe stehen, die nächste zwei bis drei, die folgende zwei, die vierte oder unterste ebenfalls ; zwischen dieser untersten und der vorhergehenden ist ein breiter, unbewehrter oder nur mit einer Reihe ent- fernter Stacheln besetzter Raum. Ich brauche wohl nicht besonders zu sagen, dass diese Reihen, die mittlere aus- genommen, nicht immer regelmässig verlaufen, sondern bisweilen, namentlich gegen die Spitzen der Arme, ver- fliessen. Alle Papillen des Rückens sind nur eine, höch- stens IV4 Linien lang und am Ende knopfiförmig, woher ich den specifischen Namen genommen habe. Sie stehen bei weitem nicht so gedrängt wie bei A. aurantiacura Meyen, wo auch die Plättchen fast sämmtlicher Längs- reihen zwei Querreihen von Papillen tragen. Die Scheibe zeigt ein durch einfache Reihen von Papillen gebildetes Netzwerk. Die Madreporenplatte ist mehr in die Augen fallend als bei iV.^ aurantiaca; ihre Lamellen sind etwas höher und anders vertheilt, allein dies lässt sich nicht gut beschreiben. Die Pedicellarien sind sehr zahlreich und zangenförmig. Die Länge der Strahlen beträgt vom Mittelpunkt bis zur Spitze 5 Zoll 11 Linien (152 Millim.), die Dicke 270 Philippi: derselben am Ursprung 13 Linien (27V2 Millim.), der Durchmesser der Scheibe 2 Zoll 8 Linien (70 Millim.). Die Farbe des vorliegenden trocknen Exemplars ist blass rothgelb. Dasselbe stammt aus dem südlichen chilenischen Meere. 3. Aster acanthion fulvum Ph. Diese Art zeigt ebenfalls fünf stark verlängerte all- mählich zugespitzte Arme, und verhält sich der Halbmesser der Scheibe zur Länge der Arme wie 1 : 472- Die Arme erscheinen an den beiden vorliegenden trocknen Exemplaren ziemlich plattgedrückt, mögen aber im Leben rund gewesen sein. Die Stacheln, welche die Furchen der Unterseite einfassen, sind zwar ebenfalls etwas platt- gedrückt, aber feiner als bei A. clavatum, und ziemlich zugespitzt; sie sind IV2 Linien lang. Die übrigen Stacheln der Unterseite sind sehr dick, noch etwas dicker als bei der genannten Art, und ebenfalls an der Spitze verbrei- tert. Dagegen sind die Stacheln der Oberseite kürzer und feiner als bei allen andern chilenischen Arten, das fol- gende A. mite ausgenommen, und höchstens eine Linie (2 Millim.) lang. Man kann ziemlich gut sieben Längs ^ reihen derselben unterscheiden ; die Plättchen der Mit- telreihe tragen etwa 7 Stacheln in einer Querreihe, die der beiden folgenden je drei oder selbst vier, und die äussersten Reihen immer noch je zwei. Die Zwischen- räume zwischen den Stachelreihen sind etwas breiter als bei A. clavatum, aber weit schmaler als bei A. luridum mihi (Archiv für Naturgesch. 1858. p. 265), und dem fol- genden spectabile. Die Madreporenplatte ist von etwa 18 Stacheln umgeben. Die Balken des Centrums tragen gedrängte Stacheln, ähnlich wac bei A. clavatum, allein dieselben sind nicht den dritten Theil so dick, und nicht knopfförmig, auch kürzer. Die Pedicellarien sind zahl- reich und klein wie bei den verwandten Arten. — Die Farbe der trocknen Exemplare ist ein ziemlich helles Gelbroth. Durchmesser der Scheibe 2 Zoll (51 Millim.), Länge Neue Seesterne aus Chile. 271 der Arme 4 Zoll 7 Linien (117 Millira.). Von Dr. Fonck bei Puerto Montt gefunden. 4. Asteracanthion spectabile Ph. Wir finden ebenfalls fünf stark verlängerte, allmählich zugespitzte^ halbcylindrische Arme, und ist das Verhält- niss des Halbmessers der Scheibe zur Länge der Strahlen wie 1 : 4V2. Die Stacheln, welche unten die Furchen für die Füsschen einfassen, sind zwei Linien lang, kräftig, zusammengedrückt, ähnlich wie bei A. clavatum« Die übrigen Stacheln der Unterseite sind ebenfalls dick, etwas zusammengedrückt, an der Spitze beinahe knopflPörmig verbreitert, jedoch nicht so auffallend wie bei A. clavatum. Sehr verschieden ist die Oberseite der Arme; sie zeigt zwar auch neun Längsreihen von Stacheln, aber die Plättchen der mittleren Reihe tragen nur vier bis fünf Papillen, die in einer gebogenen Querreihe stehen, eine Linie lang, ziemlich dünn, cylindrisch und abgestutzt sind. Die beiden folgenden Reihen sind weniger regel- mässig und deutlich, und tragen die Platten einer jeden zwei solche Stacheln, die Plättchen der dritten Reihe tragen nur einzelne Stacheln. Die Zwischenräume zwi- schen den Stachelreihen sind daher sehr breit, fast so breit wie bei A. luridum, wo indess die Piättchen aller Längsreihen nur einzelne Stacheln tragen. Die Madre- porenplatte ist von etwa 18 Stacheln umgeben, und die Balken des Centrums tragen einzelne Stacheln. Die Pedi- cellarien sind sehr zahlreich, und v.'ie mir scheint kleiner als bei den verwandten Arten. — Die Farbe des trocknen Exemplars ist ein dunkles, schmutziges Violet. Durch- messer der Scheibe 2 Zoll 5 Linien (62 Millim.), Länge der Arme vom Mittelpunkt an bis zur Spitze 5 Zoll 7 Linien (1471/2 Millim.). Das Museum besitzt ein aus dem Meer von Chiloe durch Herrn Carlos Juliet im Herbst 1870 mitge- brachtes Exemplar. 272 Philippi: 5. Asteracanthion mite Ph. Auch diese Art hat fünf schlanke, zugespitzte Arme, und ist das Verhältniss des Halbmessers der Scheibe zur Länge der Arme wie 1 : 5. Die Stacheln, welche die füsschentragenden Furchen der Bauchseite einfassen, sind IY2 Linien lang, sehr fein, fast cylindrisch ; die übrigen Stacheln der Unterseite sind ebenso lang, aber zwei Mal so dick und etwas zusammengedrückt. Dagegen sind die Stacheln der Oberseite sehr kurz, fast bloss Körner zu nennen , und wenn man auch 7 Längsreihen oder Rippen annehmen kann, so stehen die Körner doch so dicht, dass man diese Rippen oder Kanten schwer unter- scheiden kann. Diese Körner sind von ungleicher Grösse, und scheint auf jeder Platte ein ganzer Haufen derselben zu stehen. Die Madreporenplatte hat einen fast glatten Rand und ist ebenfalls nur von Körnern eingefasst. — Die Farbe scheint im Leben leberbraun gewesen zu sein, das trockne Exemplar ist hellbraun. Der Durchmesser der Scheibe beträgt I372 Linien (29 Millim.), die Länge der Strahlen 2 Zoll 8V2 Linien (64 Millim.\ Auch diese Art ist wie die folgenden aus dem süd - liehen Theil des chilenischen Meeres. 6. Äster acant?ao7i varium Ph. Das Thier zeigt fünf fast gleichförmig dicke, nicht allmählich zugespitzte Strahlen, und ist das Verhältniss des Halbmessers der Scheibe zur Länge der Strahlen wie 1 : 3. Die füsschentragenden Furchen der Unterseite sind von einer einfachen Reihe cylindrischer, dünnen, etwa eine Linie (2 Millim.) langen Stacheln bekleidet; dann folgen auf jeder Seite zwei einfache Längsreihen Stacheln, und zwar pflegt jedes Täfelchen der unteren Reihe zwei Stacheln zu tragen, die stumpf und ebenso lang wie die Randstacheln aber doppelt so dick sind, während die Täfelchen der oberen Reihe nur einen ebenso dicken aber kürzeren Stachel tragen. Die Unterseite Neue Seesterne aus Chile. 273 ermangelt also gänzlich der dichten Stachelbekleidung, welche die vorhergehenden 5 Arten zeigen. Auch der Rücken ist sehr verschieden gebildet ; erzeigt fünf Reihen Querbalken und ein Netzv^erk, dessen Maschen breiter als lang, und in der Mitte der Strahlen etw^a anderthalb Linie (3 Millira.) breit sind. Diese Balken tragen nur hie und da einen kurzen dicken Stachel, den gewöhnlich ein Kranz von drei bis vier kleinen Höckerqhen umgibt. Am zahlreichsten stehen diese Stacheln auf der Spitze der Strahlen. Dies Netzwerk von Balken ist von einer dünnen Haut überzogen und daher weiss, während die Maschen dazwischen dunkelbraun sind. Die Madreporen- platte ist klein und von keinem Höckerkranz umgeben. In den Maschen zwischen den Balken erheben sich flei- schige Warzen, die man der Analogie nach für Athem- organe halten sollte, die aber dieselbe Dicke und Ge- stalt wie die Füsschen nur eine geringe Länge haben. Die Pedicellarien sind wenig zahlreich fast nur am Ende der Strahlen zu sehen. Die Strahlen sind 17 Linien (36V2 Millim.) lang, der Durchmesser der Scheibe beträgt etwa 10 Linien (21 Millim.). Wie aus der Beschreibung hervorgeht, weicht diese Art sehr wesentlich von den fünf vorhergehenden ab, durch den Mangel der zahlreichen Dornen der Unterseite; die zwei Stachelreihen unten auf jeder Seite, die netz- förmige, weitmaschige Struktur der Kalkbalken der Ober- seite, und gehört mit der folgenden Art zu einer beson- deren Gruppe. Das Museum besitzt mehrere trockne Exemplare dieser Art, welche ebenfalls in dem Meer von Chiloe gefunden ist, und ein kürzlich von Herrn Carlos Julie t mitgebrachtes Exemplar in Weingeist, welches eine Menge Junge bewahrt. Es hat zu dem Ende den Rücken der Scheibe fast beutelartig in die Höhe gehoben $, den Ursprung der Arme genährt, und auf diese Weise einen Brutsack gebildet, der indess weit offner als der Brut- sack von Echinaster Sarsii ist. Die Jungen sind über 50 an der Zahl, in Gestalt eines Fünfecks von 1 Linie i Archiv f. Naturg. XXXVI. Jahrg. 2. Bd. 18 274 Philippi: Durchmesser und 72 Linie Dicke, unten stärker gewölbt als oben. Es ist noch kein Mund, keine Furche für die Füsse, kein Füsschen, kein Stachel zu sehen, und vom Cen- trum der Unterseite entspringt ein IV2 — 2 Linien langer, bei einzelnen Thieren wohl noch längerer Strang, der das junge Thier an das Mutterthier befestigt, und den man daher wohl Nabelstrang nennen kann, zumal wahr- scheinlich das junge Thier auch durch denselben von der Mutter seine Nahrung erhält. Wenigstens glaube ich nicht, dass dasselbe sich durch blosse Absorption des Meerwassers ernährt. Ich habe keine Zeit im Augen- blick den Zusammenhang dieses Nabelstranges mit dem mütterlichen Körper näher zu untersuchen. — Was nun das Junge betrifft, so zeigt der Körper bereits den Beginn der Bildung der Kalkplatten und Balken des Gerüstes, die Spitze einer jeden Ecke oder der künftigen Arme zeigt einen Kranz kleiner weisser Körner; ebenso finden sich weisse Körner in einer Reihe am Rand des Sterns, andere unregelmässig gestellte auf dem Rücken der Scheibe, und auf der Bauchseite stehen andre, welche fünf regelmässige Bogen bilden, die ihre convexe Seite dem Centrum zu- kehren, und in der Spitze der werdenden Arme zusam- menstossen. Siehe die Figur. Wirft man ein solches Thierchen in Salzsäure, so lösen sich diese weissen Körn- chen mit Brausen auf, so dass kein Zweifel über ihre che- mische Natur sein kann. Die Figuren a — c auf Tafel III zeigen ein junges Thier des Asteracanthion varium, vergrössert, wie es sich unter der Lupe gesehen darstellt. Asteracanthion fulgens Ph. Das Thier zeigt fünf ziemlich schlanke, walzenför- mige, nur wenig zugespitzte Strahlen. Das Verhältniss des Durchmessers der Scheibe zur Länge der Strahlen ist wie 1 : 4. Die Struktur des Knochengerüstes und die Stellung und Grösse der Stacheln sind fast dieselben wie bei der vorigen Art, doch sind sämmtliche Stacheln der Unterseite dünner und spitzer; die Stacheln der Ober- Neue Seesterne aus Chile. 275 seite sind nocli weniger zahlreich, und die Spitze der Strahlen ist oben so gut wie unbewehrt. In den Ma- schen zwischen den Kalkbalken fehlen die grossen, braunen, fleischigen, füsschenähnlichen Warzen des vori- gen Seesterns. ^ Ich habe zwei Exemplare aus dem südlichen Meere Chiles vor mir, von denen das eine schön puceauroth, und stark glänzend ist. Der Durchmesser der Scheibe beträgt 11 Linien (23 V2 Millim.), die Länge der Strahlen fast 21 Linien (45 Millim.), Deber den Sexiial-llnterschicd bei Neosilurus brevidorsaiis. Von Troschel. Man hat bei mehreren Gruppen von Fischen Cha-> raktere kennen gelernt, welche das männliche Geschlecht von dem weiblichen äusserlich unterscheiden. Ich erin- nere nur an die Bauchflossen der Haifische und Rochen, an die Afterflosse der Cyprinodonten u. s. w. Kner hat bei Gelegenheit, wo er auf die Sexual- unterschiede bei der Gattung Callichthys aufmerksam machte (Wiener Sitzungsberichte XL p. 138. 1853), den Nachw^eis derselben bei den Fischen für wichtig erklärt, weil die Nichtbeachtung zu systematischen Irrthümern führen kann. Ich will hier ein Beispiel erwähnen, das mir noch nirgend notirt zu sein scheint. Das Bonner Museum besitzt zwei Exemplare eines kleinen Süuroiden, vom Cap York in Australien, durch Hrn. Salm in in Hamburg erworben, die nach allen Merk- malen mit Günther's Copidoglmiis brevidorsalis vom Cap York übereinstimmen. In demselben Jahre (1867), w^o Günther seine neue Art in den Annais and magazine of natural history XX. p. 66 beschrieb, hatte Steindachner eine neue Qr^i- tung Neo Silur US in den Wiener Sitzungsberichten p. 14 nach einem neuen Fisch gegründet, den er N. Hyrtlii nennt, und der von Rockhampton stammte. — Günther Troschel: Ueb. d. Sexual-Unterschied b. Neos, brevidorsalis. 277 erwähnt schon a. a. 0. , dass Neosilurus Hyrtlii Steind. mit seiner Art offenbar nahe verwandt sei, und Stein- dachner selbst beschrieb ebenfalls in demselben Jahre (1867) in den Wiener Sitzungsberichten Günther's Co- pidoglanis brevidorsalis als zweite Art seiner Gattung Neosilurus. Dass unser Fisch dieser Neosilurus brevidorsalis ist, darüber kann nicht der mindeste Zweifel sein. Ich er- wähne dieses Fisches hier wiederum, weil das eine mei- ner beiden Exemplare wohl entwickelte Bauchflossen hat, wie sie von Günther und Steindachner beschrieben werden, während das andere der ßauchflossen gänzlich entbehrt. Der Mangel der Bauchflossen ist früher als ein sehr wichtiger Charakter für die Systematik verwendet worden, namentlich um die ^ßilacopterygii apodes von den Mala- copterjgii abdominales zu trennen. Dies hat auch J. Mül- ler noch anerkannt, indem er seine Ordnung Physostomi in abdominales und apodes spaltete, und wir werden auch heute noch diese Unterscheidung anerkennen müssen. Dass andererseits der Mangel der Bauchflossen nicht überall als ein so wichtiger Charakter auftritt, dafür giebt es zahlreiche Beispiele unter den Teleostiern. So fehlen sie bei Stromateus den erwachsenen Individuen; sie fehlen gänzlich der Carangiden-Gattung Paropsis, bei der Gat- tung Xiphias, ferner bei Aphanopus aus der Familie Tri- chiuridae. Es ist vielleicht bemerkenswerth, dass alle diese Beispiele in die Cuvier'sche Familie der Scombroiden fallen. Dann sind Gattungen ohne Bauchflossen: Oxuder- ces, woraus Günther eine eigene Familie bildet, Cera- tias unter den Pediculaten, Cebidichthys, Dictyosoma, Ne- mophis unter den Blennioiden, eine Familie, die ohnehin durch Verkümmerung der Ventralen ausgezeichnet ist, Comephorus, woraus Günther eine besondere Familie macht, Channa aus der Familie Ophiocephalidae, Rhyn- chobdella und Mastacembelus, welche die Familie Masta- cembelidae bilden. — Unter den Müller'schen Anacan- thini fehlen die Bauchflossen bei Gymnelis und Uronectes aus der Familie Lycodidae, bei Fierasfer, Encheliophis, 278 Troschel: Ammodytes und Bleekeria aus der Familie Opbidiidae. — Unter den Physostomi abdominales fehlen die Bauch- flossen ; in der Familie der Siluroiden der Gattungen Astroblepus und Eremophilus, in der Familie Gymnar- chidae bei der einzigen Gattung Gymnarchus^ in der Fa- milie Cyprinodontidae bei Tellia und Orestias, in der Fa- milie Heteropygii fehlen sie bei Amblyopsis zuweilen, bei Chologaster immer , in der Familie Cyprinidae bei Apua, in der Familie Notopteridae fehlen sie bei Noto- pterus oder sind rudimentär. In allen diesen Fällen, mit Ausnahme von Amblyopsis, ist das Fehlen der Bauchflossen als generischer Charakter benutzt worden. Notopterus fällt nicht ins Gewicht, da die Bauchflossen hier überhaupt rudimentär sind. Die beiden Exemplare unseres Neosilurus brevidor- salis stimmen so völlig überein, däss an eine specifische oder gar generische Trennung nicht zu denken ist. Ich zweifle nicht, dass es sich hier um einen Sexualunter- schied handelt, und es ist mir wahrscheinlich, dass das Exemplar mit Bauchflossen ein Männchen , das ohne Bauchflossen ein Weibchen ist. Aus welcher Quelle Günther und S teind achner ihre Exemplare bezogen haben, wird von ihnen nicht an- gegeben, dass sie dieselben ebenfalls von Sa 1min be- kommen haben mögen, ist mir nicht unwahrscheinlich; möglich auch, dass Salmin seine Exemplare aus London erhielt. Ich habe unsere Exemplare von ihm gegen Ende des Jahres 1867 gekauft. — Wie viele Stücke Günther vor Augen hatte, ist nicht gesagt, Steind achner giebt jedoch ausdrücklich an: Zehn Exemplare von Cap York. Es muss sehr auffallend gefunden werden, dass unter seinen zehn Exemplaren kein einziges ohne Bauchflossen war, wenn meine Vermuthung richtig ist, dass die Be- sitzer von Bauchflossen die Männchen, die ohne Bauch- tiossen die Weibchen sind. Oder sollten die Männchen häufiger sein? Vielleicht die Weibchen zu gewissen Zeiten mehr verborgen oder schwieriger zu fangen? Ich habe beide Exemplare geöffnet, konnte aberj leider nicht mit Sicherheit das Geschlecht bestimmen, da Ueber den Sexual-Unterschied bei Neosilurus brevidorsalis. 279 die Geschlechtsorgane sehr wenig entwickelt sind. Bei dem Exemplare ohne Bauchflossen war jedocL der Bauch dicker, mehr gerundet als bei dem Exemplar mit Bauch- flossen. Hinter dem After haben beide eine kleine Papille. Die von Cuvier Valenciennes XV. p. 415 beschrie- benen verästelten Anhänge hinter der GeschlechtsÖfFnung sind bei beiden Exemplaren nicht vorhanden. Von sonstigen Unterschieden zwischen beiden Exemplaren kann ich nur angeben , dass die Bartfäden bei dem muthmasslich männlichen Exemplare etwas länger sind als bei dem weiblichen. Der Nasalfaden reicht beim Männchen bis hinter die Rückenflosse, beim Weibchen bis zum Anfang der Rückenflosse; der Maxillarfaden reicht beim Männ- chen bis gegen das Ende der Brustflosse, beim Weibchen bis zur Mitte der Brustflosse ; der äussere Faden des Un- terkiefers reicht beim Männchen über die Brustflosse hin- aus, beim Weibchen bis über die Mitte der Brustflosse; der innere Faden des Unterkiefers reicht bis gegen das Ende der Brustflosse, beim Weibchen bis über die Mitte der Brustflosse. Uebrigens mag wohl die Länge der Fä- den einigen individuellen Schwankungen unterworfen sein. — Der Stachel der Dorsale ist beim Männchen am Vor- derrande deutlich gezähnt, mit fünf Zähnen, beim Weib- chen glatt, nur mit zwei sehr schwachen wenig bemerk- lichen Zähnen versehen. Ganz ähnlich verhalten sich die Stacheln der Brustflossen. Ich habe mir auch die Frage vorgelegt, ob die Gat- tung Neosilurus als besondere Gattung anerkannt zu wer- den verdiene, und glaube sie bejahen zu dürfen. Gün- ther zerlegt in Catalogue of the Fishes in the British Museum die Gattung Plotosus Lacep. in die Genera Plo- tosus, Copidoglanis und Cnidoglanis. Bei ihnen beginnt die lange zw^eite Rückenflosse nicht fern von der ersten und besteht von Anfang an aus deutlichen Strahlen, bei Neosilurus dagegen ist die vordere Hälfte der zweiten Rückenflosse durch eine Fettwulst ersetzt, an der sich keine deutlichen Strahlen erkennen lassen, so dass der eigentliche Strahlentheil derselben viel kürzer ist. Darauf 280 Troschel: Ueb. d. Sexual-Unterschied b. Neos, brevidorsalis. bezieht sich der von Günther gewählte Name der Art brevidorsalis. Die Gruppe Plotosina zerfällt demnach in vier Ge- nera, die sich in folgendes Schema bringen lassen : I, Rückenflosse in ganzer Länge strahlig. 1. Gatt. P lotosus Gthr. Kiemenhäute ganz getrennt und frei vom Isthmus, Kopf deprimirt. 2. Gatt. C opido g la7ii s Gthr. Kiemenhäute vorn vereinigt, frei vom Isthmus, Kopf etwas comprimirt. 3. Gatt. Ciiidog lanis Gthr. Kiemenhäute an den Isthmus angeheftet. II. Rückenflosse nur in der hintern Hälfte strahlig. 4. Gatt. N eo s ilurus Steind. Der Mangel der Bauchflossen im weiblichen Geschlecht verleiht der Gattung Neosilurus einen erhöhten Werth. Wenngleich der bestimmte Nachweis fehlt, dass wir es hier mit einer sexuellen Verschiedenheit zu thun haben, und namentlich, dass die Exemplare ohne Bauch- flossen die weiblichen sind, nur auf einer Vermuthung be- ruht, so habe ich doch nicht unterlassen wollen, auf die Differenz aufmerksam zu machen. Vielleicht können Günther und Steindach n er durch erneute Untersu- chung ihrer Exemplare weiteren Aufschluss über die Sache geben. Dass das Fehlen der Bauchflossen nur rein zufällig, also monströs wäre, ist mir nicht denkbar. Meine Exemplare haben gleiche Grösse. Das muth- massliche Männchen ist 120 Mm., das Weibchen 115 Mm. lang. Bemerkungen über Anneliden des Pariser IHuseunis. Von Prof. Dr. Ed. Grnbe. Die Annelidensammlung in den Gallerien des Jardin des plantes ist ohne Zweifel eine der ansehnlichsten, welche die Europäischen Museen aufzuweisen haben, und schon deshalb von besonderem Interesse, weil man in ihr die Originalexemplare von Savigny, Cuvier, Blain- ville, Milne Edwards und Quatrefages vorzufin- den erwarten kann. Diese Erwartung wird in der That sonst ziemlich durchgängig befriedigt, was aber Savigny betrifft, so musste ich zu meinem Bedauern vernehmen, dass seine Sammlungen nie dem Museum übergeben sind, und man findet gegenwärtig von den zu jener Zeit be- kannt gewordenen Anneliden des Rothen Meeres mehr in dem Berliner Museum, wohin sie durch Hemprich und Ehrenberg gekommen sind, als hier, wo man nur einige wenige antrifft. Die Familie, die überhaupt am schwächsten vertreten ist, sind die allerdings oft schwer zu erhaltenden und meist winzigen Syllideen, dagegen haben die grossen Gattungen Polynoe Sav., Amphinome ßrug. (s. Str. Aud. et Edw.), Chloeia Sav., Eunice Cuv., Diopatra Aud. et Edw., Nereis Cuv., Terebella L. Sav. und Sabella L. Sav., wie auch die Gephyreen zahlreiche und viele, anderen Museen fehlende Repräsentanten auf- zuweisen. In der Absicht, jene Originalexemplare kennen zu 282 Grube: lernen, habe ich in den letzten Jahren der Pariser JSamm- lung, die jetzt vollständig nach Quatrefages Histoire naturelle des Anneies geordnet und aufgestellt ist, wie- derholt einige Wochen gewidmet, und muss vor allem auf's dankbarste die grosse Liberalität anerkennen, mit welcher mir die Directoren der betreffenden Abtheilung, früher Herr Professor La caze-D uthi ers, sodann Herr Deshayes die Benutzung derselben gestattet haben: ich bin mir bewusst, mich durch die grösste Vorsicht und Sorgsamkeit bei der Behandlung so leicht verletzbarer Gegenstände dieser Liberalität werth gemacht zu haben, die für den sicheren Fortschritt der Wissenschaft so un- entbehrlich ist. Jene Wochen reichten freilich lange nicht zum Durcharbeiten des reichen Materiales hin, indessen kann die jetzige Lage der Dinge wenig Hoffnung erwecken, meine Studien so bald wieder aufzunehmen, und ich will daher die bis jetzt gewonnenen Resultate den Fachmän- nern nicht länger vorenthalten. Was ich bieten kann, ist theils eine Kritik mancher von Herrn Prof. Quatre- fages geschaffener oder aufgenommener Gattungen, theils eine vervollständigte Beschreibung mancher Ai'ten, deren bisherige Darstellung mir nicht genügte, und der Nachweis der Identität mehrerer mit anderen z. Th. schon früher bekannten. Ich kann mich natürlich nur an die mit der betreffenden Etiquette versehenen Anneliden halten, ohne zu wissen, ob bei der Aufstellung und Etiquettirung der- selben Versehen vorgefallen sind, wie dies bei einer so ansehnlichen Sammlung wohl begegnen kann. Ich wende mich zunächst an die Prüfung einiger von Quatrefages aufgestellter oder aufgenommener Gattungen : Gattung Blaiimllea (Familie Lambrinel-ea). Quatrefages Histoire naturelle des Anneies Tom. I. p. 370. Diese Gattung soll sich Von Nematonereis durch den Mangel des Rückencirrus unterscheiden, vielleicht auch durch die Anwesenheit von bloss einfachen Borsten. Ich Bemerkungen über Annelid^^n des Pariser Museums. 283 habe sämmtliclic Exemplare von BL fihim und Bl. elonyata untersucht, und finde ebensowohl Riickencirren als zusam- mengesetzte und einfache Borsten neben einander, selbst an den hinteren Rudern. Die Gattung ist also äusserlich von Nematonereis nicht zu unterscheiden. Gattung Notocirrus Schmd. (Fam. Lombrinerea) Quatref. I. p. 368. Wenn die Gegenwart eines Rückencirrus bei dem Mangel von Augen und Fühlern für diese Gattung cha- rakteristisch sein soll, ist der in der Sammlung allein vorhandene N, margaritaceiis kein Beleg dafür, da der sogenannte Rückencirrus nur eine sehr verlängerte Lippe des Borstenköchers ist. Auch aus den Abbildungen der von Schmarda (Neue Turbellarien, Rotatorien und An- neliden 2. Hälfte) aufgeführten Arten vermag ich nicht die Gegenwart eines Rückencirrus oder einer Kieme (wie Schmarda sagt) zuerkennen. Gattung Plioceras (Fam. Lombrinerea) Qf. L p. 380. Die vorliegende Art Fl. euniciformis Qf. kann ich nur für die von delle Chiaie beschriebene Nereis Par- thenopeta halten , welche ich aus eigener Anschauung kenne und die von A. Costa bereits 1844 zur Gattung Halla erhoben ist*). Ehlers, dem dies ebenso wie mir selbst entgangen war^ hat für dieselbe Gattung den Na- men Cirrobranchia gebraucht und Lvsarete Kinbg. ist, wie schon Claparede erwähnt, ebenfalls mit Halla identisch. Der Kopflappen des vorliegenden Exemplars ist so weit in das Mundsegment zurückgezogen, dass man nur die Spitzen der drei Fühler erblickt. Quatre- fages giebt fünf an und ich vermuthe, dass er die Sei- tenränder der hinter derselben befindlichen Tasche für zwei andere Fühler angesehen hat : sie sind ebenso braun wie jene gefärbt. Weiterhin begegnen wir (p. 382) der Nereis fLysi- dice) Parthenopeia als fraglicher Art von Zygolobus. Diese Gattung muss ganz eingehen, nachdem Ehlers nachge- Annali d. Acc. d. Aspiranti naturalisti IL 1844 (Claparede). 284 Grube: wiesen, dass die von mir dazu gerechneten Thiere , nichts anderes als Arten von Lumbriconereis mit hervorgetrete- nen Nackenwülsten sind *). Flioceras multicirrataj die Qu atr efa ges als zweite Art seiner Gattung Plioceraa aufzählt, wird von Cia- parcde als eine Lysidice bezeichnet, die abweichend von den andern Arten nicht drei sondern fünf Fühler besitzt. Nach seiner Beschreibung und seineu Abbildun- gen zu urtheilen möchte ich diese blassgrünliche 50 Mm. lange Annelide für ein junges Exemplar von Eunice fMarphysa) sanguimea halten, bei dem sich die Kiemen- fäden noch gar nicht entwickelt haben oder vielleicht höchstens als sehr kurze einfache Fädchen an einigen Rudern vorhanden sind. Namentlich bestärkt mich auch die Form der zusammengesetzten Borsten, welche Sä- belborsten sind , in meiner Ansicht. Ich selbst habe etwas grössere Exemplare von E. sanguineu gefunden, bei denen die Kiemen theiis bloss einfache, theils ga- biige Fädchen waren, während sie bei den grossen Thie- ren fünf bis sechs Fäden bekommen. Gattung Portelia (Fam. Nephthydea) Qf. I. p. 431. x\ls Hauptunterschied der Gattung Portelia von Ne- phthys wird die Anwesenheit von nur zwei Fühlern an- gegeben, während Nephthys deren vier besitzt. Es sind aber in derThat bei dem einzigen Exemplar von P, rosea^ welches die Sammlung enthält, auch vier Fühler zu er- kennen, zwei jedoch sind nach unten umgeschlagen und entziehen sich so dem Blick. Dass Nephthys co^ca Fab., die Quatrefages, weil Fabricius nur zwei Fühler angiebt, ebenfalls zu Por- telia ziehen will, eine echte Nephthys ist, nehmen alle übrigen und namentlich die mit der grönländischen Fauna wohl bekannten Zoologen an, bei der Kleinheit jener Or- gane können die unteren beiden leicht auch iiim entgan- gen sein. Das Vorhandensein von zwei Analcirren be- darf einer wiederholten Untersuchung. Fraglich ist, ob ^) Ehlers Borstenwürmer Abtheil. II. p. 380. Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 285 die Gattung Portelia überhaupt einzuziehen ist, da Kin- berg auch eine Nephthydee mit bloss zwei Fühlern be- schreibt, die P. (?) Qualrefagei. Gattung Rhytocephalus Qf. IL p. 391. (Anhang der Fam. Terebellea.) Die einzige Art lih. ehraiichiatus, welche die Samm- lung enthält, scheint mir eine Amphicteis, deren Kiemen abgerissen sind, und ich glaube sehr wohl jederseits auf dem Rücken des 3ten Segmentes noch die Stellen zu erkennen, wo diese Organe gesessen haben. Quatre- fage s giebt vier Segmente an, die bloss ein Bündel Haar- borsten tragen, ich kann deren nur zwei erkennen, unter dem Bündel des zweiten läuft ein schmaler Hautsaum herab, der aber noch keine Häkchen trägt, darauf folgen 15 Segmente mit Haarborsten und Häkchen. Von der Gattung Amphicteis ist sonst nichts im Museum vorhan- den, und Q u atre fages daher keine Vergleichung mög- lich gewesen. Gattung fJncinochaeta Qf. H. p. 325. (Anhang der Fam. Hermellea.) Von dem Exemplar der allein vorhandenen Art U. tnco7npleta führt Qu atre fages selbst an, dass es in einem sehr schlechten Zustande, und ihm den Kopf zu unterscheiden nicht möglich gewesen sei; er meint, dass derselbe sich ganz zurückgezogen habe. Die Kiemen oder vielmehr Girren, die er am Vorderende beschreibt, und von denen er sagt, er habe ihren Ursprung nicht ermitteln können , finde ich nicht. Ich halte Uncino- chaeta für die hintere Hälfte einer grossen Terebella, deren Haarborstenbündel bis zum Ende des Leibes fort- gehen. Gattung Oymnosoma Qf. H. p. 483. (Fam. Serpulea.) Obwohl das Exemplar der einzigen Art, G. inerme, auf welche diese Gattung begründet ist, seines bedenk- lichen Zustandes wegen nur mit der grössten Vorsicht untersucht werden dürfte, liessen sich die seitlichen ßor- stenbündel, welche die Gattungsdiagnose in Abrede stellt, an der hinteren Leibeshälfte sogleich erkennen: man 286 Grube: sieht sie schon bei 8-fachcr Veigrösseriing auch an den vorderen Segmenten, und zählt unter dem zusammenge- setzten Mikroskop mehr als 14 äusserst dünne Borsten in einem der hinteren Bündel. Die Kiemenfäden, deren ich über 50 zähle, sind bis 19 Mm. lang und zum Theil noch fast bis zur Spitze durch eine Membran vereinigt, so dass der Ausdruck cirres branchiaux libres in der Gat- tungsdiagnose, der übrigens in der Beschreibung der Art selbst beschränkt wird, jedenfalls irre leiten muss. Der Zweifel, den Herr v. Quatrefages wegen der Auf- stellung dieser neuen Gattung ausspricht, ist nur zu be- gründet: ich finde keinen Grund, weshalb das in Rede stehende Thier nicht zu den Myxicolen gezählt werden sollte. Gattung Loiosiphon Dies. In Beziehung auf diese Gattung erlaube ich mir auf meine Auseinandersetzung über Loxosiphon und Cloeo- siphon im Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für 1867. p. 47 zu verweisen. Die Charaktere, welche bei Loxosiphon vorausgesetzt werden, treffen weder bei L. elegans (Cham.) zu, welcher ein Aspidosiphon ist, noch bei L. asper gilhmi Qf., welcher Aspidosiphon nahe steht, dessen Nackenschild aber aus kalkabsondernden Drüsen besteht (Cloeosiphon Gr.). Die Oeffnung, durch welche der Rüssel sich einstülpt und der After liegen durchaus ebenso wie bei Aspidosiphon, nicht davon abweichend, aber beide Oeffnungen fallen nicht leicht in's Auge. Was die Durchsicht der Arten anlangt, so bestimm- ten mich bei der Wahl derselben zwei Gesichtspunkte : einmal lag mir daran, von gewissen, namentlich umfang- reichen, Gattungen sämmtliche Arten zu vergleichen, um für manche schärfere Charaktere zu gewinnen, — dies habe ich beinahe gänzlich bei den Gattungen Eunice Cuv. und ßahella Sav., annährend nur bei Nereis Cuv., Neph- thys Cuv., Clymene Sav. und TereheUa Sav. durchge- führt — , andererseits bedurfte ich, um bei der Bestim- mung meiner Ausbeute von der französischen Kanalküste ganz sicher zu gehen, der Untersuchung einzelner Arten aus sehr verschiedenen Gattungen. Ich musste mir sa Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 287 gen, dass, obwohl ich in St. Vaast, in St. Malo imd Ros- eoff mit allem Eifer gesammelt, mir noch gar manches entgangen sein konnte , manches auch wohl gerade an diesen Orten und zwar zu Anfang des Herbstes nicht vorkommt, was sich anderwärts oder zu anderer Zeit findet, aber die so viel grössere Zahl der Species, die Quatrefages von der französischen Oceanküste auf- führt, konnte zum Theil auch daher rühren, dass einige identisch mit anderen waren. Dies hat sich denn auch wirklich bestätigt. Polynoe Sav. P. laevis Aud. et Edw. (Qf. I. p. 227.) In zwei Exemplaren vorhanden. Das Originalexem- plar von Audouin und Edwards von den Chansey-In- seln (Glas 17b) ist leider nur in der grösseren Vorder- hälfte vorhanden, 23 Ruderpaare umfassend, und hat we- der mehr den unpaaren Fühler noch Rückencirren und Elytren, so dass es zu einer eingehenden Vergleichung mit verwandten Arten nicht benutzt werden kann. Die Borsten des oberen Bündels stimmen eher mit der Ab- bildung von P. oirrata Müll, als mit Laenilla glahra Mgn. noch weniger aber mit L. alba Mgn. überein, bei welcher Malmgren P. laevis fraglich als Synonym aufge- führt hat. Das andere Exemplar (Glas 17a) aus Boulogne, 16 Mm. lang, 7 Mm. mit den Borsten und 3 Mm. ohne Ruder breit, besitzt nicht 14, sondern 15 Paar Elytren (doch ist die löte nur auf der einen Seite erhalten und sehr durchsichtig) und stimmt in der nach hinten sehr verjüngten Form des Leibes, in der Beschaffenheit der Rückencirren und Elytren mit Evarne impar Johnst, Mgn, überein, doch ist der unpaare Fühler entschieden länger als die äusseren. Der linke Aftercirrus ist auffallend lang, 4 Mm., so lang als die 12 hintersten Segmente, von denen die letzten 10 reproducirt und noch kurz sind, der rechte ist abge- brochen. P. floccosa Sav. (Qf. I. p, 236.) Quatrefages glaubt diese hauptsächlich durch 288 Grube: die 16-Zahl der Elyhenpaare und die weisse Farbe des Leibes cbarakterijjirte Polynoe, bei St. Vaast wiederge- fuiiden zu haben, dann ist aber das in der Sammlung un- ter diesem Namen aufgestellte Exemplar wohl nicht das scinige, da nach Quatrefages 40 bis 42 Segmente und 16 Paar glatte, am Rande ungefranzte Elytren vorhanden sind, jenes Exemplar aber nur 39 Segmente und 15 Paar am Aussenrnnde gefranzte Elytren besitzt : sie sind sehr derb, bräunlich-feinpunktirt, abgerundet quadratisch oder schief und länglich gerundct-dreieekig und Savigny selbst konnte über die Beschaffenheit der Elytren bei sei- ner P. ßoccosa gar nichts sagen, da sie abgefallen waren. Ich fand auch den Leib fleischroth, nicht weiss, auf dem Rücken zeigten die Segmente ein vertieftes queres Oval. Die Rückencirren waren mit Fädchen besetetzt. Die Bor- sten des oberen Bündels unregelraässig fächerartig aus- gebreitet, die längsten ebenso lang als die des unteren Bündels, und beide von der Beschaffenheit wie bei P. cirratüy so dass ich glauben möchte, hier ein Exemplar dieser Art vor mir zu haben, und jedenfalls ein Versehen in der Etiquettirung annehmen muss. P. foliosa Sav. Qf. I. p. 252. St. Vaast. Der Grösse nach kann das im Glase 31c vorhandene Exemplar, das 27 Mm. misst, nicht dasjenige sein, das Savigny vor sich gehabt hat, und dem Fundort nach auch nicht dasjenige, nach welchem Audouin und Ed- wards diese Art beschrieben haben, doch stimmt es mit ihrer Beschreibung gut überein. Malmgren führt die P. foliosa obgleich fraglich als ein Synonym bei P. ge- latinosa iSars {Alentia gelotinosa Mgn.) auf. Die Unter- suchung des vorliegenden Exemplares lässt keinen Zwei- fel darüber; die Zahl der Elytrenpaare ist 18, sie sind durchsichtig , auffallend weich, am Rande etwas buchtig und gerunzelt, bleichfleischfarbig, glatt, ungefranzt, Fühler und Cirren glatt, die Borsten des oberen Bündels unge- mein dünn, die des unteren dagegen sehr breit und beide von der Beschaffenheit wie sie Kinberg abbildet*). ') Fregatten Eugeiiies Resa Aunulata Taf. XI. Fig. 26. i Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 289 Die Fühler waren leider bis auf den äusseren der rechten Seite abgebrochen, doch erkannte man noch die Stellung der drei mittleren an ihren Grundgliedern, dass nämlich die paarigen derselben etwas nach aussen und hinten von dem unpaaren und dicht neben ihm entspringen (Anten- nae una cum tentaculo ex antica perte angustata lobi ce- phalici productae Mgn.). Hiernach müsste wohl der äl- tere Name P. foliosa für diese Art beibehalten werden. Die übrigen Gläser unter der Nummer 31 enthalten nicht P. foliosay sondern wie mir scheint P. oirrata. P. 7iuda Qf. aus dem Rothcn Meer. Diese Polynoe, welche in zwei Exemplaren vorhan- den ist und deren Beschreibung ich in dem grossen An- nelidenwerke von Q ua tr efage s nicht finden kann, in- teressirte mich ins besondere wegen der grossen Aehn- lichkeit mit meiner Foly7ioe elegans, die Malmgren zu einer besonderen Gattung Lepidasthenia erhoben hat. Es ist eine von jenen langgestreckten Polynoen, deren Elytren aber wohl bis zu den hintersten Segmenten fortgehen — das Endsegment und vielleicht noch ei- nige vor ihm fehlen auch dem grösseren der beiden Exemplare, welches bei einer Länge von etwa 84 Mm. und einer Breite won 7,5 Mm. (mit den Borsten) 88 Seg- mente besitzt, von dem andern Exemplar existirt bloss eine Vorderhälfte, an der aber alle Fühler und grössten- theils auch die Elytren erhalten sind, die an dem erster- wähnten in der vorderen Partie abgefallen und erst vom 26sten Segment an erhalten sind. Die Elytren, deren Ite den Kopflappen ganz bedeckt und 2 Mm. misst, und de- ren 6te auf Segment 11 fast noch dieselbe Grösse hat, werden von da ab kleiner und sinken auf den Segmen- ten hinter dem 26sten auf 1 Mm. im Durchmesser, ein Unterschied, der bei P. elegans in ähnlicher Weise statt- findet: auch sind wie hier die vorderen breitoval, die übrigen kreisrund, alle aber glatt, hyalin oder bräunlich und glattrandig und die Mitte des Rückens bleibt frei. Ihre Vertheilung folgt demselben Gesetz, so dass sie bis Segment 33 (mit der bekannten Ausnahme am 4ten und 5ten Segment) immer ein Segment, von da an immer Archiv f. Naturg. XXXVI. Jahrg. 2. Bd. 19 290 Grube: zwei überspringen , nur einmal selie ich hier eine Unre- gelmässigkeit; da das 26ste, 28ste und 31ste Elytren tra- gen, dann erscheinen sie gleichmässig fortgehend auf Segment 34, 37 u. s. w. Eine Eigenthümlichkeit der Elytren ,von P, 7iuda ist noch, dass sie eine geäderte Zeichnung besitzen, welche von einem mittleren Stämm- chen auszugehen pflegt: dieses Stämmchen entspringt von der weit nach dem Aussenrande liegenden Insertions- stelle der Elytreu, wenigstens an den breit ovalen Ely- tren. Die Färbung des Rückens zeigt ähnliche Abwechs- lung der Zeichnung durch Querbinden, wie bei F. ele- gans, indem einzelne Segmente oder, wie an der hinteren Leibeshälfte, wenigstens ihre Ruder weiss sind; bei den übrigen ist der Rücken mitten weisslich, jederseits dun- kelbraun mit weissen Pustelchen besetzt und diese Fär- bung setzt sich seitlich in einer schmalen Zacke von etwas blasserer Farbe bis zur Insertionsstelle der Elytren und der Rückencirren fort. Ein bestimmtes Gesetz, nach dem jene 'weisse Färbung der Segmente oder ihrer Ruder auftritt, ist nur vorn ausgesprochen, indem vom 8ten Seg- ment an gerechnet, jedes 4te Segment ein weisses ist, also Segment 8, 12, 16, 20, 24 : dahinter geht es w^eni- ger regelmässig zu, zwar pflegen immer je zwei weisse oder weissruderige Segmente beisammen zu liegen, aber die Zahl der dazwischengeschobenen ist nicht dieselbe: sie wechselt von 1 bis 4 und zuweilen tritt auch ein einzelnes weisses Segment auf. So sind z. B. das 25ste, 30ste und 31ste, 34ste, 36ste und 37ste , 39ste und 40ste das 43ste, 45ste und 46ste von dieser Färbung; meist sind in der hinteren Partie des Leibes die dun- kelen Segmente diejenigen, welche Elytren tragen. Füh- ler wie Rückencirren sind weiss und durchaus glatt, letztere stehen auf keinem Basalgliede und enden in ein kurzes dünnes Fädchen ohne vorherige Anschwel- lung: die drei vorderen jederseits zeichnen sich durch Länge aus, der Kopflappen ist 6-seitig mit breitem spit- zen Stirneinschnitt zur Aufnahme des kurzen und dicken Grundgliedes vom unpaaren Fühler. Die Augen ste- hen jederseits nahe hintereinander, das vordere an der Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 291 seitlichen Ecke des Kopflappens; die drei mittleren Füh- ler auf einer Linie, die äusseren sind länger als die anstossenden^ kaum länger vorragend als der obere Füh- lercirrus, unten etwas dicker als die halbe Breite des Kopflappens und allmählich zugespitzt. Der unpaare Füh- ler ist länger als sie und misst 4,5 Mm. Die Baucheirren reichen bis zum Einschnitt der Borstenköcher; der des Iten Ruders übertrifft die andern merklich an Länge. Die Ruder ^haben nur einen ausgebildeten Ast, dessen Köcher etwa 14 gelbe gerade unter der Spitze mit vier Zähnen versehene Borsten trägt, von einem oberen Borsfenbün- del kann ich nichts wahrnehmen, doch glaube ich die Stelle, an der es gesessen hat, zu erkennen. Die kleine Papille unten an der Basis der Ruder tritt erst am Slsten auf. Eunice Cuv. A. Arten mit zweilappigem Stirnrande und Fühlcrcirren auf dem Mundsegment a. Fühler rosenkranzförmig oder mit längeren, we- niger markirten Gliedern. E, tentaculata Val. Qf. (I. p. 317) Port Western. An dem grösseren der beiden Exemplare, dem voll- ständigen mit reproducirtem Schwanzende, hatte der un- paare Fühler, der nur etwas länger als die mittleren war, die Länge der zwei ersten Segmente und elf Glieder, die äusseren Fühler die des Mundsegmentes und acht Glieder. Die ungegliederten Fühlercirren reichten bis zum Kopflappen. Die Ite Kieme von der Länge des Rückencirrus und mit fünf Fäden sass am 5ten Ruder, die 3te, die den Rückencirrus überholte, hatte bereits 10, die Ute (2Y2nial so lang als ihr Rückencirrus) 18, die 14te eben so lange 15, die 29ste (3mal so lang als ihr Rückencirrus) nur 12, die 35ste wiederum einmal 14 Fäden. Von da an sinkt die Zahl der Kiemenfäden allmäh- lich: so zeigte die vorletzte vor dem reproducirten aus mehr als 30 Segmenten bestehenden Schwanzende 9, die 292 Grube: nächste 5 Fädeii; beide etwas länger als ihr Rückencir- rus. Die Kiemen des Schwanzendes waren nur einfädig und fehlten hinten ganz. Nirgend erreichten die Kiemen die Mitte des Rückens. Der Leib war am Mundsegment 7 Mm., in der breitesten Gegend, vom 12ten bis ITten Segment 9,5 Mm. breit, und die Segmente hier etwa 7mal so breit als lang. Zwei andere Exemplare waren blosse Vorderenden und trugen die Ite Kieme am 4ten Ruder. Keines von allen zeigte ein lebhaftes Farbenspiel. E. Bottae Qf. (I. p. 320) aus dem Rothen Meer. Das vollständige 56 Mm. lange Exemplar mit etwa 85 Segmenten ist nicht so frisch als das andere unvoll- ständige, jetzt lebhaft fleischfarbene, und an letzterem der unpaare Fühler mit 16 Gliedern so lang als die ersten 4, die mittleren so lang als 3 Segmente, die äusseren Fühler mit 9 Gliedern von der Länge des Mundsegments. Füh- ler- und Rudercirren sind nicht gegliedert, erstere rei- chen nicht bis zum Kopflappen, letztere sind meist nur halb so lang als die zusammengesetzteren und fast ebenso lang als die einfacheren Kiemen. Die Kiemen, deren erste, noch nicht so lang als ihr Rückencirrus, am 6ten Ruder sitzt, beginnen sogleich mit 6 Fäden, bekommen von der 3ten an 7 Fäden, indem sie den Rückencirrus überholen, und halten sich so bis zur lOten, von der an die Zahl der Fäden schnell wieder sinkt, so dass bereits die 22ste nur 3-fädig, die 33ste 2-fädig wird. Im vollständigen Exemplar verhalten sich die Kie- men ähnlich, beginnen aber nur 1-fädig, werden erst am 9ten 6-fädig, bleiben so bis zum 16ten und sinken dann auf 4 und 5 Fäden : die 2-fädigen Kiemen, die mit dem 32sten Ruder anfangen, nehmen 53 Ruder ein und sind noch länger als ihr Cirrus, dann folgen einige ganz einfache. Diese x\rt steht meiner E. ßaccida nahe. E. Pelamidü Qf. (I. p. 322). Payta. Ich habe nur das kleinere, weichere in zwei Hälf- ten zerrissene Exemplar untersucht, das Hinterende fehlt Bemerkuugen über Anneliden des Pariser Museums. 293 ganz, kann aber wohl nicht von unbedeutender Länge sein, da die letzten erhaltenen Kiemen 8- fädig und 7-fädig sind. Diese Art fällt durch ihre Breite auf (im Maximum 10 Mm. ohne die Ruder); die Länge des vorhandenen Kör- pertheils (205 Segmente) beträgt 222 Mm., die Länge der ansehnlichsten Kiemen, z. B. solcher mit 22 bis 24 Fä- den, 8 Mm., diese erreichen die Mittellinie des Rückens. Schon die Iste Kieme (am 3ten Ruder; 2,5 Mm. lang beginnt mit 7 Fäden, die Zahl der Fäden erreicht das Maximum (24) an der 12ten Kieme, und sinkt dann langsam, so dass die 35ste (etwa 8 Mm. lange) noch 18, die lOOte (fast 5 Mm. lange) noch 9 Fäden besitzt. Die Rückencirren sind auffallend kurz und messen an den 8 Mm. langen Kiemen nur 2 Mm., sie sind merk- lich kürzer als die untersten Strahlen der Kieme. Die Fühler zeichnen sich durch Kürze und enge Ringelung aus, indem der längste, der unpaare, nicht länger als das Mundsegment (5 Mm.) ist und 17 Glieder hat, die äus- seren 'messen 3 Mm. und sind kürzer als die mittleren beiden. Die vorderen Segmente sind meist llmal so breit als lang. An den grossen Kieferladen sieht man 5 Zähne, an dem grösseren der halbmondförmigen Kiefer 8 grössere und 4 kleinere Zähnchen. E. torquata Qf. (I. p. 312) St. Jean-de-Luz. Diese Art, w^elche ich in früheren Jahren als Eu- nice Harassii aus dem Adriatischen Meer beschrieben, jetzt aber, seitdem ich die echte E. Harassii Aud. und Edw. bei St. Malo kennen gelernt, davon genau zu un- terscheiden weiss, ist keine andere als die torquata Qf., die mit der Leodtce fasciata Risso zusammenfällt. Die weissen Fühler sowohl als die Fühler- und Rückencirren sind deutlich gegliedert, die ersteren, wenigstens in ihrem Mitteltheil wirklich rosenkranzförmig, und die einge- schnürten Stellen noch mehr durch einen braunen Ring hervorgehoben, ihre Aciculae schwarz. Die im Leben bronze-braune oder mehr kupferrothe Farbe, welche auf den Segmenten von opalweissen Flecken unterbrochen ist, — das 4te oder 5te oder auch das 6te Segment ist 294 Grub e : oben ganz weiss — pflegt sich, wie auch Quatrefages bemerkt, lange Zeit im Weingeist wohl zu erhalten, bleicht aber zuletzt doch aus. Bei grossen Exemplaren steigt die Zahl der Fäden an den Kiemen bis auf 14, die vorderen Rückencirren sind weitläufig gegliedert. E. LauriUardi Qf. (I. p. 314). In dem betreffenden Glase fand ich zwei verschie- dene Arten : zwei Exemplare derselben Art hatten rosen- kranzförmige Fühler, ein otes ungegliederte : keine von beiden Arten zeigt eine 4-lappige Stirn, wie Quatrefa- ges angiebt, es liegt hier also jedenfalls ein Irrthum vor. Die ersterwähnte Art kann ich von E. torquata nicht unterscheiden, die zweite möchte ich für E. vittata (d. Ch.) halten. E. Harassii A. et E. (Qf. I. p. 307). Im Leben mehr ziegelbraun als bronzefarben, mit kleineren anders vertheilten weissen Rückenfleckchen, und, so viel ich beobachtet, niemals mit jener weissen Binde auf einem der vorderen Segmente. Die Fühler sind nie kurzgegliedert, überhaupt nicht sowohl gegliedert als mit weiter von einander abstehenden dunkeln Ringen gezeichnet. Genaueres über diese Art und ihre Unter- schiede von der vorigen werde ich in meinen Mitthei- lungen über St. Malo angeben ; nur das will ich hier noch anführen, dass diese Art auch im Adriatischen Meer vorkommt, wo sie jedoch selten zu sein scheint. Bei St. Malo und Roseoff kommt sie zahlreich vor. E. Quoyi Qf. und E. Gaimardi Qf., beide mit ge- gliederten Fühlern kann ich in der Sammlung nicht finden. E. australis Qf. (I. p. 321) Neuseeland. Die Färbung ist jetzt ein grauliches violet mit Far- benspiel, der unpaare der rosenkranzförmigen Fühler 5 Mm. lang, reicht bis zum 5ten Segment und hat etwa 21 Glieder, die mittleren 3 Mm. lang mit etwa 14 Glie- dern, reichen bis zum 3ten, die äusseren, 2 Mm. lang mit 9 Gliedern bis zum 2ten Segment, bei allen sind Benierkubgeii über Aimcliden des Pariser Museums. 295 die Glieder an der Basis weniger deutlich abgesetzt und kurz , bei den Fühlercirren länger als bei den Füh- lern, weniger abgesetzt, 6 an der Zahl. Ein auflfallendes Kennzeichen dieser Art besteht darin, dass die Kiemen, wie bei E, ßellü, nur auf einer sehr kurzen Strecke des Leibes, und zwar an 27 Segmenten vom 8ten bis zum 34sten Ruder vorkommen. Sie beginnen mit 4 Fäden, erreichen ihr Maximum (10 Fäden) an der 9ten bis Uten Kieme, sinken bei der 22sten auf 3 und hören mit 1 auf. Die längsten sind 2mal so lang als ihr Rückencirrus, die vordersten (längeren) Rückencirren 2 Mm. und ebenso lang als die langgegliederten Aftercirren. Die mittleren Segmente waren ohne die Ruder etwa 5mal so breit als lang. Hiernach muss ich trotz einiger Abweichungen auf die Identität dieser Art mit meiner E. paucibranchis *) schliessen. E. Hissoi Val. Qf. (1. p. 315) Marseille. Bei allen drei Exemplaren beginnen die Kiemen am 4ten Ruder (5ten Segment) (bei einem so nur auf der linken, am 6ten Ruder auf der rechten Seite) und zwar als einfache Fädchen bekommen höchstens 6 bis 8 (sel- ten 10) Fäden, und sinken bei dem vollständigen Exem- plar von 70 Mm. Länge vom SOsten Ruder an auf 5, 4 u.s.w. bis 1 Faden, die letzten 10 der 105 Ruder gehen leer aus. Die Fühlercirren reichen bis an den Kopflappen, der längste Fühler, der unpaare, bis an das 5tc Segment, die mittleren bis auf das 3te, man erkennt höchstens an der Spitze einige gestreckte Glieder. Hiernach wie nach den Verhältnissen der Kiemen und Rückencirren haben wir keine neue Art, sondern die E. vittata delle Chiaie vor uns, welche mit E. ntbrocinGta Ehl. zusammenfällt, und sonst in der Pariser Sammlung nicht vertreten ist. E. heterochaeta Qf. (I. p. 314) Guettary. Vollständig, 52 Mm. lang mit etwa 100 Rudern. Füh- ler nur an der Spitze langgegliedert, der unpaare längste reicht über das 4te Segment hinaus, ist 2,5 Mm. lang und *) Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für 1866. S. 64. 296 G r u b e : zeigt 5 längliche Endglieder, die mittleren 2 Mm. lang mit 4 Gliedern, die äusseren etwas kürzer als das Mund- segment mit 2 Gliedern. Die Kiemen beginnen am 3ten Ruder mit 1 Faden, bekommen höchstens 6 bis 7 Faden (von K. 8 bis etwa 22), haben von der 34sten an nur 3, von der 43sten an 2, die 52ste und die nächsten 24 nur 1 Faden, die übrigen Ruder sind kiemenlos. Die Rücken- cirren sind kürzer als die vielfädigen Kiemen, die Seg- mente meist 5mal so breit als lang. Obschon bei der E. pennata (Müll.) die Kiemen gewöhnlich mit dem 39sten Ruder aufhören, so sind hier die noch dahinter vorkom- menden doch nur 1-fädig, und ich glaube daher, dass auch die E. heterochaeta keine neue Art, sondern pen- nata ist. b. Fühler ungegliedert. E. ebranchiata Qf. (I. p. 316) Palermo. Obwohl das vorhandene Exemplar mit mehr als 130 Segmenten nicht vollständig ist, sich also nicht mit Si- cherheit sagen lässt, ob an den fehlenden die bis dahin vermissten Kiemen auftreten und wie sie aussehen, so stimmt es doch so vollkommen mit E. siciliensis überein, von der ich eine Menge von Exemplaren untersucht habe, (darunter auch solche, die gar keine Kiemen besassen), dass ich an ihrer Identität nicht zweifle. Dass die E. adriaticaSchvii. und E. ^aenia Clap. keine andere Art ist, habe ich schon früher mitgetheilt *), und bei Ehlers finden wir dieselbe Synonymie. Zu dieser Abtheilung würde ich auch eine Art rech- nen, deren Stirn Qu atre fages als 4-lappig bezeichnet. E. scomhrmis Val. Qf. I. p. 319. Guayaquil. Wenn man die Stirn als 4-lappig ansehen soll, ist sie es wenigstens in anderer Art wie bei E. gigantea, indem die Mittellappen ganz breit sind. Das ganz voll- ständige Exemplar hat jetzt einen violetten Leib und vio- lette Kiemen, gegen welche die weisslichen Fühler, Gir- ren und Bauchcirrenpolster sehr abstechen, eine Länge *) Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für 1866. S. 68. BemerkungeD über Anneliden des Pariser Museums. 297 von 49 Mm., eine grösste Breite von 3,5 Mm. ohne die Ruder und 5 Mm. mit den Rudern ohne die Borsten und 130 Segmente. Die Fühler zeigen keine Spur von Glie- derung, der unpaare eine Länge von 4 Mm. (gleich den ersten vier Segmenten), die mittleren 3 Mm., die äusseren 2 Mm., wie das Mundsegment, das den 5 nächsten Seg- menten gleichkommt. Die Fühlercirren reichen nur bis zur Hälfte des Mundsegments. Die Kiemen, welche den ersten 6 und den letzten 7 Segmenten fehlen , beginnen mit 3 Fäden und stei- gen an der 9ten auf 6 Fäden, an der 19ten auf 17 und haben etwa von der 22sten bis zur 70sten nur 8 und 9 Fäden, die 85ste und lOOste besitzt deren noch 5, die llOte noch 2; die mittleren Kiemen erreichen fast die Mitte des Rückens und sind viel länger als die Rücken- cirren, die hier etwa nur die Länge von 1 Mm. und etwa die 3-fache Dicke der Kiemenstämmchen haben, und conisch aussehen. Die Baucheirren sind noch kürzer und dicker, und meist nur das spitze Ende von Polstern, auch mehr chamois-weisslich gefärbt. Die Aftercirren sind 1,5 Mm. und so lang als die letzten 10 sehr kurzen Seg- mente. Die Borsten stehen in äusserst wenig vorragenden Fächern, die Aciculae sind schwarz. Der Leib verschmä- lert sich nach hinten nur sehr wenig und langsam, und fällt durch seine Kürze und Breite auf, indem seine zahl- reichen Segmente meist 9- bis lOmal so breit als lang sind. B. Arten mit 4-lappigem Stirnrande (Eriphyle Kbg.) E. gigantea Cuv. Das grösste der drei Exemplare (A) misst, obwohl unvollständig, an 130 Cm., ein weniger starkes aber voll- ständiges (B) etwa 145 Mm. Das 6-lappige Ansehen des Stirnrandes, das Quatrefages hervorhebt, rührt von einer queren Furche der grossen seitlichen Lappen her und findet sich nicht bei allen Exemplaren, die Fühler- cirren erreichen etwa nur die halbe Länge des Mund- segments. Die Zahl der Fäden an den kammförmigen Kiemen steigt noch höher als Quatrefages angiebt, ich zähle bei mehreren über 30, schon die Iste Kieme, 298 G r übe: die an Ruder 5 oder 6 sitzt, ist kammförmig, aber die letzten etwa 45 Ruder an Exemplar B haben gar keine Kiemen. Die Färbung des Leibes ist bei zweien sehr dunkel, ziemlich kupfrig mit stark irisirendem Goldglanz, bei einem heller, schmutzig graulich, aber die Kiemen immer dunkel. E. Roussaei Qf. (I. p. 309) Martinique, St. Jean de Luze. Das grösste Exemplar (A) hat eine Länge von 56,5 Cm., ein anderes (B) eine von 25,6 Cm. bei 21 Mm. grösster Breite ohne die Ruder, aber beide Exemplare sind ebensowenig vollständig als ein drittes, so dass man nicht weiss, wie sich an den letzten Segmenten die Kie- men verhalten. Quatrefages giebt an, dass sie 20 bis 25 Fäden zeigen und erst am lOten Segment anfangen; ich sehe die erste bei Exemplar A am 8ten Ruder, bei B aber bereits am 6ten, dort nur mit 5 Fäden, hier (wo sie be- reits 12 Mm. misst) mit 40, die Zahl der Fäden erhebt sich nicht über 47 (so an der 27sten). Die Länge der Kiemen steigt auf 14 Mm. (an Ruder 25) und die längsten sind 3mal so lang als ihr Rückencirrus, die letzte des Bruch- stückes B, die 256ste hat noch 36 Fäden und 10 Mm. Länge, ihr Rückencirrus 3 Mm. Bei Exemplar A und B erreichen die Kiemen nirgend die Mittellinie des Rückens, bei C kreuzen sich die längeren derselben, und die Iste Kieme erscheint erst am 9ten Ruder. Die Fühlercirren reichen über den Vorderrand des Mundsegments hinaus und die Fühler sind ebenfalls länger als bei E. gigantea. Das Exemplar C ist vorn weniger breit als das von Quatrefages (PI. 10. Fig. 1) abgebildete, bei St. Jean de Luze gefundene, das die Färbung nach dem Leben und ein noch viel verjüngter zulaufendes Vorderende zeigt. C. Arten mit 2-lappiger Stirn und ohne Fühler- cirren (Marphysa Sav. Qf.) a. Fühler ungegliedert. M. {E) sanguinea (Mont.) (Qf. L p. 332). Bröhat, Neapel. i Bemerkungen über Anneiiden des Pariser Museums. 299 Zahlreiche und grosse Exemplare. E. (M. haemasoma Qf. (I. p. 334). Tafel-Bay. Ein sehr grosses jetzt hellfleischfarbiges Exemplar mit mehr als 340 Segmenten 32,6 Cm. lang, am Mund- segment etwa 4 Mm., vom 28sten bis 38sten an 8 Mm. breit, wobei die Segmente wohl 12mal so breit als lang sind ; von da nimmt die Breite wieder ab, und die Seg- mente werden weiter nach hinten nur noch 5mal so breit als lang. Die 3 mittleren Fühler 3 Mm. lang, so lang als die 3 ersten Segmente, die äusseren über 2 Mm., wie das Mundsegment, welches die Länge der 3 folgenden hat, wie schon Quatrefages angicbt. Die Kiemen beginnen am 26sten Ruder mit 1 Faden, so lang als der Rückencirrus, dann folgen 2 mit 2 Fäden, 8 mit 3 Fäden, den Cirrus schon überragend, die 12te bis 24ste hat 4 Fäden, die 25ste bis zur ÖOsten 5, die ölste und die 37 folgenden 6 Fäden, von da an sinkt die Zahl der Fäden sehr langsam, so dass die 88ste bis 209te noch 5 Fäden behalten und erst bei der 280sten 2 Fäden auftreten; die 310te und die nächsten Kiemen bestehen nur aus 1 Fa- den und die letzten 20 Ruder sind ohne Kiemen. Der Rückencirrus ist ungemein kurz, auch die vorderen nur 1 Mm. lang, während die Kiemen, sobald sie 5-fädig wer- den und der Leib 7 Mm. breit ist, die Mitte des Rückens erreichen, und dies hört erst bei den 2-fädigen auf. Der BauchciiTus ist nur das spitze Ende eines fast kreisrun- den Polsterchens. E. peruviana Qf. (I. p. 336). Lima. Es sind nur Bruchstücke vorhanden, an dem länge- ren, vorderen Bruchstück von 67 Mm. Länge zählt man 65 Segmente. Die Iste Kieme ist wie die nächsten 8 bloss 1-fädig und sitzt am 16ten Ruder, dann folgen 3 Kiemen mit 2 Fäden, auf diese 3- und 4-fädige, welche letztere die Mittellinie des Rückens erreichen. Die Rückencirren sind sehr kurz (anfangs 3 Mm. lang), die Baucheirren fast nur an den vordersten Rudern deutlich vortretend, später an der Basis polsterförmig verdickt, diese Polster aber nicht quergezogen und auf die Bauchseite verlängert. 300 G r u 1) e : Der Leib wird höchätens 4 Mm. breit, der unpaare Füh- ler ist 3 Mm. und ebenso lang als das Mundsegment, die mittleren Fühler messen 2,3 Mm., die äusseren 2 Mm., das Mundsegment hat die Länge der nächsten 2V2 Segmente und sein hinterer Ring die Länge des 2ten Segments. Die vorderen Segmente sind etwa 3mal, die hinteren 4mal so breit als lang. In demselben Glase befindet sich ein Endstück, das mit einem Paar 5-fädiger 3 Mm. langer Kiemen beginnt, dann folgen 11 Paar mit 4, 20 mit 3, 10 mit 2 Fäden, die 19 nächsten Kiemen sind 1-fädig, und die letzten 11 Segmente tragen gar keine Kiemen. Die zusammengesetzten Borsten unterscheiden sich durch die von Quatrefages angegebene Sichelform des Anhanges von denen der E. sanguinea. Die Nadeln sind schwarz, und in den vorderen Rändern 2 vorhanden. An einem von mir eingetauschten Bruchstück der- selben Art beginnen die Kiemen erst am 21sten Ruder, ebenfalls mit 1 Faden, und bleiben so bis zum 29sten, am 35sten haben sie 3, am 37sten 4 Fäden und weiter- hin steigt die Zahl der Fäden bis auf 6. b. Fühler gegliedert. M. {E.) Gayii Qf. (L p. 335). Valparaiso. Die einzige bisher bekannte Marphysa mit geglie- derten Fühlern. An einem vollständigen Exemplar von 186 Mm. Länge und einer grössten Breite von 7 Mm. ohne die Ruder, zähle ich 215 Segmente. Der Stirnrand ist nur wenig eingeschnitten, der unpaare Fühler nicht vollstän- dig, die mittleren von der Länge des Mundsegments, 3,5 Mm. lang mit 9 wenig abgesetzten Gliedern, die äus- seren 2 Mm. Das Mundsegment ist so lang als die drei folgenden Segmente vorn in einen mittleren Vorsprung verlängert, seine Breite nur 5 Mm., die nächsten Segmente sind etwa 4mal, die mittleren lOmal so breit als lang. Das 13te Ruder trägt die Iste Kieme, die wie die 5 näch- sten 1-fädig ist, die 7te und 8te hat 2, die 9te 3, die lOte und Ute 4, die 12te 5 Fäden, die 16te und 22ste 7, die Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 301 40ste 10 Fäden, eine Zahl, welche nur bei zwei Marphy- sen erreicht wird ; von da an nimmt sie ab, so dass die 41ste (58ste, 62ste) nur 8, die SSste 7, die llBte 6, die 129ste 5, die 137ste 4, die lölste 3, die 174s+e 2, die 175ste bis 191ste nur noch 1 Faden haben, die letzten 12 Ruder (192 — 213) tragen gar keine Kiemen, die 7-fä- digen Kiemen kommen an 72 Rudern vor. Die Rücken- cirren, anfangs 1 Mm. lang, sinken schon an der 41sten Kieme auf V2 Mm., werden von der Sten Kieme schon um mehr als ihre Länge übertrofFen und behalten nahezu dieses Verhältniss weiter. Die Baucheirren, die vorder- sten ausgenommen, setzen sich in ein ovales Polsterchen fort. Aftercirren von massiger Länge. Nadeln schwarz. An einem andern Exemplar, das in drei Stücke zer- rissen schien und dann 208 Mm. mass, trat die Iste Kieme erst am 24sten Ruder links (am 21sten rechts) auf. Die vorderen 13 Kiemen und die hinteren 60 Kiemen vor dem 23ten Segment vom Ende sind 1-fädig, werden aber da- bei allmählich so lang, dass sie den Rückencirrus um das Doppelte oder mehr übertreffen (bis 3 Mm.), die 14te bis 18te Kieme haben 2, die 20ste und 21ste 3, die 25ste und die folgenden 31 haben 4 Fäden, die 57ste 5 Fäden, weiterhin werden sie 6-fädig und bis 6Y3 Mm. lang, so dass sie einander gegenseitig erreichen, einzelne bekom- men auch 7 Fäden, Der Leib ist vorn flach gewölbt, die Segmente hier lOmal so breit als lang, weiter hinten mehr cylindrisch, zuletzt wieder platt. Lysidice Aud. et Edw. L. torquata Qf. (I. p. 376. pl. 9. ^q. 20) St. Vaast. Nach der Untersuchung der in der Sammlung vor- handenen Exemplare von L. Ninetta Aud. et Edw. und von X. torquata Qf. kann ich keinen Unterschied zwi- schen beiden anerkennen. L. Ninetta soll ein „Caput bilobum^, L, torquata ein „Caput integrum" haben; bei beiden ist der Einschnitt des Stirnrandes, wenn auch bei letzterer nicht so tief als Audouin und Edwards ab- gebildet haben, und ausserdem eine deutliche Furche auf 302 Grube: der Unterseite des Kopflappens vorhanden. Die weisse Ringbinde auf dem 3ten Segment ist nicht bei allen Exemplaren der L. forqicata, die ich bei St. Vaast, St. Malo und Roscoif lebend beobachtet, zu erkennen. Au- douin und Edwards geben nur eine braune schön iri- sirende Färbung an, weshalb ich die L. 'punctata Risso des Mittelmeers als eigene Art oder Varietät unterschei- den zu müssen glaubte ; nun aber sehe ich, dass auch die meisten Exemplare von der Canalküste, die sonst keine Unterschiede' zeigen, dieselbe weiss punktirte Zeichnung auf braunrothem Grunde haben, die Risso hervorhebt. Zuweilen tritt sie nur an den vorderen Segmenten auf und wird auf den nächstfolgenden durch ähnliche weisse Binden wie die auf dem 3ten Segment ersetzt, zuweilen endlich wird sie ganz undeutlich. Die von Kef er stein beschriebene L. Ninetta mit punktirter Zeichnung und Clapa rede's Lysidice makagom {Glsniur. Zootom. p. 116. pl. IL fig. 4) sind auf dasselbe Thier: nach der Auffas- sung Claparede's ist die Stirn ganzrandlg, während Kefer stein angiebt, dass der querovale Kopflappen an der Oberseite ein wenig eingeschnitten sei. Endlich ist auch noch Lysidice rufa Gosse hieher zu ziehen. Blainvillea Qfg. Von der Unhaltbarkeit der Gattung ist schon oben die Rede gewesen, hier habe ich nur in Betreff der Bl fihim Qf. (I. p. 370.) zu bemerken, dass ich zwischen dieser Art und Bl. elon- gata keinen anderen äusseren Unterschied finden kann ' als den, dass bei den Exemplaren der letzteren die Au- \ gen grösser, bei Bl. filum kleiner oder gar nicht zu er- kennen sind. Beide haben zusammengesetzte und einfache Borsten. Lumbriconereis BL E. Latreüln Aud. et Edw. (Qf. I. p. 364.) Was mich veranlasste, die L. Nardonis des Mittel- meers als eine von Z. Latreillu verschiedene Art aufzu- Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 303 stellen, war die Angabe von Audonin und Edwards, dass der sogenannte obere "Cirrus kürzer als der untere sei, und der Umstand, dass sie keiner zusammengesetz- ten Borsten erwähnen. Bei der Betrachtung des Origi- nalexemplars von den Chansey-Inseln stellt sich heraus, dass jener längere obere Cirrus nur die verlängerte Lippe des Borstenköchers ist, und in der That hinter und etwas unter dem ßorstenbündel liegt, und dass zusammenge- setzte Borsten den vorderen Segmenten nicht fehlen, beide Arten also identisch sind, was auch Quatrefa- ges vermuthete. Diese Lumbriconereis gehören zu den gemeinsten Thieren der Canalküste. L. maculata Qf. (I. p. 365). Toulon. Da ich den Kieferapparat dieses Thieres nicht un- tersuchen konnte, fehlt der Bestimmung die vollkommene Sicherheit. Wenn aber hier das Originalexemplar der Oenone maculata von Milne Edwards vorliegt, die Quatrefages als synonym anführt, so beweist die Ab- bildung der ganzen Figur und der Kiefer in Cuvier's Regne animal Annelid pl. 11. fig. 4, dass das Thier eine Arabella, und, wie ich bereits früher vermuthet, meine A. {Lumbriconereis) quadristriata ist. Vor allem steht fest, dass das Exemplar des Pariser Museums nur ein- fache Borsten (nämlich Haar- und gesäumte Hakenbor- sten) besitzt, die Gestalt derselben und die übrigen Ver- hältnisse stimmen mit A, quadristriata überein. Die aus- führliche Beschreibung hat Ehlers (Borstenwürmer p. 399) gegeben und durch Abbildungen erläutert. Au- gen und Fleckenreihen des Leibes kann ich nicht erken- nen, aber letztere verschwinden gewöhnlich im Wein- geist, sind auch zuweilen an lebenden Thieren kaum an einigen Stellen angedeutet oder fehlen gänzlich. Was die Augen betrifft, so scheinen sie, wenigstens an Wein- geistexemplaren, nicht immer nachweisbar. Euphrosyne Aud. et Edw. Leider war meine Hoffnung, die von Savigny be- schriebenen Euphrosyne- Arten des Rothen Meeres, von 304 Grube: denen unsere Kenntniss dieser Gattung ausging, in der Sammlung zu finden vergebens, es existirt hier weder E, laureata noch E. myrtosa. Dagegen giebt es ein Originalexemplar von JB. foliosa Aud. et Edw. (Qf. I. p. 409) aus St. Malo. Ich habe mich an 7 bis 8 Segmenten dieses 10 Mm. langen Exemplars überzeugt, dass der mittlere Rücken- cirrus nicht zwischen dem 4ten und 5ten Kiemenstämm- chen, wie die Figur von Audouin und Edwards angiebt, sondern zwischen dem 2ten und 3ten, also wie bei Ej. racemosa Ehl. steht. Da nun die Kiemenzweige der E. foliosa in deutliche spindelförmige Anschwellun- gen enden und die obere Borstenreihe bis an das untere Bündel tritt, ich mich auch an dem von mir bei St. Malo gesammelten ganz damit übereinstimmenden Exemplar überzeuge, dass die Borsten derselben meist gekerbte, die des unteren Bündels glatte Zinken haben, so ist ra- cemosa dieselbe Art. Nereis (L.j s. str. Aud. et Edw. In dieser Gattung, von der das Museum eine grosse Anzahl von x\rten enthält, hatte ich meine Aufmerksam- keit fast ausschliesslich auf die an den Französischen Kü- sten vorkommenden gerichtet und fand hier mehrere Be- zeichnungen, mit denen ich durchaus nicht einverstan- den bin. A^ Marw7in Aud. et Edw. (Qf. L p. 549). Vend^e. An dem Originalexemplar ist leider der Pharynx mit seinen Kiefern und Paragnathen herausgenommen und nicht mehr vorhanden , die Stellung derselben von Au- douin und Edwards weder abgebildet noch beschrie- ben, ich will hier daher diese Lücke nach der Untersu- chung eines selbstgefundenen Exemplars von St. Malo ergänzen. An der maxillaren (vorderen) Abtheilung des ausgestreckten Rüssels steht oben jederseits ein rundliches Häufchen von Paragnathen, in der Mitte zwei einzelne Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 306 hinter einander, unten jederseits eine schräge läriglichc, in der Mitte eine qiier-ovale Gruppe , an der hinteren Abtheilung aber jederseits eine einfache quere Bogen- reihe, in der Mitte eine ähnliche aber viel weniger breite mit jenen winkh'g zusammenstossend. In jeder dieser Bo- genreihen zeichnet sich eine Paragnathe durch Grösse vor den andern punktförmigen aus, und zwar ist die der seitlichen Bögen quergezogen, die in den mittleren oder etwas vor ihr stehende rundlich ; ausser letzterer erschei- nen mitunter noch vier andere etwas grössere mit ihr zu einem w gruppirte. Auf der Unterseite der hinteren Ab theilung bilden die Paragnathen abweichend von den übrigen europäischen Arten eine nicht eben breite, nach vorn in regelmässige stumpfe Zacken vorspringende Binde ; die am Rande der Zacken stehenden, und namentlich die an den ausspringenden Winkeln übertreiFen an Grösse die übrigen der Binde, welche sehr fein sind. Die Kie- fer selbst fallen durch die grosse, über zwölf gehende Zahl ihrer Zähne auf. Das Rückenfähnchen der Ruder, das durch die Erhebung des nach innen vom Rücken- cirrus liegenden Ruderrandes, die Streckung des Basal- theils vom oberen Züngelchen und die Verschmelzung jener beiden Theile entsteht, beginnt an jenem Original- exmplar und zwar mit verkürztem Rückencirrus schon am 27sten Ruder. iV. crasslpes Qf. (I. p. 550). St. Vaast. Mehrere kleine Exemplare, die mich durch die Kürze ihrer Fühlercirrcn und ihre Ruderbildung , namentlich aber die Bildung des Fähnchens an den Rudern des hin- teren Körperdritttheils sogleich an N. Marionii erinner- ten. Die Untersuchung des Rüssels, der an einem 50 Mm. langen Exemplar mit 101 Ruderpaaren aufgeschnitten war, zeigte grosse Uebereinstimmung mit der so eben beschriebenen, nur konnte ich den Gürtel von Paragna- then an dem adoralen (hinteren) Wulst des Rüssels wegen der schwachen Ausprägung derselben nicht so deutlich in seinen Einzelnheiten erkennen. Alles zusammenge- nommen lässt mich nicht zweifeln, dass wir hier nicht eine besondere Art, sondern bloss junge Individuen von Archiv für Naturg. XXXVI. Jahrg. 2. Bd. 2Ü 306 Grube: N. Marionn vor uns haben. Die grösste Breite mit den Rudern betrug nur gegen 3 Mra._, ohne dieselben nur 1,5 Mm. N. hilineata Johnst. Qf. (I. p. 535.) St. Vaast. Diese Art ist nicht die von Johnston Ann. of nat. bist. III. p. 295 beschriebene N. hilineata^ auch ist Qu a- trefages selbst nicht ohne Bedenken in seiner Deutung. Er beschreibt seine x\rt grün, während die Johnston*- sche Art dunkelfleischfarben oder roth und mit zwei mehr oder minder deutlichen weissen neben dem Rückengefäss laufenden Linien gezeichnet ist, ausserdem hat die letztere einen merklich längeren Rückencirrus, und die Verthei- lung der Paragnathen ist eine ganz andere, indem nament- lich auf der Oberseite des oralen oder hinteren Rüssel- wulstes eine kleine fast ovale Gruppe vorkommt, mittlere Paragnathen ganz fehlen und der Gürtel der Unterseite ganz schmal, nur 2-reihig ist (in der vorderen Reihe weit auseinander stehende grössere, in der hinteren ganz kleine dicht an einander stehende Paragnathen). Bei der N. hilineata von Quatrefages zeigt vielmehr der Rüs- sel, der an den beiden Exemplaren der Sammlung ge- nugsam vorgestreckt ist, die Bewaffnung meiner N. oul- triferaj welche unter diesem Namen nicht in der Samm- lung existirt, wohl aber unter noch andern : denn N. fulva Blv. Qf. (I. p. 507), le Hävre, N. ventilahrum d. Ch. Qf. (I. p. 517) und von N, viridis Johnst. Qf. (I. p. 539), Bröhat drei Ex- emplare stimmen durchaus mit N. eultrifera tiberein, nämlich dasjenige von Brehat, welches vollständig 108 Paar Ru- der, eine Länge von 125 Mm. und einen ausgestreckten Rüssel hat, und zwei andere ebendaher mit eingezogenem Rüssel, von denen das eine wohl an 200 Mm. lang ist. Die Figuren von einzelnen Theilen, auf welche Quatre- fages bei seiner N. hilineata verweist, gehen in der Erklärung der Abbildungen unter dem Namen N. in- certa, der in dem eigentlichen Text nicht vorkommt. Ausserdem besitzen wir noch eine Darstellung des gan- Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 307 zen Thieres und der betreffenden Einzelheiten unter dem Namen N, margaritacea Leach im Atlas zu Cuvier's R^gne animal Ann61ides pl. 12. fig. 11, die Ma Imgren zu einer eigenen Gattung Lipephile erhoben hat. Es blieb ferner zu untersuchen, ob N. Beaucondrayij wie sie Ke ferst ein *) aufgefasst und abgebildet, mit dem Originalexeraplar von Audouin und Edwards übereinstimmte. Dieses letztere war in der Sammlung des zoologischen Museums nicht zu finden, wohl aber entdeckte ich ein Glas mit dieser Etiquette unter den Anneliden des Museums der vergleichenden Anatomie, in dem mehrere Exemplare aus Noirmoutiers von Audouin und P]dwards, an denen sich der Rüssel hervordrücken lässt. Sie zeigen vollständige Uebereinstimmung mit Keferstein's N. Beauoondrayi, welche einerlei mit N. cultrifera ist. In dieser ganzen Synonymie stimmen Ehlers und ich überein. Nach Johnston würde auch N, coerulea L. Penn, hieher gehören. N. fucata Sav. (Qf. I. p. 547). le Hävre. Mit dieser Art synonym ist N. hüineata Johnst. öavigny hat seine Beschreibung nur nach einem Wein- geistexemplar gegeben, leider nicht die Art der Rüsselbe- waffnung hineingezogen und die Farbe im lebenden Zu- stande nicht berücksichtigen können, sonst hätte J o hnston seine hüineata wohl nicht als neue Art aufgestellt, üeber die Art ihres Vorkommens habe ich in meinen „Mittheilun- gen über die Meeresfauna von St. Vaast*' gehandelt. A^ regia Qf. (1. p. 511). Boulogne. In mehreren und zum Theil ausserordentlich gros- sen Exemplaren vorhanden. Zu derselben Art scheint auch N. edenticulata Qf. (I. p. 539). St. Vaast, zu gehören, deren Rüssel ich freilich nicht untersuchen konnte, deren Leib, Kopf- und Ruderbildung jedoch mit jV. regia übereinstimmen, und das was Quatrefages *) Beiträge z. Kenntn. einiger Annelid. Sieb, und KöU. Zeitschr. XII. p. 94. Taf. Yin. Fig. 1—6 u. 12). 308 Grnbe: über die rudimentäre Beschaffenheit der Paragnathen hin- zusetzt, widerspricht meiner Meinung nicht. Eine ziegel- rothe Färbung des Vorderleibes, wie sie dieser Autor bei edenticulata angiebt, habe ich freilich bei N. regia nie beobachtet, nur eine blassfleischfarbige. N. nuhüa Sav. Qf. (I. p. 505.) Nicht das Originalexemplar von Savigny, sondern ein neueres von St. Vaast, w^elches mir, ohne dass Ich es im Einzelnen verglichen, mit N. irrorata Mgn. über- einstimmend schien. Letztere habe ich böi St. Vaast, St. Malo und Roseoff gesammelt und nachgewiesen, dass die von Quatrefages entdeckte Heteronereis Sohmar' dae in demselben Verhältniss zu ihr steht, wie das M a 1 m- gren und Ehlers zwischen Neteronereis arctica und N. pelagica festgestellt haben *). N, pelagica L. (Qf. I. p. 542). Island, Grönland. Zu dieser sind auch meines Erachtens das kleine 45 Mm. lange Exemplar der N, viridis von Brehat und das unvollständige, nur 57 Paar Ruder besitzende Exem- plar der A^. viridis von St. Vaast zu ziehen. Von der specifischen Verschiedenheit der N. Bowerbanchii Qf. von AT. pelagica kann ich mich nicht überzeugen. K Dumerüii Aud. et Edw. (Qf. I. p. 502). la Rochelle. Obgleich Au do u i n und Edwards weder in ihrer Beschreibung dieser Kvi die Bewaffnung des Rüssels im Einzelnen angegeben, noch eine Abbildung desselben hin- zugefügt haben , so sagen sie doch von ihm im Allge- meinen : la trompe ne presente qu'un tr^s-petit nombre de pointes corhees, und diese Angabe zusammengenom- men mit der Abbildung eines der vorderen Ruder (an welchem alle drei Züngelchen gleich kurz und stumpf sind, und der Rückencirrus weit über sie hinausragt) beweisen, dass ihre Art dieselbe v/ie A'^. zostericola Oerst. *) Jahresbericht der Schles. Gesellsch. für 1869. p. 52. **) Recherches pour servir ä l'histoire naturelle du littoral de la France II. pl. 4 A. fig. 9. Bomerkuiigen über Aunelidcn des Pariser Museums. 309 ist. Von den Exemplaren der Pariser Sammlung, die die Etiquette N, Dtcmeriln tragen , habe ich eines mit ausgestrecktem Rüssel (Nr. 134 a) untersucht. Dieses ist keinesfalls die Art von Audouin und Dumeril, son- dern die ihr äusserlich ähnliche N. irrorata Mgn., welche ebenfalls sehr lange (wohl bis zum löten Segment rei- chende) P^ühlercirren, aber einen ganz anders bewaffne- ten Rüssel besitzt. An ihm ist der Gürtel der Paragna- then, welcher die Unterseite des oralen (hinteren) Wul- stes besetzt, wie bei den meisten Nereisarten sehr aus- gebildet, eine Doppelreihe , deren vordere Paragnathen grösser sind und weitläufiger stehen, bei N. Dumerüii dagegen sieht man hier und zwar ganz vorn, unmittelbar an der Grensfurche ^^g^n den admaxillaren Wulst eine breite 4mal unterbrochene einfache Querreihe von kaum erkennbaren Paragnathen, und ebenso sind die des maxil- laren Wulstes sehr zart, unten jederseits eine mit der Concavität der anderen zugekehrte Bogengruppe von 6 ungleich ausgedehnten Reihen, mitten eine quere Gruppe, oben fehlen sie ganz. Bei N. irrorata läuft am maxilla- ren Wulst jederseits eine kurze einfache Reihe von Pa- ragnathen auf die Kiefer zu, unten stehen wie gewöhn- lich drei Gruppen, aber in den seitlichen (auch bogenför- migen und mit der Concavität einander zugekehrten) giebt es vorn nur zwei Reihen und in der äusseren derselben ein Paar ansehnlichere quere Paragnathen , im oralen Wulst existirt oben jederseits eine kleine Quergruppe. In den Rudern wird bald das obere Zür.gelchen und dann das obere und mittlere überwiegend gegen das untere, der Rückencirrus ist anfangs nicht länger als das obere Züngelchen, und der lange Anhang der Gräten ist sehr dünn und nicht, wie bei N. Dumerüii, gesägt. N. pulsatoria Sav. (Qf. I. p. 503) von der franzö- sischen Westküste. Bei der Kürze von Savignj's Angaben, und da das Originalexemplar nicht mehr zu existiren scheint, lässt sich nicht mehr ermitteln, ob er dieselbe Art vor sich gehabt; die Audouin und Edwards beschrieben haben, doch wird sich diese wiedererkennen lassen. Auf 310 Grube: die A''. pulsatoria der Pariser Sammlung, die Quatre- fages ausführlicher beschrieben, scheinen mir die Anga- ben von Audouin und Edwards nicht hinlänglich zu passen, Quatrefages konnte an dem raaxillaren Wulst des Rüssels oben und unten nur jederseits ein Häufchen von Paragnathen wahrnehmen, erwähnt aber keines mitt- leren, ich sehe oben ebenso wenig Paragnathen in der Mitte, wohl aber unten eine quere Mittelgruppe. Die oberen Seitengruppen sind kleiner als die unteren, fast linear und enthalten nur etwa acht. Auf dem oralen Wulste sehe ich rechts eine Gruppe von acht, links fehlt sie zufällig, mittlere Paragnathen sind nicht vorhanden; unten zeigt sich ein bis auf die Seiten heraufsteigender Gürtel von meist drei Reihen, in dessen vorderer Reihe dieselben rund und grösser und nur in der Zahl acht vorhanden sind. Bei Quatrefages wird wohl das erste „en dessus'^ in .,en dessous^ verwandelt und vor dem „sur les cotes'^ das nachher folgende „sur la ligne mediane" eingeschoben werden müssen. Die Schneide der Kiefer trägt vier Zähne. In den Figuren von Audouin und Edwards sieht man zehn Zähne und auf dem hinteren (oralen) Wulst vier kreuzförmig gestellte Paragnathen. Die ganze Paragnathenstellung stimmt am besten mit der- jenigen überein, 'die Malmgren bei seiner Nereis zo- nata angegeben*), und die Form der Ruder ist auch ähnlich, doch ragt der Rückencirrus nicht weiter als das obere Züngelchen vor, und dieses — ich finde auch das mittlere — ist gestreckter als bei Malmgren. Obwohl eine gebänderte Zeichnung nicht erkennbar ist, würde ich doch das in Rede stehende Thier eher für N. zo- nata als für N, pulsatoria Aud. et Edw. halten. N. zo- nata ist freilich bisher nur aus Grönland bekannt, indes- sen N. pelagica steigt ja auch von den grönländischen Küsten bis zu den englischen und französischen herab. N. microcera Qf. (I. p. 512). Guettary. Wenn ich diese Art auch nicht selbst untersucht *) Annulata polychaeta Taf. V. Fig. 34 u. 34 A. Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 311 habe, erlaube ich mir doch darauf aufmerksam zu ma- chen, dass Quatrefages eiaen wesentlichen Unter- schied von N. hrevimana Johnst. darin findet, dass das untere Züngelchen stets deutlich erkennbar bleibt; we- nigstens eben so sehr als dies müsste wohl die so ver- schiedene Länge der Rückencirren auffallen, die nach Quatrefages bei microcera weit über das obere Zün- gelchen hinausragen, bei hrevimana aber lange nicht des- sen Spitze erreichen. N. diver sicolor O. Fr. Müll. (Qf. 1. p. 508) aus der Ostsee, neben welcher noch N. Sarsii Rathke (Qf. I. p. 518) von Norwegen als besondere Art aufgestellt ist, vermag ich nicht zu unterscheiden, und M a 1 m g r e n wie Ehlers sind der- selben Meinung. Kopflappen, Fühlercirren, Rüsselbewaff- nung und Ruder stimmen ganz überein. Da nun John- ston A". Sarsii ebenfalls für identisch mit seiner hrevi- mana hält, werden wohl auch die Unterschiede dersel- ben von der diversicolor nicht so bedeutend in die Wage fallen. K Yankiana Qf. (I. p. 553). New-York. Stimmt ganz überein mit N, virens Sars, wie bereits Ehlers angegeben. Auch an dem von mir untersuch- ten Exemplar zeigen die Gruppen der Paragnathen we- nig Symmetrie und Regelmässigkeit. Auf dem maxilla- ren Wulst steht oben ein einzelner, in der Mitte rechts ein Längshäufchen, links ein Querhäufchen von vier, unten eine quere Mittelgruppe von neun, seitlich eine Längs- gruppe von mehreren ; auf dem oralen Wulst sieht man oben mitten einen einzelnen, seitlich davon wieder einen einzelnen und ein paar kleinere daneben, die die Brücke zu der über die Flanken und die Unterseite sich hinzie- henden Querbinde bilden, dieselbe ist zweireihig ange- legt aber wiederholt unterbrochen. Die Kiefer haben fünf Zähne. Das Mundsegment ist kürzer als der Kopflap- pen, dessen Augen nicht eben scharf umschrieben zu nennen sind, der längste Fühlercirrus reicht bei ausge- strecktem Rüssel bis auf das 4te Segment. In den Ab- 312 Grube: bildungen von Sars erscheint manches abweichend, weil sie ohne Zweifel nach dem lebenden Thier gemacht sind : so ist der Kopflappen auffallend breit und die dicken seitlichen Fühler fast ganz unter ihm versteckt; während sie an den Weingeistexemplaren sehr stark vortreten, auch erscheint dort das mittlere und untere Züngelchen und der untere ßorstenköcher weit gestreckter. N. heterochaeta Qf. (I. p. 552). Java. Diese Annelide gehört zu meiner Gattung Tylor- rhynchus^) und fällt, wie ich mich durch Vergleichung eines eingetauschten Exemplars mit meiner ausführlichen Beschreibung des T. sinensis **) überzeugt habe, mit die- ser Art zusammen. Ich sehe nur ein einzelnes horniges Körnchen an der Unterseite des vorderen Rüsselwulstes neben jedem Kiefer, und dieser zeigt nur einen Zahnabsatz am Grunde. Heteronereis Schmardae Qr. (I. p. 569). St. Vaast. Von dieser Thierform ist bereits im Jahresbericht d. nat. bist. Sect. der Schles. Gesellsch. 1869 S. 52 erwähnt, dass sie zu Nereis irrorata gehört. Lycastis Sav., Aud. et Edw. L. brevicornis Aud. et p]dw. (Qf. 1. p. 499). la Rochelle. An dem einzigen Exemplar, das ich vorfand, war der Rüssel herausgenommen, so dass ich mich über die Vertheilung der Paragnathen, wenn sie anders überhaupt vorhanden waren, leider nicht unterrichten konnte, dies Exemplar war 120 Mm. lang und hatte mit den Rudern eine grösste Breite von 3,5 Mm. und von 2 Mm. ohne dieselben. Der Stirnrand des Kopflappens ist, wie es die Abbildung von Audouin und Edwards darstellt, auffallend breit und die Stirnfühler weit auseinander gerückt, ganz abweichend von den Nereis. Die ausserordentlich kurzen Fühlercir- ren sitzen alle auf Grundgliedern, und das dicke Grund- *) Verh. d. zoolog.-bot. Gesellsch. in Wien 1866. p. 173. **) Anneliden der Novara-Expedit. p. 22. Taf 11. Fig. 3. Bemerkunge» über Aimelicleii de« Pariso' Museums. 318 glled ist wenig kürzer als das spitze Endglied. Die Sei- tentheile des Rückens sind von dem Mitteltheile, ähnlich wie bei Nereis, etwas abgesetzt. Der RückencirruS; der anfangs mit dem Borstenköcher abschneidet, wird vom 40sten Ruder an allmählich länger und platter, geht seit- lich aus dem ganzen oberen Ruderrande hervor, und wird (von der Basis des Ruders an gerechnet) am 60sten fast 2mal so lang als der Leib breit ist, an den hintersten Rudern, z. ß. am lOOten über 2mal so lang, ganz platt, spitz dreieckig und höher als der Borstenköcher selbst. Die Cirren folgen hier so rasch auf einander, dass sie sich wie die Blätter mancher Phyllodocen ausnehmen. Eine zweite Art, die Quatrefages beschreibt, L. quadraticeps aus Chili, konnte ich in der Sammlung nicht finden. Sie scheint sich unter anderen auch durch die geringere Zahl der Kieferzähnchen zu unterscheiden. Nephthys Cuv. N. Dussimieri Qf. (I. p. 426). Malabar. Aehnelt in der Ruderbildung der N. assimUis Orsd., indem die sehr lange und nach aussen gekrümmte Kieme den ansehnlichen Zwischenraum zwischen den beiden Ruderästen ausfüllt, und das sogleich in's Auge fallende Lippenblatt jedes Astes gestreckt ist, doch giebt es aus- ser ihm noch ein vorderes, gleichfalls gestrecktes, kaum vorragendes; aber auch jenes Hauptblatt des oberen Astes, das sich in seiner ganzen Länge hinzieht, ist, wie Qua- trefages bemerkt, äusserst niedrig, selbst an dem Ende desselben, wo er sich merklich verschmälert, kaum halb so hoch als er selbst; das Hauptblatt des unteren Astes, das immer einen convexen (nicht wie bei N. assimüis einen geraden) Unterrand hat, zeigt sich, wo es sehr ent- wickelt und seitlich verlängert ist, nicht horizontal fort- gestreekt, wie bei N. assimilisj sondern sanft emporge- krümmt, so dass es sich der Spitze der sichelförmigen Kieme nähert, üeberdies scheint es mir dann die Form einer Hohlhand zu besitzen, die Höhlung nach oben se- hend. Die Borsten treten nur längs dem unteren Rande die- 314 . Grnbe: ses Ruders hervoiv, und die mittleren erreichen eine so ansehnliche Länge wie bei N. longisetosa (bis 2 Mm.), An beiden Ruderästen sind die glatten gekrümmten Bor- sten bei weitem vorwaltend und fast alle emporgekrümmt, die geringelten mehr geraden spärlich. Der Kopflappen ist queroval und von beiden Seiten vom Mundsegment umfasst, dessen winziges Ruderchen bei ausgestrecktem Rüssel ganz nach oben gerückt ist. Es enthält zwei Bor- stenbündel, ganz aneinander gerückt und ohne Lippen- blätter. Der Rüssel, nur so lang als die ersten 10 Seg- mente, hat 4 Kränze von Papillen (die um die OefFnung selbst stehenden nicht mitgerechnet), in jedem etwa 16, und die Papillen nehmen nach hinten an Länge bedeu- tend ab. Das vorhandene Exemplar war etwas über 50 Mm. lang, aber unvollständig : von seinen 81 Segmenten waren die vorderen reichlich 3mal, die hinteren nur 172mal so breit als lang; die grösste Breite mit den Rudern betrug 4 Mm., ohne sie 2,5 Mm. N. hononiensis Qf. (L p. 425). Boulogne. Von N, cüiata Müll, nicht zu unterscheiden, nur ist das Lippenblatt des unteren Ruderastes grösser als in Malmgren's Abbildung. N. margaritacea Johnst. (Qf. I. p. 423). St. Vaast. Trouville. Einerlei mit N, coeca , die Quatrefages unter dem Namen N. Oerstedn als besondere Art aufführt. Olycera Sav. Was die von mir verglichenen Arten der Gattung Glycera betrifft, so habe ich meine Notizen über diese, d. h. über Glycera gigayitea , decorata , peruviana und u7iicornis in dem Jahresbericht der Schlesischen Gesell- schaft für 1869 in die „Bemerkungen über die Familie der Glycereen^ p. 56 aufgenommen. In Beziehung auf OL peruviana füge ich hier nur noch hinzu, dass die Kiemen, welche an der Vorderwand Bemerkungen über Anuelidcn den Pariser Museums. 515 des Ruders nahe dem Rückenrande sitzen, gerade über dem Bauchcirrus entspringen und meistentheiis gabelig sind, in dem hintersten Fünftel des Körpers fast nur ein- fach auftreten wie hin und wieder auch an den übrigen Segmenten. Die gabiigen haben immer einen sehr kurzen Stamm mit langen Aesten und verwandeln sich hier und da in 3-ästige, indem der eine und zwar dann der kür- zere Gabelast sich sogleich abermals spaltet. Die Ruder stehen an den hinteren Segmenten weit von einander ab, da diese nur 2mal so breit als lang und an und für sich schmäler sind, während die vorderen Segmente 14mal so breit als lang sind. Die Rückenpapille (Rückencirrus) sitzt auf der Basis des Ruders selbst oder schon an der Seitenwand des Leibes nahe darüber. Der Kopflappen lässt sieben schwache Ringfurchen erkennen und hat etwa die Länge von 6 bis 7 Segmenten oder 2 Mm., der Rüs- sel von 12 Mm., bei 7 Mm. Dicke am Ende. Der Leib fühlt sich sehr weich an, ist höchstens G Mm., mit den Rudern 8 Mm. breit, doch hinten, wie bemerkt, sehr verschmälert und hat deutlich 2-ringelige Segmente. üebrigens ist das vorhandene Exemplar hinten nicht vollständig. Hemipodius Qf. H. roseus Qf. (IL p. 194). Chili. Hier habe ich nur hinzuzufügen, dass nahe über der Basis der Ruder noch eine kleine längliche Papille an der Leibeswand sitzt ; ich sehe sie schon an den vorde- ren Segmenten, z. B. am 8ten, aber auch an den hinter- sten, wo sie freilich sehr niedrig ist. Die Ruder haben von der Seite betrachtet die Form eines breiten Ovals, laufen in eine kurze fingerförmige Lippe aus, tragen etwa 9 Grätenborsten in zwei kaum getrennten Bündeln, einen kleinen fast eiförmigen Bauchcirrus, der nicht das Ende des Borstenköchers erreicht, und sind an dem mitt- leren aufgeblähten Theil des Leibes nur so lang als Vs seiner Breite; sie stehen hier nur etwa vier Durchmesser ihrer Dicke von den benachbarten ihrer Seite ab. Der Kopflappen ist etwa so lang als die sechs vordersten 316 Grube: Segmente oder -/a des Rüssels, und dieser dicht mit kur- zen winzigen Papillcben besetzt, seine Kiefer äusserst winzig. Scoloplos Blv. Ausser dem Sc. armiger Müll, begegnen wir in der »Sammlung noch einer andern Art mit kurz-konischem Kopflappen, dem Sc. elongatus Qf. (II. p. 286). St, Vaast. Der Unterschied von jener soll darin bestehen, dass in jener 15, in dieser 19 Segaiente zur vorderen Abthei- lung des Leibes gehören ; es ist aber nicht angegeben, ob die Grenze dieser Abtheilung bloss durch die verschie- dene Beschaffenheit der Borsten oder, wie O e r s t e d sagt, auch durch das Auftreten der Kiemen bestimmt wird. In der That rücken die Borstenbündel, die an den vorderen 14 Segmenten (das Mundsegment nicht mitge- zählt) ganz am Seitenrande stehen, erst allmählich auf den Rücken und die Gestalt derselben ändert sich auch allmählich, indem das untere, das dort quergezogen und wie eine Bürste aussieht, schmäler wird, und mit dem Emporrücken auf dem dunkleren (jrunde weniger dunkel als an dem freien Rande erscheint. In dieser Hinsicht stimmen aber Sc. elongatus und Sc. armiger, den ich in 0er sted'schen Originalexemplaren vor mir habe, über- ein, nicht weniger in dem Auftreten der Kiemen, die schon am 13ten Ruder, mitunter auch erst am 14ten oder löten, freilich noch sehr unscheinbar als winzige Papillen erkennbar sind, aber erst an den Rudern recht in's Auge fallen, die ganz auf dem flachen Rücken stehen, schmale Borsten Fächer von längeren Borsten enthalten und mit ansehnlichen Lippenblättern versehen sind (so von Ruder 18 an). Das innere (obere) Bündel ist voller, ausge- breiteter und kommt an dem Grunde des etwa schief- lanzettförmigen Lippenblattes hervor, das äussere (untere) sitzt höher und tritt zwischen zwei Lippenblättern her- vor, einem inneren längeren und einem äusseren kürze- ren (pinna inferiore apice furcata Oerstd.), letzteres giebt Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums, 317 Quatrefages nicht caiisdrilcklich an^ es ist aber auch in dieser Beziehung in der That kein Unterschied. Die Kiemen, die anfangs durch einen breiten mittleren Zwischenraum getrennt sind , rücken bald nahe an einander und ver- bleiben so ; ihre Länge im Verhältniss zum Lippenblatt des inneren Borstenbündels ist nicht an allen Segmenten dieselbe^, an manchen überragt sie dasselbe nur wenig, an anderen, indem letzteres niedriger wird, sehr bedeu- tend ; auch dieser Charakter ist daher nur mit Vorsicht zu benutzen und die grössere Länge der Kieme gilt für Sc. armiger nicht ausschliesslich. Uebrigens habe ich erst daheim bei der genaueren Untersuchung meines Sc. armiger bemerkt, dass in den bürstenförmigen Borsten- gruppen der unteren Borstenhöcker der vorderen Seg- mente ausser den dichtquergereiften Haarborsten auch noch andere glatte kurze am Ende etwas umgebogene und nicht in eine Spitze auslaufende vorkommen, ähnlich denen, die man in jener Körpergegend bei x\ricia findet. Ob sich hierin ein Unterschied bei Sc. eloiigatus zeigt, bleibt noch zu untersuchen, es ist aber nicht wahrscheinlich und da- her wohl nur eine Species S. amiger im System zu behal- ten. Die verhältnissmässige Länge und Breite der Seg- mente variirt mit dem Grade der Contraction; der Aus- druck longiusculus , den Quatrefages für die vorderen Segmente seines Sc. elongatus benutzt, kann jedenfalls nicht im gewöhnlichen Sinne verstanden werden : sie sind immer merklich breiter als lang. Uebrigens bin ich nach wie vor der Ansicht, Scoloplos mit Aricia zu ver- einigen. Petaloproctus Qf. F. terricola Qf. (IL p. 247). St. S^bastien. Quatrefages nimmt überhaupt 25 Segmente an, nicht, wie man in meiner früheren Angabe liest *) 24, darunter 23 borstentragende^ von denen 4 auf die vordere Region kom- men sollen, das nackte Mundsegment ist nicht mitgerechnet. ^) Jahresbericht der Schles. Gesellsch. für 1867. p. 57. 318 Grube: Ich zShie an allen meinen Exemplaren nur 24 Segmente und zwar 22 borstentragende, von denen 'sich bloss die drei vorderen durch den Mangel der Kämmchen von Haken- borsten auszeichnen und also als eine eigene Abtheilung auffassen lassen, wenn aber auch die 6 hinteren Segmente eine besondere Abtheilung bilden sollen, so kann die- selbe nicht auf eine abweichende Ausstattung in Bezug auf die Borsten begründet werden ; Petalopioctus hat das gerade vor Clymene voraus, dass Haar- und Hakenbor- sten bis an das auch hier davon freie Endsegment fort- laufen ; zur Annahme einer hinteren Abtheilung würde vielmehr nur die Annahme der Länge der Segmente und die Bildung einer dreieckigen Rückenplatte zwischen den Bündeln der Haarborsten berechtigen können, letztere tritt aber schon bei dem IGten, deutlicher bei dem ITten Segment auf, hört aber mit dem 20sten oder 19ten wie- der auf. Auf die Identität des Hinterrandes meiner Cly- mene spathulata mit dem von P. terricola habe ich bereits a. a. 0. hingewiesen. CljTiieue Sav. CL lumhricoides Qf. (IL p. 236). Boulogne, St. Vaast. Die auf das nackte Mundsegment folgenden 3 Seg- mente tragen alle keine Kämmchen von Hakenborsten, sondern wie bei Feialoproctus terricola nur 1 oder 2 sie vertretende Stachelchen. Grosse Weingeistexemplare er- reichen eine Länge von 140 Mm. bei einer Dicke von 5 Mm., während Fetaloprocfus terricola im Weingeist selten über 95 Mm. lang und 3 Mm. dick ist. Ich zähle im Ganzen 24 Segmente, von denen 19 Borsten tragen, das Mundseg- raent und die letzten 4 Segmente sind frei davon. Die Abwechslung der langen und kurzen Zähne an dem Rande des Endtrichters ist keine durchaus regelmässige ; zwi- schen zwei längeren tritt meistens ein kurzer, zuweilen deren auch zwei auf, oder die kurzen fehlen auch im Gegentheil gänzlich. Die Gesammtzahl der Trichterzähne variirt. Jedenfalls zeichnet sich diese Art vor mehreren Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 319 andern in dem Zustande der Contraction durch die ge- drungene Gestalt der Segmente aus. 67. zostericola Qf. (Jl. p. 237.) Wenn ich auch geneigt bin , diese Art für nicht unterscheidbar von Ct. lumbricoides zu halten, muss ich mich doch eines sichern Urtheils enthalten, da es einer noch genaueren Vergleichung bedarf, doch habe ich an- zuführen, dass ich an einem der drei Exemplare 15, an zwei anderen 16 Segmente mit Kämmchen von Haken- borsten bemerkte, und an dem ersteren die Segmente 6 bis 15 ungemein gestreckt erschienen, was nicht zu der Abbildung der OL lumbricoides (lumbrica/is Edw. Cuv. R^gne anim. ill. pl. 22. fig. 2) passt. Die Kopfplatte war mehr kreisrund und ihre hintere Hälfte zeigt fast gar keine Randeinschnitte. Letzteres kommt aber auch bei manchen Individuen von GL lumbricoides vor. Auf die Art der Abwechslung längerer und kürzerer Trichter- zähnchen darf man vielleicht nicht zu viel geben, die Form der Hakenborsten habe ich mit der von Cl. lum- bricoides nicht verglichen, doch ist sicher, dass auch die Hakenborsten der CL lumbricoides das kleine gestreifte Blättchen zeigen, das Quatrefages bei Cl. zostericola besonders erwähnt. Zwei andere Exemplare in demsel- ben Glase ähneln in ihrem gedrungeneren Leibe der oben citirten Abbildung. Cl. uranthus Sav. (Qf. H. p. 238). la Rochelle. Quatrefages hebt als charakteristisch für diese Art hervor, dass die mittlere Region des Leibes, welche Haarborsten und Kämmchen von Hakenborsten trägt, 18 Segmente umfasst, während bei CL lumbricoides nur 15 bis 16 vorkommen, und dass das 5te bis 17te merklich länger als die übrigen sind. Savigny selbst spricht nur von 19 Segmenten mit Haarborsten im Ganzen, was nach Abzug der 3 vorderen Segmente, die keine Kämme von Hakenborsten tragen , bloss 16 Segmente für die mittlere Region geben würde, und von diesen sollen die 5 letzten vorn merklich verjüngt sein. Die Zahl der Trich- terzähne wird von beiden Beschreibern auf 38 angege- 320 Grube: ben (von Qiiatr(?fages auf 36 bis 38). In dem Glase, -weiches die zuletzt gesammelten Exemplare enthält, fand ich drei Bruchstücke einer Clymcne, an welcher 19 Seg- mente mit Haarborsten zu sehen sind, von denen 16 auch Hakenborsten tragen, Segment 14 bis 17 sind länger als die andern, die Kopfplatte ähnelt der von GL lumhricoi- des. Dies stimmt weder durchaus mit Quatrefages noch mit Savignj überein. Ausserdem existiren noch zwei andere Gläser mit jener Etiquette aus älterer Zeit, Exemplare von d'O r- bigny: in dem einen liegt eine Clymene ohne Hinter ende, die also keinen Anhalt gewährt, das zweite muss aus Versehen mit GL uranthus bezeichnet sein , da es eine Maldane enthält. Jolmstonia Qf. *) J. clymenoides Qf. {U. p. 245. pl. 11. fig. 10-15). St. Sebastien. Die Entdeckung dieser interessanten Annelide ver- danken wir Herrn Professor Quatrefages, der sie nur einmal gefunden, und darnach eine ausführliche Beschrei- bung geliefert hat. Die Untersuchung des aufbewahrten Exemplars, welches 107 Mm. lang und an der dicksten Stelle (an Segment 13 und 14) noch nicht 3 Mm., am Ende nur 2 Mm. stark ist , lehrt, dass sich in jene Be- schreibung ein Druckfehler eingeschlichen hat : die vor- dere Leibesabtheilung umfasst nämlieh nicht, wie es dort heisst 8 , sondern 3 borstentragende Segmente, und das nackte Mundsegment. In der mittleren Region des Leibes, für welche 22 Segmente angegeben sind, zähle ich nur 19, von denen die 6 hintersten ganz bleichen mit zahlreichen fingerförmigen oder länglich-spindelförmi- gen Anhängen (Coecums vasculaires) besetzt sind, doch zeigen sich spärliche schon auf dem 13ten Segment die- *) Was die Gattimg Johnstonia betrifft, so möchte ich sie lieber als Untergattung von Clymene betrachten, da sie sich nur durch ein Merkmal, die Papillen der hinteren Segmente, unterscheidet. Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 321 ser Abtheilung. Dann folgt ein kurzes mit dem Trichter endendes Körperstück, welches Quatrefages als aus zwei Segmenten bestehend betrachtet; ich kann in Ueber- einstimmung mit der Beschaffenheit desselben bei den Clymenen nur eines annehmen, indem ausser der ringför- mig verdickten Basis des Trichters nicht noch ein beson- deres Paar Wülste existirt, welche die sonst mit einem Kamm von Hakenborsten versehenen Polster andeuteten. Die Segmente der vordersten Leibesabtheilung sind ver- hältnissmässig ausserordentlich kurz, sie wachsen dann, obwohl anfangs kaum bemerkbar, an Länge bis zum 14ten, die nächstfolgenden bleiben sich ziemlich gleich, und die übrigen werden rasch kürzer. Die ovale Scheitelplatte wird durch einen schmalen von zwei P'urchen eingefass- ten und vorn in einen Stirnlappen vortretenden Mittel- streif etwa auf 2/3 ihrer Länge halbirt. Der Randsaum ist seitlich nicht eingeschnitten, hinten ein wenig ein- gekerbt. Pectinaria Lam. Unter den Pectinarien des Museum zog eine an- sehnliche unbenannte Art aus Neu-Caledonien meine Aufmerksamkeit auf sich, von der ich ein Exemplar zur Bestimmung erhielt. Es erwies sich, dass sie neu war, und ich will ihre Beschreibung hier sogleich hinzufügen. P. crassa Gr. Auffallend durch den dicken und plumpen Leib, der bei 40 Mm. Länge an seiner breitesten Stelle, an dem 4ten Segment und den nächstfolgenden, eine Breite von 15 Mm. hat und sich nach hinten so wenig verjüngt, dass er am 14ten noch 13 Mm., am letzten Borstenbündel noch etwa 10 Mm. breit ist. Die Farbe ist jetzt ein Perlgrau mit etwas Schimmer, und Rücken und Bauch zeigen eine dichte feine Querstreifung. Man zählt jederseits 17 platt- gedrückte Borstenbündel, deren vorderste drei ebenso wie die beiden hintersten, nur wenig vorragen, und 13 Flösschen mit Hakenplättchen; letztere beginnen unter dem 4ten Borstenbündel. Der Stirnrand des Kopflappens Archiv f. Naturg. XXXVI. Jahrg. 2. Kd. 21 322 Grube: läuft in etwa 32 cirrenförmige Anhänge aus und die hin- tere Falte des Nackcnfeldes, das ziemlich doppelt so breit als lang ist^ in etwa 56 dreieckige Läppchen. Jeder der beiden Paleenkämrae am Vorderrande dieses Feldes ent- hält 12 goldglänzende sehr starke, beiderseits an Grösse abnehmende, spitze, doch nicht in eine fadenförmige Spitze endende, ein wenig emporgekrümmte Paleen. Der seit- liche Cirrus des Iten Segmentes , der neben der äusser- sten Palee steht, ist etwas kürzer und dünner als der des 2ten Segmentes. Die auf ihn folgenden beiden Kie- menpaare sind nicht besonders gut erhalten, bräunlich, an 7 Mm. lang und bestehen aus zahlreichen breiten Blätt- chen. Der breite schaufeiförmige Endtheil des Leibes (scapha) hat eine abgerundet 6-seitige Gestalt, einen leicht gebuchteten Hinterrand und eine Länge von 4,5 Mm. bei 6 Mm. grösster Breite. Die beiden kleinen von vorn nach hinten laufenden 1 Mm. langen Paleenkämmchcn an seiner Basis enthalten jedes 10 kurze schmale schwarzbraune, gerade spitze Paleen, welche nach hinten an Länge zu- nehmen, deren letzte aber wieder viel kürzer ist. Die starken sehr spitzen goldglänzenden Haarborsten sind an der Spitze leicht gekrümmt und erscheinen hier sehr schmal gesäumt, der Saum bei starker Vergrösserung von schrägen zahlreichen QuerstreiFchen durchzogen, die Ha- kenblättchen (uncini) haben eine Schneide mit 8 bis 10, nach dem unteren Ende der Reihe an Grösse schnell ab- nehmenden Kammzähnchen. Die gewiss bei weitem nicht in ihrer ganzen Länge erhaltene gerade Röhre dieses Exemplars misst an 37Mm., ist ziemlich drehrund, nach dem einen Ende etwas ver- jüngt, hat dort äusserlich 16 Mm., hier 14 Mm. im grös- seren Durchmesser, und eine sehr feste Wandung, wel- che aus lauter platten und ziemlich gleich grossen Stein- fragmenten, von etwa 3 Mm. Durchmesser, besteht. Diese Art würde zur Gattung Amphictene Sav., Mgn. zu zählen sein. Bemerkungen über Anneliden des Pariaer Museums. 328 Terebella L. s. str. Cuv. T. emmalmaQL (IL p. 351. pl. 14. fig. 1—8), Baie de Biscaye. Zu der ausführlichen Beschreibung von Quatre- fages habe ich nur noch hinzuzufügen^ dass der vorra- gende Thoil des Kopflappens sehr schmal ist, Augen- pünktchen nicht bemerkbar sind, die erste Gabeltheilung an allen drei Paaren der verästelten Kiemen erst ziem- lich hoch auftritt, jcderseits 17 Paar Borstenbündel vor- handen sind, dass die ßauchplatten, vs^elche quer recht- eckig und nicht scharf umschrieben sind, am 13ten der- selben aufhören und von da eine schmale ßauchrinne be- ginnt. Das Iste Borstenbündcl steht unter der 3ten Kieme, der Iste Wulst mit Hakenborsten am nächsten Segment. Diese Wülste nehmen vom 21sten Segment ab die Form von queren Höckern an, und stehen an den Seiten des Bauches. x\bweichender Ansicht von Quatre f ag es bin ich in Bezug auf den grossen nach vorn gerichteten Sei- tenlappen, der in Form eines Halbovales von einem der vordersten Segmente abgeht, und nach seiner Darstellung dem Mundsegment angehört: ich finde, dass er vom 3ten Segment abgeht, indem er offenbar unter der 2ten Kieme sitzt, die 2te Kieme aber schon auf dem 3ten Segment enspringt. T. gigantea Mont. (Qf. IL p. 334). St. Vaast. Obwohl die unter diesem Namen aufgestellte Anne- lide von ausgezeichneter Grösse, jetzt noch 200 Mm. lang, mit 17 Paar Borstenbündeln und 3 Paar verästelter Kie- men versehen ist, und die Bauchplatten die scharfum- schriebene Form eines schmalen queren Ovals besitzen, muss ich doch bezweifeln, dass sie der T. gigantea Mont. *) entspricht, da man aus der Abbildung der letzteren er- sieht, dass die Bauchplatten nur bis zum 8ten Borsten- bündel eine ziemlich gleiche Breite haben, dann aber merklich an Breite ab, an Länge zunehmen. Bei unse- *) Linn. Transact, XII. p. 341. Tab. II. 324 Grube: rer'Art dagegen laufen die Bauchplatten bis zum Uten ßorstenbündel in gleicher Breite fort, und hören dann plötzlich auf. Der Widerspruch, den Quatrefages zwischen Montagu's Beschreibung und Abbildung fin- det, löst sich wohl dadurch, dass Montagu zwar 14 Bauchplatten abbildet, aber im Text nur die acht vorde- ren breiteren berücksichtigt. Aber auch die Kiemen der vorliegenden Art passen nicht zu der Figur von Montagu, indem sie einen nicht eben langen , dicken Stamm mit kurzen Aesten Ister und 2ter Ordnung aber sehr langen einfachen oder gabiigen Endzweigen besitzen, in der Fi- gur von Montagu jedoch die Aeste selbst lang, die Endzweige aber sehr kurz erscheinen, wodurch ein stau- denförmiges Ansehen entsteht. Uebrigens nehmen die Kiemen unserer Art an Länge nur wenig ab. Der Leib ist vorn etwas verengt, keines der vorderen Segmente durch Seitenlappen verbreitert; die borstentragenden Seg- mente sind anfangs gleich lang, dabei etwa 4mal so breit als lang; alsdann verschmälert sich der Leib bedeutend und die Segmente wachsen an Länge, so dass dasjenige, welches das 14te ßorstenbündel trägt, beinahe quadratisch, aussieht; die letzten werden wieder kürzer. Man zählt im Ganzen 120 Segmente. Die Bauchplatten der vier vor- dersten Segmente sind nicht so scharf umschrieben, und gehen in Falten über, die die Stelle der Polster für die Hakenborsten vertreten. Das Iste Borstenbündel steht unter der 3ten Kieme, die Iste Reihe der Hakenborsten am nächsten Segment. An den schmalgesäumten Haar- borsten erscheint die Spitze zart gesägt-gestreift. Die sehr dicken Fühler bilden einen ansehnlichen Schopf, Augenpunkte sind nicht bemerkbar. Mir scheint, dass die besprochene Art am besten der Amphitrite mte^^media Mgn. entspricht*), obwohl der Leib derselben, der mit Ä. affinis wohl übereinstimmt, vorn nicht so stark anschwillt als bei der unsrigen. Loven's' Exemplare, dieMalmgren vor sich hatte, waren schlecht *) Nordiske Hafs-Annalater Öfvers. af. K. Vet. Akad. Förh. 1865. p. 376. Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 325 erhalten, und daher vermissen wir wohl die Grössenan- gaben in seiner Beschreibung. T. elongata Qf. (IL p. 363). ßr^hat. Ebenfalls eine recht ansehnliche Art. Das unter- suchte Exemplar hatte eine Länge von 120 Mm. und 112 Segmente, deren hinterste, wie gewöhnlich sehr kurz. Die Kiemen bilden Büschel von gleicher Grösse, theilen sich unmittelbar über der Basis und etwas weiter hin in eine massige Zahl langer einfacher oder gabiiger Fäden, und sind nicht länger als der Blicken breit. Der Kopf- lappen ragt, seitlich betrachtet, unter dem mächtigen Schopf dicker, zum Theil bis zum 24sten Segment rei- chender Fühler etAvas vor, und zeigt einen verdickten Rand. Augenpunkte nicht bemerkbar; von den vorderen Segmenten keines durch Lappen verbreitert. Bauchschil- der quer rechteckig, mit abgerundeten Ecken, etwa 3mal so breit als lang, 13 an Zahl. Polster der Hakenbor- sten ziemlich linear, Zwischenräume wohl 3mal so breit. Jederseits 24 Borstenbündel , unter der 3ten Kieme be- ginnend. Nach dem Aufhören derselben ziehen sich die Polster der Hakenborsten, die am nächstfolgenden, dem 5ten Segment beginnen, indem sie sich in querer Rich- tung verkürzen, allmählich ganz an die Bauchseite, wo- bei die hintersten die Mittelfurche derselben erreichen; sie nehmen nirgend die Form von Flösschen an. Der Leib verdickt sich vorn ansehnlich, ohne eigentlich auf- geschwollen zu sein , und die Segmente zeigen hier auf dem Rücken eine mittlere Querfurche ; die folgenden sind vielringelig, die hinteren schmalen z. Th. quadra- tischen glatt. Dies alles passt genau zu den Charakteren der Am- phitrite Johnsioni Mgn. *) , die auch ich bei St. Vaast in mehreren Exemplaren erbeutet. T. modesta Qf. (H. p. 365). Baie de Jervis (Quoy.) Auch diese Art gehört zu den Amphitriten Malm- grens. Die Kiemen sind fast quastenförmig, indem der *) 1. c. p. 377. 326 Grube: kurze Stamm sich sogleich 2mal gablig theilt, und alle Endzweige eine ansehnliche Länge haben (bis 4 Mm.). Die Sie über dem Isten Borstenbündel. Das 2te, 3te und 4te Segment schwillt an den Flanken zu Schwielen an, ohne Lappen zu bilden. Die querrechteckigen Bauch- platten gehen am 13ten Borstcnbündel in eine schmale Mittelbinde über. Die stark in die Quere gezogenen Pol- ster der Hakenborsteu, welche am 5ten Segment anfan- gen, stehen im vorderen Körpertheil um ihre Dicke, spä- terhin etwas weiter von einander ab, wobei sie dicker werden, ohne sich in Flösschen zu verwandeln, und die Segmente sind etwa bis zum 15ten meist 5mal, die hin- teren, schmäleren 2mal so breit als lang. Die Zahl der Borstenbündel variirt etwas bei den drei von mir unter- suchten Exemplaren, und scheint an dem grossesten, aber schlecht erhaltenen und deshalb keine volle Sicherheit gewährenden 22, an einem anderen (Nr. 276 a) ist sie 24, und an dem 3ten (Nr. 276 b), wie es scheint vollständi- gen, 45 Mm. langen auf der einen Seite 20, auf der an- deren 23 : bei diesen fehlen linkerseits die Polster der Hakenborsten unter dem 4ten, 6ten und 8ten Borsten- bündel und die Bauchplatten nehmen hier nicht die ganze Breite des Bauches ein. Augenpünktchen sind bei keinem bemerkbar. T. peotoralis Qf. (IL p. 358). Cotes de l'Ocöan. Quatrefages gründet diese Art auf die blosse Abbildung der T. concMlega inCuvier's Regne animal Annelid. pl. 5. fig. L Das einzige Exemplar ist unvoll- ständig, und erlaubt dcsshalb keine befriedigende Ver- gleichung, weil nur 26 Segmente erhalten sind, allein die Zahl der Borstenbündel ist nicht höher als 17, was mit Quatrefages Angabe „corporis regio anterior 48 annulis composita^ in Widerspruch steht, wenn man auch zunächst daran denken müsste, statt 48, 18 zu lesen, auch weiterhin in der Beschreibung hebt der Autor aus- drücklich im Vergleich mit T. prudeiis und conchilega die Zahl der Borstenbündel als Verschiedenheit hervor; im Rögne animal (Annölid pl. 5. fig. 1) sind bei T. conchi- Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 327 lega 21 abgebildet, ich möchte aber doch glauben, dass die seitlichen Vorsprünge hinter dem 17ten Borstenbün- del Pinnulae vorstellen, wenigstens stimmt ihre Lage und Form mit den ersten vier Pinnulae meiner Exemplare der T, conchUega überein; die Haarborsten daran könn- ten durch einen Irrthum des Zeichners entstanden sein. Fig. 1 a soll den vergrösserten Vordcrtheil desselben Thie- res bei seitlicher Ansicht darstellen, es stimmen aber weder die Kiemen mit Fig. 1 überein, noch sieht man die so charakteristischen Seitenlappen an den vorderen Segmenten. Die Form der Hakenborsten finde ich ebenso wenig abweichend. Das Original-Exemplar scheint hier also nicht vorzuliegen, sondern eine andere Terebella, die ich für T. conchUega halte. T, conchUega Fall. (Qf. II. p. 355). Ich fand nur ein Exemplar vor, das so tief in sei- ner Röhre steckte, dass ich es nicht herauszuziehen wagte, und kann daher über die Verschiedenheit von T. prudens und dieser conchUega nicht urtheilen : aber alle Exem- plare von 1\ prudens der Pariser Sammlung, die ich gese- hen, scheinen mir durchaus der conchUega zu entsprechen, wie sie Pallas und Savigny charakterisirte. Cuvier hat zuerst zwei Arten unterscheiden zu müssen geglaubt*), begründet jedoch diese Verschiedenheit nur auf die ansehn- lichere Länge seiner T. prudens (du double plus grande) und den abweichenden Bau der Röhre, den er zwar bei T. prudenSj nicht aber bei T. conchUega genauer be- schreibt. Quatrefages, der seiner Ansicht gegen Sa- vignj beipflichtet, will auch an den Thieren selbst Ver- schiedenheiten erkennen; die hintere Abtheilung des Leibes, d. h. die ohne Borstenbündel, also die mit dem 21sten Segment beginnende, soll bei T. conchUega aus etwa 150, bei T. prudens nur aus etwa 114 Segmenten bestehen, obwohl letztere 2mal so lang als jene ist (220 — 240 Mm.). Von den Kiemen heist es bei T. conchUega „Branchiae inaequalcs, anteriores longae, undulatae, alter- *) Dict. des scienc. nat. Amphitrite p. 81. 328 Grube: nis ramulis brevibus,^ bei T. prudens ^Branchiae subae- quales, fere a basi ramosae." Die Fühler werden bei T. conchilega als siibnume- rosi, bei T. i)rudens als numerosi bezeichnet und die Bauchschilder oder Bauchplatten (scutella) sollen sich bei jener über die Hälfte der Leibeslänge erstrecken, bei dieser in' der Zahl von 14 bis 15 vorkommen, ohne dass ihre Ausdehnung angegeben wäre. Ich habe auf diese Unterschiede hin eine Menge selbst gesammelter Exem- plare in Weingeist untersucht, die alle in der Körperform, der 17-Zahl der Borstenbündel und der eigenthümlichen Lappenbildung der vordersten Segmente übereinstimm- ten, und mich zunächst überzeugt, dass die Zahl der Segmente der hinteren Abtheihmg bedeutend schwankt, von 130 (bei 110 Mm. Leibeslänge) bis 188 (bei 156 Mm.) Länge. Besonders studirte ich die Kiemen. Diese variirten aber bei sonst nicht zu unterscheidenden Thieren eben- falls; bei einigen kommt namentlich am Isten (grösse- ren) Paar aus einem kurzen Stämmchen eine Reihe von Aesten dicht hinter einander, deren zwei untere sich in merklicher Höhe 1- oder 2mal gabelig theilen, und sehr lange korkzieherartig aufsteigende, mit zahlreichen kur- zen Endzweigen besetzte Endäste bilden, die höher ent- springenden Aeste gabeln sich nur einmal, nehmen be- deutend an Länge ab, und haben Endäste, deren Spira- len nur ein Paar Umgänge beschreiben. Bei anderen Exemplaren erscheinen dagegen die Kiemen bei weitem minder umfangreich, die Verästelung zusammengedräng- ter, die Endzweige nichts weniger als auffallend lang, und kaum mit Andeutungen von Spiralen, doch besitzen diese immer das oben beschriebene staudenförmige An- sehen. Noch andere hielten die Mitte zwischen diesen Extremen. Die Bauchplatten haben bei Weingeistexemplaren das Eigenthümliche, dass sie weder queroval sind, noch durch Querfurchen von einander getrennte Rechtecke bil- den, sondern sie nehmen in fortlaufender Reihe den gan- zen Zwischenraum zwischen den Wülsten der Haken- Bemerkungen über Anneiiden des Pariser Museums. 329 borsten ein und stellen eine ununterbrochene breite Binde dar, welche vom 13ten Borstenbündel an sich verschmä- lert, und so in Form eines langgezogenen Dreiecks am 17ten endet, an Länge noch kaum 74 ^^^ Leibes betra gend. Die Grenzen der Bauchplatten, aus denen diese Binde besteht, lassen sich an Weingeistexemplaren als lineare Riefen erkennen, meist aber sind auch auf den Platten selbst noch einzelne ähnliche wahrzunehmen, wo- durch die zu Grunde liegende Eintheilung etwas ver- wischt wird. Hiernach hätte ich freilich nur Exemplare von T. prudens vor mir gehabt, allein die Form der Kie- men mit spiraligen Endästen würde wieder für T. conchi- lega sprechen. Was die Zahl der Fühler betrifft, so darf man sich nicht wundern, wenn diese in der Regel nicht ansehnlich ist, da es kaum eine Terebella giebt, die diese Organe besonders beim Tödten so leicht verliert als T. coiichilegaj es gelingt nur äusserst selten sie alle zu erhalten. Am lebenden Thier stechen sie meist durch einen dunkleren rauchbraunen Anflug gegen das Weiss des Körpers ab, zu welchem andererseits die vorn mehr rosige, hinter- wärts blutrothe Bauchbinde einen prächtigen Gegensatz bildet. Man kann in letzterer Hinsicht ganz auf die far- bige Abbildung in Cuvier's Regne animal *) verweisen, welche nach Qu atr e f ag es T. peotoralis ist. Die Längs- binde an den Flanken in der Figur von Pallas existirt auch bei meinen Exemplaren und zwar mit intensiver weisser Färbung. Jedenfalls zeichnet sich T. conchilega von anderen Arten durch die gestreckten Segmente aus, welche zu- nächst dem 20sten folgen, und durch die so ansehnlichen breiten Seitenlappen des 2ten und 3ten Segmentes; an dem des 2ten Segmentes scheint auch das Iste Segment Theil zu nehmen, da man hier vorn an einer Stelle zwei dicht hintereinander liegende und verwachsene Blätter unter- scheiden kann. Die Seitenlappen des 2ten Segments ent- springen tiefer als die des 3ten, und gehen am Bauch *) Annelides pl. 5. fig. 1. 330 Grube: durch eine schmale Binde in einander über, die des 3ten bleiben getrennt. Augenpünktchen sind nicht wahr- nehmbar. Die blosse Verschiedenheit der Röhren würde mich nicht bestimmen können, zwei Arten von Terebellen an- zunehmen, für deren Körper keine scharfe Unterschiede festzustellen sind : denn diese Verschiedenheit soll nur auf der Anwesenheit oder dem Fehlen der fadenförmigen mit Sandkörnchen beklebten Ausschwitzungen am oberen Ausgange der Röhre bestehen, die offenbar von den Füh- lern herrühren, und in der mehr oder minder reichlichen Verwendung von Conchylienfragmenten oder von Stein- bruchstückchen und Sandkörnern. Das Fehlen der er- steren kann von der Verletzung der Röhrenmündung her- rühren, die leicht eintritt, wenn sie eben erst gebaut ist, und das letztere dürfte genau mit der Beschaffenheit des Meeresbodens zusammenhängen, in dem die Terebella nistet. Pallas selbst sagt, dass man zuweilen Röhren von T, conchüega finde, die nur mit Sand bekleidet seien, häufiger solche, welche partieenweise abwechselnd aus Sand und Kies und aus winzigen Conchylienfragmenten gemacht seien, am gewöhnlichsten aber solche, die durch- weg aus grösseren Conchylienstücken oder ganzen Scha- len und Kies beständen *). Malmgren, der T. conGliilega Fall, zu einer eige- nen Gattung Lanice erhoben hat, führt nur diese Art und zwar als Bewohnerin der Belgischen und Englischen Kü- sten an, konnte selbst aber nur ein beschädigtes Exem- plar untersuchen, und hat uns deshalb nicht darüber auf- geklärt , in welchen Stücken er den Unterschied der Pallas'schen Art von der Sa vigny'schen findet, den er wohl in dem Zusatz T. Gonchilega Fall, non auct. andeutet. Ich theile mit ihm seine Verwunderung, dass diese Art an den Scandinavischen Küsten bisher noch nicht ent- deckt ist. Johns ton unterscheidet T. conchüega Fall, und T. littorcdis Dal. dadurch, dass letztere nur 16 Faar Borstenbündcl haben und eine senkrechte Röhre aus Sand ') Pallas. Mise. Zool p. 132, 133. Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 331 und Kies bauen soll, die an der Mündung einen Büschel von Fäden hat, wie T. conchüega des Regne animal *), die weitere Bestätigung einer solchen Art mit 16 Paar ßor- stenbündeln bleibt noch zu erwarten. T. abhreviata Q. (II. p. 363). St. Vaast. Quatrefages zählt in der vorderen Abtheilung des Leibes 15 Segmente, ich sehe an dem untersuchten Exemplar 17 Paar Borstenbündel, was für die vordere Abtheilung 20 Segmente ergeben würde ; hierauf folgen noch 45 bloss mit seitlichen Flösschen versehene Seg- mente. Die Bauchschilder bleiben gleich bis zum 13ten Borstenbündel, und lassen sich erst vom Isten oder 2ten derselben an gut unterscheiden, so dass man deren 12 oder 13 zählt. Im Text scheinen sich zwei Druckfehler eingeschlichen zu haben/ da für die hintere Leibesabthei- lung nur 13 bis 14 Segmente, dagegen 35 bis 40 Bauch- schilder angegeben werden : das Umgekehrte würde meinen Zählungen eher entsprechen. Sollten bei einem Exemplar nur 13 bis 14 Segmente der hinteren Abthei- lung existirt haben, so kann dieses w^ohl nur ein beschä- tigtes gewesen sein. Von den Bauchschildern habe ich noch hinzuzusetzen, dass sie Trapeze mit breiterem conve- xen Vorderrande bilden, und an Länge bis zum 9ten zu- nehmen. Dasselbe gilt von der Ausdehnung der Wülste für die Hakenborsten in querer Richtung. Die Kiemen nehmen an Grösse merklich ab, breiten sich fächerförmig nach links und rechts aus , haben einen kurzen Stamm, lange Aeste Iter Ordnung und kurze Endzweige. Man sieht zahlreiche Augenpunkte, aber keine grössere Lap- pen an der Seite der vorderen Segmente. Der Leib ist vorn nicht aufgebläht, sondern nur allmählich verdickt. Die übrigen nicht speciell von mir untersuchten Exem- plare der Sammlung zeigten dasselbe Aussehen. Diese Art ist gleichzeitig von Malmgren als T. Dame/ssem beschrieben und abgebildet**); auch die Form *) Catalogue on the British non-parasitical Worms p. 235. **) >7ordiske Hafsanelatur p. 379. tab. XXI. fig. 54. 332 Grube: der Haar- und Hakenborsten stimmt überein. Ich habe sie mehrfach bei St. Vaast erbeutet, aber immer oliven- grün oder von annähernder Färbung gefunden, während Quatrefages die Färbung ähnlich T. prudens angiebt, die von jener sehr verschieden sein muss. Phenacia Qf. Diese Gattung wird nur durch die fadenförmige Ge- stalt der Kiemen von Terebella unterschieden. Ph. setosa Qf. ^11. p. 376). St. Vaast. Ich sehe entschieden nicht zwei sondern drei Quer- reihen von Kiemenfäden jederseits, und zwar an dem 2ten, 3ten und 4tcn Segment , welche sehr kurz und durch keine Grenzen getrennt sind. Diese Reihen gehen auf dem Rücken in einander über. Die ßauchschilder sind von dem Flankentheil wenig oder gar nicht abge- setzt, ausser an den 9 vorderen Segmenten (vom 3ten an gerechnet). Die Zahl der ßorstenbündel finde ich höher als Quatrefages angiebt, linkerseits 56, rech- terseits 53, dann folgen noch 35 ohne Haarborsten mit Flö^schen. Auf dem Rücken der hinteren 14 Segmente mit Borstenbündeln und den folgenden bemerkt man eine bis zwei Querreihen von Wärzchen mit einer Vertiefung. Das 16te Segment ist das längste und breiteste, von da nimmt nach vorn hin die Länge, nach hinten die Breite rasch ab. Das Iste ßorstenbündel sitzt unter der 3ten Kieme und unter den Borsten eine kleine Papille, der Iste Wulst mit Hakenborsten tritt am 5ten Segment auf. Pk. terehelloides Qf. (IL p. 375). St. Vaast. Bei dieser Art kann ich wie Quatrefages nur zwei Paar Kiemen finden : die Reihen der Kiemenfäden stossen auf dem Rücken nicht zusammen, und unter der A u m e r k. Indem ich die übrigen Terebellen unter dem Na- men der Gattungen Phenacia, Heterophenacia u. s. w. aufführe, will ich damit nicht ausdrücken, dass ich selber alle diese Gattungen anerkenne. A Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 333 2ten, d. li. am 3ten Segment, zeigt sich das Iste Borsten- bündel^ ihm folgen noch 40 andere, und dann 30 Seg- mente. Das Iste kiementragende Segment zeigt eine längsgerimzelte oder gefclderte Bauch- und Seitenwand. Wo die F^orstenbündel aufhören, rücken die Polster der Hakenborsten ganz an die Bauchfläche, von denen der anderen Seite durch eine mittlere Furche getrennt; von den ßauchplatten der vorderen Abtheilung ist die 2te die kürzeste imd von der 3ten nicht geschieden. Heterophenacia Qf. H. gigantea Qf. (IL p. 389)^ von Quoy und Gaimard mitgebraclit, ohne Angabe des Fundorts. Der Leib dieser grössten Art des Museums ist vorn fast ebenso hoch als breit und verbreitert sich erst vom Uten Borstenbündel an, hier erst sind auch eigentliche ßauchschilder in Form quer-rechteckiger, vorn und hin- ten leicht convexrandiger Platten zu unterscheiden, die statt seitlich begrenzt zu sein, verschmälert an der Flanke emporsteigen und sich so zv^rischen die durchaus nicht dicken, sondern schmächtigen Polster der Hakenborsten schieben. An den drei vorhergehenden Segmenten ist die Bauchwand von zwei bis drei nicht ganz quer durch- gehenden Furchen durchzogen, und vom Isten bis 7ten Borstenbündel von unregelmässigen Längs- und Querfur- chen durchsetzt, wie gefeldert. Man zählt 18 Bauch- schilder, deren breiteste 2- bis 3mal so breit als lang sind, und hinter ihnen beginnt wiederum diese Felderung. Die breitesten Segmente sind etwa 6mal so breit als lang, vom 34sten an sind sie viel schmäler, ebenso die Polster der Hakenborsten, die man weiterhin als sehr dicke Flöss- chen bezeichnen kann (ihre Dicke entspricht etwa ^/s der Segmentlänge). Die Bündel der Haarborsten, die, wenn ich mich recht erinnere, wie gewöhnlich unter der hin- tersten Kieme anfangen, sind bis zum Ende des erhalte- nen Körpertheils (für den Quatrefages 75 Segmente angiebt), überall sehr deutlich, die Haarborsten sehr schmal gesäumt und glattrandig. Der Schnabel der Ha- 334 Grube: kenborsten, deren Platte unten abgerundet sich in einen winzigen Fortsatz verlängert, einfach mit einem kleinen Zähnchen über der Wurzel; an den vorderen stark quer- gezogenen Wülsten sieht man zwei dicht an einander liegende Reihen solcher Hakenborsten, an den Flösschen nur eine, und die ganz vordersten Wülste hinter den Kie- men sind überhaupt sehr undeutlich ausgeprägt und auch weniger quergezogen. Die Kiemen nehmen ein quadra- tisches Feld ein und entspringen, so viel ich in diesem Gewirre feingelockter bis 5 Mm. langer Fäden erkennen kann , auch auf dem Mittelrücken, nicht bloss an den Seitentheilen des Rückens, der übrigens von muskulösen Seitenbiüden eingefasst ist. Einige vordere Segmente sind auf ihrem Rücken kaum 2mal so breit als lang, Heterophyzelia Qf. K Bosoi Qf. (IL p. 386). St. Vaast. Die begründete Aufstellung dieser Species lässt sich aus den in der Sammlung aufbewahrten Exemplaren nicht entnehmen. Bei zweien derselben aus dem Glase Nr. 284a existiren jederseits drei Kiemen, bei den beiden andern desselben Glases fehlt allerdings eine Kieme, aber nur auf der rechten Seite, auch ist es nicht die hintere, wie man erwarten müsste, sondern die mittlere. Bei Nr. 284 c, dem grössten Exemplar von allen, ist das Gleiche aber auf der linken Seite der Fall, bei Nr. 284 b vermisst man die mittlere Kieme auf beiden Seiten, doch ist der seitli- chen Wulst des entsprechenden Segmentes ebenso wie bei Nr. 284a vorhanden. Das Exemplar 284d endlich ist vorn ganz mit Schlamm bekleidet, und kann also wohl nicht zur Untersuchung gedient haben. Ich glaube hier keine andere Art als Terebella Gon- strictor Mont., Qfg. vor mir zu haben. Idalia (Sav.) Qf. I. vermiculus Qf. (II. p. 372). St. S^bastien. An dem einzigen vorhandenen Exemplar lässt sich, i Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 335 weil es vertrocknet gewesen und nicht ohne Gefahr zu behandeln ist^ nicht alles nach Wunsch untersuchen, doch habe ich das wenigstens ermittelt, dass, wenn auch rechter- seits nur 15 Borstenbündel zu sehen sind, doch vor ihnen unter den Kiemen versteckt noch zwei liegen müssen, da auf der linken Seite in der That 17 entsprechend gelegene vorhanden sind. Was die Kiemen betriÜt, so kann man bloss eine freiliegende erkennen, die auf der linken Seite ; auf der rechten hindern die Fühler die Beobachtung; jene linke steht aber auf dem Segment vor dem Isten mit Borstenbündeln versehenen, d. h. auf dem 3ten, nicht auf dem 2ten. Die Wülste der Hakenborsten sind sehr dünn, erstrecken sich nicht sehr in die Breite und ver- wandeln sich von dem 18ten Borstenbündel an inFlösschen, deren Hautüberzng jedoch nicht mehr erhalten ist. Die Haarborsten sind nicht eben zart, an der Spitze sehr schmal gesäumt. Der Leib scheint vorn nicht aufgebläht gewesen zu sein. Alles, was ich angeführt, stimmt so gut mit Am- phitrite crisiata Müll. (Fista cristata Mgn.) überein, wel- che sonst in der Pariser Sammlung nicht vertreten ist, dass man an der Identität von Idalia vermiculus mit die- sen nicht zweifeln kann. Vielleicht hat vor der erhalte- nen Kieme noch eine gestanden, denn nach Malm gren's Mittheilungen wechselt diese Art in der Zahl der Kie- men, hat zwar nie mehr als zwei jederseits, wohl aber zuweilen eine einzelne oder zwei weniger. Auch die Gestalt der Kiemen wie sie Quatrefages beschreibt le tronc en est bien distinct et se termine par une petite touffe de ramusculus" würde mit P. cristata überein- stimmen. Sabella Sav. Quatrefages stellt drei Gattungen auf: Distylia Qf., Spirographis Viv. und Sabella, je nachdem die Basalblät- ter beider Kiemen, oder nur die der einen oder keines sich in eine Spirale windet (in letzterem Fall krümmen sich beide Blätter bloss in einen Kreis zusammen). Auf dieses Kennzeichen allein eine generische Scheidung der 336 Grube: Sabellen zu begründen, scheint mir misslich , weil im Basalblatt die Anlage zu einer Spirale hier wohl allgemein vorhanden ist, und eine bloss gradweise Variation dessel- ben Planes kaum für so wichtig gehalten werden kann. In einzelnen Fällen hält es in der That schwer zu ent- scheiden, ob man bloss einen Vollkreis oder eine etwas darüber hinausgehende Spirale vor sich hat, und dass eine Asymmetrie, wie die überwiegende Ausbildung eines rechten oder eines linken von zwei Organen, die bei einer Art Regel ist. in manchen Individuen wieder ausgeglichen wird, lehren Beispiele anderer Thierformen; so verhält es sich mit dem Stosszahn des Narval, der in einzelnen Fällen auf beiden Seiten gleich entwickelt ist, so mit dem Deckel der Serpulen, der mitunter an jeder der bei- den Kiemen erscheint, und doch denkt Niemand in die- sen beiden Fällen daran, eine generische Verschiedenheit anzunehmen. 8. {Distylia) volutacornis Qf. (IL p. 421). Br^hat. Diese sehr charakteristische Art ist im Museum reich- lich und in guten Exemplaren vertreten, und kein Zwei- fel, dass wir hier die echte Amphitrite volutacornis Mont. vor uns haben, die seitMontagu erst wieder von Qua- trefages und Johnston beobachtet und beschrieben ist. Quatrefages feiner ausgeführte Abbildung er- gänzt die Figur von Montagu, die uns bloss die Sei- tenansicht zeigt, und ist von Nebenfiguren begleitet, die uns die Gestalt der Borsten kennen lehren. In dem einen Kiemenpinsel eines von mir untersuchten Exemplars von 36 Mm. Leibeslänge mit 83 Segmenten, zählte ich bei einer Spirale von drei Umgängen 93 Fäden, deren längste 22 Mm. maassen, während der Mundfaden nur 5 Mm. hatte. Ich sehe an den meisten eine dunkle ringartige schmale Binde nahe der Basis , selten noch eine andere nahe der Spitze ; diese Ringe stehen nicht an allen Schäften in gleicher Höhe, entsprechen ohne Zweifel den breite- ren dunkeln Binden der Kiemen in Montagu's Figur, und zeigen an jedem Faden eine rechte und eine linke ovale scharf umschriebene und flach gewölbte Stelle, an der das Pigment am meisten concentrirt ist (points d'un Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 337 brun fonc^ Q^g-)^ ^^ ^^^ ^^^* jedoch keine Linsen zu er- kennen vermag. Der jederseits einmal eingeschnittene Halskragen zeigt noch jetzt das dunkle Violet an den umgeschlagenen Bauchlappen und den weissen Randsaura, den beide Abbildungen hervorheben. Der vordere Lei- besabschnitt, der 9 Segmente umfasst, ist 10 Mm. lang und vorn 7,5 Mm. breit. Montagu und Johnston geben 10 Segmente an, ein sich auch sonst wiederholender Be- weis, dass diese Grenze schwanken und nur mit Vorsicht als Artkennzeichen benutzt werden kann. In Bezug auf die Hakenborsten des vorderen Leibesabschnittes muss ich hinzusetzen, dass sie in je zwei Reihen hinter ein- ander stehen, und nur die vordere die gewöhnh'che En- tenhalsforra der Häkchen, die hintere aber knieartig ge- bogene kurze dünne Borstchen mit breit lanzettförmigem Endtheil zeigt, die sich leicht der Beobachtung entziehen. Alle Bauchschilder sind dunkel violetbraun, die mittleren der halbirten (im hinteren Ijeibesabschnitt) 5mal so breit als lang. S. (Distylia) punctata Qf. IL p.426. Br^hat. In mehreren Exemplaren vorhanden. Bei den von mir untersuchten beschrieben die Spiralen der Kiemen beinahe zwei Umgänge, wie Q u atr ef age s angiebt, doch steigt die Zahl der Fäden in jedem über 50, in dem einen fast auf 60, und die Länge der Kiemenpinsel betrug etwa Va der Leibeslänge. Die Bärteichen oder Nebenstrahlen sind etwa 3- bis 4mal so lang als die Rhachis oder der Schaft der Fäden dick. Die dunkelbraunen Pünktchen an demselben, die Quatr ef a ges als petites taches clair semees tantot r^gulierement tantot irr6gulierement be- schreibt, erscheinen mir als fast kreisrunde Erhabenhei- ten, meistens paarweise in gleicher Höhe stehend, selten einzeln, und man möchte sie für Augen halten, doch kann ich keine Linsen daran erkennen. Manchen selbst längeren Kiemenfäden fehlen sie, den jüngstentstandenen, deren Bärteichen erst in der Bildung begriffen sind, wohl im- mer. Die Mundfäden oder Tentakeln, die sich aus der Mitte des Hautblattes an der Innenseite der Kiemen er- Archiv f. Naturg. XXXVI. Jahrg. 2. Bd. 22 338 Grube: heben, sind ungemein kurz, kaum 2 Mm. lang. Die um- geschlagenen Bauchlappen des Halskragens sind dunkel- violett; die halbirten Bauchschilder der hinteren Leibesab- theilung etwa 4- bis 5mal so breit als lang, die ungetheil- ten der vorderen Leibesabtheilung an den ersten Seg- menten an sich etwas breiter und länger, an den letzten etwas schmäler. Die Borstenbündel dieser Abtheilung sind sehr breit und ihre Borsten paleenartig mit breitge- drücktem fast lanzettförmigem Ende, ohne eigentlich ge- säumt zu sein, und einer kürzeren oder längeren und schmäleren immer aber stark gekrümmten Spitze; man zählt »deren über 40. Die Borstenbündel des .hinteren Leibesabschnittes sind dagegen sehr dünn, ihre Borsten ein wenig geschweift, fast gerade mit lang ausgezogener und deutlich gesäumter Spitze, und nur zu je 10. Die Häkchen des vorderen Leibesabschnittes bilden zwei Rei- hen, eine vordere von entenhals- und eine hintere von schief lanzettförmigen sehr blassen Borsten. Die Polster der Häkchen und Haarborsten haben wie die halbirten Bauchschilder einen violettbräunlichen, die unhalbirten und die Rückenscite einen helleren jetzt bräunlichen Ton. Bei einem kleineren Exemplare von 42 Mm. Total- länge beschreibt die Spirale jedes Kiemenblattes kaum anderthalb Umgänge und enthält nur etwa 35 Fäden. Aus der Vergleichung dieser Beschreibung mit der von S. volutacornia wird man ersehen, dass die >S. 'punctata keine eigene Art ist, sondern nur jüngere Thiere jener Art umfasst, Thiere, deren Kiemen noch nicht die aus- gebildete Spira von drei Umgängen erreicht haben. S. (Distijlia) Josephinae (Qf. I. p. 425). Sicilien. Der Unterschied der Sahella Josephinae Risso's, welche Q u a t r e f a g e s in die Gattung Distylia bringt, und der Spirograpliis Spallanzanii Viv. beruht hauptsächlich nur auf der symmetrischen Entwicklung der Kiemen, so dass ich, wie Claparede, sie nur für eine Varietät der letzteren halten muss. Selbst die schwache Furche, die die vorderen Bauchschilder des von mir untersuchten Exem- plares des Petersburger Museums halbirte, würde mich, auch wenn sie an dem schlecht erhaltenen Exemplar des Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 339 Pariser Museums vorkäme — das ich aus diesem Grunde nicht zu untersuchen gewagt, — von meiner Ansicht nicht abbringen, da ich auch bei einer anderen Art von Sa- bella eine solche ausnahmsweise auf mehreren Segmenten der vorderen Leibesabtheilung bemerkt habe. Der Bor- stenwechsel kann ebenfalls um ein Paar Segmente va- riiren: ich habe ein Exemplar der S. Spallanzanii in Händen gehabt, bei dem derselbe erst mit dem Uten Segment eintrat, Quatrefages giebt ihn hei S. Jos epki- nae V9 an, ich fand ihn an dem Petersburger Exemplar 6/7; es ergiebt sich also, dass er auch hier um ein paar Einheiten schwanken kann, und ebenso differirt die Zahl der Um- gänge in der Kiemenspirale, von denen Quatrefages vier, ich an dem Petersburger Exemplar fünf zählte. S, {Spirographis) Spallanzanii Viv. (Qf. II. p. 427)^ Nice. Eine ganze Reihe von Exemplaren, und doch glaube ich, dass auch die Spirographis longispira Qf. von Sicilien und Spirographis elegans Qf. aus dem Mittelmeer noch dazu gerechnet werden müssen; da ich kein so grosses Gewicht darauf legen kann , dass die grössere Kieme einmal die linke, ein anderesmal die rechte ist, und dass bei S. longispira die vordere Leibesabtheilung nur aus fünf Segmenten bestehen soll, auch hat Quatre- fages selbst die S. elegans nur vorläufig als eine eigene Art betrachtet. S. {Spirographis) brevispira Qf. (II. p. 430). La Rochelle, St. Malo. Bei zwei Exemplaren besteht die vordere Leibes- abtheilung nicht wie bei dem dritten aus 8, sondern aus 11 Segmenten, von denen bereits die 8 hinteren halbirte Bauchschilder zeigen. Bei dem einen 120 Mm. langen doch unvollständigen beschreibt das rechte, 42 Fäden be- sitzende Kiemenblatt eine Spirale von IV2; das linke mit 62 Fäden eine von 2 Umgängen, die längsten Fäden sind 35 Mm. lang, die Kiemen ungebändert. D\q Bauchschil- der des hinteren Leibesabschittes sind nur 2mal so breit 340 Grube: als lang, die Polsterchen, auf denen die Kämme der Ha- kenborsten stehen, sehen hier abgerundet quadratisch aus; an dem vorderen Abschnitt sind sie etwas breiter, der Abschnitt selbst 2mal so breit als lang. Das andere Exemplar verhält sich ähnlich. Hätte ich bloss den Leib vor mir, so würde ich die Art für S. pavonina Sav. hal- ten, aber die grosse Ungleichheit der Kiemen lässt mich an der Richtigkeit dieser Deutung zweifeln. Das 3te Exemplar mit dem Borstenwechsel % ist wohl dasjenige, nach welchem Quatrefages seine Be- schreibung entworfen. Sabellen, deren Kiemen in keiner Spirale aufsteigen. a) Kiemenfäden in zweifacher Richtung. S. indica Sav. (Qf. IL p. 432). Antillen. Ausser dem auf einer Wachstafel befestigten Origi- nalexeraplar von P e r o n und L e s u e u r, nach welchem S a V i g n y wohl seine Beschreibung geliefert hat, ist noch eines vorhanden, 135 Mra. lang und 12 Mm. breit mit etwa 196 Segmenten, welches zeigt, wie schon Quatrefages darthut, dass Savigny's Ausdruck double rang de digita- tions so zu verstehen sei, dass die Kiemenfäden nicht so- wohl zwei hinter einander entspringende Reihen bilden, als vielmehr nur in einer Reihe stehen, aber abwechelnd nach aussen und nach innen gerichtet sind. Der breite kräf- tige Leib, die sehr kurzen und breiten Segmente, von welchen die vordersten etwa 12mal, die hintersten, auch an sich kürzeren, bis 20mal so breit als lang sind, die breiten Bauchschilder von dunkolvioletter Farbe, deren hintere 15mal so breit als lang und breiter sind, die sehr ansehnlichen starken Kiemenpinsel, die die Llälfte der Leibeslänge übertreffen, dunkelviolett oder braun und mit etwa vier breiten weisslichen Binden gezeichnet sind, und jedes etwa 66 Fäden enthalten, ohne Spiralen zu bilden, charakterisiren ausserdem diese Art, welche von den exotischen häufiger als andere nach Europa kommt. Die Kiemenfäden sind an ihrem Ende oft propfenzieherartig aufgerollt, die Basalblätter derselben etwa so hoch als der Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 341 , aufstehende Halskragen mit dem Mimdsegraent an der Flanke gemessen, die Mundfäden etwa Va so ^^ng als die Kiemen. Am Halskragen bemerke ich keinen seitlichen Einschnitt, im vorderen Leibesabschnitt nur Hakenborsten in einfachen Reihen, welche an Breite die Bauchschilder etwas übertreffen, während sie im hinteren noch nicht deren halber Breite gleichkommen. S, magnifica Shaw. (Qf. II. p. 433). Antillen. Diese Art ähnelt der vorigen in der Kürze und Breite der Segmente, indem die mittleren lOmal, die hinteren bis 25mal so breit als lang sind, in der Kürze und Breite der Bauchschilder, der Beschaffenheit des Halskragens und der Borsten, der dunkeln Färbung des Leibes und der Stellung der Kiemenfäden, deren ich jederseits etwa 56 zähle, aber ihr Schaft zeigt eine ge- wisse Starrheit, ist an der Spitze nirgend korkzieherartig aufgerollt, und seine Bärteichen sind etwa 4mal so lang als er dick, sehr zart aber nicht welh'g gekräuselt, auch sind die Kiemen nicht gebändert , ihre Länge beträgt 41 Mm., etwas über die Hälfte der Länge des Leibes, der etwa 180 Segmente besitzt. Mundfäden 15 Mm. lang. Dass diese 9 Mm. breite und 130 Mm. lange Sabella der Tuhularia magnifica von Shaw entsprechen sollte, kann ich nicht annehmen; weil nach der Abbildung zu urthei- len, der Leib derselben viel schlanker, und die Zahl der Kiemenfäden im Verhältniss zur Grösse des Thieres an- sehnlicher ist, auch verdicken sie sich ^Qg^n das Ende hin und zeigen keine Spur von Bärteichen. Die Röhre der Pariser Annelide ist graubraun, lederardig, weich anzufühlen, zeigt aber durchaus nicht das geringelte An- sehen der Abbildung. S. Pottaei Qf. (H. p. 436). Neu-Caledanien. Der Leib hat eine Länge von c. 51 Mm. und gegen 126 in der Mitte, etwa 9- bis 12mal so breite als lange Segmente, seine vordere Abtheilung 7 (oder 6) Segmente, ist kürzer als breit, die Breite über 6 Mm. Die Kicmen- büschel 24 Mm. lang, gleich gross, mit kreisförmig ein- gerolltem 4 Mm. hohen Basalblatt, sind dunkelviolet, wie 342 Grube: der Leib und gegen die Basis mit vier schmalen weissen Binden geziert; in jedem etwa 64 2-zeilig geordnete bis auf die äusserste Spitze gebärtete Kiemen, die Bärteichen, meist leicht gekräuselt, sind ge^cn 5mal so lang als der Schaft dick, die Mundfäden länger als die halbe Höhe der Kiemen und dunkelviolett, der Halskragen seitlich kaum eingeschnitten von derselben Farbe. Bauchschil- der meist 6mal so breit als lang, in der vorderen Leibes- abtheliung etwas länger, die Polster für die Hakenbor- sten hier quergezogen, nach vorn an Breite zunehmend, in der hinteren Abtheilung oval, etwa so breit als der Abstand der Bauchschilder von den Borstenbündeln. Die Hakenborsten der vorderen Leibesabtheilung 2-reihig und von den gewöhnlichen Formen, die Haarborsten derselben schmal gesäumt, leicht gebogen, die einen länger, die andern kürzer, die übrigen mehr geschweift und breiter gesäumt. Demnach würde diese Sabella zu den Potamil- len Malmgren's zu rechnen sein. S, pectoralis Qf. (H. p. 435). Ile de France. In sehr schlechtem Zustande, doch erkenne "ich mit Sicherheit, dass der Borstenwechsel mit dem lOten Seg- ment eintritt, wenn auch die Bauchfurche erst am Uten beginnt. Die Hakenborsten an den Segmenten der vor- deren Abtheilung schienen einfache Reihen zu bilden, doch bin ich darüber nicht sicher, ihre Polster sind dort viel breiter als an den übrigen Segmenten, wo ihre Breite etwas beträchtlicher ist als ihr Abstand von den Bauch- schildern. Die Hakenborsten, von Entenhaisform, sind so gross, dass man sie bei 14-facher Vergrösserung zählen kann (an den hinteren Segmenten des Leibes 24). Die Haarbosten sind überall etwas geschweift und gesäumt. Der jetzt hellbräunliche Leib etwas flach gedrückt und ziemlich stumpf endend, ist 76 Mm. lang, an den breite- sten Stellen, wie namentlich vor dem Ende, z. B. am 6l8ten Segment, auch in der Gegend des 6ten und 7ten Seg- ments an 8 Mm. breit. Im Ganzen 129 Segmente, die mittleren etwa llmal, die hinteren 18mal so breit als lang. Die Bauchschilder stark quergezogen, die mittle- ren Tmal so breit als lang, die der vorderen Abtheilung Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museume. 343 kaum länger als die folgenden. Der Halskragen ohne seitlichen Einschnitt. Die Kiemenbüschel gleich gross mit je 44 leber- braunen 10-fach oder mehr dunkclgebänderten Fäden, in zwei Reihen, die Bärteichen etwa 4mal so lang, als der Schaft dick, erstrecken sich fast bis zur äussersten Spitze, nehmen hier aber sehr an Länge ab. Basalblatt niedrig (4 Mm. hoch), in einen Kreis eingerollt. Mundfäden 12 Mm. lang, allmählich zugespitzt. b) Kiemenfäden in einfacher Reihe. 6\ armata Qf. (IL p. 453). Neuseeland. Nur ein Vorderstlick mit 33 Segmenten von cjlin- drischer Form, von denen die der vorderen Abtheilung 5mal, die übrigen 4mal so breit als lang sind. Ich kann nur zwei Mundfäden und an dem Halskragen nur einen seitlichen Einschnitt erkennen, doch ist er schlecht er- halten. Von den blass fleischfarbenen 22 Kiemenfäden jedes Büschels sehe ich bei einzelnen unter der abgesetz- ten fadenförmigen, sehr kurzen Spitze einen dunkeln nierenförmigen frei vorragenden Körper (wie es scheint ein zusammengesetztes Auge). Die meisten Fäden sind aber wohl am Ende abgerissen; die längsten doppelt so lang als die Mundfäden, 7 Mm. Das kreisförmig einge- rollte Basalblatt der Kiemen ist niedrig. Sowohl die einfachen Baiichschilder der vorderen 8 Segmente als die halbirten sind 3mal so breit als lang, die Polster der Ha- kenborsten dort breit, quergezogen, hier oval, die Ha- kenborsten dort wie schon Quatrefages angiebt, 2-rei- hig, wobei die gesäumt lanzettfömig endenden, emporge- krümmten Borsten der hinteren Reihe eine im Verhält- niss zu andern Arten ansehnliche Grösse erreichen, die übrigen Hakenborsten 1-reihig. Die Haarborsten, die sich nach Quatrefages auch in zwei Formen zeigen, schmalgesäumt und fast spateiförmig, sind fast alle ver- loren gegangen; ich sehe nur noch erstere. Auch diese Art würde zu Malmgren's Potamillen gehören. 344 Grube: S. modesta Qf. (IL p. 451). Lima. Ebenfalls eine Potamilla , doch sind die hinteren ßorstchen der Kämmchen sehr klein und leicht zu über-, sehen. Das grösste der vorhandenen Exemplare misst 33 Mm., hat aber nur 62 Segmente, ein vollständiges nur 18,5 langes an 80, doch sind die letzten kaum zählbar, die vorderen 3mal, die hinteren 4mal so breit als lang, bei anderen Exemplaren fast alle wohl 6mal so breit als lang, ähnlich verhalten sich die Bauchschilder. Färbung des Leibes ganz bleich, die Kiemen, in deren jeder 17 bis 19 Fäden vorkommen , mit 3 oder 4, bisweilen 6, röth- lich- oder violettbraunen Binden. Wo wenige Binden vorkommen, stehen dieselben im obersten Dritttheil und erstrecken sich nicht auf die Bärteichen, welche im Ver- häitniss zur Dicke des Schaftes nur kurz sind und sich bis an dessen äusserste Spitze hinziehen. Einzelne Kie- menfäden tragen an der Spitze ein Auge. Basalblatt sehr niedrig, die ganze Länge der Kiemen beträgt etwas mehr als Va der Leibeslänge, die Mundfäden, wenn ich sie richtig erkannt habe, sehr kurz. Der ßorstenwechsel schwankt zwischen Ve «nd %. S. palmata Qf. (II. p. 453), la havre Carteret. Kur ein Exemplar, wenn die drei in dem Glase vor- handenen Stücke zusammengehören, und dann 147 Mm. lang und mit 199 Segmenten, ohne vollständig zu sein. Die Querreihen der Hakenborstchen sind an dem vorde- ren Leibesabschnilt doppelt, und wie bei der S. 7nodesta beschaffen, die Haarborsten aber überall von einer Form, schmal lanzettförmig endend , ohne gesäumt zu sein. Kiemen 27 Mm., wovon 5 Mm. auf das Basalblatt kommen. Die Kiemenfäden, jederseits 28 bis 29, in der oberen Hälfte mit drei dunkeln Binden, zeichnen sich dadurch aus, dass sie, wie schon Quatrefages hervorhebt, beinahe bis zu Va ihrer Höhe durch eine Membran verbunden sind, und haben einen dünnen Schaft , unter dessen kurzer nackter Spitze ein zusammengesetztes Auge sitzt, und sehr zarte schlichte Bärteichen, welche wohl 6mal so lang sind als der Schaft dick. Die Mundfühler messen 10 Mm. Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 345 Halskragen an der Seite nicht eingeschnitten. Leib ziemlich drehrund, vorn mit den Köchern ohne die Borsten 7 Mm. breit. Sowohl an den 8 Segmenten der vorderen Leibesabtheilung als an den übrigen beträgt die Breite das 4-fache der Länge, an jenen sind die Bauch- schilder 3mal so breit als lang, an diesen quadratisch, kaum Ve der Bauchbreite einnehmend, in dem hinteren Bruchstück von 84 Segmenten wieder mehr quergezogen. S. vesiculosa (Mont.) Unter diesem Namen ist in der Pariser Sammlung keine Art aufgestellt, ich glaube aber, dass S, terehelloi- des Qf., S. Kroyeri Qf. und S. arenilega Qf. von der Französischen Oceanküste (IL p. 438 und 439) mit Am- phitrüe vesiculosa Mont. zusammenfallen. An allen dreien erkannte ich das kuglige Auge an der Spitze der Kie- menfäden, obgleich es an manchen ausserordentlich klein und unscheinbar ist, oder auch ganz fehlt. Der Unter- schied in der Zahl der Kiemenfäden (von 16 bis 24) und des Borstenwechsels (von ^/s bis 7io) kann bei der sonsti- gen Uebereinstimmung mit den so charakteristischen Kenn- zeichen dieser Art kein Hinderniss für die Identität sein, auch die Röhre, die allerdings gewöhnlich mit Conchy- lienfragmenten beklebt ist, kann je nach der Lokalität, in der das Thier lebt, variiren. Ich bedaure, dass ich erst zu spät auf die Angabe von 6 Paar Mundfäden (Anten- nae Qf.'s) bei S. terchelloides aufmerksam geworden bin, kann aber nur vermuthen , dass dieses junge Kiemen- fäden, nicht eigentliche Mundfäden (Tentacula Mgn.) sind. Bei meinen Exemplaren von St. Vaast wenigstens, wo ich zum Theil ähnliche kurze Fädchen ausser den eigent- lichen Mundfäden bemerke, habe ich mich überzeugt, dass sie auf die letztere Bezeichnung keinen Anspruch machen können, da sie immer schon wenigstens die Andeutungen von Bärteichen zeigen. Uebrigens habe auch ich in frü- heren Jahren die winzigen Augen an dem von mir un- tersuchten Exemplar der Sahella lanigera übersehen; sie fällt mit S. vesicidosa zusammen. 346 Grube: S. pavonina Sav. (Qf. II. p. 446). St. Vaast. Beide Exemplare mit dieser Etiquette ragen nur mit dem Vordertheil, eines nur mit den Kiemen aus ihren Röhren hervor, dagegen enthält die Sammlung mehrere frei liegende Sabellen, welche ich für dieselbe Art halte, obschon ihre Gläser andere Etiquetten tragen: ich meine S. penicülus Cuv. und S. long ihr anchiata Qf. (p. 442, 445.) Nach Savigny's Beschreibung eines Cuvier'schen Originalexemplars \on S,j)emcillus von Dieppe sollen die Kiemen halb so lang als der Leib sein, die eine 38, die andere 42 Fäden enthalten und keine dunkeln Flecken haben, die Mundfäden sehr klein und dünn sein und die Zahl der Segmente bei 72 Mm. Länge des Leibes 122 be- tragen. Dies passt auf die Exemplare von S. penicillus aus Cadix wenigstens nicht, denn bei dem einen, von welchem nur 35 Segmente enthalten sind, messen diese allein schon 34 Mm., was bei 3,5 Mm. vorderer Breite auf einen viel gestreckteren Leib deutet; die Kiemen messen 37 Mm., tragen gegen die Basis hin drei dunkle lineare Binden und zeigen nur 27 und 28 Fäden, deren Ister viel dunkler als die andern ist, die Mundfäden eine Länge von 10 Mm., das 9te und die folgenden durch die Längs- furche halbirten Segmente sind quadratisch, die 8 Seg- mente der vorderen Abtbeilung haben zusammen eine Länge von 6 Mm. Dies alles spricht für S. pavonina, und das zweite Exemplar mit etwa 25 und 26 Kiemenfäden scheint mir auch nichts anderes. Ein drittes Exemplar von Cadix (306 c) mit 20 Mm. langen Kiemen, deren Fä- den meisten ein oder zwei Paar schwarzer sich über die Oberfläche erhebender Punkte zeigen, habe ich nicht näher untersucht. Von den Exemplaren vom Kanal hat das eine (mit dem Borstenwechsel 7io) ebenfalls ganz das Ansehen einer S. pavoninaj ein anderes (mit 35 und 38 Kiemenfä- den) ist nur stärker contrahirt und seine halbirten Bauch- schilder sind breiter als quadratisch , wie man sie bei Weingeistexemplaren von 8. pavonina öfters sieht. Bei allen aber erscheinen die Polsterchen der Hakenborsten in der, dieser Art eigenthümlichen quadratischen Form. Was die S, longibranohiata betrifft (Qf. II. p. 445), I Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 347 SO ist das einzige Exemplar, eines von St. Vaast, hinten verstümmelt, ohne doch ein Hinterende reproducirt zu haben, weshalb die geringe Zvh\ der Segmente, 50 — 55 Qf., (zusammen 25,5 Mm.) und die verhältnissmässig sehr an- sehnliche Länge der Kiemen (28 Mm.), die Quatref^ges hervorhebt, nicht in's Gewicht fallen können; auch finde ich den Halskragen nur 4-lappig, mit umgeschlagener Endhälfte der hohen Bauchlappen. Die Kiemen tragen 6, gegen die Basis hin nur lineare, weiterhin breitere mehr verwischte dunkle Binden. Ich finde auch sonst keine Unterschiede von S. pavonina. Von S. flahellata Sav. der Sammlung stecken die vorhandenen beiden Exemplare noch grösstentheils in ihren Röhren, ich enthalte mich daher eines Urtheils, kann aber nicht leugnen, dass sie mir am meisten mit S. pavonina übereinzustimmen schienen. Bei beiden war der Borstenwechsel ^9^ '^^^ ^'^ Kiemen des einen von ansehnlicher Länge (47 Mm.) und mit mehr als 16 dun- keln Punktbinden versehen. Quatrefages meint, dass Savigny nur junge Exemplare vor sich gehabt und da- her die Länge des Leibes und die Zahl der Segmente zu gering angegeben. Gleichwohl ist die Zahl der Kiemen- fäden bei den so viel grösseren Exemplaren, die Qua- trefages untersucht hat, keine grössere. S. cuGuiliis Qf. (IL p. 451). Mittelmeer. An dem einzigen vollständigen Exemplar von mehr als 244 Mm. Länge und 6 Mm. grösster Breite, erschei- nen die Kiemen ungemein kurz, da sie nur 22 Mm. lang sind, was mit der Angabe von Qua trefages nicht über- einstimmt, der sie sublongae nennt ; ich finde sie aber auch ungleich, indem die eine 30 auf einem halbzirkel- förmig eingerollten, die andere etwa 40 auf einem ausge- breiteten breitdreieckigen Basalblatt sitzende Fäden zeigt, welches zusammengerollt schon eine kurze Spira bilden würde. Diese Kiemen erinnern durchaus an die Abbil- dung der Corallina tuhularia melitensis von EUis (Corall. tab. 34, cop. Encyclop. meth. Vers. pl. 59) , Amphitrite ventilahrum Gm., die seitdem noch nicht wiedergefunden zu sein scheint. Die Segmente des ersten Dritttheils, 348 Grube: von denen 7 den vorderen Leibesabschnitt bilden, sind etwa 8mal so breit, die Baiichschilder 4mal so breit als lang. Nach der Form der Kiemen würde das Thier eher in die Gruppe der Spirographis Sav. gehören. Ein anderes unvollständiges Exemplar mit % ßo^" stenwechsei, das ich nicht näher untersucht habe, besitzt noch kürzere Kiemen, deren 13 Mm. lange Fäden gröss- tentheils eingerollt sind. S. Simplex Qf. Port du roi Georges, In dem Werke von Quatrefages ist diese Art, von der ein vollständiges Exemplar in zwei Hälften vor- liegt, nicht zu finden. Sie gehört zu der Gruppe, welche S, stichophthalmosy altiGollis , brevioollaris bilden, und welche unter einem besonderen Namen Hypsicomus den anderen Sabellen gegenüber gestellt werden kann. Alle diese stimmen darin überein, dass das Basalblatt der Kiemen ungewöhnlich hoch, der Halskragen ganz niedrig wie ein Ringwulst ist, und die Borsten des ersten Bün- dels in einer breiten schräg emporlaufenden Querreihe stehen. Die Kiemen dieser Art von dunkelbrauner Farbe, mit drei bis vier weissen Binden in ihrer oberen Hälfte, 15 Mm. lang, oder 74 cler Totallänge, tragen auf einem 3,5 hohen Basalblatt je 20 steife im unteren Dritttheil durch Membran verbundene FädQn, an denen ich, wie bei brevioollaris keine Aeugelchen wahrnehmen konnte, die Bärteichen, w^elche wohl 5mal so lang werden, als der Schaft dick ist, nehmen oben rasch an Länge ab und fehlen der langen Spitze desselben. Die Mundfäden rei- chen etwa bis zum Rande der Kiemenmembran. An einem vor Kurzem untersuchten, 32 Mm. langen Exemplar meiner S. brevioollaris fand ich auch nur je 12 Kiemenfäden, die Ve der Totallänge maassen und drei vielette Binden auf blassochergelbem Grunde trugen. Bei S. siiuplex hat der sehr schlanke bräunlich- fleischfarbeue Leib mit braunen Bauchschildern etwa 172 Segmente, doch fehlen die hintersten. Seine vordere Ab- theilung 7 Mm. lang, 4 Mm. breit, umfasst 8 Segmente, und hat Bauchschilder, in welche die Polster der Haken- borsten spitzwinklig hineintreten. Die halbirten Bauch- Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 349 Schilder der übrigen Segmente sind etwa 2mal so lang als breit, ihre Polsterchen der Hakenborsten sind nicht wie jene quergezogen, sondern oval, die Kämmchen kaum breiter als die Bündel der Haarborsten und Paleen. Diese beiden ßorstenformen zeigen sich in allen Segmenten ausser am Isten, wo nur breit gesäumte, scharf ge- schweifte und wenig vorragende Haarborsten vorkommen, und eine, wie bemerkt, sehr breite Querreihe bilden. Die Paleen haben eine breitovale Platte, ohne Spitze und. stehen an den Segmenten des vorderen Leibesabschnittes in zwei Reihen, an den übrigen in einer Reihe zu je 6, die Haarborsten sind hier ganz linear, und in derselbea Zahl, dort sehe ich nur zwei stärkere und gesäumte. S, verticillata Qf. (II. p. 440). St. Vaast. Diese Art ist zuerst von Kölliker unter dem Na- men Branchiomma Dalyelii, dann von Sars als Dasyckon^e Argus beschrieben. Meine Sabelia 'polyzonos ist, wLe ich mich durch die Vergleichung mit den bei St. Vaast, St. Male und Roseoff erbeuteten Exemplaren überzeuget habe, ebenfalls damit identisch. Aber auch Amphitrite hombyx Dal. scheint, so viel man aus Dalyell's Be- schreibung und Abbildungen entnehmen kann, dasselbe Thier zu sein. S, saxicava Qf. (II. p. 437). Guettary. Was Quatrefages von dieser Sabelia und ihrem Aufenthalt mittheilt, stimmt so sehr mit dem, was ich an meiner Ä. sö^o^zco/a des Mittelmeers beobachtet überein, dass mich hauptsächlich die Abwesenheit der Augen an den Kie- menfäden bestimmen konnte, letztere für eine besondere Art zn halten. Ich ging daher mit grosser Spannung aa die Untersuchung eines Exemplares der Pariser Samm- lung, dessen Leib 34,5 Mm. und dessen Kiemen 7 Mm. maassen, und dessen vorderer Leibesabschnitt, so viel die hier nicht ganz befriedigende Erhaltung erkennen liess, 12 Segmente umfasste, und an dem ich alle Angaben von Quatrefages bestätigt fand, ausser dass ich in jedem Kiemenbüschel 14 Fäden (nicht 12 zählte), aber die Augen waren nicht berücksichtigt; sie sassen rechita 350 Grube: am 2ten; 4ten bis 7ten und am 9ten Faden, links am 2ten, 3ten bis 7ten, 8ten und 9ten Faden, und waren von sehr verschiedener Grösse und in verschiedener Zahl vor- handen, an manchen Fäden nur 1, an anderen 2, 3, 4 oder 5. Es spricht aber alles dafür, dass wir es hier mit einer längstbeschriebenen Art, der ,,ni e re nförmi- gen Amphitrite" 0. Fr, Müll, zu thun haben, an der Müller auch jenen schwarzen kugligen Körperchen, die man nur von der Rückenseite der Kiemenfäden gewahr wird, keine Beachtung geschenkt, Leuckart aber sie nachgewiesen. Mit Malmgren zähle ich auch S. ocu- lata Kr. und S. oculifera Leidy unter die synonymen, und von S. adspersa Kr. ist es mir höchst wahrschein- lich, dass sie auch hierher gehört. Die Länge der Kiemen und der spät auftretende Borstenwechsel, den ich zuwei- len sogar erst am löten Segment beobachtet, ist für diese Art, die ich auch bei St. Vaast, St. Malo und Eoscoff in den Spalten des Granit angetroffen habe, sehr bezeichnend. Myxicola Koch. M. modesta Qf. (IL p. 480). St. Vaast. Nur in einem Exemplar vorhanden: dieses 12,5 Mm. lang, wovon 8 Mm. auf den Leib und 4,5 Mm. auf die Kiemen kommen, gelblich-fleischfarben, im Leben nach Quatrefages grünlich braun; über die Kiemenfarbe ist nichts angegeben. Grösste Breite an dem 5ten bis Tten Segment 2 Mm. Ich zähle rechterseits 12, links 9 Xiemenfäden, die etwa auf Vs ihrer Länge durch Mem- bran zu zwei Halbtrichtern vereinigt sind. Ihr Schaft ist etwas breiter als dick, ihre Bärteichen etwa 4-raal so lang als der Schaft dick, schlicht, nicht gekräuselt. Das Basalblatt ausserordentlich niedrig. Die Haarborsten, die ich vor der Spitze nicht verbreitert finde, stehen in schma- len Querreihen, an den vorderen Segmenten bis zu je 9, und hinter jeder, nicht immer in gleicher Höhe, bemerke ich 1 oder 2 schwarze etwas hervorragende Pünktchen, an dem 2ten, 3ten, 4ten und 5ten Segment aber einen Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. 351 ebenso langen dunkeln Querstreif, von einem sehr schwach umgrenzten Feldchen umgeben, etwas tiefer als die Reihe der Haarborsten und im Zwischenraum zwischen den Borstenbündeln herabsteigend. In diesem Streif kommen, wie man sich bei 40facher Vergrösserung überzeugt, 5 — 7 Spitzchen zum Vorschein , wahrscheinlich Haken- borsten ; an der rechten Seite ist der entsprechende Theil der Wandung an den nächstfolgenden 3 Segmenten zer- stört, aber auf der linken Seite erkenne ich diese Kör- perchen auch am 6ten und 7ten Segment, sehe auch, dass sie sich in die Wandung selbst hinein verlängern. Verzeichniss der im Vorhergehenden besprochenen Anne- liden des Pariser Museums. Gattungen : Blainvülea Qf., Notocirrus Schmd., PUoceras Qf , Por- telia (^f., Bhytoceplialus Qf., Uninochaeta Qf., Gymnosoma Qf., Loxisiphon Dies. Polynoe Sav. , laevis Aud. et Edw. , floccosa Sav. , foliosa Sav., nuda Qf. Eunice CuY., tentaculataVal., Bottae Qf., Pelamidis Qf., torquata Qf., Laiirillardi Qf., Harassii Aud. et Edw., australis Qf., Rissoi Val., heterochaetaQf., ebranchiata Qf., scombrinis Val., gigantea Cuv. , Rousseaui Qf. Mtirphysii Sav., sanguinea (Mont.), haemasoma Qf., peruviana Qf., Gayi Qf. Lysidice Sav., torquata Qf. Blainvülea Qf., filium Qf , elongata Qf. Lumbriconereis Bl., Latreillii Aud. et Edw., maculata Qf. Euphrosyne Sav., foliosa Aud. et Edw. Nereis L., MurioniiAud. et Edw.. crassipes Qf., bilineata Johnst. Qf., fulvaBl. Qf., ventilabrum d. Ch. Qf., viridis Johnst. Qf , fucata Sav., regia Qf. , edenticulata Qf f, nubila Sav. , Bowerbanckii Qf., Du- merilii Aud. et Edw., pulatasia Sav. Qf., microcera Qf., Sarsii Ratbke, Yunkiana Qf.. heterochaeta Qf. Hetenoreis Oersd., Schmardae Qf. Lycastis Sav. Aud. et Edw., brevicornis Aud. et Edw. Nephthys Cuv., Dussimieri Qf.. bononiensis Qf., margaritacea Johnst. Glycera Sav., peruviana Qf. Hemipodius Qf., roseus Qf. 352 Grube: Bemerk, üb. Annelideii d. Pariser Museums. Scoloplos Bl., elongatus Qf. Petaloproctus Qf., terricola Qf. Clymene Sav., lumbricoides Edw., zostericola Qf., uranthua Sav. Johnstonia Qf., clyraenoides Qf. Pectinaria crassa Gr. Terebella L. Qf., emmalina Qf., gigantea Mont., elongata Qf., mode- sta Qf , pectoralis Qf., conchilega Qf., prudens Cuv., abbreviata Qf. Phenacia Qf., setosa Qf., terebelloides Qf. Heterophenacia Qf., gigantea Qf. Heterophyzelia Qf., Bosci Qf. Iddlia Sav., vermiculus Qf. Distylia Qf., volutacornis (Mont.), punctata Qf., Josephinae (Riss.) SpirographisYiY., Spallanzanii Viv., longispira Qf., elegans Qf , bre- vispira Qf. Sabella Sav. Qf., indica Sav., magnifica (Shaw.) Qf., Pottaei Qf., pec- toralis Qf., armata Qf. , modesta Qf. , palmata Qf. , vesiculosa Mont., terebelloides Qf., Kroyeri Qf., arenilega Qf., pavoninaSav., (penicillus Cuv., longobranchiata Qf.), flabellataSav., cucuUus Qf., Simplex Qf., verticillata Qf., saxicava Qf. Myxicola Koch, modesta Qf. Untersuchungen über den Bau und die Naturgeschiclite der Vorticellen. Von Dr. Richard Greeff, Professor der Zoologie und Director des Zoologischen Institutes in Marburg. Hierzu Tafel IV— VIII. Die Vorticellen gehören zu den am frühesten und wohl auch am häufigsten untersuchten Infusorien. Von Löwenhoek, dem ersten Beobachter derselben und mit ihnen der ersten Infusorienformen überhaupt bis in die neueste Zeit, scheinen die meisten Forscher auf die- sem Gebiete sich mit besonderer Vorliebe jener zier- lichen Thiergruppe zugewandt zu haben. Abgesehen davon, dass Viele wohl durch die überaus anziehenden Form- und Lebenserscheinungen der Glockenthierchen zur näheren Prüfung veranlasst worden sind, ist auch wohl keine Infusorien-Familie der Beobachtung leichter und sicherer zugänglich als gerade diese. In allen Ge- wässern, stehenden und fliessenden, süssen und salzigen finden sich Vorticellen, durch die ausgedehnten Colo- nienbildungen oft massenhaft hervortretend. Fast alle sind an Stielen angeheftet und halten so, wenn auch mit zeitweisen Unterbrechungen, wie bei den Contractilstieli- gen, doch im Ganzen der Untersuchung besser Stand als die meisten übrigen Infusorien, die rastlos das Ge- sichtsfeld durchkreuzen und oft erst durch einen die nor- malen Form- und Lebensverhältnisse mehr oder minder alterirenden Druck zur gewünschten Ruhe gebracht wer- den können. Kein Wunder, dass über unsere Thierchen schon frühe manche interessante und für die Kenntniss der nie- Archiv für Naturg:. XXXVI. Jahrg. 1. Bd. 23 354 Greeff: deren Thierwelt überhaupt wichtige Thatsache ermittelt wurde, wie z. B. der Theilungsprocess und knospenför- mige Bildungen, und dass mit der weiteren Ausbreitung und Vervollkommnung der Mikroskope und dem lebhaften Interesse, das der Infusorienwelt zugewandt wnirde, das Feld der beobachteten Erscheinungen ein sehr ausge- dehntes geworden ist. Aber trotz aller Arbeit, sowohl über unsere Glocken- thierchen als über die Infusorien überhaupt, trotz der vie- len interessanten Einzelbeobachtungen , trotz namentlich der reichen Fülle systematischen Materiales scheint es, dass wir noch lange nicht vor einem einigermassen be- friedigenden Einblick in die Organisation und Lebensge- schichte der Infusorien stehen, ja dass wir in mancher Bezieliung vielleicht nur die ersten noch unsicheren Schritte in die Erkenntniss dieser un'gemein mannigfach zusammengesetzten Thierklasse gethan haben, in deren bunter Gesellschaft wir wohl manche mehr oder minder nahe Verwandte oder Stammformen anderer Thiergruppen, besonders der Würmer vielleicht auch der Coelenteraten zu suchen haben, und die durch ihre allseitige Verbrei- tung und durch die überall wiederkehrenden Formen, mit anderen Worten durch ihren echt cosmopolitischen Cha- rakter gerade nach der bezeichneten Richtung der ver- wandtschaftlichen Beziehungen zu anderen Thieren ein besonderes Interesse bietet. Das Material für die vorliegenden Beobachtungen lieferte mir bezüglich der Süsswasserformen die reiche Infusorienfauna des Schiossweihers von Poppeisdorf und einige andere stehende Gewässer in der Umgegend von Bonn. Obgleich ich mehrere der hier vorkommenden Gattungen und Arten einer genaueren Untersuchung unterzogen habe, so treten doch in diesen Mittheilungen einige Formen, denen ich die meisten und wichtigsten Resultate verdanke, in den Vordergrund, insbesondere aber eine Epistylis-Art, die der Ehrenberg'schen Epistylis flavicans nahe steht. Ich sage „nahe steht^', da ich sehr zweifle, ob alle die unter diesem Namen von mir hier in Betracht gezogenen Formen ein und derselben Art Untersuchungen über die Naturgeschichte der Vorticellen. 355 angehören oder ob nicht vielmehr mehrere verschiedene Arten, oder wenigstens Varietäten vorliegen, wie auch ein Blick auf die beigegebenen Abbildungen (Taf. VII und VIII) zeigen möchte. Nicht bloss Verschiedenheiten in Grösse, Färbung und, wenn auch in geringem Maasse, im Habitus kommen vor, sondern auch im Besitz von anscheinend wesentlichen Theilen resp. von Organen, z. B. in den später zu beschreibenden eigenthümlichen mit einem hervorschnellbaren Faden versehenen, glänzen- den Kapseln, die eine grosse Üebereinstimmung mit den Nesselkapseln der Coelenteraten zur Schau tragen. (Tafel VII Fig. 5, k.) Wir werden im Laufe unserer Mitthei- lungen auf die Verschiedenheit oder Zusammengehörig- keit dieser Formen noch zurückkommen. Die zur Untersuchung gelangten marinen Arten stammen sämmtlich aus der Nordsee bei Ostende, woselbst sich namentlich in den dortigen Austernparks ein stets sicheres und reiches Material vorfand. Auf diese mari- nen Formen beziehen sich die Tafeln IV und V (mit Ausnahme von Figur 8 auf Taf, V), auf denen der Akt der Thcilung und der knospenförmigen Conjugation aus- führlicher dargestellt ist und das merkwürdige Zootham- nium-Bäumchen auf Taf. VI Fig. 6 und 7. Systematische Begrenzung der Vorticelli nen. Ehrenberg hat die Familie der Vorticellinen zu- erst, ungefähr ihrer heutigen Auffassung nach, begründet und zwar mit 8 Gattungen und 38 Arten i). Die syste- 1) Eine sehr ausführliche und treffliche Zusammenstellung der älteren Literatur nebst Andeutungen der früheren Auffassung über den Bau und die systematisclie Stellung der Vorticellinen giebt Ehrenberg in seinem grossen Infusorien-Werke: die Infusions- thiercben als voUkommne Organismen S. 260, 269, 275, 279, 286 etc. Namentlich findet sich S. 275 eine sehr werthvoUe kritische üeber- sicht der älteren Vorticellen- Systematik und der Synonyme für die einzelnen Arten. Wir ersehen daraus, dass allein die Gattung Vorticella nicht weniger als 120 Artnamen aufzuweisen hatte, die von Ehrenberg auf 9 für wirkliche, gut unterschiedene und cha- rakterisirte Arten reducirt wurden. ^56 Greeff: matischen Charaktere sind so glücklich getroffen, dass die Familie auch neuerdings von Stein im Wesentlichen in der Begrenzung, die ihnen E hrenberg gegeben, wieder aufgenommen worden ist. Ehrenberg charakterisirte die Vorticellinen „als (polygastrische) Thierchen, (welche einen den Magen verbindenden Speisekanal besitzen), die Mund und Auswurfsöffnung gesondert, aber in einer und derselben Grube beisammen haben , also ohne Hin- tertheil sind, die keinen Panzer führen und entweder ein- zeln sich frei bewegen oder festgeheftet und durch unvoll- kommene Selbsttheilung oft zu niedlichen kleinen Sträu- chen und Bäumchen werden." Die 8 zu dieser Familie vereinigten Gattungen"waren : Stentor, Trichodina, Urocen- trum, Vorticella, CarchesiTim, Epistylis, Opercularia und Zoothamnium. Stein^) und nach ihm Glaparede und Lachmann ^) sonderten zunächst hiervon, wegen der in mancher Beziehung anderen Organisation, mit Recht die nun zu den Bursarieen gestellte Gattung der Sten- toren^) aus, da die Letzteren auf dem ganzen Körper bewimpert sind, während der eigentliche Körper der Vorticellen nackt ist und bloss eine sogenannte adorale Wimperzone trägt, ferner der After der Stentoren, wie Lachmann nachwies, eine andere Lage hat, als der der Vorticellen etc. Dann trennten Clap. und Lachmann ferner die Gattung Urocentrum^), freilich ohne genügende Untersuchung und Begründung, von dem Ehrenberg'- 1) F. Stein: die Infusionsthiere auf ihre Entwicklungsge- schichte untersucht S. 94. 2) Claparede und Lachmann: Etudes sur les Infusoires etc. I p. 77. 3) Neuerdings sind bekanntlich die Stentorinen, was übrigens früher schon von Lachmann (Müller's Archiv, eTahrg. 1856: über die Organisation der Infusorien, besonders der Yorticellen S. 361 und S. 364 Anm. 1) vorgeschlagen war, von Stein (der Organismus der Infusionsthiere II S. 170) zu einer besonderen Familie mit den Gattungen Stentor und Freia erhoben und unter die Ordnung der heterotrichen Infusorien gestellt worden. 4) Etudes etc. I, p. 78 und 134. Untersuchungen über die Naturgeschichte der Vorticellen. 357 sehen System, indem sie aus derselben eine eigne Fa- milie bildeten, und vereinigten die Ehre nb er g'sche Gat- tung Opercularia mit Epistylis, so dass also nun von den 8 ursprünglichen Gattungen der Vorticellen - Familie Ehrenberg's 3 ausgeschieden waren, nämlich Stentor, ürocentrum und Opercularia. Auf der anderen Seite aber nahmen, und zwar ebenfalls Claparede und Lachmann nach dem Vorgange von Stein, die Ophrydinen, die Ehrenberg als gepan- zerte Glockenthiere in eine besondere Familie den hüllenlosen und eigentlichen Vorticellinen zur Seite ge- stellt hatte, in die Vorticellen-Familie auf, da sie, und ebenfalls mit Recht, den im Uebrigen durchaus gleichen Habitus und die gleiche Organisation der gepanzerten und nackten Formen betonten und die Gallerthülse der Ophrydinen dem durch ähnliche Vorgänge ausgeschie- denen gallertartigen Stiele der Vorticellen, besonders dem starren Stiele von Epistylis, als morphologisch gleich- werthig annahmen. Von den auf diese Weise den Vor- ticellinen einverleibten Ophrydinen Ehrenberg's, die die Gattungen Ophrydium, Tintinnus, Vaginicola und Co- thurnia umfassten, entfernten sie indessen vorher Tin- tinnus wegen der in wesentlicher Beziehung anderen Be- wimperung und Organisation, so dass durch diesen Zu- wachs von 3 Gattungen die ursprüngliche Zahl der Fa- milien-Glieder wieder hergestellt war. Ausserdem aber wurden 3 neue Gattungen hinzugefügt, nämlich Lageno- phrys an Stelle von Tintinnus als gepanzerte Vorticelle und die beiden ungepanzerten, Scyphidia und Gerda, die erste von Stein^), die zweite zuerst vonDujardin aufgestellt, aber erst von Lach man n^) genauer charak- terisirt, die dritte von Lachmann und Claparede^) gemeinschaftlich entdeckt. Alles in Allem mit Ab- und Zugang war nun also die Ehre nberg'sche Familie der Vorticellinen auf 11 1) Die Infusionsthiere auf ihre Entwicklung untersucht S. 85. 2) Müllers Archiv 1856 S. 348 Anm. 1. 3) Etudes etc. I, p. 117. 358 Greeff: Gattungen niit einer sehr ansehnlichen Arten-Zahl ange- wachsen. Als Charaktere dieser Familie wurden die von Ehrenberg früher aufgestellten^ mit Ausnahme des polygastrischen Ernährungs- Apparats, den Ehrenberg natürlich, wie für alle Infusorien, so auch für die Glocken- thiere angenommen hatte, von Claparede und Lach- mann im Wesentlichen, namentlich bezüglich der Lage des Mundes und Afters beibehalten, indem sie zu gleicher Zeit die von dem Ersteren als besonderen Charakter nicht hervorgehobene, adorale Bewimperung hinzufügten, die nach der Beobachtung von Lachmann als eine in einer Spirallinie die Wimperscheibe umlaufende und in die Mundöffnung sich senkende dargestellt wurde. Um nun das Schicksal der Vorticellen-Familie bis zu ihrer heutigen Zusammensetzung zu verfolgen, erübrigt uns nur noch kurz die Aenderungen zu erwähnen, die schliesslich Stein an dem von ihm selbst und von Cla- parede - Lachmann allmählich angeordneten System in seinem neuesten Infusorien-Werke getroffen hat. Stein hat interessanterweise die Grenzen, die er und seine Nachfolger anfangs erweitert hatten, später selbst wieder ungefähr auf die ursprünglichen Marken zusammengezo- gen, indem er die früher, wie oben angeführt, einver- leibten Ophrydinen von Neuem von den Vorticellen trennte^) und den bereits von Ehrenberg ihnen zuer- kannten Anspruch auf die Berechtigung einer eignen ge- panzerten Familie neben den hüllenlosen Glockenthieren wiederum einräumte. Ebenso löste er die von Clapa- rede und Lachmann vorgenommene Verbindung der Gattung Opercularia mit Epistylis wieder auf und erhob die ersterc, wie schon von E hrenberg geschehen, zu einer selbstständigen Gattung. Andrerseits schied er mit Claparede und Lachmann ürocentrum, aber auf Grund genauerer Untersuchung, als durch diese gesche- hen war, aus und ausserdem noch die bisher damit ver- einigt gebliebene Trichodina, die allerdings in manchen wesentlichen Punkten sich von den Vorticellen entfernt, 1) Der Organismus der Infusionsthiere II, S. 168. Untersuchungen über die Naturgeschichte der Vorticellen. 359 namentlich durch den Besitz eines eigcnthümlichen Heft- Apparates am hiateren Körperende, durch den steten Mangel eines hinteren Wiinperkranzes und eines ein- und ausstülpbaren Wirbelorgans etc., so dass Stein anfangs auf diese Eigcnthümlichkeiten hin den Trichodlnen sogar den Rang einer eignen Familie zuspricht^), obgleich er sie später doch als eine Gattung der neu gebildeten Fa- milie der Urceolarinen unterordnet. An neuen Glie- dern wurden die beiden schon von Claparede und Lachmann eingeführten Gattungen Scyphidia und Gerda aufgenommen und diesen noch das von Engel- mann entdeckte Astylozoon^) hinzugefügt, das sich an der Stelle eines Stieles durch den Besitz von zwei am Hinterende befindlichen ScIi neilborsten auszeichnet. So ist es gekommen, dass nach allen diesen Wand- lungen der jetzige systematische Verband unserer Fami- lie, mit der oben erwähnten natürlichen Ausnahme der Stentoren, beinahe wiederum derselbe ist, wie er ursprüng- lich von Ehrenber'g begründet wurde. Ebenso sind die Gattungen wieder auf ihre ursprüngliche Zahl, näm- lich auf 8, zurückgeführt worden, und diese sind nun nach den oben ausgeführten Aenderungen: Vorticella, Carchcsium, Epistylis, Zoothamnium, Opercularia, Scy- phidia, Gerda und Astylozoon. Die Charaktere der so vereinigten Familie wie sie ■sich auf dem beschriebenen W^ege entwickelt haben oder vielmehr allmähiich schärfer hervorgetreten sind, lassen sich jetzt in folgenden Punkten zusammenfassen : An die Spitze muss zunächst die von Ehrenberg richtig erkannte und als ein Haupt-Charakter hervorgehobene Lage des Mundes und Afters in einer gemein- schaftlichen Höhlung im Grunde des ersten Ab- schnittes des Nahrungsrohres, des sogenannten Vestibu- 1 u m, gestellt werden. Hieran schliesst sich die beson- 1) Der Organismus der Inf. II S. 146. 2) Th. W. Engelmann: Zur Naturgeschichte der Infusions- thiere, Zeitschr. für wissensch. Zoologie XI Bd. S. 389 Taf. XXXI Fig. 15-16. 360 Greeff: dere Beschaffenheit des vorderen Wirbelorgans oder der sogenannten adoralen Wimperzone, die bei den echten Vorticellen nach Lachmann und Stein stets eine linksgewundene, die Wimperscheibe umlaufende und dann in das zwischen Wimperscheibe und Peristom beginnende Vestibulum sich senkende Spi- rale darstellt. Die Wimper seh eibe resp. das ganze Wirbelorgan kann ferner in das Innere des Körpers zurückgezogen werden und wird in diesem Falle von dem häutigen Peristom sphynkter- oder schirm- artig verschlossen. Ist die Wimpe r scheibe nach aussen geöffnet, so wird sie von dem, meist durch eine mehr oder minder tiefe Furche von ihr getrennten, nach aussen u mges chlagenen Peristom kragenar- tig umspannt. Mit dem zurückziehbaren Wirbelorgan hängt die Fähigkeit des plötzlichen Zurückschn ellens des sich zu gleicher Zeit zusammenziehenden ganzen Kör- pers und, wo contractile Stiele vorhanden sind, mitsammt den Stielen, als wesentlicher Charakter zusammen. Zur engeren Begrenzung der Vorticellinen gegen die verwandten Familien, insbesondere gegen die O phry- dinen, ist nun, wie oben berichtet, die den Letzteren zukommende und den Vorticellen fehlende Gallert- hülse, von Stein von Neuem als unterscheidender Charakter der beiden Familien geltend gemacht wor- den, nachdem dieselbe, wie wir gesehen, schon von Ehrenberg zu diesem Zwecke eingeführt aber von Cl aparede- Lachmann wieder aufgehoben worden war. Ich meinerseits kann nicht anders als diese aber- malige Trennung bedauern, da die Ophrydinen mit den Vorticellinen, abgesehen zunächst von dem Stiele der Letzteren und dem Gehäuse der Ersteren, in ihrem gan- zen Habitus, Bau und ihren Lebenserscheinungen bis ins Kleinste so genau übereinstimmen, dass im Blick hierauf eine Lösung der Ophrydinen aus dem engern Vorticel- len-Verbande eine der natürlichen Verwandtschaft dieser beiden Gruppen entgegenstehende und erzwungene an- gesehen werden muss. Einen mit dem hinteren Wimper. kranze versehenen und aus seinem Mutterhause ausge- Untersuchungen über die Naturgeschichte der Vorticellen. 361 schwärmten Theilungssprössling der Ophrydinen z. B. von Cothurnia (vrgl. Taf. IV), würde selbst der erfah- renste und sorgfältigste Beobachter wohl kaum als sol- chen erkennen resp. von einem Theilnngsschwärmer ech- ter Vorticellen unterscheiden können. Es ist also ledig- lich das äussere fingerhutartige Gehäuse, das die beiden Familien zu trennen bestimmt ist. Allein dieses möchte, wie wir zu zeigen versuchen werden, zur genügenden Begründung dieser Trennung nicht ausreichen. Könnte man die mit einem Gehäuse versehenen und an kurzen Stielen festsitzenden Formen nackten und zu gleicher Zeit vollkommen frei beweglichen und stiellosen Formen, wie sie sich etwa durch die Theilnngsschwärmer oder Gerda repräsentiren, entgegenstellen, so würde die in Rede ste- hende Trennung vielleicht eher gerechtfertigt erscheinen. Doch die meisten Vorticellen sind ebenfalls auf Stielen befestigt, die ihrerseits wiederum angeheftet sind, mit Aus- nahme von zw^ei Formen, nämlich des von Engelmann beschriebenen Astylozoon, das sich selbstständiger Be- weglichkeit erfreut, aber ebenfalls am hinteren Körper- ende, vielleicht als Homologen des Stieles, zwei „Schnell- borsten" besitzt, und ferner der freilich durchaus stiel- losen aber mehr oder minder sesshaften Gattungen Scy- phidia und Gerda. Prüfen wir nun aber den Stiel der Vorticellen, insbesondere im Vergleich zum Stiele und Gehäuse der Ophrydinen, genauer, so werden wir die innige Zusammengehörigkeit dieser Gebilde nicht von der Hand weisen können. Der Stiel der Vorticellen besteht aus einer glashellen, homogenen äusseren Hülle oder Scheide und einer dunkleren mehr oder minder körnigen Axe. Die Letztere ist entweder Muskelsubstanz i) und in diesem Falle und mit ihr der ganze Stiel retractil (Vor- ticella, Carchesium etc.) oder die Axe enthält keine Mus- kelelemente und dann ist der Stiel starr (Epistylis). In 1) Wir behalten die Bezeichnung »Axe« hier der Gleichmässig- keit wegen auch für die contr actilen Stiele bei, obgleich bekanntlich bei Vorticella und Carchesium der Muskelstrang innerhalb der Scheide einen spiralen Verlauf um die Axe hat und nur bei Zoothamnium der Lage nach die wirkliche Axe einnimmt. 362 Greeff: beiden Phallen aber umgreift die äussere glasbelle Hülle des Stieles die binterste Basis des Tbierkörpers wäbrend die Axc allein in diese Basis, mit ilir vcrscbmclzend, direkt eindiingt und bier entweder bloss zu J^efec;tigung des Tbieies und der retractoriscben Muskelclementc in demselben dient (P]pistyb's) oder wo die Axe selbst mus- kulöser Natur ist, continuirlicb in den Körper ausstrablt (Vorticella, Carcbesium). Bei den Opbrydincn nun ist in der Regel das Gebäuse sowobl wie der TbierkÖrper eben- falls durcb einen wenn aucb meist sebr kurzen »Stiel be- festigt, der indessen dem Yorticellen Stiele und zwar zu- näcbst dem von Epistylis als morpliologiseb durcbaus äqui- valent geacbtet werden kann. Die bei den Vorticellen die Stiel- Axe umbüllende und an die binterste Basis des Tbier- körpers stosscnde Scbeide setzt sieb bei den Opbrydinen über diese Basis binaus nacb vorne fort, indem sie zu einem weiten becbcrförniigcn Gebäuse sieb erbebt, in das sieb das ganze Tbier zurückzicben kann. Aber aucb die Axe des Vorticellen-Stieles foblt bei den Opbrydinen nicbt, sondern sie ist es, die gerade so wie dort in die Basis des Tbierkörpers eintritt und die Befestigung ver- mittelt. So dürfte aucb wonl die genauere Untersucbung der Zusammensetzung und Ausscbeidung resp Entwick- lung dieser Gebilde die Identität derselben nur nocb mebr begründen. Nacb allem diesem scbeint es mir naturgemässer, die einzelnen Gattungen der Opbrydinen als Glieder der Vorticellen-Familie auf zu nebmen, als sie von den Letzteren zu trennen. Stein bat nun weiterbin die Familie der Vorticel- linen unter seine Ordnung der peritricben Infusorien gestellt^), in welcber sie den eigentlicben Ordnungstypus darstellt, den „Kern und Mittelpunkt'^, an welcben die übrigen Gruppen nacb auf- und abw^arts sieb anscbliossen. Wir babcn die System-Gescbicbte der Vorticellen- Familie vielleicbt ausfübriieber bebandelt als es die Auf- gabe der vorliegenden Beobacbtungen bätte fordern mögen, aber die Gescbicbte des Systems einer Tbier- 1) Der Organismus der lufusiousthierc 11 S. 168. Untersuchungeu übei' die Naturgeschichte der Vorticellen, 363 Gruppe ist immer der getreue Ausdruck der Entwick- lung der Kenntnlss derselben und hat in unserem Falle um so grösseres Interesse als sie zeigt, in wie seltener Weise conform und in sich abgeschlossen die Vorticelli- nen von vorne herein sich erwiesen haben,' da trotz aller Versuche zum weiteren Ausbau der systematische Ver- band im Wesentlichen derselbe geblieben ist, wenn auch die Charaktere mittlerweile, wie wir gesehen haben, eine weit grössere Schärfe erlangt haben. Ausserdem aber werden wir auch den durch die obigen Erörterungen erlangten Standpunkt in unseren weiteren Miltheilungen vielfach zur Anknüpfung der eignen Beobachtungen be- nutzen können ohne jedesmal längere Rückwege unter- nehmen zu müssen. A e u s s e r e r Habitus der Vorticellen. Man kann im Allgemeinen die äussere Gestalt der einzelnen Vorticellen - Thiere eine kelch-, urnen-, oder glockenförmige nennen, welcher letzteren als der gang- barsten Auffassung auch die ganze Gruppe den von Ehren berg dafür eingeführten Namen der Glocken- thierchen und den hieran sich schliessenden Benennungen der Glockenbänmchen (Carchesium), Säulenglöckchen (Epistylis), Schirmglöckchen (Opercularia), Doppelglöck- chen (Zoothamnium) etc. verdankt. Nach früherer An- schauung wäre diese Bezeichnung noch zutreffender ge- wesen, da man, wie fast alle älteren Beschreibungen und Abbildungen bekunden, glaubte, die Thierchen seien wie Glocken oder Kelche ausgehöhlt und nur an ihrem vor- deren freien Rande mit Cilien besetzt. Doch hat spä- tere Beobachtung (zuerst durch Ehren berg) gelehrt, dass die vordere Glockenmündung durch eine mit Wim- pern besetzte, mehr oder minder kreisrunde Scheibe ge- schlossen sei und dass erst hinter dieser Scheibe durch eine seitliche Mundöffnung ein Kanal in den im Uebri- gen mit luhaltsmasse erfüllten, resp. soliden Glocken- körper führe. Die vordere Wimperscheibe oder das Wirbel- organ ist nach aussen umspannt von einem breiten, hau- 364 Greeff: tigen Saume, dem sogenanaten Permost. Oeffnet sich das Wirbelorgan, so schlägt das Peristom sich wulstar- tig nach aussen um und v/ird dann von der, ausserdem häufig auf einem kurzen Halse, sich hervorstreckenden Wimperscheibe überragt und zu gleicher Zeit durch eine Furche von ihr getrennt (vrgl. Tafel V Fig. 2, 6 etc.). Diese Trennung tritt indessen bei den einzelnen Arten verschieden scharf hervor, ja kann fast ganz fehlen wie z. B. bei Ep. flavicans, bei der die Wimperscheibe ohne deutlich wahrnehmbare Furche direkt in den umgeschla- genen Saum des Peristom's überzugehen scheint (Tafel VII und VIII). Der Körper der Vorticellen zeigt in' der Regel nach der Mitte zu eine bauchige Hervorwölbung, indem sowohl der Vordertheil hinter dem Peristom eingeschnürt ist, als auch andererseits das Hinterende sich schnell zu einer keilförmigen Spitze verjüngt. In diesem Falle ist die Form eine kurze und gedrungene. Bei anderen Arten aber erscheint der Körper langgestreckt und ohne merk- liche mittlere Anschwellung, indem er von dem weit ge- öffneten umschlagenen Peristomrande sich allmählich nach hinten verschmälert, einem hohen Kelche oder Champa- gner-Glase ähnlich. Zwischen diesen beiden Extremen finden wir aber, abgesehen von dem durch die verschie- denen Contractionszustände bei ein und demselben Indi- viduum erzeugten Wechsel der Gestalten, die mannig- fachsten Uebergängc, bald mehr der bauchigen Glocke, bald dem gestreckten Trichter sich nähernd. Die berührten Form-Verhältnisse und die hierfür gewählten Bezeichnungen von Glocke, Trichter, Kelch etc. bleiben natürlich nur so lange geltend als die Thier- eben mit Wirbelorgan und Peristom sich nach aussen entfaltet haben. Wird die Wimperscheibe in den Kör- per eingezogen, so legt sich das vorher nach aussen um- geschlagene Peristom wie ein Schirm über die Erstere somit den ganzen Vordertheil des Körpers bedeckend. Dieser Deckel gleicht dann in seiner Form und seiner Bestimmung vollständig einem muskulösen Sphynkter, der ausserdem durch die Falten des Peristom's und die Untersuchungen über die Naturgeschichte der Vorticellen. 365 unter demselben liegenden Cilien ein strahliges Aus- sehen erhält (Tafel TV Fig. 1 etc. Taf. V Fig. 4, Taf. VI Fig. 6, Taf. VII Fig. 1 etc.) In diesen Fällen ist die Körpergestalt natürlich keiner Glocke oder einem Trich- ter ähnlich, sonden keulen-, birn- oder sogar kugelförmig. Von den bisher bekannten Vorticellen scheinen bloss zwei Gattungen Freiheit der Bewegung zu besitzen, näm- lich die früher schon erwähnten Astylozoon und Gerda, welche Letztere indessen, die ausserdem noch sehr unvoll- kommen untersucht zu sein scheint, in dieser Fähigkeit oder vielmehr in der Gewohnheit der steten freien Bewegung beschränkt Ist, da die Zugehörigen dieser Gattung von Claparede-Lachmann als „des Vorti- cellines sessiles^^ bezeichnet werden, trotzdem ihnen ein eigentliches Anheftungsorgan vollkommen fehlt. Die übrigen Vorticellen sind alle sesshaft, entweder auf an- gehefteten Stielen festsitzend (Vorticella, Carchesium, Epistylis, Zoothamnium) oder ungestielt und vermittelst eines, einer öaugscheibe ähnlichen, Organs am hintern Körperende als Parasiten auf weichen Thieroberflächen (Schnecken) sich befestigend. Die gestielten Vorticellen sitzen entweder einzeln auf einfachen und in diesem Falle stets contractilen Stielen *) und sind bloss ganz vor- übergehend während der Theilung zu Zweien auf einem Stiele vereinigt (Vorticella) , oder der Stiel erhebt sich durch fortgesetzte meist dichotomische Verzweigung zu einem Bäumchen, auf dessen Endzweigen die Individuen zu einer in der Regel sehr zahlreichen Colonie vereinigt sind. Die Stiele dieser stockbildenden Vorticellen sind entweder contractu (Carchesium, Zoothamnium) oder starr (Epistylis, Opercularia). Die Art und Weise der Verzweigung des Stockes ist sehr mannigfach und für die einzelnen Gattungen und Arten oft charakteristisch, so dass dieselbe mit Vortheil zur systematischen ünter- 1) Wir folgen hier vor der Hand der systematischen Einthei- lung von Stein, der, wie oben erörtert, die Ophrydinen, bei denen wir allerdings einfache Formen mit starrem Stiele antreffen (z. B. Cothurnia), von den Vorticelliuen ausgeschlossen hat. 366 Greeff: Scheidung verwerthet werden könnte. Eine solche auffal- lende Abweichung in der Stiel-Verzweigung zeigt sich z. B. auf den beifolgenden Abbildungen zwischen Epistylis flavicans (Taf. VII Fig. 1 etc.) und dem in der Nordsee von mir aufgefundenen Zoothamnium (Taf. VI Fig. 6 etc.). Wcährend bei Ep. flavicans eine von dem Stamme auf- steigende regelmässig dichotomische Ramifikation Statt findet^ sind bei dem in Rede stehenden Zoothamnium die kurz gefiederten Zweige alternirend um einen gemein- schaftlichen Schaft gestellt. Zwischen diesen beiden sehr verschiedenen Stockbildungen giebt es aber noch eine Anzahl anderer, die, wie bemerkt, mehr oder minder charakteristisch für den ganzen Habitus der betreffenden Art sind. Sie bewegen sich indessen fast ausschliesslich innerhalb der dichotomisch ausgebreiteten Büschel- oder Doldenform, die altcrnirende Zweigform ist bis jetzt bloss bei marinen Zoothamnium-Stöcken beobachtet worden^). Bezüglich dieser letzteren Gattung muss hier noch einer merkwürdigen Eigenthümlichkcit Erwähnung geschehen, die ebenfalls charakteristisch für den äusseren Habitus derselben ist, nämlich der oft sehr auffallenden Grössen- Unterschiede der Individuen des Stockes, so dass Ein- zelne darunter das 5 — 6 fache der Grösse der Uebrigen und noch mehr erreichen können, die dann, besonders wenn sie geschlossen sind, wie „Knollen" aus der Mehr- zahl der kleineren hervortreten. Bald sieht man dieser Knollen nur eine oder wenige, bald aber eine verhält- nissmässig grosse Anzahl (Tafel VI Fig. 5). Sie können 1) Die erste dieser alternirenden Stöcke wurde von Ehren- berg bei einer von ihm im rothen Meere aufgefundenen und Zoo- thamnium niveum benannten Art beobachtet, (die Infusionsthierchen etc. S. 289 Tafel XXIX Fig^. 3), dann von Cl aparede und Lach- mann bei Zoothamnium alternans aus der Nordsee an der Küste von Norwegen (Etudes sur les Infusoires etc. I S. 103 PI. II Fig. 1—4), und endlich in der von mir bei Ostende und an anderen Orten der Nordsee sehr häufig gesehenfu Form (Taf. VI Fig. 6 und 7), die wohl mit Zoothamnium alternans, vielleicht auch mit Z. niveum identisch sein möchte. üntersucliuiigen über die Naturgeschichte der Vorticellen. 367 indessen auch vollständig fehlen i), was wenigstens bei den fraglichen marinen Formen nach meinen Beobach- tungen als Ausnahme gelten muss. Wir werden später noch auf diese Zoothamnium-Forra^ insbesondere auf die mögliche Beziehung der knollenförmigen Thiere zur Fortpflanzung zurückkommen. Wir haben oben hervorgehoben, dass mit Aus- nahme von Astylozoon und Gerda die sämmtlichen übri- gen Vorticellen nur festsitzende Repräsentanten aufzu- weisen haben. Diese Anheftung und mit ihr die be- schränkte Ortsbeweglichkeit ist allerdings die gewöhn- liche Lebensweise derselben, die den eigentlichen syste- matischen Charakter bedingt. Wahrscheinlich aber können alle Vorticellen, jedenfalls die meisten, zeitweise in ein freies Lebensstadium übergehen, indem sie den sogenann- ten hinteren Wimperkranz bilden, sich von ihren Stielen lösen und nun eine Zeitlang als einzelne Schwärmer in ungehinderter Freiheit sich im Wasser umhertummeln, bis sie sich von Neuem durch Ausscheidung eines Stieles anheften und damit auch sehr bald das eigentliche Attri- but ihrer Freiheit, den hintern Wimperkranz, verlieren. Diese Loslösung geschieht entweder bei Gelegenheit der Theiluug, so stets bei Vorticella, indem der eine Thei- lungssprössiing den nur für ein Individuum bestimmten Stiel verlassen muss, oder dadurch, dass einzelne Indivi- duen eines Stockes, in der Regel wenn sie in ihren ge- wohnten Lebensverhältnissen gestört und beunruhigt wer- den, spontan die Colonie verlassen um ein anderweitiges Unterkommen zu suchen. Aeussere Körperdecken und Musculatur. Alle Vorticellen besitzen eine äussere glashelle und homogene, bei manchen Arten ziemlich derbe Haut, die 1) Stein hatte bei Zoothamnium arbuscula die knollenför- migen Thiere, die Ehrenberg auch bei dieser Art beobachtet und abgebildet hat, sehr auffallender Weise, trotz der untersuchten zahl- reichen Exemplare, vollständig vermisst. (Stein, der Organismus'der Infus. II. S. 131). 368 Greeff: den ganzen Körper überzieht, nach hinten in die Scheide des Stieles, wo ein solcher vorhanden ist, übergeht und der Axe desselben den Durchtritt in die Basis des Kör- pers gewährt, nach vorne aber sich um das Peristom schlägt, die Wimperscheibe überzieht und sich in den Nahrungs-Kanal hinein fortsetzt und denselben auskleidet. Diese Haut lässt sich sowohl an den lebenden Thieren bei angemessener Vergrösserung zur Anschauung bringen, als auch und zwar in der Regel noch deutlicher durch verschiedene Reagentien (Essigsäure, Kalilauge etc.) gegen die sie eine beträchtliche Resistenz äussert. Auch durch Zusatz von Färbungsmitteln oder Jod tritt sie sehr scharf hervor, da sie, den übrigen schnell und intensiv gefärbten Inhaltstheilen gegenüber, hiervon unberührt bleibt und dann als farbloser glasheller Saum an den Grenzen des Körpers hinzieht. Wahrscheinlich bei allen Vorticellen zeigt diese Haut eine den ganzen Körper umlaufende regelmässige Quers t r ei fung, die oft so fein ist und so eng aufein- ander folgt, dass sie nur bei stärkerer Vergrösserung und genauer Prüfung wahrgenommen wird, zuweilen aber auch kräftigere Conturen erkennen lässt. Diese Streifung ist bereits von Ehrenberg und nach ihm von vielen Anderen gesehen und beschrieben worden, und sie kann bei einiger Erfahrung nicht mit anderen gröberen, ebenfalls in Querringeln auftretenden Falten, die nament- lich nach vorhergegangenem Druck durch plötzlich wie- der eintretende Contraction hervorgerufen werden, ver- wechselt werden, denn jene constante regelmässige und feine Streifung der Haut sieht man auch bei der grössten Ausdehnung des Thieres und selbst bei künstlicher Com- pression und gerade dann oft am deutlichsten. Dieser Unterscheidung und dass nur von der erwähnten norma- len feinen Hautstieifung hier die Rede sein kann, ist einige Wichtigkeit beizulegen, verdient wenigstens hier besonders hervorgehoben zu werden. Stein giebt näm- lich in seinem neuesten Infusorien-Werke diesen Haut- Untersuciiuiigen über die Naturgeschichte der Vorticellen, 369 streifen eine Deutung ^), der ich nach meinen bisherigen Beobachtungen nicht beizustimmen vermag. Nachdem er nämlich auf die Untersuchungen W. Kühne's^) hin über den Stielmuskel der Vorticellen, den Infusorien, seine frühere dem entgegenstehende Ansicht berichtigend, Muskeln zugestanden, glaubt er in Ergänzung hierzu die bei vielen Infusorien beobachteten Hautstreifen (beson- ders der Stentoren, Spirostomeen etc.) alsi die Kör- per-Muskeln deuten zu müssen. Diese Ansicht ist in- dessen , wie hier hervorgehoben zu werden verdient, schon von Ehrenberg deutlich ausgesprochen worden: S. 260 seines Infusorien-Werkes sagt er bei der Charak- terisirung der Familie der Vorticellinen: „Bei einigen (Vorticella, Carchesium, Opercularia) sind Längs- und Quer-Muskeln erkannt'^ und weiter auf S. 261 unter der Beschreibung der Gattung Stentor ; ,, Bewegungsorgane sind die zahllosen Wimpern der Oberfläche sammt dem Wimperkranze der Stirn als speziellerem Fangorgane. Ihren Längsreihen liegen sichtbare Längsstreifchen von Muskelfasern zum Grunde an der Stirn aber Cirkelstrei- fen,^^ ferner in der Einleitung unter den „Erläuterungen zur Classe der Magenthiere" : „Man kann aber auch Mus- keln sehen. Diese bilden bei Stenlor deutlich den Boden worauf die Wimpern stehen als trübe Längsstreifen oder Spiralen etc/^ Aus allen diesen Aeusserungen geht her- vor, dass Ehrenberg dieselben Gebilde als Muskeln in Anspruch genommen hat, wie neuerdings Stein. Weni- ger deutlich kann man hieraus die Ansicht Ehrenberg's über die Bestimmung dieser Muskeln ersehen, nämlich ob dieselben bloss als Körpermuskeln, die die Körper-Con- tractionen vermitteln, gelten oder auch den Bewegungen der Wimpern dienen sollen, welche letztere Anschauung Stein mit Recht in Rücksicht auf unsere heutige Kennt- niss von der Wimperbewegung als eine irrige bezeich- 1) Der Organismus der Infusion sthiere II. Abth. S. 23 und ff. 2) Archiv f. Anat. etc. Jahrg. 1859 S. 824, siehe auch die an- deren in demselben Bande veröffentlichten wichtigen Abhandlungen über die Reizbarkeit der Muskeln etc. S. 213, 314 und 748. Archiv für Natur?. XXXVI. Jahrg. 1. Bd. 24 370 fireeff; net, indem er zu gleicher Zeit hervorhebt, dass überhaupt bei den Infusorien die Körperstreifen und die Bewimpe- rung in keinem Causalnexus zu einander stehen. Auch von Anderen sind die Streifensysteme der Infusorien schon ganz in dem Sinne Stein's gedeutet und mehr oder minder ausführlich beschrieben worden wie von O. Schmidt^), der seinen Antheil daran bereits in nachdrücklicher Weise reclamirt hat, und ferner Kölli- ker^) u. a. Auf die denselben Gegenstand betreffenden ausgezeichneten Beobachtungen Lie berk ühn's^) wer- den wir weiter unten bei genauerer Betrachtung dieser Streifensysteme und ihrer Bedeutung als Muskeln ein- gehen. Zunächst indessen müssen wir uns der oben beschrie- benen Querstreifung in der Haut der Yorticellen wieder zuwenden. Bei der weiteren Ausführung seiner Ansichten legt nämlich Stein die Bedeutung der Körperstreifen als Muskeln auch den Hautstreifen der Vorticellen bei und versteht darunter, wie söine ganze Beschreibung ausser Zweifel lässt, die erwähnte mehr oder minder feine regel- mässige Querstreifung. Er nennt dieselbe eine „anschei- nende Querringelung", in Wirklichkeit besitze sie eine spiralige Anordnung. Ausserdem ist, wenn ich die be- treffenden Aeusserungen richtig verstanden habe, nicht die äussere Haut der eigentliche Träger dieser Streifen, sondern dieselben werden von der Ersteren, der soge- nannten Cuticula, überzogen. Diese Cuticula übernehme für die unter ihr liegenden Körper- resp. Muskelstreifen die Rolle eines Sarcolemma, umhülle dieselben aber nur zum Theil nämlich hauptsächlich nach aussen und (bei den Längsstreifen) rechts und links, während sie nach innen mit der inneren Körpersarcode zusammenhängen. Was zunächst die nunmehrige Annahme eines be- sonderen Muskelsystems für die Infusorien durch Stein 1) Archiv f. mikrosk. An. v. M. Schnitze III. Bd., S. 391. 2) Icones histiol. S. 14. 3) Arch. f. Anat. etc. Jahrg. 1857 S. 403. Anmerk. Untersuchnngen über die Naturgeschichte der Vorticellen. 371 betrifft, so können wir dieselbe nur als einen wesentli- chen Fortschritt begrüssen. Es musste, wie mir scheint, eigentlich von vorne herein, auch ohne den einstweiligen sicheren morphologischen Nachweis, angenommen wer- den, dass die plötzlichen, schnellenden und zuckenden Bewegungen, wie wir sie bei manchen Infusorien, z. B. bei Spirostomum, Stentor und den Vorticellen etc. sehen, nicht durch blosse sog. formlose Sarcode sondern nur durch bereits differenzirte contractile Gebilde, mit ande- ren Worten durch Muskel-Elemente ausgeführt werden könnten. Wo finden wir bei den Organismen, bei denen die Bewegungen nur durch die Contractionen des formlosen Protoplasma's vermittelt werden, also bei den Rhizopodcn und Rhizopodcn ähnlichen Geschöpfen jene plötzlichen und zuckenden Bewegungs-Erscheinungen der Infusorien? Bei allen diesen Formen mögen sie selbststän- dig oder nur Entwicklungszustände repräsentiren, treten vielmehr die Bewegungen stets unter dem Bilde des langsamen, gleichmässigen und allmählichen Strömcns und Kriechens, der sogenannten amöbenartigen Bewegungen, zu Tage. Wenn nun also im Allgemeinen die Annahme selbstständiger Muskel-Elemente bei Infusorien durchaus gerechtfertigt erscheint, so können wir uns im Speziellen doch nicht mit den Deutungen einverstanden erklären, die Stein nun in Bezug hierauf sowohl für die Körper- muskeln der Stentoren und Spirostomeen etc. als auch für die Vorticellen geltend macht. Zuerst habe ich trotz mancher auf diesen Punkt gerichteten Beobachtung mich nicht davon überzeugen können, dass die oben mehrfach erwähnte äussere feine Querstreifung des Körpers wirklich einen spiraligen Ver- lauf habe. Stein scheint allerdings nur eine einzige Art hierauf geprüft zu haben, nämlich Vorticella microsto- ma, von der er aber vielleicht nicht ohne Berechtigung auf ein gleiches Verhalten bei den übrigen mit Streifen versehenen VorticelHnen schliesst. Bei jener Vorticella microstoma findet er indessen „eine deutliche spiralige Anordnung", die Ansteigung der Spirale sei aber so gering, dass die Streifen nur wenig von der horizontalen 372 Greeff: Richtung abweichen und daher den Eindruck einer einfa- chen queren Ringelung hervorbringen. Aus diesem Zuge- ständniss scheint mir indessen hervorzugehen, dass die Unterscheidung, ob die fraglichen Streifen eine geringelte oder spiralige Anordnung besitzen, doch nicht so leicht und sicher getroffen v^erden kann , als die Angaben Stein's glauben machen. Ich meinerseits wenigstens habe bis jetzt, nicht bloss nicht die spiralige Anordnung dieser Streifen auffinden können, sondern immer nur den Ein- druck einer regelmässigen QuerringeJung erhalten, selbst bei denjenigen Formen, bei denen die Streifen verhält- ftissmässig breite Intervalle lassen. Ich habe dabei haupt- sächlich mein Augenmerk auf den Verlauf der Streifen an der konischen Basis des Vorticellen-Körpers gerich- tet und an dem vorderen Rande, insbesondere wenn das Wirbelorgan in das Innere des Körpers eingezogen und das Peristom sphynkterartig dasselbe bedeckt. An beiden Stellen würde man vielleicht noch am leichtesten, indem man den Beginn oder Ausgang der Spirallinien aufzufin- den* suchte, die Frage entscheiden können. Indessen können auch hier je nach den Contractionszuständen und der augenblicklichen Haltung des Körpers leicht Täu- schungen veranlasst werden. Jedenfalls, wie Stein auch selbst zugiebt, ist die Ansteigung der Spirale, wenn sie vorhanden, eine äusserst geringe, so dass dieselbe nament- lich da, wo ausserdem die Streifen sehr fein sind und dicht aufeinander folgen, wie z. B. bei Carchesium poly- pinum nur mit grosser Schwierigkeit durch die direkte Beobachtung erkannt werden dürfte. Zum Zweiten habe ich mich bisher auch davon nicht überzeugen können, dass die in Rede stehenden Querstreifen der Vorticellen in direkter Beziehung zu den Muskeln stehen oder vielmehr, wie Stein glaubt, dass diese Streifen die Muskeln selbst sind und das führt uns, abgesehen zunächst von den Vorticellen, zu einer kurzen Untersuchung der oben schon berührten und für die Kenntniss der Infusorien sehr wichtigen Frage über die Körper-Muskeln dieser Thier im Allgemeinen, die wir um so weniger hier umgehen können als Stein Untersuchungen über die Naturgeschichte der Vorticellen. 373 seine Resultate über die Muskel streifen hauptsächlich durch Beobachtungen an anderen Infusorien (Stentor und Spirostomum etc.) gewonnen und von diesen erst auf die Vorticellen übertragen zu haben scheint. Er sagt in Bezug hierauf ^) : „die Streifen (von Spi- rostomum ambiguum) bestehen aus einer homogenen, von sehr dicht stehenden, äusserst feinen Körnchen, ge- trübten, weichen Masse und hängen untereinander ver- mittelst einer glashelien, festeren aber viel schmaleren Zwischensubstanz zusammen, welches offenbar ein Theil der cuticula ist. Natürlich werden auch die Streifen von aussen her von der cuticula überkleidet, sie ist aber hier nicht für sich wahrnehmbar, weil sie sich der trüben Sub- stanz der Streifen innigst anschmiegt.^' Weiterhin, indem er die blauen Formen von Stentor coeruleus als für die Untersuchung der Körperstreifen besonders günstig em- pfiehlt, sagt er von diesen: „die Streifen bilden hier bei grossen nicht vollständig ausgestreckten Individuen an dem am meisten erweiterten Theile des Körpers breite band- förmige, nach aussen mehr oder minder stark gewölbte Stränge, die bei den blauen Stentoren ganz besonders scharf hervortreten, weil sie intensiv blau oder spahn- grün gefärbt sind, während die mit ihnen abwechselnden schmälern lichten Zwischenräume fast farblos bleiben. Ihrer Zusammensetzung nach bestehen die Streifen aus einer homogenen lichten Grundsubstanz, die von der übrigen Körpersarcode nicht zu unterscheiden ist, in ihr liegen aber dicht neben einander zahllose sehr feine Körn- chen eingebettet, welche das Licht stark brechen und bei den blauen Stentoren eine bläuliche Färbung besitzen. Je mehr sich die Thiere verkürzen oder an einer Stelle erweitern, um so breiter werden die Streifen; streckt sich dagegen eine Körperpartie sehr in die Länge, so ver- wandeln sich die Streifen in die feinsten Linien: die Substanz der Streifen muss also eine auf- und nieder- strömende breiartige Masse oder, wenn man will, eine zähe Flüssigkeit sein. Schon bei massig contrahirten 1) Der Organismus der Infusionsthiere II. Abth. S. 28. 374 Greeff: Stentoren, noch mehr bei solchen, die sich bis zur Kugel- oder Birnform zusammengezogen haben, sieht man die Streifen ihrer ganzen Länge nach mit nahe hinter ein- ander liegenden dunkeln Querlinien versehen, wodurch die Streifen eine frappante Aehnlichkeit mit der querge- streiften Muskelfaser bekommen etc/' Im Weiteren sucht Stein dann die Uebereinstim- mung dieser so beschaffenen Körperstreifen der Infuso- rien mit den Muskelfasern höherer Thiere darzulegen, hauptsächlich dadurch, dass er die in den Körperstreifen eingebetteten feinen Körnchen den Disdiaclasten der quer- gestreiften Muskelfasern gleichstellt, die sogar durch ihre „sehr regelmässige gruppenweise Anhäufung eine ausge- zeichnet deutliche Querstreifung^' hervorbringen. Um schliesslich die Verwandtschaft vollständig herzustellen wird ausgeführt, dass, wie schon oben bemerkt, die die Körperstreifen umhüllende Cuticula dem Sarcolemma der Muskelfasern analog sei. Man sieht aus dem Obigen, dass die Frage nach den Muskeln der Infusorien von Stein sehr ausführlich und mit grosser Bestimmtheit beantwortet worden ist und wäre die Antwort richtig, so würden wir einen wesentlichen Schritt in der Organisations-Kenntniss der Infusorien vorwärts gemacht haben. Allein meine Beobachtungen nöthigen mich den Angaben Stein's in den Hauptpunkten Zwei- fel entgegenzustellen. Betrachtet man den von Stein mit Recht zur Untersuchung für die vorliegende Frage empfohlenen Stentor coeruleus,. so sieht man ohne Mühe die bekannten über die ganze Oberfläche von vorne nach hinten verlaufenden regelmässigen Längsstreifen und zwar abwechselnd einen sehr schmalen, hellen und durchaus homogenen Streifen, der einer über die ganze Länge gezogenen hellen Linie oder Fur- che gleicht, und einem breiten bandartigen Strei- fen, in den viele feine Körnchen von verschiedener Grösse eingestreut sind, und der desshalb im Gegensatz zu den hellen Streifen ein trübes Ansehen erhält. Die breiten trüben Bänder erscheinen somit durch die hellen Fäden eingefasst und gegeneinander abgegrenzt. Die Untersuchungen über die Naturgeschichte der Vorticellen. 375 Erstercn repräsentiren nach der oben vorgeführten An- sicht Stein's die eigentlichen Miiskelstreifen, während die hellen Linien bloss nicht contractile Zwischensubstanz, der Kitt sind , der die Muskelstreifen mit einander ver- bindet. Mir scheinen indessen alle Anzeichen für das umge- kehrte Verhältniss zu sprechen, nämlich dass die schmalen hellen Streifen die eigentlichen Muskeln seien und die brei- ten trüben Bänder die Zwischensubstanz bilden. Schon früher hat Lieberkühn diese Ansicht von den Körper- streifen der Stentoren ausgesprochen ^) und die von ihm hierfür angeführten Beobachtungen sind so überzeugend, dass es auffallend erscheinen muss, wenn Stein dieselben zu Gunsten seiner Theorie kurz und ohne genügende Gegengründe beseitigt. Nachdem Lieberkühn vorher der schon von Ehrenberg beschriebenen breiten körn- chenreichen Streifen der Stentoren erwähnt, sagt er; „Es giebt nun noch ein System von Streifen, welche sich wie Muskeln verhalten, insofern sie mit der von Eduard Weber für die Muskeln beschriebenen Eigenschaft ver- sehen sind, dass sie im Zustande der Ruhe die geschlän- gelte Form annehmen und bei der Contraction sich ge- rade strecken. Es sind scharf contourirte, körnchenfreie Fasern etwa von der Breite der körnchenfreien Zwischen- räume, unterhalb deren sie der Längsaxe des Körpers nach verlaufen; sie setzen sich vorne unter dem grossen Wimperkreis und hinten am „Saugnapf^ an; einige von ihnen vereinigen sich während ihres Verlaufs. Am deut- lichsten sieht man die bei der Contraction eintretenden Veränderungen, wenn ein farbloser oder wenig farbiger Stentor gerade so liegt, dass man auf den kreisförmigen Saugnapf blickt; man sieht alsdann von seinem Umfang im Zustand der Ruhe alle einzelnen Muskeln geschlän- gelt abgehen, in demselben Moment aber, wo sich das Thier zusammenschnellt, also verkürzt, verschwindet die geschlängelte Form vollständig, die Muskeln strecken 1) J oh. Müllers Archiv f. Anat. etc. Jahrg. 1857 S. 403 Anmerk. 376 Greeff: sich gerade. Alsbald beginnen die gerade gestreckten Muskeln wieder zu erschlaffen und in die geschlängelte Form zurückzufallen, der Stentor verlängert sich wieder.*' Lieberkühn deutet also die hellen Streifen als scharf conhourirte Muskel-Fasern, während Stein die- selben als blosse durch die Cuticula gebildete Rinnen in Anspruch nimmt, die mit Muskelfasern nichts zu schaffen haben und die unter gewissen Contractionszuständen nur scheinbar als „wasserhelle von doppelten Contouren be- grenzte Fasern" hervortreten, in Wirklichkeit aber die rinnenförmig nach innen eingefalteten Stellen der Cuti- cula seien. Die Entscheidung hierüber fällt indessen, wie mir scheinen will, bei vorsichtiger unbefangener Prüfung nicht sehr schwer. Wenn wir wiederum unsern Stentor coeruleus betrachten, so sehen wir dass die beiden Strei- fensysteme allerdings durchaus verschiedener Natur sind: die breiten Streifen bestehen aus einer weicheren, durch eingelagerte blaue Pigmentkörnchen mehr oder minder dunkeln, die schmalen aus einer festeren, hyalinen, körn- chenlosen Masse. Was zunächst die Substanz der breiten Streifen betrifft, so sehen wir in derselben ausser den regellos ein- gestreuten zahlreichen Körnchen keine Spur von beson- deren Form-Elementen, von besonderen Struktur-Ver- hältnissen und namentlich nirgendwo eine Faser- oder Zellen-Bildung, weder im frischen Zustande noch durch künstliche Behandlung. Was nöthigt uns nun diese Streifen für verhältnissmässig hoch differenzirte Muskelsubstanz, die sogar den quergestreiften Muskeln höherer Thiere vergleichbar, zu erklären? Nach Stein sind es die in die Masse eingelagerten, das Licht stark brechenden Körnchen, die den räthselhaften Disdiaklasten der quergestreiften Muskelfasern entsprechen sollen. Mit welcher Berechtigung, müssen wir aber weiter fragen, können wir die Körnchen, die sich fast in jedem soge- nannten Protoplasma finden und einen fast charakteristi- schen Bestandtheil desselben ausmachen, den Disdiaklasten der quergestreiften Muskelfasern gleichstellen? Wo sind Untersuchungen über die Naturgeschichte der Vorticellen. 377 die durcli dicDIsdiaklasten zusammengesetzten Sarcousele- ments, wo die eigentlichen Muskelfaser n^ wodurch ist die für die Disdiaklasten charakteristische Eigenschaft der doppelten Lichtbrechung erwiesen^ wo endlich findet sich eine deutliche Längs- und Querstreifimg etc.? Stein hebt hervor, dass bei stärkeren Contractionen dunkle Querlinien entstehen, wodurch die Streifen eine frappante Aehn]ichkeit mit den quergestreiften Muskelfasern erhiel- ten ^). Ist es aber nicht natürlicher die dunkeln Quer- linien als dadurch entstanden zu erklären, dass die Körn- chen bei den oft plötzlichen und starken Contractionen durch Druck gegen die Kämme der quergerichteten Wülste oder Hügel zusammengeschoben werden und hier in mehr oder minder regelmässigen Streifen gruppirt werden? Ausserdem ist wohl zu beachten, dass die frag- lichen Querstreifen vornemlich am Vorderkörper in der Peristom-Gegend hervortreten. Hier aber verlaufen auch wirkliche circuläre Linien um den ganzen Körper, die vielleicht besonderen circulären Muskelfasern entsprechen. Wir können desshalb keinen Anhalt finden zur Berech- tigung die fraglichen breiten Streifen für Muskelsubstanz zu halten. Vielmehr liegt es näher dieselben als einen Theil der sogenannten Rinden schiebt des Infusorien- körpers zu betrachten, die die Muskeln und sonstigen Organe umhüllt und in ihrer Lage befestigt und auf deren Bedeutung für den Infusorien - Organismus wir später noch genauer zurückkommen werden. Uebrigens haben wir ja für die von Stein für seine Theorie verwertheten Körnchen, eine bereits ausgesprochene und wie mir scheint genügende Bestimmung: sie sind die Träger des blauen Farbstoffs, der unseren Stentor coeru- leus sofort, namentlich unter der meist überwiegenden Gesellschaft des grünen Stentor polymorphus, alsbald 1) Stein hat übersehen, dass diese von ihm so sehr hervor- gehobene Querstreifung bereits von Kölliker beobachtet und sogar durch eine Abbildung erläutert worden ist (Icones histiolog. S. 14 Taf. I Fig. 12, die keinen Zweifel darüber lässt, dass Kölliker ganz dieselbe Erscheinung im Auge gehabt hat, als Stein. 378 Greoff: kenntlich macht. Es sind also, wie Stein selbst angiebt, unter der Cuticiila liegende Pigmentkörner und eben- sowenig als ihnen diese Eigenschaft streitig gemacht werden kann, ebensowenig scheint mir bisher eine ander- weitige für sie erwiesen zu sein. Wenden wir uns nun zu dem zweiten Streifensystemc, das in der Form von hellen schmalen Linien, abwech- selnd mit den so eben besprochenen Streifen, und eben- falls wie diese über die ganze Länge des Körpers läuft und das, wie oben erörtert, von Stein als die Zwischen- substanz seiner Muskelstreifen erklärt wird, so machen dieselben allerdings zunächst den Eindruck von hellen rinnenförmigen Hautstreifen, die zwischen den dunkeln Streifen ausgespannt sind. Bei genauerer Prüfung sehen wir aber, dass unter diesen hellen Linien einkräf- t i g e r, hyaliner Faden verläuft, der, wie man sich aufs bestimmteste überzeugt, nimmermehr der Ausdruck des „rinnenartig nach innen eingefalteten Cuticula" sein kann. Charakteristisch ist zuerst hierfür die schon von Lieberkühn beschriebene Schlängelung der Fä- den im Ruhezustande, die namentlich am hintern Theile des Körpers sehr schön sichtbar ist. Stein macht hier- gegen geltend, dass dasselbe auch bei den breiten Kör- perstreifen stattfinde, die doch ebenso wellenförmig ge- schlängelt seien als die sie begrenzenden Linien. Diese Angabe beruht aber auf irrthümlicher Beobachtung, denn bloss die schmalen Fäden haben einen wirklich geschlän- gelten Verlauf, indem sie nach rechts und links aus ihren Linien heraus- und in die Substanz der benach- barten weichen und breiten Streifen eintreten, dieselben bald bis auf ein Geringes verengend, dadurch dass zwei Windungen mit ihrer Convexität gegeneinander rücken, bald erweiternd. Hierdurch erhalten die breiten Streifen mehr ein vielfach eingebuchtetes perlschnurartiges, als ein geschlängeltes Ansehen. Ist überhaupt eine solche nebeneinander verlaufende ausgedehnte und regelmässige Schlängelung von scharf contourirten Fäden, wie wir sie bei Stentor vor Augen haben, denkbar, ohne dass wirk- lich fadenförmige Gebilde existiren ? Wären die hellen Untersuchungen über die Naturgeschichte der Vorticellen. 379 Streifen wirklich nur, wie Stein will, ein Theil der Cn- ticula und entstünden die Fäden nur aus Faltung dersel- ben, so würden sie wohl schwerlich einen so regelmässig geschlängelten Verlauf nehmen können , ohne dass zu gleicher Zeit auch an den übrigen Stellen der Körper- oberfläche, da die Cuticula auch die breiten Streifen überzieht, Faltungen entständen. Wie würden sich fer- nerhin das plötzliche schon von Lieb erkühn beschrie- bene Verschwinden der Fadenschlingcn resp, die Ver- kürzung der Fäden bei einer plötzlichen Contraction des Körpers erklären lassen? Müssten dieselben nicht dann, wenn sie in der That blosse Hautfalten wären, noch reichlichere und ausgiebigere Schlingen erkennen lassen? Man sieht ausserdem sogar die hellen schmalen Cuticula- Streifen in gerader Richtung über die unterliegenden wellenförmig verlaufenden Fäden hinziehen, so dass gar kein Zweifel mehr über das Vorhandensein und die Lage der Letzteren übrig bleibt. Ein "weiterer Grund, der gegen die S tein'sche An- sicht spricht, liegt in der am hinteren Körperende fast regelmässig zu beobachtenden netzförmigen Ver- zweigung dieser Fäden, indem zwei benachbarte Fäden, bevor sie das hintere Körperende erreichen, in einen einzigen sich vereinigen, während die von ihnen eingefassten breiten Körperstreifen nicht weiter gehen, sondern in dem Vereinigungswinkel keilförmig endigen. Die so vereinigten Fäden trennen sich dann oft beim weiteren Verlaufe von Neuem, um wieder mit anderen Nachbar-Fäden zu verschmelzen und bilden auf diese Weise eine wirklich netzförmige Verzweigung. Die Enden dieser netzförmig verbundenen oder auch einzeln verlau- fenden Fäden erreichen stets das hintere Körperende („Saugnapf^) und befestigen sich hier. Die breiten Strei- fen aber bilden nach dem obigen weder ein Netzwerk, noch erreichen sie alle das hintere Körperende, sondern endigen häufig vor demselben ohne Verbindung mit den benachbarten, ja oft blosse keilförmige Stücke zwischen den hellen Streifen bildend. Die breiten Streifen bilden 380 Greeff: eben bloss die zum Theil umhüllende Zwischensubstanz der hellen Fäden und nicht umgekehrt wie Stein will. Zerdrückt man unter dem Deckglase vorsichtig einen Stentor, so sieht man^ während der Körperinhalt ausfliesst, hier und dort an den Rändern die in Rede stehenden Fäden isolirt hervortreten und kann sie von hier aus con- tinuirlich in den zurückgebliebenen Körper verfolgen. An einigen Stellen zerreissen auch die Fäden bei dieser Gelegenheit und man beobachtet dann wie die zähe, glashelle Substanz derselben zu verdickten stäbchenför- migen Stücken sich zusammenzieht. Hierdurch treten die Muskelfäden der Stentoren den Axenfäden im Stiele der Vorticellen sehr nahe, mit welchen ich jene Gebilde überhaupt bezüglich ihres ganzen Aussehens, Verhaltens und ihrer Consistenz am ehesten vergleichen möchte. Auch durch andere künstliche Mittel, wie z. B. durch Zusatz von Alkohol, kann man sich von der Resistenz und Selbstständigkeit der Fäden überzeugen und dass dieselben keineswegs ein Theil der Cuticula sind. Doch es würde uns zu weit von unserer Aufgabe entfernen, wollten wir noch mehr Einzelheiten zur Stütze unserer Ansicht anführen. Wir glauben vor der Hand aus dem Berichteten die Ueberzeugung schöpfen zu dür- fen, dass nicht, wie Stein glaubt, die breiten körnigen Längsstreifen die Körpermuskeln der Infusorien darstel- len, sondern die schmalen hellen Längslinien derselben. Wir kehren nun zu unsern Vorticellen zurück und müssen zunächst wieder an die oben (S. 370) besproche- nen feinen Querstreifen anknüpfen, denen, wie wir uns erinnern, von Stein Istens ein spiraliger Verlauf und 2tens die Eigenschaft als Muskelfasern zugeschrieben wor- den. Bezüglich des ersten Punktes haben wir schon oben unsere Zweifel geltend gemacht und geglaubt diese Strei- fen nicht als spiralige, sondern als circuläre und somit als dicht aufeinanderfolgende Ringel ansehen zu müssen. Aber auch in dem zweiten Punkte können wir Stein nicht beipflichten. Die feinen äusseren Querstreifen der Vorticellen gehören vielmehr, nach unserer Meinung, der Untersuchungen über die Naturgeschichte der Vorticellen. 381 äusseren Haut an und können keineswegs, wie Stein will, mit den Längs- resp. Muskelstreifen der Stentoren und Spirostomeen in Zusammenhang gebracht werden. Die Muskeln des Vorticellen -Körpers liegen vielmehr unterhalb der Querstreifen und haben zum gröss- ten Theile einen durchaus anderen Verlauf als diese, nämlich in der Längsrichtung des Körpers, gerade so wie wir dieses bei den übrigen Infusorien auch finden. Man überzeugt sich hiervon am besten, wenn man bei vorsichtiger Compression den hinteren Theil des Vorti- cellen-Körpers ins Auge fasst. Die Längsfasern, von der conischen Basis nach vorne aus strahlend, treten hier selir deutlich hervor (Taf. VII Fig. 5, g und Taf. VIII Fig. I). Noch anschaulicher werden sie, wenn es gelingt, ein vom Stiele losgelöstes Thier so zu betrachten, dass die Körperbasis genau nach oben gegen das Auge gerich- tet ist: von der kreisrunden Anheftungsstelle des Stieles sieht man dann eine allseitige radiäre Faserstrahlung austreten. In dieser Lage des Thieres, besonders dann, wenn dasselbe, ohne comprimirt zu werden, mit der ge- öffneten vorderen Wimperscheibe auf der Glasplatte auf- sitzt und seine Basis nach oben streckt, erhält man auch bei gewissen Einstellungen den reinen Anblick eines Querschnittes des Körpers (siehe Tafel VI Fig. 8): zu äusserst erscheint ein heller Saum (Cuticula), der nach innen zu deutlich abgegrenzt ist, dann folgt ein Kranz von dunkelglänzenden Körperchen (die Lumina der Muskelfasern), und weiter nach innen wieder eine helle Zone (Rindenschicht), die den conischen Hintertheil des Körpers als Parenchym ganz ausfüllt, nach vorne aber sich verdünnt und den eigentlichen Leib es räum umschliesst. Innerhalb der letzten hellen Parenchymschicht sieht man nun bei con- tractilstieligen Vorticellen wiederum einige in einen Kranz gestellte dunkele Körperchen, die als die in den Körper ausstrahlenden Fasern des Stielmuskels angesehen wer- den können. Comprimirt man den Vorticellen-Körper allmählig bis zur vollständigen Abplattung, so tauchen unterhalb 382 Greeff: der Cuticula Körner, alle von gleicher Grosse und in anscheinend regelmässiger Anordnung, auf; in der Regel glaubt man eine deutliche Längsrichtung, entsprechend dem Verlauf der Muskelfasern, zu erkennen (Taf. VI P'ig. 1. 5); indessen ist Täuschung hierbei leicht möglich, da die Längsfasern der Muskeln zu gleicher Zeit und an derselben Stelle hervortreten. Zuweilen, namentlich bei längerer Compression, hält es auch schwer eine bestimmte Richtung derselben zu constatiren. Ob sie mit den Mus- keln in Verbindung gebracht werden können, oder ob sie der unteren Fläche der Cuticula oder endlich der Rindenschicht des Infusorien-Körpers angehören, vermag ich vor Hand nicht zu bestimmen. Es sind dies ohne Zweifel dieselben Gebilde, deren Leydig^) bereits er- wähnt und die ihm „ganz vom Habitus des nuclei" zu sein schienen. Ich gestehe, dass ich beim Anblick dieser eigenthümlichen Körperchen, ihrer regelmässigen La- gerung und der stets bestimmten Grösse und Umgren- zung häufig geneigt war der Meinung jenes ausgezeich- neten Forschers beizustimmen und dieselben für Kerne der Rindenschicht oder der Muskeln zu halten. Indessen gehört hierzu zunächst die wenn auch durchaus nicht von der Hand zu weisende, so doch bisher durch die Beob- achtung nicht begründete Voraussetzung, dass wirklich Kerne und Zellen von solcher Kleinheit wie die in Rede stehenden Körperchen existiren. Vielleicht bringt wei- tere Untersuchung namentlich aber über die Entwicklung der Vorticellen Aufschluss auch über''diese für die Auf- fassung vom Aufbau und dadurch der Stellung unserer Thierchen nicht unwichtige Frage. Ausser den Längsfasern finden wir in der Wimper- scheibe und im Peristom noch circuläre Fasern ; aber auch bei diesen habe ich nicht erkennen können , ob sie entsprechend der Wimperspirale, einen spiraligen Ver- lauf haben. An die Haut und die oben beschriebenen Muskeln 1) Lehrbuch der Histologie des Mensch, u. d. Thiere S. 16 und S. 125. Untersuchungen über die Katurgeschichte der Vorticellen. 383 schmiegt sich nach innen allseitig eine Protoplasma-Zone an, die eigentliche Rindensc hiebt des Infusorien- Kör- pers, die nun den ganzen Innenraum oder Leib es hö hie, auf deren Beschaffenheit und Bedeutung 'wir gleich nocb näher eingehen werden, umschliesst und auskleidet. Com- primirt man eine Vorticelle unter dem Deckglase allmäh- lich durch Entziehung von Wasser, so sieht man, nament- lich Im Moment des Absterbens, eine deutliche blasige oft fast regelmässig polygonale Zeichnung (Ep. flavicans) unter der Haut hervortreten. Diese gehört der eben erwähnten Rindenschicht des Körpers an. Ob diese bla- sige Anordnung des Protoplasma's auch schon Im Le- ben besteht oder erst nach dem x\bsterben eintritt, habe ich nicht mit Bestimmtheit ermitteln können. In dieser Rindenschicht und durch sie In ihrer Lage festgehalten liegen auch die Haupt-Organe des Körpers, nämlich der Nucleus, der contractile Behälter und der Haupt-Abschnitt des Verdauungskanales, die wir ebenfalls später noch genauer betrachten werden. Schliesslich muss ich hier noch der höchst eigen- thümlichen unter der Haut liegenden Gebilde gedenken, deren schon früher vorübergehend Erwähnung geschah, mit der Hindeutung, dass dieselben möglicherweise als Nesselorgane anzusehen seien. Ich habe diese Körper bis jetzt bloss bei Epistylls flavicans gefunden, aber auch hier nicht constant, wobei übrigens gleich bemerkt wer- den muss, dass unter dem genannten Namen höchst wahr- schemlich mehrere Arten oder jedenfalls doch Varietäten bisher vereinigt worden sind. Die fraglichen Körper nun sind ovale oder birnförmigescharfcontourirte, glänzende Kapseln, die fast Immer paarig zusam- menliegen, und zwar, wie es scheint, In der Rindenschicht (Tafel VII, Fig. 5 k, Fig. 7 und Fig. 8). Sie sind von grosser Festigkeit und Resistenz gegen Aetzkall u. drgl. ; entfernt man sie aber aus dem Körper und comprimirt sie, so springt aus beidenKapseln je ein ziem lieh langer kräftiger Faden hervor (Taf. VII, Fig. 7 und 8, b.) und zwar in der Regel aus dem einen etwas zuge- spitzten Längsende, das bezüglich des obigen Vergleichs 384 Greeff: dem Stielende einer Birne entspricht. Der ausgetretene Faden bildet meist mehrere Windungen und Schlingen, ist bewegungslos und lässt keine besonderen Struktur- Verhältnisse erkennen ; man sieht denselben auch bei ge- nauerer Beobachtung im Innern der noch geschlossnen Kapseln aufgerollt und, wie es scheint, in einer Spirale. (Taf. VIl Fig. 7 a.) Welches ist die Bedeutung dieser Gebilde? Sind sie dem Vorticellen-Körper eigenthüm- lich und in ihm gebildet oder sind es von aussen eingedrungene fremde Organismen. Im letzteren Falle würden sie vielleicht eine , allerdings von den bis jetzt bekannten, abweichende, parasitische Pilzform re- präsentiren, im Ersteren aber wüsste ich sie nicht anders wne als Nesselorgane zu deuten, die eine höchst merk- würdige Uebereinstimmung mit den Nesselorganen der Coelenteraten zur Schau tragen würden. Obgleich ich der letzteren Ansicht zuneige, so möchte ich doch die Entscheidung weiteren Untersuchungen anheimgeben, die sich namentlich auch auf die Genese dieser Körper zu richten hätten. Sollte es sich bestätigen, dass diese Ge- bilde in der That zum Vorticellen-Körper gehörige Nes- selorgane seien, so würde das für die Kenntniss vom Aufbau des Infusorien -Körpers von der grössten Wich- tigkeit sein, da diese Nesselkapseln in Rücksicht auf ihre vollständige Uebereinstimmung mit denen der Coelente- raten sich ohne Zweifel auch ganz wie diese aus Zellen entwickeln würden. (Die Fortsetzung des Textes folgt im nächsten Jahrgange.) fsm r(i/:i C.FJcAm>di^ <5i>i ///^ ■Taf/r. Cf.Sc/lTTlzHi llik. isr(? ra/:M '^^«5.^.. CT.Scyu,u,/fZiiJt. /^70. Tafir :R.(rTUTffdel. aEScJnmdtJith fS70. Taf.V. S.Greeff'dfil. C.J.Schmdflith IS7