^-^ \. >. t^s.^^. Ky; ARCHIV FÜR NATURGESCHICHTE. GEGRÜNDET VON A. F. A. WIE GM ANN, FORTGESETZT VON W. F. ERICHS ON. IN VERBINDUNG MIT PROF. DR- R. LEUCKART IN LEIPZIG HERAUSGEGEBEN voa DR. F. H. TROSCHEL, PROFESSOR AN DER FRIEDRICH- WILHELMS-UNIVERSITÄT ZU BONN. ACHT UND VIEBZIG8TER JAHRGANG. Erster Band. Mit 20 Tafeln. Berlin, Nicolaische Verlags-Buchhandlung B. Stricker. 1882. Inhalt des ersten Bandes. Seite Helminthülogische Studien. Von Dr. von Li n stow in Hameln. Hierzu Tafel I und H 1 Ein Stomiatide aus Japan. Von Dr. L. Döderlein. Hierzu Tafel HI 26 Zur Kenntniss der Sinnesborsten der Hydrachniden. Von Dr. G. Haller, Privatdocent in Bern. Hierzu Tafel IV . . 32 Zur Kenntniss der Dermaleichiden. Von Dr. G. Hai 1er in Bern. Hierzu Tafel V— VH 47 Zur Entwicklungsgeschichte des Leberegels (Distomum hepati- cum). Von Rudolf Leuckart. Hierzu Tafel VHI . . 80 Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur der Kiemen der Plagiostomen. Von Wilhelm Dröscher aus Schwerin. Hierzu Tafel IX-XU 120 Ueber die Segmentirung bei den Milben. Von P. Kramer in Halle a. d. Saale. Hierzu Tafel XHI, Fig. 1—4 .... 178 Ueber Tyroglyphus carpio, eine neue Art der Gattung Tyro- glyphus Latr. Von P. Kram er in Halle a. d. Saale. Hierzu Tafel XIH, Fig. 5—10 183 Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insekten aus den Familien Tabanidae. Leptidae, Asilidae, Empidae, Dolicho- pidae und Syrphidae. Von Bei in g, Forstmeister in Seesen am Harz 187 Ueber den Bau von Schistocephalus dimorphus Crepl. und Ligula simplicissima Rud. Von Franz Kiessling aus Würzen. Hierzu Tafel XIV und XV 241 Herpetologische Bemerkungen. Von Dr. J. G. Fischer in Hamburg. Hierzu Tafel XVI une XVII 281 :i2 10 7 IV Seite Zweite Erwiderung an Herrn Prof. Th. Eimer. Von Dr, J. von Bedriaga 303 Ueber Bastardfische. Von Dr. RudolfLeuckart . . . . 309 üeber das Cribellum und Calamistrum. Ein Beitrag zur Histio- logie, Biologie und Systematik der Spinnen. Von Dr. Ph. Bertkau in Bonn. Hierzu Tafel XVHI, Figur 1—22. . 316 Ueber den Duftapparat von Hepialus Hecta L. Von Dr. Ph. Bertkau in Bonn. Hierzu Tafel XVHI, Figur 23— 25 . . 363 üeber den Stinkapparat von Lacon murinus L. Von Dr. Ph. Bert kau in Bonn. Hierzu Tafel XVHI, Figur 26—28 . 371 Ueber Gamasiden. Von P. Kramer in Halle a. d. Saale. Hierzu Tafel XIX und XX 374 Helminthologische Studien von Dr. von Linstow in Hameln. Hierzu Tafel I und 0.. 1. Füaria Muscicapae m. Diese Art scheint unter den Singvögeln weiter ver- breitet zu sein, denn ich fand ein Exemplar zwischen den Magenhäuten von Motacilla alba, ohne dass ich im Stande wäre, der gegebenen Beschreibung etwas anderes Neues hinzusetzen zu können, als dass 0,22 mm vom Kopfende entfernt jederseits eine Nackenpapille steht; auch das hier gefundene Exemplar war ein Weibchen, das genau mit dem aus Muscicapa tibereinstimmt; das jüngst gefundene misst nur 7,9 mm und enthält wie das früher beschriebene eine Unsumme unreifer Eier. 2. Füaria Strigis m. = Trichina affinis Diesing e. p. Diese schon öfter erwähnte Form fand ich eingekapselt in der Oesophaguswand von Btiteo vulgaris und Lanitis excuhitor. Die Länge beträgt durchschnittlich 1,3 mm, die Breite 0,06 mm; der Mund ist mit zwei stumpfen Zähnen, das äusserste Schwanzende mit Dornen bewaffnet; auf- fallend ist die Länge des Oesophagus, die sich zu der des übrigen Körpers verhält wie 6 : 5. Unter dem Namen Trichina affmis beschreibt Diesing eine eingekapselte Nematodenlarve aus der Katze, dem Hunde, dem Dachs, Arch. f. Naturgescla. XXXXVIII. Jahrg. 1. Bd. 1 2 von Linstow: dem Schwein, dem Maulwurf, aus Fledermäusen, aus Eulen, der Nachtscbwalbe, dem kleinen Würger, dem Rothkelilelien, dem Kibitz, dem Kranich, dem Brachvogel und verschie- denen Möven. Dass hier verschiedene Arten zusammen- geworfen sind, kann man aus den Wohnthieren mit grosser Wahrscheinlichkeit schliessen. Die von mir gefundene Form ist eine ächte Filarienlarve und stimmt mit Wedl's^) Beschreibung und Abbildung überein. Gefunden ist diese Art bis jetzt in Lanius minor und exciibitor^ ülula dluco, Aegolius otuSy Buho maximus, Strix noctua und flammea^ Astur nisus und pahtmbarius und Btiteo vulgaris. Die Species findet sich so häufig, dass auch die erwachsene Filaria unmöglich zu den Seltenheiten gehören kann, doch fehlen über die Zusammengehörigkeit der Larvenform mit einer bekannten, geschlechtsreifen noch alle Anhaltspunkte. 3. Strongylus minutus Duj. Fig. 1. aus dem Darm von Talpa europaea. Von Dujardin^) wurde diese Art in Arvicola arvalis gefunden und ge- nau beschrieben. Sie ist wohl die kleinste aller be- kannten Strongylus-Arten ; das Männchen liegt spiralig auf- gerollt und ist dem unbewaffneten Auge nicht sichtbar. Die Länge beträgt 0,99 mm, die Breite 0,046 mm, die nach dem Schwanzende hin etwas abnimmt. Die Darmwand ist mit stark lichtbrechenden kleinen Kernen dicht durch- setzt, so dass sie bei schwachen Vergrösserungen schwärz- lich aussieht. Die Haut ist sehr dick und zeigt eigen- thümliche, querverlaufende Falten, welche mehrere Längs- reihen auf dem Körper bilden. Die Girren sind sehr gross, 0,197 mm lang, linear und an den Spitzen ver- wachsen. Die Bursa ist zweilappig, sie wird gestützt durch eine schmale, allein verlaufende Hinterrands- und eine ebensolche Vorderrandsrippe, die sich in der ersten Hälfte ihres Verlaufes an den Stamm der Mittelrippen anlegt; von letzteren sind 4 vorhanden, die dicker als die ersteren 1) Sitzungsber. der k. Akad. XIX, 1856, p. 130— 133, Fig. 15—18. 2) Histoire des Helminthes pag. 118. Herminthologische Studien^ 3 sind; ausserdem findet sich eine am Ende gegabelte End- rippe. Dujardin's Exemplare waren 2,25 mm gross, jedoch waren die von mir gefundenen völlig entwickelt und geschlechtsreif und passt die Beschreibung Dujar- din's übrigens so genau, dass an der Identität seiner und der von mir gefundenen Art kein Zweifel besteht. 4. Strongylus papülatus n. sp. Fig. 2. im Darm von Otis tarda gefunden, die seit sieben Jahren im Winter regelmässig in grossen Schaaren bei Hameln vorkommt. Das Thier ist klein und zart, die Haut und die Muskelschicht sind sehr stark und gleichdick, erstere ist regelmässig quergeringelt, am deutlichsten am Kopf- ende; nicht weit von diesem finden sich 2 kleine, leicht übersehbare Nackenpapillen. Das Männchen ist 6,7 mm lang, an Breite von vorn nach hinten stetig zunehmend, hier 0,072 mm im Durch- messer zeigend. Der Oesophagus nimmt V9 der Gesammt- länge ein; die Girren sind dick, gekrümmt, 0,14 mm lang, am vorderen Drittel entspringen 2 Ghitindornen, ausser- dem bemerkt man ein spindelförmiges, unpaares Mittelstück von 0,072 mm Länge. Das Schwanzende zeigt eine breite, zweitheilige Bursa mit kleinem Mittellappen. An Rippen besitzt dieselbe eine Vorder- und eine Hinterrandsrippe und 4 breite Mittelrippen, die am Ende hakenförmig um- gebogen und verschmälert sind; die unpaare Mittelrippe ist aus zwei Aesten verschmolzen, die an der Spitze zu- sammentreffen; in der Mitte sendet sie jederseits einen Ausläufer ab und gabelt sich am Ende; vor der Bursa steht jederseits eine grosse Papille. Das 8,4 mm lange Weibchen ist in der Gegend der Vulva 0,084 mm breit; diese liegt weit nach hinten und theilt den Körper so, dass der vordere Abschnitt sich zum hinteren verhält wie 41 : 7; der Oesophagus nimmt Vu der Körperlänge ein, die farblosen Eier sind 0,08 mm lang und 0,036 mm breit. Strongylus Tardae Rudolphi^) ist 1) Entoz. IL p. 241. 4: von Linstow: bisher nur einmal in einem einzigen weiblichen Exemplar gefunden und kann auf unsere Art nicht bezogen werden, denn crstcre enthielt braune Eier und war 40 mm lang; der Kopf hatte ferner einen breiten Ring, was auf unsere Art nicht passt, deren Kopfende gar nicht ausgezeichnet ist. 5. Strongylus monodon n. sp. Fig. 3. zwischen den Magenhäuten von Oidemia nigra. Nur ein Weibchen wurde gefunden, das aber durch die Mundbil- dung leicht als neu zu erkennen ist. Die Länge beträgt 16,5, die Breite 0,14 mm. Der Körper ist gelblich-weiss gefärbt, schlank, und erscheint überall gleich breit. Die Vulva liegt an der Grenze des letzten und vorletzten Fünftels und theilt den Körper im Verhältniss von 17 : 4. Das Schwanzende ist in eine conische, am Ende abge- rundete Spitze ausgezogen uud nimmt es Vss der ganzen Körperlänge ein, während der Oesophagus V23 derselben ausmacht. Das Verhältniss der Breite zur Länge beträgt 1 : 116. Die Eier sind 0,092 mm lang und 0,062 mm breit; das Mundende zeigt einen von chitinisirten Wendungen gebildeten Becher ohne stützende Rippen in der Wand, in dessen Mitte ein spitzer, conischer Zahn steht. Der Oeso- phagus nimmt vorn Va des Breitendurchmessers des Kör- pers ein. Anfangs glaubte ich, Strongylus nodulosus gefunden zu haben, welche Art am selben Orte vorkommt; zwar ist die Mundbildung hier ähnlich, genauer betrachtet aber doch sehr verschieden. Der grosse Mundbecher von Str. nod. ist durch je eine grössere dorsale und ventrale und vier halb so lange submediane Rippen ausgezeichnet; an der Innenseite der Wandung stehen 3 grosse, abgerundet-co- nische Zähne; zur Vergleichung mit Str. monodon ist eine Abbildung (Fig. 4) beigefügt. Der Oesophagus nimmt vorn fast die ganze Breite des Körpers ein; die Haut ist sehr fein quergeringelt; die Gesammtlänge beträgt 8,6 mm, die Breite 0,22 mm; das Verhältniss der Breite zur Länge ist 1 : 40. Der Oesophagus misst Vo??? cler Schwanz 7^4,8 des Körpers. Die Eier sind 0,11mm lang und 0,082 mm breit. Helminthologische Studien. 5 Wenn schon diese beiden Formen nicht vereint werden können, ist es auffallend, dass zwischen den Magenhäuten der Enten noch 2, also im ganzen 4 Strongylusarten leben ; diese beiden, Strongyliis iincinatus und acutus, sind ebenso- wenig auf die hier beschriebene Art zu beziehen; beide sind roth, ohne den auffallenden Mundbecher, und das Kopfende der ersteren Art ist mit 6 conischen Papillen versehen. 6. Strongylus pölygyrus Duj. Fig. 5—6. aus dem Darme von Mus sylvaücus. Die weibliche Ge- schlechtsröhre dieser und der meisten anderen weiblichen Strongylen bietet ein besonderes Interesse und soll hier ein Versuch gegeben werden, die einzelnen Abschnitte zu deuten. Das Ovariura (a) zeigt wandständige Kerne mit kleinen Kernkörperchen, während das letzte, 0,18 mm lange Ende (b) nur aus starken Muskelschichten besteht. Hierauf folgt ein kugelförmiger Körper (c), der aus lauter einzelligen Drüsen zusammengesetzt wird, die ihr Secret in den Innenraum desselben ergiessen. Der Abschnitt b ist offenbar bestimmt, die Eier mit Kraft durch diesen Körper, der nur ein geringes Lumen zeigt, hindurchzu- pressen. Fragt man sich, welche die Function desselben sein kann, so muss man annehmen, dass das Secret der kleinen Drüsen auf den Inhalt des Ei's keinen directen Einfluss üben kann, denn schon bevor diese Stelle passirt ist, hat die Dotterfurchung begonnen, ein Beweis, dass die Bildung des Eierinhalts vollendet ist. Wahrscheinlich wird hier ein Firniss abgesondert, welche der Eischale eine grössere Festigkeit giebt, wie wir ähnliche Organe auch bei 2 anderen Hauptfamilien der Eingeweidewürmer, die Schalendrüse der Cestoden und Trematoden finden, wenn- gleich letztere den Zweck zu haben scheinen, die ganze Eischale abzusondern. Auf diesen Körper folgt ein 0,18 mm langer Abschnitt (d), welcher als Uterus bezeichnet werden kann; er ist sehr dickwandig und verlaufen die Muskeln Anfangs quer, allmählich aber gehen sie in die Längs- richtung über. Die Wirkung dieser Muskelzügc muss die 6 von Li 11 stow: sein, dass das hier eingeschlossene Ei um seine Längs- achse rotirt wird und so überall die Oberfläche mit dem Drüsensecret gleichmässig in Berührung kommt. Nun folgt ein 0,72 mm langer Abschnitt mit massig starken Muskel- wänden (e), der nur zur Fortbewegung der Eier dient, die Vulva. Diese, welche in beginnender Dotterfurchung ab- gelegt werden, entwickeln den Embryo in massig feuchter Erde in 8 Tagen. Derselbe ist 0,31 mm lang und 0,023 mm breit; der Oesophagus misst 72,4, der Schwanz V4,7 der Gesammt- länge; letzterer ist pfriemenförmig, der Mund zeigt 2 kleine kugelförmige Erhabenheiten. 7. Strongylus auricularis Zed. Fig. 7—13. Der Embryo, schon von Leuckart*) gezogen und beschrieben, entwickelt sich in feuchter Erde (im Mai) in 6 Tagen; seine Länge beträgt 0,4 mm, die Breite 0,011 mm. Der Schwanz ist pfriemenförmig und misst Ve,? des Kör- pers, während der Oesophagus Vs der Gesammtlänge ein- nimmt. Am Kopfe stehen zwei rundliche Vorragungen, dahinter bemerkt man eine feine Querlinie. Die Mund- öffnung wird durch ein enges Vestibulum gebildet; der Oesophagus ist in der Mitte verdünnt und endet in einem ovalen Bulbus mit Ventilzähnen; vor dem Anus steht eine kleine Hervorragung. In der Mitte unter dem Darm be- merkt man eine kleine, bohnenförmige Genitalanlage. Eine Abplattung der hinteren Körperhälfte und laterale Chitin- leisten, die Leuckart gefunden hat, sowie eine undeut- liche Begrenzung des Oesophagus habe ich nicht bemerkt. Die Eier mit völlig entwickelten Embryonen verfütterte ich am 21. Mai an einen Frosch, den ich am 3. Juni unter- suchte. Im Magen fanden sich zahlreiche ganz junge Exemplare neben Eiern, die zum Theil unentwickelt ge- blieben waren, zum Theil noch Embryonen enthielten. Die Länge der freien Thiere betrug durchschnittlich 0,46 mm, die Breite 0,026 mm, es fand sich eine 0,1 mm 1) Menschliche Parasiten 1. Aufl. pag. 108—109. Helminthologische Studien. 7 lange Geschlecbtsanlage, der Oesophagus mass Vs^ö, der Schwanz Vojs der Gesammtlänge. Gegen den Embryo, wie er das Ei verlässt, ist das Thier bedeutend dicker ge- worden, der Schwanz ist relativ kürzer, die Genitalanlage ist etwa um das Fünffache gewachsen und das Vestibulum hat ein Lumen bekommen. Ohne Fütterungsversuche habe ich*) in dem Darm von Lacerta vivipara 0,51 mm lange Exemplare dieser Art gefunden, die also an Länge wenig, bedeutend aber an Breite zugenommen hatten, denn sie zeigten 0,033 mm im Durchmesser, das Vestibulum war verbreitert und zeigte sich eine ansehnliche Geschlechtsanlage. Betrachtet man ein reifes Männchen mit seiner grossen Bursa, so fragt man sich, wie aus dem Wurm mit pfriemenförmigem Schwanz eine solche Form entstehen kann. Die Umwandlung ge- schieht bei der jedesmaligen Häutung schrittweise. Ein junges Männchen fand ich (Fig. 9), das 2 mm lang und 0,084 mm breit war; der Oesophagus mass Ve^s der Ge- sammtlänge. Die Haut war doppelt und eine Häutung offenbar nahe bevorstehend; die Bursa war durch eine Verbreiterung der Haut am Schwanzende schon angedeutet, die Rippen derselben waren vorhanden; die Endrippe zeigte sich getheilt, was sie beim erwachsenen Männchen nicht ist; die Spicula fehlten noch gänzlich. Das Kopfende war ohne die den erwachsenen Exemplaren zukommende Epi- dermisauftreibung und zeigte zwei kleine, conische Zähn- chen. Die Verbreiterung der Haut ging hinten in eine dolchförmige Schwanzspitze über. Ein 6,4 mm langes und 0,18 mm breites Männchen (Fig. 10), dessen Oesophagus nur Vi4,4 der ganzen Länge misst, zeigt bereits die Epidermisauftreibung am Kopfende; die Bursa besteht aus 2 seitlichen und einem abgerundeten Mittellappen; die Rippe, welche den letzteren stützt, giebt im zweiten Drittel seitlich je einen Ausläufer ab, während das Ende doppelt gegabelt ist. Bei den ganz erwachsenen Männchen (Fig. 11 — 13) ist der Mittellappen verhältnissmässig sehr klein geworden; 1) Dieses Archiv 1879, pag. 179—180. 8 von Linstow: die beiden Endäste der Endrippe haben in sofern eine andere Gestalt angenommen, als nur die inneren Gabeläste den Saum der Haut erreichen und sich eng an einander gelegt haben. Die Rippen der Bursa sind bekanntlich nicht nur Stützapparate, sondern enden in eine Tastpapille; sie sind also wohl Gefühlswerkzeuge, mit denen das Männchen im Finstern nach der Vulva des Weibchens &ucht, wie wir solche Papillen am männlichen Schwanzende der meisten Nematoden kennen. Das Männchen von Strongylus auri- cularis umfasst bei der Copula mit den Seitenlappen der Bursa das Hinterleibsende des Weibchens in der Gegend der Vulva, wobei die Riickenseite nach dem Kopfende, die Bauchseite nach dessen Schwanzende gerichtet ist; die Spicula dienen offenbar zur Erweiterung der Vulva, um dem einströmenden Samen Platz zu schaffen. Strongylus auricidaris, und wahrscheinlich alle Stron- gylus-Arten, hat also eine directe Entwicklung ohne Zwischen- wirth. Aus der kleinen Zahl Eier, welche die Strongylus- Weibchen ausbilden, war dieses schon zu schliessen; sie stehen in dieser Beziehung mit dem Genus Oxyuris und Sclerostonmm in der Mitte zwischen den freilebenden Nema- toden, deren Weibchen oft nur ein oder zwei Eier gleich- zeitig zur Reife bringen, und den Gattungen mit Zwischen- wirth, wie Äscaris, Filaria, Cucullanus^ Eustrongylus, Trichiita, wahrscheinlich auch Fhysaloptera und Tropidocerca^ bei denen die Zahl der Eier eine ausserordentlich grosse ist, was dadurch bedingt ist, dass bei diesen letzteren nur ein kleiner Theil der Eier in den Zwischenwirth und ein verschwindend kleiner Theil der letzteren in den defini- tiven Wirth gelangt, während die freilebenden Nematoden ihre Jungen alle in das ihnen bestimmte Medium bringen, also keins der Eier verloren geht. 8. Angiostomum entomelas Duj. Fig-. 14—15. in der Lunge von Änguis fragüis. Das Lungengewebe ist erfüllt von embryonenhaltigen Eiern, wo dieser Parasit sich eingenistet hat. Der Embryo ist 0,39 mm lang und Helminthologische Studien. 9 0,02ß mra breit; die Gestalt ist dick, der Schwanz, welclier V7,9 der Gesaramtlänge misst, ist pfrieraenförmig; der Oeso- phagus zeigt eine vordere, lange und eine hintere, mehr kugelförmige Anschwellung am Ende; er misst Vsjc der ganzen Länge des Thieres; in der Endanschwellung be- merkt man einen undeutlichen Ventilapparat; das Darra- lumen ist mit Luft gefüllt. Von diesen Embryonen that ich eine beträchtliche Anzahl in feuchte Erde und fand mehrere von ihnen nach 2—3 Wochen in folgender Weise verändert: Die Länge betrug 0,82 mm, die Breite 0,056 mm. Die Haut war fein quergeringelt; am Mundende, wo 6 kleine Wülste bemerk- bar waren, zeigte sich ein cylindrisches Vestibulum; der Oesophagus hatte zwei Anschwellungen, von denen die hintere einen Ventilapparat zeigte; seine Länge betrug Vsj die des pfriemenförmigen Schwanzes V6,2 der Gesammt- länge; die Vulva lag wenig hinter der Körpermitte (13 : 12); der Uterus war einhörnig und verlief von der Vulva nach hinten; hier fanden sich zwei 0,049 mm lange und 0,029 mm breite Eier mit membranöser Hülle, welche jedes 2 Furchungskugeln enthielten. Die Bewegungen des Thieres waren langsam. Der einhörnige Uterus erinnert an die freilebende Gattung MonJiysfera, hier aber verläuft der Uterus von der Vulva an nach dem Kopfende. Männchen habe ich nicht gefunden. Somit hätten wir hier also die frei in der Erde leben- den geschlechtlich differenzirten Exemplare von Angiosto- miim entomelas vor uns, dessen grosse, parthenogenetische Form parasitisch in der Lunge der Blindschleichen lebt, und dasselbe Verhalten hat Leuckart^) für [Ascaris] Bhahdonema nigrovenosum nachgewiesen. Derselbe hat die Entwicklung der freilebenden, kleinen Geschlechtsthiere weiter verfolgt und gefunden, dass die Embryonen in den Weibchen schon die Eihüllen durchbrechen, hier lang aus- wachsen und alle inneren Organe der Mutter zerstören. 1) Allgemeine Naturgescliichte der Parasiten pag. 127 — 129, Fig. 61-62. 10 von Linstow: Beide ^£>'enannten Arten zeigen also einen Generations- wechsel, da eine kleine, freilebende, geschlechtlich diffe- renzirte Form sich geschlechtlich, eine grosse, parasitische sich hermaphroditisch fortpflanzt. Da nicht nur die Lebensweise, sondern auch der anatomische Bau dieser beiden Arten in den wesentlichsten Punkten übereinstimmt, so dürfte es wohl angebracht sein, sie beide in das Genus Ängiostomum zu stellen, zu denen vielleicht auch Ä. macrostomwn gehört ; alle drei bewohnen als parasitische, hermaphroditische Thiere die Lungen unserer Reptilien und Amphibien und kennt man von ihnen nur sogenannte Weibchen. Duj ardin ^) beschreibt das Männchen von Ä. macrostomum, welche Art er mit Ä. entomelas zusammenwirft, hat aber ein solches nur einmal gefunden und ist nicht sicher, ob hier nicht ein Irrthum obwalte, was ich in der That glaube, da ich beide Arten in sehr zahlreichen Exemplaren gefunden, niemals aber ein Männchen entdeckt habe. 9. Ängiostomum nigrovenosum Rud. Fig. 16. = Äscaris nigrovenosa Ant., = Bhabdonema nigrovenosum Leuck., in der Lunge von Rana temporaria; die Art ge- hört ebenso wie Ä. entomelas und macrostoma zu den Meromvariern Schneiders, und könnte dieser Umstand allein genügen, sie nicht zu Äscaris zu stellen; Ä. nigro- venosa hat, wie die beiden anderen genannten Arten dieser Gattung einen beträchtlichen Mundbecher, mit dem Blut aus den Lungengefässen des Wohnthiers gesogen wird und müssen die Saugbewegungen, wie man aus der Massig- keit der Oesophagusmuskulatur schliessen kann, sehr kräf- tige sein. Der Grund der Einreihung dieser Form unter Ängiostomum ist vorstehend unter Nr. 8 auseinandergesetzt. 10, Nematoxys ornatus Duj. = Oxyuris spec. Claus. aus den Lungen von Triton taeniatus. Der Mund hat einen kleinen conischen Bohrzahn ; der Oesophagus zeigt am 1) Histoire des Helmintlies pag. 263, pl.s Fig. C 5. Helminthologische Studien. 11 Ende einen eiförmigen Bulbus mit Ventilzähnen, die Haut ist fein quergeringelt und übrigens befinden sich alle Exemplare in Häutung. Das Männchen ist 1,6 mm lang und 0,24 mm breit; der Schwanz ist kegelförmig, am äussersten Ende in eine feine Spitze ausgezogen, 0,36 mm lang; die beiden Girren sind sehr schwach und klein, hakenförmig gebogen; das grosse, accessorische Chitinstück ist kegelförmig, 0,18 mm lang, hat die Gestalt einer Hohlrinne und leitet ohne Zweifel den Samen über, fungirt also wohl als Penis. Das Weibchen ist von dicker, spindelförmiger Gestalt, 2,2 mm lang und 0,36 mm breit. Der Bulbus des Oeso- phagus misst 0,36 mm; der lang zugespitzte Schwanz 0,48 mm. Vulva und Eier sind noch nicht ausgebildet; der Schwanz ist einstülpbar wie bei manchen Distomum- Arten. Nematoxys ornatus ist bisher in Triton taeniatus noch nicht gefunden, und wahrscheinlich meint Claus dieselbe mit seiner fraglichen Oxyuris-Art, die er in den Lungen dieses Thieres beobachtete. 11. Oxyiiris ohvelata Brems. Fig. 17. aus dem Cöcum von Arvicola arvdlis. Den „kaulquappen- artigen" Embryo von Oxyiiris vermiciäaris hat Leuckart*) beschrieben und abgebildet und einen ähnlichen enthalten die Eier von Oxyuris ohvelata. Die Vorderhälfte ist dick und von Querrunzeln eingeschnürt, während die hintere plötzlich verdünnt ist und gleichsam einen kleinen Schwanz darstellt; Mund- und Afteröifnung, sowie innere Organe sind noch nicht sichtbar. Dieser Embryo stellt nach Leu- ckart eine eigenthümliclie Zwischenform dar, welche, so- bald die Eier den Körper des Weibchens verlassen haben, in die definitive Embryonalform übergeht. 12. Trichina spiralis Owen. Als hier im Orte durch die microscopische Fleisch- schau ein trichinöses Schwein entdeckt wurde, verschaffte ich mir von dem Fleische, in welchem wenig zahlreiche 1) Menschliche Parasiten, 1. Aufl. II. pag. 324, Fig. 192. 12 von Linstow: Kapseln sich fanden; eine Portion wurde an eine Haus- maus verfüttert, welche nach 24 Stunden todt war. Im Anfang des Dünndarms fanden sich bei der 48 Stunden nach der Fütterung vorgenommenen Section mehrere freie Trichinen von 1,31 mm Länge und 0,062 mm Breite; an denselben machte ich die Beobachtung, dass sie wie die Trichocephalen, die Trichosomen und Trichodes Längs- bänder haben; die Haut zeigt Seitenbänder, deren Breite sich zum Körperdurchmesser verhält wie 5 : 19, während bei erwachsenen Trichinen die Bänder verhältnissmässig schmaler sind, da hier das Verhältniss 5 : 23 besteht. Der Fund ist in sofern für die Systematik von Interesse, als er die enge Zusammengehörigkeit der vier durch die eigen- thümliche Bildung des Oesophagus ohnehin schon nahe verwandten Gattungen zeigt. Die Seitenbänder sind nur bei ganz frischen Exemplaren sichtbar und zeigen bei jun- gen Exemplaren keine, bei erwachsenen wenig zahlreiche Stäbchen. Leuckart*) hat diese Längsbänder in noch früheren Stadien, nämlich bei den Muskeltrichinen ge- funden, deutet aber die schwach glänzenden Pünktchen in ihnen nicht als die Hautoberfläche erreichende Stäbchen, sondern als Kerne von Zellen, aus welchen diese Bänder zusammengesetzt werden. Trichodes crassicauda Bell. Fig. 18. aus der Harnblase von 3Ius decumanus. Die am meisten entwickelten Eier enthalten einen reifen Embryo, den ich durch Zerdrücken der Eischalen freimachte und isolirte. Seine Länge beträgt 0,29 mm, die Breite 0,0098 mm. Der Körper ist vorn und hinten abgerundet, am Kopfende steht in der Mittelaxe ein zurückziehbarer Bohrzahn, der auf eine active Weiterbewegung im Wohnthiere schliessen lässt. Die Grenze zwischen Oesophagus und Darm ist nicht auf- zufinden, ebensowenig der Anus. 1) Untersuchungen über Trichina spiralis, II. Aufl. pag. 76, Tab. 1 Fig. 12. Helminthologische Studien: 13 14. TricJiosoma Tdlpae v. Siebold. Reinhardt*) und v. Siebold^) geben das Vorkommen eines nicht näher beschriebenen Helminthen eingekapselt in der Milz des Maulwurfs an, den D iq^im^ Nematoideum Tdlpae nennt und dazu bemerkt, die ähnliche im selben Organe bei Crocidura aranea gefundene Form müsse für ein Trichosoma gehalten werden. Massenhafte Eier eines TricJiosoma, die wahrscheinlich hierhergehören, fand ich in der Milz eines Maulwurfs; sie haben die bekannte Form, sind 0,072 mm lang und 0,034 mm breit und war der Dotter in Furchung begriffen; meistens fanden sich sechs Furchungskugeln ; von den Würmern selber war nichts zu bemerken. Auff'allend ist das massenhafte Vorkommen von Tricho- somen-Eiern in der Milz eines Thieres, das sonst kein Trichosomum beherbergt, von welchem diese Eier herrühren könnten; bisher kannte man überhaupt keine Art dieser Gattung aus dem Maulwurf. Eingekapselt in den Häuten des Hodens von Sorex tetragonurus lebt das Trichosoma incrassatimi, in Kapseln der Milz von Crocidura aranea das Trichosoma sjüenaceumy das aber auch im Darm und Magen seines Wirthes gefun- den wird, während derselbe Parasit bei Crocidura leucodon in den Mesenterialdrüsen gefunden ist. Neuerdings beschreibt Perroncito^) Körper aus der Leber eines Hundes, welche die Form und Grösse der Eier von Trichocephalus dispar hatten, und von welchen er ungewiss lässt, ob sie Helmiutheneier oder Psorosper- mien sind; den Abbildungen nach handelt es sich hier ebenfalls um Trichosomen-Eier. Dieselben durchsetzten die Leber in Gruppen massenweise und gaben ihr ein krank- haft verändertes Aussehen. 1) Sachs e's allgemeine deutsche naturhist. Zeitung II, 1847, pag. 224. 2) Wiegmann's Archiv 1850, II, pag. 358. 3) Cellule oviforme nel fegato di un Cane, Torini 1877, 14 von Linstow: Endlich sind in der Leber von Triton cristatus auch weibliche Trichosomen und Eierhaufen beobachtet. Man kann nur annehmen, dass die Trichosomen, welche sonst in der Regel den Darm ihrer Wirthe be- wohnen, gelegentlich und zufällig auch in das Innere an- derer Organe gerathen, wo dann die befruchteten Weib- chen ihre Eier ablegen und in den meisten Fällen selber entweder zu Grunde gehen oder weiter wandern. 15. TricJiosoma capillare n. sp. Fig. 19. Wenn bisher ausser dem Trichosoma Talpae keine Art dieser Gattung aus dem Maulwurf bekannt war, ist es mir nun gelungen, eine solche aufzufinden. In der Harn- blase eines anderen Exemplars als das, dessen Milz die erwähnten Eier enthielt, fand ich eine ungemein zarte, feine Trichosomeuform, deren Männchen 11,8 mm lang und hinten 0,072 mm breit ist, während die Breite vorn nur 0,016 mm beträgt. Das Verhältniss des vorderen, vom Oesophagus gebildeten Körperabschnittes zum hinteren ist wie 1 : 1,3. Die Cirrusscheide ist unbedornt, mit regel- mässigen, feinen Querfalten versehen und kann weit vor- gestülpt werden; der Cirrus ist 0,81 mm lang; die Haut hat seitliche Stäbchenbänder von Vn Körperdurchmesser, in denen die Stäbchen sehr fein sind und sparsam stehen; nur am vorderen Körpertheil sind die Bänder sichtbar. Die Grösse der weiblichen Exemplare kann ich nicht angeben, da sie beim Herausnehmen aus ihrem Wohnort zerrissen; hinten sind sie 0,14 mm breit und der Theil von der Vulva bis zum Schwanzende misst 4,5 mm. Der vorstreckbare Theil der letzteren hat an der Basis einen ringförmigen Kragen; die Eier sind 0,049 mm lang und , 0,026 mm breit; die vorstehend erwähnten in der Milz ge- fundenen Eier können also von dieser Art nicht herstam- men, da sie beträchtlich grösser sind. Helmintholop:isclie Studien. 15 'C5 16. Rhahditis pellio Schneider. Fig. 20. , = Pelodera pellio Sehneider. = Anguillida Lumhrici Gmel. = Nematodum Lunibrici Lieberkühn. Unter dem Namen Regenwurmtrichinen ist seit der Zeit, wo Trichina spiralis die wissenschaftliche und die Laienwelt in Aufregung versetzte, oft ein Parasit des Regenwurms, welcher mit diesem gefährlichen Wurm nichts zu thun hat, irriger Weise in Verbindung gebracht. Die „Regenwurmtrichinen^ gehören zu den sehr häufig vorkom- menden Helminthen, die seit langer Zeit bekannt sind; schon Goeze hat sie gefunden und beschrieben und in Diesing's Systema Helminthum findet man pag. 134 ein grosses Litteraturverzeichniss. Unter dem Namen Feioder a pellio beschrieb Schnei- d er*) einen geschlechtlich entwickelten Nematoden, welchen Btitschli^) ausführlicher dargestellt hat. Derselbe findet sich in Regenwürmern, aber nicht in lebenden, sondern in todten, faulenden und Schneider giebt an, dass die Lar- ven encystirt in der Leibeshöhle der Regenwürmer, beson- ders auf den Dissepimenten vorkommen und beim Faulen geschlechtsreif werden. Schon Lieber kühn ^) bemerkte, dass die „Filarien" der Regenwürmer nach dem Tode ihres Wirthes aus den Cysten herauskriechen, sich häuten und in wenigen Tagen zu geschlechtsreifen Würmern wer- den, die zu Angiostomaj = Leptodera angiostoma zu gehören schienen. Die Zusammengehörigkeit von Anguillida Lumbrici und Rhabditis pellio schien also wahrscheinlich, wenngleich Schneider nicht angiebt, welche der verschiedenen im Regenwurm gefundenen Nematodenlarven er meint und Lieberkühn die geschlechtsreife erzogene Art nicht beschreibt. 1) Monographie der Nematoden, pag. 154, Tab. XI, Fig. 11. 2) Beiträge zur Kenutniss der freilebenden Nematoden, pag. 112—113, Tab. IX, Fig. 59 a— d, Tab. IX, Fig. 59 e. 3) Mem. cour. de l'Acad. de Belgique XXVI, pag. 20. 16 von Li nstow: Ich fand mehrere Exemplare von Lumhricus, welche zahlreiche Exemplare von AnguüUda Lumhrici enthielten; manche von ihnen waren in der Häutung begriffen; sie waren 0,45 mm lang und 0,02 mm breit; der Oesophagus mass Vöj der Schwanz Vsjg der Gesammtlänge. Das vordere Ende des ersteren ist eine vorstreckbare Saugröhre; die Darmwand ist mit glänzenden Kernen durchsetzt, der Schwanz ist fein zugespitzt; am Kopf- und Schwanzende zeigte sich die abzustreifende Haut am deutlichsten; am übrigen Körper trat sie an den concaven Biegungsstellen mit kleinen rundlichen VorsprUngen vor. Kegenwürmer, welche Anguillula Lumhrici in Menge enthielten, zerstückelte ich und Hess sie 14 Tage lang faulen, indem das Eintrocknen verhindert wurde. Als ich das Präparat wieder untersuchte, waren die meisten Wür- mer gestorben in etwas gegen früher vergrössertem Stadium; sie waren 0,6 bis 0,7 mm lang und 0,024 mm breit; wenige aber waren geschlechtsreif geworden. Die Weibchen waren 2,4 mm lang und 0,2 mm breit; sie enthielten zahl- reiche Eier von 0,06 mm Länge und 0,039 mm Breite und gehörten zu Rhahditis pellio. Die Fäulniss mag wohl eine zu intensive gewesen sein, denn um das Austrocknen zu verhindern, waren die zerstückelten Regenwürmer mit etwas Wässer in ein Glas gethan, das mit Thierblase Überbunden wurde, so dass die Fäulnissgase nicht entweichen konnten; daher werden die meisten der Parasiten gestorben sein. Die Eierzahl der erwachsenen Weibchen war hier, als bei einem nur im reifen Zustande freilebenden Nema- toden, da wir einen faulenden Regenwurm nicht unter die lebenden Organismen rechnen können, eine massige, sie betrug etwa 20—30, während die Weibchen der in allen Altersstufen freilebenden Nematoden meistens nur 2 reife Eier führen. 17. Agamonematodum hospes n. sp. Fig. 21. Die Zahl der im jugendlichen Alter parasitisch, später frei lebenden Arten der Nematoden scheint grösser zu sein, Helminthologische Studien. 17 ak bisher bekannt war; so fand ich die hier zu schildernde geschlechtlich unentwickelte Form, die augenscheinlich den später freilebenden Nematoden angehört, in verschiedenen unter feuchtem Moos oder Steinen im Walde lebenden Thieren, als Armadillo vulgaris^ Vortex lapicida, Vitrina cellaria. Vielleicht ist die Form verwandt mit dem 0,75 mm langen und 0,01 mm breiten Agamonematodum Arma- dillonis pihdaris Leidy's^), doch passt die Beschreibung, nach der das Schwanzende in eine doppelte Spiraltour aufgerollt ist, nicht. Das Thier ist schlank, im Tode ge- rade gestreckt, der Körper vorn verjüngt, das Schwanz- ende kurz, plötzlich verdünnt, spitz - kegelförmig. Der Oesophagus zeigt zwei Anschwellungen, die hintere mit schwachen Ventilzähnen; das äusserste Kopfende ist kaum merklich verdickt, das Körperparenchym zeigt hier zwei kleine Spitzen. Die Länge beträgt 1,02 mm, die Breite 0,033 mm. Der Oesophagus misst Vs? die Schwanzspitze V40 der Körperlänge; der After ist undeutlich; die Darm- wand ist mit Kernchen dicht durchsetzt, die Subcuticular- schicht zeigt in den Seitenlinien, welche Vs der Körper- breite messen, grössere Kerne. In der Mitte unter dem Darm liegt die spindelförmige Genitalanlage. Das Thier bleibt nur so lange am Leben, wie das Wohnthier nicht in Fäulniss übergeht. Dass übrigens der Parasitismus nur ein vorübergehender ist, kann man schon daraus ver- muthen, dass die Wohuthiere ganz verschiedenen Ordnun- gen (den Crustaceen und Mollusken) angehören. 18. EcJiinorhynchus transversus Rud. Fig. 22. Für diesen Parasiten kann ich einen neuen Fundort, nämlich den Darm von Turdus iliacus angeben, wo ich ihn zweimal in je einem Exemplar fand, das eine war 3, das andere 9 mm lang. Von Dujardin ist die Art ge- nau beschrieben und sollen nur die Haken des Rüssels hier Erwähnung finden. Im Ganzen findet man an dem- selben 25 Querreihen von Haken, von denen die 11 vor- 1) Transact. Acad. Philad. 2. ser. X. pag. 243, Tab. XI, Fig. 47. Archiv für Naturg,, XXXXVm. Jahrg. 1. Bd. 2 18 von Linstow: deren aus starken Flaken gebildet werden ; der dicke Wiirzel- ast ist nach hinten g-erichtet und läuft er seitlich in zwei rundliche Vorsprünge aus; die hinteren Haken sind schwächer, der Wurzelast ist schmal und gestreckt und verläuft nach vorn; sie bilden 14 Reihen. Ohne Zweifel dienen somit die vorderen Haken zum Eindringen des Rüssels in die Darmwand, während die hinteren bei dem Zurückziehen desselben besonders in Thätigkeit kommen. Bistomum davigerum Rud. Fig. 23. aus Triton taeniatus. Als zu dieser Gattung gehörig nennt van Beneden^) eine Cercaria armata, was als Bezeich- nung, nicht als Name aufzufassen ist, denn die Form soll der Cercaria armata, welche die Jugeudform von Distomum retusum darstellt, ähnlich sein, ist also nicht identisch mit ihr. van Beneden beschreibt die Sporocysten als gelb oder orange, ohne Organe, unregelmässig von Form, in denen sich wieder neue bilden und in diesen letzteren ent- stehen die Cercarien; sie leben in Limnaea stagnalis und ovata sowie in Flanorhis corneus. Die Cercarie führt am Mundsaugnapf einen Stachel, der Schwanz ist lang. Wer- den die encystirten Cercarien in Frösche gebracht, so haben sie sich in 24 Stunden in Distomen verwandelt, in denen nach 6 Tagen schon die Hoden entwickelt sind. Eine weitere Beschreibung dieser ganz jungen Disto- men wird nicht gegeben und da ich solche gefunden habe, bin ich in der Lage, die Lücke ausfüllen zu können. Die jüngsten Exemplare sind 0,32 mm lang und 0,11 mm breit; der Mundsaugnapf misst 0,059 mm, der Bauch- saugnapf 0,039 mm im Durchmesser. Von der Mitte des Bauchsaugnapfes verhält sich die Entfernung zum Kopf- ende zu der vom selben Punkte zum Schwänzende wie 5 : 2. Der ganze Körper, ist von in Schrägreihen stehenden Sta- cheln besetzt, die sich kreuzen. Gegen Ende des Leibes liegt ein dunkler, körniger, rundlicher Körper, der aus 2 1) Mem. sur les vers intest, pag, 96—97. Helmintholo^ische Studien. 19 Halbkugeln besteht; übrigcDS bemerkt man noch keinerlei Organe im Innern. Die Eier des erwachsenen Distominn sind 0,0259 mm lanü: und 0,0197 mm breit. 'ö 20. Dlstomum glohiporum Rud. Fig. 24. Die Eier wurden am 8. Februar in's Wasser gelegt und Hessen am 22. desselben Mts. die Embryonen aus- schlüpfen. Diese schwimmen schnell im Wasser, indem sie sich von links nach rechts um ihre Längsaxe willzen; sie sind im Durchschnitt 0,082 mm lang und 0,052 mm breit; vorn steht ein kleiner, abgestumpft kegelförmiger, einzieh- barer Kopfzapfen; dahinter folgt eine ringförmige Ver- stärkung der äusseren Bedeckung, die überall mit Wimper- haaren besetzt ist. Im Innern des Thieres bemerkt man feine Körnchen und blasse, ungekernte Zellen. Wagen er*) und von Willemoes-Suhm^) haben diesen Embryo auch gezogen. Die Gestalt beim Schwimmen ist bald birn- förmig, wobei das verdickte Ende das vordere ist, bald walzen-, bald spindelförmig, bald, und so in der Ruhe, die immer nur kurze Zeit währt, eiförmig, seltner kugelig. Der Kopfzapfen wird suchend und tastend abwechselnd vorgestreckt und eingezogen. Nur einige Stunden kann das Thier im Wasser leben; findet es dann nicht seineu Wirth, so werden die Bewe- gungen des Körpers im Allgemeinen und die der Wimper- baare langsamer und seltner, es treten Sarcode-Tröpfcheu aus und das Thier stirbt; so erinnert das Verhalten sehr an das des Embryo's von Distomiim hepaticum. 21. Distomum oxyurum Crepl. aus Fuligula cristata. Diese Art ist erst einmal von Creplin beschrieben und erwähnt, der sie in unent- wickeltem Zustande sah, so dass sie noch nicht vollständig bekannt ist. Die Länge beträgt 6,5 mm, die Breite 1,8 mm. Das vordere Drittel des Körpers ist cyliudrisch gebaut, 1) Zeitschrift f. wissensch. Zool. IX, p. 88 u. 89, Tab. I, Fig. 5. 2) ibid. XXllI, pag. 340, Fig. 5. 20 von Linstow: der Mundsangnapf hat einen Durchmesser von 0,44 mm. Die hinteren zwei Dritttheile des Körpers sind in der Mitte spindelförmig verdickt, der Bauchsaugnapf ist kugel- förmig, prominent, mit einem Durchmesser von 0,64 mm. Vor dem letzteren liegen die Geschlechtsöffnungen; der Cirrus ist ein grosses, auffallendes Organ von 0,48 mm Länge und 0,11mm Breite. Auf den Bauchsaugnapf folgt nach hinten der Keimstock und hinter ihm liegt der Vereinigungspunkt der Dottergänge; hierauf folgen die hinter einander liegenden, gelappten Hoden; die traubigen Dotterstöcke finden sich an den Seitenwänden des Körpers hinter dem Bauchsaugnapf und lassen das vordere Drittel und hintere Sechstel des Körpers frei. Die Eier sind wenig zahlreich; ich fand in jedem Exemplar 30—40; sie sind gross, fast so gross wie die von Bistomum hepaticum^ 0,11 mm lang und 0,082 mm breit; die Schale zeigt an der einen Seite einen Deckel, an der anderen eine kleine Ver- dickung. Der eigenthümliche, schwanzartige Anhang des Thieres besteht grösstentheils aus Längsmuskeln ; dicht vor der Spitze ist an der Bauchseite eine Einschnürung und hier mündet das Excretionsgefäss. 22. Distomum brachysomum Crepl. aus dem Cöcum von Glaucion clangula und dem Darm von Fuligula cristata. Für diese kleine Form ist durch Vil- 1 0 1 ^) das Interesse geweckt, welcher die Larve im Kropf von Tringa dlpina in einer 0,2 mm grossen Kapsel fand und nachwies, dass die entsprechende Cercarie sich in AntJmra graciUs einkapselt. Bei Die sing steht die Art als Species inqtdrenda ohne Beschreibung; ich fand sie 0,54 mm lang und 0,29 mm breit; der Mundsaugnapf misst 0,049 mm, der Bauch- saugnapf 0,066 mm im Durchmesser; letzterer liegt etwa in der Mitte des Körpers; der Schlundkopf ist halb so breit wie der Mundsaugnapf. Der Darm gabelt sich an der Grenze des 2. und 3. Drittels der Entferung zwischen 1) Comptes reudus 1876, pag. 475. Helminthologische Studien. 21 Mund- lind Baiigsaugnapf; die Haut ist unbewaffnet. Die Eier sind nicht zahlreich, etwa 150 in jedem Exemplar; wie gewöhnlich ist die unreife Hälfte farblos, die reife gelb; sie liegen nur in der hinteren Körperhälfte und sind 0,021 mm lang und 0,013 mm breit; nach der Seite des Deckels zu erscheinen sie etwas verschmälert. Die Dotter- stöcke reichen vorn nicht über den Hinterrand des Bauch- saugnapfes, die Hoden liegen symmetrisch an der Grenze zwischen dem 3. und 4. Viertel des Körpers. Die männ- liche Samenblase legt sich halbmondförmig um den Vorder- rand des Bauchsaugnapfes. 23. Taenia Fringülarum Rud. • Fig. 25. aus Farns major. Die Haken sehe ich etwas anders als Krabbe^), welcher sie gerader abbildet und habe ich da- her ihre Form wiedergegeben; die Anzahl beträgt 10, die Länge 0,026 mm. 24. Taenia tenerrima n. sp. Fig. 26. aus Fuligula cristata. Die Länge scheint beträchtlich werden zu können, ich kann sie nicht angeben, da ich das Thier nur in dem Stadium sah, in welchem noch keine reife weibliche Geschlechtsorgane und keine Eier vorhanden sind; der feine Körper ist vorn 0,11mm, am Ende 0,5 mm breit. Die Geschlechtsöffnungen stehen einseitig, die Körper- contouren sind sägeförmig; der Scolex ist breit mit einem Querdurchmesser von 0,36 mm, während die Saugnäpfc 0,16 mm lang sind. Die kleinen Girren sind cylindrisch, 0,046 mm lang 0,007 mm breit, mit stumpfen Zähnchen sparsam besetzt. Die Segmentirung des Körpers fängt schon unmittelbar hinter dem Scolex an. Die Breite der einzelnen Proglottiden verhält sich zu ihrer Länge An- fangs wie 1 : 3,6, am Ende wie 1 : 8,4. Die Haken sind 1) Bidrag etc. pag. 326-327, Tab. IX Fig. 245—247. 22 von Linstow: sehr gross, der Hebelast fehlt fast; am Grunde des Wurzel- astes bemerkt man eine kleine, knopfförmige Verdickung, wie Krabbe') eine solche bei den Haken von Taenia sinuosa abbildet, die aber nur die lialbe Grösse dieser Haken haben. Ihre Anzahl beläuft sich auf 9, die Grösse beträgt 0,11 mm. Letztere stimmt mit der der Haken von Taenia coronata, ebenso die Anzahl, während die Formen beider grundverschieden sind; die Form ist derjenigen der Haken von T. sinuosa ähnlich, die aber 10 Haken von 0,051 — 0,061 mm, nach Krabbe nur von 0,052 mm Länge hat. 25. Taenia trichosoma n. sp. Fi^. 27—29. aus Fuligula ferina. Der 11 mm lange Körper ist noch ohne Andeutung der Geschlechtsorgane, doch werden die- selben wohl einseitig stehen, da das Ende des Proglottiden- körpers an der einen Seite leicht wellig begrenzt ist, an der anderen aber die Hinterecken der einzelnen Proglottiden weite, rundliche Vorsprünge zeigen,_ so dass hier ein stumpf- sägeförmiger Umriss entsteht. Der Scolex und der so- genannte Halstheil sind von ausserordentlicher Feinheit. Jener ist im Verhältniss zu diesem nur wenig-spindelför- mig verdickt; er ist nur 0,075 mm breit; die Saugnäpfe sind längsoval, 0,036 mm breit und 0,049 mm lang. Das verhältnissmässig ausserordentlich lange Rostellum ist 0,21 mm lang und 0,016 mm breit. Der haarfreie Pro- glottidenkörper misst vorn nur 0.035 mm, hinten 0,2 mm im Durchmesser; die Länge der einzelnen Proglottiden ver- hält sich zur Breite nicht weit vom Scolex wie 1 : 3,8, am Ende wie 1 : 1,7, Die 8 kleinen Häkchen sind lang ge- streckt, 0,018 mm lang und haben Aehnliehkeit mit denen von Taenia laevis; hier aber ist der Scolex kugelförmig, das Rostellum ist weit kürzer, der ganze Körper viel robuster, gleich hinter dem Scolex schon 0,54 mm breit und verhält sich die Länge der ersten Proglottiden zu ihrer Breite wie 1 : 23. 1) 1. c. Tab. VII, Fig. 252 a. Helminthologische Studien, 23 26. Taenia hacülaris Goese. Fig. 29. = Taenia hacülaris Diesing e. p. aus Tulpa europaea. Die Länge beträgt etwa 150 mm, genau Hess sie sich nicht bestimmen, da das Exemplar zerrissen war. Der Proglottidenkörper ist Anfangs 0,12 mm breit, in der Mitte 1,66, am Ende 2,4 mm. Die Länge der einzelnen Proglottiden verhält sich zu ihrer Breite Anfangs wie 1 : 4,7, in der Mitte wie 1 : 10, am Ende wie 1 : 4,5. Kalkkörperchen fehlen ganz; die Geschlechtsöffnungen stehen einseitig. Man findet 36 Haken von 0,02 mm Länge, die 3 Aeste sind etwa gleich lang. Die Eier haben eine dreifache Hülle, von denen die äussere und die innere regelmässig eliptisch geformt sind, die mittlere dagegen ist unregelmässig und membranös. Die äussere ist 0,075 mm lang und 0,059 mm breit, die innere 0,059 mm lang und 0,033 mm breit. Diesing führt Taenia haciUarls unter den Arten mit einem Rostellum interme auf, Creplin war der erste, wel- cher (1851) das Rostellum als bewaffnet beschrieb; eine Darstellung der Haken fehlte aber bisher. Nun wirft Diesing die beiden Tänienarten des Maulwurfs von Goeze und Batsch, Taenia filamentosa und Taenia bacil- laris zusammen, was aber wohl unrichtig sein dürfte, denn T. filamentosa beschreibt Batsch: Das Thier nimmt vom Hinterende bis zum Kopfe allmählich, doch nicht zu stark, ab, so dass der Hals nur um zwei Drittel schmäler ist als das Hinterende (bei T. hacillaris ist das Verhältniss wie 1 : 20); die Glieder sind viereckig, etwas kürzer als breit (bei T. 5rtd??ar?5 verhalten sich Länge zur Breite wie 1 : 10); die GeschlechtsöfPnungen sind unregelmässig abwechselnd (bei T. hacillaris einseitig); die reiferen Proglottiden haben einen dem Ovarium entsprechenden runden Fleck (fehlt bei T. hacillaris), die Girren sind auffallend stark und lang^) (bei T. hacillaris sehr klein und schwer zu finden, cylindrisch, 0,0033 mm breit und nicht rand-, sondern 1) vid. Batsch, Naturgeschichte dei' Bandwurmgattungen. Tab. II, Fig. 84. 24 von Linstow: flächenständig, 0,3 mm vom Rande entfernt). Letztere Eigenschaft hat T. hacillaris mit T. acuta der Fledermäuse gemein, mit welcher unsere Art überhaupt nahe verwandt ist. Die Form der Haken gleicht sich an beiden Arten, auch die Anzahl ist eine ähnliche, die Grösse aber ist bei den von T. acuta die doppelte derjenigen von T. hacillaris. Diese Art ist also von T. filamentosa zu trennen. Moniez^) giebt eine vorläufige Notiz, in welcher er be- merkt, dass im Maulwurf 2 verschiedene Tänien zu finden seien, die T. hacillaris und eine viel grössere und stärkere, welche vorläufig T. Barroisii genannt wird; ob sie etwa mit T. filamentosa identisch ist, wird sich erst entscheiden lassen, wenn die Beschreibung veröffentlicht ist. ^ Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Strongylus minutus, männliches Hinterleibsende. Fig. 2. Strongylus papillatus, männliches Hinterleibsende. Fig. 3. Strongylus monodon, Kopf. Fig. 4. Strongylus nodulosus, Kopf. Fig. 5. Strongylus polygyrus, Ende des weiblichen Genital- tracts; a Ovarium, b muskulöser Endtheil derselben, c Firnissdrüse, d Uterus, e Vulva. Fig. 6. Strongylus polygyrus, Embryo. Fig. 7 — 13. Strongylus auricularis. Fig. 7. Embryo. Fig. 8. Weiter entwickeltes Exemplar. Fig. 9. Ganz junges Männchen, Schwanzende. Fig. 10. Halb erwachsenes Männchen, Schwanzende. Fig. 11 — 13. Schwanzende eines erwachsenen Männchens. Fig. 11. Von der Rückenfläche. Fig. 12. Von der Bauchseite, a Cloakenöffuung. Fig. 13. Von der rechten Seite. Fig. 14. Angiostomum entomelas, Embryo. Fig. 15. Freilebendes weibliches Exemplar derselben Art. Fig. 16. Angiostomum nigrovenosum, Kopfende. 1) Bulletin scientif. du depart. du Nord, 3. annee Nr. 11. Paris 1880. pag. 448. Helminthologische Studien. 25 Fig. 17. Ei aus dem Uterus von Oxyuris dbvelata mit kaiil- quappeuartigem Embryo. Fig. 18. Embryo aus dem Ei von Tricliodes crassicauda. Fig. 19. Tbeil eines Weibchens von Trichosoma capillare mit Vulva. Fig. 20. Embryo von Bhahditis pellio aus dem Regenwurm, a abzustreifende Haut. Fig. 21. Agamonematodum hospes, a Seitenlinie. Fig. 22. Haken von Ecliinorhynclius transversits, a vordere, b hintere. Fig. 23. Jüngste Form von Distomum clavigeriim. Fig. 24. Embryo von Distomum glohiporum. Fig. 25. Haken von Taenia Fringillarum. Fig. 26. Haken von Taenia tenerrima. Fig. 27. Scolex von Taenia trichosoma. Fig. 28. Haken derselben Art. Fig. 29. Haken von Taenia hacillaris. * i • Ein Stomiatide aus Japan, Von Dr. L. Döderlein. Hierzu Tafel III. Im Mai vorigen Jahres erhielt ich durch die Güte des Herrn Dr. Disse einen sonderbar gestalteten Fisch, der in dem als reicher zoologischer Fundort berühmten Enoshima mit einem Grundnetz gefangen worden war, der den Fischern daselbst aber völlig unbekannt gewesen ist. Ich erkannte in ihm einen echten Stomiatiden, was mir um so interessanter war, als ja Vertreter dieser Familie bisher nur im atlantischen Ocean gefunden worden waren. Ich kann ihn mit keiner der mir bekannten Gattungen ver- einigen und schlage für ihn, wenn er thatsächlich neu ist, den Namen Lucifer albipennis vor. Der Körper ist sehr stark comprimirt und gestreckt, die Haut nackt. Die Total länge beträgt 24 cm, die Höhe des Körpers in der Mitte 3,4 cm, die Breite 1,8 cm. Der Kopf ist stark zusammengedrückt, die Mundspalte sehr weit und ganz nach oben gerichtet. Die Schnauze ist überaus kurz und concav, daher die Länge des Kopfes von der Schnauze bis zum Ende der Schädelkapsel nur 0,9 cm. Die Länge der Mund spalte ist 2,5 cm. Die Zähne sind spitz, ziemlich schwach und einwärts gekrümmt, von ungleicher Grösse. Im Zwischenkiefer sind sie sehr klein, jederseits stehen vier, zu je zweien durch weite Lücken von einander getrennt. Im Oberkiefer stehen zwanzig bis fünfundzwanzig in einer Reihe, in Gruppen L. Döderlein: Ein Stomiatide aus Japan. 27 von dreien oder vieren; die Zwischenräume zwischen den Gruppen sind ziemlich klein. Im Unterkiefer stehen dreissig bis vierzig in einer Reihe, ohne bedeutendere Lücken zu lassen. Im Oberkiefer sind die Zähne um so kleiner, je weiter nach hinten sie stehen; im Unterkiefer sind die vordersten und hintersten etwas schwächer als die mittleren. Der vomer trägt rechts einen, links zwei ganz nach hinten gebogene Zähne, der Gaumen rechts drei, links zwei, die nach innen gekrümmt sind. Die Zunge ist unbewaffnet; auf den Kiemenbogen aber zeigen sich eine Anzahl sehr feiner Zähnchen. Der Operculartheil ist sehr klein, fast rudimentär, die Kiemenöifnung ausserordentlich weit, so dass sämmt- liehe Kiemen von aussen sichtbar sind; es sind vier Paare von vollständigen Kiemen entwickelt, die Kiemenblättchen bei allen von gleicher Grösse. Pseudobranchien fehlen. Die Kiemenhautstrahlen werden nach unten hin undeutlich; acht bis neun lassen sich erkennen, die nächsten sind nicht mehr entwickelt, wenn sich auch die Stelle, wo sie liegen müssten, leicht bestimmen lässt. Das stark nach vorne springende Zungenbein trägt eine lange dünne Bartel, 4,5 cm lang. Die Spitze derselben ist fadenförmig, vor der Spitze liegt eine knotenförmig verdickte Stelle von weisser Farbe, wahrscheinlich phosphorescirend. Die Augen liegen seitlich, der Durchmesser des Auges ist 0,5 cm; dicht über den Augen liegt ein runder Fleck, der die doppelte NasenöfPnung trägt. Brustflossen fehlen vollkommen. Bauchflossen liegen weit hinten am Bauche und sind ziemlich gut entwickelt, 2,7 cm lang und bestehen aus 7 Strahlen. Entfernung des Anfangs der Bauchflossen von der Schwanzspitze beträgt 10,7 cm. Die einzige Rücken- flosse ist auf den Schwanztheil beschränkt: sie bei>'innt in einer Entfernung von 5,7 cm von der Schwaiizspitze, ihre Basis ist 2,4 cm lang; sie zählt 13 Flossenstrahlen, von denen die hintersten die längsten sind. Der Anfang der Afterflosse liegt dem der Rückenflosse gerade gegenü])er; beide Flossen sind einander sehr ähnlich; die Afterflosse ist 2,7 cm lang und besteht aus 15 Strahlen. Die Schwanz- 28 L. Döderlein: flösse ist sehr kurz, die äussei'sten Strahlen 1,3 cm lang; sie ist stark gegabelt und besteht aus etwa 18 Strahlen. Der After liegt sehr weit nach hinten in einer Ent- fernung von 6,3 cm von der Schwanzspitze. Die Farbe des Fisches ist ein tiefes Schwarz, das von mehreren unter einander liegenden Pigmentschichten in der Haut herrührt; ebenso gefärbt ist das Innere der Mundhöhle, die Kiemenbogen, die Kieraenhaut und die Bartel mit Ausnahme des oben erwähnten Knotens. Bauch-, Kücken-, After- und Schwanzflosse sind milchweiss. Das Auge des lebenden Fisches soll blau sein. Auf der dunklen Haut des Körpers heben sich aber merk- würdig ab eine grosse Anzahl von weissen Punkten, welche phosphorescirende Organe vorstellen. Das grösste derselben von mandelförmiger Gestalt befindet sich dicht unter dem Auge mit der Spitze nach unten gerichtet, in einer Länge von 0,4 cm. Viel kleiner ist ein andrer phosphorescirender Fleck am oberen Theile des vorderen Randes der Kiemen- öffnung. Fünf kleinere Flecke ^liegen unter einander am hinteren Rande der Kiemenhaut, der oberste derselben zwischen dem 7. und 8. Kiemenhautstrahle. An der Stelle, wo sich die Kiemenhaut mit dem rudimentären Kiemen- deckel verbindet, liegt ein ähnlicher Fleck, doch auf der inneren Seite des Kiemendeckels, so dass er bei einer Seitenansicht des Fisches unsichtbar ist; von aussen ist fer überhaupt nur zu sehen, wenn die Kiemendeckel stark ausgespannt werden. (Auf der beigegebenen Abbildung des Fisches habe ich diesen Fleck doch gezeichnet, wie wenn er von aussen sichtbar wäre.) Eine grössere Anzahl von kleinen leuchtenden Flecken liegt zu beiden Seiten des Körpers in je zwei Längs- reihen angeordnet so, dass jedem einzelnen Körpersegment ein Fleck in jeder Längsreihe entspricht. Die oberste Fleckenreihe beginnt etwas hinter der Kiemenöffnung in der Mitte der Körperhöhe ; der dritte Fleck liegt am höch- sten; von da senkt sich die Reihe bis die Entfernung zum Rückenrande etwa das Doppelte beträgt von der Entfer- nung zum Bauchrande; der 25. Fleck steht über dem An- fang der Bauchflossen, der 38. über dem Anfang der Ein Stomiatide aus Japan. 29 Afterflosse; der 39. fehlt; der 48. Fleck liegt über dem Ende der Afterflosse und beschlicsst die obere Reihe. Die Entfer- nung der einzelnen Flecke von einander beträgt etwa 4 nini. Die untere Fleckenreihe liegt in ihrer ganzen Aus- dehnung am unteren Rande des Körpers. Sie beginnt mit acht dicht auf eiuanderfolgenden Flecken unterhalb der Kiemenöfi'nung ; weiter hinten steigt der Abstand der ein- zelnen Flecke ebenfalls auf etwa 4 mm. Der 13. Fleck liegt unter dem ersten Fleck der oberen Reihe, der 37. unter dem Anfang der Bauchflossen, der 50. über dem An- fang der Afterflosse; mit dem 51. endet die untere Reihe. Dieser letzte Fleck entspricht dem ausgefallenen 39. Fleck der oberen Reihe. Die Entfernung der beiden unteren Reihen phosphorescirender Flecke von einander beträgt am Anfange der Bauchflossen 0,5 cm. Noch viel kleinere weisse phosphorescirende Flecke liegen in sehr beträchtlicher Anzahl gemischt mit etwas • grösseren grauen Flecken zu den Seiten des Körpers; den einzelnen Körpersegmenten entsprechend ziehen sich Bänder solcher Flecke vom Rücken zum Bauche herab; in der Nähe der grösseren Reihenflecke häufen sich die solche Bänder zusammensetzenden Flecke (s. Fig. 3). Die leuchtenden Flecke bestehen aus einer weissen centralen Scheibe, die umgeben ist von einem grauen Hofe. Ein Querschnitt durch einen solchen leuchtenden Fleck zeigt eine kugelförmige weisse Zellenmasse, die eingebettet liegt in einer Einstülpung der mit schwarzem Pigment er- füllten Epidermis, ähnlich wie das Auge in seiner Höhle liegt. Ein Theil der weissen Zellenmasse grenzt frei nach aussen und bildet die weisse centrale Scheibe, während der graue Hof entsteht durch die übergreifenden Ränder der schwarzen Epidermis, durch welche die darunter lie- gende weisse Masse noch durchscheint. Der der äusseren Oberfläche am nächsten liegende Theil der weissen Zellen- masse zeigt sich etwas gelblich gefärbt, während der übrige rein weiss erscheint (s. Fig. 5). Die ganz kleinen weissen Flecke sind ähnlich gebaut, doch ist ein Hof kaum ange- deutet. Die in den Bändern enthaltenen grauen Flecke bestehen aus ungefärbten grossen Zellen, die in kleineren 30 L. Döderlein: « oder grösseren Gruppen heisammen liegend die pigmentirte Epidermis in einfachen Zellenscbicbten bedecken (s. Fig. 6). Der dunkelgefärbte Magen von Lucifer alhipennis ver- längert sieb in einen langgedebnten Blindsack, der sich bis in die Gegend der Baucbflossen erstreckt. Die Leber ist einlappig und nur halb so lang. Am Anfange des Dünndarms befindet sich ein ganz kurzer Blindschlauch; vom Magen an ist der Darmtraktus ungefärbt und verläuft gerade ohne Biegungen bis zum After. Das mir vorliegende Exemplar des Fisches ist ein Weibchen, dessen Eiersäcke mit Eiern gefüllt sind. Die Eiersäcke erstrecken sich durch die ganze Leibeshöhle und setzen sich fort in paarige Ausführungsgänge, die mit einer unpaaren Oeffnung dicht hinter dem After münden, so nahe, dass die beiden Oeff- nungen nur wie eine einzige erscheinen. Eine Schwimmblase ist nicht vorhanden, lieber die Nahrung des Fisches suchte ich mich durch Prüfung des Mageninhaltes zu unterrichten; die äusserst spärlichen Beste, die ich fand, möchte ich einem Borstenwurme zu- schreiben. Wir haben es hier wohl mit einem Tiefseefische zu thun, der sich nur zufällig einmal in Höhen verirrt hatte, wo die Fischer von Enoshima noch Netze anzuwenden pflegen. Aus seiner schwarzen Farbe lässt sich schliessen, dass er an Stellen lebt, wo das Tageslicht nicht mehr hin- zudringen vermag, sei es in sehr grossen Tiefen oder in geringerer Tiefe unter Steinen. Die sehr geringe Entwick- lung seiner Flossen schliesst grosse Beweglichkeit aus. Wahrscheinlich wird er ähnlich wie Lopliius oder Felor unbeweglich auf der Lauer liegen und in die Nähe kom- mende kleinere Thiere, die er vielleicht noch durch das Spiel seiner langen phosphorescirenden Bartel anlockt, plötzlich erschnappen, wozu ihn sein auffallend weites Maul sehr befähigt macht. Lucifer alhipennis gehört in die Familie der Stomia- tidae GtJir. und zwar in die Gruppe Stomiatina, die aus- s'ezeichnet ist durch das Vorkommen von nur einer Rücken- flösse. Die Schuppen fehlen ihm wie den Gattungen Echiostoma Lowe und Malacosteus Ayres, mit denen er Ein Stomiatide aus Japan. 31 auch sonst viele Aclmlichkeit besitzt. Von beiden Gattun- gen aber trennt ilm der voll stand i<;e Mani;el von Brust- flossen M, von Malacosteus unterscheidet ihn noch der Be- sitz von Gaumenzähnen, von EcJdosto^na die Anordnung der Zähne des Unterkiefers, die bei Liicifer durchgängig nur 'eine Reihe bilden. Die phosphorescirenden Flecke, die die ganze Familie auszeichnen, sind bei ihm sehr reichlich entwickelt. Der grosse Fleck unter dem Auge ist wohl identisch den bei Malacosteus und Echiostoma beobachteten. Das Vorkommen von Fischen aus der Familie der Stomiatidae im pacifischen Ocean ist nach der mir zu Ge- bote stehenden Literatur bisher noch nicht beobachtet. Doch sind die hieher gehörigen Fische sämmtlich Tiefsee- thiere, die sehr selten den Fischern und noch seltner ein- mal einem Zoologen in die Hände fallen. Vielleicht haben die neueren Tiefseeforschungen, deren Resultate in der Ichthyologie mir leider noch verschlossen sind, auch in dieser Gruppe unsere Kenntniss bezüglich der Verbreitung schon erweitert. Tokio, den 15. Mai 1881. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Lud f er albipennis ; natürliche Grösse. Fig. 2. Kopf desselben, doppelte Grösse. Fig. 3. Vier Segmente desselben aus der Mitte des Körpers, um die Vertheiiung der weissen (phosphorescirenden) und grauen Flecke zu zeigen ; doppelte Grösse. Fig. 4. Zwei der kleinsten weissen Flecke und ein grauer B'leck; SOfach vergrössert. Fig. 5. Querschnitt eiues phosphorescirenden Fleckes aus einer seillichen Pceihe ; lOOfach vergrössert. Fig. 6. Querschnitt eines grauen Flecks; 200fach vergrössert. 1) Darin stimmt Lucifer mit Hathyophis, einer neuen, von Günther 1878 eingeführten atlantischen Stomiatidengattung überein. Späterer Zusatz. Zur Kenntiiiss der Sinnesborsten der Hydrachniden. Von Dr. G. Haller, Privatdocent in Bern. Hierzu Tafel IV. Es gilt seit langer Zeit als eine ausgemachte That- sache, dass die verschiedenartig gestalteten Borsten und Haare mancher Milben sehr oft die Rolle von Sinnesorganen spielen. Nichts destoweniger fehlen uns bis heute aus- führliche Untersuchungen über deren mikroskopischen Bau, namentlich über deren Beziehungen zu Nervenendigungen fast gänzlich. Es war daher bei einer zusammenfassenden Monographie der Hydrachniden unserer schweizerischen Flüsse und Seen mein Bestreben, diese Lücke, wenigstens für die Süsswassermilben nach besten Kräften auszufüllen. Es wird voraussichtlich noch längere Zeit verstreichen, bis ich der mir gestellten Aufgabe nach allen Richtungen hin gerecht geworden bin. Ich erlaube mir daher einige Mittheilungen über den feineren anatomischen Bau dieser Sinnesorgane, aus dem Zusammenhange ausgezogen, hier zur allgemeinen Kenntniss zu bringen. 1. Ueber den Ban und die Bedeutung der „langen Borsten" am ersten Beinpaare von Atax. Die ersten Gebilde dieser Art, welchen ich meine Aufmerksamkeit zuwandte, sind die langen Borsten, welche man in grosser Menge am ersten — und nur an diesem — Beinpaare sowohl der Männchen als der Weibchen von Ätax crassipes und Verwandten findet. Dieselben zeigen in Beziehung auf Insertion und Gestalt so auffallende Ver- G. Haller: Zur Kenntn, der Sinnesborsten der Hydrachniden. 33 Lältnisse, dass sie die Aufmerksamkeit aller Monographen der Ilydracliuidcn auf sich gezogen haben. So gründete bereits Bruzelius auf sie die Merkmale seiner Gattung Ätax. Auch Claparede kommt in seiner bekannten mustergültigen Arbeit über Ätax Bonzi auf sie zurück. Er will aber die Merkmale seines Vorgängers nicht aner- kennen, weil die Höcker, auf welchen diese steifen Borsten eingerammt sind, morphologisch gesprochen den Riugwällen entsprechen, in welchen die Schwimmborsten eingepflanzt sind. Gramer erkennt diese Thatsachen an, will aber nichts destoweniger die Gattung Ätax aufrecht erhalten, weil ja auch anderwärts derartige geringfügige Merkmale zur systematischen Geltung kommen. Sehen wir also, auf wessen Standpunkt wir uns stellen wollen. Die langen Borsten der ersten Extremität von Atax stehen zu mehreren vorzugsweise an der unteren und der äusseren Fläche des zweiten bis fünften Gliedes (Fig. 1 u. 2, Taf. IV), das erste und letzte entbehrt derselben ganz. An der inneren und der oberen Fläche der Extremität fehlen sie und werden hier durch die baldigst zu besprechenden Schüppchen und Tasthaare vertreten. In der Länge kommen sie den bereits von Clapa- rede in dessen mustergültigen ;,Studien an Acariden^^ be- sprochenen Schwimmborsten gleich. Jedoch nehmen sie vom zweiten bis fünften Gliede an Länge wenig aber stetig ab. Die Länge der ersten beträgt etwa 0,25 bis 0,30 mm, die letzten messen noch 0,2 bis 0,25 mm. Mit Ausnahme der ersten an der Bauchfläche des Gliedes, welche meistens paarig auftritt, stehen sie einzeln ander Innenseite eines Höckers, welcher nach Claparede morphologisch den Wallringen entsprechen würde, in wel- chen die Schwimmborsten eingepflanzt sind. Es erreicht dieser Höcker namentlich am zweiten und zuweilen auch noch am dritten Gliede eine recht beträchtliche Grösse (Fig. 1 uns. Taf.), nach der Spitze der Extremität zu ver- liert er sich aber immer mehr, bis die letzten Borsten wieder einem einfachen Ringe eingelenkt sind, welcher nur in einem darüber vorspringenden Zähnchen das Rudi- ment des Höckers erkennen lässt (Fig. 2 Taf. IV h'). Arch. f. Naturgesch. XXXXVIII. Jahrg. 1. Bd. 3 34 G. Haller: Dieser Basidialhöcker der Sinnesborste hat, wenig- stens an dem zweiten und dritten Gliede, im Längsschnitte (Fig. 3 h) ungefähr eine dreieckige Gestalt, jedoch sind nur dessen obere und äussere Flächen frei, die innere geht continuirlich in den Binnenraum der Extremität über, wo die beiden freien Seiten einander schneiden, entsteht eine scharfe in der Mitte leicht ausgebuchtete Kante; die obere Seite ist nach innen und unten leicht abschüssig und trägt etwa in dem Winkel zwischen ihr und der Extremität die lange Borste. Dieser Höcker schützt die nur lose befestigte Borste vor dem Seitwärtsüberkippen und gibt Raum für das Nervenknötchen des zu der Sinnesborste hintretenden Aestchens. Seine Bedeutung ist jedoch sicherlich keine grosse, da auch bei den letzten Borsten, welche diesen Höcker entbehren, die Verhältnisse nicht wesentlich ver- schiedene sind. Diese Sinnesborsten erscheinen im optischen Längs- schnitte (Fig. 2 uns. Taf.) degenförmig, d. h. sie sind lang gestreckt, laufen in eine stumpfe Spitze aus, schwellen gegen die Basis hin leicht an und verjüngen sich hart vor derselben wieder in gleichem Maasse. Dabei ist ihre hin- tere Seite, wenigstens in der äusseren Hälfte oder nicht selten ihrer ganzen Länge nach mit kleinen Zähnchen be- setzt, welche nach der Basis zu zu kurzen Querrippen wer- den, und erscheint dadurch wie gesägt. Bei Behandlung der Borsten mit Kalilauge erkennen wir ferner, dass die- selbe von einem centralen Hohlräume durchbrochen wird (Fig. 4 Taf. IV ch), welcher nahe der Spitze als fast un- messbar feiner Kanal nach aussen mündet, und sich im verdickten Theile der Borste in entsprechender Weise er- weitert. Bei gelungenen Präparaten dieser Art beobachten wir endlich eine grosse Anzahl kurzer bogenförmiger Neben- kanälchen vom nämlichen Durchmesser wie das Ende des Hauptkanales, welche von der centralen Höhlung abzweigen, um sich nach kurzem Verlaufe an der Spitze jener oben beschriebenen feinen Zähnchen zu öffnen. Das bisher Beschriebene würde noch keine Berech* tigung enthalten, diese Gebilde als Sinnesorgane zu be- trachten, allein es ist mir gelungen, den zu ihnen hintretenden Zur Kenntniss der Sinnesborsten der Hydrachniden. 35 Nerv mit voller Sicherheit zu beobachten (Fig. 3 uns. Taf.). Es geschieht dieses am besten am lebenden Thiere, wo die durchsichtige Körperdecke dem geübten Beobachter gestattet, diese Einzelheiten aufzusuchen. Wir beobachten dann wie sich eine geraume Strecke weit vor seinem Hin- zutritte zur Borste ein kleines Nervenfädchen (Fig. 3 n) aus der Muskelmasse (Fig. 3 m) der Extremität lostrennt und in leicht gewundenem Verlaufe bis nahe an die vor- dere Wand des Basidialhöckers (uns. Fig. h) tritt, wo es sich hart an der Basis der Borste in ein sehr kleines Nervenknötchen (Fig. 3 nk) auflöst. In der centralen H()h- lung der Borste (Fig. 3 B) selbst beobachten wir einen leicht granulösen Inhalt (Fig. 3 i), von dem nicht selten ausge- tretene Partikelchen dicht vor der Oeffnung der Zähnchen (vergl. Fig. 4 i i) liegen. Den weiteren Verlauf des Nervenfädchens nach rück- wärts oder dessen Communication mit dem Inhalte der steifen degenförmigeu Borsten zu beobachten, ist mir leider nicht gelungen. Es kann aber eines Theils kein Zweifel darüber herrschen, dass dieses feine Nervenästchen ein Ausläufer des Beinnerven ist, dessen Eintritt in die Extre- mität bereits beobachtet worden ist. Anderer Seits wird wohl Niemand daran zweifeln, dass der kleine Nerven- knoten mit dem Inhalte der Sinnesborste in Verbin- dung tritt. Unbestreitbar lässt sich zwischen den eben beschrie- benen Sinnesborsten und den sogenannten blassen, säbel- förmigen Borsten der Crustaceen eine Parallele ziehen, indem beide spccifische Sinnesorgane sind, deren Inhalt mit dem den Träger umgebenden Medium in Communication stehen. Allerdings herrschen bedeutende Verschiedenheiten, namentlich in Beziehung auf die äusseren Gestaltsverhält- nisse vor; nichtsdestoweniger können wir wohl kaum irre gehen, wenn wir diese degenförmigeu Borsten der ersten Extremität von Ätax als Geruchsorgane deuten. Ziehen wir nun bei der Beurtheilung des Werthes oder Unwerthcs der Merkmale der Gattung Atax diese Beobachtung in Betracht, legen wir ferner darauf Gewicht, dass dem ersten Beinpaare ausser diesen Borsten noch zwei 36 G. Haller: weitere spezifische Sinnesgebilde zukommen, ihnen dagegen die normalen Borsten der übrigen Beinpaare gänzlich fehlen, dass daher das erste Beinpaar von Ätax physiologisch einer Antenne gleichkommt, so müssen wir trotz den Ein- wendungen Claparede's die von Bruzelius gegründete Gattung aufrecht halten und stimmen darin mit Gramer vollkommen überein. Das Hauptgewicht in der Gharak- teristik darf aber nicht auf die Insertion dieser Degen- borsten auf den oben beschriebenen Höckern gelegt werden, sondern auf den Wechsel der Funktionen, welcher aus einem Schwimmfusse eine Antenne macht. Aehnliche Gebilde wie diese Riechborsten finden wir bei den Hydrachniden noch wiederholt vor, so namentlich bei Äxona; auch Ätax besitzt noch an den zwei Hinter- beinpaaren (Fig. 1 Taf. IV) am Ende des zweiten Gliedes zwei derartige Gebilde. Eine Concentration derselben auf das erste Beinpaar kommt aber unter den Süsswassermilben anderwärts nicht mehr vor. 2. Ueber die bei den Milben in weitester Verbreitung auf- tretenden Schüppchen- oder blattförmigen Sinneshaare. (Hierzu Figur 5.) "^ Wie bereits oben erwähnt wurde, fehlen die eben be- schriebenen degenförmigen Borsten an der Rücken- und Innenfläche der Palpen gänzlich und werden hier durch einige andere Bildungen ersetzt, welche wir bereits als Schüppchen und Tasthaare vorübergehend kennen gelernt haben. Wenden wir nun jenen unsere Aufmerksamkeit zu, diese werden wir in einem folgenden Abschnitte zu be- sprechen haben. Die Schüppchen oder blattförmigen Haare treten bei den Acariden in weitester Verbreitung, jedoch durchaus nicht allgemein, auf, und gleichen in der Gestalt immer mehr oder weniger dem in Figur 5 unserer Tafel abge- bildeten, jetzt näher zu beschreibenden Typus. Manchmal kommen sie wie bei einzelnen Oribatiden über den ganzen Körper mitsammt den Extremitäten vertheilt vor, wiederum finden sie sich in manchen Fällen nur am Körper oder gar nur an bestimmten Stellen desselben, bei den dritten Zur Keimtniss der Sinnesborsteu der Ilydrachuiden. 37 Arten haben wir sie endlich nur an den Extremitäten zu suchen. Zu diesen letzteren gehört Ätax crassipcs, bei welcher Hydrachnide sie sich nur an dem antennenartigen ersten Beinpaare finden, an den folgenden stehen an ihrer Stelle kurze und einfache Dornen. Auch am ersten Bein- paare (Fig. 2 SS uns. Taf.) stehen sie nur vereinzelt und durch weite Abstände getrennt in der Zwei- oder Dreizahl an der Aussenseite des zweiten bis fünften Gliedes und ausserdem je eines in der Mitte des Vorderrandes an der Rückenfläche dieser Glieder. Bei anderen Hydrachniden treten sie dagegen zahlreicher auf. Sie stellen sich unserem Auge stets als kurze und breite Blättchen von mehr oder weniger lanzettlicher Ge- stalt und mit leicht granulösem Inhalte dar, in welchen nicht selten eine hell durchscheinende, rundliche und kern- artige Stelle wahrzunehmen ist (Fig. 5 k). In Bezug auf das Verhalten ihrer Seitenränder lassen diese Gebilde bei den verschiedenen Arten einige Verschiedenheit erkennen. Wir beobachten nämlich, wie sich, ähnlich wie es oben für die Riechborsten beschrieben worden ist, von der centralen Höhlung, welche das Schüppchen einschliesst, parallel ver- laufende feinste Kanäle nach aussen hinziehen, welche im Ganzen einen von unten und innen nach schräg oben und aussen gerichteten Verlauf nehmen (Fig. 5 r'). Es geben dieselben dem Rande ein Aussehen, als ob er fein gefranst wäre. Bei Ätax und einigen anderen Formen nun ent- spricht nur der eine Rand dieser Beschreibung, der andere (Fig. 5 r) scheint rippenartig verdickt. Bei einigen Oriba- tiden und anderen Milben sind dagegen beide Ränder ge- franzt und der verdickte Streifen nimmt mehr die Stelle der Mittelrippe eines lauzettlichen Lorbeerblattes ein. Fügen wir endlich dieser Beschreibung noch hinzu, dass man auch für diese spezifischen Sinnesorgane einen blassen Nervenfaden beobachten kann, welcher in dem Nerven der Riechborsten ähnliches Verhalten zeigt, so glaube ich meine Beobachtungen über diese blassen Schüpp- chen vollständig mitgetheilt zu haben. Ein Vergleich mit den oben geschilderten Riechborsteu lässt uns erkennen, dass, die Verschiedenheiten der Gestaltsverhältuisse abge- 38 G. Haller: rechnet, beide Gebilde einen annähernd gleichen Bau zeigen, mithin wohl auch demselben Sinne dienstbar sind. 3. Ueber die Tasthaare der Hydracliniden. Bereits in einem früheren Aufsatze *) war ich bestrebt, nachzuweisen, dass einzelnen Borstengebilden des Acariden- körpers und namentlich der Extremitäten Tastvermögen zukommt. Meine heutigen Beobachtungen bestätigen das damals Mitgetheilte, indem sie zwei weitere Formen dieser Gebilde bekannt machen, welche gleich den damals be- schriebenen in ihrem Bau den entsprechenden Sinnesge- bilden der Insekten und Crustaceen, kurz dem bei den Arthropoden allgemein vorhandenen Typus durchaus ent- sprechen. Die eine Form dieser Tastorgane scheint bei ober- flächlicher Beobachtung eine einfache, hakenförmig gebogene Borste zu sein und ist wohl auch von früheren Zoologen in diesem Sinne aufgefasst worden. Eine genaue Betrach- tung ergibt aber, dass dieselbe in ein feines Knöpfchen ausläuft und mit einem Nervenfaden in Verbindung tritt, welcher das allgemein gültige, oben bereits beschriebene Verhalten zeigt (Fig. 7 uns. Taf.). Die Länge und Stärke dieser Borste bleibt für die einzelne Species konstant, variirt aber bei den verschiedenen Milben in so hohem Grade, dass hierüber nichts Bestimmtes gesagt werden kann. So entsprechen sie den bereits früher beschriebenen langen und kräftigen Borsten am vorletzten und letzten Gliede der beiden vorderen Extremitäten der Dermaleichen, bei Ätax (vergl. uns. Fig. 7) dagegen den kurzen schwachen Haaren, von denen je eines auf jedem Höcker des vor- letzten Gliedes der Maxillarpalpen inserirt ist. Bei üro- poda clavus ^j stehen eine grosse Anzahl solcher geknöpften Sinneshaare von ausserordentlicher Kürze in einfacher Reihe rings um den Rand des knopfförmigen Körpers. Bei Epicrius stehen dagegen vier bis fünf längere Borsten 1) Vergl. Zeitschr. f, wissensch. Zoologie Bd. XXXIV, p. 275, Taf. X, Fig. 2 und 3 b b. 2) Vergl. dieses Archiv 1881, p. 183 Taf. IX Fig. 1. Zur Kenntniss der Sinnesborsten der Ilydrachniden. 39 dieser Art an der Innenseite des antennenförmigen ersten Fiisspaares ^). Ausser diesen angeführten Beispielen Hessen sich noch mehrere auffinden, welche alle beweisen, dass diese geknöpften Sinnesborsten, welche wir bereits von den Insekten kennen, auch bei den Acariden in weiter Ver- breitung vorkommen. Die zweite Form dieser Tastgebilde, welche an ähn- liche Bildungen der Antennen mancher Crustaceen erinnert, habe ich dagegen bis jetzt nur an den Extremitäten einiger Hydrachniden vorgefunden, so ganz besonders an der eigen- thümlichen zu einem Greiffusse umgestalteten letzten Ex- tremität (Fig. 8 uns. Taf.) einer neuen Hydrachnidengat- tung aus dem Genfersee, welche ich meinem verehrten Freunde Professor Forel in Morges, dem bekannten Er- forscher dieses See's zu Ehren, Forelia nennen werde. Man suche sie ferner au dem verdickten vorletzten Palpen- gliede von Axona, sowie an den letzten Beingliedern einiger anderen Hydrachniden. Eigenthümlicher Weise und in striktem Gegensatze zu jenen bei beiden Geschlechtern in gleichem Maasse verbreiteten und vereinzelt auftretenden laugen Sinnesborsten, findet sich diese zweite, jetzt zu be- schreibende Form vornehmlich bei den Männchen vor, die Weibchen entbehren ihrer fast gänzlich (Fig. 2 uns. Taf.). Eine zweite allgemeine Eigenthümlichkeit lassen sie da- durch -erkennen, dass sie stets in grossen Mengen dicht gedrängt und grössere Flächenräume überziehend vorkommen (Fig. 8 uns. Taf.). Ebenso verschieden erweisen sie sich in ihrer Gestalt. Es sind nämlich überaus kleine, kaum 0,03 mm lauge, leicht gebogene Härchen, welche an ihrer Basis einen festen Chitinhügel von eben solcher geringen Grösse erkennen lassen (Fig. 6 A). In der Seitenansicht (Fig. 6 B.) erkennen wir deutlicli, dass die Härchen von der oberen Seite des sperrig abstehenden Chitinhöckerchens entspringen. Auch an diese Gebilde sehen wir bei Atax einen feinen Nervenfaden herantreten. Eine zweite Form derselben lässt (Fig. 6 c) neben dem ursprünglichen ersten Härchen noch ein etwa um die 1) loc. cit. p. 190 Taf. IX Fig. 9. 40 G. Haller: Hälfte kürzeres zweites erkennen. Sie findet sich weitaus seltener und wenigstens bei Ätax nur am Ende des Fusses in der Nähe der Krallen. Sicherlich ebenfalls nur eine Abart dieser zweiten Form von Tasthärchen sind die dunkelgefärbten unter dem Mikroskope den trocken- häutigen Spreuschüppchen einiger Compositen nicht unähn- lichen dünnen plattenförmigen Chitingebilde, welche in eine feine Haarspitze auslaufen. Die Bedeutung dieser Gebilde, welche sich namentlich an der Innenfläche des zweiten Gliedes der überaus dicken Palpen von Arrenurus tuherculatus Leb (diese Art ist jedenfalls nur das Weibchen von Arr, viridis Duges) dicht gedrängt und in grosser An- zahl finden, als Sinnesorgane konnte ich nicht direkt nach- weisen, muss aber dieses aus Analogie mit den verwandten Gebilden an den Palpen von Axona schliessen, obwohl die Schüppchen von Arrenurus viridis von viel beträchtlicherer Grösse sind. Ob sich dieselben noch bei anderen Arten dieser Gattung vorfinden, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, vermuthe es aber. Es lässt sich schon jetzt mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass diese zweite Form von Tasthaaren sich auch bei den übrigen Milben vorfinden wird. Bin ich heute noch nicht im Stande, dieses mit Bestimmtheit zu thun, so liegt es am Mangel frischen Materials. 4. üeber das antenniforme Haar der Hydraeliniden* Ganz am vorderen convexen Körperende, seltener etwas nach hinten auf die Rückenfläche verschoben, er- kennen wir bei allen Hydrachniden ungefähr ober- und etwas vorderhalb der Insertionsstelle des ersten Beinpaares ein sehr bewegliches Haar, welches sich von allen anderen Haaren der Körperfläche durch seine Insertion auf einem kleinen vorspringenden Hügel und durch seine bedeutendere Grösse bei meistens auch beträchtlicherer Breite auszeich- net. Dasselbe muss einem aufmerksamen Beobachter der Hydrachniden sofort in's Auge fallen, in der That gedenkt desselben denn auch schon der vortreffliche Acarinologe Duges unter dem sicherlich nicht unpassenden Namen „^o^7 antenniforme^'' und gibt von demselben für die Gattung Zur Keuntniss der Siunesborsteu der Hydrachüideu. 41 Hydraclma eine kurze Beschreibung nebst entsprechender Abbildung *). Seiner Lage nach vollkommen zutreffend ver- gleicht er es dabei mit dem gleichnamigen Gcl)ilde der Galeoden. Morphologisch gesprochen aber ist dieses antenniforme Haar nichts weiter als das erste Paar der die Oeffnungeu der Hautdrüsen der RUckenflilche begleitenden schwachen Haare. In der That sehen wir denn auch an seiner Innen- fläche hart neben dessen Basis einen kleinen Kanal (Fig. 9 a uns. Taf.) die dicke Haut durchbrechen, durch welchen die vorderste Hautdrüse ihr Sekret nach aussen ergiesst. In physiologischer Beziehung spielt dasselbe, wie sich dieses schon aus der grossen Beweglichkeit und aus der beträchtlicheren Ausbildung schliessen lässt, die Rolle eines spezifischen Sinnesorganes und zwar, wenn wir dem Ideen- gange Duges folgen, diejenige einer Tastborste. Fassen wir nun dasselbe näher in's Auge, so bemerken wir zunächst, dass es, wie dieses auch von Duges ange- geben wird, aus dem Inneren eines kleinen über die Körper- oberfläche vorspringenden Höckers (Fig. 9 a) — Duges nennt ihn üiberciäe en fleiiron — entspringt. Eine genaue Untersuchung lehrt uns, dass dieser letztere gewissermassen die Stelle einer Gelenkkapsel vertritt, in welcher die Basis der Borste sich mit einigem Spielräume nach allen Seiten hin bewegt. Wahrscheinlich ist der unterste Theil dieses antenniformen Haares mit den Innenwandungeu dieser Aus- höhlung durch mehrfache Muskelzüge verbunden, wenigstens scheint die Bewegung dieses Gebildes innerhalb den Willens- bereich seines Trägers zu fallen. Leider gelang es mir nicht, diese Muskeln darzustellen, dagegen beobachtete ich auch hier einen feinen Nervenfaden, welcher zur Basis der Sinnesborste tritt, und das oben angedeutete allgemein gül- tige Verhalten zeigt. Die Gestalt dieser antenniformen Haare ist eine ein- fache (uns. Fig. 9 b), mehr oder weniger schwertförmige, dabei sind ihre Ränder glatt oder wellenförmig. Der cen- 1) A. Duges sur les Acariens in Ann. d, scieuc. nat. II ser. A. I pag. 163, Taf. 11, Fig. 45. 42 G. Haller: trale Hohlraum endet blind, sendet auch keine seitlichen Ausläufer aus, wie dieses bei den als Geruchsorgane zu deutenden Borsten und Schüppchen der Fall ist. Zur Er- klärung ihrer Funktionen können wir daher jedenfalls diesen Sinn nicht zu Rathe ziehen, es bleiben noch Gehör und Tastsinn, von denen dieser letztere wohl die grössere Wahrscheinlichkeit für sich hat. 5. Uebor einige weitere als Sinnesorgane zu deutende Borstengebilde. In diesem letzten Abschnitte gedenke ich einige ver- wandte Borstengebilde der Hydrachniden zu beschreiben, welche sich nicht wohl unter einer der vorhergehenden Ueberschriften besprechen Hessen. Ich werde mich hierbei möglichst kurz zu fassen suchen. Erstlich sind hier eigenthümliche blasse, gegen das Ende allmählich in eine Spitze auslaufende streifenartige Haargebilde (Fig. 2 st, st) zu erwähnen, welche sich in sehr geringer Anzahl am ersten antenniformen Beinpaare von Ätax auffinden lassen. Sie sind höchstens halb so lang als die steifen Riechborsten und etwa vier mal länger und entsprechend kräftiger als die kleinen Tasthaare an der nämlichen Extremität. Von beiden unterscheiden sie sich durch die einfachen, nicht doppelt contourirten Ränder und besitzen gleich den Degenborsten einen leicht granu- lösen oder gewölkten Inhalt. Da sie weder mit einem von den zwei dem Tastsinne untergeordneten Typen von Sinnesborsten, noch mit den dem Geruchssinne dienstbaren Degenborsten oder den Schüppchen tibereinstimmen, viel- mehr durch die einfache Construktion ihrer Wandungen einen eigenartigen Typus verrathen, ist es vielleicht ge- stattet, sie als Gehörorgane einfachster Art zu deuten. Es ist mir nicht bekannt, dass diese spitzen, blassen und langen Streifen anderwärts bereits beobachtet worden wären. Einen weniger eigenartigen Bau verrathen aber die beiden nachfolgend zu beschreibenden Gebilde, welche sich am meisten dem antenniformen Haare ohne Höcker nähern. Bei der Gattung Eylats liegt bekanntlich die einfache Zur Kenntniss der Sinnesborsten der Ilydrachnideu. 43 der Gesclileclitsnäpfe und Geschlcclitsplatten entbehrende Gesclilechtsöffuung so weit nach vorne an die Bauchfläche gerückt, dass ihr vorderes Ende fast unmittelbar an die Mundtheile stösst. Hinter ihr liegt in einem Abstände von etwas mehr als ihrer eigenen Länge der von einer rund- lichen Platte umgebene After. Der ganze zwischen den Epimeralplatten der vier Vorderfüsse gelegene Theil der Bauchfläche, in dessen Mitte die jederseits von einer ein- fachen Reihe kurzer, etwas distanter Haare umgebene Ge- schlechtsöffnung liegt, wird von einer grossen Menge dicht gedrängter zierlicher Börstchen bedeckt, welche sich nach hinten immer mehr verlieren und nicht über die Analöff- nung hinaus erstrecken. Diese Börstchen haben eine zier- liche dolchförmige Gestalt (Fig. 10 uns. Taf.), bei einiger Dicke eine wenig ansehnliche Länge und zierlich gefranzte Ränder. Sie lassen einen Inhalt ähnlich demjenigen der Schüppchen erkennen und sind ebenfalls spezifische Nerven- endigungen. Wir können nämlich beobachten, wie sich auch zu ihnen ein sehr feines Nervenästchen schlägt, wel- ches innerhalb des Ringes, der ihre Basis umgibt, zu einem . Knötchen anschwellt. Als Sinnesorgane hat man auch die kräftigen scharf- gezackten Borsten zu deuten (Fig. 12 uns. Taf.), welche sich in grosser Zahl und einfacher Reihe an der ünter- fläche des letzten (Fig. 11 uns. Taf.) und bei den übrigen Gliedern der Beinpaare der nämlichen Milbe periarticulär vorfinden. Wenigstens in der Gestalt erinnern sie an eigenthüm- liche flexible Borsten, von denen je drei am oberen Rande an der Innenseite des zweiten Palpengliedes, eine siebeute und unpaare in der Mitte des oberen freien Randes von Diplodontus fdiformis entspringen. Auch sie sind sicherlich als Tastgebilde zu betrachten. Ueberhaupt scheint der obere Rand der Unterlippe nicht selten der Träger von Sinnesempfindung zu sein. Ich schliesse dieses aus der grossen Anzahl kleiner Här- chen und blasser, kurzer aber starker Stifte, welche wir z. B. bei Hydroäroma rubra an dieser Stelle in Menge auffinden. Möglicher Weise haben wir in ihnen einfache 44 G. Haller: Geschmacksorgane zu deuten, bervorzulieben ist aber ihre Aebnlicbkeit mit den Taststit'ten und Tastbaaren. Die äusserst geringe Grösse erschwert aber ihre Untersuchung bedeutend. Endlich könnte man vielleicht hier noch der langen kräftigen Borsten gedenken, welche auf einem grösseren Höcker jederseits neben der Geschlechtsöffnung und auf kleineren zu beiden Seiten des Amts von Limnocliaris stehen. Auch sie scheinen Sinnesorgane darzustellen. 6. Ueher zwei Chitinbilduug'eii au eleu Palpeu, welche leicht zu falscheu Deutungen Yer au lassung- gebeu köuuteu. Zum Schlüsse mag es von Werth sein, zweier Chitin- bilduugen an den Palpen zu gedenken, welche durch ihre eigenthümliche Gestalt und ihre Lage an den Palpen leicht Veranlassung zu falschen Deutungen geben könnten und vielleicht auch schon gegeben haben. Leber t*) hat eine höckerartige, mit einem kurzen aber überaus kräftigen Dorne bewehrte Erhabenheit an der Unterseite des zweiten Palpengliedes seiner, wie bereits Gramer richtig betont hat, mit Limnesia synonymen Gat- tung CampognatJia seiner ganz besonderen Aufmerksamkeit für werth gehalten und beschreibt dieselbe mit einer sol- chen Sorgfalt, dass man gut sieht, dass er ihr eine Be- deutung zugeschrieben hat, wie etwa einem eigenthtimlichen Sinnesorgane. Dieser dorntragende Höcker war aber be- reits vor dem seiner Aufgabe durchaus nicht gewachsenen Monographen der Hydrachniden des Genfer See's bekannt und wäre derselbe in der Litteratur auch nur in ganz geringem Maasse bewandert gewesen, so hätte er wissen müssen, dass bereits Duges^) dieselbe erwähnt und ab- bildet. Auch Bruzelius war sie recht wohl bekannt und er benutzte dieselbe, vielleicht mit Unrecht, als Merkmal für einige seiner Arten. In der That ist denn auch dieser Höcker mit dem fast eiförmigen kurzen und kräftigen Dorne 1) Lebert § XIII Hydrachnides in BulL de la soc. vand. d- scienc nat. 1874 pag. 85. 2) Duges S. 1. Acariens loc. cit. p. 145. PI. 10 Fig. 16. Zur Kenntniss der Sinnesborsten der Hydrachniden. 45 wolil werth, unsere Aufmerksamkeit für kurze Zeit in An- spruch zu nehmen und kann leicht zu ähnlichen Ver- muthungen Raum geben, wie ich sie oben ausgesprochen habe. Eine eingehende Untersuchung lehrt uns aber, dass alle Anhaltspunkte zur Verfechtung dieses Gedankens fehlen. Dagegen ist es mehr als wahrscheinlich, dass dieser Fort- satz jederseits einfach als Antagonist des krallenförmigen Endgliedes der ihm zunächst gelegenen Mandibel wirkt, indem dieses beim Kauen gegen ihn eingreift. Diese Be- obachtung erklärt auch die Dicke seiner Wandungen und den kräftigen gedrungenen Bau seines Domes. Es fehlt derselbe keiner der bis jetzt von mir untersuchten Lim- nesia-Arten und ist daher wahrscheinlich der ganzen Gat- tung eigen. Einige kurze Worte gehören endlich noch den sich in der Spitze der Palpen aller Hydrachniden vorfindenden harten Chitinstückchen, welche gewöhnlich in der Dreizahl vorhanden sind. Diese harten klauen- oder nageiförmigen Chitinstückchen, werden von Lebert, w^elcher sie zuerst beobachtet hat, ihrer Funktion nach nicht unpassend rudi- mentäre Krallen genannt, durchführen lässt sich freilich dieser Vergleich schon desshalb nicht, weil die Krallen bei allen Hydrachniden stets nur paarig auftreten (Fig. 11 uns. Taf.). Auch sie möchten den Ungeübten nur zu leicht verführen, sie für Sinnesorgane zu halten. Dem ist jedoch sicherlich nicht so, sondern sind dieselben einfach die zum Ergreifen der Beute dienenden Armaturstücke der Palpen. Mit vorliegender Besprechung ist das Gebiet der Sinnesborsten bei den Hydrachniden sicherlich noch nicht erschöpft behandelt worden. Ich wünsche aber, wenigstens eine Grundlage gegeben zu haben, auf welcher später weiter gebaut werden kann. Bern, Anfangs März 1881. 46 G. Haller: Zur Kenntniss d. Sinnesborsten der Hydrachniden. Erklärung der Tafel IT. Sämmtliche Zeicbnungen wurden mit Hülfe der Camera lucida von Nachet nach Bildern des kleinen Hartnack'schen Instrumentes bei eingestossener Kammer meisten Theils nach lebendem oder frischem zerpflücktem Materiale, seltener nach Kalilauge-Präparaten oder nach künstlich angefertigtem Chitinskelete gezeichnet. Fig. 1 bis 7 beziehen sich auf Atax. P'ig. 1. Weibchen von Atax crassipes, nach dem Leben ge- zeichnet bei Oc. 3 Syst. 4. Die Palpen sind gänzlich, die Beine nur rechter Seits weggelassen worden. Fig. 2. Die drei letzten Glieder des ersten Fusspaares der nämlichen Milbe. Oc. 3 Syst. 6. bb Riechborsten, hh deren Höcker, h'h' dieselben in rudimentärem Zustande, ss Schüppchen, st, st blasse Streifen, tb, tb Tasthaare, tb' besondere Modifikation derselben. Fisr. 3. Die Basis der Riechborsten mit dem basidialen Höcker im Querschnitt. Oc. 5 Syst. 7. B Borste, h Höcker, i In- halt der Borste (nur im unteren Theile derselben angedeutet), m Grenze der Muskulatur der Extremität, n Nervenfaden, nk dessen Endanschwellung. Fig. 4. Spitze einer Riechborste mit Kalilauge behandelt, näml. Vergr. B Spitze der Borste, ch centraler Hohlraum, ii aus- getretene Partikelchen des Inhaltes. Fig. 5. Riechschüppchen Oc. 4 Syst. 7. ii Inhalt, k kern- artige Stelle, r einfacher, r' gefranster Rand. Fig. 6. Tasthaare mit Chitinhöckerchen, näml. Vergrösserung. A von oben, B von der Seite, C erste Modification derselben. Fig. 7. Geknöpfte Tastborste von den Palpen, näml. Vergr. Fig. 8. Letzte Extremität linker Seits meiner neuen Gattung Forelia aus dem Genfer-See. Man sieht die gegen das Ende der Glieder hin angehäufte Menge der Tasthaare ersterer Form. Oc. 3 Syst. 7. Fig. 9. Antenniformes Haar vom Chitinskelette einer Hydrach- nide Oc. 4 Syst. 7. a der die Rückenfläche überragende Höcker, welcher die Borste b trägt, c Ausführgang der ersten Hautdrüse der Rückenfläche. Fig. 10. Dolchförmiges Haar aus der Geschlechtsgegend von JEylais extendens. Oc. 5 Syst. 7. Benennung wie bei F'ig. 3. Fig. 11. Endglied des letzten Beinpaares . von Eylais exten- dens Oc. 4 Syst. 6. Fig. 12. Drei stärker vergrösserte stark gezackte Dornen der Unterseite Oc. 3 Syst. 7. Zur Kenntniss der Dermaleicliiden. Von Dr. G. Haller, in Bern. Hierzu Tafel V— VII. Fast gleichzeitig mit der von mir bereits früher be- sprochenen Monographie ^) von Meguin imd Robin, sowie meinen eigenen Studien über diese Milben 2) veröffentlichte Canestrini^) eine Anzahl von Beschreibungen nebst zahl- reichen sehr mittelmässigen Abbildungen solcher Derma- leichen, welche er für neu hielt. Wir finden unter dieser Benennung sehr verschiedenartige parasitische Milben zu- sammengestoppelt, so reihte der italienische Acarinologe den Dermaleichen ListropJiorus gihbosus Pagenst., Cheyletus parasitivorax Megn. und Homopus sciurimis Koch an. Da Canestrini nur die Studie von Buch holz ^) kannte, mussten für ihn mehrere Arten neu sein, welche in den neueren Monographien von Robin und Megnin nur kurz 1) Siehe: Journal de l'anatomie et de la physiologie par Robin et Pouchet. Paris 1877. pag. 209—248 Taf. XII— XIII, pag. 391 bis 429 Taf. XXII-XXV, pag. 498-520 Taf. XXVI— XXXIX pag. 630 bis 656 Taf. XXXVI— XXXVIII. 2) Zeitschr. f. wissen scbaftl. Zoologie Bd. XXX pag. 50 — 98, Taf. III-IV, pag. 512— 562, Taf. XXXIII— XXXV. 3) Vol. V Ser. V degli Atti del R. Istituto Veneto di scienze, lettere ed arti. Estr. pag. 1 — 28 1878. Atti della societa Veneto- Trentina di scienze natural! in Padova Vol. VI, Fase. I, Taf. 1—5. 4) Verhandlungen d. kais. Leopold-Carol. deutschen Akademie der Natarf. Dresden 1870, pag. 1—56, Taf. I— VII. 48 G. Haller: vorher beschrieben worden waren. Er sah sich daher bald und ohne sein Verschulden genöthigt, der ersten Studie eine zweite nachzuschicken,* in welcher er seine neu be- nannten Formen auf die synonimen Arten der franz. Aut. zurückführte. Ausserdem wurden die verschiedenen Gat- tungen, in welche nunmehr diese Schmarotzer eingetheilt worden waren, einer eingehenden Prüfung unterworfen. Die von mir auf zwei eigenthümliche Arten gegründete Krameria wurde von ihm, wie ich bereits am anderen Orte gezeigt habe, mit Unrecht fallen gelassen, dagegen accep- tirte er die Gattungen Freyana mihi, Pterolichus Robin, Troctophyllodes Rob., ferner Bimorphus mihi und Anaiges Nitzsch, neu aufgestellt wurden ÄUoptes und Xoloptes. Im März 1881 veröffentlichte sodann der bereits durch seine vorzüglichen Untersuchungen an Oribatiden bekannte Engländer A. D. Michael*) die Beschreibung eines ausser- ordentlich merkwürdigen Parasiten vom Kormorane {Fhala- crocorax carho), welchen er ohne ihn in einer der bereits bestehenden Gattungen unterzubringen Dermaleichus hetero- pus nannte. Das Hauptmerkmal dieses Schmarotzers, nämlich die vollkommen unsymmetrische Entwickelung des zweiten Beinpaares, kann uns einen Beweis davon geben, wie tief die Nothwendigkeit bei der Begattung mit einem Hülfsapparate zur Bezwingung des Weibchens versehen zu sein, auf den Bau unserer Thiere und namentlich die Ausrüstung von ihren Extremitäten einwirkt. Ich habe bereits in meinen früheren Abhandlungjen darauf hingewiesen und auch seit- her, wie nachfolgende Beschreibungen zeig-en werden, man- chen interessanten Beweis hierfür aufgefunden. Auffallender Weise haben sich dieselben bisher den sämmtlichen übrigen Monographen entzogen oder sind von ^ihnen absichtlich übergangen worden. Für die beschreibende Systematik verdienen diese accessorischen Begattungsorgane ebenso viel Beachtimg als für die allgemeine Morphologie, da sie sehr gute Merkmale zur Erkennung der Arten gewähren. Interessant ist ferner Michaels Bemerkung, dass sich 1) Michael in Journal of the royal microscopical society ser. II vol. I PI. IV, pag. 212-216. Zur Kenntniss der Dermaleichiden. 49 das Chitingerüste bei den Dermaleiclicn der Wasservögel im weiteren Sinne meist grösserer Entwicklung erfreue als bei unseren Sperlingsvögeln. Auch hierin stimmen seine Be- obachtungen mit den meinigen übercin. Er lässt sich (loc. cit. pag. 2) darüber folgendermassen hören: „. . . I have however, remarked that the chitinous strengthening is usually strenger in species parasitic upon aquatic and particulary marine birds, than in those found on terrestral ones. One is inclined to ask the reason of this and the question is not very easy to answer; but I am inclined to think that the rougher life led by the host, and the more constant exposure to alternations of wet and drying, might be too much for the softer bodies of the species found upon our sparrows and song-birds." An diese verdienstvolle Arbeit, welche ein interessantes und lehrreiches Licht auf das Verhältniss der Dermaleichen zu Darwins Lehre der Anpassung der Arten wirft, schliesse ich, wie dies wohl der Zeit gemäss richtig ist, einige Be- merkungen Oudemanns über die Synonimik der Arten. Von allgemeinerem Interesse möchte dessen Bemerkung sein, dass Dimorphus Phaetonis Buchh. unter dem Namen Äcarus Phaetontis bereits Fabricius bekannt war und von ihm ziemlich kenntlich beschrieben wurde 2). Auch die bisherige Auffassung des Anaiges passerinus L. wird von Oudemann angegriffen, indem er von dieser ursprünglichen Art unter dem Namen Anaiges Halleri eine neue Form abtrennt und wie folgt umschreibt: „Beim ici major is Buchh. Anaiges serratilobatus Gieb. Zeitschr. v. Halle 1870. pag. 495. JDim. pici majoris Buchh. Nova Acta Leop. etc. 1870. pag. 43, Taf. V Fig. 28-30. non Anaiges socialis Ch. Robin Journ. de l'anat. etc. 1877. pag. 511. Taf. XXVIII. Fig. 4. Dimorphus pici majoris Buchh. gleicht dem Dimorph, socialis, welcher von Megn in und Robin ebenfalls auf einem Spechte gefunden wurde, in so auffallender Weise, dass nur eine genaue Untersuchung denselben als ver- schieden von jenem erkennen lässt. Die Merkmale von Dim. pici majoris Buchh. sind folgende. Das dritte Glied des ersten Beinpaares an seiner Innenfläche mit sehr kräftigem dreieckigem Fortsatz, wel- cher nach hinten über die Fläche des ersten Gliedes herab- reicht und dieselbe berührt; das entsprechende Glied des zweiten Beinpaares entbehrt desselben, dagegen springt das erste Glied in der Mitte des Aussenrandes in eine starke Ecke vor, welche eine lange Borste trägt. Das dritte Glied beider Fusspaare am oberen Rande stark verlireitert, das nachfolgende an seiner Basis merklich schmäler, jenes 58 G. Haller: springt daher nach auswärts als starke Ecke vor, Dorn- fortsatz des letzten Gliedes sehr stumpf, warzenförmig (Fig. VI Taf. II). Ende des Hinterleibes vollkommen demjenigen von Anaiges socialis ähnlich, jedoch trägt der mittlere Zapfen au der Aussenseite des Lappens statt einer einfachen kurzen Borste wie dort, eine an ihrer Basis leicht verbreiterte Säbelborste, die verkehrt V-förmige Leiste, welche die Ge- schlechtsorgaue nach vorne umgibt, ist bei Dim. pici majoris beträchtlich kleiner, die rundbogenförmige Leiste, welche die Haftnäpfe umrahmt, nach vorne nicht unter- brochen (Fig. 1 Taf. VI). Das erste Glied des dritten Beiupaares trägt an seiner Innenseite eine viertelmondförmige Chitinplatte mit star- kem, von einer Hohlkehle durchzogenen Chitindorne, wel- cher sich von seiner Umgebung durch intensiv braune Farbe auszeichnet (Fig. 3). Ein ähnliches Armaturstück ist von mir *) auch für Dermaleichus Phaetonis beschrieben und als zum accessorischen Begattungsapparate gehörend er- kannt worden. Das zweite Glied springt nach einwärts mit sanfter Rundung vor, das vierte endlich trägt am Hinterrande auch an der Innenseite einen dem äusseren vollkommen ähnlichen Dorn (Fig. 1 Taf. VI). Das End- glied des vierten Beinpaares entspricht vollkommen der Schilderung und Zeichnung, welche ich von dem entsprechen- den Gliede von Dim. Tyrelli entworfen habe (s. Fig. 10 Tafel V). Wie bereits Buch holz anführte, lebt diese Art auf Ficus major, wo sie auch von mir aufgefunden wurde. Zwei Weibchen, welche im Baue der vorderen Gliedmassen der oben gegebenen Beschreibung vollkommen entsprechen, wurden von Poppe auf dem nämlichen Spechte gefunden. Sie kennzeichnen sich übrigens durch die sehr langen Schenkel der halbkreisförmigen Lyra und durch den auf- fallend gestalteten hinteren Körperrand. 4. Bim. appendiculatus mihi. Männchen von auffallend gestreckter Gestalt, beträchtlich mehr als zwei 1) Loc. cit. pag. 555, Taf. XXXIII, Fig. 8. Zur Keiintuiss der Dermaleichiden. 59 mal so lang als breit und zwar ist es nicht wie bei Dm. elongatus Bucbh. der zwisclien dem 2. und 3. Beinpaare gelegene Abschnitt, welcher diese Streckung erleidet, son- dern der hinter dem letzten Fusspaar gelegene KiJrpertheil. Grösste Breite etwas nach vorne vom dritten Fusspaare, von hier an nach hinten nur wenig verschmälert, am Ende des Abdomens ein tiefer schmaldreieckiger Einschnitt. Auf der Höhe des dritten Gliedes ein den ganzen Körper um- ziehender ringförmiger Quercindruck. Hart an demselben entspringen zwei schmale, deutlich abgetrennte Anhänge, welche nach hinten in eine Spitze auslaufen und etwa die Länge des zweiten Gliedes des dritten Beinpaares haben. Das Ende des Abdomens wird durch den vorerwähnten Ausschnitt in zwei nach hinten kaum verschmälerte, stumpfe Lappen getrennt, an deren Ende wir die innerste der drei ungefähr gleich langen und kräftigen Endborsten finden. Zwei Höcker an der Aussenseite der Lappen tragen die beiden anderen, der untere von diesen durch eine kaum bemerkbare Ausbuchtung vom Hauptlappen getrennt. Die Lappen werden von einem breiten Chitinrande umgeben, welcher nur durch die innerste Endborste eine Unter- brechung erfährt und den Hinterleibsausschnitt nach vorne theilweise ausfüllt. Die Haftnäpfe sind von beträchtlicherer Grösse, die Ruthe klein mit längeren Seitenschenkeln (Fig. 4 Taf; VI). Das Köpfchen erweist sich als gestreckt, etwa ellip- tisch; die vorderen Beinpaare als klein und schmächtig. Ihre Ausrüstung ist sehr wenig entwickelt; der Dorufort- satz des vorletzten Gliedes auf ein feines Häkchen redu- cirt, derjenige des letzten nur wenig kräftiger. Das dritte lange und nur wenig verdickte Fusspaar erreicht mit seiner Spitze kaum das Ende des Hinterleibslappens. Glied zwei, drei und vier nicht verschmälert, zwei und vier die läng- sten; fünf auffallend kurz, ungefähr so lang als eins und drei, zugespitzt und in einen kurzen Schnabel ausgezogen. Es trägt das Haftläppchen nicht an seiner Spitze, sondern etwas nach einwärts von ihr, zwischen ihr und einem eigenthümlich gestalteten Dorne. Dieser ist an der Basis stark verbreitert, ungefähr in seiner Mitte plötzlich ver- 60 G. Haller: schmälert und läuft iu zwei kurze Spitzen aus (Fig. 5 Taf. VI). Das Basalglied des vierten Beinpaares sehr gross, an seinem unteren Rande breiter als die nachfolgenden Glieder; das letzte an seiner Basis verschmälert, am freien Ende ausgerandet, trägt in diesem Ausschnitte das Haft- läppchen. Totallänge 0,6, Breite 0,24 mm. Von dieser merkwürdigen Form, welche wegen ihrer auffallenden Körperform und ihrer Anhänge mit keiner der bereits beschriebenen verwechselt werden kann, fand ich nur ein einziges Männchen auf Balkis aquatims. Die Weibchen sind nach meiner Erfahrung sehr leicht an der ähnlichen Formation der vorderen Beinpaare zu erkennen. 5. Dim. parinus. Biichholz. d^ Buchh. Nov. Acta. pag. 33 Taf. III Fig. 19. Das Männchen dieser Art wurde bereits von Buch- holz beschrieben, welchem jedoch nur dieses Geschlecht bekannt war. Durch die Gefälligkeit des Herrn Poppe, welcher auf Parw5 coent^m^ zwei Weibchen dieser Art fand, bin ich in den Stand gesetzt, das Versäumniss von Buch- holz nachzuholen. Die Weibchen dieser Art bieten in der That so merkwürdige Verhältnisse dar, dass es sich der Mühe lohnt, dieselben noch nachträglich bekannt zu machen. Weibchen. (Fig. 6 Taf. VI). Körper kurz und ge- drungen, kaum IV2 nial so breit als lang, nach hinten kaum verschmälert, dagegen vom letzten Fusspaare an bis etwa zur Hälfte des hinter diesem gelegenen Körpertheils ganz allmählich verdickt und plötzlich wieder verschmälert. Abdomen am Hinterrande stark ausgebuchtet, die beiden Hinterecken des Körpers nach hinten stark höckerartig vortretend, ein jeder dieser Höcker trägt zwei entfernt von einander inserirte ungefähr gleich lange und gleich starke Endborsten. Auf der Rückenfläche ausser der Kopf- platte keine Platte, an der Bauchseite zu beiden Seiten des Afters zwei starke ungefähr halbmondförmige, mit der concaven Seite nach einwärts gekehrte, am Aussenrande mehrfach ausgerundete Platten. Geschlechtsöffnung auf- fallend weit nach vorne gelegen fast an der Basis des Trugköpfchens, Lyra mit den sehr stark verkürzten Epi- meren des ersten Fusspaares verwachsen, winkelig gebogen. Zur Kcnntniss der Dermaleichiden. 61 Epinieren der Leiden liiiitcrcn Fiisspaare mit ciuander ver- wachsen, auf jeder Seite eine schräge, mit der Concavität nach einwärts gewendete C-Figur darstellend, deren vor- derer Längsstrich nach vorne stark verlängert ist. Zwei gleich lange und starke hintere Raudborsten. Trugköpfchen sehr kurz und sehr breit, queroval; Mundtheile entsprechend gedrungen und kräftig. Vordere Extremitätenpaare ungefähr gleich lang und gleich dick, als die hinteren sehr kräftig gebauten, die beiden ersten Glieder dieser letzteren sehr klein. Vordere Beinpaare ohne jegliche Armatur. Länge 0,365, Breite 0,23 mm. Es hält nicht schwer, aus dem kurzen und stark ge- drungenen Baue und den unbewaffneten Beinen auf Dim. parinus als die Männchen dieser Art zurtickzuschliessen. 6. Dimorphus Fuffini Buchh. Bim. Fuffmi Buchh. Nov. Act. pag. 37 Taf. IV Fig. 23 mas und 24 fem. Poppe fand auf verschiedenen Möven- Arten nach- folgend beschriebene Art. Namentlich die Weibchen stim- men so sehr mit der oben erwähnten Abbildung von Buch- holz überein, dass ich es nicht wage, vorliegende Art neu zu benennen. Aber auch in der schlechten Abbildung des Männchens erkenne ich manchen Zug wieder, welcher auf die vorliegende Form schliessen lässt. Jedenfalls aber kann ich in Dim. Fufßni Buchh. mein Thier eher wieder erkennen, als'in den Abbildungen, welche Canestrini an zwei verschiedenen Orten ^) von seinem Dim. starnae ent- wirft. Sollte sich, wie ich zu glauben genügende Ursache an der Identität der Wirthe haben, dennoch Uebereinstim- mung der Buchh. Art mit Canestrini 's finden, so müsstc dieselbe den älteren Namen tragen. Die Beschreibung von Buch holz ist zu ungenügend, um das in beiden Geschlech- tern merkwürdige Thier wiederzuerkennen. Es soll daher dasselbe hier ebenfalls ausführlicher besprochen werden. Männchen: Ziemlich gestreckt, zwei mal so laug als breit, dabei der Abstand zwischen dem zweiten und 1) Canestr. Intorno agii Acari Estr. dal Vol. iV ser. V degli Atti del r. istituto veneto di scienez ed arti etc. Taf. VI Fig. 4 und Atti della societä veneto-trentiua etc. Taf. I— III Fig. 9. 62 G. H aller: dritten Fusspaar kaum erweitert, dagegen der hinter dem letzten Fiisspaare gelegene Abschnitt merklich verlängert und zugleich in entsprechendem Maasse nach hinten ver- schmälert; Abdominalende durch einen tiefen keilförmigen Einschnitt in zwei schmale, nach hinten zugespitzte Lappen zerlegt. Ein blasser schmaler Hautsaum umgibt dieselben an der Innenseite vollständig und setzt sich auch nach aussen hin fort, nach hinten überragt derselbe die Spitze der Abdominallappen und steht hier in zwei undeutlich getrennten Spitzen hervor. Zwei lange Endborsten, deren innere an der Spitze der Lappen, deren äussere beträcht- lich weit nach vorne am Seitenrande inserirt ist, vor der- selben stehen noch zwei kurze Börstchen, ein drittes ähn- liches am lunenrande der Lappen nahe dem vorderen Ende der Incisur. Rücken fast vollständig durch Chitinplatten geschützt, nur die Verbindungsstellen weich; auch das Chitiugerüste der Bauchfläche mit zahlreichen accessori- schen plattenartigen Erweiterungen (Fig. 2 Taf. VII). Epimeren des ersten Beinpaares halsbandartig vereinigt, nach hinten in eine lange Spitze auslaufend, des zweiten Paares am Anfange stark erweitert. Die vorderen Bein- paare einfach, ohne Fortsätze, an Stelle derselben starke vorspringende Ecken. Drittes Beinpaar stark verdickt und verlängert, das letzte Glied stark zugespitzt, ziemlich kurz. Die Borste des ersten Gliedes nur kurz, des vorletzten nicht viel länger, wellenförmig gebogen, an der Innenseite des letzten Gliedes und nahe dessen oberem Ende eine kurze aber starke Borste von der Gestalt eines zur Schreib- feder zugeschnittenen Gänsekieles. An der Spitze des letzten Gliedes zu beiden Seiten des Haftläppchens der accessorische Begattungsapparat, bestehend aus zwei durch eine Bucht getrennten Chitinzähnen (y) an der Innenseite und einem riffartigen, durch zahlreiche parallele Längs- striemen gefurchten Chitinstücke (x) am Aussenrande des Gliedes (Fig. 3 Taf. VII). Viertes Fusspaar sehr kurz und dünn, aus ungefähr gleichen Gliedern zusammenge- setzt, das Endglied stark zugespitzt, ohne accessorischen Begattungsapparat, auf einem Vorsprunge der Aussenseite ein starkes Börstchen tragend. Totallänge 0,54, Breite 0,27 mm. Zur Kenntiüss der Dermaleichiden. 63 Weibchen kurz und breit, Körper vom dritten Fusspaarc an nach hinten liaum merklich verschmälert, die Hinterecken zugernndet. Jederseits eine einzige lange und kräftige, nahe der Mittellinie inserirte Endborste, hart nach einwärts von derselben die innere in Gestalt eines sehr kleinen Härchens. Auf der Rückenfläche ausser der Kopfplatte zu jeder Seite des Abdomens eine breite band- förmige Platte von der Gestalt eines flachen mit der Con- cavität nach auswärts gewendeten (; am Hinterrande in der Mitte zwischen diesen eine unpaare, fast halbkreis- förmige Chitinplatte von sehr geringer Grösse, welche die postanale Geschlechtsöffnung trägt (Fig. 4 Ta£ VH). An der Bauchfläche die Epimeren der beiden ersten Paare ähnlich wie beim Männchen, das erste Paar nur mit sehr kurzem Stachel; die hinteren sehr klein. Lyra halbkreis- förmig. Köpfchen kurz und breit. Die zwei vorderen Beinpaare kurz und schmächtig einfach, wie beim Männ- chen, ebenso klein und noch dünner die hinteren, jene mit stark verdickten Chitinrändern. Grösse des Weibchens sehr unbedeutend, kaum halb so gross als das Männchen. Larven leicht kenntlich an dem einzigen Paare entwickelter Endborsten. Die vorliegende Art bildet im männlichen Geschlechte eine hübsche Illustration zu der weiter oben mitgetheilten Beobachtung Michael's, betreffend die Entwicklung des Chitingerüstes der die Wasservögel bewohnenden Derma- leichen. 7. Dint. gladiator mihi. Beide Geschlechter leicht gedrungen und entsprechend breit. Männchen und Weib- chen leicht kenntlich an dem hakenförmigen Olecranon- fortsatz des zweiten Gliedes des ersten Beinpaares, an dem sehr langen und starken fast geraden und gegen das Ende hin ganz allmählich zugespitzten Dornfortsatze des vor- letzten und dem mangelnden des letzten Gliedes (Fig. 11 Tafel V). La])pen des männlichen Hinterleibes kurz und breit, nach auswärts mit schräger /-förmiger Chitinleiste, nach einwärts mit schmalem blassem Saume, welcher jederseits über die Spitze des Hinterleibes in Gestalt eines laugen 64 G. Haller: aber schmalen Zahnes hervorragt. Jederseits vier Paare von Endborsten, von denen die innerste imd äusserste schwächer am Seitenrande, die beiden mittleren weitaus stärkeren und längeren mehr an der Spitze des Hinter- leibes inserirt sind. Drittes Beinpaar dick und von mas- siger Länge, stark säbelförmig nach einwärts gekrümmt, besonders dessen letztes Glied. Das erste nur an der Basis leicht verdickt, die drei folgenden kaum verändert, das letzte plötzlich verschmälert und zugespitzt. Glied eins trägt fast in seiner Mitte eine starke und lange Borste, eine schwächere steht jeweilen an der Aussenseite des Hinterendes des dritten und vierten, sowie nach innen in der Mitte des vierten Gliedes; sehr charakteristisch scheint die Ausstattung des letzten Gliedes, welches in seiner ersten Hälfte am Innenrande zwei über einander stehende schwertförmige Borsten trägt (Fig. 12 A). Das letzte Bein- paar steht den vorderen zweien an Dicke oder Länge kaum nach. Sein letztes Glied ist leicht verlängert und am freien Ende zugerundet. In seiner äusseren Hälfte trägt dasselbe am Aussenrande zwei längere cylindrische Höcker, welche durch ein blasses Stachelbörstchen getrennt werden, das in einen langen schmalen Faden ausläuft. Jene cylin- drischen Höcker, die einem accessorischen Begattungsappa- rate entsprechen, geben sich durch einen blassen Ring an ihrer Spitze als saugnapfartige Bildungen zu erkennen (Fig. 12 B Taf. V), wie solche von Robin für Tyroglyphus siro, von mir für Tyrogl. crassipes beschrieben worden sind ; ähnliche Bildungen werden wir endlich bei der nachfolgen- den Art kennen lernen. Die Männchen dieser schönen Art, welche von T vre 11 mehrfach srni Edopistes migratorius gefnuden wurde, haben eine Länge von 0,35, eine Breite von 2,36 mm. Die Weib- chen sind 0,455 mm lang und 0,245 breit. Dimorphus gladiator steht jedenfalls Dim. asternalis Megn. sehr nahe, unterscheidet sich aber namentlich durch den Besitz eines Olecranonfortsatzes am ersten Beinpaare. 8. JDim. calcaratus mihi. Männchen merklich grösser als die Weibchen, Körper sehr gestreckt und von massiger Breite, namentlich der hinter dem dritten Beinpaare liegende Zur Kenntniss der Dermaleicliiden. 65 liegende Abscbnitt sehr lang und nach hinten nur wenig verschmälert, am Ende durch einen tiefen bogenförmigen, nach vorne hin stark verlängerten Abschnitt in zwei lange und schmale Lappen geschieden. Die Lappen mit breitem durch eine nach hinten keilförmig erweiterte Spalte ge- trennten farblosen Hautsaum, welcher nach hinten in zwei zahnartige Absätze ausläuft. Am Ende eines jeden der Lappen, nach auswärts vom hinteren zahnartigen Vorsprung des Hautsaumes eine lange und starke Endborste, weit nach vorne von dieser am Seitenrande der Abdominal- lappen eine zweite ähnliche und über dieser eine dritte nur wenig schwächere, eine letzte ganz schwache am Innen- rande der Lappen noch weiter nach vorne als diese. Vor Allem aber erweisen sich die Verhältnisse des dritten und vierten Beinpaares auch für diese Art als sehr charakteris- tisch. Das dritte Beinpaar ist sehr lang und stark ver- dickt, nach hinten ganz allmählich verjüngt, aber nicht zu- gespitzt; die Gliederung ist annähernd eine gleiche, nur das letzte Glied übertrifft die anderen an Länge. Glied eins ungefähr in seiner Mitte, vier in der Mitte des lunen- randes mit ungemein langer und kräftiger Borste, dieses ausserdem am hinteren Rande mit zwei schwächeren ; Glied fünf trägt in der Mitte des Innenrandes einen starken knebeiförmigen Dorn, welcher das Ende des Fusses nur wenig überragt, ausserdem einen zweiten noch dickeren und sehr kurzen nach innen von der Insertion des Haft- läppchens, nach aussen von dieser ist der Hinterrand des Gliedes in einen kräftigen, leicht nach einwärts gerichteten Spornfortsatz verlängert (Fig. 13 uns. Taf. V). Das vierte Fusspaar steht den beiden ersten an Grösse nur wenig nach, seine Gliederung ist ungefähr gleich, jedoch verjüngt sich dasselbe gegen das Ende hin ganz allmählich; sein letztes Glied ist in der Mitte leicht verschmälert, am Ende zugeruudet, nach auswärts vom Haftläppchen demselben sehr genähert und dicht neben einander trägt dasselbe zwei sehr kleine saugnapfartige Bildungen (Figur 14 Tafel V). Länge 0,527, Breite 0,236 mm. Die Weibchen dieser Art charakterisiren sich durch den kurzen und gedrungenen Körper, welcher nach hinten Arch. f. Naturg. XXXXVUI. Jahrg. 1. Bd. 5 66 G. Haller: zwischen den zwei Paaren von Endborsten leicht ausge- randet ist, den als eine Spitze vorspringenden After und die wohl ausgebildeten Epimeren; das erste Paar derselben vereinigt sich weit nach hinten, um in eine gemeinsame Spitze auszulaufen. Diese letztere reicht bis zur bogen- förmigen Lyra, deren beide Enden je eine mittellange Borste tragen. Länge 0,418, Breite 0,218 mm. Von dieser in beiden Geschlechtern wohl charakteri- sirten Art erhielt ich ein einziges Männchen und zwei Weibchen zur Untersuchung, welche von Poppe auf Orty- gometra porzana gefunden wurde. Mit Bim. Gallimdae Buchh. stimmt dieselbe durchaus nicht überein. 9. Dim. forcipatus mihi. Männchen (Fig. 15 uns. Taf. V) lang und schmal, mit tief und breit ausgeschnit- tenem Hinterleibe, die schmalen und spitzen Lappen tragen nahe der Spitze und an dieser selbst je eine lange und sehr starke Endborste, alle übrigen Paare sind nur durch kurze Härchen angedeutet. Der bis zu den Haftnäpfen reichende, nach vorn zugerundete Ausschnitt vollkommen durch eine durchsichtige und farblose Chitinhaut ausge- füllt, welche an den Seiten merklich über das Abdomen hervorragt, nach hinten in zwei starke zugespitzte Lappen verlängert ist. Grundglieder der vorderen Extremität sehr stark verdickt, diejenigen des zweiten Paares mit ihren Innenrändern nach oben die Aussenränder des ersten Paares bedeckend. Das zweite und dritte Glied nur un- deutlich getrennt, das zweite das nachfolgende nach aus- wärts leicht überragend mit eigenthümlich zugeschärftem Seitenrande (Fig. 16 Taf. V), aber ohne nach rückwärts gekrümmten Dorn am hinteren Ende. Die Dornfortsätze des letzten und vorletzten Gliedes kaum ausgebildet, nur durch schwache stumpfe Höckerchen vertreten (Fig. 16 Taf. V). Epimeren des ersten Fusspaares quer nach ein- wärts tretend, gleich nach ihrem Ursprünge verwachsen, in eine lange gemeinsame Spitze auslaufend. Drittes Beinpaar nur wenig verdickt und sehr lang, säbelförmig nach einwärts gekrümmt, von der Basis des ersten bis zum Ende des vierten Gliedes nicht verschmälert, scheinbar viergliedrig, da zwei und drei nur sehr un- Zur Kenntniss der Derraaleichiden. 67 deutlich und ohne Articulation getrennt sind. Letztes Glied dicht hinter der Innenecke des vierten eingelenkt und gut um die Hälfte dünner als jenes, daher die Aussenecke von vier über das nachfolgende Glied sehr stark vorspringend. Hier befindet sich nun als accessorischer Begattungsapparat eine eigenthümliche Zangenbildung (Fig. 17 uns. Taf. V). Dicht hinter der an der Aussenecke des vierten Gliedes entspringenden längeren Borste ist der hintere Rand des Gliedes zu einem nach auswärts steil abfallenden Chitin- zahne (uns. Fig. z) verlängert, welchem entsprechend die Aussenseite des letzten Gliedes in ihrer oberen Hälfte einen bogenförmig erweiterten Chitinkamm (uns. Figur k) trägt. Der durch diese Chitinbildungen entstehende Scheeren- oder Zangenapparat wird noch durch zwei kleine Chitin- höckerchen (uns. Fig. hh') vervollständigt, welche sich nach einwärts von dem Chitinzahne erheben. Ich habe diesen eigenthümlichen Apparat bei allen sechs von mir untersuchten Männchen dieser Art wohl ausgebildet ge- funden, die anderen Arten scheinen ihn, aus den Beschrei- bungen und Zeichnungen Megnin's zu schliessen, zu ent- behren; jene Arten kenne ich nicht aus eigener Anschau- ung. Auch das vierte Beinpaar ist aus den nämlichen Gründen wie das dritte scheinbar nur viergliedrig, steht den vorhergehenden an Grösse und Länge bedeutend nach und läuft ganz allmählich in eine Spitze aus. Sein letztes Glied ist ungefähr so lang, wie ein jeder der beiden vor- hergehenden Abschnitte und entbehrt aller accessorischen Ausstattungen. Länge 0,454, Breite 0,200 mm. Weibchen und Larven leicht kenntlich durch den oben beschriebenen Bau der beiden ersten Beinpaare. Körper sehr lang und schmal, von der Insertion des ersten Beinpaares an nach hinten zweimal stufenw^eise verschmä- lert. Beim trächtigen Weibchen anfänglich weit nach hinten vom vierten Beinpaar ein ungefähr halbkugeliger Abschnitt durch eine tiefe Ringfurche abgesondert (Fig. 18 Taf. V}. Mit dem Wachsen des Eies verstreicht die letztere mehr und mehr, bis sie endlich ganz verschwindet. Hintere Beinpaare sehr dünn. Lyra überaus flach, kaum gebogen (s. uns. Fig. 18). Länge 0,363, Breite 0,136 mm. 68 G. Haller: ' Diese Art, deren Weibchen namentlich sehr charak- teristisch gebildet sind, steht im männlichen Geschlecht fast allen der vierten Abtheilung Megnins sehr nahe, unter- scheidet sich aber von allen durch die Bildung der Vorder- beine und den Zangenapparat am 3. Beinpaare, ausserdem durch verschiedene oben erwähnte Einzelheiten. Tyrell fand dieselbe in mehreren Exemplaren auf Tringoiäes macu- laris aus Canada. 3. Gattung Pteronyssus. Megn. und Robin. (Taf. II Fig. 6—8). 1. Pteron. simplex. Männchen. Dem Männchen von Pteron, striatus Megn. sehr ähnlich. Von gestreckter Körperform, zwischen dem zweiten und dritten Beinpaare von tiberall gleicher Breite, der hinter dem dritten Bein- paare gelegene Abschnitt nach hinten nur wenig verschmä- lert, in der Mitte kaum merklich ausgeschnitten, die beiden Enden zugerundet. Jederseits zwei lange Endborsten, welche getrennt entspringen, nach kurzem Verlaufe aber zusammenstossen und sich so innig zusammenschmiegen, dass sie verwachsen erscheinen und nur durch starken Druck getrennt werden können. Die innerste Endborste auf ein kurzes Spitzchen reducirt, die äusserste auf ein nur wenig längeres Häkchen. Die männlichen Genitalien liegen sehr weit nach hinten, zwischen der Insertion des letzten Beinpaares. Zu jeder Seite von der Analspalte ein dreieckiger, mit der schmälsten Seite nach einwärts ge- wendeter Lappen, welcher den Haftnapf trägt und sich vom übrigen Körper durch den Mangel der Hautvillen aus- zeichnet. Das letzte Glied des ersten Beinpaares gegen das Ende hin mit leichtem Chitinkamme an der Unterseite. Das dritte Beinpaar von den Vorigen kaum durch geringere Dicke und bedeutendere Länge unterschieden, am Aussen- rande des letzten Gliedes gegen das Ende mit kaum be- merkbarem, ein feines Haar tragendem Chitinhöcker. Letztes Fusspaar beträchtlich kürzer als die beiden ersten Paare, jedoch von gleicher Dicke, erreicht angedrückt das Ende des Abdomens nicht. Länge 0,346, Breite 0,163 mm. Zur Kenntniss der Dermaleichiden. 69 Weibchen (Fig. 2 Taf. VI). Mehr als IV2 mal so lang als das Männchen und nur wenig breiter. In der gestreckten Körpergestalt dem Weibchen von Fteronyssus picinus sehr ähnlich, nach hinten jedoch noch stärker ver- schmälert. Jederseits von dem schmalen und kaum merk- lich ausgerandeten Ende des Abdomens zwei gleiche End- borsten von bedeutender Länge und entsprechender Stärke. Zwischen beiden Paaren den hinteren Körperrand in Ge- stalt eines sehr kleinen, nach seitwärts gewendeten Börnes tiberragend die postanale GeschlechtsöflPnung. Epimeren des ersten Beinpaares am hinteren Ende zusammenstossend, alle lang, aber schwach; Schenkel der Lyra lang und dünn auslaufend. Zwischen den zwei vorderen und zwei hinteren Beinpaaren ist, was Dicke und Länge anbetrifft, kaum ein Unterschied zu bemerken ; das letzte Glied des ersten Paares ohne Chitinkamm. Länge 0,527, Breite 0,181 mm. Larven von ähnlicher Körpergestalt wie die Weibchen. Diese namentlich durch den sehr bedeutenden ge- schlechtlichen Grössen unterschied ausgezeichnete Art wurde von Tyrell in zwei Männchen, ebenso vielen Weibchen und einigen Larven auf Melanerpes erythrocephdliis aus Canada gefunden. 2. Fteronyssus quadratus mihi. Diese Art sieht DimorpJms picinus M6gn. sehr ähnlich, ist aber deut- lich von ihr durch die Gestalt des Abdomens des Männ- chens unterschieden (Fig. 8 Taf. VII). Die beiden Ab- schnitte des Hinterleibes sind nämlich am Hinterrande nicht zugerundet, sondern geradlinig, mit ausgesprochenen Hinterecken. Der in seiner Gesammtheit genau quadra- tische hinter dem letzten Fusspaare gelegene Körperab- schnitt, wird am Hinterrande seiner ganzen Länge nach durch einen schmalen farblosen Hautraud gesäumt, welcher nach hinten von der vierten Extremität nur wenig nach einwärts vom seitlichen Körperrande beginnt, um an der Ventralfläche als niedriger Kamm nach den Hinterwinkeln des Abdomens zu ziehen. Jederseits drei auf den hinteren Körperchen inserirte Endborsten von ziemlich gleicher 1) Mügu. und Rubin loc. cit. pag. 423 Taf. XXV. 70 G. Haller: Länge. Das dritte Beinpaar empfangt sein Haftläppchen nicht an der Spitze selbst, sondern merklich entfernt von derselben am Aussenrande. Ich fand ein einziges Männchen dieser Art auf Gecinus canus. Pterocolus nov. gen. (Taf. II Fig. 9—12, Taf. VII Fig. 6—9.) Koch beschrieb in seinem oftfach erwähnten ba- rocken Werkchen zuerst das Männchen des hierher ge- hörenden Dermaleichus corvinus und bildete auch ein Weib- chen ab, weiches er irrthümlicher Weise auf diese Species bezog. Erst Buchholz erkannte beide Geschlechter und bildete die Art kenntlich ab. Er lehrte uns auch eine zweite diesem Genus zuzuweisende Species den Derm. Eulabis kennen; es ist jedoch sehr fraglich, ob auch das von ihm abgebildete und beschriebene Weibchen wirklich hierher zu ziehen ist. Nachdem nun einmal die Dermaleichen in verschiedene Genera gesondert waren, glaubte ich, dass ein Bedürfniss vorhanden sei, Thiere, deren Männchen und Weibchen eine so charakteristische Körperform besitzen, in einer beson- deren Gattung unterzubringen. Ich*) stellte daher für sie das Genus Pterocolus auf, indem ich mich auf die nach hinten zugespitzte und in eine Endrosette auslaufende Körpergestalt der Männchen und den hinten tief gespaltenen, lang gestreckten Leib der Weibchen, ausserdem aber auf einige nebensächliche Merkmale berief. Diese letzteren sind, wie sich jetzt herausstellt, allerdings nur für Dermal, corvinus charakteristisch, allein die bestimmt angegebenen Körperformen hätten zur Bezeichnung der Gattung voll- kommen genügt. Leider blieb aus mir unbekannten Ur- sachen die Beschreibung bei der Publikation ganz weg. Als später Canestrini seine Dermaleichenstudien schrieb, ignorirte er diese Gattung ganz und ordnete die beiden erwähnten Arten dem Genus Pterolichis Chr. Rob.^) unter. Dieser Gattung werden aber je länger je mehr und 1) Weitere Beiträge loc. cit. pag. 538 und f. 2) Megnin und Robin loc. cit. pag. 393. Zur Kenntniss der Derinaleichiden. 71 sicherlich ganz gegen die Absicht der ersten Monographen alle missbeliebigen Arten zugeschoben, welche man anderswo nicht unterbringen kann. Wir bekommen daher eine Gruppe der heterogensten Formen, welche mit den ersten typischen Arten nur die Eigenthiimlichkeit gemeinsam haben, dass ihre hinteren Fusspaare keine auffallenden sexuellen Unter- schiede zur Schau tragen. Ein ähnliches Schicksal droht auch der von Canestrini^ errichteten Gattung Alloptes. Wie bekannt, stellte der italienische Acarinologe diese Gattung für einige Dimorphusformen auf, deren viertes Fusspaar in autfallender Weise verdickt ist. Seine typi- schen Formen waren All. ccramhicis und All. palmatiis. Wir dürfen daher auch fordern, dass die hierher gehörigen Species in beiden Geschlechtern einen Dimorphus ver- wandten Habitus aufweisen. Allein neulich beschrieben Canestrini und B erlese eine Federmilbe von Cypselus apus als Alloptes cypseli, welche mit den typischen Formen der Gattung nichts weiter gemeinsam hat, als das verdickte vierte Fusspaar, dagegen im äusseren Habitus BermaleicJms corviniis gleicht wie ein Ei dem anderen. Canestrini hält sich mithin in unnatürlicher Weise an die im Bau der Beinpaare ausgesprochenen sexuellen Unterschiede. Ich kann mich mit diesem Verfahren aus zwei Gründen nicht einverstanden erklären. Erstlich weil eines der gerechtfertigsten Grundgesetze einer naturgemässen Systematik fordert, dass die Summe einer Reihe gemein- schaftlicher Merkmale mehr gilt, als eine vereinzelte Eigeu- thümlichkeit. Sodann bietet die äussere Körperform, welche wie wir anderweitig 2) sehen, zusammenhängt mit der inneren Anatomie, ein gewichtigeres Merkmal als die sexuellen Verschiedenheiten im Baue der verschiedeneu Beinpaare. Nur wenn man sich durch diesen Grundge- danken leiten lässt, wird es gelingen, die so überaus mannigfachen Gestalten der Federmilben in mehreren gut umschriebenen und harmonisch abgeschlossenen Gruppen unterzubringen. Auf dieser Basis will ich es denn auch 1) Canestriui Intoruo ad alcuni acari parassiti in Atti della societä veueto-treutina di scienzc naturali vol. VI fac. I pag. 7. 2) Zeitscbr. f. wissensch. Zoologie. Band XXXVi. 72 G. Haller: versuchen, in kurzen Worten die neue Gattung Pterocolus zu umschreiben. Körper in beiden Geschlechtern gestreckt und unge- fähr von der nämlichen Grösse. Sexueller Unterschied namentlich in der verschiedenen Körpergestalt, zuweilen auch in den hinteren Beinpaaren ausgesprochen. ^ Körper nach hinten in eine Spitze auslaufend, am Ende ungetheilt, dagegen zu einer Rosette verdickt. Zweite Weibchenform mit tief eingeschnittenem Hinterleibe ; erste ähnlich nur mit weniger tiefem Einschnitte. Geschwänzte Weibchen fehlen vollkommen. Hierher gehören: I. Viertes Beinpaar des Männchens nicht in merklicher Weise verdickt. 1. Pteroc. corvinus Koch. Dermal, corvinus Koch Crust. Myr. und Arachn. h 33 18 mas 19 non fem. Buchh. Nova Acta Leop. 1870 pag. 24, Taf. II, Fig. 10 mas, 11 fem. Pterocohis corvinus Koch. Haller weitere Beiträge p. 538. Pterolichus corvinus Koch Canestr. lutorno pag. 9. Körper des Männchens etwa zwei und ein halbes Mal so lang als breit, namentlich der Endabschnitt lang gestreckt. Aeussere Rückenborsten vorhanden, Endborsten ungleich lang. Einschnitt tief und schmal, Seitenlappen entsprechend lang und schmal. Endborsten ungleich lang und stark. 2. Pterocolus Eulahis Buchh. Dermaleichus Eulabis Buchh. Nova Acta Leop. 1870 pag. 21. Taf. 11 Fig. 8 mas, Fig. 9 fem (?). Pterocolus Eulahis Buchh. Hall. Weit. Beitr. p. 539. Pterolichus Eulahis Buchh. Can. Intorno pag. 9. Männchen sehr kurz und gedrungen, namentlich der hinter den vier Beinpaaren gelegene Endabschnitt. Vordere Rtickenborsten fehlend, hintere ohne begleitendes Spitzchen. Rosette durch eine blasse Haut gesäumt. Jederseits zwei ungleich lange Endborsten. Weibchen wahrscheinlich noch unbekannt. 3. Pterocolus gracilepinnatus mihi. Männchen (Fig. 9 Taf. VII) von sehr gestreckter Gestalt, fast 3 Mal so lang als breit, eben so wohl zwischen dem zweiten und dritten als hinter dem vierten Fusspaare verlängert; Zur Kenntniss der Dermaleichiden. 73 Ende des Abdomen die Spitze des hintersten Fusspaares beträchtlich überragend, in zwei divergirendeAeste gespalten, deren jeder eine fiossenartige Verbreiterung trägt, die in der Mitte mit derjenigen der anderen Seite verwachsen ist. Zwei sehr lange und am Anfange schwach verbreiterte Paare von Endborsten, deren innere an der Spitze, deren äussere leicht nach vorne von derselben am Aussenrande der kurzen Gabeläste des Abdomens entspringt. Körper sehr stark gepanzert, auf der Rückenfläche nur die Verbindungsstellen weich und mit Rillen versehen; aber auch die Bauchfläche längs den Seitenrändern durch starke Chitinschienen verstärkt, der hinter dem vierten Fusspaare liegende Abschnitt sogar theilweise durch eine gebräunte Platte bedeckt, welche die beiden Haftnäpfe und auf einer Nath in ihrer Mitte die Analspalte trägt. Epi- meren der vorderen zwei Beinpaare schwach und striemen- förmig, diejenigen der hinteren sehr stark, breit und un- gefährdreieckig, diejenigen des vierten Paares sogar doppelt. Auf gleicher Höhe mit dem vorderen Ende der Bifurcation des Abdominalendes, mithin an der schmälsten Stelle des Körpers am Seitenrande eine schwache, und farblose Chitinschuppe, in deren Schutze ein kurzes Hakenbörstchen entspringt. Der Raum zwischen den beiden divergirenden Aesten des hinteren Körperendes bis auf eine kleine Lücke durch Chitinmasse ausgefüllt. Die flossenartigen Verbrei- terungen farblos durch radiär ausstrahlende Reihen nach auswärts an Grösse abnehmender Chitinpunkte von bräun- licher Färbung sehr zierlich punktirt, ihr Rand regelmässig sternförmig ausgeschnitten (Fig. 9 Taf. VI). Alle Beinpaare sehr schlank und von massiger Länge, die hinteren kaum durch geringere Dicke von den vorderen unterschieden. Haftläppchen länglich oval, ihr Stiel in eigenthümlicher Weise in der Mitte des Seitenrandes in- serirt ; die hinteren merklich grösser als die vorderen. Die männlichen Geschlechtsorgane kurz aber mit sehr starkem Chitinskelet. Alle Platten von braunrother Färbung, die stärker chitinisirten Stellen entsprechend dunkler, die weiche Haut von weisslicher Färbung. Totalläugc 0,63, Breite 0,22 mm. 74 G. Haller: Weibchen habe ich keine zur Untersuchung erhalten, dagegen die sehr charakteristisch gestaltete Larve (Fig. 10 Taf. VI). Der Körper derselben ist sehr breit und hoch gefüllt, zwischen dem zweiten und dritten Fusspaare kaum oder nur merklich verschmälert, der Abstand zwischen beiden sehr lang. Der hinter dem dritten ßeinpaare ge- legene Abschnitt nach hinten sehr stark verschmälert, in zwei lange und spitze Lappen geschieden, deren jeder eine lange und kräftige End börste trägt. Der weiche Körper des Thieres durch zwei Platten beschützt, deren erste der Kopfplatte der Erwachsenen entspricht, deren zweite auf der Höhe des dritten Beinpaares leicht verbreitert beginnt, * sich anfänglich ungetheilt nach hinten zieht, um sich bald entsprechend der Bifurkation des Abdomens in zwei Hälften zu spalten, deren jede einen Abdominallappen von oben bedeckt. Dicht vor der Insertion des dritten Fusspaares die letzte Rille der Körperoberfläche zu einer merklich vorstehenden Schuppe verbreitert, unter welcher das der zweiten hinteren Randborste entsprechende Dörnchen in- serirt ist. Die beiden vorderen Beinpaare sehr schmächtig, das dritte kürzer und dicker, sein zweites Glied springt nach vorne und aussen buckelartig über das erste hervor und trägt hier eine kurze aber starke Borste. Tyrell fand diese interessante Art auf Empidonax flaviventris in Gesellschaft mehrerer sehr grossen Analges- Weibchen (Taf. III Fig. 10), welche sich nicht näher be- stimmen lassen. Unter unseren europäischen Arten steht jedenfalls Fteroc. gracilepinnatus dem DermaleicMis corvinus Buchh. am nächsten, unterscheidet sich aber auf den ersten Blick durch die bedeutendere Länge, den zierlichen flossen- förmigen Anhang des Endknaufes u. s. w. Die Mundtheile sind sowohl bei dem Männchen, als bei der Larve so instructiv, dass ich mir nicht versagen kann, auf diese von mir an anderen Orten ausführlicher besprochene Frage kurz zurückzukommen und verweise ich für die nachfolgende Schilderung auf die Figuren Fig. 6 bis 10 uns. VII. Tafel. Betrachten wir unseren Pterocoliis zunächst von der Rückenfläche, so stossen wir zuerst auf das Epistom, wel- Zur Kenntniss der Dermaleichiden. 75 ches die naclifolgenden Mundtbeile an ihrer Basis bedeckt. Dasselbe (Fig. 6 e) ist gerade bei unserer Art sehr kurz, nach vorne hin zugerundet. Dicht darunter liegen nach einwärts und der Mittellinie genähert die scheerenförmigen Mandibeln, wie Erich son dieselben zuerst benannt hat, mithin das erste Kieferpaar. Bei Fterocolus gracilepinnaüis (uns. Fig. 6 k', k') sind dieselben von lang gestreckter Ge- stalt, mit sehr langen und an ihren Innenrändern höcker- losen Fingern; sie sind es, von welchen die Gestalt des Trugköpfchens aller Arten abhängt. Nach aussen von ihnen liegen jederseits die Mandibularpalpen (Fig. 6 pm, pm), gleich den Mandibeln sehr lang gestreckte und schlanke Organe, welche wie bei allen anderen tracheenlosen Milben nur drei Glieder erkennen lassen, das letzte derselben ist nach aussen zugespitzt und leicht nach auswärts gebogen. Verfolgen wir bei einer tieferen Einstellung des Instrumentes das untere Ende der Palpen nach einwärts, so erkennen wir bei Fterocolus gracilepinnaüis zwei stark gebräunte Platten (Fig. 8 k 2) ungefähr von der Gestalt eines Bumer- augs, deren hintere divergirende Enden sich mit dem oberen Ende der gleichseitigen Epimere des ersten Fusspaares kreuzen. Sie kennzeichnen sich durch die Insertion der Maxillarpalpen als das zweite Kieferpaar. Wir beobachten nun unsere Milbe von der Bauchfläche und stossen hier zunächst auf die bräunliche, an ihrem oberen Rande leicht verschmälerte Unterlippe (Fig. J ul), welche bei unserer Art etwas höher als breit, und an ihrem hinteren Rande durch eine mittlere und zwei seitliche Ausbuchtungen aus- gerandet erscheint. An ihrem vorderen Rande ist dieselbe in der Mitte zu einem schwachen Zähnchen ausgezogen, zu beiden Seiten von diesem Vorsprunge trägt sie zwei in auffallender Weise verbreiterte blattförmige Organe (Fig. 7 1 1), welche nach hinten gelenkig mit der Unterlippe ver- bunden sind. Die Gestalt dieser farblosen und dünnhäutiicen Organe, welche an ihrem Innenrande leicht verdickt und deren Fläche durch fünf bis sechs schräge von oben und aussen nach innen und unten eindringende leicht gebogene Streifen gerippt erscheinen, ist sehr schwer zu beschreiben, sie ergibt sich am Besten aus unserer Figur 7. Durch ihr 76 G. Haller: paariges Auftreten und ihre gelenkige Verbindung mit der Unterlippe geben sich dieselben als Labialtaster zu er- kennen. Setzen wir nun unsere Untersuchung von der Bauchfläche aus nach einwärts fort, so treffen wir dicht hinter dem mittleren zahnartigen Vorsprunge der Unter- lippe auf zwei der Mittellinie sehr stark genäherte, kaum merklich gebogene, stabförmige Gebilde (Fig. 7 k^ k^), welche ich entsprechend ihrer Lage als das dritte Kiefer- paar beanspruche. Bei' der sechsfüssigen Larve (Fig. 9 uns. Taf. VII) bleiben sich diese Verhältnisse bis auf das zweite Kiefer- paar und dessen Taster gleich. Die Taster erscheinen denjenigen der übrigen Dermaleichen noch ähnlicher, ihr letztes Glied ist am Ende einfach zugeraudet. Die Platten sind im Verhältnisse zu denjenigen des erwachsenen Thieres beträchtlich grösser und von bedeutender Flächenausbil- dung, sie ragen nach hinten fast bis zur Insertion der Rückenborsten in das Körperinnere hinein, dabei ist ihre Gestalt etwa dreieckig mit nach innen gewendeten und parallel verlaufenden längsten Seiten. Es scheint mithin, als ob die grösste Ausbildung dieser Platten einen primitiven Zustand des betreffenden Thieres bezeichnete. Die grösste Ausbildung dieser Platten bei Anaiges (Fig. 10) würde mithin die von mir bereits früher ausgesprochene Ansicht bestätigen, dass nämlich die Analges- formen die ältesten und von ihnen die andern Dimorphus- formen abzuleiten sind. IL Viertes Fusspaar des Männchens verdickt. 4. Pferocolus cypseli. Can. und Berl. Älloptes cypseli Can. und Berl. Nuovi acari loc. cit. pag. 5 Taf. XIX Fig. 3 fem., Fig. 4 mas. Beide Geschlechter länger und besonders schmäler als bei der nachfolgenden Form. Endrosette des Männchens mit farblosem Saum und jederseits mit vier kurzen End- borsten. Rückenborsten kurz. Die Glieder des vierten Fuss- paares von sehr ungleichmässiger Entwicklung ; das Endglied aller vier hinteren Extremitäten an der Innenseite nahe dem oberen Ende mit kurzem Dornfortsatze. Weibchen mit tiefem und breitem Ausschnitte, Lappen lang und sehr schmal mit Zur Kenntniss der Dermaleichiden. 77 blassem Saume, drei Endborsten, eine längere und zwei um die Hälfte kürzere, welcbe in weiten Abständen stehen. 5. Pterocolus hisetatiis nov. spec. Taf. VI Fig. 11. mas Fig. 12 fem. Beide Geschlechter bei ungefähr gleicher Breite merk- lich kürzer als bei voriger Art, äussere Schulterborsten sehr lang und stark, innere vorhanden aber sehr klein. Männchen mit wenig ausgebildeter Endrosette, diese ohne blassen Hautsaum. Jederseits drei Endborsten, mittlere länger als der Körper, äussere und innere überaus kurz. Viertes Fusspaar sehr gleichmässig gegliedert, die End- glieder aller hinteren Extremitäten ohne Spitzchen, dafür das untere Ende des dritten Gliedes des letzten Fusses an der Innenseite mit längerem, starken Börstchen. Das Weibchen mit kurzem schmalem Einschnitte, kurzen aber breiten Lappen, blos mit zwei gleichen langen und starken Endborsten. L. 0,45, Br. 0,2 mm. Weibchen L. 0,46, Br. 0,16 mm. Das Männchen dieser Art kann wohl schwerlich mit einem der übrigen verwechselt werden, dagegen gleicht das Weibchen sehr demjenigen von Pterocolus corvinus. Bei genauerer Untersuchung unterscheidet es sich aber von demselben durch den sehr kurzen Einschnitt, die eben so beschaffenen und sehr kurzen Seitenlappen, endlich durch die gleichmässig langen Endborsten. Herr Poppe in Vegesack bei Bremen, welcher diese Federmilbe in mehreren ,' Exemplaren auf Möven (Sterna hirundo) fand, hatte die Güte, mir dieselbe zur Beschreibung zur Verfügung zu stellen. Erklärung der Tafeln V-VII. NB. Sämmtliche Figuren sind mit Hülfe der Camera lacida von Nächst gezeichnet worden. Die Angabe der Combinationen bezieht sich auf ein kleines Hartnack'sches Mikroskop mit einge- stossener Kammer. Als Objekte dienten meist in Harzeinschluss präparirte Milben. 78 G. Haller: Taf. V. Fior. 1 — 5. Die dritte Extremität einer Seite der Mäniiclien von Anaiges digitatus, hidentatus, pachycnemüis, tridentulatus und polUcipatus bei Oc. 3 Syst. G. Fig. G. Geuitalapparat von Dim. aculeatus. J^ Oc. 5 Syst. 6. Fig. 7 — 10 bez. s. auf Dim. Tyrelli. Fig. 7. Männchen von der Dorsalfläche. Oc. 3 Syst. 6. Fig. 8. Die Beine der rechten Seite bei Oc. 4 Syst. 6. Fig. 9. Eigenthümlich verbreiterter Dorn vom oberen Rand des zweiten Gliedes der 2. Extremität bei Oc. 5 Syst. 7. Fig. 10. Endglied des vierten Fusses des Männchens. Oc. 5 Syst. 7. Fig. 11 und 12 bez. s. auf Dim. gladiator mihi. Fig. 11. Die drei ersten Glieder der ersten Extremität. Oc. 4 Syst. 6. Fig. 12. A Endglied des dritten, B des vierten Fusses des Männchens. Oc. 3 Syst. 7. Fig. 13 und 14 bez. s. a. Dim. calcaratus mihi. Fig. 13 Endglied des dritten, Fig. 14 des vierten Beines des Männchens, beide bei Oc. 3 Syst. 4. Fig. 15 — 18 auf Dimorph, forcipatus mihi. Fig. 15. Männchen von der Dorsalfläche aus gesehen. Oc. 3 Syst. 6. Fig. 16. Die drei ersten Glieder des ersten Beinpaares. Oc. 4 Syst. 6. Fig. 17. Die Zange zwischen dem vorletzten und letzten Gliede des dritten Beinpaares des Männchens. Oc. 5 Syst. 7. h u. h' access. Höcker, k Chitinkamm, z zahnförmiger Chitinvorsprung. Fig. 18. Weibchen von der Bauchfläche, die Extremitäten nur einseitig gezeichnet. Oc. 3 Syst. 6. Taf. VI. Fig. 1 — 3 bez. s. a. Dim. pici majoris Buchh. Fig. 1. Hinteres Abdominalende des Männchens. Oc. 3 Syst, G. Fig. 2. Die zwei ersten Extremitäten einer Seite. Oc. 4 Syst. 6. Fig. 3. Sporn an der Innenseite der dritten Extremität des Männchens. Oc. 5 Syst. 7. Fig. 4. Männchen von Dim. appendiculatus mihi von der Ventralfläche. Oc. 3 Syst. 6. Fig. 5. Dessen letztes Glied des dritten Fusses. Oc. 5 Syst. 7. Fig. 6 und 7. Weibchen und Männcfhen von Pteronyssiis Simplex mihi bei Oc. 3 Syst. 6. Fig. 8. Männchen des Pter. guadratus mihi von der Bauch- fläche. Oc. 3 Syst. 6. G. Haller: Zur Kenntniss der Dermaleichiden. 79 Fig. 9. Männchen von Ptcrocolus gracüepmnatus mihi von der ßauchfläche. Oc. 3 Syst. 6. Fig. 10. Larve ders. Art von der Rückenfläche. Oc. 3 Syst. 6. Fig. 11 und 12. Männchen und Weibchen von Pterocol. imisetatus mihi von der Uauchfläche. Oc. 3 Syst. 6. Taf. VII. Fig. 1 — 5 bez. s. auf Dim. Puffini Buchh. Fig. 1. Männchen von der Rückenfläche. Oc. 3 Syst. 6. Fig. 2. Dasselbe von der Bauchfläche. Oc. 3 Syst. 6. Fig. 3. Endglied des dritten Fusses mit dem access. Begat- tungsapparate und dem Haftläppchen im optischen Querschnitte. Oc. 5 Syst. 7. y die beiden Zähnchen an der Innen-, x der riffartige Vorsprung an der Aussenseite. Fig. 4. Weibchen von der Rücken-, Fig. 5. Dasselbe von der Bauchfläche. Beide Fig. bei Oc, 3 Syst. 6. Fig. 6—8 bez. sich auf den Mundapparat des . erwachsenen Männchens, Fig. 9 der Larve von Pterocolus gracüepinnatus mihi, Fig. 10 von Änalges spec. innom. von Empidonax flaviventris. Alle Fig. bei Oc. 5 Syst. 7. In Figur 6 — 10 bedeutet e Epistom, k^ — k^ das erste bis dritte Kieferpaar, pm Palpus maxillaris, ul Unterlippe, ult Unterlippentaster. Zur Entwicklungsgescliiclite des Leberegels (Distomum hepaticum). Von Rudolf Leuckart. Hierzu Tafel VIII. Bei der Beurtheilung der Entwicklungs- und Lebens- geschiclite des Leberegels sind wir bislang auf blosse Ana- logieschlüsse angewiesen gewesen. Auf Grund derselben hielten wir uns zu der Annahme berechtigt, dass die Em- bryonen, die in den nach aussen gelangten Eiern unter günstigen Umständen sich entwickeln und nach dem Aus- schlüpfen, wie das Creplin^) schon vor mir 2) beobachtet hat, nach Art der Flimmerinfusorien eine Zeitlang im Wasser umherschwimmen, schliesslich in eine Schnecke einwanderten und in dieser dann zu Keimschläuchen wür- den, deren Brut in dem definitiven Wirthe wiederum zu Leberegeln heranwüchse. Das gesellige, meist massenhafte Vorkommen der ausgebildeten Parasiten legte weiter noch die Vermuthung nahe, dass diese Brut, statt, wie gewöhn- lich bei den verwandten Schmarotzern, in Cercarienform auszuschwärmen und einen neuen Zwischenwirth zu suchen, der die jungen Würmer dann einzeln an den späteren Wirth ab- liefere, als schwanzlose Distomeen, gleich der Brut des sog. Leucochloridium, an ihrer Bildungsstätte verharren dürfte und mit der den Keimschlauch beherbergenden 1) Ersch und Gruber's Encyclop. Bd. XXIX S. 328. Nach- trag zum Art. Distoma. 2) Parasiten des Menschen Bd. I. S. 565. Rudolf Leuckart: Zur Entwlcklungsgesch. d. Leberegels etc. 81 Schnecke gleich in grösserer Menge in den definitiven Träger tibergehe. So ungefähr wird die Lebensgeschichte des Leberegels in unseren neuern helminthologischen Werken dargestellt, und so auch meist in den landwirthschaftlichen Schulen gelehrt. Aber Analogieschlüsse haben bekanntlich keine absolute Beweiskraft, und dieser Umstand macht es denn erklärlich, dass sich, besonders in Kreisen, denen eine specifisch helminthologische Bildung abgeht, gelegentlich Stimmen geltend zu machen suchen, die den hier kurz ent- wickelten Ansichten eine jede Berechtigung absx)rechen, und gelegentlich sogar unter dem Scheine eines besseren Verständnisses Alles in Frage stellen, was die moderne Helminthologie, was selbst das helminthologische Experiment uns über die wunderbaren Schicksale der Eingeweide- würmer gelehrt hat. Selbst ein Weltblatt wie die Times hat sich diesen Stimmen nicht verschliessen können und in der Mittwochs -Nummer vom 7. April 1880 u. a. den Aufsatz eines gewissen Dr. John Harley gebracht, der in einer wahrhaft monströsen Form einer solchen Miss- achtung Ausdruck giebt. Freilich geschah das, so müssen wir hinzufügen, unter dem unmittelbaren Eindrucke der Nachrichten über die furchtbaren Verluste, welche die eng- lischen Schafzüchter während der vorausgegangenen Monate durch die Distomumkrankheit betroffen hatten, über Ver- luste, gegen welche die ob ihrer Erfolge so viel gepriesene moderne Wissenschaft einstweilen weder Schutz, noch Ab- hülfe zu bieten vermochte. Ein Feind, dessen Natur und Position unserer Kennt- niss sich entzieht, ist schwer zu bekämpfen. Und als solch ein Feind musste der Leberegel so lange gelten, als seine Schicksale experimentell nicht verfolgt, seine Lebensge- schichte nicht erforscht war. Ein ertahrener und ratio- neller Landwirth mochte es immerhin für zweckmässig erachten, das erkrankte Vieh vom Weidegange abzuhalten, und es zu hindern, die Eier seiner Parasiten auszustreuen, einen ausgiebigen Erfolg aber konnte er erst dann von seinen Vorsichtsmassregeln erwarten, wenn er mit der Kenntniss des Zwischenwirthes zugleich eine Einsicht in die Archiv für Naturg., XXXXVIII. Jahrg. 1. Bd. 6 82 Rudolf Louckart: Brutstätten der Parasiten und die Infection seiner Heerden gewonnen hatte. Vor allen Dingen also galt es im Interesse sowohl der Praxis, wie der wissenschaftlichen Erkenntniss, die Frage nach der Beschaffenheit und der Natur dieses Zwischenwirthes zur Lösung zu bringen. In der Voraussetzung, dass es wirklich eine Schnecke ist, die den Zwischenwirth des Distomum hepaticum abgiebt, kann bei der Feststellung dieses Trägers eine nur geringe Anzahl von Formen in Betracht kommen. Wissen wir doch, dass auf den Faröern, auf denen nach den Beobachtungen von Willemoes-Suhm's das Distomum hepaticum in den Schafen sehr häufig ist, überhaupt nur acht Schnecken leben, vier Nacktschnecken {Arion ater, Ar. cinctus, Limax agrestis, L. marginatus) und vier Gehäuseschnecken ( Vitrina pelluciday Hyalina alliaria, Limnaeus pereger und L. trun- catulus). Unter diesen acht Schnecken, und vermuthlich den häufigsten derselben, wird also der Zwischenträger zu suchen sein. v. Willemoes-Suhm selbst ist zumeist geneigt, den Limax agrestis, der auf den Faröern die bei Weitem ge- meinste und gefährlichste Schnecke sei, auch häufig auf den Schafweiden vorkomme und gewiss oftmals mit dem Grase gefressen werde, für den Zwischenträger zu halten ^), ob- wohl er denselben bei seinen Untersuchungen (an Ort und Stelle) stets frei vonDistomen fand. Roll es ton spricht sich 2) bei Gelegenheit der über die Lebensfäule in der „Times" geführten, schon oben erwähnten Discussion gleichfalls zu Gunsten einer Nacktschnecke aus, glaubt aber auf Grund der geographischen Verbreitung, dass nicht der Limax agrestis, sondern der Arion ater (der übrigens richtiger, wie er meint, als A. hortensls bezeichnet werde) als Zwischen- 1) Schon früher hatte übrigens Moulinie auf die von ihm bei Limax und Helix entdeckten Keimschläuche mit stummelschwän- zigen Cercarien als die rauthmasslichen Jiigendformen unseres Distomum hingewiesen. (Mem. Inst. Genev. T. III). Was sich gegen diese Vermuthung sagen lässt, ist bereits 1863 von mir (Parasit. Bd. I S. 570 Anm.) geltend gemacht. 2) Times vom 14. April 1879, sowie Ztschr. für wissenschaftl. Zool. Bd. XXIII S. 339. Zur Entwickliingsgescli. des Leberegels (Distomiim hepaticum). 83 träger fig-iirire *). Die experimentelle Bestätigung dieser Vermiithinig, die Rolleston unter Hinweis auf die zu diesem Zwecke von ihm und seinen Schülern unternom- menen Züchtungsversuche in nahe Aussicht stellen zu dürfen glaubte, ist freilich ausgeblieben, und wird auch schwer- lich jemals geliefert werden, obwohl die Nacktschnecken inzwischen auch von anderer Seite mehrfach (von Küchen- meister und Joseph) der Uebertragung der Distomum- keime verdächtigt sind. Noch bevor übrigens Rolleston seine Behauptung veröffentlichte, hatte ich bereits auf experimentellem Wege die Ueberzeugung gewonnen, dass es nicht die Nackt- schnecken, sondern die schalentragenden kleinen Limnaeen seien, in denen die Flimmerembryonen unseres Distomum sich ansiedeln und entwickeln. Bei einem Besuche des Dresdener botanischen Gartens fand ich gegen Ende Juli des Jahres 1879 in den dortigen Aquarien die Jugendformen eines kleinen Limnaeus, die ich auf Rossmässler^s Angabe hin, dass die betreffende Localität den L. minutus (= L. trimcatulus) beherberge, auf diesen letzten zu beziehen mich versucht fühlte. Da ich nun im Laufe des betreffenden Sommers gerade zahlreiche Embryonen von Dist. hepaticum gezüchtet und fast alle mir hier zur Disposition stehenden Schnecken (darunter auch Limnaeus aurictdaris, L. palustris und L. pereger, allerdings, wie ich hinzufügen muss, stets nur in mehr oder minder erwachsenen Exemplaren) vergebens mit den- selben zu inficiren versucht hatte, fasste ich den Entschluss, auch die neue Art zum Experimente heranzuziehen. Zu meiner freudigen Ueberraschung fand ich denn auch schon nach wenigen Tagen eine Anzahl der von mir gesammelten Schnecken mit meinen Embryonen besetzt. Sie hatten in der Athemhöhle, meist nahe der Niere, ihr Quartier auf- geschlagen, und waren zu nackten mehr oder minder kug- ligen Körpern geworden, die bald vereinzelt, bald auch in grösserer Anzahl, fast klumpenförmig vereinigt, durch eine zarte zellige Umhüllung an dem Athemdeckel befestigt 1) Zool. Anz. 1880 S. 400. 84 Rudolf Leuckart: waren, lieber die Abstararaimg der Schmarotzer von den eingewanderten Embryonen konnte kein Zweifel sein. Nicbt bloss, dass dieselben den für letztere so charakteristischen Kopfzapfen besassen, sie trugen auch in dessen Nähe noch das frühere Embryonalauge, allerdings nicht mehr in Form eines einfachen x-förmigen Fleckens, sondern als zwei un- regelmässig gestaltete schwarze Punkte, deren Beziehungen zu den früher vereinigten zweien Hälften schon durch die verschiedene Weite ihres Abstandes zur Genüge sich kund- that. Aber nicht nur das Aussehen unserer Thiere war ein anderes geworden. Sie hatten auch insofern sich ver- ändert, als ihre Gesammtmasse gegen früher nicht unbe- trächtlich zugenommen hatte, und die hellen Zellen, welche den grössten Theil des embryonalen Körperparenchyms bildeten, theilweise in ansehnliche Ballen verwandelt waren, in denen man bei näherer Untersuchung geschlossene Haufen rundlicher Zellen erkannte, wie in einem durchfurchten Eie. Es hatte mit andern Worten bereits eine Weiterent- wicklung unserer Parasiten stattgefunden; die früheren Embryonen waren offenbar im Begriffe, zu Keimschläuchen zu werden. Obwohl nicht alle meine Schnecken inficirt waren, musste ich doch Angesichts der hier geschilderten Zustände zu der Ueberzeugung kommen, dass ich in meinem Limnaeus minutus den wirklichen Zwischenträger des Distomum hepa- ticum gefunden hatte. Doch die in nur massiger Zahl gesammelten Versuchsthiere waren rasch durchsucht, und ich war in meinen Beobachtungen nur um Weniges und kaum Wesentliches vorwärts gekommen. Die Parasiten wuchsen, veränderten auch wohl ihre Gestalt in's Längliche, vermehrten die Zahl und Grösse ihrer Keimballen, — doch das war auch nahezu Alles, was weiter zur Beobachtung kam. Zwei Sendungen von Dresden, meist etwas grös- sere Schnecken, erwiesen sich der Infection nur wenig zugänglich und gingen im Laufe des folgenden Monats, während meiner Abwesenheit von Leipzig, bis auf einige wenige grössere Exemplare zu Grunde. Und diese letz- teren ergaben sich bei der Untersuchung als parasitenfrei. Da inzwischen auch mein Zuchtmaterial vollständig Zur Entwicklungsgesch. des Leberegels (Distomum hepaticum). 85 verbraucht war, musste ich mich einstweilen mit dem ge- wonnenen Resultate begnügen. Versprach dasselbe doch in weiterem Verfolge die Frage, die mich schon so oft und so lange beschäftigt hatte, zu einem befriedigenden Abschlüsse zu führen. In diesem Sinne äusserte ich mich auch gelegentlich gegen befreundete Fachgenossen und Schüler, zumal die letzteren vielfach die Zeugen meiner Funde gewesen waren. Cobbold berichtete darüber — ohne Beachtung zu finden — kurz an die Times, und ein mir unbekannter Correspondent an die Oesterreichische landwirthschaftliche Zeitung. Beide Male hiess es, dass es mir gelungen sei, in dem Limnaeus mimitus den lange vergebens gesuchten Zwischenträger des berüchtigten Leberegels nachzuweisen. Es war übrigens nicht das erste Mal, dass der Lim- naeus minutus mit unserm Distomum in Beziehung ge- bracht wurde. Einige Jahre früher hatte bereits Wein- land in seinem Werke über die Weichthierfauna der Schwäbischen Alp 0 hervorgehoben, dass er in der Leber des Lim. truncatulus Keimschläuche mit Cercarien aufgefunden habe, die ein feines Stachelkleid besässen und vielleicht um so eher die Jugendformen des Dist. hepaticum ab- geben dürften, als sie eine entschiedene Neigung zeigten, an fremden Gegenständen umherzukriechen und daselbst sich zu verkapseln. Bei wiederholter Untersuchung und Vergleichung der von mir gesammelten Schalen kam mir aber allmählich ein Zweifel, ob dieselben in Wirklichkeit dem Li^nn. minutus {L. truncatulus) angehörten. Form und Windung schien nicht recht auf die mir vorliegenden authentischen Gehäuse zu passen, und die von mir zu Rathe gezogenen Beschreibungen führten mich immer mehr und bestimmter auf den Limn. pereger hin. Als dann schliesslich auch mein früherer Schüler Kobelt, unser heutiger Rossmässler, in gleichem Sinne sich aussprach, ja die ältesten der ein- geschickten Schalen entschieden als solche von L. pereger in Anspruch nahm, da musste ich natürlich die Ueberzeugung 1) Stuttgart 1875. S. 101. 86 Rudolf Leuckart: gewinnen, dass es der letztere, und nicht Lhnn. truncatulus gewesen sei, mit dem ich experimentirt hatte. Bei früheren Ver- suchen liatte sieh dieser nun freilich niemals in meinen Aqua- rien inficiren lassen. Allein ich hatte damals nur mit nahezu voUwüchsigen Thieren experimentirt, während die Dresdener Exemplare sämmtlich noch Jugendformen waren und zum Theil erst vor Kurzem das Ei verlassen hatten. Ich glaubte mich auch der Thatsache zu erinnern, dass die mit Keim- schläuchen besetzten Thiere vornehmlich den kleinern und Jüngern Exemplaren angehört hatten, und machte mich — zugleich im Hinblick auf gewisse andere, wenn auch zu- nächst nur den Wirbelthieren entnommene Erfahrungen — mit der Zeit immer mehr mit dem Gedanken vertraut, dass auch im vorliegenden Falle die Jugendformen weit sicherer und leichter sich inficiren Hessen, als die grösseren und ausgewachsenen Thiere. Natürlich, dass alsbald der Ent- schluss gefasst wurde, die eventuelle Berechtigung der Vermuthung durch das Experiment zu prüfen. Doch die Gelegenheit dazu sollte länger auf sich warten lassen, als ich erhoffte. Der Sommer 1880 verging, ohne dass ich in der Lage war, meine Experimente fortzusetzen. Ich erhielt allerdings durch die freundliche Theilnahme des Herrn Dr. Meisner in Dresden, der mich auch früher schon mehrfach durch Zu- sendung helminthologischen üntersuchungsmateriales unter- stützt hatte, ein Paar mit Distomum besetzte Lebern, aber sie lieferten mir nur spärliches Zuchtmaterial. Und dieses ging obendrein durch ein Chytridium, das ich schon früher bei meinen Culturen von Distomum und Bothriocephalus als einen gefährlichen Ei-Parasiten kennen gelernt hatte, vollständig zu Grunde. Erst der vergangene Sommer gestattete mir — Dank der Beihülfe des Veterinär- medicinischen Vorstandes des Berliner Viehhofs und insbesondere des Herrn Departements- thierarztes Dr. Pauli — die Wiederaufnahme meiner Ex- perimente. Dieselben haben nicht nur meine Vermuthung bestätigt, dass es nur die jüngeren und jüngsten Exemplare unseres Limnaeus pereger sind, in welche die Embryonen des Leberegels einwandern, während die älteren Schnecken Z ur EntwickluDgsgesch. des Leberegels (Distomum hepaticum). 87 völlig immun sind, sie haben mich auch sonst in der Er- kenntniss der Entwicklungsvorgänge dieses Wurmes um ein Beträchtliches gefördert, und eine Anzahl von That- sachen enthüllt, die, wie sie in Hinsicht auf die Praxis wichtige Consequenzen haben, so auch auf die Bildungsge- schichte der Distomeen mehrfach neues Licht werfen. War es doch nahezu das erste Mal, dass die Entwicklung eines derartigen Thieres, und namentlich dessen erste Geschichte, zum Gegenstande einer methodisch ausgeführten Experi- mentaluntersuchung gemacht wurde. Zu einem vollen Abschlüsse haben meine Untersuchun- gen, wie wir sehen werden, aber auch dieses Mal nicht geführt. Trotzdem aber trage ich keinen Anstand, sie schon in ihrer jetzigen unvollkommenen Form zu veröffent- lichen. Theils wegen des praktischen Interesses, welches die Frage nach den Schicksalen unseres Helminthen, materiell vielleicht von allen, die unsere Heerden heim- suchen, des bei Weitem wichtigsten, hat — schätzt man doch die Verluste, welche derselbe herbeiführt, allein für das mittlere Europa jährlich auf viele Millionen — theils auch in der Hoffnung, durch meine Mittheilungeu die Theilnahme wenn nicht der landwirthschaftlichen Mini- sterien ^) und Vereine, so doch wenigstens die der Land- wirthe, Veteriuärärzte und Zoologen für eine Frage wach zu rufen, die vielleicht nur durch ein thätiges und umfang- reiches Zusammenwirken der verschiedensten Kräfte in allseitig befriedigender Form gelöst werden kann. Bevor ich jedoch zu einer näheren Darlegung meiner Untersuchungen übergehe, darf ich wohl die Frage erörtern, ob denn der Lymn. pereger der einzige Zwischenträger unseres Distomum sei. Die negativen Resultate der früheren 1) Ich will bei dieser Gelegenheit übrigens dankbar hervorheben, dass das kg!. Sächsische Ministerium des Innern, dasselbe, welches be- kanntlich einst die Cestodenversuche Küchenmeister 's und Haub- ner's in liberalster Weise ermöglichte, auch mir alsbald auf meine Vor- stellung einen Geldbetrag zur Infection von Schafen mit Distomum- brut zur Disposition gestellt hat. Leider bin ich, wie das weiter unten von mir auseinandergesetzt werden wird, bis jetzt noch nicht in der Lage gewesen, die verwilligten Fonds in Anspruch zu nehmen. 88 Rudolf Leuckart: InfectioDSversuche können natürlich jetzt, nachdem wir die Unterschiede in der Infectionsfähigkeit der verschiedenen Alterszustände kennen gelernt haben, nicht mehr als ent- scheidend gelten. Sie müssen unter Rücksichtnahme auf diese neue Thatsache wiederholt werden. So weit ich selbst dazu im Laufe des Sommers im Stande war, habe ich freilich immer nur die alten negativen Ergebnisse er- halten. Physa, Succinea, PlanorbiSy auch Faliidina^ Ancylus, CyclasViQsseii sich auch in jugendlichenFormen nicht inficiren. Ein Gleiches gilt für Limnaeus auricitlaris und L. palustrisj obwohl ich in den ersten Jugendzuständen des letztern einige Male einen frisch eingewanderten, nach Abstreifen des Flim- merkleides aber rasch abgestorbenen Embryo auffand. Auf Landschnecken habe ich meine Infectionsverhältnisse nicht ausgedehnt. Es fehlte mir dazu an dem geeigneten Materiale. Aber auch für diese glaube ich mit grosser Bestimmtheit die Immunität voraussagen zu dürfen. Und das schon desshalb, weil die Flimmerembryonen, die schon im feuchten Schlamme ihre Beweglichkeit einbüssen und zu Grunde gehen, doch vermuthlich nur ein Wasserthier angehen. In welchen Verhältnissen wir die Ursachen dieser Erscheinung zu suchen haben, ist einstweilen unbekannt. Zum Theil mögen dieselben in der verschiedenen Be- schaffenheit des Thierkörpers, der den Angriffspunkt der Parasiten abgiebt, in gewissen Eigenschaften also des thierischen Gewebes, zu suchen sein. So ist mir bei meinen Untersuchungen u. a. der Umstand aufgefallen, dass das Körperparenchym von Limnaeus pereger^ im Gegensatze zu dem des L. palustris, eine ausserordentlich schleimige Beschaffenheit besitzt und desshalb denn auch weit leichter mit fremden Gegenständen in Contact bleibt. Freilich muss ich es unentschieden lassen, ob dieser Umstand bei der Auswahl des Wirthes irgendwie in's Gewicht fällt. Trotz der hier angezogenen negativen Ergebnisse bin ich übrigens der Meinung, dass neben — und vielleicht sogar vor — unserm Limnaeus pereger in dem schon Anfangs erwähnten L. trimcatulus {L. minutus) noch ein zweiter Zwischenwirth für unsern Parasiten existirt. Die Gründe Zur Entwicklungsgesch. des Leberegels (Distomum hepaticum). 89 für meine Annahme entnehme ich nicht bloss der Thatsache, dass diese beiden Arten in Bau und Lebensweise einander weit näher stehen, als die übrigen bei uns einheimischen Limnaeen, vor denen sie auch eine viel weitere geogra- phische Verbreitung voraushaben, sondern weiter noch einem später besonders anzuziehenden positiven Befunde, der mich aller Wahrscheinlichkeit nach mit der ausgebildeten Jugend- form unseres Distomum bekannt gemacht hat. Jedenfalls sind bis auf Weiteres diese beiden Arten gleichmässig in's Auge zu fassen, wenn es gilt, die Gefähr- lichkeit einer Weidestelle zu beurtheilen, und durch Aus- rottung der Zwischenträger unsere Heerden gegen die Distomumseuche nach Kräften zu schützen. Indem ich nach diesen Bemerkungen nun zu dem eigentlichen Gegenstande meiner Darstellung übergehe, es also versuche, die Entwicklungsgeschichte des Distomum hepaticum^ so weit ich sie bis jetzt erforscht habe, ihren wesentlichen Zügen nach zu schildern, sind es natürlich zunächst die Embryonen, denen wir unsere Aufmerksam- keit zuwenden. Der Embryo des Leberegels gelangt bekanntlich ^) erst dann zur Ausbildung, wenn die Eier mit dem Kothe der erkrankten Thiere nach Aussen abgelegt sind, und im Wasser resp. dem feuchten Wiesengrunde die günstigen Entwick- lungs-Bedingungen gefunden haben. Die Zeit, die darüber verstreicht, wechselt nach der umgebenden Temperatur, dürfte aber nur selten, auch des Sommers, unter vier bis sechs Wochen herabsinken. Vor Mitte und Ende Juni habe ich in meinen Aquarien nur selten ausgebildete Em- bryonen beobachtet, obgleich dieselben oftmals schon im Spätherbst oder Winter mit Eiern besetzt waren und im geheizten Baume gehalten wurden. Es bedarf einer Tem- peratur von mindestens 16*^ K, um die Entwicklung zu unterhalten. Die erste Periode des Ausschlüpfens fällt hiernach so ziemlich mit der ergiebigsten Laichzeit unseres Lwinaeus pereger zusammen. In den Aquarien suchen die Thierchen mit besonderer 1) Vergl. hiezu Leuckart, Parasiten a. a. 0. 90 Rudolf Leuckart: Vorliebe die Lichtseite und die obern Wasserschichten, in denen sie sich zu Zeiten, besonders bei reicher Besetzung, in förmlichen Schwärmen ansammeln, Ihre Bewegung ist ausserordentlich rapide, weit schneller, als die der Infu- sorien, mit denen unsere Thiere sonst leicht verwechselt werden könnten. So lange sie schwimmen, haben sie (Fig. 1) die Gestalt eines schlanken Kegels von 0,15 mm Länge, so dass sie schon mit unbewaffnetem Auge leicht zu erkennen sind. Und das um so mehr, als sie durch eine gelblich-weisse Färbung scharf gegen ihre Umgebung sich absetzen. Die Basis des Kegels wird beständig nach vorn getragen. Sie bildet eine 0,04 mm breite schwach gewölbte Fläche, die nach hinten kragenförmig übergreift, und im Centrum einen stumpfen flimmerlosen Zapfen trägt, der als ein Tastapparat zu fuugiren scheint. Wenn der- selbe, wie es gewöhnlich geschieht, nach innen eingezogen wird, dann sieht man die benachbarten Kopfränder kapuzen- artig über ihm sich zusammenlegen. Die Flimmerhaare, welche den Körper in uniformer Anordnung bedecken, haben am Kopfe die beträchtliche Länge von 0^01 mm und sind hinten nur wenig kürzer. Sie beginnen ihre Be- wegungen erst beim Hervorschlüpfen der Embryonen, in demselben Augenblicke, in welchem sie mit dem umgebenden Wasser in Berührung kommen. So lange die jungen Wür- mer noch von der Eischale umschlossen sind, bleiben die Haare ruhend, obwohl die Flimmertrichter des Wasser- gefässsystems schon längst in Thätigkeit sind. Die hier geschilderte schlanke Kegelform besitzen unsere Thierchen aber nur während der freien Bewegung. Sobald sie auf einen fremden Gegenstand stossen oder sonst gestört werden, ziehen sie sich unter entsprechender Ver- dickung bis auf zwei Dritttheile der früheren Länge zu- sammen. Sie erscheinen dann mehr birnförmig, mit schlan- kerm Hinterkörper und aufgetriebenem Vorderieibe (Fig. 2). Beide Abschnitte sind so ziemlich von gleicher Länge, aber keineswegs bloss, wie wir sehen werden, durch ihre Form von einander verschieden. Daneben lässt sich, wie früher, noch der Kopf mit dem kragenartig übergreifen- den Rande als ein besonderer Abschnitt unterscheiden. Zur Entwicklungsgesch. des Lcberegels (Distomum hepaticum). 91 Die äussere Begrenzung des Embryonalkörpers wird (Fig. 1) von einer Epidermis oder, wenn man lieber will, von einer Ectodcrmschicht gebildet, deren Zellen in geschlos- sener einfacher Lage neben einander liegen und die loeomo- tivcn Flimmerhaare tragen. Bei den Embryonen von Bist, cygnoiäes sollen diese Zellen nach Wagen er ^) je nur mit einer einzigen Wimper versehen sein, in unserm Falle aber ist es ein ganzer Wald von Haaren, der denselben aufsitzt. Dafür aber haben diese Zellen eine sehr ansehn- liche Grösse. Es gilt das namentlich für die Zellen des Hinterleibes, welche, den Darmzellen gewisser Rhabditiden vergleichbar, zu je zweien den ganzen Körperumfang um- fassen und, in zwei Reihen über einander angebracht, nie- mals mehr als vier an Zahl betragen. Auch die Zellen des Vorderkörpers sind in Querreihen angeordnet, aber kürzer und schmaler, da die Zahl der Reihen vier beträgt, und in jeder Reihe meist wieder vier Zellen neben einander stehen. Nur in der zunächst auf den Kopftheil folgenden Reihe zähle ich deren sechs. Der Kopftheil selbst ist von einer einzigen Zellenreihe umgeben. Man erkennt diese Zellen am deutlichsten an Präpa- raten, die man einige Augenblicke der Einwirkung ver- dunstender Ueberosmiumsäure ausgesetzt hat. Sie erscheinen als sechseckige Platten, die mit ihren Seitenrändern an einander stossen, in den einzelnen Reihen also alterniren, und je einen grossen Kern in sich einschliessen. Da die Zellen eine ziemlich grosse Dicke besitzen, kann man in der Profillage des Thieres auch deren Einfügung deutlich beo- bachten. Die Ränder sind keilförmig abgeflacht und mit- telst einer förmlichen Sehuppennaht mit einander ver- einigt. Durch diese Art der Zusammenfügung mag es auch seine Erklärung finden, dass die Zellen sich leicht einzeln von ihrer Unterlage ablösen und den Embryonalleib als eine nackte Masse zurücklassen. An dieser erkennt man auf der Aussenfläche sodann eine cuticulaartige, scharf gezeichnete Grenzschicht, unter der in ganzer Ausdehnung 1) Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. Bd. IX. S. 8G. 92 Rudolf Leuckart: eine ziemlich dicl?:e und helle Substanzlage hinzieht, die als Leibeswand zu betrachten ist. Obwohl nämlich den sog. Parenchymwürmern zugehörig, besitzen unsere Thiere doch schon im Embryonalzustande eine Leibeshöhle d. h. einen Innenraum, der sich durch Aussehen und Beschaffen- heit deutlich gegen seine Umgebung absetzt. Dass die Inhaltsmassen diesen Raum vollständig füllen und mit den KörDcrwänden ein scheinbar zusammenhäniiendes Ganzes bilden, kann unsere Auffassung um so weniger ändern, als die ersteren in Folge ihrer Consistenz- und Lagenverhält- nisse eine ziemlich ausgiebige Verschiebung zulassen. Ihre grösste Dicke erreichen die Körperwände in dem Kopftheile, der desshalb denn auch von allen Körperab- schnitten der stärkste ist und seine Grundform am wenig- sten verändert. Die zähe und anscheinend auch struktur- lose Substanzmasse derselben springt nach Innen sogar wulstartig vor, so dass der Innenraum merklich verengt wird. Am hinteren Rande des Kopfes sind in diese Grund- substanz die zwei x-förmig vereinigten Augenflecke einge- lagert, die keineswegs der äusseren Zellenlage angehören, und desshalb denn auch den Verlust derselben überdauern. Uebrigens sind die Augenflecke nicht die einzigen Gebilde, welche in der Körperwand sich auffinden lassen. Auch mit Muskelfasern und Wassergefässen ist dieselbe ausgestattet, obwohl die einen, wie die andern Aveit weniger auffallen, als die Gesichtsorgane. Was zunächst die Muskeln betrifft, so bilden diese eine dünne, dicht unterhalb der äusseren Cuticularschicht hinziehende Lage zarter Längs- und Ringsfasern, die sich abwechselnd zusammenziehen, und dadurch die oben er- wähnten Form Veränderungen des Wurmkörpers herbeiführen. Die Ringmuskeln sind am stärksten entwickelt, im Ganzen auch wohl ihrer Wirkung nach die kräftigsten. Man sieht sie schon in Activität, bevor der Embryo geboren ist, zu einer Zeit bereits, in der noch nicht einmal die Augen- flecke angelegt sind. Sie erstrecken sich dem Anscheine nach ziemlich gleichmässig über die gesammte Körper- fläche, wenn auch anzunehmen ist, dass ihr Verhalten im Kopfende mancherlei Abweichungen darbietet. Zur EntwicklimgsgGsch. des Leberegels (Distomum hepaticum). 93 Auf die Anwesenheit eines excretorischen Apparates wird man zunächst dadurch aufmerlvsam, dass man an der vorderen Grenze des Hinterleibes, symmetrisch rechts wie links, die Augenfleeke nach oben oder unten gedacht, eine Flimmerstelle entdeckt, die (Fig. 2) der Leibes wand ange- hört und bei näherer Untersuchung als ein Flimmertrichter erkannt v/ird, wie er hei den erwachsenen Trematoden (und Cestoden) neuerdings in weiter Verbreitung nachge- wiesen wurde. Ich habe dieses Gebilde bereits im Jahre 1863 bei unseren Embryonen aufgefunden und schon da- mals als Flimmertrichter gedeutet ^), es auch im Laufe der Zeit bei den Embryonen zahlreicher anderer Trematoden beobachtet, so dass sein allgemeines Vorkommen kaum zu bezweifeln ist ^). Auffallender Weise sind die Trichter übrigens nicht in allen Zuständen gleich deutlich. Man sieht sie bald ausgedehnt und mit heller Flüssigkeit gefüllt, in der die flackernde Bewegung der Haare auf das schärfste hervortritt, bald auch zusammengefallen, so dass sie nur mit Mühe sich auffinden lassen. Es sind kurze, schräg nach hinten und innen verlaufende, schliesslich auch etwas erweiterte Röhren, welche sich vorne in einen engen Gang ausziehen, und im Innern, wie mir geschienen, je zwei lebhaft schwingende Haare tragen. Dass diese, wie es Fraipont^) und Pintner*) jüngst beschrieben haben, einer Zelle aufsitzen, welche die OefPnung des Trichters pfropfenartig verschliesst, habe ich freilich nicht mit Sicherheit beob- achten können, allein zu Zeiten hatte ich Bilder, die einer derartigen Auffassung durchaus günstig waren. Jedenfalls ist das Hinterende der Haare fixirt und die hintere Oeffnung der Trichter der Leibeshöhle am meisten angenähert. Die übrigen Theile des excretorischen Apparates markiren sich 1) Parasiten Bd. I S. 766 (Nachtrag). 2) Die von G. Wagener bei den Trematodenembryonen mehr- fach beobachteten „seitlichen Flimmerstellen" sind sonder Zweifel gleichfalls auf unsere Trichter zu beziehen. (In einigen Fällen habe ich übrigens statt zweier Flimmertrichter bei unseren Embryonen deren drei gefunden, indem sich unterhalb des einen derselben, bald rechts bald links noch ein überzähliger entwickelt hatte.) 3) Arch. d. Biologie 1880. Vol. I. p. 415. 4) Arbeiten des zool. Inst, in Wien. Bd. III. S. 183. 94 Rudolf I^euckart: nur selten in deutliclier Weise. Es sind zwei dünne Canäle, die sich in melir oder minder geschlängeltem Verlaufe nach hinten in den Körperwänden hinziehen. Ob dieselben, was allerdings sehr wahrscheinlich ist, mit den Ausläufern der Flimmertrichter in Zusammenhang stehen, muss ich unent- schieden lassen. Ebenso wenig weiss ich über die Aus- mtindungsstelle derselben zu sagen, obwohl es mir gelegent- lich geschienen hat, als wenn das hintere Leibesende un- serer Embryonen einen feineu Perus trage. Flimmerhaare wurden immer nur in den Trichtern aufgefunden, während Wag euer angiebt, bei seinen Embryonen mehrfach auch sonst noch Flimmerung gesehen zu haben. Die das Licht scharf brechenden kleinen Körnchen, welche mitunter in ziemlicher Menge der Körperwand, besonders der tieferen Lage derselben, inhäriren, scheinen mit dem excretorischen Apparate keinerlei Beziehung zu haben. Die von der Leibeswand umschlossenen Inhaltsmassen füllen den Innenraum so vollständig, dass man auf den ersten Blick geneigt ist, dem gesammten Körper unserer Embryonen ein einziges zusammenhängendes Parenchym zu vindiciren. Trotzdem aber lässt sich nicht bloss, wie be- merkt worden, Leibeswand und Inhaltsmasse scharf aus einander halten, sondern letztere auch wieder (Fig. 2) in zwei von einander durchaus verschiedene Theile zerlegen, verschieden sowohl durch Natur und Aussehen, wie durch ihre Lage. Der eine dieser Theile füllt den gesammten Vorderkörper. Er besteht aus einer Körnermasse, die trotz der Abwesenheit einer eigenen Umhüllung allseitig scharf begrenzt ist und sich mit ihrem vorderen konisch verjüngten Theile durch den Kopf hindurch bis in die Nähe des Tast- zapfens verfolgen lässt. Ein Vergleich mit den verwandten darmführenden Embryonen (z. B. von Amphistomum subdava- tum) lässt kaum einen Zweifel, dass dieses Gebilde einen rudi- mentären Darm darstellt. Es gleicht demselben — von den Unterschieden der histologischen Structur abgesehen — in einem solchen Grade, dass ich mich lange Zeit versucht fühlte, es auch physiologisch diesem Apparate zur Seite zu setzen, bis mich die Unmöglichkeit, eine Mundöffnung aufzufinden, sowie die Feststellung seiner weitern Schick- Zur Entwicklungsgesch. des Leheregels (Distomum hepaticum.) 95 sale davon tiberzeugten, dass es in Wirklichkeit nur ein rudimentäres Organ sei. Natürlich kann uns die Abwesen- heit distincter Zellen nicht abhalten, die betreffende Masse als ein Endodermgebilde in Anspruch zu nehmen. Von durchaus anderer Beschaffenheit sind (Fig. 2) die Inhaltsmassen des hinteren Körperabschnittes, die aus deutlichen hellen und scharf gezeichneten Zellen bestehen, welche in dicht gedrängter Menge den Innenraura erfüllen und unter dem Drucke der sich coutrahirenden Leibes- wände nicht selten nach vorn und hinten sich verschieben. Die Zellen sind 0,009 mm gross und umschliessen in ihrem körnerlosen Protoplasma einen ansehnlichen bläschen- förmigen Kern (0,006 mm) mit deutlichem Kernkörperchen. Die Veränderungen, welche später mit diesen Zellen vor sich gehen, lassen über die Natur derselben keinen Zweifel. Sie repräsentiren die erste Anlage der späteren Brut, sind also die Keimzellen unserer Thiere, Gebilde, die keines- wegs, wie man das früher meist annahm — nur G. Wagener macht in dieser Beziehung eine Ausnahme *) — erst nachträg- lich entstehen, sondern von Anfang an vorhanden sind, und schon zu einer Zeit sich auffinden lassen, in welcher der Em- bryo noch weit von seiner definitiven Ausbilduugentfernt ist. Die Keimzellen sind also Theilstücke des Embryo, sie sind Embryonalzellen, wie die übrigen, nur dass sie nicht, wie diese, zur Vergrösserung ihres Trägers dienen, sondern, dem- selben immer mehr sich entfremdend, den Ausgangspunct einer neuen Descendenz abgeben. Wir dürften schwerlich fehlgreifen, wenn wir sie genetisch als Theile (vielleicht die einzigen Theile) des Mesoderms in Anspruch nehmen. Die Würmchen, welche ich hier beschrieben habe, erinnern in so vieler Hinsicht an die von Giard^) und Mecznikoff^) bei Ophiuren und Turbellarieu beobachteten 1) Vergl. u. a. Zeitschr. für wisseusch. Zool. Bd. IX S. 86, wo z. B. bei den Embryonen von Dist. cygnoidea ausdrücklich jener eigenthümlichen Zellenhaufen Erwähnug geschieht, aus denen die zweite Generation sich entwickele. 2) .Tourn. de l'Anat. et Physiol. T. XV p. 449. 3) Zool. Anzeiger Bd. II S. 547 und 618, Ztschr. für wissensch. Zool. Bd. XXXV, S. 282 ff. 96 Rudolf Leuckart: Orthonectiden, dass ich kein BedcDken trage, diese merk- würdigen, mehrfach, wie die verwandten Dicyemiden, als Uebergangsformen der Protozoen zu den vielzelligen Orga- nismen betrachteten Schmarotzer unmittelbar an unsere Embryonen anzuknüpfen und der Trematodengruppe zuzu- weisen. Dass dieselben niemals über den Embryonalzu- stand hinaus sich entwickeln, vielmehr Zeitlebens in diesem verharren und durch geschlechtliche Diiferenzirung der Keimzellen zu männlichen und weiblichen Individuen werr den, kann uns in dieser Auffassung um so weniger beirren, als die geschlechtsreifen Entozoen der niedern Thiere, wie ich das an einem andern Orte des Nähern auseinanderore- setzt und in seinen Consequenzen dargelegt habe ^), ihrem morphologischen Werthe nach fast sämmtlich auf mehr oder minder weit entwickelte Jugendformen sich zurück- führen lassen. In überzeugender Weise belehrt uns diese Zusammen- stellung der Orthonectiden mit Distomumembryonen weiter aber davon, dass die Keimzellen der letzteren nur mit Unrecht als Gebilde betrachtet werden, welche principiell von den weiblichen Geschlechtsproducten verschieden sind. Wenn wir sie trotzdem nach wie vor von letzteren unter- scheiden, dann geschieht dies mehr aus Opportunitätsgrün- den, als in der Absicht, sie damit als morphologisch selbst- ständige Bildungen zu kennzeichnen. In dem hier beschriebenen Zustande schwimmen nun die Embryonen unseres Disfomum hepaticum umher, um ihre Achse sich drehend, rastlos, Stunden lang und viel- leicht noch länger. Fremde Körper, an welche sie an- stossen, werden betastet und wieder verlassen, als wenn dieselben den Erwartungen der Wanderer nicht entsprächen. DerUmlauf beginnt von Neuem, bald gerade vorwärts, bald in grösserm oder kleinerm Bogen, nachdem sich der Leib unter fortwährender Flimmerung nach der Seite der Ab- lenkung zusammengekrümmt hat. Mitunter sieht man den Embryo sogar mit völlig eingekrümmtem Leibe ohne Orts- veränderung um seinen Mittelpunct drehen. Schliesslich 1) Parasiten 2. Aufl. 1880. Bd. I. S. 149. Zur Entwickln ug8;^escli. des Leberegels (Distomura hepaticum). 97 aber finden unsere Würmchen ein geeignetes Object, eine Schnecke, in der sie dann bleibend ihren Wohnsitz auf- schlagen. In der Regel ist es, wie schon oben bemerkt, die Athemhöhle, in welche sie eindringen, meist bis an's hintere Ende, so weit die räumlichen Verhältnisse es ge- statten. Ich habe Schnecken gesehen, die schon nach zweien Tagen 40, 50 und mehr Eindringlinge, meist dicht neben einander gehäuft, in ihrer Athemhöhle beherbergten, während solche im Innern, in der Leber und zwischen den Darmwinduugen, wenn überhaupt, stets nur vereinzelt auf- gefunden wurden. Nur einige wenige Male besassen diese Einwanderer noch ihr früheres Aussehen. Sonst hatten sie beständig ihr Flimmerkleid abgeworfen und die Augeuflecke getrennt, wenngleich zunächst nur in geringem Abstände. Auch die Gestalt war verändert, indem die Kegelform des Körpers tiberall einer mehr oder minder gedrungeneu Bildung Platz gemacht hatte. In vielen Fällen waren die jungen Para- siten sogar zu einer kugelförmigen Masse zusammengezogen, an der sich die früheren Abschnitte in keinerlei Weise mehr markirten. Die Augenflecke waren meist weit aus- einandergerückt. Die jüngsten Einwanderer, solche wenig- stens mit noch angenäherten Augen, schlössen sich auch in ihren Gestaltsverhältnissen mehr den früheren Embryonen an. An solchen Exemplaren sah man nicht selten auch noch eine mehr oder minder lebhafte Peristaltik, bisweilen so kräftig und so rasch, dass sie eine merkliche Ortsbe- wegung zur Folge hatte. Diese Beweglichkeit dürfte es auch erklären, dass unsere Thiere gelegentlich, wie er- wähnt, aus der Athemhöhle ihrer Wirthe in deren Einge- weide überwandern. Das Abwerfen des Flimmerkleides stellt vermuthlich die erste Veränderung dar, die mit den Eindringlingen vor sich geht. Sie bezeichnet den Eintritt in eine neue Entwicklungsphase, den Beginn des parasitären Lebens. Schon bei frei lebenden Embryonen beobachtet man, wie früher bemerkt , gelegentlich die gleiche Erscheinung. Aber bei diesen ist sie das Signal einer rasch eintretenden Auflösung, denn im Freien folgt dem Abfallen derFlimmer- Archiv f. Naturg. XXXXVIH. Jahrg. 1. Bd. 7 98 Rudolf Leuckart: Zellen rasch ein Aufplatzen des Leibes, und ein Zerfliessen der Körpermasse. Vermutlilich sind es vorzugsweise die älteren Embryonen, welche auf diese Weise, nach vergeb- lichem Bemühen, ein passendes Unterkommen zu finden, ihrem Untergange entgegengehen. Bevor die Ablösung der Flimmerzellen beginnt, macht das Thier einige kräftige peristaltische Bewegungen, die, wie es scheint, eine Lockerung des Zellenkleides zur Folge haben. Es ist das wenigstens daraus zu entnehmen, dass die Schwingungen der Flimmerhaare plötzlich sich verlang- samen und gelegentlich schon vor der Ablösung erlöschen. Darauf folgt eine plötzliche Zusammenziehuug, welche den Zusammenhang der Zellen sprengt und diese dann ab- blättern lässt. Aehnlich wird es voraussichtiger Weise bei den eingewanderten Embryonen der Fall sein. Auch hier wird das Flimmerkleid vermuthlich durch eine starke Con- traction gesprengt und zum Abfallen gebracht. Und das vielleicht um so leichter, als die Embryonen alsbald nach ihrer Einwanderung stark zu wachsen beginnen, so dass sie schon am zweiten Tage zu Körpern von 0,2—0,3 mm geworden sind. Die Form, welche sie dabei annehmen, zeigt manchen Wechsel, doch lässt sich das hintere Körper- ende häufig, namentlich bei den mehr gestreckten Individuen (Fig. 3), schon bei oberflächlicher Betrachtung durch seine schlankere Bildung unterscheiden. Am Kopfende sieht man in der Nähe der jetzt weit abstehenden und nicht selten auch stark in der Längsrichtung verschobenen Augen immer noch das zapfenartige Tastorgan, bald nach innen einge- zogen, bald frei hervorragend. Die peristaltischen Zu- sammenziehungen des Körpers haben nachgelassen und in manchen Fällen — momentan wenigstens — vollständig aufgehört. Aber auch in solchen Fällen zeigen die nach wie vor flackernden Flimmertrichter, dass das Leben keines- wegs erloschen ist. Sobald die Thiere zur völligen Ruhe gekommen sind, scheiden sie auf ihrer Aussenfläche eine dünne Lage heller cuticularer Substanz aus, welche dem Körper aufliegt und eine Art Cyste darstellt, die man um so leichter für einen Zur Entwicklungsgesch. des Leberegels (Distomum hepaticum). 9Ö integrirenden Tlieil des KiH'pers halten könnte, als sie sich den Contractionen und Formveränderungen des Wurmes vollständig anpasst. Dazu kommt dann äusserlich noch das lockere Zellengewebe, welches die Parasiten an ihrer Lagerstätte befestigt, nach Herkommen und Beschaffenheit aber natürlich dem Wirthe angehört. Die Grösseuz anahme, deren wir bei unseren Würm- chen eben gedachten, vertheilt sich übrigens keineswegs in gleicher Weise über die einzelnen Körpertheile und Organe. Sie betrifft vielmehr vorzugsweise, wenn nicht ausschliesslich, die Masse der Keimzellen, welche einzeln, die einen rascher, die anderen weniger rasch, wachsen und durch mehrfach wiederholte Theilung allmählich zu grossen und immerfort sich vergrössernden Zellenhaufen werden. In der Regel sind es zunächst die vorderen oder doch wenigstens einige der vorderen Keimzellen, welche diese Umwandlung eingehen (Fig. 3). Gleichzeitig wird die Lagerung derselben im Innern des Embryonalkörpers durch das beträchtliche Massenwachsthum verändert. Der hintere, früher ausschliesslich mit ihnen gefüllte Leibesab- schnitt reicht nicht mehr aus, dieselben zu fassen, zumal er in der Regel, wie erwähnt, der weniger nachgiebige ist. Die Zellen und Ballen drängen nach vorn, immer weiter und immer stärker, je mehr sie sich vergrössern. Das Darmrudiment ist ausser Stande, dem Andränge zu widerstehen. Es wird (Fig. 3) nach vorne verschoben und verbreitet sich Scheiben- oder kappenartig in unregel- mässiger Form über die Innenfläche des sich allmählich stark ausweitenden Kopfendes. Die Leibes wand wird gedehnt, hier oder dort, je nach den Verhältnissen, buckeiförmig aufgetrieben; die Lage der Augenflecken so oder anders gestaltet. Die Menge der schon früher vorhandenen stark das Licht brechenden Körner nimmt um ein Beträchtliches zu. Man sieht sie nicht selten gruppenweise vereinigt und unter dem Drucke der sich gelegentlich immer noch zusammenziehenden Körperwände mit den Kcimballen lang- sam auf- und abschieben. Es sind übrigens keineswegs alle Keimzellen, welche zur Theilung und Weiterentwicklung gelangen. Ein grosser 100 Rudolf Leuckart: Tbeil derselben bleibt vielmebr in seinem früberen Zu- stande. Selbst von den Keimballen scheinen manche auf diesem oder jenem Stadium Wachsthum und Metamorphose einzustellen. Nur selten geht die Zahl der Ballen über 12 und 15 hinaus, und bisweilen zählt man deren sogar nur 8—10 jedenfalls nur ein kleiner Bruchtheil der ursprüng- lich vorhandenen Keimzellen, deren Menge man doch immerhin auf 30—40 zu veranschlagen das Recht hat. Aber nicht bloss einzelne Keimzellen, auch ihre Träger, die jungen Keimschläuche, gehen während der ersten Tage ihres parasitischen Lebens in Menge zu Grunde. Es gilt das, wie es scheint, namentlich für jene, die schon frühe in Kugelform sich zusammenzogen. Sie verlieren sehr bald ihre Beweglichkeit, oft schon zu einer Zeit, in der die Keimzellen eben sich theilen, und verschrumpfen dann ziemlich rasch zu einem Substanzhaufen, in dem man nur noch wenige Spuren der früheren Organisation vorfindet Andererseits hat es aber auch den Anschein, als wenn unsere Keimschläuche, besonders solche, welche stärker in die Länge wuchsen, die Fähigkeit der Theilung besässen. Man trifft wenigstens mitunter auf Exemplare, deren hin- teres Leibesende in mehr oder minder grossem Umfange durch eine tiefe Strictur gegen den übrigen Körper abge- setzt ist, und zwar so vollständig, dass die Inhaltsmassen desselben, Keimzellen und Ballen verschiedener Grösse,, von den übrigen völlig abgesackt sind. Und daneben stösst man auf Schläuche, bei denen das hintere Ende in einen unregelmässig gezackten Zapfen ausläuft, der immerhin eine Rissstelle repräsentiren könnte. Allerdings sind es gewöhnlich nur die grösseren, weiter entwickelten Keim- schläuche, welche solche Bildungen aufweisen, allein das ändert natürlich an der Sachlage nicht das Geringste. Es ist im Gegentheil zu vermuthen, dass eine derartige Theilung, wenn sie überhaupt stattfindet, bei den grössern und stärker gedehnten älteren Formen weit leichter ein- tritt, als auf den früheren Stadien. So viel ist jedenfalls unschwer zu constatiren, dass die Grössenzunahme unserer Parasiten eine weniger active, als passive Erscheinung dar- ' stellt. Sie ist die Folge des stetigen und massenhaften Zur Entwicklungsgesch. des Leberegels (Distomum hepaticum). 101 Wachsthums der im Innern vorhandenen Keimballen, die immer mehr und stärker auf die Aussenvvände drücken und unsere Parasiten schon nach wenigen Tagen in an- sehnliche Schläuche von 0,6—0,8 mm verwandeln, welche je nach Anordnung und Lagerung der grösseren Keime bald mehr in die Länge gestreckt, bald auch sehr unregel- mässig geformt sind. Die Körperwände sind eher dünner, als dicker geworden, und haben ihre Contractionsfähigkeit zum grossen Theil eingebüsst. Die Flimmertrichter lassen sich nicht mehr nachweisen, und selbst die Augen entziehen sich in vielen Fällen der Beobachtung. Ebenso hat der in der Nachbarschaft der letzteren angehäufte Körnerhaufen, der Ueberrest des rudimentären Darmes, seinen früheren Zusammenhang verloren (Fig. 4) und sich in eine diffuse Masse aufgelöst, die theils noch der Wand anliegt, theils auch zwischen den Keimballen vertheilt ist. Unter den letzteren haben nur noch die kleineren ihre frühere Kugelform beibehalten. Sind dieselben bis 0,09 mm herangewachsen, dann beginnen sie sich zu strecken, bis sie schliesslich zu ansehnlichen Schläuchen werden, welche sich durch eine specifische innere und äussere Organisation als selbständige Geschöpfe zu erkennen geben. Die un- gleiche Ausbildung der Keime, auf die wir schon bei einer früheren Gelegenheit hinwiesen, manifestirt sich auf diesem Stadium noch deutlicher als früher, so dass man neben zahlreichen Schläuchen jüngerer Entwicklungsstufen in der Regel nur einen einzigen antrifft (Fig. 5), der seine volle Reife erlangt hat. Dieser eine aber besitzt dafür oftmals eine so ansehnliche Grösse, dass er den mütterlichen Körper fast in ganzer Länge durchsetzt. Als ich nach Verlauf von etwa acht Tagen zum ersten Male die Keimlinge, deutlich als selbständige Geschöpfe erkannte, da glaubte ich nicht anders, als dass es die junge Distomumbrut sei, die sich im Innern der Sporocyste entwickelt habe. Um so grösser aber war mein Erstaunen, als ich mich überzeugen musste, dass die junge Brut keine Distomeen, sondern Redien darstellte. Bisher war man wohl ziemlich allgemein der Ansicht, dass die Redien direct aus den flimmernden Embryonen hervor- 102 Rudolf Leuckart: giDgen, sich also als das Product einer Metamorphose, und nicht einer Fortpflanzung entwickelten. Der einzige Fall freilich, in dem bis jetzt das Herkommen einer lledie zur Beobachtung gelangt war, der von v. Siebold beo- bachtete Fall des Monostomiim mutabüe \ schloss die Ver- muthung nicht aus, dass die Redie durch einen Zeugungs- process im Innern des Embryo entstanden sei, aber das frühzeitige, der Entwicklung des Embryo alsbald nachfol- gende Auftreten ^), sowie die Einzahl und die Grösse des Sprössliugs schienen doch andererseits dafür zu sprechen, dass es sich hier um ein Beispiel jener eigenthümlichen Metamorphose handle, die wir bei den Echinodermenj Nemertinen (Pilidium), EcJiinorhynchen u. a. inzwischen näher kennen gelernt haben ^). Die hier mitgetheilten Beobachtungen lassen die Deu- tung dieses Vorganges nicht länger zweifelhaft erscheinen. Die ßedien entstehen aus Keimzellen, und das nicht bloss bei Dist. hepaticum^ sondern auch bei Monostommn mutabüe^ nur dass deren Entwicklung hier viel früher, schon vor der Geburt des Embryo, bald nach dessen Bildung anhebt, und immer nur — wohl im Zusammenhang mit den un- bedeutenden Grössenverhältnissen des Mutterthieres — auf die Production eines einzigen Keimlings beschränkt bleibt. Die von G. Wagener beschriebene merkwürdige Vermehrung des Gyrodactylus elegans ^) dürfte, soweit es sich dabei um die Production der in dem Embryo einge- schlossenen Tochter und Enkelin handelt, in derselben 1) Archiv für Naturgesch. 1835. Th. 1. S. 69. 2) Nach Wagen er (Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. IX S. 87) bildet sich der Keimschlauch mit dem Embryo sogar zu gleicher Zeit, so dass beide zusammen stets im gleichen Stadium der Ent- wicklung stehen, v. Siebold lässt den Keimschlauch erst ent- stehen, nachdem der Embryo bis zu einem gewissen Grade ent- wickelt ist. 3) So habe ich mich selbst einst ausgesprochen (Parasiten 1. Aufl. Bd. 1. S. 492), und ebenso urtheilt auch heute noch Claus (Grundzüge der Zool. 4. Aufl. 1880. S. 397). 4) Archiv für Anat. und Physiol. 1880. S. 768. Zur Entwicklungsgesch. des Leberegels (DistoDium hepaticum). 103 Weise aufzufassen sein. Dass der Fortpflanzung durch Keimzellen, die natürlich auch hier nichts Anderes sind, als Zellen, welche dem Embryonalkörper schon auf früher Entwicklungsstufe entfremdet wurden — G. Wagener ist geneigt, sie als übrig gebliebene Farchungskugeln zu be- trachten — später eine geschlechtliche Vermehrung folgt indem die auf ungeschlechtlichem Wege entstandenen Thiere succesive geschlechtsreif werden und nach dem Ab- legen ihrer Keimlinge befruchtete Eier produciren, kann unser Urtheil über die Natur des betreffenden Vorganges nicht beeinflussen. Es wird durch diesen Umstand nur soviel bewiesen, dass die geschlechtliche und ungeschlecht- liche Vermehrung — die Vermehrung durch befruchtete Eier und durch Keimzellen — bei Gyrodactylus nicht scharf aus einander gehalten und namentlich nicht, wie bei den Thieren mit Generationswechsel, über verschiedene Indi- viduen vertheilt ist. Die Unterschiede, welche in der zeitlichen Entwick- lung der Keimzellen zwischen Monostomum mutabüe einer- seits und unserm Bistomum hepaticum andererseits ob- walten, werden übrigens dem Anscheine nach durch Zwischenformen ausgeglichen. Bei Amphistonium subclava- tum wenigstens sah ich in den so eben ausgeschlüpften Embryonen an Stelle der früher vorhandenen Keimzellen bereits Ballen mit acht und zehn Furchungskugeln ^), Entwicklungsphasen also, welche bei unserm Leberegel immer erst nach der Einwanderung in den Zwischenwirth zur Beobachtung kommen. Und ähnlich mag es sich auch bei den Embryonen anderer Distomeen verhalten. Ob die Redien übrigens in allen Fällen den hier be- haupteten Ursprung aus Keimzellen haben, mit anderen Worten alle eine besondere Generation repräsentiren, lässt 1) Der Angabe v. Siebold's (vergl. Anat. S. 159), dass er iu den Embryonen von Amphistomum subclavatum einen schlauch- förmigen Körper habe hindurchschimmern sehen, der möglichenfalls ein Keimschlauch gewesen sei, wie bei Monostomum, liegt sonder Zweifel ein Irrthum (wahrscheinlich eine Verwechslung mit dem auf der Spitze des Kopfendes — des v. Siebold'schen Saugrüssels — ausmündenden Darmes) zu Grunde. 104 Rudolf Leuckart: sich natürlich nicht mit Bestimmtheit behaupten. Wage- ner macht darauf aufmerksam, dass der eben erwähnte Embryo von Amphistomum (Diplodiscus) bis auf das ab- fallende Wimperkleid und die Form des Schlundkopfes genau mit der zugehörigen Redie übereinstimme ^); er scheint demnach anzunehmen, dass sich der erstere direct in den Keimschlauch umbilde. Die Möglickeit eines sol- chen Verhaltens müssen wir allerdings zugeben, zumal wir im Laufe der Zeit zahlreiche Fälle kennen gelernt haben, in denen Metagenese und Metamorphose einander bei ver- wandten Formen vertreten, aber einstweilen, glaube ich, haben wir bis zum erbrachten Beweise dieser Möglichkeit nur einen theoretischen Werth zuzugestehen. Und das um so mehr, als nach Wagen er 's Untersuchungen auch der bewimperte Embryo von JDistomum cygnoideSj einer Form, die nicht aus Redien, sondern aus Sporocysten hervorgeht, welche darmlos sind, wie die zugehörigen Embryonen, statt sich direct (durch Abwerfen des Flimmerkleides) in den Keimschlauch zu verwandeln, diesen gleichfalls in mehrfacher Anzahl auf endogenem Wege, wie wir es für unsere Redien nachgewiesen haben, aus Keimzellen hervorbringt ^), Uebrigens muss ich hierzu bemerken, dass Wagen er nur für bewimperte Embryonen eine solche Zwischengene- ration von Keimschläuchen annimmt. Die bei zahlreichen Distomeen vorkommenden unbewimperten Embryonen — denen ich als neu noch die von Bist, ovocaudatum hinzu- fügen kann — sollen nach ihm direct (durch Wachsthum, eventuell Verzweigung) zu dem späteren Keimschlauche werden. Die freien Redien, die ich bei unserm Limnaeus pere- ger, und zwar zunächst in der Athemhöhle, auffand, be- sassen im massig contrahirten Zustande gewöhnlich eine Länge von 0,4—0,7 mm. Einzelne waren auch grösser, bis zu 1 mm. Freilich geben diese Grössenunterschiede kein absolutes Maass für das Alter und den Entwicklungs- 1) Zeitschr. für wissensch. Zoologie. Bd. IX. S, 88. 2) Beiträge zur Entwicklungsgesch. der Eingeweidewürmer, in den Harlemer Naturkund. Verhandlingen Deel XIII pag. 29—45. Zur Entwicklungsgesch. des Leberegels (Distomum hepaticum). 105 grad der Parasiten, denn die Würmchen besitzen Anfangs ein ansehnliches Contractionsvermögen, in Folge dessen sie bald beträchtlich sich strecken, bald auch stark sich zu- sammenziehen, und kriechend sowohl, wie schlängelnd mit unerwarteter Schnelligkeit sich bewegen. Wo kleinere Redien mir entgegentraten — und ich habe Schnecken, welche erst 16 — 20 Tage vorher inficirt waren, und zum Theil kaum die Grösse von 2—3 mm besassen, nicht selten mit mehreren Dutzend Redien verschiedener Grösse angetroffen i— da waren dieselben meist wohl erst bei der Präpa- ration frei geworden. Jedenfalls werden die Keimschläuche mit der Zeit so leicht verletzlich, dass es nur einer geringen Zerrung bedarf, sie zum Reissen zu bringen. Eine beson- dere Oeffnung zum Austritte der reifen Redien giebt es nicht; dieselben werden sonder Zweifel einzeln durch die Leibeswand ihrer Mutterthiere hindurchbrechen. Der walzenförmige Leib zeigt, wie bei der grössern Menge der Redien, drei auf einander folgende Abschnitte, einen Kopftheil, ein Mittelstück und ein Schwanzende (Fig. 6). Die ersten zwei Theile sind durch einen vor- springenden Ringwulst, der den Körper kragenartig um- giebt, scharf gegen einander abgesetzt, während das Mittel- stück hinten durch zwei kurze und stumpfe Zapfen begrenzt wird, die sich auf eine Ausstülpung der Leibeswand zurück- führen lassen, aber nicht seitlich stehen, wie das meist dargestellt wird, sondern der einen — sagen wir ventralen — Körperfläche angehören. Das hintere Leibesende, der Schlankeste und in der Regel auch kürzeste Abschnitt des Wurmkörpers, besitzt eine stumpfe Kegelform. Auch der Kopftheil präsentirt sich gewöhnlich als ein kegelförmiger Aufsatz, aber Länge, Dicke und Haltung desselben zeigen viele Verschiedenheiten, die um so auffallender sind, als die übrigen Körperabschnitte eine grosse Formbeständig- keit besitzen. Es hängt das damit zusammen, dass der Kopftheil der bei Weitem beweglichste Abschnitt des ge- sammten Leihes ist, der nicht bloss bei der Nahrungsauf- nahme, sondern auch bei det Ortsbewegung eine wichtige Rolle spielt. Er besitzt für diese Leistungen sogar einen eignen Fixationsapparat, denn die Lippen, welche die Mund- 106 Rudolf Leuckart: Öffnung umgeben und das vordere Segment des Schlund- kopfes in Form eines Ringwulstes bedecken , haben die Fähigkeit, sich nach aussen hervorzuwölben und scheibenartig auszubreiten, so dass das Vorderende des Wurmes dann einen förmlichen Saugnapf darstellt, der eine um so grössere Brauchbarkeit besitzt, als seine Aussen- fläche dicht mit microscopischen Wärzchen und Höckerchen besetzt ist. Man trifft nicht selten auf Würmer, welche mit Hülfe dieses Mundnapfes den Organen ihres Wirthes, namentlich dem Darme, anhängen, und die Pumpkraft ihres Pharynx so direct auf die Gewebselemente wirken lassen, dass diese zerreissen und .in Gestalt eines feinkörnigen Detritus in den Darmkanal übertreten. In anderen Fällen fixiren sich die Würmer mit dem Mundnapfe, nachdem sie vorher den Kopftheil möglichst gestreckt haben, um dann den übrigen Leib nachzuziehen und sich kriechend zu be- wegen. Die zapfenartigen Auswüchse der Schwauzbasis erweisen sich dabei als Einrichtungen, welche, den Fuss- stummeln gewisser Insectenlarven vergleichbar, das Aus- gleiten nach hinten verhindern. Die Organisation unserer Redien zeigt in anatomischer sowohl, wie histologischer Hinsicht eine grosse Aehnlich- keit mit jener der Embryonen, nur dass die einzelnen Züge weit schärfer und charakteristischer hervortreten. Die Be- schaffenheit der Leibeswand und der den Innenraum er- füllenden Organe, die Muskulatur, das Wassergefässsystem mit seinen Flimmertrichtern, Darm und Keimstock — das Alles erinnert an die Verhältnisse, welche wir oben be- schrieben haben. Die stärkere Individualisirung der Organe und die bessere Ausprägung der Elementartheile entspricht der beträchtlichen Körpergrösse und einer gesteigerten Leistung. Nach Aussen wird die Leibeswand von einer Cuticula begrenzt, an die auch hier wieder zunächst ein System von muskulösen Längs- und Riugsfasern in einfacher Schicht sich anschliesst. Auf diese folgt nach innen so- dann, die Leibeswäude vervollständigend, eine Lage grosser Kernzelleu, die für gewöhnlich eine feinkörnige Beschaffen- heit haben, unter Umständen aber auch mehr blasenartig Zur Entwicklungsgesch. des Leberegels (Distomum hepaticum). 107 sich auftreiben. Sie vertreten offenbar die anscheinend structuiiose Sabstanzlagc, welche wir in der Körperwand der Embryonen vorfanden, und stehen mit den aufliegenden Fibrillen vielleicht in einer ähnlichen Beziehung, wie wir das durch die Gebrüder Hertwig u. A. für die Ausläufer der sog. Neuromuskelzellen kennen gelernt haben. Der den Kopfzapfen hinten umfassende Ringwulst ist trotz seiner feinkörnigen Beschaffenheit ausschliesslich cuticularen Ursprungs. Er repräsentirt eine Art Skelet- giirtel, der den durch zahlreiche und kräftige Muskelfasern vertretenen Retractoren des Kopfes und Pharynx zum festen Ansatzpuncte dient (Fig. 6). Diese mechanische Bedeutung erklärt auch die sonst kaum motivirte Consistenz, in wel- cher das betreffende Gebilde bei den Redien gefunden wird^). Von einer Geburtsöffnung, wie sie nach de la Valette bei zahlreichen Arten unterhalb des Skeletgürtels existirt und nach Wagen er sogar bisweilen schon den Embryonen zukommt 2), habe ich bei unserm Dist. hepa- ticum niemals eine Spur gefunden. In Betreff des excretorischen Apparates kann ich mich kurz fassen, da das, was ich darüber beobachten konnte, mit dem oben beschriebenen Verhalten der Embryonen voll- ständig übereinstimmt. Die Flimmertrichter, die auch hier für gew^öhnlich in zweifacher Anzahl sich vorfinden, aber nur selten in voller Schärfe sich präsentiren, liegen (Fig. 6) in kurzer Entfernung vor den zwei Fussstummeln, mit ihrer Endöffnung, wie früher, nach hinten gerichtet. Der Ver- lauf der secretorischen Kanäle ist nur selten eine längere Strecke zu verfolgen — in vielen Fällen sucht man nach ihnen überhaupt vergebens — und die Ausmündung ent- zieht sich der Beobachtung. Wenn wir für unsere Redien oben im Gegensatze zu den Embryonen eine stärkere Individualisirung der Organe 1) Nach de la Valette giebt es übrigens auch Redien, bei deneu dieser Apparat durch vier kreuzweise gestellte llervorragungen vurtretou ist. Symbolae ad Trcmatodum evolutiouis historiaui 1855. Tab. I Fig. 12. 2) Zeitschr. f. wisseusch. Zool. Bd. IX. S. 88. Tab- V. Fig. 40". 108 Rudolf Leuckart: in Anspruch genommen haben, so passt das wohl für kein Gebilde in höherem Grade, als für den Darmapparat. Bei den Embryonen verkümmert, besitzt derselbe bei unsern Redien, wenigstens den jugendlichen Redien, eine so an- sehnliche Entwicklung, dass er schon bei oberflächlichster Betrachtung in die Augen fällt (Fig. 6). Ein gerader und weiter Canal von gelblicher Farbe durchzieht er den bei Weitem grössten Theil der Leibeshöhle bis zur Basis des Schwanzanhanges, in der er, bald früher, bald später — ich habe einzelne Exemplare gesehen, in denen derselbe fast bis zur Schwanzspitze hinreichte — mit abgerundetem blinden Ende aufhört. Nach vorn lässt sich der Darm bis in den Kopfanhang hinein verfolgen, bis zum Schlund- kopf, der die Form eines kugligen Körpers (von 0,04 mm, bei grösseren Exemplaren auch mehr) besitzt und seiner Hauptmasse nach aus radiär verlaufenden Muskelfasern be- steht (Fig. 6). Unter dem Zuge dieser Fasern sieht man den canalförmigen Inneuraum von Zeit zu Zeit sich erweitern und mit einer Inhaltsmasse sich füllen, die dann nach hinten in das Darmlumen übertritt. Der Füllungsgrad dieses letzteren zeigt manche Verschiedenheiten: man be- obachtet den Darm bald stark gew^eitet, bald auch zusam- mengefallen, so dass die Wandungen sich berühren. In ersterm Falle ist die Inhaltsmasse gewöhnlich mehr flüssig, aber reich an feinern und gröbern, zum Theil stark licht- brechenden Körnern. Die Wand wird von ziemlich ansehn- lichen Kernzellen gebildet, die, mehr oder minder stark abgeflacht, in einfacher Schicht einer dünnen und structur- losen Tunica propria aufliegen. An der Verbindungsstelle mit dem Schlundkopfe ist der Darm halsartig eingeschnürt und jederseits von einer Zellenmasse umgeben, die sich deutlich gegen die übrigen Körpertheile absetzt und wohl mit vollem Rechte als ein Ganglieuapparat in Anspruch genommen werden darf. Der übrige Inhalt des Kopfzapfens wird von dem schon oben erwähnten Retractor gebildet, der mit seinen Fasern den vorderen Darmabschnitt schirmartig umfasst und schliesslich sich an die gürtelförmige Cuticularver- dickung ansetzt (Fig. 6). Zur Entwickliingsgesch. des Leberegels (Distomum hepaticum). 109 Ganz anders aber verhält sich in dieser Hinsicht der übrige Wnrmleib, dessen Tnneiiraum in ganzer Ausdehnung, soweit der Darm ihn nicht für sich in Anspruch nimmt, mit Keimzellen und Keimballen gefüllt ist (Fig. 6), die vollständig mit jenen tibereinstimmen, welche wir in den Em- bryonen und Sporocysten oben kennen gelernt haben. Schon die kleinsten Redien enthalten diese Gebilde in reichlicher Menge, so dass die Annahme einer nachträglichen Bildung von der Körperwand aus, wie man sie früher annahm und auch direct beobachtet zu haben glaubte, in keiner Weise gerechtfertigt ist. Man findet dieselben je nach den Con- tractionszustäuden der Leibeswand bald hier, bald dort in grosser Masse zusammengehäuft, bald mehr im Schwanz- anhange, bald mehr im Mittelkörper, nicht selten auch in den Fussstummeln, die desshalb denn auch in ihren Grössen- verhältnissen manche Verschiedenheiten darbieten. Selbst unter den Augen des Beobachters verändern die Ballen in Folge einer localen Zusammenziehung nicht selten ihre Lage, indem sie bald hierhin, bald dorthin abfliessen und die in wechselnder Menge zwischen ihnen eingelagerten fettartig glänzenden Körner mit sich fortreissen. Die Grösse und Entwicklung dieser Keime richtet sich nach dem Alter oder, wenn man lieber will, den Grössenverhältnissen der Redien. Nur in den seltensten Fällen trifft man (ausserhalb der Sporocysten) auf Exem- plare, deren Keime sämmtlich noch als einfache Zellen erscheinen. Einzelne derselben, vornehmlich wiederum solche, die der vorderen Körperhälfte angehören, sind ge- wöhnlich schon in Zellenballen verwandelt und zu einer ansehnlichen Grösse herangewachsen. Natürlich, dass unter dem wachsenden Drucke dieser Inhaltsmassen auch das Mutterthier an Grösse zunimmt. Ein so auffallender und unregelmässiger Forraenwechsel freilich, wie er bei den Sporocysten in Folge der Keimentwicklung stattfindet, lässt sich bei unsern Redien nicht beobachten. Der kräftige Bau der Körperwände bietet dem Andränge der Keime einen hinreichenden Widerstand, und macht es mög- lich, dass unsere Parasiten die frühere Form im Wesent- lichen behalten. Nur der Darm verändert sich unter dem 110 Rudolf Leuckart: Drucke der ihn nmi^ebenclen Ballen. Nicht bloss, dass er an dem Grössenwachsthura des Kiirpers keinen Antheil nimmt und desshalb denn auch dem Anscheine nach immer mehr sich verkürzt, je länger die Redie auswächst, auch die Weite desselben wird geringer und der Darminhalt immer spärlicher. In der hier kurz geschilderten Weise sind die Redien bereits zu einer Zeit organisirt, in der sie nicht mehr als 0,2 mm messen (Fig. 5). Leibeswand, Darmapparat und Keimzellen, das Alles trägt im Wesentlichen schon die spätere Bildung, nur dass die letztern an Grösse zurück- stehen, der Darm aber dafür um so mehr hervortritt. Die äussere Gestalt des Keimes ist um diese Zeit freilich einfacher, als später, denn der gesammte Leib erscheint unter der Form eines ziemlich gedrungenen Ovoids, dessen beide Enden ziemlich gleichmässig gerundet sind. Erst bei näherer Betrachtung erkennt man in einiger Ent- fernung vor der Körpermitte eine schmale Cuticularerhebung, die ringförmig den an dieser Stelle gewöhnlich etwas ein- geschnürten Leib umfasst, die Anlage also des späteren Kopfgürtels, und hinten, kurz vor dem schwach conisch zugespitzten Schwanzende zwei leichte buckeiförmige Auf- treibungen, die später in die Fussstummel auswachsen. Die hintere Hälfte des Wurmkörpers ist hiernach also die- jenige, die am spätesten — vielleicht gleichfalls erst in Folge der immer stärker schwellenden Keimzellen — zu ihrer definitiven Grösse und Gestaltung auswächst. Die eigentliche Embryonalentwicklung der Redien ist bisher nicht eingehend von mir verfolgt worden. Aber so viel glaube ich behaupten zu dürfen, dass auch bei unsern Trematoden ein gastrulaartiges Stadium vorkommt. Keimballen, die etwa 0,09 mm lang sind (0,08 mm breit), und auf den ersten Blick einen völlig homogenen Zellen- haufen darstellen, zeigen bei näherer Untersuchung eine regelmässige Anordnung ihrer Zellen, in Folge deren sich die scheinbar ungeordnete Masse in zwei über einander liegende einfache Schichten auflöst (Fig. 5). In der Achse des Ballens, im Innern also der Innern Zellenlage, verläuft ein fadenartig dünner Hohlraum, der an dem einen Pole sich Zur Entwicklungsgesch. des Leberegels (Distomum hepaticum). 111 öffnet. Es ist die erste Andeutung- des späteren Darmlumcns, falls anders die Deutung, welche ich dem Bilde gebe, die richtge ist. Die innere Zeilenlage würde somit als Endo- derm, die äussere als Ectoderm zu betrachten sein. Aus- sehen und Beschaffenheit der Zellen zeigt freilich in beiden Schichten kaum merkliche Unterschiede, allein solches darf doch kaum ohne Weiteres gegen meine Auf- fassung geltend gemacht werden. Später bemerkt man zwischen diesen beiden Lagen noch weitere Zellen, die sich ziemlich rasch vermehren, und schliesslich, während der Ausbildung der Leibeswand und des Darmes, die Keim- zellen liefern. Ich brauche kaum hervorzuheben, dass diese Zellen das Mesoderm unserer Würmer darstellen, die Deutung also, welche wir den Keimzellen bei den Embryonen ge- geben haben, völlig zutrifft. Der Schlundkopf entwickelt sich erst später, w^enn die Würmchen etwa 0,15 mm messen (Fig. 5) und zwar unter der Form eines Zelienringes, der dem Anscheine nach von dem Ectoderm nach innen einwächst. Leider hat es mir nicht gelingen wollen, in ähnlicher Weise auch die Entwicklung der in den Redien vorhan- denen Keimballen zu verfolgen. Selbst die von ihnen aufgeanimten Distomeen sind mir unbekannt geblieben, denn die Hunderte von Schnecken, die ich in meinen Aquarien inficirt habe, und zu verschiedenen Zeiten iniicirt habe, sind zu meinem grossen Leidwesen sämmtlich zu Grunde gegangen, bevor ihre Keimballen zur weiteren Ausbildung kamen. Wohl fand ich gelegentlich Redien mit 0,06—0,08 mm grossen Keimballen im Innern, die schon anfingen, ihre Kugelform zu verlieren — aber keine einzige, die mir ein weiteres Stadium gezeigt hat. Schon in der zweiten Woche nach der Infection begannen meine Schnecken zu sterben, und die vierte Woche hat keine überlebt, wenig- stens keine der inücirten. Die Frage nach den Ursachen dieser Erscheinung muss ich unbeantwortet lassen, obwohl die Vermuthung nahe liegt, dass die Masseneinwanderung der Embryonen, die in meinen Aquarien stattfand, auf den Gesundheitszustand der Versuchsthiere einen verhängniss- vollen Eiufluss ausübte. Andererseits muss ich übrigens 112 Rudolf Leuckart: hinzufügen, dass die Aufzucht des Limn. pereger in künst- lich hergerichteten Aquarien keineswegs so leicht ist, als es den Anschein hat. Die Jugendformen desselben sind nach meinen Erfahrungen vornehmlich auf den Genuss mikroscopischer Algen angewiesen — die Thiere fressen auch massenhaft Distomumeier, freilich ohne sie zu ver- dauen und die Embryonen freizugeben — und diese sind in den ad hoc hergerichteten Aquarien nur schwer in hin- reichender Menge zu beschaffen. Einen Theil der Schuld mag freilich auch der Umstand haben, dass ich durch eine Badereise meine Untersuchungen gerade zu einer Zeit unter- brechen musste, in der meine Zuchtversuche die grösste Ausdehnung erreicht hatten. Die Aquarien wurden fremder Pflege anvertraut und erwiesen sich bei meiner Rückkehr als verödet. Wenn ich im nächsten Jahre Gelegenheit finde, meine Versuche wieder aufzunehmen, dann werde ich mich be- mühen, die Missstände, mit denen ich dieses Mal zu kämpfen hatte, zu beseitigen. Hoffentlich werde ich dann auch in die Lage kommen, die Lücken zu füllen, die ich einst- weilen noch lassen musste. Uebrigens glaube ich schon jetzt die Redien unseres Leberegels in brutgefülltem, völlig entwickeltem Zustande aufgefunden zu haben, allerdings nicht bei dem Limn. pereger^ sondern dem nahe verwandten Limn. truncatulus. Es ist schon oben erwähnt worden, dass ich meine Versuchsthiere Anfangs für diese letztere Art gehalten habe. Auch später, als ich eines Besseren belehrt wurde, habe ich die Vermuthung nicht aufgegeben, dass dieselbe in gleicher und vielleicht selbst grösserer Häufigkeit, als Limn. pereger^ die Jugendformen unseres Leberegels be- herberge. Leider aber sind meine Bemühungen, den Limn. trun- catulus lebend zum Zwecke der Untersuchung und des Experiments mir zu verschaffen, lange Zeit ohne Erfolg gewesen. Hier um Leipzig ist derselbe nicht zu finden, und die mehrfach in Aussicht gestellte Beihülfe befreundeter Fachgenossen blieb aus. Erst durch die Freundlichkeit des Herrn Clessin, dem ich dafür auch an diesem Orte Zur Entwicklungsgesch. des Leberegels (Distomum hepaticum). 113 meinen besten Dank sage, kam ich in den Besitz von etwa drei Dutzenden ausgewachsener Exemplare. Sie waren am Ufer des Mains, nahe bei Ochsenfurt, dem Wohnorte des Herrn Clessin, bei niedrigem Wasserstande gesam- melt. Obwohl die Schnecke, wie derselbe schreibt, im Mainthale überall verbreitet ist, hängt ihr Auffinden viel- fach vom Zufall ab, so dass dieselbe von allen Limnaeen am schwierigsten in grösserer Menge zu beschaffen ist. Da die Thiere, den Erfahrungen an Limnaeus pereger zufolge, für Infectionsversuche wenig geeignet schienen, auch der Antritt der vorhin erwähnten R^ise in Kürze be- vorstand, fasste ich, in der Hoffnung, dabei möglichenfalls den weiteren Entwicklungszuständen unseres Distomum zu begegnen, den Entschluss, die Schnecken einfach auf etwa vorhandene Parasiten hin zu untersuchen. In der That bin ich dabei denn auch auf dreierlei verschiedene Redien gestossen, die sämmtlich mit reifer Trematodenbrut gefüllt waren. Zwei derselben enthielten Cercarien, die dritte aber ein schwanzloses Distomum mit Eigenschaften, die in so vielfacher Hinsicht auf unser Bist, hepaticum hinweisen, dass ich es für erlaubt halte, dasselbe bis auf Weiteres als die vermuthliche Jugend- form dieses letzteren in Anspruch zu nehmen. Mein Aus- spruch würde noch bestimmter lauten, wenn es mir mög- lich gewesen wäre, an den zugehörigen Redien Fussstum- mel aufzufinden, wie solche doch an den von mir gezogenen Jugendformen vorkommen. Doch die Abwesenheit dieser Gebilde ist kein zwingender Grund, die betreffenden Parasiten für eine andere Art zu halten, denn ich habe an dem hinteren Ende derselben oftmals die deutlichsten Spuren einer früher hier stattgefundenen Ablösung aufge- funden und mitunter auch Redien ohne Kopf gesehen, die doch kaum etwas Anderes, als derartige abgetrennte Stücke gewesen sind. Auf Grund dieser Beobachtungen glaube ich annehmen zu dürfen, dass die fragliche Redie — vielleicht in Zusammenhang damit, dass ihre Distomum- brut nicht ausschwärmt — beträchtlich in die Länge wächst und in eine Anzahl einzelner Stücke aus einander bricht. Die Frage nach der Zusammengehörigkeit mit Bist. Arcli. f. Naturg. XXXXVUI. Jahrg. 1. Bd. 8 114 Kudolf Leuckart: hepaticum hätte sich vielleicht durch einen Verftitterungs- versuch ausser Zweifel stellen lassen. Aber leider fand ich unter den mir vorliegenden Schnecken nur eine einzige, welche mit unserer Redie besetzt war. Und dieses eine Exem- plar musste natürlich für die Untersuchung reservirt bleiben. Die Keimschläuche, welche die Leber der Schnecke in grösserer Ausdehnung durchwachsen hatten, besassen eine Länge von 1 — 1,6 mm und eine ziemlich gleichmässige Dicke (0,2 mm). Ihr Inhalt bestand (Fig. 7), von dem Darme abgesehen, ausschliesslich aas jungen Distomeen von 0,42 mm, die dicht verpackt, mit dem Kopfende bald nach vorne, bald nach hinten, meist zu zweien neben einander lagen. Bei der ansehnlichen Grösse der Würmer ist ihre Zahl in den einzelnen Keimschläuchen eine nur beschränkte, so dass ich selten deren mehr als ein Dutzend gezählt habe. Keimballen und Keimzellen waren nirgends mehr nachweisbar. Die Keime hatten sämmtlich — ein Um- stand, der offenbar auf das Alter unserer Parasiten hin- wies — ihre Metamorphose durchlaufen. Da die junge Brut den Innenraum der Redien völlig für sich in Anspruch nahm, war der Darm unserer Thiere auf das vorderste Leibesende beschränkt. Früher schlank und lang gestreckt, ist derselbe allmählich zu einem kurzen und gedrungenen Sacke von ovaler Form (0,2 mm lang) geworden, der, mit einer breiigen Körnersubstanz gefüllt, dem Anscheine nach seine frühere functionelle Bedeutung vollständig eingebüsst hatte, obwohl der ihm vorausgehende Schlundkopf, ein Bulbus von 0,7 mm, kaum merklich ver- ändert erscheint. Ein eigentlicher Kopf ist an den Redien nicht mehr vorhanden. Wohl erkennt man am Vorderende noch einen zapfenförmigen Vorsprung, der hinten durch einen cuticularen Ringwulst begrenzt wird, aber derselbe ist von so unbedeutender Grösse, dass er kaum einmal zur Aufnahme des Schlundkopfes ausreicht (Fig. 7). Doch es ist, wie gesagt, weniger die Beschaffenheit des Keimschlauches, als die der eingeschlossenen Distomum- brut, welche mich an einen Zusammenhang mit dem Bist, hepaticum denken lässt. Zunächst fällt hier der Mangel eines Ruderschwanzes Zur EntwickluDgsgescii. des Leberegels (Distomum hepaticum). 115 in's Gewicht, ein Umstand, welcher zur Genüge kundgiebt, dass unsere Würmchen bis zur Uebertragung in den definitiven Wirth ihren Keimschlauch nicht verlassen, in dieser Beziehung also den Voraussetzungen entsprechen, welche wir von vorn herein an die Jugendformen des Leberegels zu stellen hatten. Daneben aber giebt es noch Anderes, was sich für meine Vermuthung geltend machen lässt. In Körperform und anatomischer Bildung ist unser junges Distomum (Fig. 8, 9) freilich weit von den erwachsenen Leberegeln ver- schieden, allein daran können wir bei dem ungleichen Entwicklungs- Zustande der betreffenden Thiere um so weniger Anstoss nehmen, als ähnliche Unterschiede überall zwischen den Jugendformen und den ausgebildeten Disto- meen obwalten. Wissen wir doch zur Genüge, dass die definitive Gestaltung der letzteren sehr wesentlich auf dem Auswachsen des Hinterleibes beruht, dieses aber erst dann beginnt, wenn die Geschlechtsorgane, die bei den Jugend- formen zunächst nur in kümmerlicher Anlage vorhanden sind, zu ihrer weiteren Entwicklung kommen. Auch auf die Abwesenheit der für den Darm des Leberegels so characteristischen Verästelung können wir kein Gewicht legen, da diese gleichfalls erst anhebt, wenn die Würmer in ihren späteren Wirth übertragen sind. Hat sich Joseph doch erst noch jüngst durch seine Untersuchungen davon überzeugen müssen, dass die Leberegel, so lange sie von ge- ringer Grösse sind und die Gallengänge noch nicht auf- getrieben haben, selbst in ihrem definitiven Wirthe einen einfachen Gabeldarm besitzen, und diesen erst allmählich durch Anbildung der Seitenzweige in die spätere Form verwandeln*). Bei dem Versuche, die Jugendformen der Distomeen auf bestimmte Arten zurückzuführen, muss man also von gar Vielem abstrahiren, was auf den ersten Blick in die Augen fällt, trotzdem aber nur von vorübergehender Dauer ist. Bloss die bleibenden Charaktere können dabei in's Gewicht fallen, und diese finden wir, wenn auch nicht ausschliesslich, so doch vorzugsweise in den relativen 1) Der Landwirth. Breslau 1881. Nr. 57. 116 Rudolf Leuckart: Grössenverhältnissen der Saugnäpfe und in der Beschaffen- heit der Cuticula. Und hierin zeigt nun die Distomum- brut unserer Redien in der That eine grosse Aehulichkeit mit dem Leberegel. Wie bei letzterem, so ist auch bei unserer Jugendform der hintere Saugnapf nur wenig grösser, als der vordere (0,08 : 0,07 mm), und die Haut mit Stacheln besetzt, die nicht bloss im Ganzen eine ungewöhnliche Ent- wicklung besitzen, sondern auch auf der Rückseite des Vorderkörpers, wo sie am grössten sind (Fig. 9), bereits deutlich eine Schuppenform erkennen lassen. Unter solchen Umständen scheint mir die Vermuthung, dass es in Wirklichkeit die Jugendform des berüchtigten Leberegels sei, die ich hier beschrieben habe, bis auf Weiteres durchaus gerechtfertigt. Die bei Limnaeus truncatulus weiter von mir aufge- fundenen zwei Redienformen können bei der Frage nach den Jugendzuständen des Bist, hepaticum kaum in gleicher Weise in Betracht kommen. Allerdings ist die eine der- selben vermuthlich mit jener identisch, welche Weinland einst dem Entwicklungskreise des Leberegels einzufügen geneigt war ^), allein ich finde bei näherer Prüfung und Ueberlegung doch nur entfernte Beziehungen zu unserm Parasiten, jedenfalls weit fernere, als das bei der erstbe- schriebenen Art der Fall war. Schon der Umstand, dass die Redie Cercarien erzeugt, lässt diese Beziehungen zweifelhaft erscheinen. Dazu kommt, dass die Redie, die bis zu 2 mm heranwächst und eine Dicke von 0,3 mm er- reicht, mit den Producten meiner Züchtungsversuche nicht recht zusammenpasst, indem ihre Fussstummel nicht bloss 1) Es ist das, wie ich beiläufig bemerke, nicht bloss die ein- zige Redie, sondern sogar der einzige Helminth, welcher bisher bei Limn. truncatulus beobachtet wurde. Auch Limn. pereger ist den bisherigen Angaben zufolge sehr arm an Parasiten. De Filippi (trois. mem. sur les Trematodes p. 6, Tab, I. Fig. 7) berichtet über eine Sporocyste mit unentwickelten Keimen, die er in demselben auf- gefunden habe. Mit den oben beschriebenen Entwicklungsformen unseres Dist. hepaticum scheint dieselbe kaum identificirt werden zu können. Zur Eatwicklungsgesch. des Leberegels (Distomum hepaticum). 117 beträchtlich grösser sind, sondern weiter nach vorne stehen, so weit, dass der Schwanztheil meist länger er- scheint, als der gesammte übrige Körper. In Bezug auf die Bildung des Kopfes hat dieselbe freilich eine grössere Aehnlichkeit mit den Sprösslingen des Leberegels, als wir das für die vorhin beschriebene Form hervorheben konnten, allein der geringere Grad der Schrumpfung, auf den dieser Umstand sich zurückführen lässt, rührt allem Anscheine nach daher, dass unsere Redien Jüngern Datums sind, wie das auch durch die noch in ziemlicher Menge zwischen den Cercarien befindlichen Keimballen zur Genüge bewiesen wird. Die Cercarien, deren ich in einem Falle über 50 zählte, sind kleiner und schlanker, als die muthmasslichen Jugendformen des Bist, hepaticum (0,31 mm lang, 0,14 mm breit), und mit Saugnäpfen versehen, die vorn, wie hinten genau von derselben Grösse (0,052 mm) sind. Das Stachel- kleid ist nur schwach entwickelt, so dass die Spitzchen, w^elche in dichten Reihen neben einander stehen, kaum irgendwo über die Cuticula hervorragen. Der Ruderschwanz misst 0,21 mm, steht an Länge also nicht unbeträchtlich hinter dem eigentlichen Körper zurück. Ich will übrigens zugeben, dass die Charaktere der hier beschriebenen Cercarie die Möglichkeit einer Rück- führung auf unseren Leberegel nicht völlig ausschliessen, obwohl die Wahrscheinlichkeit eines genetischen Zusammen- hanges meines Erachtens weit geringer ist, als bei der schwanzlosen Form. Von der noch übrig gebliebenen dritten Art lässt sich solches in keiner Weise behaupten, da sie nicht bloss durch die Abwesenheit eines Stachel- kleides, sondern auch sonst durch ihre Beschaffenheit nach einer anderen Richtung hinweist. Die auffallendste Auszeich- nung derselben besteht in einem lappigen Organ von grob- körnigem Aussehen, das längs den Seitentheilen des Leibes hinläuft und eine so beträchtliche Entwicklung hat, dass der Körper bei völliger Ausbildung desselben eine ziemlich gleichmässige Scheibenform (von 0,28 mm Länge und 0,24 mm Breite) besitzt. Bei näherer Untersuchung löst sich das betreffende Gebilde in eine dichte Menge von Körnerzellen auf. Vor dem hintern Saugnapfe bilden dieselben auf der 118 Rudolf Leuckart: Rückseite des Körpers eine brtickenartige Verbindung, der beiden Seitenorgane. Ich weiss diese Gebilde kaum auf etwas Anderes zu deuten, als auf die späteren Dotter- stöcke, die ebensowenig, wie die übrigen Geschlechtsorgane, erst dann ihren Ursprung nehmen, wenn unsere Distomeen in den definitiven Wirth gelangten, sondern schon im Cer- carienzustande angelangt sind. Die Saugnäpfe haben eine nur unbedeutende Grösse (beide messen ziemlich gleich- massig 0,06 mm), während der Schwanz im gestreckten Zustande eine sehr ansehnliche Länge (0,6 mm) hat. Die Redien, in denen die in Kürze hier geschilderten Cercarien entstehen, sind schlanke Schläuche, die bis 2 mm lang werden (Dicke = 0,25 mm) und zwei kurze Fussstummel besitzen. Sind meine Ansichten von der Entwicklungsgeschichte des Leberegels die richtigen, dann besitzt derselbe also zwei einander nahe verwandte Zwischenwirthe. Es sind die kleinen Limnaeen unserer Sümpfe und Wiesen, welche ihn aufziehen und an unser Hornvieh abliefern. Die Ueber- tragung geschieht um so leichter, als die betreffenden Schnecken mit besonderer Vorliebe an Gräsern und andern Pflanzen emporklettern. Gegen diese Limnaeen also haben sich die 'Maassregeln zu wenden, die wir zum Schutze unserer Heerden zu ergreifen haben. Localitäten, welche von denselben bewohnt sind, müssen als Weide- plätze gemieden, die Schnecken selbst nach Kräften be- seitigt werden. Es wird das auch die erste und wichtigste prophy- lactische Aufgabe dann bleiben, wenn es sich wider Er- warten herausstellen sollte, dass die junge Brut unseres Leberegels die Schnecken in Cercarienform verlässt und einen neuen Zwischenträger aufsucht. Nur dass sich unsere Schutzvorkehrungen in diesem Falle auch noch nach einer andern Richtung zu wenden haben. In welcher Weise das ge- schehen müsste, werden wir freilich erst dann beurtheilen können, wenn unsere Kenntnisse von der Lebensgeschichte des Wurmes zum vollen Abschlüsse gekommen sind. Nachdem einmal die richtige Spur gefunden, wird hoffentlich das Ziel in nicht allzuferner Zeit erreicht sein. Zur Entwicklungsgesch. des Leberegels (Distomum hepaticum). 119 Sollten sich die Schwierigkeiten der Aufzucht der Helminthenbrut mit unsern dermaligen Mitteln nicht be- seitigen lassen, dann müsste man durch eine methodische Untersuchung der an den Infectionsorten lebenden Lim- naeen und durch Fütterungsversuche die Frage von einer anderen Seite angreifen i). Solche Fütterungsversuche werden sich natürlich auch dann als nothweudig erweisen, wenn es gelingen sollte, wie ich immer noch hoffe, die Distomeen in ihren Keimschläuchen zur vollen Entwicklung zu bringen. Sie sind nicht bloss zur Feststellung der Chronologie und der definitiven Metamorphose nöthig, sondern auo-h zur Erledigung der Frage nach der Patho- genese der Leberfäule und der Verbreitung der Würmer im Thierkörper. Wissen wir doch schon heute mit Be- stimmtheit, dass die Leberegel keineswegs immer auf die Leber sich beschränken, sondern in früher Entwicklungs- stufe auch in die Blutgefässe und die Lunge übertreten. Dabei abstrahire ich übrigens von den neuerdings bei den Schweinen im Fleisch aufgefundenen jugendlichen Distomeen 2), obwohl man dieselben mit unserm Distomum hepaticum mehrfach in Verbindung gebracht hat. Ich kenne den Wurm (durch die Freundlichkeit des Herrn Duncker in Berlin) aus eigener Anschauung und darf mit Bestimmt- heit behaupten, dass er mit unserm Leberegel keine Ge- meinschaft hat. Sein Vorkommen bei dem Schweine ist meines Erachtens nach ein beiläufiges und zufälliges, für die Beurtheilung seines Entwicklungscyclus eben so irre- levant, wie das Vorkommen jugendlicher Distomeen (des sog. Distomum ophthalmohium und Monostomum lentis) bei dem Menschen. 1) Ich darf bei dieser Gelegenheit wohl die Bitte aassprechen, mich durch Zusendung von Limnaeus truncatuius in lebenden (mög- lichst zahlreichen und auch jugendlichen) Exemplaren, sowie durch Mittheilungen über frisch ausgebrochene Egelseuchen und notorische Infectionsherde in meinen Untersuchungen freundlichst zu unterstützen. 2) Ztscbr. f. microsc. Fleischschau und populäre Microscopie 1881. Nr. 3. Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur der Kiemen der Plagiostomen. Von Wilhelm Dröscher aus Schwerin. Hierzu Tafel IX-XII. Die folgenden Untersuchungen über die histologische Struktur des respiratorischen Apparates der Plagiostomen habe ich auf Anregung meines verehrten Lehrers, des Herrn Geheimrath Leuckart auf dem zoologischen Institute zu Leipzig ausgeführt. Es geschah dies in Anschluss an die vor kurzer Zeit daselbst von Herrn Dr. Eiess gemachten Untersuchungen über die Kiemen der Knochenfische, in welchen ein bis dahin unbekannter Mechanismus der Blut- bewegung nachgewiesen wurde. Es war nun meine Auf- gabe zu untersuchen, wie sich die Blutbewegung in den Kiemen der Selachier, die von denen der Teleostier auf den ersten Blick sehr verschieden gestaltet erscheinen, be- werkstelligt, und ferner die Abweichungen beiderlei Ein- richtungen aus der Verschiedenheit der Gesammtorganisa- tion beider Gruppen zu erklären. Die hauptsächlichsten Untersuchungen über die histologische Struktur der Kiemen- blätter habe ich am Torpedo marmoratus angestellt, aus Gründen, die mir das zu Verfügung stehende Material vor- schrieb; doch habe ich hierbei die Genera Mustelus, Acan- thias und Scyllium ebenfalls berücksichtigt. Das Gefäss- system habe ich unter den Squaliden hauptsächlich an Mustelus und Scyllium, unter den Rajiden an Raja studirt. Das Material wurde mir vom Herrn Geheimrath Leuckart W. Dröscher: Beitr. z, Kenntniss d. histolog-. Struktur etc. 121 ö* aus dem reichen Vorrathe seines Institutes in ausserordent- lich liebenswürdiger Weise zur Verfügung gestellt; mein verehrter Lehrer stand mir auch fortwährend mit Eath und Hülfe belehrend und fördernd zur Seite. Es ist mir eine angenehme Pflicht ihm an dieser Stelle meinen tiefst ge- fühlten Dank auszusprechen. Ferner haben mich die Herren Dr. Marshai und Dr. Chun in liebenswürdigster Weise mit Material theils aus Triest, theils aus Neapel unterstützt, wofür ich den genannten Herren meinen besondern Dank auszusprechen mich verpflichtet fühle. Die Methode meiner Untersuchung bestand zum Theil in der Präparation mit dem Messer, zum grössten Theil jedoch in der Anfertigung von Schnitten nach verschiedenen Richtungen, die dann mit passenden Färbeflüssigkeiten, meistens mit ammoniakalischem Karmin, gefärbt wurden. Die Gefässe zeigten sich an den meisten Exemplaren, die in Chromsäure oder in Alkohol gehärtet waren, sehr deut- lich ohne Injektion; sie waren mit geronnenem Blut so prall gefüllt, dass man ihren Verlauf sehr deutlich verfol- gen konnte. Zur Sicherheit wurden jedoch einige Injek- tionen an Scyllium und Raja gemacht und zwar mit dem bewährten Thiersch'schen Blau. Bevor ich nun zur eigentlichen Beschreibung der Kie- men selbst übergehe, halte ich es für passend, einen kur- zen historischen Abriss der bis jetzt über diese Organe ge- machten Untersuchunsren und ihrer Resultate zu £:eben. ^ö' Geschichtliches. Die makroskopische BeschaflPenheit und Anordnung der Kiemen der Selachier ist schon lange bekannt; der Unterschied zwischen den in besondern Kiementaschen ge- trennten Kiemen dieser Fische und den gemeinsamen Kie- menhöhlen der Ganoiden und Teleostier musste natürlich schon den ersten Forschern auffallen, die sich mit der Anatomie der Selachier beschäftigten. So beschreibt als einer der ersten, wie Lereboullet in seiner später zu er- wähnenden Arbeit angiebt, Perrault in einer Abhandlung über Squalus vulpiis, die sich in den Memoires pour servir 122 Wilhelm Dröscher: ä rhistoire naturelle des animaux (Memoires de rAcaddmie des seiences, 1660 — 1678, t. III) befindet, die Kiemen dieses Haifisches, aber nur in allgemeiner, grober Weise. Der erste Forscher, der in Bezug auf die Kiemen genauer zwi- schen Knorpel- und Knochenfischen unterschied, war Broussonet. Bedeutender gefördert wurde die Kenntniss der Kiemen der Knorpelfische durch Monro in seinem Werke: „Bau und Physiologie der Fische, verglichen mit dem des Menschen", welches Werk durch seinen deutschen Uebersetzer Schneider um interessante Zusätze vermehrt wurde. Monro beschrieb die Kiemen der Roche und be- rechnete die eigentliche respiratorische Fläche derselben, indem er die sich auf den Seiten der Kiemenblätter er- hebenden Falten genau zählte und mass. Ausserdem war er der erste, der sich mit dem Studium der Gefässe, die das Blut zu den Kiemen hinführen, und ebenso jener, welche es aus denselben wieder aufnehmen, beschäftigte; er beschrieb diese Gefässe fast ebenso vollständig und ge- nau wie später Hyrtl. Bei weitem nicht so eingehende und genaue Beschreibungen der Kiemen einzelner Haie und Rochen finden sich in der Histoire naturelle des pois- sons von Lacepede. Die Unterschiede zwischen den Kiemen der Teleostier und Selachier wurden dann beson- ders hervorgehoben und zu erklären gesucht in den Legons d'anatomie comparee par Cuvier. Hierin finden sich vor- treffliche Beschreibungen der Kiemen verschiedener Rochen und Haie, sowie der zu- und ableitenden Gefässe. Ferner finden wir hier zum ersten Male eine umständlichere Be- schreibung der Muskulatur, welche sich zwischen den Kie- mensäcken der Selachier befindet. Diese Beschreibung wurde von Duvernoy geliefert. Derselbe Forscher hat später dem Studium der Wände der Kiemensäcke und den darin enthaltenen Muskeln eine besondere Abhandlung: „Du mecanisme de la respiration dans les poissous" ge- widmet; hierin bezeichnete er zuerst die Wand zwischen den beiden Kiemenblattreihen desselben Bogens als Dia- phragma. Er verfolgte den Uebergang des Diaphragmas der Knochenfische, das nur von sehr geringer Entwicklung ist^ zu dem der Selachier, bei denen es am vollständigsten Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur ete. 123 ausgebildet ist, indem er die Zwischenstufen, welche das Diaphragma vom Stör, das drei Viertel der Länge der Kiemenblätter einnimmt, und das von der Chimaera, wel- ches den freien Rand der Kiemenblätter erreicht, ohne sich aber mit der Körperbedeckung zu verbinden und eine Trennung in Kiemensäcke hervorzurufen, bilden, unter- suchte. Hierdurch wurde der Zusammenhang zwischen den festsitzenden Kiemen der Selachier und denen der anderen Fische bedeutend seinem richtigen Verständniss entgegen- geführt. Die Kenntnisse von der Muskulatur des Kiemen- diaphragmas wurden nach Duvernoy noch besonders ver- mehrt durch dessen Schüler L er eboullet in seiner „Ana- tomie comparee de l'appareil respiratoire". Vor Duvernoy hatte schon Alessand rini ein muskulöses Diaphragma gefunden beim Orthag oriscus möla und in seiner Abhand- lung: „De piscium apparatu respirationis tum speciatim Orthagorisci" (in den Nov. comment. acad. scient. instit. Bononiens 1839) beschrieben und mit dem Diaphragma der Selachier verglichen. Derselbe Forscher hat auch im 4. Bde. der Comm. Bononiens von 1840 seine Untersuchun- gen speciell über die Kiemen der Selachier veröffentlicht unter dem Titel: „Observationes supra intima branchiarum structura piscium cartilagineorum". In neuester Zeit ist die Kiemenmuskulatur der Selachier vollständig untersucht und ausführlich beschrieben worden von Vetter in einer Abhandlung: „Zur vergleichenden Anatomie der Kiemen- und Kiefermuskulatur der Fische" (im 8. Bde. der Jenaischen Zeitschrift). Das knorpelige Skelet des Kiemenkorbes hat in der Arbeit von Gegenbaur: „lieber das Kopfskelet der Selachier" eingehende Berücksichtigung gefunden. Das Gefässsystem der Kiemen wurde nach Monro von Cuvier und Alessandrini, hauptsächlich aber von Hyrtl in einer besonderen Arbeit: ,,Das arterielle Gefässsystem der Rochen" beschrieben. Vor Hyrtl lieferte auch schon Job. Müller in seiner vergl. Anatomie der Myxinoiden (Abth. Gefässsystem) interessante und wichtige Beiträge zur Kenntniss desselben. Alessandrini beschreibt das- selbe ziemlich ausführlich; er macht auch genauere An- gaben über die Struktur der Kiemenblätter, namentlich 124 Wilhelm Dröscher: Über ein eigenthümliches, in denselben sieb findendes Ge- webe. Die Arbeiten von Fiseber, Eosentbai und Doel- liuger über das Gefässsystem und die Struktur der Kie- men bebandeln nur einzelne Knocbenfische. Ausser diesen speciellen Arbeiten über die Kiemen finden sieb nocb zablreicbe Monographien über einzelne Gattungen der Plagiostomen, die jedoch betreffs der Kiemen nur allgemeine Bemerkungen, Wiederbolungen des durcb die speciellen Arbeiten bekannt gewordenen entbalten. leb bescbränke mich dessbalb aucb darauf, diese Arbeiten in dem nachfolgenden Litteraturverzeichniss anzufübren. Das- selbe gilt aucb für die Handbücber der vergleicbenden Anatomie, die aucb nur allgemeine Bemerkungen über die Kiemen enthalten; so die Physiologie comparee par Milne- Edwards, ferner die Abhandlung von Williams über die Respirationsorgane in Todd's Encyklopädie, das System der vergl. Anatomie von Meckel etc. Trotz all dieser verschiedensten Arbeiten ist eine ge- naue, zusammenhängende Beschreibung der Kiemen der Plagiostomen und namentlich eine Beschreibung der Gefäss- vertheilung in den Kiemenblättern selbst bis jetzt nocb nicht geliefert worden. Allgemeines. Die Kiemen der Selachier scheinen auf den ersten Blick von den entsprechenden Organen der Ganoiden und Teleostier himmelweit verschieden zu sein. Während die Kiemenblattreihen, die den Kiemenbögen aufsitzen, bei den letzteren beiden Abtheilungen des Fischreiches sich frei in einer gemeinschaftlichen, vom Operkularapparate bedeckten Kiemenhöhle befinden, sind dieselben bei den Selachiern in von einander getrennte Kiemensäcke vertheilt, und jeder dieser Kiemensäcke hat seine besondere, äussere Oeffnung. Auf diesen Unterschied, der, wie wir im Folgenden nach- zuweisen versuchen wollen, auf der besonderen Ausbildung und Entfaltung von Einrichtungen beruht, die bei den Ga- noiden und Teleostiern in ihrer Entwicklung zurückgeblie- ben sind, hat zuerst der französische Forscher Broussonet Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 125 aufmerksam gemacht. Im Anschluss an ihn bezeichnete Cuvier die Kiemen der Selachier als festsitzende im Gegensatz zu den freien Kiemen der Ganoiden und Teleo- stier, und Charles Bonaparte führte wegen dieser fest- sitzenden Kiemenform für die Abtheilungen der Rochen und Haie den Namen der Elasmobranchier ein. Für beide Abtheilungen sind Form und Lage der Kiemensäcke im Wesentlichen gleich, seitlich vom Schlünde; nur sind die Oeffnungen der Kiemensäcke, die bei den Haien seitlich stehen, bei den Rochen durch die in horizontaler Richtung sicÄ mächtig ausbildenden Brustflossen auf die Unterseite des Körpers gedrängt. In der Mitte zwischen beiden Ab- theilungen steht Squatina, die also auch in Betreff der Lage der Kiemenöffnungen wie in der ganzen Körperform den Uebergang zu den Rochen bildet. Auf eine allgemeine Beschreibung der Kiemensäcke, ' Angabe ihrer Zahl und Verschiedenheiten etc. kann ich hier um so eher verzichten, als sich diese Verhältnisse in allen Handbüchern der ver- gleichenden Anatomie (vergl. Stannius, Zootomie) erörtert finden ^). Auch bei den Selachiern geschieht die Vergrösserung der auf den Kiemenbögen zur Seite der Innern Kiemen- spalten sich erhebenden Kiemenoberfläche nach dem Prin- cipe der Faltelung. Es bilden sich nicht nur die einzelnen Kiemenbiättchen als Falten auf den Seitenwänden der Kie- mentaschen, sondern auf den beiden Seitenflächen der Kie- menblätter erhebt sich wiederum die Haut derselben zu senkrecht zur Fläche der Kiemenblätter stehenden Fält- chen, in denen sich dann das eigentliche Kiemenkapillar- netz ausdehnt, und die also die hauptsächlichste respirato- rische Oberfläche bilden, genau so wie dies auch bei den Teleostiern der Fall ist. Die Kiemenblätter haben nicht überall auf dem Bogen die gleiche Länge, sondern sind ungleich und sind im Ganzen so angeordnet, dass die längsten den Punkt, wo sich die beiden Hälften des Bogens gelenkig verbinden 1) Man vgl. auch : Rathke, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Haifische und Rochen. 126 Wilhelm Dröscher: und wo die längsten Kiemenstrahlen dem Bogen aufsitzen, einnehmen. Von hier nehmen die Kiemenblätter nach den Enden des Bogens zu allmählich ab; an letzteren Stellen sind sie gewöhnlich nur sehr kurz; hier geht die Kiemen- blattreihe der vordem Wand des Kiemensackes ununter- brochen in die der hintern Wand über. Bei Squatina sind die Kiemenblätter im Allgemeinen sehr kurz, bei Mustelus und Acanthias sehr viel länger; die von Scyllium halten zwischen den beiden vorigen die Mitte. Die Kiemenblätter sind fast in ihrer ganzen Länge der Wand des Kiemen- sackes angewachsen, nur am oberen Ende stehen sie eine kurze Strecke lang in schräger Richtung vom Diaphragma ab. Der freie Rand derselben ist nur selten ganz glatt, er zeigt meistens höckerige oder zahnartige Hervorragungen, erscheint gesägt. Sehr grosse Zähne trägt er bei Raja, wie schon Duvernoy bemerkt hat. Die auf den Seitenflächen der Kiemenblätter senkrecht stehenden Schleimhautfalten nehmen nicht die ganze Breite der Blätter ein, wie dies bei den Teleostiern durchweg der Fall zu sein scheint, sondern das der angewachsenen Kante des Blattes zunächst gelegene Drittel einer Seitenfläche bleibt frei; nur an der frei abstehenden Spitze ziehen sie sich über die ganze Breite weg. Auf diesen Unterschied von den Teleostiern hat schon Aiessandrini aufmerksam gemacht. Das Kiemenskelet. Zur Stütze der respiratorischen Flächen dient eine Skeletgrundlage, die bei den Selachiern wie alle Skelet- theile knorpelig ist. Sie besteht aus Bögen wie bei den Teleostiern. Dieser Theil des Kiemenapparates ist in seinem genaueren Verhalten jedenfalls am längsten und am besten bekannt; in neuerer Zeit ist er eingehend be- schrieben worden in der Arbeit Gegenbaur's über das Kopfskelet der Selachier. Ich kann mich desshalb darauf beschränken, das für das Verständniss meiner Untersuchun- gen Nothwendige aus den verschiedenen über diesen Punkt gelieferten Arbeiten zu rekapituliren. Die Hauptstütze der Kiemen wird gebildet von den Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 127 inneren Kiemenbögen. Sie bestehen aus vier Gliedern, die gelenkig mit einander verbunden sind. Von diesen schliesst sich das oberste Glied jeder Seite als Basale an die Wirbelsäule, mit der es durch Bindegewebe verbunden ist, an und dient als Suspensorium des ganzen Bogens. Das ihm entgegengesetzt liegende, jederseitige, unterste Glied schliesst sich als Copulare an eine in der Mittellinie des Bauches liegende Reihe von Knorpelstücken an und bringt so den Visceralapparat unten zum Abschluss. Zwi- schen beiden liegen die bedeutendsten Glieder des Bogens, das obere und untere Mittelglied. Beide sind an der Stelle, wo sie zusammenstossen, etwas verbreitert und durch ein fibröses Band gelenkig verbunden, so dass dadurch dem ganzen Kiemenbogen die Möglichkeit gegeben wird Be- wegungen auszuführen, welche, wie aus dem Folgenden hervorgehen wird, für die Aus- und Einathmung und auch für die Schluckbewegung nothwendig sind. Die nach aussen gekehrte Seite dieser Mittelglieder ist nicht einfach abge- rundet, sondern sie zeigt an ihren beiden Rändern zwei mehr oder minder stark hervortretende Leisten, zwischen welchen sich eine zur Aufnahme der Kiemengefässe die- nende Rinne entwickelt. Die dem hintern Rand des Kie- menbogens folgende Leiste dient den gleich zu erwähnen- den Knorpelstrahlen zum Ansatz, während an der vordem Leiste sich die Muskeln des Diaphragma's inseriren. Die Innenseite der Mittelglieder ist namentlich in der Nähe der Artikulationsstelle rinnenförmig ausgebildet, und diese Vertiefungen dienen dazu, den zwischen den beiden Mittel- gliedern gelegenen Musculus adductor des Kiemenbogens aufzunehmen 1). Der letzte Kiemenbogen, der keine Kie- menblätter mehr trägt, sondern nur zur Begrenzung und Stütze des letzten Kiemensackes dient, besteht nur aus 2 Gliedern, den beiden Mittelgliedern; er besitzt damit nur eine geringe Beweglichkeit, die noch verringert wird durch die innige Verbindung mit dem Schultergürtel. Er weist Beziehungen zum Gefässsystem auf. 1) lieber die Bedeutung dieser Rinne vergl. Gegenbaur's Arbeit über das Kopfskelet pag. 150. 128 Wilhelm Dröscher: Auf der hintern Leiste der beiden Mittelglieder, aber nur an dieser selbst, sitzt eine Reihe von Knorpelstrahlen auf, die sich in das zwischen den beiden Kiemenblattreihen eines Bogens befindliche Diaphragma hineinerstrecken und demselben als Stütze dienen; zugleich versehen sie dieselbe Funktion für die dem Diaphragma ansitzenden Kiemen- blätter; sie haben somit schon nähere Beziehungen zu den Kiemenblättern als die Kiemenbögen. Zuerst sind sie von Duvernoy beschrieben und dann von Alessandrini; auch Lereboullet, Stannius und Rathke erwähnen sie, und Gegenbaur hat ihnen einen besondern Abschnitt gewidmet. Sie sind nicht alle unter einander gleich, son- dern der stärkste ist der, welcher auf der Artikulations- stelle der beiden Mittelglieder aufsitzt. Von hier nehmen sie allmählich ab nach den Enden der Mittelglieder zu, ähnlich wie die Kiemenblätter; die letzten sind ganz kleine Knorpelchen, wenigstens bei den Haien; bei den Rochen ist die Grössenabnahme keine so bedeutende. Die Zahl dieser Knorpelstrahlen ist bei den Rochen allgemein eine grössere als bei den Haien. Bei Squalis longirostris sind nach den Untersuchungen Rathke's diese distinkten Knor- pelstrahlen zu kontinuirlichen Knorpelplättchen verschmol- zen. Am letzten, kiemenlosen Kiemenbögen scheinen die Knorpelstrahlen ganz zu fehlen, sind hier jedoch nach den Untersuchungen Gegen bau r's durch kleine Knorpelstück- chen vertreten. Alle diese Knorpelstrahlen sind mit dem Kiemenbögen gelenkig verbunden ; sie sind in seichte Gru- ben eingesenkt, und die gelenkige Verbindung wird dadurch hergestellt, dass das Perichondrium des Kiemenbogens in seinen äusseren Lagen direkt in das des Kiemenstrahles tibergeht, während eine innere Lage desselben zwischen den Kiemenbögen und den Kiemenstrahl eindringt, um hier ein kleines Bindegewebspolster zu bilden, auf dem der Knorpelstrahl ruht und sich bewegen kann. So wird es jedem einzelnen Kiemenstrahl möglich gemacht, in Folge der Contraktionen des Muse, adductor Bewegungen auszu- führen, welche dazu dienen, die Kiemenscheidewand zu dehnen und die Kiemenblätter von einander zu entfernen. Diese Knorpelstrahlen finden sich also, wie schon erwähnt, Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 129 nur an den Mittelgliedern eines Bogens; den Endgliedern, d. h. dem Basale und Copulare fehlen sie. Aber mit jedem dieser Glieder steht ein Knorpelstrahl in Verbindung, der sich am Rande der Kiemensackscheidewand bogenförmig gekrümmt hinzieht, letztere begrenzend, und sich in die Interstitien der äusseren Kiemenöffnungen hineinerstreckt. Die Verbindung mit dem Innern Kiemenbogen geschieht nur durch Bindegewebe. Diese Knorpelbögen sind zuerst von Cuvier und darauf von Rathke angegeben worden; letzterer beschreibt sie als einen Rahmen bildend, zwischen welchem das Diaphragma ausgespannt sei. Cuvier be- zeichnet sie als Rudimente von Vertebral- respective Ster- nalrippen in Folge ihrer Lage; während Stannius das gesammte Gerüst dieser Knorpelbögen als einen abortiven Repräsentanten des äusseren Kiemenkorbes der Petromy- zonten auffasst. Gegenbaur hat diese Skelettheile in ihren Verschiedenheiten genau beschrieben und sie als äussere Kiemenbogen bezeichnet. In Betreff ihrer Bedeu- tung verwirft er die eben erwähnte Ansicht Cuvier's; dagegen glaubt er eine Uebereinstimmung mit dem Kiemen- skelet der Petromyzonten annehmen zu müssen und hält die äusseren Kiemenbogen für Vererbungen von einer den Cyclostomen und Selachiern gemeinsamen Stammform. Struktur der Kiemensackwände und des Diaphragmas. Ihre eigenthümliche Vertheilung in getrennte Kiemen- säcke verdanken die Kiemen der Selachier dem Vorhan- densein einer Wand zwischen den beiden Kiemenblattreihen eines jeden Bogens, welcher diese letzteren angewachsen sind. Diese Kiemensackscheidewand wurde zuerst von Duvernoy untersucht und von ihm in der ersten Ausgabe der Legons d'anatomie comparee par Cuvier (1805) be- schrieben. Duvernoy fand, dass diese Scheidewand ähn- liche Beziehungen zum Respirationsmechanismus, zur Ent- fernung und Erneuerung des Athmungsmediums aufweise, wie das Zwerchfell der Säugethiere zur Athmung, und er bezeichnete dieselbe desshalb als Diaphragme branchial. Arcli. f. Naturgesch. XXXXVIII. Jahrg. 1. Bd. 9 130 Wilhelm Dröscher: Später widmete er der Beschreibung von verschiedenen Formen des Diaphragmas eine besondere Abhandlung: „Du mecanisme de la respiration dans les poissons". Vor dem Erscheinen dieser letzten Arbeit hatte schon Alessan- drini in seinen: „Observationes supra intima branchiarum structura piscium cartilagineorum" und in seiner noch ein Jahr früher erschienenen Arbeit: „De piscium apparatu respirationis tum speciatim Orthagorisci" das Diaphragma und seine Zusammensetzung erwähnt, aber zu dem, was Duvernoy schon 1805 geliefert hatte, nichts Neues hin- zugefügt. Duvernoy bemerkte, dass das Diaphragma der Selachier nicht bloss wie die ähnlichen Bildungen einiger anderer Fische muskulös und sehnig, d. h. binde- gewebig sei, sondern dass auch knorpelige Theile an seiner Zusammensetzung Theil nähmen. Er beschrieb zuerst die schon oben beim Skelet erwähnten Knorpelstrahlen. Ebenso war er der erste, der die Muskelschichto des Diaphragmas von Raja beschrieb und abbildete. Bei der nun folgenden Beschreibung des Diaphragmas gehe ich vom Kiemenbogen aus. Derselbe wird zunächst von einem starken Perichondrium umgeben, das sich na- mentlich an seinen Seitenrändern verdickt zeigt. Der ganze Skeletbogen liegt in einer Hülle faserigen Bindegewebes. Die Bindegewebsschichten, welche unmittelbar unter dem Epithel des Bogens liegen, sind verdichtet, was man an ihrer dunkleren Färbung mit Carmin erkennt. Sie zeigen einen parallelen Faserverlauf und bilden eine Cutis, die sich oft zu breiteren oder spitzeren Papillen erhebt. An die Papillen knüpft eine Zahnbildung an, wie 0. Hertwig sie im 8. Bande der Jenaischen Zeitschrift beschrieben hat. Es finden sich also hier in den der Schlundhöhle zuge- kehrten Epithelflächen der Kiemenbogen dieselben Zahn- bildungen, wie im Mund und auf der äusseren Haut. Bei einzelnen Arten finden sich auch sogenannte Pharyngeal- radien, kleine, mit Bindegewebe und Epithel überzogene Knorpelstrahlen, wie sie Gegenbau r beschrieben hat, die sich über die inneren Kieraenspalten hinübererstrecken. In dieses den Bogen an seiner konkaven Seite umhüllende Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 131 Bindegewebe ist der später zu beschreibende Adduetor der beiden Bogenhälften eingebettet. Das eigentliche Diaphragma schliesst sich an die konvexe, nach aussen gekehrte Seite des Kiemenbogens an. Ausser Bindegewebe, Muskelfasern und Knorpelstrahlen enthält es noch Blutgefässe und grössere Bluträume im Bindegewebe, welche beim Gefässsystem beschrieben werden sollen. Diese Bestandtheile sind dem Diaphragma der Squa- liden und ßajiden gemeinsam, obgleich beide Familien sonst im speciellen Bau mancherlei Unterschiede zeigen. Zur Stütze und zur Ausspannung des Diaphragmas dient eine Reihe von Knorpelstrahlen, die sich an eine Leiste des hinteren Randes des Kiemenbogens ansetzen. Die ein- zelnen Strahlen hängen durch eine Haut lockeren Binde- gewebes, das sich direkt an ihr Perichondrium anschliesst, unter einander zusammen, so dass sie sich einander nähern und von einander entfernen können. Sie sind bei den Haien weniger zahlreich als bei den Rochen, ebenfalls klei- ner; sie bleiben meist einfach oder theilen sich gabelig, wobei jedoch beide Aeste rund bleiben. Die einzelnen Ausnahmen können hier übergangen werden, da man eine eingehende Beschreibung derselben in Gegen bau r's Arbeit über das Kopfskelet findet. Bei den Rochen sind die Knor- pelstrahlen viel zahlreicher und stärker entwickelt in Dicke und Länge. Hier erreichen sie tiberall den Rand des Dia- phragmas und erstrecken sich sogar noch über denselben hinaus. Bei Raja bleibt von ihnen nur der mittlere dem Gelenke der Mittelglieder aufsitzende Strahl an der Spitze ungetheilt; alle andern gabeln sich. Die beiden Aeste der Gabel sind dabei nicht gleicbmässig ausgebildet. Der eine Ast bleibt kurz und drehrund, er reicht nur bis zum Rand des Diaphragmas. Der andere Ast ist länger und ver- breitert sich an seinem Ende schaufeiförmig zu einer Knor- pelplatte. Es ist dies in der ventralen, dem untern Mittel- gliede angehörigen Hälfte des Diaphragmas der ventrale, der Bauchseite zugekehrte Ast der Gabel; in der dorsalen Hälfte ist es dagegen der der Rückenseite zugekehrte Ast, der sich verbreitert. Diese Knorpelplatten behalten nicht die Lage der eigentlichen Knorpelstrahlen bei, bleiben 132 Wilhelm Dröscher: nicht im Diaphragma, sondern biegen rechtwinklig nach hinten um, um hier den untern und obern Wänden der Kiemensäcke als Stütze zu dienen. Auf der vordem Seite der Knorpelstrahlenreihe liegt eine Schicht neben einander verlaufender Muskelbündel, die den mächtigsten und wichtigsten, schon von Duvernoy erwähnten Theil des Diaphragmas bilden. Diese Muskel- schicht befähigt das Diaphragma zu seiner eigenthümlichen, im Respirationsmechanismus so wichtigen Funktion, wie wir später sehen werden. Die einzelnen Bündel derselben sind mit den Knorpelstrahlen, denen sie aufliegen, durch lockeres Bindegewebe verbunden, nur am mittelsten und stärksten Strahle findet ein Theil derselben eine wirkliche Insertion. Das erwähnte Bindegewebe erstreckt sich überall zwischen die einzelnen Bündel hinein und umgiebt die- selben scheidenartig, indem es sich mit der auf der Vorder- seite der Muskelschicht liegenden Bindegewebshaut ver- bindet. Die Insertionslinie des Diaphragmamuskels am Kiemenbogen wird durch eine am vorderen Rande desselben verlaufende Leiste bezeichnet. Die Muskelschicht liegt nun nicht überall den Knor- pelstrahlen dicht an. Zwischen den Insertionslinien der beiden Theile am Kiemenbogen findet sich ein Raum, der zur Aufnahme der Kiemenbogenarterie, die von hieraus ihre Aeste an die einzelnen Kiemenblätter abgiebt, und anderer, später zu erwähnender Gefässe dient. Diese Ge- fässe liegen hier nicht frei, sondern sind von lockerem Bindegewebe, das den ganzen Raum ausfüllt, umgeben. Wenn Vetter in seiner Arbeit: „lieber die Kiemen- und Kiefermuskulatur der Fische" (Jenaische Zeitschrift, Bd. 8. pag. 420) angiebt, dass sich in diesem Raum auch die Vene des Kiemenbogens befinde, so beruht dies auf einem Irrthum, da ein Kiemenbogen für seine beiden, zwei ver- schiedenen Kiemensäcken angehörigen Kiemenblattreihen nicht eine einzige, sondern zwei Wurzelvenen besitzt, die wie später beschrieben wird, anderswo verlaufen. Dieser mit lockerem Bindegewebe erfüllte Raum nimmt nach oben allmählich ab, indem sich die Muskelschicht der Knorpelstrahlenreihe allmählich nähert, um sich ihr dann Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 133 bald ganz anzulegen. Aber auch hier drängen sich zwischen beide Theile vielfach Gefässäste, die aus der Kiemenbogen- arterie entsprungen sind. Sie verschieben zum Theil die Knorpelstrahlen und lassen sie nach aussen gewölbt durch die sie bedeckende Bindegewebshaut hervortreten, so dass sie wie zwischen die Kiemenblätter geschoben erscheinen. Diese Lagerung einzelner Blutgefässe ist in so fern von Bedeutung, als bei einer Contraktion der Muskelschicht des Diaphragmas das Blut aus ihnen, dadurch, dass sie an die Knorpelstrahlenreihe hinangedrückt werden, hinaus- getrieben und in die Kiemenblätter gedrängt wird. Die Innervirung des Diaphragmas geschieht am Zungen- beinbogen durch einen Ast des Glossopharyngaeus, an den darauf folgenden eigentlichen Kiemenbögen . durch Aeste des Vagus. Ein solcher für einen Kiemenbögen bestimmter Nervenast tritt an der oberen Commissur eines Kiemen- sackes zwischen den Basalia zweier benachbarter Bögen durch und verläuft an der Basis der Muskelschicht auf der Vorderseite derselben, dicht an der Insertionslinie, der Krümmung des Kiemenbogens folgend. Er giebt Aeste ab, die sich auf der Muskelschicht vielfach verästeln. Von diesen Nervenzweigen erhält man regelmässig auf Quer- schnitten durch die beiden Kiemenblattreihen desselben Bogens, die senkrecht zum Diaphragma gemacht sind, Querschnitte neben der Muskelschicht. Nach dem Durch- tritt durch den Kaum zwischen den Basalia giebt der Nerv eines Bogens innerhalb des die obere Kiemensackkommis- sur bewerkstelligenden, die oberen Enden der Kiemenbögen verbindenden Bindegewebes einen schwächeren Ast ab, der zu der vordem Wand desselben Kiemensackes, die aber von der hintern Kiemenblattreihe des nächst vordem Kie- menbogens gebildet wird, tritt und an der Basis der hier ansitzenden Kiemenblätter parallel der Krümmung des Bogens verläuft. So findet man an jedem Kiemenbögen mit Ausnahme des Zungenbeinbogens und des letzten Kie- menbogens, die später berücksichtigt werden sollen, auf jeder Seite des Diaphragmas einen Nervenstrang parallel der Krümmung des Kiemenbogens verlaufen. Der auf der Vorderseite an der Insertionslinie der Muskelschicht ver- 134 Wilhelm Dröscher: laufende ist der stärkere, er gehört dem Bogen selbst an; der auf der hintern Seite unter der hintern Kiemenblatt- reihe verlaufende ist schwächer und gehört als Ast zu dem Nerven des nächstfolgenden Bogens. (Vergl. Fig. 9. n und n'.) Auf der Vorderseite der Muskellage und auf der Rück- seite der Knorpelstrahlenreihe liegt je eine Schicht lockeren Bindegewebes, welche beide Schichten das Diaphragma nach aussen abschliessen. Beide Bindegewebshäute stehen durch das die Knorpelstrahlen verbindende Bindegewebe und durch die bindegewebigen Muskelscheiden in Zusammen- hang. Nach innen schliessen sie sich an das den knor- peligen Skeletbogen auf seiner konvexen Seite umhüllende Bindegewebe an. Diese Bindegewebslamellen sind es auch, welche die erwähnten, zahlreichen und oft beträchtlich grossen Lückenräume, die mit Blut gefüllt sind, enthalten. Die äussersten Schichten der beiden das Diaphragma be- grenzenden Lamellen verdichten sich zu einer Cutis, der das Epithel der Kiemen sacke vermittelst einer Basalmem- bran aufliegt. An diese Cutis des Diaphragmas schliesst sich ein bestimmter Gewebekörper der Kiemenblätter direkt an, wie später gezeigt werden soll. Das die Knorpelstrahlen verbindende Bindegewebe ist gewöhnlich von lockerer Beschaffenheit; ihm scheinen namentlich auf Querschnitten die Knorpelstrahlen einfach eingebettet zu sein. Bei Scyllium sondert sich jedoch aus diesem Bindegewebe an den oberen Enden der Knorpel- strahlen eine Art von festerem Ligament ab, das die oberen Enden sämmtlich unter einander verbindet. Bei Raja findet sich hier zwischen den Knorpelstrahlen noch ein besonderer Apparat von Bändern, der schon von Duvernoy beschrieben und abgebildet ist. Diese Bänder, die sich zwischen je zwei Knorpelstrahlen ausspannen, haben entsprechend der ventralen und der dorsalen Hälfte des Diaphragmas entgegengesetzte Richtung. Sie gehen von dem untern Theile der dem Mittelstrahl zugekehrten Seite eines jeden Knorpelstrahles in schräger Richtung nach dem obern Theil der dem Mittelstrahl abgekehrten Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 135 Seite des nach der Mitte zunächstfolgenden Strahles*). Zwischen dem Mittelstrahl und den beiden ihm benach- barten Strahlen spannen sich keine Bänder aus. Diese Bänder wirken als Antagonisten des Diaphragmamuskels, wie später erläutert wird, sie unterstützen die Wirkung des in der Beuge des Bogens liegenden Adductors. Von diesen bei Kaja schön ausgebildeten Bändern habe ich bei den Haien, von denen ich namentlich Mustelus auf diesen Punkt hin untersuchte, keine Spur gefunden. Ich wende mich nun zur Beschreibung der Anordnung und des Verlaufes der Muskelbündel des Diaphragmamuskels oder des Musculus interbranchialis. Diese Verhältnisse bieten bei den Haien und Rochen merkliche Verschieden- heiten dar, so dass eine gesonderte Betrachtung ange- zeigt ist. Bei den Haien wird das Diaphragma an seinem äussern Rande umgeben und gestützt von den beiden Knor- pelspangen des dazu gehörigen äusseren Kiemenbogens. Diese sind es denn auch, an denen sich die Muskelbündel des Diaphragmas mit ihren äusseren Enden inseriren. Da, wo sich die beiden Spangen nicht erreichen, sondern nur durch Bindegewebe an ihren Enden verbunden sind, inse- riren sich die Muskelbündel in diesem Bindegewebe. Am ventralen Ende, wo die ventrale Spange eine dreieckige Platte bildet, verbindet Bindegewebe diese Platte mit dem Copulare des inneren Kiemenbogens und bewerkstelligt so den Abschluss des Diaphragmas. Aehnlich geschieht es am obern, dorsalen Ende. In der ventralen Hälfte des Diaphragmas inseriren sich die äussersten Muskelbündel, die zugleich die stärksten sind, an der dreieckigen Platte der untern Spange des äussern Kiemenbogens. Ein kurzes und dickes Muskelbündel nimmt seinen Ursprung von dem hintern Rande der dreieckigen Platte des nächst vordem, äussern Bogens und von dem beide auf einander folgenden Platten verbindenden Ligament. Diese Bündel ziehen zum untern Mittelgliede des innern Kiemenbogens, um sich an demselben zu inseriren. Dabei gehen sie einander nicht 1) Vergl. Duvernoy 1. c. tab. 6. fig. C und D. 136 Wilhelm Dröscher: parallel, sondern divergiren etwas, so dass ihre Insertions- linie am innern Kiemenbogen eine längere ist als am äussern Kiemenbogen. Nach aussen von den mehrfach erwähnten dreieckigen Platten liegen Theile der ventralen Längsmuskulatur der Kiemen. Das untere Mittelglied dient nur einem kleinen Theile von Bündel des Muse, interbranchialis, die vom äussern Kiemenbogen kommen, zur Insertion; von diesen Bündeln, die sich noch am Mittelgliede inseriren, scheinen die äusser- sten schon das Gelenk der beiden Mittelglieder überschrei- ten zu wollen; sie biegen sich jedoch gerade über dem Gelenke dem Kiemenbogen zu und inseriren sich an dem- selben; ebenso verhalten sich die entsprechenden Bündel der dorsalen Hälfte, so dass hier auf einer kleinen Strecke das Aussehen eines Scheitels entsteht. Auch das dorsale Mittelglied gewährt nur einem kleinen Theil von Bündeln, die von der dorsalen Spange des äussern Kiemenbogens kommen, eine Insertion; dieselben verhalten sich wie die entsprechenden der ventralen Hälfte. Die weiter nach aussen gelegenen Bündel beider Hälften des Diaphragmas, die also an den Mittelgliedern keine Insertion finden, gehen in einander über; sie nehmen dabei allmälilich eine dem Kiemenbogen immer mehr parallele Kichtung an. Man hat also hier im Diaphragma zwischen zwei verschieden- artig verlaufenden Partien von Muskelbündel zu unter- scheiden. Die eine Partie wird gebildet von denen, welche sich am innern Kiemenbogen inseriren, indem sie von der ventralen resp. dorsalen Spange des äusseren Kiemen- bogens nach dem ventralen resp. dorsalen Mittelgliede des innern Bogens ziehen. Die zweite Partie wird gebildet von denen, die keine Insertion am innern Kiemenbogen finden, sondern über die Gelenkverbindung der Mittelglieder hinweg aus der ventralen in die dorsale Hälfte oder um- gekehrt übergehen. Die innersten Bündel der letzteren Partie ziehen über den Mittelstrahl, der dem Gelenke auf- sitzt, weg, ohne sich an ihm zu inseriren, da derselbe ihnen noch nicht dicht anliegt. Die mehr nach aussen gelegenen Bündel inseriren sich jedoch zum Theil am Mittelstrahl. Die äussersten, das Diaphragma begrenzenden Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 137 Bündel gehen jedoch wieder über den Mittelstrahl und über die freien Enden der anderen Kiemenstrahlen hinweg . in einander über, indem sie dabei die Enden der Strahlen von beiden Seiten umfassen, so dass dieselben in der Muskelschicht versteckt liegen. Jenseits, d. h. nach aussen von den beiden Spangen des äusseren Kiemenbogens, liegt das System des Musculus constrictor superficialis communis. Soweit die beiden Knorpelspangen reichen, ist der Muse, interbranchialis des Diaphragmas von dem Constrictor ge- trennt, eben durch dieselben; aber in der Mitte des äussern Umfanges des Diaphragmas, wo die Spangen einen Zwischenraum zwischen sich lassen, schliessen sich die Bündel des Diaphragmamuskels ohne dazwischen gescho- bene Scheidewand an die darüber liegenden Bündel des Constrictor an, mit denen sie hier ungefähr gleichen Ver- lauf haben; dieselben bilden hier das Septum zwischen zwei benachbarten Kiemenspalten. (Vgl. Fig. 2.) Die eben gegebene Beschreibung des Diaphragma- muskels galt dem Gen. Mustelus. Vetter hat in seiner schon öfter erwähnten Arbeit denselben Muskel bei Hexan- chus und ferner bei Äcanfhias und Scymnus beschrieben. . Bei Hexanchus sind die beiden Spangen des äussern Kie- menbogens nur wenig entwickelt, sie bieten daher nur einer geringen Zahl von Muskelbündeln des Diaphragmas eine Insertion und trennen diesen ganzen Muskel nur un- vollkommen von dem Constrictor communis. Der erstere schliesst sich eng an das System des letzteren an und er- scheint eigentlich nur als ein besonderer Theil desselben, der sich von der Oberfläche aus zwischen zwei Kiemen- blattreihen hinaberstreckt. Mit der Weiterentwicklung der äusseren Kiemenbögen schreitet auch die Trennung des Diaphragmamuskels vom Constrictor weiter vorwärts. Zu- gleich nehmen die dorsalen und ventralen Portionen des Constrictors andere Verlaufsrichtung an, als sie bei Hexan- chus zeigen; ihre Bündel gehen nicht mehr mit denen des M. interbranchialis parallel, nur die das Septum zweier Kiemenspalten bildenden Bündel bewahren eine mit den äussersten Bündeln des Muse, interbranchialis parallele Rich- tung. Diesen Differenzirungsprocess hat Vetter beschrie- 138 Wilhelm Dröscher: bell und zu erklären versucht. Abweichungen von diesem allgemeinen Verhalten bieten der Zungenbeinbogen und der letzte Kiemenbogen; sie mögen desshalb besser ge- sondert berücksichtigt werden. Ich wende mich jetzt zur Beschreibung des Verlaufes der Muskelbündel im Diaphragma von Kaja; derselbe ist verschieden von dem bei Mustelus. Den Rochen fehlt das System der äusseren Kiemenbogen: das Diaphragma eines Kiemenbogens wird hier in Folge dessen nicht von zwei Knorpelspangen an seinem äusseren Umfange begrenzt, sondern es findet sich hier nur ein bindegewebiger Streifen, der das ganze Diaphragma rings umzieht. Derselbe ist entstanden durch das Zusammenschliessen der beiden, das Diaphragma seitlich nach den Kiemensäcken zu begren- zenden Bindegewebslamellen. In. diesem bindegewebigen Streifen finden denn auch die Bündel des Muse, interbran- chialis ihre äussere Insertion (vergl. Fig. 1). Im Dia- phragma selbst können wir streng scheiden zwischen der dorsalen, oberhalb des Mittelstrahles gelegenen Hälfte und der ventralen, unterhalb des mittleren Kiemenstrahles ge- legenen Hälfte. Die Bündel beider Hälften sind vollständig ron einander getrennt, gehen an keiner Stelle in einander über, wie dies im Diaphragma der Haie in der äusseren Partie der Bündel der Fall war. Die Muskelbündel beider Hälften sind symmetrisch zum Mittelstrahl angeordnet in Bezug auf ihre Richtung. Die untersten und die obersten, am weitesten von der Mittellinie des Diaphragmas abge- legenen Bündel inseriren sich an den betreffenden Mittel- gliedern des Innern Kiemenbogens und zwar ebenfalls an einer Leiste längs des Vorderrandes. Die untern Bündel ziehen dabei von unten und aussen nach oben und innen. Die Mittelglieder reichen aber nicht aus, um allen Bündeln des Diaphragmas eine Insertion zu bieten. Die weiter nach innen, dem mittleren Kiemenstrahle zu gelegenen Muskelbündel beider Hälften inseriren sich nicht mehr am Innern Kiemenbogen, sondern an den beiden Seitenrändern des mittleren Strahles. Diese Innern Bündel haben genau dieselbe Richtung wie die untern und obern. Die Muskel- bündel beider Hälften konvergiren gegen einander und Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 139 stossen am Mittelstrahle auf einander, aber ohne sich zu vereinigen, da der Mittelstrahl zwischen sie geschoben ist. Dieser Kiemenstrahl bildet die Symmetrielinie der beiden Hälften des Diaphragmas. Durch diesen beschriebenen Verlauf seiner Bündel gewinnt der Muse, interbranchialis bei Raja das Aussehen eines sorgfältig geregelten Scheitels (vergl. Fig. 1). Von dem Constrictor communis hat sich hier der M. interbranchialis völlig getrennt; beide haben ganz verschiedene Lage und Faserrichtung und sind durch den sehnigen Streifen, der den Rand des Diaphragmas umzieht, getrennt. Ich will nun noch kurz die Art der Begrenzung der Kiemensäcke nach aussen erwähnen. Bei den Haien sieht man nach Entfernung der oberflächlichen Constrictoren oberhalb und unterhalb der äusseren Kiemenöffnung die Kiemensäcke geschlossen durch ziemlich zarte Bindege- webshäute. Dieselben spannen sich vom Hinterrande eines äussern Kiemenbogens zum Vorderrande des nächstfolgen- den. Es sind diese Häute nichts anderes als die Fort- setzungen der Bindegewebslamellen des Diaphragmas und zwar der hintern Diaphragmaseiten. Dieses Bindegewebe umhüllt die äussern Kiemenbögen und schlägt sich dann nach hinten um, um sich an den Vorderrand des nächst- folgenden, äussern Kiemenbogens anzusetzen und sich hier mit dem Bindegewebe der Vorderseite dieses Diaphragmas zu verbinden. Längs des Vorderrandes der äussern Kie- menbögen schliessen sich an die Bindegewebshäute Sehnen- streifen an, welche entsprechend jedem Diaphragma und jeder Kiemenspalte den Constrictor superficialis communis durchsetzen und in einzelne Portionen theilen, um zugleich den Bündeln der einzelnen Portionen als Insertionsfläche zu dienen. Die Bindegewebsmembran, welche also den Abschluss der Kiemensäcke nach aussen, ober- und unter- halb der Kiemenlöcher besorgt, trägt demnach auf der äussern Seite einzelne Theile des Constrictor communis; nach innen ist sie mit dem Epithel der Kiemensäcke be- kleidet. Bei den Rochen gehen die bindegewebigen Häute, welche die Kiemensäcke allseitig bis auf die äussern Kiemenspalten 140 Wilhelm Dröscher: abschliessen, nicht von einem System äusserer Kiemen- bögen aus, da ein solches hier fehlt; sondern von dem sehnigen Streifen, der an Stelle der äussern Kiemenbögen jedes Diaphragma umgiebt. Dieser Streifen giebt nun eine nach hinten sich umbiegende Lamelle ab, die sich an den Vorderrand des Sehnenstreifens des nächsten Diaphragmas ansetzt und mit demselben verbindet. So entsteht dieselbe zum Abschluss der Kiemensäcke dienende Haut wie bei den Haien, nur ist sie nicht zwischen zwei äussern Kiemen- bögen ausgespannt. Zu ihrer Stütze dienen die schon oben beschriebenen, vom Rande des Diaphragmas nach hinten umbiegenden Knorpelplatten, die Verbreiterungen des einen Astes der Kiemenstrahlen. Nach aussen liegen diesen Häuten auch wieder einzelne Portionen des Constrictor comm. auf, jedoch nur auf der ventralen und dorsalen Seite. An den Seiten der Kiemensäcke grenzen die Häute direkt an die Skeletbögen der mächtig entwickelten Brust- flosse und verbinden sich mit denselben. Diese mächtige Entwicklung der Brustflosse hat nicht allein eine Verschie- bung der äussern Kiemenöffnung bewirkt, sondern auch eine bedeutende Umbildung des Constrictor superficialis. Die Brustflosse hat sich gleichsam in den Constrictor ein- geschoben und hat ihn dadurch in eine dorsale und ven- trale Hälfte getheilt. Beide bestehen aus einer der Zahl der Kiemensäcke entsprechenden Anzahl hinter einander liegender Portionen, deren jede aus einer nur geringen Lage Muskelbündel besteht, die von dem sehnigen Um- grenzungsstreifen eines Diaphragmas zu dem des nächst- folgenden ziehen. Ihre Länge entspricht genau der "Weite der Kiemensäcke oder dem Abstände zweier Diaphragmen von einander. Diese hinter einander liegenden Portionen sind getrennt durch schmale Sehnenstreifen, welche sich innen an die Umgrenzungsstreifen des Diaphragmas, aussen an das Unterhautbindegewebe ansetzen. Ein Zusammen- hang zwischen den Muskelbündeln des Diaphragmas und denen der angrenzenden Constrictoren existirt ebensowenig, als ein solcher zwischen den einzelnen Portionen des letzteren. Die oberen und unteren Enden der einzelnen Kiemen- Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 141 bögen siücl auch nicht einfach neben einander gelegen, sondern sind durch lockeres Bindegewebe, das sie mit- sammt den zwischen ihnen liegenden Muskeln, Bändern, Nerven und Gefässen umhüllt, mit einander verbunden. Dasselbe Bindegewebe heftet oben die dorsalen Enden der Bögen an die Wirbelsäule, die untern, ventralen Enden an die Reihe der Copulae. Es begrenzt auch oben und unten die Innern Kiemenspalten. Bevor ich die Besonderheiten des Zungenbeinbogens und des letzten Kiemenbogens beschreibe, mag es mir ge- stattet sein, noch einiger Bänder Erwähnung zu thun, welche ich zwischen den obern Enden der Kiemenbögen gefunden habe; ich habe dieselben speciell bei Mustelus genau verfolgt. Am dorsalen Ende eines jeden obern Mittel- gliedes, da, wo demselben das unter der Wirbelsäule lie- gende Basale angesetzt ist, entspringt vom vordem und untern Rand ein kleines und drehrundes, aus sehr dicht neben einander gelagerten elastischen Fasern bestehendes Band. Dasselbe entspringt auch an der entsprechenden Stelle des letzten, keine Kiemen mehr tragenden Kiemen- bogens. Dieses kurze Band zieht, mit dem Rande des Mittelgliedes einen sehr spitzen Winkel bildend, nach vorne und nach innen der Mittellinie zu, um sich an der schräg nach hinten gekehrten Kante des nächst vordem Bogens anzusetzen. Das vom ersten Kiemenbögen ausgehende Li- gament zieht in den Winkel, den das obere Glied des Zungenbeinbogens mit dem Schädel bildet, um sich am hintern Rand des Zungenbeins zu inseriren. Das Zungen- bein selbst weist ein solches Ligament nicht auf; es fehlt hier ja auch ein nächst vorderer Bogen, an dem sich das Band inseriren könnte. Ein solches kurzes, rundes, elastisches Band findet sich nun bei Raja zwischen den obern Enden zweier be- nachbarter Bögen nicht. Hier sind die Bändervorrichtungen anderer Art. Die Gelenkverbindungen zwischen den obern Mittelgliedern und den ihnen ansitzenden Basalia werden unterstützt durch starke und breite elastische Bänder, die vom Mittelgliede zum Basale über das zwischen beiden liegende Gelenk hinwegziehen. Ueber diesen Bändern 142 Wilhelm Dröscher: liegen andere, ebenfalls breite, die sich von dem obern Ende eines Bogens zu dein des folgenden Bogens erstrecken und die somit die Bewegungen des einen Bogens sich an die der andern anschliessen lassen. Zwischen den obern Enden der Kiemenbögen liegt nun noch ein besonderes System von Muskeln, welche von Vetter bei den Haien untersucht und als Musculi inter- arcuales superiores beschrieben worden sind. Ihre Zahl be- läuft sich meistens auf 3 zwischen je zwei Bögen. Bei Eaja habe ich jedoch vergeblich nach diesen Muskeln ge- sucht; hier konnte ich zwischen den obern Enden der Bögen keine Spur von ihnen entdecken. Ich wende mich jetzt zu den beiden abweichend ge- stalteten Kiemenbögen, dem Zungenbeinbogen und dem letzten Kiemenbögen. Das Skelet dieser beiden Bögen findet sich genau beschrieben und erklärt in den öfters erwähnten Untersuchungen von Gegenbau r. Am Zungenbeinbogen findet man im Allgemeinen zwei Glieder, ein oberes Hyomandibulare vermittelt die Ver- bindung mit dem Schädel; ein unteres Hyoidstück verbindet sich mit der Reihe der Copulae. Die beiden Glieder zeigen verschiedene Entwicklung bei den Haien und bei den Rochen. Bei erstem tragen beide zur Begrenzung der ersten Kiementasche bei; beide setzen den die Kiemen- blattreihe tragenden Bogen zusammen. Sie verbinden sich mit einander durch ein Gelenk, das der Artikulationsstelle zwischen dem Palato-Quadratum und dem Unterkiefer ent- spricht und sich derselben ganz anlegt, sogar mit Binde- gewebe daran befestigt ist. Am Zungenbeinbogen finden sich noch verschiedene Bänder, die man in Gegenbaur's Arbeit genau angegeben findet. Das Verhalten des Zungenbeins bei den Rochen ist zwar sehr verschieden von dem der Haie, lässt sich aber aus dem letztern ableiten. Während bei den Haien noch der ganze Zungenbeiubogen an der Bildung der vordem Wand der ersten Kiementasche Theil nahm, tritt bei den Rochen das Hyomandibulare in Folge verschiedener Diffe- renzirungsprocesse, die mit der mächtigen Entwicklung der Brustflosse zusammenhängen, ganz ausser Beziehung Beiträge zur Kenntnis s der histologischen Struktur etc. 143 zum Kiemenapparate; es verbindet sich als Kieferstiel mit dem ünterkieferapparate. Dabei rückt es vor das Hyoid- stück und verliert die Kiemenstrahlen, die es bei den Haien trägt. Das ventrale Glied des Zungenbeinbogens, d. h. das Hyoidstück, erhält allein die Beziehungen zu dem Kiemenapparate aufrecht; es gestaltet sich einem eigent- lichen Kiemenbogen sehr ähnlich dadurch, dass es sich in zwei Stücke, entsprechend den beiden Mittelgliedern eines Kiemenbogens, gliedert. Dieser Theil des Zungen- beinbogens trägt denn auch bei den Rochen allein Kiemen- strahlen und ein Diaphi^gma. Zur Stütze der ihm aufsitzenden Kiemenblattreihe trägt der Zungenbeinbogen ähnliche Knorpelstrahlen wie die Kiemenbogen. Bei den Haien sitzen dieselben den beiden Gliedern auf, bei den Rochen nur dem Hyoidstück. Bei den Haien zeichnen sich die Kiemenstrahlen des Zun- genbeins vor den andern namentlich dadurch aus, dass sie Neigung zu einer breiten, plattenartigen Ausbildung zeigen; am freien Ende verzweigen sie sich g'ewöhnlich. Zwischen den obern Enden dieser mit dem Skeletbogen verbundenen Knorpelstrahlen schieben sich häufig kürzere, frei in der vordem Kiemensackwand liegende ein. Ein Mittelstrahl, der dem Gelenk zwischen Hyomandibulare und Hyoidstück aufsitzen würde, scheint hier durchweg zu feh- len. Die ganze Knorpelstrahlenreihe wird auch hier durch eine Bindegewebshaut zusammengehalten. Ein äusserer Kiemenbogen kommt dem Zungenbeinbogen nur bei we- nigen Arten zu; bei den meisten fehlt er; hierüber vergl. Gegenbaur, 1. c. pag. 164. Dem Zungenbeinbogen fehlt nun ein solches Dia- phragma mit einem Musculus interbranchialis, wie es sich an den andern Kiemenbogen findet. Dieses findet seinen natürlichen Grund in der verminderten Beweglichkeit des Bogens, weil er sich dem ünterkieferapparate zum Theil anlegt, und in dem Fehlen einer vordem Kiemenblattreihe. Die vordere Seite des Zungenbeinbogens ist zwar auch von Muskulatur belegt, die zur Bildung der Vorderwand des ersten Kiemensackes beiträgt; aber dieser Muskel ge- hört dem Constrictor communis an und ist nichts als die 144 Wilhelm Dröscher: vorderste Partie desselben. Der M. interbranchialis ist zwar, wie Vetter nachgewiesen hat, ursprünglich auch ein Theil des Constrictor gewesen, hat sich aber von dem- selben allmählich losgetrennt. Am Zungenbeinbogen ist nun eine solche Lostrennung unterblieben. Diese vordere Portion zerfällt in zwei Theile, einen dorsalen und einen ventralen, die durch eine breite Aponeurose, die sich vom Kiefergelenk bis fast zur ersten Kiemenspalte erstreckt, getrennt sind; vor dieser Aponeurose gehen die Bündel der einen Hälfte in die der andern über und bilden so die Begrenzung der ersten Kiemenspalte. Ihren hintern und oberflächlichen Ursprung nehmen die dorsalen und ventralen Muskelbündel von einem Sehnenstreifen, der die Wand der ersten Kiementasche äusserlich umzieht an Stelle eines äussern Kiemenbogens und der diese vordere Portion des Constrictor von der folgenden trennt; ihre vordem und Innern Enden inseriren sich zum Theil am Zungenbein- bogen, zum Theil in der erwähnten Aponeurose, die eine einem mittlem Kiemenstrahl entsprechende Lage hat. So bietet die Anordnung der Muskelbündel dieser Portion des Constrictor einige Aehnlichkeit mit dem Musculus inter- branchialis eines Diaphragmas, ohne demselben doch ho- molog zu sein. Bei den Rochen hat sich der die vordere Wand der ersten Kiementasche bildende Theil des Zungenbeinbogens einem Kiemenbogen sehr ähnlich gestaltet. Hier finden sich ganz ähnliche Kiemenstrahlen, die sich an den Spitzen gabeln, um ähnliche Knorpelplatten zu bilden, wie sie oben beschrieben wurden. Dieselben biegen sich auch hier nach hinten um und stützen die obere und untere Wand der ersten Kiementasche. Ein eigentlicher Mittelstrahl tritt hier nicht so deutlich hervor als an den andern Kiemenbogen, da auf dem Gelenke der beiden Glieder dicht neben ein- ander zwei nach der Spitze zu divergirende Kiemenstrahlen aufsitzen, zwischen deren obern Enden sich ein frei im Diaphragma liegender einschiebt. Der eine von beiden ist jedoch stärker als der andere und repräsentirt so ge- wissermassen den Mittelstrahl. Diese vordere, dem Zungen- beinbogen augehürige Kiemensackwand gestaltet sich auch Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 145 dadurch einem Diaphragma sehr ähnlich, dass sich zwischen den einzelnen Kiemenstrahlen genau dieselben Bänder aus- spannen, die im eigentlichen Diaphragma schon von Du- vernoy erwähnt wurden; freilich sind sie hier nicht so stark entwickelt. An allen diesen Bildungen nimmt nun das Hyomandibulare keinen Antheil, da es ganz vor die Kiemensackwand getreten ist. Der Vorderseite der Kiemenstrahlenreihe des Zungen- beinbogens liegt nun bei Raja eine Muskelschicht an, die in ihrer Anordnung dem Muse, interbranchialis der übrigen Kiemenbögen vollkommen gleichgestaltet ist. Die einzelnen Muskelbündel haben hier dieselbe Insertion und dieselbe Richtung; die ganze Muskelschicht gewinnt dadurch auch hier das Aussehen eines Scheitels. Ein Theil der Muskel- bündel inserirt sich innen an den beiden Bogengliedern, ein anderer Theil an dem stärkern der beiden dem Ge- lenke aufsitzenden Kiemenstrahlen. So sind auch hier die Bündel der dorsalen und der ventralen Hälfte streng ge- schieden, gehen nicht in einander über, wie dies ebenfalls der Fall ist an den eigentlichen Kiemenbögen. An der Vorderseite ist die Muskelschicht mit einer Bindegewebs- fascie überzogen, die sie von der davor liegenden Kiefer- muskulatur trennt. Der Zungenbeinbogen der Haie, der in seiner Tota- lität zur respiratorischen Funktion in Beziehung steht, ist ziemlich verschieden gestaltet von den eigentlichen Kiemen- bögen. Der Zungenbeinbogen der Rochen differenzirt sich noch weiter als der der Haie; aber dadurch, dass sich von ihm ein Glied ganz ablöst und ausser Beziehung zum Kie- menapparate tritt, während das andere Glied keine andern Beziehungen als respiratorische aufweist, ist dem letztern die Möglichkeit gegeben, sich den eigentlichen Kiemen- bögen gleich zu gestalten, entsprechend der gleichen Funk- tion. Trotzdem ist aber dieser die erste Kiemenblattreihe tragende Theil des Zungenbeinbogens, der sich einem Kiemenbögen gleichgestaltet hat, nicht einem ganzen Kie- menbögen homolog zu setzen, sondern nur der ventralen Hälfte eines solchen ; der dorsalen Hälfte entspricht da- gegen das aberrant sich gestaltende Hyomandibulare. Archiv für Naturg., XXXXVIH. Jahrg. 1. Bd. 10 146 Wilhelm Dröscher: Die dem Zungenbeinbogen zukommende Arterie hat bei den Haien sowohl als bei den Rochen dieselbe Lage wie an den eigentlichen Kiemenbögen. Sie liegt auch hier zwischen der Basis der Kiemenstrahlen und der diesen letz- tern anliegenden Muskelschicht. Zu erwähnen ist schliess- lich noch, dass dem Zungenbeinbogen der Haie und Rochen der Adductor, der in der Beuge der Mittelglieder liegt, fehlt. Der letzte Kiemenbögen zeigt in seinem Skelet Re- duktionen gegen die andern. Er besteht nur aus den beiden Mittelgliedern. Ausserdem trägt er keine Kiemen mehr und dient nur zur Begrenzung der letzten Kiemen- tasche. Mit dem Verluste der Kiemenblätter geht der Verlust der Kiemenstrahlen, von denen Gegenbaur je- doch noch Rudimente bei einzelnen Arten nachweisen konnte, Hand in Hand. Ebenso der Verlust des Dia- phragmas und des äussern Kiemenbogens. Dieser letzte Kiemenbögen ist mit dem Schuitergerüst in Verbindung getreten und hat zu gleicher Zeit Beziehungen zum Ge- fässsystem erhalten. An ihn legt sich daher zum Theil die Muskulatur des Schultergerüstes und der Brustflosse an und dient mit zur Bildung der hintern Wand des letzten Kiemensackes; hierzu trägt auch noch die letzte Portion des Musculus trapezius bei. An den hintern Rand des Bogens schliesst sich, von einem plattenförmigen Fortsatz der zugehörigen Copula gestützt, die vordere Wand der Perikardialhöhle und ferner der Anfangstheil des Oeso- phagus. Die Struktur der Kiemenblätter. Die histologische Struktur der Kiemenblätter habe ich hauptsächlich an Torpedo untersucht, und auf diesen Rochen wird sich meine Beschreibung zunächst richten. Die Kiemenblätter der Haie scheinen mir von denen bei Torpedo sehr wenig abzuweichen. Zum Zwecke der Untersuchung habe ich durch ein Kiemen blatt Schnitte nach drei Richtungen gelegt; Quer- schnitte senkrecht zur Längsrichtung des Blattes, Längs- schnitte in der Längsrichtung und zwar senkrecht zu den Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 147 beiden Seitenflächen des Blattes und Flächenschnitte eben- falls in der Längsrichtung, aber parallel der Seitenfläche des Blattes. Der Querschnitt des Blattes hat ungefähr dreieckige Gestalt (Fig. 3); die dem Diaphragma ange- wachsene Seite bildet die breite Basis; die derselben ge- genüber liegende Dreiecksecke ist nicht spitz, sondern ab- gerundet; sie entspricht dem abgerundeten, äussern Rande des Kiemenblattes. Das ganze Kiemenblatt hat die Gestalt einer Messerschneide. Die Basis, d. h. die dem Dia- phragma angewachsene Seite, wird, wie hier im Voraus bemerkt werden soll, eingenommen von der Arterie des Blattes, der freie Rand dagegen von der Vene (Fig. 3 albr und vlbr). Die dreieckige Gestalt des Querschnittes durch das eigentliche Kiemenblatt wird dadurch etwas gestört, dass die auf den Seitenflächen des Kiemenblattes senk- recht aufsitzenden Schleimhautfalten mitgetroflfen werden; dieselben springen dann von den beiden Seiten des Quer- schnittes flügelartig vor; sie nehmen nicht die ganze Breite der Seitenfläche ein, sondern lassen das der Basis zuge- kehrte Drittel frei; dabei erscheinen sie als halbkreisför- mige Flächen. In Betreff der Gewebe des Kiemenblattes halte ich es zur Erleichterung der Beschreibung für zweckmässig, drei Regionen zu unterscheiden, welche von verschieden- artigen Geweben eingenommen werden; das der Basis zu- gekehrte Drittel, eine mittlere Region und der freie Rand des Kiemenblattes. Von diesen drei Regionen ist die dem Diaphragma ansitzende entschieden die wichtigste und merkwürdigste. Sie besteht aus einem ganz eigenthüm- lichen Gewebekörper, der die Kiemen der Plagiostomen von denen der Teleostier, denen er gänzlich fehlt, wesent- lich verschieden gestaltet. Dieses Gewebe ist nichts an- deres als ein Bindegewebe, das aber in Folge der eigen- thümlichen Anordnung seiner Elemente in Form von Strän- gen und Balken grosse Lückenräume einschliesst. Der Körper dieses Gewebes zieht sich durch die ganze Länge des Kiemenblattes, die Form desselben streng nachahmend; unten an dem festsitzenden Ende des Blattes spitzt er sich zu, um allmählich aufzuhören; oben in der abstehenden 14Ö Wilhelm Dröschert freien Spitze verbreitert er sich etwas; hier nimmt er fast die ganze Breite des Blattes ein. (Fig. 3, 4, 5, C.) Die diesen Gewebekörper allseitig umschliessende Wandung besteht aus Bindegewebe, dessen Fasern sehr regelmässig parallel neben einander gelagert sind; man erkennt zwi- schen denselben sehr deutliche, zerstreut liegende Binde- gewebskerne. Zwischen den eigentlicheu Bindegewebs- fibrillen lassen sich deutlich stärkere und feinere elastische Fasern erkennen; ausserdem sieht man hier, namentlich in den äussern Schichten der Wandung, glatte Muskel- fasern, die sofort an ihren spindelförmigen Kernen kennt- lich sind. Diese Wandung schliesst den Gewebekörper auch an seiner dem Diaphragma anliegenden Basis ab und heftet die hier eine Strecke weit verlaufende Arteria la- minae branchialis an ihn an. Sie schliesst sich direkt an die als verdichtete äusserste Schicht der beiderseitigen, bindegewebigen Grenzlamellen beschriebene Cutis des Dia- phragmas an, ist nichts als eine Ausstülpung der letztern in die Kiemenblätter hinein. Der umschlossene Gewebe- körper besteht aus einem leiterförmig oder netzartig an- geordneten Balkenwerk; die einzelnen Balken sind bald kürzer, bald länger; oft verlaufen sie auf lange Strecken ganz frei, oft verzweigen sie sich vielfach und anastomo- siren mit benachbarten Balken. Zwischen den einzelnen Balken bleiben stets zahlreiche grössere und kleinere Lückenräume, die sämmtlich, unter einander in Verbindung stehen. Die Balken sind nicht einfach homogen, sondern bestehen aus sehr feinen, dicht neben einander gelagerten Bindegewebsfibrillen, was man an der deutlichen Streifung, die jeder zeigt, erkennen kann. Namentlich an den Stellen, wo sich Zweige von den grössern Balken ablösen, macht sich diese Zusammensetzung sehr deutlich bemerkbar ; hier vertheilen sich die Fibrillen eines ganzen Balkens auf mehrere Zweige. An solchen Stellen sieht man auch bis- weilen Kerne, wenn auch verhältnissmässig selten ; in den Balken selber sind die Kerne noch viel seltener. Diese Kerne sichtbar zu machen gelingt am besten durch Fär- bung mit Methylviolett. In den Balken erkennt man auch elastische Fasern ; glatte Muskelfasern habe ich hier nicht Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 149 auffinden können. Dies Balkenwerk ist nun nicht von der umschliessenden Bindegewebsschicht getrennt, sondern steht mit derselben in sehr innigem Zusammenhang und zwar sind die die Balken zusammensetzenden Fibrillen direkte Verlängerungen der Fibrillen der Wandungen. Die Binde- gewebsfasern der innersten Schicht der Wandung lösen sich in zahlreichen Bündeln ab und durchziehen den von den Wandungen umschlossenen Raum, indem sie sich mit eben solchen, von der entgegengesetzten Wandung aus- gehenden Bündeln verbinden oder auch ganz bis zur ent- gegengesetzten Wand selbst ziehen und sich an dieselbe ansetzen; hierdurch entsteht das Balkenwerk. Die die Balken bildenden Fibrillen sind also genau dieselben Elemente, wie die Fasern der Wandung. Auf der Wandung dieses beschriebenen Gewebekörpers liegt nun das Epithel des Kiemenblattes vermittelst einer Basalmembran auf. Die Anordnung der Balken ist keine durch den ganzen Gewebskörper völlig gleiche. An der dem Diaphragma zugekehrten Seite im Umkreis der Art. lam. brauch, bilden die Bindegewebsbalken ein sehr reiches Netzwerk; sie sind hier fast baumförmig verzweigt und die einzelnen Zweige verbinden sich vielfach mit einander. Weiter nach der Mitte zu liegen die Balken fast regelmässig parallel neben einander; die zwischen ihnen bleibenden Lücken- räume werden seltener von Zweigen der grössern Balken durchzogen. Hier sind die Wandungen des ganzen Ge- webekörpers nahezu parallel. An dem vordem Abschluss, wo die beiden Seitenwände durch eine leichte Krümmung in einander übergehen, findet sich wieder dieselbe Anord- nung wie an der Basis des Blattes. Letztere rührt an beiden Stellen davon her, dass die Wandungen, von denen die einzelnen Balken ziemlich unter rechtem Winkel ab- gehen, nicht mit einander parallel gehen wie in dem mitt- lem Theile, sondern gekrümmt sind, so dass in Folge dessen die Balken durch einander strahlen müssen. Diese speciell nach Präparaten von Torpedo gegebene Beschreibung gilt auch für die Haie. In dem lakunären Gewebekörper der Haie findet man eine regelmässiger parallele Anordnung der Bindegewebsbalken, als bei den 150 Wilhelm Dröscher: Rochen, so dass es den Anschein haben kann, als bestände dieses Gewebe aus parallel neben einander verlaufenden Gefässen; durch Berücksichtigung von Längs- und Flächen- schnitten tiberzeugt man sich jedoch, dass dies nicht der Fall ist. Ein ganz ähnlicher Gewebekörper, wie der eben be- schriebene, findet sich nach den Untersuchungen Posner's ^) in den Kiemen der Lamellibranchiaten. Hier ist freilich an den Bindegewebsbalken eine fibrilläre Streifung kaum angedeutet; die Balken haben im Gegentheil noch ein zartes, protoplasmatisches Aussehen; man kann in ihnen noch zahlreiche Bindegewebskörperchen, d. h. Kerne, die mit etwas Protoplasma umgeben sind, erkennen ; ausserdem enthalten die Balken noch Pigmentkörnchen. An die Balken legt sich an manchen Stellen ein Protoplasmahäutchen an, ebenfalls mit Kernen und Pigmentkörnchen. Diese Ele- mente des betreffenden Gewebes bei den Lamellibranchia- ten stehen noch auf einer niedrigeren, weniger differen- zirten Stufe als die der Plagiostomen, was man an dem Mangel der fibrillären Streifung, an dem Erhaltenbleiben von Bindegewebskörperchen und Protoplasmahäutchen er- kennt. Aber beide Arten sind Bindegewebe mit grossen Ltickenräumen zwischen den einzelnen Gewebselementen. Bei beiden Thiergruppen haben die Ltickenräume dieselbe Bedeutung; sie sind Blutbahnen, wie Posner für die La- mellibranchiaten nachgewiesen hat. Auch bei den Plagio- stomen werden die Ltickenräume des Gewebekörpers von Blut durchflössen; sie stehen durch Spalten mit der an der festsitzenden Seite des Blattes verlaufenden Arteria lam. brauch, in Verbindung, so dass letztere ihr Blut in den lakunären Gewebekörper hineinschicken kann. Auf allen Schnitten sieht man die Maschenräume sehr stark mit Blut gefüllt; in demselben bemerkt man einzelne Häuf- chen von Pigmentkörnchen, die hier durch Umwandlung aus dem Blute zu entstehen scheinen. Man erkennt die Verbindung mit der Kiemenblattarterie am sichersten durch Injektion von dem allgemeinen Kiemenarterienstamme aus. 1) Posner, Ueber den Bau der Najadenkieme. Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 151 Hierbei erscheint der ganze beschriebene Gewebekörper als ein einziger gleichmässig mit Injektionsmasse ausge- füllter Hohlraum, wenn die Injektionsmasse ziemlich dunkel war, so dass das Balkenwerk durch sie nicht hindurch- schimmern kann. Ist sie hell genug, dann sieht man letz- teres durch die Masse hindurch; dieselbe erfüllt nur ihre Zwischenräume. Die Lückenräume zwischen den ßinde- gewebsbalken sind also interfibrilläre Blutbahnen; die Ge- webselemente sind intravasculär ; sie werden allseitig von Blut umflossen. Alessandrini^) hat diesen Gewebekörper schon gesehen, aber als solchen nicht ganz richtig erkannt; er hält ihn für einen Complex reich verzweigter und oft ana- stomosirender Gefässe, die in einander geflochten wären. Aber den Bindegewebsbalken fehlt, soweit es mir möglich war nachzuweisen, jeglicher Endothelbelag, der für den Charakter eines richtigen Gefässes nothwendig ist. Zu- treffender ist schon die Bemerkung Ale ss and rini's, dass dieses erwähnte Gewebe dem erektilen gleiche, welches sich häufig in den venösen Kreislauf einschalte. In Wirk- lichkeit hat auch dieser Gewebekörper die Struktur eines Corpus cavernosum; man findet in seiner Wandung und in seinem Balkenwerk die auch den ganz ähnlichen Trabekeln eines kavernösen Gewebes zukommenden elastischen Fasern und glatten Muskelfasern, und seine Lückenräume werden auch von einem Gefässe aus, mit dem sie in Verbindung stehen, mit Blut gefüllt. Dieses kavernöse Gewebe kommt eigentlich nur den Kiemenblättern zu. Am obern Ende derselben tritt es jedoch aus ihnen heraus und erstreckt sich über die Zwi- schenräume der einzelnen Kiemenblätter hinweg, dieselben an ihren obern Enden auf diese Weise in Communikation setzend. Diese einzelnen Brücken kavernösen Gewebes zwischen den Kiemenblättern liegen im Diaphragma. Bei den Kochen sind sie nur wenig breit; bei Füllung mit In- jektionsmasse glaubt man ein kleines Gefäss von einem 1) Alessandrini, Observationes supra intima branchiarum structura piscium cartilagineorum. 152 Wilhelm Dröscher: Kieraenblatt zum andern ziehen zu sehen. Bei den Haien ist das kavernöse Gewebe im Diaphragma über einen breitern Raum erstreckt; es bleibt nicht bloss zwischen den obern Enden der Blätter, sondern überschreitet die- selben noch. Bei Tor2)edo und Raja habe ich hier sogar ein besonderes Gefäss gefunden, das die obern Enden der Kiemenblätter unter einander verbindet; an der ven- tralen und dorsalen Commissur eines Sackes geht es von der einen Kiemenblattreihe auf die andere über. Es bildet also einen geschlossenen Gefässring, der sämmtliche Kie- menblätter des Sackes in Verbindung setzt. Dieses Gefäss zeigt stark elastische Wände, die eine sehr kräftige Rin^- muskelschicht besitzen. An den einzelnen Blättern selbst erkennt man an ihm. leichte Anschwellungen, die sich in ein besonderes, schwammiges Maschenwerk öffnen, das all- mählich in das Gewebe des kavernösen Körpers übergeht. Dieser ganze, beschriebene Gew^ebekörper fehlt den Teleostiern ganz; hier enthält das Bindegewebe der Kie- menblätter zwar auch mit Blut gefüllte Ltickenräume. Doch dieselben bilden keinen abgeschlossenen kavernösen Gewebekörper; sie saugen nur die in die Gewebe ausge- tretenen Blutmassen auf, um sie der Vena nutritiva zuzu- führen. An der Stelle, wo bei den Plagiostomen das be- schriebene Gewebe liegt, d. h. also unmittelbar an der äussern Seite der Art. lam. branch., befindet sich bei den Teleostiern die Kiemengräte, der Skeletstab der Kiemen- blätter; dieselbe fehlt wiederum den Plagiostomen gänzlich. Sie ist hier überflüssig geworden durch den Umstand, dass die Kiemenblätter dem Diaphragma angewachsen sind und durch dieses und die in demselben befindlichen Kiemen- strahlen gestützt werden. An die vordere Kante des die Basis des Kiemen- blattes durchziehenden kavernösen Gewebekörpers schliesst sich nun die zweite der drei Gewebsregionen des Kiemen- blattes an. Es ist dies eine Lamelle faserigen Bindege- webes, welche sich zwischen der vordem Kante des kaver- nösen Gewebes und der am freien Rande des Kiemenblattes verlaufenden Kiemenblattvene ausspannt und letztere zum Theil umhüllt. Dieses Bindegewebe nimmt die ganze Dicke Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 153 des Kiemenblattes ein. Es besteht aus sehr fein verästelten Bindegewebssträngen, die mit ihren Aesten vielfach durch einander geschlungen sind; hier lassen sich sehr leicht zahlreiche Kerne erkennen. Dieses Bindegewebe schliesst sich direkt an die vordere Wand des kavernösen Gewebes an; die parallel gelagerten Fasern derselben nehmen in ihren äussern Schichten ein lockeres Geftige an, verflechten sich in einander und gehen so allmählich in das Binde- gewebe über. An dieser Stelle schieben sich auch auf beiden Seiten des kavernösen Gewebes Fortsätze dieser Bindegewebshaut zwischen die Wandung des prsteren und das Epithel, die jedoch nur bis zur Ursprungslinie der Capillarnetzarterien, die aus dem kavernösen Gewebe her- vorkommen, reichen. Der beschriebenen Bindegewebsla- melle, die die ganze Dicke des Kiemenblattes ausmacht (Figur 7 und 3 m), liegt die Basalmembran des Epithels direkt auf. Macht man durch diese Kegion einen Längs- schnitt, so erhält man genau dasselbe Bild, wie ein ent- sprechender Schnitt durch ein Kiemenblatt eines Knochen- fisches es darbietet. Man hat genau dasselbe Bindegewebe, in der Axe des Blattes; auf den Seiten die Durchschnitte der Schleimhautfalten mit dem Capillarnetz. An der Bildung der auf den Seitenflächen des Kie- menblattes sich erhebenden Schleimhautfalten betheiligt sich das Bindegewebe des Blattes durchaus nicht. Letz- teres beschränkt sich ganz auf die Axe des eigentlichen Blattes. Die Schleimhautfalten enthalten nur das von Epi- thel überzogene Capillarnetz, das jedoch besser beim Ge- fässsystem beschrieben wird. Diese Falten stehen ein- ander zum Theil genau gegenüber, so dass auf einem Querschnitt beide Falten getroffen w^erden; zum Theil ist ihre Anordnung jedoch so, dass eine Falte der einen Seite dem Zwischenraum von zwei Falten der andern Seite ge- genübersteht. Entsprechend den Zwischenräumen zweier solcher Falten findet sich in der Bindegewebslamelle noch eine besondere Einrichtung. Auf einem Längsschnitt sieht man hier ganz regelmässig neben den Zwisch enräumen von je zwei Falten auf heiden Seiten des Blattes die Quer- schnitte zarter Bündel glatter Muskelfasern, die an ihren 154 Wilhelm Dröscher: Kernen kenntlich sind (Fig. 7 glm). Die Bündel liegen dicht unter der Basalmembran des Epithels; sie bestehen nur aus wenigen, neben einander hinziehenden Fasern. Auf einem Flächenschnitt sieht man sie zwischen den Durchschnitten von je zwei Schleimhautfalten über die Breite des Kiemenblattes wegziehen. Ihr Verlauf ist dem- nach senkrecht zur Längsrichtung des Kiemenblattes. Sie lassen sich nach dem Diaphragma zu durch die Wandung des kavernösen Gewebes verfolgen und inseriren sich in derselben, ungefähr an der Uebergangsstelle derselben in die Cutis des Diaphragmas. Nach dem freien Rand zu kann man sie bis in die Umgebung der Vene verfolgen, wo sie zwischen den dort befindlichen Gewebselementen ihr Ende finden. Die Umgebung der Vene, die den freien Rand des Kiemenblattes einnimmt, bietet nun wieder Eigenthümlich- keiten, so dass ich diesen freien Rand als dritte Gewebs- region von den beiden beschriebenen unterschieden habe. Die Vene selbst zeigt in ihren Wandungen den Bau der Arterien; sie ist ihrer physiologischen Funktion nach auch Arterie und trägt bloss als ableitendes Gefäss den Namen Vene. Die Wandung zeigt eine sehr starke Ringmuskel- schicht und eine weniger starke, nach aussen von derselben gelegene Längsmuskelschicht. In diese Vene münden auf beiden Seiten entsprechend den Schleimhautfalten die Venen des respiratorischen Capillarnetzes, das ja in den Falten liegt. Alle auf derselben Seite einmündenden Venen liegen genau über einander und bilden eine gerade Reihe. An der vordem und hintern Seite dieser Venenreihe und zwar auf beiden Seiten der Kiemenblattvene zieht nun je ein Bündel parallel gelagerter elastischer Fasern mit glatten Muskelfasern durch die ganze Länge des Kiemenblattes. Diese Bündel liegen auf der Innern Seite der Vene in dem Winkel, den die Reihe der einmündenden Capillarnetz- venen mit der Kiemenblattvene macht, aber nicht der Wand der Vene ganz dicht an, sondern durch Fortsätze der Bin- degewebslamelle der zweiten Region von ihr getrennt. Auf der dem Diaphragma zugekehrten Seite schliessen sich an diese Bündel mehrere unmittelbar unter der Basalmembran Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 155 liegende, hinter einander gereihte Bündel glatter Muskel- fasern an. die die Vene auch in ihrer ganzen Länge be- gleiten; sie sind durch die Bindegewebslamelle getrennt (Fig. 3 glm'). Auch auf der äussern Seite der Vene liegen solche Bündel glatter Muskelfasern. Es entstehen so am freien Rande des Kiemenblattes zwei aus elastischen Fasern und glatter Muskulatur bestehende, schmale, die ganze Länge des Kiemenblattes durchziehende Bänder, die nahezu parallel mit einander einen nach vorne und hinten offenen Raum einschliessen, in dem die Vene entlang zieht und der sonst von dem Bindegewebe der Lamelle der zweiten Region ausgefüllt ist. Beide Bänder sind ihrer ganzen Länge nach durchbrochen durch die Reihe der Capillar- netzvenen. Gekreuzt werden die Fasern dieser Bänder durch quer verlaufende Bündel glatter Muskelfasern, die zwischen den einzelnen Capillarnetzvenen durchziehend hier ihr Ende finden. Unmittelbar der Vene nach innen angelagert durchzieht ein Nervenast das Kiemenblatt der Länge nach; er tritt am untern Ende als Zweig des hier unter der Kiemenblattreihe hinlaufenden Nerven ein. Das die Vene nach aussen umgebende Bindegewebe, dem die hier liegenden, glatten Muskelfasern eingebettet sind, zeigt zwei längsverlaufende Gefässräume, die zum nutritiven Gefässsystem gehören und bei demselben berücksichtigt werden sollen. Die den Seitenflächen des Kiemenblattes aufsitzenden Schleimhautfalten schliessen mit den aus ihnen heraustretenden Venen ab; der freie Rand des Blattes springt zwischen diesen Falten als abgerundeter Wulst nach aussen vor; er trägt hier ein sehr dickes Epithel. Die Gewebe des Kiemenblattes hängen an der dem Diaphragma angewachsenen Seite und am untern, dem Kiemenbogen ansitzenden Grunde mit den Geweben des Diaphragmas zusammen. Die Wandung des kavernösen Gewebekörpers steht, wie schon oben erwähnt wurde, an der ganzen Innern Seite des Blattes mit der Cutis des Diaphragmas in direktem Zusammenhang. An dem untern Ende der Blätter, das nicht wie das obere absteht, sondern mit dem den Bogen umgebenden Bindegewebe verwachsen ist, steht das Bindegewebe der Kiemenblätter ebenfalls 156 Wilhelm Dröscher: in direktem Zusammenhange mit dem des Bogens. Die äussersten Schichten desselben sind sehr dicht; sie ver- laufen nicht gerade, sondern unterhalb eines Kiemenblattes biegen die Fasern in das Blatt hinein. Die glatten Muskel- fasern, die die Vene umgeben, hören hier auf. Hier am untern Ende der Kiemenblätter sind die untern Enden der- selben unter einander durch einen Streifen Bindegewebes verbunden, der sich an das Bindegewebe des Bogens setzt. In diesem bindegewebigen Streifen vereinigen sich öfter die Venen von 2—3 benachbarten Blättern zu grössern Stämmen, die sich in die Wurzelvenen ergiessen. Das Epithel der Kiemensäcke. Das Epithel, das die Kiemensäcke auskleidet und nichts als eine Fortsetzung der Rachenschleimhaut durch die Fori branchiales interni darstellt, während es nach aussen zu ununterbrochen in die Bedeckung der äussern Haut übergeht, zeigt dieselbe Beschaffenheit wie bei den Teleostiern. Es ist zweischichtig, beide Schichten bestehen aus mehreren Zellenlagen. Die Zellen der tiefern Schichten zeigen sich mehr rundlich und sind grösser; die Zellen der darüber liegenden Lagen nehmen an Grösse allmählich ab. Zugleich geben sie ihre rundliche Form mehr und mehr auf, sie platten sich ab und gehen in die Zellen der zweiten oberflächlichen Schicht über, die sich eben durch ihre abgeplattete Form auszeichnen. Beide erwähnte Schich- ten sind natürlich nicht scharf zu trennen. Der hier an- gedeutete Process ist dem Verhornungsprocess der Zellen der äussern Epidermis sehr ähnlich; nur werden hier die abgeplatteten obersten Zellen nicht als trockene Schüpp- chen abgestossen, sondern verschleimen. In sämmtlichen Zellenlagen des Epithels erkennt man aber deutlich die Zellenkerne mit ihren Kernkörperchen. Dieses Erhalten- bleiben der Kerne unterscheidet den hier geschilderten Abplattungsprocess von dem eigentlichen Verhornungspro- cess. In dem mehrschichtigen Epithel finden sich nun überall zahlreiche, grosse Schleimzellen, die durch das Freiwerden ihres Inhaltes dem Epithel eine schlüpfrige, Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 157 schleimige Beschaffenheit ertheilen. Das Kiemenepithel vereinigt somit mit der mechanisch-schtitzenden Funktion noch eine Sekretion *). An einzelnen Stellen finden sich diese Schleimzellen besonders häufig, so namentlich am freien Rande der Kiemenblätter, wo sie sehr dicht gedrängt in radiärer Anordnung neben einander stehen. Hier zeigt das Epithel auch eine etwas andere Beschaffenheit, indem es mehr das Aussehen eines Cylinderepithels mit radiär um den freien Rand des Kiemenbiattes angeordneten Zellen darbietet. Auch hier sind die Zellen der obern Schichten kleiner und abgeplatteter als die der untern Schichten. Eine ähnliche Anordnung der Zellen bietet das mehrschich- tige Epithel der Seitenflächen der Kiemenblätter und zwar zwischen den einzelnen Schleimhautfalten ; auch hier finden sich die erwähnten Schleimzellen, jedoch nur sehr spärlich; ebenso spärlich finden sie sich zwischen den einzelnen Kiemenblättern. Im Gegensatz zu diesem mehrschichtigen Epithel bleibt das Epithel der Schleimhautfältchen, d. h. also der eigentlichen respiratorischen Fläche völlig ein- schichtig. Es besteht aus einer einzigen Lage grosser, polyedrischer, lückenlos sich an einander anschliessender Zellen, die nach aussen kugelsegmentartig hervorgewölbt sind. Sie besitzen einen grossen Kern mit deutlichen Kern- körperchen. Diese grossen Zellen liegen einer Basalmem- bran auf, die das Kiemencapillarnetz direkt bedeckt. So wird eine möglichst direkte Wechselwirkung zwischen dem Wasser, das die Kiemenblätter umspült, und dem venösen Blute, das das Capillarnetz passirt, ermöglicht und der Gasaustausch erleichtert. Man sieht leicht ein, dass hier ein mehrschichtiges Epithel der Schnelligkeit und Leichtig- keit des Athmungsprocesses hinderlich sein würde. Diesem einschichtigen Epithel der Schleimhautfalten fehlen natür- lich die Schleimzellen. Eine Stelle an den Schleimhautfalten der Kiemen- blättchen von Torpedo ist noch besonders ausgezeichnet. Hier findet sich nämlich an einer am äussern Rande der 1) Verg], Ose. Hertwig, Ueber Bau und Entwicklung der Piacoidschuppen (Jenaische Zeitschr. Bd. 8. p. 335). 158 Wilhelm Dröscher: Schleimhautfalten nahe an der Austrittsstelle der Capillar- netzvene gelegenen Stelle anstatt eines einschichtigen Epi- thels ein mehrschiclitiges, rundes Epithelpolster. Auf der obern Seite der Schleimhautfalte erhebt sich dieses Polster ziemlich bedeutend über die Fläche des einschichtigen Epithels empor; die Hervorragung auf der untern Seite ist keine so bedeutende (Fig. 8). An diesen Stellen be- rühren sich die einzelnen, über einander liegenden Schleim- hautfalten. Das Polster entsteht durch das Mehrschichtig- werden des Epithels. Die unterste Schicht besteht aus einer einzigen Lage grosser cylindrischer Zellen, die pal- lisadenartig, ganz regelmässig neben einander stehen. Sie besitzen einen grossen Kern mit sehr deutlichen Kern- körperchen. Die über dieser Cylinderzellenschicht liegen- den Zellen nehmen wieder die den Zellen des mehrschich- tigen Epithels zukommende Beschaffenheit an ; auch platten sich die oberflächlichen Zellen sehr deutlich ab. In diesem Epithelpolster findet man auch bisweilen die erwähnten Schleimzellen wieder, wenn auch nur in sehr spärlicher Anzahl. Letztere erkennt man am besten mit Meth3dviolett, mit welchem Färbemittel sie sich tiefblau färben, während die umgebenden Epithelzellen nur ihren Kern gefärbt zeigen. Dieses Epithelpolster habe ich nur an den Kiemenblättern von Torpedo gefunden; bei sämmtlichen andern, von mir untersuchten Plagiostomen habe ich vergeblich nach einer entsprechenden Bildung gesucht. Das Gefässsystem der Kiemen. Im Gefässsystem unterscheiden wir zunächst zwei physiologisch verschieden funktionirende Abschnitte: I. das respiratorische Gefässsystem und IL das nutritive. Ich wende mich zunächst zu dem ersten als dem wichtigeren. Es bieten sich uns hier drei Abschnitte dar: a) die Arterien als zuleitende Gefässe, b) das Capillarnetz, das den Gasaustausch vermittelt und endlich c) die Venen als ableitende Gefässe. Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 159 a) Die Kiemenarterien. Die Kiemenarterien sind schon von Monro in seinem Werke über Bau und Physiologie der Fische in sehr ge- nauer Weise beschrieben worden, nach Injektionen, die er an Raja gemacht hatte. Er giebt an, wie sich hier der Kiemenarterienstamm in die einzelnen Kiemenbogenarterien auflöst. Aehnliches haben Cuvier und Stannius beschrie- ben. Alle drei genannten Forscher beschränken sich je- doch darauf, den Verlauf der Kiemenbogenarterie nur un- gefähr zu verfolgen, und sie geben die Art und Weise, wie die Aeste für die Kiemenblätter abgegeben werden, nur in ganz allgemeiner und zum Theil unrichtiger Weise an. Auf letztern Punkt geht nun zwar Alessandrini in seiner mehrfach erwähnten Arbeit näher ein, seine Be- schreibung bleibt jedoch ebenfalls hinter dem wirklichen Verhalten zurück. Aus dem Kiemenarterienstamm, der an der ventralen Seite unter dem System der Copulae des Kiemenkorbes verläuft, entspringen nun auf jeder Seite im Allgemeinen ein oder zwei primäre Aeste, worauf derselbe sich gabel- förmig theilt und hierdurch die Kiemenbogenarterien des Zungenbeinbogens liefert, während die der andern Bögen durch Auflösung der primären Aeste entstehen. So erhält jeder Bogen mit Ausnahme des letzten, der in Allem, was das Gefässsystem betrifft, aus dem Spiele gelassen werden kann, da seine Wandung nicht mehr respiratorisch funk- tionirt, eine Kiemenbogenarterie, die an seiner konvexen, nach aussen gekehrten Seite entlang zieht und hier die beiden den Bogen aufsitzenden Kiemenblattreihen versorgt durch Abgabe von Aesten nach beiden Seiten hin. In diesem Umstände stimmen die Plagiostomen mit den Te- leostiern tiberein, nur ist der Verlauf der Arterie bei den erstem ein komplicirterer als bei den letztern. Die beiden, von derselben Kiemenbogenarterie versorgten Kiemenblatt- reihen gehören verschiedenen Athmungsräumen an. Am Zungenbeinbogen, wo die Kiemenbogenarterie dieselbe Lage hat wie an den andern Kiemenbögen, versorgt sie nur eine Reihe von Kiemenblätter; für diese Reihe gilt im Uebrigen 160 Wilhelm Dröscher: Alles, was von dem Verhalten der Gefässe an den andern Kiemenbögen gesagt wird. Die Kiemeubogenarterie steigt von dem ventralen nach dem dorsalen Ende des Kiemenbogens; sie nimmt hierbei allmählich an Stärke ab, je mehr Kiemenblätter sie mit Aesten versorgt; am dorsalen Ende hört sie ganz auf, steht also nicht mit dem postarteriellen System in Verbindung. Die ganze Masse des Blutes muss somit durch das Capillarnetz wandern. Die Arterie verläuft in dem Raum zwischen der Basis der Knorpelstrahlen und der Insertionslinie der Muskelschicht und zwar am untern Mittel- gliede ganz dicht am Kiemenbögen, in einer Rinne des letztern; aber gleich nachdem sie über das Gelenk der beiden Mittelglieder hinübergestiegen ist, verlässt sie die Rinne im Kiemenbögen und zieht schräg aufwärts, so dass ihr Abstand vom Kiemenbögen allmählich immer grösser wird, bis sie das letzte Drittel des obern Mittelgliedes er- reicht hat. Hier bleibt sie nun bei Baja nicht mehr ein- fach, sondern theilt sich in zwei Aeste für die beiden Kie- menblattreihen. Der eine Ast bleibt in dem Räume zwischen Muskelschicht und Knorpelstrahlenreihe und löst sich durch Abgabe von Aesten für die Kiemenblätter allmählich auf. Der andere Ast tritt zwischen zwei Kiemenstrahlen durch die dieselben verbindende Haut durch, um auf der Rück- seite der Knorpelstrahlenreihe parallel dem Kiemenbögen weiter zu verlaufen und die letzten, obersten Blätter der hier liegenden Kiemenblattreihe zu versorgen. Diese Thei- lung der Kiemeubogenarterie am letzten Ende habe ich bei Miistelus nicht gefunden. Die Abgabe der Aeste für die einzelnen Blätter ge- schieht bei den Plagiostomen anders als bei den Teleostiern. Bei den letztern entsteht für jedes Kiemenblatt ein von seinem Ursprünge aus der Kiemeubogenarterie an geson- derter Ast, der nur das eine Kiemenblatt versorgt; hier haben nie zwei anliegende oder gegenüberliegende Blätter einen gemeinschaftlichen Ursprung ihrer Kiemenblattar- terien. Doch schon bei Äccipenser RutJienus hat Hyrtl einen solchen gemeinschaftlichen Ursprung mehrerer Kie- menblattarterien aus der Kiemeubogenarterie gefunden. Bei Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 161 den Plagiostomen ist dies Verhalten ein ganz allgemeines. Hier giebt die Kiemenbogenarterie nie für jedes Kiemen- blatt einen besondern Ast ab; sondern es entspringen aus ihr stets nur grössere Gefässe von Zeit zu Zeit, die für mehrere neben einander liegende Kiemenblätter bestimmt sind. Einzelne von diesen Aesten sind sogar nicht bloss für benachbarte Kiemenblätter einer Reihe bestimmt, son- dern geben zugleich Aeste ab für die entsprechend gelege- nen Kiemenblätter der gegenüber liegenden Reihe. Diese primären Aeste der Kiemenbogenarterie steigen in dem Räume zwischen Muskelschicht und Knorpelstrahlen auf- wärts, um dann durch eine der Wandungen dieses Raumes hindurchzutreten; ihre Verästelung entsprechend der Zahl der zu versorgenden Kiemenblätter geschieht erst in dem unter der Kiemenblattreihe liegenden Bindegewebe. Der erste aus der Arterie des Bogens entspringende Ast giebt einen veutralwärts verlaufenden, dicht unter den der ven- tralen Kiemensackcommissur benachbarten Blättern in halber Höhe derselben hinziehenden Ast ab, der sich nicht weiter verästelt, sondern ein unter rechtem Winkel von ihm ab- gehendes Gefäss in jedes Kiemenblatt hineinschickt. Die aus den beschriebenen, primären Aesten hervorgehenden Gefässe sind nun nichts anderes als die Kiemenblattarte- rien, Art. laminarum branchialium. Sie liegen also auch an der Innern, dem Diaphragma zugekehrten Seite der Blätter ganz entsprechend ihrer Lage bei den Teleostiern. Bei den Plagiostomen treten sie jedoch nicht schon am Grunde des Kiemenblattes in dasselbe hinein wie bei den Teleostiern, sondern sie treffen das Kiemenblatt meist erst in halber Höhe desselben; so weit verlaufen sie im Dia- phragma, theils schon getrennt, theils noch in den pri- mären Aesten enthalten. Wenn die Kiemenblattarterie an das Kiemeublatt hinangetreten ist, so theilt sie sich in zwei Aeste,* von denen der eine dem untern, der andere dem obern Ende des Kiemenblattes zustrebt. Beide Aeste sind jedoch nicht sehr lang, sondern hören bald auf, als gesonderte Gefässe zu existiren und gehen in das Lücken- system des kavernösen Gewebekörpers über. Bei den Pla- giostomen wird die innere Seite des Kiemenblattes also Arcli. f. Naturgesch. XXXXVIII. Jahrg. 1. Bd. 11 162 Wilhelm Dröscher: gar nicht ganz von einem besondern Gefäss eingenommen, sondern ein solches existirt nur eine Strecke weit ober- und unterhalb des Punlites, in welchem die Art. laminae branchialis an das Kiemenblatt hinantritt (Fig. 9). Wenn Cuvier angiebt, dass die Art. laminae branchialis in einiger Entfernung vom Ende der Blätter mit einem Gefässe ana- stomosire, das von einem Blatte zum andern gehend sämmt- liche Art. laminae brauch, verbinde, so ist dies entschieden nicht ganz richtig. Er hat dies irrthtimlicher Weise dar- aus geschlossen, dass die aus der Kiemenbogenarterie ent- springenden, primären Aeste oft, nachdem sie ein Kiemen- blatt versorgt haben, einen Seitenast abgeben, der in halber Höhe über mehrere Kiemenblätter wegzieht und Aeste in dieselben hineinschickt. Diese Aeste sind jedoch erst die eigentlichen Art. lam. brauch, und keine besondern Com- munikationsgefässe. Es finden sich freilich ausserdem zwischen einzelnen Kiemenblättern besondere kleine Aeste, die von einem Blatte zu einem benachbarten ziehen und beide verbinden, doch ist dies keineswegs in regelmässiger Weise zwischen allen Kiemenblättern der Fall; zwischen solchen Kiemenblättern, die auf die beschriebene Art und Weise in Verbindung stehen, finden sich andere, die dieser Verbindung entbehren; und ausserdem liegen diese kleinen Communikationsäste in ganz verschiedener Höhe, so dass hier von einem besondern zusammenhängenden Gefäss nicht die Rede sein kann. Eine zusammenhängende Communi- kation zwischen sämmtlichen Kiemenblättern der beiden Kiemenblattreihen existirt freilich doch, wenigstens habe ich sie bei Maja und Torpedo unzweifelhaft nachgewiesen, aber es kann dies kaum die von Cuvier gemeinte sein, denn, wie ich schon oben in der Beschreibung derselben bei Gelegenheit des kavernösen Gewebes erwähnt habe, befindet sie sich unmittelbar am obern Ende der dem Dia- phragma ansitzenden Seite der Kiemenblätter. Cuvier giebt ferner an, dass der für ein Kiemenblatt bestimmte Ast der Kiemenbogenarterie zwei Gefässe in das Blatt hineinschicke, eins am Innern Rand als Art. lam. brauch, verlaufend und eins am freien äussern Rande neben der Vene des Kiemenblattes. Diese Angabe ist, soweit ich an Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 163 injicirten Kiemen, bei denen die Injektion von dem Kie- menarterienstamme aus gemacht wurde, sehen konnte, falsch. Es finden sich zwar Get'ässe neben der Vena lam. brauch, am freien Rande des Kiemenblattes; diese stehen jedoch mit der Arterie in keinem Zusammenhang, sondern sind ganz anderer Natur, gehören zum nutritiven System. Cuvier und Alessandrini nehmen an, d^ss die Art. lam. brauch, am ganzen innern Rande der Kiemen- blätter entlang laufe; dies ist, wie aus der obigen Be- schreibung hervorgeht, nicht richtig. Ferner lassen beide Forscher aus derselben paarweise rechts und links ent- sprechend den Schleimhautfalten Aestchen unter nahezu rechtem Winkel entspringen, welche das Blut in das die Schleimhautfalten einnehmende Capillarnetz führen sollen. Diese Angabe ist ebenfalls falsch ; sie entspricht dem Ver- halten bei den Teleostiern, aber nicht dem bei den Pla- giostomen. Beide Forscher tibersehen dabei ganz das an das Gefäss sich anschliessende kavernöse Gewebe, selbst Alessandrini, der dasselbe wenigstens gesehen hatte, wenn er es auch nicht richtig verstand. Die Art. laminae branchialis steht mit den Lückenräumen des sich an sie anschliessenden kavernösen Gewebekörpers durch Spalten in ihrer Wandung in Verbindung, so lange sie überhaupt als distinktes Gefäss existirt; an ihren Enden geht sie ganz und gar in dasselbe über. Durch die Spalten tritt das Blut aus ihr in die Lückenräume; dieselben sehen bei Präparaten, aus einfach gehärteten, nicht injicirten Kiemen spaltenförmig aus; an injicirten Präparaten ge- winnen sie dagegen ein mehr rundliches, gefässartiges Aussehen. Es scheint, als ob von der Art. lam. brauch, einzelne Aeste abgegeben würden, die sich in das kaver- nöse Gewebe hineinerstrecken, stets durch Spalten mit den Lückenräumen desselben in Verbindung bleibend. Das Vorhandensein von glatten Muskelfasern in den Wandungen des kavernösen Gewebekörpers unterstützt ein Hinaustrei- ben des Blutes aus den Lückenräumen und zwar tritt letz- teres dann in das Capillarnetz. Die Capillarnetzarterien kommen also nicht aus der Art. lam. brauch, direkt, son- dern aus dem kavernösen Gewebeköi-per, welchen das in 164 Wilhelm Dröscher: die Kiemen hineingeschickte Blut stets zu passiren hat. In letzterem findet jedenfalls zum Theil schon ein Gasaus- tausch statt. Die Seitenwände dieses Theils der Kiemen- blätter tragen keine Schleimhautfalten, aber durch die Ausbreitung in dem Lückensystera wird dem Blute hier schon eine bedeutende Berührungsfläche mit dem Wasser geboten. Erwähnt mag schliesslich noch werden, dass alle diese Kiemenarterien, welche das Blut den Kiemen zuführen, in ihren Wandungen den Bau der Arterien zeigen; sie haben sehr kräftig muskulöse und elastische Wände, so dass sie einen sehr starken Impuls auf das Blut auszu- üben im Stande sind. Sie unterscheiden sich also gar nicht von den Kiemenvenen, welche das Blut von den Kiemen wegführen. Letztere Beobachtung hat schon M o n r o gemacht; er bemerkt, dass keinerlei Unterschied zwischen den Kiemenarterien und den Kiemenvenen stattfinde, wohl aber, dass beide von der Pfortader und der Hohlader ebenso verschieden seien, wie die menschliche Aorta von der Hohlader. b) Das Capillarnetz. Dasselbe nimmt die auf den Seitenflächen der Kie- menblätter sich erhebenden Schleimhautfalten ein; es ist, wie Alessand rini erwähnt, der physiologisch wichtigste Theil der Kiemen, von dessen möglichst ausgedehnter Flächenentwicklung die Wirksamkeit des Gasaustausches abhängt. Zugeführt wird dem Capillarnetz das Blut durch eine besondere kleine Arterie, die aus dem kavernösen Gewebe nahe der vordem Grenzlinie desselben hervor- kommt und zwar aus einem grössern Lückenraume, der aut dem Querschnitt ein gefässartiges Aussehen hat. An der Bildung der Wandung dieser Capillarnetzarterie nimmt das Gewebe der Wandung des kavernösen Gewebekörpers direkten Antheil. Ausserdem zeigen diese kleinen Arterien an der Stelle, wo sie als selbständige Gefässe erscheinen, kleine, bulböse Anschwellungen, die mit einer sehr starken Ringmuskelschicht belegt sind. Hier wird dem aus dem Lückensysteme heraustretenden Blute ein neuer Impuls Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 165 versetzt, so dass es leichter das Capillarnetz passirt. Es wird nun nicht stets für jede Schleimhautfalte eine beson- dere Arterie abgegeben, sondern es findet sich auch der Fall, dass ein solches, aus dem Lückensysteme heraus- tretendes Gefäss mehrere, 2 — 3 Schleimhautfalten versorgt, dadurch, dass es sich in ebenso viele Aeste theilt. Das- selbe Verhalten findet man ja auch bei den Knochenfischen. Die Arterie der Schleimhautfalte theilt sich beim Eintritt in die letztere, so viel ich bei Baja und auch bei Scyllium erkennen konnte, in 2 ungleiche Aeste; der kleinere zieht eine kurze Strecke an der der Seiteufläche des Kiemen- blattes ansitzenden Seite der Schleimhautfalte entlang und löst sich hier bald in's Capillarnetz auf. Der grössere dagegen zieht am freien, äussern Rande der Falte hin und steht durch Spalten mit dem an ihn sich anschliessenden Capillarnetz in Verbindung. Dieses Randgefäss des Ca- pillarnetzes konnte ich bei Torpedo direkt in die Capillar- netzvene verfolgen; einen solchen Uebergang aus der Ar- terie in die Vene hatte Alessand rini vergebens gesucht. Das die ganze Fläche der Falte einnehmende Capillarge- fässsystem ist nun schon von Cuvier ganz richtig als Netz bezeichnet; manche Forscher haben es als aus schleifen- förmig neben einander verlaufenden Gefässen bestehend dargestellt; doch ist diese Ansicht für die Plagiostomen nicht zutreffend. Jede Schleimhautfalte wird nun auf bei- den Seitenflächen von Epithel begrenzt, welches auf einer Basalmembran liegt. Der ganze Raum zwischen den beiden Basalmembranen der beiden Seiten wird von dem Capillar- netz eingenommen (Fig. 8). Die Basalmembranen der Falten erscheinen als Ausstülpungen der Basalmembranen der Seitenflächen des Kiemenblattes. Auf der dem Kie- menblatte ansitzenden Seite schliesst sich das Capillarnetz durch eine elastische Membran, die mit der Basalmembran zusammenhängt und ihr gleicht, gegen das Gewebe der Axe des Blattes ab. Der Zwischenraum zwischen den ein- zelnen Capillaren wird eingenommen von homogenem Bin- degewebe, das sehr deutlich ellipsoidische Kerne mit Kern- körperchen zeigt. Auf einem Querschnitt durch die Schleim- hautfalten (Fig. 8) erscheinen die Capillaren wie parallel 166 Wilhelm Dröscher: neben einander liegende Röhren. Am äussern Ende des Capillarnetzes, dem freien Rande des Kiemenblattes zuge- kehrt ergiessen sich die Capillaren in eine Vene, die das Blut aus der Schleimhautfalte heraus in die am freien Rande des Blattes verlaufende Kiemenblattvene führt. Jede Falte hat ihre besondere Capillarnetzvene; hier fliessen die Venen mehrerer, benachbarter Falten nicht zu grössern Gefässen zusammen, die dann erst in die Kiemenblattvene münden würden. c) Die Kieme nvenen. Die das arteriell gewordene Blut aus den Kiemen- blättern ableitenden Gefässe, die Kiemenblattvenen, nehmen die freien Ränder der Kiemenblätter ein, ganz wie bei den Teleostiern. Sie beginnen am obern Ende der Kie- menblätter, und ihr Querschnitt nimmt allmählich zu, je mehr sie sich dem Grunde des Blattes nähern, je mehr Capillarnetzvenen sie also aufnehmen. Ueber die Struktur ihrer Wandungen und des sie umgebenden Gewebes vergl. den vorigen Abschnitt. Unterhalb einer jeden Kiemen- blattreihe eines Kiemenbogens läuft nun ein Gefäss hin, welches die aus den Blättern herabsteigenden Kiemenblatt- venen aufnimmt; es sind dies die sogenannten Wurzelvenen der Kiemensäcke. Jeder Kiemenblattreihe kommt eine Wurzelvene zu; an einem Kiemenbogen findet man also 2 Venen mit Ausnahme des Zungenbeinbogens, der ja nur eine Kiemenblattreihe trägt. Dies Verhalten bildet einen Unterschied von den Teleostiern, bei denen an jedem Kie- menbogen nur eine Wurzelvene sich findet, die zwischen den beiden Kiemenblattreihen liegt, nicht wie bei den Plagiostomen. Dieselbe kann jedoch auch bei einzelnen, wie ich es bei Leuciscus gesehen habe, zuerst getheilt sein, sich aus 2 Aesten zusammensetzen. Bei Leuciscus nehmen diese beiden Aeste ungefähr die untere Hälfte des Kiemen- bogens ein. Die Kiemenblattvenen ergiessen sich nicht einzeln in die Wurzelvenen, sondern es vereinigen sich 2 — 3 zu grössern Stämmen, die dann ihrerseits in die Wurzelvenen münden. Diese Beobachtung stammt schon Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 167 von Alessand rini. Bei Baja ist dies Verhalten sehr deutlich nachzuweisen ; bei ScyJlium weniger deutlich, hier münden sie mehrfach einzeln; oft aber nähern sich auch hier benachbarte Kiemenblattvenen mit ihren untern Enden so sehr, dass ihre Ausmündungen in die Wurzelvenen zu einer gemeinschaftlichen Oeffnung verschmelzen. Die auf beiden Seiten des Kiemenbogens neben den Insertionslinien der Muskelschicht und der Knorpelstrahlenreihe verlaufen- den Wurzelvenen stehen durch einen queren Ast in Ver- bindung, der das die Wurzelvenen trennende Diaphragma unmittelbar unterhalb des Gelenkes der Mittelglieder an der ventralen Seite des Mittelstrahles durchdringt. Diese Anastomose ist schon von Monro beschrieben worden. Alessandrini giebt an, dass sich die beiden, zur Seite der Kiemenbogenarterie liegenden Wurzelvenen schon dies- seits der Hälfte des Kiemenbogens zu einem einzigen Ge- fäss vereinigen, das dann später mit den andern derselben und der gegenüberliegenden Seite die Aortenwurzel bildet. Diese Angabe ist entschieden unrichtig und in Folge der falschen Auffassung der Anastomose entstanden. Die Wur- zelvenen bleiben in der ganzen Länge des Kiemenbogens getrennt. Die Anastomose derselben liegt unter der Kie- menbogenarterie, zwischen derselben und dem Kiemen- bogen. Die Wurzelvenen eines Bogens verbinden sich überhaupt nie, auch ausserhalb desselben nicht zu einem Gefäss; dagegen verbinden sich aber die beiden Wurzel- venen eines Kiemensackes, die zwei auf einander folgen- den Bögen angehören, zu einer Aortenwurzel. Diese Ver- einigung geschieht an der obern Commissur der Kiemen- säcke, wo die beiden Kiemenblattreihen in einander über- gehen. Eine weniger wichtige Vereinigung geschieht auch an der ventralen Commissur, wo die beiden Kiemenblatt- reihen ebenfalls in einander übergehen und wo die gegen- überliegenden Blätter an ihrer Basis durch eine mit Epithel verbundene Brücke von Bindegewebe verbunden sind. Hier existirt für beide gegenüberliegende Keihen nur eine Wurzel- vene, die in der Bindegewebsbrücke verläuft. Da, wo sich die beiden Kiemenblattreihen trennen, theilt sich der ge- meinsame Venenursprung in die zwei Wurzelvenen des 168 Wilhelm Dröscher: KiemensackeS; die sich dann erst wieder an der obern Commissur vereinigen. Aus dieser ventralen Commissur treten Arterien als Verlängerungen der Wurzelvenen her- vor, die im nächsten Abschnitt besprochen werden sollen. Die Wurzelvene der hintern Reihe eines Kiemensackes ist die stärkere, mit der sich die der vordem Reihe an der obern Commissur der Säcke als schwächere verbindet zu einem gemeinschaftlichen Gefäss, das eine der Aorten- wurzel bildet. Die der hintern Reihe ist desshalb stärker, weil sie das Blut der ventralen Hälfte der vordem Wurzel- vene des nächstfolgenden Sackes, welche die Kiemenblatt- venen der dem untern Mittelgliede ansitzenden Kiemen- blätter sammelt, durch die den Bogen überschreitende Anastomose aufnimmt. Man erkennt dies an dem Verlauf der Anastomose und daran, dass die besagte Vene plötzlich am Querschnitt bedeutend zunimmt. Die aus den Kiemenvenen, welche durch Vereinigung der Wurzelvenen entstanden sind, herrührenden Gefässe kann ich übergehen, da sie in H y r t Ts Arbeit i) sehr voll- ständig behandelt sind. Die hier entspringenden Rami nutritientes der Kiemenbögen sollen im nächsten Abschnitt besprochen werden. Die Kiemensackvenen durchsetzen den mit lockerem Bindegewebe ausgefüllten Raum zwischen den sich an einander legenden Basalia zweier benachbarter Bögen. Die Kiemensackvenen entsprechen nicht vollkom- men den Kiemenbogenarterien ; letztere stehen nur zu einem einzigen Bogen, aber zu je zwei Säcken in Beziehung, während die erstem Beziehungen zu zwei auf einander folgenden Bögen aufweisen. Erwähnt mag noch werden, dass diese Gefässe ihre Bezeichnung als Venen dem Um- stände verdanken, dass sie Blut von den Kiemen fortführen; ihrer Struktur nach sind sie wahre Arterien und führen auch arterielles Blut; sie bilden die Wurzel des arteriellen Gefässsystemes. Mi Ine -Edwards hat desshalb für sie die Bezeichnung „Epibranchialarterien" vorgeschlagen, die angenommen zu werden verdiente. 1) Hyrtl, das arterielle Gefässsystem der Rochen, Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 169 Das nutritive Gefässsystem. Die nutritiven oder bronchialen Gefässe der Kiemen entspringen aus dem Körperarteriensystem, d. h. aus den Gefässen, die aus den Kiemenvenen hervorgehen, und ihr Blut kehrt in das Körpervenensystem zurück. Ich werde hier das nutritive Gefässsystem des Bogens mit dem daran sich anschliessenden Diaphragma getrennt betrachten von dem der Kiemenblätter. In beiden Systemen hat man zu unterscheiden zwischen Arterien und Venen. 1. Das Nutritivgefässsystem des Kieuienbogeas und Diaphragmas. Man kann hier wieder zwei Hälften unterscheiden, eine dorsale, dem obern Mittelgliede entsprechende und eine ventrale. Beide erhalten ihre Gefässe von entgegen- gesetzten Seiten und geben sie nach entgegengesetzten Seiten ab. a) Arteria nutritiv a s. bronchialis. Schon Mo uro giebt an, dass an der ventralen Com- missur der Säcke aus den Wurzelveuen Gefässe hervor- gingen, welche in einen gemeinsamen Längsstamm mün- deten, der dann seinerseits durch Abgabe von Aesten die Kiemenbögen und die umgebenden Theile mit Gefässen zur Ernährung versorgte^). Joh. Müller erklärt in seiner berühmten Arbeit über die vergleichende Anatomie der Myxinoideu, Abtheilung Gefässsystem, diese Angabe für falsch; er findet eine solche ventrale Verlängerung der Wurzelvenen nur am 2. Kiemenbögen (p. 201). Hyrtl hat sie dagegen an allen Kiemensäcken nachgewiesen und hat so Monro's Beobachtung zum. Theil wieder zu Ehren gebracht (p. 2 — 3). Freilich münden die aus den ven- tralen Kiemensackcommissuren hervortretenden, ventralen Kiemenvenenverlängeruugen nicht in einen gemeinsamen Längsstamm, wie Mo uro es angiebt; sie stehen nur unter einander durch Aeste in Verbindung, wenigstens die drei 1) Vergl. Monro, Bau und Physiologie der Fische, verglichen mit dem des Menschen; Tab. I. Fg. 4 u. 5. 170 Wilhelm Dröscher: vordersten; die ventrale Kiemenvenenverlängerung der vier- ten Kiemenspalte bleibt unverbunden, isolirt; die der fünften in Folge dessen natürlich ebenfalls ; sie ist aber ohne dies nur sehr klein und von geringer Bedeutung. Diese ven- tralen Kiemenvenenverlängerungen geben ausser manchen andern Gefässen (darunter die Arteria coronaria cordis), die zur Ernährung von Kopfmuskuiatur und von andern Organen dienen, Arterien ab, welche zu den Constriktoren der Kiemensäcke und zu den Kiemenbögen selbst treten. Die genauere Art der Verzweigung dieser einzelnen Aeste kann ich übergehen, sie findet sich in Hyrtl's genannter Arbeit genau angegeben. Der für einen Kiemenbögen und sein Diaphragma bestimmte Zweig tritt, wie ich bei Raja deutlich verfolgen konnte, neben der austretenden Kiemen- venenverlängerung in das Diaphragma ein; er verläuft auf der Vorderseite desselben nahe der Insertionslinie der Mus- kelschicht, neben dem hier liegenden Nerven und giebt zahlreiche sich verzweigende Aeste ab, die sich auf der Muskelschicht in der dem untern Mittelgliede angehörigen Hälfte des Diaphragmas ausbreiten, auch durch dieselbe hindurchdringen, um die hier befindlichen Gewebe zu er- nähren. Es ist dies die Art. bronchialis der untern Hälfte des Diaphragmas ; über das Gelenk der Mittelglieder hinaus habe ich sie nicht verfolgen können. Die obern Kiemenvenen geben, nachdem sie durch Zusammenfliessen der beiden Wurzelvenen entstanden sind und durch den Raum zwischen den Basalia hmdurch ge- treten, je einen Ramus musculo cutaneus ab, der zu den obern Partien der Constriktoren der Kiemensäcke und zu der Haut des Nackens zieht; er tritt nicht zum Kiemen- bögen selbst. Die Arteria bronchialis der obern Hälfte des Diaphragmas dagegen entspringt aus der Kiemenvene gleich nach dem Zusammenfliessen der Wurzelvenen, da wo sie in den Raum zwischen den Basalia hineintreten will. Dieselbe biegt sich gleich von ihrem Ursprünge an rückwärts und tritt ins Diaphragma und zwar in den Raum zwischen Muskelschicht und Knorpelstrahlenreihe und läuft am obern Mittelgliede, wenn auch in einiger Entfernung, von demselben zurück. Ich habe sie bis zum Gelenk der Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 171 Mittelglieder verfolgen können. Auch sie verästelt sich hier reichlich und einige ihrer Aeste dringen in die Mus- kelschicht hinein und theils durch dieselbe hindurch. Die Wurzelvenen selbst geben in ihrem Verlauf von der untern zur obern Commissur eines Sackes feine Gefässchen an das Diaphragma ab, genau so, wie Joh. Müller es für die Knochenfische beschrieben hat. Diese Gefässästchen beschränken sich aber bei den Plagiostomen auf den Kie- menbogen und das Diaphragma, treten nicht in die Kie- menblätter hinein; ebenso nach Joh. Müller bei den Te- leostiern. b) Die Vena bronchialis. Dieses Gefäss ist bei Knorpelfischen eigentlich wenig bekannt. Bei Knochenfischen, bei denen dieses System ganz ähnlich gestaltet ist, wurde die Bronchialvene von Duverney entdeckt als ein zwischen den beiden Kiemen- blattreihen über der Arterie verlaufendes Gefäss, das sich aber nur an der untern Hälfte des Kiemenbogens nach- weisen Hess. Fohraann hielt dieses Gefäss nach Unter- suchungen am Aal für ein Lymphgefäss, das aus den Kie- menblättern Aeste erhält. Joh. Müller wies jedoch nach, dass dies Gefäss nichts weiter sei als die Bronchialvene der untern Hälfte des Bogens und dass derselben an der obern Hälfte des Bogens ein ganz ähnliches Gefäss ent- spräche. Die untere ergiesst sich in die Kehlvene, die obere in die Jugularvene. Aehnliche Gefässe finden sich nun auch im Diaphragma der Plagiostomen und zwar in dem Räume zwischen der Basis der Knorpelstrahlen und der Muskelschicht, wo auch die Arterie verläuft. In der untern Hälfte des Diaphrag- mas verläuft die Vene unmittelbar oberhalb der Kiemen- bogenarterie ; sie lässt sich hier bis zum Gelenke der Mittel- glieder verfolgen. Oberhalb dieses Gelenkes in der dor- salen Hälfte beginnt ein anderes Gefäss, das wegen des Aufsteigens der Kiemenbogenarterie unterhalb derselben zwischen ihr und dem Kiemenbogen dem letztern anliegend verläuft und am dorsalen Ende des Kiemenbogens austritt. Einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Venen der 172 Wilhelm Dröscher: beiden Diaphragmahälften habe ich nirgend nachweisen können. Sie erhalten das Blut, das sie aus dem Dia- phragma abführen, aus den zahlreichen Lückenräumen, in den beiden bindegewebigen Grenzlamellen des Diaphrag- mas. Diese Lückenräume, die keine besondern Gefässe mit besouderu Gefässwandungen darstellen, sondern den Lymphräumen gleichen, sich von letztern jedoch durch den Umstand, dass sie Blut führen, unterscheiden, saugen das in die Gewebe des Diaphragmas getretene Blut auf; sie erstrecken sich zu diesem Zweck auch zwischen die ein- zelnen Muskelbündel. Die aufgesogenen Blutmassen führen sie nun, indem sie sich zu Läugsstämmen, die nach dem Kiemenbogen zustreben, ordnen, nach den erwähnten an der Basis des Diaphragmas verlaufenden Bronchialvenen- stämmen. In welche Körpervenen diese letzteren nach ihrem Austritt aus dem Diaphragma münden, konnte ich nicht verfolgen; es ist aber zu vermuthen, dass dies ähn- lich so geschieht wie Joh. Müller von den Teleostiern angegeben hat; die untere würde dann in die Kehlvene, die obere in die Jugularvene führen. 2. Das nutritive Gefässsystem der Kiemeublätter. Die Arterien desselben nehmen ihren Ursprung in den Kiemenblättern selbst; die Venen treten in die Venen des Diaphragmas über. a) Arteria bronchialis laminae branchialis. Eine einzige solche Arterie für ein jedes Kiemenblatt, die durch Auflösung in Aeste dasselbe mit ernährenden Gefässen versorgte, existirt nicht ; sie wird gewissermassen durch die Kiemenblattvene vertreten. Dieselbe giebt näm- lich an ihrer Innern, der angewachsenen Seite des Kiemen- blattes zugewandten Seite zahlreiche, hinter einander lie- gende Gefässchen ab, die in die oben beschriebene Binde- gewebslamelle zwischen der Vene und dem vordem Rande des kavernösen Gewebes eindringen und sich hier zahl- reich verästeln; sie bilden hier das ziemlich grossmaschige nutritive Capillarnetz. Aeste von ihnen erstrecken sich auf die Wandung des kavernösen Gewebekörpers. Mit Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 173 Gefässen des Diaphragmas uud des Kiemenbogens stehen diese eben beschriebenen Gefässe in keinem Zusammenhang. b) Vena nutritiva. An dem freien Rande eines Kiemenblattes auf der äussern Seite der Vene erkennt man deutlich zwei neben einander verlaufende Gefässe, die vielfach mit einander durch quere Aeste kommuniciren. Sie liegen, in dem zwi- schen den Schleimhautfalten vorspringenden Wulst des freien Kiemenblattrandes und durchziehen parallel mit ein- ander die ganze Länge des Kiemenblattes; an der Basis, wo sie sich ihrem Austritte aus demselben nähern, liegen sie nicht mehr nach aussen von der Vene, sondern zu beiden Seiten derselben.' Sie ergiessen sich soweit ich es verfolgen konnte, in die beiden beschriebenen Bronchial- venen des Kiemenbogens. Ihre Wandungen sind nament- lich im Kiemenblatte selbst nur dünn und nicht muskulös, verleihen diesen Gefässen also den Charakter der Venen. Ich halte diese Gefässe denn auch für die Bronchialvenen des Kiemenblattes, die das aus dem nutritiven Capillar- netz heraustretende Blut aufnehmen und fortführen. Ein ganz ähnliches Verhalten hat Job. Müller vom Hecht be- schrieben. Die Muskulatur des Kiemenapparates und der Respirationsmechanismus. Die Muskulatur des Kiemenapparates, welche die Ein- und Ausathmung besorgt, findet sich genau beschrieben in Cuvier's Lecons d'anatomie comparee und dann später in Vetter's schon oben erwähnter Arbeit. AuchRemak*) lieferte Beiträge zur Kenntniss derselben. Ebenso gut ist der Mechanismus der Ein- und Ausathmung bekannt (vergl. die Physiologie von Milne- Edwards). Er ist ein ganz ähnlicher und wird von ganz ähnlichen Muskeln besorgt, wie bei den Knochenfischen. Das Oeffnen der Kiemen- 1) Remak, Bemerkungen über die äussere Atliemmuskulatur der Fische. 174 Wilhelm Dröscher: bögen geschieht durch die an ihrer Unterseite liegende Muskulatur, die sich zwischen Schultergürtel und Unter- kiefer ausspannt; sie ist bei den Plagiostomen entwickelter als bei den Teleostiern. Der Eintritt des Wassers aus dem Schlünde in die Kiemensäcke wird dadurch erleichtert, dass der Adductor der beiden Hälften des Kiemenbogens, der in dem Gelenkwinkel der beiden Mittelglieder liegt, den untern Boden des Schlundes hebt, indem er die untere Hälfte des Kiemenbogens der obern nähert. Aus dieser Bewegung erklärt sich der Umstand, dass der Insertions- punkt des Adductor am untern Mittelgliede von dem im Gelenke liegenden Drehpunkt weiter entfernt ist als der Insertionspunkt am obern Mittelgliede. Aus der Noth- wendigkeit diese Bewegungen auszuführen erklärt sich auch die bewegliche Gliederung des Bogens. Der Austritt des Wassers aus den Kiemensäcken wird nun bewirkt durch ein Zusammenschliessen der Wände der Kiemen- säcke in Folge einer Contraktion des Muse, interbranchia- lis. Eine solche Contraktion nähert die Knorpelstrahlen des Diaphragmas einander, verkleinert so die Fläche des- selben. Hierbei werden zugleich die einzelnen Kiemen- blätter einander genähert und das Wasser aus ihren Zwi- schenräumen hinaus getrieben. Eine Contraktion des Ad- ductor zieht die Knorpelstrahlen wieder von einander ab, spannt das Diaphragma aus und entfernt somit die Kie- menblätter wieder von einander, so dass ihre Zwischen- räume sich wieder mit Wasser füllen können ^). Anstatt durch einen den Plagiostomen fehlenden Operkularapparat wird die Ausathmung hier unterstützt durch ein besonderes, den Kiemensäcken aufliegendes System von Constrictoren, welches auch das Schliessen der äussern Kiemenöffnungen besorgt. Die Blutbewegung in den Kiemen wird bei den Pla- giostomen durch Ein- und Ausathmungsbewegungen nicht sonderlich unterstützt, wie das dagegen bei den Teleostiern der Fall ist. Den Plagiostomen fehlt die Kiemengräte der Teleostier, welche die Uebertragung der Athmungsbe- 1) Vergl. Duvernoy, Mecanisme de la respiration p. 4 — 5. Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 175 wegungen auf die Blutbewegung" bewirkt. Freilich bewirkt auch hier eine Contraktion des Diaphragmamuskels da- durch, dass die zwischen der Muskelschicht und der Knor- pelstrahlenreihe gelegenen Theile der Kiemenarterien kom- primirt werden, ein Heraustreiben des Blutes aus denselben, das dann in die Kiemenblätter tritt und hier das kaver- nöse Gewebe schwellt, so dass dadurch zu gleicher Zeit das durch Annäherung der Kiemenblätter an einander be- wirkte Heraustreiben des Wassers aus ihren Zwischen- räumen unterstützt wird. Aber diese Förderung der Blut- bewegung ist nur von sehr geringer, untergeordneter Be- deutung gegen den vollkommenen Mechanismus der Kno- chenfische, der den Plagiostomen gänzlich fehlt. Letztere bedürfen aber auch eines solchen nicht, bei ihnen erhält das Blut schon vom Herzen einen kräftigeren Antrieb, der es leichter durch die Kiemencapillaren treibt. Bei den Plagiostomen zeigt der Bulbus arteriosus eine sehr starke Schicht quergestreifter Ringmuskelfasern ausser der elasti- schen Faserschicht. Diese quergestreifte Muskelschicht fehlt den Teleostiern gänzlich^); bei ihnen enthält der Bulbus nur elastische Fasern. Die bei den Selachiern sich findenden, quergestreiften Muskel sind mm im Stande, hier einen neuen, vorwärts treibenden Druck auf das Blut aus- zuüben, so dass es leichter das Kiemencapillarnetz passirt. Ausserdem haben sämmtliche Kiemenarterien bei den Pla- giostomen, stärkere, muskulöse Wandungen als bei den Teleostiern. Der Austritt des Blutes aus dem kavernösen Gewebekörper wird erleichtert durch die glatten Muskel- fasern, welche sich in der Wandung desselben finden. Und selbst die kleinen Capillarnetzarterien wirken antreibend auf das Blut ein vermöge ihrer mit starker Ringmuskel- schicht belegten, bulbösen Anschwellungen an ihrem Ur- sprünge. 1) Vergl. Tiedemann, Bau des Fischberzens, pl. 1 und 2. Leydig, Handbuch der vergl. Histologie p. 410. 176 Wilhelm Dröscher: Literaturverzeichniss. Perraul t, Memoires pour servir a l'bistoire naturelle des animaux (Mem. de l'Acad. des sciences 1866—78. t. III). Broussonet, Memoire pour servir ä i'histoire de la respiration des poissons (Memoir. de l'Acad. d. sciences 1785). Monro, Bau und Physiologie der Fische, verglichen mit dem des Menschen. Lacepede, Histoire naturelle des poissons. Cuvier, Legons d'anatomie comparee II ed. 1840. Duvernoy, Du mecanisme de la respiration dans les i)oissons (An- nales d. sciences naturelles 1839). Lereboullet, Anat. comparee de i'appareil respiratoire. Alessandrini, Observationos supra intiraa brauchiarum structura piscium cartilagineorum. Vetter, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Kiemen- und Kiefermuskulatur der Fische (Jenaische Zeitschr. Bd. 8). Gegenbau r, lieber das Kopfskelet der Selachier. Milne-Edwards, Physiologie comparee. Joh. Müller, Vergl. Anatomie d. Myxinoiden, Abth. Gefässsystem, Posner, Beiträge zur Kenntniss des Baues der Najadenkieme. Fohmann, Saugadersystem der Wirbelth. Heft 1 Fische. Hyrtl, Das arterielle Gefässsystem der Rochen. Tiedemann, Anatomie des Fischherzens. Rathke, Entwicklungsgeschichte der Haifische und Rochen (Bei- träge zur Gesch. der Thierw^elt, Abth. 4). Remak, Bemerkungen über die äussere Athemmuskulatur der Fische. Erklärung der Abbildungen auf Tafel IX— XII. k Kiemenbogen; kr Kiemenstrahl; c cavernöses Gewebe; m Bindegewebe ; gim und glm' glatte Muskelbündel ; p Epithelzellen- polster; cz Cylinderzellenschicht; b Basalmembran; madd Musculus adductor; md Musculus interbranchialis ; mc Musculus constrictor; nbr und n'br Kiemenbogennerven ; obr Kiemenbogcnarterie ; vbr Wur- zelvene; albr Kiemenblattarterie; vlbr Kiemenblattvene; cp Capillar- netz ; oc und vc Arterie und Vene des Capillarnetzes; bl Blutkörper- chen; pg Pigmentkörnchen; vnlbr Vena nutritiva lamiuae branchialis Beiträge zur Kenntniss der histologischen Struktur etc. 177 Fig. 1. Diaphragma von Raja. Fig. 2. „ „ Mustelus. Beide von der Seite dargestellt. Fig. 3. Kiemenblatt von Torpedo, Querschnitt. Fig. 4. Kiemenblatt von Torpedo; Querschnitt durch das oberste Ende. Fig. 5. Kiemenblatt von Torpedo, Längsschnitt. Fig. 6. Torpedo ocellata, cavernöses Gewebe. Fig. 7. Torpedo', Längsschnitt durch den rein bindegewebigen Theil des Kiemenblattes. Fig. 8. Querschnitt durch eine Schleimhautfalte mit dem Capillar- netz von Torpedo. Fig. 9. Flächenschnitt durch 2 gegenüberstehende Kiemenblätter desselben Bogens von Scyllium catulus; der mit c bezeich- nete weisse Raum wird von dem cavernösen Gewebekörper eingenommen. Fig. 10. Querschnitt durch die 2 Kiemenblattreihen eines Bogens von Scyllium. Fig. 11. Längsschnitt durch den freien Rand eines Kiemenblattes von Torpedo. Arch. f. Naturg. XXXXVUI. Jahrg. 1. Bd. 12 Ueber die Segmentiruiig bei den Milben. Von P. Kramer in Halle a. d. Saale. Hierzu Tafel XHI. Fig. 1—4. Je weiter die Kenntniss der Ordnung der Äcarina vorsclireitet, um so zahlreicher werden die Fälle, wo Seg- mentirung bei den Milben beobachtet wird. Es verdient da- her der neueste Versuch, die Segmentirung als ein durch- greifendes Moment für die ganze Ordnung in den Vordergrund zu rücken, der von Haller (Zoolog. Anzeiger 1881. N. 88) gemacht wurde, die vollste Zustimmung, es entspricht durch- aus den natürlichen Verhältnissen, bei den Milben eine Segmentallinie in der Gegend zwischen dem zweiten und dritten Fusspaar anzusetzen. Zu gleicher Zeit hat Haller die beiden Beinpaare, welche in den „Cephalothorax" fallen, als ächte Beinpaare angesehen, was ich ebenfalls für vollkommen richtig halte. Während nun im Allgemeinen die Segmentirung nicht weiter reicht, als dass da, wo sie deutlicher auftritt, drei discrete Körpertheile beobachtet werden, indem der „Ce- phalothorax" bei Milben, wie Histiostoma, Glyciphagus und Verwandte wieder in zwei deutliche Abtheilungen zerlegt ist, eine vordere, das Köpfchen (Capitulum) und den Tho- rax, so geht sie in einzelnen Fällen entschieden weiter. Früher habe ich bei Tarsonema die einschlagenden Ver- hältnisse ausführlich behandelt und dargelegt, dass na- mentlich beim Weibchen eine ziemlich grosse Anzahl von P. Kramer: lieber die Segmentirung- bei den Milben. 179 Leibessegmenten vorhanden ist (Archiv für Naturgeschichte von Troschel Jahrgang 42. 1876. Seite 197 ff.). Haller sprach später seinen Zweifel aus (Die Milben als Parasiten p. 64), dass die von mir als Männchen und Weibchen angesehenen Formen überhaupt zusammengehören. Diese Zweifel scheinen mir vor der Thatsache, dass ich beide Formen aus Larven von genau derselben Beschaffenheit züchtete und dass ich sie stets in grossen Mengen in dem- selben Pflanzenauswuchs antraf, aufgegeben werden zu müssen. Ich wüsste wenigstens bis jetzt kein Beispiel, dass aus ein und demselben Larvenstadium zwei so völlig von einander verschiedene Formen wie Tarsonema fem. und Tarsonema mas. schlüpften, selbst wenn man glauben wollte, man habe es hier mit hypopialen Gestalten zu thun, was aber nicht der Fall ist, denn die Weibchen legen Eier, aus denen wieder jene oben genannten Larven sich ent- wickeln. (Ich darf hier wohl daran erinnern, dass auch mein Pygmephorus von Hall er als hypopiale Form be- zeichnet wurde, was sich aber nach Michael's Beob- achtungen, der beide Geschlechter fand, nicht zu bestä- tigen scheint.) Ein Beispiel von noch weiter gehender Segmentirung will ich in den nachfolgenden Zeilen an- führen. Es betrifft eine Milbe, ein erwachsenes Weibchen, von der ich, da ich überhaupt nur dies eine Exemplar aufzufinden vermochte, das Männchen nicht kenne, es könnte also, wie das ja auch berechtigt wäre, Abstand genommen werden, sie in das System aufzunehmen. Die Organisation bietet aber einen so charakteristischen Anblick, dass sie zur Erläuterung der Segmentalfrage wohl einer öffentlichen Besprechung unterworfen werden darf. Das ziemlich winzige, aber mit blossem Auge durch seine weisse Farbe gerade noch sichtbare Thierchen ward von mir im Thüringer Wald auf dem Erdboden in einem Tannenbestande gefunden, und scheint Älycus roseus Koch zu sein. Die Rückenansicht giebt eine sehr deutliche Segmen- tallinie zwischen Thorax und Abdomen. Die Schultern des letzteren treten etwas gewölbt hervor, zwischen beiden ist die Segmentallinie nach hinten leicht ausgebuchtet. 180 P. Kramer: Das Abdomen zeigt neun deutliche Segmente, welche ganz so, wie man sie bei den kleinen Poduren sieht, auf ein- ander folgen. Die Segmentfurchen zwischen den drei ersten Abdominalsegmenten sind breit und präsentiren sich gewissermassen als Doppellinien, von denen die vorderen das vorhergehende Segment abschliessen, die hinteren das nachfolgende beginnen. Der Seitenrand des Abdomens zeigt deutlich die Ausbuchtungen und Einschnürungen, die den Segmentmitten und den Grenzen zwischen den Seg- menten entsprechen. Die Beborstung folgt durchaus den Segmentverhältnissen, es finden sich nur auf den Segment- flächen Borstenreihen, die den Grenzlinien der Segmente parallel laufen. Das hinterste Segment trägt die ganz endständige Afteröffnung, welche man bei der Rtickenan- sicht des Thieres zur Hälfte sieht, während die andere Hälfte bei der Bauchansicht gesehen wird. Auf dem Thorax steht ein deutliches Augenpaar, was ganz wie bei Rhyncholophus mit hochgewölbten Linsen ver- sehen ist. Ausserdem trägt er mehrere lange Borsten, von denen das zwischen den Augen befindliche deutlich ge- wimpert ist. Dieses bevorzugte Borstenpaar auf dem Thorax Hess bei geringer Vergrösserung, zumal es den schwarzen Augenflecken nahesteht, zuerst die Vermuthung aufkommen, als hätte man hier ein dem Oribatiden-Stigma ähnliches Athmungsorgan zu vermuthen, stärkere Vergrösserung zeigte aber deutlich, dass jenes Borstenpaar nichts weiter ist, als ein ganz gewöhnliches Haargebilde. Auf dem Thorax ziehen sich noch drei nach hinten baumförmig verästelte Längs- und zwei Querlinien hin, welche das ganze Rücken- feld desselben in mehrere Felder theilen, von denen drei den ganzen mittleren Raum einnehmen. Die kleinen Haar- borsten auf den Segmenten des Hinterleibes sind kurz und beiderseits gefiedert, wie es von einigen Trombidium-Arten bekannt ist. Sie glänzen beim lebenden Thier hell weiss und geben so dem ganzen Rücken einen weissen Schimmer. Die Hautfarbe dagegen ist ein ins röthliche spielendes schwaches Violett. Auf der Unterseite sieht man zunächst wieder die thoracale Segmentallinie deutlich zwischen den Hüftplatten lieber die Segmentirung bei den Milben. 181 des zweiten und dritten Fusspaares hinlaufen, ausserdem aber ziehen sich die Segmentlinien des Rückens ebenfalls auf die Unterseite herunter, aber nicht als einfach kreis- förmig umlaufende Linien, sondern, und dies ist nament- lich bei den hinteren besonders deutlich, sie krümmen sich in der Mitte des Unterleibes nach vorn und laufen um die Geschlechtsöffnung', indem sie diese seitlich begleiten, so dass dadurch After und Geschlechtsöffnung wie in dasselbe letzte Segment gerückt erscheinen. Der Verlauf der Seg- mentlinien der weiter nach vorn zu gelegenen Hinterleibs- segmente war auf der Unterseite nicht deutlich zu ver- folgen. Die Geschlechtsöffnung ist umfangreich und wird von zwei grossen gewölbten, innen ausgehöhlten und mit je drei grossen etwas ovalen Saugnäpfen versehenen Klappen geschlossen. Die äussere Fläche dieser Klappen ist wie die Fläche der Hüftplatten mit einem netzartigen Linien- system überzogen, am Rande jeder Klappe steht eine eng- geordnete Reihe kurzer befiederter Borsten, durch welche der Spalt zwischen den Platten auch noch zum Theil ver- schlossen wird. Was die Gliedmaassen anlangt, so sind die Füsse sämmtlicher vier Paare völlig gleichartig gebaut. Die Anzahl der Glieder ist an den vorderen Füssen fünf, an den hinteren Füssen befinden sich sechs freie Glieder. Sämmtliche Füsse sind mit drei Krallen bewehrt. Die Taster sind fünfgliedrig, die Spitze des fünften Gliedes ist mit einer Anzahl kurzgefiederter Borsten dicht besetzt. Die Mandibeln sind scheerenförmig, kurz und ziemlich hoch gewölbt. Leider Hess sich bei dem einen Exemplar, das zur Beobachtung vorlag, nicht ersehen, wo die Tracheenöffnung sich befand und ob überhaupt Tracheen vorhanden sind, so dass die systematische Stellung des merkwürdigen Thieres unbestimmt bleiben muss. Das Vorhandensein entwickelter Augen legt es allerdings nahe, die Milbe in die Gegend der Trombidien zu setzen. Die Bedeutung für die Hinterleibsfrage ist jedoch bei der Beobachtung unserer Milbe das wichtigste. Es liegt auf der Hand, dass bei Betrachtung derselben sich 182 P. Krämer: üelier die Segmentirung bei den Milben. drei natürliche Abtheilungen ergeben. Capitulum (Mund- segment), Thorax und Abdomen und zwar dieses letztere in deutliche Abschnitte zerlegt. Wir beobachten dement- sprechend auch Mundgliedmassen, Thoracalgliedmassen (der Zahl nach zwei Paare), Abdominalgliedmassen (der Zahl nach ebenfalls zwei Paare). Erklärung der Abbildungen auf Tafel XIII. Fig. 1—4. Fig. 1. Alycus roseiis Koch von oben. Fig. 2. Dieselbe von unten. Fig. 3. Eine Rückenborste. Fig. 4. Ein Maudibel von der Seite. Halle im October 1881. lieber Tyroglyphus carpio, eine neue Art der Gattung Tyroglyphus Latr/) Von P. Kramer in Halle a. d. Saale. Hierzu Tafel XIII. Fig. 5—10. Die Gattung TyroglypJius Latr. ist auch noch neuer- dings und wohl mit Recht, sowie auch die mit ihr ver- wandten Gattungen, wie Glyciphagus und andere, mit den Dermaleichiden, sowie zahlreichen anderen Gattungen unter der grossen Familie der Sarcoptiden belassen worden. Denn obwohl namentlich die freie Lebensweise zu dem Parasitismus der ächten Sarcoptiden und auch der soge- nannten Sarcoptidae plumicolae einen scharfen Gegensatz abgiebt, so sind doch die organischen Beziehungen derart, dass die Stellung der Tyroglyphiden im System wohl neben oder unter den Sarcoptiden zu suchen ist. Diese An- schauung wird nicht unwesentlich unterstützt durch die Beobachtung eines ächten Tyroglyphus, welcher so ent- schieden den Dermaleichiden-Typus verräth, dass er eine Art Bindeglied zwischen den beiden Milbengruppen ab- geben kann. Die Charakterzüge der Gattung Tyroglyphus sind fol- gende : Tracheenlose Milben mit deutlicher Segmentallinie zwischen Thorax und Abdomen. Mandibeln scheerenför- mig. Taster zweigliedrig. Ein Paar Excretionsdrüsen an / 1) Einen kurzen Auszug dieses Aufsatzes veröffentlichte ich in dem Zool. Anz. N. 98, 1881. 184 P. Kramer: den Seiten des Abdomen. Mit langer glatter Borste an dem vorletzten Gliede der drei ersten Fusspaare. Die Glieder der Ftisse dick. Das Endglied nicht verlängert und an der Spitze nicht stark verdünnt. > Jeder Fuss mit einer starken Kralle. Beim Männchen zwei Haftnäpfe neben dem After. Freilebend. Diesen Kennzeichen begegnet man auch bei der vor- liegenden Art Tyr. carpio nov. sp., so dass eine genaue Beschreibung der allgemeinen Gestalt nicht nöthig ist. Das Weibchen (Fig. 5) so v\^ie das Männchen (Fig. 6 und 7) besitzen eine sehr charakteristische Behaarung. Dieselbe besteht aus wenigen langen Borstenpaaren, von denen zwei auf dem Thorax sich befinden. Die Rücken- flache zeigt je eine lange abstehende Borste in der Schulter- gegend. Im letzten Drittel des Seitenrandes ragen zwei ziemlich stark gekrümmte lange Borsten hervor und bieten mit dem am Hinterrand schon etwas auf der Unterfläche der Körpers entspringenden Borstenpaar das zum schnellen Erkennen der Art hinreichende Bild. Auf der Rücken- fläche befindet sich und zwar in der hinteren Hälfte noch ein Paar ebenfalls ansehnlicher Borsten. Beim Weibchen stehen auf der Hinterleibsunterseite nahe dem hinteren Ende der Afteröffnung noch zwei Borsten. Diese fehlen beim Männchen. Die Körperfarbe ist wie bei allen Tyro- glyphen weisslich, das Capitulum und die Füsse haben einen schwach violetten Schimmer. Die glatte Haut ist durchscheinend. Die Geschlechtsöffnung der erwachsenen Weibchen liegt zwischen den Epimeren der beiden hinteren Fuss- paare und ist von den vier kleinen Haftnäpfen begleitet, welche man stets beobachtet. Die Afteröffnung ist ganz ans Ende des Hinterleibes gerückt, zieht sich allerdings, da sie lang ist, eine ganze Strecke nach vorn. Es unterscheidet sich das Weibchen von T, carpio in Nichts von dem Charakter eines Tyroglyphusweibchens. Es ist allein die Behaarung, welche hier in einer für die Art charakteristischen Form auftritt. Um so merkwürdiger sind die Besonderheiten des erwachsenen Männchens. Das Hinterleibsende desselben Ueber Tyroglyphus carpio, eine neue Art d. Gatt. Tyrogl. Latr. 185 ist nicht abgerundet, wie bei den typischen Tyroglyphen. Vielmehr besitzt das Thier einen breiten als dünne Platte weit nach hinten hervorragenden Schwanzanhang. Von der Seite her betrachtet zeigt er sich als ein leicht nach unten gekrümmter dachförmiger Vorsprung. Unter ihm ragen die Haftnäpfe nach hinten etwas über den Umriss des Abdomens hervor (Fig. 9). Dieser Schwanzanhang muss unser grösstes Interesse in Anspruch nehmen. Er besteht aus einer vierfach zertheilten Platte, welche an ihrer Basis undurchsichtig und lebhaft kaffeebraun gefärbt, an ihrem gelappten Rande dagegen völlig durchsichtig ist. Die vier Lappen, in welche der Rand durch tiefe Ein- schnitte zerfällt, sind an ihrem Grunde, wie es scheint, durch vier ebenfalls abgerundete nur bedeutend kürzere Lappen, die auf ihnen liegen, verstärkt, so dass sich ein Bild ergiebt, wie es Fig. 8 zeigt. Durch diesen ansehn- lichen und merkwürdigen Fortsatz des Hinterleibes werden wir auf das lebhafteste an die Hinterleibsanhänge bei den männlichen Dermaleichiden erinnert, und es bekommt so dies Tyroglyphus-WsLnuchQu einen ausgesprochenen Derma- leichus-Charakter. Es ist somit das, w^as oben angedeutet wurde, wohl nicht unbegründet, dass mit unserer Milbe ein Bindeglied zwischen den Tyroglyphus- und Dermaleichus- artigen Milben vorliegt, durch welches die bisher doch immer noch bedeutende Kluft zwischen beiden nicht un- erheblich zusammenschrumpft, so dass die Berechtigung grösser wird, beide Milbengruppen wirklich unter einem ^ gemeinsamen Gesichtspunkt zu betrachten. Die Geschlechtsöffnung des Männchens liegt etwas hinter den Epimeren des vierten Fusspaares und hat durch- aus den typischen Charakter solcher Oeffnung. Etwas verschieden von dem gewöhnlichen Bau der Haftnäpfe sind dagegen diejenigen, welche den After un- serer Art begleiten. Es ist nämlich kein vollständig ab- geschlossener Cylinder, in welchem der eigentliche Haft- apparat sich bewegt, sondern auf der dem Hinterleibe zu- gewendeten Seite ist der Cylindermantel wie aufgeschlitzt, auch ist hier die Röhrenwandung niedriger, so dass der ganze Haftnapf einen hufartigen Charakter bekommt. Die 186 P. Kram er: Ueber Tyroglyphus carpio etc. Afteröffnimg rührt mit ihrem vorderen Ende an das Gertist der Geschlechtsöffnung. Die Ftisse sind bei beiden Geschlechtern kurz und verhältnissmässig dick und tragen alle für die Gattung Tyroglyplms charakteristischen Merkmale, so namentlich die keulenförmigen Haare am oberen Ende des letzten Fussgliedes der beiden ersten Fusspaare. Beim Männchen ist das vierte Fusspaar ohne jene lange Borste am Ende des vorletzten Gliedes. An dessen Stelle befindet sich ein stumpfer dicker Zapfen. Die Bewegungen sind lang- sam und schwerfällig. Ausser den erwachsenen Thieren sind sämmtliche Larven zur Beobachtung gelangt und sind die Maasse der einzelnen Entwicklungsstufen folgende: Männchen Länge 0,45 mm Breite 0,20 mm. Weibchen „ 0,52 „ „ 0,25 „ 2. achtfüssige Larve Länge 0,35 mm 1. achtfüssige „ „ 0,21 „ sechsfüssige „ „ 0,16 „ Ei „ 0,15 „ Die Larven aller Stadien tragen sämmtliche Borsten wie die erwachsenen genau in derselben Anordnung auf Kücken und Seite, so dass der hauptsächlichste Unter- schied in den Geschlechtswerkzeugen und ihrer Ausbildung zu suchen ist. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XIII. Fig. 5—10. Fig. 5. Weibchen von Tyroglyphus carpio von oben. Fig. 6. Männchen von demselben von oben. Fig. 7. „ „ „ „ unten. Fig. 8. Der Schwanzanhang stärker vergrössert. Fig. 9. Das Männchen im Umriss von der Seite. Fig. 10. Die beiden Englieder des vierten Fusses. Halle im October 1881. Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten aus den Familien Tabanidae, Leptidae, Asilidae, Empidae, Dolicliopidae und Syrphidae. Von Beling, Forstmeister in Seesen am Harz. Mit Bezugnahme auf meinen im 1. Bande des 41. Jahr- ganges des Archivs für Naturgeschichte S. 31 bis 57 ab- gedruckten Beitrag zur Metamorphose der zweiflügeligen Insecten lasse ich die seitdem von mir gemachten bio- logischen Beobachtungen in Betreff einer Anzahl von Dip- teren aus den in der Ueberschrift genannten Familien in Nachstehendem folgen. 1. Sargus cuprarius L. Larve: bis 10 mm lang, 3,5 mm breit, platt, ellip- tisch, nach vorn hin etwas erweitert, hornig, schwärzlich braun, dicht gekörnelt. Der schmutzig bräunliche, im vorderen Theile hellere Kopf schmal, bis zu den Augen gleich breit, von da ab bis zur Spitze stumpf dreieckig, mit einzelnen steifen, steil abstehenden Haaren besetzt. Ein jedes der zwölf Leibesglieder, mit Ausschluss des letzten, mit einer Querreihe kurzer steifer, steil abstehen- der, bräunlicher Haare, welche auf den hinteren Gliedern in der Nähe des Hinterrandes stehen. Dem Kücken ent- lang zwei breite hellere Längenbänder und in gleicher Weise heller gefärbt als der übrige Körper auch die scharf zusammengedrückten Seitenkanten. Die beiden ohne scharfe 188 Beling: Grenzen mit einander verschmolzenen ersten Leibesglieder heller als die übrigen. Bauchseite gleich der Oberseite mit zwei helleren parallelen Längsbändern. Das dritte bis elfte Leibesglied an der Oberseite wie an der Bauch- seite mit breiter seichter Querfurche. Das an seinem Ende gerundete Afterglied an der Oberseite mit einem flachen grubigen Eindrucke oder auch mit unregelraässigen, ganz seichten breiten Längsfurchen, hinter der Mitte jederseits mit einem langen, steifen, nach vorn gerichteten Haar auf kleiner punktförmiger Erhöhung. Puppe in der Larvenhaut verborgen, nicht vortretend und deshalb von der Larve in nichts unterschieden. Die Larven fand ich in grösserer Anzahl zusammen- lebend im Felde unter verwesendem Unkraut, welches im Jahre zuvor in kleinen Haufen zusammengetragen war, von der in Zersetzung begriffenen Pflanzensubstanz sich ernährend. Aus den mitgenommenen Larven züchtete ich von Anfang Juni bis zum 25. Juli, an welchem Tage die letzten auskamen, 87 imagines, die relativ meisten zu Ende des Monats Juni. Bemerkenswerth war hierbei das so sehr ungleichzeitige Ausschlüpfen der imagines. 2. Chrysomyia polita L. Larve: bis 6 mm lang, 2 mm breit, hornig, assei- förmig, platt, lang oval, nach vorn hin etw^as breiter, fein gekörnelt, schmutzig schwärzlich braun, zwölfgliederig. Bauch- und Rückenseite mit je zwei nicht scharf markirten, breiten, verwaschenen, parallelen, hellen Längsbändern und auch die scharfen Seitenkanten heller. Der schmale, platte, schnabelförmig vorgestreckte Kopf in die ersten Leibes- glieder nicht einziehbar, am Anfang des hinteren Drittheils zu jeder Seite mit einer verhältnissmässig grossen, schwärz- lichen, beulenförmigen, das Auge vorstellenden Erhöhung und mit steifen Borsten besetzt. Die ersten beiden Ringe des zwölfgliederigen Leibes ohne scharfe Grenzen in ein- ander übergehend. Ein jedes der ersten elf Leibesglieder mit einem Kranze steifer, heller, nach hinten gerichteter, verhältnissmässig langer Borstenhaare umgeben. After- Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 189 glied am Hinterende gerundet, mit seichten, grubigen und längsfurchigen, unregelmässigen Eindrücken und mit steifen, hellen, seitwärts oder abwärts gespreizten Haaren besetzt, in der Mitte des Hinterendes sehr seicht ausgerandet. Hinterstigmen am Leibesende nahe bei einander in einer Horizontalspalte stehend. — Die Larve ist derjenigen von Sargus cuprarius sehr ähnlich, unterscheidet sich von der- selben indessen, abgesehen von einer merklich geringeren Grösse, durch längere, dunklere und reichlichere Be- haarung. Puppe: in der Larvenhaut verborgen, ganz ebenso wie diejenige von Sargus cuprarius. Die Larven fand ich zu gleicher Zeit und an gleichen Orten mit den Larven der vorgedachten Dipterenart. Vom 14. Mai bis 15. Juni züchtete ich aus den mitgenommenen Larven 58 imagines, welche sich hinsichtlich des ungleich- zeitigen Ausschlüpfens ganz ebenso verhielten wie die imagines von Sargus cuprarius. 3. Chrysops relictus Meig. Puppe: 12 mm lang, 3 mm dick, schmutzig bräunlich gelb. Kopf glänzend, vorn stark gebräunt; unterer Stirn- rand mit vier breiten, gerundeten, in einer Querreihe ste- henden Zähnchen, oberhalb dieser Zähnchen zwei kleine in Querreihe stehende Höcker mit je zwei braunen, steifen, massig langen Haaren; weiter nach hinten hin zwei ähn- liche aber durch grösseren Zwischenraum getrennte, mit nur einem solchen Haar besetzte Höcker. An der Ober- seite auf der Grenze zwischen Kopf und Mittelleib zwei gebräunte, ohrförmige, nach hinten hin divergirende Län- genleisten. Fühlerscheiden seitwärts am Kopfe anliegend, kurz, spitz auslaufend, wenig markirt. Hinterleib neun- gliederig, braun mit schwärzlichen Gliedereinschnitten, weniger glänzend als Kopf und Fuss- und Flügelscheiden. Erstes Hinterleibsglied sehr kurz, in der Mitte des Vorder- saumes tief ausgebuchtet; drittes bis einschliesslich achtes Hinterleibsglied am Rücken in der Nähe des Hintersaumes mit einer Querreihe enggesteller, ungleich langer, nach 190 Beling: hinterwärts gerichteter, heller Borstenzähne, welche auf den hinteren Gliedern allmählich etwas länger werden und sich auch über die Bauchseite der Glieder hin erstrecken. After- glied in sechs klauenförmig gespreizt stehende Dornen- zähne endend, von denen die beiden obersten etwas kleiner als die übrigen vier sind und etwas weiter nach vorn hin stehen. Fuss- und Flügelscheiden gleich lang, bis Anfang des dritten Hinterleibsgliedes reichend. Aus drei Puppen, die ich am 16. Juli 1876 im Ufer- sand eines kleinen Wiesenbaches fand, gingen am 24. und am 25. desselben Monats je eine imago hervor. Die dritte Puppe kam nicht zu weiterer Entwickelung. 4. Chrysopila laeta Zellerst. Larve: sehr contractu, wenn ganz ausgestreckt stark spindelig nach vorn hin verdünnt, 16 mm lang, am After- ende 2 mm dick, stielrund, schmutzig weiss, glatt, glän- zend, zarthäutig, 12 gliederig. Kopf resp. Kieferncapsel klein, braun; die oberen Kieferncapselgräten als eine grosse, in der Mitte etwas erweiterte, ovale, braune, hinten geschwärzte Platte durchscheinend. Die Leibesglieder bis zum elften einschliesslich an Länge allmählich etwas zu- nehmend; die Bauchseite des fünften bis einschliesslich elften Gliedes am Hinterende der Glieder mit kurzen breiten Kriechschwielen. Die seitwärts am Hinterende des zweiten Leibesgliedes befindlichen Vorderstigmen klein, punktförmig, gelbbraun, die von denselben nach den Hin- terstigmen ziehenden Tracheen am Rücken der Larve stark durchscheinend. Afterglied kaum so lang als das vorher- gehende oder elfte Leibesglied, ein wenig verdickt, stark aber flach läugsgereift, mit stark vortretendem After, am Ende mit vier breiten stumpflichen Hautzähnen oder Zapfen, von denen die beiden oberen die zwei gelbbraunen, ver- hältnissmässig grossen, um den vierfachen Durchmesser des einen von einander entfernten Stigmen mit breitem dunklei'en Rande und hellerem Kern nahe unter sich, die beiden unteren aber an jeder Oberseite einen grossen zahn- förmigen Ansatz oder Anhang haben, so dass die gedachten Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 191 beiden Hantzapfen gewissermassen zweitheilig sind und das Stigmenfeld von sechs Hautzähnen umgeben erscheint, von denen zwei an der Oberseite, zwei an der Unterseite und zwei an den beiden Afterglied-Verticalseiten mitten inne zu stehen scheinen. Puppe: 12 mm lang, 2,5 mm am Thorax dick, stiel- rund, nach hinten hin etwas verdünnt; einfarbig oder gleich- massig rothbraun, hartschalig; Hinterleib neungliederig, erstes Glied sehr kurz, die folgenden bis einschliesslich zum achten allmählich an Länge etwas zunehmend, drittes bis einschliesslich achtes Glied zunächst des Hinterrandes mit einem Kranze ungleich langer und ungleich breiter, dünner Hautzähne umgeben, welche im Allgemeinen an der Oberseite kräftiger als an der Unterseite sind. After- glied kurz, am abgestutzten Hinterende in sechs auswärts gespreizte, starke Dornenzähne endend. Flügelscheiden bis Ende des zweiten Hinterleibsgliedes reichend und Fuss- scheiden wenig darüber hinaus ragend. Eine Larve wurde am 22. Mai 1876 in schmierig nasser Modererde eines dicken Buchenstockes im Laub- holzwalde gefunden. Dieselbe war am 11. Juni eine ein bis höchstens zwei Tage alte Puppe und diese lieferte am 23. Juni eine imago fem. Aus einer anderen am 27. März desselben Jahres in einem faulen Ahornstocke in einem Buchenbestande aufgefundenen Larve ging am 14. Juni eine imago, gleichfalls fem. hervor. 5. Chrysopila nigrita Fabr. Larve: bis 12 mm lang, 1,7 mm dick, spindelförmig, nach vorn hin verdünnt, stielrund, gelb, mit schwarzbraun durchscheinendem Darminhalte, sehr agil und in dieser Beziehung einer Leptis-Larve sehr ähnlich, zwölfgliederig, die Bauchseite des fünften bis einschliesslich elften Gliedes mit seichten Kriechschwielen. Das etwas verdickte After- glied am Hinterende mit vier breitbasigen, verhältniss- mässig grossen, in einem regelmässigen Viereck oder Qua- drat stehenden Hautzähnen, von denen die beiden oberen wenig kleiner als die beiden unteren sind. Zwischen dem 192 Beling: oberen und unteren Hautzaline jederseits ein ganz kleines spitzes Hautzälmchen. Unterhalb der beiden oberen Haut- zähne zwei verliältnissmässig grosse ovale, mit ihrem Län- gendurchmesser horizontal stehende, dunkel gelbbraune, um den zwei- bis dreifachen Längendurchmesser des einen von einander entfernte Hinterstigmen, welche einen hellen Mittelpunkt und einen breiten dunkelen Rand haben. Kie- ferncapsel klein, gelbbraun, djas obere Grätenpaar hinter derselben als ein ovales, breites, schwarzbraunes, in der Mitte etwas helleres, am Ende tief ausgebuchtetes Band durchscheinend. Puppe: 9,5 mm lang, 1,9 mm gleich hinter dem wenig erweiterten Thorax dick, stielrund, braun, der Puppe der Chrysopila atrata sehr ähnlich. Das erste und zweite Glied des neunringeligen Hinterleibes sehr kurz, drittes bis einschliesslich achtes Hinterleibsglied im vorderen Theile etwa bei ein Drittheil der Länge mit einer gerundet kielförmigen Erhabenheit, am Hinterrande ringsum mit einem Kranze dichtstehender, nach hinten gerichteter, in der oberen Hälfte haarförmig dünn zweitheiliger und daselbst hakenförmig umgebogener Dornenzähne. After- glied kurz, hinten gerade abgestutzt und daselbst am Un- terrande mit zwei dickbasigen, spitzen, plumpen Dornen- zähnen, ausserdem aber mit einer Anzahl weit kleinerer, dünner, ungleich grosser, mit der zweitheiligen haarför- migen Spitze nach hinten gebogener Zähnchen. Die Seiten- stigmen der Hinterleibsglieder markirt zapfenförmig vor- ragend. Die kurzen Flügel- und Fussscheiden nur bis Ende des zweiten Hinterliebsgliedes reichend. Eine Larve fand ich am 25. Mai 1879 in feuchter Erde am Ufer eines Wiesenbaches, welche zusammen mit einer Anzahl Lucilia-Larven und Puppen in Erde von der Fundstelle zu Haus getragen wurde und unter den ge- dachten Larven und Puppen bald stark aufräumte. Am 1. Juli erschien in dem Züchtungsbehälter eine imago fem., ohne dass die Dauer der Puppenrahe näher beobachtet worden. Eine andere im Jahre zuvor am 22. April an derselben Stelle aufgefundene, mitgenommene und in Erde Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Iiisecten etc. 193 von der Fundstelle unterhaltene kam nicht zu weiterer Entwickelung. 6. Ghrysopila nuhecula Fall. Aus einer am 3. Mai in einem morschen Buchenstocke im Laubholzwalde aufgefundenen gelblichen, im Uebrigen derjenigen von Ghrysopila laeta ganz ähnlichen Larve wurde am 13. Juni eine Chr. nuhecula gezüchtet. 7. Symphoromyia crassicornis Panz. Larve: 12 mm lang, 1,6 mm dick, stielrund, nach vorn hin etwas spindelig und jenseits der Mitte auch nach hinten hin etwas verdünnt, schmutzig weiss, zwölfgliederig. Kieferncapsel klein, braun; das obere Kieferncapsel- oder Kopfgräten - Paar breit, schwärzlich -braun, in der Mitte etwas bogig aus einander tretend und daselbst blasser als am Vorder- und am Hinterende gefärbt, nach hinten hin etwas verbreitert; der ovale Raum innerhalb der beiden Kieferncapselgräten bräunlichgelb durchscheinend, wodurch eine ähnliche Nackenfigur entsteht wie bei der Larve von Ghrysopila atrata. Die Leibesglieder von den vorderen bis zum elften einschliesslich an Länge allmählich etwas zunehmend. Afterglied etwa zwei Drittheile so lang wie das nächst vorhergehende oder elfte Glied, mit zwölf ziem- lich tiefen Längsriefen, in der Mitte etwas verdickt, am Hinterende zweilippig, indem der Ober- und der Unterrand zu einer gerundeten Lippe erweitert sind. Beide Lippen stehen klaffend oder weit geöffnet aus einander; die obere Lippe an ihrer Rundung mit 4 kleinen schmalen Zähnchen, von denen die beiden mittleren, etwas genähert stehenden, ein wenig stärker als die beiden äusseren sind. Die un- tere Lippe mit vier ganz seichten Ausbuchtungen und da- her schwach gezähnt erscheinend. Beide Lippen an der einander zugekehrten Innenseite intensiv braungelb gefärbt, wodurch die Larve ein sehr charakteristisches Aussehen erhält. Auf der Grenze zwischen Ober- und Unterlippe ist die braungelbe Färbung durch ein schmales weisses Archiv für Naturg., XXXXVIÜ. Jahrg. 1. Bd. 13 194 Beling: Horizontalband unterbrochen. An der Basis der Innenseite der Oberlippe zwei grosse kreisrunde, braune, um etwa den anderthalbfachen Durchmesser des einen von einander entfernte Hinterstigmen. Puppe: 10 mm lang, 2 mm am Thorax dick, stiel- rund, nach hinten hin wenig kegelig verdünnt, derbhäutig oder hartschalig, gelbbraun, einer Chrysopila-Puppe sehr ähnlich. Kopf vorn- gerundet, mit vier in einem Viereck stehenden kleinen seichten Höckern, von denen die oberen beiden je ein kurzes steifes Haar tragen. Hinterleib neun- gliederig, erstes Hinterleibsglied ganz kurz, die folgenden unter sich von ziemlich gleicher Länge, jedes vom vierten bis einschliesslich achten in der Nähe des Hinterrandes mit einem Kranze dicht gestellter, schmaler, steifer, haar- förmiger, ungleich langer Dornenzähne umgeben, welche an den vorderen Gliedern kurz sind, an den hinteren Gliedern allmählich länger werden. Am Rücken des zweiten und dritten Hinterleibsgliedes eine Querreihe ähnlicher, aber ganz kurzer Doruenzähnchen in der Nähe des Hinter- randes. Afterglied etwas kürzer als das vorhergehende Glied, am Ende der Oberseite mit einer in der Mitte durch einen Zwischenraum unterbrochenen Querreihe von Dornenzäh- nen, am Ende der Unterseite mit zwei dicken, langen, seit- wärts gespreizten und an ihren Spitzen etwas geschwärzten, resp. stark gebräunten, kegelförmigen Dornen. Die Dornen- zähne, insbesondere die der letzten Hinterleibsglieder sind öfter zweispitzig oder an ihren Spitzen gespalten. Fühler- scheiden seitwärts am Kopfe über den Augen liegend; Flügel- und Fussscheiden gleich lang, bis zur Mitte des dritten Hinterleibsgliedes reichend. Eine Larve wurde am 12. Mai 1880 in der oberen Erdschicht eines beraseten Fahrweges im Saume eines Buchenwaldes gefunden. Dieselbe war am 22. desselben Monats Puppe, aus der am 4. Juni die imago hervorging. Vier an derselben Stelle bis zum 5. Juni noch gefundene kleinere Larven gelangten nicht zu weiterer Entwickelung. Am 10. Juni des folgenden Jahres fand ich an derselben Waldesstelle wiederum drei erwachsene Larven, mit denen indessen keine Züchtungsversuche angestellt wurden. Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 195 8. Leptogaster cylindricus Degeer. Meine frühere, nach dem bis dahin nur aufgefundenen einzigen Exemplare entworfene Beschreibung der Larve (Seite 41 des 1. Bandes, 41. Jahrganges dieser Zeitschrift) habe ich jetzt, nachdem ich die Larven vielfach auf Fel- dern in lehmiger, bindiger Ackererde und auch unter Hecken in der Nähe grösserer Ackerflächen in humoser Erde auffand und aus denselben imagines züchtete, folgen- dergestalt zu ergänzen, resp. zu berichtigen: Larve: bis 12 mm lang und bis 2 mm dick; das letzte der zvrölf Leibesglieder in zwei Abtheilungen ge- sondert, eine kurze vordere und eine meist längere, zu- weilen aber auch gleich lange kegelförmige hintere, welche letztere zuweilen mit einer kuppeiförmigen, mit einzelnen kurzen braunen Haaren besetzten Spitze endet. An der Unterseite des sechsten bis einschliesslich elften Leibes- gliedes je eine Querreihe seichter Kriechschwielen. Vorder- stigmen am Ende des mit dem ersten ohne scharfe Be- grenzung verschmolzenen zweiten Leibesgliedes klein, bräun- lichgelb, blass und wie die ganz gleich gestalteten und gleich gefärbten seitwärts am Aftergliede und vor dessen Mitte am Ende der vorderen Abtheilung stehenden Hinter- stigmen schwer auffindbar. Eine Stigmenspalte, welche ich der Larve früher beilegte, ist nicht vorhanden. Aus Larven, welche ich im Frühjahr 1876 in ein mit Erde gefülltes Glas setzte, gingen bis zum 21. Mai drei Puppen hervor, aber erst am 5. und 6. Juli, also nach etwa sieben Wochen, erschienen die imagines. Während der ganzen Puppenruhezeit war die Temperatur ausser- gewöhnlich kühl gewesen. 9. Dioctria oelandica L. Larve: bis 14 mm lang, 2 mm dick, walzig rund, rein weiss, parcellenartig, stellenweise wasserklar, mit breit durchscheinendem dunkelen Darminhalte, der Länge nach fein nadelrissig, zwölfgliederig, scharf gegliedert; erstes Glied kurz, mit dem zweiten ohne scharfe Grenzen ver- 196 Beling: schmolzen, Vordersaum des zweiten Gliedes maschenförmig höckerig gekörnelt. Die Leibesglieder bis einschliesslich zum vorletzten an Länge allmählich etwas zunehmend. Afterglied etwas kürzer als das vorletzte Glied, aus zwei Abtheilungen bestehend, oder mit einem Zwischenringe, wie die vorgedachte Leptogaster-Larve, hinten stumpflich gespitzt und an der stumpfen Spitze mit verhältnissmässig langen zapfenförmigen Hauterweiterungen und steifen brau- nen Haaren besetzt. Am Rücken des Aftergliedes jeder- seits etwas vor der Mitte beziehungsweise am Ende des Zwischenringes, ein ganz kleines, gelbbraunes, punktför- miges, schwer auffindbares Stigma. Vorderstigmen an jeder Seite des zweiten Gliedes hinter der Mitte sehr klein, punktförmig, bräunlich gelb, den Hinterstigmen sehr glei- chend. An der Unterseite des zweiten, dritten und vierten Gliedes etwa in der Mitte je zwei nicht eben lange, braune steife Haare. Kieferncapsel klein, in die ersten Glieder tief einziehbar, braun, mit steifen Haaren besetzt. Kiefern- capselschild löfPelartig gewölbt, die Gräten nach hinten hin als ein breites, weiterhin in zwei Theile gabelförmig gespaltenes, heller werdendes Band durchscheinend. Puppe: bis 11 mm lang, 3 mm am Thorax dick, rundlich, mit ziemlich markirten Seitenrändern, nach hinten hin kegelig verdünnt, schmutzig weiss, an den Scheiden bräunlich und später schwärzlich. Stirn mit zwei abwärts gebogenen, weit von einander entfernten, kastanienbraunen, glänzenden, langen, spitzen, dornenartigen Zähnen. Seit- wärts am Kopfe unterhalb eines jeden Auges ein kamm- förmiger, nach unten gerichteter Ansatz mit drei kräftigen, braunen Dornenzähnen. Hinterleib neungliederig, am Rücken des zweiten bis einschliesslich achten Gliedes eine Quer- reihe von 10 bis 13 alternirend kleinen spitzen, resp. langen braunen, mit den Enden gemshornartig nach hinten ge- krümmten Dornenzähnen. Die kleineren Zähne stehen in der Regel etwas vor und bilden daher mit den alterniren- den langen Zähnen keine egalen Querreihen. An den hin- teren Leibesgliedern sind die über die anderen wegragen- den Langzähne minder kräftig, aber etwas länger und etwas blasser als an den vorderen Hinterleibsgliedern. Im Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 197 üebrigen stehen diese Zahnreihen auf den vorderen Hinter- leibsgliedern an deren Anfange, weiterhin auf der Mitte und an den vorletzten drei Gliedern ganz nahe am Hinter- rande. Unterseite der Hinterleibsglieder mit je einer Quer- reihe feiner, langer, blasser Haare, welche Reihe über den etwas zusammengedrückten Seitenrand hin jederseits noch etwas auf den Rücken übergreift, meist aber hinter die Rücken-Dornzahnreihe etwas zurück tritt. Letztes Leibes- glied am dünnsten, stumpflich endend, an der Oberseite in der Mitte mit zwei weit von einander entfernten braunen, langen, mit der Spitze nach rückwärts gebogenen Dornen- zähnen, einigen ganz kleinen höckerartigen Zähnen und an der Endkaute mit zwei ähnlichen, etwas längeren, kräf- tigen, schwärzlichen, an der Spitze hellen Zähnen, ausser- dem an jeder Seite mit einer Querreihe langer, blasser, nach hinterwärts gerichteter Haare. Flügelscheiden bis nahe zum Ende des dritten, Fussscheiden bis etwas über den Beginn des vierten Hinterleibsgliedes hinaus reichend. Die Larven fand ich in humoser Erde im Laubholz- walde, auch unter Feldhecken und einmal auf einem Feld- wege in einem frischen Maulwurfshügel. Die imagines erscheinen zu Ende Mai und im Juni nach zwei- bis vierwöchiger Puppenruhe. In dem am genauesten beob- achteten Falle dauerte die Puppenruhe vom 11. Mai bis 10. Juni. 10. Dioctria flavipes Meig. Larve: bis 12 mm lang, 2 mm dick, stielrund, sehr flach fein und deshalb unscheinbar längs-nadelrissig, weiss, parcellenartig, stellenweis wasserhell, mit intensiv schwarz durchscheinendem Darminhalte, zwölfgliederig, scharf ge- gliedert. Kopf resp. Kieferncapsel klein, braun, am Hin- terende mit einigen steifen langen braunen Haaren besetzt; die oberen Kieferncapselgräten als ein verhältnissmässig breites, nach hinten hin gabelig zweitheiliges, schwärz- liches Band durch die vorderen Leibesglieder scheinend. Erstes Leibesgiied maschenförmig chagrinirt, mit dem zweiten ohne scharfe Grenzen verschmolzen. Die Thorax- 198 Beling: glieder etwas dicker als die Hinterleibsglieder und letztere bis zum Aftergliede an Länge allmählich etwas zuneh- mend. Afterglied stumpflich kegelig, mit einem Zwischen- ringe, jenseits der Mitte mit vier braunen, steifen, weit- läufig gestellten Haaren in Querreihe an der Oberseite, in ein kastanienbraunes meist aufwärts gebogenes Spitzchen endend und vor diesem Spitzchen mit erhabenen bräunlichen Warzen und einzelnen langen, dünnen, steifen, bräunlichen Haaren besetzt. An jeder Seite des zweiten, dritten und vierten Leibesgliedes je ein braunes abstehendes Haar. Stigmen wie bei der Larve von Dioctria oelandica, weicher diese Larve sehr ähnlich ist, von welcher sie sich aber, abgesehen von etwas geringerer Grösse, durch die braune Stachelspitze am Ende des Aftergliedes sicher unterscheidet. Puppe: 9 mm lang, 2,3 mm dick; bräunlich gelb, rundlich, mit markirten Seitenrändern, nach hinten hin etwas kegelig verdünnt. Kopf und Mittelleib ganz wie bei der Puppe von Dioctr. oelandica. Hinterleib neun- gliederig, am Kücken des zweiten bis einschliesslich sie- benten Hinterleibsgliedes je eine Querreihe von sieben kurzen und sechs langen, alternirenden, braunen, langen, flachen, mit der Spitze hakenförmig nach unten gekrümm- ten Borstenzähnen. In diesen Reihen stehen die kurzen Zähne etwas vor den langen, bilden also mit letzteren keine regelmässigen oder egalen Reihen, werden an den hinteren Gliedern immer kleiner und fehlen am achten und neunten Gliede ganz. Achtes Hinterleibsglied an der Oberseite mit vier gleich langen Borstenzähnen in Quer- reihe. Afterglied an der Oberseite in der Mitte mit zwei weit von einander entfernt stehenden braunen, langen, mit der Spitze abwärts gekrümmten Borstenzähnen, in zwei kräftige, braune, aufwärts gebogene Dornenzähne endend und an jeder Ecke der horizontalen Endkante nahe unter jedem der vorgedachten beiden Dornenzähne mit einem dünnen, spitzen, unscheinbaren Zähnchen. Flügelscheiden bis Ende des zweiten, Fussscheiden bis Ende des dritten Hinterleibsgliedes reichend. Aus einer am 30. März in humoser Erde unter einer Wiesenhecke gefundenen Larve ging am 6. Juni eine imago Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 199 mas hervor und eine daselbst am 11. Juni aufgefundene Puppe lieferte drei Tage später, am 14. Juni, eine imago mas. 11. Dioctria linearis Fabr. Larven und Puppen sind denen der Dioctria flavipes in Form und Färbung völlig gleich und ich habe bislang keine greifbaren Unterschiede aufzufinden vermocht. Die Larven fand ich in humoser Erde unter Wiesenhecken, auch in lichten Waldesrändern in der Nähe von Wiesen. Aus zwei an solchen Stellen aufgefundenen und in hu- moser Erde einige Wochen unterhaltenen Larven gingen am 11. Mai Puppen und am 7. resp. 8. Juni, also nach etwa vierwöchiger Ruhe, die imagines hervor. 12. Laphria gilva L. Larve: bis 25 mm lang, am dritten. Leibesringe oder dem Metathoraxgliede 4 mm dick, von da ab nach vorn hin verschmälert, die Hinterleibsglieder gleich breit, rund- lich, scharf gesondert und sehr deutlich unterscheidbar. Alle zwölf Leibesglieder rein weiss. Kieferncapsel ver- hältnissmässig ziemlich gross, kastanienbraun, stark glän- zend, an den Seiten gerundet und daselbst mit einigen braunen, steifen Haaren besetzt, doppelt so breit als lang, an der Vorderseite tief ausgebuchtet, von der Mitte ab nach hinten hin stark verschmälert, am Hinterende ziem- lich grade abgeschnitten, unterwärts mit mehreren steifen, steil abstehenden braunen Haaren besetzt. Oberkiefer schwarzbraun, stark, vierzähnig, die beiden mittleren Zähne lang und breit, nahe beisammen stehend, parallel, vorne gerundet, wenig abwärts gebogen; zu jeder Seite neben diesen beiden Zähnen ein ähnlicher, aber erheblich kür- zerer, mit der Spitze etwas seitwärts gerichteter Zahn und an der Aussenseite dieses Zahnes eine kurze, breite zapfen- artige Erhöhung, welche den kurzen, aus zwei cylindrischen dünnen Gliedern bestehenden Fühler trägt. Die ersten beiden Leibesglieder oder Pro- und Mesothorax ohne deut- 200 Beling: liehe Trennung in einander übergehend. Das Protborax- segment ganz kurz, fein maschenförmig gerieft, das zweite und die übrigen Segmente bis zum elften einschliesslich der Länge nach fein nadelrissig. Am Hinterende des zweiten Leibesgliedes etwas unterhalb der Grenze zwischen Ober- und Unterseite je ein kleines kreisrundes, gelb- braunes, deutlich bemerkbares Vorderstigma. An der Bauch- seite des fünften bis einschliesslich zehnten Leibesgliedes je sechs warzenförmige Kriechschwielen, die zusammen- genommen sechs Längenreihen fussstummelartiger Erhaben- heiten an der Bauchseite der Larve bilden. Afterglied nach hinten hin etwas verdünnt, am Ende kuppeiförmig gerun- det, unregelmässig dicht und fein runzelig, in zwei Ab- theilungen zerfallend ; am Ende der ersten Abtheilung oder des Zwischenringes oberhalb der Grenze zwischen Bauch- und Rückenseite befinden sich die durch weiten Zwischen- raum getrennten beiden gelbbraunen, kreisrunden Hinter- stigmen, welche merklich grösser als die Vorderstigmen sind. Am Ende des Aftergliedes ein grosser, ovaler, quer stehender, gelbbrauner, stark glänzender Hornfleck, inner- halb welches an der Mitte der ünterkante ein schwarz- brauner, mit der scharfen Spitze nach oben gerichteter Zahn und zu beiden Seiten mehr nach oben hin je ein kurzer, schwarzbrauner, zahnartiger Höcker befindlich ist, unter welchen beiden Höckern zwei lange, steife, braune Wimperhaare stehen. An der Oberseite der hinteren Ab- theilung des Aftergliedes vier kurze, steife, braune, weit von einander entfernt stehende Haare in Querreihe. Puppe: bis 16 mm lang, 3,3 mm am Thorax dick, gerundet, gelbbraun, hornschalig, stark glänzend; Stirn mit zwei schwarzbraunen, starken, spitzen, nach vorn hin etwas divergirenden und mit den Spitzen abwärts gerich- teten Dornenzähnen; unterhalb eines jeden dieser beiden Zähne zur Seite des Kopfes ein vierzähniger, kammför- miger Auswuchs, an dem der obere Zahn gross, lang und weit abstehend ist, während die beiden untersten, nahe beisammen befindlichen Zähne kurz und unter sich von gleicher Grösse sind. Unterseite des Kopfes mit vier kleinen schwarzbraunen Zähnchen in Querreihe, von denen Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 201 die beiden äusseren grösser und spitzer als die beiden inneren, zuweilen doppelspitzigen sind. Hinterleib neun- gliederig, das zweite bis einschliesslich achte Glied an der Oberseite etwa in der Mitte mit einer Querreihe ganz dicht stehender, kurzer, brauner, ungleich langer Dornenzähne, welche an den Seiten des Rückens durch lange, dünne, braune Haare vertreten werden. Bauchseite des vierten bis einschliesslich achten Hinterleibsgliedes in der Nähe des Hinterrandes mit einer Querreihe nahe bei einander stehender, brauer, steifer, feiner Haare, die an den hin- teren Gliedern allmählich an Länge zunehmen. Seiten- ränder des zweiten bis einschliesslich siebenten Leibes- gliedes beulig aufgebauscht, auf jeder in die Länge ge- dehnten Aufbauschung mit zwei langen, schwarzbraunen, nach hinterwärts gerichteten Haaren. Afterglied an der Oberseite mit zwei durch weiten Zwischenraum getrennten, kleinen, schwarzbraunen, zuweilen doppelspitzigen Zähnen in Querreihe, dahinter eingeschnürt, dann kegelig ver- dünnt, am Ende mit vier in einem Viereck stehenden, an ihrer Spitze geschwärzten Zähnen, von denen die beiden oberen erheblich kleiner als die beiden unteren, auch durch weiteren Zwischenraum getrennt sind. Flügelscheiden bis Mitte oder Ende des dritten, Fussscheiden bis Mitte des vierten Hinterleibsgliedes reichend. Die Larven leben unter der Rinde der gemeinen Kiefer Pinus sylvestris L. Ich fand sie nicht selten in noch stehenden Stöcken 25- bis 40jähriger Stämme dieser Holzart, in der Regel im zweiten Sommer, nachdem die Stämme gehauen worden waren. Aus einer am 29. August gefundenen und mitgenommenen Puppe ging schon am 1. September eine imago fem. hervor. Von mehreren ein- gezwingerten und mit in Vermoderung begriffener Kiefer- rinde unterhaltenen Larven verpuppte sich eine am 19. Juni und lieferte am 12. Juli eine imago fem. und eine zweite imago erschien in dem Einzwingerungsglase am 14. Juli aus einer Puppe, deren Ruhedauer nicht hatte beobachtet werden können. 202 Beling: 13. Äsilus atricaplUus Fall. Larve: bis 18 mm lang, 2,5 mm dick, stielrund, rein weiss, glänzend, sehr seicht und unscheinbar längs nadel- rissig, 12 gliederig, die hinteren Glieder allmählich an Länge etwas zunehmend. Kieferncapsel klein, braun, lin- senförmig, mit einzelnen langen braunen Haaren besetzt, in die ersten Leibesglieder weit zurückziehbar ; Oberkiefer hakenförmig abwärts gekrümmt, kastanienbraun, weiter nach hinten hin gelbbraun. Die oberen Kieferncapsel- gräten als ein gelbbraunes in der dunkler gefärbten Mitte etwas erweitertes, hinten gabelig zweitheiliges Längenband hindurchscheinend. Fühler kurz, zapfenförmig. Die ersten drei Leibesglieder an jeder Seite etwas hinter der Mitte mit einem steil abstehenden bräunlichen Wimperhaar. Vor- derstigmen am zweiten Leibesgliede sehr klein, punkt- förmig, unscheinbar. Afterglied mit einem Zwischenringe, oder in zwei Abtheilungen zerfallend, stumpf kegelig, etwas zusammengedrückt, längs gefurcht, mit acht braunen, steil abstehenden Wimperhaaren, von denen zwei oberhalb und zwei unterhalb der stumpf keilförmig zusammengedrückten Endkante befindlich sind und je zwei mehr nach vorn hin sowohl an der Rückenseite wie an der Bauchseite des Gliedes, durch weiten Zwischenraum getrennt, unfern der Seitenkante stehen. An jeder Seite des Rückens der vor- deren kürzeren Abtheilung oder des Zwischenringes des Aftergliedes ein kleines kreisrundes bräunlich gelbes Stigma. Puppe: bis 14mm lang, am Thorax bis 4mm dick, rundlich, nach hinten hin etwas verdünnt, glänzend, licht- braun, hornschalig, wenn frisch an den Scheiden heller, am Hinterleibe und an den Scheidenspitzen dunkler. Stirn mit zwei kastanienbraunen, kräftigen, spitzen, hakig ab- wärts gerichteten Stachelzähnen, unterhalb eines jeden dieser beiden Zähne, beziehungsweise unterhalb der braun durchscheinenden Augen ein kammförmiger Anhang mit drei grossen braunen, an der Spitze dunkleren Zähnen, von denen die beiden hinteren genähert stehen und der hinterste eine breite stumpfe Spitze hat. Mittelleib am Beginne der Fussscheiden jederseits mit zwei, mit der Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 203 scharfen Spitze nach hinterwärts gerichteten, hinter ein- ander stehenden kleinen braunen Zähnchen. Hinterleib neungliederig, erstes Glied sehr kurz, zweites Glied mit zehn langen, breiten, braunen, mit ihrer Spitze rückwärts gekrümmten Zähnen in der Nähe des Vorderrandes des Gliedes auf einer kielförmig erhabenen Kante in Quer- reihe. Die folgenden sechs Hinterleibsglieder an ihrer Rückenseite mit einer Querreihe ähnlicher aber häufig al- ternirend längerer und kürzerer, in der Regel geradspitziger Zähne. Auf den späteren Hinterleibsgliedern nehmen die Zähne an Länge mehr zu und werden borstenförmig, auch heller und die Reihen, in denen sie stehen, nähern sich immer mehr dem Hinterrande des Gliedes. Am Vorder- rande der Seite eines jeden Hinterleibsgliedes vom zweiten bis einschliesslich achten, ein punktförmiges braunes Stigma. Bauchseite der mittleren Hinterleibsglieder mit je einer Querreihe dicht stehender, nach hinterwärts gerichteter, langer, heller, dünner Wimperhaare, welche Querreihe beiderseits noch etwas auf den Rücken übergreift. After- glied erheblich dünner als die übrigen Hinterleibsglieder, jenseits der Mitte eingeschnürt, an der Spitze etwas er- weitert, vierseitig, mit vier an den Ecken stehenden ge- krümmten Dornenzähnen, von denen die beiden oberen dickbasig, klauenförmig und weit kräftiger als die beiden unteren sind. Flügelscheiden bis Ende des vierten, Fuss- scheiden bis Ende des fünften Hinterleibsgliedes reichend. Eine Larve fand ich in der lehmigen Erde eines zur zeitweiligen Weidebenutzung liegen gebliebenen Ackers am 17. Mai. In dem Glase, worin diese Larve in Erde von der Fundstelle unterhalten worden war, fand sich am 20. Juni eine Puppe und daraus ging am 9. Juli eine imago fem. hervor. Die Puppenruhe hatte demnach min- destens 20 Tage oder drei Wochen gedauert. Aus einer anderen in Ackererde aufgefundenen Larve, welche sich gleichfalls bis zum 20. Juni verpuppt hatte, wurde in den Tagen vom IL bis 14. Juli eine imago mas gezüchtet. Eine dritte in einer Kohlenmeilerstätte im Nadelholzwalde am 19. Juni aufgefundene Larve ergab am 10. Juli eine imago mas. 204 Beling: 14. Äsilus cyanurus Loew. Larve: bis 18 mm lang, 2,5 mm dick, stielrund, weiss ins Schmutziggelbliche, glänzend fein und unschein- bar längs nadelrissig, zwölfgliederig, die Glieder nach dem Leibesende hin allmählich an Länge etwas zuneh- mend. Kieferncapsel linsenförmig, klein, gelbbraun mit einzelnen langen, braunen Haaren besetzt, tief in die ersten Leibesglieder zurückziehbar. Oberkiefer hakenförmig ab- wärts gekrümmt, kastanienbraun. Die oberen Kiefern- capselgräten als ein geschwärztes, massig breites im hin- teren Viertheil gabelig stumpf zweizinkig getheiltes Län- genband durch die ersten Leibesglieder scheinend. Die ersten drei Leibesglieder wie bei der Larve von Äsilus atricapiUus und ebenso das stumpfkegelförmige, wenig keilförmig zusammengedrückte Afterglied bezüglich der Form, Behaarung und sonstigen Beschaffenheit. Puppe: bis 14 mm lang und bis 4 mm am Thorax dick, der Puppe von Äsil. atricapiUus sehr ähnlich, gelb- braun ; die beiden kastanienbraunen, starken, spitzen Stirn- zähne wenig abwärts gebogen, die Zähne des kammför- migen Kopfansatzes unterhalb der Augen meist kleiner und spitzer als bei der vorigen Puppe. Die Larven leben hier vorzugsweise im Laubholzwalde unter der Laubdecke im Boden und kommen nicht selten vor. Es wurden gezüchtet: aus einer Puppe vom 9. April 1 mas am 4. Mai, aus einer Puppe vom 10. Mai 1 fem. am 6. Juni, aus einer Puppe vom 11. Mai 1 mas am 7. Juni, aus einer Puppe vom 19. Mai 1 fem. am 10. Juni, aus drei Puppen vom 24. und 25. Mai 1 mas am 8., 1 fem. am 9. und 1 mas am 10. Juni; es schwankte hiernach die Puppenruhe zwischen 2 bis 4 Wochen. Im Sommer 1881 fand ich Larven und später Puppen auch zahlreich in einem etwa 40jährigen Fichtenbestande in von früheren Maulwurfshügeln etc. herrührenden Bodenerhöhungen und züchtete aus am 20. Juni eingeholten Puppen schon in den nächsten Tagen eine Anzahl imagines. Eine gleich- zeitig mitgenommene Larve, die sich am 22. Juni verpuppte Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 205 ergab am 10. Juli, also nach 18 Tagen Puppenruhe, eine imago mas. 14. Empis tesselata Fabr. Larve: bis 15 mm lang, 3 mm dick, 12gliederig, wenig contractu, vom vierten bis siebenten Gliede am dicksten, im gestreckten Zustande von da ab sowohl nach dem Kopfende wie nach dem Afterende hin etwas ver- dünnt, am letzteren etwa 2 mm dick, ziemlich scharf ge- gliedert, schmutzig gelblich, derbhäutig, nicht glänzend und der Darminhalt nicht durchscheinend. Kieferncapseln klein, braun, das obere Kopfgrätenpaar schwarz, schmal, nach hinten hin verdünnt und gabelig gespreizt, die un- teren beiden Kopf- oder Kieferncapselgräten nur ganz blass durchscheinend, etwas kürzer als die oberen, aber mit denselben von gleicher Färbung. Die vorderen Leibes- glieder unter sich von ziemlich gleicher Länge, das achte bis einschliesslich elfte Glied allmählich länger werdend. Das etwas abgeschnürte Afterglied um etwa ein Viertheil kürzer als das vorhergehende Glied, zuweilen aber auch ebenso lang, mit neun breiten, flachen Längsfurchen, am Hinterende kuppeiförmig gerundet und daselbst im oberen Theile mit zwei ganz kleinen, gelbbraunen, um den dop- pelten Durchmesser des einen von einander entfernten Stigmen; unterhalb dieser beiden Stigmen und mit den- selben ungefähr ein gleichseitiges Dreieck bildend, ein kleiner, sehr kurzer, höckerartiger Hautzahn. Die Kriech- schwielen an der Bauchseite sehr unbedeutend. Puppe: 12 mm lang, 3,3 mm dick, schmutzig bräun- lich, zarthäutig, gerundet, mit merklich verdünntem Kopf- ende. Stirn mit zwei Paar kurzen, breiten, verhältniss- mässig grossen, am Oberende etwas gerundeten und in jedem Paar ganz nahe zusammen stehenden braunen, lap- penförmigen Erweiterungen, von denen das obere Paar merklich kleiner als das untere ist. An der Oberseite eines jeden dieser vier Stirnlappen, von denen die beiden unteren an ihrem Ende gebräunt sind, ein langes blasses Wimperhaar, so dass an der Stirn vier im Viereck stehende 206 Beling: Haare befindlich sind. Thorax stark buckelig verdickt, braungelb, glänzend, glatt, mit vereinzelten steifen, langen, blassen Haaren besetzt. Der neungliederige Hinterleib nach hinten hin etwas kegelig verdünnt, am Ende stumpf- lich, am dritten und vierten Gliede am dicksten. Jedes Hinterleibsglied an der Oberseite in der Nähe des Hinter- randes (die v^orderen Glieder) oder am Hinterrande selbst (die hinteren Glieder) mit einer Querreihe ungleich langer, ganz dicht gestellter, bräunlich gelber, feiner, nach hinter- wärts gerichteter, öfter den Gliedern platt anliegender Borstenhaare. Bauchseite der Hinterleibsglieder mit einer in der Mitte durch weiten Zwischenraum unterbrochenen und nicht ganz bis zu den Seitengrenzen reichenden Quer- reihe ähnlicher, nicht ganz so dicht stehender, aber häufig weit längerer, heller gefärbter und mehr gleich langer Borstenhaare. FlUgelscheiden bis Ende des zweiten, Fuss- scheiden bis Mitte des vierten Hinterleibsgliedes reichend. Die erste Larve fand ich am 7. April 1880 in der Erde eines etwas begraseten alten Fahrweges innerhalb eines etwa SOjährigeu Fichtenbestandes. Am 22. desselben Monats wurden daselbst noch zwei Larven aufgefunden, welche sich am 3. Mai verpuppt hatten, während die erst- gefundene Larve im Begriff sich zu verpuppen im Züch- tungsglase abgestorben war. Aus den beiden Puppen vom 3. Mai erschienen am 17. desselben Monats eine imago fem. und drei Tage später, am 20., eine imago mas. Aus einer am 7. Mai an der betreffenden Waldesstelle aufge- fundenen und mitgenommenen Puppe ging am 26. Mai die imago hervor, es hatte mithin im letztgedachten Falle die Puppenruhe mindestens 19 Tage gedauert. 16. Empis stercorea L. Larve: bis 10 mm lang, 1,2 mm dick, stielrund, nach vorn hin im ausgestreckten Zustande verdünnt, weiss, im vorderen Theile wasserhell, träge, 12gliederig, die letzten fünf bis sechs Glieder etwas, und das Afterglied stark abgeschnürt, die sämmtlichen Leibesglieder von den vorderen zu den hinteren an Länge allmählich etwas zu- Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 207 nehmend. Kieferncapsel und deren Gräten braun. Die oberen beiden Kieferncapselgräten ganz schmal, ziemlich nahe beisammen stehend, die unteren beiden ungleichmässig dick, nach hinten hin divergirend, bogenförmig aufwärts gerichtet. Afterglied stark abgeschnürt, etwa zwei Drit- theile so lang als das vorhergehende Leibesglied, mit neun ziemlich tiefen Längsfurchen, hinten kuppeiförmig ge- rundet, an der Rundung mit zwei verhältnissmässig grossen kreisrunden, intensiv braunen, heller gelbbraun gerandeten, um kaum einen Durchmesser des einen von einander ent- fernten Stigmen und unterhalb derselben ein sehr kleines Hautzähnchen oder Zäpfchen. Puppe: 7,5 mm lang, 2,5 mm am Thorax dick, zart- häutig, gelblich, am Thorax und an den Flügelscheiden buckelig erweitert, stark glänzend. Der neungliederige Hinterleib gerundet, nach hinten hin kegelig verdünnt, am Ende stumpflich. Rückenseite der ersten acht Hinterleibs- glieder in der Nähe des Hinterrandes mit einer Querreihe ganz nahe bei einander stehender, ungleich langer, nach hinten hin gerichteter, anliegender gelbbrauner Borsten- haare oder Borstenzähne. Bauchseite jener ersten acht Hinterleibsglieder mit je einer Querreihe blasser, langer, steil abstehender, nicht dicht gestellter Haare. Afterglied an der Oberseite jenseits der Mitte mit einer Querreihe ähnlicher, nach hinten gerichteter Haare und am stumpf- lichen Hinterende mit einer Anzahl solcher Haare dünn pinselförmig besetzt. Stirn mit zwei kurzen, breiten, oben gerundeten, nahe bei einander stehenden Zähnen und mit vier in einem Viereck stehenden langen, blassen Wimper- haaren. Thorax an der Oberseite mit mehreren und an der Unterseite mit zwei in Querreihe stehenden ähnlichen Haaren. Flügelscheiden bis Ende des dritten, Fussscheiden bis Ende des fünften Hinterleibsgliedes reichend. Die Larven leben in humoser Erde an feuchten oder frischen Waldesstellen. Die imagines züchtete ich zu Ende Mai und Anfang Juni, ohne die Dauer der Puppenruhe, welche wohl muthmasslich über zwei bis drei Wochen sich erstrecken wird, genauer kennen gelernt zu haben. 208 Beling: 17. Empis nodosa ^ ^ 4 — 5 mm. nov. spec. Pilosa; thorace fusco cinereo, nigro-fusco tristriato; pleuris cinereo-pruinosis; antennis fuscis abdomine testa- ceo J", aut nigro-fusco $; alis parum fuscanis, fere hya- linis, basi flavescentibus, eorum nervis anterioribus validis nigro-fuscis; halteribus flavis; pedibus flavis c/", aut testa- ceis $ , nigro pilosis ; tarsis obscuris ; haustello praelongo. Bebaart, Kopf graubraun, im hinteren Theile mit schwarzen Borstenhaaren; Augen hellbraun; Fühler schmutzig gelbbraun, an der Oberseite dunkeler, das lang und scharf gespitzte Endglied schwarzbraun; Rüssel weit über die Brust hinaus ragend, dreimal so lang als der Kopf und nur um ein Drittheil bis ein Yiertheil kürzer als der Kör- per, am Anfange meist heller, schmutzig gelblich, weiter hin gelbbraun ins Schwärzliche, an der Basis oben mit schmaler, gelblicher Einfassung; oberhalb dieser Einfassung das Untergesicht schwarzbraun, stark glänzend. Taster gelb. Thorax etwas glänzend, graubraun, in gewisser Richtung rein grau erscheinend, an den Seiten hellgrau bereift, mit drei ganz durchgehenden, parallelen, schmalen Längenstriemen, deren jede von zwei Reihen kurzer, steifer, nach hinten gebogener schwarzer Borstenhaare gebildet wird. Schildchen von gleicher Färbung mit dem Rücken- schilde, am Hinterrande mit 4 bis 6 steifen, schwarzen, in Querreihe stehenden Borstenhaaren. Flügel glashell, wenig bräunlich getrübt, ohne Randmal, mit dicken schwarz- braunen Adern, ausgenommen die fünfte und sechste Län- genader und Analader; insbesondere ist die Randader bis zur vorderen Zinke der dritten Längsader sehr kräftig. Vorderrand der Flügel mit sehr kurzen schwarzen Haaren dicht bewimpert. Schwinger gelb ; Schüppchen etwas heller, mit gleichfarbigen Wimperhaaren besetzt. Beine bräunlich gelb, bald mehr, bald weniger ausgedehnt verwaschen braun längs gestriemt, insbesondere beim Weibchen, schwarz behaart. Schenkel dick; Kniee und die kurz und sehr dicht behaarten Tarsen schwarzbraun, erstere glänzend; letztes Tarsenglied an der Unterseite mit stark vortretenden weissen Haftpolstern. Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 209 Das Männchen hat einen bräunlich gelben, etwas glänzenden, hell behaarten Hinterleib und hellere Beine als das Weibchen ; die Unterseite der Schenkel der Mittei- und Hinterbeine ist bei demselben mit feinen, langen, schwarzen Wimperhaaren besetzt. Bauchseite des Hinter- leibes gegen das Ende hin mit einem plumpen, in einen spitzen Zipfel ausgezogenen Höcker. Der Analanhang oder das Hypopygium klauenartig oder zangenförmig, klaffend; die obere Klaue zweispaltig, die untere ungetheilt, breit, gerundet, etwas länger als die obere, beide an ihren Aussen- seiten mit kurzen, steifen, braunen Borstenhaaren dicht besetzt. Aus der unteren Klaue oder Zangenhälfte erhebt sich ein kurzer, glasheller Faden ein wenig schräg auf- wärts, welcher bei dem einen von mir gezüchteten Männ- chen in der Mitte, bei dem anderen am Ende mit einer knotenförmigen Verdickung versehen ist. (Das dritte ge- züchtete Männchen steht nicht mehr zu meiner Verfügung.) Ob diese Analfaden- Verdickung nur zufällig, oder ob sie regelmässig bei dieser Species vorkomme, bleibt weiter zu erforschen. Das Weibchen hat dunklere, mehr schwärzlich braun angehauchte Beine und einen schwarzbraunen, etwas grau bereiften, massig glänzenden, am Ende gespitzten, mit zwei schmalen, länglichen, schwarz bewimperten, mit den platten Seiten parallel neben einander stehenden, etwas schräg aufwärts gerichteten Lamellen endenden Hinterleib. Die Schenkel der Mittel- und Hinterbeine sind an der Unter- seite gegen die Spitze hin kurz und dicht schwarz fieder- artig bewimpert. Larve: bis 7 mm lang, 1,2 mm dick, stielrund, in ganz ausgestrecktem Zustande nach vorn hin spindelig ver- dünnt, zwölfgliederig, die einzelnen Glieder etwas abge- schnürt, weiss, mit einem Stich ins Gelbliche, die ersten und die letzten Glieder glashell, durchscheinend. Kiefern- capsel und Kieferncapselgräten wie bei der Larve von Rhamphomyia sulcata, welcher diese Larve ^überhaupt sehr ähnlich ist und von welcher sie sich im Wesentlichen nur durch Folgendes unterscheidet: Afterglied abgeschnürt, aber nicht verdickt, mit neun flachen Längsfurchen, am Ende Arch. f. Naturgesch. XXXXVTII. Jahrg. ]. Bd. 14 210 Beling: gerundet, auf der Rundung mit einem ganz kleinen zahn- förmigen Hauthöcker und oberhalb desselben mit zwei verhältnissmässig grossen, intensiv gelbbraunen, um den ein- bis anderthalbfachen Durchmesser des einen von ein- ander entfernten Hinterstigmen. Puppe: bis 5,5 mm lang, 1,5 mm am Thorax dick, zartschalig, schmutzig gelblich; Kopf, Thorax und die Scheiden etwas intensiver gefärbt, glänzend; der Hinter- leib ziemlich glanzlos. Vor der Stirn zwei breite, kurze, am abgestutzten Ende gekrümmte, nahe beisammen ste- hende resp. zusammentretende zahnförmige Plättchen; ober- halb dieser beiden Plättchen vier lange, helle, in einem Viereck stehende Haare, von denen die unteren zwei ganz nahe oberhalb der beiden Plättchen stehen. Thorax an der Ober- wie an der Unterseite mit einzelnen ähnlichen Haaren besetzt. Hinterleib neungliederig; Rücken der ersten acht Hinterleibsglieder mit je einer Querreihe un- gleich langer, gebräunter, nach hinten gerichteter, anlie- gender Borstenzähne besetzt. Die Bauchseite der Hinter- leibsglieder mit längeren, hellen, steil abstehenden, weit- läufig gestellten Wimperhaaren. Leibesende mit ähnlichen, nach hinten gerichteten Wimperhaaren ganz dünn, pinsel- förmig besetzt. Flügelscheiden bis Ende des dritten, Fuss- scheiden bis Mitte des fünften Hinterleibsgliedes reichend. Die Larven fand ich Ende Mai auf einem alten Fahr- wege innerhalb eines Buchenbestandes mittleren Alters unter der Laubdecke des Bodens und die ersten zwei Puppen wurden daselbst am 30. des genannten Monats aufgenommen. Die eine dieser Puppen lieferte am IL Juni 1 imago fem., die andere kam nicht zu weiterer Entwicke- lung. Aus sechs Larven, die ich am 30, Mai aus dem Walde nach Hause trug, wurden am 15. Juni 1 fem., am 17. Juni 1 mas, am 20. Juni 1 mas und am 2L Juni 1 mas gezüchtet. Die Puppenruhe hatte demnach bei der am 15. Juni erschienenen fem. nicht über 15 Tage gedauert. Meine E. nodosO' hat grosse Aehnlichkeit mit E. grisea Fall., unterscheidet sich aber davon in auffälliger Weise durch den bräunlich gelben Hinterleib des Männchens. Da alle drei von mir gezüchteten Männchen einen so gefärbten Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 211 und nicht schwarzgraueu Hinterleib haben, so scheint es sich hier kaum um eine Varietät, sondern in der That um eine neue Species zu handeln, zumal meine Indivi- duen in Vergleich mit der von Zetter stedt Dipt. Scan- dinaviae Tom. I, pag. 374 gegebene Beschreibung noch folgende Unterschiede zeigen: die Fühler sind nicht braun- gelb, sondern, wenigstens an der Oberseite, ganz dunkel gelbbraun bis schwarzbraun, das letzte Glied ist in der ßegel dunkeler als die übrigen. Der Rüssel ist länger als die Brust und tiberragt diese merklich. Die Beine sind beim Weibchen dunkeler als beim Männchen, breit schwärzlich oder bräunlich längs gestriemt, die Kniee bei beiden Geschlechtern schwarzbraun glänzend. Nicht blos die Schenkel der Mittelbeine, sondern auch diejenigen der Hinterbeine sind beim Weibchen und zwar beide nur gegen die Spitze hin schwarzbraun kurz befiedert. 18. Empis aestiva Lw. Larve: 6 mm lang, 0,8 mm dick, gelblich, an beiden Leibesenden wasserhell, zwölfgliederig, scharf gegliedert, stielrund, wenn ganz ausgestreckt nach vorn hin spindelig verdünnt, stark contractu. Kieferncapsel und deren Gräten blass rostbraun, das obere Grätenpaar dünner und weniger stark divergirend als das untere Paar. Afterglied dick und kurz, fast kugelrund, etwas kürzer als das vorher- gehende Leibesglied, flach längs gerieft, am Ende kuppei- förmig gerundet und am oberen Rande der Rundung mit zwei grossen, rostgelben, um etwa den Durchmesser des einen von einander entfernten Hinterstigmen, unterhalb dieser Stigmen ein ganz kleines, schwer wahrnehmbares höckerförmiges Zähnchen. Puppe: 3,5 mm lang, 0,8 mm am Thorax dick, schmutzig rostgelblich, nach hinten hin kegelig verdünnt. Kopfende mit zwei breiten, am Ende gerundeten und ganz schmal braun gesäumten, nahe beisammen stehenden Zähn- chen, neben jedem derselben ein nach vorn gerichtetes, steifes, langes, blasses Haar. Oberhalb der Stirn zwei etwas weiter von einander entfernt stehende ähnliche 212 Beling: Haare, die mit den vorhin gedachten beiden Haaren die Ecken eines ungleichseitigen Vierecks bilden. Der stark glänzende Thorax an der Unterseite und mehr noch an der Oberseite mit einzelnen ähnlichen Haaren besetzt. Ende des kegeligen Hinterleibes bei der männlichen Puppe stumpf. Rückenseite des zweiten bis einschliesslich achten Hinterleibsgliedes mit je einer Querreihe dicht gestellter, ungleich langer, nach hinten hin anliegender Borstenhaare. Bauchseite der Hinterleibsglieder mit langen, dünnen, hellen Wimperhaaren sparsam besetzt. Fuss- und Flügelscheiden bei der männlichen Puppe gleich lang, bis Ende des vierten Hinterleibsgliedes reichend. Eine Larve und zwei Puppen fand ich am 30. Mai und beziehungsweise 8. Juni in einem Buchenbestande un- terhalb der Laubdecke eines alten Fahrweges und erzielte daraus gegen die Mitte Juni zwei Männchen. 19. Microphorus pusülus Macq. Larve: 7 mm lang, 0,9 mm dick, stielrund, wenn ausgestreckt nach vorn hin spindelig verdünnt, contractu, zwölfgliederig, ziemlich scharf gegliedert, gelblich, an den Leibesenden weiss, wasserhell, xifterglied um etwa ein Viertheil kürzer als das vorhergehende Glied, etwas ver- dickt, flach längs gerieft, am gerundeten Abfalle des Hinter- endes mit einem breitbasigen, spitzen, aufwärts gebogenen Hautzahne und oberhalb dieses Zahnes mit zwei bräunlich gelben, ganz blassen, um etwa den vierfachen Durchmesser des einen von einander entfernten Hinterstigmen. Kiefern- capsel klein, linsenförmig, braun. Kieferncapselgräten braun, das obere Paar dünner und weniger stark nach hinten hin divergirend als das untere Paar. Fünftes bis elftes Leibesglied an der Bauchseite mit flachen Kriech- schwielen. Aus zwei am 13. Mai in einem Buchenbestande unter der Laubdecke eines alten Fahrweges gefundenen Larven wurde am 29. desselben Monats ein mas gezüchtet. Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 213 20. Ocydromia glabrimla Fall. Larve: bis 6 mm lang, 0,6 mm dick, stielrund, nach vorn hin etwas spindelig verdünnt, zwölfgfiederig, gelblich weiss, in der Mitte intensiver gefärbt, an den Enden wasser- hell, glatt, glänzend, zarthäntig. Die Leibesglieder bis zum elften einschliesslich nehmen allmählich an Länge etwas zu. Afterglied etwas kürzer als das vorhergehende Glied, breit und seicht längs gefurcht, an der hinteren Abrundung mit einem dicken, breitbasigen, stumpflichen, mit seiner Spitze aufwärts gerichteten Hautzäpfchen und oberhalb dieses Zäpfchens mit zwei kleinen, punktförmigen, braunen, etwas zapfenförmig vortretenden, um den zwei- bis dreifachen Durchmesser des einen von einander ent- fernten Hinterstigmen. An der Bauchseite des fünften bis einschliesslich elften Leibesgliedes seichte Kriechschwielen. Kieferncapsel und deren durch die ersten Leibesglieder scheinende Gräten schwarzbraun, das obere Grätenpaar nach hinten hin nur massig divergirend und an der Spitze kaum erweitert, Puppe: 3 mm lang, 1 mm am Thorax dick, gelblich, zarthäutig, kegelig, am Ende des Hinterleibes stumpflich, am Thorax stark buckelig verdickt. Kopf kurz, schnau- zenförmig, mit zwei kleinen, schwarzbraunen, nahe neben einander stehenden Zähnchen und an der Aussenseite eines jeden dieser Zähnchen mit einem kurzen, steifen, steil ab- stehenden Haar. Oberhalb dieser beiden Zähnchen in einiger Entfernung von denselben zwei durch weiten Zwi- schenraum getrennte ähnliche Härchen. Unterseite des Prothorax jederseits mit zwei kurzen, feinen, ziemlich nahe hinter einander stehenden Haaren. Oberseite des neun- gliederigen Hinterleibes am dritten bis einschliesslich achten Gliede in der Nähe des Hinterrandes mit einer Querreihe kurzer, intensiv brauner Borstenzähnchen. Fussscheiden fast bis zum Hinterleibsende reichend, Flügelscheiden etwas kürzer. Die Larven fand ich zu Anfang des Monats Mai im Felde unter in Zersetzung begriffener pflanzlicher Substanz, die daraus hervorgegangen war, dass man im Frühjahr 214 Belin des vorangegangenen Jahres das aus dem Getreide gejätete Unkraut am Ackerrande in kleine Häufchen zusammen- geworfen hatte. Aus den mitgenommenen Larven wurden vom 15. Mai bis 9. Juni elf Stück imagines beiderlei Ge- schlechts gezüchtet. 21. Bhamphomyia sulcata Fall. Larve: bis 7 mm lang, 1,2 mm dick, stielrund, ziem- lich scharf gegliedert, glänzend, glatt, gelblich weiss, in der Mitte intensiver gefärbt, an den Leibesenden wasserhell durchscheinend, wenn ganz ausgestreckt nach vorn hin spindelig verdünnt, zwölfgliederig. Die Leibesglieder von den vorderen zu den hinteren an Länge allmählich etwas zunehmend. Die in die ersten Leibesglieder ganz zurück- ziehbare Kieferncapsel klein, linsenförmig, muschelartig ge- bogen, an der Oberseite dicht blass behaart, an jeder Längenseite mit einem grossen, bräunlichen, verwaschenen Fleck, kastanienbraun, mit zwei Paar gleichgefärbten, im Nacken durch die ersten Glieder scheinenden Gräten. Die oberen beiden Kieferncapselgräten sehr dünn, nahe bei einander stehend, fast parallel, die tiefer liegenden unteren beiden erheblich dicker, nach hinten gespitzt und mit den etwas gebogenen Spitzen einander sich nähernd. Hinter der Kieferncapsel eine blassbraune, grosse, rundlich drei- eckige, am Hinterende schmal schwarzbraun gesäumte Hornplatte durchscheinend. Afterglied ziemlich stark ab- geschnürt, dick, fast um die Hälfte kürzer als das vorher- gehende Glied, mit breiten, ziemlich tiefen Längsrinnen, in der hinteren Hälfte fein netzförmig gegittert, mit zwei verhältnissmässig ziemlich grossen, kreisrunden, intensiv braungelben, um etwa den zwei- bis dreifachen Durch- messer des einen von einander entfernten Hinterstigmen, unterhalb welcher in einiger Entfernung ein ganz kleines, dickes, stumpfliches Hautzähnchen befindlich. Vorderstig- men äusserst unscheinbar. An der Bauchseite des fünften bis einschliesslich elften Leibesgliedes unbedeutende Kriech- schwielen. Puppe: bis 6,5 mm lang, 2,2 mm am Thorax dick, Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 215 schmutzig blass gelblich, zarthäutig glänzend; die männ- liche Puppe mit sehr gross braungelb durchscheinenden Augen. Thorax mit den Fitigelscheiden dick buckelig er- weitert, stark glänzend. Der neungliederige Hinterleib ver- hältnissmässig dünn, stumpf kegelig. Stirn mit vier in einem Viereck stehenden, mit ihren Enden gespreizten, auf oder neben kleinen warzenförmigen Erhöhungen be- findlichen braunen Haaren und bei der männlichen Puppe mit zwei neben einander stehenden breitbasigen, kurzen, spitzen Zähnchen. Oberseite des Thorax mit einzelnen langen, steil abstehenden Haaren besetzt, Unterseite vor den Augen mit zwei gleichen Haaren. Hinterleib neun- gliederig, die Oberseite der ersten acht Hinterleibsglieder mit einer hinter deren Mitte befindlichen Querreihe ganz dichtstehender, ungleich langer, nach hinterwärts gerich- teter brauner Borstenhaare oder Borstenzähne, welche an den hinteren Gliedern länger als an den vorderen sind. Die Bauchseite der Hinterleibsglieder mit je einer Quer- reihe dünner blasser Wimperhaare, welche länger als die Borstenhaare oder Borstenzähne der Oberseite sind. After- glied an der stumpflichen Spitze seicht ausgerandet und daselbst mit zwei Büscheln langer, gespreizt nach hinten gerichteter Haare. Flügelscheiden bis Ende des vierten, Fussscheiden bis Ende des sechsten Hinterleibsgliedes reichend. Die Larven und deren Puppen fand ich an feuchten Waldesstellen, vorzugsweise neben kleinen Bächen und auf alten Fahrwegen in feuchter humoser Erde. Die imagines wurden nach durchschnittlich etwa zweiwöchiger Puppen- ruhe vom 20. April bis um die Mitte des Monats Mai in beiden Geschlechtern und in grösserer Anzahl gezüchtet. Neben einem kleinen Waldbache auf der Grenze zwischen Wald und Wiesen in schmierig feuchter Erde finde ich an derselben kleinen, wenige Quadratmeter umfassenden Stelle Larven und Puppen zur Frühjahrszeit schon seit mehreren Jahren. 216 Beling: 22. BhampJwmyia nitidula Zetterst. Larve: bis 6 mm lang, 1 mm dick, stielrund, im ganz ausgestreckten Zustande nach vorn hin spindelig ver- dünnt, weiss, in der Mitte gelblich, an den beiden Leibes- enden wasserhell durchscheinend, zwölfgliederig. Kiefern- capsel sehr klein, linsenförmig, braun, dahinter die beiden Paare gleichgefärbter, nach hinten hin divergirender Kiefern- capselgräten durchscheinend. Das untere Grätenpaar etwas kürzer als das obere. Afterglied von fast gleicher Länge mit dem vorhergehenden Gliede und von diesem ziemlich stark abgeschnürt, in der Mitte verdickt und deshalb fast kugelig erscheinend, breit und flach längs gefurcht, am kugelig gerundeten Hinterende in der Mitte mit einem ganz kleinen Hautzähnchen und oberhalb desselben zwei blass gelbbraune, um etwa den Durchmesser des einen von einander entfernte Hinterstigmen. Die beiden Vorder- stigmen am zweiten Leibesgliede sehr klein und schwer auffindbar. Kriechschwielen an der Bauchseite der letzten Leibesglieder sehr schwach und kaum bemerkbar. Puppe: 4,5 mm lang, 1,2 mm am Thorax dick, schmutzig gelblich weiss, zarthäutig, nach hinten hin ke- gelig verdünnt. Stirn mit zwei ganz kurzen, breiten, ge- rundeten, zahnförmigen Erweiterungen. Kopf und Thorax stark glänzend, mit einzelnen langen, dünnen, hellen, steifen, steil abstehenden Haaren besetzt. Vorderrücken vom Hinter- rücken durch eine Querfurche geschieden. Hinterleib neun- gliederig; Rücken des zweiten bis einschliesslich neunten Hinterleibsgliedes in der Nähe des Hinterrandes je eines Gliedes mit einer Querreihe sehr feiner, nach hinten platt anliegender bräunlicher Borstenzähne. Bauchseite der letzten vier Hinterleibsglieder mit einer Querreihe langer und dün- ner, heller, steil abstehender Haare. Die Behaarung der Hinterleibsglieder nach dem Körperende hin an Länge allmählich zunehmend, an dem mit einer stumpflich zwei- zähnigen Spitze endenden Aftergliede dünn pinselförmig gestellt. Flügelscheiden bis Ende des dritten, Fussscheiden bis Mitte des fünften Hinterleibsgliedes reichend. Fünf Larven fand ich am 19. April in einem lichten Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 217 Buchenbestande auf einem alten Fahrwege in humoser Erde. Am 21. desselben Monats hatte sich eine derselben bereits verpuppt und am 3. Mai bis einschliesslich 6. Mai, also nach etwa zwei Wochen Puppenruhe erschienen drei imagines. 23. Rhamphomyia dentipes Zettst. Larve: bis 6 mm lang, 1 mm dick, stielrund, nach hinten hin und wenn ganz ausgestreckt auch nach vorn hin etwas spindelig verdünut, weiss, an den Leibesenden durchscheinend, wasserheil, in der Leibesmitte gelblich, zwölfgliederig, die Leibesglieder von den vorderen zu den hinteren an Länge allmählich etwas zunehmend, die letzten vier Glieder unter sich von ziemlich gleicher Länge. After- glied von dem vorhergehenden stark abgeschnürt, weiter- hin verdickt, flach längs gerieft, wasserhell, am Ende kuppeiförmig gerundet, auf der Mitte der Rundung mit zwei kleinen, rundeu, braungelben, um den ein- bis andert- halbfachen Durchmesser des einen von einander entfernten Stigmen und unterhalb der beiden Stigmen mit einem kurzen, breitbasigen, schuppenförmigen Hautzahne. Die beiden Vorderstigmen an den Seiten des zweiten Leibes- gliedes sehr klein, punktförmig, schwer auffindbar. Kiefern- capsel klein, gelbbraun, unmittelbar dahinter ein kleines schwärzlich braunes, im Umrisse dreiseitiges, stumpfeckiges Plättchen durchscheinend. Die zwei Paar Kopfgräten nach hinten hin stark divergirend, gelbbraun und dazwischen ein verwaschener gelblicher Fleck durchscheinend. Puppe: 5 mm lang, 1,5 mm dick, schmutzig gelblich weiss, zarthäutig. Stirn mit vier in einem Viereck stehen- den, mit je einem langen, steifen Haar besetzten, kleinen, rundlichen Höckern, von denen die unteren beiden mehr genähert stehen als die oberen zwei. Thorax stark er- haben und glänzend, mit einzelnen langen, dünnen, hellen Haaren besetzt. Hinterleib kegelförmig, neuugliederig, erstes Glied massig lang und kahl; zweites bis einschliesslich achtes Glied am Rücken mit je einer Querreihe ungleich langer, dicht stehender, nach hinten hin anliegender bräun- 218 Beling: lieber Haare besetzt. Seiten und Bauch der Hinterleibs- glieder mit ähnlichen Haaren wie der Thorax, aber dichter und in Querreihe besetzt. Ende des Hinterleibes stark verdünnt, bei der männlichen Puppe mit einem langen, cylindrischen, quer gerillten, am Ende rundlich abgestumpf- ten oder abgewölbten unbehaarten Fortsatze. Flügelschei- den bis Ende des dritten Hinterleibsgliedes reichend, Fuss- scheiden wenig länger. Vier Larven fand ich am 12. April in einem faulen Buchenstocke innerhalb eines Laubholzwaldes, von denen sich am 20. April 1 Stück verpuppt hatte. Nach etwa 2 Wochen erschienen zwei imagines mares. In einem an- deren Jahre erzielte ich aus Larven, die am 6. April in Holzmoder eines faulen Stockes im Buchenwalde aufge- funden waren, am 2. Mai ein mas und am 4. Mai 2 dto., von einer am 28. März aus einem faulen Erlenstocke im Walde mitgenommenen Larve aber am 3. Mai 1 mas. 24. Hilara interstincta Fall. Larve: bis 7mm lang, 0,7mm dick, stielrund, nach vorn hin verdünnt, gelblich, an den Körperenden wasser- hell durchscheinend, zwölfgliederig. Kieferncapsel klein, braun, dahinter zwei obere und zwei untere lange, kasta- nienbraune, nach hinten hin gabelig gespreizte Gräten durch- scheinend, von denen das obere Paar dicker als das untere ist. Die Leibesglieder von den vorderen nach den hinteren an Länge allmählich etwas zunehmend, das vorletzte Glied das längste. Afterglied um ein Viertheil kürzer als das vorhergehende Glied, an der Basis etwas eingeschnürt, am Hinterende kuppeiförmig gerundet und auf der Rundung mit einem breitbasigen, spitzen, zuweilen aufwärts ge- krümmten Hautzahn versehen, oberhalb welches zwei kleine blasse, gelbbräunliche, punktförmige, um fünf bis sechs Durchmesser des einen von einander entfernte Stigmen befindlich. An der Bauchseite des fünften bis einschliess- lich elften Leibesgliedes schmale Kriechschwielen. Puppe: 5,5 mm lang, am buckelig erweiterten Tho- rax 1,4 mm dick, zarthäutig, gelblich weiss, am Thorax Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 219 ziemlich stark am Hinterleibe weniger glänzend. Stirn kurz und breit, schnabelförmig erweitert, mit zwei neben einander stehenden, breiten, gebräunten, an der Spitze gerundeten Zähnchen und an der Aussenseite eines jeden dieser beiden Zähnchen ein langes, helles, steifes Haar. Oberhalb dieser beiden Haare zwei ähnliche, aber durch weiteren Zwischenraum getrennte Haare, so dass vor der Stirn vier in einem Viereck stehende Haare befindlich sind. Thorax an der Ober- und Unterseite mit einzelnen ähn- lichen Haaren besetzt. Der nach hinten hin kegelig ver- dünnte Hinterleib neungliederig; die ersten acht Hinter- leibsglieder am Rücken in der Nähe des Hinterrandes mit einer Querreihe ungleich langer, brauner, dicht stehender, mit einzelnen langen Haaren gemischter Borstenzähne. An der Seite der Hinterleibsglieder und an der etwas abge- platteten Unterseite des vierten bis einschliesslich achten Hinterleibsgliedes einige lauge, bräunliche, zum Theil in Querreihe stehende Wimperhaare in der Nähe des Hinter- randes der Glieder. Afterglied sehr kurz und schmal, am Ende etwas ausgerandet und daselbst mit ungleich langen, zum Theil äusserst kurzen Borstenzähnen besetzt. Flügel- scheiden bis Ende des dritten, Fussscheiden bis Ende des vierten Hinterleibsgliedes reichend. Die Larven fand ich mehrfältig im Laubholzwalde an lichten Stellen in frischer humoser Erde und züchtete daraus nach etwa zweiwöchiger Puppenruhe die ima- gines mehrentheils gegen den Schluss des Monats Mai und im Juni. 25. Hilara pilosa Zetterst. Aus einer am 2. Juni unter zusammengeballtem Buchen- streulaub an einer feuchten Wal dessteile aufgefundenen 4 mm langen, 1,3 mm am Thorax dicken Puppe mit zwei gebräunten, spitzen, nahe beisammen stehenden, abwärts gerichteten Zähnen vor der Stirn und unterhalb derselben an der Kehrseite des Kopfes mit zwei kleinen, spitzen, durch weiten Zwischenraum getrennten Zähnchen, sonst ganz wie die vorstehend zuletzt beschriebene Puppe ge- 220 Beling: staltet und beschaffen, ging am 6. Juni 1 H. pilosa mas hervor. 26. Hilara maura F. Larve: bis 6mm lang, 1mm dick, stielrund, nach vorn hin spindelig verdünnt, gelblich weiss, glänzend, zwölfgliederig. Kieferncapsel und deren zwei Paar Gräten von gleicher hellbrauner Färbung; die oberen beiden Gräten ganz schmal, die unteren beiden merklich breiter oder dicker, aber mit den oberen von ziemlich gleicher Länge. Afterglied etwas kürzer als das vorhergehende Leibesglied, abgeschnürt, am Hinterende kuppeiförmig gerundet, an der Abrundung mit einem verhältnissmässig grossen, haken- förmig aufwärts gebogenen Hautzahne und oberhalb des- selben mit zwei ganz kleinen, sehr blass bräunlichgelben, um den vier- bis sechsfachen Durchmesser des einen von einander entfernten Hinterstigmen. Puppe: 4,6 mm lang, 1,6 mm am Thorax dick, gelb- lich weiss ins Bräunliche, zarthäutig, vor der Stirn mit zwei verhältnissmässig grossen, kastanienbraunen, nahe beisammen stehenden, hakenförmig abwärts gerichteten Zähnen. Thorax an der Oberseite buckelig erweitert, mit einzelnen langen, blassen, steifen, steil abstehenden Haaren besetzt. Hinterleib neungliederig, Rückenseite der Hinter- leibsglieder mit je einer Querreihe ganz nahe beisammen stehender, ungleich langer, brauner, mit den Spitzen nach hinten gerichteter, dem Gliede platt anliegender Borsten- haare oder Borstenzähne besetzt. Bauchseite der Hinter- leibsglieder mit langen, dünnen, abstehenden Borstenhaaren. Afterglied kegelförmig, an der abgestumpften Spitze mit einem Kranze kurzer, steifer, nach hinten gerichteter Borsten endend. Flügelscheiden bis Mitte, Fussscheiden bis Ende des fünften Hinterleibsgliedes reichend. Im Monat April 1879 wurden im Ackerfelde auf einem beraseten Fahrwege in erst kürzlich aufgeworfenen Maul- wurfshügeln mehre Larven aufgefunden und daraus am 2. Mai zwei imagines mas und fem. gezüchtet. Aus einer Anzahl Larven, die ich aus einem seit der Ernte des Vorjahres noch Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 221 nicht wieder bearl)eiteten Ackerstücke in der Nähe der vor- jährigen Fundstelle am 26. März 1880 mit nach Hause nahm, gingen vom 29. April bis 2. Mai fünf imagines hervor. Hilara quadrivittata Meig. züchtete ich am 25. Mai und am 3. Juni aus je einer nicht näher untersuchten Puppe, welche kurz zuvor auf einem alten Fahrwege innerhalb eines Fichtenbestandes in Erde gefunden wurde und Hilara flavipes Meig. zu Ende des Monats Mai aus einer am 5. Mai zugleich mit Larven von Hilara inter- stincta aus humoser Erde eines Buchenbestandes mitge- nommenen und mit diesen für übereinstimmend gehaltenen Larve. 27. Hilara matrona Halid. Larve: bis 8 mm laug, 0,8 mm dick, stielrund, scharf gegliedert, in ausgestrecktem Zustande nach vorn hin spindelig verdünnt, zwölfgiiederig, glatt, glänzend, gelblich. Kieferncapsel klein, linsenförmig, braun und hinter der- selben zwei Paar gleichgefärbte Gräten durchscheinend. Die oberen beiden Kieferncapselgräten dünn, anfänglich etwas aus einander tretend, weiterhin aber fast parallel verlaufend; die unteren beiden Gräten etwas aufwärts gerichtet, merklich dicker als die oberen und nach hinten hin weiter aus einander tretend. Afterglied um ein Vier- theil kürzer und etwas dünner als das vorhergehende Glied, flach längs gefurcht, am Hinterende mit einem breitbasigen, spitzen, aufwärts gerichteten Hautzahue und oberhalb desselben mit zwei kleineu, rostgelben, um etwa 5 Durchmesser des einen von einander entfernten punkt- förmigen Stigmen, deren jedes unterhalb eines sehr seichten und unscheinbaren zahnförmigen Höckers steht, so dass mithin das Hinterende des Aftergliedes im oberen Theile nicht glatt gerundet, sondern in zwei seichte Höckerchen erweitert erscheint. Puppe: 4,5 mm lang, 1,3 mm dick, zarthäutig, gelb- lich, vor der Stirn mit zwei neben einander stehenden, stumpflichen, braunen, hornigen Zähnen und an der Unter- seite des Kopfes resp. des Prothorax mit zwei weit von 222 Beling: einander entfernten breitbasigen, kurzen, spitzen Zähnchen, sonst ganz wie die Puppe von Hilara interstincta. Eine kleine Anzahl Larven und Puppen wurde am 18. Juni in feuchter Erde neben einer kleinen Bachrinne innerhalb eines an Wiesen grenzenden jungen Fichtenbe- standes gefunden. Aus den von da mitgenommenen Larven gingen vom 2. bis G. Juli zwei fem. und 1 mas hervor und am 10. Juli erzielte ich noch 1 mas und 1 fem. aus zwei am 8. desselben Monats von da eingeholten Puppen. Aus einigen am 17. Juni eines anderen Jahres sammt einer Larve an einer ähnlichen Bachrinne am Walde ge- fundenen Puppen gingen einige Tage später 1 mas und 1 fem. hervor. 28. Fsilopiis platypterus Fabr. Larve: bis 8 mm lang, 0,8 mm dick, stielrund, nach vorn hin spindelig verdünnt, zwölfgliederig, die Leibes- glieder von den vorderen zu den hinteren bis zum elften einschliesslich an Länge etwas zunehmend, gelblich, glän- zend. Kieferncapsel klein schwarzbraun, linsenförmig; Kieferncapselgräten ebenso gefärbt, das obere Paar bis etwa zur Hälfte seiner Länge fast parallel laufend, dann massig nach hinten hin divergirend, am Ende spateiförmig erweitert, das untere Grätenpaar etwas länger als das obere und stärker divergirend. Inmitten zwischen dem oberen und dem unteren Kieferncapselgrätenpaar ein stäb- chenförmiges bräimliches Hornplättchen durchscheinend. Afterglied um etwa ein Viertheil kürzer als das vorher- gehende Leibesglied, bei der kriechenden Larve in der Mitte verdickt, flach längs gefurcht, am Ende mit vier in einem Viereck stehenden Hautzähnen, von denen die beiden oberen, merklich kleineren, weit von einander entfernt und mehr nach vorn hin gestellt sind, als die nahe beisammen befindlichen, erheblich grösseren und mit den Spitzen auf- wärts gerichteten beiden unteren. Die auf dem nach hin- ten hin abgeschrägten, von den eben gedachten vier Haut- zähnen umgebenen Stigmenfelde unter den oberen beiden Zähnen stehenden, beiden kleinen, blass rostgelblichen Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 223 Hinterstigmen um den sechs- bis achtfachen Durchmesser des einen von einander entfernt. Puppe: 5 mm lang, 1 mm dick, zarthäutig, gelblich weiss, am Thorax stark verdickt, mit kegeligem, neun- gliederigem Hinterleibe. Unterseite der Stirn mit zwei länglichen, breiten, nahe beisammen stehenden, etwas diver- girenden, in zwei ganz kleine, höckerförmige, schwärzliche, gewissermassen ein kleines Schnäuzchen bildende Zähnchen auslaufenden Plättchen und an deren vorderem Ende jeder- seits ein kurzes, steifes, schwärzliches Haar. Unterhalb der eben gedachten beiden Plättchen nach dem Hinterleibe hin zwei, eine kleine, in der Mitte bogenförmig erhabene Querleiste bildende, schwärzliche, zahnförmigC; nebenein- ander stehende Erhöhungen und vor dieser Querleiste an deren Mitte zwei kurze, steife, schwärzliche Haare. An der Grenze zwischen Kopf und Thorax zwei schmale lange, nach dem Ende hin gespitzte, unten bräunliche, in der oberen Hälfte geschwärzte, ziemlich nahe beisammen stehende, grätenförmige Arme. Der lange, glatte, glänzende Thorax an der Oberseite mit vereinzelten, kurzen, steifen, schwärzlichen Haaren besetzt. Rücken der ersten acht Hinter- leibsglieder mit je einer Querreihe dicht gestellter, ungleich langer, schmaler, brauner Borstenzähne. Afterglied der männlichen Puppe am Hinterende gerundet. Fussscheiden doppelt so lang als die Flügelscheiden, bis zum Ende des Hinterleibes reichend, oder darüber hinaus ragend. Eine Larve fand ich am 28. April in einem Buchen- bestande unter der Laubdecke des Bodens in Erde und züchtete daraus am 4. Juni ein mas. Die vorstehende, nach der sehr zusammengeschrumpft im Züchtungsglase aufgefundenen Exuvie angefertigte Puppen-Beschreibung konnte für das Mal nicht vollständiger gegeben werden und erscheint noch der Ergänzung, viel- leicht auch einiger Berichtigung fähig. 29. Neurigona quadrifasciata Fabr. Larve: bis 9 mm lang, 1,2 mm dick, weiss, etwas ins Gelbliche spielend, glänzend, stielrund, derbhäutig. 224 Beling: massig stark gegliedert, zwölfgliederig, wenn ganz ausge- streckt nach vorn hin spindelig verdünnt. Kieferncapsel sehr klein, schwarzbraun, stark glänzend, rundlich, unmittelbar dahinter ein verwaschen goldgelblicher Fleck. Von den zwei Paar mit der Kieferncapsel gleich gefärbten Kopfgräten die oberen beiden am Ende knopfförmig erweitert. Die Leibes- glieder von den vorderen zu den hinteren allmählich an Länge etwas zunehmend. Afterglied etwas kürzer als das vorhergehende elfte Leibesglied und von diesem stark abgeschnürt, nach hinten hin verdickt, der Länge nach sehr flach und breit gefurcht, am Ende kuppeiförmig ge- rundet, auf der Mitte der Rundung mit zwei kleinen, gelb- braunen, um wenig mehr als den Durchmesser des einen von einander entfernten Stigmen. Die beiden Vorderstig- men am Ende des zweiten Leibesgliedes gelbbraun, sehr klein, punktförmig. An der Bauchseite des fünften bis einschliesslich elften Gliedes seichte Kriechschwielen. Puppe: 5 mm laug, 1,7 mm am Thorax dick, kegelig, am Hinterende stumpf, schmutzig weiss, au den Scheiden stark glänzend, zart- oder dünnhäutig. Kopfende mit ganz kurzer, gebräunter, stumpf oder gerundet zweizähniger Verlängerung und zu jeder Seite derselben mit einem an der Basis hellen oder weissen, im oberen Theile ge- schwärzten, langen, dünnen Haar. Thorax hinter den braun durchscheinenden Augen mit zwei langen, gelbbraunen, dünnen, fast steil aufwärts gerichteten oder etwas nach vorn gebogenen Dornen, den ausgezogenen Vorderstigmen; im Uebrigen der Thorax mit einigen kurzen, steifen, steil abstehenden Haaren besetzt. Hinterleib neungliedrig, das zw^eite und achte Glied in der Nähe des Hinterrandes an der Oberseite mit einer Querreihe kurzer, sehr feiner, nach hinten hin dicht anliegender Borstenhaare auf dunkelem Grunde; drittes bis einschliesslich siebentes Hinterleibs- glied mit breitem, schwarzbraunem Quersaum in der Nähe des Hinterrandes und auf diesem Saum mit ähnlichen, aber längeren Borstenhaaren als das erste und siebente Hinterleibsglied besetzt. Flügelscheiden bis Ende des vierten, Fussscheiden bei der männlichen Puppe weit, bei der weiblichen etwas über das Hinterleibsende hinausreichend. Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 225 Acht Larven wurden am 6. April 1878 in humoser Erde unter der Laubdecke eines Buchenbestandes in einer grabenartigen Vertiefung gefunden und aus denselben am 7. Mai ein mas und 1 fem. gezüchtet. Von zwei an der- selben Waldesstelle am 29. April 1881 aufgefundenen Larven gelangte die eine zu weiterer Entwickelung und lieferte am 30. Mai ein mas. 30. Argyra vestita Wiedem. Larve: bis 10 mm lang, 1 mm dick, stielrund, gelb- lich weiss, wasserhell, porcellanhäutig, glänzend^ ziemlich scharf gegliedert, mit intensiv durchscheinendem ge- schwärzten Darminhalte, zwölfgliederig. Kieferncapsel klein, schwarz, die oberen beiden Kopfgräten dünn, schwarz, nach hinten hin divergirend, am Ende spateiförmig erweitert, die unteren beiden Kopf- oder Kieferncapsel gräten merk- lich kürzer und stärker nach hinten hin divergirend als die oberen beiden. Afterglied mit 5 Hautzähnen endend, von denen drei am oberen und zwei etwas grössere, breit- basige, stumpflich gespitzte, etwas weiter nach hinten hin gestellte am unteren Rande des Gliedes stehen. Von den gedachten drei Zähnen am oberen Hinterrande des After- gliedes ist der mittelste merklich und mitunter weit kleiner als die beiden übrigen. Die unterhalb der drei Hautzähne befindlichen beiden kreisrunden, blass gelbbraunen Hinter- stigmen um mindestens den sechs- bis achtfachen Durch- messer des einen von einander entfernt. Puppe: 4 mm lang, 1,5 mm dick, bauchig kegelig, zarthäutig, etwas glänzend, schmutzig gelblich, am Kopf- ende mit einer kurzen, stumpflichen Spitze. Augen sehr gross braun durchscheinend. Stirn mit vier kurzen, steifen Haaren, von denen die oberen beiden zur Seite der schnau- zenförmigen Spitze, die unteren beiden weit näher beisammen stehen. Rücken des Thorax hinter den Augen mit zwei langen, nahe beisammen stehenden, steifen, nach vorwärts gespreizten, borstenähnlichen Dornen — den ausgezogenen Vorderstigmen. Rücken der ersten acht Glieder des neun- giiederigen Hinterleibes mit je einer Querreihe kurzer, Archiv f. Naturg. XXXXVIJI. Jahrg. 1. Bd. 15 226 Beling: ungleich langer, dicht stehender Borstenzähne. Afterglied der männlichen Puppe kurz und dünn, an der gerundeten Spitze sehr seicht ausgerandet, gleichfalls mit einer Quer- reihe von Borstenzähnen an der Oberseite. Fussscheiden weit länger als die Filigelscheiden, bis Ende des sechsten Hinterleibsgliedes reichend. Die Larven fand ich im sandigen Schlamm des Ufers eines während der Sommerzeit fast ganz ausgetrockneten kleinen Baches innerhalb eines Gartens und züchtete am 4. August 1 mas. 31. Forphyrops crassipes Mg. Larve: bis 11 mm lang, 1,5 mm dick, stielrund, derb- häutig, elfenbeinweiss, stellenweise wasserhell, stellenweise gelblich durchscheinend, zwölfgliederig, die Glieder bis zum elften einschliesslich an Länge allmählig zunehmend. Afterglied um etwa ein Drittheil kürzer als das vorher- gehende Glied, in der Mitte etwas verdickt, ganz flach und breit längs gefurcht, am Ende mit zwei verhältniss- mässig grossen, breitbasigen unteren und zwei schmalen, merklich kleineren, etwas weiter nach vorn stehenden, durch weiten, in der Mitte mit einem ganz kleinen, zuweilen sehr seichten und undeutlichen Zähnchen versehenen Zwi- schenraum getrennten, spitzen oberen Hautzähnen, unter deren jedem ein punktförmiges, sehr blasses, bräunlich- gelbes Stigma befindlich. Beide Hinterstigmen um min- destens den vierfachen Durchmesser des einen von einander entfernt. Kieferncapsel klein rundlich, schwarzbraun; die beiden dahinter durch die ersten Leibesglieder scheinenden Grätenpaare schwarzbraun, nach hinten hin gabelig gespreizt, das obere Paar an der Spitze knopfförmig erweitert. Aus einer am 3. Mai in Erde auf einem Fahrwege im Buchenwalde gefundenen Larve wurde am 31. Mai 1 mas gezüchtet, ohne dass mir die Puppe näher bekannt geworden ist. 32. Systenus leuciirus Lw. Larve: bis 5 mm lang, 0,8 mm dick, stielrund, nach vorn hin spindelig verdünnt, zwölfgliederig, die Glieder Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecteö etc. 227 von den vorderen zu den hinteren an Länge allmählich etwas zunehmend, gelblich. Kieferncapsel klein, linsen- förmig, sammt den Kieferncapselgräten schwarzbraun; die oberen beiden lang und dünn, an ihrem Ende kaum etwas erweitert, nach hinten hin erst wenig und dann etwas mehr divergirend ; die unteren beiden Kieferncapselgräten kürzer, dicker und nach hinten hin stärker divergirend als die oberen. Afterglied kürzer und etwas dünner als das vor- hergehende Leibesglied, mit zwei verhältnissmässig grossen, breiten, nahe beisammen stehenden Unterzähnen und zwei sehr kurzen, höckerförmigen, weiter nach vorn gerückten Oberzähnen an seinem Hinterende. Unterhalb der eben gedachten Oberzähne zwei sehr kleine unscheinbare, punkt- förmige, rostbräunliche, um etwa den achtfachen Durch- messer des einen von einander entfernten Hinterstigmen. Bauchseite des fünften bis einschliesslich elften Leibes- gliedes mit flachen Kriechschwielen. Einige Larven wurden am 16. Mai in einem Buchen- bestande in Modererde der etwa ein Meter über dem Boden befindlichen, lochförmig eingefaulten Stelle eines etwa 80jährigen Buchenstammes gefunden. Aus diesen Larven gingen am 11. Juni, am 25. Juni und am 3. Juli je eine fem. hervor. Schon zu Ende Mai hatte ich aus faulem Buchenholze desselben Forstes ein mas erzielt. 33. Dolichopus discifer Stan. Larve: bis 10 mm lang, 1,2 mm dick, elfenbeinweiss, glänzend, stielrund, wenn ganz ausgestreckt nach vorn hin etwas spindelig verdünnt, zwölfgliederig, die Glieder von den vorderen zu den hinteren allmählich an Länge etwas zunehmend. Afterglied im vorderen Theile etwas verdickt, nach hinten hin dünner, an der Oberseite mit vier, an der Unterseite mit zwei Längsriefen, am Ende mit vier in einem Viereck befindlichen Hautzähnen, von denen die oberen beiden kleiner als die unteren sind, etwas weiter nach vorn stehen, und ein kleines, flaches oder stumpfes Zähnchen in ihrer Mitte zwischen sich stehen haben. Die vier Längsriefen der Oberseite enden 228 l3cliugt an den Seiten der beiden Oberzähne, wogegen die beiden Längsriefen der Unterseite die beiden Unterzähne der Länge nach durchziehen. Unterhalb der Oberzähne zwei kleine, punktförmige, blass gelbbraune, um etwa den sechsfachen Durchmesser des einen von einander entfernte Hinter- stigmen. Bauchseite des fünften bis einschliesslich elften Leibesgliedes mit seichten Kriechschwielen. Kieferncapsel klein, linsenförmig, im vorderen Theile gelbbraun, hinten schwarzbraun oder schwarz. Kieferncapselgräten schwarz durch die ersten Leibesglieder scheinend, die oberen beiden am Ende knopfförmig erweitert. Puppe: 4 mm lang, 2,8 mm dick, bräunlichgelb, zart- häutig, vor der Stirn mit einer kurzen, breiten, von zwei gerundeten, braun gerandeten Plättchen gebildeten Erwei- terung und an jeder Seite dieser Erweiterung ein steifes, schräg seitwärts gerichtetes Borstenhaar. Etwas unterhalb der Stirn eine ähnliche, aber sehr kurze, braun gerandete Erweiterung mit zwei langen, steifen, braunen Haaren. Hinterleib neungliederig, kurz und dick, kegelig, mit stumpflichem Ende. Oberseite des zweiten bis einschliess- lich achten Hinterleibsgliedes mit je einer Querreihe dicht- stehender, ungleich langer, nach hinterwärts gerichteter, flach anliegender, brauner Borstenzähne. Der stark gewölbte, glänzende Thorax mit zwei langen, spitzen, seitwärts ge- richteten, an der Basis verdünnten, im oberen Drittheile ganz geschwärzten, stielrunden Dornen, den ausgezogenen Vorderstigmen. Fussscheiden über das Leibesende hinaus reichend. Aus einer am 22. Juni an einer feuchten Fahrwegs- stelle innerhalb eines Laubholzbestandes aufgefundenen Larve ging am 16. Juli eine imago mas hervor. 34. Dolichopus popularis Wiedem. Larve: bis 9 mm lang, 1 mm dick, stielrund, gelb- lich weiss, glänzend, in ausgestrecktem Zustande nach vorn hin verdünnt, zwölfgliederig, die späteren Glieder allmählich immer etwas länger werdend. Kieferncapsel ganz klein, linsenförmig, schwarzbraun; Kieferncapselgräten Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 229 ebenso gefärbt, naeb binten bin divergivend, die beiden höber liegenden am Ende knopfförmig erweitert. After- glied etwas verdickt, mit vier Hautzäbnen endend, von denen die beiden unteren grösseren weiter nacb binten steben als die beiden kleineren oberen. Die unter den letztgedacbten beiden Hautzäbnen stebenden Hinterstigmen klein punktförmig, braungelb, um mindestens den vierfachen Durchmesser des einen von einander entfernt. Aus einer an derselben Waldesstelle, wo die vorhin beschriebene Larve des Bolichopus discifer zwei Jahre früher aufgenommen war, am 24. April 1879 aufgefundenen Larve ging am 3L Mai 1879 eine imago mas hervor. 35. Bolichopus trivialis Halid. Larve: bis 10 mm lang, 1 mm dick, stielrund, schlank, im ausgestreckten Zustande nach vorn hin etwas spindelig verdünnt, glatt, glänzend, gelblich, an den Leibesenden wasserbell, zwölfgliederig, die Leibesglieder von den vor- deren zu den hinteren an Länge allmählich etwas zunehmend bis zum elften Gliede einschliesslich. Afterglied kürzer, aber dicker als das vorhergehende Leibesglied, längsge- rieft, an der Oberseite von vorn nach hinten abgeschrägt und an der Abschrägung mit vier langen spitzen, in einem Viereck stehenden Hautzäbnen, von denen die höher gele- genen beiden etwa 2 mm weiter nach vorn stehen und merklich kleiner als die tiefer gelegenen, resp. weiter nach hinten gestellten sind. Die beiden Hinterstigmen unterhalb der oberen beiden Hautzähne des Aftergliedes klein, punkt- förmig, bräunlicbgelb. An der Bauchseite des fünften bis einschliesslich elften Leibesgliedes seichte Kriechschwielen. Kieferncapsel klein, schwarzbraun, die oberen beiden Gräten derselben lang, schwarz, divergirend, am Ende knopfförmig erweitert. Innerhalb der divergirenden beiden oberen Kieferncapselgräten eine aus kurzen, kastanienbraunen Längslinien und einem grossen, bräunlichgelben, verwa- schenen Flecke gebildete Nackenzeichnung durch die ersten Leibesglieder scheinend. Aus einer am 28. Mai in einem Buchenwalde an einem 230 Heling: in Vermoderung begriffenen alten Buchenstocke gefundenen und eingezwingerten Larve ging am 26. Juni eine imago mas hervor. Am 26. Juni 1881 erschien in dem Glase, worin in eingeholtem Baummoder aus einem Buchenwalde Larven von Systenus leucurus bis zu ihrer Verwandelung unterhalten waren, auch eine imago DolicJh trivialis mas. Nach diesen Erfahrungen leben die Larven im Moder von Laubholzbäumen. 36. Dolichopus longkornis Stann. Larve: bis 6 mm lang, 0,7 mm dick, stielrund, im ausgestreckten Zustande nach vorn hin spindelig verdünnt, weiss, glänzend, zwölfgliederig, die Leibesglieder von den vorderen zu den hinteren bis zum elften einschliesslich, an Länge allmählich etwas zunehmend. Afterglied wenig über halb so lang als das vorhergehende Glied, in der Mitte verdickt, an seinem Ende mit zwei kleinen, durch weiten Zwischenraum getrennten Oberzähnen und zwei merklich grösseren, mehr nach hinten stehenden Unter- zähnen, so dass ein von vier im Viereck stehenden Haut- zähnen umgebenes, von vorn nach hinten resp. von oben nach unten abgeschrägt erscheinendes Stigmenfeld mit zwei kleinen, punktförmigen, gelbbraunen, unterhalb der Oberzähne stehenden, um etwa den vierfachen Durchmesser des einen von einander entfernten Hinterstigmen vorhanden ist. Kieferncapsel klein, schwarzbraun, rundlich, deren oberen beiden Gräten schwarzbraun, ziemlich breit, auf längerer Erstreckung wie zusammenverschmolzen unmittel- bar an einander liegend und erst jenseit der Mitte stark divergirend, am Ende knopfförmig erweitert. Puppe: 3,5 mm lang, 1,4 mm dick, zarthäutig, gelb- lich. Stirn mit zwei Paar hinter einander stehenden, brei- ten, flachen, an der gerundeten Spitze schwarzbraun ge- säumten, zahnförmigen Erweiterungen und die Unterseite des Prothorax mit zwei ähnlichen, zahnförmigen Erwei- terungen. Rücken des Thorax mit zwei langen, divergirenden, am Ende gespitzten, gelblichbraunen, im oberen Drittheil etwas geschwärzten Dornen, den ausgezogenen Vorderstig- Beitrag* zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 231 men. Hinterleib dick, kegelig, neungliederig, an der Ober- seite des zweiten bis einschliesslich achten Gliedes zunächst des Hinterrandes mit einem ziemlich breiten, bräunlichgelben Querbande und in diesem Querbande mit einer Querreihe sehr dicht gestellter, gleich gefärbter, nach hinten hin anliegender dünner, nicht ganz gleich langer, haarför- miger Wimperzähne. Afterglied kurz, am Ende abgestutzt, ohne Zahn- oder Haarbesatz. Flügelscheiden bis Ende des dritten Hinterleibsgliedes, Fussscheiden bis zum Körper- ende reichend. Die Larven fand ich im Frühjahr vereinzelt in einem seit der vorjährigen Ernte noch nicht v^ieder bearbeiteten Acker. Aus den mitgenommenen und eingezwingerten Larven wurde am 20. Mai und am 26. Mai je eine imago mas gezüchtet. Aus einer anderen, am 3. Mai an einer feuchten Stelle eines Fichtenwaldes in Erde aufgefundenen Larve ging am 5. Juni eine imago mas hervor. 37. Chrysotoxum bicindum L. Larve: 8 mm lang, 3,5 mm dick, wenn ganz einge- zogen etwas oval, an der Bauchseite abgeplattet und mit ganz seichter Längenrinne, hochgewölbt, sehr contractu, wenn ganz ausgestreckt im vorderen Theile spindelförmig lang gespitzt oder schnabelartig ausgezogen, schmutzig gelblich weiss, lederhäutig, ziemlich glanzlos, mit schwärz- lich durchscheinendem Darminhalte. Die einzelnen Kinge des zwölfgliederigen Leibes in Querwulste geschieden, so dass eine reichliche Anzahl von Gliedern vorhanden zu sein scheint. Die Rückenseite des Leibes mit schmalen, spitzen Haut -Stacheln oder Dornen in Querreihen ganz weitläufig besetzt; von diesen Dornen sind die an den Seitenrändern des Leibes stehenden die längsten und kräf- tigsten. Afterende an der Oberseite nach hinten hin abge- schrägt mit einem kastanienbraunen, glänzenden, hornigen, zapfenförmig vortretenden Stigmenträger. Chitinskelett des Kopfes klein, schwarz, nach hinten hin gabelförmig getheilt durch die vorderen Leibesglieder seheinend. Die Larve unterscheidet sich von der ihr sehr ahn- 232 Beling: liehen, der Xanthogramma ornata Meig. durch die an allen Leibesgliedern vorhandenen spitzen Hautzähnchen, die flachere Leibesgestalt und den stärker resp. länger vor- tretenden, zapfenförmigen Stigmenträger. Puppe innerhalb der Larvenhaut, ein bis 8 mm langes, 4 mm dickes, an der Bauchseite abgeplattetes, an der Rückenseite hoch gewölbtes, schmutzig bräunliches, in seiner Form der ganz eingezogenen Larve völlig gleichendes Tönnchen. Eine am 9. April in einem alten, flachen, älteren, ver- nachlässigten Composterdehaufen im Felde aufgefundene und eingezwingerte Larve lieferte am 20. Juni eine imago. 38. Xanthogramma ornata Meig. Larve: bis 10 mm lang und bis 4,5 mm breit oder dick, sehr contractu, im eingezogenen Zustande oval, hoch gewölbt, an der Bauchseite etwas abgeplattet, mit ganz seichter Längenrille in der Mitte; im ausgestreckten Zu- stande vorn spitz, spindelförmig oder schnabelartig lang ausgezogen und dann kreiselähnlich erscheinend, leder- häutig, gelblich weiss, glanzlos mit schwärzlich durchschei- nendem Darminhalte; der ganze Leib in etwa 30 bis 36 schmale Querwülste getheilt. Zweiter, dritter und vierter Leibeswulst von je einem Kranze nicht dicht stehender, brauner, in ein kurzes Haar auslaufender Zähnchen um- geben. Afterende dick, gerundet, mit einem kastanien- braunen, glänzenden, hornigen, etwas zapfenförmig vor- ragenden, abgerundeten Stigmenträger. Chitinskelett des Kopfes wie bei der Larve von Chrysotoxum hicinctum, an jeder Seite der Mundöffnung ein gabelig zweizähniger An- hang, indem auf einem kurzen, dicken Stamme zwei zapfen- artige, durch eine rundliche Ausbuchtung getrennte Zähne stehen. Puppe innerhalb der Larvenhaut, ein bis 8 mm langes, bis 4 mm dickes, lichtbraunes, von der ganz zusammenge- zogenen Larve nur durch die gebräunte Färbung unter- schiedenes Tönnchen. Einige vereinzelte Larven fand ich am 30. August Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 233 1874 in einem beraseten Erdhaufen auf einem Feldwege. Von dieser Fundstelle wurden am 20. Januar 1875 fünf Stück Larven eingeholt und in einem mit Erde von der Fundstelle gefüllten Glase unterhalten. Gegen Ende des Monats Mai trat die Verpuppung ein und am 12. Juni oder nach etwa dreiwöchiger Puppenruhe erschienen die ersten beiden männlichen imagines. Diesen folgten am 29. Juni ein drittes Männchen und am 27. Juni ein Weib- chen. Aus der fünften Puppe gingen am 10. Juli eine grössere Anzahl kleiner Schlupfwespen, Fteromalus punda- tus Ratzeb., hervor. Am 28. Februar 1876 fand ich in demselben Erdhaufen wiederum drei Larven, die sich am 21. Mai in Puppen verwandelt hatten, aus welchen letz- teren aber nur kleine Schlupfwespen in reichlicher Anzahl hervorgingen. Zwei Larven, die ich am 25. Mai 1879 auf einer Wiese in Erde fand und die sich am 1. Juni ver- puppt hatten, lieferten am 29. Juni und resp. am 4. Juli die imagines. 39. Syritta pipiens L. Larve: sehr contractu, im ausgestreckten Zustande 10 mm lang, 3 mm dick, fast stielrund, wenn kriechend etwas zusammengedrückt und dann nach beiden Leibes- enden hin etwas verschmälert, besonders nach dem Vorder- ende hin, 12gliederig, die Glieder mehrentheils in je vier Querwulste getheilt, schmutzig gelblich, glanzlos, kurz borstig, lederhäutig. An der Bauchseite des vierten bis einschliesslich zehnten Leibesgliedes ganz kurze, abge- stumpft kegelige, warzenförmige, an ihrer Spitze mit ganz kurzen Borstenzähnchen besetzte Kriechschwielen, welche zusammen in zwei Längenreihen stehen. Das meist ein- gestülpte Vorderende des ersten Leibesgliedes mit ganz kurzen, steifen, braunen, an der Basis breiten, oben spitzen, nach hinterwärts gerichteten, in zahlreichen Querreihen stehenden Borsten besetzt. Oberhalb der grossen Mund- öfPnung ein kurzer, dicker fleischiger Stamm mit einem etwa gleich langen aber etwas schmaleren aufgesetzten Zapfen oder Lappen, der zwei zweigliederige, kurze Taster 234 Beling: trägst; das erste Glied dieses Tasters stielrimd, kurz, unten dicker als oben, das zweite Glied aus zwei kurzen, zu- weilen ganz oder theilweise mit einander verwachsenen dünnen, grannenförmigen Spitzchen bestehend. Leibesende in der Regel durch anhaftenden Schmutz verdunkelt, an jeder Seite mit drei in einer Längenreihe stehenden dicken, mit dem übrigen Körper gleichgefärbten zapfenförmigen Hautzähneu, von denen der letzte jeder Reihe erheblich länger und meist etwas kräftiger als die übrigen zu sein pflegt. Am Ende des Aftergliedes ein horniger, licht- brauner, plattgedrückter, nach hinten hin etwas verschmä- lerter, in der Mitte der Oberseite wie der Unterseite mit einer Längeurille versehener, hinten gerade abgestutzter Stigmenträger. Puppe in der Larvenhaut, ein schmutzig gelblich w^eisses, nach hinten hin kegelig gespitztes, an der Bauch- seite wenig abgeplattetes, an der Rückenseite stark ge- wölbtes, am Thorax mit zwei kurzen, dicken, lichtbraunen, weit von einander entfernten, nach oben hin divergirenden, am Ende gerundeten hörnchenförmigen Armen, den zu Stielen ausgezogenen Vorderstigmen, versehenes Tönnchen. Eine sehr grosse Anzahl von klumpenweise zusam- menlebenden Larven fand ich zu Ende des Monats März im Felde neben einer Ackerstelle, auf welcher im Herbst zuvor Zuckerrüben eingemiethet gewesen waren, unter ver- wesendem Stroh und anderen in Zersetzung begriffenen vegetabilischen Substanzen, wovon sie sich augenscheinlich ernährten. Aus den mitgenommenen Larven gingen am 13. und 14. Mai je zwei, an den folgenden Tagen aber sehr zahlreiche imagines hervor. Ausser den in Vorstehendem gedachten Dipteren- Larven züchtete ich noch je eine imago von Systenus Scholtdi Loew mas aus faulem Buchenholz am 6. Juni, Medetercs dichrocerus Kowarz aus einer unter der Rinde eines todten Fichtenstammes gefundenen Puppe am 14. August, Porphyrops pectmatus Loew aus von einer feuchten Waldesstelle entnommener schlammiger Erde und Euthy- neura myrtilli Macq. am 29. Mai aus faulem Buchenholz, welches aus dem Walde mit nach Hause genommen war. Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 235 Die mir zeither im lebenden Zustande bekannt ge- wordenen Larven ans den in der Ueberscbrift dieser Ab- handlung genannten Dipteren-Familie mit Ausschluss der Syrphiden, lassen sich etwa folgendermassen charakteri- siren: sie sind stielrund, nach vorn hin in der Regel bald mehr, bald weniger spindelförmig verdünnt zumal krie- chend oder in ganz gestrecktem Zustande, weiss oder gelb- lich gefärbt, zwölfgliederig, das erste Glied mit dem zweiten aber meist dergestalt verschmolzen, dass sich die Grenze beider nicht immer deutlicb erkennen lässt. Der Kopf wird vertreten durch eine in der Regel braune oder schwarze, ovale oder linsenförmig gerundete, tief in die ersten Leibes- glieder zurückziehbare kleine Kieferncapsel, mit welcher zwei Paar verhältnissmässig lange, meist schmale, gelb- braun, kastanienbraun, schwarzbraun oder schwarz ge- färbte, zuweilen an ihren Hinterenden knopfförmig oder spateiförmig erweiterte und durch die ersten Leibesglieder in der Regel, wenigstens die oberen, sehr deutlich hin- durcbscheinende, bald ziemlich parallel laufende, bald nach hinten hin mehr oder weniger stark divergirende, zuweilen auch, wenigstens das obere Paar, lose Hornplättchen von verschiedener Gestalt und Färbung zwischen sich habende und dann eine bei derselben Art oder Gattung constante Nackenzeichnung einrahmende Gräten lose verbunden sind. Das wesentlich mit zur Unterscheidung benutzbare After- glied ist entweder kegelig, oder keilförmig zusammenge- drückt oder am Hinterende kugelig gerundet und dann an der kugeligen oder kuppeiförmigen Abrundung mit einem bald grösseren, bald kleineren, zuweilen ganz unbedeuten- den Hautzähnchen besetzt, in anderen Fällen dagegen endet das Afterglied mit vier bis fünf Hautzähnen oder Haut- zäpfchen und bei einer Larvenart (Symphoromyia crassi- cornis) mit zwei horizontalen Lippen. Bald ist das After- glied mit einer verticalen Stigmenspalte, bald mit zwei mehr oder minder weit von einander entfernten Stigmen in Horizontalstellung versehen, von denen zwei durch- scheinende Tracheen nach den an den Seiten des zweiten Leibesgliedes befindlichen, meist sehr kleinen und schwer auffindbaren Vorderstigmen ziehen. Die Bauchseite des 236 Beling: fünften bis einschliesslich elften Leibesgliedes ist mit bald mehr bald weniger stark ausgeprägten Kriechschwielen versehen, die in einigen Fällen ein fussstummelförmiges Ansehen haben und in eine Anzahl von Längenreihen ge- ordnet sind. Die Larven sind im Wesentlichen Erdefresser, zum Theil aber und unter Umständen vielleicht alle, arge Räuber, die andere Larven und Puppen angreifen und, indem sie dieselben aussaugen, tödten. Ein Theil dieser Larven ernährt sich von faulem Holz oder von sonstigen, in Zersetzung begriffenen oder schon tibergegangenen vege- tabilischen Substanzen. Zur näheren Bestimmung der in Rede stehenden Larven ist die nachstehende Tabelle nach analytischer Methode entworfen, welche im Laufe der Zeit wohl desto erheb- licheren Modificationen zu unterliegen haben wird, je mehr die noch sehr dürftige Kenntniss dieser Dipteren-Larven an Umfang gewinnt. 1. Afterglied am Hinterende mit einer verticalen Stigmen- spalte. Die oberen Kicferncapselgräten als ein schmales, braunes oder gelbbraunes, nach hinten hin verbreitertes oder auch in der Mitte erweiter- tes, zweizinkig endendes Band im Nacken der Larve durchscheinend. Tabanus, Haematopota und wahrscheinlich auch Chrysops. Afterglied mit zwei getrennt stehenden gefärbten Stig- men 2. 2. Die beiden Hinterstigmen stehen auf einem von Haut- zähnen umgebenen Felde 3. Die beiden Hinterstigmen sind von keinen Hautzähnen umgeben, es steht aber zuweilen ein Hautzahn unter denselben, oder das Stigmenfeld ist zwei- lippig 8. 3. Die Hinterstigmen am Ende des Aftergliedes sind von vier gleich grossen und ganz gleich gestalteten, in einem regelmässigen Viereck stehenden Hautzähnen umgeben. Larven sehr beweglich, mit schwarz- braunem Nackendreieck, welches durch ein zwischen Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 237 den beiden oberen Kieferncapselgräten befindliches Chitin- oder Hornplättchen gebildet wird. Leptis. Die beiden Hinterstigmen sind von vier oder mehr un- gleich grossen oder ungleich gestalteten Hautzähnen umgeben 4. 4. Die die Hinterstigmen umgebenden vier Hautzähne sind ziemlich gleich gross, die unteren oder die oberen an ihrer Basis mit einem kleinen Zähnchen oder dergestalt mit einer Erweiterung versehen, dass sie am Rande ausgekerbt erscheinen 5. Die die Hinterstigmen umgebenden vier Hautzähne sind ungleich gross, oder zwischen den oberen beiden Zähnen ist noch ein kleines Zähnchen eingefügt 6. 5. Von den das Stigmenfeld umgebenden vier Hautzähnen sind die beiden oberen an ihrer Aussenseite aus- gekerbt, resp. spitz ausgebuchtet, oder mit einem kleinen spitzen Nebenzähnchen versehen. Die oberen beiden Kieferncapselgräten sind durch ein farbiges Hornplättchen verbunden, so dass im Nacken der Larve ein breites braunes oder schwarzbraunes Band durchscheint. Chrysopüa. Von den gedachten vier Hautzähnen sind die unteren beiden an ihrer Aussenseite mit einem kleinen höckerförmigen Hautzähnchen besetzt. Die oberen beiden Kieferncapselgräten schwarzbraun, anfäng- lich nahe beisammen, erst jenseits der Mitte stark divergirend, am Ende knopfförmig erweitert. Dolichopus longicornis. 6. Von den vier die Hinterstigmen umgebenden Hautzähnen sind die oberen zwei merklich kleiner als die un- teren beiden. Kieferncapselgräten schwarzbraun 7. Von den vier die Hinterstigmen umgebenden Hautzähnen haben die oberen beiden noch ein ganz kleines Zähnchen zwischen sich. Die oberen beiden Kiefern- capselgräten am Ende knopfförmig erweitert. Argyra, Porphyrops, Dolichopus zum Theil. 238 Beling: 7. Die beiden oberen Hautzähne des Stigmenfeldes deut- lich, die oberen beiden Kieferncapselgräten am Ende knopfförmig erweitert. DolicJiopus zum Theil, Psilopus. Die beiden oberen Zähne des Stigmenfeldes sehr klein, höckerförmig, die oberen beiden Kieferncapselgräten am Ende kaum erweitert. Systenus. 8. Afterglied mit zweilippigem, intensiv braungelb ge- färbtem Stigmenfelde; die dunkleren, gelbbraunen grossen Stigmen unter der Oberlippe. Kiefern- capselgräten wie bei Chrysopila. Symphoromyia. Afterglied nicht zweilippig endend und ohne gefärbtes Stigmenfeld 9. 9. Afterglied mit einem die beiden weit von einander entfernt stehenden Hinterstigmen tragenden Zwi- schenringe 10. Afterglied ohne einen solchen Zwischenring, am Hinter- ende kugelig oder kuppeiförmig gerundet, an der Abrundung die beiden einander genäherten Hinter- stigmen und unter diesen ein Hautzahn oder Haut- zäpfchen 13. 10. Die hintere Abtheilung des Aftergliedes abgestumpft kegelig, an der Spitze mit braunem Hornfleck. Laphria. Die hintere Abtheilung des Aftergliedes anders ge- staltet, ohne Hornfleck 11. 11. Die hintere Abtheilung des Aftergliedes horizontal keil- förmig zusammengedrückt, mit stumpfer Schneide. Die oberen beiden Kieferncapselgräten als ein farbiges, zuweilen in der Mitte etwas erweitertes und zuweilen am Ende gabelig getheiltes Band durchscheinend. Äsilus. Die hintere Abtheilung des Aftergliedes kegelig 12. 12. Afterglied an seinem Ende stumpflich und daselbst mit zapfenförmigen Hautwarzen und mit langen steifen braunen Haaren besetzt. Mandibeln nicht Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. 239 gespreizt. Die oberen Kieferncapselgräten ge- nähert, als ein braunes oder schwärzliches, weiter- hin zweitheiliges helleres Band durch die ersten Glieder scheinend. Bioctria. Afterglied an seinem Ende stumpflich, zuweilen mit aufgesetzter ganz kleiner Kuppel, mit langen ab- stehenden Haaren, aber ohne Hautwarzen. Die kastanienbraunen Mandibeln nach vorn oder unten hin gespreizt resp. gabelförmig klaffend. Die oberen Kieferncapselgräten als ein anfänglich dun- keles, weiterhin gabelig getheiltes, schmales und helleres Band durch die ersten Glieder scheinend. Leptogaster. 13. Der unter den Hinterstigmen am Aftergliede befind- liche Zahn klein, meist höckerförmig und zu- weilen so unbedeutend, dass er leicht zu über- sehen steht 14. Der unter den Hinterstigmen befindliche Hautzahn grösser und leicht in die Augen fallend 15. 14. Die oberen beiden Kieferncapselgräten schwarzbraun, schmal, wenig divergirend, am Hinterende kaum erweitert. Hinterstigmen klein, punktförmig, braun, etwas zapfenartig vortretend, unterhalb derselben ein ganz kleines schuppenförmiges Zähnchen. Ocydromyia. Die oberen beiden Kieferncapselgräten schwarzbraun, am Ende knopfförmig erweitert, an der Basis der- selben ein verwaschener goldgelblicher Wisch. Hin- terstigmen gelbbraun, um etwa den Durchmesser des einen von einander entfernt, nicht zapfenartig vortretend, unterhalb derselben nur die Andeutung eines Hautzähnchens. Neurigona, 15. Der unter den Hinterstigmen befindliche Hautzahn sehr kurz aber meist verhältnissmässig breit oder dick- basig. Hinterstigmen gelbbraun, verhältnissmässig gross, um nicht mehr als den ein- bis zweifachen Durchmesser des einen von einander entfernt. Kie- 240 Beliug: Beitrag zur Metamorphose zweiflügeliger Insecten etc. f erncapselgräten in der Regel kastanienbraun, seltener schwarzbraun oder schwarz, die oberen beiden schmaler als die unteren und nach hinten ver- schmälert oder gespitzt. Empis, Rhamphomyia. Der unter den Hinterstigmen befindliche Hautzahn er- heblich grösser, meist mit seiner Spitze aufwärts gerichtet. Die kleinen punktförmigen, gelben oder gelbbräunlichen Hinterstigmen um vier bis sechs Durchmesser des einen von einander entfernt. Die oberen Kieferncapselgräten braun, an ihrem Ende nicht erweitert, bald schmaler, bald breiter als die unteren beiden. Hilara, Micropliorus. lieber dea Bau von Scliistocephalus dimorphus Creplin und Ligula simplicissima Rudolph!. Von Franz Kiessliiig aus Würzen. Hierzu Tafel XIV und XV. Die Untersucliungen, deren Resultat nachfolgende Arbeit ist, sind im Laboratorium des Herrn Geheimrath Prof. Dr. Leuckart augestellt worden. Sowohl für das Material, welches Herr Prof. Leuckart mir bereitwilligst zur Verfügung stellte^), als auch für das freundliche In- teresse, mit welchem er meinen Arbeiten folgte, und für die fördernden Rathschläge und Unterweisungen, welche er mir in schwierigen Fällen stets gern zu Theil werden Hess, ihm meinen herzlichsten Dank auszusprechen, ist mir deshalb angenehme Pflicht. Nachdem ich die Untersuchung des Scliistocephalus begonnen, wurde ich durch Herrn Geheimrath Leuckart darauf aufmerksam gemacht, dass Ligula simplicissima sich vermuthlich nur wenig von genanntem Thiere unterscheide, weshalb ich auch letztere mit in den Bereich meiner Unter- suchungen zog und fand, dass beide Cestoden bezüglich ihrer Organisation allerdings vielfache Berührungspunkte zur Schau tragen, dass indessen auch Unterschiede vor- 1) Auch von meinem Freunde Herrn Dr. Riehm in Halle empfing ich mehrmals schöne Exemplare von Schistoceplialus^ wofür ich ihm meinen Dank ausspreche. Archiv für Naturg., XXXXVIH. Jahrg. 1. Bd. 16 242 Franz Kiessling: banden sind, welche, im Gegensatze zu der Meinung Don- nadieu's, die generische Abtrennung beider unbedingt verlangen *). Die Aelinlichkeit beider tritt uns zuerst schon in ihrer Lebensgeschichte entgegen. Beide bewohnen im aus- gebildeten geschlechtsreifen Zustande den Darmtractus ver- schiedener Wasservögel, des Fischreihers, der Taucher, der Möven und anderer. Im Larvenzustande dagegen schma- rotzen sie in der Leibeshöhle von Fischen, und zwar in der Wei^e, dass Ligiäa den verschiedenen Weissfischarten, Schistocephalus dem Stichlinge, und zwar nur dem Gastero- steus acideatus^ inne wohnt. Im Allgemeinen wird man nicht grade häufig in der Lage sein, die in Frage stehen- den Cestoden zu erlangen, da einerseits die betreffenden Weissfische, die in fast allen Fällen an chronischer Peri- tonitis erkranken ^), stark abmagern, zum Theil ihre Fär- bung und ihre Schuppen verlieren und deshalb von den Fischern, noch ehe sie zu Markte gebracht, ausgesondert und weggeworfen werden, andrerseits der SchistocephaUis in seiner Verbreitung äusserst beschränkt zu sein scheint, da er auch in der weiteren Umgebung von Leipzig und Halle nirgends zu finden ist, wogegen er in den Seen, Gräben und Flüssen der Berliner Umgegend so massenhaft vorkommt, dass er mindestens in jedem zweiten Stichlinge angetroffen wird. Die betreffenden Stichlinge sind äusserlich leicht als inficirte zu erkennen, denn ihr Bauch ist durch den Para- siten ballonartig aufgetrieben, wodurch ihnen das Schwim- men sehr erschwert wird. Nicht nur, dass der Parasit 1) Ausser den Beobachtungen Leuckart's über beide Thiere, die derselbe in der 2. Auflage seines verdienstvollen Parasitenwerkes zerstreut niedergelegt hat, ist es noch eine Arbeit über Ligula von Donnadieu (Contribution ä l'histoire de la Ligule, Journal de l'anatomie et de la physiologie. Paris 1877), die ich vorzüglich zu berücksichtigen habe. Musste ich die Mittheilungen meines hochver- ehrten Lehrers überall bestätigen, so war ich bei denen von Don- nadieu nur selten in der gleichen Lage, wie meine weiteren Aus- führungen bezeugen werden. 2) Leuckart, Parasiten II. p. 479. Ueb. d. Bau von Schistoc. dimorphus Cr. u. Lig. simplicissima R. 243 das Thier belastet, nicht nur, dass er beim Durchschneiden des Wassers diesem einen beträchtlichen Widerstand leistet, er beeinträchtigt auch in hohem Grade die Beweglichkeit der Wirbelsäule. Daher kommt es auch, dass solche Fische mit Vorliebe an der Oberfläche des Wassers langsam dahin treiben, mehr als dahin schwimmen, und mit grosser Leich- tigkeit sogar mit der Hand gefangen werden können. Dadurch erreicht aber die Natur am besten ihren Zweck, den Zweck der Erhaltung jenes Schistocephalus ] denn grade jene an der Oberfläche schwimmenden und nach Luft schnappen- den — jedenfalls um durch Einpressen von Luft in den Darmtractus ihr hydrostatisches Gleichgewicht wieder her- zustellen — Fische sind es, welche am öftersten den Möven und Reihern zur Beute fallen; der Parasit wird zugleich mit seinem Träger verschluckt und gelangt so in seinen definitiven Wirth. In anderen Fällen kann er jedoch auch auf einer bestimmten Entwicklungsstufe nach Aussen durch- brechen ^), was immer den Tod seines Trägers zur Folge hat. Der Bandwurm treibt dann eine Zeit lang frei im Wasser umher, bis ihn ein Wasservogel verschlingt, in welchem er sich dann binnen ausserordentlich kurzer Frist zum geschlechtsreifen Thiere zu entwickeln scheint. Dies letztere suchte ich zu wiederholten Malen durch Ftttterungs- versuche zu beweisen, so zwar, dass ich sowohl die Schisto- cephaluslarven für sich, als auch mit solchen inficirte Stich- linge an Enten verfütterte, indessen gelang der Versuch niemals; die Würmer waren bereits zwölf Stunden nach der Fütterung vollkommen verdaut, ein Umstand, der mich um so mehr in Staunen versetzte, als Donn adieu ^j die so nahe verwandte Ligula mit Leichtigkeit in Enten züchten konnte; ich glaube deshalb aber auch in die Angabe Diesing's ^), dass Schistocephalus auch in Enten vorkomme, gerechten 1) Steenstrup, Overs. kongl. danske videnskab. selsk. for- handl. 1857. pag. 166, übersetzt in den Halle'schen Jahrbüchern für die ges. Naturwissensch. 1859. Bd. XIV. p. 475. — Dasselbe gilt auch von Ligula. (Vergl. Bloch, Abhandlung von der Erzeugung der Eingeweidewürmer. 1782. S. 2.) 2) Donnadieu, Contribution etc. 3) Die sing, Systema helminthum, Bd. I. pag. 585. 244 Franz Kiessling Ö Zweifel setzen zu dürfen. Wenn demnach meine Fütterungs- versuche auch nur ein negatives Resultat lieferten, so kann ich doch nicht umhin, meine Behauptung bezüglich der schnellen Entwicklung des Schistocephalus aufrecht zu er- halten. Ich stütze mich dabei einmal auf den ausseror- dentlich hohen Grad der Entwicklung, welchen die Ge- schlechtsorgane der Larve zeigen, andrerseits auf die un- verkennbare Aehnlichkeit mit Ligula simplidssima, welche nach Donnadieu's Versuchen, vorausgesetzt, dass sie vorher die nöthige Grösse und Ausbildung besass, bereits in vierundzwanzig Stunden ihre Geschlechtsreife erlangt, und wenn dieselbe erreicht ist, auch nach kurzer Zeit dem Träger abgeht, denn die Dauer des Parasitismus beträgt, nach genanntem Forscher, nicht mehr als 2V2 Tage. Es sei mir noch verstattet, mit wenig Worten eine Beschreibung der äussern Form beider eigenthümlichen Cestodenlarven zu geben, bevor ich auf eine genauere Dar- legung des feineren Baues unserer Würmer eingehe. Die Larve von Schistocephalus hat schon äusserlich vollkommen den Habitus eines Bandwurmes. Der nach vorn zu lanzettförmig zugespitzte oder auch mehr abge- rundete Körper ist flach, bandförmig und deutlich in eine grosse Summe von Gliedern getheilt. Seine Länge kann bei vollkommen ausgestreckten Thieren 10 cm und mehr, seine Breite 1 cm betragen, und so dürfen wir uns nicht wundern, wie der Leib eines so kleinen Fisches wie des Stichlings durch diesen Cestoden ausserordentlich aufge- trieben wird, und das Gewicht des Parasiten das des Trägers oft übertrifft. Ohne mikroskopische Vergrösserung gelingt es uns kaum, am Kopfe eine sehr kleine Vertiefung wahrzunehmen (Fig. 6 G), welche ganz auf dem Scheitel sich befindet und wohl kaum physiologische Bedeutung hat, da sie den ziemlich mächtig entwickelten, dorsal und ventral des Scheitels gelegenen beiden Saugnäpfen des ausgebildeten Thieres weder der Zahl noch der Lage nach entspricht, und das Thier auch bei der Art seines Aufent- haltes in der Leibeshöhle eines Haftorganes durchaus nicht bedarf. Die Glieder der Kette haben die Gestalt eines niedrigen Trapezes und sind trichterförmig ineinander üeb. d. Bau von Schistoc. dimorphus Cr. u. Lig. simplicissima R. 245 geschoben, so dass der Hinterrand einer jeden Proglottis frei über den Vorderrand der nächstfolgenden hervorragt. Das Hinterende der ganzen Kette verschmälert sich all- mählich, um schliesslich bald ganz spitz, bald mehr abge- rundet zu endigen. In der Medianlinie des ganzen Band- wurmkörpers erblicken wir auf der Bauchseite eine er- habene Linie, welche sich bei genauerer Betrachtung als aus erhabenen Punkten zusammengesetzt erweist, von denen je einer auf ein Glied kommt. Es sind dies die Mün- dungsstellen des männlichen Geschlechtsapparates, welcher, wie auch der weibliche mit seinen beiden Oeffnungen, bei der Larve schon vollkommen entwickelt ist und nur der ausgiebigeren Nahrungs- und Wärmezufuhr im Darme des definitiven Trägers harrt, um mit der Entwicklung der Geschlechtsprodukte zu beginnen. Ist der Schistocephdlus in seinen definitiven Wirth übertragen, so beginnt, von hinten nach vorn fortschreitend, die Ausbildung der Geschlechtsreife, und zwar tritt dabei eine so starke Streckung ein, dass die Breite des Gliedes auf die Hälfte herabsinkt, die Länge natürlich wesentlich zunimmt. Die Geschwindigkeit dieser Ausbildung liegt namentlich an solchen Exemplaren klar auf der Hand, bei welchen eine Proglottis schon geschlechtsreif ist, während die nächst vorhergehenden sich noch vollkommen im ur- sprünglichen Zustande befinden, so dass durch die Ver- schmälerung der geschlechtsreifen Glieder gegenüber den ungeschlechtlichen ein ganz scharfer Absatz geschlechts- reif e und unreife Glieder trennt und dem ganzen Band- wurme ein höchst merkwürdiges Aussehen verleiht. Dies wird noch erhöht durch den Umstand, dass wahrscheinlich in Folge eines Häutungsprocesses, von welchem unten des weiteren gesprochen werden soll, die äusserliche Ringelung und damit die äusserliche Trennung der Glieder ver- schwindet, während die mit dunkler Farbe durchscheinen- den Uteruseier eine solche auf andere Weise wieder etwas hervortreten lassen. Die Larve von Ligida simplicissima ist äusserlich ganz ungegliedert; sie hat auch weit weniger die Form eines Bandes, sondern ist dick und im Querschnitt oft fast 246 Franz Kiessling: oval, ohne scharfe Seitenränder. Ihre Länge ist weit be- trächtlicher als die der Schistocephaluslarve; sie beträgt 20 bis 25 cm bei schwankender Breite und Dicke. Eben- sowenig wie bei Schistocephaliis finden sich Haftapparate am Kopfabschnitte unserer Larve, und aus gleichem Grunde wie dort fällt uns dieser Mangel physiologisch betrachtet keineswegs auf, wenn auch entwicklungsgeschichtlich ein Auftreten so kräftiger Saugnäpfe innerhalb weniger Stunden im höchsten Grade bemerkenswerth sein dürfte. Die Sa- gittalebene des Thieres ist auch hier auf der Bauchseite durch eine Linie markirt, welche indessen nicht erhaben wie bei Schistocephalus, sondern vertieft erscheint, indem die Mündungen der bereits sehr vollständig angelegten Genitalorgane in das Innere des Bandwurmkörpers einge- zogen sind. Die Geschlechtsapparate zeigen indessen bei weitem noch nicht die hochgradige Entwicklung wie bei ScJiistocephaUis ; und um so mehr wird darum die Richtig- keit meiner Behauptung erhellen, dass letztgenannter Pa- rasit ^ich mindestens eben so schnell entwickelt als Ligula, deren Entwicklungsdauer von Donnadieu experimentell auf 1 — 2V2 Tage festgesetzt worden ist. Auf diesen kann ich denn auch bezüglich der Entwicklung der Ligulalarve im definitiven Träger verweisen und füge nur noch hinzu, dass man auch bei ihr jene stufenmässige Absetzung der geschlechtsreif en Glieder von den ungeschlechtlichen hin- reichend oft zu constatiren in der Lage sein wird. Ueber meine Untersuchungsmethoden bemerke ich noch, dass frische Thiere mir nur selten zur Verfügung standen; meist wurde die Zerzupfung gehärteter Präparate, mehr noch die Zerlegung derselben in Schnittserien ange- wendet. Die Erhärtung geschah in Alkohol, Chromsäure oder Müller'scher Flüssigkeit; die Färbung durch Haema- toxylin und Picrocarmin. Eine Doppelfärbung durch beide Substanzen liess vorzüglich die drüsigen Elemente (Eier- stock, Hoden und Dotterstock) sehr schön blau gefärbt aus dem übrigen rothen Gewebe hervortreten. Ueb. d. Bau von Schistoc. dimorphus Cr. u. Lig. simplicissima R. 247 Parenchym* Da unsere beiden Würmer, wie alle Cestoden, zu den parenchymatösen Würmern gehören, so habe ich zunächst dieses Parenchymgewebe, in welches alle Organe einge- bettet sind, zu besprechen. Man kann dasselbe am besten auf feinen Querschnitten studiren, und zwar verdienen solche, welche mit Haematoxylin gefärbt sind, vor anderen den Vorzug. Diese Grundsubstanz erscheint immer schwächer ge- färbt als alle anderen sie umgebenden Theile des Band- wurmes, und gewährt das Bild einer Gewebsmasse, die aus Zellen zusammengesetzt ist, deren Gestalt von der voll- kommen runden bis zur ausgeprägtesten ovalen Form va- riirt. Die runden zeigen einen Durchmesser von 0,001 — 0,013 mm und ihre, immer lebhaft gefärbten Kerne fast constant einen solchen von 0,003 mm. Diese Zellen haben einen feinkörnigen Inhalt und liegen eingebettet in einem zierlichen Netze von Intercellularsubstanz, das aus feinen, bald runden, bald platten Fasern gebildet wird, die meist sehr intensiv gefärbt erscheinen, wenigstens intensiver als die zwischen ihnen liegenden Bindegewebszellen. Seine Maschen zeigen die verschiedensten, unregelmässigsten For- men und sind oft nur zum geringsten Theile von den in ihnen liegenden Bindegewebszellen ausgefüllt oder erschei- nen auch vollkommen leer : die Bindegewebszellen sind zu Grunde gegangen oder es haben sich nur ihre Zellkerne erhalten. Gegen die Cuticula hin liegen die Bindegewebszellen dichter, so dass sie einen dunklen Streifen bilden, der sich von dem übrigen Parenchym merklich abhebt, ohne jedoch auch nur im geringsten eine vollständige, feste Ab- grenzung gegen das darunter liegende Gewebe zu zeigen; es ist dies die gewöhnlich als Subcuticula bezeichnete Schicht. Den allmählichen Uebergang aus dem übrigen Gewebe in dieses verdichtete nicht mit gerechnet, schwankt sein Durchmesser zwischen 0,029—0,038 mm. Bei den geschlechtsreifen Thieren ist derselbe fast überall gleich, aber bei den Larven zeigt er sich an den Stellen, an denen 248 Franz Kiessling: eben die Cuticula erneuert worden ist, bedeutend kleiner als an solchen, wo eine ältere Cuticula aufliegt; dafür liegen an jenen Stellen die Zellen aber auch dicht ge- drängter neben einander, so dass die ganze Schicht schwie- riger in ihre einzelnen Bestandtheile aufzulösen ist. Das Protoplasma der einzelnen Zellen ist dort verschmolzen und bildet eine dunkelkörnige Masse, aus welcher sich nur die einzelnen Zellkerne durch intensive Färbung ab- heben. Wo es möglich ist, diese Gewebslage in einzelne Zellen aufzulösen, erscheinen diese als bald mehr, bald weniger längliche Zellkörper, die meist senkrecht gegen die Cuticula gerichtet sind, häufig genug aber, vorzüglich nach den Seiten hin, auch Verschiebungen eingehen, und die an beiden Seiten in fadenförmige Enden auslaufen. Die gegen die Cuticula hin gerichteten Enden sind nur kurz und schwierig zu erkennen, die anderen lassen sich jedoch oft weit in das Körperparenchym hinein verfolgen. Diese Zellenlage ist wegen der eben dargelegten Beschaffen- heit und wegen des weiter unten beschriebenen Hautmus- kelschlauches nicht als Matrix der Cuticula anzusehen, wofür sie von Sommer-Landois 0? Schiefferdecker 2) und Steudener^) erklärt worden ist, und wofür sie offen- bar auch Donnadieu^) gehalten hat, da er nur die Mittel- schicht von Ligula mit Parenchym erfüllt sein lässt ^). Die dichtere Bindegewebslage unterhalb der Cuticula von Ligula ist mächtiger entwickelt als die von Schisto- cephahis, da ihr Durchmesser von 0,033 — 0,049 mm wächst. Plasmatische Canäle, wie sie Sommer-Landois bei 1) Sommer-Landois: üeber den Bau der geschleohtsreifen Glieder von Bothi'iocephalus latus. (Zeitschrift für wissensch. Zoo- logie XXII. 1.) 2) Schiefferdecker: lieber den feinern Bau der Taenien. (Jenaische Zeitschrift für Naturw. Bd. VIIL) 3) Steudener: Ueber ^en feineren Bau der Cestoden. Halle 1877. Abhandl. der naturf. Ges. zu Halle Bd. XIII. 4) Donnadieu: Contribution etc. pag. 463. 5) Vergl. auch Leuckart: Parasiten. Bd. IL 2. Aufl. pag. 365—67. Ueb. d. Bau von Schistoc. dimorphus Cr. u. Lig. simplicissima R. 249 Bothriocephdltis latus beschrieben haben, habe ich weder bei ScJiistocepJmhis noch bei Ligula nachweisen können. Allerdings befindet sich zwischen der äussersten Eing- muskelschicht und dem gewöhnlich als Subcuticiüa bezeich- neten Gewebe ein Gefässsystem, welches, ein unregel- mässiges Netzwerk bildend, das ganze Thier umhüllt. In- dessen kann ich nicht mit Bestimmtheit angeben, welchen physiologischen Zwecken es dient und ob dasselbe nicht als ein Theil jenes excretorischen Gefässapparates zu be- trachten sein dürfte, dessen Hauptstämme in der Mittel- schicht des Thieres, d. h, eingeschlossen vom Parenchym- muskelschlauch, verlaufen. Kalkkörperchen. In dem Körperparenchym befinden sich die, von an- deren Cestoden her unter dem Namen der Kalkkörperchen genügend bekannten festen Concretionen. Ich entsinne mich aber, dieselben bei verschiedenen Taenien und auch bei JBothriocepJiahis latus häufiger gesehen zu haben als bei unseren Thieren. Es sind Körperchen von meist runder, nicht selten auch ovaler Gestalt, deren Grössendurchmesser nie mehr als 0,013 mm beträgt. Häufig genug konnte ich auch jene Schichtung an ihnen bemerken, welcher zufolge man ihr Aussehen mit dem von Amylonkörnern verglichen hat. Sie färben sich mit allen Farbflüssigkeiten sehr in- tensiv. In den geschlechtsreifen Thieren erscheint, wie auch Leuckart an anderen Cestoden beobachtet hat ^), ihre Zahl weit geringer als in den Larven, nicht nur weil sämmtliche Gewebe eine ausserordentliche Pehnung er- fahren haben, sondern auch weil die beim Wirthswechsel auf unsere Thiere einwirkenden Magensäuren einen grossen Theil von ihnen aufgelöst haben. Hohlräume bezeichnen die Stellen, an welchen sie sich befanden und fallen als rundliche, ungefärbte Punkte ins Auge. Was die Lage dieser Kalkkörperchen betrifft, so sagt Donnadieu^), dieselben befänden sich vorzüglich unter 1) Leuckart: Parasiten. II. Bd. pag. 359. 2) Donnadieu: Contribution etc. pag. 461. 250 Franz Kiessling: der Haut, und zwar zwischen Cuticula und Längsmusku- latur dicht zusammengewürfelt in einer Schicht, die er die „Zone corpusculaire" oder „zone calcigere", die Zone, „welche die Kalkkörperchen erzeugt^^ nennt. Er hat die- selben auch in anderen Theilen des Körpers beobachtet, meint jedoch, dass sie dorthin nur gekommen seien durch den Druck, der auf das Objekt ausgeübt worden ist, oder durch die Beobachtungsflüssigkeit, die ihnen gestattet, im Körper vorzudringen. Diese Angaben Donnadieu's kann ich in keiner Weise bestätigen; niemals habe ich beobachten können, dass die Kalkkörperchen eine besondere Schicht des Kör- pers für sich in Anspruch nähmen. Vielmehr liegen die- selben fast gleichmässig durch das ganze Körperparenchym vertheilt, und finden sich nur an solchen Orten, wo em- pfindliche Organe, z. B. das Nervensystem, gelegen sind, in beträchtlicherer Menge. So habe ich sie namentlich im Kopfe der Schistocephalus- und Ligulalarve in der Umgebung der beiden Ganglien in ungemein grosser An- zahl gefunden. Sie dienen offenbar dazu, beim Wirths- wechsel diese wichtigsten aller Organe, welche so nahe der Oberfläche liegen, vor dem Einflüsse der verdauenden Magensäfte zu schützen, indem sie dieselben neutralisiren und so unwirksam machen. Cuticula. Nach aussen hin wird der Bindegewebskörper unserer Thiere von einer Haut, der sogenannten Cuticula, umgeben, deren Dicke ^bei Schistocephalus nicht überall vollkommen gleich ist, sondern zwischen 0,0149 — 0,0182 mm wechselt. Sie ist am dicksten in der Mitte der dorsalen und ventralen Fläche und wird immer dünner nach den beiden Seiten zu. An den meisten mit Carmin gefärbten Querschnitten der Larve sowohl als des geschlechtsreifen Thieres von Schistocephalus kann man zunächst deutlich zwei Streifen unterscheiden, die in Bezug auf ihre Empfänglichkeit für Carminfärbung ein verschiedenes Verhalten zeigen. Der äusserste, von dem darunter liegenden nicht scharf abge- Ueb. d. Bau von Schistoc. dimorphus Cr. u. Lig. simplicissiraa R. 251 grenzte Streifen erscheint dunkler gefärbt als jener und hat einen verschiedenen Dickendurchmesser (Fig. 3. Cu'), während die darunter liegende Schicht wenig gefärbt und 0,0083-0,0096 mm dick ist (Fig. 3. Cu"). Die letztere ist nach innen zu scharf abgegrenzt gegen einen Streifen von Muskulatur (Fig. 3. Hm), auf welchen ich weiter unten zurückkommen werde, und zeigt ein vollkommen homo- genes, an allen Stellen des Körpers sich gleich bleibendes Aussehen, während der äussere Streifen bald mehr, bald weniger granulirt erscheint. Die Cuticula wird senkrecht durchsetzt von einer zahllosen Menge feiner Porenkanälchen, welche zuerst Sommer- Landois bei Bothrtocephaliis latus nachgewiesen haben, und welche sich auf Querschnitten durch eine feine Strichelung der Cuticula kundgeben, auf Flächenschnitten dagegen derselben ein punkfcirtes Aussehen verleihen. Nur auf äusserst feinen Schnitten und bei sehr starker Ver- grösserung konnte ich diese Porenkanäle wahrnehmen, da sie sich ihrer Enge halber in den meisten Fällen der Be- obachtung entziehen. Diese eben beschriebene Cuticula ist nun keine con- sfant sich gleich bleibende Bildung, sondern ist während des Wachsthums unseres Thieres einer fortwährenden Ver- änderung unterworfen, dahin gehend, dass eine Abstossung und Erneuerung derselben stattfindet ^), was uns bei dem vermuthlich schnellen Wachsthume unseres Parasiten nicht Wunder nehmen darf. Die äussere, fein granulirte Schicht, deren Gefüge sich immer mehr lockert, ist das Produkt einer Zersetzung der Cuticula. Sie hebt sich mehr und mehr von der darunter liegenden Cuticula ab, bis ihr Zusammenhang mit derselben sich endlich ganz löst. Diese Lostrennung ist nicht eine gleichmässige und überall gleich- zeitige, sondern beginnt in der Mittellinie des Körpers, da also, wo durch Entwicklung des eingelagerten grössten Theiles des reproduktorischen Apparates das Wachsthum des Dickendurchmessers ein viel grösseres ist als an den 1) Leuckart gebührt das Verdienst, zuerst solche Häutungen nachgewiesen zu haben. (Parasiten, IL pag. 362.) 252 Franz Kiesslins: o Seiten. Oft habe ich beobachten können, dass in der Mitte der dorsalen und ventralen Fläche die granulirte Schicht der Cuticula sich vollkommen losgelöst hatte, so dass der darunter liegende weniger gefärbte Streifen die oberste Begrenzung bildete, auf welcher nicht die geringsten Spuren von Auiiagerungen zu bemerken waren, während auf beiden Seiten die granulirte oberste Schicht noch im innigsten Zusammenhange mit der darunter liegenden sich befand. Oft sah ich auf dieser losgelösten Lage noch eine zweite und sogar eine dritte solche, deren Gefüge immer lockerer wurde und die sich mehr und mehr von der Oberfläche des Wurmes abhoben, trotzdem aber noch deutlich genug als ehemalige Membranen zu erkennen waren. Diese auf- gelagerten Häutungsprodukte besitzen oft einen bedeutend grösseren Dickendurchmesser als die unter ihnen befind- liche Cuticula. Diese eben dargelegten Beobachtungen sind, wie ich schon oben erwähnt, an der Larve von Schistocephalus an- gestellt worden. Bei den geschlechtsreifen Gliedern findet eine Häutung nicht mehr statt. Die Cuticula erscheint hier als eine vollkommen homogene, wenig gefärbte Masse, wie ich sie schon oben beschrieben habe, die nur noch selten granulöse Auflagerungen trägt. Sind solche aber doch noch vorhanden, so sind sie nur gering, haben eine unregelmässige Gestalt, ganz lückenhafte Anordnung und lassen sich deutlich als die letzten Reste jenes Häutungs- processes erkennen. Es sind das wohl dieselben Produkte, die von einigen Forschern (Sommer, Schief ferdeckerj als Härchen, Cilien oder Fädchen gedeutet worden sind. Nach Donnadieu^) besteht die Körperbedeckung von Ligula aus einer, wenige Lagen enthaltenden Epidermis. Diese Lagen nehmen von der obersten nach der untersten hin an Dicke zu. Er bemerkt noch, dass diese Bedeckung verschieden sei von der anderer Helminthen, z. B. GordiuSy ohne jedoch einen Grund dafür anzugeben. Alsdann rechnet er zur Haut (peau) noch die unter dieser Epidermis sich befindende Schicht bis zur Längsmuskulatur, (wohl die 1) Do nn adieu, Contribution etc. p. 462. üeb. d. Bali von Scbistoc. dimorphus Cr. u. Lig. simplicissima R. 253 sogen. Subcuticula), welche iu ihrem untersten Theile reich an Kalkkörperchen sei, weshalb er sie als die schon er- wähnte „zone corpusculaire^' bezeichnet. Dass vorzüglich letztere Angabe eine vollständig irrige ist, ist schon nach einem oberflächlichen Einblicke in die Organisation unseres Thieres ersichtlich; denn zwischen Längsmuskulatur und Cuticula breitet sich ein umfangreicher Drtisenapparat aus. den Donnadieu vollkommen übersehen hat. Dass die Cuti- cula unseres Cestoden nicht gleich sei derjenigen anderer Helminthen, z. B. Gordius, ist allerdings sehr richtig; denn bei genanntem Nematoden findet sich zwischen Cuticula und Hautmuskelschlauch eine weiche, feinkörnige, Kerne enthaltende Subcuticularschicht, welche als Matrix der Cuticula anzusehen ist, während eine solche Matrix, wie schon oben erwähnt worden, bei unseren beiden Cestoden fehlt. Richtig ist ferner auch, dass bei Ligiäa die Schichten der Cuticula nach aussen hin an Stärke abnehmen. Die gesammte Cuticula hat einen Durchmesser von 0,016 — 0,018 mm. Die innerste, mächtigste Schicht der Cuticula misst 0,007 mm und besteht aus einer völlig homogenen Substanz, die für Carminfärbung nicht empfänglich ist und deshalb ihr dunkelgelbes Aussehen bewahrt hat, während sie bei Haematoxylinfärbung im Gegentheile ganz dunkel erscheint (Fig. 4. Cu). Auf sie folgt eine zartere, schmä- lere, ebenfalls homogene Schicht von 0,004 — 0,005 mm Durchmesser, die sich gegen Carmiu auch unempfänglich verhält, aber heller aussieht als die vorige. In Haema- toxylin färbt sie sich nur schwach, Sie zeichnet sich aus durch eine grosse Anzahl schwarzer Pünktchen, die bald in einfacher, bald in mehrfacher Reihe neben einander verlaufen. Ist das erstere der Fall, so beschreiben sie oft über lange Strecken hin eine zarte Bogenlinie, während in anderen Fällen nicht die geringste Regelmässigkeit in ihrer Anordnung zu erkennen ist. Auch in Bezug auf ihre Grösse weichen sie sehr von einander ab: Erscheinen sie oft als kleine Pünktchen, so haben sie doch nicht selten auch einen Durchmesser, welcher grösser ist als derjenige der Cuticularschicht, in welche sie eingelagert sind, so dass sie zum Theil mit in die darüber oder darunter be- 254 Franz Kiessling: findliche Schicht zu liegen kommen. Es scheint diese Schicht viel Aehnlichkeit mit der zu besitzen, welche Schiefferdecker auch bei Taenien aufgefunden hat und dort als die ,,feinpunktirte Schicht" bezeichnet. Ob, wie genannter Forscher sagt, diese Punkte die Enden von Sehnen der mm. dorso-ventrales sind, wage ich nicht zu behaupten (Fig. 4. Cu'). Hierauf bemerken wir eine dritte, ebenfalls strukturlose Schicht von 0,003— 0,004 mm Durch- messer, die sich sowohl in Carmin wie in Haematoxylin schwach färbt (Fig. 4. Cu"). Die vierte Schicht ist von geringer Mächtigkeit, denn ihr Durchmesser beträgt nur 0,0016 mm (Fig. 4. Cu"')- Sie ist stets dunkel gefärbt, scharf von der darunter liegenden Schicht abgegrenzt und oft mit dieser nur in geringem Zusammenhange, nicht selten stellenweise ganz von ihr losgelöst. Da ihr Vor- kommen kein constantes ist, ist wohl die Annahme be- rechtigt, dass sie, zur dritten Schicht gehörig, nichts weiter ist als die oberste, veränderte Lage derselben, welche von Zeit zu Zeit abgestossen wird. Büschelförmige, körnige Protoplasmafäden habe ich weder bei Ligula noch bei Schistocephalus auf der Cuticula bemerken können. Muskulatur. Leuckart^) unterscheidet in der neuesten Auflage seines allbekannten Parasitenwerkes die in der Bindesub- stanz des Körpers hinziehenden Muskeln als Parenchym- muskeln von den subcuticularen Fasern, welche er als Hautmuskelschlauch in Anspruch nimmt, eine Unterschei- dung, welcher auch ich mich bei meinen Ausführungen anschliessen werde. Hantmnskelschlanch. Bei Donnadieu geschieht desselben keine Erwäh- nung, obwohl Ligula sowohl wie Schistocephalus ein peri- pherisches System von Fasern besitzen, das sich unmittelbar 1) Leuckart, Parasiten, II. 2. Aufl. pag. 368, G9. üeb.'d. Bau von Schistoc. dimorphus Cr. u. Lig. simplicissima E. 255 unter der Cuticula ausbreitet und auf feinen Flächen schnitten ein zartes Gitterwerk bildet, während auf Querschnitten die eine, äussere, als deutliche Ringmuskulatur erscheint (Fig. 3 u. 4. Hm\ die Elemente der andern aber als kleine, runde Pünktchen oder Körnchen, welche jener in geringen, fast regelmässigen Abständen nach innen zu anlagern (Fig. 3 u. 4 Hm'). Die Details über die erstere, die Ring- muskulatur, lassen sich am besten auf feinen Querschnitten, die über die letztere auf Flächenschnitten studiren. Die äussere Riugmuskulatur liegt in ihrem ganzen Verlaufe der Cuticula an und hat einen Durchmesser von 0,002 mm. Querschnitte von Schistoceplialus bringen weit mehr als solche von Ligula zu der Ueberzeugung, dass dieser Streifen wirklich Muskulatur und nicht etwa eine Lage der Cuticula ist. Dort tritt nämlich, wie unten des weiteren beschrieben werden wird, ein gesondert im Pa- renchym verlaufender Streifen von Quermuskulatur auf, welcher mit dem in Frage stehenden nach Färbung und Bau vollkommen gleicher Bildung ist. An diese peripherischen Ringmuskeln lagern sich Muskelzellen an, die in der Längsrichtung des Thieres verlaufen. Sie sind spindelförmig und ihr grösster Durch- messer beträgt 0,001 —0,004 mm, während ihre Länge zwi- schen 0,079—0,265 mm variirt. Sie siiid meist einfach, nicht selten jedoch spalten sie sich von der Mitte aus oder erst am Ende in zwei Theile. Alle verlaufen in gerader Linie oder doch nur leicht gewellt. • Parencliymmuskeln. Die Parenchymmuskeln von Sdiisfocephalus gehören zu den glatten Muskeln, denn sie bestehen aus lang ge- streckten, völlig homogenen Faserzellen, die sämmtlich eines Kernes entbehren. Sie halten, wie es bei allen Cesto- den der Fall ist, drei Verlaufsrichtungen inne, den drei Dimensionen des Raumes entsprechend, und wir unter- scheiden deshalb Quer-, Längs- und Sagittalmusk-eln. Die ersteren erscheinen auf Querschnitten als drei von einander gesonderte Muskellagen (Fig. 3. M', M", M'"), deren einzelne Muskelfasern in der innersten dicht an ein- 256 Franz Kiessling: ander liegen ; die beiden äusseren Streifen hingegen zeigen eine lockere Anordnung und der äusserste fehlt sogar auf vielen Querschnitten vollständig. An den Seitenrändern spalten sich die Enden der Muskeln oft dichotomisch und breiten sich dann nach der Cuticula hin schwach fächer- förmig aus. Hier werden sie alsdann auch von einigen Zügen der Längsmuskulatur durchsetzt, was vorher niemals geschieht. Der innerste und mittlere dieser Muskelzüge nehmen nach den Seiten zu an Dicke ab, während der äussere überall fast gleichmässig stark bleibt. Der innerste, mächtigste Muskelzug hat eine grösste Dicke von 0,099 mm (Fig. 3. M'). Seine Bündel, die sich nur in der Mitte der ventralen Fläche trennen, um den Ausführungsgängen des Genitalapparates den Durchtritt zu gestatten, liegen dicht bei einander und bilden zwei Muskelpl^ten, welche die Mittelschicht einschliessen. In der letzteren gehen neben den dicken Muskelbündeln oft noch einige Fasern nebenher, die jenen mehr oder weniger eng anliegen. Wenn wir auf feinen Querschnitten der Larve von dieser inneren Muskelplatte nach aussen zu gehen, so sehen wir eine Lage quer durchschnittener Längsmuskeln (Fig. 3. Lm'), auf welche die erste Anlage des Dotterstockes folgt. Längsmuskulatur und Anlage des Dotterstockes werden eingeschlossen von einer zweiten Quermuskellage, die nur 0,013 mm dick ist und nach den Seitenrändern zu auch an Dicke abnimmt ^(Fig. 3. M''). Ich will dieselbe zum Unterschiede von der obigen die mittlere Quermuskellage nennen. Ihre einzelnen Faserzüge sind nicht so dicht zu- sammengedrängt wie die der innersten, sondern liegen ganz locker auf und neben einander. In den geschlechts- reifen Thieren wird der Dotterstock nicht mehr von der- selben eingeschlossen, sondern breitet sich ausserhalb dieser Muskellage aus. Auf diesen mittleren Quermuskelzug folgt eine schmale Längsmuskelschicht (Fig. 3. Lm") und oberhalb derselben sieht man dann auf manchen Querschnitten abermals Quer- muskeln, die ich als äusserste Quermuskulatur bezeichnen will (Fig. 3. M"')' Es sind hier auch mehrere Muskelfasern Ueb. d. Bau von Schistoc. dimorphus Cr. u. Lig. simplicissima R. 257 ZU kleinen Bündeln gruppirt, die aber nie dicker als 0,003 mm sind und sich auch nicht zu einer zusammen- hängenden Lage vereinigen, sondern erst nach unregel- mässigen Abständen wiederkehren, weshalb sie sich auch nicht auf allen Querschnitten vorfinden. Diese äusserste Quermuskulatur ist es auch, welche, wie ich schon oben erwähnte, den Ringfasern des Hautmuskelschlauches voll- kommen gleich ist. Der inneren Quermuskulatur folgen nach aussen Mus- keln, deren Fasern ebenfalls zu grösseren oder kleineren Bündeln gruppirt sind und die ganze Länge des Thieres durchsetzen, sie sind die grössten und stärksten des ganzen Cestoden. Die Mächtigkeit dieser Längsmuskellage (Fig. 3. Lm'), welche man am besten auf Querschnitten beurtheilen kann, beträgt in der Mitte des Körpers, da, wo der Uterus sich ausbreitet, höchstens 0,016 mm, steigt aber bald bis 0,49 mm, um an den Seitenrändern wieder bis auf 0,016 mm herabzusinken. Ausserhalb der mittleren Quermuskulatur befindet sich ein zweiter Längsmuskelzug, der in der Mittellinie 0,033 mm, an den Seitenrändern aber nur 0,008 mm dick ist. Die Bündel dieser äusseren Längsmuskulatur (Fig. 3. Lm") sind dünner, lockerer und verlaufen in weiteren Abständen von einander als die der inneren. Die dritte Art von Muskeln sind die Sagittalmuskeln (Fig. 3. Sm), welche, keine besondere Schicht bildend, sondern in unregelmässigen Abständen von einander von der dorsalen zur ventralen Fläche hin in der ganzen Dicke des Gliedes verlaufend, sowohl der Rindenschicht wie der Mittelschicht angehören. In ersterer sind sie natürlich we- niger bemerklich als in letzterer, da sie hier mit Ausnahme der Muskeleinrichtungen, welche mit den Geschlechtsorga- nen zusammenhängen, die einzigen contraktilen Elemente bilden. Oft genug kann man beobachten, wie sie sich bis zur Cuticula hinziehen und sich an derselben, nachdem sie sich nicht selten dichotomisch gespalten haben, inse- riren. Sie verlaufen meist in einzelnen Fasern und sind nur selten zu schwachen Bündeln vereinigt. Ihre Quer- schnitte verleihen den Flächenschnitten unseres Thieres Arch. f. Naturg. XXXXVIII. Jahrg. 1. Bd. 17 528 Franz Kiessling: ' ein fein punktirtes Aussehen. Zwischen den Windungen des Uterus fehlen sie fast gänzlich, aber zwischen den ver- schiedenen, eng hintereinander liegenden Uteri benachbarter Proglottiden zeigen sie sich in grösserer Anzahl, wodurch eine, wenn auch sehr schwache Abgrenzung der einzelnen Proglottiden innerhalb der Mittelschicht zu Stande kommt, während alle anderen Muskeln keinerlei Gliederung er- kennen lassen. Die Sagittalmuskeln halten ferner, so lange sie nicht durch die Geschlechtsorgane in ihrem Laufe irri- tirt werden, eine gerade Richtung inne; nur nach den schmalen Seiten des Thieres zu krümmen sie sich ein wenig, und zwar in der Weise, dass die convexe Seite immer nach dem schmalen Seitenrande hin gerichtet ist. Ausser den oben beschriebenen Muskeln giebt es noch solche, welche mit dem Genitalapparate in Verbin- dung stehen ; auf sie werde ich bei Behandlung desselben zurückkommen. Donnadieu^ beschreibt bei Ligula nur zwei Arten von Muskeln, nämlich Längs- und Quermuskeln, die aus Bündeln gebildet werden, welche wirr durch einander liegen. Beide Muskelarteu bilden zusammenhängende Lagen. Die Längsmuskelu beider Bandwurmflächen vereinigen sich an den Seiten zu einem Bogen, der in der Mitte am dicksten ist und nach den Seiten zu abnimmt, dort aber immer noch die Quermuskel läge an Stärke übertrifft. Diese Mittheilungen bedürfen der Berichtigung und Vervollständigung. Was oben über die Muskeln von Schistocephalus im Allgemeinen gesagt worden ist, gilt auch für die von Li- gula. Ferner muss ich hervorheben, dass auch hier die Muskeln nicht, wie Donnadieu angiebt, nur in zwei, son- dern in drei Richtungen verlaufen, und dass wir deshalb auch hier wie bei allen anderen Cestoden neben den mm. long, und mm. transv. noch Sagittalmuskeln zu unterschei- den haben. Die Quermuskeln (Fig. 4. M) sind nur schwach ent- wickelt, am mächtigsten noch im Mittelfelde, wo sie, dicht 1) Donnadipn, Coutribution etc. p. 462 u. 463. üeb. d. Bau von Schistoc. dimorphus Cr. u. Lig. simplicissima R. 259 gruppirt, nur von wenig Längsmuskelfasern durchsetzt sind und eine zusammenhängende, von der Längsmuskulatur ziemlich gesonderte Lage bilden, während sie nach den Seiten zu immer mehr divergiren und von ziemlich kräf- tigen Strängen der Längsmuskulatur durchsetzt werden. Die mittleren Muskeln sind die kräftigsten und zugleich auch die längsten, denn sie durchziehen in grader Richtung die ganze Breite des Gliedes. Vor ihnen, das heisst nach der Mittelschicht zu, liegen noch eine Anzahl langer, feiner, vereinzelter Muskelfasern. Auf feinen Querschnitten, vor- züglich der Larve von Ligula, kann man beobachten, dass diese Fasern in der Mittelschicht sich bis über den Ver- breitungsbezirk der Hoden erstrecken, sich auch zwischen den Windungen des Uterus hindurchziehen, und da sie, wie die meisten Quermuskeln unseres Thieres, nach den Seiten zu divergiren, am Rande der Seitenfelder in der ganzen Dicke der Mittelschicht zu finden sind, wodurch eine feste Unterscheidung der Rinden- und der Mittelschicht sehr illusorisch wird. Die oberhalb der stärksten, graden Quermuskelzüge, also die nach der Cuticula hin verlaufen- den Quermuskeln weichen noch mehr als die oben be- schriebenen von der graden Richtung ab und strahlen an den Seitenrändern der Glieder gegen die Cuticula hin fächerförmig aus. Ja, die oberflächlichsten von ihnen wen- den sich sofort in kurzen Bögen zur Cuticula. Die Zwischenräume dieser Muskelausstrahlungen sind, wie ich schon oben erwähnte, von schwächeren oder stärkeren Bündeln der Längsmuskulatur durchsetzt. Die Längsmuskeln sind überhaupt bei unseren Thieren ausser- ordentlich kräftig entwickelt, ohne aber zu einer zusammen- hängenden Lage vereinigt zu sein. Weniger stark im Mittelfelde, wo ein Theil des sexuellen Apparates sich be- findet und auch die Quermuskeln am kräftigsten entwickelt sind, die hier von ihnen nur in wenig schwachen Bündeln durchsetzt werden, nehmen sie nach den Seitenrändern hin bald an Mächtigkeit bedeutend zu, die Quermuskeln überall bis zu den, am tiefsten liegenden, feinsten Fasern durch- setzend, bis an den Seitenrändern ihre Zahl sich immer 260 Franz Kiessling: mehr verringert und die einzelnen Bündel immer schwächer werden (Fig. 4. Lm). Die Sagittalmuskeln sind bei Ligula in derselben schönen Weise entwickelt wie bei SchistocepJialus, so dass es verwundern muss, wie sie Donna dieu hat übersehen können. Nervensystem. Unstreitig setzt das Nervensystem der Cestoden der Untersuchung die grössten Schwierigkeiten entgegen. Wollte man doch vor nicht all zu langer Zeit die Existenz eines Nervensystems der Bandwürmer überhaupt leugnen und sprach von spongiösen Strängen im Inneren des Band- wurmes, deren physiologische Bedeutung entweder nicht angegeben werden konnte, oder die man dem Excretions- apparate zurechnete, wie dies auch von Donnadieu be- züglich der Ligula noch geschah. Heute ist man darüber anderer Meinung. Nachdem Schneider*), der zuerst das Nervensystem unserer Z^^^e5 Fisch. 18 0—2 Ein Exemplar von der Nicolbay, Westaustralien, No. 2258 des Kön. Naturalienkabinets in Stuttgart, eben- falls ein Geschenk des Herrn Baron F. von Müller. Hiiinlia Muelleri sp. n. aus Westaustralien. Taf. XVI. Fig. 16—19. Diagnose. Gesammthabitus ziemlich kräftig. Kücken- schuppen in vier Längsreihen. Vorderrand des Ohrs ge- zähnt. Eine schmale dunkle und zwei bis drei feine helle Längslinien, jene auf der Mitte des Rückens, diese an den Seiten. Zwischen je zwei dieser Linien eine Reihe schwarzbrauner Flecken, von denen die der einen mit denen der zunächst oberen oder unteren abwechseln. Beschreibung. Form. Ziemlich gedrungen. Schnauze ziemlich spitz. Auge gross, unteres Lid mit grosser centraler Scheibe. Ohr- öflfnung massig, Vorderrand mit 3 bis 5 vorragenden Schuppen. Die an den Leib gelegten Vorderfüsse reichen mit der längsten Kralle bis zum Vorderraud des Auges. Die Hiuter- füsse reichen mit der Kralle der längsten (vierten) Zehe bis zum Ellenbogengelenk der Vorderbeine. Schwanz viel länger als der Körper, schwach abgesetzt, anfangs abge- rundet viereckig, dann rundlich, von der zweiten Hälfte au stark verdünnt, sehr fein auslaufend. Kopfschilder. Rostrale massig, gewölbt, mit herauf- gebogener Spitze (Supranasalia fehlen). Nasa Ha oval, oben zugespitzt, mit der oberen Spitze sich berührend (Exemplar a) oder durch das in einem Punkt erfolgende Zusammentreffen von Internasale und Nasale wenig von einander getrennt. — Inte r nasale rhombisch, wenig breiter als lang, hinten mit dem Frontale in einer sehr kurzen 296 J. G. Fischer: Naht in Berührung. — Frontale lang, mit langen seit- lichen Kanten. — Zwei kleine Frontopa rietalia und ein noch kleineresinterp ar i etale. — VierSnpraorb it alia, das vorderste, grösste, von dreieckiger Form. — Eine Reihe kleiner, von vorn nach hinten an Grösse abnehmender Superciliaria. — Sieben (bei Exemplar b 7 — 8) Ober- lippenschilder, das fünfte und sechste unter dem Auge. Acht Unterlippenschilder. — Mentale ziemlich breit, hinten gerade abgestutzt. Hinter ihm ein grösseres ein- faches, und längs der Infralabialia jederseits vier grössere Submentalia. Körperschuppen glänzend, glatt, in der Mitte des Kör- pers in 30 Längsreihen; zwischen Achsel und Weiche — an der Seite des Bauches gezählt — 58 Schuppen. Die Schuppen der vier dorsalen Mittelreihen sind merklich grösser und namentlich breiter, als die der Seiten und des Bauches. Zwei grosse Praeanalschilder. — Unterhalb des Schwanzes eine Reihe grosser sechseckiger Querschilder. ' Grundfarbe oben bräunlich gelb. In der dorsalen Mittellinie eine feine und nicht sehr scharfe, bei dem grössten Exemplar sogar ganz verwaschene, von zwei hellen Säumen eingefasste dunkle Längslinie. Dieselbe verläuft auf der Grenze der zwei medianen Schuppenreihen vom Hinter- kopf bis etwas über die Schwanzwurzel hinaus. — Jeder- seits von letzterer, und um zwei Schuppenreihen von ihr entfernt eine helle Längslinie. Dieselbe beginnt über und hinter dem Auge, und verläuft auf der Mitte einer Schuppenreihe über das Ohr fort längs der Seite des Rückens ebenfalls bis auf den Anfang des Schwanzes. Ventralwärts von der letzteren und von ihr durch drei Schuppenreihen getrennt verläuft eine zweite helle Längs- linie; diese beginnt in der Frenalgegend, geht durch das Ohr über die Schulter fort längs der Körperseite bis zum Ooerschenkel, um, durch diesen unterbrochen, sich längs des Schwanzanfangs fortzusetzen. Sie ist bei zwei Exem- plaren ebenso scharf wie die obere, bei einem dritten je- doch zwischen Ohr und Schultergegend ganz unterbrochen. Zwischen jenen zwei Längslinien liegt eine bis auf den Anfang des Schwanzes fortgesetzte Reihe von vertikal Herpetologische Bemerkungen. 297 stehenden länglich rechteckigen schwarzbraunen Quer- flecken; in der Entfernung zwischen Vorder- und Hinterbein werden 10 bis 12 dieser Flecke gezählt. Ventralwärts von der unteren und dorsal von d!er oberen jener zwei hellen Seiten- linien liegen je eine zweite und dritte Reihe brauner Flecke. Diese wechseln in ihrer Lage mit denen der mittleren Reihe ab, sind aber nicht so regelmässig geformt wie jene, sondern erscheinen mehr oder weniger verzerrt und zer- stückelt (Fig. 16 und 19, letzteres Seitenansicht). — Ober- seite der Gliedmassen braun marmoriert und gefleckt, die des Schwanzes vom zweiten Viertel an — bis wohin sich die dorsale und die seitlichen Fleckenreihen erstrecken — gelblich braun. — Unterseite des Thieres einfarbig grau- lich weiss. Masse: Von der Schnauzenspitze o v 1 . Kc*. bcnwanz bis zum After a: 0,049 m 0,075 m b: 0,044 „ 0,070 „ c: 0,048 „ 0,087 , Drei Exemplare von der Nicolbay, Westaustralien. No. 2253 des Kön. Naturalien-Kabinets in Stuttgart. Von Herrn Baron Dr. F. von Müller an dasselbe eingesandt. Bemerkungen zu HeuiidactyluiS ateles A. Duhm.^) Das Museum Godeffroy in Hamburg besitzt eine Suite von Eidechsen aus verschiedenen Inseln des Karo- linen-Archipels, die sämmtlich mit der Diagnose obiger, von Mindanao (Philippinen) stammenden Art in den we- sentlichsten Punkten übereinstimmen, in anderen aber so bedeutsame Abweichungen zeigen, dass sie als Repräsen- tanten besonderer Varietäten, wenn nicht neuer Arten zu betrachten sein dürften. Hern, ateles A. Dum. Var. articulatus. Taf. II. Fig. 20—25. Fünf Exemplare (von Ponape, No. 17596), die in ihrer Bil- dung der Diagnose am nächsten kommen, sind von robustem 1) Arch. du Mus. d'hist. Nat. Tom. VIII, 426; PI. VIII, fig. 9. 298 J. G. Fischer: Habitus. Die Pupille ist senkrecht. Schenkelporen siud nicht vorhanden. Der Schwanz ist glatt, aber unterhalb nicht, wie die Diagnose sagt (queue deprimee, ~ ~ les granulations semblables en dessus* et en dessous) mit Kör- nerschuppen wie an der Dorsalseite, sondern mit kleinen viereckigen Schild chen bepflastert (Fig. 25). Der Rand des Schwanzes ist bei den Stücken, wo dies Organ unver- stümmelt und nicht ergänzt ist, durch quere Einkerbungen in kleinere Abschnitte geteilt, gewissermassen gegliedert (Fig. 24 und 25). Die Grenzen dieser Glieder sind ausser- dem durch vorragende, spitze Schuppen am Rande markiert, während nur die ergänzten Teile des Schwanzes den wellenförmigen fein gezähnelten Rand haben, den die Diagnose von H. ateles dem Organe zuspricht (a bords fine- ment denteles). Die Haftschreiben an den vier äusseren Zehen der Vorder- wie der Hinterfiisse (Fig. 22, 23) sind sehr breit, am Ende durch eine Furche geteilt, von der die Blätter (en chevrons) divergieren. Die Daumen der Vorderfüsse sind, wie die Diagnose angibt, stark verkümmert, ohne Krallen, unterhalb mit ungeteilten Querlamellen; dieje- nigen der Hinterfüsse (Fig. 22 und 23), im übrigen ebenso geformt, zeigen bei mehreren Exemplaren eine feine aber deutliche Kralle. Bei anderen Exemplaren hat der Daumen des Hinterfusses keine Kralle, doch dürfte aus der Analogie mit den gleich zu beschreibenden Varietäten auf einen zufälligen Verlust zu schliessen sein. Rostrale hufeisenförmig (Fig. 21) (abweichend von der Diagnose) mit feinen Körnchen zwischen den oberen Schenkeln. Kinn- schild dreieckig; neben den Infralabialia mehrere Reihen Submentalia (Fig 20), die nach hinten an Grösse ab- nehmen und allmählich in die Körnerschuppen der Kehle übergehen. — Farbe rothbraun (ein Exemplar dunkler marmoriert), Unterseite gelblich. Masse: Kopf und Rumpf Länge Schwanz Grösste Breite a) 0,055 m b) 0,054 „ 0,039 m 0,044 „ 0,007 m 0,007 „ Herpetologische Bemerkungen. 299 Kopf und Rumpf Länge Schwanz Grösste Breite c) 0,051 m d) 0,052 „ e) 0,057 „ 0,046 m 0,045 „ 0,049 „ 0,007 m 0,007 „ 0,008 „ 2) Hemidactylus ateles A. Dum. Var. scutellatus Fisch. Taf XVII. Fig. 26-30. Ein Stück des Museum Godeffroy (No. 4585) von den Greenwich-Inseln weicht nicht nur durch den Besitz von Schenkelporen, sondern auch durch die Form des Rostrale u. a. Besonderheiten von der Diagnose des französischen Forschers so sehr ab, dass es zum mindestens als Reprä- sentant einer besonderen Varietät betrachtet werden muss. Körper robust. Daumen der Hinterfüsse (Fig. 28 und 29) wie der der Vorderfüsse verkümmert, jener jedoch mit einer winzigenKr alle, die dem Daumen der Vorder- füsse fehlt. — 52 grosse Femoralporen, die von einer Seite zur anderen in einer unter einem Winkel gebrochenen Linie hinübergehen (bei H. ateles: il n'y a pas de pores femoraux). — Rostrale zweimal so breit wie hoch (Fig. 27) (bei H. ateles: rostrale plus haute que large), mit drei quer gelagerten Schildern über seinen oberen geraden Quer kanten. Kinnschild dreieckig. Längs der inneren Seite der Infralabialia eine Reihe grösserer, später geteilter Submentalia (Fig. 26). — Der glatte Schwanz platt, und, wie bei der vorigen Varietät, an der ursprünglichen, nicht ergänzten, Partie seitlich durch vorragende Spitzen stark sezähnt (Fig. 30, nur an dem ergänzten Theile wie bei dem Pariser Exemplar : ä bords tinement denteles) — unterhalb mit mauersteinähnlichen kleinen viereckigen Schildchen gepflastert. Farbe: Oben graubraun, mit undeutlicher dunklerer Marmorierung, etwas dunkler an der Dorsalseite des Kopfes und des Schwanzes; Ventralseite, auch des Schwanzes, einfarbig strohgelb (bei H. ateles: queue — — dont les bords en dessus comme en dessous sont d'un brun assez vit). 300 J. G. Fischer: Masse: Rumpf und Kopf = 0,115 m; Scbwanz — 0,095 m; grösste Breite des Schwanzes (nahe der Wurzel) = 0,02 m. 3) Hemidactylus ateles A. Dum. Var. depressus Fiscb. Taf. XVIf. Fig. 31—36. Auch zwei von der Insel Ruk stammende Exem- plare (No. 17598) des Museum Godeffroy sind wegen der ganz abweichenden Körpergestalt, wegen der verschiedenen Form der die Unterlippenschilder begleitenden Submentalia und anderer Eigentümlichkeiten als Typen einer beson- deren Varietät, vielleicht einer neuen Art zu betrachten. Form: Ziemlich schlank, stark niedergedrückt. Vorderdaumen verkümmert, ohne freies Glied, ohne Kralle- Hinterdaumen sehr kurz, ohne freies Glied, aber mit feiner Kralle (Fig. 33 und 34). — Keine Schenkel- oder Prae- anal-Poren. Schwanz durch quere Einkerbungen gegliedert (Fig. 35 und 36), platt, am Rande der ergänzten Teile fein gezähnelt, an dem der ursprünglichen Partieen durch zerstreute spitze Schuppen, welche den Querabteilungen entprechen, gesägt, unterhalb (Fig. 35) mit platten — in Querreihen geordneten Schildchen gepflastert. ~- Rostrale (Fig. 32) hufeisenförmig, mit einer grösseren Schuppe zwischen den aufsteigenden Schenkeln. Keine Reihe grösserer Submentalia an der Seite der Infralabialia, sondern die Gegend hinter dem Kinnschilde mit unregelmässigen Schild- chen ausgefüllt (Fig. 31). Farbe: Dorsalseite (Exemplar a) dunkelbraun oder (Exemplar b) graugelb, in letzterem Falle mit undeutlicher dunkler Marmorierung und namentlich auf den Gliedmassen deutlicher Punktierung. Ventralseite schmutzig gelb, gegen die Schwanzspitze hin allmählich in ein bräunliches Ko- lorit übergehend. Masse : Kopf und Rumpf Lauge Seh wanz Grösste Breite a) 0,08 m b) 0,08 „ 0,06 in 0,066 „ 0,018 ra 0,01 „ Herpetologische Bemerkungen. 301 Erklärung der Abbildungen auf Tafel XYI und XVII. Taf. XVI. Fig. 1—4. Pseudodelma impar Fisch. Fig. 1. Das ganze Thier in natürlicher Grösse. Fig. 2. Kopf, Dorsalseite, Sraal vergrössert. Fig. 3. Kopf, Ventralseite, Smal vergrössert. Fig. 4, Kopf und Hals, Seitenansicht; Smal vergrössert. Fig. 5—9. Cryptodelma nigriceps Fisch. Fig. 5. Das ganze Thier in natürlicher Grösse (Rückenansicht). Fig. 6. Kopf, Dorsalseite, 6mal vergrössert. Fig. 7. „ Ventralseite, „ „ Fig. 8. f, Seitenansicht, „ „ Fig. 9. Aftergegend, 6mal vergrössert. Fig. 10 — 15. Bhoäona bipes Fisch. Fig. 10. Das ganze Thier in natürlicher Grösse. Fig. 11. Kopf, Dorsalseite, 6mal vergrössert. Fig. 12. „ Ventralseite, „ ,. Fig. 13. „ Seitenansicht, „ „ Fig. 14. Eine Partie aus der Mitte des Thieres, Dorsalseite, 6mal vergrössert. Fig. 15. Eine Partie aus der Mitte des Thieres, Seitenansicht, 6mal vergrössert. Fig. 16 — 19. Hinulia muelleri Fisch. Fig. 16. Das ganze Thier in natürlicher Grösse. Fig. 17. Kopf, Dorsalseite, 3mal vergrössert. Fig. 18. „ Ventralseite, „ „ Fig. 19. Eine Partie aus der Mitte des Thiers, Seitenansicht, nicht vergrössert. Taf. XVII. Fig. 20 — 25. Hemidactylus ateles A. Dum. Var. articu- latus Fisch.; Smal vergrössert. Fig. 20. Kinngegend. Fig. 21. Schnauze, von vorn gesehen. Fig. 22 und 28. Rechter Hinterfuss von oben (22) und von unten (23). Fig. 24 und 25. Partie aus der Mitte des Schwanzes von oben (24) und von unten (25). Fig. 26 — 30. Hemidactylus ateles A. Dum. Var. scutel- latus Fisch., 2mal vergrössert. Fig. 26. Kinngegend. Fig. 27. Schnauze von vorn gesehen. 302 J. G. Fischer: Herpetologische Bemerkungen. Fig. 28 und 29. Linker Hinterfuss von oben (28) und von unten (29). Fig. 30. Partie aus dem Anfange des Schwanzes, von unten gesehen, a ursprüngliche, b ergänzte Partie. Fig. 31—36. Hemidactylus ateles A. Dum. Var. depres- sus Fisch. 2mal vergrössert. Fig. 31. Kinngegend. Fig. 32, Schnauze, von vorn gesehen. Fig. 33 und 34. Rechter Hinterfuss von oben (33) und von unten (33) gesehen. Fig. 35 und 36. Partie aus der Mitte des Schwanzes, von oben (35) und von unten (36) gesehen, a ursprüngliche, b er- gänzte Partie. Zweite Erwiderung an Herrn Prof. Th. Eimer. Von Dr. J. von Bedriaga. Die neuerdings veröffentlichten Untersuchungen über das Variiren der Mauereidechse 0 enthalten wiederum einen Paragraph, der sich auf mich bezieht. Es liegt zwar nicht in meiner Absicht, die zornigen Ausbrüche des Verfassers eingehend zu erwidern, dennoch sehe ich mich gezwungen, einige Irrthümer Herrn Eimer 's zu beseitigen. In der Ansicht, dass man nur dann produktiv auftritt, sobald mau nach einem Erwerb trachtet, suchte Herr Eimer nach den Gründen, welche mich veranlasst haben mochten, meine Schrift „lieber die Entstehung der Farben bei den Eidechsen, Jena 1874" zu veröffentlichen. Falsch unterrichtet, gibt er für bestimmt an, dass diese Schrift behufs Erlangung eines Titels bei der hohen Fakultät zu Jena eingereicht worden war und bedauert, dass letztere nicht fähig gewesen ist, eine ihr vorgelegte Arbeit ihrem Werthe gemäss beurtheilen zu können. Darin liegt ein direkter Angriff an meine hochverehrten Jenenser Lehrer und ich sehe mich veranlasst zu erklären, dass die be- treffende Schrift im zweiten Semester eines neunzehn- jährigen Studenten verfasst und publicirt worden ist und dass sie infolgedessen zum Zwecke einer Dissertation nicht dienen konnte. Falls Herr Eimer die sonderbare Gewohnheit hat beim Abfassen seiner „gelehrten Abhandlungen" dieselben 1) Arch. f. Naturgesch. 47. Jahrg. 2. Heft. S. 239. 304 J. V. Bedriaga: mit Nebensäcblicliem, zu einer wissenschaftlichen Polemik gar nicht Gehörendem zu füllen, um sie in gediegenen Zeit- schriften zu veröffentlichen, so müsste er seine Erkundi- gungen über die Angelegenheiten privater Natur seiner Gegner sorgfältiger einziehen. — Die Handlungsweise Herrn E. ist mir übrigens ganz und gar unbegreiflich. Es würde z. B. doch Niemand, der auch nur eine geringe Dosis Takt hat, einfallen, Herrn E. vorzuwerfen, dass er seine Carriere etwa der Nachsicht dieser oder jener Fakultät und seinen Freunden zu verdanken hat, weil seine Schriften (das ist allgemein bekannt) capitale Fehler enthalten und desshalb nicht in Betracht gezogen worden sein konnten. Aus der Handlungsweise Herrn E. ist ersichtlich, dass er das Vertrauen des Publicums wieder zu gewinnen sucht; um es zu erlangen greift er aber nach sonst unerlaubten Mitteln. Sein Zornausbruch weiss keine Grenzen und bricht sogar gegen die Behörden los, welche mit mir in Contact gewesen sind. Alles wird aufgeboten um mich in die Klemme zu treiben. Correspondenz und persönlicher Verkehr mit Autoritäten auf wissenschaftlichem Gebiete wird dazu hervorgeholt. So werden z. B. Herrn Prof. Leydig's für ihn günstige Ansichten wiederum citirt und zu gleicher Zeit mir ein rohes Auftreten gegen diesen Ge- lehrten vorgeworfen (den dabei von Herrn E. gebrauchten Ausdruck will ich schon der Achtung halber, welche ich Herrn Prof. Leydig schulde, nicht wiederholen). Dass meine Aeusserungen über Prof. Leydig nichts Unerlaubtes enthielten, muss ein jeder einsehen, der meine polemische Schrift gelesen hat. Dass Prof. Leydig sich von ihnen nicht beleidigt gefühlt hat, beweist schon der Um- stand, dass ich mit ihm seit bald drei Jahren in freundlichem brieflichen Verkehr stehe und dass der Antrieb dazu von ihm ausgegangen ist. Der Versuch Herrn E., Prof. Ley- dig's Wohlwollen mir abwendig zu machen wird ihm hoffentlich misslingen. Herr Eimer hat es in der Untersuchung meiner Pri- vatangelegenheiten so weit gebracht, dass er sogar die Nationalität des „Pamphletisten" erfahren hat und sich mit ihr beschäftigt, was für mich gewiss nur sehr schmeichelhaft Zweite Erwiderung an Herrn Th. Eimer. 305 sein kann, da man sich mit dergleichen Details sonst nur in Biographien zu beschäftigen pflegt. — Zu den Pamphle- tisten scheint also Herr E. einen jeden, der polemische Schriften veröffentlicht hat, zu rechnen. Es ist gewiss keine Schmeichelei für seine Collegen, denn in keinem anderen Lande sind die Erwiderungen so an der Tagesordnung, wie gerade in Deutschland. Dadurch, dass ich dem Tü- binger Professor erwidert habe, habe ich bewiesen, dass ich mich der Sitte des Landes angepasst habe. Es wird jeder Unparteiische zugeben müssen, dass ich Herrn E. nicht auf eine .,unbezeichenbare" Weise an- gegriffen habe. Diese uubezeicheubare Weise, diese rohe Art, seine Gegner anzugreifen, habe ich erst aus der letzten Produktion Herrn Eimers kennen gelernt. Es ist bekannt- lich überall eine erlaubte Sache, in polemischen Schriften seine Gegner scharf und beisseud anzugreifen so lange der Angriff in anstandsmässiger Form gekleidet ist; auch wird kein rechtdenkeuder Mensch sich durch solche An- griffsweise persönlich gekränkt fühlen, wie sehr auch seine literarische Leistungsfähigkeit getadelt werden mag, doch auf grobe Weise die Handlungen des Gegners und seine vorausgesetzten Motive öffentlich der „Niedrigkeit'' anzu- klagen, tritt schon über in die Kategorie grober Insulte, oder besser gesagt in die Handlungsweise, welche ich als solche auffassen würde, wenn sie von einer Persönlichkeit ausginge, bei der man an eine feinere Redensart gewohnt wäre. Von Herrn Eimer ausgehend lässt mich dieser Ausdruck unberührt, doch erlaube ich mir diesem Herrn höflichst den Rath zu ertheilen (falls er meine Wenigkeit jemals wieder mit seiner Aufmerksamkeit beehren sollte), seinem Missvergnügen auf etwas feinere Art Luft zu machen; andernfalls könnte meine Nachsicht ihm gegenüber reissen und seine persönlichen Angriffe könnten möglicherweise zur Folge haben, dass er meine persönliche Bekanntschaft auf eine ihm unliebsame Weise machen würde ; denn rohe persönliche Angriffe, wie sie Herr Eimer zu machen pflegt, sind meines Wissens in keinen Kreisen der gebil- deten Welt erlaubt. Ich suche Herrn E. dadurch zu ent- schuldigen, dass er augenscheinlich gegen seine eigene Arcli. f. Naturg. XXXXVUI. Jahrg. 1. Bd. 20 306 ■ J. V. Bedriaga: Impotenz in Zorn g'erathen ist. Und wie sollte er es auch nicht sein. Nach fünfjährigem fleissigem Suchen hat er keine Möglichkeit gefunden, mich in würdigem, ernstem Tone zurechtzuweisen und griff somit zu unerlaubten Mit- teln. — Was mich anbetrifft, so bin ich meiner selbst be- wusst und glaube die erlaubten Schranken Herrn E. gegen- über sicher nicht überschritten zu haben, habe auch nirgends in meinen polemischen Schriften die Privatangelegenheiten oder Kleinlichkeiten, wie Fehler in der Interpunktion meiner Gegner hervorzuheben gesucht, Herr E. hat bekanntlich nach diesen kleinlichen Mitteln gegriffen einem Gelehrten gegenüber, der seine Ansichten nicht theilte! Was mich anbelangt, so bin ich mit dem Erfolge meiner wenigen Aufsätze befriedigt. Meine erste Publi- kation (1874) trug trotz ihrer vielen Mängel dazu bei, dass man sich mit einer Frage beschäftigt hat, die unbeachtet geblieben war^) und Herr Eimer hielt es doch der Mühe werth, meine Ansichten zu diskutiren. Er veröffentlichte nämlich in demselben Jahre ein Schriftchen, welchem er, wie es scheint, sehr grossen Werth beilegt, da er eine zweite Auflage desselben hat folgen lassen. Während auf diese meine erste Arbeit es leicht war zu antworten, blieb meine an ihn im Jahre 1876 gerichtete Erwiderung unbeantwortet, denn seine jetzigen Ausfälle können nicht als Antwort gelten. Darin sehe ich ebenfalls einen Erfolg. Herr E. sagt allerdings, dass er mich keiner Erwiderung würdigt. Warum dann lässt er seine von mir bereits beantwortete 1) Bei dieser Gelegenheit sei mir gestattet folgendes zu be- merken. Der Umstand, dass Prof- Giglioli seine in der Nature (Vol. XIX, December 1878) veröffentlichte Ansicht über die Nicht- anpassung der Eidechsen an den Boden im privaten Gespräche mit Herrn E. v.'iderrufen hat, beweist nur, dass man stets auch auf wissenschaftlichen Gebieten gegenwärtig haben muss, dass man es mit Menschen zu thun hat, deren Ansichten auch veränderlich sein können. Herr E. hat in der Menschenkenntniss mehr Erfahrung als ich und versteht aus den Schwächen' derselben Nutzen zu ziehen. Herr Giglioli wird aber wohl selbst zugeben müssen, dass von jetzt an seine Angaben nur mit Vorsicht citirt werden dürfen und wird mir die diesbezügliche Bemerkung nicht übel nehmen müssen. Zweite Erwiderung an Herrn Th. Eimer. 307 „Nachschrift" im Archiv f. Naturg. 1881 wiederum er- scheinen? Er fügt hinzu, dass er meine Produktionen als nicht existirend betrachten wird. Ich dagegen beab- sichtige keineswegs die Produktionen meiner Gegner gänz- lich zu ignoriren, im Gegentheil werde ich mich stets be- eilen dieselben zu Rathe zu ziehen und sollte es z. B. dem Tübinger Professor der Zoologie gelingen zu beweisen, dass JBufo viridis und Bufo variabilis verschiedene Arten sind, so würde ich gewiss der erste sein, diese Entdeckung zu verwerthen *). Dass es Herrn E. an Orientirung in der Eidechsen- kunde mangelt, beweist am besten folgender Ausfall gegen mich: „Hier sei übrigens die Bemerkung gestattet, dass als Auetor von ,,Lacerta filfolensis^' Günther zu setzen ist und kein anderer. Günther hat diese Eidechse a. a. 0. als „Filfola-Rasse" behandelt und die Literatur wird der Eitelkeit eines Dritten, der nach Jahren kommt und hinter den Namen Lacerta filfolensis seinen eigenen setzt, ohne sonst auch nur das mindeste Verdienst um dieses Thier zu haben, sicher schon aus moralischen Gründen die Unter- stützung zu versagen haben^'-). — Darauf hin muss ich bemerken, dass ich der erste gewesen bin sowohl die Lilfordi- als auch die Filfola- Eidechse aus dem Genus Zootoca zu entziehen, ferner habe ich die Unterschiede beider erkannt und endlich die Filfola-Abart mit dem Va- rietätsuamen .ßlfolensis^^ (1876) bedacht, sie in meinen Herpetologischen Studien beschrieben und von der muralis neapolitana abgeleitet. Günther beschrieb bekanntlich Lacerta muralis var. Lilfordi als „A new European Species of Zootoca'' und fügte hinzu: „To this species {Zootoca Lilfordi) I refer also the lizard which is so common on the Filfola Rock, a very small island south of Malta" ^). Dass Herr E. in seiner Handlungsweise inconsequent ist, mag folgendes beweisen: er erklärt sich für das Priori- 1) Vergl. Eimer's Zoologische Studien auf Capri, II, Leipzig 1874, S. 45. 2) S.-A. aus dem Arch. f. Naturgesch. Berlin 1881, S. 182. 3) Ann. and Magaz. of Nat. Hist. 1874. 308 J. V. Bedriaga: Zweite Erwiderung an Herrn Th. Eimer. tätsprincip und wirft anderen vor, dasselbe nicht berück- sichtigt zu haben. Wesshalb denn belegt er die im Jahre 1857 von De Betta als ,,Podarcis (= Lacerta) murdlis var. campestris^' benannte Eidechse mit dem Namen „La- certa muralis striata^' ? ^) Seine Lac. muralis niacidato- striata ist im Jahre 1832 als „alhiventris^^ seine Lac. mu- ralis modesta sds olivacea beschrieben worden. Herr Eimer gibt es ja selbst zu, dass er eine Umtaufe der genannten Arten vorgenommen hat! Es wird mir wohl niemand ausser dem Auetor ver- argen, wenn ich in meiner nächsten Revision der Eidechsen Europas und Asiens die Benennungen seiner neuen Formen nicht acceptire. Eine Form mit dem Namen „Lacerta muralis coeruleo-coeridescens^^ oder „Lacerta muralis coeru- lescens monaconensis^'' zu belegen, wäre ja ein Unding. Die übrigen Ausfälle Herrn E. gegen mich lasse ich unerwidert. Den Zweck dieser Zeilen finde ich erfüllt, indem ich das Unwahre in seinem mir gewidmeten Para- graph beleuchtet habe. Im übrigen appellire ich an das Publicum, welches nach Durchblätterung unserer beider- seitigen Schriften selbst im Stande sein wird, ein Urtheil darüber zu fällen, ob seine Handlungsweise gegen mich eine correcte gewesen ist. Nizza, November 1881. 1) S.-A. aus dem Arch. f. Naturgesch. 1881. S. 139. lieber Bastardfische. Von Dr. Rndolf Leuckart. Die „deutsche Fischereizeitung", welche unter Mit- wirkung bewährter Fachmänner seit einigen Jahren in Stettin zur Hebung der Fischerei und Fischzucht heraus- gegeben wird, enthält in ihren Nummern vom 25. Februar und 23. März 1880 eine Mittheilung des Herrn G. Over- beck in Winkels-Mühle bei Düsseldorf, durch welche die bis dahin noch offene Frage nach der Fruchtbarkeit der Fischbastarde in positivem Sinne ihre Beantwortung findet. Die Bastarde., um die es sich handelt, waren von Herrn Overbeck in seiner Brutanstalt aus Lachseiern, die er im Januar 1878 mit der Milch von Forellen be- fruchtet hatte, in einem eignen, gegen fremden Import ge- nügend geschützten Aufzuchtbache gross gezogen. Im Früh- ling des Jahres 1879 wurden von der Zucht 70 Stück in einen kleinen ganz verschlossenen Teich gesetzt, in dem sie bis zum folgenden Januar verblieben. Nach Abfischen des Teiches fanden sich nur noch 54 Stück, die von 10 — 23 cm (incl. Schwanzflosse) massen. Ein Theil der grössern Fische war zur geschlechtlichen Entwicklung ge- kommen. Ein einziges Exemplar war weiblichen Ge- schlechtes; daneben aber wurden nicht weniger als 25 Milchner gezählt, so reif, dass schon bei leichtem Angreifen die Milch in Menge auffloss. Der Mutterfisch wurde nun mit 15 der besten Milchner zusammen in ein cementirtes Bassin gebracht, in dem die Fische sämmtlich bis zur Voll- reife der Eier verweilten. Als letztere nun am 7. Februar 810 Rudolf Leuckart: zum Zwecke einer künstlichen Befruchtung abgenommen wurden, erwies sich die grössere Anzahl der Milchner als trocken, jedoch war immer noch hinreichend Milch vor- handen, die Eier zu befruchten. Der Erfolg des Versuchs entsprach den daran ge- knüpften Erwartungen. Schon Mitte März konnte Herr Ov erb eck in den befruchteten Eiern deutlich die Augen der eingeschlossenen Embryonen erkennen und bald darauf in Berlin die ausgeschlüpften Fischchen mit Mutterfisch und Milchner (in Spiritus conservirt) zur Ausstellung brin- gen. Es hat leider den Anschein, als wenn diese interes- santen Objecto in der Fülle des dort Gebotenen ziemlich unbeachtet geblieben sind. Der hier angezogene Versuch hat also den Beweis geliefert, dass die Fischbastarde, wenigstens von Lachs und Forelle, nicht bloss fruchtbar sind, sondern auch bei reiner Inzucht eine Nachkommenschaft er- zeugen. Das Resultat hat ein hohes wissenschaftliches Inter- esse und ist auch vom practischen Standpuncte aus wichtig, da die genannten Bastarde durch ihr rasches Wachsthum vor der Forelle, der sie sonst sehr ähnlich sind und auch in Bezug auf ihre Schmackhaftigkeit mindestens gleich- stehen, noch einen besondern, bei der Fischzucht nicht zu unterschätzenden Vorzug besitzen. Ziemlich gleichzeitig mit Herrn 0 verbeck hat übri- gens auch Herr Haack — laut Circular des deutschen Fischerei-Vereins vom 12. Febr. 1880 — die Befruchtungs- fähigkeit der Lachsbastardeier, allerdings nur zufällig und in Rückbastardirung, beobachtet. Da die Bastarderzeugung bei den Salmoniden mit keinerlei besondern Schwierigkeiten verbunden ist, auch in den grossen Lachsfischereien häufig geübt wird ~ nicht selten werden solche Bastardeier, meist wiederum von Lachs mit der Milch von Forellen befruchtet, zu billigen Preisen abgegeben — steht zu erwarten, dass die hier zum ersten Male an der Hand der Erfahrung und des Ex- perimentes geprüfte Thatsache bald von anderer Seite auf- genommen und weiter verfolgt wird. Versprechen doch üeber Bastardfische. 311 auch sonst die Fische weit mehi-j als irgend welche andere Thiere, die definitive Erledigung gewisser einstweilen noch unentschiedener Fragen aus dem Bereiche der Zeugungs- lehre. Und das gilt zunächst und vorzugsweise in Be- zug auf die Bastardzeugung, die noch lange nicht ge- nügend durchforscht ist und noch mancherlei wichtige und unerwartete Aufschlüsse in Aussicht stellt. Wissen wir doch bis jetzt nicht einmal mit Bestimmtheit die Grenzen anzugeben, innerhalb derer eine solche möglich ist. Der alte Flourens'sche Satz, dem zufolge nur die Arten des- selben Geschlechtes Hybride zu erzeugen im Stande wären, ist bei der heutigen Anwendung des Genusbegriffes längst obsolet geworden. Allerdings darf wohl als ziemlich sicher gelten, dass eine Bastardbildung um so leichter geschieht, je näher die betheiligten Arten mit einander verwandt sind; wenn es aber wahr ist, was Fr aas in seiner künstlichen Fischerzeugung (2. Aufl. S. 48) behauptet — und wir haben keinen Grund, es von vorn herein zu bezweifeln — , dass es ihm gelungen sei, zwischen Salmo fario $ und Lota marmorata J'j zwischen zwei Formen also, die ganz ver- schiedenen Gruppen angehören, durch künstliche Befruch- tung eine Bastardzeugung zu vermitteln, dann müssen die Grenzen einer Verbastardirung doch weiter aus einander liegen, als wir bisher anzunehmen geneigt waren. Dass übrigens auch im freien Zustande eine Bastard- zeugung zwischen Quappe und Forelle stattfinde, steht zu bezweifeln, da solcher Annahme schon die durch v. Sie- bold (Süsswasserfische von Mitteleuropa, S. 74) der Ver- gessenheit entrissene Steinbuch'sche Beobachtung über das Begattungsgeschäft der Quappe entgegensteht. In an- dern Fällen aber ist durch ältere und neuere Beobach- tungen die spontane Entwicklung von Bastardfischen zur Genüge dargethan. Und zwar eben sowohl experimentell, bei Salmoniden, wie durch zoologische Vergleichung und Nachweis unverkennbarer Zwischenformen, besonders bei Stören und Karpfen. Wir verdanken es namentlich den Untersuchungen, welche v. Siebold über die bei uns ein- heimischen Karpfenarten angestellt hat, dass die Existenz solcher hybrider Formen heute fast allgemein zur Aner- 312 Rudolf Leuckart: kennung gekommen ist. Nicht weniger als fünf Arten sind es, die von demselben als Bastarde erkannt wurden: Cyprinus Kollari (von Cyprinus carpio und Carassius vul- garis)^ Ähramidopsis Leuckarti (von Abramis hrama und vermuthlich Scardiniiis erythropJithalmus), JBliccopsis ahramo- rutiliis (von Blicca Björnka und Leuciscus rutilus), Älbur- nus dolahratus (von Alhurnus lucidus und Squalius cephalus) und Chondrostoma Rysela (von Chondr. nasus und Telestes Agassimi). Später hat Fraisse in seinen Fischen des Neckar denselben noch eine sechste Form hinzugefügt, die auf Leucisms rutilus und Squalius cephalus zurückge- führt wird. Wie wenig erschöpfend aber unsere Kennt- nisse über alle diese Formen sind, geht am schlagendsten vielleicht aus dem Ausspruche hervor, den von Siebold (a. a. 0. S. 20) mit folgenden Worten seiner Aufzählung hinzu- fügt. „Leider habe ich über das Leben und das Wesen dieser Fische gar Manches unaufgeklärt lassen müssen, nament- lich habe ich über die Bedingungen ihrer Entstehung und über ihre Fortpflanzungsfähigkeit bis jetzt keine Erfah- rungen sammeln können; auch habe ich in Bezug auf ihre Abstammung, wie das die Schwierigkeit des Gegen- standes mit sich bringt, Manches nur errathen können, habe aber diese über Bastardbildungen nur als Vermuthun- gen hingestellten Aeusserungen um so weniger unterdrücken wollen, weil ich erwarten kann, dass dieselben zur Nach- prüfung anregen werden, wodurch meine mangelhaften Untersuchungen um so eher ergänzt werden dürften!" Trotz der direct hier ausgesprochenen Aufforderung und der grossen Bedeutung, welche die Bastardfrage sowohl für die Systematik, wie für die Lehre von der Artenbildung hat, besitzt das hier (1863) Gesagte noch heute seine Gül- tigkeit. Nur in sofern sind unsere Kenntnisse gefördert, als die Fortpflanzungsfähigkeit wenigstens der Lachsbastarde durch die Eingangs angezogenen Experimente selbst bei reiner Inzucht als bewiesen angesehen werden darf. Damit stimmt auch die Beobachtung, welche v. Siebold bei Ge- legenheit des Cyprinus Kollari (a. a. 0. S. 98) anzieht, dass er in verschiedenen Fischbastarden die Geschlechts- lieber Bastardfische. 313 Werkzeuge, namentlicli die Eierstöcke oft vollkommen, ja sogar strotzend entwickelt angetroffen habe. Wenn es hiernach erlaubt ist, die Beobachtungen über die Fortpflanzungsfähigkeit der Lachsbastarde auf die Fischbastarde überhaupt zu übertragen, dann steht natürlich der Annahme Nichts im Wege, dass die im Freien vorkommenden Fischbastarde eben so wohl durch reine Inzucht, wie durch Verbastardirung ihren Ursprung ge- nommen haben können, dass es mit anderen Worten zur Production dieser Bastarde keineswegs einer stets von Neuem wiederholten Bastardzeugung bedürfe. Die Häufig- keit, in der einzelne dieser Bastardfische an bestimmten Localitäten gefunden werden — und gelegentlich geht diese so weit, dass ihre Menge die der Stammeltern übertrifft — ist natürlich nur geeignet, der hier ausgesprochenen Ver- muthung eine Stütze zu geben. Demgemäss werden denn auch die zahlreichen und manchfaltigen Uebergänge zwi- schen den typischen Bastarden und den bei deren Er- zeugung betheiligteu Stammarten, welche die Unterschei- dung oftmals ausserordentlich erschweren, am einfachsten durch die Annahme eine Rückverbastardirung in verschie- denen Graden weit einfacher und natürlicher ihre Erklärung finden, als durch die wenig greifbare Supposition von dem überwiegenden Zeugungseinflusse des einen oder anderen der beiden Stammeltern. Schon V. Siebold hat besonders bei dem Cypr. Kol- lari auf derartige Unterschiede aufmerksam gemacht und gezeigt, dass der genannte Bastard in Betreff selbst der wichtigsten Charaktere (Bartfäden, Zahnbildung) bald dem Cypr. carpio, bald dem Cypr. carassius resp. gibelio, and zwar, je nach Umständen, mehr oder minder auffallend, sich annähere. Ich selbst bin in der Lage, dazu einen weitern Beitrag zu liefern, und zwar auf Grund einer Fisch- sendung, welche ich der Freundlichkeit des als ausgezeich- neten Ornithologen bekannten Herrn Amtsrath A. Nehr- korn in Riddagshausen ^) bei Braunschweig verdanke. 1) Der Riddagshauser Klosterteich ist schon seit langer Zeit als eine ergiebige Fundstätte des üypr. Kollari bekannt. Schon vor 314 Rudolf Leuckart: Dieselbe bestand — von einii^en Exemplaren Rhodeus ama- rus abgesehen — aus zwölf zwischen 4,5 — 7 cm (meist gegen 6 cm) langen „Nichtkarpfen", welche mit einer grossen Anzahl ähnlicher Fische einer „von sehr unerfah- rener Seite" angelegten Karpfenzucht entstammten. Herr Nehrkorn glaubte ,,nach oberflächlicher Anschauung" darin ausser Cypr. Kollari auch noch die Teichkaraasche {Carassius vulgaris var. gihelio) erkannt zu haben, bei nä- herer Untersuchung^) jedoch ergab sich, dass die Fische sämmtlich zu Cypr. Kollari gehörten, aber Formen reprä- sentirten, welche weit mehr, als die gewöhnlichen Exem- plare dieser Art, an den Gibel sich anschlössen. Und das nicht bloss in der allgemeinen Körperform, sondern auch, wie sogleich bemerkt werden soll, in der Zahnbil- dung. Bartfäden waren mit x\usnahme eines Exemplares überall vorhanden, jedoch in fast allen Fällen von unbe- deutender Länge, so dass sie leicht übersehen werden konnten. In der Mehrzahl massen dieselben 1 — 1,5 mm, bald etwas mehr, bald auch weniger. Nur ein Exemplar hatte Bartfäden von der gewöhnlichen Beschaffenheit des Cypr. Kollari (bei 6 cm Körpergrösse etwa 4 mm lang), und bei einem zweiten fehlten dieselben gänzlich. Bisweilen waren die Fäden rechts und links auch ungleich ent- wickelt, auf der einen Seite grössei*. als auf der andern. Noch weit auffallender aber erschien die Bildung der Zähne, indem nicht weniger als sieben der vorliegenden Exemplare des sonst für Cypr. Kollari charakteristischen kleinen Aussen- zahnes entbehrten, also ein Gebiss hatten, welches durch- aus mit dem der Karausche übereinstimmte. Zu diesen zwanzig Jahren erhielt ich von meinem verstorbenen Freunde Bla- sius Exemplare, welche demselben entstammten. Wie ich dem mehrfach angezogenen Werke von Siebold 's entnehme (S. 98 Anm.), hat Blasius s. Z. auch einen Streckteich mit einer grössern Anzahl von Cypr. Kollari besetzen lassen, um zu beobachten, ob diese „Hälverlinge" (= Halbkarpfen) sich unter einander fortpflanzen würden. Von dem Resultate des Versuches ist freilich niemals Et- was kund geworden. 1) Dieselbe wurde zunächst von meinem Assistenten Herrn Dr. Marschall vorgenommen und später von mir bestätigt. Ueber Bastardfische. 315 sieben Exemplaren gehörte u. a. auch dasjenige, welches die ansehnlichsten Bartfäden trug, während das gleichfalls oben erwähnte bartfadenlose auf dem rechten Schlund- knochen einen wenn auch kleinen, doch ganz unverkenn- baren Aussenzahn trug, also ein Kollarigebiss hatte. Frei- lich war es nur dieser eine Schlundknochen, der in solcher Weise bewaffnet war, indem der gegenüberstehende rechte des Aussenzahnes entbehrte. Die gleiche Asymmetrie fand sich in zwei anderen Fällen, nur dass das Kollarigebiss hier auf der rechten Seite gefunden wurde. Beiderseits kam die Zahnbildung des Cypr. Kollari nur bei einem einzigen Fische zur Beobachtung, und auch hier ergab sich insofern eine Abweichung, als der kleine Aussenzahn rechts wie links bloss der Schleimhaut inhärirte, mit dem Knochen also keinen festen Zusammenhang hatte. Schliesslich fand sich noch ein Exemplar mit Karauschengebiss, welches auf dem rechten Schlundknocheu neben den vier gewöhnlichen Zähnen zwei grosse, gleichfalls lose Aussenzähne besass, die übrigens, da sie eine starke Kaufläche trugen, mög- licher Weise noch von der vorausgehenden Dentation her- rührten. Nach dem, was über die Fortpflanzungsfähigkeit der Bastardfische oben mitgetheilt ist, glaube ich nicht fehlzu- greifen, wenn ich annehme, dass es sich bei den hier kurz beschriebenen Fischen um eine Brut handelte, welche durch Rückverbastardirung des Cypr. Kollari mit der Teichka- rausche ihren Ursprung genommen hat, um Bastarde also, welche ihrer Abstammung nach (mindestens) drei Viertel Karausche und ein Viertel Karpfe repräsentirten. üeber das Cribellum und Calamistrum. Ein Beitrag zur Histiologie, Biologie und Systematilc der Spinnen. Von Dr. Ph. Bertkau in Bonn, Hierzu Tafel XVII f. Fig. 1—22. Bei einigen Spinnen findet sich immittelbar vor den gewöhnlichen Spinnwarzen ein eigeuthtimliches Organ, das zuerst (9 p. 224 und 606) von Blackwall 1839, und voll- ständiger 1841 beschrieben und für ein viertes Paar ihrer ganzen Länge nach verwachsener Spinnwarzen erklärt wurde. Diese Deutung hat Black wall festgehalten und noch 1874 (11) durch Angabe von feinen Köhrchen, die an dieser Stelle über die Körperhaut hervorragen, zu stützen versucht. Anderwärts haben die Mittheilungen Black- walTs nur wenig Aufmerksamkeit und seine Deutung kaum Billigung gefunden. Von Hand- oder Lehrbüchern ist V. Siebold's Lehrbuch der vergleichenden Anatomie das einzige mir bekannt gewordene, das die BlackwaH'sche Angabe aufgenommen hat (p. 541); die Arachnologen spe- ciell haben wenig zur Aufklärung jenes Organes beige- tragen. Noch 1869 brachte Thoreil (33 I p. 30) mehrere Gründe vor, die gegen die Bedeutung dieses Organs als eines vierten Spinnwarzenpaars sprechen sollten und deutete später (p. 121) sogar an, dass bei einigen Arten hier viel- leicht die Tracheen münden möchten. In seinen Bemer- kungen über die Synonymen Europäischer Spinnen (38 II p. 595) kam er der richtigen Erkenntniss dieses Organs Ph. Bertkau: lieber das Cribellum und Calamistrum etc. 317 näher, indem er in demselben ein dickes Bündel feiner Röhrchen erkannte, die von der Haut zu einer umfang- reichen Drüsenmasse verlaufen. Dennoch wagte er keine positive Entscheidung zu treffen, weil er an den über die Haut hervorragenden „Haaren" nicht unterscheiden konnte, ob sie röhrig („tubulär'') seien oder nicht, ob sie also zur Ausleitung des von der Drüse gelieferten Sekretes dienen könnten oder nicht. Auffallender Weise hat auch ein sonst sehr sorgfältiger Beobachter, Menge, gar nichts zur Lö- sung der Frage nach der Bedeutung des in Rede stehen- den Organs beigetragen. Die bezüglichen Stellen seines Werkes ,,Preussische Spinnen'' waren weit mehr geeignet, die Frage zu verwirren als sie zu klären, so dass ich mit vollem Rechte den Zweifel aussprechen konnte, ob er das fragliche Organ überhaupt gesehen habe oder nicht. Für die BlackwaU'sche Deutung trat ich selbst 1875 mit aller Bestimmtheit ein, indem ich zeigte, dass an dieser Stelle eine sehr grosse Anzahl von Spinndrüsen mündet (3 p. 318); den Irrthum, dass diese Spinndrüsen einzellig seien, berichtigte ich selbst 1877 (5 p. 270 Anm. 1), wo ich angab, dass sie mehrzellig und eine einfache Modi- fikation der bekannten „birnförmigen" Drüsen seien. Gleich- zeitig zeigte ich, wie sich die eigenthümlichen Haare, das sog. Calamistrum, an dem Tarsus der Hinterbeine der mit diesen Spinngefässen ausgerüsteten Arten an der Herstel- lung des Gewebes betheiligten. Gegenüber diesen bestimmten Angaben ist es immer- hin auffallend, dass Claus in der neuesten Auflage seiner „Grundzüge" dieses Organ seiner besonderen Bedeutung nach als noch keineswegs aufgeklärt bezeichnet. Aber ein übertriebener Skepticismus hat immer weniger ge- schadet als zu grosse Leichtgläubigkeit und auch an und für sich ist eine erneute und eingehende Darstellung dieses Organs und des stets im Zusammenhang damit vorkommen- den Calamistrum von Interesse. Die nachfolgenden Zeilen beschäftigen sich mit der Histiologie der betreffenden Drüsen, mit der Bedeutung, den diese für die specielle Oeconomie des Thieres haben und mit der Systematik der damit ausgerüsteten Gattungen, wobei ich es für meine S18 Ph. Bertkau: Pflicht halte, anzuführen, dass der histiologische Theil der Arbeit auf dem hiesigen anatomischen Institut und unter Benutzung von dessen reichen Htilfsmitteln verschiedener Art angefertigt ist. Ich fühle mich Herrn Prof. v. Lava- lette St. George, dem Direktor des Instituts, und Herrn Prof. M. Nussbaum, der mich bei meinen Arbeiten wesent- lich unterstützt hat, zu lebhaftem Dank verpflichtet. Ueber die äusseren Verhältnisse des in Rede stehen- den Organs, das ich nach dem Vorgange L. Koch's (22 p. 3 Anm.) Cr i bell um nenne, orientirt man sich am besten an Amaurobius ferox, einer unserer grösseren einheimischen Arten, die auch vrohl überall zu haben ist. Auf diese Art beziehen sich auch alle Angaben in dem allgemeinen Theil. Betrachtet man ein Weibchen dieser Art von der Bauchseite (.Fig. 1), so bemerkt man, namentlich bei leich- tem Drucke auf den Hinterleib, der ein Auseinanderspreizen der Spinnwarzen zur Folge hat, unmittelbar vor diesen (sp. I) und hinter der schmalen Spalte (st.), die zu den vier einfachen Tracheen führt, ein queres Piättchen (er.) von rothbrauner Farbe und mattem Glänze; diese Platte ist das Cribellum, von Thoreil (33 I p. 29) inframamil- lary organ, Organum inframamillare, von 0. Her man (19 I p. 48) im Ungarischen fonalszürö, „Fadenseiher", im Deutschen Schiffchen, aber letzteres fälschlich unter Bezug- nahme auf Menge, genannt, von letzterem (26 p. 287) irriger Weise mit dem Hypopygium, Colulus, unterer Afterdeckel identificirt, von Black wall, wie oben angeführt, für ein Paar verwachsener Spinnwarzen erklärt, was insofern un- richtig ist, als dieses Organ nicht über die übrige Körper- haut hervorragt, wie diese Benennung, die Beschreibung und Abbildung Blackwall's (10 PL IX Fig. 88 e, 93 f) ver- muthen lassen. Bei einiger Vergrösserung erkennt man, dass dieses Piättchen von einer Hornleiste eingerahmt ist, die hinten am breitesten ist und hier in der Mitte zwei kleine zitzenförmige Vorsprünge nach hinten hervortreten lässt. Vorder- und Hinterrand sind in der Mitte durch eine Brücke verbunden, so dass dadurch die ganze Platte in zwei sym- metrische Hälften zerfällt, deren jede einer Flügelfrucht des Ahorn nicht unähnlich ist. Bei stärkerer Vergrösserung Ueber das Cribellum und Calamistrum etc. 319 (Fig. 4) erscheint nun jedes der beiden Felder durch ein nicht ganz regelmässiges Leistenwerk in eine sehr grosse Zahl kleiner Feldchen eingetheilt, in deren Mitte man je ein Pünktchen erblickt. Nach einer rohen Zählung tiber- steigt die Zahl dieser Feldchen 1200 auf je einem Felde; bei scharfer Beleuchtung, am Rande, oder auf Querdurch- schnitten sieht man nun aus jedem der Pünktchen ein kurzes Röhrchen (tt) hervorragen, das sich rückwärts noch eine kurze Strecke weit verfolgen lässt, und sich dann in einer weissen Drüsenmasse verliert. Dieses Röhrchen ist der Ausführungsgang einer Spinndrüse und der über die Körperhaut hervorragende Theil ist demnach ein sog. Spinnröhrchen, tubulus textorius. So viel lässt sich ohne besondere Vorkehrungen, bei Präparation in Alkohol oder indifferenten Flüssigkeiten wahrnehmen; Wasser macht den Inhalt der Drüsen auf- quellen und trübt das ganze Bild. Um nun über den Bau der Drüsen selbst näheren Aufschluss zu erhalten, ist ein Härten derselben nöthig ; die besten Resultate habe ich mit verdünnter Ueberosmiumsäure und Kali bichr. erhalten. Unter Anwendung dieser Härtungsmittel Hess sich folgen- der Bau mit grosser Deutlichkeit erkennen. Die Drüse (Fig. 3) ist kugelig und besitzt eine tunica propria (tp) mit spärlich eingestreuten, ovalen Kernen (k) mit kleinem Kernkörperchen. Bisweilen greift die t. propria der einen Drüse auf die benachbarte über, so dass dann zwei Drüsen von einer gemeinsamen t. propria umhüllt sind ,* namentlich ist dies der Fall, wenn die Lumina zweier benachbarter Drüsen mit einander kommuniziren, was nicht gerade selten eintritt. Immer aber gehen von der t. propria der einen Drüse Lappen, Fortsätze u. s. w. aus, die sich mit der der benachbarten verbinden und so zwischen den einzelnen Drüsen ein Maschenwerk herstellen, in dessen Zwischen- räumen das Blut cirkulirt, wie an Längs- und Querschnitten durch die stark gehärtete ganze Drüsenmasse leicht zu sehen ist. Die Epithelzellen (s) der Drüse sind durch gegen- seitigen Druck eckig geworden, übrigens aber annähernd nach allen Dimensionen gleich ausgedehnt. Jede besitzt 320 Ph. Bertkau: einen durch die Härtungsmittel zackig werdenden Kern mit Kernkörperchen; ihre Zahl in einer Drüse übersteigt 30 wohl kaum. Ob bei grösseren Arten, Eresus z. B., ihre Zahl grösser ist, kann ich nicht angeben. Die Intima (i) der Drüse ist namentlich nach Be- handlung mit Kali bichr. recht deutlich zu sehen, indem dieses Reagens eine starke Aufquell iing derselben hervor- ruft. Bei Anwendung desselben erscheint auch der sonst homogen aussehende Inhalt als aus kleinen, kugeligen oder eiförmigen, stark glänzenden Körnchen oder vielmehr Tröpf- chen bestehend. An einer Stelle nun verengt sich der von der Intima umschlossene Raum plötzlich trichterförmig und diese selbst tritt zwischen den Epithelzellen als Aus- führungsgang der Drüse hindurch. In seltenen Fällen sind die Epithelzellen der Drüse in unmittelbarer Nachbarschaft des Ausführungsganges auf diesen hinaus verlängert; ge- wöhnlich aber erscheinen sie hier ebenso regelmässig ge- staltet wie am ganzen übrigen Umfang der Drüse. Der Ausführungsgang ist von einer Hülle umgeben, in die ovale Kerne (k') mit kleinem Kernkörperchen von derselben Be- schaffenheit wie in der tun. propria eingestreut sind. In unmittelbarer Nachbarschaft der Drüse sind diese Kerne am zahlreichsten; sie werden in einiger Entfernung spär- licher und häufen sich nur scheinbar kurz vor dem Cri- bellum wieder an, indem hier eben alle Ausführungsgänge dicht zusammen gedrängt sind. Jeder Ausführungsgang bleibt nur eine kurze Strecke, nachdem er die Drüse ver- lassen hat, isolirt; bald tritt er mit 8—10 benachbarten in ein Bündel zusammen; diese Bündel vereinigen sich zu stärkeren, und so fort, bis vor dem Cribellum alle Aus- führungsgänge auf einem kleinen Räume zusammengedrängt sind. Dabei scheinen die kernhaltigen Hüllen der einzelnen Ausführungsgänge mit einander zu verschmelzen ; wenig- stens ist es mir nie gelungen, einen Ausführungsgang über eine gewisse Entfernung von der Drüse hinaus zu isoliren. Dass die Wandung der Ausführungsgänge kurz vor ihrem Durchtritt durch die Körperhaut eine derbere Beschaffen- heit annehmen, als sie auf dem grössten Theile ihrer Länge haben, Hess sich schon nach ihrem Verhalten nicht Ueber das Cribellum und Calamistrum etc. 321 härtenden Mitteln gegenüber schliessen, und wird jetzt bestätigt. Die feine, zarte Wand wird kurz vor dem Cri- bellum etwas dicker und fester; der über die Körperbaut hervorragende Theil ist am solidesten. Von Black wall ist es für die gewöhnlichen Spinngefässe nachgewiesen, und ich habe mich auch bei dem Cribellum von der Richtig- keit dieser Angabe überzeugen können, dass die Zahl der Drüsen mit dem Wachsthum des Thieres zunimmt. In welcher Weise die Vermehrung der Drüsen vor sich geht, ob jene Drüsen, deren Lumina miteinander kommunizieren, früher eine waren und späterhin ganz in 2 getrennte zer- fallen, ob die Ausführungsgänge, die zu Bündeln zusam- mentreten, Drüsen angehören, die in einem genetischen Zusammenhang mit einander stehen, kann ich nicht sagen. Früher bereits habe ich angegeben, dass diese Drüsen eine eigenthümliche Modifikation der bekannten birnför- migen darstellen, von denen sie sich durch ihre geringere Grösse, beträchtlichere Zartheit, sowie dadurch unterschei- den, dass ihre Ausführungsgänge eben nicht auf Spinn- warzen, also diesen eigenthümlichen kegelförmigen, einge- lenkten Hervorragungen, sondern an einer sonst nur wenig modifizierten Stelle der Körperhaut ausmünden. Es Hesse sich noch hinzufügen, dass diese Einzeldrüsen in vollkom- menerer Weise als die gewöhnlichen birnförmigen zu einem vollkommeneren Drüsencomplexe zusammentreten. Ein Ver- gleich meiner Darstellung mit der Landois' (13 p. 241) oder meiner Figuren mit dessen Fig. 1 a, b auf Taf. VII lässt wohl keinen Zweifel an der Berechtigung meiner vorhin wiederholten Behauptung zu. Nur hinsichtlich der Mündung der Drüsen möchte ich noch auf die Analogie mit den anderen Spinndrüsen hinweisen. Bei den gewöhn- lichen, auf Spinnwarzen ausmündenden Spinndrüsen sind die Spinnröhrchen noch von einer kegelförmigen weiteren Röhre, der sog. Spinnspule, gestützt. Das Analogon dieser Spinnspulen sind am Cribellum die sich kreuzenden Leisten, zwischen denen die Spinnröhrchen hervorkommen. Immer- hin sind unsere Drüsen eigenartig genug gestaltet, um einen besonderen Namen zu verdienen: ich werde sie Cr i- bellumdrüsen nennen. Archiv für Naturg. XXXXVIII. Jahrg. 1. Bd. 21 322 Ph. Bertkau: Die Spinrigefässe sind bekanntlicli Drüsen ohne Muskel- beleg, und auch hierin stimmen die Cribellumdrüsen mit ihnen tiberein. Das Sekret wird meist so reichlich abgesondert, dass es den ganzen Ausführungsgang anfüllt und, wenn die Mündung des letzteren an einen Gegenstand angedrückt wird, dort haften bleibt und nun vermöge seiner Zähigkeit in einen langen Faden ausgezogen werden kann ; nöthigen Falls mag auch der durch eine Kontraktion des gesammten Hinter- leibes auf die Drüsen ausgeübte Druck einen Antheil an der Herausbeförderung des Sekretes haben. Die Spinnwarzen mit ihrer allseitigen Beweglichkeit haben demnach wesent- lich die Bedeutung, die auf ihnen angebrachten Spinn- röhrchen mit Bequemlichkeit jedem beliebigen Gegenstand nahe bringen zu können. Ein gleiches lässt sich nun von dem Cribellum nicht sagen, da es über die übrige Kör- perfläche nicht hervorragt; es ist daher hier auch eine andere Einrichtung nöthig, um das Sekret hinauszubeför- dern. Diese besteht darin, dass eine bestimmte, durch den reichlichen Besitz eigenthümlicher Haare ausgezeichnete Stelle des letzten Beinpaares über das Cribellum gerieben wird und auf diese Weise die äusserst feinen Fädchen aus den Spinnröhrchen herausgehaspelt werden. Dazu ist aber vorher noch etwas anders nothwendig. Das Cribellum liegt nämlich im Ruhezustande zwischen den vorderen Spinnwarzen versteckt und seine Fläche macht mit der Mittellinie des Bauches einen rechten Winkel; es muss daher, damit das Bein überhaupt mit ihm in Be- rührung gebracht werden kann, vorher aus seiner versteck- ten Lage entfernt werden. Hierzu scheint mir ein Muskel- paar (nii Fig. 2) zu dienen, das sich an die zitzenförmigen Vorsprünge an dem hinteren Rahmen des Cribellum inse- rirt und von hier nach hinten verläuft; durch eine Kon- traktion desselben wird das Cribellum niedergezogen. Ausser diesem Muskelpaare sind noch drei andere (m2, ms, m4) im weiteren Umkreise des Cribeilums vorhanden, die viel- leicht auch bei der Bewegung desselben in Thätigkeit treten: das eine Paar befindet sich vor, ein anderes hinter dem Cribellum; beide inseriren sich mit breiter Fläche und rufen auf der Körperhaut die eigenthümliche mosaik- Ueber das Cribellum und Calamistrum etc. 823 artige Skulptur hervor, die zu manchen Missverständnissen Anlass gegeben hat. Das vordere Paar verläuft durch die Masse der Cribellumdrtisen, und es mag daher die Kon- traktion desselben auch von einigem Einfluss auf den Aus- tritt des Sekretes sein. Ein drittes (m4) inserirt wieder an einem langen Vorsprung hinter dem Cribellum. Die Stelle des letzten Beinpaares nun, die über das Cribellum gerieben wird, ist eine durch den Besitz eigen- thümlicher Haare ausgezeichnete Strecke an der Oberseite des Tarsus (vorletzten Gliedes), und der Apparat wurde von seinem Entdecker, Blackwall, Calamistrum ge- nannt. Fickert (17 p. 10 Anm. 1) verlegte die Stelle des Calamistrum auf die Unterseite; sie hat aber die Lage, die ich vorhin angegeben und ist nur bei einigen Arten etwas nach hinten (innen) herabgerückt, nie aber bis auf die untere Hälfte; bei der von Fickert angegebenen Lage wäre auch eine kaum mögliche Verrenkung des Tarsus nöthig, um das Calamistrum an das Cribellum heranzubringen. Bei Amaurobius ferox ist der Tarsus des letzten Beinpaares (Fig. 20) an seiner Oberseite von vorn und hinten zusammengedrückt, so dass dadurch eine schmale Leiste entsteht. Diese Leiste ist ihrer Länge nach rinnen- artig vertieft und die beiden Ränder der Rinne sind nun mit den Calamistrumhaaren besetzt, und zwar sind die der hinteren Reihe dichter und kräftiger als die der vorderen und betrugen bei einem zur Untersuchung die- nenden Exemplar 54, während die der vordem Reihe die Zahl 30 nicht erreichte. Der ganzen Beschaffenheit nach scheint die hintere Reihe die wichtigste, wenn nicht allei- nige Rolle zu spielen. Der Raum zwischen beiden Reihen ist ganz unbehaart; die Haare der vorderen Reihe neigen schräg nach hinten und abwärts, die der hinteren Reihe schräg nach vorn und abwärts, so dass der freie Raum zwischen den Spitzen der Haare schmäler ist als an ihrer Basis ; überdies sind die Haare der hinteren Reihe stärker nach vorn gebogen als die der vorderen nach hinten. Sie stecken in stark verhornten, rothbraun gefärbten Ringen, sind flach gedrückt, am oberen Rande mit einer Ver- dickungsleiste und feinen abstehenden Börstchen versehen, 324 Ph. Bertkau: im übrigen gestreift, so dass es den Anschein gewinnt, als ob das Haar aus einzelnen Fäserchen zusammengesetzt sei; überdies ist es noch von einer blassgelben oberfläch- lichen Schiebt umgeben, die am Rande, in der Profilansicht, als Saum hervortritt. In dem Enddrittel ist es plötzlich verschmälert und stark gebogen, und diese Biegung ist das charakteristische Merkmal, das die Calamistrumhaare vor den übrigen sofort erkennen lässt. Das Calamistrum tritt nun in sehr verschiedener Form und Ausbildung auf. Bei Dictyna, Diotima, Lethia, Hyptiotes, Uloborus, Dinopis, Miagrammopes ist der Tarsus stark zusammengedrückt, so dass an seiner oberen Seite eine scharfe Kante entsteht; zugleich ist er gebogen, daher die Oberseite bei der Profilansicht konkav, die Unterseite konvex erscheint. Hier ist nun die scharfe Leiste mit einer einfachen Reihe von Calamistrumhaaren besetzt, die, abgesehen von ihrer regelmässigen Anordnung und charakteristischen Biegung, durch ihre schwarze Fär- bung ein um so leichter wahrnehmbares Calamistrum her- stellen, als die Farbe des Beines und der übrigen Haare hier hell ist. Weniger deutlich ist das Calamistrum bei Eresus, Dresseus, Adonea, Stegodyphus, bei denen auch die übrigen Haare schwarz sind und dicht bis ans Calamistrum herangehen; man erkennt es aber auch hier an der Leiste, die auf dem Tarsus verläuft und dicht mit einer Reihe gebogener Haare besetzt ist. Bei Filistata ist es auf eine sehr kleine Stelle des Tarsus unmittelbar hinter dem Gelenk beschränkt, und bei Zoropsis ist es auf eine breite Fläche in dem mittleren Theile des Tarsus ausgedehnt und dabei von so wenig charakteristischer Ge- stalt, dass man die Haare durch das Mikroskop untersuchen muss, um die Ueberzeugung zu gewinnen, dass man auch hier Calamistrumhaare vor sich hat; auf die Einzelheiten werde ich in dem systematischen Theil näher eingehen. Ebenso wird man dort einige speciellere Angaben über die mir bekannt gewordenen Verschiedenheiten des nur wenig veränderlichen Cribellum finden; hier sei nur bemerkt, dass sich hauptsächlich 2 Formen unterscheiden lassen, nemlich ein durch eine mediane Brücke in zwei Hälften geschiedenes, üeber das Cribellum und Calamistrum etc. 325 wie bei Amaurobius, und ein ohne solche Brücke, bei wel- chem also die Spinnröhrchen in ununterbrochener Reihen- folge über das ganze Feld verbreitet sind. Beide Formen sind übrigens nicht scharf geschieden und kommen bei verschiedenen xArten derselben Gattung vor: Dictyna viri- dis sima z. B. hat ein vollständig getheiltes Cribellum, bei D. flavescens keilt sich die Brücke von hinten nach vorne aus und endet, bevor sie den Vorderrahmen erreicht hat; Dict. arundinacea und uncinata endlich haben keine Spur einer solchen Brücke. Auch sei hier darauf aufmerksam gemacht, dass die Breite des Cribellum und die Länge des Calamistrum in genauer Correlation stehen. Arten mit breitem Cribellum (Amaurobius, Eresus, Hyptio- tes, Uloborus) haben auch ein langes Calamistrum; Fili- stata, die von allen mir bekannten Arten das relativ schmälste Cribellum besitzt, hat auch das kürzeste Cala- mistrum. Bereits bei den ersten Mittheilungen über das Cri- bellum und Calamistrum gab Black wall auch an, dass und in welchem Zusammenhang beide Organe zu einander und zu dem von ihnen verfertigten Gewebe stehen; kurz gesagt besteht das Zusammenwirken beider Organe bei der Anfertigung der Gewebe dieser Arten darin, dass das Calamistrum des einen Hiuterfusses in rascher Aufeinander- folge wiederholt über das Cribellum gerieben wird; aus letzterem wird dadurch ein Bündel Fäden hervorgezogen, das nun dem übrigen, von den gewöhnlichen Spinnwarzen verfertigten Gewebe eingefügt wird. Black wall beschrieb diesen Vorgang bei Dictyna und Amaurobius; ich selbst habe ihn in aller Genauigkeit bei Eresus cinnabarinus be- obachtet und beschrieben (5 p. 279; 6 p. 333); später habe ich ihn auch bei Titanoeca und Dictyna wahrgenommen. Von letzterer Gattung sind namentlich D. arundinacea und uncinata zu empfehlen; im Frühling wird man kaum einen von letzterer Art bewohnten Strauch längere Zeit beob- achtet haben, ohne bei dem einen oder anderen Exemplar zugleich die beschriebene Bewegung der Hinterbeine wahr- zunehmen (vgl. 8 p. 296). Ausser von diesen Gattungen ist mir noch eine Angabe 326 Ph. Bertkau: von B. G. Wilder über Hyptiotes (Cyllopodia Hentz) ca- vatus bekannt geworden, die jedenfalls hierher zu ziehen ist; da die Schrift, in der Wilder seine Beobachtung mit- getheilt hat, wohl nicht gerade jedem Interessenten zur Hand ist, so will ich hier eine fast wörtliche Uebersetzung der betreffenden Stelle geben. Nachdem Wilder ange- geben hat, dass diese Art ihr Netz wahrscheinlich gegen Tagesanbruch anlege, fährt er fort (35 p. 268): „Das Netz hat eine dreieckige Gestalt und besteht aus 4 Radien, nie mehr oder weniger, die von einigen (6 — 10) unabhängigen klebrigen Fäden gekreuzt werden. Der Ausgangspunkt der Radien ist in einen einfachen, nahezu horizontalen, starken und kurzen Faden verlängert; die äusseren Enden der Radien sind an einen zweiten starken, ebenfalls mehr oder weniger horizontalen Faden (Grundlinie) befestigt, der nahezu rechtwinkelig zu dem ersteren (d. h. dem ver- längerten Vereinigungspunkt der Radien; Anm. d. Uebers.) verläuft. Die Radien und die Grundlinie schliessen wahrschein- lich keinen ungewöhnlichen Vorgang der Herstellung ein; aber die vollständige Unabhängigkeit der klebrigen Linien bilden einen scharfen Gegensatz zu den spiralig verlaufen- den Fäden von Epeira und Nephila. Zur Zeit der Beobachtung hatte die Spinne die Grund- linie, die 4 Radien und 4 Querfäden zunächst der Grund- linie vollendet; sie kam eben auf einem äusseren Ra- dius in der Richtung von der Spitze her, und drehte, als sie den zuletzt angefertigten vierten klebrigen Faden er- reicht hatte, sich um, schien mit ihrem Körper einige rohe Messungen der Entfernung zu machen und befestigte dar- auf, indem sie mit ihren Spinnwarzen eine kurze Strecke (etwa 002) an dem Radius entlang fuhr, einen Faden an denselben. Dann Hess sie ihren Hinterleib vom Radius herabfallen, sich nur mit den beiden ersten Beinpaaren an denselben festhaltend, und indem sie sich mit dem dritten Beinpaar von dem Radius abstemmte, begann sie das vierte Paar gleichzeitig über die Spinnwarzen hin und herzube- wegen, wobei sie ein sehr klebriges und elastisches Band von schwach gelber Farbe aus derselben hervorhaspelte. üeber das Cribellum und Calamistrum etc. 327 Gleichzeitig bewegte sie sich langsam nach der Spitze zu bis zu einem Punkte, wo die interradialen Räume schmal genug waren, um ihr einen Uebergang zum zweiten Radius zu gestatten. Jetzt hörte sie auf, den Faden weiter her- vorzuziehen, und während sie auf dem zweiten Faden ab- wärts ging, zog sich derselbe zusammen und hatte beinahe die richtige Länge, als sie an dem vierten Querfaden an- gelangt war. Sie befestigte den hervorgehaspelten Faden an den zweiten Radius in einer solchen Entfernung von dem vierten Querfaden, die der auf dem ersten Radius fast gleich war. Auf dieselbe Weise zog sie den fünften Quer- faden zwischen dem zweiten und dritten und zwischen diesem und dem vierten Radius. Hierauf hörte sie mit dem Hervorhaspeln des Fadens auf, begab sich auf den ersten Radius zurück und legte dann einen sechsten, sie- benten, achten und neunten Querfaden an, alle auf dem- selben Wege und beinahe in demselben Abstände. Die Geschwindigkeit der Bewegungen des vierten Fusspaares ist sehr gross; mit grosser Anstrengung konnte ich die Hand ebenso rasch bewegen, und fand mindestens fünf Hin- und Hergänge in der Sekunde oder 300 in der Minute; ungefähr 10 Minuten waren zur Herstellung der 5 Querfäden verwandt worden, wobei die zum Zurück- gehen erforderliche Zeit sehr kurz war; und da die vier ersten längeren Fäden mindestens 15 Minuten in Anspruch genommen haben müssen, so mag die Spinne nach einer ungefähren Schätzung innerhalb einer halben Stunde ihre Hinterbeine 7500 Mal hin und herbewegt haben; eine Schätzung, die gewiss hinter der Wirklichkeit zurück- bleibt." Das Wesen des mit Cribellum und Calamistrum ver- fertigten Gewebstückes besteht darin und muss darin be- stehen, dass eine der Zahl der Cribellumdrüsen einiger- massen entsprechende Anzahl von feinen Fäden dicht neben einander liegen ; dies ist in der That der Fall, wie Fig. 6, eine bei 700-facher Vergrösserung angefertigte Abbildung einer Gewebsflocke von Amaurobius ferox zeigt. Sowohl die Abbildung S. 76 in Murray 's Economic Entomology als auch namentlich 0. Herman's Abbildung (19 I p. 76), die 328 Ph. Bertkau: einen Faden in wellenförmigem Zuge neben einem gerade gestreckten Faden zeigt, berühren das Wesen der Sache nicht. Schon mit blossem Auge lassen sich alle mit Hülfe von Cribellum und Calamistrum zu Stande gekommenen Gewebe (curled web Blackwall's, gekräuseltes Gewebe) an ihrer eigenthümlichen, gewöhnlich etwas bläulichen Farbe erkennen. Thor eil (33 I p. 30) meint, wenn auch das Cribel- lum bei Dictyna und Amaurobius zur Herstellung des ge- kräuselten Gewebes diente, so könnte es doch bei Hyptiotes und Uloborus, die regelmässig geometrische Netze weben, diese Bedeutung nicht haben. Aber diese Meinung geht von einer falschen Voraussetzung aus, nämlich von einer Verkennung des oben scharf präcisirten Wesens des ge- kräuselten Gewebes. Mit der Gestalt des Gesammtgewebes hat diese Frage nichts zu thun : bei Dictyna, Amaurobius, Titanoeca und Eresus werden die gekräuselten Bestand- theile in kurzen Stücken angefertigt und einem unregel- mässigen Gewebe eingefügt; bei Hyptiotes, jedenfalls auch bei Uloborus und wahrscheinlich auch bei anderen Arten, werden sie in lange Bänder ausgezogen, und diese Bänder dann einem njit Hülfe der anderen Spinnwarzen verfer- tigten Rahmen in einer solchen Weise eingefügt, dass da- durch der Schein eines Sektors eines Radnetzes von Epei- riden entsteht. Ich muss übrigens bemerken, dass mir alle Einzel- heiten des Vorganges nicht klar sind. Namentlich bleibt noch die Frage zu beantworten, wie das hervorgehaspelte Band bei Eresus u. s. w. bis zum Ende des Metatarsus gelangt, so dass es nun von den Krallen der beiden Hin- terfüsse gefasst und an Fäden gewöhnlicher Art geheftet werden kann; ferner, wie Hyptiotes so lange Fadenbündel hervorhaspeln kann, ohne dass sich dieselben verwirren. Wahrscheinlich ist mir, dass ein aus einer anderen Spinn- drüse stammender derberer Faden als Leitseil dient, dem sich die feinen aus den Cribellumdrüsen stammenden Fäden anschmiegen. Durch Kontraktion beim Eintrocknen dieses derberen Fadens würde sich auch die starke Verkürzung der Querfäden bei Hyptiotes erklären, während, wenn die- Ueber das Cribellam und Calamistrum etc. 329 selben ausschliesslich aus den feinen Fäden beständen, sie sofort eintrocknen und ihre Elastizität verlieren müssten. Simon führt (30 I p. 165) von der Familie der Ulobo- riden an: les fils . . . vus au microscope, . . paraissent iormes d'un fil assez öpais, autour du quel s'enroule un second fil tres delie, formant des festons irreguliers . . . Es würde dies der Abbildung 0. Herman's entsprechen. Wahrscheinlich stammt der erste Faden aus einer gewöhn- lichen Drüse, und setzt sich der zweite, darum gewundene aus einer Anzahl feiner, aus den Cribellumdrüsen stammen- den Fädchen zusammen. Der Zweck des gekräuselten Gewebes ist nun leicht ersichtlich. Alle diese Gewebe haften mit der grössten Leichtigkeit und Zähigkeit an den Fingern z. B., die sie berührt haben. Sie ersetzen in dieser Hinsicht die klebrigen Fäden der anderen Spinnen, na- mentlich Epeiriden, die wie Menge (26 p. 32) bemerkt, kleine klebrige Kügelchen aufgereiht enthalten und wahr- scheinlich aus den baumartig verästelten Drüsen stammen. Wilder nannte ja auch die Querfäden beim Gewebe von Hyptiotes einfach „viscide lines". Das gekräuselte Gewebe ist daher ein in erster Linie dem Fange dienendes Gewebe und hierin liegt die hohe Bedeutung des Cribellum und Calamistrum für die Oeco- nomie der Arten. Die Cribellumdrüsen werden aber auch noch bei anderen Gelegenheiten verwandt; z. B. bei einigen Arten zur Verfertigung der Eiersäckchen und vielleicht auch des Wohngewebes. So führt Blackwall (11 p. 341) an, dass bei Hyptiotes paradoxus die Betheiligung des Calamistrum bei der Bildung der äusseren konvexen Um- hüllung des Kokons unzweifelhaft sei, eine nordamerika- nische Art brauche Cribellum und Calamistrum bei der Fabrikation ihres Wohngewebes (?; cell; so nennt Black- wall an anderen Stellen, z. B. 10 p. 327, das Wohngewebe von Epeira cornuta, in dem sie auch überwintert u. s. w). Ob Black wall über das Eiersäckchen von Hyptiotes pa- radoxus an einer anderen Stelle eine ausführlichere Mit- theiluug gemacht hat, die obigen Ausspruch ganz zweifel- los als richtig erscheinen lässt, ist mir nicht bekannt ge- worden. Ich habe im vorigen Jahre von einem Exemplar 330 Ph. Bertkau: von der Färbung des H. undulatus C. L. Koch ein Eier- säckchen erhalten, bei dem im Umkreise ein derber Faden in viereckigen Zickzacklinien gezogen war; dieser derbe Faden war mit Strahlenbüscheln ganz feiner Fädchen be- setzt, die sehr wohl aus den Cribellumdrüsen hätten stam- men können. Da ich indessen die Entstehung des Kokons nicht beobachtet habe, so will ich hierüber nichts mit Bestimmtheit aussagen. Dagegen haben mir in diesem Jahr zwei Weibchen von Eresus cinnabariuus, merkwürdig genug in derselben Nacht vom 29./30. Mai, je ein Eier- säckchen angefertigt, an dessen äusserster Umhüllung die Flocken gekräuselten Gewebes unverkennbar waren. An- dererseits scheinen mir die Dictynaarten z. B. ihre Eier- häufchen ohne Betheiligung des Cribellum und Calamistrum mit dem linsenförmigen Gewebe zu umhüllen. Die bei dem Kokon von Hypt. paradoxus von mir erwähnte Eigen- thümlichkeit ist aber neben Simon's Angaben mit ein Grund für die Annahme, dass auch sonst ein derberer Faden dem Bündel aus den Cribellumfäden als Stütze dient. Auch über die zweite Angabe Blackwall's von der Betheiligung des Cribellum und Calamistrum bei der An- fertigung des Wohngewebes einer nordamerikanischen Hy- ptiotesart (H. excavatus?) habe ich keine ausführlichere Mittheilung gefunden. Obwohl ich unseren H. paradoxus im Freien nicht gerade selten beobachtet habe, so ist mir ein Wohngewebe von ihm doch nicht bekannt geworden; auch Thoreil (32) stellt ein solches in Abrede und Simon (30 I p. 173) sagt ebenfalls geradezu bei der Gattungs- schilderung: „L'Hyptiotes ne construit point de retraite ni de coque". Ob daher unser Hyptiotes eine andere Ge- wohnheit hat als der nordamerikanische, ob bei ihm das Wohngewebe bisher übersehen ist, oder ob Blackwall hier mit „cell" etwas anderes meint als sonst, kann ich nicht entscheiden. Ich kann diese Schilderung noch nicht verlassen, ohne auf die Wichtigkeit hingewiesen zu haben, die die Cri- bellumdrüsen für die Auffassung der Spinndrüsen über- haupt haben. Augenscheinlich haben wir es hier mit einer niederen Form von Spinndrüsen zu thun, die sich enge an lieber das Cribelluin und Calamistrum etc. 331 die gewöhnlichen Hautdrüsen anschliessen, wie sie bei den Arthropoden, z. B. Coleopteren und Hymenopteren, verbreitet sind. Den Cribellumdrüsen ähnliche Hautdrüsen können wir daher auch als Ausgangspunkt der anderen Spinngefässe annehmen. Diese vervollkommneten sich zu- nächst zu den „birnförmigen", die bei den in mancher Hinsicht niedrig stehenden Teraphosiden vielfach die ein- zigen sind, und differenzirten sich bei den anderen in die verschiedenen Formen, die man überhaupt unterschieden hat: schlauchförmige, verästelte u. s. w. Namentlich populäre Schriftsteller haben mit Vorliebe auf die grosse Zahl von Spinnröhrchen bei den Spinnen, und in dem leicht begreiflichen, wenn auch nicht zu recht- fertigenden Streben, recht auffallende Thatsachen zu be- richten, auf die grosse Zahl von Einzelfäden hingewiesen, aus denen sich ein scheinbar einfacher Spinnfaden zusam- mensetzen soll. Das Cribellum in seiner entwickeltsten Form übertrifft mit seiner grossen Zahl von Spinnröhrchen (bei Stegodyphus lineatus über 4800 auf jedem Felde, einer noch nicht 0,2 Quadratmillimeter messenden Fläche) die kühnsten bisher gegebenen Zahlen bei weitem und steht in dieser Hinsicht überhaupt wohl einzig da. Von einem wichtigen Umstand ist bisher noch nicht die Rede gewesen, um die Darstellung nicht aufzuhalten, nemlich davon, dass beide Organe bei den entwickelten Männchen ganz oder theilweise verkümmert sind, während die jungen Männchen dieselben in gleicher Ausbildung wie die entsprechend alten Weibchen haben und die Re- duktion erst vor der letzten Häutung eintritt. Bei den Männchen kleiner Arten (z. B. Dictyna, Lethia) bleibt von dem Cribellum gewöhnlich keine Spur übrig; bei anderen (Eresus, Amaurobius) wird es als ein Hornplättchen von der Gestalt des früheren Cribellum erhalten, auf dem un- regelmässige Vertiefungen als einziger Rest der vorher so charakteristischen Einrichtung übrig geblieben sind; von Drüsen ist auch nicht die geringste Spur erhalten. Das Calamistrum ist ebenfalls bei einigen Arten ganz geschwun- den, bei anderen in mehr oder weniger vollkommenem Zustand erhalten, aber auch in den Fällen deutlich nur 332 Ph. Bertkau: einzeilig, wo es bei dem Weibehen zweireihig ist. Und zwar ist, wie schon von vornherein anzunehmen war, die vordere Reihe geschwunden oder undeutlich geworden. Das blosse Faktum, dass beide Organe beim geschlechts- reifen Männchen in einem Zustand vorhanden sind, der einen Gebrauch nicht gestattet, könnte leicht zu der irrigen Ansicht verleiten, dass sie in einem Zusammenhang mit der den Weibchen obliegenden Brutpflege, also speciell mit der Verfertigung der Eiersäckchen stehen. Dass sie nebenher auch hierzu gebraucht werden, ist oben ange- führt worden, dass dies aber nicht ihre einzige und nicht einmal ihre Hauptaufgabe ist, geht daraus hervor, dass die jungen Männchen dieselben ungeschmälert besitzen, sowie aus der direkten Beobachtung ihrer Verwendung bei Anlage des Fanggewebes. Ihre Verkümmerung ist daher nur daraus zu erklären, dass die Männchen über- haupt kein Fanggewebe mehr machen; Organe, die aus- schliesslich einem solchen Zwecke dienen, sind daher ent- behrlich geworden. Die Erhaltung der übrigen Spinn- drüsen ist wohl dem Umstände zuzuschreiben, dass die entwickelten Männchen ein Wohugewebe vielfach noch verfertigen, sowie namentlich, dass sie ihrer und des Ge- webes bedürfen, um den Samen in die Taster zu bringen, worüber man Menge's (25 p. 38) und meine (4 p. 254) früheren Mittheilungen vergleichen möge. Die Zahl der Gattungen, bei denen Cribellum und Cala- mistrum beobachtet sind, ist schon recht beträchtlich: Zo- ropsis, Oecobius, Filistata, Amaurobius, Nurscia, Titanoeca, Psechrus, Eresus, Stegodyphus, Adonea, Dresseus, Dorceus, Dinopis, Avella, Menneus, Uloborus, Phillyra, Hyptiotes, Miagrammopes, Dictyna, Lethia, Diotima, Rhium, Argenna, Mezentia, wo die gesperrt ge- druckten Namen die Gattungen bezeichnen, bei denen ich mich selbst durch eigene Untersuchungen von ihrer An- wesenheit und Beschaffenheit habe überzeugen können. Sie werden fälschlich auch einigen Gattungen zugeschrie- ben, die sie thatsächlich nicht haben. Bei Menge sind manche dieser Angaben auf die, wie schon oben bemerkt, irrige Identifizirung des Cribellum mit seinem „Hypo- Ueber das Cribellum und Calaraistrum etc. 333 pygium" und des Calamistrum mit der Skopula zurückzu- führen. Bei der Gattung Cybaeus, der Menge (26 p. 287 und 288) ein Cribellum zuschreibt, das aber keine Durch- bohrungen zeige, liegt die Sache insofern anders, als die Art, die Menge für Cyb. tetricus C. L. Koch hielt, nach L. Koch ein Amaurobius ist und also jedenfalls das rich- tige Cribellum besitzt. Die Angabe von einem Calamistrum bei einigen Drassiden beruht ebenfalls auf einer falschen Terminologie; er meint an dieser Stelle die Skopula. Ferner schreibt Menge noch (26 p. 510) seinem Dolomedes „Spin- delfelder, cribella'' zu und bildet dieselben auch (PL 83 Tab. 288) ab. Schon diese Abbildung indessen, die das Balkenwerk nicht, dafür statt der feinen Röhrchen lange, klobige Haare zeigt, beweist, dass Menge auch hier etwas anderes für das Cribellum genommen hat; ich habe schon früher (8 p. 282) die Vermuthung geäussert, dass Menge sich durch ein kurz vor der Häutung stehendes Exemplar hat täuschen lassen. Die Angabe einiger älterer Schriftsteller (z. B. v. Sie- bold's), die die in Rede stehenden Organe Arten den Gat- tungen Drassus und Clubiona zuschreiben, sind auf eine jetzt ^ antiquirte Nomenklatur zurückzuführen, nach der z. B. Amaurobius fenestralis eine Clubiona atrox, Dictyna viri- dissima ein Drassus viridissimus war. Weniger zu ent- schuldigen ist es aber, wenn Lebert noch 1877 (24 p. 9) das Calamistrum als allgemeinen Besitz der Drassiden hinstellte; kein einziger Drasside hat ein Calamistrum. — Ueber Omanus und die Fam. Omanoidae T]%or. s. unten bei Oecobiadae. Bevor ich auf die Systematik obiger Gattungen näher eingehe, halte ich es für angemessen, die Systematik der Spinnen im Allgemeinen zu beleuchten. Gegenwärtig hat, vielleicht mit einigen Aenderungen in Einzelheiten, bei den meisten Araneologen das von Thor eil (33 I) aufgestellte System Geltung. Dasselbe ist eine Fort- bildung des von Latreille auf die Form des Gewebes und die Bewegungsart begründeten Systems, dessen Spuren sich bis zu Aristoteles (1 p. 622b) zurückverfolgen lassen, insofern derselbe bereits Arten mit und ohne Ge- webe und unter letzteren solche von verschiedenen Gewebs- 334 Ph. Bertkau: formen unterschied. Aber bei Aristoteles dienen diese Unterschiede nicht als systematische, mit Ausnahme viel- leicht des yevog tqitov oocfcozaTov xal y?.arfvQWTaTOVj mit dem er unsere Epeiriden bezeichnete und in dem er wieder zwei kleinere ysV/; unterschied. Lister, Clerck, Degeer, Latreille, Sundevall, Walckenaer, Menge hielten die Prinzipien dieses Systems fest und bauten dasselbe weiter aus. Bei Thor eil tritt an Stelle der Begründung der von ihm gleich Menge als Unterordnungen bezeichneten Gruppen durch die Form des Gewebes und die Gangweise eine solche durch körperliche Merkmale. Wenigstens ist die Form des Gewebes nirgends ausdrücklich hervorgehoben, und insofern beschwert sich Thorell mit Recht, von Si- mon missverstanden zu sein, indem die Orbitelariae, Reti- telariae, Tubitelariae u. s. w. nur in den Namen Anspie- lungen auf die Form des Gewebes enthalten. Aber der Inhalt der Gruppen ist wesentlich derselbe geblieben, den sie bei den früheren Autoren hatten, und die zur Unter- scheidung herangezogenen Merkmale sind theils sehr unter- geordneter Natur, theils nicht scharf zu fassen. So sind z. B. die beiden Unterordnungen der Orbitelariae und Retitelariae nur durch die relative Entfernung der Augen . von dem Stirnrande unterschieden, und selbst dieses Merk- mal ist nicht einmal ein durchgreifendes, indem Tapinopa unter den Retitelarien nach demselben zu den Orbitelarien gehören müsste. Bei anderen Unterordnungen sind Unter- scheidungsmerkmale in greifbarer Form überhaupt nicht angegeben. Ich bin es nicht allein, der solche vermisst: auch Gerstäcker (18 p. 293 ff.) spricht dies aus, und Aus- ser er scheint es eben so ergangen zu sein, indem derselbe in seiner analytischen Tabelle (2) der Familien die Unter- ordnungen ganz überspringt. Thorell's Versuch, die Unter- ordnungen auf andere Weise als durch das Gewebe zu charakterisieren, kann ich daher nicht als gelungen an- sehen; es bleibt nun noch die Frage, ob diese Unterord- nungen natürlich sind. Die Bedingung dafür ist, dass alle zu derselben Unterordnung gestellten Familien und Gat- tungen unter einander näher verwandt sind, als mit einer Gattung und Familie einer anderen Unterordnung. Diese üeber das Cribellum und Calamistrum etc. 335 Bedingung scheint mir voll nur bei den Territelarien, an- näherungsweise bei den Laterigraden und Citigraden er- füllt zu sein. Die Orbitelariae enthalten als fremdartige Elemente die subf. Uloborinae; die Gattung Pachygnatha, die bei den Retitelarien steht, ist näher mit der Orbitelarie Tetragnatha als mit irgend einer anderen Gattung ver- wandt; die Tubitelarien enthalten die sehr verschieden- artigen Familien der Agaleniden, Filistatiden, Dysderiden und Drassiden; selbst die Saltigraden erscheinen durch die Eresiden verunreinigt. Andere Forscher wieder räumen der Form des Ge- webes einen systematisch konstitutiven Werth ein und er- klären in zweifelhaften Fällen ausdrücklich, dass die Form des Gewebes bekannt sein müsse, bevor über die syste- matische Stellung der betreffenden Gattung ein endgültiges Urtheil abgegeben werden könne; 0. Herman (19 II p. 32) möchte dem Gewebe sogar die Bedeutung von Organen beilegen. Was mir an der Eintheilung der Spinnen nach ihrer Lebensweise natürlich scheint, ist die Unterscheidung der Tristicta in solche, die typisch ein Fanggewebe machen und solche, die kein Fanggewebe machen. Dieser Unter- schied in der Lebensweise findet einen adäquaten Ausdruck in dem Besitz oder Mangel einer Afterkralle an den Füssen (ausg. Zoropsis). Auf der Grenze beider Gruppen stehen in beiderlei Hinsicht die Lycosiden, von denen einige (exotische) Formen nur 2 Krallen haben, während Menge von den Gattungen Dolomedes, Ocyale und Oxyopes meldet, dass sie leichte Gewebe verfertigen. Die Vagabundae in diesem Sinne würden demnach ausser den Lycosiden als Uebergangsform noch die Drassiden, Anyphaeniden, Sparassiden, Thomisiden und Attiden enthalten, von denen ein grosser Theil bei Latreille unter den Sedentarien stand. Eine weitere Benutzung der Form des Gewebes zur Unter- scheidung der Sedentarien kann ich aber nicht für natür- lich halten, und zwar ebensowenig in dem Sinne, dass ein gleiches Gewebe die Zugehörigkeit zu derselben Fa- milie bedingt, noch in dem, dass ein verschiedenes Gewebe ausschliesst. Hiervon mache ich nur bei dem Radgewebe 336 Ph. Bertkau: eine Ausnahme. Das Radnetz der Epeiriden (aber nicht das fälschlich damit gleichgestellte Gewebe der Uloboriden) ist so charakteristisch, dass es der wichtigste Unterschied gegenüber den Theridiaden ist; es ist auch fast der ein- zige, während in den meisten anderen Punkten eine grosse Uebereinstimmung beider Familien besteht. — Aus den angeführten Gründen kann ich daher auch in den Namen Orbitelariae, Retitelariae u. s. w. keine systematischen Kategorien, sondern nur Namen zur Bezeichnung einer biologischen Eigenthümlichkeit sehen. An Stelle jenes Systems nun, das die ganze Ordnung in 7 Unterordnungen zerfällt, aber vielfach nicht im Stande war, die Unterschiede dieser Unterordnungen anzugeben, in anderen Fällen solche Unterschiede angab, die allenfalls zur Unterscheidung von Gattungen hinreichend waren, habe ich vor vier Jahren (7) ein anderes gesetzt, in welchem ich nur 2 Unterordnungen annahm, diese aber durch eine Anzahl wichtiger anatomischer Verhältnisse unterschied. Auch bei den Familien bemühte ich mich, schärfere und wesentlichere Unterschiede aufzufinden, und schmeichele mich mit der Hoffnung, dass mir dies auch gelungen ist. Obwohl die in jenem Versuch niedergelegten Prinzipien, soviel ich sehe, bis jetzt von keinem Araneologen ange- nommen sind, so hält mich dieser Umstand nicht ab, auf derselben Grundlage weiterzubauen, indem ich der Ueber- zeugung bin, dass wir auf diesem von mir eingeschlagenen Wege eher als auf jedem anderen zu einem befriedigenden Abschluss der Bestrebungen einer natürlichen Klassifikation kommen. In zwei Punkten namentlich glaube ich, in jenem Versuch eine wesentliche Verbesserung eingeführt zu haben : in der Verwendung von wirklich wichtigen Organisations- verschiedenheiten als Familiencharakteren und in einer auf diese Merkmale gegründeten anderen Begrenzung der Familien. Ich zweifele nun keinen Augenblick, dass sich bei der Durcharbeitung eines grösseren, namentlich exotischen, Materials manche Modifikationen als nöthig herausstellen werden. Ich bedauere, selbst kein solches Material zur Verfügung zu haben, und ebenso bedauere ich, dass das üeber das Cribellum und Calamistrum etc. 337 reiche Material grösserer Museen nur zur Bereicherung der Kataloge mit neuen Namen benutzt wird. Um so mehr bin ich Herrn Eug. Simon zu Danke verpflichtet, der mir mit der grössten Liberalität seltene, mir nicht zugängliche Arten aus seiner Privatsammlung zur Untersuchung über- lassen hat ; nur hierdurch bin ich im Stande, mir über die Gattungen Filistata, Oecobius, Uroctea, Stegodyphus, Ado- nea, Dresseus, Zoropsis, Miagrammopes, Dinopis, Diotima, Podophthalma ein eigenes Urtheil zu bilden. Die mit Cribellum und Calamistrum versehenen Gat- tungen, bisher nur Tristicta, bringe ich zu den Familien der Zoropsididae, Filistatidae, Oecobiadae, Miagrammopidae, Di- nopidae, Uloboridae, Dictynidae, Eresidae, Amaurobiadae, und fasse dieselben zu einer (zwischen Unterordnung und Fa- milie stehenden) Gruppe, Cribellata, zusammen, im Gegen- satze zu den übrigen Tristicta, die ich M crom am mi 11 ata nenne. Die weitere Gruppierung der Familien der letzteren möchte ich, soweit die mir allein bekannten deutschen Fa- milien in Betracht kommen, jetzt etwas anders einrichten, als ich in meinem „Versuch etc." p. 357 unter 9) gethan habe. Anstatt nämlich die relative Grösse der Augen möchte ich jetzt den Besitz oder Mangel einer Afterkralle in erster Linie in Rücksicht nehmen und die einen als Perissonycha, die anderen als Artionycha bezeichnen, deren weitere Unterabtheilung mit Hülfe der a. a. 0. angegebenen Merk- male sich von selbst ergiebt. Die weitere Eintheilung der Cribellata, von denen ich in meiner früheren Tabelle nur die 4 Familien Ulobo- ridae, Dictynidae, Eresidae, Amaurobiadae berücksichtigen konnte, würde sich in folgender Weise gestalten. 1. Nur 2 Krallen an den Füssen; Afterkralle fehlt. Zoropsididae. Afterkralle neben den Hauptkrallen vorhanden . . 2 2. Cephalothorax flach gedrückt, der Länge nach fast ganz horizontal; deutlich nur 4 Augen in einer ge- bogenen Querreihe; Sternalplatte von der Oberseite des Cephalothorax nicht deutlich abgesetzt. Miagrammopidae. Archiv f. Naturg. XXXXVÜI. Jahrg. 1. Bd. 22 338 Pb. Bertkau: Cephalotborax mehr oder weniger gewölbt, mindestens von den Augen zum Stirnrande abfallend; 8 Augen; Sternalplatte deutlich vorhanden 3 3. Augen gedrängt, auf einer gemeinsamen Erhöhung; Calamistrum nur eine sehr kurze Strecke an der Basis des Tarsus einnehmend; männlicher Taster lang, Endglied abgeschnitten und den verhornten Träger mit dem darin aufgerollten Spermophor nur z. Th. bergend; Epigyne an der weiblichen Genital- spalte nicht vorhanden . . . . Filistatidae. Augen getrennt von einander; Calamistrum einen beträchtlichen Theil des Tarsus einnehmend . . 4 4. Mandibeln schwach; Cephalotborax kreisförmig; Augen in 3 Querreihen, 4, 2, 2, die beiden hintersten weit von den vorderen entfernt, einander sehr ge- nähert; After von einem Kranz langer Haare dicht umstellt; hinterste Spinnwarzen lang, dreigliederig. Oecobiadae. Mandibeln stärker; Augen anders gestellt ... 5 5. Seiten des Kopfes stark eckig hervorgezogen, die vordem Seitenaugen tragend (Scheitelaugen sehl* gross) Dinopidae. Kopfecken nicht stark vorgezogen; Scheitelaugen nicht oder nicht auffallend grösser .... 6 6. Vor dem Cribellum eine breite Querspalte, die zu einem hochentwickelten Tracheecsystem führt; Cribellum ein einziges ungetheiltes Feld von be- trächtlicher Ausdehnung; Eingang zu den Samen- taschen hinter einem spitzigen Zipfel der Bauch- haut versteckt, Gewebe ein Stück eines Radge- webes; Eier in einem langen Säckchen. Uloboridae. Cribellum durch eine Leiste getheilt, oder, wenn ungetheilt, wenig entwickelt; Oeffnung der Samen- taschen freiliegend; Gewebe unregelmässig; Eier in mehreren bikonvexen Säckchen. Dictynidae. 7. Vor dem Cribellum eine enge Querspalte, die zu 4 einfachen Tracheenröhrchen den Eingang bildet. 7 a b lieber das Cribellum und Calamistrum etc. 339 7 a. Cephalothorax rechteckig, vorn so breit wie hinten, vorn kugelig herabgewölbt, die 4 Mittelaugen ein- ander genähert, die hinteren die grössten; Seiten- augen von einander und den zugehörigen Mittel- augen entfernt Eresidae. 7 b. Cephalothorax lang fünfeckig oder dreieckig, vorn verschmälert ; Augen in 2 Querreihen und die Seiten- augen in der gewöhnlichen Entfernung von den Mittelaugen Amaurobiadae. Der systematische Werth von Cribellum und Cala- mistrum ist sehr verschieden geschätzt und nach meiner Ansicht von allen anderen Araneologen mit Ausnahme Blackwall's unterschätzt worden. Für alle diejenigen, die auf die Lebensweise Gewicht legen, muss der Werth von Organen, die in erster Linie der Herstellung eines Fang- gewebes dienen, unzweifelhaft sein. Und wer anatomischen Verhältnissen Bedeutung beilegt, kann ebenfalls die syste- matische Wichtigkeit des Cribellum nicht verkennen, da es nicht ein Spinnwarzenpaar schlechthin, sondern ganz eigener Natur ist und zugleich das Vorkommen eines an- deren Organs, des Calamistrum, nach sich zieht. Nur in dem einen Falle Hesse sich die systematische Bedeutung der erwähnten Organe bezweifeln, wenn nämlich die Mög- lichkeit vorläge, dass früher alle Spinnen dieses vierte Paar von Spinnwarzen besessen, aber im Laufe der Zeit bis auf wenige Gattungen verloren hätten. Denn wenn dies nicht der Fall ist, lässt sich der gemeinsame Besitz nur auf gemeinsame Abstammung, und nicht etwa auf eine „Convergenzerscheinung" zurückführen. Nun könnte man allerdings aus Menge's Identifizirung des Cribellum mit dem „colulus" oder „hypopygium" schliessen, dass letzteres der Rest eines früheren Cribellum wäre ; aber nichts wäre verkehrter als dies. Denn das Hypopygium ist nichts weiter als ein Stückchen Körperhaut von der gewöhnlichen Beschaffenheit, begrenzt von sehr zarter Körperhaut. Und zwar bildet die vordere Grenze die von der Tracheenspalte gebildete Falte, die seitliche und hintere Grenze die weiche Haut zwischen den Spinnwarzen. Die Tetrasticta haben daher auch kein solches Hypopygium. Dass diese Ansicht 340 Ph. Bertkau: richtig ist, geht daraus hervor, dass das Hypopygium neben oder vielmehr vor dem Cribellum vorkommt: das Stück gewöhnlicher Körperhaut zwischen Tracheenspalte und Cri- bellum ist eben das Homologon des Hypopygium. Auch das Fehlen des Cribellum in dem einen Geschlecht ist nicht geeignet, den systematischen Werth desselben herab- zudrücken, da nur die geschlechtsreifen Männchen ein ver- kümmertes, die jungen aber ein wohl ausgebildetes Cri- bellum haben. Die angeführten Gründe werden es, so hoffe ich, recht- fertigen, wenn ich Gattungen mit und ohne Cribellum nicht in einer Familie vereinige, und überhaupt eine Verglei- chung einer Gattung der Cribellaten mit einer der Mero- mammillaten, um damit eine nähere Verwandtschaft herzu- leiten, nicht zulasse. Mag die äussere Aehnlichkeit zwischen manchen den beiden Gruppen angehörigen Gattungen noch so gross sein, wie sie thatsächlich zwischen Zoropsis und Zora, Amaurobius und Coelotes, Oecobius und Uroctea gross ist: diese äusserliche Aehnlichkeit beweist mir für eine natürliche Verwandtschaft nichts mehr, als die habi- tuelle Aehnlichkeit der Spitzmäuse mit den Mäusen, der Blindschleiche, des Aals mit den Schlangen u. s. f.; vgl. dagegen Cambridge, 15 p. 575. Ich gehe nun zur Besprechung der einzelnen Familien und zur genaueren Schilderung der Organe bei den Gat- tungen über, von denen ich etwas mehr, als bisher bekannt war, zu melden weiss. Fam. Zoropsididae. Provisorisch habe ich diese Familie in meinem Bericht über die Leistungen im Ge- biete der Arthropoden i. J. 1880 auf S. 71 aufgestellt, nachdem ich bereits in dem Bericht pro 1877 — 78 auf S. 321 (104) die Einreihung einer mit Cribellum und Calamistrum ausgerüsteten Gattung unter die Drassiden für einen Miss- griff erklärt hatte. Ich würde mich nur wiederholen, wenn ich hier nochmals die Gründe auseinandersetzen sollte, weshalb die Cribellaten eine Gruppe für sich ausmachen; die Gattung Zoropsis bietet aber wiederum ein sprechendes Beispiel für die Unzulänglichkeit der bisherigen Systeme und der Merkmale, auf die dieselben begründet waren. lieber das Cribellum und Calamistrum etc. 341 Und wenn man früher Arten dieser Familie zu Dolomedes oder Zora rechnete, so beweist dieser Irrthum für mich ebenso wenig eine nähere Verwandtschaft zwischen Dolo- medes, Zora und Zoropsis, wie etwa die Lacerta aquatica L. eine Verwandtschaft zwischen Lacerta im heutigen Sinne und Triton beweist. Wenn nun auch Zoropsis nicht zu den Drassiden oder einer anderen Familie der Meromammillaten gehört, so bleibt noch immer die Frage offen, ob sie unter den Cri- bellaten eine Familie für sich bildet, oder nicht vielleicht einer der bereits bestehenden Familien angereiht werden könnte. Das letztere scheint mir aber unthunlich, wenig- stens so lange, als unsere Kenntnisse von dem inneren Bau und dessen Verschiedenheiten so geringe sind. Es ist nicht nur der Mangel einer Afterkralle, sondern auch das eigen- artig gebildete Cribellum und Calamistrum, was den Zor- opsididen eine abgesonderte Stellung anweist. Sieht man von diesen Eigenschaften ab, so würden sie sich im übrigen vielleicht am ehesten noch den Amaurobiaden näheren lassen. Die einzige Gattung dieser Familie ist Zoropsis Sim., gegründet auf (Dolomedes, später) Zora ocreata C. L. Koch\ ausserdem gehören hierher noch Z. media Sim. aus verschiedenen Gegenden Frankreichs, Italien, Spanien; Z. Albertisii Pavesi, Hecaerge Wrightii Blackw. (16 p. 405 PI. XV Fig. 2 und 2 s. o.), (die, wie auch Simon vermuthet, vielleicht mit Z. ocreata synonym ist; wenigstens ist die Epigyne mit dem frei abstehenden „Nagel^' ganz überein- stimmend gebaut); ferner Zora lutea Thor.^ Dolomedes spi- nimanus L. Duf., Olios rufipes Luc. (cf. Simon 31 p. 124). Das Vorhandensein von Cribellum und Calamistrum bei Zora ocreata hat zuerst Simon (30 IV p. 2 und 325) nachgewiesen und auf diesen Umstand die Gattung Zor- opsis gegründet. Nach ihm spinnen die Arten derselben, die er unter Baumrinde und Steinen antraf, ein bläulich weisses Gewebe um ihren Cocon, ähnlich Amaurobius. Jedenfalls aber legen sie auch ein Fanggewebe an, und das Vorkommen unter Steinen und Baumrinde ist vielleicht auf die ungünstige Jahreszeit beschränkt. Die Untersuchung des Cribellum (Fig. 7) und Cala- 342 Ph. Bertkau: mistrum nach einigen Spiritusexemplaren, die ich der Güte meines verehrten Freundes Eug. Simon verdanke, ergab folgende Verhältnisse. Das Cribellum ist der Länge nach durch eine schmale Brücke getheilt; die ganze Breite be- trägt genau 1,00 mm, wovon 0,04 mm auf die Brücke kommen; die Höhe ist 0,10 mm. Beide Hälften stossen unter einem sehr stumpfen, fast flachen Winkel zusammen. Was nun dieses Organ bei vorliegender Art vor allen anderen auszeichnet, ist der Umstand, dass jede Hälfte durch eine der hinteren Begrenzungslinie parallel laufende Leiste nochmals in zwei Stücke zerlegt ist, von denen das obere etwas höher ist als das untere. Diese Bildung zeigte sich ganz übereinstimmend bei zwei Exemplaren, so dass ich kaum annehmen kann, sie sei durch eine unregelmässige Vertheilung der Spinnröhrenöffnungen bei ihrer Vermeh- rung während einer Häutung entstanden. Dagegen spricht auch die Verschiedenheit der beiden Felder, indem die Spinnröhrchen auf den vorderen beträchtlich länger sind als auf den hinteren. Diese stehen dicht gedrängt und ihre Zahl auf jeder Seite übersteigt 1200. Noch eigenthümlicher als das Cribellum ist das Cala- mistrum, wenn man von einem solchen sprechen will, indem nemlich nur die eigenthümliche Biegung der Haare auf etwas Besonderes hindeutet: weder ist das Bein zusammengedrückt, noch ausgeschweift, noch sind die Haare in regelmässiger Weise angeordnet. Der etwa 6,5 mm lange Tarsus ist braun und schwarz geringelt; der erste Ring ist braun, der zweite schwarz; dieser ist etwa 1,6 mm lang. Auf der hinteren (inneren) Seite hat der Tarsus nun an dieser Stelle eine flache, muldenförmige Vertiefung, die etwa ein Achtel des ganzen Umfanges einnimmt und 1,3 mm lang ist. Die Ränder dieser Vertiefung sind dicht mit schwach gebogenen Calamistrumhaaren unregelmässig besetzt, nur am unteren Rande stehen dieselben in einer geraden Linie; im Vergleich zur Grösse des Thieres sind sie besonders schlank. ~ Das Calamistrum dieser Art ist desshalb von besonderem Interesse, weil es uns einen Fingerzeig geben kann, wie wir uns die Entstehung der höher ausgebildeten Form desselben zu denken haben. — Das einzige Männchen, Ueber das Cribellum und Calamistrum etc. 343 das mir zu Gebote stand, hatte verstümmelte Hinterbeine, wesshalb ich über das Calamistrum hier nichts sagen kann. Ich will noch hinzufügen, dass die Art vier einfache Tracheenschläuche von gewöhnlicher Beschaffenheit be- sitzt; die Tasterkralle hat 9, 'die eine Kralle des letzten Beinpaares 14, die andere 7, etwas weitläufiger gestellte und kräftige Zähne. Beinpaar I. und IV finde ich bei einem $ gleich lang, während Thor eil IV, Simon I als länger angeben. Fam. Oecobiadae. Auch diese Familie enthält gegen- wärtig nur eine Gattung, Oecobius Luc, deren nicht gerade zahlreichen Arten in den Mittelmeerländern zu Hause sind. Simon (29 V p. 10 und 30 II p. 1 ff.). Thoreil (33 I p. 111) und Cambridge (14 p. 219 ff.) vereinigen die Gattung mit Uroctea Buf., die aber weder ein Cribellum noch ein Cala- mistrum hat und daher zu den Meromammillaten gehört. Die Familie hat demnach in meinem Sinne genau denselben Umfang, den ihr Black wall (12 p. 382) zuwies. Die erste Nachricht, dass diese Gattung ein Cribellum und Calamistrum besitze, gab Blackwall (a. a. 0.), indem er deren Vorhandensein bei seinem Oec. navus behauptete; Cambridge gab sie ebenfalls (14 p. 220) bei seinem 0. trimaculatus an. Simon sowohl (30 II p. 6) wie Thoreil (33 I p. 113) vermissten sie, und letzterer glaubte daher, dass Oecob. navus Blackw. in eine andere Gattung und Familie gehöre, die er Omanus und Omanoidae nannte. Wodurch Simon und Thorell getäuscht worden sind, kann ich nicht sagen; ich kann nur konstatieren, dass Omanus Thor., wenn der Besitz eines Cribellum und Calamistrum und längerer hinterer Spinnwarzen den Unterschied von Oecobius begründen soll, mit letzterer Gattung synonym ist. Wie ich nemlich an einem mir gütigst von E. Simon überlassenen Exemplar von 0. annulipes gefunden habe, hat Oecobius ein Cribellum (Fig. 15), das bei genannter Art etwa 0,258 mm breit und 0,026 mm lang ist. Es ist durch eine Brücke, die fast so breit wie j^des der Felder ist, in zwei Hälften getheilt; die Breite jedes der Felder beträgt 0,086 mm. Ausser dem Cribellum sind noch 3 Spinnwarzenpaare da, und die 8 Spinnwarzen Cambridge's 344 Ph. Bertkaii: kommen eben dadurch heraus, dass er das Cribelhim als ein „überzähliges" viertes Paar zählt; Simon (30 II p. 6 Anra. 2) schreibt aber Cambridge irriger Weise die Meinung zu, dass Oecobius noch neben dem Cribellum vier Spinn- warzenpaare habe. Ueber die Beschaffenheit des Cala- mistrum lassen sich Blackwall und Cambridge nicht näher aus; nur wird erwähnt, dass das Männchen keine Spur desselben habe. Auch ich kann nichts darüber mit- theilen, da das zur Untersuchung dienende Exemplar durch Schütteln alle seine Haare, z. Th. auch die Fusskrallen verloren hatte. Die früheren Autoren schrieben dieser Gattung nur 6 Augen zu und Blackwall sah sie als einzigen bis dahin bekannten Vertreter der Senoculina mit Cribellum und Calamistrum an; 1869 sprach Thor eil (33 I p. 113) die Meinung aus, dass sie acht Augen habe und Simon (29 III p. 344) folgte ihm hierin, während Cambridge (14 p. 219) es unentschieden lassen will, ob die „unregelmässigen, weissen Stellen neben den hinteren Augen in Wirklichkeit Augen oder deren Stellvertreter sind". Bei obiger Art habe ich mich mit aller Bestimmtheit davon überzeugen können, dass diese Stellen keine Augen, sondern einfache Pigmentflecke sind, die mir zu den beiden hinteren Augen, in deren Nachbarschaft sie stehen, zu gehören scheinen. Bei der erwähnten Art stehen aber auch noch ganz am hinteren Ende des Kopfes zwei kleine Augen, einander fast berührend, so dass die Gattung doch achtäugig ist (Fig. 16). Ferner beobachtete ich eine Eigenthümlichkeit an der Cornealinse der anderen Augen, die vielleicht mit der bevorstehenden Häutung zusammenhängt, vielleicht aber auch specifisch und dann werth ist, an reichlicherem und frischem Material genauer studiert zu werden. Die Cornea- linse hat nämlich an der fast regelmässig halbkugelig nach Innen vorspringenden Seite^ im Inneren, eine konzentrische Schale, deren oberer, gerade abgeschnittener Rand unge- fähr im Niveau der übrigen Körperhaut verläuft; aus dem Hohlraum dieser Schale ragt ein nicht ganz regel- mässiger eiförmiger Körper von gelbgrüner Farbe hervor. Die erwähnte Schale färbt sich mit Karmin am stärksten, lieber das Cribellum und Calaruistrum etc. 345 der Centralkörper gar nicht. Eine solche Differenzierung innerhalb der Linse ist, so viel ich weiss, bis jetzt noch bei keiner Art beobachtet worden. Filistatidae. Auch gegenwärtige Familie zählt mit Sicherheit nur die eine Gattung Filistata; Cambridge rechnet zu ihr (14 p. 218) auch noch die Gattung Miltia E. Sim. mit zwei Arten, die aber Simon selbst (30 I p. 237) zu den Drassiden stellt. Da ich nicht Gelegenheit gehabt habe, sie zu sehen, so kann ich mir kein eigenes Urtheil über sie bilden; wenn sie aber, wie es scheint, kein Cri- bellum und Calamistrum hat, so rechne ich sie nicht zu den Filistatiden. Von der Gattung Filistata sind Arten aus den Mittelmeerländern, von St. Helena, aus dem süd- lichen TheileNordamerika's und aus Peru bekannt geworden. Die Gattung Filistata ist früher allgemein in die Ver- wandtschaft der Teraphosiden gebracht worden, und Simon bildet noch aus ihr die 2. Familie seiner Teraphosae. Der einzige Grund, der hierfür sprechen könnte, ist eine ge- wisse habituelle Aehnlichkeit, die sich in den zusammen- gedrängten Augen und den zwar kräftigen, aber dabei doch nicht kurzen Beinen ausdrückt. Was sonst noch geltend gemacht werden könnte, die Beschaffenheit der männlichen Taster z. B., ist nicht beweisend, da die gleiche Bildung auch bei Sc^^todiden u. s. f. vorkommt. Das wesentlichste Merkmal der Tetrasticta, die 4 Athmungsorgane, fehlen, und desshalb habe ich mich schon vor 4 Jahren gegen eine Vereinigung der Filistatiden mit den Teraphosiden ausgesprochen. Thoreil (33 I p. 158) stellt die Familie an das Ende seiner Unterordnung Tubitelariae, die nach dem eigenen Geständniss gewissermassen eine Rumpel- kammer ist, bestimmt alle die Formen aufzunehmen, die anderswo nicht untergebracht werden können ; die Reihen- folge ist: Drassidae, Dysderidae, Filistatidae, Territelariae. Aber sehen wir zu, ob sie mit einer der Familien, zwischen die Thoreil sie stellt, eine nähere Verwandtschaft auf- weist! Mit den Drassiden, die nur 2 Fusskrallen, kein Cribellum und Calamistrum haben, kein Fanggewebe an- legen, sicher nicht, und gegen eine Verwandtschaft mit den Dysderiden sprechen dieselben Gründe, die gegen eine 346 Ph. Bertkau: solche mit den übrigen Tetrasticta geltend gemacht sind. Durch diese Anordnung wird sogar der natürliche Zu- sammenhang zwischen Dysderiden und Teraphosiden zer- rissen. Unter den Cribellata stehen sie ebenfalls isoliert. Die Verschmelzung der Unterlippe mit dem Sternum findet sich zwar auch bei den Dinopiden wieder, aber alle an- deren Verhältnisse sind bei beiden Familien so verschieden, dass darauf eine nähere Verwandtschaft nicht zu begründen ist. Die über der Unterlippe zusammenneigenden Unter- kiefer, die an der Basis verschmolzenen Mandibeln, von denen wohl nur die ungewöhnlich kurzen Klauen aus- giebiger bewegt werden können, weisen in Verbindung mit den anderen bereits erwähnten Verhältnissen dieser Familie einen ganz besonderen Platz an. An Exemplaren von Filistata testacea, die mir E. Simon verehrt hatte, fand ich Cribellum (Fig. 9) und Cala- mistrum (Fig. 11, 12) von folgender Beschaffenheit. Das Cribellum liegt hier fast ganz zwischen den vorderen, grössten Spinnwarzen versteckt und ist ringsum von langen, kräftigen Haaren umgeben, die koncentrisch über ihm zu- sammenneigen. Seine Breite ist sehr gering: sie beträgt 0,184 mm; die Breite jeder Hälfte 0,09 mm; die trennende Leiste zwischen beiden Hälften ist daher ebenfalls sehr schmal. Die Höhe kommt der Breite fast gleich (0,078 mm). Die Spinnröhrchen sind dicht gedrängt und betragen trotz der geringen Ausdehnung auf jeder Hälfte über 2000. — Das Calamistrum ist sehr eigenthümlich, und findet sich in annäherend gleicher Ausbildung bei keiner anderen Gattung wieder. Der Tarsus, dessen ganze Länge bei dem untersuchten Exemplar 3,5 mm beträgt, ist unmittelbar hinter dem Gelenk an der hinteren und oberen Seite zu- sammengedrückt, so dass dadurch eine etwa 0,4 mm lange Leiste entsteht, die im Profil nicht geradlinig, sondern etwas konkav verläuft. Die Schneide sowie die Abdachun- gen dieser Leiste sind mit verhältnissmässig dicken, ge- drehten Haaren besetzt, die am Ende plötzlich in ein ganz feines Spitzchen auslaufen und dem Anscheine nach aus einer grossen Zahl feiner Fasern zusammengesetzt sind. lieber das Cribellum und Calamistrum etc. 347 In gleicher Weise fand ich Cribellum und Calamistrum bei einer Art, die mir Dr. Ahrens aus Peru mitgebracht hatte, wahrscheinlich T. capitata Zfm^^; nur war hier das Cribellum nicht so hoch wie bei F. testacea. Ich füge dieser Beschreibung das hinzu, was ich sonst noch von der Anatomie dieser merkwürdigen Gattung an dem Spiritusexemplar ermitteln konnte. Beim Männchen sind die Metatarsen sämmtlicher Beine quer geringelt, und diese Ringelung ruft eine Krümmung des Fusses nach unten hervor; ähnliches ist schon wiederholt gemeldet worden; beim Weibchen ist von einer solchen Ringelung nichts wahrzunehmen. Die beiden Hauptkrallen (Fig. 13 a) der Füsse sind stark und stark gebogen, mit 9 kräftigen Zähnen; der die Kralle durchsetzende Canal giebt in die stärkeren Zähne Aeste ab, die nach ihrem Eintritt in die- selben kugelig anschwellen. Die Tasterkralle (Fig. 13b) ist ebenfalls stark und stark gebogen, mit 16 schwächeren Zähnen, deren Spitzen fast einen Halbkreis beschreiben, während sie bei den Fusskrallen fast in gerader Linie verlaufen. Zwischen Spinnwarzen und Genitalspalte findet sich die breite, schon von Keyserling (21 p. 348) er- wähnte Traeheenspalte. Dieselbe macht die von mir früher angegebene Regel, dass man aus der Breite der Spalte auf ein hoch entwickeltes, verästeltes Tracheensystem schliessen könne, zu Schanden, indem die Tracheen bei Filistata 4 einfache Röhren sind, die noch das Bemerkens- werthe an sich haben, dass ihre Wandung die kleinen Zäpfchen und sonstigen Verdickungen, die sowohl an den Röhren-, wie an den Fächertracheen, sog. Lungen der Spinnen so gewöhnlich sind, nur an der Basis vorhanden sind. Die beiden äusseren dieser Röhren sind sehr ge- räumig, fast sackartig (Fig. 10). Die Samentaschen sind birnförmig, verhältnissmässig klein, und in den Ecken der Genitalspalte angebracht. Das Endglied des männlichen Tasters (Fig. 14) ist schräg abgeschnitten, die Schnittfläche etwas vertieft, und in dieser Vertiefung ist ein Theil des Trägers verborgen. Letzterer ist umgekehrt lang birn- förmig, ganz verhornt und umschliesst das sehr geräumige Spermophor, von dem 2 Windungen dicht auf einander 348 Ph. Bortkau: gedrängt verlaufen, während die letzte in dem Einbringer entrollt ist, an dessen Spitze das Spermoplior ausmündet. Das Spermoplior enthielt eine grosse Menge anscheinend homogener Kugeln, die aber wegen ihrer beträchtlichen Grösse mit grosser Wahrscheinlichkeit auf Cönospermien hinweisen. Genaueres über die Genitaldrüsen und die Beschaffenheit etwaiger Cönospermien zu ermitteln, muss der Untersuchung frischen Materials vorbehalten bleiben. Fam. i\maurobiadae. Die meisten Autoren geben dieser Familie, die von Anderen sogar noch als Unterfa- milie der Agaleniden angesehen wird, einen weiteren Um- fang, als ich ihr auf Grund wichtiger anatomischer Ver- hältnisse zugestehen kann, da die Dictyniden mit ihr vereinigt werden. Indem ich wegen einer Definition der Amaurobiaden auf meinen „Versuch" etc. verweise, will ich hier einiges über Cribellum und Calamistrum einiger einheimischer Arten der Gattungen Titanoeca und Amauro- bius mittheilen. Bei Titanoeca quadriguttata ist das Cribellum der Länge nach durch eine massig (0,035 mm) breite Leiste in zwei unter einem sehr stumpfen, fast flachen Winkel gegen einander geneigte Hälften getheilt. Jedes dieser Felder hat eine fast regelmässig rechteckige Gestalt lyiit abgerundeten Ecken; die Breite eines Feldes ist 0,180, die Höhe 0,024 mm. Die Spinnröhrchen stehen auf denselben nicht dicht, und das Leistenwerk, das dieselben umgiebt, ist ziemlich stark entwickelt; meist befindet sich das Spinn- röhrchen in der Mitte eines rhombischen Feldchens. Auf jedem der beiden Felder sind etwa 300 Röhrchen vor- handen. Der hintere hornige Begrenzungsrand des Cri- bellum ist unverhältnissmässig stark, an der stärksten Stelle, in der Mitte, fast doppelt so stark, als die Höhe eines Cribellumfeldes beträgt. — Das Calamistrum findet sich auf einer etwa 1,2 mm langen Leiste an der oberen und hinteren Seite des nicht viel längeren Tarsus und hat etwa 45 Haare. Amaurobius ferox hat als Typus der allgemeinen Schilderung von Cribellum und Calamistrum gedient und kann daher übergangen werden. Bei A. jugorum nimmt Ueber das Cribellum und Calamistriim etc. ' 349 das Calamistrum ungefähr 2 mm des 3,5 mm langen Tarsus ein. Auf der vorderen Hälfte der Oberseite ist derselbe ziemlich dicht mit Haaren besetzt, die, je näher sie an das eigentliche Calamistrum kommen, um so mehr die Be- schaffenheit von Calamistrumhaaren annehmen; aber auch hier ist die Grenze derselben nicht scharf anzugeben. Das eigentliche Calamistrum befindet sich auf der hinteren Ab- dachung des Tarsus, besteht aus 40 genau in einer Linie angeordneten kräftigen Calamistrumhaaren, und ist von dem vorderen Theile durch einen ganz nackten Streifen getrennt, dessen Breite hier etwas beträchtlicher ist als bei A. ferox. Aehnlich sind die Verhältnisse bei A. clau- strarius und A. fenestralis ; nur sind hier alle Dimensionen und Zahlen etwas kleiner. Von Männchen der genannten Gattungen standen mir nur Tit. quadriguttata, Amaur. ferox, fenestralis und similis zu Gebote; bei den genannten Arten ist das Calamistrum in mehr oder weniger verkümmertem Zustande, am undeut- lichsten bei T. quadrig., vorhanden. Da die beiden Gattungen ( — das Cribellum von Nur- scia kenne ich nicht — ), die mit Sicherheit in diese Fa- milie gehören, ein getheiltes Cribellum besitzen, so ist es wahrscheinlich, dass Gattungen mit ungetheiltem Cribellum in ihr nicht vorkommen. Mezentia Thor, (34 III p. 203) mit ungetheiltem Cribellum, die der Autor mit Amaurobius vergleicht, würde ich daher vorläufig aus ihr ausschliessen ; ebenso Psechrus Thor, (34 II p. 171), die zwar ein ge- theiltes Cribellum hat, deren Abbildung bei Doleschall aber einen von Amaurobius weit abweichenden Habitus zeigt. Beide Gattungen gehören vielleicht in folgende Familie, worüber Gewissheit allein eine Untersuchung der Tracheen verschaffen könnte. Fam. Dictynidae. Die 3 oder 4 Gattungen dieser Familie werden von den meisten Autoren mit voriger ver- einigt; wer aber je Gelegenheit gehabt hat, den Unter- schied zwischen dem Tracheensystem eines Amaurobius und einer Dictyna, Lethia oder Diotima wahrzunehmen, wird nicht mehr in Versuchung kommen, zwei so ver- schiedene Formen zusammenzuwerfen, während weit gering- 350 Ph. Bortkan: fügigere Unterschiede sogar Charaktere von Unterordnun- gen abgeben. Das Cribellum ist in dieser Familie im All- gemeinen ganz; in der Gattung Dictyna aber kommen auch Arten mit vollständig (D. viridissima) und unvollständig (D. flavescens) getheiltem Cribellum vor. Bei Dictyna viridissima, der Blackwall ein unge- theiltes Cribellum zuschreibt (10 p. 340), ist dasselbe der ganzen Höhe nach durch eine ziemlich breite Leiste ge- theilt. Das ganze Cribellum (Fig. 17) hat die Gestalt einer Ellipse, deren grosse Achse mehr als vier mal so lang ist als die kleine; seine Breite beträgt 0,312 mm. Jede der beiden Hälften ist 0,148 mm breit, und (an der höchsten Stelle) 0,065 mm hoch, mit über 300 Spinn- röhrchen besetzt. Der Tarsus der Hinterbeine ist auf der oberen Seite zusammengedrückt, in der Profilansicht kon- kav gebogen und mit einer einfachen Reihe von 28 Cala- mistrumhaaren besetzt; in der Mitte der Länge des Cala- mistrum stehen an der Vorderseite des Tarsus 4 — 5 Haare, die in ihrem Aussehen ganz mit Calamistrumhaaren über- einstimmen. Bei D. flavescens (junges Exemplar) ist das Cribellum (Fig. 18) nur unvollkommen getheilt, indem sich vom Hin- terrande eine sich nach vorn auskeilende Leiste erhebt, die aber den Vorderrand nicht erreicht. Bei den übrigen mir zu Gebote stehenden Arten (D. uncinata, arundinacea) habe ich von einer solchen Leiste keine Spur gesehen. Dasselbe ist bei Diotima hirsutissima Sim. der Fall, von welcher Art ich ein Spiritusexemplar der Freundlich- keit von E. Simon verdanke. Hier ist das Cribellum (Fig. 19) 0,25 mm breit und 0,039 mm hoch, im allge- meinen rechteckig gestaltet mit abgerundeten Ecken, aber doch Vorder- und Hinterrand etwas gebogen, und zwar der Vorderrand stärker, so dass die Höhe in der Mitte am geringsten ist; dasselbe trägt über 500 Spinnröhrchen. Das Calamistrum ist ähnlich wie bei Dictyna viridissima gebildet; nur sind hier deutlich 2 Reihen von Calamistrum- haaren (vordere mit 10) vorhanden. Hinzufügen will ich noch, dass die Gattung, wie sie im Allgemeinen grosse Aehnlichkeit mit Dictyna zeigt, so auch in der Beschaffen- Ueber das Cribellum und Calamistrum etc. 351 heit des Tracheensystems mit ihr übereinstimmt. Von Lethia habe ich früher berichtet; über Argenna kann ich nichts mittheilen. Vielleicht gehört die Gattung Rhium (RJiion) Cbr.^ für die Thoreil (33 ü p. 603) die Familie der ßhioidae errichtet, zu den Dictyniden, mit denen sie durch geringe Grösse, Schlankheit der Beine, Beschaffenheit der Fuss- krallen und des männlichen Tasters viel Uebereinstimmung zeigt. Die Sechszahl der Augen kann für sich allein keine besondere Familie bedingen, ist in vorliegendem Falle aber vielleicht auch nur eine individuelle Abnormität; Fälle von monströsen Augendefekten sind schon zahlreich bei den Arachniden bekannt geworden. Cambridge giebt von dem einzigen bekannten Männchen an, dass es Calamistra und ein Cribellum habe, während bei den in T K T\ Fig. 8. a Fusskrallen, b Tasterkralle J ^ • ♦ )• Fig. 9. Cribellum Fig. 10. Anfang des Tracheensystems Fig. 11. Calamistrum Fig. 12. Calamistrumhaare Fig. 13. a Fuss-, b Tasterkralle Fig. 14. Letztes Tasterglied Fig. 15. Cribellum ) von Oecobius annulipes; 1, 2, 3, 4 die Fig. 16. Cephalothorax J 4 Augenpaare. Fig. 17. Cribellum von Dictyna viridissima mit anhängenden Drüsen. Fig. 18. 5, „ „ flavescens (Walck.). Fig. 19. „ „ Diotima hirsuta Sim. Fig. 20. Calamistrum von Amaur. ferox von vorn gesehen ; Cj hin- tere, Cg vordere Reihe der Calamistrumhaare ; die der vor- deren Reihe sind etwas kürzer, die der hinteren Reihe etwas weitläufiger geordnet gezeichnet, als der Wirklichkeit entspricht. Fig. 21. Schienbein (ti), Tarsus (ta) und Metatarsus (mt) von Mia- grammopes Rafifrayi Sim.\ c Calamistrumhaare, k Kolben- haare. Fig. 22. Rechtes Cribellum von Stegodyphus lineatus {Latr.). lieber den Duftapparat von Hepialus Hecta L, Von Dr. Pli. Bertkau in Bonn. (Hierzu Taf. XVIII, Fig. 23-25.) Ich habe bereits vor 2^/2 Jahren in den Sitzungsbe- richten der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde, 1879 p. 288, eine kurze Mittheilung über den Duftapparat der Männchen von Hepialus (Phymatopus) Hecta gemacht. Eine ausführlichere Darstellung dieses in mehrfacher Hinsicht so interessanten Organs habe ich unterlassen, weil ich aus Anzeigen ersah, dass Fr. Müller in den Archiv, do Museu Nacional de Kio de Janeiro, Vol. n, an den Füssen einer Menge von Brasilianischen Nachtschmetterlingen Duftapparate beschrieben hatte. Erst vor Kurzem, nachdem ich Gelegenheit gefunden hatte, Einsicht in die erwähnten Archiv, etc. zu nehmen, bin ich zu der Ueberzeugung gekommen, dass durch jene Mitthei- lungen Mülle r's die folgenden Nachrichten über unseren Falter Nichts von ihrem Interesse verlieren können: nicht nur ist die Einrichtung bei H. Hecta eine ganz andere als Müller sie bei Brasilianischen Erebiden beschreibt, sondern es fehlt auch in der Mittheilung Müller's jeder bestimmte Nachweis von Drüsen, der hier überhaupt zum ersten Male von mir bei H. Hecta geliefert ist. Ich finde das von Aurivillius (lieber sekundäre Geschlechtsunterschiede Nordischer Tagfalter in Bih. t. K. Svensk. Vet.-Akad. Handl. V. No. 25) geäusserte Bedenken, ob in der That alle als „Duftschuppen" in Anspruch genommenen, durch Gestalt oder Standort ausgezeichnete Schuppen wirklich mit Drüsen in Verbindung stehen, durchaus nicht ungerechtfertigt, am 364 Ph. Bertkau: allerwenigsten clurcli Weismann's Bemerkung im Zool. Anz. I. p. 98 von vornherein widerlegt. Denn Weismann macht hier nur auf die Möglichkeit aufmerksam, dass in dem Schmetterlingsflügel sich noch lebende Drüsenzellen finden können ; der thatsächliche Zustand muss aber für jeden einzelnen Fall untersucht werden. So auffallend nun bei H. Hecta der Duftapparat ist, so findet sich in den speciell lepidopterologischen Werken, die ich auf diesen Punkt mir angesehen habe, doch kaum mehr als die Notiz, dass bei H. Hecta die Hinterftisse verkümmert seien. Diese bei der Häufigkeit unseres Schmetterlings auffallende Erscheinung mag wohl darin ihre Erklärung finden, dass die meisten „Lepidopterologen", in Verkennung der eigentlichen Bedeutung des Wortes Zoologie, die Schmetterlinge für Thiere halten, die gejagt und aufgespiesst werden müssen, und daher nur solche Mittheilungen für werthvoll halten, die auf das Erlangen der Beute Bezug haben. Selbst A. & 0. Speyer sagen in dem speciell der Beschaffenheit der Beine gewidmeten dritten ihrer „Lepidopterolo- gischen Beiträge" (Isis 1843 p. 161 ff.) nur, dass der Hinterfuss von H. Hecta verkümmert sei, führen die Gat- tung p. 167 als Beispiel für die Regel an, dass, „wo die Hinterfüsse mangelhaft sind, dafür die Schienen verdeckt (soll heissen : verdickt) zu sein pflegen", und beschreiben auf S. 187 die „Hinterschienen eine hohle, äussere (?) ge- wölbte Platte bildend." Etwas ausführlicher, aber z. Th. unrichtig, ist die Beschreibung, die 0. v. Prittwitz in der Stett. Ent. Zeitung 1845 S. 249 entwirft: „An der Stelle, wo das letzte Fusspaar am Abdomen (?) ansitzt, ist das letztere kahl und wie zusammengedrückt; die eigent- lichen Schenkel sind blasenförmig und enden in ein dünnes Bein, mit welchem das Schienbein zum Kniegelenk ver- wachsen ist, dieses ist dann gelblich bis zum Gelenk; das letzte Glied ist aber ganz abnorm gestaltet. Es endet nemlich statt in Klauen in eine unförmliche blasenartige Keule, und an dieser stehen eine Menge gelblicher Haare in einem dichten Büschel zusammen. Beim ersten Blick glaubt man die Honigbeutel einer Biene zu sehen." Die älteste der mir bekannt gewordenen Beschreibungen ist Ueber den Duftapparat von Hepialus Hecta L. 365 zugleich die beste; sie rührt von De Geer her und findet sich in dessen Abh. z. Gesch. d. Insekten, deutsch von J. A. E. Götze, I. Bd. (3. Qu.) auf S. 71 f., während er das Bein in Fig. 14, 15 auf Taf. VII abbildet; Olivier hat in seiner Encyclop. methodol. VII. 70 lediglich De Geer's Angaben aufgenommen. Fig. 23 stellt einen männlichen H. Hecta von der Bauchseite vergrössert dar. An Trochanter und Ober- schenkel des letzten ßeinpaares bemerkt man Nichts ausser- gewöhnliches; das Schienbein aber ist stark keulig ange- schwollen und von oben nach unten zusammengedrückt. Seine Haut ist glatt und glänzend, durchscheinend gelb gefärbt; an der Spitze ist ein schräg abgeschnittenes Stück fast rein weiss. Die untere Seite ist ohne jede Spur von Schuppen oder sonstigen Epidermisbildungen ; nur bei starker Vergrösserung erkennt man auf ihr kleine haar- ähnliche Vorsprünge und Fortsätze, die aber nicht etwa den Schuppenhaaren gleichbedeutend sind, da sie einfache Wucherungen der Kutikula sind. Auf der oberen, d. h. dem Körper zugewandten Seite ist die Oberfläche zunächst vertieft und hebt sich aus der Vertiefung wieder, konzen- trisch mit dem äusseren Umkreise, schwach gewölbt empor; vgl. Fig. 24. Diese Stelle nun ist an den Rändern spärlich mit gewöhnlichen Schuppen, im übrigen aber sehr dicht mit langen, keulenförmigen Haarschuppen von blassgelber Farbe besetzt, die wie eine Art Pinsel die Schienenspitze um ein weniges überragen. Die Poren, in denen diese Schuppen- haare stehen, haben jederseits eine fast halbkreisförmige Platte neben und etwas hinter sich, die schräg gegenein- ander aufgerichtet sind und das Schuppenhaar z. Th. um- fassen, so dass sich dieses aus seiner bestimmten Lage — alle sind in der Längsachse des Beines von vorn nach hinten gerichtet und stehen nur wenig in die Höhe — nicht ent- fernen kann. Bereits mit schwacher Vergrösserung und ohne besondere Präparation erkennt man die riesigen Drüsen mit ihrem grossen Kern, die durch die durchsichtige Haut hindurchschimmern. Jeder etwaige Zweifel über die Natur der Drüse wird aber gehoben durch einen Querschnitt durch ein in Alkohol gehärtetes Bein, wie ihn Fig. 25 366 Ph. Bertkau: darstellt; derselbe ist nach mehr als zweijährigem Liegen in Alkohol angefertigt. Die Drüsen sind einzellig, flaschen- förmig und füllen fast ganz allein den Hohlraum des Beines an, in welchem ausser ihnen nur noch Muskeln und ein Tracheenstamm verlaufen. Die an den Seitenrändern ste- henden konvergiren nach der Oberseite zusammen, die in der Mitte befindlichen durchsetzen fast senkrecht die ganze Dicke des Beines. An ihrem oberen Ende verengert sich die Drüsenzelle und mündet mit diesem verengerten Halse in einen grossen Hautporus ein, aus dem sich eins der er- wähnten Schuppenhaare erhebt. Diese sind im Allgemeinen keulenförmig, am dicken Ende gewöhnlich abgerundet oder gar etwas eingedrückt, selten schwach zugespitzt; eine solche Vielheit von Formen, wie De Geer in Fig. 16 ab- bildet, habe ich nicht beobachtet. Sie sind hohl und haben an dem, wie erwähnt, gewöhnlich eingedrückten Ende eine unregelmässig begrenzte und schwer wahrnehmbare Oeff- nung. Ohne auf die Frage über die feinere Struktur der Schmetterlingsschuppen hier näher einzugehen, kann ich von diesen doch nach Schrägschnitten mit aller Bestimmt- heit behaupten, dass ihre Skulptur, namentlich ihre Längs- streifung, durch Rippen, die auf der Aussenfläche ange- bracht sind, hervorgerufen werden; auf der Innenfläche findet sich nur ein ganz schwaches, unregelmässiges Netz- werk, das man nur sieht, wenn die Innenfläche frei gelegt ist, und von dem ich nicht einmal sicher bin, ob es nicht von geronnenem Inhalt herrührt. Der Inhalt der Drüsen ist ein ätherisches Oel, das die als Fortsetzung des Ausführungsganges dienenden Schuppenhaare anfüllt und an deren oberer Oeffnung heraustritt und durch Ca- pillarität an der Aussenseite derselben haftet. Betrachtet man nemlich ein solches, einem lebendenThier entnommenes Schup- penhaar, so sieht man auf seiner Aussenseite zwischen den Rippen das blass gelbgrün gefärbte Oel in grösseren und kleineren Tröpfchen. Wird nun der ganze Büschel von Schuppenhaaren an die Luft gebracht, so verdunstet von denselben eine grössere Menge der Substanz und er- füllt die Luft mit einem angenehmen aromatischen Geruch, den man auch erhält, wenn man das ganze Schienbein auf üeber den Duftapparat von Hepialus Hecta L. 367 dem Papier zerquetscht. In letzterem Falle ist er aber wegen seiner starken Konzentration zu penetrant, und mehr widerlich als angenehm. Fr. Müller hat an den meisten von ihm als Duft- apparat in Anspruch genommenen Bildungen zugleich eine Schutzvorrichtung nachgewiesen; eine solche findet sich auch hier und zwar in einer solchen ungewöhnlichen Weise, dass sie vielleicht das Interessanteste an dem ganzen Ap- parat ist. Sie besteht darin, dass der erste Hinterleibsring auf seiner Unterseite nur an einer schmalen medianen Brücke eine hornige Haut hat; rechts und links befinden sich 2 grosse Oeffnungen, in die die Körperhaut sackartig eingestülpt ist. Die Wandung des Sackes besteht aus einer sehr zarten und dabei elastischen Haut, die mit kurzen Schuppenhaaren besetzt ist. Die Elastizität rührt wesentlich daher, dass in ihr Reifen von derberer Beschaffenheit dicht neben einander gelagert sind, zwischen denen eine faltige Haut ausgespannt ist ; unter ihr verlaufen Hautmuskeln. In diesem eingestülpten Sack befindet sich auch das erste Hinterleibs- stigma. Durch Druck auf den Hinterleib lässt sich der eingestülpte Sack in Gestalt einer geräumigen Blase her- vorstülpen (s. Fig. 23, rechte Seite). Wie ich nun bereits früher erwähnt habe, hat der Schmetterling gewöhnlich sein Bein in dieser Tasche stecken, und zieht es nur hervor, „wenn er in pendelndem Fluge über dem im Grase sitzen- den Weibchen herschwebt''. Fängt man in einem solchen Moment ein Exemplar, so beeilt sich dasselbe, die Beine in die schützende Tasche zu stecken, an deren Rändern noch lange, konvergirende Haare den Schutz verstärken; es kostet auch immer eine gewisse Mühe, das Bein ge- waltsam aus der Tasche hervorzuzerren. Die vorher er- wähnte weisse Stelle am Ende der Schiene ist eben das Stück der Unterseite, soweit die Schiene gewöhnlich in der Tasche verborgen ist. An den folgenden Leibesringen bemerkt man eine Andeutung einer ähnlichen Bildung, die eine gute Illustrierung des Gesetzes der homonomen Seg- mentierung ist. De Geer war diese Tasche unbekannt; der Druck- fehler in Speyer's Mittheilung (verdeckt statt verdickt) 368 Ph. Bertkau: Hess mich Anfangs glauben, von ihm sei die Tasche bemerkt worden; v. Prittwitz hat sie an einem Exemplar in un- vollkommener Weise gesehen, ohne aber ihre Bedeutung zu kennen. Schon De Ge er, der nicht wusste, dass diese Klump- füsse nur den Männchen eigenthümlich seien, warf die Frage nach ihrer Bedeutung auf; zum Gehen sind sie nicht taug- lich; da er den eigenthümlichen Flug dieses Schmetter- linges wohl kannte, so dachte er daran, dass es „die Balancierstangen seien, bei dieser Art von Fluge das Gleich- gewicht zu halten", v. Prittwitz äussert in sehr zurück- haltender Weise die Vermuthung, dass sie eine „sexuelle Beziehung" haben. Es ist schon wiederholt der eigenthümliche Flug dieses Schmetterlinges erwähnt worden, und es scheint mir an- gemessen, darüber noch einiges zu sagen. Verglichen mit dem stürmischen, hastigen, fast stossweisen Flug von H. Sylvinus, der eine kurze Strecke vorwärts fliegt, eine Pflanze umschwärmt und im nächsten Momente weitereilt, ist der Flug von H. Hecta ein sehr ruhiger zu nennen. An schönen Abenden im Mai und Juni kann man ihn an Waldrändern am häufigsten ungefähr 1 Meter hoch vom Boden in einem Bogen, dessen Ebene senkrecht ist, hin- und herfliegen sehen, wobei er fast einen Halbkreis be- schreibt, dessen Durchmesser etwa ^J2 Meter beträgt. Schon Linn6 und Fabricius vergleichen diesen Flug mit der Be- wegung eines Pendels; Linn., S. N. 85; F. Sv. 1148: Vespere motu quasi in pendulo, in aere fluctuans ; und Fabr. Ent. Syst. III. 2. p. 6. No. 4: Vespere in aere fluctitat motu pendulo, at so- litarius. Das „solitarius'S das wohl im Gegensatze zu den Schwärmen gewisser Eintagsfliegen gemeint ist, ist übrigens nicht wörtlich zu verstehen, indem ich wiederholt 2 — 3 Exem- plare an derselben Stelle hin und her und auf und nieder schweben sah. Den Anziehungspunkt bildet in diesem Falle ein am Boden oder im Grase sitzendes Weibchen, wie ich zufällig fand, als ich mit dem Hute die Männchen zu fangen versuchte und hierbei ein Weibchen vom Grase abgeschöpft hatte. Schon Hering (Stett. Ent. Zeit. 1845 p. 312) meint, mit Recht, dass das „Hin- und Herbalanciren der ^ in üeber den Duftapparat von Hepialus Hecta L. 369 der kurzen Distanz über der Erde" auf ein am Boden sitzendes $ schliessen lasse. Auf der Suche nach einem Weibchen ist aber der Flug mehr dem des H. Sylvinus ähnlich. Stösst man ein über einem Weibchen schwebendes Männchen an, so stellt es sich mit angezogenen Beinen todt, wie ebenfalls schon De Geer beobachtet hatte. Ich habe mich vergeblich danach umgesehen, ob an- dere Hepialus-Arten eine ähnliche Einrichtung zeigen. In trockenem Zustande konnte ich H. Humuli, lupulinus, Vel- leda, Sylvinus J" untersuchen; letztere Art auch in einigen Spiritusexemplaren. H. Humuli ^ hat massig verdickte Hinterschienen, die an der Oberseite mit einer Bürste un- gemein langer, gebogener, aber nicht keulig gestalteter Haare besetzt sind; diesen Haarbusch erwähnt bereits De Geer a. a. 0. p. 70, Fig. 10 und 11. Die Hinterleibsseiten haben am ersten Ringe eine elliptische Höhlung, deren Grund durch eine dehnbare elastische Haut gebildet ist Das cT von H. lupulinus hat ebenfalls behaarte Hinter- schienen, doch unterscheidet sich die Behaarung äusserlich durch Nichts von der starken Behaarung des Thorax; von einer Tasche am ersten Hinterleibsringe ist nichts zu sehen. Die Schienen der ^^ von H. Velleda und Sylvinus sind nicht verdickt und in gewöhnlicher Weise behaart; am ersten Hinterleibsringe findet sich jederseits eine un- regelmässig dreieckig umgrenzte Stelle, deren Haut weiss und zart ist; in diesem Felde liegt das Stigma des ersten Hinterleibsringes. — Verkümmerte Hinter füsse hat keine dieser Arten. Wie man sieht, finden sich Andeutungen einer dem H. Hecta ähnlichen Einrichtung bei den erwähnten ein- heimischen Arten, von H. lupulinus ausgehend und durch Velleda und Sylvinus sich zu Humuli vervollkommnend; von dieser aber bis zu der besprochenen Art ist noch immer'ein sehr weiter Sprung. Ob bei einer dieser Arten die Schienbeine Drüsen enthalten, kann ich nicht sagen; bei H. Sylvinus habe ich, allerdings nur in oberflächlicher Weise, vergeblich darnach gesucht; am ehesten dürften sie bei H. Humuli vorhanden sein. Dagegen will ich nicht versäumen, auf die Homologie der „Tasche" mit der Ohr- Archiv für Natiirg. XXXXV7II. Jahrg. 1. Bd. 24 370 Ph. Bertkau: lieber den Duftapparat von Hepialus Hecta L. ähnlichen (und von Swinton auch als Gehörorgan ge- deuteten) Höhlung bei den Eulen, dem „Acridierohr'', dem damit homologen Organ bei Grillen und dem Tonapparat bei den Cicaden hinzuweisen. Die Gattung Hepialus ist in mehrfacher Hinsicht syste- matisch interessant durch den Rippenreichthum an beiden Flügelpaaren, die kurzen Fühler, den mangelnden Rüssel und durch anatomische Verhältnisse des Nervensystems und der Hoden, die ein ursprüngliches Verhalten aufweisen, worüber man E. Brandt's und Cholodko wsky's Mit- theilungen vergleichen möge. Ich beobachtete an einer unter einem Steine gefundenen Puppe von H. Sylvinus eine Art des Ausschlüpfens, die ebenfalls ganz abweichend von allen mir sonst bekannten Schmetterlingen ist. Während uemlich gewöhnlich die Puppenhülse am Kopfe und Thorax in den verschiedenen Näthen, in denen die Scheiden der ein- zelnen Theile zusammenstossen, gesprengt wird, wurde bei der genannten Art der ganze vordere Theil der Puppenhülse etwa in der Höhe des ersten Brustsegments der Quere nach in unregelmässiger Weise abgelöst und blieb nur durch ein schmales Band mit dem Reste in Verbindung; die Bruchflächen waren zackig, wie zernagt. Es scheint, dass diese Familie noch manche Besonderheiten aufzu- weisen hat. lieber den Stinkapparat von Lacon mnrinns L. Von Dr. Ph. Bertkau in Bonn. (Taf. XVIII, Fi^. 26—28.) Nachdem zuerst Steiu Hautdrüsen bei Käfern be- kannt gemacht, verdanken wir Meckel und namentlich Leydig weitere Aufschlüsse, welcher letztere 1859 die genannte Ordnung am vollständigsten hinsichtlich des Vor- kommens und Baues der Hautdrüsen durchsuchte und er- forschte. Ich kann heute über die Hautdrüsen eines An- gehörigen einer Familie berichten, aus der Leydig keinen Vertreter untersucht hat, und thue dies um so lieber, als die Hautdrüsen hier in einer solchen Weise auftreten, dass sie ein komplizirteres Organ herstellen. Wenn man im April oder Mai bis Mitte Juni einen Lacon murinus, gleichviel ob Männchen oder Weibchen, ergreift, so wird man kein Exemplar finden, bei dem nicht am Hinter- leibsende zwei kurze, hornförmig gekrümmte, durchschei- nende Würstchen hervortreten; vgl. Fig. 2G. Die Stelle, wo dieselben sichtbar werden, ist die Rückenschiene des letzten frei hervortretenden Hinterleibssegmentes in dem Winkel, in dem Vorder- und Seitenrand zusammenstossen. An dieser Stelle befindet sich nemlich eine kleine Oeffnung, die in einen cylindrischen Hohlraum führt, dessen Wände von einer zarten, in Falten zusammengelegten Haut gebildet sind. Indem der Käfer beim Ergreifen sich todt stellt und das letzte Hinterleibssegment nach unten umbiegt, wird, wahrscheinlich durch den Blutdruck, ein Hervorstülpen dieses Sackes bewirkt, wobei die Innenseite zur Aussen- seite wird; im ausgestülpten Zustande ist der Sack am Grunde weiss, nach der Spitze hin aber grün gefärbt. Präpariert man einen solchen Sack im nicht hervor- gestülpten Zustand heraus (Fig. 27), so zeigt sich an seiner Grundhälfte Nichts besonderes; im letzten Drittel ist er 372 Ph. Bertkau: aber dicht mit kugeligen ürüsenzellen besetzt, deren lange, feine, vielfach verschlungenen Ausführungsgänge trupp- weise in der Wand des Sackes ausmünden. Die Ausfüh- rungsgänge beginnen in der Zelle neben dem Kern mit einer schwachen Anschwellung, an der ich keine beson- deren Strukturverhältnisse wahrnehmen konnte; bisweilen sind 2 Drtisenzellen durch Lappen von Bindegewebe mit- einander verbunden (Fig. 28); gewöhnlich aber sind sie isolirt. Ihr Inhalt besteht aus kleineren und grösseren Tröpfchen neben dem hellen Kern ; sie sind den Speichel- drüsen gewisser Hautflügler oder den Drüsenzellen am „Befruchtungscanal" vonDyt. marginalis ähnlich, die Stein in seiner „Vergl. Anat. u. Physiol. der Insekten" Taf. IX Fig. 5 abbildet. Ihr Sekret sammelt sich im unteren Theile des Sackes an und verleiht demselben im ausgestülpten Zustande die grüne Färbung. Am Boden des Sackes in- serirt sich ein Muskelbündel, das ihn nach einiger Zeit zurückzieht. Wie man sieht, weicht der Bau dieser Säckchen einigermassen von, dem der mit ihnen homologen und längst bekannten hervorstülpbaren Bläschen am Hinter- leibsende mancher Staphyliniden ab, worüber man die Angaben Dufour's (Ann. d. Sei. Nat. VIII) und Steins (a. a. 0. S. 121 £) vergleichen möge, während die Be- schreibung, die Leydig (Müller's Archiv 1859 S. 52) von Staph. erythropterus giebt, mit unserem Befunde fast genau übereinstimmt. Jedenfalls haben sie in beiden Familien für die Oeconomie des Thieres dieselbe Bedeutung: sie verbreiten einen unangenehmen Geruch, und dienen daher wohl als Abschreckungsmittel gegen Feinde. Der Geruch, den die hervorgestülpten Säckchen von L. murinus aus- strömen, ist ein starker Aasgeruch mit einer geringen Bei- mengung von Moschus, wie das ja gewöhnlich der Fall ist. — Eine Zeit lang dachte ich, auch die von F. Müller bei Danais Gylippus und Erippus ^ beschriebenen her- vorstülpbaren Pinsel seien mit den Säckchen von Lacon homolog; aber Bürge ss, der sie (Annivers. Memoirs of the Boston Societ. 1880) von D. Archippus beschreibt, ver- legt sie ans Ende des achten Hinterleibssegmentes. Aber Ph. Bertkau: Ueber den Stinkapi^arat von Lacou raurinus L. 373 wenn nicht homolog, so sind doch beide annäherend ana- log, indem auch die erwähnten Organe der Danais-Männ- chen Osmoterien darstellen. In wie weit jene Organe von Dana'is zu den Afterdrüsen im eigentlichen Sinne des Wortes zu rechnen sind, kann ich nicht genau entscheiden; beschränkt man die Bedeutung des Wortes auf solche Drüsen, die i n den After ausmünden, so würden sie weder bei den Staphyliniden noch bei Lacon zu den Afterdrüsen gehören. Gegen Ende Juni treten die erwähnten Hörnchen bei unserem Käfer nur zögernd und auf Druck, zuletzt sogar gar nicht mehr hervor. Untersucht man um diese Zeit ein solches Säckchen, so zeigt es sich, dass die Drüsen- zellen in Zerfall begriffen und in grössere Partieen zu- sammengeschmolzen sind. Mit dieser Erfahrung vertraut wurde ich daher sehr überrascht, als ich am 11. Sept. V. J. in der Eifel unter einem Stein ein kleines Exemplar dieser Art antraf, das sofort seinen Stinkapparat in Thätig- keit setzte; wahrscheinlich war es ein verfrühtes, über- winterndes Exemplar. Lacon murinus weicht noch darin von den mir näher bekannten Familiengenossen ab, dass er sich nicht in die Höhe schnellt, sondern sich todt stellt und seinen Feind „anstinkt". Hält man ihm den Hinterleib fest, oder lässt man ihn lange auf dem Rücken liegen, so bewegt auch er den Prothorax gegen den Mesothorax, als wollte er sich emporschnellen; diese Bewegung ruft ein leises Zirpen hervor, dessen ich ebenfalls nirgends Erwähnung gethan finde. — Andere einheimische Arten habe ich auf das Vorkommen einer ähnlichen Bildung nicht untersucht; die nächstverwandten Adelocera- und Agrypnus - arten habe ich bei Bonn noch nicht gefunden; Dufour sagt (a. a. 0. S. 17} ganz allgemein: „Dans la nombreuse famille des Serricornes je n'ai encore pu decouvrir aucune trace de l'existence de cet appareil'' (d. h. von „Organes des se- cretions excrementielles", zu denen er auch die Bläschen der Staphyliniden rechnete). Bonn, den 31. Januar 1882. Ueber Gamasiden Von P. Kramer iu Halle a. d. S. Hierzu Tafel XIX und XX. In meinem Aufsatze über Gamasiden, in diesem Archiv vom Jahre 1876, habe ich eine grössere Anzahl von Gat- tungen und Arten aufgeführt, welche letztere zum guten Theil neu waren. Um dieselbe Zeit schrieb Prof. Megniu seine Abhandlung über Gamasiden (Journal de l'anatomie et de la physiologie de Kobin. 1876 p. 288 ff.), und die darauf folgenden Jahre brachten dahin einschlagende Arbeiten von G. Haller, D. Michael, G. Canestrini ^) und Ber- lese, so dass bei der grösser gewordenen Reichhaltigkeit des Materials schon über Manches früher nur unvollkommen Mitgetheilte vollständigere Angaben gemacht werden können. Es haben sich aber auch bei der so von mehreren Seiten gemeinsam aufgenommenen Arbeit an der genannten Mil- benfamilie Zweifel über die Existenzberechtigung aufge- stellter Arten und über die Brauchbarkeit gewisser von mir benutzten systematischen Eintheilungsgrundsätze er- hoben, so dass es an der Zeit zu sein scheint, diese soweit möglich zu zerstreuen. Mit Rücksicht auf die beiden letzten Punkte übergebe ich daher den Acarinologen die nach- folgenden Zeilen. So weit es das sich nur langsam sam- melnde Material erlaubt, werde ich die Entwicklungsstufen der von mir aufgestellten Arten vorführen und es wird 1) Die Monographie: I Gamasi italiaui per G. e R. Cane- strini konnte nicht mehr benutzt werden, da sie während des Druckes der vorliegenden Arbeit erschien. P. Kram er: lieber Gamasiden. 375 sich dann auf diese Weise am besten klar legen lassen, in wie weit sie berechtigt gewesen sind oder nicht. Zu- gleich werden sich einige neue denselben anschliessen lassen. Ehe ich jedoch darauf im Einzelnen näher eingehe, schicke ich über zwei Punkte, nämlich die Häutungen der Milben und die Panzerverhältnisse der Gamasiden einige Bemerkungen voraus. Die Häutimgen der Milben. Ist die Larve aus dem Ei geschlüpft, so hat sie wie bekannt, in der Regel nur GFüsse, indem, so weit meine Beobachtungen reichen, das 2. oder- 4. Fusspaar noch fehlt. Von dieser Regel machen nach der einen Richtung hin, indem sie nämlich weniger Füsse haben, Demodex follicu- lonim und Phytoptus, nach der andern, indem er mehr Füsse hat, Pteroptus vespertilionis eine Ausnahme. In dem sechsfüssigen Stadium scheint in der Regel keine Häutung, welche wieder zu einer sechsfüssigen Larve führt, aufzutreten. Das einzige Beispiel für ein solches Vor- kommen betrifft Damaeiis geniculatus, von dem G. Haller in einer kurzen Mittheilung der schweizer entomologischen Gesellschaft über Larven der Oribatiden berichtet, dass er in dem Rückenknollen einer sechsfüssigen Larve Reste von Häuten aus früheren Stadien vorgefunden habe. Sonst und wenn wir die eben erwähnte Milbe ausnehmen führt die erste Häutung aus dem sechsfüssigen Stadium in das erste achtfüssige Larvenstadium hinüber. So kann man in jeder zur Häutung erstarrten sechsfüssigen Glyciphagus- und Tyroglyphus - Larve zur geeigneten Zeit die achtfüssige Form eingeschlossen liegen sehen, und die Damaeus-Arten, welche die Hautreste früherer Perioden auf dem Rücken haftend mit sich führen, tragen im ersten achtfüssigen Stadium nur eine einzige alte Haut, nämlich die der ein- zigen sechsfüssigen Larvenform. Und wo man sonst einer sechsfüssigen Larvenform begegnet und man beobachtet sie bis zur Häutuugsruhe und darüber hinaus, so kann man stets eine achtfüssige aber nie wieder eine sechsfüssige Larve aus der alten Haut schlüpfen sehen. So bei Ery- thraeus parietinus, bei TetranycJms telarius und anderen. 376 P. Kramer: Auch spricht Megnin dasselbe von den Gamasiden aus, eine Aussage, welche durch die Beobachtungen, die D. Michael jüngst veröffentlicht hat, durchaus bestätigt wird. So ist es demnach als der normale Verlauf anzusehen, dass auf die sechsfüssige Larvenform nach der ersten Häutung eine achtfüssige Larve folgt, der ich im Nachfolgenden den Namen der ersten achtfüssigen Larve gebe. So weit die vorhandenen Beobachtungen reichen und diese sind, wenn auch nicht zahlreich, so doch aus sehr verschiedenen Mil- benfamilien genommen, nämlich aus der Gruppe der Tyro- glyphiden theils von mir selbst theils von andern, aus der Gruppe der Gamasiden von Michael und Megnin, und aus der Gruppe der Oribatiden, so ist auch dieses Larven- stadium ein solches, während dessen die Milben keine Häu- tungen bestehen, bei welcher nur die Haut abgeworfen würde, ohne dass eine Gestaltsveränderung damit verbunden wäre. Hier ist es namentlich wieder Damaeus, welcher im Stadium der zweiten achtfüssigen Larve nur zwei alte Häute auf dem Rückenstachel sitzen hat, nämlich die der sechsfüssigen Larve, in deren Rückenzapfen der der ersten achtfüssigen Larve eingeschoben ist, der seinerseits wieder durch den in seiner Höhlung sitzenden Rückenzapfen der lebenden Larve gehalten wird. Bei sehr vielen Larven des ersten achtfüssigen Stadiums einer Glyciphagus-Art habe ich die zweite während der Häutungsruhe liegen sehen, so dass ich der Meinung bin, dass die zweite Häu- tung ebenfalls eine Entwickelungshäutung im Gegensatz zu einer blossen Wachsthumshäutung ist, wie man letztere z. B. bei den Daphniden so schnell hinter einander folgen sieht. Ist eine Milbe in das zweite achtfüssige Stadium ein- getreten so führt in den allermeisten Fällen die nächste Häutung in das geschlechtsreife Stadium hinüber. Es ist mir wenigstens kein Beispiel gegenwärtig, wodurch wäh- rend der Periode des zweiten achtfüssigen Larvenstadiums eine Wachsthumshäutung constatirt wäre. Ist dagegen das geschlechtsreife Stadium erreicht, so sind solche nicht ausgeschlossen, wenigstens glaube ich dieselben bei üeber Gamasiden. 377 Bclellttj Eyldis und Limnochares bestimmt beobachtet zu haben. Es sind sonach bei der Mehrzahl der Milben drei Entwicklungshäutungen, welche vollständig dem Abwerfen der Eihaut entsprechen, vorhanden. Diesen letzten Process muss man bei den Acariden desshalb unmittelbar mit den Häutungen vergleichen, weil sich die merkwürdige Er- scheinung einer Häutung im Eizustande auf diese Weise am besten in die übrigen Processe einordnet. Solche Ei- häutungen sind bei Ätax und Myohia von E. Claparede, bei Cheyleüis von mir beobachtet worden. Es ist dabei noch nicht aufgeklärt, wie sie im Einzelnen vor sich gehen, wenn es auch wahrscheinlich ist, dass durch Schwellung des Eiinhalts die alte Haut platzt, wobei ein Stechapparat auf der neuen Eihaut diesen Vorgang beschleunigt. Zählt man die Eihäutungen mit dem definitiven Abwerfen der Eihaut und den Larvenhäutungen, so beobachtet man bei Cheyleüis im Ganzen fünf Häutungen, bei Ätax würden es, unter der Annahme, dass nur drei Larvenstadien vor- kommen, sechs sein , da das Ei sich zwei Mal häutet, ehe der Embryo die Eihaut abwirft. Die postembryonale Entwicklung der Acariden schreitet nach dem Vorhergehenden in vier Stadien fort, von denen das vierte die reife Form repräsentirt. Für die unreifen Stadien wähle ich im Nachfolgenden nicht die Bezeichnungen Larve und Nymphe, sondern sechsfüssige Larve, erste achtfüssige Larve, zweite achtfüssige Larve. Die Undeut- lichkeit, welche durch den Ausdruck Nymphe in die Be- trachtung hineinkommt, ist bereits in der von Megnin ge- gebenen Definition dieses Wortes begründet. Megnin fasst das Nymphenstadium als dasjenige auf, in welchem zwar im Uebrigen die Körperentwicklung zum Abschluss ge- kommen ist, in welchem aber die äusseren Geschlechts- organe vollständig fehlen. Nach dieser Erklärung würde es bei vielen Milben nicht möglich sein, Nymphen ausfindig zu machen. Denn abgesehen davon, dass bei Dermaleichus- Arten nach Haller's und meinen Beobachtungen, ebenso wie bei Tyroglyphus-Arten accessorische sogenannte post- anale Geschlechtsöffnungen in dem als Nymphenstadium be- 378 P. Kr am er: zeichneten Lebensalter vorkommen, giebt es Milben, welche die reguläre Geschlechtsöffnung vor dem After, wenn auch noch nicht in so mächtiger Grösse wie später, schon vorder letzten Häutung, ja schon als erste achtfüssige Larve be- sitzen. So fand ich bei einem ächten Tyroglyphus, dessen Beschreibung noch geliefert werden soll, ein ähnliches Vorkommen, wie ich es bei einer verwandten Milbe im Archiv vom Jahre 1880 p. 102 ff. berichtet habe. Durch das Vorstehende ist nun keineswegs gesagt, dass die Regel der dreifachen postembryonalen Entwick- lungshäutung ausnahmslos Geltung habe. Im Gegentheil habe ich selbst bei einer neuen, in triefenden Baumwunden lebenden Art der den Tyroglyphiden zuzuzählenden Gattung liisüostoma drei achtfüssige Larvenformen beobachtet, von denen auch die letzte noch keine Spur von einer Ge- schlechtsöffnung besass. Die letzte dieser Larvenformen bestand lediglich aus Weibchen, denn alle zur Beobachtung gekommenen Larven dieses dritten achtfüssigen Stadiums trugen mindestens ein mächtig entwickeltes Ei. Ob diese Larven eine postauale Geschlechtsöffnung führten, konnte bei der starken Fetteutwickiung, die die ganze innere Höhlung dicht mit weisslich schimmernden Bläschen aus- füllte und so alles undurchsichtig machte, nicht entschieden werden. Auch bei anderen Arten wird sich eine solche Unregelmässigkeit wie das Vorkommen von drei acht- füssigen Larven gewiss beobachten lassen. Die postem- bryonale Entwicklung der Acariden ist bis jetzt ja nur an einer verhältnissmässig kleinen Zahl von Arten bekannt geworden und so gut wie wir ein Deutovum- und Tritovum- Stadium kennen gelernt haben, so gut ist es wohl möglich, dass Milben mit mehr oder mit weniger Entwicklungs- häutungen als die vorläufig als normal festgesetzte Drei- zahl angiebt vorhanden sind. Vielleicht liegt ein Fall dieser Art in der Gattung Tarsonetnus Canestr. vor. (G. Haller^) will die unter diesem Gattungsnamen aufgeführten Milben nicht für reife Formen gelten lassen und doch habe ich Männchen und Weibchen aus ein und derselben Larvenform 1) Halle r, die Milben als Parasiten. 1880. Seite 63 ff. lieber Gamasiden. 379 gezüchtet.) Bei dieser Gattung treten, wenn ich nicht irre, weniger als drei Larvenstadien auf, doch bedarf diese Aussage noch einer genaueren Revision der bis jetzt be- kannt gewordenen Thatsachen. Eine besondere Stellung scheinen die Oribatiden ein- zunehmen. Bei mehreren Arten von ihnen ist es sehr leicht, die bis zum reifen Stadium abgelaufenen Häutungen abzuzählen, da Reste der Larvenhäute auf dem Rücken der heranwachsenden Thiere hängen bleiben. So geben die Gattungen Nothrus, Eremaeus und Damaeus stets fünf Ent- wicklungsstadien, die nach der vorigen Bezeichnung fol- gende sind: sechsfüssige Larve, erste, zweite und dritte achtfüssige Larve, reifes Thier. Das Besondere, was jene Reihenfolge zeigt, ist dies, dass hier noch ein deutliches drittes achtfüssiges Larvenstadium vorhanden ist, wie es vorhin auch von Histiostoma erwähnt wurde. Man erkennt bei den Oribatiden die Larven auf den ersten Blick an der noch zum grössten Theil blassen und weichen Körper- haut, und so bieten auch die Thiere, wenn sie in das dritte achtfüssige Larvenstadium treten, dieses Merkmal noch in ganz evidentem Maasse dar. Es finden sich aber in diesem Stadium die äusseren Geschlechtsorgane voll- ständig entwickelt vor, ja schon in früheren Entwicklungs- phasen ist die Geschlechtsöffnung bereits vorhanden, so dass auch durch diese Vorkommnisse die Bezeichnung als Nymphe im Sinne Megnin's nur Schwierigkeiten mit sich bringt. Es liegt in den bisher bekannt gewordenen Momenten der posterabryonalen Entwicklung der Acariden die Auf- forderung, der allerdings so leicht und schnell nicht wird nachzukommen sein, der Metamorphose bei einer mög- lichst grossen Anzahl von Arten nachzuspüren, um auch diesen Punkt voll ins Klare zu setzen, da es den Anschein hat, als wenn doch immerhin eine bemerkenswerthe Man- nigfaltigkeit in dieser Hinsicht herrscht, zumal wenn man auch solche Thatsachen, wie sie von Megnin bei Demo- dex foUiculorum Owen (Journal de l'anatomie et de la phys. Xin. 1877) und von Landois bei Fhytoptus vitis Land. (Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Bd. 14. 1864) 380 P. Kr am er: mitgetheilt werden, mit in Betvaclit zieht. Auch die von Megnin erwähnte Verschiedenheit in der Anzahl der Häu- tungen bei männlichen und weiblichen Gamasiden (Journal de l'anatomie 1874. pag. 323 — 325) gehört hierher. Es wird sich dabei auch herausstellen, ob ein Unterschied in den Häutungen, wie er oben festgestellt wurde, als Wachs- thumshäutung und Entwicklungshäutung, für die Milben von Bedeutung sein wird oder nicht. So will es mir vor- kommen, als wenn die beiden Stadien, welche Megnin unter Fig. 2 B und Fig. 7 A in der Entwicklungsreihe von Demodex folliculorum abbildet und welche doch jedenfalls durch eine Häutung getrennt sind, nur eine sogenannte Wachsthumshäutung zwischen sich haben, während eine Entwicklungshäutung von dem in Fig. 7 B zu dem in Fig. 7 C abgebildeten Stadium hinüberführt. Bei den Insekten sind wohl sämmtliche Häutungen Entwicklungshäutungen, während bei den Krustern entschiedene Wachsthumshäu- tungen vorliegen. Wenn bei den letzteren die Thiere nach jeder der zahlreichen Häutungen nicht mehr augen- scheinlich an Körpergrösse zugenommen haben, so lässt es sich doch immer vorstellen, dass ein wenn auch nur sehr geringes Maass von Körperzunahme bei jeder dieser Häu- tungen eintritt. Es ist mit dieser letzteren Annahme kein unbegrenztes Wachsthum postulirt, sondern nur eine Vor- stellung weiter fortgeführt, welche zu einer, für die Dar- stellung der Vorgänge bei der Metamorphose zweckdien- lichen, Unterscheidung der Häutungsprozesse vielleicht nütz- lich sein kann. Der Panzer der Crainasiden. Es ist nicht möglich die zahlreichen Arten der Ga- masiden-Gattungen von einander zu unterscheiden, wenn man nicht auf zweierlei achtet, erstens auf die von mir vor mehreren Jahren in den Vordergrund gezogene Rand- figur des Capitulum (Trugköpfchen, Haller), welche sich wohl dauernd bei den Acarinologen als systematisch brauch- bares Organ Beachtung erworben hat, entgegen der Mei- nung Megnin 's, der die Benutzung dieser Randfigur als Ueber Gamasiden. 381 einen grossen Missgriff darstellt, und zweitens auf die Panzerverhältnisse. G. Canestrini hat jüngst in mehreren Aufsätzen ausgiebigen Gebrauch von dem Panzer, als einem sehr in die Augen fallenden Merkmal gemacht, und ich selbst habe schon in meiner ersten Arbeit über Gamasiden die systematische Brauchbarkeit desselben erprobt. Dass der Panzer eine solche Ausnutzung verdient, ist zwar mehrfach angezweifelt, so noch ganz neuerdings von D. Michael, der hier ganz Megnin's Ansicht, deren Be- rechtigung erhebliche Zweifel zulässt, folgt, doch dürften die für die systematische Wichtigkeit desselben in dem von mir in Giebels Zeitschrift für die gesammten Natur- wissenschaften 1881 veröffentlichten Aufsatz: Zur Syste- matik der Gamasiden, aufgeführten Gründe einer Beachtung nicht unwerth sein, da sie sich den Bedürfnissen, welche eine möglichst natürliche Gruppirung der in Rede stehenden Thiergruppe befriedigen soll, eng anpassen. Die Panzer- verhältnisse müssen bei allen Gamasiden und namentlich bei der Gattung Gamasus auf das Vollständigste mit be- rücksichtigt werden. Der Panzer ist bei den Gamasiden wesentlich anders gebaut als z. B. bei den Oribatiden und besteht aus einer grossen Anzahl leicht zu isolirender Theile, denen man, um sie in ihren gegenseitigen Beziehungen und Lagenver- hältnissen genügend zu charakterisiren , auch besondere Bezeichnungen beilegen muss. Es sind folgende Platten vorhanden : 1) Dorsalplatte, 2) Marginalplatte , 3) Stigmalplatte, 4) obere und untere Coxalplatte, 5) Sternalplatte, 6) Ven- tral- oder Abdominalplatte, 7) Analplatte. Die Dorsalpatte liegt, wie ihr Name ausspricht, auf dem Rücken und ist in der Regel einfach oder in zwei Theile zerfallen, so dass in letzerem Falle eine Querlinie auf dem Rücken sichtbar wird. In diesem Falle wird von einer vorderen und hinteren Dorsal platte gesprochen. Dass in vielen Fällen bei erwachsenen Gamasiden die Querlinie persistirt, ist hinreichend erwiesen und bedarf einer Be- gründung nicht mehr, obwohl Megnin und D. Michael hierüber bisher anderer Meinung waren. Die Dorsalplatte 382 P. Kramer: entsteht, soweit meine Beobachtungen reichen, von mehreren Erhärtungscentreu der Rückeuhaut aus und es findet hierbei, wenn ich die bisherigen Beobachtungen übersehe, ein doppeltes Verhältniss statt. Entweder sind es vier ur- sprüngliche Erhärtungscentren ( üropoda, Trachynotus) oder nur zwei (Gamasus). Das letztere ist wahrscheinlich auch bei Sejus der Fall. Hieraus ergiebt sich für die erwachsene Form, je nachdem die Larvenzustände und -Verhältnisse in grösserem oder geringerem Masse persistiren, eine grosse Mannigfaltigkeit in der Ausbildung der Dorsalplatte. Es kann in Zukunft die Ansicht, dass die irgendwie getheilte Dorsalplatte für den Träger einer solchen ein Zeichen für seine noch nicht völlig zu Ende gegangene Entwicklung sei, nicht mehr aufrecht erhalten werden, wenn man be- denkt, dass es eine Uropoda giebt — ü. tecta — bei der die hintere Partie der Dorsalplatte von der vorderen ge- trennt bleibt, ja dass bei einer anderen Uropoda, der später genauer zu beschreibenden Uropoda splendida mihi, sämmt- liche Elemente der Dorsalplatte bei Männchen und Weibchen deutlich unterschieden werden können. Hier bleibt sogar die hintere Abtheiiung der Platte in einem so ursprüng- lichen Zustande, dass sie von der unverhärteten Haut kaum unterschieden werden kann. Entsteht die Dorsalplatte von zwei Erhärtungscentren aus , wie es also bei Gamasus und unter Vorbehalt auch bei Sejus ist, so sind zwei Arten möglich, wie sich der Rückenpanzer bei den erwachsenen und reifen Thieren gestaltet. Entweder können beide Platten, die vordere und hintere Rückenplatte persistiren oder sie sind verschmolzen und bilden nun blos noch eine einzige Platte. Wie bereits gesagt, ist es keineswegs die Regel, dass sie immer ver- schmelzen, vielmehr giebt es eine Anzahl Gamasus-Arten mit doppelter Rückenplatte und bei der Gattung Sejus ist es ebenso. Die Marginalplatte ist nur selten noch in einiger- maassen deutlicher Weise zu erkennen, so dass ich erst zögerte, sie überhaupt unter den das Panzergehäuse nor- mal zusammensetzenden Theilen aufzuführen. Aber die Beobachtungen namentlich bei den Uropodeu lassen doch üeber Gamasiden. 383 erkennen, dass man es mit einer selbstständigen Bildung zu tbuu zu haben scheint. Es sind hierfür die Verhältnisse von Wichtigkeit, wie man sie bei der zweiten achtfüssigen Larven- form von U. clavus Hall, vorfindet (Taf XIX, Fig. 1). Hier ist der Rand des die Bauchfläche deckenden Panzers durch jeder- seits drei deutlich von einander getrennte schmale Platten- streifen gebildet, so dass man einen aus sechs Stücken be- stehenden schmalen Rahmen erhält. Offenbar haben wir hier ein nur noch im Larvenstadium erkennbares , später als selbstständiges Gebilde vollständig verschwindendes Platten- element vor uns und zwar genau genommen eine untere Marginalplatte. Bei anderen Uropoden persistirt bis ins reife Stadium ein Plattentheil, den man mit Fug und Recht als obere Marginalplatte wird ansprechen können. So er- wähnt Canestrini bei seinem Notaspis (üropoda) margi- natus Koch ein einfaches Rtickenschild, gesäumt mit einem durchsichtigen Rande. Offenbar haben wir etwas ähnliches zu vermuthen — eine Zeichnung liegt nicht vor — , wie ich es bei meinem U. ovalis abbildete, wo nämlich von der Schulterecke der Dorsalplatte an ein durch eine blosse Hautschicht von ihr getrennte zierliche Umrahmungsplatte dieselbe in ihrem ganzen Umfange umgiebt. Vielleicht wird auch nun die ganz auffallende Panzerbildung bei dem von mir seinerzeit geschilderten und abgebildeten Gamasus cuspidahis verständlicher. Diese schöne kastanienbraune Art besitzt, wie Taf. XIX, Figur 2 zeigt, zwischen der Stigmal- und Ventralplatte einerseits und der Dorsalplatte anderer- seits noch einen aus drei getrennten schmalen Platten- streifen bestehenden Panzerring, der die Marginallinie des Thieres beschützt. Zwei davon liegen jederseits an der Seite, der dritte schliesst den Ring am Hinderrande. Die Lagenverhältnisse sind also ganz ähnliche wie bei der Larve von ü. clavus. Da die Plattengruppe weder genau zur ßauchfläche noch zur Rückenfläche gehört, haben wir hier vielleicht eine verschmolzene obere und untere Margi- nalplatte vor uns, die sonst bei den Gamasus-Arten nicht beobachtet wird. Die Stigmal platte enthält das Stigma und den Stigmalcanal — (Megnins Peritreme). Sie ist bei den er- 384 P. Kramer: wacbseiien Thieren stets mit der Dorsalplatte vorn ver- schmolzeü, aber bei vielen Arten und namentlich denjenigen der Gattung Gamasus nur mit einer sehr schmalen Brücke und zieht sich dann wie ein schmales Band längs des Seitenrandes der Dorsalplatte zwischen dieser und der Hüftgegend hin. Der Stigmalkanal bietet mit den Eigen- thümlichkeiten seines Verlaufs einen nicht zu unter- schätzenden Anhalt zur Unterscheidung der Arten. Er ist daher ein sehr brauchbares systematisches Merkmal trotz- dem er, so namentlich bei den Uropoda - Arten , während des Larvenstadiums sehr merkliche Aenderungen seines Verlaufs erfährt. Wie die Stigraalplatte bei den Uropoden sich in die durch die Fussgruben sehr complicirt gestal- tenden Panzerverhältnisse der Unterseite einfügt, lässt sich am schönsten bei Larven von Uropoda clavus beobachten, die im zweiten achtfüssigen Stadium bereits sämmtliche Fussgruben besitzen, ohne dass doch die Verschmelzung der Panzerplatten bereits bis zur Verwischung der Tren- nungslinien vorgeschritten ist. Man vergleiche hierzu die bereits oben zur Beachtung der die Marginalplatte bilden- den Plattenstücke angeführte Figur 1, welche die eine Hälfte der Unterseite in genügender Grösse darstellt. Es stellt sich hiernach heraus, dass die Stigmalplatte die nach dem Seitenrand des Thieres zugewendete Hälfte der Gru- benwand für die Grube des zweiten und dritten Fusspaares bildet, während die Coxalplatte (siehe w^eiter unten) den Rest der Wandung dieser Gruben und die ganze Grube für das vierte Fusspaar, ebenso die Umrandung für die Oeffnung, durch welche das Capituium hindurchtritt, über- nimmt. Es Hess sich schon vermuthen, da die Stigmal- öffnung bei den Uropoden häufig in der Tiefe der mittleren Fussgrube, der Grube für das dritte Fusspaar liegt, dass die Stigmalplatte Antheii nimmt an der Bildung dieser Grube. Dieses Verhältniss der betreffenden Platte sieht man nun bei der genannten Larve (Fig. 1) auch auf das schönste vor sich, und es werden die wunderlichen Krüm- mungen, welche der Stigmalkanal bei vielen erwachsenen Uropoden macht, keinen Einfluss auf die Lage der ganzen Platte haben, da dieselbe verhältnissmässig breit ist, also üeber Gamasiden, 385 dem Kanal zu seinen Weglinien ausreichend Platz lässt. Vergleicht man die Lage der Stigmalplatte bei den Uro- poden mit der bei den Gamasus - Arten , so fällt es auf, dass sie bei jenen von der Dorsalplatte so weit entfernt liegt, während sie bei diesen unmittelbar an dieselbe an- stösst. Es drängt sich nämlich, wie es bei Uropoda clavus am deutlichsten vorliegt, die Marginalplatte zwischen Dor-' salplatte und Stigmalplatte ein. Diese zunächst auffallende Verschiedenheit wird sich vielleicht dadurch in etwas lösen, dass wir die Marginalplatte da wo sie auftritt als einen von dem Hauptstock der Dorsalplatte losgelösten Theil derselben halten, so dass sie wesentlich zur Dor- salplatte gehörig anzusehen ist. Die Coxalplatte liefert die Umrandungen der Hüft- öffuungen und zwar findet sich die oberhalb derselben gele- gene Abtheilung selbst bei erwachsenen Thieren nicht ver- schmolzen mit der unterhalb, also nach der Bauchseite zu gelegenen, so dass mit Recht von einer oberen und einer unteren Coxalplatte gesprochen werden kann. Die obere Coxalplatte ist ein Plattenstück, welches ebenfalls, wie die Stigmalplatte, mit seinem vorderen Ende an der Dorsal- platte befestigt ist, sich nach hinten zu unterhalb der Stig- malplatte hinzieht und zwischen die Hüftgelenke der drei letzten Fusspaare spitzige Fortsätze aussendet, denen ent- sprechende Fortsätze der unteren Coxalplatte begegnen. Diese letztere liegt als schmaler Plattenstreif zwischen den Hüftgelenken der drei letzten Fusspaare und der Sternal- platte (siehe weiter unten). Es muss hier mit einem Worte eines Umstandes Er- wähnung gethan werden, durch den ich früher die Uro- poden glaubte von den gamasusartigen Gamasiden unter- scheiden zu können. Ich sprach früher bei den Uropoden von einer Durchbohrung des Bauchpanzers, um dem Ca- pitulum einen Durchtritt durch denselben zu ermöglichen. Megnin macht an derselben Stelle auf sein Camerostome aufmerksam, was er bei den Mitgliedern der Gattung Ga- masus nicht fand. Diese Auffassung einer Durchbohrung muss jetzt , wo die Panzerverhältnisse einer genaueren Be- trachtung unterworfen worden sind, ganz bei Seite gesetzt Archiv f. Naturg. XXXXVHI. Jahrg. 1. Bd. 25 386 P- Kramer: werden. Es ist bei Gamasiis die Oeffnung, in welcher das Capituhim (Koptröhre , Trugköpfchen) eingelenkt ist, und in welcher sich auch die Einleukungsstellen des ersten Fusspaares befinden, ganz ebenso begrenzt wie bei den Uropoden, nämlich von unten her durch die Sternalplatte, von der Seite her durch den herabsteigenden Theil der oberen Coxalplatte und von oben her durch den vorderen Rand des Anfangssttickes dieser selben Coxalplatte, welche sich ganz vorn an die Dorsalplatte ansetzt, so dass die beiden von rechts und links aufsteigenden Theile derselben einander vor der Dorsalplatte und auch noch vor der Stig- malplatte begegnen. Es ist demnach bei Gamasus die obere Begrenzungslinie dieser Panzeröffnung nicht, wie ich lange Zeit glaubte, durch den vorderen Rand der Dorsal- platte gebildet, sondern ganz wie bei Uropoda durch die Coxalplatte, so dass in der That bei beiden Gamasiden- gruppen, den Uropodinen und Gamasiuen (siehe hierüber weiter unten) der Unterschied nur in der Grösse der be- treffenden Oeffnungen zu suchen ist. Bei den Arten der Gattung Gamasus entfernt sich die Coxalplatte in ihren aufsteigenden Theilen so weit von der Sternalplatte, dass man nicht mehr den Eindruck eines Camerostoms bekommt, obgleich ein solches genau in derselben Weise vorhanden ist, wie bei den Uropoda -Arten. Nur fehlt bei jenen die bei diesen letzteren häufig vorkommende dachförmige Er- weiterung der oberen Coxalplatte, welche da, wo sie kräftig entwickelt ist, das Capitulum völlig bedeckt. Dieser dach- förmige Fortsatz soll künftig das tectum heissen und ist bei Uropoda teda mihi besonders stark ausgebildet. Zu der unteren Coxalplatte sind offenbar noch die kleinen Plattenstückchen gehörig, welche man in der Regel von dreieckiger Form als Stützplatten des ersten Fusspaares unter dessen Hüftgliedern liegend findet. Es ist wahr- scheinlich, ja gewiss, dass überhaupt die untere Coxalplatte im Grunde aus so vielen einzelnen Plattenstticken besteht, alsFusspaare vorhanden sind. Es lässt sich dies aus den vorhandenen Verhältnissen bei Larven von Uropoda posi- tiv nachweisen. An Sicherheit gewinnt diese Annahme auch noch dadurch, dass eben für das erste Fusspaar noch Ueber Gamasiden. 387 ein isolirtes Plattenstückchen vorhanden ist, welches als Coxalplatte des ersten Fusspaares angesehen werden kann. Man hat wohl überhaupt diese untere Coxalplatte als Aequi- valent der bei anderen Milben beobachteten Epimeren anzusehen, so dass also die Epimeren des ersten Fuss- paares bei den Gamasus- Arten sich getrennt erhalten haben im Gegensatz zu denen der drei anderen Fusspaare, welche mit einander verschmolzen sind. Die Sternalplatte liegt zwischen den Hüften der drei hinteren Fusspaare. Sie erscheint bei vielen weiblichen Gamasus wie getheilt in eine vordere, bis zur Hüfte des dritten Fusses reichende und eine hintere, die grosse weib- liche Geschlechtsöffnung mit ihrem Deckel enthaltende Ab- theilung. Indess ist es wohl richtiger, diese ganze mittlere Brustgegend zusammen genommen mit dem einfachen Namen Sternalgegend zu bezeichnen, und die sie deckende Platte als Sternalplatte aufzuführen , so dass in ihr stets bei den erwachsenen Thieren die Geschlechtsöffnung, die männ- liche sowohl wie die weibliche liegt, wenn erstere nicht vor der ganzen Platte angebracht ist. Bei den üropoda- Larven ist die Sternalplatte länger als beim erwachsenen Thier, indem sie noch etwas, häufig sogar ziemlich weit über die Hüften des vierten Fusspaares herausragt. Wie die Lage der Geschlechtsöffnung selbst, vornehmlich der männlichen ein wichtiges systematisches Merkmal abgiebt, wird weiter unten näher ausgeführt werden. Dass die Sternalplatte mit der unteren Coxalplatte nicht zusammen- hängt, ist namentlich an der oft sehr weitgehenden Tren- nung beider Platten in der Gegend des dritten und vierten Fusspaares zu erkennen, so dass man die Sternalplatte vor der Hand wenigstens nicht als das Aequivalent für die mittlere gemeinsame Partie der Epimeren der vorderen Füsse vieler Milben, z. B. aus der Familie der TyroglypJiiden, auch nicht als Aequivalent der Bauchplatte der männ- lichen HydracJmiden ansehen kann. Die Abdominalplatte oder Ventralplatte deckt den Unterleib von den Hüften des vierten Fusspaares an bis in die Gegend des Afters. Die Anal platte ist eine verhältnissmässig kleine Platte, welche den After enthält. 388 t*. Kramer: Ausser den hier aufgeführten Platten verdienen noch kleine sehr regelmässig auftretende Plattenstücke Erwähnung, welche vor der Sternalplatte liegen und 7a\ dem Bauchtaster 1) in einer engeren Beziehung zu stehen scheinen. Es sind in der Regel zwei, doch können es auch vier sein; sie entsprechen vielleicht den Epimeren der Füsse. So treten eine grosse Anzahl Plattenstücke auf, aus denen sich der Panzer der Gamasiden zusammensetzt. Es ist dabei nicht zu übersehen, dass sie sehr häufig theil- weise oder ganz verschmolzen sind, wie namentlich bei den Männchen vieler Gamasus-Arten, wo sämmtliche Platten zu einem völlig einheitlichen harten Gesammtpanzer zu- sammengewachsen erscheinen, so dass selbst die Trennungs- linien zum grössten Theil völlig verschwunden sind. Aus der grossen Mannigfaltigkeit und der grösseren oder gerin- geren Vollständigkeit der Verschmelzung entspringen alle diese verschiedenen Formen der Gamasiden-Panzer, welche wir bei den zahlreichen Arten vor uns sehen und die ein uns von der Natur selbst gebotenes Hülfsmittel geben, um die oft schwer zu trennenden Arten sicher zu unter- scheiden. Ob aus den Panzerverhältnissen der Gamasiden die Segmentfrage neues Licht erhalten kann, wage ich für jetzt nicht zu sagen, es will mir aber so scheinen, als wenn höchstens aus den Dorsal- und Ventral - Analplatten sich Anhaltspunkte ergeben können, um über Segmente des Milbenkörpers etwas auszusagen. Es sind zur Behand- lung dieser Frage namentlich bei den Gamasiden noch manche Schwierigkeiten zu tiberwinden, wie z. B., die merkwürdig weit nach hinten gerückte Auheftungsstelle der Retraktoren für die Maudibeln zu deuten, da doch die Mandibeln Mundwerkzeuge sind. Bei den Uropoden liegt 1) Ich kann mich noch nicht dazu verstehen in diesem Or^an ein Kinn vor mir zu sehen, wie Megnin es bezeichnet, neige mich aber längst der Ansicht zu, dass wir in ihm ein Gliedmassenpaar in verschmolzenem Zustande vor uns haben. üeber Gamasiden. 389 diese Anheftungsstelle fast am Hinterrande des ganzen Körpers. Aus den bisher ausgeführten Panzerverhältnissen und ihrer Deutung ergiebt sich, dass ich mich einer speziellen, von Megnin geäusserten Ansicht nicht anschliessen kann. In der Einleitung der anatomischen Abtheilung seiner Abhand- lung über Gamasiden nämlich führt er die Gründe an, warum für ihn die Gattung üropoäa und nicht die Gattung Gama- sus die typische Gattung für die Gamasiden ist. Sie gipfeln hauptsächlich darin, dass in Uropoda Thiere mit entschieden insektenartigem Typus vorliegen, also Thiere von höherer Organisation, während in GamasiiSj Derma- nyssus, Pteroptus sich ein allmähliger Uebergang zu spinnen- artigen Milben zeige. Das lusektenartige findet Megnin darin, dass die Füsse des ersten Paares bei Uropoda zu einem Tastorgan herausgebildet sind und sich durch die eigenthümliche Gestalt und Entwicklung der Hüften, sowie durch ihre Stellung, in so ferne, als „sie innerhalb der Ränder des Camerostomes eingelenkt sind, als wahre Lippen- taster' dokumentiren. Ich glaube oben nachgewiesen zu haben, dass die Stellung des ersten Fusspaares bei allen Gamasiden eine durchaus gleichmässige ist, nämlich inner- halb der vorderen Grenzlinien der Sternalplatte und obern Coxalplatte. Bei Uropoda tritt lediglich der Umstand ein, dass diese Platten eine mehr in die Augen fallende Oeffnung bilden, während bei der Gattung Gamasus diese so weit ist, dass man sie gar nicht mehr für eine solche ansieht. Ein Camerostome im Sinne Megnin's giebt es bei allen Gamasiden, mit Ausnahme vielleicht von PteropttiSj wo die Panzerverhältnisse sehr reducirt sind. Bei allen, wo sich die Panzertheile deutlich beobachten lassen, ist es, wie oben bemerkt wurde, von denselben Panzerstücken begrenzt. Besonders lehrreich ist hierfür eine von mir früher schon beschriebene und später häufig beobachtete Art Garn, lon- gispinosuSj dessen Kopfröhre nebst Hüftgliedern des ersten Fusspaares in Fig. 3 auf Taf. XIX abgebildet sind. Ausser der Stellung, welche Megnin dem ersten Fusspaar der Gattung Uropoda zuweist und die sich als durchaus gleichartig bei den übrigen Gamasiden erwiesen 390 P. Krämer: hat, betont er auch noch die Funktion desselben ; er weiss allerdings, dass manche Arten der Gattungen Gamasus und Dermanyssus die Vorderfüsse ebenfalls noch als Tast- organ benutzen, und in sofern schliessen sie sich der eigent- lichen typischen Form an, es kann aber überhaupt in diesem Gebrauch des ersten Fusspaares eine Veranlassung nicht liegen, es aus der Reihe der ächten Füsse zu streichen, sonst niüsste man das erste Fusspaar bei der Mücken- gattung Chironomus ebenfalls aus der Zahl der ächten Füsse herausnehmen, da diese Thiere fortwährend mit diesen Füssen tasten und sie zum Gehen nicht gebrauchen. Auch finden sich Milbengattungen genug, bei denen etwas vollständig Gleiches beobachtet wird. Linopodes raviis benutzt sein langes erstes Fusspaar als Taster, ebenso Gheyletiis vemistissimus Koch, auch Labidostoma luteum Kr. (Nicoletia luteum) sieht man nie mit dem ersten Fusspaar gehen. Alle diese Thiere können aber unmöglich in gleicher Weise einen Uebergang zu den Insekten anbahnen, der wohl überhaupt kaum von irgend einem Punkte der Milben- schaar aus hergestellt werden kann, während von anderer Seite eine Annäherung an die Crustaceen mit stichhaltigeren Gründen vertheidigt wird. (Hai 1er.) Eine allgemeine Bemerkung zur Systematik der Gamasiden. Vergleicht man die zur Familie der Gamasiden ge- hörigen Gattungen nach ihren organisch wichtigern Merk- malen, so fällt beim männlichen Geschlecht die verschie- denartige Stellung der Geschlechtsöffnung auf. Bei den Uropoden steht sie nämlich mitten in der Fläche der Sternalplatte, während sie bei den Mitgliedern der Gat- tung Gamasus viel weiter nach vorn an den Rand der Sternalplatte gerückt ist. Megnin macht hierauf ebenfalls aufmerksam und erwähnt 1. c. p. 321 ^^une Ouvertüre ovale transversale, percee tout aupres du bord anterieur du plastron sternal chez les gamases, les dermanysses, les pteroptes, et percee un peu plus arriere et longitudinale- ment chez les uropodes^'. Bei erneuter Beobachtung dieser lieber Gamasiden. 391 Verhältnisse hat sich nun einerseits ergeben, dass keines- wegs nur die Männchen der Gattung Uropoda de Geer eine mitten in der Fläche der Sternalplatte stehende Geschlechtsöffnung besitzt, es sind vielmehr noch andere von Uropoda verschiedene Milben ebenso ausgezeichnet, andrerseits ist es aber auch nicht ganz genau, wenn man bei Gamasus die Geschlechtsöffnung die Sternalplatte durch- bohren lässt. Bei dem grossen und allgemein verbreiteten Männchen von. G. quinquespinosus mihi, derselben Milbe, welche Megnin als Gamasus fungorum in seiner Schrift aufführt, und von der er die Abbildungen auf Tafel VIII beifügt (es ist einzig und allein durch die unter Fig. 2 c abgebildete Randfigur möglich gewesen, die beiden Milben- bezeichnungen als synonym zu erkennen, ein Beweis mehr, von wie durchschlagender Wichtigkeit gerade diese Rand- figur ist), derselben Milbe endlich, welche Canestrini unter der alten Bezeichnung G. crassipes L. wieder auf- führt, obgleich Linne wohl kaum von den vielen dick- füssigen Männchen gerade dieses gemeint zu haben braucht, also, bei dem grossen Männchen dieser Art lässt es sich leicht beobachten, wie die Sternaiplatte vorn einen Ausschnitt besitzt und in diesem Ausschnitt mündet der männliche Geschlechtsapparat, hier befindet sich die männ- liche Geschlechtsöffnuug. Sie ist keineswegs so einfach gebaut, wie die Figur 2 und die Tafel VIII des oben citirten Aufsatzes von Megnin vermuthen lässt. Es legt sich nämlich von unten her eine Platte von besonderer Form über den Ausschnitt, Taf, XIX, Fig. 13, 14, 15 und deckt den Bauchtaster sowie auch den von zwei stark chitinisirten Seitenleisten gestützten Ausführungsgang des Geschlechts- apparates zu. Der Ausschnitt der Sternalplatte ist ferner von einem Querriegel überbrückt, welcher bei stärkerer Vergrösserung sich deutlich von der Sternalplatte loslöst. Namentlich wenn man die Sternalplatte von innen her betrachtet, bemerkt man leicht, dass dieser Querriegel das Basalstück zu dem Bauchtaster ist, welcher hier dicht an der Geschlechtsöffnung aufgestellt ist, so dass die Oeffnung zwischen Sternalplatte und Querriegel liegt. Ganz ähnliche Verhältnisse bemerkt man bei anderen Gamasus-Männchen. 392 P. Kramer: Die Sternalplatte ist also ausgebuchtet und in der Aus- buchtung liegt die Geschlechtsöffnung, jedoch so, dass sie nicht die Sternalplatte durchbohrt, sondern vor ihr aus- mündet. In sofern wäre die Lage der Geschlechtsöffnuug als ectosternal zu bezeichnen, als eine in Bezug auf die Sternalplatte aussenständige, im Gegensatz zu der Lage bei den Uropoden, wo ich sie als eine endosternale bezeichnen werde, als eine innenständige in Bezug auf die Sternal- platte. Auf diese Lagenverschiedenheit werde ich bei der Zusammenstellung der Gattungen und Gruppen der Gama- siden Gewicht legen, sie giebt ein bequemes nicht nur, sondern, wie es den Anschein hat, wirklich in der Organi- sation begründetes Unterscheidungsmoment der in Rede stehenden Thiere ab. Als fundamentales Kennzeichen wird es allerdings nicht gut verwendet werden können, da es sich herausgestellt hat, dass es Gattungen oder Thiergruppen unter den Gamasiden giebt, welche im Allgemeinen mit der typischen Gattung Gamasus die allernächsten Berührun- gen haben, und doch die dieser Gattung fremdartige endosternale Stellung der Geschlechtsöffnung besitzt. Es wird dagegen unter den systematischen Kennzeichen zwei- ten Ranges eines der wichtigeren werden können. Die Gattungen, die hier in Betracht kommen, sind, als bisher von den verschiedenen Acarinologen zu der Familie der Gamasiden gezogen : üropoda de Geer, Tracliynotus Kr., Pteroptus Duj., Dermanyssus Duj., Nicoletia Canestr., Sejus Koch, Gamasus L. Megnin führt von den eben erwähnten nur die vier Gattungen üropoda j Gamasus, Dermanyssus, Pteroptus auf. Es soll weiter unten über die Berechtigung und Zugehörigkeit der andern drei das Nöthige erwähnt werden. Hier wollen wir nur kurz die principiellen Züge der Ein- theilung entwerfen. Pteroptus steht, wie schon Megnin feststellte, den übrigen Gattungen dadurch eigenthümlich gegenüber, dass es achtfüssige Junge zur Welt bringt. Wir haben hier den Fall einer abgekürzten Entwicklung vor uns und dies berechtigt, die Unterabtheilung der Pteroptina mit der bisher allein dahingehörigen Gattung Pteroptus Duj. aufzustellen. Sämmtliche übrigen Gamasiden haben sechsfüssige Larven, sei es nun, dass die Larven lieber Gamasideu. 393 schon im Eileiter ausschlüpfen, oder dass sie unmittelbar nach dem Legen der Eier auskriechen, oder dass wie bei Uropoda die Entwicklung im Ei zum guten Theil erst nach der Ablage desselben vor sich geht. Hier scheint die Entwicklung des Panzers aus zwei oder vier Centren her- aus ein maassgebendes Moment abgeben zu müssen. Da sich dies aber durch Beobachtung am reifen Thiere nicht mehr unterscheiden lässt, so nehme ich für die Gattun- gen Uropoda und Trachynotus, welche eine gemeinsame Dorsalplatten -Entwicklung, nämlich aus vier Centren, zeigen, die beiden gemeinsame Ueberdachung des Capitulum durch die vordere Erweiterung der Dorsalplatte und die endoster- nale männliche Geschlechtsöffnung als Hauptkennzeichen. Dass beide Gattungen am besten in eine Gruppe, die ich als die der Uropodina bezeichne, zusammengezogen werden, wird durch die vielseitigen Beziehungen derselben hinreichend begründet. Die noch übrigen Gattungen, Sejus, Gama- stts, Dermanyssus, fallen wieder zusammen in die Unterab- theilung der Gamasina. Es sind dies die ächten GamasuSy und sie besitzen eine Dorsalplatte, welche von zwei Erhärtungs- centren aus ihren Ursprung nimmt. Die Stellung der Geschlechtsöffnung und weiterhin die Beschaffenheit der Mundwerkzeuge wird hier zur bestimmteren Unterschei- dung benutzt werden und zu einer klaren Trennung der Gattungen von einander führen. Die Gattung Nicoletia Canestrini wird weiter unten eine Besprechung erfahren, sie scheidet aus der Familie der Gamasiden aus und muss vielleicht den Ixodes zugewiesen werden. Auf die oben angegebene Art und Weise kommen die durch besondere Panzerverhältnisse bemerkenswerthen Gat- tungen Uropoda und Trachynotus einerseits und die durch augenfällige Aehnlichkeit der Gestalt sofort als zusammen- gehörig erscheinenden Gattungen SejuSj Gamasus und Der- manysstis andrerseits je in eine systematische Gruppe zu stehen. Von der ersteren und einem Theil der letzteren soll im Nachfolgenden besonders die Rede sein, während die Behandlung der typischen Gattung Gamasus mit Der- manyssus einer späteren Arbeit vorbehalten bleibt. 394 P. Kram er: Familie: Gamasidae. Augeulose Milben, welche im reifen Zustande Tracheen führen. Je eine Tracheenöffuung auf jeder Körperseite mit nach vorn verlaufendem Stigmalkanal. Taster fünfgliedrig. Mandibeln dreigliedrig, scheerenförmig (in seltenen Fällen wie bei Pteroptus und Dermanyssus fem. stechend) in einem röhrenförmigen Capitulum (Trugköpfchen) laufend. 1. Erste Larve achtfüssig Fteroptina. Erste Larve sechsfüssig ........ 2. 2. Capitulum ganz von der Dorsalplatte bedeckt, Männ- chen mit endosternaler Geschlechtsöffnung, Dor- salplatte aus vier Kernen entstehend, üropodina. Capitulum frei unter der Dorsalplatte hervorragend, Dorsalplatte aus zwei Kernen entstehend. Gamasina. Fteroptina: Einzige Gattung Pteroptus Duj. Üropodina: Auf der Bauchfläche Gruben für die Füsse Uropoda de Geer. Auf der Bauchfläche keine Gruben . Trachynotiis Kr. Gamasina. 1. Geschlechtsöffnung des Männchens endosternal Sejus Koch. Geschlechtsöffnung des M. ectosternal ... 2. 2. Mandibeln in beiden Geschlechtern gleichartig, scheerenförmig Gamasus L. Mandibeln beim Weibchen ^iQQ\\Q\idi.Dermanyssus.Y)\\]. Es ist selbstverständlich, dass bei einer bereits so vielfach behandelten Thiergruppe, wie es die Gamasiden sind, die zur Kennzeichnung der Gattungen oben benutzten Merkmale meist schon von anderen benutzt worden sind; weshalb zur Rechtfertigung derselben nichts hinzuzufügen. Es bleibt nur noch über die Berechtigung der aufgenom- menen Gattung Trachynotus und Sejus ein Wort zu sagen übrig. Die Gattung Trachynotus stellte ich 1876 auf und zwar für eine Milbe, die Megnin vielleicht auch vor sich gehabt hat. Er beschreibt nämlich seinen Gam. lagenarius gerade mit demselben Wort, welches ich als Bezeichnung der Art benutzte, er nennt dessen Gestalt piriforme! Aller- üeber Gamasiden. 395 dings Hesse sich allein hieraus noch nichts über das Thier entnehmen, und es wäre der G. lagenarius, wie fast alle Arten von Megnin, für die Nachwelt verloren, wenn Megnin nicht in einer spätem Note zu meiner Arbeit sich dahin aus- gesprochen hätte, dass mein Trachynotus pyriformis eines der von ihm in der ersten Sektion der Gattung Gamasus besprochenen Thiere wäre. Es ist mir hieraus wahrschein- lich, dass G. lagenarius Meg. mit meinem Tr. pyriformis identisch ist; obgleich er wie Megnin a. a. 0. p. 297 an- giebt, eine Nymphe, „ä plastron dorsal entier^^ besitzt, was bei Tr. pyrif. nicht der Fall ist. Hat man nun in dieser Milbe einen ächten Gamasus vor sich oder nicht? Ich bin letzterer Ansicht. Nicht nur dem Aeussern nach sind Tr. und Garn. verschieden, wichtiger ist es vielmehr, dass die ganze Organisation von Trachyn. auf das entschiedenste auf üro- poäa hinweist. Mau betrachte die überaus schlanken Man- dibeln, die Lage des Capitulum, die Form der weiblichen Geschlechtsöifnung, die Anlage der Rückenplatte aus vier getrennten Stücken, die seitlichen Ausschwitzungen der ersten Larve, die man in vollständig analoger Weise bei einer TJropoda-huxwQ wieder findet, wie auch die Haltung der Füsse, namentlich der vordem, welche fast genau mit der der Uropoäa minima mihi übereinstimmt, wenn mau die Thiere heftig berührt und sie die Glieder an sich ziehen. Es ist sonach unthunlich die Milbe zu Gamasus zu ziehen ; es wäre, wenn man es thun wollte, eben so leicht, Uropoäa auch wieder mit Gamasus zu vereinigen. Ich halte die Gattung Trachynotus daher auch für die Zukunft auf- recht, wie sie ja denn auch schon in andere systematische Arbeiten, z. B. von G. Canestrini übergegangen ist. Ein Trachynotus ist ein von einem Gamasus in jeder Hinsicht so weit verschiedenes Thier, was sich sogar bis auf das Temperament ausdehnen lässt, dass es die Charakteristik von Gamasus nur verderben würde, wenn mau es in diese letztere Gattung aufnehmen wollte; ich hielt also mit Megnin den Moment für gekommen „de le baptiser generiquement," ohne zu fürchten, damit wie Megnin es glaubte „de sur- charger la nomenclature." Wenn ich nun so eben die Ansicht aussprach, dass mein Trachynotus pyriformis mit 396 P. Kram er: G. lagenarius Megn. synonym ist, so beruht diese Ansicht nur auf der Vermuthung-, dass es keinen zweiten Trachy- notits in Mitteleuropa ausser dem Tr. pyriformis giebt und dass Megniu, wenn er eine birnförmig gestaltete unter absterbenden Blättern lebende Gamaside beobachtete, jene über ganz Deutschland und Italien verbreitete Milbe ge- sehen haben wird. Die von jenem Acarinologen gegebene Beschreibung reicht, zumal sie nicht durch eine Abbildung unterstützt wird, nicht hin, um das Thier darnach wieder zu erkennen. Unter diesem Vorbehalt also, indem ich da- mit eine allerdings der Wahrheit nahe kommende Ver- muthung ausspreche, hielt ich oben dafür, dass Gamasus lagenarius Megn. synonym ist mit Trachynofus pyriformis Kr., und ich werde jenen Gamasus darnach auch an der gehörigen Stelle registriren. Während ich keinen Augen- blick zweifelhaft bin, die Gattung Trachynotus zu den üropodina zu stellen, Hess sich Sejus Koch nur nach dem ganzen Habitus mehr der Gattung Gamasus nähern. Dabei glaubte ich jedoch, dass die Stellung der männlichen Geschlechtsöffnung kein maassgebender Gesichtspunkt wäre. Allerdings muss ich bekennen, dass ich nur erst sehr wenige ächte Sejus-ki'iQXi kenne und nicht weiss, ob alle von Koch aufgefundenen Arten denselben Charakter besitzen ; so lange ich jedoch vom Gegentheil nicht durch Anschauung über- zeugt worden bin, darf ich es ja wohl annehmen, dass sie ihn haben. Ich bin auch noch im Besitze einer noch mehr Gamasusartigen Milbe, welche ebenfalls eine innenständige männliche Geschlechtsöffnung besitzt, so dass diese Gruppe der Gamasiden, wenn ich über diese neue Form erst ganz im Klaren bin, noch erweitert werden muss. Für jetzt halte ich dafür, dass Sejus, zu der meistens langsame, breite und auch sonst dem typischen Gamasus nicht recht gleichende Milben gehören, zu den Gamasina zu ziehen sind und zwar an erster Stelle als üebergang zu den üropodina aufgeführt werden müssen. Dass Dermanyssus mit Gamasus zusammen eine natür- liche Gruppe bildet, wird jedem, der die Thiere mit ein- ander vergleicht, ohne Schwierigkeit einleuchten. Giebt es doch Gamasus-Arten, welche zusammen mit Dermanyssus Ueber Gamasiden. 397 z. B. auf Fledermäusen leben und bereits so vollständig einen Derma77yssus-Chsir3iktGY angenommen haben, dass nur die Untersuchung der Mundtheile Gewissheit darüber ver- schaffen kann, ob man einen wahren Gamasus oder wirklich nicht schon einen Bermanyssus vor sich hat. Die Gattung Nicoletia Can., welche G. Canestrini bei Aufstellung seines Systems der Acariden neu einführte und der Familie der Gamasiden einreihte, habe ich ganz aus derselben ausgeschieden, weil sie so wesentlich ver- schiedene Charaktere besitzt, dass es bisher überhaupt noch nicht klar liegt, wo dieselbe unterkommen wird. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass meine Gattung Lahi- dostoma identisch ist mit Nicoletia Can. Nach den Zeich- nungen und Beschreibungen, welche von letzterer seit langer Zeit in meinen Händen waren, war es nicht mög- lich zu dieser Ueberzeugung zu kommen und es bedurfte erst eines Zufalles, um die Identität beider Gattungen zu constatiren. Die Arten Lahidostoma luteum Kr. und Nico- letia cornuta Can. sind aber nicht identisch, wie an einem andern Ort genauer dargethan werden soll. Indem so die Gattung Nicoletia Can. aus der Familie der Gamasiden ausscheidet, haben wir die anderen oben erwähnten Gattungen als den bis jetzt beobachteten Bestand der betreffenden Familie anzusehen ^). Die Gattung Uropoda de Geer. In einem Aufsatz „Zur Kenntniss der schweizerischen Arten der Gattung Uropoda de Geer" -) hat Haller die von mir aufgestellte Gattung Notaspis Herm. wieder ein- gezogen und die von mir erwähnten Arten derselben unter die ältere Gattung Uropoda de Geer gestellt. Dabei for- mulirt er die Gattungsmerkmale für Uropoda neu folgender- massen: „Panzerhälften den Körper seitlich überragend, innig mit einander verlöthet. Bauchpanzer mit Gruben für die Extremitäten. Coxalglieder des ersten Beinpaares stark vergrössert, decken von unten die Mundtheile fast 1) Siehe die Fnssnote p. 874. 2) Archiv für Naturgeschichte von Troschel. 1881. p. 182 ff. 398 P. Kramer: gänzlich; Endglieder mit einfacher Borste; diejenigen der hinteren drei Paare mit Krallen und Haftläppchen. " Dies ist mit Ausnahme der letzten Abtheilung, welche von den Haftlappen und Krallen handelt, die von mir bereits im Jahrgang 1876 im Archiv für Notaspis Herm. aufgestellte Charakteristik, und gerade diese' Erweiterung führt systematische Schwierigkeiten mit sich, wesshalb die Gattungsbezeichnung Uropoda einer erneuten Besprechung unterworfen werden muss. Es stellt sich nämlich heraus, dass es entweder nothwendig wird, wenn man die Gattung Uropoda de Geer, so wie sie so eben nach Haller's Charakteristik festgesetzt wurde, beibehält, eine Anzahl Milben, welche im Allgemeinen und in vielen Einzelheiten den CTropoc^a- Charakter besitzen, um desswillen von ihr zu trennen, weil sie auch am ersten Fusspaare Krallen und Haftlappen und zwar von Jugend auf und in beiden Ge- schlechtern besitzen, oder die auf die Krallen und Haft- lappen bezüglichen Merkmale aus der Gattungscharakte- ristik von Uropoda fortzulassen. In letzterem Fall würde man auf die von mir aufgestellte Charakteristik von Notaspis Herm. zurückkommen. Dies letztere Namensbezeichnung kann aber nicht gut beibehalten werden, da Nicolet eine längst anerkannte Oribatiden - Gattung Notaspis genannt hat und damit die allerdings viel ältere Bezeichnung Her- manns für eine oifenbare Gamaside antiquirte. Es ist daher angezeigt, die Gattungsbezeichnung Uropoda de Geer für die von Haller, Megnin und mir beobachteten und unverkennbar sehr nahe verwandten Milben beizubehalten, die von dem ersten Fusspaar hergenommenen Merkmale aber nicht in die Gattungscharakteristik aufzunehmen, viel- mehr zwei systematisch gieichwerthige Gruppen in dieser Gattung Uropoda de Geer so herzustellen, dass das Vor- handensein oder das Fehlen von Krallen und Haftlappen am ersten Fusspaar das Merkmal für die eine oder die andere wird. Die Gattungscharakteristik von Uropoda wird dann mit der von mir für Notaspis Herm. gegebenen wieder übereinstimmen. Ich führte sie gern mit Haller's Worten hier an, wenn die Wendung: „Panzerhälften den Körper seitlich überragend" den von mir beobachteten Verhältnissen lieber Gamasiden. 399 entsprechend wäre. Ich werde im Nachfolgenden eine prachtvolle Uropode beschreiben, deren Rückenpanzer nicht überall den Seitenrand erreicht, und sie wird nicht einmal allein stehen, sondern es ist keine seltene Beobachtung, dass der Rückenpanzer — und dieser stellt doch die eine Hälfte des Panzers überhaupt dar — den Seitenrand nicht mitbilden hilft. Dass im allgemeinen der Körper nicht getrennt werden kann vom Panzer, zeigt am deutlichsten die von G. Ha 11 er zuerst beschriebene, dann auch von mir beobachtete schöne Art Uropoda clavus, bei der man am ehesten sich von einem Hervorragen des Panzers über die Seiten des Körpers eine Vorstellung bilden könnte. Denn hier ist es ganz evident, dass der Körper selbst, d. h. die mit Zellmasse erfüllte Höhlung des Leibes, bis an die äus- serste Randlinie des ganz besonders dünnen Panzers geht. Ich komme daher wieder auf meine frühere Charakteristik zurück, die ich für Notaspis aufstellte, welche mit einigen Wortänderungen die für Uropoda de Geer gültige sein wird. Gattung Uropoda, de Geer. Panzer stark entwickelt, den Leib vollständig um- schliessend. Der Bauchpanzer mit Gruben für die Füsse. Die Hüftglieder des ersten Beinpaares stark vergrössert, in der Ruhe das Capitulum (Trugköpfchen) von unten her völlig oder fast völlig verbergend. Körper oben gewölbt, unten flacher. Stigmalöffnungen in den Gruben des dritten Beinpaares. Stigmalkanal stark gekrümmt. Die so umschriebene Gattung zerfällt in zwei syste- matische Gruppen. Tribus I. Endglieder des ersten Beinpaares mit oder ohne Tastborste, aber mit deutlich entwickelten Krallen und Haftlappen. Tribus IL Endglieder des ersten Beinpaares vorn mit einer langen Tastborste, ohne Krallen und Haftlappen. Unter die eine oder andere dieser Abtheilungen werden sich sämmtliche Arten der merkwürdigen Gattung gut ein- ordnen lassen. Die zweite Abtheilung enthält die bisher der Gattung UrojMda de Geer zugewiesenen Arten, die erste Abtheilung dagegen die bisher von mir zur Gattung Nota- 400 P- Kramer: s^ns Herrn, gezogenen. Einige neue Arten vertlieilen sich gleichmässig unter beide Abtheilungen. Gr. Ha 11 er hat seinem oben erwähnten Aufsatz eine Tabelle zur Bestimmung der Arten beigegeben, welche ich, unterstützt durch meine Thüringer Beobachtungen und einige Mittheilungen des Prof. Canestrini inPadua, nicht unerheblich erweitern kann. Letzterer führte in seiner Uebersicht des Acaridensystems, dargestellt in dem Aufsatz „Intorno agli acari italiani" (Atti del R. istituto veneto di scienze lettere ad arti Vol. IV ser. V 1877) 6 Uropoden auf, und zwar unter demselben Gattungsnamen Notaspis^ wie ich es früher that. Von diesen fällt N. ovum aus, als nicht zu Notaspis Herm. gehörend. Ueber N. marginatus und ciliatus, welche Benennungen Canestrini aus Koch herübergenommen hat, vermag ich auch nach den neusten Mittheilungen nichts auszusagen. Die Beschreibungen geben, da sie nicht von Abbildungen begleitet sind, für einen dritten keine deutlichen Merkmale an. U. tridentinus ist eine gute Art, welche nach Mittheilungen von Prof. Cane- strini Krallen und Haftorgane besitzt, und durch die besondere Gestalt der weiblichen Geschlechtsöffnungsklappe sich von allen mir bekannten Uropoden deutlich unter- scheidet, wie sie denn schon durch ihre längliche Gestalt auffällt. iV". cassideiiSj welche Art Canestrini mit Megnin's Uropoda truncata identificirt, führt nach brieflicher Mit- theilung keine Krallen und Haftlappen, wogegen N. vege- tans, den Canestrini ebenfalls noch in dieser Mittheilung erwähnt, mit Krallen und Haftlappen aufgeführt wird. Das letztere ist namentlich überraschend, da Uropoda vegcfa,ns de Geer für G. Haller vermuthlich die typische Form für die ganze Gattung Uropoda hergegeben hat, der er überhaupt den Besitz von Krallen und Haftlappen in beiden Geschlechtern absprach. Es kann hiernach N. vegetans Canestrini nicht identisch sein mit U. vegetans de Geer. Möglich, dass hier eine Verwechslung sonst übereinstimmen- der Formen vorliegt, da bisher auf den Besitz oder Nicht- besitz von Krallen und Haftlappen am ersten Fusspaar nicht allgemein geachtet wurde. Die Arten der Gattung Uropoda, soweit sie von G. üeher Gamasiden. 401 Canestrini, Haller (z. Th. Megnin) und mir beschrieben sind, würden sich demnach nach folgendem Schema be- stimmen lassen. Tribus I. Uropoden mit stark entwickelten Krallen und Haft- lappen am ersten Fusspaar. 1. Dorsalplatte beim Weibchen getheilt, die hintere Dorsalplatte klein und schmal. Deckel der Ge- sehlechtsöffnung vorn abgerundet, den Vorderrand der Sternalplatte nicht erreichend, tecta Kramer. Dorsalplatte beim Weibchen einfach 2. 2. Der ganze Panzer mit zahlreichen, grossen Gruben bedeckt elegans Kramer. Der Panzer glatt 1 3. 3. Geschlechtsöffnungsdeckel des Weibchens hinten gradlinig abgeschnitten, vorn scharf zugespitzt, (die Spitze tiberragt den vorderen Rand der Ster- nalplatte etwas), tief zwischen den Hüften des vierten Fusspaares beginnend. Dorsalplatte vorn stumpf vorgezogen. Länge zur Breite wie 4 : 3. ovalis Koch. Geschlechtsöffnungsdeckel des Weibchens hinten durch eine stark nach hinten ausgebogene Begren- zungslinie am Bauchpanzer befestigt, breit, vorn die vordere Grenzlinie der Sternalplatte berührend, noch vor den Hüften des vierten Fusspaares lie- gend. Dorsalplatte vorn stark stumpfwinklig vorge- zogen. Länge zur Breite fast wie 4 : 2. tridentina Canestrini, Tribus H. Uropoden mit einfacher langer Tastborste am ersten Fusspaar (unter vielen kurzen Endborsten), ohne Krallen und Haftlappen an demselben. 1. Körper kreisrund clavus Haller. Körper länger als breit 2 2. Körper hinten schwanzartig verdünnt, elongata Haller. Körper hinten gleichmässig abgerundet .... 3 Archiv für Naturg., XXXXVIII. Jahrg. 1. Bd- 20 402 P. Kramer: 3. Dorsalplatte auf der Fläche rauh, vorn deutlich ein- gebuchtet, hinten den Rücken nicht völlig be- deckend. Der Seitenrand mit dicht gedrängten säbelförmigen längeren Borsten besetzt. splendida Kramer. Dorsalplatte vorn nicht eingebuchtet, gleichförmig oval, hinten breit auf der Fläche glatt, in die Marginal platte eingebettet, die Füsse des ersten Fusspaares ragen in der Ruhe weit über den Vorderrand hervor minima Kramer. Dorsalplatte vorn nicht eingebuchtet sondern stumpf dreieckig vorgezogen, Körper Wappenschildähn- lich, viel länger als breit, hinten schmaler als in der Mitte, zugespitzt, scutulata Megnin (Haller). Was die bereits früher von mir beschriebenen Arten üropoda tecta und ovalis betrifft, so ist ü. tecta von Hai 1er in der oben erwähnten Uebersicht der bisher bekannt ge- wordenen Uropoda-Ai'ten anerkannt, wenn auch mit gewis- ser Reserve, da er wohl von der Ansicht ausgeht, dass überall da wo bei Gamasiden ein getheilter Rückenschild beobachtet wird, ein noch nicht völlig ausgewachsenes Individuum vorliegt. Die damit zusammenhängenden Bedenken über die Berechtigung der in Rede stehenden üropoda können jetzt durch das im Vorhergehenden näher Ausgeführte als gehoben angesehen werden. U. tecta ist mir in so viel völlig ausgebildeten allerdings nur weiblichen Exemplaren mit vollkommen funktionirender Geschlechtsöffnung begeg- net, dass die Form als gesichert betrachtet werden muss. üropoda ovalis Koch, die ich alsdann in meine Uebersicht aufnahm, ist von Haller mit ü. vegetans vereinigt worden. Ich kann dem nicht zustimmen. Ür. ovalis, von Koch allerdings nur so ganz im Allgemeinen geschildert, besitzt am ersten Fusspaar Krallen und Haftlappen und führt im weiblichen Geschlecht eine ganz charakteristisch gebaute Geschlechtsöffnung, welche einen vorn scharf zugespitzten Deckel besitzt. Beide Merkmale sucht man vergeblich an den Abbildungen, welche Megnin seiner unzulänglichen Be- schreibung von ür. vegetans beigegeben hat, und die mit aller nur wünschenswerthen Deutlichkeit über die in Rede üeber GamasideD. » 403 stehenden Momente Auskunft geben. Die Uropode besitzt vielmebr nur die charakteristische Tastborste am Vorder- ende des ersten Fusses und der Deckel der Geschlechts- öffnung ist vorn stumpf und gerundet. Die Klappen, welche die weibliche Geschlechtsöffnung verschliessen, sind über- haupt wegen ihrer grossen Mannigfaltigkeit von Art zu Art sehr gute Artmerkmale, wie ich später noch weiter anzu- führen Gelegenheit haben werde. Man hat dabei nicht bloss auf ihre Form sondern auch auf ihre Lage in der Sternalplatte sein Augenmerk zu richten. Ich führe hiernach üropoda ovalis Koch wieder als selbstständige und wohl begründete Art in das System zurück, gestehe aber zugleich, dass ich über ür. vegetans keine Auskunft zu geben im Stande bin. Ich habe bis jetzt keine Milbe beobachtet, welche den Megn in 'sehen Abbildungen entsprechen würde, üropoda tridentina Can. ist von den bisher von dem italienischen Forscher be- schriebenen Arten diejenige , welche ich in das oben erwähnte Schema aufzunehmen im Stande bin. Die übrigen Arten, die Prof. Canestrini noch namhaft macht, sind nach meinem Dafürhalten nicht so beschrieben, dass ich sie scharf detiniren könnte, es sind: TJr. orbicularis, cassidea, obscuraj margmata, ciliata. Sie sind theils in den Schriften der venetianischen Academie vom Jahre 1877, theils brief- lich erwähnt. üropoda tecta Kr. Taf. XX, Fig. 1-6. Ur. tecta. Kramer, zur Naturgeschichte einiger Gat- tungen aus der Familie der Gamasiden. Archiv f. Nat. 1876. S. 79. Taf. IV, Fig. 18, 20, 21. ür. tecta. Haller, zur Kenntniss der schweizerischen Arten der Gattung üropoda de Geer. Archiv f. Nat. 1881. S. 184. Die sechsfüssige Larvenform. Die 0,4 mm lange ganz blassgelbe und durchsichtige Larve ist von länglich ovaler Form. Das Hautskelett ist nur eben angedeutet und von geringer Stärke. Das Rückenschild nimmt drei Viertel etwa des Rückens ein und lässt zwischen seinem hinteren 404 P. Kramer: Rande und dem nur sehr schwach angedeuteten hinteren Rückenschild noch eine breite weichhäutige Strecke frei. Die Ränder des Schildes zeigen keinerlei besondere Figuren, nur sind einige Linien nahe dem Rande etwas stärker ver- härtet und hier bemerkt man jederseits kurze Strecken derselben wie gezähnelt. Auf der Fläche des Schildes ist eine sehr spärliche Anzahl von kurzen Borsten vorhanden. Charakteristisch für dieses Stadium ist am vorderen Rande des Rückenschildes ein Paar stumpfer Höcker, auf welchen die beiden nach vorn gerichteten Borsten stehen. Diese Höcker treten in den späteren Stadien nicht mehr auf. Auf der Bauchfläche haben sich die verhärteten Partien noch nicht deutlich abgesondert. Die Stützplatten für die Füsse des ersten Paares und die den Bauchtaster tragende kleine besondere Sttitzplatte sind bereits scharf entwickelt. Die Kopfröhre ist in diesem allerersten Entwicklungsstadium ganz genau mit derselben sehr stark entwickelten Rand- figur versehen, wie man sie bei den erwachsenen Thieren beobachtet. Es ist ein langer zugespitzter Vorsprung, dessen Seitenlinien mit scharfen Dornspitzen dicht besetzt sind. Die Füsse sind kurz und gedrungen und besitzen sämmt- lich einen stark entwickelten Krallenanhang. Die oberen Coxal- und die Stigmalplatten führen noch keine Höhlungen, in welche die Füsse zurückgezogen werden können, es ist aber bereits die Lage, in welcher die Füsse in Ruhe ge- halten werden, völlig übereinstimmend mit der, in welcher in den beiden nachfolgenden Stadien die Füsse getragen werden. Die Kieferfühler sind lang und ungemein dünn und reichen in der Ruhelage bis ins letzte Viertel des Körpers zurück. Eine Spur der Athmungsorgane ist noch nicht zu bemerken. Die erste achtfüssige Larve. Die 0,50mm lange Larve zeigt auf dem Rücken wie auf der Bauchfläche eine fortgeschrittene Entwicklung des Hautskeletts. Auf dem Rücken unterscheidet man jetzt deutlich 4 Platten, indem zu der bereits im vorigen Stadium aufgetretenen vorderen Platte die deutlich abgegrenzte hintere Platte getreten ist, welche von der vorderen durch je eine dreickig gestaltete, seitlich eingeschobene getrennt ist. Auf der vorderen Platte bemerkt man einige Maschenflguren. Die am vorderen lieber Gamasiden. 405 Rande des Rückens stehenden Borsten sind ungemein fein geworden und können erst bei stärkerer Vergrösserung (400 fach) deutlich erkannt werden. Sie stehen, wie bereits erwähnt, nicht mehr auf bemerkbaren Höckern. Auf der Bauchfläche ist die Ventral - Analplatte jetzt scharf abge- gränzt, ebenso die Coxalplatte, in welcher künftig die Höhlungen für die Füsse auftreten, namentlich die zum 4. Fusspaar gehörige, sowie auch die mittlere zwischen den Hüften liegende Sternalplatte, auch die Stigmalplatte ist bereits bemerkbar. Eine Umgestaltung hat der Bauch - tasterapparat erfahren. Während im vorigen Stadium die Grundplatte desselben breit war, und in der Mitte des vorderen Randes (bei 400 facher Vergrösserung) einen ein- fachen Borstenfortsatz trug, ist jetzt die Grundplatte lang und schmal geworden, die Hüften der vorderen Füsse sind also näher an einander gerückt. Sonst hat sich nichts Erhebliches geändert. Die vorderen Füsse besitzen auch jetzt wie im vorigen Stadium stark entwickelte Krallen, der Luftkanal auf der Stigmalplatte ist in der Entwicklung begriffen, und in einer kurzen Strecke bereits vorhanden. Die zweite achtfüssige Larve. Das Haut- skelett ist jetzt fast völlig ausgebildet. Nur sind die Rücken- und Bauchplatten noch durch eine rings um den Körper laufende weiche Hautzone von einander getrennt. Die Dorsalplatte ist einfach und zeigt hier und da maschen- förmige Figuren, die auch rosettenförmig ausfallen können. Trotzdem dass sie einfach ist, scheint sie aus einem Paar übereinanderliegender Platten zu bestehen, welche beide am Rande mit einem Kranz feiner Haarborsten besetzt sind. Der Bauchpanzer ist noch nicht zu einem einheitlichen Platteustück zusammengeflossen, sondern man beobachtet eine scharf umrandete Ventral-Analplatte, Sternalplatte und die Gruppe der Coxalplatten. In den letzteren bemerkt man bereits die der Gestalt der Füsse angepasste Form der Fussgruben. Die vordem obern Coxalplatten haben bereits über dem Capitulum das Tectum gebildet, welches mit scharf gezähntem Rande über Taster und Mandibeln hinaus- ragt. Die Tracheen sind vorhanden, auch hat der geschweifte Stigmalkaual schon die spätere merkwürdige Gestalt. Die 406 P. Kramer: Hüften des ersten Fusspaars sind jetzt ganz dicht anein- andergerückt und verdecken den Bauchtaster vollständig. Die Behaarung auf der Rückenfiäche ist bei der nun schon ansehnlichen Grösse des Thieres noch mehr zurück- getreten und namentlich die beiden Vorderrückenborsten sind ganz winzig. Die Rumpflänge der Larve beträgt 0,63 mm. Die reife Form. Das Weibchen. Während die Färbung noch bei der zweiten achtfüssigen Larve hell- gelb war, tritt bei dem erwachsenen Weibchen ein schönes tiefes Kastanienbraun an dessen Stelle. Die Dorsalplatte hat jetzt den Seitenrand des Bauchpanzers vollständig erreicht, welcher als eine einheitliche Platte die Unterseite völlig bedeckt. Der Rückenpauzer ist aber nun in zwei Dorsalplattcn zerfallen, von welchen die hintere ganz klein und schmal ist. Auf der Unterseite tritt zwischen den Hüften des zweiten, dritten und vierten Fusspaares die sehr grosse vorn ovale GeschlechtsöiFnung hervor, welche von einem ebenso gestalteten, nämlich vorn abgerundeten, hinten gerade abgeschnittenen Deckel geschlossen wird. Die Geschlechtsöffnung erreicht fast den vorderen Rand der Sternalplatte, so dass der Deckel nahezu die ver- dickte Randpartie der letzteren berührt. Die Hüften des ersten Fusspaares sind dicht aneinandergerückt und ver- decken die verhältnissmässig winzigen Mundwerkzeuge vollständig. Das Tectum hat dieselbe Form, wie sie im vorigen Stadium beschrieben war, nur sind die Zähnchen am Rande weniger hervortretend. Die Füsse liegen, sobald sie in die Gruben zurückgezogen sind, derart, dass die Spitzen der drei hinteren Paare nach hinten gerichtet sind, während in den früheren Stadien nur die beiden letzten Fusspaare diese Stellung haben, im ersten Stadium also nur das dritte Fusspaar. Uropoda elegans n. sp. Taf. XIX, Fig. 4 a, b, 5. Länge 0,70 mm. Breite 0,56 mm. Männchen und Weib- chen von gleicher Grösse. Die ebenfalls gleiche Farbe beider Geschlechter ist ein helles Braun mit einem violetten lieber Gamasiden. 407 Stich. Die Dorsalplatte ist vom Rücken des Thieres aus betrachtet, wie in einem breiten Rahmen eingebettet, sie ist kleiner als der Umriss des Thieres und durchaus mit heller erscheinenden Grübchen von ansehnlicher Grösse bedeckt. Die Platte bekommt dadurch das Ansehen eines Netzes mit grösseren zierlichen Maschen. Ebenso sind auch alle übrigen Panzertheile ausgestattet. Die Trennungs- linie zwischen Abdominalplatte und Analplatte ist sichtbar. An den Körperseiten zieht sich ein ausserordentlich zier- licher Borstenschmuck hin, welcher vorn einfach ist und etwa von der Höhe des zweiten Fusspaares ab, aus zwei übereinander befindlichen Borstenkreisen besteht. Der obere Kreis besteht hier aus schwach kolbigen, dem Rande mehr anliegenden Borsten. Der zweite Kreis enthält zahlreichere Borsten und diese stehen von dem Körperrande ab. Da die Borsten lang und gekrümmt sind, so bieten sie ein sehr zierliches Ansehen, und desshalb schien die Bezeichnung elegans angemessen. Das leicht zugespitzte Vorderende des Körpers trägt vier dicht anein- ander gedrängte Borsten, von denen die beiden mittlem die üblichen Vorderrandborsten sind. Die männliche Geschlechtsöfiuung liegt auf der Sternal- platte zwischen den Hüften des dritten Fusspaares, sie ist kreisrund mit etwas verdicktem Vorderrande. Die weib- liche Geschlechtsöffnung wird von einem mächtigen Deckel geschlossen, welcher den ganzen Raum zwischen den Hüften der drei letzten Fusspaare einnimmt. Er ist vorn abgerundet. Was die genauere Construction der Maschen des Panzers betrifft, so scheinen sie durch kreisförmig dicht an einander gerückte Erhebungen der Chitiufläche des Panzers zu Stande gekommen zu sein, welche durch strahlenförmig angeordnete Kanäle verbundene Gruben zwischen sich gelassen haben. Diese Kanäle sind sehr fein und erscheinen als schmale Striche, welche von Grube zu Grube hinziehen. Es sind in der Regel sechs Kreisringseg- mente, welche die Umwallung einer Grube bilden. Fig. 5. Die Milbe fand ich unter Platanenrinden bei Mühl- hausen in Thüringen. 408 P. Kramer: üropoda ovalis Koch. Taf. XX, Fig. 7—12. Notaspis ovaliSj Koch, Deutschlands Crustaceen, Myriap. und Arachniden. Heft 27, 21. Notaspis ovaliSj Kramer, zur Naturgeschichte einiger Gattungen aus der Familie d. Garn. Archiv f. Nat. 1876. p. 73. Taf. IV, Fig. 22. Erste achtfüssige Larvenform. Die Milbe besitzt in diesem Stadium eine Rumpflänge von ca. 0,57 mm. Die Rückenfläche ist nur in der Mitte stärker gewölbt, an den Rändern flach. Die Rücken- und Bauchpanzer - Platten erreichen den seitlichen Körperrand noch nicht, sondern lassen einen breiten Randstreifen, zwar recht dicker, aber noch nicht chitinisirter Haut übrig. Auf dieser befinden sich an der äussersten Randlinie eine Reihe knopfförmiger Erhebungen, deren Spitze stark chitinisirt und demnach braun gefärbt erscheint. Auf jedem Knopf steht ein ge- krümmtes kurzes stark gefiedertes Haar. Hierdurch erscheint, wenn man geringe Vergrösserung anwendet, der Seitenrand der Larve wie gekörnt. Die beiden vorderen Rückenborsten, welche fast die einzigen auf der ganzen Fläche sind, sind ebenfalls gefiedert. Auf dem Rücken sind vier chitinisirte Felder zu unterscheiden, ein grosses vorderes, ein kleines hinteres, und zwei seitliche, welche sich zwischen die beiden genannten einschieben. Die Schilder sind noch durch ansehnliche Zwischenräume von einander getrennt und besitzen eine grossmaschige Zeichnung, welche auf einer den eigentlichen Hautschildern aufliegenden Schicht ausgeschwitzter Substanz sich befindet, die man mit der Präparirnadel auch abheben kann. Auf der Unterseite des Körpers ist die Sternalplatte schwach ausgebildet, die Ventral - Analplatte aber schon ziemlich umfangreich, der After selbst ist eine grosse Oeffnung in derselben, die mit zwei kleinen Platten nur zum Theil verschlossen wird. Die einzelnen untern Coxalplatten für die Füsse sind noch ganz isolirt, Gruben sind noch nicht ausgebildet. Der Luft- kanal ist bereits vorhanden, aber noch nicht in seiner ganzen künftigen Ausdehnung. Die Hüften des ersten Fuss- üeber Gamasiden, 409 paares decken den ganzen Mundapparat von unten her zu. Die Randfigur der Kopfröhre ist wie bei den erwachsenen Thieren gestaltet. Zweite achtfüssige Larvenform. Die Rumpf- länge beträgt jetzt bereits bis 0,70 mm, auch ist die Fär- bung der chitinisirten Theile schon intensiver als im vorigen Stadium, wo sie gelblich erschien. Der Rtickenpanzer be- steht aus einer einzigen Platte, welche aber den Seiten- rand noch durchaus nicht erreicht. Da auch die auf dem Bauch befindlichen Platten vom Rande entfernt bleiben, so erscheint er auch noch in diesem Entwicklungsstadium ganz hell. Er ist völlig glatt, die im vorigen Stadium beobachteten Borsten sind nicht mehr vorhanden. Dagegen ist der Rand der Rückenplatten zinneuartig eingeschnitten und jeder Vorsprung trägt eine kurze Borste. Auf der Bauchfläche ist die Sternalplatte lang und gross, die Ventral- Analplatte hat im Verhältniss zum vorigen Stadium ihre Dimensionen nicht sehr geändert. Die Hüftplatten sind verschmolzen und zeigen bereits die Gruben in vollstän- diger Entwicklung. Noch ist das zweite Fusspaar nach vorn gerichtet. Der Luftkaual ist langgestreckt und besitzt einen von dem früheren, sowie auch von dem künftigen ganz ver- schiedenen Verlauf. Die reife Form. Männchen. Die Körperlänge beläuft sich jetzt auf 0,90 bis 1 mm. Der ovale, an dem vorderen Ende leicht kegelförmig vorgezogene Körper ist oberhalb etwas stärker gewölbt, während die Bauchfläche nur sehr flach gewölbt erscheint. Die Panzerplatten sind sehr stark und besitzen eine dunkel kastanienbraune Färbung. Die Bauchplatte breitet sich über die Seitenfläche noch etwas nach dem Rücken zu aus, so dass die Berührungslinie des Rücken- und Bauchpanzers nicht genau den seitlichen Umriss des Thieres abgiebt, sondern etwas nach der Oberseite ein- gerückt liegt. Hier bemerkt man noch dieselbe Zeichnung wie sie bei der letzten Larvenform beobachtet wurde. Die ganze Rückenfläche ist dicht mit kurzen nach hinten ge- richteten Borsten bedeckt, welche aber durchaus glatt sind. Das Tectum über der Kopfmundröhre ist ebenso lang nach vorn gezogen, wie der kegelförmige Vorsprung des Rücken- 410 P. Kramer: pauzers. Die Gruben der Füsse sind jetzt derart angeordnet, dass sich sämmtliche Füsse der drei letzten Paare nach hinten richten. Die vorderen Füsse decken mit ihren Hüften den Mundapparat vollständig und besitzen stark ausgebil- dete Krallen. Die Geschlechtsöffnung ist länglich und be- lindet sich zwischen den Hüftringen des dritten Fusspaares. Der Stignialkanal läuft in merkwürdigen Krümmungen nach dem Stigma hin. Weibchen. Die allgemeinen Verhältnisse sind durchaus wie beim Männchen. Rücken- und Bauchpanzer bestehen aus je einer einzigen Platte, welche sich wie beim Männchen berühren. Die Geschlechtsöffnung, welche sich zwischen den Hüften der drei letzten Fuss- paare befindet, wird durch einen sehr umfangreichen Deckel geschlossen, welcher eine für diese Art charakteristische Form besitzt. Er ist schlank und vorn scharf zugespitzt. Das Lager, in welches sich die Spitze beim Verschluss der Geschlechtsöffnung hineinlegt, bildet hier eine Rinne, welche den vorderen, nach den Hüften des ersten Fuss- paares gewendeten verdickten Vorderrand der Bauchplatte durchschneidet und sich auf einer kleinen Fortsetzung der- selben nach vorn hinstreckt. Durch diese Form der Ver- schlussplatte der weiblichen Geschlechtsöffnung wird man stets Ur. ovalis von den übrigen Uropoda - Arten unter- scheiden können. Uropoda tridentina Can. Die mir bis jetzt nicht begegnete Art ist von Prof. G. Canestrini zuerst 1877 in den Abhandlungen der venetiauischen Akademie der Wissenschaft beschrieben. Eine von ihm mir freundlichst mitgetheilte Zeichnung, welche die sehr charakteristische Geschlechtsöffnung des Weib- chens gut zur Anschauung bringt, ist auf Taf. XIX, Fig. 19 wiedergegeben. Die längliche Gestalt ist in der Figur ebenfalls sehr in die Augen fallend und für die Art kenn- zeichnend. Ueber Gamasiden. 411 üropoda clavus Haller. Taf. XIX, Fig. I, 6, 7, 17. Hai 1er, zur Kemitniss der schweizerischen Arten der Gattung Uropoda de Geer, Archiv f. Nat. 1881. p. 183. H a 1 1 e r erwähnt, dass ihm diese schöne Art aus Deutschland von Dr. Blank enhorn zugesandt worden wäre. Ich hatte sie am Südabhang des Thüringerwaldes, den ich auf Milben vielfach durchstreift habe, nicht ge- funden, begegnete ihr aber bei Ruhla nach dem Nordab- hange zu jetzt so häufig, dass sie dort zu den allergewöhn- lichsten Milben gehört. Obwohl mir viel Material zur Ver- fügung stand, fand ich leider doch die sechsfüssige Larve nicht vor. Die erste achtfüssige Larve 0- Sie ist bemerkenswerth durch den selir eigenthümlich ausgebilde- ten Rand des Körpers, der beim ersten Anblick den Ein- druck einer mit dem Brenneisen zierlich gefalteten Krause macht. Er ist auf dieselbe Weise entstanden, wie die Umrandung des ersten sechsfüssigen Larvenstadiums bei Trachijnotus ptjriformis. Der eigentliche, sehr blasse und durchsichtige Körper ist am Seitenrande mit langen Borsten strahlenförmig besetzt. Diese Borsten sind nun vollständig umhüllt durch ein aus Poren des Rückenrandes aus- fliessendes Chitinblatt, welches kreisförmig den Seitenrand umgiebt. Bei genauer Besichtigung zeigt sich dieser flügei- förmige Ring aus lauter feinen, unter sich parallelen vom Körperumriss senkrecht sich nach aussen streckenden Chitin- strahlen, von denen jeder mit dem benachbarten zusammen- geschmolzen ist. Ein übersichtliches Bild der Verhältnisse gewährt die Figur 7. Hier ist a die Masse des Leibes- inhaltes, welche vom Spiritus beeinflusst von der Körper- haut etwas zurückgewichen ist, so dass man den zur Borste b hinziehenden Strang (matrix d. Borste) deutlich wahr- nimmt; c ist die Körperhaut und in d liegen die chitinösen Sekretstreifen. 1) Ich glaube nicht irre zu gehen, wenn ich die hier beschrie- bene Larve zu U. clavus ziehe. 412 P. Kramer: Das Rückeiischild der Larve ist nur erst durch die vier Theilscliilder, welche noch eine geringe Consistenz zeigen, angedeutet. Die Füsse besitzen noch keine Gruben im Bauchpanzer. Die Länge des im Sonnenlichte fast irisirend glän- zenden Thierchens ist 0,75 mm, wovon auf den eigentlichen Körper nur 0,50, das übrige auf den Rand kommt. Die Breite 0,67, wovon der Körper nur 0,40 in Anspruch nimmt. Zweitß achtfüssige Larvenform. (Taf. XIX, Fig 1.) Die Gesammtlänge des Thieres beträgt 0,80 mm. Es ist kreisrund und trägt in vieler Einriebt bereits den Charakter des erwachsenen Thieres. Durch die schon einheitliche Dorsalplatte schimmert der Bauchpanzer mit den Umrisslinien seiner noch getrennten Platten durch, es entsteht dadurch das Bild eines Körpers , welcher von einem Panzerrande eingefasst ist, doch wäre es nicht richtig zu meinen, dass Rücken- und Bauchpanzer den Körper seitlich überragt, vielmehr ziehen sich Zellenele- mente des Körperinhaltes bis dicht an die äusserste Rand- linie des Körpers. Auf der Dorsalplatte stehen mehrere Borstenkreise, einer in der Gegend der durchschimmernden Randlinie des Bauchpanzers, ein anderer mehr nach dem Rande zu. Bei dieser Larvenform finden wir auch den zarten Kranz von Börstchen, welche auf der Unterseite des Randes entspringen und sich mit einer starken Krüm- mung an der Spitze nach oben über den Rand auf den Rücken heraufbiegen. Durch diese besondere Stellung hat es oft den Anschein, als wenn die über den Rand herüber- ragenden Borsten ein Knöpfchen an ihrem Ende trügen. Dies ist jedoch nicht der Fall, und ist darnach für die deutschen Mitglieder der Art die von Ha 11 er a. a. 0. ge- gebene Figur nicht ganz zutreffend. Auf der Unterseite sind Sterualplatte, Ventralplatte, Abdominalplatte, Coxal- platte und Stigmalplatte , deutlich zu bemerken. Der Stigmalkaual läuft erst eine Strecke dem Seitenrand parallel, biegt dann auf eine kurze Strecke auf die zwischen den für das zweite und dritte Fusspaar vorhandenen Gruben liegende Leiste, um sich zu der in der Tiefe der Grube des dritten Fusses liegenden Stigmalöffnung zu begeben. Ueber Gamasiden. 413 Der Verlauf des Kanals ist von dem bei den erwach- senen Thieren beobachteten sehr verschieden. Die Anal- platte ist sehr klein und erscheint zum Theil von der Veutialplatte bedeckt, so dass man glauben möchte, es strecke sich eine kurze Chitinröhre in den Hinterleib, welche den etwas erhärteten letzten Darmabschnitt darstellt. Das erwachsene Thier. Das erwachsene Weib- chen und Männchen sind im Allgemeinen so übereinstim- mend gebaut, dass eine gemeinsame Beschreibung hinreicht. Der Rückenpanzer ist jetzt wieder in eine deutliche Central- platte und eine dieselbe umschliessende breite Margiual- platte getrennt, welche beide durch eine dicke dunkelbraune Verschmelzungslinie gesondert erscheinen. Auf der Central- platte stehen zerstreute Haarborsten, auf der Marginalplatte mehr dem Rande zu ein Kranz von kürzeren Borsten. Die Marginalplatte ist nur an der äussersten Raudlinie mit dem Bauchpanzer verschmolzen, man sieht Tracheenfäden und Zellenmassen bis dicht an diese äusserste Randlinie heran- treten. Es überragt also auch hier der Rücken- und Bauch- panzer nicht den Körperrand. Von dem Aussenrande des Bauchpanzers treten auch hier die kleinen stark gekrümmten Börstchen über den Seitenrand des Thieres nach oben und bieten bei schwächerer Vergrösserung das Bild geknöpfter Borsten. Die Unterseite zeigt völlig verlöthete Panzer- theile, es sind nur die Löthlinien zwischen Coxalplatte und den bauchständigen Platten bemerkbar. Bemerkens- werth ist der Lauf der Stigmairöhre. Sie hat ihren langen Anfangstheil, der im 2. achtfüssigen Larvenstadium parallel dem Seitenrand lief, verloren, nur ein ganz kurzes Häkchen ist davon übrig geblieben, dagegen läuft sie nun auf der Wandung zwischen den Gruben des zweiten und dritten Fusspaares viel weiter nach unten hin und biegt dann plötzlich zu der in der Tiefe der zweiten Grube liegenden Stigmalöffnung herab. Die Randfigur der Kopfröhre besteht in einem sehr lang zugespitzten, stark mit Dornen besetzten lanzetlichen Zipfel. Fig. 17. Die weibliche Geschlechtsöffnung ist durch einen vorn stumpf abgerundeten Deckel verschlossen, welcher etwa zwei Drittel der Sternalgegend einnimmt. Der männliche 414 P. Kramer: äussere Geschlechtsapparat ist birnförmig, wie Hall er ihn schon früher bezeichnet hatte und liegt zwischen dem dritten und vierten Fusspaare. Die Tastborste des ersten Fusspaares, welche schon bei jungen Larven ganz in derselben Weise auftritt, ist laug und von einem Büschel kürzerer Borsten begleitet. Die Länge und Breite der erwachsenen Thiere beträgt etwa 0,9 mm. üropoda elongaia Haller. Vergleiche hierzu Hall er a. a. 0. Die Milbe habe ich bisher nicht beobachtet. üropoda splendid a n. sp. Taf. XIX, Fig. 8—10, 16. Diese in jeder Hinsicht ausserordentliche Art ist im männlichen und weiblichen Geschlecht mit Ausnahme der Sternalplatte völlig tibereinstimmend gebaut, 0,95 mm lang, 0,75 mm breit und von kastanienbrauner Farbe. Am Vorder- rande findet sich eine deutliche Einbuchtung, die man auch bei Larven des letzten Stadiums bereits beobachtet. Die Dorsalplatte bedeckt den Rücken nicht vollständig, viel- mehr lässt sie die hintere Abtheilung desselben frei, so dass wir hier Verhältnisse finden, welche der gewöhnlichen Erfahrung widersprechen, dass Bauch- und Rückenpanzer ringsum eng verlöthet sind. Hebt man die Dorsalplatte von dem Thiere ab, so löst sich allerdings hinten ein kreis- runder Rand; dies hängt damit zusammen, dass die Rücken- bedeckung ringsum gegen den Bauch- und Körperseiten- panzer durch eine geringeren Zusammenhang besitzende Furche getrennt sind. Längs dieser kreisförmigen Furche springt die Körperhaut bei an^-ewendeter Gewalt auf. Das so abgelöste Rückenblatt zeigt nun hinten eine bei weitem nicht zu so panzerähnlicher Härte ausgebildete Partie. In ihr finden sich etwa 8 Haarplatten in dunkelbrauner Färbung und verrathen panzerähnliche Verhärtung. Auf der obern Fläche der Rückenplatte bemerkt man eine Linie, welche einen inneren Schild abgrenzt, dessen hinterer Rand das Ende des erhärteten Theiies der Dorsal platte überhaupt lieber Gamasiden. 415 darstellt. Auf diesem inneren Schild finden sich längs den beiden Seitenrändern besonders stark chitinisirte Linien mit nach aussen gerichteten Fortsätzen. Figur 8. Die Dorsalplatte ist mit zahlreichen Porenkanälen bedeckt und trägt auf ihrer Fläche sowie an ihrem Rande längere nach hinten gekrümmte Borsten, die aber ziemlich weit von einander entfernt stehen. Unterhalb des am Seitenrand der Dorsalplatte befindlichen Borstenkreises zieht sich nun auf einer Leiste, welche von den Rändern der vorderen Stirnausbuchtung ausgeht und in weitem Kreise nach dem After zu läuft, und einen stark gezähnten Rand besitzt, ein zweiter dichter Kranz von stark gekrümmten Borsten hin, welche von blasser Farbe und ansehnlicher Grösse sind. Sie bilden von oben her betrachtet ein dichtes Flecht- werk, da jede Borste über mehrere nachfolgende über- greift. Diese Anordnung der Randborsten giebt der ganzen Milbe ein sehr charakteristisches Aeussere. Auf der Unterseite des Körpers ist das ganze Panzer- plattensystem eng mit einander verschmolzen. Die Sternal- region ist bei den Weibchen breiter als bei den Männchen, die weibliche Geschlechtsöffnung ist im Vergleich zu anderen Uropoden klein, der Deckel nimmt nur die Gegend zwischen den beiden letzten Fusspaaren ein, also vielleicht nur die Hälfte des ganzen zwischen den Hüften liegenden Gebietes. Er ist vorn ganz stumpf abgerundet. Die männliche Geschlechts- öffnung ist kreisrund und liegt zwischen den Hüften des vierten Fusspaares. Fig. 9 und 10. Die Stigmairöhre läuft auf der Leiste zwischen den Gruben für das zweite und dritte Fusspaar hin, um sich dann in die dritte Grube zu senken, worin die Stigmal- öffnung liegt; sie ist an ihrem Anfang scharf hakenförmig umgebogen. Das Dach über der Kopfröhre ist dick und wulstig. Was die Füsse betrifft, so ist die Endborste des ersten Fusspaares ausserordentlich lang und wird in der Regel von einem dichten Büschel kürzerer Borsten begleitet. Die Taster sind dadurch bemerkenswerth, dass an ihnen die eigenthümlichen, für Gamasiden sonst charak- teristischen Schaufelhaare am letzten Gliede fehlen. Am 41G P. Kramer: Eiidgliede, sowie am vorletzten stehen mehrere starke chitiuisirte Borsten mit verbreitertem Ende, das erste Glied der Taster trägt einen, einem Rehbockgeweih ähnlich sehenden Stachelanhang an der Unterseite des Vorder - randes, worauf ein langes gefiedertes Haar steht. Die Randfigur der Kopfröhre ist von allen bisher bei Uropoden von mir beobachteten durchaus dadurch verschieden, dass der lange einfache , mit scharfen Dornen besetzte Vor- sprung sich in vier gefiederte recht ansehnliche Zipfel spaltet, die man auch bei Larven bereits vorfindet. Fig. 16. Von den Entwicklungsstufen ist mir nur die zweite achtfüssige Larvenform bekannt geworden, welche in mancher Hinsicht an üropoda clavus erinnert. Die Länge der Larve beträgt 0,85 mm, die Breite 0,65, es tritt also der oblonge Charakter deutlich hervor, auch findet sich eine leichte Einbuchtung am Vorderrande des Rücken- schildes. Dieses ist völlig einförmig und zeigt keine Theilungslinien, wie wir ihnen bei den erwachsenen Thieren begegnen. Dagegen ist die Randfigur der Kopfröhre ge- nau so gestaltet wie bei den erwachsenen Thieren. Auf dem Rückenpanzer findet man einen Kranz längerer Borsten, dessen inneres Feld mit ebensolchen Dornen ausgefüllt ist. Der Bauchpanzer ist in die schon früher häufig genannten Platten getheilt, welche noch nicht fest mit einander ver- kittet sind. Eine besondere Figur bietet der Stigmalkanal. Er reicht vorn bis an den Seitenrand, indem er etwa an der Stelle seinen Ausgang nimmt, wo die Krallen des zweiten Fusspaares bei der Ruhelage liegen, zieht sich dann bis zur Scheidewand der Gruben für das zweite und dritte Fusspaar, läuft eine kurze Strecke auf ihr hin und begiebt sich dann zur Stigmalöffnung, die auch hier in der zweiten Grube, d. h. der Grube für das dritte Fusspaar liegt. Es findet sich also auch hier ein langer Anfangstheil des Stigmalkanals, der im erwachsenen Stadium fehlt. üropoda minima nov. sp. Taf. XIX, Fig. 11, 12. Die kleine üropoda - Art ist nur 0,45 mm lang und 0,35 mm breit und bewegt sich ausserordentlich geschwinde, tieber Gamasiden. 417 im Gegensatz zu den meist sehr langsamen anderen Arten. Die Färbung ist ein schönes Kastanienbraun. Die Dorsal- platte ist einfach und deckt den Rücken vollständig, erreicht aber den Seitenrand nicht. Nach vorn ist sie etwas ver- jüngt, so dass die Gestalt des Thieres etwas birnförmig aussieht. Die Randplatte ragt am Seitenrande und Hinter- rande über die Dorsalplatte hinaus, so dass letztere wie in einem Rahmen liegend erscheint. Der obere Rand dieses Rahmens ist mit kleinen Börstchen, welche nur sehr wenig hervorragen, geschmückt. Die Platten sind überall mit zahlreichen punktförmigen Poren besäet, sonst aber durchaus glatt. Auf der Rückenfläche befindet sich noch eine kreisförmig gestellte Gruppe kleiner Borsten, und in der Mittellinie noch eine Reihe von Borstenpaaren. Jede Borste ist von einer kleinen hellschimmernden Drüse be- gleitet, deren Ausgangsöffnung neben der Borste steht. Liegt das Thier ruhig da, so ragen die Vorderfüsse weit über den vorderen Rand des Rückenschildes vor und geben so ein von den übrigen Uropoden abweichendes Bild, erinnern vielmehr an die Fusshaltung von Trachynotus pyriformis\ es wird auch durch die sehr ansehnlichen Hüft- glieder das Capitulum keineswegs ganz von unten verdeckt, sondern diese Glieder sperren nach vorn hin ziemlich weit auseinander. Die Unterseite zeigt die Luftröhrenöffnung an der gewöhnlichen Stelle, der Stigmalkanal ist wenig ge- krümmt, hat namentlich an dem vorderen Ende keine haken- artig umgebogene Partie. Die weibliche Geschlechtsöffnung ist ganz ungewöhn- lich gross im Vergleich zum ganzen Thier. Der Deckel derselben liegt zwischen den Hüften des zweiten bis vierten Fusspaares und besitzt eine vorn abgerundete Gestalt, zugleich ist sie dort etwas breiter wie hinten und lässt sich demnach von den Deckeln aller anderen Uropoden, die mir bis jetzt bekannt sind, gut unterscheiden. Sein vorderes Ende erreicht den vorderen Rand der Sternalplatte noch nicht, vielmehr befindet sich noch ein ziemlich breites Feld dazwischen. Die Randfigur des Capitulum ist in der Figur 12 abgebildet; sie zeigt die charakteristische Form in einer Arch. t Naturg. XXXXVUI. Jahrg. 1. Bd. 27 418 P. Kramer: besoudern Variante, ist im hinteren Theil eingeschnürt und vorn in zwei blasse, wie es scheint behaarte Zipfel gespalten. Die Unterseite zeigt langgestreckte Lippentaster und überhaupt sehr in die Länge gezogene Mundorgane. Die von Prof. Megnin beschriebenen Üropoda-Arteii. Megnin führt in seiner Monographie der Familie der Gamasiden drei üropoda - Arten an: ü. vegetans de Geer; ü. scuhdata Megn. ; U. truncata Megn. Zur Charakteristik von ü. scutulata giebt M. folgendes Material. Corps bombe en dessus, plat en dessous, forme gene- rale ovo-rhomboidale, a moitie anterieure plus large chez les adultes, plus etroite chez les nymphes ; epistome for- mant un angle saillant arrondi. Couleur sanguine foncee chez les femelies ovigeres, plus pale chez les mäles et chez les nymphes. On trouve les adultes et les larves dans les amas de feuilles mortes en ete et en automne et les nymphes adhe- rentes ä differents coleopteres. Femelle long. 0,70 mm, lat. 0,50 mm Male — 0,60 - - 0,45 — Nymphes - 0,50 — — 0,37 - Aus dieser Charakteristik lässt sich das Thier nicht wieder erkennen, zumal da keine Abbildung beigegeben ist. Trotzdem hat G. H a 1 1 e r eine bei Bern von ihm gefundene Uropode unter demselben Namen veröffentlicht und, indem er eine Abbildung dazufügt, allerdings für die Zukunft gesichert. Ob aber beide Arten TJ. scutulata M. und Haller identisch sind, lässt die grosse Verschiedenheit in den Grössenangaben zweifelhaft erscheinen. Auch ist Haller selbst nicht sicher, ob er in seiner Art die von Megnin mit demselben Namen aufgeführte wiedergefunden hat, denn er fügt seiner Darstellung die Aussage hinzu: „Megnin's Beschreibung ist zur Erkennung des Thieres fast ungenügend und zu kurz." Wir können eben aus Megnin's Charakteristik nichts wirklich ins Auge Fallendes Ueber Gamasiden. 419 entnehmen und werden die U. scutidata künftig nur nacli Haller's Darstellung defiuiren. Bei U. truncMa M. liegt die Sache nicht anders. Hier heisst es bei Megnin: Semblable ä FUropode vegetans pour la forme, mais avec l'epistome tronque. Couleur rouge jaunätre, rutilante chez les adultes, terne bistre chez les nymphes. Les adultes et les larves habitent le furnier decompose des jardins pen- dant l'ete et l'automne et les nymphes se rencontrent adhe- rant ä certains insectes, particulierement les staphylins. Femelle long. 1,00 mm, lat. 0,85 mm Male - 0,90 — - 0,75 — Nymphe - 0,60 — — 0,50 — Oeuf - 0,30 — — 0,12 - Es ist hiernach nicht möglich, die Milbe wieder zai erkennen, und der Name muss daher ruhen bis Megnin etwa die Originalabbilduug veröffentlicht. Seiner Beschrei- bung ist eine solche nicht beigefügt. Selbst TJ. vegetans wäre nach der blossen Beschreibung ebenfalls nicht wiederzuerkennen, wenn nicht die zahl- reichen auf diese Milbe bezüglichen Abbildungen hier alle Zweifel beseitigten. Bei diesen Abbildungen ist es für die Einordnung in meine systematische Gruppirung der Uropo- diden hinderlich, dass das Weibchen von Uropoda vegetans mit Krallen am ersten Fusspaar abgebildet ist — und so ist die Abbildung auch in Haller's Schrift „Die Milben als Parasiten" übergegangen, — während das Männchen keine Krallen führt. Nun hat Haller gerade bei der Gattungs- charakteristik von Uropoda auf die Abwesenheit der Krallen am ersten Fusspaar Gewicht gelegt und Megnin führt es als besonderes Merkmal der Weibchen an, dass gerade ihnen häufig die Krallen fehlen, wenn sie bei einem der Geschlechter einer Art überhaupt nicht vorhanden sind. Dass sie nun doch gerade beim Weibchen abgebildet sind, weist darauf hin, dass hier irgendwo ein Versehen vorliegt. Es ist mir bis jetzt noch nie vorgekommen, dass bei einer Uropoda ■ Art Männchen und Weibchen verschiedenartig ausgebildete Füsse im ersten Paare hätten. Was ü. truncata Megn. betrifft, so wäre es vielleicht 420 P. Kramer: möglich, dass M e g n i n hier meine TJ. ovalis vor sich gehabt hat, doch lässt sich darüber nichts Gewisses fest- stellen. Jedenfalls ist ü. ovalis dem mir bis jetzt noch nicht begegneten U: vegetans sehr ähnlich, besitzt aber Krallen und Haftnäpfe in sehr starker Ausbildung, während diese dem TJ. vegetans fehlen sollen. M e g n i n's neue Arten vermag ich hiernach nicht in das von mir entworfene systematische Schema einzuordnen, und zwar lediglich desshalb, weil er keine Kennzeichen hervorhob, die es erlaubten, sie sogleich wiederzuerkennen. Die Grattung Trachynotus Kramer. Panzer stark entwickelt. Der Rückenpanzer aus vier Th eilen sich bildend, deren Nahtlinien dem Rücken eine rauhe Oberfläche geben. Der Bauchpanzer ohne Gruben für die Füsse, Hüften des ersten Fusspaares vergrössert, das Capitulum von unten bedeckend. Körper birnförmig, oben sanft ausgehöhlt. Trachynotus pyriformis Kr. Taf. XX, Fig. 13—19. Celaeno aegrota Koch, Deutschlands Crustaceen, Myr. und Arachn. Heft 32, 5. Tr. pyriformis Kramer, zur Naturgeschichte einiger Gattungen aus der Familie der Gamasiden Archiv f. Natur- gesch. 1876. p. 80. Gam. lagenarins M6gnin, monographie de la famille des Gamasides. Journal de Fanat. et phys. de Robin 1876. p. 329. Tr. pyrif. Canestrini, Studii intorno agli acari italiani Seite 63 des Separatabzugs aus den Atti del R. istituto veneto di scienze lettere ed arti Vol. IV. 1877. Diese von mir im Jahre 1876 beschriebene Milbe ge- hört zu den verbreitetsten, die ich kenne. Sie ist ausge- zeichnet durch ein starkes Hautskelett, welches vorn mit einem verdickten Fortsatz die Mundwerkzeuge völlig ver- üeber Gamasiden. 421 deckt. Da am Bauchpanzer keine Gruben bemerkbar sind, und übrigens die Entwicklung des Skeletts ganz nach dem Modell von Uropoda vor sich geht, so lässt sich denken, dass hier der Panzer einen larvenähnlichen Charakter bei- behält, da ja auch die ersten Larvenstadien von üro])oda noch keine Fussgruben zeigen. Die sechsfüssige Larve. (Taf. XX, Fig. 13 — 15.) Sie ist blassgelb und noch vollständig durchsichtig und hat eine Länge von 0,35 mm, während die erwachsenen Thiere bis zu 0,75 mm Länge haben. Man bemerkt an ihnen noch nichts von der birnenförmigen Gestalt, aber am Seitenrande ringö um den Körper heben sich flügel- artige Fortsätze ab, welche später immer mehr zurück- treten. Eine Seitenansicht lässt erkennen, dass der dach- förmige Fortsatz, welcher sich über das Kopfstück fort- schiebt noch ganz blattartig ist. Längs der Mittellinie des Rückens zieht sich eine kammartige Erhebung hin, in welcher sich eine Doppelreihe mascheuartiger Vertiefungen bei einer Rückenansicht des Thieres bemerken lässt. Dieser Kamm ist ebenfalls eine Hautabsonderung, und lässt sich mit der Nadel entfernen. Die flügelartigen Fortsätze am Hinterrande des Körpers sind nicht horizontal, sondern ziemlich stark nach oben gebogen. In der kammartigen Erhebung des Mittelrückens bemerkt man grätenartige Linien, w^elche den maschigen Figuren bei der Rücken- ansicht entsprechen und als Scheidewände zwischen jenen Vertiefungen aufgefasst werden müssen. Die grosse Durch- sichtigkeit des Chitinpanzers lässt nun mit ziemlicher Gewissheit erkennen, dass das aus dem Ei geschlüpfte Thier überhaupt noch keine flügeiförmigen Randerweiterungen besitzt. Man bemerkt nämlich, Taf. XX, Fig. 15, dass* die Borsten des Seitenrandes und die, welche auf dem Rücken nahe am Seitenrande aufgestellt sind, von der sich immer mehr vergrössernden Hülle eingeschlossen sind, welche aus den Poren des Hautskelettes wie eine zähe Flüssigkeit herausgequollen erscheint. So sind die beiden nach vorn gerichteten Borsten, welche stets an der vorderen Spitze des Rückenschildes stehen, bei der Rückenlage des be- obachteten Thieres, von zwei dicht nebeneinander stehenden 422 P. Kramer: Leisten eingeschlossen, welche wie die Wände eines scheidenartig' die Borsten umschliessenden Cylinders aus- sehen. Ebensolche Linien finden sich bei allen grösseren in der Masse der hervorgequollenen Chitinsubstanz einge- betteten Borsten, zum Zeichen, dass diese Substanz sich erst allmählich gebildet und die Borsten umschlossen hat. Ein ähnlicher Process läuft an den Borsten der Füsse ab, indem diese, namentlich au den Füssen des ersten Fuss- paares, flügelartige Seitenanhänge bekommen, wodurch sie wie breite Platten gebildet erscheinen. Diese Füsse des ersten Paares besitzen in dem sechsfüssigen Larvenstadium des Thieres scheinbar noch keine Krallen, sondern führen ein gerade abgestutztes Endglied, welches vorn mit einem dichten Büschel von Haaren besetzt ist. Wendet man jedoch eine hinreichend starke Vergrösserung an, so erkennt man auch hier deutlich die Krallen, die allerdings unglaublich winzig sind. Aus dem Borstenbüschel ragt eine lange grade Borste hervor, welche besonders als Fühlhaar anzu- sehen ist. Die Kopfmundröhre ist sehr kurz und voll- ständig unter dem dachförmigen Fortsatz des vorderen Rückenschildes verborgen. Sie besitzt aber bereits an dem oberen Vorderrand die charakteristische Randfigur, wie man sie bei den erwachsenen Thieren trifft. Sie besteht in einem langen, in Form eines schmalen gleichschenkligen Dreiecks vorspringenden Fortsatz. Die Kiefertaster sind kurz und gedrungen und führen an der Aussenseite des vierten und fünften Gliedes besonders lange Borsten. Die erste achtfüssige Larven form Taf. XX, Fig. 16, ist ebenfalls noch ganz blassgelb und voll- ständig durchsichtig. Sie zeigt, abgesehen von der nun vollständigen Anzahl der Füsse einige erhebliche Unter- schiede gegen die vorige Stufe. Was zunächst den Umriss der wirklichen Körperhülle, von oben her betrachtet, an- langt, so ist er jetzt vorn nicht mehr völlig abgerundet, sondern er tritt in einem wenn auch kurzen Kegel nach vorn vor. Auch in diesem Stadium wird jedoch dieser ursprüngliche Umriss durch Ausschwitzungen bald verändert, welche indess nun nicht mehr auf allen Seiten gleich- massig, sondern an der vorderen Hälfte des Körpers be- Ueber Gamasiden, 423 sonders stark hervortreten. Hier gewinnen sie auch eine ansehnliche Dicke, so dass die Seitenansicht das über die Mundtheile vorspringende Dach nicht mehr, wie im sechs- füssigen Larvenstadium, wie eine dünne nach vorn gerichtete Platte zeigt, sondern entsprechend der hier überhaupt schon verdickten Vorderrückenpartie schiebt sich auch eine dicke Schicht der Ausschwitzungssubstanz weit nach vorn vor. Diese an der vorderen Hälfte des Rückens befindliche Ausschwitzung besitzt eine grössere Festigkeit, als die an den übrigen Randtheilen auftretende. Die auf der Rücken- fläche selbst jetzt bemerkbaren stärker chitinisirten Partien bilden eine Gruppe von drei von einander getrennten Feldern. Es ist ein mittleres umfangreiches vorhanden, welches von zwei seitlichen begleitet wird. Man bemerkt auf ihnen solche maschenförmige Zeichnungen, wie sie auf der Mittellinie des Rückens im vorigen Stadium der Ent- wicklung allein gefunden wurden. Die von wall artigen Erhebungen eingeschlossenen Vertiefungen, welche im Bilde die Maschen abgeben, sind unregelmässig polygonal und zwei bis vier mal so breit als eine Walllinie zwischen je zweien. Die Färbung der Felder ist noch fast ebenso matt wie die der übrigen Hautpartien. Auch in diesem Stadium werden die in der Gegend der Ausschwitzuugen liegenden Rand- oder Flächenborsten völlig von derselben umschlossen. Die Figur 16 stellt eine Rückenansicht des vorliegenden Stadiums ohne Ausschwitzuugen am Hinterrande, wo sie aber auch noch, wenn auch blasser als vorn und später, auftreten, dar. Auf der Unterseite ist jetzt bereits deutlich die Sternalplatte bemerklich. Sie geht nach hinten spitz zu und hängt hier durch ein Paar Ausläufer mit der nur schwach angedeuteten Abdominalplatte zusammen. Auf dieser letzteren Plattenandeutung stehen zwei Reihen von Börstchen, nach vorn zu zwei, nach hinten vier in jeder Reihe. An den Füssen hat sich nicht viel geändert, nur treten jetzt die Krallen am ersten Fusspaar bedeutend klarer heraus. In diesem Stadium treten die Luftlöcher und mit ihnen zugleich der Stigmalkanal auf, von Tracheen habe ich jedoch noch nichts bemerken können. Die zweite achtfüssige Larvenform. Taf. XX, 424 P. Kramer: Fig. 18. Das aus dem vorhergehenden Stadium sich entwickelnde Thier ist jetzt 0,55 mm lang und schon viel tiefer braun gefärbt. Seine Gestalt ist bereits der des erwachsenen Thieres durchaus ähnlich, die festen maschenfürmig gemusterten Chitinpanzertheile bedecken einen bedeutend grösseren Theil des Rückens, die Aus- schwitzungen beschränken sich nur noch auf die vordere Rückenpartie und scheinen bereits während des Häutungs- processes vorgegangen zu sein. Das Ausschwitzungsprodukt zeigt ein strahlenförmiges Gefüge und zwar treten die senkrecht zur Körperwand gerichteten Strahlen der Chitin- masse stark hervor und werden durch eine homogene Zwischenmasse mit einander verschmolzen. Indessen auch jetzt noch ist der Zusammenhang dieser Ausschwitzungs- masse mit dem Körper im Ganzen ein sehr loser, ein geringer Druck oder eine etwas stärkere Berührung mit der Präparirnadel reicht hin, um ganze Felder davon vom Körper zu lösen. Einen grossen Fortschritt hat die Anord- nung der Borsten gemacht. Während in den beiden vor- hergehenden Stadien auf der Rückenfläche nur vereinzelte Borsten standen, welche auf der Hinterfläche näher anein- ander rückten und am Seitenrande ebenfalls nur zerstreute Gruppen meist sehr schwach gekrümmter Borsten auftraten, ist jetzt der ganze Seitenrand bereits dicht mit den für die erwachsenen Thiere charakteristischen Borsten besetzt, welche nur noch nicht so breitflächig sind wie bei jenen. Und auch auf der Rückenfläche haben sich grosse ]\Tengen stark gekrümmter Borsten eingefunden, die sich auf der Grenzlinie der stärker chitinisirten Felder gruppiren. Solcher Felder bemerkt man jetzt vier, indem das im vorigen Stadium nur angedeutete, den Hinterrand des Körpers berührende, jetzt auch vollständig ausgebildet ist. Auf der Unterseite hat sich die zwischen den Hüften der drei letzten Fusspaare befindliche Sternalplatte gegen das frühere Stadium vergrössert und streckt nun ihr breites, gradlinig abgeschnittenes Hinterende noch über die Hüften des vierten Paares nach hinten zu vor. Betrachtet man das Thier von der Seite (Tai. XX, Fig. 17), so zeigt sich bald, dass der den After tragende Theil der Unterfläche üeber Gamasiden. 425 ziemlich steil nach ohen aufsteigt, der After befindet sich auf einem nicht unerheblich hervorragenden Höcker. Dabei bemerkt man, dass die Körperflanken von der ver- schmolzenen über den Hüften sämmtlicher Fusspaare sich hinstreckenden Coxal - Stigmalplatte gedeckt vs^erden , in welcher die Stigmalöffnung mit ihrem kanalförmigeu Anhang liegt, der in sanft gekrümmter Linie verläuft. Diese Platten sieht man, bei einer Bauchansicht des Thieres, hinter den Hüften des vierten Paares noch einen kleinen Theil der Bauchiläche bedecken. Vor jener oben erwähnten Sternalplatte kann man in diesem Stadium der Entwick- lung auch die Stützplatten des ersten Fusspaares sogleich und deutlich erkennen und vor ihnen den Bauchtaster, welcher hier allerdings von ganz ungemein winziger Ge- stalt ist, so dass es bei früheren Stadien nicht immer gelingt, ihn zur Beobachtung zu bringen. Die Kopfröhre ist auch jetzt noch sehr kurz und bleibt es auch, sie hat auch jetzt eine obere Randfigur, welche ganz vollständig mit der der erwachsenen Thiere übereinstimmt. Sie erscheint nämlich in Gestalt eines lang vorgezogenen gleich- schenkligen Dreiecks, dessen Seitenlinien mit kleinen Dornen besetzt sind. Die Kiefertaster sind kurz und ge- drungen und besitzen au ihrem letzten und namentlich vor- letzten Glied längere Borsten, welche im unteren Drittel knieförmig umgebogen sind. Die Mandibeln sind wie vom ersten Stadium an sehr laug und dünn und ruhen mit ihrem hinteren Ende, wenn sie zurückgezogen sind, im letzten Viertel des Leibes. Die reife Milbe. Das Weibchen. Den Haupt- unterschied dieses Stadiums von dem vorhergehenden giebt immer das Vorhandensein der Geschlechtsöffnung ab, welche beim Weibchen von einem sehr umfangreichen Deckel ge- schlossen wird. Es ist dieses das Entwicklungsstadium, welches ich früher allein beschrieb und in einer allerdings nur eben die Form der Milbe andeutenden Zeichnung mit- theilte. Die Milbe erscheint jetzt durchaus dunkel- kaffee- braun und lässt mit Ausnahme der vordersten Spitze des Rückenschildes keine deutlichen Randpartien, welche als Ausschwitzungen erscheinen, erkennen. Die einzelnen ver- 426 P. Kr am er: härteten Partien des Rückens haben sich jetzt bis auf schmale Zwischenstrecken einander so g-enähert, dass der ganze Rücken bedeckt erscheint. Dabei hat die Mittelplatte an Ausdehnung gewonnen, während die beiden Seitenplatten mehr nach dem Seitenrande zurückgewichen sind und sich in die Länge gestreckt haben. Die Randborsten sind im Ganzen von derselben Gestalt, wie bei der vorigen Form, sie werden aber, wie es scheint, mit dem Alter der Milbe immer breiter, so dass sie zuletzt gekrümmten Messern gleichen. Die Unterseite des Thierchens zeigt jetzt eine mächtige Klappe als Verschluss der Geschlechtsöffnung, welche zwischen den Hüften des dritten und vierten Fuss- paares liegt. Die Klappe ist etwas schmaler als die Oeff- nung, wenigstens soweit sie durch die äussere Umran- dung umschlossen wird. Dass sie trotzdem nicht nach Innen hineinschlagen kann, wird durch zwei Vorrich- tungen verhindert. Eine befindet sich an der Klappe selbst und besteht in zwei zahnartigen Spitzen, welche an den vorderen Ecken nach der Seite vorspringen und sich so gegen die Umrandung der Oeflfnung legen, dass sie die Einwärtsbewegung der Klappe hindern. Die zweite ist an der wallartigen Umrandung der Geschlechtsöffnung selbst zu suchen und besteht hier in zwei längs des Seiten- randes etwas mehr nach innen zu hinlaufenden Leisten, auf welche die Klappe aufschlägt, wenn sie sich nach innen bewegen will. Die Füsse und Taster der erwachsenen Form haben genau dieselbe Gestalt, wie sie bereits bei der ersten Larvenform sich zeigte. An den Füssen des ersten Paares, welche mehr zum Tasten als zum Gehen benutzt werden, ist die lange gerade nach vorn stehende Borste am Vorderrande der letzten Glieder ebenso vor- handen, wie früher, die Krallen sind, trotzdem sie sehr deutlich bei angemessener Vergrösserung zu sehen sind, ungemein klein und der sie deckende Haarbüschel noch ebenso umfangreich wie früher. Die Mandibeln sind unge- mein lang und schlank, die Taster kurz und auf der oberen Fläche mit langen geknieten Haarborsten besetzt; der Bauchtaster ist so winzig wie sonst. Die Randfigur der Kopfröhre zeigt dieselbe Gestalt wie früher. Ueber Gamasiden. 427 Die zahlreichen von mir beobachteten Weibchen trugen Eier, die bereits zum Legen fertig waren, trotz alledem habe ich kein Männchen bemerkt, noch auch eine Milbe, von der ich vermuthen könnte, dass sie das Männchen zu der vorliegenden sein würde. Hier ist also noch etwas nachzuholen. Anmerkung. Wie bereits oben unter dem Ycr- zeichniss der Synonyma erwähnt wurde, hat offenbar Koch unsere Milbe als Gelaeno aegrota aufgeführt und abgebildet. Die Abbildung giebt, obgleich sie nur sehr skizzenhaft ist, die charakteristische Figur unserer Milbe wieder. Wenn dennoch der Gattungsname Gelaeno fallen gelassen wurde, so geschah es, weil Koch unter dieser Bezeichnung so verschiedenartig gestaltete Thiere, meist Larven von Oriha- tiden vereinigt hat, dass es ganz unmöglich gewesen ist, die dürftigen Kennzeichen, welche er überhaupt von seiner Oribatiden-Gattung Gelaeno anführt, zu einer brauch- baren Gattungscharakteristik zu benutzen. Allerdings ge- stehe ich gern, dass ich erst durch erneute Vergleichung mit der kleinen Koch'schen Abbildung auf den Gedanken geführt wurde, dass Koch die vorliegende Milbe als Gelaeno aegrota aufführt. Andere haben Sejus vidtius Koch als mit Trachyuotus identisch angesehen, was aber aus vielen Gründen völlig unmöglich ist. Die Gattung Sejus Koch. Vergl. Kramer, Ueber die Milbeng. Sejus und Zercon K. im Vergleich zu Gamasus L. GiebeTs Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften 1881. Seit geraumer Zeit bemühe ich mich um die sichere Fundirung der beiden Koch'schen Gattungen Sejus und Zercon. Als ich meinen Gamasus serratus aufgestellt hatte, wollte es mir bald so vorkonnnen, als wenn ich mit diesem Thier eine Art der Koch'schen Gattung Zercon vor mir hätte, ich notirte mir bereits vor einigen Jahren Zercon peltatus als vielleicht mit G. serratus zusammenzustellen. Immer von neuem wieder vorgenommene Untersuchungen 428 P. Kramer: haben es mir jetzt zur Gewissbeit erhoben, dass Koch solche Thiere, wek'-he der Gestalt nach meinem Gamasus serratiis gleich sind, unter die Gattung Zercon brachte. Icli kannte früher nur das Weibchen. Die Männchen kannte ich auch zu der Zeit noch nicht, als ich den in der Zeit- schrft. f. d. gesammt. Naturwissenschaften im dritten Heft des Jahrgangs 1881 abgedruckten Artikel schrieb, woraus sich die Verschiedenheit der hier ausgesprochenen Ansicht von der dort geäusserten erklärt. Jetzt wo ich auch das Männchen in beliebig grosser Anzahl besitze, vermag ich über diese bisher so unsichere Gattung Zercon namentlich in Vergleich zu der ebenso schwer zu definirenden Gat- tung Sejiis ein vielleicht genügend begründetes Wort in Betreif ihrer systematischen Stellung zu einander und zu Gamasus auszusprechen. Vor einiger Zeit fand ich nämlich auch das Männchen zu einer unzweifelhaften Sejus - Art, welche Koch im Allgemeinen kenntlich abgebildet hat, nämlich zu Sejus togatus Koch (Koch, Crust. Myr. und Arachn. 4, 17). Es stellte sich zwischen den Männchen dieser beiden irrten und denen ächter Gamasus - Arten ein sehr merkwürdiger Unterschied heraus, der zugleich den Gat- tungen Sejus und Zercon, so wie sie K o c h festsetzte, eine Mittelstellung zuweist zwischen Uropoda de Geer (Notaspis Koch) und Gamasus. Während sich nämlich bei ächten Gamasus- AxiQW die männliche Geschlechtsöffnung vorn am Vorderrande der Sternal- oder Brustplatte öffnet, so dass die Oeffnung am Vorderrande selbst liegt, erscheint sie, wie oben des nähern ausgeführt wurde, bei Uropoda in die Mitte etwa des Brustplattenfeldes gerückt. Und ebenso steht diese Geschlechtsöffnung bei meinem Gamasus serratus {Zercon peltatus Koch) und bei Sejus togatus K. Es ist ein solcher Unterschied in der Stellung eines wichtigen Organs wohl ausreichend, um die einmal aufgestellte Gat- tung SejuSj für deren Beibehaltung ich mich auch häutig ausgesprochen habe, als eine völlig gesicherte zu betrach- ten. Wie sich Zercon Koch nun dazu stellt, das wird sich durch Beobachtung noch zahlreicherer Arten am sichersten festsetzen lassen. Fürs erste bin ich geneigt, wie ich es auch bereits in dem in der Ueberschrift genannten Aufsatze üeber Gamasiden. 429 über diese beiden Gattungen getban babe, Zercon als unnöthig einzuzieben. Indem man die bisber etwa con- statirten Zercon- kYl^xi der Gattung Sejus einverleibt, wird man wobl den ricbtigen systematiscben Scbritt tbun. Der bisberige Gamasns serrafiis bat in beiden Gescblecbtern einen getbeilten Rückenscbild und es würde die Frage künftig beantwortet werden müssen, ob man etwa für alle recbtmässigen Mitglieder der Gattung Seßts Koeb eben- falls einen getbeilten Rückenscbild festzubalten hat oder nicht. Indess glaube ich, dass diese Frage nur einen secundären Charakter beanspruchen darf, insofern, als die Gestaltung der Dorsalplatte im Vergleich zur Stellung der Geschlechtsöffnuug in systematischer Hinsicht zurücktreten muss. Indem so die Gattung Sejus Koch als eine klar um- schriebene in das System der Gattungen der Familie der Gamasiden eintritt, ziehe ich meinen Gamasns serratus als Sejus serratus unter dieselbe. Gattung Sejus Koch. In Gestalt und Betragen durchaus an die Gattung Gamasns erinnernd. Männliche Geschlechtsöffnung mitten in der Fläche der Sternalplatte (Uropodenartig). Die Dornenfortsätze au der Dorsal- (und Marginal)-Platte in mannigfacher Weise entwickelt. Sejus serratus Kramer. Taf. XX, Fig. 20—22. Zercon peUatus (?) Koch a. a. 0. Gamasus serratus Kramer, Beiträge zur Naturge- schichte einiger Gattungen etc. Archiv f. Naturg. 1876 p. 85. Die sechsfüssige Larve ist von mir mit Sicherheit nicht beobachtet worden, doch vermuthe ich, dass eine Milbe, welche auf dem Hinterrücken 4 in Form eines Quadrats aufgestellte Gruben besitzt und die sonst durch- aus den Charakter der vorliegenden Milbe hat, die sechs- füssige Larve sein wird. Bestätigt sich diese Annahme, so würde die Stellung der vier Gruben des Hinterrückens 430 P. Kramer: auf der ersten Stute der Entwicklung* eine bedeutend andere sein, als später. Die erste aclitfüssige Larve. Taf. XX, Fig. 20. Die blassen nur im letzten Drittel des Rumpfes gelblichen Thierchen besitzen eine Runipfiänge bis zu 0,35 mm. Die Randfigur des Capitulum ist völlig übereinstimmend gebildet mit der des erwachsenen Thieres. Der Rückenpanzer be- steht aus zwei Platten, welche mit verwaschenen Rändern in die weicheren Hautpartien übergehen und selbst noch sehr wenig chitinisirt erscheinen. Eine Spur von der künf- tigen Randzähnelung des Rückenschildes ist noch nicht vorhanden, dagegen trägt die hintere Dorsalplatte bereits die vier halbmondförmig erscheinenden Vertiefungen, welche namentlich nach vorn durch stark chitinisirte Wälle geschützt sind. Diese machen das sicherste Artmerkmal der vor- liegenden Milbe aus. Die Borsten, welche später die hintere Dorsaiplattenfläche schmücken, sind zum grössten Theil bereits vorhanden und geben dem Hinterleibsrande, über den sie meistens hinwegragen, das stets wieder auftretende Aussehen. Auf der Bauchfiäche ist die Analplatte deutlich umrandet. Die einzelne Borste in der Mittellinie hinter dem After tritt hier wie in allen späteren Stadien auf. Der Stigmalkanal ist auf einer kurzen Strecke bereits entwickelt, welche sich in der Höhe der dritten und vierten Hüfte hinzieht. Die zweite achtfüssige Larve. Taf. XX, Fig. 2L Die immer noch blasse, aber doch nun schon etwas tiefer gefärbte Larve hat bis 0,40 mm Rumpflänge. Die Ränder der beiden Dorsalplatten sind jetzt deutlich geworden auch an der Seite die sägeförmigen Einschnitte, die beim er- wachsenen Thier ebenfalls beobachtet werden. Die halb- mondförmigen Gruben sind auch jetzt auf der hinteren Rückenplatte deutlich vorhanden. Die beiden Dorsal platten haben sich jetzt nun dicht aneinandergelegt, während im vorigen Stadium noch ein mehr oder weniger breiter weich- häutiger Zwischenraum vorhanden war. Die Borsten auf der Fläche des hinteren Rückenscbildes sind genau die- selben wie beim vorigen Stadium, nur sind die dicht vor den Halbmoudflecken in der Mittellinie befindlichen grösser Ueber Gamasiden. 431 als früher. Der Stigmalkanal an den Seiten des Körpers ist laug und streckt sich bis in die Region der Hüften des ersten Fusspaares nach vorn. Auf der Bauchfläche hat sich nicht viel geändert. Die Sternalplatte besitzt jetzt deutliche Ränder und ist von der Ventralplatte durch eine weiche Hautpartie getrennt. Reife Form. Das Männchen. Gegen die bisherige Entwicklungsstufe hat sich nur wenig geändert und dies wenige beschränkt sich, mit Ausnahme der Geschlechts- öffnung, auf die bedeutend stärkere Chitinisirung der Panzerplatten, welche sich jetzt vollständig berühren. Auf der Oberfläche derselben hat sich eine schuppenförmige Zeichnung eingefunden, welche in den bisherigen Stadien fehlte, auch ist die Randzähnung der vorderen Rückenplatte noch deutlicher und schärfer geworden. Die Geschlechts- öffnung ist kreisförmig und findet sich in der Sternalplatte zwischen den Hüften des dritten Fusspaares. Fig 22. Taf. XX. Das Weibchen. Das Weibchen unterscheidet sich in nichts Anderem, als in der Form der Sternalplatte von dem Männchen. Diese ist getheilt, so dass zwischen den Theilen die Geschlechtsöffnung liegt; der hintere Theil dient als Deckel derselben. Sejus togatus Koch. Taf. XX, Fig. 23, 24. Koch, Crust., Arach. und Myriapoden Heft. 4, 1 7. Diese Milbe ist mir augenblicklich nur in der zweiten achtfüssigen Larvenform und als reifes Männchen bekannt, Da ich vorläufig nicht Aussicht habe, die Beobachtung des Thieres zu vervollständigen, die Anführung des mir vorlie- genden Beobachtungsmaterials aber von systematischer Wichtigkeit ist, so gebe ich die Abbildung der Unterseite des Männchens zum Vergleich mit dem bei Sejus serratiis Erwähnten. Zugleich habe ich dabei Gelegenheit, die merk- würdigen Anhänge am Hinterleibsende genauer mitzu- theilen, als es durch Koch geschah. Diese Anhänge sind keine Eigenthümlichkeit der Männchen, sondern finden sich bereits im zweiten achtfüssigen Larvenstadium. 432 P. Kramer: Das erwachsene Mllnnclien hat eine Länge von min- destens 1 mm, wobei die Anhänge am Hinterleibsende nicht mit eingerechnet sind. Die Körperhaut ist durchweg recht hart. Der Panzer besteht aber nicht wie bei ächten Gama- sws-Arten aus verschmolzenen Panzerplatten, sondern man kann alle Haupttheile deutlich von einander unterscheiden. Die Rückenfläche ist vertieft und wird von zwei getrennten Rückenplatten bedeckt, welche nirgends den Seitenrand erreichen. Auf der hintern sowohl wie der vordem Dorsal- platte finden sich kreis- und reihenförmige Gruppen kreis- runder Löcherchen, welche sich nur sehr wenig in die Plattenmasse einsenken. Beide Platten sind mit einer Anzahl Borsten besetzt, von denen eine auf der hinteren Platte jederseits am Rande im letzten Drittel desselben auf einem kurzen aber sehr deutlichen Zapfen steht. Der Seitenpanzer wird von der ausserordentlich entwickelten Stigmalplatte gebildet. Am hinteren Körperrande thürmt sich jederseits ein mächtiger Kegel vor, welcher sich am Ende flaschenhalsartig ver- längert und dort eine blasse, am Ende abgestumpfte Borste trägt, Fig. 24, Taf. XX. Zwischen diesen beiden kegel- förmigen Erhöhungen zeigt der hintere Leibesrand zwei bedeutend kleinere Erhebungen, welche ebenfalls ein langes, etwas nach unten gewendetes Haar, dessen Spitze fein gefiedert ist, tragen. Der Seitenrand des Körpers hat eine ganze Reihe kleiner zahnartiger Erhöhungen, auf welchen nach hinten gerichtete gekrümmte Haarborsten stehen. Eben solche Borsten und Zapfen trägt auch das auf die Rückenfläche hinaufgezogene Stück der seitlichen Panzer- platte. Diese zieht sich nach vorn zu ganz um die vordere Dorsalplatte herum, so dass diese letztere auch vorn ganz von der Umrisslinie ausgeschlossen ist. Der Bauchpanzer wird von der umfangreichen Ventral - Analplatte gebildet und der sich nach vorn daranschliessenden Sternalplatte, welche aber mit ersterer nicht verschmolzen ist, wie man es bei üropoda beobachtet, sondern durch eine deutlich wahrnehmbare, weil durch Randverdickungen ausgezeichnete Linie, getrennt erscheint. Die Afterplatte biegt sich in ihrem letzten Abschnitt stark nach oben, so dass man eine Ueber Gamasiden. 433 nach aussen gewölbte Bauchfläche beobachtet. An der Stelle der stärksten Auswölbung liegt die Afteröffnung. Auf der Sternalplatte und zwar zwischen den Hüften des zweiten Fusspaares liegt die fast kreisrunde Geschlechts- öffnung, deren wallartige Umrandung nach vorn zu beson- ders breit ist. Erklärung der Abbildungen. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. Fig. 7. Taf. XIX. Fig. 1. Unterseite der zweiten achtfüssigen Larve von Uropoäa clavus Hall, a die obere Coxalplatte, b die Stigmalplatte, Ci, C2, C3 die drei Theile der unteren Marginalplatte, d der Stigmalkanal, e das Camerostom (Megnin), f der Rand der Grube für den vierten Fuss. GamasKS cuspidatus Kramer von unten, a die Marginal- platten. Capitulum von Garn, longispinosus von unten besehen ; a erster Fuss, b Taster. Uropoäa elegans 4 a Männchen vom Rücken, 4 b von unten. Ein Stück Rückenfigur, stärker vergrössert. Uropoäa clavus erste achtfüssige Larve. Ein Stück Rand derselben, a Matiix der Haut, b Borste, c Haut, d chitinöse Ausschwitzung. Fig. 8. Uropoäa splendiäa von oben. Fig. 9. Weibliche Geschlechtsöffnung derselben. Fig. 10. Männliche Geschlechtsöffnnng derselben. Fig. 11. Uropoäa minima, halb von oben, halb von unten. Fig. 12. Randfigur derselben. Fig. 13. Sternalplatte mit Geschlechtsdeckel von Garn, quinque- spinosus Kr. (Garn, fungorum Megn.) von aussen. Fig. 14. Dieselbe von innen, a Geschlechtsdeckel, b Bauchtaster, c Epimere desselben, d Epimere des ersten Fusses. Fig. 15. Derselbe Apparat von der Seite a, b, c, wie vorhin, e der Geschlechtsgang, f der Penis. Fig. 16. Randfigur von Uropoäa splenäiäa. Fig. 17. Randfigur von Uropoäa clavus. Archiv für Naturg., XXXXVIH. Jahrg. 1. Bd. 28 434 P. Kram er: lieber Gainasiden. Fig. 18. Die Verbindungsstelle der Dorsalplatte (a), der Stigmalplatte (b) und der obern Coxalplatte (c) bei Gamnsus. Fig. 19. Uro'poda tridentma, nach Canestrini. Taf. XX. Fig. li Weibliche Geschlechtsöffnung von Uropoda tccta. Fig. 2. Sochsfüssige Larve derselben von unten. Fig. 3. Sechsfüssige Larve von oben. Fig. 4. Erste achtfüssige Larve von oben. Fig. 5. Zw^eite achtfüssige Larve von oben — daneben von unten. Fig. 6, Randfigur derselben. Fig. 7. Der Stigmalkanal von Uropoda ovalis Männchen. Fig. 8. Purste achtfüssige Larve derselben, 8 a ein Stück Haut mit einer Borste. Fig. 9. Zweite achtfüssige Larve. Fig. 10. Weibliche Geschlechtsöffnung. Fig. 11. Männliche Geschlechtsöffnung. Fig. 12. Randfigur. Fig. 13. Sechsfüssige Larve von TrachynoUis pi/riformis, von ol^en. F'ig. 14. Dieselbe von der Seite. Fig. 15. Vorderrand, um die Ausschwitzungen zu zeigen. Fig. 16. Erste achtfüssige Larve. Fig. 17. Zweite achtfüssige Larve von der Seite. Fig. 18. Dieselbe von oben. Fig. 19. Weibliche Geschlechtsöffnung. Fig. 20. Hintere Dorsalplatte (rechte Hälfte) von Sejus serratus, erste achtfüssige Larve. Fig. 21. Dasselbe von der zweiten achtfüssigen Larve. Fig. 22. Männliche Geschlechtsöffnung von Sej. serratus. Fig. 23. Männliche Geschlechtsöffiuing von Sej. togatus Koch, Fig. 24. Hinterleibsende von demselben (linke Hafte). Halle, im Jan. 1882. Duiversitäta-Buchdruckerei von Carl Georgi in Bonn. mi TafI 7j Jttju^foio fiel / i:S(^mn/f lit?{ TaJ II ^ TJ. Z7Tistoro del . C F Schinuhhth. m- '/■'lfm "■^:^ «Sä;«!Ss»S*^8S' ^\. '.^ mi Tq/:ji: ^SiS^^^ D-OJfairadr/. rFsaiiMihffi IS'SH ''.'/'' D' C lliiIhtM r,fj /.i C F Sthmlllt Itt/l /,\'S"A T,,/17 IJ' ti lh,ll,r ,I,J (• r .'i,lm,„lr hrl, J882. Taf.m. Dr &. Haller deL. C. F. SchntüU lith. 1S8Z. Taf.IX. Fiij. 1 772. e. ///. Odd ■ K- alhr m.d. Fig. 2 .C m.c. Vi N \\Ji\4',{/y.. , m.d. IX. add I K t^ X- /' / i Fig.3. - ^ y.y — glni - K ^ v.lbr -- valbr Wiüi. I) röscher gez. EaqenDuval lith . 188Z. Taf.X. ^.^ «fPr^V. Fig. 5. I .e I ■ •■ ^'.i ac "i-^: ?; .a.c / /'m -ac. R- P Ä i^i^. ^-. ■p- / 0 / l ^' ' oi / 0 - < <£? \ 0 0 Wüh. Dröscher gez . Eugen Daoo/l lith . J^8?-. Taf.XI. m - -Hiitx^v*«^'--'- iV'V- "O C^ Fig. S. i\ ^ ***** .7 t * •• «^^ 45/ bl. 1 \ s ^<^<^- '0\,. (si -Cp.. cz. ;,^.^.^f^' ly^': A ob: — cir — nbr. ^ kr. kh. •". - ^•*' ,„^s5*- Wüh. Drescher aez. Engen DiivaL litfi. "> JS82. Taf. XU. ^^: Fig- 70. ■# o Cfi. J ^^ <^ -^ Dlbr al. br. I md. W J Wilh. DröscTier gez. Eugen Diioal lith. 188Z. Taf.XllI. H.^'r 300 lütgen DiioaL Ulk. MW'I T..f XIV V VC- :\U. ■■• - • B . »0 ,. * . ■ 'S , 9oo 9o . . 00 ■1 . OB ■ \ a, = • -y t, oO ( r FSi/imuit IM (l CuXuCn fii"' CFSihmx/f Ml • /. ß:Fxsdifr del C.F Schmzdt Itth LGr.FifcheT.' del C F Schmidt Iz&iy- J fm. Tafxm C F Ji/mi^/ hth m'A TafXDC h'txiiiifr aä not drl C F Schmtdt Uih MBL WHOI LIBRARY UH 16(22 D «^^ ^^>. i!l:i:i:i^:;nk_ _ '