er | “ x £ x { Fan Tr on Y di % Fo a EZ “ LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY JAN © IVET ARCHIV FÜR ANATOMIE UND PHYSIOLOGIE, FORTSETZUNG DES von REIL, REILv. AUTENRIKTH, J. F.MECKEL, JOH.M ÜLLER, REICHERT v. DU BOIS-REYMOND HERAUSGEGEBENEN ARCHIVES. HERAUSGEGEBEN VON Dr. WILHELM von WALDEYER-HARTZ, PROFESSOR DER ANATOMIE AN DER UNIVERSITÄT BERLIN UND Dr. MAX RÜBNER, PROFESSOR DER PHYSIOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT BERLIN. JAHRGANG 1918, { PHYSIOLOGISCHE ABTEILUNG. LEIPZIG, VERLAG VON VEIT & 60OME, ll) ARCHIV FÜR PHYSIOLOGIE PHYSIOLOGISCHE ABTEILUNG DES ARCHIVES FÜR ANATOMIE UND PHYSIOLOGIE. UNTER MITWIRKUNG MEHRERER GELEHRTEN HERAUSGEGEBEN VON Dr. MAX RUBNER, PROFESSOR DER PHYSIOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT BERLIN JAHRGANG 1918, MIT ABBILDUNGEN IM TEXT UND EINER TAFEI LEIPZIG, "VERLAG VON VEIT & COMP. 1919 ws 3 N NEOIOOLKLDDE u FELIEBOIHEN AOL Inhalt. Mäx Rubner und Karl Thomas, Die Ernährung mit Kartoffeln . Max Rubner, Hindhedes Untersuchungen über die Verdaulichkeit der Kartoffeln . Ä Re Karl Thomas und Hans Pringsheim, unter Mitarbeit der Herren W.Fritze, R. Kindermann und H. Schotte, Die Verdaulichkeit der Zellulose. Vergleichende Untersuchungen RER Max Rubner, Die Verdaulichkeit der Vegetabilien Max Rubuer, Über die Verdaulichkeit von Nahrungsgemischen Wilh. Filehne, Absolute Größeneindrücke und scheinbare Himmelsform Arnt Kohlrausch, Die Netzhautströme der Wirbeltiere in Abhängigkeit von der Wellenlänge des Lichtes und dem Adaptationszustand des Auges. I. (Mit 19 Figuren im Text und Taf.I.) . Wilh. Filehne, Der Größeneindruck an gleichen aber verschieden gerichteten Strecken. Seite an Po & Physiologische Abteilung. 1918. I. bis IV. Heft. I — Be ARCHIV FÜR ANATOMIE UND PHYSIOLOGIE. FORTSETZUNG DESVONREIL, REILv. AUTENRIETH, J.F.MECKEL, JOH.MÜLLER, REICHERT v. DU BOIS-REYMOND HERAUSGEGEBENEN ARCHIVES. HERAUSGEGEBEN VON Dr. WILHELM von WALDEYER-HARTZ, | PROFESSOR DER ANATOMIE AN DER UNIVERSITÄT BERLIN E1. UND | Dr. MAX RUBNER, PROFESSOR DER PHYSIOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT BERLIN. JAHRGANG 1918, ee PHYSIOLOGISCHE ABTEILUNG. —= ERSTES BIS VIERTES HEFT. LEIPZIG, VERLAG VON VEIT&COMP. a N Bun Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes. Inhalt. Seite Max Rusner und Karı THonas, Die Ernährung mit Kartoffeln . . . . 1 Max Rusner, Hindhedes Untersuchungen über die Verdaulichkeit der Kartetteln..; ; u. > ER ON DIE 2 DIR Karı Teomas und Hans Prinesheim, Die Verdauliehkeit der Zellulose. Ver- gleichende Untersuchungen. Unter Mitarbeit der Herren W. Fritze, R.!Kindermann und H. Schotte \ :\. 2... nem en 25 Max Rusner, Die Verdaulichkeit.der Vegetabilin. .. . 2.2.2.2... 38 Max Rusner, Über die Verdaulichkeit von Nahrungsgemischen . . .,. . 135 Wire. Fırenne, Absolute Größeneindrücke und scheinbare Himmelsform. . 183 Die Herren Mitarbeiter erhalten dresßig Separat-Abzüge ihrer Beiträge gratis und 30°.%# Honorar für den Druckbogen zu 16 Seiten. Beiträge für die anatomische Abteilung sind an Professor Dr. Wilhelm v. Waldeyer-Hartz oder an Professor Dr. H. Virehow oder an Dr. P. Röthig, sämtlich m Berlin N.W., Luisenstr. 56, Beiträge für die physiologische Abteilung an Professor Dr. Max Rubner in Berlin W., Kurfürstendamm 241" portofrei einzusenden. — Zeichnungen zu Tafeln oder zu Holzsehnitten sind auf vom Manuskript getrennten Blättern beizulegen. Bestehen die Zeichnungen zu Tafeln aus einzelnen Abschnitten, so ist, unter Berücksichtigung der Format- verhältnisse des Archives, eine Zusammenstellung, die dem Lithographen als Vorlage für die Anordnung dienen kann, beizulegen. ann 3 1924 Die Ernährung mit Kartoffeln. Von Geheimrat Max Rubner und Prof. Karl Thomas. Von wichtigen Nahrungsnitteln, welche für die Volksernährung in Frage kommen, ist nach den neuen Untersuchungsmethoden nur die Kartoffel noeh nicht eingehender untersucht worden; im. nachstehenden soll das bisher Fehlende ergänzt werden. Der eine von uns hat die erste Untersuchung, über die Ausnützung der Kartoffel schon 1877 an einem kräftigen Manne ausgeführt, der seiner Herkunft nach an die Kartoffel- kost gewöhnt war. Die Kartoffel wurde damals in verschiedener Zu- bereitung aufgenommen: als Pellkartoffel, als Kartoffelsalat, als Kartoffel- sehnitten oder als Röstkartoffel. In dieser verschiedenen Zubereitung brachte es der Soldat auf durchschnittlich 3078 & pro Tag (= 3011 Kal.): er deekte mit Kartoffeln allein nahezu sein Kalorienbedürfnis.! Es läßt sich nachträglich feststellen, daß der Kalorienverlust 13:95 Prozent ge- wesen ist bei 32-2 Prozent Verlust des N im ganzen; wie sich aus dem Auftreten namentlich gerösteter Kartoffelteilchen im Kot ersehen ließ, “war nicht unbeträchtlich unverdautes Material zu Verlust gegangen. Später hat Constantinidi mit kleinen Kartoffelmengen und günstigerer Zubereitung bei einer Person von 74 Kilo einen Versuch angestellt (täg- lich 1700 & frische Kartoffeln); die Menge der täglich verzehrten Kartoffeln war 436-4 Trockensubstanz, was nach Analysen Rubners 1753-4 Kal. ausmacht, entleert wurde 20-158 Kot, von dem 18-14 organische Teile waren. Für letztere kann man gleichfalls nach Analysen Rubners 6.746 Kalorien pro 12, also 122-4 Kalorien pro Tag, annehmen, auf die Kartoffelzufuhr berechnet ergibt das 6-98 Prözent Verlust der Kalorien hei 19-5 Prozent N-Verlust im Kot. Günstiger waren Resultate, die später® von dem einen von uns (R.) mitgeteilt wurden. Die Versuchs- ı'S. Zeitschrift für Biologie. Bd. XV. 8. 146, ” Ehenda. Bd. XXI. 8. 453. > Ebenda. Bd. XLII. 1902. S. 273, Archiv f. A.u. Ph. 1918. Physiol. Abtle. 1 3 MAX RUBNER UND KARL THoMmAS: person hatte an 1363 g neue und 1076 g alte Kartoffeln = 516-8 g Trocken- substanz im Tag (2076-4 Kalorien) verzehrt und lieferte 19-85 g trockenen Kot pro Tag. Zu Verlust gingen 15-4 Prozent des N und 5-6 Prozent der Kalorien. Eine weitere Untersuchung an der gleichen Person mit neuen Kartoffeln bei 2756 g Aufnahme (2294 Kal.) pro Tag = .577-1& Trockensubstanz gab nur 17-0 & trockenen Kot im Tag; es wurden daher nur 4 Prozent der eingeführten Kalorien verloren. Es ergibt sich somit folgende Übersicht: | Verzehrt an Kal. der Kost Prozent Verlust an Kal. Prozent Verlust an N 5011 15295 322 2294 4-00 — 2076 3-60 15-4 1753 7:00 19-5 Wenn man günstige Zubereitungen wählt, namentlich die geröstete Kartoffel beiseite läßt, so kann man bei Kartoffeln nach den Versuchen Rubners Ausnützungsgrade erhalten, die sehr günstige Resultate mit Bezug auf den Gesamtverlust aufweisen. Im Grund genommen besteht die Kartoffel zum wesentlichen Teil aus Stärkemehl, woraus schon an und für sich ein ungünstiges Verhalten nicht gerade von vornherein erwartet werden kann. Immerhin hat der eine von uns mit Recht früher auf die sehr herabgesetzte Ausmützung bei Ernährung ınit 3000 8 Kartoffeln für den Tag hingewiesen, weil in Ver- suchen mit anderen, auch hauptsächlich Stärkemehl enthaltenden Nahrunes- mitteln, wie Weißbrot, bei gleichgroßen Mengen sogar sehr günstig aus- genützt worden war. Bei einem so wichtigen Volksnahrungsmittel ist es aber wünschenswert, die Verhältnisse seines Aufbaues näher zu kennen, um darauf gestützt seine Besonderheiten der Verdaulichkeit zu verstehen, In neuester Zeit ist von dem einen von uns näheres über die Zusammen- setzung der Kartoffel bekannt geworden. ‘Von den N-Substanzen der Kartoffel ist ein Teil Albuminstoff, der dureh die Siedehitze koasuliert wird!, der Preßsaft enthält den größten Teil des N der Kartoffel, wenn man sie in rohem Zustand untersucht. Bei dem reichen Gehalt an Amid- substanzen, die manche Kartoffelsorten aufweisen, steht der unmittelbaren Resorption dieser Körper jedenfalls kein nennenswertes Hindernis imWege. Demgegenüber ist die nieht ganz gute N-Resorption immerhin bemerkens- wert. Der Zellmembrangehalt wurde zu 5-59 Prozent der trockenen Kartoffel gefunden, das mag etwa einem Mehl von 60 Prozent Ausmahlune ! Dies Archiv. 1915. Physiol. Abtlg. $S. 203. N ee Dis ERNÄHRUNG MIT KARTOFFELN. 3 ungefähr eleichkommen. Man sieht also, daß in dieser Hinsicht die Kartoffel sehr günstig gestellt ist, namentlieh auch den anderen Wurzeleewächsen und Blattgemüsen gegenüber. Die Zusammen- setzung dieser Zellmembranen ist eigenartig, nieht nur ist die Kartoffel im ganzen sehr pentosearm, auch die Zellmembran, die durchschnittlieh hei anderen Vegetabilien recht reich an Pentosan ist, enthält bei der Kartoffel sehr wenig davon. Aus der zum Teil sehr guten Resorption der Kartoffel trotz mittleren Gehaltes an Zellmembran muß man schließen, daß die letztere zu den gut resorbierbaren zu rechnen ist. Bei-Con- stantinidi! findet sich für die Zellulose der Kartoffel die- Angabe, dab sie zu 78-9 Prozent verdaut werden, was einem Verlust von 21-1 Prozent entspricht; dieses Ergebnis kann in der Tat, wenn man damit wenigstens den Verlust von Brotsorten in dieser Hinsicht nach unseren Versuchen; z.B. für Roggenbrot, vergleicht, als recht günstig angesehen werden. Nach König? schwanken die Kartoffeln ungemein in der Zusammen- setzung; auch wenn man ganz von dem wechselnden Gehalt der frischen Kartoffeln absieht, trifft a 100 Troekensubstanz Kia Stickstoffsubstanz Rohfaser Nmımum 00.4.4] Prozent 0.87 Prozent eearimum.. en ddsb 108 während das Mittel ersibt .. 794 ,, Sl Die Menge der Rohfaser der Kartoffelsorten schwankt also in enormen Grade. Daß die Rindenschicht mehr als doppelt so viel Rohfaser enthält®, ist zum Teil wohl durch die Schalen erklärlich. Im allgemeinen ißt man die Kartoffel nicht mit der Schale; dies gilt aber nicht für die Kriegs- verhältnisse, da die dem Brote zugesetzten Kartoffeltrockenpräparate ohne vorherige. Schälung verarbeitet werden; bei den bisher bekannten Aus- nutzungsversuchen sind wohl niemals die Schalen mit verzehrt worden geschieht dies aber, so wird dieses Verfahren wohl die Ergebnisse. ändern können. Da in der Literatur über die Menge der Zellmembran im Ver- hältnis Ally übrigen Masse der Kartoffeln sich keine Angaben finden, hat der eine von uns (R.) an Eßkartoffeln einen orientierenden Versuch angestellt. In 100 Teilen frischer Kartoffel waren im eanzen .‘. . Rs 298.0, Zellmembran _ Davon trafen auf den Abfall . N u le 6 Be | und auf die gegessenen Teile . a La. 1-34 MEN: 1 A.2.0. 8.450. »* Chemie der Nahrungs- und Genußmittel. Bd. Il. S. 892. ’ König, a.a.0. 8. 894. i 1* 4 MAX RUBNER UND KARL THomas: Sind die Kartoffeln borkig, so werden die Differenzen noch größer sein. In Tierversuchen hat der eine von uns gefunden, daß die Schalen, ob- schon von anscheinend derselben Zusammensetzung wie die Zellmembranen der übrigen Kartoffel, von geringerer Verdaulichkeit sind.! Daraus folet, daß Kartoffeln verschiedener Ernten in den einzelnen Jahren und auch je nach der Bodenart und Spezies sieh bei der menschlichen Ernährung recht ungleich in der Verdaulichkeit verhalten dürften. Die Kartoffeln gehören übrigens insofern zu den auch hinsichtlich der theoretischen Ernährungsiragen wichtigen Nahrungsmitteln, als der eine von uns bei diesen Nahrungsmittel zuerst gefunden hat, daß sich mit minimalen Fiweißmengen nieht nur ein N-Gleichgewieht, sondern auch noch N-Ansatz erzielen läßt, eine Tatsache, die damals noch allein- stehend, nieht gewürdiet worden ist. Auf diese Verhältnisse wird noch später einzugehen sein. Mit Bezug auf die Möglichkeit der Erhaltung eines N-Minimums kann nieht generell die „Kartoffel“ als Mittel zur Erreichung eines solchen angesehen werden, vielmehr kommt es ganz und sar auf den Reichtum einer Spezies an N-Suhstanz an, der, wie oben sezeigt, über das Dreifache schwanken kann. Da sich eine ganze Reihe von Fragen hinsichtlich des Nährwertes der Kartoffel auf Grund der bisher vorliegenden Versuche nicht beantworten lassen, wurden neue Experimente aufgenommen. Die neue Versuchsreihe, welehe im November 1917 ausgeführt ist, dauerte 6 Tage; die Versuchsperson war ein kräftiger Laboratoriumsdiener von 75 Kilo Gewicht, von sehr gutem Muskelstand, der von der. Front zurückgekehrt war und früher zu den Versuchen mit Mohrrüben und Wirsing gedient hatte. Er verzehrte die gekochten und entschälten Kartoffeln mit etwas Salz ohne weitere Zubereitung, im Tag im Durchschnitt je 2618 ©. Das einzelne über den Verlauf des Versuches enthält die Tabelle S 5. Die Analysen der Einfuhr und Ausfuhr zeigen folgende Ergebnisse (s. die Tabelle S. 6): Die Kartoffel hatte 25-84 Prozent Trockensubstanz; die tägliche Aufnahme von 2618 g konnte die V ersuchsperson gut bewältigen. Jeden- falls war das Kalorienbedürfnis aber nieht ganz gedeekt, unter normalen Verhältnissen wäre eine kleine Zulage von Fett hierzu genügend gewesen. Der entleerte Kot war breiig und bei etwa 15-57 Prozent Troekensubstanz im Durchschnitt. Das scheint also die Regel für die Kartoffelfütterung ! 32.02'Trocketisubst. = 0-28g Rohfaser = 0:87 Proz. Rohfas. d. Trockensubat. 15-1 2 =1.57 3) =10-.39 „ ” „ ” 25.1 $ a en aeg a >, Die ERNÄHRUNG MIT KARTOFFELN. ) Martens. Kartoffel, mit der Schale gekocht und gewogen. Nach Abzug des Schalengewichts der Verzehr festgestellt. | | Harn Kot 8 ee Sa 2 SA ES S 5 Nahrung a a | = S an|: 22] K Zeit | & B In | I, | kg | ; cem| 8 Be & LIST. 1 18 853 + 925 + 933 = 2711 g 1900 | 9-7 +10g Salz | 7.74 Sy. s i | In 20.XI.| 2 868 + 922 + 858 = 2645 8 \1000 |7-95, 10 v. 237 | 42 +2g Salz 7-82 6415.n. 60 7 T.48 | au. RL. 8 916 + 788 + 833 = 2557 g 1000 6.94 11!v 260 . 35 | +13. Salz 8.85 65, 12 | 7.01 22.XI. 4. 805 + 832 + 830 = 2467 g 1120| 7.63 10%30v. | 157 | 20 MN +10 g Salz 7.67 1 h | 7.92 23.8]. | 5: ' 8738 + 907 + 908 = 2683 & 1260 8-54 10!v. 110 20 Ar | | +10 Salz | 8.48 8-29 | 24. XI. 6. 920 + 846 + 893 = 2659 8 1320 9.04 10 , | 150| 25 +10 g Salz | 9.08. 295 | 43 | \ 18.72, | | Eu jo 22 | Sa. 157108 N \1451 226 | | im Tag 2618 g | | zu sein, denn der eine von uns (R.) hatte früher! 14-5 Prozent Trocken- substanz gefunden und Constantinidi zwischen 14-4 und 16-2 Prozent Troekensubstanz.° Da sich der Kot bei drei verschiedenen Personen und sanz verschiedenen Mengen aufgenommener Kartoffeln ganz gleich ver- hielt, hängt die Bildung weichen Kotes wohl mit diesen Nahrungsmitteln und seinen Umwandlungen im Darm zusammen. Ein- und Ausfuhr in üblicher Weise einander gegenübergestellt, zeigt folgende Verluste: Von der organischen 'Trockensubstanz . 4-82 Prozent Von den Kalorien .. 00, N er a a a A, Der Versuch reiht sich also in die S.2 gegebene Tabelle gut ein. „ Zeitschrift für Biologie. Bd. XV. 8. 149. ” A.a.0. S. 450. 6 Max RuBNER unp Kart Thomas: :.In 100g Kartoffeln De in or Alschela 4 u La. 4=25 29-1 7 ..j Organisch . . .. 35 647-6 IN ae ER RE 1.281 = 8.00 Rohpr. 8.66 davon 1.60 a nach Pentosan . . . . 3.62 24.49 DOTENSEN, Zn bon 40-74 an van Slyke darin Zellulose . . 2.79 18-88 . »„ Pentosan . . 0.71 4.80 N BO Be 1-54 17-06 Wett Lean 0-15 0-99 Stärken. BE .781.98° 552.0 Kaldrien . . . . 396-2 2681-0 Kot in 100 Teilen 37.7 lufttr. = 36-51 g trocken Aschee., A... 14-43 5.27 Organischn. 227.20... 85.577 31.24 NR Teer 2 1,2x6868 2:420 N Bentosanınn 3-79 1-38 Zellmembran . . . 8.89 73522 darin Zellulose . . 6-02 2.20 »Bentosan, "ur 1-25 0.46 Resim. rl an use 1:62 0-56 at a Sr 3-06 Stärkesum. 2.0.08 78.05 2.94 Kalorien . . .-. 4883-6 178.3 In 100 Zellmembran Zellulose . . . 46-41 Pentosan . . . 14-05 Beste sn. de ee) | 5 | | Be | en Proz. Verlust Proz. Verlust Dauer - \ im Tag an Kal. an N Tage Rubner 1877... .. | 30100 le Alan) 32.2 ‚3 RubnerwThomas1917.| 2681, | 6-on0 2 7 ro a: Hindhede 1912* | 2469 aa 19-0 | 40 Rubner 1902. I 2294 4.0 | — 3 “ a 2076 | 5.6 | 3 Constantinidi. . . . 1753 | 7:0 | 19-5 We l | ı Die neuen Versuche sind, was die Kartoffelmenge anlanst, nicht viel geringer als die Versuche Rubners im Jahre 1877, lassen aber eine ! Von 100 Teilen N sind 18-48 Teile Amino-N. ? Berechnet. ® Direkt bestimmt. . Auf die Versuche Hindhedes wird in dem nachfolgenden Artikel näher eingegangen werden. & Die ERNÄHRUNG MIT KARTOFFELN. 7 erheblich bessere Ausnützung nachweisen, weil hier speziell der Genuß gerösteter Kartoffeln vermieden wurde. Schwankungen in der Ausnützung sind zweifellos vorhanden,. das bezeugt der Versuch Constantinidis, der etwa ebensoviel Prozent Verlust eibt wie unser Versuchsmann, ob- schon die Nahrungsmengen sehr verschieden gewesen sind. Die beste Aus- ‚nützung ergab der Versuch Rubners 1902 mit 2294 Kartoffelkalorien pro Tag der Zufuhr. Die günstigste N-Ausnützung findet sich in einem Versuch Rubners mit 2076 Kalorien Zufuhr im Tag. Hindhedes 40tägige Reihe zeigt keine anderen Ergebnisse, als sie. bei kürzeren Versuchen mit derselben Kartoffelmenge von anderer Seite erreicht “worden sind. Die Ursachen für die nachgewiesenen Schwankungen der Ausnutzung lassen sich nieht mit Bestimmtheit angeben, es können individuelle Gründe vorliegen oder die Kartoffeln in ihrer Beschaffenheit verschieden gewesen sein, z. B. im Zellmembrangehalt. In Hinsicht auf letztere ist ja unser Versuch der erste, welcher diesen wiehtigen Umstand einer näheren Analyse unterzogen hat. Der Verlust an N mit dem Kot zeigt ein Minimum bei einem Versuch Rubners aus dem Jahre 1902 mit 15-4 Prozent, alle anderen Werte sind zum Teil erheblieh größer; der neue Versuch ergibt trotz der sonst einstieen Ausnützung einen hohen Verlust an N, der nur um weniges hinter den Versuchen Rubners vom Jahre 1877 zurücksteht. Der Ur- sache für den Wechsel der N-Ausscheidung wird weiter unten näher- zutreten sein. Als Gesamtmittel der als Brei oder Pellkartoffeln aufgenommenen Nahrung wird man rund 5-53 Prozent Kalorienverlust und 20-4 Prozent N-Verlust annehmen dürfen. Bemerkenswert ist im Kot die oe Masse der in Äther lösliehen Stoffe, auf deren Vorkommen der eine von uns bereits früher hingewiesen hat.! Die Kartoffel hatte bei 8-2 Prozent Rohprotein der Trocken- substanz gerade den mittleren Gehalt, wie er aus großen Analysenreihen von anderer Seite gefunden worden ist. Wichtig für die Beurteilung der Kartoffel als Nahrungsmittel ist das Verhalten der Zellmembran. Von 100 Teilen Zellmembran werden verloren; Zellen bramıNa, SE NE re 94 ons derzellulose. 2... 2, 2 2.851165 Bentosan derw-Zellmembran. 2... nn ae 20.2.0.2.9.59 Vonkdenskesisubstanze BEAT. DIR NEW 328 Zeitschrift für Biologie. Bd. XL. S. 275. 8 Max RUBNER uUnD KARL TuoMmASs: Die Zellmembran der Kartoffel gehört also zu dem sehr leicht und weitgehendst verdaulichen Material, wie es z. B. auch bei den Blattgemüsen und Mohrrüben der Fall ist. Die Kohlrüben sind in dieser Hinsicht weit weniger günstig gestellt. Diese Verdaulichkeit der Zellmembran der - ‚Kartoffel ist für dieses Massennahrungsmittel von hoher Bedeutung; sie erlaubt eine Ernährung, die den Darm sehr wenig belastet und dem Kot auch die weiche Beschaffenheit läßt. Letzterer enthielt nur 8-8 Prozent Zellmembran der Trockensubstanz. nee Alle Bestandteile der Zellmembran sind gleichmäßig gut aufgelöst worden. Die Pentosane im ganzen werden weitgehend resorbiert, wozu natürlich auch die Auflösung der Zellmembran mit beiträgt. Man darf vermuten, daß hinsichtlich der Verdaulichkeit der Zell- membran individuelle Verschiedenheiten vorkommen, da man solche auch bei anderen Nahrungsmitteln sieht. Es ist wahrscheinlich, daß bei dem Experiment Constantinidis solch ein Einfluß eine Rolle gespielt hat, da er den Verlust an Zellulose zu 21-1 Prozent angibt, also doppelt so hoch, als er bei unserer Versuchsperson gewesen ist. Von der Stärke kann man sonst leicht feststellen, daß die von der Kartoffel stammende weniger gut resorbiert wird wie 2. B. Weizenstärke; dieser Versuch zeigt aber eine Stärkeauflösung, die nicht gut noch übertroffen werden kann, denn der Verlust war nur 0-55 Prozent, bei einer Gesamtresorption von 552g Stärke ein gewiß sehr vutes Resultat. Constantinidi hat 0.74 Prozent Stärkeverlust angegeben, also etwas mehr wie unser Ergebnis. Die Zellmembran dieser Kartoffel zeigt einen gewissen Unterschied segenüber einer 1915 analysierten Kartoffelsorte. Es wurden von dieser Ernte 1917 auch die Kartoffelschalen nochmals untersucht, dem mögen noch die Analysen der Zellmembran der Kartoffelpülpe nach Rubner beigefügt werden. In 100 Teilen Zellmembran sind: | Kartoftel Kartoffelschale | Kasrtoffel- 1915 1317 | 1915 | pülpe Zellulose 40.72 | 46.41 51.84 59-58 45.32 Pentosan 5.55 | 11-89 8.55 10.94 14.80 Rest 53.70 | Auer 39.58 35.53 39.88 Die Zellmembran 1915 hatte viel weniger Pentosan als die Kartoffel dieses Jahres, während in den Schalen kein besonderer Unterschied zu finden ist. Den höchsten Pentosangehalt zeigte eine Pülpe vom Frühjahr Dız ERNÄHRUNG MIT KARTOFFELN, g 1917. Vorläufig lassen sich weitere Schlüsse nicht ziehen, vielleiebt ergeben sich hier Zusammenhänge mit der untersuchten Spielart der Kartoffeln oder mit den Verschiedenheiten der Ernte. Da die Gesamtausnützung keinen näheren Einbliek in die bei der Ausnützung tätigen Umwandlungen gibt, soll die Trennung in Unverdautes und in Stoffwechselprodukte noch besonders vorgenommen werden. Was die Verdaulichkeit des N anlangt, so eibt nachstehende Tabelle darüber Auskunft. l ; | N: | l Mn | Kot | Prot. nn | N aus |Ninı yo SEN Km | a ER, 14 0 j Neu Mer.) a re wechse Person, Kot | Pros pro, I. N Bro Stof- | Zu a Stoff: N eebiein | BE Tag Tag | wechsel | fuhr | Pyot. wechsel | Zufuhr m. |: 16-31 | 36.5 | 5-29 10.894 2.42 1-58 8.66 |10.28| 63-22 | 17.66 Im Kot ist eine nicht unbeträchtliche Menge von Protein vorhanden, das zum Teil an dem Rest der unverdauten Zellmembran hängt; diese ist locker und wohl geeignet, noch etwas Substanz einzuschließen. Der Verlust an Protein beträgt 10-28 Prozent, was mit Rücksicht auf diesen Umstand, daß der N der Zufuhr in seiner großen Masse ja gar kein Ei- weiß ist, wohl zu beachten ist. Recht erheblich ist die Menge der N-haltigen Stoffwechselprodukte. Hierin ist die Kartoffel absolut nicht etwa mit feinen Mehlen zu vergleichen. Sie bürdet also sicher dem Darm eine nieht zu vernachlässigende Arbeit auf. Vom entleerten N sind 63-22 Prozent Stoffwechselprodukte. . Die in Kalorien ausgedrückte Menge der Stoffwechselprodukte und das Unresorbierte ist aus folgender Tabelle zu ersehen. Verlust an Kalorien. | | | | | Dear © Kal. Kal ges: ES 2 : ERST Merz, (Saar en E 5 © im | im en 1978 |58% 9-4 | - = B | | [>] N © Person |Stärke & | EN- | Prot.2 = Kot Kot | 5 Ba ae | Ex | = tosen =) : | messer nr | m 13) ınsge-| aus v2 m Sie SQ a Tag | ga2 a5& 5 S | samt |Stoffw. 7 En: Ss osıe8le Es | | »oEs Pr’ianı> M: "12.29 13. 00 13. 50 32.86 61.85 178-3 | 116+5 4.35 65.34 | 2.302 I | L Die Menge aller Stoffwechselprodukte zusanımengenommen ist also nicht groß, viel geringer als z. B. bei den Mohrrüben oder dem Wirsine, tig organ. = 4-1.Ral. ls = 5.88 kg-Kal. pro Tag = 5-59 g Prot. in Zellmembran, " Unverdanliches. 10 MAx RUBNER UND KARL THoMmAs: den Kohlrüben, dem Obst. Es ist aber bemerkenswert, daß bei dieser veringen Gesamtausscheidung von Stoffwechselprodukten, die N-Aus- scheidung, wie oben bemerkt, eine erhebliche Änderung zeigt. Das-eigent- liche Unverdaute macht bei der Kartoffel nur 2-3 Prozent der Zufuhr aus, und daran sind die Zellmembranen wesentlich beteilist. Etwa zwei Drittel der Ausscheidung bestehen aus Stoffwechselrückständen, eine Zahl, die bisher schon bei vielen Nahrungsmitteln erhalten worden ist. Bei der großen Bedeutung, welche Brot und Kartoffel in der Er- nährung einnehmen, wird noch ein Vergleich zwischen beiden einiges Interesse besitzen. Über die Mischunesmengen, welche allenfalls genossen werden, können wir aus solehen Gegenden näheres erfahren, in denen die sogenannte Kartoffelkost verzehrt wird, wie jm sächsischen Erzgebirge oder in Oberschlesien. Diese Kost besteht nie zum erößeren Teil aus Kartoffeln, sondern etwa zu 55 Prozent aus Brot und zu 35 Prozent aus Kartoffeln, wie Rechenberg festgestellt hat. Die Kartoffel drängt sich nur mehr auf, weil sie die einzige warme Speise zu sein pflegt, die ein- genommen wird. i Frühere Versuche! erlauben einen interessanten Vergleich zwischen Brot- und Kartoffelverdaulichkeit, unter ihnen befinden sich: drei Reihen von je 6 Tagen, einer mit Roggenbrot von 5-6 Prozent Zellmembran und einer mit Weizenbrot: mit 5-66 Prozent Zellmembran, was nahezu mit der Kartoffel übereinstimmt. a a Die Zasammensetzung war folgende: Rogsenbrot Kartoffel Weizenbrot 72proz. Ausmahlung 80 proz, Ausmahlung Asche . . . 2.39 4.25 1. Organisch . . 97-61 95.75 98.94 Pentosan . . 6.72 B 3.62 ° 6-91 IN 1-28 = 8-0 Prot. 1-28 = 8-0 Prot. 2-36= 14-75 Prot. Zellmembran . 5-61 6-02 5.66 darin Zellulose 1-93 2-79 Pole! „ Pentosan 1.89 0.71 2.68 Br STärkenr 77.67 81.58 71.36 Kalorien. . . 412.1 396.2 428-6 Die Zusammensetzung ist also außerordentlich übereinstimmend und: doch in bestimmten Pıinkten bemerkenswert verschieden: von der Asche abgesehen, fällt der ungleiche Pentosangehalt auf, der zum Teil aber nicht ganz auf die Verschiedenheit der Pentosanmengen in der Zellmembran "8. dies Archiv. 1916. Physiol. Abtlg. 8.89 u. 8. 193. Die ERNÄHRUNG MIT. KARTOFFELN. hl begründet ist. Grundsätzlich verschieden ist die Zellmembran aufgehaut, das Brot enthält weit weniger Zellulose in. der Zellmembran als die Kartoffel. Einin der Analyse nicht ausgedrückter Unterschied würde auch das ‚Protein‘ betreffen, weil die Kartoffel weit weniger wirkliches Eiweiß enthält als das Brot. ‚ Brot- und Kartoffelkost sind wesentlich den weil die Resor- Beharkeit der Zellmembran eine sehr ungleiche ist. Bei Brot macht die Zellmembran 26 bis 30 Prozent des Kotes aus, bei Kartoffel nur 8-7 Prozent: die Resorbierbarkeit ist äußerst ungleich. Verlust bei Roggenbrot Kartoffel bei Weizenbrot Zellmembran . . . 55-5 7.94 53.04 Zellulose . . ... 61-4 11-6 97-58 Pentosan . . .. 53. il I 9-59 38-73 Die Kartoffelzellmembran ist äußerst leicht auflöslich, jene des Brotes aber ziemlich schwer. Das Stärkemehl wird aus Roggenhrot mit 1-7 Pro- zent, bei. Weizenbrot mit 0-81 Prozent, bei Kartoffel mit 0-53 Prozent Verlust ausgenützt. | Vom Protein ist wegen der Eigenart der Zellmembran ‚beuikoosene 2 ......,.23-40 Brozent BanWVeizens mr, Merl 90,0%, a Mnkarbokteliss Sun... bedingt durch den Einschluß von Kleieeiweiß in den sehwerverdaulichen Zellen des Getreides, zu Verlust gegangen, Vom Stoffwechsel-N bei hoceeml 007 2 SAT Prozent ArWeizene & 92.2 1.2.2.10.234 : seRaxtoftelon. 23 211,566 Hi der Einfuhr. Be | Die Stoffwechselprodukte (Kalorien) machen der Gesamtkalorien Verlust bekosgen ei erozent 1270 Prozent 2 Weizen. Wi. ur, 228300. EAN: Be Kantoitel 2... Ass. Bela der aufgenommenen Kalorien aus, Man kann keinen treffenderen Vergleich für die Bedeutung biologisch verschiedener Zellmembranen finden wie den eben gegebenen. Nicht so zueunsten der Kartoffel fällt natürlich die Betrachtung aus, wenn man sie mit kleieärmstem Mehl vergleicht, da bei diesem die Gesamtausnützune 12 MıAıx RUBNER uUnD KARL THomas: überhaupt auf 4 Prozent der Kalorien und weniger fallen kann, ein Wert, der (vgl. die Zusammenstellung 8.6) »ur einmal bei, Kartoffel beob- achtet worden ist. Es ist bemerkenswert, dab Kartoffeln, zu Mehl von 82 Prozent hinzu- verbacken, die Verdaulichkeit des Gemisches nicht erhöhen, wie man ’ ® erwarten sollte, sondern um mehrere Prozent herabsetzen!, wie sich aus Versuchsreihen bei zwei Männern hat nachweisen lassen. Verbacken der Kartoffel scheint also die Resorption zu benachteiligen; nachweislich wird auch die Resorption des Protein-N bei Kartoffelzusatz zu Brot ver- schleehtert und die Stoffwechselprodukte im ganzen vermehrt. Weiteres Interesse besitzt noch die Untersuchung des Harnes und der N-Ausscheidung. Nachstehend sind die analytischen Ergebnisse auf- geführt. Kartoffelversuch Martens. u | von Harnstickstoff sind er = Mn. DER Ein | I EHEN +) resam -Aul- = 2 lag N | Amino | Ammon Summe abgezogen Kot N) N; name ION N | N, 9.72. 0-11 0-25 0-36 : 9.36 2.42. | 11-84 8.99 | — 2.90 2. 7-75 , 0-09 | 0.08 0-17 7-58 ‘10:17 , 8-74 | — 1.44 3. 6-95 | 0-09 | 0.09 0-18 6.77 9.37 | 8-37 | — 1.00, 4 1 7.7 | 0-13 |. 0.09. 0.920 0 050, 10.16 | 8-36 | — 1.80 Oh 8:43 | 0-14 0-11 0.25 5-13 ı 10.85 | 8-87 | — 1-98 6. 8.94 | 0.14 0.12 0.26 3.68 | 11.36 | 8.77 | — 2.56 0:72 0.123 Mittel: 10.62 | 8.67 In der Einnahme waren 3-66 & Gesamt-N, wovon 1:60 & Amino-N nach Sörensen, 1-58& Amino-N nach van SlIyke, also gute Überein- stimmung, und 0-32g NH,-N = 1-9%g N oder 22-2 Prozent derjenige N-Anteil der Kartoffel, der in den wasserlöslichen ‚‚Amidsubstanzen“ vorliegt, wird beträchtlich höher gefunden und im Durchsehnitt mit 37 Prozent des Gesamt-N angegeben; das ist auch natürlich, weil Sörensen sowohl wie van SIyke nur die primären NH,-Gruppen bestimmen. Bei 37 Prozent Amid-N wäre die tägliche Eiweißzufuhr mit 5-46g N zu be- rechnen. Ihr steht ein Proteinverlust im Kot von 0-894 g N gegenüber, das wären 16-3 Prozent; der Verlust an Eiweiß ist also erheblich. Der Harn wurde näher auf seine Verbrennungswärme geprüft, am 19., 22. und 24. November 1917, während der kalorische Quotient sich nach den Untersuchungen des einen von uns? sich je nach der Ernährung ! Siehe dies Archiv. 1916. Physiol. Abtlg. $. 188. * Siehe Rubner, Zeitschrift f. Biologie. Bd. XXI. 8.329 und ebenda. Bd. LII. 8. 273. En Es DiE ERNÄHRUNG MIT KARTOFFELN. 13 ändert, und beim Hund zwischen den Werten des Harnstoffs und des Hungerharns als den zwei Extremen schwankt, haben sieh bei dem Menschen für den Quotienten N/Kal. Werte zwischen 7 und 8 Kalorien ergeben, doch sind für den Säugling (Rubner) Werte von 12-1 und von Tangl auch beim Erwachsenen hohe Werte gefunden worden!, die bei Kohlehydratfütterung bis 11-5 bis 11-9 Kalorien betrugen. Bei unserer Versüchsperson ergaben sich folgende Quotienten: 1 DT a Rs 0 BAR ER ea 2 BAND 0 Es muß sich also um die Ausscheidung C-reicher Substanzen handeln. Der eine von uns hat vor vielen Jahren den Harn nach Kartoffelernährune auf Zucker untersucht? und 0-036 Prozent Zucker im Harn nachgewiesen. im ganzen pro Tag nur 067g Zucker, welche eine nennenswerte Ver- schiebung der Werte des Quotienten nicht herbeiführen können. Im vor- liegenden Falle kann es sich nieht um Zuckerausscheidung handeln; auch der Umstand, daß der Mann nicht ganz im N-Gleichgewicht, also Hunger- harn nebenbei zur Ausscheidung kam, erklärt den hohen Quotienten nieht. Jedenfalls stieg der letztere erst nach dem ersten Versuchstage an. _ Die Versuchsperson von 78 Kilo kam mit, der Kartoffelernährune nicht in ein N-Gleiehgewicht, obschon sie vorher mit der Krieesration und jedenfalls nur mit mäßigen Zuschüssen lebte, wahrscheinlich auch schon N vom Körper eingebüßt hatte. Das was man sonst bei Kartoffel- kost so leicht beobachten kann, ein rapides Sinken der N-Ausscheidung, selbst wenn vorher ein hoher N-Umsatz vorhanden war, das trat hier nicht ein; auch während der 6 Tage sinkt‘ der N-Verbrauch nicht ab, sondern es wird jeden Tag N vom Körper abgegeben. Im Durchsehnitt braucht der Mann 10:62 g N pro Tag (Harn und Kot) = 1:36& N pro Kilo und nur für den Harn gerechnet 8-20/78= 0-105g& N pro Kilo, d.h. 0-85 bzw. 0:6568 Protein, pro 70 Kilo gerechnet 59-58 bzw. 43-92 o. Richtiger gerechnet, würde zum Harn mindestens noch der Stoffwechsel-N = 1:53 g hinzugerechnet werden, außerdem ist zu bedenken, daß täglich noch 1:98 N vom Körper zu Verlust gingen and der Kartoffel-N nur etwa 80 Prozent Wertiekeit besitzt. Man müßte daher für ein Gleich- gewieht noch 0-45 & N außerdem beifügen, so daß folgendes das wahr- scheinlichste Ergebnis-ist: | ! Dies Archiv. 1899." Physiol. Abtlg. 8. 261. * Zeitschrift f. Biologie, Bd. XLIL $. 276, me a SZ Sean mul m mm er nn > je! MAXx RUBNER UND Kar HOMAS:! Num-HBarn 08 NE Re Dar Stoffwechsel-N im Kot . . . . . Eu ea Für die biologische Wertigkeit ee un 0 0245 10-188 N 63-62 g Eiweiß pro Kilo 0-816g Protein = 57-128 Rohprotein in der Nahrung (ver- daulich). Der Eiweißumsatz ist also durchaus für das Minimum nicht eering. Aus mancher anderen Beobachtung an dieser Versuchsperson, d.h. der hohen N-Ausscheidunge z. B. bei ungenügender Kalorienzufuhr, läßt sich entnehmen, daß die Versuchsperson immer noch einen recht guten Ernährungszustand ihrer Zellen besaß. Es war überhaupt die kräftieste Person, die in den drei Versuchsjahren zu Gebote stand, sie hätte also um ein Erhebliches mehr an Kartoffeln genießen müssen, um ins Gleichgewicht zu kommen. Die normale Kalorienmerge wäre aber kaum nennenswert dabei überschritten worden, so daß für diesen kräftigen Mann, vorausgesetzt daß er auf die Dauer eine solche Nahrung ertrug, die Möglichkeit der Vollernährung zugegeben werden kann; für stärkere Arbeitsleistung wäre aber die Kartoffelernährurg allein viel zu umfang- reich geworden. Die Versuchsperson hätte in jeder Beziehung leichter ausgereicht, wenn sie vorher einen Teil des Organeiweißes eingebüßt, den ‚ Fettbestand aber tunlichst erhalten hätte, denn dann wäre vermutlich ihre Abnützungsquote, d.h. das N-Minimum, relativ kleiner geworden. Im Zusammenhang hiermit mag noch auf die älteren Versuche über Kartoffelernährung eingegangen sein. Bei den Experimenten im Jahre 1877 wurde nach vorhergehender reichlicher Ernährung folgendes beob- achtet: 7 f | 5 ee Harnsäure _ . Einnahme Harn N im | Kot N Gesamt N Bilanz. em _— ae — = mu nn = Dr em en — — —— 11.45 12.8 0.61 3-69 16-49 — 5:04 _ 11.45 7:6 0-51 3:69 11.29 — 0-16 11-45 6-0 0.55 3-69 Ei Vo). +1:76 Dieser Befund, der so ganz aus dem Rahmen der damals geltenden Anschauungen herausfiel und ganz allein stand, hat lange Zeit keine Beachtung gefunden, bis der eine von uns später seine Bedeutung für die Frage der biologischen Wertigkeit in Anspruch nahm und zu gleicher Zeit. auf die Bedeutung für ein N-Minimum hinwies. Der von Constantinidi ausgeführte Versuch (1887) gab dasselbe Resultat für einen Mann von 74 Kilo. en ee 2 Dis ERNÄHRUNG MIT KARTOFFELN. 15 Einnahme Harn N Kot N ER Gesamt N | Bilanz == Eee ee — 2 nn = \ a | RT 10-62 | 1-40 | 12.02 — 4:85 HT 7-5 1-40 | 8.90 — lol) ei 6-3 1-40 | 7:70 Mon Die beiden Untersuchungen stimmen, obschon an zwei verschiedenen Personen angestellt, ganz auffallend überein, was nicht beachtet worden ist und Constantinidi selbst nicht bewußt geworden ist, weil er. nur mit den Mittelzahlen dreier Tage operierte und zu dem Schluß kam, seine Person habe eben durchschnittlich N verloren. Das ist ja richtig, im. Zusammenhalt mit Rubners Versuchen mußte aber der gleichartige Abfall der Ausscheidung auffallen und bei 11-45 & N setzte seine Person bereits 1-768 N im Tag an; bei Constantinidi hätte sie etwa 770g N Zufuhr notwendig gehabt, um ins Gleichgewicht zu kommen, wozu für den Ersatz von 0: 53 8 N vom. Körper durch Kartoffel-N ah 0.138 N kämen. In gleicher Weise für den Stoffwechsel-N berechnet (1-5 g), verbrauchten die beiden Personen bei 70 Kilo (6-0 + 1-50) 7-5 g N = 0:107 g pro Kilo —u 0: 669 g Protein— 46-83 g pro 70 Kilo, bei 74 Kilo (6-3 Ba 1:50 + 0-15) 27-932 N = 0:107 eg pro Kilo = 0:669 g Protein = 46-83 8 Während en Werte sehr eingehend, wohl durch Zufall, betr stimmen, unterscheidet sich die neue Versuchsperson nicht unwesentlich. Es wird sich aber dabei um verschiedene Ernährungszustände handeln. -Hindhedes Untersuchungen über die Verdaulichkeit der Kartoffeln. | Von Geheimrat Max Rubner. Im Skandinavischen Archiv, Bd. XXVII, S. 277, hat Hindhede Ausnützungsversuche über Kartoffeln mitgeteilt, die im Zusammenhang mit der vorstehenden Arbeit zu einer eingehenden Besprechung Ver- anlassung geben. Die Publikation Hindhedes ist wörtlich auch in der Zeitschr. f. phys. u. diät. Therapie 1912 zum Abdruck gekommen. Sie enthält eine ganze Reihe unbereehtigter Angriffe auf mich, die anscheinend sachlich, bei genauer Betrachtung rein tendenziöser Natur sind. Auf sie zu antworten, habe ich bisher unterlassen, da sich aber in der vor- stehenden Abhandlung eine Reihe neuer Ergebnisse finden, kann im /usammenhang damit einmal die ganze Arbeitsweise Hindhedes näher beleuchtet werden. Der Inhalt der Hindhedeschen Arbeit läßt sich in Kürze wie folet zusammenfassen. Er hat bei einer Versuchsperson 40 'Tage lang Kartoffel und Fett gefüttert. Die Ergebnisse stellt er einem Ausnützungsversuch, dem ersten dieser Art, mit Kartoffeln gegenüber, den ieh 1877 in meiner Dissertation publiziert habe, und bemängelt dabei eine ganze Reihe von Einzelheiten, worauf in nachstehendem einzugehen sein wird. Er glaubt, wesentlich neue allgemeine Gesichtspunkte zur Beurteilung der Frage der Ausnützung gefunden zu haben und stellt seine Ergebnisse als ‚‚neue“, bisher nicht bekannte Tatsachen, die gewissermaßen umwälzend auf die Anschauungen über den Wert der Kartoffel als Nahrungsmittel erscheinen sollen, hin. Es läßt sich nan leicht zeigen, daß die literarische Darstellung sowohl in ihrem Inhalt unrichtig ist, wie auch seine sogenannte „neue“ Auffassung der Verdaulichkeit der Nährstoffe nur ihm selbst vielleicht so erscheint, Max Rusßner: HiNDHEDE ÜBER DIE VERDAULICHKEIT DER KARTOFFELN. 17 in Wirklichkeit aber auf Vernachlässigung der von mir und anderen längst publizierten Gesichtspunkte beruht. Hindhede hat in seiner Publikation nur meine ersten Versuche vom Jahre 1877 aufgeführt, die ich an einem an Kartoffelkost gewöhnten Soldaten ausgeführt habe, wobei täglich rund 3078 & frische Kartoffeln in verschiedener Zubereitung neben Fett verzehrt wurden = 819 & Trocken- kartoffel; er hält so viel Kartoffeln als eine übermäßige Nahrungsmenge, die schon deshalb der Körper nicht ertragen könne, weiß aber nicht, daß ich bei Weißbrot, Schwarzbrot, Kuchen fast genau die gleichen Nahrungs- mengen gegeben hab, wo sie unterschiedlich und bei Weißbrot und Kuchen ausgezeichnet verwertet worden sind. Die Versuche sind aber gar nicht die einzigen, welche über Kartoffel- kost publiziert worden sind, sondern hierher gehören auch die Experimente, welche Constantinidi! im Voitschen Laboratorium ausgeführt hat, mit täglicher Gabe von 1700 & Kartoffeln ausschließlich in Breiform, die sich besser verdaulich erwies als meine Mischung der Kartoffel in verschiedener Zubereitung CGonstantinidi hat außerdem noch besonders die Aus- nützung der Stärke und der Zellulose angeführt, die als erste dieser Art heachtenswert sind. Nieht erwähnt hat Hindhede weiter eine Untersuchung von mir über Kartoffel aus dem Jahre 1902.” Ich habe da gesagt: „Die großen Mengen von Kartoffeln, wie sie dazu gehören, um einen arbeitenden Erwachsenen ganz bei Kräften zu erhalten, werden nach meinen Befunden nur schlecht ertragen und stellen an den Darm zu große Anforderungen.“ Ich habe die Kartoffel daher für diesen Versuch teils als Pellkartoffel, teils als Brei verzehren lassen; von den gebratenen Kartoffeln und dem Salat sah ich ab, weil ich in meinem Versuch 1877 gesehen hatte, daß namentlich angeröstete Stärke unverändert durch den Darm gehen könne. Diese meine neuen Versuche vom Jahre 1902 stimmten sehr gut mit den Ergebnissen von Constantinidi überein. Der Versuch wurde sowohl mit alten und neuen sowie auch mit neuen Kartoffeln ausgeführt, wobei die letzteren ausgezeichnet resorbierbar waren. Diese Versuche wurden auch kalorimetrisch genau durchgeführt und ergaben einen physiologischen Nutzeffekt von 92-1 Prozent. Ich habe bei der Zusammenstellung ver- sehiedener Nahrungsmittel gesagt: „„Geradezu am günstigsten in der Ver- wertung der eingeführten Spannkraft war die Kartoffel.“ Der Leser wird in der Hindhedeschen Arbeit vergebens nach den Zitaten dieser Arbeiten von mir und Constantinidi suchen; er hat sie 1 Zeitschrift für Biologie. 188%. Bd. XXIU. 8. 450. 2 Ebenda. Bd. XLII. 8. 261. R „Archiv i.A.u. Ph, 1918. Physiol. Abtig. 2 18 Mıx RuBNeER: vollständig verschwiegen, obsehon man aus der Art der Ausführung seiner Versuche, die sieh namentlich in der Verwendung kalorimetrischer Be- stimmungen und Betrachtungen ganz an meine Versuche von 1902 an- schließen. fast mit Bestimmtheit annehmen darf, daß sie ihm bekannt waren. Jedenfalls wird Hindhede Anlaß nehmen müssen, öffentlich über dieses in der wissenschaftlichen Welt so eigenartige Verfahren sich zu äußern. Hindhede nennt und kritisiert eingehend nur meinen ersten Versuch mit Kartoffel aus meiner Dissertation: was er da zu sagen weiß. ist genau das, was ich schon 1902 gelegentlich der neuen Untersuchungen selbst gesagt habe, er läßt aber den Leser auf der Meinung, als habe er, Hindhede, zum erstenmal den Unterschied in der Verdaulichkeit von viel und wenie Kartoffeln erkannt, Meine Versuche haben für die Kartoffel verschiedene Ausnützungswerte ergeben, von 13-95 Prozent Kalorienverlust bei reieher Fütterung bis herab zu 4 Prozent Verlust als Minimum bei leicht verdaulicher Zubereitung und mäßiger Zufuhr, Was haben nun diese ‚neuen‘ Versuche Hindhedes an wichtigen, bis dahin unbekannten Tatsachen ergeben? Ich hatte 1902 sefunden bei 2436 © Kartoffel 15-4 Prozent Verlust an N 5-6 Prozent Verlust an Kalorien. Besieht man sich die Zahlen Hindhedes, so findet er, wie er es wenigstens darstellt, im Mittel 3-1 Prozent Verlust an Kalorien und, 19 Prozent Verlust an N. Hindhede hat aber, was die Kalorien an- langt, hier eine unzulässige Berechnung angestellt; zum Vergleich mit anderen Ergebnissen darf man nicht, wie er es tut, die Gesamtkalorien in Anschlag bringen, seine Versuchsperson hat nämlich im Durchschnitt an 29 Prozent aller Nahrung in Fett aufgenommen. Fett aber geht, wenn man die höchste Grenze der Zufuhr vermeidet, so glatt durch die Ver- dauung in den Körper über, daß man es, wie schon meine Versuche 1877 gezeigt haben, zumal es auch die Kotbildung sonst nicht beeinflußt. außer Rechnung lassen muß. Rechnet man Hindhedes Versuche sinn- gemäß auf die verfütterten Kartoffeln um (etwa 2350 & im Tag), so wird der Verlust nach der Reihenfolge von Hindhedes Versuchen geordnet: 4:09, 4-47, 4-96, 4-11, Mittel 4-41 Prozent. Ich habe bei 2400 bis 2700 8 Kartoffel pro Tag zwischen 5-6 und 4-0 Pro- zent Kalorienverlust erhalten. Es ergibt sich folgende Zusammenstellung für den Verlust der Kartoffel im Kot-im Mittel: Verlust an Kal. Verlust an N Hubmerlso2ı 1. 4:8 12:1 0 Hindhede 1912 ..,.. 44 19-0 _ \ HiINDHEDE ÜBER DIE VERDAULICHKEIT DER KARTOFFELN. ' 19 Wenn man bedenkt, dab es, wie ich nachgewiesen, bereits ein Unter- schied macht, ob man neue oder alte Kartoffeln genießt, und daß auch die Versuchspersonen untereinander abweichen können, so kommt man zu dem Schluß, daß zwischen den Ergebnissen meiner Versuche von 1902 und denen Hindhedes gar kein Unterschied ist, daß also nach der üblichen Ausdrucksweise Hindhede meine Versuche voll bestätigt hat. So hätte er sich ausdrücken müssen, wenn er nicht vorgezogen hätte, das Bestehen dieser Versuche und der von Constantinidi zu verschweigen., Ich nehme an, daß Hindhede meine Versuche aus dem Jahre 1902 vekannt hat, da er bei seinen Versuchen die kalorimetrische Untersuchung genau in der Art und auf die Objekte angewandt hat, wie ich sie zum erstenmal eingehender in einer Arbeit über den Energiewert der mensch- lichen Kost benutzt babe. Er untersucht den Harn und Kot kalori- - metrisch; für den ersten werden Zahlenergebnisse, die nichts mit der Aus- Es nützung Im allgemeinen zu tun haben, nicht näher mitgeteilt. Das zur Feststellung der Kalorimeterwerte des Harns vorgeschlagene Verfahren ist genau das gleiche, das ich zuerst 1885! und 1902? mitgeteilt habe. Auch der Ersatz der Betrachtung der ‚organischen‘ Substanz bei der Aus- nützung dureh die kalorimetrische Bestimmung. ist da benutzt, was sonst nicht üblich war. ; Iın Zusammenhang damit beschäftigte sieh Hindhede mit der Frage. ob die Berechnung der Verbrennungeswärme von Nahrungsmitteln nach Standardzahlen dieselben Werte ergibt wie die direkte Verbrennung, und findet für die Kartoffel eine Übereinstimmung, für den Kot aber nicht. Hinsichtlich der letzten Frage beruft er sieh auf die „klassischen“ Unter- suchungen von Awater und Benediet, die dasselbe gefunden hätten. Was den ersten Punkt anlanet, so ist längst dureh Versuche von Rechenberg an einem sehr umfangreichen Material bewiesen, daß für eine gemischte Kost die Berechnung mittels der von mir angesebenen Standardwerte vollkommen mit den Ergebnissen der vollständigen kalori- metrischen Analyse eines solehen Versuchs übereinstimmt. Ferner habe ich selbst an einem großen Material nachgewiesen, daß die Berechnung der Verbrennuneswärme einer gemischten Kost von der direkten kalori- metrischen Untersuchung nur zwischen 41-6 Prozent und — 1-2 Prozent schwankt®: auch für einzelne Nahrungsmittel finden sieh einige Beispiele der Übereinstimmung, merkwürdigerweise gerade darüber auch für die ! Zeitschrift für Biologie. Bd. XXI. S. 250 ff. ? Ebenda. A.a. 0. 8.270. ® Kbenda. 1902. 8. 296. 20... Max RUBNER:!: Kartoffel, wo ich in einem Falle für 1911-5 berechnete Kalorien 1911 direkt bestimmte fand. Die Berechnung der Verbrennungswärme des Kotes aus seiner Zu- sammensetzung, von der Hindhede spricht, ist meines Wissens als eine übliche Methode nie in Aufnahme gekommen, es ist also unnötig, sie widerlegen zu wollen. Denn es ist wohl jedem Physiologen bekannt, dab zunächst der N des Kotes nicht aus Eiweiß zu stammen braucht. Näheres über die Verbrennungswärme einiger Kotbestandteile findet sich in meinem Buche ‚Die Gesetze des Energieverbrauchs“ S. 26 angegeben, dortselbst auch angeführt, daß 63 Prozent des Kot-N in Äther-Alkohol löslich sind. Die kalorimetrische Bestimmung des Kotes ist daher durch mich sehon 1885 für die Ernährungsfragen des Menschen empfohlen worden, Außer sporadischen anderweitigen Angaben habe ich die Beziehungen der kalori- metrischen Werte des Kotes zur Nahrung und zur Ausnützung ausführlich 19021 für verschiedene Ernährungsweisen, darunter auch für die Kartoffel, behandelt. Wenn namentlich für manche landwirtschaftlichen Zwecke eine Be- rechnung der Kotbestandteile nach dem Schema, das zur Berechnung für Nahrungsmittel allgemein üblich ist, geschieht, so erfolet dies mit dem Bewußtsein, Näherungszahlen für die Ausscheidungen der ‚‚Kohledydrate‘ zu finden und wird um so weniger fehlerhaft, je schlechter die Ausnützung ist. Auch im Hinblick auf die kalorimetrischen Fragen hat Hindhede es verabsäumt, anzugeben, was vor ihm bereits für die gleichen Objekte bekannt war; dies wäre um so nötiger gewesen, als bis jetzt kalorimetrische ‘ Untersuchungen Hindhedes nicht bekannt geworden sind. Als Gesamt- resultat sagt Hindhede folgendes über die Kartoffel: „Nehmen wir den Durchschnitt der Verdaulichkeitszahlen für Trockensubstanz und Kalorien, so erhalten wir 97-2 — 96-9/2= 97-0 Prozent als Ausdruck für die Ver- daulichkeit der Kartoffeln.‘ (S. 281.) RR: Abgesehen davon, daß man nicht aus einer stofflichen Größe und energetischen Größe zusammen ein Mittel bilden kann, ist dieser Wert unrichtig, weil er ja, wie oben S. 18 gesagt wurde, nicht die Kartoffel betrifft, sondern Fett und Kartoffel. Von dem N und Fett des Kotes , nimmt er kurzweg an, daß sie nicht von der Kartoffel herrühren, sondern von Verdauungssekreten, und sagt dann (S. 283) mit anderen Worten: „Die Kartoffeln können als vollständig verdaulich angesehen werden.“ \ In der vorhergehenden Abhandlung finden sich die Unterlagen für ı A.a. 0. 8. 297. HINDHEDE ÜBER DIE VERDAULICHKEIT DER KARTOFFELN. an die völlige Widerleeung dieser Behauptung Hindhedes. Die Kartoffel ist so wenig wie irgendein anderes zellmembranführendes Nahrungsmittel voll verdaulich. Die Annahme über die Verdauungssekretmenge Hindhedes ist eine völlige willkürliche und auch beweisbar falsche. Was Hindhede alles zu untersuchen unterlassen hat, das ergeben die zahlreichen Ver- suche, die ich in den letzten drei Jahren aus Anlaß der Beschäftigung mit der Kriegsernährung angestellt habe. Pflanzliche Nahrungsmittel (zellen- haltige) ohne Rückstände im Darm gibt es nicht. Außerdem sind die Stoffwechselprodukte nichts Nebensächliches, vielmehr muß man sie kennen, weil die einzelnen pflanzlichen Nahrungsmittel ganz verschiedene Mengen von Stoffwechselprodukten bei der Verdauung erzeugen. Es bleibt richtig, was ich 1902 nach meinen Versuchen gesagt habe: die Kartoffel ist außer- ordentlich günstig in der Verwertung — natürlich gewisse Grenzen der "Nahrungszufuhr vorausgesetzt, aber ganz verdaulich ist sie nieht im entfierntesten. Im Kartoffelkot findet man sowohl Pentosane, Zellmembranen, Stärke als unverdauliches Material, und auch das Eiweiß der Kartoffel, so gering es an Menge ist, kann nicht als absolut verdaulich angesehen werden, weil es in der Natur der Zellmembran liegt, daß sie sich von dem Eiweiß nicht ganz trennt, es sei denn, sie würden vollkommen zerstört, was ich bisher bei keinem Nahrungsmittel pflanzlicher Natur gesehen habe. Und was die Frage der Anregung von Stoffwechselprodukten anlangt, so ist diese Seite der Frage hier noch nicht allgemein zu behandeln, jedenfalls sehört die Kartoffel trotz ihrer unter Umständen ausgezeichneten Resorption doch nicht zu den Nahrungsmitteln, welche den Darm am allerwenigsten belasten. Als einen mehr nehensächlichen Umstand möchte ich bezeichnen, daß Hindhede, wenn er von meinen Versuchsergebnissen spricht, als Unter- lage nicht die Orisinalarbeit, sondern eine Tabelle zitiert, die auf der Dresdener Hygieneausstellung sich befunden haben soll und eine Übersicht über die Verdaulichkeit einiger Nahrungsmittel nach meinen Versuchen geben soll. Hindhede scheint wohl anzunehmen, daß ich der Verfertiger dieser Tabelle war, und irrt sieh dabei wie in vielem anderen. In seiner Arbeit über Kartoffelkost hat Hindhede einem Abschnitt (8. 287) die Überschrift gegeben: ‚‚Die Verdaulichkeit des Eiweißes“, wo- bei er folgendes anführt. In den alten Versuchen habe man das Haupt- sewicht auf die Verdaulichkeit des Eiweißes gelegt und diese sei be- rechnet worden dureh das Verhältnis zwischen Eiweiß in der Kost und Eiweiß in den Exkrementen. Bei „Rubners‘ Kartoffelversuchen werden in der Kost 11-48 N und in den Exkrementen 3-69 g gefunden; folglich 2 MAx RUBNER: sind 32-2 8 unverdaulich. Ich bin aber der Ansicht, saet Hindhede, daß man auf diese Weise nicht rechnen darf. Auch ieh bin der Ansicht; zum Unterschiede von Hindhede findet sich aber diese meine Meinung schon in meiner Dissertation 1879 ausführlich ausgesprochen, sie war auch vor mir schon manchem anderen Physiologen bekannt. nur kann ich anfügen, daß ich auch als erster den Versuch gemacht habe, diese Anschauung durch ein Experiment am Menschen zu beweisen, indem ich bei möglichst N-freier Kost zeigen konnte, dab trotz des N-Mangels N im Kot nicht unbeträchtlich vorhanden war, also Stofl- wechsel-N sein mußte. Nur eines war bemerkenswert, daß bei reichlieher Kohlehydratkost diese N-Ausscheidung durchaus nicht gering war. Über diese Anschauungen hätte sich übrigens Hindhede in dem Buch Voits über Ernährung in Hermanns Handbuch der Physiologie auch unter- richten können. Jeder Leser von Hindhedes Arbeit wird denken, wenn er die Darstellung S. 287 liest, daß ich wohl der Vertreter dieser von ihm gezeigten unrichtigen Auffassang des N-Verlustes bei Ausnützungs- versuchen sei; wenn man aber das berücksichtiet. was ich 1879 sesaet habe, so wird man sehen, daß ich das Gegenteil von dem ausecsprochen habe, was mir anscheinend unterschoben werden soll. Ich habe schon in der ersten Publikation meiner Ausnützunesversuche! wörtlich gesagt: „leh habe bis jetzt nur vom Stickstoffabgang im Kot im Vergleich zum Stickstoffgehalt der Zufuhr gesprochen und noch nichts darüber gesagt, ob dieser N-Verlust einem Verlust von Eiweiß eleich- zusetzen ist. Das ist nun selbstverständlich nicht tunlieh, schon deshalb nicht, weil ein Teil des N der Nahrungsmittel nieht in Eiweiß, sondern in anderen Stoffen, zum Teil in Zersetzungsprodukten oder Extraktiv- stoffen enthalten ist. Aber noch aus einem anderen Grunde. Der Stick- stoff des Kotes rührt nämlich nicht allein von den Speisen her, sondern auch, wie ein Teil des Fettes und der Asche des Kotes, von den in den Darm ergossenen Verdauungssäften: ferner um diesen Anteil an Stickstoft zu ermitteln, wäre es nicht riehtie, den im Hungerkot abgehenden Stick- stolf zu bestimmen und von dem Stickstoff des: Kotes nach Nahrunes- aufnahme in Abzug zu bringen, denn wir wissen nicht, ob hei der Zufuhr von Speisen die Verdauungssäfte nieht in großerer Menge abgesondert werden und ein viel reicheres Residuum hinterlassen.“ Und um diese Größe des im Kote mit solehen Stoffwechselprodukten ausgeführten Stickstoffs festzustellen, habe ich eine besondere Unter- suchung bei mögliehst N-armer Kost ausgeführt, etwa in der Höhe, wie 1’A.2.0. Bd.xXV. 8.197, A x HINDHEDE ÜBER DIE VERDAULICHKEIT DER KARTOFFELN. . 23 die Nahrungsaufnahme hei den Vegetabilien war und dabei im Tag 1-36 & N als Ausscheidung gefunden. Die Frage dieses Stoffwechselanteils habe ich dann noch ausführlicher an Beispielen besprochen, und es wird für niemanden, der sich die Mühe nimmt, die Orieinalpublikationen ein- zusehen, auch nur der allergeringste Zweifel sein können, wie die Frage der Ausnützung zu betrachten und zu beurteilen ist. 1883 kam ich! in einer Arbeit über die Ausnützung von Brotarten verschiedener Ausmahlunge nochmals auf die Betrachtung der Eiweiß- ausmützung zurück und habe für den Weizenkleber gezeigt, daß er zw mindestens zu 94-3 Prozent ausgenützt wird. Es ist kaum eine unwahr- haftigere Darstellung meiner Anschauung über die kritische Betrachtung des Eiweißes bei Ausnützungsversuchen möglich, als Hindhede sie gibt. leh habe schon einmal Hindhedes Vorgehen zurückgewiesen?, ohne dab bis jetzt Hindhede seine Behauptungen zurückgenommen hat. _ Die Verdaulichkeit des Eiweißes läßt sich nicht in allen Fällen mit voller Sicherheit feststellen, wohl aber erhält man bestimmte nähere Anhaltspunkte hierfür, wenn man sich der von mir in den letzten Jahren angewandten Methoden der Kotuntersuchung bedient. Aber damit ist ja der eanze Fragenkreis, der beantwortet werden soll, nicht erledigt, auch nicht für physiologische Zwecke in engerem Sinne, denn die Bedeutung der Stoffwechselprodukte muß für sich sowohl im Hinblick auf die Art der Verdauungsvoreänge selbst wie auch init Bezug auf Stoffwechselfragen überhaupt eingehend gewürdigt werden. Der Ausnützungsversuch kann aber ein ganz anderes Ziel verfolgen, er kann als praktisches Mittel zur Feststellung der notwendigen Nahrungszufuhr angesehen werden. So war er in erster Linie zur Zeit der Ausführung meiner ersten Experimente sedacht. Sind die verschiedenen Nahrungsmittel hinsichtlich der N-Ver- sorgung und der sonstigen Nahrunesstoffe uneleichwertig und in welchem (Grade? Das ist eine wichtige, praktische Frage, die uns täglich ent- seoentritt. Für die Zusammenstellung einer Kost ist es gleichgültig, ob der N, das Fett, die Kohlehydrate oder besser gesagt kurzweg die Kalorien zu Verlust gehen als wirkliches Eiweiß oder als Stoffwechselprodukt: für den bestimmten Zweck des Ersatzes durch anderes Material muß eben eine bestimmte Menge an N oder Kalorien resorbierbar sein. Zur Auf- stellung von Verdauungsfaktoren können daher die Werte der unmittel- baren Ergebnisse verwendet werden, das ist ein Verfahren, welches, wenn TA.a. ©. Bd. XIX S 7. ” Uber moderne Ermährungsreformen, 1914. 3, 46. EEE EEE ERBE 24 Max RüsBnER: HINDHEDE ÜBER DIE VERDAULICHKEIT DER KARTOFFEEN, auch nicht einwandfrei, sowohl für menschliche Zwecke wie für die Be- rechnungen von Verdauungsfaktoren für landwirtschaftliche Zwecke seit Dezennien ausgeübt worden ist und in der Aufstellung von Kostsätzen für die Tierzucht allgemein zur Anwendung kommt. Hindhede scheint das noch nicht zum Bewußtsein gekommen zu sein. Man halte also die Frage der Resorption des Eiweißes und die all- gemeine Frage des N-Verlustes als zwei getrennte Fragen wohl auseinander. Um diesen Abschnitt zu beenden, sei noch auf die vorhergehenden Ver- suche bingewiesen, welche zeigen, daß auch das Kartofieleiweiß nicht völlig zur Resorption gelangt. Aus meiner Darlegung ergibt sich, daß Hindhede sich dadurch, dab er literarisch seine Vorgänger auf dem gleichen Gebiete nicht zu Worte kommen ließ, einerseits sich Gelegenheit verschafft hat, gegen Dinge zu polemisieren, die gar kein Streitgegenstand mehr sein können, daß er aber weiter durch die gleichen Mittel den Anschein erweckt, als sei er mit neuen Tatsachen bahnbreehend vorgegangen. Nichts von alledem ist richtig, es bleibt nur ein langdauernder Ausnützungsversuch mit Kartofieln als realer Gewinn, mit Ergebnissen aber, die in keiner Weise über vorher Bekanntes hinausgehen. Auf die Eiweißernährungsfrage und das Minimum komme ich an einer anderen Stelle zu sprechen. Hindhede liebt es, in seiner Publikation mit besonderem Nachdruck immer auf den Gegensatz zwischen dänischer und deutscher Wissenschaft und der Überlegenheit der ersteren zu reden. Soweit ieh die Vertreter der ersteren kenne, glaube ich nicht, daß sie Herrn Hindhede als Ver- treter ihre Angelegenheiten in die Hand legen wollen, noch auch diese Pflege internationalen Verkehrs besonders schätzen werden. Ich glaube, es ist allmählich an der Zeit, sich darauf zu besinnen, daß die Art der Publizistik Hindhedes weder in neuen Gedanken noch in der Erfindung neuer Methoden noch in seiner Literaturkenntnis und kritischen Schärfe irgendwie eine ausreichende Stütze findet. nn N ee Die Verdaulichkeit der Zellulose. Vergleichende Untersuchungen. Von Karl Thomas und Hans Pringsheim, unter Mitarbeit der Herren W. Fritze, R. Kindermann und H. Schotte. (Aus dem Kaiser- Wilhelm - Institut für Arbeitsphysiologie.) 1. Fragestellung. An Versuchen, das in der Pflanzenwelt weitverbreitete Polysaccharid Zellulose der tierischen Ernährung in erhöhtem Umfange -dienstbar zu machen, hat es schon vor dem Kriege nicht geiehlt. Die heutige Knapp- heit der Futter- und Nahrungsmittel während des Krieges hat dazu angeregt, soleFe Versuche in der Hoffnung wieder aufzunehmen, die Frage der gewünschten Lösung zuzuführen. Bisher leider ohne Erfolg. Die Zellulose, die in dem verfütterten Stützgewebe 30 bis 50 vom Hundert ausmacht, verhält sich im Darmkanal ganz anders als ihr Gegenstück, die“ Stärke. Die Zellulose ist unlöslich und kann auch durch keine physikalische oder chemische Behandlung in eine für die Verdauung wert- volle Lösung oder Quellung gebracht werden. Energische Behandlung mit Säuren oder Laugen bei hohen Temperaturen löst zwar erhebliche Mengen, aber was in Lösung geht, ist keine Zellulose mehr. Die Zellulose als solche bietet also der Einwirkung der Verdauungssäfte stets eine verhältnismäßig kleine Oberfläche dar, eine rasche und daher weitgehende Resorption. ist schon aus diesem Grunde bei den meisten Tieren nicht zu erwarten. Anders die sich beim Kochen kolloidal lösende Stärke! Die Verdaulichkeit der Zellulose soll ausschließlich auf der Tätigkeit der Darmflora beruhen. Dann ist erklärlich, warum der Hleisch- und Pflanzen- fresser die Zellulose so verschieden stark resorbiert. Im längeren Diekdarm und im Wiederkäuermagen herrschen natürlich sehr viel günstigere Lebens- 26 Kırtr Tnuomas unn Hans PRINGSHEIM: bedingungen für die Zellulosebakterien. Für den Darm des Fleischfressers, x. B. des Hundes, ist es immer noch fraglich, inwieweit er Zellulose ver- dlaut. Positive und negative Angaben liegen in der Literatur vor (vgl. unten). Der Grund für die Verschiedenheit ist wahrscheinlich die ver- schiedene Bakterienflora des Darmes bei den verschiedenen Versuchen, bedingt durch das Beifutter. Ein anderer (rund ist methodischer Natur; als „‚resorbiert‘ erscheint in der “Aufrechnung: der Teil, der”bei der Analyse nicht wiedergefunden wurde, d. h. entweder bei der Abgrenzung verloren gegangen oder durch die mehr oder weniger eingreifende chemische Be- handlung des Materials zwecks Bestimmung der Zellulose in Lösung ge- bracht worden ist. Je sorgfältiger man also arbeitet, um So kleiner muß der ‘Koeffizient der Verdaulichkeit werden. Bei dieser Sachlage ist es auffallend, däß fast bei allen Ausnutzungsversuchen "die alte Methiode der Weender-Rohfaserbestimmung benutzt worden ist. Ähnliche bequeme Methoden wurden verschiedentlich! ausgearbeitet. ‘aber: als. zu stark zellulosezerstörend oder für den Kot nicht recht geeignet immer wieder verlassen. Gefordert muß bei solchen Untersuchungen werden, daß nicht nur die Zellulose im Kot allein bestimmt und so in Beziehung zu der Einnahme gesetzt wird; auch die Nahrung muß mit der gleichen Methode direkt bestimmt werden. Dies ist von Bedeutung bei Material, das z. B. durch chemische Agentien empfindlicher gegen die Behandlung bei der Zellulose- bestimmung geworden sein kann. Dafür gibt es eine Reihe von Methoden; als die beste und zuver- lässigste gilt die von Uross-Bevan, die die begleitenden Substanzen (Lienin) durch Behandlung mit Chlorgas bei 0% und Digerieren mit einer schwach alkalischen Lösung (2 Prozent Natriumsulfit) entfernen. Dennoch ist diese Methode bei den Ausnutzungsversuchen nur einmal benutzt worden?! sie ist sehr bequem für Textilfasern u. dgl., aber recht um- ständlich bei gepulverten Nahrungsmitteln und gar beim Kot. Sie gibt, aber wirklich zuverlässige Werte und das ist die Hauptsache. Durch Rubner ist zuerst wieder darauf hingewiesen worden, dab (lie Angaben, die mit der Weender-Methode bei verschiedenem Material gefunden worden sind, nicht einmal untereinander verglichen werden dürfen, da die Zellmembran nicht gleichmäßig zusammengesetzt und ihre verschiedenen Bestandteile bei der Weenderbestimmung verschieden stark engeeriffen werden. !y. Hoesslin, Scheunert. ° Shermann, Ohemisches Zentralblatt. 1897. Bd.I. 8. 1020. VE \ = J Dres VERDAULICHKEIT DER ZELLUTLOSE, 27 Eine milde Methode zur Bestimmung der Zellulose zu benutzen, war vor allem auch deswegen erforderlich, weil unsere Zellulosepräparate durch chemische Agentien aufgeschlossen sein sollten. Diese Behandlung verfolgt einen doppelten Zweck. Die Zellulose bildet ja nicht allein die Zell- membran, sondern steht in enger Verbindung mit den Hemizellulosen und dem Lignin. Sie soll einmal freigelegt werden. Zum zweiten hoffte mar, durch das Aufschließungsverfahren auch die Zellulose selber so zu ver- ändern, dab sie für die Bakterien im Darm leichter, vielleicht sogar für’ die Verdauungsiermente überhaupt angreitbar wird. Wenn das große Zellulosemolekül erst einmal angefressen ist, könnten die Bakterien eher an mehreren Stellen zugleich angreifen, es vielleicht sogar in einzelne eroße Bruchstücke teilen und diese dann einzeln und gleichzeitig völlig zertrümmern, also ihm ein gleiches Schicksal bereiten, wie wir es vom proteolytischen Verdauungsferment dem großen Eiweihmolekül gegenüber wissen. So könnte man sich die aufschließende Wirkung der Alkalien auf verholzte Membranen vorstellen. Es war demnach zu entscheiden, ob reine Zellulose durch die Behandlung mit solchen verdaulicher wird, Wir wählten Filtrierpapier (Sulfitzellstoff) und kochten es gemäß dem Lehmannschen Verfahren zur Strohaufschließurg unter Druck. Starke Alkalien und höhere Temperatur zerstören auch von reiner Zellulose zuviel. bringen zuviel in Lösung und waren daher zu vermeiden. Die gleichen Präparate wurden an Hund, Kaninchen und Hammel gefüttert, um einen genauen Vergleich für die physio- logische Bedeutung des Darmtraktus der verschiedenen Tiere zu erhalten. Der Hund mit seinem kurzen Darm ist auf die Zelluloseverdauung gar nicht eingerichtet, beim Kaninchen kann die Gärung im langen, weiten Diekdarm vor sich gehen. der Hammel hat den Wiederkäuermagen vorgeschaltet. 2. Methodik. A. Beifutter. 1. Darmflora. Das Beifutter ist von Einfluß auf die Darmflora, also, meint man ouch auf die Verdaulichkeit der Zellulose. Ist dieser Schluß so ohne weiteres gerechtfertigt ? Sicher halten sich die Zellulosebakterien nur da, wo sie Zellulose als Nährmaterial vorfinden, im Darm des mit Fleisch gelütterten Hundes werden sie also in nennenswerter Menge voraussicht- \ 28 KARL Tuomas unp Hans PRINGSHEIM: lich nicht anzutreffen sein; bekannt aus der menschlichen Physiologie ist aber, daß die Darmflora sich rasch auf eine neue Kost einstellt! und im allgemeinen. wenig vom gewohnten Bild abweicht. Reichliches und zu- verlässiges Material in dieser Frage liegt aber nicht vor. Es gibt keine Methode, den Bakteriengehalt des Kotes nach Art und Menge zu be- stimmen, die frei von gewichtigen Einwänden wäre. Mit der zellulose- haltieen Kost werden die weitverbreiteten Zellulosebakterien immer mit eingeführt. So wird also auch der Hundedarm ihrer nicht entbehren. Sicher sind sie immer im Darm des Pflanzenfressers vorhanden. Wenn er zellulosearme, stärkereiche Kost erhält, sind sie wahrscheinlich dureh andere Organismen zurückgedrängt, sofort aber in genügender Menge verfügbar, wenn der Zellulosegehalt der Kost ansteigt. 2. Stärkegehalt des Beifutters. Beim Wiederkäuer tritt durch einseitige Zulage verdaulicher Kohle- hydrate eine Verdauungsdepression ein.? Zuntz? erklärte sie dadurch, daß die Zucker vergärenden Bakterien sich vordrängen und die Zellulose lösenden Organismen nicht zur vollen Entwicklung kommen lassen. Dab unter solchen Verhältnissen auch das Rohprotein schlechter ausgenutzt wird, mag auf die die Peristaltik anregende Wirkung der Gärungssäuren zurückzuführen sem. Eine sesetzmäßige Festlegung der Größe dieser Verdauungsdepression in Beziehung zum Mengenverhältnis der Stärke und der anderen Nährstoffe im Futter ist bisher nicht möglich gewesen. Beim Schaf tritt eine Verminderung der Proteinausnutzung erst ein‘, wenn auf 1 Teil Protein 8 bis 9 Teile leichtverdauliches Kohlehydrat kommen. Wir haben uns trotz dieser Beobachtungen zur Trockenkartoffel als Bei- futter entschlossen aus unten näher erläuterter Überlegung. Dadurch, dab wir auf 1 Teil Zellulose nur 2 bis 4 Teile Kartoffel fütterten, glauben wir die Verdauungsdepression in den eigentlichen Versuchsperioden aus- geschlossen zu haben. Wie bei allen exakten Ausnutzungsversuchen, haben auch wir Kontrollperioden am gleichen Tier eingeschaltet, d. h. unseren Hammel nur mit Trockenkartoffel gefüttert. Hier machte sich allerdings diese Depression bemerkbar; schon äußerlich war dem Tier anzusehen, daß * Besonders Lembke, Archiv für Hygiene. 1896. Bd. XXVI. 8. 325. Siehe Zusammenfassung in Schmidt-Straßburger, Die Fäxes des Menschen. 4. Aufl. . LOS. 8,3317: Nele 5.90: elite Arena, * Hofmeister u. Haubner, Landwörtschaftl. Versuche. 1864. Bd. VI. 8.185. SZ el u nn ZZ N VEN DiE VERDAULICHKEIT DER ZELLULOSE. 20 ihm das Kutter nicht behagte. Er fraß es anfangs gern, auf die Dauer war es ihm aber nur mit Schwierigkeiten in genügender Menge beizu- bringen, ganz im Gegensatz zu den eigentlichen Versuchsperioden. 3. Zellulosegehalt des Beifutters. Einfluß auf die Ausrechnung. Wir haben Kartoffel als Beifutter gewählt, weil sie das zellulosv- ärmste Nahrungsmittel ist. Wenn man bei einem Nahrungsmittel zu be- stimmen hat, wieviel davon resorbierbar ist, so ist die beste Versuchs- anordnung die von Rubner für den Menschen und Hund angegebene.! Das zu untersuchende Nahrungsmittel wird einige Tage allein gereicht und in solcher Menge, daß es den gesamten Nährbedarf ungefähr be- streitet. Vorher und nachher gibt man eine Kost, die einen Kot übrig läßt, der in der Farbe und besonders auch in der Konsistenz verschieden ist von dem dazwischen liegenden Versuchskot. Auf diese Weise erhält man genau den Kot, der zu dem geprüften Nahrungsmittel gehört, un- vermengt mit dem anderer Tage. Das ist wichtig, denn darauf beruht in erster Linie die Genauigkeit einer Bestimmung der Verdaulichkeit. Diese einfache Anordnung des Versuchs läßt sich aber nur da gebrauchen, wo das Nahrungsmittel als einziges gereicht werden kann; das war bei unserem Material ausgeschlossen. Wir mußten es einem anderen Futter zulegen. Dessen Ausnutzung muß bekannt sein, am besten wird sie am gleichen Tier in besonderen Versuchsreihen bestimmt. Aber auch dann erreicht diese meist geübte Versuchsanordnung nicht den Grad der Ge- nauigkeit wie die Rubnersche. Sie setzt voraus, daß die Verdaulichkeit des Beifutters durch die Zulage nicht geändert wird. Systematische Kontrolluntersuchungen liegen nicht vor. Man hat sich auch auf andere Weise. zu helfen gesucht. In unserem Fall könnte man so verfahren: Man bestimmt die Ausnutzung einer Kost, die aus beliebig vielen Nahrungs- mitteln bestehen darf. Dann ersetzt man einen Teil, z. B. Heu dureh Stroh. Dabei soll die Gesamtzusammensetzung der Kost an Eiweiß, Fett, Kohlehydrat, Zellulose usw. möglichst nicht geändert werden. Die Aus- nutzung des ersetzten Heues muß ebenfalls bekannt sein. Man nimmt dabei an, daß die Darmflora unter diesen Umständen die gleiche bleibt, darauf wird besonders Gewicht gelegt. Und wenn das Volumen der Kost auch noch dasselbe ist, so soll der Rest der Versuchskost keine Änderung in der. Verdaulichkeit erfahren haben. Durch Kombinierung der Verdau- lichkeit beider Kostformen und der des ersetzten Nahrungsmittels, in unserem Fall des Heues, erhält man dann die des Strohes, also der zu prüfenden Zulage. Einer solchen Anordnung des Versuches haftet der \ Zeitschrift für Biologie. Bd. XV. 8. 115; 1879. 30 Kırı THuoma8 unn HANS PRINGSHEIM: Mangel an, daß jede Änderung in der Verdaulichkeit der Grundkost und des Stellvertreters zum Schluß in der des geprüften Strohes erscheint. Solange das Grundfutter arm an Rohfaser ist, die Zellulose des Kutters also fast ganz aus der Zulage — dem Stroh — besteht, wird es in der . prozentischen Berechnung nicht viel ausmachen, wenn die Zellulose der (Grundkost in den Vergleichs- und Hauptperioden etwas verschieden aus- genutzt worden ist. Anders aber, wenn auch die Grundkost reich an Rohfaser ist. Jede Änderung ihrer Verdaulichkeit wird.der des Strohes angerechnet. Und das ist möglich trotz Gieichbleiben von Volumen und Zusammensetzung der Kost. Die Entwicklung der Darmflora dürfte nicht nur von der chemischen Beschaffenheit, sondern auch von der physika- lischen Angreifbarkeit des Nährbodens abhängen. Und die physikalische Resistenz mag für die Zellulosebakterien bei Zellmembranen verschiedener . Herkunft ganz verschieden sein. Wir wissen nichts darüber; die Möglich- ‚keit bestelft. Auf Grund dieser Überlegungen haben wir uns zur Kartoffel als Beifutter entschlossen. Sie ist sehr arm an Rohfaser, während der Sulfitzellstoff, den wir prüften, nichts anderes enthält. So vermeiden wir also in der Anordnung bereits einen möglichen Versuchsfehler. Den Ein- wand, daß ein an Zellulose gewöhnter Darm — wenn also auch die Versuchskost schon zellulosereich ist — unser Futter besser verwertet hätte, halten wir nicht für berechtiet. „Die Kartoffel ist ja nicht frei von Rohfaser, auch bei ausschließlicher Kartoffelkost befinden sich im Darm immer Zellulosebakterien; sie mögen in den ersten 2 bis 3 Tagen unserer Hauptperioden noch nieht zur vollen Entwicklung gekommen sein, an ihnen mag also die Zellulose noch nieht so gut als überhaupt möglich verdaut worden sein; dafür haben wir aber die Hauptperiode so lange ausgedehnt, daß im Gesamtergebnis dieser Mingel nielt mehr in Betracht kommt, zumal dann, wenn der Kot erst nach achttägiger Fülterung mit der‘ Versuchskost gesammelt wird, wie es meistens gescl ielt. 4. Biweißgehalt des Beifutters. Der Eiweißgehalt der Kost reichte während der Vergleichsperioden aus, mit Kartoffeln allein können erwachsene Menschen ja auch monate- lang am Leben erhalten werden. In den Hauptperioden mag das Tier ' ein wenig an Stickstoff verarmt sein dadurch, daß zu wenig Kartoffel sefüttert wurde — der Harn wurde nicht gesammelt —, auf die Verdau- lichkeit hat dies keinen Einfluß. Auch im vollkommenen N-Hunger werden die Verdauungssäfte nach wie vor gebildet, was der Organismus braucht, nimmt er sich, wenn nicht anders, aus seinem Bestand. Zudem wurde das Tier immer wieder aufgefüttert, nachdem es einige Wochen im Ver- Ss et DIE VERDAULICHKEIT DER ZELLULOSE. suche gehalten worden war. Nur wenn man ein Tier monatelang im Eiweib- hunger hält, wird nach nicht unwidersprochen gebliebenen Beobachtungen das Futter allmählich schlechter verdaut.! B. Die Abgrenzung des Kotes beim Hund macht keine Schwierigkeiten: ein eingeschalteter Tag, an dem /, Pfund Knochen gefüttert werden, genügt, sie schieben, durch die Verdauung in ein gleichmäßiges Pulver verwandelt, allen Darminhalt vor sich her, so daß der Versuchskot gar keine Möglichkeit hat, sich mit anderem zu vermengen. Anders bei den Pflanzenfressern. Beim Kaninchen wird der Magen noch prall gefüllt angetroffen, wenn das Tier schon einige Tage gehungert hat. Von einer Schichtung der Speisen. wie im Hundemagen ist nichts bekannt. Ein großer Teil der Ingesta sitzt ferner in dem weiten Blinddarm. Auch hier mischt sich wie im Magen der spätere, Speiserest mit altem. Leer darf ja der Kaninchendarm nicht werden, sonst kommt es leicht zu Verschlingungen. Also eine Abgrenzung läßt sich hier nicht durchführen. Noch viel weniger beim Hammel. Hier mischen sich die Speisen mehrerer Tage innig bereits im Wiederkäuer- magen. Auch mehrtägiges Hungern entleert ihn nicht. Deshalb wird bei Ausnutzungsversuchen an Pflanzenfressern der Versuchskot in der Weise gewonnen, daß das Tier 14 Tage lang ganz regelmäßig die Versuchskost erhält, aber erst während der zweiten Woche der Kot gesammelt wird. Am _ Ende dieser Woche wird dann noch so viel von Resten, die eigentlich zu dem abgewogenen Versuchsfutter gehören, im Darm zurückbleiben, als am Anfang der Woche noch von vorher darin war, so wird der Verlust sich ausgleichen. Wir konnten ein anderes Verfahren einschlagen. Der Kot der Kartoffel-Vergleichsperioden war reich an N, der hauptsächlich aus den Verdauungssekreten stammte, der Versuchskot arm daran, da er noch reichlich unverdaute Rohfaser enthielt. Aus dem N-Gehalt des Kotes. der während der Übergangszeiten täglich gesondert gesammelt wurde, konnte also der Anteil von Vergleichs- und Versuchskot in ihm ermittelt werden. Zur Sicherheit wurde diese Berechnung noch an einem anderen Bestandteil anderer Herkunft, den Pentosanen, durchgeführt, weil sich diese im Rohkot leicht bestimmen lassen. So mußten täglich Wasser, Ascl e, N und Pentosangehalt bestimmt werden, viel Arbeit, die aber mit völliger Sicherheit uns davor schützte, dab uns unverdaute Zellulose entgangen ist. Das ist besonders wichtig, denn was nicht wiedergefunden wird, gilt als verdaut. Hier kam es uns ja darauf an, gute Vergleichswerte sowohl a ee i Magnus-Levy, im Noordene 2. Aufl. 1906. Bd.I. 8. 62. 32 Kırı THuomas und Hans PRINGSHEIM: für die drei Tiere wie für unbehandelte und Natronzellulose zu erhalten. Für gewöhnlich genügt natürlich auch beim Wiederkäuer 8 Tage langes Sammeln des Kotes vollauf, wenn eine Stägige Vorperiode mit gleicher ‚Kost vorgeschaltet wird. Diese Anordnung haben auch wir unseren weiteren Ausnutzungsversuchen gegeben unter Beibehaltung der Kartoffel als alleinigem Grundfutter. \ Ergebnisse. l. Zusammenstellung. ! Auf 100 Teile eingeführt sind unverdaut BU SSeReni EEE | \. Organische | Rein- | Weendke] Trocken- N ı Pentosan Keloni ien nr | ' zellulose | Rohfaser Kartoffel. Kaninehen I! 17-2 57:4 | 68-3 92-6 59.3 % ”s I 10-8 DOES a 3 der 80.7 61-5 : ILL | 3:0, Sl os let 33-6 26-9 (anderes Tier) | Hammel I 10.4 | 57.5). 99.9 60-9 38.5 15-9 en II 17-2 1 6 Te | 33.4 59-5, 24-4 " II | 12.0 I Sa, ze 64.4 43.7 17-8 Be r unbehandelt. kunden — | — _ 101-8 103-8 — Kaninchen . . 33.0 | —_ — KETTE 66-2 | — Hammel. 42.1 ı — |, 42.9 40.2 = Natronpapier. Honda — — | — | 97:3 103-9 — Kaninchen . . 92-3 a re: — Hammel. . . 68-1 —. Tee BrT een 56.0 2. Wie beeinflußt der Bau des Magen-Darmkanals die Zellulöse- verdauung in quantitativer Hinsicht? Es wurden nicht ausgenutzt wieder ausgeschieden von 100 Teilen der verfütterten Reinzcllulose: R desgl. nach Behandlund beim Filtrierpapier eNat vonlau ge | beim Hund | 101-8 ge »suRKanınehen 7.2... | lol N 82:6 > Hlaramely sd. n.hr 42.9 | 64-7 1 De Verwertung für die Frage, dureh entsene Analyse den physiologischen Stärkewert von aufgeschlossenem Stroh zu erhalten, siehe Semmler u. Prings- heim, Landwirtschaft. Versuehsstation. 1918. ( DIE VERDAULICHKEIT DER ZELLULOSE. 33 . Während der Hund den Sulfitzellstoff gar nieht verdaute, weder mit noch ohne Behandlung mit Natronlauge, vermochten im Kaninchendarm ein Viertel bis ein Siebentel davon in Lösung zu gehen, beim Hammel sogar bis mehr als die Hälfte im günstigsten Fall. a) Zelluloseausnutzung! beim Hund. Scheunert und Lötsch?, Lohrisch3 und v. Hoesslin® fanden Hunde nicht imstande, Zellulose zu verdauen; sie verfütterten aus Weißkraut mit Hilfe von 50 Prozent Kali- lauge (und Perhydrol) dargestellte ‚‚Zellulose“. Dadurch waren die alten exakten Angaben, z. B. von Knieriem?, bestätigt, der mit der Henne- bergschen Chloratmethode gearbeitet .hat; er hatte Watte, Leinwand und Gras verfüttert, also sehr grobe Zellulose, deshalb hatte Lohrisch die Untersuchungen wieder aufgenommen. Im Gegensatz zu diesen Beobach- tungen fand Rubner in den letzten Jahren beim Hund eine nicht unbeträchtliche Zelluloseverdaulichkeit, selbst scheinbar so schwer ver- daulicher wie der aus Birkenholz und von Papier. Sein Material war in der gleichen Mühle gepulvert, die auch wir benutzten. Wir lassen Rubners Zahlen zusammengestellt folgen: Nicht ausgenutzt Zellulose (nach Hofmeister) 64.0° Birkenholz 75-0 g im Tag mit 5proz. KOH behandelt. 59-57 j 25-08 Bes, 50-0 8 60-8 M 75-08 77-2 ah, 100-0 8 75-0° Kleie (ausländische) 70.3° Spinatzellmembran 53-68 84-410 selbe Rübenmembran 65-25 58-21! Haselnußschale 61-55 68-712 Steinpilze 100-0? Birkenholz-HCl-Dampf 70-0 & lufttrocken 100-0! Holzmehl (Schwalbe) Fichtenholz 85-0 g lufttroeken 1 Auf die Rohfaserausnutzung gehen wir als veraltet nicht ein! 522. 202 10: 1909.12H./S.65. ® H.-S. 69. 143. 1910. * Zeitschrift für Biologie. 1910. B. LIV. S. 395. > Ebenda. 1885. Bd. XXI. S. 89. 6 Dies Archiv. 1915. Physiol. Abtlg. S. 159. ” Ebenda. S. 109. ® Ebenda. S. 143. ° Ebenda. 8. 263. 10 FEbenda. 8. 269. . 11 Hbenda. 8. 284. 12 Hbenda. S. 293. 13 Fbenda. 1916. S.51. “ Zbenda. S. 56. Archivf. A.u.Ph. 1918. Physiol. Abtilg. 3 34 Kart THoMAS UND HANS PRINGSHEIM: Nieht ausgenutzt Zellulose nach (Hofmeister) 93-5! Holzmehl (Schwalbe) Fichtenholz 65:08 13-52 Spelzmehl, fein KH 63-08 83.53 “ grob 75-6* Papier 50:08 nos 75.08 Offenbar wechselt die Darmflora beim Hund zu verschiedenen Zeiten, Vielleicht enthält sein Darm nicht immer entwicklungsfähige Zellulose- bakterien. Zu berücksichtigen ist dabei, daß die Versuche beim Hund stets nur 3 Tage gedauert haben. Der scharfen Abgrenzung wegen ist eine längere Dauer nicht notwendig, wenn man die Verdaulichkeit der leicht resorbierbaren Nährstoffe Eiweiß, Fett, Stärke bestimmen will, was ja meistens der Fall ist. Wir haben das Papier 5 Tage gefüttert. b) Beim Kaninchen fand auch Knieriem vom Filtrierpapier 54-3 und 28-1 Prozent verdaut. Zufuhr 5-2& und 9-4g. Abgrenzung der Kotsäulen ist hier unmöglich, der sehr weite Blinddarm wird nie leer sefunden, Speisereste verschiedener Tage mischen sich hier, wie Basler6 durch die Fütterung von Brot mit Ziegelmehl, darauf mit Porzellanpulver, oder durch aufeinander folgende Fütterung mit grünen Blättern und roten Rüben gezeigt hat. Knieriem befreite den Darm von den Papier- resten, indem er einige Tage lang Hornspäne reichte. Wir sammelten den Kot in den Übergangszeiten täglich getrennt, bestimmten jeweils N und Pentosan in der organischen Trockensubstanz und fanden so die zur Papierfütterung gehörende Menge Kot. Knieriem war die mangelnde Übereinstimmung in den Ausnutzungswerten aufgefallen, die er bei zwei verschiedenen Tieren und dem gleichen Material erhalten hat. Auch uns ist dies bei Fütterung mit aufgeschlossenem Stroh vorgekommen’, ohne daß wir einen Grund dafür angeben können. Das kleinere Tier nahm so viel von dem Futter wie das um die Hälfte schwerere zweite Tier, das sich damit ins Gleichgewicht stellte, während das kleinere nicht ansetzte, sondern-nur um so viel mehr unverdaut wieder entleerte. Diese Tiere eignen sich offenbar nicht zu Ausnutzungsversuchen; besonders ungenau sind die N-Werte des Kotes infolge seines wechselnden Gehaltes an Haaren. 1 Hbenda. 8. 58. ? Ebenda. 8. 95. ® Ebenda. S. 98. * Ebenda. S. 162. > Ebenda. S. 162. ® Pflügers Archiv. 1909. Bd. CXXVII. S. 251. ” Noch nicht veröffentlichte Beobachtungen. DiE VERDAULICHKEIT DER ZELLULOSE. 35 Deshalb ist bei den Kaninchenversuchen auch auf die Kalorienberechnungen verzichtet worden. e) Fütterungsversuche beim Wiederkäuer mit Papier liegen in der Literatur nicht vor. Hier findet eine Durchmischung des Futters verschiedener Tage bereits im Vormagen statt, er wird nie leer. Den Versuchskot abzugrenzen, ist also unmöglich. Trotzdem glauben wir zu einwandfreien Zahlen gelangt zu sein; sie stimmen ungefähr mit dem überein, was aus den zahlreichen Rohfaserausnutzungen von schwer an- greifbarem Material (Holz) bekannt ist. 20 bis 30 Prozent gewinnt der Wiederkäuer mehr. | Auch andere, nicht wie im Sulfitzellstoff völlig isolierte Zellulose nutzt der Hammel in gleicher Weise besser aus wie das Kaninchen. Dies zeigen die Kartoffelversuche und die mit Stroh. Ebenso verhalten sich die Pentosane; ihre Verdaulichkeit, an und für sich schon besser wie die der Zellulose, ist beim Hammel bereits so groß, daß zwei Drittel bis drei Viertel der verfütterten Menge resorbiert werden. Und da nur bei sehr großer Zufuhr erhebliche Mengen im Harn wieder erscheinen, müssen sie im Organismus verbrannt: und also kalorisch verwertet werden können. 3. Welchen Einfluß hat eine Vorbehandlung mit Natronlauge auf die Verdaulichkeit der Sulfitzellulose? Starke Natronlauge, mindestens 16 Prozent, verändert bei Zimmer- temperatur die Baumwollfaser, indem sie sie glänzender und fester gegen Zug macht, „merzerisiert“. Gegenüber chemischen Einflüssen nimmt die Widerstandsfähigkeit der so behandelten Faser ab, die übrigens auch mit Jod eine Blaufärbung gibt. Wir erwarteten daher eine bessere Aus- nutzung des „Natronpapiers“. Es war nach den Angaben hergestellt, wie Lehmann sein Stroh aufschließt (6-5 Prozent NaOH 4 Stunden bei 7 Atmo- sphären auf 1 kg Papier 1-6 kg Lauge). Durch diese Behandlung war das Papier leicht gelb geworden, Getrocknet wurde es in der gleichen Mühle zerrissen wie alles Fütterungsmaterial hier; es hatte also die gleiche physikalische Beschaffenheit. Die Verdaulichkeit ist gegenüber dem ge- wöhnlichen Sulfitzellstoff bei Hammel und Kaninchen geringer. Der Hund verdaut auch hiervon nichts. Zum gleichen Ergebnis kam Rubner am Hund!; er prüfte mit Natronlauge behandeltes Stroh. Von vornherein ist dessen Holzfaser der Sulfitzellulose nicht gleichzusetzen. Es ist denkbar, daß sie leichter an- gesgrifien wird, daß in ihr z.B. die Bindung zwischen Lignin und 1 Dies Archiv. 1917. Physiol. Abtlg. 8. 50. 3* 36 Kırı ThuomAs un Hans PRINGSHEIM: Zellulose leichter gelöst wird. Vergleichende Zahlen über die Verdaulich- keit der Zellulose im Urstroh und nach der Natronbehandlung für Wiederkäuer liegen in der zugänglichen Literatur bisher noch nicht vor, nur Rohfaserbestimmungen bei der üblichen Versuchsanordnung. Mit den angeführten Beobachtungen an Hunden steht nicht im Widerspruch die bessere Verwertung des Natronstrohes bei den Pilanzenfressern; der praktische Wert des Kraitstrohes ist ja durch Prüfung im ganz Großen zur Genüge bewiesen. Ergebnisse. 1. Vom vermahlenen Sulfitzellstoff verdaute der Hund nichts, das Kaninchen ungefähr 25 Prozent, der Hammel 50 Prozent. 2. Behandlung des Sulfitzellstoffs mit kochender Natronlauge erhöhte seine Verdaulichkeit nicht. Belege. Zusammensetzung der Futtermittel. # Filtrierpapier Filtrierpapier | Kartoffelfloeken | mit 5°/, NaOH |(in derorganischen Lab unbehandelt |4 Std. bei 7 Atm. Trockensubstanz) Wasser . 2 1 un a 4.0 —_ ISCHeRM A. NR. .0+5 0-7 — Organische Trockensubstanz 94-7 95-3 _ N SR NE OREGON 0. 6 — — 1-28 Bohprotein, RENTRE So — 8-0 Gesamtpentosan . . . ; 1-4 1-1 2-26 Reinzellulose nach Cross . 93-2 92-6 2-54 Weender Rohfaser . . . . 83-7 82-9 4-17 Kalorien 1.4 .nasrı 2. Ken 394.6 — 467.3 A, Hiand. 1. Filtrierpapier unbehandelt. 5 Tage je 1 kg Fleisch und 708 Papier. Absrenzuns mit Knochen. Ab- Verlust Einnahme| Hauptkot| grenzungs- | Summa in Prozent der rkot Einnahme Lufttrocken . . . 350-0 390-0 230-0 — — Trockensubstanz . 333.2 —_ — —_ — Gesamtpentosan! . 4.8 3-1 1.2 4.3 89.7 Reinzellulose® . . 326-2 243-0 89-1 332-0 101-8 Weender-Rohfaser . 293.0 237.9 66-3 304-1 103.8 1 Einschließlich der Furoide von Cross. ? Rohzellulose nach Cross asche- und proteinfrei, weniger Xylose (nach Tollens bestimmt). DIE VERDAULICHKEIT DER ZELLULOSE. 37 2 Natronpapier. 5 Tage je 1kg Fleisch und 70g lufttrockenes Papier. Ab- Verlust Einnahme| Hauptkot| grenzungs- | Summa |in Prozent der | kot Einnahme | Bnfttroeken . . . | 350-0 350-0 ne 220-0 —_ E= Trockensubstanz 337-9 —_ _ Gesamtpentosan. . 4.0 0.83 1-83 46-0 Reinzellulose. . . 324-1 3 R 68-6 322.7 97.3 Weender-Rohfaser . 290-2 | 226-5 75-2 | 301-7 | 103.9 Als Beleg für die Ausführung einer Zellulosebestimmung nach Cross im Kot und für ihre Brauchbarkeit dienen die folgenden Analysen: Kot von Filtrierpapier unbehandelt. — Hund. Vorbehandlung: Von Hauptmenge und Abgrenzung wurde dreimal Kot im Soxhlet zuerst mit HCl-haltigem absoluten Alkohol, dann mit reinem Alkohol erschöpft. Die nach Entfernung des Lösungsmittels zurück- erhaltene lufttrockene Substanz diente zur Bestimmung der Weender-Roh- faser und der Rohzellulose nach Cross. Es ergaben: Hauptmenge: 1. Extraktion 20-65 gaben 18-52 28 a: BIST 10-42 3. „ 2-8 ,, 1805 Abgrenzung: 1. A DAs2ar 2 30) 2 ns 32-36 .., . 30-32 a hi 32.88 0 ,„,. 26-56 Von den je drei Bestimmungen nach Cross dienten die zwei ersten aus den Extraktionen 1 und 2 nur zum Vergleich, da aus Mangel an Substanz die N- und teils auch die U EE DRLTITNLESER I in ihnen nicht mehr aus- geführt werden konnten. Weender-Rohfaser. Hauptmenge a, von Extraktion 1: 2-9538 g extrahiertes Material - — 1999 g = 68-14 Prozent oder 61-1 Prozent des lufttrockenen Kotes, Hauptmenge b, von Extraktion 2: 2-3948 g extrahiertes Material — 1.6658 g = 69-57 Prozent oder 59-77 Prozent des lufttrockenen Kotes. Mittel: 61-0 Prozent wasser- und aschefreie Rohfaser. 38 Kırı THomAsS UnD HANS PRINGSHEIM: Abgrenzung a, von Extraktion 1: 2-458 g extrahiertes Material — 0.7455 ge =30-3 Prozent oder 28-3 Prozent lufttroekenen Kotes. Abgrenzung b, von Extraktion 1: 3-078g extrahiertes Material — 0-9706 g =31-5 Prozent oder 29-4 Prozent lufttrockenen Kotes. Mittel: 28-8 Prozent wasser- und aschefreie Rohfaser. Rohzellulose nach Cross und Bevan. a) Hauptmenge. a) von b) von c) von Extraktion Paraln Extraktion 15 3. Lufttrockene extrahierte Substanz, g . | 1.878 8.184 B 7-867 Lufttrockene Rohzellulose, g . . . . 6-534 7.280 17-358 desgl., Prozent, .. 2 sure er 79-4 e o 3,94 davon Wasser, Prozent . . . 2»... 3-9 5-0 „ Asche, , ee 3.3 > | 2-5 also wasser- und aschefreie Rohzellulose 67-2 | 70-4 Mi 6.4 davon N-Substanz . . . 2.2... | En | — | 3-3 also wasser- und N-freie Rohzellulose — 3-1 ferner davon Pentosan, Prozent . 1-0 0-8 Er 62-3 Proz. Der Gehalt des lufttrockenen Kotes betrug also 62-3 Prozent Rein- zellulose und 1-2 Prozent Gesamtpentosan, davon 0-94 Prozent aus Filtrierpapier. b) Abgrenzung. 9 a) von 'b) von ce) von Extraktion | Extraktion | Extraktion 1. 2. 3. | ed Lufttrockene extrahierte Substanz, & . 13-049 12.388 | 11-108 Lufttrockene Rohzellulose, & . . . . 6-883 6-400 | 6.745 desol.,, Brozent u Re 49.22 48.39 49.06 davon Wasser, Prozent . . .... 4.52 4.46 3-01 p Asche, „ . . 0 . D . | 3-29 2-87 3.46 also wasser- und aschefreie Rohzellulose 41-59 41-06 | 42-57 davon N-Substanz.. .. ... mau! E= | _ | 3-30 Eee | 39-27 davon Pentosan, Prozent | — | _ | 0-54 38.73 v Die VERDAULICHKEIT DER ZELLULOSE. 39 Der Gehalt des lufttrockenen Kotes betrug also 38-7 Prozent Rein- zellulose und 1-25 Prozent Gesamtpentosan, davon 1-16 Prozent aus Filtrierpapier. Kot von Natronpapier I. — Hund. Vorbehandlung: Von Hauptmenge und Abgrenzung wurden. je zweimal Kot im Soxhlet zuerst mit HCl-haltigem absoluten Alkohol, dann mit reinem Alkohol erschöpft. Die nach Entfernung des Lösungsmittels zurückerhaltene lufttroekene Substanz diente zur Bestimmung der Weender- Rohfaser und der Rohzellulose nach Cross. Es ergaben: Hauptmenge: 1. Extraktion 23-99 gaben 21-98 ar x 20-91 ,, 18-88 Abgrenzung: 1. ER aJalor 0 2027055 > br 29.88 ,„ 23-46 3% a 46-69 ,„, 31-57 Weender-Rohfaser. Hauptmenge a, von Extraktion 1: 3-276g extrahiertes Material —= 2-309g = 70-49 Prozent oder 64-58 Prozent des lufttrockenen Kotes, Hauptmenge b, von Extraktion 2: 3-181 g extrahiertes Material — 2-.283 g = 71-68 Prozent oder 64-74 Prozent des lufttrockenen Kotes. Mittel: 64-7 Prozent wasser- und aschefreie Rohfaser. Abgrenzung a, von Extraktion 1: 3-659 g extrahiertes: Material —= 1-3244g = 36-19 Prozent oder 84-2 Prozent lufttrockenen Kotes. Abgrenzung b, von Extraktion 1: 2-388 g extrahiertes Material —= 0-.8625g = 36-2 Prozent oder 34-1 Prozent lufttrockenen Kotes, Mittel: 34-2 Prozent wasser- und aschefreie Rohfaser. 40 KARL THOMAS UND HANS PRINGSHEIM: Rohzellulose nach Cross und Bevan. a) Hauptmenge. a) von b) von c) von Extraktion | Extraktion | Extraktion 1. 2. 2. Lufttrockene extrahierte Substanz, g | 5.355 8.474 6-900 . Lufttrockene Rohzellulose, g | 4.853 7.758 6-164 desgl., Prozent 83-0 32-70 80-69 davon Wasser, Prozent 4:2 4+5 3-7 „ Asche, ” 2-0 1-1 2.3 N also wasser- und aschefreie Rohzellulose | 76-8 77-1 71467 davon N-Substanz . 2.2 3.0 2.6 also wasser- und N-freie Rohzellulose 74-6 74-1 | 721 ferner davon Pentosan, Prozent . £ 1-3 0-7 0:9 | 23-3 | u. 23-4. | a Der Gehalt des lufttrockenen Kotes betrug also 72-6 Prozent Rein- zellulose und 1-0 Prozent Gesamtpentosan, davon 0-83 Prozent aus Natronpapier. b) Aberenzu n®. a) von b) von e) von d) von Extrakt. | Extrakt. | Extrakt. | Extrakt. 1. 2. 2. 3. Lufttrockene extrahierte Substanz, g . | 9.020 | 12-371 | 11-019 | 18-705 Lufttrockene Rohzellulose, & 5.467 6-099 , 6-424 , 14-298 desgl., Prozent 57.27 38.72 45-77 51-71 davon Wasser, Prozent . 2-75 2-04 2.06 3.78 N Asche pa 12.58 1-99 | 5u7i 13-43 also wasser- und aschefreie Rohzellulose | 41.94 23-69 | 38-00 | 34.49 davon N-Substanz . 4.15 3:66. |, ,3-45,, 700412.04 also wasser- und N-freie Rohzellulofe || 37.79 | 25-083 | 34-55 | 30-45 davon Pentosan, Prozent 0-84 0.72 | 0-41 0-58 37.95 | 24-31 | 34.14 | 29.87 Der Gehalt des lufttrockenen Kotes betrug also 31-2 Prozent Rein- zellulose und 0-83 Prozent Gesamtpentosan, davon 0-33 Prozent aus Natronpapier. Die Cross-Bestimmung gibt also gute Werte, sie ist aber recht um- ständlich bei einem so kompliziert zusammengesetzten Material wie Kot und kann nur da angewandt werden, wo es z. B. empfindliche Zellulose- präparate unbedingt verlangen. 41 DIE VERDAULICHKEIT DER ZELLULOSE. I98BJUOY-I9PU9 AM 'F 'Z0I4 09 "9so]N][eZUIOYg 'F "2011 08 'UBB0JUAT 'F ZOIT FE ‘9014 '310°7'2014 OT "I YOnSsaaAfegoNEY YpeN ı aa een eerreege 9:99 " yu9201g ul JsujIaN = = 163231 Ser ephajeır | || = = = 98-11 * + Ze] WI yolg uoA aynzurmg — — cg9 — | 80-L RZ — | — — 68-11 ° * g0y] Wr IS91yoTIS STE — — 94-L 8:68 || 90-8 | var | 20-8 erg | — | — FL 91 - 3a], wur JO71WESOK) ur == = | Is °T == 86°0 FE 80 == = re 8.7 .9zynu9Ssngun UOABP = — %0°8 == 81 —: 60-1 == — — cH+8F ujoyopeyy ur 3e], wı aynyurmg ds] IT 77o4sddedyoryg Jrw yonsıaA _ _ ee | — I el -— | mw] — —- | — &:36 Juazorg ur genplo‘ — = 88.82 — ag — en ee ern 18-98 Se] wr 1ordeg uoA aynzurg = = 80-LI —anazı ec een FL-F2 * + 904 wir gsontordeg sie = = 00-61 6-79 | 10-88 | 189 | 88:0 | 08° | — == 89.38 | ° 36] wı JoNyuresos) LIT = = 16-1 = 09°T == | 09.0 == = Sc 68°L | s ‚y2muodsneun uOAeP zZ = 688 = 10.3 — ee = = = 88-82 | * upoyoneyy ur Se], wı Iunyurg 88] 97 zoıdeduoayen lu yonsıaA = —-— | 9 | — Ds eezrrereeen 0-88 | Ju9zoaf UT IEnJI9 A = — T1-98 — | — | Ki Zn 7787 "Se wı goıdeg uoA ıynzurg == = 9-91 573 &L*1g Fr 10:0 = EB = 89.68 ° + goyy ur Jsouordeg SIE — — FLsT | FeBc | mHeER | Trer |c90 802 | — | — | 00-88 | ° Se], WI goygweseg) WI = "e3 61°S FR IL°T = 79:0 = ZZ — |) 78 In .JZjnuaosneun UOABP = == 84€ = #12 — 0891! 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Vegetabilien. Von Geheimrat Prof. Max Rubner. Übersicht. Allgemeines über die Verdaulichkeit der Vegetabilien. — Die Mengen der Zell- membran. — Bestandteile der Zellmembran. — Die Resorption der Zellmembran und ihrer Bestandteile beim Hund. — Rückwirkung der Zellmembran auf die Bildung von Stoffwechselprodukten. — Die Zellmembran und Zellulose bei der menschlichen Ernährung. — Die Pentosane in der menschlichen Kost. — Die Restsubstanzen. — Die Resorption der Stärke. — Die Stoffwechselprodukte bei verschiedener Ernährung. — Die Resorption des Eiweißes. — Die Nahrung und der Kot. — Physiologischer Nutzeffekt und Resorption der Zellmembran. — Grenzen der Aufnahmefähigkeit wichtiger Vegetabilien. » Allgemeines über die Verdaulichkeit der Vegetabilien. - Die physiologische Bedeutung einzelner Nahrungsmittel stellt für die - Ernährung des Menschen ein sehr wichtiges, im einzelnen aber sehr schwer zu lösendes Problem dar, das nieht nur Bedeutung für den Stoff- umsatz oder die diätetischen Wirkungen umfaßt, sondern auch in gesund- heitlicher Hinsicht besitzt. Am besten sind wir noch über ganze Beköstigungsgewohnheiten einzelner Völker unterrichtet, aus deren Wohl- ersehen man auf die physiologische günstige Wirkung schließen kann. Das führt allerdings nieht zur Lösung der Frage, wie sich einzelne Nahrunesmittel an sich verhalten, welche Gesundheitswerte sie beanspruchen oder welche Schädigungen sie bei dauerndem Genuß nach sich ziehen. Eine Dauerernährung mit einem Nahrungsmittel wird außerhalb der Säuglingszeit bei den meisten Kulturvölkern nicht angetroffen. Auch da, wo in freier Wahl eine rein vegetarische Kost gewählt wird, besteht die Kost aus mannigfaltig zusammengesetzten Speisen. Es gibt aber doch Beispiele für das Überwiegen eines Nahrungsmittels, besonders in den Ländern mit Reiskost; hier tritt besonders bei der niederen Bevölkerung dieses eine Nahrungsmittel alles beherrschend in den Vordergrund und wird für die gesamte gesunde Lebenshaltung von beherrschender Bedeutung. 54 MaAx RUBNER: Zu solchen Beobachtungen bietet unsere Kost keinen Anhalt, obschon man geglaubt hat, dem Brot in unserer Nahrung eine ähnliche Rolle zuschreiben zu müssen wie etwa dem Reis oder auch dem Mais bei anderen Völkerschaften. Die Frage der Vitamine oder Ergänzungsstofie ist auch für europäische Ernährung in Diskussion gestellt worden. In die Gruppe dieser allgemeinen Eigenschaften gehört auch die Frage der biologischen Wertigkeit der Eiweißstolfe, auf die ich zuerst aufmerksam gemacht habe. Die Untersuchungen von Thomas haben diese bemerkenswerten Ungleichheiten einzelner Eiweißgruppen für eine Reihe von Nahrungsmitteln näher dargelest; von Mendel und Osborne sind später die experimentellen Prüfungen der Eiweißstoffe auch hinsicht- lich der Wachstumsförderung weiter ausgeführt worden. Die biologische Wertigkeit gibt also die Grundlage für die gesundheitliche Beurteilung mancher Nahrungskombinationen und erläutert sie; dadurch tritt diese Seite der Nahrungsmittellehre in näheren Zusammenhang mit der ver- schiedenen Konstitution des Eiweißes, welche durch die Forschungen Emil Fischers auf eine rationelle Grundlage gestellt worden ist. Eine zunächst empirische und praktisch medizinische Frage betritt die Zulässigkeit der Speisekombination mit Rücksicht auf die Verdaulich- keit im Magen, welche sich als eine Folge der Reize auf die Ver- dauung auffassen und wohl näher erklären lassen wird. Hiermit hängt auch die Wirkung der Genußmittel in den Nahrungsmitteln zu- sammen, die Schmaekhaftigkeit, appetitreizende und appetitlähmende, deren Gesetze und innere Zusammenhänge mit der Konstitution der wirk- samen Verbindungen wir noch nicht kennen. Auch die Grenzwerte für die Höchstnienge der aufzunehmenden Nahrungsmittel sind solche allgemeinen Eigenschaften; hierfür liegen eine Reihe von Beobachtungen vor, die ich schon früher gemacht, in den nachfolgenden Versuchen aber erweitert habe. Außer dieser allgemeinen Lehre von der spezifischen Eigentümlichkeit der Nahrungsmittel haben wir der Nahrungsversorgung vom Standpunkt des Stoff- und Kraftwechsels näherzutreten. Damit gelangen wir zu den Begriffen des physiologischen Nutzeffektes, den ich zuerst aufgestellt und in einzelnen wichtigen Beispielen .erörtert habe.! Er stellt dar, welche Summe von Spannkräften ein bestimmtes Nahrungsmittel zu liefern im- stande ist, wobei sowohl die Verluste an Energie im Harn wie im Kot zusammengefaßt werden. Für den Menschen zeigt sich im allgemeinen die Beschaffung hochwertig verwertbarer Nahrungsmittel als die Regel und Grundlage der Ernährung. 1 Zeitschr. f.* Biol. Bd. XLII. S. 261. ee a: nn ee ee Zee de ee a u 1 a rn Ze 1 a | | | ü } | ö 1 DiE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 55 Die Feststellung des physiologischen Nutzeffektes hat zur Voraus- setzung die Kenntnis des Verlustes, welcher eintritt, wenn ein Nahrungs- mittel durch den Darmkanal hindurchtritt. Als Maßeabe besteht hier der Vergleich der Nahrungsaufnahme und der Verlust durch die festen Ausscheidungen. Man hat das kurzweg die Ausnützung genannt, nachdem sich dieses Wort völlig eingebürgert hat, empfiehlt es sich, auch daran nieht weiter zu rütteln. Die Bedeutung der Ausnützung ist aber auch heute noch nicht über die medizinisch-physiologischen Kreise hinaus be- kannt geworden, wie das in der Krieeszeit sich wieder gezeist hat, indem - man immer wieder, selbst in einigen Kreisen der Nahrungsmittelchemiker, bei der Beurteilung der Nahrungsmittel und namentlich von Surrogaten auf das direkte Resultat der Analysen Wert legte und so die umfang- reiche populäre Literatur über Nahrungsmittel, welche sich so unendlich breitgemacht hatte und in amtlichen Kreisen vielfach als maßgebend an- gesehen wurde, gestützt hat. | Die Ausnützung ist aber als ein wichtiger Faktor zur Beurteilung des Wertes eines Nahrungsmittels seit Ende der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts in die physiologischen Betrachtungen erst hineingetragen worden. Gelegentliche Beobachtungen über die ungleichen Kotmengen beim Pflanzenfresser und Fleischfresser und bei letzterem bei wechselndem Ernährungsvermögen haben den Gedanken reifen lassen, die Menge der Ausscheidungen bei verschiedener Ernährung festzustellen. Den eigent- lichen Anstoß aber gab die Erweiterung der Ernährungsphysiologie zur praktischen Ernährungslehre. Außer den einer beschränkten Fragestellung dienenden Versuchen von G. Meyer waren meine Untersuehungen die ‘ersten, welche die Ausnützungsfrage allgemeiner behandelt haben und aus verschiedenen Gruppen von Nahrungsmitteln einige Beispiele zur Prüfung heranzogen. Inder Tat gibt kaum eine physiologische Funktion so außerordentlich eroße Varianten wie diese Ausnützung. Es hat auch für praktische Fragen Eindruck gemacht, als.man zeigen konnte, wie ganz ungleich der Effekt zwischen anscheinend gleichwertigen Ernährungsformen werden kann, wenn sie aus ungleich gut resorbierbaren Nahrungsmitteln bestehen, - wofür sich aus dem Gefängnisleben interessante Fälle ergeben hatten. Hier trat das praktische Bilanzproblem in den Vordergrund, mit wenig Nahrung den tunlichst besten Effekt der Ernährung zu erzielen, aber auch ein rein diätetisches Problem, solche Nahrungsmittel, welche eine sehr reichliche Kotbildung schaffen, in der Nahrung zurücktreten zu lassen. Auch nationalökonomische Gesichtspunkte verlangen die Kenntnis der Ausnützung, weil auf diesem Wege sehr erhebliche Ersparungen von Auf- 56 Max RUBNER: wendungen errungen werden können, wie ich zuerst eingehend an einem Beispiel der Kleieverwertung beim Menschen dargetan habe. Zum erstenmal wurde durch meine Untersuchungen der erhebliche Unterschied zwischen der Resorption pflanzlicher und tierischer Nahrungs- mittel im allgemeinen, besonders aber für die N-haltigen Bestandteile klargeleet. Die Ausnützung, wie sie die Versuchsergebnisse direkt ergeben, lassen sich als Unterlage für die verschiedenen Ernährungsbedürfnisse bei wechselnder Ernährung ansehen. Darüber hinaus aber drängen sich die - tiefer liegenden Probleme der Resorption und ihrer biologischen Gründe auf. Auf diese habe ich zum Teil schon in meinen ersten Publikationen hingewiesen, ohne daß diese Gesichtspunkte irgendwie in der Literatur berücksichtigt worden waren. Vor einiger Zeit hat sogar Hindhede gewagt, unter Verschweigung der tatsächlichen Verhältnisse mir die Unter- lassung- der für die Eiweißresorption maßgebenden Gesichtspunkte vor- zuwerfen. Mit Bezug auf die N-Ausnützung bei pflanzlichen Nahrungs- mitteln habe ich darauf hingewiesen, daß dabei zwei Faktoren zusammen- wirken, ein wirklicher Verlust von Unverdautem und dann der von Stofi- weehselprodukten, habe dargetan, wie die pflanzlichen Eiweißstoife nicht in dem Maße ungünstig resorbierbar sind, wie der N-Verlust der Einfuhr und Ausfuhr anscheinend vermuten läßt. Ich habe an dem Beispiel von Brotversuchen dargetan, welche große Bedeutung die pflanzlichen Zellen als Träger für Nährstoffe dureh ihre schwere Löslichkeit im Darm haben können. Auch manches über den Eiweißbedarf bei verschiedener Kost liegt in diesen Experimenten be- eründet, nur war damals die Ernährungslehre nicht so weit entwickelt, um solehen Einzelbefunden eine größere Tragweite zu geben. Es waren damit einige Richtlinien gegeben, welche zur Deutung der unmittelbar gewonnenen Rssultate nach den wirkenden Ursachen verwertet werden konnten, und jedenfalls für die Bewertung der pflanzlichen Eiweiß- stoffe im spaziellen eine Grundlage für das Verständnis ihrer manchmal außergewöhnlich ungünstigen Resorption bieten konnte. Man ist aber in der Folgezeit mehr bei den praktischen Bedürfnissen stehen geblieben und hat um ihretwillen die Ausnützung für viele Nahrungsmittel untersucht, besonders häufig die Zerealien, d.h. das Brot, mit dessen technischer Verbesserung man sich viel beschäftigte. Freilich nicht alles experimentelle Material ist einwandsfrei nach Methode und Ergebnis; namentlich unter dem in der Sammelliteratur Aufgeführten wäre manches auszuscheiden. Wenn man das Gesamtresultat zusammenfaßt, so kann man sagen, die tierischen Nahrungsmittel haben eine sehr gute Ausnützung gezeigt; auch einige Vegetabilien sind nach dem Zahlenergehnis allein beurteilt, 1 i \ E | { Mb. EBEN EEE DiE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 57 ebenso resorbierbar wie einige Animalien — feine Mehle, Kartoffel (schale- frei), Reis, feiner Mais gehören hierher —, während alle sröberen Mehle große Verdauungsverluste geben. Jedenfalls war jetzt mit einer älteren Methode der Verdaulichkeits- bestimmuns, die viel Unfug in der Literatur hervorgerufen hat, gebrochen worden — mit der Verdaulichkeitsbestimmung im Reagensglas mittels Pepsin-Salzsäure — als Maß der Gesamtverdaulichkeit der Eiweißstoffe. Aus den Ergebnissen über die Verdaulichkeit nach Ausnützungs- versuchen beurteilt, haben sich viele auch für die ärztliche Praxis verwert- bare Ergebnisse gewinnen lassen, merkwürdigerweise ist aber nur sehr beschränkt davon Anwendung gemacht worden. | In der ärztlichen Stufenleiter schwer und leicht verdaulicher Nahrunges- mittel ist die Ausnützung überhaupt meist nicht als wesentlicher Faktor mit enthalten, sondern überwiegend nur die von der Verdaulichkeit trenn- baren Eigenschaften der Ertragbarkeit, ein Ausdruck, der sich allerdings in die ärztliche Nomenklatur nicht eingebürgert hat, die fühlbaren Vor- sänge der Verdauung umfaßt, meist nur die Erscheinungen, die vom Magen ausgelöst wurden, und die weiteren wie Gefühle aus dem Darm (Blähungen, Kollern im Leibe usw.), während die Art des Kotes, wässerige oder trockene Beschaffenheit, starke Säuerung usw., weniger beachtet sind. Und doch wäre es gut, wenn man sich entschließen könnte, wirklich diese einzelnen verschiedenen Vorgänge schon in der Ausdrucksweise auseinander zu halten, da sie doch einmal nicht ursächlich zusammenhängen, denn es sibt viele Dinee, die unter dem Gesichtspunkte der Ertragbarkeit sehr unbequem sind, aber trotzdem ihre Ernährungsfunktionen sehr gut er- füllen, wenn sie die Schwelle des Pylorus überschritten haben. Den Untersuchungen über die Ausnützung hat man später vielleicht auch deshalb weniger Interesse zugewandt, weil durch König die Er- sebnisse der Ausnützungsversuche für die Berechnung der ‚‚verdaulichen“ Nährstoffe benutzt wurden und jetzt sich als allgemeine Konstante ein- sebürgert haben, ein Verfahren, das ich persönlich stets vermieden habe, weil in der Form, wie es angewandt worden ist, die Ergebnisse nicht ohne Bedenken verwendbar sind. Mit der einfachen Konstatierung des Bilanzproblems, daß nämlich für die Aufnahme einer bestimmten Menge von Kalorien eine gewisse Zahl von Kalorien durch den Darm verloren geht, ist sicherlich die Bedeutung dieses ganzen Resorptionsvorganges für die Ernährung nicht abeeschlossen, weil man sich bei einseitiger Ernährung doch fragen müßte, ob das, was der Körper durch die Verdauung stofflich gewinnt, völlig eleichwertig zur dauernden Gesunderhaltung ist, für das, was er 58 MAx RuENER: durch die Verdauungsprodukte verliert. Diese wichtige Frage, welche sich sowohl auf organische wie anorganische Nährstoffe beziehen kann, soll hier nur angedeutet sein, denn sie ist wichtig und bedarf anderweitiger Nachprüfuns, da wir bisher einseitige Ernährungsformen als praktische Vorkommnisse kaum ins Auge zu fassen brauchten. Es wäre immerhin denkbar, und einige Erfahrungen aus der Kriegszeit mit der Kohlrüben- kost könnten Anlaß geben, auch diese Seite des Problems, so schwierig es ist, in Zukunft etwas nachzuprüfen, zumal diese Ernährungsperiode sich außerordentlich verhängnisvoll erwiesen hat. Die zahlreichen Versuche, welche ich in den letzten drei Jahren aus - praktischen Gründen der Volksernährung über so verschiedenartige Nah- rungsmittel angestellt und mitgeteilt habe, sind nicht nur von praktischem Interesse, sondern sie gestatten auch, durch das umfangreiche Material eine Reihe von Prinzipienfragen der Verdauung zu lösen. Da es aber einem Fernerstehenden nicht leicht sein wird, aus den Einzelergebnissen sich ein solches Gesamturteil zu bilden, so halte ich es für zweckmäßig und nötig, selbst die wesentlichen allgemeinen Ergebnisse mitzuteilen, die weit über das hinausreichen, was wir bisher von der Gruppe pflanzlicher Nahrungsmittel gewußt haben. Wenn ich dabei nicht alle Fragen, die noch naheliegen, behandeln kann, so geschieht das zum Teil in der Ab- sicht, später vielleicht noch ergänzende Versuche’ zu liefern, welche jetzt aus Mangel an freier Beweglichkeit nicht auszuführen sind; die Wahl des Materials liegt ja nicht in meiner Hand, sondern fußt auf den Bedürfnissen des Tages. Nimmt man mit den älteren von mir ausgeführten Versuchen die neuen Versuche zusammen, so sind wir in der Lage, über die ganze Gruppe der Zerealien ein Urteil zu fällen; besondere Fragen sind bereits bei den einzelnen Abschnitten behandelt, da auch der Mais und der Reis untersucht worden ist; die Versuche an Erbsen sind durch eine Reihe weiterer Experimente über verwandte Früchte ausgedehnt worden. Außer der Kartoffel sind Repräsentanten der Wurzel- und Blattgemüse und die wesentlichen Typen des Obstes genauer experimentell untersucht worden. Diese Untersuchungen haben sich nicht nur auf die bisher üblichen Fest- stellungen, sondern darüber hinaus auf Bestandteile erstreckt, „welehe bis- her ganz unvollkommen oder gar nicht erforscht worden waren. Eine eroße Zahl von Nahrungsmitteln habe ich nach gleichen Gesichtspunkten wenigstens der Analyse unterzogen und so esermöglicht, sich ein annäherndes Bild ihres Nährwertes zu machen. Meine Feststellungen der Ausnützung scheiden zum erstenmal genauer zwischen Verlust an Unverdautem und Stoffwechselprodukten. En Sa na al a a El al a nn bl An nun il num nd ae ee nn She Due ee 7. Ban ee Re ie ö DIE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 59 Der Verlust bei der Ausnützung wird für die praktische Ernährung gewöhnlich unmittelbar nach den analytischen Ergebnissen der Ein- und Ausfuhr dargestellt. Diese Foım der Darstellung ist berechtigt, weil sie für die Nahrungsversorgung die Hinweise gibt, in welchem Maße das einzelne Nahrungsmittel den Aufgaben der Ernährung, gerecht wird. Die abgekürzte Form der ‘Darstellung nimmt meist nur Rücksicht auf den Verlust an N und den an Kalorien. Die übrigen Autoren rechnen meist noch statt den Kalorien den Verlust an Trockensubstanz oder organischer Substanz, was bei dem eroßen Unterschied der Verbrennungswärme des Kotes natürlich recht ungenau ist. Fir die unmittelbare Berech- nuns des Verlustes bei der Ausrechnung der Ausnützungsverluste hat Hindhede den ganz irreführenden Ausdruck ‚‚scheinbarer Verlust‘ ein- führen wollen. Dagegen habe ich schon Stellung genommen.! Es gibt - keine scheinbaren Verluste, der N-Verlust, der Kalorienverlust, der Zell- membranverlust, der Pentosanverlust, der Stärkeverlust — sie alle sind . sehr realer Art. Bei dem N-Verlust kann man natürlich fragen, ob er sich auf Eiweiß oder Stoffwechsel-N bezieht, das habe ich schon im Jahre 18792, also vor fast 40 Jahren auseinandergesetzt. Nur war man experimentell nicht in der Lage, in jedem Einzelfall der Untersuchung eines Nahrungsmittels anzugeben, wieviel Unverdautes und wieviel Stoffwechsel-N seien, was jetzt aber mit einiger Sicherheit sich trennen läßt. Die gleichen Gesichts- punkte gelten für die Fettresorption®; das Kotfett ist fast durchaus aus Stoffwechselprodukten und vor allem aus dem Gärungsprozeß entstanden. Die Berechnung der Verluste an Kohlehydraten hatte ich in meinen ersten Veröffentlichungen so angegeben, wie damals die Aufrechnung der Nahrungs- mittel ausgeführt wurde und wie man auch sonst die Ausscheidungen zu bereehnen pfleet. Methoden zu einer besseren Scheidung gab es nicht. In einer der nächsten Abhandlungen komme ich auf diese Fragen besonders zurück. Die alte Kohlehydratberecehnung muß man fallen lassen, seitdem ich für die Kotanalysen neue Wege zur Feststellung einzelner Kohle- hydratgruppen angegeben habe. Für die meisten einfachen Stoffwechselbilanzen kommt man in der Beurteilung der Nahrungsmittel vorläufig mit den Angaben des N-Verlustes und der Kalorien aus. Die Ascheverluste geben im allgemeinen wenig sichere Anhaltspunkte; sie sind nur kurz nebenbei erwähnt. Näheres ist in der vorhergehenden Publikation eesast. Um einen allgemeinen Über- 1 Dies Archiv. 1917. Physiol. Abtlg. S. 312. ? Zeitschr. f. Biol. Bd. XV. 1879. 8.115. - 3 Ebenda. Bd. XV. 8.190. . 60 - Max RUBNER: blick über das untersuchte Material an Vegetabilien zu geben, sei nach- stehend die Generaltabelle aufgeführt.! - Zusammensetzung Verlust R ne Nahring | in Prozenten | ee | Kal. | N |Aschel| Kal. N | Asche 1. *Feines Weizenmehl. .. .... || 4-39! 18-7 | 77-8 |428-2 1:63 | 0-51 2. Desgleichen 4-51, 12-3 1152-8 |435-2 | 2-09 , 0:50 3. "Weizen 30 prozentiger Ausmahlung 4-59| 20-7 100 428-2 | 1:67 0-37 4. *Geschälter Reis 5-57 | 20-4 | 85 428-2 | 1:54 | 0-77 5. *Kartoffeln 5-60| 15-3 | 10-0 |401-8| 1-41 | 4-60 6. *Feines Weizenmell . 6-11 | 25-7 |179-8 428-2) 1-63 | 0-51 7. "Weizen 70 prozentiger Ausmahlung 7:69, 24-6 |136:8 1428-2 | 2-18 | 0:48 8. *Mais Se ee 8-28 | 15-5 [228-1 |428-2| 1-73 | 0:55 9, Gerste . 9-53, 31-5 | 22-3 |446-1 | 1.67 | 0:85 10. Roggen 65 prozentiger Ausmahlung 9.80 | 37-8 | 51-6 |414-4 | 1:03 | 0-85 11. Desgleichen mit 20 Proz. Kartoffel 9-80! 42-5 | 53-1 ||418-1| 1:03 | 1-31 12, Weizen 8Oprozentiger Ausmahlung | 11-12 | 21-14,105-9 1426-6 | 2-25 | 1-56 13. Äpfel: ‚11-6 131-6 | 80-7 408-8 | 0:46 | 1-10 14. Roggen 72 prozentiger Ausmahlung 11:7 | 29-7 | 55-3 412.1 | 1:28 | 2.39 15. Mohrrüben . . . 112-7 | 38-9 | 35-4 ||360:9 | 1:51 | 4-92 16. Roggen 82 prozentiger Ausmahlung 113-5 | 40-3 | 48-6 ||432-8| 1-61 | 2-08 17. *Weizen 95 prozentiger Ausmahlung | 13-96 30-47| 97:7 |428-2| 2-04 | 1-40 18. Roggen 95 prozentiger Ausmahlung 14:8 | 35-1 | 42.9 |413-3| 1:56 | 2-06 19. Roggen 82prozentiger Ausmahlung | | | mit Kartoffel . 117-5 |ı 47-6 35-2 |402-0| 1:47 | 2-24 20. Roogen2 2: 17-66, 32-0 1478-9 |428-2| 1:74 | 2-58 21. Kohlrüben . ; 121-8 | 65-1 | 50-1 409-5 | 1:36 | 5:16 22. Wirsing .....»0.-.0...0.2. 2229-70 1.25:3, 86-2, 8529) So ucE Er 3.’ Erdbeeren . .. . . „22 82.2 1182:8 91.39, 47-71 31900 1 yE ne Meine älteren Versuche habe ich, weil sie sich zum Teil einwandsfrei in die kalorimetrische Angabe umrechnen lassen, mit in der vorstehenden Tabelle verwendet, sie decken sich sehr gut mit den neueren Publ'kationen. Günstige Ausnützungswerte ergeben sich für alle Zerealien nur dann, wenn die Schalen bei der Vermahlung beseitigt werden. Das steht absolut sicher. Bei Betrachtung der Tabelle halte man sich für eine allgemeine Gruppierung an das Weizenmehl, das ja nach dem Ausmahlungserad an verschiedenen Stellen der Tabelle erscheint. Heute kennt auch ein großer Teil der Bevölkerung bereits den Ausmahlungsgrad in seinen Wirkungen am eigenen Leibe. Die Äpfel stehen in der Ausnützung nach dem Brot von 80 Prozent ! Die mit einem Stern bezeichneten Versuche sind früher publiziert. Für obige Tabelle sind für die älteren Versuche die kalorimetrischen Zahlen be- rechnet. 1gOrganisch bei Zerealien = 428-2 Kal. nach zahlreichen Bestimmungen, 1g Kot = 547-8. Bei der Asche ist die Kochsalzzufuhr außer Betracht gelassen. 2 2 Stark saures Schwarzbrot. 3 | | f | ee Pe ER Ku zur a en ee Fee ee ee ne ke re DIE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. Öl Ausmahlung; treten Kerne auf, wie in den Erdbeeren und anderen Beerenfrüchten, so verschlechtert dies die Ausnützung und ebenso müssen sich die Steinzellen in den Birnen verhalten. Die Schalen sind stets Materialien, welche die Ausnützung ungünstig beeinflussen. Die allgemeine Beurteilung der Resultate ist einfach, wenn man sich vergegenwärtigt, daß man bei freier Wahl im Durchschnitt leicht eine Kost beschaffen kann, welehe — dies bildet auch die Regel — nur etwa 8 Prozent Kalorienverlust bedingt. Daraus folet, daß andere Kombinationen unzweckmäßig sind, weil sie unnötige Verluste mit dem Kote erzeugen, Nahrunesmittel verschwenden und Dünger produzieren, der bei den Städtern auf dem Wege der Kanalisation durchweg verloren geht. Die Zerealien in der Kost überwiegend würden diese rationelle Grenze der Kot- bildung überschreiten und erlauben uns nur im Zusammenhang mit anderen Nahrungsmitteln die Grenze mittlerer Verdauung innezuhalten. Die Verluste mancher Nahrungsmittel sind enorm, schon bei Voll- kornweizen 14 Prozent, bei Vollkornroggen 14-8 Prozent, oft verschlechtert durch Kartoffelzusatz auf 17-5 Prozent, durch saure Beschaffenheit des Brotes auf 17-7 Prozent. Noch größer sind die Verluste, auch unter günstigen Umständen, bei Kohlrüben, dem Wirsing, den Erdbeeren; die Analosien für andere Nahrungsmittel kann man sich leicht denken; dabei sind hier immer noch die zweckmäßigen Verwendungen der Nahrung ge- wählt worden. Besondere bemerkenswerte Folgerungen ergeben sich für die Bedeutung der Gemüse, was mit Rücksicht auf die Kohlrüben- periode des vergangenen Jahres besonders bemerkenswert ist. Wenn man bei Kohlrüben aus 100 Teilen im Einkauf nur 71-2 eßbare Teile gewinnt und von diesen wieder nur 78-2 Prozent verdaulich sind, so hinterbleiben von der Handelsware überhaupt nur 55-7 Prozent Verdauliches und für den Wirsing bei 69-2 Prozent genießbaren Teilen nur 48-6 Teile Verdauliches. Man sieht, mit welchen immensen Verlusten auf dem Gebiete der Wurzel- und Blattgemüse gearbeitet wird, um‘ Nahrungsmittel zu schaffen. Man sollte in der rationellen Volkswirtschaft auch diese Seite der Produktionsfrage nicht aus dem Auge lassen. Dem- sesenüber sind die Verluste bei der Ausmahlung des Getreides noch sehr sering zu nennen. Der natürliche Verderb der Waren ist dabei noch nieht in Rechnung gezogen. Außerordentlich groß sind die Schwankungen in der N-Ausscheidung im Kot. Wenn man bedenkt, daß das Optimum bei der Fleischresorption mit nur 2-5 Prozent N-Verlust erreicht werden kann, steigt die N-Aus- scheidung zum Teil so hoch, daß noch nicht einmal die Zufuhr gedeckt wird, wie z. B. bei den Äpfeln; bei der Erdbeere erscheinen 91: 3 Prozent 52 Max RUBNER: ‚der Zufuhr an N allein im Kot; bei den Kohlrüben mit 65 Prozent Ver- lust wird der höchste Wert unter den Gemüsen erreicht. Interessant ist die Rückwirkung der Kartoffelzugabe zur N-Aus- nützung aus dem Roggenmehl. Während man a priori meinen könnte, die Kartoffelzugabe vermindere den N-Verlust, weil Kartoffeln, für sich verzehrt, weniger Verlust an N haben als Roggenmehl mittlerer und höherer Ausmahlung, ergibt sich im Experiment das Gegenteil: der .N-Verlust steigt im „‚Kartoffelbrot“ bei 82 Prozent Ausmahlung des Roggens von 40-3 auf 47-6 Prozent der Zufuhr. Auch die vielfach behauptete Annahme, mit abnehmender Ausmahlung steige die Asche- resorption und deshalb sei überhaupt die höhere Ausmahlung vorteilhaft zu nennen, bestätigt sich nicht. Das sehen wir aus den Zahlen über die Ausnützung des Weizens.! Die. vorliegenden Zahlen geben, was beachtet werden muß, nicht Durchschnittszahlen für eine Bevölkerung, sondern optimale Werte für gesunde und kräftige Männer, anfangs der 20er Jahre oder etwa bis . Mitte der 30er Jahre, mit tadellosen Zähnen. Es ist daher nicht an- zunehmen, daß alte Personen mit diesen Durchschnittswerten rechnen dürfen. Bis jetzt sind Versuche dieser Art an Frauen überhaupt nicht angestellt, aus naheliegenden technischen Schwierigkeiten, ebensowenig an alten Personen. Bei Kindern von 6 bis 6!/, Monaten habe ich für ein zweifellos sonst leicht aufnehmbares Gemüse, den Spinat, nachweisen . können, daß in diesem Alter die Resorption noch ganz unvollkommen ist. Außer den Gesunden kämen natürlich, wenn man von einer Ernährung” der Bevölkerung reden will, noch die Unzahl von Personen in Betracht, die erfahrungsgemäß eine „‚gröbere“ Kost nicht vertragen, wenn man von den eigentlichen Kranken auch ganz absehen will. Alle diese Bedenken gelten natürlich nicht für alle angeführten Nahrungsmittel, sondern nur für einige unter ihnen, und wahrscheinlich “ werden die durchschnittlichen Ergebnisse um so mehr bei denen eine Verschlechterung erfahren, welche schon in der Stufenleiter, wie wir sie in der Verdaulichkeit bei gesunden Männern sehen, keine günstige Stellung einnehmen. Von alten Leuten wissen wir aus der praktischen Nahrungswahl, daß hier leicht resorbierbare Nahrungsmittel bevorzugt werden und bevorzugt werden müssen. Eine zwangsweise Beköstigung mit schlecht verdaulichem Material wird entweder zur Folge haben, daß solche Nahrung überhaupt nicht oder nur beschränkt aufgenommen wird oder mit weit größeren ‘Verlusten gerechnet werden muß wie im kräftigen ı Vgl. dies Archiv. Physiol. Abtig. 1917. S. 354. DiE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 63 Mannesalter. Vor allem versagt im Alter leicht die quantitative Seite der Ernährung. | Im besonderen muß ich weiter betonen, daß auch alle unzweck- mäßigen Zubereitungsformen vermieden worden sind und Nahrungsmittel mit außergewöhnlich schwer verdaulichen Beimengungen überhaupt bei- seite eelassen werden. Ich denke da an den Genuß der Beerenfrüchte oder an die Gewohnheit, die Leguminosen mit der Schale zu verzehren u. del. Über letztere habe ich orientierende Versuche am Hunde aus- geführt, um an Material zu sparen. Die Verluste können selbst bei sonst sut verdaulichem Material bis 40 Prozent und mehr erreichen und dann auch die leicht resorbierbaren Stoffe in den Verlust hineinreißen. Mit diesen allgemeinen Ergebnissen ist nur eine Seite der uns interessierenden Probleme erfaßt; es ist unsere Aufgabe jetzt, im einzelnen _ nachzuprüfen, wie die Ausnützung verläuft, auf welche besonderen Gründe die Verschiedenheiten zurückzuführen sind; dadurch gelangen wir dann zur Möglichkeit, das Wesen dieser Vorgänge zu verstehen und die prinzi- _ piellen Fragen zu erfassen. Diese zunächst rein physiologischen Prozesse können, wie ich-zeigen werde, aufgeklärt und dadurch für eine generelle Beurteilung ein festes Fundament geschaffen werden, das-bislang fehlte. Bei dem gleichen Grade der Unverdaulichkeit können die Gründe für diese sehr wechselnde sein. Die Menge der Zellmembran. T Vor nicht allzu langer Zeit waren die Vorgänge, die sich bei der Verdauung der pflanzlichen Nahrungsmittel abspielen, nur zu einem - kleinen Teil bekannt. Noch am meisten hatte man sich früher für die Brotfrage interessiert, die übrigen pflanzlichen Nahrungsmittel blieben, "wenn man von einigen Experimenten, die ich an Gemüsen angestellt hatte, absieht, ziemlich unbeachtet. Alles das änderte sich mit einem Schlage; auf der Suche nach Nahrungsmitteln in der Kriegszeit kamen Gemüse und auch Obst mehr in den Vordergrund. Dabei stellt es sich heraus, daß man ihnen im allgemeinen ein sehr unbedeutendes Interesse in analytischer Hinsicht entgegengebracht hatte. Nirgendwo ist der Schematismus der Analyse ausgeprägter entgegen- getreten wie bei dieser Gruppe von Nahrungsmitteln; daß die übliche Aufreehnung auf N-haltige Stoffe der Tatsache nicht entspricht, wußte man schon lange, ohne daß man die nötigen Konsequenzen daraus ge- zogen hat. Besonders einseitige Ernährung kam in Friedenszeiten nur 64 MAx RUBNER: bei Sonderlingen in Betracht, deshalb ging man auch Untersuchungen auf diesem Gebiete etwas aus dem Wege; aber sie trat, jetzt häufiger in die Erscheinung und forderte zur Nachprüfung und zum Studium auf. Wer in Friedenszeiten sich mit der Kombination der Ernährung mit den Nahrungsmitteln der Kriegszeit beschäftigt hätte, wäre gewiß als ein Forscher auf recht ausgefallenem Gebiete betrachtet worden. Dinge, die schon aus diätetischen oder Geschmacksgründen nicht in einer Speise- ordnung untergebracht zu werden pflegen, mußten jetzt bisweilen über Schwierigkeiten hinweghelfen. Noch weiter empfand man die Notwendig- keit von Untersuchungen durch die unzähligen Empfehlungen von Surro- gaten. Was ist nicht alles von pflanzlichem Unkraut und von Pflanzen überhaupt empfohlen worden, oft Dinge, deren Zusammensetzung noch nie untersucht worden war, und solche, von denen nicht einmal irgend eine Erfahrung über die gesundheitliche Bedeutung vorlag. Der größte Teil dieser Dinge hat auch nie in der Kriegszeit irgend eine quantitative Bedeutung erlangt, dagegen wurden die Behörden mit Empfehlungen über- schüttet und damit auch die Sachverständigen vor immer neue Aufeaben und Untersuchungen gestellt. Von den Bestandteilen der Pflanze war es die Rohfaser, welche namentlich in der Tierernährung eine erhebliche Rolle eespielt hat; Materialien, welche viel Rohfaser einschlossen, zeigten sich auch bei den Tieren nur bedingt als Nährstoffe, jedenfalls als solche, deren Löslichkeit beim Durchtritt durch den Darm der Wiederkäuer nur einen gewissen Prozentsatz erreichte, nie aber vollkommen war. Die Rohfaser schied sich in ihrer Verdaulichkeit wesentlich von den anderen Stoffen der Kohlehydratgruppe, vor allem der Stärke. Bei den Organismen mit ein- fach gebautem Darm wie auch bei den Menschen lehrt die natürliche Erfahrung der Nahruneswahl, daß sie die stark rohfaserhaltige Nahrung überhaupt vermeiden. Beim Menschen tritt die Nahrungswahl besonders in den Vordergrund; der Kulturmensch hat der Kochkunst und den. tausendjährigen Erfahrungen und Traditionen gemäß gewisse Gewohn- heiten nicht nur in der Wahl, sondern auch in der Zubereitung seiner Nahrung errungen, die in dem Bestreben bestehen, härtere Teile in der Nahrung zu vermeiden und von dem Verzehr abzuscheiden. Man heißt solche verhärteten Teile auch verholztes Gewebe, weil sie in ihrer Festig- keit und Härte holzartigen Charakter annehmen und der Zerkleinerung mit den Zähnen widerstehen. Wenn das holzartige Gefüge vorwiest, tritt der Nährstoffwert also entsprechend zurück. Das Nahrungsmittel wird auch bei der fabrikmäßigen Zubereitung von der Rohfaser zum Teil befreit. Um die Rohfaserabscheidung dreht ; 8 1 $ E DiE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 65 sich im wesentlichen die moderne Müllerei; beim Mehl und Brot hat man auch quantitativ gesehen, daß die Menge der Rohfaser oder, wie man nach den Fabrikationsprodukten sich ausdrückt, die Kleie, einen Faktor für den Verdaulichkeitsgrad darstellt. I: Die Rohfaserbestimmung geht bis in die ersten methodischen Unter- suchungen der Tierernährung zurück, sie basiert auf dem in dem Weender Laboratorium zuerst ausgearbeiteten Verfahren. Man faßt die Rohfaser als den Bestandteil der pflanzlichen Zellmembran auf, der der Pflanze ihre Festigkeit und Widerstandskraft und Härte geben kann, und benannte sie zuerst auch kurzweg ‚Zellulose“. Zellulose sollte die Grundsubstanz der Zellmembran darstel!en. Viele Jahrzehnte blieb man bei dieser An- sechauung, bis man allmählich in Erfahrung brachte, daß die Rohfaser keine reine Zellulose ist, sondern ein Cemenge verschieder er Stoffe dar- stellt. Man ist aber doch immer wieder dabei geblieben, die Rohfaser- bestimmung zu den unentbehrlichen Verfahren der Analysen pflanzlicher Gewebe zu rechnen. Mit der Zeit hat man noch eine Reihe anderer Stoffe als Teile der pflanzlichen Zelln embran angenommen, wie Hexosane verschiedener Art, auch Pentosane, Lienin, Suberin usw. Verschieden- heiten der Zellmembran werden namentlich von botanischer Seite immer mehr in den Vordergrund geschoben und aus der Entwicklung der Pflanzen und ihrem mikroskopischen und mikrochemischen Verhalten erschlossen. Es wäre naheliesend, zu fragen, inwieweit die Rohfaser in zahlen- mäßigen Beziehungen zu dem Zellmembranbau überhaupt steht. Erst in dem durch die Kriegslage hervorgerufenen Bedürfnisse, die pflanz- lichen Nahrungsmittel genauer zu verfolgen, trat die Notwendigkeit hervor, den Zellmembranen als solchen näheres Interesse zuzuwenden. Lassen sich die Zellmembranen von den übrigen Pflanzenteilen trennen? Diese Aufgabe schien mir die nächstliegende zu sein, ich habe daher dieselbe mit: den Mitteln zu lösen versucht, welche unter den gegebenen Umständen überhaupt anwendbar waren und die Analysen der Materialien durchzuführen erlaubten. Über die Gesamtmenge der Zellmembran im Verhältnis zu den anderen Bestandteilen der Pilanze kann ich eine Reihe von Angaben machen, welche sich freilich nicht allgemein botanisch verwerten lassen, sondern mit Rücksicht auf die praktische Ernährung auf die zugerichteten, d.h. ausgeschnittenen, eßbaren Teile beziehen, Ich war bei dem großen Umfange der Ernährungsmöglichkeiten auch nicht in der Lage, für jedes Archivf.A.u.Ph. 1918. Physiol. Abtlg. 5 66 Mıx RUBNER: Nahrungsmittel dureh zahlreiche Untersuchungen Mittelwe*te zu gewinnen, was über meine Kräfte und Zeit weit hinausgegangen wäre, doch drücken sich die wichtigsten Typen deutlich in den Zahlen aus. A. Wurzelgewächse. In der Trocken- In u Teilen Zellmembran substanz Present Prozent | Zellmembran || Zellulose | Pentosan| Best 1. Kartoffel! (ohme Schale) . - . 5-59 46-41 | 11-89 | 41.50 3. Schwarzwurzel . . . RE 12-52 47:03 24-15 28-82 32. Kohlrübense Ne 22:19 7459-04 20-67 24-25 AR Meerrettich 26:37 44-74 2.7 30:69 5, Mohrrüben. Dre 26-51 | 44:04 23:88 | 32-08 | Mittel | - | 47.72 | 23:32 | 28-% i er Gehalt steigt bei den untersuchten Wurzelgemüsen nicht höher : als 26-51 Prozent der Trockensubstanz; die Kartoffel nimmt eine Aus- 1 nahmestellung ein. Ihre Zellen sind so reich mit Nährstoffen gefüllt, daß schon dadurch die Zellmembran relativ zurücktritt, doch handelt es sich dabei auch um einen anderen Bau der Zellmembran, wie man sieht, wenn man ihre prozentige Zusammensetzung betrachtet. Die Schwarz- wurzel, von der äußeren verholzten Masse befreit, enthält relativ wenig Ze'Imembran, sie stände wohl den nachfolgenden Wurzelgewächsen nahe, wenn man auch die Außenhaut noch mitverzehren würde; bei der Kohl- rübe war auch noch die derbere Außenschicht zu beseitigen; bei Meer- _ rettich und gelben Rüben blieben die Wurzeln, wie sie waren. Sie geben also den Gehalt der natürlichen Substanz an Zellmembran an. B. Anderweitige Gemüse. ; =z 1 : E ‚In der Trocken. In 100 Teilen Zellmembran h substanz ; Prozent Prozent N Zellmembran || Zellulose | Pentosan| Rest j — h 1 Brunnenkgesse I ee 13-53 41-95 15-49 42-56 5 9.38 pangel Win. re 21-32 45-73 16-54 37-73 4 3,lGurke nen 22-79 (55:90) | (17-26) | (26-83) 4. Spinat Ne 23:07 43:27 21-66 34-87 2 5. Winterkohl .. . Re 25-86 40:22 26-71 33:07 h 6. Rhabarberstengel a 27-27 (55-44) , (14-50) | (30-05) - 1, Wirmeo 29-01 42:94 | 21-92 | 35-14 8. Kopssalath. 2 en 29-73 | 47-70 20-65 31-65 9. Blumenkohl . ....... 32-61 43-79 22-11 34-10 F Mittel? . . | _ 43-58 | 20-71 | 35-71 q 1 Analyse 1917. | ®2 Davon ausgenommen Nr. 3 und 6. b DiE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 67 Die Blattgemüse enthalten im allgemeinen nicht weniger Zellmembran als die Wurzelgewächse, sondern zum Teil sogar noch mehr; das kann zunächst auffallend sein, weil doch zwischen Spinat und einer Kohlrübe, wie man meinen sollte, Unterschiede der Festigkeit und Zähigkeit bestehen. Der Kopfsalat enthält mehr Zellmembran als die Mohrrübe. Am ärmsten an Zellmembran war die Brunnenkresse, fast halb soviel nur enthaltend, als dem Mittel der übrigen Blattgemüse entspricht. Bei Spinat habe ich den Wurzelteil und die reinen Blätter getrennt untersucht und, auf organische Trockensubstanz umgerechnet, im Blatt 43-07, im Wurzelteil 40-01 Prozent Zellmembran gefunden. Vom Blumenkohl werden die fleischigen Stengel und die verwachsenen Blüten gegessen, der hohe Zell- membrangehalt wird wahrscheinlich auf Kosten der ersteren zu setzen sein, Die Zellmembran stellt also bei Wurzelgewächsen wie bei den anderen _ Gemüsen einen wesentlichen Zellbestandteil dar, der auch vom Ernährungs- standpunkt aus außerordentlich in Betracht kommt; wie erwähnt, beträgt beim Spinat die Zellmembran bis 43-1 Prozent der organischen Bestand- teile, bei Salat etwa 37-8 Prozent, bei Blumenkohl 35-5 Prozent; das sind etwa die höchsten Werte, welche von den Wurzelgewächsen nicht ganz erreicht werden, denn die zellmembranreichsten Mohrrüben haben nur 27-8 Prozent Zellmembran der organischen Substanz. Also ein sehr eroßer Teil mancher geschätzten Gemüse besteht zum großen Teil aus diesem besonderen Stoffgemenge. Die Zellmembran muß in Zukunft bei der Betrachtung dieser Nahrungsmittel als besondere Nahrungsstofferuppe behandelt werden. In der frischen Pflanze ist der Gehalt bei dem sehr wechselnden Wassergehalt natürlich recht verschieden. Ich will hier nur ein paar Beispiele geben. Er beträgt bei Meerrettich ...... 6-96 Prozent Zellmembran Fe Moherubene 02 72.272.29.83 = 3 Blumenkohl »........: 3.39 BE 5 2. Spinat 2-81 eo en brumnenktese , . .n. 1-50 es r Der Gehalt wird bedinst sein durch die Zellmembran der Zellen, in denen der Stoffwechsel abläuft, sie kann aber natürlich auch mehr als Stützgewebe und unter Umständen auch fast nur dieser Aufgabe allein dienen, wie das bei Stroh, Holz u. del. der Fall ist, Die zähe Beschaffen-. heit des Meerrettichs ist nach dem hohen Zellmembrangehalt verständlich, in anderen Fällen wird die Festigkeit der Frucht nur durch die äußere Hülle gegeben, wie bei der Gurke, während der mittlere Teil der 5* 68 Max RUBNER: frischen Frucht an Zellmembran nur 0-84 Prozent enthält. Der stark wässerige Inhalt drückt den Zellmembrangehalt stark herab. Bei der im Wasser lebenden Kresse hält vielleicht der Umstand, daß sie weniger als eine frei auf dem Boden wachsenden Pflanze der Stütze und Festigkeit bedarf, d«n Zellmembrangehalt auf einem so niedrigen Wert, wie ihn die Analyse aufweist. 5 Obst. Von Obst habe ich nur wenige Arten untersuchen können, da das, was von wissenschaftlichem Interesse war, nicht immer in ausreichenden Mengen zu erhalten war, aber die volkstümlichsten Obstsorten finden sich darunter. Auch wird man für alle wesentlichen Typen ein Beispiel finden. Beseitigt wurde, was auch sonst beim Essen wegzufallen pflegt. Der Zellmembrangehalt ist hier nicht so gleichartig wie bei den bisher auf- seführten Vegetabilien. Nachstehend finden sich die Resultate zusammengestellt. Zellmenbran | In 100 Teilen Zellmenbr: n | Prozent Prozent t | Zellulose | Pentosan | Rest Faselnuhkerng ru. Re 6-38 31-55 27-88 40-57 Apfel, feinste Sorte 2.2072 7:91 54-36 7-68 37:96 »» mittlere Sorte... .. Jule 56-68 21-70 21-62 Kochäpfelyp 2... eu 2 15-48 40-35 20:66 38:99 Apfel, Mittel an ee — 50-46 16-68 32-86 Schalen: /.. SS ae — 65:02 18-43 16-55 Kirschen EEE 3 0 | 10-31 25-70 23-08 51-28 Erdbeerene. er ee 18-80 37-53 18-24 44-21 ° Birnen, feinste Sorte ? A| 19:22 4 39:33 32-68 31-99 En billige” Sorte aa 24-35 29.61 34-86 | 35-53 Mittel = 32-47 33-77 .| 33-76 Die geringste Menge von Zellmembran enthielten die Haselnüsse, sie war etwa so gering wie die der schalenfreien Kartoffel; sie können wohl als Typ für die übrigen Nüsse und nußartigen Nahrungsmittel gelten. Im weiteren fällt die große Verschiedenheit der Zellmembran je nach der Qualität einer Ware auf. So bei den Äpfeln; billige Kochäpfel enthielten fast doppelt so viel Zellmembran wie eine feinere Sorte. In manchen Fällen ist das Fruchtfleisch von besonderen typischen Elementen durch- setzt, wie dies die Steinzellen bei den Birnen sind. Diese oft steinharten Konkremente machen sich beim Essen reeht fühlbar. Sie mehren den Gehalt an Zellmembran und bedingen wesentliche Schwankungen, die übrigens auch für die eigentlichen Zellmembranen wie bei den Äpfeln \ j Die VERDAULICHKEIT DER \V EGETABILIEN. 69 vorauszusetzen sind. Bei den Beerenfrüchten sind wir meist gezwungen, die oft zahlreichen Kerne mitzugenießen; sie bedingen bei der Erdbeere eine starke Vermehrung der Zellmembran. Das Fruchtfleisch der Erd- beere würde ohne Kerne wohl dem Fruchtfleisch der Kirsche ähnlich sein; die Analyse bringt aber diese reine Fruchtfleischzusammensetzung nicht zum Ausdruck, weil bei den Kirschen auch die Haut noch mit- untersucht wurde. Der Gehalt an Zellmembran ist je nach der Reife der Frucht oder je nach dem Nachreifen Schwankungen ausgesetzt, auf welche hier nur kurz hingewiesen werden kann. Die vorliegende Zusammen- stellung sibt also nur ein ungefähres Bild, das natürlich bei ausgedehnten Untersuchungen sehr verschieden sich gestalten wird. Bei dem vorliegenden Material fallen auch die Höchstwerte der Zell- membran noch unter die entsprechenden Werte für Wurzel- und Blatt- semüse. Im frischen Zustande wird sich die Zellmembran der Früchte um 1 bis 2 Prozent herum bewegen, die Nüsse ausgenommen, die bei ihrer hohen Konzentration an Nährstoffen an 5 bis 6 Prozent Zellmembran enthalten@®riten. ’ Die Körnerfrüchte. Der Masse nach betrachtet, haben die Körnerfrüchte die größte Be- deutung unter den Vegetabilien, gemeinhin hat also der Zellmembran- gehalt derselben das größte Interesse. Man sprieht gewöhnlich kurzweg von dem verschiedenen ‚‚Kleiegehalt‘“ und versteht darunter die mehr oder minder fein zermahlenen Bestandteile der Frucht und Samenschale. Feines Mehl enthält wenig, Vollkornmehl mehr Kleie. Kleie ist ein mehr- deutiges Wort, als Handelsware bedeutet es ein Gemenge von Mehl und Schalenresten, im wahren Sinne begreift man aber nur die letzteren darunter. Im folgenden wird die Kleie als das von sonstigen Stoffen befreite Material betrachtet, also als eine Zellmembran. Doch liegen die Verhältnisse nicht so einfach und schematisch, wie man bisher ange- nommen hat. ; | Bei der ersten Entwicklung der jungen Triebe der Körnerfrüchte werden Blattmassen erzeugt, die jedenfalls nur einen mäßigen Gehalt an Zellmembran (auf frische Substanz bezogen) enthalten dürfte. Ist aber die Frucht ausgebildet, so wird der Träger, der Halm, ziemlich frei von Nährstoffen und besteht, wie die Analysen von Spelzen und Stroh erkennen Jassen, zum größten Teil aus Zeillmembran. 70 MAx RUBNER: Getreide und seine Bestandteile. | Zellmenbran | in 100 Teilen Zellmenbran In 100 Teilen Trockensubstanz | Prozent Prozent | ı ı Zellulose | Pentosan | Rest Weizen und Roggen im ganzen. | s-11 | 27 TI 38-70 | 33-53 Kleie. allen „age 67-14 | 29-47 40-48 | 30-05 Beinstesa Mehl 2-66 | 42-10 71-50 50-40 Bee an N 7:98 | 39-22 32-02 28-76 Stroh > | 77-32 46-81 28-90 24.29 Dpelzen ar nr ee: 65:64 I 48:39 | 36-70 15-00 Die Frucht ihrerseits läßt sich teilen in Keimling, Mehikern und die deckende Membran. Die letztere enthält, wie aus der Beschaffenheit des feinsten Mehles sich ergibt, sehr wenig Zeilmembran, die aber immer noch etwas durch Reste der Samen- und Fruchtkaut verunreinigt sein dürfte. Die Kleie, von Mehlbestandteilen befreit, besteht zu fast sieben Zehnteln aus Zellmembran; der Keimling enthält wenig Zellmembran, offenbar noch weniger, als meine Untersuchungen ergaben, weil ich kein Mäterial, das ganz kleiefrei war, erhalten konnte. Das Korn im ganzen wird je nach den verschiedenen Sorten der Ernte und je nach der Größe der Körner verschiedene Zellmembranmengen zeigen. Nach meinen Beobachtungen werden Werte zwischen 8 und 11 Prozent erhalten, wahrscheinlich kommen noch größere Extreme vor. Die Körnerfrüchte enthalten weit weniger Zellmembran als Wurzel- und Blattgemüse und meist weniger als die , Obstsorten, aber mehr wie Kartoffeln. Praktisch betrachtet, haben aber diese relativ geringeren Mengen Zellmembran eine weit größere Bedeutung als jene bei Obst und Gemüsen. 6 bis 7 Prozent Zellmembran kommen im frischen Brot etwa bei sogenanntem Vollkornbrot vor, das Minimum stellen feine Gebäcke dar bis etwa 1-5 Pro- zent Zellmembran und manchmal etwas weniger. Reis, Mais, Gerste, Hafer und Hülsenfrüchte verhalten sich je nach dem Vermahlunessrad ähnlich wie Roggen und Weizen, wie sie hier als Beispiele zur Erläuterung ge- wählt sind. Die Verholzung, wie sie bei unseren Waldbäumen erfolst, führt teils zur Bildung von Kernholz neben Splintholz; manche Bäume ent- halten nur Splint. Dieser letztere kann zeitweilig auch noch Nährstoffe führen. Als Analyse eines Splintholzes sei noch die Zusammensetzung des Birkenholzes angeführt: ä Zellmem bra an n | Zellulose | Pentosan | Rest e % | | e 2 Nm Birkenholze a 2 ra: = 3207 ı 45-40 26:50 | 28-10 DIE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 71 Bestandteile der Zellmembran. INNE Die Zellmembranen, für sich isoliert, sind meist farblose, manchmal sefärbte (wie bei der Kleie, Hülsenfrüchte, Mais), lockere oder mehr bröckelige Substanzen. Letzteres nur bei künstlicher Zerkleinerung, wie es beim Vermahlen der Schalen der Fall ist. Sie sind niemals eine chemische Einheit, sondern stets Gemenge von oft vielleicht sehr vielen Substanzen. Vorläufig fehlen uns Methoden, sie in alle ihre Bestandteile zu zerlegen, wir müssen uns also bei ihrer Aufteilung nur mit Näherun gs- werten der Analysen genügen lassen, welche wenigstens einzelne Gruppen dieser Bestandteile erfassen. Ihre Trennung habe ich nach drei Gruppen von Substanzen durchgeführt, in Zellulose, Pentosane und in den Rest, der nach Abzug der beiden ersten Stoffe bleibt. Aus manchen biologischen Tatsachen kann man schließen, daß in der Gruppe der Zellulose möglicher- weise feinere Unterschiede vorliegen, die chemisch nicht faßbar sind. Solche Unterschiede in biologischer Hinsicht werden wir zwischen den Gemüsezellulosen und. Schalenzellulosen kennen lernen. Es gibt aber auch chemische Unterschiede, die sich biologisch nicht bemerkbar machen; Papierzellulose mit Oxyzellulose, merzerisierte Zellulose und reine Zellulose scheinen "biologisch keine Unterschiede für die Auflösung zu bedeuten. Unsere Methoden erlauben also noch nicht, jene Scheidungen vorzunehmen, welche von vornherein ein Urteil über die biologische Bedeuturg einer „„Zellulose‘“ erlauben. Der Kolloideharakter der Zellulose könnte wohl hierbei in Frage kommen. Auch die Bestimmung der Pentosane ist vorläufig die Erfassung einer Substanzeruppe für die in Wasser unlöslichen furfurolbildenden Bestand- teile der Zeilmembran, die einzelnen Pentosane sind möglicherweise nicht alle biologisch gleichwertig. Ähnlich liegt es auch mit der biologischen Bedeutung der Restsubstanzen der Zellmembran; in diese Gruppe fallen Hexosane verschiedener Art, ferner die Ligningruppe. Selten werden wir es mit Korksubstanzen in größeren Mengen zu tun haben, wo sie vor- kommen, werden sie als Verunreinigungen der Zellulose erscheinen. Die‘ Zahlen über die Zusammensetzung der verschiedenen Zell- membranen sind schon aufgeführt. Im allgemeinen haben sich folgende Resultate ergeben: Reine Zellmembran besteht nie aus einem der aufgeführten Bestand- teile oder aus zweien, sondern stets aus den drei Komponenten. Die pflanzlichen Nahrungsmittel enthalten alle Pentosen oder Pentosane. Von diesen findet sich der manchmal stark überwiegende Teil in dem Pentosan 72 MAx RUBNER: der Zellmembran. Der Pentosangehalt der Brotfrüchte ist daher ein guter Maßstab für den Grad der Ausmahlung der betreffenden Produkte. Wenn auch in den hier aufgeführten Nahrungsmitteln die Pentosane nie fehlen, so ist doch ihr Prozentgehalt in der Zellmembran den größten Schwankungen unterworfen. In einigen Fällen, die aber nicht eßbare Teile, wie Dattelkerne, Kaffeebohnen, betrafen, waren nur 3 Prozent Pentosane vorhanden, sie scheiden aber hier von der Betrachtung aus, denn sie repräsentieren nicht „eigentliche Zellmembran‘“, sondern ver- härtete Reservestoffe, welche unter geeigneten Umständen in Lösung gehen. Unter dem Obst hatten namentlich feine Äpfel einen besonders niedrigen Pentosangehalt (7-68 Prozent). Auch bei der Kartoffel fand ich einmal nur 5-5 Prozent, allerdings in der an Membran reichen Pülpe, die mir aus der Großindustrie zugegangen war, erheblich mehr, so daß hier mit Schwankungen wohl gerechnet werden muß. Den höchsten Pentosangehalt ergeben die Zellmembranen des Getreides (40-5 Prozent), Zellulose und Restsubstanz zusammengenommen machen also stets die Hauptmasse der Zellmembran aus. ; Ein bestimmtes Verhältnis zwischen Zellulose und Restsubstanz scheint nicht zu bestehen; berechnet man nach Abzug der Pentosane die Relation zwischen Zellulose und Restsubstanz, so erhält man nach den Werten für Zellulose geordnet folgende Reihen: Zellulose BRestsubstanz Kirschen ar ee Be 32-9 Dre INUSSer een le ae Men 41-9 58-1 Hemes)Mehlye sea 45-5 54-5 Klein. 49-5 50-5 Apfel. sanoree 3 m ae 50-8 49-2 Blattgemusessrn Be 55-0 45:0 Wurzelgemüse. ...... 62-2 37-8 Stroh en a ek un re 65-8 34-2 SPelzen ae 76-5 23.4 Ein konstantes Verhältnis zwischen Zellulose und den Restsubstanzen besteht nicht. Die Grenzwerte sind für 1 Teil Zellulose = 2-04 Teile Restsubstanz bis 1 Teil Zellulose = 0-31 Teile Restsubstanz. Auch ein Zusammenhang dieser Relationen mit dem physiologischen Verhalten läßt sich nach dieser Reihenfolge nicht nachweisen, wie sich später zeigen wird. Manche zu einer biologischen Gruppe gehörigen Nahrungsmittel zeigen oft eine weitgehende Übereinstimmung im prozentisen Bau ihrer Zell- membran. Für die Wurzelgemüse ist die Zusammensetzung so ähnlich, daß die Bildung eines Mittelwertes erlaubt sein wird. Sie enthalten im Mittel 47-72 Prozent Zellulose, 23-32 Prozent Pentosan und 28-96 Prozent Restsubstanz. Wesentlich verschieden zeist sich die Kartoffel, indem sie en u a a Fl A sah > PETE, DD ev NO En . Dru VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 73 sehr pentosanarm ist. Auch die Blattgemüse schwanken, die Gurke und Rhabarber ausgenommen, nur wenig; das Mittel beträgt 45-58 Pıozent Zellulose, 20-71 Prozent Pentosan und 35-71 Prozent Restsubstanz. Bei den Früchten liegt die Sache völlig anders. Zunächst ist schon bekannt, daß die Früchte in den verschiedenen Stadien ihrer Reife Änderungen in der Rohfaser durchmachen. Die letztere nimmt beim Reifen ab. Auch die Qualität und Veredlung muß einen Einfluß aus- üben; jedermann kennt den großen Unterschied in der Derbheit zwischen einem Holzapfel und einer veredelten Sorte. Außerde n ist es bei manchen Obstsorten üblich, die’ äußeren Schalen mit zu verzehren, bei anderen nicht; bei Beerenobst läßt sich meist die Kernmasse nicht gut beim Genusse abtrennen. Zu den besonders eigenartigen Bestandteilen der Birnen, die ihre Unterscheidung von den Äpfeln charakterisieren, gehören Konkremente, die man Steinzellen nennt. Wenn man, von praktischen Zielen geleitet, die Früchte so analysiert, wie sie im allgemeinen gegessen werden, und das war meine Aufgabe, so erhält man unter der Gruppe Zellmembran nicht diese allein, sondern auch noch in einzelnen Fällen die Oberhaut, wie bei den Kirschen, die Steinzellen bei den Birnen, die Kerne bei den Erdbeeren. Die Steinzellen sind sehr pentosanreich, die Kerne der Erdbeeren dagegen ärmer an Pentosan wie die übrigen Zellmembranen der Frucht. Die Kerne haben möglicherweise bei verschiedenen Früchten sehr verschiedene Zusammensetzung der „Zellmembran“, was selbst- verständlich sein dürfte, da man bei den kleinen Kernen auch ihre harte Hülle mit zu analysieren gezwungen ist. Bei Kirschen, Pfirsichen, Aprikosen usw. liest die wachstumsfähige Masse wie bei den Nüssen von den harten Schalen eingeschlossen, die nicht mit verzehrt werden. Die Beziehung zwischen der Zellmembran des Kernparenchyms und der harten Schale habe ich bei Haselnüssen festeestellt: Zellulose Pentosan Rest Eßbarer Kern . .... 31-55 34-72 33:72 Schlesien en 2736.52 29:88 33-60 Die Unterschiede sind nicht sehr erheblich und betreffen nur ein Überwiegen der Zellulose in der harten Schale. Ähnliches liest bei der Kartoffel- und Apfelhaut im Verhältnis zur Parenchymzellmembran vor. Erdbeerkerne haben 14-6 Prozent Pentosan gegenüber 18-24 Prozent der sanzen Fruchtzellmembran, was gleichfalls auf ein Überwiegen der Zellu- lose hinweist. Kerne können aber da, wo sie an Stelle von Fett besondere Reserve- stoffe enthalten, die mangels einer Schale durch Verhärtung vor der 74 "© Max RUBNER: h Auflösung geschützt sind, eine wesentlich andere, namentlich pentosan- ärmere Beschaffenheit annehmen. So enthalten in 100 Teilen Zellmembran: En 7 > un Zellulose Pentosan Restsubstanz Dattelkerne . . .... 71:73 2-85 25-42 Kaffeebohnen . . ... 45:15 6:59 48-26 Läßt man Birnen und Erdbeeren, weil hier Steinzellen und Kerne mit der Zellmembran vereinigt waren, beiseite, so zeigen sich immer noch bei dem spärlichen Material, welches untersucht werden konnte, erhebliche Unterschiede, die, wie die Äpfel dartun, von der Spezies und dem Reifungs- erad abhängen dürften. Aus den Haselnuß-, Äpfel- und Kirschenzahlen wäre das Mittel für 100 Teile Zellmembran: ET Ar re e Zellulose Pentosan Restsubstanz i 35:88 22:55 41:57 von denen die Abweichungen erheblich sein können, im allgemeinen aber jedenfalls hohe Pentosanwerte nicht erreichen. Weit typischere Verhältnisse liegen beim Getreide vor. Bei den Getreidearten Weizen und Roggen zeigt sich, dab die Pllanze in ihren verschiedenen Teilen, Halm, Spelzen, Korn und in diesem selbst, auch chemisch verschieden gebaute Substanzen liegen. Die Art der Vermahlung, Siebung, Mischung der einzelnen Mehle miteinander, so wie sie im Handel vorkommt, stellt nieht nur Mehl mit verschiedenen Mengen von Kleie vor, wie man sich bisher ausdrückte, die Mehle können selbst bei gleichem Zellmembrangehalt sehr verschiedene Zusammensetzung der letzteren zeigen. ; Die im Mehl enthaltene Zellmembran ist ungemein pentosanarm, sie erinnert in der Zusammensetzung ganz an die pentosanarme Kartoffel. Die Frucht- und Samenschale dagegen, die in der Kleie überwiegt, gehört umgekehrt zu den pentosanreichsten Zellmembranen. Der Keimling scheint Zellmembranen zu besitzen, die jenen des Mehlkernes ähnlich zusammen- gesetzt sind; das immer noch mit Kleie etwas verunreinigte Material zeigt eine Zusammensetzung, die nach der Richtung der Mehlkernzellmembran sich nähert. Das mehr holzartige Material des Strohes und der Spelzen hat im Verhältnis zur Kleie ein Übergewicht der Zellulose. Das Getreide zeigt uns, wie in verschiedenen Teilen einer Pflanze die Art der Zell- membranen ganz verschieden sein kann. Würde man die morphologischen . Elemente der Pflanzen besser mechanisch trennen können, so wäre der Parallelismus zwischen Zusammensetzung und der Eigenart der einzelnen Zelleruppen wohl eine mehr gesetzmäßige als bei Untersuchungen ganzer Nahrungsmittel. & A re a et En Sc ee Te en ee ee DIE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 16) Die Schalen. der Kartoffeln und die Obstschalen haben mit der Zusammensetzung der Frucht- und Samenschale der Körnerfrüchte nichts gemeinsam, sie scheinen nur etwas zellulosereicher als das Parenchym der betreffenden Nahrungsmittel zu sein. | Die Zellmembran, wie sie aus den pflanzlichen Nahrungsmitteln sich darstellen läßt, enthält stets nur minimale Mengen von Aschebestandteilen ; letztere haften also nicht fest an der Zellmembran, sie sind nicht N-frei zu gewinnen; ein Teil des N ist offenbar fest mit der Zellmembran ver- bunden, auch da, wo an und für sich sehr wenig Eiweiß überhaupt vor- handen ist und die Weichheit der Membran ihre feinste Zerkleinerung bestens ermöglicht. Von der Kleie ist bekannt, daß die Auflösung des Kleieeiweißes und seine Extraktion die größten Schwierigkeiten bereitet, die sich auch bei der Verdauung geltend machen. Ihre Bedeutung erstreckt sich, abgesehen von den mehr zufälligen Bestandteilen, wie N und Asche, auf ihre Komponenten, die Zellulose, die Pentosane und die Restsubstanzen, unter denen das Lignin vertreten ist. Die verzehrten Mengen werden in einem späteren Abschnitt näher angegeben. Als Extreme habe ich pro Tag von Menschen 94 g Zellmembran und rund 40 g Zellulose verzehren gesehen. Der Werbreinngsnert der Zellmembran wechselnd, je nach der Zusammensetzung, den geringsten Brennwert haben die Pentosane, einen höheren die Zellulose und den höchsten nach einigen näher unter- suchten Fällen die Restsubstanzen, doch sind die Unterschiede überhaupt bei den drei Substanzgruppen nicht groß. Im Durchschnitt kann man etwa 4-42 Kalorien für die Zellmembran annehmen, mit den eben an- gedeuteten Schwankungen. Ein bestimmtes Verhältnis zwischen Zellulose und Zellmembran be- steht nieht, weshalb die bisher geübte Feststellung der Rohfaser, deren Haupibestandteil die Zellulose ausmacht, ein Maß für die Menge der Zellmembran nicht zu geben in der Lage ist. Ein paar Beispiele mögen diese Verhältnisse erläutern: "on rerememı jehalt an Rohfaer ........|1r8| 11-6 | 10.1| 8-3 109° 9-1 » » Zellmembran....... 1180| 17-3 | 15-3 | 11-8 | 15-4 | 13-6 wre 9sloileno|e5| 8565| 75 Da die Ausscheidungen meist anders zusammengesetzt sind wie die Einnahmen, so verändern sich auch die Verhältnisse zwischen Rohfaser und Zellmembran. Bisher pflegte man die ",,Rohfaser“ als unnötigen Ballast bei der menschlichen Ernährung anzusehen, um so mehr als sie ja zu den schwerstverdaulichen Substanzen gerechnet werden muß. Die 16 Max RUBNER: Zellmembran macht uns nun mit mehreren neuen Bestandteilen der Nahrung bekannt, deren eingeführte Menge doch recht bedeutend sein kann. Von ihnen wird sich erst später reden lassen, wenn die Verdauungs- verhältnisse näher erörtert sind. Jedenfalls erhalten wir mittels der Zell- membran niet unerheb!iche Mengen verschiedener Körper zugeführt, die man bisher wenig oder gar nicht beachtet hat. Die Zellmembran ist ein integrierender Bestandteil der pflanzlichen Kost. Lv. Der chemische Aufbzu der Zellmembran läßt bis zu einem gewissen Grade Gruppierungen zu; G>müsearten und Gstreidefrüchte scheiden. sich sehr deutlich voneinander. Das Obst zeigt dagegen wandelbare Zusammen- setzungen, allerdings im Einklang mit der Kultur der Pflanzen und dureh die Beimengung von den Nebenbestandteilen unlöslicher Natur, wie Kerne, Steinzellen und Epidermis. Ein auffallendes Ergebnis liest aber darin, daß manche äußerlich und diätetisch sehr verschiedenen Substanzen in ihrer Zusammensetzung nur wenig voneinander abweichen. So sind die Unterschiede zwischen P.renehym- zellmembran der Kartoffel und der Kartoffelhaut und zwischen der Apiel- parenehymzellmembran und der Apfelhaut nieht wesentlich, das Aul- fallendste ist der geringe Unterschied zwischen Haselnußschale und dem Parenehym des Kernes. Zwischen Birkenholz und Wurzelgemüsen ist kaum ein Unterschied der Zellmembran nach dem prozentisen Aufbau gegeben. Zellulose, Pentosane, Restsubstanzen sind Grundmaterial, aus welchem von der Pflanze sehr verschiedene Zellen gebaut werden, die durch ihre Dicke, ihren morphologischen Aufbau, vielleicht auch durch die Art der Mischung Produkte von ganz verschiedenem Aussehen und Gebrauchswert auch in diätetischer Hinsicht liefern. Aus derselben Stoffsruppe kann die Pilanze zarte feine Zellsysteme, aber auch harte, derbe Massen bilden, die selbst kräftig einwirkenden Mitteln gegenüber standzuhalten vermögen. Wenn durch den natürlichen Aufbau aus gleichem Baumaterial ver- schiedene Substanzen von ganz verschiedener physikalischer Beschaffen- beit entstehen, so sollte man denken, daß harte, derbe Gebilde durch mechanische Zertrimmerung und Zerkleinerung mit der feinen natürlichen Parenchymzellmembran wieder auf gleiche Eigenschaften gebracht werden können. Dies ist aber erfahrungsgemäß nicht der Fall. Am besten mag dies folgendes Beispiel erläutern: Bei Spinat macht die Zellmembran 43 Prozent der Trockensubstanz aus, trotzdem bietet er beim Kauen kaum einen Widerstand, ja die eroßen Mengen der Zellmembran werden ee Ab u A u ehe ee er ee DiE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 7 beim Genuß kaum sich bemerkbar machen. Nehmen wir aber ein Produkt aus der Reihe der Brotfrüchte mit höherem Zellmembrangehalt, so wäre das etwa Kleie, die etwa 40 Prozent Zellmembran der Trockensubstanz enthält; die letztere behält auch bei feinster Zermahlung immer noch un- angenehme Eigenschaften. Zu Gebäck verarbeitet, ist derartiges Material ungenießbar. Auch zu Kochzwecken wäre es nicht zu gebrauchen. In beiden Fällen drängt sich die zerkleinerte Zellmembran der Frucht- und Samenschale ver und stört beim Genuß (wie bei der Verdauung). Bei hokem Kleiegehalt oder bei Beimengungen von Surrogaten aus zerkleinerten Zelimembranen entstehen selbst bei Mengen von 10 Prozent oder allenfalls 20 Prozent Zusatz, ganz abgesehen von dem niederen Qualitätswert, der Schwierigkeit des Kauens und des kratzigen Gefühls im Munde, bei vielen - Personen sogar Magenbeschwerden, Übelkeit, auch Erbrechen, so daß das Nahrungsmittel unbrauchbar wird. Somit bekommen die eigenartigen Zellmen branen der Zerealien also eine ganz andere Bedeutung vom diätetischen Standpunkt aus als weit größere Mengen Zellmembran in Ge- müsen und Obst. Allerdings ist hier der Vorbehalt zu machen, daß bei einem solchen Vergleich bei Gemüsen und Obst angenommen wird, daß die verholzten Teile in der Küchenzubereitung beseitigt werden; bei den Konserven der Krieoszeit ist aber auf eine solche Beseitigung von ver- holzten Außenschichten, z. B. bei Kohlrüben u. del., gar nicht Bedacht genommen worden. Werden kleiereiche Zerealien auch nicht in der Form von Brot ge- nossen, so stört die Kleie schon beim Genuß, weil auch bei feinster Ver- mahlung sie sich von. den mehligen Bestandteilen ablöst und so einen sandigen Eindruck beim Essen der Speisen hervorruft. Dies ist beim Ver- kochen zu Suppen ganz ausgepräst gegeben. Kleie macht besonders die Kruste hart und schwer zerkbauar, Stückehen bleiben gern an der hinteren Rachenwand kleben und lösen sich durch das Ptyalin nur schwer. Auch diese Verhältnisse stellen also kleiereiches Material in einen Gegensatz zu anderweitisen zellmembranreichen Nahrungsmitteln. Erfahrungsgemäß wird unter solchen Umständen die Kruste meist vom Brot geschnitten und geht der Ernährung verloren. Für die Art der Festigkeit und Härte gibt nicht der Zellulosegehalt den Ausschlag. Man kann aus dem Verbande Zellulose-Pentosan-Rest- substanz (Lienin) die Restsubstanzen und Pentosane entfernen, wodurch die ursprüngliche Härte der Zellmembran ganz verschwindet. So läßt sich z. B.’aus Holz, das nicht zu pulvern ist, durch Salzsäuredämpfe und verdünnte Säuren, durch 25- bis 30prozentige Lauge ein Produkt liefern, das der Zerkleinerung keinen Widerstand leistet; dabei werden die Rest- 73 Max RUBNER: substanzen und die Pentosane entfernt, ohne daß die Zellulose selbst eine Veränderung erfährt. Man darf nicht übersehen, daß die Feststellung der Zellulose, Pentosane, Restsubstanzen nicht überall, ja vielleicht nirgendwo die volle Natur der Zellmembran erkennen : läßt, daß vielmehr die genannten Stoffe in mancher Hinsicht nur ein Gerüst darstellen für andere Körper, welche die Grundlage für biologische Funktionen bilden. Die Zellmembran hat sehr verschiedene Aufgaben, sie kann Nährstoffe verschiedener Art durchlassen oder sie hemmt den Eintritt solcher und selbst den Ein- und Austritt von Wasser. Nur zum Teil sind diese Eigenschaften direkt auf den chemischen Aufbau der Zellmembran insofern zurückzuführen, als auch die Bildung von Korksubstanz neben den anderen Komponenten der Zellmembran zukommt und wasserdichtend wirken kann. Viel wichtiger sind die Einlagerungen anderer Stoffe in die Membranen für ihre Permeabilitätseigenschaften, wie die bekannten wachsartigen Über- züge an den Epidermiszellen, harzartige Stoffe u. dgl. Bei den Zellen für den inneren Betrieb, den aufsaugenden Zellen in den Wurzeln u. dgl., ist das Gerüste der Zellmembran, das ich im vorstehenden beschrieben habe, - durchtränkt mit Pektinstoffen, Lipeiden, möglicherweise auch durchzogen von Eiweißstoffen, wodurch dann das besondere elektive Verhalten dieser Membranen ebenso bedingt wird, wie wir dies von den tierischen Zellen wissen. Manche dieser Bestandteile können je nach den äußeren Um- ständen in ihrer Menge varlieren. Nach den Untersuchungen von Hanstsen! können Magnesia- und Kaliumsalze das Wurzelwachstum stören; in dem Magnesiasalz können sich z. B. Pektinstoffe, Fettsäuren, Paytesterin herauslösen; Kalksalze verhalten sich anders. Es ist sehr wahrscheinlich, daß gerade dieser biologische Aufbau auch entscheidend für die Verdaulichkeit der Zell- membranen sein wird, zumal die Adsorption von Fermenten und die Durchtränkung der Zellwand mit solchen und Kofermenten u. del. ent- scheidend für den Vorgang der Löslichkeit der Zellmembran sein dürfte. Ein Beispiel für die Bedeutung dieser Einlagerungen habe ich bei der Kartoffel gegeben. Die unverletzte Kartoffeloberhaut läßt Kochsalz ur schwer durehtreten, aber leicht, wenn man sie vorher mit Alkohol oder Äther gewaschen, d. h. einen Teil solcher charakteristischen Lipoide entfernt hat. u einsstbenns Jahrbuch f. se Botanik. Bd. XLVI. 1910. H.3 und Bd. LIII. 1914. H.4. BE Dies VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 79 Die Resorption der Zellmembran und ihre Bestandteile beim Hund. V. Die Verdauung der pflanzlichen Nahrungsmittel verläuft komplizierter wie jene der Animalien. Von letzteren kann man sagen, daß sie an sich völlig verdaulich sind und daß nur Stoffwechselprodukte überhaupt übrig! bleiben. Im G>gensatz dazu kann man sagen, daß kein Pflanzengewebe, welches als Nahrungsmittel dient, völlig verdaulich ist. Zum Begriff Gewebe gehört Zellmembran, und keine Zellmembran ist beim Menschen und den Versuchstieren jemals ganz verdaut worden. Dieser Satz gilt nur in dem hier gemeinten Sinne der nicht völligen Verdaulichkeit der Pflanzengewebe, so wie sie in den Nahrungsmittelpflanzen vorkommen, und im chemischen quantitativen Sinne; für den Mikroskopiker gibt es. _ aber ganz verdauliche und unverdauliche Formelemente. Ich habe den mikroskopischen Befund gelegentlich erwähnt, bemerkte aber ausdrücklich, daß ich auf denselben im Rahmen meiner Betrachtungen nicht eingehe und es den Botanikern überlasse, diese Fragen der Auflösung der ver- schiedenen Formelemente und die Art des Angriffes der Lösung zu be- handeln. Zellmembran heiße ich das Gesamtgefüge, bestehend wie erwähnt aus den verschiedenen Stoffgruppen. Die Verdaulichkeit der Zellmembran will ich nachfolgend vergleichend behandeln. Sie läßt sich nach meinen Methoden in den Nahrungsmitteln und im Kote zur Darstellung bringen. Die große Rolle, welche die Ver- daulichkeit der Zellmembranen besitzt, ist erst durch meine Untersuchungen am Hund und am Menschen genauer erkannt worden. Die zahlreichen Versuchsreihen sind jetzt in diesem Archiv. Bd. 1914—1917 niedergelest. Früher sind wohl Angaben über die Rohfaserverdauung gemacht worden, Rohfaser ist aber weder Zellulose noch Zellmembran, noch auch hat letztere irgend einen bestimmten gleichartigen Rohfasergehalt. Es ist erstaunlich, welche groben Mengen von Zellmembran mitunter in der Dalumy auf- genommen werden. Wenn von dem Grade der Verdaulichkeit der Zellmembranen ge- sprochen wird, so bezieht sich das nur auf die Gewichtsverhältnisse der Ein- und Ausfuhr, nicht aber auf die chemische oder morphologische Identität. Ich habe ja schon in den Einzelabhandlungen auf die Unter- schiede in der Zusammensetzung der Zellmembranen der Einfuhr hin- gewiesen sowie auf die ungleiche Herauslösung einzelner Komponenten aus dem Dreiverband der Hauptbestandteile, und ebenso wurde schon bei den Gemüsen das ungleiche morphologische Bild erwähnt, welches die komplette Auflösung bestimmter Formelemente und die Unverdaulichkeit anderer zeigt. 80 Max RUBNER: Die VersucLe meines Laboratoriums erstrecken sich auf Unter- suchungen am Hunde, am Menscken und an Pilanzenfressern. Soweit die letzteren in Betracht kommen, ist das Näkere aus der in diesem Bande befindlieben Arbeit von C. Thomas zu ersehen; ich selbst will mich in folgendem nur auf die Ergebnisse beim Hund und Menschen beschränken. Dabei ist die Befähigung des Fleischfressers hinsichtlich der Verarbeitung der Zellmembran in seinem kurzen Darm jedenfalls sehr überraschend. Meine Versuche am Hund, die ich in folgendem zunächst behandeln will, sind fast ausnahmslos so angestellt, daß dasselbe Tier stets dieselbe Kost (1000 g Fleisch) erhielt, wozu dann das zu untersuchende Material an Zellmembran gegeben wurde. Im Laufe des Jahres habe ich einen zweiten Hund verwenden müssen, der etwas kleiner wie der erste, mit etwa 900 g Fleisch als Nahrung auszukommen pfleot. Auch an diesem Tiere habe ich keine Beobachtung gemacht, welche irgendwie im Gegen- satz zu dem erst verwendeten stand. Der Fleischfresser galt bisher als ein Organismus, der zur Aufnahme vegetabilischer Kost, insoweit diese _ Rohfaser in nennenswerten Mengen enthält, als wenig geeignet schien. Allerdings hat man über ein einigermaßen bedeutendes Material zur Be- urteilung dieser Frage nie verfügt, da man ja aus anatomischen Gründen annehmen durfte, daß derartige Kost für den Fleischfresser nicht wohl geeignet sei und im freien Leben diese Tiere derartige Nahrung nicht aufsucken. Meine Untersuchungen zeigen für den Hund wider Erwarten die Möglichkeit der Resorption auch der Zellmembran und Zellulose in nicht unbeträchtlichkem Umfange. Was den Experimentator unangenehm bei den Versucken mit Nahrungsmitteln reichlichen Zellmembrangehaltes berührt, ist das gelegent- liche Versagen der Resorption, ohne daß man in den äußeren Bedingungen des Versuches irgend einen Anhaltspunkt zu einer Erklärung finden könnte. Ich habe aber schon an anderer Stelle berührt, daß die Lösungsbedingsungen für die Zellmembran der Hauptsache nach in einem bakteriellen Ansriff gesucht werden müssen. Hier scheinen unter Umständen nicht alle Be- dingungen zur Entwicklung der Mikroben immer, die gleichen zu sein, manchmal mehr oder minder weitgehende Entwicklungskemmungen für das Mikrobenwachstum vorzuliegen oder die Aussaat nicht immer die gleich ausreichende zu sein. Eine solche Störung ist nicht gleichbedeutend mit einer sicktbaren Veränderung des Kotes, sie prägt sich nur in der außergewöhnlichen Mehrung desselben aus. Ein Moment, welches in einer späteren Abhandlung noch experimentell belest werden wird, scheint auch- die Aufenthaltsdauer des Kotes im Darm zu sein, indem ich bei einer außergewöhnlich langen Zurückhaltung des Kotes auch eine sehr weit- Te u a nn armer io % a DIE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. sl gehende Auflösung bei einer allerdings auch sonst nicht sehr schwierig aufzulösenden Substanz gesehen habe. Die Leistung der Aufnahme und der Resorption von Zellmembranen findet man in nachfolgender Generaltabelle zusammengestellt, geordnet nach der Menge der täglich verzehrten Zellmembranen. ı Besorbiert im Tag | Zufuhr im Tag I Zell- Zell- Imembran Zellulose membran| Zellulose | g u g 3 ee en. 1:98 0-60 3:92 1-98 Eiazelnußkerne u. ee na. 3:26 0-88 5-15 1-62 Bossenkeimlinge . . ..... .». a) 1:06 5:15 2:02 ESSENER ER RE a a I) Er: 9, 4-76 14:02 6:49 Kriegsbrot! .. .... EIER ERERh |eAe2 0:78 15:76 5:54 Bireinußenth, ... 2... ...:1016-:39 4:83 18-73 >91 Birke . . 2 RB Ar ER | RL LI 3:58 19:00 s:8s1 Kartoffelpülpe RS RR TR 3:68 27:89 12-62 Spinat .. EL N 3:86 32-78 13-01 Berapipe 02... || 92-20 7:22 | 39:83 | 18-06 Birke .. a le 12:24 3:58 38-00 16-63 . Feines Spelzmehl . SV A 5:48 42.79 20-71 Gröberes nen N 7:03 3:64 41:28 22-09 INleienys.: RER SE EN 20 3-47 48-05 13:90 Strohmehl . . . . 19-94 6-55 51-20 23-30 Strohmehl, aufgeschlossen mit Druck. 14-19 | 11.25 52-15 37:96 Strohmehl, aufgeschlossen ohne Druck 15-53 11-65 53-11 35-26 ee en 22-20 3.78 | 53-20 | 24-19 Strohmehl, aufgeschlossen ohne Druck 16-28 11-81 53-65 36-02 Hiaselmußschalen . .. .... .....2.. 23:85 9:47 39-69 22-56 Bike ee. a 27-44 10-82 | 57:00 26-04 Erle ent. | 29510 7253011, 76200 33-26 . In einer längeren Versuchsreihe, die zur einleitenden Betrachtung von Bedeutung ist, habe ich zuerst bei Birkenmehl die Grenzen der Leistung des Darmes meines Versuchstieres und die allgemeine Art der Resorption bestimmt und gesehen, daß das Tier bis zu 75 g derartigen Materials auf- nehmen kann, dab aber 100 & die Grenzen günstiger Resorption über- . schreiten. Die Resorption wechselnder Mengen erfolgt so, daß hei der- selben Substanz von kleinen wie größeren Mengen ein aliquoter Teil ver- daut wird. Die Generaltabelle zeigt die. Ergebnisse der Fütterung, Mengen, die zwischen 3-9 9 und 76-0 g pro Tag schwanken; auch letzterer Wert liest noch innerhalb der durchaus günstigen Resorptionsgrenzen. Bei durchschnittlich 4-42. Kalorien Verbrennungswert vermochte mein Tier mit einem Nahrungsbedarf von rund 1000 bis 1100 Kalorien pro Tag 336 Kalorien in Zellmembran zu verzehren. Die Nebenwirkungen werden 1 Ist in der Mittelzahl nicht enthalten. Archivf, A.u. Ph. 1918. Physiol. Abtlg. 6 82 Max RUBNER: getrennt von der Resorptionsfrage der Zellmembran später behandelt. Die Menge der resorbierten Zellmembran folgt, wie man aus der Tabelle sieht, nur im allgemeinen der Zufuhr an Membranen, weil ja spezifische Verdaulichkeitsverhältnisse vorliegen. Die größte Menge resorbierten Materials pro Tag betrug 29-1 g, also etwa 128 Kalorien, 11 bis 13 Prozent des Gesamtumsatzes der Tiere. Zufuhr und Resorption im allgemeinen betrachtet, ergibt sich, daß die Zellmembran — abgesehen von der eigent- lichen Verwertung im Stoffwechsel, die ein noch weniger günstiges ‚Resultat liefert — ein minderwertiges Produkt darstellt. Die General- tabelle ergibt, daß auch kleine Mengen von Zellmembranen niemals völlig resorbiert, sondern stets nur teilweise angegriffen werden. Addiert man alle Zelimembranen der Einnahme und alle Größen der Resorption, so verdaut der Hund in den zahlreichen Versuchen, die über 60 Fütterungs- tage umfassen, 38-9 Prozent. Ein Vergleich mit Wiederkäuern läßt sich nicht anstellen, da bei diesen noch keine Experimente über das Resorptions- - vermögen der Zellmembranen vorliegen. Immerhin darf man sagen, daß das Resultat doch wider Erwarten ein nicht ungünstiges ist, wenn man den einfach gebauten Darm des Hundes und außerdem die relativ ku'ze Zeit des Aufenthaltes des Kotes im Darm in Betracht zieht. - Gruppiert man die Versuche nach den steigenden Mengen unter Be- rechnung des Grades der Ausnützung, wie nachstehend, so hat man, in Gruppen zusammengefaßt: Tägliche Mittel Zufuhr an Verdaut d. tägl. Verdaut Zellmembran Zufuhr g g g Prozent 0 bis 10 2-91 4:74 61-3 10 „ 20 9-40 16-88 55-6 2072,30 14-11 27:89 50-5. 30 .„, 40 18-14 36-30 49-9 40 ,, 50 15-51 44-90 34-5 50775260 19-92 59-29 36-7 60 ,„, 70 —_ —_ — 1074.80 29-10 76-00 38:3 So könnte es den Anschein haben, als seien kleinere Mengen von Zellmembranen besser als etwas größere resorbiert worden; es wäre das aber ein irreführender Schluß, weil auf das Experiment mit kleinen Zell- membranmengen auch solche Membranen entfallen, die sich auch z. B. beim Menschen als besonders gut resorbierbare Substanzen erwiesen: haben. Von den Einzelbestandteilen der Zellmembran interessiert vorläufig. noch im besonderen die Zellulose, da man mehrfach die Meinung aus- gesprochen hat, der Hund verdaue Zellulose überhaupt nicht. Zn ee “ DıE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 833 Nach verzehrter Zellulose geordnet: TI ————_>>G—__————————— m, Resorbiert im Tag Zufuhr im Tag ı Zell- | Zeil- | Imembran | Zellulose Imembran Zellulose $ ; SE RER g | g e insel | 1:98 | 0:60 | 3-92 | 1-98 Haselinußkerne:. .. 0. ru ..aen. | 3:26 0-88 5-15 1-62 BRossenkeiming ii... 2.0.0 el. | 3-50 1-06 5-15 2-02 Bersbret nn... 2... 3er | 4:62 0:78 15-76 5:54 Haselnuß entfettet . . . . 2.2... ı 16-29 4-83 18-73 5-91 Berebohlele u. 10-42 4-76 14-02 6-49 Finke” „nee I 6:27 3:58 19-00 _ 8-81 Kartoffelpülpe TA EEE IE 14-11 3-68 27-89 12-62 DENN RR. rn 14-09 3-86 32-78 13-01 Kerstoflelpülpes. .. . ...... > cn. 22-20 7-22 39-83 18-06 ia ee | 12-24 3-58 33-00 16-63 iReimes-Spelzmehl . .. .. ... 2... | 16-31 | 5-48 42.79 20-71 . Gröberes Spelzmehl ........ nee 0312 12.04 47:28 22.09 oleie rar RS er ı 26-46 3-47 48-05 13-90 Strahmehlt 22... 224... ı 19-94 6-55 51-20 23-30 Strohmehl, aufgeschlossen mit Druck 14-19 11-25 52-15 37-96 Strohmehl, aufgeschlossen ohne Druck 15.53 11-65 53-11 35-26 Elle aılana ae ee | 22-20 3-78 53-20 24-19 Strohmehl, aufgeschlossen ohne Druck | 16:28 11-81 53-65 36-02 BHaselnußschalen . ..........: 23:85 9.47 59-69 22-56 TE N Se ee Ba 27.44 10-82 57:00 26-04 TEmiRa "oe ne ee 29.60 7:58 76-00 33-26 Die verdauten Zellulosemengen bewegen sich zwischen 0-6 und 20-7 g pro Tag, sie erreichen höchstenfalls etwa 86-9 Kalorien, das heißt etwa 8 Prozent des ganzen Nahrungsbedarfes, wobei zu bedenken ist, daß die Produkte der Verdauung der Zellulose nicht vollwertige Nährstoffe dar- stellen. Die Verdauung der Zellulose steht aber damit sicher, wenngleich gelegentlich Einzelfälle vorkommen, bei denen die Lösung der Zellulose nur eine minimale ist. Nimmt man als prozentige Verdauung nur die Gesamtsumme der in allen Versuchen eingeführten Zellulose bis zu 50 g, so ist das Mittel 30-5 Prozent. Die Zellulose ist also der weniger gut verdauliche Teil der Zellmembran. Gruppiert man ohne Rücksicht auf die Art der Helen die auf- genommenen und verdauten Zellulosemengen, so hat man folgendes Bild: In Gruppen zusammengefaßt: Tägliche Zufuhr an Verdaut Mittel d. tägl, Verdaut "Zellulose Zufuhr g g g Prozent 0 bis 10 2-35 al 50-8 10 ‚ 20 4-36 14-84 29-4 20 ,, 30 6:62 23-15 28-6 30 ,„ 40 10-57 35-80 29-8 40 ,, 50 11-80 - 47.50 34-8 50 ,,. 60 — = 60 ‚„, 70 20-70 71-00 29-8 6* 84 Max RUBNER: In den einzelnen Gruppen ist, von der ersten, die wesentlich durch die ausnahmsweise günstige Resorption der Haselnüsse beeinflußt wird, abgesehen, ein ungleiches Resorptionsvermögen nicht ersichtlich. Bleibt man unter der Grenze der Überfütterung, so verläuft die Verdauung also etwa so, wie ich sie in den orientierenden Versuchen bei Birkenholz sah: ein aliquoter Teil wird aufgelöst. Die ungleiche Verdauung der Zellmembran und der Zellulose verweist auf die Notwendigkeit, die Auflösung der einzelnen Bestandteile noch etwas näher zu betrachten; dabei zeigt sich, daß in den Einzelfällen die Art der Auflösung spezifisch verschieden sich verhält. Will man die Zusammensetzung des Ausgangsmaterials mit in Erwägung ziehen, so sei auf die früher gegebenen Zusammenstellungen auf S. 66 verwiesen. Resorbiert in Prozent I Zell Rest- r ern Zellulose | Pentosan ubstene en ee ae \.86.97 | sı.7a | 96-44 | 82-35 BRosgenkeimlnen es re ea I 67-77 52-48 65:59 91-82 Klee. re E59 24-96 61-27 74-82 Vogelwicken?. 2. 2.222 ER \ 51-60 30-40 66-50 81-10 SPITADa EA u eng ee errae . 42-98 29-67 68-37 43:96 @elbeuRüben Aus Ge 41:89 15-62 63-20 63:50 Haselnußschalen . . . . . IE EIERIETER IR 40-91 41:78 37-14 40:46 Birkenholzus en a. | 7394 39.22 44.60 — Stroh .,.7. RE A RR AR False 0 25-54 13-36 39-63 Spelzmehl Keim NER Ben: 38-12 26-46 37-48 78-97 Stroh, mit Natron aufgesch lossen -. .- | 29-24 33.04 31-86 — Stroh, mit Natron unter Druck auf- geschlossen TE N ee | 24:07 |. 29-70 28:00 —_ Spelze.;grobi... „nut. Se ... | 14-47 16-47 14-54 iz Eiliwierpapien 0.2.0. Zee: : — 27:00 — — Das Gesaintmittel aller Bestimmungen ergibt als verdaulich : Zellmembran Zellulose Pentosan Restsubstanz 44: 32 33:99 48-11 54.69 Die einzelnen Bestandteile werden ungleich leicht resorbiert, am wenigsten die Zellulose, wesentlich besser die Pentosane und noch etwas besser die Restsubstanz. Die Mittel, durch welche der Körper die Zell- membran angreift, sind für die drei Komponenten verschieden. Die Aut- lösung erfolgt nicht immer durch gleichmäßige Zertrümmerung des Materials, wobei dann alle drei Gruppen von Stoffen zur Lösung kommen würden. Im einzelnen ist noch folgendes von Interesse: Die leichtest resorbierbaren Membranen sind jene der Haselnüsse und der Roggenkeimlinse, sie sind ziemlich unverändert, zur "Verfütterung ge- ei a a a u nn _ Dis VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 85 kommen. Kleie und Vogelwickenmembran bestehen aus Zellen, die größten- teils zum Schutze des Endosperms dienen; diese Fruchtschalen haben das (Gemeinsame, daß ihre Zellulose recht schwer gelöst wird, dagegen gut die Pentosane und Restsubstanzen. Spinat und gelbe Rüben entsprechen nicht den ursprünglichen Ge- miüsen, die Zellmembran war rein dargestellt, d.h. aller sonstigen Bei- mengungen entkleidet; dies dürfte auch der Grund ihrer schweren Auf- nehmbarkeit sein, die selben Membranen gehören beim Menschen zu den Jeichtest, fast vollkommen resorbierbaren. Indem die Zellen ihrer Ein- lagerungen entkleidet werden, wird auch der Angriff der lösenden Fermente erschwert. Haselnußendosperm und -schalen unterscheiden sich in ihrer chemischen Zusammensetzung nur unwesentlich, wohl aber wesentlich im morpho- logischen Bau und in der funktionellen Bewertung. Durch die Zellen des Enndosperms wandern leicht die Nährstoffe, die Schale andererseits ist ein Schutz gegen jede Einwirkung von außen. In dieser biologischen Eigen- tümlichkeit muß offenbar auch der Grund zum verschiedenen Verhalten der Löslichkeit liegen. Ein typisches Verhalten weisen Stroh und Spelze auf; die Zellulose ist mäßig gut gelöst, die Pentosane bei Stroh noch weniger gut als die Zellulose, dagegen weitgehend löslich die dritte Gruppe, die Restsubstanzen. Bei den Spelzen werden die Pentosane wenigstens so gut wie die Zellulose gelöst. Nimmt man aus dem Stroh durch Natronbehandlung die Rest- substanzen bis auf Spuren auf, so schreitet die Verdauung der Zellulose und Pentosane gleichmäßig weiter. Bei den grob zerkleinerten Spelzen war die Resorption offenbar im Sanzen erschwert, elektive Auflösungen sind nicht erkennbar. Für letztere kommen auch morphologische Unterschiede im Material, wenigstens in eschränktem Maße, in Betracht, da nach Haberlandt die Lösung in manchen Fällen ganz bestimmte Formelemente ergreift oder auch an bestimmten Poren und Kanälen die ersten Angriffsflächen findet. Die vorstehenden Ergebnisse erlauben noch eine andere Gruppierung, welehe mit Rücksicht auf die praktische Verwendung der Nahrungsmittel und auf die später mitzuteilenden Versuche am Menschen von Bedeutung ist. ' Folgende Tabelle zeigt in Kürze einige bemerkenswerte Eigenschaften der /ellmembran und ihrer Resorption. Die erste Gruppe „Obst und Gemüse“ läßt erkennen, daß hier Membranen vorliegen, deren bessere Resorption nicht im wesentlichen dem Verhalten der Zellulose, sondern den beiden anderen Komponenten zuzuschreiben ist. Für das Brotgetreide kann die Kleie als Typus gelten, auch bei ihr liegt der Schwerpunkt der Resorbier- 86 Max RuBner: Gemüse und Obst: Resorbiert Aufgenommen Nahrung Zell- | Zeil | membran | Zellulose | membran! Zellulose Bra... 55 085 | see Kartoffel! 2 0 2.2.20 m BER 10-42 4:76 14-02 6-49 Haselnüsse... . - - RE 16-29 4:88 18-73 5.91 Spinatsc u. 2 14-09 3-86 32-78 13-01 ‚Gelbe Rüben. 8 20.22 ee I 22-20 3:78 | 53-20 24-19 | ı Verdaut: Zellulose... . . . 37.4 | Zellmembran . . . 53-5 Brot Kleie: .. ale nen ee 26.46 3:47 | 48-05 13-90 Brot va a Eee 4-62 | 0-78 || 15:76 5-54 Verdaut: Zellulose . . . . . 21-9 Zellmembran . . . 48-7 Brotsurrogate: Zeines, SpelzmehlE 2 Pre er 16-31 5.48 | 42-79 20-71 Gröberes Spelzmehl . ..... 7:03 | 3:64 || 47-28 22-09 Strohmehl @ rm ee ee LIEGE 6-55 | 51-20 23-30 Stroh, aufgeschlossen mit Druck... . | 14-19 11-25 | 52-15 .| 37-96 Stroh, aufgeschlossen ohne Druck .. | 15:53 ı 11.65 || 53-11 35-26 ‘Stroh, aufgeschlossen ohne Druck 1216228 2] 11281 20532605 36-02 Verdaut: Zellulose . . . . . 28-7 _ 'Zellmembran . . . 29-7 Holz und holzartiges Material: Haselnußschalee 2... 1. ence0.0 23-85 9.47 | 59:69 | 22-56 IBIrKe 7 Sa ee NEU CHR 12-24 3:58 38:00 16-63 27.44 10-82 57:00 26-04 Verdaut: Zellulose ..... . 36-6 Zellmembran... . 41-1 Bjltnierpapiera Sue Deere | Verdaut: Zellulose. .. . . 25-8 Zusammenstellung der Gesamtmittel: Resorbiert in Prozenten Zellmembran Zellulose Gemüse und Obst . ....... 53-5 el: Brot (Kleie)a same: Bra 48-7 21-9 Surrogate zur Brotstreckung . . . 29-7 28-7 Holz und holzartiges Material . . 41-1 36:6 barkeit nicht bei der Zellulose, also so wie in der vorstehenden Gruppe. Die bisher empfohlenen Brotsurrogate zeigen eine gleichmäßig ungünstige Resorption aller Komponenten. Splintholz und Schalen stellen sich etwas besser als die Brotsurrogate, haben aber mit letzteren das gemein, daß die Zellulose wie die anderen Bestandteile annähernd gleich schwer resorbierbar sind. Das mit Säurebehandlung hergestellte Holzmehl ist wegen seiner sonstigen ungünstigen Eigenschaften außer Betracht geblieben. Für die Verdaulichkeit der Zellulose bei Wiederkäuern hatte ich keine Gelegenheit, Versuche auszuführen. Für die Rohfaser liegen sehr viele DIE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 87 Angaben in den Zusammenstellungen für die landwirtschaftliche Fütterungs- lehre vor. Aber diese Ergebnisse lassen sich nicht gut verwerten, da die Zusammensetzung der Produkte sehr schwankend ist. Ich berechne nach solchen Werten etwa folgende Verwertung der Rohfaser. Verdaulich ist: Bei Roggenkleie ... . . . 52-7 Prozent der Rohfaser „ Kartoffelpülpe. .. . . ae 2 I 2 Mohrrüben “2 2. =%. 53-8 2 Winterhalmstroh? 2 3: 50:0. “ © Die Rohfaserwerte stehen zwischen den Werten der Zellmembran und der Zellulose; wenn die letztere beim Hund mit etwa 30-5 Prozent und die Zellmembran mit 38-9 Prozent verdaut wird, so steht fest, daß die Aufnahme im allgemeinen beim Hund etwas schlechter sein dürfte wie bei den Wiederkäuern. Die Unterschiede sind aber anscheinend nicht so erheblich, als man bisher angenommen hat, vorausgesetzt daß das Futter gut zerkleinert dem Hunde verabreicht wird. Der Wiederkäuer besorgt die Zerkleinerung selbst und vermag quantitativ einen erheblichen Teil der ganzen Nahrung durch Zellmembran zu decken. Wenn vorzügliches Wiesenheu 23 Prozent der Trockensubstanz an Rohfaser enthält, wird die Menge der Zellmembran an 40 Prozent betragen können. Eine Bei- mengung fein gepulverter Zellmembran bis zu einem Viertel der Masse der Trockensubstanz der Gesamtnahrung (Fleisch und Zellmembran) war etwa die Grenze des Ertragbaren für den Hund, ob auf längere Dauer, ist freilich nicht festgestellt worden. Der Hauptunterschied mit Bezug auf die Tätigkeit der Verdauungsapparate zwischen Fleischfresser und Pilanzenfresser liest in der quantitativen Leistung und der Möglichkeit der Ernährung für letztere durch rauhes Futter, das erst der Verarbeitung ‚bedarf, um offenbar die empfindlichen resorbierenden Teile des Dünndarms nicht zu schädigen. Wenig zerkleinertes Material schädigt den Darm des Hundes leicht so weitgehend, daß jede Resorption zellmembranhaltiger Teile unterbleibt. Bei der Auflösung der Zellmembranen kommen noch zwei von mir festgestellte Tatsachen in Betracht. Bei mehreren Versuchen habe ich nachweisen können, daß die durch Lösung der Zellmembranen freiwerdenden Teile unresorbiert im Darm liegen bleiben können. Dies ist z. B. bei den Pentosanen zu erweiser. In Fällen, bei denen die Pentosane sozusagen völlig in der Zellmembran enthalten sind, kann man im Kot manchmal mehr freie Pentosane oder Pentosen auffinden, als vorher vorhanden waren. Dies läßt sich nur so erklären, daß die Zellmembran noch an Stellen verdaut wird, an welchen die Resorption sehr vermindert ist. 88 Max RuBNer: Das kann nur in den unteren Partien des Dickdarmes der Fall sein. Analog habe ich auch beobachtet, daß durch Auflösung der Zellmembıan zwar der N-haltige Inhalt freigeworden sem kann, olıne daß deswegen die Resorption mit der Verdauung gleieken Schritt hält. Rückwirkung der Zellmembran auf die Bildung von Stoffwechselprodukten. v1. Der Nährwert einer Zellmembran wird nicht durch ihre Auflösung und Resorption®allein bedingt, sondern neben anderen ist sie von der Wirkung abhängig, welche die Zellmembran auf die Bildung von Ver- dauungssäften ausübt, und von der schädlichen Behinderung der Resorption anderer gleichzeitig genossener Nahrungsmittel. Geleitet von dem Gedanken, diese Nebenwirkung der Zellmembranen iestzustellen, hab2 ich in meinen Versuchen stets dasselbe Nahrungsmittel in stets gleichbleibender Menge als Träger der gefütterten Zellmembran verwendet. Nicht immer war das, was als Zellmembran verfüttert wurde, auch nur diese allein, vielfach —.das hat sich erst im Laufe der Versuche heraus- gestellt — werden die Zellmembranen noch von anderen Stoffen begleitet. So ist z. B. Kleie nie ganz frei von kleinen Mengen Stärke gewesen, Stroh enthält immer noch neben der Zellmembran kleine Mengen lös- licher Stoffe, Spelze führen etwas Stärke, aufgeschlossenes Stroh Körper, die durch Natron gelöst wurden, sich aber schwer auswaschen lassen. Wahrscheinlich gehören auch noch besondere Körper, die in kleinen Mengen vorkommen, wie Lipoide u. dgl., gewiß vielfach zum Bestande der Zell- membran, ohne daß man deren Wirkung zurzeit zu übersehen vermöchte, Es ist nicht auszuschließen, daß diese analytisch teils festgestellten, teils nicht faßbaren Begleitstoffe und Verunreinigungen auch einen Einfluß auf den Ablauf der Resorption gehabt haben können, aber wohl mehr dahin- gehend, dab sie auf die Mehrung der Stoffwechselprodukte als auf die Resorption der Zellmembran selbst wirkten. Die Verdaulichkeit des Fleisches war bekannt; es finden sich im normalen Fleischkot nur Stoffwechselprodukte, d.h. Reste der Verdauungs- säfte, welche in ihrer Menge kalorimetrisch und nach ihrem N-Gehalt bestimmt wurden. Unresorbiertes Fleisch würde sich nach meinem Unter- suchungsverfahren habsn feststellen lassen. Ich habe eine solche Beein- flussung in den hierzu betrachteten Experimenten nicht nachweisen können. Eine Störung der Verdauung bis zur Behinderung der Resorption des verfütterten Fleisches habe ich nicht beobachtet; die vorhandene Mehr- DIE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 89 ausscheidung hielt sich innerhalb solcher Grenzen, daß sie noch immer als Mehrung von Stoffwechselprodukten aufgefaßt werden kann. Ich habe mich bei meinen Publikationen zunächst an einen Fleischnormalversuch gehalten, bei dem sich pro Tag 67:74 Kalorien als Gesamtausscheidung und 1-01 g als N-Ausscheidung ergeben hatten. Diese Werte sind etwas zu hoch; dureh: Wiederholung der Fleischexperimente und Ausdehnung über lange Zeit habe ich an dem benutzten Tier gefunden, daß die mittleren Verluste an Kalorien 56-34 und der des N 0-%g pro Tag betrugen. Die Werte ändern an den früher mitgeteilten Gesamtresultaten nichts Wesentliches, ich werde sie aber als sicherer im nachfolgenden verwenden. In nachstehender Tabelle wird in Reihe 2 die Menge der Kalorien auf- geführt, welche sich errechnet, wenn man von dem Kote die sämtlichen näher bestimmten unresorbierten Teile nach ihren Verbrennungswerten -abzieht. Ich nenne diesen Rest kurzweg Stoffwechselprodukte. Bei der N-Ausscheidung verfahre ich ähnlich: von dem Gesamt-N ist der mit den Zellmembranen unlöslich abgeschiedene N abgezogen und der Rest als Stoffwechsel-N angesehen. Diese Stofiwechselwerte werden verglichen mit der durchschnittlichen Ausscheidung von N und Kalorien bei ausschließlicher Fleischkost, dann ergeben sich die in der Tabelle auf- geführten Differenzen als Wirkungen der Fütterung von Zellmembranen. Stoffwechselprodukte im Kot pro Tag. | re Differenz, Stoff. | Differenz | kalorien | zum wechsel | zum jaus Stoftf- Fleisch- Fleisch- | wechsel | kot | kot Woselwicken‘. „nen 2. 20 || 40-2 = — Merzenkeimlne |... 0...2..0..,20.2.0.8. 0%. 83-0 — Sag) — - iinkenholzere ae en 58-7 Deal 1-05 +0-10 Spinat . Be nen GT E54 211.09 720-1 Kartoffelpülpe ED a Kae gr 64:6 + 8:3 1:13 +0:18 Boavenkeimimo ... .......2.22..0]..66:2 —+10-9 = = kroli Se RE 69-7 13.4 1-27: 0:30 Kleie . . . Ted | 76-4 20-1 1:09 +0:-14 Stroh, aufgeschlossen ohne Druck a 78-3 22-0 0-90 — 0:05 Papier .. el eirkegal 192-1 1-20 0-25 Stroh, aufgeschlossen ie Dim. le rk)els) 423-2 1:05 0-10 Gelbe Rüben a N ee RS | 125-4 1:06 0-11 Spelamehl, gröberes. . . ...... | 9-3 | 4350 | 1-3 +0-42 Papier .. A AR, 95-8 —+39-4 1:65 +0:75 Hareinußsebalen RE RR eo 103-2 46-9 1:16 40-21 »jselauneins sterne, re 146-5 90-2 0:78 — 0:17 Für den Vorgang der Resorption haben wir uns, was von allgemeiner Bedeutung ist, folgende Vorstellung zu machen 90 Max RUBNER: "Zur Verdauung des Fleisches und in Abhängigkeit vom Fleischumsatz überhaupt werden in den Darmkanal die Verdauungssäfte ergossen. Wird eine Zellmembran hinzugefügt, so finden die im allgemeinen in den Darm sich ergießenden Verdauungssäfte nur insoweit ein Angriffsobjekt, als eben anhaftendes Eiweiß (z. B. bei Kleie) oder Stärke vorhanden sind. In den hier vorgelegten Versuchen kommen solche Beimischungen eigentlicher Nährstoffe nur ausnahmsweise in Betracht, etwa nur bei: Vogelwicken, den Keimlingen, der Kartoffelpülpe und den Spelzen. Da die Zell- membranen selbst bakteriell angegriffen werden müssen, kommen die Stoff- wechselprodukte und der Inhalt des Magens und Darmes gewissermaßen auch als Nährboden in Betracht. Daher wird man damit rechnen müssen, daß Zellmembranen entweder spezifische Wirkungen auf den Darm ausüben oder die mechanischen Momente des Durchganges durch den Darm oder” die Gasbildung und Spannung der Darmschlingen eine Rückwirkung unter Vermehrung der Sekretionen und Bildung von Stoffwechselprodukten äußern können. Würde man die Zellmembran allein verfüttern, so würde das Un- verdaute zweifellos zusammen mit einer bestimmten Menge von Stofi- wechselprodukten den Darm verlassen; hier würde man unmittelbar die Rückwirkung auf den Darm erkennen. Leider ist diese Versuchs- anordnung nicht anwendbar, sie würde aber insofern gleichfalls mit einem Fehler behaftet sein können, als ja unter allen Umständen der sogenannte Hungerkot — der übrigens auch vom Fiweißumsatz abhängige ist — mit entleert werden würde, was allerdings nur Geltung haben könnte für den Fall, daß die Zellmembranen als sehr untergeordnete Reize für den Darmkanal angesehen werden können. Dagegen läßt die von mir gewählte Versuchsanordnung wohl für alle Fälle, in denen die Bildung von Stoff- wechselprodukten über das Maß der Bildung des Fleischkotes hinaus angeregt wird, sich anwenden. Der Fleischkot selbst liefert nur eine sehr geringe Menge von Stoff- wechselprodukten, daher war es wahrscheinlich, daß eine Sekretions- - steigerung durch die Zellmembranen wohl sichtbar werden würde, zumal man sich ja auch vorstellen darf, die Einflüsse auf eine Mehr- sekretion seien etwas von den Stoffwechselausscheidungen des Fleisch- kotes Verschiedenes, so daß sie vielleicht sogar unbehindert zur Wirkung gelangen. Betrachtet man sich die oben angegebene Tabelle, so sieht man, daß nur in zwei Fällen die Bildung von Stoffwechselprodukten im ganzen (als Kalorien ausgedrückt) kleiner ist als die Menge des Fleischkotes: bei Vogelwicken und den Keimlingen des Weizens. ie TE I Be A ra De ie # Die VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 91 Das ist leicht zu erklären. Ich habe mit Absicht in den Vogelwicken einen Versuch mit aufgenommen, bei welchem auch erheblich nährende Bestandteile, d. h. reichlich Stärke, vorhanden waren. Nicht in demselben Maße hei den Weizenkeimlingen. In beiden Fällen wird ein Herab- drücken .des Eiweißumsatzes vorhanden gewesen und dadurch eine geringe ‚Minderung der Stoffwechselprodukte überhaupt zustande gekommen sein. In allen anderen Fällen liegt eine Mehrung der Stoffwechselprodukte vor, ‚die im allgemeinen kei den N-haltigen Stoffen nicht sehr beträchtlich ist, ausgenommen kei Papier (728 Zufuhr), wo die ungeheuren Kotmassen die Resorption der ergossenen Verdauungsprodukte erschweren, indem die Papierfasern vielleicht durch Adsorption oder Aufsaugung etwas N binden. Jedenfalls geht Mehrausscheidung an N und Kalorien nicht Hand in Hand. Die größten Kaloriencifferenzen liegen kei Spelzen, Papier (75 Zufuhr) und Haselnvßschalen vor, obschon die absoluten Mengen verzehrter Zell- membran und die Aussckeidungen bei Spelzmehl und Haselnußschalen nicht erheblich verschieden waren. Überhaupt ist die Menge der auf- genommenen Zellmembran nicht das Entscheidende für die Stoffwechsel- ‚produktsteigerung, wenn sie auch bei derselten Substanz unter Fütterung verschiedener Mengen zur Wirkung kommt. Bei Papierfütterung war der. Zuwachs bei 48g Zellulose Zufuhr pro Tag 22-1 Kalorien, bei 72 Zellulose 39-4 Kalorien, was etwa ungefähr der Masse des aufgenommenen Papiers parallel geht. Man kann den Schluß ziehen, daß im Durchschnitt die Zell- membranen eine Steigerung der Stoffwechselprodukte herbei- führen. Die maximale Steigerung um 90-2 Kalorien der Stoffwechselprodukte macht im gegebenen Falle 36-5 Prozent der ganzen Zufuhr an Kalorien (246-4) in dem Präparate aus. Der Nährwert einer an sich schwer ver- daulichen Zellmembran kann also durch die Steigerung der Stoffwechsel- produkte eingeschränkt oder auch ganz abgeglichen werden. Die weitere Frage, ob die Rückwirkung der Zellmembran auf den - Darm, wenn sie allein sefüttert würde, ihrer Größe nach nur dem Über- schuß entspricht, der sich in obiger Tabelle über die Stoffwechselprodukte des normalen Fleischkotes ausdrückt, wird in einer späteren Abhandlung diskutiert werden. | Von dem Einfluß der Störung durch zu grob zerkleinertes Material habe ich hier absehen können, um aber einigermaßen als Richtlinie der Quanti- tätsverhältnisse ein Bild von einer solchen Wirkung zu geben, will ich eı- wähnen, daß Wicken mit Schalen, welche nicht fein zermahlen, sondern nur zerquetscht waren, einen Gesamtverlust von 40-6 Prozent aufgewiesen haben. 92 . Max RuUBNER; ' Man darf sagen: keine einzige Zellmembran kommt beim Hunde voll als ein Nahrungsmittel zur Wirksamkeit, weil die Ansprüche an die Stoff- wechseleinwirkungen erhebliche sind. Daneben ist nicht zur Erörterung gekommen, daß die Lösung der Membranen auf einem Gärvorsang unter starker Gasbildung nud Wärmeentwicklung beruht. Die Auf- schließung der Zellmembran geht über die Bildung von Buttersäure und Essigsäure vor sich, was ich zuerst eingehend für das Brot näher unter- sucht habe.! Ein Faktor, der sich kaum allgemein schätzen läßt, aber auf die Beeinträchtigung des Nährwertes nicht unerheblich wirken kann, ist die Störung des Ruhezustandes eimes Tieres durch die Flatulenz, die manch- mal sehr ausgeprägt sein muß, da der Kot stark von Gasen durchsetzt ist. Die Zellmembran und Zellulose bei der menschlichen Ernährung. VI. Die Bedeutung der Zellmembranen für- die” menschliche Ernährune kann nur durch besondere Versuche am Menschen selbst festgestellt werden. Diese habe ich in so umfangreicher Weise ausgeführt, daß sich die allgemeinen Züge des Wertes der Zellmembranen darlegen lassen. Diese Untersuchungen hatten aber nicht die letzteren, losgelöst aus dem Verbande des Nahrungsmittels, zum Ziele wie in den Versuchen am Hunde, sondern es sind die wichtigsten zellmembranführenden Nahrungs- ‘ mittel selbst der Untersuchung. auf ihre Resorptionsfähigkeit unterzogen worden. In einigen Fällen wurden auch aus praktischen Gründen einige als Zusatz zu Brotgetreide vorgeschlagene Zellmembranen untersucht. In der menschlichen Kost werden die Zellmembranen natürlich eine sehr verschiedene Bedeutung annehmen. Im Gesamtdurchschnitt werden die Zerealien einen eroßen Einfluß ausüben, denn Brot und Mehl deckten in der Friedenszeit 42-4 Prozent aller Nahrung, dazu kommen 12 Prezent aus Kartoffeln und ein kleiner Rest von Gemüse und Obst. In der Kriegs- ernährung liegen die Verhältnisse, für die Stadtbevölkerung wenigstens, aber anders, sie mußte sich mit dem abfinden, was zu kaufen war, infolgedessen überwogen auch einmal die Kartoffeln, einmal die Kohl- rüben, wohl auch Gemüse, wenn solches ausreichend zu kaufen war. Also kann man sagen, es werden alle möglichen, nach Friedensvorstellungen niemals frei gewählten Kombinationen vorgekommen sein. 1 Zeitschr. f. Biol. Bd. XIX. 8.80. a ee Die VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 95 ich beeinne die Betrachtung mit der Menge von Zellmembranen, welche bei verschiedener einseitiger Ernährung mit einem bestimmten Nahrungsmittel bei meinen Versuchen von gesunden kräftigen Personen verzehrt worden ist. Die nachstehende Tabelle sibt eine solche Über- sicht, geordnet nach der Menge der täglich verzehrten Zellmembranen. Mensch. Geordnet nach der Menge der verzehrten Zellmembranen. | Resorbiert | Aufgenommen Nahrung Ieezen I Zelle (era Zellulcse Zellulose en chmehl NO AERDE DEE Le 0:70 0:30 17:30 3Eld enefzniischmehl.... 2 2.....2.. er 2-60 3:55 || 18-00 9-30 Roggen 65 prozentiger Ausmahlung . ee 11-97 6-29 20-40 8-85 Roggen mit 20 Prozent Kartoffel . . 10-50 8-46 21-20 11-93 Roggen mit 20 Prozent Kartoffel . . 5-15 1-79 31-70 12-50 BWeizenmehl‘ ... .... . ; Sr 11-41 0-17 24-31 7:03 Roggen 65 prozentiger Ausmahlung Da les 3-46 24-72 10-73 Stell 2 Ma 12a 22T 13-89 29-40 KOT Ayıkellv dis re 24-11 12-15 30-69 16-69 Roggen 75 prozentiger Ausmahlung ae 11:23 2-02 34:04 12-30 Bohlrubent an a u Ne | 30-71 17-00 36-60 20-14 BocsenssVollkom.. .,. . nn. ns | 16-42 5-23 36:60 | 12-40 Roggen pszenuger a leg 3:91 37:06 | 13-38 Kartoffel ... . Sl A 16-68 40-74 | 18-88 Kohlrüben . . . | 83-26 18-28 41-17 22-66 Roggen 82 prozentiger Ausmahlung mit | AleBrozent’Rartoffel ... . . ı 12.75 7:54 42-36 22-70 Roggen 82prozentiser Ausmahlung mit | 20 Prozent Kartoffel . . . . | 15-10 8-98 42-90 25-01 Roggen 82 prozentiger Ausmahlung . 8 23-80 5:34 43-30. 12-20 Kossen, Vollkom .. ., --. ...2...- zn 1448 4:32 43-50 15-03 Roggen 94 prozentiger Ausmahlung . ze 10223 2-54 || 43-69 15-23 Roggen 94prozentiger Ausmahlung (B.) 13-45 2-45 44-91 15-16 Beälppferbrol 0. 00.0 nee 22-97 6-24 45-28 14-61 Roggen 94 prozentiger Ausmahlung (B.) || 22-49 2-51 45-40 10-87 Weizen mit aufgeschlossenem Stroh . 3:59 0:86 45-56 28-34 Roggen 82 prozentiger Ausmahlung . . 15-37 2:25 45-77 13-01 elamwenyorob . ......:2.....0. 14-30 7-60 46-20 22-60 Wirsine a nähe. 40-96 18-32 | 46-38 21-03 Klopferbrot A RE TE NEE 15-29 3:89 || 46-47 | 14-91 Roggen 94 prozentiger Ausmahlung (B.) 17-38 1-75 47-94 11-47 Spelzmehlkieim . .........0. De 16-60 10-80 48-40 24-30 Roggen, Vollkorn. .. . . . RER (E 24:26 7235 49-00 16-56 Epemehlktemr a. 22... 18-60 10-10 55-40 27-80 Birclheeren ne ee 33-97 8:96 56-00 16-67 Spelzmehl;srob :..:. ....\.. 2% 0.000. 5-70 3:90 36-80 27-30 zen mit aufgesehlossenem Stroh . 8:95 4-51 98-66 36-47 Eialkler non ee ; 32-12 8-37 58-89 18-23 Einlleuireky 22. 2...) 31-51 8-66 59.49 17-79 Growauhrob" on nn, 34:20 9-10 61-80 17-40 Kinieasbrote.... nee 41-83 11-47 67-65 20-97 a SSDrOLGE 3 ee 37-51 10-28 70-82 21-95 owiwihrot: 000.0 38-90 9-50 75-10 20-60 Baimüben... 2... 0... 0.02 88-46 35:65 94.03 39-44 94 MAx RUBNER: Die geringste Menge der Zellmembranen in einer ausschließlich vegeta- bilischen Kost betrug 17-3g pro Tag, die höchste 94-038. Da der Nahrungsverbrauch bei den Versuchspersonen sich etwa auf 2800 Kalorien stellte und der maximalste Wert der Zellmembranen etwa 415 Kalorien betrug, so machten die Zellmembranen rund 14-8 Prozent aller Kalorien aus. Nach diesen Werten beurteilt, blieb die Aufnahme sehr wesentlich hinter dem zurück, was der Hund bei stärkster Inanspruchnahme seines Darmes vertragen konnte. Es ist aber möglich, daß auch meine ersehen bei schwerer Arbeit noch mehr Nahrung hätten aufnehmen können, ob aber dabei die Verwertung der Nahrung noch gleichen Schritt mit der Verdauung bei Verzehr kleinerer Mengen von Nahrung gehalten hätte, kann dahin- gestellt bleiben, ist aber nach manchen anderweitigen Erfahrungen sehr fraglich. Sehr häufig kehren Zahlen für die Zellmembran wieder, die sich zwischen 30 und 50g im Tag bewegen. Die resorbierten Mengen von Zellmembran liegen zwischen 0-7 und 88-5g pro Tag; sünstigstenfalls deckten die resorbierten Zellmembranwerte, wenn man sie als vollwertigen Nahrungsstoff betrachten dürfte, was nicht der Fall ist, 12-9 Prozent der täglichen Kalorienzufuhr. Die Zellmembran bleibt also stets nur em untergeordneter Nahrungsstoff, zumal Fälle von so reichliehem Genub selten sind. Das Mittel der in über 240 Versuchstagen resorbierten Zell- membranen betrug etwa 24-5 g, also 3-7 Prozent der Gesamtkalorien der Nahrungszufuhr. Dieser Wert wird in der Kriegszeit durch die Aufnahme des minderwertigen Brotes überschritten worden sein. Die resorbierte Zellmembran geht mit dem Verzehrten nieht parallel, im G:genteil, es zeigen sich außerordentlich viele und ganz erhebliche Abweichungen, auf die wir noch einzugehen haben. Die nachfolgende Tabelle gibt die Resultate geordnet nach den Mengen der täglich verzehrten Zellulose. Die Zellulosemengen bewegen sich zwischen 7-0 und 39-44 o für den Tag, häufig kehren Zahlen zwischen 20 und 308 wieder; demgegenüber ist die Resorption im Durchschnitt ziemlich gering, ein einziges Maximum mit 55-6g pro Tag, während sonst nicht einmal 208g bei den anderen Nahrungsmitteln erreicht werden. Daraus ersieht man, wie wenig Bedeutung für uns im allgemeinen die Zellulose als Nährstoff besitzt. Im allerhöchsten Falle kämen 5-3 Prozent der Gesamtnahrung auf Zellulose, selbst wenn diese ein vollwertiger Nahrungsstoff wäre. In der Mehrzahl der Fälle wird kaum die Hälfte dieses Maximalwertes bei der durchschnittlichen Ernährung in Frage kommen. ' | ee ie DIE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. Mensch. Geordnet nach der Menge der verzehrten Zellulose. Weizenmehl... .'.. „2.0.2.0... Roggen 65prozentiger Ausmahlung . Spelzmehl, Mischmehl. ...... . Spelzmehl, Mischmehl. ....... Roggen 65prozentiger Ausmahlung . ayaielit en a Ar Roggen 94 prozentiger Ausmahlung (B.) Roggen 94 prozentiger Ausmahlung (B.) Roggen 65 prozentiger Ausmahlung mit - 20 Prozent Kartoffel ...... Roggen 82prozentiger Ausmahlung . . Roggen 75prozentiger Ausmahlung . oosgen, Vollkorn. „2... 2.0... Roggen 65 prozentiger Ausmahlung mit 20 Prozent Kartoffel ...... Roggen 82prozentiger Ausmahlung . . Roggen 75prozentiger Ausmahlung . . Balopfenbrote I: ne. nd. Hlopferbrob 2... 2... ER BKocgensg Vollkorn.. 7... 0... 2... Roggen 94 prozentiger Ausmahlung (B. Roggen 94 prozentiger Ausmahlung (B. tell 24. 200 ee hzreh Vollkorn . . . . Bnelbgaren ON We RR tell 22 0 N erawtbbrot 2 u. na Hinklezbrob 2... 22 n.2.0.2: Beate ea Kohlrüben . . . . Browinbbroß. 0... nee: san. Emeosbrot me. N eu. Winner IKıezdinong 2 INohlzuben, =." v...20.08 0, Spelzmehl orob . =..:..2........ Roggen 82prozentiger Ausmahlung mit 20 Prozent Kartoffel ...... Roggen 82prozentiger Ausmahlung mit 20: Prozent Kartoffel .. . . ... Spelzmelleieim 2. er... ln Spelzmehl' grob: u... Stelzmehlkten ...... . 0.48... Weizen mit aufgeschlossenem Stroh Weizen mit aufgeschlossenem Stroh Mobenubeneun no... 02: 5%. sches) Resorbiert Aufgenommen Zell- Zell- membran | Zellulose membran| Zellulose - — 11-41 0:17 | 24-31 7:03 11-95 6-29 20-40 3-85 0-70 0-30 17-20 9-10 2-60 3:55 18-00 9.30 11-15 3-46 24-72 10-73 22.74 13-89 29-40 10-73 22-49 2-51 45-40 10-87 17-38 1-75 47:94 11-47 10-50 8-46 21-20 11-93 23-80 5.34 43-30 12-20 11-23 2-02 34-04 12-30 16-42 3:23 36-60 12-40 5-15 1-79 21-70 12-60 15-37 2.25 45:77 13-01 11-91 3-91 37-06 13-38 22-97 6-24 45:28. 14-61 15-29 3:89 46-47 14-91 17-48 4.32 43-50 15:03 13-45 2-45 44-91 15-16 10-23 2-54 43:69 15:23 22-74 13-89 29-40 16-03 24:26 7:35 49.00 16-56 33-97 8-96 56-00 16-67 23-11 12-15 30-69 16-69 34:20 9.10 61-80 17-40 31-51 3-66 59-49 17:79 37-52 16-68 40-74 18-88 30-71 17-00 36-60 20-14 38-90 9.50 75-10 20-60 41-83 11-47 67-65 20-97 40-96 18-32 46-38 21-03 37-51 10-28 70-82 21-98 33-26 18-28 41-17 22-66 14:30 7:60 46-20 22.60 12.75 7.54 42:30: 22-70 . 15-10 8-98 42-92 23-01 16-60 10-80 48-80 24:30 5.70 3:90 56-80 27-30 18-60 10:10 55-40 27:80 3:55 0:86 45-56 28-34 3-95 4-51 58-66 36-47 88-46 35-65 94-03 39-44 In allen Versuchen war eine vernünftige Eßweise insofern gewahrt worden, als die Zubereitung der Nahrungsmittel und die Wahl derselben den sinnlosen Genuß von Schalen, Kernen, harten und verholzten Teilen 96 MıAx RuBNER: natürlich ausschloß. Wenn man die oft ungeheuer massigen Entleerungen des Italieners namentlich zur Reifezeit des Obstes sieht, so begreilt man, daß bei den eigentümlichen Volkssitten, wie sie da und dort herrschen, auch gelegentlich noch größere Zellmembranmengen durch den Körver gejagt werden mögen, jedenfalls aber dann mit Verlusten, welche die Grenzwerte bei vernünftiger Lebensweise erheblich überschreiten und auch sonst nicht ohne Rückwirkung bleiben. . Man darf sich nicht vorstellen, daß eine Überlastung des Darmes die gesamte Resorption aufhöbe. Wie ich in einigen Versuchen gesehen habe, wird bei Überschreitung der gesunden Grenzen der Resorption gewisser- maßen ein Teil unresorbiert gelassen, ein Anteil, der mit zunehmender weiterer Überlastung größer wird. Selbst bei Katarıhen des Darmes und dünnen Stühlen ist die Resorption nicht aufgehoben. Würden wir in der Lage sein, die Verdauung großer Volksgrappen genau zu studieren, so würde nıan neben dem Zweckmäßigen natürlich ‚viel Unzweckmäßisem in der Ernährung und der Wahl der Nahrungs- mittel begegnen. Die Tabellen zeigen anscheinend eine sehr wechselnde Reihe der ver- schiedensten Resorptionsmögliel keiten und des Zellmembrangehaltes unserer Nahrung, der uns als einfache Erfahrungstatsache bisher nicht deutlich ins Bewußtsein getreten war. Der Genuß dieser faserigen holzigen Massen prägt “ sich keineswegs für das Gefühl bei dem Verzehr der Speisen aus. Über die Ausscheidung haben wir zumeist bei wechselndem Wassergehalt und Volum des Entleerten ohnedies keinen sicheren Anhalt für den wirklichen Verlust. Die Zahlen scheinen ziemlich wandelbare Verhältnisse zum Ausdruck zu bringen, doch findet ran bei genauer Durchsicht bald die Lösung. Betrachtet man in beiden vorstehenden Tabellen die Fälle mit günstiger Resorption der Zellmembran und Zellulose, so wird man ohne weiteres darauf geführt, die Versuehe in der Weise zu ordnen, daB die gleichen Nahrungsmittelgruppen zugehörigen Zahlen zusammengefaßt werden. Die Generaltabelle zeigt, daß in der Abteilung für Gemüse und Obst die größte Menge der Zellmembran verzehrt und auch verdaut worden ist. Ebenso ist hier die verzehrte Zellulosemenge die höchste, aber auch wiederum die verdaute Zellulose am bedeutendsten. Bei den Brotsorten sind nur solche mit 65 Prozent: Ausmahlung und darüber in der Tabelle aufgeführt, bei ausschließlicher Ernährung mit voll ausgemahlenem Brot erreicht man hier 759g Zellmembran in maximo. Man sieht mit einem Blick, daß die Gruppe Brot offenbar andere Verdau- lichkeitswerte besitzt wie jene von Obst und Gemüse und zwar geringere in jeder Hinsicht. nn nn FE Die VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 97 Gemüse und Obst: Verdaut im Tag g || Verzehrt im Tag & = ! | | Nahrung ah an | Zellulose ln uns age 2 RR 99.74 | 13.89 29.40 16-03 ee nee 24:1 |. 1215 30-69 16.69 IKolnlilasnanr Se a LA 17:00 || 36-60 20-14 Bene nern |7.37.52 |,16:68 || 40.74 | 18-88 Dehinuben er. 22. al nsar.. | 33:26 18.28 | 41-17 22-66 a au ae eis) 4096 18-32 46:38 21-03 iedibeerene en. au. alas ee |: 88-97 8:96 | 56-00 16-67 Nohrmuben men ann ceu|i 7 88:46 35:65 || 94-03 39-44 | Il | Verschiedene Brotsorten und solche mit Kartoffelzusatz: Roggen 65prozentiger Ausmahlung . . !' 11-96 6-29 || 20:40 | 8:85 Roggen 65prozentiger Ausmahlung mit | | | 20 Prozent Kartoffel . . . . | 10-50 8-46 | 21-20 | 11-93 Roggen 65prozentiger Ausmahlung mit | | | 20 Prozent Kartoffel . . . ll 37952070) 127712260 Weizenbrot 80 prozentiger Ausmahlung 1 ala et 24-31 | 7:03 Roggen 65prozentiger Ausmahlung. . 11-15 3:46 24.72 10-73 Roggen 75prozentiger Ausmahlung . . | 11:23 2-02 | 34-04 12:30 Roggen, Vollkom. . . . we 210:82 5:23 | 36-60 12-40 Roggen 75prozentiger Ausmahlung re RL 329102 0.307006 13-38 Roggen 82 prozentiger Ausmahlung mit 20 Prozent Kartoffel . . . ı 12-75 7:54 42-30 22-70 Roggen 83 prozentiger Ausmahlung mit 20 Prozent Kartoffel . . . ı 15-10 8-98 | 42-90 23-01 Roggen 82 prozentiger Ausmahlung . | 2380 5.34 | 43:30 12-20 Roggen, Vollkorm . . . i 17.48 4-32 || 43-50 | 15.03 Roggen 94 prozentiger Ausmahlung . 3 105237. 10.722527 10.49697 15.23 Roggen 94prozentiger Ausmahlung (B.) 13-45 | 2-45 | 44-91 15-16 Klopferbrot . . . 22572 7,0.247°, 45528 14-61 Roggen 94 prozentiger Ausmahlung (B. ) 22.49 | 2:51 | 45-40 | 10-87 Roggen 82prozentiger Ausmahlung . . 15-37 2.235 | 45-77 | 13-01 Klopferbrot . . . we: 15-29 3:89 | 46-47 14-91 Roggen 94 prozentiger Ausmahlung (B.) 17:38 1:75 47:94 | 11-47 Bosgen, Vollkorn.. . ...=......0 2... 24-26 7:35 49:00 | 16-56 Eimlderbrop Wr 2... 0. ua 32-12 8-37 58-89 | 18:23 Nimkllerlison, 2 Sn Ber 31-51 8:66 59.49 17-79 Oroyttbroß 2... 020 ll 34-20 9.50 | 61-80 17-40 meoshrati. 2.2. en 41-83 11-47 || 67:65 | 20-97 Tmessiiien Sie a N 37:51 10-28 | 70-82 | 21-95 Ieiessbrope 2.2.0 22.08: 33-90 9.50 | 75-10 | 20-60 Brot mit Surrogatzusätzen Weizen mit aufgeschlossenem Stroh . 3:59 0:86 | 45-56 28-34 Roggen mit grobem Spelzmehl .... ' 14-30 7.60 |; 46-20 22:60 Roggen mit feinem Spelzmehl .. ... 16-60 10-80 48-20 24-30 Roggen mit feinem Spelzmehl . . . . ı 18-60 10:10 |, 55-40 27:80 Roggen mit gröberem Spelzmehl . le ae 3:90 , 56-80 27-30 Weizen mit aufgeschlossenem Stroh . | 8:95 4-51 | 58-66 36:47 Bei den Broten mit Surrogatzusätzen sind große Mengen der Zell- membranen nicht verzehrt worden, nur etwa in der Höhe von Vollkorn- Archiv f.A.u. Ph 1918. Physlol, Abtig. A 7 98 : Max RuBNER:!: hrot, weil die ungünstige Eigenschaft solcher Zusätze eine stärkere Bei- mischung nicht gestattet. Es lagen also etwa Verhältnisse vor, die man vom tdiätetischen Standpunkt noch als erträglich bezeichnen könnte. Die Verhältnisse der Resorbierbarkeit sind jedenfalls recht ungünstig. Die drei Gruppen verschiedener Nahrungsmittel zeigen als Gesamt- mittel folgendes Ergebnis der Resorption für Zellmembran und Zellulose: Zellmembran Zellulose Prozent Prozent Gemuse undLObsb a 2 2 22228320 82-15 Brotarten verschiedener Ausmahlung 44-77 38-91 Brot mit Surrogatbeimengung . . 21-64 22-60 (iemüse und Obst zeigen also eine außerordentlich gute Resorption der Zellmembran wie der Zellulose. Beide erreichen ja nicht das Stärke- mehl, das zu 99 Prozent resorbiert werden kann, aber man kann sagen, die Zelimembran trägt bei ihnen zu einer starken Belastung des Darmes überhaupt nicht bei, soweit ungelöste Substanzen in Frage komnien. Bei diesen Versuchsreihen ist sogar noch ein Versuch mit Erdbeeren mit einbezogen, bei denen es sich genau genommen gar richt einmal um die Verdaulichkeit der Zellmenibran, sondern daneben um Kerne handelt, die allem Anschein nach überhaupt nicht angegriffen werden. Auch für die anderen in Zellen eingeschlossenen Nährstoffe hat diese leichte Löslichkeit ihre Bedeutung. Das sieht man auch z. B. bei der Auswertung des Proteins, welche viel geringer sein müßte, wenn die Zellmembran nicht so erstaunlich weit verdaut würde. Die Lösung der Zellulose ist hier ebenso vollkommen wie die der Zellmembran, d. I. em eigentliches elektives Verhalten der ersteren ist nicht zu konstatieren. Wesentlich anders liegt die Resorption bei den verschiedenen Brot- arten, wenn man von den feinen Mehlen unter 65 Prozent Ausmahlung oder von den Keimlingen absieht, d.h. nenn man Mehlsorten betrachtet, bei denen die Kleie, Frucht- und Samenschale und die Kleiezellenschicht als Zellmembran überwiegen. Das sind Zellmembran und Zellulose, deren Resorption etwa halb so gut ist wie jene der Gruppe für Obst und Gemüse. Die Widerstände liegen also in der Natur der Zellmembran; die Zellulose zeigt sich weniger leicht aufnehmbar, als der Zellmembran- durchschnitt ergibt. Man wird sich erinnern, daß die Brotzellmembran der Frucht- und Samenschale ungemein viel Pentosone enthält, viel mehr als die Pflanzen der Obst- und Gemüsegruppe. Man könnte daher ver- sucht sein, bier die Aufklärung über die Verschiedenheit im dieser Inkrustation mit Pentosan zu suchen. Aber an sich sind die Pentosane viel leichter aufzulösen als die Zellulose, und dans haben wir m der nächsten Gruppe bei den Surrogatstoffen den Beweis, daß weder Pentosane Die VERDAULICHKEIT DER VEGRTABILIEN, 90 noch etwa Lignine besonderer Art Ursache des verminderten Verdauumgs- verinögens Sind. Was man aber an Surrogatzusätzen —- die ungünstiesten sind außer Betracht gebliehen —- dem Brote beimengt oder beizumengen versucht hat, sind für diesen Zweck sehr minderwertige Substanzen, deren Resorbier- barkeit fast auf ein Viertel derjenigen der Obst- und Gemüsesruppe sinkt. Trotzdem wurde von vielen dieser hier aufgeführten Substanzen eine Zeitlang behauptet, das Brot habe durch sie an Verdaulichkeit nichts eim- gebüßt. Man hat also gerade Zusätze empfohlen, die sich am aller- wenigsten für den menschlichen Darm eignen. Unter diesen Substanzen befindet sich auch aufgeschlossenes Stroh, das sich als „Kohlehydrat- ersatz“ beim Rinde sehr gut bewährt hat. Die Lienine fehlen darin fast eanz, und die Pentosane sind ganz erheblich vermindert. Wollte man die Pentosane zur Erklärung der geringen Verdaulichkeit der Zellmembranen der Krucht- und Sarnenschale heranziehen, so müßte man die Voraus- setzung machen, daß ein Teil des Pentosans besonders fest gebunden ist und erschwerend auf die Verdauung wirkt. Ich habe auch in Versuchen am Hund mit Birkenholz, dem ich emen greßen Teil der Lisnine und Pentosane entzogen hatte, nicht keebachten können, daß durch diese Behandlung die Verdaulichkeit der Zellulose zunimnit. So wird man mehr zu dem Gedanken geführt, die Zellulose möchte selbst in ihrer verschiedenen Konstitution die Ursache für die leichte und schwere Verdaulichkeit sein. Solche Möglichkeiten sind ja nicht von der Hand zu weisen: der Zustand der Molekulargröße, die verschiedenen Verbin- dungen der Moleküle zur Kolloidstrukter könnten sehr wohl als entscheidend für die Auflöskarkeit angesehen werden, und die Fermente der Bakterien l:önnen recht wohl auf solche Unterschiede abgestimmt sein. Die oft gehörte Scheidung in ‚junge Zellulose‘“ und ‚alte Zellulose‘‘ gewänne einen Sinn. Die Zellmembranen des Getreidekornes, welche nicht der Frucht- und Samenschale und der Kleberzellenschicht angehören, sindnach meinen Unter- suchungen in der Zusammensetzung und Verdaulichkeit von den ersteren verschieden. Feine Weizenmehle und reine Keimlingsmehle hat man hei einer Gruppierung zwischen Obst und Gemüse und die Brotarten höherer Aus- mahlung zu stellen. Ob Unterschiede zwischen dem Hund und dem Menschen in der - - Resorption bestehen, läßt sich für alle drei Gruppen, die oben aufgeführt sind, nicht sicher sagen, weil ich beim Hund nicht ganz die nämlichen Nahrungsmittel verfüttert habe. Bei Gemüse und Obst sind die Versuche am Hund spärlich, für Brot ist nur die Kleie und ein Versuch als Ver- gleich vorhanden, dagegen sind dieselben Surrogate verlüttert worden. 7* 100 Max RUBNER: Es hatten sich 8: 86 gefunden: Zellmembran, resorb. Zellulose, resorb. Prozent Prozent Für Obst und Gemüse. . .... 53-5 37-4 „» KRleietund Brot 7 22 ZI 48-7 21-9 »..DBurtogate 0... 29.7 28-7 Der Hauptunterschied zwischen Mensch (s. 5.98) und Hund scheint in der Zelluloseresorption zu liegen, sie bewegt sich bei letzterem zwischen 21-9 und 37-4 Prozent, während der Mensch bis zu 81-4 Prozent in der Obst- und Gemüsegruppe resorbiert; hier ist auch der größte Unterschied vor- handen, bei Kleie (Hund) und Brot (Mensch) sind die Unterschiede nicht so wesentlich und in der dritten Gruppe besteht ein geringes Mehr in der Resorption auf der Seite des Hundes, wobei man zu bedenken hat, dah in dem einen Fall die Surrogate mit Fleisch, im anderen mit Brot zu- sammen verfüttert wurden, was vielleicht von Bedeutung sein kann. Prozentige Verdaulichkeit der Bestandteile der Zellmembran. Zellulose | Pentosan ee Prozent | Prozent |"5 Prozent Obst und Gemüse: Apres HIN SERIE EREITR RER MORRIS 77.74 65-99 79-37 Kohlruben! Lafer DEE RE 32-60 90.60 68-80 Wirene aa ee er 87-07 | 88-19 | 89-91 Birdlbeerenit EN RER UN N: 53:76 57:94 65:20 Kartoffeln. waere nee 82:95 | 90-41 | 96-72 Mekrrubense rt a a gene 90-36 95-81 97:21 Mittel. . || 79-06 | sı-sı | 82-86 Brote und solehe mit Kartoffelbeimiscehung: Weizenbrot . . . . A a EN ER REN 20422 61-27 55.82 Roggenbrot (Mischmehl) . N NE Fe | 20-90 4-40 — Roggenbrot (Mischmehl) . BE | ar) 46-90 48-00 Growittbrot . . . 2... 49-20. | 62-20 | 47:60 Roggenbrot 65 prozentiger Ausmahlung ol) 37:00 60.20 Roggenbrot mit Kartoffel . . . we 2 Rz) 12-10 38-50 Roggenbrot 82 prozentiger Ausmahlung 2 ie 80,00 42-20 Roggenbrot mit Kartoffel . . . "22 80.40 52-90 8-30 Roggenbrot 94 prozentiger Ausmahlung. (B.) 120 S 39:58 36-88 Klopferbrot 94prozentiger Ausmahlung . ... | 33-11 60.59 19-41 Bınklerbrot”. 0. 2. N ERR 2 28-17 Roggenbrot T5prozentiger Ausmahlung a 21-93 | 42-04 |. 34-13 Mittel . . 32-81 | 45-46 | 33-26 Brot mit Surrogatzusatz: Heines -Spelzmehl.. 2.2002. 2. „a ne 40-50 33:90 40-50 Gröberes: Spelzmehl 7. I u}. an Auen. 24-00 11-90 25.30 Aufgeschlossenes Stroh. ©... 2... 2.2... da 9-15 31-20 Mittel . . 24:80 | 18-32 | 32-30 DiE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 101 Betrachtet man aber in der Gemüsegruppe den erheblichen Unter- schied der Resorption, z. B. bei den Mohrrüben, als reine Zellmembran, wie sie beim Hund gefüttert werden, und die hohen Resorptionszahlen beim Menschen mit frischen Mohrrüben, so weist das weniger auf Spezies- unterschiede als auf andere Ursachen hin, nämlich auf den Umstand, daß die unversehrten Zellmembranen der Gemüse als Teile des Parenchyms für die Einwirkung der Fermente viel günstiger gestellt zu sein scheinen als die rein dargestellten Membranen der gleichen Herkunft. Materialien, welche außerdem in der Pflanze nicht zum Austausch von Nährmaterial dienen, leisten der Verdauung erheblichen Widerstand; bei Hund und Mensch sind daher auch die Spelze nicht leicht verdaulich und noch weniger die sogenannte aufgeschlossene Zellulose. Die einzelnen Komponenten der Zellmembran sollen noch einer Betrachtung hinsichtlich der Verschiedenheit der Resorption unterzogen werden (Tabelle S. 100). Bei Gemüse und Obst finden sich keine wesentlichen Abweichungen, und wenn bei den Erdbeeren nieht die Kerne schwer resorbierbar wären, würden auch die prozentigen Werte im allgemeinen sut übereinstimmen. Eine elektive Bevorzugung in der Resorption findet in dieser Gruppe kein Bestandteil der Zellmembran. Anders liest es bei den Brotsorten. Wenn man freilich das Gesamtmittel der- Resorption betrachtet, liegt nur ein schwaches Übergewicht auf seiten der Pentosan- und Restsubstanzresorption, im einzelnen aber finden sich viele Ab- weichungen. Die Restsubstanz wird nicht immer gut resorbiert; so scheint die Kartoffel ihre Resorption zu mindern, auch Roggenbrot (Zeile 2) hat Kartoffelzusatz bestimmter Höhe enthalten. Diese Brotart zeigte über- haupt ein abweichendes Verhalten. Ziemlich unverdaut blieb die Zellulose bei Weizenbrot (etwa 80 Prozent Ausmahlung). Bei den Surrogaten wird das Resultat durch die verminderte Resorption der Pentosane gekenn- zeichnet. Hier. liegen überhaupt größere Abweichungen der Ergebnisse vor, so bei dem Spelzmehl, dessen fein vermahlene Teile viel besser aufgenommen werden wie die etwas weniger fein vermahlenen; bei dem aufgeschlossenen Stroh ist der größte Teil des natürlichen Pentosan- sehaltes durch die Natronbehandlung beseitigt. Der Rest ist schwer aufnehmbar, während die. nur in unbedeutenden Mengen vorhandene Rest- substanz besser resorbiert wird. 1023 Max Rusner: Die Pentosen in der menschlichen Kost. VI. Wie die Zellmembran als neuer Bestandteil in den Kreis der Be- obachtung bei den pflanzlichen Nahrungsmitteln getreten ist, so trilft das eJeiche noch für einen anderen Bestandteil zu, der durchaus keine unter- eeordnete Bedeutung besitzt, für die Gruppe von Stoffen, welche Furfurol bilden und im wesentlichen aus Pentosan und Pentosen bestehen. Nicht daß man sie bisker ganz unbeachtet gelassen hätte. Ihr Vorkommen in allen unseren vegetabilischen Nahrungsmitteln, ihre systematische Fest- stellung in den Nahrungsmitteln, ihre Verteilung in denselben, ıhre Be- ziehung zu den Zellmembranen und die Resorptionsmöglichkeiten habe ich dureh die anderenorts veröffentlichten Untersuchungen zuerst syste- matisch zu einem gewissen Abschluß gebracht. Von den zahlreichen Einzelheiten sollen die wesentlichsten im nachfolgenden betrachtet werden. Auf die Berücksichtigung der Pentosane bin ich gleich bei meiner ersten Untersuchung gelegentlich der Verdaulichkeit des Birkenholzes! gelenkt worden. Ihre Bedeutung für den Tierkörper nach dem Stande des heutigen Wissens zu behandeln, kann ich unterlassen. Eine sehr ein- sehende Darstellung hierüber findet sich bei Bach?. Ich beschränke mich auf die Ergebnisse meiner Versucke. Die Pentosen und Pentosane sind in den pflanzlichen Nahrungsmitteln in sehr verschiedener Menge enthalten, bleiben aber innerhalb gewisser Grenzwerte. Ich habe die analytischen Ergebnisse als ,.Pentosan‘ be- rechnet, um einen einheitlichen Ausdruck zu haben, und will damit nicht sagen, daß im Einzelfall nur Pentosane vorgelegen haben. Ich will mich hier nicht weiter in die Frage einlassen, ob nicht neben Pentosen und Pentosanen noch andere Furfurol liefernde Substanzen vorhanden sind. Kin Pentosan führender Bestandteil ist in den früheren Abschnitten schon betrachtet worden, das ist die Zellmembran selbst, welche bei den verschiedenen Gruppen der Nahrungsmittel sehr verschiedene Mengen von Pentosan zu führen pflest. Doch ist in jedem Nahrungsmittel Pentosan vorhanden, und zwar fest gebunden, erst lösbar nach mehr oder minder weitgehenden Eingriffen der Verdauung. Darauf muß besonders hin- gewiesen werden, weil andere hierher gehörige Körper, soweit sie in den Pflanzen vorkommen, im Gegensatz zur Zellmembran zu den leicht ver- U Dies Archiv. 1915. Physiol. Abtlg. S. 104. >? Münchner med. Wochenschr. 1917. H.4. { # ee A ee u a ie | de Dis VERDAULIGHKEILT DER VEGBTABILIEN, 105 ddaulichen Pentosanen gehören. Solche Körper, wasserlöslich, werden ohne weiteres der Resorption zugeführt werden. Jedenfalls sind diese beiden -Gruppen wohl auseinander zu halten, wie das auch in den betreffenden Untersuchungen in dieser Zeitschrift geschehen ist. Manche Pentosen sind ohne weiteres beim Auspressen des Saftes zu erhalten. Ich habe in vielen Fällen den Preßsaft auf Pentosen unter- sucht, und nachstehend mögen einige Beispiele für diese leicht erhältlichen und sicher auch leicht verdaulichen Pentosen angeführt sein. Von den Gesamtpentosen gehen in den Preßsaft über: Sale ern... 9»20.. Prozent Spmaiı a ee 29 242302, Kartoblel san en 2.2.28: 00, Meenressich nr 22.2, 50:00 H Blumenkohl ame. 2222 9602, ° >, Nie er a ee 0 Gelkenkübenar ea 722.2 011-60, unsunore nen 00:5, Im ganzen ist diese im Preßsaft zu erhaltende Menge der Pentosen nicht groß, immerhin mag bedacht werden, daß sie von den nicht in der Zellmembran befindlichen Pentosen einen höheren Prozentsatz ausmachen, als es obige Zahlen erscheinen lassen. Ob es auch in Wasser lösliche Körper gibt, welche zwischen den Pentosanen und den Pentosen stehen, wird als eine offene Frage behandelt. Ich möchte mich in positivem Sinne aussprechen. Speziell bei der Natronbehandlung mancher Zell- membranen erhält man Produkte, welehe nicht direkt die Pentosereaktion Seben, wohl aber die Reaktion mit Phlorogluzinsalzsäure in der Kälte, und sich dann durch Kochen mit Säuren umwandeln lassen. In der nachstehenden Tabelle habe ich den ‚Pentosan“gehalt der wichtigsten von mir untersuchten pflanzlichen Nahrungsmittel aufgeführt, berechnet pro 100 Teilen Trockensubstanz, außerdem den Gehalt der Zell- membran an Pentosan; aus beiden Werten läßt sich berechnen, wieviel dann Pentosan auf die zellmembranfreie berechnete Substanz geht. In der Gruppe Obst findet man Grenzwerte von 2-31 bis 10-94 Prozent Gesamtpentosan, dieses stellt also einen bemerkenswerten Nahrungsstoff dar. Die Verschiedenheiten im morphologischen Bau, d. h. dem Zell- membrangehalt, dem Gehalt an Kernen bei den Erdbeeren und an »tein- zellen bei den Birnen, sind zu beachten. Das Pentosan dieser Elemente abgezogen, vermindert den Gesamtpentosangehalt erheblich und macht 104 ihn zwischen Die Haselnußkerne, den einzelnen Max RusBner: Obstarten ziemlich nahe übereinstimmend. die hauptsächlich Fette und Eiweiß »einschließen, haben nach Abzug der Zellmembran den geringsten Gehalt an Pento- Le re an > Kartoffelschalen sanen. =| = 5) © So & 5 sea SE ee Br zu Wo ZU 8 Ede an a 8,5 = E05 sH35 © 2 © 8 2 S 503 | Sees | 255 | Seas =) 77) u. = IS == © m & Se eo Ns gg & g Han vers | o'® | N © 3 NEDrED U. Leguminosen: Linsenmehl | 4:84 — — = Erbsenmehl 4-61 — — — Zitterlinsenmehl I 3-00 — = Vogelwiekenmehl . | 5-09 1:68 1-41 DIT Vicia sat., ganze Römer |. 5-49 _ = Brotgetreide: Feines Roggenmell . | 2-65 — = = Poliertes Reismehl | 2-52 — — — Feines Maismehl » I 2.72 — — — Elite ee : li 2:65 ken — eines Weizenmehl . 3:36 Sl 0 3:7 4:52 4:02 | 0-50 11-1 4-13 — — — Weizen SOprozentiger Ausmahlung . 6-90 4:21 2:69 39-0 Roggen 65 prozentiger Ausmahlung . 4:16 3:75 0-61 14-7 Roggen mit 20 Prozent Kartoffel 4:06 3:51 0-51 12-8 Roggen 82prozentiger Ausmahlung .. | 8-25 9:80 2.36 28-6 toggen mit 20 Prozent Kartoffel ... | 7-54 5-87 1.67 22-1 Vollkorn Growitt . = | 28280 5:33 347 39:5 Vollkorn Roggen. . Sort 6:79 2:98 30-5 Schälabfall 38-18 — = — Reine Kleie 36-57 — — = | 40-08 = — — Spelzmehl \ 31:74 — 24-09 75.9 | 29-25 _ 27:05 92-5 Roggenkeimlinge I" 7.33 4.78 | 2.55 348 Gerste I 6-51 4-88 1-63 25-0 Pilze: Dteinpilze 122.21 727 18022 06 16-3 Verschiedenes: Haselnußschalen 1 29-02 | == >= = Dattelkerne || 2002 — = Kaffeebohnen a = = | 7:88 DIE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. . 105 Obst: 1 5 S =. Se ee Seas ea Nase Das Eee See ı SE 8 es Zar a2 IS 85 See Seen! I ses | E83 | sag |538, Se Pe ie el en nn = — = Bin, ST osı | 18 | 0.3 | 083 Kirschen BR N 4-91 2-38 2.53 48-4 ASIEN Non Bi EL ER a I %-y 0-61 “ 4-21 12-7 6-92 3-20 3:72 46-2 7:09 2-25 4:84 31-7 Erdbeeren . 6:99 3:32 3-67 47-4 I orzill 3:84 3:87. 49-8 Birnen | 10.85 8:49 2-06 78-1 | 10-94 6:79 4-15 62-1 | semüse: Brumnenkresse . . . . 2... . 2.7 | 4-44 2.32 | 1-6 63-5 Gurke . EN RE ER | 7:21 3:89 | 3:32 53-9 Dubai ae et; 3:95 | 3-61 52-2 Sansa us er 2-31 5-41 29-9 Sallaitn a Se ee ae ee 6:02 35:6 Spinat a 01:97 6.43 1-39 32.2 Wirsing . | 8:50 6:54 | 1:94 76:9 | 8.591 6:67 | 1:92 | 77-6 | 9.58 | 5.65 | 3:93 58-9 Blaukraut . ; . 8-60 — — — Rosenkohl . . I: 9-12 | Er — Grünkohl 1.9.39. 1 7.) — > Blumenkohl | 10-00 | 7.21 | 2-79 | 72-1 A) Wurzelgewächse u. dgl.: Behwarzwurzele:.. 2.0.2... | 487 3:91 |, 0.36 80-3 Leafianikell 00 a 5:00 | 0:50 90-9 Koue Risen oe). — E— Teltower Rüben a Re — — — ISohlrübenmo ar. al 2 2 | 7:30 4-59 2.71 62-9 Gelbe Rüben SS Se 08 5-85 1-78 76-6 | 8:33 6:28 2:05 - 75:4 Meerrettich | 9-26 6-58 2-68 71-1 Bei den Äpfeln drückt sich die Qualität in der Menge der Gesamt- pentosane aus. Die besten Sorten enthalten: wenig Zellmembranen und wenig Pentosan. Nach Abzug des Zellmembranpentosan verschwinden die Differenzen zwischen den verschiedenen Arten, wie es scheint. Die Birnen, sonst sehr pentosanreich, enthalten im Mittel für die zellmembranfrei berechnete Masse kaum wesentlich andere Pentosanzahlen wie die Äpfel. Bei den Gemüsen bewegt sich der Pentosangehalt in ähnlichen Grenzen wie bei dem Obst, dessen Minimum von 4-4 Prozent bei der Kresse steht 106 Max Rusner: ein Maximum von 10-0 Prozent bei Blumenkohl gegenüber. In der Mehr- zahl der Fälle, d.h. nur den Spargel ausgenommen, ist mehr als die Hälfte, in manchen Fällen über acht Zehntel der Gesamtpentosane in der Zellmembran abgelagert. Bei den Wurzelgemüsen finden sich 63 bis 91 Pro- zent aller Pentosane in der Zellmembran. Die Menge der Zellmembran ist also bei ihnen sehr ausschlaggebend für den Gesamtgehalt an Pentosan. Die zellmembranfrei berechneten Nahrungsstolfe dieser (Gruppe sind für Kresse, Salat, Spinat sehr gering, da diese überhaupt außer Eiweiß und Zellmembran wenig andere Nährstoffe, vor allem kaum nennenswert Kohlehydrate enthalten. Beim Wirsing wurden bei zwei Proben sehr geringe, in einer weiteren Probe aber doch nicht unerhebliche Mengen von Pentosan festgestellt. Gurken und Rhabarber führen auch in der zellmembranfreien Substanz etwa so viel Pentosane wie Obst; der Blumen- kohl steht zwischen den niedersten Werten und jenen von Gurken und Rhabarber; recht hoch bemißt sich der Pentosangehalt des Spargels. Die Wurzelgewächse schwanken im Pentosangehalt etwa innerhalb der Grenzen der bisher betrachteten Gruppe. Die Hauptmasse der Pentosane steckt in der Zellmembran, nach Abzug dieser enthalten Kartoffeln und Schwarzwurzeln nur minimale Mengen von Pentosan, und auch die Werte der übrigen erreichen noch nicht einmal 3 Prozent. Wollte man die Brot- früchte mit den anderen Nahrungsmitteln vergleichen, so müßte man vom Gehalt des ganzen Kornes ausgehen, dann würde man einen Gesamt- pentosangehalt von 10 Prozent finden, der bisher die oberen Grenzen des. Pentosangehaltes überhaupt darstellte. Solche Brote werden nur ausnahmsweise, wie z. B. jetzt in der Kriegszeit, genossen. Es hat daher mehr Interesse, den Zusammenhang zwischen dem Ausmahlungsgrad und dem Pentosangehalt zu berück- sichtigen; da die Kleie so außerordentlich große Mengen von Pentosan führt, versteht sich die Bedeutung der Ausmahlung für den Pentosan- gehalt von selbst. Alle feinen Mehle der Zerealien führen wenig Pentosan, wie sie wenig Zellmembran führen; mit zunehmendem Ausmahlungsgrad steigt dann der Pentosangehalt. Im höchsten Falle trafen 39-5 Prozent . des Pentosangehaltes auf Zellmembran, verslichen mit Gemüsen und Wurzelgewächsen also immerhin noch niedrige Werte. Nach dem Abzug des Pentosangehaltes der Zellmembran enthalten alle Mehle noch Pentosane, und zweifellos wächst mit zunehmender Aus- mahlung auch der Gehalt des Mehles an Pentosan, auch wenn das Zell- membranpentosan in Abzug gebracht wird. Näheres müßte erst durch systematisches Vermahlen festgestellt werden, interessiert aber hier zu- nächst nicht weiter. 4 Be VE Die VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 107 Ich habe beobachtet, daß die Menge der Methylpentosen relativ in Mehl srößer ist als in der Frucht- und Samenschale. Von 100 Teilen Gesamtpentosen waren Methylpentosane: In der äufersten Schale... .,. . 1-1 Teile In der Kleie (stärkefrei) ...... 25 In» Vollmehln as... 22,.10-0070 75, imbieinsten Mehler 22 ........ 145. Demnach wird auch die Qualität der Pentosane in einzelnen Nähr- stoffen verschieden sein können. Das Material über die Leguminosen ist zu beschränkt, um Näheres auszusagen. Der Pentosangehalt entsprach mittleren Mehlsorten der Zerealien, bei der Vogelwicke sind auch die - gesamten Zellmembranen mit vermahlen worden. Die Pentosane in der - Zellmembran erreichen annähernd den Prozentsatz wie bei den Zerealien hoher Ausmahlung. Für die zellmembranfreie Substanz ist der Pentosan- gehalt gleichfalls dem der Zerealien ähnlich gewesen. Pilze sind pentosan- arm und enthalten wenig Pentosan in der Zellmembran. Nach diesen Auseinandersetzungen kann man sich auch ein Bild von der allgemeinen Bedeutung der Verteilung der Pentosane in den auf- seführten Nahrungsmitteln machen. | Nicht mit allen aufgeführten Nahrungsmitteln konnten Ausnützungs- versuche am Menschen gemacht werden, aber für alle wesentlichen Gruppen der Vegetabilien kann ich die entsprechenden Krgebnisse für die Resorption der Pentosane beim Menschen geben; auf die Schilderung des - Verhältnisses beim Hund glaube ich hier verzichten zu können, da im eroßen und ganzen sich etwa dasselbe ergibt, was sich für den Menschen sagen läßt. In nachfolgender Tabelle finden sich die näheren Angaben über die Resorption der Gesamtpentosane. Ausgezeichnet werden die Pentosane bei Gemüse und Obst resorbiert, auch deshalb, weil ja hier die Resorption der Zellmembran so weitgehend ist. Im Mittel wurden 94-6 Prozent re- sorbiert, obschon dabei die Zellmembranpentose inbegriffen ist. Die Menge der Resorption betrug bis zu 28-458 pro Tag = 110-9 Kalorien, der geringste Wert war 10-548 pro Tag. Beteiligen sie sich also hier auch höchstens mit ein paar Prozenten am Stoffwechsel, so ist ihre Menge doch nicht zu vernachlässigen. Ungünstiger steht die Resorption bei den verschiedenen Brotsorten; im Gesamtdurchschnitt wurden 77-6 Prozent aller Pentosane resorbiert, _ der Rest entfällt hauptsächlich auf das nieht resorbierte Pentosan der Zellmembran. Bei dem Brot kommt die größte tägliche Pentosan- 108 Max RUBNER: resorption überhaupt zur Beokachtung =- 54-5& =- 212-5. Kalorien — 7.5 Prozent des Tagesumsatzes. Gemüse und Obst für sich betrachtet: Gesamtpentosane im Tag in Gramm: Nahrung verdaut aufgenommen Kohlrüben 2 ea. en N N 10.54 12-22 12-51 13-75 Wirsinge er r Be RR See 20011290 15-19 Erdbeeren u na ee en 13:73 17-94 Kpter PO 17-51 18-00 a 17:20, 18 Mohrruben 3.0 ee te eek 28-45 29-93 Beine Brotsorten und solche mit Kartoffelzusatz: Weizenmehlitein zn. v0. 1.0.0 N wer. Eu re A 15:23 Mischmehle. en eo ana N ee Be a 16-90 24.70 16-60 25-20 Roggen 65prozentiger Ausmahlung mit Kartoffeln. . . . 22-50 26:80 Roggen 6öprozentiger Ausmahlung . . . . . . BER: 22-50 27.10 Roggen 65 prozentiger Ausmahlung mit Kartoffeln. . . . 20-80 27.50 Feines Weizenmehl . . . EEE EN TEN) 29-57 Weizen, Vollkorn . . . ESTER 25-18 29-63 Roggen 65 prozentiger Ausmahlung . BE en De De LEN! 32:80 Roggen, Vollkorn . . . a ee 43:50 Roggen 82 prozentiger Ausmahlung mit-Kartoffen. . . . 31.20 44.00 Roggen 82prozentiger Ausmahlung ... ..... 2.50.3560 48.00 Roggen, Vollkom . . . N a ea 52-80 Roggen 82 prozentiger Ausmahlung . RE a 53:40 42-00 56-90 RocsensVollkorn So 0 ee As 58:20 Growittbrot a 2 ee RR 48-10 62.40 Growittbrot rn Det a N EN te 73-70 Brotsorten mit en von Surrogaten: Spelzmehl isrob I, „zn er ea ea en her WLan 32:90 Spelzmehl. ten. 2 u: a ee er 35.90 Weizen mit aufgeschlossenem Strohr... Mr Sense a0 37-08 Spelzmehl,erob, 1 „N. un no 0 ee ne 18-00 39.70 Spelzmehl fein . . . ll > Weizen mit aufgeschlossenem Strobel ee 47:37 Im Brot mit Surrogaten gestreckt nimmt die Verdaulichkeit der Pentosane erheblich ab auf 60-9 Prozent, bei Mohrrüben -läßt sich für das nicht an Zellmembran gebundene Pentosan, welches allerdings nur wenig in absoluter Menge ausmacht, eine Resorption von 92-9 Prozent (= 7-1 Prozent Verlust) bereehnen, bei maximalster Aufnahme der Pento- sane im Brot eime Resorption von 83-4 bis 85 Prozent (15-0 bis 16-6 Prozent Verlust). Im letzteren Falle wurde das Stärkemehl mit 98-7 bis 98-4 Pro- zent verdaut. Ich halte diesen Unterschied zuungunsten des Pentosans dadurch bedingt, daß manchmal noch Pentosan abgespalten wird aus der langsam verdauten Zellmembran in den unteren Partieen des Diekdarmes, u a A a DiE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 109 hier unresorbiert liegen bleibt und in dem analytischen Ergebnis als unresorbiertes Pentosan, herrührend aus den nicht an die Zellmembran gebundenen Beständen, verrechnet wird. Ich kann nicht bestreiten, daß möglicherweise pentosanartige Körper vorkommen, die an sich schwerer als andere resorbiert werden. Doch hatte ich Fälle beobachtet, in denen die erst gemachte Annahme allein die richtige ist. Bei meinen Untersuchungen über Pentoseresorption habe ich wohl darauf Bedacht genommen, den Harn auf Pentoseausscheidung zu unter- suchen, und auch beweisen zu können, daß gelegentlich eine Ausscheidung von Körpern der Pentosangruppe im Harn eintritt. In keinem der posi- tiven Fälle wurde aber so viel ausgeschieden, daß dadurch ein nennens- werter Bruchteil des Resorbierten zu Verlust gegangen wäre. Da die Pentosane nicht mehr in den Ausscheidungen zu treffen sind und im Körper verbleiben, müssen wir wohl annehmen, daß sie da als Nahrunes- stoffe verbraucht werden. Man wird sie also neben der Zellmembran als besendere Nährstoffe aufzuführen haben, wobei die Trennung in die beiden Gruppen Zellmembranpentosan und anderweitiges Pentosan (in Pektinstoffen usw.) in Betracht zu ziehen sind. Jedenfalls ist diese Unterscheidung für den Verdaulichkeitsgrad meßgebend. Für ein paar Fälle mögen als Beispiele die Summen der als Zellmembran und sonstiges Pentosan resorbierten Nährstoffe angegeben sein: | Resorb. | Außer- | Kalorien | Kalorien ı Zellmem- dem in Zell- in Summe bran Pentosan | membran| Pentosan Bei Mohrrüben . ..... 88:46 „ Roggenbrot . 38-90 397.9 312-3 Sl onen | 38:20 | 163.3. | 149-0 Die größte Summe an Kalorien wurde bei ausschließlicher Möhren- kost resorbiert, bei reiner Brotkost etwas weniger, der höchste Wert ent- spricht 14-2 Prozent der Gesamtkalorien des Bedarfes. Damit dürften wohl weniestens bei mittlerer Beköstigung die Grenzen des Nähreffektes von Zellmembran und Pentosan zusammen erreicht sein —- immer noch ohne Kürzung für die Minderwertigkeit der Zellmembran durch Vergärung. Die Restsubstanzen. IX. _ Über den Teil der Zellmembran, welcher nach Abzug von Zellulose und Pentosan übrig bleit, läßt sich bei dem heutigen Stand der Trennungsmethoden nichts Genaues sagen. Er schließt jedenfalls die Lienine ein, deren Natur noch nicht geklärt ist, und wahrscheinlich in 110 MAx RupBner: einzelnen Fällen wechselnd auch noch andere Substanzen, wie Hemi- zellulose u. dgl. Die in dieser Restgruppe aufgenommene Stoffgruppe steht hinter der Zellulose nieht zurück und überschreitet die Menge der Pentosangruppe bei manchen Vegetabilien ganz erheblich. Wie bei jeder Restbestinmmung werden sich die allgemeinen Fehler der Methodik natür- lich in der Restsubstanz fühlbar machen, wodurch sich Schwankungen in den Ergebnissen bisweilen erklären werden. Es dürfte bekannt sein, dab man bei den Verfahren Willstätters, die Zellulose mittels starker Salz- säure aufzulösen, die L’enine als einen schwarzen Rest erhält, der sich (durch Auswaschen mit Wasser gewinnen und wägen läßt. Außer der von mir selbst aus einigen Zellmembranen hergestellten Ligninen habe ich Lienine auch aus der im Kote ausgeschiedenen Zellmembran bei Brot und anderer Nahrung im der oben genannten Form gewinnen können. Eine größ:re Menge von Lienin, das aus Holz gewonnen war, ist mir durch die Güte von Prof. Heuser zugegangen. Diese Lienine sind keine ein- heitliche Substanz; man kann ihnen einen nicht unerheblichen Teil Sub- stanz durch Alkohol oder angesäuerten Alkohol entziehen, worauf sie wie Kohlepulver aussehen. Äther löst sie nicht auf. Dieses Lienin ist nicht identisch mit den Substanzen, welche man mit verdünnter NH; aus Holz eewinnt und durch Neutralisieren fällen kann. Nachdem man aber das Wort Lienin auch für die „schwarze Substanz“ gewählt hat, bleibe ich bei dieser Benennung. Die Substanz ist mir nicht unbekannt, denn ich habe sie sehon bei. meinen Untersuchungen über das mit Säuren aufgeschlossene Holz in Händen gehabt, bei der Behandlung von Birkenholz mit CIH-Dampf. Die dort genannte schwarze Substanz ist offenbar nichts anderes als dieses Lignin, wie man es nach Willstätters Verfahren erhält. Ich habe bei der Säureaufschließ ang durch C]H-Dampf bei gewöhnlicher Temperatur bereits erkannt, daß diese schwarze Substanz sich aus den Lignmen bildet; da sie sich von den übrigen Substanzen (Zellulose und Pentosan) nicht trennen läßt, so wurde sie in meinen früheren Versuchen mit der Zellmembran verrechnet. Lignin, nach Willstätter dargestellt, enthält nach meiner Untersuchung kein Pentosan eingeschlossen. Doch wird bei der Umwandlung der Zellmembran und der Ligninabspaltung auch Pentosan zerstört.2 Von diesem „Lignin‘ wird ein sehr erheblicher Anteil verdaut, etwa rund 60 Prozent. Da auch in den Gemüsen die Lignine nachweisbar sind und die Restsubstanz, welche die Lignine enthält oder wesentlich 1 Dies Archiv. 1916. Physiol. Abtlg. S. 49. 22.2. 0.8.88. 4 ie j i N r } 3 1 \ Die VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. lt aus ihnen besteht, auch außerordentlich gut resorbierbar ist, so kann man wohl allgemein annehmen, daß der auf Lignine treffende Anteil der Rest- substanz auch in anderen Zellmembranen zur Resorption gelangt. Welche Verwertung die Lienine im Tierkörper erfahren, ist zurzeit völlig unbe- kannt; hierzu bedürfte es eben erst der Aufklärung darüber, was die Lienine überhaupt vom chemischen Standpunkt aus sind. In den Ligninen haben wir also neben der Pentosangruppe einen Körper oder eine Gruppe von Stoffen, die bisher in der Ernährung nicht weiter beachtet worden ist. Aus dem chemischen Aufbau der Zellmembran läßt sich ersehen, daß die. Menge der resorbierten Stoffe der Restsubstanz ungefähr den gleichen Umfang wie die Resorption der Zellulose oder Pentosan annehmen kann. Die weitere Bearbeitung der Zusammensetzung und Bedeutung der Restsubstanz behalte ich mir vor. z Die Resorption der Stärke. X. Die Zellmembran tritt in den pflanzlichen Nahrungsmitteln zusammen mit Stärkemehl als Hauptnahrungsstoff auf; in emigen der Gemüse ist die Menge der Stärke gering oder verschwindend klein, in Obst haben wir es hauptsächlich mit Zucker und organischen Säuren als Haupt- bestandteilen zu tun, seltener treten die Eiweißstoffe stärker m den Vordergrund, doch immerhin ist in den Leguminosen ihr Gehalt nicht unbedeutend, und ähnlich liegt es für manche Blattgemüse, die ja wesent- lieh aus Zellmembran und Eiweißstoffen und Amiden bestehen. Die hauptsächlich Stärke führenden Nahrungsmittel sind die Zerealien und die Kartoffeln, die Hülsenfrüchte; von Früchten mag die Banane - erwähnt sein. Meine neuen Untersuchungen haben hauptsächlich die Brot- früchte in großem Umfange zum Ziel ihrer Untersuchung gehabt, und bieten zu einer kurzen Besprechung nur deshalb Interesse, weil die Stärke in den Ausscheidungen direkt bestimmt worden ist. Die Kohlehydrate führen uns bei der gemischten Kost die Hauptmasse der Kalorien zu, und von den Kohlehydraten ist die Stärke in jeder Hinsicht quantitativ das Überwiegende. Meine Untersuehungen haben gezeigt, daß die Stärke bei normaler Verdauung und Ausschluß ganz exzeptioneller Bedingungen außerordentlich gut zur Resorption kommt. Ich kann hier nur auf die Zusammenstellung verweisen, die ich in der Abhandlung über Vollkorn- brot vor kurzem gegeben habe. Verdaulichkeitsgrade bis zu 99-7 Prozent bei feinem Weißbrot sind erstaunliche Leistungen, wenn man bedenkt, daß die Stärke dabei fast den ganzen Kalorienbedarf eines Mannes decken . 112 Max RUBNER: kann. Zwischen Kartoffel- und Weizenstärke habe ich irgend einen wesent- lichen Unterschied in der Verdaulichkeit nieht sehen können; wennschon etwas mehr bei der Kartoffel verloren wurde, so bewegt sich das inner- halb sehr geringer Größen. Roggen und Gerste waren etwa günstigsten- falls so gut wie Kartoffelstärke verdaubar, allerdings gilt das für Roggen nur für die bessere Gesamtausnützung. Wer nur den Kot mikroskopiert, wird das Urteil über die gute Resorbierbarkeit der Stärke nicht glauben wollen, denn er findet stets reichlich Stärkekörner bzw. erhebliche Stärkereaktion. Dies hängt aber eben damit zusammen, daß der Prozentgehalt des Kotes an Stärke kein Ausdruck für die Gesamtleistung der Verdauung ist. Selbst bei sehr guter Verdauung findet man viele Prozente Stärke im Kot, und individuell kommen recht viele Abweichungen in der prozentigen Zusammensetzung der Ausscheidungen vor. Die Verdaulichkeit der Stärke nimmt, wenn nicht gleichmäßig, ab ınit der Zunahme der Zellmembran im Mehl; die Verluste wachsen und können 3 bis 4 Prozent erreichen, was für die sonst so leicht aufnehmbaren Kohlehydrate sehr bemerkenswert ist und bei dem hohen Prozentgehalt der Zerealien das Gesamtresultat der Aus- nützung ungünstig beeinflussen kann. Wie man sich diese Abnahme der Resorbierbarkeit in Beziehung zu dem steigenden Zellmembrangehalt vor- stellen soll, steht nicht fest. Es ist möglich, daß an manchen Kleie- teilchen die Stärke allzu fest durch den Backprozeß haftet oder daß die Zellmembranen den Durchgang durch die verdauenden Partien des Darmes . beschleunigen. Vielleicht ist auch nieht zu leugnen, daß die stark kleie- haltigen Brote häufig eine zähe Rinde besitzen und daß diese beim Kauen bis zu einem gewissen Grade Widerstand leistet, wodurch kleine Partikelchen sich der Resorption entziehen. Ich habe oben die Banane als Stärketräger erwähnt; dies kommt aber nur für die unreife Frucht in Betracht.! Die Stärke in der Banane scheint nicht so gut resorbiert zu werden wie die Stärke der Zerealien, bei rohen Früchten gehen 97-3 Prozent der Stärke verloren. Die rohe Stärke ist also für uns so:gut wie ganz unverdaulich. Beim Hund habe ich für rohe Stärke? eine weit bessere Verdaulichkeit gefunden (83-88 Pro- zent); die gequollene Stärke wurde his auf 98-6 Prozent verdaut. Findet aber nach der Quellung wieder eine starke Austrocknung statt, so sinkt die Verdaulichkeit wieder stark ab (91-3 Prozent). Ausgetrocknetes Brot kann also auch wieder, wenn es zu wenig zerkleinert wird, an Verdaulich- ! Vgl. ©. Thomas, Dies Archiv. 1910. Physiol, Abtlg. S. 32. 2 Ebenda. 1917. 8.17. FERNE a DE DIE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 111 keit einbüßen. Nicht völlig gequollene Stärke der Kartoffel macht sich durch ihre Unresorbierbarkeit gelegentlich sehr bemerkbar. Indem ich im vorstehenden für die drei Hauptgruppen der Zell- membran im einzelnen nachgewiesen habe, welche große Mengen bisher unbeachteter Substanzen zur Resorption gelangen, folet von selbst die Notwendiekeit, die Zellmembran als Nährstoffquelle zu betrachten. Die bisher vielfach geübte Gepflogenheit, die ‚‚Zellulose‘‘ oder ‚‚Rohfaser‘“ von der Berechnung der nährenden Bestandteile einfach auszulassen, läßt sich nicht aufrecht erhalten. Die Zellmembran erfordert die ihr zukommende Bewertung. Welche spezifische Bedeutung ihr im ganzen oder ihren einzelnen Komponenten zukommt, wissen wir nicht, wir können sie für die Pentosane vermuten. In welcher Form sie ins Blut übertreten, das ist für die Pentosane wohl verständlich, die Aufnahme als Pentosen liegt hier nahe. Von den Lieninen fehlt uns aber vorläufig jede Unterlage, welche die Art ihrer Resorption begründen könnte. Von der Zellulose dürfen wir die Aufschließung durch die Vergärung mit Wasserstoff- oder Sumpfgasentwicklung sicherlich annehmen; dabei ergeben sich Butter- säure und Essigsäure als weitere Produkte, also organische Säuren. In- soweit die Energieausbeute in Betracht gezogen werden soll, darf man eine Umformuns unter geringer Wärmetönung für Pentosane und Lienine wohl annehmen, größer ist der Verlust natürlich bei der Zellulosegärung, zumal mit Rücksicht auf die Bildung brennbarer Gase. - Die nähere Be- kandlung dieser Frage findet man in einer späteren Abhandlung. Man darf indes nicht außer acht lassen, daß die Zellulose höchstens die Hälfte der ganzen Zellmembran, manchmal sogar weniger als ein Drittel der gesamten Zellmembran ausmacht. Dort, wo Zeilmembranen sozusagen die einzigen Kohlehydrate einer Pflanze sind, wie bei Blattgemüse, hat es den Anschein, als wenn der Einfluß dieser „Kohlehydrate“ auf die Ver- minderung des Eiweißumsatzes ganz fehle. Daraus könnte man folgern, daß die Lösung der Zellmembran der Hauptsache nach nicht über eiweiß- sparende Kohlehydratgruppen führt. Die Stoffwechselprodukte bei verschiedener Ernährung. XI. Die Gruppe der Kohlehydrate, welche uns bei den Vegetabilien am meisten hinsichtlich der Resorptionsmöglichkeit und Größe interessieren muß, hat damit ihre allgemeine Charakterisierung gefunden, und srund- sätzliche Verschiedenheiten liegen in den einzelnen Gruppen vor. Die- jenigen Nahrungsmittel, welche wir empirisch als brauchbar herausgefunden Archivf.A.u.Ph. 1918. Physiol. Abtlg. 8 114 Max RUBNER: haben, zeigen auch gewisse Vorzüge; gerade bei denjenigen der Zell- membranen, die uns am meisten zu belasten scheinen, haben wir zugleich die beste Resorption nachweisen können. Das Unverdauliche in den Aus- scheidungen wird in hohem Maße durch die Resorptionsgröße der Zell- membran und der Stärke bestimmt. In den Ausscheidungen kann der Zellmembrangehalt allein sich auf 37 bis 358 Prozent der Trockenmasse steigern (z. B. bei Brot hoher Ausmahlung, bei Erdbeeren wegen der Kerne). Der Gang der Verdaulichkeit, wie er durch meine Untersuchungen verfolgt worden ist, hat damit zwar im wesentlichen seine Erklärung gefunden, aber es hinterbleibt für das weitere Verständnis noch die so wichtige Beziehung zwischen Unverdautem und jenem Kotanteil, den ich als Stoffwechselprodukte bezeichnet habe. Erst allmählich hat sich für mich bei der Kotanalyse die Möglichkeit gegeben, dieses wichtige Problem, das für die ganze weitere Behandlung hier einschlägiger Fragen von so weitgehender Tragweite ist, zahlenmäßig zu verfolgen. Die histo- rische Seite habs ich schon in einer der früheren Abhandlungen auseinander- gesetzt.! Nicht der Gedanke, nach Stoffwechselprodukten zu suchen, ist neu, denn schon in meinen ersten Publikationen war ich auf eine solche Lösung ausgegangen, ohne den erstrebten Erfolg zu erzielen. Wohl aber. läßt ‘sich jetzt diese wichtige Frage in jedem Einzelfalle zahlenmäßig feststellen. Die einzelnen Versuche haben ja das Nähere bereits angegeben, ich will daher hier nur durch eine allgemeine Übersicht einige Schluß- folgerungen ziehen, wie sie der Einzelfall nicht gestattet. Vorläufig muß ich noch etwas summarisch von Stoffwechselprodukten reden, weil ihre Gliederung, vom N-Gehalt abgesehen, in weitere Bestandteile noch nicht möglich ist. Aber auch in dieser durch die kalorimetrische Analyse ver- einfachten Form lassen sich manche wichtigen Schlüsse ziehen. Die Vor- stellung, daß die Stoffwechselprodukte im ganzen genommen eine konstante Größe ausmachen, welche um so mehr zurücktritt, je größer die Menge der verzehrten Nahrung ist, muß als unzutreffend bezeichnet werden; sie sind ein Vorkommnis, welches mit der Art und Menge der Nahrung wechselt, was sich leicht beweisen läßt. Daraus ergeben sich Folgerungen von großer praktischer Tragweite. Während die animalischen Nahrungs- mittel so gut wie ganz im Kot nur Stoffwechselprodukte liefern oder, richtiger gesagt, Produkte, die mit dem Eiwei.umsatz in näherer Be- ziehung stehen, gibt es kein vegetabilisches Nahrungsmittel, das aus Pflanzengewebe besteht, welches nicht auch neben den unvermeidlichen Resten der Nahrung Stoffwechselprodukte liefert, deren Herkunft nicht 1 Dies Archiv. 1916. Physiol. Abtlg. S. 6lff. Die VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 115 mit jenen der Animalien in eine Parallele gestellt werden darf. Wenn wir nach den Ursachen forschen, so brauche ich zunächst nur auf das zu verweisen, was oben $. 79 näher durch die Versuche am Hunde belegt ist. Das Hinzufügen der Zellmem'ran zeigt sich überall als ein Faktor, welcher die Stoffwechselprodukte mehrt. Weiterhin darf ich auch nur an die Versuche mit Vollkornbrot erinnern, bei denen im einzelnen gezeigt _ worden ist, wie mit zunehmender Kleiemenge auch die Stoffwechsel- produkte zunehmen, während der Stärke an sich nur ein sehr beschränkter und unbedeutender Einfluß in dieser Richtung zukommt. Bei der Zellmembran kann man wieder zunächst sich fragen, ob sie mechanisch reizend auf den Darm wirkt. Das ist nach älteren Versuchen mit grob zerkleinertem Material und nach meinen Versuchen mit Material - verschiedenster Herkunft nicht zu bestreiten. Aber die allgemeine Ur- sache der Anregung zur Bildung von Stoffwechselprodukten kann in diesen mechanischen Reizen nicht gesucht werden. Einen. mechanischen Reiz übt _ nur eine ziemlich grobe Zerkleinerung oder ganz besondere Eigentümlich- keiten der Zerkleinerung, wie die spitzen Teilchen in den Spelzen, aus. Da die unverdauten Zellmembranen eine Vermehrung des Kotes herbei- führen, könnte man auch auf den Gedanken kommen, die Massen dieses Kotes verhindern die Resorption größerer oder geringerer Anteile der Verdauungssäfte, indem die Zellmembranmassen gewissermaßen wie ein Schwamm aufsaugend wirken. Abgesehen davon, daß die im Darm _ bleibenden Mengen von Zellmembranen eine so ausgedehnte Aufsaugung in der Regel gar nicht ausüben können, weil dazu ihre Masse durch- schnittlich zu gering ist, werden die Verdauungssäfte so verdünnt ab- gesondert, daß die ausgeschiedene Menge Stoffwechselprodukte dadurch nicht erklärt würde. Auch ist es innerhalb weiter Grenzen für die Menge der ausgeschiedenen Stoffwechselprodukte ziemlich gleichgültig, ob der Kot ‚etwas mehr oder weniger Wassergehalt besitzt. Ein Nahrungsmittel besteht aus der Zellmembran, Stärke, Fett, Zucker und Eiweißstoffen. Das Verhalten dieser Nahrungsstoffe zur Bildung von Stoffwechselprodukten ist einer besonderen Besprechung wert. Von den pflanzlichen Eiweißstoffen wird man ebenso wie von den tierischen annehmen müssen, daß sie nach Maßgabe der Erhöhung des Eiweißumsatzes steigernd auf die Ausscheidung der Stoffwechselprodukte wirken. Bei dem im allgemeinen geringen N-Gehalt und dem noch geringeren Proteingehalt spielt jedenfalls dieser Faktor, wenige Einzel- fälle ausgenommen (etwa Hülsenfrüchte und Keimlinge), keine Rolle, im Gegenteil der auf ihn treffende Anteil wird in der Regel sehr klein sein. ’ S 116 Max RUBNER: Es ist aber eine Resorption großer Nahrungsmengen auch ohne alle Steigerung der Stoffwechselprodukte und der Kotbildung möglich. Diesen Fall habe ich beim Menschen bei Fettzulagen zur Kost gesehen. So hatte ich bei meinen ersten Versuchen bei einer aus Fleisch, Brot und Fett b:stehenden Nahrung gefunden: a Bett a Kot Kot fettfrei pro Tag Zugabe von Fett zur g trocken Nahrung pro Tag 17-2 29-3 100 & Speck 15-2 40-8 200 g Speck 11-6 35-5 240 g Butter 44-6 32.4 350 g Fett gemischt (Speck und Butter) Die Resorption der größten ertragbaren Fettmengen bleibt ohne Ein- {luß auf die Kotbildung. Analog verhält es sich bei der Zugabe von reinem Zucker; treten nicht störende Diarrhöen auf, was passieren kann, so verändert auch der Zucker die Menge der Kotausscheidung nicht. Auch die reine Stärke oder feinstes: Weizenmehl liefern selbst bei den erößten ertragbaren Mengen, wie ich jüngst wieder gezeigt habe, Kot- mengen, welche, trotz kleiner Mengen abfallender Zellmembran, die sieh nicht ganz ausschließen läßt, und Spuren von Stärke (0-5 bis 0-9 Prozent der Aufnahme) nur etwa 2 bis 2-7 Prozent der zugeführten Kalorien enthalten.! Hier ist also eine gewisse Menge von Kotbildung und die Ausscheidung von Stoffwechselprodukten nachweisbar. Es ist aber mög- lich, künstliche Nahrungskombinationen herzustellen, deren Kotbildung - und Bildung von Stoffwechselprodukten zu einem Minimum werden muß. Gerade diese Tatsache läßt die recht erhebliche Bildung von Stoffwechsel- produkten, wie sie meine Versuche an den Nahrungsmitteln ergeben haben, recht auffällig und bemerkenswert erscheinen. Dieses Bild der Resorption unter minimalem Aufwande an Resten der Verdauungssäfte, aber wohl auch unter Bildung geringster Mengen von Verdauungssäften überhaupt, ist bei Gemüsen, Obst und Zerealien, wenn letztere Zellmembranen enthalten, niemals gegeben; nicht nur die Mehrung von unverdauten Zellmembranen, sondern auch die Vermehrung von Stoffwechselprodukten setzt in allen genannten Fällen prompt ein und erreicht eine recht bedeutende Größe, auch dann, wenn es sich nicht einmal um bedeutende oder schwer resorbierbare Zellmembranen handelt. Diese Beobachtungen führen uns darauf, in den Nahrungsmitteln vielleicht noch besondere Stoffe zu vermuten, denen eine Wirkung auf die Anregung der Darmsekretion zukommt. Solche Stoffe wirksamer Art würde man etwa 1 Zeitschr. f. Biol. Bd. XV. 8. 198 und dies Archiv. 1916. Physiol. Abtle. S. 85. en un DiE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 117 in der Gruppe jener nicht näher zu fassenden Körper zu suchen haben, die man kurzweg als geschmackgebende oder Extraktivstoffe bezeichnet. Ganz ohne Bedeutung werden für unseren Körper diese Eigenschaften nicht sein. Eine künstliche Kombination solcher ziemlich restlos auf- genommener Nahrungsstoffe pflegt sehr bald zu widerstehen und wird auch von Tieren auf die Dauer zurückgewiesen. Die geschmackgebenden Stoffe sind unerläßlich; diese brauchen aber nicht die den Darm an- regenden Stoffe selbst darzustellen. Es ist möglich, daß die Wirkung vom Geschmacksorgan aus und jene auf den Darm verschiedenen Stofferuppen zugeschrieben werden muß. Ich gebe zunächst eine Übersicht über eine größere Zahl von Untersuchungsreihen, die sich meist auf das Mittel aus Beobachtungen an zwei Versuchspersonen beziehen. In der überwiegenden Zahl wurde das Nahrungsmittel je 6 Tage verabreicht. Die Versuche sind nach dem Gehalt des Nahrungsmittels an Zellmembran geordnet und in zwei Gruppen, die Zerealien sowie Gemüse und Obst, eingeteilt. | ss a sl. 88 5 las 22 5 28:88 1825 SH AO - = m BbB+e #027 sa |ee de ee ehren Nahrung a: | 38 3852| 88 88178 Ä Äslae 0% an KMRRSSL ru ELZErnEIE PER ee Ser ses se Zee l. Feines Weizenmehl 1:26| 2-04| 2-29| 4.33) 48-38 | 36-10 2. | 2:66| 2-95) 0-75| 3-70 79-70) — 3. Roggen 65prozentiger Ausmahlung | 3-14| 5-68) 3-67, 9-35 | 66-70 | 68-90 4. Roggen 75prozentiger Ausmahlung | 4-54| 5-37) 5-98 | 11-35 | 44-86 | 41-70 5. Weizen 8Oprozentiger Ausmahlung | 5-09, 7-30| 3-82 11-12 | 65-60 | 43-60 6. Roggen er | 3.61| 7-75) 4-85 | 12-60 | 54-60) — 0 Gerste. 39 se 5275. ,925531 .3927701.39290 8. Roggenbrot 94proz. Ausmahlung!. | 6-40 5-99| 9-20 | 15-19 | 40-00 | 44-60 9. Roggen 82prozentiger Ausmahlung | 6:69 7-07 | 6-77|13-80 50-70 | 62-00 10. Vollroggen Growitt . Sig: 8-75) 7-47| 7-33 | 14-80 | 50-70 | 34-37 11. Kartoffel . er 2225 0002 7255 1722301 76:657165234 16322 DEN er 227222218798 ,9-005 2:70 1137076704880 13. Kohlrüben . 1 22=1917-02| 4-93 | 21-95.) 74-50) 54-20 14. Erdbeeren 24-06 | 21-32 | 11-55 | 32-87 | 64:90 | 46-90 15. Mohrrüben . 3 EN RR Re | 26.64 | 8:31) 4-37 | 12-68 | 65-40 56:70 aırsinoı ı. . W n0 na ».. |)30-08 | 22-55 | 7-19 29-74) 75-70 | 80-30 Sie enthalten die Anzahl der Kalorien in Prozenten der Zufuhr für die Stoffwechselprodukte und für das Unverdaute, die Summe beider, d.h. die Gesamtausnützung, die Relation zwischen Stoffwechselprodukten 1 Drei Versuche, Mittel. 118 Mıx RUBNER: und Gesamtausnützung und die Verteilung des N im Kot auf Stoff- wechselprodukte und Unverdautes. Über die allgemeine und summarische Ausnützung gehe ich hinweg, darüber ist anderenorts das Nötige gesast. Was aber die Stoffwechselprodukte und das Unverdauliche anbelangt, so fehlen die ersteren nie, und sie nehmen mit dem Grade der Unverdaulich- keit unter den Zerealien auch zu, wenn auch nicht immer genau pro- portional, da zweifellos neben dem Grade der Unverdaulichkeit noch andere Umstände einen Einfluß haben, gerade auch die Individualität, die sich nicht anschließen ließ, weil sonst die Zahl der zu vergleichenden Versuche etwa zu klein geworden wäre; auch die Herstellung des Brotes war verschieden wie bei Nr. 10, wo es sich um feuchte Vermahlung handelt. In den höchsten Zahlen gehen aber die Kalorienverluste durch Stoif- wechselprodukte über 7-75 Prozent nicht hinaus. Die Verteilung zwischen Stoffwechselkalerien und Stoffwechsel-N und Verlusten an Nährstoffen ist so, daß im Mittel 54-09 Prozent der Kalorien des Kotes Stoffwechsel- produkte und 46-4 Prozent N-Stoifwechselprodukte sind. Wesentlich anders verhält es sich bei den Gemüsen und dem Obst. Die Kartoffel nimmt eine Mittelstellung ein. Gemüse und Obst aber lassen erkennen, daß sie außergewöhnlich. viel Stoffwechselprodukte im Verhältnis zu dem Unverdauten liefern. Bei den Erdbeeren liest durch die Samen an- scheinend eine leicht verständliche Ausnahme vor, die Samen gehen un- verdaut ab. Nimmt man auch hier das Mittel für Obst und Gemüse, so sind von 100 Teilen Kalorien bzw. N der Aufnahme 70-03 Prozent Stoffwechselkalorien und 50-1 Prozent N-haltige Stoffwechselprodukte (die Kartoffel eingerechnet). | | Die Beschaffenheit der Ausscheidungen:- zeigt zwischen Zerealien und Obst und Gemüse deutlich ein Überwiegen der Stoffwechselprodukte auf seiten der letzteren, während hinsichtlich des N die Unterschiede nicht so eroß sind. Unverkennbar handelt es sich bei Obst und Gemüse im engeren Sinne um spezifische Wirkt ngen neben der allgemeinen kesonderen Stellung, welche diese Nahrungsmittel einnehmen. Ich habe schon bei den früheren Veröffentlichungen betont, daß eine Verdauungsstörung bei keinem der hier aufgeführten Nahrungsmittel vorlag. Inwieweit bei dem Obst (Äpfel und Erdbeeren) die reichlich aufgenommenen Säuren zum Teil als Reize für die Bildung von Darmsäften angenommen werden dürfen, lasse ich dahingestellt, jedenfalls trifft eine solche Säurewirkung auf die Blatt- gemüse nicht zu. Pr j 3 j \ | i Die VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. ls x N Die Menge der Stoffwechselprodukte wurde auf Grund der Versucl e für die wesentlichen Nahrungsgruppen vegetabilischer Natur festgestellt, es läßt sich daher durch Gruppierung der Zahlen auch erfahren, wieviel Stoffwechselprodukte auf eine bestimmte Menge resorbierten Materials entfallen, die Zahlen werden dadurch noch etwas ausdrucksvoller. Ich eebe in der nachstehenden Tabelle die Grunddaten aus den Versuchen id berechne, wieviel Kalorien als Stoffwechselprodukte auf 100 Kalorien Resorbiertes treffen und wieviel N in diesen vorhanden ist. | add | u 25 & 5 Auf 100 resorbierte | ao = Fir | Kal. treffen: | Versuchs es ) Se: Selen Nahrung I 23 58 Pr ed £ Ig N aus I pesson E57 | = |Ja2, eg | Stol | Stoff. | ala | 78[|.8%8 | wechsel- | | 3 SS | as S| ga) | wechsel . = ı iM 9 Ndaızı a Bnansen Kohlrüben ... .. . | Oehm | 674|163| 511/127 1-71) 24-9 0-334 ; | Schönh. | 758) 150| 608106 1-41) 17-5 0.231 | | | 21-2 0-282 Erdbeeren ......|) B. | 8831290) 5931189 |1-28| 31-8 0-215 Äpfel. .......| Oehm [1596| 184|1412|141|1-05| 10-0 0-.074 | Schönh. | 1524 | 181 | 1343 | 139 | 1:20 10-3 0-089 Mohrrüben .....ı M. ,1278|162,1116|140|1-14| 12-5 0.162 ji | 1 Wiring ......). M. 1.544|196| 348|148|1-92|| 42-6 0.552 Roggnl......, Oechm |2587 428 |2159|257 2:00| 11-9 0-092 | Schönh. | 2680| 304 |2376 149 1:20) 6-3 | 0-050 | | | a 9-1 0.071 Roggen I ..... | Ochm /3511|523|2988 | 267|1-46| 8-9 0-049 | Schönh. 12973425 [2548 | 218 1.65) 8:5 | 0.064 | 8-7 0-056 Roggen IT... .. | Oehm 3270| 360 |2916|204|1-81| 7-0 0-062 Schönh. | 2698 | 207 2491138 1-17) 5:5 | 0-047 | 62 0-055 Roggen IV ..... || Oehm 2833| 322 |251=|177|1-58) 7-0 0-063 Schönh. | 2758 | 231 |2527 152] 1-28) 6-0 0-050 | | 6:5 | 0.056 gegen Oechm | 2880 | 420 | 2460 | 184 | 2-35 7.4 0-094 | Schönh. | 2653 | 360 |2293 206 1-62) 8-9 0-071 | EN I 81. | 0.082 Roggen VI .....| Oehm |2678 477 | 2201 | 225 1:86| 10-2 1 0-084 | | Sehönh. [2675 463 | 2212 225 2-05| 10-2 0-092 | 10-2 -| 0-088 Weizen fein. . . Kohlr. |1825| 82 1743| 68 — 3-8 _ “ Weizen 80proz. Ausm. | 1830 | 204 1626 | 134 |0-89|| 8-2 09-054 120 Max RUBNER: In der weiteren Tabelle sind die Ergebnisse kurz zusammengestellt und außerdem berechnet, wieviel auf 1 Kalorie Stoffwechselprodukte an N gleichfalls in Stoffwechselprodukten trifft. Auf 100 resorb. Kal. | Sa rn) u 29:22 ı 285- Ssae2|l2Msu Nahrung | FE |Msex|2 ‚ne o5 dna sl... 23 ErEBmMERR Ei a EICEE: | 2 an Feines Weizenmehleer ve. een SSR — Roggen 65prozentiger Ausmahlung ...... 6-2 0-055 0-009 Roggen 65 proz. Ausmahlung mit 20 Proz. Kartoffel 6-5 0-056 0-009 Roggen 82prozentiger Ausmahlung ! s-1 0-082 0.010 Weizen 80 prozentiger Ausmahlung Br 8-2 0.054 0-007 Vollroggen akt N ne 8-7 0-056 0-006 Roggen etwa 72prozentiger Ausmahlu 97172 20.08 0-007 Roggen 82 proz. al mit 20 Proz. Kartoffel 10-2 |» 0-088 0-009 Äpfel... een 10-1 0.081 0-008 Mohrrüben See Er We Ne 12«5 . ,|: 0.162 0-013 Kohlrüben. 3.5.2027. wi. es. rt al 2ale2) | 0282 Er Erdbeeren: 7.2.22 ne ee ae les 0.215 || 0-007 Wärsins 11.0 302 Sn Re N RE Dr an 2.6 0:-552 | 0-012 Unter den günstigsten Verhältnissen muß man (abgesehen von dent Unresorbierten) auf 3-8 Prozent an Kalorien durch Stoffwechselprodukte rechnen; mit zunehmender stärkerer Ausmahlung nimmt dieser Verlust- anteil zu, so daß man als höchste Zahl für Brotgetreide 10-2 Kalorien braucht, um 100 Kalorien zu resorbieren. Bei Obst und Gemüse steigen diese Werte dann rasch; Äpfel und Mohrrüben erfordern etwas mehr als die Zerealien, bei Kohlrüben ist der Aufwand zu verdoppeln, bei Erd- beeren zu verdreilachen und bei Wirsing zu vervierfachen. Die Stoff- wechselproduktausscheidung ist hierbei nur als Funktion des Resorbierten, nicht als abhängig vom Unverdauten gedacht. Jedenfalls erhalten wir so ein recht anschauliches Bild über die ungleichen Bedingungen der Resorption. Die N-Zahlen nehmen etwa wie die Werte für die Stoff- wechselkalorien zu; bildet man aber- die Beziehung zwischen Stoffwechsel- anteil des Kotes und N in dem Stoffwechselanteil, so erkennt man, daß auf 1 Kalorie Stoffwechselprodukt etwa dieselbe N-Menge trifft (Stab 4). Das ist verständlich, denn es handelt sich doch um Sekretreste, die im allgemeinen zwar nicht genau die gleichen zu sein brauchen, aber, a priori betrachtet, auch nicht allzu große Verschiedenheiten awjweisen können. Im Fleischkot würde man etwa auf ein Verhältnis von 0-011 zu rechnen haben, hier bleibt der Wert für die Zerealien im Mittel etwas unter diesem Wert (0-088), bei Obst und Gemüse liegt der Wert etwas höher DIE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 121 [1 (0-0106); demnach scheinen also diese Sekrete zwar nicht genau gleich- artig zu sein, aber wenigstens im N-Gehalt nicht wesentlich abzuweichen. Daraus lassen sich wieder interessante Konsequenzen ableiten, wenn man sich als Aufgabe die Ernährung auf einer bestimmten Höhe durch aus- schließliche Ernährung mit einem oder dem anderen Nahrungsmittel denkt. ‘Wenn z. B. 2400 Kalorien Resorbiertes geliefert werden sollen, so wären «labei die N-Mengen in den Stoffwechselprodukten für einige Beispiele folgende: Für Roggen 65 prozentiger Ausmahlung 1-32 N im Tag „ Roggen 72prozentiger Ausmahlune 1-0,» Amel, IA I: „„ Mohrrüben ee „. Kohlrüben aaDos.N „ Erdbeeren DELONS, = Wiesner. OD ERDE Die Menge der Verdauungsprodukte müßte also einer enormen Steige- rung fähig sein, um im Extrem noch zu befriedigen. - In neuester Zeit sind einige Beobachtungen gemacht worden, welche vielleicht zu meinen Ergebnissen in einen näheren Zusammenhang gebracht werden können. Die eine Untersuchung rührt von Fr. Uhlmann! her und beschäftigt sich mit dem Nachweis, daß Stoffe, welche als Vitamine angesehen worden sind, einen sehr wesentlichen Einfluß auf die Sekretion der Drüsen, vor allem des Darmes und seiner Adnexa, besitzen. Man kann ihre Beziehung zu der Zellmembran der Frucht- und Samenschale voraussetzen. Eine weitere Beobachtung, welche gleichfalls in dieselbe Richtung fällt, ist von Bickel schon vor Uhlmann gemacht worden. "Spinat hat eine spezifische Wirkung, welche der des Pilokarpins nahesteht. Durch meine Feststellungen der sehr ungleichen Wirkung von Nahrungs- mitteln auf den Darm durch die Verschiedenheiten in der Bildung von Darmsekreten, dem Mangel solcher Wirkungen, wenn man reine Nahrungs- stoffe gibt, ist mit den Beobachtungen von Uhlmann und Bickel sehr _ naheliesend, den Nahrungsmitteln, d.h. weniger ibren Gemengen von Eiweiß, Fett, Kohlehydraten als anderen Körpern, d.h. ihren Extraktivstoffen, eine spezifische Wirkung in einzelnen Pflanzengruppen zuzuerkennen. An ‚und für sich kann, wie das für einzelne Nahrungsmittel zahlenmäßig auf- geführt worden ist, eine solche Rückwirkung auf den Darm geradezu ‚hypertrophisch eroß sein, zu groß für den Nahrungswert des einzelnen; es ist aber wohl möglich, daß die richtige Kombination solcher Nahrungs- 1 Zeitschr. f. Biol. Bd. XVIM. S. 418. 122 Max RUBNER: mittel, d.h. ein angemessener Zusatz, Wert und Bedeutung wur eine normale und bygienisch befriedigende Kost besitzt. Der Ausnützungsversuch vermag über Wert oder Unwert dieser Vor- gänge nicht zu entscheiden, weil er vorläufig nur summarisch festzustellen vermag, wieviel der Verlust an Unverdauten und Stoffwechselprodukten. letztere kalorimetrisch zusammengefaßt, beträgt. Ob ein solcher Mehr- verlust an Stoffwechselprodukten einfach durch ein Mehr an Nährstoffen einer beliebigen Zutuhr völlig gedeckt werden kann, läßt sich durch kurze Experimente auch solche von wenigen Wochen nicht entscheiden. Es kann eine derartige Mehrausscheidung mit der Dauer schädlich oder sie kann vielleicht in manchen Nahrungsmittelgemischen auch gesundheitsförderlich sein. Wir vermögen das heute nicht zu entscheiden, es ist in diesen Vor- kommnissen aber die Bedeutung der gemischten Kost, -ihre Berechtigung und Zweckmäßigkeit nieht zu bestreiten. a Die Resorption des Eiweißes. : X11. Das überraschendste Resultat, das zuerst meine Untersuchungen an pflanzlichen Nahrungsmitteln ergeben hatten, war der relativ große N-Verlust, der bei der geringen Zufuhr von Eiweiß im Pflanzenmaterial doppelt schwer wiest. Man muß bei pflanzlicher Kost mit einer erkeb- lichen N-Menge im Kote rechnen. Bei gleichem Eiweißumsatz im Harn ist bei animalischer Kost mit wenig N in den Ausscheidungen, bei vegetabilischen Nahrunesmitteln mit relativ großem N-Anteil im Kote zu rechnen. Die neu angestellten Versuchsreihen haben dies natürlich nur wieder bestätigen können. In nachfelgender Tabelle gebe ich eine Zusammen- stellung dieser und der früher, zumeist in dem Jahre elle ausgeführten - Untersuchungen. j Man ersieht daraus die großen Unterschiede, die noch weit be- deutender sind, als meine älteren Versuche hatten ersehen lassen. Ich habe in diesen Zusammenstellungen solche N-Verluste, wie sie bei offen-- barer Überschreitung der optimalen Resorptionserenzen vorkommen können, ganz außer Betracht gelassen. Man findet hierüber in den einzelnen Ver- suchen in der Abhandlung über Vollkornbrot! näkere Angaben. Der niederste Verlustwert findet sich bei den feinsten Sorten Weizenmehl mit nur‘ 6-1 Prozent und steigert sich bei 95 Prozent Ausmahlung zu 30-5 Prozent 1 Dies Archiv. 1917. Physiol. Abtle. S. 245. DIE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 123 ‚Verlust. Unter den Nahrungsmitteln mit wenig Eiweißverlust erscheint aber auch ein Gemüse, der Wirsingkohl, der in seinen sonstigen Eigen- schaften nicht zu den gut resorbierbaren Nahrungsmitteln gerechnet wird. Der Roggen steht in der N-Verwertung dem Weizen nach. Zu den schlecht verwertbaren gehören dann wieder einige Gemüse und das Obst. Bei den Äpfeln findet man im Kot weit mehr N, als überhaupt in der Zufuhr vorhanden wer. ; FE] Ältere | Neue Nahrung Versuche | Versuche N-Verlust | ES ea Feinstes Weizenmehl . . || 6-10 Weizen 30 prozentiger Ausmahlung RR 12.30 Birne nun nenn 18:50...) Mais ee a. 201900 Erbsen ... 12720840 | Weizen 80 prozentiger Ausmahlung RE | 21-14 Weizen ee Ausmahlung . . | 24-56 es ala: BE ed VEREINE ER EA BR Warsing. .. | | 25-30 Weizen 95 prozentiger Ausmahlung ae 30-47 | Gerste 72 prozentiger Ausmahlung || \ 31-50 Roggen 95prozentiger Ausmahlung . . | ' 39-30 Roggen 65prozentiger Ausmahlung . . | |: 37:80 Mohrrüuben‘. .:. .. 2 7,030.1002712.382.90 Roggen 72 prozentiger Ausmahlung re | 39.70 Roggen 80 prozentiger Ausmahlung 3 | 40.30 Rohlrübenenze 0 re A | \ 65-10 Brdißeereny a rar el. ne) I 91-30 ° END 1ER GR ee RE ee 131.60 Ich halte es für überflüssig, nochmals zu betonen, daß die N-Verluste nicht Proteinverluste sind; wir haben ja eben bei den Stofiwechsel- produkten kennen gelernt, in welchem Maße die letzteren am N-Verlust .beteilist sind und welche bedeutende Größe dieser Verlust erreichen kann. Das zweite Moment, welches zum hehen N-Verlust führt, ist das Ein- geschlossensein mancher Eiweißstoffe in unverdaulicken oder halbverdau- lichen Zellmembranen, wie bei der Kleie. Ich habe auch des öfteren ‚darauf hingewiesen, daß Zellmembran stets proteinhaltig gefunden wird, was — von der Verunreinigung mit Bakterien abgesehen — wahrscheinlich mit der Anlagerung von Protoplasma an und in die Zellwände im Zusammen- hang stehen mag. Es läßt sich zwar nicht alles Protein vielleicht aus dem Kot mit abscheiden, ich glaube aber, daß nach meinem Verfahren der überwiegendste Teil analytisch festgestellt werden kann. Da mir für alle Versuche Bestimmungen dieser Art zur Verfügung stehen, wird es von Interesse sein, statt des N-Verlustes auch vom Proteinverlust zu sprechen. 124 Mıx RUBNER: Wenn sich dabei auch noch gewisse Ungenauigkeiten zeigen mögen, so kommen wir doch einen Schritt vorwärts. Die Proteinausnützung steht natürlich im Zusammenhang mit der Auflösung der Zellmembranen und mit der Bildung der Stoffwechselprodukte; über beides geben die anderen Abschnitte dieser Arbeit Aufschluß. In nachfolgender Tabelle finden sich die Zahlen über das resorbierte Eiweiß, wobei man freilich.in einzelnen Fällen nochmals Korrekturen für die Amidstoffe der Vegetabilien in den Einnahmen machen müßte. Resorption des Proteins in Prozenten N ann der Zufuhr Wirsnmel ro ER ER3 94-72 (nach Abzug des Amid-N 89-44) Haines?Weizenmeniee ss ee: 93-85 Weizen etwa 80prozentiger Ausmahlung . 88-09 Mohrruben ses. ve en 83-68 (nach Abzug des Amid-N 71-57) Gerste 72prozentiger Ausmahlung. . . . 80-19 Roggen 65prozentiger Ausmahlung . . . 80-50 Roggen 82prozentiger Ausmahluns . . . 78-40 Roggen 72prozentiger Ausmahlungs . . . 76-60 Roggen 95prozentiger Ausmahlung . . . 74-10 Kohlrüben we 0 SENSE AR ...... 73-70 (nach Abzug des Amid-N 38:90) Kriersmischmeblene ee 64-10 Birdipeeren er WERTEN 51-30. (der N der. Kerne ist abgezogen) Apfelt. 22 ara ee 32-70 Man findet über diese für die meisten der heute in Gebrauch stehenden Vegetabilien bzw. für Gemüse und Obst nähere Angaben in einer vor kurzem veröffentlichten Abhandlung.! Die Verdaulichkeit des Wirsings, dessen Zellmembranen außerordent-, lich vollkommen aufgelöst werden, steht an der Spitze. Freilich kommt dabei der hohe Amid-N in Betracht, der für die Resorption natürlich gar keine Schwierigkeiten bietet. Läßt man ihn außer Betracht, so ist immer noch das Protein ein gut resorbierbares; dieser hohe Nutzen wird durch den starken Verlust an Stoffwechsel-N ausgeglichen. Bei Weizen- mehl kann ich nur sagen, daß das Protein optimal noch besser als zu 95-8 Prozent ausgenützt werden kann; das wird sich mit den Versuchen über Aleuronat decken, wobei man auch Resorptionen ähnlicher Größen- ordnung nachzuweisen in der Lage ist. Für die Mohrrüben gilt alles, was über die Resorption des Wirsings schon oben gesagt worden ist; sute Resorption der Zellmembran macht auch die Resorption des Eiweiß möglich, allerdings ergibt sich in anderer Hinsicht wieder ein Verlust durch Stoffwechselprodukte. Zu den bestresorbierten Zerealien gehört der Weizen, der auch bei vollkommener Vermahlung etwas vor dem Roggen voraus hat. Die Gerste steht zwischen Weizen und Roggen, bei letzterem 1 Rubner, Über den Nährwert einiger wichtiger Gemüsearten. Berlin 1916. DIE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 125 ist auch bei bester Art der Vermahlung (feuchtes Verfahren) nur eine Resorption von 74-1 Prozent zu erreichen. Bei den Zerealien fällt ein Kriessmischmehl als recht ungünstig auf; aus Roggen, Mais und Trocken- Kartoffeln zusammengesetzt, enthält es nicht einmal viel Kleie. Man kann nur annehmen, daß offenbar die Herstellung der Trockenkartoifel ein Präparat liefert, das durch Überhitzung oder dergleichen in seiner Ver- daulichkeit verändert ist. Es sei daran erinnert, daß ich auch in anderen Versuchen durch Zusatz von Kartoffeln eine Verschlechterung der Resorp- tion beobachtet hatte, die sonst unverständlich wäre, wenn nicht solche Veränderungen bei der Kartoffel vor sich gegangen sind. Dort, wo der Proteingehalt überhaupt geringer wird, wie bei Kohl- rüben und dem Obst, und außerdem die Zellmembran nicht so hochgradig “ verdaulich ist, wie bei Wirsing und Mohrrüben, sinkt die Verdaulichkeit des Proteins immer mehr, man sieht aber doch bei den Äpfeln, daß trotz- dem sie nicht einmal soviel Eiweib liefern, als N in Stoffwechselprodukten verloren wird, doch nebenbei Eiweiß zur Resorption gelangt. Als besonders bemerkenswert möchte ich noch einmal auf die Verdaulichkeit des Eiweißes im Wirsing verweisen, als ein Beispiel, wie wesentlich die Auflösung der Zellmembranen für die Möglichkeit der Resorption sich gestaltet. Die Nahrung und der Kot. XIV. In der Zeitschrift für Biologie, Bd. XLII, S. 297, habe ich aut gewisse alleemeine Beziehungen zwischen den kalorimetrischen Werten für die Nahrung und den Kot hingewiesen und zugleich gezeigt, daß der Ver- brennungswert des Kotes nur in sehr engen Grenzen schwankt, etwa zwischen 6-1 und 6-3 Kalorien pro Gramm, wenn die Nahrung selbst auch die mannigfachsten Unterschiede zeigt; doch ist die rein empirisch seiundene Voraussetzung die, daß der Energieverlust mit dem Kote dabei überhaupt nicht größer sein darf wie 8 Prozent. Über diese Grenze hinaus fällt der Verbrennungswert des Kotes, richtiger gesagt, vorausgesetzt daß es sich um pflanzliche Nahrungsmittel handelt, weil dann Bestandteile der letzteren im Kot sich anhäufen. Alles das eilt für eine ungestörte Verdauung des nicht überlasteten Darmes. Die Überlastung führt natürlich zur einfachen Ausstoßung des übermäßig eingeführten Nahrungsstoffes. Diese Frage hier zu berücksichtigen, hat kein wissenschaftliches Interesse. An Beispielen für das Verhalten pflanzlicher Nahrungsmittel habe ich in meiner genannten früheren Publikation nur wenige bringen können, da genauer untersuchte Fälle in größerer Zahl bei ausschließlicher Pflanzen- 126 Max RUBNER: nahrung damals nicht vorlagen, jetzt läßt sich das umfangreiche Material meiner neuen Versuche verwerten. Meine extremsten Fälle ungünstiger Resorption waren ein Brot mit 15 Prozent Energieverlust und ein Kleiebrot mit 24-3 Prozent; ersteres hatte 5-259, letzeres 5-293 Kalorien pro Gramm trockenen Kot. Zur Ergänzung der hiermit angeschnittenen Frage der Beziehungen der Nahrung zum Kot lasse ich zunächst einmal eine Auswahl der wichtigsten Nahrungsmittel hier folgen, bei denen die wesentlichen Bestand- teile des Kotes, welche für die Verbrennungswärme von Bedeutung sein können, angeführt sind. Zee ur» Sauris Tossa Zusammensetzung und Brennwert des Kotes für 100 @. Geordnet nach dem Verlust im Kote. | q > = 2 - - = e= Kr) y . (saala8 ls: 3.3 2 Nahrung (SeESı SS | e8 lzS 5=S|ı 2 oc seRl nge der Zellmembranen auch im all- ‚gemeinen hoch, zwischen 16-7 und 34-6 Prozent, also um das Doppelte schwankend; wenn man Zusammengehöriges vergleicht, kommt aber scharf zum Ausdruck, daß die Art der Ausmahlung einen starken Einfluß ausübt bei Weizen wie bei Roggen. Auffallend bleibt, daß die Unterschiede nicht bedeutender sind, da doch feines Mehl nicht nur wenige, sondern auch leicht verdauliche Zellmembranen enthält. In kalorimetrischer Hinsicht sind die Unterschiede sehr gering, und zwischen Weizen, Roggen und - Gerste ist fast keine Differenz in der Verbrennungswärme vorhanden; das Gesamtmittel des Kotes der Zerealien bleibt aber etwas unter jenem für - Obst und Früchte (Gemüse). er Diese Beobachtungen ergänzen also in weitgehendem Maße frühere Beobachtungen und bieten so die Möglichkeit, aus der Art der Nahrung und ihrer Resorbierbarkeit im allgemeinen auf die Beschaffenheit des Kotes einen Schluß zu ziehen. Die Resorbierbarkeit läßt sich für diese Zwecke wenigstens aus der Aufnahme der organischen Substanz ersehen, falls die Verbrennungswärme nicht selbst bestimmt wird. Der verschiedene Fettgehalt des Kotes hat wenig Einfluß auf die Verbrennungswärme dieser Kotarten, da der Ätherextrakt ja reichlich niedere Fettsäure von geringem Wärmewert einschließt und nicht etwa nur aus hochatomigen Fettsäuren und deren Glyzeriden besteht. Die Versuche erweitern meine Angaben dahin, daß man nicht, über- lasteten Darm vorausgesetzt, aus der organischen Substanz des Kotes die Größe der Verbrennungswärme nach den gegebenen Zahlen berechnen kann, ohne irgend eine nennenswerte Ungenauiskeit zu begehen. Auch für Gemische von Gemüsen, Obst und Zerealien werden die Zahlen anwendbar seım. Für die organische Substanz im Brote kann man 4-2832 Kalorien im Durchschnitt annehmen. Bei den Gemüsen und dem Obst findet man erhebliche Unterschiede im einzelnen; ich muß diesbezüglich auf meine Puklikationen vom Jahre 1916 ‚‚Über den Nährwert einiger wichtiger Gemüsearten‘“ verweisen. Gemüse und Obst bieten so viele Varianten, daß es unmöglich ist, an dieser Stelle noch ins einzelne weiter einzugehen. 128 Max RUBNER: Physiologischer Nutzeffekt und Resorption der Zellmembran. XV. In der gemischten Ernährung und besonders in der Kriegsernährung kann der Austausch von Nahrungsmitteln je nach den wechselnden Zeiten der Ernteverhältnisse ein sehr verschiedener sein. Indem ich die Vegeta- bilien soweit geschildert habe, als sich aus den experimentellen Verhält- nissen heraus begründete Anhaltspunkte ergeben haben, sind die ver- schiedensten Seiten und Eigentümlichkeiten dieser vielgestaltigen Nahrungs-. mittel zur Erörterung gekommen. Das Gebiet der pflanzlicken Nahrungs- “mittel läßt sich in seinem Wechsel der Erscheinung mit dem so viel ein- facheren Verhältnis der Animalien kaum in Vergleich stellen. Wer ein begründetes Urteil und ein rationelles Können auf diesem Gebiete haben will, muß mit allen Einzelheiten und Besonderheiten der Nahrungsmittel vertraut sein. Manche Fragen, wie die des Stoffwechsels, werden erst a Sn un später in Betracht gezogen werden können, sie würden hier die allgemeine Schilderung nur unnötig belasten. Und doch drängt die praktische Ver- wertung immer wieder zur Vereinfachung und zur kompendiösen Dar- stellung, was leicht zu -Mißverständnissen und oberflächlicher Auffassung der Probleme führt. Wie sehr dies der Wahrheit entspricht, dafür gibt namentlich die Anwendung des kalorimetrischen Wertes den deutlichsten Beweis. Auch in ärztlichen Kreisen ist man sieh vielfach nicht klar, welche Werte und welche Bedeutung den Nahrungsmitteln zukommen, wo man sie anwenden soll und kann und wo die Grenze ihrer Bedeutung ist. Niemals sind alle Probleme, welehe ein Nahrungsmittel lösen soll und kann, nur nach Wärmeeinheiten zu bemessen, das sollte man heut- zutage endlich einsehen, aber andererseits auch wissen, daß ohne eine solche Maßeinheit die ganze praktische Ernährung völlig unverständlich wäre und ihre Anwendung völlig in der Luft schwebt. Mit dieser Ver- wahrung will ich aber an einem Beispiel — an der Summierung der Bewertung der Vegetabilien — zeigen, wie wir uns gerade aus dem Chaos zahlloser einzelner Eigentümlichkeiten heraus in kurzem prägnanten Bild die Werte der Nahrungsmittelgruppen verschaffen können. Quantitätsfragen haben heute eine ungeheure Bedeutung. Diese lassen sich für den, der den Begriff der Kalorienbewertung nicht erfaßt hat, überhaupt nicht lösen. Quantitätsfragen ordnen in erster Linie die Bedürfnisfrage, erst an sie schließen sich die zahlreichen anderen Gesichts- punkte an, die allein die praktische Ernährung in diätetischem Sinne lösen können, nachdem die Stoffwechselgrundlagen sicherstehen. Die Kriegsliteratur ist ein gutes Beispiel dafür,. wie man Ernährungslehre DIE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 129 nicht betreiben soll; auf dem Gebiete der Nahrungsmittellehre ist die alte Oberflächlichkeit, welche unsere Nahrungsvorräte wieder ganz nach der ‚chemischen Analyse des Ausgangsmaterials beurteilt, gang und gäbe ge- worden. Auch in den amtlichen Verfügungen sieht man bei Ersatz für ein fehlendes Nahrungsmittel durch ein ‘anderes, daß der Rohstoff ent- scheidet, aber nicht das Verdauliche. Betrachten wir nach Maßgabe der Verdaulichkeit das ganze kearbeitete Gebiet. Um einen kurzen Ausdruck für die Gesamtausnützung aller organischen Substanzen zu erhalten, habe ich an Stelle der Trocken- substanz oder auch organischen Substanz die Kalorienzahl verwendet.- Die Unverwendbarkeit der Trockensubstanz begründet sich auf den außer- ordentlich schwankenden Gehalt der Aschebestandteile des Kotes, die - Unverwendbarkeit der organischen Trockensubstanz auf die bei Vegetabilien durchweg höhere Verbrennungswärme des Kotes, welche bei Verwendung der organischen Substanz zu günstige Ausnützungen errechnet. Alle anderen Besonderheiten lassen wir vorläufig ganz beiseite. Die Fest- stellung der Ausnützung in diesem Sinne ist aber noch nicht der präzise Ausdruck dafür, was uns ein Nahrungsmittel auch nur quantitativ sein kann, insoweit es sich um die bloße Erhaltung des Energiebedarfes des Menschen handelt. Die Feststellung der Ausnützung ist eine wichtige Vorarkeit für eine wichtige andere Feststellung: für die Bestimmung des physiologischen Nutzeffektes, worunter ich die Verwertbarkeit eines Nahrungsmittels zur Deckung des Kalorienbedarfs verstehe. Für diesen Zweck ist auch die Feststellung der im Harn verlorenen Kalorien die notwendige Voraus- setzung; diese bedürfte besonderer Untersuchung, weil Anhaltspunkte dafür vorliegen, dab teilweise auch Amidsukstanzen im Harn verloren gehen, außerdem, wie ich gezeigt habe, gelegentlich Zucker in kleinen Mengen im Harn auftritt (z. B. bei Kartoffel) oder endlich Pentosane, freilich zumeist in kleinen Mengen, ausgeschieden werden. Wenn auch die Verluste an Energie mit dem Harn nur durch be- sondere Experimente zu erledigen sind, so kommt diese ungelöste Seite ‚des Problems bei den geringen Mengen an N, die nach dem Harn gehen, nicht die Bedeutung zu, wie bei den Animalien, daher habe ich für die folgende Betrachtung nach meinen Untersuchungen Mittelwerte ein- gesetzt und damit gerechnet. Es gibt uns dann eine Zahl den Wert eines Nahrungsmittels als kurzen Ausdruck in Kalorien an. Die nach- folgende Zusammenstellung gibt diesen Überblick. Archivf.A.u. Ph, 1918. Physiol, Abtlg. 9 130 : Max RuBNER: - Physiologischer Nutzeffekt von 100g Trockensubstanz. =! = ana - P 388 Sen |82°5| 4823 & | #55 | 338586. |8en Nahrung © 20 Sehs ZEEs | 2neı5 Ss |=83 "385 S4s5ls888 rn SEM I2SJOSHER8. | SS... ser lasse m Brot 30prozentiger Ausmahlung | 385 0-35 1-43 0-37 384 Brot 65prozentiger Ausmahlung | 369 1.6: 6-68 1-81 362 Brot 75prozentiger Ausmahlung | 362 1-48 6:07 0-67 356 Kartotfel wa ee 00 5.54 22-71 6-30 337 Aptel ut. are re 750 6-16 25.25 6-99 336 Vollkornes we ae ISSN 356 2.54 10-41 2.92 346 Vollkorn(Groyieo)as 344 4.64 19-02 5-55 325 Kohlruben 1.0 lau en 315 18-33 75-15 23-85 240° Mohrrübene me See 307 25-00 102.50 23:38 205 Brd'beeren# nr ee ee: 257 14-50 59-40 23-13 198 Wirsing DR ala EL 26-50 108.60 50-75 105 Es zeigt sich, daß die einzelnen Gruppen — Zerealien, Obst, Gemüse — einen ganz verschiedenen Nutzeifekt, d.h. eine ganz ver- schiedene Zahl von Kalorien, aufweisen. Die Breotsorten schwankten von 385 bis 344 Kalorien, eigentlich nicht erheblich, wenn man dagegen be- trachtet, welche niedrisen Werte die übrigen Nahrungsmittel zeigen. Brot hat direkt 4-27 bis 4-13 Kalorien pro Gramm, Äpfel 4-09, Koklrüben 4-08, Mohrrüben 3-61, Erdbseren 3-79, Wirsing 3-53 Kalorien. Die wirklich nutzbaren Werte sinken aber zum Teil enorm bis 214 Kalorien bei Wirsing. Ich gebe zur weiteren Erklärung nachfolgendes: Die einzelnen Nahrungsmittel sind sich physiologisch tie gleich- “ wertig, weil sie Nahrungsstoffe ganz verschiedener Qualität besitzen. Stab 3 zeigt, wieviel in jedem der aufgeführten Nakrungsmittel an ver- dauten Zellmembranen mit eingeschlossen ist. Alle Brotsorten ent- halten recht wenig, wenn man sie vergleicht mit dem, was die Gemüse im Durchschnitt für den Körper zuführen. Beim Wirsing — und ähnlich werden sich Salat, Spinat, Grünkohl und die anderen Kohlarten verhalten — sind von den verdauten ‚Stoffen nieht weniger als 26 Prozent Zellmembran. Eben ein Nahrungsstoff, der nicht vollwertig ist und vielleicht auch Kohlehydrate nieht einmal im ganzen Umfang ersetzen kann. _ Wenn ich für die Zellmembran die Kalorienwerte (4-1 Kalorien, was als Durchschnitt zu niedrig ist) von dem sonstigen Nutzeffekt abziehe, so erhalte ich, was die einzelnen Nahrungsmittel bedeuten, wenn nur die vollwertigen Nahrungsstoffe in Betracht gezogen waren. Wir sehen, wie rasch die Werte bei den Kohlrüben in dem Stab 6 der Tabelle fallen. Von dem Wirsing bleibt fast nur ein Viertel Nährwert von dem eines ! 4-1 Kalorien angenommen, was dem niedrigst möglichen Wert entspricht. u EN IE u a re rt ee A He 2 a TE TEE re © en een "TIER TIE RUE, DiE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 115% Brotes. Wer uns grünes Gemüse für Brot in gleichen Gewiehtsmengen gibt, nimmt uns etwa drei Viertel der vollen Nahrung weg. Wer statt Kartoffeln Kohlrüben für gleichwertig hält, kürzt die Nahrung auf sieben Zehntel. Wir sehen, wie leicht man sich über Vorzüge und Nachteile einer Nahrung bai der gewählten Darstellungsweise verständigen kann, ohne aber damit den ganzen Inhalt der Bedeutung eines Nahrungsmittels in hysienischer und physiologischer Richtung zu erschöpfen. Was die hier behandelten Nahrungsmittel als Eiweißträger bedeuten, soll an einer anderen Stelle eingehend besprochen werden. Grenze der Aufnahmefähigkeit. XV1. Unserer Ernährung durch Vegetabilien werden durch die anatomischen _ und physiologischen Verhältnisse des Magens ohne weiteres bestimmte Grenzen gesetzt, die Volumen der verzehrten Speisen steigen leicht so sehr, daß eine weitere Aufnahme zur Unmöglichkeit wird. Was die Ernäkrung mit Brot anlangt, so waren die Versuchspersonen mit 1100 bis 1200 g - frischer Substanz auf 3000 Kalorien für den Tag an der Grenze dessen angekommen, was sie an Nahrung gerne aufnehmen und haben allerdings solche Experimente auch durch Wochen hindurch ausgeführt unter Zugabe - kleiner Mengen von Zucker oder Fett, ohne welche die Energiezufuhr nicht ganz genügend gewesen wäre. Eine volle Ernährung mit ausschließlich Brot haben also diese normalen und gesunden Leute ohne schwere Arbeit - nicht erzielt. Mit Gemüsen und Obst waren die gleichen Erfahrungen gemacht worden, die ich schon bei meinen ersten Ausnützungsversuchen zu machen Gelegenheit hatte. Die Durchführung langer Reihen war überhaupt un- - möslich, da die Gerichte Abgegessensein hervorriefen, und die eigentliche Nahrungsmenge war gering, obschon das verzehrte Volumen manchmal sehr bedeutend war. In einem Versuch des Jahres 1878 brachte es ein Vegetarier auf täglich 38518 frischen Wirsing und auf 2566 & frische gelbe Rüben, die Soldaten verzehrten im Jahre 1916 3800 & gelbe Rüben, 2500 & Wirsing, 1700 & Kohlrüben, 2200 & Äpfel, ein Arzt 2400 & Erdbeeren für den Tag. Es entsprachen die gelben Rüben . . . 1278 Roh-Kalorien der Warner. 544 n dies Kohlrüben .... .. . 716 Sa die Erdbeeren . .. . 883 &% ‚diesAptels ns... 1560 S 132 MıAx RUBNER: Sie sind also trotz aller Sättigung und Übersättigung in keinem Falle in der Lage gewesen, auch nur annähernd ihren Energiebedarf zu decken, vom Eiweißbedarf nicht zu reden. Das Gefühl der Sättigung wird zuerst durch die Fülle des Magens erzeugt; an den späteren Tagen sinkt die Nahrung durch das Abgegessen- sein. Niemals ist der Begriff Sättigung in üblerer Weise angewendet worden wie in den letzten Jahren. Man hat zwei wesentliche Erscheinungen der Sättigung zu unter- scheiden; das Allgemeingefühl der Befriedigung des Hungers, die Deekung des Nahrungsbedarfes und ferner die mit dem Magen zusammenhängenden Gefühle. Der normale Vorgang soll so viel Nahrung zuführen, dab ein Nahrungsgleichgewicht entsteht oder der Nahrungsbedarf der Zellen ge- deckt wird. Er erfüllt dann zwei Aufgaben: das Körpergleichgewicht bei Erhaltung des stofflichen Bestandes und die Erhöhung des Bestandes nach schweren Krankheiten und Abmagerung. Fehlt es an einem wesentlichen Körper, der zur Ernährung notwendig ist, so drückt sich das in einem unbestimmten allgemeinen Gefühl nach Nahrung aus oder nach Wechsel der Nahrung. Die Wirkung ist bekannt. Der Erwachsene bleibt jahr- zehntelang auf seinem Gewicht, der Herabgekommene setzt an, der jugendliche Organismus wächst. Daneben bestehen die Eigenschaften der Nahrungsmittel als dem Appetit angemessen: das äußere Ansehen, der Geruch, der Geschmack; nur das allgemein Zusagende, oft auch nur Gewöhnte wird aufgenommen. , Hier spielt nicht ein einfacher Reflex eine Rolle, sondern Assoziationen, die mit unserer Erziehung, den nationalen Gewohnheiten zusammen- hängen. | Weiterhin kommt in Frage das Verhalten des Magens. Jede starke Ausdehnung des Magens setzt den Appetit herab, auch wenn das physio- logische Bedürfnis der Nahrungszufuhr nicht gedeekt ist. Je länger der Magen in diesem Zustande der Überfüllung beharrt, um so länger dauert auch eine solche „sättigende‘ Wirkung, die im wahren Sinne des Wortes gar keine ist. Alle Eigenschaften einer Ernährung, die sich nur auf solche Erregung appetitmindernder Wirkung basieren, sind nieht Vor- teile, sondern Nachteile und schädigen auf die Dauer, denn der körper- liche Verfall kommt trotzdem in dem Allgemeinbefinden zum Ausdruck. In diese Gruppe der den. normalen Verlauf störenden Empfindungen’ gehört alles das, was ich eben von den Gemüsen und dem Obst als alleinige Nahrungsquellen gesagt habe. Sie lassen die Magenfülle sich nicht mindern, und trotzdem hat der Mensch dabei das Verlangen nach anderer Kost, nach anderer Nahrung. Seltener kommt eine „falsche“ Sättigung Ze fi I IP Ah DiE VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. 133 durch die Trockenheit der Kost zustande, d.h. meist dadurch, daß die Kauwerkzeuge ermüden, ehe so viel Nahrung aufgenommen ist, als die ‚Mahlzeit bringen soll. Dies ist z. B. bei altem ausgetrockneten Brote der Fall. Man kann ja leicht eine Entfettungskur durchführen, wenn man bei möglichster Beschränkung der Wasserzufuhr nur trockenes Brot ge- nießen läßt. Eine gesunde, zweckmäßige Kost muß die Eigenschaften besitzen, ‚daß sie auf die Dauer die Einführung einer Nahrung erlaubt, welche den Bestand erhält oder ihn verbessert. Die Gefahr, durch Wohlgeschmack eine übermäßige Menge in den Körper einzuführen, welche dann. als Luxuszufuhr einfach verbrannt würde, gibt e$ nicht. In meinen Ver- suchen sind zwar schon sehr voluminöse Nahrungsmittel aufgenommen, aber keineswegs die Extreme erreicht worden, die man während der Ernährung im Kriege in Volksküchen und geschlossenen Anstalten kat beobachten können, wo man vielfach von den breiartigen Darreichungen einfach zur ‚‚Vermehrung der Nahrung‘ zu den suppenartigen Verdünungen übergegangen ist. Welche Erfahrungen dabei erzielt wurden, kann man sich ja leicht vorstellen. Charakteristisch für Obst und Gemüse, ja selbst noch für die Kartoffel ist ihr hoher natürlicher Wassergehalt, der meist durch die Zubereitung — auch von Suppen abgesehen — noch erhöht, unter normalen Verhält- nissen aber bei Gemüse durch die Zugabe von Mehl und Fett, bei ge- kochtem Obst durch Zucker vollständig behoben wird. Fehlen diese zweckmäßigen Korrekturmöglichkeiten, so nimmt die 'Wässerizkeit unserer Kost wie jetzt außerordentlich zu. Dabei kommt es weniger auf die natürliche Verteilung zwischen den Nährwerten und dem Wasser in dem Rohmaterial an als auf die praktisch beobachteten Zubereitungsweisen. In den suppenartigen Zubereitungen eing man viel- fach so weit, dab auf 1 Kalorie Nährwert 52 Wasser trafen, in breiigen Zubereitungen kann man auf 1 Kalorie 0-8 bis 12 Wasser, in Gemüse 1 bis 5 Wasser rechnen. In den frischen Kartoffeln entspricht 1 Kalorie Nutzwert etwa 0-85 Teilen Wasser, in den Kohlrüben 1 Kalorie 2-18 Teilen Wasser, im Wirsing 1 Kalorie 5 Teilen Wasser, im Brot etwa 1 Kalorie 0-16 Teile Wasser. Die Beispiele genügen, um die enorme Verwässerung der Nahrung beim Übergang von der durchschnittlichen Kost zur Kartoffel- und Gemüsekost, ferner bei Ersatz von Brot durch Kartoffel, von Kartoffel durch Kohlrüben usw. begreiflich zu machen. Die Polyurie und manche andere hierher gehörige Erscheinung wird begreiflich. Verwässerung der Speisen und konzentrierte Kost mit reichlich Wassertrinken sind dabei aber nicht identisch. 154 Max RuBNER: Die VERDAULICHKEIT DER VEGETABILIEN. In der praktischen Ernährung ist es nicht zulässig, jede beliebige. Pflanzenkombination als menschliche Nahrung zu bezeichnen und vom grünen Tisch aus ein Nahrungsmittel durch Erlaß für ein anderes zu bieten, vielmehr bestehen auch für gesundheitlich zweckmäßige Kombinationen, wenn auch nicht überall, ‚Gesetze‘, wohl aber Regeln der Erfahrung, die noch zum Teil nicht näher wissenschaftlich beleuchtet wurden, weil die Praxis des Lebens dazu keine Veranlassung bot und die traditionellen diätetischen Regeln für Zweckmäßigkeit des Gebrauches zu sorgen pilegen. Wie es eine Zweckmäßigkeit der Wahl im Gebrauch zwischen Animalien und Vegetabilien gibt, so ist auch in der Benützung der letzteren Zweck- - mäßiges und Unzweckmäßiges zu scheiden. Diese Untersuckungen sollten hierfür eine weitere Erkenntnis schafien. Über die Verdaulichkeit von Nahrungsgemischen. Von Geheimrat Max Rubner. Systematische Versuche über die Verdaulichkeit von Nahrungsmitteln in Gemischen sind meines Wissens bis jetzt mit dem Ziele, die Wirkung auf die Verdaulichkeit der Komponenten einer solchen Kost festzustellen, nicht ausgeführt worden. Die Bedeutung. djeser Frage habe ich schon 1916 in dieser Zeitschrift S.67 hervorgehoben und Versuche darüber in Aussicht gestellt, die in nachstehendem zusammen mit den sonstigen Erfahrungen über Nahrungs- semische mitgeteilt werden sollen. Das Verhalten der Verdaulichkeit von Gemischen ist, von größter praktischer Bedeutung, weil man nicht dauernd - von einem Nahrungsmittel lebt, sondern eben von einem Gemenge der- selben. Die Verdaulichkeit aller möglichen Gemische zu prüfen, daran’ wird man wohl nicht denken können, wenn auch anzunehmen ist, daß im Laufe der Zeit immer mehr und mehr Beobachtungen zusammen- getragen werden dürften, die eine solche Lücke in unserer Erkenntnis all- mählich schließen helfen. ! Man wird vorläufig auf den Ausweg kommen, durch experimentelle ‚Prüfung wenigstens die Grundsätze festzustellen, wie Gemenge von Nahrungsmitteln sich in der Ausnützung verhalten. Den Vorgang der Ausnützung hat man zumeist nur als Lösung ‘oder Niehtlösung der Nahrung im Darm aufgefaßt. Die Konsequenz dieser Anschauung war die Aufteilung des Kotes in unverdaute Eiweiß-, Fett- und Kohlehydrat- anteile; so erhielt man für jeden Bestandteil eine bestimmte Verdaulichkeits- sröße. Für jedes Nahrungsmittel wurde nach dieser Anschauung die Verdaulichkeit bestimmt und errechnet. Die Verdaulichkeit eines Ge- misches ist also einfach die Summe der Verdaulichkeit der Komponenten. Nach diesem System hat zuerst König die Verdaulichkeit der verschiedenen Nahrungsmittel nach den von mir und von anderer Seite bestimmten Ausnützungswerten berechnet. Diese Zahlen bilden heutzutage die Grund- 1308 Max RUBNER: lage für den größten Teil aller Nährstoffberechnungen in den diätetischen Handbüchern und sonstigen Berechnungen der Kostsätze. Ich selbst habe mich dieser Betrachtungsweise nicht angeschlossen, vielmehr waren in meinen Betrachtungen von Kostsätzen u. dgl. nur die Nährstoffwerte im ganzen angegeben mit einer „„Durchschnittskorrektur“ für den Abfall und den Verlust mit dem Kote.! Die bisher eingeführte Berechnung der Verdaulichkeit entbehrt der experimentellen Grundlage; ehe diese nicht geschaffen ist, haben die errechneten Zablen keine Zuverlässigkeit. Eine Voraussetzung ist ohne weiteres unzulässig, nämlich die Aufrechnung. des Kotes als einfachen Nahrungsmittelrest, bestehend aus Eiweiß, Fett und Kohlehydraten; sie wäre nur dann zulässig, wenn wenigstens die überwiegende Masse des Kotes aus Nahrungsresten bestände. Dies ist aber nicht der Fall. Neben den Resten der Nahrung finden sich Stoffwechselprodukte. Ihre Menge kann auch bei Vegetabilien bis zu zwei Dritteln der ganzen Kotmasse betragen, bei Animalien nahezu ausschließlich den Kot bilden. Auf diese Seite des Problems will ich an dieser Stelle nicht- weiter eingehen, hier interessiert nur die Voraussetzung der Berechnung, wie sie König angestellt hat, als eines additiven Vorganges, d.h. die Frage, ob sich zwei Nahrungsmittel, nebeneinander verfüttert, genau so verhalten, als wenn sie getrennt verfüttert werden. Außer dieser Möglichkeit gibt es aber doch noch manche andere. Die zweite Möglichkeit, welche man für die Wirkung einer Kom- bination offen lassen muß, ist die, daß ein Nahrungsmittel für sich schon so viel Verdauungssäfte zur Sekretion bringt, daß ganz gut noch nebenbei ein anderes Nahrungsmittel zum Teil oder ganz „mitverdaut‘‘ werden kann. Die dritte Möglichkeit endlich könnte darin liegen, daß zwei Nahrungsmittel zusammen stärker auf die Sekretion wirken, als man. nach ihren Einzeleigenschaften erwarten sollte, wobei offen bleibt, ob etwa bei der Zubereitung von Gemischen schon Umsetzungen entstehen, oder erst im Darm sich solche Wirkungen äußern. Auf die große Bedeutung des spezifischen Reizes verschiedener Nahrungsmittel auf den Darm für die Kotbildung habe ich bereits früher 8. 121 hingewiesen und zahlenmäßige Belege gegeben. Es ist also nötig, wenigstens an einigen wichtigen Nahrungsmitteln nachzuprüfen, ob die für jedes derselben ermittelte Verdaulichkeit auch für die Kombination noch Geltung besitzt. Zu den Versuchen diente ein neuer Hund (Lotte), da inzwischen das bisher gebrauchte Versuchstier 1 Zeitschr. f. Biol. XXT. S. 386. Dr ZART IT die 5 he re Sr rn De Da Zn Dale a u ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. al durch einen unbekannten Umstand plötzlich zu Verlust gegangen war. Der Hund war ziemlich abgemagert, wog 16 Kilo und hatte bei 15° und Ruhe ein Nahrungsbedürfnis von rund 800 bis 900 Kalorien, das bei der ‘Fütterung annähernd eingehalten wurde. Drei Hauptnahrungsmittel wurden für den Versuch zuerst ausgewählt: ‚Fleisch, Brot und Kartoffeln und aus diesen auch verschiedene Kom- binationen gebildet, welche nach Maßgabe der Verdaulichkeit der Haupt- nahrungsmittel mit dem wirklichen Ergebnis der Experimente zu ver- gleichen sein werden. Als Fleisch konnte nur Pferdefleisch. verwendet, Fett als Zugabe konnte nie gegeben werden. Die Experimente mußten sich eben den Kriegsnotwendigkeiten anpassen. Die Resultate mit einfachen Nahrungs- mitteln sollen zuerst behandelt werden. Der Hund wurde im Stoffwechsel- _ käfig gehalten, der Harn durch Katheterisierung erhalten; auf den N- Umsatz wird in dieser Arbeit nur ausnahmsweise einzugehen sein. A. Die Nahrungsmittel. I. Ausnützung des Fleisches. Der Hund erhielt eine Woche lang täglich 9008 fein gehacktes Pierdefleisch, was seinen Bedarf etwa deekte, wenn man die spezifisch- ‚dynamische Wirkung dieses Nahrungsmittels bedenkt. Die Angaben ent- ‚hält die nachfolgende Tabelle: Versuch mit Pferdefleisch am Hunt (7 Tage). In 100 Teilen In 900 g frisch = 205-6 g trocken trocken Asches..e. 28: 008 4-29 8-82 Orzanisch.: ........0. 95-71 196-78 SI a ee Ve 13-74 28-24 Bentosane 0: 2, 1.% 0-40 0-82 Kalorien > 3... .. 539-0 1108-2 Kot. In 100 Teilen _ In 7-2 g trocken trocken (pro Tag; Ascher en 31-16 ° 2-30 Organisch . . . ... 68-84 _ 4:95 IN er uen: 5-87 0-42 ee 10-35 0-89 Pentosan_ .. 2. ...... 1.22 0-09 Kalorien. a... 425-4 30:5 A Der Versuch verlief tadellos. Das Tier setzte sich in den letzten Tagen der Fütterung ins N-Gleichgewicht. Der Verlust an N im Kot 138 - : MıAx RuUBNER: betrug nur 1-49 Prozent der Zufuhr, an Kalorien wurden 2-74 Prozent der Einfuhr verloren. Wenn man von der Aufnahme an Kalorien auch den Verlust abziehr, der durch- die Ausscheidung des Harnes entsteht (ig N = 7-45 Kalorien), so erhält man das, was ich den physiologischen Nutzeffekt genannt habe. Für diesen habe ich schon früher mehrere Angaben nach Versuchen mit Fleischfütterung am Hund gemacht, welche nachstehend angeführt werden, um zu zeigen, daß der Versuchshund ein normales Verhalten zeigt. Ich habe früher als Nutzeffekt gefunden: | VL a 75-72 Prozent DE N a0 Io Du So za Tresel) u... Neue Reihe 1917? tollen 0; Wie man sieht, stimmen die Ergebnisse an verschiedenen Tieren sehr gut ” überein. Von den Resultaten mag noch die weitgehende Resorption der äußerst geringen Mengen von Pentosen aus dem Pferdefleisch erwähnt ” sein: im Kot fanden sich noch 1-2 g Pentosan, der Verlust an Pentosan war annäbernd 10-9 Prozent; der Darm wird durch Fleischfütterung fast pentosanfrei. Die N-Ausscheidung im Kote war sehr günstig, da man zz auch bis 2 Prozent Verlust häufig sehen kann. i Die Vorgänge der Kotbildung bei Fleisch- oder Eiweißgaben be- anspruchen noch eine kurze, aber allgemein wichtige Betrachtung. Es ist kaum mehr fraglich, daß wir in der Kotbildung bei Eiweißzufuhr über- wiegend nicht das zu sehen haben, was man für gewöhnlich die Aus nützung nennt, sondern einen Stoffwechselvorgang, insofern als dabei ? nicht die Reste der Verdauungssäfte oder wenigstens sicker nicht diese allein den Rückstand im Darm liefern, sondern auch jene Teile, welche im Abbau des Eiweißes z. B. die Gallenstufe u. dgl. durchlaufen, in Betracht kommen. Daher rührt es auch, daß diese als „„Kot“ gedeuteten ” Darmausscheidungen nicht sowokl von der Zufuhr als von dem Umsatz an Eiweiß abhängig sind, also von einem Prozeß der Eiweibzerstörung 4 und n’ekt allein der Eiweißresorption. Das unbestrittenste Beispiel hierfür ist der Hungerkot, de sen Menge unter Umständen, wie ich gegen Ende der Lebenszeit bei hungernden Tieren beobachtet habe, gewaltig zunehmen ° kann. Wir dürfen, glaube ich, diesen Gesichtspunkt für die ‚Analyse der Ausnützung nicht vernachlässigen. Nach dieser meiner. Auffassung würde also das, was man den Stoffwechselanteil des Kotes nennen muß, 1 Zeitschr. f. Biol. XXI. 8. 319. 2 Gesetze des Energieverbrauches. S. 31. 3 Pferdefleisch, die anderen Versuche waren mit Rindfleisch ausgeführt. ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 139 doppelter Herkunft sein, d.h. einerseits mit dem Eiweißumsatz und andererseits mit den Ausscheidungen der Verdauungsdrüsen, also dem Verdauungsvorgang im engeren Sinne, zusammenhängen. Bei den ani- malischen Nahrungsmitteln wird im allgemeinen der erste Teil überwiegen, bei den Vegetabilien zurücktreten, während im letzteren Falle die eigent- liche Darmtätigkeit und unverdauliche Reste mehr in dem Vordergrund stehen. Aus dem Fleischversuch läßt sich berechnen, daß auf 1& N-Umsatz 0.174 organische Kotsubstanz = 1:08 Kalorien und 0-015g N in den Ausscheidungen auftreten. II. Ausnützung des Brotes (Roggen-Kriegsbrot). Die Versuchsreihe dauerte 5 Tage. Die Kotmenge war natürlich erheb- lich: gegenüber dem Fleischversuch gesteigert: auf fast das Fünffache. Pro Tag erhielt das Tier 380 & frisches Brot mit etwas Wasser. Die Nahrung reichte der Kalorienmenge nach, aber nicht für die Deckung des Eiweißes. Die Ausscheidungen waren ziemlich trocken (27:9 Prozent Trockensubstanz), während man sonst leicht etwas dünneren Stuhl bei Brotfütterung findet. Das Brot entsprach in seiner Zusammensetzung annähernd dem früher (August 1917) für die Versuche am Menschen verwendeten Kriegsbrot. Es bringt eine reichliche Menge von Zellmembran, kann aber nicht ganz als Vollkornbrot gelten. Der 'Kot war sehr reich an Zellmembran. Fast 40 Prozent der Trockensubstanz bestand aus solchem. Die Einnahmen und Ausgaben sind in folgender Tabelle zusammengestellt. Kriegsbrotversuch am Hund. In 380 g Brot In 100 Teilen” prigch — 229.7 0 Brot trocken (pro Tag) Asche . . 2:72 6-28 ‚Organisch 97:28 223-42 Ne 1.691 3:88 Pentosan 9-77 22-44 Zellmembran . 6-86 15-76 Darin Zellulose . 2-4] 5-54 Darin Pentosan 2-48 5-5 Rest 1-97 4.67 Fett Er. 0-60 1-38 Starkesa nz 7; 71:12 116: 35 Kalorien. . 4223-1 969-56 1 — 10-56 Prozent Protein 140 Asche . Organisch Nee Pentosan Zellmembran . Darin Zellulose . Darin Pentosan Rest Fett Stärke Kalorien . Max RuUBNER: 14:89 85-11 2:62 20:99 39:68 16-94 15:40 7:34 2-37 13-12 413-5 Die Verluste waren prozentual ausgedrückt: Beim Hund In 100 Teilen Kot In 28-18 Kot ß 4-1 23-92 0.74 5:90 11-14 4:76 4-42 2-06 0-66 3:69 116: 19 Beim Menschen Für die organische Substanz 10-70 — „ die Kalorien . 11-98 11-85 „ den N 19-08 26-50 » Pentosan 26-29 20-07 ‚ Zellmembran 73-22 59-36 ‚„„ Zellulose RE 85:09 49-24 ‚ Pentosan der Zellmembran 79-96 54-50 „ Restsubstanz 44-11 82-12 „ Stärke 3-17 1-05 Der Darm wird, wie man sieht, mit Pentosanen geradezu über- schwemmt im Verhältnis zur Fleischkost. Die Verdaulichkeit der Zellmembran ist relativ gering, die der Zellu- lose am geringsten, eine sehr häufige Erscheinung; auch jene der Stärke ist nicht ganz befriedigend. Für sich alleinstekend, bieten die Resultate kein abschließendes Bild, ich habe deshalb zum Vergleich die Ausnützung des Brotes beim Menschen (Mittel aus zwei Reihen) angefügt. Das Brot ist für den Hund im Verhältnis zum Fleisch ein schwer resorbierbares Nahrungsmittel, aber der Hund verdaut das Brot im ganzen so gut wie der Mensch (11-98 Prozent Verlust der Kalorien beim Hunde, 11-85 Prozent beim Menschen). -In den Einzelheiten sind einige Unterschiede, von denen ich nicht sagen kann, ob sie genereller oder mehr individueller Natur sind. Ungünstig ist die Ausnützung der Stärke beim Hund, besser die des N. Untersucht man weiter, wieviel von den Produkten des Kotes auf Unresorbiertes und wieviel auf Stoffwechselprodukte trifft, so findet man für die Kalorien: . & Verlust an Kalorien pro Tag = ni ©: See ee Be D r - © = = >) men 9% =3 8. 98|_ 24% Bv) SW- 2 =) ao 205 Beemese = 9 = Es S Ss 2on | 523 82.208 Alm9.29 :S —_ - = [= „a Bei. =S) oO u om Ms 38 ; Seele. 22.285 a © © id?) men Ra — ERS ao n> N jan S Mn S Ss vn on | =“ NM e:2 S 15.12 19-0 | 6-15 70-28 116.19 45:91 | 969-6 | 4.74 l ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 141 Von 100 Kalorien des Kotes treffen also 39-51 Prozent auf Stoff- wechselprodukte, beim Menschen hatte ich 37-64 Prozent bei derselben Brotart gefunden, das wäre also kaum ein Unterschied. Für die N-Ausscheidung, in der analogen Betrachtung, findet sich: In der Zellmembran N 7 - S & | So 20 = Fee - =) {ab} ® IE Ee: ee ED @) n SH =| S N ea Er Ne 2 la, |erlser een = na, A 3 z S S 3 [eBE=" Sr A = 7.50 | 28.1 | 1:76 | 0-281 0.74 0-46 3-88 7.24 37.97 Von 100 Teilen N im Kot sind 37-97 Teile Stoffwechsel-N; beim _ Menschen war dieser N-Anteil größer (52-8 Prozent), was vielleicht mit der besseren Verdaulichkeit des Proteins beim Hunde zusammentrifft. Der eigentliche Proteinverlust (7-24 Prozent) ist sehr gering. III. Die Ausnützung der Kartoffel. Als drittes Hauptnahrungsmittel verwendete ich die Kartoifel. Es war ein geeigneter Vorrat, von dem das Material zu den folgenden Ver- suchen stammt, beschafit worden. Zu den Versuchen gab ich so viel, als zur Erhaltung des Tieres notwendig. war (900. &).. Bei der Wieder- holung des Experimentes versagte der Darm des Hundes, die Verluste waren 2-66 0-61 Pentosan EL 3:33 0:76 Zellmembran 2 re ne 15-79 3:60 Darin. Zellulosesı. 2 se 7:60 1:73 Darin. Bentosan na ee 1-28 0-29 Rest : 6-81 1:56 Fett 2-50 0-57 Stärke 10:70 2-43 Kalorien . 400-8 91-4 zerrieben. Die Hartatteln halten fast ebensoviel Zellmembran wie das gefütterte Krieesbrot. Die Ausscheidungen waren feuchter wie jene nach "Brotfütterung. Sie enthielten viel weniger Zellmembran wie nach Brot- nahrung. Das Weitere ist aus den vorstehenden Analysen zu ersehen. In einem Kontrollversuch mit 600g frischen Kartoffeln wurde gefunden: Versuch I. In 600g Kartoffel = 172-5 & Trockensubstanz Asche . ; 7:33 Organisch 165.17 ANDEREN 2-17 Pentosan 6:24 Zellmembran . 10:38 Darin Zellulose . 4-82 Darin Pentosan 1-22 Rest 4.34 Fett — Stärke ee een 135: 80 Kalorien sts ee 683- 30 : In 100 Teilen Kot In 19: 7g pro Tag Asche . i 19-30 3:80 Organisch . 80-70 15:90 NE ' 3:25 0-58 es 3:98 0:78 Zellmembran . 23-68 4-55 Darin Zellulose . 12-45 2-45 Darin Pentosan 1-98 0-39 Rest 9.25 1-71 Fett 2-28 0-44 Stärke 16-14 3:18 Kalorien . 391:10 77:00 Die Resultate waren folgende: Verlust in Prozenten Kartoffel 900g Kartoffel 6008 Mittel Organische Substanz 8-97 9.62 9.29 Kalorien . 9-94 11-27 10-60 INNE et 20-47 26-72 23-59 Pentosan ans nee 9-01 12-50 10-75 Zellmembran . . 25-67 43-83 34:75 Darin Zellulose. . ..». . 2... 26-65 50:83 38-74 Darın? Pentosanse ra 17-57 31.97 24-77 Rest 26-53 39-40 32-96 Stärke 1-43 2: 34 1-88 (4 ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 143 Die beiden Versuche schwanken in ihren Ergebnissen. Bei der kleinen Kartoffelmenge war relativ etwas mehr Kot erschienen als bei der größeren. Den Haupteinfluß übt dabei die etwas wechselnde Verdauung der Zellmembran, die sogar bei geringer Nahrungsaufnahme etwas un- eünstiger war als bei der größeren Kartoffelmenge, und die Stärke- verdauung aus. In keinem Fall war die Verdaulichkeit der Kartoffel beim Hunde so gut und weitgehend wie beim Menschen, ob- schon anerkannt werden muß, daß die Verdaulichkeit der Zellmembran für den Hund wenigstens bei 900 & Kartofielzufuhr sehr günstig genannt werden darf. 10 bis 11 Prozent Kalorienverlust im ganzen ist ein Resultat wie jenes mit Kriegsbrot. Die beiden Versuche zeigen wieder das häufige Schwanken in der _ Resorption der Zellmembran, das mir beim Hund so oft aufgefallen ist, ohne daß man in den Versuchsbedingungen einen Grund hierfür zu finden wüßte. Man hätte eher noch bei dem ersten Versuch mit 900 & Kartoffeln ein Versagen der Resorption der Zellmembran zu finden erwarten können. Jedenfalls gehört für mittlere und größere Kartolfelmengen die Zell- membran der Kartoffel für den Hund zwar zu den leichter verdaulichen, während der Mensch sie aber noch weit vollkommener auflöst. Bei dem oben erwähnten Versuch mit 9008 Kartoffeln, der an- scheinend eine Störung der Verdauung ergab, hat die Analyse heraus- finden lassen, was die Ursache gewesen ist: es kann sich nur um einige Kartoffeln gehandelt haben, die bei dem Dämpfen nicht vollkommen gar seworden waren. Da dieser Versuch Interesse für die Resorption der Zellmembran bietet, so seien die Resultate noch angefüst. Hund. — Versuch II. In 900 Kartoffel Aselae. Se BON RT N Ser 29-88 Orsanısche Substanz? . 2.2.2 e.,. .. 223-00 N N 2-98 IPENOSaTN ET Re a 8:43 Zellmemibranse eier, 14-02 Darin Zellulese.. . ER ER DR ar 6-49 DanrnePentosame rn a. ne... 1:40 Rest ET NIERE 3 5-88 I a ae en rang 0:35 Diarkerer ee 183-30 Rare ee 922-80 In 100 Teilen In 41-6 Kot Trockensubstanz INSCHEN A N RE N ve 7:59 3:16 OrBanıschn. Te een: 92-41 38-44 N a Eee re 1-96 0-81 DeEntosan- Tara enerar 3:76 1:56 144 Max RUBNER: In 100 Teilen In 41-68 Kot Trockensubstanz Zellmembranaut. ler „unse Emm 9-95 4-15 Darınt Zellulose: x: „nr a ar 4-76 1-88 DarınaPentosann. A 0-42 0-17 REST I: FERN RR Sr ee 4-77 2-10 Bett Se RS — — Stärke” tl I oe en 27:16 11-30 Kalorientar Mae BEN SE, 405-90 168-806 Hieraus ergibt sich also als Verlust für Kalorien . ee 18-29 Prozent IN ae a ER zZeSS u Bentosammnn en Bert = Zellmembran . . . 2... 2..229-.60 55 Darınzzeilluleser mr a Darin Pentosan . . ...... 10-62 Ds Res ae ae heul) 1 Stärke. .... A N N IE Die Ausnützung war sehr vermindert, aber die Zellmembran beteiligte sich nicht an dem großen Verlust, sondern hauptsächlich die Stärke. Am deutlichsten wird dies, wenn man die absoluten Werte der Verluste im Kot in den beiden Versuchen mit 900 & Kartoffel vergleicht: | Zell- Pentosan Vers. | Asche Organ. N Pen- | nem- | Zellu-| 4, Zeil- | Rest-| Stärke | Kal. | tosan lose , bran | membr. T. | 2-80 | 20-0 0.61 0-76 032.60 lee 0.29 1:56 2.43 91-4 II. | 3.16 | 38.44 | 0-81 | 1-56 | 4.15 | 1:88 0:17 2:10 | 11-30 | 168-8 | 18-44 | 0-21 | 0-80 | 0-55 | 0-15 | — 0-64 | 10-87 | 17 Ausschlaggebend ist in erster Linie die Vermehrung des Stärkeverlustes in Versuch II. Man kann also selbst die Menge der Zellmembran erheblich ver- mehren, ohne die Auflösbarkeit derselben zu benachteiligen; das geht aus "folgendem Versuch mit Kartoffelschalen hervor. Die Kartoffelschalen, ob- wohl schon etwas ausgewaschen, enthalten noch reichlich Stärke. Kartoffel- abfälle sind in der heutigen Zeit ein gutes Hundefutter. Be} j In 100 Teilen In 66-4 g . Kartoffelschale pro Tag 5 Ascher. Pa Ren a alle 5-59 3-71 3 Orsanmisch mn, SO 94.41 62-69 3 NN RT Aber ee RER Eee 1-65! 1-09. i Bentosanı.....: Do en See 6:35. 4-22 ni Zellmembran. „Eat 36-46 24-21 { DarınnZzellulosesis.tas: Auer 19-52 12-96 E; Darına Bentosang, 2 a 3:99 2-62 RESET ee SER We Er 12-95 8-63 Bett REN ar 1-65 1-09 StArkei rn N RE en ee (43- 64) (28-96) Kalorien... ala 2 en ter a Fe 468-209 310: 30 1 = 10-31 Ro!protein. vi Dr Ai ÜBER DIE VERDAULICHREIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 145 E72 In 100 Teilen In 34-6 g Kot trockenem Kot INScher Sr. li. ra ul. 22-69 7:85 Orsanısche ) em a: 77-31 26-75 IN A a 3:68 1:28 Bentosane gr ee el 4-48 1:55 Zellmemibran.. erw as. ka, 31:00 10:72 Darıne Zellulose mi. sl... \ 17-71 6-13 Darm Bentosanz 2 2.22. 2... See 2-64 0-90 Bestsubstanze se N. 10-65 3-71 Tree ae Maar EU a rn se 3:39 1-17 IKalomeneates te ER LA 460: 00 155.10 Die Zusammensetzung ergibt sich aus obiger Tabelle, Für die reinen Schalen (Zellmembran) berechnet sich für 100 Teile: Meine früheren Obige Analysen Präparate Mellulosen se ee er, 51-87 93-53 Penbosam! 2 Er SR 2: 8-55 10.94 Rest." a oa rn a a ER 39:58 35:58 Zu 900 Fleisch erhielt der Hund 70 g lufttrockene Schalen = 66-4 g Trockensubstanz. Die Schalen waren nicht ohne Einfluß auf die N-Aus- scheidung, denn es kam mehr N im Kot, als in den Schalen enthalten war (1-28 gegen 1:09); zieht man aber 0-42 © N von der N-Ausscheidung als dem Fleischkot zugehörig ab = 0-86,.so sieht man, daß doch eine gewisse Resorption von N eingetreten ist. Es ging zu Verlust: Bentosan 2 2.02 2.0, 2 208 2136-73: Prozent Zellmembranme 44-52 5 Zellulose der Zellmembran . . . . 47:30 5 Pentosan der Zellmembran . ... 34:48 RE Ivestsulbstanz en 42-99 > IXalorienm. a ne 36-93 2 Für die Kalorienberechnung kann man von der Gesamtausscheidung — 155-1 Kalorien die Kotanteile des Fleisches = 30-5 Kalorien abziehen, so daß für die Zellmembran 114-6 Kalorien bleiben = obige 36:93 Prozent Verlust. Der Verlust bei Fütterung der Schale ist aber nicht größer, als er es wenigstens in dem einen Fall bei 600 & Kartoffeln auch gewesen ist. Die Resorption der Zellmembran der Kartoffel selbst war allerdings in zwei Fällen wesentlich besser als jene der Schalen. Was die Verteilung der Ausscheidungen auf Unverdauliches und Stoff- wechselprodukte anlangt, so gibt für die kalorimetrischen Verhältnisse und die N-Ausscheidung nachstehendes Material Aufschluß: Archivf. A.u.Ph. 1918. Physiol. Abtlg. 10 146 Max RUBNER: 3 == Sr 2 } RS 2 Verlust an Kal. pro Tag 4 Big: 48 ’ a» 720 SEE Euce Mau 5 & 3 ol ee Kart. a = 2 = 5 Fee 25 Na s$25 3 =Es 3 = CH: Seo N E28 SE o u 7) ei 5 = ng 338 = Er) EL Ear 2 nd > 3 ee E Ser 900 || 9.96 [24-471] 1-98|36-36 | 91-4 | 65-0 | 922.8 | 7.04 | 1.11 © 600 |13-03 29.092] 1-59 43.71 77-0 | 33-3 | 683.3 | 4-87 | 43-26 4 Mittel | 84-2 | 49-1 | 5-95 | 57.18 : R In der Zellmembran ® ® = —o =] = ae ae Ve [el] = © &0 = me A| = ae BE lea Kaıt. | I 8 ae Son ne Bear lee |, Parıleniı ee |ZeESıi ze Sa © Zen Yo u ® so9© w = a2 I = 5 B) N=| "na Se ee a > 2.2.10 Fr <4M| 4 | & a=' ; 900 | 4-48 | 22-8 | 1-02 10-168| 0-61 | 0-45 | 2.98 5-47 | 43.77 k 600 | 9-15 | 19-7 | 1-80 0-.288|| 0-58 | 0.29 | 2.17 | 13-36 | 50.00 Mittel | 0.59 | 0.37 | 2.57 | 9-aı 0.87 | 2.57 | 41 | 81-88 61.88 Die Menge der Stoffwechselprodukte war bei der größeren Kartoffel- menge absolut und relativ am größten, bei der kleineren Menge etwas geringer; das gleiche gilt für ‚die N-Ausscheidung. Dies hängt mit den Unterschieden in der Verdaulichkeit der Zellmembran zusammen und bedarf keiner weiteren Erörterung. Aus den vorliegenden Zahlen über die Fütterung von 900 und 6008 Kartoffeln berechnet sieh für 450 & Kartoffeln (die später bei den Kom- binationen gefüttert werden): Kalorien im Kot 50-5, davon Stoffwechsel- produkte 29-43, N im Kot 0-35, davon Stoffwechselprodukte 0-22. : R Schlecht resorbierte Kartoffel. Verlust an Kalorien im T S - Ssu8|. "Z—| 8 |a8,| 8, 288 83 | s |=28| 22 14028 | #83 © © = 5 © 9898| 88 Saal ose & an og 2 = =) . = nenne r= S Sg EB ® = = & SH ns |E38| "e®8 ara ee = N Au s En > ses|=s "8 | | Ss 23: E 900 g | 46-33 |27.83°| 5-69 | 79-35 | 168-8 | 89.5 | 922.8-| 9-69 | 53-02 1 18.65 Zellmembran 2 18.65 Zellmembran 3 17-01 5-82 Protein 10-44 Protein 10.32 24.47 29-09 27.33 ee ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 147 In der Zellmembran ® & - | ©a = ER E AR [®) oD [®) uno I Rem Be ® Mel E |.a®& M \as&|.a$ | 83 | ee = 2'5 © v5 N A SRSE B Ei=ES S SR EN = A1E3ı A au | SE Bi: 2 aaa a | en | So N = > a 7 o ee S hd eo .E 900 g | 42.9 | 41.60 | 1.78 | 0.275 | 1.56 | 1.28 | 2-83 | 9.55 | 82-05 Die Resorptionsweise der schlecht resorbierten Kartoffel fällt zwar aus dem Rahmen der engeren Aufgabe, mag aber doch gleich hier erledigt werden. Welche Veränderung vollzog sich im einzelnen? Ist etwa die schwerer resorbierbare Stärke ohne jede Rückwirkung zurückgeblieben ? Die Antwort bringt vorstehende Tabelle. B Mit der Verschlechterung der Ausnützung der Stärke ist auch die ‚Menge der Stoffwechselprodukte gestiegen im Verhältnis zur Zufuhr an Kalorien (9-69 Prozent Verlust gegenüber 7-04 Prozent im anderen Ver- such), das Unverdauliche nimmt aber rascher als die Mehrung der Stoff- wechselprodukte zu, das zeigt folgende Überlegung: bei 900 g schwer res. Kart. Kot Kal. 168-8 dav. Stoffwechsel Kal. 89-5 900 „ gut ir) ” „ „ 91-5, . 65:0 Zunahme an Verlust 77-4 Kal. Stoffwechsel 24-5 Von dem Zuwachs bei schlechter Verdauung sind nur 31-66 Prozent Stoffwechselprodukte. B. Die Kombinationen. Aus den im vorhergehenden näher auf ihre Verdaulichkeit hin unter- suchten Nahrungsmitteln wurden für den Hund die entsprechenden Kom- binationen gebildet und verfüttert, indem er je die Hälfte seiner Kost aus einem der Nahrungsmittel deckte. Brot und Fleisch. Verbraucht wurden 450 g frisches Fleisch und 190 g Kriegsbrot täglich während 5 Tage. Das Ergebnis war folgendes: In 100 Teilen In In Trockensubstanz | 102-8 | 114-8g | Summe Fleisch | Brot Fleisch Brot Aselle en 4-29 2-72 4-41 3:14 . . 7-55 sanisch ........ 95-71 97:28 98:39 111-76 210-15 No 13:74 1-69 14-12 1-99 16-11 Pentosan . ..... ERS 0-40 9.77 0-41 11-22 11-63 Zellmembran . ...... | — 6:86 — 7:87 — Darin Zellulose . ..... | — 2-4] — 2-77 — Darin Pentosan . . .... — 2-48 | — 2-85 — BBestsubstanz - -. ».... => 1-97 | — 23-66 — Salze — 71-10 || — 81-60 — Kalorien? ... 2.0.0 .% ı 539.00 _ , 554:00 | 484-70 |1038-70 148 | MıAx RUBNER: In 100 Teilen In 24-4 g trockenen Kot trockenen Kot JASCheS a N N ee es! 37:56 9-16 Organische 2 ee ee Near 62-44 15-22 IN Re N a ER a RR 2-99 0-73 Pentosan. ee 10-66 2-60 Zellmembrane un. See 16-76 4-09 Darin Zellulose. . .... MEI ARE RR 3-63 2-10 Darin »Pentesana a Dam gen 5-45 1:33 Rest 22 SS BE ee 2-68 0-66 Main > RR AERO SS ER a Re 4-05 1-01 Stärken wenn ee en 5:64 1:38 Kalorien Mal ern 295.70 72-10 Die Verluste betrugen: Organische Substanz ...... 4-53 Prozent Kalorien sale 6:94 ES Ne ee er, ao % IPentosamis er ne 23-17 = hellmemibrane et N: 51:97 5 Zellulose der 'Zellmembran.. . . . 75-81 u x Pentosan der Zellmembran . . . 46-80 er Rest ai ERBE 21:05 er Stärke en Fe Er RER 1-68 > Mit dieser Kost kam das Tier auch ins Gleichgewicht, setzte aber doch nur 3:28 N in 5 Tagen -an. Die Ausscheidungen waren natürlich reichlicher wie bei Fleisch- und geringer wie bei Brotfütterung allein; der Kot wurde seltener entleert, was auf seine geringe Menge, aber auch auf den ; größeren Trockengehalt zu beziehen war. Bei Brot allein war der letztere auf 27.9 Prozent, bei Fleisch und Brot aber auf 43-9 Prozent gestiegen." Brot und Kartoffel. Der Versuch dauerte 7 Tage, wobei 450 5 Kartoffeln und 1908 Brot täg- Ri lich gegeben wurden. Die Ergebnisse sind in nachstehender Tabelle aufgeführt. In 129-4 Teilen trockener Kartoffel In 109g Brot Summe ASChHe re eh. 5-49 2-97 2 8:46 reianisch” 27 a 123-65 162-30 2835-95. NIS RE ER RN, 1-66 1-84 3-49 > Bentosanes Sr Ta in 4-67 10-67 15:34 ee Aellımemibran ee Ze 7-50 15-27 ri Zellulose der Zellmembran . . . 3-60 2-63 6-23 Pentosan der Zellmembran . . . 0-92 2-71 3-63 Best... wi ae ler 3:25 2-16 5-41 Bett. el, EN -- 0-19 0-65 0.84 Stärke Sr NE en 101-40 IT: 66 179-10 ISalorien > N ur Je a ee 511-40 460: 80 972-20 1 Der hohe Trockengehalt bei Brotkot ist auch bei meinen Versuchen am Menschen die Regel; dies steht im Gegensatz-zu meinen älteren Erfahrungen mit Schwarzbrotfütterung in München in den Jahren 1875 bis 1880, indem das dortige Schwarzbrot bei Hund wie Mensch stets dünne, gasig durchsetzte Stühle machte. Anders sind meine Erfahrungen mit der eigentlichen Kriegskost bei Gefangenen, wobei auch die wässerigen Stühle die Regel sind. ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 149 In 100 Teilen In 19-24 g trockenen Kot trockenen Kot Asche . .... ee 14-28 2-75 RTamiSch oe. 2 a ei 85:72 16-49 IN a ee 2-66 0-51 IBEntosamı nn Koh N ie 13-16 2-52 Zellmemibran.. ana sm. weite ee: 23-44 4-50 IDarımoZzelluloser a. 2 2 ee 11-69 2-24 Daum? Bentosanı a, 1 en 5-44 1-04 INestsubstanzi. en wa en es 6-31 1-22 Sk Re 22-50 4-33 IKalatmlemes ob 431:90 82.92 Die Verluste betrugen: Organische Substanz . ..... 5-76 Prozent Kalorien im Mean‘ 8-52 . IN Een 14-57 Bentesanse eu een ei: 16-42 5 Zellmembran® an 29-46 u Zellulose der Zellmembran. . . . 35:95 * Pentosan der Zellmembran . . . 28-92 RES EN a 2288 SbäkehaB EN ld 3-41 Mit dieser Kost kam der Hund an keinem Tage völlig ins Gleich- gewicht, er gab stets N ab. Dies kann auffällig erscheinen bei der großen Menge von Kohlehydraten, welche verzehrt werden. Der Hund blieb auf einer Zersetzung mit 11-2 Prozent Eiweißkalorien, während man z.B. beim Menschen in kaum der Hälfte der hier angewandten Versuchszeit auf ein N-Gleichgewicht oder selbst zu N-Ansatz kommt. Diese Beob- achtung steht im Einklang mit einer von mir vor langer Zeit gemachten, aber ziemlich vergessenen Tatsache, daß man beim Hund mit Stärkemehl nur eine beschränkte Verminderung des Eiweißumsatzes erreichen kann. Der Kot war nicht so fest wie in den vorhergehenden Versuchen, hatte aber immer noch 21-9 Prozent Trockensubstanz; das hängt mit, der Zell- mempbran der Kartoffel zusammen, die, anders wie die Kleie, sehr gern Wasser aufnimmt und sich wie ein Schwamm vollsaugen kann. Fleisch und Kartoffeln. Da die Kartoffel selbst schon einige Schwankungen in der Aus- nützung gezeigt hatte, wurden mit dieser Mischung zwei Reihen, eine solche von 4 und eine von 7 Tagen, durchgeführt, wobei sich tatsächlich einige kleine Differenzen ergeben (s. Tabelle S. 150). Das Ergebnis bei der Ausnützung ist in folgender Tabelle zusammen- gestellt. Die Trockensubstanz des Kotes war in beiden Fällen fast dieselbe: in Versuch I 33-2 Prozent, in Versuch II 33-0 Prozent; in Versuch I war die Kohlehydratresorption nicht so günstig wie in Versuch IL. In beiden 150 MıAx RUBNER: Versuch 1; In 450 g Fleisch In 450g Kartoffel — 102-8 g trocken — 129-1 g trocken kann: > INSche Pe Re es 4-41 5-49 9.90 Orcanısche Dee 96-39 123-65 220- 04 N ee 14-12 1:66 15-78 Pentosaml. 020: Sue ee 0-41 4-67 5-08 Zellmemibrana Ne _ Terz u Zellulose der Zellmembran . . . — 3-60. 0 Pentosan der Zellmembran . . . — 0-92 en Pest er ee se . 3-25 —_ Bett BEN = 0-19 20 Stärken re ge BE _ .. 1101-40 101-40 Kalorien ER 55410 --511-40 1065-50 In 100 Teilen In 24-9 9 j Kot Kot NSchen. za N ir 33-49 833 Organischrere ar 66-51 16-57 N MS ei re 3-59 0-89 Ipentosanı ao. va ee 1:75 0:43 Zellmemibrane Ser ee RER 16-01 3:99 Zellulose der Zellmembran . ...... 8-36 2-08 Pentosan der Zellmembran ....... Wella 0:18 Bestie SE 6:90 1-79 Reitssoar RT HER SR PHES FE DUST 0-72 Stärke Ber Re ee. 9-81 2-45 Kalorien Ar ER 2 318:00 79-20 Versuch II. ä In 450 g Fleisch In 450g Kartoffel : i — 102-8 g trocken = 129-1 g trocken Sum Ascher a Eee ; 4-41 5-49 9-90 Orsanisch We. 98-39 123-65 2223-04 N a 14-12 1-66 15-78 Pentosans re peee se 0-41 4-67 5:08 Zellmembran . . ..... — TR _ Zellulose der Zellmembran . — 3:60 — Pentosan der Zellmembran . — 0-92 ROSbA Rene Sa — 3-25 _ Bett ann Werne: — ; 0:19 — Stärke. ea — 81:10 _ Kalorien een ee 554-10 511-40 1065-40 In 100 Teilen In 11-58 trockenen Kot trockenen Kot ÄSche Me AR ee EEE 16-78 1.93 Se Orzanische Fe er RE Se es 83-22 9-58 INSERENT RE er 4-84 0-56 DBenitosamE a 3-05 0-35 Zellmemibrank en re er ; 21:63 2-49 Zellulose der Zellmembran °..... ar 14: 56 1-67 Pentosan der Zellmembran . . ..... 1-52 0-17 Best BE NE; ; 5-55 0:65 Stärke eine 9-60 1-10 Kalorien, VE BEN ER . -437-70 50:32 ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 151 Versuchen setzte der Hund erheblich N an, allerdings auch unter Steigerung der Eiweißzersetzung. - Die Prozentverluste bei der Ausnützung waren folgende: Versuch I Versuch II Mittel Organische Substanz. .... . 1.58 4-31 5-92 BRGlloriemw at ne 7:43 4-72 6-07 Nee, SR Br RE ER 5-64 3-51 4-57 Benwosaneı.: oo. Wan, 8-46 6:88 7-67 Zellmembraen ! . 2. .....,. 51-35 32-05 41-70 Zellulose der Zellmembran . . . DITT - 46:38 52-07 Pentosan der Zellmembran . . . 19-56 18-47 19-01 Be SI a en A 53:23 20: 00 36-61 Dirankes ee te 2-90 1-35 2-12 C. Vergleich der Berechnung des Kotes von Kombinationen aus den einzelnen Nahrungsmitteln mit dem direkten Ergebnis des Versuches. Nachdem die Grundlagen für einen Vergleich geschaffen sind, soll nachstehend dargelegt werden, ob die Berechnung der Verdaulichkeit im Sinne additiver Wirkung mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Aus den Versuchen des Abschnittes A läßt sich für die Kombination feststellen, wieviel Kot bzw. Nahrungsverlust nach den bisherigen Annahmen zu berechnen wäre. Das Experiment gibt dann hierzu die Kontrolle, inwie- weit die Grundlagen der Berechnung richtig sind oder nicht. A. Kombination Brot und Fleisch. Verlust im Tag in g bei 900 8 bei 450 direkt | Fleisch | 380 Brot | Fleisch „ud ro | Bnimue beobachtet organ. Subst. 4.93 23-92 2-46 11-96 14.42 15-28 N 0.42 0.74 0.21 0-37 0.58 0.73 Kalorien 30-50 116-19 15-25 58-06 173.34 72-10 Die Abweichungen zwischen Berechnung und direkter Beobachtung sind also sehr gering. B. Kombination Brot und Kartoffel. bei 450 & 3 direkt | Kartoffel | 190 27 Brot | Summe | beobachtet organ. Substanz | 12-00 11-68 23-93 16-49 N | 9:38 0-35 0-73 0-51 Kalorien | 54.2 55-29 109.49 82.92. 152 Max RUBNER: C. Kombination Kartoffel und Fleisch. bei 450 g |, i direkt Kartoffem |7>03 Fleisch Summe beobachtet organ. Substanz 12.00 | 2-46 ao 13-07 N 0-39 0.21 0.60 BE 155707 Kalorien 54.20 15.25 69.45 64.76 Man sieht, daß hier zweifellos Verschiedenheiten in den Ergebnissen vorhanden sind, und zwar stimmen die Ergebnisse bei den Kombinationen Fleisch und Brot sowie Fleisch und Kartoffel zwischen Rechnung und Experiment bis auf die kleinen Differenzen im N so gut, als man nach den Schwierigkeiten des Tierexperimentes eben erwarten darf. Die einzelnen Nahrungsmittel gehen in der Verdauung ihren Weg, als wenn sie jedes für sich zur Aufnahme gekommen wären. Dagegen weicht die Kombination Brot und Kartoffel ganz erheblich ab und gibt der Berechnung viel zu hohe Werte, nämlich um 35-8 Prozent zu viel. D. Die Betrachtung der Ausnützung nach organischer Substanz, N und Kalorien gibt noch nicht genügend Einblick in die Verhältnisse; die Ausnützung kann-sich in der Kombination ja ändern, je nachdem mehr oder weniger Unverdauliches entsteht oder je nachdem die Stoffwechselprodukte größer oder kleiner werden. Es ist daher notwendig, für die Kombinationen auch die Trennung zwischen Unverdaulichem und Stoffwechselprodukten durchzuführen, wie das schon oben für die Grundnahrungsmittel geschehen ist. Die nachfolgende Tabelle enthält das experimentell gewonnene Material der Kombinationen. Brot — Fleisch. ; ans 3. © Verlust an Kalorien im Tag Se a 2 333 5 43. | ss | "28 | 23 Kassk®mze © = 5 © = |aS&| #3 I|8 82280224 E 3 2 s Ba |E55 | RS jBsselsgee 8 = N = Ss Ei Sr > on oO a || 8 | a | 38 |358| 89 je23n 888 N 5 un 1558.48 | & = See 5-65 |21.08° 5-20 32.83 | 7201 | 39.2 | 1038-7 | 3:75 | 54.37 1 16.76 5.22 21-98, j d v Ar, ng E32 EZ 153 usIynpo.1d -[9sy99MFFOIS UL N }uszolg uloJ01T Ur ISNJIO A -FU9ZOLT aynmz 19p ur N ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. uoyynpo1d -II8SBMTFOIS uN Se] 014 JOSIZUIEN! 17 | 0.14 Se] 01d 19014 Se] 01d Joy UIOJ01I +04 9TIAL 00T N In der Zellmembran 3e7l | 24.4 | 0-90 Brot — Karsvottel. aynpord > uopyupond ° | © -I98SY99MFOIS 2 -[osypaangoyg ur «= pums 01 PB & N yu9zoIg N) SELEMEDDILEDN Er En 'zoIg ul oyynpoadjasyaaA 5 ul9J01T Ue & -yo4S puıs & ISHJIIA-JU9ZOIT | & uaIy9ZI9 A WON UOLIOJBY N aynynz 19p & uB JIU9ZIOA = uN & uoyynpo1d ER usIynpoıd -[OSYAFIS | < -AO8SBMFOIS = sne u9LOTEY || UN > U9ZUBS U EN Se] 01d Z yoyy ur uorrojey | cı yywNn | | 2 ei = 2 auwung 2 fi & e 2 =) © ee = Se = S s| Jen o1d © el) 2 umord 2 e) — a — © - n q EL N = usı S Br 5 3| -mewmprz | % & Se] 011904 E > S au [2] —— a 3 >» = 2 UI2J01I & > 1815 = +07 oTIOL 007| » m) Invy 1 Fleisch — Kartoffeln. ayynpo1d -[osy99MYFOIS puıs s9}0y] Sop "Te 00T UoA "z014 UI oyynpo1djasyaaA EUSISERUIE usJIgeZI9 A WOA Se] u UOLIOIEM us Ayozıar uayynpord -[98499AMFOIS sne UOLIOTEY uszue2 u JO)] WI uOLIOJEM 9uuumg U8S04u9aT 1.02 0.73 ueigq -wow[aZz 24-46? 24.81° Verlust an Kalorien im Tag ayarıg 10-04 4.51 ® 16-40 * 16-35 118.45 8-41 24.81 8-11 24.46 8.27 26-72 Max RUBNER: In der Zellmembran = a = Din = PR- E =.8 Zee En [oe10) nem | Jele 2 0n ME lasaı 2802 20 SE aaa ee see SEs| & 22 B, 82 3 Sa |228 on Ss 5, A 2m = a Ras Sl a E = 4.92 | 24-9 | 1-98 | 0.32 | 0-39 | 0.57 | 16-46 | 3-46 | 64-05 12.61 | 11-5 | 1-45 | 0.23 | 0-56 | 0.33 | 16-46 | 2-00 | 58-93 Mittel | 0.72 | 0.45 | — | 2.73 | 61-49 Auf dieser Grundlage läßt sich jetzt für jede Kombination der Verlust E an Kalorien und N im allgemeinen und weiterhin für die Stoffwechsel- produkte in gleicher Weise ausführen. Man braucht hierzu nur noch die g bei den einzelnen Nahrungsmitteln früher schon aufgeführten Werte dieser Art und für die gewählte Tagesration zusammenzuzählen und zu halbieren und erhält so den Vergleich mit den Zahlen der Tabelle. Die Zusammenstellung findet sich nachfolgend: ar | Berechnet Verlust Gefunden Verlust ; Kombination = Tas| Pro Tag Stoffwechsel-| pro Tag |Stoffwechsel- p = gesamt produkte gesamt produkte Fleisch — Kart. | Kalorien 65-7 44.6 64-7 32-0 N 0-56 0-43 0-72 0-45 - Fleisch — Brot | Kalorien 73.3 ‚38.2 me Za 39.2 0-58 0.44 0-73 0.59 Brot — Kart. Kalorien 108-8 52.38 32.92 32.39 0-72 0-45 0-51 0:29 Bei der Kombination Fleisch und Kartoffel stimmt das Gesamt- resultat zwischen Rechnung und Beobachtung bei den Gesamtkalorien ziemlich gut, dagegen ist im Stoffwechselverlust weniger gefunden worden, als berechnet wurde. Die ‚‚Voraussage“ würde sich also hier nicht ganz decken, was bei den komplizierten Verhältnissen nicht wundernehmen kann. Die N-Ausscheidung im allgemeinen ist etwas kleiner, als der ‚Versuch ergibt, doch handelt es sich hier um recht kleine Werte, so daß Differenzen dieser Art nicht viel besagen wollen. Ausgezeichnet stimmen die Kalorienwerte bei Fleisch und Brot; nur die Gesamt-N-Ausscheidung wurde, wie im vorhergehenden Versuch um 0-12 bis 0-13 g höher gefunden. Dabei muß man bedenken, daß irgendwelche Ungleichheiten sich immer in der N-Ausscheidung eber bemerkbar machen als in der Änderung der ne enden und daß eben die Kombination diese geringe“ Änderung bedingt. ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 155 Völlig anders ist das Ergebnis bei Brot und Kartoffel. Hier stimmt weder die Berechnung der Kalorien noch die der Stoffwechselprodukte und des N mit der direkten Bestimmung; die Abweichungen zwischen Rechnung und Experiment sind recht groß. Wie erklärt sich dieser Widerspruch ? Wir sehen ohne weiteres, daß Übereinstimmung dort besteht, wo Nahrungsmittel heterogener Art ge- mischt sind, wie eiweibartige einerseits und kohlehydrathaltige anderer- ‚seits bei Fleisch und Brot sowie Fleisch und Kartoffel. Hier geht die Ver- dauung des einen ziemlich ungehemmt durch die Anwesenheit der anderen vor sich; beide bedingen auch ganz verschiedene Fermente zu ihrer Lösung und, wie schon früher erwähnt, ist der Fleischkot mehr Umsatz- produkt des Eiweißes als Verdauungsprodukt. Bei der Mischung zweier Nahrungsmittel mit Stärke als wesentlicher Bestand fehlt anscheinend jeder Zusammenhang zwischen Experiment und Rechnung. Wenn man sich an die oben S. 136 gegebenen Auseinandersetzungen erinnert, so kann hier mit dem Fall gerechnet werden, daß das eine Nahrungsmittel bei der Verdauung von dem anderen Nutzen zieht. Es wird zweckmäßig sein, die Berechnung der Ausnützung für Kartoffel—Brot im einzelnen zu betrachten. | _ \Stoffwechsel-| Im ganzen | Stoffwechsel- Ä Ju gemzen produkte N d. Kart. liefert: Kal. 514-2 29.43 | 0-35 0.22 Brot 55-3 22.95 2. Not 0-23 109-5 | 52.38 0.72 0.45 Wenn man annimmt, daß die Stoffwechselprodukte es sind, welche bei diesen Kombinationen gleichartiger Stoffe sich mindern oder wenigstens nicht im gleichen Maße wie sonst sich bilden, so ist ebenso wahrscheinlich, daß bei den nragekien des Brotes wie der Kartoffel ein- gespart werde. Das Zuviel der Kalorienberechnung betrug im vorliegenden Falle: 109-5 Kalorien 8220, . 26-6 Kalorien Man sieht, daß diese Zahl dem halben Wert der berechneten Stoifwechsel- produkte 52-38 5 —= 26-19 sehr nahekommt. 156 Max RUBNER: Bezüglich der N-Ausscheidung war die Differenz: Berechnet sa 0-73 Gefunden rer. 0-51 Diierenza a 0-22 Auch dieser Wert entspricht dem halben Stofiwechselwert 0.25, Demnach wäre hier bei der Kombination Brot-Kartofiel eine Ein- sparung an Stoffwechselprodukten eingetreten, die fast die Hälfte des berechneten Wertes ausmacht. Eine weitere Verallgemeinerung: verbietet sich bei dem Mangel größerer Versuchsreihen mit anderen ähnlichen Gemischen. In geringem Grade können die vorstehenden Resultate da- durch beeinflußt worden sein, daß die N-Umsätze bei Brot allein und bei Kartoffel im Durchschnitt größer waren-als jener bei der Kartoffel-Brot- mischung im Experiment. Die logische Folgerung der Ergebnisse bedingt nicht die Annahme, daß etwa ein kohlehydrathaltiges Nahrungsmittel in steigenden Mengen eine variable und zwar immer günstiger werdende Ausnützunz ‚haben müsse, denn jede Vermehrung der Menge einer die Stoffwechselprodukte mehrenden Nahrung wird als weitere Darmreizung empfunden werden. Im Gegensatz hierzu müßten zwei verschiedene Nahrungsmittel als Reize aufgefaßt werden, von denen der eine so überwiegt, daß neben ihm der andere nur beschränkt zu einem Erfolg kommen kann. E. Verhalten der Zellmembran und ihrer Bestandteile in der Kombination. Kein Bestandteil ist so wechselnd in der Verdaulichkeit wie die Zell- membran. Da zur Auflösung zweifellos die Tätigkeit der Bakterien gehört, so ist dieses Verhalten verständlich, weil schon geringfügige Veränderungen, wie Änderungen des Wassergehaltes des Kotes, der Reaktion, des Asche- ‚gehaltes u. dgl., welche sonst für die allgemeine Ausnützung wenig von Belang sind, Einfluß gewinnen können. Ich stelle daher die Verluste an Zellmembran und ihrer Bestandteile und an Pentosanen in den Kom- ponenten der Kost und bei den direkten Experimenten einander gegenüber. Bei Brot und Fleisch. Bei alleiniger Brotfütterung Bei Fleisch-Brotfütterung Zellmemibranes ee 13-22 51:97 Zellulese zen er or 35:09 75-81 Pentosan der Zellmembran . 80-00 46-80 Alle Pentosane . . ..... 26:29 23:17 Freie Pentosane . ..... 8-09 14-86 ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 157 Die Zellmembran wäre sonach in der Brot-Fleischmischung etwas besser verdaut worden. Die Unterschiede sind bei der Zellulose gering, si den Pentosanen der Zellmembran groß; diese letzteren bleiben aber eroßenteils unresorkiert liegen, wie die ungleichen Werte für freie Pentosane zeigen. Bei Kartoffel und Fleisch. Bei alleinigsem Bei Fleisch-Kart. Kartoftelversuch Fütterung KMellmemibran.. 2. zur. 7% rn 31:75 41-07 Zzeilulosen ns zz ae ee, 38-74 52-07 Pentosan der Zellmembran . ...... 24-77 19-01 Aller Bentosane 2 u m ER 10:75 = 7:67 IBreie Bentosane See 7-25 5-45 Hier liegt der Fall umgekehrt wie im vorigen Gemisch. Die Kartofiel- Fleischmischung hat etwas größere Verluste für Zellmembran und Zellu- lose, ist aber etwas günstiger für Pento an der Zellmembran (wie auch oben bei Fleisch und Brot), die freien Pentosane verhalten sich so ziemlich gleich. Bei-Brot und Kartoffel. 5 Be- Kot Kartoffel: Mittel bschtet Zellmembran rer 3222 34:75 53:98 29.46 Zelllilose Er 85-09 38-74 61-91 35-95 Pentosan der Zellmembran . .. ... . 79-96 24-77 52-36 28-65 Alle Pentosane . ...... ER 26-29 10-75 18-52 16-42 Freie Pentosane REN 8:75 1.25 8-00 9.22 Zellmembran und Zellulose sind im Gemische Brot und Kartoffel besser verdaut, als zu erwarten war, auch die Pentosane der Zellmembran ; die freien Pentosane entsprechen in der Resorption den berechneten Mittel- werten. Der Unterschied ist hier von allen drei Reihen am größten. Man kann also mit der Möglichkeit rechnen, daß die Kombination in der Verdaulichkeit andere Verhältnisse aufweist, als die Verdauung der einzelnen Komponenten für sich. Weitere Experimente. Durch das vorhergehende Material ist die Wichtigkeit der Unter- suchung klargelegt worden. Die Kombinationen verhalten ‚sich bald wie die Summierung, bald weichen sie von der Berechnung weit ab. Das würde allein genügen, um das allgemein übliche Verfahren der Verdaulich- keitsberechnung nicht mehr ganz einwandfrei erscheinen zu lassen. Die Weiterführung der Versuche war aber doch geboten, da die Zahl der Versuche noch zu gering ist, um ein abschließendes Urteil zu fällen. 158 Max RuBNER: Doch stellten sich der Ausführung solcher Versuchsreihen die allergrößten Schwierigkeiten entgegen, weil die Gewinnung von geeigneten Nahrungs- mitteln allmählich ungemein beengt und auch der Arbeitsaufwand ein sehr großer war. Durch Zufall erhielt ich Fettgrieben, die als Abfall - einer Fettschmelze von einer Fabrik gewonnen wurden und wegen des Geschmackes sich für den menschlichen Genuß nicht eigneten. Das _ Material roch etwas ranzig, ohne aber bei Fütterung des Hundes zu stören. Statt der eiweißhaltigen Substanz wären einige andere Nahrungs-. . mittel willkommen gewesen; immerhin genügten die Grieben zu der Auf- gabe, neue Nahrungskombinationen herzustellen. Gemüse und Obst eignet sich leider nicht zu ausgedehnten Versuchen, bei denen man auf Gleich- artigkeit der Substanzen Wert legen muß. Die Resorbierbarkeit der Fettgrieben. Die Grieben enthielten noch ziemlich reichlich Fett. Ihre Zusammen- setzung, lufttrocken betrachtet, war für 100 Teile: WAasSsekis De ee 10-3 Prozent Trockensubstanz.. . . -..... 89-7 ER ENEEER e 11-2 B TER ee Eee alone ÄSCch ei er ee er 34 INES NE EEE ee 12-48 Prozent IR ES a a N a Te Fa 19-77 ak Aschen Sa Be ER 3:79 2 Ihrer Natur nach mußten die N-haltigen Stoffe Bindegewebe, . | elastisches Gewebe und Eiweiß sein. Von dem Material waren in kochendem Wasser löslich 38-1 Prozent, von der N-Substanz 30-34 Prozent. Der Gehalt an Bindegewebe würde demnach drei Zehntel der N-Substanz überhaupt ausmachen, der Rest müßte dann aus elastischen Geweben und unlöslichen Eiweißstoffen bestehen. Für die Verwendung zu den Ausnützungsversuchen ist dieser Umstand nebensächlich, nicht aber für die Fragen des N-Umsatzes, worauf ich an anderer Stelle eingehen werde. Bei den nicht unerheblichen Wärmegraden zur Ausschmelzung des Fettes werden die eiweißartigen Stoffe sämtlich in den unlöslichen Zustand über- geführt worden sein. Ob nicht auch fleischige Teile (Muskelsubstanz und glatte Muskulatur) beigemischt waren, ließ sich nicht mehr nachweisen, läßt sich aber sicherlich annehmen. Der Hund wurde 6 Tage mit je 250g. lufttrockener Substanz (= 224-2 9 Trockensubstanz), mit Wasser angerührt, gefüttert. 1 Gramm ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 159 Trockensubstanz = 6-010 Kalorien = 1347-7 Kalorien für den Tag. Die Ausscheidungen betrugen nur 829 lufttrockenen Kot = 15-42 g trockenen Kot pro Tag. Daraus berechnet sich folgende sehr befriedigende Verwertung: | die Zufuhr war | organ. Kot | Ausfuhr | Verlust N. : 28.00 8:96 0-82 | 2-91 Kalorien 1347-7 — 53.4 3-97 - Die Verdaulichkeit ist sehr günstig und entspricht etwa der des Fleisehes, nur der N-Verlust ist vielleicht um ein weniges größer als bei frischem Fleisch. Der physiologische Nutzeffekt kann mit Berücksichtigung der N-Ausscheidung des Harnes unter der Annahme, daß der kalorische Quotient = 6-69 anzunehmen ist, d.h. dem Werte, wie ich ihn bei der - Fütterung mit Fleischeiweiß gefunden habe, wie folgt berechnet werden: Zufuhr an Kalorien EEE 3 RUE N ARRINE HART RZ 1347-7 Ab für Bett 35:2x9:5 ...... RN IN RSS N. 334-4 Igalorienlauschiweidr. 223...2.0.220 002... 2 Bean 1013-5 Davon ab für Harnkalorien = 27:2xX6-.69 —= 181-9 INDERUESIKO N 53-4 235-3 IEhiystelosischereNutzeifekt, .. 2... 00.0 778-0 Der Nutzeffekt macht demnach 76-77 Prozent, für die N-haltige Substanz berechnet, aus, was meiner früheren, für Eiweiß aufgestellten Durchschnittszahl gleichkommt. Der Fettgehalt der Grieben (14 Prozent) ist noch so bedeutend, daß er für längere Zeit einen N-Ansatz erlaubt. Versuch von Nahrungsgemischen unter Zusatz von Grieben. Mit den Grieben und anderen Nahrungsmitteln wurden folgende Kombinationen gefüttert: Versuch I: 127 & Brot, 300 & Kartoffel, 300 & Fleisch. Nach den besonders angeführten Analysen war die Nahrungsaufnahmet: N Kalorien 7 Brot 32m, 1-86 302-1 Kantoktelir Er n 1-28 399-3 Wleischen sau. 2 e 8-69 281-5 11-83 987:9 Bruttokalorien —844-7 Reinkalorien? (mit 36-3 Proz. Eiweißkalorien) ‘ 2 Die Kartoffeln waren sehr wasserarm geworden, da die Versuche im Mai und Juni 1918 ausgeführt worden sind und die Kartoffeln aus der Ernte 1917 herrührten. 2 110-2 Harnkalorien + 47:8 im Kot = 158-0 Kalorien insgesamt. 160 ° | Max RUBNER: Die Ausscheidungen waren =-111-5& trockener Kot pro 7 Tage — 15:91 pro Tag. Die Zusammensetzung des Kotes war: Für 100 Teile Für 15-9 Teile trocken - trocken Asche... MER 765 ZZ N ee 3-21 0-51 Kalorien. 430:90 68-50 Der Kot war weder in diesem Versuch noch in den folgenden fünf weiteren Versuchen dünn, sondern stets von hohem len: Aus- geschieden wurden 4-5 g Zellmembran pro Tag. Versuch II: 125 g Fettgrieben, 450 & Kartoffeln. In den Nahrungsmitteln war enthalten: N . Kalorien - Fettgrieben °. . ... .- 14-00 673-8 Kartöitels era er el 641-8 16-07 1315:6. Bruttokalorien —=1172-4 Reinkalorien! (mit 35-3 Proz. Biweißkalorien) | In 7 Tagen betrug der Kot ZU 161-5g = 23-078 pro Re un Zusammensetzung des Kotes war Für 100 Teile Für 22-78 Teile trocken trocken INSChHERTE STARTE 14-68 — INK re 5-25 1:18 IKaloriene 446-60 i 104-50 Ausgeschieden wurden 4-46 & Zellmembran pro Tag. Versuch Ill: 125 g Fettgrieben, 190 & Brot. In dieser Nahrung war enthalten: N Kalorien Broß ee) 3:14 548-9 Grieben . ."@4.. 0. 14:00 673-8 17:14 1222-7 Bruttokalorien =1064-7 Reinkalorien2 (mit41-8Proz. Hiweißehu 1 2 74-7 Harnkalorien + 68-5 im Kot = 143.2. 1 98-4 Harnkalorien + 104.5 im Kot — 202-8 Kalorien insgesamt. ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 161 In 7 Tagen wurden entleert 99-5 g lufttrockener Kot = 14-2 g luft- - trockener pro Tag = 13-9 g trockener. Die Zusammensetzung des Kotes war: Für 100 Teile Für 10-91 Teile trocken trocken Asche ee 17:65 — IND 7:60 1:06 Kalorien. . ... 433-5 60-47 Ausgeschieden wurden 3-15 g-Zellmembran pro Tag. Versuch IV: 125 g Fettgrieben, 450 g Fleisch. Die Nahrung enthielt: N Kalorien Grieben 2. 57..0.222914:00 673:8 Bleisches en 2 023.123202 429-8 27:02 1103-6 Bruttokalorien —885:2 Reinkalorien! (mit 70-9 Proz. Eiweißkalorien) In 7 Tagen wurden entleert 70-0 lufttrockener Kot = 10:09g pro Tag. Die Zusammensetzung des Kotes war: Für 100 Teile. Für 9-7 Teile x trocken trocken INSCHeR ter 23-53 — N. ee 7:29 0:708 Kalorien. .... 4682-40 44-85 | Versuch V: | 127 & Brot, 300 & Kartoffel, 883g Fettgrieben. In der Nahrung war: N Kalorien Brot. 2-03 327:2 Kartoffel ee 1229 396-2 Rettsmieben 7.2.2 .°.2.29-00 449-1 12-31 1172-5 Bruttokalorien —909-5 Reinkalorien? (mit 39-2 Proz. Eiweißkalorien) In 7 Tagen wurden entleert 140-5 luittrockener Kot = 19-72 g - trockener Kot pro Tag. Die Zusammensetzung des Kotes war: Für 100 Teile Für 30-85 Teile i trocken trocken Ascher, er 13:69 —_ IN ee 4-13 0-81 Kaloriem... 2. 435:90 85:96 Ausgeschieden wurden 4-96 g Zellmembran pro Tag. 1 173-6 Harnkalorien + 44-8 im Kot — 218-4 Kalorien insgesamt. 2 77-0 Harnkalorien + 85-96 im Kot = 163-0 Kalorien insgesamt. Archivf.A.u. Ph. 1918. Physiol. Abtle. 11 m m 162 7 Max RUBNER: Versuch VI: 225 g Kartoffel, 62 g Fettgrieben, 225g Fleisch, 95 g Brot. In dieser Nahrung waren: N Kalorien Kartolfele res 1-05 325-2 Fettgrieben ..... 7:00 336-9 Bleisch saw 6-50 214-9 Brobse.s Eee 1-54 249-1 16-09 1226-1 Bruttokalorien —1056-6 Reinkalorien! (mit 39-6 Proz. Eiweißkalorien) In 7 Tagen wurden entleert 121-5 lufttrockener Kot = 16-769 trockener Kot pro Tag. | % Die Zusammensetzung des Kotes war: Für 100 Teile Für 16-76 Teile ; trocken trocken Ascher ae 13:62 — INNERER TEEN 5-08 0-85 Kalorien: 471:00 79-00 Ausgeschieden wurden 3-15 g Zellmembran pro Tag. 3 Im Durchschnitt verbraucht der Hund etwa 1000 Reinkalorien im Tag, wobei er sich mit geringen Schwankungen auf dem Gewicht erhielt. Was die Verhältnisse des mittleren Eiweißumsatzes, des Ansatzes und der Abgabe von N anlangt, so geben darüber folgende Zahlen Auskunit im l Mittelwert für den N jeder Versuchsreihe: x Zufuhr Umsatz Bilanz Versuche re 11-83 8:35 43-48 Er Le 16-07 14-67 1-40 55 1 BE Er 17:14 15-40 1:74 se 1 Da ee 23-00 21:17 16-83 x VERS GERT er 12-31 10-14 O7 a Ve N ee 16-09 15-12 +0-97 86-93 Eine Abgabe von N vom Körper ist also in keiner dieser Reihen ein- . getreten. Resultat. A. Kombination zweier Nahrungsmittel. _ Nachdem die analytischen Resultate mitgeteilt wurden, gehe ich dazu über, dieselben einer näheren Untersuchung in bezug auf die theoretische Forderung der Ausnützung auf Grund der Rechnung aus den Komponenten 1 100-5 Harnkalorien + 79-00 im Kot = 179-5 Kalorien insgesamt. ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 163 mit den direkten Ergebnissen zu unterziehen. Bei einem solchen Ver- gleich muß man allerdings berücksichtigen, daß die Größen, welche ver- glichen werden, oft recht mäßige sind, so daß kleine Schwankungen in der Verdaulichkeit nicht bemerkt werden können. Man darf nie ver- gessen, daß das Experiment an Organismen mit zufälligen Schwankungen rechnen muß. Insoweit größere Abweichungen vorkommen, wurden die Versuche wiederholt. Sie erstrecken sich so über die Zeit von 8 Monaten, wobei aber einige Pausen gemacht wurden, um das Tier sich erholen zu lassen, da es den dauernden Aufenthalt im Stoffwechselkäfig nicht ver- trägt. Ich stelle die theoretischen Werte und die Beobachtungen einander gegenüber. Unter ersteren verstehe ich die aus den einzelnen Nahrungs- mitteln (für die jedesmal besondere Trockenbestimmungen ausgeführt worden waren) auf Grund der schon angegebenen Experimente berechneten Verluste. Nach den theoretischen Berechnungen sollten sich im Kot finden (Versuch II): Organische Substanz Kalorien N Zellmembran Theoretische Berechnung: Aus 125 g Fettgrieben . 4-48 26-70 0-410 — » 4508 Kartoffel . . 15-00 67-98 0-463 3.31 19-48 94-68 0:873 331 Gefunden: J 19-26 .104- 50 1:180 4-40 Die Übereinstimmung ist in diesen Versuchen eine sehr weitgehende. Die berechnete organische Substanz stimmt fast völlig mit der berechneten, der Kalorienbefund deckt sich annähernd, nur hinsichtlich des N ist die Ausscheidung etwas größer gewesen und die Zellmembranausscheidung war etwas gesteigert. Bei der Zufuhr von Fettgrieben und Brot wird gefunden (Versuch IID): Organische Substanz Kalorien N Zellmembran Theoretische Berechnung: Aus 125 g Fettgrieben . 4-48 26-70 0-410 — "1900Brob 2... 12:88 60-92 0:385 6-04 17-36 87-62 0:795 6-04 Gefunden: 11-22 60-47 1-060 3-15 Dieser Versuch gibt eine erhebliche Abweichung von der Berechnung, weshalb er wiederholt worden ist, ohne ein anderes Resultat zu geben. Es unterscheidet sich vor allem dadurch, daß die Zellmembranverdauung | * 164. Max RUBNER: und damit die Brotverdauung wesentlich besser war, als erwartet werden mußte. Die bessere Resorption der Zellmembran bedingt nicht nur eine Verringerung der ausgeschiedenen Masse allein, sondern auch, wie man in anderen Fällen beobachten kann, eine Abnahme der Stoffwechselprodukte. Es ist daher wohl möglich, daß dieser Einfluß allein fast die Unterschiede soweit deckt, und also ein Zusammenhang mit den anderen Ergebnissen besteht. Die dritte Kombination aus zwei Nahrungsmitteln betrifft Fleisch und Fettgrieben (Versuch IV). Nach der theoretischen Berechnung soll aus- seschieden werden: Organische Substanz Kalorien N Zellmembran Theoretische Berechnuns: Aus 125 g Fettgrieben . 4-48 25:70 0-410 = el leisel, 0%: 2-56 rs 15:14 0: 290 + 7.04 41-84 0-703 — Gefunden: - 7-60 44-85 0-708 Die Unterschiede zwischen Beobachtung und Berechnung sind bei organischer Substanz und N verschwindend klein. B. Kombination von drei Nahrungsmitteln. Die Zahl der Kombinationen konnte sich nur auf drei Nahrungsmittel in zwei Versuchen beschränken. - Im Tag gehen zu Verlust (Versuch ]): Organische Substanz Kalorien N Zellmembran Theoretische Berechnung: Aus 27 Bros rear 1:60 35:97 - 0:227 3:57 „» 3008 Kartoffel . . gaS62: ‚ 42:29 0:282 2-11 © 300/cERleischer ee fit 10-09 0-139 u 18-67 88-35 0-648 5:68 Gefunden: x 14-69 68-50 0:510 4:50 In der: Kombination ist also die Resorption besser gewesen, als sie nach der Rechnung sein sollte. Einen Anteil daran hat die bessere Resorption der Zellmembran, von der 1-14 Prozent mehr verdaut wurde, als sich berechnete. Mit dieser besseren Verdauung kann auch die geringe Ersparnis an N zusammenhängen. Die Kombination aus drei Nahrungs- mitteln würde sich also ähnlich der Kombination von animalischen und der Kombination zweier vegetabilischen verhalten, was mit den oben an- gegebenen Experimenten zusammengeht. Weiter wurden dieselben Kombinationen mit Auswechslung des Fleisches durch die Grieben durchgeführt (Versuch V): =- ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 165 ° Organische Substanz Kalorien N Zellmembran Theoretische Berechnung: use 12T7 2 Brot . .°. 8-29 3-21 0-248 3:89 „» 008 Kartoffel .. 9729 41-97 0-282 2-09 » 83g Fettgsieben . 2.08 26-88 0-272 — 20:48 108- 06 0-802 3-98 Gefunden: 19-72 85:96 0-810 4-96 | Dieser Versuch ergibt also in allen Teilen ein analoges Ergebnis wie der vorhergehende: die gefundene Menge organischer Substanz, die der Kalorien, der N-Ausscheidung und der Zellmembran ist besser als die erec hneten. | Auch mit dem Versuch III besteht eine weitgehende Übereinstimmung in allen Teilen bis auf die N-Ausscheidung, welche dort etwas größer ist als die berechnete. Die Zellmembranverdauung war hier bei Versuch V zwar besser, wie die Rechnung es verlangt, aber nicht in demselben Maße wie in Versuch III verbessert. C. Kombination von vier Nahrungsmitteln. Zum Schluß wurde eine Kost verabreicht, welche aus allen vier Nahrungsmitteln, welche in Frage kommen, zusammengesetzt war (Ver- such VI): Organische Substanz Kalorien N Zollmembran Theoretische Berechnung: Aus 225g Kartoffel . . 7-63 34-44 0-231 1-71 » 628g Fettgrieben . 2.24 13-35 0-208 oo B 2258, Bleisch .. .. 1-28 7:57 0-105 - BIER IBrOt. 3... 6-31 29-85 0-188 2-96 17-44 85-21 0-732 4-67 Gefunden: 14-48 279200 0-850 3-15 Die Kombination der vier Nahrungsmittel ist in ihrem Gesamtresultat in der Menge der organischen Kotsubstanz und der Kalorien etwas günstiger wie die theoretische Ableitung, in der N-Ausscheidung ergibt das Experiment selbst nur ein wenig mehr als die Rechnung. Wenn man die im ersten Teil untersuchten Kombinationen mit den anderen Experimenten in Zusammenhang bringt, so ergeben sich noch einige weitere Schlußfolgerungen. Von Wichtiekeit bleibt, daß die Kombination zweier eiweißhaltiger Nahrungsmittel, wie Grieben und Fleisch, sich genau so verhalten, wie aus den Komponenten geschlossen werden konnte. Die Summierung der Wirkungen ist hier klar zum Ausdruck gekommen, etwa so, wie wir bei 166 MıAx RUBNER: einer einfachen Steigerung der Fleischmenge einen entsprechenden Zu- wachs an Ausscheidungen hätten erwarten können. Doch sind chemisch beide Nahrungsmittel ja immerhin verschieden: das Fleisch ist reich an Extraktivstoffen, die Grieben sind frei von solchen, das Fleisch ist eiweiß- reich, die Grieben sind von erheblichem Gehalt an Bindegewebe, auch wohl von elastischem Gewebe; für die Verdaulichkeit scheinen alsc solche Unterschiede nicht ausschlaggebend zu sein. } Im Gegensatz dazu steht die Kombination zweier Vegetabilien, wie Brot und Kartoffel, bei denen eine weitgehende Verbesserung der Aus- nützung der Kombination gegenüber den einzelnen Nahrungsmitteln ge- geben ist. Zur Ergänzung wäre natürlich eine weitere Ausdehnung gerade £ dieser Versuche an Vegetabilien von mir durchgeführt worden, wenn das entsprechende Material erhältlich gewesen wäre. Es ist wohl denkbar, daß man hier, namentlich mit Heranziehung etwa der Blattgemüse mit ihrer eigenartigen Wirkung auf den Darm, die ich anderenorts hervor- gehoben habe, mancherlei Wichtiges hätte feststellen können. Die Versuche zeigen also, daß eine genaue Berechnung nur unter bestimmten Voraussetzungen, aber nicht allgemein möglich ist, wie das die Aufstellung bestimmter Verdaulichkeitsfaktoren zur Voraussetzung” haben müßte. Es liegt aber der Gedanke nahe,.eine Untersuchung darüber anzustellen, ob nicht doch bei einer länger dauernden wechselnden Er- nährung, wenn also verschiedene Nahrungskompositionen aneinander- gereiht werden, im Gesamtmittel die Berechnung ein ganz befriedigendes Resultat gibt, weil Fehler, welche etwa nach verschiedenen Richtungen fallen, sich ausgleichen können. Zur Beantwortung dieser Frage habe ich alle Versuche (Versuch V ausgenommen) sowohl für die berechneten Werte wie hinsichtlich der gefundenen zusammengezählt. Organische Substanz Kalorien N Zellmembran Berechnet: 19-48 94-68 0-873 3-31 17:36 87:62 0-795 6:04 7:04 41:84 0:-703 — 18-67 88-35 0-648 5:68 17:44 s5-21 0-732 4-67 Summe 79.99 eg. 3.751 19.70 Gefunden: 19-26 104-50 1:180 4-40 11-22 .. 60-50 1: 060 3:15 7:60 44:80 0-708 — 14:69 68-50 0-510 4:50 14-48 79-00 0-850 3:15 Summe 67-25 357-3 4.308 15.20 ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 167 Das Verhältnis zwischen Berechnet und Gefunden ist: Gefunden Organische Substanz . . .... 84-1 Prozent Raloriens en 89.8 nr IN Se a a a in Re, 114-8 ” Zellmembraun 2 ea 77-0 on Man sieht, daß die Summen sich nicht ausgleichen, sondern daß Rechnung und Experiment bestimmte Unterschiede zeigen, welche, in relativen Zahlen ausgedrückt, folgendes ergeben: Die organischen Substanzverluste werden durch die Rechnung zu hoch gefunden, ebenso die Kalorien, doch ist hei letzteren das Fehlen weniger hervorgetreten wie bei der Trockensubstanz, d.h. die Ausnützung ist, nach der Kalorienzahl in den vorliegenden Versuchsreihen beurteilt, _ um 10-2 Prozent besser, als sie nach der Rechnung sein sollte. Die Zell- membran wurde in den Kombinationen besser verdaut als bei den einzeln geprüften Nahrungsmitteln. Diese bessere Verdauung bedingt natürlich auch einen Teil der günstigen Ergebnisse hinsichtlich der geringeren Ver- luste an Trockensubstanz und Kalorien, wie schon erwähnt worden ist. Die Unterschiede sind bei der Zellmembran zwischen Rechnung und Befund sogar recht erheblich. = Der N-Verlust fällt zwischen Rechnung und Befund nach anderer Richtung, d.h. er ist größer, als durch Rechnung festgestellt wird; das ist für die Frage des Eiweißersatzes also wichtig und um so bedeutungs- voller, je kleiner die zugeführten Eiweißmengen sind. In dieser Versuchsreihe zeigt eine Kombination zwischen Theorie und Versuch — wenn man die Schwierigkeiten der Experimente in Betracht zieht — fast völlige Übereinstimmung: die reine Fleisch-Griebenkombination. Sie kommt praktisch reiner Eiweißfettkost gleich, spielt daher für den Menschen keine besondere Rolle. Man sollte daher diesen Versuch aus der Zusammenstellung fortlassen, dann ändern sich auch die Fehlergrenzen der Mischungen von Animalien und Vesetabilien zuungunsten der Genauig- keit der Bereehnung, denn der Verlust an organischer Substanz sinkt bei dem Experiment auf 81:9 Prozent, der der Kalorien auf 87-8 Prozent, während der Verlust des Eiweißes auf 118-1 Prozent und der der Zell- membran auf 61-9 Prozent steigt. Natürlich treten in der menschlichen Kost noch viel zahlreichere Kombinationen auf; da es aber ersichtlich ist, daß allgemeine Unter- schiede zwischen Animalien und Vegetabilien vorliegen, so würden letzten Endes doch immer wieder Differenzen sich finden müssen. 168 | - Max RUBNER: ' Bei den ersten Versuchsreihen hatte ich gezeigt, daß die Ursachen für die günstigere Resorption der Kombinationen in der Veränderung der Stolfwechselproduktmenge bestehen können. Es bietet sich also ein Weg, durch das Experiment hierüber Aufschluß zu erhalten, ob die Resorption des Materials selbst oder die Stoffwechselprodukte an dem Ergebnis der Abweichung zwischen Rechnung und Befund beteiligt sind. Ich habe daher auch die oben aufgeführten Versuchsreihen benutzt, um die zur Lösung der gestellten Frage notwendigen Analysen auszuführen. Ich glaube aber darauf verzichten zu können, das ganze umfangreiche Zahlenmaterial wie in den ersten Versuchsreihen ausführlich wiederzugeben und stelle in nachfolgender Tabelle nur die Resultate der einzelnen Versuche zusammen. Verlust an Stoffwechselkalorien. 1 2 um) ‚+70 = e8 | 8 5 | ® 8 E 2| 83 stasuses8 = >= 2 = = Zu2| Az Pam2o_9o7 RS as 3 =) SH“ SsS5=5% DS sv Ho05 De E S ea |\S°&| 5<= 858.788 Min A R Ma IM SI BR Seas 52 . *Kartoffeln und Brot. ır Ser ae 27) " = #Kartotfelnsundhleisehr 2 re 3.44 = & Versuch II. Grieben und Brot Zune 228595 es = Versuch RE KartotfelnsundeRleısche 2-68 5 Der Stern bezeichnet Versuche der ersten Reihe (vgl. S. 147). 3 Auf diese Ergebnisse hat bis zu einem gewissen Grade auch der Eiweißumsatz einen Einfluß, er war in Versuch IV am größten, in den Versuchen V und I am niedrigsten. Ich habe es aber unterlassen, dafür besondere Koriekturen einzuführen, obschon dies möglich wäre. Die Ver- luste durch Stoffwechselprodukte wechseln in den verschiedenen Gemischen, aber im ganzen nicht erheblich, denn die vorliegenden Zahlen geben uns ja das Verhältnis zur Gesamtresorption. Die Gemische zeigen nach obiger usammenstellung durchschnittlich eine Verringerung des Stoffwechsel- wertes bei ausschließlicher Deckung des Bedarfes von Eiweiß aus Fleisch und Grieben. Aus den Einnahmen habe ich die zu erwartenden Ausscheidungen an N- und Kalorienstoffwechselprodukten berechnet und zwar in nachfolgender , Tabelle.! Vergleich der Bereehnung Berechnete und der direkt bestimmte Stoffwechselausscheidungen Gesamt- Zellmembran mit der direkten Bestimmung ausscheidung N Kalorien N Ral. Versuch I, Brot, Kartoffeln und Fleisch: Berechnet REN RENE 0-46 48-8 0-65 88-3 5-68 Geiundeme ee 0-27 3:3 0-51 68-5 4-50 = 25-5 = 19-8 1:18 Versuch Il, Grieben und Kartofieln: Berechnet 0-71 66-1 & 0-87 94-7 3-31 Gefundene era: 0-68 54-6 1-18 104-5 4-40 i — 11-5 _ 9.8 1-09 Versuch III, Grieben und Brot: ; Berechnet ee: 0-65 50-8 0:79 837-6 6:04 Cenunden 0:79 37-1 1:06 60-5 3-15 — 13-7 = IN — 2-89 Versuch V, Brot, Kartoffeln und Grieben: Berechnet 0-61 58-0 0:80 108-1 5.98 Gekumdenr nee 0-51 35-6 02817 Re 4-96 — — 22-4 — 232-1 — 1:00 Versuch VI, Brot, Kartoffeln, Grieben und Fleisch: Berechnet Sa 0-58 . 52-7 0-73 85-2 4-67 Gemunden 2 er 0-61 45-2 0:85 79-0 3:15 _ 75 — -6-2 — 1-52 1 Bei Beurteilung der Zahlen muß ich übrigens nochmals auf das bei der i Zellmembranverdauung in Gemischen Gesagte verweisen. ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 1lzal Betrachten wir die Resultate: Versuch I zeigte eine Resorption, welche nur um 19-8 Kalorien besser war als die berechnete. Wie erklärt sich dies? Die Tabelle gibt Auskunft: es war um 11828 Zellmembran mehr verdaut worden (4-82 Kalorien). Die Stoffwechselprodukte waren um 25-5 Kalorien geringer, woraus man schließen kann, daß durch einen anderweitigen Verlust diese Ersparnis zum Teil kompensiert wurde. Versuch II zeist im Befund einen etwas größeren Verlust als die Rechnung. Dies wird nur zum Teil durch die verschlechterte Ausnützung der Zellmembran gedeckt, zumal auch die Stoffwechselprodukte im Befund kleiner waren. Neben der Zellmembran ist offenbar auch Protein ver- loren worden, was die höhere N-Ausscheidung auch erkennen läßt. In Versuch III ist eine bessere Ausnützung um 27-1 Kalorien vor- handen; davon sind 11-8 Kalorien gedeckt durch günstige Resorption der Zeilmembran, es fehlen noch 15-3 Kalorien. Diese Zahl stimmt fast ganz mit der Verringerung der Stofiwechselprodukte in der Kombination zusammen. Versuch V läßt eine Besserung der Resorption um 22-1 Kalorien errechnen; da nur 1-0 & Zellmembran mehr verdaut werden (4-1 Kalorien), so bleiben noch 18-1 Kalorien der besseren Ausnützung der Kombination, sie wurden tatsächlich gedeckt durch die Verminderung der Stolfwechsel- produkte = —22-4 Kalorien. Versuch VI hat eine Verbesserung der Resorption um 6-2 Kalorien errechnen lassen, diese wurden gedeckt durch 6-2 Kalorien aus verbesserter Resorption der Zellmembran; da auch die Stoffwechselprodukte um 7.2 Kalorien abnehmen, muß ein kompensatorischer Mehrverlust ein- getreten sein. - Im übrigen wird man an derartige Berechnungen keine allzu großen Anforderungen stellen dürfen, weil es sich ja um kleine Werte handelt und die Feststellungen‘ von so vielen Messungen abhängig sind, daß geringe Abweichungen gewiß unvermeidlich sind. Bei Kombinationen von Nahrungsmitteln ändern sich also die realen Werte mitunter erheblich gegenüber den theoretischen. So unerfreulich es sein mag, auf gewohnte Durchschnittszahlen zu verzichten, so wird doch der alte Weg der Verdauungsfaktoren verlassen werden müssen. Als Gesamtresultat zeigt sich, daß durchweg die Menge der Stoll- wechselprodukte (Kalorien) in den Kombinationen im direkten Befunde gegenüber der Berechnung kleiner ist als die Rechnung, und daß mehr- fach die Unterschiede in der Änderung der Gesamtresorption auf diese Veränderungen der Stoffwechselprodukte zurückgeführt werden können. 172 " Max RUBNER: Zucker und Fett als Beigabe der Nahrung. Bisher haben wir die Ausnützung von Nahrungsmitteln, alse von En Nahrungsstoffgemischen, in ihrer gegenseitigen Einwirkung oder als Objekt der Wirkung auf den Darm behandelt. Die Ernährung kann aber auch durch die Zugabe einzelner Nahrungsstoffe ergänzt und vermehrt werden. Als solche kommen Zucker und Fett in Betracht. Wo sie im Verband einer Speise auftreten, sind sie mit deren besonderen Ausnützungs- verhältnissen so verbunden, daß man ihr besonderes Verhalten nicht immer feststellen kann. Es läßt sich aber durch Versuche ihr Einfluß . auf die Ausnützung nachweisen, wenn sie als einfache Zugaben gewählt worden sind. Freies Fett, freier Zucker beteiligen sich nicht an einer Belastung des Darmes, das geht aus folgenden Erfahrungen und Experi- menten hervor. Zunächst ist mir wenigstens aus Versuchen, die, wenn auch nicht systematisch angeordnet, so doch in ihren Ergebnissen eindeutig waren, bekannt, daß Rohrzucker oder auch Traubenzucker eine Veränderung der Kotmenge beim Hunde nicht herbeiführt. Der Zucker hat in Experimenten von Carl Voit und solchen, die ich früher auszuführen Gelegenheit hatte, weder Mehrung noch Minderung der Kotmenge herbeigeführt.! Eine zweite Beobachtung ähnlicher Art habe ich bei Fettfütterung am Menschen gemacht: wenn es sich um Fett handelt, welches nicht wie Speck in Membranen eingeschlossen ist, hat sich beim Menschen bei mittleren Mengen ein Einfluß auf die Fettausscheidung und Kotbildung nicht nach- weisen lassen.” Auch wußte man schon lange, daß bei Fettzufuhr sich die Zusammensetzung des Kotes nicht zu ändern braucht. Über die Wirkungslosigkeit des Rohrzuckers gibt folgende neue Versuchsreihe Auf- schluß. Zucker wurde als Rohrzucker verabreicht und neben Kartoffeln an den Hund verfüttert. In zwei je 7tägigen Versuchsreihen, welche sanz gleichmäßig verliefen (300 8 Kartoffel + 2008 Rohrzucker und 3008 Kartoffel ohne weitere Zugabe), war folgendes Ergebnis erzielt worden: R N- Organische Kalorien Ausscheidung Kotmenge pro Tag Kartoffeln und Zucker. . 0-124 2-62 13-05 Köntolteln Wk. un 0:103 3.397 16-33 Der Rohrzucker hat also keine Veränderung der Kotbildung ver- anlaßt. Die Schwankungen der Zahlen sind so gering, daß sie neben- ı Vgl. Zeitschr. f. Biol. 1897. Bd. XXXV. 8. 68. 2 Ebenda. Bd. XV. S. 170. m re Bk yh r ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 173 sächlich erscheinen; dabei deckt der Zucker zwei Drittel des ganzen Nahrungsbedürfnisses. Diese Ergebnisse sind nur bedingt auf den Milchzueker zu übertragen.. Man weiß aus vielen Erfahrungen am Menschen, daß z. B. Milchzucker, wenigstens wenn nicht allzu wenig gereicht wird, eine Darmreizung und infolgedessen einen dünnen Stuhl hervorruft. Bei solehen Vorgängen wird zunächst die N-Ausscheidung durch den Darm erhöht. Eingehende Versuche hierüber hat W. Röhl angestellt.! - Bezüglich des Fettes bedarf es, wie ich meine, weiterer Versuche vorläufig nicht, da die Resultate beim Menschen völlig eindeutige gewesen sind. Erwähnt werden muß allerdings die Mehrung der Kalkseifen nach Milchfütterung, welche aber für die praktischen Fragen der Ernährung, zu denen die Ausnützung die Unterlage bietet, ohne quantitativen Belang erscheint. Auch bei den schwer resorbierbaren pflanzlichen Farbstoffen, wie dem Karotin und Chlorophyll, handelt es sich nur um kleine Mengen von unresorbiert gebliebenem Material, wodurch die Berechnung einer Nahrung nicht wesentlich beeinflußt werden kann. Freies der Nahrung zugegebenes Fett oder Zucker müssen bei der Berechnung der Ausnützung also ganz außer Betracht bleiben. Immerhin ein bedeutungsvoller Vor- gang. In dieser Hinsicht ist zwischen den N-freien Stoffen und dem Eiweiß ein wesentlicher Unterschied, weil letzteres, gelöst oder ungelöst, stets Einfluß auf die Bildung von Stoffwechselprodukten ausübt im wahrsten ‘Sinne des Wortes, und weil es weniger auf den Verdauungsakt als auf den Stolfumsatz seine Wirkung übt. So nahe verwandt die Stärke dem Zucker ist, so gehört sie an- scheinend nicht mehr zu den Stoffen, die ohne Aufwand von Stofiwechsel- produkten verdaut werden. Beim Hund wird die Sache nicht anders liegen wie beim Menschen. Bei letzterem habe ich zuerst die Verdaulichkeit. des Gebäckes aus reiner Hoffmannschen Stärke, Fett und Zucker unter- - sucht und eine Kotbildung gesehen, welche etwa feinem Bret entspräche. _ Da ich aber damals kein Verfahren kannte, Stoffwechselprodukte näher nachzuweisen, so blieb der Versuch in dieser Hinsicht ohne Bedeutung, wennschon er den allgemeinen Grad der Kotbildung richtig angab. Versuche, aus denen der Nachweis des Grades der Wirkung der Stärke auf die Verdauungsvorgänge beim Hunde zu ermessen wäre, fehlen auch heute noch. Zwar. hat Tsuboi? in Voits Laboratorium zwei Fütterungsversuche am Hund mit verquollener Stärke, Fett und Zucker ausgeführt, aus denen sich die Verdaulichkeit dieser Nahrung und sogar 1 Arch.’f. klin. Med. 1905. Bd. LXXXII. S. 523. % Zeitschr. f. Biol. Bd. XXXV. S. 76. 174 MıAx RUBNER: die Größe der Stoffwechselprodukte ergeben sollten. Die Zusammensetzung der Nahrung kaın man aus Tsubois Angaben annähernd berechnen, also auch ersehen, wieviel er etwa Stärke für einen Hund (von rund 16. Kilo) verabreicht hat. Aus den Ausscheidungen: von Kot kann man unter der ; Annahme, daß 1 g Organisch etwa 5-48 Kalorien liefert, auch den Verlust errechnen. Ich finde dabei: Vers. I. Tr. Subst. gefüttert = 3 132 &—=66 g Stärke —= 271 Kal. Ausscheidung 27.6 Kal. = 10-2 Proz. Verlust Vers. II. Tr. Subst. gefüttert — 305 g—= 192-2 g Stärke —= 787 Kal. Ausscheidung 65-1 Kal. = 8-2 Proz. Verlust Tsuboi war der Meinung, daß seine Versuche einen proportionalen Verlust zur Nahrungsmenge darstellen. Das trifft nicht ganz zu, weil er doch auch Fett und Zucker gefüttert hat, die auch nach seiner Meinung keinen Einfluß auf die Kotbildung haben. Auf die Stärke berechnet, sind die Verluste-nieht ganz übereinstimmend und jedenfalls sehr groß, Aus Tsubois Zahlen kann man für Versuch I 0-9 Prozent, für Versuch U 2-9 Prozent Stärkeverlust berechnen. Trotzdem zeigt dieser Versuch II mit einer nach meiner Erfahrung schlechten Stärkeausnützung eine bessere Gesamtausnützung, auf Stärke bezogen. Indem Tsuboi nur die Stärke des Kotes von der Gesamtausscheidung abzieht, glaubt er damit die Stoffwechselgröße zu bestimmen, die dann in beiden Experimenten etwa der Trockensubstanz parallel gehen soll. Jedenfalls ist es sicher, daß die Verdauung von Stärke Stoffwechselprodukte liefert, diese müssen aber ganz anderer Größenordnung sein, als Tsuboi sie angibt. Nach meinen Versuchen kann der Hund das Brot und also die Stärke ebenso verdauen wie der Mensch; die niedrigsten optimalen Kalorienverluste bei feinstem Weizenbrot bewegen sich um 3 bis 4 Prozent, die Stoffwechselwerte etwa um 2 Prozent. Wenn man bedenkt, daß auch bei feinem Weizenmehl doch auf den N-Gehalt ein Teil von Stoffwechselprodukten entfällt, so muß der Aufwand für die Stärkeresorption gering sein. Daher wird es S richtig sein, den größeren Teil des Kotes, den ich nach Aufnahme von # 759g trockener Kuchensubstanz von N-ärmster Stärke (+ etwas Veit ee - und Zucker) habe ausscheiden gesehen, als einen solchen Stoffwechselrest ; anzusehen. Inwieweit die Nahrungsmengen eine der Masse proportionale Ver- dauung zeigen, wenn man durch Kombination. von Nahrungsmitteln mit Nahrungsstoffen, die ohne Wirkung auf den Darm sind, eine Kost mischt, die zwar genügend zur Lebenshaltung ist, aber ein „‚kotbildendes““ Nahrungs- mittel nur in kleinen Quantitäten einschließt, ist eine Frage, die noch 2 besonders gelöst werden muß und bisher nicht untersucht ist. ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 175 Resorption geringer Mengen von Nahrungsmitteln und leichtest verdaulicher Nährstoffe. Bisher wurden nur Fälle behandelt, in‘ denen die verabreichten Nahrungsmittel tunlichst eine Vollernährung zu erzielen versuchten. Damit ist die Reihe der Möglichkeiten nicht erledigt. Wenn man eine leicht resorbierbare Beikost gibt, wie Zucker und Fett, so kann man die sonstigen Nahrungsmengen, welche kotbildend wirken, sehr bedeutend einschränken. Die Ausnützung geht bei vielen Nahrungsmitteln proportional der Masse der Zufuhr, das findet sich bei Fleisch, auch bei Brot, auch bei der Milch und bei der Kartofiel. Ich habe aber, um zu einem Extrem zu gelangen, bei Kartoffelzufuhr den Energiebedarf zu zwei Dritteln mit Zucker gedeckt; die dabei er- haltenen Ergebnisse weichen ganz erheblich von jenen ab, die ich mit Zweidrittel-Kartoffelkost oder Vollkost mit Kartoffeln beim Hund gefunden hatte. Der Hund wurde also mit einer kleinen Menge Kartoffeln (300 g frisch) gefüttert und erhielt dazu 200 g Rohrzucker zu dem Zwecke, ihn auf ein N-Minimum der N-Ausscheidung zu bringen, was man durch anderweitige Fütterung nicht leicht erreicht. Dies Ergebnis wurde auch erzielt, aber doch noch unter Abgabe von 0-37g N vom Körper, bei 4-7 Pro- zent der Gesamtkalorien, was dem Verhältnis entspricht, wie ich es zuerst bei Begrenzung der Abnutzungsquote schon 1885 angegeben habe. Der Hund hatte alimentäre Glykosurie, gab Rohrzucker und Invertzucker aus, im Einklang mit meinen ersten Feststellungen. hierüber. Viele Tage erschien kein Kot, dann eine weiche ungefärbte Masse, _ im ganzen 137g frisch = 21-79 lufttrocken (15:89 Prozent Trocken- substanz). Auf den Tag kamen nur 3-0 g trockener Kot, leider so wenig, daß nicht alle Stoffe wie in anderen Versuchen festgestellt werden konnten. Kartoffel (300g) und Zucker (200 8), 286-2 g Trockensubstanz. Kartoffel Rohrzucker Ascher Nas re, 3:66 _ Organische. an, 82-58 = IN 1:08 —_ Bentosata ses 22: 3-12 — Zellmembran . . .. . 5:19 — Stärken sa ua 66:23 — Bokrzuckeri nn... . _ 200-000 Kalomenwewrn.ı: 341-60 790-000! 1 Summe = 1131:6. 178 - MAx RUBNER: In 100 Teilen In 3-00g trockenen Kot trockenen Kot Asche) 70 15-13 = 790-450 Ozganısen2. er 84-87 2-55 Ne N 4-13. 0-12 Pentosanı we 4-48 0.134 Zellmembran . . .. . 24-15 0-724 Kalorien er eld, 13-000 Von 100 Teilen gingen, wenn der Rohrzucker ganz außer Be- tracht ble+bt, zu Verlust: Mittel der Prozent früheren Versuche INCH De ee all 23:59 Kalorien ar nme 3:80 10:60 IPentosaner ee 4-29 10:75 Zellmemibran ee 13:94 34-75 Von dem Protein der Kartoffel gingen 6-75 Prozent zu Verlust, wenn man die an der Zellmembran haftenden Eiweißmengen als Protein- verlust auffaßt. Die Ausnützung der Kartoffel ist hier so groß, wie ich sie im allergünstigsten Falle beim Menschen einmal beobachtet habe, die Zeilmembran ausgezeichnet aufgenommen; dabei besteht aber der Kot immer noch zu fast einem Viertel aus unverdauten Zellmembranen. Die Stoffwechselprodukte lassen sich nur annähernd berechnen, weil die. Analyse der Stärke im Kot fehlt; ich darf aber wohl annehmen, daß, wenn alle Bestandteile so günstig resorbiert werden, auch die Stärke mit höchstens 1 Prozent (wie beim Menschen) zu Verlust ging = 0:668 pro Tag. Dies angenommen, würde sich berechnen: AusßStarken tn ne 2-71 Kalorien 2 MP en:tosans km an 10:58 Br nr Zellmembrangemı Ber 2-97 4 „Proteine ae a 3-78 Kalorien Kalorien Kalorien im | Verzehrt an nn 2 Von 100 Kal. im Kot im Kot Stoffwechsel | Kalorien | Kal. sind Stoffwechselprod. 13-0 | 4.2 | 341-6 | 1-23 | 32.3 Prozent u ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. Te Für die N-Ausscheidung findet man: In der Zellmembran En AEEHME x & As =, GGG are TTriRrE rs kakeos BRD) cd Se! aD |. w| so Bi | ERE 3 |Ee5 | Fear SOM'z ES a zZ = Keifei aa gs 2» Ne 0.dS BES | 2e I En ea De - - 22 b Sep Bea Air Dee 14.07 | 3-0 | 0.44 | 0.071 0-12 | 0-05 1.08 | 6-57 41-22 Das Eigenartige ist also die ungeheure Armut an Stofiwechsel- produkten jeder Art. Als eine Verdauung im N-Minimum ist dieser Versuch nicht ganz einwandfrei, weil in den ersten Tagen, um das Minimum zu erreichen, N vom Körper abgegeben wurde, so daß der mittlere N-Umsatz dieser ganzen Reihe nicht viel kleiner war, als er etwa bei Fütterung mit 600 & Kartoffeln sein würde. Doch muß man bedenken, daß der Zuschuß von N vom Körper, der ja bis zu einem gewissen Grade die Stoffwechselprodukte mehrt, dies nur in der keim Hungerzustande bekannten Weise tut, d.h. in sehr beschränktem Grade, während die Anregung des Umsatzes durch die Fütterung einen wesentlichen Einfluß auf die Bildung von Kotbestandteilen äußern kann. Die vorstehenden Ergebnisse waren aber nicht von dem Zusatz von Zucker abhängig, wie durch Vergleich mit einfacher Fütterung von 300 g Kartoffeln sich hatte erweisen lassen. Die Versuche wurden auch wieder- holt, wobei sich sowohl bei Zuckergaben wie ohne solche Zahlen ergeben, die zum Teil wesentlich höher waren, wie der vorhergehende Versuch sie gezeigt hat. Die abweichenden Zahlen waren stets gekennzeichnet durch eine Änderung der Zellmembranverdauung: wurde diese ungünstiger, so war es auch das Gesamtresultat. Die schwankenden Ergebnisse hängen also mit der Zellmembranverdauung und diese unter anderem mit der Aufenthaltszeit im Darm zusammen. Diese Bedingungen finden sich stets nur bei kleinen Mengen Nahrungsmitteln und relativ großen Mengen vollwertig resorbierbaren Zusätzen. Über die Art und Menge der N-Aus- scheidung mag folgende Zusammenstellung angefügt sein. Datum Kost 1. Tag |2. Tag |3.Tag|4. Tag|5. Tag|6. Tag|7. Tag as 20. 2. | 300gKart.,200g Zuck. | 10-34|5-62| 3-70) 2-31|1-78| 1-85 1-45 | 3-83 14. 3. || 300 200 .t;; 9-10|4-55 | 2-48 | 2-46 | 1-77 | 1-88 | 1-89 | 3-44 22. 3. 3008 Kartoffel. . . 6-70| 3-34 | 2-22) 2-35 |1-74|1-65| 1-97 | 2-95 18. 6. [300g Kartoffel. . . 8-58| 3-97 |3-57|3-95 3-46 |3-35| — | #48 Archivf. A.u.Ph. 1918. Physiol. Abtlg. 12 178 Max RUBNER: Die ersten drei Reihen, welche bei gleichem Ernährungszustande des Tieres bei ziemlicher Eiweißverarmung des Körpers ausgeführt waren, seben schon am 5. Tag den Tiefstand der N-Ausscheidung. Der letzte Versuch ist bei einem Körperbestand der Magerkeit mit vorheriger N- Anreicherung gemacht, der N-Verbrauch bleibt fast doppelt so hoch wie in den vorhergehenden Reihen. Die günstigsten Ergebnisse der Kartoffelverwertung ergeben folgende Ausscheidung: | | Mor AR 2 gan. N | N im Kot | Kalorien | ns Zellmembran 300 Kartoffel mit Zucker | 0.124 13-05 2:62 0-75 300 » obne „| 0210s 6-33 3.39 0-67 An N wurde ausgeschieden: In der als Stoff- | Im ganzen | Zellmembran | wechselrest 300 Kartoffel mit Zucker | 0.124 0.071 0-053 300 ohne | 0.103 0.037 0-066 In 300 g Kartoffel waren enthalten: 1-13 oc. N 5-19 g Zellmembran 341-60 Kalorien. Lest man die beiden Kartoffelreihen zusammen, so waren die Aus- scheidungen: 0-113g N 0-054g N in der Zellmembran A 0-059& N in Stoffwechselprodukten .q 0-710 8 Zellmembran E 14.660 Kalorien. 2 Die beiden Versuche, welche minder günstige Verdauung der Zell- u membran en hatten als Ausscheidung: 4 # | organ 8 Bee N Too | one Kalorien | Mi. Zeitmernbran % 300 Kartoffel mit Zucker 0.225 27.7 6-30 1-01 300 375 ohne „ 0-315 38-6 7.79 2.43 ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 179 Nimmt man alle vier Versuche zusammen, so bleibt als mittlerer Verlust: IN a a een 16-80 Prozent Kalonen@warrt ae. sch 6:09 se Zellmemibran ara er 23-30 Me Also auch mit den ungünstiesten Bedingungen der Zellmembran- verdauung bleibt hier immer noch das Ergebnis günstiger als bei reich- licher Ernährung. Für die Berechnung der Verdaulichkeitsverhältnisse hat, wie man zweifellos aus dem vorstehenden ersieht, die Art der Auswählung der Nahrungsmittel eine wichtige Rolle gespielt, es muß also auf die Menge _ der beigegebenen Zusatzstoffe besondere Rücksicht genommen werden, wenn die letzteren überwiegen. Durch die lange dauernde Zurückhaltung des Kotes im Darm des Hundes, der ja sonst für die Aufspeicherung der vegetabilischen Reste nicht ausreichend Raum bietet, findet eine Verbesserung der Resorption um fast das Doppelte statt. Besonders weitgehend ist die Auflösung der - Zellmembran und (die Minderung des Stoffwechsel-N. Es scheint die Annahme berechtigt, daß bei dem langen Aufenthalt im Darm auch noch “ Anteile der Stoffwechselprodukte nachträglich zur Resorption gelangen. Die Nutzanwendung für die praktische Ernährung liegt nahe. Beim Menschen werden zweifellos solche Fälle langsamer Kotausscheidung bei gut resorbierbarer Kost häufig beobachtet. Die Vermehrung der Resorption würde die Folge sein können. Koch- und Eßsitten sind daher nicht un- - wichtig für die Verwertung der Kost. Die Anwendung von Standard- zahlen für die Verdaulichkeit von Nahrungsmitteln sind demnach nicht - ohme weiteres allgemein verwertbar. Auf die ungleiche Dauer des Auf- - enthaltes der Kotsorten im Darm des Menschen habe ich in dem Artikel über die Ernährung in Leydens Handbuch der Ernährung! aufmerksam gemacht. Schlecht ausnützbare Gemüse können schon 4 Stunden nach der Mahlzeit im Kot erscheinen (z. B. gelbe Rüben), Gebäcke aus feinem Mehl nach 19 bis 31 Stunden, saures schwer verdauliches Brot nach 14 Stunden, Kleiebrot nach 27 Stunden, Makkaroni, Mehlklöße, Kartoffeln nach 19 bis 26 Stunden, Animalien erst nach 3 bis 4 Tagen. Für Kostarten mit überwiegend Vegetabilien ist eine längere Zurück- haltung im Darm beim Menschen nicht anzunehmen, wohl aber bei "Mischungen, wie sie die Kost Wohlhabender aufweist, wenn Animalien, feine Gebäcke, Zucker, Fett als Kostbestandteile vorwiegen. 12. Aufl. Bd. II. S. 128. 180 Max RUBNER: Die häufig beim Menschen vorkommenden individuellen Verschieden- heiten der Ausnützung bei zellmembranreichen Nahrungsmitteln, auf die ich vielfach schon hingewiesen habe, finden zwanglos durch die ungleiche Aufenthaltsdauer des Kotes im Darm eine ausreichende Erklärung. Solche Unterschiede können aber hauptsächlich in Ungleichheiten der Darm- volume, vor allem der unteren Partien des Diekdarms, begründet sein und da Weiterungen des Darmes durch habituellen Genuß schwer ver- daulicher Kost herbeigeführt werden können, ‚‚Angewöhnungserscheinungen“ sein. Für leicht resorbierbare Kost an sich sind sie aber bedeutungslos. Wirkung der Zusätze halbverdaulicher Substanzen. Die Verdaulichkeit halb verdaulicher Zusätze auf die Gesamtaus- nützung liest von Natur aus bei den Zellmembranen vor. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß letztere nicht etwa nur insoweit in Frage kommen, als sie mechanische Hindernisse oder Reizungen des Darmes verursachen oder durch die Gasbildung und der dadurch bedingten Darm- störung, sondern auch damit zu rechnen, daß die Zellmembranen die Träger von löslichen Substanzen sind, die bestimmte Rückwirkungen auf den Darm besitzen. Direkte Zugaben von halbverdaulichem Material zur Nahrung wird beim Menschen und Hund normalerweise nicht in Frage kommen. In der Kriegszeit sind aber solche Zusätze vielfach vorgeschlagen und unberechtigterweise auch beim Menschen versucht worden, wie das Friedenthalsche Strohmehl üblen Angedenkens. Aus meinen Unter- suchungen habe ich nachstehend die Ergebnisse des Zusatzes einer großen Anzahl solcher Holzmehle und Strohmehle auf die Ausnützung des Fleisches beim Hunde zusammengestellt (s. auch diesen Band S. 83). Die mit Stern bezeichneten Versuche betreffen Zellmembranen, welche wenig andere Bestandteile einschließen. Kalorienmenge im Kot pro Tag bei 1000 8 Fleisch und den nachfolgenden Zusätzen (das Unverdauliche abgezogen). Bean siofwechsel Dam Ich l.--Voogelwieken! kan Bra Ks nfee ge 1040-2 2.5 Weizenkeimlinge 2 2 2. ee 53:0 8.0 Birkenholz Ware) en 98-7 AB rkenholz (100) Sure. 62-6 5, *iKartoffelpulpesr er en en rn 64-6 0, BRoceenkemnuineepsen a nn 3 66-2 7. 5Strohpulver me ee 69-7 ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. 181 Betanel She ten ach EIER Be Br RW 76-4 IaRKartoilelalbummanın Zane.ı. DIEDE Eu 71:5 10. *Aufgeschlossenes Streh . . . ..2...... 78-3 11. *Aufgeschlossenes Stroh (unter Druck)... . 79-5 12. *Zellmembran gelber Rüben ....... SET, Br Grobes Spezmehlea nn... ... 0... : 91-3 I Birkenholz oo) er a 94-2 15. *Holzmehl, mit CIH aufgeschlossen . . . . 94-5 16. *Aufgeschlossenes Stroh (alkalischh . . . . 103-5 Be sHTaselmußbschalen un, un. an. tn 103-2 18. *Holzmehl, mit CIH aufgeschlossen .. .. 119-0 19, "Deines Speallamelnl au. usa Ä 146-5 20. *Holzmehl, mit CIH aufgeschlossen . . . . 155-5 Normalerweise sollte der Hund im Durchschnitt der Versuche, die ich mit Fleisch angestellt habe, als der Hund in Gebrauch genommen und kurz ehe er gestorben war, 56 Kalorien im Kote ausscheiden; was also mehr an Kalorien im Kot in der Tabelle verzeichnet ist, bedeutet eine Steigerung der Stolfwechselprodukte, welche letztere durch die Analyse kestimmt wurden, indem von der Gesamtausscheidung alle analytisch faßkaren Körper der Zellmembran und ihre Spaltprodukte zum Abzug gebracht worden sind. Ohne alle Wirkung ist also keine dieser Zell- membranen geblieben; man darf also wohl sagen, daß stets ein Teil der Stoffwechselprodukte auf die Rückwirkung der Zellmembranen auf den Darm bezogen werden muß. Manchmal kommen allerdings auch störend wirkende Spaltprodukte der Zellmembran, also mehr pharmakologische Wirkungen, in Betracht (vgl. Nr. 15, 16, 18, 20), manchmal rein physi- kalische Eigenschaften (vgl. Nr. 19), wie bei dem feinen Spelzmehl, dessen spitze Teile den Darm reizen. Aus den Versuchen lassen sich folgende Schlüsse ‚ableiten: Die Verdaulichkeit von Gemischen von Nahrungsmitteln läßt sich aus der Verdaulichkeit der Bestandteile der Gemische dann ermitteln, wenn zwei animalische Nahrungsmittel miteinander gemischt sind, weniger genau, wenn mit einem vegetabilischen gemengt wird, d.h. die die Komponente _ Eiweiß oder die Kohlehydratgruppen enthalten; sie ergibt sich annähernd aus den additiven Größen der Komponenten. Die Berechnung zeigt dagegen bei Gemengen vegetabilischer Herkunft meist große Abweichungen von der Wirklichkeit, die Gemische verhalten sich günstiger, als aus den Eigenschaften der Komponenten gerechnet wird. Die allgemeine Anwendung bestimmter Faktoren zur Berechnung der Verdaulichkeit eines Nahrungsmittels ist nicht zulässig, wir besitzen kein 182 Max RUBNER: ÜBER DIE VERDAULICHKEIT VON NAHRUNGSGEMISCHEN. - einwandfreies Verfahren, rein rechnerisch für Mischungen die Verdaulich- keitsgrößen anzugeben. E35 Freie Nahrungsstoffe anderer Nahrung zugesetzt, sind manchmal völlig resorbierbar, ohne die übrigen Bestandteile einer Mischung z zu beeinflussen (Fett, Zucker). | Halbverdauliche Zusätze, wie Zellmembran, blue fast ausnahms- los eine Steigerung der Stoffwechselprodukte im Darm, deren Größe von der Natur der zugesetzten Substanz abhängig ist. Bei sehr langer Dauer des Aufenthaltes im Darm kann die Auflösung namentlich von Zellmembranen weit vollkommener sein als bei der durch- schnittlichen Verdauungszeit. { Begünstigt wird eine solche Verlängerung der Aufenthaltsdauer im Darm durch die Deckung eines großen Teiles des Nahrungsbedarfes durch ° Nährstoffe, welche keine Rückwirkung auf die Bildung von Stoffwechsel- produkten haken. Absolute Größeneindrücke und scheinbare Himmelsform. Von Wilh. Filehne. Meine in diesem Archiv, 1917, Physiol. Abtle., S. 197ff., erschienene Mitteilung fordert in zwei Punkten eine Fortsetzung. Einerseits war dort an den irdischen Gegenständen der absolute Größeneindruck ausschließlich für die horizontale Blickrichtung untersucht. Es mußten daher zum mindesten auch für die vertikale Richtung die Verhältnisse des Größen- eindrucks und des kritischen Punktes (Beginn der scheinbaren Ver- kleinerung der Objekte bei Zunahme der Entfernung) berücksichtigt werden. Ferner liegt es nahe, aus den Zahlen des absoluten Größen- eindrucks, den der Mond, d.h. eine kreisrunde Scheibe von 31’ Durch- messer, an den verschiedenen Stellen des scheinbaren Himmelsgewölbes macht, die geometrische Form dieses Gewölbes abzuleiten. Hier haben wir es mit absoluten Maßen am Himmel selbst zu tun, während bei meinen bisherigen Darstellungen dieses Gewölbes als eines halben Rotations- ellipsoides mit Achsenverhältnis 1: 3-77 diese Grundlage fehlte. I. Absoluter Größeneindruck bei vertikaler Sehrichtung. Wir haben erfahren, daß, wenn der frei beweste Blick horizontal ge- richtet ist, nahe mittelgroße und kleine Objekte, z. B. von weniger als 0-5 m Durchmesser, den im wesentlichen richtigen Größeneindruck machen, während mit zunehmender Entfernung dieser Eindruck nieht mehr richtig, sondern verringert ist. „Richtig“ nennen wir den Eindruck, wenn - er im wesentlichen übereinstimmt mit dem Größeneindruck, den wir durch Betasten, Messen, Abschreiten usw. gewinnen. Je kleiner der Durchmesser (Höhe, Länge) des Objekts, in um so geringerer Entfernung („kritischer Punkt‘) beginnt diese scheinbare Ver- _ kleinerung. Bei wachsender Objekteröße wächst der zur Betrachtung mit 184 WiLrnH. nam: freibewestem Horizontal-Blicke erforderliche Abstand so schnell und stark, daß der absolute Größeneindruck nicht mehr richtig, sondern zu gering ist. Mittlere und kleinere Objekte dagegen machen also bis zum kritischen Punkte hin überall den richtigen Eindruck, obwohl sie, je weiter heran sie an den kritischen Punkt gebracht werden, unter ab- nehmendem Sehwinkel erblickt sind. Da aber bis zum kritischen Punkte hin die Entfernung im wesentlichen richtig ausgedeutet wird, so gewinnen wir aus Entfernung und Sehwinkel das Produkt: den richtigen Größen- eindruck. Es wird also in einer gewissen größeren Entfernung bei freibewegtem Horizontal-Blicke jedes Objekt, gleichviel ob groß oder klein, unrichtig, verkleinert gesehen. Bei gegebener (geringerer) Entfernung beginnt die (scheinbare) Verkleinerung bei einer gewissen Kleinheit des Sehwinkels. Je größer die objektive Entfernung, ein um so größerer Sehwinkel ist erforderlich, um die Größe des Objekts noch richtig zu sehen. Je kleiner die Entfernung, um so kleiner darf der Sehwinkel sein zur Gewinnung des richtigen absoluten Größeneindrucks. Die scheinbare Verkleinerung jenseits des kritischen Punktes beruht also auf zwei Umständen: 1. Von einer gewissen Kleinheit des (Sehwinkels bzw.) Netzhaut- bildes an (geringe Zahl der perzipierenden Netzhautelemente) wirkt weitere Verkleinerung des Sehwinkels vermindernd auf den Größen- eindruck.! 2. Von einer gewissen Größe der Entfernung des Objektes an wirkt weitere Vergrößerung der Entfernung vermindernd auf die richtige Ausdeutung der Entfernung und hierdurch ebenfalls vermindernd auf den Größeneindruck. So erklärt sich erstens, daß größere Objekte wegen des größeren erforderlichen Abstandes überhaupt keinen richtigen Größeneindruck liefern, und zweitens, daß bei mittleren und kleinen Objekten der kritische Punkt um so näher dem Auge liegt, je kleiner das Objekt ist. Sobald das (kreisrunde) Netzhautbild einen Durchmesser von weniger als 50’ hat, erscheint das Objekt ausdehnungslos, ohne Größeneindruck, wird aber wie ein Himmelsstern doch ‚gesehen‘, falls es hell genug gegen die dunklere oder dunkel genug gegen die hellere (nicht blendende) Umgebung absticht. Jenes Verschmelzen der beiden Eindrücke von Entfernung und Seh- 1 Wird der Sehwinkel so klein (< 1°), daß Sinus, Bogen und trigonometrische Tangente nicht mehr wesentlich voneinander verschieden sind, so entspricht dann dem halben Sehwinkel ein halb so großer optischer Eindruck, dem Drittel ein ein Drittel so großer usw. Se ET ÄBSOLUTE GRÖSSENEINDRÜCKE UND SCHEINBARE HIMMELSFORM. 185 winkelsröße zu einem absoluten Größeneindrucke an Gegenständen unserer näheren Umgebung ist uns nicht angeboren, sondern durch beständige Erfahrung erlernt. Dies wird erwiesen durch das Verhalten der Kinder in den ersten Lebensjahren und durch die optischen absoluten Größen- eindrücke der durch Operation sehend gewordenen blindgeborenen Er- wachsenen während der ersten Wochen nach der Operation. Ursprünglich wird beispielsweise ein in 35 cm Entfernung unter 20° Sehwinkel gesehenes Objekt für doppelt so groß gehalten wie ein tatsächlich ebenso großes in 70 em Entfernung und dann unter 10° gesehenes. Durch andauernde Übung, durch Abtasten, Messen usw. wird dann allmählich als einheit- liches Resultat der richtige absolute Größeneindruck gewonnen. Diese „Richtigkeit“ kommt aber nur für eine gewisse Nähe zustande, nämlich für den Raum zwischen „‚erforderlichem Abstand‘ und „kritischem Punkt“. Und dieser physiologisch-psychische Vorgang der Verschmelzung der Ein- drücke von Entfernung und Sehwinkel hat dahin geführt, daß wir im naiven Sehen uns des Sehwinkels niemals bewußt werden, unter dem wir die Gegenstände erblicken. Lernfähig aber, wie der Mensch ist, kann er auch dieses erlernen — oder wenn man will: wieder erlernen. Zeichner, Maler, Photographen, Geodäten, Astronomen — überhaupt alle, “die direkt oder indirekt Sehwinkel wahrzunehmen gelernt haben, ‚„‚sehen“ schließlich wie ein neugeborenes Kind oder wie ein vor kurzem erfolgreich operierter blindgeborener Erwachsener einen in 35cm Entfernung vor- gezeigten, unter 20% erblickten Gegenstand doppelt so groß wie einen objektiv ebenso großen, der in 70 cm Entfernung unter 10° zu sehen ist. Indes handelt es sich hierbei nur um eine Frage des Sprachgebrauches. Der Zeichner meint: „Wenn ich von der Wahrnehmung der Entfernung absehe, ist das Bild des ersteren Gegenstandes für mich doppelt so eroß wie das des zweiten; ich habe es also doppelt so groß zu zeichnen.“ Oder: „An und für sich sehe ich den ersteren doppelt so groß, aber bei Beachtung der Entfernungen sehe ich, daß sie beide tatsächlich gleich eroß sind.“ Wenn dagegen ein naiv Sehender, der nicht Zeichner usw. ist, fünf Schritte vor sich einen kleinen Hund und hundert Schritte weiter dessen tatsächlich ebenso großen Bruder sieht, so sind die Größeneindrücke die: der erstere wird an und für sich wesentlich größer gesehen, und es bedarf eines Urteils, um die Gleichheit zu diagnostizieren. Es war vorher für den Zeichner der absolute Größeneindruck von vornherein der, daß die beiden Gegenstände gleich groß sind, obschon ihre Bilder ungleich sind. Dagegen war bei dem Naivsehenden der Größeneindruck der, daß der nahe Hund in seiner richtigen Größe gesehen wird, während der entfernte vielleicht nur ein Drittel so groß erscheint. 185 WıcH. FILEHNE: Aber für Gegenstände, die so weit entfernt sind wie der Mond, und die nur unter 31 Winkelminuten gesehen werden, kommen derartige sprachliche und psychologische Subtilitäten nicht in Frage. Hier „sieht“ der Zeichner und der Nichtzeichner ganz gleich. Für horizontale Blickrichtung (es ist nur der horizontale Blick gemeint) hatten wir angegeben, daß eine in Augenhöhe vertikal stehende kreisrunde weiße Scheibe von 20 em Durchmesser bis in eine Entfernung von etwa 22-5 m einen verhältnismäßig richtigen Größeneindruck macht. Also übt bis hin .zu derjenigen Entfernung, in der der 20 cm lange Durch- messer unter etwa 30%/, Winkelminuten gesehen wird, die perspektivische Verkürzung am zwischenliegenden Fußboden, an den Wänden usw. noch keinen so starken Einfluß, daß — bei einem Sehwinkel von 30%/, Minuten — & der Größeneindruck nicht im wesentlichen richtig ausfiele. Der zur ein- äugigen Betrachtung erforderliche Abstand des Auges (unter Vermeidung von Akkommodation und Sehachsenkonvergenz) von der Scheibe betrug etwa 69 cm. Wie verhält sich alles dieses nun bei vertikal gerichtetem Blicke ? Bei derjenigen Haltung des Kopfes und des Rumpfes, in der man den Zenit zu betrachten pflegt also mit in den Nacken gelegtem Kopfe und, im physiologischen Sinne, „aufwärts“ sgerichtetem Blicke —, beträgt hier der erforderliche Abstand nur 25 bis 30 cm, gegen 65 cm horizontal. ” Und der kritische Punkt liegt nur 67cm vom Auge entfernt, während er für die horizontale Richtung ja 221/, m entfernt ist. # Aus der Verkürzung des erforderlichen Abstandes (im Vergleiche zur horizontalen Betrachtung) erkennt man, daß bei der angegebenen Kopf- und Körperhaltung und Augenstellung Akkommodation und Seh- achsenkonvergenz bei Zenitbetrachtung im Gegensatze zur Betrachtung auf- oder untergehender Gestirne nicht ausgeschlossen ist. 3 Gibt man Rumpf und Kopf eine solche Stellung, daß die Blicklinie bei Zenitbetrachtung rechtwinklig zur Kopfachse steht, so daß also im ° physiologischen Sinne der Blick nicht „erhoben“ ist, so wird der erforder- liche Abstand zwar etwas größer — bis etwa 45 cm —, bleibt aber immer 7 noch wesentlich kleiner als bei horizontaler Betrachtung. Hieraus erkennt man, daß auch dann bei (objektiv) vertikal gerichtetem Blicke in sonst aufrechter, stehender Haltung Akkommodation und Sehachsenkonvergenz nieht auszuschließen, und daß die Zahlen der vertikalen Betrachtungs- weise mit denen der horizontalen nicht unmittelbar vergleichbar sind. Bei der letzterwähnten Körperhaltung rückt für die vertikale Betrachtung der kritische Punkt etwa noch weitere 50 cm vom Auge fort, aber die Entfernung dieses Punktes bleibt auch dann noch nur ein kleiner Bruch- ABSOLUTE GRÖSSENEINDRÜCKE UND SCHEINBARE HIMMELSFORM. 187 teil der für horizontale Richtung gültigen. Und analoges ist für Scheiben mit geringerem und etwas größerem Durchmesser zu melden. Jedenfalls ist aus diesen Beobachtungen zu entnehmen, daß — wie wir schon aus einer Reihe anderer Tatsachen erschließen konnten — in vertikaler Richtung unser räumliches Sehen nur sehr geringfügig und viel weniger ausgebildet ist als in horizontaler Richtung. Die Größe der Entfernung zwischen Auge und kritischem Punkte eines Objekts mittlerer Größe ist eben der Maßstab für den Grad, bis zu dem unser räumliches Sehen ausgebildet ist. Die so besonders weitgehende Aus- bildung unseres räumlichen, vertiefenden Sehens horizontalwärts, die wir unserer Horizontfläche, unserem Fußboden verdanken, auf dem wir leben, uns bewegen und auf dem wir im Sehen gelernt haben, die (dritte, die) Tiefendimension zu dehnen —, sie war die Grundlage meiner Erklärung der scheinbaren Himmelsform und des wechselnden absoluten Größen- eindrucks an Mond und Sternbildern je nach der Höhe über dem Horizont. II. Der absolute Größeneindruck am Monde und die Form des scheinbaren Himmelsgewölbes. Für mur sehr wenige Punkte des Himmels haben wir in unserer vorigen Mitteilung den absoluten Größeneindruck angegeben, den dort der für uns annähernd vollbeleuchtete Mond macht. Nehmen wir — zur Vereinfachung — an, der Monddurchmesser sei genau unter 30’ gesehen. Dann würde ein Himmelsquadrant (= 90°) als durch 180 dieht neben- einander liegende Vollmonde dargestellt genommen werden können. Wenn wir nun für jede dieser 180 Himmelsstellen den absoluten Größeneindruck, den dort der Mond macht, genau festgestellt hätten, so würde die seometrische Form dieses Quadranten sich ohne weiteres ergeben. Es würde aber schon genügen, wenn wir beispielsweise von 9 zu 5° oder auch schon von 10 zu 10° die absoluten Größeneindrücke genau kennten. Diese Überlegung führt. zunächst zu einer Kritik unserer Meßmethode. In ihrem Grundgedanken ist unsere Methode zweifellos richtig. Aber ihre Durchführung ist noch keineswegs das, was: ich erstrebt habe. Die Kriegsverhältnisse haben es mir unmöglich gemacht, mir das erdachte Instrumentarium zu verschaffen. Ich wollte eine Vorrichtung haben nach Art der mikrometrisch verstellbaren Mikroskopblenden oder gewisser Laboratoriumswasserbäder, an denen das Lumen beliebig erweitert und verengert werden kann. Die bis zu 40 cm erweiterbare Öffnung sollte mit Ölpapier überdeckt sein, hinter dem eine regulierbare Beleuchtung "anzubringen war, die in bezug auf Intensität und Farbe nach Belieben 188 Wırs, FILEHNE: variiert werden könnte. Das Ganze sollte nach jeder Richtung. stellbar und mittels Kurbel geradlinig fortbewegbar sein. Dann würde ich den „künstlichen“ Mond diesseits des kritischen Punktes in eine bequeme Entfernung (etwa 3 bis 10 m) unmittelbar neben den natürlichen Voll- mond gesetzt und Größe, Helligkeit und Farbe des künstlichen Mondes so reguliert haben, daß beide Monde in bezug auf Größe, Helligkeit und Farbe den gleichen Eindruck machten. Da dieses alles in der Kriesszeit nicht zu beschaffen war, mußte ich mich in der Weise behelfen, wie ich es in der vorigen Mitteilung gemeldet habe. Sind hierdurch die Resultate auch weniger genau geworden, so bleiben sie zur Entscheidung der Grund- . frage doch brauchbar. Die etwa nötigen Korrekturen dürfen wir der Zukunft überlassen. Seit der Abfassung der vorigen Mitteilung habe ich für mich allein (ohne andere Versuchspersonen) einige weitere Bestimmungen bzw. Kon- trollen angestellt, wobei ich für zwei Himmelsstellen bestimmtere Resultate als früher erhielt. In der folgenden Tabelle kann ich jetzt für 7 Stellen des Himmelsquagranten, das ist für 13 Stellen des Halbmeridians, den absoluten Größeneindruck am Vollmonde angeben, von denen 6 bzw. 12 nach der besprochenen Methode gemessen wurden, während über die Gewinnung des in der Tabelle eingeklammerten Wertes, der den Größen- eindruck des im Zenite stehenden Vollmonds als 7. Stelle angibt, alsbald das Nähere gesagt werden soll. Die Höhen sind vom Horizonte aus genommen. Höhe über dem | Beobachteter absol. Größeneindruck am Vollmonddurchmesser Horizonte in Centimetern 0° 35 220, 33 20 350 15 40° 14 450 13 50° 12 (30°) (9) Zu dieser Tabelle ist folgendes zu bemerken: Der Punkt 22°, 33 ist gewählt, weil ich trotz widersprechender An- gaben anderer Autoren ihn mit Eug. Reimann für den scheinbaren Mittelpunkt des Himmelsquadranten ansehe. Nachdem Rob. Smith (1728) diesen scheinbaren Mittelpunkt bei 23° über dem Horizont angegeben hatte, bestimmte Reimann (1890 bis 1901) ihn für den ganz heiteren Himmel auf 22°, 33.. Seine Einzelbestimmungen sind sehr zahlreich. Die ABSOLUTE GRÖSSENEINDRÜCKE UND SCHEINBARE HIMMELSFORM. 189 wenigen Einzelbestimmungen, die ich am ganz klaren Sternenhimmel unter Benutzung eines an einem Stative angebrachten Pendelquadranten machte, ergaben mir 22° bis 23°. Meine zahlreicheren Bestimmungen ! des mit dem Halbierungspunkte identischen Himmelspunktes, an dem die Vollmondscheibe gegen die Horizontebene um 45° geneigt erscheint, lieferten mir wiederum 22° bis 23%. Die widersprechenden Angaben Anderer, die den scheinbaren Mittelpunkt auf mehr als 30° und selbst mehr als 40° legen wollen, muß ich daher für irrig halten. Eine in meiner vorigen Mitteilung gemachte gelegentliche Bemerkung (5. 221), daß der Monddurchmesser den Größeneindruck von 15cm bei etwa 45° über dem Horizonte mache, beruht auf einem Versehen; es findet dies, wie in obiger Tabelle richtig angegeben ist, bei 35° über dem Horizonte statt. Am Zenit ist in unseren Breiten der Mond nie zu sehen. Als ich im Jahre 1893 in subtropischen Gegenden bei besonders klarer Luft den Vollmond im Zenite und am Horizonte zu sehen Gelegenheit hatte, schätzte ich seinen Durchmesser am Horizonte zu wiederholten Malen auf das nicht ganz Vierfache desjenigen am Zenite. Von verschiedenen unbefangenen, intelligenten und besonnenen Personen, die ich zur Be- obachtung dieses Größenverhältnisses anregte, wurde durchgehends die im wesentlichen gleiche Zahl angegeben: kleiner als 4 und größer als 31/,. Dies sind ja nur Schätzungen, und zwischen den beiden Beob- achtungen lagen 6 Stunden. Wenn ich keine anderen Grundlagen hätte, würde ich für den Mond im Zenite keine Zahl in die Tabelle aufgenommen haben. Da wir übrigens jetzt für den tiefstehenden Vollmond den Durchmesser mit 35cm gemessen haben, so würde für den Mond im Zenite gelten: _ —= 8-7 em ist zu klein und n — 10cm ist zu groß, was also etwa 9cm, wie in der Tabelle, ergeben würde. Da jetzt in der Kriegszeit für mich keine Aussicht besteht, den Mond im Zenite bald zu sehen und zu ‚‚messen‘“, begnügte ich mich damit, am Zenite den absoluten Größeneindruck an Sternenabständen von 1/, bis höchstens 3° zu messen und hieraus den Größeneindruck der 31’ des Monddurchmessers zu berechnen. Dieses Verfahren verlangt aber eine Korrektur, denn ein Sternenabstand von 31’ macht überall am Himmel einen geringeren Größeneindruck als die 31” Monddurchmesser ebendort. Hauptsächlich offenbar wegen der Irradiation erscheint der Durchmesser des hellen Mondes wesentlich größer als der ebensogroße dunkle 1 Dies Archiv. 1915. Physiol. Abtlg. S. 395. 190 Wırn. FiLeHne: Zwischenraum zweier Sterne. Es mußten daher erst hierzulande die absoluten Größeneindrücke von Mond- und Sternenabständen in mög- lichst großer Höhe über dem Horizonte, und zwar Mond und Sternenpaare in gleicher Höhe über dem Horizonte verglichen werden. Unter Benutzung dieser Korrektur erhielt ich für den Mond im Zenite einen absoluten Größeneindruck von wiederum 9em. Diese Überein- stimmung veranlaßte mich, die Zahl 9cm trotz der Unsicherheit einer solchen indirekten Bestimmung in die Tabelle aufzunehmen. Jetzt berechnen wir aus den dort angeführten Zahlen der Größen- eindrücke die zugehörigen in dem Sinne „scheinbaren“ Entfernungen des Mondmittelpunktes vom Augenknotenpunkte, daß diejenigen Entfernungen zu berechnen sind, die — entsprechend unserer vorigen Mitteilung — vor- liegen würden, wenn der Mond in Wirklichkeit die Größe von bzw. 35 cm, 20 em usw. hätte. Mit anderen Worten: es ist die wirkliche Ent- fernung der kritischen Punkte der 35cm, 20 cm usw. im Durchmesser haltenden Scheiben zu berechnen. Es kann dies auch wie folgt ausgedrückt werden: unter Ausschluß aller bewußten Erfahrung und jeden Urteils soll der rein als Ausdruck des zwangsmäßigen räumlichen Sehens sich ergebende absolute Entfernungseindruck festgestellt werden. Für den Horizontradius, d.h. für den unmittelbaren Entfernungseindruck, den der am Horizonte stehende Vollmond auf uns macht, hatten wir in der vorigen Mitteilung ermittelt, daß zu dem absoluten Größeneindruck am Monddurchmesser von 35 em ein absoluter Entfernungseindruck von nur 35-8 m zugehörig ist. Für die gleichschenkligen Dreiecke, deren Spitze der Augenknotenpunkt und in denen der scheinbare Monddurchmesser die Basis ist, berechnen sich die Höhen — das ist die „scheinbaren Entfernungen“ (im besprochenen Sinne) des Mondes an den verschiedenen Himmelsstellen — unter Benutzung des absoluten Größeneindrucks als Basis und des Winkels an der Spitze = 31’ wie folgt: Höhe über dem Horizont | 0° 22%, 33 550 | 400 | 450 , 500 | (90%) Absoluter Größeneindruck nenn 35 20 15 14 13 12 | 9 Berechneter ph: Ent- fernungseindruck in m |) 38-8 | 22-176 | 16-634 | 15- ‚525114. +416 | 13-307 |(9-980) Die Zahlen der unteren Reihe sind also die Radii vectores für die genannten Punkte des ‚rein physiologischen‘ Himmelsgewölbes. Wir be- rechnen jetzt für die gleichen Punkte die Radii vectores, wenn, wie wir ja für erwiesen halten, das Himmelsgewölbe ein Rotationsellipsoid mit Achsen ist, die sich wie 1: 3-77 verhalten, in welchem Falle die 7 Punkte ABSOLUTE GRÖSSENEINDRÜCKE UND SCHEINBARE HIMMELSFoORMm. 191 auf einem Ellipsenguadranten liegen. Wir setzen die große Halbachse auch hier gleich 38-8m. Zum Vergleich sind in folgender Tabelle die soeben für den Himmel aus den Größeneindrücken berechneten Radii vectores beigefügt. [ Höhe über dem Horizont 0° |22°%,33| 35° 40° 45° 50° (90°) Rad. vect. der Ellipse inm | 38.8 | 22.751 | 16.778 | 15.265 | 14-148 | 13.118 (10-291) Rad. vect.ausGrößeneindr. oben berechnet inm . | 38-8 22.176 | 16-634 | 15-525 | 14-416 | 13.307 | (9.980) » Berücksichtigen wir die oben kritisierte Unvollkommenheit unserer - Meßmethode der absoluten Größeneindrücke am Monde, die wir nur nach ganzen Zentimetern bestimmt haben, so ist die Übereinstimmung zwischen Himmelsquadranten und dem Ellipsenquadranten mit Achsen 1:3-77 höchst befriedigend. Die gleiche Übereinstimmung in den Zahlen finden wir denn auch, wenn wir die für das Rotationsellipsoid mit Achsen 1:3-77 zu fordernden Größeneindrücke — d.h. die Grundlinien der gleichschenk- ligen Dreiecke (Augenknotenpunkt — Monddurchmesser = Größeneindruck) — berechnen und mit den von uns gefundenen (ganzzahligen) Größen- eindrücken vergleichen: | Gefundener Größeneindruck Höhe über dem | Für die Ellipse berechneter Horizont Größeneindruck in cm in cm. 0° 35 35 220,33 20-516 20 a 35° 15.130 ; 15 40° 13.765 14 45° 12.758 | 13 507; 11.824 12 (909) (9-28) | (9) Sowohl diese Übereinstimmung in den Größeneindrücken wie die kurz vorker besprochenen in den Radienvektoren geben uns das Recht, hinzustellen: die Form des scheinbaren Himmelsgewölbes, soweit sie durch die absoluten Größeneindrücke bestimmt wird, die an den verschiedenen Himmelsstellen der Mond auf uns macht, ist — mindestens annähernd — ein halbes Rotationsellipsoid, dessen halbe Rotationsachse (Zenithöke) zur halben großen Achse (Horizontradius) sich verhält wie 1 zu 3:77. Eine Verbesserung der Größeneindrucksmessung in der bezeichneten Richtung ist wünschenswert. 192 WILH. FILEHNE: II. Die Winkelstellung des Mondbildes zur Horizontebene. In einer Veröffentlichung! aus dem Jahrgange 1915 stellte ich die Behauptung auf, daß der halb auigegangene Vollmond rechtwinklig zur Horizontalebene zu stehen scheine. Ich dachte, niemand könne und werde dies bestreiten. Ist dies zugegeben, so steht also das scheinbare Himmels- sewölbe, soweit es durch die Erscheinungsweise des Vollmonds bestimmt ist, — oder wie es seit v. Sterneck? (1906) bis in die neueste Zeit (1918) z. B. bei H. Witte® und Al. Müller“ unter Beiseitelassung des absoluten Entiernungseindruckes Brauch geworden ist zu sagen: so steht also die Referenzfläche des Mondes senkrecht zur Horizontebene. Nun steht, wenn eine Halbkugel mit ihrer Schnittfläche auf einer Ebene auf- liegt, die gekrümmte Fläche der Halbkugel rechtwinklig zur Ebene; das gleiche gilt für die Hälfte eines in dem Rotationsäquator durch- schrittenen Rotationsellipsoids; nicht dagegen gilt dies für die Kalotten (Kappen; einer Kugel cder eines Paraboleids, eines Hyperholoids, deren Schnittebenen einen spitzen Winkel? mit der gekrümmten Fläche bilden. Wenn es alsc richtig ist, dab die Referenzfläche des Mondes und daher auch das scheinbare Himmelsgewölbe rechtwinklig auf der Horizont- ebene steht, so können die drei genannten Kalotten die Himmelsform nicht darstellen, wohl aber Halbkugel und halbes: Rotationsellipsoid. Da nun die Halbkugel, wie allerseits anerkannt ist, nicht die Form des Himmelsgewölbes ist, so könnte von den genannten fünf Formen lediglich das halbe Rotationsellipsoid zur Erörterung kommen. Ich hätte daher wohl erwarten dürfen, daß ein Autor, der nunmehr die Rotations- ' ellipsoidge. talt der Mondreferenzfläche nicht anerkennen und über Kugel- kalotte usw. noch verhandeln will, zuvörderst den Nachweis bringen werde, daß die zur Horizontebene rechtwinklige Stellung des halb aufgegangenen Vollmondbildes, die mir so unbestreitbar erschienen war, ein Irrtum von meiner und meiner Versuchspersonen Seite gewesen ist. Aloys Müller kat in seinem erwähnten Werke dieser meiner Erwartung nicht ent- sprochen. Solange aber jener rechte Winkel nicht als Irrtum erwiesen ist, kann von den genannten fünf Formen nur das halbe Rotationsellipsoid 1 Dies Archiv. 1915. Physiol. Abtlg. S. 373, spez. S. 390. - » 2 Wiener Berichte. 1906. Math.-phys. Kl. Bd. CXV. 8. 547. . 3 Physikalische Zevtschrift. 1918. Nr.T. S. 142. ” N Aus Die Wissenschaft. Braunschweig, Fr. Vieweg u. Sohn, 1918. „Diez Referenzflächen des Himmels und der Gestirne.“ a 5 Bei der Kugelkalotte hätte für den Himmel der Winkel nicht: ganz 32° zu sein. — Die Unzulässigkeit der Kugelkalotte hatte ich dies Archiv 1912. Physiol. Abtlg. 8. 9ff. nachgewiesen. wi. Be 7 4 ee FG F Dt u Br Z- A ze N 22 2 = ABSOLUTE GRÖSSENEINDRÜCKE UND SCHEINBARE HIMMELSFORM, 193 dem Himmelsgewölbe als Form zuerkannt werden. In früheren Arbeiten habe ich gezeigt, daß dieses infolge der Art unseres räumlich horizontal vertiefenden Sehens entstehen mußte. Im Jahrgang 1915 dieses Archivs wies ich nach, daß es tatsächlich entsteht. Und jetzt hat sich aus den absoluten Größeneindrücken am Monde ergeben, daß diese Größenzahlen mit den Maßen eines halben Rotationsellipsoids, dessen Achsen sich wie 1:3-77 verhalten, durchaus übereinstimmen. Wenn wir eine Kugel betrachten, die, wie der Mond, unter etwa 31’ gesehen, so weit von uns entfernt ist, daß wir sie nur flächenhaft und nieht dreidimensional wahrnehmen, so stellt für uns ihr Bild die winkel- oleiche Projektion der Kugel auf unsere Sehfläche dar. Dementsprechend steht die Verbindungslinie zwischen unserem Augenknotenpunkte und deni Kugel- (bzw. Sckeiben-) Mittelpunkte, das ist unsere Blicklinie, recht- winklig auf der Scheibe, als die wir die Kugel wahrnehmen. Ist hierbei unser Blick horizontal gerichtet, d.h. steht der Mittelpunkt der Scheibe uns horizontal gegenüber; wie am auf- oder untergehenden Monde, so steht also die Scheibe senkreeht zu unserer horizontalen Blicklinie, also. auch zu der ihr parallelen Horizontebene. Daher kann die Referenzfläche des Mondes nur senkrecht zur Horizontebene aufstehen. Was aber für den Mond und seine Referenzfläche gilt, trifft auch für die Sonne und für (kleine) Sternbilder und deren Referenzflächen, d.h. für das schein- bare Himmelsgewölbe zu. Also steigt dies rechtwinklig von der Horizontebene auf. Und solange keine andere rechtwinklig aufsteigende sekrümmte F Fläche als zutreffender nachgewiesen ist, werden wir an dem halben Rotationsellipsoid festhalten müssen. n Was die Beziehung zwischen absolutem Größen-, absolutem Ent- fernungseindrucke am Monde und scheinbarer Länge des Himmels- quadranten betrifft, so gilt hier das für den Horizont in er vorigen Mitteilung, S. 211 unten bis 213, Gesagte. IV. Scheinbare Himmelsform und Atmosphäre. In der Diskussion der uns beschäftigenden Probleme darf nicht auber- acht gelassen werden, daß folgende Alternative vorliegt: entweder ist die je nach der Himmelsstelle wechselnde ‚Größe‘ der Gestirne und die . abgeflachte Form des „Himmelsgewölbes‘‘ durch die Eigenart unseres Sehens bedingt, also eine Funktion zentraler nervöser Apparate, oder sie ist durch die objektiven Netzhautbilder, also durch äußere Wirk- Archivf.A.u. Ph. 1918 Physiol. Abtle. 13 194 :- WiırH. FILEHNE: ABSOLUTE GRÖSSENEINDRÜCKE USW, lichkeit einschließlieh des dioptrischen Apparates verursacht. Für den ersteren Zusammenhang bin ich seit 1894 eingetreten. Ist meine Auf- fassung, der sich Felix Bernstein! 1903/4 angeschlossen hat, richtig, so folgt daraus beispielsweise nicht, daß am helleren, ganz klaren Tages- himmel die Form des scheinbaren Himmelsgewölbes in allen Maßen senau dieselbe sein müsse wie am ganz klaren mmder hellen (mondlosen) Sternenhimmel. Denn unser Sehorgan reagiert auch sonst auf große Helligkeitsunterschiede. Und andererseits darf aus dem Bestehen gering- fügiger quantitativer Unterschiede zwischen hellem Tageshimmel und klaren Sternenhimmel nicht geschlossen werden, meine Auffassung sei unrichtig. Die Frage ist vielmehr: Was ist das Ursprüngliche, das Entscheidende ? Und dies ist eben die Entwicklungsart unseres räumlichen. Sehens. Daß die Helligkeit und ebenso die meteorologischen Verhältnisse de: Atınosphäre einen gewissen, aber gerincen ändernden Einfluß auf den Ort der scheinbaren Himmelsquadrantenmitte und also auf die scheinbare Form des Himmelsgewölbes ausüben, hat schon Eug. Reimann 1890, 1891 und 1901 gezeigt. Aber bei allen atmosphärischen Zuständen zeigen ich : doch jene sogenannten „optischen Täuschungen“ qualitativ im gleichen Sinne. Und es liegt stets — mit geringen quantitativen Unter- schieden — der scheinbare Mittelpunkt des Himmelsquadranten dem Horizonte wesentlich näher als dem Zenite. Wir würden also, wenn wir ohne Atmosphäre leben könnten, auch ohne zwischenliegende Atmosphäre unser räumliches Sehen und also auch die entsprechenden ‚„Täuschungen“ haben; selbstverständlich würde beispielsweise die Refraktion weefallen und alles das, was die Atmosphäre und ihre meteorologischen Zustände ' am Netzhautbilde ändern. Indes soll hierauf diesmal nicht eim- gegangen werden, ebensowenig wie auf die geringfügigen Modifikationen bei Betrachtung des Himmels von größerer Aussichtshöhe bzw. bei er- weitertem Horizonte. - 1 Zeitschr. für Psychol. u. Physiol. der Sinnesorgane. 1904. Bd. XXXIV. 8. 132. NER Jeitschriften aus dem Verlage von VEIT & COMP. in LEIPZIG. Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten. Herausgegeben von : Prof. Dr. C. Flügge, und Prof. Dr. F. Neufeld, Geh. Med.-Rat und Direktor Geh. Med.-Rat und Direktor des Instituts a yesolschen Instituts der Universität für Infektionskrankheiten ‚‚Robert Koch‘ in Berlin, Die „Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten‘ erscheint in zwanglosen Heften. Die Verpflichtung zur Abnahme erstreckt sich auf einen Band im durchschnitt- liehen Umfang von 30—35 Druckbogen mit Tafeln; einzelne Hefte sind nieht käuflich. Skandinavisches Archiv für Physiologie. Herausgegeben von Dr. Robert Tigerstedt, 0. 6. Professor der Physiologie an der Universität Helsingfors. Das „Skandinavische Archiv für Physiologie“ erscheint in Heften mit Ab- - bildungen im Text und Tafeln. 6 Hefte bilden einen Band. Der Preis des Bandes beträgt 22 #. elsestcnsranfeauschläe bis auf weiteres 30°/,. Centralblatt für praktische AUGENHEILKUNDE, Herausgegeben von Prof. Dr. J. Hirschberg in Berlin. Preis des Jahrganges (12 Hefte) 15 %; bei Zusendung unter: Streifband direkt von der Verlagsbuchhandlung 15 .% 80 2. Das „Oentralblait für praktische Augenheilkunde‘ vertritt auf das Nachdrück- lichste alle Interessen des Augenarztes in Wissenschaft, Lehre und Praxis, vermittelt den Zusammenhang mit der allgemeinen Medizin und deren Hilfswissenschaften und gibt jedem praktischen Arzte Gelegenheit, stets auf der Höhe der rüstig fortschrei- tenden Disziplin sich zu erhalten. -DERMATOLOGISCHES CENTRALBLATT. INTERNATIONALE RUNDSCHAU . AUF DEM annrl DER HAUT- UND GESCHLECHTSKRANKHEITEN. Herausgegeben von Prof. Dr. Max Joseph in Berlin. "Monatlich erscheint eine Nummer. Preis des J ahrganges, der vom Oktober des - einen bis zum September des folgenden Jahres läuft, 15 .%. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- und urlandes sowie direkt von der Verlagsbuchhandlung. Neurologisches Centralblatt. Übersicht der Leistungen auf dem Gebiete der Anatomie, Physiologie, Pathologie und Therapie des Nervensystems einschließlich der Geisteskrankheiten. Begründet von Prof. E. Mendel. Herausgegeben von Dr. Kurt Mendel. Monatlich erscheinen zwei Hefte zum Preise von 20 .% halbjährig. Gegen ‚Einsendung des Betrages direkt an die Verlagsbuchhandlung erfolgt regelmäßige Zusendung unter Streifband nach dem In- und Auslande. ARCHIV ANATOMIE UND PINSIOL« GE, "Fortsetzung des von Reil, Reil und Anlen ieh. gi F. Meckel, Toh. une, ; Beichert und du Bois-Reymond herausgegebenen er 3 ‚ erscheint jährlich in 12 Heften (bezw. in > mit Figuren im Ten und zahlreichen Tafeln. 6 Hefte entfallen auf die zul Abteilung und 6 auf die physiologische hi Abteilung. A Der Preis des Jahrganges beträgt 54 M. Verlagsteuerungszuschlag bis auf weiteres 300. ER di Auf die anatomische ee (Archiv für Anstonin höre onen von Dr. Wilhelm v. Waldeyer-Hartz, Dr. Hans Virchow und Dr. Paul Röthig in Berlin) ° sowie auf die physiologische Abteilung (Archiv für Physiologie, herausgegeben von Dr. Max Rubner) kann besonders abonniert werden, und es beträgt bei Einzel- bezug der Preis der anatomischen Abteilung 40..%, der Preis der physiologischen Abteilung 26.%. Verlagsteuerungszuschlag bis auf weiteres 30%). EN Bestellungen auf das vollständige Archiv, wie auf die einzelnen Abteilongen i | nehmen alle Buchhandlungen des In- und Auslandes Bien A Die Verlagdhuehnalane Veit & Comp. in Leipzig. Bi t 3 { } 2 Metzger & Wittig, Leij Be... un 8 1924 Physiologische Abteilung. 1918. V.u. VI. Heft. Pe RLDEE | f 71333 BI ARCHIV FÜR | ANATOMIE UND PHYSIOLOGIE, FORTSETZUNG DESVONREIL, REILv. AUTENRIETH, J. F.MECKEL, JOH.MÜLLER, REICHERT rt. DU BOIS-REYMOND- HFRAUSGEGEBENEN ARCHIVES. HERAUSGEGEBEN VON Dr. WILHELM von WALDEYER-HARTZ, PROFESSOR DER ANATOMIE AN DER UNIVERSITÄT BERLIN UND Dr. MAX RUBNER, PROFESSOR DER PHYSIOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT BERLIN. JAHRGANG 1918, —— PHYSIOLOGISCHE ABTEILUNG. — -- FÜNFTES UND SECHSTES HEFT. MIT FÜNFUNDZWANZIG FIGUREN IM TEXT UND EINER TAFEL. - LEIPZIG, VERLAG VON VEIT&COMP. 1919 = Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes. Inhalt. Seite Arnr Konrrausch, Die Netzhautströme der Wirbeltiere in Abhängigkeit von der Wellenlänge des Lichtes und dem a des en I. (Hieran Tat.) 0.50. Dar A Sole): - WILHELM: FiLzane, Der Größeneindruck an gleichen! a eich ge- richteten Ben NEN Se ae a Bere Dee Te ee ee RD Die Herren Mitarbeiter erhalten dreißig Separat-Abzüge ihrer Beiträge Brause und 30 # Honorar für den en, zu 16 Seiten. Beiträge für die anatomische Abteilung sind an Professor Dr. Wilhelm v. Waldeyer-Hartz' oder an Professor Dr. H. Virchow oder an Dr. P. Röthig, sämtlich in Berlin N.W., Luisenstr. 56, Beiträge für die physiologische Abteilung an Professor Dr. Max kubner in Berlin W,, Kurfürstendamm 241" ri portofrei einzusenden. — Zeichnungen zu Tafeln oder zu Holzschnitten sind auf vom Manuskript getrennten Blättern beizulegen. Bestehen die Zeichnungen zu Tafeln aus einzelnen Abschnitten, so ist, unter Berücksichtigung der Format- _ verhältnisse des Archives, eine Zusammenstellung, die dem Lithographen als Vorlage für die Anordnung dienen kann, beizulegen. Die Netzhautströme der Wirbeltiere in Abhängigkeit von der Wellenlänge des Lichtes und dem Adaptationszustand des Auges. 1. Von Arnt Kohlrausch, Oberassistent am Institut. (Aus dem Physiologischen Institut der Universität Berlin, physikalische und sinnesphysiologische Abteilung.) Mit 19 Figuren im Text und Taf. I. . Inhaltsübersicht. A. Zur Einführung: I. Geschichtliches. S. 195. — II. Eigene frühere Unter- suchungen: a) an Fröschen. 8.202; b) an Eulen und Tauben. 8.205. — B. Eigene jetzige Untersuchungen: I. Vergleich verschiedener Wirbeltiere.. 8.208. — II. Vergleich bei Dämmerungs- und Tagessehen an demselben Tier. 8.212. — III. Die Analyse der Netzhautstromkurve an der Taube. 8.218. a) Teilstrom III. 8.220. b) Teilstrom I und II. S.224. .c) Die Synthese deı Stromkurve aus den Teilströmen. 8.225. — IV. Die Teilströme bei Amphibien und Säugern. 8.229. — V. Zusammen- fassung der Tatsachen. 8.232. — C. Theoretisches. S. 234. A. Zur Einführung. I. Geschichtliches. Die im folgenden bearbeitete Frage: Läßt sich die qualitativ ver- schiedene Wirkung des Lichtes auf die Netzhaut an den Aktionsströmen nachweisen und des näheren untersuchen ? ist so alt wie unsere Kennt- nis von den Netzhautströmen. Als erster hat sie der Entdecker der Ströme (1865), Frithiof Holmgren!, selbst gestellt. Da Holmgren in seiner kurzen kritischen Erörterung der Frage auch schon den einen Arbeitsweg andeutet, auf dem später mehrfach Erfolge erzielt wurden, nämlich die vergleichende Untersuchung der Tag- und Nachtvögel, seien seine Worte hier angeführt: ! Frithiof Holmgren, Uniers. a. d. physiolog. Inst. d. Umivers. Heidelberg. 1880. Bd. IH. H.3 bis 4. 8. 326. 13* = 196 ARNT KoHLRAUSCH: „Da nun die Farbenlehre eine so große und hervorragende Stelle in der Physiologie der Retina einnimmt, so drängt sich ganz natürlich die Frage auf, ob die hier angedeutete Methode (die Untersuchung der Aktions- ströme) in Aussicht stellt, in dieser: Richtung etwas leisten zu können. Die Frage nach der Farbe ist eine Frage nach der Qualität in unserer Sinnes- empfindung, und der Bussolmagnet vermag nur über Stärke und Richtung. des Stromes Auskunft zu geben. Es scheint also, als hätte man es hier mit inkommensurablen Größen zu tun, und daß somit eine Prüfung’ der Farben- theorie nach dieser Methode eine Unmöglichkeit wäre. Auf der anderen Seite gibt es aber zwei Tatsachen, welche für die Möglichkeit sprechen, eine solche Größe, wie die Farbe für die Messung mit quantitativem Maße zugänglich zu machen. Diese Tatsachen sind einerseits die Farbenblind- heit und auf der anderen Seite die von Max Schultze erwiesene An- ordnung der angeblich farbenempfindenden Organe der Vögel, nämlich die Verteilung der Farbenempfindung auf verschiedene Zapfen.“ Entsprechende Versuche hat Holmgren nicht veröffentlicht. Auch die nach anderen Richtungen ziemlich umfangreiche Literatur über die Netzhautströme enthält’ in den nächsten vier Jahrzehnten kaum Untersuchungen über die qualitativen Beziehungen zwischen Lichtreiz und Aktionsstrom. Dagegen ist die Frage nach der quantitativ ver- schiedenen Wirkung der homogenen Lichter häufig bearbeitet und bis zu einem gewissen Grade geklärt. Nur so weit die Literatur sich auf Farben- untersuchungen erstreckt, sollen die Tatsachen hier kurz angeführt werden.” Daß die verschiedenfarbigen Lichter sich bezüglich der Größe ihres .° photoelektrischen Effektes voneinander unterscheiden, hat man gesehen, so lange man ihre Wirkung auf die Tiernetzhaut mit Hilfe der Aktions- ströme untersucht hat. Mit gelbem Licht erhielten Dewar und M’Kend- rick? und später Waller? am Frosch, Chatind an Insekten, Krustazeen und Mollusken stets die größten Ausschläge des Galvanometers, geringere mit grünem, die schwächsten mit blauem und rotem. Diese älteren Ver- suche leiden jedoch daran, daß die farbigen Reizlichter zum großen Teil durch Lichtfilter gewonnen wurden; diese Methode ist für qualitative Ver- 2 Vollständige Literaturzusammenstellungen: Piper, Dies Archw. 15. Physiol. Abtlg. Suppl. 8. 133; 1911. 8. 86. v. Brücke u. Garten, Pflügers Archiv. 1907. Bd. CXX. S.29. Einthoven u. Jolly, Quart. journ. exp. physiol. 1909. Vol.I. p.373. Trendelenburg, Ergebnisse d. Physiol. 1911. 11. Jahrg. 8.1. 3 Dewaru. M’Kendrick, Transact. Royal Soc. Edinburg. 1876. Vol. XXVI. p. 154f. * Waller, Die Kennzeichen des Lebens vom Standpunkte elektrischer ‚Unter- suchungen. Übers. Berlin 1905. S. 46. = 5 Chatin, Compt. rend. de l’ Acad. des Sciences. 1880. T.XC. p.4l.. Adır ; = » ERTEILT EI De WE FR äh a 1 REN OAFTZ re ee Re Er HE 20,00. > En 2) 7 22. 2 Die NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 197 suche unter Umständen brauchbar, für den quantitativen Vergleich der einzelnen Lichter, wenigstens so wie er von den älteren Untersuchern an- gestellt wurde, ziemlich unbrauchbar. Denn einmal ist der schmale Be- zirk des Gelb durch Lichtfilter auch nicht annähernd rein zu erhalten, und zweitens arbeitet man mit einem ganz willkürlichen Intensitätsver- hältnis der Lichter zueinander, das je nach der größeren oder geringeren Lichtabsorption durch die verschiedenen Filter wechselt. Für diese Art quantitativer Versuche sind Spektrallichter zu verwenden, die in ihrem Intensitätsverhältnis zwar nicht exakt, für die vorliegenden Zwecke aber wohl mit hinlänglicher Genauigkeit durch die Art des Spektrums und der Lichtquelle definiert sind. Erst durch Himstedt und Nagel® wurde die quantitative photo- elektrische Wirkung der verschiedenfarbigen Lichter auf die Froschnetz- haut klargestellt. Sie benutzten zur Reizung die Lichter des Gaslicht- dispersionsspektrums in dem Intensitätsverhältnis, das diese bei einer bestimmten konstant gehaltenen Spaltbreite in dem Spektrum besaßen. Das Auge wurde mit einer Reihe aus dem Spektrum ausgeschnittener prak- tisch homogener Lichter gereizt. Die Kurve der als Funktion der Wellen- länge in ein Koordinatensystem eingetragenen Galvanometerausschläge gab für das Froschauge die Verteilung der photoelektrischen Reizwerte in dem untersuchten Spektrum. Am dunkeladaptierten Auge lag bei schwachen Liehtreizen der Gipfel der Reizwertkurve bei 544 uu (Grün), am helladap- tierten Auge und bei starken Reizen bei 590 uu (Gelb). Aus der Ähnlich- keit dieser Reizwertverteilung mit der des Menschen bei Dämmerungs- und Tagessehen schließen Himstedt und Nagel unter Anwendung der „Duplizitätstheorie‘“, daß unter den Bedingungen des Dämmerungssehens die Stäbchen, unter denen des Tagessehens die Zapfen der Heunec ietzhaut in Erregung versetzt werden. Mit ähnlicher Methodik hat dann Piper”? im Nernstlichtdispersions- spektrum die Reizwertverteilung an verschiedenen Tieren festgestellt. Bei Cephalopoden (Eledone moschata) fand er das Maximum im Blaugrün, etwa bei 500 uu; an hell- und dunkeladaptierten Fröschen konnte er die Befunde von Himstedt und Nagel bestätigen. Ferner hat Piper Tag- und Nachtvögel und Säugetiere untersucht. Er fand am Nachtvogelauge eine erhebliche Empfindlichkeitszunahme bei Dunkelaufenthalt und das Maximum der Reizwertkurve im Grün, am Tagvogelauge kaum Empfind- liehkeitszunahme bei Dunkelaufenthalt und das Maximum im Gelb, also 6 Himstedt u. Nagel, Berichte d. Naturforschenden Ges. Freiburg i. B. 1901. Bd. XI. 8.153. ? Piper, Dies Archiv. Physiol. Abtlg. 1904. S. 453 und 1905. Suppl. 8.133. 198 ARNT KOHLRAUSCH E übereinstimmend mit den Befunden am Frosch und der Helliekeitsver- teilung am Menschen, bei Dämmerungs- bzw. Tagessehen. Am Säugetier ließ sich außer in einem Fall (Kaninchen) stets nur die für das Dämmerungs- sehen charakteristische Reizwertverteilung bei Hell- wie Dunkeladaptation finden. Daß es ihm nicht gelungen ist, am Säugerauge die Zapfenfunktion nachzuweisen, erklärt Piper dadurch, daß man bei dem großen Über- gewicht der Stäbchenzahl auch im Hellauge vorwiegend die den Stäbchen entsprechenden Ströme ableitet. Diese quantitativen Beziehungen zwischen Wellenlänge und Netz- hautstrom lassen sich nach Ansicht von Himstedt und Nagel und von Piper ohne viel Zwang der Duplizitätstheorie unterordnen. Über die Qualität der Lichtwirkung sind nur ganz Vereinzelte Ver- suche an den Netzhautströmen angestellt. Waller® und nach ihm de Haas? haben am Frosch verschiedene Farben, speziell Komplementärfarben, unter- sucht. Sie fanden, daß bei allen Farben die Aktionsstromrichtung die gleiche ist und daß das mit einer Farbe übermäßig gereizte Auge auch für die Kom- plementärfarbe, wie für alle anderen Farben die gleiche Ermüdung, d.h. Abschwächung der photoelektrischen Wirkung zeigt. de Haas vermutet nach diesem Versuchsergebnis, das Froschauge sei total farbenblind. Die bisher angeführten Untersuchungen sind alle mit langsam reagie- renden Instrumenten, Drehmagnet- oder Drehspulengalvanometern aus- geführt. Als erster hat Gotch10 mit einem schneller reagierenden Instru- ment, dem Kapillarelektrometer, gearbeitet und am Frosch genauere Ver- suche über den zeitlichen Ablauf des Aktionsstroms, d.h. die Form der Stromkurve angestellt. Als Reiz benutzte er das Interferenzspektrum des Bogenlichtes. Gotch macht von allen Autoren als einziger Angaben über geringe Kurvenformdifferenzen bei den verschiedenen Farben. Bei rotem Licht sah er die längsten Latenzen zwischen Reiz- und Strombeeinn, etwas kürzere bei Violett, die kürzesten bei Grün und Weiß; bei Blau verlief der Stromanstieg etwas steiler und es mußte zur Ausbildung des Verdunkelunes- ausschlags die voraufgehende Belichtung länger dauern. Gotch beschreibt jedoch seine Technik so unvollständig, daß nirgends daraus hervorgeht, ob er die bei den Spektrallichtern vorhandenen Intensitätsunterschiede, die erhebliche Differenzen des Kurvenverlaufs, und zwar in der von ihm 8 Waller, s. Anm.4. 8.46. °de Haas, Lichtprikkels en Retinastroomen in hun quantitatie? verband. Dissertation. Leiden 1902. p. 69. i 10 Gotch, Journal of physiol. 1903. Vol. XXIX. 8.388; 1904. Vol. XXXL p- 10 bis 28. DiE NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 199 geschilderten Weise bedingen, nach irgendeinem Prinzip ausgeglichen hat. Daher ist bei seinen Versuchen schwer zu entscheiden, wie weit die ge- fundenen Kurvenunterschiede auf Qualität, wie weit auf verschiedene Intensität der Lichter zurückzuführen sind. Ishihara!! belichtete das Froschauge unter anderem abwechselnd mit roten und grünen Lichtern, die er teils durch heterochrome Photometrie in ihrer Hellickeit für das Menschenauge, teils in ihrer elektromotorischen Wirksamkeit für das Froschauge ausgeglichen hatte; er verwertet die Resultate im Sinne der von Exner!? vertretenen Anschauungen über die spezifischen Empfindungen des Gesichtssinnes für Veränderungen und hält die markanten Anfangs- und Endschwankungen der Stromkurve für die elektrische Begleiterscheinung dieser Veränderungsempfindungen. Einthoven und Jolly!® betonen in ihrer Arbeit, in der sie die Ent- stehung des komplizierten Stromverlaufs am Frosch durch Superposition von drei Teilströmen erklären, daß ihre Vermutung, sie würden Kurven- unterschiede bei Reizung mit Licht verschiedener Wellenlänge finden, durch die Versuche nicht bestätigt wurde. Da ich in mehreren Untersuchungen gezeigt habe, und auch aus den folgenden Versuchen hervorgeht, daß eine qualitativ verschiedene Licht- wirkung an den Aktionsstromkurven sehr gut nachweisbar, bei manchen Tieren sogar außerordentlich auffallend ist, so liegt es nahe, nach einer Erklärung für die eben beschriebenen — mit Ausnahme von Gotch — negativen Ergebnisse zu suchen. Sie liegt meiner Ansicht nach darin, daß serade diese Versuche stets am Frosch angestellt wurden; denn beim Frosch sind die qualitativen Kurvenunterschiede so. wenig hervorstechend, dab man sie nur unter günstigen Bedingungen — schnell reagierendes Instru- ment und große Registriergeschwindigkeit — zu sehen bekommt. Eine wichtige Tatsache haben die mit weißem Licht und dem Saiten- salvanometer ausgeführten vereleichenden Untersuchungen von v. Brücke und Garten“ und von Piper" sichergestellt, daß nämlich der kompli- zierte Aktionsstrom der Netzhaut in der ganzen Wirbeltierreihe prinzipiell denselben Verlauf hat. Bei der üblichen Methode der Ableitung zum Gal- vanometer (vel. Fig. 6) — eine Elektrode in der Gegend des hinteren Augen- pols, die andere auf der Kornea, die Pupille freilassend — findet man in 11 Ishihara, Pflügers Archiv. 1906. Bd. CXIV. S. 598ff. 12 Exner, Psychische Erscheinungen. 1894. S. 185ff. 13 Einthoven u. Jolly, s. Anm. 2. Kapitel III, 3. 12 y, Brücke u. Garten, s. Anm. 2, S. 347. 15 Piper, s. Anm.2. Bd.1911. S. 85. 200 ARNT KOHLRAUSCH: der Regel eine allerdings selten ganz konstant bleibende Potentialdifferenz von etwa d bis 10 Millivolt zwischen beiden Elektroden, den sog. Dunkel- oder Ruhestrom. Und zwar ist, bezogen auf den äußeren Ableitungskreis, die hintere Elektrode negativ gegen die vordere; der Dunkelstrom fließt also von der Kornea zur Retina durch das Galvanometer und umgekehrt durch das Auge. Belichtet man nach Kompensation des Dunkelstroms das Auge, so entsteht der Aktionsstrom, eine mehrere typische Schwan- kungen zeigende Verstärkung dieses Dunkelstrompotentials um etwa 0-3 bis 1 Millivolt, die nach Verdunkelung wieder verschwindet. Die. Ver- stärkung des Ruhestrompotentials wird mit positiver, eine Abschwächung mit negativer Aktionsstrom bezeichnet. Fig. 1. Der Verlauf des Netzhautstromes bei den Wirbeltieren. Von links nach rechts zu lesen; D Dunkel, L Lichtreiz; aa Dunkelstrompotential, db negativer Vorschlag, c positive Eintrittsschwankung, d Senkung, e sekundäre Erhebung, f positive Ver- dunkelungsschwankung. Der Aktionsstrom hat nun nach den soeben genannten Autoren und “meinen eigenen Erfahrungen an allen bisher untersuchten Wirbel- tieren im Prinzip denselben Verlauf, wenn man absieht von den geringfügigen Besonderheiten, die für die einzelnen Tierarten charakte- ristisch sind. Voraussetzung hierfür ist, daß man mit weißem Reizlicht an lebensfrischem Tiermaterial und bei dem geeigneten Adapta- "tionszustand (vgl. B. Illa) des Tieres untersucht. Der Kurventypus des Netzhautstroms, den man bei Registrierung mit dem Saitengalvanometer erhält — Abszissen — Zeit, Ordinaten =E.M.K. —, ist in Fig. 1 dar- gestellt, und zwar findet man die ausgezogene Kurve bei Fischen, Am- phibien, Reptilien und Vögeln, die gestrichelte Abweichung bei Säuge- tieren. D bedeutet Dunkelheit, Z die Dauer des Lichtreizes, aa ist das Dunkelstrompotential. Auf die Belichtung folgt nach einem kurzen Latenz- stadium der negative Vorschlag" 5; er fehlt bei Säugern, an anderen 16 Diese Bezeichnungen für die einzelnen Stromschwankungen sind von v. Brücke und Garten eingeführt. Die NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 201 "Tieren nur bei schwacher Reizung. ce ist die positive Eintrittsschwan- kung, auf welche eine Senkung d folgt. Darauf steigt der Strom mehr Reizung lange stehen bleiben kann. Nach Verdunkelung folgt auf ein Latenzstadium bei Fischen bis hinauf zu den Vögeln eine positive Ver- ‚dunkelungsschwankung /, bei einer Reihe von Säugetieren eine nega- tive, worauf der Aktionsstrom allmählich bis auf den Dunkelstromwert a zurückgeht. Außer dieser typischen Abweichung bei Säugern unterscheiden sich noch - Kalt- und Warmblüter bezüglich der Ablauisgeschwindigkeit des Vorgangs. Bei Kaltblütern dauert es bis zur maximalen Ausbildung der sekundären "Erhebung etwa 40 bis 50, bei Warmblütern etwa 3 bis 5 Sekunden. 3 Die sehr stark von diesem allgemeinen Wirbeltiertypus abweichenden — Stromkurven, die ältere Untersucher bei Reizung mit weißem Licht an einer Reihe von Tieren beschrieben haben, die dann in vielen Literatur- zusammenstellungen in Text und Zeichnung wiedergegeben sind? und die das ganze Gebiet höchst unübersichtlich machen, weil scheinbar jede -Wirbeltierart ihren besonderen, noch dazu wechselnden Stromverlauf hat — —.alle diese ausgesprochenen Besonderheiten sind nachweislich auf Schädigung bzw. Absterben des Versuchsobjektes zurück- zuführen. An geschädigten Tieren verschwindet ganz allgemein zuerst - die positive Eintrittssehwankung, so daß der Aktionsstrom mehr oder - weniger negativ wird, eventuell mit ‚positivem Vorschlag“. Solche Kurven sind immer ein Zeichen, daß an dem Tier irgend etwas nicht in Ordnung "ist, eine starke Blutung, nicht funktionierende künstliche Atmung und ähn- liches, und diese angeblichen Arteigentümlichkeiten sind also durch die verschieden große Widerstandsfähigkeit der Arten gegen operative Ein- ‚egriffe bedingt. Die vorstehenden Sätze gelten jedoch, um es nochmals zu betonen, nur für Reizung mit weißem Licht; die Abweichungen bei farbigem Licht, die bei einigen Tieren sehr stark sind, haben, wie meine Versuche zeigen, mit Schädigungen nichts "zu tun. ee, 17 So jüngst wieder bei F. W. Fröhlich, Zeitschr. f. Sinnesphysiol. 1914. Bd. XLVII. 8.50. 03 Vol. beispielsweise: Kühne u. Steiner, Unters. a. d. physiol. Inst. d. Univers. Heidelberg. 1881. Bd. IV. S. 29,30.— Waller,s. Anm. 4. $. 15 u. 39if.— v. Brücke u. Garten, s, Anm.2. S. nn 347 (Zusatz). — Piper, s. Anm.2. 1905. 8.167, 188; 1911. 8. 117. 202 ÄARNT KOHLRAUSCH: II. Eigene frühere Untersuchungen. a) Frösche. Um die jetzigen Untersuchungen verständlich darstellen zu können, x muß ich auf meine früheren, gemeinsam mit Herrn A. Brossa auf dem- selben Gebiet angestellten Versuche eingehen, aus denen sich diese weiter- E entwickelt haben. A Gelegentlich jener im Winter 1912 ausgeführten Versuche, die am , Frosch die Abhängigkeit der Belichtungslatenz von der Lichtwellenlänge 7 klarstellen sollten, fiel es mir auf, daß die Stromkurven bei den verschie- Ä denen Wellenlängen nicht ganz gleich verliefen trotz annähernd gleich ' großer Ausschläge des Galvanometers. Diese Bun haben wir dann weiter verfolgt.” ä Wir arbeiteten an lebenden kuraresierten Fröschen, deren Augäpfel $ bei der erforderlichen Präparation möglichst unberührt gelassen wurden; erst dadurch erreichten wir, daß die Augen einigermaßen große, während 1Y/, bis 2 Stunden konstante Ströme auf Belichtung gaben. Zur Reizung j dienten praktisch homogene Lichter eines Nernstlichtdispersionsspektrums von 633 bis 454 uu Wellenlänge, die von einem eigens für derartige Ver- # suche am Tier nach Angaben von Herrn Prof. Piper von der Firma Schmidt und Haentsch gebauten Spektralapparat geliefert wurden. Die Aktions- N ströme wurden zu einem großen Rinthovenschen Saitengalvanometer (Edelmanns Werkstätten) abgeleitet und die Galvanometerausschläge mit dem kleinen Edelmannschen Registrierer in der bekannten Weise als Funktion der Zeit photographisch aufgenommen. g In der vergleichenden Analyse dieser Stromkurve ist nun die Mög- lichkeit gegeben, den Einfluß der Lichtqualität auf die Aktionsströme zu untersuchen, denn die Stromkurve bildet ein vollständiges Charakteristi” kum des elektrischen Vorganges nach Stärke, Richtung und zeitlichem Ab’ lauf. Da aber die Intensität des Lichtes, wovon wir uns durch besondere” Versuche überzeugten, außer der Größe des Ausschlags auch die Kurvenform stark beeinflußt, so mußte dieser Intensitätseinfluß irgendwie beseitigt, d.h. die Lichter mußten für das betreffende Tier in physiologisch gleicher‘ Intensität angewandt werden. Das läßt sich direkt aber, wie man ohne weiteres sieht, praktisch nicht ausführen. Denn nach welchem Prinzip. man die Intensität der Reizlichter auch abgleichen mag — energetisch, heterochrom, photometrisch oder wie sonst — immer paßt der Ausgleich nur auf den betreffenden Indikator und braucht nicht für das Tierauge: 19 Brossa u. Kohlrausch, Dies Archiv. 1913. Physiol. Abtlg. S. 449. DiE NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW, 203 zu stimmen, für das wir ja — anthropomorphistisch gesprochen — die Helliskeitsverteilung in dem untersuchten Spektrum nicht kennen. Nach einigem Probieren habe ich folgende Methode am zweckmäßigsten gefunden, die den Farbensinnuntersuchungen am Menschen nachgebildet ist. Bei Untersuchung eines vermutlich Farbenblinden (Dichromaten) - mittels Spektralfarben geht man so vor, daß am Spektralapparat die beiden 5 Hälften des Gesichtsfeldes mit Licht verschiedener Wellenlänge (z. B. eine mit Rot, die andere mit Gelbgrün) erleuchtet werden. Der Untersuchte hat dann zu probieren, ob die beiden Gesichtsfeldhälften für ihn ganz gleiches Aussehen annehmen, wenn er lediglich das gegenseitige Intensi- tätsverhältnis der zwei Lichter ändert. Gelingt es ihm, unter diesen - Bedingungen eine Farbengleichung einzustellen, dann wirken auf seinen Farbensinn diese beiden Wellenlänsen qualitativ gleich (Dichromat), "anderenfalls qualitativ verschieden. Nach demselben Prinzip sind wir vorgegangen, nur haben wir statt auf gleiches Aussehen der Lichter, auf gleichen Kurvenverlauf der zu- gehörigen Aktionsströme einzustellen versucht. Wir reizten das Tier bei- spielsweise abwechselnd mit einem langwelligen, einem kurzwelligen und “einem Licht mittlerer Wellenlänge, änderten systematisch bei allen dreien stufenweise die Intensität, registrierten jedesmal den Stromablauf und sahen zu, ob es für die Lichter ein Intensitätsverhältnis gibt, bei dem die entsprechenden Stromkurven ganz identisch sind, also gleiche Stromrich- tung, gleiche E.M.K. in allen Kurvenabschnitten, gleichen zeitlichen Ablauf haben. Ist das der Fall, dann wirken bezüglich der Aktions- "ströme die Lichter qualitativ gleich auf die Netzhaut, wir bekamen eine „Aktionsstromgleichung“, wie wir es in Analogie zu „Farbengleichung“ genannt haben; anderenfalls wirken sie qualitativ verschieden. 3 Bei längerer Versuchsdauer ändern sich allmählich die Kurven etwas: Der zeitliche Ablauf wird gedehnter, die Ausschläge niedriger, die negativen Phasen treten stärker hervor. Dieser störende Einfluß der Versuchsdauer "wurde dadurch ausgeschaltet, daß die verschiedenen Wellenlängen stets abwechselnd geprüft wurden, damit sich die Versuchsdauer bei allen Wellenlängen gleichmäßig geltend machte. Verglichen haben wir dann nur die Kurven von direkt nacheinander geprüften verschiedenen Lichtern “und nicht die vom Anfang und Schluß des Versuchs. Diese Methoden zur Ausschaltung des Einflusses der Versuchsdauer ist auch bei allen meinen späteren Versuchen über die Augenströme streng durchgeführt, auch wenn es nicht jedesmal besonders erwähnt wird. Nebenbei sei betont, daß wir über die Empfindungen des Tieres durch die Untersuchung der Aktionsströme selbstverständlich gar nichts erfahren, ‚ri er a, 204 ARNT KoHtLRAUS eH: ob beispielsweise Farben unterschieden oder wie sie gesehen werden; nur ob die Netzhaut, gemessen an den Aktionsströmen, qualitativ verschieden erregt wird oder nicht, läßt sich objektiv feststellen. - Die Versuche am Frosch ergaben, daß es durch Intensitätsvarlierung nieht möglich ist, bei Reizung mit langwelligem, kurzwelligem und Licht mittlerer Wellenlänge identische Aktionsstromkurven zu erhalten, viel- mehr zeigt sich die Kurvenform für die Wellenlänge charakteristisch und in relativ weiten Grenzen von der Intensität unabhängig. Es bleiben immer Unterschiede im Verlauf der Ströme bestehen, welche als spezifische Funk- tion der Wellenlänge aufgefaßt werden müssen und eine qualitativ verschiedene Wirkung der einzelnen Spektrallichter auf die Netzhaut erkennen lassen. ° Diese Tatsache möge durch ein paar Kurvenbeispiele2° aus unseren damaligen Versuchen belegt werden. | Zu —— —— - Bis. 2. 4 Spezifische Wirkung der Spektrallichter am Frosch. Zeit !/,”. «a 633 uu Wellen- länge bei 0,54 mm Spaltbreite; 5 578 un, 0-1 mm; c 454 un, 0- 45mm. Z= Zei markierung, S = Saitenbild, $ = Reizmarkierung. wi T Die Kurven der Fig. 2 sind bei ziemlich schneller Registrierung und kurzer Belichtung (etwa 4’) aufgenommen, sie geben nur die Eintrittsschwankung Be, 20 Alle Kurvenbeispiele im Text dieser Arbeit sind etwa 8mal verkleinerte Photographien der durchgepausten Originalkurven. Z ist die Zeitmarkierung, S das Saitenbild, R die Reizmarkierung. In Figg. 2 und 3 ist die Reizdauer direkt photo- graphisch mitregistriert als schwarzer Strich, in den späteren Figuren durch ein elektromagnetisches Signal markiert. Alle Kurven der Textfiguren sind von links nach rechts zu lesen. Von Fig. 4 ab ist der Kürze halber statt des Wellenlängen- bereichs die Farbenbezeichnung des Reizlichts geschrieben. Über Empfindlichkeit des Galvanometers usw. vgl. S. 208Ef. Die NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 205 die Senkung und die Verdunkelungsschwankung wieder; der negative Vor- schlag fehlt, weil die Lichtintensität für ihn unterschwellig war.’ F. Fig. 3 gibt den ganzen Stromverlauf bei langsamer Registrierung und langer Belichtung wieder. Bei beiden Versuchen sind die Intensitäten der verschiedenen Lichter so abgeglichen, daß die positiven Eintrittsschwan- kungen jedesmal gleiche E.M.K. haben. es u .R - E Hroe. Spezifische Wirkung der Spektrallichter am Frosch. Zeit Sekunden. a 633 un, 5 Spaltbreite 0-88 mm; 5b 454 uu, 0-54 mm. 7 Die Kurvenunterschiede bei den verschiedenen Wellenlängen sind - beim Frosek nicht sehr weitgehend, sind aber in zahlreichen Versuchen immer wieder gefunden worden. Sie bestehen hauptsächlich in folgendem: Vom langwelligen nach dem kurzwelligen Ende des Spektrums hin steigt die positive Eintrittsschwankung zunehmend steiler an, wird die Senkung nach der positiven Eintrittsschwankung tiefer und die sekundäre Erhebung (Fig. 3) höher. Besonders auf die nach dem kurzwelligen Ende hin zu- nehmende Senkung nach der positiven Eintrittsschwankung mache ich aufmerksam; wir werden sie sogleich bei den Tagvögeln in ungleich stärkerer - Ausbildung wiederfinden. b) Eulen und Tauben. Nach diesen Erfahrungen habe ich mit Herrn A. Brossa die Versuche auf Dämmerungs- und Tagvögel ausgedehnt®!, denn ich hielt es für mög- lieh, daß bei Dämmerungstieren die qualitativ verschiedene Wirkung der "einzelnen Strahlenarten geringer, bei Tagtieren dagegen stärker ausge- sprochen sein könnte, als in den bisherigen Versuchen am Frosch. Diese Annahme wurde durch die Versuche bestätigt. Von Dämmerungsvögeln standen uns Steinkäuze zur Verfügung, von I 206 ARNT KOHLRAUSCH: kuraresierten und künstlich beatmeten Tieren ausgeführt. Die Ableitung zum Galvanometer und die Aufnahme der Stromkurven war im Prinzi p 4 dieselbe wie bei den Versuchen am Frosch. Zur Lichtreizung verwandten wir jedoch nicht Spektrallichter, sondern wir zerlegten das weiße Licht einer Nernstprojektionslampe durch drei verschiedene flüssige Strahlen- filter in drei Teile, langwelliges, kurzwelliges und Licht mittlerer Wellen- länge. Die Liehtfilter waren so gewählt, daß die Spektralbezirke sich nicht überdeckten. Die drei durchgelassenen Spektralbereiche waren 713 bis 626, 600 bis 540 und 486 bis 414. Die Intensität jeder einzelnen Strahlenart ließ sich durch Annähern und Entfernen der Lampe innerhalb eines Inter valls von 1:300 meßbar abstufen ünd daneben durch eingeschobene Matt- oder Rauchgläser stark herabsetzen. . 4 Die Steinkäuze wurden möglichst unter den Bedingungen des Däm- merungssehens, also bei Dunkeladaptation und tunlichst herabgesetzter Reizintensität, untersucht. Unter diesen Bedingungen läßt sich am Stein" kauz ein Intensitätsverhältnis der drei Lichter auffinden, bei dem die ent- sprechenden Aktionsstromkurven mit großer Annäherung identisch verlaufen. Fig. 4. i Annähernde Aktionsstromgleichung am Steinkauz. Zeit !/;’. a Reizlicht rot, Lampenabstand 35cm; 5b gelbgrün, 100 cm; c blau, 55cm. Gesamtintensität durch Rauchgläser herabgesetzt. 8 = Saitenbild, R = Reizmarkierung, Z = Zu markierung. Stuft man die Intensität der einzelnen Lichter so ab, daß die positiven Eintrittsschwankungen gleiche E.M.K. haben, dann ist die Kurvenform bei den verschiedenen Liehtern weitgehend dieselbe (Fig. 4). Nur die sekun- däre Erhebung scheint, nach neueren Versuchen, durch rotes Licht stets ein wenig schwächer ausgelöst zu werden, als durch die anderen Lichter. Mit Ausnahme dieser einen Abweichung sind im übrigen die Kurven prak- tisch identisch; zum mindesten sin! die Kurvenunterschiede wesentlich geringer als unter den früheren Versuchsbedingungen (Dunkeladaptation, helle Lichter) beim Frosch. DiE NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 207 » Dagegen ist es bei Tauben vollkommen unmöglich, ein Intensitäts- verhältnis der Lichter aufzufinden, bei dem die entsprechenden Strom- kurven ähnlich sind (Fig. 5). Untersucht man die Tauben unter den Be- dingungen des Tagessehens??, also Helladaptation und helle Lichter, so findet man bei weißem und gelbgrünem Licht den üblichen typischen " Aktionsstromverlauf (Fig. 55). Die tiefe Senkung ist für Tagvögel charak- teristisch. Bei langwelligem Licht fehlt vollkommen oder bis auf geringe Reste die Senkung, die sekundäre Erhebung und die Verdunkelungs- ‚schwankung (Fig. 5a). Bei kurzwelligem Licht ist die positive Eintritts- schwankung minimal, oder fehlt ganz. Dafür ist die Senkung hier das Vor- herrschende. Meist findet man bei Belichtung eine glatte negative Schwan- kung; darauf folgen sekundäre Erhebung und Verdunkelungsschwankung. (Fig. de). Z — =——— k ee ST en R m RE en eh nd, = —— L——. { — m RETTET ET 2 — 3 ET, = Fig. 5. Wirkung verschiedener Lichter auf die Taubennetzhaut. Zeit 1/,’. a Rot, Lampen- abstand 80 cm; b Gelbgrün, 100 cm; c Blau, 20 em. Diese entgegengesetzt verlaufenden Ausschläge dureh Intensitätsvariierung einander auch nur ähnlicher zu machen, ist natürlich aussichtslos. Bemerkenswert ist, daß die Änderungen der Senkung als Funktion der Wellenlänge bei Frosch und Taube die gleichen sind, nur bei der Taube so ausgesprochen, daß sie das ganze Kurvenbild beherrschen. Die Senkung ist bei langwelligem Licht an beiden Tieren kaum vorhanden und wird mit abnehmender Wellenlänge immer tiefer. Damit fanden die mit Herrn A. Brossa gemeinsam ausgeführten Versuche ihren Abschluß. Ihre hier interessierenden Ergebnisse sind, kurz zusammengefaßt: 1. Bei Fröschen läßt sich — im Gegensatz zu der Mehrzahl der bis- 22 Die Begründung wird später in Kapitel Illa, S8.220 auseinandergesetzt. 208 ARNT PUB Un henien ‚Untersuchungen — eine en verschiedene Wirkung der eih- zelnen Lichter auf die Netzhaut an den Aktionsstromkurven nachweisen; die Kurvenunterschiede sind für die Wellenlänge charakteristisch und in relativ weiten Grenzen von der Lichtintensität unabhängig. 2. Diese von der Wellenlänge abhängigen Kurvenunterschiede sind teilweise in demselben Sinn nur sehr viel stärker ausgesprochen bei Tauben vorhanden. F3 3. Dagegen verlaufen die Stromkurven bei Eulen, die möglichst unter den Bedingungen des Dämmerungssehens untersucht werden, bei den ver- schiedenen Wellenlängen sehr ähnlich. B. Eigene jetzige Untersuchungen. I. Vergleich verschiedener Wirbeltiere. Im Sommersemester 1914 habe. ich dann neben anderen Versuchen auf demselben Gebiet begonnen, diese vergleichenden Untersuchungen in | der Wirbeltierreihe möglichst weit auszudehnen, um zunächst einmal einen Überbliek zu bekommen, bei welehen Wirbeltierarten die qualitativen Stromunterschiede sehr ausgesprochen sind, bei welchen unbedeutend. Infolge der Unterbrechung durch den Krieg und der jetzt bestehenden Schwierigkeiten für den Tiereinkauf ist diese Versuchsreihe jedoch bedauer- lich klein geblieben. Untersucht habe ich bislang nur von Vögeln Hühner’ und von Säugetieren Kaninchen, Katzen und Hunde. Sobald wieder etwas günstigere Arbeitsbedingungen eintreten, setze ich diese Versuche fort. Die j } Methodik 3 war dieselbe, wie die bei den Tauben und Eulen angewandte.?? Die Ver suche wurden an den lebenden, kuraresierten, künstlich beatmeten Tieren angestellt, die farbigen Reizlichter durch Lichtfilter gewonnen und di ‚Aktionsströme zum Saitengalvanometer abgeleitet und photograpkisch registriert. Im einzelnen verfuhr ich folgendermaßen: e | Dureh mehrfache kleine Dosen von Curare (Gehe & Co.), subkutan in 1prozent. Lösung, hielt ich die Tiere unter so tiefer Curarewirkung, dab eben alle Bewegungen der quergestreiften Muskulatur gelähmt waren, bei den Hühnern also auch die Irismuskulatur. Die Säugetiere bekamen einige Zeit vor dem Versuch einen Tropfen 1prozent. Atropinlösung in den Binde- hautsack. Künstlich beatmet- wurden die Tiere mit vorgewärmter und angefeuchteter Luft durch eine Trachealkanüle. Das Auge legte ich mög 23 Kohlrausch u. Brossa, Dies Archiv. 1914. Physiol. Abtlg. 8. 424. SA DIE NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 209 ichst schonend so weit frei, daß sich die Spitze eines mit Ringerlösung setränkten Wollfadens, der in übrigen von den umgebenden Geweben durch einen übergezogenen feinen Gummischlauch einigermaßen isoliert war, bis an den hinteren Augenpol vorschieben ließ. Die Ableitung von vorn geschah gleichfalls mit einem Ringer-Wollfaden, der seitlich von der erweiterten Pupille auf die Cornea aufgelegt wurde. Die Aktionsströme wurden mittels unpolarisierbarer Zink-Zinksulfatton- elektroden zum großen Einthovenschen Saitengalvanometer (Edelmanns Werkstätten) abgeleitet und mit dem kleinen Edelmannschen Registrierer bei 400facher Vergrößerung photographisch registriert. Im Galvanometer war eine versilberte Quarzsaite von 6700 Ohm, deren Spannung so ein- gestellt wurde, daß das Projektionsbild der Saite bei Einschaltung von 0-1 Millivolt in den Stromkreis der Saite ohne sonstige Widerstände einen Ausschlag von 3 bis 5mm machte. Die Einstellungsgeschwindigkeit ist zur Aufnahme der Netzhautströme ausreichend. Die Zeit registrierte ich mit einer 50er Elektromagnet-Stimmgabel; in den Textfiguren ist jede zehnte Schwingung markiert. Da es mir nur auf den Vergleich der Latenzen untereinander und nicht auf deren absolute Werte ankam, habe ich die Reizmarkierung mit einem Pfeilschen Signal geschrieben, dessen Strom- kreis bei Öffnung und Schließung des photographischen Schlitzverschlusses durch die metallischen Sehlitzränder für einen Moment geschlossen wurde. Zur Herstellung der farbigen Reizlichter benutzte ich eine Nernst- projektionslampe ‘und vier verschiedene flüssige Strahlenfilter. Die An- ordnung war folgende: x Ä JE Fig. 6. Die Belichtung des Auges. K lichtdicht schließender Kasten mit Versuchstier, 8 Mattscheibe, P photographischer Schlitzverschluß, T Tröge mit Strahleniiltern, ’ N über Skala verschiebliche Nernstlampe. ?2 Die vordere Elektrode liegt im Versuch wesentlich näher am Hornhautpol, als in der Skizze (Fig. 6) gezeichnet ist. IRRR Archivf.A.u. Ph. 1918. Physiol. Abtle. 14 210 ARNT KOHLRAUSCH: In dem lichtdicht abgeschlossenen Blechkasten K (Fig. 6) lag das Versuchstier mit den unpolarisierbaren Elektroden. Dieht hinter einem aus der Kastenvorderwand ausgestanzten, dann mit einer Mattglasscheibe 8 verschlossenen Loch befand sich das zu belichtende Auge. Vor der Matt- scheibe war der oben erwähnte photographische Schlitzverschluß P an- gebracht, der das Pfeilsche Signal auslöste. Vor dem Schlitzverschluß konnten die Glaströge T mit planparallelen Wänden für die flüssigen Licht- filter aufgestellt werden. Die die Mattscheibe S beleuchtende Nernst- projektionslampe N ließ sich auf einer 3-5 m langen Skala verschieben. Alles Seitenlicht wurde sorgfältig von der Mattscheibe durch eine Reihe ° hintereinander stehender Blenden ferngehalten. Den Spektralbereich, welchen die Filter bei den im Versuch be- nutzten Lichtintensitäten durchließen, habe ich mit einem nach Wellen- längen geeichten Bunsenschen Spektralapparat festgestellt. Tabelle I ‚enthält die näheren Angaben über die vier Lichtfilter. Marpeilte . Die Lichtfilter. Filter Zusammensetzun Schiehtdieke| Durchgelassenerzgg 5 Spektralbereich Rot Lithionkarmin etwa 0-5 Prozent 1-0cm 700—635 um Gelb-grün Kupfersulfat 17.58 (nach Kaliumbichromat 1-7 ,, 2.5 „ 600-540 „ Zettnow) Wasser 100-0 ‚, | Grün Kaliumcehromatlösung gesättigt und 2.5 „ 555—515 ,, Cuprammoniumsulfatlösung Blau Cuprammoniumsulfat etwa 5 prozent. 1.00% 490—414 „, Die Intensität jeder einzelnen Strahlenart ließ sich im Versuch durch 4 Annähern und Entfernen der Lampe innerhalb eines Bereichs vor 1:300° kontinuierlich und meßbar abstufen. Außerdem konnte die Gesamtintensität der Lampe noch stark durch vorgesetzte Rauchglasscheiben herabgesetzt werden. Die die Netzhaut belichtende Mattscheibe ließ sich also mit unzer- legtem weißem, langwelligem, kurzwelligem und Licht zweier verschiedener Arten mittlerer Wellenlänge von beliebiger Intensität erleuchten. Mit systematisch veränderter Intensität der Lichter habe ich wieder | gemäß dem oben auseinandergesetzten Prinzip das Intensitätsverhältnis” einzustellen versucht, bei dem die entsprechenden Stromkurven identisch verlaufen. er wi Bern Zn ES ee u x # ® 4 i Ä . DiE NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 211 Die Hühner e wurden, wie früher die Tauben, unter den Bedingungen des Tagessehens® (Helladaptation und helle Lichter) untersucht. Der Kurvenverlauf bei den einzelnen Lichtern, besonders langwelligem und dem mittlerer Wellen- länge ähnelt dem der Tauben, nur sind die Kurvenunterschiede bei den Hühnern im allgemeinen etwas weniger stark ausgesprochen (Fig. 7). 2 1 112.2 Denen RER Er RE UNEREREE ERENEENERENNERFERFEGFGE m — — — — —————— — — — — — ——— Bier. Wirkung verschiedener Lichter am Huhn. Zeit !/,'’. a Rot, Lampenabstand 50 cm; b Gelbgrün, 50 cm; c Blau, 10 cm; d anderes Versuchstier Blau, 10 cm. 25 Die Begründung folgt in Kapitel IlIa. 8.333. 14* 212 Art KoHLRAuscH: Weitgehender unterscheiden sich Hühner und Tauben gegenüber kurz- welligem Licht, welches, verglichen mit dem langwelligen, nach meinen Versuchen bei Hühnern noch schwächer wirksam ist als bei Tauben%, da die Intensität zur Erzielung annähernd gleicher Ausschläge noch stärker vermehrt werden mußte als bei den Tauben. Die glatte negative Belich- tungsschwankung der Tauben habe ich bei Hühnern nicht gefunden, meist sind negative Vorschwankung, positive Eintrittsschwankung und Senkung, alle drei vorhanden (Fig. 7c), wenn auch die Senkung wohl davon am aus- gesprochensten ist. Bemerkenswert ist, wie gering überhaupt diese drei Anfangszacken durch kurzwelliges Lieht bei Hühnern ausgelöst werden. Ich habe mehrmals Kurven registriert, auf denen sie bis auf kaum zu er- kennende Reste ganz fehlen, obwohl hinterher eine kräftige sekundäre Erhebung und eine normale Verdunkelungsschwankung foist (vgl. Fig. 7d). Aus den Kurven geht hervor, daß auch bei Hühnern die qualitativen Unter- schiede sehr ausgesprochen sind. Ein Intensitätsverhältnis der Lichter, bei dem der Stromverlauf auch nur ähnlich ist, gibt es nicht. In den Stromkurven von Kaninehen, Katzen und Hunden kommt die verschiedene Lichtqualität wesentlich schwächer zum Aus- druck als bei Tagvögeln, wenn auch gewöhnlich etwas deutlicher als am Frosch. Die Tiere wurden zur Erzielung starker Ströme nach Dunkelaufent- halt mit hellen Lichtern untersucht, also nicht unter streng innegehaltenen Bedingungen des Dämmerungs- oder Tagessehens. Nach meinen bisherigen Versuchen unterscheiden sich diese drei Säugetierarten nicht merklich in ihrer photoelektrischen Farbenreaktion, ich bilde deshalb nur eine Reihe Kurven von der Katze als Typus ab. | Man erkennt die Besonderheit der Säugerkurve, eine schwache negative Verdunkelungsschwankung und den Mangel des negativen Vorschlags. Ge- ringe Unterschiede im Kurvenverlauf lassen sich erkennen, die Senkung wird auch hier mit abnehmender Wellenlänge tiefer. II. Vergleich an demselben Tier bei Dämmerungs- und Tagessehen. Gleichzeitig habe ich Versuche darüber begonnen, ob an ein und dem- selben Tier die Änderung von Adaptationszustand und Reizintensität Ein- fluß auf die qualitativen Unterschiede der Stromkurven hat. Hierzu nahm | 26 Die geringe Wirksamkeit kurzwelligen Lichtes auf die Tagvögel ist durch die Versuche von Hess bekannt; vgl. Wintersteins Handbuch d. vergl. Physiol. 1913. Bd. IV. S. 563. DA a DiE NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 213 ich Tiere, die sich bald in dämmeriger Beleuchtung, bald im Tageslicht aufhalten, also vermutlich entsprechende Adaptationseinriehtungen be- sitzen. Geeienet erschienen mir erstens Frösche; ferner Steinkäuze, die bekanntlich schon lange vor Eintritt der Dämmerung fliegen und ja auch in der Systematik zusammen mit mehreren anderen als Tageulen von den Nachteulen abgesondert werden. YA nl BL Pre BES BERDERN 1 SR SE ERREGER BE N une m... > [47 See; ee IT BR — BOBBERE REG ee hen, ah = JR ER ERN EEIER Fig. 8. Wirkung verschiedener Lichter an der Katze. Zeit !/,”. a Weiß, 150 cm; 5 Rot 30. cm; c Gelbgrün, 150 cm; d Blau, 100 cm Lampenabstand. Die Tiere wurden einmal nach mindestens einstündigem Dunkelaufent- halt mit tunlichst schwachen Lichtern untersucht, sodann nach längerem Aufenthalt im hellen Tageslicht mit intensiven. Im ersteren Fall wurde auch die Operation und alle Vorbereitungen zum Versuch bei roter Dunkel- zimmerbeleuchtung ausgeführt, danach das Tier noch mindestens 20 Mi- 214 ARNT KOHLRAUSCH: nuten in vollkommener Dunkelheit gelassen und die einzelnen Aufnahmen mit Zwischenpausen von 5 bis 10 Minuten gemacht. Für den Hellversuch saß das Tier mindestens 1 Stunde vorher dicht am hellen Fenster, alle Vor- bereitungen wurden bei Tageslicht ausgeführt, erst unmittelbar vor Beginn des eigentlichen Versuchs das Zimmer verdunkelt und dann die Aufnahmen ohne Pause gemacht. Zu dem Zweck bediente ich mich des Reeistrierers der Firma Huth (Berlin), mit dem man eine ununterbrochene Reihe von Aufnahmen ohne Papierwechsel registrieren kann. Ganz rein lassen sich die Bedingungen des Dämmerungssehens bei der Untersuchung der Aktionsströme nicht innehalten, denn dem Ab- schwächen der Lichter ist dadurch eine Grenze gesetzt, daß man noch analysierbare Stromkurven bekommen muß. Es ist mir nicht gelungen, mit der Intensität so weit herunterzugehen, daß die Lichter für das Menschen- auge vollkommen farblos wurden. Beim Rot ist das selbstverständlich, aber auch das Grün und Blau waren bei der gerinesten verwendbaren In- tensität noch ganz gut zu unterscheiden. / Den Vergleich bei Dämmerungs- und Tagessehen habe ich zum Teil an demselben Tier, auch in umgekehrter Reihenfolge, und zum Teil an mehreren Versuchstieren getrennt, ausgeführt, um so den eventuell stö- % renden Einfluß der Versuchsdauer auszuschalten. Alle diese Versuchs- modifikationen zeigten dasselbe Ergebnis: Unter den Bedingungen des Dämmerungssehens sind die qualitativen Kurvenunterschiede fast ver- schwunden, unter denen des Tagessehens treten sie sehr deutlich hervor. Fig. 9 gibt die Anfangsstücke solcher Kurven von einem Frosch wieder; die sekundäre Erhebung und Verdunkelungsschwankung sind nicht mehr darauf. Bei Dunkeladaptation und schwachen Lichtern sind die Anfangs- teile der Kurven bei lang- und kurzwelligem Licht zum Verwechseln ähnlich, bei Helladaptation und starken Reizen treten die bekannten Unterschiede bezüglich Steilheit des Anstiegs und Tiefe der Senkung sehr markant auf. Dasselbe Verhalten findet man beim Steinkauz; bei den Kurven der & Fig. 10 ist der ganze Stromverlauf registriert. Die Kurven ce und d (Tages- sehen) lassen deutlich die Unterschiede bezüglich Eintrittsschwankung und Senkung, ferner als Charakteristikum für die Helladaptation die geringe Auslösung der sekundären Erhebung erkennen (vgl. B. IIIa) und zugleich, daß das kurzwellige Licht stärker auf die sekundäre Erhebung wirkt als das langwellige. Eine genaue Ausmessung an einer größeren Anzahl Kurven zeigt nun, 7 daß diese stärkere Wirkung des kurzwellisen Lichts auf die sekundäre Er- hebung unter beiden Beleuchtungsbedingungen und an beiden Tierarten wohl regelmäßig vorhanden ist. Eine vollkommene Aktionsstromgleichung $ ® ; & = £ 17 Se. e Bee. DIE NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 215 |, ll nn MS en ln Mn pe ll nn nn fe nn u EG nn; 172002 Dana a Dam 0° OUmanac ws Zune 1777 Terre oe Teen nennen [72 PR — 222222 Fig. 9. Die Wirkung am Frosch bei Dämmerungs- (a, b) und Tagessehen (c, d). Zeit Y/g”. a Rot. Lampenabstand 100 cm; 5 Blau, 200 cm; c Rot, 75cm; d Blau, 40 cm; bei « und b Intensitätsminderung durch eine Anzahl Rauchgläser. eu 2 una > R — zZ Z ee T TEE Dale Varta RE Sales 3 __ RN 1 SEE EEE TE RETTEN SEE ETEEE R 3-5 = - — & Fig. 10. Wirkung am Steinkauz bei Dämmerungs- (a, b) und Tagessehen (c, d). Zeit!/,”. a Rot, 150 cm; 5 Blau, 300 cm; c Rot, 25cm; d Blau, 15 cm; bei a und 5 Inten- sitätsminderung durch eine Anzahl Rauchgläser. 216 x ARNT KOHLRAUSCH: zwischen lang- und kurzwellisem Licht erhalte ich auch beim Dämmerungs- sehen nicht; das kurzwellige Licht wirkt auch dabei ein wenig stärker auf die sekundäre Erhebung. Ich muß also die frühere Behauptung von Brossa und mir, die Kurven der verschiedenen Lichter seien am Steinkauz bei Dämmerungssehen identisch und zeigten nichts für die Wellenlänge Typisches, bezüglich der sekundären Erhebung berichtigen. Am Schluß dieses Abschnitts möge noch eine tabellarische Zusammen- stellung Platz finden, die zwar eine bereits bekannte Tatsache bringt, aber doch insofern eine gewisse Berechtigung 'hat, als die vorliegenden Unter- suchungen darüber mit anderer Technik angestellt sind. Es läßt sich näm- lich auch aus meinem Versuchsmaterial der bekannte Satz ableiten, daß die relative Reizintensität farbiger Lichter auf die Netzhautströme sehr verschieden ist, je nachdem man unter den Bedingungen des Tages- oder Dämmerungssehens untersucht: Der Tabelle liegt folgende Überlegung zugrunde: In den soeben be- schriebenen Versuchen sind Lichter verschiedener Wellenlänge in ihrer Intensität — durch Änderung des Lampenabstandes von der das Auge belichtenden Mattscheibe — so abgeglichen, daß gleich große Ausschläge des Galvanometers resultieren. Nach dem bekannten Strahlungsgesetz gibt dann das Quadrat der gleich wirksamen Lampenabstände ein relatives Maß für die Reizintensität dieser Lichter auf die Netzhautströme. Dabei ist nur zu berücksichtigen, daß Lichtfilter benutzt sind, also das so berech- nete zahlenmäßige Reizwertverhältnis Rot: Gelbgrün: Blau an sich be- deutungslos ist und nichts über die photoelektrische Reizwertverteilung im Bereich der für die Netzhaut wirksamen Wellenlängen aussagt (vgl. $.197). Dagegen hat die Änderung dieses an sich beliebigen Verhält- nisses mit‘ den Versuchsbedingungen (Tierart, Beleuchtungsintensität) die- selbe Bedeutung, wie cet. par. eine Änderung der Reizwertkurve über einem bestimmten Spektrum. Nur müssen selbstverständlich stets dieselben 1 Filter in gleicher Konzentration und Schichtdicke benutzt werden, nur dann hat man unter allen Versuchsbedingungen dieselben Lichter ver- schiedener Wellenlänge, die jedes für sich betrachtet in ihrer Intensität - ‘proportional dem Quadrat des Lampenabstandes sind. Unter diesen Vor- aussetzungen ist dann das Quadrat der auf die Netzhautströme gleich stark wirkenden Lampenabstände als relatives Maß für die Reizintensität der ° verschiedenen Lichter verwertbar. 2” Kohlrausch u. Brossa, s. Anm. 23. S. 426, 428 u. 431. Die NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 217 Gleich wirksame Lampenabstände — d.h. also gleich große Galvano- meterausschläge — lassen sich auch mit hinreichender Genauigkeit ein- RECENT TEE UNE RETTEN NEE N FENG FETT EEE { stellen, wenn die Kurven der verschiedenen Lichter sich so ähnlich sind wie bei den Dämmerungstieren; weichen sie aber so stark voneinander ab wie bei den Tagvögeln (vgl. Figg. 5 und 7), so ist man einigermaßen in Ver- - legenheit, welche Ausschläge man gleich machen soll. Die analoge Schwierig- keit besteht ja, wenn man verschieden gefärbte Lichter photometrieren soll; das läßt sich bekanntlich auch nur approximativ erreichen. Ich habe bei den Tauben Gelbgrün und Blau auf gleiche sekundäre Erhebung und - Rot und Blau auf entgegengesetzt gleiche Belichtungsschwankungen ein- zustellen versucht. Das ist natürlich willkürlich, aber wohl als erste An- näherung brauchbar, zumal die Unterschiede in den gleich wirksamen Lampenabständen so bedeutend sind, daß der Modus des Kurvenausgleichs nur wenig ausmacht. Die Tabelle 2 veranschaulicht in relativen Zahlen, wie verschieden das Reizintensitätsverhältnis der lang- und kurzwelligen Strahlen ist, einmal bei Nackt- und Tagtieren, und ferner, wenn Frösche und Steinkäuze unter den Bedingungen des Dämmerungs- und Tagessehens untersucht werden. Die Zahlen sind Mittelwerte aus den zusammengehörigen an einer Tierart angestellten Versuchen, und. in .der Weise reduziert, daß der Wert für Gelbgrün jedesmal gleich 100 wurde. Zu dem Zweck sind die ein- zelnen Lampenabstände quadriert, die drei Werte für Rot, Gelbgrün und Blau jedes Einzelversuchs reduziert auf Gelbgrün gleich 100 und die so resultierenden Rot- bzw. Blauwerte jeder Versuchsreihe gemittelt. nn Eabelle 2. Die relativen Reizwerte der verschiedenen Lichter. ß Beleuchtungs- Verhältnis der Reizintensität von Tierart ns sun Rot | Gelbgrün Blau e Dämmerungssehen | 16 : 100 2455 Frosch | Tagessehen | 60 100 33 : Dämmerungssehen | 12 100 45 Steinkauz Tagessehen | 70 100 30 Taube Tagessehen | 60 100 4 Huhn ; r 100 100 x 4 er Dunkeladaptation e Kaninchen Bene , 5 100 45 Katze Desg]. 4 100 45 Hund E 3 100 50 Dieses Resultat steht im Einklang — auch bezüglich der Größen- ordnung der Zahlenverhältnisse — mit. den Ergebnissen von Himstedt 218 ARNT KoHLkAuseH: 4 und Nagel® und Piper,” daß unter den Bedingungen des Dämmerungs- # sehens und auf hauptsächlich in der Dämmerung lebende Tiere die kurz- welligen Strahlen den relativ größeren Reizwert ausüben, unter den Be- dingungen des Tagessehens und auf Tastiere die langwelligen. Mit den drei Reizlichtern konnte ich die Verschiebung des Reizwertmaximums naturgemäß nicht feststellen. | III. Die Analyse der Netzhautstromkurve an der Taube. Seitdem man den Verlauf der Augenströme photographisch registriert hat, ist mehrfach®® der Versuch gemacht, die Entstehung der einzelnen Wendepunkte, positiven und negativen Phasen der komplizierten Strom- kurve durch Summation mehrerer Teilströme zu erklären. Da die Strom- kurve nicht periodisch ist und die Teilströme auch kaum Sinusschwingungen sein werden, so ist die Aufgabe mathematisch nicht eindeutig, sie besitzt unendlich viele Lösungen. Es fragt sich also, welche von diesen physio- logisch wahrscheinlich ist. Die letzte der Deutungen, die von Piper aufgestellte Theorie der Netzhautströme, sucht die durch die vergleichenden Untersuchungen be- kannt gewordene Stromkurve der Wirbeltiere aus drei möglichst einfachen Teilströmen zu konstruieren, von denen zwei positiv und einer negativ verlaufen, und durch deren Interferenz im Ableitungsstromkreis die mar- kanten Anfangs- und Endeffekte der Lichtreizung erst entstehen. Diese einfachen Teilströme faßt Piper als die Aktionsströme von drei getrennten 22 Himstedt u. Nagel, s. Anm. 6. ®9 Piper, s. Anm. T. 30 Waller, s. Anm. 4, 8.39 bis 45. Die Interferenzkurve in der Wallers Theorie darstellenden Fig. 15, S. 236, { ist nicht ganz richtig konstruiert. Sie muß als Resultierende aus den beiden von Waller angenommenen Komponenten zuerst viel länger und tiefer negativ, dann, nachdem der — Strom konstant geworden ist, parallel zur + Kurve, aber niedriger, als in der Zeichnung, verlaufen. Sobald nach Verdunkelung die — Kurve Null ge- worden ist, fällt die Resultierende selbstverständlich mit der + Kurve zusammen. Es resultiert also aus den beiden angenommenen Komponenten ein Stromverlauf mit tiefem, lang anhaltendem negativem Vorschlag und plötzlichem Rückgang nach Verdunkelung, wie ihn Waller nirgends registriert hat. Das heißt aber, die Kom- ponenten sind nicht richtig gewählt. Der tiefe negative Vorschlag muß immer resul- tieren, wenn man mit Waller bei gleichen Latenzen der Komponenten einen steileren Abfallder negativen annimmt. — Außerdem entsprechen die mit langsam reagierenden Galvanometern aufgenommenen Kurven Wallers keineswegs dem tatsächlichen Ver- lauf der Netzhautströme am Frosch. Einthoven u. Jolly, s. Anm. 2. Kapitel III, 2. Piper, s. Anm. 2. 1911. 8.85 u. Zentralbl. f. Physiol. Bd. XXIV, 8.1041 W_ u re PERS EN EEE URN EL NR Netzhautprozessen auf, die bei Belichtungen in Gang gesetzt werden und bei Verdunkelung wieder abklingen. Fig. 11 stellt die Konstruktion der bekannten Netzhautstromkurve aus den drei Teilströmen nach Piper dar. Den einzelnen Teilströmen werden folgende Eigenschaften beigelegt. DIE NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 319 Fig. 11. Theorie der Netzhautströme nach Piper. D= Dunkel, L = Lichtreiz. Teilstrom I. Etwas längere Latenzen als II, steiler positiver Anstieg bei Belichtung, während der Dauer der Belichtung konstant bleibende E.M.K., nach Verdunkelung flacher Abfall zum Ruhestromwert. Teilstrom II. Kürzere Latenzen als I, flach abfallende negative Be- liehtungssehwankung, konstant bleibende E.M.K. während der Belichtung, nach Verdunkelung plötzliche Rückkehr zum Ruhestromwert. Teilstrom III. Sehr lange Latenzen, während der Dauer der Belich- tung starker, sehr allmählicher positiver Anstieg, der erreichte Maximal- wert wird bei weiterer Belichtung konstant beibehalten; nach Verdunkelung sehr allmählicher Abfall zum Ruhestromwert. Mit wachsender Lichtintensität werden bei allen drei Teilströmen die Ausschläge größer und steiler. die Latenzen kürzer. Durch Superposition von Teilstrom I und II erhält man die mit I+II bezeichnete Kurve und diese zeigt, was Piper besonders betont, die markanten Anfangs- und Endschwankungen erst als Interferenzerscheinung, während nichts derart in den angenommenen Teilströmen vorhanden ist, die als einfache Schwankungen die elektrische Begleiterscheinung von un- komplizierten Elementarerregungen der Netzhaut sein könnten. Teilstrom III superponiert sich über I und II, bewirkt die sekundäre Erhebung, und damit zeigt die resultierende Kurve den typischen Aktions- stromverlauf der Fische, Amphibien, Reptilien und Vögel. Der dem Teilstrom III entsprechende Netzhautprozeß hat nach Piper wegen seiner hochgradigen Trägheit nichts mit der eigentlichen der Emp- findung dienenden Netzhauterregung zu tun. Er dürfte nach seiner und anderer Autoren Ansicht als Begleiterscheinung der Adaptationsvorgänge oder dergleichen aufzufassen sein. Die bei Säugetieren festzustellenden Abweichungen von diesem Strom- 220 ARNT KOHLRAUSCH: verlauf erklären sich nach Piper dadurch, daß die Latenzen des Teilstromes IT etwas länger sind als die von I und beide Teilströme nach Yordun) FE | mit gleichem Gefälle zum Ruhestromwert zurückkehren. ; Von diesen hypothetischen Teilströmen Pipers ist experimentell an Wirbeltieren gut bekannt nur der mit III bezeichnete, die sekundäre Er- hebung. Er wird in der Theorie von Einthoven und Jolly?! in derselben Art und Weise wie bei Piper verwandt. Nach den darüber vorliegenden Untersuchungen ist anzunehmen, daß er mit der Adaptation irgendwie zasammenhängt. Der Teilstrom, d.h. die sekundäre Erhebung fällt beim F Frosch auch bei den stärksten Reizen weg, wenn man das Tier gut hell - adaptiert, kehrt bei Dunkeladaptation wieder und nimmt dann zu mit wach- sender Reizstärke. Teilstrom I ist der Aktionsstrom der einfach gebauten ° Cephalopodennetzhaut®?, durch dessen Beobachtung Piper zu seiner Theorie angeregt wurde; er ist am Wirbeltier isoliert bisher nicht registriert. Einen einfachen Stromverlauf, der dem Teilstrom II entspricht, haben, abgesehen von den älteren Beobachtungen an langsam registrierenden Galvanometern, Waller3® und nach ihm Jolly* am durch Druck bzw. langes Überleben | seschädisten Froschauge registriert. 3 Bei Versuchen an Tauben, die den Einfluß der Adaptation® auf die sekundäre Erhebung klarlegen sollten, beobachtete ich nun mehrmals Kurven, die in fast reiner Ausbildung den Verlauf der hypothetischen Teil- ströme I und II von Piper zeigten. Ich habe dann die Bedingungen für deren Einzelentstehung aufgesucht und danach die Synthese der kompli- zierten Stromkurve aus den drei einfachen Teilströmen experimentell aus- geführt, und zwar allein durch Änderung der Wellenlänge des Reizlichtes und des Adaptationszustandes des Auges. a) Teilstrom III. Zunächst läßt sich auch am Taubenauge die sekundäre Erhebung (Teilstrom III) isoliert variieren. Bei den früher an Tauben und Eulen ausgeführten Untersuehungen war es mir aufgefallen, daß bei den Tauben 4 31 Einthoven u. Jolly, s. Anm. 25. 32 Piper, Dies Archiw. 1911. Physiol. Abtlg. 8.115. Waller, Quart. journ. of experim. Physiol. Vol. II. p. 401. 3 Jolly, Ebendort. Vol. II. No. 4. Es sind. im folgenden die Ausdrücke „Hell-“ und ‚Dunkeladapts iii lediglich der Kürze des Ausdrucks halber gebraucht und ohne, daß damit gemeint wäre, das Taubenauge passe sich auch wirklich der Dunkelheit, das Kauzauge der Helligkeit an, d.h. stelle seine Empfindlichkeit auf die herrschende Beleuchtung ein. Diese Frage läßt sich nur mit Versuchen darüber, was das Tier sieht, und nicht mit, solchen über die Netzhantströme entscheiden. | GENRE LTEZEHE GE LTD LEE ELEND NN N Dr Ep a TE Ze Weit > - DIE NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. Dal zuweilen in den ersten 5 bis 10 Minuten nach Versuchsbeginn die sekun- däre Erhebung sehr gut ausgebildet war, dann oft immer kleiner wurde, bis sie schließlich nach 20 bis 30 Minuten ganz verschwand. Bei einer Reihe Tauben war sie auch von Anfang an nicht zu beobachten. Ich habe dann später dieses Verhalten weiter verfolgt und gesehen, daß es bedingt ist durch die von jeher übliche Methode, alle Versuchstiere — abgesehen von den wenigen Fällen, in denen der Einfluß der Adaptation selbst studiert wurde — zur Erzielung starker Ströme im Zustande möglichster Dunkel- adaptation zu untersuchen. Dieses Verfahren ist allerdings bei Fröschen angebracht, führt aber bei Tauben nicht zum Ziel, denn es ergab sich die auffällige Tatsache, dab die sekundäre Erhebung bei Tauben gerade um- gekehrt wie bei den Fröschen nur stark zur Ausbildung kommt, wenn das Ause gut helladaptiert ist, daß sie bei längerem Dunkelaufenthalt des Tieres kleiner und kleiner wird, bis sie ganz wegfällt, und daß sie nach er- neuter Helladaptation wieder wie vorher auftritt. Die Versuche wurden mit der oben (S. 209f.) beschriebenen Versuchs- anordnung ausgeführt. Als Lichtreiz diente das diffus zerstreute weiße Lieht der Nernstprojektionslampe. Dasselbe Versuchstier wurde mit ein und demselben Lichtreiz erst im Zustand der Helladaptation, dann dem der Dunkel-, dann wieder der Helladaptation untersucht. Die Tauben saßen vor dem Versuch am hellen Fenster, bei Tageslicht wurde operiert und erst kurz vor Beginn der Aufnahme das Zimmer verdunkelt. An der hell- adaptierten Taube habe ich dann unmittelbar nacheinander mit einer als eut wirksam ausprobierten, darauf konstant beibehaltenen Lichtintensität einige Kurven im Huthschen Registrierer aufgenommen. Danach ließ ich das Tier in dem liehtdicht schließenden Kasten 30 bis 40 Minuten im Dunkeln liegen und registrierte mit derselben Lichtintensität wie vorher, aber in Abständen von 5 Minuten, einige Aufnahmen. Darauf wurde der photographische Schlitzverschluß geöffnet und das Auge einer Lichtinten- sität für 10 Minuten ausgesetzt, die nach photometrischen Messungen etwa der am hellen Fenster entsprach. Dann wurden mit demselben Reizlicht zum dritten Male einige Kurven, dieses Mal ohne Zwischenpausen, auf- genommen. Das’ Tier blieb während der ganzen Zeit unberührt in dem Kasten, es wurde nur der Adaptationszustand des Auges verändert. Denselben Versuch kann man, auch mit Dunkeladaptation beginnend, bei vorsichtigem Arbeiten an einem Tier mehrfach wiederholen und erhält immer wieder dasselbe Resultat: An der helladaptierten Taube ist eine starke sekundäre Erhebung vorhanden (Fig. 12a); nach Dunkeladap- tation fehlt sie vollkommen oder bis auf geringe Reste; während der Dauer der Belichtung bleibt dann die Saite annähernd auf der Nullinie, dagegen 222 ARNT KOHLRAUSCH: sind die Eintritts- und Verdunkelungsschwankungen ziemlich unverändert (Fig. 12b). Nach erneuter Helladaptation ist die sekundäre Erhebung wieder gut ausgebildet (Fig. 12c). Und zwar ist sie bei Helladaptation um so höher, je stärker der Liehtreiz genommen wird. Dagegen wird sie nach Dunkeladaptation auch von starken Lichtreizen nicht ausgelöst. G N an PA NIEREN FERN ER IRIR ERS ı R Area 2. [ Ss NR, % BR — 4 Fi a 1 Z Fig. 12. Adaptation und sekundäre Erhebung an der Taube. Zeit !/,'’. Derselbe Reiz (Weiß, | Lampenabstand 90 cm); bei a nach Helladaptation; b nach !/, Stunde Dunkel- aufenthalt; ce wieder nach Helladaptation. h Durch die Art der Versuchsanordnung, dasselbe Tier abwechselnd nach Hell- und Dunkelaufenthalt zu untersuchen, ist der Einfluß der Ver- | suchsdauer auf den Stromverlauf ausgeschaltet. Außer den Veränderungen der sekundären Erhebung beobachtet man ein eigentümliches Verhalten des Dunkel- bzw. Ruhestroms als Funktion des Adaptationszustandes. Während der Dunkeladaptation sinkt der Ruhe- strom ganz langsam etwa um !/;, ab. Während der darauf folgenden Helladaptation nimmt er ganz allmählich wieder zu.® Wird nach beendeter Helladaptation das Auge wieder verdeckt, so erfolgt eine normale Ver- dunkelungsschwankung, und der Strom sinkt rasch etwas ab, bis auf den während der vorangegangenen Helladaptation schließlich erreichten Ruhe- stromwert, auf dem er aber nur 5 bis 10 Sekunden stehen bleibt. Darauf 36 Mit „Dunkelstrom‘ ist nicht etwa die sekundäre Erhebung gleichzusetzen, die bei der Taube steil innerhalb weniger Sekunden. ansteigt und mit derselben Ge- schwindigkeit abfällt. Die oben beschriebenen Potentialänderungen treten erst einige Minuten nach Einsetzen der Dunkel- bzw.der Helladaptation ein und bestehen in einem ganz langsamen, aber sehr ausgiebigen „Wandern“ der Saite, das sich über Minuten erstreckt und bei der oben (5.209) angegebenen Galvanometerempfindlich- ° keit etwa 15 bis 20cm beträgt. Bei diesem Verhalten kann es sich nur um Änderungen des Dunkelstroms handeln. Die NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 223 beginnt er noch einmal wieder langsam zuzunehmen (um 5em etwa), bis er einen konstanten Wert erreicht, auf dem er dann bleibt, wenn dieser Adaptationszustand des Auges im Verlauf des Versuchs nicht geändert wird. Diese Beobachtungen sind an einer größeren Reihe von Tauben regelmäßig wiedergefunden. Dieselben Versuche über die Abhängigkeit der sekundären Erhebung vom Adaptationszustand des Auges habe ich zum Vergleich an Hühnern, Frösehen und Steinkäuzen angestellt. Die Hühner verhielten sich genau wie die Tauben, auch bei ihnen war die sekundäre Erhebung nur bei Hell- adaptation auszulösen. An Fröschen fand ich dieselben Kurven, wie sie v. Brücke und Garten?” veröffentlicht haben. Die sekundäre Erhebung ist am Frosch nur bei Dunkeladaptation gut ausgebildet, bei Helladaptation fehlt sie. Ein ähnliches Resultat gab ein Steinkauz. Da das Tier noch zu anderen Versuchen verwandt werden sollte, ist hier die Helladaptation nicht bis zum vollständigen Verschwinden der sekundären Erhebung ge- trieben; aber man sieht aus Fig.13, daß diese nur etwa halb so groß ist wie nach Dunkelaufenthalt, während die Eintrittsschwankung ziemlich unverändert geblieben ist. Sehr viel tiefer ist die Senkung nach der posi- tiven Eintrittsschwankung geworden (Fig. 13b), offenbar weil sie nicht durch die darauf folgende sekundäre Erhebung gleich wieder aufgehoben wird. Nachdem der Kauz einige Zeit wieder dunkeladaptiert war, er- reichte die sekundäre Erhebung ihren Anfangswert, gleichzeitig ist die positive Eintrittsschwankung etwas größer geworden (Fig. 13). a. 0.0000 R— Be En Fer —: L dl —— u nt . ı En —— zZ 5 TEE Be un R— =, N —— ar FREE ! rt me zZ © Fig. 13. Adaptation und sekundäre Erhebung am Steinkauz. Zeit Y/,”. Derselbe Reiz (Weiß, 150 cm Lampenabstand); a nach Dunkeladaptation; 5b nach 10 Minuten Hell- adaptation; c nach halbstündiger Dunkeladaptation. 37” vw, Brücke u. Garten, s. Anm. 2. 8. 321. 224 & 5 ARNT Konnrauscn: Die vorstehenden Versuche zeigen, daß außer am Frosch und Sala-. iander® sich auch an Vögeln die sekundäre Erhebung (Teilstrom II) | durch Veränderung des Adaptationszustandes isoliert variieren läßt; dabei ist jedoch die auffällige Tatsache festzustellen: Während bei Frese und Steinkäuzen, also wohl vorwiegend im Dämmerlicht lebenden Tieren, die sekundäre Erhebung nur bei Dunkel- adaptation auszulösen ist, kommt sie bei Tauben und Hüh- nern, also ausgesprochenen Tagtieren, nur bei Helladaptation zur Ausbildung. Ich vermute danach, daß auch Schildkröten und Bus- sarde, bei denen bislang eine sekundäre Erhebung vermißt wurde, sich in dieser Beziehung wie Hühner und Tauben verhalten werden. b) Teilstrom I und Il. Reizt man nun eine Taube, die so lange im Dunkeln gehalten ist, daB sie gerade keine sekundäre Erhebung mehr liefert, mit langwelligem und kurzwelligem Licht, dann erhält man einen sehr einfachen Aktionsstrom- verlauf. an nf Fe Fer ee Pe ee Be NT uns era nger unbe un ee: ___ . TE N Pr ne un J alle nn EL — HL ; Z \ s hu sy N. ee ME .- 3 R — d E Fig. 14. 3 Teilstrom I und II an der Taube. Zeit 1/s". arRot, W cm; b Blau, 20 cm Lampen- abstand. 2 Bei Reizung mit langwelligem Licht Ka die Kurve nach einer nicht regelmäßig vorhandenen minimalen negativen Vorschwankung steil an (Fig. 14a), bleibt während der Belichtung annähernd auf dem erreichten Maximalwert stehen und kehrt nach erfolgter Verdunkelung ohne eigent-' liche positive Verdunkelungsschwankung langsam zum Ruhestromwert zurück (vgl. Tafel I, Figg. 1, Aa, 5a, 5b). Der Ausschlag wächst mit steigender Reizintensität. Kurz nach der Verdunkelung ist zuweilen eine” minimale Zacke nach aufwärts zu beobachten, ehe der Strom zurückkehrt 38 y, Brücke u. Garten, s. Anm.2, 8. 346. Die NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE Usw. 225 ne en a (Fig. 14b) Sal die Kurve mit kurzer a ni nn bis zu einem bestimmten Wert ab, a nd der Be iehtung bei und steigt nach erfolgter s bei langwelligem wieder zum Ruhestromwert an (vel. Tafel I, Figg. 2, 3, 4b, 5e, 5d). Die Kurve sinkt mit steigender Reiz- Intensität tiefer ab. Der flache Belichtungsabfall erfolgt oft ganz glatt, zu- weilen ist auch in ihn eine minimale positive Welle eingeschaltet. Betrachtet man diese durch langwelliges und kurzwelliges Licht an Tauben ausgelösten Kurven, so sieht man, daß sie weitgehend mit den von Piper konstruierten Teilströmen I und II übereinstimmen (vgl. Fis. 11). Der Verlauf der Stromkurven ist vor allem einfach, es fehlen die markanten Anfangs- und Endschwankungen der typischen Wirbeltierkurve vollkommen oder bis auf geringe Spuren. Auf diese zuweilen vorhandenen kleinen Ab- weichungen von der Theorie, den minimalen negativen Vorschlag und die kleine positive Verdunkelungszacke bei Rot, die schwache positive Belich- tungsschwankung bei Blau, komme ich noch zurück. Daß die Tauben bei diesen Versuchen vorher im Dunkeln gehalten 5 sind, bedeutet nicht etwa, dieser einfache Stromverlauf von entgegen- setzter Richtung sei nur unter den Bedingungen des Dämmerungssehens zu erhalten. Denn einmal habe ich mit sehr intensiven Lichtern gereizt, a'so um Dämmerungsssehen kann es sich nieht handeln; und ferner erhält man die Kurven im Prinzip ebenso an helladaptierten Tauben, nur muß man dann von der sekundären Erhebung abstrahieren (vgl. Fig. 5a und ce). Also lediglich um die sekundäre Erhebung nicht mit in die Kurven zu be- kommen, habe ich die Tauben vorher im Dunkeln gehalten. c) Die Synthese der Stromkurven aus den Teilströmen. Jetzt ist die nächste Frage: Wie sieht die im Ableitungskreis regi- strierte Stromkurve aus, wenn man die beiden letzten einfachen Teilströme gleichzeitig ablaufen läßt? Bekommt man dann tatsächlich die Resul- tierende mit den markanten Anfangs- und Endschwankungen, die sich auf dem Papier aus den beiden konstruieren läßt, oder bekommt man viel- leicht ganz etwas anderes und nicht Vorherzusehendes? Technisch handelt es sich also darum, die beiden Lichter, welche die einfachen Ströme geben, gleichzeitig auf dieselbe Netzhautstelle wirken zu lassen, also aus ihnen eine Lichtmischung herzustellen, in diesem Falle eine Purpurmischung. Zu dem Zweck mußte die Reizeinrichtung etwas verändert werden. Ich benutzte die von Nagel® in Tigerstedts Handbuch beschriebene Er Nagel, Handbuch der physiol. Methodik, herausgeg. von Tige rstedt. Bd. III. Abt.2. 8. 671. Archivf.A.u.Ph. 1918. Physiol. Abtlg. 15 26 ARNT KOHLRAUSCH: Demonstrationsordnung. Gegenüber der das Tierauge belichtenden Matt- scheibe des Dunkelkastens stand auf 3m Entfernung eine Be bogenlampe (20 Amp.). In den Strahlengang war dicht vor dem Be sor der Lampe eine Blende mit 3 dreieckigen Ausschnitten eingeschaltet; z BEE RR ee re er ee a ne | PN en Sm ee ee a ae N a er ee __ [6 Fig. 15. Synthese der Stromkurve an der Taube. Zeit !/;”. a Rot; 5 Blau; c Purpur- mischung. Nur die Belichtungs- und Verdunkelungsschwankungen. vor den Ausschnitten befestigte ich die Tröge mit den Absorptionslösungen für rotes, gelbgrünes und blaues Licht. Mit einer passenden Linse wurden die 3 dreieckigen Farbflecke scharf in der Ebene der das Tierauge belich- ‚tenden Mattscheibe nebeneinander abgebildet und durch Zwischenschaltung von drei nebeneinander stehenden flachen Prismen übereinander auf die Die NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 227 Mattscheibe projiziert. Durch Abblenden der einzelnen Strahlenbündel in der Ebene der Prismen konnten dann die Lichter einzeln, als beliebige Zweilichtermischung und als Dreilichtermischung verwandt werden. Die übrige Anordnung blieb unverändert. Zur Intensitätsausgleichung der einzelnen Lichter benutzte ich einen ‚Satz sehr schwach und unter sich gleich absorbierender Rauchgläser, die eine hinreichend stetige Abstufung gestatteten. Sie wurden in der für jedes Tier ausprobierten Anzahl vor die einzelnen Absorptionströge gestellt, und zwar zur Einstellung der hier in Frage kommenden Purpurmischung, derart, daß die Galvanometerausschläge bei Reizung allein mit dem roten bzw. blauen Licht möglichst entgegengesetzt gleich groß waren. Bei allen ' Versuchstieren, die wieder vorher im Dunkeln gehalten wurden, war dazu ungefähr dasselbe Intensitätsverhältnis erforderlich, nach der Zahl der Rauchgläser zu urteilen. Die Mischung war für das menschliche Auge ein sehr gesättigtes lichtstarkes Purpur. Nachdem das Intensitätsverhältnis in dieser Weise gut eingestellt . , habe ich mit jedem Licht einzeln und mit der MischwWng beider eine Anzaıl s.romkurven aufgenommen. Hig.15 zeigt die bei einem solchen Versuch registrierten Kurven. Es sind nur die Belichtungs- und Verdunkelungsschwankungen wiedergegeben, das lange horizontale Mittelstück während der Dauer der Belichtung ist weg- &lassen. Man sieht, die mit den beiden einzelnen Lichtern aufgenommenen Kurven haben den oben beschriebenen einfachen Verlauf, während die mit der Mischung beider registrierte die typischen Anfangs- und Endzacken aufweist. Bei Änderung des Mischungsverhältnisses zugunsten des Rot überwiegt der positive Teilstrom in der mit diesem Purpur erhaltenen Kurve, bei Änderung zugunsten des Blau der negative. Um zu sehen, ob der Strom- verlauf bei Purpur die Interferenzkurve aus den beiden Einzelkurven ist, habe ich (Fig. 16) drei nacheinander mit Rot, Blau und Purpur aufgenom- mene Belichtungsausschläge Amal vergrößert aufgezeichnet und die aus den beiden Komponenten konstruierte Resultante mit der im Versuch registrierten verglichen (die Originalkurven s. Tafel I, Figg. 4a bis c). _ Wie man sieht, sind die beiden Interferenzkurven, die konstruierte und die registrierte praktisch, d. h. innerhalb der Fehlergrenzen eines derartigen Versuchs identisch. Der mit der Purpurmischung registrierte Stromverlauf mit seinen typischen Anfangs- und Endzacken ist demnach als erst im Ab- leitungsstromkreis aus den beiden gleichzeitig ablaufenden einfachen Kom- ponenten entstandene Summationskurve anzusehen. Er entspricht also der in Pipers Theorie konstruierten Interferenzkurve I+1. \B® lee: ARNT KOHLRAUSCH: Lasse ich außerdem das Tier noch einige Zeit im Hellen liegen und reize dann mit derselben Purpurmischung, so tritt noch die sekundäre Er- hebung hinzu, und die abgeleitete Aktionsstromkurve ist vollständig, zeigt. Fig. 16. Vergleich zwischen registrierter und konstruierter Interferenzkurve (Behchrunde schwankung). O = Dunkelstrompotential, R = Reizmoment der drei registrierten Kurven. Reiz bei /= Rot, II = Blau; IT + II (ausgezogen) = Purpurmischung daraus. / + II (punktiert) = konstruierte Interferenzkurve aus / und II. Vier-. fache Originalgröße, Originalkurven s. Tafel I, Figg. 4a bis c. AN ER ER BER ER ER RN ER S e Fig. 17. Synthese der Stromkurve an der Taube. Zeit 1/,’. Dasselbe Purpur nach Hell- adaptation. den typischen Verlauf der Stromkurve an der Vogelnetzhaut und ist. ‚experi- mentell aus den drei einfachen Komponenten aufgebaut (Fig. 17). Sie ist ähnlich einer bei weißem oder gelbgrünem Licht von der Taube abgeleiteten Kurve und entspricht Pipers konstruierter Resultante I+11+- 1. I a DIE NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 229 In vielen Fällen erscheinen bei Reizung mit lang- bzw. kurzwelligem Licht die Teilströme I und II in reiner Form, d.h. ohne daß der nicht- beteiligte Strom überhaupt merklich ist (vgl. Tafel I, Figs. 5a bis d). In anderen Versuchen aber interferiert der Teilstrom I auch bei Reizung mit kurzwelligem Licht mit dem Teilstrom II, wenn auch nur mit minimalen Werten. Auch das Umgekehrte findet man, daß nämlich bei Reizung mit ‘ langwelligem Licht der Teilstrom II mit ganz geringer Größe sich über den I. Teilstrom superponiert. In den bei langwelliger Reizung aufge- nommenen Kurven zeigt sich das darin, daß bei Belichtung ein kleiner negativer Vorschlag und nach Verdunkelung ein minimaler positiver Aus- schlag zu beobachten ist. Bei den mit kurzwelligem Licht aufgenommenen Kurven zeigt sich die Interferenz des Teilstroms I darin, daß nach Ein- setzen des Reizes unmittelbar nach dem Beginn des Absinkens noch eine ganz kleine positive Welle sich einschaltet. Ich glaube, daß dieses Verhalten durch die nicht genügende Reinheit der von mir benutzten 'Reizlichter bedingt ist. Das rote und das blaue Licht enthielten, wenn auch wenig, so vielleicht doch genügend Strahlen mitt- lerer Wellenlänge, daß der dem entgegengesetzten Ende des Spektrums zugehörige Teilstrom schwach mit ausgelöst werden konnte. Ich vermute, daß diese gegenseitige Beeinflussung wegfällt und die Teilströme rein herauskommen werden, wenn ich hinreichend weit an den Enden des Spek- trums liegende homogene Spektrallichter verwende. Da mir der früher "benutzte Spektralapparat während des Krieges nicht zur Verfügung steht, kann ich diese Versuchsreihe erst später mit Spektrallichtern von ge- nügender Reinheit und Intensität fortsetzen. IV. Die Teilströme bei Amphibien und Säugern. Auch in anderen Wirbeltierklassen sind diese die Stromkurve zu- sammensetzenden Komponenten nachweisbar, wenn auch nicht, soweit bis- her bekannt, in der Weise wie bei den Tauben durch Licht verschiedener Wellenlänge isoliert auszulösen. Zunächst läßt. sieh, wie in Kapitel IIIa gezeiet, die sekundäre Erhebung bei Vertretern mehrerer Wirbeltierklassen durch Änderung des Adaptationszustandes keseitigen. Die darn übrig- bleibende Kurve zeigt noch die typischen Anfangs- und Endzacken ent- sprechend der-Piperschen Interferenzkurve I-+ II (Fig. 11). Ferner läßt sich auch die positive Komponente aus den Kurven wegbringen, so daß die negative allein oder zusammen mit der sekundären Erhebung übrig bleibt. Solche Kurven sind von fast allen Autoren beschrieben oder ab- gebildet und, wie bereits oben S.201 auseinandergesetzt ist, auf Schä- 230 ARNT KOHLRAUSCH: disung oder Absterben des Tieres zurückgeführt. Nach der großen Reihe darüber vorliegender Untersuchungen verschwindet ganz allgemein in der Wirbeltierreihe an geschädigten Versuchstieren zuerst die positive Kom- ponente (Teilstrom T). | Mit dem Saitengavanometer registriert sind solche Kurven, die den typischen Verlauf der negativen Komponente zeigen, zuerst von Waller?® und Jolly®! an exstirpierten durch Druck bzw. durch langes Überleben geschädigter Froschaugen. Fig. 18 gibt die Abbildungen 8 und 9 Jollys wieder; Kurve a ist an einem Auge nach 42stündigem Überleben bei etwa 6°’ dauernder Belichtung, b an einem leicht gedrückten Auge bei nur 0,8” Belichtung aufgenommen. Infolge der kurzen Belichtung fehlt bei b die positive Verdunkelungsschwankung, die sich bekanntlich erst nach längerer Belichtung ausbildet. Man sieht, die Stromkurven entsprechen dem theore- tischen Teilstrom II Pipers, nur bei a muß man von der noch schwach vorhandenen sekundären Erhebung absehen. Nach den Messungen Wallers stimmt die Latenz der negativen Komponente mit der des negativen Vor- schlags überein, ist also kürzer als die der positiven Eintrittsschwankung, was gleichfalls in Übereinstimmung mit Pipers Annahmen steht. Fig. 18. Negative Belichtungsschwankungen am Frosch nach Jolly. Ordinaten = 0-04”; a: exstirpiertes Auge nach 42stündigem Überleben; b: exstirpiertes Auge nach Druck. Gelegentlich der im Kapitel BI beschriebenen Versuche sah ich bei einem Kaninchen plötzlich derartige Kurven mit nesativem Belichtungs- ausschlag ohne positive Eintrittsschwankung auftreten. Eine Unter- suchung der Versuchsanordnung zeigte, daß die künstliche Atmung mangel- haft gearbeitet hatte. Nach Beseitigung der Störung und ausreichender 0 Waller, Quart. journ. of experim. Physiol. Vol. il. p. 401. 41 Jolly, Ebenda. Vol. II. No. 4. J > 3 Die NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 231 Ventilation des Tieres war auch die Stromkurve wieder normal. Ich habe dann bei einer Reihe Säugetiere versucht, durch zeitweiliges Abstellen der künstlichen Atmung, diesen abnormen Stromverlauf absichtlich her- vorzurufen. Das ist mir, wenn auch nicht mit absoluter Regelmäßigkeit, so doch bei einer Anzahl von Versuchen gelungen, besonders wenn das Tier durch längere Versuchsdauer schon gelitten hatte: Während der Atempause trat dann nach einiger Zeit der abnorme Verlauf auf, während der folgenden guten Ventilation wurde die Kurve wieder normal. In Fig. 19 ist ein derartiger Versuch am Kaninchen bei Reizung mit weißem Licht abgebildet, b ist die abnorme Kurve während der Atemunterbrechung, a die Stromkurve nach Wiederanstellen der künstlichen Atmung, die den- selben normalen Stromverlauf zeigt, wie vor der Atemunterbrechung. Fie. 19. Normale (a) und abnorme (5) Stromkurve am Kaninchen. Zeit 1/,;. b: nach Ab- stellen der künstlichen Atmung; a: wieder ausreichende Ventilation des Tieres. Bei der abnormen Kurve fehlt die positive Eintrittsschwankung, auf Be- lichtung folgt eine glatte, flach abfallende negative Schwankung, die in die sekundäre Erhebung übergeht, denn das Tier war dunkel adaptiert. Das Bemerkenswerte ist, daß nach Verdunkelung eine typische positive Verdunkelungsschwankung folgt, die sonst beim Kaninchen fehlt und auch in den normalen Kurven dieses Tieres nicht vorhanden ist. Das ist leicht zu verstehen; würde die sekundäre Erhebung fehlen, so würde die Saite nach Verdunkelung einfach zum Ruhestromwert wieder ansteigen. Lagert sich nun diese Aufwärtsbewegung wie hier über die sekundäre Erhebung, so muß eine positive Verdunkelungsschwankung resultieren. Daß diese sofort am Kaninchen auftritt, sobald die positive Komponente aus der Stromkurve beseitigt ist, spricht für die Deutung der typischen Säuger- abweichungen im Piperschen Sinne. Piper erklärt diese Abweichungen — Fehlen des negativen Vorschlags, negative Verdunkelungsschwankung — dadurch, daß die Latenzen des Teilstroms I kürzer sind als die von II. 232 ARNT KoHLRAUSCH: Zum Schluß sei in diesem Zusammenhange erwähnt, daß ich an sämt- lichen von mir untersuchten Tierarten die Beobachtung der früheren Unter- sucher bestätigen konnte, daß an geschädisten oder moribunden Tieren zuerst die positive Eintrittsschwankung verschwindet und der Strom negativ wird; die sekundäre Erhebung kann dabei unverändert bleiben.“ V. Zusammenfassung der Tatsachen. An einer Anzahl von Wirbeltierarten ist die Abhängigkeit der Netz- hautströme von der Wellenlänge des Lichts und dem Adaptationszustand des Auges untersucht. Die Versuche wurden an den lebenden kuraresierten, künstlich beatmeten Tieren angestellt, die farbigen, in ihrer Intensität weitgehend variierten Reizlichter durch Lichtfilter gewonnen und die Aktionsströme zum Saitenealvanometer abgeleitet und photographisch registriert. I. Die früher an Fröschen, Eulen und Tauben untersuchte Frage: Gibt es für Lichter verschiedener Wellenlänge ein Intensitätsverhältnis, bei dem die entsprechenden Aktionsstromkurven identisch verlaufen ? ergab: a) Bei Hühnern sind bei den verschiedenen Lichtern die Kurven- unterschiede ähnlich stark wie bei den Tauben und in weiten Grenzen unab- hängig von der Intensität. b) Bei Katzen, Hunden, Kaninchen sind die Unterschiede gering und ähnlich wie bei Fröschen. II. Die Untersuchung dieser Frage an ein und demselben Versuchs- tier (Frösche, Steinkäuze) aber bei wechselnden Adaptations- und Beleuch- -tungsverhältnissen zeigte: *2 Während der Drucklegung dieser Arbeit ist eine Abhandlung von Tirala erschienen (dies Archiv. 1917. Physiol. Abtlg. S. 121) über die Wirkung von Nar- koticis und Alkaloiden auf die Netzhautströme des herausgenommenen Froschauges. Tirala findet unter anderem, daß Narkotika die Ströme unter Verlängerung der Latenzstadien zum Verschwinden bringen, wobei die positive Eintrittsschwankung eher verschwindet als die positive Verdunkelungsschwankung. Nach Entfernung des Narkotikums können die Ströme wiederkehren, wenn auch nicht in der ursprüng- lichen Stärke. Strychnin bewirkt eine elektive Verstärkung der positiven Ver- dunkelungsschwankung. Auch diese Versuche zeigen also, daß die positive Eintritts- und Ei positive Verdunkelungsschwankung Begleiterscheinungen zweier verschiedener Netzhautpro- zesse sind, von denen ersterer der empfindlichere ist. Zu demselben Ergebnis kommt Nikiforowsky (Zeiischr. f. Biol. Bd. LVII. 8.397) bei Abkühlung des Froschauges bis nahe an 0%. — Die Physiologische Deutung der Netzhautströme, die Tirala aus seinen Versuchen entwickelt, ist bereits in meinem theoretischen Teil (8. 235ff.) im Anschluß an die Pipersche Hypothese diskutiert, da schon Piper ähnliche Er- klärungen als denkbar bezeichnet hat. DIE NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 233 a) Unter den Bedingungen des Dämmerungssehens (Dunkeladaptation, möglichst schwache Lichter) werden die Kurvenunterschiede sehr gering; nur die sekundäre Erhebung ist bei langwelligem Licht regelmäßig etwas niedriger als bei den übrigen Lichtern. b) Unter den Bedingungen des Tagessehens (Helladaptation, starke Lichter) treten die qualitativen Kurvenunterschiede wesentlich ausge- sprochener hervor. In Übereinstimmung mit den Ergebnissen von Himstedt und Nagel und Piper zeigte sich auch in meinen Versuchen, daß unter den Bedingungen des Dämmerungssehens und auf vorwiegend in der Dämmerung lebende Tiere kurzwellises Lieht, unter den Bedingungen des Tagessehens und auf Tastiere langwellises den relativ größeren Reizwert ausübt. III. An Tauben wurden unter bestimmten Bedingungen sehr ein- fache Stromkurven gefunden, die nicht die komplizierten Belichtungs- und Verdunkelungsschwankungen aufweisen, sondern einfach und un- kompliziert ansteigen bzw. abfallen, und die große Ähnlichkeit haben mit den drei Teiltsrömen, in die Piper’ theoretisch die Wirbeltierstromkurve zerlegt hat. Die Entstehungsbedingungen dieser drei Komponenten wurde. aufgesucht und aus ihnen experimentell die Interferenzkurve dargestellt, die der typischen Aktionsstromkurve der Wirbeltiere entspricht: a) Die sekundäre Erhebung (Teilstrom III) läßt sich auch bei den Tauben isoliert variieren durch Änderung des Adaptationszustandes; während sie sich jedoch bei Fröschen und Käuzen nur bei Dunkeladaptation auslösen läßt, kommt sie bei Tauben und Hühnern nur nach Helladaptation zar Ausbildung. Der Ruhestrom nimmt bei Tauben und Hühnern, ebenso wie bei ver- schiedenen anderen Winbeltieren, bei Dunkelaufenthalt des Tieres ab, bei Hellaufenthalt zu. b) Reizt man ein im Dunkeln gehaltenes Taubenauge, das also keine sekundäre Erhebung liefert, mit langwelligem Licht, so erhält man eine einfache positive Schwankung mit steilem Anstieg, konstanter Stromstärke während der Beliehtungsdauer und flachem Abfall zum Ruhestromwert nach Verdunkejung (Teilstrom I). Reizt man es mit kurzwelligem Licht, so findet man eine einfache negative Schwankung mit flachem Abfall, konstanter Stromstärke während der Belichtung und steil ansteigendem Rückgang zum Ruhestromwert (Teil- strom II). Geringfügige Abweichungen von dem glatten Verlauf sind bei beiden Teilströmen zuweilen vorhanden und wahrscheinlich auf die unvoll- kommene Homogenität der benutzten Reizlichter zurückzuführen. 234 ARNT KOHLRAUSCH: c) Die Interferenzkurve aus den Teilströmen I und II erhält man bei Reizung mit der Mischung des lang- und kurzwelligen Lichtes. Sie stimmt praktisch mit der aus den beiden Teilströmen konstruierten Inter- ferenzkurve überein und zeigt die komplizierten Belichtungs- und Ver- dunkelungsschwankungen als Interierenzergebnis. Nach Helladaptation tritt bei Reizung mit demselben Mischlieht die sekundäre Erhebung hinzu (Teilstrom III), und die resultierende Kurve hat den typischen Stromverlauf. IV. An Säugetieren, die durch die Länge der Versuchsdauer bereits gelitten hatten, konnte, wenn auch nicht regelmäßig, durch Unterbrechung der künstlichen Atmung ein abnormer Stromverlauf (negative Belichtungs-, positive Verdunkelunssschwankung) ausgelöst werden, der nach erneuter Ventilation des Tieres wieder in den normalen (positive Belichtungs-, nega- tive Verdunkelungsschwankung) überging. Bemerkenswert ist, daß an dem abnormen Stromverlauf die positive Verdunkelungsschwankung auch beim Säugetier auftritt. Sie wird in der normalen Kurve offenbar durch _ den Rückgang des positiven Vorgangs verdeckt. C. Theoretisches, Die hier begonnenen Versuchsreihen verfolgen das Ziel, experimentell festzustellen, ob und in welcher Weise die Netzhautströme zu den über die Gesiehtsempfindungen bekannten Tatsachen in Beziehung stehen, um auf diesem Wege vielleicht einmal zu theoretischen Vorstellungen über die sich in der Netzhaut abspielenden Vorgänge zu gelangen. Daß das Suchen nach derartigen Beziehungen nicht von vornherein aussichtslos ist, läßt sich wohl aus dem auffallenden von Himstedt, Nagel und Piper ge- fundenen Parallelismus entnehmen, der zwischen Netzhautströmen und Gesichtsempfindungen besteht bezüglich der Abhängigkeit des Reizwertes spektraler Lichter und der Verschmelzungsfrequenz bei intermittierender Belichtung von Lebensweise, Adaptationszustand und Lichtintensität. Jedoch liest das Ziel noch in weiter Ferne, denn zunächst muß dazu die Kenntnis von den Netzhautströmen selbst auf eine möglichst breite ver- gleichend-physiologische Basis gestellt werden. Solange die Untersuchungen noch in diesem Anfangsstadium sind, halte ich weitgehende theoretische Spekulationen für unfruchtbar, da das schönste heute aufgerichtete Theorien- gebäude bereits morgen durch eine Versuchsreihe umgeworfen werden kann. Ich werde mich deshalb darauf beschränken, die gefundenen Tat- ° sachen zu einigen vorhandenen Theorien in Beziehung zu setzen. Dıs NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 255 Von den verschiedenen Versuchen, die Netzhautstromkurve zu deuten, scheint die Pipersche Kurvenanalyse bislang am besten mit den Tat- sachen übereinzustimmen, denn an Tauben lassen sich unter bestimmten Bedingungen die markanten Anfangs- und Endschwankungen experimentell als Interferenzerscheinung aus eintachen Teilströmen darstellen. Nun wäre allerdings der Einwand denkbar, daß sich die Netzhaut- ströme der gesamten Wirbeltierreihe nicht von einem gemeinsamen Ge- sichtspunkt aus deuten lassen, daß vielmehr für jede Klasse oder Art eine besondere Hypothese erforderlich ist, die deren speziellen Eigentümlich- keiten gerecht wird; so daß etwa die Pipersche Analyse lediglich die Netz- hautströme der Taube befriedigend erklären würde. Ein derartiger Ein- wand wird durch die Ergebnisse der vergleichenden Untersuchungen ent- kräftet. Denn die Tatsachen, daß man in der ganzen Wirbeltierreihe unter bestimmten Bedingungen denselben Kurventypus findet, und daß Schä- digungen des Versuchsobjekts bei allen Arten diesen Typus in der gleichen Richtung abändern, wie kurzwelliges Licht bei Tagvögeln, sprechen da- gegen. Diese Tatsachen weisen mit aller Deutlichkeit darauf hin, daß die Aktionsströme mit Einrichtungen in der Netzhaut zu- sammenhängen, die in der ganzen Wirbeltierreihe vorkommen, und unter anderem besonders dureh die Eigenschaften charakterisiert sind, daß sie bei allen Spezies im gleichen Sinne auf Schädigungen und bei Tagvögeln in ausgesprochener Weise spezifisch verschieden auf die Wellen- länge reagieren. Von diesem Gesichtspunkt muß meiner Ansicht nach ein Erklärungs- versuch der Netzhautströme ausgehen; und gerade diesen vergleichend- physiologischen Tatsachen wird von den bisherigen Hypothesen die Piper- sche wohl am besten gerecht, denn außer den Ergebnissen an der Tauben- nutzhaut lassen sich ihr die Kurvenveränderungen an erschöpften Tieren, die Besonderheiten der Vertebraten, die Erscheinungen bei kurz dauernden Belichtungen und Verdunkelungen und bei Flimmerlichtreizung zwanglos unterordnen. Piper hat in weiterer Ausgestaltung seiner Hypothese die Frage auf- geworfen, welchen der bisher bekannten Elemente bzw. Vorgänge in der Netzhaut seine drei Teilströme als Begleiterscheinung der Erregung zu- geordnet sein könnten“. Er diskutiert die Möglichkeit, daß der langsamere Teilstrom I die Erregung der Stäbchen, der schnellere II die der Zapfen repräsentiert.“ Dafür scheinen ihm die Ergebnisse von Einthoven und #3 Vgl. auch Tiralla, s. Anm. 42. 8.161. = Piper, Zentralbl. f. Physiol. Bd. XXIV. S. 1051. 256 ARNT KOHLRAUSCH: Jolly®zu sprechen, daß am Frosch unter den Bedingungen des Dämmerungs- sehens eine einfache positive, unter denen des Tagessehens eine negative Stromschwankung vorhanden ist. Dagegen spräche, daß Tiere mit mög- lichst reiner Stäbchen- bzw. Zapfennetzhaut nicht die isolierten Teilströme als für sie charakteristische Stromkurve zeigen. Er läßt also die Frage vorderhand offen. Welcher Vorgang in der langsamen sekundären Er- hebung zum Ausdruck kommt, läßt er gieichfalls unentschieden; von den bisher bekannten träge ablaufenden. Netzhautprozessen wäre seiner An- sicht nach an die Zapfenbewegungen, die Pismentwanderungen, die Seh- purpurbleichung und -neubildung wohl in erster Linie zu denken.“ Diese ofienen Fragen sind durch die Versuchsergebnisse an Tauben in gewissem Sinne beantwortet, wenn auch einstweilen nur negativ dahin, daß alle diese Netzhauterscheinungen in der eben entwickelten Form kaum die Grundlage der drei Teilströme bilden können. Denn man wäre dann gezwungen, zu folgern, dab durch langwelliges Licht — Teilstrom I aus- lösend — ganz vorwiegend die Stäbchen, durch kurzwelliges — entsprechend Teilstrom II — die Zapfen erregt werden. Das würde jedoch im Wider- spruch mit allen bisherigen Erfahrungen über Farbenempfindungen stehen, denn wenn überhaupt eine derartige Differenzierung in Frage kommt, so entspricht eher das Gegenteil den Tatsachen. Aber anzunehmen, daß der langsamere positive Teilstrom die Zapfen-, der schnellere negative die Stäbehenerregung darstellt, führt noch eher zu Widersprüchen schon bei den Netzhautströmen selbst. Denn der negative Teilstrom tritt gerade an den überwiegend Stäbchen tragenden Netzhäuten von Kaninchen und Katze zurück und am Frosch unter den Bedingungen des Tagessehens be- sonders deutlich hervor, ganz abgesehen davon, daß die Stächennetzhäute der Gephalopoden den positiven Teilstrom in reiner Form zeigen. Infolge dieser zahlreichen sich ergebenden Unstimmigkeiten scheint mir, daß die Annahme, die beiden Teilströme bzw. die entsprechenden Phasen der Stromkurve bedeuteten die Erregung nur je eines Teiles des Sinnesepithels, uns nicht weiterführt. Gerade Pipers Versuche zeigen an der Hand eines großen Kurvenmaterials, wie ähnlich die Kurvenform bei weißem Lieht in der ganzen Wirbeltierreihe ist, trotz der großen Ver- schiedenheit in der Stäbchen- und Zapfenverteilune. Das’ würde meiner Ansicht nach eher bedeuten, daß die den Teilströmen zugrunde liegenden Prozesse durch weißes Licht stets in annähernd dem eleichen Stärkever- hältnis ausgelöst werden, und daß dieses Verhältnis bei Weiß unabhängig #5 Einthoven u. Jolly, s. Anm. 2. Kapitel III, 2. “ Piper, s. Anm.2. 1911. 8.95. Vgl. auch Tiralla, s. Anm.42. S. 162. u Die NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 237 davon ist, ob Zapfen oder Stäbchen gereizt werden. Bei Tagessehen und Reizung mit Licht verschiedener Wellenlänge würde sich das Verhältnis der Teilprozesse verschieben, und möglicherweise spielt hierbei die Art des Sinnesepithels insofern eine Rolle, als nur in bestimmten Zapfen die Teilprozesse verschieden auf die Wellenlänge reagieren. Auch die sekundäre Erhebung läßt sich nach den Ergebnissen an Tag- ‚vögeln nicht mehr gut mit den oben genannten träge ablaufenden Netz- hautprozessen in Verbindung bringen. Denn da sie bei Tauben und Hühnern nur nach Hell-, bei Käuzen, Fröschen, Salamandern und anderen nur nach Dunkelaufenthalt auszulösen ist, kommt ihr Zusammenhang mit der Seh- purpurbleichung und -regeneration, den Pisment- oder Zapfenverschiebungen, soweit diese bislang aufgeklärt sind, kaum in Frage. Die denkbare Lösung, daß dieselbe photoelektrische Schwankung — die sekundäre Erhebung — bei Tag- und Dämmerungstieren ganz verschiedenen Netzhautprozessen zugeordnet sei, würde ich für recht gezwungen halten. Die sekundäre Er- hebung steht offenbar mit bisher unbekannten Prozessen der Adaptation in Verbindung. - Der weiter: Ausbau der Piperschen Teilstromhypothese bleibt also nach wie vor offen und zusammen mit der Frage, ob sie das gesamte Tat- sachenmaterial wird befriedigend-deuten können, weiteren Versuchen vor- behalten. Im Anschluß an die Exnerschen“ Anschauungen über die spezifischen Empfindungen unseres Sehorgans für Veränderungen hat Ishihara“ die - positive Eintritts- und Verdunkelungsschwankung als den elektrischen Aus- druck dieser Veränderungsempfindungen angesehen. Diese Auffassung wird sich nur schwer bei allen Wirbeltieren durchführen lassen. Denn den Tauben müßten danach bei lang- und kurzwelligem Licht beliebiger Intensität die Veränderungsempfindungen vollkommen oder bis auf Spuren fehlen, während sie bei Weiß, Grün und Purpur außerordentlich stark ausgeprägt vorhanden wären. Das erscheint mir ziemlich unwahrscheinlich. i Vor einiger Zeit hat Fröhlich“ an Cephalopoden gesehen, daß deren einfacher Stromanstiex und -wiederabfall einen der Wirbeltierkurve ähn- lichen komplizierten Verlauf annimmt, wenn er beispielsweise beide Elek- troden hinten am Auge anleste und einen zwischen beiden liegenden Netz- hautpunkt belichtete, und daß die Kurvenform sich mit der Lage des Licht- punktes zwischen den Elektroden änderte. Er vermutet danach, daß auch die komplizierte Wirbeltierkurve durch einen Wettstreit der Negativitäten #4” Exner, s. Anm. 12. #3 Ishihara, s. Anm. 11. # F.W. Fröhlich, Zeitschr. f. Sinnesphysiol. 1914. Bd. XLVIH. S. 50ff. 238 ARrNT KoHtrauscHh: an den beiden Ableitungsstellen zustande komme, also keine Eigentümlich- keit der Wirbeltiernetzhaut selbst darstelle, sondern durch die Mitbelichtung der an der Kornea liegenden Elektrode bedingt sei. Er glaubt, nach seinen Erfahrungen an Gephalopoden werde es auch an Wirbeltieren gelingen, einfache Kurven abzuleiten, wenn man eine Mitbelichtung der Hornhaut- elektrode vermeide. Ich habe daraufhin Versuche am exstirpierten Froschauge mit dem oben (S. 202) erwähnten, hierfür sehr geeigneten Spektralapparat angestellt. Denn dieser entwirft ein kleines Bild der leuchtenden Okularlinse auf der Netzhaut, und durch Überkleben mit schwarzem Papier läßt sich der Spalt in vertikaler und horizontaler Richtung soweit verkleinern, daß durch die Cornea ein ganz feines Strahlenbündel fällt und sich die Mitbelichtung der auf der Hornhaut liegenden Elektrode absolut vermeiden läßt. Die Ver- suche fielen in Fröhlichs Sinne vollkommen negativ aus, der Strom- verlauf war so kompliziert wie immer und zeigte die typische Wirbeltier- kurve mit allen Erhebungen und Senkungen. Aber auch ohne diesen Ver- such sprieht manches gegen Fröhlichs Deutung. Denn wenn die Wirbel- tierkurve ähnlich abhängig von der Lage der belichteten Netzhautpartie zu der Elektrodenstellung wäre, wie Fröhlichs komplizierte Gephalo- podenkurve es ist, so würde man wohl kaum am Wirbeltier einen bestimmten Kurventypus finden, denn die dann erforderliche gleichmäßige Elektroden- lage läßt sich am lebenden Tier unmöglich durchführen. Daß man an lebensfähigen Tieren mit solcher Regelmäßigkeit von Fischen bis hinauf zu den Vögeln den einen Typus, und an einer Reihe Säugetiere den anderen findet, und daß beim allmählichen Absterben des Tieres der Stromverlauf sich dann in der ganzen Wirbeltierreihe im selben Sinne verändert, spricht nur wenig für Fröhlichs Ansicht. Dabei ist für den Kurvenverlauf die Blektrodenlage ziemlich gleichgültig; bei Eulen z. B. legt man die rück- wärtige Blektrode wegen des erforderlichen schweren Eingriffs zweckmäßig nicht an den freigelegten hinteren Augenpol, sondern drückt sie einfach in der Gegend des Auges außen auf den Kopf. Aksolut gegen Fröhlichs Vermutung sprechen aber meine Versuche an Tauben. Daß man kei kon- stanter Blektrodenlage diese einfachen und so stark verschiedenen Kurven als Funktion der Wellenlänge und des Adaptationszustandes erhält, be- weist, daß die komplizierte Stromkurve der Wirbeltiere tatsächlich durch deren Netzhauteigentümlichkeiten bedingt ist und nicht im Fröhlich- schen Sinne durch Lage oder Mitbelichtung der Elektroden. | Von den verschiedenen Hypothesen über die Gesichtsempfindungen und ihre Substrate scheinen mir die Ergebnisse meiner Tag- und Nacht- tiere vergleichenden Versuche auch mit der Duplizitätstheorie vereinbar | DIE NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 239 zu sein. Wenn sich auch die Ansichten über das Vorkommen der Stäbchen und Zapfen in der Wirbeltierreihe in mancher Hinsieht widersprechen, so scheint doch als Tatsache°° bestehen zu bleiben, daß bei vorwiegend im Dämmerlicht lebenden Tieren die Stäbchen an Zahl überwiegen, hei aus- gesprochenen Tagtieren die Zapfen. Demnach könnte man mit Himstedt und Nagel und mit Piper annehmen, daß bei den erstgenannten Tieren und unter den Bedingungen des Dämmerungssehens vorwiegend die Ströme der Stäbchen, bei Tagtieren und unter den Bedingungen des Tagessehens überwiegend die der Zapfen abgeleitet werden. Die bisherigen Versuchs- ergebnisse: annähernde Aktionsstromgleichung beim Dämmerungssehen, starke qualitative Stromunterschiede beim Tagessehen passen dann in den Rahmen der Duplizitätstheorie. In der oben genannten Arbeit kommt Fröhlich°! auf Grund seiner Versuche über die Aktionsströme der Cephalopodennetzhaut zu der Theorie, daß ganz allgemein die Helladaptation als Ermüdungszustand, die Dunkel- adaptation als Erholung der Netzhaut aufzufassen sei. Wenn nun auch wohl an allen Sinnesorganen eine Ermüdung bzw. Gewöhnung an Reize nachweisbar ist, so sind doch die Begriffe der Ermüdung und Erholung serade zur Deutung der Adaptationsphänomene am Menschen wenig glück- lich. Denn wenn die Helladaptation als Ermüdungszustand der Netzhaut aufzufassen ist, so ist die Frage berechtigt, wieso gerade die Fovea centralis, unsere wertvollste Netzhautstelle, nur im Zustand der Ermüdung funk- tioniert und weshalb sie, wenn die ganze übrige Netzhaut sich erholt, ihre Funktion einstellt, d.h. gegenüber den peripheren Netzhautpartien prak- tisch Kaum erholungsfähig ist. Diese am meisten in die Augen springende Tatsache vermag die Ermüdungstheorie ungezwungen nicht zu erklären; dem wird aber die Annahme einer Umschaltung auf zwei funktionell ver- schiedene Apparate, wie sie die Duplizitätstheorie macht, gerecht. -Wenn ich es auch nicht für zulässig halte, die Ergebnisse von Aktions- stromuntersuchungen direkt auf sinnesphysiologische Tatsachen zu über- tragen, so geht doch aus meinen Versuchen an Tauben und Hühnern her- vor, daß man nicht bei allen Tieren eine Abnahme des photoelektrischen Efiekts einer Netzhautermüdung und diese wieder der Helladaptation sleichsetzen darf. Denn Tagtiere (Tauben und Hühner) geben gerade nach Hellaufenthalt stärkere, nach Dunkelaufenthalt schwächere Ströme, und Dämmerungstiere umgekehrt. Auch auf diese Tatsache würde besser die Vorstellung der Duplizitätstheorie von der Einschaltung des franz, ın Oppels Lehrb. d. vergl. mikrosk. Anatomie. Teil VII. 8. 57. 51 F, W. Fröhlich, s. Anm. -0. S$. 110ff. 340 Arnt KoHLRAUSCH: betreffenden Netzhautapparates als Deutung des Adaptationsvorganges passen. Die naheliegenden Erörterungen der Taubenversuche vom Standpunkt der Helmholtzschen oder Heringschen Farbentheorie unterlasse ich, weil ich es bei dem derzeitigen Stand der Erfahrungen noch für unirucht- bar halte, auf Beziehungen der Aktionsströme zu den Farbenempfindungen näher einzugehen. Vorstehende theoretische Betrachtungen lassen sich dahin zusammen- fassen, daß die bisherigen Ergebnisse der vergleichenden Untersuchungen über die Netzhautströme der Wirbeltiere ohne allzu viel Zwang in den Rahmen der als Arbeitshypothese wertvollen Teilstromhypothese Pipers und der Duplizitätstheorie passen, daß aber die Frage nach den Beziehungen der Augenströme zu den den Gesichtsempfindungen und Adaptations- vorgängen zugrunde liegenden Netzhautfunktionen nach wie vor offen und ihre Klärung weiteren Versuchen vorbehalten bleibt. are DIE NETZHAUTSTRÖME DER WIRBELTIERE USW. 241 Erklärung der Abbildung. (Taf. I.) Die Kurven sind an Tauben aufgenommen und in der durch die Pfeile an- gegebenen Riehtung zu lesen. Zeitschreibung bei Figg.1, 2, 4, 5: Stimmgabel von 50 Schwingungen pro Sekunde, bei Fig.3: 10tel Sekunden. Bei Fig. 4 zwischen Saitenbild und Zeitschreibung: elektromagnetische Reizmarkierung. Fig.1. Taube nach Dunkelaufenthalt. Reizlicht rot. Kleiner negativer Vor- schlag und schwache Verdunkelungsschwankung. Fig.2. Dieselbe Taube nach Dunkelaufenthalt. Reizlicht blau. Zwischen . negativem Vorschlag und negativer Belichtungsschwankung eine schwache positive Eintrittsschwankung. Die sekundäre Erhebung fehlt an dem dunkeladaptierten Tier. Ri Fig.3. Taube nicht vollständig dunkeladaptiert, es ist noch eine schwache sekundäre Erhebung vorhanden, die jedoch den Ruhestromwert nicht vollständig erreicht. Reizlicht blau. Eine schwache positive Eintrittsschwankung ist in den Abfall der negativen Belichtungsschwankung eingeschaltet. Nach Verdunkelung Rückkehr zum Ruhestromwert. Figg. 4a—e sind die zur Konstruktion der Textfigur 16 benutzten Original- kurven. Taube nach Dunkelaufenthalt. Reizlicht: a = Rot, b= Blau, ce = Pur- purmischung aus diesen beiden Lichtern. (Nur die Belichtungsausschläge.) Figg. 5 a—d zeigt in recht reiner Form die Belichtungs- und Verdunkelungs- ausschläge, wie sie den Teilströmen I und II von Piper zugeschrieben werden. a — Rot bei dunkeladaptierter Taube: steiler Anstieg bei Belichtung, dann konstant bleibende E.M.K.; ein negativer Vorschlag ist eben erkennbar. b — Verdunkelungsausschlag derselben Kurve: flacher Abfall nach Ver- dunkelung. ce = Blau bei Helladaptation: glatte negative Schwankung nach Belichtung, tlacher als bei a, trotzdem der Ausschlag bei e über doppelt so- groß ist; bei gleicher Größe der Ausschläge würde der Abfall beic entsprechend flacher sein. Da- nach Übergang in eine starke sekundäre Erhebung als Folge der Helladaptation. d = Blau: Verdunkelungsausschlag von einer anderen Kürve desselben Tieres nach Dunkelaufenthalt: nach Verdunkelung steiler Anstieg zum Ruhestromwert Archivf,A.u.Ph. 1918, Physiol. Abilg. 16 ” Der Größeneindruck an gleichen aber verschieden gerichteten Strecken. Von Wilh. Filehne 1. Tatsachen. In Fig. 1 erscheint — aus gewohnter Leseweite betrachtet —, zwar nicht jedem, doch den meisten der Zwischenraum zwischen den beideıt Parallelen bei A schmäler als der ebenso breite bei B. Diejenigen, für die dies zutrifft, mögen die Figur um 90° drehen, A B so daß also nunmehr das Linienpaar von A ver- tikal und das von B horizontal liegt: alsdann er- scheint der Zwischenraum bei A als der breitere, — also wieder im vertikalen Linienpaare. | Fixiert man einen zwischen A und B se- legenen Punkt und beobachtet beide Paare im exzentrischen Sehen — oder fixiert man zu- erst einen Punkt im Gebiete von A (z. B. das Ende der einen Linie) und achtet auf den Breiteneindruck des exzentrisch gesehenen Zwischenraums, und wiederholt dies bei B, so erkennt jeder, daß beide Zwischenräume gleich breit sind. Wenn man in Fig.1 sowohl bei A wie bei B den Blick rechtwinklig von einer Linie zur anderen wandern läßt, so ist für fast jeden die Täuschung da: der vertikale Zwischenraum erscheint breiter als der horizontale. Doch gibt es auch hier einige wenige Versuchspersonen, für die die Täuschung nicht entsteht. Der Grund für das Ausbleiben scheint darin zu liegen, daß die Betreffenden wegen der Kleinheit des Objekts den Größeneindruck nicht während der Wanderung des Blicks in sich aufnehmen, sondern das Auge kurze Zeit ruhen lassen, um den Eindruck zu gewinnen. Fig. 1. WILH. FILEHNE: GRÖSSENEINDRUCK UND STRECKENRICHTUNG. 243 In Fig. 2 sind rechtwinklig zu den Parallelen die die Breite des Zwischen- ranms repräsentierenden Zwischenlinien gezogen, die in A und B objektiv gleich sind. Läßt man auf diesen Verbindungslinien den Blick wandern, so erscheint fast allen die horizontale in 5 länger als die vertikale in A. Sobald man aber einen A B zwischenliegenden Punkt fixiert, erkennt mah, daß sie gleich lang sind. Ich habe die Größe des Zwischenraums variiert. Werden die Parallelen ———- dichter zueinander gelegt, so bleibt die Täuschung bestehen. Bei wachsender Breite des Zwischen- raums wird sie bald geringer und 'verschwindet schließlich. Die meisten Versuchspersonen hatten sie schon bei einer . Breite von 5mm nicht mehr. Ich selbst und mehrere andere bemerken sie noch — wenn auch in abnehmendem Maße — bis zu einem Linien- abstande von 12 bis 15 mm. \ Auch. in folgender Weise habe ich die Täuschung verfolgt, um einen Zahlenausdruck für ihre Größe zu erhalten. An einem rechten Winkel, dessen Schenkel horizontal und vertikal liegen, wird in den aufeinander folgenden Versuchen vom Scheitel aus auf dem einen Schenkel eine Strecke von 1 mm, 1-5 mm, 2 mm usw. bis 20 mm abgetragen. Der andere Schenkel ist von einer Platte verdeckt, die sich vom Scheitel in der Richtung dieses Schenkels entiernt. In der einen Versuchsreihe hat die Versuchsperson den Scheitel zu fixieren. Sobald die freiwerdende Strecke des verdeckt gewesenen Schenkels ihr im exzentrischen Sehen gleich der auf dem anderen Schenkel aufgetragenen erscheint, hemmt sie den Gang der Platte. Das Resultat war, daß die beiden Strecken objektiv gleich lang waren (bis zu 20 mm). ' In einer zweiten Versuchsreihe hatten die Versuchspersonen mit ihren Blicken abwechselnd die gegebene Strecke und die zu dieser rechtwinklig stehende, von der Platte frei werdende Schenkelstrecke zu durchwandern und im Momente anscheinender Gleichheit den Gang der Platte zu hemmen. In der einen Hälfte der Versuche war die gegebene Musterstrecke auf dem vertikalen, in der anderen Hälfte auf dem horizontalen Schenkel aufgetragen. Das Resultat war, daß die auf dem horizontalen Schenkel von den Versuchs- personen angegebenen Strecken stets zu klein, die auf dem vertikalen zu groß geliefert wurden. In einer dritten Reihe hatten. die Versuchspersonen auf dem einen (teils horizontalen, teils vertikalen) Schenkel des frei, d.h. ohne Platte vorgelegten rechten Winkels zu der auf dem anderen Schenkel dargebotenen Probestrecke (l mm bis 20 mm) die ihrer Meinung nach gleiche Strecke 16* ) Fig. 2. oO DAA WıtH. FILEHNE: bei freibewegtem Blicke abzutragen. Das Resultat war das gleiche wie in der vorerwähnten (zweiten) Versuchsreihe. In beiden zeigte sich das Maxi- mum der Täuschung, das je nachdem bei Strecken von 2 bis 5 mm ent- stand, wie folgt: die horizontale Strecke verhielt sich zur vertikalen wie 1 zu 1-4. Hierbei machte es keinen deutlichen Unterschied, ob die Papier- fläche in der bei Lesen, Schreiben und Zeichnen üblichen Lage zum Auge sich befand oder ob das Papier vertikal und rechtwinklig zur Gesichtslinie gehalten wurde. Wenn auch individuelle Unterschiede bezüglich der Resultate der beiden letztgenannten Versuchsreihen bestanden, so ist allen Personen gemein- sam: bei 15 his 20 mm ist die Täuschung sicher nicht mehr vorhanden; das Maximum liegt bei etwa 2 bis 5 mm; vom Maximum bis zum Verschwin- den (bei je nachdem 5 bis 15 mm) nimmt dıe Täuschung allmählich ab. Von 30 bis 40 mm an kehrte sich dann das Verhältnis um — ent- sprechend der Angabe Helmholtz!. von der Überschätzung vertikaler Strecken im Vergleiche zu horizontalen. Offenbar hatte Helmholtz das Verhalten nur von Strecken über 20 mm untersucht. Übrigens tritt auch bei diesen von ihm in Betracht gezogenen Strecken, worauf er nicht geachtet hat, die Täuschung ebenso wie bei unseren Figg. 1 und 2 und in unserer 2. und 3. Reihe nicht auf, wenn man einen bestimmten Punkt, z. B. bei Benutzung eines rechten Winkels den Scheitel, fixiert. Voraussetzung ist hierbei, daß beide Strecken exzentrisch sichtbar und erkennbar bleiben — also unter mittelgroßem Sehwinkel liegen —, sei es, daß sie selbst von mittlerer Größe sind, sei es, daß der Abstand vom Auge nicht die Lese- weite, sondern groß genug ist. Aber das Gebiet der Überschätzung vertikaler Linien und Strecken nach Helmholtz hat nicht nur die angegebene untere Grenze (etwa 30 bis 40 mm), sondern besitzt, sobald es sich um Fernsehen handelt, d.h. um größeren Abstand des Auges von den entfernteren Teilen der Schenkel, — auch eine obere Grenze, wie ich in einer früheren Arbeit? gezeigt habe: auf einer vertikal stehenden Wand, zu der die Gesichtslinie der Versuchsperson rechtwinklig steht und vor der sie sich in einem Ab- ‘stande aufstellte, der gleich ihrer Augenhöhe ist, heiße der Punkt, in dem die geradeaus auf die Wand gerichtete Blicklivie diese (rechtwinklig) trifft, der „Augenpunkt‘‘. Er werde zum Scheitel eines rechten Winkels gemacht, dessen einer Schenkel vertikal aufwärts und dessen anderer also horizontal 1 Handb. d. Physiol. Optik. 1. Aufl. 8.543 (und 559, wo die Erklärung ge- geben wird). In der 2. Aufl. S. 604 (und 702). In der 3. Aufl. Bd. III. S. 141 (und 156f.). 2 2 Dies Archiv. 1915. Physiol. Abt. 8.373, spez. 8.375. a IE a Ei: ee GRÖSSENEINDRUCK UND STRECKENRICHTUNG. 245 verläuft. Auf dem horizontalen Schenkel werde zunächst vom Scheitel aus eine Strecke abgetragen, die gleich ®/, der Augenhöhe ist, z. B. gleich 120 em. Jetzt hat die Versuchsperson auf dem vertikalen Schenkel ein ihrer Meinung nach jener horizontalen Strecke gleiches Stück vom Augen punkt (Scheitel) aus anzugeben. Diese Aufgabe wird objektiv richtig er- ledigt und selbstverständlich ebenso, wenn die Aufgabe umgekehrt gestellt "wird, zur 120 em-Strecke, die auf dem vertikalen Schenkel abgetragen ist, die gleiche auf dem horizontalen zu liefern. Sobald man aber auf dem einen ' Schenkel die Probestrecke gleich der Augenhöhe oder wesentlich länger macht (wobei ja die Strecken unter einem so großen Sehwinkel liegen, daß sie nicht mit ruhendem, sondern nur mit freibewestem Blicke gemustert werden können), so fällt die Angabe der Versuchsperson nunmehr auf dem vertikalen Schenkel (nach oben) zu groß bzw. auf dem horizontalen zu klein aus: die vertikalen Strecken werden jetzt — im Gegensatze zum Helmholtzschen Gebiete mittelsroßer Linien und Strecken — unter- schätzt. Und je größer die der Versuchsperson aufgegebene Strecke ge- wählt wird, um so bedeutender wird die Unterschätzung der vertikalen Strecke — bis sie an der Grenze unseres räumlichen (Entfernungs-) Sehens ihr bleibendes Maximum erreicht: vertikal Zenithöhe, horizontal Horizont- radius. — Ein anderes Beispiel dafür, daß das scheinbare Größenverhältnis zwischen größerer horizontaler — allerdings rein in der Tiefendimension liegender — und vertikaler (Höhen-)Ausdehnung sich mit zunehmender, Entfernung, d.h. also mit zunehmender Größe der horizontalen Strecken zuungunsten der vertikalen Linie ändert, — also wiederum umgekehrt wie in der Helmholtzschen Beobachtung sich gestaltet —, habe ich jüngsthin! beigebracht: nämlich wenn ein vertikal stehender schmaler Streifen in die Tiefendimension in horizontaler Richtung auf dem Fußboden über seinen kritischen Punkt hinauswandert, und wenn man seine Höhe mit der Fuß- bodenstrecke vergleicht, die zwischen ihm und dem Beobachter zu liegen kommt, so ändert sich, je weiter der Streifen wandert, um so mehr das ‚scheinbare Größenverhältnis zuungunsten des vertikalen Streifens. — Wir fassen jetzt die Beobachtungen, die sich aus den Fisg.1 und 2 ergeben haben und sehr kleine Strecken betreffen, ferner die für mittel- lange Strecken gültigen von Helmholtz aufgedeckten umgekehrten Täuschungen, sowie die von mir für längere Strecken in letzter Zeit be- schriebenen, den Helmholtzschen Täuschungen ebenfalls entgegengesetzt auftretenden in folgender Weise zusammen: Gegeben ist auf einer verti- kalen, rechtwinklig zu unserer Gesichtslinie stehenden Ebene ein rechter 1 Dies Archiw. 1917. Physiol. Abt. 8.217. 246 WırH. FILEHNE: Winkel, dessen Scheitel im „‚Augenpunkt‘“ der Ebene liegt, dessen einer ‚ Schenkel horizontal von rechts nach links (oder umgekehrt) liest, dessen anderer Schenkel nach aufwärts — vertikal — geht. Werden vom Scheitel aus sehr kleine Strecken gleicher Länge auf beide Schenkel aufgetragen, so erscheinen bei ruhendem Blicke (Fixation des Scheitels), aus etwa 20 cm Entfernung betrachtet, die beiden Strecken gleich; bei bewegtem Blicke erscheint die horizontale Strecke länger. Hierauf folgt eine Region, ın der bei bewegtem Blicke beide wieder gleich erscheinen. Darauf folet die Helmholtzsche Region, in der bei freibewestem Blicke die vertikalen Strecken länger zu sein scheinen. Aber auch hier gilt, daß bei ruhendem Blicke, solange beide Strecken bei Fixation des Scheitels exzentrisch er- kennbar bleiben, die Gleichheit richtig erkannt wird. Bei größeren Strecken, bei denen wegen der Länge nur mit freibewegtem Blicke der Größeneindruck gewonnen werden konnte, kehrte sich das Verhältnis wieder um: die vertikalen Strecken erscheinen kürzer. Es gibt also 3 Maxima der Täuschungen. Das erste (etwa bei 2 bis 5 mm) innerhalb des Ge- bietes der kleinsten Strecken; das 2. innerhalb des Helmholtzschen Gebietes: das 3. am Ende unseres räumlichen (Entfernungs-) Sehens. Zu dem Maximum hin nimmt in jedem Gebiete die Täuschung zu, von ihm ab vermindert sie sich in 1. u. 2. zu Null, d.h. die gleichen Strecken erscheinen gleich. Im mittleren (Helmholtzschen) Gebiete ist die Täuschung das Gegenteil von derjenigen, die in den Nachbargebieten sich zeigt. Hierbei ist folgendes zu beachten: der horizontale Schenkel des Rechten liegt nicht rein in der Tiefendimension, nicht sagittal, sondern in der Richtung rechts-links, das Entsprechende silt für den vertikalen; aber be’ Betrachtung der beiden Strecken kommt eine tiefendimensionale Kom- ponente zur Wirkung. Diese Wirkung ist um so erheblicher, je größer die Differenz der Entfernung des Augenknotenpunktes einerseits vom Scheitel des rechten Winkels (dem ‚„Augenpunkt‘“ der Ebene), anderer- seits vom Endpunkte der Strecke ist. Diese Differenz ist bei den „kleinen“ Strecken verschwindend. Ferner gehört das Helmholtzsche Gebiet (ebenso wie das der kleinsten Strecken) dem Nahesehen, Er Gebiet der „großen‘ Strecken dem Fernsehen an. Il. Die Entstehung der Täuschungen. Wollen wir eine Erklärung geben, wieso bei „kleinen“ Strecken die Täuschung entgegengesetzt derjenigen bei „mittleren“ und die gleiche wie bei „großen“ Strecken ist, so versteht es sich von selbst, daß diese „‚Er- klärung‘“‘ harmonieren muß mit den für die beiden letzteren bereits gegebenen oder von uns neu zu gebenden. GRÖSSENEINDRUCK UND STRECKENRICHTUNG. 247 Die Erklärung, die Helmholtz für die Überschätzung der vertikalen Linien innerhalb des von ihm beachteten Bezirkes mittellanger Linien gab, -Jautet!: z „Bei einer unsicheren Wahrnehmung wird nun unser Urteil auch leicht durch andere Motive, die darauf Einfluß haben, irregeleitet. Wir werden sehen, daß die Täuschung über die Größe der rechten Winkel in einer ganz besonderen Beziehung zum zweiäugigen Sehen steht und deshalb bei ver- schiedenen normalsichtigen Individuen in ziemlich übereinstimmender Größe wiederkehrt. Die Täuschung, durch welche uns vertikale Linien zu sroß erscheinen im Vergleich zu horizontalen zeigt dagegen sehr große Differenzen bei verschiedenen Individuen, und hier finde ich auch bei mir selbst das Urteil sehr wechselnd und sehr unsicher. Dabei mag vielleicht von Einfluß sein, daß die meisten Figuren der Art, gegen welche wir unsere Stellung so wechseln oder deren Stellung gegen uns wir so wechseln lassen können, daß ihre verschieden gerichteten Linien und Winkel sich nach- einander auf denselben Netzhautpartien abbilden, solche sind, die auf dem Fußboden gezogen sind oder auf ebenen Tafeln, die wir, wie unsere Bücher, se in der Hand halten, dab ihr unteres Ende dem Auge näher ist als das obere. Warum wir diese Haltung wählen, wird sich in der Lehre vom Horopter zeigen. Bei solcher Lage der Linien erscheinen aber in der Tat vertikale Linien 'mmer in perspektivischer Verkürzung und wir können dadurch geneigt werden, sie immer für länger zu halten, als sie ihrer schein- baren Größe nach sind.“ Diese Erklärung ist sehr vorsichtig abgefaßt. Ganz abgesehen von der Autorität Helmholtz’ halte ich sie für vollkommen zutreffend. Wenn wir auf einem Granitplattentrottoir gehen, sehen wir die horizontal verlaufende nächste Queriuge perspektivisch unverkürzt und, weil diesseits des kritischen Punktes gelegen, in ihrer richtigen absoluten Größe; dagegen ist die auf unserer Netzhaut vertikal abgebildete seitliche Grenzkante per- spektivisch verkürzt und wird von uns erfahrungsgemäß, wenn z. B. beide Linien gleich lang auf der Netzhaut abgebildet sind, als wesentlich länger ausgedeutet. Es ist durchaus natürlich, daß sich dies auch auf solche Linien und Strecken überträgt, die auf denselben Netzhautstellen ab- gebildet sind, aber draußen in der Wirklichkeit nicht auf dem Fußboden, sondern auf einem rechtwinklig zu unserer Gesichtslinie stehenden (verti- kalen) Papier sich befinden. Hiermit steht im Einklange, daß, wie Helm- holtz angab, die Täuschung bei verschiedenen Personen verschieden groß und auch bei derselben sehr wechselnd und sehr unsicher ist. Ich kann 1 Physiol. Optik. 1. Aufl. 8.559; 2. Aufl. 8.702; 3. Aufl. Bd. 1 S. 156. | 248 Wırn. FıLsene: dem ergänzend zufügen, daß ich nach häufiger Wiederholung derartiger Bestimmungen, also dureh ‚Übung‘ bei mir selbst eine wesentliche Ver- ringerung der Täuschung feststellen konnte. Für die Richtigkeit der Helm- holtzschen Auffassung sprechen ferner folgende von mir genachte Be- obachtungen. Auf weißem Papier, das rechtwinklig zur Gesichtslinie steht, ist, ganz wie vorher besprochen, ein rechter Winkel so gezeichnet, daß der Scheitel im Augenpunkte und der eine Schenkel vertikal nach oben liegt. Auf dem einen Schenkel (abwechselnd auf dem horizontalen und dem vertikalen) wird eine ‚mittlere‘ Strecke vom Scheitel aus abgetragen. Die Versuchs- personen haben auf dem anderen Schenkel eine ihrer Meinung nach gleich große Strecke zu bezeichnen. Nachdem für jede Person der hierbei ent- stehende Fehler wiederholentlich festgestellt ist, wird vom gleichen Papiere ein rechtwinklig geschnittenes Blatt genommen und die eine Ecke in gleiche Entfernung wie vorher der Scheitel des rechten Winkels gebracht und auch jetzt die eine Kante nach oben vertikal, die andere also horizontal gestellt. Von der Ecke aus wird wie vorher die gleiche Strecke abgetragen und die Versuchspersonen haben auf der anderen Kante die ihrer Meinung nach gleiche Strecke anzugeben. Durchweg fällt der Fehler jetzt kleiner aus als beim gezeichneten rechten Winkel, manchmal fällt die Täuschung sogar ganz fort. Die „Zeichnung“ erweckte die Neigung zur „Ausdeutung“ weit stärker als das reale Objekt. : Beinah beweisend für die Richtigkeit der Helmhoitzschen Erklärung ist folgendes Experiment. Ein aus weißem Karton hergestelltes Prisma, dessen Grundflächen reguläre Sechsecke und dessen Höhe etwa doppelt so groß ist wie die Seite des Sechsecks, wird so aufgestellt, daß die Ver- suchsperson die eine obere Ecke in Leseabstand (etwa 20 cm) sieht und die eine Sechseckseite genau horizontal vor, sich hat. Die Aufgabe ist jetzt, auf der an die Ecke anstoßenden vertikalen Kante eine Strecke gleich der Sechseckseite abzutragen. Der Fehler ist jetzt fast oder völlig Null. An dem körperlich gesehenen Objekte tritt also die Täuschung nicht ein. Nur gegenüber der „Zeichnung“ rührt sich der Hang, die vertikale Linie per- spektivisch zu dehnen, ihr eine tiefendimensionale Deutung zu geben, während am räumlichen Objekte unser räumliches Sehen ausreichend be- tätigt ist. Nur die flache Zeichnung suchen wir räumlich auszudeuten, weil eben unser Sehen als räumliches Sehen erlernt ist. Für die Richtigkeit der Auffassung Helmholtz’ spricht auch die von mir gefundene Tatsache, daß bei fixiertem Scheitel des rechten Winkels die gleich gezeichneten Schenkel auch gleich erscheinen: wenn auf einer richtig gegebenen Zeichnung, einem Bilde, einer der Winkel einer Trottoirplatte GRÖSSENEINDRUCK UND STRECKENRICHTUNG, 249 oder einer rechteckigen Tischplatte als Rechter dargestellt ist, und zwar so, dab der eine Schenkel vertikal, der andere horizontal gezogen ist, so bedingt erst die Wanderung des Blickes auf dem vertikalen Schenkel die Vorstellung der Tiefendimension und der größeren Länge dieser real ‚genommenen, d.h. ausgedeuteten Linie, während die Wanderung des Blickes entlang der horizontalen Kante keine Tiefenvorstellung erzeugt und ‚ daher auch nicht die Kante verlängert. Das Ausbleiben der Täuschung bei unbewegtem Blicke schließt hier, wie im Falle der Figg. 1 und 2, eine sonst naheliegende Deutung einer dieser beiden übrigens gegensätzlichen Täuschungen aus: auf Unterschiede des vertikalen und horizontalen Durchmessers der (inneren) Grundfläche der Netzhautzapien usw. darf weder die Helmholtzsche noch unsere Täuschung bezogen werden. Denn dann müßte sie auch bei fixiertem Blicke auf- treten. RR: Alles in allem müssen wir die Helmhoitzsche Erklärung für zutreffend halten. \ Wir kommen jetzt zu der vorliegenden, von mir herrührenden Er- klärung der Täuschung, die sich bei „großen“ in der Nähe des Auges be- ginnenden Strecken zeigt. Diese Strecken können eben wegen ihrer Länge nieht mit fixiertem, sondern nur mit wanderndem Blicke erfaßt werden. Hier werden die vertikalen Strecken unterschätzt: eine lange horizontale Strecke erscheint im räumlichen Fernsehen erößer als eine gleichlange vertikale. Meine Erklärung lautete: für die Ferne haben wir unser räum- liches Sehen im wesentlichen am Fußboden und überhaupt in horizon- taler Richtung erworben: daher vertiefen wir unsere Netzhautbilder ausgiebiger in horizontaler Richtung als in vertikaler. So erscheint uns von zwei sehr langen, aber gleicheroßen Schenkelstrecken eines rechten Winkels, dessen Scheitel in beispielsweise 150 cm vor uns im „Augen- punkte“ einer vertikalen, rechtwinklig zu unserer Gesichtslinie stehenden Ebene liest, der horizontale länger als der vertikale, denn der horizontale wird von uns stärker gedehnt als der vertikale. Man erkennt, daß diese Erklärung mit der Helmholtzschen völlig harmoniert. Diese gılt für nahe mittlere Strecken, die meinige für weit in die Ferne ziehende Strecken. Was Helmholtz zu erklären hatte, war die Überschätzung naher vertikaler Strecken; was ich-zu erklären hatte, war die Unterschätzung ferner vertikaler Strecken. Mit diesen beiden Erklärungen muß harmonieren die Erklärung, wieso es kommt, daß wir bei sehr kleinen, nahen Strecken die vertikalen ebenso unterschätzen, wie bei sehr großen in die Ferne ziehenden, während wir die vertikalen bei mittelgroßen Strecken überschätzen. 250 WILH. FILEHNE: Vorausgeschickt sei folgendes. Wenn wir in Fieg.1 und 2 die kurzen Strecken und Linien (Verbindungsstücke) betrachten, so sehen wir sie in Leseweite — etwa 20 cm — unter einem sehr kleinen Winkel — 0° 34. Wenn wir räumliche, körperliche Objekte, die wir aus so geringer Ent- fernung unter so kleinem Winkel zu sehen bekommen, also sehr kleine Ob- jekte, ın ihrer Größe erkennen wollen, , so fixieren wir sie. Schon deshalb fällt im räumlichen Sehen die Täuschung fort, denn se tritt nur bei be- wegtem Blicke auf. Ursprünglich ist unser Sehen aber räumliches Sehen. Erst später haben wir geometrische usw. Figuren zu erfassen gelernt. Um die Täuschung, die unsere flachen, nicht-körperlichen Figg. 1 und 2 bei bewegtem Blicke veranlassen, erklären zu können, greifen wir auf Herings Erfahrung zurück, daß abgeteilte „Linien“ (schwarze Streifen auf weißem Grunde) länger aussehen als nicht abgeteilte. Wir benutzen die hierfür in Helmholtz’ Physiologischer Optik! gegebene Figur, von der Helmholtz sagt: ‚‚So wird man in nebenstehender Figur leicht das Stück ab gleich bc halten obgleich in der Tat ab größer ist als bc.“ RN SA Er ENTER NETENEN EAU a b € Fig. 3. Fig. 3 gilt übrigens nur für die Betrachturg mit dem rechten Auge. In der Figur hat bc eine Länge von 20 mm und ab ist fast 3 mm größer als be. Dreht man die Figur um 180°, so erkennt das rechte Auge, daß ab zu groß dargestellt ist: es müssen jetzt etwa 1-5 mm, also die Hälfte von (ab— bc), von a b fortgenommen werden, damit die beiden Stücke dem rechten Auge wieder gleich erscheinen, während bei dieser verkehrten Haltung der Figur das linke Auge die beiden Stücke, wie sie in der Figur segeben sind, für gleich hält. Für beide Augen gilt aber, daß sowohl bei der ursprünglichen Lage wie bei Umkehrung die geteilte Strecke be über- schätzt wird. Dies gilt aber nur dann, wenn die Figur aus der gewöhnlichen Leseweite (18 bis 20 em) betrachtet wird. Kopiert man die Figur in ihren genauen Maßen, aber so, daß die Linien überhaupt und namentlich die abteilenden Striche wesentlich verbreitert, verstärkt werden, und beschaut sie aus 40, 60, 80 und 100 em Entfernung, so schwindet die Täuschung mehr und mehr. Aber je weiter sich das Auge entfernt, um so kleiner wird der Winkel, unter dem die Figur gesehen wird, und um so weniger ausgiebig 11. Aufl. S.562; 2. Aufl. 8.705; 3. Aufl. Bd. II. 8.159. "GRÖSSENEINDRUCK UND STRECKENRICHTUNG. 251 werden die seitlichen Augenbewegungen, die zur Gewinnung des richtigen Augenmaßes erforderlich sind. Je ausgiebiger also die seitlichen Augen- bewegungen sein müssen, um so mehr dehnen wir die Summe der Teil- strecken, d.i. um so mehr dehnen wir be. Wir dehnen hier wie sonst auch bei Betrachtung der Tiefendimension; denn auch bei Betrachtung der Fig. 3 kommt eine Tiefenkomponente zur Wirkung, die bei wanderndem Blicke um so größere Änderungen erfährt, je größer der Winkel ist, unter dem be gesehen wird, je ausgiebiger also die seitlichen Augenbewegungen werden. Wie wir aber bei Betrachtung aus gewohnter Leseweite bc als Ganzes dehnen, so dehnen wir auch die rechts von b beginnende erste Teil- strecke im Vergleiche zu dem ihr gleich langen jenseits (links) von b ge- legenen Nachbarstücke, das zur ungeteilten Strecke «ab gehört. Dies will keine Erklärung, sondern nur eine Darstellung der Tatsachen sein. Eine Erklärung der Tatsachen würde uns zu weit abseits von unserm Vorhaben führen und es bedarf ihrer auch gar nicht zur Lösung unserer Aufgabe. Auch eine Besprechung der Frage, wieso vom rechten Auge aus die Dehnung der abgeteilten Strecke rechts vom Augenpunkte b stärker ausfällt, als wenn die abgeteilte Strecke links liegt!, kann hier unterbleiben, da dies nicht unmittelbar zu unserer Sache gehört. Nur die Tatsache, daß auf der horizontalen Linie dıe abgeteilte Strecke mehr als die un- geteilte gedehnt wird und daß dies um so mehr geschieht, je größer der Sehwinkel wird und je ausgiebiger infolgedessen die erforderlichen seit- lichen (horizontalen) Augenbewegungen ausfallen, ist das, worauf es uns ankommt. Wohl zu beachten: auf der horizontalen .Linie! Wie steht es aber auf einer vertikalen? Man drehe, gleichviel ob nach links oder rechts, Fie.3 um 90°. Die Täuschung ist so gut wie ganz verschwunden. Wir dehnen also abgeteilte vertikale Linien, deren Teilstrecken, und zwar jede einzelne Teilstreeke, weniger als horizontale. Auch hier könnten wir uns an der Tatsache genügen lassen. Indes liegt hier die Erklärung so nahe und berührt unsern Gegenstand so unmittelbar, dal wir sie wenigstens andeuten wollen. Für gewöhnlich sind bei aufrechter Haltung (Stehen, Gehen, Sitzen) unsere Augen geradeaus gerichtet mit zeitweiligen Bewegungen nach rechts und links. Wir sind eben horizontal orientierte Geschöpfe. Wenn man Porträts von Menschen — nicht Genrebilder —, gleichviel ob Ölgemälde oder Photographien, durchmustert, blicken im allgemeinen die Dargestellten 2 Daß die temporalen Teile der Netzhaut weniger „geübt‘ sind als die medianen, hat schon Donders im Zusammenhange mit der Asymmetrie des Gesichtsfeldes betont. oe Wır#. FILERNE: entweder den Beschauer an oder sie schauen nach rechts oder links. Ohne besondere genrehafte Handlung würde ein nach oben oder unten gerichteter Blick unnatürlich wirken. Wenn Menschen auf der Straße oder im Freien sehen oder stehen, ist ihr Blick, wenn nicht etwas Besonderes ihre Auf- merksamkeit erregt — z.B. Flugzeug, gestürztes Pferd — horizontal gerichtet: geradeaus, rechts oder links. Dies rührt von der entscheidenden Bedeutung her, die der Fußboden für unser Leben und unser räumliches Sehen hat, und hiermit hängt eben die Tatsache zusammen, daß unser räumliches Sehen besonders in horizontaler Richtung ausgebildet ist. So ist der dehnende Einfluß der Augenbewegungen auf die wahrge- nommenen abgeteilten Raumgrößen besonders stark für die seitlichen, horizontal gerichteten Augenbewegungen erkennbar. In horizontaler Rich- tung, nicht nur sagittal und radial (reine Tiefenwahrnehmung), sondern auch, wenn auch in etwas geringerem Grade, nach rechts und links haben wir am vollständigsten die Streckenlängen auszudeuten gelernt, mehr als in vertikaler Richtung. Daher dehnen wir bei wanderndem Blicke in Fig. 2 die horizontalen Verbindungsstücke wesentlich stärker als die vertikalen usw. Es kann hier die Frage aufgeworfen werden, weshalb diese Einflüsse nicht die Überschätzung ‚der vertikalen Linie im Helmholtzschen Ge- biete aufheben und weshalb die von Helmholtz herangezogenen Motive nicht die Unterschätzung der vertikalen Linie in Fig. 2 usw. verhindern. Hierauf ist zu erwidern: Gesetz*, wir haben vor uns auf einem vertikal stehenden Papierblatte, zu dem unsere Gesichtslinie rechtwinklig sei, neben- e’nander zwei rechte Winkel in der wiederholt besprochenen Lage (der eine Schenkel vertikal nach oben usw.). An jedem seien die beiden Schenkel gleich lang, bei dem einen 2 mm, bei dem anderen je d cm. Betrachten wir jetzt mit wanderndem Blicke einerseits den vertikalen Schenkel von 2 mm, andererseits den vertikalen Schenkel von 5 cm, so sehen wir ersteren unter sehr kleinem Winkel, nämlich in 20 em Abstand unter 09 34°, letz- teren unter verhältnismäßig großem Winkel, nämlich 14015’. Das von Helmholtz angeführte Motiv, einer vertikalen Linie einen Tiefen wert nach der am Fußboden gewonnenen Seh-Erfahrung beizulegen, d.h. sie als im Fußboden sagittal liegend auszudeuten, kann eben der Seh- erfahrung nach erst bei einer gewissen Größe des Sehwinkels in Frage kommen: bei einer Augenhöhe von 1’5m sehen wir auf dem Fußboden eine ebenfalls 1-5 m lange sagittale Strecke, die an unserem Fußpunkte beginnt, unter 45°. Deshalb wird das Motiv zwar an dem unter größerem Sehwinkel (14015’) erblickten Schenkel von 5 em, nicht aber am 2 mm- Schenkel (0° 34’) wirksam. TERN GRÖSSENEINDRUCK UND STRECKENRICHTUNG. 255 Wenn wir aber an dem rechten Winkel, dessen Schenkel 5 cm lang sind, der Helmholtzschen Erklärung entsprechend, den vertikalen Schenkel als sagittal liegend, d.h. horizontal in die Tiefe gehend ausdeuten, so liest ey unserer Ausdeutung nach mit dem in der Zeichnung horizontal von links nach rechts gehenden Schenkel gemeinsam in unserer Horızont- ebene. In dieser dehnen, vertiefen wir aber bei ruhendem Blicke nur die Tiefendimension; bei wanderndem Blicke (mit seitlichen Augen- bewesungen) dehnen wir zwar auch die Strecke der Rechts-Links- Dimension um etwas, die sagittale, d.h. die reine Tiefendimension, in viel stärkerem Maße. Daher müssen wir, der Helmholtzschen Erklärung zufolge, die wir uns zu eigen gemacht haben, die sagittale Strecke über- schätzen, d.h. den in der Figur vertikalen Schenkel für länger halten, als den ihm objektiv gleichen horizontalen. N So beiriedigend die von uns gegebene Deutung des an den Figg. 1 und 2 zu Beobachtenden auch sein mag, empfiehlt es sich doch, andere Erklärungsmöglichkeiten auf ihre Zulässigkeit zu prüfen. Der Gedanke, daß der vertikale Durchmesser der Netzhautzapfen etwas größer als der horizontale sei, mußte fallen gelassen werden, da alsdann bei ruhendem Blicke die Täuschung nicht ausbleiben könnte. Eine andere, nicht zu fern- liegende Erklärungsmöglichkeit wäre die, dab der Astigmatismus unserer Augen in Betracht komme. Indes auch hier würde bei ruhendem Blicke die Täuschung nicht fehlen dürfen. Aber doch wird die Täuschung um eine Kleinigkeit verringert, wenn man den Astigmatismus durch ein passend zylindrisch gekrüämmtes Glas korrigiert. Herr Kollege Abelsdorff hatte die Güte, auf meine Bitte meinen Astigmatismus, der übrigens wider die hegel ist — bei mir ist die Hornhaut im vertikalen Meridian stärker als im horizontalen gekrümmt —, zu beseitigen. Die Täuschung verminderte sich um ein ganz geringes; im wesentlichen blieb sie aber bestehen. Auch bei-Herrn Kollegen Abelsdorif, für den übrigens die Täuschung nur sehr geringfügig vorhanden ist, änderte die Korrektur seines — im Gegen- satze zu dem meinigen — der Regel entsprechenden Astigmatismus nichts an der Sache. Aber man kann die Fig. 1 so verändern, daß der Astigmatismus sich als wesentlich für eine scheinbar analoge Täuschung erweist. Entfernt man sich allmählich (um einige Meter) von Fig. 4 so weit, daß die weißen Zwischenräume zwischen den schwarzen Streifen anfangen undeutlich zu werden, so wird man finden, daß die horizontale Abteilung A 254 WıLH. FILEHNE: früher undeutlich wird als die vertikale B. Sobald man nun den Astig- matismus korrigiert, sieht man beide Abteilungen wieder gleich deut- lich. Wenn man sich dann mehr und mehr von der Figur entfernt, werden \ B nunmehr beide, A und B, zugleich undegtlich. Das Undeutlichwerden des horizontalen Stückes bei noch deutlich erkennbarem vertikalen für das unkorrigierte Auge findet bei mir, dessen Auge einen regelwidrigen Astigmatismus hat, in gleicher Weise statt wie bei Personen mit regelmäßigem Astigmatismus, z. B. bei Kollegen Abelsdorff, und auch bei ihm heseitigt die Korrektur den Unterschied für A und B. Man könnte a priori erwarten, daß bei einer von oben nach unten stärker gekrümmten Hornhaut die „läuschung‘“ die umgekehrte sein müsse im Vergleich zu der, die bei einer im horizontalen Meridian stärker gekrümmten entsteht. Nach dem Wesen des Astigmatismus ist diese Erwartung aber nicht richtig. Da wir indes nicht über Astigmatismus zu verhändeln haben, will ich auf die Sache nicht näher eingehen. Jedenfalls kann die Täuschung an den Figg.1 und 2 auf Astigmatismus nicht zurückgeführt werden. Kurz sei noch ein mit Astigmatismus zusammenhängender Umstand erwähnt, der die Täuschung an Fig. 1 (und auch 2) betrifft. Bei Betrachtung von Fig.1 wird man bemerken, daß — gleichviel, ob der eigene Astigmatis- mus regelwidrig oder der Regel gemäß ist — die vertikalen Linien (im Teile 5) schärfer gesehen werden als die -horizontalen (im Teile A). Dreht man die Figur um 90°, so daß die bisher horizontalen Linien vertikal stehen und die vorher vertikalen horizontal, so sind es wiederum die jetzt verti- kalen, die schärfer gesehen werden, während die jetzt horizontalen (in B) blasser und verbreitert erscheinen. Hat das Auge einen regelmäßigen Astigmatismus, so kann man selbstverständlich die horizontalen Linien deutlich und die vertikalen undeutlich werden lassen, wenn man die Figur dem Auge um eine Kleinigkeit nähert, während ich wegen der Regelwidrig- keit hierzu den Abstand etwas vergrößern muß. Da aber die Normalen wie die Regelwidrigen beide die vertikalen scharf, die horizontalen Linien undeutlich sehen, so sei die Ursache dieser Übereinstimmung kurz an- gedeutet. Es hängt dies mit unserer Lesegewohnheit zusammen, Beim Lesen des gedruckten Textes halten wir alle einen Abstand inne, in dem wir die Buchstaben am deutlichsten sehen und erkennen. Naturgemäh haben die Buchstaben eine Gestalt erhalten, in der diecharakteristischen Linien vertikal sind. Denn hierdurch ist erreicht, daß auf der horizontal liegenden Zeile in bequemer Weise möglichst viele Buchstaben nebenein- GUÖSSENEINDRUCK UND STRECKENRICHTUNG. 255 ander zu gleicher Zeit überblickt werden. Daher haben beide Kategorien von Lesern sich gewöhnt, das Blatt in solchem Abstande zu halten, daß sie die charakteristischen vertikalen Buchstabenlinien deutlich sehen. Aus diesem Grunde werden also bei der Gelegenheit des Lesens auch in der Figur die vertikalen Linien im richtigen Abstande gehalten und schärfer gesehen — eben wegen des Astigmatismus. — Eine hierher gehörige, allerdings mehr in psychologischer Hinsicht bemerkenswerte Tatsache ist noch folgende. Wenn man die Fig, 4 aus einer Entfernung betrachtet, in der ohne Korrektion des Astigmatismus der horizontale (weiße) Zwischenraum bereits undeutlich, der vertikale noch deutlich ist, und sie mit dem korrigierenden Glase eine Zeitlang fixiert hat, dann das Glas entfernt, ohne das Fixieren zu unterbrechen, so sieht man, je nach der Intensität der Beleuchtung, noch etwa 5 bis 15 Se- kunden hindurch die ganze Figur deutlich, worauf ziemlich schnell der horizontale Zwischenraum undeutlich wird. Obgleich ich nun sehr wohl weiß, daß eine Nachwirkung des Brillenglases nicht vorliegen kann, daß es sich hier vielmehr üm die Wirkung des Nachbildes handelt, das zu- sammen mit dem undeutlichen Bilde des gesehenen horizontalen Zwischen- raumes das deutliche Bild liefert, — so habe ich dabei doch die eindring- liche Zwangsempfindung, daß eine Nachwirkung des Glases vorliege, die nach einiger Zeit wieder verschwinde. Hat man die Fig. 4 aus der gleichen ‚Entfernung einige Zeit durch das korrigierende Glas hindurch fixiert und blickt dann ohne Glas auf eine indifferente ganz helle oder ganz dunkle Wandebene, so gehört schon eine besondere Aufmerksamkeit dazu, um jenes vorher so wirksame Nachbild überhaupt nur zu bemerken. Wenn man dann dagegen sofort die Figur ohne Glas wieder fixiert, sieht man den horizontalen Zwischenraum wieder deutlich. Daher offenbar die trotz besseren Wissens auftretende Zwangsempfindung von einer „Nachwirkung des Glases“. Ein neues Beispiel dafür, wie wenig auf derartige eindring- liche „Empfindungen“ zu geben ist. III. Die Helmholtzschen Quadrate. In seiner Physiologischen Optik (1. Auflage) 5.562 gibt Helmholtz in Fig. 215 das bereits oben besprochene und in Fig.3 wiedergegebene Beispiel dafür, daß wir eine geteilte Raumgröße — hier eine horizontale Linie — leicht für größer halten als eine ebenso große ungeteilte. Er be- spricht dann die in dieser Hinsicht angestellten messenden Versuche von Kundt und fährt (S.563) unter Abbildung der auf folgender Seite in Fig.5 wiedergegebenen Quadrate (dort Fig. 216) fort: 256 WıLH. FILEHNE: „Bei den beschriebenen Versuchen werden Distanzen verglichen, welche mit denselben Netzhautpunkten ‚zur Deckung gebracht werden können, A RB Viel auffallender werden die Täu- schungen, wenn die zu verglei- chenden Distanzen verschiedene Senn Richtung haben. rs Man betrachte Fig. 216 A und B; die beiden liniierten Flächen sind richtig gezeichnete Quadrate. Beide sollten höher als breit erscheinen der oben besprochenen Täuschung gemäß. Das ist bei A auch in übertriebenem Maße der Fall; B sieht umgekehrt zu breit aus.‘ Hier liegt seitens Helme? ein Versehen vor. Denn durchaus ent- sprechend der Täuschung an jener horizontalen Linie (unserer Fig. 3, bei Helmholtz Fig. 215), an der die eine Portion abgeteilt, die andere nicht abgeteilt ist, ist hier (bei Helmholtz Fig. 216, bei uns Fig.5) A von oben nach unten und B von rechts nach links abgeteilt, und in voller Überein- stimmung hiermit sehen beide Quadrate in der Richtung des Abgeteilt- seins tatsächlich verlängert aus. Offenbar schwebte Helmholtz folgender Gedanke vor: Danach seinen Beobachtungen vertikale Linien und Strecken (im Vergleiche zu horizontalen) überschätzt werden, so sollte man B höher als breit erwarten. Also nicht wegen der Täuschung an Fig. 3 (bei uns), sondern wegen der Überschätzung der vertikalen Linie. Da diese „Erwartung“ sich nun nicht erfüllt, so ergibt sich hieraus, daß der Umstand des Abgeteiltseins von rechts nach links wirkungs- kräftiger ist, als die Präponderanz der Vertikalen. Und deshalb erscheint B breiter als hoch. Von späteren Lehrbüchern und Handbüchern der Phy- siologie (z. B. Hermann und Nagel) ist dieses Versehen nicht übernommen worden, sondern nur beide Quadrate als Beweis dafür vorgeführt, daß die Täuschung bezüglich abgeteilter und nicht abgeteilter Raumgrößen nicht nur für Linien, sondern auch für Flächen gilt. Die 2. und 3. Auflage des Helmholtzschen Werkes haben das erwähnte Versehen, aber ohne korri- sierenden Zusatz, weiter bestehen lassen. An den Helmholtzschen Quadraten kann man diesel Beobach- tungen machen wie an unseren Fieg.i und 2. Zumal bei bewegtem Blicke erscheinen die Zwischenräume in A schmäler- als in B. Zieht man in A und B nach Art der Fig. 2 die Verbindungslinien zwischen zwei Parallelen, so erscheint das horizontale Verbindungsstück länger als das vertikale. Ferner: infolge unwillkürlicher Integration erscheint die Gesamtfläche Fig. 5. GRÖSSENEINDRUCK UND STRECKENRICHTUNG, 257 von B — als Summe sämtlicher Zwischenräume — erheblich größer als die von A, und namentlich erhält man den (irrtümlichen) Eindruck, daß die horizontale Breite von B wesentlich größer sei als die vertikale Höhe von A. - Dagegen erscheint B nur wenig niedriger als A, während die Breite von A bedeutend kleiner als Bs Höhe zu sein vortäuscht. Und drehen wir die Figur um 90°, so vertauschen A und B ihre Rollen. Die Erklärung dieser Täuschungen ergibt sich aus dem im vorigen Abschnitte Besprochenen. Wir wollen jetzt an den Helmholtzschen Quadraten (Fig.5) ein Kreuzexperiment anstellen, um die Zuverlässigkeit unserer bisherigen Be- obachtungen und die Richtigkeit der von uns gegebenen Deutungen zu erproben. Es sollen — im Sinne unserer Fig. 2 — die Verbindungsstücke zwischen je zwei Parallelen angebracht werden. Und zwar möge dies in der Weise geschehen, daß die an jedem der Quadrate der Fig.5 noch fehlenden zwei Quadratseiten gezogen werden. Hierdurch würde aus jedem Zwischenraum ein dünnes Rechteck, in dem die kleineren Seiten als Teile der neuen Linien die Zwischenstücke liefern würden. Man betrachte die Fig.5. Was muß erwartet werden, wenn wir mit unseren bisherigen Be- obachtungen und Deutungen nicht fehlgegangen sind? In B müßten die Zwischenräume eher breiter als in Fig. 5 erscheinen; daher würde das Qua- drat 5 eher noch mehr breiter als hoch wirken. Jedenfalls würde der schein- bare Unterschied zwischen-der Breite der in B stehenden Rechtecke und der Höhe der in A liegenden Rechtecke eher vergrößert als verkleinert werden. Dementsprechend muß eher noch stärker als in Fig. 5 die Breite von B die Höhe von A zu übertreffen scheinen. Sodann würden in B die beiden neugezogenen "Seiten horizontal liegen und durch die vertikalen Parallelen abgeteilt sein. Dieses müßte sie an und für sich länger erscheinen lassen als sie sind. Es würde von ihnen also keine Gegenwirkung gegen die vorher besprochene eventuelle Ver- breiterung der Fläche von B statthaben. Ganz anders müßte die Sache sich für A gestalten. Hier liegen die neugezogenen beiden Seiten vertikal. Auch sie sind durch die Parallelen abgeteilt. Aber vertikale Linien dieser Größe werden ‚durch das Abgeteilt- sein nicht verlängert für die Auffassung. Die Höhe nimmt also aus diesem Umstande für die Wahrnehmung nicht zu. Die Rechtecke sähen eher dünner aus als in Fig. 5; auch dies erhöht A nicht nur nicht, sondern dürfte es eher erniedrigen. Aber wird vielleicht A durch die neue vertikale Seite erhöht wegen der Überschätzung vertikaler Linien nach Helmholtz? Auch das träfe nicht zu. Denn die (neuen) Seiten des Quadrates haben . aur eine Höhe von wenig über 15 mm. Und erst bei 30 bis 40 mm Länge Archivf.A.u. Ph. 1918. Physiol. Abtlg. x 258 WııH. FILEHNE: GRÖSSENEINDRUCK UND STRECKENRICHTUNG. beginnt das Gebiet der Überschätzung vertikaler Linien. Wie im ersten Abschnitt dieser Veröffentlichung gemeldet wurde, sehen manche Per- sonen, zu denen ich gehöre, noch bei 15 mm Länge der Linien die horizon- talen Linien deutlich länger als die vertikalen. Wir müssen also darauf gefaßt sein, daß A erheblich niedriger als in Fig. 5 aussehen wird und viel- leicht als richtiges Quadrat oder einigen Personen sogar niedriger als breit erscheinen wird — ganz im Gegensatz zu Fig.5. Wir führen jetzt die geplante Ergänzung aus. Fig. 6 zeigt, daß unsere Erwartungen berechtigt, daß also unsere bisherigen Deutungen richtig waren. Nur in einem Punkte hat uns unsere Voraussicht im Stich ge- lassen: Wir hatten nicht in Betracht gezogen, daß die neugezogenen N B Quadratseiten (in A vertikal, in B horizontal) wegen ihrer geringen Länge bei ruhendem Blicke voll- kommen überschaut und in ihrer Länge gewürdigt werden und daher bei A die Überschätzung der Höhe Fig. 6. | und bei B die der Breite verringern müssen. So kommt es denn, dab, entgegen unserer Erwartung, A nicht nur von einigen wenigen, sondern von den meisten Personen für mehr breit als hoch (oder doch wenigstens für ein richtiges Quadrat) und B in Fig. 6 für weniger breit als das B in Fig.5 (und nicht für „eher breiter‘) gehalten wird. Dies aber berührt weder unsere bisherigen. Beobachtungen noch unsere Auslegungen. | Der Verdacht, daß in Fig. 6 kleine zufällige Fehler der Zeichnung die Änderungen der Täuschungen bedingen möchten, wird dadurch ohne weiteres entkräftet, daß die Rollen von A und B sofort vertauscht werden, sobald man die Fig. 6 nach rechts oder links um 90° dreht. Aus diesem unseren Kreuzexperimente geht hervor, daß wir bei frei bewegtem Blicke Linien und Flächen ‚dieser Größenordnung in hori- zontaler Richtung stärker dehnen als in vertikaler. Wer dies anerkennt, wird zweifellos zugestehen, daß der Grund, die Veranlassung dieses Unter- schiedes aus der Entwicklung unseres räumlichen Sehens abzuleiten ist. Wir Menschen sind eben horizontal orientierte Wesen. Der Fuß- boden hat es uns gelehrt, auf dem wir leben. Nachdem wir es aber so gelernt haben, darf der Fußboden uns verdeckt sein, — unser räumliches Sehen bleibt auch dann so, wie es nun einmal geworden ist. Fig.5b. Rot (Verdunkelung). Fig. 5a. Rot (Belichtung). A na tne c a kin } f Archiv f. Anat. u. Phys. 1918. Physiolog. Abllg. Eee Nr Data later ig. 2% Blau, W AASSASSNSSABSESIINDSEINSASSBDNDODSDES Fig. 4a. Rot. ET ing . Dr, ee rn REN ne ae Fig.5d. Blau (Verdunkelung). Fig.5c, Blau (Belichtung). Fig. 5a. Rot (Belichtung). Verlag von VEIT & COMP. in Leipzig. a U up 0 em ee a ne ee Ben En en a 1 Se BR Yeitschriften aus dem Verlage von VEIT & COMP. in LEIPZIG. Skandinavisches Archiv für Physiologie. Herausgegeben von Dr. Robert Tigerstedt, o. ö. Professor der Physiologie an der Universität Helsingfors. Das „Skandinavische Archiv für Physiologie“ erscheint in Heften mit Ab- bildungen im Text und Tafeln. 6 Hefte bilden einen Band. Der Preis des Bandes beträgt 22 #. Centralblatt für praktische AUGENHEILKUNDE. Herausgegeben von Prof. Dr. J. Hirschberg in Berlin. Preis des Jahrganges (12 Hefte) 15 4; bei Zusendung unter Streifband direkt von der Verlagsbuchhandlung 15 .# 80 2. Das „COentralblatt für praktische Augenheilkunde“ vertritt auf das Nachdrück- lichste alle Interessen des Augenarztes in Wissenschaft, Lehre und Praxis, vermittelt den Zusammenhang mit der allgemeinen Medizin und deren Hilfswissenschaften und ‚gibt jedem praktischen Arzte Gelegenheit, stets auf der Höhe der rüstig fortschrei- “ tenden Disziplin sich zu erhalten. DERMATOLOGISCHES CRNTRALBLATT. ; INTERNATIONALE RUNDSCHAU AUF DEM GEBIETE DER HAUT- UND GESCHLECHTSKRANKHEITEN. / Herausgegeben von Prof. Dr. Max Joseph in Berlin. Monatlich erscheint eine Nummer. Preis des Jahrganges, der vom Oktober des einen bis zum September des folgenden Jahres läuft, 15 4. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes, sowie direkt von der Verlagsbuchhandlung. Neurologisches Centralblatt. Übersicht der Leistungen auf dem Gebiete der Anatomie, -Physiologie, Pathologie und Therapie des Nervensystems einschließlich der Geisteskrankheiten. Begründet von Prof. E. Mendel. Herausgegeben von Dr. Kurt Mendel. “ Monatlich erscheinen zwei Hefte zum Preise von 20 .% halbjährig. Gegen Einsendung des Betrages direkt an die Verlagsbuchhandlung erfolgt regelmäßige Zusendung unter Streifband nach dem In- und Auslande. zo für - Hygiene und Infektionskrankheiten. f Herausgegeben von Prof. Dr. C. Flügge, und Prof. Dr. F. Neufeld, Geh. Med.-Rat und Direktor Geh. Med.-Rat und Direktor des Instituts des Hygienischen Instituts der Universität für Infektionskrankheiten ‚Robert Koch‘ - in Berlin. Die „Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten“ erscheint in zwanglosen - Heften. Die Verpflichtung zur Abnahme erstreckt sich auf einen Band im durchschnitt- liehen Umfang von 30—35 Druckbogen mit Tafeln; einzelne Hefte sind nicht käuflich. ARCHIV ANATONIE UND. PHYSIOLOGIE Fortsetzung des von Reil, Beil und Autenrieth, J. F. Meckel, Joh. Müller, Reichert und du Bois-Reymond a Gebenek A erscheint jährlich in 12 Heften (bezw. in en mit Figuean im Text und zahlreichen Tafeln. 6 Hefte entfallen auf die anatomische Abteilung und 6 auf die 1 physiologische Abteilung. Der Preis des Jahrganges beträgt 54 #%. Auf die anatomische Abteilung (Archiv für Anatomie, herausgegeben von Dr, Wilhelm v. Waldeyer-Hartz, Dr. Hans Virchow und Dr. Paul Röthig in Berlin) sowie auf die physiologische Abteilung (Archiv für Physiologie, herausgegeben von Dr. Max Rubner) kann besonders abonniert werden, und es beträgt bei Einzel- bezug der Preis der anatomischen Abteilung 40 .%, der Preis der Bee Abteilung 26 .#. Bestellungen auf das vollständige Ärelliy, wie auf die einzelnen Abteilungen nehmen alle Buchhandlungen des In- und Auslandes entgegen. Die Verlagsbuchhandlung: Veit & Comp. in Leipzig. - "Metzger & Wittig, Leipzig. \ AMINUMUNN a 2047 - IE, 1 Dr) m IM Mi Ay TEN an SR 4 DER 2a EN. . Ka