FOR THE PEOPLE FOR EDVCATION FOR SCIENCE LIBRARY OF THE AMERICAN MUSEUM OF NATURAL HISTORY » ARCHIV FÜR 5q ,ois (ui ZELLFORSCHUNG HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. RICHARD GOLDSCHMIDT 2. DIREKTOR DES KAISER- WILHELM-INSTITUTS FÜR BIOLOGIE IN BERLIN-DAHLEM FÜNFZEHNTER BAND MIT 47 TEXTFIGUREN UND 24 TAFELN LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN >4- Q4ii> L w IS Inhalt des fünfzehnten Bandes Erstes Heft Ausgegeben am 17. Juni 1910 Seite Otto Hartmann, Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolen- größe und ihre gegenseitigen Beziehungen bei Cladoceren, während des Wachstums, des Generationscyclus und unter dem Einfluß äußerer Faktoren. Eine zellphysiologische Studie. Mit 5 Figuren im Text, zahlreichen Tabellen und Tafel I— III 1 Helene Gajewska, Über den sogenannten Dotterkern der Amphibien. Mit Tafel IV 95 H. Joseph, Über Richtungsspindeln bei Enchytraeus. Mit 1 Figur im Text und Tafel V 121 Referate :Federley, Harry, Chromosomenstudien an Mischlingen.(J.Sei7er) 137 Harrison, J. W., B. Sc., and L. Doncaster, Sc.T)., On Hybrid? between Moths of the Geometrid Sub-Family Bistoninae. (J. Seiler) . . 139 Doncaster, L., Sc. D., Chromosomes, Heredity and Sex. ( J. Seiler ). 141 Haase-Bessell, Gertraud, Digitalisstudien I. (J. Seiler) ...... 143 Herwerden, M. A. von, La Digestion des Spermatozoides parla Nuclease. (M. A. von Herwerden) 143 Zweites Heft Ausgegeben am 9. Dezember 1919 P. N. Schürhoff, Über die Teilung des generativen Kerns vor der Kei- mung des Pollenkorns. Mit Tafel VT 145 Otto Hartmann, Über die experimentelle Beeinflussung der Größe pflanzlicher Chromatophoren durch die Temperatur. Mit Tafel VII und 10 Textfiguren 160 Otto Hartmann, Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus und cytologische Gleichgewichtszustände. (Zell- physiologische Experimente an Pflanzen.) Mit Tafel VIII — XII, 4 Textfiguren, zahlreichen Tabellen und 5 Kurven 177 IV Drittes Heft Ausgegeben am 5. November 1920 Seite J. Seiler, Geschlechtschromosomen-Untersuchungen an Psychiden. I. Experimentelle Beeinflussung der geschlechtsbestimmenden Reifeteilung bei Talaeporia tubulosa Retz. Hierzu Tafel X 1 1 1 und 2 Figuren im Text 249 W.J. Schmidt, Über pigmentfreie Ausläufer, Kerne und Centren der Melanophoren bei den Fröschen. Mit Tafel XIV 269 Richard Goldschmidt, Kleine Beobachtungen und Ideen zur Zellen- lehre II. Die Spermätogenese eines parthenogenetischen Frosches nebst Bemerkungen zur Frage, welches Geschlecht bei den Am- phibien das heterozygotische ist. Mit 3 Figuren im Text . . . 283 Richard Goldschmidt, Kleine Beobachtungen und Ideen zur Zellen- lehre III. Die Bedeutung der atypischen Spermatozoen. Mit 2 Figuren im Text 291 Andor von Szüts, Degenerationserscheinungen in den Borstenbildungs- zellen, Chloragogenzellen und Samentaschenepithelzellen der Lumbriciden. Mit Tafel XV 301 Referate: Metz, Ch. W., Cbromosome studies in the Diptera. I/I II. (Nachtsheim) 310 Mohr, Otto L., Mikroskopische Untersuchungen zu Experimenten über den Einfluß der Radiumstrahlen und der Kältewirkung auf die Chromatinreifung und das Heterochromosom bei Decticus verrucivorus 312 Viertes Heft Ausgegeben am 15. April 1921 S. Kuschakewitsch, Studien über den Dimorphismus der männlichen Geschlechtselemente bei den Prosobranchia. II. Die Spermato- genese von Cerithium vulgatum L. Mit Tafel XVI — XIX und 7 Figuren im Text 313 D. Carruthers, B. Sc., The Somatic Mitoses in Hyacinthus orientalis var. albulus. With Plate XX 370 Leonardo Martinotti, Ricerche sulla fine struttura dell’ epidermide umana normale in rapporto alla sua funzione eleido-cheratinica. Nota IV. Lo Strato corneo e la formazione della cheratina. Con tavola XXI 377 H Marcus, Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. Mit Tafel XXII — XXIV und 7 Figuren im Text 393 H. Marcus, Über die Struktur des menschlichen Spermiums. Mit Fi- gur 51 auf Tafel XXIV und 1 Figur im Text 445 Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße und ihrer gegenseitigen Beziehungen bei Cladoceren während des Wachstums, des Generationscyclus und unter dem Einfluß äußerer Faktoren. Eine zellphysiol ogis che Studie. Von Otto Hartmann (Graz). Mit Tafel I — III, zahlreichen Tabellen und 5 Textfiguren. Inhaltsübersicht. Seit9 Einleitung 2 A. Allgemein Theoretisches und Methode der Relationsbestimmungen 4 B. Spezieller und theoretischer Teil 12 I. Sida crystallina 12 1. Zell- und Kerngröße in ihrer Beziehung zum Körperwachstum in der indi- viduellen Entwicklung (Problem des Alters und Todes) 12 a) Untersuchungen am Darmepithel 13 b) Untersuchungen an Ganglienzellen 19 2. Temporale Variation der Zell-, Kern- und Nucleolengröße in ihren gegen- seitigen Beziehungen (über die allgemeine Beeinflussung cellularer Rela- tionen durch äußere Faktoren als Veränderung von Gleichgewichten) . . 20 a) Untersuchungen am Darmepithel 20 b) Untersuchungen an Ganglienzellen 25 c) Untersuchungen an den Stützzellen der Augen 25 II. Daphnia longispina und pulex 25 1. Temporalvariation der Darmepithelzellen 25 a) Daphnia longispina 26 b) Daphnia pulex und var. ohlusa 27 2. Verhalten der Darmepithelzellen während des individuellen Wachstums von Daphnia pulex und ein Vergleich mit den Verhältnissen bei Sida crystallina 33 3. Temporale Variation der Ganglienzellen von Daphnia 35 III. Bosmina longirostris 35 1. Verhalten der Darmepithelzellen beim individuellen Größenwachstum von Bosmina. (Allgemeine Theorie des cytotypischen Wachstums, seiner Sistierung und des Alterns) 40 Archiv f. Zellforschung. XV. 1 2 Otto Hartmann Seite 2. Temporale Variation der Darmepithelzellen. (Wachstum, Alter und De- pression im Zusammenhänge betrachtet und Bemerkungen über den Wert der cvtologischen Analyse intracellulärer Gleichgewichte) 50 IV. Experimentelle Befunde 66 1. Einfluß des Chemismus auf die Darmepithelzellen von Bomina ... 66 2. Einfluß der Temperatur 67 V. Über das Problem der Lokalvariation und die Fixierung der Kernplasma- relation und cellularer Gleichgewichte überhaupt 60 C. Allgemeine Zusammenfassung und Schluß 76 Literaturverzeichnis 87 Tafelerklärung 92 Einleitung. Nachstehende Untersuchungen bilden in gewissem Sinne eine Fort- setzung und Ergänzung meiner Arbeit über die Zell- und Kernverhältnisse bei Ceratium und ihr Verhalten im Variations- und Generationscyclus. Zunächst erwies es sich allerdings als notwendig, einmal die möglichen Beziehungen der Zellbestandteile zueinander zu untersuchen, wobei ganz eigenartige Relationen sich zeigten, deren Anwendung auf verschiedene zellphysiologische Probleme nützlich sein kann, wie ich zu zeigen hoffe. Neben dem Problem der Temporalvariation der Zell-, Kern- und Nucleolengröße. die als milieubedingt oder als Ausdruck primärer odersekun- därer1) innerer Bedingungen, also langdauernder Parthenogenese, Depres- sion usw. aufzufassen ist. werden im folgenden eingehend die Probleme des individuellen Wachstums und Alterns, insofern sie cytologiseh faßbar sind, analysiert. Außerdem sollen vom theoretisch-cytologischen Standpunkt aus die Probleme des Verhaltens der Kernplasmarelation in Beziehung zur (milieubedingten) Lokalvariation erörtert werden, da gefragt werden kann, ob es eine für die Art als solche einigermaßen charakteristische Kernplasmarelation gibt, die nur sekundär von äußeren Faktoren beeinflußt werden kann und ob also in diesem Sinne erbliche Kernplasmarelation durch langdauernde Wirkung äußerer Faktoren her- x) Äußere Faktoren können im Laufe des Cvelus kumulative Wirkungen ausüben, die gewisse Veränderungen im Organismus bewirken, die auch nach Aufhuren der ver- ursachenden äußeren Faktoren noch von Generation zu Generation persistieren können und so zu inneren Faktoren geworden sind (sekundär innere Beziehungen). Andrerseits können z. B. aus langdauernder Parthenogenese per se auch bei gleichbleibend gün- stigen Milieubedingungen physiologische Zustände entstehen, die als primär innere aufzufassen sind. Auch der Altersprozeß gehört hierher. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 3 vorgerufen werden kann, und viele andre Fragen. Alle diese Probleme sollen mit den eingangs entwickelten physiologischen Prinzipien und Re- lationsmethoden beleuchtet und kritisch besprochen werden. Dadurch ist allerdings vieles bloßes wissenschaftliches Programm, aber gerade Fragestellungen sind hier oft sehr nützlich. Außerdem ergibt sich gemäß der Eigenart der untersuchten Objekte und Probleme, daß vielfach auf die Ergebnisse und Fragestellungen andrer biologischer Disziplinen (z. B. der Hydrobiologie) eingegangen werden muß und so natürlich die cyto- logisclie Analyse aufs engste mit andern Untersuchungsmethoden ver- bunden werden muß, wie ja auch nicht bloß in vorliegender Untersuchung, sondern wohl überall die Cytologie gewissermaßen als letzte biologische Instanz die Ergebnisse aller andern Disziplinen in sich vereinigen und zur Lösung ihrer spezifischen Probleme verwerten muß, um wirkliche Er- folge zu erringen. AVas die Untersuchungsmethoden anlangt, so wurde das Darm- epithel, die Stützzellen des Auges und die Ganglienzellen des Gangl. opticum und Gehirn untersucht1). Da die einzelnen Darmgebiete stark verschiedene Epithel- verhältnisse aufweisen, so dürfen nur einander streng entsprechende Regionen messend verglichen werden. Zu diesem Zwecke erweist sich nachstehende Einteilung des Darmes in Regionen zweckmäßig (Textfig. 1). Untersucht und in den Tabellen verwertet werden meist die Regionen I und IV. Zur Messung gelangten ausschließlich geschlec h ts- reif e AVeibchen, und zwar wurden bezüglich möglichst reiner Feststellung der Temperatur- und Generations- einflüsse unter Ausschaltung stärkerer Körpergrößen- unterschiede möglichst gleichgroße Tiere in den ver- schiedenen Monaten untersucht. Jedoch wurden trotzdem in den Tabellen die Körpergrößen eingetragen und auch die Zell- und Kerngrößen auf gleiche Körpergröße umgerechnet. Die Zeichnungen, die den Tabellen entsprechende Mittelwerte darstellen, sind bei lOOOfacher bzw. 2000facher Vergrößerung hergestellt. Alle Messungsresultate sind durch Ausmessung zahlreicher derartiger Umrißzeichnungen, die mit Zeichenapparat herge- J) Untersucht wurden nachfolgende Spezies: Sida crystallina, Daphnia longispina, Daphnia pulex, Daphnia pulex var. ohiusa, Bosmina longirostris und Chydorus sphaericus. 1* Einteilung des Darm- kanals in Kegionen. (Sida crystallina, schematisch.) 4 Otto Hartmann stellt wurden, gewonnen, Umrechnungen auf /i waren dabei nicht nötig, da die Anzahl der Millimeter der Zeichnungen unmittelbar ju entsprechen. Zur Färbung der 5 /< dicken Schnittpräparate wurde Ehrlichs Häma- toxylin in den meisten Fällen verwendet. A. Allgemein Theoretisches und Methode der Relationsbestimmungen. Es kann für den physiologisch Denkenden keinem Zweifel unter- liegen, daß die Feststellung der möglichen variablen Relationen zwischen Kern und Zelle, insofern sie sich zahlenmäßig fassen lassen, mit der Fest- stellung ihres relativen Volumens, wie es die herkömmliche Kernplasma- relationsliteratur tut, nicht vollständig und erschöpfend sein kann, ja daß gerade besonders bemerkenswerte Beziehungen, die tiefgreifende Schlüsse über die physiologischen Beziehungen der Systeme zulassen, erst bei Heranziehung noch weiterer Größen gewonnen werden können. Tritt nun noch das analytische Experiment hinzu, so ist es klar, daß wir in der Lage sein könnten, auf diesem Wege der Feststellung dimensional meßbarer Verhältnisse und Relationen und deren Änderung unter experi- mentellen Bedingungen tiefer in die Zellphysiologie einzudringen als es jemals bei bloß kombinierender Analyse augenfälliger Veränderungen, wie wir sie in den mikroskopischen Präparaten dank der Färbungsmethoden vornehmen, geschehen könnte. Denn es ist ja klar, daß für die Analyse der Physiologie der Zellen gerade in den Stadien, wo besonders auffällige Ver- änderungen vorgehen, die wir also ohne jede Messung rein mit Hilfe der Färbetechnik verfolgen können, die Verhältnisse weit komplizierter liegen nnd so für einen Anfang, wie in diesen Dingen, sich wenig eignen. Jedem, der die histologische Literatur kritisch überblickt, muß es auffallen, daß gerade gelegentlich der Beobachtung von tiefgreifenden cytologischen Veränderungen etwa bei der Eiceifung, der Secretion, der Teilung und auch des Wachstums weitgehende Behauptungen über die Funktion der ein- zelnen Zellbestandteile gemacht worden sind, und zwar — wie bei der Verschiedenheit der Vorgänge zu erwarten ist — die entgegengesetztesten. Es ist klar, daß man vielfach das Schicksal eines Zellbestandteiles, das er vielleicht größtenteils rein passiv im Getriebe der gestörten Gleichge- wichtsvorgänge erleidet, mit seiner Funktion verwechselt hat. Über- haupt ist das Problem der Funktion und der Vitalität und der Or- ganoide der Zellen, d. h. das Problem auf Grund welcher Kennzeichen wir einem Teil Funktion und Aktivität zuschreiben, sehr kompliziert. Auch das Problem der Vitalität, d. h. ob und auf Grund welcher Kriterien Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengrciße usw. o wir einem Teil der Zelle selbständiges Leben und in welchem Grade zu- schreiben dürfen, ist in der Cytologie nicht klar erörtert. Hätten wir in der Cytologie eine einigermaßen physiologisch-kritische und logisch-scharfe Begriffsanalyse, so könnten nicht so offenkundig widersinnige und voll- kommen nichtssagende Schlüsse aus Beobachtungen über Veränderungen bestimmter Zellbestandteile gemacht worden sein. Es sei hier nur an eine Frage, die man als Problem der Lokalisation der Funktionen und Eigenschaften bezeichnen könnte, erinnert, die uns ja besonders rein in der Bedeutung entgegentritt, die die landläufige Meinung den Chro- mosomen und neuerdings den Mitochondrien zuschreibt. Unstreitig treffend ist es, wenn LuxdegÄrdh dazu bemerkt, daß diese Erscheinung in der Literatur durchaus psychologisch aus dem, dem menschlichen Geiste immanenten Bestreben verstanden werden könne, sich zu irgend einer Funktion oder Gesamteigenschaft gleich einen materiellen Träger vorzustellen bzw. zu ersinnen. Um wieder zu unserm Ausgangspunkt zurückzukehren, so halte ich es für unrichtig, aus der Analyse weitgehender Veränderungen und Ge- schehensprozesse in der Zelle, bei denen offenkundig die einzelnen Be- standteile ihre Beschaffenheit, Bedeutung und Funktion und wohl auch ihre Vitalität ändern können, auf eben diese Funktion und Bedeutung dieser Teile schlechthin Schlüsse zu ziehen. Wir haben es eben während solcher tiefgreifender, einseitig verlaufender Prozesse mit Vorgängen zu tun, die auf ein neues Gleichgewicht hinsteuern und bei denen nicht nur die einzelnen Bestandteile der ruhenden Zelle durchaus Wandlungen — einem morphologischen und physiologischen Metabolismus — unterworfen sind (Rüzicka), wodurch sie weder stofflich noch funktionell mit den Bestandteilen der ruhenden Zelle identisch geblieben sind, son- dern in jedem Zeitdifferential andre Beschaffenheit und andre Bedeutung für die Gesamtprozesse haben. Daraus aber auf ihre Bedeutung in der »ruhenden« Zelle zu schließen bzw'. ihnen auch hier eine ähnliche Be- deutung beizulegen, die sie bei tiefgreifenden Wandlungen besitzen, ist unstatthaft. Ein Nucleolus z. B., der gelegentlich der Teilung oder einer andern tiefgreifenden cytologischen Veränderung aufgelöst wird — oder sich auflöst — und in andre Substanzen sich verwandelt, hat nicht die Funk- tion, etwa ein Reservematerial für diesen Zeitpunkt abzugeben (höchstens dann, wenn man ihn als vollkommen leblos ansieht), sondern durch die einseitige Gleichgewichtsverschiebung sind Bedingungen im Stoffwechsel und der gegenseitigen Beziehungen der einzelnen Teile entstanden, die seinem intakten Bestehen nicht mehr adäquat sind: der physiologische 6 Otto Hartmann Metabolismus hat sich eben als Ganzes verändert, insofern er sieh in seinen Teilen und deren Beziehungen verändert hat, wobei, diese Teile selbst eben andre geworden sind. Auf die Bedeutung des Nucleolus in unserm Falle in der ruhenden Zelle, also während seines Bestandes, können aus seinen späteren Wandlungen keine Schlüsse gezogen werden. — Es ist klar, wo ich hinaus will. Eine Funktion, eine aktuelle Be- deutung für einen bestimmten Funktionszustand der Zelle kann ein Teil nur haben, wenn er relativ stabil ist. deshalb ist für die Funktionsanalyse der Zellbestandteile ja überhaupt für die Analyse zellphysiologischer Ge- schehen zunächst der stationäre Gleichgewichtszustand geeigneter als die einseitig fließenden Geschehensprozesse, denn die in diesem Falle erfolgende Änderung im Gesamtzustand der Zelle ist nichts andres als die vollständigere oder unvollständigere Umordnung der Teile, die verschwinden, um neuen Zuständen und Gebilden Platz zu machen. Hier ist es demnach höchstens möglich, gesetzmäßige Sukzessionen aufzustellen, indem jeder vorangegangene Zustand den folgenden bedingt und in ihm aufgeht (morphologischer Metabolismus von Rüzicka). Jeder Teil- bestandteil der Zelle hat hier nur insofern Bedeutung und ist charakteri- siert als er zu einem andern wird oder einen andern Teil verändert. Im stationären Gleichgewicht der »ruhenden« Zelle, d. h. wo sich, um einen mathematischen Ausdruck zu gebrauchen, die einzelnen Vorgänge, die positiven und die negativen, zu Null aufheben, kommt jedem der Teile eine bestimmte Bedeutung zu, und insofern das System als Ganzes relativ stationär bleibt, füllt jeder Teil im Getriebe des Gesamtstoffwechsels einen bestimmten Platz aus, und insofern er als wichtiges und unentbehrliches Glied für dessen spezifischen Ablauf bezeichnet werden kann, hat er eine F unktion. Nebenbei möchte ich bemerken, daß ich als Kennzeichen, die ein Teil der Zellen haben muß, um als funktionierend in eigentlichem Sinne zu gelten (im Gegensatz zum bloßen Verändertwerden durch andre Teile), folgende anführen möchte. Zunächst muß jener Bestandteil autoch- thonen Stoffwechsel haben, d. h. er muß in sich selbst einen Stoff und Energiewechsel erhalten, der zwar in seinem Ablauf durch die Umgebung bedingt, jedoch in seiner Spezifizität nicht restlos bedingt ist, er muß dann weiter gemäß seiner dadurch bedingten spezifischen Eigenschaften auf andre Teile einwirken d. h. funktionieren, und zwar so, daß er selbst dadurch im wesentlichen unverändert bleibt, er muß also relativ stabil sein, was in diesem Fall nur mit einer gewissen komplizierten Struktur verbunden sein kann. Endlich muß seine Leistung ein notwendiges und spezifisches Glied des bestehenden Gesamtstoffwechsels sein. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 7 Die Analyse der Zellphysiologie und der Bedeutung und Funktion -der Zellteile hat also bei der ruhenden Zelle einzusetzen und sich des Experimentes zu bedienen, um dadurch eine Einstellung in neue Gleich- gewichtszustände zu bewerkstelligen und aus der so veränderten morpho- logisch erkennbaren Zellstruktur auf Grund der bekannten Bedingungen derselben, eben der experimentellen, die Bedeutung der einzelnen Zell- teile aus der stattgefundenen Gleichgewichtsverschiebung zu erkennen. Daß an Stelle des Experimentes auch die Beobachtung gegebener Ein- flüsse äußerer oder innerer Natur (Depression, Alter) treten muß, ist in vielen Fällen unausbleiblich. Es ist das große, unvergängliche Verdienst Richard Hertwigs, mit seiner Kernplasmarelationslehre zwei von den Teilsystemen und auch wieder nur in einer Relation, der Volumbeziehung, als Glieder eines sta- tionären Gleichgewichtszustandes aufgefaßt zu haben. Um jedoch tiefer einzudringen, ist es notwendig, einige weitere Relationen gegebener Systemteile rein mathematisch in ihren möglichen Beziehungen zu be- trachten. Was zunächst die Nucleolen betrifft, so hat, soviel mir bekannt, als einer der ersten Rüzicka in einer ungemein reichhaltigen und leider nur zu wenig berücksichtigten Arbeit dieselben vom Standpunkt der Relation betrachtet: »Man kann somit zwischen der Größe der Nucleolen und des Kernes eine konstante Beziehung erkennen, welche ich für analog mit der Kernplasmarelation halten muß. Diesen Fall der intracellulären Regulationsvorgänge halte ich für ausschlaggebend bei der Beurteilung der Natur der Nucleolen.« Die Relationen der Teile, eventuell unter experimentell veränderten Bedingungen, ergeben also ganz so, wie auch ich meine, die sichersten Anhaltspunkte für eine Analyse der Bedeutung jener Bestandteile. Ohne zunächst die Arbeit Rüzickas zu kennen, habe ich reichen Gebrauch von der Nucleolenkernrelation (N.-K.-Rel.), wie ich sie zu nennen vorschlage, Gebrauch gemacht. Zur allgemeinen Methode der Relationsbetrachtung möchte ich im nachstehenden folgendes bemerken. Die Bedeutung der Oberfläche ist — allerdings von mehr physio- logischer Seite — schon oft betont worden (Verworn, Pütter, Wolfg. Ostwai.d, spez. Oberfläche). Es wird gut sein, die verschiedenen mög- lichen Relationen zu betrachten. Pütters Relation zwischen Organgröße und aktiver Oberfläche, die er als Flächengröße (Yf : ]/völ) bezeichnet, kommt für uns hier weniger in Betracht, da wir im engeren Sinne cytologische Fragen betrachten, 8 Otto Hartmann jedoch könnte auch hier eine Beziehung zwischen der freien Ober- fläche der Zelle — eventuell ist dieses ihre aktive Oberfläche — und ihrem Volumen bzw. ihrer Kerngröße bestehen. Im folgenden betrachten wir besonders die möglichen Ivern-Zellrelationen. 1. Aus dem verschiedenen Anwachsen der Oberfläche und des Volu- mens bei jeder Vergrößerung eines Körpers ergibt sich, daß das spezifische Volumen, bezogen auf die Oberflächeneinheit, um so größer wird, die spezifische Oberfläche um so kleiner. Diese Beziehung wurde von Verworn und im Anschluß daran von Xemec, Driesch und vielen Autoren für den Eintritt der Zellteilung als wesentlich angesehen. 2. Bei Befrachtung der Relationen zwischen Kern und Zelle denken wir uns beide kugelförmig, wobei R den Radius der Zelle, r den des Kernes bedeuten soll. Ich führe zunächst folgende Begriffe neu ein1): Spezifische Zellvolumen-Kernoberfläche (R'^-cir2), bei proportionaler Veränderung von Zell- und Kernradius ist also diese Re- lation denselben Veränderungen unterworfen wie das spezifische Volumen eines der beiden Komponenten. Verändern sich die Volumina nicht pro- portional — wird also die Kernplasmarelation beim Zellwachstum ver- ändert — , so ergeben sich interessante Befunde. Spezifische Zelloberfläche-Kernvolumenrelation(I?2*c :r3), sie verhält sich bei proportionalem Wachstum wie die spezifische Ober- fläche eines der beiden Komponenten. Die spezifische Zellvolum-Kernoberflächenrelation wird also bei pro- portionalem Radiuswachstum größer, die spezifische Zelloberfläche-Kern- volumenrelation kleiner. Diese Relationen besagen, wieviel Zellvolums- einheiten auf die Kernoberflächeneinheit, bzw. wieviel Zelloberflächen- einheiten auf die Kernvolumseinheit entfallen, was für den Stoffaustausch zwischen Kern, Plasma und der Außenwelt von Bedeutung sein muß. Wenn ein bestimmtes Wachstum eines der beiden Teilsysteme, Kern oder Plasma, eintritt, so ergibt sich folgendes: 4 r8 5t\ (4 TZ 7t\ m ^ — I , die Oberfläche ist dann 6jt m2,z r2 : die Oberfläche wachse um m , (>n-6r27r), das Volumen ist dann 3/4 n m3 /2 r8. Wir kommen so wieder zu einer andern Fassung des schon Gefundenen, daß die Oberfläche relativ weniger wächst wie das Volumen. D V = Zellvolumen, v = Kernvolumen, 0 = Zelloberfläche, o = Kernoberfläche, e = eine Konstante, die sich aus der Ableitung ergibt, die ich jedoch meist weglasse. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nudeolengröße usw. 9 3. Diese Relationen verwendet zur Aufstellung des spezifischen Zell- oberflächen-Kernvolumens bei Wachstum des Kern- und Zellvolumens in proportionaler Weise ergibt: c • R 3 j/m : r2 =Fi : ox , (Vx = mV) , d. h. die Zellvolumen-Kernoberflächenrelation wird um so größer bei gleichbleibender K. -PI. -Relation, je größer der Radius, und umgekehrt verhält sich die Zelloberflächen-Kernvolumenrelation. Man sieht, daß bei gleichbleibender K.-P1. -Relation und absolutem Volumwachstum nicht nur die spezifische Oberfläche der einzelnen Komponenten, sondern natürlich auch obige Relationen zwischen beiden Systemen wachsen bzw. fallen. Obige Relationen sind deshalb so geeignet, weil sie sowohl Volumen als Oberfläche jeder der beiden Komponenten in eine Relation zueinander bringen. Läßt man die Relation zwischen Zell- und Kern Oberfläche bei AVachs- tum konstant bleiben, wobei natürlich auch die K.-Pl. -Relation unver- ändert bleibt, so erhält man in obigem Ausdruck statt der Kubikwurzel die Quadratwurzel des AVaehstumsfaktors m. Die Zunahme der F-o- Relat.1) (umgekehrt verhält sich die O-u-Relat.2)), das eine Mal bei kon- stanter Kernplasmarelation (K.-Pl.-Rel.), das andre Mal bei konstanter Oberflächenrelation beider Teile, verhält sich bei Wachstum um den Faktor m wie die Kubikwurzel zur Quadratwurzel des Zunahmefaktors m. Das ergibt sich selbstverständlich, da ja Zunahme des Volumens um m eine geringere Zunahme der Relation erfordert als Zunahme der Oberfläche um denselben Faktor. Man könnte sich nun fragen, ob es nicht irgendeine denkbare Va- riation der Dimensionen der Zelle und des Kernes gäbe, bei der die bisher behandelten Relationen konstant bleiben ; wie man sich aber leicht über- zeugen kann, ist das natürlich unmöglich. Es fragt sich nun, was tatsächlich geschieht: AVächst der Kern bei wachsendem Zellvolumen so, daß die F-o -Relat. konstant bleibt, oder so, daß die O-u-Relat., oder endlich so, daß die Kernplasmarelation konstant bleibt ? Es ist klar, daß im ersteren Falle der Kern viel stärker wachsen muß als die Zelle, d. h. die übliche Kernplasmarelation würde zugunsten des Kernes verschoben, im zweiten Falle weniger stark wie das Plasma, d. h. die K.-Pl.-Relation würde zugunsten letzterem verschoben und nur im dritten Fall würde das AVachstum proportional erfolgen. A\ras von alledem tatsächlich geschieht, läßt sich a priori nicht sagen. Jedoch Q Diese Abkürzung werde ich statt spezifische Zellvolumen-Kernoberflächen- relation gebrauchen. 2) Abkürzung statt spezifische Zelloberfläche-Kernvolumenrelation. 10 Otto Hartmann kann man auf Grundlage physiologischer Erwägungen feststellen, daß ein allzu starkes Kernwachstum seine spezifische Oberfläche allzu sehr verkleinern und auch die O-v-Relat. allzu stark verändert würde. Es wirken also hemmende und fördernde Faktoren. Fördernd alle diejenigen, die sich schon aus der bedeutenderen Zellgröße ergeben und überhaupt aus den günstigen Umständen, die das Zellwachstum über- haupt möglich machen, hemmend alle jenen, die in der Störung der Stoffwechselbeziehungen bei allzu starkem Volumwachstum gegeben sind'. Es wird offenbar sich so ein Gleichgewicht derart einstellen, daß je nach den äußeren oder inneren Existenzbedingungen, je nach der Leichtigkeit des Stoffaustausches sich ein verschieden starkes Kernwachstum im Gefolge des Zellwachstums einstellen wird, so daß bald mehr eine An- näherung an die Konstanz dieser, bald jener Relation während des Wachs- tums stattfindet. Sicher aber ist jedenfalls, daß bei wachsenden Zellen — auch wenn wir von allen speziell embryonalen Wachstumsbedingungen und äußeren Faktoren absehen — bestimmte Werte der einzelnen Relationen in bestimmten Zeitabschnitten bestehen, die diesem und nur diesem Größen- zustand adäquat sind, gleichsam seine Parameter darstellen. Für jede andre Volumsgröße werden sich ceteris paribus andre Werte für diese Relationen der Zellbestandteile, insbesondere Kern und Plasma ergeben. Die Gesamtheit aller festgestellten Relationswerte für ein Größenstadium, die dieses eindeutig charakterisieren, möchte ich seine Zustandsrelationen nennen. Diese lassen sich natürlich nicht bloß für Kern und Plasma, sondern für alle andern stationären Zellbestandteile, die exakter Messung zugänglich sind, aufstellen. Ja man wird solche Zustandsrelationen nicht nur für die einzelnen Stadien des rein assimilatorischen Wachstums oder für experimentelle Größen- änderungen aufstellen können, sondern auch für die einzelnen Stadien der Gleichgewichtsverschiebungen bzw. des Zustrebens auf neue Gleich- gewichte, wie wir es im differenzierenden Wachstum (z. B. der Eizelle) oder in der Produktion von Secreten usw. finden, anwenden können. Wie wir später noch sehen werden, nimmt die Kernplasmarelation mit dem Größenwachstum der Zelle ab, was man allgemein als Exponential- funktion darstellen könnte, es zeigt sich jedoch, daß die Form dieser Kurve die lineare ist, denn die Relation R 2 : r3 ist während des Wachstums kon- stant, während die Kernplasmarelation (r3 : R3) abnimmt, daraus ergibt sich R2 : r3 = konst. = (r3 : R3)~ 1 • . Es findet also die Abnahme K der Kernplasmarelation mit zunehmendem Zellwachstum in unserem Falle proportional dem Zellradius statt, gewiß eine Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 11 auffallend einfache, wiewohl streng gültige Gesetzmäßigkeit, die die Brauchbarkeit unsrer Methode treffend illustriert. Außerdem möchte ich noch folgendes bemerken. Um z. B. die V-o- Relation konstant zu erhalten, müßte, wenn das Zellvolumen um m wächst (also der Radius um die Kernoberfläche natürlich auch um m wachsen, wobei jedoch das Volumen um mehr als m zunimmt; der Radius ist mithin um die Vm angewachsen. Demnach muß die Kernplasmarela- tion von c*r3:F3 auf (c • r3 : R3) • (i/m* : j/wdä)1) anwachsen, der Kern muß also relativ mehr zunehmen. Das Anwachsen der Radien der Zelle und des Kernes verhält sich demgemäß unter obigen Bedingungen wie y'm : das Umgekehrte ergibt sich natürlich, wenn während des Wachstums die O-v-Relation konstant bleiben soll. Allgemein möchte ich noch bemerken, daß sich mir daraus zu ergeben scheint, daß, abgesehen von anderm, die V-o- Relation mehr intra- celluläre Beziehungen (zwischen der aktiven Oberfläche des Kernes als der resorbierenden bzw. sezernierenden Fläche und dem Plasmavolu- men), die 0-i>- Relation mehr extracelluläre Beziehungen angibt, in- dem sie ein Maß der Stoffe angibt, die durch die aktive Zelloberfläche und durch das Plasma hindurch aufgenommen und pro Volumeneinheit des Kernes resorbiert werden und umgekehrt. Erstere Relation könnte man demnach die intracelluläre, letztere die extracelluläre Stoffwechsel- relation nennen. Endlich wäre noch darauf hinzuweisen, daß in Zellen, deren Kern sich in mehrere geteilt hat, nach Nemec unstreitig bessere Stoffwechsel- beziehungen zwischen Kern und Plasmasubstanz bestehen, die weder in einer Volum-, noch Oberflächen-, noch kombinierten Relation zum Aus- druck gebracht werden können, hier kommt es nicht darauf an, wieviel Volumseinheiten Plasma auf Volum- oder Oberflächeneinheiten des Kernes kommen und vice versa, sondern auf einen Distanzfaktor, der sich als arithmetisches Mittel der Distanzen aller (unendlich vieler) Volums- elemente des Plasmas vom Kern erweist. Wollen wir hier irgendeiner Relation im früheren Sinne etwas über die diesbezüglichen Verhältnisse entnehmen, so ist klar, daß wir sie mit dem mittleren, reziproken Distanz- faktor funktional verbinden müßten, denn die Stoffwechselbedingungen werden jetzt unabhängig von allen andern Relationen schon allein durch die Vergrößerung der Anzahl der Kerne günstiger, also verhalten sie sich umgekehrt proportional den mittleren Distanzfaktoren oder eventuell einer komplexeren direkten Funktion derselben. 1) Ich schreibe die Gleichungen, uni das Abrücken der Zeilen im Druck zu ver- meiden, lieber auf diese Weise. 12 Otto Hartmann Obgleich ich mir sehr wohl bewußt bin, in diesen einleitenden Be- merkungen weit mehr Programm und theoretischen Entwurf gebracht zu haben als die folgenden bescheidenen Ausführungen und Beobachtungen jemals werden mit konkretem Inhalt erfüllen können, gab ich mich dennoch der Hoffnung hin, daß diese Andeutungen vielleicht manchem Interesse abgewinnen werden und so vielleicht die Analyse der Zellbestandteile in diesem Sinne, durch die Arbeit andrer gefördert würde, weit mehr als ich das selbst imstande bin: Ja es kann schon die rein mathematische Bear- beitung, deren Prinzipien hier nur angedeutet werden konnten, durch die Verwertung des bisherigen gewonnenen Zahlenmaterials vielleicht Aufschluß über physiologische Vorgänge, etwa die Stoffaustauschinten- sität zwischen Kern und Plasma oder über die Assimilations- und Dissi- milationsphasen und ihre Verteilung etwa auf Grund von Oberflächen- und Volumrelationsmessung bei verschiedener Temperatur und Zu- grundelegen des für die meisten physiologischen Vorgänge bekannten Temperaturkoeffizienten und eventuell derer für die Quellung, Diffu- sion usw., gewinnen. Viele Tatsachen der experimentellen Cytologie liegen hier vor, deren rechnerische Bearbeitung großen Erkenntnisgewinn verspricht. B. Spezieller und theoretischer Teil. I. Sida crystallina. 1) Zell- und Kerngröße in ihrer Beziehung zum Körperwachstum in der individuellen Entwicklung. Die Cladoceren eignen sich für das Studium der Probleme der Zell- größe und des Wachstums deshalb so ganz vorzüglich, weil bei ihnen ein Faktor viel weniger ins Gewicht fällt, es ist der Eintritt der Geschlechts- reife. Bei andern Tieren, deren Größenentwicklung mit der Erreichung der Geschlechtsreife, also mit dem Abschluß der meist als die der Ent- wicklung bezeichnten Periode, zusammenfällt, ist es klar, daß bei einer Feststellung der Wachstums Verhältnisse, insbesondere der Zellwachstums- vorgänge, ein Faktor hineinspielt, der darin gegeben ist, daß eben die postembryonale Entwicklung bis zur Geschlechtsreife noch nicht voll- endet ist und insofern diese Periode noch zur Fertigstellung des Organis- mus beiträgt, eigentlich noch der letzte Abschnitt der Embryonalentwick- lung selbst im weitesten Sinne des Wortes ist. Bei letzterer Entwicklung liegen aber so eigenartige Verhältnisse vor, daß von einer Übertragung cytologischer Wachstumsbefunde an solchen eigentlich noch nicht voll- Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Xucleolengröße usy. 13 entwickelten und differenzierten Zellen auf die Wachstunisbefunde fertiger Organismen meist wohl abgesehen werden muß. Denn es scheint mir ein tiefgreifender Unterschied zu bestehen zwischen dem Wachstum einer jugendlichen oder embryonalen Zelle, das Hand in Hand mit der endgültigen Ausbildung des Körpers geht, und dem Wachstum einer Zelle wie es etwa nach vollendeter Entwicklung im fertigen Organismus, sei es als Folge der Funktion oder als Folge wachsenden Alters bei oft mangelnder Teilungsfähigkeit, erfolgt. Derartige Wachstumsvorgänge in Zellen ausgebildeter, höherer Organismen sind aber schon deshalb nicht sehr zahlreich, weil wie bekannt eben höhere Organismen vielfach nach der Geschlechtsreife nicht mehr nennenswert wachsen. Ganz anders bei den Cladoceren. Hier findet nach dem Eintritt der Sexualreife noch ein weiteres bedeutendes Körperwaehstum statt, und die endgültige Größe — die eigentlich deshalb nie endgültig, d. h. im System selbst bedingt ist — hängt hier sehr stark von äußeren Faktoren ab, die das schnelle und dauernde Wachstum ermöglichen. Es sind das insbesondere niedere Temperatur, geringe parthenogenetische Genera- tionszahl, viel und günstige Nahrung1). Sind diese Bedingungen nicht realisiert, so kann das Wachstum schon bald nach der Sexualreife sistiert werden, ja es scheint unter Umständen sogar zu einer Verfriihung von dessen Eintritt zu kommen. Diese nur seltenen Befunde kommen für uns wenig in Betracht. Sind jedoch die Existenzbedingungen günstig, so kann die Körpergröße ganz alter Tiere um das Vielfache die Größe junger aber geschlechtsreifer übersteigen2). Hier liegt uns das typische Wachstum ohne komplizierende Er- scheinungen bei einem ausdifferenzierten, geschlechtsreifen Tiere vor. Ein idealer Fall für das Studium des Wachstumsproblems und der Frage, wie verhält sich die Zellgröße dabei! Um die Ergebnisse der Analyse der Zell- und Kerngröße zu ver- schiedenen Jahreszeiten zu verstehen, ist es notwendig, zuerst eben jene Wachstumsprozesse cytologisch zu erforschen. Später soll dann auf diese Probleme genauer eingegangen werden. a) Untersuchungen am Darmepithel. Folgende Tabelle I gibt die Resultate der Zellenmessungen an Flächen- schnitten durch die Region I des Darmes von Tieren aus demselben Fang. Die Länge der Tiere ist in Mikronieterwerten angegeben. Die größten Exemplare der Tabelle zeigen etwa die maximale Größe, die Sida in den D Vgl. diesbezüglich Papanicolau, v. Scharfenberg, Woltereck. 2) Siehe meine Arbeit über die Cyclomorphose der Cladoceren. 14 Otto Hartmann Tabelle I. Darmepithelzellen und Körperwachstum. (Flächenschnitte.) Körper- länge in Zell- fläche Kern- fläche Kern Nucle- olns- fläcbe K./Pl.- Rela- tion N./K.- Rela- tion Quadrat der Körper- länge: Zell- volu- men: Zell- ober- fläche: Mikro- meter- werten ,“2 44- Länge Breite Zell- fläche Kern- fläche Kern- ober- fläche Kern- volu- men 20, Em- bryo 21 10.8 3,3 3,3 2,25 0,514 0,220 19,0 37 2 11 54, reif 124 54,7 7,4 7,4 14,4 0,441 0.270 23,5 54 5 6 58, > 150 60,2 8,6 7,0 14,4 0,400 0,240 22,4 56 6 5 73, » 286 99,4 11.7 8,5 23,0 0,347 0,232 18,6 55 9 5 82, » 315 105,4 12,4 8,5 21,1 0,334 0,200 21,3 64 10 4 90, » 425 135,8 14,0 9,7 24,0 0,319 0,177 19.0 59 13 5 betreffenden Gewässern erreichen kann. Die Angabe »reif« besagt, daß die Tiere bereits Eier im Brutraum haben, widrigenfalls »unreif« steht. Der Embryo gehört einem andern Fang und Teich an und steht gegen das Ende der Entwicklung im Brutraum. Die Unterschiede der Zell- und Kerngröße sind so schlagend, daß sie durch das andre Fangdatum und den andern Fangort bedingten Unterschiede verschwinden. Alle absoluten Maße sind in /t angegeben. Der Einfachheit halber wurde die Kernplasmarelation als Flächenbeziehung angegeben, ebenso die Nucleo- larkernrelation. Da ich überhaupt beide Relationen immer als Quotienten der kleineren durch die größere Größe darstelle, so geben die Relationen immer ein unmittelbares Maß für die relative Größe von Kern bzw. Nucleolen an. Bezüglich der andern zwei Relationen verweise ich auf den Eingangsabschnitt. Die Rubriken Quadrat der Körperlänge : Zell- fläclie bzw. Kernfläche geben die relative Kern- bzw. Zellgröße auf die Körpergröße bezogen an, um sie von deren Variation unabhängig darzu- stellen. Fig. 1 — 3 auf Taf. I veranschaulichen drei Stadien der Größen- entwicklung der Darmzellen, und zwar entspricht Fig. 1 dem Embryo der Tabelle, Fig. 2 der Körperlänge 54 (also dem kleinsten geschlechts- reifen Tier) und endlich Fig. 3 der Körperlänge 90, also dem ältesten Exemplar. Auf Grund der Tabelle kann man nachfolgendes mit aller wünschens- werten Klarheit erkennen. 1. Die Zellfläche und, da die Zellproportionen wenigstens der ge- sehlechtsreifen Tiere nahezu konstant bleiben, auch das Zellvolumen wächst fast proportional der Körpergröße. Es läßt sich jedoch ein geringer Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 15 stärkeres Wachstum der Zellen als des Körpers konstatieren, was nichts anderes bedeutet, als daß die alten Tiere mit relativ mehr Darmfläche arbeiten als die jungen, denn es muß ganz besonders hervorgehoben wei- den, daß schon außerordentlich frühzeitig sicher nach Abschluß der Embryonalentwicklung im Brutraum keine Zellteilungen im Darmepithel mehr stattfinden. Die Zeilenzahl ist also fixiert. Es muß einer späteren mehr entwicklungsmechanischen Arbeit Vorbehalten bleiben, die Wachstunisverhältnisse des Dannrohres als Ganzes bei Alterszunahme und experimentellen Einwirkungen zu analy- sieren. Hinsichtlich der Zellgröße macht nur der Embryo eine Ausnahme, was ja in Anbetracht des Umstandes, daß hier erst die endgültige Ge- staltung und Differenzierung des Darmes stattfindet, nicht verwunderlich ist. Schon ohne Messung bei Betrachtung der Tiere in toto fällt einem auf, daß auf diesem Stadium das Volumen des Darmes relativ größer ist als auf späteren Stadien. 2. Die Kerngröße wächst streng der Körpergröße proportional. Der Embryo macht auch hier die anderweitig bekannte Ausnahme, daß er relativ viel mehr Kernmasse besitzt als die älteren Entwicklungs- stadien. Im ganzen Wachstum nach Erlangung der Geschlechtsreife — die Stadien vor derselben standen mir in gewünschtem Ausmaße nicht zur Verfügung — bleibt das relative Gesamtkernvolumen des Darmrohres dasselbe. 3. Hieraus ergibt sich, daß die Kernplasmarelation im wachsen- den Organismus eine stetige Abnahme erfährt. Sie ist im Embryo sehr hoch (Fig. 1) und sinkt bis zum Tode der alten und extrem großen Tiere. Diese Abnahme der Kernplasmarelation ist mehrmals beobachtet worden und steht in Übereinstimmung mit der MiNOTSchen Alterstheorie. 4. Die Nucleolar-Kernrelation1) nimmt ebenfalls ab, und dem- nach fällt auch die relative Gesamtnucleolarmasse des Darmes mit zu- nehmendem Alter. Das scheint gegen die Kernsecrettheorie zu sprechen, insofern die Stoffwechselprodukte, deren Depot ja der Nucleolus sein soll, im x\lter nach langdauernder Funktion der Darmzellen eher zu- als ab- nehmen müßten. 5. Besondere Beachtung verdienen die beiden Relationen, die Zell- volumen und Kernoberfläche und vice versa miteinander verknüpfen, da hier einmal die relative Massebeziehung beider Zellkomponenten in U Es handelt sich hier wie im folgenden immer um achromatische, eosino- phile Kucleolen. 16 Otto Hartmann Rechnung tritt, dann aber auch die absolute Größe der Zelle und des Kernes und die Verhältnisse der relativen Oberflächen usw. in Erscheinung treten, also alle für die Funktion wesentlichen absoluten und relativen Massenbeziehungen bei der Analyse in Erscheinung treten. a) Der Zellvolum-Kernoberflächenrelation entnehmen wir einmal, daß die relativen Oberflächen mit zunehmender Zell- und Kern- größe abnehmen. Da sich jedoch zeigt, daß die Zelloberflächen-Kernvolum- relation konstant bleibt, ergibt sich für erstere Relation, daß außerdem eine derartige Verschiebung in Zell- und Kerngröße eintritt, daß auf die Oberflächeneinheit des Kernes eine immer größere Anzahl Zellvolums- einheiten entfällt oder umgekehrt, daß auf die Plasmavolumseinheit immer weniger Beziehungsmöglichkeiten zum Kern entfallen. Das spricht für die Alters- und Depressionstheorie von Child, der postuliert, daß das Alter darin gelegen sei, daß der Zellmetabolismus, der in den Wechsel- beziehungen zwischen Kern und Plasma gegeben ist, herabgesetzt wird. Zugleich zeigt sich, daß die Theorie des Alterns von Minot und Child, wie unser identisches Beispiel ergibt, in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Unsere Relation steht offenbar in irgendeiner Beziehung zum intra- cellulären Stoffwechsel und zeigt gleichzeitig, daß derselbe mit dem Alter abnimmt, und zwar würde er schon an und für sich abnehmen, da die Volumina stärker als die Oberflächen wachsen, er nimmt aber in unserm Falle noch mehr ab, da das Kernvolumen nicht proportional dem Zellvolumen wächst. Es findet also Herabsetzung des intracellulären Stoffwechsels im Alter statt. b) Auffallend und vielsagend ist das Verhalten der Zelloberflächen - Kernvolumrelation, denn sie bleibt während des Zellwachstums kon- stant1). Es zeigt sich hier, daß weder die Kernplasmarelation, sei es als Oberflächen- oder Kernvolumrelation, uns einen Aufschluß darüber gibt, welche intra- bzw. extracellulären Beziehungen bei der proportionalen Veränderung der Zellteile im Wachstum konstant bleiben; und wie hohe Bedeutung kann nicht eine Konstante besitzen, da sie tiefgreifende Schlüsse auf das Gleichgewicht in einem System zuläßt. Unsere Relation besagt nun, daß pro Kernvolumeinheit eine konstante Zelloberflächen- größe entfällt, oder daß umgekehrt pro Zelloberflächeneinheit ein be- stimmtes Kernvolumen kommt. Da hier die Zelloberfläche eine Rolle spielt, scheint mir diese Relation mehr die Beziehungen der Zelle als D Wie wir eingangs bemerkt, ergibt sich daraus, daß die Kernplasmarelation proportional der Zellgröße und dem Alter abnimmt. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 17 Ganzes bzw. ihrer einzelnen Systemteile zur Außenwelt zu zeigen. In überraschender Übereinstimmung damit steht der Befund an der Em- bryonalzelle, denn unsre Relation zeigt, daß, wie nicht anders zu erwarten, die Stoffwechselbeziehungen der Darmzellen nach außen in dieser Zeit geringe sind, was ja klar ist, da noch keine Nahrung zur Resorption gelangt, vielmehr nach dem auf diesem Stadium schon längst erfolgten Dotter- verbranch Nährstoffe des Fruchtwassers im Brutraum, wie wir seit Weis- mann wissen, zur Resorption und zwar durch den ganzen Körper ge- langen. Die Darmzellen haben also hier noch keine resorbierende Funktion fürs Ganze, und demgemäß ist ihre extracelluläre Relation von ganz andrer Größenordnung als bei den intensiv und nicht nur für sich selbst, sondern für den ganzen Körper nach außen funktionierenden (resorbieren- den) Dannzellen der freilebenden Tiere. Aus der sub a besprochenen Relation ergibt sich jedoch dazu die korrespondierende Tatsache, daß der Stoffwechsel in den Zellen selbst besonders zur Zeit der embryonalen Bestehungsprozesse sehr groß und rege ist, während mit zunehmendem Alter eine derartige Massen- und Oberflächenverschiebung stattfindet, daß immer mehr intracelluläre Hemmungen eintreten, durch die die Zelle und der Körper zugrunde geht (Alterstheorie Minots und besonders Childs). Aber unsre Zahlen geben uns noch weitere physiologische Auf- schlüsse. Wenn die Darmzellen und demgemäß die Darmoberfläche annähernd proportional der Körpergröße wachsen, so muß mit steigendem Körper- volnmen ein Mißverhältnis zwischen ernährendem Darmkanal und dem zu ernährenden Körper eintreten. Denn der Verbrauch steigt mit dem Volum, also mit dem Kubus, die Aufnahme durch die Darmoberfläche kann gemäß der Flächenzunahme nur mit dem Quadrate wachsen. Es haben also die Dannzellen der alten Tiere — auch wenn wir vom geringeren Stoffwechsel derselben im Alter äbsehen, was durch die größere Embryonen- zahl mehr als kompensiert wird — mehr resorbierende Funktion zu leisten als die der jungen. Und da zeigt unsre Relation das Auffallende. Man hätte früher sagen können, warum denn bei unstreitig sich aus der Zell- volum-Kernoberflächenrelation ergebender Abnahme der intracellulären Stoffwechselvorgänge zwischen Kern und Plasma nicht auch die extra- cellulären Stoffwechselvorgänge darunter leiden, daß dies aber aus unsrer zweiten Relation nicht hervorgehe, da diese ja postembryonal konstant bleibt. Die Antwort darauf ist, daß auch die extracellulären Beziehungen darunter selbstverständlich leiden müssen, insofern sie in funktionaler Abhängigkeit zu den intracellulären stehen, und deshalb vermissen wir auch die — aus dem Verhältnis von notwendiger Nahrung und Darm- Archiv f. Zellforschung. XV. 2 18 Otto Hartmann fläche sich ergebende — Steigerung der Leistungen der Zelle nach außen, aber sie sinken auch nicht entsprechend dem Zurückgehen der intra- cellulären Beziehungen, und wenn sie schon nicht steigen können, so bleiben sie doch konstant. Es stellt sich so ein Ausgleich, ein Gleich- gewicht im weitesten physiologischen Sinne des Wortes ein, zwischen notwendiger Leistung und tatsächlichem Vermögen. Die Er- nährung der älteren und größeren Tiere muß jedenfalls relativ schlechter sein als die der jungen. Sinkt mit zunehmendem Alter die intracelluläre Relation noch mehr — steigt also unser Wert für R 3 : r2 — ohne eine Kompensierung nach andrer Richtung zu erreichen, so muß die intra- celluläre Relation sich also verschlechtern — R 2 : r3 wird fallen. Hat das einen bestimmten Grad erreicht, so muß endlich der Tod unter fort- gesetzter Abnahme des Zellstoffwechsels und des ganzen Körperumsatzes erfolgen. Das Wachstum selbst, welches unter ständiger Erreichung und Überschreitung von Gleichgewichten stattfindet, findet schließlich durch sich selbst das Ende, damit ist aber der Punkt erreicht, an dem es unaufhaltsam dem Tode entgegengeht, denn Zellen, die nicht mehr wachsen, und überhaupt lebende Substanz, die sich nicht vermehrt, ist dem Untergange verfallen, nie ich nach den schönen Unter- suchungen Rubners annehme. Wenn ich auch weit davon entfernt bin zu glauben, daß die im vor- stehenden unternommene Trennung der Zellfunktionen auf Grund von Relationen mehr als eine grobe und vorläufige ist, die jedenfalls nicht streng richtig ist, so glaube ich doch, daß in dem eigentümlichen Ver- halten unsrer Relationen mehr als eine bloße Variation von zufälligen Zahlen zu finden ist und daß dadurch wirkliche physiologische Zustände, wenn auch einseitig und unvollkommen, charakterisiert sind. Jedenfalls darf man nun aber nicht in den Fehler verfallen, diese Relationen und die ihnen gegebene Deutung, die zunächst nur für die Komplikationen, wie sie bei einfachem, nicht differentiellem Wachstum auftreten1), ent- wickelt wurden, nun ohne weiteres auf funktionale Änderungen ein und derselben Zelle bei gleichbleibender Größe anzuwenden. Hier ist r) Bezüglich des Mechanismus wird im Anschluß an früheres folgendes zu be- merken sein. Die Zellvolumen-Kernoberflächenrelation muß bei proportionalem Zell- und Kernwachstum zunehmen, weiters um so mehr, je weniger der Kern relativ wächst und vice versa ; ersteres ist im vorliegenden der Fall. Die Zelloberflächen- Kernvolumcnrelation nimmt bei proportionalem Wachstum von Zelle und Kern ab, natürlich um so stärker, je stärker der Kern relativ wächst. Es ist demnach klar, daß durch bestimmte Regulation und Disproportionalität des Kernwachstums die Konstante der einen oder andern Relation konstant bleiben kann. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengrüße usw. 19 vorläufig nichts damit und mit Relationen überhaupt anzufangen, und ich muß demnach auch die Anwendung der Kernplasmarelationslehre zur Erklärung — nicht Beschreibung! — z. B. der Prozesse des Eiwachstums als verfehlt bezeichnen. b) Untersuchungen an Ganglienzellen. Als zweites histologisches Element nehme ich die auch anderweitig als eigenartig erkannten Ganglienzellen bzw. ihre Kerne, da die Größe der Zellen nicht exakt meßbar ist. Untersucht wurde das Ganglion opticum (Tabelle II). Tabelle II. Zellkerne des Gangl. opticum während des Körper Wachstums . Körperlänge in Mikrometerwerten Durchmesser der Kerne l u Kern- fläche ,«2 Quadrat der Körperlänge: Kernfläche 20, Embryo 5,4 29,1 13 49, unreif 5,8 33,6 71 54, geschlecktsreif 5,2 27,0 104 58, > 6,0 36,0 93 73, 6,6 43,5 122 82, 6,3 39,6 169 90, 6,8 46,2 175 Es zeigt sich, daß die Ganglienzellkerne und damit wohl im wesent- lichen auch ihre Zellkörper außerordentlich im Wachstum hinter dem Gesamtwachstum Zurückbleiben. Es findet also jedenfalls Abnahme des gesamten relativen Ganglienvolumens mit zunehmendem Alter statt. Etwas ganz ähnliches werden wir später am Gehirn von Daphnia pulex finden. Weiteres von Bedeutung wäre nicht zu bemerken. Halten wir die über die Zell große bisher gewonnenen Daten zusam- men, so ergibt sich, daß, da Zellteilungen in den von mir untersuchten Organen in postembryonaler Entwicklungszeit wenigstens nicht mehr statt- finden, die einzelnen Organe verschieden mit ihrem Zellwachstum an der Gesamtzunahme des Körpervolumens beteiligt sind. Während die Darm- zellen und damit das Darmrohr annähernd proportional dem Körper- volumen wachsen, eher noch etwas stärker, finden wir beim Nervensystem, besonders für die Ganglien, eine starke relative Abnahme. Während das rein celluläre Wachstum der Ganglienzellen ohne Zellvermehrung eine weit- verbreitete Erscheinung ist, ist dasselbe für die Darmepithelzellen außer- ordentlich bemerkenswert. Es wäre demnach genanntes Epithel wohl auch zum Studium der fixen Zeilenzahl (Eutelie) sehr geeignet. Es ist klar, daß bei Fehlen der Teilungsfähigkeit der Körper nur wachsen kann, 2* 20 Otto Hartmann wenn die Darmkanalzellen wachsen, da ja der Stoffverbrauch infolge der gesteigerten Fruchtbarkeit nicht nur absolut, sondern auch relativ zu- nimmt. Mit andern Worten, es kann ein Körperwachstum nur streng proportional mit dem Darmwachstum, das bedeutet hier mit dem Wachs- tum seiner Zellen, stattfinden, ja es muß sogar, wie sich aus der Relation zwischen Flächen- und Volumwachstum ergibt, der Darmkanal relativ stärker wachsen. In welcher Weise sich aber auch die Darmzellen als relativ abgeschlossene Systeme an dieses Wachstum, das mit tiefgreifen- den Verschiebungen in den gegenseitigen Relationen der einzelnen Teile verbunden ist, durch neue und immer neue Gleichgewichtseinstellungen anpassen, das haben wir früher zu beleuchten gesucht. Wachstum, zunächst rein cytotypisch betrachtet, ist Massenzunahme im ganzen unter sukzessiver Einstellung auf neue Gleichgewichte, die durch dieses Wachstum notwendig werden bzw. es in seinem weiteren Fortschreiten überhaupt erst ermöglichen. 2) Temporale Variation der Zell-, Kern- und Nucleolengröße in ihren gegenseitigen Beziehungen. Sida ist im Gegensatz zu andern Cladoceren keiner starken Tem- poralvariation der Größe ausgesetzt, was sich als für unsre Untersuchungen sehr günstig erweist, da starke Verschiedenheiten der Individuengrößen in den einzelnen Monaten entsprechend den uns vorstehend bekannt gewordenen Wachstunisvorgängen den Gang der Variation der Elemente, insofern er durch die klimatischen Bedingungen einzelner Jahreszeiten bedingt ist, zu verwischen vermögen. Dessenungeachtet liegen auch bei einer gewissen Größenauswahl der untersuchten Exemplare geringe Größendifferenzen in den einzelnen Monaten vor, deren Einfluß jedoch auf Grund unsrer früheren Untersuchungen eliminierbar ist. Die unter- suchten Teiche sind miteinander in direkter Verbindung und bieten sehr ähnliche Lebensbedingungen. a) Untersuchungen am Darmepithel. Nachfolgende Tabellen III, IV und die Fig. 4—12 auf Taf. I erläutern die Verhältnisse. Zusammenfassend will ich folgendes her- vorheben1). U Bezüglich der Ursachen ist es klar, daß die Temperatur und die dadurch bedingten physiologischen Verhältnisse in allererster Linie von Einfluß auf die Variation sein müssen, da sie tiefgreifend und konstant variiert. Da jedoch eine Fülle andrer Faktoren ebenfalls unkontrollierbaren Einfluß ausübt, so kann natürlich im konkreten Fall der Einfluß der Temperatur verstärkt oder abgeschwächt werden. Trotzdem aber bildet, wie sich zeigen wird, gerade die Untersuchung freilebender Kolonien große Vorteile. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 21 Tabelle III. Darmepithel von Sida crystallina (Teich I). 5 M fl £ 2 ■§ iS z « Pj5 £ W Ui Z Quadrat der Körper- lange : , © • © ; :fl ■ t: Zell- Zell- volu- ober- men: fläche: a s- 's , a a fl — s> — _ a> s-4 ® o s Ui o £ Z > “ 2. V. 15 17,5 50 12012 698 65,5 0.058 0,093 : 5,9 20 567 21,0 1. IX. 15 24 45 6282 229 17,1 0,037 0,074 36 270 23,2 7. XI. 15 7,5 52 11200 775 44,6 0,069 0,057 6,7 19 608 18,4 11 21 9 Tabelle IV. Darmepithel von Sida crystallina (Teich II). ö fl £ fl fl o fl c Quadrat © ja © bf) a t- fl © 3 © fl "o > CO +3 fl *© P3 "© der Körper- lange: © ja P- :© > © © *© fl £ 2 a J2 © z ES3 55 z Zell- Zell- volu- ober- iuen : fläche : • | © I | a — s ^ c © ®oa Ui o as | fci > ~ 2. V. 15 17,5 56 15566 1262 51 0,081 0,040 5,6 17 842 18,4 9 7. VII. 15 24 44 6998 137 9,2 0,020 0,066 5,9 49 191 36,6 44 7. XI. 15 7,5 51 9876 954 39,8 0,091 0,047 6,5 17 677 14,3 7 1. Die Kernplasmarelation steigt und fällt der Temperatur um- gekehrt porportional. Da kleinere Tiere, wie sie in geringem Grade im Sommer vorliegen, größere Kernplasmarelation zeigen sollten, sie aber in der Tat kleinere haben, so ist der Temperatureinfluß bewiesen. 2. Die Nucleolar-Kernrelation zeigt kein übereinstimmendes Verhalten, in Beziehung auf späteres jedoch ergibt sich, daß sie sich ebenso verhält wie die K. -PI. -Relation hinsichtlich der Temperatur. 3. Die relative Zellgröße bezogen auf die Körpergröße zeigt nur in einem Falle eine deutliche Verkleinerung im Sommer. Dieses Ver- halten ist typisch für das Verhalten der Sommercladoceren im allgemeinen. Wir haben also hier, da eine Abnahme der Darmgröße nicht konstatierbar ist, es mit einer größeren Zahl um so kleinerer Zellen zu tun. Dieser Fall der Temperaturwirkung ist allgemein beobachtet, z. B. bei den Versuchen an Seeigeleiern (Marcus). Physiologisch ist er gut aus der dadurch bedingten Vergrößerung der spezifischen Oberfläche (W. Ost- wald) zu erklären, wie überhaupt viele Autoren und wohl mit Recht das Hauptresultat oder den Hauptzweck der zelligen Differenzierung der Or- 22 Otto Hartmann ganismen in dem dadurch erleichterten Stoffwechsel der lebenden Masse und ihrer Differenzierung sehen1). Für die Probleme der Cyclomorphose ist außerdem wichtig, daß die Zellverkleinerung im Sommer nicht rein in der Vermehrung ihrer Zahl aufgeht, sondern daß, da letztere nicht gleicherweise zunimmt, eine Ab- nahme der Körpergröße resultiert, in gewissem Gegensatz zum Verhalten sich furchender Keime, bei denen erstere Koinzidenz eine vollständige ist. Das kann, wie ich an anderm Orte ausführte, durch den Um- stand erklärt werden, daß im ersteren Fall bloß Aufteilung gegebener lebender Masse stattfindet, im andern jedoch Wachstum durch Nahrungs- aufnahme und Assimilation. 4. Ungemein klar ist die starke Abnahme der relativen Ker’n- größe bezogen auf die Körpergröße bei zunehmender Temperatur. Da wir außerdem wissen, daß die Kernplasmarelation ebenfalls sinkt bzw. steigt, so ist damit eine Abnahme der relativen Gesamtkernmasse2) bei hoher Temperatur gegeben. Denn wenn es sich nur um eine Ver- teilung der Kernmasse auf mehr Kerne in der Wärme handeln würde, so könnte die Kernplasmarelation nicht abnehmen, was sie tatsäch- lich tut. 5. Die Zellvolum-Kernoberflächenrelation und die Zell- oberflächen-Kernvolumrelation im Zusammenhänge im Laufe des Cyclus betrachtet, zeigen, daß letztere immer weit stärker variiert als erstere, ja daß sie im Teich I nahezu konstant bleibt. Da nun beide Relationen bei fallenden Zellproportionen sich gegensätzlich verhalten, so muß, wenn durch disproportionales Wachstum bzw. Wachstums- hemmung eine Konstanz einer Relation eintritt, die andre um so mehr im früheren Sinne variieren und das um so mehr, wenn die disproportio- nale Veränderung so weit geht, daß die eine Relation umgekehrt variiert, als das nach dem Zellverhalten bei proportionalem Kernwachstum zu erwarten wäre. Solche Kompensationsverhältnisse mit Annäherung der einen Relation an die Konstanz sind nun in der Tat in der Temporalvariation realisiert, und zwar ist es durchwegs ein und dieselbe, nämlich die Zellvolum - Kernoberflächenrelation, die durch disproportionales Ver- U Auch phylogenetisch läßt sich eine Zunahme der Zellverkleinerung bei zunehmender Zeilenzahl bemerken, besonders bei dem Übergang der poikilothermen zu den homoiothermen, wo die Temperaturerhöhung und die Zellverkleinerung ge- meinsam und in gegenseitiger Abhängigkeit die Voraussetzung der regen Lebens- tätigkeit jener Organismen genannt werden können. 2) Siehe diesbezüglich die Arbeit Godlewskis. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 23 halten der Zelle als Ganzes und des Kernes konstant bleibt, ja sogar zu umgekehrter Variation in geringem Grade kommen kann. Es ergibt sich aus der mathematischen Behandlung der Relationen, daß obige Relation bei sinkender Zellgröße und sinkende^ Kernplasmarelation, wie es bei Temperaturerhöhung der Fall ist, weniger variiert bzw. kon- stant bleibt und vice versa, das Umgekehrte, nämlich Erhöhung der Varia- tionsbreite, gilt für die andre Relation ( R 2 : r3). Es ergibt sich so, daß man wie in unser-m Falle eine Konstante des Zell- und Kernver- haltens im Laufe des Cyclus bei verschiedener Größe und Va- riation der einzelnen Zellbestandteile aufstellen kann (natürlich nur solange die Temperatur das Bestimmende ist), ebenso wie wir dies früher bezüglich der Wachstumsverhältnisse in der Ontogenese feststellen konnten, allerdings genau bei der andern, korrespondierenden Relation. Die Erkenntnis aber, daß sich ein Gleichgewicht bei absoluter und rela- tiver Variation seiner Komponenten in einer Konstanten darstellen läßt, bzw. daß sich das Geschehen dieser Konstanten stark annähert, ist von hohem Werte, denn sie berechtigt uns zu dem Schluß, daß diese Kon- stante den wahren Gleichgewichtszustand unter veränderten äußeren oder inneren Bedingungen darstellt bzw. ihm nahe- kommt, aus der Art aber, wie die einzelnen Variablen zu einer konstanten verknüpft sind, lassen sich Schlüsse auf die jene konstanten Beziehungen bewirkenden und erhaltenden Ur- sachen gewinnen. Zugleich aber gelangen wir so zu einem Einblick in die Triebkräfte, die gewisse Relationen (z. B. in unserm Falle die Kernplasmarelation) in einer bestimmten von äußeren und inneren Faktoren abhängigen Weise variabel machen — um nämlich, wie man auch teleologisch sagen kann, jene andern Relationen konstant zu erhalten oder sie der Konstanz doch mehr anzunähern als jede andere. Daß in unserm einen Falle diese Relationskonstante ( R 3 : r2) sogar nach der gegenteiligen Seite überschritten wird, ist eine auch später noch zu erörternde häufige Tatsache, die beweist, daß diese Relation noch nicht vollständig das Gleichgewicht in Form einer Konstanten ausdrückt, sondern daß diese Verhältnisse — wie alle biologischen — zunächst noch komplizierter sind. Vielleicht gelingt es mit irgendeiner Gleichung, die allerdings mit Einführung mathematischer Konstanten und eventuell Exponenten arbeiten müßte, diese Verhältnisse vollkommen darzustellen. Sicher ist, daß die Beziehung der Kernoberfläche zum Zell Vo- lumen die Temperaturvariation der Zell- und Kerngröße sowohl 24 Otto Hartmann nach Oberfläche als nach Volum adäquater in einer Konstanten darstellt, als alle andern Relationen. Das bedeutet aber, daß das Verhältnis der Kernoberflächeneinheit zu einem bestimmten Zellvolumen — das, was ich früher als intracelluläre Stoffwechselbeziehungen bezeichnet habe — weniger variiert als alle andern Beziehungen, daß hingegen die Beziehungen der Kernvolumeneinheit zu einer bestimmten Zellober- flächengröße — das, was ich als extracelluläre Stoffwechsel - bedingungen bezeichnet habe — außerordentlich stark durch äußere Faktoren (Temperatur) im Laufe der Generationen verän- dert wird. Hier kommen also die verschiedenen Bedingungen des Stoffwechsels, wie sie durch Temperatur, id est Assimilationsintensität usw., bedingt sind, klar zum Ausdruck, dort hingegen mehr das Bleibende im Wechsel. Jedoch ist diese Gleichgewichtsbedingung nur so lange konstant — und das. gilt für jedes Gleichgewicht — , als die einzelnen Phasen derselben nur eine verschiedene Einstellung als Ganzes gegenüber einander erfahren1); sie sind jedoch in dem Augenblick anders als die Phasen selbst verändert werden und demnach auch die Gleichgewichtsbedingungen selbst andre werden. Bei allzu starker Temperaturerhöhung oder andern äußeren Faktoren kann es zu andern Stoffwechselreaktionen in Kern und Proto- plasma kommen, deren Veränderung überhaupt niemals auf Grund früherer Gleichgewichte gefundenen Relationen dargestellt werden kann, sondern neuer bedürfen2). Wie zu erwarten, sehen wir das auch manchmal in der Temporalvariation, ohne daß dadurch unsre alten Konstanten ihre jetzt nur mehr adäquate Richtigkeit verlören. Es wird vielleicht manchem scheinen, als ob ich hier auf Grund rein mathematischer Relationen Folgerungen zöge, die für die konkrete Be- urteilung der Tatsachen wenig tatsächliche Bedeutung haben, doch ist dagegen zu bemerken, daß abgesehen davon, daß es auch für die Cytologie nicht unwichtig ist, sich über die Fragen der allgemeinen Gleichgewichts- lehre und ihrer Anwendungsmöglichkeit klarer zu werden und so zu. etwas anderen Gesichtspunkten als üblich zu gelangen, doch in unserm Falle durch die überraschende Geschlossenheit und Übereinstimmung der physiologischen Folgerungen — die bei weitem noch nicht alle hier von mir in extenso gezogen wurden — vielleicht etwas mehr und Tatsächlicheres gewonnen wurde als bloße Gesichtspunkte. !) Über diese Verhältnisse der allgemeinen Phasengleichgewichte usw. vergleiche man meine Arbeit im Arch. f. Entwicklungsmech. (im Druck). 2) Vgl. die Ergebnisse Rautmanns oberhalb 20° — 25° C. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 25 b) Untersuchungen an Ganglienzellen (dazu Fig. 24, 25, Taf. II). Bezüglich der Zellkerne des Ganglion optieum kann ich mich kurz fassen. Die relative Größe ist im Sommer viel geringer, und da wir außer- dem wissen, daß die kleineren Tiere, wie solche im Sommer vorliegen, relativ größere Kerne haben, so wird dadurch der Temperatureinfluß um so deutlicher. c) Stützzellen des Auges1) (dazu Fig. 13—15, Taf. I). Wie aus den Figuren unmittelbar ersichtlich, sind die Kerne dieser Zellen in der Wärme im Sommer viel kleiner und haben auch weitaus kleinere Nucleolen und ein feineres Chromatingertist. Daß die Nucleolen besonders im Herbst groß sind, ist auf die sich hier neben der Temperatur geltend machende Depression (darüber später) zurückzuführen. II. Daphnia longispina und pulex. Daphnia pulex bzw. die Varietät obtusa sind Bewohner kleiner Tümpel, die sie oft so massenhaft bevölkern, daß infolge mangelnden oder un- genügenden Zu- und Abflusses starke Anhäufung von Stoffwechselpro- dukten stattfinden, die dann vielfach auf die Fortpflanzung und die Wachstumsprozesse hemmend, ja mißbildend wirken. Die Temperatur- extreme sind sowohl täglich als jährlich bedeutender als in den Teichen. Diese Lokalitäten bewohnt vorzüglich Daphnia longispina und hat da- durch vielfach genau die entgegengesetzten Lebensbedingungen von Daphnia pulex, was für die Beurteilung der cytologischen Verhältnisse nicht belanglos ist. 1) Temporalvariation der Darmepithelzellen. Ich werde zunächst die einzelnen Tümpel und Teiche gesondert be- sprechen und am Schluß dann die gemeinsamen Punkte, die übrigens von Anfang an hervorgehoben werden, erwähnen. Ich beginne mit Daphnia longispina var. longisp. s. str. der zwei untersuchten Teiche, die nahezu übereinstimmende Rassen und Lebensbedingungen zeigen. Das Darmepithel verhält sich zur Messung sehr ungünstig, da ein- mal die Dimensionen außerordentlich klein sind und dann auch die außer- ordentlich zarten und empfindlichen Epithelzellen schwer gut zu konser- vieren sind. D Vgl. diesbezüglich die Arbeit von Miltz: Das Auge der Polyphemiden. Zoologien Heft 28. 1899. 26 Otto Hartmann a) Daphnia longispina. In Teich I (Tabelle V, Fig. 16—19. Taf. I) nimmt zunächst die Kernplasmarelation vom (hier erst Ende Juni) erfolgenden Ausschlüpfen der Exephippioweibchen in Übereinstimmung mit dem Sinken der Tem- peratur kontinuierlich zu. Auch die N.-K. -Relation zeigt sich umgekehrt Tabelle V. Darmepithel (Stelle I) von Daphnia longisp. (Teich I). 1 ' Datum O C d 2 © ja © oc GQ £ © bß a ZT ü Zellvolumen G © g "o > a © Nucleolusvol. K./Pl.-Relation N./K.-Relation Quadrat der Körper- länge: , © • © — j= Cj: © .2 © £ | Zell- volu- 7; S men: Xi O . , ~ 7. VII. 15 24 34 1080 20,6 0,9 0,019 0,045 13 100 54,3 19,8 68 4. VIII. 15 20 33 480 20,6 3,0 0,042 0,150 22 94 54,3 8,8 44 7. XI. 15 7,5 34 982 51,0 6,5 0,052 0,127 11 50 82,8 11.8 29 27. XII. 15 4 38 610 51,0 3,0 0,085 0,079 23 63 82,8 7,4 28 proportional der Temperatur. Die relative Zellgröße zeigt sehr unstete Variation, die sich jedoch ganz ungezwungen erklären läßt. Die Abnahme der relativen Zellgröße im August ist wohl auf Temperatureinfluß, der sich infolge der kurzen Generationszahl erst hier bemerkbar macht, zu- rückzuführen. Ungezwungen erklärt sich die darauf erfolgende Zu- nahme, denn infolge der viel niederen Temperatur im November werden relativ weniger jedoch größere Zellen gebildet. Eine andre Erklärung, die auch sonst oft auf der Hand liegt und wirklich, wie darauf abzielende Untersuchungen zeigen, richtig ist, kann für die Abnahme der relativen Zellgröße im Dezember gefunden werden. Während nämlich bisher die Tiere ziemlich gleiche Größe zeigten und auch im Herbst infolge Nach- wirkung noch so kleine Tiere wie im Sommer zu finden sind, finden wir nun infolge der günstigen Existenzbedingungen in der kalten Jahreszeit eine starke Körpergrößenzunahme. Nun wissen wir aus früheren und später noch zu bestätigenden Tatsachen, daß die im Winter und Frühjahr lebenden, robusten und kräftigen Tiere relativ geringeres Darmvolumen zeigen als die Sommertiere, was sich unmittelbar daraus ergibt, daß infolge des geringen Umsatzes bei tiefer Temperatur auch eine relativ kleine Resorptionsfläche genügen kann, daher der Körper so lange relativ stärker als der Darm wächst, bis diesbezüglich ein stationäres Gleich- gewicht hergestellt ist. Weil nun aber der Darm hier relativ kleiner ist, d. h. Hypertrophie des Körpers über ihn vorliegt, so ist klar, daß auch Uber das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 27 bei absolut bedeutenderer Zellgröße im Winter trotzdem demgemäß die relative Zellgröße kleiner sein kann. Die allgemein festzustellende Tat- sache, daß die relative Zellgröße der Temperatur umgekehrt proportional ist, gilt natürlich nur so lange als die Proportionen von Darm und Gesamt- körper nicht andre geworden sind. Die übrigen Relationen bieten kein genügend klares Bild um näher auf sie einzugehen, denn eine vollständige Analyse ihres Verhaltens ist angesichts der Menge der Milieufaktoren, die von Einfluß darauf sein können, aussichtslos, sobald der Temperaturfaktor nicht rein zu er- kennen ist, Tabelle VI. Darmepithelzellen (Stelle I) von Daphnia longisp. (Teich II). Datum o c d g 5 SG m £ Kürperlänge Zellvolumen Kernvolumen Nucleolusvol. K./Pl.-Relation N./K. -Relation Quadrat der Körper- länge : , ® 1 i a> — ® 3 ® .2 N in ^ ■£= Kernoberfläche Zell- volu- men : • i ® £ — jz. - ® ü ^ c£ Zell- ober- fläche Pie — JZ Qj 0) o c w > B 2. IV. 15 8 40 1300 73,7 11,5 0,056 0,157 16,0 58 127 10,2 25 2. V. 15 17,5 31 2500 73,7 9,2 0,029 0,126 6 33 127 19,7 38 7. VII. 15 24 25 1300 27,6 3,0 0,022 0,113 7,2 52 67,8 19,4 69 7. XI. 15 7,5 29 1200 73,7 8,2 0,061 0,112 8,4 31 127 9,4 25 Bei der Besprechung von Teich II (Tab. VI, Fig. 20—23, Taf. I) möchte ich gleich eingangs bemerken, daß hier im Frühjahr ein typischer Fall für den im vorstehenden besprochenen Einfluß der Körperhyper- trophie über den Darm bei günstiger Existenzbedingung auf die relative Zellgröße vorliegt. Die Exemplare im April waren extrem und selten große Tiere, zur Untersuchung gelangten jedoch nur mittelgroße Exem- plare, um den Einfluß des Alters nach Möglichkeit auszuschalten. Als Resultat ergibt sich, daß die relative Zellgröße sehr gering ist, da eben der Darm, wie früher ausgeführt, bei solchen luxurierenden Formen (Lil- ljeborg) relativ kleiner ist als bei den Sommertieren. Denn die Zell- größe absolut betrachtet erweist sich natürlich gemäß der tiefen Tem- peratur als grüßer. Ganz kann allerdings der auffallende Umstand, daß die Tiere im folgenden Monat relativ und absolut größere Darmzellen besitzen, dadurch nicht erklärt werden, offenbar kommt doch noch der Einfluß der Generationszahl hinzu. b) Daphnia pulex und var. obtusa. Eine typische, robuste, mit relativ größeren Darmzellen versehene Tümpelform. 28 Otto Hartmann Ich will zunächst die einzelnen untersuchten Gewässer an der Hand der Tabellen und Abbildungen gesondert besprechen. Tümpel I. Tabelle VII. (Fig. 26 — 34, Taf. II.) Darmepithel (Stelle IV) von Daphnia pulex var. öbtusa (Tümpel I). o c © -w — © — OD 1 s Q £ © £ f: | © *© — > *5 "S W s: Kernvolumen Nucleolusvol. K. /PI. -Relation a ’-C — © ■y» 5Z Quadrat j§ der Körper- länge : ® , © JL, ® ® .2 © © Zell- volu- men: ä i,~ - © o C •zz Zell- ober- fläche: = i a ©3 2 Uä > = 3. VI. 15 20 35 665 65.5 0,26 0.098 0,004 19 45 117 5,6 18 4. VIII. 15 22,5 38 353 20,6 0,52 0,058 0,025 32 114 54 6,5 39 7.X.15 10 39 406 20,6 0.93 0,050 0,045 33 126 54 7,5 43 7. XI. 15 7,5 323 20,6 1.73 0.063 0,080 54 6,0 37 27. XII. 15 3 36 947 82,3 4,2 0,069 0,051 16 52 137 6,9 18 Untersucht wurden sowohl die Darmepithelzellen der Stelle I als die der Stelle IV an medianen Längsschnitten und Flächenschnitten. Die relative Zell- und Kerngröße verhält sich bezüglich der Körper- größe wie gewöhnlich; beide fallen gegen den Sommer, letzte stärker, und umgekehrt verhalten sie sich gegen den Herbst. Die relative Zell- größe erweist sich im Winter als relativ bedeutender, was mit der tiefen Temperatur zusammenhängt. Die relative Aueleolengröße scheint im Som- mer kleiner zu sein als im Herbst, was das allgemeine Verhalten darstellt. Besonders deutlich ist das Verhalten der Zellvolum-Kernoberflächen- relation und der Zelloberflächen-Ivernvolumenrelation. Erstere erweist sich als relativ konstant, da wie wir sahen die meist parallele Variation der Zellgrößenab- bzw. -Zunahme und der Kernplasmarelationsab- bzw. -Zunahme sich gegenseitig bezüglich dieser Relation kompensieren. Findet diese Koinzidenz nicht statt, so ist das wohl auf besondere, jedenfalls nicht temperaturbedingte Verhältnisse zurückzuführen. Die Zellober- fläehen-Kernvolumrelation zeigt dementsprechend eine starke Variations- breite, auf deren Bedeutung in Verbindung mit der Konstanz obiges Quo- tienten in physiologischer Beziehung schon früher hingewiesen wurde. Tümpel II. — Im April finden sich robuste Exephippioweibchen. Die folgenden Generationen nehmen zunächst ziemlich rasch an Größe ab, um dann ziemlich konstant zu bleiben. Hier ist die Kernplasma- relation der Enddarmzellen (Stelle IV) größer als die des vordersten Darmteiles, was aufs neue die große Wichtigkeit einer scharfen Trennung der Darmabschnitte zu solchen Messungen beweist. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 29' Tabelle VIII. (Fig. 35-38, Taf. II.) Darmepithel (Stelle I) von Daphnia pulex var. ohtusa (Tümpel II). Datum o O d S © © GQ GQ Cv Körperlänge Zellvolumen Kernvolumen Nucleolusvol. fl o '-US ci *© £ N./Iv.-Relation Quadrat der Körper- länge : . , ® > ® — ö ®.2 1 S .2 , Wie Kernoberfläche Zell- volu- men : • i ® fl in ^ © O W Oss Zell- ober- fläche l . fl ^ fl •-* — © © o fl Ws* " 2. IV. 15 7,5 37 2197 150 17,1 0,068 0,114 8 33 204 10,7 21 3. VI. 15 20 32 1000 33,6 3,05 0,033 0,092 9 50 75 13,3 56 4. VIII. 15 22,5 33 613 20,6 0,52 0,033 0,021 16 96 54 11,3 66 7. XI. 15 7,5 32 856 38,8 5,58 0,045 0,149 11 60 82 10,3 43 Die Kernplasmarelation und Nucleolarkernrelation verhält sich in der typischen Weise. Die relative Zellgröße variiert der Temperatur umgekehrt proportional. Bezüglich der Zellvolumen-Kernoberflächenrelation und der Zell- oberflächen-Kernvolumrelation tritt hier ganz besonders klar und typisch die relativ hohe Konstanz der ersten Relation gegenüber der starken und gesetzmäßigen Variation der zweiten hervor. Während also pro Volum- einheit des Zellkörpers in hohem Maße unabhängig von äußeren Faktoren und dem Generationscyclus eine bestimmte Oberflächeneinheit des Kernes kommt, entfällt gemäß der veränderten Temperatur und damit Stoff- wechselbedingungen im Sommer weit mehr Oberflächeneinheit des Zell- körpers pro Volumeinheit des Kernes. Im übrigen ist auf das früher Gesagte zu verweisen. Tabelle IX. (Fig. 39-44, Taf. II.) Dannepithel (Stelle I) von Daphnia pulex typ. (Tümpel III). Datum ü C d 2 © ■M © G Q GQ ci & Körperlänge Zellvolumen Kernvolumen Nucleolusvol. K./Pl. -Relation N./K.-Relation Qua« der Kt län ■ ® ® .« Irat 3rper- ;e : s S3 MS Kernoberfläche j Zell- volu- men: ■ i ® fl U ^ Jh © o © _Q ^ ojö Zell- ober- fläche : a a a o © o fl w > s 14.V.14 40 1400 65,5 4,2 0,046 0,064 16 60 117,5 11,8 28 2. VIII. 14 — 40 636 14,1 0,26 0,022 0,018 26 166 42,3 15,0 79 30.X. 14 — 32 480 27,6 2,14 0,057 0,078 20 75 67,8 7,0 33 17. IX. 13 — 41 480 38,8 4,2 0,080 0,111 33 95 82,8 5,8 23 Tümpel III. — Hier liegt uns eine Rasse von Daphnia pulex vor, die im Frühjahr (Mai) aus den Ephippien kommend infolge der zunächst günstigen Existenzbedingungen kolossal an Größe und Menge zunimmt, so daß einerseits infolge der späteren starken sommerlichen Erwärmung, andrer- 30 Otto Hartmann seits infolge der starken Ansammlung von Stoffwechselprodukten und wohl starker Nahrungskonkurrenz außerordentliche Verkleinerung der Sommer- generationen stattfindet. Erst im Herbst findet dann wieder eine Größen- zunahme statt, jedoch bald darauf ausgesprochene Depression der Kolonie, die sich oft in Gestaltdeformationen und in ganz sistierter Fortpflanzung äußert (siehe Langhans). "Venn also ein Einfluß äußerlich oder innerlich primär bedingter Depression auf die Kernplasmarelation der Darmzellen nachweisbar ist, so muß er hier besonders deutlich sein, denn in keinem andern der untersuchten Gewässer findet im Herbst so starke Degene- ration statt, weil die auch sonst temperaturbedingte sommerliche Größen- verkleinerung mit dem Sinken der Temperatur ebenso wieder zurückgeht. Im übrigen verweise ich auf die Arbeit von Papanicolau und über theore- tische Auseinandersetzungen auf meine Arbeit im Archiv für Hydrobiologie. Bezüglich der Kernplasmarelation zeigt sich, daß dieselbe im Frühjahr meist etwas geringer ist als im Herbst — der September 1913 kommt, da er einem andern Jahrescyclus angehört, hier direkt nicht in Betracht. Sollte das zeigen, daß eine Kernhypertrophie die Begleit- erscheinung der durch äußere — teilweise auch innere — Faktoren ge- setzten Depression ist? Da ich diese Fragen experimentell nicht studiert habe, so möchte ich hier nicht darauf eingehen, zumal später einwandfreiere Beweise für diese Ansicht beigebracht werden sollen. Übrigens hat schon Papanicolau anhangsweise in seiner Arbeit Daten und Zeichnungen ver- öffentlicht, die einwandfrei eine Zunahme der Kernplasmarelation mit der Zunahme der Generationsanzahl zeigen. Während die relative Zellgröße zuerst gegen den Sommer wie gewöhnlich fällt, steigt sie zwar im Herbst wieder an, aber nicht mehr so stark. Worauf diese relativ geringere Zellgröße als sie auf Grund rein äußerer Temperaturverhältnisse erwartet werden muß, zurückzuführen ist, kann man nicht bestimmt sagen, offenbar handelt es sich um den Aus- druck der durch die vom Sommer nachwirkenden schädlichen Einflüsse gesetzten Abnahme der Vitalität1). Besonders hervorgehoben zu werden verdient die starke relative und absolute Verkleinerung der Nucleolen im Sommer (Fig. 42), die so weit gehen kann, daß fast keine mehr nachweisbar sind. Da wir andrer- seits von Sida her wissen und es sich auch an Daphnia pulex ergeben hat, 1 ) Man müßte bezüglich dieser als auch andrer Fragen experimentell Vorgehen, wozu sich allerdings Sida cryslallirw. wegen ihrer besonders großen und leicht zu messen- den Darmzellen besonders eignen würde. Leider ist es unmöglich, gerade diese Art zu züchten, und es hebt schon Häcker hervor, daß es ihm nicht gelungen sei, diese Art längere Zeit in Aquarien zu halten. Vielleicht gelingt es doch einmal die Schwierig- keiten zu überwinden. Über das Verhalten der Zeh-, Kern- und Nucleolengröße usw. 31 ! daß die N.-K.-Relation mit zunehmendem Alter und Körpergröße ab- nimmt, so ist die kleinere N.-K.-Relation bei den kleineren Sommertieren im Gegensatz zu den Frühjahrs- und Herbsttieren um so auffallender und zeigt ungemein deutlich den Temperatureinfluß. Auch konnte ich den Einfluß dieses Faktors an Experimenten an Amphibien über allen Zweifel erheben (Arch. f. Entwicklungsmech.). Die Zellvolum-Kernoberflächenrelation, die im Frühjahr und Sommer konstant ist, zeigt durch ihr Sinken im Herbst die schon früher hervor- gehobene merkwürdige Tatsache, daß obgleich die Temperatur gesunken ist, trotzdem im Herbst die relative Zellgröße nicht ansteigt; eine Aus- nahme, die durch andre Faktoren bedingt ist, da sie unter günstigen Bedingungen nicht bemerkbar ist. Tabelle X. (Fig. 45 — 48, Taf. II.) Darmepithel (Stelle I) von Daphnia pulex (Tümpel IV). Datuui o O d a © © m xn ci £ Körperlänge Zellvolumen Kernvolumen Nucleolusvol. K. /PI. -Relation N./K.-Relation Qua der K< län ■ ® drat jrper- ge: £J§ W 32 Kernoberfliiche J Zell- volu- men: • i a> © ü « Oqa Zell- ober- fläche : a B c dl6 2. IV. 15 5 35 1100 150 2,19 0,137 0,014 12 34 204 5,3 12 7. VII. 15 12,5 30 448 22,4 2,14 0,050 0,097 20 64 57,3 7,8 42 1. IX. 15 11,5 30 490 17,6 2,14 0,038 0,124 21 93 54,3 9,0 49 7. XI. 15 9,5 26 441 26,8 4,2 0,060 0,160 11 44 64,3 6,8 33 Tümpel IV. — Dieses Gewässer ist dadurch ausgezeichnet, daß es relativ klein und schattig gelegen ist, von einer Quelle gespeist wird, deren Wassertemperatur nicht stark mit der Jahreszeit variiert, sondern im Sommer relativ kalt, im Winter relativ warm ist. Dieses Gewässer bevölkern die Tiere in relativ konstanter Anzahl und ohne bedeutendere temporale Größenschwankungen das ganze Jahr hindurch. Da es des konstanten Zu- und Abflusses halber nicht zur Anhäufung von Stoffwechsei- produkten kommen kann und auch die sonstigen Existenzbedingungen relativ konstant und günstig sind, so kann man im Herbst nicht ein Sinken der Vitalität und Eintreten einer Depression in morphologischen oder Fortpflanzungsverhältnissen bemerken. Die Kernplasmarelation verhält sich entsprechend den eigen- artigen Temperaturbedingungen. Denn die Wassertemperatur ist weit in das Frühjahr hinein infolge Kältenachwirkung vom Winter her sehr niedrig, andrerseits wirkt auch die Sommerwärme länger nach. Dem- gemäß sehen wir die K. -PI. -Relation im Frühjahr, bei Beginn der Unter 32 Otto Hartmann suchung, infolge der noch außerordentlich niederen Wassertemperatur sehr hohe Werte annehmen. Man hat selten Gelegenheit, Daphnien bei so niederer Temperatur in Freilandgewässern zu finden, was weniger am Einfluß der Temperatur an und für sich liegt, als vielmehr daran, daß jene Temperaturen in stagnierenden Gewässern gewöhnlichen Typs nur im Januar und Februar erreicht werden, wo fast immer die alten Generationen schon ausgestorben, die neuen Exephippioweibchen aber lange noch nicht aufgetreten sind. — Eine sehr starke Abnahme de? K.-Pl.-Relation findet nun natürlich gegen den Hochsommer statt, sobald die Winterkälte des Quellzuflusses gebrochen ist. Diese Abnahme der Relation dauert natürlich noch an, nachdem die Lufttemperatur schon wieder im Sinken begriffen ist, da das Quellwasser eben erst gegen Ende des Sommers das Temperaturmaximuni erreicht, bzw. erst hier die Daph- nien lange genug der höheren Temperatur ausgesetzt gewesen waren. Gegen den November vollzieht sich dann außerordentlich langsam der Temperaturabfall und der Anstieg der Kernplasmarelation. Die N.-K.-Relation zeigt von Anfang an progressives Ansteigen, was unsrer früher aufgestellten Regel nicht entspricht. Vielleicht handelt es sich um den Einfluß der Generationszahl, wie die Ergebnisse Papa- nicolaus wahrscheinlich machen. Was die relative Zellgröße anbetrifft, so ist ungemein klar ihr der Temperatur umgekehrt proportionales Verhalten. Zu unsern andern zwei Relationen uns wendend, zeigt sich wieder, das schon so oft konsta- tierte Verhalten. Die Zellvolum-Kernoberflächenrelation ist in außer- ordentlich hohem Maße konstant, die Zelloberflächen-Kernvolumrelation unterliegt demgemäß starken Schwankungen (viermal so hoch im Sommer als im Winter). Das heißt, daß bei hoher Temperatur die auf die Volumeinheit des Kernes bezogene Zelloberfläche viel größer ist als bei tiefer Temperatur. Es scheint mir kein Zufall zu sein, daß in diesem und noch einigen andern früheren Fällen, bei denen im Laufe des Jahres die biologischen Existenzbedingungen ungemein konstant — mit Ausnahme der Temperatur — und günstig, also sicher nicht degene- rationsauslösend waren, diese beiden Relationen das von uns allgemein für die Temperaturvariation als typisch postulierte Verhalten fast absolut rein zeigen. Es ist eben das ein Beweis dafür, daß bei Temperaturver- schiebung die Zelloberflächen-Kernvolumrelation stark variiert — sich bei Erhöhung der Temperatur erhöht — , daß dagegen die Zellvolum-Kern- oberflächenrelation konstant bleibt, was bei durch Temperatur gegebener Variation der Zellgröße durch das bekannte Verhalten der Kernplasma- relation in der Wärme bedingt ist. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 33 Tritt Degeneration, wohl vorwiegend durch Stoffwechselprodukte aktiviert, ein, so bleiben bei sinkender Temperatur die Zellen relativ kleiner als zu erwarten ist, während die Kernplasmarelation das typische Verhalten zeigt, ja sich sogar relativ mehr vergrößert. Daraus resultiert dann das früher besprochene Verhalten unsrer zwei Relationen. 2) Verhalten der Darmepithelzellen während des individuellen Wachstums von Daphnia pulex und ein Vergleich mit den Ver- hältnissen bei Sida crystallina. Von der Daphnia pulex- Kolonie aus Tümpel TU wurden Mitte Mai — also bald nach dem ersten Auftreten der neuen Generationen — drei ver- schieden große Weibchen untersucht. Da ich leider nicht Gelegenheit fand, eine größere Anzahl jeder Körpergröße zu untersuchen und die relativ schwierigen Epithelverhältnisse die Mühe bezüglich feinerer Einzel- heiten auch nicht gelohnt hätten, so gehe ich nur auf die relative Zell- und Kerngröße, die ganz eindeutige Resultate ergaben, näher ein. (Vgl. dazu die Fig. 39—41, Taf. II). Nachfolgende kleine Tabelle stellt die Resultate zusammen. Die Zahlen für die Körperlänge sind in Mikro- meterwerten angegeben. Das kleinste Tier steht knapp vor der Ge- schlechtsreife, die zwei andern sind reife Exemplare, das größte von seltenen Dimensionen, wie sie nur im Frühjahr von den kräftigen Exephip- pioweibchen erreicht werden. Quadrat der Körperlänge : Körper) änge Zellfläche Kernfläche 67 26 80 46 21 77 32 10,2 42 Es zeigt sich, daß mit steigender Körpergröße die relative Zell - große ständig abnimmt, und daß sich demgemäß auch die Kerngröße verhält. Erinnern wir uns nun der Verhältnisse bei Sida, wo wir fast Konstanz, ja sogar Zunahme mit dem Alter konstatieren konnten. Es sei nochmals betont, daß Zellteilungen schon auf sehr frühem Stadium der Embryonalentwicklung nicht mehr im Darmepithel stattfinden. Dem- gemäß sind wir berechtigt zu sagen, daß das gesamte Darmvolumen bzw. seine Oberfläche bei den von uns untersuchten Daphnien mit dem Alter (Wachstum) relativ abnimmt, während es bei Sida relativ konstant bleibt. Sind die inneren Wachstumsbedingungen, die die Proportionen der Organe untereinander und zum Ganzen bestimmen, in beiden Fällen nicht dieselben? Ein so tiefgreifender physiologischer Unterschied darf angesichts der nahen Verwandtschaft nicht angenommen werden. Also können es nur äußere Faktoren sein, die diese Unterschiede bedingen, 3 Archiv f. Zellforschung. XV . 34 Otto Hartmann und in der Tat zeigt sich auch für jeden, der mit der Cladocerenbiologie und der Theorie der Generationscyclen vertraut ist, leicht eine Erklärung, die allerdings, da sie entwicklungsphysiologischer und teilweise stoff- wechselphysiologischer Natur ist, trotz ihres großen Interesses hier nicht in extenso ausgeführt werden kann. Wir sahen gelegentlich der Temporalvariation, daß die luxuriierenden Frühjahrstiere gemäß den günstigen Existenzbedingungen — viel Nahrung, und wegen niederer Temperatur geringer Stoffumsatz — relativ mehr an Körpervolum als an Darmgröße zunehmen, d. h. der Körper wächst relativ stärker bezüglich des Darmkanales. Nun handelt es sich auch bei den zur Feststellung der individuellen Wachtumsprozesse verwendeten Tieren von Daphnia pulex um erste Frühjahrsexemplare. Ganz anders muß das Verhalten bei Sommer- und Spätsommertieren liegen. Gemäß der hohen Wassertemperatur kann der Körper nur proportional dem Darmrohre wachsen, da die Nahrung offenbar weniger reichlich als im Frühjahr ist, andrerseits der Stoffverbrauch und demgemäß Bedarf bei hoher Temperatur weit höher ist. Demgemäß sehen wir bei Sida, daß die untersuchten Exemplare, die aus dem Spätsommer stammen, pro- portional der Darmgrößenzunahme, ja vielleicht noch weniger wachsen. Das heißt aber, der Körper kann um so weniger stärker wachsen als der Darm, je größer der Stoffbedarf pro Volumeinheit desselben ist, es ist eben eine für bestimmte Umsatzbedingungen (Temperatur) gegebene feste Relation zwischen resorbierender Darmoberfläche und verbrauchen- dem Körpervolum nach Art eines Gleichgewichtszustandes festzustellen. Sind die Existenzbedingungen günstig, d. h. ist bei niederer Temperatur der Stoffverbrauch pro Körpervolumeinheit gering, so kann der Körper so lange relativ stärker wachsen als der Darm, bis sich ein Gleichgewicht zwischen möglicher Nahrungsaufnahme und Verbrauch hergestellt hat, was unter diesen Bedingungen eben einem relativ kleinen Darm ent- spricht. Da wir wissen, daß keine Zellteilungen in nachembryonaler Zeit mehr stattfinden, so sind diese Verhältnisse und Betrachtungen natürlich ohne weiteres auf die cytologisclien Relationsresultate anzuwenden. Ganz kurz und anhangsweise möchte ich noch auf das Verhalten der Ganglienzellen bzw. deren Kerne, da erstere nicht exakt meßbar sind, zurückkommen. Quadrat der Körperlänge : Kürperlänge Kernfläche Kernfläche 67 46 32 13,7 ,«2 327 7,3 «2 289 6,7 u2 152 Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 35 Aus der Tabelle ist ersichtlich, daß bei Vervierfachung der Kör- pergröße nur eine Verdopplung der Größe der Ganglienzellen und ihrer Kerne stattfindet, also ganz ähnliche Verhältnisse wie bei der Altersgrößenzunahme von Sida vorliegen. Bezüglich weiterer Erörte- rungen sei auf das dort Gesagte verwiesen. 3) Temporale Variation der Ganglienzellen von Daphnia. Bezüglich dieser Verhältnisse verweise ich auf nachstehende Zu- sammenfassung der Messungsergebnisse (Tabelle XI), die sich auf Daphnia pulex der verschiedenen Tümpel beziehen. Es ergibt sich daraus, daß die Kerngröße und demgemäß wohl auch die Zellgröße, diese allerdings in geringerem Maße, da ja der Kern stärker durch Temperatur gehemmt wird — wirkende Kernplasmarelation — , im Sommer relativ zur Körper- größe kleiner ist. Ol) es auch hier zur Kompensation der Verkleinerung durch Vermehrung der Zellen kommt, oder ob tatsächlich die Gesamt- ganglienmasse in der Wärme auch relativ kleiner ist, muß speziellen, entwicklungsmechanischen Untersuchungen Vorbehalten bleiben. Tabelle XI. Quadrate der Körperlängen : durch die Fläche der Kerne der Gehirn- ganglienzellen von Daphnia pulex. Ort 2. IV. 2. V. 3. VI. 7. VII. 4. VIII. l.IX. 7.X. 7. XI. 27. XII. Tümpel I 95 162 209 86 II 125 145 148 121 » III 220 280 120 » IV 120 310 225 85 III. Bosmina longirostris 0. F. M. Zum Unterschiede von den andern untersuchten Cladoceren und wrohl von den meisten Cladoceren überhaupt, ist es bei Bosmina dank ihrer Kleinheit und außerordentlichen Durchsichtigkeit, sowie der spe- ziellen anatomisch -topographischen Verhältnisse des Darmes möglich, am lebenden Objekt oder noch besser bei Zusatz minimaler Mengen Essig- säure mit stärksten Immersionssystemen die Darmzellen, und zwar vom Ansatzpunkte des Oesophagus bis zur Darmbiegung am intakten Tiere zu beobachten bzwr. zu messen. Dadurch ist es möglich, besonders die Unter- suchungen über das Verhalten der Zell- und Kerngröße im Laufe der indi- viduellen Entwicklung auf ein sehr großes Untersuchungsmaterial zu fundieren, was natürlich in dem Maße, wenn so kleine Objekte eingebettet und mikrotomiert werden sollten wrie es bei andern Cladoceren notwendig ist, 3* 36 Otto Hartmann praktisch nicht wohl ausführbar ist, will man nicht unverhältnismäßig viel Zeit und Mühe darauf verwenden. Demgemäß soll auch erst hier auf alle im vorausgehenden kurz berührten Probleme genauer eingegangen werden und auf Grund eines großen Beobachtungsmaterials in Verbindung mit früherer Feststellung an einer Lösung der Probleme gearbeitet werden. Fig. 2 (Kurventabelle I)1). 27. August. — Kurven verschiedener Zell- und Kernmaße (Ordinate), ihre Vari- ation bei verschiedener Körpergröße (Abscisse) zeigend. in. K.-Pl.-Relation. Nucleolar-Kernrelation. Nucleolarfläche. Zellfläche. Kernfläche. Die Darmepithelzellen (Stelle I) wurden in der Flächenansicht bei lOOOfacher Vergrößerung (liomog. Immers. V 12 , Ocul. 4) mit Zeichenapparat gezeichnet, so daß die hierauf erfolgende Ausmessung mittels Millimeter- maßstab die Zahlenwerte unmittelbar in /u ergab. Die Zellfläche wurde nicht von jeder einzelnen Zelle, sondern von der ganzen Darmstelle er- mittelt und dann durch die Anzahl der Zellen dividiert, während die Messungsfehler ungeheuer herabgesetzt werden. Auf die Tabellen* 2) wurde große Sorgfalt gelegt und auch zahlreiche beigegeben, damit so x) Die erste Vertikallinie bezeichnet die Körperlänge bei der Geburt, die zweite beim Eintritt der Geschlechtsreife. 2) Alle Zalüen sind Mittelwerte aus vielen Messungen zahlreicher Tiere. Da die einzelnen Zelldimensionen proportionale Veränderung zeigen, genügt es, die Basal- flächen zu vergleichen. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Kucleolengrüße usw. 37 mühsame Untersuchungen wie die vorliegenden auch andern Forschern durch Zahlenmaterial für irgendwelche Problemstellung dienen können. Es sei hier noch mit einigen allgemeinen Bemerkungen auf die bio- logischen Verhältnisse des untersuchten Gewässers eingegangen. Es handelt sich um einen kleinen, ziemlich seichten Teich mit wenig Wasser- pflanzen und Lehmboden, wie er den Bosminen besonders zusagt. Die sommerliche Erwärmung ist bedeutend und auch der Planktonreichtum. Gleichzeitig sinkt infolge beginnender Austrocknung das Wasserniveau bedeutend, so daß die Tiefe schließlich nur mehr kaum 1/2 m beträgt. Fig. 3 (Kurventabelle II). Kernplasmarelation der Darmzellen verschieden großer Individuen zu verschiedener Jahreszeit. Länge der Tiere (in Mikrometerteilen) als Abscisse. 4, jnni 1910. 39. Juli 1910. 27. August 1916. 15. Septbr. 1916. 27. Septbr. 1916. Die Bosminen treten Mitte bis Ende April auf und vermehren sich nun so rasch, daß Mitte Juni bis Anfang Juli ungefähr das Frequenzmaximum erreicht ist. Die höchste mittlere Wassertemperatur fällt ungefähr Anfang bis Mitte Juli, jedoch waren auch Ende Mai ungewöhnlich warme Tage, so daß sich das schnelle Sinken der Kernplasmarelation im Juni erklärt. Leider besitze ich nicht genügend Wassertemperaturmessungen, so daß ich den Temperaturverlauf des Wassers in für unsre Zwecke genügend adäquater 38 Otto Hartmann Weise durch die Lufttemperaturen, wie sie am Grazer Universitätsinstitut für Meteorologie festgestellt wurden, ersetzen muß, was um so eher statt- haft ist, als der Tümpel im Stadtgebiete liegt. (Vgl. die Kurventabelle IV.) Fig. 4 (Kurventabelle III) 1). Flächengröße der Darmzellen verschieden großer Individuen zu verschiedener Jahreszeit. Länge der Tiere (in Mikrometerwerten) als Abscisse. Fläche in Mai. Juni. — • — • — Juli. — 27. Aug. 15. Septbr. 27. Septbr. Ende Juli sinkt infolge der durch das vorausgehende Organismen- maximum bedingten Anhäufung von Stoffwechselprodukten, relativem Nahrungsmangel und seichtem Wasserstand und dadurch bedingter starker Insolation und endlich wegen der sich meist nach einem ausgeprochenen Maximum einstellenden Erschöpfung die Individuenzahl außerordentlich, bleibt aber von Mitte Juli ab ziemlich konstant, bis endlich Ende Sep- tember rascherer Abfall und Mitte Oktober Aussterben der Art erfolgt. Eine ausgesprochene, zirkumskripte Sexualperiode existiert nicht, es findet jedoch vom August bis September neben der mehr minder starken Partheno- genese Latenzeierproduktion statt. i) Die einfachen Querstriche auf den Kurven bedeuten den Zeitpunkt der Ge- burt, die doppelten den Eintritt der Geschlechtsreife. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleoiengröße usw. 39 Im Laufe des Generationscyclus findet starke Körpergrößenab nah me statt, und zwar wie für Cladoceren typisch zuerst vom April bis Juni sehr stark, dann schwach, um etwa im August das Minimum zu erreichen. Mit Wiederherstellung günstigerer Lebensbedingungen — Abnahme der angehäuften Stoffwechselprodukte durch Zu- und Abfluß, kühlere Tem- peratur, geringere Nahrungskonkurrenz — findet dann später wieder geringe Größenzunahme statt, jedoch sind die Tiere nach der langen Generationsdauer und dem Einfluß der schädlichen Sommerfaktoren so weit geschwächt, daß es zu keiner einigermaßen stärkeren Körper- zunahme im Laufe der Herbstgenerationen kommt. In gewissem Sinne ist also diese Cyclomorphose stark einseitig und irreversibel. April MdI Juni Juli August Sept. Fig. 5 (Kurventabelle IV). Mittlere Lnfttemperaturen, gemessen an dem K. K. meteorol. Institut derüniv. Graz. Dünne Kurve: Mittel von je 5 Tagen Dicke Kurve: Monatsmittel. Ganz ähnliche Verhältnisse zeigen auch die morphologischen Ver- änderungen der Tastantennen, die ebenfalls in stark einseitiger und irrever- sibler Weise sich vom Frühjahr bis zum Herbst verändern. 40 Otto Hartmann Ich betone also nochmals, daß die geringe Größen- und Formrever- sibilität im Herbst trotz erneuter günstigerer Bedingungen darauf zurück- zuführen ist, daß im Laufe der Generationen mannigfache schädigende Einflüsse eingewirkt haben, die verbunden mit der durch fortgesetzte Parthenogenese bedingten physiologischen Depression die geringere Vitalität der Herbst- und Spätsommertiere bedingen1). 1) Verhalten der Darmepithelzellen beim individuellen Größen- waehstum von Bosmina (Fig. 52 — 54, Taf. III). Da ich Messungen bezüglich des Verhaltens der Zell- und Kerngröße in der individuellen Wachstumsphase zu verschiedenen Jahreszeiten im Verlaufe des Generationscyclus angestellt habe, woraus auf temporale Unterschiede Schlüsse gezogen werden können, da aber andrerseits ein Vergleich der Wachstumsvorgänge zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen Bedingungen auf das Problem des cytologisch bedingten Wachstums selbst Licht wirft, so ist es nicht möglich, beide Untersuchungs- reihen streng zu trennen. Zunächst sollen allerdings die Hauptergebnisse getrennt behandelt werden, dann aber in ihren Beziehungen zueinander zusammenfassend analysiert werden. Zunächst also die cy tologischen Veränderungen beim indi- viduellen Wachstum, wobei ich auf die Figuren auf Taf. III und insbesondere auf die beigegebenen Tabellen und Kurven verweise. An der Hand der Kurventabelle I, die die Verhältnisse vom 27. August darstellt, ersehen wir, daß eine regelmäßige Zunahme der Zell- und Ivern- größe stattfindet, so zwar, daß die Kerngröße relativ hinter der Zellgröße zurückbleibt, woraus sich eine stetige Abnahme der Kernplasmarelation ergibt (vgl. auch Kurventabelle II, III). Von den zwei vertikalen Linien in der Kurventabelle I gibt die erste die Größe der Tiere bei Beginn des freien Lebens, also gleich nach der Geburt, an, die zweite den Eintritt der Geschlechtsreife, als den ich den Zeitpunkt bezeichne, in dem zum erstenmal Eier im Brutraume sich vorfinden (dazu Tabelle XII, XIII). Man sieht des weiteren, daß die Zell - und Kerngröße (Tabellen XII, XIII) bis zum Zeitpunkt der Geburt relativ wenig wächst, woraus sich ergibt, daß die relative Zell- und Kerngröße — bezogen auf die Körpergröße — sich vermindert; ganz ähnlich verhalten sich die achro- matischen Xucleolen. Der Eintritt der Geschlechtsreife äußert sich an den hier dar- gestellten Variablen nur in der Kernplasmarelation (Tabelle XIV und x) Auf diese für das Verständnis cytologischer Verhältnisse wichtige Tatsachen kann liier nur hingewiesen werden, Genaueres siehe bei Hartmann (Literatur- Verz. 33). Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 41 Kurventabelle II), diese nimmt nämlich stark bis zu deren Eintritt ab, um dann nur mehr langsam bis zum Lebensende zu sinken, so daß also die unreifen und embryonalen Tiere eine weitaus größere Gesamt- kernmasse besitzen als die geschlechtsreifen. Es fällt also der Ein- tritt der Geschlechtsreife und die Formierung der endgültigen Körper- proportionen etwa mit der hauptsächlichen Einstellung der Kern- plasmarelation zusammen, die sich in der Folge nunmehr weniger ändert. Tabelle XII1). Mittlere absolute Kemflächen in /r2. Körperliinge Mai2) Juni Juli August 15. Sept. 27. Sept. 12 15,2 9,0 13 14,4 11,9 14 11,5 15 9,0 11,2 15,1 11,5 12,9 16 11,8 16,2 13,3 13,2 17 12,9 16,0 12,9 16,1 18 14,4 18,4 16,4 16,0 19 13,7 19,6 16,0 16,0 20 15,2 15,0 21,2 23,0 19,3 21 13,7 15,2 20,4 21,1 22 16,8 19,3 23,5 20,5 26,0 23 14,4 26 19,6 21,1 24 17,6 17,6 25 17,2 24,1 25 21,6 27 27,2 24,6 26 21,1 22,0 27 23,0 27 24,7 27,1 28 22 22,6 31 29 32,3 30 20,2 27,0 31 29,1 32 33 23,3 34 35 30 ■ G Die ersten horizontalen Querlinien in der Tabelle bedeuten den Zeitpunkt der Geburt, die zweiten den Eintritt der Geschlechtsreife. Das gilt für alle ähnlich ein- gerichteten Tabellen. Körperlänge in Mikrometerteilen. 2) Die genaueren Fangdaten siehe Tabelle XIX, S. 53. 42 Otto Hartmann Dadurch charakterisiert sich der erste Entwicklungsabschnitt bis zur Ge- schlechtsreife als embryonaler, mit starker einseitiger Gleichgewichts- verschiebung, der zweite jedoch mehr als postembryonale Volumzunahme und Altersperiode. Durch die hohe Kernplasmarelation in der ersten Periode zeigt sich außerdem eine Parallele zur MiNOTSchen Alterstheorie. Tabelle XIII. Es dokumentiert sich so das Wachstum vor der Geschlechtsreife noch mehr als embryonales, das also, wie ich schon früher einmal bemerkte, mehr mit einseitiger Relations- und Gleichgewichtsverschiebung der Zell- komponenten — in unserm Falle Kern und Plasma — einhergeht, die auf ein neues Gleichgewicht hinauslaufen, das mit der Pubertät erreicht wird. Während das auch noch sehr starke Wachstum nach Erlangung der Geschlechtsreife nicht mehr mit dem Charakter des embryonalen, Uber das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengrölie usw. 43 also der einseitigen Relationsverschiebung und damit verbundener Differenzierung, behaftet ist, indem nunmehr weitgehender Paral- lelismus des Wachstums der Teile stattfindet, was ja übrigens nebenbei bemerkt auch in der Entwicklung der äußeren Körperformen — speziell auch bei Bosmim — sich bestätigt, die auch mit der Pubertät im wesentlichen fertig, später nur mehr proportionales Wachstum zeigen. Tabelle XIV. Mittlere Kernplasmarelation (xlO3). Körperlänge Mai Juni Juli August 15. Sept. 27. Sept. 12 300 250 13 250 295 14 273 15 220 211 265 267 300 16 219 226 240 197 17 230 250 222 203 18 214 188 210 228 19 171 193 188 217 20 130 210 180 211 215 21 187 150 208 223 22 150 216 198 217 243 23 221 200 181 183 24 150 198 163 147 182 25 202 192 212 183 26 190 207 27 185 200 199 172 28 140 196 173 29 212 30 130 218 31 157 32 33 155 34 35 150 36 150 Auf die so wesentliche und auch früher bei Sida schon hervorgehobene Abnahme der Kernplasmarelation im Laufe des Wachstums wird später noch eingegangen werden. Jedoch soll noch bemerkt werden, daß, insofern vom Embryo an über die präpuerperale und puerperale Zeit hinüber eine ständige Abnahme der Kernplasmarelation statt- u Otto Hartmann findet, die Wachstumsprozesse nach der Geschlechtsreife, die zum Alter führen, auch als ständige Fortsetzung von Prozessen aufgefaßt werden können, die bereits im Embryo begannen — wie das von ver- schiedenen Forschern, z. B. Mühlmann, Minot, betont wird. Der einsinnige Ablauf der Veränderung der Kernplasmarelation wäre so ein Ausdruck für die Einheit der progressiven Entwicklung, in der es nur ständige progressive Veränderungen gibt, die gleicherweise zur Erreichung des Zustandes der Geschlechtsreife wie dann weiter zum Tode führen. Tabelle XV. Mittlere Nucleolar-Kernrelation ( x 103). Körperlänge Mai Juni Juli August 15. Sept. 27. Sept. 12 150 ' 13 121 14 125 15 100 86 173 16 109 139 169 17 160 18 100 166 19 113 122 20 93 97 116 21 160 101 141 22 95 93 98 23 88 98 115 U4 100 132 140 25 94 103 117 26 150 27 95 133 148 28 97 29 131 30 In der Geschwindigkeit des progressiven Ablaufs jener Prozesse allein ist allerdings nach wie vor eine Einteilung in Perioden gegeben, woraus hervorgeht, daß die Prozesse des Alterns, das ist der persönlichen Ent- wicklung, gerade in der Jugend am raschesten vor sich gehen, ähnlich einer reversiblen, chemischen Reaktion, die gemäß dem Massenwirkungs- gesetz mit zunehmender Anhäufung des Endproduktes langsamer ver- läuft und sich asymptotisch dem Werte Aull nähert, was vielleicht nicht ein bloßes Gleichnis ist, wobei allerdings zu bedenken ist, daß der Ent- wicklungsvorgang ein nicht reversibler Vorgang ist. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 45 Die Nucleolar-Kernrelation1) verhält sich ähnlich wie die Kern- plasmarelation. Auch hier ist — was ziemlich allgemein verbreitet zu sem scheint — der Embryo durch relativ sehr große Nucleolen ausgezeichnet2). Tabelle XVI. Quadrate der Körperlänge : Zellfläche. Körperlänge Mai Juni Juli August 15. Sept. 27. Sept. 12 2,7 4,0 13 2,9 4,2 14 15 5,6 4,2 3,9 5,2 5,2 16 4,7 3,5 4,2 3,6 17 5,1 4,5 4,9 3,6 18 4,8 3,3 4,1 4,6 19 4,5 3,6 4,5 4,8 20 3,6 5,4 3,4 3,6 4,4 21 6,0 4,3 4,5 4,4 22 4,4 5,3 4,1 5,3 4,5 23 4,0 4,2 4,3 24 6,4 3,7 4,9 4,4 25 4,9 6,1 4,4 4,8 4,8 26 6,1 6,3 27 6,5 5,8 5,4 5,8 4,6 28 4,7 6,7 4,3 29 5,6 30 5,9 7,3 31 5,2 32 33 6,0 34 35 3,9 36 Mit dem Austritt aus dem Brutraum (Geburt), also mit Beginn der Darm- verdauung, was vielleicht nicht ohne Bedeutung für die Beurteilung der Funktion der Nucleolen ist, findet eine sprunghafte Verkleinerung der relativen Größe statt, die nach dem Eintritt der Geschlechtsreife geringer wird. Hierauf bleibt die N.-K.-Relation relativ konstant und scheint erst im höchsten Alter geringe sekundäre Vermehrung zu erfahren, was mir in Q Vgl. auch Kurventabelle I, S. 36. 2) Siehe auch die homologen Ergebnisse bei Sida, S. 14 — 15. 46 Otto Hartmann Anbetracht auch des Sinkens der Xueleolengrüße mit Beginn der funktio- nellen Tätigkeit des Darmes darauf hinzuweisen scheint, daß in unserm Falle der Nucleolus in stark funktionierenden und voll vitalen Zellen ab- nimmt, womit sein relatives sekundäres Anwachsen bei ganz alten Tieren gemäß dem in hohem Alter herabgesetzten Stoffwechsel übereinstimmen würde. Endlich spricht in diesem Sinne auch die Abnahme der N.-K.- Relation bei Erhöhung der Wassertemperatur im Sommer und andrer- seits die Beobachtungen Papanicolaus, der bei Tieren später Generations- folge, also in der Zeit der Depression, besonders große Nucleolen findet. Genauer soll auf das Problem der Funktion und Bedeutung der achroma- tischen Nucleolen erst später eingegangen werden. Die Zell- und Kerngröße bezogen auf die Körpergröße (Tabelle XVI). Während der Embryo auf den frühesten embryonalen Stadien einen relativ außerordentlich großen Darm bzw. Darmanlage be- sitzt, wächst im letzten Teile der embryonalen Entwicklung der Körper weit rascher, so daß also hier die Darmzellen relativ kleiner erscheinen. Nach der Geburt findet regelmäßig geringe weitere Abnahme statt, jedoch meist so, daß die Tiere vor der Keife sich deutlich npt ihrer relativ hohen Zellgröße von den geschlechtsreifen unterscheiden. Diese Abnahme der relativen Zellgröße dauert" entweder bis zum höchsten Alter an oder wird nach der Erreichung der Geschlechtsreife sehr gering, so daß die relative Zellgröße hier nahezu konstant bleibt. Zu einer Zunahme, wie wir sie bei Sida beobachten, kommt es jedoch niemals. Bei Daphnia pulex konnten wir früher eine starke Abnahme mit zunehmender Körpergröße konstatieren. Die Unterschiede in dem Verhalten der Zellen im Körperwachstum er- klärten wir aus den verschiedenen Klima- und Stoffwechselbedingungen, unter denen die jeweiligen Arten standen. Treffen nun meine dortigen Ausführungen zu, so müssen sie sich bei Bosmina, die über mehrere Mo- nate untersucht wurde, bestätigen lassen. Tatsächlich zeigt sich, daß die Abnahme der relativen Zellgröße im Herbst (27. September, Tabelle XVI) viel geringer ist, ja daß es hier sogar nach Erlangung der Geschlechtsreife zur Konstanz kommen kann, daß jedoch im Juni und Juli die Abnahme sehr stark ist. Daß es sich hier in unserm Beispiel jedoch weniger um die Temperaturbedingungen als die allgemeine Depression der Tiere im Herbst als Ursache handelt, durch die die Wachstumsintensität des Kör- pers über den Darm leidet, scheint mir beachtenswert. Das relative Kernvolumen zeigt das gleiche Verhalten und dem- gemäß auch die relative Nucleolengröße, da uns das Verhalten der N.-K.- Relation bekannt ist. Je älter der Organismus, desto geringer wird seine gesamte Kern- und Nucleolenmasse, desto mehr nimmt das Plasma zu. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 47 Die Charaktere des Alters erweisen sich so umgekehrt als die der Jugend und Embryogenese beschaffen und werden selbst durch einseitige und pro- gressive Entwicklung aus diesen gebildet. Eine Kernhypertrophie als Kennzeichen des Alters existiert nirgends, wohl aber vielleicht ein geringes, sekundäres Nucleolenwachstum im höchsten Alter, gemäß dem herab- gesetzten Stoffwechsel. Tabelle XVII. Zellvolumen : Kernoberfläche. Körperlänge Mai Juni Juli August 15. Sept. 27. Sept. 12 4,3 4,0 13 5,0 3,6 14 3,9 15 3,7 5,6 4,7 4,1 3,6 16 5,6 6,4 6,5 7,2 17 5,5 5,4 5,0 7,3 18 6,3 9,4 7,3 6,1 19 8,2 8,8 8,2 6,7 20 12,8 6,6 10,1 8,3 7,4 21 11,6 8,2 7,7 22 11,7 7,4 9,3 7,6 7,2 23 6,1 10,0 9,9 10,3 24 12,1 8,1 12,8 12,1 10,6 25 8,9 10,3 9,2 10,1 26 8,7 27 10,1 9,9 9,2 28 11,0 9,0 13,2 29 9,5 30 15,8 8,6 31 14,6 32 33 14,3 34 35 16,0 36 Die Zellvolum-Kernoberflächenrelation nimmt mit steigender Größe und Aller fortwährend zu, und zwar verhält sich der Mittelwert jener Relation bei geschlechtsreifen Tieren zum Mittelwert bei unreifen wie etwa 1,5 : 1. Das heißt also, wenn wir diese Relation als intracelluläre Stoffwechselbedingung auffassen, die zwischen der Oberflächeneinheit des 48 Otto Hartmann Kernes und einem bestimmten Volum des Plasmas gegeben ist, daß diese bei jugendlichen Tieren im Mittel 1,5 mal so günstig sind als bei den älteren und geschlechtsreifen. Also auch hier ganz analog mit der K.-Pl.- Kelation ein Verhalten, das auf Abnahme der Vitalität und inneren Leistungsfähigkeit der Zellen mit wachsender Größe und Alter hindeutet. Tabelle XVIII. Zelloberfläche : Kernvolumen. Körperlänge Mai Juni Juli August 15. Sept. 27. Sept. 12 1,7 2,5 13 1,9 1,9 14 2,0 15 1,9 2,5 1,9 2,0 1.7 16 2,6 2,1 2,8 2,6 17 2,3 1,8 2,3 2,3 18 2,3 2,5 2,3 2,0 19 2,7 2,2 2,5 2,2 20 3,6 2,1 2,2 1,8 2.0 21 2,7 3,0 2,1 1,8 22 3,0 2,0 2.0 2,1 1,5 23 2,3 2,0 2,4 2,2 24 3,0 2,3 2,3 3,0 2,1 25 2,3 1,9 1,8 2.0 26 2,4 2,0 27 2,1 1,7 1,3 2,1 28 2,9 2,0 1,9 1,6 29 30 3,4 1,7 31 32 33 2,3 34 35 2,2 36 Die Zelloberflächen-Kernvolumrelation (Tabelle XVIII) er- weist sich als weitgehend konstant. Bei zunehmender Zellgröße, wie sie im Wachstum stattfindet, müßte eine Abnahme dieser Relation erfolgen, was eine Herabsetzung der auf das Kernvolumen bezogenen Zelloberfläche — also eine Verschlechterung der Systembedingungen des extracellulären Stoffwechsels — bedeuten würde. Das Verhalten beider Relationen bei Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 49 proportionalem Anwachsen von Kern und Plasma deutet also auf eine allgemeine Verschlechterung der Stoffwechselbedingungen intracellulär und nach außen hin. Nun findet aber relativ geringeres Kern Wachstum statt und demgemäß muß eine der beiden Relationen, und zwar die Zelloberflächen- Kernvohunrelation, konstant bleiben bzw. sich diesem Zustand annähern, während die andre so variieren muß, daß sie noch schlechtere System- bedingungen ergibt als bei proportionalem Kern- und Plasmawachstum. Die Konstanz dieser einen Relation zeigt aber die große Bedeutung der extracellulären Beziehungen, zu deren Gunsten und mit Verschlechte- rung der intracellulären die Disproportionalität des Kern- und Plasma- wachstums im Laufe des individuellen Wachstums stattfindet. Eben jene besondere Verschlechterung einer Relationsbedingung, die die not- wendige Folge des Größenwachstums einer Zelle ist, ja seine Bedingung darstellt, insofern eben erst so erneutes Weiterwachsen stattfinden kann, ist aber doch zugleich bei weiterem und weiterem Wachstum das Hemmnis von diesem selbst. So finden wir hier, wie früher schon angedeutet und wie oft noch zu beobachten, daß Vorgänge und Gleichgewichtseinstellungen, die ein Geschehen begleiten und ermöglichen, später selbst oder besser dadurch, daß weitere physiologische Einstellung eines neuen Gleich- gewichtes mathematisch nicht möglich ist, ein indirektes Hemmnis dieses ■regressiven Prozesses selbst werden. Der Abschluß morphogenetischer '• >rgär.ge und überhaupt der Entwicklung ist wohl zum größten Teil in die r Weise zustande gekommen zu denken. Natürlich nicht in dem • dieser Relationsbedingungen, die eben enge an cytotypisches Wachs- , insofern es hier mit Altern und Tod identisch ist, in ihrer Geltung ge- ;!en sind. Die große Bedeutung reiner Relationen bei Analyse von cyto- r- eh durch Wachstum bedingtem Alter und Entwicklung ist eben i. v gegeben, daß sie die Notwendigkeit der Umregulierung der rel ’ven Systemverhältnisse der Masse nach mit zunehmen- d» G- und Körperwachstum klar machen und veranschau- lich ine Notwendigkeit, die aus der Kernplasmarelation, sei es als Volui, ” Oberflächenquotient a priori niemals abgeleitet werden kann. Nicht t ist es aber die Gunst der Objekte, die es gestattet, Zell- und K Wachstum, Zell- und Individuenaltern und Tod unmittelbar im Zusa hange zu betrachten, und es wäre außerordentlich lohnend, noch näh- .d weiter darauf hier einzugehen. Es me ’ ■ loch in diesem Zusammenhänge noch auf eines hingewiesen werden, näuii-ch, daß dieses Zurückbleiben des Kernes im Wachstum hinter dem Plasma, wodurch die eine unsrer beiden Relationen konstant bleibt, wobei jedoch schließlich durch allzu starke Verschlechterung der Archiv f. Zellf'' Eichung. XV. 4 50 Otto Hartmann andern und der Kernplasmarelation Sistierung des Wachstums folgen muß. vollkommen mit der Kernplasmaspannung (also der Plasmahyper- trophie über den Kern zwischen zwei Teilungen) von Hertwig homolog ist. Hier — bei den Protozoen und teilungsfähigen Metazoenzellen — sind die neuen Gleichgewichte, die durch keine Relationsverschiebung mehr erreichbar neues Wachstum ermöglichen, durch die Teilung erreichbar, in unserm Falle aber ist die ab initio bestehende Unfähigkeit zur Teilung der Grund des Aufhörens von Wachstum und die Bedingung des Todes. Denn das rein celluläre Wachstum muß mit einem gewissen äußersten Wert der Verschiebung endocellularer Gleichgewichtszustände sein Ende er- reichen, das ist die Kernplasmaspannung; neue Substanzzunahme — und diese muß mit Rubxer als letztes Lebensprinzip bezeichnet werden, demnach seine Behinderung früher oder später zum Tode führen muß — wäre nur durch die, durch Teilung zu realisierenden Bedingungen möglich, denn die Teilung ist die einzige Form der Gleichgewichtseinstellung bzw. -lunregulierung, die nach Erreichung einer gewissen Größe der lebenden Substanz weiteres Leben, das ist weitere Substanzzunahme, ermöglieht. 2) Temporale Variation der Darmepithelzellen von Bosmina (vgl. dazu Tabelle XII— XVIII, Fig. 53, 55, 59, Taf. III). Wie ich schon eingangs bemerkte, ist die Temporalvariation von Bosmina in unserm Falle besonders stark ausgesprochen irreversibel, was die Körpergröße und Gestalt anlangt, und daher nicht allerseits auf Tem- peraturwirkung zurückzuführen, sondern nur durch den einseitigen Ab- lauf des Generatjonscyclus, der von Dauerei zu Dauerei verläuft, zu er- klären. Demgemäß ergeben sich, wenn wir den Temperatureinfluß zunächst als in seinen direkten Wirkungen auf die Zell- und Kerngröße bekannt voraussetzen, verschiedene Fragen, deren Beantwortung ganz besondere Bedeutung für die verschiedenen Probleme haben muß. Da die Geschleehtsperiode wie oft so auch hier nicht ans Ende des Cyclus fällt, indem noch nach der sexuellen Fortpflanzung erneut Partheno- genese eintritt, so fragt sich, ob unabhängig vom Gesamtablauf des Cyclus die. Geschlechtsgeneration cytologisch durch irgendein Verhalten aus- gezeichnet ist, wobei natürlich an unsre verschiedenen Relationsbeziehun- gen zu denken ist. Daß der Eintritt der geschlechtlichen Fortpflanzung nicht notwendig ans Ende des Cyclus fallen muß, d. h. nicht mit dem völligen Aussterben der Art infolge der durch die langdauernde Parthenogenese geschwächten Vitalität, zeigt, daß die Prozesse der Vitalitätsabnahme und überhaupt die Veränderungen, die im Laufe der Generationen auftreten, Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Vucleolengröße usw. 51 nicht in eindeutiger Weise mit der geschlechtlichen Fortpflanzung ver- knüpft sind, sondern in gewissem — allerdings nur gewissem Sinne — unabhängig davon verlaufen können, aber nicht müssen. Denn in den Fällen, wo die geschlechtliche Fortpflanzung mitten hinein in den Cyclus fällt, kann es sich zwar ganz gut — bei den di- und polycyclischen Arten — um einen innerlich bedingten Rhythmus handeln, und in diesem Sinne ist obige Ausführung auch hauptsächlich gemeint, es kann sich jedoch — besonders bei monocyclischen Arten — beim Eintritt der geschlechtlichen Fortpflanzung zunächst nur um vorübergehende Einwirkungen äußerer Faktoren handeln, nach deren Aufhören die Parthenogenese neu einsetzen würde, um erst endlich der völligen Degeneration und Depression Platz zu machen, die zum Aussterben führt. Das Tatsächliche obiger Frage- stellung aber bleibt unberührt. Es fragt sich, ob als Folge langandauernder Parthenogenese unab- hängig von Geschlechtsgenerationen sich cytologisch faßbare Verände- rungen selbst in den Somazellen1) bemerkbar machen, von denen natür- lich der völlig einseitige, nicht reversible — wiewohl natürlich durch äußere Faktoren sekundär modifizierbare — Ablauf von der Exephippiogeneration (im Frühjahr) bis zum Aussterben des Cyclus im Herbst gefordert werden müßte. Die Veränderungen, die als Folge der sexuellen Fortpflanzung (vgl. das oben Gesagte) stattfinden, können — bei poly- und dicyclischen Arten — mehr Perioden und Kurvengipfel aufweisen, während die Ver- änderungen, die im Zusammenhang mit der zunehmenden Generationszahl per se stehen, nur emsinnig von Anfang bis Ende des Cyclus verlaufen können. Ob eine so scharfe Trennung richtig ist, kann bezweifelt werden; daß sie einseitig ist, ist sicher, jedoch ist gerade darin ein Punkt für scharfe Scheidung und Fragestellung gegeben. Als letzte Frage taucht endlich das Problem auf: Ist eine bestimmte Kernplasmarelation oder sonst ein Quotient oder Charakter an ein be- stimmtes Größenstadium, sei es der Zellen oder des Ganzen, gebunden, so daß mit der Größenreduktion durch äußere Faktoren eo ipso ver- schiedene Kernplasmarelation als Mittel eines Entwicklungsabschnittes resultiere, oder ist vielleicht andrerseits eine bestimmte K.-Pl. -Relation usw. an ein bestimmtes Entwicklungsstadium, z. B. an Geburt, Geschlechtsreife, gebunden, wobei dann natürlich die Kernplasmarelation, vergliche man nur Tiere obengenannter Stadien, wiewohl sie ganz ver- schiedener Größe zu verschiedenen Jahreszeiten sind, dieselbe in den !) Den Einfluß der Generationszahl auf die $ Geschlechtszellen und den Prozeß der Eibildung hat Gruxewald untersucht. 4* 52 Otto Hartmann einzelnen Monaten wäre. Den beiden steht die wahrscheinlichere Möglich- keit entgegen, daß unter verschiedenen äußeren Bedingungen keine be- stimmte Kernplasmarelation an ein Größen- oder Entwicklungsstadium gebunden ist. sondern daß diese Relation eine restlose Variable äußerer Bedingungen ist, wobei natürlich ihre absoluten Werte auf verschiedenen Entwicklungsstadien bei derselben Temperatur verschiedene sind, wie wir früher sahen. Also vier Fragen sind es, die analysiert werden müssen. 1. Einfluß äußerer Faktoren. 2. Wie äußert sich der Eintritt der sexuellen Fortpflanzung in cytologischer Beziehung? 3. Wie äußert sich cytologisch fortgesetzte Parthenogenese? 4. Ist eine bestimmte Körpergröße oder ein Entwicklungs- stadium unabhängig von äußeren Faktoren durch bestimmte cytologische Verhältnisse (K.-Pl.-Relation usw.) charakterisiert und kommt demgemäß der Einfluß der äußeren Faktoren auf jene Verhältnisse nur scheinbar und dadurch zustande, daß die Erreichung jenes Größen- bzw. Entwicklungsstadiums selbst hinsichtlich der Gesamtentwicklung verschoben würde (z. B. Frühreife usw.), oder ist das, wie a priori wahr- scheinlich. nicht der Fall? Da die äußeren morphologischen Veränderungen ganz vorwiegend den Einfluß fortgesetzter Parthenogenese und milieubedingter Degene- ration zeigen, so werden wir auch die Zell- und Kernverhältnisse im wesent- lichen mit jenen einsinnig ablaufend finden. Folgende Tabelle XIX gibt zunächst eine Übersicht über die Tem- poralvariation (vgl. auch die Kurventabellen II, III), wobei natürlich nur Mittelwerte für die geschlechtsreifen Tiere aus zahlreichen Messungen gegeben werden. Die Zahlenwerte für die unreifen von der Geburt ab finden sich auf Tabelle XX (S. 61). Alle jene Veränderungen, die ein- gipflig und doppelseitig variabel sind, können nur auf äußere Verände- rungen, besonders Temperatur, zurückgeführt werden. Betrachten wir zunächst die geschlechtsreifen Exemplare (Taf. III, Fig. 53, 55 — 59). Die Körpergröße zeigt intensive Ab- nahme bis zum Minimum im August, hierauf geringe Zunahme. Diese Ab- und Zunahme wird demnach primär durch Temperatur- und Stoff- wechselprodukte hervorgebracht, welch letztere besonders zur Zeit des Maximums und in der nächsten Zeit nach demselben stark wachstum- hemmend wirken, wie bekannt. Sinkende Temperatur und Abnahme der Wasserverunreinigung im Herbst wirken dann wieder vergrößernd auf die Körperlänge. Darin jedoch, daß diese Vergrößerung keineswegs pro- Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 53 Tabelle XIX. Temporale Variation der Mittelwerte für die Darmepithelzellen gesehlechtsreifer Tiere. Fang- datum Körper- länge Zell- vol. Kern- vol. K.-Pl.- Kel. N.-K.- Rel. Zell- volumen: Kernoberfl. Zell- oberfläche: Kernvol. Quadrat der Körperlänge Zellfläche 4. V. 16 38 9589 435,0 0,045 0,090 23,0 2,5 3,9 5. VI. 16 29 1683 57,9 0,034 0,000 15,6 2,7 5,4 27. VII. 16 26 1000 44,5 0,044 0,000 9,4 2,1 6,8 25. VIII. 16 23 1330 65,6 0,049 0,094 11,3 2,0 4,1 15. IX. 16 24 1010 54,2 0,050 0,111 9,2 2,0 5,0 27. IX. 16 25 1180 64,9 0,055 0,123 9,5 2,0 4,5 portional dem Günstigerwerden der äußeren Faktoren verläuft, schließen wir mit Sicherheit auf eine Abnahme der Vitalität, die primär durch die langdauernde, depressionsbedingende Parthenogenese und dann durch die Nachwirkung der schädlichen Einflüsse im Sommer, die die Lebens- kraft der Tiere dauernd im Laufe der Generationen herabsetzte, bedingt ist. Ganz dasselbe gilt für die absolute Zellgröße (vgl. Kurventabelle III, S. 38), die sich im wesentlichen wie die Körpergröße verhält. Auch die Kernplasmarelation (Tabelle XIV) zeigt das uns be- kannte Verhalten mit steigender Temperatur. Daß jedoch ihr Minimum nicht mit dem Maximum der Temperatur zusammenfällt, zeigt, daß die Kerngröße offenbar rascher von der Temperatursteigerung beeinflußt wird als die Zellgröße, wofür auch meine Experimente an Amphibien sprechen, wobei natürlich nach dem Steigen der Temperatur im Juni zuerst der Kern relativ mehr abnehmen muß als die Zelle, und das wird deshalb noch sicherer, da ja die Zellgröße bei geänderter Temperatur im fertigen Organismus nicht mehr so schnell umgeordnet werden kann (siehe Hartmann, 34), da das auch Verkleinerung des ganzen Körpers nach sich ziehen würde, während die Kerngröße ohne weitere Folgen unmittelbar durch Temperatur modifizierbar ist (Hartmann, 1. c.). Außerdem kommt noch ein weiterer Faktor in Betracht, der eine Abnahme der Kernplasmarelation entsprechend der Temperatur mit zu- nehmender Generationszahl verhindert. Es handelt sich um die De- pression, die, sei es als Folge von Stoffwechselprodukten oder als solche der Parthenogenese oder wohl als kombinierte Folge beider, zu einer Vergrößerung der Kernplasmarelation tendiert, bzw. sich cyto- logisch unzweifelhaft in einer solchen äußert. Daß fortschreitende Er- höhung der Generationszahl eine Erhöhung der Kernplasmarelation be- dingt, ist von Papanicolau gezeigt worden, während Popoff an In- 51 Otto Hartmann fusorien nachgewiesen hat, daß auch die chemische Zusammensetzung des Kulturwassers auf die Kerngröße von Einfluß ist. Und zwar sind es be- sonders solche Stoffe, die dadurch, daß sie als Stoffwechselprodukte irgend- welcher Art von den Organismen selbst abgeschieden werden, hemmend auf diese Abscheidung durch die Organismen selbst wirken (Herabsetzung der Konzentrationsdifferenz) und dadurch eine Störung der Stoffwechsel- prozesse, deren morphologischer Ausdruck eine Verschiebung der Kern- plasmarelation darstellt, bewirken. Die cytologische Analyse der im Laufe des Generationscyclus und der Temporalvariation auftretenden Veränderungen zeigt uns also neben dem Temperatureinfluß den Einfluß schädigender äußerer Faktoren (Chemismus) und die Wirkung anhaltender Parthenogenese, die dadurch noch verschärft wird. Wir haben also die Wirkung primär äußerer und innerer und sekundär innerer und primär äußerer (der Chemismus besonders, da er direkt degenerierend wirkt und die Wirkung der Partheno- genese im Sinne der Degeneration von Generation zu Generation unter- stützt) Faktoren also ganz dieselbe komplexe Ursachenreihe, die wir auch für die an den äußeren Körperformen und die Größe und endlich die Vitalität und Fortpflanzungsintensität stattfindenden Veränderungen im Laufe der Temporalvariation verantwortlich machen. Äußerst interessant sind die Nucle ölen Verhältnisse (vgl. auch Ta- belle XV), da sie in Übereinstimmung mit dem bei der individuellen Ent- wicklung festgestellten, über ihre Bedeutung und Funktion überhaupt, zunächst aber über ihre Wachstums- und Existenzbedingungen Auf- klärung bringen. Es zeigt sich, daß bei niederer Temperatur (September, Mai) in jeder Zelle ein relativ großer achromatischer Nucleolus anzutreffen ist, daß hingegen im Juni und Juli nur in den Zellen ganz junger Orga- nismen deutliche vorhanden sind, während in denen älterer sie wegen ihrer Kleinheit nicht mehr exakt meßbar sind (Taf. III, Fig. 53, 55 — 59). Der Temperatureinfluß ist unverkennbar, zumal auch an Cladoceren ex- perimentell eine Verkleinerung der Xucleolen mit Temperaturerhöhung stattfindet (siehe später). Daß das mit der Stoffwechselintensität in irgendeiner Weise Zusammenhängen muß, wurde schon betont. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß niederer Stoffwechsel der Zelle über- haupt für das Anwachsen der Nucleolen bzw. ihre Existenz maßgebend und kennzeichnend sei, denn es ist klar, daß wir diesen Zusammenhang von Stoffwechselintensität und Xucleolengröße nicht für Zellen verschie- dener Beschaffenheit und Herkunft und differenter Funktion aufsuchen dürfen, sondern nur für die, sei es experimentell oder sonstwie, in derselben Zelle vor sich gehenden Änderungen der Funktionsintensität, wobei Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 55 natürlich auch hier solche Umwandlungsprozesse, die mit einseitiger Gleichgewichtsverschiebung verbunden sind (Eibildung), von der Be- trachtungsweise zunächst ausgeschlossen sein müssen gemäß unsrer ein- leitenden Bemerkung, da ja die Art der Zellfunktionen und ganzen Systembedingungen bei derartigen morphogenetischen Umwandlungen andre werden. Im Monat August, der sich, wie früher bemerkt, durch relativ viel zu hohe Kernplasmarelation auszeichnet, die wir durch Depression (siehe auch später) erklärt haben, ebenso wie im Anfang September finden sich jedoch der Wassertemperatur entsprechend viel zu große Nucleolen ; dem- gemäß äußert sich auch hier der sich summierende Einfluß der langen Parthenogenese und der Einfluß schädlicher Stoffwechselbeziehungen, mit einem Wort die Depression in einer Nucleolenvergrößerung. Damit stehen die schon erwähnten experimentellen Befunde Papanicolaus im Einklang, der mit steigernder Generationenzahl — ceteris paribus — eine Vergrößerung auch der Nucleolen findet. Sehr interessant ist das Verhalten der Zello b er flächen -Kern - volum- und der Zellvolum-Kernoberflächenrelation; gleichzeitig werden wir hier versuchen die Probleme des Alterns, d. h. des perma- nenten Zellwachstums und der Depression etwas näher in ihren cyto- logischen Parametern zu analysieren. Als Charakteristik des Alters haben wir zunehmende Zellgröße (d. h. progressives Wachstum) und abnehmende Kern- und meist auch Nucleolengröße gefunden. Dadurch ist die Konstanz der Zelloberflächen- Kernvolumrelation bedingt, während die Zellvolum-Kernoberflächen- relation um so mehr verschoben wird, indem sich die intracellulären Stoff- wechselbedingungen verschlechtern, also relativ mehr Protoplasma auf die Oberflächen- und natürlich auch Volumseinheit des Kernes entfällt. Zunahme des Protoplasmas über den Kern, für den Gesamtorganismus wie für die Zelle ist also charakteristisch für das Wachstum und Alter, es handelt sich hier im Gegensatz zur Depression um einen individuellen Prozeß aus rein inneren Ursachen, während die Depression, wenn sie plötzlich bei einem Individuum auftritt, entweder äußere Ursachen haben muß oder nur im Laufe einer Generations folge aus inneren Ursachen entstehen kann. Cytologisch charakterisiert sich die Depression ganz allgemein, ob primär äußerlich oder innerlich veranlaßt, in einer Zunahme der Kern- masse, sowohl in der Zelle als auch im Gesamtorganismus, ebenso der Nucleolarmasse. Jene Relation, die die Beziehung zwischen Kernober- fläche und Zellvolum ausdrückt, also die intracellulären Stoffwechsel- 56 Otto Hartmann bedingungen, muß sich vom rein zahlenmäßigen Standpunkt aus ver- bessern, da die Zellgröße nicht beeinflußt wird, hingegen wird sich jene Relation, die die Beziehung des Kernvolums zur freien Austauschfläche der Zelloberfläche ausdrückt, stark verschlechtern. Beides zeigen unsre Tabellen über die Temporalvariation, Jedoch scheint mir diese Ver- schlechterung extracellulärer, also der Austauschbeziehungen wie sie durch unsre Relation dargestellt wird, nicht ganz zufällig, sondern experimentell insofern bestätigt, als es ja gelingt (Popoff), durch Erschwerung eben jener Austauschbeziehungen zur Außenwelt, eine typisch cytologisch sich äußernde Depression zustande zu bringen. In unserm Cyclus ist also der rein temperaturgemäß zu erwartende konstante Verlauf der Zellvolum- Kernoberfläehenrelation durch den Einfluß der Degeneration und De- pression verwischt bzw. nicht konstant gemacht, wogegen die Zellober- flächen-Kernvolumrelation — dieselbe Relation also, die in der individu- ellen Entwicklung nahezu vollkommen konstant bleibt — mehr einen konstanten Wert, wenigstens gegen das Ende des Cyclus, wo sich diese Faktoren besonders bemerkbar machen, annimmt. Um endlich in diesem Zusammenhänge noch auf eine sich cytologisch äußernde Depressionswirkung zurückzukommen, so finden wir, daß gemäß der geringen Körpergrößenzunahme im Herbst, die der Temperaturwir- kung nicht entsprechend durch obigen Faktor bedingt ist, auch nur eine geringe Vergrößerung der Zellen sich bemerkbar macht. Depression — d. h. Schwächung der Vitalität, sei es aus äußeren oder inneren Ursachen — hemmt also die Assimilation, den Aufbau und das Wachstum lebender Substanz und bewirkt dadurch geringere Zellgröße, was in unserm Falle mit geringer Körpergröße identisch ist. Betrachten wir, zurückblickend auf unsre Tabelle XIX, nochmals den Verlauf der absoluten und relativen Zellgröße, so finden wir gerade im August, wo, wie wir schon sahen und noch sehen werden, die hauptsächlich milieubedingte Depression und Degeneration ihren Höhepunkt erreicht, eine sowohl relativ als absolut bedeutende Zellgröße. Das kann nur so erklärt werden, daß die auf frühen embryonalen Stadien stattfindenden Zellteilungen früher gehemmt werden und daß nun das Zellwachstum wenigstens einigermaßen für diesen Ausfall eintreten muß. Sowohl diese Hemmung der Zellteilung als auch die relativ und absolut bedeutendere Zellgröße in Depression befindlicher Zellen ist oft schon experimentell bestätigt worden, letzteres speziell für den Einfluß lang- dauernder Parthenogenese bei Cladoceren von Papanicolau. Also auch hier wie überall läßt sich die cvtologische Temporalvariation relativ leicht trotz der hier vorliegenden Komplexität analysieren und in Übereinstimmung mit experimentellen Erfahrungen an Protozoen und Metazoen nachweisen. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße nsw. 57 Daß Alters- und Wachstumsveränderungen mit der De- pression cytologisch nichts zu tun haben, ist demnach unbedingt anzu- erkennen. Wachstum und Alter als Zunahme der Zell- und Körpergröße, Abnahme der Kernplasma- und Nucleolarkernrelation, Depression hin- gegen als Wachstums- und Teilungshemmnis für die Zelle und den Ge- samtorganismus, charakterisiert durch Zunahme der Kernplasma- und Nucleolarkernrelation. Es ist jedoch jedenfalls auffällig, daß auf Grund dieser Charaktere junge und kleine Tiere einerseits und in Depression befindliche andrerseits und umgekehrt, offenbar als verwandt und cyto- logisch ähnlich charakterisiert erscheinen, denn beide haben z. B. hohe Kernplasmarelation und Nucleolusgröße und auch die übrigen Relationen, Zellvolum- Kernoberfläche und Zelloberflächen- Kern volum, verhalten sich ganz identisch. Obgleich nun diese charakteristische Parallele zwischen jungen Individuen der Ontogenese und den Tieren des Endes des Generations- cyclus, also der Degeneration besteht, so ist doch sicher, daß wir beiden in den angegebenen cytologischen Werten homologen Bildungen eine grundverschiedene Bedeutung beimessen müssen, die eben beweist, daß rein durch Relationsmessung gefundene Gesetzmäßigkeit nur auf denselben Modus des Geschehensablaufes angewandt werden können, nicht aber auf quantitativ ganz andre Prozesse. Die Vorgänge der artbedingten Ontogenese, also des persönlichen Alterns, dürfen nicht mit den Pro- zessen, wie sie im Laufe der Generationen als Folgeerscheinungen ver- schiedener äußerer oder innerer Verhältnisse auftreten, physiologisch verwechselt werden. Erstere — die Frage des Alterns und der individu- ellen, typischen Entwicklung — ist das Problem Minots, und er hat recht, denn hohe Kernplasmarelation charakterisiert die Jugend, niedere das Alter; letztere das Problem Hertwigs, und auch er hat recht, denn hohe Kernplasma relation ist charakteristisch für die Depression, und deren Überwindung ist begleitet von einer relativen Größenreduktion des Kernes. Trotzdem ist natürlich Jugend und Depression in keiner Weise dasselbe, denn Kernplasmarelation und Kernplasmarelation ist eben nicht dasselbe, die rein volumetrisch oder sonstwie gefundenen Quotienten und Werte sind nur ein Kennzeichen für Gleichgewichtseinstellungen inner- halb ein und desselben Geschehens derselben Gattung und nur dort für bestimmtes physiologisches Geschehen bzw. für einen bestimmten physiologischen Zustand charakteristisch. Eine Verallgemeinerung der Zuordnung von morphologischen Parametern zu bestimmten physio- logischen Prozessen, wie sie hier als zutreffend erkannt ist, nun auf Ge- schehensprozesse ganz andrer Art und Größenordnung, um auch hier 58 Otto Hartinann mit den morphologischen Parametern dieselben physiologischen Zustandsändernngen wie früher verbunden zu denken, ist aber falsch. Wären Kern und Plasma Phasen in strengstem Sinne des Wortes und innerlich in ihrer Beschaffenheit gleichbleibend, wären also die physiolo- gischen Zustandsänderungen des Gesamtsystems »Zelle« nur durch Ver- änderungen ihres quantitativen Volum- und Oberflächenverhältnisses jener Teile in allen Fällen bedingt bzw. dadurch charakterisiert, so wäre natür- lich eine bestimmte derartige Relation ein für allemal unter was für Um- ständen immer der eindeutige Parameter physiologischen Geschehens und könnte als solcher verwertet werden. Nun ist das aber nicht der Fall, denn Kern und Plasma derselben Zellkategorie können unter qualitativ ganz verschiedenen Umständen nicht nur quantitative Umordnungen erfahren, sondern auch qualitative, indem sie selbst zu andern wer- den, dadurch haben jene damit verbundenen quantitativen Änderungen selbst eine andre Bedeutung bekommen, indem ihr Verhalten unter diesen Umständen nicht mehr mit ihrem Verhalten unter andern Umständen, wo sie qualitativ andre waren, zusammengeworfen und als Ausdruck identischen physiologischen Geschehens aufgefaßt werden darf. Daß wir überhaupt bei demselben Geschehensprozeß, z. B. dem Alter oder der Depression, auf Grund morphologischer Beziehungsrelationen von Kern und Plasma auf den Fortschritt und Ablauf physiologischen Geschehens schließen können, haben wir nur dem Umstand zu danken, daß die qualitativen Systemänderungen in solchen Geschehensprozessen derselben Art relativ geringfügige sind und demgemäß die quantitativen uns dieses Geschehen eindeutig zu analysieren gestatten. Um unsern bisherigen Ausführungen eine konkretere Basis zu geben, möchte ich nur an die Art erinnern, wie von Popoff die Kernplasma- relationslehre auf die Geschehensprozesse bei der Eibildung angewendet worden sind. Mehr minder klar haben wohl die meisten gefühlt, daß hier etwas Unberechtigtes geschehe, wenn man die Eizelle schlechthin mit einem in Depression befindlichen Protozoon auf eine Linie stellte. Wenn in einer Protozoen- und auch Metazoenkolonie infolge langdauernder Teilung bzw. Parthenogenese oder schlechter Lebensbedingungen mit der Zeit eine Schädigung physiologisch-typischen Geschehens eintritt, als deren Parameter eine Verschiebung der Kernplasmarelation auftritt, so kann man unter der einigermaßen annähernden Annahme, daß die De- pression ausschließlich durch die quantitative Verschiebung dieser Relation bedingt bzw. charakterisiert sei, wodurch dann erst der Stoffwechsel der Zelle als Ganzes quantitativ und qualitativ ein andrer werde, ein für allemal in ähnlichen Fällen in der Zunahme der Kernplasmarelation usw. einen Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengrüße usw. 59 Fingerzeig für das physiologische Geschehen erblicken. Aber nur in a n a - logen Fällen. Finden wir jedoch in der wachsenden Eizelle auffallende Vorgänge, während die übrigen Körperzellen nichts davon zeigen, und diese Vorgänge als bestimmte Anpassungs- und Differenzierungsprozesse für bestimmte Funktionen im Ganzen des Organismus (also organotypisch), — sind wir in diesem Falle berechtigt, die an ganz andersartigem Geschehen als Parameter physiologischer Zustände gewonnene Relationsbeziehungen mit ebenderselben Deutung auch hier anzuwenden? Kann nicht die qualitative Beziehung zwischen Kern und Plasma, abgesehen davon, ob sie überhaupt mit der andern gleich ist, von Entwicklungsstadium zu Entwicklungsstadium der Eizelle, wo doch so tiefgreifende morphologische Strukturänderungen vor sich gehen, eine andre werden1)? Damit ist aber zugleich gesagt, daß dann jene anderweitigen Erfahrungen, weil sie sich eben auf ganz andersartiges Geschehen beziehen, auf vorliegende Pro- zesse gar nicht a priori angewandt werden können. Denn sind jene Relationen zwischen Eikern und Plasma wirklich auch physiologisch die- selben wie bei andern Geschehensprozessen? Findet nicht, um einen andern Fall herauszugreifen, auch in funktionierenden Zellen eine vor- übergehende Kernhypertrophie statt, die doch niemand mit der Ivern- hypertrophie der degenerierenden Protozoen auf eine Linie stellen wird? Und finden wir nicht, daß in unserm Falle jugendliche Zellen in vielen Relationscharakteren denen in tiefster Depression entsprechen, während alte Zellen gemäß dieser Kriterien als hochvital zu bezeichnen wären? Werden wir deshalb vielleicht die jugendlichen Zellen auch physio- logisch — nicht einmal morphologisch gilt das einigermaßen — mit den in Depression befindlichen vergleichen? Es kann keinem Zweifel unter- liegen, daß die Kernplasmarelationslehre mit vielen widersprechenden und stark verschiedenen Prinzipien arbeitet, indem z. B. die Kernhyper- trophie allzu verschiedenartig als Zeichen einer »Depression« aufgefaßt wird, während doch offenbar damit jenes Wort jede Bedeutung verliert, denn es ist dann nicht mehr physiologisch, sondern rein morpho- logisch gefaßt, denn es ist nur zu klar, daß zwischen »Depression« und »Depression«, insoweit sie sich durch Kernvergrößerung manifestiert, ein starker Unterschied besteht, ebenso wie ein großer Kern in verschiedenen Fällen ganz verschiedene Dignität haben und demgemäß die hohe bzw. niedere Kernplasmarelation ganz verschiedene physiologische Para- meter besitzen kann. x) Es sei daran erinnert, daß ganz ähnlich sich gelegentlich Büchner, Lubosch und in gewissem Sinne auch Gurwitsch gerade bezüglich der Eibildung geäußert haben. GO Otto Hartmann Ich glaube, daß hiermit einer der Hauptgründe des Mißverständnisses in der Berechtigung der Anwendung und der Anwendungsweise derartiger Relationsbeziehungen der Zellbestandteile zueinander, wie sie hier dar- gelegt wurden, und insbesondere der Kernplasmarelation gegeben ist. Er liegt in der unberechtigten Verallgemeinerung auf verschiedenwertiges Geschehen, welche Verallgemeinerung allerdings in vielen Fällen alsbald durch physiologische Konsequenzen, die sich daraus ergeben, ad absurdum geführt wird. Natürlich gilt das Gesagte nicht nur für mathematisch darstellbare Relationen und Variable, die mit physiologischem Inhalt belebt werden, sondern für die physiologische Deutung von cyto- 1 ogis ch en Vorgängen überhaupt, wie insbesondere für die Vindi- zierung bestimmter Funktion und Bedeutung ganz allgemein an be- stimmten Zellkomponenten in Geweben und Zellen ganz verschiedener morphogenetischer und funktioneller Bedeutung. Die hohe Brauchbar- keit, ja einzige Möglichkeit derartiger Zuordnung bestimmter morpho- logischer Kriterien an physiologische Geschehensprozesse derselben Art, zur Erforschung der Lebensprozesse der lebenden Substanz ist natürlich, aber eben nur jeweils für Vorgänge derselben Ordnung, anwendbar und fruchtbar. Als Überblick über einige der wesentlichsten Ergebnisse möchte ich nur kurz die Beantwortung der Fragen, die wir uns eingangs dieses Kapitels stellten, versuchen. Auf die Frage nach dem Einfluß der Temperatur ist zu ant- worten, daß dieser Faktor den Grundton im Ablauf der Geschehensprozesse spielt, in dem zwar stark verwischt und abgeschwächt von andern Faktoren die Zellgröße, Kernplasmarelation und relative Nucleolengröße, ebenso wie die Gesamtkörpergröße sich im allgemeinen umgekehrt proportional der Temperatur verhält. Dadurch jedoch, daß die Temperatur in Ver- bindung mit andern äußeren Faktoren (Chemismus, Nahrungsmangel usw.) die Vitalität der Generationen nachhaltig und stark herabsetzt, bringt sie den komplizierten Verlauf andrer Verhältnisse zustande, die zusammen- fassend als Depression bezeichnet werden können. Der Einfluß der sexuellen Fortpflanzung isf per se nicht rein zu erkennen, da eine Scheidung rein innerer — im Generationscyclus selbst gelegener — Faktoren (Generationscyclus im Sinne Weismanns) und äußerer Faktoren, die beschleunigend auf den Eintritt der geschlecht- lichen Fortpflanzung einwirken, nicht gemacht werden kann. Sicher ist, daß im August beim Maximum der sexuellen Fortpflanzung sich starke Unterschiede in cytologischen Relationen von andern Zeitpunkten fest- Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 61 stellen lassen. Die Kernplasma- und Nucleolen- Kernrelation ist auffallend bedeutend, ebenso die relative Zellgröße, gleichzeitig erreicht die Körper- größe und Parthenogenese, die doch ein Zeichen höherer Vitalität sind, das Minimum. Daß diese Veränderungen mit der sexuellen Fortpflanzung enge verknüpft bzw. ihre Parameter in diesem Falle sind, ist sicher, zweifel- haft ist nur, ob der Eintritt der Amphimixis nur auf inneren oder äußeren Faktoren beruht. Wahrscheinlich ist mit Hinblick auf die experimentellen Forschungen über das Wesen des Generationscyclus natürlich das Zu- sammenwirken beider Faktoren, der inneren, generationszahlbedingten Depression und der äußeren Faktoren, die noch mehr degenerierend wirken (hohe Temperatur, niederer Wasserstand, starke Insolation, Stoff- wechselprodukte, Nahrungsmangel usw.). Der Einfluß langdauernder Parthenogenese, d. h. die Dauer des Generationscyclus äußert sich, wenn wir von der mitten in den Cyclus hineinfallenden geschlechtlichen Fortpflanzung absehen, in eine Zunahme von Kernplasmarelation und Nucleol- Kernrelation, ln den regelmäßigen und einseitigen Verlauf der durch die Generationszahl nach Papanicolau oben angeführte Veränderungen der Zell- und Kerngröße bringt die Va- riation der Temperatur — die bei ihrem Steigen entgegengesetzte Ver- änderungen auslöst — und die äußerlich und innerlich verursachte Ge- schlechtsperiode Unregelmäßigkeiten. Diese kennzeichnen eben den früher besprochenen Einfluß jener andern Faktoren. Was unsre vierte Frage anbetrifft, so können wir diese erst beant- worten, wenn wir weitere Zahlentabellen studiert haben, und zwar jene Tabelle , die uns den Verlauf der Temporalvariation unreifer Tiere zeigt (Tabelle XX) und dann die Unterschiede (Quotienten), die zwischen den Messungsresultaten der jugendlichen und reifen Tiere in den einzelnen Monaten bestehen (Tabelle XXI, vgl. auch Tabelle XIX, XX). Tabelle XX. Temporale Variation der Mittelwerte für die Darmepithelzellen un- reifer Tiere (von der Geburt an): Fang- datum Körper- länge Zell- vol. Kern- vol. K.-Pl.- Rel. N.-K.- Rel. Zell- ' volumen : Kernoberfl. Zell- oberfläche : Kernvol. Quadrat der Körperlänge : Zellfläche 4. V. 16 24 704 33,6 0,047 0,155 9,3 2,5 6,2 5. VI. 16 19 744 30,5 0,041 10,4 3,0 4,3 27. VII. 16 18 418 27,6 0,066 6,3 2,3 4,7 25. VIII. 16 16 530 33,4 0,063 0,103 6,8 2,2 3,6 15. IX. 16 17 424 26,7 0,062 0,112 6,2 2,4 5,2 27. IX. 16 19 576 37,6 0,065 0,144 7,0 2,1 5,9 62 Otto Hartmann Es fragt sich zunächst, welche Veränderungen in absolutem und relativen Sinn erleidet der Wachstums- und Altersprozeß in ver- schiedenen Generationen unter den temporal verschiedenen Bedingungen und in welcher Beziehung stehen diese Veränderungen zu den Erscheinungen der Degeneration und Depression. Ich stelle zunächst einige Befunde zusammen, wobei ich auch die früheren Tabellen benutzen muß. 1. Pie Körpergröße der neugeborenen Individuen ist von Juni bis September weitgehend konstant und nur im Mai stark verschieden. Offenbar steht sie in Beziehung zur Größe der ausgewachsenen Tiere und wie diese selbst in gewisser Beziehung zur Temperatur. Jedoch ist die Temperatur auch hier besonders bei ihrem Sinken im Herbst von geringem Einfluß, da die zunehmende Depression die Größe der Alten allzusehr und damit die der Jungen herabdrückt. Die relativ geringere Größenvariation der Neugeborenen gegenüber der Mutter ist darauf zurückzuführen, daß die Eizahl reguliert wird und so kleinere und schwächere Tiere, wie sie im Hochsommer vorliegen, trotzdem, da sie nur wenig — 1—2 — Embryonen ausbrüten, ziemlich ebenso große Junge haben als die Tiere im Juni. 2. Damit steht in Übereinstimmung, daß die Zellgröße der neu- geborenen Tiere (Tabelle XVI) ziemlich unabhängig von Jahreszeit und Generationszahl ist. Ebenso verhält sich natürlich die relative Zellgröße. 3. Hingegen nimmt die Kernplasmarelation mehr zu, was jeden- falls auf den Einfluß der steigenden Generationszahl hinweist, der auf diesem frühen Stadium noch mehr ausschlaggebend ist als auf späteren, wo sich äußere Faktoren, besonders die Temperatur, bemerkbar machen (Tabelle XIX). 4. Der Eintritt der Geschlechtsreife wird bei hoher Temperatur bei geringerer Körpergröße erreicht als bei tiefer, im Herbst jedoch eben- falls infolge der allgemein größenherabsetzenden Depression bei geringerer Körpergröße. 5. Da die Größe der ältesten Tiere, also die Maximalgröße, immer mehr abnimmt, durch den Einfluß der Temperatur zunächst, dann aber unter der Einwirkung der Depression auch nach Sinken der Temperatur noch weiter, so ergibt sich, daß die Körpergröße der unreifen Tiere mit fortschreitendem Cyclus einen immer größeren Betrag an der Gesamtgrößenreihe einnimmt, da die Geburtsgröße nahezu konstant ist und die Individuengröße bei Eintritt der Geschlechtsreife weniger variiert, ab- bzw. im Herbst zunimmt. Das kann man aus den in allen Tabellen eingetragenen Querstrichen, die den Eintritt der Geschlechtsreife und die Geburt markieren, erkennen. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 03 6. Bezüglich des Verhaltens der übrigen Maße im Laufe der Individual- entwicklung zu verschiedener Jahreszeit muß ich auf die Tabellen XII bis XVIII verweisen. Betrachten wir nun die mittleren Maße für die unreifen Tiere zu ver- schiedener Jahreszeit und stellen wir sie denen für die geschleehtsreifen gegenüber, so ist klar, daß die unreifen Tiere durch äußere Faktoren viel weniger beeinflußt werden als die geschleehtsreifen, und daß auch die Depressionswirkungen in ihnen viel weniger zur Geltung kommen. Es sind also die ausgeprägten Depressionscharaktere, wie wir sie früher für die geschleehtsreifen Tiere betrachtet haben, und ebenso die Beeinflussung durch äußere Faktoren hauptsächlich erst bei den geschleehtsreifen Tieren im Laufe der individuellen Entwicklung zur Geltung gekommen. Und das zeigt sich auch bezüglich der Kernplasmarelation aus der Tabelle, wo auch besonders stark die temporalen Unterschiede der geschlechts- reifen Tiere hervortreten und demgemäß die Quotienten auf Tabelle XXI deutlich variieren. Tabelle XXL Quotienten aus den jeweiligen Zahlenwerten für die geschleehtsreifen Tiere durch die Zahlen werte für die unreifen Tiere (von der Geburt an) : Fang- datum Körper- länge Zell- vol. Kern- vol. K.-Pl.- Rel. N.-K.- Rel. Zell- volumen : Kernoberfl. Zell- oberfläche : Kernvol. Quadrat der Körperlänge: Zellfläche 4. V. 16 1,58 13,6 1 12,9 0,95 0,58 2,4 1,0 0,63 5. VI. 16 1,52 2,2 1,9 0,83 1,5 0,9 1,2 27. VII. 16 1,44 2,3 1,5 0,66 1,5 0,9 1,4 25. VIII. 16 1,43 2,5 1,9 0,77 0,91 1,6 0,9 1,1 15. IX. 16 1,41 2,3 2,0 0,80 0,99 1,5 0,8 0,96 27. IX. 16 1,31 2,0 1,7 0,84 0,85 1,3 0,9 0,76 Man könnte demnach etwa folgende Theorie der Zunahme der Kern- plasmarelation mit zunehmender Generationszahl entwerfen. Wenn eine bestimmte Kernplasmarelation an ein bestimmtes Entwicklungsstadium bzw. an eine bestimmte Größe gebunden ist — das wollen wir einmal an- nehmen — , so muß, wenn durch die Depression dieses Wachstum ge- hemmt wird, natürlich die mittlere Kernplasmarelation für die geschlechts- reifen Tiere dadurch zunehmen, da durch die Depression eben die Tiere gewissermaßen auf früheren Entwicklungsstadien, wo also höhere Kern- plasmarelation herrscht, zurückgehalten werden. Daß nun diese Ansicht nicht stimmen kann, zeigt den Einfluß der Temperatur. Diese verkleinert nämlich einmal die mittlere Körpergröße, besonders der geschleehtsreifen 04 Otto Hartmann Exemplare, dann aber verkleinert sie auch die Kernplasmarelation. Würde nun die Verkleinerung der mittleren Körpergröße durch Temperaturerhöhung nur darauf beruhen, daß sie die Entwicklung auf einem früheren Stadium anhält, und ihr Einfluß auf die cytologischen Verhältnisse nur dadurch zu erklären sein, so müßte die Kernplasmarelation, da sie auf früheren Entwicklungsstadien ja größer ist, auch bei hoher Temperatur größer sein, was aber nicht der Fall ist. Außerdem aber müßten, falls die ganze cytologische Temporalvariation nur scheinbar auf Entwicklungs-, d. h. Wachstumsverlängerung bzw. -abkürzung beruhte, die Quotienten, die durch Division der Körpergröße (Quadrat der Länge) durch die Zellflächt“ bzw. Kern- und Nucleolenfläche. in den verschiedenen Jahreszeiten die gleichen Werte ergeben. Das ist nun, wie die Tabelle XXI zeigt, nicht der Fall, so daß also keine Rede davon sein kann, daß irgendwelche cytologische Größen und Größenrelationen in eindeutiger, von äußeren und inneren Bedingungen unabhängiger Weise bestimmten Entwicklungsstadien, sei es solchen der Größe oder solchen wie Geburt, Geschlechtsreife oder Tod, zugeordnet sind bzw. deren Parameter darstellen1). Das ist, wie unsre Unter- suchungen über die individuellen Wachstumsprozesse lehren, nur unter gleichen äußeren und inneren Bedingungen verwirklicht. Damit ist also auf Grund cytologischer Analyse jene falsche Ansicht, die zur Erklärung der Temporalvariation der Körpergröße der Plankton'ten aufgestellt wurde und die besagt, daß die Größenunterschiede unter ver- schiedenen Bedingungen nur auf Hemmung der Entwicklung, also auf Zurückhaltung auf früheren Stadien beruhten, widerlegt. Davon kann keine Rede sein, bei hoher Temperatur z. B. finden alle Entwicklungs- und Differenzierungsvorgänge, sofern nicht ihr spezifischer Ablauf beein- flußt ist, genau so statt wie in der Kälte, nur entsprechend rascher und sind, da gemäß der geringeren Zellgröße geringere Körpergröße vorliegt, an jeweils kleinere Körpergröße gebunden. Die geringere Körpergröße ist aber nicht als früheres Stadium aufzufassen, da es morphologisch vollkommen mit den größeren Stadien in der Kälte übereinstimmt. Auf die Art aber, wie Alter und Depression, deren entgegen- gesetzter Verlauf in rein cytologisch-relationsstatistischer Hinsicht früher hervorgehoben wurde, im Laufe des Generationscyclus Zusammen- hängen, muß hier noch eingegangen werden. Da das individuelle Wachstum und Altern mit einer Verkleinerung D Denn dann müßten die Zahlen auf gleicher Horizontalcohunne der Tabellen XII — XVIII dieselben sein 1 Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 05 der Kernplasmarelation, die Depression aber mit einer Vergrößerung einhergeht, so sind beide diesbezüglich scharf zu scheiden. Das Alter ist, wenn wir cytologische Gesichtspunkte zugrunde legen, nichts andres in unserm Falle als eine durch das Zellwachstum bewirkte steigende Relationsverschiebung in den Systembedingungen des Stoffwechsels der Zelle. Zuerst kann durch Umregulierung der Phasenverhältnisse weiteres Wachstum noch ermöglicht werden, endlich aber infolge der allzugroßen Abnahme der spezifischen Zelloberfläche und der ihrer Teile, und durch die langdauernde Funktion kommt es zur Wachstumssistierung. Diese aber und Alter sind, wie wir mit Rubner annehmen, identisch, denn Leben ohne Substanzzunahme kann nicht dauernd bestehen, und insofern ist der Tod eine unausbleibliche Folge jeder Entwicklung und jedes Wachstums, da dieses, sei es ein Wachstum der Zelle oder des Körpers, durch sich selbst einmal zum Stillstand kommen muß, wodurch dann der Tod nur mehr eine Frage der Zeit ist. Das Problem des Wachstums und Alterns ist demnach als normales und für das Leben überhaupt typisches aufzufassen. Anders die Depression, die sich cytologisch vor allem in einer Wachstums- und Teilungshemmung und einer Zunahme der Kernplasma- relation äußert. Sie ist jedenfalls als pathologisch aufzufassen, patho- logisch in diesem Sinne, als die Kernhypertrophie sich als Systemver- schiebung dokumentiert, die nicht jedes Wachstum und jede Entwicklung im Sinne des individuellen kennzeichnet, sondern an bestimmte nicht eo ipso im Wesen dieser Vorgänge gelegenen Vorbedingungen geknüpft ist, die als bestimmte Folge von Anpassungs- oder Differenzierungs- prozessen (z. B. Parthenogenese, funktionelle Depression) oder äußeren Einwirkungen auftritt. Mögen derartige als Depression sich kennzeichnende Vorgänge sich auch noch so häufig finden, so stellen sie doch nicht in dem Sinne ein allgemeingültiges und typisches mit dem Wesen des Lebens selbst untrennbar verbundenes Geschehen dar wie etwa die Prozesse des Wachstums, Alterns und Todes, obwohl natürlich echte Depression sehr wohl mit derartigen Vorgängen verbunden sein kann. Depression aber alles zu nennen, was irgendwie einen für die Vitalität kritischen Zustand kennzeichnet oder irgendwie mit herabgesetzter Stoffwechselintensität oder mit einem Stadium neuer Gleichgewichtseinstellung im normalen Entwicklungsprozesse zusammenhängt, scheint mir den Begriff der De- pression vollständig in Luft zu verflüchtigen und ihn selbstverständlich nicht nur jeder Bedeutung für die cytologische Analyse — denn wie verschiedene relative Kerngrößen finden wir nicht z. B. bei Prozessen, die alle als Gleichgewichtsveränderungen oder ähnliches zu bezeichnen sind — , sondern auch jedes, physiologischen Wertes zu entkleiden. Ich glaube, Archiv f. Zellforschung. XV. 5 66 Otto Hartmann daß dieser Fehler besonders von Popoff oft gemacht wurde, worüber früher schon gesprochen wurde. Wir müssen also wohl sagen, daß die individuellen Wachstums- und Altersprozesse uns kein Verständnis für die im Verlauf des Cyclus auf- tretende zunehmende Depression, wie wir sie so eingehend bei Bosmina studierten, ermöglichen. Beides sind streng getrennte Prozesse und wir können demnach sagen, daß ein Organismus wächst und altert insofern er die sukzessiven einseitig und einsinnig verlaufen- den Stadien der Ontogenese, der Entwicklung im weitesten Sinne durchläuft, daß hingegen eine Generation von Organis- men oder ein einzelner insofern in Depression sich befindend anzusehen ist, als er vom Ei und Anfang seiner Entwicklung an gemäß den Schädigungen, die die vorausgehenden Gene- rationen durch äußere oder durch im Cyclus selbst gelegene Ursachen erhalten haben, und endlich der ungünstigen Be- dingungen, unter denen er selbst lebt, eine andre physio- logische Beschaffenheit und Konstitution hat, die sich nun während des ganzen individuellen Wachstumsverlaufs bis zum Tode darin äußert, daß sie die nach dem cyto- logisch und physiologisch bekannten Grundschema des Wachs- tums und der Entwicklung ablaufende Ontogenese nun in bestimmter Weise modifiziert, wobei jedoch der Grundzug jener Wachstumsänderungen gewahrt bleibt. So kommt es zustande, daß im Laufe jedes individuellen Wachstums von Bosmina gleichgültig zu welcher Zeit und unter welchen inneren oder äußeren Bedingungen die Kernplasmarelation — um nur eine derartige Be- ziehung zu nennen — konstant abnimmt, daß aber sich die De- pression gegebenenfalls darin äußert, daß eben die absoluten Werte dieser Relationen während ihrer Abänderung im Wachstumsprozeß andre sind. IV. Experimentelle Befunde. 1) Einfluß des Chemismus auf die Darmepithelzellen von Bosmina. Gelegentlich meiner Experimente im Frühjahr 1915, die zu dem Er- gebnis führten, daß der Chemismus des Wohngewässers einen tiefgreifenden Einfluß auf die Gestalt von Bosmina longirostris ausübt, habe ich auch einige Beobachtungen über das Verhalten der Darmzellen dabei ausgeführt. Da es sich nur um nebenbei gemachte Feststellungen handelt, so will ich nicht genauer auf Grund von Zahlenmaterial darauf eingehen, sondern gebe nur die Fig. 59— 62 auf Taf. III, die das Verhalten illustrieren Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengrüße usw. 67 sollen. Mail sieht daraus, daß ceteris paribus die Zell-, Kern- und Nu- cleolengröße und ihre gegenseitigen Relationen stark vom Chemismus des Wohngewässers abhängen. Besonders bemerkt muß noch werden, daß es. sich um außerordentlich geringe Konzentrationen handelt, da nur unter diesen Bedingungen die Kolonien einige Zeit gezüchtet werden können. Es soll hier an analoge Ergebnisse Popoffs erinnert werden, der durch Chemikalieneinfluß typische Veränderungen der Kernplasmarelation zu- stande bringen konnte, was ja in Anbetracht des Umstandes, daß von vielen Forschern der Lebenscyclus von Protozoen stark durch chemische Faktoren beeinflußt werden konnte (z. B. Woodruff), nicht überraschend ist, da wir ja in cytologischen Verhältnissen (Kernplasmarelation) den Parameter zu physiologischem Geschehen (z. B. Depression) schon lange zu erblicken gewohnt sind. Leider hat gerade die experimentelle Analyse des Chemismuseinflusses auf cytologische Verhältnisse zu wenig Bearbeiter bisher gefunden1). 2) Einfluß der Temperatur. Bezüglich der allgemeinen Fragen cytologischer Gleichgewichte habe ich zunächst die Frage nach der Schnelligkeit der Umregulierungsfähig- keit und der Möglichkeit einer solchen auch in ausgewachsenen Organismen mir vorgelegt und das im Archiv für Entwicklungsmechanik (im Druck) an Amphibien zu beantworten gesucht. Hier soll nun von den Experimenten an Entomostraken, deren ich allerdings nur wenige gemacht habe, berichtet werden. Als Untersuchungs- objekt diente mir zunächst Diaptomus Zachariae P., und zwar gelangten die relativ großen Kerne der ersten und zweiten Antennen nach Total- färbung mit Hämalaun zur Untersuchung. Es handelte sich um die Frage, ob auch ausgewachsene Organismen nachträglich durch Temperatur- einflüsse verändert werden können. Dazu sind natürlich nicht Cladoceren verwendbar, da diese ja dauerndes Zell- und Körperwachstum zeigen. Kulturdauer vom 20. April bis 15. Mai 1915. Wassertemperatur 24° C. bzw. 9° C. Die erste und zweite Antenne und ihre Kerne wurden (allerdings nur die Endglieder) bei etwa 300facher Vergrößerung gezeichnet und diese Zeichnungen dann vermessen. Da es sich nur um so schwache Ver- größerungen handelt, so möchte ich auf die Resultate bezüglich der Kern- größe kein allzu großes Gewicht legen. D Es muß weiteren Studien Vorbehalten bleiben, den Einfluß des Chemismus auf das Darmepithel genauer zu studieren. Bezüglich der Beeinflussung der Gestalt vgl. Hartmaxn, Arch. f. Entwicklungsmech. XLII. 1916. 68 Otto Hartmann Es stellte sich nun heraus, daß die Kerne der Hypodermis in er- wachsenen Tieren durch Temperaturextreme nicht mehr in ihrer Größe erkennbar beeinflußt werden können. Wohl aber werden sie in der Wärme zahlreicher, und man kann nicht selten Kernzerschnürungen, die mir amitotische zu sein scheinen, beobachten. In einer andern Kulturserie wurden Chydorus sphaericus $ etwa drei Wochen lang bei verschiedener Temperatur (so wie früher) gezüchtet, wobei allerdings natürlich Heranwachsen einer neuen Generation erfolgte. Eine Messung der Hypodermiszellen der Schale zeigt, daß die Zellgröße in der typischen Weise durch Temperatur beeinflußt wird, wobei aller- dings die Kernplasmarelation keine so deutliche Beeinflussung, desto mehr aber die relative Nucleolengröße, zeigt, wodurch experimentell früher aus statischen Daten abgeleitete Verhältnisse sich bestätigen. Die Kerne zeigen in der Wärme meist eine unregelmäßige Form, was vielleicht als Zeichen einer infolge des gesteigerten Stoffwechsels stattfindenden Oberflächenvergrößerung aufzufassen ist. Conklin (1912) konnte zeigen, daß sehr starke Temperatursteigerung (35—36°) die Oberflächenspannung des Kernes herabsetzt, wodurch seine Kontur undeutlich wird, weiters aber ist die notwendige Folge jeder Oberflächenspannungsherabsetzung in einem solchen Fall, daß das Gebilde auseinander zu fließen bzw. unregel- mäßige Formen anzunehmen strebt. Auch Verworn erklärt ja die Aus- sendung von Pseudopodien aus der kugeligen Amöbe als lokale Ober- flächenspannungsherabsetzung. Gemäß dem Befunde Conklins erklärt sich natürlich auch die unregelmäßige Gestalt der Kerne in der Wärme in meinem obigen Experiment1). Daß natürlich ein derartiges Verhalten eines Kernes — das keineswegs allgemein ist — wichtige Schlüsse auf seinen »Aggregatzustand« bzw. auf seine Formstarrheit zuläßt, soll nur angedeutet werden. Außerdem wurde noch Daphnia pulex bei verschiedenen Temperaturen gezüchtet und am Darmepithel die bekannten Verhältnisse beobachtet. Was die experimentellen Ergebnisse andrer Autoren betrifft, so hat besonders Papanicolau — allerdings auch mehr anhangsweise — die Kernplasmarelation und Zellgröße unter experimentellen Bedingungen untersucht. Besonders hat er den Einfluß der Generationszahl beachtet und seine Ergebnisse : Vergrößerung von Kernplasmarelation und relativer Nucleolen- und Zellgröße sind durchaus den von mir aus der Analyse des cyclischen Verhaltens abgeleiteten analog. !) Vgl. bezüglich dieser Probleme der physikalischen Chemie der Zelle usw. meine im Druck befindliche Arbeit im Arch. f. Entwicklungsmech. Über das Verhalten der Kein-, Zell- und Nucleolengröße usw. 69 Vor kurzem hat endlich Grunewald in einer ebenso interessanten wie inhaltsreichen Arbeit insbesondere die Veränderungen in der Art der Eibildung bei Temperatur-, Hunger- und verschiedenen Generations- bedingungen untersucht. Da ich gelegentlich der Schlußzusammen- fassung kurz darauf eingehe, verweise ich hier nur darauf. V. Über das Problem der Lokalvariation und der Fixierung der Kern- plasmarelation und cellularer Gleichgewichte überhaupt. Ich habe schon gelegentlich meiner Arbeit über die Kern- und Zell- verhältnisse von Ceratium und ihre Variation die Frage aufgeworfen, ob nicht durch verschiedene klimatische Bedingungen eine Beeinflussung dauernder, also in gewissem Sinne erblicher Art der endocellulären Gleich- gewichte zu konstatieren ist. Bei weiterer Analyse dieses Problems trat dann die Alternative ein: Ist die Kernplasmarelation — um ein für allemal nur dieses eine Gleichgewicht herauszugreifen — und Zellgröße bei einer Art, die dauernd unter bestimmten mittleren Klimabedingungen lebte, restlos von diesen Milieufaktoren abhängig oder nicht? Im ersteren Falle findet demnach auch bei längster Dauer der Einwirkung differenter Tem- peratur keine Änderung der anfangs schon für diese Temperatur charak- teristischen Kernplasmarelation und Zellgröße statt, es ist also die jeweilige Änderung der Kernplasmarelation und also ihr neuer Wert — ebendasselbe gilt für die Zellgröße — eine restlose Funktion der herrschenden Tem- peratur und überhaupt Außenbedingungen; man könnte von einer be- stimmten optimalen Kernplasmarelation und Zellgröße, die eine bestimmte Artzelle (Oscar Hertwig) kennzeichnet, die, wenn sie auch mit Ver- änderung der äußeren Bedingungen sich zunächst verändert, sich dennoch bei genügend langer Dauer jener äußeren Bedingungen ihrem ursprüng- lichen Zustande, ihrem ursprünglichen Werte wenigstens anzunähern trachten würde, nicht sprechen. Im zweiten Falle jedoch würden sich die cytologischen Relationen und Größenwerte relativ elastisch erweisen, bzw. wenn man den endgültigen Zustand ins Auge faßt, relativ starr, indem sie zwar zunächst durch veränderte äußere Faktoren verändert würden, nach genügend langer Zeit trotz der gleichbleibenden Verän- derung der äußeren Bedingungen sich aber einem Wert annähern würden, der eben dann als der schlechthin optimale und für die Artzelle charakteristische, wenigstens unter normalen Verhältnissen, gehalten werden müßte. Es scheint sich hier um ein neues und sehr wichtiges theoretisches Problem der Zellphysiologie zu handeln. Zu diesen beiden Alternativen lassen sich genügend Beispiele, z. B. 70 Otto Hartmann aus dem Makroskopischen, bringen. Zum Beispiel zeigen äußere Körper- charaktere meist eine dauernde Milieubeeinflußbarkeit, d. h. die einmal eingetretenen Veränderungen bleiben bestehen, wenn die äußeren Bedin- gungen bestehen bleiben. Andrerseits kennen wir viele physiologische Ver- hältnisse — es sei nur an die Störung des Stoffwechsels unter andern Klimabedingungen erinnert, die zunächst jedenfalls eine Funktion der- selben sind, später dennoch rückgängig werden, so daß also eine weit- gehende Herstellung des ursprünglichen physiologischen Mechanismus stattfindet — die zuerst unter dem Einfluß veränderter Bedingungen stark modifiziert werden, jedoch allmählich trotz anhaltender Bedin- gungen einem Gleichgewichtszustand zustreben, der dem Anfangszustand vor Einsetzen der Störung sehr ähnlich ist. Aber auch ein cvtologischer Parallelismus läßt sich zu dieser Rück- kehr auf ursprüngliche Systemverhältnisse und unter andauernden äußeren Veränderungen finden. Es handelt sich um jene Störungen im endocellu- lären Gleichgewicht, die als Depression bezeichnet werden und mit einer Erhöhung der Kernplasmarelation einhergehen. Hier kann es Vorkommen, daß äußere Faktoren durch ihr plötzliches Eintreten das endocelluläre Gleichgewicht, die physiologischen Prozesse, stören, so daß eine bedeutende Kern Vergrößerung stattfindet. Diese Störung ist aber selbst unter An- dauer der äußeren Bedingungen nicht immer — ja in der Minderzahl der Fälle — konstant und bleibend, sondern es kommt zu einer Umregu- lierung und Verkleinerung der Kernplasmarelation, der als physiologisches Korrelat eine Rückkehr der Stoffwechselabläufe ins frühere Gleichgewicht entspricht. Die Elastizität des Lebens hat sich behauptet und primäre milieubedingte Störungen autoregulatorisch ausgeglichen. Das scheint mir ein treffliches Paradigma — allerdings enthält es pathologische Mo- mente — zur Frage zu bilden, ob eine Annäherung an ursprüngliche Gleichgewichte bei Andauer der zunächst die Einstellung neuer Gleich- gewichte verursacht habenden Faktoren möglich ist. Ja wenn es sich tatsächlich so verhält, so hätten wir in einer Beobachtung Voineas (zit. von Hertwig), der fand, daß bei Kultur ab ovo die Kaulquappen zunächst der Temperatur entsprechende Abänderung der Zellverhältnisse aufweisen, daß jedoch bei weiterer Kultur unter Konstantbleiben der Temperatur- unterschiede eine weitgehende Annäherung der Größen und Relationen in der Wärme- und Kältekultur stattfindet. Ich konnte bei meinen Experimenten davon allerdings nicht eine Spur bemerken, so daß ich Voineas Resultate stark bezweifeln muß1). i) Vgl. Hartmann: Arch. f. Entwicklungsinech. (im Druck). Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 71 Es kann aber noch eine zweite Fragestellung entwickelt werden, und erst nach deren Besprechung soll zusammenfassend auf beide hier be- handelten Fragestellungen eingegangen werden. In meiner Ceratiumarbeit glaubte ich darauf hinweisen zu können, daß offenbar doch eine dauernde Beeinflussung der Kernplasmarelation unter Umständen stattfinden kann, daß sich also die Ceratium verschie- dener Seen durch habituelle Kernplasmarelation unterscheiden. Jedoch tancht im Anschluß daran noch eine Frage auf, die in gewisser Beziehung zum früheren Problem in Beziehung steht. Es fragt sich: Kann durch langdauernde Wirkung bestimmter Temperatur oder durch äußere Fak- toren überhaupt die unter diesen Verhältnissen entstandene bestimmte Kernplasmarelation und Zellgröße in gewissem Maße konstant fixiert werden, so daß zunächst wenigstens bei Zurückgehen in die alten Bedin- gungen eine Nachwirkung der früheren Existenzbedingungen zu kon- statieren ist? Kann also in gewissem Maße eine erblich fixierte Kernplasma- relation oder Zellgröße in diesem Sinne Vorkommen? Daß eine Nachwirkung der Temperatur möglich ist, erscheint durch die Ergebnisse Köhlers nahegelegt, daß jedoch auch eine in gewissem Sinne erblich fixierte und bestimmte Kernplasmarelation und Zellgröße — die auf Grund äußerer Einwirkung zustande gekommen ist — Vorkommen kann, ist eigentlich bei genauerem Zusehen selbstverständlich und die Regel. Denn z. B. unterscheiden sich Ceratium cornutum und hirundinella durch stark verschiedene Kernplasmarelation, ceteris paribus, und zwar hat Cera- tium hirundinella die weitaus geringere, Ceratium cornutum die hohe, was vielleicht mit ihrer Lebensweise in warmen bzw. mehr kalten Gewässern und Jahreszeiten znsammenhängt bzw. diese bewirkt. Trotzdem sind aber jedenfalls beide aus einer gemeinsamen Urform entstanden, wobei mit der erblichen Veränderung andrer äußerer morphologischer und physiologischer (Kälte- bzw. Wärmeliebe) Charaktere eben der jetzigen Artcharaktere auch eine erbliche Veränderung der Kernplasmarelation einhergegangen ist. Denn Ceratium cornutum besitzt meist auch bei gleichen äußeren Be- dingungen eine größere Kernplasmarelation als Ceratium hirundinella. Wenn wir die Entstehung der beiden distinkten Arten cornutum und hirundinella auf Temperatureinfluß auch in allen andern Artcharakteren zurückführen, so ist also hier ein Beispiel einer erblich fixierten und differenten Kernplasmarelation in beiden Fällen gegeben, Verhältnisse, welche ursprünglich in irgendeiner Weise milieubedingt gewesen sein müssen. Das scheint in gewissem Widerspruch mit Früherem zu stehen. Aber es ist eben noch auf folgendes aufmerksam zu machen. Solange durch die veränderte Temperatur — um nur diesen einen Faktor heraus- Otto Hartmann 72 zugreifen — die einzelnen in heterogenem Gleichgewicht (Zwaarde- maker) befindlichen Phasen des Zellsystems, als welche wir Ivern und Plasma auffassen können, bloß in ihrer relativen Ausdehnung beeinflußt werden, ist es klar, daß dieser Vorgang vollkommen reversibel sein muß, d. h. mit dem Aufhören der Bedingungen sofort zurückgehen muß — das sehen wir im allgemeinen bei fast allen Experimenten. Bei längerer Dauer der Einwirkung kommt es jedoch zu einer langsamen Umwand- lung auch der qualitativen Beziehungen — im Gegensatz zu früher, wo im wesentlichen nur quantitative Gleichgewichtsveränderungen auf- treten — deren hohe Stabilität und Konstanz äußeren Faktoren gegen- über ganz allgemein für lebende Systeme als charakteristisch an- gesehen werden muß. Nun haben die Veränderungen der Kernplasma- relation, die ursprünglich bloß quantitative Verschiebungen der Phasen- verhältnisse bedeuteten, ihr Korrelat in den homologen qualitativen Ver- änderungen der Stoffwechselbeziehungen der Systeme zueinander und ihrer Beschaffenheit selbst gefunden, die Phasen sind mit einem Wort selbst andre geworden. Damit ist aber Erblichkeit, d. h. hohe Stabilität gegeben, wenn die qualitativen Veränderungen als spezifisch den neuen Zustand charakterisierend gesetzt werden. Damit ist aber die diesem Zustand entsprechende neue Kernplasmarelation nicht mehr eine bloß quantitative Phasenverschiebung, die demgemäß eine unmittelbare und reversible Funktion äußerer Bedingungen sein kann, sondern die Be- ziehungen der Teile und diese selbst sind andre geworden, und dadurch hat die Veränderung der Massenrelationen, die ursprünglich streng äußer- lich bedingt und variabel waren, ihren adäquaten Ausdruck im qualitativ veränderten Stoffwechsel gefunden und demgemäß ist dieser neue Zustand des volumetrisch-endocellulären Gleichgewichtes nicht mehr die unmittel- bare Funktion der äußeren Bedingungen im früheren Sinne, sondern selbst typischer Grund und Ausgangspunkt, von dem aus nun neuerdings die Temperatur oder andre äußere Faktoren die Kernplasmarelation in ge- wisser Variationsbreite in reversibler Weise verändern können. Der Mittelpunkt jener Veränderungen nach beiden Seiten, gewissermaßen der in dem spezifischen Stoffwechsel — in der Artzelle — fixierte Nullpunkt aber ist für alle diese neuerlichen Veränderungen die ursprünglich milieu- bedingte, schließlich in gewissem Sinne erbliche neue arttypische Kern- plasmarelation, Zellgröße oder sonst eine cytologische Eigenschaft. Um noch einmal zusammenzufassen, so sind es also zwei Fragen, deren theoretische Analyse mir vorteilhaft erscheint und die wir im vorausgehen- den versucht haben. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 73 1. Kann bei andauernder Einwirkung veränderter äußerer Bedin- gungen, und trotzdem, die unter dem Einfluß jener entstandene Ver- schiebung endocellulärer Gleichgewichte oder der Zellgröße überhaupt im Laufe einiger Zeit wieder langsam rückgängig werden? Es würden sich also die jeweiligen cvtologischen Relationen und Größen nicht als reine Funktionen der Temperatur verhalten, sondern sich immer wieder eine Annäherung an gewisse, optimale Mittelwerte herzustellen trachten, ganz analog wie es bei Stoffwechselstörungen und darauf erfolgender Aus- gleichung derselben stattfindet. 2. Kann es unter langdauernder Einwirkung der veränderten Bedin- gungen zu einer derartig tiefgreifenden Beeinflussung des genannten vi- talen Geschehens kommen, daß auch nach Zurückgehen der Bedingungen die diesen abgeänderten Stoffwechselablaufen koordinierte Kernplasma- relation und Zellgröße gleichsam erblich fixiert bleibt und nur in sekun- därer Weise gleichsam als Mittelpunkt neuer Verschiebungen beeinflußt werden kann? Da außerdem unter verschiedenen Milieubedingungen entstandene Arten oft typisch verschiedene Zell- und Kerngrößenverhält- nisse auch unter gleichen Bedingungen zeigen, ist diese Möglichkeit natür- lich vor allem sicher. Es handelt sich jetzt eben nur um die Frage: Wie können diese ver- schiedenen Verhaltungsweisen einheitlich erklärt werden? Was die Zellgröße und den Einfluß der Temperatur anlangt, so bin ich zu dem Resultat gekommen, daß eine sekundäre Vergrößerung auch unter anhaltend nicht allzu hoher Temperatur physiologisch möglich und sogar postuliert werden muß (Hartmann, Lit.-Verz. 34). Die ganze Sache liegt nun meines Erachtens so, daß zunächst, wenn auf eine Zelle ver- änderte Außenbedingungen ein wirken, eine Verschiebung rein quanti- tative]- Art ihrer endocellulären Gleichgewichtsverhältnisse vorliegt. Die Zellgröße verändert sich ebenfalls, weil das physiologische Gleichgewicht zwischen Stoffumsatz und Stoffaufnahme und Verwertung gestört ist. Das wäre das Verhalten der Zelle und ihrer Bestandteile, wie es uns unsre Experimente zeigen. Nach einiger Zeit, deren Länge nicht genau bestimmbar, kann es aber trotz Andauer der veränderten Außenbedingungen zu einer Annäherung der quantitativen endocellulären Relationen und auch der Zellgröße an die ursprünglichen Werte kommen, weil der Gesamtstoffwechsel noch nicht tiefgreifend verändert ist ; aber für einen spezifischen Stoffwechselablauf, wie er besteht und der dem vor Auftreten der veränderten Bedingungen bestanden habenden qualitativ gleicht, muß eben als adäquate System- bedingung eine bestimmte Kernplasmarelation und Zellgröße vorhanden 74 Otto Hartmann sein. Kurz, es findet dank der Elastizität der Vitalprozesse und ihrer morphologisch koordinierten Relationen eine Annäherung an vor dem Eintritt der andern Außenbedingungen bestanden habenden Verhältnisse statt. Wird jedoch — und das ist der dritte denkbare und realisierte Fall — durch die äußeren Bedingungen jene Starrheit der qualitativ spezifischen Stoffwechselabläufe in der lebenden Substanz selbst verändert, so stellen sich dieselben auf qualitativ ganz andre Verhältnisse ein, und demgemäß findet auch keine langsame Annäherung an frühere Verhältnisse mehr statt, da nicht nur quantitative Relationen, sondern qualitative Verhältnisse geändert worden sind. Das System selbst ist zu einem andern geworden, und gemäß dieser vollkommenen und tiefgreifenden Anpassung und Umordnung nach den neuen Lebensbedingungen ist es zu einer in diesem Sinne erblichen Umwandlung der qualitativen Zell- beschaffenheit gekommen, dadurch sind aber alle morphologischen Ver- hältnisse gegeben: die Zellengröße und das Verhalten der endocellulären Relationen. Genaueres darüber wurde schon früher gesagt und ist auch in meiner Arbeit im Archiv für Entwicklungsmechanik nachzulesen. — Endlich möchte ich hier noch auf einige eigene und fremde Befunde eingehen, die mir zur Beurteilung obiger Probleme, d. h. des Problems der Lokalvariation, beizutragen scheinen. ln einer sehr interessanten Arbeit hat Matscheck darauf hingewiesen, daß die Nucleolarverhältnisse der Keimzellen von Copepoden deutliche Milieuunterschiede erkennen lassen. Es zeigt sich, daß die unter relativ konstanten Bedingungen in Seen lebenden Centropagiden ( Diaptomus und Heterocope ) einen großen Nucleolus besitzen, während die unter wechselnden Bedingungen in Tümpeln lebenden Cyelopiden mehrere kleine und stark unregelmäßige zeigen. Er kommt demnach zum Schluß, »daß die Einflüsse der Lokalität (Nahrung, Beschaffenheit des Wassers usw.) nicht ohne Einfluß auf die Form und Zahl der Nucleolen sind.« Besonders maßgebend für die Mehrzahl der Nucleolen bei Cyelopiden möchte ich die Temperatur ansehen, da wir einmal Verkleinerung der Nucleolen bei steigender Temperatur, wie das wohl in Tümpeln der Fall ist, experimentell finden, andrerseits Grunewald bei Moina durch hohe Temperatur auch einen Zerfall des einheitlichen Eizellnucleolus beob- achten konnte. Ob allerdings, wie Matscheck glaubt, sein Befund für Häckers Kernsecrettheorie der Nucleolen und gegen Strassbuugers Reservetheorie und Ficks Transporthypothese spricht, scheint mir zweifel- haft, jedoch möchte ich erst später darauf zurückkommen. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 75 Jörgensen (1913) berichtet gelegentlich seiner umfassenden ver- gleichenden Studien über die Eibildung, daß bei derselben Mollusken- gattung ( Patella ) die einzelnen Arten, die stark verschiedenen Erdteilen und Lebensbedingungen entstammen, auch starke Unterschiede in der Anzahl der Nucleolen ihrer Keimzellen darbieten. In bezug auf diese Befunde, die für einen starken Einfluß des Milieus auf die feineren Kernverhältnisse, besonders die Nucleolen, sprechen, mag es vielleicht auffallend scheinen, wenn ich bei einem Vergleich der Zellkomponenten und gegenseitigen Relationen bei den in dieser Arbeit besprochenen Cladocerenkolonien, ceteris paribus, nur geringe Unter- schiede in den einzelnen Lokalitäten finde (z. B. bei Daphnia pulex), wo doch stark verschiedene Lebensbedingungen realisiert sind. Vergleichen wir stark verschiedene Lebensbedingungen bietende Örtlichkeiten, so können wir allerdings Unterschiede in der relativen Zellgröße und Kern- plasmarelation feststellen auch bei Ausschluß Von Temperatureinfluß. Aber dennoch sind diese Unterschiede kaum so bedeutend als die tem- porale Variation in ein und demselben Gewässer, und niemals finden wir z. B. Verschiedenheiten in der Nucleolenzahl der Dannzellen auch bei Betrachtung verschiedener Arten und Familien, wie sie z. B. Matscheck und auch Jörgensen in den Eizellen auffanden und wie sie wohl in dieser Zellart weit verbreitet sind, sowohl als von Lokalität zu Lokalität als von Art zu Art verschieden. Ich glaube, daß diese offensichtliche Labilität und Variabilität der Keimzellverhältnisse im Gegensatz zu den innerhalb der Familie der Cladoceren überhaupt sehr eintönigen Darmzellenverhältnisse auf die Eigenart der Geschehensprozesse gerade in den Keimzellen, die den Ein- fluß äußerer Milieu- und innerer Konstitutionsfaktoren besonders deut- lich erkennen lassen, zurückzuführen ist. Da das auf die Beeinflußbarkeit cytologischer Gleichgewichtserscheinungen durch äußere Faktoren, das Milieu, ein gewisses Licht wirft, sei darauf kurz eingegangen. Der Kernpunkt der Sache ist offenbar der. daß äußere Faktoren auf ein in einsinniger Gleichgewichtsverschiebung und stetiger einsinniger Veränderung befindliches System leichter und tiefgreifender einzuwirken vermögen als auf ein im stationären Gleichgewicht befindliches. Wir wissen, daß bei der Eibildung die mannigfachsten qualitativen und quanti- tativen Veränderungen stattfinden, wobei das Gesamtbild der Zellen starke Umwandlungen erfährt, und demgemäß ist es in diesem fließenden Geschehen leichter, daß, seien es experimentelle Faktoren wie bei Grune- wald oder Milieufaktoren wie bei Matscheck und Jörgensen, durch Hemmung bzw. Veränderung der Geschehensprozesse sich bemerkbar 76 Otto Hartmann machen. Ganz anders die Dann- und überhaupt alle fertig differenzierten Somazellen. Sie befinden sich in einem stationären Gleichgewicht, indem nicht einseitig ablaufende Geschehensprozesse stattfinden, mit einem Wort, es findet keine Genese statt, die eo ipso die Struktur tiefgreifenden Ver- änderungen unterwirft. Demgemäß werden hier durch äußere Faktoren nur zunächst die quantitativen Relationen verändert, die sich demgemäß auf ein neues, rein quantitatives, sich morphologisch manifestierendes Gleichgewicht einstellen. Es ist wohl ersichtlich, daß wir hier auf ganz anderm Wege und von ganz anderm Ausgangspunkt zu ganz ähnlichen Unterscheidungen und Folgerungen gelangen wie in der Einleitung. Wie bei Cerntium habe ich auch bei Sida Tiere dreier stark klimatisch verschiedener Örtlichkeiten auf ihre Zellverhältnisse untersucht, und zwar vom Maggiore-, Lugano- und Bodensee. Da ich in einer späteren Arbeit eingehender den Milieu- und Klimaeinfluß hinsichtlich der vorstehend besprochenen Erblichkeits- und Modifikationsprobleme untersuchen will, will ich hier nur darauf hinweisen, daß die Kernplasmarelation der Darm- zellen im Bodensee bedeutend größer ist als in den andern zwei weitaus wärmeren Seen, daß jedoch die Zellgröße keine eindeutige Abhängigkeit von den Klimabedingungen erkennen ließ. C. Allgemeine Zusammenfassung und Schluß. Nachstehend sollen nur einige der wichtigsten Beobachtungsresultate angeführt werden, bezüglich der allgemeinen Theorie der Relationsbestim- mung und der theoretischen Auswertung der Ergebnisse überhaupt muß auf den Text verwiesen werden. Es wurden Darm- und Ganglienzellen und die Stützzellen der Augen untersucht, die hauptsächlichsten Ergebnisse wurden an Darmepithel- zellen, auf die sich auch hauptsächlich das Folgende bezieht, gewonnen. A. Verhalten der Zellen während des individuellen Wachs- t u m s. 1. Zellteilungen sind auf sehr frühen Stadien, sicher nach der Geburt, nicht mehr aufzufinden, das Körperwachstum ist daher, was den Darm anbetrifft, ein rein celluläres, und damit sind für die Körpergröße unmittelbar alle jene Faktoren maßgebend, die die Zellgröße bestimmen, was auch für die Beurteilung temporaler Körpergrößenvariationen von Bedeutung ist. Das Darmwachstum bzw. natürlich das Zellwachstum kann streng proportional der Körpergröße erfolgen oder etwas langsamer Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengrüße usw. 77 oder auch schneller, dadurch ist die auf die Körpergröße bezogene Darm- fläche größer oder geringer. Diese Verhältnisse zeigen temporale also mileubedingte Unterschiede, was beweist, daß für die relative Darm- bzw. Zellgröße des Darmes physiologische Bedingungen — Verhältnis der resorbierenden Fläche zum verbrauchenden Volum des Körpers — maß- gebend sind. 2. Die Kernplasmarelation nimmt mit zunehmender Größe der Darmzellen dauernd ab, und zwar besonders stark bis zur Erlangung der Geschlechtsreife, dann nur mehr langsamer. Die präpuerperale Zeit dokumentiert sich durch die weitaus höhere K.-Pl. -Relation und die schnell ablaufenden cytologisehen Relationsveränderungen mehr als embryonale im Gegensatz zur puerperalen. Daß der Eintritt der Geschlechtsreife durch einen Einschnitt in der Veränderung der K.-Pl. -Relation gekennzeichnet ist, ist jedenfalls für das Verständnis der Geschlechtsreife als solcher von Interesse. 3. Über das Verhalten der relativen — auf die Körpergröße be- zogenen — Zellgröße im Laufe des Wachstums wurde früher unter Punkt 1 berichtet. 4. Die Gesa mtnucleolenmasse des Darmes nimmt relativ kon- stant ab, jedoch in den einzelnen Entwicklungsphasen nicht gleich schnell. 5. Die Nucleolarkernrelation nimmt mit wachsender Zellgröße ab, und zwar besonders stark bis zur Geburt, nach derselben findet nur mehr geringe Verkleinerung statt, während in höchstem Alter vielleicht ein sekundäres Anwachsen stattfindet. Das deutet darauf hin, daß bei Herabsetzung des cellulären Stoffwechsels ein Anwachsen der Nucleolen stattfindet (z. B. im Alter); der Umstand, daß gerade zur Zeit der Ge- burt, also zu Beginn der Verdauungsfunktion des Darmes, besonders starke Nucleolenreduktion stattfindet, spricht dementsprechend für eint1 Verkleinerung der Nucleolen bei intensivem Stoffwechsel (Verdauung). Daß die Abnahme der relativen Nucleolengröße mit zunehmender Zell- größe, abgesehen von der geringen Vergrößerung ganz am Ende des Lebens, nicht für Häckers Stoffwechselprodukttheorie spricht, ist klar, denn im Laufe des Lebens könnte nach dieser Theorie nur Vergrößerung erwartet werden. 6. Die Zellvolum-Kernoberflächenrelation, d. h. der Quotient, der angibt wie viele Zellvolumeinheiten auf die Oberflächeneinheit des Kernes entfallen und so gewissermaßen intracelluläre Stoffwechselbedin- gungen veranschaulicht, nimmt während des Zellwachstums stark zu, so daß also die Stoffwechselabläufe in obigem Sinne mit dem Alter er- 78 Otto Hartmann schwert werden. Diese im Zusammenhänge mit der folgenden Relation läßt Schlüsse auf die Ursache der 'Wachstumssistierung und des Alterns zu, über die der Text eingesehen werden muß. 7. Die Zelloberflächen -Kern volumr ela t io n, also der Quotient, der angibt, wie viele Zelloberflächeneinheiten auf die Volumeinheit des Kernes entfallen und so gewissermaßen die Stoffwechselbeziehungen von Zelle und Kern nach außen — extracellulär — veranschaulichen, bleibt während des postembryonalen Zellwachstums konstant, während im Em- bryo manchmal differente "Werte festzustellen sind. 8. Auf Grund der Konstanz der im vorausgehenden besprochenen Relation, die sich allgemein ohne Rücksichtnahme auf Konstante so Aus- drücken läßt: R2 : r3, wo R den Zellradius, r den des Kernes bedeutet, läßt sich, wenn man die Kernplasmarelation r3 : R3 als Volum, bzw. r2 : R2 als Oberflächenrelation ausdrückt, eine Gleichung für das Ver- halten der Kernplasmarelation während des Wachstums der Darmzellen aufstellen. Und zwar für die Kernplasma-Volumrelation : für die Kernplasma -Oberflächenrelation: Das heißt, die Kernplasma-Volumrelation (r3 : R3) verhält sich beim Zellwachstum umgekehrt proportional dem Zellradius, die Kernplasma - Oberflächenrelation (r2 : R2) umgekehrt proportional dem Kernradius. Der Potenzexponent — 1 dient nur zur Gleichsinnigmachung der Di- visionen. 9, Während bisher nur von den Darmepithelzellen die Rede war, so zeigt eine Messung der Ganglienzellkerne1) (Gehirn und Ganglion opticum), daß diese relativ zum Gesamtkörperwachstum stark Zurück- bleiben und die Zell- und Kernteilungen in postembryonaler Zeit nicht mehr stattfinden, so ergibt sich, daß das Gesamtganglienvolum mit zu- nehmender Körpergröße abnimmt. Bei Daphnia pulex findet bei Zu- nahme der Körpergröße um das Vierfache nur eine Zunahme des Gehirnes um das Zweifache statt. 10. Bezüglich des Eintrittes der Geburts- und Geschlechtsreife und die dafür charakteristischen Körper-, Zell- und Kerngrößen und ihre temporale Variation muß auf den Text verwiesen werden. i) Die Zellen selbst sind nicht exakt meßbar, für unsre Zwecke genügt aber hier der Parallelismus zwischen Kern- und Zellgröße. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 79 B. Temporalvariation. Der Einfluß der Gesamtheit der äußeren Faktoren auf Körpergröße, äußere morphologische Charaktere und auf den Generationscyclus, wie er schon vielfach Gegenstand der Untersuchungen wurde, findet seine voll- kommene Parallele in cytologischen Verhältnissen. Es erweist sich auch hier als vorteilhaft nachfolgende Einteilung der Faktoren zu treffen: Äußere, direkte; sie bewirken unmittelbar Veränderungen, insofern sie auf die Tiere einwirken. Primär innere; solche sind uns gegeben im erblich fixierten Fort- pflanzungscyclus (Weismann) und der deprimierenden Wirkung lang- dauernder Parthenogenese, also der Generationszahl. Sekundär innere; als solche sind ursprünglich äußere Faktoren aufzufassen, die dadurch, daß sie auf eine oder mehrere Generationen schädigend einwirken, die Lebenskraft des Cyclus beeinflussen, daß ihre Wirkung auch nach ihrem Aufhören andauert, da sie durch Steigerung der Depression oder durch andre Einflüsse gewissermaßen in ihren Wirkungen zu inneren Faktoren geworden sind. Der Einfluß aller genannten Faktoren, die sich gegenseitig in ihrer Wirkung abschwächen oder verstärken können, auf cytologische Verhältnisse im Laufe des Cyclus ist gut zu trennen und erkennbar. 1. Temperatur. a) Ihre Erhöhung bedingt Abnahme der Zellgröße, Zunahme der Zeilenzahl, jedoch gleichen sich beide Wirkungen nicht ganz aus, wie es etwa bei der Furchung geschieht, sondern es findet Verkleinerung des Gesamtkörpers in der Wärme statt. b) Die Kerngröße nimmt absolut und relativ, bezogen auf die Körpergröße ab; da auch die K.-Pl.-Relation abnimmt, so ist die Ge- samtkernmasse des Darmes in der Wärme geringer. c) Die Kernplasmarelation nimmt mit Steigerung der Tem- peratur ab. Da in diesem Falle die Zellvolum-Kernoberflächenrelation, deren Symbol R 3 : r2, ziemlich weitgehend, allerdings nicht so weit- gehend wie die andre Relation beim Zellwachstum, konstant bleibt, so ergibt sich für die Kernplasma-Volumrelation und für die Kernplasma-Oberflächenrelation —l • R - Konst. das heißt, erstere Relation verhält sich direkt proportional dem Kern- radius, letztere dem Zellradius. 80 Otto Hartmann d) Die Zellvolum-Kernoberflächenrelation, also der Ausdruck intra- cellulärer Beziehungen, bleibt ziemlich weitgehend konstant. e) Die Zelloberflächen-Kernvolumrelation, also der Ausdruck extra- cellulärer Beziehungen, nimmt bei Temperaturerhöhung stark ab, wodurch diese Stoffwechselbeziehungen ungünstiger werden. f) Die Nucleolar- Kernrelation nimmt bei Temperaturerhöhung zu- gunsten des Kernes ab, also ist Erhöhung der Stoffwechselintensität mit Abnahme der Nucleolengröße verbunden. 2. Chemismus und überhaupt direkt schädigende äußere Faktoren, die zu sekundär inneren werden können. Stoffwechsel- produkte, allzu starke Temperatursteigerung und Insolation sowie Nah- rungsmangel können eine Depression Hervorrufen ; diese äußert sich oft im Eintreten einer Geschlechtsperiode, die allerdings deshalb nicht rein äußerlich bedingt anzusehen ist. Die cytologischen Kennzeichen in den Darmzellen bei einer solchen Depression, bewirkt durch äußere Faktoren und die Geschlechtsperiode, sind Zunahme der Kernplasmarelation, der Nucleolar- Kernrelation und in geringem Maße der relativen Zellgröße. Das Körperwachstum und dem- gemäß das Zellwachstum ist gehemmt; daß relativ größere Darmzellen zu beobachten sind, ist wohl auf Hemmung der Zellteilungen im Em- bryonalleben zurückzuführen, weshalb die Zellen selbst relativ mehr wachsen müssen, da sie minder zahlreich sind. 3. Diese Depression im Zusammenhänge mit einer Geschlechtsperiode kann durch günstiger werdende äußere Faktoren wieder weitgehend — aller- dings niemals ganz — rückgängig gemacht werden ; ebenso die cytologischen Verhältnisse; im Laufe der Generationen stellt sich aber als Folge der rein parthenogenetischen Generationsfolge ein Altern, eine Depression des Cyclus auch unabhängig von äußeren Faktoren ein, die bis zum Aussterben der Kolonie andauert. Daß ihr Eintritt, wie alles Geschehen aus reiu inneren Ursachen, in gewissem Grade durch äußere Faktoren befördert oder hinausgeschoben werden kann, ist klar. Die cytologischen und physiologischen Charaktere jener Enddepression sind dieselben wie jener vorübergehend durch äußere Faktoren ausgelösten Gsechlechtsdepression. Wir haben also gesehen, daß sich sowohl die endgültige Depression am Ende des Cyclus, also die rein durch die Generationszahl bedingte Herab- setzung der Vitalität, als die vorübergehend auftretenden Geschlechts- generationen durch cytologische , und zwar dieselben Charaktere kenn- zeichnen und sich trotzdem scharf trennen lassen, da sie keineswegs zu- sammenzufallen brauchen. Ich möchte hier nur noch kurz an der Hand der Ergebnisse andrer Autoren auf diese Probleme zu sprechen kommen. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 81 Iss ako witsch kommt im Anschlüsse an Popoff zum Resultat, daß der Eintritt der sexuellen Fortpflanzung bei den Cladoceren mit Depression identisch sei, und also durch Kernhypertrophie charakterisiert ist, es ist also der Cvclus die notwendige Folge jener physiologischen Vor- gänge in den Zellen, welche sich in einer veränderten Kernplasmarelation äußern. Auf Grund eingehender Experimente und auch cytologischer Untersuchungen kommt endlich Papanicolau zu dem Resultat: »Die Wärme verkleinert die Größe der Zellen und des Kernes, wirkt also zu- gunsten der Parthenogenese ; Kälte und Hunger vergrößern Zelle und Kern, wirken also zugunsten der gamogenetischen Fortpflanzung.« Daß jedoch unter dem Einfluß andrer schädigender Einflüsse und allzu hoher Temperatur auch eine Geschlechtsdepression mit ihren cytolo- gischen Kriterien zustande kommen kann, haben meine Untersuchungen ergeben. Von größter Bedeutung scheinen mir zur Beurteilung des cyto- logischen Charakters der Geschlechtsgeneration und physiologischer De- pression überhaupt die Nucleolarverhältnisse zu sein. Grunewald findet eine Vergrößerung dieser Gebilde bei Herabsetzung des Stoff- wechsels, also in Hunger, Kälte, chemischer Einwirkung (Neutralrot), Alter des Cyclus und Individuums. Es muß noch betont werden, daß in der Eizelle während ihrer Bildung unter obigen Bedingungen statt mehrerer kleiner nur ein großer Nucleolus auftritt. »Die obengenannten, für die Gestalt des Nucleolus ausschlaggebenden Faktoren sind die gleichen, die für die Änderung der Sexualtendenz im Cyclus verantwortlich ge- macht werden. Die Gestaltsänderungen des Nucleolus können daher sehr wohl als morphologischer Ausdruck der für die Sexualtendenz wesent- lichen Veränderungen angesehen werden.« Zu ganz denselben Resultaten sind auch wir bezüglich des Verhaltens der Darmzellennucleolen ge- kommen, nur ist mit zunehmender Zellgröße während des Körperwachs- tums keine Zu- sondern Abnahme der Nucleolengröße zu beobachten, und erst ganz zu Ende des Wachstums kann es zu einer ganz geringen Ver- größerung kommen. C. Eine Gegenüberstellung der cytologischen Verände- rungen bei Wachstum, Alter und Depression ergibt, daß Wachs- tum und Alter als rein ontogenetische Vorgänge mit Zellwachstum und Abnahme der Kernplasmarelation verbunden sind, das Alter erscheint als die Folge des cytologisch sistierten Wachstums, indem die zur weiteren Volumzunahme notwendigen intracellulären Regulationsvorgänge zwischen Zelle und Kern am Ende angelangt sind. Lebende Substanz ohne Wachs- tum ist aber, wie mit Rubner anzunehmen ist, dem Tode verfallen. Archiv f. Zellforschnn£. XV 6 82 Otto Hartmann Depression hat demnach als durch Kernhypertrophie charakteri- siert mit Alter nichts zu tim, sie ist keine Erscheinung des individuellen Lebens im engeren Sinne, sondern kommt insofern sie nicht rein äußer- lich bedingt ist nur als Summationseffekt im Laufe des Generationscyclus zustande. Individuelles Wachstum und Altern aber cytologisch charak- terisiert, stehen im Laufe des Cvclus insofern in Beziehung zur Depression, als der Ausgangspunkt und Verlauf der cytologischen Veränderungen des Zellwachstums, das hier mit Körperwachstum zusammenfällt, dem absoluten Werte, z. B. der Kernplasmarelation und Zellgröße nach sich von Generation zu Generation ändert, und sich so die Temperatur oder Depression cytologisch äußert, wobei jedoch der individuelle Wachs- tums- und Altersprozeß sich im Ablauf seiner relativen Veränderungen immer gleich bleibt, d. h. die Kernplasmarelation z. B. immer ab- nimmt. Die durch den Generationsablauf oder durch äußere Faktoren bestimmten Veränderungen sind der allgemeine und große Rhythmus, in dem der individuelle cytologisclie Wachstumsprozeß relativ immer gleich verläuft. D. Bezüglich des Eintrittes von Geburt, Geschlechtsreife sowie des Verhaltens der Maximalgröße u. a. vergleiche man den Text. E. Die cytologisclie Charakterisierung ihren absoluten und relativen Werten nach, die für die einzelnen Entwicklungsstadien, Geburt, Ge- schlechtsreife usw. aufgestellt werden, gilt nur unter gleichen äußeren und inneren Bedingungen, sonst ändert sie sich. Das zeigt, daß durch äußere und innere Bedingungen nicht bloß eine Verschiebung der einzelnen Entwicklungsstadien und dadurch eine scheinbare cytologisclie Veränderung stattfindet, sondern daß die äußeren und inneren Faktoren sich unmittelbar in einer Veränderung cytologischer Charaktere ändern. Bezüglich der theoretischen Auswertung und Fragestellung muß ich auf den Text verweisen. Damit glaube ich einige der wesentlichsten Resultate angeführt zu haben, muß jedoch bemerken, daß gerade die wichtigsten allgemein physiologischen Ergebnisse sich zum kurzen Referate nicht eignen und deshalb hier unberücksichtigt blieben. Auf einen Fragenkomplex möchte ich aber hier noch kurz eingehen, der die Beziehungen zwischen Wachstum als Substanzzunahme und Zellteilungen und andrer regulativer Prozesse bedingt. Auf die physiochemischen Vorstellungen, die man an das Wachstum, seine Sistierung und das Altern geknüpft hat und auf andre Beobachtungen, die sich diesbezüglich verwerten lassen, gehe ich nicht em und verweise Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Kucleolengröße usw. 83 auf die Arbeiten von Loeb, Enriques, Child, Godlewski, Macallum, Minot, Nemec, Rohde, Masing, Demoll und Strohi, u. a. 1. Eine Zelle wächst so lange, bis die im Gefolge des Wachstums selbst auftretenden Komplikationen nicht mehr reguliert werden können. Der Endzustand ist charakterisiert durch geringere Kernplasmarelation, die natürlich auch dort, wo sie in teilungsunfähigen Zellen auftritt, nichts andres bedeutet als die Kernplasinaspannung in der Terminologie R. Hert- wigs. Daß größere Zellen einen relativ kleineren Kern haben, was offen- bar rein physiologisch durch das größere absolute Volumen des Zell- körpers gegeben ist und durch unsre Relationsbestimmungen im früheren verdeutlicht wurde, scheint ziemlich allgemein zu gelten. So ergibt sich aus den zahlreichen Tabellen, die Dolley von Ganglienzellen verschie- dener Größe von Carnbarus virilis gibt, deutlich eine Abnahme der Kern- plasmarelation mit Zunahme des Zellvolumens. Eycleshymer konstatiert (zit. nach Erdmann, 11) Abnahme der relativen Kerngröße mit der Größen- zunahme der quergestreiften Muskelfasern von Necturus, ebenso findet Berezowski Abnahme der Kernplasmarelation während des Wachstums der Darmepithelzellen von Mäusen. Ein Vergleich verschieden großer Rassen von Ceratium hirundinella ergab mir (Lit.-Verz. 30), daß ebenfalls die größeren Rassen geringere Kernplasmarelation besitzen, und diese Beispiele ließen sich leicht vermehren. Daß natürlich die meisten Körper- zellen sich für derartige Feststellungen nicht eignen, liegt darin, daß sie kein starkes Wachstum zeigen, da ihre Zellgröße weitgehend fixiert ist. Daß aber dennoch im Laufe längerer Zeiträume Wachstum auch der Zellen angewachsener Organismen erfolgt, ist mehrfach beobachtet wor- den, so von Heiberg und Illing an Leberzellen, ja nach Cohnstein und Zuntz und auch Walker (angegeben von Chambers) werden sogar die Säuger- bzw. Menschenerythrocyten mit zunehmendem Individuen- alter größer. Es scheint eine gewisse allgemeine Eigenschaft der lebenden Masse zu sein, die sich darin geltend macht, daß Wachstum der Zellen auch bei fehlender Teilungsfähigkeit mit der Zeit stattfindet, und daß jene Zellen, deren Teilungsfähigkeit schon frühzeitig und während der Entwicklung des Individuums erlischt, sehr starkes individuelles Wachs- tum zeigen (Darmzellen der Cladoceren, Ganglienzellen der Vertebraten), während solche, die bis zur fertigen Entwicklung des Organismus sich teilen, hierauf nur wenig an Volumen zunehmen (siehe Levi). Wenn wir Aufhören des Zellwachstums und Alter der Zelle und des Individuums in gewisser Hinsicht auf eine Linie stellen, so ist natürlich zu bemerken, daß sich die Verhältnisse natürlich dadurch scheinbar komplizieren, da einmal Aufhören des Zellwachstunis mit dem des Körper- 6* 84 Otto Hartmann Wachstums und mit Alter und Tod zusammenfallen, wie beim Darm- epithel von Cladoceren, in andern Fällen, wie bei den Ganglienzellen der Wirbeltiere, Zellwachstum mit dem Körperwachstum bzw. Organwachs- tum im wesentlichen gleichzeitig abschließt, aber noch lange nicht mit Alter und Lebensende zusammenfällt, und endlich bei den meisten andern Somazellen Wachstum und Substanzzunahme des Ganzen überhaupt in engster Beziehung zu den Zellteilungen stehen. Hier ist also die zeitliche Abhängigkeit von Wachstum und Alter des Individuums und Alter und Wachstum der Zelle, die im ersten Falle noch eine weitgehende war, ganz verschwunden. Trotzdem scheint mir im wesentlichen die Sache überall gleich zu liegen, indem das Wachstum der lebenden Substanz, sei es nur durch rein cellulare Substanzzunahme oder in Verbindung mit Zellteilung, sich mit Notwendigkeit vollziehend und vorwärts schreitend in sich selbst die Ursache des Abschlusses findet, und daß dadurch gleich- zeitig die Charaktere des Wachstums und Alterns selbst gegeben sind. Ob das Aufhören des Wachstums, sei es des cellulären oder des ganzen Körpers, ans Ende des Lebens fällt oder nicht, ist von sekundärer Be- deutung gegenüber dem Umstand, daß Wachstum und Altern nicht trennbare Vorgänge sind. 2. Im vorhergehenden haben wir gesehen, daß das Wachstum der Zelle notwendig an ein Ende kommen muß, und daß dadurch, falls nicht regulative Prozesse eingreifen, der Tod der Zelle früher oder später gegeben ist. Mit Rubner können wir sagen : ohne Wachstum kein Leben. Der zweite Punkt ist nun der, daß in der Zellteilung offenbar ein Moment regulativer Bedeutung liegt, durch die ein Weiterwachstum der lebenden Substanz als Ganzes ermöglicht wird. Daß das in der Auf- hebung der durch die Volumszunahme der Zelle als physiologisch relativer Einheit gegebener Verhältnisse liegt, ist klar. Die Zellteilung ist also ein Regulationsakt, der dann eintritt, wenn die endocellulären Regulations- vorgänge, die das Wachstum bisher ermöglichten (z. B. Abnahme der Kernplasmarelation) am Ende ihrer möglichen Leistungsfähigkeit angelangt sind und insofern die Teilung und die sie begleitenden tiefgreifenden Um- und Neugestaltungen, die am Ende des Wachstums vorliegenden Span- nungszustände, deren Aufhebung auf andern Wege nicht mehr mögüch ist und die sich als notwendige Folge des Wachstums selbst darstellen, ausgleicht, kann man im Anschlüsse an von Zwaardemaker betreffs des Schlafes als periodisches Geschehen entwickelte Vorstellungen, viel- leicht auch in der Zellteilung und den sie begleitenden starken System- änderungen einen Vorgang der Gleichgewichtseinstellung und des völligen Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Xucleolengröße usw. 85 Ausgleiches aller Spannungszustände, Energiedifferenzen und überhaupt Ungleichgewichte erblicken, die für die dauernde Erhaltung der Lebens- fähigkeit der lebenden Masse ebenso notwendig ist als der Schlaf der höheren Tiere im Sinne eines Ausgleiches aller Energiedifferenzen. 3. Aber auch die Teilung gewährleistet noch nicht dauerndes Wachs- tum der lebenden Masse und dauerndes Leben, es ist noch eine dritte und allen andern übergeordnete Periodizität und Gleichgewichtseinstel- lung vorhanden. Obwohl z. B. die meisten Gewebezellen im Körper der Wirbeltiere sich während des ganzen Wachstums teilen können und die Teilungsfähigkeit auch weiter beibehalten zu werden scheint, so kommt es dennoch zum Aufhören der Wachstumsprozesse, zu Alter und Tod. Warum hat hier die Substanzzunahme aufgehört, die doch ein Postulat jedes dauernden Lebens ist? Zunächst natürlich, weil die Zellteilungen im früheren Ausmaße, die doch als Regulativ II. Ordnung im voraus- gehenden besprochen wurden, sistieren. Es wurde schon öfters in der Literatur darauf aufmerksam gemacht, daß die bahnbrechenden Untersuchungen Woodruffs und Erdmanns hier Klärung bringen. Es wurde gezeigt, daß es nicht notwendigerweise der Geschlechtsakt ist, der die dauernde Teilungsfähigkeit der Protozoen ermöglicht und gewährleistet, sondern ein rein monocellulärer intra- plasmatischer Regulationsprozeß und Umbildungsvorgang großartigster Weise, wodurch eine große Periodizität im Leben der Generationen zum Abschluß gebracht und die Möglichkeit weiterer Generationsfolge erst, gegeben wird. Es ist also offenbar alle lebende Substanz auch bei dauern- der Selbstteilung nicht imstande, dauernd zu leben und zu wachsen, wenn nicht von Zeit zu Zeit jener große Regulationsprozeß stattfinden kann. Ja auch die sexuelle Fortpflanzung selbst erscheint nur als spezieller Fall jener allgemeinen und obersten Periodizität alles Lebenden. Dadurch wird es klar, daß die Körperzellen der Tiere endlich auch aufhören müssen sich zu teilen, und daß demgemäß das Körperwachstum sistiert wird, denn jener allgemeine intracelluläre Regulationsprozeß, jene große Periodi- zität im cytotypischen Leben erfordert so tiefgreifende Veränderungen, daß solche die differenzierten Körperzellen nicht durchmachen können, da dadurch die Korrelation und Leistungsfähigkeit der Zellen und Or- gane zeitweilig derart gestört, ja aufgehoben wurde, so daß der Tod des Gesamtorganismus eintreten mußte. Solche Umregulierungsfähigkeit und Möglichkeit ist auf einzellige Systeme beschränkt, die dadurch dauernd Teilfähigkeit und Wachstum zeigen, während die Zellen der Metazoen, denen nur die ersten zwei Regulative offenstehen, ihre Differenzierung und Integrierung in einem Ganzen mit dem endlichen Aufhören von Teilung 86 Otto Hartmann und Wachstum unter normalen Umständen erkaufen, wodurch Alter und Tod gegeben sind. Nur der Organismus als solcher und als Ganzes besitzt in den Geschlechtszellen Elemente, die cytologiseh wegen ihrer Unabhängig- keit dauernd zu Regulationsprozessen aller Grade befähigt sind. Angesichts der Tatsache, daß dauerndes Leben und Wachstum, d. h. Selbstvermehrung der lebenden Substanz notwendig zusammen- gehören, können wir also sagen, daß das Zellwachstum als Volumzunahme dadurch ermöglicht wird, daß eben wegen dieses Wachstums ständig sich intracelluläre Regulationsprozesse imd Gleichgewichtseinstellungen voll- ziehen, dergestalt, daß morphologisch sich die Zellbestandteile, die Teil- systeme, in ihren absoluten und relativen Größen sowie physiologisch in ihren Wechselbeziehungen sich den durch das fortschreitende Wachstum ständig gegebenen Veränderungen der physiologischen Systembedingungen anpassen. Das Wachstum findet aber schließlich doch in sich selbst sein Ende, indem die Möglichkeit der intracellulären Regulations- und An- passungsprozesse eine obere Grenze hat. Ist die Zelle teilungsfähig, d. h. besitzt sie eine derartige Labilität ihrer Struktur und des Stoffwechsels, daß jener Akt des intracellulären Spannungs- und Phasenausgleiches sich vollziehen kann, so ist durch diese Regulation und Periodizität zweiter Ordnung weiteres Wachstum und Leben zunächst gesichert. Durch dauerndes Leben und Funktion sowie spezieller funktioneller Stoffwechsel- anpassungen kommen nun endlich trotz der immerwährend stattfin- denden physiologischen und morphologischen Ausgleichsprozesse derartig einseitige Phasenverschiebungen und sich akkumulierende Gleichgewichts- störungen zustande, daß weder die Teilung als Regulationsprozeß zweiter Ordnung und noch viel weniger die intracellulären Systemverschiebungen erster Ordnung dauerndes Weiterwachsen und Leben ermöglichen. Die Zellen sind schließlich Wachstums- und teilungsfähig und leben als Soma- zellen zunächst zwar noch einige Zeit weiter, bis endlich die System- störungen — über deren Alt man die verschiedensten Theorien entwickelt hat — so starke sind, daß unter immerwährender Funktions- und Vitali- tätsabnahme das Leben zu Ende geht. Ist jedoch die Möglichkeit tief- greifender intracellulärer Um- und Neugestaltungen gegeben, so findet jene Regulation dritter Ordnung statt, wobei unter tiefgreifenden Ver- änderungen jene größte Periode alles Lebenden zum Abschluß gelangt und eine neue beginnt. Jene dritte Periodizität ist aber nur die oberste und letzte, denn das Leben selbst ist keine stationäre Erscheinung, sondern immerwährende Periodizität. Graz, 20. Oktober 1916. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. 87 Literaturverzeichnis1). 1. Berezowski, A. Stadien über die Zellgröße I, Verhalten der Zellgröße zur Ge- samtgröße des wachsenden Organismus. Arch. f. 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(Bezüglich der Körpergröße der Tiere zu verschiedener Zeit vergleiche man die Tabellen im Text; Einflüsse dieser Art auf die Zellgröße sind jedoch möglichst aus- geschlossen.) Tafel I. Fig. 1 — 3. Sida crystallina $, Darmzellen, Flächenschnitt. Yergr. lOOOfach. Fig. 1 vom Ebryo, Fig. 2 mittelgroßes geschlechtsreifes und Fig. 3 sehr großes Tier. Fig. 4 — 6. Sida crystallina $, Temporalvariation der Darmzellen. Aus Teich I. Vergr. lOOOfach. Fig. 4. Tier vom 2. Mai 1915. Flächenschnitt. Fig. 5. Tier vom 1. September 1915. Fig. 6. Tier vom 7. November 1915. Fig. 7 — 9. Ebendasselbe, nur mediane Darmlängsschnitte. Fig. 10 — 12. Sida crystallina $, Temporalvariation der Darmzellen, aus Teich II, Flächenschnitte, Vergr. 1000. Fig. 10. Tier vom 2. Mai 1915. Fig. 11. Tier vom 7. Juli 1915. Fig. 12. Tier vom 7. November 1915. Fig. 13 — 15. Sida crystallina $. Stützzellen des Auges. Sagittalsclmitte, Vergr. 2000fach. Fig. 13. Tier vom 2. Mai 1915. Fig. 14. Tier vom 7. Juli 1915. Fig. 15. Tier vom 7. November 1915. Fig. 16 — 19. Daphnia longispina var. longisp. schnitte, Vergr. 2000fach. Fig. 16. Tier vom Fig. 17 Fig. 18 Fig. 19 Fig. 20—23 7. Juli 1915. Tier vom 4. August 1915. Tier vom 7. November 1915. Tier vom 27. Dezember 1915. Daphnia longisp. var. longisp. o. Teich I. Darmepithel-Flächen- $. Teich II. Darmflächenschnitte, Vergr. 2000fach. Fig. 20. Tier vom 2. April 1915. Fig. 21. Tier vom 2. Mai 1915. Fig. 22. Tier vom 7. Juli 1915. Fig. 23. Tier vom 7. November 1915. Tafel II. Fig. 24, 25. Sida crystallina $, aus Teich I. Ganglienzellen aus dem Ggl. opticum, Vergr. 2000fach. Fig. 24. Tier vom 2. Mai 1915. Fig. 25. Tier vom 7. November 1915. Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usu . 93 Fig. 27. Fig. 28. Fig. 29. Fig. 80. Fig. 31—34. Fig. 35—^38. Fig. 36. Fig. 37. Fig. 38. Fig. 39—41. Fig. 26 — 30. Daphnia pulex var. obtusa $, aus Tümpel I. Darmepithel-Flächen- schnitte (Stelle IV), Vergr. 2000fach. Fig. 26. Tier vom 3. Juni 1915 (Fig. 31). Tier vom 4. August 1915 (Fig. 32). Tier vom 4. Oktober 1915 (Fig. 33). Tier vom 7. November 1915. Tier vom 27. Dezember 1915 (Fig. 34). Ebendasselbe nur mediane Darmlängsschnitte (siehe oben). Daphnia pulex var. obtusa $, mediane Darmlängsschnitte (Stelle I). aus Tümpel II, Vergr. 2000fach. Fig. 35. Tier vom 2. April 1915. Tier vom 3. Juni 1915. Tier vom 4. August 1915. Tier vom 7. November 1915. Daphnia pulex $. Verhalten der Darmepithelzellen während des individuellen Wachstiuns, mediane Längsschnitte. Vergr. 2000fach. Fig. 39. Sehr großes altes Tier (vom 15. Mai 1915). Fig. 40. Mittelgroßes Tier (vom 15. Mai 1915). Fig. 41. Kleines (geschlechtsreifes) Tier (vom 15. Mai 1915). Fig. 40, 42 — 44. Daphnia pulex $, aus demselben Tümpel (III) wie vorhergehende. Vergr. 2000fach. Temporalvariation. Tier vom 14. Mai 1914. Tier vom 2. August 1914. Tier vom 30. Oktober 1914. Tier vom 15. September 1913. Daphnia pulex-obtusa, aus Tümpel IV. Darmepithel, mediane Längs- Vergr. 2000fach. Tier vom 2. April 1915. Tier vom 7. Juli 1915. Tier vom 1. September 1915. Tier vom 7. November 1915. Daphnia pulex var. obtusa $, aus Tümpel I. Ganglienzellen aus dem Vergr. 2000fach. Fig. 49. Tier vom 3. Juni 1915. Fig. 50. Tier vom 4. August 1915. Fig. 51. Tier vom 27. Dezember 1915. Fig. 40. Fig. 42. Fig. 43. Fig. 44. Fig. 45 — 48. schnitte (Stelle I). Fig. 45. Fig. 46. Fig. 47. Fig. 48. Fig. 49—51. Gehirn. Tafel III. Fig. 52 — 54. Bosmina longirostris $. Mai 1916, Verhalten der Darmepithelzellen (Flächenansicht, Stelle I) beim individuellen Wachstum. Vergr. lOÜOfach. Fig. 52. Ganz großes altes Tier. Fig. 53. Mittelgroßes Exemplar. Fig. 54. Ganz junges, eben erst aus dem Brutraum gekommenes Tier. Fig. 53, 55 — 58. Bosmina longirostris. Temporalvariation der Darmepithelzellen. Vergr. lOOOfach. Fig. 53. Tier vom 4. Mai 1916. Fig. 55. Tier vom 5. Juni 1916. Fig. 56. Tier vom 27. Juli 1916. 94 Otto Hartmann, Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolengröße usw. Fig. 57. Tier vom 25. August 1916. Fig. 58. Tier vom 27. September 1916. Fig. 59 — 62. Bosmina longirostris $. Verhalten der Damizellen (Stelle I, Flächer- ansicht) bei experimenteller Kultur in Chemikaliensolutionen. Vergr. lOOOfach. Fig. 59. Von einem Tier der Normalkultur. Kultur in ameisensaurem Natrium. Fig. 60. Fig. 61. Fig. 62. Fig. 63, 64. Kultur in Wasser mit CaC03 und CaS04 gesättigt. turen. Kultur in Bromkalium. Chydorus sphaeiicus $. etwa 390mal. Fig. 63. Aus der Kältekultur. Fig. 64. Aus der Wärmekultur. Schalenhypodermiszellen, Temperaturkol- Vergr, Archiv für Zellforschung. Bd. XV. Hartmann Tafel I. Archiv für Zellforschung. Bd. XV. Hartmann. Verlag von Wilheln Tafel II. Archiv für Zellforschung. Bd. XV. Tafel 111. Hartmann. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Über den sogenannten Dotterkern der Amphibien. Von Helene Gajewska. Ans dem histologischen Institute der Jagellonischen Universität in Krakau Vorstand: Prof. Dr. Maziarski. Mit Tafel IV. Inhaltsangabe. Seite 1. Einleitung und Literatm’ 95 2. Material und Methoden 101 3. Spezieller Teil 101 4. Allgemeiner Teil 104 a) Beziehung des Dotterkerns zu den ooplasmatischen Strukturen und seine Genese. b) Dotterkern und Attraktionssphäre. c) Vergleichung eigener Befunde mit denjenigen von Lams und Jörgensen. d) Dotterkem und Nukleolen. 5. Zusammenfassung 110 Literaturverzeichnis 117 Figurenerklärung 119 1. Einleitung und Literatur. Bei den Untersuchungen der Geschlechtszellen bietet sich noch hunier eine Reihe ungelöster Fragen. Eines dieser vielen Probleme der Oogenesis ist der Dotterkern (BALBiANischer Kern, noyau vitellin, corps vitellin) selbst. Als Dotterkern wurden schon verschiedene Dinge beschrieben, die bei zahlreichen Tierarten im Ooplasma während der Entwicklung des Eies auftreten, die aber miteinander nichts gemein haben. Man suchte bei vielen Tieren ein analoges Gebilde, wie man ein solches bei Tegenaria und Myriapoden findet. Doch sind unsere Kenntnisse über seine Entstehung, Bedeutung und Rolle, wie wir weiter unten sehen werden, lückenhaft 96 Helene Gajewska und wir begegnen in der Literatur über dieses Gebilde ganz widersprechen- den Ansichten1). So betrachten manche Gelehrte, der Idee Balbianis folgend, den Potterkern als Centrosom mit einer Attraktionssphäre und schreiben ihm eine Aktivität in der Entwicklung des Eies zu (Balbiani, 2; Mertens, 29 ; Van der Stricht, 42—50; Gurwitsch, 15; Sonnenbrodt, 40; Lo\tez, 26). Andere fassen als Dotterkern Chromatingebilde von nukleärer Ab- stammung auf (Leydig, 23; Balbiani, 2; Sabatier 1883; Van Bambeke, 3—5; Loyez, 24, 25; Schmidt, 36; Goldschmidt, 13; Moroff, 31). Ferner wurden ausgewanderte Nukleolen als Dotterkerne gedeutet (Henneguy, 16; 'Woltereck, 55; Loyez, 24). Henneguy (17) zählt den BALBiANischen Kern zu den Pyreno-Plasmosomen, welche ebenso vom Kern wie vom Plasma abstammen können. Die Genese des Dotterkerns ist aber vielen Forschern unbekannt (Iwakawa, 18; Schultze, 37; Skrobansky, 39; Lams, 21 ; Winiwater, 54; Rabl, 33; zum Teil auch Schmidt, a. a. 0., und andere). Diese Widersprüche in den Befunden über den BALBiANischen Kern bestehen nicht nur innerhalb verschiedener Tierklassen, sondern sogar innerhalb einzelner Ordnungen und Familien der Tiere von systematischer Verwandtschaft, wie z. B. -bei den Amphibien. — Im folgenden soll nur kurz über die Resultate dieser Forschungen mit Bezug auf mein Material berichtet werden. Cramer (1848) und Carus (1850) sehen in der Nachbarschaft des Kernes von Rana temporaria körnige Gebilde; der letztere bezeichnet sie als erster als »Dotterkern« und sieht darin eine analoge Bildung zudem von Wittich (1845) bei Lycosa und Tegenaria entdeckten Gebilde, welches Eduard Milne (1887) »vesicule de Balbiani« zu Ehren Balbianis nennt, da Balbiani diesem Gebilde (»un corps intraovulaire«), um welches sich die körnigen Dottergebilde anhäufen, besondere Aufmerksamkeit zuwandte. Das Vorhandensein des Dotterkerns konstatierten bei den Am- phibien Leuckart (1853, Frosch), Allen Thomson (1859, Frosch). Sie schreiben ihm einen Einfluß und eine Rolle auf die Entstehung des Dotters zu. Bei den Amphibien und Teleostiern sieht auch Waldeyer (1870) imd Valaoritis (1882) den Dotterkern, und der letztere schreibt ihm D Es ist nicht meine Absicht, eine lückenlose Zusammenstellung der Arbeiten, die den Dotterkern betreffen, zu geben. Ich beschränke mich nur darauf, die wich- tigsten Auffassungen über dieses Problem anzuführen. Über den sogenannten Dotterkern der Amphibien. 97 beim Feuersalamander eine dem Kern, aus dem er stammt, ebenbürtige Rolle zu. Iwakawa (a. a. 0.) kann sich nicht entschließen, dem ovalen Körper, welcher auf einer Seite des Oocytenkerns von Triton pyrrhogaster liegt und nicht in allen Eiern sichtbar ist, eine besondere Bedeutung zuzu- erkennen. Schultze (a. a. 0.) verfolgte die Entwicklung des Dotterkerns bei einem im Mai erbeuteten Exemplar von Ra na fusca. Er konnte die frühesten Stadien bei diesem Tiere nicht beobachten und fand, daß sich Körnchen von dem ovalen Dotterkern loslösten, »der sich mehr von dem Keim- bläschen entfernt hatte. Diese « (sc. die Körnchen) »verbreiteten sich in einer konzentrischen dunkeln Zone um das Keimbläschen. Die Membran des letzteren erschien wellig, und um dasselbe war eine körnchenfreie Zone entstanden. Auf weiterem Stadium hatten sich in die betreffende dunkle Zone mehr und mehr Körnchen abgelöst und schließlich war die Stelle, wo der Dotterkern gelegen, kaum mehr in der Körnchenzone zu erkennen «. Leydig (a. a. 0.) gibt keine Auskunft über die wirkliche Bedeutung der Häufchen von Körnern, welche man, sofern sie größer sind, als Dotter- kerne betrachten kann. Über seine an dem Dotterkerne der Amphibien gemachten Beob- achtungen berichtet Schütz (38) folgendes: »Der beim braunen Frosch schon seit V. Carus und H. Cramer gekannte Körper, der von Balbiani im Eierstock des grünen Frosches vermißt wurde, fand sich (im August) in zwei Exemplaren derselben. Er besteht auch hier aus einem einzigen dunklen Klumpen punktförmiger Körnchen. In den jüngsten Eiern ist er nicht vorhanden. Anfangs ist der Körnchenhaufen eine Kugel. Er wächst mit der Größe des Eies, wird dabei immer ovaler, schließlich läng- lich und rückt immer näher an die Eihaut, bis er parallel oder an derselben fest anliegt (Fig. 13). Ähnliches Verhalten zeigt der Dotterkern beim Triton cristaius (Fig. 14), nur sind die Körnchen größer, stark licht- brechend und erscheinen bei starker Vergrößerung nicht als Punkte, son- dern als kleine Kreise. Ferner findet man in demselben Eierstock Eier von verschiedener Größe, die nicht einen einzelnen großen Dotterkern besitzen, sondern von unzähligen, unregelmäßigen Körnchenhaufen auf ihrer Oberfläche besetzt sind (Fig. 14 d), wie dies beim Myriapodenei be- schrieben wurde. Wo der Dotterkern bei Triton cristatus in der Einzahl auftritt, variiert er ungemein in seiner Größe, wenn man Dotterkerne gleich großer Eier vergleicht. Eier von Bufo cinereus enthielten (im August) nichts derartiges.« Archiv f. Zellforschung. XV. 7 98 Helene Gajewska Nach Will (52) sind die bei den Amphibien als Dotterkerne beschrie- benen Gebilde ansgewanderte Xukleolen. Henneguy (16) findet bei Rana temporaria in der Nachbarschaft des Kernes den BALBiANischen Kern als eine körnige Masse, die sich mit Osmiumsäure und Safranin deutlicher als ihre Umgebung färbt. Diese Masse zeigt oft einen sehr komplizierten Bau. Oft sieht man in ihrem Innern ein stärker gefärbtes Körperchen, welches er mit dem Central- körperchen des Dotterkerns bei der Hatte und beim Meerschweinchen identifiziert. Im Innern dieser körnigen Masse findet man Ställchen, » bätonnets «, die auf sehr verschiedene Weise gebogen erscheinen. Henne- guy sah jedoch beim Triton nichts, was auch nur im entferntesten dem Dotterkern entsprechen könnte. Über die Genese dieses Gebildes bei den Amphibien konnte er zu einem entscheidenden Resultat nicht kommen. — Von Bedeutung für die Frage nach der Herkunft des Dotterkerns sind seine Befunde über die Ooc.yten bei Syngnatus. Diese lauten: »C’est tres probablement une partie de la tache germinative ou une tache ger- minative entiere, qui sort de la vesicule pour penetrer dans le vitellus.« »La petite masse nucleaire, qui au moment de son expulsion conserve le caractere des nucleoles, meine refringence, meine coloration se modifie petit ä petit ; eile commence par augmenter de volume et s’entoure cl’une zone de protoplasme modifie, qui devient plus ref ringe nt et presente plus d’affinite pour les matieres colorantes (mammiferes) ou offre une structure speciale (grenouille) ou enfin il se remplit de granulations provenant de la desagregation de la masse nucleaire ( Syngnatus ). Puis l’element con- stitue par la masse nucleaire et la zone protoplasmique, qui l’entoure- perd peu k peu son affinite pour les matieres colorantes et presente les reactions qui lui sont speciales. « — Die Arbeit von Schmidt (a. a. 0.) entscheidet die Frage nach dem Dotterkern beim Proteus nicht, und es wird darin nur beiläufig erwähnt, daß er aus dem Kern stammt. Genauere Angaben über seine Bedeutung fehlen. Von Lams (22) wurde die Entwicklung des Dotterkerns bei Rana untersucht. Nach seinen Forschungen ist der Dotterkern der Amphibien die Attraktionssphäre, welche schon in den jüngsten Keimzellen (in den sich teilenden Oogonien) vorhanden ist. Unmittelbar nach der Teilung der Oogonien im Plasma der Oocyten »ä noyau pulverulant« findet sich bei Rana fusca die Attraktionssphäre in Gestalt eines Bläschens mit einem oder zwei färbbaren Centralkörperchen (»corpuscule central«). Sie liegt im verdichteten Plasma, »qui affecte la forme d’un croissant et contient une grande quantite de granulations colorables«, welche eben Mitochon- über den sogenannten Dotterkern der Amphibien. 99 drien sind. »Ces microsomes qui existent en grande abondance serres les uns contre les autres dans le cytoplasme condense entourant le corps vitellin-sphere attractive, forment une veritable niasse vitellogene. « — In älteren Oocyten stellt jene »niasse vitellogene« eine Ansammlung von Mitochondrien vor, daher sagt der Forscher weiter: »II s’agit d’un veri- table corps mitochondriale«; dieser Körper entsendet Fortsätze gegen die Peripherie des Eies und steht so mit der peripherischen Anhäufung der Mitochondrien und Chondriomiten (»couche mitochondriale ou cxo- plasme«) in Verbindung. Im weiteren Verlauf hört die vitellogene Masse auf, den Dotterkern zu umgeben und nimmt die Form eines U an. Der Dotterkern verschwindet scheinbar. — Aus den Beobachtungen dieses Forschers geht hervor, daß die beim Frosch beschriebenen Körnerhaufen der »masse vitellogene« und das Gebilde, welches sich im Innern der- selben befindet, dem »corps de Balbiaxi proprement dit« homolog sind. Eine andere Auffassung über den Dotterkern der Amphibien (Pro- teus) vertritt Jörgexsex (19). Der Dotterkern beim Proteus ist ein kom- pliziertes Gebilde; er ist nämlich ein Adhäsionskonglomerat, das aus fünf ihrer Herkunft nach ganz verschiedenen Substanzen besteht: 1. aus einem Centrosom, 2. den von der letzten Teilung der Oogonien über- tragenen Mitochondrien, 3. aus Chromatin, das aus dem Kern im Bukett- stadium ausgewandert ist, 4. aus interimistischem Fett und 5. aus den Produkten, welche aus dem Auf- und Abbau des Fettes und des aus dem Kern ausgestoßenen Chromatins herkommen. Diese Substanzen halten zusammen dank der Wirkung des Centrosoms und ihrer Adhäsion. Dieses Konglomerat hält Jörgexsex für den »echten Dotterkern«, im Gegensatz zu dem in älteren Oocyten vorübergehend entstehenden Kon- glomerat von Eiweißsubstanzen, welches aber den von Schultze (a. a. 0.) Leydig (23), Schütz (a. a. 0.) als Dotterkern beschriebenen körnigen Gebilden und nach Zeichnungen zu urteilen der »niasse vitellogene« von Lams (a. a. 0.) entspricht. Jörgexsex verwirft die Existenz einer vitello- genen Substanz; sein echter Dotterkern hat mit der Dotterbildung nichts zu schaffen : »Eine genetische Beziehung zwischen der Substanz dieses Ge- bildes, als einer Art Matrix, mit den später auftretenden definitiven Eiweißgranula und Fetttropfen scheint nach den morphologischen Be- funden nicht zu existieren.« — Alle Substanzen des Dotterkerns vom Proteus mit Ausnahme des Centrosoms gehen in Fett und dann in Oo- plasma über, im Gegensatz zum Dotterkern des Frosches von Laus, wo wir eine Vermehrung der Mitochondrialsubstanzen haben, die in der Zelle dank der Attraktionssphäre erzeugt wurden. Aus dieser historischen Darstellung geht hervor, daß die ganze Frage 100 Helene Gajewska über die Beteiligung und die Aufgabe des Dotterkerns von Amphibien bei der Bildung von Deutoplasma dunkel und durchaus nicht gelöst ist. Dies gilt aber nicht nur für die Amphibien, sondern auch für andere Tiere. Ich will noch in Kürze die Literaturangaben über die Rolle des Dotter- kerns zusammenfassen. Viele Forscher wie Leydig (a. a. 0.), Loyez (a. a. 0.), Lams (a. a. 0.), Winiwater (a. a. 0.), Van der Stricht (a. a. 0.) u. a. schreiben dem Dotterkern eine gewisse, tätige Rolle im Stoffwechsel der Eizelle zu. Diese Rolle kann bei der Dotterbildung zum Vorschein kommen (Wittich, a. a. 0.; Allen Thomson, a. a. 0. ; Lubosch, 27; Van der Stricht, a. a. 0.; Lams, a. a. 0.; Moroff, a. a. 0.). — So sieht Van der Stricht (42) in demselben die bei der Bildung des Deutoplasma« tätige Attraktionssphäre, — eine ähnliche Rolle schreibt ihm Loyez (24) zu. Voss (51) stellt sich vor, daß der Dotterkern der Acanthocephalen ein Reservelager des von außen aufgenommenen Materials ist, das nicht gleich in Plasma verwandelt worden ist und das zu weiterer Entwicklung in Dotter übergeführt wird. Leydig (a. a. 0.) und Jörgensen (a. a. 0.) schließen aber den Anteil des Dotterkerns bei der Dotterbildung aus. Nach dem letzteren entartet dieser in Fett, wie schon oben erwähnt wurde. Ähnlich fand Henneguy (a. a. 0.) bei den Fledermäusen eine Fett- degeneration des Dotterkerns; bei andern Tieren verschwindet derselbe. Woltereck (a. a. 0.) schreibt ihm eine Bedeutung bei dem Wachs- tum und der Ernährung der Oocyte zu und betrachtet ihn als ein »nicht strukturiertes Stoffwechselprodukt «. Goldschmidt (a. a. 0.) meint, daß er die Rolle eines trophischen Kernes hat, im Gegensatz zu dem propagatorischen Kern der Zelle. Moroff (a. a. 0.) konstatiert sogar eine einfache Struktur des Kernes im Falle seines Vorhandenseins in der Zelle, da nach seiner Ansicht der Dotterkern das für das vegetative Leben der Zelle nötige Chromatin pro- duzieren soll. Bei den Vögeln geht der Dotterkern nach Sonnenbrodt (a. a. 0.) in Latebra über. Andere Forscher betrachten den Dotterkern als ein rätselhaftes Ge- bilde (Leuckart, a. a. 0. ; Waldeyer, a. a. 0. ; Leydig, a. a. 0.), über dessen Rolle nichts Bestimmtes sich sagen läßt (Iwakawa, a. a. 0. ; Schultze, a. a. 0.). Er ist ein vergängliches Gebilde (Schütz, a. a. 0.), welches der Assimilation unterliegt und keine besondere Bedeutung für die Eizelle besitzt. Über den sogenannten Dotterkern der Amphibien. 101 2. Material und Methoden. Als Material dienten mir ausschließlich Tritonenovarien. Die zur Untersuchung benutzten Tiere stammten aus der Umgebung der Stadt Krakau. — Die Ovarien wurden herausgeschnitten und mit Zenkers Flüssigkeit, Bouins Mischung oder mit nach Bexda modifiziertem Gemisch Flemjiings fixiert. Bexdas Flüssigkeit wurde oft warm (40—50° C.) angewandt. Die Stücke blieben in der Flüssigkeit bei Zimmertemperatur 3—6 Tage liegen, hierauf erfolgte die Wässerung. — Das Material war in Paraffin eingebettet und wurde in Schnitte von 3—5 u zerlegt. — Es wurde hauptsächlich mit Eisenhämatoxylin nach Heid exhain, Hämalaun, Ehrlichs Hämatoxylin, Safranin oder Kristallviolett und Alizarin nach der Mitochondrienmethode Bexdas gefärbt Als Nachfärbungen kamen Eosin, Lichtgrün, Orange und Bordeaux zur Anwendung. 3. Spezieller Teil. In den Oocyten im Stadium des großen Wachstums erscheint der Dotterkern als schwach angedeutete Plasmaverdichtung, in welcher sich besonders in Präparaten nach Zenker eine äußerst charakteristische Struktur zeigt (Taf. IV, Fig. 1). Diese Verdichtung (Kondensation) tritt in späteren Stadien immer deutlicher hervor und ist nicht selten von einer Menge von sich stark mit manchen Farbstoffen färbenden Fäden umgeben. Solche Fäden zeigen starke Affinität zu Heidenhains Hämatoxylin, färben sich mit Fuchsin und Safranin. — Bei anderen Färbungen treten sie nicht scharf hervor, weil sie die Farbstoffe entweder in gleicher Weise wie die Umgebung annehmen, oder ungefärbt bleiben. Nach Zweifachfärbung mit Ehrlichs Häma- toxylin + Eosin bekommen sie einen dunkelroten Ton, was darauf hinweist, daß sie aus cyano- und erythrophilen Substanzen zusammengesetzt sind. Ähnliche Fäden konnte auch Lams (a. a. 0.) bei Rana feststellen. Der Forscher identifizert sie mit dem Ergastoplasma Bouins, dem Plasma superieur Prenants und den Pseudochromosomen Heidenhains sowie auch denen Van der Strichts. Diese Fäden verbinden sich mit den mit winzigen Körnern beladenen Bälkchen, welche im Innern des Dotterkerns, in dieser Plasmaverdichtung, die mehr homogen ist und sich gleichmäßiger färbt als jene Bälkchen, liegen. Die mit allerkleinsten Körnchen besetzten Bälkchen und eine homo- gene (sich gleichmäßig färbende) Substanz, das sind eben die Aufbau- bestandteile des Dotterkerns der ersten Stadien. Auf Grund genauerer Untersuchungen des Dotterkerns, die sich am T02 Helene Gajewslca besten an Eisenhämatoxylinpräparaten durchführen läßt, kann nach- gewiesen werden, daß jene weniger homogene Bälkchensubstanz sich durch große Affinität zu Heidexhains Hämatoxylin auszeichnet. Man sieht sie sogar an differenzierten Präparaten stark gefärbt, im Gegensatz zu der sie begleitenden, mehr homogen aussehenden Grundsubstanz. Diese entfärbt sich leichter und nimmt bei stärkerer Entfärbung saure Farb- stoffe wie Orange auf, so daß daraus ein bräunlicher Farbton resultiert (Taf. IV, Fig. 2). — Aach der Mitochondrienmethode Bexdas (Taf. IV, Fig. 6) nimmt sie eine violette Farbe an, also eine Mittelfarbe zwischen Alizarin und Kristall violett, den Granula gegenüber, die sich mit Kristall- violett stark färben. Die beiden in Taf. IV, Fig. 1 angedeuteten Bestandteile des Dotter- kerns sieht man ganz deutlich im Innern des riesigen Dotterkerns in Fig. 4 imd 8, Taf. IV. denn sie unterscheiden sich in einem und dem- selben Bilde im Farbenton und in der Struktur gut voneinander; wie uns aber die Übergangsbilder bei Vergleichung der folgenden Stadien be- lehren, stellen sie nur verschiedene Stufen einer und derselben Substanz dar. In vorgerückten Stadien verwischen sich immer mehr jene Fäden, welche man oft an der Peripherie des Dotterkerns beobachten kann. — AVenn diese Fäden fehlen, sieht man deutlich die nach Eisenhämatoxylin dunkel erscheinenden Bälkchen des Dotterkerns (Taf. IV, Fig. 8) sich direkt mit den Bälkchen des ringsum liegenden Plasmas verbinden. Sie liegen immer in der sich schwächer imd gleichmäßiger färbenden Sub- stanz (Grundsubstanz) eingebettet. Die umliegenden plasmatischen Bälk- chen sind auch mit ähnlichen Granulationen so wie die Dotterkernbälkchen beladen, nur ist die Zahl der Körnchen der plasmatischen Bälkchen viel geringer als die des Dotterkerns. Die Bälkchenkörner des Dotterkerns sind anfangs so winzig, daß sie bei schwächeren Vergrößerungen eine einförmige Alasse zu bilden scheinen, sie lassen sich aber bei stärkerer A’ergrößerung an dünnen Schnitten und an günstigen und mehr differenzierten Präparaten bei Eisenhämatoxylin- färbung mit Sicherheit erkennen. Beachtung verdient noch das Schicksal jener homogenen Grundsub- stanz, welche die Dotterkernbälkchen begleitet. In späteren Stadien ver- ändert sich ihre Struktur. Ihr bis dahin homogener Bau wird nun granulös, so daß sie endlich ganz den sich früher dunkler färbenden Dotterkern- bälkchen ähnlich wird, obwohl sie längere Zeit in dem früheren Zustande verharren kann. Das Auftreten der Granulationen in der Grundsubstanz führt zu den Bildern des Dotterkerns, wo fast gar keine Spur davon vor- handen ist. Solche Bilder gehören zu den häufigsten. Ein solcher Dotter- Über den sogenannten Dotterkern der Amphibien. 103 kern erscheint als ein Körnerkonglomerat, dessen Granula sich stark mit Heidenhains Hämatoxylin färben und oft so dicht beisammen angehäuft .sind, daß man sie erst bei genauerer Betrachtung unterscheidet; immer aber lassen die peripherischen Teile des Dotterkerns (wo die Körnchen in geringerer Zahl vorhanden sind) urteilen, daß man hier mit Granulationen zu tun hat. — Aber wie gesagt, findet man auch häufig Bilder (Taf. IV, Fig. 4), wo man nicht etwa nichts unterscheidet, als nur ein Körnerkon- glomerat, sondern auch solche, wo man die homogene Grundsubstanz ganz deutlich zu sehen bekommt. Nach dem Stadium des Konglomerats von kaum sichtbaren, winzigen Körnern (Taf. IV, Fig. 3) beginnen die einzelnen Körner, die sich besser nach Anwendung von Bexdas Methode zeigen, deutlicher sichtbar zu werden, und das Ganze stellt sich als ein Haufen von ganz gut sichtbaren Körnern dar (Taf. IV, Fig. 5). Diese Haufen sind größtenteils dem Kern näher als der Peripherie der Zelle gelegen, obwohl dies durchaus nicht die Kegel ist. — Die Körner wachsen, kleinere fließen vielleicht zu größeren zusammen. Man sieht Bilder des Dotterkerns, in welchem inmitten der kleineren Kügelchen sich größere finden. In dem Maße, wie die Kügelchen wachsen, verändert sich ihre Gestalt, sie verlängern sich, werden mehr elliptisch und ver- wandeln sich in wahre Dotterplättchen (Taf. IV, Fig. 7), die, wie die Schnittserien in einwandfreier Weise zeigen, in situ aus der Substanz des Dotterkerns entstanden und nicht etwa aus der Umgebung angeflogen sind. So verwandelt sich der Körnerhaufen in einen Haufen von Dotter- plättchen, die weiterhin noch lange einen solchen Haufen bilden können. Im Dotterkern entstehen aber nicht nur Dotterplättchen, sondern auch Fettkügelchen in beträchtlicher oder auch in geringerer Zahl, und die letzteren schwärzen sich mit Osmiumsäure und heben sich in Präparaten, die mit Safranin oder mit Bexdas Mischung gefärbt wurden, schön von der Umgebung ab (Taf. IV, Fig. 6). Die beim Triton vorkommenden Dotterkerne weisen bedeutende Unterschiede in Form und Größe auf: es gibt ganz kleine Dotterkerne, wie z. B. solche Fig. 3, Taf. IV zeigt, noch bedeutend kleinere (erst bei Anwendung der Immersion gut sichtbare) und auch so riesig große wie der in Fig. 5, Taf. IV abgebildete, ja auch noch größere; es ist über- haupt unmöglich, hierin eine Regel aufzustellen. Auch ist das kolossale Wachstum des Dotterkerns durchaus nicht Regel: manche wachsen sehr stark, andere bleiben klein (und erfahren dennoch dieselben Veränderungen wie die größeren); es kommt also vor, daß man nicht selten winzige, meist aber kugelförmige Dotterkerne findet. 104 Helene Gajewska Aus dem Gesagten ist klar zu ersehen, daß in der Seriation dieser Gebilde weder deren Größe noch die Form (Gestalt) als Kriterium dienen können, sondern vielmehr deren Zustände, welche in der veränderten Struktur der weiteren Entwicklungsstadien ihren Ausdruck finden, und die damit im Zusammenhang stehende Färbung. 4. Allgemeiner Teil. Die oben mitgeteilten mikroskopischen Befunde weisen auf die Rolle des Dotterkerns hin, es ergibt sich nämlich daraus, daß die Substanz dieses Gebildes in Dotterplättchen und Fett übergeht. — Es fragt sich nun, ob der Dotterkern in irgendwelcher Beziehung zu den in Ooeyten vorkommenden plasmatischen Strukturen steht und was sich über seine Genese sagen läßt. — Bei den Untersuchungen dieser Strukturen haben wir gesehen (14), daß sich aus der perinukleären Ooplasmaverdichtung nach der Desorganisation des Basiehromatins ein Ring entwickelt, welcher die aus dem Keimbläschen ausgewanderten Nukleolen, dann Mitochon- drien, Chondriomiten, Chondriokonten, Fettkügelchen und Ergastoplasma enthält. Dieser Ring entspricht der »couehe vitellogene «, »eouche mito- chondriale«, der »Mantelschicht«, der »couche paleale« anderer Forscher und stammt, die Nukleolen ausgenommen, von dem Keimbläschen nicht ab. In vorgerückten Stadien erfolgt die Ausbreitung dieses Ringes über das ganze Ooplasma in Form eines Netzes, welches nicht an allen Stellen gleichmäßig dick ist. Im weiteren Verlaufe der Entwicklung kommt an der Peripherie der Eizelle ein »Exoplasma« (Taf. IV, Fig. 8) zum Vor- schein, das aus Chondriomiten. Mitochondrien und Ergastoplasma auf- gebaut ist. Das Ergastoplasma macht den Mitochondrien und Chondrio- miten gegenüber den Eindruck verdichteten Plasmas und läßt sich mit allen Fixierungsflüssigkeiten nachweisen. Es kann in größeren oder kleineren Anhäufungen, oft in Form eines Netzes (Taf. IV, Fig. 8) auf- treten, aber eben dieses Ergastoplasma kann sich nicht nur im Exoplasma, sondern auch in den dem Keimbläschen näher liegenden Teilen der Oocyte anhäufen. Durch Assimilationsprozesse verwischt sich die Verbindung zwischen den einzelnen ergastoplasmatischen Anhäufungen, die dann einzeln im Ooplasma liegen und kein Netz bilden. — Solche Gebilde sind in Fig. 2, 6, 4, Taf. IV zu sehen und sind bereits oben beschrieben. Meine Beobachtungen gestatten mir, die Genese des sogenannten Dotterkerns der Amphibien zu entscheiden. Seme Anlage ist schon in dem perinukleären Ringe (»couche mitochondriale«) zu suchen, denn seine Substanz stammt schon von dem Netze ab, das in einem bestimmten Zeitpunkte in den Ooeyten zum Vorschein kommt. Als beweisführend Über den sogenannten Dotterkem der Amphibien. 105 für diese Genese mögen mir solche Bilder dienen (Taf. IV, Fig. 8), in denen der dem Keimbläschen näher liegende Dotterkern sich mit un- regelmäßigen Ausläufern mit den peripherischen, eben von dem peri- nukleären Ringe stammenden ergastoplasmatischen Anhäufungen ver- bindet und sogar in dieselben übergeht und auch selbst wie die peripheren Anhäufungen aus Ergastoplasma aufgebaut ist. Es erscheint noch nötig hervorzuheben, warum der Dotterkern des Tritons in einem bestimmten Zeitpunkte mit dem peripherischen Ergasto- plasma in einwandfreier Weise identifiziert werden kann. — Die mikro- skopische Struktur und die weiteren Schicksale, sowie auch die Art des Färbens1), das sind die Faktoren, die bei dieser Beurteilung in Betracht kommen. So zeigen die peripheren ergastoplasmatischen Anhäufungen (Taf. IV, Fig. 8) den gleichen Bau wie der sogenannte Dotterkern, ja, sie erscheinen anfangs homogen wie dieser und werden erst dann körnig. Diese Körner erscheinen nicht gleichzeitig in der ganzen ergastoplas- matischen Anhäufung, so daß man in dem peripheren Ergastoplasma, wie auch im Dotterkern in einem gewissen Zustande die mehr homogene und die körnige Substanz beobachten kann (Taf. IV, Fig. 4 und 8). Wie man mit der Mitochondrienmethode nachweisen kann, sind diese winzigen Körner als Mitochondrien anzusehen. An den mit dieser Methode behandelten Präparaten erscheinen sie, dem sich violett färbenden Ergasto- plasma gegenüber, himmelblau (Taf. IV, Fig. 6). — Es gibt noch ein Kriterium, das die Identität des peripheren Ergastoplasmas mit dem so- genannten Dotterkern unterstützt. — Geradeso wie der Dotterkern können auch die an der Peripherie der Oocyte liegenden Substanzen in Dotter- plättchen und Fettkügelchen übergehen. Wenn wir nun die oben angeführten Tatsachen erwägen und be- achten, daß das von den früheren Forschern als »Dotterkern« beschriebene Gebilde verschiedene Formen und verschiedene Größe, ja auch verschiedene Lage haben kann, daß sich sein Vorhandensein in der typischen Form nicht in allen Eizellen konstatieren läßt, und wenn, dann nur von gewissen Entwicklungsstadien an, so müssen wir gestehen, daß der so- genannte Dotterkern des Tritons in seiner ersten Entwicklung eine An- häufung von ergastoplasmatischen Substanzen darstellt. — Das Plasma kann im Augenblick des beginnenden Schaffens, zwecks leichteren Aus- tausches seiner Bestandteile in den Molekülen, einen dichteren und mehr D Die Farbstoffe geben die gleiche Färbung dieser Substanzen. Die Zweifach- färbung mit Hämatoxylin-Eosin ergibt gemischte Färbung, die Mischung Bendas eine violette, Safranin und Fuchsin eine rote, Eisenliämatoxylin eine schwarze Färbung. 106 Helene Gajewska homogenen Bau annehmen, was eben zur Ergastoplasmabildung führt. Der sogenannte Dotterkern des Tritons ist eben in seiner ersten Ent- wicklung eine solche ergastoplasmatische Bildung, wird dann infolge des Erscheinens von winzigen Körnern ein Mitochondrienkonglomerat und verwandelt sich erst durch fortwährendes Wachstum der Mitoehondrien und deren weitere Veränderungen in einen Haufen von Fettkügelchen und Dotterplättchen. Die Mitoehondrien färben sich nach der Methode Bendas azurblau, •erst in den folgenden Entwicklungsstadien, wo die Umwandlung in Dotter stattfindet, rosarot und endlich orangegelb. — Nur an günstigen Präpa- raten lassen sich in instruktiver Weise die Farbenunterschiede in den sich entwickelnden Dotterplättchen verfolgen, und zwar begegnen wir hier Bildern, wie sie Russo (35), welcher den Dotter aus den Mitoehon- drien ableitet, bei den Säugetieren gefunden hat. Das verschiedene Verhalten des Dotters gegen die Mischung Bendas steht offenbar mit den chemischen Veränderungen der wachsenden Plätt- chen im Zusammenhang, was auch durch die Färbung mit Eisenliäma- toxylin nach Fixierung in Osmiumsäuremischungen bestätigt wird. Die stärkste Affinität zu Heidenhains Hämatoxvlin ist nur für die jüngsten Stadien der Dotterplättchen charakteristisch, diese Affinität wird bei älteren Plättchen schwächer und bei den ältesten noch mehr; so ent- färben sich reife Plättchen schnell in Eisenalaun und bewahren ihre grünliche Färbung von Osmiumsäure (Taf. IV, Fig. 5). Es ist nun fraglich, ob der Dotterkern von Triton etwas mit der At- traktionssphäre und dem Centrosom zu schaffen hat. — Ehe ich zu dieser Frage komme, sei mir eine kleine Abschweifung gestattet. Wenn wir die Literatur über die Oogenese durchsehen, so fällt es uns auf, daß die Forscher, welche sich mit der Frage des Dotterkerns beschäf- tigen, denselben in sehr frühen Entwicklungsstadien in der Eizelle finden. Rabl (34) bemerkt ihn schon in dem Synapsisstadium ; Wini water (53) in dem Pachytänstadium und besonders in den »diplotenes-« und den »dic- tyes «-Stadien. Van der Stricht (a. a. 0.) hat ihn beim Kind schon im Plasma von Oocyten mit »protobroques«- und » de utobroques «-Kernen beobachtet. Moroff (a. a. 0.) dagegen beim Zerfall von Spirem und Goldschmidt (a. a. 0.) im Spiremstadiu.ni bemerkt. Besonders die For- scher, die die. Auffassung vertreten, daß der Dotterkern eine Attraktions- Sphäre darstellt, machen darauf aufmerksam, daß man ihn »ä partir du mörnent, oü les cellules oogenes ont cesse de se multiplier«1) aufsuchen U Henneguy nach dem Zitat bei La.ms (22). Über den sogenannten Dotterkern der Amphibien. 107 soll. — In den Oocyten mancher Tiere geht dieser Dotterkernattraktions- sphäre die sogenannte perinukleäre »couche vitellogene« (»co liehe palleale« von Bambeke) voran, und erst in ihrem breitesten Felde erscheint der Dotterkern ; in den Oocyten anderer Tiere erscheint zuerst der BALBiANische Kern und dann jene »couche mitochondriale« (»vitellogene«), wie es bei der Fledermaus (Vax der Stricht, a. a. 0.) oder bei den Fischen (Lams, 21) vorkommt. Meine Untersuchungen stehen insofern mit diesen Beobachtungen im Einklang, als man auch bei Tritonen die Substanz, welche später den Dotterkern bildet, schon in Oocyten mit Pachytänkernen und noch früher in Gestalt von »couche mitochondriale« findet, obwohl das Ergastoplasma in diesen Stadien keine isolierten Anhäufungen bildet, wie es später statt- findet, und so die jüngsten Entwicklungsstufen des Dotterkerns vorstellt. — Doch ist in den Oocyten der Synapsisperiode1) und auch in älteren weder Centrosom noch Attraktionssphäre zu bemerken. Darum stehen meine Beobachtungen im Widerspruch mit den Anschauungen dieser Forscher, die annehmen, daß die Attraktionssphäre eine gewisse Rolle bei der Bildung von »couche mitochondriale« und der vitellogenen Sub- stanzen, also ebenso bei der Dotterkern- und der Deutoplasmabildung spielt. — Die Ursache davon, daß die Attraktionssphäre in den Oocyten nicht sichtbar ist, könnte man einem solchen Fall zuschreiben, von welchem Van der Stricht berichtet: »Si on ne parvient pas ä le mettre toujours en 6vidence dans les ovules plus developpes d’ovaires jeunes ou d’ovaires adultes, cela tient incontestablement ä un defaut de technique, de fixateur ou de coloration.« — Doch diese "Ansicht muß abgelehnt werden. Nach der Ansicht Vax der Strichts selbst ist die beste Methode zum Nach- weis des ßALBiAxischen Kerns (Attraktionssphäre) die Mischung Flem- mixgs bzw. Hermanns bei der Färbung mit Heidexhains Hämatoxylin. Wie schon in meiner früheren Arbeit (a. a. 0.) bemerkt wurde, gaben mir Heidexhains Hämatoxylin und die modifizierte Fixierungsmethode Bendas die besten Resultate, wenn es sich um Fixierung und Färbung der plasmatischen Strukturen und der verkörperten Substanzen des Ooplasmas handelt. Ich hätte daher nach dieser Fixierung und Färbung wenigstens in einigen Fällen ein sichtbares Centrosom mit Attraktions- sphäre erhalten und es wenigstens in denjenigen Stadien finden sollen, welche ein ähnliches Aussehen haben, wie die von Van der Stricht bei D Die Tatsache, daß in den Oocyten der Synapsisperiode keine Gentrosomen zu finden sind, kann ebenfalls als eines der Argumente dienen, daß diese Stadien direkt durch Differenzierung des Chromatins des Kernes ohne Anteil der Mitose entstehen. 108 Helene Gajewska den Fledermäusen beschriebenen. — Wenn mithin die (nach der Beschrei- bung der Forscher) den Dotterkern begleitende Substanz ganz deutlich gut fixiert hervortritt1), warum sollten denn die Methoden, die besonders geeignet erscheinen, die Attraktionssphäre festzustellen, dieselbe nicht auch sichtbar machen können, wenn sie wirklich vorhanden wäre, da sie doch die sie immer begleitende Substanz (perinukleärer Ring) in den jüngsten Zellen fixieren. Van der Stricht sagt ja: »Si la couche vitello- gene, qui apparait en meine temps est bien visible on le trouve au milieu de cette zone.« Und weiter: »II constitue un veritable centre, autour du- quel et sous l’influence duquel apparait la couche vitellogene.« Es kann auch der Umstand eintreten, daß die Attraktionssphäre in meinen Abbildungen unsichtbar ist, da sie an diesen Präparaten nicht angeschnitten wurde. Die Durchmusterung der folgenden Schnittserien ergab aber niemals ein Bild, welches dem Gebilde »Dotterkernattraktions- sphäre« als Centralkörper, der in homogener Masse liegt und von ver- ändertem Plasma umgeben ist, entsprechen würde, wie es z. B. Lams (a. a. 0.) beim Frosch beschreibt2). — Solche Bilder des Dotterkerns hat Loyez (24) bei den Reptilien ebensowenig gefunden. Es ist aber merkwürdig, daß selbst die Forscher, die das Centrosom bzw. die Attraktionssphäre als Spiritus movens der im Ooplasma statt- findenden Prozesse ansehen, es zur Zeit dieser Prozesse nicht mit wün- schenswerter Deutlichkeit finden könnten, während man doch das Gegen- teil erwarten müßte. Übrigens sind unsere Kenntnisse über das Centrosom so lückenhaft, daß diesem Gebilde ('ine solche Wirkung wohl kaum zuge- schrieben werden könnte. — Wenn ich aber die Resultate der bisherigen Forschungen über den Keimstock bei verschiedenen Tieren zusammen- fasse, konstatiere ich, daß diese Forscher größtenteils die weiteren Schick- sale der Attraktionssphäre und des Centrosoms nicht kennen. Sie be- haupten, daß die Attraktionssphäre schwindet und infolge der Verände- rungen im Plasma unsichtbar wird. Ihre weiteren Schicksale sind weder Winiwater (a. a. 0.) noch Jörgensen (a. a. 0.) bekannt. Jörgensen (a. a. 0.) hat beim Proteus selbst ein deutliches Centrosom nicht gesehen. »Wir haben das Centrosom nicht mit der absoluten Sicherheit finden können, wie Lams (1907) bei Paria «. King (a. a. 0.) nimmt an, daß das Centrosom bei Bufo schon bei der letzten Oogonialteilung schwindet, D Es ist ja das »Dotterkernlager« Waldeyers. 2) »La sphere attractive s’est conservee dans le voisinage du noyau sous forme d’une petite vesicule d’aspect homogene assez foncee renfermant en son centre un corpuseule central tres chromatique, parfois deux (fig. 5, pl. XVIII) et bordee d’une enveloppe, qui se colore plus fortement, que le cytoplasme ambiant« (Lams). Über den sogenannten Dotterkern der Amphibien. 109 und sogar Van der Stricht (a. a. 0.) kann nichts Bestimmtes aber seine Rolle sagen: »Quoiqu’il en soit, pendant la seconde phase de l’ac- croissement de l’oocyte le corps de Balbiani devenu inpercible ne parait joner aucune röle importante dans la genese du vitellus. « Und weiter: »Le eorps vitellin ne peilt etre considere comme un organ inutile . . .« »Au contraire c’est un organ indispensable ä l’accroissement de l’oeuf, ä la genese du vitellus. 11 n’intervient pas d’une fapon directe ä l’elabora- tion de ee dernier, mais il reside ä sa genese, la dirige. 11 constitue un veri- table centre autonr duquel et sous rinfluence duquel apparait la couclie vitellogene renfermant des elements specifiques qui atteignent un degre de differentiation superieure et aux depens desquels se forment de parties Constituantes bien determines du vitellus (vitellus formateur et vitellus nutritif).« Endlich sagt er: »II est ä remarquer cependant que Pevolution du corps vitellin nous est entierement inconnue et que si longtemps, qu’il n’est pas demontre, que le centrosome de cet element engendre lui aussi des parties Constituantes bien determinees du vitellus, son homologie avec Pidiosome n’est pas entierement etablie.« — Mit Rücksicht auf die Angaben aus der Literatur und in Anbetracht des Umstandes, daß der Dotterkern vom Triton in der Anlage als An- häufung von Ergastoplasma sich erst in späteren Stadien in der Zeit des großen Wachstums der Oocyte findet, im Stadium vor oder bei der Dotter- bildung selbst, daß ich inmitten dieses Ergastoplasmas niemals ein Gebilde sah, daß dem Centrosom entspräche, muß ich unbedingt die Möglichkeit irgendeines Zusammenhanges des Dotterkerns beim Triton mit der At- traktionssphäre oder dem Centrosom ausschließen, welchem ich eine tätige Rolle in der Bildung von »couehe mitochondriale« zuschreiben müßte, wozu ich keinen Grund habe. — Es gibt ja doch Zellen, in welchen sich mehrere Dotterkerne finden, und auch solche, die unter gleichen Be- dingungen fixiert1), gar keinen enthalten; sollte etwa daher das Centrosom bzw. die Attraktionssphäre in den einen Zellen mehr aktiv sein als in den anderen? Woher kommt es aber, daß die Forscher der Attraktionssphäre eine so große Rolle im Leben der Zelle zuschreiben? Es ist bekannt, daß wir in den Keimzellen embryonaler oder neugeborener Tiere zahlreiche Karyokinesen finden, bei welchen die Attraktionssphäre mit dem Centrosom zum Vorschein kommt und nicht immer gleich nach der Oogonienteilung verschwindet, sondern eine Zeit- D Ich spreche von Eiern, welche sich auf einem und demselben Objektträger in einigen aufeinander folgenden Serien befinden. 110 Helene Gajewska lang imOoplasma verbleibt1). Zu derselben Zeit erscheinen in den jüngsten Gonoeyten Körner und Fäden (Mitochondrien und Chondriomiten bzw. Chondriokonten), deren Vorhandensein selbst bei der Zellteilung möglich ist (Czermak. 9; Meves, 30; D'Hollaxder2), 10—12; Benda, 6). — Diese Mitochondrien Und Chondriomiten haben in diesem Stadium die Fähigkeit, sich um die Attraktionssphäre zu gruppieren, was jedoch nicht schon ein Beweis für die Aktivität des Centrosoms ist. — Wenn man nun berücksichtigt, daß in den weiteren Stadien die Mitochondrien, Chondrio- miten und Chondriokonten sich bei noch oft erhaltener Attraktionssphäre rasch anhäufen, daß eben diese Substanzen von vielen Forschern für vitel- logen gehalten werden, so ist es leicht zu erklären, daß man der Attrak- tionssphäre sogar eine Bolle bei der Vitellogenese zuschrieb. — Aber wie ich schon oben ausgeführt habe, kann ich mich dieser Anschauung nicht anschließen, ich muß vielmehr derselben, außer den früher angegebenen, noch folgende Tatsachen entgegenhalten: 1. Die Mitochondrien finden sich auch in indifferenten Zellen (Stadium der Keimzellen) vor ihrer Teilung, wo noch kein Centrosom und keine Attraktionssphäre vorhanden ist. 2. Die Attraktionssphäre kann nicht in der Regel die Bildung der vitellogenen Substanzen (»couche vitellogene «) »diriger«, denn bei manchen Tieren entwickelt sich zuerst die »couche vitellogene«, und erst dann er- scheint darin der Dotterkern als Attraktionssphäre, wie dies in Oocyten des Menschen der Fall ist (Vax der Stricht). 3. Bei anderen Tieren wie z. B. beim Triton, entwickelt sich die »couche vitellogene« trotz des Fehlens der Attraktionssphäre. 4. Die Aktivität des Centrosoms, die sich in der Gruppierung der Mito- chondrien um die Pole der karyokinetischen Spindel äußert, läßt sich nicht überall feststellen. So ist bei Pahulim die Beziehung der Chromidien zu dem »Centralkörperchen« nur von topographischer Natur, wie dies Popoff (32) angibt: »An der Fig. 123, Taf. VI ist nämlich zu sehen, daß die beiden Centrosomen gerade auf entgegengesetzter Seite der Chromidial- anhäufung liegen.« In der Anmerkung lesen wir ferner: »Kürzlich konnte Es können ja sogar ganze Partien der karyokinetischen Spindel lange in den Oocyten erhalten bleiben (Vax der Stricht, 50; Maziarski, 28). 2) D’Hollaxder sieht sogar Pseudochromosomen in sich teilenden Oogonien, sowie auch »couche vitellogene«. Er sagt: »Rappeions nous que dans les oogonies en division on trouve une masse cytoplasmique compacte analogue, qui se divise en meine temps, que le corps cellulaire sans participer ä la formation de la iigure achromatique; en egard ä son aspect, sa genese et son evolution nous l’avous identifie avec la couche vitellogene« (19tägiges Huhn). Über den sogenannten Dotterkern der Amphibien. 111 auch Zweiger bei den Spermatocyten von Forficula die Unabhängigkeit zwischen Centrosom und Mitochondria (Chromidien) beobachten : die Cen- trosomen liegen nicht in dem Chromidialgebiete selbst, sondern in der Nähe desselben. Solche Fälle sind auch von Meves (1900, 1903) beschrieben worden. « Zum Schluß dieses Abschnittes muß ich auf die strahlenförmige An- ordnung des Plasmas (Taf. IV, Fig. 1), welche oft in der Umgebung des Dotterkerns zu sehen ist, aufmerksam machen. Diese ist nicht unbedingt die Folge der Wirkung der Fixierungsflüssigkeit, da im übrigen der Er- haltungszustand der Zellen tadellos ist, und man findet sie nur in früheren Entwicklungsstadien des Dotterkerns; sie tritt besonders deutlich nach der Mischung Zenkers hervor, aber nur in den jüngsten Stadien mit solcher Deutlichkeit, wie es Fig.l, Taf. IV veranschaulicht. Solche Bilder erinnern an die Strahlen, die vom Centrosom ausgehen, nur fehlt hier ein Centrosom; mithin liegt die Ursache nicht in der Tätigkeit des Centro- soms. — Eine ähnliche Erscheinung fanden die Brüder Bouix (7, 8) bei der Entstehung von »corps paranucleaire« bei Ästerim gibbosa und den Liliaceen. Sie sehen zuerst zahlreiche basophile Fäden, die in eine fädige Masse zusammenfließen, welche infolge »une sorte de gelification« sich in einen mehr »hyalinen« Körper verwandelt, den die Forscher »corps paranucleaire« nennen. Der Ansicht von Bouin (a. a. 0.) zufolge sollte man vielleicht jenen Fäden eine gewisse tätige, mir jedoch unbekannte Rolle zuschreiben als »expression morphologique d’une activite particuliaire du protoplasme«. Es erübrigt noch, meine Ergebnisse mit den letzten Befunden von Lams (22) und Jörgensen (19) zu vergleichen, da diese Forscher auch die Oocyten der Amphibien, und zwar von Rana und Proteus, studiert haben, und in ihren Arbeiten dieselben Probleme wie ich behandeln. Da aber meine Untersuchungen in manchen Punkten von den Angaben Lams’ (a. a. 0.) und Jörgensens (a. a. 0.) abweichen, halte ich es für angezeigt, etwas näher darauf einzugehen. So entspricht das von mir als Dotterkern beschriebene Gebilde (wie man aus den Beschreibungen Lams’ [a. a. 0.] und aus den Zeichnungen schließen kann) nur der »masse vitellogene« beim Frosch (Rana fusca), es fehlt ihm jedoch die bei diesem Tier vorhandene Attraktionssphäre., welche nach den letzten Teilungen der Oogonien im Ooplasma verbleiben soll. Die Mitochondrien umgeben bei Rana die Sphäre (»sphere«) und bilden in vorgerückten Entwicklungsstadien den echten Mitochondrial- körper, welchen Lams »masse vitellogene« benennt, und die im Innern der »masse vitellogene« liegende Sphäre ist nach der Ansicht dieses For- 112 Helene Gajewska schers als Dotterkern zu betrachten (»le corps vitellin-sphere attrac- tive «). Ich führe hier die Beschreibung solcher Bilder wörtlich an: »Sur les coupes assez epaisses on reconnait souvent que le centre de la masse vitel- logene est plus pale (Fig. 31, 33). Des coupes tres minces montrent que la masse vitellogene n’a pas une structure granuleuse dans tont son epais- seur, mais presente en son centre un espace prive de microsomes (Fig. 23). L’interpretation de la Serie des coupes m’a revele, qu’il s’agit en realite d’une petite sphere de cytoplasme homogene, circonscrite par la masse vitellogene (Fig. 34). A l’interieur de ce cytoplasme depourvu d’elements mitochondriaux on remarque la presence d’un petit corps arrondi, plus fonce que le cytoplasme ambiant et presentant, en son centre une granu- lation tres colorable, d’ou partent les filaments achromatiques visibles a l’aide de tres forts grossissements (Fig. 21, 23, 30). Ces filaments, formant im petit astre autour du corpuscule chromatique s’irradient ä travers le cytoplasme homogene central jusque dans la masse vitellogene: bref on a devant les veux Fimage tvpique d’une sphere attractive. Ce corps special entoure de la masse vitellogene, je crois pouvoir le considerer comme le veritable corps vitellin de Balbiani . . .« Der größte Unterschied zwischen meinen Ergebnissen und den- jenigen von Lams besteht eben darin, daß solche Bilder mit der Attrak- tionssphäre in den Oocyten von Tritonen nicht zu sehen sind; deshalb können auch die Schlußfolgerungen dieses Forschers nicht für alle Ovarien gelten, und auch der leitende Motor der Dotterbildung bei Rana, die Attraktionssphäre, ist wenigstens für unser Material belanglos. An dieser Stelle will ich noch bemerken, daß die Form der » couch e vitellogene« bei Rana eine andere ist als beim Triton. Bei diesem Tier erscheint sie gewöhnlich, wie bei den Teleostiern (Lams, a. a. 0.), als peri- nukleärer Ring, im Gegensatz zum Frosch, wo sie als »une masse granu- leuse assez compacte« um die Attraktionssphäre auftritt. Meine Beobachtungen über den Dotterkern stimmen auch mit den- jenigen von Jörgensen (a. a. 0.) nicht überein. Dieser Forscher sah beim Proteus Anhäufungen von Eiweißsubstanzen, welche er mit den von Schultze beim Frosch als Dotterkern beschriebenen Gebilden identifiziert, aber nicht für den echten Dotterkern hält. Er behält diese Bezeichnung nur für fünf verschiedene Substanzen bei1), welche als Adhäsionskon- glomerat, also zusammen, in den jüngsten Keimzellen auftreten, imd bezeichnet jene Anhäufung von eiweißartiger Substanz, welche nichts mit x) Näheres in der Literaturbesprechung. Über den sogenannten Dotterkern der Amphibien. 113 dem »echten« Dotterkern (Adhäsionskonglomerat) gemein hat, die aber dem Dotterkern des Tritons entspricht, als ein »Konglomerat von Eiweiß- granula«. Diese Benennung ist aber unrichtig, wenigstens beim Triton, denn man findet im Innern jenes Konglomerates von Eiweißgranula nicht nur Eiweißgranula und Eiweißplättchen, sondern auch Fettkügelchen (Taf. IV, Fig. 6). Der Forscher kann, da er die Genese dieses Gebildes nicht kennt, nichts Bestimmtes sagen. An einer Stelle sagt er: »Wir können nur ver- muten, daß vielleicht das Centrosom dabei eine Rolle spielt.« Da er die Anordnung der Dotterplättchen in dem Konglomerat in Reihen sieht, vermutet er an einer anderen Stelle seiner Arbeit, daß solch ein Gebilde durch »eine Wirbelströmung« entstehen kann. »Diese könnte man« — sagt er weiter — »auffassen als den Ausdruck von Ausgleicherscheinungen, die eine zu postulierende osmotische Spannung der inneren Ooplasma- gegenüber der äußeren Deutoplasmazone herabzusetzen hätte. Bei der scharfen Trennung beider Zonen durch die innere Lage, der an das centrale Ooplasma herangeschwemmten Eiweißplättchen kann der Ausgleich os- motischer Spannungen nicht allmählich vor sich gehen. An seiner Stelle, die vielleicht, wie wir sehen werden, durch die Lage des Centrosoms prä- destiniert ist, wird der trennende Eiweißgürtel zerrissen, und die durch den Ausgleich entstandene Wirbelbewegung schwemmt den definitiven Dotterkern zusammen. « Eine solche spekulative Erklärung Tier Entstehung des Dotterkerns kann für unser Material nicht angenommen werden, denn folgende Schwie- rigkeiten treten dieser Behauptung entgegen: 1. Man sieht nämlich nirgends eine Anordnung der Dotter- plättchen in Reihen, wie dies bei Proteus der Fall ist, und auch ihre Anlagen als allerkleinste Körner weisen keine Regelmäßigkeit dieser Art auf. 2. Jörgensen sagt selbst weiter: »In den meisten Fällen ist an der Anordnung der Eiweißgranula selbst eine wirbelförmige Anordnung nicht zu sehen.« 3. Man bekommt den Dotterkern nach allen Fixierungsflüssigkeiten und in den Oocyten, die in vivo beobachtet werden, zu sehen. 4. Es ist möglich, den ganzen Entwicklungscyklus des Dotterkerns von den allerersten Stadien bis zur Umwandlung in Dotterplättchen und in Fettkugeln zu verfolgen. 5. Wir sehen, daß er sich auffallenderweise in manchen Oocyten befindet, dagegen in anderen nebenliegenden, die auf derselben Entwick- lungsstufe stehen, fehlt, obwohl die Fixierungsflüssigkeit aller Wahrschein- ArchW f. Zellforschung. XV. g 114 Helene Gajewska lichkeit nach auf die nebeneinander liegenden und in demselben Stadium sich befindenden Ooeyten unter gleichen Bedingungen wirkte. 6. Osmotische Strömungen bei der Dotterkernbildung sind noch deshalb abzulehnen, da die Bildung des Dotterkerns meist zu der Zeit stattfindet, wo die Bildung der Dotterplättchen noch gar nicht begonnen hat, so daß infolgedessen von einem unregelmäßigen »Ausgleich osmo- tischer Spannungen« in Form von Wirbelströmungen keine Rede sein kann. Meine Befunde unterscheiden sich endlich von den Beobachtungen jener Forscher, welche den Dotterkern für ein aus dem Keimbläschen herausgetretenen Nukleolus halten. Gleichzeitig mit der Entwicklung der »couelie vitellogene«, in dem Stadium, in welchem man nach der Angabe der Schule Vax der Strichts bei vielen Tieren die Attraktionssphäre sehen kann, werden bei den Tri- tonen die Keimflecke von dem Keimbläschen in das Plasma ausgestoßen. Diese ausgetretenen Nukleolen liegen eine Zeitlang in wechselnder Anzahl (auch ein einziger ist da möglich) in dem perinukleären Ringe, meist in seinem breitesten Felde. In Fig. 9, Taf. IV ist ein solcher ausgetretener (rosa gefärbter) Nukleolus in der halbmondförmigen »couche vitellogene« abgebildet. Rings um ihn ist ein Zwischenraum zu sehen1), und das Plasma, welches den Keimfleck umgibt, bildet Fäden, an welchen der letztere gleichsam angehängt zu sein scheint (Taf. IV, Fig. 9) Solche Bilder des Nukleolus wurden von meinen Vorgängern oft als Dotterkern ge- deutet. So sieht Henneguy (a. a. 0.) in den Ooeyten von Syngnatus das Austreten von Kennflecken und schreibt ihnen eine Rolle in der Veränderung des umliegenden Plasmas zu, was zur Bildung des aus dem Keimbläschen abstammenden Dotterkerns führt. Ganz ähnlich liegt die Sache bei den Ostracoden, weshalb Woltereck (a. a. 0.) den Dotterkern dieser Tiere für ein der Kernsubstanz verwandtes Gebilde hält. Loyez (a. a. 0.) vermutet, daß nicht alle ausgewanderten Nukleolen der Re- sorption unterliegen; sie findet, daß ein Teil derselben sich in Bläschen verwandelt, die in der Nachbarschaft des Kernes abgetrennt oder zu je einigen gruppiert liegen, zusammenfließen und sich mit dem veränderten Plasma umgeben und daß auf diese Weise der »noyau vitellin« entsteht, welcher zugleich vom Kern wie auch vom Plasma stammt. Dies findet bei der Blindschleiche, Kreuzotter und Schildkröte statt. Winiwater (a. a. 0.) hält beim Kaninchen die von Gurwitsch bei diesem Tiere als Dotterkern beschriebenen Gebilde nicht für solchen; es D Vielleicht infolge seiner enzymatischen Wirkung und vielleicht auch infolge der Fixierungsflüssigkeit, was mir jedoch weniger wahrscheinlicher zu sein scheint. Über den sogenannten Dotterkern der Amphibien. 115 sind nach seiner Ansicht Idiosonie, welche mit dem Dotterkern nichts gemein haben; er sieht vielmehr denselben in den einzelnen im Plasma liegenden Gebilden, die indessen, wie ich aus den Zeichnungen schließe, nichts anderes sind als eben ausgewanderte Nukleolen. Nach der Ansicht Julins sehen wir am Beginn der Entwicklung des Eies »un nucleole vrai«, welcher den Dotterkern gibt, den der Forscher mit dem Macronucleus der Infusorien identifiziert (Henneguy, a. a. 0.). An meinen Präparaten konnte ich feststellen, daß man keine morpho- logische Beziehung zwischen den von mir als Dotterkern bezeichneten Gebilden und den Nukleolen nachweisen kann. Die ausgewanderten Keim- flecke, obwohl sie längere Zeit im Ooplasma liegen können, schwellen dann an und werden durch das Plasma assimiliert, indem sie offenbar vorher der Auflösung anheimfallen. — An Präparaten, die stark mit Böhmers Hämatoxylin gefärbt wurden (Taf. IV, Fig. 9), und zwar so, daß sogar der perinukleäre Bing sich deutlich mit Hämatoxylin gefärbt hat, der doch in diesen Stadien eher eine Verwandtschaft zu sauren Farbstoffen besitzt, erscheint ein solcher schwach mit Eosin gefärbter Nukleolus ganz schattenhaft. Wahrscheinlich fällt er schon der Auflösung anheim und verschwindet dann spurlos. — Die Ausstoßung der Nukleolen bemerkte ich auch in späteren Stadien, sogar in Oocyten, in welchen sich der Dotter- kern bildet, doch nach meinen Wahrnehmungen deutet nichts auf ihre unmittelbare Bolle bei der Bildung des Dotterkerns, oder auf irgend- welchen Zusammenhang mit derselben. — Dabei ist zu beachten, daß eben in dem Entwicklungsstadium der Oocyte, in welcher sich größere ergastoplasmatische Anhäufungen bilden, die Wanderung der Nukleolen keine so häufige Erscheinung ist als in den früheren Stadien. Indem ich einen unmittelbaren Zusammenhang des Dotterkerns mit den Nukleolen bestreite, lehne ich zugleich auch seine unmittelbare Ab- stammung von Keimbläschen ab, denn die einzige geformte Substanz, die in der Zeit der Oogenese beim Triton aus dem Keimbläschen hervor- geht, sind die Nukleolen. Wenn ich nun jeden unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Nukleolen und dem Dotterkern ausschließe, da das von mir als Dotter- kern beschriebene Gebilde weder Attraktionssphäre noch Chromatin ist, so muß ich noch zum Schluß erklären, was mich zur Anwendung dieser Bezeichnung berechtigt. — Natürlich ist es nichts anderes als die Geschichte dieser Benennung. — Bekanntlich war Carus der Erste, der die körnigen Anhäufungen um das Keimbläschen herum als »Dotterkern « benannt hat. Seinem Vorgang folgend gebrauchen Schultze, Iwakawa, Allen Thom- son ebenfalls diese Benennung für Körneranhäufungen in den Eiern der 8* 116 Helene Gajewska Amphibien, und ich bin auf Grund der Zeichnungen, welche Schütz vom Dotterkern beim Laubfrosch und Triton cristatus gibt, unbedingt über- zeugt, daß dieser Forscher ebenfalls mit dem Stadium des Dotterkerns zu tun hatte, welches wir beim Triton taeniatus in Fig. 5 und 7, Taf. IV sehen. — Die oben angeführten Forscher kannten die wirkliche Genese der von ihnen beschriebenen Gebilde nicht, und da sie viel spätere Stadien sahen, in denen dieselben wirklich in Dotter übergehen, bedienten sie sich dieser Bezeichnung »Dotterkern«, die insofern unglücklicherweise von Carus geschaffen worden ist, als diese Benennung auch auf andere ergastoplasmatische Gebilde paßt, die in gewissen Stadien der Oocyten in Form eines Netzes erscheinen. 5. Zusammenfassung. Ich gelange auf Grund meiner Beobachtungen über den Dotterkern bei Triton zu folgenden Ergebnissen: 1. Der Dotterkern hat weder mit der Attraktionssphäre noch mit dem Centrosom noch mit dessen Wirkungskraft etwas gemein. 2. Es ist unmöglich, auf Grund mikroskopischer Untersuchungen irgendeine Beziehung zwischen Dotterkern und Xukleolen nachzuweisen. 3. In der Entwicklung des Dotterkerns lassen sich drei Stufen fest- stellen: Zuerst eine Anhäufung von ergastoplasmatischer Substanz (Er- gastoplasma-Dotterkern), dann ein Mitochondrienkonglomerat (Dotter- kern als Ivörnerkonglomerat) und endlich ein Haufen von Fettkugeln und Eiweißplättchen. 4. Die Muttersubstanz für den Dotterkern ist der perinukleäre Ring (»coucke vitellogene «), daher entspricht er der »masse vitellogene« bei Rana (Lams) und dem »Eiweißkonglo nierat« beim Proteus (Jörgexsex). Über den sogenannten Dotterkern der Amphibien. 117 Literaturverzeichnis. 1. Balbiani, G. Sur l’origine des cellules du follicule du noyau vitellin de l’oeuf chez les Geophiles. Zool. Anzeiger. Bd. VI. 1883. 2. Centrosome et Dotterkern. Journal de l’Anat. et de la Physiol. 29. annee. 1893. 3. Bambeke, Ch. van. Contributions k l’histoire de la Constitution de l’oeuf. II. £li- mination d’elements nucleaires dans l’oeuf ovarien de Scorpaena scrofa. Archives de Biologie. T. XIII. 1893. 4. 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Die sämtlichen Figuren wurden auf Tischhöhe von 13 cm mit dem Zeichen- apparat angefertigt unter Benutzung einer 1/12 - Ölimmersion von Leitz, bei einer Tubuslänge von 130 mm. Fig. 1. Dotterkern. Zenkers Flüssigkeit. Heidenhains Hämatoxylin-Eosin. Vergr. Immers. Okul. 3. Fig. 2. Dotterkern. Die Grundsubstanz bräunlich, die Körnersubstanz schwarz gefärbt. Fixierung wie bei Fig. 1 angegeben. Färbung Eisenhämatoxylin-Orange. Vergr. Immers. Okul. 2. Fig. 3. Kleiner Dotterkern im Stadium des Konglomerats der allerkleinsten Körner. Fix. Bendas Mischung. Färb. Eisenhämatoxylin-Eosin. Vergr. Immers. Okul. 2. Fig. 4. Dotterkern mit sichtbaren Körnern (schwarz gefärbt) und Grundsubstanz, die homogen aussieht und grau gefärbt ist. Fix. Bendas Mischung. Gefärbt mit Eisen- hämatoxylin-Eosin. Vergr. Immers. Okul. 2. Fig. 5. Dotterkern auf vorgerückter Entwicklungsstufe. Die Körner sind ganz gut sichtbar. In der Nachbarschaft des Dotterkerns grün von Osmiumsäure gefärbte Dotterplättchen. Fix. wie bei Fig. 4 angegeben. Gefärbt mit Eisenhämatoxylin-Eosin. Vergr. Immers. Okul. 2. Fig. 6. Dotterkern nach Behandlung des Materials mit der Mitochondrienmethode von Benda. In dem violett gefärbten Ergastoplasma sind himmelblau gefärbte Mito- chondrien zu sehen. Im Innern dieses Dotterkerns befinden sich noch mit Osmiumsäure 120 Helene Gajewska, Über den sogenannten Dotterk^rn der Amphibien. schwarz gefärbte Fettkugeln und die sich mit Alizarin orangerosa färbenden Dotter - plättchen. Das umliegende Ooplasma zeigt Wabenstruktur und enthält zahlreiche (schwarze) Fettkügelchen und Dotterplättchen. Fix. wie bei Fig. 3. Färbung nach der Mitochondrienmethode Bendas. Vergr. Immers. Okul. 2. Fig. 7. Die Umwandlung des Dotterkerns in Dotterplättchen von verschiedener Größe. Das umliegende Ooplasma ist grün gefärbt. Fix. in Müllers Flüssigkeit. Färbung mit Eisenhämatoxvlin-Lichtgrün. Yerg. Immers. Okul. 2. Fig. 8. Ein Ausschnitt von der Oocyte. An der Peripherie das Exoplasma mit Ergastoplasma und zahlreichen Körnern. Keben den ergastoplasmatischen Substanzen gelb gefärbte Fettmassen. In dem Teil, welcher dem Keimbläschen näher liegt, ein Dotterkern mit Bälkchen- und Grundsubstanz. Die Bälkchen des Dotterkerns ver- binden sich mit den peripheren, ergastoplasmatischen Anhäufungen. Fix. in von Benda modifizierter Flüssigkeit Flemm ngs. Ge'ärbt mit Eisennämatoxylin-Eosin. Vergr. Immers. Okul. 1. Fig. 9. Eine zu stark gefärbte Oocyte mit dein perinukleären Ringe und zwei der Resorption anheimfallenden, ausgestoßenen Nukleolen, die sogar bei der Überfärbung des Präparates sich nur kaum mit Eosin färben. An der Peripherie der Oocyte zwei Kerne der Follikelzellen. Färbung mit Hämatoxylin-Eosin. Fix. Bouixs Flüssigkeit Vergr. Immeis. Okul. 4. Archiv für ZeUforschzing Bd XV. Gajewska qez Verlag v Wilhelm E Tafel H |m Leipzig. liÖiAnstvE A?unke, Leipzig Über Richtungsspindeln bei Enchytraeus. Von H. Joseph in Wien. Hierzu Tafel V und 1 Textfigur. Bereits vor einer längeren Reihe von Jahren hatte ich Anlaß, gelegent- lich meiner Untersuchungen über Neuroglia und über Flimmerzellen auf die E nchytraeiden als außerordentlich günstiges und schönes Objekt hinzu- weisen. So erfuhr namentlich meine vergleichende Betrachtung der Glia durch Beobachtungen an einer Enchytraeus- Form eine wesentliche Förderung, indem z. B. die schönen Bilder von den epithelialen Stütz- fibrillen des Schlundkopfes meine Vergleichung der Gliaf ibrille mit der »Epithelfaser« (Tonofibrille, Steringofibrille M. Heidenhain) mit- begründeten1). Ich hatte seinerzeit die Unvorsichtigkeit begangen, mein Encliy- traeiden material vor der Konservierung keiner genauen Untersuchung zum Zwecke der Artbestimmung zu unterwerfen, hatte auch mit Hin- sicht auf das allgemein-histologische Ziel wenig Interesse daran, so daß ich auch weiter keine Mühe darauf verwandte, an den konservierten U Ich habe es seinerzeit unterlassen, in eine Polemik gegen jene Äußerungen einzutreten, welche darauf abzielen, die Stützfibrillen der Epithelien, und zwar besonders gerade der pharyngealen Cylinderzellen von Oligochäten nicht als stützende, sondern als kontraktile Strukturen zu kennzeichnen, wie dies wiederholt, zum Teil auch ohne Bezugnahme auf meine die stützende Funktion betonende Arbeit geschehen ist (Polow- zow u. a.). Ich will auch heute nur die Gelegenheit zu einem Hinweise auf diese Frage benutzen. Ein genaueres Eingehen auf die Ansicht von der kontraktilen Natur der Tonofibrillen erscheint mir völlig unnötig. Die Stützfunktion erscheint so gut begründet und die gegenteilige Ansicht wohl bei den meisten maßgebenden Forschern so wenig ernst genommen, daß sich eine eingehende Diskussion kaum verlohnt. Ich konstatiere diesbetreffend nur die erfreuliche Übereinstimmung meiner An- sicht mit der von Lore Mayer ausgesprochenen, die augenscheinlich ohne Kenntnis meiner 11 Jahre früher veiöffentlichten Untersuchungen an größtenteüs identischen oder ähnlichen Objekten und unter Beigabe von Abbildungen, die den meinen völlig entsprechen, zu den gleichen Resultaten über die Fasern im Pharynx- und Epidermis- epithel, sowie über ihre Beziehung zur Muskulatur gelangte. 122 H. Joseph Würmern oder gar an den Schnittserien eine auf die Artdiagnose bezüg- liche Analyse der Merkmale vorzunehmen. Diese Gleichgültigkeit wich einem intensiven Interesse an einer möglichst genauen Determinierung, als ich mich mit der im Titel dieser Abhandlung genannten Struktur zu befassen begann, nachdem ich festgestellt hatte, daß bezüglich des Baues der Richtungsspindeln, wie er von einem der erfahrensten Kenner der Enchytraeiden, Vejdovsky, geschildert wird, und meinem Be- funde eine ganz unvereinbare Differenz bestünde, über die ich mir zunächst mit der Annahme eines Species- oder Genusunterschiedes hinweghalf. Selbstverständlich erachtete ich es jetzt um so mehr für meine Pflicht, mein Material zu bestimmen, was trotz seiner Mangelhaftigkeit bei den ausgezeichneten heute vorliegenden literarischen Hilfsmitteln (Vejdovsky, Michaelsen) einige Aussicht auf Erfolg versprach. Sind nun an und für sich die Strukturen der Richtungsspindeln, wie ich sie fand, in mancher Beziehung eigenartig und, wie ich glaube, teilweise bisher auch noch nicht bekannt, so erhöht sich das Interesse, und erhebt sich eine der Klärung im höchsten Grade bedürftige Frage durch den zweifellos festgestellten Umstand, daß Vejdovsky und ich an dem von uns beiden gleich be- nannten Objekte ganz verschiedene Bilder vorfanden. Da ich mich dieser paradoxen Tatsache gegenüber verpflichtet fühle, meine Art- diagnose zu rechtfertigen, namentlich der auf diesem Gebiete so unum- schränkt anerkannten Autorität Vejdovsky's gegenüber, so sei es mir gestattet, im Nächstfolgenden mein Objekt, soweit es möglich, zu be- schreiben. Ich halte mich dabei an die Gattungs- und Artdiagnosen Vejdovskys und Michaelsexs. Allem voran, obwohl es ja keinen entscheidenden Wert hat, möchte ich die Größe der Tiere erwähnen, die maximal 35 mm, vielleicht sogar um ein Weniges darüber betragen hat. (Ich besitze eine tadellose sagittale Längsschnittserie durch das ganze Tier, die also sowohl die volle Länge als auch die Segmentzahl mühelos feststellcn läßt.) In der Synopsis der Enchytraeiden bei Michaelsex findet sich nur eine Art, die diese Größe erreicht, das ist Enchytraeus albidus Henle ( = E. humicultor Vejd. = E. Mobil Michaelsen usw.). Das gleiche gilt für die Segmentzahl, die in oben zitierter Serie (ähnlich übrigens auch an noch vorhandenen ganzen Tieren) 72 beträgt, während Michaelsex für die genannte Art 53—74 angibt. Auch betont dieser Autor in seiner älteren Monographie über E. Möbii, daß es sich angesichts der beobachteten Länge (25—35 mm) um einen Riesen im Geschlechte der Enchytraeiden handle. Stimmt nun diese vereinzelte Tatsache der Länge und Segmentzahl nur mit einem der zahlreichen beschriebenen Enchytraeiden, so gilt dies auch für Über Richtungsspindeln bei Enchytraeus. 123 alle übrigen morphologischen Charaktere, soweit ich sie erheben konnte. Ich habe eigentlich nur zwei Merkmale nicht berücksichtigt, erstens die Blutfarbe des lebenden Tieres, über die ich natürlich nichts weiß, und zweitens die Umrißform des Gehirnes, die ich, wollte ich ein Exemplar des sehr spärlichen Materials dazu opfern, zwar feststellen könnte, die aber sicher angesichts der großen Zahl anderer Merkmale nur eine ganz untergeordnete Rolle spielen müßte. Ich lasse daher in der folgenden, im Wortlaute an die Diagnosen von Vejdovsky und Michaelseint sich haltenden Beschreibung diese Charaktere einfach weg1). Normalerweise keine ungeschlechtliche Vermehrung, Samentaschenporen auf Intersegmentalfurche 4/5, Oesophagus ohne Muskelmagen Farn. Enchytraeidae. Borsten in vier Bündeln, zwei ventralen und zwei lateralen, gerade, die eines Bündels gleich lang, Kopfporus klein, dorsal zwischen Kopf- lappen und 1. Segment, Rückenporen fehlen, Ursprung des Rücken- gefäßes postclitellial, Herzkörper fehlt, Lymphkörper von einerlei Gestalt, Peptonephridien vorhanden2) [oder fehlend]. Der Oeso- phagus geht allmählich in den Mitteldarm über, Ausführungsgang des Nephridiums am hinteren Pol des Postseptale entspringend, meist sehr kurz. Samenleiter lang, Samentaschen mit dem Darm kommuni- zierend, ohne Divertikel. Gattung Enchytraeus Heule, em. Mchlsn. Im Leben milchigweiß [oder gelblich], Borsten zu 3—5, sehr selten zu 6 im Bündel (in Gruppen zu 4—5), gerade, gleich lang. 1 Paar Pepto- nephridien, unverzweigte, unregelmäßig geschlängelte Schläuche, münden dorsal dicht hinter dem Schlundkopf in den Darm (Speichel- drüsen nicht verästelt, vielfach gewunden, nach hinten sich verjün- gend). Lymphkörper unregelmäßig plattoval bis plattbirnförmig. Nephridien mit kleinem einfachen Anteseptale und großem breit ellip- tischem Postseptale, an dessen hinterem Pol der Ausführungsgang entspringt, der ungefähr so lang wie das Postseptale ist. (Das Ante- septale der Segmentalorgane reduziert sich auf einen durchscheinenden Wimpertrichter, der Ausführungsgang sehr breit.) Samentrichter 4— 6 mal so lang wie dick. (Die Samentrichter nehmen die ganze Länge x) Die Diagnosen benutzen den Text von Michaelsen, bei der Artdiagnose sind die von Vejdovsky entlehnten Bestandteile in runde () Klammern gesetzt. 2) Von angegebenen Alternativen ist die hier nicht zutreffende eckig [ ] eingeklam- mert. 124 H. Joseph des 11. Segments in Anspruch, die Samenleiter erstrecken sich bis zum 17. Segment.) Die Samentaschen bestehen aus einer unregel- mäßig sackförmigen, häufig einseitig ausgebeulten Ampulle und einem scharf abgesetzten Ausführungsgang, dessen Länge ungefähr der der Ampulle gleich kommt und dessen distale Hälfte mit zahlreichen, gedrängt stehenden bimförmigen Drüsen besetzt ist. (Receptacula seminis länglich beutelförmig, mit einem langen, drüsigen Ausführungs- gange.) — Länge 10—35, Dicke 0,5— 1,0 mm, Segmentzahl 53—74. Enchytraeus albidus Heule ( = E. humicultor Vejd.). Die hier zitierten Merkmale habe ich ausnahmslos, zum Teil auf Grund sorgfältiger Durchforschung der Schnittserien bestätigt gefunden. Es besteht für mich kein Zweifel, daß, soweit das vorliegende Literaturmaterial einen sicheren Schluß gestattet, ich es mit der gleichen Form zu tun habe, die bei Vejdovsky unter dem Namen Enchytraeus humicultor geht und die er zuletzt in seiner Arbeit: »Neue Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung« anzuführen glaubt. Ich fand die Tiere in einer Erde, die aus Wien oder dessen nächster Umgebung stammte. Da ich es für aussichtslos halte, den Widerspruch derzeit in befrie- digender Weise zu lösen, will ich gleich an die Schilderung der interessanten Bauverhältnisse in den Richtungsspindcln meines Objektes schreiten und selbstverständlich einen eingehenden Vergleich mit den von Vejdovsky für das gleiche Objekt beanspruchten Stadien vornehmen. Eier im Reifungsstadium begegneten mir in einer Anzahl der unter- suchten größeren Tiere in wechselnder Menge, maximal etwa 15. Sie lagen frei in der Leibeshöhle, vornehmlich in den Segmenten der Genital- region (Segment 9—15). Ausnahmsweise fand ich ein oder das andere Ei auch in weiter hinten gelegenen Metanieren, so einmal in einem, das ich ungefähr mit der Ordnungszahl 21 bestimmen kann. (Da es sich um eine Querschnittserie handelt, wäre eine ganz exakte Feststellung nur mit großer Mühe durch Verfolgung von vielen Hunderten von Querschnitten möglich gewesen, was kaum der Mühe gelohnt hätte. Ich beschränkte mich auf eine kursorische Durchmusterung bei schwacher Vergrößerung mit Abzählung der Borstengruppen und Nephridien, was eine annähernde Genauigkeit gewährleistet.) Auch Vejdovsicy berichtet, einmal ein Ei von Mesenchytraeus flavus sogar im 32. Segment gefunden zu haben. Die Eier befanden sich fast durchwegs im gleichen Stadium (Meta- phase und Beginn der Anaphase) der ersten Richtungsspindel, also in dem bekannten »Bereitschaftszustand« für die Abstoßung des ersten Richtungskörpers, die, wie das auch Vejdovsky annimmt, sich erst außerhalb des Körpers vollzieht, bei der Kleinheit des Objektes von Über Richtungsspindeln bei Enchytraeus. 125 ihm nicht aufgefunden wurde und auch mir nicht zur Verfügung stand. Die Lage der Richtungsspindel war meist mehr oder weniger exzentrisch, jedoch niemals ein Spindelpol in auffallender Weise der Oberfläche ge- nähert, geschweige denn die Spindelachse im Sinn der ersten Reifungs- teilung senkrecht auf die Eioberfläche gestellt, vielmehr hatte die Spindelachse eine deutlich tangentiale, bzw. Sehnenlage und ent- sprach also dem auch an anderen Objekten als Bereitschaftsstellung der Richtungsspindel bezeichneten Verhalten. Ebensowenig wie ich das weitere Schicksal der Spindel verfolgen konnte, lagen mir Stadien von der Umbildung der Keimbläschen in die Spindel vor. Da ich, wie gesagt, an diesen Richtungsspindeln Strukturen entdeckte, welche von den entsprechenden anderer Enchytraeiden und sogar einer als artgleich bezeichneten Form abwichen, mußte ich mir Gedanken darüber machen, ob die Eier wirklich dem Tiere zugehörten, bzw. ob es überhaupt Eier und nicht vielmehr Parasiten wären. Aber ich halte solche Bedenken für ganz überflüssig. Die Lage der Zellen entspricht völlig der von Eiern, und zwar eigenen Eiern des Tieres, ihr charakteristischer Dottergehalt und das Vorhandensein einer offenbar längere Zeit per- sistierenden Spindelfigur weisen nach derselben Richtung hin. Mit den bei Enchytraeiden beschriebenen Gregarinen ( Gregarina Enchytraei Köll. und Gonospora Pachydrili Vejd.) ist nicht die geringste Ähnlichkeit vorhanden, noch weniger mit den opalinenartigen Parasiten, die ich übrigens in meinen Präparaten zahlreich im Darme fand. Da die Eier durch den Druck der umgebenden Organe in verschiedenster Weise unregelmäßig deformiert waren, ist es nicht leicht, verläßliche Maß- angaben über ihre Größe zu machen. Doch dürften die normalen Durch- messer meist um den Betrag von 250 y schwanken. Die Spindel fand ich von keiner auffallenden Hofbildung umgeben, nur ganz in ihrer unmittel- baren Umgebung fehlten die großen Dotterelemente und bestand der Dotter bloß aus kleinen und kleinsten Kügelchen (Taf. V, Fig. 1, 3, 4, 9). Schon die Form der Spindel, wie sie sich am besten auf einem 'genau medianen Längsschnitt zeigt, ist bemerkenswert und vom ge- wohnten Schema stark abweichend. Ihr axialer Durchmesser ist meist, wenn auch in verschiedenem Grade kleiner als ihr äquatorialer, die Spindel stellt also eine Art Rotationsellipsoid dar. Die Spindel der Fig. 1, Taf. V hatte einen Achsendurchmesser von 20 y, einen Äquatordurch- messer von 30 y. In den meisten anderen Fällen, die ich an gelungenen Längsschnitten untersuchen konnte, war das Verhältnis zugunsten der Achse verändert, so z. B. 21.5 y : 24 y (Fig. 4, Taf. V), 23.6 y : 25.6 y, 21.4 y : 27 y, näherte sich also in manchen Fällen der Kugelform sehr 126 H. Joseph stark. Dazu ist zu bemerken, daß kein Längsschnitt so genau durch die Spindelpole ging wie der der Fig. 1, Taf. V, die Spindelachse also schräg im Schnitte lag und das ermittelte Maß derselben infolge Projektion auf die Gesichtsfeldebene häufig als um ein Geringes zu klein zu betrachten ist. Eine Querschnittserie durch eine Spindel (es gehören dieser die Fig. 12, 15 und 16, Taf. V an) ergab als äquatorialen Durchmesser 27 /< , wäh- rend die beiden Pole in dem ersten und sechsten Schnitte der zu 5 ,u Dicke geschnittenen Reihe lagen. Wenn auch nicht anzunehmen ist, daß die beiden Centriolen gerade genau um den vollen Betrag der Gesamt- dicke der sechs Schnitte (6x5 u = 30 //) voneinander abstanden, so ist doch eine Distanz anzunehmen, die zwischen 20 und 30 liegt und die auch ganz gut bis nahe an die Äquatordimension von 27 /u heranreichen, also eine Kugelform der Spindel bedeuten kann. Von einer wirklichen Kugelform der Spindel kann natürlich nur der Längsschnitt völlig über- zeugen.. Ich fand diesen Fall, wenn auch relativ selten, verwirklicht (Taf. V, Fig. 5 und 6). In Fig. 5 hatte sowohl der polare, wie der äqua- toriale Durchmesser die Ausdehnung von etwa 26 u. Nie habe ich jedoch Spindeln gefunden, deren Achsendurchmesser den äquatorialen über- traf. Die Fig. 1 und 5, Taf. V stellen Extreme dar: Verhältnis der Achse zum Äquatorialdurchmesser 2 *■ 3 bzw. 1 : 1. Man würde jedoch fehlgehen, wenn man annähme, daß die relativ längere Spindelachse, also die Streckung der Spindel, mit einem weiteren Fortschreiten des Zellteilungsprozesses Hand in Hand ginge. Das Gegen- teil trifft zu. Die sehr flache Spindel der Fig. 1, Taf. V zeigt bereits ein Stadium der Anaphase, während die kugelförmige der Fig. 5, Taf. V erst ein Metaphasestadium (Mutterstern) aufweist. Daß eine Deformation der Spindel, entsprechend der durch die Lage bedingten Formveränderung des Eies eingetreten sei, ist nicht anzunehmen, vor allem bei der Kleinheit und rundlichen Gestalt des Gebildes. Viel eher glaube ich, daß die eigen- tümliche Formabweichung, welche bei Vejdovskv die Spindeln der Fig. 85 und 87, bzw. die Umgebung ihrer Pole aufweisen, bei deren größerer Achsenlänge durch äußeren Druck verursacht sein kann, und bin nicht der Ansicht des Autors, der in dieser Erscheinung den Ausdruck einer Be- wegung der Spindel sehen will. Inwieweit die meridionale Längsschnittfigur der Spindel in den ein- zelnen Fällen von der strengen Ellipsenform abweicht, zeigen die Abbil- dungen besser als es eine Beschreibung vermöchte, und ich verweise dies- bezüglich besonders auf die Fig. 1, Taf. V, welche die wechselnden Krümmungsgrade ihrer Oberflächenlinie deutlich demonstriert. Wenn wir nun zur Betrachtung der einzelnen Bestandteile der Spindel Über Richtungsspindeln bei Enchytraeus. 127 übergehen, will ich zunächst die Pole, d. h. die Centralgebilde einer solchen unterziehen. Auf dem Längsschnitte erscheinen die Centriolen — als solche kann ich sie am ehesten ansprechen — als im Sinne der Spindelachsenrichtung plattgedrückte Gebilde, zunächst etwa einer biconvexen Linse (Taf. V, Fig. 1, 3) einigermaßen vergleichbar. Sieht man jedoch bei stärksten Vergrößerungen genauer zu, so ergibt sich eine andere Ansicht. Wenn man die Beobachtung einfach fassen will, so kann man sagen, das Centriol habe die Form einer Kugel, von deren Äquator ein ringförmiger Vorsprung ausgeht. Es ergibt sich also eine Figm-, die am besten mit der strengen Profilansicht des Planeten Saturn (mit etwas schmälerem Ring!) zu vergleichen ist. Nicht immer erscheint diese vorspringende Leiste auf beiden Seiten der centralen Kugel gleich ausgebildet (Taf. V, Fig. 5 und 6), an einer Seite scharf abgesetzt (Taf. V, Fig. 8), kann sie oft auf der anderen Seite nur eine ganz ungefähre Andeutung dieses Verhaltens geben. Dies mag mit Zufälligkeiten der Färbungsextraktion Zusammen- hängen, jedenfalls wiegt der positive Befund der deutlichen Ausprägung dieser Leiste mehr als der negative. Querschnitte durch den Spindelpol zeigen ein kreisförmig begrenztes Gebilde (Taf. V, Fig. 12) , von dessen Rand kurze radiäre Fortsetzungen ausgehen. Ich betone, daß diese kurzen Radien es nicht sein können, die am Spindellängsschnitt die Ringleiste Vortäuschen, denn der Durchmesser des quergetroffenen Centriols ist genau gleich dem Durchmesser des »Saturnringes«. Er beträgt nur 3 /<, während der axiale Durchmesser des Gebildes, somit der des kugelförmigen Hauptkörpers etwa die Hälfte, manchmal sogar etwas weniger beträgt. Von diesen Centriolen geht keine Strahlung in das umgebende Plasma, beziehungsweise in den Dotter hinein. Unbestimmte Andeutungen, die ich manchmal bemerkte, lassen mich diese Struktur im besten Fall als quantitativ ganz untergeordnet betrachten. Die radiären Fortsetzungen, die auf Flächenansichten der Centriolen (Querschnitten durch die Spindel- pole) beobachtet und bereits erwähnt wurden, sind bloß die Ansätze der oberflächlichen Spindelfasern, von denen noch die Rede sein wird. Die Substanz der Spindel ist aus außerordentlich feinen, dafür aber sehr zahlreichen Fasern zusammengesetzt. Ob deren, nur bei stärkster Vergrößerung erzielbare Sichtbarkeit und mangelhafte Färbbarkeit mit der Konservierung1) Zusammenhänge kann ich nicht sagen, da mir derzeit kein Kontrollmaterial zu Verfügung steht. D Sublimatkocksalzlösung oder PEREXYisches Gemisch, Färbung mit Heiden- hains Eisenkämatoxylin. 128 H. Joseph Jedenfalls macht die Spindel den Eindruck einer dichten, unbestimmten von Pol zu Pol verlaufenden Faserung, die natürlich in den peripheren Gebieten weit ausladende Kurven beschreiben muß. Auf Querschnitten durch die Spindel herrscht erwartungsgemäß der Eindruck einer äußerst fein punktierten Substanz vor. Eine Unterscheidung von Centralspindel und einer Mantelfaserung ist weder in der Anordnung noch in der Qualität der Fasern zu begründen. Dem entspricht auch die Verteilung der chroma- tischen Elemente durch die ganze Dicke der Spindel (Taf. V, Fig. 11, 15, 16). Eine bemerkenswerte Abweichung in der Beschaffenheit zeigen nur die oberflächlichen Fasern, deren Ansatz an die Centriolen bzw. deren polare, dem Äquator fast parallel verlaufende Abschnitte einen gewissen Grad von Färbbarkeit aufweisen. Schon auf den Fig. 1 und 2, Taf. V, die uns ziemlich genaue Spindellängsschnitte darstellen, sehen wir an der Spindelperipherie vier unscharfe dunkle Flecke, die die Eckpunkte eines dem Spindeldurchschnitt eingeschriebenen Rechteckes bilden. Betrachtet man mehr seitlich gefallene Schnitte (Fig. 3, Taf. V, untere Hälfte, Fig. 9, Taf. V, oben und unten), so bemerkt man eine dem Äquator parallel laufende, manchmal mehr, manchmal weniger scharfe Linie, oft auch ein breiteres, unscharfes, schattenartig aussehendes Band von der gleichen Verlaufsrichtung. Dieses ist auch auf vielen Spindellängsschnitten recht gut zu sehen, z. B. Fig. 2 und 4, Taf. V. Querschnitte durch die entsprechende Region der Spindel zeigen einen dunklen Ring (Fig. 10, Taf. V). Die dunkle Linie löst sich in eine Menge dicht gelagerter, intensiv färbbarer Körnchen auf (Taf. V, Fig. 3, 9), der dunkle Schatten hingegen erscheint als eine Art Verdichtung der Fasern in dieser Region. Man muß sich also aus diesem Verhalten folgende Vorstellung bilden. In einiger Entfernung vom Pol, etwa in der Lage eines Parallelkreises oder noch genauer eines Polarkreises, sind die Spindelfasern bis in eine gewisse Tiefe der Spindeldicke hinein eine kurze Strecke weit und in unscharf abgegrenzter Weise verdichtet, beziehungsweise etwas dunkler färbbar, und an der Spindeloberfläehe sind ihnen kleine Körnchen ein- oder angelagert. Dadurch entsteht eine schattenhafte Polarkreis- schi eilte und ein ihr angelagerter Körnchenkranz. In den Abbildungen Vejdovskys spielen große, kugelförmige, in der Regel scharf abgegrenzte Centroplasmen eine hervorragende und be- stimmende Rolle. Ich konnte von diesen Dingen kaum etwas bemerken. In Taf. V, Fig. 1 fehlt jede Andeutung einer solchen, die Centriolen einliüllenden Masse, doch drängt sich in einigen andern Fällen (Taf. V, Fig. 2, deutlicher oben, Fig. 4 unten, Fig. 5 an beiden Polen, Fig. 6 oben, Fig. 8 oben) der Eindruck einer lockeren, netzig strukturierten, unscharf Über Richfcimgsspindeln bei Enchytraeus. 129 begrenzten, etwas plattgedrückten und namentlich gegen die Polarkreis- schickt der Spindel fast eben begrenzten Plasmamasse auf, die ganz wohl einem Centr oplas ma entsprechen könnte. Es würde also in solchem Falle die eigentliche Spindel (Tonne !) erst mit dem Polarkreisband be- ginnen und dieses eben die Grenze gegen das Centroplasma bedeuten. Da aber einerseits diese Centroplasmen oft ganz fehlen (Taf. V, Fig. 1), andererseits auch im Falle ihres Vorhandenseins der flache, in Taf. V, Fig. 1 scharf ausgeprägte Endkegel der Spindel, an dessen Spitze das Centriol liegt, als besonderer Sektor des Centroplasmas, obgleich etwas weniger scharf begrenzt, nachweisbar bleibt (Taf. V, Fig. 2), folgt dar- aus, daß die eigentliche Spindel bis ans Centriol reicht und die morpho- logische Ausbildung des Centroplasmas eine vergleichsweise untergeord- nete Stufe erreicht, die man vielleicht als rudimentär bezeichnen kann, da ja alle verwandten Arten nach Vejdovsky wohlausgebildete Centro- plasmen aufweisen. Als in entfernter Hinsicht verwandt mit dieser mangel- haften Centroplasmenausbildung könnte der Zustand betrachtet werden, den Vejdovsky in seiner Fig. 107, die erste Richtungsspindel von Fride- ricia hegemon betreffend, vorführt. Hier handelt es sich um ein unscharfes, gegen die Spindeltonne etwas abgeflachtes, lockerer strukturiertes Centro- plasma. Die hier besonders hervorgehobene bündelweise Zusammen- fassung und dadurch bedingte Verdeutlichung der Zugfasern habe ich an meinem Objekte allerdings nicht beobachtet. Auch sonst ist zwischen dieser Figur und meinem Befunde keinerlei Ähnlichkeit in irgendeinem Punkte nachzuweisen. Die Äquatorialebene der Spindel ist endlich — und hier wird am besten auf die Änaphase Taf. V, Fig. 1 verwiesen — von einer Schicht stärker färbbarer feiner Körnchen eingenommen, die auf Längsschnitten, wie dem eben genannten als dunkle körnige Linie, auf Querschnitten (wie Taf. V, Fig. 15 und 16) als eine Summe dichtgedrängter dunkelgrauer Pünktchen erscheint. Die beiden Fig. 15 und 16, Taf. V, die uns noch bei anderer Gelegenheit beschäftigen werden, stellen zwei benachbarte, etwas schief orientierte Äquatorialquerschnitte dar, wodurch die Äqua- torialebene auf jedem Schnitte nur ungefähr zur Hälfte erscheint. Geht ein Schnitt nicht ganz genau längs durch die Spindel, so erscheint natürlich der Anteil der darin enthaltenen Körnchenplatte als ein dunkleres Band (Taf. V, Fig. 7). Will man diese Struktur an etwas Bekanntes an- kniipfend bezeichnen, so dürfte der Ausdruck »Zellplatte« oder »Spin- delplatte«, wie er ja vielfach für analoge Befunde auch an tierischen Zellen angewandt wurde, hier vollkommen am Platze sein. Ohne für die nun zu äußernde Vermutung den exakten Beweis erbringen zu können, Archiv f. Zellforschung. XV. 9 130 H. Joseph möchte ich glauben, daß die Körnchen dieser Zellplatte wie anderwärts so auch hier, in die Mitte der von Pol zu Pol durchlaufenden Spindelfasern eingeschaltet sind, mit Ausnahme jener mit Notwendigkeit anzunehmen- den, welche sich an die chromatischen Elemente ansetzen. Denn die Chromatinelemente sind, wenigstens im Stadium der Äquatorialplatte oder des Muttersternes natürlich genau in der Ebene der Spindelplatte gelegen, und es müssen ihnen Lücken in deren Körnchenanordnung ent- sprechen. Tatsächlich erscheint sogar um jeden Chromatinteil ein schmaler, lichter, von Plattenkörnchen freier Saum. Wenn also an die Chromatin- elemente sich überhaupt Fasern ansetzen, woran ja nicht zu zweifeln ist, so nehmen vorläufig im Muttersternstadium sie selbst die Stelle der Platten- körnchen ein, und es können solche höchstens erst dann auftreten, wenn die chromatischen Stücke in der Anaphase die Äquatorialebene verlassen haben. Somit kommen wir auf indirektem Wege zur Annahme zweier verschiedener Fasern in der Spindel, der zahlreichen, an der Bildung der Spindelplatte schon im Muttersternstadium beteiligten und der relativ wenigen, vereinzelt liegenden, die wir den Zugfasern gleichzusetzen haben, wenn auch, wie gesagt, ein optischer oder struktureller Unterschied nicht nachgewiesen werden kann. In der Spindelsubstanz treten, wenn auch nicht mit voller Kegel- mäßigkeit, Vacuolen auf, von denen häufig eine besonders große etwa das Centrum einnimmt (Taf. V, Fig. 7, 15, 16), während, als ziemlich unregelmäßiger Befund, mehr in der Peripherie kleinere Vorkommen können (Taf. V, Fig. 15, links, unscharf eingestellt). Wenn ich die Chromosomen betreffend mich auf einige wenige Andeutungen beschränke, so geschieht dies aus dem Grunde, weil die hier vorliegende ausschließliche Beobachtung eines einzigen Stadiums jeden Anlaß zu Erörterungen über die Herkunft der Reifungschromo- somen und über das Reduktionsproblem ausschließt. Nur ein paar tat- sächliche Angaben mögen gemacht werden. Die Chromosomen sowohl der Metaphase- als der Anaphasefiguren haben meist die Gestalt von Doppel- stäbchen mit parallel gestellten Komponenten, die im Sinne der Spindel- achse orientiert sind. Die Länge dieser Doppelstäbchen oder Dyaden ist eine sehr geringe, so maß ich an einer in Fig. 1, Taf. V bloß die Länge von etwa 1.5 u. In gewissen Metaphasefiguren fand ich jedoch neben parallelen Doppelstäbchen die schon lange bekannten und auch von Vejdovsky für Enchytraeiden und andre Oligochäten beschriebenen 8* und Kreuzformen, die offenbar Übergangsbilder von der Meta- phase zur Anaphase darstellen (Taf. V, Fig. 2 rechts). Mich inter- essierte auch die Zahl der Chromosomen, und wie Vejdovsky hielt Über Riclitungsspindeln bei Enchytraeus. 131 ich mich dabei an sorgfältige Zählungen sowohl der Längsschnitte wie der Querschnitte. Letztere gaben mir weitaus exaktere Resultate. Während aber zufällig (infolge der Einlagerung von Nucleolen) gerade jene idealen Querschnitte, die die ganze Äquatorialplatte enthielten, nur ungefähre Resultate ergaben (die Nucleolen störten die Zählung), ergab das nucleolen- freie Objekt der Fig. 15 und 16, Taf. V ein einwandfreies und völlig befriedigendes Zählresultat. Kopien der beiden Figuren wurden, wobei Objekte der Umgebung als Definierpunkte gewählt wurden, sorgfältig übereinander projiziert, und es ergab sich, daß von den zwölf Dyaden der Fig. 15 und den fünfzehn der Fig. 16, Taf. V drei einander völlig deckten, woraus hervorging, daß es sich hier um drei identische Dyaden handelte, die eben zerschnitten waren. Es sind dies, wie auch aus der Vor- stellung des Schnittverlaufes ohne weiteres hervorgeht, jene, die an der Grenze der beiden Gruppen liegen, also die zwei untersten und die oberste in Fig. 15, Taf. V und die leicht auffindbaren entsprechenden am linken Rand der Chromosomengruppe in Fig. 16, Taf. V. So haben wir also festgestellt, daß die Richtungsspindel von Enchytraeus humicultor 24 Dyaden enthält. Vejdovsky fand für das gleichbenannte Objekt 16. Gleichfalls im Innern der Spindel, jedoch in wechselnder Lage, manch- mal ganz oberflächlich und wieder andere Male fast im Centrum fanden sich Anhäufungen von Gebilden, die man am ehesten als Nucleolen bezeichnen kann (Taf. V, Fig. 8 rechts, 9). Lange Zeit glaubte ich es mit durch den Schnitt verstreuten Dotterkugeln zu tun zu haben, aber der Vergleich zweier aufeinander folgender Schnitte (Taf. V, Fig. 13, 14), welche die fast gleiche Anordnung der Gruppen dieser Körper, dabei keinerlei Zerreißungen oder Überlagerungen zeigten, ferner das etwas andere färberische Verhalten (hellere, mehr durchscheinende Färbung mit Eisenhämatoxylin gegenüber tiefschwarzer opaker der Dotterkugeln) kennzeichnen diese Körper als etwas anderes und das können in erster Linie nur Nucleolen sein. Man wird begreifen, daß bei der Kleinheit aller in Betracht kommender Objekte die verläßliche Entscheidung, ob ein kleiner schwarzer Körper im Bereiche einer Nucleolengruppe ein Nucleolus oder ein Chromosom sei, unter Umständen schwer sein kann (Taf. V, Fig. 11). Trotzdem läßt auch dieses Bild fast mit Sicherheit auf die Dyadenzahl 24 schließen. Hiermit glaube ich mit genügender Ausführlichkeit die Richtungs- spindeln des von mir als Enchytraeus humicultor Vejd., albidus Henle bestimmten Wurmes beschrieben zu haben und will zur Übersicht in tabel- larischer Weise die Hauptmerkmale aus Vejdovskys und meiner Be- schreibung einander gegenüberstellen. Hierzu bemerke ich, daß ich 9* 132 H. Joseph \ für die Beurteilung der absoluten Größe der Vejdovsky sehen Spindeln nur so geringe Anhaltspunkte besitze, daß ich lieber darauf verzichte. Wenn man aber annehmen will, daß in beiden Fällen die maximale Größe der Dotter kugeln die gleiche gewesen sei, so ergibt sich aus der Vergleichung etwa von Fig. 88 bei Vejdovsky (von mir in der nebenstehenden Textfigur etwas verklei- nert wiedergegeben) mit meiner Fig. 1 oder selbst 5, Taf. V, daß, um nur die Spindellänge zu berücksichtigen, Vejdovsicys Spindeln die meinen auch absolut um ein Mehrfaches an Länge über troffen haben müssen. Wie man sieht, mehr als ein ganzes Dutzend wesentlicher Merkmale, davon die meisten exakt bestimmbar, beziehungs- weise ausdrücklich beschrieben und nur eines, nämlich das Verhältnis der Spindel- länge zum Eidurehmesser aus Vejdovsky s Vejdovsky Joseph Spindelform gestreckt tonnenförmig bis zylindrisch etwarotationsellipsoidisch Verhältnis von Spin- dellänge (/) zu Spin- delbreite (6) l> b 4:1 / b 1 : 1 bis herab zum Verhältnis 2:3 (4:6) Verhältnis von Spin- dellänge zum ungef. Eidurchmesser etwa 4 : 11 etwa 1 : 12 (4 : 48; Spindelfaserung deutlich sehr fein, undeutlich Centriolen punktförmig »satumförmig« Centroplasmen groß, kugelig keine oder rudimentär Polstrahlung deutlich keine » Polarkreise « keine vorhanden Zellplatte keine vorhanden Spindel vacuolen keine Angabe vorhanden Nucle ölen keine Angabe im Spindelinnern Dyadenlänge 4 u 1,5 u Dyadenzahl 16 24 Beobachtete Karyo- kinesestadien Metaphase Metaphase und Anaphase Nach Vejdovsky. Über Richtungsspindeln bei Enchytraeus. 133 Fig. 88 durch schätzungsweise Ergänzung des nicht mitgezeichneten Ei- teiles ermittelt, und in keinem einzigen auch nur ein Hauch von Über- einstimmung. Die Angelegenheit würde kaum eine Spur an Interesse verlieren, wenn ich auch meiner Sache mit der Diagnose Enchytraeus humicultor Vejd. nicht so sicher wäre, als ich es bin. Oder sollten wirklich zwei ver- schiedene Formen vorliegen, die sich in keinem anderen Merk- male als bloß in der Beschaffenheit der Richtungsspindeln unterscheiden? Aber selbst wenn mein Tier sich als falsch diagnostiziert erweisen sollte, ein sicherer Enchytraeide bleibt es doch, und da ist es immer noch mehr als auffallend, daß die große Einheitlichkeit im Bau der Richtungsspindeln dieser Familie, die aus Vejdovskys Arbeit hervorgeht, durch diesen einen Typus so durchbrochen wird. Man denke — große Differenzen der Chromosomenzahl sind uns auch bei ganz nahe verwandten Arten, ja bei Varietäten der gleichen Art nichts Ungewohntes mehr — nur an das Verhalten der Centroplasmen, die in Vejdovskys Dar- stellung als riesige Kugeln erscheinen, bei mir dagegen nahezu oder völlig vermißt werden und deren Fehlen auch nicht aus irgendwelchen tech- nischen Mängeln erklärt werden kann. Denn meine Objekte sind gewiß hinreichend gut konserviert und gefärbt, aber andererseits wäre ja auch für die riesigen Centroplasmen an den entsprechenden Orten (z. B. Taf. V, Fig. 1) meist kein Platz. Das Neuartige und Eigenartige meiner Befunde, so die auffallende Form der Spindel und der Centriolen, die Spindelplatte, die »Polarkreise« seien in diesem Zusammen- hänge noch einmal hervorgehoben. Daß mein Objekt pathologisch ver- ändert sei, dafür ist keinerlei Anhaltspunkt vorhanden, Unregelmäßig- keiten sind auch ausgeschlossen, da alle Eier die gleichen Verhältnisse zeigen, der Verdacht, es handle sich überhaupt nicht um die Eier des Tieres, kann ernstlich kaum in Frage kommen. Endlich wäre vielleicht die Annahme zu erwägen, daß meine Spindeln frühere oder spätere Stadien der von Vejdovsky beobachteten seien und durch Übergänge mit ihnen verbunden sein könnten. Auch das ist unmöglich, wenn man bedenkt, daß es sich ja um identische Karyokinesemomente in beiden Fällen handelt, und beiderlei Spindeln offenbar voll ausgebildete Erscheinungen von längerer Dauer (Persistenz des Bereitschaftszustandes in der Leibeshöhle) darstellen. Soweit mir jene Literatur, die sich mit der Beschreibung von Rich- tungsspindeln, beziehungsweise Spindeln überhaupt befaßt, erinnerlich und zugänglich ist, kann ich mich nicht entsinnen, Strukturen, die mit gewissen von mir hier beigebrachten übereinstimmen, gesehen zu haben. 134 H. Joseph Eine mühsame Durchsicht des ungeheueren Literaturmaterials hätte viel- leicht die Mühe nicht gelohnt, obzwar es mir etwas sonderbar erscheint, daß ein Objekt, wie das meine, noch nicht untersucht worden sein sollte. Aber da vor allem einer der besten Enchytraeidenkenner, Vejdovsky, nichts Ähnliches erwähnt, fühle ich mich einigermaßen gedeckt. So kann ich also mit einem gewissen Vorbehalt auf den Befund der polarkreis- artigen Bildung an den Richtungsspindeln von Enchytraeus als neu hin- weisen, der zwar vielleicht noch einer weiteren Analyse fähig wäre. Und ein Wort sei mir nur über die Centriolen meines Objektes gestattet. Ich habe in einer früheren Arbeit über die Amöbocyten von Lumbricus die Teilkörpertheorie M. Heidexhains insofern einer Kritik unterzogen, als ich diese Lehre gerade im Falle der Centriolen für nicht probebeständig fand. Ich will die ganze Diskussion hier nicht von neuem Vorbringen, sondern nur das eine betonen, daß ich Heidexhains Ansicht, es handle sich in den Centriolen um »histologische Elementarkörper nie- derster Ordnung« durch eine Anzahl von Tatsachen zu entkräften suchte Besondere Größe gewisser als Centriolen zu bezeichnender Ge- bilde, kompliziertere Struktur in solchen und nicht zum mindesten die von der einfachen Kugelform in erheblichem Grade abweichende Gestalt vieler Centriolen (Ellipsoid-, Stäbchen-, Hakenform usw.). Auch diesmal liegt ein Fall von Centriolen vor uns, der sowohl in der beträchtlichen Größe wenigstens einer Dimension (bis 3 ,«) und in der durchaus eigen- artigen Form — ich nannte sie mangels eines präzisen besseren Ausdruckes saturnartig — , wiederum einen Beitrag liefert zu der Annahme, daß es sich bei diesem Zellorganell nicht bereits um eine morphologische Stufe niedersten Grades, sondern um etwas möglicherweise in sich noch in gewissem Grade Komplizierteres handeln müsse. Bekanntlich hat auch Boveri Heidenhain in diesem Punkte bekämpft, und des letzteren Argument, die einfache kugelige Form der Centriolen sei ein Kennzeichen einer morphologisch nicht mehr teilbaren Einheit, mit der launig-ironischen Bemerkung bedacht: »weil sie drehrund sind — wie die Himmelskörper«. Vielleicht ist es nicht ganz ohne Beweiswert, wenn ich nunmehr einen komplizierter gestalteten Himmels- körper als Formanalogon für eine Centriolensorte einführe. (Der Inhalt dieser Abhandlung wurde, namentlich was die cytolo- gische Seite betrifft, schon in einem Vortrage auf dem VIII. Internatio- nalen Zoologenkongreß zu Graz 1910 mitgeteilt. Die damals geplante sofortige Publikation verzögerte sich außer durch die Determinations- bedenken auch dadurch, daß mir die Präparate während des auf den Kongreß folgenden Sommerurlaubes in Verstoß gerieten und erst später — Über Richtungsspindeln bei Enchytraeus. 135 beschädigt — wieder aufgefunden wurden. Neues identisches Material konnte nicht erlangt werden, und so entschloß ich mich jetzt endlich, die trotz ihrer Beschädigung in den für diese Untersuchung maßgebenden Teilen durch einen glücklichen Zufall nicht alterierten Präparate als alleinige Grundlage dieser Mitteilung zu benutzen.) Literaturverzeichnis. (Nur die unmittelbar zitierte, namentlich auf Enchytraeiden bezügliche Literatur ist aufgenommen, die ausgedehnte cytologische Literatur blieb liier unberücksichtigt.) Joseph, H. Untersuchungen über die Stützsubstanzen des Nervensystems, nebst Er- örterungen über deren histogenetische und phylogenetische Deutung. Arb. a. d. zool. Inst. d. Univ. Wien u. d. zool. Station in Triest. Bd. XIII. 1902. Beiträge zur Flimmerzellen- und Centrosomenfrage. Ebenda. Bd. XIV. 1902. Die Amöbocyten von Lumbricus. Ein Beitrag zur Naturgeschichte der cellularen Centren. Ebenda. Bd. XVIII. 1909. Mayer, Lore, Die intracellulären Fibrillen in den Epithelzellen von Oligochäten und Polyc hüten und das Skelett der Muskelzellen. Arch. f. Zellforsch. Bd. XI. 1913. Michaelsen, W. Untersuchungen über Enchytraeus Möbii Mich, und andre Enchy- traeiden. Kiel 1886. Oligochaeta in: Das Tierreich. 10. Lief. Berlin 1900. Polowzow, W. Über kontraktile Fibrillen in einer Flimmerepithelart und ihre funktio- neile Bedeutung. Arch. f. mikr. Anat. Bd. LXIII. 1903. Vejdovsky, F. Beiträge zur vergleichenden Morphologie der Oügochäten. I. Mono- graphie der Enchytraeiden. Prag 1879. System und Morphologie der Oligochäten. Prag 1884. Neue Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung. Abli. Königl, böhm. Ges. d. Wiss. Prag 1907. Tafelerklärung, (Taf. V.) Die Photogramme sind mit Zeiss apochr. hom. Imm. 1,5 mm und 2 mm (Ap. 1,40) und den Projektionsocularen 2 und 4 angefertigt. Die Inkongruenzen der Vergrößerungen (z. B. zwischen Fig. 1 und 4) erklären sich aus Differenzen der angewandten Balglänge. Die Abbildungen betreffen durchwegs erste Richtungsspindeln. Fig. 1. Nahezu genauer Längsschnitt durch eine sehr flache Spindel (l :b = 20 [x : SOjtt). Die Centriolen, namentlich das untere nicht ganz scharf. Anaphasestadium , deutliche Zellplatte, Durchschnitte der »Polarkreise«. 2 mm. Oc. 2. Vergr. 1000 mal. Fig. 2. Ähnliche, etwas höhere Spindel. Metaphasestadium, Centroplasinen, Polarkreisschichten, rechts ein S-förmiges Chromatinelement. 1,5 mm. Oc. 4. Vergr. 1200 mal. 136 H. Joseph, Über Richtungsspindeln bei Enchytraeus. Fig.3. Anaphasestadiura, Zellplatte. Etwas schiefe Schnittrichtung, daher oben Centriol, unten Polarkreis (oberflächlicher Körnerkranz) getroffen. 2 mm, Oc. 2. Vergr. 1000 mal. Fig. 4. Metaphasestadium, nicht ganz genauer Längsschnitt. Polarkreisschichten, unteres saturnförmiges Centriol mit Centroplasma (auch oben Centroplasma getroffen). {I : b = 21,5 fi : 24 fi). 1,5 mm. Oc. 2. Vergr. 600mal. Fig. 5. Kugelförmige Spindel, Längsschnitt, Metaphase. I = ö = 26 fi. Oberes Centriol deutlich saturnförmig, scharf eingestellt, Centroplasma. 1,5 mm. Oc. 4. Vergr. 1200 mal. Fig. 6, Ähnliche Spindel, besonders deutliche Saturnform des Centriols. 1,5 mm. Oc. 4. Vergr. 1200mal. Fig. 7. Schräger seitlicher Schnitt durch eine Spindel, Zellplatte teilweise als un- scharfes dunkles Band erscheinend, Vacuole, oben und unten Körnerkranz des Polar- kreises getroffen. 1,5 mm. Oc. 4. Vergr. 1200mal. Fig. 8. Nicht ganz kugelförmige Spindel, Metaphase, rechts (unscharf) Nucleolen- gruppe. Ein Centriol (oben) mit ungleichseitiger Ausbildung (Färbung?) des Saturnringes. 1,5 mm. Oc. 4. Vergr. 1200 mal. Fig. 9. Seitlicher Längsschnitt. Ein großer Nucleolus, oben und unten Körner - kranz des Polarkreises getroffen. 2 mm. Oc. 2. Vergr. 1000 mal. Fig. 10. Horizontalschnitt durch die Polarkreisschicht. 1,5 mm. Oc. 4. Vergr. 1200 mal. Fig. 11. Horizontalschnitt durch die Äquatorialplatte eines Metaphasestadiums, trotz einer kleinen Nucleolengruppe (unter der Mitte) die Dyadenzahl 24 mit ziem- licher Sicherheit feststellbar. 1.5 mm. Oc. 2. Vergr. 600 mal. Fig. 12. Horizontalschnitt des Centriols, radiäre Fäden (aus derselben Spinde wie Fig. 15 und 16). 2 mm. Oc. 2. Vergr. 1000 mal. Fig. 13 und 14. Zwei aufeinander folgende Schrägschnitte einer Spindel mit einer Gruppe größerer Nucleolen. Chromosomen unscharf. 1,5 mm. Oc. 2. Vergr. 600 mal. Fig. 15 und 16. Zwei aufeinander folgende etwas schräge Querschnitte durch eine Metaphase. Centrale größere Vacuole, periphere kleinere (unscharf) in Fig. 15 links. Die beiden Hälften der Zellplatte als dunkle Körnerfelder erkennbar, darin die Chromatindyaden, in der linken Figur deren 12, in der rechten 15, ergeben durch Über- ei nanderprojektion die Zahl 24. 1,5 mm. Oc. 2. Vergr. 600mal. Archiv f. Zellforschung Bd.AT Tcif.V. cZuseph, phoz. Verlag v \\ilhclm Engclmann, Leipzig Lichtdruck, v C G Roder, G m, b.Hj Leipzig . Referate. Federley, Harry (Helsingfors), Chromosomenstudicn an Mischlingen. Seinen interessanten Chromosomenstudien an Pygaera- Bastarden 1913 (Referat Arch. f. Zellf. Bd. XI. S. 481) und NwimVif/iws-Mischlingen 1914 (Ref. Aich. f. Zellf. Bd. XIII. S.463) läßt Federley eine Reihe neuer, analoger Untersuchungen folgen. Die in rein cytologischer wie auch in vererbungstheoretischer Hinsicht gleich wichtigen Ergebnisse der zitierten Arbeiten sind kurz folgende: 1. Die Chromosomen behalten ihre Individualität in der I<\ und F2-Generation bei, trotzdem sie sich in artfremdem Plasma befinden. 2. Eine Chromosomenconjugation fehlt entweder ganz oder wenigstens teilweise. Mit zunehmender Entfernung in der systematischen Verwandtschaft scheint die Chromo- somenaffinität abzunehmen. 3. Fehlt die Conjugation, so fällt auch die Reduktionsteilung aus. Die Gameten erhalten das volle väterliche und mütterliche Sortiment. 4. Die sekundären Bastarde besitzen eine triploide Chromosomenzahl, entstanden aus der Summierung der Chromosomenzahl des Bastardes mit der haploiden der reinen Elternart. 5. Im sekundären Bastard conjugieren sehr wahrscheinlich die artgleichen väter- lichen und mütterlichen Chromosomen. Die artfremden bleiben univalent. 6. Fj -Inzucht der Gattungs-, Art- und Rassebastarde ist meist steril. 7. »Die auffallende Correlation zwischen Spaltung der Eigenschaften in F2 und Fruchtbarkeit einerseits, sowie konstant-intermediäre Vererbung und Unfruchtbarkeit anderseits, dürfte durch vollständige Affinität zwischen den Chromosomen im ersten Falle und fehlende oder unvollständige Affinität mit ausbleibender Conjugation und Reduktion im zweiten Falle ihre Erklärung finden.« Die neuen Arbeiten bringen prinzipiell nichts Neues, ergänzen und bestätigen die alten aber in willkommener Weise. I. Die Chromosomenconjugation bei cler Gametogenese von Smerin- thus populi var. austanti x populi. Ein Beitrag zur Frage der Chromo- somenindividualität imd der Gametenreinheit. Öfversigt af Finska Vetenskaps-Societetens Förhandlingar. Bd. LVII. 1914 — 1915. Afd. A. Ko. 26. S. 1—36. Smerintlius populi besitzt in seinen Spermatocyten 28 Chromosomen. Die Va- riation austanti konnte daraufhin nicht untersucht werden; sehr wahrscheinlich besitzt sie ebenfalls 28 Chromosomen. Die Spermatogenese im Bastarde verläuft bis zur ersten Reifeteilung voll- ständig normal. Erst liier enthüllt sich die Mischlingnatur. Von 86 ausgezählten Äqua- torialplatten besitzen: 133 Referate. 27 Spermatocyten 28 Chromosomen 30 » 29 » 17 » 3(1 » 4 » 31 » 3 » 32 » 5 » 33 » Die Zellen ein und derselben Cyste verhalten sich dabei ganz verschieden, trotz- dem sie von einer Mutterzelle abstammen. Die Untersuchung der Ovogenese bietet außerordentliche Schwierigkeiten. Da dem Yerf. zudem nur ein kleines Material zur Verfügung stand, ließ sich nur so viel feststellen, daß von vier Äquatorialplatten der ersten Reifeteilung, die im eben abgelegten Ei angetroffen werden, und die auf einen Schnitt zu liegen kamen, alle 28 Chromosomen besaßen. Zwei zerschnittene Platten scheinen 29 Chromosomen zu haben. Das läßt die Vermutung zu, daß wohl in der Ovo- genese dieselben Variationen in der Chromosomenzahl Vorkommen, wie in der Spermato- genese. Federley glaubt, daß die Tatsache der Variabilität in der Chromosomenconjüga- tion der Individualitätshypothese widerspreche. Da keine anormalen caryokinetischen Rilder beobachtet winden, ist eine Verschmelzung von Chromosomen, wie sie bei andern Bastarden sicher vorkommt, nicht wahrscheinlich. Somit steht fest, daß die Zahl der conjugierenden Chromosomen verschieden ist. Das setzt qualitative Veränderungen voraus. Die neuen Chromosomenindividuen sind nicht mehr identisch denjenigen der Gametenmutterzelle; die Individualitätshypothese aber verlangt, daß die homologen Chromosomen aller Zellen der Keimbahn gleichwertig sind. [Dieser Einwand dürfte wohl kaum überzeugend sein ! Ref.] Wie verhalten sich diese cytologischen Ergebnisse zu denjenigen der experimen- tellen Vererbungsforschimg? Standfuss sagt, und beruft sich dabei auf 32 ziemlich individuenreiche Zuchten, daß in der FVGeneration das Gesamtkolorit ein deutlich mendelndes Merkmal ist, während mit Rücksicht auf alle übrigen Merkmale stets wieder so konstante Zwischenformen resultieren, wie sie nur für echte Artbastarde charakte- ristisch sind. Im Gegensatz dazu scheinen nun die cytologischen Verhältnisse bei der Reifung der Gameten des Bastardes austanti x populi zu beweisen, daß neben einer echten Mendelspaltung — die Folge der reduktioneilen Teilung der conjugierten Chromo- somen — eine bunte Mannigfaltigkeit von Formen in der FVGeneration auftreten sollte — die Folge der verschiedenen Chromosomengarnituren. Federley führt diese Disharmonie darauf zurück, daß in erster Linie wohl nur diejenigen Gameten, in denen 28 oder vielleicht 29 Chromosomen vorhanden waren, miteinander lebensfähige Brut erzeugten; während die Gameten mit 30 — 33 Cliromosomen nicht entwicklungsfähig waren. Tatsächlich ist auch der Prozentsatz der absterbenden Tiere der FM-Zuchten nicht gering. Dazu kommt noch, daß sowohl in den Zuchten von Standfuss (09. S. 72), als auch in analogen Kreuzungen des Verfassers, vereinzelte, ganz und gar abweichende Individuen auftraten, die neue Merkmale, die in der ganzen Gattung sonst nicht vor- handen sind, zeigten. Sehr wahrscheinlich haben wir darin Formen mit extremen Chromo- somengarnituren. II. Die Spermatogenese des Bastards Dicranura erminea 2 x D. vinulu cT. Ebenda, Bd. LVII. 1914-1915. Nr. 30. S. 1— 26. Schon bei den Artbastarden von Pygaera, dann aber auch bei dem Rassenmisch- ling S. occellala x var. planus machte sich unter den Chromosomen, scheinbar im Gegen- Referate. 139 satz zur mangelnden Affinität während der Conjugation, eine Tendenz zum Verklumpen bemerkbar. Ganz besonders auffällig tritt sie bei einem Dicranura- Bastard auf. D. vi- nula besitzt haploid 21 Chromosomen, /). erminea dagegen 28. Im Bastarde erminea $ x vinula o verläuft die Spermatogenese anfangs ganz normal. Auffällig aber sind in dem Postsynicesisstadium die dünnen Chromatinschleifen, die bei den reinen Eltern auf diesem Stadium dicker sind. Daraus folgert Federley wohl mit Recht, daß beim Bastard die Conjugation unterblieben ist [der andre Schluß, daß die bei den reinen Arten vermutlich vorliegenden Doppelfäden auf Parallelconjugation schließen lassen, ist keines- wegs beweiskräftig]; tatsächlich zeigen auch die Äquatorialplatten der ersten Reife- teilung, daß nur eine mangelnde Chromosomenaffinität besteht. Es können 29 — 45 Chro- mosomen gezählt werden, wobei meist ein oder mehrere unförmig große Chromosomen die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Zweifellos verschmelzen mehrere Individuen zu einem Chromatinklumpen (Chromatolyse). Die Anomalien in der zweiten Reifeteilung sind noch größer. Normale Spermatozoen werden wohl nur selten gebildet. Damit stimmt überein, daß Rückkreuzungen meist erfolglos sind. Federley vergleicht diese chromatolytischen Prozesse unter anderm mit der Chromatinelimination der BALTZERschen Echinidenbastarde. Auch hier vertragen sich artfremde Chromosomen eine Zeit lang. Aber schon auf dem Stadium der Gastrulation zeigt sich bei gewissen Bastarden eine antagonistische Wirkung und die artfremden Chromosomen werden eliminiert. III. Die Spermatogene-se des Bastards Chaerocampa porcellus & x elpenor cf. Ebenda. Bd. LYIII. 1915 — 1916. Nr. 12. S. 1— 17. Um der Frage weiter nachzugehen, ob ein Parallelismus besteht zwischen der Verminderung der Chromosomenaffinität und zunehmender Entfernung im System, untersucht Federley noch den Bastard Chaerocampa porcellus x elpenor. Elpenor besitzt haploid 29 Chromosomen, porcellus ebenfalls. Sonderbarerweise (nach den Ergebnissen der andern Artkreuzungen !) verläuft die Bastardspermatogenese genau gleich wie bei den Elternarten. Abgesehen von zwei Äquatorialplatten der ersten Reifeteilung mit 30 Chromosomen, sind auch hier 29 Chromosomen vorhanden. [Ob die Bastardnatur des gekauften (!) Materiales ganz sicher steht? Ref.] J. Seiler (Berlin-Dahlem, Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie). J. W. H. Harrison, B. Sc., and L. Doncaster, Sc. D. On Hybrids between Moths of the Geometrid Sub -Family Bistoninae , with an account of the Behaviour of the Chromosomes in Gametogenesis in Lycia(Biston)hirtaria,Ithysia (Ny ssia) zonar ia and in tlieir Hybrids. Journ. of Genetics, Vol. III. No. 4. 1914. S. 229 — 248. Einleitend faßt Harrison seine Kreuzungsergebnisse (veröffentlicht in Oberthürs Lepidopterologie comparee, Fase. VII, pages 333 — 655) mit Arten der alten Gattung Biston zusammen. In unserm Zusammenhang interessieren in erster Linie die Resultate der Kreuzung hirtaria Q x zonaria $ und die der reziproken Kreuzung. Die erste liefert auf 2 $ nur ein die zweite ergibt nur ein <$. Durch die Untersuchung der Gametogenese der reinen Arten und des Bastardes hoffte Doncaster dies eigentümliche, bei Artkreuzungen oft auftretende Resultat zu erklären, was jedoch nicht gelang. 140 Referate. Da Doxcaster seine Untersuchung zu vervollständigen verspricht und zu erweitern, durch Vergleich mit anderm Kreuzungsmaterial, und da die jetzt vorliegenden Daten zum Teil wenig sicher und die Abbildungen nicht Vertrauen erweckend sind, mögen kurze Angaben genügen. 1. Die Chromosomen von L. hirtaria. Ovogenese. Die Zalü der Ovogonienchromosomen scheint 28 zu sein. Nach einer typischen Synapsis (Synicesis) folgen Wachstumsstadien mit einem Spirem aus wenigen dicken Fäden, die sich bald verkürzen. Ungefähr 13 können jetzt gezäldt werden. In- zwischen tritt ein zusammengesetzter Chromatinnucleolus auf, der oft aus vier Teilen zu bestehen scheint, zwei kleinen und zwei großen; letztere scheinen inäqual zu sein, zeigen aber keinerlei Konstanz in ihrem Aussehen. »The size (!!) of the chromatin- nucleolus also indicates that it woukl give rise to one of the larger chromosomes«; mit andern Worten, Doxcaster faßt den Nucleolus als Chromosomennucleolus, als kom- paktes Geschlechtschromosom, auf und vergleicht ihn mit dem »doppelten« Geschlechts- chromosom von PhragmatoUa fuliginosa (Seiler, Arcli. f. Zellf. 1914. Bd. XIII). Wenn man etwas vergleichen kann, so können es nur die Nucleolen sein und bei fuliginosa hat der Ovocytennucleolus bestimmt nichts mit einem Geschlechtschromosom zu tun. Spermatogenese. Die Spermatogonien haben 28 Chromosomen. Sonderbarer- weise zeigen die Äquatorialplatten der ersten Reifeteilung nur 13, statt der erwarteten Zahl 14. Doxcaster nimmt an, daß ein kleines Chromosomenpaar mit einem großen gekoppelt ist. Da in den Äquatorialplatten der zweiten Reifeteilung, die meist auch 13 Chromosomen besitzen, gelegentlich 14 vorhanden sind, scheint die Koppelung keine feste zu sein. In einem Fall besitzt eine Platte mit 14 Chromosomen ein deutlich biva- lentes, also eigentlich 15 Chromosomen. — Hoffentlich gelingt es Doxcaster später, diese Verhältnisse klar zu legen. 2. Die Chromosomen von Nyssia zonaria. Die Spermatogonien besitzen eine sehr große Chromosomenzahl, über 100 Chromo- somen können festgestellt werden; die Spermatocyten haben 56, von denen das größte kaum so groß ist wie das kleinste von liirtaria. 3. Die Chromosomen der Bastarde. Zonaria $ x hirtarius o, die nur <5 liefernde Kreuzung. Die Spermatogonien zeigen auf den ersten Blick zwei Arten von Chromosomen, viele kleine und eine geringe Anzahl große. Die Zahl entspricht ungefähr der Summe der haploiden Chromosomen- zahlen der Elternformen. Eine Synicesis konnte festgestellt werden, das Pachytänstadium aber scheint zu fehlen. Tatsächlich hat auch keine Conjugation stattgefunden, höchstens wenige Chromosomen können sich gepaart haben, nach den Chromosomenzahlen (etwa 65 — 70) zu schließen, die in den Äquatorialplatten der ersten Rcifeteilung auftreten. Die Spermatocyten II. Ordnung besitzen in der Regel weniger Chromosomen. Dox- caster glaubt, daß nicht alle Chromosomen in der ersten Reifeteilung geteilt werden. Hirtaria $ x zonaria <$. Hier sind die Verhältnisse, wie die eben beschriebenen. Xur scheinen mehr Chromosomen zu conjugieren. Die Äquatorialplatten der ersten Reifeteilung zeigen 52 — 60 Chromosomen, die der zweiten ungefähr 50. J. Seiler. Referate. 141 L. Doncaster, Sc. D. Chromosomes, Heredity and Sex : A Review of the Present State of the Evidenc-e with regard to the Material Basis of Hereditary Transmission and Sex- Determination. The Quarterly Journal of Microsc. Science. Vol. 59. Part 4, 1914. S. 487-521. Ähnlich wie die zusammenfassenden Arbeiten von R. Hertwig (12), Correxs- Goldschmidt (13), Schleip (12) gibt Doxcaster eine Zusammenstellung der wichtigsten Daten und Überlegungen zur Frage der materiellen Basis der Vererbung im allgemeinen und der Geschlechtsübertragung im speziellen. Es sei einiges aus den Gedankengängen, namentlich da, wo neue Tatsachen verwertet werden, wiedergegeben. 1. Die Chromosomen und die Mendelfaktoren. Das Verhalten der Chromo- somen während der Reifung oder Gameten entspricht genau den Anforderungen, die die Mendelianer an hypothetische Vererbungsträger stellen. Die wichtigsten Beob- achtungen, die das belegen, sind die Feststellung der doppelten Chromosomensätze in den somatischen Zellen, einer väterlichen und einer mütterlichen Ursprunges, und der Conjugation der beiden Sortimente in der Synapsis und Trennung der Paarlinge in der Reduktionsteilung. Wenn die Chromosomen die Träger der Mendelfaktoren sind und » allelomorphe « = homologe Chromosomen conjugieren und nach dem Zufall in der Reduktionsteilung in die eine oder die andre Gamete kommen, wäre die Mendel- spaltung erklärt. Nur wenige Forscher anerkennen das cytologische Tatsachenmaterial nicht, das das Fundament für diese Überlegungen abgibt. Meves lehnt die Individuali- tätshypothese ab, Bonnevie sieht in der Synapsis eine vollständige Verschmelzung der Paarlinge, nach Häcker und seiner Schule gibt es keine Reduktionsteilung im Weis- MANNschen Sinne. Die meisten dieser Einwände jedoch sind auf negative Befunde ge- gründet. Nur die Frage der Verschmelzung während der Synapsis hält Doxcaster noch für offen. Oft zeigte es sich, daß ganze Gruppen von Merkmalen gemeinsam übertragen werden (Gametenkoppelung). Solche Merkmale müssen in Körpern übertragen werden, welche in der Gametogenese sich als Einheiten erweisen. Das können nur die Chromosomen sein. Bei Drosophila sind drei Gruppen von Merkmalen nachgewiesen, die je gemein- sam übertragen werden. Morgax (1911) denkt sich eine solche Gruppe in einem Chromo- som lokalisiert. Die Störungen in der Übertragung solcher gekoppelten Merkmale bzw. Lösung der Koppelung, die oft festgestellt werden konnte, u. a. auch bei Drosophila, denkt sich Morgax entstanden durch Austausch von Chromosomenteilchen (Genen) während der Synapsis, was vorläufig eine bloße Vermutung bleibt. Theoretisch sehr wertvolle Ergebnisse brachten die Chromosomenstudien an Misch- lingen. Federley zeigte, daß bei Rückkreuzung von Pygraera- Artbastarden mit einer Elternform die Nachkommen intermediär sind, nur in wenigen Eigenschaften spalten. In schönster Harmonie dazu steht das Verhalten der Chromosomen. Der primäre Bastard besitzt in seinen reifen Gameten das gesamte Chromosomensortiment beider Eltern, da keine Chromosomenconjugation vorkommt; beide Reifeteilungen sind für die Groß- zahl der Chromosomen Äquationsteilungen. Nur wenige Chromosomen conjugieren und werden dann reduktionell geteilt. Nehmen wir an, daß die Chromosomen die Träger der Mendelfaktoren sind, so ist das ganze Problem geklärt [das wäre sehr schön, nur fehlt noch der Beweis ! Federley, der sich übrigens selbst vorsichtiger ausdrückt, hat nur ein P2-Tier aufziehen können ! ! D. Ref.]. 142 Referate. Wie sehr wir berechtigt sind, die Chromosomen als Vererbungsträger anzusehen, beweisen auch die Kreuzungen mit Seeigeln (Baltzek, Herbst, Tennent). 2. Die Chromosomen und das Geschlecht. Doncaster stellt hier die bekannten Ergebnisse der Geschlechtschromosomenforschung zusammen. Zu dem einen Nachweis von weiblicher Digametie an Pliragmatobia fuliginosa (Seiler) kann Doncaster einen neuen Fall hinzufügen, der sich auf Abraxas grossulariata bezieht. In normalen Fa- milien besitzen die Ovogonien 56 Chromosomen, in einer bestimmten Rasse mit abnor- malem Sexualverhältnis sind nur 55 vorhanden und dementsprechend haben die Tochterplatten der ersten Reifeteilung 28 und 27 Chromosomen. Wir hätten also hier einen typischen Fall von einem X-Chromosom im weiblichen Geschlecht. 3. Die geschlechtsbegrenzte Vererbung und die Chromosomen. Don- caster zeigte zuerst an Abaxas, daß das Weibchen gewisse Eigenschaften nur auf den Sohn überträgt, während dieser sie auf die Nachkommen beider Geschlechter überträgt. Später fand Morgan an Drosophila einen umgekehrten Fall. Das Männchen überträgt nur auf die Tochter. Im ersten Fall lehrten die Tatsachen, daß das Weibchen ( Abraxas , Kanarienvogel, Huhn) in gewissen Charakteren konstant heterocytisch ist, im andern Fall ( Drosophila , Katze, Mensch) ist es das Männchen. Da diese Eigenschaften gemein- sam mit dem Geschlecht vererbt werden, nannte man sie geschlechtsbegrenzt und schloß (Morgan u. a.), daß der Geschlechtsfaktor und die Faktoren der geschlechtsbegrenzten Eigenschaften im Geschlechtschromosom lokalisiert seien. Diese Annahme erklärt die sonderbare Art der Übertragung. Sind zwei geschlechtsbegrenzte Eigenschaften vor- handen, so werden sie im allgemeinen immer gemeinsam vererbt, wie folgendes Schema zeigt (die gekoppelten Eigenschaften seien A und B, X sei der Geschlechtsfaktor): d Q P XAB — x Xab Xab F± Gameten Xab — XAB Xab Nun gibt es aber auch — fast möchte man sagen leider — Gameten X41i und X a B. Morgan nimmt an, daß in der Synapsis die Chromosomen XAB und Xab der Ft Weibchen conjugieren und dabei A den Platz tauscht mit a, oder B mit b (»Crossing over«). Wenn nun aber geschlechtsbegrenzte Eigenschaften in ihrer Übertragung an den Geschlechtschromosomenmechanismus geknüpft sind, so müßten sie ohne Aus- nahme im einen Fall ( Drosophila usw.) vom $ auf die $, im andern Fall (Lepidopteren usw.) vom $ auf die Von Najas major konnte L. Guignard schon 1899 nachweisen, daß sie zu den Pflanzen gehört, deren generativer Kern bereits im ungekeimten Pollenkorn eine Zweiteilung erfährt. Während L. Guignard den ersten generativen Kern von einem Zellkörper deutlich umschlossen sieht und letzteren auch abbildet, hebt er weiter hervor, daß um die beiden aus ihm hervorgegan- genen generativen Kerne nur mit großer Mühe eine eigene Zellhülle sich unterscheiden lasse. Er trägt sie in seine Figuren ein, doch tatsächlich nur als einen zweiten Umriß, der durch keinerlei Inhaltsmassen von der Kernwandung getrennt ist. Schon die um die Kernspindel und die darauf folgenden Teilungsstadien gezeichneten Umrisse grenzen nur inhaltsleere Zwischenräume von geringster Breite ab. In den Pollenschläuchen, heißt es hierauf in der Arbeit, welche die Befruchtungsvorgänge bei Najas major behandelt, ist eine Hülle aus Eigenplasma um die generativen Kerne nicht mehr sichtbar. Bei Alisma Plantago und Sagittaria variabilis, die wie Najas zwei generative Kerne schon im Pollenkorn aufweisen, waren nach John H. Schaffner keine Zellkörper um diese Kerne abgegrenzt. Eine solche Abgrenzung hätte aber für Schaffner um so mehr in Betracht kommen müssen, als er die Spermakerne, von Centrosomen begleitet, in den Embryosack eintreten ließ. Diesen ScHAFFNERschen Angaben wären weiter die von William Dayton Merrell für Silphium gemachten anzu- schließen. Im reifen Pollenkorn von Silphium ist der generative Kern auch schon geteilt. Der erste generative Kern soll von einer geringen Menge von hyalinem Cytoplasma umgeben sein, das sich von dem körnigeren Cytoplasma der vegetativen Zelle unterscheiden lasse und das Merrell dementsprechend abbildet, während seine beiden Teilungsprodukte in den MERRELLSchen Figuren von dem gemeinsamen Cytoplasma des Pollen- korns direkt umgeben erscheinen. — Entgegen diesen Angaben, die kein Eigenplasma um die Spermakerne schildern, hatte St. J. Golinski solches Über die Teilung des generativen Kernes vor der Keimung des Pollenkorns. 1 51 1893, also einige Jahre zuvor, für Gräser beschriehen. Aus den Abbil- dungen, die seine Schilderung begleiten, würde man freilich geneigt sein, eher das Gegenteil zu entnehmen, so daß ich nur der Vollständigkeit wegen diese Arbeit hier mit anführe. — Nicht unwichtig erscheint mir hingegen die weniger beachtete Arbeit von C. Stuart Gager über die Entwicklung des Polliniums und der Spermazellen bei Asclepias Cornuti. Aus einer seiner Figuren ist zu ersehen, daß die generative Zelle bei ihrer Abgrenzung im Pollenkorn nur Verbindungsfäden als cytoplas- matisches Material zuerteilt bekommt. Eine andre Figur zeigt, daß in der generativen Zelle, die sich schon vor der Schlauchbildung ver- doppelt, das gesamte Cytoplasma in der Spindelbildung aufgebraucht wird. Nur ein inhaltsleerer Raum umschließt diese Teilungsfigur. Tn den Pollenschlauch treten die beiden generativen Zellen einander dicht angeschmiegt herein. Sie zeigen zunächst noch schwache Spuren der zarten Wandung, die sie umgab, doch zuletzt schwinden auch diese vollständig. « •' Wir sehen aus dieser Sichtung, daß im allgemeinen eine generative Zelle abgegrenzt wird, die aber nach der Teilung des generativen Kerns nicht mehr zu erkennen ist. Näheres über den Vorgang der Degeneration dieser Zellabgrenzung habe ich oben mitgeteilt. Taf. VI , Fig. 6 zeigt das ausgebildete dreikernige Pollenkorn. Der vegetative Kern ist rundlicher und besitzt einen gut gefärbten Nucleolus. Die generativen Kerne haben sich in die Länge gestreckt, wozu der Anfang schon im vorhergehenden Stadium gemacht wurde. Ein Kernkörperchen ist nicht ausgebildet, dafür sind die Kerne fast in ihrer ganzen Masse gleichmäßig kräftig gefärbt. Das Cytoplasma enthält zahlreiche Vacuolen und ist in der ganzen Zelle gleichmäßig verteilt. In den Pollenkörnern findet sich reichlich Stärke. Ob die Ansammlungen von dichterem Cytoplasma und extra- nuclearen Nucleolen zur Ausbildung der generativen Kerne gedient haben, läßt sich zwar nicht mit Gewißheit feststellen, dürfte jedoch anzunehmen sein. Aus der frühzeitigen Degeneration der generativen Zelle und aus dem Fehlen der Zellwandbildung ergibt sich, daß den beiden genera- tiven Kernen keine bestimmte Menge von Eigenplasma zugeteilt ist; hieraus müssen wir schließen und deshalb ist gerade das Verhalten der dreikernigen Pollenkörner so lehrreich, daß für die Befruchtung als Träger erblicher Eigenschaften nur der Kern in Betracht kommt ohne Beteiligung des Cytoplasmas. Denn an die Übertragung erblicher Eigen- schaften durch das Cytoplasma wäre nur zu denken, wenn durch genaue 152 P. N. Sckürhofi Abgrenzung für eine Individualisierung des Cytoplasmas der generativen Zellen Sorge getragen wäre. Fassen wir diese Ergebnisse als Beantwortung der anfangs aufge- stellten Fragen nochmals kurz zusammen, so ergibt sich: 1. Bei der Teilung des generativen Kernes im Pollenkorn von Sa- gittaria sagittifolia findet die Rekonstruktion der Tochterkerne nicht bis zum sogenannten Kuhestadium statt, d. h. die Chromosomen bilden sich nicht so weit zurück, wie wir es bei normalen Teilungen finden; auch die Nucleolen bilden sich nicht aus. Die Spindelfasern sind bei der Teilung des generativen Kernes nur schwach entwickelt; eine Zellplatte wird nicht angelegt, der Phragmoplast degeneriert nach der Teilung. 2. Während zuerst eine vegetative und eine generative Zelle aus- gebildet sind, welch letztere in die vegetative in normaler Weise einwandert, kommt es bereits vor der Teilung des generativen Kernes zu einer Auf- lösung der Zellmembran, so daß während der Teilung des generativen Kernes das Pollenkorn nur eine Zelle darstellt. Da ferner bei der Teilung des generativen Kernes im Phragmoplasten keine Zellwand gebildet wird, liegen sämtliche drei Kerne im Cytoplasma der gleichen Zelle. 3. Die Spermakerne zeigen bei der Anaphase bereits das Bestreben, sich in die Länge zu strecken, und' zwar in der Richtung der Spindelachse ; hierdurch kommt die gestreckte Form der Spermakerne zustande, während bekanntlich bei normalen Teilungen die Tochterkerne den größeren Durchmesser in der Richtung senkrecht zur Spindel besitzen. 4. Der Nucleolus zeigt in allen Fällen eine Korrelation zu dem Chro- matingehalt des Kerngerüstes. In den Spermakernen ist kein Nucleolus vorhanden. Dies ist deshalb wichtig, weil daraus hervorgeht, daß die Spindelfasern nicht aus der Substanz des Nucleolus hervorgehen, bzw. dort ihre Substanz wieder aufgespeichert wird. Ferner ergibt sich hieraus, daß in den Spermakernen reine Chromatinbestandteile enthalten sind und keine kinoplasmatischen. Sambucus racemosa. Das V orkommen von drei Kernen im reifen Pollenkorn von Sambucus racemosa wurde von Elfving (1) und Halsted (8) festgestellt, doch fin- den sich keine cytologischen Einzelheiten vor. • Nach meinen Beobachtungen verhält sich die Entwicklung der gene- rativen Kerne bei Sambucus folgendermaßen : Schon die Teilung des primären Pollenkerns ist wesentlich verschieden von dem gewohnten Schema. Die Anaphase zeigt uns, daß die Spindel in der Mitte des ganzen Pollenkorns liegt und dieses beinahe durchsetzt. Von einer Insertion der Fasern des Über die Teilung des generativen Kernes vor der Keimung des Pollenkoms. 153 einen Spindelpols an der Halbschicht ist nichts zu bemerken; die Anaphase macht den Eindruck, als solle das Pollenkorn genau in der Mitte durch- geteilt werden, während sonst bekanntlich die uhrglasförmige generative Zelle an der Peripherie abgegrenzt wird. Im späteren Stadium finden wir häufig noch eine Andeutung der Zellplattenanlage, doch kommt es nicht mehr zu einer Ausbildung der Zellplatte, so daß wir in diesem Stadium ein einzelliges zweikerniges. Pollenkorn ausgebildet finden. Beide Kerne färben sich intensiv, der eine ist etwas größer und besitzt ein gut aus- gebildetes Kernkörperchen; er ist als der vegetative Kern anzusehen. Der andre Kern ist so stark gefärbt, daß in ihm keine Strukturen erkenn- bar sind; nur in seltenen Fällen (s. Taf. VT, Fig. 10) lassen beide Kerne einen großen Nucleolus erkennen, während die sonstigen Bestandteile des Kernes dagegen sehr zurücktreten. Tn späteren Stadien, die an der lappenförmigen Umgrenzung des Pollenkorns kenntlich sind, beobachten wir, daß der generative Kern an Größe merklich zugenommen hat und die Chromosomen in ihm schon zu erkennen sind. Eine Abgrenzung von Cytoplasma für den generativen Kern läßt sich niemals feststellen. Die nun folgende Teilung des generativen Kerns bietet keine Besonderheiten ; hervorzuheben ist noch, daß unmittelbar nach der Teilung die Kerne nahe nebeneinander liegen und sich nicht gegen das Cytoplasma des Pollenkorns abgegrenzt zeigen. Der vegetative Kern büßt bereits in diesem Stadium wesentlich an Färbbarkeit ein. Taf. VI, Fig. 13 zeigt uns ein reifes Pollenkorn. Der vegetative Kern läßt kein Kernkörperchen und keine Kernmembran mehr erkennen, es liegen somit bereits alle Anzeichen der baldigen Desorganisation vor. Die beiden generativen Kerne er- scheinen von eiförmiger an einer Seite zugespitzten Form. -Als besondere Merkwürdigkeit dürfte anzugeben sein, daß rund um jeden generativen Kern herum ein leerer Raum zu erkennen ist, der nicht auf die Vorbehand- lung des Materials zurückzuführen ist, da er sich in den früheren Stadien nicht vorfindet und auch sonst keine ähnlichen Kontraktionen des Cyto- plasma zu beobachten sind. Ganz ähnlich verhalten sich die Pollenkörner von Asclepias (9), so daß wir es hier mit einer regelmäßigen Erscheinung zu tun haben. Jedenfalls läßt sich bei diesen Pollenkörnern mit Be- stimmtheit aussprechen, daß die generativen Kerne nicht das geringste eigne Cytoplasma zugeteilt bekommen haben. Auch im keimenden Pollen- schlauch lassen sich die generativen Kerne mit dem zurückgetretenen Cytoplasma des Pollenschlauches gut erkennen. Während also bei dem vorhergehend geschilderten Verhalten von Sagittaria sich in normaler Weise eine generative Zelle bildet, die vor der Teilung des generativen Kernes sich auflöst, ist der Vorgang bei Sambucus 154 P. N. Scliürhoff noch abweichender, da es hier überhaupt nicht mehr zur Ausbildung einer generativen Zelle kommt. Mit Sambucus nahe verwandt und in der Pollenentwicklung ganz übereinstimmend ist Adoxa nach den Untersuchungen von Lager- berg (10). Auch Lagerberg findet, daß für die Spindelbildung das ganze Cytoplasma beansprucht worden ist. Er beschreibt aber bei Adoxa die Abgrenzung der generativen Zelle, ferner um die Sperma- zellen Eigenplasma; dieses beobachtete er auch im Pollenschlauch. »Beim Aufbersten des Schlauchendes gelangen indessen nur die Sperma- kerne aus ihm hinaus«. Hier seien noch einige weitere Angaben eingefügt. Über die Tei- lung des generativen Kerns im Pollenkorn von Rippuris vulgaris macht Juel (11) folgende Mitteilungen: »Die Begrenzung dieser spindelför- migen generativen Zelle ist sehr undeutlich, so daß sie eigentlich nur durch ihre etwas intensivere Färbung sich von der Umgebung abhebt«. Ferner bildet er die Anaphase der Teilung des generativen Kerns ab, wobei auffällt, daß keine Zellplatte gebildet wird. Während Jtjel nun von den generativen Kernen im Pollenschlauch sagt: »Jede von ihnen schien von einer allerdings schwach begrenzten Plasmahülle umgeben zu sein«, schreibt er später über die aus der Synergide ausgeschlüpften Spermakerne: »Sie sind kugelrund und scheinen von keiner Plasmahülle umgeben zu sein.« Von Murbeck (12) werden die generativen Zellen im dreikernigen Pollenkorn von Ruppia rostellata Koch folgendermaßen beschrieben: »Zwischen den Tochterkernen entsteht eine außerordentlich feine, oft kaum sichtbare und wahrscheinlich nicht aus Zellulose bestehende Haut, durch welche also die generative Zelle in zwei Spermazellen zerlegt wird. Wie Wiegand (Bot. Gazette Bd. 28) es bei Potamogeton konstatiert hat, bleiben diese, so lange die Pollenkörner noch in der Anthere liegen bleiben, stets in Verbindung miteinander; bei Ruppia sind sie indessen nicht rundlich, sondern bilden zusammen einen schmal spulförmigen Körper, dessen Enden oft stark zugespitzt sind. « Auch Wefelscheid (13) fand eine Teilung der generativen Zelle, und zwar bei Asclepia cornuti. »Die Tochter zellen waren durch eine stark tingierbare und relativ dicke Membran voneinander getrennt. Eine der- artig stark ausgebildete Membran zwischen den beiden generativen Zel- len scheint bisher noch nicht beobachtet zu sein. « Die Abbildung Gagers ist verschieden von den Feststellungen Wefelscheids. Wefelscheid glaubt anormale Entwicklungszustände vor sich gehabt zu haben, da das Material bereits bei der Fixation einen krankhaften Eindruck machte. Über die Teilung des generativen Kernes vor der Keimung des Pollenkorns. 155 Immerhin bleibt die Möglichkeit bestehen, daß gelegentlich die bei- den Spermazellen ihr Eigenplasma gut abgrenzen, dann würden sie aber auch unter Umständen in der Lage sein, sich nochmals zu teilen, wie wir z. B. derartige wiederholte Teilungen der Spermakerne im Pollen- schlauch kennen, ich erinnere nur an die von Strasburger (2) mitgeteil- ten Fälle von Scilla und Ornithogalum oder die Angabe von Schnee wind- Teiies (14) über fünf Kerne im Pollenschlauch von Scilla sibirica. Körnicke (7) führt diese wiederholten Teilungen auf bestimmte den einzelnen Spermazellen eigene Plasmahüllen zurück. Melandrium album. Von dem mit Melandrium album cytologisch übereinstimmenden Mel. rubrum liegen Abbildungen von Strasburger (15) vor, die sowohl reife dreikernige Pollenkörner, als auch die Verhältnisse im zweikernigen Pollenkorn darstellen. Insbesondere die Fig. 16, Taf. XX, die den vege- tativen und die beiden generativen Kerne bei 1600facher Vergrößerung zeigt, wird zum Vergleich herangezogen werden müssen, weil Stras- burger hier von den »beiden generativen Zellen« spricht und die reifen Pollenkörner folgendermaßen (S. 456) definiert: »Man erblickt dort stets denselben, als unregelmäßig konturiertes Gebilde sich kennzeichnenden vegetativen Kern, dieselben zwei kleinen aus der Teilung der generativen Zelle hervorgegangenen Spermazellen.« Nach meinen Beobachtungen gibt die generative Zelle vor der Teilung ihre Selbständigkeit auf, so daß die beiden Spermakerne keine besonderen generativen Zellen um sich abgegrenzt haben, sondern genau wie bei Sambucus durch einen helleren Hof vom Cytoplasma des übrigen Pollenkorns abgegrenzt sind. Auch die genannte Fig. 16 bei Strasburger ist insofern für meine Beobachtungen beweiskräftig, als Strasburger den helleren Hof gemeinsam um die beiden Spermakerne zeichnet, diese aber nicht durch eine Zellwand trennt, so daß also auch seine Abbildung keineswegs zwei generative Zellen weist, wenn auch Strasburger den helleren Hof um die Spermakerne als Cytoplasma der generativen Zellen angesehen hat. Ich habe daher mein besonderes Augenmerk auf das Verhalten der generativen Zelle vor und nach ihrer Teilung gerichtet und bin zu fol- genden Beobachtungen gekommen: Die erste generative Zelle wird in normaler Weise gebildet, ihr Kern nimmt etwa die Hälfte der ganzen Zelle ein. Der generative Kern hat etwa den halben Durchmesser, wie der vegetative Kern, ebenso ver- halten sich die zugehörigen Kernkörperchen. Das Cytoplasma der gene- 150 P. N. Schürhoff rativen Zelle zeigt keine Besonderheiten, vor allem ist auch durch die Färbung keine Abweichung von dem Cytoplasma der vegetativen Zelle festzustellen. Das Cytoplasma der letzteren ist sehr gering und eigent- lich nur der Peripherie und dem vegetativen Kern angelagert. .Es folgt nunmehr die Wanderung der generativen Zelle in die vegetative. Zuerst rundet sich die vorher scheibenförmige generative Zelle ab und beginnt sich nach der Mitte des Pollenkorns vorzuwölben; zu gleicher Zeit buchtet sich hier die vegetative Zelle ein und ihr Zellkern, der vorher dem gene- rativen Kern in der Radiallinie gegenüber lag, wandert zur Seite; gleich- zeitig ist eine Zunahme des Cytoplasmas an dieser Stelle zu beobachten. Das nächste Stadium zeigt uns die generative Zelle bereits völlig von der vegetativen umschlossen, wir sehen also, daß bis hierher das Verhalten völ- lig normal ist, wie es Friemann (16) für die Monokotylen beschrieben hat. Jetzt beginnen Veränderungen im Cytoplasma. Die Zellwand der generativen Zelle verschwindet allmählich, während die vegetative Zelle sich mit intensiv gefärbtem Cytoplasma, das jetzt eine größere Anzahl Vacuolen enthält, füllt. Schließlich ist die Abgrenzung der früheren generativen Zelle nur noch an dem helleren Hofe zu sehen, der jetzt den generativen Kern umgibt und sich gut von dem reichlichen Cytoplasma der vegetativen Zelle abhebt. Allmählich nimmt die Färbbarkeit des Cytoplasmas noch zu, der generative Kern vergrößert sich und sondert die Chromosomen aus. Von irgendwelchen Resten der generativen Zelle ist nichts mehr zu sehen. Taf. VI, Fig. 20 zeigt die Kernplatte in Pol- ansicht; es sind zwölf Chromosomen sichtbar, von denen eins wesentlich größer ist. Diese Verhältnisse sind uns durch Strasburger von Melan- drium rubrum bereits bekannt. Die Spindel des generativen Kernes ist sehr klein; die Fasern sind kaum festzustellen. Die Anaphase zeigt uns um den Phragmoplasten herum einen helleren Hof, aber sonst keine Eigen- tümlichkeiten. In Taf. VI, Fig. 23 sehen wir nunmehr ein reifes dreikerniges Pollen- korn. Die beiden generativen Kerne lassen deutlich ein kleines Kern- körperchen erkennen und auch Chromatinkörnchen (in seiner schon oben angezogenen Fig. 16 zeichnet Strasburger die generativen Kerne ohne jede innere Differenzierung); um jeden der beiden generativen Kerne befindet sich ein kleiner heller Hof, aber weder Cytoplasma noch eine Zellabgrenzung.. Der vegetative Kern hat einen gelappten Umriß, ist aber sonst gegenüber den vorhergehenden Stadien unverändert geblieben. Im Cytoplasma liegen eine Anzahl kleiner extranuclearer Nucleolen verteilt. Zu bemerken ist noch, daß das Cytoplasma nicht mehr so dicht ist und das Volumen des Pollenkorns sich wesentlich vergrößert hat. Über die Teilung des generativen Kernes vor der Keimung des Pollenkorns. 157 Melandrium nimmt also gewissermaßen eine Mittelstellung zwischen Sagittaria und Sambucus ein. Mit Sagittaria ist die Ausbildung der ersten generativen Zelle und die Auflösung dieser Zelle vor der Teilung des primären generativen Kernes gemeinsam, während die Gestalt der generativen Kerne und der helle Hof um dieselben mit Sambucus über- einstimmt. Es ergibt sich somit aus den vorstehenden Untersuchungen, die mit den bisherigen Befunden an anderem Material in Einklang zu bringen sind, daß bei der Teilung der generativen Zelle vor der Keimung des Pollenschlauches im allgemeinen keine zwei einzelne generative Zellen gebildet werden. Der Vorgang verläuft vielmehr in der Weise, daß z. B. bei Asclepias die generative Mutterzelle bestehen bleibt und die zwei generativen Kerne umschließt. »Im allgemeinen gibt die generative Zelle, nachdem ihr Kern geteilt ist, ihre Selbständigkeit auf. Das geschieht entweder sofort, wenn, wie bei Lilium, die Teilung des generativen Kernes sich erst im Pollen- schlauch vollzieht, oder etwas später, falls die Teilung im ungekeimten Pollenkorn schon vor sich ging. Es können alsdann die beiden gene- rativen Kerne eine Zeitlang einen Zelleib behalten, und in diesem wandern sie beispielsweise bei Asclepias noch in den Pollenschlauch ein (nach Gager). Bevor sie in Funktion treten, büßen also unter allen Um- ständen die generativen Kerne des angiospermen Pollens ihr Eigen- plasma ein (3).« Häufiger scheint jedoch der Fall einzutreten, daß die generative Zelle sich vor der Teilung des generativen Kernes auflöst; es liegen dann die drei Kerne des Pollenkorns im gemeinsamen Cytoplasma. Das Kenn- zeichen dieses Verhaltens bildet die vorherige normale Ausbildung der generativen Zelle und die normale Einwanderung der generativen Zeih' in die vegetative. Hierher gehören Sagittaria, Melandrium, Silphium usw. Endlich kann die Ausbildung der generativen Zelle überhaupt unter- bleiben; es geht dann aus der Teilung des primären Pollenkerns eine zwei- kernige Pollenzelle hervor, deren einer Kern sich dann nochmals teilt, so daß eine dreikernige Zelle sich ergibt. Hierbei ist noch zu bemerken, daß die Tochterkerne des primären Pollenkerns sich gut voneinander unterscheiden lassen, indem der eine Kern den Typus des vegetativen Pollenkerns zeigt, der andre den des generativen Kernes. Dies alles ist z. B. der Fall bei Sambucus. Entwicklungsgeschichtlich betrachtet, stellt die Verlegung der Teilung des generativen Kernes einen weiteren bzw. den letzten Schritt in der Richtung vor, die gesamte Ausbildung der haploiden Generation auf der 158 P. N. Schürhoff, diploiden zu Ende zu führen. Vielleicht liegt der Nutzen für die Pflanzen darin, daß die Reifung im Pollensack ungestört zu Ende geführt werden kann, da ja die Zufälligkeiten, die eine ungestörte Teilung der Sperma- zellen während der Keimung gefährden könnten, ausgeschaltet sind. Darin, daß Pflanzen aus den verschiedensten Gruppen zu dieser Teilung übergegangen sind, dürfte ein Zeichen für die allgemeine Zweckmäßigkeit dieses Verhaltens zu finden sein und auch seine biologische Bedeutung liegen, denn daß es sich um eine entwicklungsgeschichtlich so früh auf- getretene Eigenschaft, die die Verteilung über die verschiedensten Pflanzen- gruppen erklären könnte, handeln sollte, ist ohne weiteres abzulehnen. Von Wichtigkeit sind die Teilungen des generativen Kernes vor der Keimung im Pollenkorn, weil sie uns zeigen, daß die generativen Kerne kein Eigenplasma zugeteilt erhalten, daß also bei der Befruchtung der Kern alleiniger Träger der Erbeinheiten ist. Auch insofern ist die Kenntnis von den genaueren cytologisclien Verhältnissen der beiden Spermakerne im ungekeimten Pollenkorn von Interesse, als sie uns gestattet, Vergleiche mit der Teilung des generativen Kernes im Pollenschlauch zu ziehen und hierbei das Wesentliche dieser Teilungen von den Zufälligkeiten, die durch die besonderen Verhältnisse des Pollenschlauches gegeben sind, zu trennen. Literaturverzeichnis. 1. Elfving, Fr. Studien über die Pollenkörner der Angiospermen. Jenaische Zeitschr. f. Naturwiss. Bd. 13. 1878. 2. Strasburger.E- Neue Untersuchungen über den Befruchtungsvorgang der Phanero- gamen usw. Jena 1884. 3. Strasburger, E. Chromosomenzahlen, Plasmastrukturen, Vererbungsträger und Reduktionsteilung. Jahrb. f. wiss. Botanik, ßd. 45. 1908. 4. Digby, L. The cy tology of Primula Keivmsis and of other related Primula Hybrids. Ann. of Bot. Bd. 26. 1912. 6. Schürhoff, P. N. Über die Beziehungen des Nucleolus zu den Chromosomen und Spindelfasern. Flora 1917. 6. Schaffner, J. H. Contribution to tlie Life-History of Sagittaria variabilis. Bot. Gazette Bd. 23. 1897. 7. Kürnicke, M. Centrosomen bei Angiospermen? Flora. Bd. 46. 1906. 8. Halsted, B. D. Three nuclei in pollen grains. Bot. Gazette Bd. 12. 1887. 9. Gager, G. The development of tlie Pollinium and Spermcells in Asclepias eornuti Decaisne. Ann. of Bot. 1902. 10. Lagerberg, T. Studien über die Entwicklungsgeschichte und systematische Stellung von Adoxa moschatellina L. K. Sv. Vetensk. Handl. Bd. 44. 1909. Archiv für ZeUfbrschu.ru/ JfcL.ÄY. Tafel VI Sch’jrlioff gez /erlag v Wilhelm Engelrnann in Leipzig. LittiAnstvE. AFunlce, Leipzig. Über tlie Teilung des generativen Kernes vor der Keimung des Pollenkorns 150 11. Juel, H. 0. Studien über die Entwicklungsgeschichte von Hippuris vulgaris. Nov. act. reg. soc. Sc. Upsala. 1911. 12. Murbeck, Sv. Über die Embryologie von Ruppia rostellata Koch. K. Sv. Vetensk. Handl. Bd. 36. 1902. 13. Wefelscheid, G. Über die Entwicklung der generativen Zelle im Pollenkorn der dikotylen Angiospermen. Diss. Bonn 1911. 14. Schniewind-Thies, J. Die Reduktion der Chromosomenzahl und die ihr folgen- den Kernteilungen in den Embryosackmutterzellen der Angiospermen. Jena 1901. 15. Strasburger, E. Über geschlechtsbestimmende Ursachen. Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. 48. 1910. 16. Friemann. Über die Entwicklung der generativen Zelle im Pollenkorn der mono- kotylen Pflanzen. Diss. Bonn 1910. Tafelerklärung, Alle Abbildungen sind bei lOOOfacher Vergrößerung gezeichnet. Sagittaria sagittifolia. 1. Pollenkorn mit vegetativer und generativer Zelle. 2. Degeneration der generativen Zelle. 3. Spindel des generativen Kernes; zahlreiche extranucleare Nucleolen. 4. Anaphase der Teilung des generativen Kernes. 5. Die beiden Spermakerne ausgebildet. 6. Reifes dreikemiges Pollenkorn. ' Sambucus racemosa. 7. Teilung des primären Pollenkerns. 8. Anaphase dieser Teilung mit schwacher Anlage einer Zellplatte. 9. Zweikerniges Pollenkorn; der vegetative Kern ist am Kernkörperchen zu erkennen. 10. Zweikerniges Pollenkorn, in dem beide Kerne ein großes Kernkörperchen ausgebildet haben. 11. Der generative Kern in der Prophase. 12. Dreikerniges junges Pollenkorn. 13. Reifes dreikerniges Pollenkorn. 14. Pollenschlauch mit vegetativem und beiden generativen Kernen, Melandrium albmn. 15. Pollenkorn mit vegetativer und generativer Zelle. 16. Einwandern der generativen Zelle in die vegetative. 17. Die generative Zelle von der vegetativen umschlossen. 18. Desorganisation der generativen Zellwand. 19. Prophase des generativen Kernes. 20. Kernplatte des generativen Kernes in Polansicht. 21. Spindel des generativen Kernes. 22. Anaphase der Teilung des generativen Kernes. 23. Reifes dreikerniges Pollenkorn. Über die experimentelle Beeinflussung der Größe pflanz- licher Chromatophoren durch die Temperatur. Von Otto Hartmann (Graz). Mit Tafel VII und 10 Textfiguren. Die experimentelle Cytologie, die sich der Temperatur als variablen Faktors bedient, hat verhältnismäßig wenig auf botanischem Gebiete gearbeitet. Speziell denke ich an Experimente, die im Sinne der Kern- plasmarelationslehre und überhaupt der cytologischen Gleichgewichte unternommen wurden. Nachdem durch die bahnbrechenden Untersuchun- gen Gerassimows an Algen für Hertwig ein fester Ausgangspunkt für seine bekannte Lehre gewonnen war und nun an Protozoen und Metazoen der Einfluß äußerer und innerer Faktoren im Sinne der HERTWiGschen Theorie untersucht wurde, haben diese Probleme, soweit mir bekannt, auf botanischer Seite wenig Bearbeitung gefunden. Nachdem wir wissen, daß Kern, Nucleolus und Zellgröße in be- stimmten, fast gesetzmäßig zu nennenden Beziehungen zueinander stehen, und daß diese intracellulären Gleichgewichtsbeziehungen durch äußere und innere Faktoren in ebenso gesetzmäßig wie tiefgreifender Weise be- einflußt werden können, lag es nahe, auch die Größe pflanzlicher Chloro- plasten unter dem Einflüsse experimentell veränderter Temperatur von diesen Gesichtspunkten aus zu untersuchen1). Winkler hat die sehr einleuchtende Ansicht entwickelt, daß die Bedeutung der Konstanz der Chromosomenzahl darin gelegen sei, daß durch sie einmal die Kerngröße bestimmt würde, dann aber durch diese gemäß dem Prinzip der Kernplasmarelation auch die Zellgröße fixiert wäre. Die Zellgröße ist nun von großer physiologischer Bedeutung für Pflanze und Tier, denn die Austausch- und Stoffwechselbeziehungen voll- ziehen sich in bestimmter Abhängigkeit von der spezifischen Oberfläche 0 Auf die Notwendigkeit speziell von Experimenten über die Chloroplastengröße weist auch Küster bin. Expertin. Beeinflussung der Größe pflanzl. Cliromatophoren durch die Temperatur. 1 61 der Elemente (aktive Oberfläche im Sinne Putters)1), also vom Quo- tienten, der das Verhältnis des Volumens zur Oberfläche ausdrückt. Von diesem Standpunkt läßt sich überhaupt der cellulare Aufbau lebender Wesen am besten verstehen. Die Bedeutung; der Chromosomenzahl und Kerngröße ist demnach auf diese Weise gut faßbar. Winkler hatte nun schon früher die Frage aufgeworfen, ob nicht auch zwischen Chromosomen- zahl bzw. Kerngröße und andern Zellbestandteilen eine derartige funktio- nale (im mathematischen Sinne) Abhängigkeit bezüglich der Größe, Zahl usw. bestünde, und er betont überhaupt speziell im Hinblick auf die Chloro- plasten die Notwendigkeit darauf abzielender Experimente. Gerassimow hatte gefunden (1902), daß künstlich erzeugte zwei- kernige Spirogyra-Zellen mehr Chlorophyllbänder besitzen als Zellen, in denen die zwei Kerne nachträglich zu einem großen verschmolzen sind. Hier war also weniger Abhängigkeit ton der Gesamtkern- bzw. Chromo- somenmasse gegeben als die Einsicht, daß offenbar zwei getrennte Kerne, als zwei getrennte cytologische Centren, unabhängig voneinander die Chlorophyllbandausbildung beeinflussen, während ein einziger großer sich diesbezüglich wie ein normaler verhält. Von großem Interesse sind Beob- achtungen von Nejiec an Anthoceros. Er fand, daß kleinere ausgewachsene Zellen derselben Zellschicht kleinere Chloroplaste besitzen als größere. Hier ist also in gewissem Sinne zum ersten Male eine gesetzmäßige Be- ziehung zwischen Chromatophorengröße und Zellgröße gefunden, die .jedoch, da Anthoceros nur einen Chromatophor besitzt, leichter verständ- lich ist. Die schön ten und beweiskräftigsten Untersuchungen hat aber in letzter Zeit Winkler angestellt. Adventivsprosse als das Resultat einer Pfropfung zweier Solanum- Arten, die offenbar aus tetraploiden, verschmol- zenen Zellen ihren Ursprung nahmen, besitzen durchweg größere und dickere Organe (z. B. Blätter) als die einzelnen Ausgangsformen, daher nennt sie Winkler var. Gigas. Die Zeilenzahl z. B. der Blattdicke ist jedoch die gleiche wie in den diploiden Normalformen, so daß also die Zellgröße verändert ist, was sich auch mikroskopisch schön demonstrieren läßt. Es zeigt sich nun, daß diese großen, tetraploiden Zellen bedeutend größere Chlorophyllkörner besitzen: »Die spezifische Größe der Chromatophoren in einer pflanzlichen Zelle ist abhängig von der Chromosomenzahl ihres Kernes.« Also nicht nur für Kern- und Zellgröße ist die Chromosomenzahl als fixierende Norm von Bedeu- O Pütter, A., Aktive Oberflächen- und Organfunktion. Zeitschr. allg. Physiol. 16 1914. Archiv f. Zellforschung. XV. 11 162 Otto Hartmaim tung, sondern auch für Chloropiasten und wohl überhaupt für alle Zell- bestandteile distinkter und charakteristischer Größe. Die Konstant- erhaltung der geringen Größe der Chlorophyllkörner ist in Anbetracht der dadurch gebildeten großen Oberfläehenentwicklung im Rinne leichter Ableitung der Assiniilaten und Aufnahme neuer Rohstoffe von großer Bedeutung, und so ist die so auffallende und zu abenteuerlichen Hypo- thesen Anlaß gebende Konstanz der Chromosomenzahl auch dadurch in neues und interessantes Licht gerückt. Ist diese Konstanz auch nicht vielleicht direkt als Regulator aufzufassen, so ist sie uns doch ein sicht- bares Zeichen unsichtbarer, im Wesen der Zelle als lebenden Systems gelegener Eigenschaften, die die Größe der Gesamtzelle und ihrer Teil- systeme normieren. Ein Zustand gegenseitigen Ausgleiches und konstanter gegenseitiger Größenänderungen vergleichbar einem stationären Gleichgewicht ist also bei Konstanz äußerer Faktoren zwischen Chromosomenzahl, Kern-, Zell- und Chloroplastengröße bewiesen. Die Abhängigkeit ersterer Größen von äußeren Faktoren, besonders der Temperatur, ist bekannt, und dem- gemäß war es von Interesse, den Einfluß dieses Faktors auf die Größe pflanzlicher Chromatophoren zu untersuchen. Nun wissen wir — siehe die Zusammenfassung bei Senn — , daß bei extremen Temperatmänderun- gen als Folge einer Reizwirkung die Chromatophoren häufig Kontrak- tionen durch Abkugelung zeigen, und daß erst mit der Zeit, die Stunden bis zu einem Tage währen kann, eine neue Expansion unter den verän- derten Bedingungen stattfindet. Auch Licht und andre Faktoren wirken auf die Größe im Sinne einer aktiven Gestaltveränderung der Chloro- plasten ein, indem diese unter günstigen Bedingungen flach ausgebreitet sind, als Reizwirkung aber eine Abkugelung zeigen. Natürlich ist es klar, daß wir nicht nach dieser durch Gestaltsveränderung bedingten schein- baren Größenänderung fragen, sondern daß uns nur die Verände- rung der Masse dieser Gebilde interessiert, die entweder innerhalb relativ kurzer Zeit, wie das auch an Kernen beobachtet wird, bei Tem- peraturerhöhung durch duckte Substanzabgabe und Schwund zustande kommen könnte oder dadurch — ein Fall, der als Regulation der Zell- und Kerngröße bei teilungsfähigen Zellen während der Entwicklung beob- achtet wird — , daß durch Teilung die Größe vermindert wird, also die Maximalgröße, bis zu der Wachstimi ohne Teilung möglich ist, eine ver- minderte ist. Die Experimente wurden an Wasserpflanzen (Riccia, Lemna, Elodea und Spirogyra ) ausgeführt, was sich experimentell zur Vermeidung ander- weitigen Temperatureinflusses (Transpiration usw.) als gut erwies. Die Experlm. Beeinflussung der Größe pflanzl. Chromatophoren durch die Temperatur. Iti3 f Messung der Chlorophyllkörner erfolgte meistenteils am lebenden Ob- jekte, und zwar an vollkommen normal ausgebreiteten Chloro- plasten. Die Gebilde wurden bei genau 2000facher Vergrößerung mittels Zeichenapparates gezeichnet und dann ausgemessen1). Nachstehende Tabelle ergibt die Resultate überaus zahlreicher Mes- sungen. Objekt Bemerkung Kultur- Kulturdauer Chloroplasten Fläche der Chloro- plasten Qi o2) temp. Länge Breite °C U U in ,«2 fixierte und ge- 5° 20. XII. — 2. 1. 4,6 4.6 16,6 1,06 Lemna färbte Schnitte 37° 20. XII. — 2.1. 4,2 4,2 13,8 lebend 0” 20. XII. — 27. 1. 6,35 6,35 31,7 1,08 30° 27. 1. — 3. II. 5,75 5,75 25,8 Riecia lebend 0° 30° 14 Tage 27. 1. — 3. II. 5,45 4,35 5,45 4,35 23,4 14,8 1,16 1 er junge, erst in 0° einige Wochen 6,35 4,20 20,9 1.07 1,25 1,16 der veränderten 6" > » 5,80 4,40 20,0 Temperatur ge- 20° 3 Tage 4,70 3,80 14,0 Elodea wachs. Blätter, 30° 27. 1. — 2. II. 3,95 3,95 12,1 lebend. 43° 3 Tage 4.2 4,0 13,1 alte Blätter, 5° einige Wochen 5,1 5,1 20,4 1,20 lebend 43° 3 Tage 3,6 3,6 10,1 Ich wende mich nun einer Besprechung der Experimente im einzelnen zu. 1. Versuche an Lemna. Material, das bisher im Aquarium bei etwa 10° C. gezüchtet worden war, wurde zu einem Teil bei einer Temperatur von 5° C., zu einem andern im Thermostaten bei sonst gleichen Bedingungen bei 37° C. gezüchtet. Versuchsdauer in der Wärme 14 Tage. Nach Fixierung mit konzentriertem Sublimat- Pikrinsäurealkohol wurden an mit Eisenhämatoxylin-Bor- deaux R gefärbten Schnitten die Chloropiasten gemessen. Das Resultat zeigen die beiden ersten Zeilen der Tabelle. Um die Fehler, die durch Fixierung usw. bedingt sein können, auszu- schalten, wurden in einer zweiten Versuchsserie, in deren Kältekultur die Temperatur von 5° schließlich auf fast 0° sank und in der Wärme 30° O Auch auf die Menge gebildeter Stärke ist zu achten, da diese in größerer An- sammlung die Größe def Chloroplasten stark vermehren kann. Es wurde immer unter solchen Bedingungen untersucht, daß nur ganz wenig Stärke in Form kleinster Körnchen im Stroma enthalten war. 2) Temperaturkoeffizient für 10° C. 11* 164 Otto Ilartmaiui betrug, die Chlorophyllkörner lebender Zellen untersucht. Die Größen- dimensionen der Chloroplasten sind größer als die in den fixierten Prä- paraten und ihre geringere Größe in der Wärmekultur ungemein deutlich (Textfig. 1, 2). Die beiden Mikrophotographien Taf. VII, Fig. 9 und 10 Textfig. 1. Lemna , Chlorophyllkörner, Wassertemp. 0°— 2° C. Vergr. 2000 fach. Textfig. 2. Lemna , Chlorophyllkörner, Wassertemp. 30° C. Vergr. 20u0faeb. sind nach mit Säurefuchsin, das die Chloroplasten sehr distinkt und elektiv färbt, gefärbten Totalpräparaten hergestellt. Auch die Zellkerne bzw. Nucleolen sind in der Wärmekultur bedeutend Meiner. Riccia, Chlorophyllkörner, Wassertemp. 0° — 2° C. Vergr. 2000 facli. Textfig. 4. Riccia, Chlorophyllkörner, Wassertemp. 30° C. Vergr. 2000 fach. 2. Versuche an Riccia (rein vegetative Sprosse). Exemplare aus Aquariumkultur, die bisher bei 10° kultiviert worden waren, wurden 14 Tagelang in einer Temperatur von 0°— 2° C. gezüchtet, in der Wärme bei 30° C. 7 Tage lang. Gemessen wurde direkt am intakten Experim. Beeinflussung der Größe pflanzl. Chromatophoren durch die Temperatur. 165 lebenden Organismus. Auch liier ist eine starke Verkleinerung der Chloro- phyllkörner in der Wärme der Kälte gegenüber bemerkbar (Taf. VII, Fig. 3, 4). Die Mikrophotographien Taf. VII, Fig. 11, 12 wurden eben- falls nach S-Fuchsin-Totalpräparaten hergestellt. Der Gesamteindruck der Grünfärbung ist wie auch bei Lemna in der Wärmekultur deutlich weniger intensiv. Textfig. 5. Elodea, Chlorophyllkörner aus jungen Blättern. Wassertemp. 0°— 2°C. Yergr. 2000 facli. Elodea , Chlorophyllkörner aus jungen Blättern. Wassertemp. 20° C. Yergr. 2000 fach. Elodea, Chlorophyllkörner aus jungen Blättern. Wassertemp. 80° C. Yergr. 2000 fach. 3. Versuche an Elodea canadensis. Die meisten und genauesten Experimente wurden an diesem Objekt ausgeführt. Hier suchte ich auch Näheres über die Geschwindigkeit sowie die Art (ob Substanzabgabe oder Verkleinerung bei' der Teilung) der Größenreduktion zu erfahren. lno Otto Hartmann Kräftige Triebe aus einer Temperatur von 5° C. wurden einerseits im Thermostaten bei 20° bzw. 30° und 43° C., anderseits bei fast 0° gezüchtet. Die jungen, schon vollkommen ergrünten Blätter, die erst unter der jeweiligen Versuchstemperatur gewachsen waren, wurden lebend untersucht. Man sieht aus der Tabelle, daß die Größe der Chloro- pl asten dauernd mit der Temperaturerhöhung abnimmt, und zwar bei niedersten Temperaturen wenig, bei mittleren stark und bei höchsten so ziemlich gar nicht mehr. Ob eine sekundäre Vergrößerung bei maxi- maler Temperatur stattfindet, ähnlich wie das von mir in der folgen- den Arbeit für den Zellkern gezeigt wurde, ist zweifelhaft. (Vgl. Textfig. 5—7 sowie die Mikrophotographien Taf. VII, Fig. 1—3.) Der lichtere Ton der Blätter, der schon deutlich bei 20°— 30° C. gegenüber niederen Temperaturen bemerkbar ist und sich besonders stark in der lichteren Grünfärbung älterer, weniger noch junger und wachsender Blätter ausprägt, ist bei 43° schon sehr beträchtlich. Alle Blätter, die ausgewachsen einer stärkeren Temperaturerhöhung ausgesetzt werden, blassen stellen- weise fast ganz aus, obwohl die Chlorophyllkörner auch dort noch vor- handen sind, offenbar findet eine Zerstörung des Chlorophylls einerseits, eint' Hemmung seiner Bildung in jungen Blättern anderseits statt. Säure- fuchsin — ein Farbstoff, der offenbar als spezifisches Reagens auf chloro- phyllführende Chloropiasten anzusehen ist — färbt derartige ausgeblaßte bzw. schwächer grün gefärbte Chloroplasten nicht mehr, bzw. nur schwach, dieses Ausblassen ist jedoch in diesem Grade nur bei meinen Versuchen in 43° C. bemerkbar. Bei 43° C. gewachsene Blätter zeigen vielfach starke einseitige Zusammenballung und Agglutination der Chlorophyll- körner, die sich bald um den Kern, bald an einem Ende der Zelle auf- häufen. Diese Erscheinung, die auch mit teilweisem Zerfall oder Zerfließen der Körner verbunden zu sein scheint, ist bei alten Blättern, die als solche erst der Temperaturerhöhung ausgesetzt worden waren, fast gar nicht zu bemerken, höchstens findet geringeres Zusammenscharen an einem Orte in der Zelle statt (Photographie Taf. VII, Fig. 3). Offenbar ist dieses verschiedene Verhalten auf Verschiedenheiten in der colloiden Be- schaffenheit, Quellungsgrad usw. der Plasma- und Chlorophyllkömer- colloide zurückzuführen. Nach jenen Experimenten, in denen kleinere Chloroplasten in den- jenigen jungen Blättern auftreten, die bei höheren Temperaturen sich ent- wickelt haben, kann man nur feststellen, daß während der Bildung neuer chlorophyllführender Zellen, die natürlich mit zahlreichen Teilungen der Chloroplasten verbunden ist, offenbar deshalb kleinere Chlorophyll- körner entstehen und dann im betreffenden Gewebe persistieren, weil Kxperim. Beeinflussung der Größe pflanzl. Chromatophoren durch die Temperatur. 1(}7 die maximale Größe, bis zu der Wachstum der Körner ohne Teilung er- folgen kann, in der Wärme geringer ist als bei niederer Temperatur. Hier liegt also offenbar der analoge Fall vor wie bei der Embryonalentwicklung pflanzlicher und besonders tierischer Organismen bezüglich der Kern- und Zellgröße. Ob jedoch auch in ruhenden ausgebildeten Zellen des Dauergewebes, in denen normalerweise Teilungen von Chloroplasten nur vereinzelt Vorkommen, eine nachträgliche Verkleinerung dieser Gebilde bei Temperaturerhöhung durch Teilung oder Substanzabgabe erfolgt, — das war erst zu untersuchen. Bringt man Sprosse von Elodea mit ausgebildeten, alten Blättern aus niederer Temperatur (5°), in der sie sich seinerzeit entwickelt haben, in hohe Temperatur (43° C.), so findet man, daß nach 2—3 Tagen einer- seits die Grünfärbung der Blätter an Intensität abgenommen hat, ander- seits eine ziemlich bedeutende Größenabnahme der Chloroplasten erfolgte von ganz ähnlicher Größenordnung, wie sie auch bei jungen Blättern, die sich erst unter der hohen Temperatur entwickelten, beobachtet vrurde (vgl. Tabelle und Textfig. 8 und 9). Bei der hohen Temperatur Elodea, Chlorophyllkörner ans alten Blättern. Wassertemp. 5°C. Vergr. 2000 fach. Textfig. 9. Elodea, Chlorophyllkörner aus alten Blättern. Nach 3 Tagen Kultur in Wassertemp. 43° — 45° C. Vergr. 2000 fach. beobachtet man in den alten Blättern, wie schon früher bemerkt, teilweise Zusammenballung oder Anhäufung der Chromatophoren. Es kann also auch in ausgebildeten Zellen des Dauergewebes Reduktion der Größe der Chlorophyllkörner erfolgen. Tim Näheres über die Art dieser Größenreduktion in ausgewachse- nen Blättern zu erfahren, habe ich nachfolgende Untersuchung angestellt. Von einem großen Elodea- Zweig mit reichlich entwickelten Blättern wurden einige ausgewachsene Blätter, die in niederer Temperatur ge- wachsen waren, fixiert und untersucht. Hierauf wurde der übrige Zweig 168 Otto Ilartniann in hoho Temperatur (40°) übertragen und nun nach je 1, 2V2, 7 und 24 Stunden Blätter zur Untersuchung fixiert. Es zeigte sieh folgendes: Die erste deutliche Verkleinerung zeigt sich nach etwa 7 Stunden; da in dieser Zeit Chromatophorenteilung nicht in irgend auffallendem Maße zu beobachten war, so ist diese Größenreduktion auf Substanzsehwund zurückzuführen. Eine Kontraktion und also nur scheinbare Volum- verminderung scheint nicht in Betracht zu kommen, da die Chloroplasten nach wie vor ausgebreitet waren. Nach 24 Stunden der Versuchsdauer sind die Chloroplasten sehr stark an Größe reduziert und erscheinen dichter und kompakter gebaut, was sich auch in der intensiven Färbung mit S-Fuchsin ausspricht. In manchen Zellen sind sie offenbar im teil- weisen Absterben begriffen und ausgeblaßt, überhaupt sind die Blätter lichter grün als in niederer Temperatur. In vielen Zellen sind die Chloro- phyllkörner an den Wänden oder um die Kerne angesammelt (ähnlich wie in Fig. 3 auf Taf. VII). Hier hat also eine Größenreduktion, die nicht auf Zerteilung zurückgeführt werden kann, schon nach einigen Stunden begonnen und in einem Tage offenbar das Minimum der Chloro- phvllkerngröße als neuen Gleichgewichtszustand erreicht. Es fragt sich nun, wie verhält sich die Zahl der Chlorophyllkörner bei hoher Temperatur? In den Experimenten, wo ausgewachsene Blätter bei hoher Tem- peratur eine offenbar direkte Größenreduktion ihrer Chlorophyllköruer erfahren, ist abgesehen von dem Zugrundegehen und der vereinzelten Vermehrung durch Teilung einzelner die Gesamtzahl pro Zelle offenbar unverändert. In jenen Fällen jedoch, wo die jungen Blätter, die sich erst unter den veränderten Temperaturbedingungen gebildet hatten, zur Untersuchung gelangten, scheint mir pro Zelle die Anzahl der Chloro- plasten vermehrt entsprechend ihrer geringeren Größe, so daß also das Gesamtvolum etwa gleich sein dürfte und die Verteilung auf eine größere Anzahl entsprechend kleinerer Chlorophyllkörner im Sinne einer physio- logischen Anpassung an die durch die Temperatur veränderten Stoff- wechselbedingungen zu verstehen ist. Eine kurze Besprechung sollen nun noch die Fragen erfahren. Einmal der offensichtlich geringere Chlorophyllgehalt sowohl junger sich bildender Blätter als ausgewach- sener bei höheren Temperaturen. Daß äußere Einflüsse auf den Chlorophyllgehalt der Blattorgane Einfluß haben können, ist bekannt. So verhindert nach Sachs niedere Temperatur das Ergrünen der neugebildeten Chloroplaste, und nach Wies- ner ergrünen auch am Lichte etiolierte Keimlinge bei einer Temperatur unterhalb 4° C. nicht mehr. Hingegen ist nach Elfvixg das Etiolement Experim. Beeinflussung der Größe pflanzl. Chromatophoren durch die Temperatur- 1 60 bei niederer Temperatur viel lebhafter als bei höherer. Nach Lubimenko entspricht das Chlorophyllminimum dem ungeschwächten Tageslicht, und es erfolgt rasche Zunahme bei Abblendung desselben, bis ein Maximum erreicht wird, das bei weiterer Abnahme der Lichtintensität sich wieder vermindert. Je höher die Temperatur, einer um so geringeren Licht- intensität entspricht das Pigmentmaximum. Daß überhaupt der physiologische Zustand der Zelle auf die Chlorophyll- bildung Einfluß hat, hat Gerassimow gezeigt. Nach diesem Autor haben Spirogyra- Zellen, deren Kernmasse experimentell verdoppelt ist, schwächer gefärbte Chlorophyllbänder, die Bänder kernloser Zellen bekommen — offenbar eine Degenerationserscheinung — schmutzige Färbung. Tn kern- losen Kammern, die also noch mit kernhaltigen Zellen in direkter Ver- bindung stehen, findet lebhafteres Ergrünen statt. Die auffallende Ab- nahme der Grünfärbung in zweikernigen Zellen ist nach Gerassimow nur indirekt zustande gekommen, indem bei der kolossalen Vergrößerung der Zellen durch Wachstum, die diese Zellen erfahren, die Chlorophyllbänder eine zu starke Dehnung und Verlängerung erfahren, ohne daß gleicher- maßen zunächst Substanzzunahme erfolgte. Ich betone diese Verhält- nisse, weil unter dem Einfluß erhöhter Temperatur bei dieser Alge ganz ähnliches beobachtet wird. Die Verminderung des Chlorophyllgehaltes in meinen Experimenten ist physiologisch gut verständlich, wenn es sich hier auch vielleicht nur um eiue Zersetzungserscheinung, der der Neuaufbau nicht voll genügen kann, handelt. Denn bei hoher Temperatur vollziehen sich vielleicht die che- mischen Prozesse, die zu ihrem Ablauf des Chlorophylls als Katalysator bedürfen, ohnedies rascher, so daß auch mit weniger Chlorophyll genügend assimiliert werden kann. Was nun die Verkleinerung der Chloropiasten betrifft, so erfolgt sie, wie schon bemerkt, bei der Bildung neuer Zellen, welche mit Tei- lungen der Chlorophyllkörner einhergeht, offenbar durch Verminderung der Teilungs- bzw. Maximalgröße. Bei alten Blättern, die als solche erst veränderter Temperatur ausgesetzt werden, findet jedoch ebenfalls — be- sonders bei maximalen Temperaturen — Verkleinerung statt, die offenbar durch direkte Substanz(Wasser ?)abgabe und dadurch Kompakterwerden der Struktur bedingt ist. Es kann also auch eine unmittelbare Regulation im Sinne der Einstellung eines neuen endocellulären Gleichgewichtes erfolgen 2). x) Da wir wissen, daß »das Chlorophyllkorn der höheren grünen Pflanzen aus zwei Phasen besteht, einer leicht quellbaren Hydroidphase und einem grüngefärbten Anteil von Lipoidcharakter« (Lif.baldt), so ist der volumvermindernde Einfluß höherer Temperatm' auch physikalisch als Entquellung der Kolloidphase gut verständlich. 170 Otto TTartmaun Ganz dasselbe habe ich auch allgemein an Kernen von Zellen des Dauer- gewebes gefunden (vgl. die nachfolgende Arbeit). Es findet z. B. in er- wachsenen Elodea -Blättern bei höherer Temperatur direkte, unmittelbare Kernverkleinerung, die mit Dichterwerden der Struktur verbunden ist, schon in deutlichem Grade innerhalb einiger Stunden statt, um nach 1 Tage sehr bedeutend zu werden. 4. Experimente an Spirogyra {nitida?). , Diese Algen sind typische Bewohner kühler Gewässer und dem- gemäß sind sie bei höheren Temperaturen nur kurze Zeit zu kultivieren x). Es ist auffallend, daß an Algen, soweit mir bekannt, noch so gut wie gar keine Experimente über den morphologischen Einfluß verschiedener Temperaturen gemacht wurden (vgl. Oltmanns). Die von mir beob- achteten Erscheinungen sind jedoch diesbezüglich so interessant, daß ich die Absicht habe, den Temperatureinfluß auf diese Organismen zum Gegenstand genauerer Studien zu machen. Hier teile ich nur der Voll- ständigkeit halber über den Einfluß höherer Temperatur auf die Chromato- phoren von Spirogyra mit. Die bei niederen Temperaturen kultivierte Alge zeigt vier steil gewundene Chlorophyllbänder (Fig. 4). Überträgt man sie in langsamer Temperatursteigerung im Thermostaten in 30° C., so zeigt sich nach einer Kulturdauer* 2) von einigen Tagen eine auffallende Verschiedenheit der Aus- bildung der Chlorophyllbänder und der Größe der Zellen zwischen den ein- zelnen Fäden (Taf. VII, Fig. 5, 6). Als extreme Fälle sind jedenfalls die Fäden zu betrachten, in denen die Chromatophoren annähernd parallel an- geordnet sind. Die Genese dieser Verhältnisse ist folgendermaßen zu denken. Bei Erhöhung der Temperatur finden zunächst rasch aufeinander folgende Zellteilungen statt, durch die zunächst Fäden entstehen, die sich aus sehr kurzen Zellen zusammensetzen und deren Chlorophyllbänder etwas weniger steil gewunden sind als normal (Taf. VII, Fig. 6, erster Faden von links). Es findet hierauf entsprechend der hohen Temperatur, die besonders die Bildung stark osmotisch wirksamer Stoffe auf Kosten der gecjuollenen Plasmacolloide3) durch Dissimilation befördert, ein starkes Längenwachstum der Zellen statt, mit dem das Chromatophoren- wachstum nicht Schritt halten kann, so daß die Windungen der Chloro- phyllbänder viel steiler und lockerer werden (Taf. VII, Fig. 5, erster und r) Das caryokinetische Optimum der Temperatur liegt für Spirogyra nach Wil- deman bei 12° C. 2) Es handelt sich um Reinkultur einer Art, so daß Irrtum ausgeschlossen ist. :i) Bezüglich des Einflusses der Temperatur in ähnlichem Sinne auf die Meristem- zellen vgl. meine letzte Arbeit im Archiv f. Zellforschung, dieser Bd. S. 177 ff. Expcrim. Beeinflussung der Größe pflanzl. Chromatophoren durch die Tempera tur. 1 71 zweiter Faden von links und Fig. 6, erster Faden von rechts). Bevor nun die Chlorophyllbänder durch Vermehrung ihrer plasmatischen Sub- stanz so stark an Länge zugenommen haben, daß ihre Windungen wie normal verlaufen können, findet erneute Zellteilung statt (Taf. VII, Fig. 5, zweiter Faden von links, Mitte), wodurch zwei Zellen mit ent- sprechend der Mutterzelle steil und wenig gewurtden verlaufenden Chro- matophoren entstehen. Diese wachsen nun wieder so schnell in die Länge, wobei die Chlorophyll bänder an Wachstum Zurückbleiben, so daß Zellen mit fast gar nicht mein- gewundenen Bändern entstehen, deren Chromato- phoren trotz Längenstellung und Dehnung noch „zu kurz sind, um die Enden der Zelle zu erreichen (Taf. VII, Fig. 6, zweiter Faden von links). Diese Zellen sind meist schon deutlich kürzer als die bei niederer Tem- peratur und bei erneuter Teilung, und nach darauffolgendem Wachstum entstehen eventuell Zellen, die noch kürzer bleiben und deren Chromato- phoren noch kürzer und ganz der Länge nach orientiert sind. Offenbar wird durch die wiederholte Zellteilung und das rasche Streckungswachs- tum bei hoher Temperatur das Protoplasma so stark verbraucht, (biß schließlich das Längenwachstum neugebildeter Tochterzellen früher eine Sistierung erfährt als bei niederer Temperatur. Durch die hohe Temperatur findet offenbar eine Störung und Verschiebung des gegenseitigen Gleich- gewichtes physiologischer Stoffwechselprozesse statt, insofern zwischen Wachstum, das durch Bildung stark wasseranziehender Stoffwechsel- produkte der regressiven Plasmametamorphose stark beschleunigt wird, und der Plasma- bzw. Chromatophorenneubildung, also Aufbau lebender Substanz ein Mißverhältnis besteht, das dann zu den morphologischen Differenzen führt. Entsprechend dem schnellen Streckungswachstum ist auch die Dicke der Fäden in der Wärme geringer und auch die Zellwand ist dünner und zarter, was sich in der leichteren Knickungsmöglichkeit der Fäden äußert. Der Zerfall der Fäden in kürzere Stücke dürfte eben- falls durch Veränderungen im Turgordruck bei höheren Temperaturen seine Erklärung finden (vgl. Benecke, Jahrb. wiss. Bot. 27). Interes- sant ist, daß Famintzin den Einfluß der Dunkelheit auf Spirogyra ähnlich findet. »In der Dunkelheit erweisen sich die Chlorophyllbänder schmäler, sie haben das geschlängelte Kontur verloren und einen glatten, nur schwach welligen Band bekommen. Ihre Enden erreichen bei weitem nicht die Querscheidewände der Zellen, obgleich in vielen Zellen sich die Chlorophyllbänder in eine gerade Linie ausgezogen erweisen.« Die Ur- sache ist hier allerdings eine andere, denn es handelt sich hier um aktive Kontraktion der Chromatophoren im Sinne eines Reiz- effektes. 172 Otto Hart mann Was das feinere Verhalten der Chlorophyllbänder betrifft, so ist folgendes zu bemerken. Bei niederen Temperaturen (Taf. Vil, Fig. 7), wo die Gestalt der Algen die typische ist, sind sie breit, mit lap- pigen Auswüchsen und auf fixierten Präparaten mit deutlichen Granu- lationen. An Wärmezellen (Taf. VII, Fig. 8), wo sie fast parallel der Längswand angeordnet sind, sind sie viel schmäler, ihr Rand ist gerade, außerdem sind sie dünner und in fixiertem Zustande ziemlich homogen. Diese extremen Unterschiede sind jedenfalls auf die entsprechend dem starken Zellwachstum erfolgende - Streckung ohne entsprechende Sub- stanzvermehrung zurückzuführen. Das Verschwinden der gelappten- Randkontur ist jedoch teilweise jedenfalls auf aktive Kontraktion zurück- zuführen, da sie auch in Wärmezellen, die noch kurz sind und gewundene Chromatophoren enthalten, nur schwach ausgebildet sind (Taf. VII, Fig. 6, erster Faden von links). Aktive Kontraktion in der Längsdimension findet man nach kurzer Zeit auch bei Übertragen in sehr hohe Tempera- turen (40°), wobei Zurückziehung der Bänder von der Querwand erfolgt; nach de Vries (zit. nach Senn) läßt sich eine derartige Kontraktion auch bei niederen Temperaturen als Reizwirkung beobachten. a. b. Textfig. 10. Spirogyra spec. Pyrenoide. a) Kultur bei 0° — 5° C., b) Kultur bei 30° C Vergr. 2000 fach. Was die Zahl der Bänder betrifft, so ist sie in der Kälte durch- wegs vier, in der Wärme meist ebenfalls, jedoch auch oft auf fünf vermehrt, was auf Störungen bei der Zellteilung hindeutet1). Die Breite der Bänder Q Während bei niederer Temperatur der Habitus der Fäden untereinander fast identisch ist (Taf. VII, Fig. 4), ist in hoher Temperatur die individuelle Vari- ation der Fäden sehr groß (Fig. 5, 6), was eben auf die verschiedene Schnelligkeit mit der die einzelnen Fäden auf die geänderte Temperatur reagieren, zurückzuführen ist. Hohe Temperatur bringt also individuelle physiologische Unterschiede zur Manifestation, die auch bei niederer Temperatur vorhanden, sich nur wegen der geringen Entwicklimgsgeschwindigkeit nicht hinreichend summieren und so deut- lich werden, während bei hoher Temperatur alsbald Verstärkung durch Summation und so morphologische Verschiedenheit auftritt. (Vgl. diesbezüglich Peter, der eben- dasselbe für tierische Entwicklung findet.) Expcrim. lieeiiiilussung der Grüße pflanzl. f'iiromatophoren durch die Temperatur. 173 an fixiertem Material gemessen beträgt für die- Kältekultur 7—8 /t, für die Wärmekultur 5—6 //. Bezüglich der Pyrenoide ist durch A. Meyer und Schmitz beob- achtet worden, daß sie einen Substanzverlust in der Dunkelheit erleiden, was offenbar mit dem Aussetzen ihrer Funktion der Stärkebildung im Zusammenhänge steht. Bei hoher Temperatur sind sie kleiner als bei niedriger (Textfig. 10), was mit der Verkleinerung der Chromatophorenmasse zusammenhängt, so daß man auch von einer Pyrenoid-Chromatophorenrelation sprechen könnte. Ihre Zahl pro Chromatophorenband ist in der Kälte 14—17, in der Wärme bei Zellen mit fast parallelen »Bändern« nur 7—8, so daß in ersterem Falle die Gesamtzahl pro Zelle 56—68, im zweiten (in der Wärme) nur 28—32 beträgt (für eine Bänderzahl von vier). Obwohl also sowohl Größe als Zahl der Pyrenoide pro Zelle und Chromatophor in der Wärme vermindert ist, so sind sie doch relativ zahlreicher pro Chromatophor in der Wärme. Denn hier ist ihr mittlerer Abstand 11—17 ju, in der Kälte- kultur jedoch 20—35/1, demnach arbeitet, assimiliert die Zelle in der Wärme mit weniger Pyrenöid und auch Chromatophorenmasse. Zusammenfassung. 1. Die Größe pflanzlicher Chlor opiaste ist durch die Temperatur experimentell beeinflußbar und damit an einem neuen Zellbestandteil der großen Klasse der Plastiden gezeigt, daß seine Größe sich zu den andern Zellteilen und der Gesamtzelle nach Art eines physiologischen Gleichgewichtszustandes unter veränderten Bedingungen einstellt, wobei besonders die relative Oberfläche aller Organoide, d. h. das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen, das für alle physiologischen Prozesse von größter Bedeutung ist, eine Anpassung erfährt. 2. Bei hoher Entwicklungstemperatur der die Chloroplaste ent- haltenden Zellen findet man im neugebildeten Gewebe offenbar durch Verminderung der Teilungsgröße bzw. durch Herabsetzung des physiolo- gischen Größenmaximums, bis zu dem Wachstum ohne Teilung statt- finden kann, kleinere Chlorophyllkörner als bei niederer Temperatur. Und zwar findet man, wenn man mehrere Temperaturstufen untersucht, bei Temperaturerhöhung innerhalb der unteren Temperaturgrade und bei den höchsten Temperaturen geringere Verkleinerung pro Grad, als bei den mittleren. Qio ist also für die temperaturbedingte Größenvariation verschieden bei verschiedenen Temperaturen. Die Zahl der Chlorophyllkörner scheint etwas vermehrt zu sein, 174 Otto Hartmann so daß also das gleiche Gesamtvolum nur auf eine größere Anzahl verteilt wäre. 3. In ausgewachsenen Organen (Blätter von Elodea ) findet bei Temperaturerhöhung besonders nahe dem Maximum eine starke Ver- minderung der Chlorophyllkörnergröße, weniger durch Teilung als durch direkte Substanz(Wasser?)abgabe, innerhalb kurzer Zeit (24 Stunden) statt, wobei die Struktur der Körner kompakter und dichter wird. Diese Erscheinung ist der ganz ähnlich, die man auch an ruhenden Kernen bei Temperaturerhöhung beobachtet. Derartige Vorgänge sind als direkte Regulation eines physiologischen Gleichgewichtes entsprechend den ver- änderten Umgebungsbedingungen aufzufassen. 4. Die Chlorophyllbänder von Spirogyra {nitida?) verhalten sich hi Gestalt, Anordnung, Größe und Struktur ebenfalls bei verschiedener Entwicklungstemperatur verschieden. Sie sind bei hoher Temperatur fast parallel der Längswand ungeordnet, schmäler und mit gerader Rand- kontur, was auf das starke Längenwachstum der Zellen, die die nicht gleichermaßen wachsenden Bänder in die Länge ziehen, teilweise bedingt ist. Diese Entwicklungsanomalie läßt sich als Störung des Gleichgewichtes zwischen Assimilation, als Aufbau, und Dissimilation, als Abbau lebender Substanz auffassen. Die Größe der Pyrenoide, sowohl als ihre Zahl pro Chromatophor und Zelle ist in der Wärme bedeutend vermindert. Genaueres ist im Text nachzulesen. 5. Die Chlorophyll menge erscheint makro- und mikroskopisch bei erhöhter Temperatur vermindert sowohl im neugebildeten Gewebe als in alten Zellen, deren Chlorophyllkörner ( Elodea ) stellenweise fast vollkommen ausblassen. Graz, Zoologisches Institut, Februar 1917. ru i n i v i . jl. ccororscnurtg ad. A v ja ree rjj 12 luJitdruck v CG Roder, Gm, b.H, Leipzig- clm.an/1, Leipzig Experim. Beeinflussung der Größe pflanzl. Chromatophoren durch die Temperatur. 175 Tafelerklärung, Taf. VII. Fig. 1. Elodea, Epidermis von der Fläche , junges Blatt, Kulturbei 0° bis 2° C. Fix.: konz. Sublimat-Pikrinsäure, Alkohol, gefärbt: Säurefuchsin. Vergr. 680 fach. Fig. 2. Wie oben, Kultur bei 30° C. Fig. 3. Elodea, Epidermis von der Fläche, altes Blatt, das als solches erst der höheren Temperatur (43° C.) 3 Tage ausgesetzt wurde. Sonst wie oben. Die Größe der Chlorophyllkörner ist in der Kältekultur so wie in Fig. 1. Fig. 4. Spirogyra (nitida?). Kultur bei 0° — 2° C., fixiert in Chromessigsäure, .gefärbt: Alaunkarmin. Vergr. 60 fach. Fig. 5 und 6. Wie oben, Kultur bei 30° C. Verschiedene Stadien des Temperatur- einflusses nach' einer Kulturdauer von 6 Tagen. Fig. 7. Spirogyra. Chromatophoren stärker vergrößert (680 fach). Kultur bei 0°— 2° C.' Fig. 8. Wie oben. Kultur bei 30° C. Fig. 9. Lemna, Epidermiszellen von der Fläche. Kultur bei 0° — 2° C. Total- präparat fixiert in Sublimat- Pikrinsäure, Alkohol, gefärbt: S-Fuchsin. Vergr. 680 fach. Fig. 10. Wie oben. Kultur in 30° C. Eig. 11. Riccia. Epidermiszellen von der Fläche. Kultur bei 0° — 2° C., sonst wie bei Lemna. Vergr. 680fach. Fig. 12. Wie oben. Kultur bei 30° C. Literaturverzeichnis. 1. Artari, A. Zur Frage über den Einfluß der Mitte auf die Form und die Entwick- lung der Algen. Moskau 1903. (Zit. n. Gerassimow.) 2. Borowikov, G. A. Über die Ursachen des Wachstums der Pflanzen. I, II. Biochem. Zeitschr. XLVIII, L. 1913. 3. Über die Ursachen des Wachstums der Pflanzen. 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Einfluß der Temperatur auf die Länge der meristematischen Zone und all- gemeine Differenzierung und Wachstum der Zellen 180 C. Einfluß der Temperatur auf die Vacuolisation und den Plasmagehalt der Zellen 192 1. Permeabilität und Temperatur 193 2. Ursachen des Plasmaschwundes, die im Zellstoffwechsel selbst und in der veränderten physikochemischen Plasmabeschaffenheit gelegen sind 194 IV. Einfluß der Temperatur auf die Zell-, Kern- und Nucleolusgröße und die Kernplasmarelation (Kernzellrelation) 200 V. Allgemeines über cytologische Gleichgewichte und deren Verhalten bei Temperaturänderung. Optimumkurven und Temperaturkoeffi- zienten 218 VI. Einfluß der Temperatur auf die feinere cytologische Differenzierung und Struktur der Zellen. Chromosomengrößen 225 VII. Einfluß des Temperatiu Wechsels auf ruhende Kerne des Dauergewebes. Experimente an Allium ce-pa und Elodea canadensis 230 VIII. Zusammenfassung der allgemeinsten und wichtigsten Resultate . . . 237 Tafelerklärung 241 Literaturverzeichnis 244 Archiv f. Zellforschung. XV 12 178 Otto Hartmami I. Einleitung und Problemstellung. Es kann als ziemlich allgemeingültiges Gesetz der experimentellen Cytologie speziell im Tierreich betrachtet werden, daß die Größe sowohl der isoliert lebenden Protozoenzelle als der im Gewebeverbande befind- lichen Metazoenzelle durch Veränderung der Temperatur weitgehend beeinflußbar ist, derart, daß sie im allgemeinen bei höherer Entwicklungs- temperatur geringer ist als bei tieferer. Als ebenso allgemein darf die Erfahrung angesehen werden, daß die Kernplasmarelation, bezüglicher- weise die relative Kerngröße mit Temperaturerhöhung abnimmt. Es sind jedoch Beobachtungen aus der Literatiu- bekannt, die darauf hin- weisen, daß die Kernplasmarelation nicht restlos eine einsinnige Tem- peraturfunktion ist, sondern daß bei sehr hohen Temperaturen eine sekun- däre Vergrößerung der relativen Kerngröße stattfindet. Dieser Fall wurde von Rautmann bei Paramaecium caudatum oberhalb einer Temperatur von 20° gefunden. Damit ist gleichzeitig ein bedeutsamer Parallelismus mit dem Einfluß der Temperatur auf den Geschwindigkeitsablauf physio- logischer Prozesse, sei es nun Wachstum, Assimilation oder Enzymreak- tion gegeben, denn schon lange war es insbesondere durch Untersuchungen auf botanischem Gebiete bekannt, daß oberhalb bestimmter »optimaler« Temperaturen eine Verlangsamung z. B. von Keimung, Wachstum usw. erfolgt. Da auch hinsichtlich der Variation anderer äußerer Faktoren ähnliche »Optimumkurven« beobachtet werden, war Sachs berechtigt, den Ablauf wahrscheinlich aller biologischer Prozesse komplexer Natur hinsichtlich der Variation äußerer Faktoren als in einer Optimumkurve darstellbar zu erklären. Allerdings sind wir neuerdings auf Grund andrer Meß- und Betrachtungsweisen zu einer prinzipiell andern physiologischen Auffassung derartiger eingipfliger Kurven gelangt; das soll jedoch erst später zur Sprache gelangen. Vorläufig genügt es, daß mit der üblichen Methodik sehr allgemein Optimumkurven bei physiologischen Prozessen gefunden werden, und daß die cytologischen Ergebnisse Rautmanns derartiges auch für die temperaturvariable Kernplasmarelation nahelegen. Ein gewisser Unterschied prinzipieller Natur besteht allerdings zwi- schen beiden Variationsreihen, die einen, z. B. Wachstum und andre physiologische Prozesse, sind Geschehnisse kontinuierlichen Ablaufes, bei denen also, die Geschwindigkeit die Temperaturvariable darstellt. Hier besteht unmittelbarer Parallelismus zur van ’t Hoff sehen Regel der Abhängigkeit der chemischen Reaktionsgeschwindigkeit von der Tem- peratur. Ganz anders bei der Kernplasmarelation und überhaupt cyto- Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 1 TU logischen Gleichgewichten, hier werden Raumgrößen oder überhaupt Dimensionen verglichen und als Temperaturvariable aufgefaßt und es besteht demnach keine unmittelbare Parallele zum van ’t Hoff sehen Gesetz. Hier handelt es sich nicht um Geschwindigkeiten, mit denen ein Gleichgewicht erreicht wird, sondern es werden selbst Gleichgewichts- zustände verglichen — denn eine für bestimmte Temperatur typische Kernplasmarelation, Zellgröße usw. stellt doch im schönsten Sinne ein Gleichgewicht in physiologischem Sinne dar, — wobei eben das Tem- peraturvariable dieser Gleichgewichtszustand selbst ist. Demnach ist es selbstverständlich, daß hier keine Parallele, ja ein Gegensatz zu den im früheren betrachteten Erscheinungen besteht. Handelt es sich dort um einseitig ablaufende Geschehnisse, so hier um den Zustand stationären Gleichgewichtes mehrerer, in verschiedener Richtung ablaufender Pro- zesse, deren jeder, sei er chemisch, physikalisch oder physiko-chemisch, seinen bestimmten Temperaturkoeffizienten hat. Da diese Einzelprozesse, die das stationäre Gleichgewicht bei gegebener Temperatur konstituieren, verschiedene Wärmetönung und Temperaturabhängigkeit zeigen, so muß mit einer Temperaturveränderung auch eine Veränderung des Gleich- gewichtes selbst resultieren. Diese Gleichgewichtsverschiebung, die wir in der Cytologie in dimensionalen Verhältnissen ausdrücken, ist also eine Temperaturvariable komplexer Natur, insofern sie aus temperatur- variablen Prozessen, d. h. Geschehnissen, als Resultante gegenseitigen Ausgleiches und Gleichgewichtes entsteht, wobei natürlich jeder dieser Einzelprozesse und Konstituenten des Gleichgewichtes selbst komplexer Natur sein kann. Die Temperaturvariation cytologischer Gleichgewichte ist also zweiter Ordnung und prinzipiell anders, nämlich als Gleichgewichts- verschiebung aufzufassen, als die Temperaturvariation irgendwelcher physiologischer Funktionen, die ihrerseits erst als Summationseffekte Gleichgewichte konstituieren. Das hier nur zur einleitenden Orientierung und prinzipiellen Klar- stellung. Die Untersuchung der temperaturvariablen cytologischen Gleich- gewichte, deren Wesen eben dargelegt wurde, wrar nun als Aufgabe ge- geben. Denn nur dann können wir Näheres über die Natur dieser Zustände selbst aussagen bzw. über die bei deren Veränderung besonders in Be- tracht kommenden physiologischen Einzelprozesse, wenn wir das genauere Verhalten dieser Zustände bei möglichst zahlreichen und verschiedenen Temperaturen kennen. Es genügt nicht, wTie bisher nur zwrei oder drei Temperaturen experimentell zu bearbeiten, sondern auf Grund zahl- reicher Stufen muß der geometrische Ort aller Gleichgewichte und Zu- stände in Form einer Kurve niedergelegt werden. Besonders galt es, das 12* 180 Otto Hartmann Augenmerk auf das Verhalten bei den höchstmöglichen Temperaturen zuzu- wenden, ob hier nicht ein inverses Verhalten der Kurve nach Art einer Optimumkurve zu beobachten ist. Diese zwei Fragen wurden an Wurzel- spitzen und Keimspitzen zu lösen versucht, da nur botanische Objekte, die bequeme und von allen Fehlerquellen der tierischen Kultur freie Verwendung eines ausgedehnten Temperaturintervalls gestatten; dafür treten allerdings andre unliebsame Erscheinungen gerade bei Pflanzen auf, die eine Messung erschweren und später noch besprochen werden sollen. Im Zusammenhang damit habe ich genauer die Differenzierung und Ausbildung der Wachstumszone der Wurzeln untersucht, wobei die in höherer Temperatur auftretende starke und frühzeitige Zellvacuoli- sierung eine eingehende Besprechung erfordern wird, da sie grundlegend für das Verständnis des Verhaltens pflanzlicher Zellen bei Temperatur- veränderung ist. Außerdem wurde das feinere cytologische Verhalten der Plasma- und Kernstrukturen untersucht, wobei sich zeigte, daß z. B. der feinere Plasmabau bei verschiedenen und entgegengesetzten Tempera- turen, sowie bei mittlerer Temperatur typische und ziemlich beträcht- liche Unterschiede aufweist.' Es zeigt sich, daß als besonders wesentlich und allgemein charakteristisch angesehene Plasmadifferenzierungen in ihrem Auftreten temperaturbedingt, also von äußeren Faktoren in ihrer spezifischen Ausbildung und Auftreten abhängig sind. Endlich wurde Genaueres über die Umregulierbarkeit der Kerngröße bei Temperaturveränderung zu erfahren gesucht. Bisher hat man bekannt- lich vorwiegend sich bei verschiedener Temperatur entwickelnde Orga- nismen (Proto- und Metazoen) auf ihre Kern- und Zellgröße untersucht. Es ist klar, daß hier eine Umregulierung der Kernplasmarelation nur gelegentlich der Zell- und Kernteilung, also cytologischer Differenzierungs- prozesse, erfolgte. Demnach stellt sich die der Temperatur entsprechende Zell- und Kerngröße erst im Laufe einer Anzahl Teilungen ein. So z. B. bei der Furchung der Seeigeleier, wo nach Erdmann die für die betreffende Temperatur typische Zell- und Kerngröße erst im Laufe der Entwicklung erreicht wird. Das ist für die Zellgröße selbstverständlich, denn eine der höheren Temperatur entsprechende Zellverkleinerung kann ja nur durch weitgehende Aufteilung, also Weiterentwicklung des gegebenen Eimaterials stattfinden. Nicht so einfach liegt die Sache beim Kern, bzw. Kernplasma- relation, auch hier findet nämlich erst im Laufe der Entwicklung die Herausbildung der temperaturbedingten, charakteristischen Größenunter- schiede statt. Kann sich auch hier eine langsamere bzw. schnellere abso- lute Verkleinerung des Kernes erst mit der Zeit einstellen, so ist doch nicht ohne weiteres ersichtlich, warum nicht auch unabhängig von der Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 1ML Zell- bzw. Kernteilung eine direkte Einstellung der Kerngröße der Tem- peratur gemäß erfolgt, denn die Kerngröße hat weitaus mehr die Mög- lichkeit der Umregulierung als die Zellgröße, die in bestimmtem Verhältnis zur Zeilenzahl steht. Die Möglichkeit einer Umregulierung der Kerngröße bzw. Kern- plasmarelation gemäß der Temperatur hat man speziell bei Protozoen zu untersuchen unternommen (Rautmann-, Popoff) und gefunden, daß innerhalb zweier aufeinander folgender Zellteilungen sich die Kernplasma- relation an Temperaturunterschiede von 5° C. anzupassen vermag. Es kommt hier jedoch der Umstand in Rechnung, daß der Kern zwischen zwei Teilungen, wie wir durch Popoff wissen, komplizierte Volumveränderungen zeigt, sich also nicht im stationären Gleichgewicht befindet und demnach die Möglichkeit gegeben ist, daß bei verschiedener Temperatur durch verschiedene Beeinflussung jener autonomen Größenveränderung eine Regulation der Kernplasmarelation der Temperatur gemäß erfolgt. Mit einem Wort: Man hat noch keine Erfahrungen darüber, wie sich der Kern hinsichtlich seiner Größe in vollkommen ruhenden Zellen, die sich im totalen stationären Gleichgewicht befinden, bei Temperatur- Veränderungen verhält. Ein ideales Objekt zu derartigen Untersuchungen ist pflanzliches Dauergewebe, wo Zell- und Kernteilungen überhaupt nicht mehr möglich sind und Kern und Zelle vollkommen im stationären gegenseitigen Gleichgewicht sich befinden. Zwiebelepidermen von Allium cepa erweisen sich dabei am geeignetsten, da hier jede Art von nennens- werter Funktion, etwa Assimilation usw., die das Bild stören könnte, wegfällt. Außerdem wurden junge und ausgewachsene Elodea-B\ättov experimentell untersucht. Folgende Probleme sind es, die wir untersuchen: 1. Genaueres Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolen- größe sowie besonders der Kernplasma- bzw. Kernzellrelation bei einer größeren Anzahl von Temperaturen. Konstruktion und Bear- beitung der daraus sich ergebenden Kurven. 2. Verlaufen derartige cytologische Variationskurven dauernd einsinnig als Tcmperaturvariable oder verhalten sie sich bei extremen Temperaturen anders? Bestehen auch hier in gewissem Sinne Optimum- kurven im Sinne von Sachs? 3. Allgemeine Beeinflussung der Meristemzellen aus bil düng und Differenzierung durch die Temperatur mit besonderer Berück- sichtigung der zunehmenden Väcuolisation und des Plasmaschwundes bei hohen Temperaturen. Die Länge der meristematischen Zone als Temperaturvariable. 182 Otto Ilartmann 4. Welche Beziehungen bestehen zwischen den Optimum- kurven physiologischer Vorgänge (Geschwindigkeitskiu’ven) bzw. von Wachstum und Keimung zu den Kurven, die die Temperatur - Variation cytologiseher Gleichgewichte darstellen? Wie lassen sich cytologische Gleichgewichtsverschiebungen durch die Temperatur im einzelnen erklären? Der Wert von Temperaturkoeffizienten (Qio) für das Verständnis des cytologischen Temperatureinflusses. 5. Kann eine Umregulierung der Kernplasmarelation bzw. der Kerngröße in vollkommen ruhenden, im endocellularen Gleichgewicht befindenden, nicht besonders funktionierenden Zel- len, also im Dauergewebe, bei Temperaturveränderung stattfinden, in welchem Ausmaße und wie schnell? Die Fragen 1—4 werden an Wurzeln und Keimspitzen von Zea mays, Phaseolus multiflorus, Pisum sativum und Helianthus annuus unter- sucht. II. Material und Methodik. Die Kultur der Keime erfolgte auf feuchten, geruchlosen, alten Sägespänen. Die Wurzeln gelangten bei einer Länge von 2—4 cm, die in mittlerer Temperatur nach einigen Tagen erreicht wird, zur Verwen- dung. Von jeder Pflanzenart wurden natürlich nur gleichlange und auch sonst gleich gut entwickelte Wurzeln untersucht, durchschnittlich etwa zehn Stück pro Temperatur. Diese Zahl erwies sich als genügend, da ich entgegen Sierp die individuelle Variation in cytologiseher Hinsicht nur gering fand. Zu den Messungen wurden 10 /< dicke Schnitte von Material, das mit 5% Formol fixiert worden war, nach Färbung mit Saffranin- Lichtgrün untersucht. Die Formolfixierung erweist sich besonders zum Studium der Vacuolisations Verhältnisse sowie zur Feststellung der in der Zelle enthaltenen Plasmamasse als vorteilhaft, da z. B. in Zellen mit großer centraler Vacuole nur der wandständige Plasmabelag homogen fixiert wird, die Colloide des Zellsaftraumes jedoch nicht, so daß also der Plasmabestand der Zelle allem ziemlich genau abgeschätzt werden kann, was bei Fl emming -Fixier ung oder Spblimat, die auch im Zellsaft Niederschläge bedingen bzw. auch das Plasma granulär fixieren, nicht so leicht möglich ist. Für die Untersuchung feinster plasmatischer oder nucleärer Ver- hältnisse wurden in FLEMMiNGschem Gemisch oder Sublimateisessig fixierte und mit Eisenhämatoxylin-Bordeäux R., FLEMMiNGScher Drei- fachfärbung, nach ZimmermanjV (Jodgrün-Fuchsin) oder Ehrlich-Biondi gefärbte, 5 dicke Schnittpräparate verwendet. Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und .Yucleolus uw. 183 Als bildliche Belege verwende ich vor allem Mikrophotogra- phien, auf deren Herstellung die größte Sorgfalt verwendet wurde, so daß sie bei geeigneter Reproduktion wirklich in vollkommenster und objek- tivster Weise die Verhältnisse darstellen dürften und demnach auch über jeweils andre Verhältnisse als gerade zur Besprechung gelangen, Aufschluß geben. Dies gilt nicht nur für die schwächeren Vergrößerungen, sondern auch für die stärksten. Auch hier geben gute Mikrophotographien den Gesamteindruck in unübertrefflicher Weise wieder. Was die Messung der Zellen und Kerne betrifft, so habe ich folgendes zu bemerken. Bei pflanzlichen Objekten kommen nur meristematische, also plasma- erfüllte Zellen in Betracht, da nur hier eine Messung der Zellgröße und Kernzellrelation einen Rückschluß auf die Kernplasmarelation erlaubt. Da nun mit zunehmender Entfernung vom Vegetationspunkt eine zu- nehmende Vacuolisierung der Zellen stattfindet, so könnte man im Sinne möglichst exakten Vergleiches zunächst daran denken, etwa nur Zellen bestimmten Abstandes vom Vegetationspunkt bei den verschiedenen Temperaturen messend zu vergleichen. Das ist aber nicht durchführbar, denn wie wir sehen werden — und auf makroskopischem Wege ist das schon von Askenasy und genauer von Popo vier festgestellt worden — findet diese Umwandlung in Dauergewebe von der Vegetationsspitze an in basaler Richtung in der Wärme viel schneller, d. h. nach weniger Zell- folgen statt als bei niederer Temperatur. Zellen gleichen Abstandes vom Vegetationspunkt sind also, wenn der Abstand einige Millimeter beträgt, in der Wärme eventuell schon viel stärker vaeuolisiert und im Sinne des Dauergewebes verwandelt als in der Kälte, mithin als nicht unmittelbar mit vom Vegetationspunkt äquidistanten Zellen vergleich- bar. Es ist also — will man grobe Irrtümer vermeiden — notwendig, Zellen gleicher Differenzierungs- und Entwicklungsstufe miteinander zu vergleichen, d. h. also bei höherer Temperatur etwas näher an den Vege- tationspunkt heranzugehen. Mißt man nun, wie ich es tat, ohnehin die einzelnen meristematischen Gewebesysteme ziemlich nahe nach ihrer Herausdifferenzierung aus dem undifferenzierten Urmeristem, so werden dadurch alle obigen Fehlerquellen so gut wie vollkommen unwirksam gemacht. Es zeigt sich so, daß das Volumen der Zellen gleichen Entwick- lungs- und Differenzierungsstadiums innerhalb weiter Temperatur- grenzen, mit Ausnahme der Temperaturextreme, weitgehend gleich ist. Da, wie bereits bemerkt, basalwärts vom Vegetationspunkt eine Zell- vergrößerung durch Wasseraufnahme und Vacuolisation stattfindet, diese Umwandlung bei höheren Temperaturen rascher, d. h. auch nach 184 Otto Hartman» weniger Zellfolgen stattfindet, so ist klar, daß Zellen gleichen Abstandes vom Vegetationspunkt bei größerer Entfernung vom Vegetationspunkt in der Wärme größer sind als bei niederer Temperatur. Wie diese Fehler- quelle umgangen wird, wurde eben besprochen. Bei allerhöchsten Tem- peraturen ist jedoch die Sache anders. Hier findet nämlich eine Vacuoli- sation bis in den Vegetationspunkt selbst hinein statt, nachdem schon einige Temperaturgrade hoher, auch Zellen gleicher Größe wie bei niederer Temperatur, die bei nichtextremen Temperaturen dieselbe cytologischc Ausbildung zeigten, eine stärkere, bzw. deutlichere Vacuolisation zeig- ten, als in niederer Temperatur. Hier sind wir also gezwungen, etwas inhomogene Werte für die Zellgröße — wenn wir dieselbe als Maß für die Plasmamenge betrachten wollen — zu vergleichen, indem hier weniger Plasma vorhanden ist als der Zellgröße entspricht. Dieser Fall — der jedoch, wie wir später sehen werden, nur der extreme Grenzfall einer Erscheinung ist, die schon auf niederen Temperaturgraden einge- setzt hat — ist jedoch bei genauerem Zusehen für unser Problem der Kernplasmarelation ohne Belang, da, wie sich später zeigen wird, die sekundäre Vergrößerung dieser Relation bei sehr hohen Temperaturen, die auch ohne Inrechnungsetzen der relativ zur Zellgröße verminderten Plasmamasse deutlich ist, durch Berücksichtigung dieses Faktors nur noch deutlicher werden muß. So viel zur Orientierung über diese Verhältnisse. Die Zellen wurden bei genau 1000 fa eher Vergrößerung gezeichnet und darauf makroskopisch diese ausgemessen. Das Zellvolumen und die Zelloberfläche sind bei der regelmäßigen Gestalt der Gebilde leicht be- rechenbar. Die Zelltiefe wurde gleich der Zellbreite angesetzt, was, wie Messungen zeigten, hinreichend exakt ist. Das Kernvolumen bzw. seine Oberfläche wurde nach der Kugel- bzw. Ellipsoidformel berechnet, ebenso der Nucleolus. Bei ellipsoiden Gebilden wurden die beiden kleineren Achsen als gleich groß angenommen. Was die Konstruktion der Kurven betrifft, so wurden zunächst die tatsächlich gefundenen Werte in ein Ordinatensystem eingetragen und die Punkte durch Gerade verbunden (dünne Linien). Da jetzt der allgemeine, ideale Verlauf der Kurve deutlich hervortritt, wurde nun, wie das auch bei physiko-chemisehen Messungen üblich ist, der wahr- scheinliche, ideale, messungsfehlerfreie Verlauf der Kurven gezeichnet (dicke Linien). Je zwei gegenständlich zusammengehörige Kurven sind in identischer Strichmanier gezeichnet. Durch diese Methode ist einmal der tatsächlich gefundene Kurvenverlauf sowie der wahrscheinliche, fehler- und zufallsfreie Verlauf Idar und deutlich dargestellt. Ober den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 185 III. Temperatureinfluß auf die allgemeinen Wachstums- und Differen- zierungserscheinungen der Zellen und Gewebe. A. Allgemeiner Einfluß auf das Wachstum. Tabelle 1.) Von fundamentaler Bedeutung fitr das Verständnis des cytologischen Einflusses der Temperatur sind zunächst die Tatsachen des Temperatur- einflusses auf die Geschwindigkeit des Längenwachstums der Wurzeln. Es zeigt sich, daß bis zu einer gewissen Temperatur eine kontinuierliche, später etwas abnehmende Steigerung der Wachstumsinten- sität pflanzlicher Organe besteht. Bei weiterer Temperaturerhöhung über das sogenannte Optimum findet dann aber eine Abnahme der Wachs- tumsgröße statt, die bei weiterer Temperaturerhöhung sehr bald dem Still- stand und Absterben Platz macht. Auf die genauere Analyse dieser kom- plizierten, gerade in neuerer Zeit in prinzipiell anderer Weise gewerteten Verhältnisse kann hier nicht eingegangen werden, zumal darauf später noch kurz hingewiesen werden soll. Es muß nur bemerkt werden, daß das Temperaturoptimum und -maximum, für das Wachstum z. B., in ge- wisser Beziehung eine Funktion der Dauer der Temperatureinwirkung ist. Insofern nämlich z. B. das Wachstumsmaximum, wenn eine längere Zeit- spanne in Rechnung gesetzt wird, bei niederer Temperatur liegt, als wenn eine kürzere experimentelle Dauer betrachtet wird (vgl. z. B. Lehen- bauer). Tabelle 1. Übersicht der Keimungsgeschwindigkeit und ihrer Temperatur- koeffizienten. Pkaseolus Ternp. 0 0 Zeit in k Pisum Zm Helianthus 8.5 11,5 18,0 26,0 31.0 37.0 41.0 264 132 54 29 11 24 42 010 9,81 3,91 2,17 (6,92) 3.42 ■4,00 Zeit in h 120 60 40 25 18 24 9.8 1,86 1.8 1,96 1,6 Zeit in h 132 68 29 11 24 48 2,43 2,89 (7,0) — 3,6 — 5,65 Zeit in h 120 48 29 11 24 24 010 4,06 1,87 (7,0 -3,64 (0,00j Da diese Verhältnisse für das Verständins cytologischer Erscheinungen wesentlich sind, gebe ich im vorstehenden eine kleine Tabelle (Tabelle 1), in der in gänzlich roher, beiläufiger Weise die Zeitdauern eingetragen sind, innerhalb derer bei gegebener Temperatur das erste deutliche Her- vorbrechen der Wurzelspitze aus dem Samen stattfindet. Der Umschlags- 180 Otto Ilartinann punkt der Temperatur, bei der eine Verzögerung bei weiterer Erhöhung stattfindet und auf den es hier besonders ankommt, ist ganz deutlich erkennbar. Gleichzeitig finden sich Temperaturkoeffizienten (Q10) der Beschleunigung — bzw. mit negativem Vorzeichen, der Verzögerung — innerhalb der gegebenen Temperaturintervalle, berechnet für eine Tem- peraturerhöhung um 10° angegeben, woraus cfie bekannte Tatsache des Ballens dieser Koeffizienten mit steigender Temperatur hervorgeht. B. Einfluß der Temperatur auf die Länge der meristematisehen Zone und die allgemeine Differenzierung der Zellen. Wie schon eingangs gelegentlich der Bemerkungen zur Untersuchungs- methodik erwähnt wurde, kann man anFormolpräparaten die Zellvacuolcn, da offenbar nur das Protoplasma fixiert wird nicht aber auch im Zell- saft Niederschläge entstehen, sehr gut erkennen und die mit zuneh- mendem Abstand vom Vegetationspunkt und der Verwandlung in Dauer- gewebe auftretende Vacuolisationssteigerung gut verfolgen. Während am Vegetationspunkt selbst und noch weiter bis zur eigentlichen Streckungs- zone, wo die Vacuolisation die Hauptrolle spielt, echtes Wachstum der lebenden Substanz stattfindet, das mit Zellvermehrung verbunden ist (meristematisehes oder embryonales Wachstum)1), findet im darauf- folgenden Wurzelstück lediglich Vermehrung des Zellsaftes statt, das Proto- plasma, ursprünglich die ganze Zelle erfüllend, wird bald stark vacuolisiert um endlich als bloßer Wandbelag zu persistieren (Streckungs- oder Be- Avegungswachstum)1). Die Verwandlung der Gewebe bzw. der Zellen im Dauerelemente, Avoinit die Zellteilungen sistieren, findet bei gegebener Temperatur nach ganz bestimmter Anzahl von Zellteilungen von der Wurzelspitze an statt. Bei Temperaturerhöhung tritt nun nicht nur eine Beschleunigung der normalen, d. h. bei tieferer Temperatur stattfindenden Zellteilungsprozesse ein, wie wir es etwa bei der Beschleunigung der Furchung und andrer morphologischer Vorgänge bei Tieren beobachten, avo sogar noch meist eine Vermehrung der Zeilenzahl bei hoher Tem- peratur stattfindet, so daß gleiche morphogenetische Entwicklungszustände bei höherer Temperatur nach einer größeren Anzahl aufeinander folgender Zellteilungen erreicht Averden als bei niederer Temperatur. Ganz im Gegenteil findet im Vegetationspunkt der Pflanzen neben der Beschleu- nigung der Zellteilungen und Differenzierungsprozesse überhaupt noch eine morphogenetische Verfrühung der UmAvandlung in die Streckungszone . und Dauergewebe statt, so daß also gleiche morpho- a) Vgl. Köster, 1. c. Über den Einfluß der Temperatur adf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 187 genetische Zustände der Zellen nach weniger Zellteilungen, also in einer früheren Zellgeneration erreicht werden als in niederer Temperatur. Fassen wir die Umwandlung in Dauergewebe, die doch mit Aufhören der Teilungsfähigkeit — wenigstens meistens — einhergeht und wobei auch eine ganz einseitige Differenzierung und funktionelle Umgestaltung der Zelle stattfindet, als verbunden mit einem Altern in gewissem Sinne auf, so können wir sagen, daß die Geschwindigkeit des cellularen Alterns in diesem Sinne durch erhöhte Temperatur ganz wesent- lich gefördert wird und auch nach weniger Zellgenerationen einsetzt als bei niederer Temperatur. Auf diese zellphysiologisch bedeutsame Tat- sache kann ich hier nur nachdrücklich hinweisen. Auf makroskopisch-messendem Wege der meristematischen bzw. Zu- wachszone haben auf diese Verkürzung schon Askenasy und später genauer Popovici aufmerksam gemacht. Tabelle 2. Länge der meristematischen Zone der Wurzeln, ausgedrückt in Mikro- meterteilen. Temp. °C Zea Pisum Helianthus 8.5 86 65 11,5 — 98 — 18 87 65 50 26,0 83 66 42 81,0 62 60 50 35,5 77 — — 37,0 68 79 54 41,0 4 6 — 35 42,0 60 — — Gemäß meinem auf cytologischem Gebiete liegenden Arbeitspläne ging ich so vor, daß ich auf Schnitten den Abstand der Wurzelhauben- spitze von jener relativ scharf abgegrenzten Wurzelstelle maß, wo die Dermatogenzellen durch Wasseraufnahme und beginnende Vacuolisation bei Verlust der Teilungsfähigkeit starke Größenzunahme zeigen. Auf diese Weise kam vorstehende nur beiläufig orientierende Tabelle 2 zustande, in der die Längsmaße in Mikrometerteilstrichen ausgedrückt sind. Zu bemerken ist nur noch, daß die Unregelmäßigkeiten der Tabelle auf die für diesen Zweck relativ viel zu geringe Messungszahl zurückzu- führen sind, was sich dadurch um so mehr bemerkbar macht, als bei den höchsten Temperaturen die individuelle Variationsbreite der Länge der meristematischen Zone sehr bedeutend ist, oft 100% beträgt, was an die 188 Otto Hartuianu allgemeinen Feststellungen von fundamentaler Bedeutung erinnert, die Peter über die Variabilität und Variationsbreite an Tieren unter nor- malen und experimentell veränderten äußeren Bedingungen gemacht hat und welche lehren, daß mit zunehmender Entwicklungsgeschwindigkeit und unter dem Einfluß schädigender Einflüsse (in unserm Falle also der Temperatur) die Variabilität beträchtlich gesteigert wird. Die beigegebenen Mikrophotographien (Taf. VIII, Fig. 1—8) zeigen besonders typische und charakteristische Fälle dieser Vegetationspunkt - verkürzung bei hohen Temperaturen. Vergleicht man daher Stellen gleichen Abstandes vom Vegetationspunkt (Taf. IX. Fig. 13, 14). und zwar gegen das Ende der meristematischen Zone, so ist der temperatur- bedingte Unterschied enorm. Das Dermatogen bleibt noch am längsten teilungsfähig und enthält am meisten Protoplasma. Die Periblemschichten sind in der hohen Temperatur schon vollkommen vacuolisiert, bei niederer Temperatur und gleichem Abstande vom Vegetationspunkt jedoch noch ganz mit Plasma erfüllt. Ganz das gleiche findet man an Vegetations- spitzen von Zea mays. Taf. IX. Fig. 15, 16 stellen Längsschnitte der äußersten Keimblätter gleichweit entwickelter Sprosse bei hoher und niedriger Entwicklungstemperatur dar. Taf. IX, Fig. 19, 20 aus den- selben Präparaten weiter innen gelegene Blätter bei stärkerer Vergrößerung. Taf. IX, Fig. 17, 18 die Epidermis und darunter liegende Zellschichten aus einem Längsschnitt des äußersten Keimblattes. Bei niederer Tem- peratur sind die Zellen vollkommen mit offenbar sehr wasserreichem Protoplasma erfüllt, bei hoher Temperatur ist das Plasma auf einen Wandbelag reduziert und scheint — ein Umstand, auf den wir noch zurückkommen werden — von festerer Konsistenz als das Kälteproto- plasma zu sein. Die Vacuolisation kann so weit in die meristematische Zone Vordringen (besonders vgl. Taf. VIII, Fig. 4, 6, 8), daß sogar der Vegetationspunkt selbst bis zu den Urmeristemzellen mehr minder vacuolisiert erscheint (Taf. VIII, Fig. 10, 12), eine Erscheinung, die nur bei den höchsten Temperaturen auftritt und wohl schon weitgehende Hemmung und Schädigung bedeutet. Es dürfte nicht unwahrscheinlich sein, daß die Wachstumshem- mung hoher Temperaturen darin ihren cytologischen Ausdruck findet, daß durch die zunehmende und auf immer früheren Stadien einsetzende Zellvacuolisierung und Plasmaschwund die Zahl der teilungsfähigen Zellen immer mehr eingeschränkt wird, da einigermaßen vacuolisierte Zellen sich nicht mehr teilen können. Anderseits ist vielleicht gerade die Läh- mung der Teilungsfähigkeit eine der Ursachen der frühzeitigen Vacuoli- sation. Es ist klar, daß durch diese Herabsetzung der Zellproliferation, Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. ISO durch die die streckungs- und wachstumsfähigen Elemente geliefert werden, die Wachstumsgeschwindigkeit der Wurzeln erheblich reduziert werden muß. Sind endlich auch die Urmeristemzellen stärker vacuolisiert, so hört wohl das Wachstum ganz auf. In dieser zunehmenden Einschrän- kung der teilungsfähigen Region hätten wir denjenigen Faktor, der der morphologische Ausdruck der Gegenreaktion im Sinne Putters ist. Dieser Autor hat bekanntlich die sehr einleuchtende Ansicht ent- wickelt, daß mit steigender Temperatur gemäß der bei niederen Tempera- turen erzielten Beschleunigung der einzelnen Wachstumskomponenten — dasselbe gilt natürlich auch für andere physiologische Prozesse — dauernd — innerhalb gewisser physiologischer Temperaturgrenzen — Beschleu- nigung entsprechend der bei niederen Temperaturen stattfinden müßte1), mits andern Worten, daß die (Go-Werte konstant oder zum mindesten nicht stark fallen oder negativ werden dürften, wenn nicht — oft schon bei relativ niederen Temperaturen einsetzend — sich eine schädigende Wirkung zunehmender Temperatursteigerung bemerkbar machen würde. Diese Schädigung hat ebenfalls ihren Wert für (Go, und es ist klau, daß in dem Moment nun eine Verlangsamung des Wachstums bei weiterer Temperatursteigerung stattfinden muß, wo die Gegenreaktion als hem- mender Faktor, dessen Intensität mit zunehmender Temperatur ge- steigert wird, der mit der Temperatur dauernd gesteigerten, gewisser- maßen idealen physiologischen Intensität des betreffenden Prozesses (des Wachstums) gleichkommt bzw. ihn übertrifft. Die tatsächlich ge- messenen Werte für (Go, die uns die Beschleunigung physiologischer Prozesse für 10° Temperaturerhöhung angeben, sind demnach das Re- sultat zweier sich kombinierender, eines positiven und eines negativen, (Go- Wertes, und demgemäß nehmen die gemessenen (Go- Werte physio- logischer Prozesse mit steigender Temperatur ab, bzw. werden schließlich negativ. Rechnerisch läßt sich, wie Putter zeigte, unter der Voraussetzung, daß diese Gegenreaktion, wie es meistens der Fall ist, erst bei höheren Temperaturen einsetzt, die konstant bleibende Beschleunigung, also Q10 für diese Gegenreaktion selbst, sowie für die gewissermaßen ideale Haupt- kurve berechnen. In unserm Falle ist es nun klar, daß wir die zunehmende Vacuoli- sation und Reduzierung der Länge der meristematischen Zone als morpho- G Wir sehen hier davon ab, daß gemäß einem Wechsel der »limiting factors« (Blackman) diese Beschleunigung bei verschiedenen Temperaturintervallen verschieden sein könnte. 190 Otto Hartman 11 logischen Ausdruck der Gegenreaktion im Sinne Putters auffassen können, deren Temperaturkoeffizient sehr groß ist — wie das meistens für Gegenreaktionen beobachtet wird — , denn bei höheren Temperaturen macht sich schnell ansteigend mit der Temperatur zunehmende Vacuolen- bildung bemerkbar1). Die genauere kausal-physiologische Analyse des Vacuolisationsprozesses mit zunehmender Temperatur soll im folgenden Abschnitt unternommen werden. Zunächst soll noch kurz auf den Einfluß der Temperatur auf die allgemeine Plasma beschaff enheit eingegangen werden. Schon Schrammen beobachtet bei Temperaturen über 35° starken Plasma- schwund in den meristematischen Zellen der Wurzelspitzen. Bei 45° C. sind sie fast ganz plasmaleer und von großen Vacuolen erfüllt. Bei Rück- transport in Zimmertemperatur findet schon bald (nach 24 Stunden) starke Plasmazunahme statt, wobei allerdings zunächst Vacuolisation noch erhalten bleibt. Den raschen Plasmaschwund bei hohen Tempera- turen will dieser Autor teilweise auf Verbrauch durch das gesteigerte Wachstum zurückführen. Tatsächlich wirken aber nach allgemeiner Erfahrung derartig hohe Temperaturen, die zu starker Vacuolisation führen, stark hemmend auf das Wachstum, so daß diese Erklärung nicht zutreffend erscheint. Doch darüber später mehr. In neuerer Zeit hat Georgevitch in einer mir leider nur im aus- führlichen Autoreferat seiner serbischen Abhandlung zugänglichen Arbeit an Wurzeln von Galtonia ähnliche Beobachtungen gemacht. Bei niederer Temperatur finden sich im Plasma wenig Vacuolen. während bei 40° C. starke Reduktion des Protoplasmas und Vacuolisation Platz greift. 1) Balls, der bei Pilzen den Einfluß der Temperatur auf das Wachstum und seine Sistierung bei hohen Temperaturen untersucht, sieht in der Anhäufung »kata- bolischer« Produkte die Ursachen der Wachstumssistierung. Diese Stoffe, die auch bei niederer Temperatiu- — nur in geringerem Maße — gebildet werden, diffundieren bei isolierten Zellen in die Umgebungsflüssigkeit. Es ist klar, daß diese Stoffe, wenn wir ihre Existenz auch bei Wurzelspitzen annehmen, aus den centralen Teilen des Wurzel- cylinders schwerer nach außen gelangen können als aus dem Epidermisgewebc. Wenn wir nun annehmen — und dafür spricht vieles — , daß diese katabolischen Stoffe ein- fachere, event. dissoziierte Verbindungen darstellen als die Ausgangsstoffe, so ist klar, daß durch sie osmotische Wasseraufnahme bewirkt werde» muß, wenn diese Stoffe nicht sofort aus der Wurzel abgegeben werden können. Diese Abgabe erfolgt aber jeden- falls peripher schneller als vom Centrum des Wurzelcylinders aus, so daß sich dort hier- durch bedingte Wasseraufnahme am stärksten bemerkbar machen muß. Tatsächlich sehen wir auch meist die Zellvacuolisation bei hoher Temperatur im Centralcylindex der Wurzel weiter spitzenwärts vorgeschritten als im Dermatogen (vgl. Taf. VIII, Fig. 3, 4, Taf. IX, Fig. 13, 14). So wäre also eine morphologische Stütze für Balls chemisch- physiologische Theorie beigebracht. Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Xucleolns usw. 191 Für ein Verständnis des Temperatureinflusses auf die Ausbildung des Plasmas ist jedoch eine genauere Untersuchung der physikalischen Konsistenz bzw. des Hydratzustandes des Plasmas bei ver- schiedener Temperatur wertvoll, soweit sich darüber an fixierten Präpa- raten Schlüsse ziehen lassen1). Für die Wurzeln von Zea, Phaseolus und Helianthus ergibt sich als typisch für niedere Temperaturen bei Formolfixieriyig der Präparate ein feines, locker-spongiöses bis feinvacuoliges Plasmareticulum, das offenbar das Ergebnis einer Fällung hochgequollener Colloide darstellt, die den Zellraum gleichmäßig erfüllen (Taf. VIII, IX, Fig. 9, 11, 13, 17, 19). Mit steigender Temperatur scheint zunächst eine Zunahme der Konsistenz und Dichte des Plasmas mit Zunahme der Masse desselben zu erfolgen, was auch Schrammen beobachtet, der bei 30° ein Optimum für das Tropho- plasma beobachtet. Dieser spongiös-feinvacuolige Plasmabau bleibt bei Temperaturerhöhung ziemlich weit hinauf erhalten, um dann innerhalb weniger weiterer Tempera titrgrade einer vollkommenen und weitgehenden Vacuolisation und Plasmaschwund Platz zu machen. Die für niedere Tem- peraturen charakteristische spongiös-feinvacuolige Fixationsstruktur bleibt — bei den einzelnen Arten etwas verschieden lange — bis etwa 30°— 36° C. erhalten, bei Zea bis nahe an 40°. Bei Annäherung an diese Temperatur- grenze zeigt sich jedoch schon deutlich, daß die Plasmastruktur langsam lockerer und mehrvacuolig wird, bis dann beiden höchsten Temperaturen sich das Plasma fast ganz auf den Wandbelag und einige Stränge, die z. B. in den Plasmazellen den central liegenden Kern tragen, reduziert ist. Diese Strukturänderung an fixierten Präparaten vollzieht sich, wie bemerkt, innerhalb weniger Temperaturgrade. Während bei mittleren und niederen Temperaturen offenbar das ganze Zellumen meristematischer U Genauere Untersuchungen müßten mit Hilfe der Brown sehen Molekularbe- wegung am lebenden Material gemacht werden. Es wird sich wahrscheinlich auf diese Weise feststellen lassen, daß die Viskosität, diemanalsIndikatordesHydrationszustandes auffassen kann, und deren Variation unter veränderten physikalischen und reizphysio- logischen Bedingungen in den ausgezeichneten Untersuchungen von Heilbronn und Weber studiert wurde, bei verschiedener Aufzuchttemperatur der Keimlinge nicht nur im Sinne der rein physikalischen Abhängigkeit in bekannter Weise sich ändert, sondern daß der Wassergehalt bzw. der Colloidzustand des Plasmas selbst bei verschiedenen Entwicklungstemperaturen ein verschiedener ist. Es scheint mir, daß der Wassergehalt bei niederer Temperatur höher ist, daß also die physiologisch bedingte Zustands- änderung, die im Sinne einer Viskositätsverminderung mit sinkender Temperatur verläuft, der rein physikalischen, temperaturbedingten Viskositätszunahme entgegenarbeitet bzw. diese überkompensiert. Vgl. auch die interessante Arbeit von Chifflot und Ganter. 192 Otto Hartmann Zellen von wasserreichen, bei niederer Temperatur hochgequollenen Eiweiß- bzw. Plasmakörpern erfüllt ist, findet bei höheren offenbar eine teilweise Entmischung statt, dergestalt, daß neben einer wasserarmen, viel fester als in der Kälte konstituierten Plasmaphase, eine eiweiß- bzw. plasma- kolloidarme, wasserreiche Zellsaftphase besteht. Die Plasmaphase durch- zieht jedoch noch strangförmig die wässerige Phase. Bei höchsten Tempera- turen endlich findet |ast vollkommene Zurückdrängung der Plasmaphase als Wandbelag statt, wobei diese noch wasserärmer bzw. sich noch mehr dem festeren Gelzustande nähernd erscheint, während bei tieferen Temperaturen das Plasma sich hochgequollen und fast dem Solzustand genähert erweist. Diese Verfestigung der Plasmaphase bei höheren Tem- peraturen, deren Existenz man sich bei Betrachtung mikroskopischer Präparate wegen der Brechungsverhältnisse usw. nicht verschließen kann, scheint mir sehr gut aus einer vergleichenden Betrachtung der Mikro- photographien Taf. IX, Fig. 17, 18 sowie aus Taf. VIII, Fig. 11, 12, Taf. IX, Fig. 15, 16, 19, 20 hervorzugehen. Vor allem ist es die inten- sivere Färbbarkeit mit Plasmafarbstoff sowie das stärkere Brechungs- vermögen, das evident an Schnittpräparaten konstatiert werden kann. Als typisch für diese Verhältnisse sei hier noch folgender Fall der Epidermiszellen des äußersten Blattes von Zea-Keimspitzen in extenso angeführt. (Vgl. dazu Taf. IX, Fig. 17, 18.) 11,5° C. Plasma dicht spongiös. Xucleolus schwach gefärbt. Ebenso bei 18° C. 26° C. Plasmastruktur gröber, bis sehr locker spongiös. 37° C. Plasma sein; spongiös, es bilden sich größere Vacuolen. 41°— 42°. Plasma bis auf den homogenen und ziemlich dichten Wand- belag reduziert. Großer centraler Zellsaftraum. Xucleolus sehr scharf und leuchtend rot mit Saffranin gefärbt. C. Einfluß der Temperatur auf Vacuolisation und Plasmagehalt der Zellen als physikalisch-chemisches System. Ein Fundamentalunterschied im Verhalten der Zellen pflanzlicher Vegetationspunkte und tierischer Zellen speziell embryonalen Gewebes besteht darin, daß letztere in ihrem Gesamtvolumen auf Verände- rungen der äußeren Bedingungen — speziell der Temperatur — reagieren, also ihre Größe eine indirekte, ihre Zahl eine direkte Temperaturfunktion darstellt, während hingegen die Zellen pflanzlicher Vegetationspunkte bei Temperaturerhöhung nicht oder nur in geringem Maße durch Herab- setzung ihrer Teilungsgröße d. h. der Größe der Zellulosezelle reagieren, sondern intracellular eine Verminderung der Plasmamasse zu- Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. l!)3 gunsten der flüssigen Zellsaftphase erfahren. Während man die Verkleinerung der tierischen Zellen bei Temperaturerhöhung als Her- stellung eines Gleichgewichtes zwischen Oberfläche und Volumen bzw. zwischen Stoffaufnahme und Stoffumsatz gemäß den geänderten physio- logischen Bedingungen ansehen kann, findet bei Pflanzenzellen gelegent- lich der Vacuolisation und intracellulären Plasmareduktion zwar eben- falls eine Neueinstellung eines Gleichgewichtes zwischen Stoffaufnahme und Umsatz statt, aber außerdem kann man noch von einer intracellu- lären Gleichgewichtsverschiebung innerhalb des Gesamtsystems des Zell- inhaltes sprechen, insofern sich ein neues Gleichgewicht andrer Art zwischen den getrennten Phasen des Zellsaftes als flüssigem und dem Plasma als gequollenem System herstellt. Dieser Prozeß, dessen Verlauf im einzelnen im früheren Abschnitt dargestellt wurde, läßt sich von zwei Seiten physikochemisch analysieren. 1) Temperatur und Permeabilität. Zunächst ist daran zu denken, ob die Vacuolisation bei höherer Temperatur nicht auf Zunahme des Wassergehaltes der Gesamtzelle zu- rückzuführen ist, wobei für eine Wasseraufnahme vor allem die Durch- lässigkeitsverhältnisse der Plasmahaut maßgebend sein müssen. Die Permeabilität wäre also hier im Sinne Blackmans oder Putters als be- grenzender Faktor des Zellwachstums bzw. der Vacuolisation aufzufassen. Eine Erhöhung der Wasserpermeabilität mit steigender Temperatur haben viele Autoren beobachtet, so Rysselberghe, Tröydle, Krabbe, auf zoophysiologischem Gebiete Bialaszewicz. Gegen die Erklärung zunehmender Vacuolisation durch geänderte Permeabilität sprechen nun meiner Meinung nach mannigfache Verhältnisse. Einmal ist es nicht ausgemacht, ob in allen beobachteten Fällen einer scheinbar veränderten Permeabilität eine schnellere Aufnahme von Wasser in die Zellen nicht auf Veränderung der Konzentration osmotisch wirksamer Stoffe in der Zelle als dem eigentlich wirksamen Faktor zurück- zuführen ist. Weiter ist durch Masing für den Durchtritt von Trauben- zucker in Erythrocyten nachgewiesen und von Krabbe überhaupt für gelöste Stoffe wahrscheinlich gemacht worden, daß eine Erhöhung bzw. überhaupt erst ein Eintreten der Permeabilität der Plasmahaut für gelöste Stoffe mit Erhöhung der Temperatur stattfindet. Sind diese Stoffe os- motisch aktiv, so ist klar, daß im Falle einer Permeabilitätssteigerung für sie mit Erhöhung der Temperatur eine Herabsetzung des osmotischen Druckes also Wasserabgabe, bzw. jedenfalls keine Wasseraufnahme da- durch bedingt sein kann. Arcuiv f. Zellforschung. XV. 13 194 Otto Hartmann Endlich aber sind zwei Momente gegeben, die mir eine Erklärung der Vacuolisierung aus der Permeabilitätserhöhung ganz auszuschließen scheinen. Durch Rysselberghe ist gezeigt worden, daß der Grad der Permeabilitätssteigerung filz* "Wasser mit der Temperatur abnimmt, also Qio sinkt. Pütter berechnet aus seinen Zahlenangaben, daß von 16° C. an eine Gegenreaktion einsetzt, deren Q10 8,0 beträgt und die mit stei- gender Temperatur die Permeabilitätszunahme für Wasser vermindert. Demgemäß wäre zu erwarten, daß eine Zunahme der Vacuolisation gerade am stärksten bei tiefen Temperaturen mit der Temperatur stattfände, während wir ganz im Gegenteil ziemlich plötzlich erst bei hohen Tempera- turen eine Vacuolisation, verbunden mit Plasmaschwund eintreten sehen. Weiter setzt eine Erklärung der Vacuolisation aus Veränderung der Permeabilität eine absolute Zunahme des Wassergehaltes der Zellen als Ursache der Vacuolisation voraus, was mir jedoch keineswegs wahr- scheinlich erscheint. Der fundamentale Ein wand aber ist folgender: Angenommen, daß die inneren zellphysiologischen Bedingungen, die eine Wasseraufnahme bei hoher Temperatur bedingen würden, bei hoher und niederer Tem- peratur dieselben sind, so hat offenbar eine Erhöhung der Permeabilität mit der Temperatur nur insofern Einfluß auf diese anderweitig bedingte Wasseraufnahme, als sie die Geschwindigkeit dieser Prozesse, also die Schnelligkeit der Einstellung des Gleichgewichtes, nicht aber die Lage dieses Gleichgewichtes, d. h. die aufgenommene Wassermenge bestimmt. Hirn findet aber das Vorrücken einer Zelle aus dem Vegetationspunkt an den Beginn der Streckungszone und Vacuolisation relativ so langsam statt, daß auch bei niederer Temperatur mehr als genügend Zeit für die Herstellung des Gleichgewichtes der Wasseraufnahme auch schon bald nach dem Vegetationspimkt gegeben wäre, wenn nur der Grad der Permea- bilität, d. h. die Schnelligkeit möglicher Wasseraufnahme von der Tempera- tur beeinflußt würde und nicht vielmehr innere Bedingungen für die die Permeabilität der Plasmahaut nur Voraussetzung ihrer Wirksamkeit ist. Denn sonst wäre nicht einzusehen, warum erst bei 30°— 40° die Permeabilität hinreichend groß wäre, um schon bald nach dem Vegetationspunkt weitgehende Vacuolisation zu ermöglichen. 2) Ursachen der Vacuolisation und Zelldifferenzierung, die im Zellstoffwechsel selbst und der Veränderung der physio- chemischen Plasmabeschaffenheit gelegen sind. a) Die Ursachen der Vacuolisation sind im veränderten Chemismus und Stoffwechsel des Plasmas gelegen. Zunächst sei Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 195 ein Blick auf unsre Vorstellung der normalen Genese der Vacuolen geworfen. Pfeffer vertrat die Ansicht, daß die Entstehung der Vacuolen als Übersättigungserscheinung eines quellbaren Körpers (der Plasma- colloide) mit Wasser aufzufassen sei und beruft sich auf Experi- mente an Wurzelhaaren von Hydrocharis. Bringt man aus solchen Gebilden Plasmaballen zum Austritt, so kugeln sich diese ab, und in ihrem Innern bildet sich alsbald eine große, centrale Vacuole. Nach Pfeffer soll dem freien Plasmaklumpen im freien Wasser genügend Gelegenheit zur Quellung, ja Übersättigung mit Wasser gegeben sein, so daß schließ- lich neben der hochgequollenen Plasmaphase eine Wasserphase auftritt. Gegen diese Auffassung wendet sich, wie mir scheint mit großem Hecht, Fr. Schwarz, indem er bemerkt, daß einmal begrenzte quellbare Gallerten, in denen Vacuolenbildung stattfindet, nicht bekannt sind, und daß nach Platzen einer Zellvacuole, wenn man Pfeffers Vorstellungen annehme, die sofortige Neuentstehung einer Vacuole im Wandbelag zu erwarten sein müßte, was niemals geschieht. Schwarz ist vielmehr der Ansicht, daß die Vacuolenbildung als Entmischungsvorgang aufzufassen sei. Vacuolen treten nur dann auf, wenn zwei Substanzen mindestens vor- liegen, von denen eine in der Umgebungsflüssigkeit löslich ist, die andre unlöslich und undurchlässig für die gelöste Substanz. Genau hat Pantanelli die Genese der Vacuolen an Hyphen unter- sucht. In jugendlichen Zellen ist der Quellungsdruck (Q) hoch und über- wiegt den osmotischen Druck (P). Später findet eine Verwandlung der hochmolekularen gequollenen Plasmacolloide in niedrigmolekulare Stoffe und dadurch Herabsetzung des Quellungsdruckes zugunsten des osmo- tischen statt. Wenn nun P - Q ist, kann eine geringe lokale Erhöhung des osmotischen Druckes zur Vacuolenbildung führen, wodurch auch die in alternden Zellen plötzlich einsetzende Vacuolisation erklärt wird. Es ist interessant, daß ganz analog wie beim morphogenen Prozeß der Umwandlung in Dauergewebe auch bei Tieren (z. B. Amphibien) während der Embryonalentwicklung, solange noch keine Nahrung von außen auf- genommen wird, infolge Bildung osmotisch-aktiver Stoffe aus komplexen und gequollenen, Wasseraufnahme als Folge dieser Zunahme des osmo- tischen Druckes stattfindet1). Ganz leicht können wir uns nun auch den vacuolisierungsfördernden Einfluß einer Temperatursteigerung erklären. Hier können wir zweierlei Standpunkte der Analyse einnehmen, indem wir einmal die experimental- 1) Vgl. diesbezüglich. Bialaszenvicz, Galloway, und die ältere Zusammenfassung uusrer Kenntnisse bei Schaper. 13* Otto Hartmann 196 cytologische Fundamentaltatsache der Reduktion des Plasmas bei höherer Temperatur oder die offensichtliche Zunahme der flüssigen Zellsaftphase auf Grund der Vermehrung des osmotischen Druckes in den Vorder- grund stellen. Zunächst wird man geneigt sein, an eine Erhöhung des Zellturgors und des osmotischen Druckes bei Temperaturerhöhung gemäß der zunehmenden Vacuolisation zu denken. Das kann, braucht aber keines- wegs der Fall zu sein, wie die verschiedenartigen Angaben in der Literatur zeigen, denn eine Vermehrung osmotisch wirksamer Zellbestandteile muß nur dann Vermehrung der plasmolytischen Grenzkonzentration im Ge- folge haben, wenn sich der Wasseraufnahme die elastische Spannung der Zellmembran widersetzt und also der Zellsaft relativ reicher an osmo- aktiven Stoffen ist. Unter andern Umständen findet natürlich so lange Wasseraufnahme statt, bis sich ein Gleichgewicht, z. B. normaler Turgor, hergestellt hat, was natürlich mit Vergrößerung des Zellvolumens ver- bunden ist. Tatsächlich scheint jedoch mit Temperaturerhöhung eine Turgorvermehrung einzusetzen (Pantanelli, Copeland, Ursprung und Blum; keine Veränderung findet z. B. Askenasy, Nemec ; eine Erhöhung mit sinkender Temperatur beobachtet Buchheim). Prixgsheim hat die Möglichkeit erörtert und aus der Literatur be- legt, daß unter dem Einfluß einer Wachstunishemmung, sie sei durch Temperatur, mechanischen Einfluß, Licht oder Wassermangel be- dingt, Turgorsteigerung erfolge, da die normalerweise zum Streckungs- wachstum, d. h. zur Wasseraufnahme gebildeten osmotisch-aktiven Stoffe auch unter Umständen, die kein, oder nur ein minimales Wachstum zu- lassen, gebildet werden, wobei infolge der Behinderung ihrer Verteilung auf ein größeres Gewebevolumen beim Wachstum dann natürlich Steigerung des osmotischen Druckes erfolgen muß. Tatsächlich hat nun Borowikov (1914) gefunden, daß die Konzentration des Zellsaftes der Wachstums- geschwindigkeit umgekehrt proportional ist. Ob jedoch durch die Turgor- steigerung immer eine Vacuolisation bedingt sein muß, bzw. ob nicht eine Anpassung des Turgors im Sinne einer Verminderung der Produktion osmotisch wirksamer Wachstumsstoffe bei behindertem Wachstum statt- findet, ist unentschieden und es scheint mir zur Nahelegung letzterer Möglichkeit nachstehendes Experiment interessant. Die bei niederer Temperatur von Anfang an gezüchteten WurzelspirZen zeigen im Meristem keine Vacuolisation, wie schon oft bemerkt. Hält man hingegen Wurzel- spitzen von Zea mays zunächst bei hoher Temperatur (32° C.) und über- trägt sie hierauf in niedere Temperaturen von 7° C., wo fast kein Wachs- tum stattfindet, so zeigt eine Untersuchung nach einigen Tagen, daß Iber den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 197 weitgehende Vacuolisation z. B. der Dermatogenzellen bis weit gegen die Vegetationsspitze stattgefunden hat (vgl. Taf. XI, Fig. 43, 44). Offenbar haben die in hoher Temperatur entsprechend der großen Wachstumsintensität in großer Menge gebildeten osmotisch - aktiven Stoffe, die für die geringe Wachstumsintensität in der niederen Tem- peratur zu konzentriert sind, nun in dem Sinne gewirkt, daß sie durch starke Wasseraufnahme bei gehemmtem Wachstum, Vacuolenbildung auslösen. Werden die Keimlinge von Anfang an bei niederer Temperatur kultiviert, so findet entsprechend der geringen Wachstumsintensität auch eine geringe Produktion osmotisch -aktiver Stoffe statt, also ist es nur der Temperaturwechsel, der bei niederen Temperaturen Vacuolisation bedingt. Es ist also die Turgorzunahme bei niederen Temperaturen, wie auch Pantanelli bemerkt, bzw. die Vacuolisation unter solchen Umständen im Gegensatz zum Einfluß hoher Tempera- tmen direkt als anormal und .als Resultat einer schädigenden Wirkung aufzufassen. Nun ist also leicht auf Grund unsrer allgemein- physiologischen Kenntnisse die Vacuolisation bei hohen Temperaturen zu erklären. In meiner Arbeit über den Temperatureinfluß auf Zellen und Gev'ebe der Amphibien habe ich die Theorie aufgestellt, daß die Plasmavolumabnahme — die bekanntlich im Tierreich identisch mit Zellvolumabnahme ist, einen Vorgang, erklärbar aus relativem Nahrungsmangel, darstellt, der- gestalt, daß bei Temperaturerhöhung die Stoffzufuhr auch unter den günstigsten Bedingungen dem starken Stoffverbrauch nicht genügt, daß also die Stoffzufuhr in diesem Fall der begrenzende Faktor der Zell- und Plasmagröße ist. Es findet daher so lange Plasmavolumabnahme bei negativer Stoffwechselbilanz statt, bis ein der Temperatur entsprechendes neues Gleichgewicht hergestellt ist, in dem sich Stoffzufuhr und der ent- sprechend der Plasmaabnahme verminderte Verbrauch die Wage halten. Durch die dadurch erreichte größere relative Oberfläche des Protoplasten und seiner Teilsysteme sind auch die Aufnahmebedingungen selbst gün- stiger geworden. Ganz ähnliche Vorstellungen können auch in unserrn Falle der intensiven Plasmaabnahme bei den höchsten Temperaturen entwickelt werden. Jedenfalls aber spielt hier noch die Produktion dis- soziierter oder überhaupt niedrig molekularer, gelöster Stoffe aus kom- plexen, gequollenen eine große Rolle. Diese Prozesse, die als Dissimila- tion im Rahmen des stationären Gleichgewichtes des Stoffwechsels auch bei niederen Temperaturen bekannt sind, verlaufen nun bei Temperatur- erhöhung viel intensiver bzw. quali- und quantitativ weitgehender, bis als neuer stationärer Gleichgewichtszustand eine Zelle mit großer Zell- Otto Hartmann 198 saftphase als gelöstem System und kleiner Plasmaphase als gequollenem Hydrocolloidsystem resultiert 1). Diese Bildung von osmotisch-aktiven bzw. löslichen Eiweißzersetzungs- produkten ist schon mehrfach auf chemisch-physiologischem Wege bei Temperaturerhöhung nachgewiesen worden2). Wasniewski findet bei Triticum bei supraoptimalen Temperaturen relativ stark vermehrte Eiweißzersetzung, und auch die Menge der veratmeten Stärke im Ver- hältnis zu der zum Wachstumsansatz verbrauchten steigt plötzlich be- trächtlich. während bei Temperaturen unterhalb des Optimums Tem- peratursteigerung keine Verschiebung der perzentuellen Stoffwechsel- bilanz veranlaßt. Wir haben es also bei supraoptimaler Temperatur mit starker Verschlechterung der Stoffwechselökonomie zu tun und offenbar mit einer Verminderung der lebenden Substanz. Interessant ist in den Versuchen Wasniewskis besonders, daß diese Verschiebung des Stoff- wechselgleichgewichtes bei Temperatursteigerung in niederem und mitt- lerem Temperaturbereich nicht eintritt, sondern erst ziemlich plötzlich, wenn das Optimum überschritten wird. — also ein ganz ähnliches Ver- halten wie bei der von uns studierten Plasmavacuolisation und Plasma- schwund der Meristemzellen, die auch erst bei höheren supraoptimalen Temperaturen sich ziemlich plötzlich manifestiert. In diesem Zusammen- hang sind auch die von Balls als katabolisch bezeichneten Stoffwechsel- produkte zu erwähnen, die jedenfalls osmotisch-aktiv sind und bei höheren Temperaturen nach diesem Autor sehr stark an Menge zunehmen. Als Bestätigung meiner früher erwähnten Theorie des cvtologischen Zusammenhanges und physiologischer Verwandtschaft starker Tem- peraturerhöhung und Hungers sind auch die Ergebnisse Wallengrens an hungernden Paramaecien zu erwähnen, wo gleichfalls starke Vacuoli- sation durch Wasseraufnahme und Einschmelzung des Plasmas zugunsten eben üi diesen Vaeuolen gelöster Stoffe, resultiert. Auch bei durch Kohlen- dioxyd gestörtem Stoffwechsel beobachtet man nach Lopriore Vacuolen- bildung in Mucormycelien, was uns daran erinnert, daß unter dem Ein- fluß der Co2 nach Haro und Ewald (Literatur bei Höber, 1908) die Säuger- erythrocyten stark quellen, was offenbar darauf beruht, daß die Co2 aus Alkalieiweißverbindungen des Blutkörperchenstromas das Alkali frei- 1) Vgl. bezüglich der Änderungen des Stoffwechsels bzw. der Plasmabeschaffen- heit, Eiweißzusammensetzung Pütter, und besonders Schaffnit. 2) Vgl. auch Galeotti, der findet, daß die elektrische Leitfähigkeit tierischer Gewebe, für die neben der Ionenpermeabilität des Plasmas besonders noch dessen Ge- halt an dissoziierten Verbindungen maßgebend ist, mit steigender Temperatur eine starke Zunahme erfährt. Vgl. auch die Zusammenstellung bei Bottazzi. Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 199 macht, das mm als osmotisch-aktive Substanz Wasseraufnahme veranlaßt. Ähnlich darf man sich vielleicht auch in Lopriores Versuchen den Co2- Einfluß rein physikochemisch vorstellen. Hierher gehören endlich auch Untersuchungen von Klemm, der unter dem Einfluß von Induktions- schlägen, die offenbar dissimilatorischen Plasmaabbau veranlassen, eine starke Vacuolisation von Urtica- Haaren beobachten konnte. b) Als zweite mögliche Beobachtungsweise des Temperatureinflusses käme die dem Gebiet der physikalischen Chemie zuzuordnende Zu- standsänderung der Plasmacolloide als einem Gesamtsystem in Betracht. Wie schon früher erwähnt, sind offenbar die Plasmacolloide bei mittlerer, besonders aber niederer Temperatur in weit höherem Maße hydratisiert als bei hohen Temperaturen, was aus dem Faktum, daß die Quellung ein exothermer Prozeß ist, thermodynamisch gut verständ- lich ist. Das finden auch Mayer und Schaeffer bei tierischem Gewebe. Wie diese Forscher zeigen konnten, hängt übrigens die Imbibitionsfähig- keit bzw. der Wassergehalt tierischer Gewebe stark von dessen chemischer Zusammensetzung ab, speziell von einer sehr einfachen Relation, näm- lich dem »Coefficient lipocytique« (Cholesterin : Fettsäure), indem sie diesem direkt proportional ist. Da nun auch die Temperatur, speziell bei Kaltblütern, ziemlich großen Einfluß auf diesen Koeffizienten hat, so ist hier direkt in schöner Weise die Abhängigkeit des Plasmachemismus einer-, des Wassergehaltes anderseits von der Temperatur nachgewiesen. Wir werden also annehmen müssen, daß bei den höchsten Tem- peraturen derartige physikochemische Prozesse ablaufen, daß das chemisch andersartige Plasma auch einen andern colloidalen Zustand, nämlich geringeren Quellungsgrad aufweist, während die zweite Zellphase, der Zellsaft geringeren Gehalt an Colloiden bei hohem Wassergehalt zeigt. Ganz im Gegensatz zu den niederen Temperaturen, wo die einzige hier vorhandene Zellphase hoch- gequollene, ja vielleicht schon fast im colloidal gelösten Zu- stande befindliche Plasmacolloide enthält. Wir kennen außerdem an Eiweißschäumen und überhaupt Colloiden die Erscheinung des so- genannten Alterns bzw. der Verfestigung. Falls dieser Vorgang, was nicht unwahrscheinlich ist, durch höhere Temperatur begünstigt und beschleu- nigt wird, wäre eine physikalisch festere Beschaffenheit des Plasmabelages in hohen Temperaturen gut verständlich. Endlich wissen wir, daß bei der Koagulation eine Verminderung des Quellungswassers stattfindet. Da nun durch die außerordentlich interessanten und weittragenden Experimente Lepeschkins gezeigt wurde, daß auch bei gewöhnlicher Temperatur (20°) mit meßbarer Ge- 200 Otto Hart mann schwindigkeit Koagulation des lebenden Plasmas stattfindet, so daß im Leben dauernder Ersatz bzw. Neuaufbau neuer Plasmacolloide. als Stoff- wechselleistung lebender Zellen erfordert wird, demnach ein gewisser bei verschiedener Temperatur verschieden großer Anteil des Gesamtplasmas aus derartigen koagulierten Plasmacolloiden bestehen muß, welchen Anteil Lepeschion in den trüben Plasmagranulationen usw. sehen will, — so ist klar, daß bei hoher Temperatur, wo offenbar der Anteil des Plasmas an derartigen Koagulationsprodukten ein größerer ist, eine festere Ge- samtkonsistenz des Plasmas beobachtet wird, die allerdings teilweise durch die rein physikalisch (molekurlarkinetisch) bedingte Viskositäts- abnahme unter Umständen abgeschwächt bzw. vollständig verdeckt werden kann. Endlich muß auch der Zellsaft, der bei hohen Temperaturen außer- ordentlich reich an niedrigmolekularen, dissoziierten, demnach osmo- aktiven Stoffen ist, eine starke wasserentziehende Wirkung auf die Plasmacolloide ausüben, denn in einem System: viel elektrolytreicher Zellsaft, wenig gequollene Plasmacolloide muß offenbar die überwiegende Menge Wasser auf erstere Phase verteilt sein im Sinne der Entwicklungs- theorie der Vacuolengenese von Schwarz und Pantanelli, während bei niederen Temperaturen und geringer Menge osmotisch-aktiven Zellsaftes der Quellungsdruck der Plasmacolloide über den osmotischen der im Quellungswasser gelösten Stoffe weitaus das Übergewicht haben muß, so daß also keine Trennung im Sinne einer Entmischung beider Phasen resultiert. IV. Der Einfluß der Temperatur auf die Zell-, Kern- und Nucleolengröße und die Kernplasmarelation (Kernzellrelation). Hiermit wenden wir uns dem Hauptteile unsrer Untersuchungen zu. Wie schon eingangs bemerkt, wurden Zellen gleicher Differenzierungsstirfe untersucht, Zellen, die ohne größere Vacuolenbildnngen sind, wenigstens mit Ausnahme der höchsten Temperaturen, bei denen Vacuolisation all- gemein ist. Bezüglich den Tabellen, nach denen die Kurventäieln, wie eingangs auseinandergesetzt, konstruiert wurden, ist folgendes zu bemerken. Sämtliche absolute Maße sind in angegeben. Eine besondere Er- wähnung bedürfen nur die letzten Rubriken. In meiner Arbeit über die cytologischen Verhältnisse der Darmepithelzellen der Cladoceren habe ich von den Relationen, die sich zwischen Zellvolumen und Oberfläche einer- seits, Kernoberfläche und Volumen anderseits darstellen lassen, aus- gedehnten Gebrauch gemacht, von der Vorstellung, über die am erwähnten Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. '201 Orte Genaueres nachgesehen werden möge, ausgehend, daß eine zahlen- mäßige Beziehung zwischen der Oberfläche des Kernes als Austauschfläche und dem Plasmavolumen, bzw. zwischen der Zelloberfläche als Austausch- weg und dem Kernvolumen und die Änderung dieses Quotienten, die uns offenbar ein Maß extra- und intracellulärer Stoffwechselbeziehungen geben, unter verschiedenen Bedingungen gewisse Schlüsse auf zellphysio- logische Verhältnisse zulassen müssen. Bei pflanzlichen Objekten stellt sich allerdings die Sache weniger einfach, da nicht so wie bei Tieren ein Parallelismus der Kernplasmarelation, der Kern- und Zellgröße bei ge- änderter Temperatur besteht. Deutlicher sind jedoch diesbezüglich auch bei Pflanzen die Beziehungen zwischen Kern und Nucleolen. Die letzte Rubrik endlich zeigt die Werte der spezifischen Kernoberfläche, d. h. der Kernoberfläche bezogen auf die Volumseinheit des Kernes, die uns demnach ein Maß für die Austauschverhältnisse im Kernstoffwechsel geben muß. Zusammenfassend können wir also den Tabellen und Kurven fol- gendes über die Volum- und Oberflächenbeziehungen der Zellen und ihrer Teilsysteme (Kern, Nucleolus) entnehmen. Gleich zu Anfang möchte ich nachdrücklich darauf hinweisen, in wie auffälliger Weise der Gesamtverlauf und Charakter der Kurven der Größe einer bestimmten cytologischen Größe oder Relation auch bei ver- schiedenen Pflanzenarten und Gewebesystemen übereinstimmt, während hingegen Kurven, die verschiedene cytologische Verhältnisse darstellen, in ihrem allgemeinen Charakter total verschieden sind. Besonders auf- fällig ist das bei den Kurven des Kernvolumens, Zellvolumens, Nucleolus- volumens und der Nucleolus-Kernrelation. Der Habitus jeder der auf einer Tabelle zusammengestellten, gleiche Systeme darstellenden Kurven ist nahezu identisch. 1. Die Zellgröße (Kurventabelle 1), Volum und Oberfläche, deren Maß einerseits durch die Teilungsgröße, d. h. die Maximalgröße, bis zu der bei gegebener Temperatur Wachstum ohne Zellteilung erfolgen kann und die als innerer physiologischer, größenbestinnnender Faktor aufzu- fassen ist, anderseits, bzw. von anderm Standpunkt aus betrachtet, durch den Grad der Wasseraufnahme und Vacuolisation bei hoher Tem- peratur bestimmt ist, nimmt mit steigender Temperatur zunächst ab, eine Erfahrung, die vollständig mit den Ergebnissen experimenteller Cytologie an Protozoen und Metazoen übereinstimmt (Literatur bei Erdmann, Popoff). Diese Abnahme des Gesamtvolumens, dem eine Ab- nahme des Plasmas natürlich parallel geht, findet etwa bis zu einer Tem- peratur von 26°— 30° C. statt. Von dieser Temperatur an, deren Höhe übrigens je nach Pflanzenart und Gewebesystem, wie die Tabellen zeigen, Tabelle 3. Zea, große Gefäßzellen im Plerom. Otto Hartmann 203 aqoi!jj.ioqoujoji zodg 0,43 0,47 0,52 0,53 0,52 0,52 0,52 0,52 © © 0; ^ iß CC CO 1.0 »O C* cT ©" ©~ 0 ©" 0' © £ s Ja muI0A 3- §:§ -snioapnii X^ CO_ © CM^ GO_ 00^ tH t-T cd -d ^ io r-T oo_ cq ©^ cq ih cm 0 co i" w” d 01 to 0’ io" ' r-i T— ( r— i ä ® 5 -.laqo ^ o -sujoaion^ CO (XI X CO X^ CM^ x «xT i> t>* i> »rf i>~ of cc" q « o_ 0 « er O ©' r-T cT ©- -rl r-T ^ r— -rH T— » rH T— ( T— t “ ® Js rauiOA cS -e 3 -n.ioa <© 03^ ^ CM^ CM^ X^ CO 05 N CM~ CG iff *d id O-I Ul 0_ »O O X_ (D Ol 03 t'* d d cc cT ca TjT tH t— < *—• s •© s -jaqo N ® -uwa X 00^ X^ t-^ ^ 03^ ^ *3 of i>~ cf i>* cg -f io' cm~ CM CM CM X X X X rH X X X ^ X X C3 X X I> GM 03 GM 0 snioapn& © XXiO^C0‘O-rHl> .3 XX©C3CMO00^ S GM tH tH r-t - . 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Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 203 aqaBp.iaqou.ia}{ "zads 0,62 0,65 0,79 0,83 : 0,84 0,74 0,63 0,73 0,79 0,87 0,90 0,87 0,79 s i Ja UIUIOA -sxqoapn*! 00 03 N N H OJ x~ co »d !>* ocT X 3.7 4,1 5.8 10,2 9,0 8,3 10,5 a ä £ a -.xaqo tü "c -snjoapnjq Oi 0^ r-^ 03 0 rjT xd id »ö D- CD_ CO_ [> ©^ ©^ vH vH^ vf vf” vf' cd »d *d i>* = uiiqoA N •§ :§ -«-WX CJS 05 vH vH X_ X vf co cd' ccT t> »d* ^ H CO^ X^ O*^ vH^ rH^ v*r id d t>* od cd 05' JL, a aqoBp ® 5 -.iaqo N > -u.ia^i O vf 03^ X^ vH 03 o~ cd' oo aT © od vH vH vH vH 03 vH X^ 05^ lO^ CD_ vf^ vH_ ocT cd d 0" cd' cd* cd* vH t-H tH 03 03 03 X sri[09[on^ O 03 Ol X X »O 03 X X X o jp DI8H £ O X »O vH Ol © 0 X 10 l> X iO O aß 03 03 vH vH vH 03 O H-n» 253 210 185 143 136 143 180 o *n»z 1812 1624 1362 1320 | 1308 1456 Derma 1678 1482 1254 1288 1456 1494 2103 UOlJXip.l -u.ia^-.Tiqoapujj 0,163 0,165 0,151 0,114 0,105 0,083 nthus, 0,176 0,176 0,139 0,085 0,100 0,104 0,074 uoijepj -ttaZ-u.Ta^i 0,0914 0,0924 0,0687 0,0621 0,0580 0.0731 Hella 0,0820 0,0808 0,0824 0,0554 0,0410 0,0434 0,0351 sn[oapu^ 75,4 65.3 33.4 22,3 18,7 22,3 Ile 6. 67 50,8 33 14 15 17.1 17.1 5 | UJ3}I O O H 0 ^ CO P- -ß CD 05 03 C5 C^- c£> tL CO Ol tH rH 03 379 287 237 164 150 164 229 > 9R9Z 5040 4250 3200 3120 3070 3650 4620 3550 2875 2959 3650 3775 6507 •xassaui -qa.mpsuioapnjq >0^ CD lO_ X^ »O tcT id ^ 70 70 cd vH_ CD_ O ©^ tH_ 03^ 03^ d Vf vf 70 CO Cd 70 .xassaa1qa.rapu.1a51 CD^ vH iO 03^ O O Ci 05 I>* I>~ I> X* 9,0 8,2 7.7 6.8 6,6 6,8 7,6 «H«a © »O^ 05^ CO_ 03_ vH_ r-^ v*T cd v4* of of cd vH vH vH vH vH v-i (N ©^ CO^ 0^ vH^ 03 d cd h h cd cd t>~ vH vH vH vH vH v-1 V S2 oSüKq Tt 03 CC ^ r- ^ 03 03 Ol Ol Ol Ol O vH vH 03 vH CM CM 03 03 03 03 03 03 03 f 9 »O 0^ © 0 o_ x' 1H CO cd"' vT vH vH 03 70 CO 8,5 11,5 18,0 26,0 31.0 37.0 41.0 Tabelle 7. Phaseolus, Vegetationsspitzt'. 204 Otto Martmann aqaiqj.taqou.ia}! ' -zads 0> Ol OJ_ CO 03 O rH rH i rH rH r- 1 S »OONhSIMiN S.'t'I'OOOOOOft« ö ö cT © o cT cT ©" g £ j= 0111(0 A >> "o =* -snioapuKi TZ 7,2 15,5 27,0 41,7 27,0 46.4 53.5 C0_ cq X X iO_ cq (M nt oo' ctT od“ co co oT irf tH i = aq^lUJ s 5 -.laqo tai o -stqoapn^ CD^ I> rH_ CO rH^ r^r »d cd x~ cd' cd cT o co, cj, i> co, cq, io o 'T CD CD O d Lo' l>' rH- — umioA 11 1 -n»S co^ cq_ o ^ ^ co^_ o l> CO* O H rd ld CO O *Q cq iq cq co cm h" io" t>' o" SD ©~ t-T rH . g <^«9 S = -aaqo ^ = -n.ia3 15,3 15.3 14,9 15,1 17,0 19.4 20.4 03^ 03^ ^ rH t> CD CO ^ rd d d io" d 0' d cT rHrHrHOlCQC^lTHCD sniodpu^ 03 CD O l> O CD CD CO rH rH rH 69 | 40 ; 34 34 36 36 38 27 o cc U.I9\[ 3 ^ 00 n H H W lO 03 05 CO I> 00 CD rH 236 200 185 161 171 166 210 215 91PZ 953 808 706 654 774 722 826 ’leroni. 1378 1223 1274 1556 1530 1373 2714 3340 uoijtqa.1 -u.ia3-.mioaianx 0,131 0,069 0,044 0,029 0,044 0,029 0,022 Zea , F 0,157 0,089 0,079 0,096 0,097 0,101 0,077 0,047 uotjtqa.i -IiaZ-njaAi 0,0681 0,0611 0,0553 0,0526 0,0486 0,0383 0,0397 Ile 8. 0,1017 0,0934 0,0779 0,0477 0,0520 0,0590 0,0301 0,0229 siqoapuNi r-^ CO^ I> ^ _0 |d cd" CO t—T Co" rH rH 54.2 24.0 18,7 18,7 20,5 20,5 22.3 14.1 E u.ta\j 130 91 67 57 67 47 61 Ht1 D* rr Ht* rH Ol 0- 00 rtCDCOOS^OXO^ CO (M 03 rH 03 03 03 03 > »IPZ 1908 1504 1211 1083 1377 1227 1533 OCDOOOOOO X to rp 10 »O Ol 03 0 XX OrHO^»0O CCOlCC^^CODiCO rH .lassam -qa.tupsiqoaion^ N CC 00 iq Q0r H* CO Cd rH H rd r-T rd CD, CO^ CO^ ^ tq, O rd 70 co co d d d d .lassatiupjnpn.iOAj CO CD_ rH oc *0 CD »d »d rd ud rjT Tt" I>^ 0 t> 03^ CO 03 CO cd x t> t>~ t>~ t>~ cd cd ajja.ig ^ ^ ^ ^ O lO cT oT cd oo oT x~ od rH 10,3 12,6 13.0 15,2 15.0 13,8 23.0 25,5 ! s: dSai?q X CD CD IO O I> O rH rH 7-H rH rH 1-h rH oxxxxxxo 03 r“' rH T— ' rH T— 1 T—t C*Q 1 p »0 0 0 0 0 0,0 x' X* cd' — ' lhT H cd rH rg CC CC *** -t 11.5 18,0 26,0 31.0 35.5 37.0 41.0 42.0 Tabelle 9. Phaseolus, Dermatogen. Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma. Kern und Nucleolus usw. 205 uqongjaqou.mji zadg OGi[-i0ffi*001C0 05-00 05 05 05050 o” o” ©” o” o” o” o r-T rH Tff G5 L>* CD O X O X I>- X 05 03 o" o" cT o" o" o" rH g £ Ja mn[OA m o :« -sn{08ionjq cq rjq 03^ 03^ »q cq CD of crf x" tjT io io x cf cq -q 05^ cq cq oo_ rq of -d -df tV of r-T «f Ol Ol ä ä atl0?T» a? & -.I9qO W ’S -sn[oapn^r Cq « Cq Cq r-q CO C0_ Ol" x~ *r of co" CO* rjT « H l> l(J_ d| CQ O co” -V co” ‘O io” co” co” Zell- ober- fläche : g i öl Oq Cq Oq Cq C» CD^ nq lO 0~ CD~ ZO CO* of o" r-T rtT tH r- 1 t— 1 05 03^ CD X C5 CD CD CD 00 CD 00 O X TH T—f ^ g aqoBp "03 • J9(|0 r-q CD^ Oq lO 03 05 (M 00 ^ of oT x" cf »o" i>" of (M(MHH(M(M(MCO tH_ cq CD X. 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Pisum, Plorom. 206 Otto Hartmanfl 9qoBg.1aqou.19jj zadg 0,88 660 98*0 90T 1,6 0,69 Kern- ober- flücho : iun|OA -sn|oa[on^ X rH X O O uo 05 05 CD cd q r-T = g £ JE* & © > aqoqg -.xaqo -snjogjonjj cq CO q r* rH" x" O -H cq cm" CM oT Zell- ober- fläche; mujOA -U.I9JJ 05^ rH 6,3 6,7 O of cd" rH »0 »0" Zell- volum : eqoeg -.iaqo -U.I9}! 16,0 CO CD *ö TjT T"H rH t> 00 rH 22,8 0 0' CM snjoajonji « 05 78 61 5 CO rH CD Ü cn U.I93 X cc GM GO UO O O CM CM l> I> CD CD CO CM 8IPZ 1747 i> O I> O CD rH tH t-h CO E ■rH 1653 1918 uovjBpj -u.igjj-.nqoapuq rH [> H cT 0,163 0,170 0,108 0,189 0,069 UOJ4BJ9.1 -H9Z-n-i8^ : 0,0820 0,0762 0,0696 0,0601 0,0268 0,0702 e snjoajonjj 00, s O I> 00" 10 rH CO O 00" CO 05" 0 O" 01 *0 U.19)I rH *5 CO CO 05 rH O CO CM O CD rH CM O rH rH CO > ail^Z 4312 4107 3000 00 CM CO CO 3796 CD 05 X rH g c ajp-ia O rH" cq q x" X" q cm" cm" q co 13 s2 oSuuq q rH CD i> »cT ioT rH 10 cd fl aiiajg l> O TH t> CD CD *o to uo" i> ad oSae'q rH CM t-H CO 00 cm" 0" CM^ 00 05" t> cd ojpje q rH I> 0 t-T 0" CM O" 10,7 0 cm" s aSuisq 31,6 0 0 O cT CO er: O cm" 33,3 0 rn" CO d E O _© - O GO 11,6 18,0 1 26.0 31,0 q ['*• CO 0 05 y— . 05 05 I> L'- CC O t> l> [> 0 O 0 0 O 0 r cc rH 0 uo r-H [> CO 05 X *H X l> CM rH^ q tH q 0 Cr» 0 rH l> cd" i> cc" »d uo rH 0 CD CM rH rH rH »O CD CD CD O" 00 05 05 O CM 05 cd cd cd cm" 0" rH rH rH di X CM iO CM CM 00 CM CD rH rH co CO rH CM rH 0 O CM 0 0 uO to CM üü CM rH 05 X CM CO CM CM CM ’T tH CM 0 cc 00 O O CD X X bJO CM CM rH rH C5 O X 0 l> CD rH rH rH X X -+HJ r- 1 rH T-H T-H CM c8 £ CM O CD CO 0 rH X O 00 05 |r- 05 rH CM 05 CM 0 O 0 C rH 0 O 0 0 0 0 0 0 0 cs CC 00 t> rH CM CM 05 OJ l> 0 ir» IO CO CO X tsj 05 05 00 1^» X rH O 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 O oä l> IQ rH rH co rH rH rH 10 00 CD l> CM X 05 cc CM CM T— 1 CM CM O O CO rH CM rH l> O CM uo r- CO rH CO CM nO 73 rH CO CM CM CM CM X O CM Cr» 05 8 8 05 CD rH O O 05 CO 00 CO l'- CM rH CO CO CO CO CO lO 00 !> CM lO I> X rH CO CO CO co CO CM CO 00 l> CM l& 0 X O CO CO CO co X CM 05 CD CO t> X 0 O O 0 CD Cr- t> X* 0 00 X 0 X Cr» 0 CO t-H ~ 0 I> O X rH rH 0 rH 0 0 CD O t-h CM — 0 0 0 rH »O rH rH TH T-H O 0 t-H O CM CO co CO CO CO X X lO 0 0 0 0 0 0 y—> X CD rH »0 rr- CM t-1 T*T CM CO co X rH Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 207 verschieden ist, findet nun bei weiterer Temperaturerhöhung eine mehr minder deutliche Zunahme des Zellvolumens statt, auch wenn wir Zellen möglichst gleicher Entwicklungs- und Differenzierungsstadien miteinander vergleichen. Die Abnahme der Plasmamenge geht jedoch dauernd als Phaseolus, Dermatogen. Zea, Plerom. — — — Pisum, Plerom. — — •• Pisum, Dermatogen. — • — Helianthus, Dermatogen. • | -= | — | Zea, Dermatogen. 208 Otto Hartmann umgekehrte Temperaturfunktion weiter, so daß also die Zellen von jetzt an plasmaärmer zu werden beginnen, also ihre Volumvergrößerung nur auf vermehrten Gehalt an Flüssigkeit zurückzuführen ist. Diese Volum- zunahme bzw. diese Vacuolisation, die mit steigender Temperatur an- fangs nur in geringem Maße zunimmt, wächst dann bei Temperaturen von 36 °— 37° C. an plötzlich sehr bedeutend. Die plötzlich einsetzende Vacuolisation, die diese beträchtliche Volumvermehrung1) bewirkt, ist besonders bei Pleromzellen von Zea und Pisum, dem Dermatogen von Heliantlms und Zea und dem Urmeristem von Phaseolus ungemein auf- fallend2). Bei hohen Temperaturen ist also mit weiterer Verminderung des Plasmavolumens im Vergleich zu mittleren Temperaturen eine Zell- volumvermehrung verbunden, und hier besteht ein — wohl durch die Existenz starrer Zellulosewände ermöglichter — prinzipieller Unterschied der Pflanzen von den Tieren, bei denen Plasmavolum und Zellvolum koinzidieren. Bei Pflanzen besteht insofern eine Disproportionalität morphogenetischer Prozesse zur Wasseraufnahme, weil eben vorzeitige Vacuolisation stattfindet, während bei der tierischen Em- bryonalentwicklung (z. B. Pana) bei höherer Temperatur zwar auch eine bedeutende Vermehrung der Wasseraufnahme in der Zeiteinheit stattfindet, die morphogenetischen Prozesse und die Vermehrung der 1 lebenden Substanz aber im gleichen Tempo beschleunigt werden, so daß bei einem Vergleich gleicher Entwicklungsstadien bei hoher und niederer Temperatur der perzentuelle Wassergehalt der gleiche ist (vgl. Biaeaszewicz) , während bei Pflanzen starker Plasmaschwund und dem- gemäß relative Zunahme der flüssigen Zellbestandteile erfolgt. 2. Das Kernvolumen und die Kernoberfläche (Kurventabelle 2) verhalten sich vielfach ganz ähnlich wie das Zellvolumen. Zunächst finden wir die als typisch zu bezeichnende Volumabnahme mit steigender Temperatur. Das absolute Größenminimum wird in den meisten Fällen zwischen 30° und 37° C. erreicht. Während in einigen wenigen Fällen nun weitere Größenabnahme mit der Temperatur erfolgt, steigt von hier an mit Temperatursteigerung auch die Kerngrößc neuerdings und oft ziemlich beträchtlich an, so daß sie bei maximalen Temperaturen oft J) Nach Pkillieux bewirkt ebenfalls starke Temperaturerhöhung starke Ver- größerung der Parenchymzellen. 2) Wenn ich hier wie im folgenden von Temperaturerhöhung spreche, ist das natürlich nur der Kürze halber und ungenau. In Wirklichkeit fand in meinen Experi- menten nicht Erhöhung der Temperatur statt, sondern Wurzelspitzen wurden bei ver- schieden hohen aber konstanten Temperaturen von der Keimung an bis zur Fixierung kultiviert. Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 209 Werte erreicht, die denen bei 18°— 20° C. entsprechen. Die fundamentale Frage ist nun: Ist diese sekundäre Vergrößerung auf Substanz- zunahme, d. h. auf Zunahme colloidaler Plasmamassen zurück- zuführen oder beruht sie ähnlich wie die sekundäre Zellvolum- zunahme bloß auf einer Wasseraufnahme? Sicher ist eines, daß Phaseolus, Urmeristem. — < — • — Pisum, Plerom. — — — Pisum, Dermatogen. — •• — •• Helianthus, Dermatogen. Zea, Plerom. | — | — | Zea, Dermatogen. Kernvacuolisation nicht eintritt, was ja gemäß dem andern physi- kalischen Zustande des Kernes im Gegensatz zum Protoplasma ohne weiteres verständlich ist. Die Größenreduktion des Kernes, die innerhalb der. Temperaturerhöhung mit Ausnahme der höchsten Grade stattfindet, Archiv f. Zellforschung. XV. 14 210 Otto Hartmann beruht jedenfalls auf proportionaler Substanzabgabe, da der relative Stoffreichtum, verglichen in der mikroskopischen Struktur, ziemlich un- verändert bleibt, anderseits später noch mitzuteilende Experimente an Ällium cepa, wo die Kernverkleinerung mit Temperaturerhöhung unmittel- bar ohne Kernteilung durch Substanzabgabe erfolgt, dieses Verhalten bestätigen. Die sekundäre Kernvergrößerung bei höchsten Temperaturen möchte ich jedoch mit Reserve tatsächlich als durch Wassergehalt- vermehrung zustande gekommen ansehen. Daß das Chromatm bei hohen Temperaturen tatsächlich stark quellen und sein Volumen ver- mehren kann, beweisen Beobachtungen von Schrammen, der die Chromo- somen unter diesen Verhältnissen viel voluminöser findet. Da wir nun durch die Untersuchungen Erdmanns an Seeigeleiern und Embryonen wissen, daß innerhalb physiologischer Temperaturgrenzen das Chromo- somenvolumen mit steigender Temperatur eine Verminderung erfährt, außerdem ich bei Wurzelspitzen ebenfalls Verkleinerung fand, so können wir die größeren Chromosomenvolumina in den Versuchen Schrammens unmöglich auf Substanzzunahme, sondern ausschließlich auf Zunahme des Quellungsgrades zurückführen. In der Tat scheinen ruhende Kerne bei höchsten Temperaturen, wo also sekundäre Volumvermehrung statt- findet, schwächer färbbar und damit substanzärmer zu sein. Die Ab- nahme des Kernvolumens jedoch, die zunächst bei steigender Temperatur erfolgt, ist offenbar im Sinne einer physiologischen Stoffwechselgleichge- wichtsverschiebung typischer Art aufzufassen, während die sekundäre Vergrößerung oder das Gleichbleiben des Volumens bei hohen Temperatiu'en offenbar auf eine gesteigerte Zersetzung — vielleicht des Chromatins, das, wie Jörgensen bestont, bei hohen Temperaturen durch Abbau seiner gequollenen Gele osmotisch-aktive Stoffe hervorgehen läßt — der Kern- colloide, also auf erhöhte Dissimilation zurückzuführen ist, eine Tem- peraturwirkung, die nicht mein- ganz in das Bereich des physiologisch Normalen gehört1). Diese Prozesse der Wasseraufnahme bei hoher Tem- U Von Hertwig und Popoff ist darauf hingewiesen worden, daß die physio- logische Depression, die in Protozoenkulturen auftritt und sich sowohl morphologisch als physiologisch in verminderter Teilungsenergie äußert, mit einer Kernhypertrophie verbunden ist. Hier findet jedoch Zunahme des Substanz(Chromatin)gehaltes des Kernes statt. Popoff konnte durch Chemikalien experimentell eine sich ebenso morpho- logisch und physiologisch äußernde Depression hervorbringen, und zwar durch Stoffe, die in den Ausscheidungen der Tiere enthalten sind. Ob hier bei der Kernhypertrophie Wasseraufnahme beteiligt ist, ist fraglich, in diesem Falle wäre direkt gezeigt, daß Behinderung der Stoffwechselproduktabgabe, also deren Anhäufung in Zelle und Kern, Kernhypertrophie bewirkt. Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 211 peratur, welche beim Kern zum Unterschied vom Plasma nicht mit Va- cuolisation verbunden sind, setzen jedoch jedenfalls als Gegenreaktion im Sinne Putters schon bei niederen Temperaturen ein, wo die Volum- verminderung noch ausschlaggebend ist, und bedingen durch diese Kom- bination die auch aus den Kurven gut ersichtliche zunehmende Ver- ringerung der Kernvolumabnahme für die Temperatureinheit. Daß die Kerne bei höchsten Temperaturen entsprechend der Zunahme des Quel- lungsgrades ihrer Colloide geringere Festigkeit und Starrheit ihrer Form besitzen, geht auch daraus hervor, daß in Geweben wie im Plerom von Pisum und Dermatogen von Zea. wo bei niederen und mittleren Tem- peraturen ellipsoide Kerne gefunden werden, bei höchsten Temperaturen, bei denen starke Volum Vermehrung der Kerne zu finden ist, dieselben vollständige Kugelgestalt annehmen, was sehr auf eine sich den physi- kalischen Eigenschaften von Flüssigkeiten annähernde Kernbeschaffen- heit hindeutet. 3. Nucleolus (Kurventabelle 3). Wie von mir schon bei Tieren ausführlich gezeigt, findet eine Abnahme der Größe der achromatischen Nucleolen in der Wärme statt. Bei den untersuchten tierischen Objekten ist diese Abnahme um so ausgeprägter, als nicht wie bei pflanzlichen durch Vacuolisation eine unmittelbare Beziehung zwischen Volumen und Substanzgehalt verschleiert wird. Eine der Temperatur entsprechende Einstellung des Gleichgewichtes Kern— Nucleolus findet schon sehr rasch statt. Nach 2 Tagen beobachtete Schrammen bei Temperaturerniedrigung deutliche Vergrößerung des Nucleolus, bei hoher Temperatur findet Ab- nahme durch Vacuolisation statt. Nach meinen Präparaten nimmt die Färbbarkeit der Nucleolen mit Saffranin, die in der Kälte relativ gering ist, mit steigender Temperatur zunächst langsamer zu, um bei den höchsten Temperaturen auffallend stark zu werden (Taf.VIII, Fig. 11, 12, Taf. IX, Fig. 17, 18). Die Erklärung dieser Erscheinung steht in engster Beziehung zur Genese der Verkleinerung der Nucleolen und Vacuolisation. Bei Temperaturerhöhung innerhalb mittlerer und niederer Grade findet offenbar eine Verschiebung des intracellulären Stoffwechselgleichgewichtes statt, derart, daß das Gleichgewicht erst erreicht ist, wenn die Masse des Nucleolus, der hier noch nicht oder nur wenig vacuolisiert ist und eine hochgequollene Colloidmasse darstellt, durch relative Zunahme dissimila- torischer Prozesse abgenommen hat. Bei hohen und höchsten Tempera- turen findet dieser Stoffumsatz so rasch statt, daß einmal das Gleich- gewicht noch mehr zuungunsten des Nucleolus als Hydrocolloidphase und zugunsten gelöster Stoffe, die aus ihm entstehen, verschoben ist, anderseits diese osmotisch-aktiven Stoffe, die nun in besonders starkem 14* 212 Otto Hartmann Maße gebildet werden, dem gequollenen Nucleolus sein Quellungswasser teilweise entreißen und dadurch einerseits weitgehende Vacuolisation seiner Grundsubstanz, anderseits Verminderung des Wassergehaltes und dadurch Verfestigung der übrigbleibenden Nucleolarsubstanz bedingen, wodurch das Speicherungsvermögen derselben für Farbstoffe erhöht wird. Pisum, Dermatogen. — • — •— Phaseolm, Plerom. — — — Zea, Dermatogen. — •• — •• Helianthus, Dermatogen. Phaseolm, Dermatogen. | — | — | Zea, Plerom. Es ist klar, daß durch diese starke Vacuolisation bei hohen Tem- peraturen die lediglich volumetrische Vergleichung der Nucleolarmassen viel zu hohe Werte für diese Temperaturen ergibt, da der größte Teil des Nucleolusvolumens nur mehr Vacuolen darstellt, während natürlich die wirkliche Substanzabnahme dauernd mit Temperaturerhöhung Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 213 anhält1). So erklärt sich das Verhalten der Kurven, die die größte Volumabnahme bei niederen Temperaturen angeben. 4. Kernplasma und Kernzellrelation (Kurventabelle 4). Hier spricht man wohl zunächst besser von einer Kernzellrelation, da nur diese direkt gemessen werden kann. Phaseolus , Dermatogen. PUum, Plerom. — — — Helianthus, Dermatogen. — — •• Phaseolus, Urmeristem. ••••••• Pisum, Dermatogen. " | — | — | Zea, Dermatogen. x) Bei Elodeablättem findet bei hohen Temperaturen eine so starke Vacuoli- sation des Nucleolus statt, daß er beträchtlich aufquillt und an Volumen stark zu- nimmt, allerdings dadurch fast unsichtbar wird. Vgl. darüber S. 226 f. 214 Otto Hartmann Bei Beurteilung dieser Relation ist oft die Notwendigkeit betont worden, scharf zwischen einer Substanzzu- bzw. -abnahme und einem bloßen Volumwachstum durch Wasserimbibition zu unterscheiden. Be- sonders sind diese Verhältnisse im Hinblick auf die Kerngröße diskutiert worden. Es fragt sich: Ist das größere Kernvolumen bei niederer Temperatur durch Wasseraufnahme oder Substanzvermeh- rung bedingt? Nur die Substanzzunahme will man als wirkliche Zu- nahme der Kernplasmarelation gelten lassen. Im Hinblick auf diese Unterscheidung möchte ich nachstehendes bemerken. Man kann offenbar bei Beurteilung intracellulärer Gleich- gewichte einen zweifachen Standpunkt einnehmen. Vom allgemeinen Gesichtspunkt physikalisch-chemischen Phasengleichgewiehtes ist es na- türlich gänzlich gleichgültig, ob das Wachstum einer Phase durch Sub- stanzzunahme oder Wasseraufnahme erfolgt. Denn jedenfalls ist durch die Temperaturveränderung im stationären Gleichgewichte eine Ver- schiebung eingetreten, derart, daß dadurch das Volumen einer Phase zunimmt. Die Gleichgewichtsverschiebung und Neueinstellung, die sich in Volum Verhältnissen manifestiert, ist hier allein und unabhängig von den näheren Umständen dieser Volum Veränderung von Interesse. Der Mechanismus dieser Volumveränderung kann nun allerdings im wesent- lichen verschiedener Art sein, und hier tritt die zweite, mehr biologisch- physiologische Betrachtungsweise in Kraft. Sind es lediglich osmotische Druckdifferenzen, die auf Grund qualitativ und quantitativ veränderten Stoffwechsels eine Verschiebung der Verteilung der Wasserphase zwischen den beiden Systemen Kern und Plasma bzw. Zellsaft bewirken, so wird man vom biologischen Standpunkt aus dieser Gleichgewichtsverschicbung volumetrischer Art weniger Bedeutung beilegen, als für den Fall, daß der Gesamtstoffwechsel derart verändert ist, daß der eine Zellbestandteil, z. B. der Kern, eine Zunahme aktiver d. h. selbst unmittelbar am Stoff- wechsel sich beteiligender Masse erfährt. Während im ersten Falle nur die Verteilung der lebenden Masse auf ein größeres Volumen durch Quellung stattfindet, also nur eine Vergrößerung gewisser- maßen des Arbeitsraumes eintritt, wäre im zweiten Fall die Arbeits- masse selbst verändert. Wie wir sehen werden, sind bezüglich des Verhaltens der relativen Kerngröße beide Möglichkeiten realisiert, ja sogar bei verschiedenen Temperaturen nacheinander, gewissermaßen alternierend für die Kerngröße maßgebend. Ist also vom physiologischen Standpunkt aus eine Scheidung der zwei Möglichkeiten des Volum Wachstums bzw. seiner Abnahme immer- Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 215 hin möglich und gut begründet, so muß ich .hingegen jene Anschauung, die für eine Beurteilung der Veränderung der Kcrnplasmarelation den Chromatingehalt des Kernes als allein wesentlich in den Vorder- grund rücken möchte, scharf ablehnen. Eine Chromosomenplasma - relation ist zwar eine sehr interessante Beziehung, und die Untersuchung ihres Verhaltens unter experimentell veränderten Bedingungen ist von hohem Werte, da sie uns das Verhalten einer Kernkomponente sehr an- schaulich kennen lehrt. Niemals vermag sie jedoch eine Kernplasma- relation zu ersetzen, da das Chromatin weder mit dem Kern identifiziert werden darf, noch ein durchgehender Parallelismus zur Kerngröße besteht. Das Chromatin ist eben nur ein Teilbestandteil des Kernes neben vielen andern, mit jedenfalls in gewissem. Grade unabhängig von den andern stattfindender Variabilität und Beeinflußbarkeit durch äußere Faktoren. Auch vermag ich, auf dem Standpunkt von Rucizkas biologischem Meta- bolismus stehend, dem Chromatin keineswegs eine besonders hervor- ragende und einzigartige Bedeutung in Kern und Zelle einzuräumen. Zu unsern Messungsresultaten uns wendend, konstatieren wir fol- gende Ergebnisse. Allgemeine Abnahme der Kernzellrelation, d. h. der relativen Kern- größe mit zunehmender Temperatur bis etwa 30° C., von da an findet je nach dem Objekt und Gewebe weitere Abnahme oder ziemlich starke Zunahme statt. Da wir nun wissen, daß in allen Gewebesystemen besonders dort, wo Zunahme der Zellgröße bei hohen Temperaturen durch Vacuoli- sation stattfindet, weitgehende Plasmaabnahme zugunsten des Zellsaftes Platz greift, so findet eine Zunahme des, auf das trotz der Zellvergröße- rung stark reduzierte Plasmavolumen bezogenen Kernvolumens statt, die natürlich in den Fällen, wo schon eine Zunahme der auf das gesamte Zellvolumen bezogenen Kerngröße eintritt, nur um so größer ist1). Als typisch für maximale Temperaturen muß also neben der mit Zellvergröße- rung durch Vacuolisation einhergehenden Plasmaabnahme die absolute und relative Zunahme der Kerngröße bezeichnet werden. Daß ich zur Untersuchung des Verhaltens der absoluten und relativen Kerngröße bei hohen Temperaturen speziell durch die Untersuchungen Rautmanns O Für die konstante Zunahme der Kernplasmarelation bei höchsten Tempera- turen kommt also die Fehlerquelle der Zeitmessung infolge der Vacuolisation gar nicht in Frage, nur ein exakter Ausdruck des relativ auf die Plasmamasse bezogenen Kern- volumens ist unmöglich. Da jedoch schon eine Zunahme der auf das Zellvolumen be- zogenen Kerngröße stattfindet, so ist bei abnehmendem Plasmagehalt der Zellen die relative Zunahme des Kernvolumens auf das Plasmavolumen bezogen um so bedeu- tender. 216 Otto Hartmann angeregt wurde, der fand, daß die Werte der Kernplasmarelation bei Paramaecium (Macronucleus) bei 25° C. höher sind als bei 20° und sich denen bei 15° annähern, habe ich schon eingangs erwähnt. Die Erklärung dieses Verhaltens der Kemplasmarelation in meinen Versuchen ist ganz analog zu der Erklärung, die bezüglich des Verhaltens der absoluten Kerngröße gegeben wurde: Abnahme der Kernsubstanz mit steigender Temperatur, bis sich bei etwa 30—35° C. durch Verände- rung des Gleichgewichtes chemisch-physiologischer Prozesse starke Wasser- aufnalnne und Quellung der Kerncolloide bemerkbar macht, die zu einer sekundären Vergrößerung des Volumens führt. Derselbe Vorgang, nämlich Wasseraufnahme, bewirkt im Plasma durch Vacuolenbüdung und Ent- mischung Volumverminderung bei Zellvergrößerung, bei den Kernen da- durch, daß keine Vacuolenbüdung und Entmischung auftritt, sondern höherer Quellungsgrad, eine Volumzunahme. 5. Nucleolus-Kernrelation (Kurventabelle 5). Für den Kurven- verlauf dieser Relation ist die S-Form typisch, die auf die Übereinander- lagerung zweier Prozesse hindeutet. Zunächst findet mit Temperatur- steigerung parallele Abnahme der Kern- und Nucleoleusgröße statt und zwar so, daß letztere stärker abnimmt. Durch die später im Nucleolus eintretende starke Vacuolisation wird dessen weitere Volumabnahme mit Temperaturerhöhung verzögert, da die Vacuolen ein größeres Substanz- volumen vortäuschen, daher auch die volumetrische Nucleolus-Kern- relation mehr konstant bleibt (mittlerer Teü der Kurven, bei 20—36° C.) Bei höchsten Temperaturen findet dann infolge der absoluten Kern- volumzunahme und weiterer Größenabnahme des Nucleolus ein starkes Sinken der Kurven statt. 6. Wir kommen nun zur Besprechung der Verhältnisse des Vo- lumens der einen Zellkomponente zur Oberfläche der andern und vice versa. Der Quotient aus Zellvolumen : Kernoberfläche ebenso wie der korrespondierende ergibt wegen des komplizierten Verhaltens des Zell- volumens zu Kernvolum- und Kernplasmarelation keine eindeutigen Re- sultate. Im allgemeinen nehmen beide Relationen dauernd mit Tem- peraturerhöhung zu » besonders hoch sind sie bei höchsten Temperaturen, wobei eine gewisse Abhängigkeit beider voneinander insofern besteht, als wenn die eine stark variiert, die andre es weniger tut und umgekehrt, was ja mathematisch zu erwarten ist. Im ganzen aber lehren die Relationen wenig wegen der Zellvergrößerung, die bei hohen Temperaturen auftritt. Anders ist es mit den Oberflächenvolumrelationen zwischen Kern und Nucleolus, da hier Vacuolisation nur gering störend wirkt. Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 217 Die Relation, die das Nucleolusvolumen auf die Kernoberfläche bezogen ausdrückt, steigt hier mit der Temperaturerhöhung sehr bedeutend. Die Beziehung zwischen Oberfläche des Nucleolus und Kernvolumen nähert sich hingegen weit mehr der Konstanz. Bezüglich der allgemeinen Auseinander- setzungen über die Beurteilung derartiger Quotienten, muß ich meine Arbeit über die cytologischen Verhältnisse bei Cladoceren zu vergleichen bitten. Phaseolus, Urmeristeni. — • — • — Helianthus, Dennatogen. — — — Zea, große Gefäßzellen. — •• — •• Zea, Plerom. Phaseolus, Plerom. | — | — | Phaseolus, Dermatogen. 7. Von Interesse ist endlich das Verhalten der spezifischen Kern- oberfläche, d. h. der Größe der Oberfläche, die auf die Volumeinheit des Kernes entfällt. Es ist klar, daß diese Relation die Austauschbe- ziehungen zwischen Kern und Plasma gerade hinsichtlich des vacuoli- sierten Plasmas besser widergibt als die Relation zwischen Zellvolumen bzw. Oberfläche und Kernvolumen bzw. Oberfläche. Es ist klar, daß bei gleichbleibender Form die spez. Oberfläche mit sinkender Kerngröße •218 Otto Hartraann abnehmen muß, also die Austausehbeziehungen bessere werden. In diesem physiologischen Sinne ist wohl auch die Verminderung der Kern- größe bei Erhöhung des Stoffwechsels mit der Temperatur zu interpre- tieren1). Die Vergrößerung dieses Quotienten gelegentlich des sekundären Kernwachstums mit höchsten Temperaturen jedoch kann nicht auf diese Weise durch Berücksichtigung der Stoffwechselbcdingungen erklärt wer- den, sie stellt, wie früher schon bemerkt, eben eine anormale, auf Grund von Veränderungen des spezifischen Stoffwechsels stattfindende Gleich- gewichtsverschiebung dar. V. Allgemeines über cytologische Gleichgewichte und deren Verschiebung mit der Temperatur2). Optimumkurven und Temperaturkoeffizienten. Es fragt sich, darf man sogenannte Temperaturkoeffizienten, d. h. Größen, die den Grad der Beschleunigung von Geschehnissen bei einer Temperaturerhöhung von 10° angeben und die man allgemein mit dem Ausdruck Qi0 (R.-G.-T. -Regel nach Kanitz) bezeichnet3), auch für Veränderungen cytologischer Maßbeziehungen bzw. Größen, die Tem- peraturvariable darstellen, aufstellen, und was bedeutet die Aufstellung derartiger Temperaturkoeffizienten für die Verschiebung cytologischer Gleichgewichte? Temperaturkoeffizienten pflegt man zunächst im An- schlüsse an Van’t Hoff für die Beschleunigung chemischer Reaktionen, dann überhaupt für alle Vorgänge und Gleichgewichtseinstel- lungen meßbarer Geschwindigkeit, die sich temperaturvariabel erweisen, aufzustellen. In zweiter Linie aber kann man natürlich auch für tem- peraturbeclingte Zustandsänderungen derartige Koeffizienten aus- rechnen, bei denen also nicht Geschwindigkeiten verglichen werden, son- dern absolute oder relative Werte irgendeiner Zustandseigenschaft. In diesem Sinne kann man von Temperaturkoeffizienten der inneren Reibung des Wassers sprechen. Endlich könnte man auch für die Verschiebung eines Gleichgewichtes, wobei die irgendwie gemessene Zu- oder Abnahme einer Komponente der Berechnung zugrunde gelegt wird, Temperatur- koeffizienten berechnen. Es ist klar, daß die Temperaturkoeffizienten, die wir etwa für die Verschiebung der Kerngröße oder Kernplasmarelation mit der Temperaturveränderung aufstellen können, in die letzte Gruppe möglicher Koeffizienten gehören. x) Vgl. Verwohn, Theorie der Teilungsursache der Zelle und meine Arbeit im Arch. f. Zellf. 1916. 2) Vgl. Hartmann, Arch. f. Zelli. XIV. 1916. 3) Bezüglich Literatur vgl. Kanitz 1916; Spiro, Handbuch der Biochemie; Kanitz, Handbuch der Biochemie. Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 219 In nachstehender Tabelle 13 habe ich die besprochenen Q10-Worte für einige Temperaturintervalle berechnet. Es geben also diese Koeffi- zienten an, um wievielmal innerhalb des gegebenen Temperaturintervalls Tabelle 13. Temperaturkoeffizienten temperaturvariabler cytologischer Verhältnisse. Temperatur- Volumen Obertiäche Kern- Nucleolus- intervall °C Plasma- relation Kern- Kern Nucleolus Kern Nucleolus relation Pisum, Plerom 8-18 26-37 1,7 — 2.0 1,7 .-1,1 1.4 -1,3 1.5 1,2 1,19 — 1.4 1,3 1,8 8-37 1,7 Pisum , 8-18 2,1 2,2 1,7 1,9 1,3 1,08 Dermatogen 18-37 — 1,1 1,2 -1,08 1.15 1.3 26-36 -1,4 1,0 -1,1 1,3 8-18 1,6 2,0 1.4 1.6 1,0 1,2 Helianthus, 18—37 1,26 1,4 1,39 1,18 Dermatogen 31-41 — 1,5 — 1,1 -1.3 — 1.06 1,4 1,3 8—37 1,3 1,6 1,33 1,64 1,2 1,2 8—18 1,5 1,75 1,25 1,45 1,3 Phaseolus, 18—37 1,18 1,48 1,23 1,3 Dermatogen 31-41 1,6 1,04 1,4 1,3 1,5 8—37 1,26 1,6 1,14 1,35 1,1 1,27 8-18 1,1 1,2 Phaseolus, 18—37 1,24 1,9 1,2 1,48 Plerom 31—41 1,9 4,3 1,4 2,0 1,6 2,4 8-37 1,13 1,5 1,06 1,26 1,1 1,7 Phaseolus , 8-18 1,4 2,8 1,25 2,0 1,1 1,9 18-37 1,2 2,0 1,14 1,5 Vegetations- punkt 31—41 1,2 1.2 1,1 1,2 1,3 1,0 8—37 1,29 2.2 1,2 1,6 1,14 1,6 Zea, 11-18 1.6 3,0 1,39 2.3 1,1 1.9 große Gelaß- 11-31 1,46 1,9 1,3 1,57 1,26 1,3 zellen 31-41 1,7 1,20 1,4 Zea, Plerom 11—18 1,44 3,0 1,25 2,1 1,1 2,2 11-31 1,3 1,7 1,2 1,4 1,4 31-41 — 1,45 -1,3 1,5 1,8 Zea, 11-18 1,3 4,6 - 1,2 2,9 1,1 2,6 11-31 1.3 1,1 1,6 Dermatogen 31—41 -1,3 1,9 1,7 220 Otto Hartmann die betreffende Größe, sei es Volumen, Oberfläche oder ein Quotient bei einer Temperaturerhöhung bzw. -Verminderung um 10° verkleinert bzw. vergrößert wird. Da der Nucleolus nicht nur absolut, sondern auch relativ bedeutend temperaturvariabel ist, so sind seine Temperaturkoeffizienten im allgemeinen am größten. Auch die negativen Koeffizienten bewegen sich in derselben Größenordnung, und es bedeutet ihre Negativität, daß jetzt die betreffende cytologische Größe die inverse Veränderung bei gleichsinniger Temperaturveränderung erfährt. Da die Oberflächen der Zellkomponenten natürlich eine geringere Variationsamplitüde haben als die Volumina, so sind auch ihre Temperaturkoeffizienten entsprechend geringer. Es ist daher bei Angabe von Temperaturkoeffizienten für die Temperatur- Variation cytologischer Größen immer anzugeben, ob es sich um Lineardimensionen, Flächen oder Volumina handelt. Als am. besten bzw. einzig brauchbar sind für die Berechnung derartiger Koeffizienten natürlich Volumrelationen zu bezeichnen. Es seien hier noch andre Temperaturkoeffizienten der Temperatur- variation cytologischer Maße, berechnet nach den Zahlen andrer Autoren, angeführt. Nach Popoffs Zahlen berechnet sich für das Infusor Frontonia lencas als Temperaturkoeffizient der Kernplasmarelation 1,17 und 1,24, für Dileptus gigas 1,06, für deren Zellvolumen 1,4— 2,3, für das Kern- volumen 1,5— 3,1 . Nach Rautmann für die Kernplasmarelation von Para -' maecium 1,6 — 1,3, für das Kernvolumen 1,66, für das Zellvolumen 1,32. Aus Erdmanns Tabellen für die Furchung und Organbildung der See- igeleier ergeben sich zu Anfang der Entwicklung nur sehr geringe Tempera- turkoeffizienten, was ohne weiteres dadurch erklärt wird, daß, wie in der Einleitung schon betont, sich die temperaturbedingten Unterschiede in Kern und Zellgröße erst im Laufe der Furchung, d. h. Zellteilung heranbilden können. Für spätere Stadien berechnet sich Qio für das Zellvolumen im Mittel 2,7, für das Kernvolumen 2,4— 3,0, der das Chromatin 2,2— 3,6. Ähnlich hohe Werte berechnen sich nach Marcus für die Seeigeleier. Wir sehen also, daß die Temperaturvariation cytologischer Elemente bei Protozoen innerhalb derselben Größenordnung liegt wie in unsern Ex- perimenten, daß hingegen bei sich entwickelnden Embryonen die Tem- peraturabhängigkeit eine viel bedeutendere ist. Ein Vergleich der Kurven sowie der Koeffizienten ergibt nun, daß die temperaturbedingte Veränderung sich innerhalb niederer Tem- peratur stärker bemerkbar macht als bei mittleren und höheren ; bei höch- sten Temperaturen findet dann bei manchen cytologischen Größen eine starke, jedoch negative Zunahme der Koeffizienten statt. Dieses Verhalten tritt besonders in den Kurven für das Zell- und Kernvolumen und in einigen Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 221 Kernplasmarelationskurven klar zutage. Der Kurvenverlauf ist anfangs steil, wird dann flacher, um durch eine Indifferenzzone zu gehen und dann bei hohen Temperaturen steil anzusteigen. Der Kurvenverlauf ist also, was das Verhalten des zweiten Teiles betrifft, auffallend dem ähnlich, der auch für physiologische Funktionen aufgestellt werden kann. Inwiefern läßt sich nun eine Beziehung zwischen beiden Temperaturvariationen aufdecken? In dieser Beziehung muß zunächst eingehender auf die Vorstellungen eingegangen werden, die be- züglich der Abhängigkeit physiologischer Vorgänge von der Temperatur in neuerer Zeit entwickelt worden sind1). Früher war man geneigt, die Abnahme der Größe der Temperaturkoeffizienten mit steigender Tem- peratur — die weitaus beträchtlicher sind als sie nach den rein physi- kalischen Gleichungen von Arrhenius, nach dem Temperaturkoeffi- zienten proportional der absoluten Temperatur abnehmen, zu erwarten ist, — als einen Summationseffekt aufzufassen, derart, daß überhaupt die Werte von Q10 nicht auf einheitliche Prozesse sich beziehen, sondern nur der Ausdruck einer Kombination zahlreicher Einzelprozesse wären, deren verschieden starke Beeinflussung durch Temperaturerhöhung natürlich als Summationseffekt einen variablen Mittelwert für Q10, eben den tatsächlich gemessenen erzeugt. Im Gegensatz zu dieser Auffassung ist ' besonders von Blackman betont und von Pütter dann in ausführ- licher Diskussion gezeigt worden, daß wir gezwungen sind, anzunehmen, daß die für einen Prozeß tatsächlich gefundenen Temperaturkoeffizienten nicht Summationseffekte sind, sondern die Temperaturkoeffizienten physi- kalisch-chemischer Einzelprozesse, die, in den einzelnen Temperatur- intervallen verschiedene, als jeweils langsamste, also begrenzende Faktoren die Gesamtgeschwindigkeit des ganzen physiologischen Vorganges be- stimmen. So erklären sich ungezwungen die oft kolossalen Unterschiede der Qio~Werte desselben Prozesses bei hoher und niederer Temperatur, die oft zwischen 16 und 1,8 schwanken können. DieVerlangsamung physio- logischer Prozesse bei höchsten Temperaturen kann jedoch dadurch nicht erklärt werden. Wie schon andre Autoren, so nimmt auch Pütter eine schädigende Wirkung der hohen Temperaturgrade an, die jedoch erst als sekundäre Wirkung sich manifestiert, denn durch Matthaei, Blackmann und andre Autoren ist gezeigt worden, daß primär die meisten physio- logischen Funktionen kontinuierlich mit Temperaturerhöhung eine Steige- rung ihrer Ablaufgeschwindigkeit erfahren, nur macht sich bei höheren x) Bezüglich der Literatur verweise ich auf Pütter, Jost, Matthaei, Black MAN, KaNITZ, KüJIPER. Otto Hartmann 222 Temperaturen eine schädigende Wirkung schon nach so kurzer Zeit be- merkbar, daß. wenn man die Geschwindigkeitsmessung auf Grund länger dauernder Beobachtung anstellt, man eine Verzögerung hinsichtlich der Messungsresultate bei niederer Temperatur erhält. Auch die starke Ab- nahme der Temperaturkoeffizienten mit Temperaturerhöhung, die schon lange bevor eine Verzögerung der Geschwindigkeit stattfindet, eintritt, läßt sich, wie Putter zeigt, auf das schon frühzeitige Emsetzen einer sogenann- ten Gegenreaktion — eben einer schädigenden Wirkung hoher Temperatur bei längerer Versuchsdauer — zurückführen, die in der Anhäufung von Stoffwechselprodukten infolge ungenügender Verbrennung oder abnormer Reaktionen besteht und deren Temperaturkoeffizient selbst ein sehr hoher und in Anbetracht der gesamten physiologischen Funktion, die unter- sucht wird, natürlich ein negativer ist. Durch diese Gegenreaktion wird nun, je höhere Temperaturen betrachtet werden, um so mehr die Be- schleunigung der physiologischen Funktion vermindert; schließlich auf- gehoben und negativ gemacht. Zur Nutzanwendung dieser physiologischen Betrachtung auf unser Gebiet müssen wir uns fragen: In welchem Sinne haben wir den temperaturbedingten Ablauf unsrer cytologischen Kurven aufzufassen? Nach Putter sind wir gemäß dem Prinzip der begren- zenden Faktoren (»limiting factors« nach Blackmax) berechtigt, aus der Größe der jeweiligen Temperaturkoeffizienten physiologischer Pro- zesse innerhalb eines bestimmten Temperaturintervalls auf die Art der die Größenordnung der Beschleunigung des physiologischen Vorganges jeweils bestimmenden phvsiko-chemischen Prozesses rückzuschließen. So deuten z. B. die hohen physiologischen Koeffizienten bei niederer Tem- peratur, die um 8,0 herumliegen, auf die Permeabilität für Sauerstoff als jeweils begrenzenden, d. h. langsamsten temperaturvariablen Faktor hin, bei mittleren Temperaturen, die einen Koeffizienten um 2,0 herum aufweisen, kann man als bestimmend die chemische Reaktionsbeschleuni- gung, deren Wert etwa 2,0 ist, annehmen. Bei höchsten Temperaturen endlich deutet das starke Absinken von Q10 bzw. die schließliche Ver- langsamung der physiologischen Prozesse auf eine Gegenreaktion hoher Temperaturbeschleunigung hin und zwingt uns demgemäß, schädigende Temperaturwirkung im Sinne irgendwelcher Stoffweehselproduktanhäu- fungen mit einem Temperaturkoeffizienten etwa 16,0 anzunehmen. Dürfen wir nun auch in unserm Falle etwa die Verschiebung cyto- logischer Gleichgewichte gemäß ihren Temperaturkoeffizienten in Zu- sammenhang mit physikalisch-chemischen Beschleunigungen, wie es Pütter getan hat, bringen ? So z. B. würde die Diffusion und die auf ihre Be- Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 223 schleunigung zurückgehende Kataylse mit Temperaturkoeffizienten zwi- schen 1,22 und 1,28 sich in derselben Größenordnung bewegen wie unsre meisten cytologischen Temperaturkoeffizienten. In manchen Fällen würde auch die Permeabilitätssteigerung für Wasser oder Traubenzucker, deren Messung wir für Erythrocyten mit einem Temperaturkoeffizienten um 2,25 Masing, für Pflanzenzellen mit einem solchen von 3,5 bzw. 2,26 Ryssel- berghe und Tröndle verdanken, in Parallele mit unsern Temperatur- koeffizienten zu setzen sein. Ich glaube jedoch, daß derartige Rückschlüsse wie über- haupt die Anwendung der PüTTERSchen Theorie der begren- zenden Faktoren für die Erklärung cytologischer Temperatur- koeffizienten bzw. Kurven ganz unstatthaft ist, und daß hier die Theorie, die sich auf Summationseffekte der ineinander- greifenden Einzelprozesse beruft, wodurch man früher auch die wechselnden Koeffizienten physiologischer Prozesse zu erklären können meinte, vollends im Rechte ist. Denn wir vergleichen nicht Geschwin- digkeiten physiologischer Prozesse, nicht den Vorgang einer Gleich- gewichtseinstellung, sondern die Größenwerte stationärer Gleich- gewichte selbst. Ob der Stoffaustausch z. B. zwischen Kern und Plasma durch irgendwelche Verhältnisse mit der Temperatur verzögert bzw. beschleunigt wird, kann, da nur die Geschwindigkeit des Austausches, nicht aber das Inemandergreifen der physiologischen Prozesse selbst ver- ändert wird, nie das Gleichgewicht selbst verlagern. Die jeweilige Größe einer cytologischen Komponente ist das Resultat einer Wechselwirkung und eines komplizierten Ineinandergreifens zahlreicher Prozesse, die auf- bauend oder abbauend, aufnehmend oder abgebend in der relativen Intensität gegeneinander die Größe und Ausbildung des Gesamtsystemes bestimmen. Die Änderung der Geschwindigkeit des Ablaufes eines Pro- zesses vermag niemals allein, sondern nur dadurch eine cytologische Ver- änderung zu bewirken, daß dadurch auch das Gleichgewicht mit andern Prozessen gestört und verändert wird. Der Verlauf der Kurven, die nur das absolute oder relative Verhalten cytologischer Komponenten bei Tem- peraturänderung veranschaulichen, sowie die entsprechenden Temperatur- koeffizienten geben uns also nur ein Maß der Gleichgewichtsverschiebung zwischen Assimilation und Dissimilation im allgemeinsten Sinne des Wortes an. Qio gibt uns also nicht den Grad der absoluten Veränderung eines Prozesses an, sondern zeigt nur in relativer Weise an, um wieviel Prozesse in einer Richtung mehr verändert werden als andre Prozesse, wodurch das Gleichgewicht untereinander verändert wird. Qio ist also nicht einfacher, sondern komplexer Natur und natürlich überhaupt 224 Otto Hartmann der Kurvenverlauf cytologischer Komponenten. Man kann also im Gegensatz zu physiologischen Prozessen, deren Temperaturabhängig- keit in neuerer Zeit eine andre Wertung gefunden hat, für cytologische Gleichgewichte und Komponenten tatsächlich im wahrsten Sinne des Wortes eine Optimumkurve im Sinne von Sachs, Optimum rein im mathematischen Sinne einer Optimumkurve, aufstellen. Dies gilt beson- ders für Zelle, Kern und Kernplasmarelation. Endlich sei hier noch auf eine fundamentale Beziehung zwischen Zelldifferenzierung, Kern- und Plasmawachstum und Ge- samtwachstum der Wurzel unter dem Einfluß verschiedener Tem- peraturbedingungen hingewiesen. Auf den Parallelismus der bei höchsten Temperaturen ziemlich plötz- lich einsetzenden Zellvacuolisierung und Plasmaschwund und der gleich- zeitig stattfindenden Zellvolumvermehrung, als sich gegenseitig wie Ur- sache und Wirkung verhaltend, wurde schon aufmerksam gemacht. Es ist nun auffallend, daß ziemlich bei derselben Temperaturhöhe auch ein Umschlag des Kurvenverlaufes für die Kernplasmarelation erfolgt. Offen- bar sind es dieselben Veränderungen des Stoffwechsels, die einerseits Vacuolisation und Plasmaabnahme der Zelle, anderseits eine Volumzunahme des Kernes und damit Vermehrung der Kernplasmarelation bewirken. Alle diese cellulären Erscheinungen stehen nun bezüglich ihres Eintretens in auffallendem Parallelismus zur Wachstums- bzw. Keimungsgeschwin- digkeit der Sämlinge. Diese erfolgt nämlich, soweit meine rohen Messungen das zu entscheiden erlauben, etwa bei 30° am schnellsten. Die Verzögerung bei weiterer Temperaturerhöhung, die im Sinne Putters als Wirkung einer Gegenreaktion durch abnormale Veränderung des Stoffwechsels, Anhäufung von Stoffwechselprodukten zu deuten ist, äußert sich gleich- zeitig cytologisch sowohl in der allgemeinen Zelldifferenzierung und Zell- größe als auch speziell in der Kerngröße und Kernplasmarelation. Das Auftreten von Plasmavacuolen und Plasmaschwund, die Erhöhung des Wassergehaltes des Kernes : alle diese Erscheinungen haben wir auf über- handnehmende Dissimilationsprozesse und Stoff Wechselproduktanhäufung zurückgeführt. Es gelangt also die cytologische Analyse und physiologische Betrachtung des Gesamt Vorganges (Wachstum) zu derselben Vorstellung, die cytologische Analyse und Mes- sung zeigt unmittelbar im mikroskopischen Bilde die cyto- logischen Parameter physiologischer Stoffwechselverände- rungen, und der auffallende Parallelismus aller Erscheinungen findet nur so seine Erklärung. Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 225 VI. Einfluß der Temperatur auf die feinere Differenzierung und Struktur der Zellen. — Chromosomengröße. Obgleich es nicht meine Aufgabe sein kann, irgend mich in die Dis- kussion der cytologischen Wertung der verschiedenen Kern- und Plasma- strukturen einzulassen, so möchte ich dennoch an der Hand sorgfältig ausgeführter, gar nicht retuschierter Mikrophotographien, die als allein vollkommen objektive Belege angesehen werden können, den Einfluß verschiedener Entwicklungstemperatur auf den Charakter der feineren Zellstruktur besprechen. An mit Formol fixierten und mit Saffranin gefärbten, bei maximaler Temperatur gezogenen Wurzelspitzen findet man oft ganze Zellreihen im Meristem teilweise von dichtem, völlig homogenem und stark saffrano- philem Plasma erfüllt. Das Plasma hat augenscheinlich unter dem Ein- fluß hoher Temperatur eine schon ans Pathologische grenzende Verfesti- gung und Homogenisierung erfahren, ist also nucleolusähnlich geworden. Es ist interessant, daß wir auf Grund von Beobachtungen Miehes bei durchtretenden Kernen deren Gesamtmasse durch den Druck beim Hin- durchzwängen durch die Saftspalten homogen und offensichtlich dichter und ganz wie achromatische Nucleolen färbbar wird annehmen müssen, daß für die Speicherung spezifischer Farbstoffe auch physikalische Mo- mente maßgebend sind. Im Anschlüsse an die Erfahrungen Miehes ist also den Nucleolen und in unserm Falle dem saffranophilen Plasma ein- zelner Zellen bei maximaler Kulturtemperatur eine festere, wasserärmere, mehr homogene, also nicht wabige Struktur zuzuschreiben. Da wir durch Lepeschkins interessante Untersuchungen wissen, daß lebendes Plasma schon bei mittleren Temperaturen, wenn auch in langsamem Tempo, pine teilweise Koagulation erfährt, also dauernde Erneuerung notwendig ist, diese Koagulation bei hohen Temperaturen stark beschleunigt wird, so daß Ersatz nicht genügend rasch erfolgen kann, so können wir in den oben charakterisierten Plasmapartien ziemlich weitgehend koagulierte und denaturierte, also eventuell teilweise gar nicht mehr als lebend anzu- sprechende Plasmapartien erblicken. Was die Kernstruktur betrifft, so läßt sich am besten an Sublimat- Eisenhämatoxylinpräparaten konstatieren, daß bei niederer und mittlerer Temperatur die Kernstruktur viel gröber granulär ist als bei hoher, bei höchsten Temperaturen ist endlich die Kernstruktion überhaupt mehr homogen. Ein Vergleich der Mikrophotographien Taf. X, Fig. 27, 35, Taf. XI, Fig. 37, 40 mit Taf. X, Fig. 29, 36, Taf. XI, Fig. 39, 42 zeigt die Verhältnisse ganz gut. Feinere Chromatinverteilung ist bei Erhöhung Archiv f. Zellforschung. XV. J j 226 Otto Hartmann der funktionellen Tätigkeit schon oft beobachtet und als wesentlich betont worden und auch von mir bei Amphibien bei Temperaturerhöhung beob- achtet und als funktionelle Anpassung gedeutet worden. Besonders lehr- reich ist folgendes Experiment. Überträgt man bei 36° C. gewachsene Maiswurzeln in niedere Temperaturen (6° C.), wo fast kein Wachstum mehr stattfindet, so kann man nach einigen Tagen ziemlich beträchtliche Zunahme des Kernvolumens feststellen, das offenbar, da Zellteilungen nicht erfolgen, teilweise auf Wasseraufnahme zurückzuführen ist, dafür sprechen auch die feineren Strukturverhältnisse. Bei hoher Temperatur sind die Kerne mehr homogen (Taf. XI, Fig. 43), also offenbar mit sehr fein verteiltem Chromatin versehen, bei niederer tritt eine ausgesprochen granuläre Kernstruktur ein (Taf. XI, Fig. 44). Offenbar sind die bei hoher Temperatur durch intensiven Stoffwechsel gebildeten osmotisch- aktiven Stoffe bei Behinderung der Massenzunahme lebender Substanz und Wachstum in der niederen Temperatur im Sinne einer Wasserauf- nahme tätig. Was die Chromosomen betrifft, so sind dieselben im Diasterstadium mittlerer Temperatur entschieden bedeutend dünner als in niederen Tem- peraturen (Textfig. 1 und 2), bei höchsten Temperaturen scheinen sie Textfig. 1. Pisum, Chromosomen aus Derrna- togenzellen. Kultur bei 8,5° C. Vergr. 940 fach. Textfig. 2. Pisum, Chromosomen ans Derma- togenzellen. Kultur bei 26 0 C . Vergr. 940 facli. etwas an Volumen zuzunehmen (durch Quellung?), jedoch bleiben sie noch immer dünner (Taf. XI, Fig. 45, 46). Eine Volumvermehrung der Chromosomen bei hohen Temperaturen findet Schrammex. An den Kernen der Wurzelhaube finden sich bei mittlerer und hoher Temperatur bei Zea, besonders auch bei Pisum, nach Sublimatfixierung und Färbung mit Eisenhämatoxvlin ziemlich häufig Bilder, die nur im Sinne einer Substanzabgabe (Chromatinausstoßung) aus den Kernen gedeutet werden können. In den durch di11 Plasmavacuofcenwände mannig- I ber den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 227 faltig eingefaiteten \uid vieleckigen Kernen findet man fast immer an der Spitze der Kernausbuchtungen größere und kleinere körnige Cliro- matinansammlungen, die sich mit Eisenhämatoxylin intensiv schwarz, mit EuRLiCHschem Triacid nach Art der Chromosomen (stahlblaugrün) färben. Diese Ansammlung der Massen gerade in den Kernausstülpungen muß jedenfalls einen physikalischen Grund haben, und man wird bei Betrachtung dieser Bilder unmittelbar an Figuren erinnert, die Macallum von der Lokalisation und Anhäufung des mikrochemisch nachgewiesenen Kaliums in Pflanzenzellen ( Spirogyra ) gibt. Dieser Stoff geht nämlich als die Oberflächenspannung des Plasmas erniedrigend in dessen Ober- fläche hinein, und zwar demgemäß gerade an der Plasmaoberfläche, deren Oberflächenkrümmung am größten ist (also bei den Algen z. B. an den Copulationsschläuchen). Offenbar sind in unserm Falle ähnliche Fak- toren maßgebend, bezüglich deren genauerer Analyse auf die Arbeit von Macallum zu verweisen ist. Ob derartige Bilder überhaupt im Sinne einer Chromatinausstoßung1), eventuell in fester Substanz, gedeutet werden dürfen, will ich hier nicht untersuchen, nur scheint mir, daß, vorausgesetzt man überhaupt aus cyto- logischen Bildern, die nur fixierte Momente fließender z°llphysiologischer Prozesse darstellen, auf physiologische Vorgänge schließen darf — worüber man das interessante Werk Schaxels2) einsehen möge — , wir hier tat- sächlich in obigem Sinne die Bilder zu deuten berechtigt sind. Dann ist auch klar, daß gerade bei mittleren und höheren Temperaturen, also bei gesteigertem Stoffwechsel und erhöhter Geschwindigkeit der Umwand- lung von Zelle und Kern in alte Calyptrazellen, die offenbar normalerweise mit Verminderung des Chromatingehaltes der Kerne verbunden ist, dieser Vorgang beobachtet wird. Diese Chromatinausstoßung beobachten wir niemals bei niederen Temperaturen, wo sich infolge der geringeren Stoff- wechselenergie das alles unauffällig vollzieht. Bezüglich der genaueren Besprechung und unsrer Erfahrungen auf bo- tanischem Gebiet über Chromatinausstoßung verweise ich auf Nemec (1910). Zuletzt sei noch auf das Verhalten der Plasmastruktur kurz zurückgekommen. Nach F LEMMiNG-Fixierung und Eisenhämatoxylinfärbung lassen sich in allen Zellen der Wurzelspitzen distinkte schwarze Körner, Reihen von U Für die prinzipielle Möglichkeit der Abgabe fester und gelöster Stoffe aus dem Kern an das Plasma ist jedenfalls durch die Untersuchungen Derschaus und Stauf - fachers über Kernbrücken bedeutsames Tatsachenmaterial zutage gefördert worden. 2) J. Schaxel, Die Leistungen der Zellen bei der Entwicklung der Metazoen. Jena 1916. 16* 228 Otto Hartmann solchen und Stäbchen verschiedener Länge nachweisen (vgl. besonders Taf. XI. Fig. 41), über deren Natur, ob Mitochondrien oder andre Bil- dungen, ich keine Meinung äußern will, obwohl mir ersteres wahrscheinlich scheint, da diese Bildungen nicht mit Sublimat fixierbar sind. Alle diese mit Eisenhärnatoxylin färbbaren Plasmadifferenzierungen — mit Ehr- licii-Biondi färben sie sich dunkelrot — sind nun allgemein bei niederen Temperaturen weit schlechter und weniger zahlreich ausgebildet als bei mittleren und höheren. Vergleicht man alte Calyptrazellen aus Wurzel- spitzen von Zea bei hoher, mittlerer und niederer Entwicklungstem- peratur, so findet man neben der Tatsache, daß der größte Plasmareich- tum offenbar bei mittlerer Temperatur herrscht (Taf. XI, Fig. 38), die Ausbildung stark und distinkt färbbarer Körner, sowohl an Zahl als an Größe und Stärke der Färbung, bei den höchsten Temperaturen am besten. Hier ist also mit einer Reduktion der plasmatischen Grund- substanz eine Vermehrung der distinkt färbbaren Einschlüsse verbunden. Auf die Erklärung gerade dieser Erscheinung soll zuletzt noch eingegangen werden. Die auffallende Zunahme der granulären Strukturen in Form distinkter Körner und Fäden1) bei hohen Temperaturen erkennt man gut aus Taf. X, Fig. 27—29, die ältere meristematische Dermatogen- zellen von Zea mays veranschaulichen. Das gleiche zeigen die Fig. 30—32, Taf. X, die ganz vorne am Vegetationspunkt gelegene Dermatogen- zellen zeigen. Die Granula sind bei niederer Temperatur entschieden spär- lich, weniger intensiv gefärbt und nicht so distinkt, sondern mehr blaß und verwaschen als bei hohen Temperaturen. Besonders auffallend bei hohen Temperaturen ist das Auftreten großer runder Körner (Taf. X, Fig. 32). Diese Körper, die offenbar eine gewisse Verwandtschaft mit den sog. extranucleären Nucleolen bei niederer Temperatur, wie sie als vorübergehende Erscheinung plötzlicher Abkühlung von Nemec, Hottes, Schrammen beobachtet wurden, be- sitzen, sind in unserrn Falle offenbar als typische und dauernde Er- scheinung bei hohen Temperaturen zu betrachten und offenbar mit andern Zelleinschlüssen verwandt. Keinesfalls aber sind sie in meinen Experimenten, wie Nemec fand, auf sich teilende Zellen beschränkt und schwinden nach der Teilung wieder. Besonders beweisend für die Abhängigkeit der Ausbildung derartiger Plasmagebilde von der Temperatur sind Experimente, in denen Wurzel- D Diese Einsclilüsse treten bei Ocularbctrachtung noch weit schärfer hervor, da sie scharf auf rotem Untergründe erscheinen, während für die photographische Platte bei Gelbfilter der photochemische Unterschied von Schwarz und Rot sehr gering ist. Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Xucleolus usw. 229 spitzen von Zea maijs zuerst bei hoher Temperatur (36° C.) sich ent- wickeln gelassen wurden, worauf ein Teil fixiert und untersucht, der andre einige Tage bei niederer Temperatur gehalten wurde. Ist auch die Wirkung eines derartigen Temperatursturzes physiologisch nicht ohne weiteres mit der Wirkung derselben Temperatur zu identifizieren, wenn dieselbe vom Anfänge der Keimung an wirkt, so ergibt doch das positive Ausfallen der Experimente, verbunden mit unsern andern Beobachtungen den ein- zigen unmittelbaren experimentellen Beweis für unsre Auffassung. Ein Vergleich der Fig. 43 mit Fig. 44, Taf. XI. in denen die erste die Wärme- kultur, die zweite eine Wurzelspitze nach mehrtägiger Kultur bei niederer Temperatur darstellt, zeigt, daß in der Wärme der Reichtum des Plasmas an distinkten Granula ungeheuer viel reicher ist als in der Kälte, wo starke Verminderung stattfindet und das Plasma viel homogener wird. Die Erklärung dieses Verhaltens ist offenbar in ganz derselben Richtung zu suchen wie die der saffranophilen einzelnen Plasmateile bei maximaler Temperatur nach Fonnolfixierung, die früher besprochen wurden. Le- peschkin ist auf Grund seiner Koagiüationsexperimente und allgemeiner Anschauungen über die physiologische Denaturierung und Koagulation der Protoplasmaeiweißkörper im normalen Stoffwechsel geneigt, die trüben granulären Einschlüsse des hyalinen Plasmas, die die Farbstoffe stark speichern, während das eigentlich lebende Plasma das nicht tut, als Zersetzungs- und Umwandlungsprodukt der farblosen und homogenen Plasmaeiweißkörper aufzufassen, so daß, weil das Eiweiß autogene Koagu- lation und Denaturierung als Alterserscheinung, also begrenzte Stabilität zeigt und sich demgemäß dauernd in granulöse Massen umwandelt, es dauernd erneuert werden muß. Diese Zersetzung und Umwandlung des lebenden Plasmas als deren Produkte offenbar Lecithalb umine und andre Stoffe entstehen, wird durch erhöhte Temperatur kolossal beschleunigt, und da der Neuaufbau der verbrauchten Plasmateile nicht gleichermaßen ansteigt bzw. die Wegschaffung der zersetzten Eiweißstoffe jetzt nicht schnell genug erfolgt, so muß bei höherer Temperatur der Prozentsatz des Gesamtplasmas an solchen koagulierten und zerfallenen Eiweißkörpern zunehmen. Lepeschkin faßt nun z. B. die Mitochondrien und andre granulöse, stark färbbare Plasmaeinschlüsse in diesem Sinne auf, und so wäre eine Vermehrung färbbarer Plasmaeinschlüsse in meinen Experi- menten theoretisch zu erwarten und liefern anderseits meine ‘Befunde eine Bestätigung der Schlußfolgerungen Lepeschkins. Durch die Untersuchungen der Schule Nussbaums (Lemberg) ist nachgewiesen worden, daß die mitochondrienartigen Bildungen lipoid- artige Stoffe sind, sie werden daher auch ausschließlich von Lipoidfixantien 230 Otto Hartmann in den Präparaten zur Darstellung gebracht. Da sich die Einschlüsse in mnnen Präparaten ebenso verhalten, so ist auch für sie Lipoidnatur wahrscheinlich, zugleich ist die Identität aller dieser Bildungen (die sich übrigens untereinander sehr wohl verschieden verhalten können) mit den plasmatischen Eiweißderivaten Lepeschkixs sehr wahrscheinlich, denn auch diese sollen Lecithalbumine (also Stoffe mit lipoiiem Charakter) sein. Jedenfalls zeigen diese Ergebnisse, daß durch weitere Experimente1) mehr und Positiveres über die Natur, Bedeutung und Herkunft und physiologische Bolle der Mitochondrien und der verwandten Zellein- schlüsse zu erfahren sein wird, als durch bloße morphologische Betrachtung, zumal wenn sich an diese noch weitgehende Spekulationen im Sinne einer Zuschreibung mannigfaltigster Funktionen und selbst spezifischer Be- deutung für die Vererbung (!) anschließt, ein Vorgehen, welches mit gutem Rechte Lundegaud als gemäß einem apriorischen Prinzipe unsrer Ver- nunft, das darauf hinausläuft, für jede Funktion und komplexe Erschei- nung gleich einen morphologischen Träger und Überträger auffinden zu wollen, zustande kommend kennzeichnet und verurteilt. VII. Über den Einfluß des Temperaturwechsels auf die ruhenden Kerne des Dauergewebes. (Experimente an Allium und Elodea.) 1) Allium cepa. Die angewandte Untersuchungsmethodik bietet den großen Vorteil, daß individuelle Schwankungen ausgeschaltet werden, da der Einfluß geänderter Temperatur an ein und demselben Exemplar untersucht wurde. Von möglichst großen Zwiebeln, die bisher in niederer Tem- peratur (6°— 7° C.) gelagert hatten, wurden ganz schmale, an der Peri- pherie etwa 2 cm breite Sektoren herausgeschnitten, der Schnitt jedoch nur so tief geführt, daß von dem Zwiebelblatt, dessen Epidermis unter- sucht werden sollte, ein Sektor herausgeschnitten wurde, und zwar wurde immer das dritte Blatt von außen gerechnet gewählt. Nachdem die Epi- dermis (äußere und innere) dieses Blattstückes abgezogen worden war, wurden alle herausgeschnittenen Stücke wieder an Ort und Stelle gebracht, um das Vertrocknen der übrigen Zwiebel bei hoher Temperatur möglichst zu verhindern, hierauf die ganze Zwiebel in feuchtes Papier eingeschlagen und in wasserdampfgesättigtem Raume bei der betreffenden höheren x) Vgl. auch die Experimente von Amma, wo sich gleichfalls die Ausbildung plas- matischer Differenzierungen (der Ectosomen) durch äußere, den Stoffwechsel spezifisch beeinflussende Faktoren (Sauerstoffzunahme bzw. Co2-Einwirkung) verändern ließ. Vgl. außerdem die interessante Arbeit von Löwschin. Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Korn und Nucleolus usw. 231 Temperatur, also 30° bzw. 42°, im Thermostaten gehalten. Nach bestimmter Zeit der Temperatureinwirkung wird dann wieder ein bisher intaktes Zwiebelstück derselben Zwiebel sektorenförmig abgeschnitten, dessen Epidermis wie früher in Alcohol absolutus fixiert und hierauf wieder alles au Ort und Stelle gebracht usw. Diese Operation kann so lange wieder- holt werden, bzw. wenn jeden Tag ein neues Zwiebelstück abgeschnitten wird, so viele Tage dauern, bis die ganze Zwiebel auf diese Weise in Sek- toren zerlegt ist, womit der Versuch sein Ende findet. Da sich längs des Z wie belmeridia nes die Epidermiszellen etwas verschieden an Größe usw. verhalten, so wurden von innerer und äußerer Epidermis nur die äqua- torialen Teile zur Untersuchung verwendet1). Auf Grund dieser Methodik ist es nun möglich, den Einfluß der Temperatursteigerung an den Zellen und Kernen derselben Exemplare von Tag zu Tag der Dauer der Einwirkung zu verfolgen und auch streng morphologisch gleichwertige, gleichgroße Zellen miteinander zu ver- gleichen, da es dieselbe einheitliche Epidermis ist, die, sich um die ganze Zwiebelperipherie herumziehend, sukzessive unter dem Einfluß erhöhter Temperatur nach verschiedener Einwirkungsdauer untersucht wird. Nur ein, allerdings gewichtig scheinender Einwand kann gemacht werden, und der betrifft den Umstand-, daß durch die immer erneuten Verletzungen bedingte Wundreaktion in unkontrollierbarer Weise sich mit dem Temperatureinfluß kombinieren könnte, und so eventuelle Ver- änderungen an den Kernen zu gar keinen Schlüssen über den Anteil, den die Temperatur daran hatte, berechtigen würden. Nehmen wir als Maß der physiologischen -Störung der Wundreaktion zunächst die Tem- peraturerhöhung, so scheint zum Unterschiede andrer Pflanzen sich bei der Zwiebel diese Wundreaktion nach Richards über die ganze Zwiebel auszubreiten. Durch die weitaus exakteren Untersuchungen von Tiessen ist jedoch einmal gezeigt worden, daß die thermoelektrisch gemessene Temperaturerhöhung weitaus geringer ist als Richards fand — im Mittel nur 0,04° C. unmittelbar an der Wundstelle — , weiters fand dieser Autor, daß der Temperaturabfall bei der Entfernung von der Wunde ein sehr starker ist, daß außerdem das Maximum der Temperaturerhöhung schon nach etwa einer Stunde nach der Verletzung stattfindet und nach im Mittel 1—1,5 Tagen vollkommen abgeklungen ist. Die thermoelektrisch nachzu- weisende Wundreaktion ist also eng lokalisiert und bald vorübergehend. Da die zur Messung verwendeten Epidermisst ticke in meinen Experi- menten mindestens 1 cm von der Schnittfläche entfernt waren, so inter- U Bezüglich des morphologischen Baues der Epidermis vgl. Tangl, Miehe. 232 Otto Hnrtniann essieren uns nur jene Angaben, die sich auf die Ausbreitung der morpho- logisch faßbaren Wundreaktion betreffen. Nach Miehe findet vollkommene traumatrope Kernumlagerung nur in der ersten Zellreihe statt. Tangl, der genaueste Angaben über die Ausbreitung der Wundreaktion macht, findet als äußerste Grenze der traumatropen Plasmaansammlung 0,5 mm, die Kernumlagerung findet schon früher ihr Ende. Es ist also so viel sicher, daß die in Plasma- und Kernverlagerung sich äußernde Wundreaktion sehr bald verklingt, dem- nach in unserm Falle die Distanz der Kerne, die gemessen wurden, von der Wundfläche viel zu groß ist, um die bei Temperaturerhöhung zu beobachtenden Veränderungen als Wundreaktionen aufzufassen. Um alle möglichen Einwände zu beseitigen, habe ich selbst Experi- mente angestellt, die mir Aufschluß über den Grad und die Ausdehnung der Struktur und Größenänderung der Kerne an den Wundrändern geben sollten. Miehe führt als charakteristisch bei Alliurn und Hiacynlhus sehr deutliche Ansammlung und Verdichtung an der der Wunde zugewen- deten Seite an, wo sich auch Färbungsunterschiede bemerkbar machen. Bei Tradescantia zeigen sich in den Kernen an der Wundstelle Substanz- anhäufungen, die ganz denen bei der Teilung gleichen. Mitosen, wie sie Miehe beobachtet, habe ich nie gesehen. Ich konnte nun folgende Wundreaktionserscheinungen, insofern sie die Kerne betreffen, bei Ausschluß von Temperaturveränderungen feststellen. 1. In vielen Fällen scheint die Chromatinstruktur der Kerne in aller- nächster Wundnähe etwas gröber zu sein. 2. Am Wundrande findet geringe Volumzunahme statt. 3. Chromatinausstoßung wie bei Temperaturerhöhung ist niemals zu finden. 4 In Wundnähe scheint der Nucleolus allgemein etwas an Volumen zuzunehmen und an Färbbarkeit zu verlieren (Quellung !). Die Anzahl der Vacuolen findet sich vermehrt. Diese Veränderung geht höchstens 1—2 mm weit. Alle diese Veränderungen zeigen sich nur in unmittelbarer Wuml- nähe und sind keineswegs auch dort so bedeutend, wie die von Miehe beobachteten, was in Anbetracht des Umstandes, daß wir es hier mit vollkommen ruhendem, nicht funktionierendem Dauergewebe zu tun haben, verständlich ist. -Jedenfalls scheint mir aus alledem evident, daß bei der Entfernung von der Wundfläche, bei der meine Untersuchungen stattfanden, alle Veränderungen allein und ausschließlich auf die Wirkung der experimentell Über den Einfluß der Temperatur auf .Plasma, Kern und Nucleolus usw. 233 erhöhten Temperatur zurückgeführt werden müssen, zumal da vielfach inverses Verhalten wie es für Wundreaktion beobachtet wird, stattfindet. Nachfolgend nun die Ergebnisse der Temperaturexperimente bei 42° C. (Taf. XII, Fig. 49-56). Tabelle 14. Zwiebeln von Allium cepa, bisher gelagert in 6° — 7° C. , weiter kultiviert in 42° C. Versuchs- Versuchs- Äußere Epidermis Innere Epidermis exemplar dauer Kerndimensionen Kernfläche Kerndimensionen Kernfläche Nr. in Tagen U H1 2 U ft 2 0 20,2 x 20.2 320 27.1 x 23,1 521 I. 1 20,2 x 20,2 320 27,1x21,0 442 Ü 17,4x17.4 237 23,7 x 18.3 345 0 16,5x16.5 210 21,7x19,9 339 II. 1 15,4 x 15.4 185 19,5x17.7 270 3 15,6 x 15.6 i 191 19,2x18,3 272 0 16,2x16,2 205 29.5 x 26,8 624 III. 1 16,0x16.0 201 28,5x26,1 580 3 15,0 x 15 0 176 27,9 x 24.6 537 1. Abnahme des Kern volume ns bis zum dritten Tage der Tem- peratureinwirkung. Von da ab scheint sich ein neues stationäres Gleich- gewicht für das Kernvolumen eingestellt zu haben. 2. Verhalten der feineren Kernstruktur. Vor Beginn der Temperatureinwirkung besitzen die Kerne fein granuläre Chromatinstruktur, die sich ebenso wie die vereinzelt sich finden- den gröberen Chromatingranula mit Jodgriin färben. 1—2 große Nu- cleolen und außerdem einige ganz kleine kaum sichtbare, nur mit Jodgrün- Fuchsin nachweisbare Nucleolen. Nach 24 Stunden der Einwirkung erhöhter Temperatur ist die Chromatinstruktur gröber, es findet Zusammenballen kleinerer Granula statt, und diese neugebildeten sowohl als die schon früher vorhanden gewesenen gröberen Chromatinmassen wandern an die Peripherie, wo sic die Kernkontur vorstülpen und offenbar, sei es in fester oder flüssiger Beschaffenheit, ausgestoßen werden (Taf. XII, Fig. 53). Um die großen Nucleolen, die deutliche Verkleinerung (selten durch enorme Vacuolisation V ergrößerung) zeigen, sieht man grobgranuläre Chromatinmassen. Anstatt der kleinen sind nur mehr basichromatische Massen vorhanden, die offen- bar ausgestoßen werden. Offenbar sind diese Bilder im Sinne einer Um- 234 Otto Hartmann Wandlung der Nucleolarsubstanz in Cliromatin und dessen Entfernung aus dem Kern zu deuten. Nach 72 Stunden ist die Chromatinstruktur wieder so wie anfangs, nur die Kerne entsprechend verkleinert. Von den kleinen Nucleolen ist gar keiner mehr, von den großen oft, nicht immer, noch ein kleiner stark vacuolisierter Rest vorhanden. An Stelle der Nucleolen offenbar basichro- matische Massen. Keine Chromatinausstoßung findet mehr statt. Ergebnisse der Temperaturexperimente bei 30° C. (Taf.XII, Fig. 57—60, Tabelle 15). 1. Das Kernvolumen nimmt in den meisten Fällen im Laufe fünf- tägiger Experimente etwas zu, in andern bleibt es mehr konstant. Das deutet auf die kombinierende Wirkung zweier Faktoren hin, die in inverser Weise die Kerngröße beeinflussen. Verkleinerung müßte nach der erhöhten Temperatur erwartet werden. Diese bewirkt jedoch hier offen- bar eine starke funktionelle Tätigkeit im Sinne des Erwachens irgend- welcher Umsetzungen usw.; Funktion aber vergrößert die Kerne. Ander- seits ist die Temperaturerhöhung doch zu gering, um entgegen dieser durch das Erwachen starker funktioneller Tätigkeit bedingten funktio- nellen Hypertrophie eine Kernverkleinerung zu bewirken, während dies höhere Temperatur (42°), wie wir früher sahen, sehr wohl vermag. 2. Die Nucleolen erleiden in 5 Tagen sehr starke Volum Verkleinerung und oft völligen Schwund, diese Verkleinerung ist schon am 2. Tage be- merkbar. Eine vorübergehende Vergröberung der Chromatinstruktur kann am 2. und 3. Tage beobachtet werden. Chromatinausstoßung findet Tabelle 15. Zwiebeln von AÜium cepa, bisher gelagert in einer Temperatur von 6° — 7°C., werden weiter kultiviert in 30° C. Versuchs- Versuchs- Äußere Epidermis Innere Epidermis exeuiplar dauer Kerndimensionen Kerntläche lverndimensionen Kernfläche Nr. in Tagen U fjfi ,14 A1 I. 0 16,4 x 16,4 211 25,5 x 25.5 506 5 18,6 x 18,6 271 25,5 x 25,5 506 11. 0 19.2x19.2 289 26,7x26.7 555 5 19.2x19,2 289. 27,6 x 27,6 596 111. 0 21,9x21,9 379 27,1 x 27,1 571 5 22,9 x 22,9 408 27,7x27,7 600 IV. 0 17.1x17.1 224 28,3 x 28,3 624 5 17.1x17,1 224 27,9 X 27,9 610 ner den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 235 nicht statt. Alles deutet darauf hin, daß bei 30° die temperaturbedingten Umregulierungsvorgänge viel unscheinbarer verlaufen, ja was das Kern- volumen betrifft, von andern Verhältnissen direkt verschleiert werden können. Betrachten wir nun zusammenfassend die besonders ldaren Ergeb- nisse der Temperaturexperimente bei 42° C. Über ein Stadium der leb- haftesten Gleichgewichtsverschiebung und revolutionärer struktureller Umgestaltungen, Veränderung der Chromatinstruktur, Ausstoßung von Chromatinmassen, Verldeinerung des Nucleolus durch Auflösung und Ver- wandlung der Substanz in basichromatische Brocken usw., findet die Erreichung eines neuen Gleichgewichtszustandes statt, in dem diese lebhaften Umwandlungsprozesse im Kern zum völligen Stillstand kommen. So findet die Erreichung eines neuen, der veränderten Temperatur ent- sprechenden, physiologischen und morphologischen Gleichgewichtes statt, sowohl der Gesamtgröße des Kernes nach, die vom 3.-4. Tage an kon- stant bleiben dürfte1), als nach Nucleolenzustand, — die fast vollständig schwinden, und besonders in der Chromatinstruktur, welche sich wieder dem Ausgangszustande annähert. Durch die Chromatinausstoßung findet * also eine Substanzverminderung des Kernes statt, die der Vo- lumverminderung parallel ist, so daß also hier die Größenregulation der Kerngröße nicht durch Wasserabgabe, also Entquellung seiner Colloide, sondern auf kompliziertem, biologisch-physiologischem Wege durch aktive Reduktion seiner Substanz erfolgt. 2) Experimente an Blattepidermen von Elodea camdensis. Im Zusammenhänge mit meinen Untersuchungen über die Beein- flussung der Chloroplastengröße durch die Temperatur habe ich an Elodea Untersuchungen über die Schnelligkeit und die Art des Temperatur- einflusses auf die Kerne gemacht. Von einem Zweige, der bei 0°— 5° C. gewachsen war, wurden einige ausgewachsene Blätter mit Sublimatpikrinsäurealkohol fixiert und mit S-Fuchsin gefärbt. Textfig. 3 a zeigt einen Kern mittlerer Größe bei genau 2000facher Vergrößerung. Nach zweistündigem Aufenthalt der Zweige in 40° C. wurden einige andre Blätter ebenso fixiert, und Textfig. 3 b zeigt einen Kern. Die Kerngröße ausgewachsener Blätter nach 24 Stunden Aufenthalt in 40° C. zeii>t Fig. 3c. Aus diesen Experi- x) Womit natürlich nicht gesagt sein soll, daß Zwiebelepidenueu und Kerne dauernd überhaupt bei hoher Temperatur zu leben imstande sind. Im Laufe einer oder mehrerer Wochen würde jedenfalls langsames Absterben erfolgen, das natürlich mit unsern Pro- blemen nicht das mindeste zu tun hat. 236 Otto Hartmann menten ist zu ersehen, daß ohne stattfindende Kern- und Zellteilung innerhalb kurzer Zeit in ausgewachsenem Gewebe eine wohl auf Wasser- abgabe zunächst beruhende Kernverkleinerung in hoher Temperatur statt- findet, wobei gleichzeitig der Nucleolus durch partielle Auflösung seine Größe vermindert. Nach einem Tage ist kein Nucleolus mehr vorhanden, das Kernvolumen hat sich noch bedeutender reduziert und gleichzeitig eine strukturelle Umwandlung erfahren. Die früher fein granulierte und deutliche Kernstruktur hat einem dichteren, homogenen, stark gefärbten Zustande Platz gemacht. Die Färbung mit S-Fuchsin, die anfangs schön kirschrot war, ist mehr ins Gelblichrote bis Bräunlichgelbe umgewandelt, nichtsdestoweniger leben sowohl Zelle als Kern. Diese Veränderung deutet offenbar auf eine Schädigung hin, obwohl sich Eloclea tagelang bei 40°— 43° kultivieren läßt und deutliches Wachstum zeigt. o 3 b c Textfig. 3. Elodea, Epiderniiszellenkerne aus ausgewachsenen Blättern, Vergr. 2000 fach. a gewachsen in 0° — 5° C., b nach 2stündigem Aufenthalt in 40’ C., c nach 24 ständigem Aufenthalt in 40° C. Interessant ist nur, daß unter allen Umständen der Kern — auch wenn er sich zu teilen nicht fähig ist — bei Temperaturerhöhung eine Volum Verminderung in kurzer Zeit zeigt, diese kann auf Wasser und Substanzabgabe (wie bei Ällium) beruhen, wobei die Gesamt beschaff en- lieit des Kernes unverändert bleibt, oder es findet Wasserabgabe auf rein physikalischer Grundlage durch Entquellung statt, wobei die Beschaffen- heit des Kernes sich bedeutend ändert. Läßt man sich Elodea - Triebe bei verschiedener Temperatur ent- wickeln und untersucht junge, erst unter dieser Temperatur gewachsene Blätter1), so findet man ebenfalls bedeutende temperaturbedingte Größen- unterschiede. Textfig. 4a— e stellt je einen Kern mittlerer Größe aus einer Kultur bei 0°-5° C., 30° C. und 43° C. dar. Bei 30° ist die Struktur der Kerne augenscheinlich dichter als bei niederer Temperatur, der Typus der Struktur jedoch unverändert. Der Nucleolus, der noch deutlich U Die Kerne junger Blätter sind immer größer als die alter. Eber den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 237 erkennbar ist, hat durch weitgehende Vacuolisation oft scheinbare Ver- größerung erfahren. Bei43°C. sind die Kerne homogen, offenbar wasserarmer und von sehr dichter, andersartiger Struktur und weisen die schon früher hervorgehobene Abweichung in der Färbbarkeit auf. Der Nucleolus ist ganz verblaßt, schattenhaft und färbt sich fast gar nicht mehr. Seine stark verquollene und vacuolisierte Grundsubstanz hebt sich von der umgebenden Kernmasse gar nicht mehr ab, und seine Existenz im Prä- parat ist demnach nur durch das Lichtbrechungsvermögen der Vacuolen angedeutet. Textfig. 4. Elodea, Epidermiszellenkerne aus jungen Blättern, Vergr. 2000facli. a gewachsen hei 0° — 5° C., b gewachsen hei 28° — 31° C., c gewachsen bei 43° C. (Kernstruktur nur teilweise eingezeichnet.) Bezüglich meiner Experimente an Algen, die weiter ausgebaut werden, verweise ich nur auf Taf. XI, Fig. 47 und 48. VIII. Zusammenfassung der allgemeinsten und wichtigsten Resultate. 1. Die Länge der meristematischen, aus plasmaerfüllten, embryonalen Zellen bestehenden Zone ist bei höherer Temperatur bedeutend verkürzt, also findet unter solchen Bedingungen nicht nur eine Beschleunigung der Zellteilungen statt, sondern die Differenzierung der Zellen zu Dauergewebe verläuft nach weniger aufeinander folgenden Zellteilungen, in kürzerem Abstande vom Vegetationspunkt und dem- gemäß ist von morphogenetischer Verfrühung der Zellvacuolisation und Wasseraufnahme zu sprechen. 2. Die steigende Vacuolisation im Meristem bei erhöhter Tem- peratur ist nicht durch Permeabilitätserhöhung für Wasser erklärbar, denn diese als geschwindigkeitsbestimmender Faktor kann die verschiedene Lage eines Gleichgewichtszustandes, nämlich des Verhältnisses von Plasma zu Zellsaft nicht erklären. Es ist im Gegenteil der besonders bei 238 Otto Hartmann höchster Temperatur stark veränderte Stoffwechsel, in dem die dissimila- torische Bildung osmotisch-aktiver Stoffe auf Kosten gequollener Plasma- colloide überwiegt, die die Vacuolisation bedingt. Bei niederer Temperatur besteht nur eine Zell phase, nämlich hochgequollenes Plasma, bei höherer Temperatur beginnt langsamer Plasmaschwund, wobei zunächst auch das Zellvolumen sich vermindert, bis ziemlich schnell bei noch höherer Temperatur eine Zellvolumvermehrung durch Plasmavacuolisation und Wasseraufnahme eintritt. Die osmotisch-hochaktiven, im Quellungs- wasser des Plasmas zunächst gelösten Stoffe entreißen diesem in einem Entmischungsvorgang sein Quellungswasser, und so tritt neben einer wasserarmen, festeren Plasmaphase als Wandbelag eine große, centrale Zellsaftphase auf. Dieser Plasmaabbau zu osmotisch wirksamen Stoffen ist physiologisch als Gegenreaktion im Sinne Putters und als Störung der Stoffwechselbilanz zu deuten. Eine festere Konsistenz und stärkere Färbbarkeit des Plasmas bei höheren Temperaturen kann auch mit Lepeschkin als Erhöhung des Gehaltes an koagulierten, entquollenen Plasmaeiweißkörpern aufgefaßt werden. 3. Zellvolumen, Kernvolumen und teilweise Kernzellrela- tion stellen zuerst eine stark mit der Temperaturerhöhung fallende Kurve dar. Dieser Teil kann als Ausdruck eines physiologisch veränderten Gleich- gewichtes betrachtet werden. Im mittleren Teile findet Verflachung' der Kurve statt, die schließlich durch eine Indifferenzzone gehend bei weiterer Temperatursteigerung ein sehr starkes Ansteigen erfährt. Die Abflachung der Kurve, die uns das Verhalten der betreffenden Maße bei der Tem- peratursteigerung zeigt, deutet auf das schon bei mittleren Temperaturen erfolgende Einsetzen einer Gegenreaktion hin, die später den intensiven Anstieg, also Vergrößerung von Zelle, Kern und Kernzell- bzw. Kern- plasmarelation, veranlaßt. Gleichzeitig damit findet eine Hemmung von Wachstums- und Keimungsgeschwindigkeit statt. Es sind also dieselben, in einer starken Gleichgewichtsverschiebung und ziemlich plötzlichen Än- derung der Stoffwechselbilanz zwischen Assimilation und Dissimilation ge- legenen Ursachen, die im Sinne einer Gegenreaktion wirksam sind, die, hui mittlerer Temperatur schon einsetzend, sich erst bei höherer stark bemerkbar machend in einer Wachstumshemmung bzw. -Verlangsamung, in Zellvacuolisation, Plasmaschwund, Zellvolumvermehrung durch Wasser- aufnahme und Kernvolumzunahme durch Erhöhung seines Quellungs- grades, wobei keine Vacuolisation wie beim Plasma stattfindet, besteht. Die Kernplasmarelation nimmt ebenfalls bei höchsten Tempera- turen stark zu, da, obgleich Zellvolumvergrößerung stattfindet, doch I ber den Einfluß der Temperatur auf Plasma. Kern und Nucleolus usv. 239 dauernder Plasmaschwund einerseits und Kernvolumvergrößerung ander- seits bei hohen Temperaturen eine gewaltige Vermehrung der Kernplasma- relation bedingen müssen. Zur Beurteilung des Verhaltens der Kerngröße bzw. Kernplasma- relation wird bemerkt, daß es nicht vom Standpunkte physiko- chemischer Gleichgewichte, sondern nur von physiologischen Gesichts- punkten berechtigt ist, eine Substanzzunahme des Kernes allein, nicht aber ein Wachstum bloß durch Wasseraufnahme als für die Beurteilung der Kernplasmarelation maßgebend anzunehmen. Das Chromatin jedoch allein unter allen Kernsubstanzen in den Vordergrund zu stellen, und nur von einer Chromosomenplasmarelation zu sprechen, ist nicht statthaft. Die Nucleolengröße und die Nucleoluskernrelation nehmen als ein- sinnige Temperaturfunktion mit deren Erhöhung ab. 4. Auf Grund der Tabellen lassen sich Temperaturkoeffizienten cytologischer Abänderungen ( Q10 ) innerhalb eines gegebenen Tem- peratmintervalles für eine Erhöhung um 10° berechnen, die das Verhalten der Kurven zahlenmäßig veranschaulichen. Ähnliche Werte findet man für Temperaturkoeffizienten, die man nach den Angaben Rautmanns, Popoffs usw. berechnet. Die Kurven und Temperaturkoeffizienten sind nicht im Sinne der Theorie der begrenzenden Faktoren Pütters und Blackmans zu erklären, da diese nur für Prozesse, deren Geschwindigkeit gemessen wird, gelten kann, nicht aber für den messenden Vergleich der Gleichgewichts- zustände bei verschiedener Temperatur, also der Größen der einzelnen cytologischen Komponenten. Die Größe und Abänderung bei verschie- dener Temperatur ist das Resultat einer gegenseitigen Ausgleichung zahlreicher auf- und abbauender Stoffwechselvorgänge, die in ihrer rela- tiven, temperaturvariablen Intensität und Verlauf sich gegenseitig das Gleichgewicht haltend, die cytologischen Zustände in ihrem temperatur- variablen Verhalten konstituieren. Also ist der Kurvenverlauf und dem- gemäß auch die $io- Werte nicht Resultat jeweils wechselnder, einfacher, begrenzender Faktoren, sondern komplexer, sekundärer Natur, da er ein Kombinationsresultat vieler variabler, sieh im Gleichgewicht haltender Einzelprozesse ist. 5. Die feinere Plasmastruktur bei Fixierung mit Flemaiing- schem Gemisch ist in der Wärme viel stärker von distinkten, mit Eisen- hämatoxylin stark färbbaren Granula, Fäden und Körnerreihen erfüllt, als in niederer Temperatur. Faßt man diese Gebilde mit Lepeschkin als physiologische Koagulationsprodukte auf, so ist ihre Anhäufung bei hohen Temperaturen gut verständlich. Ihre chemische Verwandtschaft 240 Otto Hartmann mit Mitochrondrien einerseits und Lepeschkixs Lecithalbuminen als Plasmaderivaten anderseits ist wahrscheinlich. Die Kernstruktur erleidet in der Kälte starke Vergröberung. 6. Durch Temperaturerhöhung können ruhende Kerne von Zwiebel- blattepidermen innerhalb relativ kurzer Zeit zu bedeutender Volum- verkleinerung gebracht werden. Die Nucleolen schwinden fast ganz durch Resorption. Die Verkleinerung des Kernvolumens ist auf parallel erfol- gende Substanzabgabe (Chromatinausstoßung) und Wasserabgabe zurück- zuführen, so daß der Gehalt des Kernes an Substanz sowie an Wasser relativ unverändert bleibt. Auch die Kernstruktur, die starke Verände- rungen durchmacht, ist endlich wieder so beschaffen wie anfangs. Ebenso läßt sich bei Elodea-Blättern, die Größe ausgewachsener Kerne stark durch Temperaturerhöhung vermindern, schon nach 2 Stunden ist deutliche Verkleinerung zu beobachten. Der Volum Verminderung parallel geht ein Kompakter- und Homogenerwerden der Kernstruktur offenbar infolge Wasserabgabe. 7. Bezüglich der zahlreichen Einzelheiten sowie der theoretischen Be* sprechung der Resultate des Kurven verlauf es, der Wertung cytologischer Komponenten und Gleichgewichte überhaupt, sowie der vielfach prin- zipiellen Unterschiede cytologischer Temperatureinflusses auf tierische Zellen im Gegensatz zu pflanzlichen, muß auf den Text verwiesen werden. Graz, Zoologisches Institut, im Februar 1917. Archiv f. ZellforschiiJig EcL AT Tafel VIH. ’clrncuuc, Leipzig. L ichtdruck. v C G Röder; G m, b. H, Leipzig ■ rtretuv r. l tltrörsc/uuig bei. A v J-fartrr; oen *v Verlag v Wilhelm Er'%^ Tafel ZT Lichtdruck v C G Roder, G rn. h.H, Leipzig- -laa/i Leipzig. *.-■! Strem v r. z uerorsenxurg öd Af U/ C'l UL. Um Lu \ tdrurk v f* (J Rode': Orn.b H Leipiöj- rlrch 1 v r. /.eil rors ctvung tict XI '■ ;; '.r '*?ü Verlao v WUhelm w - Tafel XI 1 (/mann Leipzig Lichtdruck v C G Roder Gm. b rf, Leipzig. /Ja ..w Intel .Ul. LuAt Jnj^M . f Ar /• Wilhelm fcngehn ann r ^pzij Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus usw. 241 Erklärung der Tafeln. (Man Jjittet die Photographien mit einer Lupe zu betrachten.) Tafel VIII. Fig. 1—8. ergr. 41 fach. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8. Fig. 9—12. Fig. 9. Fig. 10. Fig. 11. Fig. 12. Formolfixierung, Schnittdicke 10 u, Färbung: Saffranin-Lichtgriin. Pisum sativum, Wurzelspitze. Kultur bei 8,5° C. Desgl. Kultur bei 37° C. Die Länge der meristematischen Zone an den dunklen Zellreihen gut erkennbar (besonders im Dermatogen). Helianthus annuus, Wurzelspitze. Kultur bei 8,5° C. Desgl. Kultur bei 41° C. Zea mays, Wurzelspitze. Kultur bei 18° C. Desgl. Kultur bei 42° C. Man beachte die starke Färbbarkeit einzelner Plasmateile. Phaseolus multiflorus, Wurzelspitze. Kultur bei 8,5° C. Desgl. Kultur bei 41° C. Man beachte die starke Färbbarkeit (dichte Struktur) des Plasma- wandbelages im Plerom. Präparation wie vorher, Vergr. 230 fach. Phaseolus multiflor., Vegetationspunkt der Wurzel. Kultur bei 8° C. Desgl. Kultur bei 41° C. Zea mays, Vegetationspunkt der Wurzel. Kultur bei 18° C. Desgl. Kultur bei 42° C. Fig. 13—20. Fig. 13. Fig. 14. Fig. 15. Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18. Fig. 19. Fig. 20. Tafel IX. Präparation wie vorher. Helianthus annuus, Wurzelspitze. Dermatogen und Peri- blempartien distal vom Vegetationspunkt. Kultur bei 8° C., Vergr. 230fach. Desgl. Dermatogen und Periblem im selben Abstande vom Vege- tationspunkt wie oben. Kultur bei 41° C., Vergr. 230fach. Zea mays, äußere Keimblätter einer 8 mm langen Keimspitze im Längsschnitt. Kultur bei 18° C., Vergr. 62fach. Desgl. Kultur bei 41° C., Vergr. 62fach. Zea mays, Epidermis des äußersten Keimblattes, Längs- schnitt. Kultur bei 18° C., Vergr. 310fach. Desgl. Kultur bei 41° C., Vergr. 310fach. Diese Bilder sind besonders typisch für die Änderung der Plasma-, Kern- und Nucleolenbeschaffenheit. Zea mays, weiter innen gelegene Keimblätter, Längsschnitt. Kultur bei 18° C., Vergr. 310fach. Desgl. Kultur bei 41° C., Vergr. 310faeh. Archiv f. Zellforschung. XV. 16 242 Otto Hartmann Fig. 21 — 24. Fixierung Sublimateisessig, Sclinittdickc 6 fx, Färbung Eisenhäma- toxylin-Bordeaux-R. Vergr. 300fach. Fig. 21. Pisutn sativum, Steckungszone der Wurzel an der Grenze von Plerom und Periblem. Kultur bei 18° C. Fig. 22. Desgl. Kultur bei 37° C. Man beachte die Veränderung der Größe von Kern undNucleolus. Fig. 23. Zea mays. Wurzelplerom mit einer Reihe großer meristema* tischer Gefäßzellen. Kultur bei 11,5° C., Vergr. 300fach. Fig. 24. Desgl. Kultur bei 42° C., Vergr. 300fach. Tafel X. Fig.25. Pisum sativum, meristematische Grenzzone zwischen Plero in und Periblem. Präparation wie bei Fig. 21. Kultur bei 8° C., Vergr. 300fach. Fig. 26. Desgl. Kultur bei 37° C., Vergr. 300fach. Man beachte den Plasmagehalt der Zellen, die Gestalt der Kerne (in der Kälte ellipsoid, in der Wärme rund) und die der Nucleolen, die sich ebenso verhalten. Nucleolengröße ! Fig. 27 — 36. Fixierung starkes FLEMixG-Gemisch 48 Stdn. Schnittdicke 5 /u, Fär* bung Eisenhämatoxylin-Bordeaux-R. Fig. 28 — 34 Vergr. 680f ach, Fig.35,36 Vrgr.3l0fael?. Fig. 27. Zea mays, ältere Dermatogenzellen. Kultur bei 11,5° C. Fig. 28. Desgl. Kultur bei 26° G. Fig. 29. Desgl. Kultur bei 42° C. Fig. 30. Zea mays, Dermatogenzellen ganz nahe am Vegetationspunkt. Kultur bei 11,5° C. Fig. 31. Desgl. Kultur bei 26° C. Fig. 32. Desgl. Kultur bei 42° C. Man beachte das zahlreiche Auftreten kleiner und großer Granu- lationen in der Wärme. Fig. 33. Zea mays, meristematische große Gefäßbildungszellen aus dem Plerom. Kultur bei 36° C. Fig. 34. Desgl. Aus Wurzeln der obigen Wärmekultur, nachdem sie einige Tage bei 6° — 7° C. kultiviert wurden. (Kernvolumzunahme !) Fig. 35. Zea mays, Calyptra, mit der Grenze des übrigen Wurzelkörpers (dunkle Zone), Kultur bei 11,5° C. Fig. 36. Desgl. Kultur bei 42° C. Man beachte das starke Auftreten distinkter Plasmagranulen in der Warmkultur. Tafel XI. Fig. 37 — 46. Präparation wie oben. Fig. 37 — 44 Vergr. 680fach, Fig. 45, 46 Vergr. 940fach. Fig. 37/- Zea mays, ältere Calyptra-Zellen. Kultur bei 11,5° C. Fig. 38. Desgl. Kultur bei 26° C. Fig. 39. Desgl. Kultur bei 42° C. Man beachte die amöboide Kerngestalt bei 26° C., die Re* duktion von Kern und Nucleolus bei 42° C. und den Plasmaschwund und die zahlreichen Plasmagranula bei 42° C. Über den Einfluß der Temperatur auf -Plasma, Kern und Nucleolus usw. 243 Fig. 40. Pisum sativum. Dermatogen. Kultur bei 8,5° C. Fig. 41. Desgl. Kultur bei 26° C. Fig. 42. Desgl. Kultur bei 37° C. Bei 26° C. die mitochondrienartigen Fäden usw. besonders gut sichtbar. Fig. 43. Zea maijs. Dermatogenzellen. Kultur bei 36° C. . Fig. 44. Desgl. Wurzeln aus obiger Wärmekultur, nachdem sie einige Tage bei 6° — 7° C. kultiviert worden waren. Man beachte den Schwind der Plasmaeinschlüsse, die starke Vacuolisierung und das Wachstum des Kernes sowie die deutlich granuläre Kernstruktur im Gegensatz zur mein- homogenen in der Wärme. Fig. 45. Pisum sativum , Diaster in einer ganz vorne gelegenen Derrna- togenzelle. Kultur bei 8,5° C. Fig. 46. Desgl. Kultur bei 37° C. Fig. 47. Spirogyra spec., Kern. Kultur bei 5° — 0° C. Fixierung: Chromessig- säure, Färbung Alaunkarmin, Vergr. 680fach. Fig. 48. Desgl. Kultur bei 30° C. Die Gestalt des Kernes, der an Volum verloren hat, ist mehr abgerundet, die Ansatzpunkte der Plasmafäden nicht mehr zipfelartig verdickt, die Kernstruktur feiner. Tafel XII. Allium cepa, Kerne aus der äußeren (Fig. 49 — 56) bzw. inneren (Fig. 57 — 60) Epidermis des dritten Zwiebelblattes von außen gerechnet. Fix. Alcoli. absol. Färbung Hämalaun. Vergr. 840fach. Versuchsexemplar I. Fig. 49. Beginn des Experimentes, Kaltkultur bei 7° C. Fig. 50. Nach 24 Stunden in Kultur bei 42° 0. Fig. 51. Nach 72 Stunden in Kultur bei 42° C. Versuchsexemplar II. Fig. 62. Beginn der Experimente, Kaltkultur bei 7° C. Fig. 53. Nach 24 Stunden in Kultur bei 42° C. Fig. 54. Nach 72 Stunden in Kultur bei 42° C. In Fig. 53 am Kernrande Vorwölbungen, die durch anliegende Chromatinballen gebildet werden (Chromatinausstoßung 1). Versuchsexemplar III. Fig. 55. Beginn des Experiments. Kultur bei 7° C. Fig. 56. Nach 24 Stunden. Kultur bei 42° C. • Versuchsexemplar IV. Fig. 57. Beginn des Experiments. Kultur bei 7° C. Kern in Profilstellung. Fig. 58. Nach 5 Tagen. Kultur bei 30° C. Kern in Profilstellung. Schwund der Nucleolen auch hier sichtbar. Fig. 59. Beginn des Experiments. Kultur bei 7° C. Fig. 60. Nach 5 Tagen. Kultur bei 30° C. Die großen Nucleolen nicht vollständig resorbiert 1 16* 244 Otto Hartmann Literaturverzeichnis1), 1. Äkerman, A. Studier över trädlika protoplasma bildungar i vaxcellerna. Lund Univ. Ärsskr. N. F. Bd.XII. (Ref.) 2. ' Amma, K. Über die Differenzierung der Keimbahnzellen bei den Copepoden. Arcli. f. Zellf. VI. 1911. 3. Askenasy. Über einige Beziehungen zwischen Wachstum und Temperatur. Ber. d. bot, Ges. VIII. 1890. 4. Backmann, E. L. Sur l’influence de la temperature sur la pression osmotique des oefs de Rana temporaria, C. R. soc. Biol. LXXVI. 5. Backmann, L. und Sundberg, C. G. und C. Janson. Sur l’importance de l’oxy- gene pour l’augmentation de la pression osmotique chez les embryons de Rana temp. C. R. soc. Biol. LXXVI. 6. Balls, W. L. Temperatme and Growth. Annal. of Bot. XXII. 1908. 7. Bialaszewicz, Iy. Beitrag z. K. der Wachstumsvorgänge bei Amphibienem- bryonen. Bull, de l’Acad. Scienc. Cracovie. 1908. 8. Blackman, F. F. 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Temperaturexperimente 257 a) Wärmeexperimente 257 b) Kälteexperimente 259 6. Das Sonderverhalten des X-Chromosoms bei der Reduktionsteilung 261 7. Zusammenfassung der Ergebnisse 262 8. Literatur 266 1. Biologische Notizen. Zum Verständnis der folgenden Experimente mit der Psychide Talaeporia tubulosa Retz, ist es notwendig, einige biologische Angaben vorauszuschicken. — Die Raupen von tubulosa fressen die Flechten der Baumstämme und leben in länglichen Säckchen, die sie im Maße des Wachstums vergrößern. Der Sack hat zwei Öffnungen, eine vordere, aus der Kopf und Thorax der Raupe beim Fressen und Kriechen hervor- ragt, und eine hintere, die zur Entleerung des Kotes dient. Bis zum Herbst sind die Raupen erwachsen. Sie überwintern im Moos und kommen in den ersten warmen Frühlingstagen aus ihren Verstecken hervor, kriechen an den Baumstämmen in die Höhe und spinnen das Vorderende des Sackes fest. Nun wendet sich die Raupe im Sack (ein Vorgang, der tier- psychologisch hochinteressant ist) und verpuppt sich. Nach ungefähr 24 Tagen schlängelt sich die Puppe nach der freien Öffnung des herunter- ArchiT f. Zellforschung. XV. 17 250 J. Seiler hängenden Sackes und dringt mit ihrer vorderen Hälfte schließlich ganz aus dem Sack heraus. Jetzt sprengt der Schmetterling mit einem ener- gischen Ruck die Puppenhülle und schlüpft heraus. Das Schlüpfen der Männchen erfolgt nachmittags bis spät abends, das der flügellosen, wenig beweglichen Weibchen früh morgens vor Sonnenaufgang. Die Weibchen halten sich am Hinterende des Sackes (siehe Textfig. 1 a) fest, strecken die Legeröhre hervor und warten auf Begattung. Ist ein Männchen in der Nähe, so erfolgt sie sofort, und umnittelbar darauf biegt sich das Weib- chen ein, streckt die Leger Öhre in die Tiefe des Sackes und legt die Eier, eingebettet in zarte Wollfäden, ab (siehe Textfig. 1 V). Die Eiablage dauert a b Textfigur 1. a Eben geschlüpftes Weibchen von Talaeporia tubulosa, b in Eiablage begriffen. Vergrößerung 2x. normalerweise eine schwache Stunde. Ist sie beendet, so deckt das Weib- chen die Eier mit Wolle, schrumpft bald zusammen und stirbt. Erfolgt die Begattung nicht in den ersten beiden Stunden nach dem Schlüpfen, so gelingt es dem Weibchen selten noch, ein Männchen heranzulocken; es zieht die Legerölire ein und wartet bis zum nächsten Morgen. Kommt, auch dann kein Männchen, so kann es weiter warten bis zum vierten und fünften Tag. Am fünften aber stirbt es ab und fällt vom Sack, ohne die Eier gelegt zu haben. Mehr ausnahmsweise versuchen unbegattete Weibchen schon am ersten Tag, öfters später, Eier zu legen, was ihnen auch gelegentlich vollständig gelingt. Die unbefruchteten Gelege aber entwickeln sich nicht, oder doch nur wenig weit. — Aus den befruchteten Eiern schlüpfen in 21—25 Tagen Räupchen, die sich aus der Wolle des mütterlichen Sackes Geschlechtschromosomenuntersuchungen an Psychiden. 251 selbst ein kleines Säckchen verfertigen, nun den mütterlichen Sack ver- lassen und bis im Herbst wieder herangewachsen sind. Es würde uns selbstverständlich sehr interessieren, das Geschlechts- verhältnis der eben geschlüpften Räupchen kennen zu lernen ; leider kann es nicht festgestellt werden, da auf so frühem Stadium, selbst mikro- skopisch, kein Unterschied zwischen den beiden Geschlechtern erkennbar ist. Bei erwachsenen Raupen sind die Geschlechter schon mit ziemlicher Sicherheit an der Größe der Säcke erkennbar. Die weiblichen Säcke sind größer als die der Männchen. Das Geschlechtsverhältnis, das jetzt vor- liegt, kann aber natürlich nur geringe Anhaltspunkte geben für das primäre. Zur Zeit des Anspinnens der Raupen fällt für fast alle Fundplätze der Mark ein starkes Überwiegen der Männchen auf. Doch ist mögüch, daß das allein oder doch vorwiegend auf Rechnung der Parasiten (zwei Schlupf- wespen) zu setzen ist; die in manchen Jahren den Großteil des Raupen- bestandes von Talaeporia befallen, die Raupen unmittelbar nach der Verpuppung zum Absterben bringen und die vielleicht die Weibchen be- vorzugen, da immer mehr Weibchen angestochen sind, als nach dem Sexualverhältnis der erwachsenen Tiere erwartet werden müßte. Die folgende Tabelle stellt einige Beobachtungen zusammen. Trotz aller Vorsicht dürfen wir wohl mit Bestimmtheit schließen, daß außer den Parasiten noch andere Faktoren mitbestimmend sein müssen bei der Ver- schiebung der Geschlechtsverhältnisse, denn manche Fundplätze haben ein normales Sexualverhältnis oder gar einen Weibchenüberschuß, trotz- dem Parasiten vorhanden sind (bei Wannsee-Sacrow und Grunewald leider nicht ausgezählt !). Welcher Art diese Faktoren sein könnten, und wie sie wirken, werden die folgenden Experimente zeigen. Tabelle 1. Sexualverhältnis der erwachsenen Tiere. Datum Fundort Gesamtzahl d. gesammel- ten Säcke 9: 6 an- gestochen waren 2: 5 es schlüpfen 2: cj 2 6 2 6 2 6 1916 1917 Liegnitz > 10 ■ 25 9 • 28 1918 > 882 ■ 2236 100 : 254 146 ■ 233 100 : 160 736 • 2003 100 : 272 1919 » 287 • 403 100 : 142 268 • 291 100 : 109 19 112 100 : 589 1916 Tornow 18-34 1917 > 5-5 1918 > 327 • 793 100 : 245 213 • 462 100:217 114 • 331 100:290 1919 » 3-3 1918 1918 Brieselang Grunewald 173 • 290 145 • 152 100 : 168 100 : 105 1918 Wannsee- Sacrow 86 • 62 100 : 72,2 17* 252 J. Seiler 2. Der Verlauf der geschlechtsbestimmenden Reifeteilung und der Chromosomencyclus von Talaeporia. Die Chromosomenverhältnisse von Talaeporia habe ich bereits dar- gestellt (siehe Z. f. ind. Abst.- u. Vererbungsl. 1917, XVIII), ich verweise auf die kurze Mitteilung und gebe hier zur Orientierung nur eine sum- marische Darstellung mit einigen Belegen. Im Moment der Eiablage ist die erste Beifespindel fertig. Die Äqua- torialplatte zeigt 30 Chromosomen (Textfig. 2 a und b), ausnahmsweise 29; Textfigur 2. a Äquatorialplatte der ersten Reifeteilung im Ei mit 30 Chromosomen, b dasselbe aus einem anderen Ei. c, d zwei zusammengehörige Tochterplatten, c mit 29, d mit 30 Chromosomen, darunter das X-Chromosom, e, f dasselbe aus einem anderen Ei. Hier ist das X-Chromosom in der äußeren Platte (= Richtungskörper), an seiner Lage leicht erkennbar, g, h, i, k Chromosomenplatten aus Blastodermmitosen von vier Talocporia-Embryonen, <7 und h haben 60, t und 1; haben 59 Chromosomen. Gezeichnet mit Z. Z. nach Abbe. Vergr. etwa 3000 mal. die Tiere, die aus solchen Eiern hervorgehen, haben diploid 58 Chromosomen ; sie interessieren uns hier nicht und wir übergehen sie deshalb. — Kurz nach der Ablage beginnt die Anaphase, die mit einem eigenartigen und für alle Schmetterlinge charakteristischen Vorgang einsetzt; mit einem Geschlechtschromosomenuiitersuchungen an Psychiden. 253 Abschmelzungsprozeß von Chromatin von den Chromosomen, einer Chro- matinelimination. Die Chromosomen scheiden eine bald größere, bald kleinere Menge ihrer Substanz aus und lassen sie in der Spindelmitte liegen. Der Prozeß verläuft im einzelnen sehr variabel, sowohl in bezug auf das Quantum des ausgeschiedenen Chromatins, wie in bezug auf den Zeitpunkt der Ausscheidung. Er kann auch ganz unterbleiben (vgl. Taf. XIII, Fig. 1-3). Sind die Tochterplatten gebildet, so können wir feststellen, daß die eine 30, die andre nur 29 Chromosomen enthält (Textfig. 2 cd aus einem Ei und e f aus einem andren Ei). Ein Chromosom, das X-Chromosom, ging ungeteilt einem Pol zu, und zwar ist es bald in der äußeren Tochter- platte, die den Richtungskörper bildet, anzutreffen, bald in der inneren. Für unsere Zwecke ist es bedeutungsvoll, daß das X-Chromosom in der Anaphase relativ häufig den anderen Chromosomen nachhinkt, allein dem Spindelpol zuwandert, so daß es in diesem Fall in Seitenansichten der Spindeln leicht festgestellt und beobachtet werden kann (vgl. Taf. XIII). In der späten Anaphase, jedenfalls vor der zweiten Reifeteilung, hat das X- Chromosom die übrigen Chromosomen eingeholt und verhält sich von da ab wie die Autosomen, wird also in der zweiten Reifeteilung wie alle übrigen Chro- mosomen äqual geteilt. Deshalb schenken wir dieser Teilung kein Interesse. Die Samenreifung von Talaeporia bietet nichts Interessantes, die erste und zweite Reifeteilung hat 30 Chromosomen. Die somatische Chromosomenzahl beträgt somit 29 + 30 = 59 und 30 + 30 = 60. Embryonen mit 59 Chromosomen (Textfig. 2 i und k ) werden zu Weibchen, denn nur Tiere mit 59 Chromosomen können Ga- meten mit 29 und 30 Chromosomen bilden. Die Embryonen mit 60 Chro- mosomen (Textfig. 2 g und h) müssen Männchen liefern. Der Cliromo- somencyclus verläuft also folgendermaßen: 3. Das normale Sexualverhältnis. Fragestellung der Arbeit. Die Untersuchung der Chromosomenzahl der Embryonen gibt uns somit ein Mittel in die Hand, das primäre Sexualverhältnis festzustellen. Von 55 Embryonen (Material von Tornow, Befruchtung und Eiablage 254 J. Seiler im Zimmer) waren 30 Weibchen, hatten also 59 Chromosomen, 25 waren Männchen, hatten also 60 Chromosomen. Das primäre Sexualverhältnis wäre demnach ^00 $ • 83 Nun könnten wir ja schon vor der Befruchtung, nämlich nach der ersten Reifeteilung das Geschlechtsverhältnis feststellen, denn wir wissen, Eier mit 29 Chromosomen ergeben Weibchen, Eier mit 30 ergeben Männchen. Doch ist dieser Weg unendlich mühsam, denn die Lage der Reifungsspindel im Ei ist variabel (vgl. Taf. XIII) ; bald steht sie senkrecht, bald schief, bald auch parallel zur Eioberfläche; ein Orientieren der Eier vor dem Schneiden ist somit zwecklos und man muß aufs Geratewohl schneiden, bis man eine vollständige, unzerschnittene, in der Ebene des Schnittes liegende, einwandfreie Tochterplatte der geschlechtsbestimmenden ersten Reifeteilung hat. Wir haben den Weg trotzdem versucht. Unter 32 Eiern hatten 17 nur 29 Chromosomen, sind also Weibchen, 15 hatten 30 Chromo- somen, sind Männchen. Auch so finden wir also einen geringen Überschuß an Weibchen. Doch sind in diesem Fall die Zalden natürlich zu klein, um sie benutzen zu können. Noch ein weiterer Weg zur Feststellung des Geschlechtsverhältnisses ist möglich. Erinnern wir uns, daß das X-Chromosom in der Anaphase der Reduktionsteilung den Autosomen oft nachhinkt. So könnten wir, in Seitenansichten der Spindeln, auszählen, in wieviel Fällen es nach außen in den Richtungskörper, wieviel mal es nach innen geht. Wir setzen dabei stillschweigend voraus, daß die Neigung zum Nachhinken in der äußeren Spindelhälfte genau gleich ist der in der inneren. Die spätere Untersuchung wird zeigen, daß diese Annahme zweifellos richtig ist. In dem Tornower Material (Begattung und Eiablage wieder im Zimmer!) trafen wir das X-Chromosom 61mal außen und 45mal in der inneren Spindelhälfte an. Wir haben also ein Sexualverhältnis von 61 ? : 45 mosom innen = d Zahl der Spindeln ohne nachhinken- desX-Chromosom Bemerkungen 1 4 1 i 33 X-Chromosom z. T. außer- halb der Tochterplatten 2 4 1 i 63 desgleichen 3 4 13 ii 17 4 4 — 2 64 desgleichen 5 3 10 19 40 6 4 14 8 16 • 7 4 6 14 16 8 4 7 10 19 9 4 5 14 27 10 4 4 7 45 desgleichen 11 4 2 2 57 desgleichen 12 4 9 14 — X-Chromosom in allen Spin- dein d. Geleges sichtbar 13 4 15 18 56 14 4 12 21 37 15 4 2 4 31 lauter Chromosomenplatten 101 146 521 ’) ln Spindelseitenansichten gibt das photographische Bild natürlich nicht den ganzen Ring, sondern nur die zufällig in der optischen Ebene liegenden Chromatin- brocken wieder. Geschlechtschromosomenuntersuchungen an Psychiden. 257 überreifen Eier gibt die Tabelle 2. Sie zeigt, daß fast in allen Gelegen das X öfters nach innen wandert, als nach außen in den Richtungskörper ; mit anderen Worten, die Zahl der gereiften Eier mit 30 Chromosomen ist größer als die mit 29, und zwar haben Avir im gesamten 101 mit 29 und 145 mit 30 Chromosomen, das macht also ein Sexualverhältnis von 100 $ : 144 Bei normaler Eiablage am ersten Tag des Schlüpfens des Weibchens betrug das Sexualverhältnis 100 $ : 74 (J. Durch diese Gegenüberstellung springt am ehesten die Größe der Ver- schiebung des Geschlechtsverhältnisses in die Augen. Die Zahl der Männ- chen ist verdoppelt. In einem Gelege (Nr. 12) ist das X-Chromosom in allen Spindeln sichtbar. In Nr. 15 ist das X durch Auszählen von Chromosomenplatten festgestellt. Beide Fälle sind also besonders wichtig und beAVeisend. 5. Temperaturexperimente. Die ideale Versuchsanordnung wäre die, die veränderte Temperatm’ nur sozusagen im kritischen Moment einwirken zu lassen, bis sich das X-Chromosom für einen Weg entschieden hat, oder, falls es Neigung zum Verharren zeigt, bis die Autosomengruppen so weit vorgerückt sind, daß es diese nicht mehr einholen kann. Ganz in dieser Weise läßt sich das Experiment aus vielen Gründen nicht einrichten. Wir bringen vielmehr das Weibchen selbst, unmittelbar nach der Begattung, in den Brut- oder Eisschrank. Da es sofort mit der Eiablage beginnt, werden die ersten Eier die veränderte Temperatur im entscheidenden Moment noch kaum verspürt haben; alle späteren schon, nur befanden sich diese dann auch schon geraume Zeit im mütterlichen Leibe unter der abgeänderten Tem- peratur. Ist die erste Reifeteilung der zuerst abgelegten Eier bis zur späten Anaphase vorgerückt, so Avird das ganze inzAvischen entstandene Gelege fixiert. Die zuletzt gelegten Eier zeigen uns, wenn sie die Anaphase noch nicht begonnen haben, die Wirkung der veränderten Temperatur auf die Ovarialeier. aj Wärmeexperimente. Die Weibchen von Talaeporia und die frisch gelegten Eier vertragen auf kurze Zeit eine Temperatur bis gegen 40°. Dabei verläuft die Reife- teilung zwei- bis dreimal so rasch wie bei normaler Zimmertemperatur. Es verblüfft nun, daß die erste Reifespindel des Wärmeeies genau aus- 258 J. Seiler sieht wie die der überreifen Eier. Auch hier kommt das Eliminations- chromatin außerhalb des Spindelraumes zu hegen (Taf. XIII, Fig. 10, die schwarzen Kugeln links und rechts der Spindel), auch hier findet die Ab- schmelzung oft in den Kaum zwischen Autosomenplatte und den Spindel- pol statt. Deshalb überrascht es keineswegs, daß die Wirkung der Wärme auf das X-Chromosom in der Hauptsache auch dieselbe ist wie bei der Überreife. Die Tabelle 3 steht die Zahl der beobachteten nachhinkenden X-Chromosomen zusammen. In ahen Gelegen (außer Nr. 3) treffen wir es öfters in der inneren Spindelhälfte als in der äußeren; d. h. also, die Zahl der gereiften Eier mit 30 Chromosomen ist größer als die mit 29. Im gesamten haben wir 84 mit 30 Chromosomen und 52 mit 29. Das macht ein Sexualverhältnis von 100 ? : 162 & Die Verschiebung des Geschlechtsverhältnisses zugunsten der Männchen ist noch etwas stärker als bei Überreife. — Da immer noch Zweifel be- stehen könnten, ob das Auszählen der nachhinkenden X-Chromosomen Tabelle 3. Wärmeexperimente. Nr. des Geleges Temp. währ. d. Eiablage X-Chromosom außen ; innen = Q 1 =c$ Zahl der Spindeln ohne nachhinken- des X-Chromosom Bemerkungen 1 O CO 1 O CO 3 12 10 2 34° — — 25 2 X liegen unentschieden in der Spindelmitte 3 O CO 1 8 4 4 6 4 32-35° 13 15 — lauter Chromosomenplatten 5 35° — 1 19 6 35-36° 10 11 16 7 35° 4 6 46 8 35° — 13 1 X unentschieden in der Spindelmitte 9 O O CO 9 21 33 10 35-37° 9 14 — lauter Chromosomenplatten 52 84 168 auch ein untrügliches Bild des Geschlechtsverhältnisses gibt, so haben wir in zwei dafür besonders günstigen Gelegen Nr. 4 und 10 die Chromo- somen sämtlicher einwandfreien Tochterplatten ausgezählt und kommen dabei auf eine neue Bestätigung der Annahme. Nun zeigen die Wärmeeier aber doch noch eine Eigentümlichkeit, die nur ihnen zukommt, wenigstens nach meinen Beobachtungen. Rela- tiv häufig fällt nämlich ein auffällig starkes Nachhinken des X-Chromo- Geschlechtschromosomenuntersuchungen an Psychiden. 259 soms auf (vgl. Taf. XIII, Fig. 10); selbst auf dem Stadium der Meta- phase der zweiten Reifeteilung hat es gelegentlich die Autosomen noch nicht eingeholt und, was mm sehr wichtig ist, in zwei Gelegen (Nr. 2 und 8) liegt es in drei Fällen noch in der alten Äquatorialebene und wird, soviel wie sicher, keine der Autosomengruppen mehr erreichen. Was wird die Folge sein? Bei der getroffenen Versuchsanordnung wird dadurch der Prozentsatz der Weibchen um eine Kleinigkeit größer, was weiter nicht von Belang ist, Was aber eine interessante Perspektive eröffnet. Stellen wir uns vor, wir würden von einer Rasse ausgehen, deren X-Chromosomen in allen Spindeln nachhinken, 50 würden wir mit steigen- der Temperatur und besserer Versuchsanordnung vorerst eine immer stär- kere Verschiebung des Geschlechtsverhältnisses zugunsten der Männchen erhalten. Ob das bis zu dem Extrem — lauter Männchen — führen könnte, ist fraglich, immerhin aber denkbar. Würden vir die Temperatur weiter steigern, so müßte die Zahl der X-Chromosomen, die in der Äquatorial- ebene der ersten Reifeteilung stecken bleiben, immer größer werden. Damit würden wieder Weibchen auftauchen, ihr Prozentsatz würde sich steigern und vielleicht im Extrem zu einer Kultur mit lauter Weibchen führen. Eine »rein experimentelle Arbeitsmethode würde wohl nie zu einer befriedigenden Lösung solcher Ergebnisse kommen, die so einfach ist, wenn die chromosomalen Vorgänge befragt werden. Der Fall ist typisch und lehrreich. Ein Vorauseilen der X-Chromosomen bei der Reduktionsteilung, wie bei der Überreife (Taf. XIII, Fig. 8), zeigen die Wärmeeier nicht. Aus den Beobachtungen des gelegentlichen auffällig starken Nachhinkens, das ja für die Wärmeeier charakteristisch ist, möchte man im Gegenteil schließen, daß die Zahl der Spindeln mit nachhinkendem X-Chromosom vergrößert würde, d. h., daß X-Chromosomen, die bei normaler Temperatur mit den Autosomen voranmarschiert wären, bei Wärmeeinwirkung nachhinken. Ob das der Fall ist oder nicht, kann vorläufig noch nicht mit Sicherheit entschieden werden. b) Kälteexperimente. Die Kälteexperimente gelingen nur mit Schwierigkeiten. Bringt man die begatteten Weibchen in zu niedrige Temperatur, so hören sie einfach auf, Eier zu legen und warten ab. In höhere Temperatur zurückversetzt, erfolgt die Ablage normal, wenn das Weibchen inzwischen seinen Sperma- vorrat nicht verloren hat, was anscheinend bei Kälteeinwirkung leicht vorkommt. Die unterste Grenze, bis zu der wir gehen konnten, war etwa 5°. Unterbrach dabei ein Weibchen die Ablage, so wurde es für einen 260 J. Seiler kurzen Moment aus dem Eissclirank herausgenommen, angehaucht und sofort wieder zurückversetzt. Die Reifeteilung verläuft bei dieser Temperatm- natürlich bedeutend langsamer als bei normaler Temperatur, höchstens halb so rasch, bietet im übrigen aber gar nichts Besonderes. Wie üblich hegt das Eliminations- chromatin, wenn welches ausgeschieden wird, in der Äquatorialebene oder doch in dem Raume zwischen beiden Tochterplatten der ersten Reife- teilung (Taf. XIII, Fig. 11, 12, zufällig keines vorhanden). Höchstens fäht bei den Kälteeiern auf, daß die Reste der Kährzellen oft noch sicht- bar sind, und die Spindeln noch weniger als sonst eine konstante Orien- tierung zur Eioberfläche einnehmen, was ja alles verständlich ist, da die Kälte entwicklungshemmend wirkt, und die Spindel sozusagen erst im letzten Moment orientiert wird. Die Zahlen der Spindeln mit nachhinken- dem X-Chromosom sind in Tabelle 4 zusammengefaßt. Die Gelege wurden leider etwas zu früh fixiert, die Eier sind meist erst in früher Anaphase, und die X-Chromosomen liegen oft noch unentschieden in der Spindelmitte (siehe Tabelle und Taf. XIII, Fig. 11, 12). Tabelle 4. Kälteexperimente. Nr. des Geleges Temp. währ. d. Eiablage X-Chromosom außen innen = Q = /2° 4 6 19 1 X desgleichen 6 O »O 1 10 3 27 8 X desgleichen 7 3-5° 8 5 52 3 X desgleichen 8 O »o 1 Tj« 4 2 9 49 32 199 In allen Gelegen, bei ungefähr 5° ab gelegt, treffen wir das X-Chromo- som, im Gegensatz zu den Wärme- und Überreifeeiern, öfters in der äußeren Spindelhälfte als in der inneren. Die beiden Ausnahmen, Gelege Nr. 3 und Gelege 5, bei 81/2° abgelegt, stören die Eindeutigkeit des Experimental- ergebnisses nicht; beide Fälle sind nach den Gesetzen der Wahrschein- lichkeit und der Art der Versuchsanordnung möglich. Im gesamten treffen wir das X-Chromosom 49mal im Richtungskörper und 32mal in der inneren Spindelhälfte. Das macht ein Sexualverhältnis von 49 $ : 32 Seiler, Geschlechtschromosomennntersuchungen an Psychiden. Literaturverzeichnis, Baltzer, F. 1914. Die Bestimmung des Geschlechtes nebst einer Analyse des Ge- schlechtsdimorphismus bei Bonellia. Mitteil. Zool. Stat. Neapel. Bd. XXII. Boveri, Th. 1911. Über das Verhalten der Geschlechtschromosomen bei Hermaphro- ditismus. S. B. Phys. med. Ges. Würzburg. Correns, C. 1917. Ein Fall experimenteller Verschiebung des Geschlechtsverhältnisses. Sitzungsber. d. pr. Xkad. d. Wissensch. LI. Goldscmhidt, R. 1913. Einführung in die Vererbungswissenschaft. 2. Aufl. Hertwig, R. 1912. Über den derzeitigen Stand des Sexualitätsproblems nebst eigenen Untersuchungen. Biol. Centralbl. Bd. XXXII. Nr. 1 — 3. King, Helen. 1909 — 1912. Studies on Sex-Determination in Amphibians. II — V. Biol. Bulletin. Vol. XVI, Nr. 2; Vol. XVIII, Nr. 3; Vol. XX, Nr. 4. Journal of experim. Zoology. Vol. XII, Nr. 3. Mohr, Otto L. 1919. Mikroskopische Untersuchungen zu Experimenten über den Ein- fluß der Radiumstrahlen und der Kältewirkung auf die Chromatinreifung und das Heterochromosom beiDecticus verruccivorus (cf1). Arch. f. mikr. Anat. Bd. XCII, I. Morgan, T. H. 1909, 1912. Sex determination in Phylloxerans and Aphids. Journ. Exp. Zool. VII and XII. Schleif, W. 1911. Das Verhalten des Chromatins bei Angiostomum nigrovenosum. Arch. f. Zellf. Bd. VII. Seiler, J. 1917. Geschlechtschromosomenuntersuchungen an Psychiden. Zeitschr. f. ind. Abst. u. Vererb. Bd. XVIII. Heft 2. Witschi, E. 1914. Studien über die Geschlechtsbestimmung bei Fröschen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. LXXXVI. Abt. II. Tafelerklärung. Tafel XIII. Sämtliche Photographien sind unretuschiert, Vergrößerung etwa löOOrual. Fig. 1— 3 Anaphasen der ersten Reifeteilung der normalen Eier. 4 — 8 » » » » » überreifen » » » » » » Wärme- » » » » » » Kälte- » 9—10 11—12 Archiv für Zellforschung. Bd. XV Tafel XIII Pliot. Bengelsdorff- Seiler. erlag von Wilhelm Engelinann, Leipzig ■Neue Photographische Gesellschaft A.-G. Berlin-Steglitz Über pigmentfreie Ausläufer, Kerne und Centren der Melanophoren bei den Fröschen. Von Prof. W. J. Schmidt in Bonn (Zoolog. Institut). Mit Tafel XIV. Die Melanophoren oder schwarzen Pigmentzellen der Frösche sind diejenigen Elemente der Haut, auf deren Tätigkeit in erster Linie der Farbwechsel beruht. Wie nämlich zuerst von Axmann 1847 gesehen (vgl. Brücke 1852, S. 198, Anmerkung), spielen sich an ihnen Verlagerungen des körnigen Pigmentes (der Melaningranula) ab, derart, daß die Zelle bald als braunschwarzer, reich verästelter, bald als tief dunkler, kleinerer, fortsatzloser, rundlicher Körper erscheint; zwischen beiden Zuständen finden sich alle Übergänge. Die Bedeutung der Melanophoren für die Färbung läßt sich ganz allgemein so aussprechen, daß die Haut um so dunkler erscheint, auf eine je größere Fläche ihr Pigment ausgebreitet ist, um so heller dagegen, je mehr es auf einen kleinen Baum zusammen- gedrängt wird. Doch werden die ganzen Vorgänge durch die Mitwirkung von weiteren Farbzellen (insbesondere der Gelbzellen und Guanophoren) und die gesetzmäßige Anordnung aller an der Färbung beteiligten Elemente verwickelter, worauf hier nicht näher eingegangen werden kann. Hinsichtlich des Zustandekommens der erwähnten funktionellen Er- scheinungsformen an den Melanophoren standen sich bei den Amphibien wie bei den übrigen in Frage kommenden Gruppen (Fische, Keptilien) lange Zeit zwei Anschauungen gegenüber: die einen Forscher nahmen an, daß die Zelle amöboide Fortsätze aussende und einziehe, die anderen dagegen, daß die verästelte Form der Zelle dauernd erhalten bleibe und nur das Pigment bald die gesamte Zelle bzw. vornehmlich ihre Peripherie ein- nehme (»Expansion«), bald dagegen sich in ihrem mittleren Teil ansammle (»Ballung«), Es erübrigt sich, hier auf die Anschauungen der zahlreichen älteren Autoren, die sich mit dieser Frage bei den Amphibien beschäftigt haben, einzugehen, da schon bei van Rynberic (1906, S. 478—494), Gaupp (1904, S. 506—512) und Fuchs (1914, S. 1488—1490) ausführlich 270 W. J. Schmidt hierüber berichtet wird. Nur sei hervorgehoben, daß manche Vertreter der letztgenannten Anschauung (z. B. Virchow, Biedermann, Schuberg) auch eine gewisse Formveränderlichkeit der Zelle zulassen und so eine vermittelnde Stellung einnehmen. In der letzten Zeit fand die Auffassung, daß die Tätigkeit der Melanophoren auf intracellulärer Körnchenströmung bei dauernd unveränderter Zellform beruhe, immer mehr Anhänger, da diese Anschauung auch bei Fischen und Reptilien sich gegenüber der andern als siegreich erwies. Neuestens aber hat Davenport Hooker (1913, 1914) für die cutanen Melanophoren von Bana fusca mit aller Bestimmtheit wieder den gegentei- ligen Standpunkt vertreten: die schwarzen Farbzellen sollen sich in vorge- bildeten, vielleicht endothelial ausgekleideten Höhlungen nach Art von Amöben als Ganzes ausdehnen und zusammenziehen. Für die Einzel- heiten der HooKERsehen Darstellung verweise ich auf meinen Aufsatz im Biologischen Zentralblatt (1919). Dort haben auch einige Mitteilungen von Holmes (1913a und b) Berücksichtigung gefunden, der an isolierten Melanophoren des Frosches amöboide Bewegungen beobachtete. Leider sind mir die beiden Arbeiten von Holmes bisher nur durch die kurze Angabe ihres Inhaltes in der Bibliographen Zoologien zugänglich geworden, während ich das Original noch nicht einsehen konnte. Aber schon jetzt möchte ich hervorheben, daß das Auftreten amöboider Bewegungen an isolierten Chromatophoren, also unter ganz anders gearteten, von den natürlichen Verhältnissen durchaus abweichenden Bedingungen nicht als Beweis dafür gelten kann, daß normalerweise die Melanophorentätigkeit nach Art amöboider Bewegungen sich vollzieht. Wären die Angaben von Hooker richtig, dann klaffte ein schwer verständlicher Gegensatz zwischen den Melanophoren der Fische und Reptilien einerseits und der Amphibien andererseits. Der Hauptgrund für die Auffassung, daß die verästelte Form der Melanophoren ständig erhalten bleibt, ist der schon öfter erbrachte Nach- weis ihrer vom Pigment entleerten Ausläufer. Wenn die pigment- freien Ausläufer oft an lebenden Zellen selbst nicht zu erkennen sind, so läßt sich doch manchmal feststellen, daß der Kern außerhalb der geballten Pigmentmasse liegt (vor allem Ballowitz bei Fischen); da nun der Kern niemals ganz vom Plasma entblößt sein kann, beweist ein derartiges Vorkommnis, daß mindestens ein pigmentfreier, den Kern umschließender Teil des Zellplasmas vorhanden ist. Weiter beobachtete man gelegentlich in den Ausläufern nur ganz vereinzelte Pigmentkörnchen, die aber doch ausreichten, um den Verlauf der Zellfortsätze zu markieren. Ferner sah man öfter, daß um eine ge- Über pigmentfreie Ausläufer, Kerne und Centren der Melanophoren usw. 271 ballte Pigmentmasse herum Anhäufungen von Melanin zurückblieben, die in keinem umnittelbaren Zusammenhang zu dem geballten Pigment standen, ihrer Form und Lage nach aber nichts anderes sein konnten, als zu dieser Zelle gehörige, bei der Ballung in den Ausläufern zurückgebliebene Piffmentmassen. Auch das Verhalten der Nerven zu den Melanophoren (der Fische) spricht nach den Untersuchungen von Ballowitz (1893) insofern gegen eine amöboide Tätigkeit, als bei geballtem Pigment das Nervennetz die gleiche Form und Lage zeigt wie bei expandiertem: die Nervenendigungen entfallen aber nicht nur auf den centralen Teil der Zelle, sondern auch auf die Gegend der Ausläufer, mögen diese nun durch Pigmenterfüllung sichtbar oder, pigmentfrei, nicht kenntlich sein. Schließlich hat man sichergestellt, daß vor und nach einer Ballung des Pigmentes bei einer bestimmten Zelle die Ausläufer wesentlich die gleiche Verzweigungsform zeigten, was eher zu verstehen ist, wenn die verästelte Zellform ständig erhalten bleibt, als wenn es sich um das wechsel- volle Spiel von Pseudopodien handelte. Zwar zeigt keine dieser Beobachtungen unwiderleglich, daß pigment- freie Ausläufer überhaupt nicht eingezogen werden können, und manche von ihnen lassen sich auch in anderem Sinne deuten, so z. B. daß die im Umkreis der geballten Pigmentmasse zurückgebliebenen Anhäufungen von Farbstoff wirklich ohne jede Verbindung mit dem centralen Teil der Zelle sind, abgeschnürte Plasmamassen darstellen, oder daß die gleiche Verästelungsform der Zelle vor und nach einer Pigmentballung darauf zurückzuführen ist, daß amöboide Ausläufer präformierte Lücken im Gewebe einhalten. Aber alle diese Tatsachen weisen so übereinstimmend nach der gleichen Richtung, daß jedenfalls eine ganz ungewöhnliche Skepsis dazu gehört, um ihnen gegenüber die intracellulären Körnchen- strömungen abzulehnen und die Theorie vom amöboiden Aussenden und Einziehen von Ausläufern zu vertreten, für die nur der Schein spricht und die keine besonderen Gründe für sich ins Feld führen kann. Zweifellos wäre die Lehre von den intracellulären Pigmentverlage- rungen bei konstanter Zellform viel leichter und früher zur Anerkennung gelangt, wenn die pigmentlosen Ausläufer immer um die geballten Pig- mentmassen herum zu sehen wären. Das ist aber in der Regel im Leben nicht möglich und auch am fixierten Präparat läßt sich bei den üblichen Färbungsmethoden gewöhnlich nichts davon beobachten. Die prächtigste Darstellungsmethode der pigmentfreien Ausläufer ist das GoLGi-Verfahren, das gelegentüch solche Ausläufer mit der größten Deutlichkeit imprägniert (Ballowitz 1893). Aber nicht nur die bekannte Launenhaftigkeit dieses 272 W. J. Schmidt Verfahrens ist seiner allgemeinen Anwendung für unseren Zweck un- günstig, sondern auch die Tatsache, daß die GoLGi-Methode vielfach Ausgüsse von Gewebslücken geschwärzt zur Darstellung bringt (Secret- capillaren u. dgl.) ; insofern könnte der Vorwurf erhoben werden, daß die geschwärzten Gebilde im Umkreis der geballten Pigmentmasse nicht die Fortsätze selbst darstellten, sondern die ehemals von ihnen eingenom- menen Gewebslücken. Wie schon Zimmermann (1893b, S. 76) sich mit Vorteil der Eisen - hämatoxylinfärbung bei Knochenfischen zum Nachweis der pigment- freien Ausläufer bediente, so fand ich auch die gleiche Methode für den- selben Zweck bei Fröschen sehr brauchbar, am besten nach Fixierung mit starkem FLEMMiNGSchen Gemisch und vor allem bei Nachbehand- lung der Schnitte mit Chlor (s. u.). Fixierung mit Sublimat ist viel weniger vorteilhaft; doch gelingt es auch hierbei, die zu schildernden Verhältnisse zu beobachten, wenn man sich an den erstgenannten Prä- paraten mit ihnen vertraut gemacht hat. Die geringe Färbbarkeit der pigmentfreien Ausläufer, welche mehrere Autoren betont haben, ist zweifel- los durch den großen Wassergehalt des Chromatophorenplasmas bedingt ; denn das Plasma der Melanophoren muß im Leben eine sehr dünnflüssige Konsistenz besitzen, wenn die verhältnismäßig schnellen Verlagerungen der Pigmentkörnchen in ihm möglich sein sollen. Die der Fixierung nach- folgende Chlorbehandlung der Schnitte verstärkt die Färbbarkeit der pigmentfreien Ausläufer noch beträchtlich. Es sei hervorgehoben, daß die Eisenhämatoxylinfärbung sehr kräftig ausfallen muß, so daß die Präparate für andere Zwecke weniger brauchbar sind. Sind die Präparate gut gelungen, so lassen sich die pigmentfreien Ausläufer schon bei schwä- cherer Vergrößerung (SOOfach) leicht feststellen und unschwer von anderen Bildungen in der Haut (Bindegewebsfasern) unterscheiden. Übrigens kann man die vom Pigment entleerten Fortsätze der Melanophoren nach Fixie- rung mit FLEMMiNGSchem Gemisch auch mit Eosin (+ Thionin) hin- reichend färben; allerdings ist der Kontrast gegen das umgebende Binde- gewebe viel geringer und daher sind beträchtlich stärkere Vergrößerungen nötig, um ihrer ansichtig zu werden; auch ist die Färbung nicht lange halt- bar. Ich hoffe, daß die folgende Darstellung, die ein leicht zugängliches Objekt betrifft und auf einfachen Methoden beruht, dazu beiträgt, die Lehre von den intracellulären Körnchenströmungen auch für die Am- phibienmelanophoren mehr und mehr zu befestigen. Als Objekt diente mir hauptsächlich die Riickenliaut eines männ- lichen Wasserfrosches ( Rana esculenta), dessen Melanophoren sich, wenn auch nicht ganz vollständig, so doch stark im Ballungszustand be- Über pigmentfreie Ausläufer, Kerne und Centren der Melanophoren usw. 273 fanden, Um ein Runzeln der Haut, das für die Herstellung übersichtlicher Schnitte hinderlich ist, zu vermeiden, drückte ich ein ausgeschnittenes Hautstück mit der Epidermisseite glatt an ein Deckglas an und ver- senkte es mit diesem in die Fixierungsflüssigkeit (Flemmings Gemisch). Nach etwa 10 Minuten wird die Haut so starr, daß sie bei vorsichtigem Ablösen vom Deckglas sich nur mehr unwesentlich verkrümmt und nun der Fixierungsflüssigkeit von allen Seiten ausgesetzt werden kann. Es sei schon hier bemerkt, daß sich bei Rana temporaria die Dinge ähn- lich verhalten wie bei Rana esculenta ; davon konnte ich mich an Schnitten durch die Rückenhaut des Grasfrosches überzeugen. Einige Beobach- tungen über die Melanophoren des Laubfrosches füge ich am Schluß noch an. Die Hautstücke wurden in Paraffin eingebettet und in 10 p dicke Quer- und Flachschnitte zerlegt. Um einen Einblick in die geballte Pigmentmasse zu erhalten, wurde ein Teil der Schnittpräparate gebleicht. Hierzu bediente ich mich des fol- genden Verfahrens im Anschluß an [Lee und] Mayer (1907, S. 277). Auf dem Boden eines Glaszylinders von etwa 80 ccm Inhalt und passender Form kam eine dünne Schicht von chlorsaurem Kali, das mit reiner Salz- säure durchfeuchtet wurde. Nachdem sich eine Menge Chlor entwickelt hatte und der Zylinder zum Teil von ihm eingenommen war, füllte ich ihn mit 96%igem Alkohol. Dieser absorbiert reichlich Chlor und nimmt eine kräftig gelbe Farbe an, löst dagegen das chlorsaure Kali kaum. In solchem Alkohol, der enUveder im Gefäß verblieb oder in ein anderes abgegossen wurde, stellte ich die Objektträger mit den entparaffinierten und bis in 96%igein Alkohol übergeführten Schnitten ein. Sehr schnell beginnt das Melanin zu bleichen, wie sich schon nach einigen Minuten feststellen läßt. Aber nachdem die Farbe des geballten Pigmentes aus einer braun- schwarzen in eine gelbliche übergegangen ist, macht die weitere Zer- störung des Farbstoffes nur sehr langsame Fortschritte, und eine voll- ständige Bleichung, bei der auch unter stärkeren Vergrößerungen kein gelber Farbton mehr an den Melanophoren zu erkennen ist, tritt erst viel später, etwa nach 12 Stunden, ein und erfordert unter Umständen eine nochmalige Chlorbehandlung. Eine solche gänzliche Zerstörung des Farbstoffes ist aber zur Erhöhung der Färbbarkeit der pigmentfreien Ausläufer nicht notwendig; vielmehr war es im Anfang der Untersuchung angenehm, wenn die geballte Melaninmasse sich durch eine leichte Eigen- farbe von den pigmentfreien Teilen der Zelle abhob. Für den später zu besprechenden Nachweis der Centren muß dagegen die Bleichung mög- lichst weit getrieben werden, da sonst die Differenzierung der Eisenhäma- toxylinfärbung, wenn der Zelleib genügend hell werden soll, so weit fort- 274 W. J. Schmidt gesetzt werden muß. daß die Färbung der Centren nur schwach ausfallen kann (s. u.). "Wenn eine derartig energische Behandlung der Schnitte mit Chlor sicher gewisse Veränderungen in den Geweben hervorruft, so habe ich mich doch durch den Vergleich mit* ungebleichten Schnitten über- zeugt, daß diese Einwirkungen für die hier zu besprechenden Verhältnisse nicht bedeutungsvoll sind. — Meine Untersuchungen beziehen sich nur auf die großen, in der Cutis gelegenen Melanophoren ; die viel kleineren Epidermismelanophoren habe ich nicht berücksichtigt. An einem mäßig gebleichten, mit Eisen- hämatoxylin kräftig geschwärzten Schnitt durch die Rückenhaut von Rana esculenta sieht man schon bei mittleren Vergrößerungen die im Ballungszustand befindlichen Melanophoren als braungelbe länglich- runde Gebilde in der Cutis liegen (Taf. XIV, Fig. 1), zum Teil nahe der Epidermis ( E ) dicht unter der Xantholeukosomenschicht ( X ), zum Teil auch etwas tiefer, an der Grenze des lockeren, oberen Teiles der Cutis f= Subepidermis) gegen die sog. Siebschicht (Kastschenko-Gaupp), die äußere Zone der Hauptlage (des straffen Coriums). Vielen dieser braun- gelben Gebilde schmiegt sich ein tiefschwarz gefärbter Kern an, und zwar findet er sich nie an der Ober- oder der Unterseite der ovalen Pig- mentmasse, die mit ihrer längeren Achse parallel der Hautfläche gerichtet ist, sondern immer an dem einen oder dem anderen Ende der genannten Achse. Ferner beobachtet man an vielen Melanophoren stärker als die Bindegewebsfasern gefärbte, fadenförmige Gebilde, die von entsprechenden Stellen der Pigmentmasse ausgehen. Es sind die pigmentfreien Aus- läufer, die bald kürzer, bald länger als der centrale Teil der Zelle er- scheinen, bald verästelt, bald unverästelt sind. Daß diese Bilder keineswegs durch Fixierung oder Bleichung be- dingte Kunstprodukte darstellen, ergibt sich aus Schnitten, die mit Subli- mat behandelt und mit Eisenhämatoxylin und Eosin gefärbt sind (Taf. XIV, Fig. 2 und 3). An solchen Präparaten erscheint die geballte, nicht ge- bleichte Pigmentmasse im Schnitt als ein ovales oder mehr kugeliges, meist glatt begrenztes dunkelbraunes Gebilde. Räumlich betrachtet, läßt es sich am einfachsten einem dicken Kuchen vergleichen. Bei starken Vergrößerungen stellt man fest, daß auch hier pigmentfreie Aus- läufer in gleicher Form und Lage, wie vorhin beschrieben, als leicht rot gefärbte Fortsätze von der kuchenartigen Pigmentmasse abgehen, die sich bald über längere, bald über kürzere Strecken hin verfolgen lassen. Und ebenso gewahrt man oft an diesen Zellen, dem »Pigmentkuchen« dicht anliegend, zum Teil in ihn eingesenkt, einen Zellkern. Die Grenze des geballten Pigments gegen Ausläufer und Zellkern hin ist vielfach Über pigmentfreie Ausläufer, Kerne und Centren der Melanophoren usw. 275 weniger scharf und glatt begrenzt, als in ihrem übrigen Umkreis, indem hier und da eine Auflockerung des . Pigmentkuchens in einzelne Körnchen stattfindet, die sich etwa in die Ausläufer hinein verbreiten, oder auch vereinzelt über dem Kern zu sehen sind (Taf. XIV, Fig. 3). Ganz dasselbe läßt sich auch an Präparaten sicherstellen, die mit Flemmings Gemisch fixiert und ohne Bleichung mit Thionin und Eosin gefärbt wurden; auch hier treten die pigmentfreien Ausläufer als längere oder kürzere, zart rosa gefärbte, dünne Fortsätze auf, die von dem Pigmentkuchen ausstrahlen (Taf. XIV, Fig. 4 und 5). Diese übereinstimmenden Befunde bei verschiedener Fixierung und Färbung, mit und ohne Bleichung, dürften hinreichen, um Kunstprodukte auszuschließen, die pigmentfreie Ausläufer Vortäuschen könnten. Vergegenwärtigt man sich, daß an Totalpräparaten oder Flächen- schnitten der Haut die Melanophoren als reich verästelte Gebilde er- scheinen, deren Ausläufer von dem mittleren scheibenförmigen Teil, und zwar vornehmlich von seinem Rand, seltener von seiner Oberfläche aus- gehen, so versteht man, daß im Querschnitt immer nur einzelne Ausläufer und auch diese nur teilweise' und nicht mit allen Verzweigungen sichtbar sein können. Gelegentlich findet man aber auch an Querschnitten der Haut Zellen, die mehr flach getroffen sind, und alsdann treten zahlreichere und stärker verästelte Ausläufer in die Erscheinung (Taf. XIV, Fig. 6). In meinem obengenannten Aufsatz im biologischen Zentralblatt (1919) sind zwei Melanophoren nach Flachschnittpräparaten wiedergegeben. Die pigmentfreien Ausläufer zeigen zwei Besonderheiten, die noch einer Besprechung bedürfen: ihre, gegenüber dem pigmenterfüllten Teil der Zelle andre Färbbarkeit und ihr auffallend geringes Kaliber. An chlorgebleichten Präparaten, die mit Eisenhämatoxylin gefärbt wur- den, erscheinen die Ausläufer wesentlich stärker geschwärzt, als der Pig- mentkuchen (Taf. XIV, Fig. 7—10), und gerade dieser Umstand läßt sie mit Sicherheit von Bindegewebsfasern unterscheiden. Vollkommen erklären kann ich dieses Verhalten nicht; vielleicht hat Biedermann (1893) recht mit der Annahme, die pigmentfreien Ausläufer beständen aus einem festeren Plasma als der übrige Zelleib; vielleicht läßt aber auch die Anwesenheit der zahlreichen (gebleichten) Melaninkörnchen im centralen Zelleib eine kräftige Färbung des spärlichen intergranulären Plasmas nicht zu. Eine feinere Struktur konnte ich an den Ausläu- fern nicht beobachten, höchstens daß sie undeutlich körnig aussehen. Im Gegensatz zu dem Bild, das man an Melanophoren im Expansions- zustand zu finden gewohnt ist, sind die pigmentfreien Ausläufer immer sehr dünn. Nur selten (Taf. XIV, Fig. 3) begegnet man Fortsätzen, die 276 W. J. Schmidt in einem solchen Kaliber vom centralen Zellteil abgehen, wie es an expan- dierten Zellen die Regel ist. Wenn aber auch eine Schrumpfwirkung für die Erklärung dieses Verhaltens herangezogen werden könnte, so scheint mir der Zustand doch unmöglich einzig darauf zurückfiihrbar (s. auch unten bei Hijla). Denn zunächst beobachtete Zimmermann (1893 b, S. 77) bei den Melanophoren von Knochenfischen, daß der pigmentfreie Aus- läufer schmäler ist als der pigmenthaltige, was der Autor auf eine Kon- traktion der Ausläufer in der Querrichtung zurückführen möchte. Ferner habe ich darauf hingewiesen (W. J. Schmidt 1912, S. 231), daß bei Taren- tola (Gecko) dort, wo der pigmentreiche und pigmentarme Teil eines Ausläufers aneinander stoßen, der letzte oft bedeutend verschmälert ist. Ich sah darin aber nicht die Wirkung einer Kontraktionserscheinung, sondern führte diese Verminderung des Kalibers auf die Entleerung des Ausläufers von Melaninkörnchen und mit ihnen auch wohl gewisser Mengen von Plasma zurück. Wie schon Lister (1859, S. 632) am lebenden Objekt und zwar beim Frosch beobachtet hat, schwillt nämlich bei der Ballung des Pigmentes der centrale Zellteil etwas an, eine Tatsache, die an den Melanophoren von Geckolepis (W. J. Schmidt 1911, S. 346—347) in auf- fälligster Weise hervortrat; dementsprechend müssen die Ausläufer an Volumen abnehmen. Somit finden also auch bei den intracellulären Körnchenströmungen geringe Formveränderungen der Zellen statt, sie haben aber nichts mit amöboiden Bewegungen zu schaffen. Fassen wir unsre bisherigen Ergebnisse zusammen: An den Melano- phoren von Rana esculenta (und Rana fusca) konnten pigmentfreie Ausläufer mit großer Deutlichkeit nachgewiesen werden. Selbst wenn man die Möglichkeit offen läßt, daß noch ein nachträgliches Ein- ziehen pigmentfreier Fortsätze stattfinden könnte — wofür die Unter- suchung aber keinen Hinweis bot, denn auch bei Zellen mit voll- kommen geballtem Melanin waren die pigmententleerten Ausläufer sichtbar — , so vermag das nichts daran zu ändern, daß die Tätigkeit der Melanophoren, Ballung und Expansion des Pigments, beim Frosch so gut wie bei den Reptilien und Fischen auf intracellulärer Körn- chenströmung beruht. — Während durch die Untersuchungen von Solger (1889), Zimmer- mann (1893a), Ballowitz (1893) u. a. für die Melanophoren der Fische, durch die älteren von Flemming, Zimmermann und neuestem von Per- nitzsch (1913, S. 173} für die Urodelen, und durch meine Untersuchungen (vgl. vor allem W. J. Schmidt 1917, S. 134) für die Eidechsen nach- gewiesen ist, daß die Melanophoren vielfach, bei manchen Formen regel- mäßig zweikernig sind, oder gar noch mehr Kerne aufweisen, ist bei Über pigmentfreie Ausläufer, Kerne und Centren der Helanophoren usw. 277 Fröschen über eine Mehrkernigkeit der Melanophoren nichts be- kannt geworden. Die Kerne in den Melanophoren der Frösche sind bei expandiertem Pigment nur gelegentlich zu beobachten, weil sie von den reichlich vorhandenen Granula verdeckt werden, besser schon bei ge- balltem Pigment, da sie alsdann außerhalb des Pigmentkuchens zu liegen kommen (s. o.), am besten an gebleichten Präparaten, ganz unabhängig vom Verteilungszustand des Pigmentes. Obwohl ich darauf geachtet habe, konnte ich nur sehr selten zwei Kerne feststellen (Taf. XIV, Fig. 12). Daß diese Beobachtung nicht insofern beirrt wurde, als daß etwa der zweite Kern in einem andern Schnitt lag, wird dadurch ausgeschlossen, daß auch an Flachschnitten der Haut, in denen vielfach der centrale Zellteil ganz enthalten ist, Mehrkernigkeit nicht festzustellen war. Der Kern nimmt in den Melanophoren immer eine bestimmte Lage ein (s. auch u. Laubfrosch), indem er sich bei Rann wie bei den Fischen in der Peripherie des eigentlichen Zelleibes hält. Das war schon Lister (1859) aufgefallen, und zwar findet der Kern sich, wie schon oben bemerkt, nicht an der Unter- oder Oberfläche des Pigmentkuchens, sondern regelmäßig an seinem Seitenrand. So kommt es, daß man manchmal über einen Kern hinaus einen pigmentfreien Ausläufer (Taf. XIV, Fig. 7, 8 und 12) sich fort- setzen sieht. Dabei erscheinen die Kerne auch häufig in einer bestimmten Form, derart daß ihr dem Pigmentkuchen zugewandter Teil leicht aus- gehöhlt ist (Taf. XIV, Fig. 2, 7, 8, 11, 12). Läßt, sich der Kern in einem pigmentfreien Ausläufer hinein verfolgen, so verschmälert er sich in zentrifugaler Richtung (Taf. XIV, Fig. 7, 8, 12). — Die Melanophoren gehören zu den Zellen, bei welchen in der Teilungs- ruhe frühzeitig ein Centrosom oder eine ihm gleichwertige Bildung (Sphäre) gesehen wurde (Solger 1889, beim Hecht). Heute sind Sphären bei den Melanophoren der Fische und Reptilien ganz allgemein nachge- wiesen (vgl. vor allem Zimmermann 1893 a und Schmidt 1917). Aller- dings haben sich die Autoren oft damit begnügt, das Negativ der centro- somartigen Bildung, den hellen Sphärenfleck, eine pigmentfreie, kleine Stelle im Centrum der Zelle, also beim Ballungszustand in der Mitte des Pigmentkuchens, nachzuweisen. Bei Amphibien findet man in den zusammenfassenden Darstellungen von van Rynberk (1900), Gaupp (1904) und Fuchs (1914) keinen Hinweis darauf, daß bei Fröschen oder auch bei Urodelen sphärenartige Bildungen in den schwarzen Pig- mentzellen bekannt wären. Und doch hat Lister (1859) den hellen Sphärenfleck in den Melanophoren von Rana temporaria gesehen und als Zentrum der Pigmentbewegung angesprochen. Natürlich ge- braucht er das Wort Sphäre oder etwas Derartiges nicht, wie ihm auch ein 278 W. J. Schmidt Vergleich mit centrosomartigen Bildungen, da damals die Mitose noch nicht bekannt war, ganz unmöglich blieb. Daß die späteren Berichte dieser Beobachtungen Listers nicht gedenken, ist wohl so zu erklären, daß von jüngeren Autoren niemand ähnliches bemerkte und damit An- knüpfungspunkte für das Verständnis jener ersten Mitteilung fehlten. Listers Beobachtungen sind wert, der Vergangenheit entrissen zu werden. Beim Zustand mittlerer Pigmentballung sah er im Zentrum jeder Pigment masse einen hellen Fleck. Zunächst war er geneigt, ihn mit der Lage des Kernes in Zusammenhang zu bringen; später über- zeugte er sich aber davon (1859, S. 633), daß der Kern exzentrisch hegt, der helle Fleck dagegen die Mitte der Zelle und der geballten Pigmentmasse einnimmt und das Zentrum der Pigmentbewegung dar st eilt. Lister sagt, der helle Fleck suggeriere geradezu einen centralen Anziehungspunkt für die Bewegung der Körnchen. Nebenbei bemerkt, stellte Lister auch fest, daß bei völliger Expansion des Pigmentes der centrale Zellteil vom Pigment entleert werden kann, so daß er fast farb- los ist, eine Erscheinung, die in gleicher Weise von mir bei Reptilien (W. J. Schmidt 1911, S. 347, 1917, S. 126), von Ballowitz (1914, S. 190) bei Fischen beobachtet wurde. Den hellen Sphärenfleck habe ich an den Melanophoren des Frosches nur selten sehen können. Doch ist es mir keineswegs zweifelhaft, daß Listers Beobachtung richtig ist. Meine Präparate waren insofern hierfür ungünstig, als die Pigmentballung zu weit fortgeschritten ist, wie denn auch Lister ausdrücklich betont, daß bei vollkommener Ballung die genannte helle Stelle verschwindet. Es gelang mir aber, an stark gebleichten Schnitten den Central- apparat der Melanophoren färberisch mit Eisenhämatoxylin darzustellen. Immer findet sich inmitten der geballten Pigment masse ein kleines Korn oder stäbchenartiges Gebilde (Taf. XIV, Fig. 7—12), das sich durch seine stärkere Färbung deutlich von seiner Umgebung abhebt. Da im übrigen die geballte Pigmentmasse keinerlei körnige Bildungen auf- weist — bei sehr starker Bleichung treten selbst die Melaningranula nicht mehr hervor — und die beschriebene Struktur stets den Mittelpunkt des Pigmentkuchens und damit auch das Centrum der Zelle einnimmt, so ist es wohl über allem Zweifel sicher, daß sie den Zentralapparat der Zelle darstellt. Vielleicht können die körnchenförmigen Centralapparate direkt als Centriolen bezeichnet werden (Taf. XIV, Fig. 7 und 8). Die Stäbchen- oder fadenähnlichen Bildungen dagegen erscheinen wie aus einer Anzahl von Körnchen zusammengesetzt (Taf. XIV, Fig. 9—12). Über pigmentfreie Ausläufer, Kerne und Centren der Melanophoren usw. 279 Bemerkenswert ist, daß die Orientierung der stäbchenförmigen Gebilde immer eine bestimmte ist, insofern als die Achse des Stäbchens mit der großen Achse des im Querschnitt der Haut elliptischen Pigmentkuchens zusammenfällt. Gelegentlich schien es mir, als ob mehrere derartige Stäbchen sich im Mittelpunkt der Zelle durchkreuzten, so daß eine Art Strahlung bestehen würde; doch habe ich im übrigen nichts Bestimmtes von Strahlungen erkennen können. Die stäbchenartigen Bildungen, deren Enden bisweilen leicht verdickt sind (Taf. XIV, Fig. 12), erinnern noch am meisten an den »Centralstab«, den Zimmermann in den Melano- phoren bei Knochenfischen beschrieben hat (1893a, S. 374). Eine sphärenartige Verdichtung des Plasmas, um das beschriebene Korn oder das erwähnte Stäbchen herum, wie ich sie bei Reptilienmelano- phoren und andersartigen Pigmentzellen verschiedentlich feststellen konnte, fand ich an den Melanophoren des Frosches nicht, so daß ich Hooker (1914) darin beistimmen muß, wenn er das Vorhandensein eines speziali- sierten Plasmas in den Melanophoren des Frosches ablehnt. Hinsichtlich der mutmaßlichen Bedeutung des Centralapparates für die Bewegung der Pigmentkörnchen verweise ich auf meine Arbeit »Die Chromatophoren der Reptilienhaut« (W. J. Schmidt 1917, S. 225 f.). Zum Schluß noch ein paar Worte über die Melanophoren des Laub- frosches (vgl. W. J. Schmidt 1920). Ich untersuchte sie an chlor- gebleichten Schnitten der Rückenhaut eines männlichen Tieres, die im Leben eine schön grüne Färbung aufwies. Das Melanin dieser Zellen zeigte sich an den Schnitten mäßig geballt, indem die Ausläufer pigment- erfüllt sich nur bis an den mittleren Teil der Xantholeukosomen verfolgen ließen, die hier in geschlossener, epithelartiger Schicht dicht unter der Epidermis liegen. Im Expansionszustande der Melanophoren dagegen (bei grauer und schwarzer Färbung der Haut) lassen sich ihre pigment- erfüllten Fortsätze durch die Schicht der Xantholeukosomen hindurch bis unmittelbar unter die Epidermis verfolgen, ja sie breiten sich hier über den Xantholeukosomen zu einer ziemlich dichten, dunklen Pigment- lage aus. ' Da bei geballtem schwarzen Pigment kein Raum für die pigmenMreien Ausläufer zwischen den eng aneinander schließenden Xantholeukosomen zu sehen ist, läßt sich verstehen, wie Ficalbi, der diese Verhältnisse als einer der letzten untersucht hat, zu dem Ergebnis kommt: »Für mich' besteht kein Zweifel, daß die schwarze Chromatophore eine Fortsätze ausschießende und einziehende und keine dauernd sternförmige und ver- zweigte Zelle ist; sie ist eine Amöbe, die ihre Pseudopodien verlängert und verkürzt« (zitiert nach van Rynberk 1906, S. 494). 280 W. J. Schmidt Unsere Befunde bei Rana lassen eine derartige Deutung bei Hyla wohl kaum zu; vielmehr muß man annehmen, daß auch die pigmentfreien Fortsätze der Melanophoren als sehr dünne Ausläufer erhalten bleiben, die nur infolge der besonderen Verhältnisse beim Laubfrosch schwer zu erkennen sind. Auffallend erscheint an den Melanophoren von Hxjla gegenüber denen von Rana zunächst, daß die Lage des Kerns eine andre ist, als dort. Der Kern findet sich nämlich regelmäßig dem unteren Rand des centralen Zellteiles genähert (Taf. XIV, Fig. 13 und 14). Vielleicht ist dieser Unterschied durch die abweichende Art der Verzweigung der Zelle zu erklären, indem bei Hxjla die Ausläufer steiler zur Epidermis empor- steigen, als bei Rana. Zweikernige Zellen habe ich auch bei Hyla nur sehr selten feststellen können (Taf. XIV, Fig. 15); die Lage der beiden Kerne ist ähnlich wie die eines nur in Einzahl vorhandenen. Wegen der Bedeutung der Zweikernigkeit verweise ich auf meine früheren Mittei- lungen über Reptilienchromatophoren (W. J. Schmidt 1917, S. 141). Die von mir neuerdings (1920) beim Laubfrosch gemachte Beobachtung, daß auch Xanthophoren (Lipophoren) und Leukophoren (Guanophoren) zwei- kernig sein können, spricht ebenfalls dafür, daß diese Erscheinung großen Zellen zukommt und dazu dient, das Verhältnis von Kernoberfläche zur Kernmasse günstiger für die erste zu gestalten. Der Centralapparat erscheint bei Hxjla als ein in der Mitte des Zell- leibes gelegenes, kornartiges Gebilde (Taf. XIV, Fig. 13—15), das ich nicht sehr deutlich darstellen konnte, weil die Bleichung nicht genügend weit getrieben war. Bisweilen war um das Korn herum ein heller Hof (Sphäre?) sichtbar (Taf. XIV, Fig. 14 und 15). Literaturverzeichnis. Ballowitz, E. 1893. Die Nervenendigungen der Pigmentzellen usw. In: Ztschr. f. wiss. Zool. Bd. LVI. S. 673 — 706. Taf. 35 — 39. 1914. Über die Pigmentströmung in den Farbstoffzellen und die Kanälchenstruk- tur des Chromatophorenprotoplasmas usw. In: Pflügers Archiv. Bd. CLVII. S. 165—210. Taf. 3—6. Biedermann, W. 1892. Über den Farbenwechsel der Frösche. In: Pflügers Archiv. Bd. LI. S. 455. Brücke, E. 1852. Untersuchungen über den Farbenwechsel des afrikanischen Chamäleons. Neudruck Leipzig 1893 in Ostwalds »Klassiker der exakten Naturwissen- schaften «. Fuchs, R. F. 1914. Der Farbenwechsel und die chromatische Hautfunktion der Tiere. 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In: Biol. Zentralbl. Bd. XIX. S. 140 — 144. 1920. Über die sog. Xantholeukophoren beim Laubfrosch. In: Arch. f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. S. 414. Solger, B. 1889. Zur Struktur der Pigmentzelle. In: Zool. Anz. Jg. 12. S. 671 — 673. Zimmermann, K. W. 1893a. Studien über Pigmentzellen: I. Über die Anordnung des Archiplasmas in den Pigmentzellen der Knochenfische. In: Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLI. S. 367— 389. Taf. 23— 24. 1893b. Über die Kontraktion der Pigmentzellen der Knochenfische. In: Verh. Anat. Ges. S. 76 — 78. Erklärung der Abbildungen, Tafel XIV. Alle Abbildungen wurden nach 10 u dicken Schnitten der mit Flemmings Gemisch (nur Fig. 2 und 3 mit Sublimat) fixierten Rückenhaut von Fröschen unter Benutzung des AßBEschen Zeichenapparates hergestellt. Die Vergrößerung ist im allgemeinen lOOOfach, nur bei Fig. 1 250fach (Zeiss Apochromat 2 mm. N. A. 1,30 und Kompen- sationsokular 8, bzw. Apochromat 4 mm N. A. 0,95 und Kompensationsokular 4; Ent- fernung der Zeichenfläche von der Austrittspupille des Mikroskops = 250 mm). Archiv f. Zellforschung. XV. 19 282 W. J. Schmidt, Über pigmentfreie Ausläufer, Kerne und Centren usw. Fig. 1. Rana esculenta. Querschnitt durch den oberen Teil der Haut. Unter dem Epithel ( E ) die Lage der Xantholeukosomen (X), darunter im Bindegewebe fünf Melanophoren mit geballtem, durch Chlor gebleichten Pigment, die pig- mentfreie Ausläufer, z. T. auch Kerne erkennen lassen. Färbung: Eisenhämatoxylin. Fig. 2 und 3. Rana esculenta. Melanophoren mit geballtem Pigment, die an der einen Seite den Kern neben der Pigmentmasse gelagert zeigen, an der anderen einen pigmentfreien Ausläufer entsenden. Färbung: Eisenhämatoxylin-Eosin. Fig. 4 und 5. Rana esculenta. Melanophoren mit geballtem Pigment und pigmentfreien Ausläufern. Färbung Thionin-Eosin. Fig. 6. Rana esculenta. Melanophore mit geballtem, durch Chlor gebleich- ten Pigment und zahlreichen pigmentfreien geschwärzten Ausläufern. Färbung: Eisenhämatoxylin. Fig. 7 und 8. Rana esculenta. Melanophoren mit chlorgebleichtem Pig- ment; in der Mitte der geballten Pigmentmasse liegt ein punktförmiges Zentrosom, neben ihm der Kern; ferner geschwärzte pigmentfreie Ausläufer sichtbar. Färbung: Eisenhämatoxylin. Fig. 9 — 12. Rana esculenta. Melanophoren mit geballtem, durch Chlor ge- bleichten Pigment, in dessen Mitte ein stäbchenartiger, körnig gebauter Zen- tralapparat sichtbar ist. In Fig. 11 ein Kern, in Fig. 12 zwei Kerne außerhalb der geballten Pigmentmasse; in Fig. 9 und 10 sind die Kerne nicht im Schnitt enthalten; Fig. 9, 10 und 12 zeigen pigmentfreie geschwärzte Ausläufer. Färbung: Eisenhäma- toxylin. Fig. 13 — 15. Hijla arlorea. Melanophoren mit mäßig geballtem, durch Chlor gebleichten Pigment. In der Mitte der Pigmentmasse ein kornartiges, in Fig. 14 und 15 von hellem Hof .umgebenes Zentrosom sichtbar. Unter ihm am Rand der Pigmentmasse der Kern; in Fig. 15 anscheinend zwei Kerne. Färbimg: Eisenhämatoxy- lin-Eosin. Archiv für Zettforscfuuig AcL.XV. TafelXIV. WJ. Schmidt Verlag v Wilhelm Engelmann m. Leipzig, iiüiAnstvXArunke, Leipzig Kleine Beobachtungen und Ideen zur Zellenlehre II1). Die Spermatogenese eines parthenogenetischen Frosches nebst Be- merkungen zur Frage, welches Geschlecht bei den Amphibien das heterozygotische ist. Von Richard Goldsclmiidt. Mit 3 Textfiguren. Die folgenden Notizen basieren auf der Untersuchung des Hodens eines künstlich parthenogenetischen Frosches, der von Jacques Loeb bis zur Geschlechtsreife herangezogen worden und mir zur cytologischen Untersuchung überlassen worden war, nachdem das Material nach meinen Angaben fixiert und behandelt worden. Die Präparate sind von unge- wöhnlicher Klarheit und zeigen die Einzelheiten viel besser, als es sonst bei Froschmaterial üblich ist. Es ist mir ein Vergnügen, meinem ver- ehrten Freund für die Überlassung des einzigartigen Materials zu danken. Die Untersuchung wurde im Sommer 1917 im Marine Biological Laboratory, Woods Hole, Mass. ausgeführt. *1) Speimatogenese und Chromosomenzati]. Bis zum Jahr 1915 scheinen sich alle Autoren darüber einig zu sein, daß die Normalzahl der Chromosomen beim Frosch 24, die reduzierte 12 beträgt (vom Rath, Bataillon, Champy, Brächet). Die Angabe Dehornes, daß die Zahl 12 bzw. 6 sei, wurde niemals bestätigt. Keiner von diesen Autoren konnte aber ein Geschlechtschromosom finden. 1915 kam Levy jedoch zu einer andern Schlußfolgerung. Er fand in den synaptischen Stadien 12 bivalente Körper und dazu einen Chromatin- nucleolus. Letzteren hält er für ein X-Chromosom und gibt an, daß es in der ersten Reifeteilung heteropol verteilt wird; das Resultat sind dann zwei Arten von Spermatocyten mit 12 bzw. 13 Chromosomen. Seine Angaben scheinen aber nicht zu beweisen, daß der Fall so klar liegt, und B Nr. I s. Arch. f. Zellf. VI, 1910. 19* 284 Richard Goldschmidt seine Abbildungen sind nicht so überzeugend, -nie es der Fall erfordert. Kürzlich kam dann Swingle zu ganz ähnlichen Resultaten, aber die Einzelheiten sind wieder ganz andersartig. Er findet in den Ovogonien 26 Chromosomen und 25 in den Spermatogonien. In den synaptischen Kernen derSpermatocyten sollen 13 Elemente liegen, und zwar alle doppelt. Wenn sie dann alle vollständig kontrahiert sind, so daß sie nicht mehr Fig. 1. zweigeteilt erscheinen, soll eins der größten noch hantelförmig erscheinen. Dies aber geht bei der Reifeteilung vor den andern Chromosomen unge- teilt zu einem Pol. Er findet aber auch häufig ähnliche Extrachromo- somen an beiden Spindelpol' n, z. B. in einem Fall ein Doppelelement an einem, ein einfaches an dem andern Pol. Trotzdem fühlt er sich be- rechtigt, diese Körper als X-Chromosomen anzusprechen. In dem mir vorliegenden Material des parthenogenetischen Männchens von Rana sp. sind zweifellos die Verhältnisse anders, und bei der Kleine Beobachtungen und Ideen zur Zellenlehre II. 285 Klarheit der Bilder, die jedem, dem sie demonstriert wurden, auffiel, kann wohl kein Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung sein. Der erste zu betrachtende Punkt betrifft die Chromosomenzahl in den Sper- matogonien. Da kann es zunächst keinem Zweifel unterliegen, daß es die diploide Zahl ist, daß also der parthenogenetische Frosch die normale Chromosomenzahl wieder hergestellt hat. Wir werden auf diesen Punkt zurückkommen. Die genaue Zählung der Chromosomen in den Sperma- togonien ist natürlich nicht ganz leicht. Es wird zwar unschwer in zahl- reichen Zellen festgestellt, daß die Zahl um 24 herum schwankt, aber nur eine Äquatorialplatte schien mir eine unzweifelhafte Zählung zu erlauben. Sie ist in Fig. 1 abgebildet und zeigt 26 Chromosomen. Wichtig erscheint es, daß alle Chromosomen genau paarweise angeordnet sind, wie die Numerierung zeigt. Die großen und mittleren Chromosomen sind so klar, daß wohl kein Fehler in bezug auf sie vorliegt. Nur- bei den kleinen Ele- menten könnte ein Irrtum begangen werden. Nach Swingle soll aber das Geschlechtschromosom gerade eins der größten sein, was mit diesem Befund nicht stimmt. Aber auch in vielen andern Spermatogonien, in denen eine einwandfreie Zählung nicht möglich war, waren die großen und mittelgroßen Elemente völlig deutlich in Paaren vorhanden, und nur die kleinsten bereiteten Schwierigkeiten. Der Befund in bezug auf die Chromosomenzahl und das Fehlen eines impaaren Elements wird nun mit jeder wünschenswerten Deutlichkeit durch die synaptischen Stadien bestätigt. Es hat keinen Zweck, auf die feinsten Einzelheiten einzugehen, da sie nichts principiell Neues bieten. Wir bemerken nur, daß auffallend klare Bilder der frühen synaptischen Phänomene vorliegen und daß sie wirklich schöne Stadien einer Parallel- konjugation der Fäden zeigen1). Es folgen dann die Stadien der sich verkürzenden doppelten Chromosomenfäden, die sich zu Ringen verdicken. In diesem Stadium ist die Zählung sehr leicht, und es werden stets 13 Dyaden festgestellt, nämlich drei große, vier mittlere und sechs kleine. An dem bivalenten Charakter eines jeden kann kein Zweifel herrschen. Dann folgt die Konzentration dieser Elemente zu den bekannten hantelförmigen Ge- bilden, und zwar beginnen die kleinen zuerst mit der Verkürzung und haben das Hantelstadium bereits erreicht, wenn die großen noch Ringe bilden. Die letzteren verkürzen sich dann auch zu dicken Ringen, dann zu Körpern, die zwei aneinandergelegten Bohnen gleichen, und schließlich zu den hantelförmigen Dyaden, die in die zweite Reifeteilung eintreten. 1) Der Verfasser hat unter dem Druck der Tatsachen schon seit Jahren seinen Widerspruch gegen die Parallelkonjugation aufgegeben und bittet, ihn nicht mehr als Gegner dieser Annahme zu zitieren. 286 Richard Goldschmidt Von irgend einem univalenten Element kann in diesen Stadien keine Rede sein, und es sei bemerkt, daß auch Swingle sein sogenanntes X-Chro- mosom als Doppelelement beschreibt und abbildet. Fig. 2 gibt zwei Chromosomengruppen der postsynaptischen Stadien mit einzeln heraus- gezeichneten Chromosomen wieder. Was nun die Reifeteilungen betrifft, so bin ich nicht imstande, mich von der ungleichen Verteilung eines Chromosoms zu überzeugen. Weder wurde dergleichen im parthenogenetischen Hoden gesehen, noch konnte M# I 0 I Ittf •• 8’ Fig. 2 u. 3. bei einer vor vielen Jahren ausgeführten Untersuchung dieser Frage etwas Derartiges gefunden werden. Es kann natürlich nicht geleugnet werden, daß man bei Untersuchung zahlreicher Reifeteilungen von kleinen Zellen, wie es die Spermatocyten des Frosches sind, gelegentlich Bilder findet, in denen ein Chromosom einem Pol näher liegt oder auch bei jedem Pol ein vorauseilendes Chromosom. Es wäre aber gefährlich, aus dergleichen Schlüsse ziehen zu wollen, um so mehr, als es ebenso auch im homozygoten Geschlecht, z. B. in der Spermatogenese von Lepidopteren beobachtet werden kann. Unserer Ansicht nach gibt es daher bis jetzt noch kerne cytologischen Beweis für Geschlechtschromosomen bei männlichen Am- phibien, eher der Beweis des Gegenteils. Eine genaue Untersuchung des Kleine Beobachtungen und Ideen zur Zellenlehre II. 287 gesamten Chromosomencyclüs bei verschiedenen Froscharten bleibt also immer noch ein Postulat. Wir sind uns natürlich klar darüber, daß der Einwand gemacht werden könne, daß die Befunde von einem parthenogenetischen Frosch nichts beweisen, da die, doch wohl sekundäre, Wiederherstellung der Normal- zahl der Chromosomen eine Verdoppelung sämtlicher Elemente, also auch der Geschlechtschromosomen, begreiflich macht. Könnte dann aber ein solcher Frosch überhaupt männlich sein? Wir werden sogleich diese Frage diskutieren. Ein Wort noch über die Chromosomenzahl. Es fällt wohl auf, daß die haploide Chromosomenzahl 13 ist und nicht 12, wie es so häufig für Amphibien angegeben wird. Vielleicht ist es von Bedeutung, daß häufig in Prophasenkernen, wenn die die Chromosomen verbindenden Lininfäden bereits verschwunden sind, ein mittleres und ein kleines Chromosom eng miteinander verbunden erscheinen (Fig. 3). Das legt den Gedanken nahe, daß die Zahl 13 aus der Zahl 12 durch sekundäre Unterteilung eines Ele- ments entstanden ist, ähnlich wie es für Orthopteren von Robertson beschrieben ist. Eine vergleichende Untersuchung verschiedener Arten und Rassen müßte die Frage entscheiden. 2) Das Zustandekommen der diploiden Chromosomenzahl im parthenogenetischen Frosch. Seit der Entdeckung der Anstichmethode zur Erzeugung künstlicher Parthenogenese beim Frosch wurde verschiedentlich versucht, die Chro- mosomenzahl der parthenogenetischen Tiere festzustellen. Bataillon gibt an, daß er 12 Chromosomen im ersten »Aster« fand. Brächet, der somatische Zellen einer 18 Tage alten parthenogenetischen Kaulquappe studierte, fand mit Bestimmtheit mehr als 20 Chromosomen. Levy untersuchte Zellen ähnlicher Kaulquappen und glaubte darin die haploide Chromosomenzahl zu finden. Eine Bestätigung für diesen Befund glaubt er in einer etwas geringeren Kerngröße partbenogenetischer Larven zu finden. Unsere Befunde, die vorher gegeben wurden, erledigen wohl die Frage. Die Chromosomenzahl ist im Hoden des parthenogenetischen Männchens wieder zur normalen reguliert. Da dies mit Brachets An- gaben übereinstimmt, so kann man weiterhin schließen, daß die Regulation bereits spätestens auf frühen Larvenstadien erfolgte. Es sei hier übrigens auf einen vielleicht nicht unwichtigen Punkt hin- gewiesen. Bei seinen Radium- und Bastardierungsversuchen mit Fröschen stellte G. Hertwig fest, daß die Entwicklung cytologisch gesprochen eine Parthenogenese ist. Die Chromosomenzahl war die reduzierte, die Zell- 288 Richard Goldschmidt große entsprechend geringer und die Larven verzwergt. Hält man nun daneben die Tatsache, daß es Loeb nur bei wenigen Individuen gelang, die Aufzucht durchzuführen, so könnte man auf die Idee kommen, daß die Regulation der Chromosomenzahl zum Normalen eine Vorbedingung für die vollständige Entwicklung der parthenogenetischen Frösche ist. Wie kann nun diese Regulation zustandegekommen sein? Da ist es einmal möglich, daß eine sekundäre Verschmelzung des Richtungskems mit dem Eikern stattfand wie bei der parthenogenetischen Artemia (Brauer) oder dem parthenogenetischen Seestern (0. Hertwig, Büchner). Sollte sich aber die oben erwähnte Angabe Bataillons bestätigen, dann ist solches unmöglich. Es ist aber auch aus experimentellen Gründen unmöglich. Denn die Konsequenz wäre, daß ein solches parthenogene- tisches Ei genau den mütterlichen Chromosomensatz hätte und deshalb weiblich sein müsse. Bis jetzt waren aber parthenogenetische Frösche stets männlich (Loeb). Eine zweite Möglichkeit ist, daß die Regulation der Chromosomenzahl erfolgt durch eine unterdrückte Teilung bei der ersten oder späteren Furchungsteilungen. Kostanecki hat solches Vor- kommen für parthenogenetische Mactraeier beschrieben. Irgend ein der- artiger Vorgang muß also wohl vorliegen. Hoffentlich wird einmal die notwendige cytologische Aufklärung gegeben werden. 3) Welches Geschlecht ist beim Frosch heterozygot? Aus vorstehendem kann bereits eine gewisse Antwort auf diese Frage abgeleitet werden. Wir nehmen als wahrscheinlich an, daß die Regulation der Chromosomenzahl durch eine unterdrückte Teilung in frühen Em- bryonalstadien stattfindet. Wenn wir nun annehmen, daß das weibliche Geschlecht homozygot, das männliche heterozygot ist, dann enthält jedes unbefruchtete Ei ein X-Chromosom. Nach der Regulation müßten es zwei sein, die parthenogenetischen Frösche sollten weiblich werden. Männchen aber körnten nur dadurch entstehen, daß das X-Chromosom sich nicht verdoppelt. Tatsächlich enthielten aber die parthenogeneti- schen Hoden nur bivalente Elemente. So geht es also nicht. Anders ist es aber, wenn das weibliche Geschlecht beim Frosch hetero- zygot ist. Die Hälfte der Eier besitzt ein X-Chromosom, die andern nicht. Nach der Regulation haben die ersteren 2 X, müssen also Männchen liefern; die letzteren aber, die kein X besitzen (vielleicht zwei Y), sind, nach Analogiefällen zu schließen, entwicklungsunfähig. Diese Über- legung zeigt also, daß die Tatsachen zugunsten weiblicher Heterozygotie sprechen. Es sei noch bemerkt, daß in diesem Fall auch parthenogene- tische Weibchen entstehen könnten, nämlich bei Entwicklung der Eier Kleine Beobachtungen und Ideen zur Zellenlehre II. 289 mit X mit der haploiden Zahl oder Nichtverdoppelung des X-Chromosoms. Den einzigen Fall, den man zum Vergleich heranziehen könnte, ist die gelegentliche Parthenogenese bei Schmetterlingen, bei denen das Weibchen heterozygot ist. In einem solchen Fall, den wir untersuchten, entstan- den beide Geschlechter und die Chromosomenzahl war reguliert. Wie verhalten sich nun die Resultate genetischer Experimente zur Annahme weiblicher Heterozygotie? Die Versuche, die hier in Betracht kommen, sind einmal die von Pflüger, R. Hertwig, Schmidt-Marcell, Kuschakewitsch und Witschi über die Erscheinung der Geschlechts- umwandlung bei Fröschen, und sodann die von Pflüger, R. Hertwig, Kuschakewitsch und King über die geschlechtsbestimmende Wirkung von Überreife bei Froscheiern. Um mit letzteren zu beginnen, so hat es sich gezeigt, daß aus überreifen Eiern sich nur Männchen entwickeln. Hertwig erklärt dies so, daß das Weibchen heterozygot ist und daß der Einfluß der Überreife der ist, die Reifespindel stets so einzustellen, daß das X-Chromosom im Ei verbleibt. Die Erklärung paßt auch auf den einzigen vergleichbaren Fall, Whitman-Riddles Versuche mit sexueller Überlastung bei Tauben, wo auch das weibliche Geschlecht heterozygot ist. Die andre Reihe von Tatsachen sind jene komplizierten Befunde der genannten Autoren, die zeigten, daß in gewisser regelmäßiger Weise Froschlarven durch ein indifferentes, hermaphrodites oder weibliches Stadium sich in das männliche umwandeln. Durch bestimmte Kreuzungen können diese verschiedenen Typen erzeugt werden. Wir glauben, daß alle Tatsachen, für die wir auf die Arbeiten der genannten Autoren ver- weisen, durch unsre Untersuchungen über Intersexualität erklärt werden. Schon 1913 gaben wir eine Interpretation, die auf der Annahme weib- licher Hejterozygotie basiert. Der inzwischen erzielte Fortschritt unsrer Untersuchungen erlaubt es, die Interpretation weiter zu verbessern, und zwar ebenfalls auf Grund der Annahme weiblicher Heterozygotie1). So scheinen denn vor der Hand genetische wie cytologische Tatsachen dafür zu sprechen, daß beim Frosch das weibliche Geschlecht hetero- zygot ist. Nachtrag bei der Korrektur. Die vorhergehende Mitteilung wurde im Sommer 1917 geschrieben, konnte aber wegen der Kriegsverhältnisse nicht veröffentlicht werden. Inzwischen hat Loeb selbst von ihrem Inhalt kurz Mitteilung gemacht (Proc. Nat. Ac. March 1918) und sein weiteres Material Herrn Parmenter x) Wegen der Einzelheiten s. ein demnächst erscheinendes Buch. 290 Richard Goldschmidt, Kleine Beobachtungen und Ideen zur Zellenlehre II. zur Untersuchung übergeben, der in jedem Punkt meine ihm unbe- kannten Befunde bestätigte (Journ. Gen. Phys. II. 1920). Es muß be- merkt werden, daß Loeb inzwischen auch parthenogenetische Weibchen erhielt. Ob sie, wie zu erwarten, haploid sind, was die weibliche Hetero- gametie definitiv bestätigen würde, steht noch nicht fest. Zitierte Literatur. Bataillon, E. 1910. Le probleme de la fecondation etc. Arch. Zool. exp. 5. Ser. V. 5. Brächet, A. 1911. Etudes sur les localisations germinales etc. Arch. Biol. 27. Brauer, A. 1899. Zur Kenntnis der Reifung des Eis usw. Arch. f. mikr. Anat. 43. Büchner, P. 1911. Die Reifung des Seesterneis bei experimenteller Parthenogenese. Arch. f. Zellf. 6. Champy, C. 1913. Recherches sur la spermatogenese des batraciens. Arch. Zool. exp. 52. Dehorne, A. 1910. 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Seit von Siebold 1836 den Spermatozoendimorphismus der Sumpf- schnecke Paludim entdeckte, ist die auffallende Erscheinung immer und immer wieder untersucht worden, ohne daß eine definitive Erklärung des Phänomens gefunden werden konnte. Von älteren Autoren seien von Brunn erwähnt, der die atypischen Spermien für funktionslose, abortive Produkte hielt, während andrerseits Brock und Auerbach sich nicht mit dem Gedanken vertraut machen konnten, daß derartig typisch und verwickelt strukturierte Gebilde, wie es jene Spermien sind, in Massen regelmäßig produziert werden, ohne eine Funktion zu haben. Begründete Ideen über eine mögliche Funktion konnten bekanntlich erst gebildet werden, seit Meves1) die Spermiogenese dieser atypischen Spermien aus- arbeitete und einmal bewies, daß sie bei Mollusken und Insekten weit verbreitet sind, sodann zeigte, daß ihr Hauptcharakter das gänzliche Fehlen (apyrene) oder teilweise Fehlen (oligopyrene) des Chromatins ist. Die Einzelheiten dieser Spermiogenese setzen wir als bekannt voraus. Meves vermochte keinerlei Anhaltspunkte für irgend eine Funktion zu finden, hält es aber für möglich, daß sie zur Befruchtung kommen und dann eine Art von Entwicklungserregung ausüben, etwa wie künstliche Parthenogenese oder extreme Bastardbefruchtung. Neben den zahlreichen Untersuchungen über Histologie und Histo- genese dieser Spermien, die uns hier nicht beschäftigen, sind seitdem mehr- fach Versuche gemacht worden, ihre Funktion zu ergründen. Wir können sie in drei Gruppen teilen: U Zitate der älteren Literatur s. bei Meves. 292 Kichard Goldschmidt a) Versuche, zu beweisen, daß die atypischen Spermien zur Befruchtung kommen. Alle solche Versuche sind bisher völlig fehlgeschlagen. Popoff fand bei PalvAina , daß die oligopyrenen Spermien zweifellos in Massen im Oviduct vorhanden sind. Eine Anteilnahme an der Befruchtung konnte nicht festgestellt werden, ja es fand sich vielmehr, daß die atypischen Spermien vor den typischen degenerieren. Bei seinen Studien über die Befruchtung von Murex konnte Lams niemals atypische Spermien im Ei finden. Die einzige positive Angabe dieser Art stammt von Kuscha- ke witsch. Er fand in Eiern der marinen Prosobranchie Aporrhais 20 Mi- nuten nach Besamung auf Schnitten ein oligopyrenes Spermium außer einem normalen. Ivuschakewitsch selbst hält aber nicht viel von diesem Befund, der vielleicht nur ein Schnittartifakt darstellt. Endlich haben wir die Untersuchungen von Reinke, der bei Strombus findet, daß die atypischen Spermien nach der Begattung gar nicht bis zum Rec-eptaculum seminis Vordringen, sondern vorher degenerieren, und von einer Kapsel umgeben werden. Es spricht also bis jetzt nichts dafür, daß die apyrenen Spermien irgendwie bei der Befruchtung funktionieren. b) Versuche, zu beweisen, daß die atypischen Spermien mit der Geschlechtsbestimmung Zusammenhängen. Diese Idee war eine Konsequenz der Entdeckung des Spermatozoen- dimorphismus in bezug auf das Geschlechtschromosom. R, Hertwig glaubte, daß auch der Dimorphismus beim Vorhandensein atypischer Spermien mit der Geschlechtsbestimmung zu tun haben möge, indem die atypischen Spermien eine Art von männchenbedingender Parthenogenese hervorriefen. Er versuchte, seine Idee auch experimentell zu beweisen. Er kreuzte zwei Arten von Schmetterlingen, die apyrene Spermien be- sitzen. Wenn die Hypothese richtig ist, also apyrene Spermien Männchen hervorrufen, dann dürften diese nur mütterliche Charaktere besitzen. In Wirklichkeit sind aber beide Geschlechter intermediär. Tatsächlich kann man all unsre Kenntnisse über Vererbung bei Schmetterlingen und Mol- lusken als Beweis dafür anführen, daß apyrene und oligopyrene Spermien nichts mit Geschlechtsbestinmiung zu tun haben können, ja überhaupt nicht zu befruchten vermögen, worauf auch Doncaster hinwies. Unsern eignen Versuch (1910), die atypischen Spermien von andern Gesichts- punkten aus mit der Geschlechtsbestimmung in Zusammenhang zu bringen, betrachten wir heute als verfehlt. Von Kemnitz konnte in bezug auf die Kleine Beobachtungen und Ideen zur Zellenlehre III. 293 Frage der Geschleclitsbestimmung ebenfalls keine positiven Resultate erbalten. Als bemerkenswert sei darauf hingewiesen, daß er bei der hermaphroditen Prosobranchie Valoata die für andre Prosobranchier so typischen ohgopyrenen Spermien nicht fand. c) Versuche, den atypischen Spermien eine andre Funktion zuzusprechen. Die charakteristische Erscheinung der atypischen Spermien hat es vielen Autoren als eine biologische Unmöglichkeit erscheinen lassen, daß sie funktionslos sein sollten und daher zu mehr oder minder vagen Vor- stellungen allerlei Art geführt. Wh- erwähnen Reinkes Annahme, daß sie ein Nährmaterial für die andern Spermien darstellen. Eine solche Annahme, für die auch jeder Beweis fehlt, scheint uns viel abenteuer- licher als die der Funktionslosigkeit. d) Versuche, die Funktionslosigkeit der atypischen Sper- mien zu beweisen. Die alte Annahme, daß die atypischen Spermien funktionslose, abor- tive Degenerationsprodukte seien, wurde von uns wohl zuerst exakt zu beweisen versucht und auch ein Versuch gemacht, die Ursachen zu er- gründen (1916, a, b). Die folgenden Notizen sind eine etwas ausführ- lichere Wiedergabe jener Daten. 1) Ein Experiment über die Funktionslosigkeit der atypischen Spermien. Die Schwierigkeit, ein einfaches Experiment über die Funktion der atypischen Spermien auszuführen, ist darin gegeben, daß bei Insekten bisher künstliche Befruchtung noch nicht gelungen ist, und bei Mollusken, wo sie gelingt, eine völlige Isolierung atypischer Spermien nur schwer auszuführen sein dürfte. Ein derartiges Experiment ist uns aber auf ganz unerwartetem Weg gelungen. Bei unsern Versuchen über Inter- sexualität beim Sehwammspinner ergab sich das merkwürdige Resultat, daß bei intersexuellen Männchen die Z ahl der atypischen Spermienbündel bis zur völligen Verdrängung der typischen zunimmt. Im einzelnen ist die Situation die : Intersexualität besteht darin, daß von einem bestimmten Moment der Entwicklung an das genetische Geschlecht in das entgegen- gesetzte umspringt. Wird also ein Weibchen intersexuell, so hört plötzlich die Weiterentwicklung des Ovars auf, seine Zellelemente werden abgebaut 294 Richard Goldschmidt und ein Hoden daraus aufgebaut; Urgeschleehtszelien beginnen dann mit typischer Spermatogenese. Wird aber ein Männchen intersexuell, so hört die männliche Differenzierung auf und eine weibliche setzt ein. Nun differenziert sich das Ovar ziemlich spät in der Puppe, der Hoden aber schon früh in der Raupe. Tritt also bei männlichen Individuen der Um- schlag zum Weiblichen spät ein (schwache Intersexualität), so ist der Hoden und die Spermatogenese längst vollendet. Solche schwach inter- sexuellen Männchen enthalten also hauptsächlich normale Spermien im Hoden neben den atypischen, die auch keinem normalen Hoden fehlen. Bei starker Intersexualität tritt aber der Umschlag zur Weiblichkeit schon ein, wenn die Spermatogenese noch nicht abgelaufen ist. Während sich von nun ab Urgeschleehtszelien zu Eiern umbilden, vollendet ein Teil der Samenfollikel — andre zerfallen — ihre Spermatogenese zu atypischen Spermien. Ein solcher Hoden enthält dann, wenn der intersexuelle Falter ausschlüpft, neben degenerierenden Zellgruppen und Eizellgruppen Bündel typischer Spermien, die oft zusammengerollt und degenerierend erscheinen, und hauptsächlich atypische Spermien. In den stärksten Fällen von männlicher Intersexualität fehlten aber die typischen Spermien völlig und der ganze Hoden war gefüllt mit riesigen Bündeln atypischer Spermien. Die verschiedenen Stufen intersexueller Männchen, bis hinauf zu denen, die noch begattungsfähig waren, wurden nun mit Weibchen gepaart und die Copula verlief erfolgreich. Da die Weibchen danach stets ihren Eierschwamm absetzten, so muß die Copula wenigstens insofern erfolgreich gewesen sein, als sie jenen Legereflex normal auslöste. Denn mit außer- ordentlich seltenen Ausnahmen tritt er bei unbegatteten Weibchen nicht ein. Nim erwiesen sich die Eier aus Copulationen mit den niederen Stufen intersexueller Männchen in normalem Prozentsatz befruchtet. Bei Ver- wendung mittlerer Stufen männlicher Intersexualität wurden aber nur wenige Eier erfolgreich befruchtet. So schlüpften in Eierschwämmen von 100—300 Eiern im Jahre 1916 in vier solchen Kombinationen nur drei, drei, zwei und drei Räupchen. Waren aber die höchsten Grade copula- tionsfähiger intersexueller Männchen, deren Hoden mit atypischen Sper- mien gefüllt waren, benutzt worden, so schlüpfte in keinem Falle ein Räupchen aus, die Eier erwiesen sich alle als unbefruchtet. Dies Resultat deutet in hohem Maß darauf hin, daß die atypischen Spermien weder befruchtend noch entwicklungserregend wirken können; wir sind uns aber klar darüber, daß es immer noch nicht als endgültiger Beweis angesehen werden kann. Zusammen mit allen andern Tatsachen aber hat dieser Versuch wohl beträchtliches Gewicht. Kleine Beobachtungen und Ideen zur Zellenlehre III. 295 2) Die Bedeutung der atypischen Spermien. Welche Bedeutung haben nun die atypischen Spermien, wenn sie nicht befruchtungsfähig sind? Wir können die Antwort aus zwei Tat- sachengruppen ableiten. a) Die atypische Spermatogenese in Gewebekulturen. Wir zeigten an andrer Stelle (1915, 16), daß es möglich ist, mit den Methoden der Gewebekultur Spermatogenese in vitro zu erzielen. Bei dieser Gelegenheit wurden die folgenden Beobachtungen gemacht, die sich auf unser Problem beziehen. 1. In den Hoden von Samia c eropm-Puppen, die im Herbst 1914 zu Gewebekulturen verwandt wurden, fanden sich ausschließlich normale Spermatocysten, gefüllt mit Spermatogonien oder Spermatocyten vor den Reifeteilungen. In genügend warm gehaltenen Kulturen führten genügend alte Cysten die Reifeteilung völlig normal durch, und eine sehr große Zahl von ihnen begann die Spermiogenese bzw. führte sie durch. Nicht eine emzige Cyste bildete atypische Spermien oder andre Abnormitäten (ab- gesehen von völligem Absterben). 2. Im Januar und Februar des folgenden Jahres (1915) zeigten die frischen Gewebekulturen bereits zahlreiche degenerierende Cysten jeden Alters. Die im Hoden so häufige Zelldegeneration hatte also jetzt erst eingesetzt. Gleichzeitig erwies sich aber das Material als sehr empfindlich für die abnormen Verhältnisse der Gewebekultur. Denn nur wenige Cysten waren imstande, eine normale Reifeteilung auszuführen. Für die meisten war es charakteristisch, daß diese Teilung begann, aber nicht gelang. Die Zellen machten oft während mehrerer Tage Ansätze dazu, bildeten eine Spindel aus, die sich dann wieder zurückbildete, um von neuem aufzutreten. Abnorme Spindelformcn traten auf, Strömungen und Zuckungen wurden in den Zellen beobachtet, schließlich ging aber die Cyste zugrunde. In solchen Kulturen führten dann nur ganz vereinzelte Cysten eine normale Spermiogenese durch, dagegen entwickelten sich bereits einige atypische Bündel. 3. Ende Februar wurden einige Puppen für eine Woche im Thermostat bei 25° gehalten. Als die Hoden untersucht wurden, enthielten sie neben einer Menge degenerierenden Materials eine Majorität atypischer Spermien. Diese Befunde zeigen Idar, daß die Ausbildung apyrener Spermien Hand in Hand geht mit einem physiologischen Zustand, der Zelldegenera- tion begünstigt. Wh- glauben aber, daß man doch etwas weiter kommen kann, als zu den Worten degenerativ, abortiv. In unsrer Arbeit über die 296 Richard Goldschmidt Spermatogenese in vitro zeigten vir, daß die Spermatocyte, die sieh in eine Spermie umwandelt, eine Zelle ist, die äußerst fein auf osmotische Veränderungen reagiert. Wir suchten zu beweisen, daß die feine zellige Membran, die die Spermatocyste bildet, eine osmotisch -regulatorische Funktion hat und daß die Umbildung der Spermatiden in die Spermien nichts ist als eine specifische physikalisch-chemische Reaktion des Zell- leibs auf typisch sich ändernde, osmotische Bedingungen. Ihr typischer Ablauf beruht also wahrscheinlich auf zwei Variabein, nämlich der physi- kalisch-chemischen Beschaffenheit der osmotischen Membran (Cysten- haut) und der Beschaffenheit der umgebenden Lymphe. Jede Verände- rung von einem oder beiden schafft ein neues physikalisches System für die Umgebung der Zelle und zwingt damit das Protoplasma zu andern Reaktionen. In älteren Hoden tritt diese Situation ein. und das Reaktions- produkt ist eine Zelldegeneration, wenn die neuen Bedingungen ein Weiter- leben der Zelle unmöglich machen, oder aber die Ausbildung atypischer Spermien, wenn die Bedingungen eine Weiterführung der Spermiogenese erlauben. Diese Schlußfolgerung wird durch folgende Tatsache weiter gestützt. Eine der charakteristischsten Erscheinungen der atypischen Spermato- genese ist es, daß die Chromosomen sich in einzelne Ivernbläschen, Karyo- meriten, umbilden, die später mit dem Protoplasma der Zelle abgestreift werden. Nun ist schon lange von Czapek und Haecker gezeigt worden, daß eine Karyomeritenbildung aus Chromosomen durch Narkotisierung von Zellen hervorgebracht werden kann. Hoch ähnlicher aber den Bildern der atypischen Reifeteilung sind die Karyomeritenbildungen, die Conklin in Furchungszellen von Crepidula durch osmotische Änderungen des Mediums hervorrief. Dies zeigt, daß die scheinbar specifischen Charaktere der Reifeteilungen der atypischen Spermiogenese Dmge sind, die über- haupt in sich teilenden Zellen durch physikalisch-chemische Änderungen des Mediums hervorgerufen werden können, also nichtspecifische Reak- tionen der Zelle. Vielfach basiert die Annahme, daß die atypischen Spermien irgend eine Funktion haben müssen, auf der Überzeugung, daß so überaus kom- plizierte und für jede Art typische Elemente nicht gut für nichts und wieder nichts entstehen können. Die vorstehend skizzierten Auffassungen zeigen, daß eine derartige Schwierigkeit nicht besteht. Die Samenzelle ist ein physikalisch-chemisches System, dessen Form und andre Besonder- heiten die Konsequenz ihrer eignen Beschaffenheit und des Zustandes der verschiedenen Variabein der Umgebung sind. Wird in diesen Variabein aber etwas geändert, so nehmen die betreffenden Zellcharaktere zwangs- Kleine Beobachtungen und Ideen zur Zellenlehre III. 297 läufig eine andre, aber specifische Beschaffenheit an. Daß ein degenera- tives, abortives Zellprodukt so specifisch erscheint, ist also in gleicher Weise ein zwangsläufiges Produkt des gegebenen physikalisch-chemischen Systems, wie die specifische Form einer Galle, einer LiESEGANGSchen Niederschlagsfigur, eines flüssigen Kristalls usw. b) Die Ursache der Entstehung der atypischen Spermien im intersexuellen Hoden. Die vorher genannten Tatsachen in bezug auf die Bildung der atypi- schen Spermien im intersexuellen Hoden deuten auf die gleiche Erklä- rungsursache hin. Da auch normalerweise sich im Hoden des Schwamm- spinners atypische Spermien entwickeln, so kann es sich nur um Verstär- kung von auch sonst vorhandenen Verhältnissen handeln und nicht etwa um eine specifische Wirkung der Geschlechterumkehr. Weiblichwerden der Samenzellen oder dergl. Das intersexuelle Männchen unterscheidet sich nun vom normalen dadurch, daß das Ende seiner Entwicklung weiblich ist. Dies betrifft alle Organe wie auch den Stoffwechsel, somit auch die Hämolymphe. Die Spermatogenese geht also in weiblicher Hämolymphe zu Ende. Sodann beginnen ja die Geschlechtszellen bei Intersexualität mit der Geschlechtsumkehr degenerative Veränderungen zu erleiden, deren primäre Ursache wohl der veränderte Chemismus des Körpers ist. So haben wir wohl die gleichen Faktoren der Ausbildung der atypischen Spermien vor uns, wie wir si > im letzten Abschnitt fanden. Sollte dabei der weibliche Zustand der Hämolymphe, also ein chemisch- differentes Medium, das entscheidende sein (es ist bekannt, daß bei In- sekten die Hämolymphe beider Geschlechter chemisch verschieden ist), so müßte das gleiche Resultat wie bei Intersexualität auch erzielt werden bei rechtzeitiger Transplantation von Hoden auf weibliche Raupen. Unsre eignen Versuche, dies zu demonstrieren, wurden leider durch rohe Gewalt zerstört und konnten noch nicht wiederholt wurden. Dagegen bildet Meisenheimer, S. 33, Fig. 21, Hoden von Männchen und solche, die auf Weibchen transplantiert waren, ab. Die Figur zeigt merkwürdigerweise für letztere nur apvrene Spermien, soweit die Zeichnung zu urteilen er- laubt. Auf meine Bitte wrar Herr Kollege Meisenheimer so freundlich, mir die betreffenden Präparate zu schicken. Tatsächlich zeigen die Schnitte des transplantierten Hodens ein außerordentliches Über wiegen der atypischen Spermien. In umstehender Figur sind Mikrophotogramme des normalen und transplantierten Hodens nach MEiSENHEiMERsehen Präparaten wiedergegeben. Die atypischen Spermienbündel im intersexu eilen Hoden finden sich in unsrer Arbeit über Intersexualität abgebildet. Archiv f. Zellforschung. XV. 20 298 Richard Goldschmidt Fis- 1. ' . V# .'* • m NfcVspsä *• .v>>* ■ , i - V-. ,*Jfg ?* ^ ^ i .- Y» •& Fig. 2. Kleine Beobachtungen und Ideen znr Zellenlehre III. 299 3 Einwände. ln einigen neuen Arbeiten kommt Gatenby zu dem gleichen Schluß wie wir in bezug auf die Nichtfunktionsfähigkeit der atypischen Spermien. Er hält sie für Degenerationsprodukte, die im Zusammenhang mit der auch sonst so häufigen Zelldegeneration im Hoden entstehen und durch Veränderungen in Zellen bedingt sind, die 'das harmonische Zusammen- arbeiten der einzelnen Zellbestandteile uipnöglich machen. Dagegen er- hebt er einige Einwände gegen unseren Versuch, die Bildung der atypischen Spermien als physikalische Reaktion auf die Zustände der Umgebung aufzufassen. Diesen Einwänden seien ein paar Worte gewidmet. Die folgenden Punkte werden angeführt als gegen eine Verursachung durch chemische Beschaffenheit der Hämolymphe sprechend: 1. Gleichaltrige Individuen zeigen oft verschiedene Grade des Fort- schritts der Spermatogenese. 2. Bei manchen Arten verläuft die Spermiogenese in der Raupe, bei andern erst in der Puppe. 3. Apyrene Spermien mögen im Hoden vor den eupvrenen gebildet werden. 4. Beide Sorten können gleichzeitig entstehen. 5. Die Erklärung paßt nicht für Mollusken. Zu diesen Einwänden sei folgendes bemerkt: Bei den Schmetterlingen entwickelt sich stets eine ganze Spermatocyste entweder normal oder abnorm. Wäre es nicht die Summe der Bedingungen, unter denen die ganze Cyste steht, so sollten meistens gemischte Cysten zu erwarten sein, es sei denn, daß bereits die Ursprungszellc der Cyste atypisch determiniert sei. Dies wird aber durch die Intcrsexualitätsbefunde ausgeschlossen. Die Punkte 1—4 hätten nur dann Gültigkeit, wenn der Zustand der Hämolymphe die einzige Variable des Systems w'äre. Tatsächlich hängen aber die physikalisch-chemischen Verhältnisse in der Cyste sowohl von der umgebenden Hämolymphe wie dem Zustand der Cystenhülle (Follikel- membran) ab, wie in unsrer Arbeit über Spermiogenese in vitro gezeigt wrnrde. Die Cystcnhülle aber hat ganz besondere Eigenschaften, z. B. die Fähigkeit, zu Bindegewebe auszuwachsen, reichlich Fett zu speichern, sich zu verdicken. Bei konstantem Zustand der Hämolymphe genügt also eine Veränderung in dieser Membran, um andre Bedingungen innerhalb der Cyste zu schaffen, ebensogut wie umgekehrt. Also nicht die Hämo- lymphe als solche, sondern das ganze osmotische System Hämolymphe— Cystenmembran— Cysteninhalt erscheint uns entscheidend. Was den Fall der Mollusken betrifft, so muß als gewichtiger Einwand anerkannt 20* 300 Richard Goldschmidt, Kleine Beobachtungen und Ideen zur Zellenlehre III. werden, daß nach Reinke bereits die Spermatogonien, aus denen atypische Spermien entstehen, different sind. Da aber für Mollusken bis jetzt jeg- liche experimentelle oder biologische Daten fehlen, die eine Stellung- nahme erlauben, so warten wir besser weitere Tatsachen ab. Zitierte Literatur. Oonklin, E. G. 1912. Experimental studies on nuclear and cell division in the eggs of Crepidula. Journ. Ac. Sc. 15. 1912. Doncaster, L. 1911. Somc stages in the spermatogenesis of Abraxas grossulariata and its variety lacticolor. Journ. Genetics I. Gatenby, J. Brontü:. 1917, a. The cytoplasmic inclusions of the germ-cells. Part I. Quart. J. Hier. Sc. 62. — 1917, b. Tlie degenerate (apyrene) sperm formation of moths etc. Ibid. Goldschmidt, R. 1910. Kleine Beobachtungen und Ideen zur Zellenlehre I. Arch. f. ZellL 6. 1915. On spermatogenesis in vitro. Proc. Nat.. Ac. Sc. I. 1916, a. Einige Versuche zur Spermatogenesis in vitro. Arch. f. Zellf. 14. 1916, b. Über einige Erscheinungen in Gewebekulturen von Insekten. Biol. Ztrbl. 36. 1916, c. The function of the apyrene spermatozoa. Science 44. Untersuchungen über Intersexualität (im Druck). Ztschr. f. ind. Abstl. Haecker, V. 1900. Mitosen im Gefolge amitosenähnliclier Vorgänge. Anat. Anz. 17. Hertwig, R. 1903. Über Korrelation von Zell- und Kerngröße usw. Biol. Centralbl. 23. 1912. Über den derzeitigen Stand des Sexualitätsproblems usw. Biol. Centralbl. 32. Kemnitz, G. von. 1914. Beiträge zur Kenntnis des Spermatozoendimorphismus. Arch. f. Zellf. 12. Kuschakewitsch, S. 1910. Zur Kenntnis der sogenannten wurmförmigen Spermien der Prosobranchier. Anat. Anz. 37. Lams, TI. 1910. Recherches concernant le dimorpliisme etc. Ann. soc. med. Gand. 89. Meiseniieimer, J. Experimentelle Untersuchungen über Soma- und Geschlechts- differenzierung. Jena, Fischer. Meves, F. 1903. Über oligopyrene und apyrene Spermien usw. Arch. f. mikr. Anat. 61. Popoff, M. 1902. Eibildung bei Paludina vivipara usw. Arch. f. mikr. Anat. 70. Reinke, E. G. 1914. The development of the apyrene spermatozoa of Strombus tuber- culatus. Publ. 183 Carnegie Inst. Wasli. Degenerationserscheinungen in den Borstenbildungs- zellen, Chloragogenzellen und Samentaschenepithelzellen der Lumbriciden. Von Dr. Andreas von Sztits, Budapest, Ungarisches Nationalniuseum. Mit Tafel XV. (Eingegangen September 1915.) In einer umfassenden Arbeit (8) über die Anatomie und Histologie einer Lumbricide, Archaeodrilus äubiosus (örley), führte ich ganz kurz die bezeichneten Degenerationserscheinungen an, ausgenommen die De- generation in den Samentaschenepithelzellen, weil die genannte Lumbri- cidenart durch den Mangel von Samentaschen charakterisiert wird. Seitdem untersuchte ich eingehend die bezeichneten Zellendegene- rationen sowohl in Archaeodrilus duhiosus, als auch in Eisenia rosea (Sav.), und in letzterer Art konnte ich gelegentlich bei einer Untersuchung des Samentaschenepithels mit den beiden ersterwähnten Zellenarten voll- kommen übereinstimmende Degeneration, nebst andern bemerkenswerten Erscheinungen na ch weisen . Als Grundlage meiner Untersuchungen dienten Paraffin- und Celloidin- Paraffinschnittserien von 3—5 u Dicke von einem Material, welches mit Bouin- und MANNScher Flüssigkeit und mit meinem Platinchlorid-Formol- Sublimat (7) fixiert worden ist. Gefärbt wurde mit Eisenhämatoxylin- Aluminiumalizarin nach mir (7), mit Eisenalizarin- Kristallviolett bezüglich Toluidinblau nach Benda und mit Dreifachfärbung nach Apäthy. Über die Ergebnisse meiner Untersuchungen soll im folgenden be- richtet werden. Über die Zusammensetzung der Borsten follikel beider Liunbriciden- arten kann, größtenteils in Übereinstimmung mit den Untersuchungen von Sajoviq (4), folgendes angeführt werden. Die Borstenfollikel setzt sich aus drei Teilen: 1. Follikelhals, 2. Fol- likelkörper und 3. Follikelbasis zusammen. 302 Andreas von Szüts Im Follikel hals bildet die Epidermis neben der Borste eine eingebogene Tasche (Taf. XV, Fig. 1). Die Deckzellen sind hier niedriger, kubisch, sie tragen eine Cuticula und dem Epithel mangelt es an Drüsen vollkommen. In der Region, wo die Follikelhalszellen sich an die Borste legen, umfas- sen die Zellen mit einer ringartigen Anschwellung die Borste, und in den Zellen' sind spiral laufende, mit Eisenhämatoxylin stark gefärbte Fasern sichtbar (Taf. XV, Fig. 1 sp). Diese wurden von Sajoviq (4) unter dem Na- men »Spiralfasern« beschrieben; die Fasern haften an der Oberfläche der Borstencuticula, und sie laufen rings um den Borstenkörper spiralig herum. Den folgenden Teil des Follikelhalses bildet die Grenzzone von Sajoviq. Ihre Follikelzellen sind den vorigen ähnlich, in denselben sind starke, kurze Zugfibrillen (Tonofibrillen) sichtbar, welche mit einem Ende sich an die Spiralfasern, mit dem andern an die Borstencuticula, in der Nähe des Borstenretractors haften, sie vermitteln nachher die Muskelwirkung auf den Borstenkörper. Der zweite Teil der Borstenfollikel, der Follikelkörper, ist nach Sajoviq eine feine, dünne, membranartige Scheide, in welcher die Follikel- körperfasern sichtbar sind. Dieser Teil ist in Archaeodrilus dubiosus nach meinen Untersuchungen von länglichen, spindelförmigen, kleinkernigen Zellen gebildet, welche in mehreren Schichten übereinander gelagert sind und die wahrscheinlich den »kleinkernigen Follikelzellen« von Sajoviq entsprechen (Taf. XV, Fig. 2 Je). Der dritte. Teil des Borstenfollikels, die Follikelbasis, ist von Zellen mit großen Kernen und faserigem Protoplasma gebildet (Taf. XV, Fig. 3). Diese Zellen sind die »großkernigen Faserzellen« von Sajoviq. Die Fasern laufen in senkrechter Richtung zur Borstenoberfläche, wo sie sich, ein wenig verdickend, anhaften. In den Zellen sind außerdem mitochondriaähnliche. kugelige Körner zu bemerken, welche mit Eisenhämatoxylin und mit den BENDASchen Mitochondriafärbungen stark gefärbt werden. An der Borstenbasis sind die Fibrillen bogenförmig eingekrümmt. In dieser Gegend befindet sich die große Borstenbildungszelle (Taf. XV. Fig. 3 Bz). In ihrem alveo- lären und feinkörnigen Protoplasma sind wellige und korkzieherartig ge- wundene Fibrillen und die schon früher erwähnten mitochondriaartigen Körner zu sehen, welche letzteren reihenförmig aneinander geordnet, den Eindruck machen, daß die Fibrillen aus diesen Körnern ihren Ur- sprung nehmen. Die Fibrillen laufen in der oberflächlichen Zone des Zellkörpers mit der Oberfläche parallel, aber in der Borstenbasis richten sie sich senkrecht an die Borste, und sie setzen sich in den Fibrillen der Borstengrundsubstanz direkt fort (Taf. XV, Fig. 4 Je). Degenerationserscheinungen in d. Borstenbildungszellen nsw. d. Lumbriciden. 303 Sajoviq erinnert, sich nur mit wenigen Worten jener Beobachtung, daß die Borstenbildungszelle nach der Beendigung der Borstenentwick- lung wahrscheinlich einer Degeneration unterliegt. In bezug auf diese Degeneration und ihre Ursachen gelang es mir durch meine Untersuchungen nähere Angaben zu schaffen. Der Umriß der Bildungszelle wird unregelmäßig, oft verwischt (Taf. XV, Fig. 3 Bz). In ihrem Protoplasma sind an gewissen Stellen alveoläre Strukturen, manchmal sozusagen fibrilläre Netzwerke zu bemerken, welche mit Eisenhämatoxylin nur ein wenig stärker gefärbt werden, als das homogene Protoplasma (Taf. XV, Fig. 4). Diese Netzwerke sind also nicht von Borstenbildungsfibrillen gebildet. Der Zellkern ist riesig- gewachsen. sein Umriß ist unregelmäßig, der Kern ist im ganzen zusammen- gefallen. im Innern ist das Chromatingerüst aufgelöst, der Nucleolus ist dagegen viel größer geworden (Taf. XV, Fig. 3 h). Die Zelle zeigt also in jedem ihrer Teile die Merkmale der Degeneration. Tn dem oberflächlichen Teile der Zelle sieht man in Gruppen geordnet kleinere Kerne, welche dichtes, körniges Chromatin enthalten, sie sind also gesunde, nicht degenerierte Zellkerne (Taf. XV, Fig. 4 p). Es kann leicht festgestellt werden, daß diese Gebilde die Kerne phagocytotischer Lymphzellen sind, welche in das Protoplasma der Borstenbildungszelle eingedrungen sind und deren fibrilläre Degeneration durch ihren phago- cytotischen Angriff. veranlaßt wurde. Die fibrilläre' Struktur der Bildungs- zelle, als Beweis für ihre Degeneration, ist meistens in der Umgebung dieser Phagocytenkerrie wahrzunehmen. Die Degeneration der Borstenbildungszelle ist jenen Degenerations- erscheinungen ähnlich, welche in Schneckeneizellen durch die Unter- suchungen von L. Soos (5) bekannt worden sind. Soos beschreibt die Merkmale der Degeneration der Schneckeneizellen ganz ähnlich meinen Beobachtungen an der degenerierenden Borstenbildungszelle der Lumbri- ciden: »the egg-cells . . . were more or less degenerated: their outlines were uncertain, their cytoplasm was decomposed, and not granulär or filled with vitelline bodies. but it formed a peculiar fibrous-granular reticulate mass, their nucleus wrinkled, more or less dissolved, their chromatin desintegrated into larger or smaller granules, their nucleus and nucleolus were very often extremely large which.« Die Degeneration des Zellkernes beginnt also mit einer Hypertrophie, mit welcher die Hypertrophie des Nucleolus verknüpft ist. Dieselbe Erscheinung wurde auch von K. Hertwig (2) bei der Zellkerndegene- ration von Actinosphaerium Eichhorni beobachtet, welcher Prozeß ebenso der geschilderten Degeneration des Borstenbildungszellkernes der Lum- 304 Andreas von Szüts brieiden in jeder Hinsicht ähnlich abläuft. Soös (5) schreibt ferner, ganz übereinstimmend mit meinen Beobachtungen: «The phagocytes .... penetrate deeply into the inferior of the cell-body. From the cytoplasms of the affected egg-cells there remains only a gramdar- fibrous wetlike structure which is always a typical result of their phago- cytosis. « Von den Phagocyten, welche in die ßorstenbildungszelle eingedrungen sind, ist nur der Kern deutlich zu erkennen, ihr Protoplasma ist mit dem Protoplasma der angegriffenen Bildungszelle zusammengeflossen. Um jeden solchen Phagocytenkern ist ein heller Hof wahrzunehmen, welcher wieder von einer Masche des fibrillären Netzwerkes des degene- rierten Bildungszellenprotoplasmas begrenzt wird (Taf. XV, Fig. 4 p). Ein weiterer Fall bemerkenswerter Degenerationserscheinungen ist in den Chloragogenzellen zu finden. In Archaeodrilus duliosus sind die Chloragogenzellen auf dem ven- tralen Teile des Darmsinus niedriger, und sie haben keinen lang ausgezo- genen Stiel, sondern sie sitzen mit breiter Basis auf der Wand des Darm- sinus (Taf. XV, Fig. 5). Die Kerne sind rund, im hellen Kernsaft sind 'feines Kerngerüst, ziemlich dicht gedrängte Chromatmkörner und ein großer Nucleolus sichtbar. Außer solchen helleren, lockeren. Chromatin enthaltenden Kernen sind auch dunklere Kerne mit dichterem Chromatin vorhanden. Auf den seitlichen Teilen des Darmes sind schon höhere, schlankere Chloragogenzellen vorhanden, welche mit lang ausgezogenem Stiele auf dem Sinus sitzen und welche der bekannten typischen Form der Chloragogenzellen vollkommen entsprechen. Ihre Kerne sind ab- geplattet, in manchen Zellen ganz stäbchenförmig, mit dunklem, dichtem Chromatin. Auf der dorsalen Seite des Darmes sind noch mehr verlängerte, platte Zellen und in ihrem verlängerten Teile stäbchenförmige, dunkle Kerne zu finden (Taf. XV. Fig. 6). Neben dem dorsalen Hauptgefäß sind die sehr verlängerten, langgestielten Zellen in Form mehrreihigen Epithels geordnet, in welchen kleine rundliche Zellkerne sichtbar (Taf. XV. Fig. 7) sind. Das Plasma zeigt in den Zellen ein sehr schönes Netzwerk, dessen Maschen den Durchschnitten von Alveolen entsprechen, das Plasma hat also eine alveoläre Struktur. In den Alveolenwänden sind kleine, mit Eisenhämatoxylin tiefschwarz gefärbte Körner sichtbar, welche die ersten Stadien von Secretkörnern der Chloragogenzellen darstellen. Diese Körner vergrößern sich allmählich infolge der Zellentätigkeit, dann treten sie won den Alveolenwänden aus und kommen in das Alveolenlumen hinein, wo diese größeren, schwarzen Körner mit einem hellen Hofe — mit dem Degenerationserscheinungen in d. Borstenbildnngszellen usw. d. Lumbriciden. 305 Alveolenliunen — umgeben bemerkbar werden (Taf. XV, P'ig. 5). Die Zellen werden mit den Secretkörnern allmählich gefüllt. Die Chloragogenzellen, welche sich im Typhlosolis befinden, sind nicht sehr verlängert und haben ein lockeres, maschiges Plasma. In dem Zellkörper sind größere Körner nicht zu finden, nur an den Knotenpunkten des Netzwerkes sind winzige Körner bemerkbar (Taf. XV, Fig. 8). Die Umrisse der Zellkerne sind unregelmäßig, geschrumpft, das Chromatin ist dicht, körnig, ein besonderer Nucleolus kann nicht bemerkt werden. Die Zellen zeigen also Degenerationsmerkmale. Zwischen diese Chlora- gogenzellen, welche das Typhlosolis ausfüllen, dringen Phagocyten. mit stäbchenförmigen Bacterien erfüllt, in großer Zahl ein. Nach meiner Anschauung ist es sehr wahrscheinlich, daß die Degeneration der Chlora- gogenzellen von diesen eingedrungenen Phagocyten veranlaßt wird (Taf. XV, Fig. 9 b). Willem und Minne (9) veröffentlichten jene interessante Beobach- tung, daß nach einer Injektion von Regenwürmern mit ammoniakalischein Carmin von den Enden der Chloragogenzellen wasserhelle, durchsichtige, vollkommen homogene Blasen abgelöst Werden. Die genannten Autoren sind davon überzeugt, daß sie in der geschilderten Beobachtung keinen regelmäßigen physiologischen Vorgang vor Augen haben, die Erscheinung wird dagegen durch die traumatische Wirkung der Injektion hervor- gerufen. Nach meinen Beobachtungen ist die Ablösung von Blasen ebenso von eingedrungenen Phagocyten veranlaßter Degeneration zuzuschreiben. Die Ablösung von Blasen beobachtete ich hauptsächlich an Chloragogen- zellen, welche sich in der Nähe des Dorsalgefäßes befinden, und diesen Vorgang halte ich für eine regelmäßige und ziemlich gewöhnliche Pirschei- nung (Taf. XV, Fig. 10). Die von den Zellen abgelösten Blasen sind hell, homogen, das charak- teristische plasmatische Netzwerk der Chloragogenzellen ist in denselben nicht vorhanden. Größere schwarze Körner können in den Blasen nur spärlich bemerkt werden, sie sind dagegen mit hellen Kügelchen gefüllt, v'elche wahrscheinlich den gewöhnlichen Chloragogenkörnern entsprechen, jedoch infolge der Degeneration chemisch verändert worden sind und ihre Fähigkeit sich mit Hämatoxylin zu färben verloren haben. An dem weiteren Verlauf der Degeneration nehmen die Phagocyten folge nderweise teil. Zwischen das Rückengefäß und die Schicht der Chlora- gogenzellen dringen zahlreiche Phagocyten ein (Taf. XV, Fig. 11 p). Die zusammenfließende Masse der abgelösten Blasen wird von diesen Phago- cyten verzehrt. Infolge dieser Zerstörung durch die Phagocyten entsteht 306 Andreas von Sziits in der plasmatischen Masse ein fibrilläres Netzwerk, endlich verändert sich das Ganze zu einer verfließenden, homogenen Masse, in welcher lockeres Fibrillengerüst, zerstreute oder zu himbeerähnlichen Kügelchen vereinigte, schwarze Chloragogenkörner und die zerstörenden Phagocyten zu sehen sind (Taf. XV, Fig. 12). Das Plasma der Phagocyten verfließt in manchen Stellen mit der zerstörten Masse, und in solchen Fällen kann nur der Kern der Phagocyte deutlich wahrgenommen werden (Taf. XV, Fig. 12 k). Mit einem Worte, es folgt eine fibrilläre Degeneration der phagocytisehen Zerstörung in der abgelösten Blasenmasse nach, ganz ähnlicherweise, wie es bei den Lumbriciden in den Borstenbildungszellen von mir und in Ei- zellen der Heliciden von L. Soös (5) nachgewiesen wurde. Eine andere Form der Chloragogenzellendegeneration wurde von mir (6) bei Tubifex schon früher nachgewiesen, ln diesen Zellen schrumpft der Kern, das Chromatin zerfällt zu Körnern und zerstreut sich in dem Zellkörper. Dieser Vorgang ist der Degeneration, welche von R. Hertwig (2) bei Actinosphaerium Eichhorni beschrieben wurde, ähnlich. v Die degene- rierenden Chloragogenzellen von Tubifex verlängern sich, welcher Vor- gang mit der Degeneration ihrer Kerne verbunden ist, und zum Schlüsse lösen sich ihre keulenförmigen Enden mit Concrementen gefüllt ab. Als eine interessante Erscheinung kann hervorgehoben werden, daß die Chloragogenzellen, welche nichts anderes als modifizierte Peritoneal- zellen sind, sich von ihrem Lager ablösen, wie die Geschlechtszellen, und in den Chloragogenzellen ein ganz ähnlicher Degenerationsvorgang wie in Geschlechtszellen, nämlich in Eizellen von Heliciden, nachweisbar ist. Das Interesse dieser (Vorgänge ist in ihrem Verhältnisse zur Gonocöltheorie von A. Lang (3) zu suchen. Im Sinne der genannten Theorie kann das Cölom auf erweiterte Gonadenhöhlen niederer Wirbellosen zurückgeführt werden, die Zellen, welche das Cölom auskleiden, nämlich die Peritoneal- zellen, sind also mit Geschlechtszellen homolog. Die Tatsache, daß Chlora- gogenzellen. welche als modifizierte Peritonealzellen betrachtet werden können, sich von ihrem Lager ablösen, wie Geschlechtszellen vom Iveim- epithel, und in Chloragogenzellen derselbe Degenerationsvorgang wie in Eizellen nachweisbar ist, kann für die Richtigkeit der Gonocöltheorie von A. Lang verwertet werden. Der dritte Fall bemerkenswerter Degenerationsvorgänge wurde in den Samentaschen (Receptacula seminis) von Eisenia rosea nachgewiesen. Die kugelförmigen Samentaschen dienen, wie bekannt, für die Aufbewah- rung der Spermien. Die Wandung der leeren Samentasche ist vom ein- schichtigen Cylinderepithcl und von einer syncytiumartigen Hülle (Taf. X’\ . Fie,'. 13 s) gebildet. Dieses Cylinderepithcl ist. wie es auch von Bergh(I) Degenerationserscheinungen in d. Borstenbildungszellen usw. d. Lumbriciden. 307 hervorgehoben wurde, außerordentlich schon. Die Epithelzellen funktio- nieren, nach ihrer Struktur beurteilt, drüsenartig. Ihr Plasma ist körnig und in der Zellenbasis ist eine Längsstreifung sichtbar (Taf. XV, Fig. 13). Die Zellen haben auf ihrem terminalen Ende einen dunklen Stäbchen- besatz, und oberhalb desselben sind dunkle, kugelige Secretkörner sichtbar. Das ganze Plasma samt den cingesperrten Körnern und stäbchenförmigen Gebilden färbt sich mit Hämatein in verschiedenen Nuancen des Violetts. Die Kerne der Epithelzellen sind groß, elliptisch, hell, mit großem, centra- lem Nucleolus und mit Chromatinkörnern an ihrer Oberfläche. Zwischen den basalen Teilen der Epithelzellen sind verstreute, runde Zellkerne mit körnigem Chromatin sichtbar (Taf. XV, Fig. 13 k). deren Bedeutung unten klargestellt wird. Das Lumen der Samentasche ist mit körnigem Secret gefüllt (Taf. XV. Fig. 13 p), welches ein Produkt der Samen- taschenepithelzellen ist und dazu dient, daß die auf genommenen Spermien in dieser Flüssigkeit schwimmen können. In der syncytiumartigen peri- tonealen Hülle sind große, kugelige oder elliptische, blasenähnliche Kerne, welche helle Kernflüssigkeit und Chromatinkörner enthalten (Taf. XV, Fig. 13 s ). Tn der Hülle verästeln sich auch Blutcapillaren, welche in den sehr verdickten Hüllen von Samentaschen, die mit Spermien gefüllt sind, in größerer Zahl hervortreten (Taf. XV. Fig. 14 e ). Die Hülle von Samentaschen, die mit Spermien gefüllt sind, ist. wie eben hervorgehoben wurde, dicker, ihre Kerne sind kleiner, mit dich- terem Chromatin (Taf. XV, Fig. 14A:). Die Hülle selbst ist von Binde- gewebsfasern, die sich mit Rubin S hellrot färben, gebildet, zwischen welchen Quer- und Längsschnitte weiter Blutcapillaren gesehen werden können (Taf. XV, Fig. 14 e). Innerhalb der Hülle ist eine rot gefärbte, deutliche Basalmembran bemerkbar (Taf. XV. Fig. 14 a). Innerhalb dieser Basal- membran wird die Stelle des oben beschriebenen Epithels von einer auf- geschwollenen. körnigen, degenerierten Masse eingenommen, welche das Lumen der mit Spermien gefüllten Samentasche auskleidet. Die basalen Teile dieser Masse werden mit der Dreifachfärbung von Apäthy grau und die oberen Teile gelb gefärbt. Das Epithel der mit Spermien gefüllten Samentaschen degeneriert also zu einer verfließenden, körnigen Masse. Welche Umstände können zu diesem Degenerationsvorgang Anlaß geben? Im unteren Teil des degenerierten Epithels, unmittelbar oberhalb der Basalmembran, sind rundliche Zellen mit unregelmäßigen Umrissen bemerkbar, welche von der ApÄTiivschen Dreifachfärbung gelb gefärbtes Plasma und einen Kern mit dichtem Chromatin enthalten (Taf. XV, Fig. 14 p). Es ist wahrscheinlich, daß diese Zellen Phagocyteu entsprechen, 308 Andreas von Sziits welche von den Blutcapillaren der peritonealen Samentaschenhülle ein- gedrungen sind und zur Degeneration des Samentaschenepithels ganz ähnlicherweise Anlaß geben, wie es vorher bei den Borstenbildungs- zellen und Chloragogenzellen nachgewiesen wurde. Diese Anschauung beruht auf der Beobachtung, daß in Eisenhämatoxylinpräparaten im basalen Teil des degenerierten Epithels, also in der Stelle, wo die Phago- cyten ihre Wirkung entfalten, ein fibrilläres Gerüst, die charakteristische Spur phagocytiseher Zerstörung, beobachtet werden kann (Taf. XV. Fig. 15 n). Es ist schon früher hervorgehoben worden, daß in leeren Samentaschen, zwischen den basalen Enden der Epithelzellen, rund- liche Kerne bemerkt werden können (Taf. XV, Fig. 13 k), welche wahr- scheinlich den Kernen in ihrer Eindringung begriffener Phagocvten ent- sprechen. Im Lumen gefüllter Samentaschen, unmittelbar oberhalb des degene- rierten Epithels, kann blasiges, körniges, mit Hämatem violett gefärbtes Secret und weiter drinnen die Masse der Spermien beobachtet werden (Taf. XV, Fig. 14 s ). Die Spermien dringen in das degenerierte Epithel in großer Zahl ein (Taf. XV, Fig. 15 s), und sie verleihen dem degenerier- ten Epithel ein Aussehen, wie es von durchkreuzenden Fasern gebildet worden wäre. Literaturverzeichnis. 1. Bergh, R. S., Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Geschlechts- organe des Regenwurmes. Zeitschr. wiss. Zool. Bd. XLIV. 1886. 2. Hertwig, R., Über physiologische Degeneration heim Actinosphaerium Eichorni. Festschrift Haeckel. Jena l‘J04. 3. Lang, A., Beiträge zu einer Trophocöltlieorie. Jena 1903. 4. Sajovi§, G., Anatomie, Histologie und Ersatz der Borstenorgane hei Lumbricus. Alb. zool. Inst. Wien. Bd. XVII. 1907. 5. Soös, L., Degeneration and phagoevtosis of the egg-cells of the Gastropods. Ann. Mus. Hiing. T. IX. 1911. 6. Szüts, A.. Adatok az edesvizi csoväjöfereg (Tubifex tubifex .Müll.) kivälasztö szer- veinek ismeretehez. (Beiträge zur Kenntnis der Excretionsorgane von Tubifex tubifex Müll.). Allattani Közlemenyek. B. VI. 1907. 7. — - Mikrotechnische Mitteilungen. Zeitschr. wiss. Mikroskopie. Bd. XXIX. 1912. 8. Etüde morphologicpie sur rArchaeodrilus dubiosus. Ann. Mus. Hung. T. XI. 1913. 9. Willem, V. et Minne, A., Recherches sui- l’excretion chez quelques Annelides. Mem. (’our. Acad. Sc. Belgique. T. LVIII. 1899. Archiv für Zellforschung Bd. XV. Verlag v Wilhelm Engi ai Tafel XV. |ann in Leipzig Lith-Anstv£ ATunke, Leipzig. Degenerationserscheinungen in d. Borstenbildungszellen usw. d. Lumbriciden. 309 Erklärung der Tafel XV, Sämtliche Figuren wurden nach einer Vergrößerung mit Zeiss Ocular Nr. 4 und Homogenimmersion 1,40 mit Zeichenapparat Abbe-Zeiss gezeichnet. Tubuslänge: 160 mm. Zeichenentfemung, nämlich Entfernung der Zeichenfläche vom oberen Ocular- rande: 174 mm. Die Fig. 1 — 12 stammen von Archaeodrilus dubiosus (Örley), die Fig. 18 — 16 von Eisenin rosea (Sav.). Fig. 1. Längsschnitt einer Borste nebst Follikelhals, sp = Spiralfasern; m = Borstenmuskelfasern. Fig. 2. Längsschnitt einer Borste in der Region des Follikelkörpers, k = klein- kernige Follikelzellen; m = Borstenmuskelfasern. Fig. 3. Borstenbasis. s = Tonofibrillen; Bz = Borstenbildungszelle; k = ihr Kern; r = Bindegewebsfasern. Fig. 4. Borstenbasis, k = Borstenbildungsfibrillen; p = Phagocytenkerne. Fig. 5. Chloragogenzellen vom Ventralteile des Darmsinus, b = Bacteroldzelle. Fig. 6. Chloragogenzellen vom Dorsalteile des Darmsinus. Fig. 7. Chloragogenzellen vom Dorsalgefäß. Fig. 8. Chloragogenzellen vom Typliolosolis. Fig. 9. Bacteroidzellen und Bacterien im Chloragogengewebe des Typhlosolis. b = Bacteroldzelle; i = Ringmuskelfasern des Darmes. Fig. 10. Ablösung der Blasen von Chloragogenzellen. Fig. 11. Chloragogenzellen mit der degenerierten, abgelösten Masse, p = Phago- cyten; e = Querschnitt des Dorsalgefäßes. Fig. 12. Degenerierte, abgelöste Substanz der Chloragogenzellen. k = Phagocyten- kerne. Fig. 13. Querschnitt der leeren Samentasche. Dreifachfärbung nach Apäthy. s = peritoneale Hülle mit Kernen; k = eingedrungene Phagocytenkerne; p = Secret. Fig. 14. Querschnitt der gefüllten Samentasche, a = Basalmembran; p = Phago- cyten; e = Blutgefäße; k = Kerne der peritonealen Hülle; s = Spermien. Fig. 15. Querschnitt der gefüllten Samentasche, n — Protoplasmagerüst im degenerierten Epithel; s = in das Epithel eingedrungene Spermien. Referate. Metz, Ch. W. Chromosome studies iu the Diptera. I. A prcliminary survry oi’ five different types of chronnsome groups in the genus Drosophila. Journ. of exper. Zool., Vol. 17, 1914, p. 45 —56, with diagrara a. 26 figures (plate). — Chromosome studies on the Diptera. II. The paired association of chromosomes in the Diptera. and its significance. Journ. of exper. Zool., Vol. 21, 1916. p. 213 — 262, with 8 plates. Chromosome studies on the Diptera. III. Additional types of chromosome groups in the Drosophilidae. Amer. Natur., Vol. 50. 1916. p. 587 — 599, with figures. Die Chromosomenverhältnisse der Dipteren sind im Gegensatz zu denen der Hemipteren, Orthopteren und Coleopteren bisher wenig untersucht worden. Die aus- gedehnten Vererbungsexperimente mit Drosophila, die Morgan und seine Schule seit einer Reihe von Jahren im Gange haben, ließen ein genaues Studium der cytologischen Grundlage als wünschenswert erscheinen. Metz, ein Schüler Morgans, untersuchte zunächst vergleichend die Chromosomengarnituren von 26 Arten der sehr formenreichen Gattung Drosophila, von 2 Arten der nahe verwandten Gattung Scaptomyza und von 1 Art — der einzigen bisher bekannten - — der Gattung Cladochaeta. Bei diesen 29 Droso- philiden stellte er 12 verschiedene Typen von Chromosomengarnituren (außer einigen Untertypen) fest, von denen 11 in der Gattung Drosophila Vorkommen. Der Typ mit der geringsten Chromosomenzahl weist 3 Paare auf — überhaupt die geringste, bisher bei höheren Fliegen beobachtete Zahl — , die Typen mit der größten 6 Paare. Es lassen sich 5 Formen von Chromosomen unterscheiden: große, V-, U- oder hantelförrcig ge- staltete Chromosomen, ungefähr halb so große stabförmige, gerade Elemente, dann kurze, gekrümmte und sehr kleine, kugelförmige Elemente sowie die Geschlechts- chromosomen. Typ A, die am häufigsten vorkommende Garnitur, findet sich bei 12 Drosophila- Arten und bei 1 Scaptomyza- Art; er besteht aus 4 Paaren: 2 Paar hantel- förmigen, 1 Paar kugeligen und 1 Paar Geschlcchtschromosomen. Die Geschlechts- chromosomen sind kurze, gerade Elemente, beim Männchen ist das eine etwas kleiner als das andere. Typ B, bisher nur bei 1 Drosophila-Axt beobachtet, zeigt 3 Chromo- somenpaare: 2 Paar hantelförmige Chromosomen, von denen 1 Paar sich durch be- sondere Größe auszeiclmet, 1 Paar ähnlich wie beim Typ A gestaltete Gcschlechts- chromosomen. 6 Chromosomenpaare finden sich bei 3 Typen, von denen die Typen F und I besonderes Interesse verdienen. Typ F, die zweithäufigste Garnitur, ist für 6 Drosophila- Arten charakteristisch. Außer 1 Paar kleiner, kugeliger Chromosomen sind 5 Paar größere, gerade vorhanden, von denen 1 Paar die Geschlechtschromosomen sind. Typ I unterscheidet sich von F nur durch die Geschlechtschromosomen; während diese bei F kurze, gerade, auch beim Männchen morphologisch kaum differente Elemente sind.^sind sie bei I im weiblichen Geschlecht beide hufeisenförmig, im männlichen ist ein hufeisenförmiges und ein kurzes, gerades vorhanden. Die Chromosomengarnitur I besitzt nur Drosophila repleta, jedoch auch nur eine »Varietät« dieser Spezies, die andern Individuen gehören zum Typus F. Die Existenz dieser beiden »\ arietäten« von Droso- phila repleta ist um so auffälliger, als sich beide nicht kreuzen lassen, obwohl beide Formen morphologisch kaum zu unterscheiden sind. Zu den Vererbungsexperimenten wurde bisher fast ausschließlich die zum Typus A gehörige Drosophila ampelophila benutzt. Entsprechend den 4 Paaren von Cliromo- Referate. 311 somen fanden Morgan und seine Schüler 4 Gruppen von unabhängig voneinander mendelnden Erbfaktoren, und entsprechend der Größe der einzelnen Paare sind drei große und eine kleine Faktorengruppe — letztere lokalisiert in den kleinen, kugeligen Chromosomen — vorhanden. Die Faktoren für die geschlechtsgebundenen Eigen- schaften bilden eine Gruppe und sind in den Geschlechtschromosomen lokalisiert. Neuerdings haben Morgan und seine Schüler ihre Vererbungsexperimente auf Droso- pliil i repleta ausgedehnt. Ist die von Morgan vertretene Chromosomentheorie der Vererbung richtig, so müssen sich bei dieser Spezies 6 selbständig mendelnde Faktoren- gruppen nachweisen lassen. Eine zum Typus B gehörige Spezies kann hingegen nur 3 Gruppen besitzen. In seiner ersten Mitteilung versuchte Metz, die verschiedenen Typen in eine phylogenetische Reihe zu bringen, die Fortsetzung seiner Untersuchungen führte ihn jedoch zu dem Resultat, daß derartige Versuche vorläufig verhüllt sind. In der zweiten Studie wird die bereits von Miß Stevens — sie untersuchte als erste die Chromosomenverhältnisse mehrerer Dipteren — beobachtete Erscheinung behandelt, daß bei den Dipteren die Chromosomen in den somatischen wie in den gene- rativen Zellen eine paarweise Anordnung zeigen. Jüngst ist diese Erscheinung von Miß Taylor und Lomen für Culex genauer beschrieben worden. Diese führen beide die paarweise Anordnung der Chromosomen nicht auf eine Vereinigung von je zwei Chromosomen zurück, sondern auf eine vorzeitige Spaltung der Mutterchromosomen in je zwei Tochterchromosomen; bereits in der Anaphase soll sich jedes Chromosom spalten, im Ruhekern sollen die beiden Spalthälften selbständig, aber in enger Verbindung bleiben, um dann bei der nächsten Teilung in der Metaphase auseinanderzuweichen. Die somatischen Zellen von Culex enthalten nach ihrer Ansicht ebenso wie die Geschlechts- zellen die haploide Chromosomenzahl. Diesen Anschauungen tritt Metz entgegen. Er untersuchte das Verhalten der Chromosomen bei ca. 80 Dipterenspecies (35 Genera, 15 Familien, von den niedersten bis zu den höchsten). Für alle ist die paarweise Anordnung der Chromosomen, und zwar in allen Zellen und auf allen Stadien der Entwicklung, charakteristisch; cs wurden z. B. untersucht: embryonales Gehirn, Augen, Malpighische Gefäße, Flügelanlagen, Hoden, Ovarien, verschiedene Stücke einzelner Gewebe von Larven und Puppen auf verschiedenen Stadien, Schnitte durch ganze Embryonen. Metz betrachtet die somatischen Zellen der Dipteren und die Geschlechtszellen vor den Reifungsteilungen als diploid. Die Paare sind nicht Tochterchromosomen, sondern homologe Elemente, d. h. die einander entsprechenden väterlichen und mütter- lichen Chromosomen sind assoziiert. Daß die Ansicht von Taylor und Lomen unrichtig ist, beweisen die folgenden Beobachtungen: 1. Die Zahl der Chromosomenpaare in den somatischen Zellen ist gleich der Zahl der einzelnen Chromosomen in den reifen Ge- schlechtszellen. Durch die Befruchtung entsteht eine diploide Gruppe, in der die Ele- mente zweier haploider Gruppen paarweise assoziiert sind. Ein Eliminationsprozeß, durch den die Hälfte der Chromosomen ausgestoßen und so die diploide Gruppe nach der Befruchtung wieder in eine haploide umgewandelt wird, findet, soweit bekannt, nicht statt. Ebensowenig lassen sich Tatsachen anführen, die eine paarweise Ver- schmelzung der Chromosomen nach der Befruchtung wahrscheinlich machen. 2. Wenn die diploide Gruppe nicht aus Paaren bestände, sondern aus univalenten Doppelchromo- somen, so müßten die Elemente eines Paares in der Metaphase bei polarer Aufsicht übereinander liegen, und in der frühen Anaphase müßten Einzel Chromosomen an die Pole wandern. Beides ist nicht der Fall; die beiden Elemente eines Paares liegen neben- einander, beide spalten sich längs und wandern paarweise an die Pole. 3. Ein weiterer Beweis für die diploide Natur der Paare sind die im männlichen Geschlecht bei vielen 312 Referate. Species differenten Geschlechtschromosomen: das X-Chromosom ist häufig doppelt so groß wie das Y-Chromosom. Die paarweise Gruppierung der Chromosomen geht wahrscheinlich bereits während der Befruchtung und vor der ersten Furchungsteilung vor sich. In den frühesten be- obachteten Stadien (Bildung des Blastoderms nach der Wanderung der Furchungskerne an die Oberfläche) war sie bereits erfolgt. Auch in den Ruhelcernen bleiben die Paare anscheinend vereinigt. In den frühesten und den spätesten Stadien der Teilung ist die Vereinigung am innigsten. In der frühen Prophase beobachtet man regelmäßig Erschei- nungen, die stark an die synaptischen Phänomene, wie sie für die reifenden Geschlechts- zellen charakteristisch sind, erinnern. Am lockersten sind die Paare in der Metaphase vereinigt, doch kommen größere Dislokationen im allgemeinen nur gelegentlich vor. Hin und wieder wurden tetraploide (oder multiploidc) Gruppen gefunden; homologe und Tochterchromosomen lassen sich in diesen nicht unterscheiden. April 1917. Nachtsheim (München . Mohr, Otto L. Mikroskopische Untersuchungen zu Experimenten über den Einfluß der Radiumstrahlen und der Kältewirkung auf die Chromatinreifung und das Heterochromosom bei Decticus verrucci- vorus (<£). Arch. f. mikr. Anat. Bd. XCII, I. 1919. S. 300— 368. Der Verf. geht von der Frage aus: Wäre es möglich, durch äußere Faktoren das Chromosomenbild der Geschlechtszellen zu verändern? Bekannt ist, daß Radium die Geschlechtszellen beeinflußt und zwar namentlich die Teilungsstadien. Die Reifungs- zellen müßten wohl für die Strahlenwirkung exquisit sensibel sein. Sind Geschlechts- chromosomen vorhanden, so könnte sich zeigen, daß sie für die Strahlenwirkung empfind- licher sind, als die Autosomen und es wäre denkbar, daß bei schwacher Dosierung der Strahlen nur das Heterochromosom zugrunde ginge und lauter Männchen entstehen würden. Drei Männchen von der Locustide Decticus werden der Strahlenwirkung verschieden lang ausgesetzt und die Hoden hierauf geschnitten. Es ergibt sich, daß die Zellteilungs- stadien keine besondere Sensibilität besitzen. Erst bei wiederholter Bestrahlung werden die Spermatogonien und die Spermatoevten vom Bukett an geschädigt. Ganz außer- ordentlich empfindlich aber sind die jüngsten Spermatocyten bis zum Leptotän und Diplotän. Sie verfallen einer pyknotischen Degeneration. Nur bei stärkerer Bestrahlung zeigt sich eine Wirkung an den Reifungsteilungen und zwar in Unregelmäßigkeiten in der Chromosomenverteilung. Es entstehen liypo- und hyperchromatische Spermien. Das Heterochromosom verhält sich genau wie die Autosomen und zeigt auch dieselben Störungen bei der Äquationsteilung, d. h. es geht ausnahmsweise ungeteilt in eine Sper- matide. Das muß zu Embryonen führen mit 3 X-Chromosomen. Da dadurch mehr Spermatiden ohne X-Chromosom entstehen, so ergäbe sich ein Männchenüberschuß, wenn der Fall häufiger wäre. Um die Frage zu untersuchen, ob die elektive Störung eines bestimmten Ent- wicklungsstadiums der Geschlechtszellen für die Radiumbestrahlung spezifisch ist oder ob im allgemeinen diese Entwicklungsstufe für äußere Faktoren empfindlich ist, machte der Verfasser noch Kälteexperimente. Diese wirken im selben Sinne wie die Radium- bestrahlung, genau dieselben Stadien zeigen Degeneration, doch schwächere. Die Reifungs- teilungen bleiben normal. j. Seiler (Berlin). Studien über den Dimorphismus der männlichen Geschlechtselemente bei den Prosobranchia. II. Die Spermatogenese von Cerithium vulgatum L. Von S. Kuschake witscli. (Zoologisches Laboratorium der Universität Kiew.) Mit Tafel XVI — XIX und 7 Textfiguren. Material und Untersuchungsmethoden. Das Material für die vorliegende Untersuchung wurde hauptsächlich von mir selbst auf der Zoologischen Station Neapel im Frühjahr (April und Mai) der Jahre 1909 und 1910 gewonnen. Da ich aber nachträglich mit andern Methoden konserviertes Ergänzungsmaterial brauchte, so bat ich meinen Freund Dr. F. Baltzer, der zu dieser Zeit (Frühjahr 1913) in Neapel weilte, mir in dieser Hinsicht behilflich zu sein. Für den mir so bereitwillig geleisteten Beistand spreche ich ihm meinen verbindlichen Dank aus. Ebenso bin ich der Administration der Zoologischen Station Neapel für die liebenswürdige Erlaubnis, bei dieser Gelegenheit Material und Reagentien zu benützen, sehr dankbar. Für das Fixieren habe ich die folgenden Flüssigkeiten verwandt: 1. Hermann, stark oder halb verdünnt. Resultate insofern mangelhaft, als gewöhnlich eine bedeutende Kontraktion des Zellkörpers stattfindet. 2. Flemming stark oder halb verdünnt. Lieferte gute mikroskopische Bilder, fixierte befriedigend die Sphärosomen, die Plastosomen dagegen nur ausnahmsweise. 3. Carnoy. Das Gemisch hat sich in diesem Fall als sehr nützlich erwiesen. Die Plastosomen und in der Regel auch die Sphärosomen werden gänzlich aufgelöst, die chromatischen Figuren da- gegen sehr schön erhalten. Die bedeutende Schrumpfung des Zelleibes vollzieht sich gewöhnlich gleichmäßig, so daß die mikroskopischen Bilder dadurch nicht beeinträchtigt werden. 4. 1% 0s04 1 St. lang) und nachträgliche Behandlung mit 10% Pyrogallolsäure (nach Bolles Lee, Archiv f. Zellforschung. XV. 21 314 S. Kuschakewitsch s. Faure-Fremiet 1910, S. 503). Die Konservierung der Zellen ist aus- gezeichnet, die Kontraktion der Elemente minimal. Die Plastosomen und Sphärosomen werden vortrefflich erhalten und durch eine nachträgliche Färbung mit E.H. scharf hervorgehoben. Eine Vorbehandlung der Schnitte mit einer schwachen Lösung von H202 hat sich für die Färbbarkeit dieser Bestandteile höchst günstig erwiesen. Das Chromatin läßt sich dagegen nach der Anwendung der LEESchen Fixierungsmethode nur während der Mitose scharf genug färben. Bei dem Einbetten in Paraffin verwandte ich als Vorharz Chloroform. Die Dicke der Schnitte schwankte zwischen 10 und 2 i . Für die Färbung der Schnitte verwandte ich besonders häufig 1. Eisen- hämatoxylin nach M. Heidenhain, teilweise mit einer darauffolgenden Nachfärbung mit Lichtgrün, Kongocorynt, S-Fuchsin oder Eosin. 2. Car- minfärbungen, hauptsächlich Carmalaun, Nachfärbung mit Bleu de Lyon. 3. Dreifache Färbung nach Flemming (nach Fixierung mit dessen Mischung) 4. Dreifache Färbung nach Biondi (beim Fixieren nach Cärnoy). 5. Dela- FiELDSches Hämatoxylin, Nachfärbung mit Eosin. 6. Magenta-Pikroindigo- carmin (nach der FLEMMiNGSchen Flüssigkeit). Es wurden noch viele andere Fixierungs- und Färbungsmethoden probiert, die aber entweder nur mangelhafte Resultate ergaben oder sich als überflüssig erwiesen. Es sei hier z. B. erwähnt, daß die BENDASche bzw. MevesscIic Methode zur Darstellung der Plastosomen bei meinem jetzigen Objekte vollständig versagten. Die Entwicklung der Samenkörper. Das Keimepithel. Das Keimepithel (Fig. 1) der Samenschläuche, das von außen durch eine ziemlich beträchtliche, bindegewebige, faserige Hülle mit zerstreut darin liegenden länglichen, chromatinarmen Kernen ( Bg ) bekleidet wird, präsentiert sich als eine dünne Schicht, die aus folgenden Elementen besteht: 1. Kleine Zellen ( Sg ), die stellenweise auch hügelartige Anhäu- fungen bilden können und als Spermatogonien aufzufassen sind. 2. Größere Elemente (»Sei) — junge Spermatocyten 1. Ordnung. 3. Ebenfalls be- trächtliche Zellen ( Nz ), die als Nährzellen gelten dürfen. Zwischen der 1. und der 3. Kategorie dieser Elemente sind alle Übergänge zu beobachten, so daß in unsrem Falle die Nährzellen zweifelsohne aus Spermatogonien entstehen können. Sogenannte «indifferente« Zellen waren bei erwach- senen Cerithien nicht zu beobachten (vgl. meine Arbeit von 1913, 5. 278-279). Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 315 Die Nährzellen sind an ihrem chromatinärmeren Kerne mit netz- förmigem Gerüst leicht zu erkennen. Durch die BioNDi-Färbung lassen sich dabei gewöhnlich nur schwache Spuren von Basichromatin nach- weisen. Die Nucleolen (zwei in den definitiven Nährzellen, Fig. 2, eine in den vor kurzem gebildeten, Fig. 1 Nz) sowie das im Kerne ausgebreitete Netz nehmen einen rötlichen Ton an. Im Plasma der Nährzellen sind folgende Bestandteile nachweisbar. a) Kleine siderophile Körnchen, die in großer Zahl vorhanden sein können und bald zusammengedrängt, bald etwas zerstreut liegen können. Ob es sich um multiple Centriolen handelt, läßt sich nicht entscheiden. Nach der Behandlung mit der Osmium-Pyrogallolmethode lassen sich ferner b) die Plastosomen darstellen, die in Form von kurzen, an einer Stelle gesammelten Chondriomiten bzw. Mitochondrien auftreten (Fig. 3). Irgendwo in der Nähe kann man in günstigen Fällen auch c) eine Anzahl von kurzen, gebogenen Stäbchen sehen, die wahrscheinlich den Sphäro- somen entsprechen (Fig. 3). Hier und da, wenn auch selten, werden Teilungsstadien getroffen (Fig. 4—8). Der Größe der in Teilung begriffenen Elemente nach zu urteilen, behalten auch die erwachsenen Nährzellen die Fähigkeit, sich mitotisch zu vermehren, was z. B. bei Vermetus nicht der Fall ist. Die Vermehrung der Spermatogonien. Die Spermatogonien sind kleine, immer an der Peripherie des Samenschlauchlumens sich befindende Elemente. Vergleicht man viele in Teilung begriffene Spermatogonien auf dem Stadium der Äquatorial- platte untereinander, so. überzeugt man sich, wie deren Größe variiert. Augenscheinlich handelt es sich um verschiedene aufeinander folgende Generationen, die aber nicht näher zu bestimmen sind. Allerdings läßt sich annehmen, daß die größeren Spermatogonien älteren, die kleineren jüngeren Generationen angehören. Wenigstens werden beträchtliche Gruppen von synchronisch sich teilenden Spermatogonien aus kleinen Elementen zusammengesetzt. Sonst lassen sich aber keine Unterschiede an den ruhenden sowie in Teilung begriffenen Spermatogonien verschie- dener Generationen bemerken. Im Kerne der ruhenden Spermatogonien (Fig. 9 und 10) konnte ich nie das Stadium des zerstäubten Chromatins auffinden. Außer dem Nucleolus von veränderlicher Größe sind einzelne, kurze, stark geschlän- gelte Fäden sichtbar, deren verschiedenartig gerichtete Abschnitte bei 21* 316 S. Kuschakewitsch oberflächlicherer Betrachtung leicht den Eindruck von Verdickungen oder Körnchen machen können. Die Zalil dieser chromatischen Elemente läßt sich nicht feststellen. Die herannahende Mitose wird in den Spermatogonien dadurch ge- kennzeichnet, daß die obengenannten Chromatinfädchen kürzer und dicker werden (Fig. 11). Dann verwandeln sie sich in unregelmäßige Blöcke, die die Kernperipherie einnehmen und untereinander durch dünne, chroma- tische Züge verbunden sind (Fig. 12). Auch jetzt ist es unmöglich, diese Elemente zu zählen, doch scheint es so gut wie sicher zu sein, daß ihrer weniger als zwanzig sind. Sie können also nicht ohne weiteres für Pro- chromosomen gelten, da die Zahl der Chromosomen der ungespaltenen Äquatorialplatte etwa 30 beträgt (Fig. 13). Der weitere Verlauf der Spermatogonienteilung, deren feinere Einzelheiten sich wegen der Klein- heit der Elemente nicht weiter analysieren lassen, wird durch die Fig. 14 bis 23 veranschaulicht. Über das Verhalten der Plasmabestandteile habe ich folgendes zu berichten. In den ruhenden Spermatogonien ist ein Idiozom, von einer Sphärotheca bedeckt, an der Stelle der maximalen Plasmaanhäufung zu finden (Fig. 9). Die Anwesenheit eines Centriols in seinem Inneren konnte ich nicht nachweisen. In der Nähe, aber etwas abseits davon, findet sich eine Anhäufung von Mitochondrien. Während der Teilung ist weder das Idiozom noch die Sphärotheca zu sehen. Dagegen treten manchmal auf verschiedenen Stadien der Mitose kurze Stäbchen im Plasma auf (Fig. 15), die sich zwischen den beiden Tochterzellen zu verteilen scheinen (Fig. 19). Nach der Analogie mit den Erscheinungen, die während der Beifeteilungen der Spermatocyten zu beobachten sind, ist wohl anzunehmen, es handle sich hier um Sphärosomen, die von der ursprünglichen Sphärotheca des Centralapparates stammen. Während der Teilung erscheinen die Plastosomen in Form von langen Fäden (Plastokonten), die wahrscheinlich in der Regel der Quere nach halbiert und auf die beiden Tochterzellen verteilt werden (Fig. 16, 18, 20). Während sich die Kerne zu den noch durch eine »Koppel« verbun- denen Tochterzellen rekonstruieren, ist in den Plasmabereichen, die der ehemaligen Äquatorialgegend der Mutterzelle entsprechen, bisweilen je ein Körperchen zu sehen (Fig. 21, 23), das sichtbar größer ist als die ge- wöhnlich gleichzeitig nachweisbaren Centriole. Über die vermutliche Natur dieser Gebilde werde ich mich später aussprechen. Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 317 Die typische Reihe (Fig. 24 — 112; 150—157). Die Wachstums- und Reifungsperiode (Fig. 24 — 98). Wie auch sonst, lassen sich die soeben gebildeten Spermatocyten 1. Ordnung in nichts von den ruhenden Spermatogonien unterscheiden (Fig. 9, 10). Die Wachstumsperiode wird durch die Vergrößerung des Zellkörpers und des Kernes eingeleitet (Fig. 24—26). Zunächst werde ich von den Umwandlungen des Sphärosoms sowie der Plastosomen absehen, um diese am Ende des Abschnittes zu behandeln. Die gewundenen, fadenförmigen, chromatischen Elemente des Kernes verlängern sich beträchtlich und werden dabei merklich dünner (Fig. 24 bis 26). Das Bild des Kerninneren wird dabei so verwickelt, daß es nun- mehr unmöglich ist zu entscheiden, ob diese Elemente ihre Selbständigkeit bewahren, oder einen einzigen vielfach zusammengelegten Faden bilden (leptotenes Stadium). Auf den ersten Stadien der Wachstumsperiode sind manchmal zwei Nucleoli (Fig. 24), auf den’späteren immer nur einer zu sehen. Nach Biondi werden diese Gebilde deutlich rot gefärbt, sind also als Plastinnucleoli zu betrachten. Bald wird die maximale Größe von der Spermatocyte erreicht, wobei die Kernplasmarelation sich augenscheinlich zugunsten des Plasmas ver- schiebt (Fig. 28). Das Kerninnere ist von einem nicht mehr geschlängelten Faden (bzw. einer Anzahl solcher) in allen Richtungen durchzogen. Stellen- weise ist ein paralleler Verlauf von zwei benachbarten Abschnitten des Chromatinfadens nicht zu verkennen (Fig. 28). Auf dem nächsten Sta- dium (Fig. 30, 31) erscheint das chromatische Fadenwerk deutlich seg- mentiert, wobei eine paarweise »parallele« Anordnung der Segmente zu- tage tritt. Es ist dabei zu bemerken, daß zwischen den beiden »parallelen« Segmenten auf diesem Stadium immer eine beträchtliche Entfernung besteht, wie man sich in zweifelhaften Fällen durch das Betasten des Kernes mittels der Mikrometerschraube überzeugen kann. Später (Fig. 33, 34) sieht man die Nachbarfäden jedes Paares näher an- einander treten und sich streckenweise fast berühren. Zugleich fangen zuerst einzelne Paare an, sich gegenseitig zu umflechten (Fig. 33), dann breitet sich dieser Vorgang auf alle Doppelelemente aus, wobei diese eine deut- liche Orientierung in der Richtung der Längsachse der Zelle aufweisen (Fig. 34). So wird allmählich das Bouquetstadium vorbereitet. Dieses Stadium ist in ausgebildetem Zustand in Fig. 35 abgebildet. Die freien Enden der Chromatinschleifen sind, wie gewöhnlich, zur Stelle der maximalen Plasmaanhäufung gerichtet. Bei aufmerksamer Betrach- tung ist ihre Zusammensetzung aus zwei dicht zusammengeflochtenen 318 S. Kuscliakewitscli Fäden leicht zu erkennen, wie es unlängst von Lee (1911) und von Demoll (1912) für die Spermatocyten von Helix beschrieben wurde. Wie der belgische Forscher, konnte auch ich beträchtliche Unterschiede in der Länge der einzelnen Schleifen konstatieren. Ein acidophiler Nucleolus ist meistens noch vorhanden, fehlt aber in einigen Fällen, sowie auf den nächsten Stadien. Indem die Chromatinelemente ihre Orientierung noch teilweise be- halten, wird der innige Verband zwischen den beiden gepaarten Seg- menten gelöst, das Stadium der Diakinese tritt auf. Die Chromatinele- mente werden kürzer und entsprechend dicker, weisen aber eine Zeitlang die Form von sanften Spiralen auf; an ihrer Oberfläche werden dornartige Auswüchse sichtbar (Fig. 37, 38). Bald darauf (Fig. 39—41) nehmen sie allmählich die Form glatter Chromatinstäbchen an, die, paarweise grup- piert, zum Teil ihren Partnern gegenüber parallel verlaufen, zum Teil mit ihnen X-förmige Komplexe bilden. Ich mache hier auf die Fig. 41 aufmerksam. Man sieht im Plasma der Spermatocyte, nicht weit von der Kernmembran, ein kleines läng- liches Körperchen, dessen Herkunft ich mit Sicherheit nicht Lststellen konnte. Bei der Anwendung der BiONDi-Färbung wird es rot tingiert, allerdings in einigen Fällen mit einem unverkennbaren Stich ins Grüne. Besonders gut läßt sich das Vorhandensein dieses Gebildes auf Prä- paraten nachweisen, die nach Carnoy fixiert waren. Die Fig. 43—45 veranschaulichen die weitere Ausbildung der Chromo- somen der ersten Keifeteilung. Die Chromatinelemente werden zu kurzen dicken Stäbchen, die immer zu zwei vereinigt, entweder nur durch einen schmalen Spalt getrennt parallel verlaufen, oder V-förmige Pärchen bilden. Auf der Fig. 45 ist wieder der kleine chromatische Körper zu sehen, von dem ein langer Faden zur Kernmembran zieht. Das Kernvolumen wird beträchtlich kleiner (Fig. 46, Äquatorial- schnitt), dann löst sich die Kernmembran und die Chromosomen liegen nun frei im Plasma (Fig. 50). Seltener sieht man dabei Paare von parallelen Stäbchen, meistens V-förmige Doppelchromosomen, unter ihnen viele, deren Schenkel annähernd einen Winkel von 180° bilden. Endlich sind auch Chromosomen zu finden, deren Doppelnatur nicht mehr nachzu- weisen ist. Ein sorgfältiges Studium vieler solcher Bilder hat es für mich höchst wahrscheinlich gemacht, daß folgender Vorgang hier stattfindet: Ursprünglich nebeneinander (parallel) gelegene Elemente werden nach- einander (serial) angeordnet. Die ausgebildeten stäbchenförmigen »Chro- mosomen« (eigentlich Doppelchromosomen), deren doppelte Natur gar nicht mehr nachzuweisen ist, lassen sich also, meiner Auffassung gemäß, Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschieclitselemente b. d. Prosobranchia. II. 319 der Quere nach in zwei Hälften zerlegen, die den beiden parallel verlaufen- den Fäden der früheren Stadien entsprechen. Die fertigen »Chromosomen« bilden eine Zeitlang eine dichte An- häufung in der Mitte der Zelle. Dabei läßt sich in günstigen Fällen das chromatische Körperchen irgendwo abseits entdecken (Fig. 51). Bald darauf ordnen sich die Chromosomen zu einer Äquatorialplatte (Fig. 52 bis 55). Auf diesem Stadium sind schon chromatoide Körperchen zu finden, die mit einem der Chromosomen durch eine Faser verbunden sind (Fig. 53). Dicht vor dem Beginn der Metaphase sind die »Chromosomen« parallel der Spindelachse orientiert (Fig. 54). Die Metaphase ist auf den Fig. 56—60 abgebildet. Es findet dabei eine Durchschnürung der Chromosomen in der Äquatorialebene statt, wobei hantelförmige Figuren zutage treten. Dieses Stadium scheint von längerer Dauer zu sein, da entsprechende Bilder sehr häufig getroffen werden. In erster Linie sind die Verhältnisse des chromatoiden Körper- chens hervorzuheben. Zuerst liegt es gewöhnlich genau in der Äquatorial- ebene, in einiger Entfernung von der Spindelfigur (Fig. 57). Dann sieht man es irg ndwo einem der Spindelpole genähert. Dabei erscheint es mit einem Chromosomen durch einen deutlichen Faden verbunden (Fig. 58). Bald geht aber diese Verbindung verloren, dafür aber zieht eine deutliche Faser vom Centriol zum chromatoiden Körperchen (Fig. 59, 60). Auf der Fig. 63 ist die Anaphase der ersten Reifeteilung abgebildet. Es ist dabei auf die häufig vorkommende verspätete Teilung eines »Chro- mosoms« hinzuweisen. Das Stadium der Tochterplatten ist das einzige, wo man die Chromo- somenzahl mit Sicherheit bestimmen kann. Es wurden viele entsprechende Zählungen an solchen Zellen ansgefiihrt, deren beide Tochterplatten in einem dickeren Schnitte liegen und deren Teilungsfigur sich in Polansicht präsentiert. Zwei Tochterplatten, die einer solchen Zelle angehören, sind auf der Fig. 64 a und 64 h zu sehen. Jede enthält 16 Chromosomen. In der Nähe einer von ihnen liegt ein doppeltes chromatoides Körperchen, mit einem Chromosom durch eine dünne Faser verbunden (Fig. 64 a ). Eine Spermatocyte auf demselben Stadium ist in Seitenansicht auf der Fig. 65 dargestellt. Ein einfaches, frei liegendes chromatoides Körperchen ist unweit einer der 'Tochterplatten sichtbar. Nach dem Stadium der Tochterplatten rücken die Chromosomen dicht zusammen, die Durchschnürung des Zelleibes fängt an (Fig. 67—70). Das chromatoide Körperchen geht in eine der beiden Tochterzellen (Sper- matocyte 2. Ordnung) über. Auf den Fig. 71 und 72 ist die Zellteilung voll- endet. Die Fig. 73 und 74 veranschaulichen die beginnende Rekonstruk- 320 S. Kuschake witsch tion der Tochterkerne. Zuerst sieht man im Inneren des wiederhergestellten kleinen Kernbläschens gröbere, längere Chromatinkörper mit dornigen Auswüchsen (Fig. 73). Dann zerfallen diese in eine größere Zahl von kleineren Elementen (die Chromosomen, Fig. 74). Das chromatoide Körperchen liegt im Plasma und ist stets nur in einer der beiden durch einen Spindelrest verbundenen Spermatocyten 2. Ordnung vorhanden. Der Umfang des Kernes nimmt bedeutend zu (Fig. 75, 76), die Chro- mosomen erscheinen in manchen Fällen deutlich der Länge nach gespalten (Fig. 77). Im Plasma erscheinen zwei Centriolen, von denen Fasern zum Kerne ausstrahlen (Fig. 78). Dann wird die Kernmembran aufgelöst, der Chromosomenhaufen liegt mitten im Plasma, die in Bildung begriffene Teilungsspindel findet sich daneben (Fig. 79). Die ausgebildete Äquatorialplatte ist auf den Fig. 80—84 in Seiten- ansicht, auf der Fig. 85 in Polansicht zu sehen. Im letzteren Falle scheint sie unregelmäßig ringförmig zu sein, da die Chromosomen die Peripherie der Teilungsfigur einnehmen. Das chromatoide Körperchen scheint bald frei in der Xähe der Äquatorialplatte zu liegen (Fig. 85), bald ist es mit einem Chromosom (Fig. 80) bzw. einer der Centriolen (Fig. 82), oder mit beiden (Fig. 81) mittels eines Fädchens verbunden. Die feineren Vorgänge in den Chromosomen lassen sich nicht beobachten. In der Metaphase treten dieselben biskuit- bzw. hantelförmigen Paare von Tochterchromosomen auf, wie bei der ersten Reifeteilung (Fig. 86). Die Änaphase der zweiten Reifeteilung ist durch die Fig. 87—90 illustriert. Wie die Fig. 89 und 90 zeigen, wo die Ächse der Teilungsfigur nicht ganz horizontal verläuft, bleibt die Anordnung der Chromosomen in den Tochterplatten eine ring- bzw. halbringförmige. Das chromatoide Körperchen ist bald irgendwo in der Äquatorialgegend (Fig. 89), bald in der Xähe einer der Tochterplatten (Fig. 90) oder eines der Pole (Fig. 87) zu treffen. In den letzteren Fällen ist es häufig mit einem der Chromo- somen (Fig. 91) oder mit der Centriole (Fig. 87) verbunden. Telophasen sind auf den Fig. 93 und 94 abgebildet. Auf der letzteren ist das chroma- toide Körperchen in der Xähe eines der beiden Chromosomenhäufchen zu finden. Auf den Fig. 95 und 96 ist die Zellteilung soeben vollzogen, die Kerne präsentieren sich als Chromatinballen, in denen keine feinere Struktur zu unterscheiden ist. Ein chromatoides Körperchen ist regel- mäßig nur in einer der beiden durch eine »Zellkoppel« verbundenen Spermatiden nachzuweisen (Fig. 95). Etwa in der Hälfte der Fälle tritt bei der zweiten Reifeteilung das chromatoide Körperchen überhaupt nicht auf, was auch begreiflich ist, da nur je eine der beiden Schwesterspermato- eyten 2. Ordnung ein solches besaß. Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 32 1 Die Statosphäre1). In den ruhenden kleineren Spermatocyten 1. Ordnung erscheint der Centralapparat (nach Behandlung mit Osmium- gemischen und Färbung mit E.H.) in Form eines runden, grau gefärbten und beinahe homogenen Idiozoms, welches von einer schwarzen Kapsel (Sphärotheca) umgeben ist (Fig. 24, 25). Die letztere erscheint im optischen Schnitte ringförmig. Auf diesen Stadien gelingt es nicht, mit der obigen Methode die Centriole im Inneren des Idiozoms nachzuweisen, wohl aber im Material, welches mit Carno y fixiert war. Die Statosphäre macht keine typischen, gesetzmäßigen Veränderungen während der Wachstumsperiode durch. Manchmal erscheint sie noch auf dem Stadium der Diakinese in ihrer ursprünglichen Form, d. h. mit einer ununterbrochenen Sphärotheca (Fig. 37). Gewöhnlich aber zerfällt diese schon viel früher in einzelne Sphärosomen, welche öfters in Form von Kalotten die ganze Oberfläche des kugeligen Idiozoms zu bekleiden schei- nen (Fig. 32, 36; auf den Abbildungen ist der äquatoriale, optische Schnitt durch die Statosphäre dargestellt). In andern Fällen kommen zwischen den Sphärosomenrändern unbedeckte Strecken der Idiozomoberfläche zum Vorschein (Fig. 28, 29). Meistens aber erscheint das nunmehr unregel- mäßige Idiozom größtenteils nackt; nur kleinere Vorsprünge desselben werden von kalottenartigen Sphärosomen bedeckt (Fig. 31, 35). Es ist zu bemerken, daß im letzteren Fall die Sphärosomen die Neigung zeigen, sich um das Idiozom herum in einer Ebene anzuordnen, die zur Haupt- achse der Spermatocyte senkrecht ist. Bei geeigneter Färbung sind zwei Centriolen im Inneren des Idiozoms auf allen Stadien der Wachstums- periode zu entdecken (Fig. 31, 33, 35, 43). Manchmal erscheint das Sphärosom in zwei (Fig. 34) oder mehrere Teile zerfallen. In seltenen Fällen scheinen die Sphärosomen auch in jüngeren Auxocyten die Form von kleinen Stäbchen anzunehmen (Fig. 26). Auch auf den letzten Stadien der Chromosomenausbildung bleibt die Statosphäre erhalten, solange die Kernmembran persistiert (Fig. 43, 49). Wenn die Äquatorialplatte der ersten Reifeteilung ausgebildet ist, sind die Centriolen an den Spindelpolen sichtbar, vom Idiozom ist aber meistens nichts zu entdecken. Die Sphärosomen erscheinen in günstigen Fällen als eine Gruppe von kleinen Stäbchen, welche unweit von der Äquatorialebene frei im Plasma liegen (Fig. 54). Da jetzt die stäbchen- förmigen Sphärosomen zahlreicher als die früheren kalottenförmigen sind, D Wegen der in diesem Abschnitte benützten Nomenklatur siehe meine vorher- gehende Arbeit (1913), besonders das Kapitel: Der Nebenkern der Pulmonaten und seine Homologa. 322 S. Kuschakewitscli so ist -wohl anzunehmen, daß die letzteren in kleinere und dabei mehr lineare Elemente zerfallen. Ich möchte dabei aber hervorheben, daß ich, obgleich viel seltener, mitunter auf dem Stadium der Äquatorialplatte im Plasma zwei oder drei größere Idiozomreste von einer Sphäroteca umgeben fand (Fig. 55). Auf den späteren Stadien der Caryokinese sind Ansammlungen von kleinen stäbchenförmigen Sphärosomen an den Polen der Teilungsfigur zu entdecken (Fig. 67). In vielen Fällen liegen diese Elemente im Plasma zerstreut (Fig. 69). In den soeben entstandenen Spermatocyten 2. Ordnung behalten die Sphärosomen ihre Stäbchenform und sind bald locker gruppiert, bald sind sie regellos verteilt (Fig. 71, 73). Nachdem die Kerne herangewachsen sind, findet man gewöhnlich in den Spermatocyten dichtere Gruppen von einzelnen Elementen, die jetzt bogenförmig erscheinen (Fig. 75, untere Zelle, Fig. 76, 77). In Wirklichkeit handelt es sich, soviel ich mich über- zeugen konnte, um Gebilde, welche die Form von intermedionalen Ab- schnitten einer hohlen Kugel haben. Seltener ist statt dessen ein Idiozom mit einer Sphärotheca zu entdecken (Fig. 75, obere Zelle). Ob auch ein Centriol darin steckt, konnte ich nicht entscheiden. So sehen wir, daß während der Interkinese die (vielleicht unvollständige) Rekonstruktion der Statosphäre stattfindet. Während der Stadien der Äquatorialplatte, der Meta- und Anaphase der zweiten Reifeteilung sieht man meistens eine Gruppe von einzelnen bogenförmigen Sphärosomen irgendwo im Plasma liegen (Fig. 88). Sel- tener bleibt noch das Idiozom mit der Sphärotheca erhalten (Fig. 84). Später sind regelmäßig nur stäbchenförmige Sphärosomen in den Pol- gegenden zerstreut (Fig. 93). Solange die Schwesterspermatiden durch eine Zellkoppel vereinigt sind, läßt sich keine besondere Anordnung der Sphärosomen konstatieren (Fig. 95, 97, 98). Das Chondrio m. In den jungen Spermatocyten 1. Ordnung erscheint das Chondriom in Form von kleinen Plastochondrien, die irgendwo in der Nähe des Sphärosoms, aber nie um dieses herum, versammelt sind (Fig. 24, 25). Was die folgenden Stadien der Wachstumsperiode anbelangt, so können die Plastosomen auf denselben Stadien der Chromatinentwick- lung sehr verschieden aussehen, wobei keine zeitliche Gesetzmäßigkeit im Auftreten einzelner Chondriombilder zu entdecken ist. Bald treffen wir Ansammlungen von Körnchen, welche die Neigung aufweisen, zu keulenförmigen Gebilden zu werden (Fig. 35), bald sehen die Plasto- somen wie kurze, dicke Stäbchen (Fig. 29), bald wie dickere Plastokonten Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 323 aus (Fig. 27). In anderen Fällen haben wir einen dünnen, körnigen Faden, zu einem lockeren Knäuel zusammengelegt, vor uns (Fig. 32), oder wieder ' größere Kügelchen, die regellos angehäuft (Fig. 37) bzw. reihenweise geordnet und dabei teilweise verbunden (Fig. 42) sein können. Nur kurz vor der Auflösung der Kernmembran nehmen die Plasto- somen eine durchaus charakteristische Form an. Sie werden zu dicken fadenförmigen Gebilden, wobei die freien Enden jedes Fadens meistens einander genähert sind (Fig. 47—49). Auf diesem Stadium sehen die Fäden öfters rosenkranzförmig aus (Fig. 47, 48). Während der ersten Reifeteilung konnte ich zwei Typen von Plastokonten unterscheiden. Die einen sind dicker, haben geschwollene Enden und bilden meistens Schleifen in ihrem Verlauf (Fig. 62). Nachdem die Scheidewand zwischen den zwei Schwesterspermatocyten 2. Ordnung ausgebildet ist, kann man noch unter Umständen Plastokonten von diesem Typus sehen, die ununterbrochen durch diese Scheidewand ziehen (Fig. 72). Solche Bilder zeigen, daß jede Schwesterspermatocyte die Hälfte eines Plastokonten bekommt. Als Regel kann aber ein zweiter Plastokontentypus gelten. Diese Elemente erscheinen in Form geschlossener »Ringe«, die von einem langen, verhältnismäßig dünnen, wellig verlaufenden Faden gebildet sind. Schon auf dem Stadium der Äquatorialplatte bzw. in der Metaphase sind diese »Ringe « in der Richtung der Spindelachse ausgezogen (Fig. 61), was wäh- rend der Ana- und Telophase noch mehr zutage tritt (Fig. 66, 68). Sekun- däre Schleifen können von den ringförmigen Plastokonten gebildet werden (Fig. 66, rechts oben), so daß es manchmal sehr schwer erscheint, den ganzen Verlauf der letzteren zu verfolgen. Die Fig. 69 zeigt uns das Ver- halten der ringförmigen Chondriokontcn während der Durchschnürung des Zelleibes. Man kann sich hier überzeugen, daß jede Sehwesterzelle die Hälfte jedes einzelnen Ringes erhält. In diesem Fall benehmen sich die Plastosomen genau so, wrie es von Meves (1900) bei Paludina (typische Reihe) beschrieben wurde. Während der Interkinese ist das Chondriom durch kürzere, dickere Plastokonten vertreten (Fig. 76). In den meisten Fällen tritt auch im Laufe der zweiten Reifeteilung der ringförmige Typus der Plastokonten auf (Fig. 83), wobei eine Ver- teilung der Halbringe eines jeden Ringes zwischen den beiden Tochter- spermatiden stattfindet (Fig. 93, 96, 98). Aber auch hier kann das Chon- driom eventuell eine ganz andre Gestalt annehmen. So sehen wir auf der Fig. 92 einen Teil eines stark anastomosierenden Chondrioms, welches im ganzen ein einziges Gitter um die Teilungsspindel herum bildet. Ein Teil der Verästelungen hat freie, angeschwollene Enden. 324 S. Kuschakewitsch Man hat den Eindruck, einen »apparato reticolare« von Golgi vor sich zu haben. Ich habe keine Gelegenheit gehabt, die Verteilung eines solchen Chondrioms zwischen den Tochterzellen zu verfolgen. Die Spermiogenese (Fig. 99 — 112; 150 — 157). Der Kern der soeben gebildeten Spermatide macht dieselben Um- wandlungen durch, die wir bei den Spermatocyten 2. Ordunng kennen gelernt haben. Zuerst wird er zu einem kleinen Bläschen, dessen Inneres von unregelmäßigen Chromatinbalken durchzogen ist (Fig. 97). Dann wächst der Kern beträchtlich, sein Chromat in erscheint nunmehr in der Gestalt von kleinen, durch Lininstränge verbundenen Stäbchen, die wohl als Chromosomen aufzufassen sind (Fig. 98, 103—105). Die zuerst noch dünnen und langen Plastokonten (Fig. 99) kontrahieren sich und werden dabei bedeutend stärker (Fig. 100, 101). Manchmal haben sie die Form von kleinen Ringen (Fig. 101, rechts). Die Sphärosomen, welche ursprüng- lich als stäbchenförmige Elemente im Plasma zerstreut erscheinen (Fig. 97, 98), sammeln sich in einem Punkte (Fig. 102) und werden bald deutlich kalottenförmig (Fig. 103). Dann ordnen sie sich zu einer Sphärotheca zusammen, welche ein Idiozom umfaßt (Fig. 104). In allen Fällen, wo Centriolen nachzuweisen sind, liegen zwei stets abseits vom Idiozom. Ein komplettes Sphärosom scheint also nicht rekonstruiert zu werden. Vielfach ist die Anwesenheit eines chromatoiden Körperchens im Plasma zu konstatieren, welches gewöhnlich in Verbindung mit der Kern- membran steht und höchst wahrscheinlich dem analogen Gebilde der zweiten Reifeteilung entspricht (Fig. 105). Nachher werden die Chromatinkörper im Kerne unregelmäßig und nähern sich alle der Kernmembran (Fig. 106). Dann schmiegen sie sich der letzteren an und breiten sich aus, so daß der Kern bald wie eine Chro- matinhohlkugel aussieht (Fig. 107—110). Zu gleicher Zeit erscheint in seinem Inneren ganz regelmäßig ein kleines Körperchen, welches bei Anwendung der BiONDi-Färbung rein rot tingiert wird und wohl als ein Nucleolus aufzufassen ist (Fig. 107, 108, 110). Inzwischen sind folgende Prozesse im Plasma zu beobachten. Die Plastokonten zerfallen in eine Anzahl von Kügelchen (vgl. Fig. 108 und 109). Die Centriole, welche nunmehr zu einem länglichen Körperchen vereinigt erscheinen, geben dem Achsenfaden Ursprung (Fig. 106— 107; 109—110). Schon jetzt kann man auch am Idiozom eine ganz regel- mäßig auftretende Erscheinung beobachten. Die Sphärotheca umfaßt nicht mehr das Idiozom von allen Seiten. Gewöhnlich etwa die Hälfte Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 325 seiner Oberfläche erscheint bloßgelegt. Ungefähr in der Mitte des nackten Bezirkes wird ein winziges Körnchen sichtbar, welches durch sein starkes lichtbrechendes Vermögen sowie besonders durch seine außerordentliche Affinität zu den Farben auffällt (Fig. 107, 110). So wird es außer E.H. mit Carminfarben, Hämatoxylin, Magenta, Safranin, Gentiana, Wasser- blau, Bleu de Lyon scharf hervorgehoben. Nach Biondi wird es leuchtend rot gefärbt. Auf dem nächsten Stadium (Fig. 111) sind folgende Veränderungen hervorzuheben. An der Chromatinhohlkugel des Kernes ist ein Bezirk zu sehen, wo die Kernmembran frei von einem Chromatinüberzug erscheint. In der Mitte dieses Bezirkes stößt das proximale Ende des Achsenfadens an die Kernmembran. Der kleine Nucleolus ist nicht mehr da. Die Chon- driomkügelchen haben sich zu vier bzwf. fünf größeren Kugeln (auf der Fig. 111 sind nur drei davon zu sehen) vereinigt, die nunmehr gegen die Gemische mit Essigsäure viel resistenter erscheinen, als die Chondriom- substanz der früheren Stadien. Vorläufig sind sie regellos im Plasma zerstreut. Das färbbare Körnchen hat sich von der Oberfläche des Idio- zoms etwas abgehoben und, soweit man beurteilen kann, sich zu einer kleinen Kappe ausgebreitet (Fig. 111). Im weiteren Gange der Spermiogenese schreiten die Umwandlungen des Kernes, der Plastosomen und der Bestandteile der ehemaligen Stato- sphäre so gesetzmäßig fort, daß jedem Stadium der Kernentwicklung immer ganz bestimmte Zustände der Plasmabestandteile entsprechen. Im Kerne findet eine Umlagerung der Chromatinsubstanz statt (Fig. 112). Im Gegensatz zum vorhergehenden Stadium, erscheint die letztere am hinteren Kernpole gesammelt und bildet dort eine dicke, nach außen leicht convexe Platte. Der Vorderteil der Kernmembran erscheint total chromatinfrei und sitzt in Form einer halbkugeligen glasigen Kappe dem Bande der Chromatinplatte an. Die vier- bzw. fünfkugeligen Plastosomen ordnen sich um die Wurzel des Achsenfadens herum. Am Idiozom ist ein Auswuchs entstanden, an dessen Spitze das chromatische Körperchen liegt. Von diesem zieht ein gerader siderophiler Faden zur Hauptmasse des Idiozoms, erreicht aber nie die Sphärotheca, welche immer noch in Form einer Kappe etwa die Hälfte der Idiozomoberfläche bedeckt (Fig. 112). Dieser Faden ist zweifelsohne dem chromatischen Körperchen entsprossen. Der geschilderte Idiozomauswuchs hat die Form eines schmalen Brettchens, wie aus der Betrachtung seiner verschiedenen Ansichten zu schließen ist. Auf dem Stadium der Fig. 150 (Tafel XIX) sind folgende Verände- rungen zu konstatieren. Die Chromatinmasse am hinteren Kernpole hat 326 S. Kuschakewitsch etwa die Form eines Rotationsellipsoids, dessen von vorne nach hinten gerichtete Achse ungefähr zweimal kürzer ist als diejenige, welche zur ersteren senkrecht verläuft. (Im folgenden werde ich der Kürze wegen die erstere Dimension als »Höhe«, die letztere als »Breite« des Ellipsoids bezeichnen.) Die achromatische, von der Kernmembran gebildete Kappe der Fig. 112 (Taf. XVIII) ist jetzt viel kleiner geworden und bedeckt nur einen unbedeutenden Teil der vorderen Oberfläche des Chromatinellipsoids. Die Chondriommasse hat zweifellos seit dem vorhergehenden Stadium stark zugeuommen. Die Plastosomen sind zu einem gemeinsamen Körper vereinigt, der sich längs des proximalen Abschnittes des Achsenfadens caudalwärts ausdehnt. Das Idiozom mit seinem Auswüchse ist nunmehr im vorderen Abschnitte der Spermatide zu treffen, wobei die Längsachse des Auswuchses beinahe senkrecht zur Richtung des Achsenfadens orien- tiert ist. Die Breite des Chromatinellipsoids nimmt etwas ab, die vordere achromatische Kappe schwindet restlos (Fig. 151 und 152). Der Chon- driomkörper breitet sich weiter caudalwärts, schon außerhalb des Plasma- körpers der Spermatide, aus und nimmt dabei die Gestalt einer Keule an, deren Anschwellung nach hinten gerichtet ist. Der Idiozomauswuchs trennt sich von dem Idiozom selbst und orientiert sich allmählich in der Richtung vorne— hinten, wobei sein chromatisches Körperchen caudal- wärts gerichtet ist und sich dem Reste der achromatischen Kernmem- brankappe anschließt (Fig. 151). Indem diese schwindet, verschmilzt das Hinterende des Idiozomauswuehses mit der Kernchromatimnasse, sein chromatisches Körperchen wird nicht mehr sichtbar, sein Vorder- ende rundet sich ab. Das Gebilde ist zu dem Acrosom geworden (Fig. 152). Das Idiozom liegt irgendwo abseits im vorderen Abschnitt der Spermatide (Fig. 151—152). Xur ein Teil von ihm ist von einer kappenartigen Sphärotheca umgeben; gleich nach der Abtrennung des Auswuchses erscheint die freie Idiozomoberfläche vielfach unregelmäßig (Fig. 151). Das nächste Stadium ist auf der Fig. 153 zu finden. Der Kern ist durch ein Chromatinellipsoid vertreten, dessen Höhe jetzt die Breite übertrifft. An seinem vorderen Pole sitzt ihm das Acrosom an (auf der betreffenden Figur von der Fläche gesehen). Der färbbare mediane Faden des ehemaligen Idiozomaufsatzes läßt sich nicht mehr nachweisen. Der Chondriomkörper hat sich noch mehr nach hinten ausgezogen, die Keu- lenform des vorhergehenden Stadiums ist nur angedeutet. Seine Ober- fläche außerhalb des Plasmakörpers scheint vorläufig von einem Plasma- iiberzug frei zu sein. Das Idiozom ist nur teilweise in die Sphärotheca Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobrancliia. II. 327 eingeschlossen. In seltenen Fällen waren auf seiner freien Oberfläche siderophile Körperchen zu sehen (Fig. 153). Auf den folgenden Stadien verändert sich die Färbbarkeit der Kern- substanz insofern, als der künftige Spermiumkopf nach der Anwendung der E.H. -Methode ebenso leicht entfärbt wird, wie das Acrosom und das Chondriom, vielfach noch leichter als diese. Von dem Stadium der Fig. 154 an hat der Kopf, einschließlich des Acrosoms, ungefähr folgende Gestalt. Von der schmäleren Seite sieht er wie eine Keule aus, deren Griff das Acrosom bildet (Fig. 154, 157 a ). Von der breiteren Seite betrachtet, erscheint er in Form eines länglichen Brett- chens mit abgerundeten Enden, dessen Länge etwa um das Vierfache die Breite übertrifft. Durch einen Querstrich ist das Gebilde in zwei ungefähr gleich lange Abschnitte — Acrosom und Kopf — geteilt (Fig. 155—157). Im hinteren Teile des letzteren ist der hineinragende, vordere Abschnitt des Achsenfadens zu erblicken. Der Chondriomkörper ist weiter nach hinten gewachsen, sein Durchmesser ist gleichmäßiger geworden. Von jetzt an ist an seiner Oberfläche ein dünner Plasmaüberzug zu sehen, der im optischen Längsschnitte als ein schmaler Saum erscheint (Fig. 154). Das ist die erste Andeutung der bevorstehenden Verlagerung der ganzen Plasmamasse der Spermatide nach hinten. Das Idiozom ist wieder kugel- förmig geworden und gänzlich von der Sphärotheca bedeckt. Der schon früher spindelförmig gewordene Plasmaleib mit dem Idio- zom darin fängt an, längs des völlig ausgewachsenen Chondriomkörpers caudalwärts zu rutschen (Fig. 155). Bald wird das Hinterende des letzteren erreicht (Fig. 156). Zu dieser Zeit ist die Plasmamenge viel geringer geworden, weist vielfach Vacuolen und kleine, färbbare Granulationen auf. Gewöhnlich ist ein kleines Idiozom, von einer Sphärotheca umgeben, darin sichtbar (Fig. 156). Endlich wird dieser Plasmaballen mit allen seinen Einschlüssen abgestreift, das Spermatozoon präsentiert sich in seiner definitiven Form (Fig. 157). Sein Kopf und Acrosom behalten die schon oben beschriebene Gestalt (Fig. 157, a = Flächenansicht, l = Kantenansicht). Manchmal gelingt es, in seinem Inneren einen spindel- förmigen Raum zu sehen, welcher mit einer nicht färbbaren, stark licht- brechenden Substanz ausgefüllt ist (Fig. 157 &). Das Mittelstück, welches den längsten Abschnitt des Spermiums bildet, besteht größtenteils aus dem cylindrischen Chondriomkörper, der von einer dünnen Plasmaschicht bedeckt und von dem Achsenfaden durchzogen wird. An den beiden Enden des Chondriomkörpers tritt der Achsenfaden aus ihm aus: am Vorderende ragt er als ein kurzes Stäbchen in den Kopf hinein, am Hinter- ende bildet er einen frei hängenden Endfaden (Fig. 157a). 328 S. Ivuschakewitscli Stephan (1903), der sieh mit der Spermiogenese der eupyrenen Spermien von Cerithium vulgatum befaßt hatte, hat die entsprechenden Prozesse im großen und ganzen richtig in seiner vorläufigen Mitteilung geschildert. Nur seine Beschreibung, welchen Anteil das Idiozom an der Acrosombildung nimmt, ist sehr unvollständig. Auch die Anwesenheit einer Sphärotheca hat dieser Forscher nicht konstatiert. Atypische Reihe (Fig. 125 — 149; 158 — 173). Wachstums- und Reifungsperiode (Fig. 125 — 144). Hier und da sind an der Wand der Samenschläuche Gruppen von jungen Spermatocyten zu finden, die sich dadurch auszeichnen, daß die fadenförmigen Chromatinelemente schon eine deutliche paarweise Anord- nung zeigen (Fig. 113—115). Da eine ununterbrochene Reihe von ihnen zu unzweifelhaften atypischen Spermatocyten 1. Ordnung führt, sind sie auch als solche aufzufassen. In andern Beziehungen sind sie den An- fangsstadien der typischen Spermatocyten gleich. Auch in der atypischen Reihe werde ich die Umwandlungen des Centralapparates sowie der Plastosomen am Ende des Abschnittes schil- dern. Indem die Spermatocyte wächst, behalten die Chromatinelemente die Form von dünnen gepaarten Fäden (Fig. 116—118). Charakteristisch und von längerer Dauer erscheint das Stadium der Fig. 118. Die Zeile hat noch eihe längliche Gestalt, das Plasma ist an einem Pole angehäuft. Der Kern sieht auf dem optischen Längsschnitte der Zelle nierenförmig aus. Von diesem Stadium an ist kein Nucleolus mehr im Kerne vor- handen. Die darauffolgende Entwicklungsperiode zeichnet sich durch eine große Mannigfaltigkeit der Form aus, in welcher die Chromatinelemente auftreten. Gemeinsam bleibt allerdings eine bedeutende Verkürzung und Verdickung derselben. Bald treten sie als starke, gebogene, paarweise vereinigte Stäbchen (Fig. 121), bald als X-förmige Gebilde (Fig. 122), bald als je zwei parallel orientierte Stäbchen von verschiedenen Dimen- sionen auf (Fig. 123). In jedem Falle nehmen die Chromosomen (eigentlich Doppelchromosomen) kurz vor der Auflösung der Kernmembran die Gestalt von kurzen Stummeln an, welche einen deutlichen Längsspalt aufweisen (Fig. 124). Es wird nun die Kernmembran aufgelöst, und die »Chromosomen« bilden einen frei im Plasma liegenden Haufen. Bisweilen scheint der Längsspalt temporär verschwunden zu sein (Fig. 125). Gewöhnlich werden Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 329 aber die Hälften der Doppelchromosomen viel lockerer als auf dem vorher- gehenden Stadium gepaart (Fig. 126). Die auf diesem Stadium vorgenommenen Zählungen der dicht zu- sammengedrängten Chromosomen konnten zwar nicht genau ausfallen, haben aber Zahlen gegeben, die sich nicht viel von 16 entfernten. Die reduzierte Zahl der atypischen Reihe ist also wohl derjenigen der typischen gleich anzunehmen. Während die Chromatinelemente sich mehr oder weniger gleichmäßig im Plasma verteilen, weichen die Partner jedes Doppelchromosoms aus- einander (Fig. 127, 128), so daß bald keine Spur ihrer früheren, paar- weisen Anordnung zu entdecken ist (Fig. 129). Zu dieser Zeit kann eine plumpe achromatische Spindelfigur auftreten, aber eine Äquatorialplatte habe ich nie beobachten können. Die stäbchenförmigen Chromosomen (gegen 80, also wahrscheinlich genauer 32) liegen an der Spindeloberfläche zerstreut (Fig. 129). Tn vielen Fällen war aber eine Spindel nicht da, und ich bin zur Überzeugung gekommen, daß die erste Reifeteilung sich öfters ohne eine solche vollzieht. Bevor die Streckung des Zelleibes beginnt, scheinen die Chromosomen eine Querteilung durchzumachen. Wenigstens findet man öfters Zellen, in denen die Chromosomen teilweise die Biskuitform aufweisen, teilweise als kleine Kugeln erscheinen, deren Größe derjenigen der Biskuithälften ent- spricht (Fig. 130, 131). Indem die Zelle sich streckt, werden die Chromo- somen wieder länglich und bilden meistens zwei Gruppen, die allerdings nie scharf getrennt sind (Fig. 132). Die Zahl der Chromatinelemente dieses Stadiums übertrifft bei weitem 30 und nähert sich vielmehr der Zahl 64, die nach dem oben Gesagten im voraus zu erwarten wäre. Wenn die Durchschnürung der Zelle anfängt, werden die Gestalt und die Zahl der Chromatinelemente ganz unregelmäßig (Fig. 133, 134). Es scheinen dabei Verschmelzung, Zerbröckelung und Auflösung einzelner von ihnen stattzufinden. Auf der Fig. 135 sehen wir zwei soeben gebildete, noch aneinanderstoßende Spermatocyten 2. Ordnung, die von einem ge- meinsamen »Spindelrest« mit Zwischenkörperchen durchzogen sind. Auf den Fig. 136 und 137 sind die Schwesterzellen auseinander gewichen, bleiben aber noch durch den »Spindelrest« in Verbindung. Die Chromatin- elemente scheinen sich ganz nach dem Zufall zwischen den beiden Schwester- zellen verteilt zu haben. Während der Interkinese bildet ein Teil der Chromatinelemente eine lockere sphärische Anhäufung, die in einer hellen Vacuole eingeschlossen ist (Fig. 138). Diese Erscheinung entspricht wohl dem Prozesse der Kernkonstruktion, obgleich eine deutliche Kernmembran nie zu sehen Archiv f. Zellforschung. XV. 22 330 S. Kuschakewitsch ist, und andere Chromatinelemente irgendwo abseits im Plasma liegen bleiben. Eine Spindel ist während der zweiten Reifeteilung in den meisten Fällen zu sehen (Fig. 139, 141), sie erscheint aber öfters unregelmäßig ausgebildet, z. B. dreipolig (Fig. 140). Auch jetzt scheint sie in keine näheren Beziehungen zu den Chromatinelementen zu treten. Diese liegen im Plasma zerstreut und werden allmählich durch Auflösung dezimiert. Eine wechselnde Zahl von ihnen kommt in jeder der Schwesterspermatiden vor. Auch diese bleiben häufig eine Zeitlang durch einen »Spindelrest« verbunden. Der Centralapparat. Es ist mir nie gelungen, die Anwesenheit einer kompletten Statosphäre in den atypischen Spermatocyten nachzu- weisen. Was die frühen Stadien betrifft, so ist es wahrscheinlich, wie in den typischen, darauf zurückzuführen, daß das Centriol von der Sphäro- theca verdeckt wird. Auf dem Stadium der Fig. 118 kann man leicht die Anwesenheit von zwei Centriolen außerhalb des Idiozoms an der concaven Seite des Kernes konstatieren. Das Idiozom bleibt kugelig und ist von einer Sphärotheca umgeben. Auf den nächsten Stadien erscheint das Idiozom, falls es überhaupt zu finden ist, angeschwollen, unregelmäßig (Fig. 121, 124).. Eine Sphäro- theca ist dann nicht mehr vorhanden, dafür ist manchmal eine Anzahl von kleinen stäbchenförmigen Elementen zu finden, die wohl aus der ersteren hervorgegangen ist (Sphärosomen, Fig. 121, 125). Auf der Fig. 125 sind auch die Centriolen sichtbar. Nichtsdestoweniger gelingt es ausnahmsweise ein von einer Sphäro- theca umgebenes Idiozom auch auf späteren Stadien zu finden (Fig. 128, oben). Es ist mir nicht gelungen, das Schicksal der drei Bestandteile der Statosphäre durch die Reifeteilungen in allen Einzelheiten zu verfolgen. Die Centriolen sind sehr klein und nur an den Spindelpolen nachweisbar; die Sphärosomen treten nur selten mit gewünschter Deutlichkeit auf. Es mag daran liegen, daß sie in dieser Periode entweder von den Fixie- rungsflüssigkeiten schlecht erhalten werden, oder ihre Färbbarkeit ein- blißen. Trotzdem konnte ich hier und da einzelne Sphärosomen während (Fig. 134) und gleich nach der ersten Reifeteilung (Fig. 136, untere Zelle) finden. In der Interkinese erscheint ein Idiozom von einer deutlichen Sphärotheca umgeben (Fig. 138). Während der zweiten Reifeteilung gelingt es auch in manchen Fällen, stäbchenförmige Sphärosomen an den Polen der ausgestreckten Zelle zu Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Gesclilechtselemente b. d. Prosobrancliia. II. 331 erblicken (Fig\ 142). Auch in den soeben gebildeten Spermatiden sind sie unter Umständen sichtbar (Fig. 145). Die Plastosomen sind in der atypischen Reihe schwächer vertreten als in der eupyrenen. Auch hier präsentieren sie sich ursprünglich als ein Haufen von Plastochondrien, die in der Nähe des Centralapparates liegen (Fig. 116). Bald werden sie aber reihenweise angeordnet (Fig. 117). Dicht vor dem Beginn der ersten Reifeteilung ist das Chondriom durch zwei bis drei lange Plastokonten vertreten, die während der Durchschnürung des Zellkörpers in der Richtung der längeren Zellachse orientiert sind (Fig. 133) Soweit ich mich überzeugen konnte, werden sie der Quere nach halbiert (Fig. 137). Ebenso verhalten sie sich auch während der zweiten Reifeteilung (Fig. 142, 144). Bevor ich zur Schilderung der Spermiogenese übergehe, habe ich noch auf die Fig. 119 und 120 aufmerksam zu machen. Auf der ersteren sieht man paarweise angeordnete Chromatinfäden, die anfangen sich in der Richtung der größeren Zellachse zu orientieren, auf der letzteren ein richtiges Bouquetstadium, auf dem die einzelnen Schleifen je aus zwei umeinander geschlungenen Fäden bestehen. Wir haben also zwei Stadien, die etwa denjenigen entsprechen, welche auf den Fig. 34 bzw. 35 abgebildet sind. Der Vergleich kann aber auch lehren, daß die in Rede gestellten Zellelemente viel kleiner sind, als die soeben erwähnten. In die typische Reihe passen sie deswegen keinesfalls. Ich zögerte andererseits längere Zeit, sie für Glieder der atypischen Reihe zu halten, da die Chromatin- umwandlungen in dieser nach dem oben geschilderten Schema vor sich gehen, in welchem ein Bouquetstadium keinen Platz finden könnte. Nun ist es mir aufgefallen, daß die kleinen Bouquets sehr oft in stark kontra- hiertem Zustande zu finden sind, so daß eine Art »Synapsis« auftritt. Von einer lockeren »Sympsis« kann man alle Übergänge zu solchen finden, in denen das ganze Chromatin einen exzentrisch liegenden Ballen bildet, in dem keine weitere Struktur zu entdecken ist. In solchen Fällen ist auch das Plasma meist zusammengeschrumpft. Beim Färben nach Biondi wird das Chromatin fast rein rot gefärbt. Es sind zweifellos degenerierte Sper- matocyten. So bin ich zum Schluß gekommen, daß es sich um aberrante atypische Spermatocyten 1. Ordnung handelt, die sich aus den Stadien der Fig. 115—116 entwickeln und dem Tode geweiht sind. Es besteht also neben der atypischen Hauptreihe, welche zu ausgebildeten Samen- körpern führt, eine kurze Nebenreihe, die bald erlischt. 22* 332 S. Kuscliakewitsch Die Spermiogenese (Fig. 145 — 149; 158—173'. Während der ersten Stadien der Spermiogenese ist die Entwicklung der einzelnen Bestandteile der Spermatide wenig koordiniert, so daß es vorteilhafter erscheint, die Umwandlungen des Chromatins, des Central- apparates und des Chondrioms zu schildern. Anfangs liegt eine wechselnde Anzahl von verschieden großen Chro- matinelementen regellos im Plasma zerstreut (Taf. XVIII, Fig. 145— 146; Taf. XIX, Fig. 158—159). Dann wird eines derselben von einer Vacuole umgeben, so daß ein kleine Kernbläschen entsteht (Fig. 147, 148). In- dem dieses sich vergrößert, breitet sich seine Chromatmsubstanz längs der Kernmembran, und zwar im Bereiche der »hinteren« Kernhälfte, aus (Fig. 160). In den jungen Spermatiden scheinen die Centriolen ursprünglich im Inneren der Zelle zu liegen (Fig. 145), dann rücken sie zu deren Peripherie (Fig. 146, 1 8). Da vermehren sie sich und geben einem auswärts wachsen- den Bündel von »Achsenfäden« den Ursprung (Taf. XIX, Fig. 158, 159). Ist das Kernbläschen ausgebildet , so rückt das proximale Ende des Bündels zu der Kernoberfläche, deren hinterer Pol dadurch markiert wird (Fig. 160). Bevor das Kernbläschen sich gebildet hat, findet man vielfach Sphäro- somen im Spermatidenplasma liegen (Taf. XVIII, Fig. 145; Taf. XIX, Fig. 158). Manchmal sind sie deutlich gebogen und zu einer Gruppe versammelt (Fig. 145). In diesen Fällen ist ein Idiozom nicht vorhanden. Dann tritt wieder ein von einer Sphärotheca umgebenes Idiozom auf (Fig. 146, 149). Centriolen sind nie im Idiozom zu finden. Das Chondriom der unlängst entstandenen Spermatiden besteht aus einigen (ein bis drei) geschlängelten Fäden (Taf. XVIII, Fig. 144; Taf. XIX, Fig. 158). Bald zerfallen aber diese in Körnchen (Fig. 145, 146), die hier und da noch reihenweise angeordnet sind (Taf. XVIII, Fig. 147; Taf. XIX, Fig. 159). Dann bilden sie fünf bis neun größere kugelförmige Körper, die sich einen Kranz bildend um die Basis der Achsenfäden grup- pieren (Fig. 161 — die Spermatide vom hinteren Pole gesehen). Von dem Stadium der Fig. 160 an lassen sich einzelne Entwicklungs- schritte viel besser unterscheiden. Da sehen wir das Kernbläschen, dessen vordere Hälfte nur aus der Kernmembran besteht, Während die hintere außerdem von einer Chromatinschicht umgeben ist. Ein fernes »Linin- geriist« ist im Kerninnern zu sehen. Im Plasma liegen etliche Chromatin- körperchen, die aber viel kleiner als diejenigen der vorhergehenden Stadien sind. In der Nähe des hinteren Poles des Kernes entspringt das Bündel der Axialfäden, dessen Basis von dem Kranz der Chondrioinkügelchen Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 333 umgeben ist. Das Idiozom, in eine Sphärotheca eingeschlossen, ist irgend- wo abseits vom Kerne zu sehen. Am nächsten Stadium (Fig. 162) sind folgende Veränderungen zu konstatieren. Die Chromatinsubstanz fängt an, sich gleichmäßiger auf der ganzen Kernperipherie zu verteilen. Das Kernbläschen hat seine maximale Größe erreicht. Besonders charakteristisch ist es aber, daß das Idiozom (mit seiner Sphärotheca) am vorderen Kernpole zu finden ist, ähnlich wie in den typischen Spermatiden. Schon auf dem Stadium der Fig. 163 liegt das Idiozom wieder irgend- wo im Plasma abseits vom Kerne. Der letzere ist etwas kleiner geworden und erscheint jetzt am hinteren Pole etwas abgeplattet. Die chromatische Substanz bildet eine dünne gleichmäßige Schicht an seiner ganzen Peri- pherie. Die Chromatinelemente des Plasmas sind zu dieser Zeit in der Regel total aufgelöst worden. Doch trifft man hier und da kleine Reste von ihnen (Fig. 163, dicht am vorderen Kernpole). Dafür sind im Plasma neue Gebilde aufgetreten. Es handelt sich um winzige, regellos zerstreute Körnchen, welche von manchen Färbungsmitteln intensiv tingiert werden (E.H., Magenta). Aach Biondi werden sie rot gefärbt, bestehen also sicher nicht aus Chromatm. Von den Plastochondrien werden sie dadurch unter- schieden, daß sie nach solchen Fixierungsmitteln (Flemming, Hermann, Carnoy) erhalten bleiben, welche die Plastochondrien vernichten. Was die Plastosomen betrifft, so bleiben ihre Gestalt, und Gruppie- rung dieselben wie vorher. Auch die allgemeine Zellkörperform weist keine bestimmte Veränderung auf. Ein weiterer Fortschritt in der Entwicklung zeigt sich darin, daß die Zel'e anfängt, sich in der Richtung von vorne nach hinten zu verlängern (Fig. 164). Der Kern liegt etwa in der Mitte des Zellkörpers und ist noch kleiner geworden. Unmittelbar an seinen hinteren Pol stößt das Bündel der starkverlängerten Achsenfäden, deren intraplasmatische, proximale Abschnitte in eine einheitliche wurstförmige Chondriommasse einge- schlossen sind. Diese wurde durch die Vereinigung der kugeligen Plasto- somen des vorhergehenden Entwicklungsstadiums gebildet. Das Idiozom und die färbbaren Körnchen haben keine Veränderungen erlitten. Nun rückt der Kern an den vorderen Pol der • Spermatide, gefolgt von dem proximalen Ende des Achsenfadenbündels. Der Zellkörper nimmt die Gestalt einer Birne an, deren spitzes Ende nach vorne gerichtet ist (Fig. 165). Später fängt der Kern an, einen nach vorne gerichteten Auswuchs zu bilden (Fig. 166). Allmählich schwindet aber sein Lumen vollständig, und die kompakt gewordene und augenfällig bedeutend angewachsene Chroma- 334 S. Kuschakewitsch tmmasse bildet am Vorderende der Spermatidenbirne einen langen Stiel mit einem Köpfchen am distalen Ende (Fig. 167). An der Oberfläche dieses Stieles ist kein Plasmaüberzug zu sehen. Während der Stadien der Fig. 165 — 167 sind die färbbaren Körnchen immer noch im ganzen Plasma verteilt, das Idiozom mit seiner Sphäro- theca liegt in der Nähe der Zellmitte. Da auf den folgenden Stadien die zunehmende Zahl und Größe der färbbaren Körnchen die Einzelheiten der Chromatinumwandlungen leicht maskiert, empfiehlt es sich, diese an Präparaten zu studieren, die mit Alauncarmin oder Magenta (stark extrahiert) gefärbt sind. Dann wird allerdings auch die Sphärotheca unsichtbar (Fig. 168—170). Indem die vordere Hälfte der Spermatide schmäler wird, nimmt der Zelleib die Gestalt einer Keule an (Fig. 168). Der »Chromatinstiel« der auf der Fig. 167 abgebildeten Entwicklungsstufe ist in das Plasmainnere hineingezogen und dabei etwas zarter geworden. Er nimmt jetzt etwa die vordere Hälfte der Zellachse ein, während die hintere vom intraplas- matischen Teile des Achsenbündels mit dem umgebenden Chondriomkörper gebildet wird (Fig. 168). Der Chromatinkörper hat die Form eines Conus, dessen Basis dem Chondriomkörper ansitzt und dessen Spitze in einen Faden ausläuft, der am Vorderende der Zelle mit einem Knöpf chen endet. Das letztere schwindet bald (Fig. 169); auch die fadenförmige Verlängerung der Chromatinkegelspitze wird allmählich resorbiert und die Masse des Kegels selbst wird bedeutend geringer (Fig. 170). Das Idiozom ist meistens in der hinteren Hälfte der Spermatide zu finden. Die gleichzeitig stattfindenden Veränderungen der färbbaren Plasma- körnchen sind auf Grund von E.H.-Präparaten am besten zu verfolgen (Fig. 171). Diese Körperchen sind viel größer und zahlreicher geworden und haben sich dicht an der Zelloberfläche zu regelmäßigen Längsreihen angeordnet. In der vorderen Hälfte stoßen die letzteren aneinander, die Körnchen in den einzelnen Reihen folgen sich fast ohne Zwischenräume. Auf diese Weise hat man an der Oberfläche des »Handgriffes« der Plasma- keule eine fast ununterbrochene Körnchenschicht (Fig. 171). Am Voider- ende der Zelle hat sich ein stiftförmiger Ansatz gebildet, der aus derselben Substanz, wie die färbbaren Körnchen, zu bestehen scheint. Ein kleines Idiozom, von einer Sphärotheca bedeckt, ist am Hinterende der Zelle zu finden. Nun nimmt der Zellkörper die Gestalt eines hohen Zuckerhutes mit einem stiftförmigen Ansätze an der Spitze an (Fig. 172). Von vorne nach hinten schreitet der Prozeß der Vereinigung einzelner färbbarer Körnchen zu einer zusammenhängenden Schicht vorwärts, welche eine Aid von Hülse Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Gesclilechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 335 um den Plasmakörper bildet. Im hinteren Teil der Zelle behalten die Körnchen vorläufig ihre Individualität, und Anordnung in Längsreihen. Ganz am Hinterende der Spermatide kann man eine kleine deutliche Aus- buchtung an der Oberfläche sehen, die ein winziges, ■ aber immer noch von einer deutlichen Sphärotheca umgebenes Idiozom birgt (Fig. 172). Ob dieses mit einem Stück Plasma abgestreift oder an Ort und Stelle resor- biert wird, ist schwer zu entscheiden. Jedenfalls ist keine Spur von ihm auf späteren Stadien zu sehen. Ein fertiges atypisches Spermatozoon ist auf der Fig. 173 dargestellt (Fixierung nach Carnoy, Färbung mit E.H. mit starkem nachträglichem Differenzieren). Der etwa spindelförmige Zellkörper ist in eine ziemlich dicke Hülse gänzlich eingeschlossen, die aus der Substanz der färbbaren ' Körnchen entstanden ist und jetzt noch eine starke Affinität zu den Farb- stoffen zeigt. Am Vorderende ist der stiftförmige Ansatz zu sehen. Etwas nach vorne von der Mitte des Körpers liegt ein kleines bimförmiges, mit der Spitze nach vorne gerichtetes Chromatinkörperchen, von welchem das Achsenbündel caudalwärts abgeht. Der intraplasmatische Abschnitt von diesem ist. sehr dünn geworden, da die einzelnen Fäden dicht aneinander liegen, in den gleichfalls sehr dünnen Chondriomkörper eingeschlossen. Am Hinterende der Zelle hängen die einzelnen Achsenfäden frei. Auch die atypische Spermiogenese wurde von Stephan (1903 a) in den Grundzügen richtig geschildert. Doch sind folgende Ungenauigkeiten hervorzuheben. Nach diesem Autor soll das sehr klein gewordene Keim- bläschen im Inneren des Zellkörpers schwinden (seine Fig. 1 d, die wohl meiner Fig. 164 entspricht). Das Stadium meiner Fig. 167 hat er scheinbar nicht beobachtet. Auf den Nachbarstadien werden die anderen Zell- bestandteile leicht von den färbbaren Körnchen verdeckt und das mag der Grund gewesen sein, warum Stephan die entsprechenden Spermatiden für apyren gehalten hat. Wie wir gesehen haben, ist auch das reife Sper- mium als oligopyren zu bezeichnen. Was das Idiozom betrifft, so spricht Stephan von einem »corpuscule plus colorable, comme chez les spermatides du type normal« an dessen Peripherie (seine Fig. 1 a und i). Es handelt sich wohl um einen Teil der ungleichmäßig gefärbten Sphärotheca. Ich bin nun an den Schluß meiner Beschreibung der Spermienentwick- lung gelangt. Im folgenden will ich einige in theoretischer Hinsicht inter- essante Ergebnisse meiner Beobachtungen hervorheben und einige all- gemeine Fragen besprechen. 336 S. Kuscliakewitsch Allgemeiner Teil. Die Entwicklung der typischen Spermatozoen. Die Reduktionsfrage. Im ersten Teile dieser Studien (1913) habe ich den eumitotisehen Typus der Reifeteilungen in der Spermato- genese von Conus und Vermetus geschildert. Auf Grund von meinen neuen Beobachtungen an Cerithium, welches in bezug auf die Größe der Elemente, sowie die Klarheit der chromatischen Figuren während der früheren ersten Prophase ein viel günstigeres Objekt darstellt, bin ich zu einer abweichenden Vorstellung über dieselben Prozesse gekommen. Schon auf dem Leptotänstadium kann man sich davon überzeugen, daß eine parallele Anordnung «einzelner Chromatinfäden stattfindet (Fig. 28) ^nachher erscheinen sie alle zu parallelen Paaren vereinigt (Fig. 30, 31). Diese Paare sind sicher nicht durch eine Längsspaltung von ursprüng- lich einfachen Fäden entstanden. Denn solange kein Umschlingen der Partner vor sich geht, ist der Abstand zwischen denselben ein beträcht- licher. Trotz aller Mühe konnte ich nicht Bilder mit dicht einander genäherten Partnern finden. Bilder, die es erlauben würden, auf eine unlängst stattgefundene Spaltung zu schließen. Paare von aneinander - stoßenden, vielfach V-förmig angeordneten Fäden finden wir dagegen öfters in den Kernen, in denen zugleich auch sich umschlingende Partner auftreten, wodurch der Beweis geliefert wird, daß es sich um spätere, dicht vor dem Bouquetstadium stehenden Entwicklungsstufen handle. Von einer simultanen Differenzierung der beiden Partner aus einem ruhenden Kerngerüst, wie es von Meves (1907) angenommen und auf seiner bekannten Textfig. 6 illustriert wurde, kann in meinem Fall kaum die Rede sein, da bei Cerithium ein »Ruhekern« mit einem Chromatm- netze nicht vorkommt. In den jüngsten Spermatocyten, sowie in den Spermatogonien zwischen zwei Teilungen, sind lauter distinkte Chromat in- fäden im Kerne zu finden. Die Zahl der Chromatinfäden der Prophase war unmittelbar nicht zu bestmimen. Da aber die Äquatorialplatte der ersten Reifeteilung von 16 Doppelchromosomen gebildet wird, welche ebenso vielen Paaren von den in Frage stehenden fadenförmigen Elementen zweifellos entsprechen, so ist die Zahl der letzteren 32 gleichzusetzen. Da etwa 30 Chromosomen in den Spermatogonien zu zählen sind, kann man mit Recht annehmen, daß die Zahl der einzelnen Chromatinfäden der unreduzierten Chromo- somenzahl entspricht. So glaube ich mich berechtigt, eine Parallelkonjugation der Chromo- somen bei Cerithium anzunehmen. Es ist nicht meine Absicht, die viel Stadien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 337 umstrittene Frage nach dem Vorhandensein eines solchen Prozesses im allgemeinen zu behandeln. Es ist aber kaum zu leugnen, daß seit dem bekannten Streit zwischen Fick, Meves, Goldschmidt einerseits (1908) und K. und E. Schreiner (1908 a) andererseits die Lehre von der Parallel- conjugation viel an Boden gewonnen hat. In erster Linie sind die objek- tiven Ausführungen von Wilson (1912) zu nennen, der unter anderm die klassischen Objekte der beiden Schreiner ( Myxine , Tomopteris) sowie von Jannsens ( Batracho&eps ) sorgfältigst nachuntersuchte und sich ent- schieden auf die Seite der Anhänger einer Parasyndesis stellte. Dann ist der in dieser Beziehung gleichlautenden Ergebnisse von Lee (1911) und Demoll (1912) zu gedenken, die unabhängig voneinander eine para- syndetische Pseudoreduktion in der Spermatogenese von Helix beschrieben haben. Es sei noch auf die soeben erschienene Arbeit von v. Voss (1914) aufmerksam gemacht, die sich auf die Oocyten von Mesostomum bezieht. Sie ist insofern von besonderem Interesse, als im Laufe der Wachstums- periode zweimal Doppelfäden auftreten: das erstemal auf dem sogenannten »pachydiplotänen« Stadium, wo zehn solche Paare (nicht reduzierte Zahl) zu sehen sind, und das zweitemal in der eigentlichen Prophase der ersten Reifeteilung, wo nur fünf Doppelelemcnte vorhanden sind. Es liegt auf der Hand, daß im ersten Falle die Dualität der Fäden auf eine frühzeitige vorübergehende Spaltung der Chromosomen (vgl. Meves 1907, S. 461—62), im zweiten auf die Parallelconjugation derselben zurückzuführen ist. Wie es geschildert wurde, umschlingen sich bei Cerithium die conju- gicrenden Chromatinfäden jedes Paares sehr eng, behalten aber beständig ihre Individualität. So bleibt es auch während der späteren Stadien, wenn die beiden Komponenten jedes Paares sich kontrahieren. Nur dicht vor der Bildung der Äquatorialplatte ist die Doppelwertigkeit der Chromo- somen nicht mehr nachzuweisen. Und falls ein Substanzenaustausch zwischen den beiden Partnern während der Prophase anzunehmen ist, findet er am ehesten in ihrer letzten Periode statt. Während der ersten Reifeteilung wird eine Querteilung der Chromatin- elemente vorgetäuscht. Soviel ich mich überzeugen konnte, kommt sie dadurch zustande, daß die zuerst parallel liegenden Partner jedes Chro- mosomenpaares sich nach der Auflösung der Kernmembran »end to end« anordnen, so daß sie durch die darauffolgende Querteilung voneinander getrennt werden. Ich nehme also eine Präreduktion bei Cerithium an. Das chromatische Körperchen tritt im Plasma der Spermato- cyten in der Diakinese auf. Während der beiden Reifeteilungen geht es immer ungeteilt in eine der Schwesterzellen über, so daß nur ein Viertel der Spermatiden das Körperchen enthält. Folgende Eigenschaften dieser 338 S. Kuschakewitsch Gebildes sind außerdem hervorzuheben. Ihre färberische Reaktion ist amphoter, da sie sich nach Biondi bald rot färben, bald einen deutlichen Stich ins Grüne zeigen. Im Stadium der Äquatorialplatte können sie zuerst mit einem Chromosom, später mit einer der Centriolen durch eine Faser verbunden sein. Auf dem Stadium der Tochterplatten können sie wieder mit einem Chromosom in Verbindung stehen. Während der Inter- kinese bleiben sie im Plasma liegen. In den Spermatiden sind sie bald nicht mehr zu sehen. Auch in den Spermat.ogonien, die vor kurzem eine Teilung durchge- macht hatten, konnte ich manchmal ein tingierbares Körperchen sehen, das vielleicht demjenigen der Spermatocyten entspricht. Die obigen Gebilde sind in die Kategorie der » ehromat oiden Körper« bzw. «Nebenkörper« einzureihen, die wohl von v. Brunn (1876) zum erstenmal in den Spermatiden der Ratte gesehen und abgebildet wurden. Vielleicht hat sie dann Herwann (1889) in den Spermatocyten beobachtet (s. seine Fig. 30), wie auch bald darauf Benda (1891), welcher die be- treffenden Gebilde zuerst mit dem Namen »chromatoide Nebenkörper« belegte. Dabei stellte er sie aber denjenigen Körperchen gleich, die dem Achsenfaden der Spermatide den Ursprung geben, also den jetzigen Cen- triolen, ein Irrtum, welcher auch von Hermann (1898) wiederholt wurde. Niessing (1896) und Lenhossek (1898) verdanken wir die ersten aus- führlichen Beschreibungen der chromatoiden Körper sowohl in den Sper- matocyten als auch in den Spermatiden der Säugetiere. Seitdem sind die chromatoiden Körper vielfach in den männlichen sowie in den weiblichen Keimzellen verschiedener Tiergruppen beschrieben worden. Ohne den geringsten Anspruch auf Vollständigkeit zu machen, werde ich hier einige diesbezügliche Befunde zusammenstellen, die mir von Interesse zu sein scheinen. Was die färberische Reaktion der betreffenden Gebilde anbelangt, so werden sie gewöhnlich als acidophil charakterisiert (Meves 1899; A. und K. E. Schreiner 1905; Champy 1913). Die Mehrzahl der Autoren, die sich nach dem Ursprung der chroma- toiden Körper g'efragt haben, leiten sie vom Kerne ab. Benda (1891) sprach die Vermutung aus, es handle sich um ein aus dem Kerne isoliertes Chromosom. Moore (1893) hat die chromatoiden Körperchen als elimi- niertes Kernchromat in aufgefaßt; die Schreiner (1905) präzisieren sie als Derivate von Chromatinnucleolen (die basophile Reaktion soll nur allmählich sich in eine acidophile im Plasma verwandeln). Für außer- nucleare Plasmosomen werden sie von v. Baer (1909), Morse (1909), Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 339 Champy (1913), scheinbar auch von Ebner (1899), Duesberg (1908) und Regaud (1910) gehalten. Dagegen nimmt Wilson (1913), der neulich den chromatoiden Körper in der Spermatogenese von Pentatoma studierte, an, daß er im Plasma gebildet würde. Die Zeit des ersten Auftretens des chromatoiden Körpers wird auch verschieden bestimmt. Champy konnte ihn schon in den älteren Spermato- gonengenerationen nachweisen. Die meisten Autoren finden ihn erst in den Auxocyten. Ebner und Duesberg sogar nur in den Spermatocyten 2. Ordnung. Während der Wachstumsperiode wird manchmal nur ein chroma- toider Körper beschrieben (Benda, Niessing, Schoenfeld, Wilson). Nach Champy besteht er aus zwei Teilen, die durch eine Brücke vereinigt sind. Öfters wird auch die Zahl zwei als charakteristisch angegeben (Moore, Lenhossek, Regaud). Nach den Schreiner kommt es in einigen Fällen überhaupt nicht zur Bildung von wohlbegrenzten chroma- toiden Körpern, sondern viele größere oder kleinere Körnchen treten statt dessen auf. Erwähnenswert ist die Lage an den beiden Polen der länglichen Auxocyte, die für die zwei chromatoiden Körper als sehr charakteristisch von Lenhossek und Regaud angegeben wird. Schon Benda und Lenhossek haben gefunden, daß die chromatoiden Körper während der Mitose erhalten bleiben. Nach den Schreiner bleibt, »wenn vor der ersten Reifungsteilung die Centriolen auseinander Weichen, ein chromatoider Körper oder eine Gruppe von Körnchen mit jeder Sphäre in Verbindung, oder der noch ungeteilte Körper bleibt zwischen den beiden Sphären liegen, um erst später geteilt zu werden.« Champy beschreibt eine regelmäßige Teilung seiner »corps pyrenoides« während der Vermehrungs- und Reifungsteilungen. Nach Doncaster (1909) ge- langt der chromatoide Körper der Spermatocyten bei Neuroterus un- geteilt in eine der Schwesterspermatiden. Nach Wilson bleibt der chro- matoide Körper bei Pentatoma während der beiden Reifungsteilungeil ungeteilt, so daß er nur in eine der vier von einer Spermatocyte stammen- den Spermatiden übergeht. Anders werden die Verhältnisse von Regaud dargestellt. Nach diesem Autor sollen die chromatoiden Körper sich während der Reifeteilungen in kleine Körnchen auf lösen, wobei sie während der ersten gewöhnlich spurlos schwinden. Nach den Mitosen werden sie rekonstruiert. Die meisten Autoren behaupten, daß der chromatoide Körper in die Spermatide aufgelöst oder mit den Plasmaresten abgestreift wird. Nur 340 S. Kuschakewitsck die Schreiner (1908) beschreiben seine Einwanderung in den Spermatiden- kern, für dessen Kondensation er von Bedeutung sein soll. Aus dieser Übersicht ist zu ersehen, daß unsere Kenntnisse über die Natur der ehromatoiden Körper recht fragmentarisch sind. Es ist auch wohl möglich, daß wir nicht in allen Fällen mit denselben Gebilden zu tun haben. Folgende Angaben über das Verhalten der ehromatoiden Körper während der Mitosen möchte ich besonders hervorheben. Erstens können, nach der Beschreibung von Champy zu beurteilen, die ehromatoiden Körper höchst regelmäßig halbiert und die entsprechenden Teilungspro- dukte zwischen den beiden Tochterzellen verteilt werden. Zweitens fanden die Schreiner (1905) sehr häufig während der Metaphase in der Nähe des einen Pols oder der beiden Pole einen ehromatoiden Körper, der mit dem entsprechenden Polcentrum durch eine Faser oder zwei eine Fasern verbunden war. In diesen Fällen halte ich es nicht für ausgeschlossen, daß die »ehromatoiden Körper« degradierte Chromosomen darstellen, die aus dem Kerne ins Plasma ausgewandert sind. Auch bei Cerithium könnte es vielleicht so sein. Wie ich schon betont habe, wird da der chromatoide Körper während der Reifeteilungen öfters mit einem Pole verbunden. Außerdem kann er etwas vorher mit einem der Chromosomen der Äquatorialplatte in Verbindung stehen, was auch die accessorischen Chromosomen öfters zu tun scheinen (s. z. B. Sinety 1901, McClung 1905 und Davis 1908, Orthopteren; Kornhauser 1094, Hemipteren). Zwar liegt der chromatoide Körper von Cerithium in allen Fällen, wo er von mir gefunden war, im Plasma. Es gibt aber Fälle, wo auch ein accessorisches Chromosom in den Auxocyten außerhalb des Kernes sowie während der Reifeteilungen außerhalb der Spindel liegen kann (Sutton 1902; Baumgartner 1904; Davis 1908; Brunelli 1909). In dieselbe Tatsachenreihe gehört eine Beobachtung von Na waschin (1911), welche besonders schön zeigt, wie ein regelrechtes Autosom zu einem »ehromatoiden Körper« werden kann. Während der ersten Reife- teilung der Pollenniutterzellen bei Tradescantia ist manchmal in der Aquatorialebene ein nachhinkendes »Reduktionschromosom« zu sehen, wenn die Tochterplatten schon ausgebildet sind. Bald teilt es sich, aber seine Hälften erreichen die Pole nicht, bald bleibt es ungeteilt am Äquator stecken. Indem die Tochterkerne rekonstruiert werden, können die drei folgenden Fälle verwirklicht werden; 1. Es wird der ungeteilte doppel- wertige Nachzügler eliminiert und bleibt im Plasma liegen. 2. Dasselbe geschieht mit einer oder 3. mit den beiden Teilhälften dieses Chromosoms. Wie es auch sein mag, kommt bei der zweiten Reifeteilung das betreffende Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 341 Chromosom ungeteilt in eine der Schwestertetraden, wo es ebenfalls im Plasma liegt. Es ist zu beachten, daß dieses extranucleare Chromosom ausgesprochen acidophil reagiert. Eine Ähnlichkeit des ehromatoiden Körpers bei Cerithium mit dem accessorischen Chromosom bei Helix , wie es von Demoll (1912) beschrieben wurde, ist nicht zu verkennen. Auch ich habe das Gebilde manchmal zweigeteilt gefunden1). Anderseits berichtet Demoll, daß während der Interkinese sein accessorisches Chromosom abseits vom Kerne liegt. Ob dieses während der zweiten Reifeteilung gespalten wird oder nur in eine der Spermatiden übergeht, wie es bei Cerithium stattfmdet, ist von Demoll nicht festgestellt worden. Die Acrosombildung. Wie ich oben ausführlich geschildert habe, wird das Acrosom der typischen Spermien von Cerithium aus einem Teile des Idiozoms gebildet. Es erscheint dabei an dessen Peripherie ein färbbares Körnchen, welches ein Stäbchen hervorsprossen läßt. Dieses bildet die Achse des Idiozomauswuchses, der zum Acrosom wird. In der Literatur konnte ich nur einen Fall finden, wo es sich zweifellos um einen ähnlichen Vorgang handelt. Ich meine die Acrosombildung bei den Cephalopoden, wie sie von Thesing (1904) geschildert wurde. Auch da entsteht im Idiozom ein tingierbares Körnchen, welches einem Stabe den Ursprung gibt. Dieser Stab bildet die Achse des Acrosoms, dessen Hülle vom Idiozom (Idiozombläschen) stammt. Da es sich in beiden Fällen um Vertreter des Molluskenstammes handelt, haben wir zweifellos homologe Prozesse vor ^ uns. Es sind allerdings die folgenden Unter- schiede zu notieren: 1. Bei den Cephalopoden entsteht das Körperchen in einer Vacuole im Inneren des Idiozoms, während es bei Cerithium an der Idiozomperipherie gebildet wird. 2. Im ersteren Falle hat das Körperchen im Acrosom eine distale, im letzteren eine proximale Stellung. Wie schon Thesing hervorgehoben hat, ist das obenerwähnte färb- bare Körperchen der Cephalopoden mit den Körnchen zu vergleichen, die schon sehr frühzeitig in größerer Anzahl im Idiozom der Säugetiere auftreten (nach Meves, 1899, schon in den Spermatocyten 1. Ordnung), Während der Spermiogenese zu einem größeren Körper verschmelzen und das Acrosom bilden. Es gibt nun aber einzelne Beobachtungen, die darauf hinweisen, daß Centriolenderivate an der Bildung des Acrosoms teilnehmen können2). D Übrigens scheinen dasselbe auch die Schreiner (1905) beobachtet zu haben, wie ihre Fig. 97 c zeigt. 2) Von den älteren, wenig zuverlässigen Angaben, welche bei Korschelt und Heider (1902, S. 523) angeführt sind, sehe ich hier ab. 342 S. Kuscliakewitsch So berichtet Büchner (1909), daß das Acrosom bei Oedipoda von einem der beiden Centriolen gebildet wird, welches eine Wanderung nach vorne vollzieht. Champy (1913) findet in den Spermatiden der Batrachier außer dem Centriolenpaar, welches an der Bildung des Achsenfadens teilnimmt, noch ein zweites Paar, das an dem künftigen Vorderpole des Kernes zu liegen kommt und sowohl dem linearen Acrosom als auch dem Achsen- stabe den Ursprung gibt. Bei Bombinator werden diese Organellen aus- nahmsweise von dem »hinteren« Centriolenpaar gebildet, was dadurch erklärt wird, daß bei diesem Vertreter das morphologische Hinterende in Wirklichkeit nach vorne gerichtet ist. Der französische Forscher glaubt, daß das Acrosom sich prinzipiell kaum von dem Flagellum unterscheidet. Das erstere soll ein modifiziertes unbewegliches Flagellum sein. Zugunsten der Ansicht, daß Centriolen an der Bildung des Acrosoms teilnehmen, spricht auch die Beobachtung von Lillie (1912), nach welchem während der Befruchtung bei Nereis zuerst am Vorderpole des Spermium- kopfes eine Eiplasmastrahlung entsteht. Dann erlischt diese Strahlung und eine definitive im Anschluß an den hinteren Pol des Spermiumkopfes erscheint. _ Trotzdem wäre es voreilig, die färbbaren Körperchen, welche bei den Säugetieren, den Cephalopoden und bei Cerühium als Acrosombildner fungieren, mit Centriolen zu identifizieren. Ich habe wenigstens gefunden, daß das betreffende Körperchen bei Ceritliiurn de novo vom Idiozom gebildet wird. So lauten auch die Angaben von Thesixg für die Cephalo- poden. Die Entwicklung der atypischen Spermatozoen. Vergleichen wir die atypische Spermatogenese von Ceritliiurn mit der Entwicklungsgeschichte der atypischen Spermien anderer Proso- branchia, so sehen wir, daß sie am meisten derjenigen von Paludim und Murex gleicht, wie sie von Meves (1900, 1902) bzw. Stephan (1903 b) und Lams (1910) geschildert wurde. Auch bei Centhium sind die beiden Reifeteilungen noch vorhanden. Der Grad von Divergenz der Reife- teilungen von denjenigen der typischen Reihe ist aber in den drei genannten Fällen ein verschiedener. So wird von Lams eine typische Mitose für die erste Reifeteilung beschrieben (»on observe successivement les stades de spirem, resolutiön du boyau nucleinien en chromosomes, plaque equa- toriale, metacinese, Organisation des novaux-filles«) 1). Bei Paludim x) Nach der älteren Beschreibung von Stephan (1903b) soll die Mitose der ersten Reifeteilung bei Murex hrandaris nicht so regelmäßig verlaufen und mehr derjenigen bei Paludina ähnlich sein. Stadien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 343 (Meves) verläuft die entsprechende Caryokinese viel unregelmäßiger, in- sofern als keine richtige Äquatorialplatte gebildet wird und die Kerne in den Tochterzellen nicht rekonstruiert werden. Bei Cerithium sind die Verhältnisse ganz atypisch. Keine Stadien von Monaster und Diaster sind zu erkennen, eine Spindel ist nur in einigen Fällen zu finden und kann dabei höchst unregelmäßig sein. Die Chromosomen, deren Zahl und Größe zu der Zeit sehr variabel ist, werden scheinbar aufs Geratewohl zwischen den beiden Tochterzellen verteilt. Zwar ist die zweite Teilung auch bei Murex und Paludina noch un- regelmäßiger als die erste. Über die genaueren Chromatinverhältnisse bei Murex sind wir (von Stephan und Lams) sehr mangelhaft unterrichtet. Von Paludina wissen wir dagegen, daß ein Chromosom dabei ganz gesetz- mäßig geteilt und zum Kernchen der Spermatide wird. So einen Prozeß konnte ich bei Cerithium nicht entdecken. Die Chromatinbrocken von wechselnder Größe und Zahl werden in unregelmäßiger Weise zwischen den Tochterzcllen verteilt. In jeder Spermatide wird einer von ihnen zu einem Kernbläschen. Wenn die Reifungsteilungen von Cerithium einen höheren Grad von Atvpie aufweisen, als diejenigen von Murex und Paludina, so findet man in der Wachstumsperiode unverkennbare Anklänge an ursprüngliche Ver- hältnisse. Wie ich gezeigt habe, ist eine Anzahl der atypischen Auxocyten denselben Umwandlungen wie auch diejenigen der typischen Reihe unter- worfen, so daß auch ein regelrechtes Bouquetstadium erreicht wird, wonach allerdings die Entartung der betreffenden Zellelemente einsetzt. Sicher handelt es sich in diesem Falle um eine atavistische Erscheinung. Spermiogenese. Was die Produkte der Tätigkeit der Centriolen und deren Beziehungen zum Plasmakörper der Spermatide anbelangt, so scheint der Ausgangspunkt der Spermiogenese fast in allen näher unter- suchten Fällen ein ähnlicher zu sein. Die Centriolen kommen an einen der Pole der Spermatide zu liegen und vermehren sich da gewöhnlich (bei Conus bleiben deren zwei). Hier geben sie einem Bündel von Cilien (bei Conus nur zwei) den Ursprung, in welchem man bald einen intraplasmatischen sowie einen extraplasmatischen Abschnitt unterscheiden kann. Das weitere Schicksal der linearen Centriolenabkömmlinge kann ein verschiedenes sein. Bei Cerithium und scheinbar auch bei Turritella (Retzius 1906) bleibt der intraplasmatische Teil derselben verhältnis- mäßig kurz, während die extracellularen Cilien sehr lang erscheinen. Bei Paludina sind die Längenverhältnisse der beiden Abschnitte der Fäden umgekehrt: das centrale Fadenbündel durchzieht den langen wurm- förmigen Körper des Spermatozoons, an dessen Hinterende viel kürzere 344 S. Kuschakewitscli Cilien heraustreten. In den meisten Fällen werden die letzteren im Laufe der Spermiogenese vollständig in den Plasmaleib aufgenommen (Mur ex, Lams 1910; Nassa, Tritoniurn, Stephan 1903; Strombus, Reinke 1912). Vermetus nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als bei ihm gewöhnlich von vornherein nur die intraplasmatischen Abschnitte der Fäden angelegt werden, während die extraplasmatischen nur ausnahmsweise erscheinen und bald in das Innere des Zelleibes rücken. In allen näher untersuchten Fällen scheinen die intraplasmatischen Fäden ursprünglich ein Achsen- bündel zu bilden. Dieser Zustand persistiert bei Cerithium, Conus, Ver- metus, Paludina. Bei andern Vertretern (Murex, Nassa, Tritoniurn, Strom- bus) nehmen diese Fäden eine periphere Lage ein. Hat die atypische Spermiogenese eine phylogenetische Bedeutung, so dürfte man annehmen, daß die Verhältnisse bei Cerithium die primi- tiveren sind, da die intracellulären Teile der Achsenfäden im Vergleich zum extracellulären unbedeutend bleiben und auch im fertigen Samen- körper ein Centralbündel bilden. Auch in andern Beziehungen weist die atypische Spermiogenese von Cerithium ursprünglichere Züge auf. So tritt hier das Chondriom noch in Form von kugeligen Körperchen auf, welche die Wurzel des Cilienbündels kranzförmig umgeben, wie es bei der Entwicklung der eupyrenen Spermien geschieht. Nach der Beschreibung von Retzius (1906), die sich auf die atypischen Spermien von Turritella bezieht, scheint dasselbe auch bei diesem Vertreter stattzufinden. Der Anlauf zur Acrosombildung, welcher durch die Lage an dem vor- deren Kernpole verraten wird, die das Idiozom vorübergehend annimmt, ist wohl als eine Reminiszenz an die entsprechenden Verhältnisse der typischen Spermiogenese von Cerithium aufzufassen. Im Gegensatz zu den Angaben von Stephan (1903b) habe ich gezeigt, daß auch die reifen Spermien von Cerithium Chromatin besitzen, also zu den oligopyrenen gehören. Cerithium und Paludina sind vorläufig die einzigen bekannten Arten, bei welchen das Vorderende des Centralbündels in eine permanente Ver- bindung mit dem Kerne der Spermatide tritt, was für die typischen Samenkorper bekanntlich die Regel ist. Wie schon früher Stephan (1903b), so konnte auch ich die Ent- stehung von besonderen färbbaren Körnchen in der Spermatide, sowie deren Wanderung zur Peripherie verfolgen, wo sie sich zu einer Art von Kruste Zusammenlegen. Der leider zu früh gestorbene französische Forscher hat das Verdienst die wahre Natur dieser Körnchen erkannt zu haben. Mit Recht weist er ausdrücklich darauf hin daß es keine Mitochondrien, Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 345 sondern paraplasmatische Stoffe seien, welche den viel mächtigeren Ein- schlüssen der atypischen Spermien andrer Prosobranchia entsprechen. Leider geriet die Schrift von Stephan in Vergessenheit, und später, bei der Beurteilung der ähnlichen Gebilde bei Paludina, entstanden Kontro- versen, die sonst hätten erspart werden können. Ich will hier die Gelegen- heit benützen, in dem Streite Duesberg— Perroncito Stellung zu neh- men ; um so mehr, als ich das betreffende Objekt aus eigener Anschauung kenne. In der atypischen Spermatide von Paludina hat Perroncito (1910) zweierlei körnige Plasmabestandteile unterscheiden können: 1. Körnchen, welche in Reihen längs des Centralbündels angeordnet sind (»Chondrio- somen von Meves«). 2. Körnchen, welche die ganze peripherische Zone der Spermatide einnehmen (»Mitochondrien von Benda-Retzius«). Ara besten wird der Unterschied zwischen den beiden Kategorien von Körnchen durch das Zusammenstellen der Fig. 53 und 54 von Perroncito ver- anschaulicht. In seinem Sammelreferat über die Plastosomen usw. hat Duesberg (1912) diese Einteilung der körnigen Gebilde einer scharfen Kritik unter- zogen. Erstens scheint es ihm unverständlich zu sein, wie Perroncito dazu gekommen ist, die von Meves bei Paludina beschriebenen Gebilde von den Mitochondrien von Benda zu unterscheiden. Zweitens ist es ihm unklar, was die »mitocondri die Benda-Retzius« sind, welche der ita- lienische Autor auf seiner Fig. 54 darstellt. »Auf den ersten Blick könnte man glauben, daß es sich um wirkliche Plastosomen handelt, — das ist indessen nicht absolut sicher. Gegen diese Anschauung kann man zunächst ein wenden, daß diese Elemente nur in der Spermatide erscheinen, während nach den Beobachtungen von Meves ... die durch ihr Endschicksal in der Spermatide charakterisierten Plastosomen schon in den Spermato- gonien existieren und durch diese den späteren Generationen übermittelt werden; ferner die . . . Analogie zwischen dem Schicksal der ,condriosomi‘ und der Plastosomen oder .Mitochondrien4 in der Spermatide.« In seiner polemischen Schrift gegen Duesberg besteht Perroncito (1913) darauf, daß zwei distinkte Kategorien von Granulationen in den atypischen Spermatiden von Paludina vorhanden seien, und versucht, dieses durch das Zusammenstellen von Zitaten aus den Arbeiten von Meves und Benda zu beweisen. Die Frage nach dem genetischen Zu- sammenhang der beiderlei Gebilde läßt er allerdings offen. Duesberg (1913) erwiderte Perroncito, wobei er von neuem behauptete, daß »la distinction entre les deux categories de granulations ... est purement hypothetique . . .« Archiv f. Zellforschung. XV. 23 346 S. Kuschakewitsch Versuchen vir die Frage nach der Bedeutung der Plasmaeinschlüsse der atypischen Spermatiden von Paludina ganz objektiv zu behandeln. In erster Linie vollen vir sehen, ob Meves, Benda und Retzius dieselben oder verschiedene Gebilde gesehen und beschrieben hatten, und ob Perrox- cito recht hatte, »les chondrosomes de Meves« einerseits, und »les mito- chondres de Bexda-Retzius« als distinkte Plasmabestandteile zu unter- scheiden? Wenden v'r ims zu denjenigen Stellen aus den Schriften von Meves und Bexda, die von Perroxcito (1913) als besonders bezeichnend angesehen verden. O ^ Laut den Angaben von Meves (1900) »haben [die Mitochondrien] sich nach der zveiten Reifungsteilung an einer Stelle in der Aähe der Centralkörperstäbchen zusammengehäuft. Wenn nun die Stiele der aus den Stäbchen hervorgehenden Hanteln zu langen Fäden auszuvachsen beginnen, lagern sich die Mitochondrien diesen Fäden auf und bilden Querbänder , deren Anzahl um so größer vird, je mehr der intracelluläre Teil des Samenfadens an Länge zunimmt«. Von andern körnigen Einschlüssen der Spermatide ist bei Meves keine Rede. Indem Bexda (1903) die Technik von Meves kritisiert, behauptet er, daß der letztere »nur einen kleinen Bruchteil der Mitochondrien [in den oligopyrenen Spermien von Paludina ] zu Gesicht bekommen hat«. »Ihre Vervendung ist im allgemeinen [von Meves] richtig erkannt, nur daß sie sich niemals an einer Stelle in der Xähe der Centrosomen - Stäbchen anhäufen, sondern vährend des ganzen Verlaufes der Metamorphose an der ganzen Zellperipherie fast gleichmäßig verteilt bleiben, aber vom ersten Beginn des . . . Ausvachsungsvor- ganges der Centralkörper an sich diesen in einem dicken ringförmigen Wulst auflagem und sich dann vährend der Verlängerung von dem centro- somalen Pol her immer vieder in neuen Ringviilsten anlagern. Letztere wandeln sich gegen den Ivernpol der Centrosomstäbchen durch Zusammen- sinterung in Querbänder um, so daß vir in den Ringvülsten deren Anlage zu erblicken haben.« Die soeben angeführte Stelle aus Bexda, velche durch keine Abbil- dungen illustriert ist, läßt etvas an Klarheit zu viinschen. Vergleicht man die durch Sperrdruck von mir hervorgehobenen Stellen der angeführten Zitate von Meves und Bexda, so erscheint der Schluß von Perroxcito (1913), daß es sich in den beiden Fällen um ganz verschiedene Gebilde handle, berechtigt. Stellt man dagegen die in Kursiv gedruckten Äuße- rungen der beiden deutschen Forscher zusammen, so bekommt man den gerade entgegengesetzten Eindruck, da das Schicksal der fraglichen Körn- chen in beiden Fällen das gleiche zu sein scheint (Querbänderbildung). Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobrancliia. II. 347 Einen Schlüssel zum Verständnis dieses Widerspruches liefert uns die Arbeit von Retzius (1905), aber besonders die schönen beigegebenen Abbildungen. Auf seiner Fig. 6 (Taf. XVIII) sehen wir den Raum zwischen dem »Achsenstrang« und der Zellperipherie mit Kügelchen vollgepfropft. Wer die atypischen Spermien von einer x\nzahl anderer Vertreter der Prosobrancliia kennt, wird über die Natur dieser Kügelchen keinen Moment in Zweifel sein: es sind die charakteristischen deutoplasmatischen Einschlüsse, wie sie von Brock (1887) bei Pteroceras und Strombus, von mir (1910) und Retzius (1912) bei Aporrhais, von mir bei Vermetus be- schrieben, und von Retzius (1906) bei Buccinium abgebildet wurden. Auf ihre Unabhängigkeit von demChondriom hatte schon Stephan (1903b) hingewiesen und auf Grund meiner Beobachtungen an Cerithium kann ich seine Angaben vollauf bestätigen. Da nach Retzius (1905) diese Kügelchen Querbänder Vortäuschen können, ist es kaum zu bezweifeln, daß die peripherisch liegenden »Mitochondrien« von Benda (1903) mit ihnen identisch sind. Retzius ist in dieser Beziehung sehr zurückhaltend und sagt: »Ob nun auch diese so massenhaft vorhandenen Körnchen der oligopyrenen Spermien von Paludina als Mitochondrien derselben Art wie die der andern gewöhnlichen, eupyrenen, Spermien anzusehen sind, ist jedenfalls noch nicht sicher eruiert worden.« Was die Mitochondrien von Meves (1900) anbelangt, so sind sie sicher als ein Bestandteil des »Achsenstranges« von Retzius aufzufassen. Auf der Fig. 53 von Perroncito (1910) ist das richtige Chondriom, auf seiner Fig. 54 sind die deutoplasmatischen Kügelchen gefärbt worden. Der italienische Autor hat also vollständig recht, wenn er zwei Kategorien von Plasmakörnchen in den atypischen Spermien von Paludina unter- scheidet. Aber wenn er seine »mitocondri die Benda-Retzius« auch in den typischen Samenkörpern von Paludina und sogar der Säugetiere zu finden glaubt und sie gar als einen integrierenden Plasmabestandteil im allgemeinen aufzufassen scheint, so begeht er offenbar einen Irrtum. Diese für die atypischen Spermien der Prosobranchiaten so charakteristi- schen deutoplasmatischen Einschlüsse sind sonst in der Spermatogenese nur äußerst selten zu beobachten (vgl. meine vorhergehende Arbeit, 1913, S. 312). Ich finde also, daß die Kritik von Duesberg (1913) in bezug auf das Vorhandensein der »mitochondri di Benda-Meves« in den typischen Spermatozoen eine ganz berechtigte ist. Auch der folgenden Äußerung des belgischen Autors stimme ich vollständig bei: »Les denominations employees par l’auteur italien ne sont nullement justifiöes et sont au contraire de nature ä jeter la confusion dans la nomenclature. « 23* 348 S. Kuschake witsch Das Chondriom. Die häufigste Form der Plastosomen in den typischen Spermatocyten von Cerifhium ist diejenige von unregelmäßigen Ringen, Welche während der Zellteilung sehr ausgezogen sein können. Soviel ich weiß, ist ein solches Verhalten des Chondrioms nur von Meves (1900) für Paludim beschrieben worden. Ich benütze diese Gelegenheit, um die Richtigkeit der entsprechen- den Angaben dieses Forschers zu bestätigen, um so mehr, als sie von Benda (1903) angezweifelt wurden. »Ich halte«, sagt der letztere, »nach meinen Präparaten seine Darstellung der ,Doppelfäden‘ [d. h. der parallel ver- laufenden Hälfte eines ausgezogenen Ringes] nur für die Schattenrisse mangelhaft konservierter stabförmiger Mitochondrien . . .« In diesem Fall hat Meves sicher recht. Dagegen stimme ich Benda bei, wenn er behauptet, daß die Produkte der Plasmosomen nie Bläschen, sondern solide Körper werden. (Es ist von den kugeligen Körperchen des hinteren Poles der Spermatide die Rede.) Die Beschreibung von Meves lautet näm- lich folgendermaßen: »Die Mitochondrien der Spermatide sind auf dem Stadium der Fig. 30 noch von der letzten Reifungsteilung her in Doppel- fäden angeordnet . . . Aus diesen Fäden gehen auf einem nächsten Sta- dium in einer nicht näher anzugebenden Art und Weise eine Anzahl kleiner Bläschen hervor . . .« Wie ich im speziellen Teile dieser Arbeit geschildert habe, sind die »Bläschen« von Meves, was Cerithium betrifft, kompakte Kügelchen, welche durch das Zusammenziehen von fadenförmigen Plasto- chondrien entstehen1). Ich habe schon darauf hingewiesen, daß die Plastosomen auch auf denselben Stadien der Spermatogenese sehr verschieden aussehen können. So haben wir während der ersten typischen Reifeteilung neben Spermato- cyten mit charakteristischen ringförmigen Plastokonten auch solche ge- funden, die einfach fadenförmige Plastosomen hatten. Anderseits war in einigen Fällen auch ein netzförmiges Chondriom Während der zweiten Reifeteilung anstatt der gewöhnlich auftretenden Ringe zu finden. Über- haupt habe ich den Eindruck gewonnen, daß das Chondriom, Was die Beständigkeit und die gesetzmäßigen Veränderungen seiner Form anbe- langt, mit dem Chromatin gar nicht verglichen werden kann. Diese Tat- sache läßt sich vielleicht als ein Argument gegen die von einigen Autoren angenommene idioplasmatische Natur des Chondrioms verwerten. Die netzförmige Anordnung des Chondrioms, die ich in der typischen Reihe während der zweiten Reifeteilung beobachten konnte (s. Fig. 91), D Die Verhältnisse bei Paludim sind genau dieselben, wie ich aus eigener Er- fahrung behaupten kann. Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. 1 1. 349 ist um so mehr interessant, als bis jetzt nur wenige Fälle dieser Art bekannt geworden sind. So ist in erster Linie das Plastokontennetz in den Spermato- cyten 1. Ordnung von Apis mellifica zu nennen (Meves 1907). Comes (1909) hat durch einen Vergleich von Präparaten der Knorpelzellen, die einerseits nach Benda, anderseits nach Golgi bearbeitet waren, bewiesen, daß der sogenannte »apparato reticolare« in diesem Falle ein Chondriom darstellt, dessen Verhalten er auch während der Teilung verfolgen konnte (»eondrioeinesi«, 1910). Zum selben Resultat sind auch Barinetti (1912) und Pensa (1913) für die Knorpelzellen gekommen1), Mislavsky (1913) für die Pancreaszellen. Auch Luna (1913) hat in den letzteren Anasto- mosen zwischen den fadenförmigen Plastosomen beobachtet. Unwillkür- lich drängt sich immer mehr und mehr der Verdacht auf, daß in vielen Fällen der »apparato reticolare interno« nur eine spezielle Form des Chondrioms darstellt 2), wie es zuerst von Meves (1907 a) postuliert wurde. Weder die Form der beiderlei Gebilde noch die entsprechenden Darstel- lungsmethoden erlauben uns jedenfalls diese zwei Kategorien der Plasma- bestandteile mit genügender Sicherheit auseinander zu halten. Was die Form anbelangt, so haben wir in einer Anzahl von Fällen ein netz- förmiges Chondriom kennen gelernt. Anderseits mußte die LEMBERGsche Schule die Benennung »apparato reticolare interno« durch die indifferen- tere »GoLGi-KoPseher Apparat« ersetzen, da das entsprechende Gebilde oft in der Form von unverzweigten Fäden erscheint (Nusbaum 1913), die auch für das Chondriom durchaus charakteristisch ist. Was die Darstellungsmethoden anbetrifft, so besitzen wir keine, die uns in diesem Falle helfen könnte. Daß die Methode von Benda kerne spezifische ist, wurde schon öfters hervorgehoben. Anderseits ist sie auch ziemlich launenhaft, wie mich die eigene Erfahrung lehrte. So können weder positive noch negative Resultate einer BENDA-Färbung für oder gegen die Zugehörigkeit eines Plasmabestandteiles zum Chon- driom entscheidend sein. Nicht besser steht es auch mit der sogenannten »reazione nera« von Golgi-Veratti. Es sei hier in erster Linie auf die Beispiele von Duesberg (1912, S. 888) hingewiesen, aus welchen dieser Autor schließt, »daß, wenn D Meves (1910) und Duesberg (1910) haben in den Knorpelzellen ein Chondriom beschrieben, welches aus unverzweigten Plastokonten besteht. Vgl. auch Duesberg (1912). Nach meinen Befunden in den Spermatocyten von Cerithium wäre ich nicht erstaunt, wenn wenigstens zwei Formen des Chondrioms auch in den Knorpelzellen vorkämen. 2) Die Formen des sog. »apparato reticolare«, welche sich mit meinem Begriff Sphärodictium decken, werde ich im nächsten Kapitel besprechen. 350 S. Kuschakewitsch ein Formelement der Zelle sich mit der GoLGiselien Methode schwarz färben läßt, dies noch lange kein Beweis dafür ist, daß es sich da um einen Netzapparat handelt«. In dieser Hinsicht ist die neulich erschienene Arbeit von Deineka (1914) interessant, welcher mit Hilfe des Silber- verfahrens eine schöne Untersuchung über das Chondriom des Knochen- gewebes machte. Zwar glaubte er, durch das Absthnmen der Einwirkungs- dauer der Fixierungsflüssigkeit (arsenige Säure) bald das Chondriom und den Netzapparat, bald nur den letzteren zur Darstellung bringen zu können. Aber in seinem Falle handelt es sich höchst wahrscheinlich um einen »Netz- apparat«, welcher meinen Sphärosomen entspricht, die den Beagenzien gegenüber überhaupt viel resistenter sind als das Chondriom. Auf diese Weise wird auch durch dieses Kriterium von Deineka für die Unter- scheidung des typischen »apparato reticolare« von den Plastosomen wenig gewonnen. Daß die Osmiummethode von Kopsch und die Formol-Osmium- methode von Sjövall ebensogut unzweifelhafte Plastosomen als das Binnennetz zur Darstellung bringen kann, wurde schon zur Genüge von Duesberg (1912, S. 866) hervorgehoben. Die beiden Verfahren versagen als mikrochemische Reaktionen. Es ist interessant, auch die Resultate zu vergleichen, zu welchen einige Forscher bezüglich der chemischen Natur des Chondrioms einer- seits und des »apparato reticolare« anderseits gekommen sind. Regaud, Faure-Fremiet und andere (nähere Angaben s. bei Duesberg 1912, S. 609) sind darin einig, daß das Chondriom aus zwei Substanzen besteht: einer albuminoiden oder protoplasmatischen Grundlage, gebunden mit einer lipoiden Substanz. Nun findet Weigl (1912), daß der »apparato reticolare« der Wirbeltiere, also in seiner typischen Form, aus einer zu- sammengesetzten Substanz, vielleicht einem Lecithinalbumin, gebildet wird. Auch die chemische Zusammensetzung der beiden Ge- bilde, soweit wir beurteilen können, spricht eher für, als gegen die Identität der letzteren. Meves (1910a) hat die Vermutung ausgesprochen, daß der Netz- apparat aus einer paraplastischen Differenzierung der Plastosomen her- vorgehen könnte. Auch Weigl kommt (1912), nach einer eingehenden Analyse der entsprechenden Tatsachen, zum Schluß, »daß es von vorn- herein nicht ausgeschlossen ist, daß zwischen diesen zwei Strukturen ein genetischer Zusammenhang existieren könnte, daß also diese Strukturen vielleicht phylogenetisch oder auch ontogenetisch zusammengehören. Einer solchen Annahme, sagte er, »können wir nichts entgegenhalten; die Resul- tate meiner Untersuchungen machen sie eher plausibel«. Ich habe das Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 351 Gefühl, daß der deutsche und der polnische Forscher auf dem richtigen Wege zum Verständnis der wahren Natur des Binnennetzes sind, obwohl ich Deineka (1914) beistmime, wenn er dieses als eine Frage betrachtet, die kompliziert und für eine endgültige Entscheidung noch nicht spruch- reif ist. »Einer der wichtigsten Punkte des Apparatstudiums . . . bleibt also die Erforschung des Entstehens dieser Bildungen in dem sich entwickeln- den Organismus«, sagt Weigl, und darin bin ich mit ihm völlig einver- standen. Die Erforschung der Cytogenese wird uns wohl am ehesten den Schlüssel zum Verständnis der Binnennetznatur liefern. In dieser Beziehung wäre die Verfolgung des typischen »appa- rato reticolare« der Nervenzellen möglichst weit in der Bichtung der indiffe- renten embryonalen Zellen eine vielversprechende Aufgabe. Es ist kaum nötig zu betonen, daß man dabei mit verschiedenen Methoden parallel arbeiten sollte, um eine Verwechslung der einzelnen Bestandteile des Plas- mas nach Möglichkeit zu vermeiden. Leider hat Weigl einen schwierigeren Weg eingeschlagen, indem er mit der Untersuchung des Binnennetzes in den Geschlechtszellen an- gefangen hat. Dabei ist er auch einer Verwechslung zum Opfer gefallen, indem er Bestandteile des Centralapparates mit dem »apparato reticolare« identifizierte, worüber ich Näheres im folgenden Kapitel berichten werde. * Die Statosphäre. In meiner vorhergehenden Abhandlung (russisch 1912, deutsch 1913) habe ich versucht, zu zeigen, daß in vielen von mir zusammengestellten Fällen ein Komplex, von dreierlei Bildungen zu beobachten war: einem Centriol, einem Idiozom und peripheren Stäbchen oder Fäden (Sphäro- somen), an deren Stelle eine Kapsel (Sphärotheca) oder ein Netz (Sphäro- dietium)1) auftreten können. Ich hatte damals diesen Komplex mit dem Namen »Statosphäre« belegt. Seitdem habe ich sowohl in der früheren Literatur als auch in manchen neulich erschienenen Arbeiten weitere Angaben über das Vorhandensein einer Statosphäre in verschiedenen Zellen gefunden. So will ich hier meine diesbezügliche historische Übersicht vervollständigen bzw. fort- setzen. Im Plasma der Hodenzellen (scheinbar Spermatogonien) des Regen- wurms konnte v. Erlanger (1896) auf Macerations- sowie Schnittpräpa- raten ein Gebilde finden, welches von ihm »Nebenkern« genannt wird. 0 Diesen Terminus möchte ich jetzt einführen. 352 S. Kuschakewitsch Aus seiner Beschreibung und noch mehr aus seinen Abbildungen ist zu entnehmen, daß er es in manchen Fällen mit einer Statosphäre zu tun hatte (s. seine Fig. 9 und 10, 15; meine Textfig. 1). Das central liegende Körnchen hält der Verfasser für ein »Centrosom« [Centriol]. An der Peripherie des Gebildes ist eine deutliche Sphäro- theca zu sehen. Meves (1900) hat zweifellos ein von einer Sphärotheca (bzw. von Sphärosomen?) umgebenes Idiozom in den typischen Spermatocyten 1. Ordnung von Paludina ge- sehen, wie seine Fig. 5—9 beweisen. Im Text finden wir aber nichts darüber. D’Hollander (1902) findet in Vogeloocyten (bei Parus major ) mitten in der »masse vitellogene« einen kleinen Körper, von einer körnigen Membran umgeben, welchen er für einen »noyau vitellin« hält und in dessen Innerem ein Centralkörperchen steckt (s. seine Fig. 1). In jungen Oocyten von Muscicapa grisola beobachtete er in der Nähe des Kernes »de fins granules, des bätonnets lisses ou moniliformes, droits ou recourbes de petites masses ayant une structure trabeculaire (s. seine Fig. 4), de petites vesicules ä contours chromatiques et remplies comme d’un liquide clair«1) (s. seine Fig. 5). Nach den Abbildungen zu urteilen, scheint es sich da um die Bestandteile der Statosphären zu handeln. Sjövall (1906) findet bei der Behandlung von Hühnerembryonen (vom 5. Tage an) mit dem PERENYi-Gemisch und der Schnitte mit Eisen- hämatoxylin und Erythrosin, an einem Kernpole der Ganglienzejle eine rosa Masse, die ein schwarz gefärbtes Centralkörnchen enthält. In Em- bryonen, die mit der Formaldehyd-Wasser-Osmiumsäure-Methode behan- delt waren, findet er an der Stelle, die in den obigen Präparaten die rosa Masse enthielt, einen in seinen Abbildungen ziemlich undeutlichen Haufen von regellos zusammenliegenden Stäbchen (vgl. seine Fig. 20 und 21), die er als Homologa des Netzapparates der erwachsenen Zelle be- trachtet. Nach einer sorgfältigen Untersuchung kommt der Verfasser, schein- bar mit vollem Rechte, zum Schluß, daß das erwähnte Centralkörperchen ein Centriol ist. Dann stellt die umgebende rosa Masse ein Idiozom dar, die an seiner Peripherie zerstreuten, mit Osmiummethoden nachweisbaren Stäbchen — die Sphärosomen. Wir haben also höchst wahrscheinlich eine komplette Statosphäre vor uns. U Im letzteren Fall haben wir es wahrscheinlich mit einem zersprengten Idiozom. mit Teilen der Sphärotheca zu tun. Vgl. meine Fig. 34 für Cerithium. Studien üb. d. Dimorphismus d. rnännl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 353 Manchen Abbildungen (besonders seiner Fig. 27—29, Bouquetstadium) von Popoff (1907) entnehme ich, daß er in den Oocyten 1. Ordnung von Paludina Bestandteile der Statosphäre (Sphärosomen) gesehen hat. Er hält sie aber für Chromidien, die aus dem Kerne stammen. Die Masse der Sphärosomen nimmt im Laufe der Wachstumsperiode zu (s. seine Fig. 35, 42, 43, 46, 50). Während der Dotterbildung werden sie im Plasma zerstreut (vgl. unten Weigl, GoLGi-KoPSCiischer Apparat bei demselben Objekt). Höchst interessant sind die Beobachtungen von Mhe Loyez (1909), welche unter dem Namen »corps vitcllin« in den Oocyten 1. Ordnung von Pyrrhocoris apterus eine typi- sche Statosphäre beschreibt. In den Oocyten 12—30 /< im Durch- messer fand sie im Plasma eine kleine Kugel, die homogenerscheint. Die Verfasserin glaubt aber, daß diese schon jetzt ein Centriol ent- hält, welches wegen der starken Färbbarkeit des »corps vitellin« unsichtbar ist. In den größeren Oocyten (Längsachsen 30—130 ju) wächst der »corps vitellin« und büßt teilweise seine Färbbarkeit ein; »on peut alors facilement voir ä l’interieur une grannlation centrale plus foncee, qui devient de plus en plus nette. A la peripherie une zone egalement plus coloree simule une sorte de membrane« (Textfig. 2 c'v'). In den Oocyten, deren Durch- messer 250—400 y mißt, soll der Zerfall des Gebildes stattfinden, 6 »Le corpuscule central s’etale, devient moins colorable; le corps vitellin tout entier se fragmente, . et ses fragments ne tardent pas ä s’eloigner les uns des autres et ä perdre de leur colorabilite« (Textfig. 3). Joseph (1910) hat im Plasma der Amöbocyten von Lumbricus beson - dere Strukturen beschrieben, die er ohne zu präjudizieren, »Central- körper« nennt. Es handelt sich um kugelrunde bzw. ellipsoide Gebilde, deren Außenkontur von einer deutlich färbbaren Membran gebildet wird. Die letztere soll auch bei Anwendung stärkster Kombinationen keinerlei Durchbrechung erkennen oder erschließen lassen. »Das Innere des Körper- chens erscheint je nach dem Extraktionsgrad des Präparates (Heiden- 354 S. Kuschakewitsck hain E.H.) blasser oder tiefer grau gefärbt und enthält ein überaus deutliches und verschieden reich entwickeltes Gerüst, das je nach dem Extraktionsgrad des Präparates aus dickeren oder zarteren Balken zu- sammengesetzt erscheint . . . Das Gerüst ist wie die Membran stark färbbar . . . Der größte Teil des Netzwerkes scheint sich mehr ober- flächlich zu befinden und der Membran dicht anzuliegen . . .« Das Gebilde ist von einer besonderen Plasmaschicht umgeben, die einen radiären Bau aufweist nud sich durch seine dunklere Färbung von der Umgebung abhebt (Textfig. 4). Die Strahlung ist senkrecht zur Oberfläche des »Centralkörpers« orientiert. Nach ausführlichen Erwägungen, ob seine »Centralkörper« als ein Centrosom oder ein Centriol aufzufassen sind, stellt sich Joseph auf den letzteren Standpunkt. Obgleich dieser Forscher nicht im- stande war, im Inneren des »Centralkörpers« Centriolen zu entdecken, ist es kaum zu bezweifeln, daß es sich um eine Statosphäre handelt, wobei die »Membran« und das »Netzwerk« das äußere Concentrum der- selben bilden. In dieser Beziehung ist es interessant, daß Schneider (1902) in den Phagocyten von Lumbricus einen »Diplo- chonder« [= Centriole] findet, »auf welchen die Fäden des Gerüsts radial einstrahlen«. "Weigl (1912) untersuchte die Spermatiden von Helix und Cavia unter Anwendung der Methode von Kopsch. Bei Helix fand er die stäb- chenförmigen Elemente des Nebenkernes wieder [Sphärosomen], die er ohne jeglichen Grund »GoLGi-KoPSCHScher Apparat« nennt. Die Sphäro- somen »schmiegen sich dicht an die Mitoehondrienhülle [des in Bildung begriffenen Spermatozoons] und werden in dem Grade, wie das ganze Mittelstück sich verdünnt, auch immer dünner, bis sie schließlich dem Anschein nach ganz verschwinden«. Der Verfasser ist aber geneigt, zu vermuten, »daß in diesem Falle die Substanz des Apparates ganz einfach einer äußerst starken Kondensation unterliegt . . . « Bei Cavia cobaja konnte dagegen dieser Forscher eine nach ihm dem obigen Gebilde homologe, aus Stäbchen bestehende Struktur auch in reifen Spermien finden, wobei diese in einer Plasmaanschwellung des Mittelstückes liegt. Da die Herkunft des »GoLGi-IvOPSCHSchen Apparates« in diesem Falle nicht näher untersucht wurde, kann ich mich über dessen Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 355 Natur nicht kategorisch aussprechen. Doch glaube ich, es handelt sich auch hier um Sphärosomen. In den jungen Oocyten verschiedener Wirbeltiere (Maus, Kaninchen, Meerschweinchen, Katze, Proteus , Triton ) soll nach Weigl der »Apparat« einen Teil des Dotterkerns ausmachen. Er unterscheidet sich zuerst in nichts von dem entsprechenden Gebilde der Spermatocyten, nimmt aber während der früheren Phasen der Wachstumsperiode an Volumen zu und wird komplizierter. Dann soll er in kleinere Fäden zerfallen, die sich in der ganzen Zelle zerstreuen. Es ist kaum möglich, das Schicksal dieser Fäden bei Wirbeltieren genau zu verfolgen, da sie mit den Mitochon- drien leicht zu verwechseln sind. Besser steht es in dieser Beziehung mit dem »Apparat« der weib- lichen Geschlechtszellen von Helix. Da ist er schon in den jungen Oocyten stark entwickelt, gleicht auch vollkommen dem Nebenkern der männlichen Keimzellen von derselben Größe. Während des Wachstums der Oocyte vergrößert sich der »Apparat«. In späteren Stadien zerfällt er dann in einzelne kleine Netzgruppen und gesondert liegende Fäden. Im weiteren Verlauf der Wachstumsperiode zerfällt der »Apparat« in einzelne kleine Partikelchen, die sich dann im ganzen Ei verteilen. Weigl kommt zum Schluß, »daß der Golgi- Apparat der Geschlechts- zellen mit den Pseudochromosomen, Centralkapseln und Archoplasma- sc-hleifen identisch ist, auch denjenigen Nebenkernen der Wirbellosen, die keine Mitochondrienkörper sind, z. B. denen von Helix, vollkommen entspricht, dann auch einen, und zwar beträchtlichen (peripheren) Teil des Idiozoms (Nebenkern, Dotterkern der Geschlechtszellen) der Wirbel- tiere ausmacht «. Demoll (1912 a) hat die Sphärosomen in den Spermatocyten von Helix gesehen und schildert sie als »eine Anzahl von etwa bananenförmigen, stark färbbaren Stäbchen«, deren Zahl 17—23 war. Er nennt sie »Neben- kern«. In den Oocyten soll dasselbe (?) Gebilde »meist nur durch eine intensive Verdunkelung des Plasmas bemerkbar« sein. In einem Falle fand er »abseits vom Kern eine starke Plasmastrahlung ohne Centralkorn. In diesen Strahlen waren in gleichem Abstand vom Centrum nicht sehr regelmäßige, dunkel t ingierbare Körnchenanhäufungen eingelagert, die je- doch deutlich eine paarige Anordnung zeigten«. Levi (1912, 1912a) beschreibt in den jungen Oocyten von Geotriton und in den Gonocyten von Bufo unter dem Namen »sfera attrattiva« eine Statosphäre, die derjenigen der Spermatocyten des ersteren Tieres (Terni, 1912) ganz ähnlich aussieht. Zwar hat er keine Centriole gesehen, dafür aber das Idiozom und die Sphärosomen (»dittosomi di Perron- 356 S. Kuschakewitsch cito«). Auch in den Elementen des Pancreas (Textfig. 5) und der Glandulae linguales bei Geotriton findet derselbe Autor (1912 b) einen »Nebenkern « [Statosphaera], in dem das Idiozom und die Sphärosomen deutlich zu unterscheiden sind. Die Angaben von v. Berexberg-Gossler (1912 a) bezüglich der Anwesenheit einer Statosphäre in den Urgeschlechtszellen von Vogel- embryonen habe ich schon (1912, 1913) auf Grund seiner vorläufigen Mitteilung (1912) teilweise referiert. Es seien hier nur seine mit der GoLGisehen Methode gewonnenen Resultate hinzugefügt. In den Urkeimzellen »sieht man in der Zellgegend, in welcher die Centralkörper zu liegen pflegen, eine aus größtenteils recht dicken . . . anastomosierenden Fasern bestehende, meistens geschlossene Gitterkapsel«. Die An- wesenheit von entsprechenden Gebilden konnte auch in anderen Geweben nachgewiesen werden, unter anderem in den Blutzellen. Barinetti (1912) beobachtete in den Ele- menten verschiedener Gewebe (Knorpel, Plasma- zellen, Nierenepithel, Cornea) beim Huhn und Meerschweinchen einen kleinen »apparato reticolare«, welcher eine begrenzte Region in der Nähe des Kernes einnimmt (GoLGisehe Methode und deren Modifi- kationen). Wie der Vergleich solcher Präparate mit denjenigen, die mit Hämatoxylin gefärbt waren, zeigte, liegt im Inneren des »apparato« ein Idiozom mit zwei Centralkörperchen (s. z. B. Textfig. 6, Knorpelzelle von Huhn- embryonen; a = Golgi-, b = Eisenhäma- toxylinfärbung). In den Knorpelzellen von Huhnembryonen konnte die Natur der Centralkörperchen genau festgestellt wer- den: es sind Centriolen, die während der Zellteilung die Spindelpole bilden. Auch eine Art von »dittocinesi« kam im letzteren Fall zum Vorschein. In allen obigen Ele- menten handelt es sich zweifelsohne um eine komplette Statosphäre, deren peripherer Bestandteil durch den »apparato di Golgi« vertreten ist. Durch den Vergleich der Figuren von v. Bergen (1904) mit den- jenigen von Barinetti gewinnt man die Überzeugung, daß auch der Fig. Fig. 6. Stadien üb. d. Dimorphismus d. milnnl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 357 erstere Autor unter dem Namen »Netzapparat« ein Sphaerodictium in verschiedenartigen Elementen bei Hund und Katze beschrieben hatte (Prostataepithel, Fig. 13—24; Schweißdrüsenepithel, Fig. 25—29; Epithel des Pancreas, Fig. 32; weiße Blutkörperchen, Fig. 35 und 36; Endothel, Fig. 54; Bindegewebe, Fig. 39—43; Knorpel, Fig. 44—53). Mulon (1912) findet in den Epithelzellen der Nebennieren des Igels den »Netzapparat« von Pilat (1912) wieder. ». . . cette formation occupe un espace circulaire ou mieux spherique, au contact du noyau. « Dieser Autor glaubt aber nicht, wie Pilat, daß es sich um ein Netz um die »Sphäre« herum handelt. Es scheint mir höchst Wahrscheinlich zu sein, daß die von Schilling- Torgau (1912) dargestellten »idiozomartigen Innenkörper« der Pro- myelocyten aus Knochenmark sowie der Elemente der Cornea beim Kaninchen, Statosphären sind. Dabei wären die sog. Gu.ARNiERi-Körper im letzteren Fall als Sphärosomen aufzufassen. Pensa (1913) findet in den Knorpelzellen der Katze und des Meer- schweinchens, außer dem großen Netze, welches in der ganzen Zelle aus- gebreitet ist, ein viel kleineres, das er Netzapparat von Bergen nennt. Er konnte sich überzeugen, daß dieser letztere Apparat gerade den Raum umfaßt, wo die »Centrosomen« liegen. Es handelt sich also höchst wahr- scheinlich um ein Sphärodictium. Während des Ossifikationsprozesses soll der Apparat von Bergen Sich bedeutend ausbreiten. Manche Stellen aus der Arbeit von Champy (1913) lassen vermuten, daß er bei den Batrachiern komplette Statosphären vor den Augen hatte. »On observe souvent [in den Spermatogonien 2. Ordnung von Bom- Unator ] un certain nombre de filaments mitochondriaux [Sphäro- somen] accoles au centrosome [Idiozom], puis autour d’eux une zone claire oü se trouvent des canalicules [?], puis une zone externe oü les mitochondries [Chondriom] sont plus condensees« (s. besonders seine Fig. 186). Dieselben Verhältnisse findet er auch in den Spermatocyten 1. Ordnung und glaubt, daß die in unmittelbarer Nähe des Idiozoms liegenden »Mitochondrien« den sogenannten »Centralkapseln« entsprechen. Eine wertvolle Untersuchung über die Statosphäre in den männlichen Keimzellen von Geotriton fuscus verdanken wir Terni (1914). In den ruhenden Spermatogonien und Spermatocyten beobachtete er eine Struk- tur, die aus einem Idiozom mit Centriolen darin und mit gebogenen Stäb- chen (»dittosomi«, »formazioni periidiozomische «) an der Oberfläche be- stand. Die Centriolen werden dadurch identifiziert, daß sie an der intra- idiozomatischen Bildung der Centralspindel teilnehmen. Die Sphärosomen (»dittosomi«) bleiben beinahe unverändert in der ruhenden Zelle, zerfallen aber beim Beginn der Prophase in Körnchen 358 S. Kuschake witsch (erste und zweite Reifeteilung). Diese Körnchen scheinen sich während der Caryokinese zu erhalten, indem sie am Pole (und am Äquator?) der achromatischen Figur lagern. Nach jeder der beiden Reifeteilungen werden die Sphärosomen um das Idiozom herum wiederhergestellt. — Im Laufe der Spermiogenese verschwinden die Sphärosomen. Ohne es beweisen zu können, rechnet der Verfasser mit der Möglichkeit, daß sie mit der Wand des Idiozombläschens, welches dem Acrosom Ursprung gibt, verschmelzen. Wie im speziellen Teile dieser Arbeit dargestellt wurde, konnte ich sowohl in der typischen, als auch in der atypischen Entwicklungsreihe der männlichen Keimzellen von Cerithium das Vorhandensein einer Statosphäre feststellen. Als Ausgangsform des peripherischen Bestandteiles derselben betrachtete ich diejenige einer Sphärotheca, wie sie immer in den ruhenden Spermatogonien sowie öfters auch in den Spermatocyten auftritt. Im Beginn der Zellteilung wird diese Sphärotheca gesprengt; die Sphärosomen sehen zuerst wie Teile- einer sphärischen Oberfläche aus, im Laufe der Caryokinese werden sie zu Stäbchen, die sich zwischen den beiden Tochterzellen verteilen und Während der Interkinese sowie in der Spermatide sich um das Idiozom herum versammeln und eine Sphäro- theca rekonstruieren. Es findet also eine Art von »Dictiokinese« im Sinne von Perroncito statt, die aber bei weitem nicht so regelmäßig verläuft, wie es bei Paludina und den Pulmonaten der Fall ist. Wollen wir jetzt sehen, welche Auffassungen über die Natur der Sphärosomen ausgesprochen wurden, seitdem ich die früheren zusammen- gestellt und meine eigene entwickelt habe (1912). Soviel ich weiß, stellte sich nur Demoll (1912 a) auf den alten Stand- punkt von Goldschmidt und Popoff, indem er die uns interessierenden Elemente (seinen »Neben kern«) vom Kerne ableitet. Diese Meinung be- ruht zweifellos auf einem Mißverständnis: Demoll läßt seinen »Nebenkern« während des Bouquetstadiums in den Auxocyten entstehen. Dies ist sicher unrichtig. Das Gebilde ist bei den Pulmonaten nicht nur in Sper- matogonien, sondern auch in Gonocyten vorhanden, wie ich nach eigenen Beobachtungen an Limneus feststellen konnte1). Für die Identität der Sphärosomen (Diktyosomen) der männlichen Keimzellen bei Paludina, wie sie von Perroncito (1910) beschrieben wurden, mit Chondriosomen, hat sich Comes (1913) ausgesprochen. Dabei L So wird auch die ÜEMOLLseke Theorie der geschlechtsbestimmenden Ursachen hinfällig, deren Basis die Annahme war, der »Nebenkern« im Bouquetstadium entstehe, just wenn die sichtbare Geschlechtsdifferenzierung der Auxocyten einsetzt. Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 359 stützt er sich hauptsächlich auf die Ähnlichkeit der von ihm geschilderten »Chondriokinese« mit der »Diktyokinese« von Perroncito. Ich kann Perroncito (1913a) nur beistimmen, wenn er in seiner Erwiderung an Comes sagt, es handle sich in beiden Fällen um total verschiedene Sachen *). Auch Champy (1913) nennt »mitochondries« Elemente, die höchst wahr- scheinlich Sphärosomen sind. Faure-Fremiet (1912) versuchte, das Sphärodictium von Perron- cito auf einen Silberniederschlag zurückzuführen. Dieses trifft entschieden nicht zu; wir kennen doch jetzt eine Menge von Homologa des »apparato reticolare« von Paludina , die z. B. mit der E.H. -Methode dargestellt wurden. Auch konnte ich die obige Struktur auf Präparaten, die nach Benda hergestellt waren, deutlichst unterscheiden. Duesberg (1912) vermutete, daß der »apparato reticolare« von Perroncito dem Idiozom von Meves entspreche, und die »dittosomi« nur Fragmente des letzteren seien, die sich durch die Methode von Golgi ganz besonders electiv zur Ansicht bringen lassen. Aus meinen früheren Ausführungen (1913) ist es leicht zu •ersehen, daß ich diesen Standpunkt nicht teilen kann (vgl. auch Terni 1914, S. 70, Fußnote). Nun kommt eine längere Liste der Autoren, welche das äußere Con- centrum der Statosphäre mit dem »apparato reticolare interno« von Golgi identifizieren (Berenberg-Gossler 1912a; Heidenhain 1912; Mulon 1912; Weigl 1912; Barinetti 1912; Perroncito 1912, 1913, 1913 a; Nusbaum 1913; Pensa 1913; Deineka 1914). Jetzt wie vor sehe ich mich verpflichtet, gegen eine solche Annahme meine Stimme zu erheben. Vorläufig haben wir absolut kein Recht zu behaup- ten, daß der »apparato reticolare interno« in seiner typischen, in den Nervenzellen von Golgi ursprünglich beschriebenen Form, etwas mit den Sphärosomen zu tun hat. Wie ich in meinen früheren Publikationen (1912, 1913) zur Genüge begründet zu haben glaube, bilden die Sphärosomen (bzw. Sphärotheca und Sphärodictium) B Warum ich zu diesem Schlüsse komme, ist leicht aus dem entsprechenden Kapitel meiner vorhergehenden Arbeit zu ersehen, um so mehr als nach den Arbeiten von Barinetti (1912) und Pensa (1913) kaum zu zweifeln ist, daß Comes (1909, 1910) tatsächlich mit einem Chondriom zu tun hatte. Aber welcher Ideengang Perroncito zu dieser Behauptung geführt hat, bleibt mir unklar. Entweder hat Comes bewiesen, daß das Netzwerk der Knorpelzellen ein Chondriom sei, wie ich annehme; dann decken sich unsere Ansichten. Aber wie kann man in diesem Fall behaupten: »[Comes] non ci !a dimostrato nullo«. Oder diese letztere Behauptung ist richtig, dann hat Perroncito kein Recht mehr, zu erklären, daß die von ihm und von Comes beschriebenen Gebilde Verschiedenes seien. Dann gehören sie doch beide zur Kategorie des »apparato reticolare interno«. 360 S. Kuschake witsch eine besondere morphologisch präzis definierbare Kategorie von Gebil- den, für die die Beziehungen zum Centralapparat der ruhenden Zelle höchst charakteristisch sind. Eine gewisse Garantie dafür, daß ich dabei recht hatte, gewährt uns der Umstand, daß Terni (1914) in einer Schrift, die nach den meinigen, aber ohne Kenntnis derselben, redigiert wurde, zu demselben Resultat kommt wie ich. Auch er hält die unter den ver- schiedensten Namen gelegentlich beschriebenen Gebilde, die an der Peri- pherie des Idiozoms liegen, für homolog und schafft für sie einen neuen Begriff — periidiozo malische Bildungen — , der sich mit dem meinigen — Sphärosomen (bzw. Sphärotheca, Sphärodictium) vollkommen deckt. Es genügt sein Kapitel: »Idiozoma e formazioni periidiozomicke« mit dem meinigen (1912, 1913): »Der sogenannte Nebenkern der Pul- monaten und seine Homologa« zu vergleichen, um zu sehen, daß unser Ideengang genau derselbe gewesen ist, daß wir durch dieselben Tatsachen gezwungen waren, zu einem bestimmten Schluß zu kommen. Unsere historischen Übersichten berücksichtigen im großen ganzen dieselben Literaturangaben, nur hieb und da ergänzen sie sich gegenseitig. Und doch scheint Terni unter dem Bann des Terminus »apparato reticolare« zu sein, den er hie und da, ohne jeglichen Grund, für seine »formazioni idiozomiclie« benützt. In der Tat, warum sollten wir die letzteren so nennen? Sozusagen aus philologischen Gründen? Aber in den meisten Fällen haben wir da überhaupt kein Netz, sondern entweder einzelne »Sphärosomen« oder eine »Sphärotheca«. Nun weiter! Die periidiozomatischen Bildungen und der »apparato reticolare« von Golgi sind entweder verschiedene, oder gleiche Dinge. Im ersteren Fall wird eine gemeinsame Benennung der beiderlei Bildungen nur eine Konfusion herbeiführen. Im letzteren sollte man den Terminus »apparato reticolare interno die Golgi« über- haupt fallen lassen und dafür einen neuen: »der PLATNERSche Apparat« einführen1), wenn man gegen den verdienstvollen deutschen Forscher nicht unbillig sein möchte. In meiner vorhergehenden Abhandlung habe ich die Frage nach der Entstehung des GoLGischen Netzapparates aus den Sphärosomen erörtert. Vielleicht sprechen die von Pensa (1913) angegebenen Fälle, in welchen sein kleinerer »apparato di Bergen« [Sphärodictium] sich im Zellkörper stark ausbreitet, für eine solche Annahme. Nach wie vor bin ich aber der Meinung, daß in diesem Fall die größte Zurückhaltung angemessen ist, Ich habe schon (1913) auseinandergesetzt, warum die von Platner selbst gebrauchte Benennung »Nebenkern« unbequem und irreführend gewesen wäre. Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobrancliia. II. 361 desto mehr, als ein genetischer Zusammenhang des GoLGischen Apparates mit dem Chondriom auch von denen für plausibel gehalten wird, die stark dazu neigen, den »Apparat« für eine Bildung sui generis zu halten (Weigl 1912; Nusbaum 1913). Nun bin ich fest überzeugt, daß die Sphäro- somen mit dem Chondriom nichts zu tun haben. Wie es auch sein mag, sind die periidiozomatischen Gebilde verhält- nismäßig so leicht zu identifizieren, daß es ganz verkehrt wäre, sie einem so vag gewordenen Begriff (GoLGi-KoPSCHScher Apparat) subsumieren zu wollen. In der letzten Zeit war öfters von der Ubiquität des »apparato reti- colare« (die periidiozomatischen Strukturen inbegriffen) die Rede (z. B. Perroncito 1910; Weigl 1912; Nusbaum 1913). Wenn wir uns die ent- sprechende Frage bezüglich der periidiozomatischen Gebilde stellen, so können wir konstatieren, daß diese in den verschiedensten Zellenkate- gorien beschrieben wurden. In der folgenden Liste sind nur die ganz sicheren Fälle zusammengestellt1). 1. Urgeschlechtszellen bzw. Gonocyten. Vögel (v. Berenberg- Gossler, 1912a). Amphiben (Levi, 1912a). Pulmonaten (ich, un- publiziert). 2. Männliche Keimzellen. Regenwurm (v. Erlanger, 1896). Pul- monaten (Platner, 1889; Hermann, 1891; Murray, 1898; Prowazek, 1901; Popoff, 1907; Soos, 1911; Demoll, 1912a; Weigl, 1912). Proso- brancliier (Meves, 1900; Perroncito, 1910; Kuschakewitsch, 1912; Reinke, 1912). Amphibien (Hermann, 1891; Meves, 1896; Heidenhain, 1900; Terni, 1912, 1914; Ciiampy, 1913). Säuger (Sjövall, 1906a; Weigl [Cavia?], 1912). 3. Weibliche Keimzellen. Pulmonaten (Weigl, 1912). Proso- branchier (Popoff, 1907). Wanzen (Loyez, 1909). Vögel (D’Hollander, 1902). Säuger (Holmgren, 1900; v. Winiwarter, 1900; V. der Stricht, 1904). 4. Drüsenepithelzellen, a) Nebenniere: Säuger (Pilat, 1912; Mulon, 1912). b) Niere: Säuger (Barinetti, 1912). c) Pancreas: Säuger (v. Bergen, 1904); Amphibien (Levi, 1912b). Schweißdrüsen, Pro- stata: Säuger (v. Bergen, 1904). 5. Endothelien (Säuger), a) Blutgefäßendothel (v. Bergen, 1904); b) DESCEMETSche Membran (Ballowitz, 1900; Zawarsin, 1909; Deineka, 1912). *) Ein großer Teil der hier berücksichtigten Werke ist in dem Literaturverzeichnis meiner vorigen Abhandlung (1913) zu finden. Archiv f. Zellforschung. XV. 24 362 S. Kuschakewitsch 6. Bindegewebe. Säuger (v. Bergen, 1904; Deineka, 1912, 1914). 7. Knorpel. Säuger (Barinetti, 1912; Pensa, 1913). 8. Plasmazellen. Säuger (Barinetti, 1912). ' 9. Cornea. Säuger (Barinetti, 1912; v. Schilling- Torgau, 1912). 10. Blutkörperchen. Regenwurm (Joseph, 1910). Säuger (v. Bergen, 1904; v. Berenberg-Gossler, 1912a). • 11. Nervenzellen. Vögel (Sjövall, 1906). Indem man diese Liste durchmustert, kommt man in Versuchung, die Ubiquität der periidiozomatischen Bildungen zu proklamieren. Und doch bin ich gleich imstande, Elemente anzuführen, wo diese sicher fehlen können. Weigl (1912) ist zum Schluß gekommen, daß der »GoLGi-KoPSCHSche Apparat« [Sphärosomen] auch in reifen Spermatozoen von Cavia vor- handen ist. Dabei weist er mit einer weisen Zurückhaltung darauf hin, »daß es vorläufig noch verfrüht wäre, an diese Entdeckungen irgendwelche weitgehende Spekulationen betreffs der Bedeutung, die diesen Strukturen bei der Befruchtung, eventuell Übertragung von Erbanlagen zukommen könnte, zu knüpfen. Hier ist besondere Vorsicht geboten. Vorerst muß ja noch bewiesen werden, ob wir es da mit einem den Spermatozoen aller Tiere zukommenden Bestandteil zu tun haben; da es doch evident ist, daß nur ein einziger negativer Befund das ganze Hypothesengebäude auf den Kopf stellen müßte. Falls es sich nämlich zeigen sollte, daß z. B. Samenfäden eines Tieres des Apparates völlig entbehren, könnte dieser eo ipso nicht als integrierender Bestandteil der Geschlechtszellen gedeutet werden. Die Erhaltung des Apparates in einigen Fällen könnte ja auch nur den Charakter des Zufälligen tragen.« Schon Weigl selbst war nicht imstande, die Erhaltung der Sphäro- somen bis zum Ende der Spermiogenese bei Helix nachzuweisen. Terni (1914) vermutet zwar, daß diese Elemente an der Acrosombildung bei Geotriton teilnehmen, doch ist diese Annahme nur sehr schwach begründet. Bei Cerithium sind die Verhältnisse in dieser Beziehung äußerst klar, weil der periidiozomatische Apparat während der Spermiogenese' in der Form einer Sphärotheca auftritt, deren Schicksal leicht zu verfolgen ist. Nun konnte ich feststellen, daß das Idiozom mit der Sphärotheca auf den letzten Stufen sowohl der typischen, als auch der atypischen Spermio- genese, verschwindet. Die ausgebildeten Spermatozoen von Ce- rithium entbehren der periidiozomatischen Bildungen gänz- lich. So ist der Fall verwirklicht, der nach Weigl für eine Hypothese der Lokalisation der Erbanlagen in den PLATNERschen Bildungen ver hängnisvoll sein soll. Studien üb. d. Dimorphismus d. männl. Geschlechtselemente b. d. Prosobranchia. II. 3 63 Es könnte allerdings daran gezweifelt werden, ob die »Sphärotheca« der Spermatiden von Cerithium den »Sphärosomen« (= Golgi-Kopsch- scher Apparat, Weigl) derselben Zellen von den Pulmonaten homolog sei? Diese Frage wird jeder mit voller Überzeugung bejahend beant- worten, der, wie ich, auf Grund von mit gleichen Methoden hergestellten Präparaten, die Spermiogenesen der beiderlei Vertreter der Mollusken vergleichen konnte, um so mehr, als auch in den Spermatiden von den Pulmonaten die periidiozomatischen Bildungen das Stadium einer Sphäro- theca durchmachen. Aus der oben angeführten Zusammenstellung ist zu entnehmen, daß die periidiozomatischen Bildungen am häufigsten in den männlichen Keim- zellen beobachtet wurden. Es ist auch die höchste Zeit, das von Meves (1900) für die Struktur der letzteren vorgeschlagene Schema, welches auch in manche Lehrbücher aufgenommen wurde, durch das Hinzufügen der periidiozomatischen Bildungen zu vervollständigen, wie ich es auf meiner Textfig. 7 a und b getan habe. Ich will dieses Kapitel mit einer Bemerkung über die Nomenklatur der soeben besprochenen Strukturen abschließen. Ich habe schon aus- einandergesetzt, warum die Benennung »apparato reticolare« in diesem Fall zu verwerfen ist. Auch der Terminus von Perroncito »Dictyosomen« {äb.zvov = Netz) könnte zu einer unrichtigen Vorstellung führen, um so mehr als das äußere Concentrum des centralen Apparates der ruhenden Zelle öfters mit einem Netze gar nichts zu tun hat. 24* 364 S. Kuscliakewitscli Ich möchte dagegen die folgenden Termini empfehlen. Statosphäre (in ruhenden Zellen !) = Centriol + Idiozom + PLATNERsche (oder peri- idiozomatische) Bildungen. Die PLATNERSchen Bildungen sind je nach ihrer Form Sphärotheca, Sphärosomen oder Sphärodictium zu nennen. Literaturverzeichnis, v. Baer, W. B. 1909. Die Ooogenese bei einigen viviparen Apliididen und die Speima- togenese von Aphis saliceti, mit besonderer Berücksichtigung der Chromatin- verhältnisse. Aich. f. Zellforsch. Bd. III. Barinetti, C. 1912. L’apparato reticolare interno e la centrosfera nelle cellule di alcimi tessuti. Bollet. Soc. Med.-Chirurg. Pavia. Baumgartner, W. J. 1904. Some new evidences for the individuality of the cliromo- somes. Biol. Bull. Woods Holl. Vol. VIII. Benda, C. 1891. Neue Mitteilungen über die Entwickelung der Genitaldrüsen und über die Metamorphose der Samenzellen. Arch. f. Anat. u. Phys., Phys. Abt. [1902] 1903. Die Mitochondria. Ergebn. d. Anat. u. Entw. Bd. XII. v. Berenberg-Gossler, H. ,1912. Über gitterkapselartige Bildimgen in den Ur- geschleclitszellen von Vogelembryonen. Anat. Anz. Bd. XL. 1912a [1913]. 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Über Geschlechtsbestimmung im allgemeinen und über die Bestimmung der primären Sexualcharaktere im besonderen. Zugleich ein Beitrag zur Kenntnis der Oogenese von Helix pomatia. Zool. Jahrb., Abt. f. allgem. Zool. u. Phys. Bd. XXXIII. D’Hollander, F. 1902. Le noyau vitellin de Balbiani et les pseudochromosomes chez les Oiseaux. Anat. Anz., Ergänzungsheft z. Bd. XXI. Doncaster, L. 1909 [1910]. Gametogenesis of the Gall-Fly, Neuroterus lenticularis (Spathegaster baccarum). Proc. Roy. Soc. London, B. Vol. LXXXII. Duesberg, J. 1908. La Spermiogenese chez le Rat. Arch. f. Zellforsch. Bd II. 1910. Les Chondriosomes des cellules embryonnaires du Poulet et leur röle dans la genese des myofibrilles, avec quelques observations sur le developpement des fibres musculaires striees. Arch. f. Zellforsch. Bd. IV. [1911] 1912. Plastosomen, »Apparato reticolare interno«, imd Chromidialapparat. Ergebn.^d. Anat. u. Entw. Bd. XX. 1913. Plastosomes, Apparato reticolare interno et Chromidialapparat. 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Über die Struktur imd Histogenese der Samenfäden des Meerschwein- chens. Arch. f. mikr. Anat. Bd. LIV. 1900. Über den von v. la Valette St. George entdeckten Nebenkern (Mito- chondrienkörper) der Samenzellen. Ibidem. Bd. LVI. — — 1902 [1903]. Über oligopyrene und apyrene Spermien und über ihre Entwicklung nach Beobachtungen an Paludina und Pygaera. Ebd. Bd. LXI. 1907. Die Spermatocytenbildung bei der Honigbiene (Apis mellifica L.) nebst Bemerkungen über Chromatinreduktion. Ebd. Bd. LXX. 1907a. Über Mitochondrien bzw. Chondriokonten in den Zellen junger Embryonen. Anat. Anz. Bd. XXXI. 1908. Es gibt keine parallele Konjugation der Chromosomen. Arch. f. Zellforsch. Bd. I. " 1910. Über Strukturen in den Zellen des embryonalen Stützgewebes sowie über die Entstehung der Bindegewebsfibrillen, insbesondere derjenigen der Sehne. Arch f. mikr. Anat. Bd. I.XXV. 1910a. Zur Einigung zwischen Faden- und Granulalehre des Protoplasma. Beob- achtungen an weißen Blutkörperchen. Ebd. Mislawsky, N. 1913. 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Condriosomi, idiozoma e formazioni periidiozomatiche nella spermatogeuesi degli Anfibi. Arcli. f. Zellforsch. Bd. XII. % Thesing, C. 1904. Beiträge zur Spermatogenese der Cephalopoden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXVI. v. Voss, H. 1914. Cytologisclie Studien an Mesostoma elirenbergi. Arch. f. Zellforsch. Bd. XII. Weigl, R. 1912. Vergleicliend-cytologische Untersuchungen über den GoLGi-Kopscn'en Apparat und dessen Verhältnis zu anderen Strukturen in den somatischen Zellen und Geschlechtszellen verschiedener Tiere. Bull, intern. Acad. Sc. Cracovie, CI. sc. matli. et nat. Wilson, E. B. 1912. Studies on Chromosomes. VIII. Observations on the Maturation- Phenomena in Certain Hemiptera and Other Forms, with Consideration on Synapsis and Reduction. The Journ. of Exper. Zoöl. Vol. XIII. 1913. A Chromatoid Body simulating an Accessory Chromosome in Pentatoma. Biol. Bull. Woods Holl. Vol. XXIV. Zawarzin, Al. 1909. Beobachtungen an dem Epithel der Descemetischen Membran. Arch. f. mikr. Anat. Bd. LXXIV. Tafelerklärung. > Alle Abbildimgen müden mit Hilfe des ABBEsclien Zeichenapparates auf der Höhe des Arbeitstisches mit dem Objektiv Apocliromat 2 mm, Kompensationsocular 12 (von Zeiss), bei Tubuslänge 160 (x etwa 2300) gezeichnet. Tafel XVI. Fig. 1. Keimepithel. Bg = Bindegewebszelle; Sg = Spermatogonien; Sc 1 = Spermatocyte 1. Ordnung; Nz = Nährzelle. Flemming, E.H. Fig. 2 und 3. Ruhende Nährzellen. Fig. 2 Flemming, E.H.; Fig. 3 Lee1), E.H. Fig. 4 — 8. Teilung der Nährzellen. Fig. 5 Hermann, E.H. ; die übrigen Flemm., E.H. Fig. 9 und 10. Ruhende Spermatogonien. Fig. 9 Lee, E.H.; Fig. 10 Carnoy, E.H. Fig. 11— 23. Teilung der Spermatogonien. Fig. 11 — 13, 21 — 22 Carnoy, E.H.; Fig. 14 — 15, 17, 23 Flemm., E.H.; Fig. 16, 18 — 20 Lee, E.H. Fig. 24—46. Typische Reihe, Spermatocyten 1. Ordnung. Fig. 24 — 28. Leptotünstadium. Fig. 24, 25, 27 Lee, E.H. ; Fig. 26 Flemm., E.H. Fig. 28 — 29. Anfang der Parasyndesis. Fig. 28 Flemm., E.H.; Fig. 29 Lee, E.H. Fig. 30 — 32. Parasyndesis. Fig. 30 und 31 Flemm., E.H.; Fig. 32 Lee, E.H. Fig. 33 und 34. Übergang zum Strepsitänstadium. Flemm., E.H. Fig. 35 und 36. Strepsitänes Bouquetstadium. Fig. 35 Flemm., E.H.; Fig. 36 Lee, E.H. Fig. 37 — 42. Diakinesis. Fig. 37 und 42. Lee, E.H. ; Fig. 38 — 40 Flemm., E.H. ; Fig. 41 Carnoy, E.H. Fig. 43 — 46. Ausbildung der Doppelchromosomen. Fig. 43, 44, 46 Flemm., E.H. ; Fig. 45 Carnoy, E.H. x) Lee = 0s04, nachträgliche Behandlung mit Pyrogallolsäure. Archiv für Zellforschung Bd.XV. 22. 25. 3b. b2. S. KuscAake witsch dil. Verlag von Wilhelm t'ngelr R Taf.XVl. <+3. t** Lith.Anst.v. Mannes Arndt, Jena. 30. Archiv für Zellforschung . BdL. XV. 82. 55. 6^ b S.Kuschafowitsck del. Verlag von. Wilhelm Eng m Taf. XVII. \ nn in Leipzig. Lüh. Anst. v. Johannes A mdt, Jena. Archiv für Zellforschung. Bd. XV. S.Kusckakewitsch del. Verlag von Wilhelm Enge) fe Taf. XVIII. 1 06. 100 W1. 108 13 101. 108 135. 109. 120 111. 131. 10^5. 112. 132. 100-. 121. 122. 123 • •• 103. » chiaro » Dianilblau 2R 1% aa. > Violetto Trypanrot 2% p. 1 Pyrrholblau 2% p. 2 » Bleu cupo Eosin AG1) 1% p. 4 Methylwasserblau 1% p. 52) Azzurro Kristallponceau \% Victoriablau B 1% aa. > Violetto Elyanthin 1% Kongorubin 1% aa. Gialla RoS80 Chrysolin 1% Indulin w. 1. aa. > Bleu cupo Oltre a queste miscele vi sono perö altri metodi che piü particolar- mente raccomando: i primi due servono a differenziare il lucido dal corneo. Gli altri due danno anche una netta differenziazione dei limitanti. II terzo e una modificazione al metodo dato da Ehrlich per il sangue e basato sull’azione simultanea dell’ eosina, dell’ aurantia, dell’ indulina. Il terzo e il quarto servono specialmente come metodi di orientamento, in quanto che con essi si possono vedere esattamente la topografia e la estenzione dell’ eleidina, de 11a cheratina e delle rostanze eleidinogena e cheratinogena. I — Metodo Rhodamin B — Dianilblau 2R. 1. Colorafcione per 2’— 5’ con soluzione acquosa di Rhodamin B all’ 1%. 2. Lavaggio in acqua. 3. Controcolorazione con soluzione acquosa all’ 1% di Dianilblau 2R, 2’— 3’. 4. Lavaggio in acqua. 5. Alcool assoluto — Benzolo — Xilolo — Damar. Lucido rosso; corneo bleu violette. II — Metodo Tolanrot -r Diamingrün. 1. Colorazione per 3’— 5’ con soluzione acquosa di Tolanrot B 1%. 2. Acqua distillata. D Si possono usare altre marche di eosina all’ acqua. 2) Anche 1’ anilinblau w. 1. serve bene; la miscela non e che quella di Mann con proporzioni differenti. Ricerclie sulla fine struttura dell’ epidermide umana normale ecc. 385 3. Controcolorazione con soluzione acquosa di Diamingrün G 1% per 2’— 3*. 4. Lavaggio in acqua. 5. AIcool assoluto — Benzolo — Xilolo — Damar. 11 lucido e rosso vivo; la cheratina e verde olivo; col Diamingrün B invece e verde foglia. Al posto del Tolanrot puö adoprarsi il Cromazonrot A o l’Azorubina. III — Metodo all’ Eosina — Aurantia — Indulina. 1. Colorazione per 5’— 10’— 20’ (non si ha mai una eolorazione in eccesso) nella seguente miscela: Soluzione acquosa al 0,5 % di Aurantia » » all’ 1 % di Eosina !> a a. p. e. » » al 2 % di Indulina w. 1. j Delle eosine le piü adatte sono: la Eosin w. 1. nelle sue varie marche, la Safrosina, la Methyleosin. 2. Breve lavaggio in acqua. 3. AIcool assoluto, dove si differenziano sopratutto gü strati limitanti. 4. AIcool assoluto — Benzolo — Xilolo — Damar. La eheratojalina e rosso ciüegia o porpora o violetta; la eleidina e giallo oro; le sostanze eleidinogene e cheratinogene sono rosse; la che- ratina e brunastra. II metodo non serve affatto con sezioni appiccicate. Una colorazione nucleare antecedente giova poco: si puö tutt’ al piü usare il cannallume. TV — Metodo all’ Eosina — Orange G — Wasserblau. 1. Colorazione per 5’— 20’ nella miscela seguente: Soluzione acquosa al 5% di Orange G cc. 2 » » all’ 1% di Methyleosin cc. 3 )> » all’ 1% di Wasserblau cc. 4 2. Breve lavaggio in acqua. 3. Differenziamento in alcool assoluto. 4. Alcool assoluto — Benzolo — Damar. L‘eleidina e aranciata o giallo oro; i limitanti rossi o rosso aranc-iato, il corneo azzurro. In luogo della Methyleosin puö usarsi la Eosin w. 1. nelle sue varie marche; in luogo dell’ Wasserblau, il Chinablau (corneo azzurro cupo), oppure il Methylblau o il Methylwasserblau (c. bleu violaceo), il Dianil- blau 2R (bleu violetto). Il metodo serve anche per sezioni attaccate al vetro. Ricorderö ancora che, se dopo i metodi Rhodamin B-Viktoriablau, oppure Monophenylrosanilin- Rhodamin, oppure Eo'sin-Gallein, ecc-., 386 Leonardo Martinotti, si pratica una colorazione col Nero d’anilina, o col Columbiaschwarz1), si possono avere spesso buone reazioni coloranti che permettono di studiare in maniera esatta le varie zone appartenenti al lucido, al corneo e ai limitanti. III — Per la dimostrazione delle membrane del corneo ser- vono bene i metodi indicati per lo Studio della fnnzione fibrilläre. Sono. ottime poi le reazioni che descriverö nella parte microchiraica. Ac- cennerö di piü alla Purpurina e alla Purpura di Hesse, che le colorano in rosso. IV — Per lo studio delle fibrille servono in linea generale assai bene gli stessi metodi indicati a proposito del corpo di Maipighi, e speciahnente quelle al Victoriablau B + Kristallponceau. Vi e perö un altro metodo che a questo scopo e forse superiore, ed e il seguente Soluzione acquosa di Indulinscharlach 1% 5’— 10’; acqua distillata; soluz. acquosa di Indoinblau 1% 2’— 3’; acqua distillata; alcool assoluto; xilolo; balsamo. Con questo metodo si ha una intensa colorazione azzurra della chera- tina filamentosa e relativa membrana. Nella cellula cheratinica noi dobbiamo prendere in considerazione i prodotti della ulteriore trasformazione subita dalle varie parti che ab- biamo lasciato nel lucido: quindi avanzi dei nuclei, fibrille, eleidina, mem- brana cellulare. Quanto al nucleo, quäle sia l’involuzione subita, noi la conosciamo. Occorre perö osservare che mentre nella massima parte dei casi si puö nel corneo constatare un’ area chiara, tondeggiante corrispondente alla sede dell’ antico nucleo, altre volte non si osserva piü nenuneno questa. Se si esamina una sezione di cute fissata in formolo, inclusa in paraf- fina con benzolo opp. cloroformio, lavata in acqua, e chiusa in balsamo senza colorazione accade talora di vedere delle specie di gocciohue risplen- denti (soprattutto a diaframma molto chiuso) le quali rappresentano semplicemente gli avanzi del nucleo del corneo; ciö si vede tanto nella porzione cheratinica quanto in quella eleidinica; (le goccioline sono piü grandi in questa che in quella). Se si colora con nigrosina oppure con indulina solubile all’ alcool. questi avanzi di nuclei appaiono leggerissima- mente tinti in azzurro pallido. 1) V. III. nota. Produzione eleidinica. Ricerclie sulla fine struttura dell’ epidermide umana normale ecc. 387 Questi reperti lasciano sospettare che nella maggioranza dei casi, quando cioe non si vedono le formazioni descritte, ma invece un’ area chiara centrale, quest’ area non sia vuota, ma piena di una sostanza amorfa e acromatica, che coi metodi e coi reattivi che finora possediamo non si riesce a colorare. In ogni modo nello strato cheratinico normale non si puö riscontrare alcun nucleo che si colori colle sostanze basofile sohte. Colorata colle sostanze che prediligono il protoplasma in particolar modo coli’ Induhna o il Diamin violett o il Dianilblau 2R, la cellula chera- tinica si mostra sotto forma di un elemento allungato che poi via via au- menta nel suo diametro trasversale (posto cioe in senso perpendicolare alla superficie della pelle) e assume cosi un aspetto lontanamente poli- gonale, piü o meno globoso, mano mano che si sale verso l’alto. Ma la morfologia di questo elemento si presenta sotto diversi aspetti secondo il tipo di cheratinizzazione subita. In un primo tipo si puö vedere al centro un’ areola chiara ed incolora, avanzo dell’ antico nucleo e alla periferia una sottilissima listerella incolora la quäle altro non e che la negativa della membrana dimostrabile con altri reattivi. Il protoplasma ha un aspetto o omogeneo o lontanamente fibrilläre ; e eccezionalissimo vedere una parvenza piü o meno lontana di granu- lazioni. Esso appare sopratutto condensato attorno al nucleo; in vicinanza del lucido e piü intensamente colorabile e quivi appaiono anche zolle di sostanza che risultano essere il prodotto di disfacimento della cheratina. Il passaggio fra lucido e corneo e graduale; mano mano che vanno diradandosi le cellule cheratinogene, appaiono a poco a poco, scarsi ed isolati, gli elementi cheratinici, molti dei quali sono ancora incompleti colla massa cheratinica limitata ad una zona avente aspetto di una falce o di una semiluna piü o meno addossata al nucleo. Molte cellule sone allungate, assottigliate, d’aspetto atrofico. Dove piü densi sono gli ele- menti essi appaioni serrati gli uni contro gli altri in forma di un mosaico abbastanza regolare. Progredendo verso l'alto l’area chiara va perdendosi finche in una zona che dalla metä circa dello strato corneo arriva all’ esterno, si notano elementi grossolanamente poligonali, tozzi, pieni di sostanza cheratinica, disposti ad embrice l’uno sull’ altro e separati solo da uno strettissimo spazio chiaro. Nella parte piü esterna si nota una specie di condensamento, di com- pressione delle varie cellule, le quali perö non giungono mai al punto di fondersi. In questa forma di cheratinizzazione, volendo sottilizzare, si 388 Leonardo Martinotti, puö al di sopra del cheratinogeno, distinguere una prima zona cheratinica con elementi aventi l’area chiara centrale, una seconda zona mediana con cellule piene di eheratina, nelle quali e scomparso anche il nucleo, e finalmente un ultimo strato esterno compatto e piü intensamente colorabile. Altre volte tutte le cellule sono prowedute delT area chiara centrale fino al limite piü esterno, e puö accadere ancora che le cellule stesse vadano perdendo la loro tingibilita finche diventano completamente incolore1). Sul polpastrello delle dita tale forma di cheratinizzazione si osserva con estrema frequenza, altre volte perö essa appare sotto altro aspetto, che puö riscontrarsi anche non di rado quando si esaminino altre zone delle regioni palmari e plantari. Si vede cioe che il corpo cellulare e piü o meno riccamente fornito di fibrille, o filamenti che sembrano attaccarsi alla membrana e che sono piü o meno grossi e rettilinei. Sono sopratutto abbondanti in corrispon- denza delle cavitä interpapillari, da cui si dirigono verso l'alto, in forma quasi di sepimenti rettilinei. dai quali irradiano, a guisa di barbe di piume, fasci laterali. Si nota quasi sempre l’area centrale chiara negü elementi, i quali sono nelle parti piü alte compressi e schiacciati l'uno contro 1’ altro; le fibrille possono non essere piü rilevabili. Nella prima forma di cheratinizzazione noi abbiamo una evoluzione cheratinica endocellulare, parenchimale, nel secondo invece essa si effettua a spese della sostanza filamentosa e della membrana, lasciando chiare ed incolore le zone interf ilamentose : abbiamo cioe un tipo di che- ratinizzazione che potremmo chiamare filamentosa o fibrilläre. E degno di nota il fatto che in linea generale le sostanze che colorano il contenuto endocellulare della cheratinizzazione parenchimale, cioe i reattivi della eheratina per eccellenza, tingono invece la membrana e i fila- menti nel tipo di cheratinizzazione filamentosa. E ovvio soggiungere che si hanno anche forme miste di cherati- nizzazione filamentoso-parenchimale. E nelle forme piü spiccate si puö avere un contenuto cellulare specialmente ben colorabile con l’Indu- lina, il Diaminviolett, il Dianilblau 2R e un apparato filamentoso rudi- mentale o sviluppato ben dimostrabile con la Victoriablau B-Kristall- ponceau. 11 corneo dove e piü spesso presenta moltissime volte delle vaste spaccature contenenti gas o liquidi in piene zone cheratiniche. x) Xon bisogna confondere queste zone che non posseggono piü alcuna tingibilita, con le zone eleidiniclie che si trovano in seno al corneo. Ricerche siilla fine struttura dell- epidermide umana normale ecc. 389 Se si esaminano altre regioni nelle quali il corneo (e l’epidermide eomplessivamente) e poco rilevante, vale a dire quasi tutto l’ambito cutaneo, si trova una forma tutta caratteristica di cheratinizzazione. Si vede cioe al di sopra del lucido una zona piü o meno sviluppata, che e costituita da un reticolato a maglie oblunghe orizzontali. Questo reti- colato non e altro che l’assieme delle cellule cornee in cui solo la mem- brana si e corneificata e che sono vuote di contenuto. Alcune poche presentano un residuo di protoplasma che si colora perö sempre meno intensamente della membrana, alla quäle si attacca; si osservano cosi sino a 6—8 file di elementi embricati vuoti, in cui solo la membrana e corneificata; e che quindi rappresenta un tipo di cor- neificazione lamellare o membranosa o membranacea. Se si considera che in questi strati la produzione fibrilläre a livello del corpo Malpighiano e minima, e che quella poca prodottasi, si e in se- guito addossata alla membrana che e andata costituendosi, e paragoniamo eiö a quanto si osserva nelle zone con rigoghosa produzione fibrilläre o con ricco strato cheratinico, possiamo riscontrarvi un nesso logico fra queste funzioni. Si potrebbe quindi esprimere la formula: Apparato filamentoso abbondante -> Cheratinizzazione filamentosa. Produzione eheratojalinica rigoghosa — >- Cheratinizzazione parenchimale. x\pparato filamentoso rudimentale Cheratinizzazione membranosa. Naturalmente tale Schema e non sempre applicabile, dato il carattere talora estremamente variabile del processo di cheratinizzazione. Il tipo membranoso di cheratinizzazione e molto sviluppato a livello del dorso della mano e della pehe perianale. Nella prima regione puö aversi uno strato alto quanto nelle regioni palmari e plantari colla differenza che lä il tipo e parenchimatoso, o fila- mentoso, qua invece e membranaceo. Anche il contenuto della cellula puö qui subire l’evoluzione cheratinica, ma si ha allora una massa amorfa, sempre palhdamente colorata che si differenzia nettissimamente dai tipi sopradetti. Esiste quasi sempre uno spazio centrale ehiaro piü o meno ampio. Dove la cute ha l’aspetto morbido, ma nello stesso tempo e tenace e non molto grassa, la corneificazione assume un tipo misto eleido-chera- tinico: cosi ad esempio, nelle regioni malleolari si osserva un apparato filamentoso ben sviluppato, una zona eheratojalinica ben evidente e spesso molto ricca, un lucido pure rilevante e finalmente uno strato corneo rela- tivamente alto, nel quäle si osserva, framezzo ad una massa cospicua di cellule eleidiniche o cheratinogene, abbondanti elementi cheratinici paren- chimatosi puri franmiisti o associati in maniera diversa colle prime, e che 390 Leonardo Martinotti in tutto l'assieme formano un complesso abbastanza omogeneo e com- patto del tutto caratteristico (tipo di corneificazione eleidoparenchi- matoso). In corrispondenza delle pieghe di flessione delle regioni palmari, delle regioni malleolari, del eollo del piede e via dicendo, non si notano modi- fieazioni notevoli del tipo cheratinieo, ma piuttosto si ha un semplice awallamento, oppure una discontinuitä (e ciö specialmente quando la cheratinificazione e a tipo lamellare o misto). Alcune volte tale disconti- nuitä e parziale, altre volte e profonda e rappresenta allora con proba- bilitä l’inizio della formazione di ragadi, in altre parole l’inizio di un fatto patologico. Dove il eorneo e maggiormente spesso (ad es. nel calcagno) spesso la cheratinizzazione e a tipo misto: sopra un fondo che dä le reazioni dell’ eleidina o piü spesso della sostanza cheratinogena si elevano eolon- nati densi di elementi cheratinic-i parenchimatosi e filamentosi. * * * In conclusione noi possiamo trovare i seguenti tipi di cheratiniz- zazione : I. Una cheratinizzazione a carattere che io ehiamo parenchimatoso, nel quäle si osserva come elemento cheratinieo tipo, una cellula, prov- veduta di un’ areola chiara centrale non colorabile. che corrisponde al- l’antico nucleo. di una membrana non cheratinizzata, di un contenuto fatto di una sostanza d’aspetto piü o meno omogeneo, o quasi conglomerata, od anche grossolanamente granulosa che si colora coi reattivi della cheratina. Si puö vedere qualche traccia di fibrillazione; Farea chiara puö mancare. II. Una cheratinizzazione a tipo filamentoso o fibrilläre in cui la cheratinizzazione' si effettua a earico dell’ apparato fibrilläre e della membrana. III. Una cheratinizzazione a tipo lamellare o membranoso, in cui solo la membrana si e cheratinizzata, il contenuto che ha subito l’evoluzione eleidinic-a si e svuotato, o tutt’ al piü ha ceduto il posto ad una sostanza che dä debolissimamente le reazioni della cheratina. IV. Un tipo eleido-parenchimatoso: nello spessore del eorneo si osserva come un fondo di sostanza eleidinica, e immerse in esso piü o meno abbondanti cellule aventi subito la cheratinizzazione parenchi- matosa. V. Tipi misti in varia maniera: filamentoso-parenchimale, membranoso-parenchimale, e via dicendo. Ricerche sulla fine struttura dell’ epidermide umana normale ecc. 391 VI. Negli stadi piü avanzati, dove piü spesso e il corneo si puö osser- vare solamente una massa amorfa o quasi che non si colora piü con alcuno dei reattivi. La cheratinizzazione parenchimatosa si osserva con frequenza al polpastrello delle dita, quella raerabranosa nella massima parte delle regioni del corpo, specialmente sul dorso della mano dove e straordinaria- mente sviluppata, quella filamentosa sul palmo della mano e sulla pianta dei piedi. Dove lo strato corneo e piü spesso e si ha come la formazione di un callo, la corneificazione awiene secondo Fultimo tipo. In alcune zone, dove le cellule non si colorano piü ne coi reattivi del corneo ne con quelli del lucido, si vedono solamente piü i contorni cel- lnlari, racchiudenti o qualche zolla cheratinica o un ammasso cellulare debolmente colorato coi reattivi della cheratina stessa, o infine qualche avanzo fibrilläre. Qualcuno puö obbiettare che la distinzione dei vari tipi di chera- tinizzazione e una semplice parvenza dovuta al fatto che alcune parti sono piü colorate di certe altre con speciali reattivi. Ma l’obbiezione non regge. Quelle stesse sostanze (sopratutto Flndulina e il Dianilblau 2R) che nella cheratinizzazione lamellare tingono di predilezione la membrana, in quella parenchimatosa tingono invece il contenuto e nelle zone miste le colorano entrambe, e in quella filamentosa gli avanzi fibrillari e le mem- brane, e cosi via dicendo. Ciö prova che la cheratinizzazione awiene a carieo di questa o di quest’ altra parte della cellula a seconda che le condizioni funzionah lo richieggono; dimostra per di piü che non e esclusivo dell’ apparato fila- mentoso o della membrana il subire l’evoluzione cornea. Un’ altra deduzione si puö trarre dai fatti sovra esposti: la membrana che abbiamo veduto costituirsi a livello dello spinoso e farsi evidentissima nel cheratojahnico e negh strati successivi non e di natura cheratinica, ma e destinata a clivenirlo o no a seconda del tipo di cheratinizzazione subita. E certo che la trasformazione si avvera piü precocemente e piü evidentemente nel tipo filamentoso e lamellare. Senza dilungarmi a discutere i reperti di Ernst, Zander, Bern, Rausch, Bergmann, Jüdin, Merian ecc. che in certi punti differiscono dai miei, mi limiterö a far rilevare che, a mio parere, i vari tipi di elementi e le diverse formazioni vedute da questi autori corrispondono a cellule eleidiniche situate nel corneo e a elementi in preda a diverso tipo di chera- tinizzazione. 392 Leonardo Martinotti, Ricerche sulla fine struttura dell’epidermide umana ecc. Letteratura. Apolant, 1. c. Behn, Arch. f. Mikrosk. Anatomie 1892, XXXIX, 581. v. Bergmann, Monatsh. f. prakt. Dermat. 1909, XLIX, p. 151. Blaschko, 1. c. v. Brunn, 1. c. Ebbinghaus, Zentralbl. f. allg. Pathol. und patliol. Anatomie, 1902, XIII. Ernst, Zieglers Beiträge XXXI, XXI, XXII. — Virchows Archiv CXXX. — Zentralbl. f. allg. Pathol. XIX. — Arch. f. mikrosk. Anat. XLYII 1896, 669. . Grosse, 1. c. Jampolski, Deutsche mediz. Zeitung. 1907. p. 7. Jüdin, Monatsh. f. prakt. Dermat. 1909, XLIX, 141. Kölliker, Gewebelehre d. Menschen, II ediz. 1889, t. I, p. 151. Krause, 1. c. Kromayer, Zentralbl. f. allg. Pathol. Bd. IX. — Ziegler’s Beiträge 1898. Mamurowsky, Monatsh. f. prakt. Dermat. 1897, XIV, 211. Mac Leod, Monatshefte f. prakt. Dermatol. XXVIII, 1899. Merian, Unnas Festschrift, II, 1910, p. 184. Merk, Arch. f. mikrosk. Anat. 1909, LXI, 525. — Wiener mediz. Wochenschrift. 1902. Rabl, D. Anat. Gesellsch. 1897. Ranvier, 1. c. Rausch, Monatsh. f. prakt. Dermatologie, XXIV, p. 65. Retterer, C. R. Acad. des Sciences 1883. Stohr, Lehrb. der Histologie, 1906. Unna, Trattato delle malattie della pelle di Ziemssen,traduzione italiana, Napoli 1894 1. 1. Weidenreich, 1. c. Zander, Arch. f. Anat. und Physiol., Anat. Abt. 1886, p. 284 e 1888, p. 53. — Arch. f. Anat. und Entwicklungsgeschichte, 1886. Spiegazione della tavola XXI, Fig. 1. Tipo di cheratinizzazione parencliimale (Schematica). Fig. 2. Tipo di cheratinizzazione filamentosa (id.). Fig. 3. Tipo di cheratinizzazione membranosa (id.). Archiv für Zellforschung. Bd . XV. Fig. 1. Martinotti dtl. Verlag von 1 Taf. XXI Fig.2. I n in Leipzig Lith. Ans: v. Johannes Arndt Jena. (Aus dem anatomischen Institut München). Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. Von H. Marcus (München). Mit Tafel XXII— XXIV und 7 Textfiguren. (Eingegangen den 4. Dezember 1919.) Inhaltsübersicht, Seite Einleitung. Fragestellung. Nomenklatur 393 Material. Fixierung, Färbung, Photographie in ultraviolettem Licht .... 395 Sarkoplasma, Sarkolemma, Sarkoplasmakörner. Elementarleisten und ihre Färb- barkeit (Holmgrens Arbeiten), ihre feinere Struktur. Grundsubstanz, Be- grenzungsschichte, Fibrillen . 398 Querstreifung 411 Statik 415 Beobachtungen bei anderen Objekten 422 Mechanik. Die Kontraktionserscheinungen 426 Zusammenfassung . 436 Literaturverzeichnis 438 Tafelerklärung 440 Einleitung. Ausgehend von Untersuchungen an Hirudineenmuskeln, wo ich bei der Verkürzung eine relative Abnahme der anisotropen Substanz zu be- obachten glaubte, wollte ich diese Frage bei der quergestreiften Mus- kulatur nachprüfen. Daß bei der Kontraktion die Fibrillen sich verdicken, ist unzweifelhaft, strittig ist nur ob sie wie der ganze Muskel an Volumen gleichbleiben oder Flüssigkeit aufnehmend oder abgebend an Masse zu- oder abnehmen. Jede dieser Möglichkeiten wird von Forschern vertreten und es wäre von großer Wichtigkeit, dieses Problem einwandfrei zu lösen . Die Möglichkeit erschien mir dazu gegeben durch die schönen Unter- suchungen von Holmgren an •Libellenmuskeln, da dieser Autor für jede physiologische Phase der Muskelverkürzung entsprechende, stark von- einander getrennte histologische Bilder beschrieb. Ursprünglich war also Archiv f. Zellforschung. XV. 26 394 H. Marcus, meine Absicht auf Grund dieser bahnbrechenden Untersuchungen von Holmgren die physiologische Phase auf den Muskelquerschnitt durch die Färbung zu bestimmen und dann genaue Messungen zu machen, um die Veränderungen im Verhältnis der isotropen- und anisotropen Substanz festzustellen. Diese Untersuchung erwies sich als zunächst nicht durch- führbar', aber es ergaben sich doch so viele neue Beobachtungen, welche die Kenntnis von der Struktur der Muskelfibrille ergänzen, daß sie mir der Publikation wert erscheinen. Im wesentlichen handelt es sich hier um die Querstreifung im Kontraktionszustand, um die Statik der Muskel- zelle und um die Hüllen der Fibrillen. Ein weiteres altes Problem ist das Verhältnis der von Kölliker zuerst näher beschriebenen Muskelsäulchen zur Muskelfibrille, die in moderner Fassung als Teilkörpertheorie von M. Heidexiiain weiter ausgebaut worden ist. Diese Theorie beruht auf der Annahme, daß sich alle Fibrillen durch Längsteilung bilden, wobei die feinsten histologischen Fibrillen nur Komplexe von Metafibrillen sind, deren Dimensionen kleiner als das Auflösungsvermögen unserer besten Mikro- skope und daher nicht sichtbar sind. Diese Muskelsäulchen sind wiederum nur Bündel von histologischen Fibrillen, die Muskelfasern Gruppen von Muskelsäulchen, und so entsteht eine homöotypische Reihe gleichartiger, aus Spaltung hervorgegangener Gebilde. Muskelfibrille wie Muskel- säulchen wären also wesensgleich und nur verschiedene Stufen, die von der imaginären Metafibrille zum präparierbaren Muskel führen. Im Gegensatz zu dieser Hypothese oder Theorie steht die Meinung, daß die Muskel- fibrille ein Individuum sei mit besonderer Struktur, das eine weitere Auf- splitterung nicht erträgt. Ein kleinster Verband solcher Myofibrillen bildet ein Muskelsäulchen, welches bei Wirbeltieren durch protoplasma- tische Zwischensubstanz mehr oder weniger von einander getrennt ist und auf dem Querschnitt die CoHXHEDische Felderung bildet. Meist freilich sind die Muskelsäulchen hier so dicht und fest miteinander verbunden, daß ein Muskelbündelchen oder eine Muskelfaser schwer zu analysieren ist. Dagegen lassen sich die Thorax- oder Flügelmuskeln oder die gelben Muskeln der Insekten leicht durch Zerzupfen in feinste Teile zerlegen und man spricht daher auch von fibrillären Muskeln. Es ist nun die Frage, ob es sich hier um Muskelsäulchen oder um Myofibrillen handelt. Eine Frage, die Kölliker beschäftigte und die er nicht mit Bestimmtheit zu entscheiden wagte, während Retzius diese Isolationsprodukte als Muskelsäulchen betrachtete, weil er noch feinere Fibrillen von ihnen ausgehend beobachtete und zeichnete. *Fiir Heidenhain und seine Anhänger ist diese Frage überflüssig, da wie gesagt, Muskelfibrille und Säulchen nur Glieder einer Reihe, also nur quantitativ verschieden sind. Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 395 Ich werde später darauf zurückkommen und habe es nur vorausgeschickt, um die anzuwendende Nomenklatur zu besprechen. Bei Libellen sind ja ganz eigenartige Verhältnisse. Ich werde die durch Zerzupfen leicht zu isolierenden, feinsten Fasern der Flügelmuskeln »Muskelzellen« nennen, wobei ich mich von der Ähnlichkeit mit den Muskelzellen der Hirudineen leiten lasse. Bei beiden Tierarten ist um eine zentrale kernhaltige Sarko- plasmasäule, das Endoplasma üon Holmgren, eine kontraktile Rinde gelegt und in dieser Rinde ist die anisotrope Substanz radiär angeordnet und alterniert auf dem Querschnitt peripher mit der Zwischensubstanz, dem Exoplasma. Die anisotrope Substanz hat die Gestalt einer recht- eckigen Platte von geradem oder schwachgewundenem Verlauf. In der Längsachse der Muskelzelle ist ein Unterschied mit der Muskulatur anderer Insekten nicht in die Augen springend, nur auf dem Querschnitt sieht man diese für die Libellen so charakteristischen anisotropen Bänder. Da man bei Libellen wegen dieser Form schlecht von Muskelsäulchen sprechen kann, übernehme ich auch für diese Gebilde die von Apathy für die Hiru- dineen geprägte Bezeichnung »Elementarleisten« oder »Leisten« schlecht- hin. Diese bestehen also aus einem Komplex von Fibrillen, was ich schon in einer früheren Mitteilung gezeigt habe. Soweit die Übereinstimmung der Muskelzellen bei Libellen und Blutegeln; der Hauptunterschied be- steht in der Querstreifung und in der Mehrkernigkeit. Wie dieses letztere nun entstanden sein mag, ob aus Verschmelzung mehrerer Zellen zu einem Synzytium oder durch mehrfache Kernteilung in einer einzigen Zelle (was mir trotz Franz das Wahrscheinlichere erscheint), so bleibe ich bei der Bezeichnung »Muskelzelle«, weil es eben ein morphologisch einheitliches Individuum ist. Material. Zur Untersuchung dienten mir Wasserjungfern und zahlreiche Larven, die ich in verschiedenen Tümpeln von Münchens Umgegend fing. Mehrere Larven verdanke ich der Liebenswürdigkeit von Dr. Sachse von der teichwirtschaftlichen Versuchsstation in Vilshofen, dem ich auch hier bestens danke. Ich bestimmte die Larven nach Ris als den Gattungen Libellula , Aeschna ., Lestes und Agrion zugehörig. Da sie sich histologisch nicht weiter unterschieden, legte ich kein besonderes Gewicht darauf, eine vollständige Serie einer einzelnen Spezies zu erhalten. Am günstigsten für die jungen Stadien erschienen mir die Agrioniden, weil hier die ganzen Tiere leicht in Serien sich schneiden lassen, so daß gewisse Zellgruppen sich als Muskeln bestimmen lassen, bei denen noch keine histologische 26* 396 H. Marcus, Differenzierung- zu erkennen ist. Die Larven wurden in der Fixierung- fliisigkeit mit einem Scherenschnitt enthauptet und ein zweiter Schnitt trennte den hinteren Abschnitt des Rumpfes von dem vorderen mit den Flügelanlagen. Bei größeren Larven und Tieren wurde außerdem noch ein Medianschnitt ausgeführt. Die bei den Libellen Vorgefundenen Re- sultate habe ich durch vergleichende Untersuchungen an andern Objekten auf breitere Basis zu stellen gesucht. Es wurden zum Vergleich eine Reihe andrer Insekten untersucht, besonders Hummel, Wasserwanzen und Gelbrandkäfer. Ferner Appendicularien und Wirbeltiere. Als Fixierungsflüssigkeit dienten vor allem die Flüssigkeiten von Flemming, Petrunke witsch, Carnoy: Formol, Alkohol, Sublimat; gefärbt wurde mit Heidexhains Eisenhämatoxylin und nach Bexdas Mitoehondrien- färbung. In besonders ausgedehntem Maße habe ich die Nachvergoldung nach Apathy gebraucht, mit einer geringen Modifikation, die diese Me- thode auch für dünnere Schnitte verwendbar macht. Ist nämlich die Reduktion des Goldchlorids in der Ameisensäure im Licht gering gewesen und bringt man das Präparat zur Verstärkung wieder in die Goldchlorid- lösung, so verschwindet die vorhanden gewesene rote Färbung vollkommen. Das Objekt ist dann völlig entfärbt. Dies tritt aber nicht ein, wenn der Objektträger vorher in starken Alkohol getaucht wurde, der offenbar eine feste irreversible Verbindung schafft. Man kann die Nachvergoldung somit beliebig oft wiederholen um die Färbung zu verstärken, wobei aber zu befürchten ist, daß das Präparat opak wird. Die so gewonnenen Bilder sind von »negativer Goldfärbung« (Rollett), d. h. die Myofibrillen sind dunkelrot. Als außerordentlich wertvolle Methode zur Erforschung der feinsten Strukturen erwies sich die Photographie mit ultravioletten Strahlen, die bei einer numerischen Apertur von 2,5 fast ein doppeltes Auflösungs- vermögen besitzt als die stärkste homogene Ölimmersion von 1,4 nume- rischer Apertur. Herrn Professor Dr. 0. Walkhoff verdanke ich eine große Anzahl solcher Aufnahmen und ich möchte ihm auch an dieser Stelle für den großen Aufwand an Zeit und Mühe meinen besten Dank aus- sprechen. Die Herstellung der Präparate für diese Ultra-Photographie ist nicht ganz einfach, da nur feinste 2 bis höchstens 5 /< dicke Schnitte durchlässig sind. Da Glas nicht gebraucht werden darf, ist man auf Quarzobjektträger angewiesen, die wegen der hohen Kosten nur in ge- ringer Anzahl zu beschaffen sind. Es erfordert daher einige Mühe bis man das gewünschte Stadium auf den kleinen Objektträgern findet, besonders in den ungefärbten und durch Glyzerin stark aufgehellten Schnitten. Bei Zupfpräparaten liegt die Schwierigkeit hauptsächlich an der Ein- Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 397 Stellung, weil die Fasern flottieren. Hat man sie bei der Chlor-Natrium- flamme scharf eingestellt und dreht man dann die Mikrometerschraube, um die für die ultravioletten Strahlen des Cd. -Bogenlichtes richtige Einstellung zu gewinnen, so bekommt man häufig unscharfe Bilder, weil die Fasern eben nicht auf dem Objektträger fixiert sind und kleinste Schwankungen unvermeidlich sind. Auch die Einstellung gleich mit Immersion in der NaCl-Flamme, besonders bei den jetzigen schlechten Gasverhältnissen, ist bei den ungefärbten Präparaten nicht ganz mühelos. Ich habe daher in einzelnen Fällen die Präparate leicht nachvergoldet. In früheren Mitteilungen habe ich einzelne Strukturverhältnisse der Libellen-Flügelmuskel geschildert, die ich hier ergänzen und durch bessere Bilder illustrieren will. (Marcus 1913, 1919, 1920). Betrachten wir zunächst den Bau der ausgewachsenen Flügelmuskel- zelle bei den Libellen, so erkennen wir, daß sie die Form eines hohen, bis etwa 5 mm langen Zylinders hat. Alle diese Muskelzellen sind zu größeren Bündeln vereinigt und liegen in Gruppen um eine Trachee. Aus einer Haupttrachee gehen meist parallel zunächst kleinere Äste ab, die sich schließlich pinselartig verbreiten und die Muskelfasern und Zellen umspinnen. Ein Eindringen in die Zelle habe ich trotz eifrigen Suchens niemals mit Sicherheit konstatieren können, im Gegensatz zu Holmgren und Kielich. Es passen sich die einzelnen Muskelzellen aneinander an und gewinnen dadurch einen polygonalen Querschnitt, eine isolierte Muskelzelle ist wie gesagt, zylindrisch. Die Muskelzelle besitzt eine membranartige Hülle, die sich bisweilen gut vom Zelleib abhebt. Es ist also eine deutliche äußere Hülle vorhanden (Taf. XXII, Fig. 15). Sie scheint eine Membran von gleichartigem Bau zu sein, nur dort wo die Elementar- leisten an der Peripherie endigen, sind an dem Querschnitt dunklere Streifen zu sehen, an denen offenbar die Elementarleisten befestigt sind (Taf. XXII, Fig. 1). Statt, dieser Striche, welche die ganze Dicke der Ele- mentarleisten ausmachen, findet man manchmal auch zwei einzelne Punkte im Abstand der Elementarleistendicke, so daß es die Grenzschichten sind, die mit der Hülle zu verschmelzen scheinen (Taf. XXII, Fig. 3). Es ist also eine deutliche äußere Hülle vorhanden. Dagegen ist eine innere Grenz- schicht, wie sie Apatiiy und ich 1913 bei Hirudineen beschrieben haben, mit gewöhnlichen Methoden nicht darstellbar. Es kann daher auch nicht Binde und Mark scharf abgegrenzt werden. Man müßte denn eben, soweit Leisten reichen, von Rinde sprechen, im Gegensatz zum zentralen, leistenfreien Mark. Eine Photographie im ultravioletten Licht scheint mir die Berechtigung dieser Unterscheidung klar darzutun. Da sieht man nämlich zwischen je zwei zentralen Enden der Elementarleisten 398 H. Marcus, einen deutlichen Querstrich verlaufen, der aber doch nicht einer richtigen Membran entspricht, sondern der innerste Zug der später noch zu be- sprechenden konzentrischen Querfaserzüge (Taf. XXII, Fig. 14) ist. Die Elementarleisten sind in charakteristischer, schon Leydig(57) bekannter Anordnung, radiär gestellter Platten, welche im Zentrum der Zelle eine Sarkoplasmasäule ausgespart lassen (Taf. XXII, Fig. 9). Dieses Endoplasma, in dem die Kerne in langer Reihe angeordnet sind, ist sehr verschieden groß (Taf. XXIII, Fig. 24, 17, 18). Manchmal ist der Kern von einem breiten Protoplasmahof umgeben, dann wieder reichen die Ele- mentarleisten ganz dicht all den Kern heran (Taf. XXII, Fig. 7). Ich habe mich nicht davon überzeugen können, daß diese Verschiebung im Ver- hältnis von Rinde und Mark ein Ausdruck wechselnder Funktion sei, doch soll später das noch besprochen werden. Im Endoplasma sind zahlreiche Körner eingelagert, die in der Mitte nach Form und Größe unregelmäßig sind, während in der zwischen den Elementarleisten befindlichen Zwischensubstanz diese Sarkoplasma- körner regelmäßig auf der Höhe des Querstreifens liegen, und daher auch Q-Körner genannt werden und hervorragenden Anteil an dem Adspekt der Querstreifung haben. Diese regelmäßige Anordnung der Sarko- plasmakörner wird, wie ich später ausführen werde, durch Querfaserzüge bedingt, die an der Fig. 28 (Taf. XXIII) deutlich zu sehen sind. Die Sarko- plasmakörner sind oval, stark lichtbrechend und ihre Eiweißnatur wurde von Knoche (09) nachgewiesen. Sie verhalten sich gegen Färbungen verschieden, wie es Holmgren in ausführlicher Weise vortrefflich ge- schildert hat, und wie ein Blick auf Taf. XXII ohne weiteres anzeigt. Bei Goldfärbung bleiben sie meist ungefärbt oder schwächer als die Fibrillen. Daß sie eine wahre Membran besitzen und als Organelle aufzufassen seien, wie Holmgren will, davon habe ich mich nicht überzeugen können. In vielen Quer- wie Längsschnittbildern habe ich überhaupt nichts von ihrer Existenz gesehen (Taf. XXII, XXIII, Fig. 5, 3, 12, 8, 9, 20, 18, 27), und so kann ich sie auch nicht als Zellorganellen ansehen, sondern halte sie für zeit- weise auftretende Gebilde wie etwa Sekretkörner. Die Elementarleisten sind Platten von überall gleicher Dicke. Da nun die Peripherie der Zelle einen größeren Umfang hat als die innere Grenze der Rinde, so konver- gieren sie nach der Mitte zu. Dabei sind peripher noch kürzere Elementar- leisten eingeschaltet, die nur einen Teil der Rinde bilden und entweder frei endigen oder sich an eine die ganze Rindenbreite durchsetzende Ele- mentarleiste aniehnen, die sich also dann gabelt. Es kommen so Bilder eines Y zustande, wobei ein zentraler Teil sich peripher in zwei Schenkel spaltet. Sehr oft kann man bei Goldfärbung beobachten, daß diese »Spal- Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 399 tung« nur eine Anlehnung einer kürzeren Leiste an eine durchgehende ist (Taf. XXII, Fig. 8). In gewissen Fällen dagegen scheint tatsächlich eine richtige Gabelung der Elementar leisten eingetreten zu sein (Taf. XXII, Fig. 9). Niemals sind dagegen die Verhältnisse so, wie sie Kielich (1918) in seinen Abbildungen 8, 10 und 11 darstellt, wo die Elementar- leisten keilförmig sich nach der Mitte zu verjüngen. Ich glaube, daß dieser Irrtum dadurch entstanden ist, daß in gewissen Fällen es sehr schwer ist zu entscheiden, was eine Elementarleiste und was die Zwischensubstanz ist. So sieht man z. B. in Fig. 16 (Taf. XXII) helle Elementarleisten und dunkle keilförmige Zwischenleisten, welch letztere leicht als die »Fi- brillen« angenommen werden können. Die Elementarleisten sind wie gesagt, stets zentral von gleicher Dicke wie peripher und diese Dicke be- trägt etwa 1—2 fi. In verschiedenen Muskelzellen ist natürlich die Dicke der Elementarleisten eine sehr verschiedene, wie ein Vergleich der Fig. 8 und Fig. 9 (Taf. XXII) ohne weiteres zeigt. Eine einfache Überlegung legt nahe, daß bei Verkürzung der Muskelzelle eine Verbreiterung und Ver- dickung der Elementarleisten eintreten dürfte. Es ist aber die Frage, ob abgesehen von diesen physiologischen Veränderungen auch größere Variationen in der Dicke der Elementarleisten Vorkommen. Dem un- befangenen Beobachter von Fig. 8 und 9 wird sicherlich der Dicken- unterschied bei gleichem Sarkoplasma und gleicher Zellgröße auffallen und er wird geneigt sein eine bedeutende Variationsbreite anzunehmen. Es muß aber immer daran gedacht werden, daß eine beginnende Kontrak- tion z. B. zunächst eine Veränderung der Elementarleisten hervorbringt und erst später die der ganzen Muskelzelle. Und so könnte man annehmen daß in Fig. 9 (Taf. XXII) eben eine beginnende Kontraktion die ursprüng- lich gleich starken Leisten von Fig. 8 (Taf. XXII) verdickt habe. AVeitere Untersuchungen sind darüber anzustellen, zu denen mir augenblicklich das Material fehlt, um diese Frage zu klären. AVas nun die Färbbarkeit der Elementarleisten anbetrifft, so wechselt sie sehr, je nach dem physiologischen Zustand der Muskelzelle. In einigen Fällen nimmt sie intensiv das Eisenhämatoxin auf, in andern Fällen ist sie gewissermaßen nur als negativ zwischen stark dunkel gefärbten Körnern zu erkennen (Taf. XXII, Fig. 6) und nimmt nur Anilinfarbstoffe auf. Nur bei Goldfärbung erhält man eine gewisse Gleichmäßigkeit der Impräg- nation und zwar so, daß sie bei Nachvergoldung positiv gefärbt wird. Es liegt nahe, diese Verschiedenheit in der Affinität zu den Farbstoffen in Veränderungen des physiologischen Zustandes zu suchen und wir ver- danken Holmgren mehrere Arbeiten, in denen er gerade diesen Vor- gängen besondere Aufmerksamkeit schenkt. Er hat nicht nur mit zahl- 400 H. Marcus, reichen prächtigen und hervorragend reproduzierten Mikrophotographien die Wechselbeziehung zwischen Elementarleisten und Sarkoplasmakörnern illustriert, sondern sie außerdem mit den Phasen der Kontraktion in Zu- sammenhang gebracht, derart, daß ein Hin- und Herfließen färbbarer Substanz von den Elementarleisten zu den Sarkoplasmakörnern und zurück stattfinden sollte. Diese Verquickung von Färbbarkeit und Kontraktion veranlaßte mich, wie gesagt, diese Arbeit aufzunehmen, weil ich in An- lehnung an Holmgrex auf Querschnitten die Ruhe- oder Kontraktions- faser aus der Farbe der Elementarleisten bestimmen wollte, um dann Messungen zu machen, die das Verhältnis von Rinde und Mark, von Elementarleisten und Zwischensubstanz klarlegen sollten. Dieser mein Plan war, wie ich vorwegnehmen will, unausführbar. Zunächst will ich kurz Holmgrexs Arbeiten referieren, soweit sie sich auf diesen Zusammen- hang beziehen. Holmgrex unterscheidet vier Stadien verschiedenen färberischen Verhaltens, die er bestimmten Phasen der Muskelzuckungskurve gleich- setzt und zwar ein Stadium der 1. Aktivität oder Kontraktion (das meiner Fig.5, Taf.XXII, entspricht), 2. Regeneration (meine Fig. 6, Taf. XXII), 3. Postregeneration (meine Fig. 4, Taf. XXII), 4. ein fakultatives Stadium (meine Fig. 8, Taf. XXII). Das Stadium der Regeneration entspricht dem abfallenden Teil der Zuckungskurve, während die Postregeneration die Ruhe und das fakul- tative Stadium das des latenten Reizes darstellen soll. Das färberische Verhalten bei Eisenhämatoxylin nach Heidexhaix und Thiazinrot erkennt man klar und knapp an der von mir zusammen- gesetzten in der vorläufigen Mitteilung im Anatomischen Anzeiger publi- zierten Tabelle, wo ich außerdem noch die Veränderungen in der Größe der Elementarleisten und der zentralen Sarkoplasmasäulen eingetragen habe, alles nach Angaben von Holmgrex. Das Kontraktionsstadium (Taf. XXII, Fig.5) charakterisiert Holmgrex am Querschnittsbild folgender- maßen: Die Elementarleisten (von Holmgrex Säulchen genannt) »färben sich nach der obengenannten Methode hellrot und machen einen wachs- artigen Eindruck. Sie sind wesentlich verbreitert und erstrecken sich sämtlich von der Oberfläche der Fasern teilweise bis in die nächste Nähe der zentralen Kerne«. Außerdem sind sie »wesentlich verdickt und von einem homogenen Aussehen. Sie sehen bei dem Querschnitt wie dicke, solide Stäbchen aus. Es scheint ohne weiteres klar zu sein, daß die an- sehnliche Verdrängung des Endoplasma durch den genannten breiten Zuwachs der Säulchen bedingt ist« (Seite 259). Die Sarkoplasma- oder Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 401 Q-Körner sind bedeutend verkleinert und färben sich schwach aschgrau oder rötlich, sind von homogenem Aussehen oder vakuolisiert wie im fakultativen Stadium. Das Stadium der Regeneration zeigt die Elementarleisten breit dick und nicht spezifisch, also hellrot gefärbt, dagegen ist die Zwischen- substanz mit den Sarkoplasmakörnern intensiv blauschwarz gefärbt (Taf. XXII, Fig. 6). Übergangsstadien zur Postregeneration zeigen all- mähliche Abnahme der Dicke und Breite der Elementarleisten sowie un- gleichmäßige Färbbarkeit der Q-Körner (Taf. XXII, Fig. 7). Im Post- regenerationsstadium sind die Elementarleisten blaßrötlich, schmal und sehr dünn, die Sarkoplasmakörner färben sich intensiv blauschwarz, das zentrale Sarkoplasma (Mark) bildet hier eine breite Säule (Taf. XXII, Fig. 4). Das fakultative Stadium endlich stellt fast ein Negativ des vorigen Querschnittbildes dar. Die Elementarleisten sind stark schwarz gefärbt und gleichzeitig dicker. Mit den blaßrötlichen Q-Körnern ist das Ver- halten umgekehrt. Sie haben eine entsprechende spezielle Färbbarkeit verloren und gleichzeitig an Dicke abgenommen. Das zentrale Sarko- plasma ist noch voluminöser geworden. Auf Grund dieser Querschnittsbilder, wie sie auch in meinen Figuren 4— 8 (Taf. XXII) zu sehen sind, und ihrer Deutung, daß sie mit bestimmten Phasen der Verkürzung Hand in Hand laufen, stellte Holmgren die Hypothese auf, daß eine eiweißhaltige Substanz, die eine besondere Affi- nität zu Heidenhains Hämatoxylin hat, bei der Erschlaffung oder Re- generation in die Sarkoplasmakörner aufgesammelt wird. Im Stadium der Latenz »dem fakultativen« fließt sie in die Elementarleisten über und befähigt somit erst die Muskeln zur Verkürzung. Bei der Kontraktion soll diese leicht färbbare Materie aus den Elementarleisten gelöst werden oder wenigstens einer erheblichen Veränderung unterliegen (Seite 269). Und zwar soll diese Substanz auf dem Wege der Grundmembran (des Zwischenstreifens) im Kontraktionsstreifen abfließen und in das Endoplasma diffundieren, von wo sie wiederum in den Sarkoplasma- körnern aufgespeichert werden. Soweit die Befunde und ihre Deutung durch Holmgren. Die histologischen Bilder kann ich, soweit es sich um Färbungen handelt, nur bestätigen und habe daher auch so ausführlich die Angaben Holmgrens referiert, um mir eine eigene Beschreibung zu ersparen. Bei der Kontraktion färben sich die Elementarleisten ganz schwach mit Hä- matoxylin von Heidenhain. Fig. 3, 5 und 12 (Taf. XXII) zeigen aber, daß sie weder homogen noch wachsartig sind, sondern beweisen besonders deutlich ihre Zusammensetzung aus Fibrillen und Grenzschichten. Auch 402 H. Marcus, finde ich sie nicht besonders dick, sondern im Gegenteil relativ schmal. Häufig reichen sie freilich bis zum Kern, oft aber ist in diesem Stadium eine breite Sarkoplasmasäule in der Mitte wie z. B. in Fig. 12 (Taf. XXII) rechts. Wie unsicher jedoch die Diagnose der Phase der Muskelkontraktion aus den Angaben Holmgrens ist, geht aus dem Vergleich der Fig. 8 und 9 (Taf. XXII) hervor, die bei gleicher Vergrößerung und Färbbarkeit die große Differenz in der Leistendicke demonstrieren. Da die Sarkoplasma- körner ungefärbt, die Leisten tiefschwarz sind, müßten beide Querschnitte dem fakultativen Stadium zugeteilt werden und eine große Variation in der Breite der Elementarleisten angenommen werden, was nicht gerade wahrscheinlich ist, oder aber, es ist eine verschiedene Phase und dann stimmt die gleiche Farbe nicht mit Holmgrens Hypothese. Doch soll weiter unten bei Besprechung der Kontraktionserscheinungen darauf zurückgekommen werden. Hier sollte nur das färberische Verhalten ge- schildert und konstatiert werden, daß sich die Elementarleisten wie auch die Sarkoplasmakörner entweder sehr stark oder gar nicht mit Eisen- hämatoxylin färben und zwar so, daß eine gewisse Gegensätzlichkeit in diesen beiden Elementen besteht. Hier kann ich Holmgren nur bei- pflichten. Ob aber dabei ein kausaler Zusammenhang mit den Kontrak- tionsvorgängen besteht, soll späterhin erörtert werden. Die wechsel- reichen Bilder, die wir an Hand von Holmgrens Schilderungen kennen gelernt, erschöpfen nun die Mannigfaltigkeit der tatsächlich vorkommenden noch nicht. Außer Übergangsstadien, wie sie Fig. 7 (Taf. XXII) zeigt, kommen ganz absonderliche Querschnittsbilder vor, die ich in Fig. 10 und 11 (Taf. XXII) reproduziere. Kern und äußere Form sind unverändert erhalten und beweisen, daß es tatsächlich Flügelmuskeln sind. Aber das sonst so regelmäßige Bild der positiven oder negativ gefärbten Elementar- leisten und Sarkoplasmakörner ist verschwunden. Nur mit Mühe und nach längerem Studium erkennt man die helleren Elementarleisten ge- knickt und gegeneinandergeworfen, als ob in der Zelle ein Wirbelsturm gewütet hätte. Sarkoplasmakörner sind als solche nicht erkennbar. Die Zwischensubstanz lagert den stark gewundenen Elementarleisten als körnige dunkle Masse an. Eine Deutung dieser merkwürdigen »Wirbel- sturmbilder« soll in einem späteren Absatz versucht werden. Nur sei hier gleich vorweggenommen, daß Fixationsveränderungen hier aus- geschlossen werden können, da völlig normale fakultative Stadien daneben Vorkommen (Taf. XXII, Fig. 11). Sehr interessant ist nun der Vergleich der bisher beschriebenen ge- färbten Präparate mit den Photographien im ultravioletten Licht, die von ungefärbten Präparaten stammen. Die HoLMGRENSchen Stadien Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 403 sind auch hier ohne weiteres zu erkennen. Fig. 15 und 16 (Taf. XXII) würden der Regeneration entsprechen. Die Elementarleisten erscheinen auch hier hell, das Sarkoplasma dunkel mit noch dunkleren ovalen Körnern. Die chemische Affinität für Eisenhämatoxylin läuft also hier parallel mit dem optischen Verhalten der Substanzen. Ebenso sehen wir in Fig. 16 (Taf.XXII), das ich für ein Kontraktionsstadium anspreche, außerordentlich helle Elementarleisten entsprechend Fig. 4 (Taf. XXII) und den Angaben Holmgrens, daß diese sich schwach rötlich, also nicht mit Hämatoxylin, färben. Eine gewisse Differenz ergibt sich im fakultativen Stadium. Während da die Elementarleisten tief schwarz gefärbt werden, Fig. 8 und 9 (Taf. XXII), löst die stärkere Apertur des ultravioletten Systems diese Leisten auf. Man sieht in Fig. 14 (Taf. XXII) die gleich später zu be- sprechenden Begrenzungsschichten als dunkle Ränder der Elementar- leisten, darinnen die hellen Elementarfibrillen als Punkte, die auch in Fig. 13 (Taf. XXII) erkennbar waren. In diesem Falle also vergröbert die Färbung offenbar die Struktur, indem sie eine hohle Leiste völlig aus- füllt, Taf. XXII, Fig. 9, oder die Begrenzungsschichten (Taf. XXII. Fig. 3) und die Elementarfibrillen sind getrennt darstellbar (Taf. XXII. Fig. 12). Daß alles vereinigt im ultravioletten Photogramm heraus- kommt, ist ein hervorragender Vorteil dieser Methode. Doch ehe ich diese eben erwähnten Gebilde beschreibe, muß ich auf die feinere Struktur der Elementarleiste selbst eingehen. Die Elemen- tarleisten sind zuerst von Aubert (53) isoliert und als »platte Muskel- primitivbänder« abgebildet worden (Fig. 7). Er erkannte die Quer- streifung und ihre Form durchaus richtig. »Daß dies wirklich Bänder sind, davon überzeugt man sich an Stellen, wo dieselben Winkel bilden oder um ihre Längsachse gedreht sind. Daß diese Bänder nicht aus ein- zelnen aneinanderliegenden Fibrillen bestehen, beweist zunächst das Fehlen der Fibrillen, dann sieht man auch den Querstreifen gleichmäßig über das ganze Band gehen und an den Rändern stärker hervortreten« (S. 391). Da die Elementarleisten zunächst völlig homogen auf dem Quer- schnitt erscheinen, wurden sie bis in die jüngste Zeit von den Autoren als »blattartige Fibrillen« beschrieben. Dagegen wandte ich mich 1914 in einer vorläufigen Mitteilung und zeigte, daß sie komplizierte Gebilde seien und unterschied: 1. Elementarfibrillen, 2. Grundsubstanz, 3. äußere Begrenzungsschichten. Wie ich nachträglich bemerke, sind erstere schon von Ciaccio (82) beschrieben und 87 auch abgebildet worden, eine Tatsache, die offenbar 404 H. Marcus völlig in Vergessenheit geraten war, da weder Leydig noch Holmgren und Heidenhain sie erwähnen, sondern im Gegenteil die Homogenität der Elementarleiste besonders betonen. Eine Grundsubstanz habe ich angenommen, weil in den Elementar- leisten die Fibrillen als dunklere Punkte hervortreten und der Zwischen- raum zwischen ihnen irgendwie ausgefüllt werden muß. Da die Elementar- leiste auf dem Querschnitt sich dunkler färbt als das gewöhnliche Sarko- plasma (Taf. XXII, Fig. 12), nahm ich an, daß diese Substanz von letzterem verschieden sein muß. Bei den mir damals vorliegenden Goldpräparaten waren jedoch die Grenzschichten nicht gleichzeitig mit den Fibrillen zu erkennen und jetzt bin ich auf Grund von ultravioletten Mikrophoto- grammen im Zweifel, ob eine solche Grundsubstanz überhaupt existiert oder nicht vielmehr die Grenzschichten nicht nur die Elementarleiste als Ganzes, sondern jede einzelne Fibrille noch umgeben, ähnlich wie im Gummiband, jeder einzelne Gummi von Seide umsponnen ist. Man sieht in Fig. 14 (Taf. XXII) die Fibrillen als helle Punkte inmitten der Elementar- leiste, deren dunkle Ränder von der dunklen Grundsubstanz nicht unter- schieden und abgesetzt sind. Textfigur D würde diese Auffassung ver- deutlichen. Die äußeren Begrenzungsschichten sind nicht an jedem Prä- parat und in jedem Stadium gleich deutlich erkennbar. Oft sieht man bei jeglicher Färbung, daß die Elementarleisten aus einem hellen mittleren Streifen und seitlichen dunklen Begrenzungslinien bestehen (Taf. XXII, Fig. 3). Besonders deutlich ist dies nach Vergoldung und im ultravio- letten Photogramm, aber auch gut nach Heidenhains Hämatoxylin- und Anilinfärbung zu sehen. Meist haben diese Grenzschichten das Aussehen einer scharf ge- zogenen glatten Linie, aber manchmal haben sie körnchenartige Ver- dickungen oder Auflagerungen. Bei den gewöhnlichen Präparaten sind diese dunklen Begrenzungslinien auf Querschnitten nur seitlich zu sehen, so daß zentral eine Begrenzung der Elementar leisten zu fehlen scheint. Das ist jedoch nicht der Fall, denn in Photographien in ultraviolettem Licht sieht man mit aller Deutlichkeit eine schwarze Umrandungslinie auch um die zentrale schmale Kante der Elementarleiste herumlaufen (Taf. XXII, Fig. 14). An der Peripherie endigt oft die Grenzschicht mit einem stärkeren Korn in der äußeren Membran. Sie bewirkt dadurch die Befestigung der Elementarleiste an das Sarkolemma. Bisweilen ist die Grenzschicht auf der einen Seite der Elementarleiste stärker entwickelt als auf der andern. Diese Tatsache ist es wohl, die Holmgren veranlaßt hat, diese Grenz- Über (len feineren Bau quergestreifter Muskeln. 405 schichten als Artefakte zu bezeichnen, die bei der Fixierung durch Nieder- schlag feinkörniger Materie entstehen soll. Wenn auch in diesen be- sonderen Fällen tatsächlich ein Kunstprodukt vorliegt, so beweist gerade der Niederschlag, der gegen die Elementarleisten geschwemmt wird und dort in dickerer Schicht sich anhäuft, daß hier ein Widerstand, eine Grenz- schicht, vorhanden ist; denn daß die Elementarleiste kein homogenes Gebilde sei, ist wohl ohne Zweifei und daher muß eben eine solche Be- grenzungsschicht gefordert werden. Ich finde nun bei solch zahlreichen Präparaten auf Längs- wie Querschnitten immer wieder diese Begrenzungs- schichten so stark und scharf konturiert und gleichmäßig als dunkle Linien, die eine hellere Mitte umschließen (Taf. XXIII, Fig. 28), daß ich überzeugt bin, natürliche Gebilde vor mir zu haben. Selbstverständlich sind die Grenzschichten auch an Photographien in ultraviolettem Licht sehr deut- lich (Taf. XXII, Fig. 14), was aber natürlich nicht weiter für ihr natür- liches Verhalten beweisend ist, da es von fixiertem Material herrührt und der Einwand bestehen bleibt, daß es nicht am lebenden Objekt beobachtet wird. Es ist nun die Frage, ob es eine Membran ist oder ein Gitterwerk mit einer trennenden Flüssigkeit. Für letzteres würde man den Umstand anführen können, daß die Grenzschichten manchmal nicht als glatte Linien, sondern wie schon oben erwähnt, als Körnchenreihen beobachtet werden. Meist sind es Verdickungen an der Außenseite der Grenzschichte, während die Innenseite oft glatt und scharf begrenzt bleibt. Häufig kann man nun von diesen körnchenartigen Verdickungen der Grenzschicht einen feinen dunkleren Zug in rechtem Winkel von der Elementarleiste in querer Richtung durch die Zwischensubstanz zur Nachbarleiste ver- laufen sehen (Taf. XXII, Fig. 2, 3, 5). Diese Befestigungsfasern sollen später im Zusammenhang bei der Querstreifung behandelt werden und sind nur dieser Körnchen in der Grenzschicht wegen hier erwähnt. Es wurde oben gezeigt, daß wahrscheinlich die deutliche Sichtbarkeit der Grenz- schichten zum Teil mit durch Anlagerung von durch Reagenswirkung gefällten feinkörnigen Stoffen entsteht. Und so ist es verständlich, wenn bei einer Anheftestelle oder einem Knotenpunkt eine stärkere Anhäufung des Niederschlages eintritt, die sich eben als stärkere Körner manifestiert. Ich glaube nicht, daß die Grenzschichten ein Gitterwerk sind. Dagegen spricht der Befund auf Längsschnitten, wo die Grenzschichte dunkle kontinuierliche Linien darstellen, während bei einem Netzwerk eben dunk- lere mit helleren Partien abwechseln müssen. Die körnige Beschaffenheit der Außenfläche ist natürlich ebensogut auch erklärlich durch die An- heftung von Querfaserzügen an Membran- oder filzartige Grenzschichten. 406 H. Marcus, Die Elementarfibrillen habe ich zuerst an vergoldeten Quer- schnittspräparaten mit aller Deutlichkeit gesehen. Später erkannte ich sie auch bei andrer Färbung und dann wieder besonders deutlich bei Photogra- phien in ultraviolettem Lichte. Bei geglückter Goldimprägnation sind in jeder Muskelzelle ohne Ausnahme die Fibrillen dargestellt (Taf. XXII, Fig. 12). Sie erscheinen als tiefschwarze rundliche Punkte hintereinander aufgereiht in der Elementarleiste. Ihre Zahl schwankt natürlich außer- ordentlich, je nach der Breite der Elementarleiste. Meist sind es sieben bis vierzehn. Dagegen dürfte der Durchmesser der Fibrille der Dicke der Leiste entsprechen und die Fibrille sich analog der Leiste bei der Ver- kürzung verdicken. Im Photogramm in ultraviolettem Licht sieht man die Fibrillenquerschnitte als hellere Punkte in der Elementarleiste (Taf. XXII, Fig. 13,15), aber nicht in jedem Stadium mit gleicher Deutlichkeit. Hat man aber die Fibrillen einmal in aller Klarheit gesehen und sich von ihrer Existenz überzeugt, so beobachtet man sie auch nach andern Färbungen und auch im ungefärbten Querschnitt, wenn sie auch nur angedeutet sind (Taf. XXII, Fig. 2, 6, 7). Sein- charakteristisch ist es im Stadium der Verkürzung, daß die Elementarleiste keine plan-parallele seitliche Be- grenzung auf weist, sondern ziemlich regelmäßige knotenartige Ver- dickungen und Verjüngungen (Taf. XXII, Fig. 5). Dies hängt in letzter Linie natürlich auch von der Fibrille ab, die wie wir sehen werden, im Kontraktionsstreifen C bauchig verdickt sein kann. Ist der Querschnitt nun etwas schief angelegt zur Längsachse der Zelle und damit zur Ebene der Kontraktionsstreifen, so wird abwechselnd eine bauchig aufgetriebene Fibrille und weiter zentral eine schmälere Partie der folgenden Fibrille den Querschnitt der Elementarleiste bilden und ihr so das etwas unregel- mäßige Aussehen verleihen. Bei einem Zupfpräparat fand ich eine Elementarleiste, die auf eine größere Strecke isoliert, noch mit der Muskelzelle in Verbindung stand. Sie war mehrfach torquiert und zeigte daher abwechselnd die schmale Kante und die Breitseite. An ersterer war außer einer starken hcht- brechenden Mitte und dunkleren Bändern nichts zu erkennen. Die Breit- seite erschien quergestreift und zwar mit ziemlich breiten, dunkleren, schief verlaufenden Bändern. Außerdem lagen vereinzelte Sarkoplasma- körner an oder auf. Ferner sah man hier und da offenbar abgerissene Faserzüge über die Ränder als kurze Stummel herausragen. Es ist klar, daß ich an diesem Objekt das möglich stärkste optische Auflösungs- verfahren anwandte. Fig. 27 (Taf. XXIII) zeigt das Bild in ultraviolettem Licht (also bei numerischer Apertur 2,5). Die vorhin so auffallenden schiefen Querstreifen sind nur an den unscharfen Teilen so breit, sonst Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 407 bei scharfer Einstellung schmale, an der Außenseite der Elementarleiste verlaufende Faserzüge, die in regelmäßigen Abständen parallel zuein- ander hinziehen. Dort wo die Elementarleiste eine leichte Krümmung macht und eine tiefere Partie scharf eingestellt ist, erkennt man deutlich eine Längsfibrillierung. Es sind hier acht Elementarfibrillen in regel- mäßigen Abständen angeordnet, welche die Elementarleiste durchsetzt. Es ist dies somit die schönste Bestätigung der Querschnittsbilder, wie sie in Fig. 12 (Taf. XXII) wiedergegeben sind. Ich habe dann auch bei gewöhnlicher Immersion Elementarfibrillen gesehen und photographiert (Taf. XXIII, Fig. 27b). Sie erscheinen dann plumper, wie auch ganz be- sonders der Querstreifen, auch nicht als durchgehende Striche, sondern in Körner aufgelöst, die ich aber nicht für natürliche Gebilde, sondern für Refraktionserscheinungen halte. Es ist also die Elementarleiste sicherlich nicht homogen: In der Längsrichtung von Elementarfibrillen durchsetzt, seitlich von Grenz- schichten begrenzt, ferner von Querzügen in regelmäßigen Abständen geschieden. Diese letzteren sind ohne Zweifel in Verbindung mit dem Z-Streifen der Autoren, welche die ganze Muskelzelle transversal durch- schneiden. In Fig. 21 (Taf. XXILL) sieht man sie als dünne schwarze Linien an der Inokommagrenze. Sie überschreiten hier die Zwischenleisten und verbinden die einzelnen Elementarleisten untereinander. Senkrecht dazu verlaufen die Züge, die oben beschrieben, welche die Elementarfibrillen innerhalb jeder einzelnen Leiste verbinden und die auch als Z-Streifen angesprochen werden müssen, da ja der Zwischenstreifen flächenhaft als Grundlamelle gedaeht wird. Ob diese Z-Streifen nun die Fibrille selbst durchsetzen und eine Zwischenscheibe bilden, oder sie nur umfassen, ist außerordentlich schwer zu unterscheiden, doch scheint mir das erster e sehr unwahrscheinlich, denn die Fibrille scheint mir in einer andern Ebene als die Z-Streifen zu liegen und an den gewöhnlichen Längsschnitten ist keine Spur von Differenzierung innerhalb der Fibrille in der Querrichtung zu beobachten, als ob eine echte Zwischenscheibe vorhanden sei. Im polarisierten Licht habe ich meist die ganze Fibrille gleich- mäßig doppelbrechend gesehen und zwar nur in der Längsrichtung der Faser, während die Querschnitte sich als nicht doppelbrechend erwiesen, im Gegensatz zu dem Befund bei Hirudineen, wo ich auch die Querschnitte anisotrop fand. Bei einigen älteren Goldpräparaten konnte ebenfalls eine schwache Doppelbrechung beobachtet werden und zwar leuchteten die etwas verdickten Q- Abschnitte auf, die in Fig. 22 (Taf. XXIII) dunkel gefärbt sind, während die verjüngten Teile, die der isotropen Substanz entsprechen und hell auf der Abbildung sind, bei gekreuzten Xicols ver- 408 H. Marcus, löschten. Dementsprechend erschien die Fibrille unterbrochen, aber ich möchte diesem Befunde keine allzugroße Bedeutung zumessen, weil die verschiedene Lichtbrechung auch durch die ungleiche Masse erklärt werden kann. Der Q-Abschnitt ist eben verdickt, so daß der polarisierte Strahl, wenn auch schwach, doch noch wahrgenommen werden kann, was bei noch geringerer Dicke der Fibrille nicht mehr der Fall ist. Auch spielen die Q-Körner bei dieser Erscheinung eine Bolle, auf die v. Ebner hin- gewiesen hat. In diesem Zusammenhang sei auch die Schwierigkeit er- wähnt, gute Querschnittsbilder bei der Photographie mit ultravioletten Strahlen zu erhalten. Im gleichen Schnitt, also bei gleicher Dicke, gab die längsgetroffene Faser ein tadelloses Bild, während der Querschnitt undurchlässig blieb, trotz doppelter und dreifacher Belichtungsdauer. Die Fibrille erscheint also im allgemeinen als ein drehrunder gleich- mäßig dicker Strang, der die Muskelzelle in der Länge durchsetzt. Wie aber schon oben erwähnt, ist fiir gewöhnlich auf Längsschnitten die Ele- mentarfibrille als solche nicht zu erkennen und es muß daher das Verhältnis zur Elementarleiste besprochen werden. Auf Längsschnitten der Muskelzelle kann die Elementarleiste in ihrer Dicke quer oder in der Breite, der Fläche nach, getroffen sein. Im letzteren Falle sehen wir eine gleichmäßige dunkle Fläche, an der, wenn der Außen- rand getroffen, eine schwache Querstreifung erkennbar ist (Taf. XXIII, Fig. 24). Also -entsprechend den Befunden bei der isolierten Elementar- leiste ,wie sie oben von der Fläche gesehen und beschrieben wurde. Sind dagegen die Elementarleisten quer getroffen in ihrer Dickendimension, so erhält man das bei anderen Insekten gewöhnte Bild eines quergestreiften Muskels und die Elementarleisten, die jeweils durch Zwischensarkoplasma getrennt sind, imponieren als Fibrillen, und ich glaube, man kann sie auch ohne zu große Fehlerquelle als solche ansprechen, denn auf dem Querschnitt machen die Fibrillen die ganze Breite der Elementarleiste aus und die Grenzschicht, falls sie als Membran vorhanden, kann man, wie wir sehen werden, als zur Fibrille selbst gehörig rechnen. Im folgenden soll also bei quergetroffenen Elementarleisten unter obigem Vorbehalt schlecht- weg von Fibrillen gesprochen werden. Schon bei Besprechung der Grenz- schichten wurde erwähnt, daß die Elementarleiste auf Längsschnitten von dunklen Randlinien begrenzt würde, während die Mitte heller sei. Ich halte dieses also für eine dunkle Hülle, welche die Fibrille umgibt, wie sie schon viele Autoren bei anderen Objekten besprochen haben (Merkel, Holmgren, Meigs, Thulin, Marcus). Ein ganz ähnliches Bild wie die fibrillären Muskeln andrer Insekten, wie z. B. bei Dytiscus, Hummel, sieht man auch bei Libellen sehr deutlich in Fig. 28 (Taf. XXIII), Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 409 wo auch die dazwischengelegenen Sarkoplasmakörner schön zu erkennen sind. Der innere lichte Abschnitt der Fibrille erscheint bisweilen im ultra- violetten Licht in Bläschen oder in Tropfen zerfallen zu sein (Taf. XXIII, Fig. 24), was zwar eine postmortale Erscheinung sein dürfte, aber darauf hindeutet, daß ein leicht flüssiges Eiweiß den Inhalt der Fibrille ausmacht. Nach der obigen Beschreibung fasse ich also die Fibrille als einen Schlauch auf. Nun fragt es sich, ob dieser in der Längsachse weiterhin differenziert ist. Da kommt die Form, eventuelle Querbänder (Zwischen- scheibe), sowie die verschiedene Färbbarkeit in Betracht. Die Fibrille bleibt nicht in jeder Phase ein gleichmäßig dicker Strang. Bei Extension sieht man auf Schnitten an der Fibrille Verjüngungen und Verdickungen ganz regelmäßiger Art. Der Q-Abschnitt erscheint etwas verdickt und die Fibrille verjüngt sich nach der Inokommagrenze zu (Taf. XXIII, Fig. 22). In noch viel ausgesprochenerem Maße kommt diese Erscheinung bei der ruhenden Skelettmuskelfaser zur Beobachtung, wo ein breiter Q-Abschnitt mit den schmalen Teilen der Fibrille beim Zwischenstreifen das Bild einer Spindel bildet (Taf. XXIII, Fig. 33). Dieses ist offenbar zum Teil Reagenswirkung (Alkohol), welche eine Wasserentziehung der Fibrille in ungleichmäßiger Weise hervorruft, was wiederum durch verschiedene äußere — und innere Bedingungen der Fibrille bedingt sein muß. Auch bei der Kontraktion sieht man auf Schnitten die Fibrillen nicht als gleich- mäßig dicke Röhren oder Stränge verlaufen, sondern sie sind manchmal perlschnurartig verdickt (Taf. XXIII, Fig. 19). Meist aber dürfte der Kon- traktionsstreifen C ohne eine äußere Ausbauchung der Fibrille nur durch Verdickung der Fibrillenhülle nach innen zu erfolgen. Dieser, wie mir scheint, außerordentlich wichtige Befund ist in Fig. 20 (Taf. XXIII) zu erkennen. Die Fibrille erscheint als ein Schlauch mit hellerer zentraler Lichtung, die von dunklen scharfgezogenen Rändern begrenzt ist. In den ganz regelmäßigen Abständen, die dem Kontraktionsstreifen C entsprechen, ist in der Fibrille ein dunkler Abschnitt eingeschaltet, so daß bei flüchtiger Beobachtung die Fibrille abwechselnd aus einem hellen und dunklen Kästchen zu bestehen scheint. Bei genauerem Studium erkennt man aber, daß auch in diesem Teile der Fibrille eine hellere zen- trale Partie vorhanden ist, nur viel schmäler als in den darüber und dar- unter liegenden hellen Abschnitten. Es ist die in das Innere leistenförmig vorspringende äußere Randschicht, welche mit ihrer stärkeren Färbbarkeit das dunkle Segment der Fibrille erzeugt. Besonders in der Mitte der Ab- bildung, wo im Anschnitt gewissermaßen isolierte Elementarleisten gerade quer getroffen sind, kommt dieses Verhalteu deutlich zu Gesicht. Ebenso Archiv f. Zellforschung. XV. 27 410 H. Marcus, eindeutig ist das stärker vergrößerte Bild (Taf. XXIII, Fig. 31), das von einer Agrionlarve stammt. In regelmäßigen, etwa gleichlangen Ab- schnitten, sind hier die Fibrillen alternierend hell und dunkel. Aber auch hier kann klar erkannt werden, daß der dunklere Teil durch die Verdickung der Wandpartien bedingt ist und daß eine helle zentrale Partie durch die ganze Fibrille kontinuierlich hindurch- zieht. Textfigur A möge dieses Verhalten illustrieren. Es ist selbstverständlich, daß ich bestrebt war, einen derartigen Befund auch bei anderen Tierarten wieder zu finden, und es sei hier nur vorweg erwähnt, daß es mir bei der Wasser- wanze gelang, ganz entsprechende Bilder zu beobachten (Taf. XXIII, Fig. 34), so daß ich glaube, daß diese Entstehung des Kon- traktionsstreifens eine allgemeinere Gültigkeit zu beanspruchen haben wird. Was die verschiedene Färbbarkeit der Fibrille in den verschiedenen Abschnitten anlangt, so ist ja allbekannt, daß nur der Q-Abschnitt in der Ruhe intensiv mit Hämatoxylin sich färbt. Ich erinnere nur an die schönen Abbildungen von Holmgren (12, Taf. I, Fig. 1 u. 2). Auch bei Nachvergoldung färbt sich dieser spindelförmige Q-Abschnitt be- sonders stark (Taf. XXIII, Fig. 22 und 24). Es wäre also naheliegend, eine besondere Substanz in diesem Abschnitt anzunehmen, die eine besondere Affinität zu den Farbstoffen besitzt. Das wahre Verhalten erkennt man aber in Mikrophotogrammen (Fig. 25) in ultraviolettem Licht. Da sieht man ganz deutlich, daß die Fibrille ganz gleichmäßig gebaut ist, daß ein heller zen- traler Strang von dunkleren Rändern auch in diesem Stadium umgeben ist. Diese Ränder sind die der Begrenzungsschichten, die nach innen zu völlig gerade und gleichmäßig verlaufen, während sie in den Q-Abschnitten durch unregelmäßige krümlige Auflagerungen verdickt sind. Dieser Mantel krümliger Substanz ist es, der offenbar die Färbung bewirkt und auch zu der spindelförmigen Auftreibung des Q-Abschnittes beitragen dürfte. Ich kann in diesem Falle somit die außerordentlich wertvollen Befunde von v. Ebner bestätigen, der nicht wie Holmgren, ein Ein- dringen färbbarer Substanz in die Myofibrillen, sondern nur ein dichtes Sichanlegen feinkörniger Substanz an der Oberfläche der Fibrille in Form eines scheibenförmigen Belages erkannte und als Ursache der Quer- streifung dieses Q-Abschnittes deutete. Dagegen kann ich v. Ebner in seiner Auffassung des Kontraktionsstreifens nicht folgen. Während v. Ebner auch hier querverlaufende Auflagerung als Ursache der Quer- streifung aijninimt, geht aus der vorhin gegebenen Schilderung hervor, daß ich die Verdickung der Hülle, die ich als ein Teil der Fibrille selbst Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 411 auffasse, für die Querstreifung verantwortlich mache. Das soll im nächsten Abschnitt bei Besprechung der Querstreifung noch weiter ausgeführt werden. Versuchen wir die Querstreifung der Flügelmuskel zu analysieren, so muß vorausgeschickt werden, daß sie bei isolierten Fibrillen in gewissen Fällen vollständig fehlt. Ist eine Querstreifung vorhanden, so ist sie durch verschiedene Komponenten bedingt, die zwar in enger Beziehung zu- einander stehen aber getrennt besprochen werden sollen und zwar 1. Querfaserzüge (Z, M, QM, Qi-Streifen), 2. Sarkoplasmakörner, 3. Differenzierungen in der Längsachse der Fibrillen. Ein so deutlicher Zwischenstreifen wie bei Skelettmuskulatur, wo dicke Faserzüge vom Z-Streifen eines Muskelbündels zu dem eines benachbarten durch breite Protoplasmabrücken hin- ziehen, wie es Textfigur B zeigt, gibt es bei den Flügelmus- keln nicht. Im Ruhestadium verdecken glänzende Körner den Zwischenstreifen, so daß er nicht direkt zu beobachten ist und an seiner Stelle ein breiter heller Querstreifen erscheint (Taf. XXIII, Fig. 17, 22), in dessen Mitte er gelagert sein muß. Nur bei ultraviolettem Licht gelingt es ihn direkt als feinen schwarzen Streifen zu Textfig. B. Gesicht zu bekommen (Taf. XXIII, Fig. 17 links oben). Bei der kontrahierten Faser wechseln ungefähr gleichbreite helle und dunkle Streifen miteinander ab (Taf. XXIII, Fig. 18), wobei der dunkel gefärbte als Kontraktionsstreifen C bezeichnet wird. Auch hier ist der Zwischenstreifen als solcher nicht zu erkennen. Nur in einem Zwischen- stadium beginnender oder erlahmender Kontraktion kann man den zu einem Strich verdünnten Kontraktionsstreifen C als Zwischenstreifen erkennen. Einmal sah ich eine Kontraktionswelle, die sich nicht auf die ganze Muskelzelle erstreckte, sondern seitlich abflaute. Dort konnte man das Dünnerwerden des Kontraktionsstreifens in eine dünne Linie direkt beobachten, die ich als Z-Streifen anspreche. Gut sieht man den Z-Streifen in Fig. 21 (Taf. XXIII), wo von einem dunkleren Punkt der Fibrille quer durch das Zwischensarkoplasma ein feiner dunkler Zug zu einem entsprechenden dunklen Punkt der Nachbarfibrille hinzieht und so weiter durch die ganze Muskelfaser durch. In diesem Bilde Fig. 21 (Taf. XXIII) sieht man auch in der Mitte des Inokomma einen, wenn auch undeutlicheren Querstrich, den ich bei Libellen seltener zu beobachten Gelegenheit hatte und den ich als Mittelstreifen ansprechen muß. Außer diesen beiden Querfaserzügen 27* 412 H. Marcus an Grenze und Mitte des Inokomma sieht man auf Längsschnitten Quer- verbindung, welche mit den Querbändern der Sarkosomenkörner örtlich in Zusammenhang stehen. So sieht man auf Fig. 22 (Taf. XXIII) auf der Grenze von Q und I zwischen den Fibrillen dunklere Querfasern verlaufen und die ich QI bezeichnen will. Sie haben, wie ich mit Heidexhain annehme, die mechanische Bedeutung, die Sarkoplasma- körner in ihrer Lage zu erhalten und somit wesentlich zur Bildung der Querstreifen beizutragen. Alle diese Querverbindungen sind für ge- wöhnlich nur vereinzelt zu erkennen. Dagegen sieht man in ultraviolettem Licht ein Gewirr von Faserzügen. Dort erkennt man, daß in den dunklen Querbändern außer an ihrem Rande und in der Mitte (Mittelstreifen) noch weitere Züge vorhanden sein können. Meist zählt man dann fünf. Es sieht wie ein enges Gitter aus, auf dem die Struktur aufgebaut ist, ähnlich wie eine Stickerei auf dem Stramin. Wir zählen somit in jedem Inokomma zwischen dem Z-Streifen noch fünf Querzüge, welche je zwei Elementar- leisten verbinden. Da sie auf dem Längsschnitt gleichmäßig stets sichtbar sind, muß man sie sich flächenhaft als Inophragmen vorstellen. Wie verhalten sie sich nun zur Elementarleiste. Meist sieht man diese Züge in der Grenzschicht derselben endigen. Oft mit einer knötchenartigen Verdickung. Manchmal sieht man aber mit aller Sicherheit wie solch ein Querzug die Elementarleiste als dunkler Strich durchsetzt (Taf. XXII, Fig. 1 und 2). Das ist kein Widerspruch zu der obigen Behauptung, denn die Querzüge durchsetzen nicht die Fibrille, die sie umfassen, wohl aber die Elementarleiste (Textfigur D). Innerhalb der Muskelzelle er- blickt man öfters auf dem Längsschnitt eine schiefverlaufende Quer- streifung (Textfigur C). Offenbar haben sich hier die peripheren Ab- schnitte der Muskelzelle gegen die zentralen verschoben, wobei die Z-Faser- ringe nun nicht horizontal, sondern in gegen die Mitte konvergierenden Ebenen verlaufen. Eine derartige Querstreifung, wie es auch Fig. 27 (Taf. XXIII) zeigt, kommt nicht allzuselten vor. Betrachten wir nun diese Querzüge auf den Querschnitten, so treffen wir ein ebenso dichtes Xetz wie bei den Längsschnitten. Da nun der Zellquerschnitt mehr oder we- niger rund ist und diese Züge immer parallel zur Oberfläche in regel- mäßigen Abständen verlaufen, verleihen sie dem Querschnitt ein kon- zentrisch geschichtetes Aussehen (Taf. XXII, Fig. 1 und 2). Auch hier zeigt das ultraviolette Licht am ungefärbten Präparat diese Verhältnisse sehr klar und deutlich. Im übrigen sind diese Fasern häufig durch Sarko- plasmakörner verdeckt und nur aus der Anordnung dieser zu erschließen (Taf. XXII. Fig. 4). Besonders schön sieht man diese konzentrischen Züge nach schlechter Fixation. Wenn bei einseitigem Eindringen des Alkohols Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 413 z. ß. die Sarkoplasmakörner alle auf die entgegengesetzte Seite der Zelle angehäuft sind, dann ist auf dem von Sarkoplasmakörnern freien Abschnitt dieses Stützfasergerüst in mehreren Reihen sichtbar. (Taf. XXII, Fig. 2). Diese Fasern setzen an die Fibrille an. Sie sind nicht in jeder Zelle und nicht auf dem ganzen Querschnitt zu verfolgen, so daß die Frage auf- geworfen werden S ^ .'5f ■•;//) , r * '' /l muß, ob es Lamellen oder Züge sind. Es wäre denkbar, daß diese Züge, die man in Fig. 2 (Taf. XXII) so gut sieht, nichts anderes als die Querschnitte von Ino- phragmen sind, die schief ver- laufen (Textfigur C) und nun auf einem Transversalschnitt nebeneinander als konzen- trische Ringe imponieren müs- sen. Damit wäre auch das nur gelegentliche Beobachten dieser Bildung erklärlich. Trotzdem neige ich doch mehr der Ansicht zu, daß es sich auch hier um flächenhafte Ge- bilde handelt: um die zur Zell- längsachse parallel verlaufen- den Wabenwände, die irgend- wie, sei es durch Konsistenz oder feinste Faserzüge, zur Be- festigung der Elementarleisten dienen (Textfigur G). Die am meisten in die Augen springende Querstreif- ung bedingen die Sarkoplas- makörner, welche in gewissen Stadien dunkle breite Querbänder hervor- rufen (Taf. XXIII, Fig. 23 R und Textfigur C), wie sie in der Regene- ration und Postregenerationsperiode von Holmgren beschrieben wurden. Die Fibrillen erscheinen dann bei Heidenhains Eisenhämatoxylinfärbung als helle Linien, die diese dunklen Bänder durchsetzen (Taf. XXIII, Fig. 23), oder sie sind gar nicht von den Körnern zu unterscheiden, weil der Q- Abschnitt der Fibrille die gleiche Färbung wie die anliegenden Körner besitzt. Die Regelmäßigkeit der Bänder ist, wie ich mit Heidenhain Textfig. C. Längsschnitt durch 3 Libeilenflügehnuskelzellen mit schiefer Querstreifung Regenerationsstadium. R = Rinde. M = Mark-Endoplasma. K — Kern. 414 H. Marcus, annehme, durch die vorhin beschriebenen Querfaserzüge mechanisch bedingt, von denen auf den Q-Abschnitt drei bis fünf gezählt werden (Taf. XXIII, Fig. 22 und 26). Diese bilden das Gitter, in dem ich mir die mehr flüssigen Sarkoplasmakörner eingespannt vorstelle. Damit stimmt auch überein, daß diese großen ovalen Sarkoplasmakörner in anderen Stadien vakuolisieren, ihre Färbbarkeit verlieren, in kleinere Tropfen und Blasen zu zerfallen scheinen, so daß man schließlich im Sarkoplasma nur kleine Vakuolen und krümlige Massen beobachtet. Ein Vergleich von Fig. 5 und 6 (Taf. XXII) zeigt ohne weiteres, daß man die Sarko- plasmakörner nicht als Organellen ansprechen darf, die als solche dauernd in der Zelle existieren. Am schwierigsten ist die Frage zu beantworten, wie sich die Fibrille selbst an dem Bild der Querstreifung beteiligt. Es sind im folgenden einige Wiederholungen von der Schilderung der Fibrille unvermeidlich. Im allgemeinen sieht man die Fibrille im Längsschnitt als gerade helle oder dunkle Linie, eventuell als Röhre mit zwei dunklen Linien am Rande und eine hellere Mitte, entsprechend den Grenzschichten und der Grund- substanz der Elementarleisten. Also überhaupt keine Differenzierung ist das übliche Beobachtungsresultat. Nur selten ist es möglich, im Schnitt eine einzelne Fibrille zu beobachten wie in Fig. 22 (Taf. XXIII), wo am Rande einer Muskelzelle im Anschnitt eine solche isolierte Fibrille dargestellt ist. Dann sieht man freilich mit aller wünschenswerten Deut- lichkeit, daß die Fibrille in diesem Stadium der Ruhe oder Extension in den Abschnitten, wo die Sarkoplasmakörner anliegen und den Q-Streifen bilden, sich intensiver auch mit Gold imprägniert und dunkler gefärbt und außerdem spindelförmig verdickt ist. Diese stärkere Färbbarkeit beruht ,wie ich schon ausführte, auf einer Schicht krümliger Substanz, die im Bereich des Q-Abschnittes die Fibrille umscheidet. Auch die Auftreibung kann zum Teil dadurch bedingt sein, zum Teil kann auch die Wasserentziehung die Folge sein, da der wasserreichere isotrope Abschnitt leichter und ausgiebiger in Alkohol schrumpfen soll als der dickere Q-Ab- schnitt. Q ist im polarisierten Licht auch bei alten Goldpräparaten doppelt lichtbrechend, im Gegensatz zu den dazwischenliegenden Abschnitten I der Fibrillen, welche bei gekreuzten Nicols verlöschen. Bei gewöhnlicher Beobachtung sind diese isotropen Abschnitte schwä- cher gefärbt und erscheinen in der Gegend des Zwischenstreifens verjüngt oder eingeschnürt. Diese Erscheinung habe ich aber nicht an der frischen Muskelfaser beobachten können und schließe mich daher der Reihe von Autoren an, welche darin nur eine Reagens Wirkung sehen. Es beweist aber die verschiedene Imprägnation mit Gold und die regelmäßige Auf- Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 415 treibung und Verjüngung auf jeden Fall, daß die Fibrille entweder nicht selbst homogen sondern differenziert in der Längsachse gebaut sein muß. oder daß ihre Umgebung eine verschiedenartige sein muß in den verschie- denen Abschnitten. Diese Tatsache kommt noch viel deutlicher in der Phase der Kontrak- tion zum Ausdruck. In Fig. 18 (Taf. XXIII) sieht man die dunklen Kon- traktionsstreifen mit fast ebenso breiten Querbändern alternieren. Wäh- rend aber bei der ruhenden Faser die dunkleren Querbänder im wesent- lichen von den tiefgefärbten Sarkoplasmakörnern herrührten, scheint mir hier das Protoplasma bei der Querstreifung völlig unbeteiligt. Es ist die Fibrille selbst, die in regelmäßigen Abständen dunklere Stellen auf- weist, die an allen Fibrillen der Muskelzelle auf gleicher Höhe sich ein- finden und dadurch ein dunkles Querband bilden. Verdickt ist die Fibrille an dieser dunklen Partie manchmal (Taf. XXIII, Fig. 19), oft aber nicht, sondern an günstigen Schnitten erkennt man, daß es eine Verdickung der seitlichen Grenzschichten ist, welche stärker gefärbt als die zentrale Partie, so das dunkle Korn verursachen (Taf. XXIII, Fig. 20 und Textfig. A). Daß diese dunklen Linien nicht zwei nebeneinanderhegende Fibrillen sind (Taf. XXIII, Fig. 20), sondern eine Elementarleiste, geht schon aus der Größendimension und einem Vergleich mit den Querschnitten hervor, wo man entsprechend zwischen den dunklen Grenzschichten die helle Grund- substanz erblickt. Übertragen wir diese Querschnittsbilder auf den Längsschnitt Fig. 20 (Taf. XXIII), so folgt daraus, daß offenbar auch die Fibrille (denn wie wir sahen, bestand die Elementarleiste aus hinterein- andergereihten Fibrillen) nicht ein homogenes Gebilde ist, sondern aus einer Hülle, die sich dunkler färbt, und einer helleren Mitte besteht. Und diese Hülle ist nun wiederum nicht auf ihrer ganzen Länge gleichmäßig, sondern zeigt wenigstens im Kontraktionsstadium nach innen zu vor- springende Leisten, die nach Größe und Anordnung so gruppiert sind, daß sie die dunklen Kontraktionsbänder hervorbringen, wie es Textfig. A an einer durchgepausten Fibrille zeigt. Statik. Es ist selbstverständlich, daß ein so kompliziert gebautes Gebilde wie die Muskelzelle der Libellen ein eigenes Stütz- und Gerüstwerk be- sitzen muß, um ihre Gestalt zu bewahren und ihre Funktion ausüben zu können. Das Sarkoplasma selbst ist dünnflüssiger Natur, wie man sich leicht an Zupfpräparaten überzeugen kann. Wird eine Muskelzelle mit der Nadel angestochen, so fließt der Zellinhalt, das Sarkoplasma, aus dem Sarkolemma heraus und ballt sich vor der Wunde zur Kugel. Diese Form 416 H. Marcus, würde also die Muskelzelle infolge ihres flüssigen Sarkoplasmas annehmen, wenn nicht andre Faktoren hier die Gestalt eines langgestreckten Zylinders vom Durchmesser einiger weniger Hundertstel und der Länge von mehre- ren Millimetern aufzwingen würden. Welches sind nun diese Faktoren, welche die Statik der Muskelzelle bewirken? In erster Linie dürfen die Elementarleisten ein formgebendes Element (Koltzoff) in der Längs- achse der Muskelzelle darstellen. Wie oben geschildert, sind Elementar- leisten isolierbar, haben durch die Fibrillen und die Grenzschichten ein festes Gefüge, das durch die schiefen Querzüge (Taf. XXIII, Fig. 27) nur verstärkt wird. Einer Drehwirkung leisten aber die Elementarleisten keinerlei Widerstand, wie auch die isolierte Leiste mehrfach torquiert .war, doch ist dies im Leben unmöglich, weil die Elementarleisten untereinander durch Querzüge verbunden und befestigt sind. In Fig. 5 (Taf. XXII) sieht man auf dem Querschnitt zwischen den Elementarleisten in einigermaßen regelmäßigen Abständen dunklere schwächere Verbindungszüge zwischen helleren rundlichen Massen. In ihrer Gesamtheit bilden diese Querzüge konzentrische Ringe, welche oft vor Sarkoplasmakörnern unsichtbar sind (Taf. XXIII, Fig. 6u. 7), aus deren An- ordnung sie aber bisweilen erschlossen werden können (Taf. XXII, Fig. 4), wenn diese ebenfalls um das Zentrum in Ringen gelagert sind. Meist sieht man, wie gesagt, nur an einzelnen Stellen diese Querzüge. Auf den Längs- schnitten sieht man entsprechende Bilder; auch hier eine Reihe von dunklen verhältnismäßig breiten Quer- zügen, welche die Fibrillen verdicken. Besonders an ultravioletten Photo- grammen sieht man diese Querzüge in ebenso dichter Anordnung wie in den Querschnittsbildern (Taf. XXIII, Fig. 26). Besonders an den mit Sternen bezeichneten Stellen kann man in den dunkleren Querbändern der Erschlaffungsperiode allein (also nur dem Q-Abschnitte entsprechend) vier bis fünf solcher Querzüge zählen, aber auch bei gewöhnlicher Beob- achtung findet man stellenweise drei Querverbindungszüge in diesem Q-Abschnitt (Taf. XXIII, Fig. 22). Im Stadium der Verkürzung habe ich diese Querzüge nur mittels ultraviolettem Photogramm zu Gesicht be- Textfig. D. Schematische Darstellung von 2 querge- troffenen Elementarleisten, deren helle Fibrillen von einer Hülle umgeben und durch konzentrische Querzüge befestigt werden. Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 417 kommen (Taf. XXIII, Fig. 30). Ihre Zahl und ihr Aussehen ist dasselbe wie bei der Ruhe. Überall treffen wir demnach dunklere Züge, die parallel angeordnet sind, zwischen den Elementarleisten. Sie umgeben hellere Kreise, sowohl auf Quer- wie auf Längsschnitten der Muskelzellen. Diese Bilder müssen wohl so gedeutet werden, daß die Zwischensubstanz in ihrem feinsten Aufbau außer ihren Einlagerungen an Körner usw. aus zwei optisch differenten Substanzen besteht, die offenbar in einem Waben- werk angeordnet sind, wie es Bütschli ja allgemein für das Protoplasma Textfig. G. z Q3 QM M QM QJ annimmt. Der Wabeninhalt ist die hellere tropfenartige Vakuole, die Waben- wand diese eben beschriebenen dunkleren Züge, die wir in den konzen- trischen Ringen der Querschnittsbilder und in den Querzügen der Längs- schnitte in den zwei Ebenen der Muskelzelle kennen gelernt haben. In der schematischen Zeichnung G ist versucht worden, diese Verhältnisse plastisch darzustellen. Die Wabenwände sind flächenhaft als durch- sichtige Lamellen gedacht, die senkrecht zueinander verlaufen und die Elementarleisten doppelt miteinander verbinden. Die Elementarleisten selbst bestehen aus den röhrenförmigen Fibrillen F, die untereinander 418 H. Marcus, wiederum durch Ausläufer der Grundlamelle Z verbunden sind, wie es von der Fläche gesehen in Textfigur D dargestellt wurde. Zwischen den beiden Telophragmen z sind als weitere Querlamellen eingezeichnet das Mesophragma M und die Querlamellen QM und Q J, letztere an der Grenze der anisotropen und isotropen Substanz, erstere zwischen diesen und dem Mesophragma. Die senkrecht dazu verlaufenden Wände, die oben abgeschnitten, mit R bezeichnet sind, bilden mit den horizontalen Ino- phragmen an den Kanten die dunklen konzentrischen Ringe. Innerhalb dieser Kammern sind die Sarkoplasmakörner gelagert, die aber nicht auf ein Fach beschränkt sein brauchen, sondern unbeschadet der Waben- wände mehrere Kammern einnehmen können. Die Verbindung zweier übereinanderliegender Lamellen durch Längs- fasern, die keine Myofibrillen sind, aber parallel mit ihnen ziehen, ist außer- ordentlich schwer zu demonstrieren, weil der Zwischenraum zwischen zwei Elementarleisten meist nur von einer einzigen Wabenreihe ausgefüllt wird. Daß jedoch solche Längszüge existieren, wenigstens an der Oberfläche der Muskelzelle davon habe ich mich wiederum an Photographien in ultravio- lettem Licht überzeugt. Ob sie in der Tiefe auch Vorkommen, kann ich bei Libellen nicht bestimmt aussagen, aber ich vermute es. Holmgren be- schreibt einen Verbindungsstrich zwischen den Sarkoplasmakörnern, ich ver- mute, daß es sich hier um eine durchgehend« Längsfaser handelt, die nur in dem Abschnitt dunkel gefärbt ist, wo sie nicht von dem Sarkoplasmakorn umgeben wird. Jedenfalls habe ich bei anderen Insekten dem entsprechende Längsfasern gesehen. An der Oberfläche sind sicherlich Längszüge vor- handen, welche keine Myofibrillen sind. Meine Beobachtung stammt von einem Zupfpräparat, bei dem an einer isolierten Muskelzelle ein ober- flächlicher Abschnitt abgesprengt war. Es handelte sich nicht um eine isolierte Elementarleiste wie in Fig. 27 (Taf. XXIII), sondern um ein Seg- ment eines Kreises, wenn ich es auf einen Querschnitt des Körpers übertrage. Man sieht dort Fig. 29 in der Mitte zwei Fibrillen der Länge nach mit zentraler Lichtung und dunklen Rändern, also wiederum eine Bestätigung, daß die Fibrille als Schlauch aufzufassen sei. Ferner sieht man eine durch helle Zwischenstreifen bedingte Querstreifung. An einigen Stellen scheint nun hier ein heller Strich die Fibrille zu durchsetzen, daß man bei oberflächlicher Betrachtung glauben könnte, daß eine richtige Zwischen- scheibe vorhanden sei. An anderen Stellen läuft die Fibrille auf größere Strecken unverändert hindurch, hat aber angelagerte helle Knötchen, die einerseits sich in den Zwischenstreifen, anderseits sich in einem neben der Fibrille und parallel mit ihr verlaufenden Strang fortsetzen. Hier existiert also ein Längszug, welcher keine Myofibrille ist, welcher ein Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 419 Netz- oder Wabenwerk bildet, mit den weiter oben beschriebenen Zügen, vor allem aber wohl mit den Telophragmen von Heidenhain. Das eben beschriebene wechselvolle Bild deute ich mir so, daß die einzelne Fibrille umfaßt wird. Ist der Umfassungsring eingestellt, so erscheint die »Zwi- schenscheibe«. Ist dagegen die Fibrille selbst im Brennpunkt, so er- scheint sie ganz gleichmäßig, höchstens etwas verengt und der Umfassungs- ring wird als jederseits anliegendes Knötchen erblickt. Nachträglich fand ich, daß Retziüs (90) diese Möglichkeit erwogen und diese Frage, wenn auch tastend, richtig gelöst hat. Bei isolierten Fibrillen von Oxydes fand er, daß »jeder Fibrille ein Körnchen der Zwi- schenscheibe zukommt, welches, soweit sich mit dem besten Linsensystem wahrnehmen läßt, in den Fibrillen liegt, obwohl dies wegen der Feinheit des Gegenstandes außerordentlich schwer ist, mit voller Sicherheit zu entscheiden. Das sich färbende Körnchen der Zwischenscheibe kann nämlich auch wo eine Zwischenscheibe sich befindet, um die Fibrille einen Ring überall bilden, ohne die Substanz derselben zu durchsetzen, für welche Auffassung die Tatsache aufgeführt werden kann, daß das Körnchen etwas dicker ist als die Fibrille und deshalb rings um sie ein wenig hervorragt« (S. 72). Ich halte die zweite, von Retzius erwogene Möglichkeit für die den Tat- sachen entsprechende und glaube also, daß die Fibrillen von den Z-Streifen gewissermaßen angeschirrt werden, und daß keine Zwischenscheibe existiert. Die von mir beschriebenen, in den drei Dimensionen des Raumes verlaufenden Züge, die wohl auch als Kanten der Wabenwände aufgefaßt werden können, bilden unzweifelhaft die Grundlage für die so oft be- schriebenen Netze, wie sie bei Vergoldungen erzielt werden. Diese Netze wurden eine Zeitlang als kontraktile Substanz aufgefaßt, wogegen sich mit Recht Kölliker und vor allem Rollett wandte. Er zeigte das Artifizielle des Gitterwerkes und erkannte klar das Problem, das erst bewiesen werden müßte, daß das »Sarkoplasma als solches noch eine feinere Struktur besitzt^die etwa mit der feinen netzartigen oder schwam- migen Struktur zu vergleichen wäre, welche man als Zellstruktur am Protoplasma nachzuweisen versuchte«. Das Problem ist also anders ausgedrückt: sind es die Wabenwände selbst, die bei der Vergoldung als schwarze Linien erscheinen, oder sind es feinere Fasern innerhalb dieser Wabenwände. Ich halte ersteres bei dem gequollenen Material für wahr- scheinlicher, pflichte also Rollett u. a. bei. Aber auch ohne eigentlich Fibrillen zu sein, können diese aus dichterem Plasma bestehenden dunk- leren Züge zur Befestigung beitragen und jedenfalls als Halt für die Q- Körner dienen. Denn das örtliche Zusammenfallen der Grenze der dunklen 420 H. Marcus, Querbänder der Regeneration mit solchen Querzügen läßt auf ursäch- liche Beziehungen schließen. Ich stimme hierin mit Heidenhain überein und kann Holmgren nicht folgen, dessen Ansicht aus folgendem Satze erkannt werden kann: »Was die Q-Körner bei der so lockeren Zusammen- setzung der Muskelfasern in der Postregeneration an der Oberfläche der Querscheiben so regelmäßig fesselt, kann also unter keinen mechanischen Faktoren gesucht werden, sondern man muß an solche chemotaktischer Natur denken« (1912, S. 19). Freilich ist »diese Orientierung der Q-Körner in wundervoll regelmäßiger Anordnung und zwar im Horizont der Quer- scheiben absolut sicher durch keine etwaige mechanische Wirkung von Seite der Grundmembran bedingt«, aber dafür von den von mir oben- beschriebenen Querzügen an der Q-J-Grenze. An dem mit R bczeichneten Riß sieht man in Fig. 26 (Taf. XXIII) deutlich eine dunkle scharfe Linie, welche das Querband begrenzt. Wie verhält es sich nun mit dem Zwischen- und Mittelstreifen zu diesen Querzügen? Im allgemeinen sind diese beiden nicht von den andern Querverbindungen zu unterscheiden; sowohl in der Erschlaffung wie bei der Verkürzung sind bei den Flügelmuskeln meist keine Zwischenstreifen als solche zu erkennen (Taf. XXIII, Fig. 20, 22. 19, 25). Trotzdem ist er besonders differenziert vorhanden, wie Fig. 17, 21 und 27 (Taf. XXI II) beweist. Auf Fig. 24 (Taf. XXIII) sieht man das Tele- phragma in schiefen Zügen (ähnlich wie in Fig. 27 (Taf. XXIII) und der Textfigur C) die Seitenflächen der Elemelitarleisten versteifen. In Fig. 21 (Taf. XXIII) dagegen, wie es von einer »Zwischenscheibe« zur andern über- springt, also die Elementarleisten untereinander verbindet. Hier in Fig. 21 (Taf. XXIII) sieht man auch den Mittelstreifen, das Mesophragma von Heidenhain, welches noch schwächer entwickelt ist. Da sie beide auf jedem Schnitt stets sichtbar, müssen sie flächenhaft sein und also als Membranellen angesprochen werden. Daraus ergibt sich, daß es mehr als Wabenwände, daß es Differenzierungen innerhalb der Protoplasma- struktur sind. Ich habe den Eindruck gewonnen, daß es nur quantitative Unterschiede in den zahlreichen Querzügen gibt, welche die Wabenwände des Sarkoplasma bilden, so daß gewissermaßen der Mittelstreifen den Übergang bildet von den QM- und QI-Querzügen zum Z-Streifen. Auf jedes Inokomma treffen somit fünf bis sieben solcher Querzüge. Als stärkstes kommt das Telophragma vor, das bei den Beinmnskeln sogar das Sarko- plasma als derber Strang durchsetzt, Textfig. B, während er bei den Flügel- muskeln viel zarter, oft nicht nachweisbar ist. Schwächer ist das Meso- phragma und am schwächsten die übrigen Querzüge. Eine weitere Frage ist, ob die Inophragmen dauernd vorhandene Gebilde sind. Sicherlich sind die Querzüge, wie sie Fig. 26 (Taf. XXIII) zeigt, stets vorhanden, sind Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 421 sie doch die feinere Zellstruktur, nichts weiteres als Wabenwände des Sarkoplasma. Ob aber ein davon differenziertes richtiges Mesophragma dauernd existiert, möchte ich fast bezweifeln, denn ich kann meist keinerlei Unterschied mit den benachbarten Querzügen erkennen. Nur in ganz bestimmten Phasen, wenn die Mittelscheibe auf tritt, kann man es deutlich ersehen, aber vielleicht eben nur deshalb, weil es durch das dunkle Korn der Fibrille mehr hervorgehoben wird. Da also in vielen Fällen keinerlei besonders strukturiertes Mesophragma vorhanden ist, möchte man an- nehmen, daß es im Bedarfsfälle als Verstärkung der Waben wand ent- steht und wieder verschwindet. Es wurden also drei senkrecht zueinander verlaufende Systeme von Zügen, oder wohl besser von Lamellen, unter- schieden. 1. Die parallel den Elementarleisten verlaufenden Züge, die vielleicht nur an der Oberfläche oder bei größerem Abstand der Elementarleisten untereinander vorhanden sind. 2. Die Inophragmen, deren bis sieben vorhanden, und von denen wohl nur die Grundlamellen Z die Elementarleisten durchsetzen, indem sie die Fibrillen umfassen und einschirren, während die übrigen in den Grenzschichten endigen. 3. Die konzentrischen Ringe, dazu senkrechte Lamellen und ebenfalls Verbindungszüge zwischen den Elementarleisten. Ein wichtiger Zellbestandteil ist das Sarkolemma, das als form- gebendes Element erwähnt werden muß. In Fig. 15 (Taf. XXII) sieht man eine doppelt konturierte Linie die Muskelzelle umhüllen. Eine Struk- tur konnte ich bei ausgewachsenen Tieren nicht beobachten, nur bei Larven sah ich auf der Oberfläche ein Gitterwerk. Jedenfalls ist es eine semipermeable Membran, die den Austritt des flüssigen Sarkoplasma verhindert (Anstichversuch). Auf Querschnitten beobachtet man öfters, daß die Randfibrillen stärker gefärbt sind. Das ist offenbar die schon oben geschilderte und in Textfig. D und G schematisch geschilderte Be- festigung der Elementarleisten an die äußere Hülle H, wobei im wesentlichen die Grenzschichten der Elementarleisten beteiligt sind (Taf. XXII, Fig. 3). Das Sarkolemma einer Muskelzelle ist natürlich mit dem der Nachbar- zellen verbunden und so kommt eine einheitliche Funktion des Muskel- bündels zustande. Fasse ich meine Ergebnisse über die Statik zusammen, so spreche ich die Muskelzelle als einen langen Schlauch an, dessen flüssiger Inhalt von einer nach außen hin dichten Hülle zurückgehalten wird. Die Zylinder- form wird durch die Elementarleisten bedingt, welche eine gewisse Druck- festigkeit besitzen. Dies geht außer durch direkte Beobachtung bei iso- 422 H. Marcus, lierten Elementarleisten auch daraus hervor, daß, wenn ein Muskelbündel schrumpft, dann die Fibrillen wellenartig gefaltet sind, also ein Bild auf dem Längsschnitt darbieten, wie man es bei Nerven zu sehen gewohnt ist, die nicht ausgespannt fixiert wurden. Diese nun, wie oben geschildert, in sich selbst gefestigten Elementarleisten die nur leicht seitlich gebogen oder torquiert werden konnten, sind durch die Grundlamellen und die konzentrischen Ringfaserzüge gegeneinander versteift und bilden nun mit dem Sarkolemma das formgebende Gerüst der Muskelzelle. Beobachtungen bei andern Tieren. Es war mir natürlich von Wichtigkeit, mich zu überzeugen, ob die Befunde bei Libellen allgemeinere Gültigkeit beanspruchen und daher habe ich eine Reihe andrer Objekte untersucht. Zwei Fragen waren es, die mir besonders wichtig erschienen. 1. Ist die Myofibrille von einer Hülle umgeben? 2. Wird der Kontraktionsstreifen durch Verdickungen in dieser Hülle gebildet? Die Verhältnisse, die am ähnlichsten mit denen der Libellen sind, fand ich bei Appendicularien, bei Oikopleura longicauda. Die Muskulatur ist im Schwanzteil um die Chorda in Lamellen angeordnet, die in der Mitte höher, nach den Xanten zu schmäler werden. Jede dieser Leisten zeigt wie bei Libellen ausgesprochene Grenzschichten, wie sie in Fig. 39 (Taf. XXIV) zu sehen sind. An andern Stellen und bei andrer Färbung sieht man dann wiederum, daß diese ganze Reihe aus einer Anzahl hintereinander auf- gereihter dunkler Knötchen besteht, die ich als Fibrillenquerschnitte anspreche (Taf. XXIV, Fig. 38). Also genau dasselbe Bild wie ich es bei der Elementarleiste bei Libellen kennen gelernt habe. Auch die Quer- ziige sind in dieser Fig. 38 (Taf. XXIV) deutlich vorhanden. Auf Längs- schnitten. die im ultravioletten Licht photographiert wurden, kann man sehen, daß wieder jede Fibrille von einem dunklen Rande eingefaßt ist, also ist auch hier offenbar dasselbe Verhältnis wie bei den Libellen vor- handen (Taf. XXIV, Fig. 40). Besonders schön und deutlich ist die Hülle bei Dytiscus auf dem Querschnitt zu erkennen (Taf. XXIV, Fig. 37). Um jede einzelne Fibrille ist ein scharf begrenzter dicker Kreis gezogen, auf diese tief dunkle Um- randung folgt eine helle Zwischenzone und dann wieder eine dunklere zentrale Scheibe. Also ein dunkler Ring umgibt ein helleres Zentrum und ist von diesem durch eine lichte spaltartige Zone geschieden. Ich deute das Bild so. daß die Fibrille von einer derben Hülle umgeben, durch Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 423 die Fixierung etwas geschrumpft ist und so ein heller Zwischenraum innerhalb der Fibrille entstanden ist (Taf. XXIV, Fig. 37). Ebenso eindeutig erscheint mir das Verhalten bei der Hummel zu sein. Schon bei schwächerer Vergrößerung und offener Blende sieht man den Rand dunkler als die Mitte gefärbt (Taf. XXIV, Fig. 41). Der Fibrillenquerschnitt macht zunächst einen eckigen Eindruck, der aber offenbar nur durch die Verbindungsfaser bedingt ist, mit dem die einzelnen Fibrillen verbunden und verspannt sind. Die Fibrille selbst scheint mir- rund zu sein, in der Mitte hell von einem dunklen Ring eingefaßt, an dem vier bis sechs Faserzüge ansetzen, die zu den Nachbarfibrillen radiär hinziehen. Also kommt das sternartige Bild des Fibrillenquer- schnittes dadurch zustande, daß mit der Fibrillenhülle quere Stützfasern verschmelzen. Nach innen zu zeigt die Fibrillenhülle keine zackigen Vorsprünge, sondern ist wie der Fibrilleninhalt mit rundlichen Konturen ausgezeichnet. Hier bei der Hummel sind die Zwischenstreifen vielleicht keine membranartigen Lamellen, sondern eine Summe von Faserzügen, die vom Uinfassungsring der Fibrille zu dem nachbarlichen Umfassungs- ring irradiieren und wiederum an deren Umfassungsring ansetzen. Ent- sprechend den Bildern der Querschnitte (Taf. XXIV, Fig. 41 und 42) er- scheint auf dem Längsschnitt jede Fibrille von zwei dunklen Randlinien eingefaßt (Taf. XXIV, Fig. 43 und 44). Ferner sieht man hier in Fig. 43 (Taf. XXIV) in regelmäßigen Abständen jederseits an der Außenseite pünkt- chenartige Auflagerungen auf dieser Hülle, die ich als Querschnitt des Umfassungsringes auffassen muß. Hier setzt offenbar die vorhin auf dem Querschnitt Fig. 41 (Taf. XXIV) beschriebene Querfaser an. Auf dem Längsschnitt sieht man nun, daß diese Anheftungsstelle dem Z-Streifen entspricht und daher nahm ich an, daß in diesem Falle das Telophragma keine Lamelle, sondern ein Faserwerk darstellt, das man bei Goldpräpa- raten oft sehr schön zu sehen bekommt (Taf. XXIV, Fig. 42). Bei der Kontraktion springt die »Zwischenscheibe« über die Fibrille wulstig hervor. Bei genauerer Beobachtung erkennt man aber, daß es keine Scheibe, sondern ein Ring ist, der in der Fibrille gelegen, nach innen und außen sich vorwölbt (Taf. XXIII, Fig. 35). Bei oberflächlicher Einstellung vereinigen sich also die beiden seitlichen Knötchen zu einem Querstrich zur »KRAUSESchen Zwischenscheibe«, bei tieferer Einstellung sieht man eine zentrale Lichtung in der Fibrille und seitlich je ein dunkles Korn. Die Querstreifung, die man gewöhnlich bei der Hummel findet, ist also von einem dunklen Ring gebildet, eine Verdickung der Hülle, an die sich die Zwischenstreifen ansetzen. Außerdem kommen bisweilen geringere Verdickungen in der Mitte zwischen den Z-Streifen vor (Taf. XXIII, Fig. 35), 424 H. Marcus, die dem Mittelstreifen entsprechen dürfen. Da es sich auch hier um Knoten in der Hülle handelt, muß es sich um ein ringartiges Gebilde handeln, genau so, wie wir es bei der Zwischenscheibe kennen gelernt haben. In der Tat ist häufig der Z- und M-Streifen schwer voneinander zu unterscheiden, oft nur durch die Intensität des Querstreifens (Taf. XXIV, Fig. 48). Bei Photogrammen im ultravioletten Licht erhält man die Be- stätigung der bisher geschilderten Struktur. In Fig. 48 (Taf. XXIV) er- scheint die Zwischenscheibe nicht gleichmäßig dunkel, sondern zeigt eine etwas hellere Mitte und dunkle Umrandung, springt außerdem leicht über den Fibrillenrand heraus, also genau ein Verhalten wie ein Reifen um ein Faß, wobei einmal die obere dunklere Begrenzung dem vorderen, die untere dem hinteren Abschnitt des Reifens entspricht, sowie die hellere Mitte der zentralen Lichtung. Der Vergleich ist nur insofern unrichtig, als der Ring nicht um die Fibrille gelegt ist, sondern ein Bestandteil selbst ihrer Hülle ist. Ähnliches, wenn auch nicht ganz so deutlich, sieht man in Fig. 47 (Taf. XXIV), wo die Zwischen- und Mittelscheiben Hantelform aufweisen, an einzelnen Stellen aus seitlichen dunklen Kreisen, die kaum durch hellere Streifen verbunden zu sein scheinen. Also auch hier das optische Verhalten eines Ringes, der ungleichmäßig scharf im Brennpunkt eingestellt ist. Viel mehr Schwierigkeit machte mir die Analyse des Bildes Fig. 46 (Taf. XXIV), das ein Stadium der Ruhe darstellt, wie aus dem Vergleich der Inokommahöhe mit Fig. 48 (Taf. XXIV) hervorgeht. Die isolierte ungefärbte Fibrille ist seitlich von einem dunklen Rand um- geben, der nicht gleichmäßig ist, da er einmal etwas nach außen ausladet, im Bereich des Q-Abschnittes und an dieser Stelle leicht spindelförmig verdickt erscheint. Ein Z-Streifen ist nicht zu erkennen, an der Ino- kommagrenze sind zwei helle Kugeln, oben wie unten von dunklen Quer- streifen begrenzt. Im Q-Abschnitt zwei ebenfalls helle, offenbar stark liehtbrechende 8förmige Gebilde, die manchmal auch auf der Querebene durch einen feinen Strich getrennt erscheinen, also eine Figur bilden, wie sie Retzius bei Appendicularienmuskeln beschrieben hat, als helles Kreuz auf dem dunklen gefärbten Q-Abschnitt, während hier in der un- gefärbten Fibrille inverse Verhältnisse vorhegen. Durch die Mitte der Fibrille zieht ein schmaler Strich, der die Fibrille der Länge nach in zwei gleiche Abschnitte teilt und so die Tatsache vortäuschen könnte, daß es sich um zwei dicht aneinandergelagerte Fibrillen handeln könnte. Ich glaube dies aber schon aus den Größenverhältnissen ausschließen zu können, denn dann müßten die Fibrillen von Fig. 41, 42, 47 48 (Taf. XXI\ ) auch aus mehreren Fibrillen zusammengesetzt sein. Zu dieser Auffassung ist ja auch tatsächlich Retzius gekommen, indem er von diesen Isolations- Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 425 Produkten bei andern Objekten, z. B. Dytiscus, Myxine, noch feinere Fi- brillen absprengen konnte und er bezeichnet daher diese Gebilde als Muskelsäulchen und nicht wie ich bisher, als Fibrille. Ich glaube nun, daß man trotzdem diese Fasern mit Recht als Fibrille bezeichnet, weil sie auf dem Querschnitt durch die Hülle ein einheitliches Individuum zu sein scheint. Das was Retzius als abgesprengte feinste Fibrille beschreibt und abbildet, kann ja auch ein Teil der Hülle sein oder auch die parallel den Elementarleisten und Fibrillen verlaufenden Längszüge, die nur Stützsubstanz darstellen. Ich bleibe daher bei meiner Bezeichnung Fi- brille und glaube, daß es Fibrillen von sehr verschiedenen Durchmessern bei den verschiedenen Tierarten gibt. Wie die Struktur nun dieser ruhen- den Hummelfaser (Taf. XXIV, Fig. 47) ist, möchte ich nicht mit Bestimmt- heit anssagen, ebensowenig bin ich mir über die breiten dunklen Quer- bänder ins Klare gekommen, die man in Fig. 45 (Taf. XXIV) sieht. Ich vermute, daß es sich wie bei den Libellen um Auflagerungen handelt. Beim Herzmuskel des Menschen sieht man ebenfalls auf Längsschnitten einzelne Fasern von dunklen Rändern umgeben (Taf. XXIII, Fig. 36). Auch im Querschnitt (Taf. XXIV, Fig. 49, 50) erhält man im ultravioletten Photogramme ganz andre Bilder als bei gewöhnlichen Aufnahmen. Dunkle Umrandungen um eine hellere Mitte, sowie manchmal umgekehrt, dunkle Mitte mit hellem Rand lassen. die Annahme berechtigt erscheinen, daß auch hier eine Fibrillenhülle besteht. Freilich sind die Verhältnisse un- gleich schwieriger und unklarer als bei Insekten. Auch sah ich in der ruhenden Faser ähnliche Bilder wie eben bei der Hummel beschriebene. An einem in Flemming fixierten menschlichen Papillarmuskel mit fettiger Degeneration fand ich sehr zahlreiche Kon- traktionswellen, bei denen die Inokommahöhe im kontrahierten Zustand 1,3 u, im erschlafften 2,2 u betrug. Während im ersteren Zustand gleich- mäßig breite, helle und dunkle Streifen abwechselten, ist in der exten- dierten Phase eine komplizierte Querstreifung vorhanden. Q (0,9 //) ist mitteldunkel von dunkleren Querzügen durchsetzt (ungefärbtes Präparat in ultraviolettem Licht). •/ 0,3 ju ganz hell, offenbar aus stark lichtbrechen- den Kugeln oder Tröpfchen bestehend. Das auffallendste ist aber der tiefscbwarze Z-streifen, der fast ebenso breit wie der /-streifen ist und in der Mitte einen hellen Spalt aufweist, der so deutlich ist, daß man ihn nach Analogie von Fig. 17 als eigentliches Tclophragma bezeichnen möchte und dann die dunklen anlagernden Schichten als Nebenscheiben N nach Roli.etts Nomenklatur. Diese inverse Färbung kann natürlich an der Einstellung liegen genau wie bei der Hummelfibrillc in Fig. 46. Die Ana- logie ist jedenfalls sehr weitgehend. Archiv f. Zellforschung. XV. 28 426 II. Marcus, Mechanik der Zelle. Die Kontraktionserscheinung. Zunächst muß zu den Ergebnissen der HoLMGRENSchen Arbeiten Stellung genommen werden. Wie schon oben erwähnt und früher in der Tabelle zusammengestellt wurde, bringt Holmgren das färberische Ver- halten von Elementarleiste und Sarkoplasmakörnern in ursächlichen Zu- sammenhang mit den Kontraktionserscheinungen. Es soll nämlich die während der Regenerationsphase in den Körnern aufgespeicherte färbbare Substanz auf die Elementarleisten übergehen (fakultatives Stadium) und dadurch zur Kontraktion erst befähigen, bei welcher diese Substanz wiederum in die Sarkoplasmakörner zurückfließen soll. Daß starke Wechselbeziehungen zwischen Elementarleisten und Körnern bestehen, ist ja ohne weiteres klar, nur ist es eben fraglich, ob es reversible Prozesse sind, die hier vor sich gehen und ob sie mit der Kontraktion in kausalem Zusammenhang stehen und nicht einfach Aufspeicherung und Ernährungs- vorgänge sind, die natürlich auch bei ruhenden Muskeln stattfinden. Der beste Prüfstein sind die übrigen Kontraktionserscheinungen, die mit den oben geschilderten färberischen Veränderungen stets Hand in Hand gehen müssen. Als Probe kommt da zunächst die Verkürzung der Muskelfaser und der Inokonnnahöhe, dann Mie Verbreiterung des Querschnittes und schließlich eine eventuelle Verschiebung im Verhältnis von Rinde und Mark in Betracht. Der zweite Punkt ist wegen der großen Variations- breite im Breitendurchmesser der Muskelzelle zunächst auszuscheiden. Bei der Inokonnnahöhe scheint mir die Variation beim selben Individuum keine Rolle zu spielen, dafür sind aber nur Längsschnitte verwendbar, wo aus der Färbung der Körner die Stadien nicht so klar zu erkennen sind. Ich beginne daher mit der Besprechung der Veränderungen, die rlas Endoplasma bei der Kontraktion durch die Elementarleisten erleidet. Vach Holmgren ist bei der Kontraktion «die endoplasmatische Zone fast bis zu dem Umfange der Körner reduziert worden. Die blattförmigen Säulchen (die ich als Elementarleisten bezeichne), erstrecken sich nämlich von der Oberfläche der Faser teilweise bis an die nächste Nähe der zen- tralen Körner. Sie sind also wesentlich verbreitert, daneben sind die Säulehenblätter wesentlich verdickt und von einem homogenen Aus- sehen. Es scheint ohne weiteres klar zu sein, daß die ansehnliche Ver- drängung des Endoplasma durch den genannten Breitezuwachs der Säul- chen bedingt wird. « Untersuchen wir zunächst, ob diese eben zitierten Erscheinungen mit der färberischen Veränderung korrespondieren, wie sie oben erwähnt wurden. Nun habe ich aber bei Eisenhämatoxylin und Thiazinrot oder Safraninfärbung häufig Querschnittsbilder gesehen, bei Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 42 7 denen die Elementarleisten rot, die Kerne tief schwarz waren und die ein ausgedehntes zentrales Plasma aufwiesen. Es hätten also entweder die Elementarleisten schwarz oder das Endoplasma reduziert sein sollen. Umgekehrt fand ich oft bei dem färberischen Verhalten der Regeneration und Postregeneration ein äußerst reduziertes Mark, wie auch aus der Fig. ö (Taf. XXII) zu ersehen ist. Das sind Tatsachen, die auch aus Holm- grens (10) eigenen prächtigen Photographien gesehen werden können, so z. B. aus seiner Fig. 12 und 13 (Taf. IX), wo bei Regeneration und Post- regeneration ein minimales zentrales Plasma vorhanden ist. Ein weiteres Beispiel entnehme ich Holmgrens zweiter Arbeit von 1912, wo in Fig. 9 (Taf. I) seitlich der »Übergang in Regeneration« zu sehen ist. Die Inokommahöhe entspricht aber völlig der einer Kontraktion. Auf dem Querschnitt müßte man die Diagnose Regeneration stellen, während aus der Inokommahöhe, wie gesagt, hervorgeht, daß es eine kontrahierte Faser ist. Es ist also das Verhältnis von Mark und Rinde nicht stets dem von Holmgren geschilderten färberischen Verhalten entsprechend, was niemand mehr bedauert als ich, weil ich meine Arbeit darauf auf- bauen wollte. Betrachtet man ganz unbeeinflußt das Tatsachenmaterial, so ergibt sich, daß bei jeder Inokommahöhe die dunkel gefärbten Re- generationsbänder Vorkommen. Man vergleiche nui die Fig. 9—11 (Taf. I n . II) von Holmgren 12. Zugegeben, daß die Regenerations- vorgänge während der ganzen langsam abfallenden Muskelkurven statt- finden soll, so ergibt sich doch die Notwendigkeit eines strengeren Be- weises, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem färberischen Verhalten der Körner und den Kontraktionsvorgängen vorhanden ist und dieser Beweis konnte meiner Ansicht nach nur geführt werden durch den Nachweis, daß parallel zu den obenerwähnten Veränderungen der Körner die der Elementarleisten und der ganzen Muskelzelle einhergehen. Nun finden sich aber Bilder einer verkürzten Phase mit großem Querschnitt und breiter Elementar leiste mit und ohne gefärbte Körner: Regeneration und Aktivität. Solche mit schmalen Elementarleisten bei geringem Querschnitt der Muskelzelle, die alle Variationen färberischen Verhaltens darbieten und als Regeneration Postregeneration und fakultativ gedeutet werden. Das spricht doch eigentlich im Gegenteil dafür, daß der eigent- liche Vorgang der Verkürzung unabhängig von der Färbung der Sarko- plasmakörner sei. Aber ganz abgesehen von dem färberischem Verhalten, das ja auch etwas individuell gehandhabt werden könnte, je nachdem einer das Eisen- hämotoxylin mehr oder weniger stark auszieht, kann ich Holmgren nicht beistimmen, daß bei der Kontraktion das zentrale Endoplasma verdrängt 28* 428 H. Marcus, werde. So halte ich den Querschnitt Fig. 12 (Taf. XXII) für einen Kon- traktionszustand und ich glaube, eine ganze Reihe unzweifelhafter Kon- traktionsbilder mit ausgedehntem zentralem Mark beobachtet zu haben (z. B. den im Anat. Anz. 14 publizierten). Daß oft die Elementarleisten fast bis zum Kern reichen, ist richtig und beweist nichts dagegen, denn auch die Kerne verändern sehr bedeutend bei der Verkürzung der Muskel- zelle ihre Gestalt. Während sie im Extensionsstadium lang oval sind, oft mehrfach so lang als breit (Taf. XXIII. Fig. 17, 24), werden sie bei der Verkürzung der Muskelzelle rund bis quer oval (Taf. XXIII, Fig. 18). In dem Abschnitt also, wo kein Kern vorhanden ist, wird eine breite Endo- plasmasäule vorhanden sein, während im Kernabschnitt die Elementar- leisten bis zu dem Kerne heranreichen. Ein Blick auf die Fig. 32 (Taf. XXIII) wird das ohne weiteres verständlich machen. Es ist ein Längsschnitt einer freilich larvalen Muskelzelle, deren oberer Teil gegen den unteren etwa um die Hälfte sich verkürzt hat, wie man ohne weiteres aus der Höhe der Inokommate abmessen kann. Im kontrahierten Teil sind die fast viereckigen Kerne dicht aneinander gepreßt und das zwischen ihnen befindliche Endoplasma dicht und opak ohne nachweisbare Struktur, während weiter unten die Kerne mehr längs oval und das Plasma hell und mit weiten Maschen. Hier will ich nur hervorheben, daß die Plasma- säule in der Mitte bei der Kontraktion wesentlich sich verbreitert, ebenso wie natürlich auch die Rinde. Ich habe nun an einer Reihe von ähnlichen Photographien durch solche Kontraktionswellen Mark und Rinde, sowie die Inokommahöhe gemessen, um beurteilen zu können, ob wirklich das Plasma zentral von den Leisten verdrängt wird und ich bin zu dem Re- sultat gekommen, daß es nicht der Fall ist. Im Gegenteil in einem Falle erschien das Plasma relativ stärker verbreitet als die Rinde, ein Umstand, der mich nicht weiter verwundert, weil die Elementarleisten peripher an der Hülle befestigt sind und bei der Verbreiterung der Muskelzelle nach außen gezogen werden. Das zentrale Mark wird also vergrößert, wenn dies nicht durch Verbreiterung der Leiste wieder ausgeglichen wird. Das gewöhnliche Verhalten ist aber, daß Mark und Rinde sich gleichmäßig verbreitern und ich gebe hier die Maße eines typischen Falles. Selbst- verständlich wurden nur Photographien gewählt, bei denen die Zelle genau im optischen Längsschnitt aufgenommen worden war. Extension 10 Inotagmenhöhen .... 25,4 mm Mark 7 » Rinde . . . 5,— » Kontraktion 12,0 mm 10 » 7,— » Über den feineren Ban quergestreifter Muskeln. 429 Angenommen, daß das Volumen der Muskelzelle bei der Kontraktion gleich bleibt und die Zylinderform hat, errechnet man das Volumen der Endoplasmasäule nach der Formel r27th für den Extensionszustand 31,1 cmm, für den Kontraktionszustand 31,5 cmm. Diese geringe Diffe- renz liegt natürlich innerhalb der Fehlerquelle der Methode und kann ruhig vernachlässigt werden. Es ergibt sich also, daß Rinde wie Mark sich bei der Verkürzung gleichmäßig verbreitern. Daraus ergibt sich, daß die vorhin zitierte Angabe von Holmgren, daß bei der Kontraktion die Elementarleisten das zentrale Plasma verdrängen, nicht richtig sein kann. Der Unterschied in der Größe des zentralen Markes bei den verschiedenen Querschnitten, muß, glaube ich, so erklärt werden, daß auch bei den Libellen der Unterschied zwischen sarkoplasmaarmen und sarkoplasma- reichen Muskeln gemacht werden muß; und daß daher die Größe der zentralen Sarkoplasmasäule keinen Anhaltspunkt für Ruhe oder Kon- traktionsphase abgibt. Ebenso ist die Dicke der Elementarleiste kein diagnostisches Mittel für den Kontraktionszustand, obwohl bei der Kontraktion jede Faser sich verdickt. Aber der Vergleich von den beiden Fig. 8 und 9 (Taf. XXII) einer gleichgroßen Muskelzelle, wo auch das zentrale Sarkoplasma gleichen Umfang besitzt, wo aber die Elementarleisten bei gleicher Färbbarkeit eine so ungleichmäßige Dicke aufweisen, zeigt wie vorsichtig man sein muß. Denn der Nachweis, daß keine Variationsbreite in der Dicke der Elementarleisten vorhanden sei, ist kaum zu führen und die Behauptung, daß Fig. 8 (Taf. XXII) im Vergleich zu Fig. 9 (Taf. XXII) eine beginnende Kontraktion sei, ist nur eine gefühlsmäßige, aber nicht exakt zu beweisen. Überblicken wir also die Nachprüfung der oben angegebenen Befunde Holmgrens, so ergibt sich: 1. bei der Kontraktion verbreitert sich das Endoplasma genau so wie die ganze Muskelzelle, es ist somit unabhängig von der Kontraktion, 2. bei gleicher Färbung kommen verschieden dicke Elementarleisten vor, was auch auf Variation beruhen kann, 3. stark gefärbte Sarkoplasma kör ner kommen bei jeder Inokomma- höhe vor. Damit fehlt jeder morphologische Beweis, glaube ich, daß wie Holm- gren will, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Kontraktion und der Färbbarkeit von Elementarleisten und Sarkoplasmakörnern besteht. Holmgren hat aber nun zur Stütze seiner Auffassung einige physiologische Experimente gemacht. Ich muß gestehen, daß ich diesen Versuchen keine allzugroße Beweiskraft zusprechen kann. Denn mag der Muskel noch so ausgeruht sein, so wird er sich bei Berührung von 430 H. Marcus. Fixierungsflüssigkeiten doch kontrahieren. Weiß ich doch wie schwer es ist, z. B. einen sogar mit Atropin vorbehandelten glatten Muskel in Ex- tension zu fixieren. Und ebenso dürften bei Libellen die Muskeln sich zusammenziehen, auch wenn die Tiere im Dunkeln gehalten und völlige Ruhe hatten, so daß man nicht die Gewißheit hat, daß es sich nicht um verkürzte Muskeln handelt. Bpi Erschöpfungszuständen können natür- lich Veränderungen erzielt werden, aber das bedingt doch wieder eine Komplikation, die man in strittigen Fragen lieber vermeiden sollte. Holm- gerx beschreibt z. B. Muskelfasern mit doppelter Kernreihe und hält dies für eine unvollkommene Teilung der Muskelzelle infolge von Erschöpfungs- zuständen, wobei die Muskelzelle gewissermaßen die vermehrte Arbeits- leistung durch Zellvermehrung beantworten soll. Ich habe nun auch bei frisch gefangenen und sofort abgetöteten Tieren diese gleichen Muskel- zellen. wie sie Holmgrex in seiner Fig. 22 (Taf. IV) abbildet, gesehen, habe aber gar keinen Grund, bei diesen Individuen nun einen Erschöpfungs- zustand anzunehmen. Sondern ich halte es für eine Zwillingsbildung, für die ich leider eine Ursache nicht angeben kann, die aber ebensogut wie durch unvollkommene Trennung auch durch Verschmelzung zweier be- nachbarter Zellen entstanden sein kann. Ich komme daher zum Schluß daß so wertvoll die Angaben Holmgrexs für die Erkenntnis der stofflichen Wechselbeziehungen zwischen Fibrillen und Sarkoplasmakörnern sind, sie doch ungeeignet sind, das Wesen der Kontraktion selbst zu beleuchten. Fasse ich die morphologischen Erscheinungen der Kontraktion, ganz abgesehen von der Färbbarkeit, zusammen, so ist außer der Ver- kürzung und Verbreiterung der Muskelzelle und der Kerne eine Ver- änderung im Sarkoplasma eingetreten, das in der Kontraktion opak er- scheint und sich stärker färbt. Bei Zupfpräparaten könnte man in der größeren Dicke die Erklärung für diese Tatsache suchen, bei Schnitten jedoch, wo kontrahierte und unkontrahierte die gleiche Dicke aufweisen, fällt diese Deutungsmöglichkeit fort. Man kann annehmen, daß dieses opake Protoplasma auf Flüssigkeitswanderungen beruht. In Analogie der Beobachtung von Overtox und Ebxer, daß bei Zusatz von 0,6% Zuckerlösung die Muskelfaser opak wurde. Daß Flüssigkeitswanderungen bei der Muskelverkürzung angenommen werden, ist ja bekannt. Eine Reihe von Physiologen, z. B. Overtox, nimmt bei der Kontraktion eine AVanderung von Natrium-Ionen aus dem Zwischenwasser in die Fibrille an, also in das gebundene Faserwasser. Es ist nur unklar, wie diese bei der Verkürzung in die Faser eingedrungenen Ionen nun wiederum aus der Faser herausgeschafft werden könnten. Jedenfalls sind wir aber be- rechtigt, starke Diffussionsströme in der Zelle anzunehmen. Ich erinnere 431 Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. jetzt an die oben beschriebenen merkwürdigen »Wirbelsturmstadien«, die ich in diesem Zusammenhänge deuten möchte. Die Musketeelle erschien zunächst, was Größe und Kerne anbelangt, unverändert. Aber statt der so schön angeordneten Elementarleisten konnte man zum Teil ein wirres Durcheinander erblicken, so daß der Zweifel aufkam, ob es sich hier überhaupt um Flügelmuskeln oder Skelettmuskeln handelte. Frei- lich erkennt man bei näherem Studium, daß es Thoraxmuskeln sind, daß die Elementarleisten meist als helle Bänder in unregelmäßiger Lage und Rrümrfiung in dem körnig dunklen Protoplasma liegen. Man hat das Gefühl, hier haben starke Diffusionsstürme gewütet, die sogar die innere Struktur teilweise gestört haben, so daß die konzentrischen Ringfasern zerrissen oder gedehnt sind und die des seitlichen Haltes nunmehr ent- behrenden Elementarleisten gegeneinander geworfen sind. Es fragt sich nun, sind das normale Vorgänge oder nicht. Der erste Gedanke ist natür- lich, daß es sich um ein Kunstprodukt bei der Fixierung handeln könnte. Ich glaube aber mit Bestimmtheit diesen Einwand zurückweisen zu können, denn ein ganzes Muskelbündel zeigt die eben geschilderten Erscheinungen und das Nachbarbündel ist von völlig normaler Struktur vom Typus des fakultativen Stadium nach Holmgren mit dunklen Elementarleisten und hellem Sarkoplasma. Das sieht man auch in Fig. 11 (Taf. XXII), wo Muskelzellen beider Arten gleichzeitig aufgenommen worden sind. Ich glaube daraufhin berechtigt zu sein, die Fixation als Ursache dieser Bilder ausschließen zu können, wenn auch zugegeben sein mag, daß sie eventuell steigernd gewirkt hat, ähnlich wie wir es bei der Verklumpung im Synapsis- stadium der Geschlechtszellen kennen. Es wäre ferner an die Möglichkeit degenerativer Prozesse zu denken, die im Leben eingesetzt haben, aber die Lokalisation auf einzelne Bündel, in denen gleichmäßig sämtliche Zellen davon betroffen sind, macht dies unwahrscheinlich. Ferner spricht da- gegen die normale Beschaffenheit der Zellkerne, der Sarkoplasmahülle, wie überhaupt der ganzen Musketeelle sonst. Ich konnte mehrfach patho- logische Veränderungen an Musketeellen, feststellen; es handelte sich aber dort stets um einzelne Muskelzellen, die von verwaschener Färbung der Sarkoplasmakörner bis zur tröpfchenartigen Entartung einherging. Eine solche Zelle sieht man auch in Fig. 2 (Taf. XXII). Dies alles scheint mir also gegen die Annahme zu sprechen, daß es sich um pathologisch ver- änderte Muskelzellen handelt. Ich glaube die dritte Deutungsmöglichkeit annehmen zu müssen, daß nämlich die Zellen momentan gerade dann abgetötet lind fixiert wurden, als eine plötzliche Flüssigkeitswanderung stattfand. Besonders stürmisch werden diese Strömungserscheinungen bei wechselnder Phase, also bei Erschlaffung und bei einsetzender Kon- 432 H. Marcus, traktion der Muskelzelle auftreten. Solch ein Vorgang glaube ich, würde die morphologischen Tatsachen der Fig. 10 und 11 (Taf. XXII) restlos erklären. Und aus dem Vergleich der Größendimensionen des Querschnit- tes möchte ich annehmen, daß die Muskelzellen auf dem Gipfel der Zuk- kungskurve bei der Fixation erstarrt sind; daß solche Bilder äußerst selten angetroffen werden, ist nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, daß die ganze Zuckungsdauer so außerordentlich kurz ist. 0,003 Sekunden. Ich deute also Fig. 10 (Taf. XXII) als Übergang der Kontraktion zur Ruhe und glaube, daß dabei starke Flüssigkeitsströmungen auftreten. wobei vielleicht die früher mit Hämatoxylin tief schwarz gefärbten Leisten ganz hell und farblos werden, während das Sarkoplasma sich nunmehr dunkel färbt und ganz besonders sich an den Grenzschichten dunkle Ränder zeigen, als ob diese dimkel sich färbenden Stoffe eben aus der Elementarleiste eliminiert seien, wobei ich freilich in modifizierter Form in Holmgrens Gedankengängen wandle. Betrachten wir die Veränderung der Fibrille selbst, so kommen wir zu dem Grundproblem der morphologischen Muskelforschung, nämlich zu der Frage, ob das Volumen der Fibrille sich bei der Kontraktion ver- ändert oder nicht. Eine Frage, die, wie ich vorweg betonen möchte, auf rein morphologischem Wege kaum einwandfrei zu lösen sein wird. Daß bei der Verkürzung der Faser eine Verdickung der Fibrillen Hand in Hand einhergeht, ist wohl selbstverständlich, strittig ist nur, ob diese Ver- dickung ihres Querschnitts im gleichen Verhältnis wie beim Muskelzell- querschnitt erfolgt, woraus zu schließen wäre, daß das Fibrillenvolumen das gleiche bleibt, trotz der Verkürzung. Auf den ersten Blick erscheint nichts einfacher, als die Lösung dieses Problems. Man macht einen Querschnitt durch eine extendierte und eine kontrahierte Faser, mißt die beiden Querschnitte und Elementarleisten und hat das gewünschte Resultat. Xun aber die Schwierigkeiten. Erstens muß man auf dem Querschnitt die Phase sicher bestimmen können, zweitens ist die Variation in der Größe der Zelle bedeutend, drittens weiß man auf dem Querschnitt nicht, um wieviel die Kontraktion erfolgte, viertens ist die Dicke der Elementarleisten bei anscheinend gleichen Stadien außerordentlich wechselnd (Taf. XXII, Fig. 8 und 9). Auf dem Längs- schnitt könnte man bei einer Kontraktionswelle diese Fehlerquellen ver- meiden, dafür sind aber andre vorhanden. Auf dem Schnitt ist die ruhende Fibrille in dem Q-Abschnitt spindelförmig verdickt und in der Mitte vom isotropen Abschnitt verjüngt. Bei der Kontraktion ist die Fibrille häufig in dem Abschnitt des Kontraktionsstreifens C bauchig aufgetrieben .. f Uber den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 433 ( Tal. XXIII, Fig. 19). Ferner wird eine schiefangeschnittene Elementar- leiste eine größere Dicke aufweisen, als eine quergetroffene und dadurch sind Täuschungen schwer zu vermeiden und keine exakten Messungen vorzunehmen. Trotzdem versuchte ich auf verschiedenem Wege zur Lösung dieses Problems beizutragen. Ich habe Aufnahmen mit Kompensationsocular 12 und langem Balg- auszug gemacht, von kontrahierten und ruhenden Elementarleisten einer und derselben Muskelfaser, die mir gerade quer getroffen zu sein schien. Auf der Photographie maß ich die Höhe des Inokomma im ersten Fall 20 mm, im zweiten 12 mm. Die Fibrillendicke 1,4 mm und 1.1 mm Die Faser hatte sich also nicht ganz auf die Hälfte verkürzt. Rechnet Iman das Volumen für die Fibrille in der Anwendung der Formel für einen Zylinder aus, so erhält man bei der kontrahierten Faser 6 cbmm, bei der ruhenden 5,9 cbmm. Also angesichts der oben erwähnten Fehlerquellen und Ungenauigkeiten praktisch gleiche Werte, so daß ich annehmen muß, daß sich das Volumen der Elementarleisten und der Fibrillen bei der Kontraktion nicht verändert. Zu dem gleichen Ergebnisse kam ich auf folgende Weise : Ich photographierte Querschnitte von ruhenden und kontrahierten Muskelzellen eines und desselben Muskelbündels, also des fakultativen und kontrahierten Stadiums von Holmgren, wobei die Diagnose der ruhenden Faser leicht, die der kontrahierten durch den Übergang in schief- und längsgetroffene Muskelzüge sicher gestellt wurde. Die Vergrößerung war lOOOfach. Der Umfang der Zellen wurde durchgepaust und auf Milli- meterpapier die Zahl der Querschnitte auf einem größeren Raume fest- gestellt und daraus nun die mittlere Fläche eines Muskelzellenquerschnittes berechnet. Dieser gab für die Extension einen Durchschnittswert von 2,5 qcm für die Kontraktion von 4 qcm. Auf diese Weise habe ich ver- sucht die Variation in der Größe des Querschnittes der einzelnen Zellen auszuschalten. Aus diesen Mittelwerten habe ich die Muskelverkürzung errechnet und zwar in diesem Fall, um das l.öfache. Nun konnten an l einen Querschnitten die Dicken der Elementarleisten gemessen werden, das tat ich auf zweierlei Art. Ich maß direkt wieviel Elementarleisten auf einen Zentimeter gingen, an den Stellen wo der Rand der Zelle gerade verlief. Dabei erhielt ich für die Extension zwölf Elementarleisten auf 1 cm bei der Kontraktion neun Elementarleisten auf 1 cm. Da nun Elementarleiste und die Zwischenleiste mir gleich stark zu sein schienen, würde die Dicke der Elementarleiste bei der Extension betragen: 1 cm : 2 . 12 = etwa 0,4 mm bei der Kontraktion 1 cm : 2 . 9 = etwa 0,55 mm 434 H. Marcus, Audi hier ergibt die Ausrechnung des Volumens einer runden Fibrille bei diesem Durchmesser bei der vorhin bestimmten Verkürzung von 1,6 ein Gleichbleiben des Volumen (0,064 und 0,065). Ferner wurde durch Projektion von Diapositiven die Elementarleiste stark vergrößert und dann gemessen. Ich halte diese Messung aber für besonders ungenau, weil der Rand verschwimmt wenn zu stark ver- größert wird. Da ferner sowohl die kontrahierte Avie die unkontrahierte Fibrille im Schnittpräparat, AA'ie wir sahen, nicht gleichmäßig ist, sondern größere Schwankungen je nach den verschiedenen Abschnitten Q und I aufweist, so werden sich bei dieser etA\*a 10 OOOfachen Vergrößerung ganz bedeutende Fehler ergeben. Ich habe nun mit einer derartigen Vergröße- rung die Dicke der Elementarleiste im fakultativen Stadium mit 2,3 und 2.4 mm, im kontrahierten mit 3 mm gemessen. Auch hier ergibt die Rechnung des Volumens, daß es ungefähr gleich bleibt. Aber wie gesagt, trotz dieser Übereinstimmung bin ich mir beAVußt, daß die Fehlerquellen zu große sind, um eine Entscheidung der Frage zu bringen, besonders da nach Gutherz (10) die kontrahierten Fasern weniger als die ruhenden schrumpfen sollen, wofür ich freilich bei meinem Objekt keine Anhalts- punkte habe. Messungen an lebensfrischen Objekten sind leider nicht durchführbar. Jedenfalls stehen meine Angaben im Widerspruch zu Meigs, welcher A\*ie Mc Dougall bei der Kontraktion eine Volumzunahme der Fibrille annimmt. Meigs sucht auch die Maße der vorsichtigen und genauen Arbeit Hürthles für die Hypothese zu verwenden, daß die Fi- brillen im ganzen die quellenden Elemente darstellen. Hürthle selbst verwahrt sich aber gegen diese Auslegung, weil die bei der Kontraktion gemessene VoluniA'ergrößerung von 17 % nur dadurch zustande kommt, daß die Maße der sichtbaren anisotropen Substanz, also des Q-Abschnittes auch für die isotrope nicht-meßbare angenommen Avurden. Nun sahen AATir, daß in der Ruhe gerade diese isotropen Abschnitte stark verjüngt sind und sich erst bei der Kontraktion gerade stark vorbauchen. Falls dieses auch für die lebende Faser zutrifft, so würde dieses schon genügen, um die Volum- zunahme von 17% illusorisch zu machen. Morphologisch dürfte, Avie ge- sagt, diese Frage überhaupt nicht einwandfrei zu lösen sein, aber bis auf Aveiteres halte ich es auf Grund meiner Messungen für das Wahrschein- lichste, daß das Volumen der Fibrille bei der Verkürzung gleich bleibt. Als eines der Avesentlichsten Resultate meiner Untersuchung sehe ich die Tatsache an, daß bei einer Reihe von Objekten mit aller Deutlichkeit eine Fibrillenhülle konstatiert Averden konnte. Diese Fibrillenhülle ist es, die bei der Kontraktion ganz besondere morphologische Veränderungen zeigt. Es treten in regelmäßigen Abständen Verdickungen und Aus- Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 435 buchtungen der Fibrillenhülle ein, wie in Fig. 20 und 19 (Taf. XXIII) zu sehen ist und die oben als Grundlage für den Kontraktionsstreifen C ge- schildert wurden. Ich halte diesen Befund für außerordentlich wichtig, denn bisher fanden wir bei der Verkürzung eine gleichmäßige Verdickung bei unverändertem Volunien, so bei der ganzen Muskelzelle, bei Rinde und Mark, bei der Elementarleiste und Fibrille als Ganzes. Hier findet nun eine diskontinuierliche formveränderte Umgestaltung bei der Kon- traktion statt, so daß ich glaube berechtigt zu sein, hier den morpholo- gischen Ausdruck für die Triebkraft der Muskelleistung zu erblicken. Eine ganz grobe willkürliche Konstruktion möge dies erläutern, wie es in Textfig. E illustriert ist. Stellen wir uns die Hülle der erschlafften Faser im Längsschnitt vor als von 14 Kreisen gebildet, welche die kleinsten Teilchen darstellen sollen. Bei der Verkürzung auf die Hälfte entsteht dieser charakteristische, meist nur nach innen vor- springende Bauch, der nun aus sieben Kreisen besteht, während die äußere Schicht ebenfalls auf sieben Kreise reduziert ist. Jeder Kreis der kontrahierten Faser ent- spricht natürlich einem der unkontrahierten, was durch die gestrichelten Linien angedeutet ist. Schon durch die Konvergenz dieser Linien kommt die verkürzende Komponente zum Ausdruck. Wird ein Teil nach innen verschoben, so wird er auf seinen Nachbar einen Zug und Druck ausüben und das Resultat dieser Textfig. E. ganzen Verschiebung wird ein zweifaches sein. Erstens ein Zug in der Richtung der Pfeile, welcher die Muskelverkürzung bedingt, und zweitens ein Druck auf den Inhalt der Fibrillenröhre, den ich mir flüssig vorstelle (Tröpfchenbildung der Fig. 26. Taf. XXIII). Diese Kompression auf den Fibrilleninhalt wird entweder kompensiert werden können durch Flüssigkeitsaufnahme (Imbibition) in der Fibrillenhülle und zwar offenbar in die vorspringende Leiste, oder aber, die Flüssigkeit wird durch die Hülle in das Sarkoplasma ausgepreßt, wobei das Volumen verringert wird, oder man setzt voraus, daß in die Leiste ebensoviel freies Zwischenwasser vom Sarkoplasma aufgenommen wurde. Im ersteren Falle würde der Kontraktionsvorgang sich innerhalb der Fibrille selbst abspielen. Wir könnten direkt von »kontraktilen Fibrillen« sprechen, während im zweiten Falle eine Wechselwirkung mit dem Sarkoplasma stattfindet. Diese letztere Möglichkeit erscheint mir auf Grund der Ver- suche von 0 vertox die wahrscheinlichere, wofür auch die oben be- schriebenen Bilder starker Diffusion sprechen würden. 436 H. Marcus, Mit der Auffindung dieser leistenartigen Verdickungen der Fibrillen- liüllen kann man sich bei Theorien der Muskelkontraktion an ein posi- tives sichtbares Gebilde halten und die hypothetischen Disdiaklasten Brückes, die Inotagmen Engelmanns und die Protomeren Heidenhains wären überflüssige und den Tatsachen nicht entsprechende Annahmen. Freilich ist mit der Verdickung der Fibrillenhülle im Kontraktionsstreifen nichts über das Wesen der Kontraktion selbst ausgesagt. Der primäre Vorgang ist ja unzweifelhaft ein chemischer, sei es die Bildung von Milch- säure oder irgendeines andern Stoffes, welcher, sei es durch Quellung, sei es durch Veränderung der Oberflächenspannung, sekundär die Ver- kürzung anslöst, dadurch, daß Kolloide verändert werden. Bei der Quellungstheorie würden wir also annehmen, daß es die Fibrillenhülle ist, welche durch ihre regelmäßigen Vorsprünge diesen Mechanismus bedingt. Daß diese Auftreibungen nun so regelmäßig erfolgen, dürfte von den Grundlamellen abhängig sein, die außer der Anschirrung der Fibrillen für Zuleitung dieses auslösenden Stoffes dienen dürften, wobei der Mittelstreifen dieselbe, wenn auch schwächere Funktion, als der Z-Streifen besitzt, was daraus hervorgeht, daß bei beginnender Kontraktion ein schwächerer Mittelstreifen auftritt. Es scheint mir also ein prinzi- pieller Unterschied zwischen Z- und M-Streifen nicht zu bestehen, denn es treten in der Übergangszone von Ruhe zur Kontraktion in M ähnliche Verdickungen auf wie bei Z .nur in geringerer Ausdehnung. Die Ino- kommahöhe verhält sich in diesem Übergangsstadium zur Kontraktion wie 3 : 2. Späterhin scheinen mir diese Verdickungen im Mesophragma zu verschwinden, wenn die Ausbauchung bei Z zur völligen Stärke aus- gewachsen ist, doch halte ich es nicht für ausgeschlossen, daß aus einem Mittelstreifen M sich auch ein Kontraktionsstreifen C ausbildet. Nimmt man als treibende Kraft der Muskelverkürzung osmotische Veränderungen an, die mit Ionenwanderung einhergehen, so gewinnt man aus meinen Befunden die Möglichkeit, Stoffe, die in das gebundene Faserwasser eingedrungen sind, bei der Kontraktion durch die vorspringenden Teile der Fibrillenhülle aus dieser wieder herauszuschaffen. Durch die partielle Wandverdickung wird die zentrale Flüssigkeit ausgetrieben. Zusammenfassung. Als Zusammenfassung meiner Befunde sei eine schematische Zeich- nung F beschrieben: Die Muskelzelle ist plastisch gezeichnet und zunächst ein Keil, der bis zum Kernzentrum reicht, entfernt. Außerdem ist an einer Stelle Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 437 noch ein rechteckiger Abschnitt herausgesehnitten gedacht, so daß man den Längsschnitt erkennen kann. Zunächst sei der oberflächliche Quer- schnitt beschrieben. In der Mitte der Kern, der sich nach unten zu plastisch fortsetzt und eine längsovale Gestalt hat. Es handelt sich hier um eine ruhende Muskelfaser. Der Kern liegt in einer mäßig großen zentralen Protoplasmasäule, aus der weiter unten noch ein Kern, aus dem ebenfalls Textfig. F. ein Keil entfernt ist, 1 herausschimmert. Der Querschnitt zeigt radiär angeordnete Elementarleisten, die aus einer Reihe heller Fibrillen be- stehen. (Wie diese Fibrillen miteinander verbunden und anderseits die Elementarleiste mit der äußeren Hülle durch füßchenartige Verstärkungen der Grenzschichten verknüpft sind, zeigt noch größer und deutlicher die schematische Textfig. D und G.) Die Fibrille selbst erscheint hell, die Fibrillenhülle dunkel. Das sieht man auch auf dem Längsschnitt. Auch hier 438 H. Marcus, ist das Zentrum der Fibrille hell, die Ränder, welche die Hülle darstellen, dunkel gezeichnet. Betrachten wir ein Inokomma, so sehen wir. daß das Telophragma um die Fibrille herumgeht, sie umfaßt. Außer dem Telophragma sehen wir schwächer dargestellt das Mesophragma, die als Q J und QM bezeichnten Querzüge noch schwächer. Auf der Textfig. G sehen wir in stärker vergrößertem Maße diese Verhältnisse. Wir sehen die Fibrillen als Röhren dargestellt, sehen die Reihe von Querzügen als Membranellen flächenhaft und sehen die Befestigung an der äußeren Hülle H. Außer diesen Querzügen verlaufen auf dem Querschnitt dunklere Züge als konzentrische Kreise, die als senkrechte Wände mit den vorhin erwähnten Inophragmen lauter kleine Fächer bilden (Textfig. G). In diesen Kammern sind die Q-Körner als einzelne große ovale oder zwei bis drei kleinere Tropfen eingezeichnet. Sie durchsetzen die Kammer- wände und schimmern auch durch die Hülle hindurch und rufen die Quer- bänder hervor. Der Abschnitt der Fibrille, dem sie anliegen, ist durch eine krümlige oberflächliche Scheide zu dem stark färbbaren Q-Abschnitt der Fibrille geworden. In Wirklichkeit ist aber der zentrale (flüssige?) Inhalt der Fibrille unverändert. Bei der Kontraktion findet eine Verdickung der Hülle statt, welche einmal die Verkürzung der Muskelfaser bedingt und zweitens als Motor dienen kann für Flüssigkeitswanderungen. Literaturverzeichnis. Aubert (1853). Über die eigentümliche Struktur der Thoraxmuskeln der Insekten. Zeitsclir. f. wisse nsch. Zoologie. Bd. IV. ApathY, St. (1892). Kontraktile und leitende Primitivfibrille. Mitt. Zool. Stat. Neapel. Bd. X. (1894). Das leitende Element des Nervensystems und seine topographischen Be- ziehungen zu den Zellen. Ibid. Bd. XII. Biedermann, W. (1876). Zur Lehre vom Bau der quergestreiften Muskulatur. Sitzungs- ber. Akad. d. Wissenscli. in Wien. III. Abteilung. Bd. LXXIY. Bremer, L. (1883). Über Muskelspindel nebst Bemerkungen über Struktur. Neubildung und Innervation der quergestreiften Muskelfaser. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXII. Bütschli, 0. und Scheviakoff, W. (1891). Über den feineren Bau der quergestreiften Muskelfasern von Arthropoden. Biol. 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Durch die einseitig eindringende Fixationsflüssigkeit (Alkohol) ist das Sarkoplasma auf die rechte Seite der Zellen gedrängt, ln der Mitte eine größere Zelle mit verwaschenem Aussehen, wahrscheinlich beginnende Degeneration. Comp.-Oc. 4, homog. 2 mm Immersion, Vergrößerung lOOOfach. Fig.3. Grenzschichten der Elementarleisten als dunkle Linien sichtbar. Ver- einzelte Querzüge zwischen den Elementarleisten. An der Befestigungsstelle der Ele- I t'ber den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 441 mentarleiste an der äußeren Hülle sieht man wie die Grenzschichten in einem dunklen Korn in das Sarkolemma übergehen. Yergoldungspräparat, Comp.-Oc. 8, 2 mm. Immer- sion, etwa IGOOfache Vergrößerung. Fig. 4—8. Querschnitte, welche den Stadien Holmgbens entsprechen, dessen Nomenklatur angewandt wird. Färbung Heidenhains Eisenhämatoxylin und Thiazimot. Fig. 4. Postregeneratives Stadium, schmale blasse Elementarleisten -und dunkel gefärbte rundliche Sarkoplasmakörner, die in konzentrischen Reihen angeordnet sind. Fig. 5. Aktivitäts- oder Kontraktionsstadium, blasse Elementarleisten, welche ihre Zusammensetzung aus Fibrillen ahnen lassen, imgefärbte Sarkoplasmakörner, zahlreiche Querzüge zwischen den Elementarleisten erkennbar. In der Mitte ein dunkel gefärbter Kern. Fig. 6. Regenerationsstadium. Ungefärbte helle Elementarleisten, zwischen tief- blau gefärbten Sarkoplasmakörnern. Fig. 7. Regeneration- Übergangsstadium. Die Sarkoplasmakörner teilweise dunkel, teilweise vakuolisiert. Fig. 8 u. 9. Fakultatives Stadium. Breite Sarkoplasmasäule in deren Mitte ziun Teil ein dunkler Kern liegt. Elementarleisten dunkel gefärbt, Sarkoplasmakörner als solche nicht gefärbt imd nachweisbar. In Fig. S extrem schmale Elementarleisten, in Fig. 9 extrem dicke Elementarleisten. Fig. 10. »Wirbelsturmstadium«. Nur bei genauerer Betrachtung sind die Ele- mentarleisten als helle Streifen zu erkennen, denen dunkles Protoplasma anlagert. Fig. 11. Dasselbe daneben normales fakultatives Stadium. Fig. 10 u. 11 Eisenliämatoxylinfärbung. Fig. 12. Elementarfibrillen als dunkle Punkte, innerhalb der Elementarleisten auf- gereiht. Nachvergoldung. Fig. 4 — 12 aufgenommen mit Comp.-Oc. 8, 2 mm Immersion, Vergrößerung etwa lßOOfach. Fig. 13 — 16 Aufnahmen in ultraviolettem Cd-Licht. Num. Apertur 2,5, mit Oc. 5 und Quarz-Glyzerinimmersion von num. Ap. 1,7. Fig. 13 800fache, Fig. 14 — 16 lOOOfache Vergrößerung. In Fig. 13 sind die Elementarleisten hell und man sieht die Querschnitte der Ele- mentarfibrillen als helle Punkte darin. Im Sarkoplasma die Sarkoplasmakörner, die dunkel erscheinen, offenbar wegen starker Lichtbrechung. Fig. 14 entspricht einem fakultativen Stadium. Gut ausgebildete dunkle Grenz- schichten, che auch zentral durch einen Querzug miteinander verbunden sind. Innerhalb der Elementarleisten sieht man die Elementarfibrillen als helle Punkte. Fig. 15 entspricht einem Regenerationsstadium, die Elementarleisten sind hell, die Körner dunkel. Sehr deutlich ist das Sarkolemma zu erkennen und auch die Ver- bindung von zwei Muskelzellen durch Querzüge. Fig. 16. Die Elementarleisten sind auch hier hell, sehr schmal und gelegentlich sind die Grenzschichten zu erkennen. Entspricht einem Regenerations- oder Post- regenerationsstadium. Tafel XXIII. Muskelzellen der Libelle. Längsschnitte. Fig. 17. Totalpräparat einer Muskelzelle in Glyzerin. Aufnahme in ultraviolettem Licht, lOOOfache Vergrößerung. Die Kerne K dunkel oval durchschimmernd, die Pfeile Archiv f. Zellforschung. XV. 29 U2 H. Marcus, zeigen auf den scharf gezogenen Z-Streifen, der von hellen Querstreifen mit glänzenden I- Körnern begrenzt wird. Die dunklen Querbänder entsprechen zum Teil keinen mor- phologischen Gebilden, sondern sind Beugungserscheinungen der etwa 15 u dicken zylinderischen Muskelzelle. Eine Längsfibrillierung ist erkennbar. Fig. 18—22. Längsschnitte, Comp.-Oc. 4, 2 mm hornog. Ölimmersion, Ver- größerung etwa 800fach. Fig. 18. Kontraktion, in der Mitte die Endoplasmasäule mit rundlichen Kernen ungefähr gleich breite helle und dunkle Querstreifen. Die letzteren sind die Kontraktions-, streifen c. Färbung Eisenhämatoxvlin. Fig. 19. Kontraktion. Die einzelnen Fibrillen bauchig verdickt, bilden den Kon- traktionsstreifen. Goldpräparat. Fig. 20. Kontraktion. Die Fibrille ist von dunklen Rändern und Grenzschichten umsäumt, die am Kontraktionsstreifen verdickt nach innen hineinragen. Doch ist stets ein helles durchlaufendes Lumen erkennbar. Goldpräparat. Fig. 21. Am Anschnitt der Muskelzelle sieht man wiederum in der Mitte eine helle Lichtung von dunklen Rändern umgeben. In der Fibrille dunkle Körner, die in der Quere miteinander durch den Z-Streifen verbunden sind. Zwischen diesem ist schwächer der Mittelstreifen entwickelt, der ebenfalls ein dunkles Korn in der Fibrille bildet. Ver- goldungspräparat. Fig. 22 — 24. Stadien des unverkürzten Muskels. Fig. 22. Die durch Vergoldung besonders im Q-Abschnitt dunkel gefärbte Fibrille zeigt Verdickungen und Verjüngungen, entsprechend den dunklen und hellen Querbän- dern. Die dunklen sind auch durch Färbung der Sarkoplasma- oder Q-Körner mitbedingt. Die einzelnen Fibrillen sind durch Querzüge an der Grenze der dunklen Q-Bänder mit- einander verbunden. Vereinzelte M-Streifen. Fig. 23. Regenerationsstadium. Eisenhämatoxylmpräparat, die Längsfibrillierung undeutlicher. Durch gleichmäßig intensive Färbung der Fibrille und der Sarkoplasma- körner entstehen die Regenerationsbänder R von Holmgrex. In der Mitte die Endo- plasmasäule mit schwach gefärbten länglichen Kernen. An einzelnen Stellen erkennt man die Fibrille als helle Striche. Fig. 24. Längsschnitt durch vier Muskelzellen, von denen drei die Endoplasma- säule mit länglich gestreckten Kernen der ruhenden Muskelfaser aufweisen. Links ein Fig. 22 entsprechendes Bild dunkler Querbänder, wie sie durch den Q-Abschnitt quergetroffener Elementarleisten und den dunkel gefärbten Sarkoplasmakörnern ge.- bildet werden. Auf der rechten Hälfte der gleichen Muskelzelle fehlt diese grobe Quer- streifung. Hier ist die Elementarleiste in ihrer ganzen Breite getroffen, daher von gleichmäßig dunkler Farbe, nur von etwras schief gestellten diiimen Z-Streifen durchsetzt, wie sie bei der isolierten Elementarleiste, Fig. 27, deutlich zu sehen sind. Fig. 25. Stadium der Ruhe, wie Fig. 22. An jeder Fibrille sieht man eine zentrale Lichtung, die von dunklen Grenzschichten umrandet ist. Zwischen den Fibrillen Sarko- plasmakörner, sowie Querfaserzüge. Im Q-Abschnitt eine krümlige Auflagerung auf der Fibrillenhülle. Fig. 26. In der Mitte etwas unscharf. Stadium der Ruhe. Mehrere Muskelzellen zeigen die breiten Querbänder der Regeneration, andere nur eine Längsfibrillierung. Innerhalb dieser Längsfibrillierung sieht man helle Punkte V. die offenbar Flüssigkeits- tropfen und eine postmortale Erscheinung sind. Sehr deutlich sind die Querfaserziige zu erkennen, wo die Sterne eingezeichnet sind. Sie geben mit den Längsfibrillen dem Bilde ein kariertes Aussehen. Das dunkle Querband wird von solchen Querzügen begrenzt, Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. 443 wie an der eingerissenen Stelle des Präparates R der dunklere scharf gezogene Strich beweist. Außerdem sind im Querband noch drei dunkle Striche vorhanden. Also ein mittlerer dem M-Streifen entsprechender Querfaserzug und noch ein Paar QM zwischen diesen und der Querbandgrenze QI. Fig. 27. Isolierte Elementarleiste, Zupfpräparat in Glyzerin. Von der Fläche ge- sehen mit einzelnen noch anhaftenden Sarkoplasmakörnern, außer der Längsstreifung deutliche schiefe Querstreifen, die bei A schärfer und schmäler erscheinen als bei B. Seitlich herausragende Stummel abgerissener Z-Streifen. Fig. 25 — -27a sind bei lUOüfacher Vergrößerung in ultraviolettem Licht auf- genommen. Fig. 27b homogene Immersion, Comp.-Oc. 8, etwa LGOOfache Vergröße- rung. Ungefärbt. Fig. 28. Quergetroffene Elementarleisten mit dunklen Grenzschichten, dazwischen die Sarkoplasmakörner. Längsschnitt durch Flügelmuskel einer großen Agrionlarve. Vergrößerung IGOOfach. Fig. 29. Abgesprengter, oberflächlicher Teil einer Muskelzelle der Libelle, a) bei lOOOfacher, b) bei 2000facher Vergrößerung in ultraviolettem Licht aufgenommen. Neben dem zentral hellen, am Rande dunklen quergetroffenen Elementarleisten sind parallel verlaufende feinste Faserzüge vorhanden, die mit der Querfaser, dem Zwischen- streifen in regelmäßigen Abständen knötchenartige Verdickungen aufweisen und keinerlei direkte Verbindung mit den Myofibrillen zu haben scheinen. Zupfpräparat in Glyzerin. Ungefärbt. Fig. 30. Stadium mäßiger Kontraktion. Die Fibrillen zeigen wiederum dunkle Grenzschichten, die in bestimmten Stellen verdickt den Kontraktionsstreifen bilden, Querfaserzüge zwischen den Fibrillen vorhanden. Fig. 31. Längsschnitt durch den Flügelmuskel derselben Agrionlarve, von der Fig. 28 stammt. Die quergetroffenen Elementarleisten weisen dunkle Grenzschichten auf, die periodisch verdickt sind und das Verhalten von Fig. 20 verdeutlichen. Gold- präparat, etwa IGOOfache Vergrößerung. Fig. 32. Kontraktionswelle, oben ruhende, unten kontrahierte Faser einer Flügel- muskelzelle einer großen Aeschnalarve. Oben längliche Kerne, helles Protoplasma, unten rundliche Kerne, dunkles opakes Protoplasma. Aus der Inokommahöhe kann eine Verkürzung auf etwa die Hälfte geschlossen werden. Das Verhältnis von Rinde und Mark bleibt das gleiche. Zwischen den Kernen der ruhenden Faser sieht man eine sternförmige Figur dichteren Protoplasmas, das mit den Zwischenstreifen in Beziehung zu stehen scheint. Vergrößerung etwa 800fach. Goldpräparat. Fig. 33. Kontraktionswelle einer Skelett-Muskelfaser der Libelle. Oben, Ruhe unten Kontraktion; an der mit einem Pfeil bezeichneten Stelle sieht man eine einzelne Fibrille, welche dunkle Grenzschichten aufweist. In der Mitte vom Q-Abschnitt ein dunkles Korn, das den Mittelstreifen verursacht. Der Z-Streifen durchsetzt das Proto- plasma. Vergrößerung etwa 800fach. Fig. 34. Kontraktionsstadium, Flügelmuskel einer Wasserwanze. Notonectes. An einzelnen Stellen erkennt man, daß der dunkle Kontraktionsstreifen C aus zwei dunklen Körnern in der Fibrillenhülle gebildet wird. (Wie in Fig. 20 und 31.) Comp.-Oc. 8, 2 mm Immersion. Vergrößerung etwa 1600fach. Fig. 35. Kontraktionswelle durch die Flügelmuskel einer Hummel. Im gedehnten Abschnitt rechts eine dünne helle Faser mit dunklem Ringe. Im kontrahierten Abschnitt sieht man, daß der Kontraktionsstreifen C wiederum aus zwei Körnern in der Hülle be- 29* 444 H. Marcus, Über den Bau quergestreifter Muskeln. stellt, während eine zentrale Lichtung durchgeht. Außerdem in M schwächere Verdickung der Hülle. Vergrößerung lOOOfach. Goldpräparat. Fig. 36. Längsschnitt durch Herzmuskelfaser des Menschen. Lebenswarm in Formol fixiert. Aufnahme in ultraviolettem Licht. lOÜOfache Vergrößerung. Auch hier sieht man dunkle Begrenzungen der Fibrille, schwachen M-Streifen. Tafel XXIV. Fig. 37. Querschnitt durch den Flügelmuskel von Dytiscus marginalis. Dunkle Fibrillenhülle durch hellen Spalt von Fibrilleninhalt getrennt. K = Kern, F = Fibrille. lOOOfache Vergrößerung. Goldpräparat. Fig. 38 und 39. Querschnitte durch Muskelzellen der Appendicularie: Oikopleura longicauda. In Fig. 38 Fibrillen und quere Verbindungszüge, in Fig. 39 die Grenzschichten deutlich erkennbar. Goldpräparat. 1600faclie Vergrößerung. Fig. 40. Dasselbe Objekt im Längsschnitt. Aufnahme in ultraviolettem Licht. lOOOfache Vergrößerung. Dunkle Grenzschichten. Fig. 41 — 48. Flügelmuskel der Hummel. Fig. 41. Querschnitt, helle Mitte und dunklen Rand der Fibrille zeigend. Auf- nahme bei offener Blende, schwache Thiazinbraunfärbimg. Vergrößerung etwa 800fach. Fig. 42. Dasselbe. Goldpräparat. 1600fache Vergrößerung. Die Querzüge deut- lich. Enge Blende. Fig. 43. Dasselbe Objekt wie Fig. 41. Längsschnitt. Isolierte Fibrillen mit dunk- len Rändern, an denen in regelmäßigen Abständen knötchenartige Verdickungen. Ver- größerung etwa SOOfacli. Goldpräparat. Fig. 44 und 45. Längsschnitt vom selben Präparat wie Fig. 42. Helle Mitte, dunkle Fibrillenhülle ; ausgesprochene Querverbindungen. In Fig. 45 dunkle Querbänder. Fig. 46 — 48. Isolierte Fibrillen in ultraviolettem Licht aufgenommen, lOOOfache Vergrößerung. Fig. 46. Stadium der Ruhe. Fig. 47. Kontraktionsstadium. An einzelnen Stellen sieht man am Rande Ver- dickungen, während in der Mitte der c-Streifen dünner wird. Fig. 48. Kontraktion mit deutlichem Unterschied zwischen Mittelstreifen imd Kontraktionsstreifen G, der als oval in Verkürzung gesehen erscheint. Er ragt etwas über die Fibrille heraus. Sarkoplasmakörner auf- imd anlagernd. Fig. 49. Querschnitt durch Herzmuskel wie Fig. 36. lOOOfache Vergrößerung in ultraviolettem Licht aufgenommen. Einzelne Fibrillen zeigen eine dunkle Umrandung, manchmal auch inverses Verhalten. Bei Schiefschnitten sind ebenfalls die Fibrillen von dunklen Rändern umgeben. Fig. 50. Das Gleiche bei 2000facher Vergrößerung. Fig. 51. Menschliches Spermium ungefärbtes Anstrichpräparat bei 1000- und 2o00facher Vergrößerung in ultraviolettem Licht aufgenommen. Zur Erläuterung dient die Textfigur. Verlag von Wilheln Tafel XXII e ngelmann, Leipzig Neue Photographische Gesellschaft Aktiengesellschaft • Berlin-Steglitz Archiv für Zellforschung. Bd. XV Verlag von Wilhek E Tafel XXIII ie Engelmann, Leipzig Neue Photographische Gesellschaft Aktiengesellschaft • Berlin-Steglitz ♦ V 38 51 b 51a Arcniv tur Zelllorschung. Bd.' XV IV# £ • .VV • p** 42 Verlag von Wilhelm Engelmann, Leipzig Nene Photographische Gesellsch Über die Struktur des menschlichen Spermiums. Von H. Marcus. Aus dem anatomischen Institut München. Mit 1 Textfigur und Fig. 51 auf Tafel XXIV. Durchblättert man die Lehrbücher, so findet man immer wieder vom menschlichen Spermium die gleichen Bilder, die auf Abbildungen von Retzius basieren, und dann das MEVESSche Schema. Und in der Tat, die RETZiusschen Figuren sind musterhaft und bei einem so hervor- ragenden Beobachter wie Retzius wäre es ein aussichtsloses Bemühen, wollte man ohne Anwendung neuer Methoden Neues dazu finden. Eint» solche Neuerung, die ich durch die Güte von Prof. Walkhoff amvenden konnte, war die Photographie in ultraviolettem Licht. Die Resultate waren verblüffend und übertrafen meine Erwartungen, obwohl ich schon seit mehreren Jahren entsprechend den Gedanken- gängen von Koltzoff in meinen Vorlesungen ein Modell eines Spermiums demonstrierte, das aus einem gebogenen Draht als Gerüst bestand, das in eine heiße Gelatinelösung getaucht, nach der Abkühlung die Form eines Spermiums nachahmte. Der vordere Abschnitt des Kopfes wurde in eine warme Paraffinlösung getaucht und so bildete sich nach dem Erstarren eine Kopfkappe, wie es das MEVESSche Schema darstellt. Im Mittelstück war der Draht spiralig gewunden und daher haftete dort mehl- Gelatine und verlieh dem » Mittelstück« ein größeres Kaliber als dem Schwanz, wo nur ein dünner Gelatineüberzug haften blieb. Nach der allgemeinen Auffassung jedoch, die auch im jüngst er- schienenen Lehrbuch der Histologie von Schaffer vertreten ist, besteht der Kopf des Spermiums aus einer einheitlichen, nicht weiter zu analy- sierenden Masse. Man weiß, daß der Kern in »kompakter Form« darin enthalten ist, nimmt, eine Kopfkappe an, mehr nach Analogie mit anderen Tierformen und weil der vordere Abschnitt sich färberisch anders verhält 446 H. Marcus als der hintere. Schließlich ist noch eine Vakuole in wechselnder Lage und Größe bekannt. Wie aber die Form des Kopfes zustande kommt, darüber sind mir weder Angaben noch Erörterungen bekannt. Und doch muß ein bestimmtes Etwas vorhanden sein, das den größeren runden Kern der Spermatide in die spezifische Form des Spermakopfes hinein- zwingt, mag dies nun ein Innenskelett oder eine äußere Hülle sein. Auf alle diese Fragen und Forderungen, die ich, wie gesagt, schon lange gestellt hatte und die mittels Quellung zu lösen ich mich vergeblich bemühte, gab mir die ultraviolette Photographie die gewünschte Antwort. Ich konnte dabei folgende Punkte feststellen: 1. Eine Kopfkappe, wie sie Meves im Schema darstellt, existiert beim Menschen nicht. Vakuole ßecherhü/se Fig. 1. \ 2. Dagegen ist im hinteren Kopfabschnitt als äußere Begrenzung ein dunkles kelchartiges Gebilde von Vs ju Dicke, in dem durch einen hellen Streifen getrennt der eigentliche Kern sitzt, etwa wie die Eicheln in ihrer Becherhülse. Diese Becherhülse reicht etwas über ein Drittel des Kopfes nach vorn und hört mit scharfem Rande auf, wie aus einer leichten Einkerbung am Spermium ersichtlich ist. Da das ultraviolette Licht stark absorbiert wird, besitzt sie offenbar eine bedeutende Dichte und Festigkeit. 3. Der Kern ist heller als diese Becherhülse, aber ungleichmäßig, was durch die verschiedene Dicke vorne und hinten bedingt ist. Außer- dem ist die Vacuole als eine gleichmäßig helle Scheibe ohne Struktur, offenbar ein Flüssigkeitstropfen vorhanden. Der Rand des Kerns ist ein Über die Struktur des menschlichen Spermiums. 447 dunkler, also dichterer Streifen, der genau wie der Draht meines Modells verläuft und den ich »Randreifen« benennen will. Dieser Randreifen ist aber nicht glatt und gleichmäßig, sondern weist in regelmäßigen Ab- ständen knotenartige Verdickungen auf. Diese dunklen Streifen ver- laufen nicht nur am Rand des Spermiumkopfes, sondern von diesem aus- gehend auch quer wie Reifen eines Fasses. Ich konnte zwei solcher »Quer- reifen« oberhalb der Becherhülse beobachten. Auch hier sind knotenartige Verdickungen in regelmäßigen Abständen, die ich für Knotenpunkte eines Gitters halte, obwohl ich ein solches nur einmal zu Gesicht bekam. Ich glaube, dieser eine positive Befund genügt für die plausible Annahme, daß ein korbartiges festeres Gerüst das formative Element des Sper- miumkopfes gleichsam als Exoskelett bildet, das ich »Randkorb« bezeich- nen will. 4. Außerdem ist ein dunkler Längsstreifen deutlich, der in einer Verstärkung des oben beschriebenen Randreifens nahe der Spitze be- ginnt und in der Richtung zum Schwanz zu verfolgen ist, deutlich bis zur Becherhülse, undeutlicher, aber auch dann noch bei mittlerer Einstellung mit Bestimmtheit zu erkennen innerhalb dieser ebenfalls dunklen Partie. Dieser »Kopffaden« zeigt keinen absolut geraden Verlauf wie ein ge- spanntes Seil, sondern eine leichte Krümmung, die aus der Figur leicht ersichtlich ist. Wie er weiter verläuft, soll gleich erörtert werden. 5. Im Hals sah ich ebenfalls an einer anderen Photographie einen centralen dunklen Faden, der entsprechend dem vorderen und hinteren Centrosomenknötchen von Meves eine Verdickung aufwies und in den Kopf sich verfolgen ließ. Obgleich ich den Zusammenhang mit dem vorhin beschriebenen Längsfaden im Kopfe nicht direkt beobachten konnte, glaube ich nicht fehlzugehen, wenn ich diese zwei Bilder kombiniere und annehme, daß ein Faden in einem Ring oder in einer Platte des Rand- korbes beginnt, den Kopf sowie den Hals durchsetzt und durch eine Öff- nung der Becherhülse in den Hals tritt. Ob nun eine Befestigung am hinteren Halsknötchen an der vorderen Grenze des Verbindungsstückes stattfindet, oder ob auch hier eine direkte durchgehende Verbindung mit dem Hauptfaden des Schwanzes besteht, konnte ich bisher nicht ent- scheiden, doch ist ersteres wahrscheinlicher. 6. Auf Profilansichten erscheint die Spitze verstärkt. Das kann die Fußplatte für den eben beschriebenen, den Kopf durchsetzenden, Haltefaden sein, kann aber auch unabhängig davon eine Verstärkung des Randfadens sein, also eine Art Perforatorium. In der Textfigur habe ich all diese Befunde an verschiedenen Photo- grammen vereinigt und insofern ist die Zeichnung schematisch. Die Dia- 448 H. Marcus, Über die Struktur des menschlichen Spermiums. positive lieferten im Zeichenapparat auf das Zehnfache vergrößerte Bilder, so daß das Spermium 10 OOOfach vergrößert erscheint. In der Figur 51a u. b Tafel XXIV ist ein Spermium im Brom- silberverfahren von unretouchierten Platten in 1000 und 2000facher Vergrößerung reproduziert . Dunklere Partien deuten darauf hin, daß auch im Spermakopf die chromatische Substanz ungleichmäßig verteilt ist. Der dunkle Bogen, welcher in der Textfigur vorne die Vakuole umspannt, dürfte nur der optische Ausdruck für die Verjüngung des Kopfes nach vorne zu sein. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. ARCHIV FÜR ZELLFORSCHUNG HERAUSGEGEBEN VON DR. RICHARD GOLDSCHMIDT PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN FÜNFZEHNTER BAND ERSTES HEFT MIT 6 TEXTFIGUREN UND 5 TAFELN AUSGEGEBEN AM 17. JUNI J9J9 Mitteilung an die Herren Mitarbeiter. Sämtliche Beiträge für das Archiv für Zellforschung, deren Veröffentlichung in deutscher, französischer, englischer und italienischer Sprache erfolgen kann, bittet man an die Adresse des Herrn Professor Dr. R. Goldschmidt, Zoologisches Institut, München, Alte Akademie zu senden. Die Herren Mitarbeiter erhalten an Honorar Al. 40. — für den Druckbogen. Überschreitet eine Arbeit den Umfang von 4 Bogen, so wird für den Mehr- umfang ein Honorar nicht gewährt. Dissertationen sind von der Honorierung ausgeschlossen. Die Manuskripte sind nur einseitig beschrieben und druckfertig ein- zuliefern, d. h. so, daß das Lesen der Korrektur in der Ausmerzung von Satzfehlern besteht, nicht in einer stilistischen oder sachlichen Umarbeitung. Jedes Einschieben von Worten und ähnliche Änderungen sind mit entsprechenden Kosten verknüpft und sie müssen, wenn dadurch die normalen Korrekturkosten wesentlich erhöht werden, den betr. Herren Autoren zur Last gelegt werden. Die Zeichnungen für Tafeln und Textabbildungen (diese mit genauer An- gabe, wohin sie im Text gehören) werden auf besondern Blättern erbeten, auch wolle man beachten, daß für eine getreue und saubere Wiedergabe gute Vorlagen unerläßlich sind. Anweisungen für zweckmäßige Herstellung der Zeichnungen mit Proben der verschiedenen Reproduktionsverfahren stellt die Verlagsbuchhandlung den Herren Mitarbeitern aufWunsch zur Verfügung. Bei photographisch aufgenommenen Abbildungen wird gebeten, die Negative bei Absendung des Manuskripts unmittelbar an die Verlagsbuchhandlung zu schicken. Die Veröffentlichung der Arbeiten geschieht in der Reihenfolge, in der sie druckfertig in die Hände der Redaktion gelangen, falls nicht besondere Umstände ein späteres Erscheinen notwendig machen. Redaktion und Verlagsbuchhandlung. Die andauernd stark steigenden Herstellungskosten und die anhaltende Papierknappheit zwingen mich, die Anzahl der kostenlos zu liefernden Sonderdrucke auf 20 herabzusetzen. Von einer Bestellung weiterer Exem- plare auf Kosten der Herren Autoren wolle man nach Möglichkeit absehen und nur im äußersten Notfälle eine solche vornehmen. Ich mache die Herren Autoren höflichst darauf aufmerksam, daß die Herstellung der 20 kostenlosen Sonderdrucke und einer eventl. größeren Anzahl nur dann be- rücksichtigt werden kann, wenn die gewünschte Anzahl bereits auf dem Manuskript angegeben ist. Diese neue Einrichtung tritt mit dem nächsten Heft in Kraft. Die Verlagsbuchhandlung. Zur Beachtung! Wegen der außergewöhnlichen Steigerung der Gehälter und Löhne sowie aller übrigen Geschäftsunkosten sehe ich mich zu meinem Bedauern genötigt, vom 1. April 1919 an bis auf Widerruf 20% Teuerungszuschlag zu berechnen. Leipzig Hochachtungsvoll Wilhelm Engelmann. Inhalt des 1. Heftes. Seite Otto Hartmann, Über das Verhalten der Zell-, Kern- und Nucleolen- größe und ihrer gegenseitigen Beziehungen bei Cladoceren, während des Wachstums, des Generationscyclus und unter dem Einfluß äußerer Faktoren. Eine zellphysiologische Studie. Mit 5 Figuren im Text, zahlreichen Tabellen und Tafel I — III 1 Helene Gajewska, Über den sogenannten Dotterkern der Amphibien. Mit Tafel IV 95 H. Joseph, Über Richtungsspindeln bei Enchytraeus. Mit 1 Figur im Text und Tafel V 121 Referate :Federley, Harry, Chromosomenstudien an Mischlingen.L/.Seiter) 137 Harrison, J. W., B. Sc., and L. Doncaster, Sc. D., On Hybrids between Moths of the Geometrid Sub-Family Bistoninae. (J. Seiler) . . 139 Doncaster, L., Sc. D., Chromosomes, Heredity an Sex. (J. Seiler). 141 Haase-Bessell, Gertraud, Digitalisstudien I. (J. Seiler) 143 Herwerden, M. A. von, La Digestion des Spermatozoides par la Nuclease. (M. A. von Herwerden) , 143 VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG Neuerscheinungen : Brahms’ Briefwechsel. XIII. Band: Johannes Brahms im Briefwechsel mit Th. Wilhelm Engelmann. Mit einer Einleitung von Julius Röntgen und zwei Bildnissen. (Herausgegeben vom Verlag der Deutschen Brahms- Gesellschaft m. b. H. in Berlin und vom Verlag Wilhelm Engelmann in Leipzig.) 182 Seiten 8. Geheftet M. 9. — In imit. Pergament gebunden M. 11. — Qllilling, F., Die Juppitersäule des Samus und Severus. Das Denk- mal in Mainz und seine Nachbildung auf der Saalburg. (Veröffentlichung des Saalburg - Museums.) 236 Seiten auf feinstem Kunstdruckpapier mit zahlreichen Textabbildungen und 2 farbigen Tafeln, gr. 4. (Frank- furt a. M., in Komm.) Geschmackvoll gebunden M. 150. — Schmidt-Breitung, H., Weltgeschichte der neuesten Zeit. 1902 bis 1918. (Sonderabdruck aus Georg Webers Lehr- und Handbuch der Weltgeschichte.) gr. 8. IX Seiten und Seite 793 — 1018. Geheftet M. 4.80, kartoniert M. 5.60 Weber, Georg, Kleine Weltgeschichte. In zwei Bänden. Vollstän- dig neu bearbeitet von Ludwig Rieß. gr. 8. I. Band. Altertum und Mittelalter. XXI und 1060 Seiten. II. Band. Neuzeit und Neueste Zeit. XXV und 1154 Seiten. Jeder Band geheftet M. 20. — , gebunden M. 25. — Weber, Georg, Lehr- und Handbuch der Weltgeschichte. In vier Bänden. 22. Auflage, gr. 8. IV. Band. Neueste Zeit. Bearbeitet von A. Baldamusf und F. Molden- hauerf. Erster Abdruck. Von 1902 bis auf die Gegenwart fortgeführt von Dr. H. Schmidt-Breitung. XXV und 1018 Seiten. Geheftet M. 10. — , gebunden M. 13. — Auf vorstehende Preise je 20% Teuerungszuschlag! VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG Physikalische Chemie der Zelle und der Gewebe Von Rudolf Höher Vierte, neubearbeitete Auflage Mit 75 Figuren im Text. XVIII und 808 Seiten. Groß-Oktav Gebunden M. 20. — zuzügl. 20% Teuerungszuschlag Aus den Besprechungen: .... Die schnelle Folge der Neuauflagen der »Physikalischen Chemie« von Höher ist der beste Beweis, wie sehr das Interesse für dieses schwierige Gebiet im großen naturwissenschaft- lichen und ärztlichen Kreise gewachsen ist. .... Zweifellos gehört das Höbcrsche Werk zu dem Besten, was wir in der deutschen natur- wissenschaftlichen Handbuchliteratur besitzen. . . . Die neue Auflage ist gegen die frühere be- deutend vergrößert. . . . Die deutsche Wissenschaft kann auf dieses Werk stolz sein. Berliner klinische Wochenschrift. Physiologische Pflanzenanatomie von Dr. G. Haberlandt o. ö. Professor der Botanik, Direktor des Pflanzenphysiologischen Instituts der Universität Berlin Fünfte, neubearbeitete und vermehrte Auflage Mit 295 Abbildungen im Text. XVI und 670 Seiten, gr. 8 Geheftet M. 22.50, in Leinen geb. M. 27.50 zuzügl. 20% Teuerungszuschlag Aus den Besprechungen: Das Buch wird für jeden, der zwecks Forschung oder eigenen Belehrung anatomische Studien treibt, unentbehrlich sein, bildet aber auch wegen seines leichtflüssigen, ansprechenden Stiles eine angenehme belehrende Lektüre für jeden ernsten Naturfreund. Dr. E. Irmscher. Natur. VERLAG von GUSTAV FISCHER inJENA August Weismann. Von Ernst Gaupp f weil. o. ö. Professor der Anatomie und Direktor des Königl. anatomischen Instituts der Universität Breslau Preis: 9 Mark, geb. 11 Mark. Das Buch wird jeden Biologen, auch wenn er Weismann kennt, interessieren müssen, denn so kennt ihn keiner, daß ihn nicht diese Darlegung der Zusammenhänge als neu fesselte. Den Jüngern der Biologie aber, den Studierenden der Medizin und Naturwissenschaft wird hier ein ausgezeichnetes Buch zur Einführung in diese schwie- rigen theoretischen Fragen vorgelegt. Diesem Heft liegt eine Ankündigung des Werkes „Weber-Rieß, Kleine Weltgeschichte“ und „S c h m i d t- B rei tu n g, Weltgeschichte 1902 — 1918“. 11 sowie die Verlagsberichte der Jahre 1917 und 1918 der Firma Wilhelm Enge' mann in Leipzig bei. Druck von Breitkopf iSc Härtel in Leipzig. ZELLFORSCHUNG VON DR. RICHARD GOLDSCHMIDT MITGLIED DES KAISER -WILHELM -INSTITUTS FÜR BIOLOGIE IN BERLIN -DAHLEM FÜNFZEHNTER BAND ZWEITES HEFT MIT 14 TEXTFIGUREN, 5 KURVEN UND 7 TAFELN AUSGEGEBEN AM 9. DEZEMBER J9I9 Preis: M. 36. — . Inhalt des 2. Heftes. Seite P. N. Schürhoff, Über die Teilung des generativen Kerns vor der Kei- mung des Pollenkorns. Mit Tafel VI 145 Otto Hartmann, Über die experimentelle Beeinflussung der Größe pflanzlicher Chromatophoren durch die Temperatur. Mit Tafel VII und 10 Textfiguren 160 Otto Hartmann, Über den Einfluß der Temperatur auf Plasma, Kern und Nucleolus und cytologisc'ne Gleichgewichtszustände. (Zell- physiologische Experimente an Pflanzen.) Mit Tafel VIII — XII, 4 Textfiguren, zahlreichen Tabellen und 5 Kurven 177 Mitteilung an die Herren Mitarbeiter. O amtliche Beiträge für das Archiv für Zellforschung, deren Veröffentlichung *^in deutscher, französischer, englischer und italienischer Sprache erfolgen kann, bittet man an die Adresse des Herrn Professor Dr. R. Goldschmidt, Berlin-Dahlem, Kaiser-Wilhelm -Institut für Biologie, zu senden. Die Herren Mitarbeiter erhalten an Honorar M. 40. — für den Druckbogen und 40 Sonderdrucke. Überschreitet eine Arbeit den Umfang von 4 Bogen, so wird für den Mehrumfang ein Honorar nicht gewährt. Dissertationen sind von der Honorierung ausgeschlossen. Die Manuskripte sind nur einseitig beschrieben und druckfertig ein- zuliefern, d. h. so, daß das Lesen der Korrektur in der Ausmerzung von Satzfehlern besteht, nicht in einer stilistischen oder sachlichen Umarbeitung. Jedes Einschieben von Worten und ähnliche Änderungen sind mit entsprechenden Kosten verknüpft und sie müssen, wenn dadurch die normalen Korrekturkosten wesentlich erhöht werden, den betr. Herren Autoren zur Last gelegt werden. Die Zeichnungen für Tafeln und Textabbildungen (diese mit genauer An- gabe, wohin sie im Text gehören) werden auf besondern Blättern erbeten, auch wolle man beachten, daß für eine getreue und saubere Wiedergabe gute Vorlagen unerläßlich sind. Anweisungen für zweckmäßige Herstellung der Zeichnungen mit Proben der verschiedenen Reproduktionsverfahren stellt die Verlagsbuchhandlung den Herren Mitarbeitern auf Wunsch zur Verfügung. Bei photographisch aufgenommenen Abbildungen wird gebeten, die Negative bei Absendung des Manuskripts unmittelbar an die Verlagsbuchhandlung zu schicken. Die Veröffentlichung der Arbeiten geschieht in der Reihenfolge, in der sie druckfertig in die Hände der Redaktion gelangen, falls nicht besondere Umstände ein späteres Erscheinen notwendig machen. Redaktion und Verlagsbuchhandlung. Verlag oon 2BiI^cIm(EngeImann in ü e i p 3 i g ©eorg SBebers 2Ulgemehte 5Mtge[d)id)te in 16 Sänben dritte Auflage 23oIl)tänbig neu bearbeitet oon Dr. fiubtoig Ktejj (Erfter 23anb: $ie äg^ptifd^mefopotamifthe &ulturgemeinfd)aft unb Me ijjerausMIöung bes ©egenfatjes oon (Europa 3U 2lften (bis 494 d. (E^r.) 5Dlit ausführlichem 3nhaltsoer3eid)nis unb 9?egifter, XV u. 673 Seiten gr. 8 ißreis geheftet 9Jtart 25. — , in ed)tes Seinen gebunben mit Sd)ut}hülfe 9Jtart 30.— unb Sortimenter =Deuerungs3ufd)lag Die folgenben Sänbe follen in fu^en 3u>if(henräumen erfdjeinen. Der 3toeite Sanb befinbet fi ■'un i(/.r i/.uuni ARCHIV FÜR ZELLFORSCHUNG HERAUSGEGEBEN VON DR. RICHARD GOLDSCHMIDT MITGLIED DES KAISER -WILHELM -INSTITUTS FÜR BIOLOGIE IN BERLIN -DAHLEM FÜNFZEHNTER BAND DRITTES HEFT MIT 7 TEXTFIGUREN UND 3 TAFELN AUSGEGEBEN AM 5. NOVEMBER J920 LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1920 Preis: M. 22.— . (Dazu z. Zt. 50% Verleger- T euer ungszuschlag.) Mitteilung an die Herren Mitarbeiter. Sämtliche Beiträge für das Archiv für Zellforschung, deren Veröffentlichung in deutscher, französischer, englischer und italienischer Sprache erfolgen kann, bittet man an die Adresse des Herrn Professor Dr. R. Goldschmidt, Berlin-Dahlem, Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie, zu senden. Die Herren Mitarbeiter erhalten an Honorar M. 40. — für den Druckbogen und 40 Sonderdrucke. Überschreitet eine Arbeit den Umfang von 4 Bogen, so wird für den Mehrumfang ein Honorar nicht gewährt. Dissertationen sind von der Honorierung ausgeschlossen. Die Manuskripte sind nur einseitig beschrieben und druckfertig ein- zuliefern, d. h. so, daß das Lesen der Korrektur in der Ausmerzung von Satzfehlern besteht, nicht in einer stilistischen oder sachlichen Umarbeitung. Jedes Einschieben von Worten und ähnliche Änderungen sind mit entsprechenden Kosten verknüpft und sie müssen, wenn dadurch die normalen Korrekturkosten wesentlich erhöht werden, den betr. Herren Autoren zur Last gelegt werden. Die Zeichnungen für Tafeln und Textabbildungen (diese mit genauer An- gabe, wohin sie im Text gehören) werden auf besondern Blättern erbeten, auch wolle man beachten, daß für eine getreue und saubere Wiedergabe gute Vorlagen unerläßlich sind. Anweisungen für zweckmäßige Herstellung der Zeichnungen mit Proben der verschiedenen Reproduktionsverfahren stellt die Verlagsbuchhandlung den Herren Mitarbeitern auf Wunsch zur Verfügung. Bei photographisch aufgenommenen Abbildungen wird gebeten, die Negative bei Absendung des Manuskripts unmittelbar an die Verlagsbuchhandlung zu schicken. Die Veröffentlichung der Arbeiten geschieht in der Reihenfolge, in der sie druckfertig in die Hände der Redaktion gelangen, falls nicht besondere Umstände ein späteres Erscheinen notwendig machen. Redaktion und Verlagsbuchhandlung. Inhalt des 3. Heftes. Seile J. Seiler, Geschlechtschromosomen-Untersuchungen an Psychiden. I. Experimentelle Beeinflussung der geschlechtsbestimmenden Reifeteilung bei Talaeporia tubulosa Retz. Hierzu Tafel XIII und 2 Figuren im Text 249 W. J. Schmidt, Über pigmentfreie Ausläufer, Kerne und Centren der Melanophoren bei den Fröschen. Mit Tafel XIV 269 Richard Goldschmidt, Kleine Beobachtungen und Ideen zur Zellen- lehre II. Die Spermatogenese eines parthenogenetischen Frosches nebst Bemerkungen zur Frage, welches Geschlecht bei den Am- phibien das heterozygotische ist. Mit 3 Figuren im Text . . . 283 Richard Goldschmidt, Kleine Beobachtungen und Ideen zur Zellen- lehre III. Die Bedeutung der atypischen Spermatozoen. Mit 2 Figuren im Text 291 Andor von Szüts, Degenerationserscheinungen in den Borstenbildungs- zellen, Chloragogenzellen und Samentaschenepithelzellen der Lumbriciden. Mit Tafel XV 301 Referate: Metz, Ch. W., Chromosome studies in the Diptera. I/III. (Nachtsheim) 310 Mohr, Otto L., Mikroskopische Untersuchungen zu Experimenten über den Einfluß der Radiumstrahlen und der Kältewirkung auf die Chromatinreifung und das Heterochromosom bei Decticus verruc'civorus 312 VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG Johannes Brahms Briefwechsel XIII. Band: Johannes Brahms im Briefwechsel mit Th. Wilhelm Engelmann Mit einer Einleitung von Julius Röntgen und 2 Bildnissen 182 Seiten. 8. Preis geheftet M.9. — . In imitiertem Pergament geb. M. 1 1. — Dazu z. Z. 50% Verleger-Teuerungszuschlag Aus den Besprechungen: Brahms’ Briefwechsel mit dem zuerst in Utrecht und dann in Berlin als Universitätsprofessor wirkenden bekannten Physiologen Engelmann gehört zu den schönsten Denkmalen, die sich freundschaftliche Beziehungen gesetzt haben. Und sicher stehen die Briefe beider Männer nicht an letzter Stelle unter denen, die uns den großen Meister und prachtvollen Menschen Brahms und seinen Kreis erschließen. Engelmann ist es nicht zum wenigsten zu danken, daß Brahms trotz teilweise ungünstiger Verhältnisse als Komponist rasch in Holland Fuß faßte. Wie schön und fruchtbar sich seine persönlichen Beziehungen zu dem ihm sympathischen und ihm geistig etwas bedeutenden Menschen entwickelten, davon ist dies Buch ein treffendstes Zeugnis. Ein guter Geist geht von ihm aus, eine echte und tiefe Freundschaft loht in ihm, ein Sinn, der in das Wesen des anderen einzudringen trachtet, nicht mit Phrasen und hohlem Gerede um sich wirft, zu geben, wie zu empfangen weiß, nichts achtlos beiseite schiebt, immer zu fröhlichem Scherze aufgelegt ist und für erlittenes Leid menschlich schöne und starke Worte findet. Neue Musikzeitung. Heft 20. Wer Brahms in seiner natürlichen Herzlichkeit und echten Biederkeit kennen lernen will, wird diese Briele, die als ein Freundschaftsdokument zwischen dem in Utrecht und später in Berlin als Universitätsprofessor tätigen Physiologen Engelmann und Meister Johannes zu gelten haben, mit besonderer Freude lesen. ... So manche bisher nicht bekannte Einzelheit in der Charakteristik unseres Künstlers wird uns dadurch bekannt gemacht; darum wird dieses Buch all denen Freude bereiten, die Meister Brahms nicht nur als Musiker, sondern auch als heiteren, gemütvollen Menschen kennen lernen wollen. Deutsche Musikerzeitung. Nr. 35. Engelmanns Briefe an Brahms, die den Zeitraum von 1874 bis zu Brahms Tode umfassen, sind in reichem Maße geeignet, auch dem Fernerstehenden ein Bild der beiden hervorragenden Menschen zu geben, und in Engelmann lernt man überdies einen der besten Briefschreiberseiner Zeit kennen. Allen Brahms-Freunden ist das Buch warm zu empfehlen. Berliner Tageblatt. 7. Jahrg., Nr. 36. Ganz abgesehen von den Personen, von denen die Briefe herrühren, gehören namentlich Engelmanns Briefe, dank ihrer vollendeten Form, in das Gebiet der Literatur. Und so werden nicht nur Brahms-Freunde, sondern alle, die an historischen Briefen Interesse haben, freudig zum Brahmsschen Briefwechsel greifen und reichlichen Gewinn daraus schöpfen. Akademische Zeitung. Der neue Band von Brahms’ Briefwechsel überliefert wieder eine Reihe charakteristischer Brahms-Dokumente der Öffentlichkeit. . . . Das Haus des Engelmannschen Paares wurde so ein wichtiges Musikzentrum für Holland; und als den Hausleuten das Verständnis und die große Liebe für Brahmssche Musik aufgegangen war, wurde es ein Brahmssches Musikzentrum, die holländische Expositur der Brahms-Verehrung, von der aus rührig für die Verbreitung und für das Verständnis der Werke Brahms’ gearbeitet wurde. Die Begeisterung für die Sache nebst mancherlei anderen menschlichen Vorzügen knüpften alsbald auch ein persönliches Freund- schaftsband zwischen Brahms und Engelmann, das bis zum Tode des Meisters lörtbestehen sollte. Davon gibt der Briefwechsel beredtes Zeugnis. Briefe und Antworten stimmen har- monisch überein, ob cs sich um Fragen einer künstlerischen Veranstaltung oder um Persönliches, Privates, Alltägliches handelt ... WienerZeitung. ... Der Briefwechsel, der die Zeit von 1874 bis wenige Tage vor dem Tod des Meisters umfaßt, wird jedem, der Brahms liebt und versteht, herzliche Freude bereiten! Schweizerische Musikpädagog. Blätter. Jahrg.7. . . . Die neuen Brahms-Briefe zeigen den Meister im vollen-Lichte der geistigen Regsamkeit und des Humors, die ihn als Briefschreiber auszeichneten, und so manches wertvolle Selbst- zeugnis über seine Persönlichkeit und sein Leben ist darin zu finden. . . Von Brahms Humor findet sich in diesen Briefen manch köstliche Probe. Neue Zürcher Zeitung. VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG Vorlesungen über Histologie und Histogenese nebst Bemerkungen über Histotechnik und das Mikroskop von Dr. univ. med. Josef Schaffer o. ö. Professor der Histologie an der Universität in Wien Mit 589 zum Teil farbigen Abbildungen im Text und auf 12 lithographierten Tafeln. — VIII und 528 Seiten gr. 8 Preis: Geheftet M. 28. — , in echtes Leinen gebunden M. 34. — Dazu z. Zt. 50% Verleger-Teuerungszuschlag = Ankündigungen mit Probeseiten stehen kostenlos zur Verfügung = Aus den Besprechungen: Das dem Altmeister der Histologie, Victor von Ebner, gewidmete Werk des hervorragenden Wiener Histologen verdient in hohem Grade die Auf- merksamkeit aller derer, die an histologischen Studien Interesse haben Ein jeder, der das Buch zur Hand nimmt, wird seine Reichhaltigkeit be- wundern. In Anbetracht der glänzenden Ausstattung — die zwölf farbigen Tafeln sind besonders hervorzuheben — und mit Rücksicht auf die Zeit- verhältnisse ist der Preis mäßig zu nennen. Marchand (Leipzig), Zentralblatt für Pathologie. . . . Das Werk erscheint als reifes Erzeugnis eines üie Materie voll- ständig beherrschenden Gelehrten. Vorliegendes Werk enthält nicht nur Lehrbuchmäßiges, sondern auch Forschungsergebnisse, und dann ist es besser, als die mir bekannten Lehrbücher. . . . . . . Die Ausstattung ist eine bessere, als sie seit einigen Jahren leider üblich ist, den Abbildungen ist volles Lob zu spenden, denn sie sind zahl- reich, gut gewählt, anschaulich und originell. Schweizerische Rundschau für Medizin XX. Band, Nr. 28. Vorliegendes Heft enthält den „Verlagsbericht 1919“ der Firma Wilhelm Engelmann, sowie Ankündigungen über folgende Werke: „Dannemann, Die Naturwissenschaften in ihrer Entwicklung“ 2. Aufl. 1. Bd.; „Goldschmidt, Einführung in die Vererbungswissenschaft“ 3. Aufl.; „Villiger, Gehirn und Rückenmark“ 5. — 7. Aufl. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. ARCHIV FÜR ZELLFORSCHUNG HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. RICHARD GOLDSCHMIDT 2. DIREKTOR DES KAISER -WILHELM -INSTITUTS FÜR BIOLOGIE IN BERLIN -DAHLEM FÜNFZEHNTER BAND VIERTES HEFT MIT 15 TEXTFIGUREN UND 9 TAFELN AUSGEGEBEN AM J5. APRIL J92J LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1921 Preis: M. JS4. — (einscfal. V erleger-T euerungseuschlag) Mitteilung an die Herren Mitarbeiter. Sämtliche Beiträge für das Archiv für Zellforschung, deren Veröffentlichung in deutscher, französischer, englischer und italienischer Sprache erfolgen kann, bittet man an die Adresse des Herrn Professor Dr. R. Goldschmidt, Berlin-Dahlem, Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie, zu senden. Die Herren Mitarbeiter erhalten an Honorar M. 40. — für den Druckbogen und 40 Sonderdrucke. Überschreitet eine Arbeit den Umfang von 4 Bogen, so wird für den Mehrumfang ein Honorar nicht gewährt. Dissertationen sind von der Honorierung ausgeschlossen. Die Manuskripte sind nur einseitig beschrieben und druckfertig ein- zuliefern, d. h. so, daß das Lesen der Korrektur in der Ausmerzung von Satzfehlern besteht, nicht in einer stilistischen oder sachlichen Umarbeitung. Jedes Einschieben von Worten und ähnliche Änderungen sind mit entsprechenden Kosten verknüpft und diese müssen, wenn dadurch die normalen Korrekturkosten wesentlich erhöht werden, den betr. Herren Autoren zur Last gelegt werden. Die Zeichnungen für Tafeln und Textabbildungen (diese mit genauer An- gabe, wohin sie im Text gehören) werden auf besonderen Blättern erbeten, auch wolle man beachten, daß für eine getreue und saubere Wiedergabe gute Vorlagen unerläßlich sind. Anweisungen für zweckmäßige Herstellung der Zeichnungen mit Proben der verschiedenen Reproduktionsverfahren stellt die Verlagsbuchhandlung den Herren Mitarbeitern auf Wunsch zur Verfügung. Bei photographisch aufgenommenen Abbildungen wird gebeten, die Negative bei Absendung des Manuskripts unmittelbar an die Verlagsbuchhandlung zu schicken. Die Veröffentlichung der Arbeiten geschieht in der Reihenfolge, in der sie druckfertig in die Hände der Redaktion gelangen, falls nicht besondere Umstände ein späteres Erscheinen notwendig machen. Redaktion und Verlagsbuchhandlung. Inhalt des 4. Heftes. S. Kuschakewitsch, Studien über den Dimorphismus der männlichen Geschlechtselemente bei den Prosobranchia. II. Die Spermato- genese von Cerithium vulgatum L. Mit Tafel XVI — XIX und 7 Fi- guren im Text 313 D. Carruthers, B. Sc., The Somatic Mitoses in Hyacinthus orientalis var. albulus. With Plate XX 370 Leonardo Martinotti, Ricerche sulla fine struttura dell’ epidermide umana normale in rapporto alla sua funzione eleidoche- ratinica. Nota IV. Lo strato corneo e la formazione della cheratina. Con tavola XXI 377 H. Marcus, Über den feineren Bau quergestreifter Muskeln. Mit Tafel XXII— XXIV und 7 Figuren im Text 393 H. Marcus, Über die Struktur des menschlichen Spermiums. Mit Fi- gur 51 auf Tafel XXIV und 1 Figur im Text 445 VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG Soeben erschienen: BIBLIOTHECA Z00L0GICA II. VERZEICHNIS DER SCHRIFTEN ÜBER ZOOLOGIE WELCHE IN DEN PERIODISCHEN WERKEN ENTHALTEN UND VOM JAHRE 1861-1880 SELBSTÄNDIG ERSCHIENEN SIND MIT EINSCHLUSS DER ALLGEMEIN -NATURGESCHICHTLICHEN, PERIODISCHEN UND PALAEONTOLOGISCHEN SCHRIFTEN BEARBEITET VON DR. O. TASCHENBERG ORD. HONORAR -PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT HALLE 21. LIEFERUNG: Nachträge, Signatur 755-764 . . M. 36.— 22. „ „ „ 765-774 . . „ 36.- 23. ,, „ ,, 775 — 784 mit Titelbogen zu Bd. VII, 2 u. Inhaltsverzeichnis des VII. Bandes ,, 44. — Gleichzeitig wurde vollständig: VII. BÄND. 2. HÄLFTE Nachträge, Signatur 745—777 . . . M. 96. — Vorstehende Preise einschließlich Verleger-Teuerungszuschlag Aus den Besprechungen der 1. Hälfte des VII. Bandes: . . . etwas zum Lobe des allen zoologisch Arbeitenden unentbehrlichen Werkes zu sagen, erübrigt sich wohl . . . literarisches Zentralblatt. . . . Immer wieder muß betont werden, daß alle auf dem Gebiete der Zoologie arbeitenden Forscher ihm (dem Verfasser) für seine selbstlose und mühevolle Arbeit zu tiefstem Danke verpflichtet sind. Zentralblaä für Zoologie. VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG FÜNF REDEN VON EWALD HERING ☆ Über das Gedächtnis als eine allgemeine Funktion der organisierten Materie Über die spezifischen Energien des Nervensystems Zur Theorie der Vorgänge in der lebendigen Substanz Zur Theorie der Nerventätigkeit ☆ Herausgegeben von H. E. Hering Mit einem Bildnis von Ewald Hering ° 140 Seiten gr.-8. Preis geheftet M. 14. — einschließlich Verleger-Teuerungszuschlag Aus den Besprechungen: . . . Diese ausgewählten Reden zeigen, daß Ewald Hering nicht bloß ein 1 führender Forscher gewesen ist, sondern auch ein glänzender Schriftsteller. 1 Prager Tagblatt. | Durch Nachdruck der 24. — 26. Lieferung des VIII. Jahrganges w'urde soeben wieder komplett: ZOOLOGISCHES ZENTRALBLATT Preis der bei mir erschienenen Jahrgänge I — XVIII 1500 Mark einschließlich Verleger-Teuerungszuschlag Zur gefl Beachtung! Alle nach ^em l- Januar 1921 erscJieinen- den Hefte meiner Zeitschriften liefere ich ohne Valutazuschlag. Leipzig, Mittelstr. 2. Wilhelm Engelmann. Das vorliegende Heft enthält eine Ankündigung über „Wossidlo, Kysto- skopischer Atlas“ und den Verlagsbericht 1920 von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig.