^ ^■^ ARCHIV FÜR ZELLFORSCHUNG HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. RICHARD GOLDSCHMIDT 2. DIREKTOR DES KAISER- WILHELM-INSTITUTS FÜR BIOLOGIE IN BERLIN-DAHLEM « SECHZEHNTER BAND MIT 75 TEXTFIGUREN UND 26 TAFELN LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN \922 ^£VV VORK üardbm Inhalt des sechzehnten Bandes Erstes Heft Ausgegeben am 25. Oktober 1921 Seite W. J. Schmidt, Über den Nachweis der Epidermis -Tonofibrillen (bei Emyda granosa) im polarisierten Licht. Mit 4 Abbildungen auf Tafel I u. II 1 J. Seiler, Geschlechtschromosomen -Untersuchungen an Psychiden. II, Die Chromosomenzyklen von Fumea casta und Talaeporia tubu- losa. „Non- Disjunction" der Geschlechtschromosomen. Mit 4 Figuren im Text und Tafel III 19 Hildegard Lutz, Physiologische und morphologische Deutung der im Protoplasma der Drüsenzellen außerhalb des Kernes vorkommen- den Strukturen. Mit 4 Figuren im Text und Tafel IV u. V . . . 47 J. Gelei, Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. II. Die Längskonjugation der Chromosomen. Mit 7 Figuren im Text und Tafel VI— XI 88 Referate: Nachtsheim, Hans, Zytologische und experimentelle Unter- suchungen über die Geschlechtsbestimmung bei Dinophilus apatris. (J. Seiler) 170 Zweites Heft Ausgegeben am 7. März 1922 J.Seiler, Geschlechtschromosomen -Untersuchungen an Psychiden. III. Chromosomenkoppelungen bei Solenobia pineti, Z. Eine zyto- logische Basis für die Faktorenaustausch -Hypothese. Mit 7 Fi- guren im Text, Tafel XII und 12 Tabellen 171 Martha Kolliner, Über den Golgischen Netzapparat bei einigen Wirbel- losen. Mit 3 Figuren im Text und Tafet XIII 217 Hans Loewenthal, Die Oogenese von Tubifex tubifex (Müll.). (Zur Kritik der „Kernverschmelzung" Oschmanns.) Mit Tafel XIV . . 231 Emmerich Markovits, Zytologische Veränderungen von Paramaecium nach Bestrahlung mit Mesothorium. Mit 6 Figuren und 4 Kurven im Text 238 LuiGi Cognetti de Martiis, Contributo alla conoscenza della spermato- genesi dei Rabdocelidi. Tavole XV— XVII 249 IV Seite Referate: Abderhalden, Emil, Handbuch der Biologischen Arbeits- methoden. (R. G.) 285 Pfeiffer, Chr., Grundbegriffe der photographischen Optik. (Mosler) 285 Schaffer, Josef, Vorlesungen über Histologie und Histogenese nebst Bemerkungen über Histotechnik und das Mikroskop. (Fritz Levy) 286 Goldschmidt, Rich., Die quantitative Grundlage von Vererbung und Artbildung. (J. Seiler) 287 CONKLIN, E.G., Mitosis and Amitosis. (Nachtsheim) 289 Harvey, E. B., Mitotic division of binucleate cells. (Nachtsheim) . 290 Smith, B. G., The individuality of the germ-nuclei during the cleavage of the egg of Cryptobranchus allegheniensis. (Nachtsheim) . , . 291 KoMAi, T., Spermatogenesis of Squilla oratoria de Haan. (Nachtsheim) 291 Shaffer, E. L., A comparative study of the chromosomes of Lach- nosterna (Coleoptera) 293 Harman, Mary T., Chromosome studies in Tettigidae. II. Chromo- somes of Paratettix BB and CG and their hybrid BC. (Nachtsheim) 294 Schrader, f.. Sex determination in the White-fly (Trialeurodes vapo- rariorum). (Nachtsheim) 295 FooT, Katherine, Preliminary note on the spermatogenesis of Pedi- culus vestimenti. (Nachtsheim) 296 Federley, H., Beiträge zur Kenntnis der Säugetiergametogenese. I. Die Spermatogenese von Mus silvaticus L. (Nachtsheim) .... 297 Drittes Heft Ausgegeben am 11. April 1922 J. Gelei, Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. III. Die Konjugationsfrage der Chromosomen in der Literatur und meine Befunde. Mit 1 Textfigur 299 Th. Rappeport, Über die somatische Mitose des Menschen. Mit 2 Text- figuren und Tafel XVIII , 371 Paul Schulze, Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. Mit 26 Textfiguren und Tafel XIX 383 Referate: Wodsedalek, J, E., Studies on the cells of cattle with special reference to spermatogenesis, oogonia, and sex-determination. Biol. Bull., Vol. XXXVIII. 1920. p. 290—317, with 5 plates ... 439 Hertwig, Paula, Abweichende Form der Parthenogenese bei einer Mutation von Rhabditis pellio. Eine experimentell cytologische Untersuchung. Arch. f. mikr. Anat. Festschr. f. O. Hertwig. 1920. p. 1—35. Mit 1 Tafel 440 WiNGE, Ö., On the relation between number of chromosomes and number of types, in Lathyrus especially. Journ. of Genetics. Vol. VIII. 1919. p. 133—138, with 1 plate 441 V Viertes Heft Ausgegeben am 29. September 1922 Seite Clara Wolff, Über konzentrische Strukturen im Eikern von Coleopteren. Mit 11 Textfiguren und Tafel XX 443 Nabuyoshi Takahashi, Über Kernveränderungen in Ganglienzellen der Fische. Tafel XXI 463 W. J. KuLMATYCKi, Bemerkungen über den Bau einiger Zellen von Ascaris megalocephala mit besonderer Berücksichtigung des sogenannten Chromidialapparates. Tafel XXII— XXVI 473 Referate: Hogben, L. T., Studies on synapsis. I. Oogenesis in the Hymenoptera. Proc. Roy. Soc. London, Ser. B, Vol. 91, p. 268— 293, with 6 plates (60 fig.) 551 Metz, Ch. W. and Nonidez, J. F., Spermatogenesis in the fly, Asilus sericeus. Journ. of exper. Zool., Vol. 32, 1921, p. 164—185, with 2 plates (22 fig.) 553 ARCHIV FÜR ZELLFORSCHUNG HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. RICHARD GOLDSCHMIDT 2. DIREKTOR DES KAISER -WILHELM -INSTITUTS FÜR BIOLOGIE IN BERLIN -DAHLEM '2» SECHZEHNTER BAND • ERSTES HEFT MIT 15 TEXTFIGUREN UND JI TAFELN AUSGEGEBEN AM 25. OKTOBER J92I LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN \92t Preis: M. J88.— (einschl. Verleger-Teoerungszuschlag) Mitteilung an die Herren Mitarbeiter. Sämtliche Beiträge für das Archiv für Zellforschung, deren Veröffentlichung in deutscher, französischer, englischer und italienischer Sprache erfolgen kann, bittet man an die Adresse des Herrn Professor Dr. R. Goldschmidt, Berlin-Dahlem, Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie, zu senden. Die Herren Mitarbeiter erhalten an Honorar M, 40. — für den Druckbogen und 40 Sonderdrucke. Überschreitet eine Arbeit den Umfang von 4 Bogen, so wird für den Mehrumfang ein Honorar nicht gewährt. Dissertationen sind von der Honorierung ausgeschlossen. Die Manuskripte sind nur einseitig beschrieben und druckfertig ein- zuliefern, d. h. so, daß das Lesen der Korrektur in der Ausmerzung von Satzfehlern besteht, nicht in einer stilistischen oder sachlichen Umarbeitung. Jedes Einschieben von Worten und ähnliche Änderungen sind mit entsprechenden Kosten verknüpft und diese müssen, wenn dadurch die normalen Korrekturkosten wesentlich erhöht werden, den betr. Herren Autoren zur Last gelegt werden. Die Zeichnungen für Tafeln und Textabbildungen (diese mit genauer An- gabe, wohin sie im Text gehören) werden auf besonderen Blättern erbeten, auch wolle man beachten, daß für eine getreue und saubere Wiedergabe gute Vorlagen unerläßlich sind. Anweisungen für zweckmäßige Herstellung der Zeichnungen mit Proben der verschiedenen Reproduktionsverfahren stellt die Verlagsbuchhandlung den Herren Mitarbeitern auf Wunsch zur Verfügung. Bei photographisch aufgenommenen Abbildungen wird gebeten, die Negative bei Absendung des Manuskripts unmittelbar an die Verlagsbuchhandlung zu schicken. Die Veröffentlichung der Arbeiten geschieht in der Reihenfolge, in der sie druckfertig in die Hände der Redaktion gelangen, falls nicht besondere Umstände ein späteres Erscheinen notwendig machen. Redaktion und Verlagsbuchhandlung. Inhalt des 1. Heftes. Seite W. J. Schmidt, Über den Nachweis der Epidermis -Tonofibrillen (bei Emyda granosa) im polarisierten Licht. Mit 4 Abbildungen auf Tafel I u. II 1 J.Seiler, Geschlechtschromosomen- Untersuchungen an Psychiden. II. Die Chromosomenzyklen von Fumea casta und Talaeporia tubu- losa. „Non- Disjunction" der Geschlechtschromosomen. Mit 4 Figuren im Text und Tafel III 19 Hildegard Lutz, Physiologische und morphologische Deutung der im Protoplasma der Drüsenzellen außerhalb des Kernes vorkommen- den Strukturen. Mit 4 Figuren im Text und Tafel IV u. V . . . 47 J. Gelei, Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. II. Die Längskonjugation der Chromosomen. Mit 7 Figuren im Text und Tafel VI— XI 88 Referate: Nachtsheim, Hans, Zytologische und experimentelle Unter- suchungen über die Geschlechtsbestimmung bei Dinophilus apatris. (J. Seiler) 170 LISRAKT •OTAISICAL Über den Nachweis der Epidermis-Tonofibrillen (bei Emyda granosa) im polarisierten Licht. Von Prof. Dr. W. J. Schmidt, Zoologisches Institut, Bonn. (Mit 4 Abb. auf Tafel I u. II). V. V. Ebner hat in seinem grundlegenden Werke «Untersuchungen über die Anisotropie organisierter Substanzen «i) auch die Erscheinungen der Doppelbrechung an geschichteten Epithelien, insbesondere an der Cornea des Schweines, einer eingehenden Prüfung unterzogen. Er ging dabei von der Überlegung aus, daß in den tiefsten Epithelschichten beim Wachstum immer neue Elemente zwischen die älteren eingeschaltet werden, wodurch aus ursprünglich mehr kugeligen Zellen infolge des über- wiegenden Seitendrucks senkrecht zur Epithclf lache verlängerte Zellen entstehen müssen. Werden diese durch nachrückende Elemente in die Höhe gedrängt, so sind sie hier dem Widerstand der darüber liegenden, seitlich fest zusammenhaltenden Zellschichten ausgesetzt, wodurch der Seitendruck in einen Vertikaldruck übergeht, der in einer zur freien Epithelfläche hin zunehmenden Abplattung der Zellen seinen Ausdruck findet. Denkt man sich den Seitendruck, der in den tiefen Epithelschichten vorwiegend herrscht, durch einen dazu senkrecht gerichteten Zug — also in der Längsrichtung der basalen Epithelzellen — ersetzt, so muß gemäß der gewöhnlich bestehenden Beziehung zwischen Dehnung und Doppel- brechung die tiefste Epithelschicht positiv einachsig doppel- brechend sein, mit Richtung der optischen Achse senkrecht zur Epithel- fläche, die oberen Schichten dagegen bei der Umkehrung der Druck- bzw. Zugvt rhältnisse negativ einachsig doppelbrechend erscheinen bei gleicher Orientierung der optischen Achse: in der Mittelschicht des Epithels, in der ein Übergang vom Seitendruck zum Vertikaldruck stattfindet, muß eine Zone bestehen, in welcher der Druck annähernd 1) Leipzig. 1882. Archiv f. Zellforschung. XVI. 2 W. J. Sclimidt, nach allen Richtungen hin derselbe ist, somit kein merklicher Grad der Doppelbrechung vorhanden sein kann. In der Tat ergab die Beobachtung bei gekreuzten Nikols die erwar- teten Erscheinungen, und insbesondere zeigte der Querschnitt des Cornea- epithels, über einer Gipsplatte Rot I. 0. untersucht, tiefe und ober- flächliche Schicht in entgegengesetzter Färbung und durch eine sehr schmale, neutrale Zone getrennt: parallel zum Hauptschnitt der Gipsplatte orientiert, erschien die äußere Zellage in steigenden, die tiefe in sinkenden Interferenzfarben; senkrecht zu ihm herrschte das umgekehrte Verhalten. Entsprechende Befunde ergab auch die Cornea des Frosches, die eine relativ breite neutrale Zone aufwies, v. Ebner bemerkt, daß diese Beobachtungen auch an alkoholbehandelten Präparaten angestellt werden können, hier jedoch manchmal die tiefen Schichten des Epithels ihre Doppelbrechung verlieren. Verwickeitere Erscheinungen bot die Epidermis des Menschen dar: obwohl senkrechte Schnitte von der frischen Planta pedis sich unter keinem Azimut neutral erwiesen, so ließ sich doch nicht verkennen, daß die Hornschicht dann das Maximum der Helligkeit sinkender Farben zeigte, w^enn die Tangente ihrer gewellten Schichten senlo-echt zum Haupt- schnitt der Gipsplatte steht, steigender in der dazu senkiTchten Lage. Die Hornschicht wirkt also auch hier im Querschnitt negativ in bezug auf die Normalen ihrer Schichten. Und bei den tiefen Lagen der Schleim- schicht ist eine verhältnismäßig positive Wirkung in bezug auf die langen Durchmesser der Basalzellen vorhanden. Somit finden sich auch hier prinzipiell dieselben Verhältnisse wie am Querschnitt der Cornea. Daß Horizontalschnitte nicht optisch neutral sind, wie es die Theorie verlangt, wenn die optische Achse senkrecht zur Epithelfläche orientiert sein soll, ist schon deshalb nicht verwunderlich, weil die Hornschicht einen welligen Verlauf hat und daher in Flächenansicht unter den verschiedensten Win- keln gegen die Oberfläche orientiert sein muß. Untersuchungen an isolierten Zellen brachten v. Ebner zur Über- zeugung, daß — wenn auch häufig für eine einzelne Zelle keine Stellung gefunden werden kann, in der sie beim Drehen zwischen den Nikols ganz neutral ist — die Epidermiszellen stets verhältnismäßig positiv wirken in bezug auf ihren längeren Durchmesser, also steigende Farben zeigen, wenn dieser dem Hauptschnitt der Gipsplatte parallel steht, sinkende bei zur früheren senkrechten Orientierung; besitzt die Zelle keinen bevorzugten Durchmesser, so erscheint sie nahezu neutral. So findet der verschiedene optische Charakter von tiefer und oberflächlicher Epithelschicht auch aus dem Verhalten der einzelnen Zellen seine Erkläru r g. über den Nachweis der Epidermis-Tonofibrillen bei Emyda granosa im polaris. Licht. 3 »Da dio ZcJllunncii direkte Folgen des Druckes sind, so würde in diesen optisclien Eigenschaften auch die Wirkung des Druckes direkt zum Ausdruck komnuMi« (v. Ebner). So sieht v. Ebner denn in dem Umstände, daß ein und derselbe histologische Elementarbestandteil im Verlauf des Wachstujns den optischen Charakter ändert, eine hinreichend verwickelte Forderung, um für diesen speziellen Fall als Prüfstein der Spannungs- theorie gelten zu können. Deren wesentlicher Inhalt läßt sich in den Satz fassen, daß die Doppelbrechung organisierter Substanzen auf einer bestimmten Orientierung ihrer »Moleküle« beruht, die durch Zug- und Druckkräfte während der Entstehung bzw. des Wachs- tums des betreffenden Gewebes herbeigeführt wurde. Soweit erfreut sich die Theorie wohl heute allgemeiner Zustimmung, während die Frage, ob die einzehien kleinsten Teilchen (Micellen Nägelis) auch an sich doppelbrechend sind, diese Eigenschaft aber durch ihre regellose Lage- rung im ungeordneten Zustande nicht zur Geltung konmien kann, noch keine einheitliche Beantwortung gefunden hat^). Der Grad der Doppelbrechung einer Epithelzelle ist nicht nur vom Drucke bestimmt, dem sie während einer bestimmten Wachstumsperiode ausgesetzt war. sondern auch von ihrem größeren oder geringeren Wasser- reichtum abhängig, so daß es begreiflich wird, wenn eine verhornte Epi- dermis viel stärkere Doppelbrechung zeigt als ein weiches Zylinderepithel (v. Ebner). — Seitdem Ranvier als erster auf die faserige Struktur der mensch- lichen Epidermiszellen aufmerksam gemacht hat, ist durch die Unter- suchungen zahkcicher späterer Forscher sicher gestellt worden, daß die aus einer Zelle mittels der Zellbrücken in die andern eintretenden Fibrillen (»Plasmafasern«) in ihrer Gesamtheit ein gesetzmäßig aufgebautes Fasersystem darstellen. Seine mechanische Bedeutung im einzelnen zu begründen, hat zunächst Kromayer^) versucht. Er kam zu dem Er- gebnis, daß die Epidermis in der Anordnung der Plasmafasern eine »funk- tionelle Struktur« besitzt, die ihr nicht nur Zug- sondern auch Druck- festigkeit und AViderstandsfähigkeit gegen scheerende Wir- kung verleiht, obwohl die Protoplasmafaser wesentlich nur eine ausnutz- bare Zugfestigkeit in ihrer Längsrichtung hat. Es ist aber hier in ähnlicher Weise wie bei manchen bindegewebigen Strukturen die Aufgabe gelöst, aus einem zugfesten Material ein druckfestes Gebilde herzustellen. Wenn ^) Vgl. Biedermann, Physiologie der Stütz- und Bindesnbstanzen in: Handb. vgl. Physiol. III. Bd., Jena 1914. 2) Die Parenchymhaut und ihre Erkrankungen in: Arch. f. Entwicklungsniechanik Bd. 8, 1899. 4 , W. J. Schmidt, auch die Deutungen von Kromayer nicht in allen Einzelheiten allgemeinen Beifall gefunden haben, indem über die feineren Anordnungsverhältnisse der Fasern Meinungsverschiedenheiten bestehen i), so wird doch durchweg angenommen, daß die Fasern in der Richtung der im Gewebe vorherr- schenden Zugspannungen liegen und zugleich derart angeordnet sind, daß sie äußerer mechanischer Beanspruchung Widerstand zu leisten ver- m-ögen. Demnach gehören die Plasmafasern zur allgemeinen Kategorie der Widerstandsfibrillen, Tonofibrillen Heidenhains^). Nach Heidenhain entstehen die für die Tonofibrillen maßgeblichen Span- nungen durch den internen Wachstumsdruck, (Zellteilung, Material- verschiebung, gegenseitige Pressung der Zellen im Epithel) und sie insub- stanziieren sich durch die Fasersysteme (a. a. 0. S. 691). Über zahlreiche Formen ausgedehnte Forschungen^) haben erwiesen, daß die Ausbildung von Tonofibrillen eine allgemeine Erscheinung in der Wirbeltierepidermis darstellt, und wenn auch bei den einzelnen Ob- jekten sich Unterschiede zeigen, so dürfte doch im allgemeinen der Faser - verlauf derart sein, daß er in den tiefen Schichten des Stratum Malpighii senkrecht zur Epithelfläche gerichtet ist, in den oberen allmählich in horizontale Lagerung übergeht und schließlich der Fläche der Oberhaut parallel zieht, Heiden- hain hat ein Schema gegeben, das diese Auffassung in allgemeinster Fassung zur DarsteUung bringt (a. a. 0. Fig. 584 S. 970). Es sei noch bemerkt, daß auch in der Hornschicht die Tonofibrillen erhalten, wenn- gleißh nur schwer oder undeutlich nachweisbar sind : Weidenreich*) läßt die ))Membran« der Hornzellen durch Umwandlung des fibrillären Exoplas mas der Zellen des Stratum Malpighii entstehen und das Fibrillen- netz im Z Ihnnern ist nach ihm durch die persistierenden Protoplasma- fasern gebildet. Der glriche'Autor weist darauf hin, daß die Zusammen- setzung der ))Hornmembran« aus einzelnen Fasern an ihrem streifigen Charakter erkannt werden kann, auf den auch bereits Koelliker, Rabl und Ranvier aufmerksam gemacht hätten (a. a. 0., S. 211). — Nach den vorstehenden Ausführungen wird die Form der Epi- dermiszellen und die Anordnung der Tonofibrillen durch die ^) Vgl. ScHRiDDE, Die Protoplasmafasern der menschlichen Epidermiszellen, in Arch. f. mikr. Anat. Bd. 67, 1905, S. 291. 2) Vgl. M. Heidenhain, Plasma und Zelle, Bd. I, 2, Jena 1911. 3) Siehe z. B. Studnicka, Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten, in: Anat. Hefte Bd. 39, 1909. *) Über Bau und Verhornung der menschlichen Oberhaut, in: Arch. f. miki-. Anat. Bd. 56, 1900, S. 169. über den Nachweis der Epidorniis-Tonnfibrillon bei Emyda graiiosa im polaris. Licht. 5 sU'ulienMonuMitc, nämlich im Gewebe entstehende Spannung;eii, bestimmt. AVonn diese Spannungen aber Doppelbrechung hervor- rufen, dann ist zu erwarten, daß die Tonofibrillen vor allem Aniso- tropie aufweisen müssen, da sie ja aus der Gesamtheit des Zell- plasmas als die der größten mechanischen Beanspruchung unterliegenden Teile herausdifferenziert werden. Von dieser Voraussetzung ausgehend prüfte ich zunächst die Epi- dermis des Menschen in polarisiertem Licht. Aber ich konnte hier nur das durch V. Ebner beschriebene Verhalten der gi'ößeren Epidermisabschnitte l)estätigen, dagegen nichts von Tonofibrillen erkennen. Das Tonofibrillen- system ist beim Menschen zwar sehr reichlich entwickelt, aber seine einzelnen Fasern sind überaus fein und dicht miteinander verwoben, so daß es zu ihrer sicheren Unterscheidung sehr dünner Schnitte bedarf. Diese zeigen aber entsprechend der geringen Schicht doppelbrechender Masse, die zur Wirkung kommt, nur sehr sch^vache Erscheinungen im Polari- sationsmilo-oskop, zumal ja auch der Grad der Doppelbrechung des wasserreichen Stratum Malpighii kein besonders hoher sein kann. Bei meinen Studien am Integument der Reptilien stieß ich aber auf ein Objekt, das sich für den gewünschten Zweck hervorragend geeignet erwies, die Epidermis der Weichschildkröte Emyda granosa Schoepff; vornehmlich ha])e ich mich an die Oberhaut des Panzers gehalten, da- neben auch die der Lippenanhänge geprüft, die ebenfalls für Untersuchung in polarisiertem Licht brauchbar ist. Im Gegensatz zu der Mehrzahl der Schildkröten bilden die Triony- chiden, zu denen Emyda gehört, kein eigenthches Schildpatt auf ihrem Panzer; ihr(> Hornschicht bleibt vielmehr dünn und so weich, daß man mit dem Fingernagel Eindrücke darin hervorrufen kann. Auch ist die Oberhaut des Panzers hier nicht in einzelne Hornschilder gegliedert, sondern überzieht ihn als eine einheitliche, glatte Decke. Ehe ich auf die Beobachtungen in polarisiertem Licht eingehe, soll der Bau der Epidermis kurz an Hand von Eisenhämatoxyhnpräparaten (Schnittdicke 7,5 /^) geschildert werden. Die an ihniMi gewoniuMien P^rfah- rungen ermöglichen oder erleichtern wenigstens die Deutung der Bilder, die das Polarisationsmikroskop gibt. Die Gesamtdicke der Epidermis beträgt 75//, davon entfallen auf die Hornschicht etwa 20//, also ungefähr ein Drittel. Das Stratum Mal- pighii besteht aus einer untersten Lage basaler Zylinderzellen und mehreren (4—5) Schichten polyedrischer, alhnählich nach oben hin im Schnitt (> horizontal-spindelförmiger Zellen. Die Hornschicht geht ziemUch un- vermittelt aus der Keimschicht hervor; bei schwächeren Vergrößerungen 6 W. J. Schmidt, zeigt sie eine feine Horizontalstreifung, die sich unter starken Objektiven in einzelne, nach außen hin immer dünner werdende, sehr stark abgeplattete, also im Querschnitt der Haut strichförmige Zellen auflöst. Durch die ganze Epidermis hindurch bis in die äußersten Teile der Hornschicht hinein lassen sich Interzellularräume beobachten, welche die Zellen voneinander trennen. Im Stratum Malpighii ziemhch groß, werden sie in der Hornschicht zu sehr feinen, nur an dünnen Schnitten wahrnehmbaTen Spalten. Die genannten Zellücken werden überall von Interzellularbrttcken durchsetzt. Seitlich zwischen den basalen Zellen erscheinen sie als dünne einfache Fäden, im größten Teile des Stratum Malpighii aber treten in ihrer Mitte die bekannten Anschwellungen, die BizzozEROSchen Knötchen, auf. In der Hornschicht sind die Zell- brücken entsprechend dem geringen Abstand der Elemente kurz, fast punktförmig und daher lassen sich nur im untern Teile dieser Lage Mittel- knötchen wahrnehmen. Auf Horizontalschnitten durch die Epidermis bieten sich die Zellbrücken als Punktierung der Zelloberfläche dar. Tonofibrillen finden sich in der basalen Zellschicht kräftig entwickelt, und zwar besitzt jede Zelle einen peripheren Mantel von Fasern; Flachschnitte durch die unterste ZeUage zeigen daher jedes Element von einem Ki'anz von Punkten eingesäumt, der die Querschnitte der Tono- fibriUen darstellt; vereinzelte dünnere Fibrillen treten auch mehr nach der Mitte der Zelle auf. Einzelne Zellen der basalen Schicht zeichnen sich durch eine besonders starke Ausbildung der Tonofibrillen aus: bei Eisenhämatoxyhnfärbung werden sie im ganzen tief geschwärzt; sie sind auch schlanker als die Mehrzahl der übrigen Elemente der gleichen Zone und ragen wohl etwas weiter wie ihre Nachbarn in die Lage der polye- drischen Zellen mit ihren oberen, zackig ausgeschnittenen Enden hinein. Diese Zellen stehen in ziemlich regelmäßigen Abständen voneinander, und an ihrer Basis setzt eine der das Korium senki-echt durchbrechenden »aufsteigenden Bindegewebsfasern« an. Auf die Ai't der Verbindung von Epidermis und Kutis soll hier nicht näher eingegangen werden; sie wird hauptsächlich durch die genannten aufsteigenden Fasern bewerkstelügt. Die Tonofibrillen der basalen Zellen treten durch die ZeUbrücken an ihrem oberen Ende in die darüber gelegenen polyedrischen Ele- mente ein. Auch in dieser Schicht halten sie wesentlich die Eichtung senkrecht zur Fläche der Epidermis -bei. Im allgemeinen sind sie hier ziemlich zart, doch lassen sich ki-äftigere Bündel durch melu:ere überein- ander gelegene Zellen hindurch verfolgen. Die Zellbrücken, die den Fibrillen solcher Bündel zum Durchtritt dienen, sind wesentlich dicker als die übrigen. Die genannten Bündel von Tonofibrillen gabeln sich unter Üb3r d3a Nichweis der Ei)idermis-Tonofibrillen bei Emyda granosa im polaris. Licht. 7 spitz*^m "Winkel öftor, iiulnu sie den Zellkernen ausweichen; dabei treten Teile benachhartiM- Bündel miteinander zusammen, so daß eine Umschal- tun^ der Fibrillen statthat. Untersucht man die polyedrischen Zellen von der Fläche, d. h. an Horizontalschnitten der Haut, so lassen sich die als dunkle scharfe Punkte auf ihrer Oberfläche erscheinenden Zellbrücken in das Innere der Z"lli» hinein weiter verfolgen: der Zc-lleib ist übersät von zarten, dichtstehenden Punkten, den Querschnitten der Tonofibrilkn; in der unmittelbaren ?sähe des Kernes kann man gelegentlich kräftigere und stärker gefärbte Fi!)rill!'nquerschnitte wahrnehmen, die ihn umsäumen. In der schmalen Übergangszone vom Stratum Malpighii zur Horn- J^chicht findet, mit ziemlich unvermittelter Abplattung der Zellen, die Richtungsänderung der Tonofibrillen statt. Indem nämlich bei der Abflachung der Zellen, ihre obere und untere Fläche sich einander nähern, legen sich die ursprünglich senki'echt zur Epidermisfläche gerichteten Tonofibrillen horizontal um. An solchen Zellen aus dem Lipponopithel war deutlich wahrzunehmen, daß jedes Zellschüppchen aus dicht aneinander gepreßten, leicht wellig verlaufenden und streckenweise miteinander verklebenden Tonofibrillen besteht, die im ganzen der Oberfläche des Epithels parallel ziehen. »Betrachtet man derartige Elemente von der Fläche, so kann man feststellen, daß die Tonofibrillen in unregelmäßigem Abstand den im Schwinden begriffenen Kern umki-eisen, wobei sie stellen- weise zu dickeren Fibrillen verschmelzen. In der nächsten Nähe des Kernes sieht man auch im Flächenbild häufig noch Querschnitte von Fasern. Offenbar verhindert der Kern, der zunächst die Mitte der Zelle noch leicht vorwölbt, daß hier die Tonofibrillen vollkommen horizontal umgelagert werden. Die Interzellularbrücken durchsetzen in der Horn- schicht wie überall den Raum zwischen benachbarten Zellen auf kürzestem Weg.'. (1. h. bi'i der starken Abplattung der HornzeUen annähernd senk- recht zur Epithelfläche. Die horizontal verlaufenden Ton()fil)rillen der HornzeUen treten daher fast unter rechtem Winkel an sie heran. In den äußersten Lagen der Hornschicht lassen sich keine Tonofibrillen mehr fest- stellen; doch kann ihr Vorkommen füglich nicht bezweifelt werden; mit der zunehmenden Abplattung der Zellen werden sie immer mehr aufeinan- der gepreßt und daher optisch nicht mehr so leicht isolierbar; auch nimmt mit dem Fortschreiten des Verhornungsprozesses ihre Färbbarkeit ab^). Die Untersuchungen in polarisiertem Licht habe ich an 15 /< dicken, ungefärbten, in Balsam eingeschlossenen Schnitten angestellt; 1) Inbictreff weiterer Einzelheiten nnd Aljbildnngen vom Bau der Epidermis vgl. meine Arbeit: »Die Panzerhaut der Weichscliildkröte Emyda usw.« im Arcli. f. mikr, Anat. Bd. 95, Abt. I. 8 W. J. Sclimidt, das hierzu benutzte Material Avar gut in Alkohol konserviert. Bei dieser Schnittdicke erwies sich die Doppelbrechung hiin-eichend stark, während gleichzeitig noch Einzelheiten erkannt werden konnten. Dünnere Schnitte (von 7,5//) gaben nur flaue Bilder; an dickeren Schnitten trat die all- gemeine Güederung der Epidermis womöglich noch schöner hervor, aber zum Studium von zellulären Details waren diese Präparate nicht gut brauchbar. Als Polarisator diente mrr ein in den Blendenträger des ABBESchen Apparates eingehängter Nicol mit schrägen Endflächen, als Analysator ein dem Okular aufgesetzter Hutnikol. Ein Gipsplättchen Rot I. 0. wurde dem Polarisator nach Bedarf aufgelegt. Die Bilder mit dieser ZEissschen Einrichtung waren von befriedigender Schärfe, wenn- gleich das Arbeiten mit einer solchen Einrichtung mancherlei Unbequem- lichkeiten bietet. Um die erforderliche Helügkeit der Bilder bei den für die folgenden Untersuchungen nötigen hohen Vergrößerungen zu er- reichen, muß man den Kondensor des AsBESchen Apparates einschalten und genau einstellen, ferner eine sehr helle Lichtquelle benutzen; als letzte diente mir eine Lihputbogenlampe von Leitz, deren Lichtintensität ge- legentlich durch eine in den Blendenträger eingelegte Mattscheibe ge- mildert wurde. Orientiert man einen solchen Schnitt der Haut von Emyda granosa bei gekreuzten Nikols derart, daß seine Außenkante sich in Diagonalstelluiig zu den Polarisationsebenen {NN u. N-yNi) befindet, so leuchten unter schwächerer Vergrößerung in der Epidermis zwei verschiedene Zonen hell auf (Fig. 1 Taf. I). Die äußere (H), die ungefähr ein Drittel von der Ge- samtdicke des Epithels ausmacht, erscheint sehr hell und fein horizontal gestreift; gegen die Oberfläche der Epidermis hin schneidet sie sehr scharf und fast geradlinig ab, nach innen zu ist ihre Begrenzung weniger bestimmt und nimmt ihre Helligkeit langsam ab. Lage und Ausdehnung der genannten Zone lassen ebenso wie ihre feine Horizontalschichtung erkennen, daß es sich um die Hornschicht handelt, was auch durch vergleichende Betrachtung desselben Schnittes in gewöhnlichem Licht bei starker Abbiendung oder gefärbter Präparate sicher gestellt werden ka nn. Die innere Zone {M, Fig. 1 Taf. I), die also dem Stratum Malpighii angehören muß, ninmit ungefähr die HäKte von der gesamten Epithel- dicke ein, sie leuchtet weniger hell und ist sehr zart und dicht und zwar senkrecht zm- Epithelfläche gestreift. Ihr unterer, an die Kutis angren- zender Rand verläuft leicht AveUig, ist aber durchaus bestimmt abgeschlos- sen, indem die genannte Streifung ganz unvermittelt aufhört. Weniger scharf abgesetzt ist der obere Rand dieser Lage; er geht vielmehr all- mählich in eine dritte dunkle, also optisch inaktive Zone (J) über, welche über den Nachweis der Epiderrais-Tonofibrilleii bei Eniyda granosa im polaris. Liclit. 1> somit (He Honipchicht von der letztbcschriebonen gestreifton Schiebt sondert; nur hier und da sind in der dunklen Zone schwach erhellte Stellen sichtbar. Werfen wir auch einen Blick auf das Verhalten derLederhaut in po- larisiertem Licht. Sie besteht aus horizontal anojeordneten Bindege- Avebslagen, die von zahlreichen senkrecht aufsteigenden, mit dem Epithel in Verbindung tretenden Fasern (s. o.) durchsetzt werden. Jede der hori- zontalen Lagen enthält dabei parallel verlaufende kollagene Faserbündel^ die in der diagonalen Richtung des Körpers ziehen, aber von Schicht zu Schicht um 90° gekreuzt sind. Der vorliegende Schnitt ist derart geführt, daß er den einen Teil dieser Fasern quer trifft, die andern somit in die Schnittebene hineinfallen. So wechseln dann im Bilde immer quer und längs getroffene Faserbündel schichtenweise miteinander ab. Da die Bindegewebsfasern positiv einachsig doppelbrechend sind mit Richtung der optischen Achse in der Längsachse der Faser, werden sie im Querschnitt (und zwar unter allen Azimuten) optisch inaktiv sein, also ZAvischen gekreuzten Nikols dunkel bleiben. So sieht man denn auch in unsrem Schnitte (Fig. 1 Taf. I), die quer getroffenen Faserlagen (Q) dunkel; die helle Streifung, die sie zeigen (senkrecht zur freien Fläche der Haut), wird durch die senkrecht aufsteigenden Fasern (S) be- dingt, die sich bei der gewählten Orientierung in Diagonalstellung zu den Polarisationsebenen befinden; das letzte gilc auch von den längs ge- troffenen Faserlagen (X), die als helle, leicht gewellte, horizontal gestreifte Schichten erscheinen. Die Lagen der Kutis nehmen nach der Epidermis hin an Stärke ab, so daß man die längs getroffenen Fasern nahe dem Epithel nur noch als dünne hello Linien beobachten kann. Auf einige weitere Eigentümlichkeiten des Aufbaues der Kutis soll hier nicht näher eingegangen Averdon: ihr Verhalten im polari«ierten Licht \yin\ uns aber später nochmals beschäftigen. Dreht man den Schnitt zwischen gekreuzten Mkols in tier Ebene des Objekttisches um 360°, so wird er viermal hell und dunkel, und zwar werden beide bei der erstgenannten Orientierung aufleuchtenden Schichten der Epidermis gleichzeitig und fast vollkommen dunkel, und zwar dann, wenn die freie Kante des Schnittes einer Polarisationsebene parallel ver- läuft. Diese Gleichmäßigkeit und Vollständigkeit der Auslöschung be- weist, daß in jeder der beiden Zonen die Anordnung der doppolbrochonden Bestandteile hinsichtlich ihrer Schwingungsrichtungen in weitgehendem Maße übereinstimmen muß. Legen wir nun ein Gipsplättchen Rot L 0. in der üblichen An- ordnung über den Polarisator und zwar derart, daß die große Achse 10 VV. J. Schmidt, seiner Elastizitätsellipse i) so zu den Polarisationsebenen verläuft, wie es in den Abbildungen durch einen Pfeil markiert ist. Orientieren wir jetzt den Schnitt so, daß seine freie Kante diagonal zu den Polarisations- ebenen und rechtwinklig zur Achse größter Elastizität im Gipsplättchen steht, so läßt sich folgendes feststellen. Die Hornschicht {E, Fig. 3 Taf. II) und die innere optisch aktive Schicht der Epidermis (M) erscheinen in entgegengesetzten Interferenzfarben und zwar die Hornschicht {E) in sinkender Farbe (Gelb I. 0.), das Stratum Malpighii dagegen in steigender Farbe (Blau IL 0.). Die intermediäre Schicht (J, Fig. 3, Tafel II), die ohne Gipsplättchen dunkel blieb, zeigt jetzt den neutralen, roten Ton des Gesichtsfeldes. Diese rote Farbe sieht man auch sehr deutlich zwischen den einzelnen senkrechten blauen Streifen des Stratum Malpighii. Dreht man nun das Präparat um 90°, so daß die freie Kante des Schnittes mit der Richtung der großen Achse in der Elastizitätsellipse des Gipsplättchens zusammenfällt, so bietet sich nunmehr die Hornschicht in steigenden (blau), das Stratum Malpighii in sinkenden Farben (gelb) dar; die intermediäre Schicht bleibt unverändert rot. Für die Lederhaut gilt folgendes: Ki'euzt die freie Kante des Schnittes rechtwinklig die große Achse der ElastizitätseUipse im Gips, so nehmen die längs getroffenen Lagen sinkende Farben, die senki'echt die Kutis durchsetzenden Fasern steigende an, während die quer getroffenen den neu- tralen Gipsgrund zeigen. Dabei lassen sich die senla-echt aufsteigenden Fasern besser als ohne Gipsplättchen im Schnitt bis zur Epidermis ver- folgen (Fig. 3, Taf. II). Die bisherigen Beobachtungen an der Epidermis von Emyda granosa bestätigen also durchaus die Befunde v. Ebners an der Cornea des Schwei- nes und der menschlichen Oberhaut: Hornschicht und Stratum Malpighii erweisen sich am Querschnitt der Haut als doppel- brechend und sind durch eine schmale neutrale Zone vonein- ander geschieden. Der optische Charakter der beiden doppel- brechenden Anteile der Epidermis ist entgegengesetzt. In bezug auf die Richtung senkrecht zur Epidermisfläche zeigt sich die Hornschicht negativ, das Stratum Malpighii positiv doppelbrechend. Unser Objekt hat vor der Epidermis des Menschen den Vorzug, daß Hornschicht und Malpighiische Schicht durch eine außerordentüch gbichmäßige Orientierung der optischen Achsen ihrer Bestandteile ausgezeichnet sind. ') = Hauptschnitt (Richtung c der Kristallographie); unter Elastizitätsellipse wird, wie bei Biologen üblich, die Druckellipse verstanden! über den Nachweis der Epidermis-Tonofibrillcn bei Einyda granosa im polaris. Licht. 1 1 Es ^^1ll•do schon erwähnt, daß bei Emyda weder Hornschicht noch Stratum Malpighii zwischen gekreuzten Nicols einheitUch hell erscheinen, sondern feinere Strukturen erkennen lassen; wie sind sie zu deuten? Die zarte Streifung des Stratum Malpighii senkrecht zur Epidermis- fläche bringt von vornherein den Gedanken nahe, daß sie durch die Tono- fibrillen verursacht wird; denn um das Sichtbarwerden einzelner Zellen kann es sich nicht handeln, da die Streifen dafür zu zart sind und viel zu dicht stehen. Diese Auffassung wird durch die Untersuchung der Präparate mit stärkeren Vergrößerungen durchaus gesichert (Fig. 2, Taf. I). In der Gegend der basalen ZyUnderzellen sehen wir bei diagonaler Orien- tierung des freien Schnittrandes zu den Polarisationsebenen kräftig auf- 1( uclitende Fasern, die bündelweise zusammenliegen und, leicht geschwun- gen, senkiTcht emporstreben. Nach unten hin weichen die einzelnen Fasern eines derartigen Bündels etwas auseinander, so daß sie insgesamt den Unterrand der Epidermis in fast geschlossener Anordnung einsäumen. Nach oben hin dagegen neigen sie zusammen und' lassen daher zwischen den' einzelnen Bündeln längUche Lücken frei, die keine Doppelbrechung zeigen. Offenbar stellen die beschriebenen Fibrillenbündel die Tono- fibrillen der basalen Epidermiszellen dar, die gemäß unserer Unter- suchung am gefärbten Präparat sich hauptsächlich in der Peripherie der Zolle halten und hier insgesamt eine mantelartige Schicht bilden. Der von ihnen umschlossene, im polarisierten Licht dunkel bleibende Teil der Zellen wird wesentlich vom Kern und der ihn umgebenden Zone f ibrillenfreien oder -armen Plasmas gebildet. Somit sind die basalen Zylinderzellcn der Malpighiischen Schicht nicht im ganzen doppelbrechend, sondern ihre Doppelbrechung beschränkt sich auf die in ihnen enthaltenen Tonofibrillen. Zu dem gleichen Ergebnis kommen wir auch bei Untersuchung des oberen Teiles des Stratum Malpighii. Wie bereits gesagt, nimmt hier die Aufhellung zwischen gekiTuzten Nicols nach oben hin allmählich ab, und daher ist sorgfältigste Einstellung des Polarisationsapparates und der Beleuchtungsvorrichtung nötig, um die folgenden Beobachtungqn machen zu können. Im genannten Niveau der Malpighiischen Schicht lassen sich im dunklen Gesichtsfeld des Polarisationsmiki-oskops zweierlei Strukturen wahrnehmen (Fig. 2, Taf. I): ein System horizontal ver- laufender, leicht gewellter Linien, die aus einer Unmenge klein- ster Striche zusammengesetzt sind, die alle senloTchten Verlauf zur Epidermisfläche zeigen, und zwischen ihnen befindhche, helle Flä- chen, die bei genauer Betrachtung eine feineStreif ung erkennen lassen, die ebenfalls senkn^cht zur Fläche der Epidermis gerichtet ist. 12 W. J. Schmidt, Die gestrichelten, vielfach unterbrochenen Linien halten sich in zienihch weiten Abständen voneinander und markieren zusammen recht deutlich die Zellgrenzen im oberen Teile des Stratum Malpighii. Unzweifel- haft handelt es sich um die hier ki-äftig ausgebildeten Zellbrücken. Daß sie nicht im ganzen Umki-eis der Zellen sichtbar sind, wird dadurch bedingt, daß sie bei der gewählten Orientierung des Schnittes zumteil mit ihrer Längsachse in die Polarisationsebenen hineinfallen und in dieser Stellung optisch unwirksam sind. Dadurch entstehen die zahlreichen Unterbrechungen der Zellkonturen. Die hellen fein gestreif-ten Massen zwischen den Interzellu- larbrücken sind die im Innern dieser Zellen befindlichen Tonof ibrillen. Die von ihnen eingenommenen Flächen werden von zahlreichen rundlichen dunklen Stellen unterbrochen, welche den Kernen entsprechen. Richtet man den Bhck auf die Gesamtheit der Tonofibrillen dieser Schicht, so gewahrt man hier und da kräftiger aufleuchtende Züge, die, von den Bündeln der basalen Epithelzellen angefangen, sich durch zwei oder drei ZeUagen hindurch verfolgen lassen, eine Erscheinung, die auch das gefärbte Präparat zeigt. Wie in den unteren Lagen des Stratum Malpighii, so erscheint also auch in den oberen die Doppelbrechung an die Tonofibrillen geknüpft. Die Hornschicht läßt unter stärkeren Vergrößerungen in polari- siertem Licht deuthch die einzelnen Zellen als streifenförmige, beiderseits sich verjüngende Gebilde unterscheiden (Fig. 2, Taf. I). Vor allem leicht gelingt das an ihrem Unterrand; hier ist bisweilen der Kern in der Zelle als dunkler längUcher Fleck noch sichtbar. Die Interzellularbrücken, die zwischen den Hornzellen bestehen, vermochte ich bei geki'euzten Nikols nicht oder nur sehr undeutlich wahrzunehmen. Andeutungen von Tono- fibrillen sind an gefärbten Präparaten in gewöhnlichem Licht, wie schon gesagt, in Flächenansicht der Zellschüppchen bisweilen festzustellen. Im polarisierten Licht erscheint die Hornmasse der einzelnen ZeUe aber einhcithch ohne feinere Struktur. Doch dürfen wir nach den vorigen Beobachtungen wohl annehmen, daß auch in der Hornschicht die Tonofibrillen im wesentlichen die Träger der Doppelbrechung sind; dafür spricht ja schon, daß die Stelle des Kernes keine Doppelbrechung zei^t, im fertigen Hörn aber die Tonofibrillen den gi'ößten Anteil der Masse dieser Zellen darstellen. Auch die Betrachtung der Präparate bei eingelegtem Gipsplätt- chen unter stärkeren Vergrößerungen (Fig. 4, Taf. II) ergibt, daß inner- halb des Stratum Malpighii die Tonofibrillen Träger der Doppel- brechung sind. Bei der gewählten Orientierung des Schnittes — die große Achse der Elastizitätsellipse im Gipsplättchen senki'echt zur freien über don Nachweis derEpidermis-Tonofibrillen bei Emyda granosa im polaris. Licht 13 Kante der Epidermis — erseheiiieii nur die beschriebenen Faserbündel in der basalen Lage der Malpighii'schen Schicht (M) blau, die dazwischen gelegenen Massen geben den roten Ton des Gipsgrundes. Sehr hübsch lassen sich jetzt auch die Fortsetzungen der Tonofibrillen der basalen Zylinderzellen in den höher gelegenen Lagen des Stratum IMalpighii als sich gabelnde und wieder miteinander verschmelzende senkrecht zur Epithelfläche emporstrebende Züge wahrnehmen. Auch die Zellbrücken sind sichtbar; doch hielt es schwer, ihre Farbe sicher anzugeben, sie er- schienen mir gleich den Tonofibrillen ])lau. was ja auch zu erwarten ist, da sie deren interzelluläre Fortsetzungen darstellen. Die intermediäre Schicht (./, Fig. 4, Taf. II) erweist sich bei eingelegtem Gipsplättchen unter starken Vergrößerungen nicht ganz optisch neutral, sondern nimmt gelblichen braunen Ton an, hier findet ja die Umordnung der Fasern statt, die zu den Verhältnissen in der Hornschicht überleitet. Auch in ihr sind streckenweise die Interzellularbrücken sichtbar. Das Stratum corneum {H, Fig. 4, Taf. II) ist — bei eingelegtem Gips- plättchen — von feinen roten Linien durchzogen, die den Interzellular- räunien entsprechen. Unsere Untersuchungen haben ergeben, daß die Tonofibrillen (mitsamt ihren interzellulären Fortsetzungen) die Träger der Doppel- brechung in der Epidermis sind. Das zeigte für das Stratum Malpighii die Beobachtung unmittelbar, während fiu: die Hornschicht ein gleiches Verhalten nur unter der Annahme erschlossen werden konnte, daß auch hier di^ Tonofibrillen erhalten blieben, aber so dicht gelagert sind, daß sie sich optisch nicht mehr einzeln erkennen lassen. Zu diesem letzten Punkte möchte ich noch bemerken, daß es mir an isolierten Hornzellen aus den Krallen vonUropIafus schon früher i) gelungen ist, in polarisiertem Licht streifige Differenzierungen wahrzunehmen, deren Zwischenräume optisch inaktiv erscheinen; gemäß den Beobachtungen am gefärbten Präparat konnte es sich bei den Streifen nur um Tonofibrillen handeln. Somit findet unsre Annahme betreffend Doppelbrechung der Hornzellen auch Stützen in ihrer Beobachtung in polarisiertem Licht bei andern Objekten. Übrigens haben auch schon frühere Forscher die Doppelbrechung der Epidermistonofibrillen wahrgenommen, ohne sie als solche anzusprechen: M.\x ScHULTZE^) beschrieb die verwickelten Erscheinungen der Doppel- ^) Studien am Integument der Reptilien VII, Bau und Entwicklung der Eidechsen- kralleji, in: Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. Bd. 39, 1916. Hier bereits einige allgemeine Be- merkungen über die Doppelbrechung der Epidermis-Tonofibrillen. a) Die kolbenförmigen Gebilde in der Haut von Petromyzon und ihr Verhalten im polarisierten Licht, in: Müllers Arch. 1861. 14 W.J.Schmidt, brechung an den Kolbenzellen in der Epidermis des Neunauges. Durch spätere Untersuchungen (s. bei Studnicka, a. a. 0.) wissen wir aber, daß diese Zellen durch eine besonders mächtige Entwicklung der Tonofibrillen ausgezeichnet sind; deren komplizierte Anordnung bedingt die eigentümlichen Erscheinungen der Kolbenzellen im polarisiertenLicht. Sehen wir aber in den Tonofibrillen die Träger der Doppel- brechung, so muß sich aus ihrer Anordnung in den verschiedenen Lagen der Epidermis das Verhalten der einzelnen Oberhaut - schichten im polarisierten Licht ergeben. Der Charakter der Doppel- brechung von fibrillären Bildungen des Tierkörpers (z. B. kollagene Fibrillen) ist durchweg positiv mit Rücksicht auf ihre Längsrichtung. Das gilt auch für die Tonofibrillen der Epidermis: fällt ilu-e Längs- achse mit der Richtung der großen Achse der Elastizitätsellipse im Gips- plättchen überein, so bieten sie steigende Farben dar, wie im Stratum Malpighii deuthch beobachtet werden kann (vgl. Fig. 4, M, Taf . 11), um 90° gegen die oben beschiiebene Lage gedreht, zeigen sie sinkende Farben; parallel den Polarisationsebenen erweisen sie sich optisch neutral. Somit sind die Tonofibrillen positiv doppelbrechend in bezug auf ihre Längsrichtung. Da aber der Verlauf der Tonofibrillen in den tiefen Lagen des Stratum Malpighii wesentlich senkrecht zur Epidermisfläche gerichtet ist, in der Hornschicht ihr aber parallel geht, somit die Fasern der beiden Schichten um 90° gekiTuzt erscheinen, so müssen diese beiden Zonen der Epidermis entgegengesetzte Interferenzfarben zeigen. Wir werden somit nicht wi& V. Ebner von einem Wechsel des Doppelbrechungscharakters der Zellen in der Epidermis sprechen; der Charakter der Doppelbrechung des eigent- lich optisch aktiven Elements in den Zellen, der Tonofibrillen, ist derselbe geblieben, überall positiv in bezug auf ihre Längsachse; geändert hat sich dagegen nur die Richtung dieser Fibrillen und nur dadurch er- scheint der Charakter der beiden genannten Epidermiszonen gegensätz- lich. Da die Tonofibrillen wesentlich längs zur größten Dimension der Zellen angeordnet sind, so steht damit v. Ebners Angabe, daß die einzelne EpidermiszeUe verhältnismäßig positiv in bezug auf ihren längeren Durch- messer wirkt, durchaus in Übereinstimmung. Wir dürfen auch annehmen, daß die Tonofibrillen der Epidermis gleich andern faserigen Bildungen des Tierkörpers einachsig doppel- brechend sind; den strengen Beweis dafür, die Feststellung, daß Quer- schnitte der Tonofibrillen optisch inaktiv sind, und somit in ihrer Längs- richtung eine optische Achse existiert, habe ich nicht erbringen können.. Dazu wäre es nötig, allein das Stratum Malpighii, insbesondere die. über clonNachweis (lorEpidermis-Tonofibrilleu bei Emyda granosa im polaris. Licht. ] 5 basalen Zellen in l''läelienansic-lit der Epidermis zu untersuchen; d( nn nur hier ist die Anordnuno- der Tonofibrillen so gleichmäßig, daß man hinreichend genaue Querschnitte derselben erwarten kann. Eine Isolation des basalen Anteiles des Stratum Malpighii gelang mir aber nicht. Untersuchte ich die leicht zu isolierende Hornschicht in Flächen- ansicht zwischen gekreuzten Nikols, so erwies sie sich nicht als optisch inaktiv (wie es v. Ebner von der Cornea des Schweines schildert), obwohl bei Emyda die Momente in Wegfall kommen, die ein solches Verhalten i)ei der menschlichen p]pidermis verständlich machen, nämlich der wellige Verlauf der Hornschicht. Die Hornschicht von Emyda erschien unter keinem Azimut völlig dunkel, vielmehr waren überall kleine, wenig hello Stellen bemerkbar, die an Ausdehnung hinter dem Umfang einer Horn- zelle zurückblieben und durch entsprechende dunkle Partien voneinander getrennt wurden, so daß das ganze Bild entfernt an eine Schachbrett- zeichnung erinnerte. Beim Drehen des Präparates in der Ebene des Objekttisches änderte sich das Bild, indem neue Stellen hell und andre dunkel wurden, aber eine völlige Auslöschung trat niemals ein, und eben so wenig konnte ich ein Helligkeitsmaximum in einer bestimmten Stellung wahrnehmen. Rufen wir uns ins Gedächtnis zurück, daß in den platten Hornschüppchen die Tonofibrillen eine unregelmäßig konzentrische An- ordnung zeigen, indem sie den Kern in der Ebene der Abflachung der Zelle umkreisen und somit im wesentlichen dem rundlich-polygonalen Unuiß der Zelle parallel verlaufen, so wird verständhch, daß eine einzelne Horn- zelle in Flächenansicht zwischen gekreuzten Nikols bei keiner Stellung ganz dunkel erscheinen kann; denn immer werden einzelne Abschnitte der Tonofibrillen sich in Diagonalstellung zu den Polarisationsebenen ])efinden. Denkt man sich nun viele solcher Schüppchen horizontal übereinander geschichtet, wie es ja in der Hornschicht der Fall ist, so wird ihre AVirkung sich teils aufheben können, wenn die in den verschie- denen Zellen in Frage kommenden Anteile der Tonofibrillen in gleicher Mächtigkeit sich rechtwinklig überkreuzen, teils aber verstärken, wenn sie gleich gerichtet sind. Damit würden sich die hellen (bzw. dunklen) Stellen der Hornschicht in Flächenansicht als das Ergebnis der jeweils an der betreffenden Stelle vorherrschenden Fibrillenrichtung erklären lassen. Schon mehrfach wurde bemerkt, daß die intermediäre Zone zwischen Hornschicht und Stratum Malpighii stellenweise geringe Spuren von Doppelbrechung im Querschnitt der Haut zeigt. Sie werden vor allem bedingt durch die natürlich auch hier vorhandenen Interzellularbrücken. Stellt man die freie Kante des Schnittes nicht genau in Diagonalstellung zu den Polarisationsebenen, sondern in geringe Abweichung davon, sa 16 W. J. SchnJdt, lassen sich manchmal mehr Einzelheiten in polarisiertem Licht an dieser Zone wahrnehmen, da nunmehr die hier gelegenen, schräg zur Epidermis emporsteigenden Plasmafasern (Umordnung der Tonof ibrillen von der senkrechten zur horizontalen Anordnung) aufleuchten. Bei der Beschreibung der gefärbten Präparate wurde bereits darauf hingewiesen, daß hauptsächlich die senkrecht aufsteigenden Fasern aor Kutis den Zusammenhang von Epidermis und Lederhaut vermitteln, und daß an jenen Stellen, wo diese Fasern ansetzen, eine besonders starke Ausbildung der Tonofibrillen zu beobachten ist. Auch in polarisiertem Licht (Fig. 4, Taf. II) kommt diese Beziehung zwischen aufsteigenden Fasern und Tonofibrillen deutlich zum Ausdruck, indem die bei der ge- wählten Orientierung des Schnittes blau erscheinenden aufsteigenden Fasern gewissermaßen ihre unmittelbare Fortsetzung in besonders ki'äf- tigen Tonofibrillenbündeln der Epidermis finden. Gelegentlich ist in solchen Fällen von einer Kontinuität der Tono- fibrillen und Bindegewebsfasern gesprochen worden i). Das darf aber nicht so verstanden werden, als ob keine chemischen (bzV. mole- kularen) Differenzen zwischen der Substanz der Tonofibrillen und der koUagenen Fasern beständen. Daß vielmehr solche Unterschiede auch im polarisierten Licht nachweisbar sind, geht aus folgendem hervc. V. Ebner2) stellte fest, daß der in bezug auf ihre Längsachse positive Charakter der Doppelbrechung von kollagenen Fasern (lerner von Elastin, Chitin, Spongin) umgekehrt wird, wenn diese Objekte (nach vorheriger Entwässerung) mit Nelkenöl (Zimmtöl, KJreosot und ähnlichen vor allem einwertigen Phenolen) behandelt werden. Diese eigentümliche Reaktion scheint auf einem chemischen Vorgang zu be- ruhen; denn damit wird am einfachsten begreiflich, daß sie einerseits an bestimmte Gewebssubstanzen, anderseits an eine Gruppe von Reagen- tien geknüpft ist, die der Phenolreihe angehören. Derartige Versuche stellte ich nun mit Nelkenöl und auch mit konzentrierter Lösung von (kristallisierter) Karbolsäure in Alcohol absolutus an. Wie nach den Mittdlungen v. Ebners nicht anders zu erwarten war, trat bei dem Binde- gewebe der Kutis die Umkehi* des Charakters der Doppelbrechung ein, d. h. wurde etwa ein Schnitt in der Stellung zum Gipsplättchen orientiert wie in Fig. 3 u. 4, Taf. II, so erschienen jetzt die längs. getroffenen Lagen in steigenden Farben (blau), die senkrecht aufsteigenden Fasern dagegen ^) F. Krauss, Der Zusammenhang zwischen Epidermis und Kutis bei Sauriern und Krokodilen, in: Arch. f. mikr. Anat. Bd. 67, 1905. 2) Über eine optische Reaktion der Bindegewebssubstanzen auf Phenole, in: Sitzungsber. Akad. Wiss. Wien, Math, naturw. Klasse, Bd. 103, Abt. III, 1894. Ü')or (Il'iiN ichwcis derEpidcrm is-T(.üofilirillcii bei Eniyda granosa im polaris. Licht. 1 i in sink-'ndcn (g'H)). An dir Epidermis fand dag.'g.'n keine Umkehr der Färbung statt, und so fanden denn die gelb sich darbietenden senkrecht aufsteigenden Fasern der Kutis ihre intraepidermale Fortsetzung in bV«-u erscheinenden Tonofibrillen, so daß die mole- kulare Vorschiedenh'Ht von kollagenen Fasern und Tonofibrillen in auf- Silligster Woise sich im Farbenbild ausprägte. K"hn'n wir zum Schluß noch einmal zu den Ursachen der Doppel- brechungstTschnnung.'n am Epithel, den Wachst umsspannung<'n. zurück. Man hat bisher die Wachstumsvorgäng^ innerhalb der Epidermis in den Vordei^rund gestellt, doch darf man ihnen gegenüber die Beziehungen, die sich zwischen Epithel und Loderhaut ausbilden, nicht vernachlässigen. Die stärkere Entwicklung der Tonofibrillen an den Stellen, an welchen aufsteigende Fasern der Kutis ansetzen, ist offenbar durch die Zug- wirkung dieser Fasern auf die betreffenden basalen Epidermis- zellen bedingt. Auch diese Spannungen werden natürlich durch Wachs- tumsvorgänge hervorgerufen, die aber nicht einzig der Epidermis, sondern auch dem Korium angehören: gleichsinnig mit dem Seitendruck der Zellen in der basalen Epidermisschicht wirkt hier noch die zwischen Epidermis und L?derhaut bestehende, senkrecht zu ihrer Grenzfläche gerichtete (Zugspannung. Daß auch einseitig und nur zeitweise von der Koriumseite her erfolgende Zugwirkungen auf die Epidermis die Ausbildung von Tono- fibrillen hervorrufen, konnte ich^) für die Haut der Frösche in überzeugen- der Weise dartun. In der Epidermis der Frösche sind die Tonofibrillen im allgem.nnen schwach entwickelt, aber überall dort, wo unmittelbar an das Epithel Muskelz^llen angreifen, kommt es in der Ansatzzelle zur Ausbildung eines mächtigen Tonofibrillenstranges, der als eine »Zellsehne« funktioniert. Erklärung der Abbildungen. Alle Figuien stellen Querschnitte durch die Panzerhaut von Emxjda granosa i:i polarisiertem Licht dar; die Lederhaut ist nur teilweise wiedergegeben. Die Polarisationsebenen sind durch N — N und N^ — A'j markiert: die Richtung der g.oßin Achse d«'r Elastizitätsollipse im Gipsplättchen Rot L 0. ist in den Abbil- daag>m 3 und 4 durch einen Pfeil angegeben. Bei Fig. 1 und 3 beträgt die Vergrößerung u igjfähr 60 (Zeiss Apochroraat 16 mm und Komp. -Okular 4), bei Fig. 2 etwa 600 (Zeiss 1) Über die Beziehungen der glatten Muskelzellon in der Haut vom Laub- frosch zun Epithel, in: Anat. Anz. Bd. 51, 1918, ferner: Die Ontogenie der glatten MuskelzsUen in d 'r Froschhaur, ein Beispiel für die Diüerenzierung der Epidermis durch Muskelzug, in: Z. f. all;.'. Physiologie Bd. 18, 192n. Archiv f. Zellforschung. XVI. 2 18 W, J. Schmidt, Über den Nachweis der Eiiidermis-Tonofibrillen usw. Apochromat 4 mm und Komp.-Okular 8), bei Fig. 4 rui.d 250 (Zeiss Apochromat 4 mm und Komp.-Okular 4). In allen Abbildungen bedeutet: H Pornschicht J intermediäre Schicht (optisch neutrale Zone) l Epidermis M Stratum Malpighii L Längsgetroffene kollagene Bündel Q Quer getroffene kollagene Bündel '- Kutis S Senkrecht aufsteigende Fasern j -v,^^ Tafel I. Fig. 1. Übersichtsbild der Epidermis und des angrenzenden Teiles der Lederhaut. In der Oberhaut eine äußere {E) und eine iimere {M) doppelbrechende Schicht, ge- trennt durch eine schmale neutrale Zone (J). Fig. 2. Epidermis bei starker Vergrößerung: Die Zellen der Hornschicht zeigen sich im ganzen doppelbrechend, im Stratum Malpighii tritt als anisotroper Bestand- teil nur das Fasersystem der Tonofibrillen (einschließlich der Zellbrücken) hervor. Tafel II. Fig. 3. Übersichtsbild der Epidermis und des angrenzenden Teiles der Lederhaut Dasselbe, aber bei eingelegtem Gipsplättchen Rot I. 0. Die beiden doppelbrechenden Schichten der Epidermis zeigen entgegengesetzten optischen Charakter: die äußere {H) erscheint bei der gewählten Orientierung des Schnittes in sinkenden Farben (negative Doppelbrechung in bezug auf die Richtung senkrecht zur Epidermisfläche), die innere {M) in steigenden (positive Doppelbrechung). Fig. 4. Epidermis und angrenzender Teil der Lederhaut bei mittlerer Vergröße- rung und eingelegtem Gipsplättchen Rot I. 0. Der positive Charakter der Doppel- brechung der Tonofibrillen in bezug auf ihre Längsrichtung ist in den tiefen Schichten des Stratum Malpighii ersichtlich, ebenso die Beziehung zwischen der stärkeren Aus- bildung der Tonofibrillen und dem Ansatz der aufsteigenden Fasern der Lederhaut. -»*•- Geschlechtschromosomenuntersuchungen an Psychiden. IL Die Chromosomenzyklen von Famea casta und Talaeporia tnba- losa. „Non-Disjunction" der (iesclilechtschromosomen. Von J. Seiler. Schlederloh im Isartal, Biologisches Institut von Dr. C. B. Haniel. (Mit 4 Textfiguren und Tafel III.) Inhaltsübersicht, Seit« 1. Der Chromosomenzyklus von Fumea casta 20 2. Der Chromosomenzyklus von Talaeporia tubulosa 26 3. Das Nichttrennen der Geschlechtschromosomen 25 4. Experimentum crucis 34 5. Die Vererbungserscheinungen bei Nichttrennen der Geschlechtschromosomen . 36 6. Non-Disjunction bei Drosophila, Ursachen und Bedeutung der Non-Disjunction 41 7. Zusammenfassung 44 Die vorliogonde Studie lag so viel wie fertig vor, als mir die bedeu- tungsvolle Arbeit von Bridges über »Non-Di.sjunction'c der Geschlechts- chromosoiuen bei Drosophila in die Hände kam. Unregelmäßigkeiten in der Vererbung geschlechtsgebundener Merkmale bei Drosopkila führten Brtdges darauf, die Frage zu untersuchen, ob dieser regelwidrigen Ver- erbung ein regelwidriges Benehmen der Geschlechtschromosomen parallel ginge. Das war tatsächlich der Fall, und damit war zum erstenmal soviel wie ein direkter Beweis dafür geliefert, daß die Geschlechtschromo- somen die Träger der geschlechtsgebundenen Faktoren sind. Die grund- legende Bedeutung dieses Befundes für die Geschlechtschromosomen lehre, vielmehr noch für die gesamte Chromosomentheorie der Vererbung, liegt auf der Hand. Auf mancherlei Umwegen stieß ich bei zwei Psychiden, Fumea casta und T. tuhilosa Retz. auf dieselbe Erscheinung des Nichttrennens der Geschlechtschromosomen. Die Befu .de seien so kurz wie möglich dar- gestellt, 2* 20 J. Seiler, 1. Der Chromosomenzyklus von Fumea casta. Die Eireifung. In den Äquatorialplatten der ersten Reifeteilung liegen die Chromosomen in perlschnurartigen Verbänden vor (vgl. Taf . III, Fig. 8). Das erschwert das Zählen der Chromosomen aut" diesem Stadium außerordentlich. Die Umrisse der Chromosomen sind zwar erkennbar, aber ein eindeutiges Zählen ist nicht leicht möglich. Mit einiger Sicher- heit kann die Zahl 31 festgestellt werden. Mit absoluter Sicherheit ge- lingt die Zählung jedoch unmittelbar vor Beginn der Anaphase. Die reduzierte Chromosomenzahl beträgt 31 (Zahl der Zählungen: 23 Äqua- torialplatten, die ganz in der Ebene des Schnittes liegen, also unzer- sehnitten und auch sonst ganz eindeutig sind: außerdem viele Platten, die zerschnitten sind, auf zwei Schnitten liegen und die mit einiger Vor- sicht und Übung benutzt werden können). Die Textfig. a 1—4 gibt möglichst genaue Abbildungen einiger Äquatorialplatten. Betrachten wir die Metaphase der ersten Reifeteilung in Seiten- ansichten, so fällt auf, daß sehr häufig ein Chromosom aus der Äquatorial- ebene herausrückt und sich sichtlich anschickt, ungeteilt nach einem Pol zu wandern; das ist das unpaare X-Chromosom (Taf. III, Fig. 1—7; 6 und 7 stammt sehr wahrscheinlich von F. crassiorella, nicht von F. casta ; crassiorella scheint also dieselben Chromosomenverhältnisse, wie F. casta aufzuweisen). Ein Vorauseilen der X-Chromosomen fanden wir auch bei den überreifen Tal tuhdosa-Eieni (vgl. Studie I, S. 256). Diese Über- einstimmung überrascht nicht, denn tatsächlich entstammen die casta- Ovarien, die zur zytologischen Untersuchung benützt wurden, alten Weibchen, die nicht zur Begattung kamen. Ihre Eier sind also überreif. Die Neigung der X-Chromosomen, den Autosomen voranzueilen, scheint bei den überreifen casta-'Eiem noch ausgeprägter zu sein, als bei tubulosa, da fast jede Spindel in der Metaphase das X-Chromosom aus der Äqua- torialebene herausgerückt zeigt. Vom Spindelpol aus gesehen sind in der Äquatorialebeno deshalb natürlich nur 30 Chromosomen zu finden (Photogr. Nr. 8), das X-Chromosom liegt höher oder tiefer und ist also an seiner Lage erkennbar. In die vier Äquatorialplatten der Textfig. a 1—4 ist es nur im Umriß gezeichnet. Was seine Größe anbelangt, können wir nur feststellen, daß es den kleinsten diploiden Autosomen gleicht. Doch muß betont werden, daß bei den Psychiden wie bei den Schmetter- lingen überhaupt, in der Äquatorialplatte der ersten Reifeteilung im Ei nicht die typische Chromosomengröße zu finden ist. Größenvergleiche können erst vorgenommen werden nach der vollzogenen Chromatinelimi- nation, die zu Beginn der Anaphase stattfindet (vgl. Seiler 1914 und 1917). Geschlechtschromosoinenuntersuchungi'ii an Psychiden. 21 Die erste Reifetciliine: volläuft nun so, daß nach dem einen Spindel- l)o] oO Cinomosomen. nach dem andern 31 wandern und zwar besitzt • • ••! 5 t^f • • • ••• • • • ^w»' ^^•% • • • 0 • • • Textfig. a. Fuima cdsta, 1—4 Äquatorialplatten der ersten Keifeteilung im Ei mit :U Chromosomen. X-Chro- mosom je nur im T'niriß gezeichnet, fi— 14, fünf Tochterplattenpaare der ersten Reifeteilung im Ei; 5 und 6, 7 und 8, iJ und 10. 11 unil 12, 13 und U zusammengehörig. — Gezeichnet mit ZEISS' Zeichenapparat nacli Abue. Vergrößerung etwa 3(X)()maI. bald die äußere Platte, die zum Riehtunsskürper wird, bald die innere, aus der der weibliche Pronucleus hervorgicht. das X-Chromosom. In 22 J. Seiler, Textfig. a 5—14 sind fünf solcher Tochterplattenpaare so genau wie mög- lich wiedergegeben; 5 und 6, 7 und 8, 9 und 10, 11 und 12, 13 und 14 gehören zusammen. Die Platten hegen ausnahmslos ganz in der Ebene des Schnittes und sind in jeder Beziehung eindeutig. Die erste Platte jedes Paares ist immer die äußere. In vier Eiern (5, 7, 9, 11) ist das X-Chromosom im Richtungskörper, im letzten im. weiblichen Pronucleus. Im ganzen besitze ich noch 9 weitere, ebenso vollkommene Tochterplatten- paare. Die Verteilung des X-Chromosoms ist so, daß es in 8 Eiern sich im Richtungskörper befindet, in 6 Eiern im weiblichen Pronucleus. Außer diesen vollständigen Plattenpaaren, die allein die Anwesenheit eines X-Chromosomes beweisen, haben wir eine große Zahl von Plattenpaaren, wovon eine Tochterplatte oder gelegentlich beide zerschnitten sind, denn es bedeutet selbst verständhch immer einen großen Glückszufall, wenn das Messer die Spindel so trifft, daß es zwischen beiden Platten durch- fährt, ohne sie zu verletzen oder anzuschneiden. Alle einwandfrei durch- führbaren Zählungen (im ganzen aus fast 100 Eiern, die vielen Gelegen entstammen) ergeben mit einer Ausnahme, die gleich besprochen werden soU, dasselbe Resultat: 30 Chromosomen enthält die eine Tochterplatte, 31 die andre. Im ganzen trafen wir das X-Chromosom 43 mal im Richtungs- körper (= $) und 50 mal im weiblichen Pronucleus (= c^). Da Eier mit dem X-Chromosom Männchen ergeben, Eier ohne dasselbe Weibchen, so haben wir ein Sexualverhältnis von nahezu 1:1, mit einem geringen Überwiegen der Männchen. Die Abweichung vom theoretisch zu er- wartenden Verhältnis von 1 : 1 ist aber doch so groß, daß vermutet werden darf, daß auch bei casta wie bei tuhulosa (vgl. Studie I), übergeordnete Faktoren geschlechtsbestimmend in den normalen Ablauf des Geschlechts- chromosomenmechanismus eingreifen können. Das Verhalten des X- Chromosoms in der Anaphase unterscheidet sich etwas von dem bei tubu- losa. Während hier das X den Autosomen nachhinkt, marschiert es bei casta mit den Autosomen gemeinsam zum Spindelpol, und ist, trotzdem es zu Beginn der Anaphase, wenigstens bei überreifen Eiern, einen kleinen Vorsprung hat, in Seitenansichten von Spindehi nicht mehr zu sehen (vgl. Photogr. 10, 11, 13, 14), höchstens in ganz vereinzelten Fällen (Photogi-. 9). Über die Größe des X-Chromosoms kann man sich somit nur in Plattenansichten eine Vorstellung bilden. Da die Autosomen bei ihrem Vorrücken in der Anaphase ihi'e gegenseitige Lage nicht ändern oder nicht sehr, so ist es in ideal getroffenen Platten oft sehr leicht, das X-Chro- mosom herauszufinden. In dem Plattenpaar 5 und 6 der Textfig. a ist es zweifellos das bezeichnete Chromosom. An Stelle des X besitzt die Gischlorhtschroruosonu'imnti'isiuliiiiicrcii an Psycliidcn. 23 innere IMatte (6) eine Lücke, die auf der Photographie desselben Platten- paares noch deutlicher in tlie Augen springt (Photogr, 15 und 16). Die Platten sind deshalb etwas unscharf, weil sie nicht genau in der optischen Ebene lagen, und bei der Aufnahme die Miki-ometerschraube etwas ge- dreht wurde. Photogr 12 ist eine selten ideale ganz in der optischni 24 ' J. Seiler, Ebene liegende Platte der vorgerückteren Anaphase mit 30 Chromosomen; das -X-Chromosom ist in der andern Platte, die leider nicht photographicr- bar war. In der Größe gleicht das X Chromosom einer mittleren Größen- klasse der Autosomen. Nach dem Platte npaar 7 und 8 Textfig. a käme es den größten Autosomen nahe. Doch ist hier, mehr noch in allen andern Plattenpaaren, die Identifizierung des X-Chromosoms nicht zweifelsfrei; nur seine ungefähre Lage kann ermittelt werden. Die zweite Reifeteilung im Ei bietet für unsre Zwecke nichts interes- santes. Alle Chromosomen werden iqual geteilt, das X-Chromosom verhält sich genau wie die Autosomen und ist auf keinem Staelium mehr erkennbar. Photogr. 14 gibt eine Metaphase der zweiten Reifeteilung wieder. Ein Sonderverhalten des X Chromosoms auf irgendeinem vor der Reifeteilung liegenden Stadium ist nicht nachweisbar. Deshalb übergehen wir diese. Die Samenreifung. Die S?menreifung bietet ebenfalls nichts inte- ressantes. Die Äquatorialplatten der ersten und zweiten Reifeteilung besitzen 31 Chromosomen, und die Mitgift aller Spermatozoen an Chromo- somen beträgt zweifellos 31.. Die somatische Chromosomenzahl. Wir haben demnach zu erwarten, daß bei der Befruchtung zweierlei Embryonen entstehen, solche mit 61 und solche mit 62 Chromosomen. Die tatsächlichen Verhältnisse stimmen mit der Erwartung überein. Auf dem Stadium der Blastodermbildung läßt sich die somatische Chromosomenzahl mit absoluter Sicherheit fest- stellen. Von vier Embryonen hatten drei 61 Chromosomen (Textfig. l, 1, 2), einer hatte 62 (Textfig. &, 3). Die Embryonen mit 61 Chromosomen sind natürlich Weibchen, die mit 62 Männchen. — Leider stand mir für die Blastodermstadien nur ein beschränktes Material zur Verfügung, so daß ich über das Sexual Verhält- nis der Embryonen nichts aussagen kann. Noch wäre es wünschenswert gewesen, die diploide Chromosomenzahl in den Ovogonien und Spermatogonien festzustellen. Das ist jedoch bei F. casta gleich wie bei den meisten Schmetterlingen, die darauf geprüft wurden, kaum möghch, da die Chromosomen zu gedrängt liegen und ihre Zahl zu groß ist. Es kann jedoch nicht daran gezweifelt werden, daß der Chiomosomenzyklus wie folgt verläuft: Gameten Zygoten Q = 61< \ 3l/\62 _ ^ Geschloclitscludiuipsonii'miiitcisucliuiigon an Psycliidni. 25 Wir schon somit liier dasselbe Geschlechtschromosomenschema vcr- wirklielil, das wir bei Tal. (uhulosa fanden, und der Fall wäre weiter nicht iK'deutungsvoll. wenn nicht auch hier — wiederum gleich wie bei tuhu- losa — Tiere vorhanden wären, die durch eine abweichende Chromosomen- zahl sich auszeichnen. Gleich unter den ersten vollkommenen Platten- ])aaren der Reduktionsteilung fand sich eines mit je 30 Chromosomen in jeder Platte (Textfig. h, 4 und ö). Beide Platten sind so schematisch klar, daß ein Beobachtungsfchler ausgeschlossen scheint. Ein zweites unzer- schnittenes, fast vollkommenes Plattenpaar enthielt e])enfalls 30 : 30 Chromosomen; außerdem noch vier weitere Paare, wovon aber je eine Platte zerschnitten ist. Die Mütter, die diese Eier legten, müssen 60 Chromosomen gehabt haben, wenn man nicht die unwahrscheinliche Annahme treffen will, daß ein Chromosom, wohl das X-Chromosom, während der Eibildung ver- loren gegangen ist oder Chromosomenkoppelungen sich vollzogen haben. Wie sind solche Weibchen entstanden? Die gleiche Frage beschäftigte uns früher schon bei tubiilosa. Wir mußten sie damals offen lassen (vgl. Seiler 1917 S. 92), glauben aber inzwischen nun die Antwort — die auch für F. casta zutreffen wird — gefunden zu haben. Im übernächsten Ka- pitel sei davon die Rede. 2. Der Chromosomenzyklus von Talaeporia tubulosa. Der normale Chromosomenzyklus von Tal. tubulosa ist bereits in der vorläufigen Mitteilung 1917 beschrieben. Er verläuft wie folgt: Gameten Zygoten 29x C = .Ö9< X.g _ o \30\/' - 30/\6o = ^ er = 60/ / ^30^ In den Einzelheiten verweisen wii auf jene Darstellung; erwähnt sei nur noch, daß in der Größe das X-Chromosom voji tuhidosa den größten Autosomen gleichkonmit (vgl. 1917 S. 88). 3. Das Nichttrennen der Geschlechtschromosomen. Tal. tuhnlosa besitzt nun, außer diesen Embryonen mit 59 und 60 Chromosomen noch solche, die 58Chro]nosomen haben. Unter 59 Embry- onen hatten 55 die normalen Chromosomenzahlen. 4 die anormale Zahl 58. Die Textfig. & 9—11 zeigt drei Äquatorialplatten des Blastodenns 26 J. Seiler, eines Embryos mit 58 Chromosomen. Entstehen daraus Weibchen, so ist klar, daß sie in der geschlechtsbestimmenden Reifeteilung in jeder Tochterplatte 29 Chromosomen haben müssen. Zwei solcher Plattenpaare fanden wir auch tatsächlich. Textfig. & 6 und 7 gibt eines wieder. Die Zählung in diesem Plattenpaar ist jedenfalls einwandfrei; es ist höchstens noch denkbar, daß das Messer, das zwischen der Eliminationsplatte und einer Tochterplatte genau horizontal durchfuhr, ein etwa vorhandenes nachhinkendes X-Chromosom mitgerissen hat. Wichtig schien es deshalb, die Chromosomenzahl in den Äquatorialplatten der ersten Reifeteilung im Ei 2U untersuchen. Das ist nicht leicht, denn hier liegen die Chromosomen meist in rosenkranzförraigen Verbänden vor bis unmittelbar zur Anaphase, so daß selten Platten gefunden werden, in denen einwandfreie Zählungen gelingen. Wir besitzen nur 7 in jeder Beziehung klare und auf einem Schnitt liegende Platten, sechs davon haben .30 Chromosomen, eine 29 (Textfig. & 8). Demnach dürfen wir schließen: Tiere mit 58 Chromosomen sind Weibchen. Wie sind diese entstanden? Es wäre naheliegend anzunehmen, daß sie entstanden sind aus Eiern, die sich parthenogenetisch entwickelten tmd die in ihren Vorkernen 29 Chromosomen besaßen. Nachträglich hätte eine Chromosomenregulation stattgefunden, eine Chromosomen- verdoppelung, wie sie fast ausnahmslos bei parthenogenetischer Ent- wicklung gefunden woirde (vgl. Studie IV und die darüber hier zitierte Literatur). Diese Annahme schien sehr aussichtsreich, denn es bestehen Angaben in der Psychidenliteratur über gelegenthche Parthenogenese bei T. tubulosa (vgl. Freer, Ent. Record. p. 89. Vol. VI, 1895). Dazu kommen noch folgende Tatsachen und Überlegungen. Sind die Weibchen mit 58 Clu'omosomen so entstanden, wie wir annehmen, so muß ihnen das unpaare X-Chromosom fehlen; sie hätten nur die 58 Autosomen. Würden wir ein solches Weibchen kreuzen mit einem normalen Männ- chen, so müßten wir lauter Weibchen erhalten, falls unsre Vorstellungen über Geschlechtschromosomen und Geschlechtsvererbung richtig sind. Der Chromosomenzyklus wäre wie folgt: Gameten Zygoten /29 2 = 58/ \29\ >59= Q ö' = 60<' ^30 • Die Fl $ wären nun aber wieder normale Weibchen, die bei geschlecht hc her Fortpflanzung das übliche Sexualverhältnis ergäben. Geschlechtschromosomenuntersucliungen aii Psychideii. - 27 Nun hatte Aug. Hartmann (München 1871) die erste Hälfte dieser Experimente aiisojcfiihrt, allerdings nicht an tuhuJosa, sondern an der iialie verwandten Solenohia triquefrella. Er kreuzte ein parthenogene- tisches tnquetrellaAYinhQlwu mit einem triquetrelln-Wü.imc\\cn aus einer Gegend, wo ^Männchen vorhanden sind und die Vermehrung zweigeschlecht- lich sich vollzieht. Die Kreuzung ging — übereinstimmend mit andern Angaljen aus der Literatur — ohne Hindernisse und lieferte lauter Weib- chen, die ihre Eier aber nicht mehr parthenogenetisch ablegten, sondern auf Begattung warteten und, gleich wie es für die normalen geschlecht- lichen Weibchen typisch ist, abstarben ohne die Eier gelegt zu haben, als die Begattung ausblielx Hartmann schreibt weiter: »Somit ist meine Hoffnung, durch Paa- rung parthenogenetischer tnquetrenaAWiher mit Männern aus andrer Gegend beide Geschlechter zu erzielen, bis jetzt nicht erfüllt worden. Mögen andre darin glücldicher sein.« Nach unsrer Annahme hätte er das Ziel erreicht, wenn die Fi-Weib- chen zui zweigeschlechtlichen Fortpflanzung gekommen wären. Ich versuchte nun, die Experimente an tubulosa auszufühi'en. Sie mißlangen aber, weil weder im eigenen Material — aus der Umgebung Berlins — , noch im Material andrer Gegenden parthenogenetische tuhulosaAWihchen vorhanden waren. Über 600 Weibchen wurden isoliert, aber zu einem Gelege, dessen Eier sich zu Räupchen entwickelt hätten, kam es nicht. Da unter dem tubulosa-M^terml aus der Mark auf 100 normale Weibchen nach den zytologischen Befunden etwa 7 mit 58 Chromosomen kommen und demnach unter den 600 Weibchen mindestens 40 parthenogenetische Tiere hätten sein soUen, tatsächlich aber nicht eines vorhanden war, so zwangen diese negativen Versuchsergebnisse, die Annahme, daß di(> Tiere mit 58 Chromosomen auf parthenogenetischem Wege entstanden sind, aufzugeben; sonst wären wir gezwungen, zu rein willkürlichen Hihs- annahmen unsere Zuflucht zu nehmen. Es waren nun namentlich folgende Möglichkeiten noch denkbar. 1. Die Chromosomenzahl der Tiere mit 58 Chromosomen ist zurück- zufiduTU auf Clu'omosomenkoppelungen. 2. Die Tiere mit 58 Chromosomen sind entstanden aus der Vereini- gung anormaler Keimzellen. Beide Annahmen können auf ihre Richtigkeit hin geprüft werden. Ist der Chromosomenbestand der Tiere mit 58 Chromosomen zurück- zuführen auf Chromosomenkoppelungen, so müßte das unpaare X-Chromo- som des Weibchens sich mit einem Autosom verbunden haben, während das diesem Autosom entsprechende homologe Chromosom keinen Anhang 28 - J.Seiler, hätte. Die weibliche Doppelgariiitiir hätte demnach ein inäquales Chro- mosonienpaar, imd zwar ein auffällig inäquales Paar, denn das X-Chro- mosom zählt bei tiibulosa zu den gi'ößten Chromosomen. Ein solch ungleiches Paar besteht aber nicht. Vergleichen wir die Größenverhält- nisse der homologen Chromosomen der beiden Tochterplatten mit je 29 Chromosomen (Textfig. & 6, 7 S. 23), die so genau wie möglich ge- zeichnet wurden, so können schon kleine Größendifferenzen festgestellt werden. Die sind aber zweifellos zurückzufülu'en auf Zufälligkeiten in der Lagerung der Chromosomen und auf Beobachtungsfehler. Für unsre Frage kommen sie nicht in Betracht. Es dürfte nicht überflüssig sein, hier zu betonen, daß fast alle Chromosomenbilder nicht von mir, sondern von einer objektiven wissenschaftlichen Hilfski-aft gezeichnet wurden, und zwar die meisten schon vor 2—4 Jahren, als ich mir selbst noch gar keine Vorstellung gebildet hatte! Ebenso zeigen die Äquatorialplatten somatischer Mitoson von Embryonen mit 58 Chromosomen kein auffällig großes Chromosom (vgl. Textfig. i 9—11 S. 23), was sie tun müßten, wenn unsre Annahme richtig wäre. Kurz, Chromosomenkoppelung kann nicht vorliegen. Zum selben Resultat kommen wir, wenn wir die beiden Tochterplatten mit je 30 Chromosomen (Textfig. h 4 und 5 S. 23) von F. casta — für die ja all diese Überlegungen auch gelten — untersuchen. Jede Platte liegt auf einem besondern Schnitt, das Messer fuhr durch die Elimina- ' tionsplatte. Da bei F. casta das X-Chi'omosom nicht nachhinkt, kann hier der Verdacht nicht auftauchen, daß das Messer das nachhinkende X-Chromosom weggerissen hätte; es sind zweifellos nur 30: 30 Chromo- somen vorhanden. Zum bequemen Vergleich der beiden Platten sind identische Chromosomengruppen durch Striche abgeteilt, und es wird leicht festgestellt werden können, daß ein inäquales Paar nicht zu finden ist. Das müßte übrigens auf den ersten Bhck in die Augen fallen, trotz- dem bei casta das X-Chromosom nur von mittlerer Größe ist. — Das zweite, nicht abgebildete Plattenpaar von casta mit 30 : 30 Chromosomen,, zeigt, auf die Größenverhältnisse der homologen Chromosomen unter- sucht, genau dasselbe. Somit bleibt uns die Aufgabe zu prüfen, ol) die tuhulosa-Tiere mit 58 Chromosomen (mit 60 bei casta) aus der Vereinigung abnormer Keim- zellen hervorgehen. Da wh- während der Eü-eifung keine Unregelmäßig- keiten beobachten konnten, mußte die Samenreifung daraufhin unter- sucht werden. Wh- zählten die Äquatorialplattenchromosomen der ersten und zweiten Reifeteilung möghchst vieler Männchen. Die Ergebnisse der Zählungen für tubulosa gibt die folgende Tabelle zusammenfassend wieder. Gj.ichlechtschroraosomemintersuchungen an Psychiden. 29 Chromosomenzahlen der Spermatozyten von Talaeporia tubulosa. Nr. der c5 Zahl der ausgezählten Äqiiatorialplatten der I. Reifeteilung mit den ] Chromosoraenzahlen | Zahl der ausgezählten Äquatorialplatten der 11. Keifeteilung mit den Chromosomenzahlen 1 Bemerkungen 29 ! 30 31 29 , 30 31 1—32 33 — 166 9 1 — 21 - ! 1 - Zählangen mit* sind nicht eindeutig. 34 — 8 1 1 35 — 33 3 2* 4 1 — 36 — 6 1 — 37 • — 11 1 — 38 — 5 — 39 — 4 2 — 40 — 16 1 1 — 41—46 — 39 4 — 47 — 5 2 1 6 — 48-52 - 1 33 17 — 53 11 1 2 — 54-58 — 25 18 — 59 — 14 1 3 — • 60-68 — 80 30 — 69 — 4 1 3 — 70-74 — 18 12 — 75 — 2 1* — 76 — 3 1* 77-78 — 2 10 79 — 1 1 1 1 1 80 — 1 1* 2 — 1 81-83 1 — 8 14 — 84 — 2 2* 4 — 85-89 1 — 19 13 — 90 — 6 2 9 — 91 — 35 1 2 1 22 ' - 92 — 2 1 1 — — 1 563 9 (+1*1 ;l8(+6*) 1 206 — Sämtliche untorsuchten Männchen (92) hatten in der Großzahl ilirer Äquatorialplatten der ersten Ri^ifeteilung 30 Chromosomen. Daraus können wir vorerst den Schluß ziehen, daß die Tiere mit 58 Chromosomen ausschließlich Weibchen ergaben, denn Männchen mit der haploiden Chromosomenzahl 29 fehlen. Eigentümlicherweise finden wir nun in Hoden, die sonst in fast allen Spermatozyten 30 Chromosomen aufweisen, ganz vereinzelt Chromosomen- platten, die mit gi'ößter Klarheit 31 Chromosomen zeigen. AVu- müssen 30 J.Seiler, a iiiiehmeii, daß zwei Clu'omosomen, vermutlich die beiden X-Chromosomen, nicht konjugiert haben und als Univalente Elemente in der Platte der bivalenten Autosomen liegen. Textfig. c gibt in 1 und 2 zwei Platten der ersten Keifeteilung mit 30, in 3 und 4 zwei Platten mit 31 Chromosomen wieder. Die Größenverhältnisse der Chromosomen sind mit der größt- möglichen Exaktheit wiedergegeben. Es hai den Anschein, als ob die l)eiden Platten mit 31 melir kleinere oder mittlere Clu-omosomen hätten, als die mit 30, wohl eben deshalb, weil die Zahl der kleinen und mittleren bivalenten Elemente um zwei Univalente vermelu't wurde. Wie klar die Verhältnisse liegen, mag aus der Photogr. 15 (Tafel der Studie III) •^'':. :i't ::^!. .iS>. iJjl-; :^>X .•/:;: Textfig. c. Spermatozytenäquatorialplatten von Tnl. iuh9ilosn. 1 und 2 Äquatorialplatten der ersten Reifeteilung^ mit der üblichen Chromosomenzahl 30; 3 und 4 mit der abweichenden Zahl 31. 5 und 6 normale- Äquatorialplatten der zweiten Reifeteilung (30 Chromosomen), 7 mit der abweichenden Zahl 29. Gezeichnet wie Textfig. a, b. hervorgehen, die dieselbe Äquatorial platte mit 31 Chromosomen wieder- gibt, die in Textfig. C4 abgebildet ist (hier nur anders orientiert!). Pho- togr. 12 (Tafel der Studie III, Arch. f. Zellf. Bd. XVI, Heft 2) i) gibt eine Äquatorialplatte der ersten Reifeteilung mit 30 Chromosomen. Im gesamten waren unter den 572 ausgezählten Platten 563, die die normale Chromosomenzahl 30 hatten und 9 mit der abweichenden Chi-omosomen- zahl 31. Wie wird in diesen anormalen Spermatozyten die erste Reife- teilung, die die Reduktionsteilung ist, verlaufen? Wie werden sich die Univalenten Elemente verhalten? Die Äquatorialplatten der zweiten Reifeteilung geben darüber Aus- kunft. Wieder besitzt natürhch die überwiegende Mehrzahl 30 Chi'omo- somen (vgl. Tabelle). Äquatorialplatten mit 31 Chromosomen sind nicht zu finden, wohl aber solche mit nur 29 Chromosomen, und zwar waren im gesamten unter 214 ausgezählten ganz klaren Platten 206,, di& die normale Chromosomenzahl hatten und 8 mit der abweichenden 1) Die Tafeln wurden zusammengestellt, als noch die Absicht bestand, die Stu- dien I— IV gleichzeitig erscheinen zu lassen, was sich nun leider als nicht möglich erwies. Giselili'chtschrDninsoiiicmiiilcrsucliungon an Psychiden. 3J Ziilil 2tl. ]Ji(' Ti'xtiig. '■ gibt in 5 und 6 zwei normale Äquatorialj) bitten- der zweiten Reifeteilinifi- und in 7 eine Platte uiit 29 Chromosomen. Wie diese Zahl zu s'ande kommt, zeigen die Anaphasen der ersten Reif eteilung- in Spindelseitenansiehten. IXormnlerweise rüeken nämlich im Hoden alle Chromosomen mit- einander gegen die Spindelpole. Ausnahmsweise aber sehen \\\x zwei- Chromosomen — in jeder Spindelhälfte eines — den übrigen Chromo- somen nachhinken. Das sind offenbar die beiden Univalenten El emente der Platten inil ?A Chromosomen. Sie liegen selbst oft noch in der alten Aquatorialebene, wenn die übrigen Chromosomen weit vorgerückt sind, die Spermatozyten erster Ordnung sich schon einschnüren oder bald im Begriffe sind, sich durchzuschnüren. Erfolgt die Durchschnürung, so- bleiben die beiden Univalenten Elemente, von dem Haufen der übrigen Chromosomen weit getrennt, im Plasma liegen, oder werden wohl oft gar nicht in die jungen Spermatozyten zweiter Ordnung mit aufgenommen . — Soweit die Beobachtung. Ihr weiteres Schicksal kann nur erschlossen werden. Sie werden zweifellos aufgelöst und gehen dem Kerne und damit dem Sperniatozoon verloren. ?soch interessiert uns das Verhältnis der normalen zu den anormalen; Spermatozyten in erster und zweiter Reifeteilung. Auf 62 normale Spermatozyten erster Ordnung kommt 1 anormale » 26 )) » zweiter ^> » 1 » Da eine Spermatozyte erster Ordnung mit 31 Chromosomen zwei Spermatozyten zweiter Ordnung mit 29 Chromosomen den Ursprung gibt, wie wu* sahen, so ist klar, daß wir in der zweiten Reifeteilung doppelt soviel anormale Spermatozyten haben müssen. Auf 31 normale Sperm ato- zoen müßte 1 anormales kommen. Die Beobachtungen stimmen fast genau mit der Berechnung überein. AVir fanden etwas mehr anormak^ Spermatozoen als erwartet. Das kann zufällig sein, vielleicht aber auch darin seine Klärung finden, daß möglicherweise gelegentlich eine Spermato- zyte erster Ordnung mit 30 Chromosomen zwei Spermatozyten zweiter Ordnung mit 29 Chromosomen den Ursprung gibt, die beiden Chromosomen, die in der Anaphase der ersten Reifeteilung liegen bleiben, in der Meta- phase als ein bivalentes Element vorlagen. Ferner ist möglich, daß ge- l(j[(entlich das eine der beiden nachhinkenden Ciiromosomen den einen Haufen der Tochterchromosomen noch erreicht, denn wir fanden Spindeln mit nur einem Cnromosom zwischen den beiden Tochterplatten. Doch lohnt es sich nicht, auf solche und andre Einzelheiten im Verhalten der nachhinkenden Chromosomen einzugehen. Uns genügt die in den Äqua- torialplatten der zweiten Reifeteilung einwandfrei feststellbare Tatsache^ 32 J. Seiler. daß in geringer Zahl Spermatozoen mit 21» Chromu. omen gebildet werden. Es ist nicht ausgeschlossen, daß selbst in ganz vers«.>i windender Zahl Spermatozoen mit 31 Chromosomen gebildet werden; nämlich dann, wenn beide Univalente Chromosomen in der Anaphase der ersten Reife- teilung in einer Tochterplatte vorrücken. Beobachtet ist äiesrr Fäll aber nicht. Damit dürfte die Herkunft der Weibchen mit 58 Chromo- somen vollständig klar gelegt sein. Sie entstehen zweifellos aus der Befruchtung eines Eies mit 29 Chromosomen durch ein abnormales Spermatozoon mit 29 Chromosomen. Nun bliebe uns aber noch die Aufgabe zu prüfen, ob diesen abnormalen Spermatozoen immer ein und dasselbe Chromosom fehlt, ob es immer dasselbe Chromosomenpaar ist, das in den Spermatozyten gelegenthch nicht konjugiert und infolge dessen bei der Reduktionsteilung sich ab- normal verhält. Ist es vielleicht das X-Chromosomenpaar? Auf direktem Wege kann diese Frage nicht entschieden werden, denn die paarigen Ge- schlechtschromosomen sind im männlichen Geschlecht nicht erkennbar. Sie gleichen in Form und Verhalten vollständig den Autosomen. Sind nun aber die Chromosomen die Vererbungsträger — wer wollte heute noch daran zweifeln! — und würden die Spermatozoen mit 29 Chromo- somen ein ganz beliebiges Chromosom verloren haben, so müßten aus den Eiern, die von ihnen befruchtet werden, Tiere hervorgehen mit wech- selnden Defekten. Es würde einmal z. B. das Chromosom fehlen, mit den Faktoren für die Anlage der Augen, ein andresmal das Chromosom mit den Faktoren für die Mundwerkzeuge usw. Wie wir aber sahen, sind die Weibchen mit 58 Chromosomen äußerUch nicht zu unterscheiden von den normalen Weibchen mit 59 Chromosomen. Es muß ihnen also wohl immer ein und dasselbe Chromosom fehlen und zwar ein Chromo- som, das für die Entstehung eines Weibchens anscheinend nicht not- wendig ist. Die Untersuchung der Tochterplatten der ersten Reifeteilung mit 29 : 29 Chromosomen bei T. tubulosa mit 30 : 30 bei F. casta, führt zum selben Schluß. Im ersten Falle waren 29, im zweiten 30 Chromosomen- paare mit äqualen Partnern vorhanden. Das ist aber nur möglich, wenn diesen Tieren ein bestimmtes Chromosom und immer dasselbe fehlt und zwar kann das zweifellos nur das X-Chromosom sein. Es würden demnach Spermatozoen gebildet, denen das X- Chromo- som fehlt. Kommen sie mit einem Ei zusammen, das ein X-Chroniosom in seinem Vorkern besitzt, so entsteht ein Tier mit 59 Chromosomen (bei T. tubuloso), das aller Voraussicht nach ein normales Weibchen sein Geschlechtschromosomenuntersuchungoii an Psychiden. 33 muß, das aber sein X-Chromosom von der Mutter - nicht wie gewöhnUch vomVater — l)ekommen hat. Solche, auf ungewöhnhchem Wege entstandenen Weibchen müssen in meinem Material gewesen sein, sie waren aber nicht zu erkennen, weil sie sich nicht von den gewöhnlichenWeibchen unterschieden. Kommt ein Spermatozoon ohne X-Chromosom zusammen mit einem Ei ohne X, so entstehen die Weil)chen mit 58 Chromosomen, die äußer- lich normalen Weibchen gleichen, denen aber das unpaare X-Chromosom fehlt. Das Schema des Chromosomenzyklus für beide Fälle wäre wie folgt: Gameten Zygoten ,30\ Q = 59< ^\ 29 )59 = e \ 29^ (2) Oder alls;em(iii: Gameten n -f- X Q =2n -\- x^ ^^ 2 71 + a:= Q cT = 2 ?^ + 2 2; ^\ n 2 t* = $ ~'N2^) Beide Sorten von außergewöhnhchen Weibchen entstehen im Ver- hältnis 1 : 1, vorausgesetzt natürüch, daß die Eier mit 30 und die mit 29 Chromosomen im Verhältnis 1 : 1 gebildet werden. In unsrem Material kamen nun auf 26 normale Spermatozoen 1 abnormales ohne X-Chromo- somen. Nehmen wir an, — diese Abnahme trifft zweifellos zu — daß beide Arten von Spermatozoen genau gleich befähigt sind zur Befruchtung, so haben wir zu erwarten, daß das Verhältnis der befruchteten Eier mit den normalen Chromosomenverhältnissen zu denjenigen mit den außergewöhn- lichen Chromosomenverhältnissen sich verhält wie 26 : 1. Da wir aber von den außergewöhnlichen Weibchen nur die HäKte, nur die mit 58 Chromosomen zytologisch erkennen können, so müssen die Embryonen mit den Chromosomenzahlen 60 und 59 sich zu denjenigen mit 58 ver- halten wie 52 : 1. Darin würde uns ein willkommenes Mittel zur Über- prüfung unsrer Beobachtungen und Ableitungen gegeben sein. Leider sind die Zahlen der Beobachtungen, die uns in dieser Hinsicht zur Ver- fügung stehen, zu klein, um beweisend zu sein. Wir fanden in Wirklich- keit ein Verhältnis von 14 : 1 (55 Embryonen mit 59 oder 60 Chromor somen, 4 mit 58). Die Wahrheit dürfte eher in der Xähe des Verhältnisses Archiv f. ZeUforschung. XVI. 3 34 J. Seiler, 52 : 1 liegen. Daß wir bei kleinen Zahlen Zufallsergebnisse erhalten müssen, ist klar. Das zeigt ein Bück auf die frühere Tabelle (sielie S. 29). Zwar hat es den Anschein, als ob die Bildung abnormaler Spermatozoen keineswegs beschränkt wäre auf einzelne, vielleicht nicht ganz normale Männchen. Vielmehr erhalten wü- den Eindruck, daß wohl die meisten Männchen (wenn nicht alle) in mehr oder minder großem Prozentsatz Spermatozoen ohne X-Chromosom erzeugen. Aber eben dieser Prozentsatz scheint zu schwanken, Tier Nr. 91 z. B. hat ein Verhältnis von normalen zu abnormalen Spermatozoen wie 11 : 1, Tier 90 dagegen ein Verhältnis von 4 : 1 usw. Ferner hatte ein Männchen in einem Follikel voller Ana- phasen der ersten Reifeteilung fast in jeder Spindel die X-Chromosomen noch in der alten Äquatorialebene liegen. Daraus ist zu entnehmen, daß gelegentlich die Ausnahmsweibchen recht zahlreich auftreten können. Wir vermuteten, daß bei T. tubulosa auch Spermatozoen mit 31 Chro- mosomen gebildet werden. Das Befruchtungsschema wäre in diesem Falle wie folgt: 30- 61 == cf ? mit 3 x Q=^59<( \^-^ \29\ /\ / 60=: cj', beide x vom Vater, patroclin oi /\/ 59 = Q , X von der Mutter, matroclin \29 ^ ^58 = 2, ohne x Diese Verhältnisse können jedoch nur selten verwirklicht sein, denn unter 214 Spermatozoen befand sich noch keines mit 31 Chromosomen. Auch fanden wir keinen Embryo mit 61 Chromosomen. So liegen die Verhältnisse bei T. tubulosa. Bei F. casta konnten wir die Untersuchung nicht so sorgsam durchfühi'en, da Hodenmaterial fehlte. Es kann jedoch kaum daran gezweifelt werden, daß wir eine vollständige Parallele haben und die Weibchen ohne X-Chromosom mit 60 Chromo- somen (vgl. S. 25) hervorgegangen sind aus der Befruchtung eines Eies ohne X mit einem abnormalen Spermatozoon ohne X-Chromosom. 4. Experimentum crucis. Das Experiment, das über die Gültigkeit dieser Ausführungen ent- scheiden würde, wäre die Aufzucht der geschlechtlich erzeugten Nach- kommenschaft eines Weibchens mit 58 Chromosomen. Die Eier eines solchen Ausnahms Weibchens befruchtet mit normalen Spermatozoen müßten, falls lebensfähige Nachkommenschaft entsteht, lauter Tiere mit 59 Chromosomen, also lauter Weibchen, ergeben. Nun sind, wie schon gesagt, die Ausnahmsweibchen äußerlich nicht erkennbar, wenigstens Gcschlcchtschromosonicnuntcrsuchungon an Psychiden. 35 können wir sie bis jetzt nielit nnterseheiden von normalen AVeihehen. Es bleibt uns also, wollen wir das Experiment ausführen, nur ein AVeg offen: Die AufzAicht einer möglichst großen Anzahl von Gelegen. Ist die Zahl groß genug, so müssen bestimmt welche darunter sein, die von Ausnahmsweibchen mit 58 Chromosomen stammen. Nun ist die Auf- zucht von tuhidosa leider nicht leicht, und die Geschlechter sind zudem erst sehr spät sicher unterscheidbar. Trotzdem versuchten wir, im Zu- sammenhang mit andern Fragen, eine experimentelle Lösung, die aber z 2r fluanahme Q Ausnahme Q Textfig. ä. leider aus äußeren Gründen nicht glückte (vgl. Studie I S. 266 oben). Im ganzen hatten wir 50 Zuchten angelegt und erwarteten darunter eine reine Weibchenzucht. Daß der Prozentsatz solcher Zuchten zu den normalen dem erwarteten Verhältnis 1 : 52 nahe kommen wird, können wir auch daraus vermuten, daß unter den 33 Überreife- und Temperatur- kulturen (Studie I), die zytologisch auf die Frage der Geschlechtsbestim- mung untersucht wurden, höchstens die Kältekultur Nr. 1 (vgl. S. 260) eine reine Weibchenkultur sein könnte, denn auf Spindelseitenansichten der Anaphase der Reduktionsteilung war in keinem Ei ein nachhinkendes X-Chromosom vorhanden. Doch ist der Fall nicht beweisend, denn es ist möglich, daß das X ausnahmsweise hier immer mit den Autosomen vorrückte. Neue Experimente zur Entscheidung der Frage sind im Gange. 3* 36 J.Seiler, 5. Die Vererbungserscheinungen bei Nichttrennen der Geschlechts-- Chromosomen. Die hauptsächlichste Folge für die Vererbung bei Non-Disjunction, Nichttrennen der Geschlechtschromosomen, wie wir das beschriebene Ver- halten der X-Chi"omosomen vorläufig benennen wollen, haben wir her- vorgehoben. Es werden zwei Sorten von Ausnahmsweibchen gebildet, solche ohne X-Chromosom und solche, die ihr X nicht wie üblich, vom Vater erhalten (vgl. Textfig. d I), sondern von der Mutter (vgl. Textfig. d II). Theoretisch am interessantesten und für die Frage der Lokalisation der Geschlechtsfaktoren in die Geschlechtschromosomen bedeutungsvoll sind die Weibchen ohne X-Chromosom. Wir betonten schon, daß sie äußerlich nicht zu unterscheiden sind von normalen Weibchen. Wenn w'ir somit Geschlechtsfaktoren in die Geschlechtschromosomen verlegen woUen, so dürfen wir in dem X-Chromosom des iM&Mtosö- Weibchens, und damit wohl im unpaaren Geschlechtschromosom der Schmetterlinge über- haupt, höchstens Männchen bestimmende Faktoren suchen. Hier wäre jedenfalls der Beweis erbracht, daß in dem X-Chromosom der tuhulosa- Weibchen keine Faktoren sein können, die für die Entstehung eines Weibchens notwendig sind. Und, dürfen wh die Kreuzungsergebnisse an Abraxas, auf die wir später zu reden kommen, heranziehen, so können wir mit großer Wahrscheinlichkeit auch zeigen, daß in den X-Chro- mosomen tatsächlich die Männchen bestimmenden Faktoren sein müssen. Dieser Schluß steht im Einklang mit den modernen Ansichten über Lokali- sation der Geschlechtsfaktoren. Bei weiblicher Digametie denkt man sich in den Geschlechtschromosomen die Männchen bestimmenden Faktoren, bei männlicher Digametie die Weibchen bestimmenden (vgl. z. B. Gold- SCHMIDT-CORRENS 1913). Sind in den Geschlechtschromosomen noch andi'e Faktoren als die Geschlechtsfaktoren vorhanden, so müssen diese Faktoren in ihrer Ver- erbung ganz an die Vererbung des Geschlechtes gebunden sein (= ge- schlechtsgebundene Faktoren). Bei Non-Disjunction hätten wir zu er- warten, daß dem regelwidrigen Verhalten der Geschlechtschromosomen ein ebensolches der geschlechtsgebundenen Merkmale entsprechen muß. Hat bei normaler Vererbung das Weibchen als geschlechtsgebundenes Merkmal helle Flügelfarbe ( = unschraf f iertes X-Chromosom im Schema der Textfig. (II), das Männchen einen Faktor flu* dunkle Flügelfarbe (= schi-aff iertes X im Schema), so gelangt der Faktor für helle Flügel- farbe, durch die Art der Verteilung der X-Chromosomen, von der Mutter auf den Sohn (vgl. Schema dl), die dunkle Farbe vom Vater auf die Tochter. Die Töchter übertragen sie dann wieder auf ihre Söhne (= criß Geschlechtsehromosomenuntersuchungon an Psychidoii. 37 n-oß-Vororl)ung). Bei Non-Disjunction dagogen kommt das X-Chromo- som von der Miittor auf dio Tochter und damit müssen wir Ausiiahms- weibchen mit lieller Fliigelfarbe erhalten (vgl. Schema Textfig. (/ 11 ). Mit der Erbringung eines experimentellen Nachweises solcher Ausnahms- weibchen ist mir ein amerikanischer Kollege, Bridges, zuvorgekommen, allerdings an einem andern, ungleich günstigeren Objekt. Ich komme gleich auf seine bedeutenden Untersuchungen an Drosophila zu sprechen. Bei Schmetterlingen waren schon länger Vererbungserscheinungen bekannt geworden, durch Doncasters Ki-euzungen von Ahraxas grossu- lariata mit der Varietät lacticolor, die bis heute ungeklärt blieben, nun aber ihre glatte Lösung durch die eben beschriebene Non-Disjunktion der Geschlechtschromosomen finden. Schon Bridges hat darauf hingewsen. Die hauptsächlichsten Beobachtungstatsachen, die für uns von Interesse sind, sind die folgenden: 1. Sowohl bei A. grossulariata als bei lacticolor oder Ki'euzungen beider Formen traten reine Weibchenkulturen auf, 2. Gelegentlich können diese Weibchenkulturen auch einige wenige Männchen enthalten. 3. Die normale Chromosomenzahl bei grossulariata und lacticolor be- trägt für beide Geschlechter 56. 4. Die Weibchen unisexueller Familien haben oft nur 55 Chromosomen, bei vier Individuen wurden nur 54 Chromosomen festgestellt (vgl. S. 8, 1913). 5. Die Weibchen bisexueller Familien, die duTkt von unisexueUen abstammen, haben 56 oder 55 Chromosomen. 6. EineerblicheAnlage für Unisexualität konnte nichtfestgestellt werden. 7. Der Faktor für grossulariata (= dunkle Flügelfarbe) und der für lacticolor (= helle Flügelfarbe) ist geschlechtsgebunden und wird nach den Regeln der criß-croß vererbt, kommt also von der Mutter auf den Sohn und vom Vater auf die Tochter. 8. Ausnahmen von dieser Regel, d. h. matrocline Weibchen und patrocline Männchen, wurden festgestellt. — Das Auftreten von reinen Weil)chenkulturen oder Kulturen mit nur wenigen Männchen glaubte Doxcaster dadurch erklären zu können, daß er annahm, daß in den Eiern der Weibchen mit 55 Chi'omosomen das unpaare X-Chromosom inmier, oder doch vorzugsweise in den Richtungs- körper ausgestoßen wird. So blieben lauter oder vorwiegend Eier mit 27 Chromosomen, die mit einem normalen Spermatozoon mit 28 Chromo- somen lauter Tiere mit 55 Chromosomen, also lauter Weibchen ergeben. Abgesehen aber davon, daß damit das Auftreten von Tieren mit 55 Chro- mosomen nicht erklärt ist. mußte Doxcaster (1915) feststellen, daß an- 38 J. Seiler, scheinend die Eier mit 28 Chromosomen ebenso häufig sind wie die mit 27. Für selektive Sterbüchkeit, die zur Erklärung hätte herangezogen werden können, ließen sich keine beweisenden Tatsachen erbringen. Somit blieb der ganze Tatsachenkomplex, soweit er sich auf die Sexuahtät und auf das Auftreten von Tieren mit 55 Chromosomen be- zieht, ungelöst. — Die patroclinen oder matroclinen Ausnahmen suchte DoNCASTER dadurch zu erklären, daß er annahm, das X-Chromosom be- stände aus zwei normalerweise verbundenen Teilen, der eine mit dem Ge- schlechtsfaktor, der andre mit dem grossulariata oder lacticolor-F aktor, die ausnahmsweise getrennt voneinander übertragen werden könnten. Beobach- tungstatsachen für eine solche Beutung ließen sich aber nicht erbringen. Nach den geschilderten Beobachtungen über Non-Disjunction bei tuhulosa dlnfte der Ähmxas-FsiW folgende einfache Deutung finden: Wir müssen annehmen, daß der normale Chromosomenzyklus wie folgt verläuft: Gameten Zygoten Q = 54 + xT/p^ + ^^54 -f- ^2/ = 2 Cf = 54-h 2^{^^ + ^^^54 -\-2x = d' Findet nun in der Samenreifung Non-Disjunction der Geschlechtschromo- somen statt, so würden, in Analogie zu tuhulosa, Spermatazoen ohne X-Chro- mosomen gebildet, die Ausnahmsweibchen erzeugen nach folgendem Schema : Q=54 + x2/p!^ + ^^54 + 2/=Q (9 ohnea:) (^ = 54 + 2x 27 2„ — — - — '54 4- X = $ (matroclines 9 ) 2x Gehen bei Non-Disjunction die beiden X in eine Spermatide und entstehen Spermatozoen mit zwei X-Chromosomen, so erhalten wir Ausnahms weibchen und Ausnahmsmännchen. Der Clu-omosomenzyklus lautet in diesem Falle: {21-\-y^ -/ 54-fi/=Q (9 ohne a:) Q = 54 + xy- ^ = 54 -f- 2 .^ b4:-\- x= Q (matroclines Q ) 54 + 2rB + ?/ = cf (patroclines cf mit einem y) I27 + 2x^ -^54 -\-Bx = cf (mit 3x) Aus den vorliegenden Beobachtungstatsachen möchte man vermuten, daß dieser FaU nicht so selten verwirldicht ist, als bei tuhulosa, wenn er hier überhaupt vorkommt. GeschlechtscliromosomenuntersucliunK^'n an Psvchidon. 39 D Wird ein matroclines Ausnahnisweibclu'n mit normalen Spermato- zoon befruchtet, so entsteht eine Rasse, die im weiblichen Geschlecht 55, im männlichen 56 Chromosomen hat und behält. Ein Ausnahmsweibchen ohne X-("in-omosom (54 + ?/) aber gibt einer reinen Weibchenkultur den Vorsprun«]: (vgl. Satz 1. S. 37) nach folgendem Schema: Q =bi-hfj (97 + ^^54 + :ci/=Q (normales Q ) d^-=54 + 2:r[^!^ + ^^54 + .T=Q {Q ohne ^) Die geschlechtlich erzeugte Nachkommenschaft dieser Weibchenkultur ist bisexuell (vgl. Satz 6, S. 37), die Weibchen haben entweder 56 oder 55 Chromosomen (vgl. Satz 5, S. 37), je nachdem sie von 54 + xy- oder von 54 + a;- Weibchen abstammen. Bildet nun bei Ähraxas — gleich wie bei tubulosa — jedes, oder fast jedes Männchen eine größere oder geringere Zahl abnormale Spermato- zoen, so ist klar, daß jedes oder fast jedes befruchtete Ausnahmsweibchen mehr oder minder neue Ausnahmen erzeugen muß, wie aus folgenden Chromosomenzyklen zu ersehen ist: 1) 9=54 + // {27 + 2/-^54_^,^_Q 27/ 27 54 = Q (Ausnahmsweibchen 2x ohne xy] rf = 54-f 2a: 2) Q = 54 + X E + '^^54 + .r = $ 127 (f = bi -\- 2 x{27 54 =9 (Ausnabmsweibchen ohne xy) Ww können diese neuen Ausnahmen sekundäre Ausnahmsweibchen nennen. Die Hälfte davon besitzt nur 54 Chromosomen. Ist ein solches W(i beben lebens- und fortpflanzungsfähig, so erhalten wir auf einem neuen Wege reine Weibchenkulturen, wie folgendes Schema zeigt: 2=54 I 27 — --54_|..^=Q CJ^=U-{-2x\f^Z": 354 + ^=0 40 J.Seiler, Ist ein kleiner Prozentsatz der befruchtenden Spermatozoen abnormal — ohne X-Chi'omosom oder mit beiden X-Chromosomen — so erhalten wii- neben Weibchen mit 55 Chromosomen solche mit 54 (vgl. Satz 4) und außerdem vereinzelte patrocline Männchen (vgl. Satz 2). (27 ^ ^ (-f = 54 + 2.17 27 , 2x^^^ + 2a; = Cf (patrocline c?) Bei geschlechtlicher Fortpflanzung ergibt auch diese Weibchenkultur natürlich wieder ein normales Sexualverhältnis, und es ist selbstverständ- lich, daß keine andern Regeln über Erblichkeit der Unisexualität gefunden werden können als die, die sich im Gefolge der Non-Disjunction von selbst ergeben (vgl. Satz 6). Daß Ausnahmen in der Vererbung der geschlechtsgebundenen Merk- male vorkommen müssen (vgl. Satz 8), versteht sich nach dem Gresagten von selbst. Gleich wie Bridges im Gefolge der Non-Disjunction bei DrosopJiila Steriütät feststellte (hier sind z. B. die Männchen ohne Y-Chromosom zwar lebensfähig, aber steril), so beobachtete auch Doncaster in seinen Äusnahmezuchten von Äbraxas häufig Sterilität. Die tritt zweifellos ein bei ganz bestimmten abnormalen Chromosomenbeständen. Es dürfte äußerst interessant sein, darüber Untersuchungen anzustellen. Auf weitere Einzelheiten der Ergebnisse Doncasters einzugehen, würde zu weit führen. Es will scheinen, als ob sein ganzer Fragenkomplex durch die Annahme der Non-Disjunction vollständig geklärt sei. Es bleibt mh nun aber selbstverständlich die Aufgabe, zu prüfen, ob tatsächhch bei Äbraxas Non-Disjunction vorkommt. Ich hoffe, darüber bald be- richten zu können und glaube, es hat sich jetzt schon gelohnt, auf den Fall einzugehen, weil an Äbraxas tatsächhch das Experimentum crucis, das für tubidosa noch aussteht, vorliegt mit dem erwarteten Er- gebnis. Anmerkung bei der Korrektur: Inzwischen brachten zwei Arbeiten über Erblichkeit bei Schmetterlingen (Goldschmidt 1920 u. 1921) neue experimentelle Beobachtungen, welche ihre volle Klärung durch die Annahme des Nichtauseinander- weichens der Geschlechtschromosomen finden. Zwischen Goldschmidts Daten und seiner Interpretation und unserem zytologischen Nachweis des Nichtauseinander- weichens im monogametischen Geschlecht besteht volle Übereinstimmung (vgl. G. 1921, S. 150—151), Gesclilechtschromosomcmmtcrsucluingen an Psychiden. 41 6. Non-Disjunction bei Drosophila. Ursachen und Bedeutung der Non-Disjunction. Wir besitzen einen Avundervollen Parallelfall von Non-Disjunction in den wertvollen Untersneliungen von Bridges an Drosophila, die während des Kiieges erschienen und mjr erst im letzten Moment vor der Nieder- schrift dieser Arbeit in die Hände kamen. Es mag lehrreich sein, auf den Fall einzugehen; die Parallele wird um so interessanter sein, als bei Droso- phila das Männchen digametisch ist, nicht das Weibchen wie bei den Schmetterlingen. Demnach ist zu erwarten, daß die Verhältnisse genau umgekehrt liegen werden. Der Chromosomenzyklus von Drosophila lautet wie folgt: Q=6 + xx[l + ^6 + xx= Q Die Rolle des Y-Chromosoms für die Vererbung ist noch nicht genügend geklärt ; sie scheint sehr gering zu sein. Jedenfalls kommen als Vererbungs- träger der geschlechtsgebundenen Faktoren in erster Linie die X-Clii'omo- somen in Betracht. Mit dieser Annahme harmonierten die gesamten ex- perimentellen Ergebnisse. Dabei muß betont werden, daß gerade die Verer- bung der geschlechtsge])undenen Merkmale am genauesten, mit einer impo- nierenden Gründlichkeit studiert ist und die Arbeiten darüber wohl die besten Vererbungsanalysen darstellen, die überhaupt bestehen. Sämtliche ana- lysierten geschlechtsgebundenen Merkmale folgten den Regeln der criß-croß. Ln Verhältnis 1 : 1700 aber traten in den Zuchten von Bridges Ausnahmen auf. matrodine Töchter oder patrocline Söhne. Diese Ausnahmstiere nahm Bridges als Ausgangspunkt eingehender Unter- suchungen. Welche Kreuzungen er auch mit ihnen anstellte, alle Ergeb- nisse wiesen auf eine Erklärung hin: Die Ausnahmsticre sind dadurch ejitstanden, daß die beiden X-Chromosomen des Weibchens sich nicht trennten, bei der Reifeteilung im Ei entweder beide in den weiblichen Vorkern gelangten oder beide in den Richtungskörper ausgestoßen wurden. Damit würden wir folgende Gameten und Chromosomenzyklen erhalten: 3 -\- y ;^ ^ Q-\- xxy=^ matroclines 9 3-1-x cT = 6 + •'^.'/■ Q = 6 + XX 6 -f- a; = patroclines cT 42 J. Seiler, Die Zygoten XXX scheinen nicht lebensfähig zu sein, ebenso die ohne X-Chromosom (6 + Y). Die beiden andern müssen, wenn der Vorgang nach dem gegebenen Schema verläuft, matrocline Töchter und patrocline Söhne ergeben. Daß diese im Experiment erhaltenen Ausnahmstiere aber obige Chromosomengarnitur haben, war nur erschlossen. Bridges bringt in seiner Ai'beit eine Fülle von experimentellen Beobachtungen, die diese Schlüsse stützen. Was aber seiner Arbeit besondere Bedeutung ^ibt, das ist der zytologische Nachweis für die Richtigkeit der Vorstel- lungen. ZwöK chromosomal untersuchte Ausnahmsweibchen wiesen tnt- sächlich übereinstimmend ein überzähliges Chromosom auf, das zudem an seiner Form ziemlich sicher als Y-Chromosom identifizierbar war. Es ist nun klar, daß die Ausnahmsweibchen, die durch primäre Non-Disjunction entstanden sind, wieder neuen Ausnahmen den Ursprung geben müssen (= sekundäre Non-Disjunction). Durch geistreiche Ex- perimente erschloß Bridges aus den croß-over-Erscheinungen, daß von den möglichen Gameten 3-1- Y, 3-fXX, 3-1-X und 3 + X Y in der Hauptsache nur die beiden letzten gebildet werden. Demnach müßten .sich folgende Chromosomenzyklen ergeben: ^ = ß-\-xy 3 _^. x\\/ 5=6 + xxy 6 + xyy == Ausnahms-cf 3 + 3cZ\/_\ 6 -}- XX = Q 3-i-xy ß -{- xxy = AuBnahms-Q Die experimentellen Daten waren die folgenden: Wird ein Ausnahme- weibchen zur Weiterzucht verwendet, so liefert es, was die weibliche Nach- kommenschaft anbelangt, zur Hälfte normale Töchter, die wieder normale Nachkommen erzeugen; die andre Hälfte der Töchter verhält sich wie die Mutter, d. h. sie ergibt wieder zur Hälfte Ausnahmen, zur Hälfte nor- male Tiere. Die zytologische Untersuchung lieferte folgendes Resultat: Von 18 Weibchen mit klaren Chromosomenbildern . hatten 9 den normalen Chromosomensatz, die übrigen 9 hatten außer den beiden X noch ein Y-Chromosom. So decken sich also die zytologischen und experimen- tellen Ergebnisse ganz genau, und es dürfte damit Bridges gelungen sein, den ersten eindeutigen dnekten Beweis dafür erbracht zu haben, ■daß in den X-Chromosomen die Faktoren der geschlechtsgebundenen Merkmale untergebracht sind. Der Vorgang der Non-Disjunction selbst liegt bei Drosophila noch im Dunkel. Es ist zu hoffen, daß darüber bald Untersuchungen angestellt Geschlechtschromosomenuiitersiichungen an Psycliidcn. 43 worden. Uns interessiert die Tatsache, daß Bridges durch seine experi- mentellen Ergebnisse gezwungen ist, die Non-Disjunction bei der Ei- reif ung erfolgen zu hissen. Der Fall liegt also in bezug auf die Geschlechter tatsächlich umgekehrt wie bei den Schmetterlingen, denn bei Talaeporia erfolgt das Nichttrennen in der Samenreifung, wie wir sahen. Im übrigen zeigen sich kleine Unterschiede, die darauf zurückzu- führen sind, daß bei Brosofhila der X Y-Geschlechtschromosomentypus vorliegt, bei Talaeporia der X-Tj^pus. So ist bei Drosophüa die Zygote ohne X nicht lebensfähig, bei Talaeporia dagegen wohl; ob sie hier aber lebensfähige Nachkommenschaft liefert, ist noch nicht ausgemacht, wahr- scheinhch schon. Die Zygote mit X ist bei Drosophüa zwar lebensfähig, aber steril; bei Talaeporia sind die Zygoten mit X überhaupt normal. Im Prinzip aber herrscht Übereinstimnumg: Das Nichttrennen findet im monogametischen Geschlecht statt. Die Bezeichnung »Non- Disjunction ((, die wir von Bridges übernommen haben, trifft für Talae- poria vielleicht nicht ganz das wesentliche. Denn hier ist jedenfalls das erste, daß die beiden X nicht konjugieren. AUe Beobachtungstatsachen an Talaeporia deuten auch darauf hin, daß nur solche X-Chromosomen, die als Univalente Elemente in die Reduktionsteilung der Spermatozyten eintreten, iii der Anaphase liegen bleiben. Das abnormale Verhalten bei der Teilung ist also wohl mn- Folge davon, daß die Affinität zwischen den beiden X in den Synapsisstadien entweder nicht vorhanden oder doch zu schwach war, da die beiden X-Chromosomen in der Anaphase meist aneinander geklebt, jedenfalls in unmittelbarer Nachbarschaft beieinander liegen bleiben, können wir vorläufig ruhig Jjei der Bezeichnung „Non- Disjunction" oder Nichttrennen der Geschlechtschromosomen bleiben. Worauf aber das Nichtkonjugieren zurückzuführen ist, ließe sich nur vernuitungsweise sagen. Man könnte z. B. an Inzuchtwirkung denken. Der Gedanke liegt für die Psychiden ilirer Biologie wegen nahe. Talae- poria ist oft mehrere Jahre nacheinander sehr selten, da die Schlupf- wespen die meisten Tiere anstechen und als Wirt für ihre Brut ausnützen. Gelangt ein Weibchen zur Eiablage, so werden die Geschwisterräupchen ihrer geringen Beweglichkeit wegiMi in relativer Nachbarschaft bleiben; dazu kommt, daß die Weibchen flügellos und zur Ortsveränderung voll- ständig unfähig sind (vgl, auch biologische Notizen Studie I). So mag Inzucht einige Jahre nacheinander die Regel sein, oder doch sehr häufig vorkommen. Bei Drosophila und Ahraxas dürfte es leicht sein, die Vei- mutung experimentell zu prij/en. Non-Disjunction im digametischen Geschlecht. Nichttrennen zwischen X und Y. ist schon längst bekannt und oft beobachtet worden (Wilson 44 J. Seiler, 1907, 1909, 1910; Stevens 1908, 1912). Wilson, der erste Beobachter, deutete die Erscheinung als Mittel, das überflüssige Y-Chromosom ver- schwinden zu lassen und von dem X Y-Geschlechtschromosomentypus zum reinen X-Typus zu gelangen. Halten wir an dem Gedanken fest — wir glauben, er ist berechtigt und findet namentlich Stützen in den Untersuchungen von Bridges — so müssen wir weiter schhcßen, daß das Vorkommen von Non-Disjunction im monogametischen Geschlecht darauf zurückzuführen wäre, daß hier auch eine Neigung besteht, die X-Chromosomen zu ehminieren. Bei Schmetterlingen führt das, wie wir sahen, zum Auftreten von reinen Weibchenzuchten und, wenn Nicht- trennen häufiger würde, schließlich zum Aussterben der Männchen und damit zum Aussterben der Art, wenn nicht andre Chromosomen die Rolle der X-Chromosomen übernehmen, oder aber — wenn nicht eine neue Fortpflanzungsweise einsetzt: Die Parthenogenese. Wir werden namentlich in der IV. Studie (die Parthenogenese bei Psychiden) Anlaß haben, auf diesen Gedanken zurückzukommen. 7. Zusammenfassung. 1. Fumea casta besitzt im weiblichen Geschlecht ein unpaares X- Chromosom. Dieses rückt in der Metaphase der ersten Reifeteilung im Ei etwas aus der Äquatorialebene heraus, wenigstens bei überreifen Ovarialeiern. In der ersten Reifeteilung geht es ungeteilt an einen Spindel- pol. Es entstehen Eier mit 30 und solche mit 31 Clu-omosomen. 43 reife Eier hatten 30 Chromosomen (= Weibchen). 50 hatten 31 (=Männchen). Im übrigen verhält sich das. X wie die Autosomen ; es hinkt diesen in der Reduktionsteilung, im Gegensatz, zu dem Verhalten bei tubulosa, nur ausnahmsweise nach. Alle reifen Spermatozoen erhalten 31 Chromosomen. Die diploide Chromosomenzahl, festgestellt in Blastodermitosen, beträgt 61 für die Weibchen, 62 fiü' die Männchen. — In 6 Eiern konnte kein X-Chromosom nachgewiesen werden; beide Tochterplatten hatten je 30 : 30 Chromosomen. Diese Eier müssen von einem Weibchen stammen, das diploid 60 Chromosomen besitzt. 2. Bei Talaeporia tubulosa besteht derselbe Geschlechtschromosomen- typus. Die Weibchen haben 59, die reifen Eier 29 oder 30, die Männchen 60 Chi'omosomen. Eine dritte Sorte von Embryonen hatte 58 Chromosomen. 3. Diese Ausnahmstiere von tubulosa mit 58 Chromosomen könnten entstanden sein a) durch parthenogenetische Entwicklung eines Eies mit 29 Chromo- somen und nachfolgender Chromosomenregulation auf 2 x 29 = 58 Chro- mosomen, Geschlechtschromosomcnnntersuchungen an Psycliiden. 45 h) diiith ChroninsomeiikoppclunK. c) aus der VoreinigungabiKirniali'r Kt'inizelk'ii. Die letztere Möglich- keit ist verwirklieht. Unter 572 Chromosonienplatten der ersten Reife- teilung im Hoden hatten 563 die normale Chromosomenzahl 30, 9 hatten die abweichende Zahl 31, da hier die beiden X-Chromosomen nicht kon- jugiert hatten und als Univalente Elemente vorlagen. In der Anaphase der ersten Reifeteilung bleiben sie liegen und werden nicht in den Kern der Spermatozyte IL Ordnung aufgenommen. So entstehen Spermato- zoen mit 29 Chromosomen, ohne X-Chromosom. Befruchten sie ein Ei mit 30 Chromosomen, so entsteht ein Ausnahmsweibchen mit 59 Chromo- somen, dessen X-Chromosom von der Mutter stammt (matroclines ?). gelangen sie in ein Ei mit 29 Chromosomen, so entstehen Ausnahmsweib- chen mit 58 Chromosomen ohne X-Chromosom. Die Ausnahmstiere von F. casta mit 60 Chromosomen werden die- selbe Entstehungsweise durch Xichttrennen, »Non-Disjunction" nacli Bridges, der X-Chromosomen und Liegenbleiben derselben in der R<'- duktionsteilung, haben. 4. Das entscheidende Experiment für die Richtigkeit der Deutung dieser Chromosomenverhältnisse (die Nachzucht eines Ausnahmsweibchens mit 58 Chromosomen, diese müßte aus lauter Weibchen bestehen!) steht noch aus. 5. An einem andren Objekt liegt es dafür schon mit positivem Er- gebnis vor: In den Kj-euzungsergebnissen von Doncaster an Ahraxas grossidariata und lacticolor. Eine ganze Kette von sonst ungeklärten Beobachtungstatsachen findet dadurch eine glatte Lösung. 6. In den Untersuchungen von Bridges an DrosopMla besteht ein Parallelfall von Non-Disjunction. In beiden Fällen findet diese im mono- gametischen Geschlecht statt (bei den Schmetterhngen im männlichen, bei DrosnjjJiüa im weiblichen). Sie ist vielleicht verursacht durch Inzucht und führt möglicherweise zur Parthenogenese. Geleitwort. Die vorliegende Arbeit, die im sachlichen Teil allerdings noch in Berhn-Dahlem ausgearbeitet wurde, ist die erste, die hervorgeht aus dem neuen biologischen Privatinstitut von Dr. C. B. Haniel. in das mich das Vertrauen meines Freundes berief. Mit der Errichtung des Institutes er- füllte sich ein längst gehegter Liebhngsgedanke Dr. Haniels. und ich möchte wünschen, daß seine Hoffnungen, der deuthch:^n Wissenschift, vielmehr der Wissenschaft überhaupt damit einen Dienst zu leisten, sich erfüllen. 46 J. Seiler, Geschlechtschromosomenuntersuchurigeii an Psychiden. Zitierte Literatur. Bridges, B. Calvin, 1916. Non-Disjunction as proof of the Chroniosome theory of heredity. — Genetics I. DoNCASTEB, L., 1913. On an inherited tendency to produce purely female families in Abraxas grossulariata, and its relation to an abnormal chromosome number. Jour. Gen. III. — 1914. Chromosomes, heredity, and sex. Q. J. M. S. 39. — 1914. On the relations between chromosomes, sex, and sex-determination in A. grossulariata. Joiirn. Gen. IV. DoNCASTKR, L., 1915. Kurze Notiz in Nature, June 10. Freer, 1895. Kurze Notiz in Ent. Record. Vol. VI. Goldschmidt, R., 1913. Vortrag Correns-Goldschmidt über Geschlechtsvererbung. Berlin, Bornträger. — 1920. Untersuchungen über Intersexualität. Z. f. ind Abst. u. Vererb. Bd. XXIII. — 1921. Erbhchkeitsstudien an Schmetterlingen III, der Melanismus der Nonne, Ly- mantria monacha L. Hartmann, Aug., 1871. Die Kleinschmetterlinge Münchens. Seiler, J., 1914. Das Verhalten der Geschlechtschromosomen bei Lepidopteren, Arch. f. Zellf. Bd. XIII. — 1917. Geschlechtschromosomenuntersuchungen an Psychiden. Zeitschr. f. ind. Abst. und Vererbungslehre. Bd. XVIII. — 1920. Geschlechtscliromosomenuntersuchungen an Psychiden. I. Die experimen- telle Beeinflussung der geschlechtsbestimmenden Reifeteilung. Arch. f. Zellf. Bd. XV. — 1921. Geschlechtschrom. Untersuchungen III, in Druck. Arch. f. Zellf. Bd. XVL Stevens, N. M., 1908. The chromosomes of Diabrotica. Jour. Exp. Zool. V. , — 1912. Further observations on supernumerary cliromosomes and sex-ratios in Diabrotica soror. Biol. Bull. 22. Wilson, E. B., 1907. Note on the chromosome groups of Metapodius and Banasa. Biol. Bull. 12. 1909, 1910. Studies V und VI. Jour. Exp. Zool. 6 und 9. Tafelerklärung. SämtUche Photographien sind unretuschierteOriginalaufnahmen.Vergr. etwa 2000 X . Fig. 1 — 5. Metaphase der ersten Reifeteilung im Ei von Fumea casta. Bei 1 — 4 das X-Chromosom sichtbar. Fig. 6 — 7. Dasselbe von Fumea (crassiorella?). Fig. 8. Äquatorialplatte der ersten Reifeteilung im Ei von Fumea casta, mit 30 Chro- mosomen, das X-Chromosom liegt tiefer, ist infolgedessen nicht sichtbar. Fig. 9 — 11. Anaphasen der ersten Reifeteilung von Fumea casta 9 mit nach- hinkendem X, 11 mit wenig Eliminationschromatin. Fig. 12. Tochterplatte der ersten Reifeteilung mit 30 Chromosomen. Fig. 13. Vorgerückte Anaphase. Fig. 14. Metaphase der zweiten Reifeteilung. Fig. 15 — 16. Zwei zusammengehörige Tochterplatten der ersten Reifeteilung^ 15 mit 31, 16 mit 30 Chromosomen. -•»•♦«-••-' Physiologische und morphologische Deutung der im Protoplasma der Drüsenzellen außerhalb des Kernes vorkommenden Strukturen. Von Hildegard Lutz. (Aus dem zoologischen Institut München.) Mit Tafel IV u. V unl 4 Textfiguren. I Inhalt: seite- A. Einleitung 47 Material und Technik 55 B. Ausführung 55- I. Beschreibender Teil 55 1. Die Sekretzellen 55. a) Die Mitochondrien 55- b) Die basophilen Strukturen 59^ c) Das Sekret 63 2. Die Resorptionszellen und ihre Beziehungen zu den Sekretzellen . 64 3. Das Glykogen 67 4. Die Zellparasiten C9 II. Vergleichender Teil ''0 1. Gesamtüberblick über die Periodizität der Sekretion und der Struk- turen 70- 2. Die Mitochondrien 71 a) Die Entstehung 71 b) Die physiologische Bedeutung 73- 3. Die basophilen Strukturen 76 a) Die Entstehung der Wickel und Fäden 76 b) Die Beziehungen zwischen Mitochondrien und basophilen Struk- turen 76 c) Die physiologische Bedeutung 79 C. Zusammenfassung und Schluß 82 A. Einleitung. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Deutung der außer- halb des Kernes vorkommenden Strukturen der Drüsenzellen, die unter- verschiedenen Namen als Nebenkern, Chromidien, Mtochondrien beschrie- 48 Hildegard Lutz, ben Worden sind und deren ^ige Beziehungen, ihr Verhältnis zum Kern und zu den Funktionen uer Zelle noch nicht geklärt sind. Ungefähr um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wandte sich die Aufmerksamkeit der Histologen den außerhalb des Kernes gelegenen Strukturen des Protoplasmas zu. Den ersten Hinweis auf die Möglichkeit einer allgemeinen Strukturtheorie gab Bruecke 1861 in seiner Schrift »Über die Elementarorganismen«. Es folgten zahlreiche Einzelbe- obachtungen über extranukleäre Gebilde, vor allem 1867 la Valette St, Georges epochemachende Entdeckung des »Nebenkerns«, eines in Sper- matiden, besonders von Insekten neben dem Kern auftretenden Körpers, der bei der Entstehung der Spermie zu dem Schwanzfaden in Beziehung tritt. Dann wiesen in somatischen und in Geschlechtszellen Koelliker, Friedrich, Eberth, Pflueger, v. Kupffer, R. Heidenhain, Hensen Ol. A. feinere körnelige und fädige Strukturen im Plasma nach, bis sich schließ- lich Bestrebungen geltend machten, die Fülle der Formen unter einheit- lichen Gesichtspunkten in einer umfassenden Grundstruktur z^ vereinigen. Gestützt auf zahlreiche Eigenbeobachtungen über die körneligen Be- standteile des Protoplasmas und auf die Befunde anderer Autoren, beson- ders auf P. Ehrlich, erhob Altmann 1886 das Granulum zur Elementar- struktur der Zelle, wobei er allerdings über die tatsächlichen Beobach- tungen hinausging. Der Inhalt seiner Theorie sei hier in Kürze zusammen- gefaßt: Die Zelle selbst darf nicht als morphologische und biologische Einheit betrachtet werden, sondern ist als eine zusammengesetzte Bildung aufzufassen, als eine Kolonie elementarster Lebewesen; diese »Elementar- organismen oder Bioblasten« treten lediglich unter unscheinbaren Formen auf als Granula und besitzen die Fähigkeit der Assmiilation, des Wachs- tums und besonders der Selbstteilung, sie können sich verschieden dif- ferenzieren und sehr verschiedenartige Funktionen in der Zelle übernehmen; alle geformten Zellprodukte nehmen in ihnen ihre Entstehung. Diese Theorie sollte jedoch kein abgeschlossenes System darstellen, vielmehr hat Altmann stets betont, daß er sich das Recht wahren müsse, auf Grund neuer Forschungen seine Ansicht zu modifizieren, und die wichtigste Ände- rung besteht darin, daß er die zuerst unbeachtete Intergranularsubstanz als die eigentliche Matrix, aus der die Granula entstehen, anerkannte. — Wenn auch die spekulativen Betrachtungen über die »Elementarorganis- men« weit über die exakte Forschung hinausgriffen, so hat Altmann doch das Verdienst, die biologische Bedeutung der Granula und ihre Ent- wicklung als erster eingehend dargestellt zu haben. Abr-r diese tatsäch- liche Bedeutung konnte die Granulalehre nicht vor d» ■' vernichtenden Kritik ihrer Gegner retten. fli) biuiw^,. .. .ng der im Protoplasma vorkruiimendeii Strukturen. 49 Die Fiihruiii;' im Kampf sogoii x- . ü> . üln'niahm Flkm.mixc;. Er hielt seinerseits die Fäden, das Cytomitom'/ittr die einzifi'e bedeutungsvolle Struktur des Prntnplasnuis und erklärte ausdrücklieli, daß jene Körnungen nur als Bestandteile der Plasmafäden (Fila) zu betrachten seien, nicht als eigene Strukturen der Zelle selbst. Da er das ganze Gebiet der Körner, der Cytomikrosomen vollkommen außer acht ließ, übersah er die mannig- fachen Berührungspunkte, die seine Mitomlehre und die Granulalehre auf- weisen, und stand Jener Ansicht unversöhnlich gegenüber; auch die bio- logische Bedeutung der Altmann sehen Forschung ignorierte er voll- kommen. »Flemming blieb 1)is zuletzt der ausschließliche Morphologe; wozu seine Fädchenwerke nutze sind, darauf hat er eigentlich niemals eine rechte Antwort gegeben. Flemming übersah es, daß die Dinge in der Zelle (Körnchen, Fädchen, Netze, Bläschen) außerordentlich unschein- bar sind, und daß erst die Beziehung zur Physiologie diesen Fragen eigentliche 'Bedeutung geben kann, ja daß erst diese Beziehung es ermög- licht, die v^-plfach recht ähnlichen und ewig voneinander abweichenden Einzelbeobachtungen in natürliche Gruppen zu sondern. « (M. Heiden- hain.) Trotz dieser Schwächen trug die durch Flemmings Autorität gedeckte Mitomlehre den Sieg davon. Immerhin fand die Granulalehre noch warme Verteidiger, besonders in Arnold, der seine Plasmosomen mit den Altmann sehen Granula in der Plasmosomen-Granula-Theoric vereinigte. In weitere Kreise drang die Erkenntnis des Wahrheitsgehalts der Granulatheorie erst durch die Untersuchungen Bendas über Mito- chondrien. Der Forscher selbst berichtet darüber folgendermaßen: «Ausgehend von gelegentlichen Beobachtungen im funktionierenden Hoden einiger Säugetiere gelang mir die Ausarbeitung einer besonderen Methode, durch die sich eine morphologisch wohlcharakterisiertc Körnerart darstellen und an den verschiedensten Fundorten und in mannigfachen Verwendungen im Aufl)au der Zelle verfolgen ließ. Ich fand sie zunächst in den mänii- liclien Geschlechtszellen verschiedener Tierklassen beim x\ufbau des Sper- miums beteiligt, ging ihr alsdann in den Bikhingszellen der Spermien und deren Vorformen nach, sah sie dann in weiblichen Geschlechtszellen, zahl- reichen Körperzellen, besonders Epithelien und Muskeln und überzeugte mich von ihrem Vorkominen an der tiefsten Stelle der ontogenetischen Reihe, den Blastomeren, und an der tiefsten Stelle der phylogenetischen Reihe, den Protozoen, Als ich festgestellt hatte, daß sie stets neben den anderen Zellorf*^ neu eine Sonderexistenz führen, die sich in hervorragender Weise durch ihr isoliertes Fortbestehen während der Mitose und sogar in An- deutung einer Sondernütose (Blaps) äußerte, bin ich zu dem Schluß gelangt, Arcliiv f. Zellforschung. XVI. 4 50 Hildegard Lutz, daß in der genannten Körnnng ein spezifischer Bestandteil der tierischen Zelle, ein Zellorgan, zu erblicken ist, für welches ich den Namen: Mito- chondria, Fadenkörner, vorschlug«. Fädchen, die auch nach dieser Me- thode sich darstellen ließen, wurden als identische Zellstruktur Chondrio- miten oder Chondriokonten getauft und von Meves mit den Flemming- schen Fila verglichen, der dadurch eine Einigung zwischen Granula und Mitomlehre zu erzielen strebte. Ferner suchte er die Bedeutung dieser Strukturen für die formative Tätigkeit auch in der Benennung auszu- drücken und fülu'te statt der Bend Aschen Bezeichnung die Namen: Plastochondrien. Piastosomen und Plastokonten ein. Wie aus Bendas Definition hervorgeht, hielt er zunächst die von ihm ausgearbeitete Me- thode für eine spezifische. Diese Ansicht erwies sich als irrig. Heiden- hain betont, daß physikalische Momente die Leistungsfähigkeit der Me- thode beeinflussen. Unter den eigentlichen Mitochondrienforschern ließ zunächst Duesberg vorsichtig den Spezifitätsbegriff fallen; die Mehrzahl der Autoren einigte sich dahin, daß die Lipoide nach dieser Methode konser- viert und gefärbt werden und daß es sich der Hauptsache nach um Lipoid- färbung handelt, daß aber auch ganz heterogene Dinge wie Nerven- und Muskelfibrillen, Eiweißkügelchen. Zentriol, ja sogar Chromatin sich ge- legentlich durch Bendas Methode darstellen lassen. Immerhin läßt sich der Begriff Mitochondrien aufrecht erhalten für alle die Körner, Körner- kettchen und Fädchen, die sich nach jener Methode ausgesprochen lebhaft färben und als selbständige Gebilde im Zellplasma auftreten und hier einer bestimmten Funktion vorstehen. Alle diese Theorien beschäftigen sich einseitig mit der Morphologie und Biologie der Strukturen des Protoplasmas ohne auf den Hauptfaktor im Zellenleben, den Kern, und seine etwaigen Beziehungen zu diesen Ge- bilden zu achten. Sie wurzeln eben zum Teil noch in jener Epoche, da das Protoplasma als der Hauptsitz des Zellenlebens gedeutet wurde und man mit dem ruhenden Kern noch nichts anzufangen wußte. Inzwischen war aber doch namentlich durch die Beobachtungen der Befruchtungs- vorgänge die Bedeutung des Kerns klar zutage getreten, und nachdem er als Träger der Vererbung eine hervorragende Stellung gewonnen hatte, erfuhr er auch in den somatischen Zellen eine höhere Bewertung. Der ausgiebigste Versuch die Bedeutung des Kernes und der Plasmastrukturen von einem einheitlichen Gesichtspunkt zu erfassen, ist zunächst die Erga- stoplasmalehre von Garnier 1897, M. und P. Bouin und Prenant 1900. Alle die fädigen und körnigen Strukturen stehen mit der Funktion der Zelle in engster Beziehung, daher Ergastoplasma genannt, sie repräsen- tieren ein Cytoplasma von höherer Wertigkeit, ein »protoplasma superieur«, Pliysii)l0!r. ii. nunpliolog. Deutung der im Fiotoplasnia voikommendfn Strukturen. 51 oiii Cytocliroinatiii, das ist eine morphologisch tresonderte Substanz, die dem Chroniatin nahesteht. AVährend Phenant nur eine Verwandtschaft mit dem Kern und eine indirekte Beteiligung des letzteren betont, spricht G.VRNiER die Ansicht aus. daß sich im Ergastoplasma »matieres chroma- tiques fournies par le jioyauK mit den plasmatischeii Fäden vereinigen. Die Art und Weise der Abgabe der Substanzen durch den Kern blieb hier noch unbestinmit. Erst Goldschmidt 1904 machte den Kern vollkommen zum Mittel- punkt dei- Zellentätigkeit und zur (,)u('llr jeglicher Plasmadifferenzierung. Ausgangspunkt seiner Betrachtungen bildete der von R. Hertwig in der Protozoenzelle entdeckte Chromidialapparat. Im Plasma von Aktino- sphaeriuni P^ichhorni fand Hertwig 1899 zahlreiche, oft in Stränge ge- lagerte chromatische Körperchen, die nachweisbar aus dem Kern ent- stehen und denen er 1902 den Namen Chromidien gab. An diese Struktur schließt sich eine Einrichtung, die sich bei beschälten Rhizopoden findet, ein extranukleäres chromatisches Netz, der Chromidialapparat. aus dem sich Kerne neu bilden können, wie 1899 bei Arcella bewiesen wurde. Durch ähnliche Beobachtungen kam Schaudinn 1903 zum Schluß, daß diese Struktur nichts anderes sei als verteilte Geschlechtskernsubstanz, Der Begriff Chromidium hatte sich dadurch etwas verschoben, wie Hert- wig 1904 betont: »Die physiologische Wertigkeit von Chromidium und Chromidialnetz ist nicht ganz die gleiche. Das Chromidialnetz der Thala- mophoren ist nach meiner Auffassung der Hauptsitz der funktionellen Tätigkeit des Kernes; es kann daher auch der Ausgangspunkt für die Bil- dung neuer Kerne werden. Die Chromidien des Aktinosphaerium dagegen scheinen mir vorwiegend überschüssige, aus dem Kern heraustretende und ohne Weitere Funktion zugrundegehende Teile zu sein.« Diese Begriffe sucht nun Goldschmidt 1904 aus dem Rahmen der Protozoenzelle herauszuheben und für die gesamte Zellenlehre fruchtbar zu mächen, indem er das Chromidialnetz. soweit es Geschlechtskernsub- stanz ist, einfach ausschaltete und die Hypothese aufstellte, daß alle Stiukturen im Plasma — Ergastoplasma und Mitochondrien — aus Chro- midien hervorgingen, d. h. »als somatisches Chromatin, das aus dem Kern stammend im Plasma sich befindet und hier eine bestimmte Rolle spielt«, aufzufassen seien und daß alle lebhafte Tätigkeit der Zelle durch den Aus- tritt von Chromatin ins Plasma eingeleitet werde. Daran knüpfte sich dann die Chromidialapparattheorie: 1, »Jede tierische Zelle ist ihrem Wesen nach doppelkernig: sie ent- hält einen somatischen und einen propagatorischen Kern. Ersterer steht den somatischen Funktionen, Stoffwechsel und Bewegung, vor und kann 4* 52 Hildegard Lutz, vorwiegend Stoffwechsel- oder Bewegungskern sein. Der propagatorische Kern enthält vor allem die Vererbungssubstanzen, denen auch die Fähig- keit zukommt, einen neuen Stoffwechselkern zu erzeugen, (c 2. «Die beiden Kernarten sind gewöhnlich in einem Kern, dem Amphi- nukleus vereinigt. Die Trennung kann in mehr oder minder hohem Maße erfolgen; eine völlige Trennung ist selten, am häufigsten eine Trennung in einen vorwiegenden propagatorischen, aber doch gemischten Kern, den Zellkern im gebräuchlichen Sinne, und die Hauptmasse des somati- schen Kerns, den Chromidialapparat. « 3. »Die vollständige Trennung beider Kernarten dürfte nur in wenigen Fällen vorliegen, im Zusammenhang mit der Fortpflanzung bei den Proto ■ zoen, ferner in der Ovogenese und Spermatogenese der Metazoen. « 4. »In den Gewebszellen kann die Trennung garnicht bemerkbar sein, wie in den meisten nicht lebhaft funktionierenden Zellen, auch in den ausgebildeten Eizellen. (( »Deutlich wird dann die Trennung, Wenn Teile des somatischen Kerns ins Plasma gelangen, hier Chromidien bildend. Bei Drüsenzellen besonders tritt dies in regelmäßigen Perioden ein, bei Eizellen während der Dotterbildung« . . »der somatische Kern liegt als Chromidialapparat im Plasma, steht aber in engster Verbindung mit dem vorwiegend propagatorischen Kern, von dem aus er immer neu ersetzt wird«. Ferner »noch wesentlich deutlicher wkd die Daseinsäußerung des somatischen Kerns in den Zellen, die uns Bildungen von Chromidial- fäden und Chromidialkörpern zeigen, also den als Pseudochromosomen, Mitochondrien, Dotterkernen, Ergastoplasma bekannten Gebilden. « Gegen die Kerndualitätstheorie wurden al)er besonders von R. Hert- wiG so schwerwiegende Bedenken erhoben, daß es besser schien sie von der Chromidiallehre zu abstrahieren, so daß nunmehr unter dem Chromi- dialapparat die extranukleären Strukturen, die dem Kern entstammen und mit der Zellfunktion in Verbindung stehen, zusammengefaßt Wurden. Da jedoch der Chromatinaustritt nur in seltenen Fällen nachweisbar War, wurde schließlich der Begriff gelockert und von manchen Autoren gemeinhin Jede basophile Struktur als Chromidium gedeutet, so daß z. B. auch Arnold einen Übergang seiner plasmogenen Plasmosomen- granula in Chromidien annehmen konnte. Um einigermaßen Klarheit zu wahren ist es unbedingt notwendig den Begriff Chromidium nur für Strukturen, die tatsächlich dem Kern entstammen, festzuhalten und überall, wo dieser Ursprung nicht einwandfrei festgestellt ist, einen weniger verbindlichen Namen, etwa metachromatische oder basichromatische Struktur oder ähnliche zu wählen. Aus diesem kurzen Überblick über die Ansichten der verschiedenen Ph3'siolog. u. niorpholog. Deutung dor im Protnplasma vorkommenden Strukturen. 53 P\)rscher geht hervor, daß sieh hiei- h;uii)tsäehli(li zwei Kichtiuigen gegen- überstehen: Die einen betraehten den Kern als Ausgangspunkt der forma- tiven Zelltätigkeit, die anderen schreiben dem Plasma die Fähigkeit selbständiger Funktion zu, uiul dementsprechend werden auch die in der Zelle auftretenden Strukturen von der einen Seite als mehi* oder minder umgebildete Kernderivate, von der anderen Seite als Plasmaprodukte angesprochen. Unsere Aufgabe ist es nun, die Strukturen einer Drüsenzelle auf ihre Alt. Entstehung und ihre Bedeutung im Leben der Zelle, ihre AVeehsel- seitigen Beziehungen und ihr Verhältnis zum Kern zu untersuchen und zu prüfen, ob sich die tatsächlichen Befunde ganz oder teilweise mit den Theorien vereinen lassen oder oIj wir diese ablehnen müssen. Material und Technik. Als Untei'suchungsmaterial diente die Mitteldarmdrüse von Planorhis romeiis. Diese Verdauungsdrüse der Mollusken, die gewöhnlich als Leber oder auch als Hepatopankreas bezeichnet wird, erfüllt die vereinigten Funktionen der Drüsen des Wii'beltierdarmkanals und ist sowohl ein resor- l)ierendes wie sezernierendes Organ. Sie zerfällt in zwei große, wieder in Unteral)teilungen getrennte Lappen, deren jeder mit einem besonderen Ausführungsgang mündet. Die Oberseite der »Leber« wh'd nach außen von einer besonderen Membran überzogen, die Barfurth zuerst entdeckt hat und die außen von liindegewebigen Elementen, innen nach der Leber zu von ^luskelfasern gebildet wird und sich oft tief zwischen die Follikel einsenkt. Außerdem sind die einzelnen Coeka durch lockeres Gewe])e miteinander verbunden, das Leydk; mit dem Xamen «Bindesubstanz- zellen« l)elegte, da es sich überall findet, wn bei höheren Tieren das Binde- gewebe entwickelt ist. wähi-end Barfurth es in seiner Gesamtheit als Hüllgewebe der Follikel, als meml)rana propria l)ezeichnet. Die Aus- führungsgänge der Drüse sind mit einem Flimmerepithel bekleidet; in den Hauptstämmen aber und in den Buchten tragen die Zellen keinen Wimperbesatz, und da sich die Elemente der Follikel nicht wesentlich von denen der Hauptstämme unterscheiden, dürfen wir die Hepatopankreas wohl als eine tubulöse Drüse ansprechen. Die einzelnen Zelle differen- zieren sich gemäß der doppelten Funktion des Organ? in Sekretions- und Resorptionszellen. Beide lassen sich leicht voneinander unterscheiden. Erstere sind groß, rundlich-oval mit großem Kern und großem Nukleolus, letztere erheben sich auf schlankem Stiel, der oft kaum bis zur Membrana propria zu verfolgen ist, sehwellen am Vorderende stark an und ragen weit ins Drüsenlumen vor, der Kern ist klein, langgestreckt mit punkt- 54 Hildegard Lutz, förmigem Nukleolus. In den sezernierenden Zellen treten die Strnkturen im Protoplasma außerordentlich scharf hervor, so daß sich in ihnen ein günstiges Objekt zur Untersuchung der oben gestellten Fragen bot, doch mußten — wie sich im Verlauf der Ai'beit zeigen wird — auch die Resorp- tionszellen in den Ivi'eis der Beobachtungen einbezogen werden. Um bei der Mannigfaltigkeit der Formen einige Ordnung in der Dar- stellung zu wahren, soll zunächst in den einzelnen Zellen die Morphologie der einzelnen Strukturen — vielleicht etwas gewaltsam — gesondert und dann erst die Gesamtheit der Bestandteile in ihrer biologischen Bedeutung im Zusammenhang mit der Funktion der ganzen Drüse betrachtet werden. In der Technik wurden in gleicher Weise die Methoden der Mitochon- drien- wie die der Chromidienforscher berücksichtigt. Für Mitochondrienpräparate erwies sich die von Duesberg und Meves 1908 modifizierte BEXDA-Methode einer Chrom-Osmiumfixierung mit darauffolgender Beize mit Holzessig, Chromsäure und Kalium-Bichro- mat verbunden mit Imstallviolettfärbung am sichersten. Weniger be- friedigende Bilder lieferte die Säurefuchsinfärbung nach Fixierung im Altmann sehen Gemisch, hier wurden weder nach dem Verfahren x\lt- MANNS noch nach der von Hoven benützten Modifikation von Schridde günstige Resultate erzielt. Die von Schultze so warm empfohlene Häma- toxylin-Osmiummethode fixiert und färbt allerdings die Mitochondrien, doch trifft auch sie der Vorwurf, den Bexda gegen die Eisenhämatoxylin- färbung der Nancy er Sclmle erhebt: »Sie hat den Vorteil alles bei ge- eigneter Behandlung zu färben, aber den Nachteil — nichts tinktorell unterscheiden zu können, (( so daß sie die komplizierte, im gewissen Sinne immerhin »spezifische« Ivi'istallviolettfärbung nicht ersetzen kann. Im übrigen wurden Sublimat und seine Gemische, Subhmateisessig und die von Petrunkewitsch zusammengestellte Fixierungsflüssigkeit, ferner Formol-Bichromat nach Boum und Osmiumgemische zur Fixie- rung verwendet und die Schnitte mit Safranin-Lichtgrün und mit Häma- toxylin sowohl nach Angaben von Heidenhain als auch von Delafield gefärbt, und die nach letzter Methode behandelten Präparate einer wei- teren Tinktion mit Eosin unterzogen. Zur Darstellung der fädigen Struk- turen eignet sich die Konservierung nach Petrunkewitsch und Bouin am besten. Der Eisessiggehalt der einzelnen Gemische ist möglichst zu reduzieren, da sonst die Körnungen im Plasma verquellen oder in Lösung gehen. Außerdem wurde Material in 96% Alkohol konserviert zur Darstellung des Glykogens nach der Best sehen Karminfärbungs- methode und zu Verdauungsversuchen. Die Schnittdicke wechselte zwischen 2 und 5 /f. Physiolog. u. morpholog. Deiitimg der im l'nitoplasnia vorkfinimcnden Strukturen. 55 B. Ausführung. I. Besehreibender Teil. 1. Dil' Sekretzüllüii. In der normal arbeitenden Drüse zeigen die Sei^retzellen große, rund- lich-ov^ale Gestalt mit breiter Basis ; wenn die Zelle im Winkel des Follikels liegt, nimmt sie häufig die Form eines Trapezes oder eines gk'ichscitigen Dreiecks an, dessen Höhe meist größer ist als die Grundlinie, in seltenen Fällen hinter ihr zurückbleibt. In einem zartwebigstrukturierten Plasma liegt in der unteren Hälfte der Zelle der große rundliche Kern mit einem großen Nukleolus und einer sehr deutlichen Kernmembran. Im Zellplasma finden wir zweierlei Strukturen, die sich nach iluem färberischen Verhalten unterscheiden lassen und die wir gesondert besprechen wollen: 1. Die Mitochondrien, 2. Die basophilen Fäden. Dazu kommt noch das Zellprodukt: Das Sekret. Diese drei Elemente sind in der Zelle regel- mäßig verteilt, so daß wir von der Basis zur Spitze eine Mitochondrien-, eine basophile Zone und das Bereich des Sekrets schon bei oberflächlicher Betrachtung unterscheiden können. Je nach dem Funktionszustand der Drüse kann die eine oder andere Struktur überwiegen und die anderen zurückdrängen. a. Die Mitochondrien. In der normalen Zelle zeigt sich an der Basis ein dichter, dunkler Körnchensaum, der sich besonders in BENDA-Präparaten tiefblau mit Kristallviolett färbt und den Bildungsherd der Mitochondrien darstellt. Die Körnchen sind dem Plasma eingelagert und variieren untereinander außerordentlich an Gestalt und Größe (Tafel IV, Fig. lu. 2). In jungen Zellen und bei erneuter Zellfunktion auftretend, sind sie zart und punktförmig, in älteren Zellen und bei lebhafter Zelltätigkeit zeigen sie einen größeren Durchmesser. Wh* dürfen ihnen daher vielleicht die Fähigkeit selbstän- digen Wachstums zuschreiben. Oft liegen zwei Mitochondrien von mitt- lerer Größe so nahe aneinander, daß wir vermuten könnten hier eine Teilung zu sehen, und auch die plumpen Körner sind manchmal biskiiit- artig vereint. Unter den heranwachsenden Formen treten auch ring- und hantelartige Bilder auf, auch erscheinen größere Körner vorn und hinten fadenartig ausgezogen. Am häufigsten aber zeigen die Körner die Neigung sich kettenartig meist zu drei und vieren anzuordnen; die einzelnen Körner sind von verschiedenem Durchmesser und der Größe nach aneinandergereiht, das dickste letzte trägt manchmal noch ein kleines schwanzartiges Fädchen oder ein winziges Körnchen. Solche Kettchen 56 Hildegard Lutz, finden sich hauptsächlich im mittleren Teil der Zelle und bilden hier die »Chondriokonten«, die bei schwächerer Vergrößerung als Fädchen er- scheinen, bei stärkeren Systemen aber einen körnigen Aufbau erkennen lassen. Die Chondriokonten scheinen teils durch Streckung der gedrun- genen Körnerkettchen, hauptsächlich des Verbindungsgliedes, teils durch Aneinanderreihung kleiner Dreikörnerkettchen zu entstehen und legen sich ihrerseits wieder zu längeren, verästelten Fäden zusammen. Die Textfig. 1 soll die Mannigfaltigkeit der Mitochondrienformen zeigen; an dem dabei abgebildeten Kern und der Seki'etkugel läßt sich ihre relative Größe ermessen. Im vorderen Abschnitt der Zelle lösen sich die Chondrio- konten wieder auf; zunächst zeigen sich kleine Ballen von 4 oder 5 Körn- chen, später aber liegen die Mitochondrien einzeln am distalen Zellende zwischen den großen Sekretballen und dem feinkörnigen reifen Sekret verteilt. Auch in den Sekretljallen treten häufig Körnchen auf, die in oa.it ■.■. > i -^ ■^ • '■ / \ ' ' l f Fig. 1. Verschiedene Formen der Mitochondrien. Okular 12 Immersion Zeiss Apochromat 2 mm. Zeichentisch in Objekttischhöhe. ihrem färberischen Verhalten mit Mitochondrien übereinstimmen ; sie sind vielleicht Mitochondrienderivate ; als echte Mitochondrien kann man sie nicht auffassen, da sie mit dem Eintritt in das geformte Sefaet ihre Selb- ständigkeit verloren haben. Um aber das Verhältnis der Mitochondrien zum Seki'etionsverlauf zu klären, wurde der Rhythmus der Drüsentätigkeit durch Hungerexperi- mente, durch Atropin- und Pilokarpineinwü-kung verändert. Die Hungerzeit wurde bis auf 6 Monate ausgedehnt. Erst nach 3—4 wöchentlichem Hunger lassen sich Veränderungen der Drüsenstruk- turen erkennen: Der Mitrochondriensaum AVird immer kümmerlicher und schmndet allmählich, während die basophilen Substanzen besondere Formen annehmen, die im nächsten Abschnitt eingehend erörtert werden ; vor allem aber staut sich das Sekret in großen Massen an und erfüllt fast die ganze Zelle, indem es die anderen Strukturen immer mehr verdrängt. Im 2. und 3. Monat treten deutliche Hungerbilder auf: (Tafel IV, Fig. 5) Physiolog. II. niorpliolog. Deutung dir im i'iotophisma vorkommenden Strukturen, 57 an diT J>asis lie^vii iiuiiim'lir oin/A'liU' wciiigv KürnclK'n; die Mitot-liondrien, die in der inneren Zelle im Plasma zerstreut lagen, schließen sieh zu Chon- driokonten zusammen, die häufig hakenförmig gebogen oder korkzieher- artig gewunden erseheinen; sie sind feiner und zarter als in der normalen Drüse. Während des 4. Monats starben schon einige Tiere ab; in den Drüsen der Überlebenden traten schon Degenerationsanzeichen auf: die Zellen schrumpfen, der Kern wird kleiner, chromatinärmer, die Kern- membran gefaltet (Tafel IV, Fig. 9); die sechsmonatige Hungerzeit überlebten überhaupt nur 2ö— 30% der Versuchstiere. Hier zeigen die Zellen im Kern wie in den anderen Strukturen weitgehenden Zerfall (Tafel IV, Fig. 10). Das Volumen der Zellen hat sich bedeutend vermindert, das Protoplasma ist trüb, vakuolisiert und zum Teil geronnen, der Kern er- scheint fingerförmig gelappt, äußerst chromatinarm ; sonstige Drüsen- strukturen zerfallen, die Mitochondriensubstanz ist zu kleinen Brocken verklumpt. Die gleichen Bilder zeigten sich, wenn die Drüsentätigkeit durch Atropineinwü-kung gelähmt wurde. Die Tiere wurden auf 6—24 Stunden in eine Lösung von 1,5 ccm 1% Atropinsulfat auf 100 ccm Wasser gesetzt. Auf diese Weise vollzieht sich die Einwh'kung des Alkaloids langsam, und das allmähliche Schwinden der Energie des Tieres läßt sich leicht beobach- ten. Die plötzliche Einwirkung des Giftes durch Injektion, wie sie bei höheren Tieren gebräuchlich ist, ruft bei unserem Objekt schwere Schä- digungen, Platzen der Zellen, ja Zerreißung der ganzen Gewebe hervor, und mußte deshall) vermieden werden. In den Zellen der in ihrer Tätig- keit durch Atropineinwirkung gehemmten Drüse findet an der Zellbasis keine Neubildung der Mitochondrien mehi- statt, der Saum schwindet bis auf wenige Körnchen; in der übrigen Zelle zeigen die Mitochondrien, ganz wie beim Hungerversuch, die Neigung sich zu schrauben- uiul häk- chenförmigen. gewundenen und gebogenen Chondriokonten zusammen- zulegen (Tafel IV, Fig. 7 und 8). Die Experimente der Pilokarpinreizung erwiesen sich für das Studium der Mitochondrien ungünstig. Die Tiere wurden 6—12 Stunden in einer 0,l<'/o wässerigen Pilokar])inlösung gehalten; die Drüsen zeigten das Bild einer lebhaften Tätigkeit, doch ergaben sich bei sonst richtiger Behand- lung keine deutlichen ]\Iitochondrienbilder, so daß ich hier nur Citampys Beobachtung bestätigen kann, »que la Pilocarpine detruit la substance mitochondriale«. Bessere Resultate ergaben die Versuche einer starken Fütterung der Hungertiere. Es wurden hierzu Tiere gewählt, die im dritten Monat des Hungers standen, deren Zellen also deutliche Hungerstrukturen ohne 58 Hildegard Lutz, Degenerationserschoinuiigen zeigten. Im Gegensatz zu den gefräßigen Landschnecken verhalten sich diese Hungertiere bei erneuter Fütterung ziemlich mäßig. Nach kurzer Freßtätigkeit verlassen sie den Futterplatz im Aquarium und schwimmen 2—3 Stunden lang im Wasser herum, bis sie wieder dem Futter nachkriechen, um l)ald darauf von neuem herum- zuschwimmen. Infolgedessen befindet sich auch die Verdauungsdrüse nur in langsamer Tätigkeit. Die Leber der Tiere, die 1/2 Stunde nach Nahrungsaufnahme getötet wurden, ist von der eines Hungertieres nicht zu unterscheiden. Dann wurden die Tiere im Abstand von 2, 4, 6, 12, 18, 24, 36, 48 Stunden und von da im Abstand von 24 Stunden bis zum 10. Tag getötet und auf Schnittbildern untersucht. Erst nach etwa 10 Stunden läßt sich das Auflösen des Seki'ets als wichtigste Veränderung im Zellbild konstatieren, und während der ersten zwei Tage verbraucht das Tier das während der Ruhe aufgespeicherte Seki'et, und demgemäß vollzieht sich auch die Neubildung der Zellstrukturen äußerst langsam. Erst am 3. oder 4. Tage nach Fütterungsbeginn vermehrt sich die Zahl der vereinzelten Körnchen an der Basis. Die neu auftretenden Mitochondrien sind zarter als die der normalfunktionierenden Zelle; Doppelkörnchen sind äußerst selten und stets von größerem Durchmesser. Die einzelnen Körnchen verteilen sich rasch über die ganze Zelle und finden sich rings im Plasma verstreut, ehe sie sich noch an der Basis zu einem dichten Saum zusammen- geschlossen haben, was am 6.-8. Tage eintritt. Im nüttleren und vor- deren Teil legen sie sich allmählich kettchenartig hintereinander, erst 8 Tage nach Futterbeginn kommt es zur Bildung der Chondriokonten, so daß die Zelle wieder einer normalen gleicht. Üljer das Auftreten der Mitochondrien in der embryonalen Drüse konnte ich leider aus Mangel an Material nur wenige Beobachtungen machen. Zunächst finden wir in allen embryonalen Zellen reichlich Mito- chondrien, anscheinend regellos im Plasma verteilt. Auch in den Zellen des Darms zeigen die Körnchen noch keine spezifische Anordnung. Die großen dotterhaltigen Entodermzellen gewinnen zum Teil durch Aufnahme der Eiweißmassen aus dem Cocon ein aufgetriebenes Aussehen, zum Teil — besonders vorn — bleiben sie klein und treten in lebhafte Teilungen ein; letztere liefern den Magen, während die eiweißhaltigen Zellen in die Mitteldarmdrüse übergehen. Die Dottermassen erschweren das Schneiden des Objekts ungemein, da sie durch die zur Erzielung einer sicheren Benda- färbung unbedingt notwendige Stägige Konservierung in dem Chrom- Osmiumgemisch, sowie durch die mehrtägige Nachbehandlung mit Kalium- bichromat und Holzessig außerordentlich spröde werden. Infolgedessen gelang es mir bei meinem spärlichen Material nicht, sichere Präparate zu riiysiolog. II. miiiplndog. Deutung der im Protoplasma vorkommcndon Strukturen. 59 boknmmon. Da al)or die ^litochondriiMi in säiiitliclii'n dottcrficicn Zellen ühoraiis klar luMvortroteii und nach dem Verschwinden der Dottennassen auch in den Leberzellen reichlich zu sehen sind, so dürfen wir wohl anneh- men, daß sie auch in der fraglichen Periode in den Zellen vorhanden sind. Es scheint, daß bei der Differenzierung der Leberzellen die ursprünglich resrellos im Plasnui verteilten Mitochondrien sich zunächst an den Rändern der Zelle, später aber ausschließlich an der Basis anhäufen. Da ich die Verhältnisse jedoch nicht eingehend studieren konnte, möchte ich diese Andeutungen nur bedingt, vorbehaltlich späterer Untersuchungen geben. b. Die basophilen Strukturen. Schon in der lebenden Zelle lassen sich deutliche strangförmige Gel)ilde erkennen, die sich in der Längsachse der Zelle hinziehen und das gleiche Lichtln-echungsvermögen wie der Kern besitzen. Auf gefärbten Schnitt- bildern treten sie durch ihre Verwandtschaft zu Kernfarbstoffen außer- ordentlich deutlich hervor und seien deshalb basophile Strukturen genannt, Sie färben sich .lebhaft mit Safranin und mit dem von Heideniiaix und dem von Delafield erprobten Hämatoxilin ; bei Anwendung der Bexda- schen Methode nehmen sie ein braunes Kolorit an. Gegen ihre Umgebung sind sie nicht scharf abgegrenzt, vielmehr verlieren sich ihre feinen Aus- läufer im Plasmagerüst. Oberhalb des Körnersaums treten sie zahlreich als parallellaufende, feingeschwungene Fäden auf, die scheinbar aus dem Mitochoiulriensaum herauswachsen, denn ihre basalen Enden liegen zum Teil noch innerhall) der Mitochondrienmasse und werden bei Benda- Färbung durch die stark violett gefärbten Körnchen verdeckt, so daß erst oberhalb des Saumes die braunen Streifen im Plasma erkannt werden köniKMi; umgekehrt verdecken auf Safranin-Lichtgrünbildern die stark basophilen Elemente im umgebenden Plasma das Grün fast völlig und nur oin schmaler grüner Streifen an der Basis weist auf die Bildungszone der Mitochondrien hin. Sie unterscheiden sich also vor allem durch ihr färbe- risches Verhalten, durch ihre große Affinität zu Kernfarbstoffen und das Ai)lehnen des KristalLvioletts von den Mitochondrien. ferner aber auch dadurch, daß sie im Gegensatz zu Mitochondrien weder in Essigsäure noch in Alkohol löslich sind. Daraus können w'ir auf eine weitgehende Ver- schiedenheit der chemischen Natur der beiden Strukturen schließen. Die Fäden, die zunächst parallel einzeln an der Basis entspringen, vereinigen sich dann zu Fadenbündeln und Strängen, die nach der Mitte der Zelle sich über den Kern hinaus vorschieben (Tafel IV. Fig. 13). Da der große Kern ihrer Bewegung ein starkes Hindernis entgegensetzt, so müssen sie sich an ihm vorbeidräno;en und unüagern ihn in dichten Strängen. Bei leb- 60 Hildegard Lutz, hafter Driisentätigkeit erfüllen die basophilen Stränge oft die ganze Zelle von der Basis bis znr Spitze (Tafel IV, Fig. 14, Tafel V, Fig. 27). Be- sonders reich sind diese Strukturen nach Pilokarpinreizung entwickelt, die einzelnen Fäden sind zarter und feiner als bei langsamer Sekretion und liegen in der ganzen Zelle so dicht gedrängt, daß bei schwacher Ver- größerung das Plasma eine vollständig diffuse chromatische Färbung zeigt. Wird die Drüsentätigkeit durch Hunger oder Atropin gelähmt, so zeigen die Fäden die Neigung sich zusammenzuknäueln. Nach einmona- tigem Hunger legen sich die Fadenstränge enger zusammen und bilden offene Locken (Tafel V, Fig. 25). Im zweiten Monat rollen sie sich voll- kommen ein und bilden Fadeiiknäuel oder Wickel. Diese eben entstehen- den Wickel sind zunächst sehr groß, da die Stränge noch locker und Weit aneinander liegen; allmählich schließen sie sich immer fester zusammen, so daß die Wickel kompakter, schärfer konturiert und kleiner Werden. Gelegentlich sind auch zwei Locken in einem Wickel vereinigt und zeigen uns das Bild eines zusammengesetzten Wickels (Fig. 18). Solche Formen übertreffen sogar den Zellkern an Größe, während sie im allgemeinen hinter ihm zurückbleiben. Die Wickel liegen meist zwischen Basis und Zellkern und bilden mit den schraubenförmigen Chondriokonten die typische Hungerstruktur der Drüsenzelle. Neue Fadengebilde treten an der Basis nicht mehr auf und alle Filamente im Plasma vereinigen sich in den Wickeln. Im dritten Hungermonat liegen in allen Drüsenzellen 1—9 Wickel, von dem reichen Sekret ziemlich an die Basis gedrängt. Wenn die Wickel in größerer Zahl auftreten, etwa 6—9, dann sind sie kleiner als bei weniger zahlreicher Bildung. Bei längerem Hunger werden sie allmählich zu kompakten Klumpen, bis sie schließlich nach über fünf- monatigem Hunger in regellose Brocken zerfallen. In der degenerieren- den Zelle eines sechsmonatigen Hungertiers finden sich zahlreiche, im Plasma zerstreute basichromatische Klümpchen, die auf solchen Zerfall zurückzuführen sind (Fig. 22 und 23). Ebenso wie das Bildungsmaterial, die Fäden, reagieren auch die AVickel durchweg basichromatisch. Bei Anwendung der BENDA-Färbung zeigen sie ebenfalls den braunen Farbton des Chromatins, häufig aber äußerlich eine blaue Kontur. In vereinzelten Fällen gewinnt man den Eindruck, daß sich die Chondriokonten den Wickeln sekundär aufgelagert haben. So zeigt Tafel V, Fig. 8, einen nicht geschlossenen Wickel, von dessen Ende deutlich ein gebogener Mitochondrienfaden ins Plasma zieht. Doch möch- ten wir derartige, äußerst seltene Verbindungen mehr einem zufälligen Zusammenliegen zuschreiben; denn im allgemeinen zwingt uns ja eine blaue Linie keineswegs, diese Form der Fadenstruktur mit der Mitochon- Physiolog. II. iiiorpliolog. Deutung der im Protoplasma vc rkommeiuleii Strukturen. 61 drionsul)stanz zu idontifizioron. da die BENDA-Färbimg, wie ciiijianss «uisdrücklicli betont wurde, durchaus keine spezifische ist. sondern von den verschiedensten Strukturen, soorar vom Cln-oniatin sell)st gelegentlich aufgenommen wird. Wenn die Hungert iei-c nach ungefähr dreimonatigem Fasten erneut gefüttert werden, so können sich auch die Wickel zur fädigen Struktur, wie sie an cUt normalen Zelle beobachtet wurde. zurUckbilden. Zunächst beobachten wir, daß die Wickel, die in der hungernden Drüse an der Zell- basis liegen, sich schon am 2, Tage der Hungerfütterung meist in der Zellmitte vorfinden. Ein Bild einer Zelle 24 Stunden nach Beginn der Nahrungsaufnahme mit mehreren im mittleren Teile der Zelle gelegenen Wickeln gibt Fig. 17. Zur Erklärung dieser Lage Veränderung der Wickel können wir mit Heideniiaix annehmen, daß bei der Hunger- fütterung durch den Austritt des Sekrets in der Zelle eine lebhafte Plasma- strömung entsteht, welche die Wickel nach vorn schiebt. Zugleich läßt sich auch eine allmähliche Lockerung der Wickel erkennen. Diese Ab- wickelung geht infolge der geringen Freßtätigkeit nur sehr langsam vor sich. Erst am 3. und 4. Tage haben sich alle Wickel in Fadenstrukturen umgelnldet, die nun im Gegensatz zur ungestört normal arbeitenden Drüse im vordersten Teile der Zelle liegen und im Laufe der nächsten 24 Stunden verschwinden. Gleichzeitig erfolgt an der Basis die Neubildung der Mito- chondrien. Erst wenn der Mitrochondrialapparat schon reich entwickelt ist und sich zum Körnchensaum zusammengeschlossen hat, treten die ersten neuen ])asophilen Fädchen an der Zellbasis oberhalb der Mitochon- drienzone auf. In den Embryonen lassen sich die basophilen Stridvturen erst sehr spät beol)achten . Im Plasma der Darmzellen zeigen sich nirgends irgend- welche Andeutungen von Faden])ildung. Erst in jenen Entodermzellen, die sich durch Eiweisaufnahme stark vergrößern und zu Leberzellen ent- wickeln, treten an der Basis feine parallele Fädchen auf. Zwischen diesen Drüsenzellen liegen an der Basis zahlreiche Zellen, die. anscheinend noch undifferenziert, später zur Vermehrung der Epithelzellen beitragen. Dieser ganze Komplex von Entodermzellen faltet sich zunächst in zwei Aus- sackungen vom Mitteldarm ab, mit dem sie durch einen schmalen Stiel, den späteren Sammelkanal in Verbindung bleiben. Diese Mitteldarm- drüsensäckchen ])ilden dann durch rasche Vergrößerung ihres p]pithels bald mehrere Follikel. 4 Wochen nach Verlassen des Kokons zeigt das Tier schon zwei ansehnliche Leberläppchen. Die Vermehrungsteilungen im Epithel spielen sich folgendermaßen ab: Ein uiulifferenzierter Kern wandert von der Basis aus in einem kleinen Plasmaläppchen zwischen 62 Hildegard Lutz, den Drüsenzellen hindurch, bis er an den freien Rand des Epithels zu liegen kommt. Hier teilt er sich mitotisch, wobei sich die Spindel — wie stets in normalen Epithelmitosen — senkrecht zur Längsachse der funktionieren- den Drüsenzelle stellt. Die Häufigkeit der Mitosen spricht dafür, daß die Tochterzellen sich noch öfters teilen können. Nach der letzten Teilung senden sie zunächst einen schmalen Fortsatz zur Basis hinab. Sowie er die Membrana propria erreicht hat, verbreitert er sich und drückt die anderen Zellen auseinander. Der Kern wandert in den unteren Teil der Zelle und bildet sich zum großen rundlichen Drüsenkern um. An der Basis der Zelle läßt sich sogar bei Sublimatfixierung ein dunkler Körnchen- saum nachweisen; die Mitochondriensubstanz nmß also hier sehr stark entwickelt sein, da sie bei einer für sie gar nicht geeigneten Behandlung in Erscheinung tritt; oberhall) des Mitochondriensaumes treten dann in der jungen Zelle zum erstenmal zarte, feine parallele Fädchen auf, die nach der Mitte der Zelle wachsen und sich über den Kern hinaus vorschieben ; das Plasma selbst weist vorn eine feine Körnelung auf, bis sich hier Seki'et- ballen und reifes Seki'et bilden. In derartig funktionierenden Zellen mit fädiger Struktur konnte nie eine Mitose beobachtet Werden, sodaß wir annehmen dürfen, daß nur undifferenzierte Zellen sich teilen und zur Vergrößerung des Epithels beitragen. Selbstverständlich fehlen den Embryonen sowohl wie später auch den jungen Normaltieren die Wickel. Erst Ende des Monats Dezember konnte in vereinzelten Zellen der im Mai ausgeschlüpften Tiere, die in natürlichen Bedingungen, d. h. kaltem Wasser und winterlicher Nahrungsbeschrän- kung gehalten wurden, ein Aufknäueln der Fäden beobachtet werden. Doch traten diese Bildungen keineswegs so reichlich auf wie in jenen Tieren, deren Drüsentätigkeit durch vollkommenen Hunger oder durch Atropin einschneidend unterbrochen wurde. — Da diese Fadengebilde in ihrem färberischen Verhalten auffallend mit dem Kern übereinstimmen, so liegt die Vermutung einer Verwandt- schaft beider Strukturen ziemlich nahe. Doch ist schon von Mathews und später von Jörgensen u. a. energisch darauf hingewiesen worden, daß die Farbreaktion allein uns keinen Aufschluß über die chemische Natur der Gebilde liefern kann. Deshalb wurden einige kleine Versuche unter- nommen, die zeigen sollten, ob die basophilen Fäden und der basichroma- tische Kern auch in sonstigen chemischen Reaktionen übereinstimmen. Zunächst galt es natürlich die Löslichkeit in den wichtigsten Säuren zu prüfen. Kern und basichromatische Fäden erwiesen sich in Salzsäure, Salpeter- und Essigsäure gleich resistent; von konzentrierter Schwefel- säure wurden sie bei längerer Einwirkung gleich rasch gelöst. Bei Lösungs- I'hysiolog. II, inoipholo^. Doutnng der im Protoplasma Torkommenden Strukturen. 63 vorsuchen in 30% Kalilauge blieben beide intakt. Auf Schnitten, die von in Alkohol fixierten Objekten stammten, AVurden dann verschiedene Verdauunosnu'thoden ano^ewandt. Selbst bei 4Sstiindio-er EinNVirkung von IVpsiiifjlyzerin und 0.2% Salzsäure 1 : 8 zeigten sich Kern und Fäden nidoslicli. "Weiteres Alkoholmateri;»! -wurde einer Trypsinverdauung in schwach alkalischer Lösung unterworfen: zunächst widerstanden beide Strukturen, nach etwa 2—3 Stunden aber traten an beiden Zerfallserschei- nungen auf. und nach 7— 8 Stunden waren von beiden nur mehr undeutliche Brocken vorhanden, deren Abstammung von Kern oder Fäden nur da- durch konstatiert werden konnte, daß die Zelle vor und während der Verdauung gezeichnet und die Lage der einzelnen Strukturen genau fixiert worden War. Xun wurde noch ein Versuch unternommen, der die Ein- wirkung der Magenverdauung nachbilden sollte: die Schnitte ^vurden kurze Zeit der Pepsineinwirkung ausgesetzt, mit schwach alkalischem AVasser ausgewaschen und dann mit Trypsin weiterbehandelt. Auch hier zeigte sich das gleiche Resultat wie bei einfacher Trypsinverdauung. Wir können also konstatieren, daß die basichromatischen Fäden sich dem Kernchromatin auffallend ähnlich verhalten, daß sie zum mindesten eine der Nukleinsäure ähnliche Komponente enthalten. c. Das Sekret. Das Sekret tritt am deutlichsten in den Zellen hungernder Tiere hervor oder in Material, das zur Zeit der Winterruhe, also im Januar, Februar fixiert wurde. Denn da die Zelle ki'aft der in ihr enthaltenen F^nergie auch während des Fastens noch Weiterarbeitet, staut sich hier das Sekretmaterial an und erfüllt die Zelle in vielen, fast kerngroßen Ballen. Auf dem Schnittl)ild lassen sich oft 20—30 Kugeln in einer Zelle zählen, die den Kern und die Wickel oft ganz an die Basis drängen (Tafel V, Fig. 32 nnd 33). Sie färben sich meist im gleichen Ton wie das Zellplasma und sind innen feinwabig strukturiert. Gelegentlich zeigen sie dunkelgefärbte Einschlüsse, die sich mit Eisenhämatoxylin schwarz, mit Kristallviolett l)lau färben, doch sind diese Farbreaktionen äußerst wechselnd und viel- leicht nur durch Koagulation bei der Fixierung hervorgerufen; bei Unter- suchung des lebenden Materials erscheinen die Sekretkugeln gleichmäßig lichtbrechend. — Wenn die Drüse wieder in Tätigkeit tritt, verschwinden die Kugeln allmählich und lösen sich in feine Tröpfchen, in das eigentliche Enzym, auf. In normalarbeitenden Zellen kommt es überhaupt nicht zu einer derartigen Anhänfung von unreifen Sekretballen; es liegen nur 2 oder 3 im vorderen Teil der Zelle, die sich bei ständiger Sekretion sehr rasch in reifes Sekret auflösen. Je lebhafter die Sekretion erfolgt, desto 64 Hildegard Lutz, kleiner ist auch die Zahl und das Volumen der das Zwischenstadium dar- stellenden Ballen. Besonders bei intensiver Tätigkeit nach Überfütterung oder Pilokarpinreizung liegen zwischen den fädigen Strukturen und dem definitiven Sekret nur 1—2 Kugeln, die kaum ^[^ Durchmesser der Ballen der Hungertiere erreichen. Die Sekretion im engsten Sinne, d. h. die Ausstoßung des fertigen Zellprodukts, geschieht in der Weise, daß sich die Zelle am Lumen mit einem schmalen Kanal öffnet, durch die das reife Sekret in feinen Tröpfchen ausfließt. Im Lumen der Drüse fließt diese feinkörnige Masse zu größeren, unregelmäßigen Seki'ctinseln zusammen. 2. Die Resorptionszellen und ihre Beziehungen zu den Sekretzellen. Zwischen die eben beschriebenen Sekretzellen schmiegen sich die feinen, schlanken Resorptionszellen. Ihr schmaler Fuß scheint durch den Seitendruck ganz zusammengepreßt und läßt sich oft schwer bis an die membrana propria verfolgen. Erst Wenn der schlanke Stiel sich zwischen den Sekret Zellen hindurch gewunden hat, dehnt sich die Zelle keulenförmig aus und ragt weit in das Lumen der Drüse vor. Der Kern liegt im schmalen Stiel und ist außerordentlich klein und schmal, länglich, mit punktför- migem Chromatin-Nucleolus (Tafel IV, Fig. 16), Auf Grund der Kern- differenzen unterscheidet Hirsch bei fleischfressenden Gastropoden Groß- kern- und Kleinkernzellen, allerdings ohne damit eine differente physio- logische Tätigkeit ausdrücken zu wollen. Der dem Lumen zugewandte Saum der Zelle ist stets dicht mit Mitochondrien besetzt (Tafel IV, Fig. 12). Von dem Mitochondriensaum der Drüsenzelle unterscheidet er sich nicht nur durch die entgegengesetzte Lage, sondern vor allem durch die größere Zartheit seiner Körnchen. Die Mannigfaltigkeit der Formen, die wir bei den Mitochondrien der Drüsenzellen beobachten konnten, wird hier voll- kommen vermißt: keine Doppelkörner, keine Hantelform, keine Chondrio- kontenbildung, nur feine, punktartige Körnchen. Durch diesen Körnchen- saum diffundiert das Resorptionsmaterial in die Zelle hinein und erfüllt in Gestalt feiner Tröpfchen den vordersten Teil der Zelle, Das Plasma zwischen diesen Tröpfchen ist von feinen Mitochondrien erfüllt. Die morphologisch gesonderten Tröpfchen fließen dann zu einer einheitlichen Masse zusammen, die allerdings noch ein fein granuliertes Aussehen be- sitzt, aber keine Mitochondrien mehr zeigt. Sie ist von der Tröpfchen- region durch eine halbkreisförmige Vakuole getrennt und verliert sich nach unten im Plasma der Zelle. Basophile Fäden und Wickel fehlen vollkommen. — Physiolog. u. morpholog. Deutung der im Protoplasma vorkommenden Strukturen, 65 Da bei der Verdauung der höheren Tiere die sezernierende Tätigkeit den Anhangsdrüsen des Darms und die resorbierende dem Darm selbst zukommt, so üben hier die Zellen zeitlebens nur eine Funktion aus. Die Vorstellung der Konstanz der Zelltätigkeit wird von den meisten Autoren auch für die Mitteldarmdrüse der Mollusken beibehalten, wo sezernierende und resorbierende Elemente sieh in einer Oberfläche und in einem Organ vereint finden. Bei den zur Ermittelung der Bedeutung der Strukturen vorgenommenen Hungerfütterungsversuchen ließ sich in der Gesamtdrüse ein deutlicher Funktionswechsel der einzelnen Zellen beobachten. Rein zahlenmäßig überwiegen während der Hungerperiode bei weitem die Drüsenzellen. Sie sind roich mit Sekret angefüllt und prall ausgedehnt. Zwischen diese mächtigen Zellen schmiegen sich die schlanken Resorptions- zellen, deren vorderer Teil nur schwach in das Lumen vorspringt. Bei darauffolgender längerer Fütterung vermehrt sich die Zahl der Resorp- tionszellen zusehends auf Kosten der Drüsenzellen, die sich schließlich in bedeutender Minderheit befinden. Erstere sind dann auch bedeutend in die Länge gestreckt, ihr Kolben ragt prall ausgefüllt Weit in das Lumen vor. Bei längerer normaler Fütterung läßt sich wieder eine Vermelirung der Sekretzellen beobachten. Es bildet sich anscheinend ein Gleichge- wichtszustand aus, indem ein Teil der Resorptionszellen wieder zur sezer- nierenden Funktion übergeht. Das Verhältnis der Sekret- zu den Re- sorptionszellen in den verschiedenen Ernährungsstadien läßt sich am einfachsten durch Zählung der Groß- und Kleinkerne in einem bestimmten Drüsenabschnitt feststellen und auf diese Weise wurde folgende Übersicht gewonnen : Ernähr ungszustand der Drüse: Za der Großkerne: hl der Kleinkerne: Hungertier . 19 6 24 Stunden nach Hungerfiitterung . . 9 13 48 •) )» ö 22 3 Tage )) !) 3 28 4 „ >j )) 7 17 ö „ >» )) 13 11 8 „ >! )> 18 5 Neben dieser statistischen Feststellung, die sich auf Übersichtsbildern klar ergibt, können wir aber auch in der Zelle selbst Strukturveränderungen wahrnehmen, die auf einen Funktionswechsel der Zelle schließen lassen. Am 2. und 3. Tage finden wir in der Drüse Zellen, in denen zwar sowohl der große, rundliche Kern mit dem großen Nukleolus wie auch die Wickel und das noch im vorderen Teil vorhandene Drüsenprodukt auf die sezer- Archiv f. Zellforschnng. XVI. 5 66 Hildegard Lutz, liierende Tätigkeit hinweisen, die jedoch durch ihre schmale Gestalt vom normalen Typ der Seki'etzellen abweichen. Es läßt sich aus den Präpa- raten eine Serie von Bildern zusammenstellen, die alle Übergänge von einer bauchigen, gedrungenen Sekretzelle zur schlanken Kesorptionszelle aufweist (Textfig. 2). Es unterbleibt anscheinend bei der Hungerfütterung- in den Sekretzellen häufig dit? Neubildung der Strukturen, die Wn normaler- weise in ihnen finden, der Mitochondrien und der basophilen Fäden; die a- ■■.^,;,;;-'^>y. ;■><■.;. ^W (^^ .■üy Fig. 2. tJbergangsstadien von Sekret- in Resorptionszellen. Okular 8 Immersion Zeiss Apochromat 2 mm. Zeichentisch in Objekttischhöhe. Gestalt der Zelle wnd dann nach Austritt des Sekrets immer mehr ver- schmälert, besonders der Fuß wii'd stark zusammengepreßt; die noch vorhandenen Wickel werden weit nach vorn geschoben und aufgelöst ; der Kern wird schmächtig, klein und länglich, und der Nukleolus schwindet bis auf ein kleines Körnchen, so daß die Zelle vollkommen das Aussehen der Resorptionszellen erreicht hat. Wenn wir dann am distalen Ende das Auftreten feiner Mitochondrienkörnchen beobachten, die sich zu dem für die resorbierenden Elemente charakteristischen zarten Saum am Drüsenlumen vereinen, dürfen wn annehmen, daß die Zelle in die neue Physiolog. u. ii * pholog. Deutung der im Protoplasma vurkommeuden Strukturen. 67 Funktion eintritt. Uniojekchrt finden wir aber vom 3. und 4. Fütterungs- tage ab Resorptionszellen, deren Fuß verbreitert und mit Mitochondrien mehr oder weniger erfüllt und deren Kern rundlieher und größer als in normalen Resorptionszellen erscheint. Gleichzeitig können wir konstatieren, daß der distale Mitochondriensaum umso schwächer entwickelt ist, je breiter und körnerreicher die Zellbasis ausgebildet wird. Dieses wechselnde Aussehen der Zellen und die damit verlnindenen Veränderungen des Kerns und der extranukleären Strukturen lassen sich durch die Umwand- lung der Resorptions- zu Seki'etzellen erklären. Dieser dem weiter oben geschilderten entgegengesetzte Vorgang wird offenbar durch das Auftreten der Mitochondrien im Stiel eingeleitet. Die neu entstehenden Körnchen sind zunächst äußerst zart und fein, bald lassen sich jedoch größere Ge- bilde erkennen: die Zelle selbst dehnt sich an der Basis mehr aus und ver- kürzt ihre Längsachse; gleichzeitig vergrößert sich das Volumen des Kerns; er wu-d groß und rundlich mit großem Chromatinnukleolus, und das Auf- treten der basophilen Fäden oberhalb des Mitochondriensaums vervoll- ständigt das Bild der Seki'etzelle. Auf diese Weise lassen sich die Zell- verwandlungen in einem geschlossenen lü'eis anordnen und bestätigen unsere Ansicht, daß die gleiche Zelle je nach Lebensbedingungen sezer- nieren oder resorbieren kann. 3. Das Glykogen. Veranlassung zur Glykogenfärbung boten hauptsächlich die Kemnitz- schen Untersuchungen an Nematoden, in denen der Autor zum Resultat kam. daß die früher als Chromidien gedeuteten metachromatischen Stränge der Askariszellen, die in ihrer Gestalt den basophilen Strukturen der Planorbisleber ähneln, als Stoffwechselprodnkte des Glykogens aufzu- fassen seien. Es zeigt sich aber, daß unseren geschilderten Strukturen keine derartige Bedeutung zukommt und daß das Glykogen hauptsäch- lich in den bindegewebigen Elementen auftritt. In den Zellen der die Leber umhüllenden Membran (Textfig. 3 Ä) ist es so reichlich in Form feiner Tröpfchen aufgespeichert, daß man den kleinen Kern nur noch schwer zwischen den Glykogenmassen erkennen kann. Zwischen den einzelnen Follikeln sind ferner die Leydig sehen Bindesubstanzzellen und Spalt- räume in diesem Gewebe (Textfig. 3 C) bedeutende Glykogenspeicher; die Glykogentröpfchen liegen hier in dichten Haufen und heben sich bei Anwendung der Best sehen Karminfärbung leuchtend rot vom blauen Ton der Umgebung ab. Auch in den bewimperten Zellen der Ausführungs- gänge der Leber finden sich normalerweise feine Glykogenkörnchen 6* 68 Hildegard Lutz. . 1 •. r .« ■-. 5 ' f t \>'. B A ^«.•" -rf V. I \ \ä I 1 /■ \ H Fig. 3. Glykogenspeicherung. 4 Drüsendeckmembran ; B Epithel des Ausführungskanals; V Bindegewebe zwischen den Follikeln; D Uesorptionszelle ; E Sekietzelle. Immersion ZEISS Apochromat 2 mm. Okular 8 Zeichentisch in Objekttischhöhe. Physiolog. II. moipliolog. Deutung der im Protoplasma vorkommenden Strukturen. 69 (Textfig. 'dB). Im eigentlichen Drüsenopithel läßt sieh aber erst bei längerer Fütterung mit Brot und gekochten Kartoffeln Glykogen nachweisen. Zunächst treten in den Resorptionszellen vereinzelte Tröpfchen auf, und bei andauernder Zuführung von Kohlehydraten finden sich sogar in den Sekretzellen Spuren von Glykogen (Textfig. 3 D und E). Das Glykogen wird, wie aus den Bildern hervorgeht, hier nur in Form von Tröpfchen abgelagert und ist weder nach Lage noch nach Gestalt mit den extra- nukleären Strukturen der Drüsenzelle zu identifizieren. 4. Zellparasiten. Schließlich ist noch eine Erscheinung zu erwähnen, die sich vermut- lich auf das Auftreten von Bakterien in der Mitteldarmdrüse zurückführen läßt. Häufig sind die Zellen von kleinen, stäbchenförmigen Gebilden erfüllt, die sich lebhaft mit Safranin-HEiDENUAiN und Kristallviolett färben. Sie liegen zunächst innerhalb einer kleinen Kugel, von einer 0P 9-'^M>/ B. Fig. 4. Bakterienzellen. A und B fixiert" und gefärbt nach Benda. C fixiert Sublimat, gefärbt Eisen- hämatoxylin-HEiDENHAlN. Okular 8 Zeiss Apochromat 2 mm. Zeichentiscli in Objekttischhöhe. zarten Membran umgeben, oberhalb oder unterhalb des Kerns, Im wei- teren Wachstum verliert sich die Kugelgestalt, indem sich das ganze Gebilde der Innenform der Zelle anschmiegt ; dabei wird der Kern zunächst an die Wand gepreßt, glattgedrückt und schließlich vollkommen ver- drängt (Textfig. 4). Die Tatsache, daß diese Stäbchen nie in jungen, lebensfrischen Tieren, sondern überhaupt nur in einer sehr alten Zucht auftreten, deren Angehörige in großer Zahl zugrunde gingen, legt den Gedanken nahe, diese Bilder als pathologische Erscheinung, die Stäbchen als Bakterien zu deuten. 70 Hildegard Lutz, II. Vergleichender Teil. 1. Gesamtüberblick über die Periodizität der Sekretion und der Strukturen. Nachdem wii'im ersten Teil das Auftreten der einzelnen Strukturen gesondert verfolgt haben, müssen wir sie jetzt in ihi'em natürlichen Zu- sammenhang nebeneinander in den verschiedenen Funktionszuständen der Zelle kurz betrachten, um einen Einblick in ihi'e physiologische Be- deutung und in ihre wechselseitigen Beziehungen gewinnen zu können. In der normalen Zelle finden wir eine reiche Entwicklung der Mito- chondrien und der basophilen Fäden, während im vorderen Teil der Zelle das Sekret nur schwach entwickelt ist. Der Kern ist groß und stark chro- matisch. Wenn nun die Funktion der Drüse gestört wh'd, staut sich das Sekret in der Zelle an, und gleichzeitig vermindert sich die Masse der Strukturen, Die Mitochondriensubstanz läßt sich hauptsächlich in den gewundenen Chondriokonten nachweisen; die basichromatischen Fäden knäueln sich in Wickel zusammen; Größe und Chromatizität des Kerns nehmen ab. Bei Erneuerung der Zelltätigkeit entstehen zuerst die Mito- chondrien an dem der Sekretentleerung entgegengesetzten Pol, dann ebenda die neuen basophilen Strukturen, und spät erst läßt sich das Seki'et beobachten. Im gleichen Rhythmus arbeitet die junge, zum erstenmal sezernierende Zelle. Dem seki'etfreien Zustand entspricht also stets die Höchstausbildung der Strukturen, während die reichste Anhäufung an Sekret von einer Verminderung der Mitochondrien und der basichroma- tischen Fäden begleitet ist, oder: die Menge beider Drüsenstrukturen ist der des Seki'ets stets umgekehi't proportional. Aus dieser Reziprozität geht deutlich hervor, daß diese beiden Strukturen am Aufbau des Sekrets beteiligt sind. Ein weiterer bedeutender Faktor in der Sekretbereitung ist der Kern. Die Bedeutung des Zellkerns für die Drüsentätigkeit wurde zuerst von R. Heidenhain (1868) und Kuehne und Lea (1876) erkannt. Sie beobachteten ein Anschwellen des Kerns während der Funktion der Zelle und eine Wanderung nach der Zellmitte. Auch in unserem Objekt steht der Kern unzweifelhaft in enger Be- ziehung zur Seki'etion. Darauf weist vor allem die rhythmische Ver- änderung seiner Größe und seiner Chromatizität hin. In lebhaft funktio- nierenden Zellen bietet er stets das Bild eines lebhaft tätigen Kerns. Die Kernmembran ist straff gespannt, der ganze Körper groß angeschwollen und stark chromatisch; wähi'end der Zellruhe dagegen verliert er an Vo- lumen, wu'd gelegentlich eingebuchtet und chromatinarm. Es lassen sich Physiolog. II. moiphülog. Dt-utung der im Protoplasma vorkommenden Strukturen. 7 1 jedoch an unserem Objekt keine direkten Beziehungen zum Produkt der l^rüsenzeHe nachweisen, wie es z. B. in den Spinndrüsen der Schmetter- lingslarven von Maziarsky beschrie])en wurde. Dort ist der Zellkern reich verzweigt und besitzt eine große Anzahl kleiner, echter Xukleolen. Diese Xukleolarsubstanz ist die Matrix des Sekrets. Sie bildet lange, fadenförmige Fortsätze des Kerns und gelangt durch AbschnUrun«- ins Plasma. Bei gesteigerter Sekretion verflüssigen sich die Xukleolen im Innern des Kerns und bilden schon hier eine Art Prosekret: dieses tritt in große Sekretvakuolen über, die in innigem Zusammenhang mit dem Kern bleiben. In den Zellen der Mitteldarmdrüse von Planorlis besteht jedoch keine Kontinuität zwischen Kernsubstanz und Seki'et; die Kernmembran ist stets intakt, und es läßt sich kein Substanzaustritt konstatieren; daher 5ind die Beziehungen zwischen Kern und Sekretion morphologisch nicht zu fassen. Wenn wir uns der AVürdigung der lieiden anderen Komponenten zuwenden, so müssen wir die zuerst betrachten, die sowohl entwicklungs- geschichtlich, wie auch im Rhythmus der Drüsentätigkeit als erste auf- tritt: die Mitochondrien. , 2. Die Mitochondrien. a. Die Entstehung. Kern und Mitochondrien stehen sich als zwei vollkommen verschie- dene Komponenten gegenüber. Der Versuch, die j\Iitochondrien vom Kern abzuleiten, wie es Goldschmidts verallgemeinerte Chromidial- apparathypothese. die über die tatsächliche Grundlage der eigentlichen Chromidienlehre Weit hinausgeht, erfordert, läßt sich bei eingehender Beschäftigung mit dieser rein plasmatischen Struktur unmöglich durch- führen. Sie entstehen räumlich beliebig weit vom Kern entfernt und Weisen auch in ihrem chemischen Bau keine verwandtschaftlichen Be- ziehungen mit ihm auf. Die Entdecker der Mitochondrien glaubten in ilinen ein permanentes Zellorgan gefunden zu hal)en. dessen Elemente sich selbständig dm-ch Teilung vermehren, bei Zellteilung auf beide Tochterzellen übergehen und bei der Fortpflanzung von Eltern auf die Kinder vererbt werden. Diese Kontinuität veranlaßte Benda die Gebilde als »Vererbungsträger« anzusprechen. Diese Hypothese wurde weiterhin hauptsächlich von Meves ausgebaut; seine Untersuchungen der Befriichtungsvorgänge bei Äskans,Mijtilus und Filaria ergal)en, daß sich die väterliche Mitochondrien- massc im Eiplasma zerstreut. Wir müssen doch die Frage aufWerfen, 72 Hildegard Lutz, ob die Beobachtung einer «Aussaat« der Mitochondrien genügt, ihnen eine Bedeutung als Vererbungsträger zuzusprechen. Zunächst dürfen wir von einer Vererbungsmasse erwarten, daß väterHche und mütterhehe Qualitäten sich zu gleichen Teilen bei der Befruchtung vereinen. Tat- sächlich sind aber Größe und Zahl der männlichen und der weiblichen Mitochondrien weitgehend verschieden; eine Verschmelzung dieser unglei- chen Körner »muß aus theoretischen Gründen angenommen werden«, läßt sich aber tatsächlich nicht beobachten. Ferner zwingt diese Hypo- these zur Annahme einer Mitochondrienreduktion zur Verhütung einer Summierung der Erbmassen. Im Hoden führen die Reifeteilungen aller- dings zu einer Massenrediiktion der Körner, die aber keineswegs der exakten Halbierung der Chromosomenzahl gleichgesetzt werden kann; in den Eizellen aber läßt sich kein analoger Vorgang nachweisen: bei der Abschnürung der Richtungskörper bleiben die Mitochondrien im Eiplasma in regelloser Verteilung liegen. In diesen wichtigen Punkten genügen die Mitochondrien nicht den Anforderungen, die wir an eine Vererbungsmasse zu stellen berechtigt sind, daher dürfen wir es wohl ablehnen, ihnen eine Bedeutung als Vererbungs- träger zuzusprechen. Beim Abbau dieser Hypothese kommen wir auf die Kontinuitätslehre der Mitochondrien im allgemeinen. Wenn wir an den Erscheinungen der Drüsenzelle den Satz: »omne granulum e granulo« prüfen wollen, so haben wir die Vermehrungsperioden der Mitochondrien ins Auge zu fassen. Wir hatten wiederholt Gelegenheit sie zu beobachten: 1. in den embryonalen Zellen, 2. bei dem AViederauftreten der fast versch\^aindenen Mitochondrien- substanz bei Hungerfütterung, 3. bei dem Wechsel des Mitochondriensaums bei der Umwandlung von Resorptions- zur Sekretzelle. In keinem der drei Fälle fanden sich jedoch BUder, die auf eine selb- ständige Vermehrungsteilung der Mitochondrien hinweisen und eine Ab- leitung der massenhaft auftretenden neuen Körnchen von den wenigen zuerst vorhandenen rechtfertigten. Allerdings haben wir in lebhaft funk- tionierenden Zellen mit reicher Mitochondrienmasse Doppelkörner gesehen, die biskuitartig aneinander liegen, so daß eine Zerschnürung möglich er- scheint. Diese Mitochondrien und ihre etwaigen Tochterprodukte sind jedoch stets viel größer und plumper als die neu auftretenden, so daß es sich hier wohl eher um eine sekundäre Erscheinung, vielleicht Oberflächen- vergrößerung, vielleicht sogar um eine Verschmelzung, als um eine typische Vermehrungsteilung handelt. Die jüngsten Mitochondrien treten als Physiolog. 11. nioipliolüg. Deutung der im Protoplasma voi kommenden Struktnrt'ii. 7."} einzelne, äußerst zarte, feine Körnchen an der Grenze des eben Sicht- baren im Plasma auf. Wir möchten sie daher eher für eine Differenzie- rung des Protoplasmas halten, die vielleicht metamikroskopisch noch viel feiner im Plasma verteilt ist und auf diesem Stadium eben für unsere Technik greifbar wird. Sie scheinen also kein permanentes Zellorgan zu sein, sondern eine Protoplasmastruktur, die jederzeit von ihrer Matrix neu erzeugt werden kann. Die Uluquität der Mitochondrien spricht dafür, daß es sich hier um eine außerordentlich frühauftrctende, allgemeine, vielleicht die erste und allgemeine Struktur des aktiven Protoplasmas handelt, die der Entwicklung der verschiedensten Dinge: Nerven- und Muskelfasern, Drüsenprodukte, Pigmente, überhaupt vielleicht aller Zellr Produkte zugrunde liegt. b. Die physiologische Bedeutung der Mitochondrien. Da die Mitochondrien als erste erkennbare Struktur im Protoplasma auftreten, sehen wir in ihnen die Faktoren, die die allgemeine Tätigkeit der Zelle einleiten und dürfen auch die ersten Anfänge der SekiTtion auf sie zurückführen. Dafür spricht ihre Hauptverbreitung an dem Pol der Zelle, wo die Tätigkeit beginnt, also bei der Drüsenzelle an der Basis. Die Bildung eines Körnchensaums am distalen Ende der Resorptionszel'e, dem Ausgangspunkt der resorbierenden Tätigkeit, steht ebenfalls mit der Ansicht, daß die Zellfunktion durch Mitochondrien eingeleitet wird, in schöner Übereinstimmung. Über die weitere Rolle dieser Struktur läßt sich jedoch wenig sagen. Wir haben gesehen, daß die Chondriokonten sich in Ballen von Körnchen auflösen und daß ein Teil der Mitochondrien- substanz bei der Sekret bildung aufgebraucht wird, während andere noch zwischen dem reifen Sekret frei im vordersten Teil der Zelle liegen. Ein direkter Übergang von Mitochondrien in Sekret läßt sich jedoch nie beobachten und scheint ausgeschlossen, da, abgesehen von der färberischen Reaktion, die Sekrettropfen stets viel größer sind als das plumpste Mito- chondrienkorn. Die Auflösung der Mitochondriensubstanz im Sekret ist ein komplizierter chemischer Vorgang, verbunden mit den übrigen Strukturveränderungen der Zelle. In dieser Hinsicht stimmen unsere Resultate mit Champy wohl über- ein, der in »Recherches sur Tabsorption intestinale et le role des mito- chondries dans Tabsorption et dans la secr^tion« eingehende Studien über Darm- und Drüsenzellen der Wirbeltiere veröffentlicht. Die Bilder der verschiedenen Zellen aus Pankreas, Leber, Milchdrüse und Speicheldrüse decken sich vollkommen mit denen der Planorbisleber; die bipolare Darm- zelle, die infolgo ihrer doppelten resorbierenden und sezornierenden Funk- 74 Hildegard Lutz, tion zwei Mitochondrienzentren aufweist, steht in Parallele zu dem Wechsel der Mitochondrienstruktur beim Übergang von Resorptions- in Seki-et- 2;elle, Champy verneint einen direkten Übergang von Mitochondrien in Sekret und faßt die Bedeutung der Mitochondrien dahin zusammen: »les substance selaborees se forment au contact de la mitochondrie et de l'hyalo- plasma avec participation de la substance de Tun et de Fautre. a Hoven dagegen kann in den Panki'easzellen des Kaninchens eine dü'ekte Umwand- lung der Mitochondrien im Sekret beobachten, »au cours de la secretion les chondrioeontes se fragmentent en granulations, qui representent la preraiere ebauche des grains de secretion; on peut leur donner le nom de plastes. Ces plastes augmentent progressivement de volume et se trans- fornient en grains de zymogene.« Auch in der gleichen Drüse des Sala- manders findet Hoven in einer Zelle alle Übergänge zwischen Mitochondrien und reifem Sekret, In diesen beiden Fällen färbt sich letzteres wie Mito- chondrie nsubstanz, so daß eine Veränderung sich der Beobachtung ent- zieht. In- der Speicheldrüse und in der Milchdrüse, wo die Substanz eine sichtbare histochemische Veränderung erleidet, läßt sich kein direkter Übergang studieren. Ob bei dieser Veränderung und bei dem Aufbau des Sekrets noch andere Komponenten beteiligt sein können, wird von Hoven nicht erwogen: »les chondriosomes representent dans la ceUule secretante des organules qui fixent les materiaux necessaü'es ä l'elaboration des produits de secretion. Ils jouent par consequent un role extremement actif dans ces phenomenes. (( Auch bei der Dotterbildung, die in der arbeitenden Zelle eine der Drüsensekretion parallele Erscheinung darstellt, wurde in letzter Zeit eine direkte Umwandlung der Mitochondrien in Dotterkugeln beschrieben. Eusso (1910) beobachtet im Plasma des Kanincheneis ein Heranwachsen der Mitochondrien. Im gleichen Maße wie sie an Größe zunehmen, ver- lieren die Körnchen die Fähigkeit sich mit Kristallviolett zu färben, sie Werden immer größer und blasser, bis sie schließlich zu großen, rein alizarin- farbigen Dotterkugeln herangewachsen sind. Ähnliches schildert Loyez (1909) in den Eiern der Timikaten: Die fadenförmigen Mitochondrien lösen sich in Körnchen auf, diese Wachsen heran und spalten sich dabei in eine kristallviolette Rindenschicht, und ein Zentrum, das sich allmählich mit Alizarin färbt; bei zunehmendem Wachstum des Kerns vergrößert sich hauptsächlich die Zentralpartie auf Kosten des Rings aus Mitochon- driensubstanz, bis diese vollkommen schwindet. Der Hauptunterschied zwischen unserer Auffassung und der obiger Autoren liegt darin, daß diese die Substanzvermehrung und Umwandlung ausschließlich der individuellen Wachstumsfähigkeit der Mitochondrien- Physiolog. II. moipholog. Doutiing der im Protoplasma vorkommenden Strukturen, 75 körncr zuschreiben, während wh* die Mitochondrien als allgemeinste funk- tionelle Struktur jeder tätigen Zelle auffassen möchten, deren Beteiligung an der Sekretion indirekt, erst in Verbindung mit den andern Komponenten sieh äußert. 3. Die basophilen Strukturen. a. Die Entstehung der Wickel und der basophilen Fäden. Unter den basophilen Elementen ist die Wickelform das bekannteste Gebilde. Es wurde schon 1881 von Nussbaum in der Salamanderpankreas gesehen und »Nebenkern« getauft. Dieser Name ist ziemlich unglücklich gewählt, weil er eigentlich ein ganz bestimmtes Gebilde in den männlichen Geschlechtszellen bezeichnet. Drüsennebenkerne werden hauptsächlich auch von Ogata (1883), Platner (1889), Laguesse geschildert; die Au- toren vermuteten, daß diese Strukturen dem Kern entstammen, deshalb wurden sie lange Zeit dem echten Chromidialap])arat zugezählt. Dagegen beobachten Ebektii und Müller (1892) den zytoplasmatischen Ursprung- des »Nebenkerns«. Bei oberflächlicher Betrachtung erinnern die Fadenknäuel an ein Gebilde, das sich hauptsächlich in den Geschlechtszellen der Arthropoden findet, an den Dotterkern der Eizellen. In den Eiern von Tegenaria bildet sich in einer granulierten Plasmazone ein Bläschen, das sich durch Ausbildung konzentrischer Figuren rasch vergrößert und sogar die Größe des Kerns erreicht. Es bleibt während der Eueifung und Embryonalent- wicklung im Dotter liegen und findet sich sogar noch im Abdomen der jungen Spinne. Diese Persistenz des Dotterkerns ist keineswegs allgemein. Bei Pliolkus, Wo er schalenförmig den Kern umschließt, zerfällt er in feine Tröpfchen, die in das Deutoplasma des Eis eingehen. Bei Limulus scheint die Sphäre Veranlassung der Struktur zu sein. Ähnliche Ge])ilde werden von Balbiani (1892) bei Säugetieren, M. und P. Bouix (1898) bei Asterina gihbosa, Angel (1902) bei Pulmonaten, van der Stricht (1902). d 'Hol- lander (1904), LoYEZ (1903, 1904) bei Wirbeltieren und Cephalopoden beschriel)en. Sie scheinen ein spezifisches Funktionszentrum im wach- senden Ei darzustellen. Von diesen Dotterkernen unterscheiden sich die Strukturen der Driisen- zelle erstens durch ihren Bau: sie entstehen durch Aufknäueln einzelner Fäden, wie im beschreibenden Teil eingeheiul geschildert wurde, während sich die Gebilde der Eizellen durch konzentrische, schalenförmige Diffe- renzierung entwickeln; und zweitens dadurch, daß sie im Gegensatz zu den Dotterkernen keine Dauerstruktur, sondern nur eine vorübergehende Hungerform der basophilen Fäden darstellen. 76 Hildegard Lutz, Diese beiden Momente zeigen auch deutlich, daß wir den bedeutungs- vollen Namen »Nebenkern <( nicht auf diese Gebilde anwenden dürfen, da wir sie ja nicht als selbständige Struktur, sondern nur als Übergangser- scheinung der Fäden auffassen können. Wenn wir uns nun mit der Frage nach der Natur der basophilen Fäden, dem Bildungsmaterial der Wickel, beschäftigen, muß zunächst festgestellt werden, ob die Strukturen dem Kern oder dem Protoplasma entstammen. Die Tatsache, daß sie sich bei Verdauungsversuchen und in ihrem färberischen Verhalten dem Chromatin äußerst ähnlich verhalten, legt die Vernmtung ihrer Zugehörigkeit zum »Chromidialapparat« nahe. Trotz eingehendster Prüfung ließ sich aber nie ein genetischer Zusammen- hang zwischen Kern und basophilen Fäden nachweisen, so daß wir sie nicht als Chromidien ansprechen können. Die an unserem Objekt beobachteten basophilen Strukturen Schemen vielmehr eine Differenzierung des Protoplasmas zu sein, deren feine Aus- läufer im Gerüstwerk des Plasmas untergehen. Sie entstehen durch physi- kalische Verdichtung und durch chemische Umwandlung der Matrix in eine Substanz, die der Nukleinsäure äußerst nahe steht, wie Lösungs- und Verdauungsversuche zeigten, und wir dürfen mit Warburg annehmen, daß das Plasma selbst befähigt ist, Nukleinsäure abzuspalten. Die baso- philen Fadenstrukturen sind eine spezifische Erscheinung der sezernieren- den oder ähnlich funktionierenden Zellen. In den übrigen Zellen jedoch wurden sie selten mit Sicherheit beobachtet und besitzen also keine so allgemeine Verbreitung wie die Mitochondrien. Sie wurden schon von Garnier (1897—99) in Speicheldrüsen als Basalfilamente beschrieben und hier zuerst »Ergastoplasma« getauft. Zahlreiche Autoren bestätigen das Auftreten dieser Strukturen in Drüsenzellen: Prenant (1904) im Darmepithel von Distomum hepaticum; Regaud (1908) und Regaud et Mawas (1909) in der Submnxillaris des Menschen; Guieyesse (1901) in der Hepatopankreas der Crustaceen, Koiransky in den Leberzellen der Amphibien. b. Die Beziehungen zwischen Mitochondrien und basophilen Strukturen. Wenn wir die Beziehungen zwischen Mitochondrien und basophilen Strukturen betrachten, so müssen wk zuerst jenen Autoren begegnen, die die Ansicht aussprechen, daß diese Gebilde identisch und nur verschie- dene Fixierungsprodukte der gleichen Struktur seien. Diese Anschauung ist hauptsächlich auf eine einseitige Anwendung der einen oder anderen Technik zurückzuführen, durch die entweder nur die Mitochondrien oder nur die basophilen Elemente als einzige Plasma- Physiolog. u. morpholog. Deutung der im Protoplasma vorkommenden Strukturen. 77 struktur clor funktionioronden Zollen horvortroton. In soinon für die Mitoehondrionbonbachtuno; sehr wortvollon »contributions ä l'etudo du fonotionnoniont dos coUulos glan(]ulairos« beschreibt Hoven (1912) an der Basis der Zelle eine feine fibrilläro Struktur. Sie zeigt sich deutlich bei Fixierung mit dem Bouix schon Gemisch als feine, parallele Fädchen. rleren Enden sich im übrigen Plasma verlieren und deren Entwicklung mit der Funktion der Drüse in Beziehung steht. Doch ist es ihm nicht möglich sie durch FLEMMiNG-Fixiorung in guten Präparaten darzustellen; doshalb kommt er zu dem Schluß: quo dans les pancreas les filaments vrgastoplasmiques ne constituent pas dos Clements distincts, mais corre- spondcnt tout simplement au chondriomo mal fixe. Die gleiche Ansicht vertritt Champy (1911), gestützt auf den negativen Befund : qu'onnevoit Jamals l'ergastoplasma ä cote du chondriomo. George Arnold (1912) geht in seinen Mitochondrienstudien an der Pankreas des Meerschweinchens so weit, den Nebenkern (Wickel) für einen Mitochondrienkörper zu erklären, ohne jedoch einen Beweis für die Entstehung dieses Wickels aus Mito- chondrien zu liefern. Dagegen möchten wir doch, wie Benda selbst einmal gegen Meves ausspricht, einwenden, daß es nicht angeht, derartige Struk- turen »auf das Prokrustesbett zu legen imd dasjenige abzuschneiden, was für die Deutimg als Mitochondrienkörper unbequem ist«. Aber selbst der Begründer der Ergastoplasmalehre, Prenant, kommt in neuester Zeit der Ansicht der Identität beider Strukturen entgegen. Er hält zwar die Trennung beider Begriffe noch aufrecht, doch macht er weitgehende Kon- zessionen: Fergastoplasma, on effet, coincidera de plus en plus avec la mitochondrie ; tous deux ne sont sans douto que deux aspeets differents, quo prond une memo formation soumise ä des techniques differentes. Leqiiel de ces aspeets est le plus fidele, le plus voisin de la realite? Si Torgastoplasme est pour moi »araieus« et memo »filius adoptivus«, la verite m'est encoro plus chere et je dois reconnaitre, que l'image mitochondriale seniblo plus vraie, que Fimage ergastoplasmique. Dagegen sprechen sich P. Bouin, Guieyesse-Pellissier, Regaut et Mawas, Maziansky, Benda, Meves und Duesberg entschieden gegen eine Vereinigung von Mitochondrien und Ergastoplasma aus, und unsere Untersuchungen können die Ansicht dieser Autoren bestätigen. Mitochondrien und Ergastoplasma komme u gleichzeitig nebeneinander in der Zelle vor und sind durchaus verschiedene G e b i 1 d e. Die ersteren liegen durchaus frei und selbständig im Protoplasma, letztere sind eine strang- förmige Erscheinungsform des Protoplasmas selbst. Bei Anwendung der BENDA-Mitüchondrientechnik sind die basophilen Fäden und ihre Begleit- 78 Hildegard Lutz, erscheiimng, die Wickel, allerdings nur auf 2 fx dünnen Schnitten als Plasma- streifen gut zu erkennen, da auf dickeren Schnitten das Plasma sich zu dunkel färbt und keine Struktur mehr erkennen läßt. Fig. 1 und 2 zeigt über dem tiefblauen Mitochondriensaum die Ergastoplasmastruktur. Bei Fig. 26 und 27 ist neben den zahlreichen Fädchen auch der Mitochondriensaum sichtbar, obwohl Sublimat an und für sich keine zu- verlässige Mitochondrienfixierung liefert. Die räumliche Ausdehnung beider Strukturen ist zudem so verschieden, daß der Unterschied zwischen Ergastoplasma- und Mitochondrienbildern nicht auf Fixierung zurück- gefühi't werden kann, denn es ist doch undenkbar, daß ein schlechtfixierter Körnersaum einen fädigen Niederschlag in der ganzen Zelle von Basis zur Spitze erzeugen kann oder umgekehrt. Gegen die Deutung des Ergasto- plasmas als Fixierungsniederschlag durch Hoven und Champy spricht die Tatsache, daß diese Struktur auch an der lebenden Zelle deutlich be- obachtet wird. Wir müssen also die Ansicht aufrecht erhalten, daß es sich hier um zwei morphologisch wohlgesonderte Strukturen handelt, die auch in ihrem färberischen Verhalten und in ihrem chemischen Aufbau Weit- gehende Differenzen zeigen: Der Mitrochondrialapparat wird in Alkohol gelöst, Ergastoplasma ist unlöslich, ferner wird ersterer durch Essigsäure zerstört, letzterer fixiert. Diese Unterschiede schließen jedoch keineswegs engere Beziehungen zwischen beiden Strukturen aus. Unter den Tatsachen, die auf einen, wenn nicht genetischen, so doch kausalen Zusammenhang hinweisen^ finden wir zunächst den Umstand, daß die Basalfilamente in unmittelbarer Nähe der Mitochondrien, innerhalb oder oberhalb des Saums, sich ent- wickeln. Wh haben weiterhin beobachtet, daß bei Hungerfütterung nach dem Auflösen jeglicher Plasmastruktur — der in der vorhergehenden Arbeits- periode der Zelle gebildeten Wickel — zuerst die Mitochondrien auftreten und sich in der ganzen Zelle verstreuen, ehe es zur Bildung basichromati- scher Fäden kommt. Auch in der embryonalen Zelle sind die Mitochon- drien von Anfang an vorhanden, während die Fadenstrukturen erst in der funktionierenden Drüsenzelle oberhalb des Mitochondriensaums auftreten^ Daran dürfen wh die Vermutung knüpfen, daß sich die basophilen Strukturen im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Mitochondrien als eine besondere Umwandlung des Protoplasmas entwickeln. Die Mitochon- drien, als allgemeine in tätigen Zellen vorkommende Struktur, sind durch- aus nicht an die basophilen Elemente gebunden; die zeithche und topo- graphische Entstehung der basophilen Fäden jedoch unseres Objekts läßt ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis dieser Strukturen von der Mito- chondrientätigkeit immerhin möglich erscheinen. I I Pliysiolog. II. nioipliolng.Di'utung der im Protoplasma vorkcmmenden Strukturen. ?•> c. Die physiologische Bedeutung. Dio hasophilon Strukluron sind das AVichtiov Z\vischonp;liod zwischen Mitochondrion und Endprodukt der ZeUentätigkeit. Sie sind die spezi- fische Differenzierung des sezernierenden Protophismas und verkörpern den Hauptbestandteil derjenigen Substanzen, die die Sekretkugehi formen. Die Fäden sind die Form der tätigen Struktur, die Fadenknäuel sind der Ausdruck der Ruhe. In ihnen wird das Material, das noch nicht reif genug ist um in die Hungersekretballen einzugehen, kondensiert bis zur nächsten Arbeitspt'riode der Drüse aufgespeichert. Einen ähnlichen Zusammenhang zwischen Fadenbilduiig und Seki'e- tion schildert schon Matiiews (1899) in den Leberzellen des Frosches,, doch fehlen dieser frühen Untersuchung die Beobachtungen über die Grundstruktur der Zelle, die Mitochondrien. In ihrer Bedeutung als Sekretbildner können wir die basophilen Struk- turen dem von Jörgensen beschriebenen ))baso])hilen Prosekret« der Piscicoladrüse vergleichen. Es scheint sich hier aber um ein morpholo- gisch vollkommen anders geartetes Gebilde zu handeln. Das Plasma der Drüsenzelle ist dort zunächst allgemein basichromatisch, und aus ihm entwickelt sich ein strangförmiges, zackig konturiertes, häufig anastoma- sierendes »Prosekret«, das — zuerst plump — durch Substanzabbau wäh- rend der Ausbildung des Sekrets immer reicher verästelte Formen au- nimmt. Dieses bizarre Gebilde kann natürlich nicht den regelmäßigen, klaren, fädigen Strukturen der Planorbiszollen gleichgesetzt werden. Der einzige Punkt, in dem b?ide Strukturen übereinstimmen, ist der, daß die Anfänge der Sekretbildung auf eine der Nukleinsäure ähnliche Substanz, die sich auf plasmatischer Grundlage entwickelt, zurückgehen. Die Be- teiligung der Mitochondrien wurde von Jörgensen nicht geprüft. Pagout et ViGiER fanden in der Speicheldrüse der Weinbergschnecke Strukturen, die den Fadenknäujln von Planorhis äußerst ähnlich sind. Diese »chromatophilen Substanzen« treten in drei verschiedenen Formen auf, als »parasome« oder »corps chromatophile ä capsule concentrique«. als «bandelet chromatophile« und als »calotte ou croissant chromatophile« kappenartig dem Kern aufsitzend. Die Bilder des parasomes decken sich vollkommen mit unsern Wickeln, ihre Beschreibung aber bietet manchen Gegensatz: das parasonu' entsteht stets von innen nach außen, indem sich das Protoplasmn um ein zentrales Kügelchen in konzentrischen Schalen differenziert. Es entsteht »un cytoplasma de nouvelle formation. doue de propri6t4s et d'affinites speciales, qu'il doit ä des substanci^s emanuees dunoyau«. Diese Kernsubstanzen liegen »figurees ou non« in dem zentralen Körperchen des parasonu's. und im Kontakt mit ihnen bilden sich di" 80 Hildegaid Lutz, Schichten des neuen Cytoplasmas. Von diesem Gesichtspunkt aus »merite le corps centrale du parasome le nom de noyau accessoire« . Bei langsamer Sekretion entstehen die parasomes oft in unmittelbarer Nähe des Kerns, bei gesteigerter Tätigkeit rings im Plasma zerstreut durch die Wirkung der vom Kern ausgehenden synthetischen Kraft. Im Verlauf der Zell- tätigkeit lösen sich die parasomes in bandelets chromatophiles auf, Struk- turen, die vollkommen an die halbgeschlossenen Wickel bei Planorbis erinnern. Nach Schilderung ihrer Entdecker handelt es sich auch hier nicht um eigentliche Fäden, sondern um Lamellen differenzierten Plasmas, die sich allerdings in Fäden zerspalten und schließlich im umgebenden Plasma sich auflösen. Die dritte Form der chromatophilen Struktur bildet sich in unmittelbarem Kontakt mit dem Kern und umschließt dessen Längsseite kappenförmig. Die Innenseite der calotte zeigt die Neigung, mit der Kernmembran zu verschmelzen ; auch hier erscheint eine lamellöse Struktur, »comme une sorte d'exfoHation, de decortitation lamellau-e de la surface du noyau«. Im mittleren Teil entsteht manchmal nachträglich eine kleine Kugel, vergleichbar dem zentralen Körperchen des parasomes. Wenn die calotte herangewachsen ist, nehmen die Blätter eine mehr oder weniger konzentrische Schichtung an, und die Struktur geht in ein para- some über. Dieses erleidet das gleiche Schicksal wie früher: es verfällt als bandelet chromatophile der allmählichen Auflösung im Plasma. Ge- legentlich geht die calotte dhekt in bandelet chromatophile über und im Cytoplasma in Lösung. Parasome, bandelet und calotte sind nur drei verschiedene Erscheinungsformen eines höher differenzierten Protoplasmas, des Ergastoplasmas. Es entstammt dem »pouvoh synthetique qui carac- terise le noyau lui- meme ou les substances nucl^ahes disseminees dans la cellule« und spielt eine bedeutende Rolle bei der Vermehrung und Er- neuerung des Cytoplasmas und in zweiter Linie bei den Anfangsstadien der Sekretion, Da die Bilder und auch eigene Präparate dieses Objektes eine erstaun- liche Ähnlichkeit mit den Strukturen der Mitteldarmdrüse von Planorbis zeigen, so sind wir gezwungen, die Auffassung der Autoren, die von der unseren so vollkommen abweicht, eingehend zu würdigen. Bei der Betrachtung der chromatophilen Substanzen steht das para- some als Bindeglied zwischen calotte und bandelet chromatophile im Mittelpunkt des Interesses. Wie aus dem kurzen Referat hervorgeht, müssen wir unterscheiden zwischen einem parasome primärer Entstehung, das sich um ein zentrales Kügelchen bildet, und einem parasome sekun- därer Entstehung, nämlich der umgebildeten calotte. Die Verfasser selbst sind sich dessen anscheinend nicht bewußt geworden, sie enthalten sich Physiolog. u. morpholog. Deutung der im Protoplasma vorkommenden Strukturen. 81 Wenigstens jeder Äußerung. Zunächst beschäftigen sie sieh eingehend mit der Entstehung des (primären) parasomes von innen nach außen und geraten dabei in eine Zwangslage, die sie zu willkürlichen Annahmen zwingt, die sich nicht durch Tatsachen belegen lassen: eine Entwicklung von innen nach außen a capsules concentrifjues muß sich um einen Mittelpunkt orientieren; dieser Mittelpunkt ist das zentrale Körperchen; diesejn zen- tralen Fleck wird ferner eine wichtige Rolle im Zellgeschehen beigelegt, indem in ihm die für die Zellfunktion wichtigen Substanzen, die dem Kern entstammen, lokalisiert Werden. Dieser Kombination ist entgegen- zuhalten, erstens, daß das )/zentrale Körperchen« tatsächlich nur als heller Fleck zu sehen ist im zentralen Raum, der bei der Einrollung der Fäden freibleibt, zweitens daß, wenn auch die Beteiligung des Kerns in Anbe- tracht der wechselnden Größe, des Wechselnden Chromatingehalts außer Frage steht, über diese Art und "Weise der Kernbeteiligung völliges Dunkel herrscht, und daß es äußerst kühn ist, plötzlich Kernsubstanzen in einem beliebigen Punkt des Cytoplasmas zu lokalisieren, ohne daß sonst darin Spuren von Chromatin oder wenigstens basophilen Elementen nachge- wiesen werden. Die Quelle all dieser Hypothesen bildet die Annahme einer konzen- trischen Differenzierung des Plasmas. Was aber zwingt zu dieser An- nahme? Zum mindesten erwarten wir Entwicklungsstadien von para- somes zu sehen, die sich nach dieser Richtung deuten lassen, etwa ein oder zwei Plasniaschichten um einen hellen Fleck. Es sind aber stets nur Ab- bildungen von fertigen, mehrschichtigen parasomes gegeben. Im übrigen liefern die Autoren selbst den deutlichen Beweis, daß der Körper durch Einrollung entstehen kann, indem sie schildern, daß die calotte sich in ein parasome umwandelt, »les lamelles ont la tendance de s'enrouler con- centriqucment« und zeigen die helle zentrale Kugel. Diese Schilderung wird durch viele deutliche Bilder belegt und geht auch aus eigenen Präpa- raten dieses Objektes hervor; sie entspricht den Tatsachen und hätte die Autoren veranlassen können, ihre zuerst mit Feinheit erdachte und äußerster Entschiedenheit verteidigte Anschauung über die Entstehung des (primären) parasoras nochmals zu überprüfen. Die Verfasser haben sich sichtlich durch die oberflächliche Ähnlichkeit mit den Dotterkernen der Eizellen verleiten lassen, in dem parasome der Drüsenzelle ein Gebilde zu konstruieren, das sich mit der Erscheinung der Geschlechtszellen völlig deckt, und sich dadurch vom sicheren Boden der Tatsachen entfernt. Uns erscheint es jedoch unzweifelhaft, daß hier die gleichen Strukturen vorliegen wie in der Drüsenzelle von Planorbis; sie sind etwas massiver gebaut, da das ganze Gerüstwerk des Plasmas Archiv f. Zellforschung. XVI. 6 82 Hildegard Lutz, an diesen Zellen viel plumper erseheint, und entstehen durch Aufknäueln der Fäden. Ob hier die Wickel eine tätige Form des Ergastoplasmas vor- stellen oder den Ruhezustand, kann erst durch eingehende Experimente entschieden werden. C. Zusammenfassung. Es erübrigt sich nun festzustellen, wie weit die tatsächlichen Befunde unserer Untersuchung über die Art, Bedeutung und Entstehung der extra- nukleären Drüsenstrukturen mit den in der Einleitung dargelegten Theo- rien sich vereinen lassen. Zu diesem Zweck seien hier die Ergebnisse nochmals kurz zusammengefaßt: 1. Die Seki-etion ist eine Folge der vereinten Tätigkeit von Kern und Protoplasma. 2. Die Beteiligung des Kerns an der Sekretion geht aus seiner wech- selnden Größe und Chromatizität deutlich hervor, morphologisch sind die Beziehungen nicht zu fassen; Chromidienbildung findet nicht statt. 3. Die Tätigkeit des Plasmas findet ihren Ausdruck in zwei Formen : den Mitochondrien und den basophilen Strukturen. 4. Die Mitochondrien sind kein permanentes Zellorgan, sondern ent- stehen in jeder Arbeitsperiode de novo aus dem Protoplasma. 5. Sie finden sich an jeder arbeitenden Zelle. 6. In der Drüsenzelle ist der Beginn der Seki'etentwicklung auf sie zurückzuführen; im Kontakt mit ihnen entstehen im Plasma die baso- philen Strukturen. 7. Die basophilen Strukturen sind eine den Drüsenzellen spezifische Differenzierung des Protoplasmas, sie sind die eigentlichen Sekretbildner und enthalten eine nukleinsäureartige Komponente. 8. Sie sind keine Chromidien. 9. Sie entsprechen dem Ergastoplasma und unterscheiden sich von den Mitochondrien, sowohl durch ihre Lage im Plasma, wie durch chemi- sche Reaktionen. 10. Die basophilen Fäden sind die tätige Form der Struktur; die Ruheform bilden die Fadenknäuel oder Wickel; die Wickel bilden sich normal zur Zeit der Winterruhe und können sonst durch Hunger- und Atropineinwirkung veranlaßt werden. 11. Die Wickel stehen mit der Glykogenspeicherung in keinem Zu- sammenhang; letzteres wird hauptsächlich im Bindegewebe gelagert. Wü* sehen also, daß den extranukleären Drüsenstrukturen eine her- vorragende Beteiligung an der Funktion der Zelle zukommt. Die Theorien, die sich an diese Beobachtung knüpfen, gehen jedoch in dem Bestreben, Physiolog. II. morph(»log. Deutung der im Protoplasma vorkommenden Strukturen. 83 die komplizierten, stets veränderlichen Lebonsvorgänge in ein allgemein- gültiges Schema einznordnen. über die Tatsachen hinaus. Wii* können weder den Mitochondrien. die Bedeutung eines allein wirkenden, permanen- ten Zellorgans zuschreil)en, noch im Chromidialapparat den Ursprung jeglicher aktiven Zellstruktur sehen, sondern wir müssen die Funktion der Zelle aus dem Zusammenwirken von Kern und Plasma ableiten. Über den innersten ZusamnuMihang der Zelltätigkcit können uns die sichtbaren Komponenten bei den heutigen Stand der Technik und Zellchemie keinen Aufschluß geben, da die intimsten Lebensvorgänge auf die mit unseren IVIitteln unfaßl)aren Veränderungen der Molekularstruktur zurückzuführen sind. Zum Schluß sei es mir gestattet, meinem hochverehi-ten Lehrer, Herrn Geheinu'at Hertwig, für das gütige Interesse und Wohlwollen, das er stets meinem Studium entgegenbrachte, n\einen ergebenen Dank auszusprechen und auch Herrn Prof. Dr. Buchner für viele fördernde und anregende Ratschläge herzlich zu danken. Abgeschlossen: 30. April 1917. Erklärung der Abbildungen. Tafel IV. Sämtliche Figuren sind mit dem Zeiss Apochromat 2 mm Okular 8, Zeichentisch in Objekttischhöhe gezeichnet. Fig. 1—12. Fixierung und Färbung nach BEXDA-Mitochondrientechnik. Fig. 1. Normale Drüsenzelle. Fig. 2. Normale Drüsenzelle. Fig. 3. Übergangsstadium zwischen Resorptions- und Drüsenzelle. Fig. 4. Drüsenzelle 5 Tage nach Fütterungsbeginn eines 2 monatigen Hungertiers. Fig, 5. Hungertier von 7 Wochen. Fig. 6. Drüsenzelle 48 Stunden nach Fütterungsbeginn eines 2 monatigen Hunger- tiers. Fig. 7. Drüsenzelle nach 6 stündiger Atropineinwirkung. Fig. 8. Drüsenzelle nach 8 stündiger Atropineinwirkung. Fig. 9. Drüsenzelle eines 4monati.'en Hungertiers. Fig. 10. Drüsenzelle efnes 6monati;en Hungertiers. Fig. 11. Übergangsstadium von Resorptions- zur Drüsenzelle. Fig. 12. Resorptionszelle lebhaft tätig. Fig. 13 — 23. Gefärbt: Safranin-Lichtgrün. Fig. 13. Normale Drüsenzelle, fixiert Petrunkewitsch. Fig. 14. Lebhaft funktionierende Drüsenzelle, fixiert Petrunkewitsch. Fig. 15. Normale Drüsenzelle, fixiert Sublimat. Fig. 16. Resorptionszelle, fixiert Petrunkewitsch. Fig. 17. Drüsenzelle 24 Stunden nach Fütterungsbeginn, fixiert BouiN. Fig. 18. Drüsenzelle eines 8wöchigen Hungertiers, fixiert Bouin. 6* 84 Hildegard I>utz, Tafel V. Fig. 19. Drüsenzelle Tag nach Fütterungsbeginn, fixiert Bouin. Fig. 20. Himgertier von 10 Wochen, fixiert Bouin. Fig. 21. Hungertier von 8 Wochen, fixiert Bouin. Fig. 22. Himgertier von 5 Monaten, fixiert Petrunkewitsch. ^ Fig. 23. Hungertier von 6 Monaten, fixiert Petrunkewitsch. Fig. 24. Sekretzelle eines 4 Wochen alten Tieres; Fixierung Petrunkewitsch, gefärbt Eisenhämatoxylin-HEioENHAix. Fig. 25. Erwachsenes Tier nach lOstündiger Atropineinwirkung; fixiert in Subli- mat, gefärbt Eisenhiimatoxylin-HEiDENHAiN. Fig. 26. Embryonale Drüse; fixiert Sublimat; gefärbt Eisenhämatoxylin- Heidenhain. Fig. 27. Normaltier, lebhaft sezernierend; fixiert Sublimat; gefärbt Eisenhäma- tOXylin-HEIDENHAIN. Fig. 28. Normaltier; fixiert Petrunkewitsch; gefärbt Eisenhämatoxylin-HEIDEN- HAIN. Fig. 29. .Hungertier nach 8 wöchigem Fasten; fixiert Osmium-Schultze, gefärbt Eisenhämatoxylin-HEiDENHAiN. Fig. 30. Hungertier nach Gwöchigem Fasten; fixiert Petrunkewitsch; gefärbt Eisenhämatoxylin-HEiDENHAiN. Fig. 31. Mitteldarmzellen am 3. Tage der Hungerfütterung; fixiert Bouin; ge- färbt Safranin-HEiDENHAix. Fig. 32. Himgertier nach 10 wöchigem Fasten; fixiert Petrunkewitsch; ge- färbt Delafield. Fig. 33. Himgertier nach 11 wöchigem Fasten; fixiert Petrunkewitsch; ge- färbt Delafield, Literaturverzeichnis: Altmann. 1886. Studien über die Organisation der Zelle. Leipzig. 1890 und 1894. Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig. Ancel. 1902. Les corps intracytoplasmiques dans l'ovocyte d'Helix, C. r. Soc. biol. LIV. 1902. Histogenese et structure de la glande hermaphrodite d'Helix pomatia. Arch. de biol. XIX. Arnold, G. 1912. The röle of the chondriosomes in the cells of the guinea-pigs pancreas. Arch. f. Zellf. Bd. VIIL - L 1898. Über Struktur und Architektur der Zellen. Arch. f. mikr. Anatomie. LH. 1907. Plasmosomen, Granula, Mitochondrien, Chondriokonten imd Netzfiguren. Anat. Anz. XXXI. 1914. Über Plasmastrukturen und ihre funktionelle Bedeutung. Jena. Barfurth. 1880. Leber der Gastropoden, ein Hepatopankreas. Zool. Anz. Bd. 3. 1883. Über Bau und Tätigkeit der Gastropodenleber. Arch. f. mikr. Anat. XXII. Benda. 1897. 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Zur Einigung zwischen Faden- und Granulalehre des Protoplasmas. Be- obachtungen an weißen Blutzellen. Ebenda. LXXVI. 1911. Über die Beteiligung der Plastochondrien an der Befruchtung des Eies von Ascaris megalocephala. Ebenda. LXXVI. 1913. Über das Verhalten des plastosomatischen Beständteils bei der Befruch- tung des Eies von Phallusia mammilata. Ebenda. LXXXII. 1914. Was sind Piastosomen? Antwort auf die Sclirift gleichen Titels von Retzius. Ebenda. Abt. I. LXXXV. 1915. Was sind Piastosomen? IL Bemerkimgen zu dem Vortrag von Benda: Die Bedeutung der Zellstruktm-en für die Pathologie. Ebenda. Abt. I. LXXXVII. 1915. Über den Befruchtungsvorgang bei der Miesmuschel (Mytilus edulis). Ebenda. Abt. IL LXXXVII. 1915. Über die Mitwirkung der Piastosomen bei der Befruchtung des Eies von Filaria papulosa. Ebenda. Abt. II. LXXXVII. 1917. Piastosomen in Pflanzenzellen. Abt. I. LXXXIX. NUSSBAUM. 1879. Über Bau und Tätigkeit der Drüsen. Arch. f. mikr. Anat, ,XVI. Ogata. 1883. 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Das leptotäne Schleifenbukett (Zahl, Länge und gegenseitige Lage der Fadenchromosomen) 113 fa. Das leptotäne Schleifenbukett als ein besonderer Abschnitt der Oocyten- entwicklung 114 ß. Die orientierte Lage 116 fc. Die Struktur der Univalenten Fadenchromosomen 116 fd. Die Zahl der Bukettschleifen 118 fe. Die Länge der Univalenten Fadenchromosomen 118 //. Die gegenseitige Lage der Univalenten Fadenchromosomen . . . .122 Kapitel IL Syndesis: Die Chromosomen während ihrer Konjugation. A. Eusyndesis 124 a. Der Ablauf der Längskonjugation 124 aa. Konjugationstrieb der Chromosomen 124 ^) Als erste dieser Studien soll die 1913 erschienene Arbeit: Über die Ovogencse von Dendrocoelum lacteum betrachtet werden. 2) Die Arbeit habe ich schon im Dezember 1913 bei Professor Boveri abgeschlossen, seither haben mich aber die verschiedensten Umstände an der Veröffentlichung ver- hindert. J. Gelei, Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoeluni lactcum. II. 89 ai. Vorteile des Bukettzustandes für das leichtere Zustandekommen der Konjugation 125 ac. Allgemeine Merkmale der Konjugation 125 ad. Wie ein Paar homologes Chromosom miteinander konjugiert, und die feineren Details der Konjugation J27 ae. Seltene Zustände bei der Konjugation eines Paares ]29 af. Die Struktur der Fadenchrumosoraen vor und nach der Konjugation, die Zahl und Lage der Chromiolen 129 atj. Neurekonstruktion der Paarenkomponente bei der Konjugation . 130 ah. Die Bewegungen der Fadenchromosomen bei der Konjugation. . . 132 ai. Abnorme Zustände (?) IST aj. Besondere Folgen der Durcheinanderlagerung der Fadenchromosomen 1S7 b. Sind die untereinander konjugierenden Fadenchromosomen gleichlang, d. h. homolog? 141 ba. Allgemeine Beweise 141 bb. Besondere Beweise durch die mehrpoligen Mitosen 142 c. Die Heteropolie der Chromosomen 147 d. Die Konsistenz der Chromosomenfäden 148 B. Das diplotäne Schleifenbukett oder der eusyndetische Zustand der Paare . 149 C. Die Chalasthosyndese oder der lockere Zusammenhang der Chromosomen . 16G D. Die Rolle der Nucleolen während der Chromosomenkonjugation 157 Einführung. Das richtige Erkenntnis einer Erscheinung beruht einerseits auf genauer Beobachtung der dabei auftretenden Veränderungen, auf sorg- fältigen Studien der daran teibiehmenden substantiellen Faktoren und der dabei tätigen inneren oder äußeren Kräfte. Erleichtert wird diese Arbeit anderseits und wird zugleich zuverlässiger, wenn man den Weg verfolgen kann, den die an der Veränderung ))eteiligten Faktoren ein- geschlagen haben. Mit Rücksicht auf diese Überlegung haben mich in der Ausführung vorliegender Arbeit folgende Gesichtspunkte geführt. Die Haupterscheinung, die wir bei dieser Gelegenheit untersuchen wollen, ist die paarweise Vereinigung der Chromosomen in den Oozyten, ein nach übereinstimmender Meinung der Forscher biologisch allerwich- tigstes Geschehnis in der Entwickelungsgeschichte der Geschlechtszellen. Als substantielle Gebilde treten dabei statt der gewöhnlichen, dicken, glatten homogenen Cliromosomen dünne, variköse, ziemlich gleichmäßig gekörnelte und außerordentlich lange Formen auf, die wir Fadenchromo- somen, Schleifenchromosomen oder kurz Schleifen bzw. Fäden nennen. Es finden sich darunter Paare in ähnlicher Weise, wie unter den Teilungs- chromosomen. Dabei äußert sieh eine innere Kraft, der Konjugations- trieb der Paare. Weiterhin ist noch eine äußere Kraft dabei tätig, die <)0 . J. Gelei, die Schleifenenden an dem einen Pol der Zelle zusammenrafft und sodann die Schleifenschenkel mögUchst gerade richtet, wodurch das gegenseitige Auffinden der Schleifenpaare erleichtert wird. Alle diese Faktoren haben aber zu der Zeit ihrer uns hier interessierenden Betätigung schon einen Entwickelungsweg hinter sich. Dieser Weg wird bezeichnet durch die sogenannten präsyndetische Phase, d. h. durch das Ruhestadium und durch das darauffolgende Knäuelstadium der jungen Oocytenkerne. Den Ablauf dieser Einleitungsphase kennen zu lernen, wird die eine zu- nächst zu lösende Aufgabe dieser Ai'beit sein. Wir werden sogar auf die (jeschehnisse der letzten oogonialen Teilungen zurückgreifen müssen. Demjenigen, der aus eigener Erfahrung diese Gebiete der Cytologie kennt, braucht man die außerordentlichen Schwierigkeiten der Unter- suchung nicht zu betonen; den nicht Eingeweihten möchte ich auf die Worte FiCKs verweisen, die zu einer Zeit ausgesprochen wurden (1907). als schon eine beinahe unübersehbare Fülle von Literatur vorhanden war. Er sagt, »daß bei den zurzeit nur anwendbaren Untersuchungs- methoden und der Kompliziertheit der Verhältnisse, wie bei so vielen Fragen der milagen verdankte ich dem seither dahingeschiedenen Professor Boveri; auf seine Veran- lassung habe ich diese Arbeit im Jahre 1913 in seinem Laboratorium ausgeführt, nachdem er meine, aus dem ]\Iünchner Institut als Belege meiner 191.3 erschienenen und dieses Thema kurz behandelnden Ai-beit (S. 75—79) mitgebrachten Präparate bei einer Demonstration als sehr 92 J. Gelei, beweiskräftig für die Längskoiijugation der Chromosomen gefunden hatte. Die folgenden Zeilen mögen zeigen, daß es nicht ohne Nutzen war, dem guten Rat zu folgen, und dieses Thema noclunals auf breiter Basis in Angriff zu nehmen. Ich spreche an dieser Stelle, leider schon zu spät, dem seither verstorbenen Herrn Professor Boveri für sein außerordentlich liebens- würdiges Entgegenkommen, für die vielen Ratschläge und sein Interesse, Avomit er meine Arbeit gefördert hatte, meinen wärmsten Dank aus. Sein Andenken lebt aber bei jedem für immer, der das Glück hatte unter seiner Führung wissenschaftlich arbeiten zu können. Ich bin außerdem auch den Herren Professoren Zarnik und Baltzer zu Dank verpflichtet. Methode. Wer mit den Erscheinungen, die mit der Synapsis verknüpft sind, vertraut ist, wird zugeben, daß die Lösung der Clu-omosomenkonjugations- phänomene zugleich eine technische Frage einschließt. Auch die Ge- schichte des Begriffes der Synapsis, die Umwandlung, die dieser Begriff in der Zeit erfahren hat, indem sich die einseitige Zusammenballung des Chromatins allmähhch als eine Folge unzweckmäßiger Konservierung entpuppte, zeigt uns dies treffhch. Durch Ausnützung der natlü-lichen Vorteile meines Objekts bin ich bald darauf gekommen, daß die einzige Methode, die uns vor jedem Irrtum bewahrt und am sichersten zum Ziele führt, die Herstellung von Totalpräparaten der Zellen durch Zerzupfen des frischen Ge- webes ist, eine Methode, die schon von Flemming (1887) empfohlen wurde. Wie ich bereits in zwei Arbeiten (1913 a, 1913 h) hervorgehoben habe, ist das Dendrocölumgewebe zum Zerzupfen im frischen Zustande äußerst geeignet. Solche Präparate haben drei Vorzüge: I. Die Zellen sind in einer Schicht ausgebreitet, und kommen daher dkekt mit der Fixierungsflüssigkeit in Berührung, wodurch man die denkbar beste Fixierung erreicht. 2. Da eine Einbettung in Paraffin vermieden wii'd, wirken die Farblösungen viel intensiver wie bei Schnitten. 3. Man be- kommt, was am wichtigsten ist, nur ganze Kerne, während auf Schnitten gar zu leicht beim Anschneiden der Kerne einzelne Chromosomen durch das Messer verschleppt werden. — Man könnte geneigt sein, zu denken, daß die so gewonnenen Präparate zu dick sind, um feinere Studien an ihnen anstellen zu können. Dies ist aber keineswegs der FaU. In diesen Totalpräparaten sind nänüich die Kerne so durchsichtig, wie man sie auch auf den dünnsten Schnitten nicht klarer zu Gesichte be- kommt. Dies hat seine Ursache darin, daß die Vermelu-ungszellen in den Zupfpräparaten nicht kugelig bleiben, sondern sich infolge ihi'er Weitere Studien über die Oogenese des Demliueuelum lacteum. II. 93 Woichhoit etwas al)platti'ii. Dem Nachteil, daß tiefer gelegene Details von darüber gelagerten Elementen verdeckt werden und nicht klar analy- sierbar sind, kann man dadurch begegnen, daß man auch als Objektträger ein größeres Deckglas benutzt. Bei der Behandlung solcher zwischen zwei Deckgläschen verschlossener Präparate leistet gute Dienste Heiden- hains gefensterter Aluminiumobjektträger, da man mit Hilfe desselben das Präparat von beiden Seiten untersuchen kann. AVill man die Faden- chromosomen oder die konjugierten Paare auf ihre innere Struktur ein- gehender prüfen, so kann man sich an die peripher in den Kernen liegen- den vereinzelten Chromosomen halten, die man wie dünnste Schnitte mit den stärksten Systemen untersuchen kann. — Mit Rücksicht aber auf die Gefahren, die das Zerzupfen mit sich bringt, muß man die Resul- tate an Schnittpräparaten immer kontrollieren. So bin ich schon bei der Herstellung des ersten Zupfpräparates auf einen großen Nachteil dieser Methode gestoßen, daß nämhch — besonders der Randteil des ausgebreiteten Zupffeldes — schon in der kurzen Zeit, während ich das Stückehen Gewebe mit zwei Präpariernadeln zerzupfte, etwas eintrocknete. Um dieses Eintrocknen oder auch das Konzentrierter- werden des Zell- und Kernsaftes zu verhindern und dadurch jeder arti- fiziellen Veränderung der Zelle vorzubeugen, habe ich einen besonderen Präparierkasten konstruiert. Man kann darin eine größere Zahl von Präparaten zugleich herstellen. Die Beschreibung dieses Apparates habe ich schon 1918 {b) in Aussicht gestellt, damals aber doch unterlassen, und an ihm seither mehrere Verbesserungen durchgeführt. — Über den IBau dieses Apparates will ich hier nur kurz hervorheben, daß er ein vier- eckiges Kästchen darstellt, dessen Inneres lieini Präparieren von der äußeren trockenen Luft vollständig abgeschlossen ist. Die Luft im Käst- chen wird durch nasses Fließpapier ständig feucht erhalten. Die obere Wand des Kästchens bildet eine Glasplatte, welche mit einem fenster- artigen Ausschnitt versehen ist. Dieses Fenster decke ich mit zwei über- einander verschiebbaren GUmmerplatten zu, die nur zwei Präpariernadeln den Durchgang gestatten. Die Objektträger oder Deckgläschen kann man mit Hilfe eines Schiebers wechseln, der während dieser Prozedur kaum eine Spur trockener Luft mit in das Kästchen hineinbringt. Man kann endlich das Präparat, falls man jede Berührung mit trockener Luft vermeiden will, auch im Kästchen fixieren; zu diesem Zwecke ist das Kästchen mit einem seitlichen, sonst verschlossenen Loch versehen, durch welches man mit Hilfe einer Pipette die Fixierungsflüssigkeit oder Dämpfe einer solchen auf das Präparat bringen kann. Daß das zerzupfte Gewebe in der Fixierungsflüssigkeit nicht ab- 94 J. Gelei, schwimmt oder beim schnellen Eintauchen in die Flüssigkeit durch die Oberflächenspannung des Wassers stellenweise nicht verschoben -wird» wodurch unerwünschte Aggregate in dem Präparate entstehen könnten, verhindert man dadurch, daß man das Präparat vorher in feuchter Luft einige Sekunden mit Osmiumdämpfen räuchert. Die Osmiumdämpfe fixieren die oberflächhche Schicht unglaubUch schnell: es genügen schon 6 Sekunden dazu. Die gelatinierte oberflächhche Eiweißschicht befestigt das Präparat wie ein dünner Zelloidinüberzug und schützt dasselbe sowohl vor dem Abschwemmen als auch vor leichteren mechanischen Schädi- gungen, wie sich solche beim Eintauchen in das Wasser oder während des Herabsinkens in der Fixierungsflüssigkeit, vor allem, wenn man das Präparat schnell in dieselbe hineinwirft, ergeben könnten. Bei meiner ersten Arbeit über die Oogenese von Dendrocoelum (1913 a) habe ich eine Anzahl von Fixierungs- und Färbungsverfahren ausprobiert. Da es sich jetzt nur um die Chromatinformationen handelte, die ich in der ersten Arbeit nicht eingehend genug berücksichtigt hatte, befriedigten mich die früher von mir angewandten Verfahren nicht ganz. Ich fand jetzt, daß die denkbar beste Fixierung des Kernes, der Kerngrundsub- stanz und der Konjugationschromosomen das ALTMANNSche Gemisch liefert. Leider konnte ich nach dieser Fixierung mit keinem Farbstoff eine genügend intensive Tinktion erzielen. Gute Ergebnisse heferte auch das starke FLEMMiNGsche Gemisch (15 Tropfen l%ige Chromsäure, 4 Tropfen 2%ige Osmiumsäure, 3 Tropfen konz. Eisessig), ferner Apathys Sublimat-Osmiumgemisch (6% : 1%, mit Spuren von Natrium jodicuni — Na JO3 — , 0,2%) und ein von mir zusammengesetztes Formai-Osmium- gemisch, das 5% Formal und 1% Osmiumtetraoxyd enthält. Die Fixierung mit dieser letzten Flüssigkeit ist nur im Eisschrank ausführbar, weil das Osmium bei Zimmertemperatur durch das Formal zu schnell reduziert wird ; daher kann dieses Gemisch auch nur im Eisschrank aufbewahrt werden. AUe Färbungsverfahren werden, was die Tinktion in allen seinen Zuständen des Chromatins anlangt, weit von der Romanovsky-Giemsa- Methode mit Giemsas Azureosin von Grübler übertroffen. Diese rote oder rotviolette Färbung ist merkwürdigerweise so intensiv, daß sie die stärksten Vergrößerungen zuläßt und doch so klar und durchsichtig, daß auch die tief hegenden Details der Kerne deutlich wahrnehmbar sind. Am haltbarsten ist diese Färbung nach einer Fixierung mit konzentriertem Subhmat. Aber auch Präparate, die mit Osmiumdämpfen und darauf mit konzentriertem Sublimat oder Osmium-Subhmat einige Minuten fixiert wurden, haben, obschon sie bereits 2 Jahre alt sind, kaum etwas an Stärke und Elektivität der Färbung eingebüßt. Die frisch zerzupften ,^ Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoeluni lacteuni. II. 95 mit Osmiumdäiupfen und daiaul" mit Sublimat (1 Stunde) oder mit Osuiiuju- sublimat (30 Sekundon bis einige Minuten) fixierten Präparate stehen in keiner Weise den gewöhnlichei; Sublimatpräparaten nach. Die Giemsa- Färbung gelingt auch nach der Fixierung mit starkem FLEMMiNcschen Gemisch und Formol-Osmium: die Farbe der Chromatinformationen wird aber nicht rot, sondern blau, und sie verblaßt schon während eines Jahres. Frisch sind aber diese Präparate, besonders die mit Flemmings Gemisch fixierten sehr gut verwendbar. Ich habe aber auch nach der Fixierung mit Flemmings Gemisch außerordentlich haltbare und klare Präparate mit der GiEMSA-Lösung erhalten, wenn ich die Objekte vor der Färbung mit einer l%igen wässerigen Lösung von Ammoniummolyledat 5—10 Mi- nuten lang l)eizte und darauf in mehrmals gewechseltem destilliertem Wasser 10 Minuten lang wusch. Die Farbe der Konjugationschromosomen wird dadurch blauviolett und so intensiv wie nach Eisenhämatoxylin. p]in Vorzug dieser Methode besteht weiterhin darin, daß man bei der Überführung vom Wasser zum Xylol kein Aceton als Intermedium braucht, sondern die Präparate ruhig durch die iVlkohoh-eihe führen kann. Man muß sie sogar in irgendeinem Alkoholgemisch (ich benütze 96- oder 100%iges) gründlich differenzieren i). Die gewöhnlichen GiEMSA-Präparate behandelte ich folgendermaßen: Färbung 1 Stunde; Abwaschen der Farblösung in Wasser; Aceton- Wasser (50 : 50) ; reines Aceton einmal gewechselt ; darauf eine Aceton-Xylol- reihe mit steigendem Prozentgehalt an Xylol: 10%, 50% und 80%; reines Xylol zweimal; zum Schluß optisches Zedernöl. Das Acetonwasser, Aceton, und Aceton mit 10% Xylol habe ich mit einigen Tropfen von der GiEMSASchen Stammlösung versetzt, damit in diesen Intermedien nichts von der Farbe des Präparats ausgewaschen wird. Fast eben so gute Präparate wie nach Flemmings Gemisch, Ammo- niummolybdat und GiEMSA-Lösung, erhielt ich auch nach dem Formol- Osmiumgemisch, wenn ich sie gleichfalls mit Anunoniummolybdat beizte und sodann mit einer Toluidinblaulösung 1 : 3000 färbte. Diese Präpa- rate sind im Alkohol gut differenzierbar. — Man kann Ammoniuin- molybdat auch erst nach der Giemsa- oder Toluidinblaufärbung an- wenden; die Farbstoffe werden dadurch gewissermaßen am Gewebe fixiert. Gute Resultate erzielte ich weiterhin nach den verschiedensten Osmiumfixierungen (die ALTÄLVNNsche ausgenommen) mit einer konzen- trierten wässerigen Thionin- oder Gentian violett! ösung. Auch hier wandte ich manchmal ein Vor- oder Nachbeizen mit Ammoniummolybdat an. 1) Bemerkung b. Korrektur. Bloß diese Präparate sind grcnzlos haltbar, die vor* her erwähnten aber sind nach 10 Jahren verblaßt. ^6 J. Gelei, Kap. I. Das Verhalten der Chromosomen vor der Konjugation. A. Die letzte oogoniale Teilung. Wie ich in der Einleitung bemerkte, verdient schon die letzte oogo- niale Teilung unsere Berücksichtigung. Es wäre außerordenthch inte- ressant, wenn man an einem geeigneten Objekt in jeder Hinsicht auf- klären könnte, wodurch sich jene letzte oogoniale Teilung, welche Oocyten liefert, von den früheren Teilungen in der Oogonienstammreihe unter- scheidet. Die Lösung dieser Frage würde uns sicher manches ans der Entwickelung der Geschlechtszellen verständlich machen. Leider ist das Dendrocoelum, wie ich es schon an anderer Stelle auseinander gesetzt (1913 a, S. 62—66), gar kein geeignetes Objekt dafür. Ich habe über 40 Ovarien geschnitten und über 200 Zupfpräparate hergestellt, ich konnte aber kaum 25 Bilder finden, die ich zum Studium der letzten oogonialen Teilung benützen konnte. Ich möchte doch nicht unterlassen, das wenige, was ich daran wahrnehmen konnte, hier zu besprechen. Ich habe schon in meiner erwähnten Arbeit hervorgehoben, daß die bei der letzten oogonialen Teilung in die Äquatorialplatte eingestellten Clu-omosomen viel länger sind, als in den vorherigen Teilungen; ich fand auch jetzt eine Anzahl Bilder, die dies bestätigen. Auch die Oogonien selbst (Fig. 2, 3 Taf . VI) erreichen vor der letzten Teilung eine bedeutendere Größe als bei vorhergehenden Teilungen. In den ältesten Oogonien (jüngere habe ich in dieser Hinsicht nicht untersucht) bildet sich in der Prophase kein kontinuierliches Spirem aus. Das Chromatin vereinigt sich zu kurzen Gebilden (Fig. 1, Taf. I), die kaum länger sind als gewöhnhche Chromosomen. Merkwürdig ist, daß die Chromosomen, sobald sie als solche unterscheidbar sind (Fig. 2, Taf. I), imgefähr die U- oder Hakenform zeigen, wie in der vorherigen Telophase. Sie sind im Kernraum unregehnäßig zerstreut, zeigen also keine Spur einer RABLschen Orientierung, die sich darin äußern würde, daß die €hromosomenschenkel alle gleich gerichtet ständen und die Umbiegungs- steUen der Chromosomen um ein Polfeld gruppiert wären. Sie verharren bis zur Auflösung der Kernmembran auf diesem knäuelartigen Stadium, doch besteht, wie gesagt, keine Kontinuität der Fäden. Fig. 2, die ich etwas näher besprechen möchte, zeigt die Schleifen in einem charakteristischen Zustande. Diese Figur stammt von einem Totalpräparat. Die Größe der Zelle deutet uns an, daß es sich um eine Oocytenmutterzellc handelt. Die Kernmembran ist im Begriff, sich aufzulösen. An der linken Seite des Kernes ist nämlich keine Membran jnehr zu unterscheiden, während sie an andren Stellen noch vorhanden Weitere Studien über die Oogenese des ^Lndrocoelum lacteuiu. Jl. 97 ist. In clor uiitoron Partie der Zelle ist in der Nähe des Kernes eine Strah- lung wahrziinelunon. Nach ihrem vorgerückten Zustande zu schließen, dürften in der Zelle schon zwei Teilungszentren vorhanden sein. Das Präparat war dabei soweit differentiert, daß ich über die Lage des andren nichts sicheres feststellen konnte. Eine Andeutung von schwacher Strah- lung war sowohl in der gegenüberliegenden Hälfte der Zelle, als auch in der Nähe des andren Zentrums, hier von einem dunklen Körnchen be- deckt, wahrzunehmen. Die Chromosomenschleifen, die in der Figur sämtlich eingetragen sind, bilden eine Art Knäuel. Zehn von ihnen waren gut zu unterscheiden, die übrigen vier waren aber untereinander so ver- wickelt, daß ich ihre Enden nicht mit Sicherheit feststellen konnte. Die Chromosomen dieses Knäuelstadiums sind zunächst geschlängelt; sie glätten sich aber noch im Kernraume, bevor die Kernmembran ver- schwindet, und zeigen dann um so deutlicher U- oder Haken- oder Bogen- i'orm. — Entsprechend meiner früheren Erfahrung nehmen die Nucleolen, wie dies auch aus der P'ig. 2 zu ersehen, an der Bildung der Chromosomen nicht teil. Der links stehende Nucleol ist hier eben im Begriff sich von einem Chromosomen zu trennen. Die Nucleolen sind auch noch während, der Metakinese im Zellkörper in der Nähe der Äquatorialplatte zu finden. Bald darauf verschwinden sie. — Osmiumpräparate zeigen nach keiner Färbung eine derartige Längsrichtung der Chromosomen, wie ich sie in meiner vorigen Arbeit (1913) auf Taf. IV, Fig. 4 abgebildet habe. Dieses Bild ist damals nach einer Fixierung mit warmer ZEXKERScher Flüssig- keit zu Stande gekommen, und wir müssen im Bewahren der wahren Strukturverhältnisse den Osmiumfixationen über andren einen Vorrang geben, Fig. .3, Taf. VI, zeigt die Konturen eines anderen Oogoniums aus einem Schnittpräparat in gleicher Vergrößerung wie Fig. 2, Eine Vergleichung dieses Bildes mit den Fig, 19—21 (Taf. VII), welche Oocyten auf dem gleichen Stadium darstellen, belehrt uns über Größenzunahme der Oocyten wälu-end des Ruhestadiums ihres Kernes, Ein folgendes Stadium, auf das ich besonders Wert lege, es handelt sich nämUch um die Äquatiorialplatte der metakinetischen Figur, zeigen uns Fig. 4—6, Taf, VI. Der Zustand der Chromosomen auf diesem Stadium ist besonders günstig für vergleichende Studien. 14 solche Äquatorial- platten fand ich in meinen Präparaten. Unter diesen lag aber leider keine parallel mit dem Gesichtsfeld. An sich stellen die Äquatorialplatten der Oogonialmitosen vom Dendrocoeliim kein günstiges Untersuchungs- material dar, da sich nie alle Chromosomen in eine geometrische Ebene einstellen. Das gleiche gilt manchmal auch noch für die Tochterplatten, Archiv f. Zellforschung. XVI. 7 98 J. Gelei, Daher sind die Längenmessungen der Chromosomen außerordentlich er- schwert; füi" mich um so mehi-, weil mü-, wie gesagt, keine mit dem opti- schen Horizont parallel laufende Äqnatorialplatte zur Verfügung stand. Ich mußte mich also begnügen, nur an einer Platte genauere Messungen auszuführen (Fig. 4). Zum Vergleich hatte ich Lcängenmessungen auch an der Mitose einer Somazelle (Fig. 6, Taf. VI) gemacht. Die Methode der Messung bespreche ich weiter unten. Bei näherer Betrachtung der zwei abgebildeten Äquatorialplatten (Fig. 4 und 5) kann man ohne weiteres erkennen, daß die Chromosomen verschieden lang sind, und daß die längsten die kürzesten beinahe um das doppelte übertreffen. Paare kann man unter den Cliromosomen ohne weiteres kaum unterscheiden, weil die gebogenen Clu'omosomen nicht alle von der Seite zu sehen sind und man die Höhenunterschiede an dem projektiven Bild nicht richtig al)schätzen kann. Als Paarlinge sind in der Fig. 4 die beiden mit VI und in der Fig. 5 die mit x bezeich- neten Chromosomen zu erkennen. Erst Messungen haben ergeben, daß man unter den 14 Chi'omosomen 7 Paare, bestehend aus gleichlangen Fäden, unterscheiden kann. Bei der von mü- angewandten Vergröße- rung konnte ich für die Paare folgende Längenwerte in Millimetern feststellen : T: 14 II: 15,5 III: 16,4 IV: 20,6 V: 21,5 VI: 25 VII: 26. ^s fragt sich, ob es sich bei diesen Werten für gegebene Stadien um absolute Größen handelt, oder nicht, weiterhin ob die relativen Längen- unterschiede der Paare konstant sind oder ob in dieser Hinsicht ein ge- wisser Spielraum vorhanden ist. Ich halte es für walu-scheinlich, daß wohl die relativen Längen in den Zellen gleicher Ai't konstant sind, daß aber eine absolute Länge der Chi'omosomen für gegebene Stadien nicht existiert, sondern daß der ganze Chi-omosomenbestand in den verschie- denen Zellen innerhalb eines kleinen Spieh'aums variabel ist. Solche kleinen Längenunterschiede zwischen den Chromosomenbeständen ver- schiedener Äquatorialplatten könnten dü-ekt mit dem individuellen Größenunterschiede der Zellen im Zusammenhang stehen. Wir müssen noch bemerken, daß wü- aus der Feststellung der Länge der Chromosomen (vgl. Fig. 4) auch bezüghch ihrer Lage wichtiges er- Weitere Studien über die Oogenese des Dendrococluni lacteuni. ]]. 99 'o fahron, weihvir sofort bcinerkon, daß die CliromosoiiuMi von gloiclicr Länge, die gewöhnlich als h omo log bezeichnet werden, nicht nebeneinander stehen. Wie bekannt, sind die Chromosomen während der Teilung Längen- veränderungen unterworfen. L^nd zwar erleiden sie im Dewlroeoelum von der Auflösung der Kernmembran bis zur Telophase eine allmähliche Verkürzung und von da an wieder eine Verlängerung. Ob den Paaren schon in der Äcjuatorialplatte eine charakteristische l'drm zukommt, konnte ich nicht feststellen. Zu solchen Feststellungen gehört nämlich ein eingehenderes Studium mehrerer Äquatorialplatten. Die wenigen Bilder, die ich gesehen habe, zeigen nur so viel, daß die Chro- mosomen gebogen sind, und zwar kann die Umbiegungsstelle sowohl in der Mitte liegen als auch seitlich davon. Im letzteren Falle, was öfter vorkommt, sind die Chromosomen hakenförmig. Charakteristischer ist die Form der metakinetischen Chromosomen. Die meisten Tochterchromosomen werden nämlich etwa seitlich von der Glitte durch Zugsfasern erfaßt und in der AVeise auseinander gezogen, daß dieser Teil vorauseilt. Lifolgedessen sind die meisten Chromosomen während der dizentrischen AVanderung exzentrisch gebogen und zeigen eine Hakenform (Fig. 7, Taf. VL Fig. 56, Taf. X). Wie ich in meiner vorigen Ai'beit (1913) festgestellt habe, rücken die Centrosomen 1) bald nach der, Auflösung der Kernmembran dicht an die Zellperipherie (s. Fig. ö, Taf. R'' 1913 und die Fig. 56, Taf. X, dieser Arbeit^). Li der Telophase der Teilung nähern sich den Centrosomen ^) Diese Gebilde habe ich vorher (1913) als Centriolen bezeichnet. ^laii kann aber an Präparaten nachFLEMMixG mit Ilisenliäniatoxylin noch ein inneres stäbclienl'örmiges (r('l)ilde, das eigentliche Centriol, darin differenzieren. 2) Über ähnliches berichtet Rappeport1915 bezüglich der männhchenVermehrungs- zellen. Er hat dabei (S. 13,14) für die Beurteilung des Teilungsmechanisnuis jene sehr wichtige Beobachtung gemacht, daß die Zelloberfläche an dieser Stelle, wd das Centro- som anhaftet, am Anfange der Metakinese oft wie eingezogen aussieht. Er weist zu- gleich darauf hin, daß ich 1913 in meiner Fig. 5 ähnliches abgebildet habe, ohne daß icli darauf im Text eingegangen wäre. Ich für meinen Teil habe nämlich die Erschei- nung als Kunstprodukt angesehen, die durch die Verkürzung der Zugsfasern während der l'jphandlung entstanden ist, und darum 1)in ich an dieser Erscheinung ohne weitere Gedanken vorbei gegangen. Rappeport sieht aber in der Erscheinung eine Folge der so oft diskutierten Verkürzung der ISpindelfasern, indem er meint, daß in dem Moment, bevor die Chromosomen sich getrennt haben, der Zug^virkung der Spindelfasern bloß die Centrosomen nachgeben können, und diese die Zellmembran, weü sie daran fest- geheftet sind, gegen die Mitte einziehen. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn diese l'ilder nach den verschiedensten Fixierungsmitteln konstant wären, und dadurch der Ge- darüje an ein Kunstprodukt ausgeschlossen wäre, weil ich selbst der Meinung bin, daß die Spindelfasern als Zugsradien bei der Teilung eine mechanische Rolle spielen, wie das das Bild von Rappeport so schön beweist. 7* 100 J. Gelei, auch die Chromosomen, wobei die vorigen unkenntUch werden. Die Chromosomen rücken sich auf diesem Stadium so eng zusammen, daß ich (1913) veranlaßt wurde, ihre Gruppe mit einer Tulpenkrone zu ver- gleichen (s. S. 13, Fig. 8, Taf. IV). Damals benutzte ich Subhmatgemische zur Fixierung, was wohl der Grund war, daß ich die Chromosomen eng aneinander geschmiegt und sogar paarweise der Länge nach verklebt sah. Mit dieser Beobachtung stimmte weiterhin überein, daß nicht 28 Schenkel der 14 gebogenen Chromosomen zu sehen waren, sondern nur 14. Ich wußte nämlich seinerzeit nicht, daß die metakinetischen Chromosomen eine Hakenform annehmen, wobei sie einen kurzen voraus- eilenden und einen langen, nachgeschleppten Schenkel haben. Die 14 Enden, die ich zählen konnte, waren eben die längeren Schenkel, während die kürzeren verdeckt waren. An Osmiumpräparaten sind hingegen alle 14 Chromosomen in ihrer Totalität deuthch wahrnehmbar, weil bei dieser Fixierung das Protoplasma auch zwischen den Chromosomen unge- schrumpft erhalten bleibt. Fig. 7, Taf. VI, stellt ein solches Bild dar und zeigt die richtige Stellung der Chromosomen zueinander. Auf diese wichtige Feststellung, daß die Oocytenkerne die normale diploide Zahl der Chromosomen erhalten, kommen wir noch weiter unten zu sprechen. B. Präsyndesisi). Diese erste Entwicklungsphase der Gonocyten umfaßt all jene Er- scheinungen, die sich im Kerne an dem Chromatin, den Chromosomen oder Fadenchromosomen vor ihrer Konjugation abspielen. (Näheres über die Nomenklatur siehe in der nächsten Studie III.) a. Die Rekonstruktion der Oocytenkerne und ihr sogenanntes Ruhestadium. Die folgende Beschreibung bezieht sich, wenn nichts andres bemerkt wird, auf GiEMSA-Präparate, die in toto 15—30 Sekunden lang Osmium- dämpfen ausgesetzt und darauf in konzentriertem SubHmat höchstens eine Stunde fixiert wurden. Vor dem Färben habe ich meistens eine mehrstündige Härtung der Objekte in einer l%igen Formollösung vor- genommen. Wir beginnen mit der Fig. 7, Taf. VI. Die 14 Chromosomen schicken sich bereits an, einen neuen Kern zu bilden. Sie haben das typische Telo- phasenstadium schon insofern hinter sich, als sie länger geworden sind ^) Statt Präsynapsis. 1 Weitere Studien über die Oogenese des Dendiocoelum lacteuui. II. 101 und loic'hl geschläiigolt, ferner ist ihre Oberfläche nicht mehr ghitt. Eine Aufhelhing des ujngebenden Protoplasmas, die erste Sptir der Ausbildung des Kerin*aunu*s ist aber noch nicht zu bemerken. — Wenn die Bildung des Keimbläschens beginnt, so ist seine Kontur zunächst uneben, aus- gezackt, entsprechend der Lagerung der Chromosomenenden. Doch rundet sich der Kernraum ziemlich schnell ab. Fig. 8, Taf. VI, zeigt eine Partie eines solchen Keimbläschens auf dem Stadium, wo bereits alle Chromosouien in einem gemeinsamen Kernraume liegen, der nur an den Stellen, wo einzelne Schleifenenden besonders stark vorragen, eine Lap- pung erkennen läßt. Die Chromosomen sind zu dieser Zeit schon unregel- mäßig angeschwollen und lassen stellenweise grobe Querbrocken unter- scheiden. Außerdem fangen sie an, Ideine Fortsätze zu treiben. — In Fig. 9, Tal. VI, sind die angedeuteten Veränderungen schon etwas weiter fortgeschritten. Man kann noch immer nngefälu* 14 »Chromosomen« unterscheiden. Sie sind aber alle sehr aufgelockert, manche sogar auch weit »aufgelöst«. Wie Fig. 9 zeigt, gehen die Chromosomen aus einem kompakten Zustande nicht direkt in einen verästelten ül)er, sondern werden viehuehr zuerst, wahrscheinlich durch Wasseraufnahme, gelockert, ^\odurch sie eine körnige Struktur erhalten; dann erst wird ihre Substanz auf iiPseudopodieji«, die anfangs sehr massiv sind, verteilt. Es kommt aber bei dieser Auflockerung in der Körnelung nie eine Duphzität der Clu'omosomen zum Ausdrucke. Denn die Körnchen sind in den Schleifen meist unregelmäßig verteilt. Wenn sie aber doch hie und da zufällig eine Quersegmentierung vortäuschen, findet man sie zu dreien, zu vieren in einer Querreihe. Sobald das Kernbläschen gebildet ist, erscheinen die Xucleolen und zwar tauchen sie auf in der Gegend der Schleifenenden, wenn diese noch kaum verändert sind (Fig. 8, Taf. VI). Vig. 10, Taf. VI, zeigt eine optische Ebene einer Zelle, in der schon alle Chromosonu'u jenes vorgerückte Stadium der Auflockerung erreicht haben, das in der vorigen Figur erst bei wenigen zu l)eobachten war. Die Auflockerung bringt es mit sich, daß Querbrocken mehr in Augenschein treten; ferner zeigen sich auf diesem Stadium kurze pseudopodienartige Fortsätze an den Chromosomen. Sowohl der zentrale Teil als auch die Fortsätze sind sehr verschwommen. Man kann deswegen niciit klar die 14 Einheiten unterscheiden. — Eine gewisse Variabilität zeigt die »Auf- lösung« der Chromosomen insofern, als manchmal die Fortsatzbildung der Auflockerung und innerer Aufkörnelung vorausgeht, wie dies in Fig. 11, Taf. VI, zu sehen ist. Die Ausbreitung der aufgelockerten Chromosomen im Kernraume 102 J. Gelei, geschieht übrigens nicht immer in der gleichen Weise. Statt weniger dicker Fortsätze treten oft viele feine gekörnelte Verästelungen auf. Fig 12, Taf. VI, zeigt den opftischen Querschnitt eines solchen Kernes. Die Konturen der Chromosomen sind schon sehr undeutlich, man kann kaum noch entscheiden, wo dm eine Chromosom aufhört und das andre anfängt. Das Eesultat beider Ai'ten von Ausbreitung der Chromosomen ist das gleiche, eine Dezentralisation und mehr oder weniger gleichmäßige Verteilung des Chromatins im Kernraume. Hierbei treten die fädigen Strukturen immer mehr in den Hintergrund, sie werden von den Körn- chen nahezu ganz verdeckt. Zum Schluß lösen sich die Chromosomen vollständig in feinste Ketten von Körnchen auf, die den Kernraum ganz gleichmäßig durchsetzen, so daß jede Spur der einstigen Chromosomen- grenzen verschwindet. Der Kern tritt in das entwicklungsgeschichtlich nicht mit Recht sogenannte Ruhestadium. Fig. 13—16, Taf. VI, die optische Querschnitte solcher Kerne darstellen, zeigen uns die verschie- denen Wandlungen dieses Stadiums. Ich muß hervorheben, daß in diesen Figuren nichts schematisiert ist, daß sie also den Wert photographischer Aufnahmen l)eanspruchen. Mit dem Zeichenapparat ist nämlich in das Bild jedes Körnchen, jedes Fädchen eingetragen worden. Das Chi-omatin der Ruhekerne hat eine fädig-körnige Struktur, wie uns die Fig. 13 und 14 zeigen. Diese körnigen Fäden kommen aber nicht allen Methoden nach in gleicher Klarheit zur Darstellung. Die bisher zu solchen Studien am meisten angewandte HEiDENHAiNsche Eisen- hämatoxylinfärbung läßt uns, wie ich feststellen konnte, hier fast ganz im Stich; diese Methode l)ringt wohl die Körnchen zur Wahrnehmung, ferner einige gröbere Schollen und die Nucleolen. Nicht viel anders er- scheinen auf den ersten Bhck die Ergebnisse der Romano vsky-Giemsa- Färbung. Nach längerem Studium der nach dieser Methode behandelten Präparate jedoch entwirrt sich dem geübten Auge das Fadenwerk des Kernes. Der Grund, daß man die Fäden so schwer erkennen kann, ist der, daß einerseits die Körnchen dem fädigen Element gegenüber bedeutend im Übergewicht sind, daß anderseits die Fädchen dünn und nicht licht- brechend sind und schheßlich, daß sie nur auf sehr kurze Strecken im Gesichtsfeld bleiben, da sie sein* unregelmäßig verlaufen. Es ist klar, daß so dünne und zarte Gebilde bei der HEiDENHAiNSchen Methode schon zu einem Zeitpunkte beim Differentieren entfärbt werden, wo die Körn- chen noch scharf hervortreten. Am besten kann man sich bei Giemsa- Präparaten von dem Vorhandensein der Fäden überzeugen, wenn man die Miki'ometerschraube leicht hin und her bewegt; es zeigt sich dabei 1 Weitere Studien üIkt die Oogenese des Dendrocoelum lacteiini. II. 103 'p S(»l'(»it. tlalj dk' in verschicdciicn Jlöhfii lici^cndcii Körnchen durch Fadcn- ziige in Verbindung stehen. Oh die Fäden zu netzartigen Bildungen verflochten sind, kann man nicht feststellen, da sie viel zu zart sind. Wahrscheinhch ist es aber, daß hier eine feine Gerüststruktur vorliegt. Die Kerne dieser und der nächsten Stadien haben in GiEMSA-Präpa- raten einen röthchen Schimmer, mit Ausnahme ihrer peripheren körnchen- armen Partien. Die Erscheinung ist bloß optisch durch die dicke, rot- gefärbte Chromatinschicht hervorgerufen. Die beschriebene Kernstruktur dürfte übrigens dem Leser wohl kaum unbekannt sein. Es wnd ja überall angegeben, daß im Ruhekern die Chroniatinkörnchen über ein Netz, ein Gerüst verteilt sind. Dieses Gerüst bezeichnet man gewöhnhch als Linin. Es fragt sich nun, ob aucli^die hier beschriebenen Fädchen aus Linin bestehen. Ich glaube behaupten zu können, daß dies nicht zutrifft. — Bei der angegebenen Behandlung der Präparate färbt sich nämlich die Kerngrundsubstanz, also auch das Linin bläulich. Diese Farbe verschwindet aber im Zedernöl nach einigen Wochen spurlos. Im Schleifenbukettstadium z. B., wo, wie wir mit Sicher- heit wissen, das ganze Chromatin in die Fadenchromosomen eiHgetreten ist, sehen wir* die schleifenfreien Territorien des Kernes, die früher blau waren, ganz farblos. Wir können daher behaupten, daß das Linin hier nicht gefärbt ist. Dagegen sind die intergranulären Teile der Bukett- schleifen blaß rotviolett gefärbt, wie unsere zarten Fadenwindungen im Ruhekern. Wir dürften nicht fehlgehen, wenn wir aus diesen Gründen behaupten, das alles, was bei unseren Präparaten im ruhenden Kern rotgefärbt ist, als Chromatin zu bezeichnen ist. Wir werden Belege dafür auch in der weiteren Entwicklung des C^n-oinatins finden; wir werden sehen, daß sich die roten körnigen Fädchen in lote Fadenstrukturen umwandeln, aus denen später durch Einziehen der Fortsätze rotgefärbte Chromosomen entstehen. Die Oozyten erreichen auf diesem Stadium die Größe ihrer Mutter- zelle; auch für ihre Kerne trifft dies zu (vgl. Fig. 15 mit Fig. 2 und 3, Taf. I). Doch erreichen sie manchmal schon größere Dimensionen. Be- sonders der Kern ist oft auf diesem Stadium schon größer, als ein aus- gewachsener Oogoniumkern. Ganz genaues läßt sich bei meinem Objekte nicht aussagen, weil in der Zellgröße gleicher Stadien große Schwankungen existieren. — In der Kernentwicklung können wir darin einen P'ortschritt verzeichnen, daß manchmal auch die wenigen Schollen, die in der Fig. 13 enthalten sind, zerteilt und zerkleinert werden. Fig. 13 und 14 zeigen uns den Höhepunkt der Kerngerüstliildung. 104 J. Gelei, b. Die Lage des Kernes in den jungen Oocyten. Wii' haben gesehen, daß in der Telophase der letzten oogonialen Teikmg die Chromosomen ganz eng an die Zelloberfläche rücken. Auch der Kern der jungen Oocyten wird hier an der von den Spindelenden bezeichneten Stelle rekonstruiert. Der Kern behält diese Lage auch für spätere Zeiten und der überwiegende Protoplasmateil wü'd gegen die Äquatorialplatte gelagert. So sind die jungen Oocyten heteropolare Gebilde, deren Hauptachse mit der Spindelachse der vorangehenden Zellteilung zusammenfällt. c. Die frühesten Prophasen der Sehleifenbildung in den Oocyten; die Zahl der Spiremschleifen. Gewöhnlich erreicht eine Zelle, wenn ihr Kern auf das Dimensions- maximum der betreffenden Zellart gewachsen ist, ihre Maximalgröße, und sodann folgt eine Teilung. Bei den Oocyten steht es aber anders; wenn sie so groß wie das Mutterovogonium geworden sind, stehen sie noch immer in den jüngsten Phasen ilu'er Entwicklung. Ihre Dimensionen müssen bis zur nächsten Teilung bei den meisten Tierarten auf das Viel- hundertfache vergrößert werden und dabei beträgt ihr Leben noch Wochen, "Monate, bei vielen Säugetieren sogar Dezennien. Und trotzdem erfahren wü- das Merkwürdige, daß der Kern der jungen Oocyten nach dem oben geschilderten Ruhezustand Erscheinungen aufweist, die wir sonst als Vorbereitung zu einer mitotischen Teilung erkennen. Der Reihe nach ist die nächste Aufgabe der Oocyten nicht eine Teilung, sondern die Er- ledigung einer Konjugation ihrer Chromosomen. Selbstverständhch muß dazu die Zelle ihr Chromatin in Form von konstanten Gebilden zur Verfügung haben. Das Zustandekommen der Chromosomen zum Zwecke einer Konjugation geschieht auf dieselbe Weise wie die Entwickhing der Teilungschromosomen. Daher sehen wir in den jungen Oocyten solche Erscheinungen, die sonst von den Teilungsvorbereitungen her bekannt sind: nämhch die Bildung eines Knäuelstadiums. Die Wissenschaft be- zeichnet diese Phase als die früheste Prophase der Gonozytenteilung. AVü* werden aber sehen, daß in den nächsten Prozessen nicht die von der Teilung her bekannten gew^öhnlichen, sondern besonders strukturierten und bloß bei der Konjugation bekannten Chromosomen gebildet werden, daher möchte ich die Knäuelbildung und die weiteren Umwandlungen als Prophase der Bildung der Konjugationschromosomen bezeichnen. Die Veränderung des Ruhezustandes und darauf die Ausbildung der Spiremschleifen spielt sich gemäß den Fig. 15—18, Taf. T, folgendermaßen ab. Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteuni. II. 105 'D Das Cliioiiialiii Fällst an, wieder in konstanti'H (lehiklen zusaiiinien- zurücken. Dieser Prozeß tritt in folgenden Tatsachen zutage. ])'w Fig. 14^, 15 und 16 zeigen klar, daß im Laufe der Veränderungen auf äquale Teile des (iesichtsfeldes ininier weniger und weniger Chiomatinzweige und Windungen fallen. Die körnige Struktur verliert dabei immer mehr und mehr an Übergewicht, dagegen treten die Fäden immer schärfer zutage. Vor allem verschwinden aus dem Gesichtsfelde die dünnen Fädchen, die übrig bleibenden bleiben dafür immer dicker. Man ist, glaube ich, voll- ständig zu der Annahme berechtigt, daß die in eine außerordentlich feine Fadenstruktur aufgegangenen Chromosomen ihre Endzweige lang- sam einziehen, und dadurch die Zweige an Zahl spärlicher werden, die Sammelfädchen klarer und zugleich dicker hervortreten. Dieser Ablauf der Erscheinungen zeigt uns klar, daß das Chromatin nicht »zusammen- manövriert« wird, sondern daß bloß die vorher schon gebildeten Zweige eingezogen werden. Der Kern verliert dadurcli immer mehr und mehr an rotem Ton. Tn den angegebenen drei Figuren habe ich überall Stellen ausgewählt, wo der Vorgang klar zutage tritt. Die Fig. 17 zeigt, daß beim Zusammen- kommen des Chromatins dort, wo sich mehrere Zweige treffen, eine schol- lige Anhäufung entsteht. Die Verteilung dieser scholligen Inseln auf die zugehörigen Chromosomen zieht sich ziemhch in die Länge hinaus, weil man solche noch immer findet, wenn die Fadenchromosomen kaum mehr Seitenfortsätze haben. Diesen Gebilden kann ich aber keine Wichtigkeit zuschreiben, weil sie auch artifiziell entstehen können. Es ist nun äußerst interessant, so eine Zelle, der die Fig. 15 und 16 zugehören, unter dem Mikroskope zu studieren. Man kann oft einen mit Seitenzweigen besetzten »Stamm« auf lange Strecke verfolgen. Er wird stellenweise plötzlich so dünn, wie die Seitenzweige, um wieder in dickere Partien überzugehen. Ich glaube, in solchen Zweigen dürfen wii- werdende Schleifenchromosomen erblicken. Eine solche Zweigpartie zeigt die Fig. 18, dieausder Fig. 16 als Fortsetzung der mit x bezeichneten Stelle abgebildet ist. Es ist auch interessant, die Fig. 18 mit der oben stehenden Fig. 11 zu vergleichen, um zu erfahren, wie ähnlich die Chromosomen im Begriffe der Bildung und »Auflösung« sind. Der geschilderte Prozeß führt den Kern langsam in ein Knäuel- stadium über — wenn wir diesen Ausdruck dort überhaupt verwenden können, wo wir nicht einen kontinuierlichen Faden, sondern die Chromo- somen in einer langen Schleifenform vermutlicherweise in der Xormalzahl vor uns haben. 106 J. Gelei, Man kann als erste Spur der separaten Chromosomenschleifen einige dickere nur mit wenigen Seitenästen besetzte Gebilde ansehen, die an ihi'en beiden Endpartien frei endigen. Sie gleichen den in den Oogonien beobachteten Gebilden (Fig. 1), zeichnen sich vor diesen jedoch durrh größere Länge aus. Man bemerkt dabei, daß die Nucleolen Ausgangspunkte einer oder zweier Schleifen sind (Fig. 15, 16, Taf. VI und 19, Taf. VII). Das merkwürdige ist, daß die Nucleolen einigen in Bildung begriffenen Schlei- fen nicht nur topographisch eine Basis bieten, sondern sie bezeichnen zugleich jenes Ende der Schleife, das in der Ausbildung vorauseilt, oder von dem aus vielleicht die Ausbildung über dem ganzen Faden fortschreitet. Man darf dabei jedoch nicht annehmen, daß die Fadenausbildung auf einer vom Nucleolus ausgehenden physiologischen Wirkung Ijeruht, denn es gibt Fäden genug, die mit einem Nucleolus in keiner Berührung stehen. Um in dieses Verhältnis der Nucleolen und Chromosomen einen richtigen Einbhck erhalten zu können, will ich hier ausdrückhch auf die oben mit- geteilte Feststellung hinweisen, daß im jungen Kern von den vielen Chromo- somen nur einige mit Nucleolus in Beziehung stehen. Sie blieben mit ihm, solange man sie als solche unterscheiden konnte, immer in Berührung. Wenn wir nun sehen, daß ein Chromosom an einem Nucleolus sitzend in einen verästelten Zustand übergeht und später wieder an einem Nucleolus sitzend erscheint, wenn wir weiterhin im Kermuhestadium beol)achten, daß der Nucleolus nicht in die Fadenstruktur eingeschaltet ist, sondern immer nur mit einigen Zweigen in Berülu'ung steht, so glaube ich, be- rechtigen uns diese Befunde zu der Annahme, daß die neuen Schleifen- enden den alten Chromosomenenden entsprechend entstehen, daß sogar jenes Chromatinmaterial, das die Enden der alten Chromosomen gebildet hatte, wieder zur Bildung der Enden der neuen Schleifen zusammentritt. Ich glaube weiterhin, daß das morphologisch von den andern nicht unter- scheidljare dünne Fädchen, das in dem Ruhekern noch an dem Nucleolus anhängt (Fig. 13, 14) unter den unzähligen Fadenenden eines in Zweigen aufgegangenen Chromosoms als das wirkliche Ende desselben zu bezeicli- nen ist. — Ein Zusammenhang der Chromosomen mit Nucleolen ist übrigens in der Literatur schon oft beschrieben worden, wie wir das noch im Laufe dieser Afbeit, besonders aber in den folgenden zwei Studien (III und IV) sehen werden. Das ausgebildete Knäuelstadium sieht ungefähr so aus, wie es Fig. 19, Taf. VII, zeigt, mit dem Unterschiede, daß die Schleifenenden in dem ganzen Kerm-aum zerstreut sind. Sie sind in der Fig. 19 mit x bezeichnet. Die erste wichtige Feststellung in diesem Stadium besteht darin, daß der Knäuel aus separaten Schleifen besteht. Sie haben eine rauhe Oberfläche. Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. II. 107 'o Härchen ab(>r fehlen: die Schleifen sind infolo^e dessen untereinander nidit verbunden. Wenn sie an manchen Stellen in einen Knoten oder in eine dickere Scholle /Aisammenlaufen, fjlaube ich. dafi man diese einfach als Berührnno^sstellen der Schleifen auffassen kann, an denen sie bei der Künservienin<2^ zusammengeklebt worden sind. Das weitere Charakteristikum der Schleifen ist die außerordentliche Länge, wodurch sie sich vdii oogonialen Knäuelschleifen scharf unter- scheiden. Außerdem zeigt sich, daß die Vorbereitungen zu der später einrückenden Konjugation schon bei der Rekonstruktion der Faden- chromosomen, wenn nicht schon in der Kernruhe gemacht worden sind. Währeiul nändich in den Oogonien das Einrücken des Chromatins in die Knäuelschleifen zu kurzen, dicken und komj)akten Gebilden führte, Averden die Oozvtenschleifen nach dem Einziehen der letzten Zweige nicht dicker, sondern immer länger und bleiben dabei weich ohne scharfe Kon- turen und gekörnelt. Vielleicht hat auch das Chromatin der einzelnen Schleifen proportional zugenommen. Man hat sich vorzustellen, daß diese langen Schleifen nicht separat jede für sich, wie etwa ein Stäbchen- oder Hakenchromosom, ein Gebiet des Kernes beherrscht, sondern daß sie durch die Verlängerung zugleich durcheinander gewunden werden. Einem solchen Zustande könnten die Schleifen nur in dem Falle entgehen, wenn jede für sich auf einem engen Gebiet einen Knäuel bildete. Sie sind aber schon deshalb zu einem Durch- einander und einem ungeraden Verlauf gezwungen, weil sie länger sind als der Kerndurchmesser. Immerhin aber könnten sie regelmäßige Win- dungen annehmen, und wenn sie. es nicht tun, wenn sie viehnehr (vgl. Fig. 19) einen stark geknickten, gekrümmten, geschlängelten und regel- losen Verlauf zeigen, so müssen wir das als ein von den Raumverhält- nissen unabhängiges Merlvinal, ein inneres Charakteristikum bezeichnen. Bei solchen Eigenschaften der sich neubildenden Schleifen müssen in den ursprünglichen Lageverhältnissen der Chromo- somen, wie sie vor der Kernrekonstruktion l)estanden hatten, große Verschiebungen eingetreten sein. Es sind Fälle zu er- warten, wo ursprünglich nur benachbarte Schleifen ineinander gehängt werden, sich umwinden, umschlingen usw. Spätere, gut analysierbare Stadien mit leicht verfolgbaren Schleifen werden uns zeigen, daß diese Annahme berechtigt ist. Was die Struktur der KnäueLschleifen anbelangt, so können wir nur erwähnen, daß hier der Fadenzustand ül)er den gekörnelten überwiegt und dadurch der Eindruck einer undeutlichen Körnelung entsteht. Es sind weiterhin in der Dicke der Fäden kleine Sclnvankujigen zu vermerken. 108 J. Gelei, Spuren einer Spaltung oder Längslichtung sind nicht nach- zuweisen. Es lassen sich, wenn auch mit Mühe, in meinen Präparaten dieses Stadiums Kerne auffinden, in denen nach eingehender Untersuchung die Anzahl der Schleifen genau feststellbar wäre. Es liegt aber kein Grund vor, uns mit dieser mühseligen Aufgabe hier zu befassen. In dem folgenden Stadium der Zelle ist dies viel leichter ausführbar, und wir werden uns dort im Interesse der Abhandlung mit solchen Zählungen unerläßlich beschäftigen. Infolgedessen habe ich hier das zeitraubende Unternehmen unterlassen, und mich so weit bemüht, bis ich in einigen Kernen gegen 20 Schleifenenden auffinden konnte. Diese Zahl ist ein genügender Be- weis dafür, daß die Chi'omosomen keinesfalls in haploider Zahl (7) vor- handen sein können. d. Wie die Schleifenbukettfigur sich entwickelt? Die Literatur kennt dieses sehr charakteristische Stadium als das Bukett. Diese Bezeichnung entspricht aber nicht ganz der Wahrheit, weil in einem Bukett die einzelnen Fäden nur an ihrem einen Ende zu- sammengehalten sind, und mit dem anderen an der Bukettoberfläche distal freistehen. In unserem Falle sind aber die U- oder bügeiförmigen Fadenchromosomen an ihren beiden Enden an der Basis des Strauches zusammengerafft, und auf die Peripherie des Buketts entfallen die Um- biegungsstellen der Schenkel. Solche Sträuche verfertigt man aber aus Bändern, wo die Elemente des Buketts einzelne Schleifenschlingen sind. Daher finde ich es am zweckmäßigsten, dieses Stadium als Schleifen- strauch oder Schleifenbukett oder — weil in vielen Fällen auch eine Kokarde nichts anderes als ein Schleifenbukett ist — als Kokardestadium zu bezeichnen. Über die Entwicklung des Schleifenbuketts ist in der Literatur kaum etwas Ijerichtet worden. Die Klarheit meiner Präparate hat es mir gestattet, in diesen Vorgang Einsicht zu erhalten. Wh- haben gesehen, daß in den Oocyten außerordentlich lange Schleifen- chromosomen auftreten. Wir werden weiter unten ausführen, daß dies im Interesse der Konjugation geschieht, da durch die große Oberfläche zugleich eine möglichst große Berührungsfläche unter den Konjuganten entsteht. Anderseits bereitet diese Länge der Schleifen dem Vorgang der Konjugation selbst wieder Hindernisse, indem sie, wie wii' oben sahen, gelegentlich eine wirre Verknäuelung der Konjuganten herl^eiführen und weiterhin die Enden der Schleifen weit auseinander getrieben werden. Es ist die Frage, wie diese Schwierigkeiten überwunden und die Faden- chromosomen zur Konjugation geordnet werden können. Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. II. 109 Um diese Antrabe ausziituliren, tritt der Zeiitndapparat der Zelle in Täti^i^eit. Beweise für diese Auffassunpf, die wir Bu( ilxer verdanken, Avill ieh hier nieht bringen. Ich crodenke darauf in einem kurzen Aufsatz zurück zu konnnen. Icii erwäime bloß soviel, daß die Schleifen gej?en die größte Protoplasmamasse, wo sich auch das Zentriol befindet, gerichtet werden. Näheres darüber siehe in meiner Arbeit 1913, S. 67, 68. Das Einordnen dvr Chromosomen in einen Schleifenstrauch ist ein gerichteter Lebensvorgang im engeren Sinne des Wortes. Das richtende Zentrum ist — wie gesagt — das Zentrosom. So nennen wir das enge Feld der Kernoberfläche, das dem Centrosom benachbart ist, und das durch die Chronwsomenenden besetzt wird, Polfeld. In dem Schleifeii- bukettstadium ist also auch der Kern ein heteropoles Organ, dessen Haupt- achse mit dem der Zelle zusammenfällt. Die Orientierung der Schleifen geschieht in zwei Etappen. Zuerst suchen nur die beiden Enden der Schleifen die Umgebung des Orientie- rungspols auf; die Schleife behält dabei unveräudert ihren unregelmäßigen geschlängelten Verlauf. Erst wenn die Schleifenenden in die Nähe ihres Bestimmungsortes gelangt sind, zeigen die Schleifenschenkel eine Neigimg zur Orientierung, indem sie sich mögUchst gerade in die Richtung der orientierenden E^aft einstellen. Somit sind die Orientierung der Schleif eil- enden — ihre Versammlung am Orientierungspol — und die Orientierung der Schleifenschenkel zwei voneinander unabhängige Geschehnisse. Zu einem Beweis dieses Satzes bin ich unerwartet gelangt: Ich habe nämlich zur Feststellung der Anzahl der Schleifenenden in den oben beschriebenen Knäuelstadien diese mit dem Zeichenapparat an einem Bild markiert. Dabei ist mir aufgefallen, daß die Enden in dem einen Kern (Fig. 19) hauptsächlich in jene Kernhälfte fielen, welche gegen den Orientierungs- pol liegt, und gleichzeitig die Schleifen selbst sich in einem bereits etwas vorgerückteren Stadium befanden, indem sie verhältnismäßig weniger geschlängelt waren. Bei andren untersuchten Kernen dagegen waren die Enden der Schleifen ziemhch gleichmäßig an der ganzen Kernober- fläche verteilt, und in diesen Fällen waren auch die Schleifen weniger weit entwickelt. Die Feststellung der Schleifenenden wird in allen Fällen dadurch erleichtert, daß sie während dieses Orientierungsprozesses knopf- artig angeschwollen sind. Die Art und Weise, wie die Schleifenenden nach der Polgegend hin gezogen werden, ist aus ihrer Lage, glaube ieh, leicht erklärlich. Es ist auffallend, daß mit wenigen Ausnahmen die meisten Schleifenenden der Kernmembran entweder direkt anhaften oder sie wenigstens beinahe berühren. Die Fig. 20, Taf.VIII. zeigt dieses interessante Verhältnis. Hier 110 J. Gelei, müssen wii- die liochliegenden dunklen Enden an den oberen Teil, die blassen an den unteren Teil der Kernmejnbran angeheftet denken. Der Klarheit des Bildes wegen sind in diese Figur nur die Endpartien der Schleifen eingetragen und außerdem sind die Enden selbst mit + bezeichnet. Nur das zu den Enden 23—24 gehörige Schleifenchromosom ist ganz ein- gezeichnet und gibt uns damit ein Bild von dem Aussehen eines Chi'omo- soms in diesem Stadium. Ich habe in diesem Kern mit Sicherheit 25 Enden aufgefunden und die vermutete Lage der üljrigen drei verdeckten Enden nicht mit ausgezeichneten Endstücken, sondern nur mit runden Quer- schnitten und + Ijezeichnet. Unter den 25 genau beobachteten Enden waren 23 an die Kernmembran angerückt, eines haftete an dem Nucleol, und nur eines lag entfernt von der Kernmembran. Zum gleichen Resultat gelangt auch eine Analyse der schon erwähnten Fig. 19. Auch hier sind die Enden, wie das auch aus der Figur gut zu ersehen ist. an die Kern- membran angerückt. Diese Beobachtungen zeigen uns, daß die Chi'omosomenenden zuerst an die Kernmembran gezogen werden und erst dann an der Kernmembran weitergleiten; denn man kann die beschriebene Nachbarschaft der Faden- enden zur Kernmembran nicht als zufällig und bedeutungslos betrachten. Ich kann die wenigen von der Kernmembran entfernt aufgefundenen Fadenenden nicht als Gegenbeweis füi* meine Auffassung gelten lassen; viehnelii" werden dies solche Schleifenenden sein, deren Enden erst an die Kernmembran zu rücken im Begriffe sind. Die zweite Etappe der Orientierung, die Ausstreckung der Schleifen- schenkel dem Orientierungspol gegenüber, habe ich anfänglich mh" sc^ gedacht, daß sie Hand in Hand mit dem x\nkomnien der Enden am Pol- feld geschieht, daß also die Schleifen während der Wanderung zum Pol sich langsam in eine Hufeisen- oder Bügelform ausstrecken. Wenn dem so wäre, müßte diese langsame Streckung besonders an solchen Chromo- somen Ijemerkbar werden, welche zuerst vollständig auf der Gegenpol- seite liegen, wie etwa das in der Fig. 20, Taf. VII, ausgezeichnete Faden- chromosom 23—24. Man müßte von solchen Chromosomen erwarten, daß die mittleren Teile der Schleife hinter den vorauswandernden Enden hergezogen werden und durch die Reibung mit der Kernflüssigkeit in die Länge gezogen würden. Anderseits müßten solche Fadenchromosomen, die zufäUig von Anfang an dem Polfeld dicht anhegen, deren Enden also keine oder nur geringe Bewegungen zu machen hätten, keinen gestreckten Verlauf haben. Dies trifft aber nicht zu, und damit ist schon gezeigt, daß die zweite Etappe der Orientierung nicht auf einer Streckung durch Nach- schleppen beruhen kann. Einen Beweis dagegen liefern auch solche Kerne^ Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoeluni lacteuni. II. 111 wo sämtliche Enden an di-ni Polt'eld sind. [Wwy eine geradegostrecktc Oriontiorung" der Sclileifenschcnke] (wie auch in (Wn Fig. 19, 20 nicht) noch al)er keine Kede ist. Die Fig. 21, Taf, VII, zeigt uns klar, daß die richtende Kraft ganz plötzlich von außen eindrängt, und eine möglichst gerade Einstellung der Schleifen hervorbringt. Diese Kraft wirkt zuerst auf die am nächsten liegenden Endstücke, und zwingt von da weiter wirkend immer weitere Schleifen zu einer orientierten Aufstellung, An der Figur sieht man gut, an welcher Strecke die Schenkel dieser Wirkung nachgegeben haben, und von wo ab sie noch immer so geschlängelt sind, wie sie früher in ihrer ganzen Ausdehnung waren. Leider geht die Richtung, in der die Kraft wirkt, nicht pai'allel. sondern schief zur optischen Ebene. Außerdem ist mir das Präparat erst spät zu (lesicht gekommen, so daß ich es nicht so genau wie andere Figuren zeichnen konnte. In der Hauptsache ist aber die Figur doch als Beleg benutzbar, weil die Lage, Anzahl und Verlauf der Schleifen, soweit sie schon gestreckt sind, genau angegeben ist. Auch die Form der weiteren Windungen ist ganz genau wiedergegel)en. JN'ur die Höhenunterschiede — die mühsamste und am meisten zeitraubende — habe ich frei, die Wahrheit doch mögUchst nachahmend, gezeichnet. Ich will noch bemerken, daß nicht sämtliche Schleifen bereit oder dazu reif sind, den Orientierungskräften nachzugelien. Vor allem sind manche Fadenchromosomen zur Zeit der Streckung andrer noch nicht einmal am Pol angekommen. Ich kann einen solchen besonders extremen Fall aus einem andren Kei-n erwähnen, wo alle Schleifenclu-omosomen i)einahe in ihrer ganzen Länge scjion gestreckt waren, also eine richtige Bukettfigur gebildet war, ein Chromosom aber im Zusammenhang mit einem Nucleolus an der Gegenpolseite noch quer auf die Orientierungs- richtung lag. Dieses hat also noch keinerlei Orientierung erfahren; wobei freilich die Lage auf der Gegenpolseite nicht zu vergessen ist, die für eine Wirkung der orientierenden Kräfte besonders ungünstig wai-. In der Orientierung nimmt auch der Xucleolus oder, wenn noch keine Verschnu'lzung stattgefunden hat, nehmen auch alle Xucleolen teil. Es ist eine schwere Frage, ob sie sich wie die Chromosomen aktiv orientieren oder ob sie nur passiv vermittels der Schleifenenden, an die sie angeheftet sind, auf den Pol hingeschleppt werden. Wir können in gewissen Fällen an ihnen die Wirkung einer richtenden Ki'aft tatsächlich feststellen. Sie sind nändich gegen den Orientierungspol manchmal zu einem Zipfel aus- gezogen oder wenigstens eine Eiform bildend mit dem spitzen Ende ?;ogcn den Pol gerichtet. Es wäre daraus auf eine eigene selbständige Orien- tierung zu schließen. Anderseits kann man aber feststellen, daß ein Xucle- , 112 J. Gelei, • olus, wenn er zusammen mit dem Chromosomenschenkel, an dem er haftet, während der Konjugation vom Pol abrückt (vgl. Fig. 44 a und l, Tal X), seine Eiform verliert, und kugelig wird. Hier also fehlt eine orientierende Kraft. Außerdem sind auch die Fälle von Nucleolen anzuführen, die, obgleich im Polfeld gelegen, doch quer zur orientierenden Kraft liegen. — Ich ziehe aus diesen Umständen folgenden Schluß: Der Nucleolus wird auf den Orientierungspol vermittels des Fadenendes, mit dem er zusammen- geheftet ist, hingeschleppt und erkläre die Ei- oder zipfelartig ausgezogene Form hier als ein Anpassen an die engen, durch die Fadenenden sehr in Anspruch genommenen Raumverhältnisse. Wenn die Orientierungski'aft den Nucleolen allein länglich machte, so müßte ein von dem Polfeld ab getretener Nucleolus noch immer gegen den Pol verlängert sein. Und es müßte ein im Polfeld liegender Nucleolus stets in der Orientierungs- richtung verlängert sein. e. Das Schleifenbukettstadium. Ich bezeichne mit v. Kemnitz die BukettsteUung der Chromosomen- schleifen als ein charakteristisches Merkmal der Oo- und Spermatozyten. Wü- können den Entwicklungsweg dieser Figur kurz folgendermaßen zusammenfassen; Wii- haben gesehen, daß die Fadenchi'oniosomen in den Dendrocoelum-Oozyten sich in ziemlich frühen Stadien herausdifferenzieren. Darauf entwickelt sich ein Knäuelstadiuni, wo aber keine Rede von einem kontinuierlichen Faden sein kann. Die Zählungen der Schleifenenden haben viebnelu' höchstwahrscheinlich gemacht, daß die Schleifenzahl der normalen diploiden Chromosomenzahl entspricht. Wir haben weiter fest- gestellt, wie die Enden der Schleifen der Kernmembran entlang gegen einen Pol gerückt sind, und verfolgt, wie sie darauf unter der Wirkung einer außerhalb des Kernes gelegenen Kraft" sich in die Länge gestreckt haben. Durch den ersteren Bewegungsprozeß wird die Bildung des Schleifenbuketts eingeleitet, durch den zweiten aber erst eigenthch aus- geführt. Die Fadenchromosomen des Schleifenbuketts oder kurz gesagt: die Bukettschleifen haben eine Hufeisen- oder Bügelform, weil beide Enden jeder Schleife am Pol des Buketts nahe beisammen liegen und beide Schenkel parallel orientiert sind. In manchen Fällen werden allerdings diese Formen nicht regelmäßig innegehalten, schon deshalb nicht, weil die Länge des Bügels den Kerndurchmesser übertrifft und außerdem manche der alten Windungen des Knäuelstadiums beibehalten werden müssen, weil die eventuellen gegenseitigen Verschüngungen der verschie- denen Schleifen nicht gelöst werden können. Wenn wir also in unseren Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteuni. 11. 113 Biikcttl'iguron nicht iiimuM- die schöne, schematische Anordnung der Schleifen finden, so müssen wir dafür die erwähnten Umstände verant- wortüch machen. Im Bukett unterscheidet man eine leptotäne, eine diplotäne (oder eusyndetische nach mir) und zwischen diesen beiden eine kinetische Phase. Diese letztere besteht in der Durchführung der Konjugation, die eigcnthch allein richtig als »Syndesis« bezeichnet werden dürfte. f. Das leptotäne Schleifenbukett. (Zahl, Länge und gegenseitige Lage der Fadenchromosomen). Die V\g.22a und 23'/, Taf. VII, mögen beweisen, welch ein günstiges Objekt das Dendrocoelum zur Untersuchung dieser Phase und der mit ihr zusammenhängenden Fragen ist. Ich habe sogar noch klarere Bilder dieses Stadiums gefunden, wo alle 28 Schleifenschenkel beinahe auf einen Punkt zusammenlaufen. Solche eng gefaßte Schleifenbuketts sind jedoch in Zeichnungen schwerer wiederzugeben, weil sich die Fäden gegenseitig decken; die hier abgebildeten haben den Vorteil, daß sie auch in der Projektionszeichnung gut durchsichtig sind, weil eine Überemander- lagerung der Schenkel nur an wenigen Stellen entsteht. Die Vorteile meines Objektes für das Studium der Chromosomen- konjugation habe ich schon in meiner früheren Arbeit (1913 S. 72 und 75) hervorgehoben: die normale diploide Zahl der Chromosomen — 14— ist verhältnismäßig gering; ferner ist eine Synapsis oder Synicesis (Zusammen- ballung der Chromosomen) nicht vorhanden; die Fadenchromosomen bleiben locker gelagert; das wichtigste ist aber, was ich jetzt nach besserer Kenntnis der Literatur besonders betone, daß die Zahl der Chromosomen schon vor der Konjugation genau feststellbar ist. Diese natürlichen Vorteile des Objekts lassen sich auch technisch gut ausnützen. — Ich habe früher (1913) als Beweis dafür, daß wh* in einem Präparat dio natürlichen Zustände im Kern wirklich erhalten sehen — schon die tadellose Fixierung der Kerngrundsubstanz angeführt und halte dies auch heute aufrecht. Die gute Fixierung des Kernplasmas ist nun nach meiner Erfahrung beinahe bei jedem Fixierungsmittel dadurch zu erreichen, daß man das Objekt zuerst 15—30 Sekunden in Osmium- dämpfen räuchert und dann in die gewünschte Flüssigkeit einlegt. Das kurze Einwirken des Osmiums genügt, um morphologisch und topogra- phisch alles soweit zu fixieren, daß die weitere Konservierungsflüssigkeit, deren Wirkung nur im Interesse gewisser Färbungen nötig ist, nichts an der Struktur verändert. Die Färbbarkeit des Objekts wird durch kurze Osmiumeinwirkung kaum wahrnehmbar vermindert. Natürlich Archiv f. Zellforechimg. XVI. 8 114 J. Gelei, kann eine solche Doppelfixiernng nur an Zupfpräparaten ausgeführt werden. Die Färbung bietet, wenn man an den Zupfpräparaten klare und trotzdem stark tingierte Bilder bekommen will, beträchtliche Schwierig- keiten. Das Eisenhämatoxyhn habe ich hier ebensowenig benützen können wie bei den Ruhekernstudien. Es gibt zwar in glückhchen Fällen sehr schöne Bilder, die Färbung ist aber zu undurchsichtig, um die Fäden dort, wo mehrere übereinander gelagert sind, noch klar hervortreten zu lassen, und wenn man die gewünschte Durchsichtigkeit durch stärkeres Differenzieren erreichen will, werden wiederum die Fäden zu blaß. Das beste Ergebnis gibt die GiEMSA-Färbung nach starkem Flemming (mit normalem Eisessiggehalt), wenn man das Präparat vorher einer Ammonium- molybdatbehandhing unterzieht (Fig. 28, Taf. VIII). Leider habe ich von dieser Färbung sozusagen keinen Nutzen ziehen können, weil ich erst spät zu ihr gelangt bin. Wunderschöne leptotäne Figuren bekommt man mit der GiEMSA-Färbung nach Osmiumdampf-Sublimatfixierung; es wirkt aber die dabei scharf hervortretende Körnelung bei der Verfolgung der Fäden sehr störend. Sehr gute Bilder habe ich mit der BENDASchen Mitochondrenmethode bekommen (Fixierung 12 Stunden, Differenzieren von 19 Sekunden bis 4 Minuten; Fig. 23a, Taf. VII, und Fig. 35, Taf. IX). Nach Tolnidinblau habe ich in der Weise wie unter Titel »Methode« an- gegeben ist, die Fig. 22«, Taf. VII, 28 und 31, Taf. IX, bekommen. Auch Thionin und Gentianaviolett sind manchmal brauchbar. fa. Das leptotäne Bukett als ein besonderer Abschnitt der Oocytenentwicklung. Zur Begründung dieses Satzes sei folgendes vorgebracht. Aus unseren Feststellungen geht hervor, daß die Chromo- somen des Schleifenbuketts in ihrer Orientierung sich genau so aufstellen, wie sie in der vorherigen oogonialen Teilung in der Telophase gestanden sind, daß sie also mit ihren Enden gegen die frühere Teilungsebene sehen. Das würde aber an sich heißen, daß die Schleifenbukettfigur nichts neues ist, weil C. Rabl an Mitosen der Salamanderlarvenhaut schon 1885 fest- stellte, daß sowohl in dem Knäuel des Mutterkernes wie in dem der Tochter- kerne eine ähnliche und identische Lagerung der Chromosomen auftritt. Nach Rabl schauen nämhch hier auch die Enden der hufeisenförmigen Knäuelfäden gegen eine bestimmte Seite (Gegenpolseite) des Kernes hin, und die Umbiegungsstellen ])erühren auf der andren Seite ein freies so- genanntes Polfeld. In dem Schleifenbukett bezeichnen wir heute gerade umgekehrt die Pole. Die identische Lagerung der Chromosomen in der Telophase der Tochterkerne und in der darauffolgenden frühesten Pro- phase des Mutterkernes kommt nach Rabl daher, daß die Chromosomen Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoeluni lacteuni. JJ. J 15 ihre Lage wälirond der Koniriihepcriode nicht verändern und nach dem Kuliesiadiuni sich die Cln-oniatinteilchen wieder in den von jedem Chromo- som zurückbleibenden »primären Kernfäden« vereinigen. Diese identische Lagerung der Chromosomen am Ende und Anfange der Teihing hat man seither auch in anderen Tieren und Pflanzen nachgewiesen und man nennt die Erscheinung die RABLsche Orientierung. Wenn außerdem ein Kern mit einer solchen orientierten Struktur seine Lage während der Kernruhe auch gegen die Zellachsen nicht verändert, dann werden die Chromosomen vor der nächsten Teilung auch bezüglich der ganzen Zelle in ihrer alten Lage, also mit ihren Enden gegen die frühere Teilungsebene gerichtet aufgestellt: sie werden sich also in einer Lage befinden wie unsre Bukettschleifen. Wir sehen also, daß, solange es sich um einen Vergleich der identischen Bilder handelt, die Schleifenbukettstellung unsrer Chromosomen als ein Fall der RABLSchen Orientierung und nicht als ein spezielles Charakte- ristikum der Oo- und Spermatozyten aufzufassen ist. Die Sache steht aber sofort anders, wenn wir die Entwicklung der zwei Bilder verfolgen. Die Orientierung der Chromosomen an den von Rabl untersuchten Fällen ist nichts andres als ein Wiedererscheinen eines schon gewesenen und während der Kernruhe nur verwischten aber nicht veränderten Zustandes ; unser Kokardezustand entsteht aber — wie wir gesehen haben — durc h einen besonderen Entwicklungsgang. Wichtig ist weiterhin bei der Beurteilung unsres Knäuelbuketts in Betracht zu ziehen, daß die Knäuehäden der nacheinander folgenden Teilungen vollständig gleich sind: in dem Schleifenbukett stehen aber bezüglich der Struktur und Länge wesentlich andre Gebilde vor uns. Wü- dürfen dabei auch das nicht außer Acht lassen, daß die Chromosomen in deni gewöhnlichen Knäuel auftreten, um gleich geteilt werden zu können : die des Schleifenbuketts im Gegenteil, um paarweise vereinigt zu werden. Damit wir eine Entwicklungsphase unterscheiden können, müssen wir auch eine gewisse Zeitdauer, in der sich der Prozeß abspielt, nachweisen. Auch diese Bedingung ist erfüllt, in diesem Zustande muß nämlich auch eine gewisse Reifung der Chromosonu^n eintreten, denn die Möglichkeit der Konjugation an und für sich, das heißt des Aufeinandertreffens, wäre den Chromosomen schon früh gegeben, sobald ilu'e Enden in der Polgegend angekommen sind, oder zum mindesten dann, wenn die Schleifen sich gestreckt haben und an der Polgegend schon ungefähr so stehen, wie sie meine Fig. 9, Taf. IV, aus 1913 zeigt. Man findet aber in diesen Anfangs- Stadien des leptotänen Schleifenbuketts nie eine Konjugation. Man bekommt vielmehr aus jedem Ovarium junger Tiere viele Zellen in lepto- 8* 116 J. Gelei, tänem Schleifenstrauchzustand. — Auf eine längere Dauer dieses Stadiums deutet auch der Umstand hin, daß die Kerne darunter an Größe zunehmen, was sich leicht erkennen läßt, wenn wir die Kerne, in denen eine Konju- gation zuerst auftritt, mit solchen, in denen die leptotäne Bukettfigur eben entstanden ist, vergleichen. Nach diesen Beobachtungen und Überlegungen sind wir also berech- tigt, von einer leptotänen Bukettphase zu sprechen und anzunehmen, daß die Chromosomen während des leptotänen Zustandes zur Konjugation heranreifen. Diese Auffassung wird auch durch weitere Befunde bezüg- lich der Konstitution der Fäden und der Entwicklung bestätigt. jh. Die Orientierung. Während des leptotänen Schleifenbuketts wird die Orientierung noch weiter ausgeprägt. Sie ist in den ersten Sta- dien nie so stark durchgeführt, wie es die Konjugationsfiguren zeigen; die Fadenenden sind anfänglich an einem breiteren Felde zerstreut, sie sind zuerst einfach gegen die hier liegende größere Protoplasmamasse und nicht gegen einen einzigen Punkt hin orientiert (Fig. 22 a). Die Bukettfigur füllt noch immer den ganzen Kernraum aus und die Schleifen verlaufen, soweit die eventuellen gegenseitigen Verschränkungen es ge- statten und wenn sie länger sind, nicht meridional, sondern in spiraliger Windung. Wird dann der Kern größer und die Schleifen etwas dünner und körnehg differenzierter, so füllen sie nicht mehr den ganzen Kernraum ausi). Ihre Enden werden dann immer enger und enger auf ein Polfeld zusammengezogen und ihre Schenkel verlaufen immer mehr in unregel- mäßige nach einem außerhalb des Kernes liegenden Zentrum hin orien- tierte Radien, Unsre Fig. 22 a und 23 a zeigen nicht dieses vollendete Leptotän; besonders in der Fig. 22 a sehen wir ein früheres Stadium. je. Die Struktur der leptotänen Chromosomen. In meiner früheren Arbeit habe ich schon darüber berichtet, daß die leptotänen Fäden nicht homogen, sondern gekörnelt sind. Diese Körnchen können wir mit Eisen (1903) Chromiolen, oder mit andren Forschern Chromo- meren nennen. Sie sind am besten mit der GiEMSA-Färbung nach Osmium- dampf-SubUmatfixierung darstellbar. Auch Bendas Mitochondren- methode mit Kristallviolett außerdem Gentianaviolett, Thionin, manch- ^) In meiner vorigen Arbeit (1913 S. 72) habe ich behauptet, daß die Schleifen aüi Ende das Leptotäns an Länge zunehmen. Heute traue ich mich nicht, ohne ein-, sehlägige Messungen gemacht zu haben, diese Behauptung zu wiederholen. Zumal ! ich oft erfahren habe, daß das Augemnaß täuscht, wenn man mehrfach gekrümmte,; geschlängelte Fäden mit gestreckten vergleicht. Man unterschätzt die gekrümmten immer in ihrer Länge. Auf ein Längenwachstum könnten wir höchstens daraus schließen, daß die Schleifen während dieser Phase dünner werden und, wie es scheint, auch die Körnchen einen größeren Abstand voneinander nehmen. i Weitere Studien ül)er die Oogenese des Dendrocoelum lacteuni. II. 117 mal auch Toliiitliiiblaii. t'crner Eisenliäniatoxylin und endlich Boraxkaiinin nach ZENKERScher Flüssigkeit geben von ihnen gute Bilder. Wenn man an den Fadenchromosomen verschiedener Stadien die Chromiolen gründUch studieren will, muß man entweder Zellen von ver- schiedenen Stadien in einem Gesichtsfeld vor sich haben oder, wenn man keine günstige Gruppe von Zellen findet, die Fäden genau zeichnen und an der Hand der Zeichnungen Vergleiche machen. Die Veränderungen an den Fäden sind nändich so fein, daß man sie sonst nicht einmal wahr- nehmen kann. Im Knäuelstadiu]!! sind die Schleifen dicker und etwas stärker färb- bar als im leptotänen Schleifenbukett. Auch die Körnchen haben noch nicht die starke Färbbarkeit, die sie im Bukettzustand so scharf hervor- treten lassen. Daraus können wir schüeßen, daß die scharfe Körnelung der Bukettfäden durch Differenzierung aus dem undeutlichen ün Knäuel- stadium aufgetretenen Zustande sich entwickelt. Man kann die Spuren der Differenzierung auch noch in den jungen Bukettfiguren wahrnehmen, indem die eben erst orientierten Fäden noch immer die starke Färbbar- keit, Dicke und undeutliche Körnelung des vorhergehenden Stadiums aufweisen. Die Körnelung tritt dann langsam schärfer hervor. Zugleich werden die interchromiolaren Segmente der Fadenchromosomen dünner und weniger färbbar. Man kann in günstigen Fällen an einem und dem- selben Faden körnelig gut und weniger differentierte Teile unterscheiden. Erst wenn später bei zunehmender Kerngröße die Fäden gegenseitig einen lockeren Stand einnehmen und etwas dünner werden, tritt uns die Körnelung wohl ausgebildet entgegen. Man kann dann, wie besonders klar später in den diplotänen Chromosomen, in den leptotänen Bukett- schleifen neben don durchschnitthch kleinen Körnchen auch verhältnis- mäßig größere wahrnehmen. Über die Lage dieser auffallenden Chromi- olen innerhalb der einzelnen Fäden kann ich nichts Näheres berichten, weil ich meine ausführlichen Studien, in denen es sich in erster Linie darum handelte, die Fäden der Länge und Lage nach zu unterscheiden an, Prä- paraten ausführen mußte, wo mit Absicht die Körnelung nicht scharf herausgeholt, sondern mögUchst strukturlose, einheitliche Fäden erzielt worden waren. Daß aber die verschiedenen Chromiolen schon in den leptotänen Bukettfäden einen bestimmten Platz einnehmen, dafür werden Befunde an den konjuganten Fäden, die wir später besprechen. Beweise bringen. Nach der Erledigung der Struktur der Univalenten leptotänen Faden- chromosomen, wenden wir uns zum Studium der wichtigsten Fragen, nändich ihrer Zahl und ihrer gegenseitigen Länge- und Lageverhältnisse. 118 J. G«lei, Nachdem wir wissen, daß die oogonialen Chromosomen paarweise gleich, die einzelnen Paare aber verschieden lang sind, wobei die längsten die kürzesten beinahe um das doppelte übertreffen, nachdem wir auch wissen, daß die gleich langen Clu'omosomen nicht nebeneinander hegen, wird es interessant sein nachzuprüfen, ob auch unter den leptotänen Fadenchi-omosomen Längenunterschiede existieren, ob die Paare noch oder vielmehr schon auch hier feststellbar sind. Es interessiert uns weiterhin, in welchem Lageverhältnis die homologen Chromosomen vor der Konjugation zueinander sind. fd. Die Zahl der Bukettschleifen. Die wichtigste Feststellung, worüber man sich an der Hand der zwei Fig. 22 und 23 Kechenschaft geben muß, ist die Tatsache, daß in Dendrocoelum die leptotäne Bukett- figur der normalen diploiden Chromosomenzahl entsprechend aus 14 Fadenchromosomen gebildet ist. Wir haben also in diesen Schleifen Univalente Chromosomen vor uns. Um den Leser selbst an beiden Figuren die einzelnen Fadenchromo- somen richtig verfolgen zu lassen, habe ich die einzelnen Fadenpaare in den Fig. 22 c und 23 h in Umrissen nochmals einzeln ausgezeichnet, wobei auch hier Länge, Ablauf und gegenseitige Lage der gleich langen Faden- paare der Wirkhchkeit entspricht. Die EinzeLfäden stehen, gleich wie in der Hauptfigur, orientiert i) ; man wird sich also bei einer Vergleichung mit den Gesamtfiguren leicht zurecht finden. Zur weiteren Erklärung der Hauptfigur 22 a dient die Fig. 22 h, wo die tiefhegenden und in der Haupt- figur verdeckten Schleifen in schematischer Ausführung nochmals ab- gebildet sind. Außerdem sind Chromosomen der Fig. 22 a in Farben in der Fig. 24 (Taf . Vni) ausgeführt. Die Farbenschlüssel zeigen, welche Farben die römisch numerierten Chromosomenpaare der Fig. 22 c in der Fig. 24 bekamen. Die einzelnen Chromosomen sind übrigens auch ohne den Farbenschlüssel nach Lage und Ablauf leicht identifizierbar. Endlich ist in der Fig. 26 der reale Zustand des Kernes der Fig. 23 a schematisiert. Hier kann beim Identifizieren der einzelnen Fadenchromosomen der Farbenschlüssel von Nutzen sein. fe. Die Länge der leptotänen Chromosomen. Auch dies- bezüghch geben uns die Fig. 22 c und 23 h eine Aufklärung, indem in ihnen die Schleifenpaare der Kerne von Fig. 22 a und 23 a einzehi gezeich- net sind. Wir sehen, obgleich die Bilder nur die Ausdehnungen in einer Ebene wiedergeben, in der Länge der Fadenchromosomen der 1) Bemerk, b. d. Korrektur: Leider trifft das nicht für jeden Faden zu; man hat, ohne mich zu fragen, die Figuren an den Tafeln umgeordnet, so sind manche Widersprüche zwischen Text und Figurenanordnung entstanden. Siehe näheres in der Tafelerklärung. Weitere Studien iibir die Oogenese des Dendrocoelum lacteuui. IJ. 119 Erwartung gemäß ganz beträchtliche unterschiede vorhan- den. Die längsten zeigen sich ungefähr doppelt so lang wie die kürzesten. Genaue Messungen, die auch die Ausdehnungen in vertikaler Richtung herücksichtigen. ergaben mir folgende Resultate: Fig. 22« Fig. 23« Fig. 4 Fig. 6 (1: r^-^ jl: 56 I.: 14 1.: 10.5 [2: or,o 11- !•> 11 1: (^5 2; 67 1: TI 12: 75 (1: 78 lä: 80 )1: 87 |2: 87 ll: 95 |2: 95 1: 102 |2: 103 ■ 112 2: 116 |1: 68 n.: 15,5 II.: 12.Ö .. ,1, \u 75(h 111:16 TIL:13 ^^ -^^ |2: 80 ;..... fl: 83 IV.: 20.6 IV.: 14 IV. u ... J\. 12. ^ry ,.. _ fl: 93 V.: 2L5 V.: 15 V. u ,._ \. jg. ,,^ „^ ,.. .... ,„ [1: 104,5 VI.: 25 Vi. ,. .... M. |2. 105 ,„^ (1: 112 ,.^^ jl: 109 VIL: 26 Vll. U ... \li. (2: 109 Das Verfahi-en dieser Längenmessungen war dabei folgendes: Die in einer Gesichtsebene hegenden Schleifenpartien sind ohne weiteres an dem projektiven, mit dem Zeichenapparat genau verfolgten Bilde ab- zumessen. Die Messung der vertikal aufsteigenden oder absteigenden Partien habe ich auf Grund folgender Überlegung angeführt. Wir be- kommen diesbezüglich mit dem Mikroskope zwei Wertangaben, deren A klar wird. Die Verhältnis an einem ri'chtwinkligeii Dreieck eine ist die mit Zeichenapparat gezeichnete Projektion p der zu messen- den Strecke c auf die Bildebene. Die andre ist die vertikale Entfenmng der Punkte A und B, die wü* in Mikren durch Drehen der feinen Mikro- meterschraube feststellen können i), und die ich gemäß den Anweisungen der Enzyklopädie der mikroskopischen Technik (Bd. II S. 121 1910) korrigiert habe. Die korrigierte Ziffer habe ich mit der benützten Ver- ^) Man muß bei diesen Höhenniessungen mit der Mikronieterschraube sehr vor- sichtig vorgohen und benutze immer frisches Immersionsöi, sonst klebt der Ubjektträger an der Linse und man bekommt beim Heben des Tubus falsche Zahlen. Wenn man den beweglichen Kreuztisch benutzt, wo das Präparat nicht mit Klammer zu befestigen ist, beschwere man den Objekttrcäger mit Bleistücken. Man vermeide auch die ge- fensterten Objektträger Heidenm.uns, weil die dünnen Deckgläschen der Bewegung der Frontlinse nachgeben. 120 J. Gelei, größerung multipliziert. Die wirkliche Länge des zu messenden Faden- teils erhalten wii- durch Kombination des vertikalen Elementes mit der horizontalen Projektion des Fadens aus einer Reihe derartiger Messungen, oder wenn die vertikale Abweichung nicht stark ist, aus Rekonstruktion nach dem Augenmaß. In einem verhältnismäßig einfachen Fall, der Rekonstruktion des Chromosoms IVi aus der Fig. 4 zeigt die Textfig. 1, welche Längen- differenzen zwischen projektivem und rekonstruiertem Bild existieren können. Zu den Längenmessungen der auf die Zeichnungsebene projizierten Fäden benutzt man gewöhnlich einen Radapparat (Hodometer), womit die Länge direkt feststellbar ist, wenn man damit über die Fäden hinweg- fährt. Es ist klar, daß ein solcher Apparat, dessen Bewegung auf Reibung begründet ist, die bei Feststellung der Länge auch sonst nicht zu umgehenden Fehlerquellen noch vermehrt. Um mindestens die Messung der rekonstruierten Fadenchromo- V 1 somen exakt auszuführen, habe ich mich einer sehr ein- rig. 1. fachen Methode bedient. Ich habe die Zeichnung mit dickem Kanadabalsam überzogen, und dann einen Faden genau dem Verlauf der Schleifen folgend angeklebt. Diese Längenmessung mit Fäden hat vor der mit dem Radapparat ausgeführten den großen Vorteil, daß man den Faden über den steilsten Windungen genau hinwegführen kann, wo der Radapparat mit sehr großen Fehlern arbeitet. Die Länge des abgezogenen Fadens gibt die Schleifenlänge genau an. Es fragt sich, ob es lohnend war diese Längenmessungen so umsichtig auszuführen. Haben diese Angaben überhaupt einen Wert? Entsprechen die Zahlen der Wahrheit? Und wenn ich in zwei Kernen zufällig wahr- heitsgetreue Angaben erhalten habe, sind diese zu verallgemeinern, sind die Längengestaltungen in mathematische Regeln zu zwingen? So viel ist allerdings sicher, daß die Resultate meiner Messungen nicht ganz der Wahrheit entsprechen, man kann bei derartigen Verfahren nur bestrebt sein, ihr nahe zu kommen. Schon die Konservierung kann vielleicht die Längenverhältnisse etwas verwischen. Man kann Fehler begehen auch bei der Feststellung der Mikronwerte mit der Feineinstellungs- schraube. Man kann endhch die Rekonstruktion der Krümmungen nicht ganz genau ausführen. Immerhin ist es interessant, die Maße näher zu betrachten und Vergleiche mit den Chromosomen der Oogonien und der somatischen Zellen (Fig. 6) zu machen. Wir sehen vor allem, daß inner- lialb der Fehlerquellen unter den 14 Fadenchromosomen 7 ungefähr gleichlange Paare aufzufinden sind, deren Zusammenstellung nicht als Woitorp Studien über die Oogenese des Dendrocoeluni lacteuni. 11. 121 l gezwungon betrachtet werden kann, weil wir sehen, daß die Längenunter- schiede zwischen den nächststehenden Paaren viel größer sind, als unter je zwei zusammengehörigen Chromosomen. Viel Wert will ich nicht darauf legen, daß in den Fig. 22 und 2.') in vier Fällen bei homologen Chromosomen gleiche Maße herauskamen. Diese Zahlen können ebenso fehlerhaft sein, wie der große Unterschied der P'äden VIP und VII' in der Fig. 23 a. Interessanter sind die Verhältnisse zwischen den längsten und kürzesten Paaren. In der Äquatorialplatte des Oogoniums Fig. 4 ergibt sich dafür ein Quotient 1,86, bei der somatischen Fig. 6 1,81, bei dem einen leptotänen Bukett 1,78 (Fig. 22 u), bei dein andren 1,94 (Fig. 23a) Wir können daraus schUeßen, daß die Längenverhältnisse zwischen den extremen Paaren verschiedener Stadien und verschiedener Zellen un- gefähr gleich sind. Außerdem aber sehen wii-, daß die leptotänen Faden- chromosomen ungefähr 4— 4.5 mal länger sind, als die Chromosomen der letzten ovogonialen Äquatorialplatte. Wenn diese Resultate auch ein Interesse haben mögen, so sind sit- doch unzureichend, um aus ihnen allgemeine Schlüsse ziehen zu können. Sie beziehen sich vor allem nur auf zwei Zellen und lietroffen die Schleifen in einem Zustand, wo Veränderungen in der Länge durch Verkürzung- oder Verlängerung (man kann darüber, wie ich oben bemerkte, nichts sicher behaupten) mögUch sind. Es ist wohl wahrscheinlich, daß sich die homologen Fadenchromosomen im gleichen Grade der Längen Ver- änderung befinden, und darum in jedem Kern die Paare zu finden sind. Die gegenseitige Abstufung der Paare kann aber Schwankungen unter- worfen sein und darum findet man nicht streng proportionale Längen- stufen. Ich glaube aber nicht, daß diese Schwankung der Abstuf ung^ so groß sein könnte, daß infolgedessen eine Veränderung der Keihenfidge entstände. Es ist endlich auch nicht zu verschweigen, daß wir das Sta- dium, worauf die Messung sich bezieht, nicht ganz genau angeben können. Und wenn das auch möglich wäre, sind immer noch die individuellen Unterschiede in der Zell- und Kerngröße zu berücksichtigen, wobei in gleichen Stadien größere Kerne mit längeren Schleifen ausgestattet sein können als kleinere. Alles zusammengefaßt können wir sagen, daß die durchschnittliche Länge der Schleifen höchstwahrscheinlich für jede Zelle und für jedes Stadium verschieden ist. Die Längenverhältnisse der Fadenchromosomen können allerdings Schwankungen unterworfen sein, aber nur in sehr engem Rahmen, so daß man von einem ungefähr bestimmten Längenverhältnis doch sprechen kann. Dies zeigen eben die oben mitgeteilten Zahlen über das Verhältnis der längsten und kürzesten Paare. Nichts spricht aber 122 J. Gelei, dagegen, daß die homologen Schleifen während der Veränderungen gleich lang bleiben. Wir werden diesen letzten Satz später durch besondere Angaben auch beweisen können. Das wh*d auch nötig, damit wir nicht beschuldigt werden können, die nach den Maßangaben in überwiegender Zahl nicht gleichlangen Chromosomen mit Rücksicht auf die Fehlerquellen willkürhch als gleichlange betrachtet zu haben. //. Die Lage der leptotänen Chromosomen. Eine der wichtig- •sten Fragen, die wir hier noch zu beantworten haben, bevor wir uns mit der Konjugation eingehend beschäftigen. Wir müssen hier auf die gegen- seitigen Lageverhältnisse der einzelnen später untereinander konjugieren- den, d. h. homologen Chromosomen, näher eingehen. Es wird nämlich cillgemein angenommen, und wir werden diese Annahme auch beweisen, daß untereinander nur die homologen d. h. gleichlangen Chromosomen konjugieren. Es ist auch öfters angegeben worden, daß eine Parallelität unter den Konjuganten schon am Anfange des Buketts auftritt, die darauf beruht, daß die homologen Schleifen schon früher nebeneinander lagen. Wir haben dagegen gesehen, daß bei Denärocoelum die homologen Chromo- somen in der Äquatorialplatte der Oogonienteilungen meistens neben- einander liegen, und auch die zufällig parallel gelagerten ihre Lage bis zum Schleifenbukettstadium nicht bewahren, weil sie einerseits in den jungen Oocytenkernen vor ihrer Auflösung gewissermaßen zerstreut und anderseits im Knäuelstadiuni durch die Verlängerung noch mehr durch- «inander geworfen werden. Schon daraus müssen wir schließen, daß es nur ein Zufall ist, wenn in dem Bukettstadium zwei homologe Faden- chromosomen nebeneinander geraten, und der seltenste Zufall, wenn alle Schleifen paarweise parallel gelagert sind. Infolgedessen sind Kernbilder, in denen die Fadenchromosomen eine gleiche Stellung einnehmen würden, niemals zu finden, so unendüch ist die Variation in der gegenseitigen Lage. In unsren zwei gezeichneten Fig. 22 und 23 ist höchstens das 1. Chromosomenpaar ähnhch gelagert (vgl. Fig. 22 c und 23 h). Die an- dren homologen Fadenchromosomen sind voneinander entfernt und durch andre Fäden getrennt. Dies steht auch dann fest, wenn wir annehmen, daß unsre Längen- messungen so fehlerhaft sind, daß man mit ihrer Hilfe eigentlich nicht einmal unter vier Schleifen entscheiden könnte, welche zusammengehören. Suchen wir in den farbigen Fig. 24 und 26, Taf . VIII, beispielsweise die vier kürzesten, grau und blau bezeichneten Fadenchromosomen heraus, so sehen wir, daß keine von diesen neben einem andern steht. Mit Rück- sicht auf die günstige Lage dieser Schleifen halte ich es flu- vollständig ausgeschlossen, daß ich bei den Messungen so große Fehler begehen konnte, Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelmn lacteuni. II. 123 daß sich unter den vier Chromosomen nicht mindestens zwei homologe Ix'fänden. Somit steht also außer Zweifel, daß die homologen Chronif»- somen vor der Konjugation nicht vom Anfang an nebeneinander stehen. Diese zwei farbigen Figuren sind eben darum verfertigt worden, weil die detaillierten Fig. 22 c und 23 h eigenthch sehr viele Paare als nelieneinanderliegende aufweisen. So sind in der ersten Figur die VI und VJl, in der Fig. 23 l die I, II und IV. Das bringt aber, wie das nach dem Aufsuchen der betreffenden Fadenchromosomen in dem Totalbild .sofort zu sehen ist, nur die Projektion mit sich. Fig. 26 ist, was den Verlauf der Faden anlangt, etwas schematisiert, und außerdem sind die Konturen glatt gezeichnet und die Enden der Schleifen etwas locker ge- stellt, um auch die gedeckten Schenkel zur Ansicht zu bringen. Die Folge davon war allerdings, daß einzelne Fäden (z. B. IIP) länger gezeichnet werden mußten, damit ihr Lageverhältnis zu den andern Schleifen ge- wahrt bleiben koimte. — Fig. 24 ist ein unverändertes genaues Bild der Lngerungsverhältnisse bei Fig. 22. Ich habe hier nur die Struktur der Fäden weggelassen und sie überall gleich dick gezeichnet, was den normalen Verhältnissen nur insofern nicht immer entspricht, indem die Fäden an ihrer Umbiegungsstelle oft etwas rauher und dicker sind als gegen die Endpartien hin. In beiden Figuren, und ebenso in der zu Fig. 24 gehörenden Fig. 25, Taf. VIII, die eine ideale Ansicht der Schleifen von der Gegenpolseite her darstellt, sind die homologen Chromosomen mit gleicher Farbe bezeichnet. Der Farbenschlüssel ist flu' alle drei Figuren gültig; die gleiche Farbe bedeutet in allen drei Figuren gleich abgestufte Chromosomen, also die- selben Paare. An den farbigen Figuren lassen sich jene Umschüngungen und Haken der einzehien Schleifen, die wir bei dem Knäuelstadium und Orientierung der Fäden schon besprochen haben, klar nachweisen. So umwindet in der Fig. 23 a das Fadenchromosom VIP (in der Fig. 26 braun) den Faden III (blau) einmal. Für eine charakteristische Verschränkung zweier un- gleich langer Chromosomen sei übrigens auch auf Fig. 27, Taf. VIII verwiesen. Diese Verhältnisse werden uns eingehender noch bei der Konjugation beschäftigen. Bevor wii* darauf eingehen, fassen wir kurz die Ergebnisse unsrer Studien an den leptotänen Bukettschleifen zusammen. 1. Die Chromosomenzahl ist diploid. Wir fanden 14 Schleifen. 2. Diese haben ikre beiden Enden an dem Orientierungspol, ihre Scheitelpartie womöglich an der Gegenpolseite. 3. Die Chromosomen sind ungleich lang. 4. Homo- loge, paarweise ungefähr gleichlange Chromosomen sind schon hier fest- 124 J. Gelei, stellbar. 5. Die homologen Fadeiichromosomen liegen nicht nebenein- ander.. 6. Die Schleifenbukettsteilung mancher Fadenchromosomen ist dadurch gestört, daß ihre Schenkel andre Chromosomen umwinden oder von andern umwunden werden. Von all diesen Feststellungen sind nur die zwei ersteren unerläßüch im Interesse des weitern Ablaufs unsrer Ai'beit. Die weiteren sind auch wichtig, die Beweise für sie aber entbehrlich, weil wir in dieser Hinsicht in dem nächsten Abschnitt unerschütterhche Argumente bringen werden. Kap. II. Syndesis^): Die Chromosomen während ihrer Konjugation. A. Eusyndesis^). a. Der Ablauf der Längskonjugation. Wir sind langsam an unsre Hauptaufgabe herangekommen, indem wh- alle Veränderungen gründhch betrachtet haben, welche die Chromo- somen durchlaufen. Wir haben zuletzt die Fadenchromosomen in einer geordneten Orientierung, aber unter der schwierigen Lage hinterlassen, wo sie zur Konjugation vielleicht bereit, die Paare voneinander aber getrennt, und manche Schleifen sogar durch Verschränkungen mit fremden Fäden festgelegt sind. Äußere Kräfte haben die Schleifenenden auf einem möglichst engen Felde zusammengebracht, sie haben die Schenkel von diesem Felde aus möglichst gerade ausgestreckt, offenbar, um eine Möglich- keit zu leichterem Aneinandertreffen zu schaffen. Die Paare müssen sich weiter selbst auffinden. Was befähigt sie aber dazu? aa. Konjugationstrieb der Chromosomen. Wir haben schon bemerkt, daß homologe Fadenchromosomen in der Bukettfigur zufällig nebeneinander aufgestellt werden können. Sie könnten also die Kon- jugation ausführen, wenn darin nur die Entfernung ein Hindernis bildet. Weil ich aber an dem Anfange des Schleifenbuketts nie eine Konjugation der Fäden beobachtet habe, müssen wü* annehmen, daß während des Bukettzustands in den Fäden auch neue Kräfte erweckt werden, die sie zum gegenseitigen Aufsuchen befähigen." Wü- nennen dies im allgemeinen Konjugationstrieb, eine Erscheinung, die in der Organismenwelt, wie auch hier in den Chromosomen, meistens durch besondere Zustände aus- gelöst wird. ^) Schließt all jene Phasen der Oo- und Spermatocyten ein, wo die homologen Chro- mosomen in gepaartem Zustande erscheinen, also noch auch die erste Eeifeteilung, wenn eine Keduktion erst in der zweiten stattfindet. 3) Die Syndesis teilt sich in zwei Perioden: in die der Eusyndesis (gleich dem Ver- lauf der Paarung und dem Diplotänstadium) und in die der Chalasthosyndesis (gleich Diakinesis und Streptitänstadium). Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. H. 125 ah. Die Vorteile des Bukettzustandes für das leichtere Zu- sTandekommen der Konjuf,^ation. Wenn wir eine, sagen wir. gut gelungene leptotäne Bukettfigur von der Gegenpolseite betrachten können, so wird uns ungefähr ein, der seheniatischen Fig. 25, Taf. VIII, die eine Ansicht eines idealen Buketts vorstellt, entsprechendes Bild entgegen- treten. Es zeigt uns, daß im Interesse der leichteren Konjugation außer- hall) der zwei, schon erwähnten Begünstigungen, der gegenseitigen Nähe der p]nden und der parallelen Lage der Schleifen, auch eine dritte auftritt, daß zwischen den gestreckten Fäden freie Zwischenräume entstehen. Die Zwischenräume gestatten eine Bewegung der Chromosomen in gün- stigen Fällen sozusagen in jeder Kichtung. Man könnte also das Knäuel- stadium mit einem Dickicht vergleichen, wo man mit schwerer Mühe durchkommen kann, das Schleifenhukettstadium mit einer kultivierten Anpflanzung, in der der Gärtner mit seiner Leiter in jeder Richtung beliebig herumgehen kann. Wenn wir z. B. in unscrm Bild irgendein Paar von gleicher Farbe auswählen, so sehen wir ohne weiteres, daß diese auf allen möglichen Wegen aneinander treffen können. Vor allem kann in der Bukettstellung jede Schleife nach der Peripherie austreten, und d(trt herumgehen. Haben die Schleifen eine freie Bewegungsfähigkeit? Auf diese Frage werde ich eine bejahende Antwort mit Belegen erst weiter unten geben. ac. Allgemeine Merkmale der Konjugation. Der Beginn der Konjugation äußert sich im Kern darin, daß zwischen den dünnen Fäden an der Polgegend auf einmal einige (ein bis di*ei) auffallend dicke Stücke erscheinen (Fig. 28 ff— 30 Taf. VIIT). die aus zwei zusammenge- hefteten Fäden bestehen, in geringer Entfernung vom Pol aber in zwei getrennte Schenkel zerfallen. Als Vorstadien sind dafür jedenfalls Zu- stände wie in Fig. 37 und 39, Taf. IX, zu betrachten, wo die Endpartien der Partner parallel dicht nebeneinander verlaufen und so streng gleich- gestellt sind, daß sie in gleicher Höhe endigen, und in beiden Fäden Körn- chen gegenüber Körnchen zu liegen kommen (Fig. 37, 39). Dann ver- kleben zuerst die Knotenpunkte, die die Körnchen enthalten und die weiteren Teile der Fäden stellen sich zueinander genähert, also mehr und minder parallel (Fig. 37, 39 h, Taf. IX 44 b, Taf. X). Die Fadenchromo- somen zeigen während der Konjugation gegenüber früheren Stadien in zwei Richtungen Veränderungen. Sie sind, wie das aus den Figuren er- sichthch ist, dünner, wahrscheinlich jedoch nicht länger, sondern nur kondensierter geworden. Zweitens treten jetzt die Chromiolen in der Färbung noch schärfer hervor. Während die Konjugation an den zuerst konjugierten Fäden weiter- 126 J. Gelei, greift, treten neue Paare an der Polgegend auf, so daß die Zahl der Doppel- fäden immer größer, die der leptotänen aber immer kleiner wird. Diesen Verlauf der Konjugation zeigen uns die Fig. 28—36 der Taf . VIII und IX und die dazu gehörigen Erläuterungsbilder klar. Die natürliche Keihenfolge der Konjugation ist hier in der Reihenfolge der Bilder festgelegt. In Fig. 28 a sind zwei Paare rechts und links in die Konjugation eingetreten. Beide Paare sind aber erst auf ein Drittel konjugiert. An dem linken Konjugantenpaar, das wie eine zweischwänzige Peitsche aussieht, kann man die beiden Partner leicht weiter verfolgen. In Fig. 28 l sind außer den konjugierenden Paaren auch die außerhalb der Konjugation stehen- den zehn Univalenten Fadenchromosomen einzeln abgebildet. Die Fig.29a weist ebenfalls zwei Konjugantenpaare und zehn freie Schleifen auf,. unter denen aber das eine Paar schon in seiner ganzen Länge zu einem bivalenten Chromosom geschlossen ist. Das andre Paar ist, wie die Fig. 29 l zeigte in der weiteren Konjugation vorderhand durch einen zwischengeratenen fremden Faden aufgehalten. Die Fig. 30 zeigt drei, auf kurze Strecken konjugierte Fäden und acht freie Fäden, ähnhch auch Fig. 31 a, wo jedoch ein Paar schon ganz geschlossen ist. In der Fig. 31 1 ist ein der Fig. 29 h entsprechender Zustand dargestellt. In den nächsten Fig. 32 a und 32 1> sehen wü- drei fertige Doppelfäden und vier in Konjugation begriffene Paare, ähnhch Fig. 50 a und h, Taf. X. Die Fig. 33 a zeigt uns vier Doppel- chi'omosomen und drei Paare im Begriffe des Aneinanderlegens. Diese letzteren sind in der Fig. 33 1) auch separat dargestellt. In der Fig. 34 beobachten wir drei ganz geschlossene Paare, das vierte obere beendigt eben den Vorgang, das fünfte ist noch an der Polgegend offen. Die zwei letzten Paare haben nur auf eine Viertellänge konjugiert; aber auch die freien Schenkel laufen schon ziemhch parallel ab. — Diese auch schon in den Windungen parallel gestellten Schenkelpaare sind für die Konjugations- l)ukettfiguren sehr bezeichnend. Sie sind auch bei einigen Forschern als einzige Beweisgründe für eine Längskonjugation herangezogen worden. Später werden wü* sehen, daß das mit Unrecht geschah. — Die Fig. 35 a zeigt uns fünf Doppelfäden, das sechste Paar ist nur in der Mitte nicht geschlossen. Das siebente Paar aber konnte noch gar nicht in Berührung kommen. Den Grund zeigt uns Fig-35&: die beiden Partner werden durch nicht weniger als drei zwischen ihnen durchtretende Doppelschleifen getrennt. In der Fig. 36 a und l tritt uns endhch nur das letzte Paar als Konjugant entgegen. Diese Tatsachen und die Klarheit der Präparate, die den Ablauf der Erscheinungen aufweisen, lassen, obgleich wir die feineren Details noch gar nicht besprochen haben, keinen Zweifel über die Längskonjugation. Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. II. 127 Sie sind markante, sichere Beweise. Sie sagen folgendes: Unter den diploiden 14 Fadenchroniosomen treten nacheinander doppelt so dicke^ der Länge nach doppelt gebildete Elemente auf. Beim P>scheinen jedes neuen Doppelfadens wird die Zahl der dünnen Fäden um zwei vermindert. Die Doppelfäclen entstehen dadurch, daß zwei dünne Fadenchromosomeii zuerst an ihrer einen Endpartie auf kurze Strecke verkleiden und dann die Vereinigung sich allmählich über das ganze Fadenpaar ausdehnt. Somit besteht das Anfangsstadium der Chromosomenkonjugation darin, daß an der Polgegend einige gewöhnlich nur auf kurze Strecken verklebte Doppelfäden erscheinen, und das Ende, daß sieben dicke Doppelchromo- somen zu beobachten sind, unter denen einige gewöhnlich noch am einen Pol auf kurze Strecke nicht verklebt sind. Wir nehmen vorderhand an, daß die Konjugation unter sämtlichen: Paaren glatt ablaufen kann und schildern deswegen eingehend ad. wie ein Paar homologes Chromosom miteinander kon- jugiert und die feineren Details der Konjugation. Wenn die Fanden zweier Fadenchromosomen an dem Bukettpol einander getroffen haben, dann nähern sich die Fadenschenkel, soweit es möghch ist, und nehmen eine parallele Stellung ein. Dann treten sie wieder zuerst mit den. Enden in Berührung, und zwar sind die gegenseitigen Knotenj)unkte- oder — sagen wir — die seithchen Vorsprünge der Chromiolen, wenn man jeden ganzen Knotenpunkt als ein Chromiol auffaßt, jene Teile, die zuerst in Verbindung treten (Fig. 37, 39). Die zwei Fäden laufen also sich nur an den Knotenpunkten berührend nebeneinander. Die Konjuganten kann man in diesem Zustande mehr dann erkennen, wenn sie im Gesichtsfeld horizontal nebeneinander liegen. Wenn sie aber übereinander gelagert sind, haben sie nur die Dicke und Beschaffenheit eines Fadenchromosoms, und man kann in solchen Fällen nicht entscheiden, ob man Konjuganten oder zufällig nebeneinander laufende, aber nicht homologe Fadenchromo- somen vor sich hat. Das Gesagte tritt dann klar zutage, wenn sich die Konjuganten in ihrem Verlaufe etwas drehen ; sie sind dann an den Krüm- mungsstellen so dick wie der eine Faden (vgl. besonders Fig. 37, 40, Taf. IX,. und Fig. 61. Taf. XI). In den nächsten Stadien kommt, wieder von den Enden ausgehend, ein engeres Verhältnis unter dem konjugierten Teile zustande. Die Kon- juganten werden auf der Berührungsseite zuerst flach, sie verbreitern sich. Die Breite der Berührungsfläche ist zuletzt gleich dem Durchmesser der Fäden. Dabei erscheint der in solcher Weise konjugierte Teil kaum bemerkhch dünner, als die weiteren nur locker zusammen getretenen Partien zusammen, obwohl, wie gesagt, die engere Berührung mit dem 128 J. Gelei, Abflachen der Fäden verbunden ist. Dies ist nur möglieh, wenn die inniger konjugierenden Schleifenteile sich verkürzen oder aber, wenn ihre Substanz einer Quellung und damit einer Vohimenzunahme unterliegt. Eine beträchtliche Verkürzung ist nicht nachzuweisen, wenn wir die leptotänen Bukettchromosomen der Fig. 22 c und 23 h mit den diplotänen Chromosomen der bei gleicher Vergrößerung gezeichneten Fig. 34, 35 a, besonders aber Fig. 63 vergleichen ; immerhin tritt sie auf. Die Doppelfäden büßen durch diese engere Konjugation von ihrem Doppelcharakter nichts ein ; eine scharfe Längslichtung in der Mitte bleibt erhalten, doch scheint sie zwischen den gegenseitigen Chromiolen durch An- deutungen von Brücken durchsetzt zu sein. — Auch die Chromiolen bleiben in diesen abgeplatteten Hälften nicht mehr rund und körnchenf örmig ; sie werden der Quere nach ausgezogen. Die Doppelchromosomen erschei- nen damit, wenn die Ebene der Konjugation parallel mit der des Gesichts- ieldes steht, als quersegmentiert (Fig. 31 h und 44 a unten), senkrecht darauf aber doppelt punktiert. Wenn solche eng konjugierte Teile sich drehen, sehen sie überall gleich dick aus (s. Fig. 33 a rechts oben, Fig. 44 a links). Der Querschnitt dieser Fäden ist nänüich ungefähr quadratisch. Die Konjugationsebene tritt an Querschnittsbildern noch schärfer zutage ;als an Seitenansichten. Diese engere Konjugation dehnt sich, fortschreitend, über größere "Teile der erst locker aneinandergelagerten Fäden aus. Wenn die Kon- jugation nicht glatt von statten gehen kann, holt die engere Paarung die lockere ein, so daß die anhaftenden Teile sich sogleich gegenseitig abplatten. Wir werden sehen, daß, wenn der weitere Ablauf der Kon- jugation irgendwie hinausgeschoben wird, auch das Kürzer- und Dicker- werden der noch nicht konjugierten freien Schenkel, das sonst erst nach der lockeren Konjugation erfolgt, dieser vorauseilen kann. Es ist inter- essant, in dieser Hinsicht die Fig. 37 mit den Fig. 31 b Taf. IX und 53, Taf. X, zu vergleichen. Wenn die Konjuganten rechtzeitig in ihrer ganzen Länge nebenein- ander liegen, oder erst die beiden Enden beider Fadenchromo'somen gegenseitig aufeinander treffen, kann die Konjugation an den Enden zuerst eintreten, und so gegen die Mitte fortschreiten. Solche Fälle sehen wir in den Fig. 32 a, 32 h, 34 a, 35, 40 (besonders klar) und an der Taf. X In den Fig. 49, 50 a, 50 h, 51 a und 51 b. Die Fig. 39 zeigt uns, wie diese Erscheinung eingeleitet wird; die Fig. 52, 54, 55 geben Beispiele, wo die Möglichkeit besteht, daß die freien Schenkel auch an ihren andern Enden In die Konjugation eintreten. In den überwiegenden Fällen schreitet aber die Konjugation doch von dem einen gegen das andre Ende weiter. Weitcrc Studien über die Oogenese des Dendrocoeluni lactcum. II. 129 ae. Seltene Zustäiulo hei der Konju<^ation eines Paares. Zwei interessante Aiisnahmetälle inöehte ieh noch besprechen. Sie sind in den Fig. 41 und 42 abgebildet. Diese zeigen sofort, worüber es sich handelt. Wü- sehen in der Fig. 41, daß die Fäden nicht kontinuierhch konjugieren, daß vielmehr getrennte Partien unabhängig voneinander in die Konjugation eingingen. In normalen Fällen wird das Zusammenkommen der entsprechenden Partien der zwei Fäden dadurch gesichert und sozusagen determiniert, daß die Konjugation von den Enden ausgehend weiterschreitet. In unsrer Fig. 41 kamen aber die entsprechenden Partien zufällig und von den Enden unabhängig zu richtiger Berührung. Die Konjugation konnte eintreten. Die nicht konjugierton mittleren und ebenso die endständigen Schleifenteile sind jeweilen gleichlang, was sich allerdings in der Figur nur ungefähr, im Mikroskop aber ohne weiteres feststellen läßt. Noch interessanter ist die Fig. 42, wo die. Konjugation überhaupt nur in der Mitte eingetreten, und so statt der gewöhnlichen Y- eine X-Figur ent- standen ist. Die Figur zeigt deutlich, daß entsprechende Fadenteile konjugiert ha])en; die gleiche Länge der entsprechenden freien Schenkel ist klar ersichtlich. In dem Kern der Fig. 41 waren noch mehrere konjugierende Paare, die Konjuganten der Fig. 42 aber bildeten das späteste Paar. Aus diesem Zustand schließe ich, daß es sicher zu den zeitweilig zurückgehaltenen Konjugationen gehört, die ich später eingehender besprechen werde. Es ist wahrscheinhch, daß auch die zwei Fadenchromosomen der Fig. 42 in einem entsprechenden Zustand waren, wie die zwei Fäden der Fig. 35 h noch sind, daß während des langen Hin- und Her})ewegens der Fäden zufälhg die mittleren homologen Teile in Berührung und darauf in Kon- jugation kamen. ö/. Die Struktur der Fadenchromosomen vor und nach der Konjugation. Die Zahl und Lage, der Chromiolen. Die ent- standenen Doppelchromosomen sind, wie ich schon erwähnte, infolge der entsprechenden Lagerung der Chromiolen quersegmentiert. Zuerst kann man manchmal in der gegenseitigen Lage der Chromiolen Verschiebungen wahrnehmen, was sofort verständlich wird, da wir es mit sich verkür- zenden Fäden zu tun haben. Wenn wh- aber die kleine Entfernung der Chromiolen betrachten, werden wir sofort einsehen, daß die Verschie- bungen nicht beträchtlich werden können, daß also der Prozeß sich an beiden Fäden in beinahe vollständig gleichem Tempo abspielen muß. Die Verschiebungen sind aber äußerst minimal und verschwinden bald überall, so daß Chromiol gegenüber Chromiol zu liegen kojnmt. In ge- Archiv f. Zellforschung. XVI. 9 1130 J- Geh'^, wissen Abständen treten unter den sonst, gleichen Körnchen IjeträchtUch große auf, auch diese stehen immer streng paarweise (Fig. 61, 62, Taf. IV). Nur in seltenen Fällen kommt es vor, daß ein größeres Chromiol keinen Partner hat; dann aber steht es mit zwei kleineren gegenüberhegenden durch bloße Brücken in Verbindung (Fig. 38, Taf. IX oben). Dies deutet daraufhin, daß das partnerlose große Chromiol durch Verschmelzung von zwei kleinen entstanden ist. Mir fehlte die Zeit, das Schicksal der einzelnen Chromiolen in früheren Stadien zu verfolgen. Es wäre nämlich interessant, durch Zählungen, wenn sie möglich sind, festzustellen, ob die Zahl der Chromiolen von vorn- herein gegel)en ist, oder ob sie erst vor der Konjugation endgültig geregelt wird. Aber auch ohne Ausführung der mühsamen Zählungen ermöghcht uns Fig. 40, Taf. IX, eine Beantwortung der gestellten Frage. In dieser Figur sehen wir nämlich, daß in den noch freien Teilen der Konjuganten die großen Chi-omiolen von den schon konjugierten Teilen gleichweit ent- fernt sind, so daß sie nach der Konjugation in ein Quersegment geraten werden. Ganz abgesehen davon weist auch schon die große Gesetzmäßig- keit in der biserialen Anordnung der Chromiolen in diplotänen Fäden darauf hin, daß die Chromiolen nicht bedeutungslose Gebilde, sondern charakteristisdie Elementarteile der konjugierenden Chi-omosomen sind. Sie sind an Zahl und Lage schon vor der Konjugation bestimmt. ag. Neurekonstruktion der Paarenkomponente bei der Konjugation. Die Besprechung der Chromosomenkonjugation wird eigenthch in der nächstfolgenden Studie III unter den allgemeinen Ge- sichtspunkten am Platze sein. Wie wir aber am Anfange dieses Kapitels im Interesse der richtigen Beurteilung des Schleifenbuketts gezwungen waren, hier zwischen die Beschreibung der Tatsachen ein wenig Theorie einzuschalten, so können wir es hier auch nicht umgehen, darauf hin- zuweisen, daß die Längskonjugation mit ihrer in der Pflanzen- wie in der Tierwelt gut bekannten Folg^, nämlich der Ermöghchung der Zahlen- reduktion der Chromosomen, nicht erschöpfend erklärt werden kann. Nach den oben besprochenen Details können wü- die Frage auf werfen: wenn in der Konjugation bloß die Zahlem-eduktion erreicht werden will, wozu dann die innige Längs verklebung der Konjuganten, w^ozu die Offen- l)arung einer bis dahin bei jeder Chromosomenausbildung versteckten kongruenten Struktur der Paarenkomponente, wozu die geregelte Gegen- überlagerung der Chromiolen in den Paaren? Für die Nachkommenschaft ist aber nicht nur die Erscheinung wichtig, daß sie ihren Chromosomenl^estand von zwei verschiedenen Individuen, sondern auch andre Begünstigungen der Vererbung, die alle W'fiti'rc Stadion üIxt ilio Ongoiiose des DcMidrococIimi lacti-iini. II. I.'U iliiicli die Cliroinosonicnkoiiiiioation ;nii siclicrstcn crlodifi^t wcrdoii können, ererbt. — liieraiif will ich iil)er einij^e gek'gentlie]i gemachte Beobaeh- tnngen bericliicu. Es sind die Kadeniiberkrenzungen. die uns die Fig. ;J7 und 38. Taf. IX, zeigen. Drehungen können im Ablaufe eines Paares oft auftreten. "Wenn al)er Drehungen erscheinen, so strecken sich diese auf ziemlich lange Teile der diplntänen Fäden aus. Wirkliche Fadeniiberkreuzungen aber treten auf einer kurzen Strecke, die zwischen zwei Chromiolen fällt, auf und l)edeuten eine so plötzliche Drehung- um 180 Grad, daß (Wr eine Faden genau an die Stelle des andren zu liegen kommt. Fig. 'M gibt dafür ein klares Bild. — Es ist die Folge dieser Veränderung der Lage leicht denk- bar. Die im Ablaufe des einen Partners übersprungenen Teile (Wi< andren rhromosoms werden in den Körper dieses eingeschaltet und umgekehrt: die zwei Chromosomen werden also durch gegenseitigen Austausch ihrer gegenüberliegenden Teile nenreknnstruiert. Als ein Beispiel der Aus- führung dieser Neurekonstruktion nmß ich den in der Fig. 38 abgebildeten Teil eines Doppelchroinosoms betrachten, wo sich im oberen Teile des Paares zwischen den Chromiolen nicht Querbrücken, sondern sich kreuzende schräge Verbindungen befinden. Ich habe derartige Verhältnisse einige- mal beobachtet. Es ist hier noch kurz zu bemerken — später werden wir uns mit der Sache eingehend beschäftigen — , daß die Längshchtung die an der Stelle der Konjugationsebene erhalten bleibt, auch in den- jenigen Paaren fortbesteht (vgl. Fig. 38). wo kreuzweise Verbindungen untei- den Chromiolen auftreten. Sie verschwindet in den diplotänen Fäden nie und wird später zur Spaltungsebene der Doppelchromosomen. Durch diese Längslichtung sind auch die im Austausch ihrer Chromiolen begriffenen Konjuganten so scharf in zwei Hälften getrennt, daß eine Kückdrehung ausgeschlossen erscheint, daß also der Chromiolenaustausch nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. AVir worden in der nächsten Studie für das Dendrocoeluni beweisen, daß zur Bildung eines Paares je ein väterliches und ein mütterliches Chromosom zusamnu'ntritt. Der Umtausch der Chromosonuuiteile wird es also mit sich bringen, daß der Nachfolger in einem Chromosom nicht rein gi-oßmütterliche oder großväterliche Erbanteile bekommt, sondern daß z. B. in einem großmüHerlichen Chromosom Erbteile des Großvaters oder der großväterlichen Ahnem-eihe übermittelt werden. Die mitgeteilten Fälle waren ungesuchte und unerwartete Befunde, die ich gelegentlich des Zeichnens am Ende meiner Untersuchungen gemacht habe, wo die Augen des Beobachters schon einen hohen Grad der Übung haben, auch unter den feinsten Dingen Verschiedenheiten 9* 132 J. Gelei, wahrzunehmen. Es bleibt also ausgedehnteren Untersuchungen vor- behalten, nachzuweisen, wie weit diese Erscheinung verbreitet ist, wie weit die Chromosomenrekonstruktion eine Qnelle für die Variabiütät der Nachkommenschaft sein kann. ah. Die Bewegungen der Fadenchromosomen bei der Kon- jugation. Nachdem wir jetzt das wichtigste Phänomen der Konjugation, die Entstehungsweise der haploiden Zahl der Chromosomen und die durch die Längskonjugation hervorgerufenen morphologischen Veränderungen in den Komponenten kennen gelernt haben, können wir auf andre Dinge übergehen, die ich bisher nur beiläufig erwähnte, die aber für die Be- urteilung des Wesens der Chromosomen eine höchst wichtige Rolle spielen. Wir haben vor allem den kinetischen Teil der Konjugation nicht eingehend berücksichtigt. Wir haben nur einfach angenommen, daß die Paare sich finden. Wie dieses Sichauffinden aber geschieht, ob sich die Chromosomen dabei selbständig bewegen, damit haben wir uns noch gar nicht beschäf- tigt. Der richtige Weg, dies zu entscheiden, wäre die Beobachtung an lebendem Material. Aus Mangel an optischen Unterschieden zwischen den weichen Fadenchromosomen und ihrem Einbettungsmedium ist dies aber undurchführbar. Daher sind wk diesbezüghch auf Schlüsse, die wir aus Konstellationen der Fadenchromosomen vor, während und nach der Konjugation ziehen können, angewiesen. Wir haben bei der Betrachtung des leptotänen Schleifenbuketts jene Boebachtung, daß sämtüche Fadenenden am Orientierungspol eintreffen, als eine wichtige Feststellung bezeichnet. Eine der Folgen dieser Stellung der Fadenenden haben wk schon kennen gelernt. Wir beobachteten, daß die Konjugation immer an den Enden beginnt, da sich diese auf ein enges Feld vereinigt, leicht finden können. Weiter sind wir nach dieser Feststellung zu dem Schlüsse berechtigt, daß jeder Faden oder jedes Fadenende, das wir nach dem leptotänen Bukettstadium von dem Pol- feld entfernt auffinden, diese Entfernung nur durch Eigenbewegung er- reicht haben kann, denn wir haben das Schleifenbukett als eine passiv entstandene und unter fortwährender Wkkung äußerer Ivräfte aufrecht erhaltene Stellung erkannt. Wenn also einzelne Chromosomen oder Fadenendeti diesen gebundenen Zustand aufgeben und von dem Pol sich entfernen, können wir dafür nicht äußere Kräfte, denen sie wieder nur passiv Folge geleistet hätten, verantworthch machen. Gerade das Schleifen- bukett selbst lehrt uns nämUch, daß äußere Ki'äfte nur allgemeine Auf- gaben, die fik sämtliche Fadenchromosomen in gleicher Weise geltend sind, ausführen können. Die Hindernisse aber, die die homologen Chromo- Weitere Studien ül)or die Oogenese des Dendrocoelum lacteuni. H. 133 » Romen bei der Konjugation zu überwinden haben, sind für jeden Faden andre. Diese für jedes Chromosom variierenden und speziellen Schwierig- keiten, die in der verschiedenen Lage begründet sind, können nur durch innere spezielle Ivi'äfte überwunden werden. Das kann nicht anders als durch Selbstbewegungsfähigkeit der Fäden geschehen. Und nur eine den Fäden selbst innewohnende Kraft kann in speziellen Fällen die nötigen J^eistungcn so ausführen, daß die z. B. in den I^ukettzustand richtig situierten Fadenchromosomen sich nicht gegenseitig an einer typischen Konjugation verhindern. Aber nicht nur Überlegungen, sondern auch beobachtete Tatsachen — wie folgt — geben den klaren Beweis, daß die Fadenchromosomen sich selbständig bewegen können. In normalen Fällen, wo die Schleifen sich gegenseitig keine Hindernisse in den Weg stellen, läuft die ganze Konjugation in einem schön orientierten Bukettzustand ab. Dieser Fall tritt bei einer Fadenlagerung ein, die der meiner schematischen Fig. 25 entspricht, wo die einzelnen Chromo- somen beim Suchen des Partners ihre Enden von dem Orientierungspol nie abzuheben brauchen. Trotzdem treten auch in solchen Bukettfiguren, zu welchen gewissermaßen die Fig. 28a, 29a, 31a, Taf. VIII u. IX, gehören, Erscheinungen auf, die dem Beobachter eine Bewegung verraten, und zwar dadurch, daß man statt des ruhigen, von schönen bogenförmigen Fadenchromosomen gebildeten Schleifenbuketts ein gewissermaßen un- ruhiges, gestörtes Bild vor sich hat. Man sieht viele quer zur Orien- tierungsrichtung ziehende Fäden. Der Verlauf der Fäden in Fig. 28 b (untere Reihe) gibt dafür ein Beispiel. Man sieht z. B. auch in der Fig. 29 und 35, daß manche Fäden genau genommen ihre Bogenform aufgegeben, und einen an das Knäuelstadium mehr oder minder erinnernden Ablauf angenommen haben. Man bemerkt endlich auch oft, daß die mittleren Partien der Schleifen, die als Fjubiegungsstellen der Schenkel an der Crcgenpolseite liegen sollten, tief in die Mitte des Kernes herabgezogen worden sind. So ist in der Fig. 29 a in der Mitte des Kernes liei hoher [jage die Umbiegungsstelle eines Fadenchromosoms, und damit die ur- sprünglich bügeiförmige Schleife an beiden Schenkeln rechtwinklig al)- geknickt. Dies alles sind allgemeine Zeichen der Bewegung, von denen in den leptotänen Bukettfiguren anfangs nichts zu sehen war. Der Leser kann seilest weiter solche Fälle bei eingehenden Studien der Fig. 28, 29 und 31 herauslesen und mit den normalen Fällen der Fig. 22 a und 32 a in Vergleich setzen. Ich habe aber schon öfters erwähnt, daß in dem Knäuelstadium auch Verwicklungen unter den Fäden auftreten können und auch erwähnt. 134: J. Gelei, daß diese Hindernisse durch das Schleifenbukett keineswegs aus dem Wege geräumt werden. Wir haben in der Fig. 23 f/, Taf. VII, einen deut- lichen Fall gesehen, wo der Faden II ^ in eine Windung von VIP ein- gehängt war. Ein ineinander verhängtes Fadenpaar zeigte auch die Fig. 27, Taf. VIII. Es können derartige Hindernisse in einem Kern zu- fällig auch vermehrt auftreten, so daß die Konjugation einiger Paare nicht ohne weiteres ablaufen kann. Tun nun die Fäden etwas, was zur Lösung solcher Zustände führen kann? Es bleibt ihnen nichts andres übrig, als sich von dem orientierten Zustande zu lösen. Dies können sie an dem einen oder an ihren beiden Enden tun. Der erste Fall ist bei denjenigen Schleifenpaaren anzunehmen, wo 'die Fäden schon in ganzer Länge konjugiert sind, aber, wie es in den Fig. 34 und 35, Taf. IX, links zu sehen ist, nur mehr mit einem Ende an der Polgegend liegen, während das andre zur Gegenpolseite emporgestiegen ist. Bei solchen Paaren geht offenbar die Konjugation — wie gewöhn- lich — an einer Polseite oder in deren Nähe an und schreitet vorwärts, indem die noch freien Fadenteile allmählich aus dem Durcheinander andrer Fäden herausgezogen werden. Derartige noch in Konjugation be- griffene Paare zeigen uns Fig. 43 und 44, Taf. IX u. X. Der konjugierte Teil scheint dabei als festere Basis zu dienen, von der aus die Konjuganten ihre freien Schenkel von dem Knäuel herausziehen können. — Ich glaui)e. es treten bei diesem Vorgange drei Faktoren in Wirkung. Der eine ist die erwähnte Festigkeit der konjugierten Teile. Der zweite ist der Kon- jugationstrieb der Fadenchromosomen, der immer Aveitere und weitere Partien zusammenheftet, und dadurch die nicht konjugierten Teile von dem Knäuel herausschleppt, oder das Hindernis (Fig. 29 h, 31 b, Tai. IX u. X) verdrängt. Der dritte und wichtigste ist die Bewegungsfähigkeit der Fäden. Könnte nämlich der Konjugationstriel) allein die Fäden zusammenbringen und wären diese selbst dabei untätig, dann müßten wir Bilder bekommen, wo die Fäden zwischen dem konjugierten Teile und dem Knäuel gerade gespannt wären. Man findet aber solche Bilder nie. Die dünnen Faden- partien sind im Gegenteil wellig, gebogen (Fig. 44 a, was eben auf eine Eigenbewegung hindeutet. Betrachten wir die Fig. 43 und 44 mit Rücksicht auf das Gesagte etwas näher. Das in der Fig. 43 gezeichnete Paar stand im mila-osko- pischen Bilde vor der Aufgabe, seine freien Schenkel aus den mit ihm verflochtenen Fäden, die ich der Deutlichkeit halber hier weggelassen habe, frei zu machen. Bei Fig. 44 a dagegen lag der eine zum Pol herunter- laufende Schenkel frei unter der Kernmembran, der andre aber war vorher höchstwahrscheinHch in dem angedeuteten und fälschlich zugleich tief Weitore Stiidion über die Oogenese des J)ciidi(iC(icliini l.ictciiiii. 1 f. J .'jö 'b gozeichiu'ten licwirre tlcr Jeptotäiicii uiiil iliploläiicii Fäden cinj^fklciiiiiil und müßte sich daraus, um dem andren Schenkel nachgehen zu können, befreien. Ich iiahe (h>n Aullauf und die Form beider Schenkel in Fi«:^. 44 h der Deutlichkeit halber schematisiert, und glaube, es wird sich niemand dem Eindruck entzielien können, daß der obere Schenkel im Zustande starker Bewegung fixiert wurde, wobei offenbar sogar der beliächtliche Nudeohis luitgeschleppt wurde. Neben den bisher l)eschriebenen gibt es noch kompliziertere Fälle, wo eine fremde Schleife zwischen die schon größtenteils konjugierten Schleifeil eines Chromosomenpaares derart eiii- geflochten ist. daß dadurch die Konjugation vorderhand aufgehalten wurde, weil die Konjuganten direkt am weiteren Verkleben verhindert sind. Zwei solche Fälle zeigen uns die Fig. 29 ö und 31 i. Bilder von Kinzelchromosomenpaareii dei- Kerne 29 a und 31 a. Hier versagt der Konjugationstrieb als Kettungskraft, hier kann nur aktive Bewegung zu weiterer Konjugation führen. Die Fäden müssen selbst um das Hinder- nis herumgehen, wie es auch beide Figuren zeigen. Die klarsten beweisenden solchen Beispiele haben wir noch nicht besprochen. Diese sind die Fig. 45, 46 und 47 der Taf. X. In allen drei Fällen ist der weitere iVblauf der Konjugation provisoj-isch eingestellt, weil die konjugierenden Schenkel während des Zusammenschließens auf Hindernisse gestoßen sind. Die beweisende Kraft dieser Fälle besteht darin, daß die Hindernisse in kleinerem Maße aufgetreten sind als bei den Fig. 43 und 44 n (und bei der später zu besprechenden Fig. 30). In allen drei Figuren haben wir es mit einer Konjugation zu tun, wo das Zusannnen- schließen von dem einen Ende gegen das andre hinschritt. Die noch nicht ]\iinjugierten Schenkelstücke umschlingen schon konjugierte Doppelfäden. AVenn wir diese Fälle in ihren leptotänen Bukettzuständen uns vorstellen, dann müssen wir annehmen, daß die zwei homologen Chronu)somen der Fig. 45 jedes für sich zwei homologe umgeschlungen hat. daß in der Fig. 46 zwei Paare homologer Chromosomen zwischen die Schenkel zweier andrer gleichlanger Fäden geraten sind, und daß in der Fig. 47 nur der ehie Kom- |)(ment zwei homologe Fäden umschlossen hat. Die lehrreichsten Bilder aber lüeten Fig. ^h o und h; sie lassen durchaus vermuten, daß die freien Schenkel auch liier in eigener Bewegung begriffen sind, um die weitere Konjugation zu ermöglichen. Die freien Schenkel zeigen, wie Fig. 44, deutlich die Bewegungsform. Ich möchte noch auf die Fig. 36. Taf. IX. zurückweisen. Dort sind zwei Schleifenenden noch nicht konjugiert. Ihrem Zusammenschließen steht eigentlich kein Hindernis mehr im Wege. AVir diufen nach dem sehr gewundenen .Vblauf der freien Schenkel wohl annehmen, daß hier ein der 136 J. Gelei, Fig. 45 entsprechend gestalteter Fall eben erst gelöst worden ist, daß, sagen wir der in der Fig. 45 rechts liegende Faden dem andren nachge- laufen ist. ' Genau so, wie in den beschriebenen Fällen füi- das eine Ende der Paare, kann auch für beide Enden ein Hindernis der Konjugation ent- stehen. Diese können sich in seltenen Fällen so gestalten, daß die homo- logen Fadenenden überhaupt am Bukettpol nicht zusammenkommen können. Sie können nämlich zufällig in andre Schleifen so eingehängt sein, daß sie sich einfach nicht erreichen können. So sehen wir z. B. in der Fig. 35 a, Taf. IX, und noch deutlicher in der schematischen Fig. 35 &, wie die Fäden eines Paares durch vier Doppelfäden in so komplizierter Weise voneinander fern gehalten worden sind, daß sie überhaupt noch nicht zusammenkommen konnten, obgleich alle andren Paare die Kon- jugation bis auf ein in der Mitte noch offenes Stück beendigt hatten. Die Fäden scheinen in solchen Fällen einfach die Bukettstellung zu ver- lassen und suchen sich an einem andren Orte des Kernraumes auf. Ent- sprechend zeigen uns die Fig. 33, 34, 36, Taf. IX, jeweilen einen rechts oben gelegenen Doppelfaden, dessen homologe Schleifen sich im Inter- esse der Konjugation weit von dem Pol entfernt haben. Die Fig. 33 stellt uns auch außerdem ein recht verwickeltes Bild vor. Interessant ist weiterhin das in der Fig. 48, Taf. X, rechtsstehende, in der Mitte noch nicht geschlossene Paar. Dieses zeigt uns eine zur Orientierung des Buketts entgegengesetzte Lage, indem beide Enden auf eine Gegenpolseite gerichtet sind. Auch dieses hat sich wahrscheinlich aus den Ijenachbarten Fasern herausziehen und infolgedessen diese ver- kehrte Lage annehmen müssen. Über alle diese Beispiele geht endhch der nur einmal gefundene FaU hinaus, der in Fig. 49, Taf. X, abgebildet ist, wo nur einziges diplotänes Clu-omosom ganz in seiner Bukettstellung gebheben ist und zwei voll- ständig abgerückt sind, während die andren Paare nur mit ihrem einen Schenkel am Bukettpol gebheben sind. Das äußerst anormale Bild er- weckt einem den Gedanken, ob man hier nicht mit pathologischer Ver- änderung zu tun hat. Zusammenfassend lassen — glaube ich — alle diese besprochenen Ausnahmefälle, wo die Bukettstellung manchen Fadenchi'omosomen keine geiüigende Möglichkeit zur Konjugation bieten konnte, keinen Zweifel daran, daß die Fadenchromosomen eine freie Bewegungs- fähigkeit haben, daß sie sogar befähigt sind, auch Hindernisse zu überwinden, um die Konjugation ausführen zu können. Wir können also den Satz aufstellen, daß eben so wenig wie eine Konju- Weitere Studien üIxt die Üop;enese des Dendrocoelum lactoiini. II. ] .TT D tratioii unter zwei l^ebewosoii nlnic licwet^iino-, dieselbe jukIi unter zwei (jln-oniosonieii möglich ist. Mithin (Mithält also der Begriff der Konju- gation jenen der Bewegung in sich. Ich betone, daß wir zu dieser l'berzeugung hauptsächlich durch be- sondere und selten wahrnehmbare Fälle der Konjugation geführt worden sind. Ich hebe dies darum hervor, damit nicht jemand aus der kurzen Betrachtung der normal am Bukettpol ablaufenden Konjugation, und der im Gegensatz dazu weitläufigen Beschreibung und reichen Illustration der exzeptionellen Fälle den Eindruck bekommt, daß die Konjugation sich in der Mehrzahl der Fälle nicht am Bukettpol abspielt, und so der Bukett- stellung nicht die ihr zugeschriebene Bedeutung zukäme. ai. Abnorme Zustände (?). Ich möchte ejidlich nicht unerwähnt lassen, daß ich in einigen Fällen eine so starke Verknäuelung der Kon- jugationsfigur, ähnhch dem Bilde Fig. 30, Taf. III, getroffen habe, die stark an die synaptischen Bilder andrer Tiere erinnerte. Aus den Bildern kann man nicht entscheiden, ob sie in den betreffenden Fällen auf einem gleichsam vollständigen Versagen des Bukettzustandes beruht, so daß beinahe keine F'äden in der Bukettstellung konjugieren konnten, oder ob sie als Vorzeichen pathologischer Verknäuelung anzusehen ist. — Man kann auch nicht entscheiden, ob man die vielen Fadenenden, die aus solchen Knäueln hervorragen, als solche Teile ansehen soll, die in den Knäuel noch nicht einbezogen worden sind oder als Enden solcher Faden- chromosomen, die sich von diesem Durcheinander der Fäden einen x\us- weg suchen. ■ Nur eines scheint mu" undenkbar, daß nämlich diese Bilder durch die technische Behandlung oder durch die Präparation entstanden sind, weil solche weder in den leptotänen noch in den diplotänen Bukett- figuren derselben Präparate aufzufinden waren und sich nur auf die Kon- jugationszeit beschränkten. aj. Besondere Folgen der Durcheinanderlagerung der Fa de n ch r 0 m 0 s 0 m en. Obwohl wir nach dem oben erfahrenen den Chromosomenschleifen einen bisher nicht vermuteten Grad von Bewegungsfälligkeit zuschreiben müssen, kommen doch besondere F'älle vor. in denen konjugierende Schleifen ohne Rücksicht darauf, ob zwischen ihren beiden Schenkeln noch andre Fadenchromosomen liegen oder nicht, eine Konjugation aus- führen, die von beiden Enden gegen die Mitte fortschreitet, so daß auf diese Weise fremde Chromosomen vollständig eingeschlossen werden. Die Fig. 49, 50«, 51a und /;. und vielleicht auch die Fig. 47, Taf. X. zeigen uns derartige Beispiele, wo in einem geschlossenen Hing oder Spalt, der durch die noch nicht konjugierten inneren Schenkelteile 138 J. Gelci, eines konjugierten Paares gebildet wird, ein andrer Doppelfaden oder sogar mehrere (Fig. 51) eingefaßt worden sind. Besonders klar und über- zeugend ist Fig. 50. Von ihm ist denn auch der größte Teil der vorliegen- den Arbeit ausgegangen, weil er mich im hohen Maße angeregt hat, den Konjugationsprozeß eingehender zu studieren und zu untersuchen, was für Zustände und Kräfte zu den beschriebenen Ausnahmefällen führen und wie solche Fälle gelöst werden. In der Fig. 50 ist die Konjugation im Kerne unter den Fäden im vollen Gange. Aber nur drei Paare haben ihre Konjugation ganz be- endigt. Die andern Paare, bei denen die Konjugation sich nur zum Teil vollzogen hat, sind in der Fig. 50 i einzeln nochmals abgebildet. Ein viertes Paar endlich Ijildet, da die Konjugation an den Schleifenenden zu Stande kam, eine Öse, in der ein fremdes Paar eingefädelt liegt. Es hat mit dem eingeschlossenen DoppeKaden den Bukettpol verlassen, wie das unsern Erörterungen gemäß mit Konjuganten geschieht, denen die Bukettstellung nicht das Gewünschte bietet. Hier kann offenbar an dem freien Platze das eine Paar mit seinem Ringteil dem andern entlang marschieren, und darnach die Konjugation beendigen. Der Fall ist ein treffliches Beispiel dafür, daß ein Chromosomenpaar ein andres mitschlep- pend den Bukettpol verlassen kann, wenn die Konjugation in der typi- schen Lagerung verhindert ist. Ein ähnhcher Zustand ist auch in der Fig. 49 zu sehen. Nur entbehrt hier die Figur der Klarheit, weil sich mehrere diplotäne Fäden unterhalb des durchgefädelten Ringes befinden. Der Zustand wird offenbar auch hier in der Weise gelöst, wie bei der vorigen Figur. Das eine Fadenpaar ist schon gestreckt und das in der Konjugation aufgehaltene rückt schon etwas vom Bukettpol ab, offenbar, um dem andern entlang zu gleiten. Ein ebenfalls ähnhcher Zustand ist in Fig. 47 abgebildet. Doch konnte ich nicht recht entscheiden, ob auch das linke Ende des halb konjugierten Schleifenpaares schon in die Konjugation eingetreten ist, weil die zwei Schenkel nicht horizontal in der optischen Ebene, sondern schräg übereinander 'standen. Sie könnten erst auch eine parallele Lage ange- nommen haben. Zum Auftreten eines derartigen Falles ))esteht die Mög- lichkeit auch Ijei der Fig. 46. Viel komphziertere Verhältnisse haben wir in der Fig. 51 « und h vor uns. Hier sind durch die Öse des konjugierenden Paares nicht nui- zwei diplotäne Fäden eingehängt, sondern es ist auch der eine Schenkel des konjuganten Paares selbst miteingeschlossen. Als Ausgangspunkt für den abgebildeten Zustand dürfte eine in der Fig. 51 e angedeutete Stellung der Fadenchromosomen im leptotänen Bukett gedient haben. Weitere Studien iiijer die ()üc;enese des Dendrocdcimn lacKiiin. 11. [od e Es müßte, wie d'iv Fig. 51 e zeigt, der eine Sehenkel des einen die Öse hildejiden Konjiigantcn den andern von hinten in einem Halbbogen um- gangen haben. Das andre liomologe Fadenchromosom aber hätte eine normale Biikettsteliung. Die rechten Seheidcel der zwei eingeschlossenen Paare endlieh müssen zwischen den beiden homologen, sie einschließenden Chromosomen gelegen haben. Wenn sich diese sodann in der Richtung der Punktierung einander näherten, so blieben die vier Schenkel oder die daraus entstandenen zwei Paare eingeschlossen. Dieser seltsanu- Faiir daß ein Konjugant seinen eigenen mittleren Teil in eine von ihm selbst gebildete Öse einschließt, kann — wie aus deiii Gesagten hervorgeht — dadurch entstehen, daß andre konjuganten Paare den einen Konjuganten von der Vereinigung mit dem andern zurück hielten. Daß die Konjuganten sich im Falle der Fig. 51 in einer besonders schwierigen Lage befinden, zeigt uns schon der Umstand, daß die Kon- jugation unter den andern Fäden längst vorüber ist. Die konjugierten Fadenpaare sind viel dünner geworden als sie in der ersten Zeit der Kon- jugation gewöhnlich sind. Auffallend ist, daß auch an unserm an dei- Konjugation verhinderten Paare der hochliegende Schenkel viel dünner geworden ist als der tiefliegende. Das ist sicher durch eine Zugwirkung entstanden und ähnlich wii'd auch die Linksbiegnng auch des tiefliegenden Schenkels zu erklären sein. Trotz aller der Verwicklungen aber wird auch in diesem Falle die Konjugation noch zu Ende geführt werden können. Wir sehen, daß der tiefliegende Schenkel von dem Bukettpol abrückt und so aus dem Ring herausschlüpfen wird. Dann kann der Faden mit seinem Ringe den zwei Paaren entlang gehen und sich vollständig •schüeßen. Ich kann nicht umhin, auf die große Bedeutung dieser Figur schon hier hinzuweisen. Wir müssen vor allem die Tatsache hervorheben, daß •sowohl die konjugierenden Ckromosomen, als die andern sechs konjugierten Doppelchromosomen im Bukettzustande, also mit ihren beiden Enden am Bukettpolfeld stehen. Das I3ild ist also als Folge einer Konjugation ent- standen, und kein Nebengedanke ist diesbezüglich am Platze. Das Bikl beweist also von neuem 1. daß die Konjuganten nicht von vornherein nebeneiiumder stehen, 2. daß sie sich dann wegen des Sichauffindens müssen bewegen können. Außerdem zeigt der Befuiul den weiteren, l>is jetzt von uns nicht viel diskutierten Satz, daß, wenn nicht die zufälhir nel)eneinander steheiulen Chromosomen konjugieren, und wenn sie sich wegen der Vereinigung bewegen müssen, dann für jedes Chromosom sein eigner Partner bestimmt wird, daß also paarweise homologe Chromosomen existieren. uo J. Gelei, Nach diesen Erfahrungen kann daran kein Zweifel sein, daß in sehr seltenen Fällen auch ganz unlösbare Konjugationsstellungen durch In- einanderhängen entstehen können. Denken wir z. B. im Falle der Fig. 49 oder 50 wäre der eingeschlossene Doppelfaden nicht seinen beiden Kompo- nenten in den Ring geraten, sondern nur mit dem einen und hätte dann mit seinem Partner zuerst an beiden Enden konjugiert, dann bekämen wir zwei ineinander verhängte Ringe: eine zweigliedrige Kette, wie sie die neben- stehende Textfig. 2 zeigt. Hier kann eine Lösung durch eigene Bewegungen der Chromosomen nicht herljeigeführt werden. Die Konjugation für die betreffenden Partien müßte "entweder aus- bleiben, oder wenn sie um jeden Preis ge- schehen muß, ein Faden in dem Hin- und Her- ziehen reißen und die Ringe dadurch frei werden, wenn nicht erst die Reifeteilung die Lage löst. Einen entsprechenden Fall habe ich nicht gefunden, giaube aber, daß sein Auf- finden nur eine Zeit- und Geduldfrage ist. Bei ringförmigen Doppelchromosomen andrer Objekte hat man schon direkt vor der Reife- teilung derartige ineinander verhängte Ringe gefunden, die angeblich beim nachträghchen Schließen der vorher offenen und ineinander geschobenen Ringe entstanden sind. Meine oben mitgeteilten Beobachtungen haben eine gewisse Ähnlich- keit mit den interessanten Befunden Boveris (1909, S. 209—212, Fig. 45 bis 47, Taf . XI) an Ascaris megalocephala univ. Er hat bei diesem Wurm in fünf Fällen in der Äquatorialplatte ineinander verhängte Chromo- somenschleifen gefunden. Wie die Tochterchromosomen in solchen Fällen verteilt werden, hat er nicht 1)eobachten können. Nachdem wir eine große BewTgungsfähigkeit der Chromosomen bei unsrem Objekte — zwar in andern Stadien — gefunden haben, könnte man annehmen, daß sich die Schleifen auch bei Ascaris durch Bewegung von diesem Zustande befreien können. Wenn sie al)er durch die Zugsfasern der Spindel so stark befestigt sind, daß eine seitliche Bewegung der Schleifen un- möglich ist, daß sie also ein unserer zweighedrigen Kette vergleich- l)ares System darstellen, dann könnte die Lage nur durch Reißen des einen Tochterchromosoms gelöst werden. Weitere Stiuliea üIxt die Oogenese des Dendrocoeliun lacteum. II. 14 b. Sind die untereinander konjugierenden Fadenchromoaomen gleich lang, d. h. homolog ? ha. Allgemeine Beweise. Wir haben bei der Erörterung des leptotänen Sc'lileil'enbukett.s schon l'estgestellt, daß unter den Fadeiichrümosomen zwei Garnituren von jeweilen gleichen Längenstufen nachzuweisen sind, und daß die relativen Längen- verhältnisse dieser paarweise gleich abgestuften Chromosomen, speziell das Verhältnis zwischen den längsten und kürzesten Paaren ungefähr denen der ovogonialen und der somatischen Chromosomen entspricht. Hier bleibt uns nun übrig nachzuweisen, daß diese gleich langen Chromo- somen wirklich untereinander konjugieren und damit dem, der meinen oben mitgeteilten Längenangaben keine Beweiskraft zuschreiben will, überhaupt zu zeigen, daß es paarweise gleich lange Chromosomen auch unter den Konjuganten gibt. Ich hal)e die Erörterung dieser Frage, die ich schon früher hätte machen können, darum hieher verschoben, damit der Leser, nachdem er die komplizierten Zustände, die in der ßukettstellung beim Auftreten der Konjugation existieren, und die Beobachtungen über die starken Orts- bewegungen bei den Chromosomen kennen gelernt hat, selbst fragen muß, wozu diese auffallende Hin- und Herwanderung der Chromosomen dienen könnte, wenn nicht schon zum voraus bestimmte Chromosomen zusammen- treffen müssen, wenn es gleichgiltig wäre, welche Fäden zusammen- kommen. \Xiv müssen uns schon der Ortsveränderungen der Chromo- somen wegen auf einen skeptischen Standj)unkt gegenüber der Mög- lichkeit einer ungeregelten Konjugation stehen. Ganz abgesehen davon aber finden wir in der Betrachtung und Berücksichtigung der Längen- differenzen unter den Chromosomen eine sehr wichtige allgemeine Stütze dafür, daß zusammengehörige Chromosomenpaare existieren müssen, deren Komponente zur gegenseitigen Konjugation voraus bestimmt sein müssen. Wir brauchen nur darauf hinzuweisen, daß die längsten Fäden eben so dick "wie die kürzesten nur etwa halb so lang sind, und daß ihre Chromiolen in ganz gleicher Entfernung wie bei kurzen Schleifen voneinander stehen. Käme also eine Konjugation unter Chromosomen von größtem Längenunterschied zustande, so müßte das doppelt so lange — weil ein Doppelchromosom immer aus gleich langen Hälften besteht — sich auf die Länge des kürzeren abkürzen; dann bekämen wir aber einen l)oppelfaden, dessen eine Komponente doppelt so dick ist uiul mit doppelt so vielen Chromiolen versehen sein müßte, als die andre. r)a so etwas nie vorkommt, können wir U2 J. Gelei, schon aus diesem Grunde eine Konjugation ungleicher Chromosomen ausschließen. Wenn ungleich lange Chromosomen überhaupt konjugieren, müßten wii- dies unbedingt auch direkt beobachten können. Wir wissen, daß die konjugierenden Fäden zuerst nur an ihren Endpartien ziwammenkleben, während die übrigen Teile noch frei laufen. Ich habe aber nie eine Ungleichheit unter den freien Schenkeln der erst auf kurzo Strecken verklebten Paare gefunden. Und ich glaube, diese Fest- stellung ist der stärkste Beweis dafür, daß es paarweise gleich lange Chromo- somen gibt, die sich als homologe miteinander verbinden. Betrachten wir in dieser Hinsicht die recht demonstrativen Bilder der Fig. 28 a und h (hnlfs), 34 (links), 36 (das eine noch nicht konjugierte Paar), ferner Fig. 39, 40, 46 (Taf. VIII— X) und die speziell als Belege für diesen Abschnitt gezeichneten Fig. 52—55, Taf. X. Man sieht überall, und besonders klar dann, w^enn die freien Schenkelteile parallel oder außerdem auch in einer optischen Ebene verlaufen, daß die Komponenten auf das genaueste gleich lang sind. — Aus diesen Tatsachen kann man, glaube ich, darauf schließen, daß die Komponenten auch vorher gleich lang waren. Aus diesen Feststellungen fällt auch auf die Lage und Bewegungs- fähigkeit der Chromosomen vor der Konjugation neues Licht. Wenn w^ii' nämlich sehen, daß die freien Schenkel eines Konjugantenpaares aus entfernten Teilen des Kernraumes zusammenlaufen, wie das unter andern auch durch die Fig. 29 h, 31 h und 33 &, gezeigt wird, dann können wir mit Recht Ijehaupten, daß die homologen Chromosomen nicht neben- einander standen und l)loß durch die Bewegungsfähigkeit in die nötige Nähe gerieten. Ijb. Besondere Beweise durch die mehrpoligen Mitosen. Äußerst wichtige und interessante Beweise haben mir für die Homo- logie und Xichthomologie der Fadenchromosomen auch die mehi-poligen Mitosen, bzw. die daraus folgende unrichtige Verteilung der Chromosomen gegeben. Bei Dendrocoelum treten nämlich sehr oft in der letzten ovo- gonialen Mitose, die zur Bildung der Oocyten führt, Anomalien auf. Drei-, vier-, sogar fünfpolige Mitosen sind keine Seltenheiten. Ein vierpoliges Teilungsbild zeigt die Fig. 56, Taf. X. Die Chromo- somen werden l)ekanntlich immer nur in zwei Hälften geteilt, und so treten bei Dendrocoelum auch in einer mehrpoligen Mitose nur 28 Tochter- chromosomen auf, die unter drei bis fünf Pole verteilt werden. Nachdem in unsern Fällen die Teilungszentren nie gleichstark sind — was aus der verschiedenen Größe der Zentrosomen zu schließen ist — Averden die Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoeluni lacteum. 11. ] 43 Cliroinosdinoii aiicii nie gleichmäßig verteilt. Die? sehen wir aus Fig. 56, T;if. IV. die aus einem nach Zenker konservierten Sehnittpräparat stammt, in der Hauptebene der Figur liegen nur drei Zentrosomen. Kill viertes, viel kleineres liegt unter der rechten T()chteri)latte, von dem mit + bezeichneten Chromosom überdeckt. Die mehrpoligen Mitosen führen in unsern Fällen nie zu der der Zentrenzahl entsprechenden Zahl von Tochterzellen, sondern es findet meistens eine den zwei mächtigsten Zentren entsprechende Zweiteilung statt. Oft bleibt auch diese aus. Trotzdem aber werden immer so viel Kerne gebildet, als Zentren tätig waren. So findet nuin zwei-, dreikernige Zellen, auch wenn eine Teilung des Zellkörpers stattgefunden, oder vier- bis fünfkernige, wenn keine solche sich vollzogen hat. In meiner früheren Arbeit (1913) zeigte Fig. 1 1, Taf. IV. eine derartig entstandene vierkernige Zelle. Nach BovERis grundlegenden Untersuchungen aus dem Jahre 1888 führt der mitotische Apparat, wenn es mehr als zwei Zentren gibt, weder zu einer gkMchmäßigen Verteihuii;' noch zu einer Auswahl der Chi"omosomen, ■/.. B. in der Richtung, daß die homologen Chromosomen luii- zu einem bestimmten Pol hingezogen werden. Die Spindelfasern greifen blindhngs die nächststehenden Tochterchromosomen an und ziehen diese zu ihrem Pol heran. AVeil nun aber nach unsern Feststellungen die homologen Chromosomen in der Aquatorialplatte nicht nebeneinander stehen, können bei mehrpoligen Verteilungen sehr leicht die für uns äußerst wichtigen Fälle auftceten. daß die gleich langen Chromosomen in verschiedene Kerne geraten. Solche Fälle zeigen uns außer Fig. ö6 auch die weiteren Fig. 57 a und h und ö8. Taf. XI, verwirklicht. Für unsre Betrachtung werden diese Fälle dann besonders wichtig, wenn ein Zentrum nicht eine, sondern mindestens zwei partnerlose Chromosomen zu sich hergezogen hat. In der Fig. 57 a und 57 h sehen wii- in dem linken Kern die (beiden Figuren zeigen die Kerne der gleichen Zelle von oben und von unten gezeichnet i) neben den zwei dicken schon konjugierten Dop])elfäden zwei dünne, nicht konjugierte Fadenchroniosomen. Das auffallende und äußerst wichtige ist hier für uns, daß diese Fadenchromosomen sehr ungleich lang sind. Die zweite Tatsache ist, daß sie nicht konjugiert haben, die dritte, ') Ich muß erklären, warum diese Figur zweimal und zwar spiegelbildlich gezeichnet ist. Ich habe das Bild zuerst in einem Horaxkarmin-Mcthylenblaupräparat gefunden. Ich habe es daraus so genau, wie es die Fari)ung erlaubte, der Fig. 57 h entsprechend abgebildet, um mir das Bild auf alle Fälle zu sichern. Darauf habe ich das Präparat mit Eisenhämatoxylin umgefärbt und zwischen zwei Deckgläschen eingeschlossen, um das Bild auch von der Hinterseite zeichnen zu können. lU J. Gelei, daß einer Konjugation hier keine physikalischen Hindernisse im Wege stehen, und bei der kleinen Zahl der Chromosomen auch kaum gestanden haben können. Sie hätten also längst die Konjugation ausführen können, um so mehr, weil die andern zwei Paare diesen Akt schon längst hinter sich haben, was uns die Dicke der Fäden und die schon geteilten Zentriolen (es sind schon vier vorhanden) verraten. Es bleibt also nichts andres übrig, als in diesem Falle einen über jeden Zweifel erhabenen Beweis dafür zu sehen, daß wir in den zwei sehr ungleich langen Fadenchromosomen essentiell verschiedene, nicht homologe Chromosomen vor uns haben, die nicht miteinander konju- gieren können. Der auf der rechten Seite der Figur liegende Kern zeigt ähnliche Verhältnisse, nur mit dem Unterschiede, daß hier fünf konjugierte Paare zu treffen sind. Außer diesen liegen wahrscheinlich noch zwei Univalente Fäden am Bukettpol so verwickelt zwischen den andern — offenbar anf der Suche nach dem Partner — , daß ihr Verlauf und ihre Endigungen nicht recht feststellbar waren. Ohne Zweifel sind diese zwei Fäden die Partner der in dem linken Kern befindhchen zwei Fäden. In der Fig. 58, Taf. XI, sehen wir den weiteren merkwürdigen, aber nicht so wichtigen Fall, daß infolge der abnormen Mitose ein einzelnes Fadenchromosom partnerlos geblieben ist. Dafür aber liefert dieser Kern einen unumstößhchen Beweis dafiü\ daß in der mehrpoligen Mitose die zur gegenseitigen Konjugation bestimmten homologen Chromosomen wirklich getrennt werden können. Somit be- kräftigt und vervollständigt die Beweiskraft des linken Kernes in der Fig. 57 die oben ausgesprochene These. Und irgendein Bedenken, ob homologe Chromosomen nicht für einen bestimmten Pol abgestimmt sind, kann nicht bestehen. Wichtig sind die Verhältnisse in diesem Kern auch deswegen, daß, wenn jemand durch nicht voraussehbare Interpretation die Möghchkeit einer Faltung, d. h. einer nachherigen Längskonjugation vorher endweise verklebter Chromosomen bei Dendrocoelwn aufzuwerfen versuchen würde, dieser Fall deren Möglichkeit a priori ausschließt. Wenn wir an der Hand einer schematischen Textfigur erläutern wollen, wie jene Teilungsfigur sein mußte, aus der eine der Fig. 57 ent- sprechende Verteilung der Chromosomen resultierte, so existiert für uns kaum eine andre Kombinationsmöglichkeit als wie sie die Textfig. C zeigt. In dem Schema sind die sieben homologen Chromosomenpaare mit sieben Buchstaben (a—g) bezeichnet. Jedes Paar hat also für sich gleiche Buch- staben, die aber untereinander durch den Index (z. B. öi «2) unter- schieden wurden. Das linke Schema zeigt die Teilung in der Metakinese 145 Archiv f. Zellforscliung. XVI. 10 146 J. Gelei, mit zwei Tochterplatten; die sich hier gegenüberstehenden Buchstaben (wie «1, «1 oder ) bezeichnen also Schwesterchromosomen. Bei der ^ ei Durchführung der mehrpoligen Teilung gelangen zu den oberen zwei Zentren des Tetrasters (Fig. hnks) die Chi-omosomen in einem Bestand, wie er der Fig. 57 entspricht. Diese ist ^n der oberen Hemisphäre des rechten Bildes schematisiert und zwar mit entsprechender Lage der Kerne. Der Pol rechts und der ihm entsprechende Kern bekommt dabei fünf Paare und zwei Einzelfäden, zusammen also zwölf Chromosomen. Hier fehlen nur gerade die Partner der zwei Einzelchromosomen. Er muß also unter den 14 Tochterchromosomen sämtliche sieben Qualitäten enthalten, und zwar fünf paarweise, zwei aber nur in der Einzahl. Diese einzelnen Homologen sind im rechten Kerne durch Ca Man meint, daß genetische Beziehungen zwischen Xucieolen und Chromosomen auch darin bestehen, daß verschwundene Chromosomen aus Xucleolusmaterial neugehaut werden können. Wir müssen abwarten, ob eingehendere Untersuchungen die als verschwunden bezeichneten Chromosomen nicht doch wieder auffinden, oder ob, wenn ('hromosomen überhaupt »neu« gebaut werden können, dies nicht auch ohne .\iicI(m»|('m geschehen kann. Vorderhand können wir beziighcli der Nuck'ok'U nur so viel sagen, daß sie Akzidentia des Kernes sind, die bei jeder Kernrekonstruktion schon früh unter Mitwirkung der kaum verzweigten Chromosomen her- gestellt werden und in Berührung mit denselben auftreten. Zusammenfassung der Resultate. 1. In den Oogonien von Dendrocoelum tritt eine doppelte Chromo- somengarnitur auf, die aus paarweise verschieden abgestuften Chromo- somen besteht. Die längsten Paare sind ungefähr doppelt so lang wie die kürzesten. 2. Die Oocytenkerne werden von der diploiden Zahl (14) der Chromo- somen rekonstruiert, die vor der Kernbildung keine LängsHchtung, keine 1 )()ppelwertigkeit aufweisen. 3. In den Ruhekernen ist eine Verbindung zwischen den Chromatin- körnchen durch Chromatinfäden nachzuweisen. 4. Wenn die Oocyten ungefähr die Größe der Mutteroogonien er- reicht haben, tritt in den Kernen ein Spirem, bestehend aus diskreten Schleifen, auf. Diese erscheinen wahrscheinlich in der diploiden Zahl. Sie verlaufen regellos im Kernraum, weisen also keine Spur von der Rabl- schen Orientierung auf und sind mehrfach länger als die oogonialen Schlei- fen. Sie verraten auch jetzt noch keine Doppel Wertigkeit. ö. Aus diesem regellosem Spirem entwickelt sich das geordnete Schleifenbukett durch eine Orientierung der Chromosomen, und zwar gernäß Buchnefis Feststellung unter Mitwirkung des Zentrosomas. Der Prozeß der Orientierung konnte bei Dendrocoelum Schritt für Schritt verfolgt werden. 6. Ich habe festgestellt, daß in dein leptotänen Schleifenbukett die Schleifen in der Normalzahl auftreten. Sie zeigen in diesem Stadium eine regelmäßige, durch die Chromiolen hervorgerufene Körnelung. Die Längenmessungen ergaben, daß sie im Durchschnitt viermal so lang sind, wie die Oogonialchromosomen. Auch das Bestehen der doppelten Chronio- somengarnitur konnte festgestellt werden, ebenso die paarweise gleiche Länge der Chromosomen und die unveränderten relativen Längenverhält- 160 J. Gelei, iiisse zwischen den Paaren, wie sie in den Oogonien gefunden wurden. Wie die farbigen Zeichnungen der IL u, III. Tafel ilhistrieren, stehen die homo- logen Chromosomen im leptotänen Schleifenbukett nicht nebeneinander. 7. Durch die Bukettstellung wkd die Konjugation der Chromosomen in folgenden drei Punkten begünstigt: 1. Die konjugierenden Enden werden auf ein enges Feld zusammengezogen. 2. Die Schleifenschenkel werden mehr oder minder parallel gestellt. 3. Zwischen den gleichgerich- teten Fäden entstehen freie, für die Bewegung gangbare Wege, Das Schleifenbukett kann aber Umschlingungen usw. der Chromosomen, die vorher im Spirem zustande kommen, im Interesse der Konjugation nicht lösen; hier hilft den Chromosomen bloß ihi'e Bewegungsfähigkeit. 8. Die Konjugation der Chromosomen besteht 1. in dem gegenseitigen Sichaufsuchen der gleichlangcn Schleifen — demzufolge ein Konju- gationstrieb unter ihnen angenommen werden muß — , 2. in einem von den Enden ausgehenden Verkleben derselben der Länge nach, wobei Chromiol gegenüber Chromiol zu liegen kommt, 3. in einem gegenseitigen Abplatten und zugleich Verkürzen der zusammenhaftenden Paare und 4. in einer Neurekonstruktion der Chromosomen durch Austausch von Chromosomenstücken infolge einer Verdrehung oder Überkreuzung der Konjuganten. 9. Die Bewegungsfreiheit und -fähigkeit der Chi'omosomen und die dazu nötige Konsistenz ihrer Substanz konnte während der Konjugation verschiedentlich nachgewiesen werden. 10. Die konjugierenden Hälften schheßen manchmal andre Schleifen zwischen ihre Schenkel in einem geschlossenen Ringe ein, wodurch die Konjugation, d. h. eine innige Berührung der betreffenden Partien hinaus- geschoben wird. Daß es aber auch in solchen Fällen schließlich zu einer normalen Konjugation kommt, beweisen die diplotänen Bilder, wo nicht- zusammengeklebtc Chroniosomenteile nie gefunden worden sind. Die Chromosomen können sich aus ihrer schwierigen Lage durch ihre Be- wegungsfähigkeit befreien. 11. Weil die freien Schenkel der teilweise schon konjugierten Paare immer gleich lang sind und ferner, weil die Konjuganten immer aus einer gleichen Zahl von Chi-omiolen bestehen und außerdem gleich dick sind, ist als bewiesene Tatsache anzusehen, daß bloß die gleichlangen Chromo- somen untereinander konjugieren. Dadurch ist aber, auch für Dendro- coelum MoNTGOMERYs Annahme bewiesen, daß nämlich in jedem Paare immer je ein väterliches und ein mütterhches Chromosom zusammentritt. 12. Auch jene wichtige Annahme Suttons, daß nämhch die paar- weise gleichlangen Chromosomen homolog, d. h. qualitativ gleich, die Woitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. II. IGl t'iiizeliu'ii l'aaiL' tla^a'gi'u qualitativ verschieden .sind, konnte bei Dendro- coelum als richtig nachgewiesen werden. Bei mehrpoligen Mitosen werden in Oogonicn die oogonialen Chromosomen entsprechend den BovERischen Befnnden an Seeigeln ungleichmäßig verteilt, wodurch die gleichlangen Chromosomen oft getrennt in zwei verschiedene Kerne gerieten und ungleich lange ohne ihre richtigen Partner in einejn Kern zusammen- kamen. Diese bheben Univalent und konjugierten untereinander nicht. 13. Es konnte aus der Konjugation nachgewiesen werden, daß die Chromosomen gemäß Rouxs Überlegungen der Länge nach aus essentiell verschiedenen Partikelchen aus verschiedenen Erbanlagen aufgebaut sind. Dies beweisen bei Dendrocoelum folgende drei Tatsachen: 1. in den Uni- valenten leptotänen Fäden sind manche Chromiolen der Größe nach zu unterscheiden; 2. diese haben in den Fäden eine bestimmte Lage und kommen in der Konjugation in je zwei homologen Chromosomen immer einander gegenüber zu liegen. 3. Da diese morphologisch unterscheid- baren Doppelkörnchen asj'mmetrisch in den diplotänen Fäden liegen, i-t klai-. daß die Chromosomen der Länge nach heteropole Gebilde sind. 14. Aus diesen Komplexen von Tatsachen: aus der cßialitativen Übereinstimmung je zweier Chromosomen, aus der essentiellen Verschieden- heit der Paare, aus dem unveränderlich festgesetzten Aufbau der Chromo- somen folgt un))edingt ihre Individuahtät, womit wir uns eingehend in einer nächsten Studie beschäftigen werden. Auch ihre freie Bewegfunofs- fähigkeit während der Konjugation, und ebenso der an ihnen bemerkbare Konjugationstrieb spricht einleuchtend dafür, daß wir sie als hoch ent- wickelte Individuahtäten zu betrachten haben. 15. Während des diplotänen Schleifenbuketts oder des eusyndetischen Zustandes der Chromosomen bleibt die Konjugationsebene immei> be- stehen (die Chromosomenreduktion ist also eine scheinbare) und wird :?päter (bei der auf die Konjugation folgenden Teilung) zur Spaltungsebene der sich voneinander trennenden Elemente. Infolgedessen ist die erste Reifeteilung eine Reduktionsteilung. 16. Während der Eusyndese bildet sich in den Einzelclu-omosonuMi eine Längslichtung aus, die aber nie so scharf wie die Konjugationsebene hervortritt und nach einiger Zeit wieder verschwindet. Aus dem langen Andauern der Konjugationsphase ist zu schließen, daß unter den Chromo- somen auch andre ^Xj'ten von Veränderungen, wie Austausch von gegen- seitigen Teilstücken stattfindet. Sonst wii-d diese Phase nur von Dimen- sionsveränderungen der Paare charakterisiert. 17. TIand in Hand mit der Desorientierung des Schleifenbuketts tritt eine stellenweise unterbrochene Spaltung an den diplotänen Fäden Archiv f. Zellforschung. XVI. H . 162 J. Gelei, auf, wodurch die Schistonemen entstehen und an btelle der Eusyndese eine Chalasthosyndese (Diakinese) erscheint. 18. Die Nucleolen spielen in der Oogenese eine passive Kolle. Sie sondern sich in den jungen Oocytenkernen an den Chromosomenenden ab. Sie verschmelzen oft schon vor dem Schleifenbukett, meist aber während dieses Stadiums. Dieses Zusammenfließen kann nicht wie es v. Keihnitz meint als eine Pseudoreduktion bezeichnet werden. — Die Orientierung des Nucleols oder der Nucleolen — wenn es noch mehrere gibt — wird dadurch passiv herbeigeführt, daß stets irgendein Chromosomenende mit einem Nucleolus verklebt. Dieser wird bei der Orientierung der Chromo- somen mitgeschleppt. Der Nucleolus gerät bei der Reifeteilung in das Protoplasma. Literaturverzeichnis. Apathy, St., 1912. Neuere Beiträge zur Schnei detechnik. Zeitschr. f. wiss. Mikrosk. und f. mikr. Technik. Bd. XXIV. S. 449—515. Baltzer, f., 1909. Die Chromosomen von Strongylocentrotus lividus und Echinus microtuberculatus. Arch. f. Zellf. Bd. 2. S. 549—632. 25 Textfig. Tat XXXVII— XXXVIII. BoNNEViE, Kr., 1908. Chromosomenstudien I. Arch. f. Zellf. Bd. 1. S. 450 — 514. 2 Textfig. Taf. XI— XV. BovERi, Th., 1888. Zellenstudien IL Die Befruchtung und Teilung des Eies von Ascaris megalocephala. Jena. 198 S. 5 Taf. — 1907. Zellenstudien VI. Die Entwicklung dispermer Seeigeleier. Ein Beitrag zur Befruchtungslehre und zur Theorie des Kernes. Jena. 292 S. 73 Text- fig. 10 Taf. — 1909. Die Blastomerenkerne von Ascaris megalocephala und die Theorie der Chromosomenindividualität. Arch. f. Zellf. Bd. 3. S. 181—268. 7 Textfig. Taf. VII— XI. Buchner, P., 1909. Das akzessorische Chromosom in Spermatogenese und Ovogenese der Orthopteren, zugleich ein Beitrag zur Kenntnis der Reduktion. Arch. f. Zellf. Bd. 3. S. 335—440. 5 Textfig. Taf. XVI— XXI. Eisen, G., 1900. The spermatogenesis of Batrachoseps. Journ. of Morph. Vol. XVII. FicK, R., 1907. Vererbungsfragen, Reduktions- und Chromosomenhypothesen, Bastard- regeln. Anat. Hefte. IL Abt. Erg. d. Anat. u. Entwicklgsg. Bd. XVI. S. 1—140. Gelei, J., 1913a. Über die Ovogenese von Dendrocoelum lacteum. Arch. f. Zellf. Bd. XL S. 51— 150. Taf. IV— V. — 1913b. Bau, Teilung und Infektionsverhältnisse von Trypanoplasma dendrocoeli Fantham und Porter i). Arch. f. Protistenkunde. Bd. XXXII. S. 171—204 1 Textfig. Taf. VII. ^) Im Original Porter aus Versehen weggeblieben. Weitere Studien über die Oogenese de Dendrocoelum lacteiira. II. iGo Hacker, V., 1907. Die Chromosomen als angenommene Vererbungsträger. Erg. und Fortschr. d. Zool. Bd. I. 1909. S. 1—121. 43 Textfig. Heide.nhain, M., 1896. Über einen gcfensterten Objektträger aus Aluminium zur Beobachtung des Objektes von beiden Seiten her. Zeitsclix. f. wiss. Mikrosk. und mikr. Technik. Bd. XIII. S. 16&— 172. V. Kemnitz, G. A., 1903. Eibildung, Eireifung, Samenreifung und Befruchtung von Brachycoelium salamandrae (Hrachycoelium crassicole [Rud]j. Arch.f. Zellf. Bd. X. S. 470—506. Taf. XXXIX. MoNTGOMERY, Tu. H. jr., 1901. A study of the Chromosomes of the germ cels of Metazoa. Transact. of Americ. Phil. Soc. Vol. 20. N. S. Pt. 2. p. 154 bis 236. PI. 4— 8. Rabl, C, 1885. Über Zellteilung. Morphol. Jahrb. Bd. 10. S. 214—330. 5 Textfig. Taf. VII— XIII. RvppEPORT, T., 1915. Zur Spermatogenese der Süßwassertricladen. Arch. f. Zellf. Bd. XIV. 4 Textfig. Taf. I. Vejdovsky, f., 1907. Neue Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung. Prag. 1905. Königl. Böhm. Ges. d. Wiss. in Prag. 103 S. 9 Taf. 5 Textfig. — 1912. Zum Problem der Vererbungsträger. Königl. Böhm. Ges. d. Wiss. Prag. 184 S. 16 Textfig. 12 Taf. V. WiNiwARTER et Sainmont, 1909. Nouvelles recherches sur l'ovogenese et I'organo- genese de l'ovaire des Mammiferes (chat) Chap. IV. Arch. de Biol. Tom. XXIV. Tafelerklärung. Ich war bei der Herstellung der Figuren sorgfältig darauf bedacht, die Präparate mit Hilfe des Zeichenapparates naturgetreu, wie bei photographischen Aufnahmen, wiederzugeben und damit die Präparate selbst gewissermaßen zu ersetzen. Wo die in dem Präparat gegebene Lage der Fadenchromosomen einen leichten Überblick der Figur nicht gestattete oder sogar unmöglich machte, habe ich die Hauptfigur durch danebenstehende Detailbilder oder schematische Figuren verständlich zu machen ver- sucht. — Die Figuren 10, 12, 13, 14, 15, 16 zeigen nur die Details einer optischen Ebane, sämtliche andre Figuren stellen uns Totalbilder der betreffenden Zelle oder eines ihrer Details dar. Mit wenigen Ausnahmen zeigen die Bilder völlig unver- sehrte Zellen aus Zupfpräparaten. Wo es sich um Schnitte handelt, ist dies be- sonders bemerkt. Wo in der weiteren Figurenerklärung kein Verfahren angegeben ist, habe ich (lie frischen Zupfpräparate in Osmiumdämpfen 10 — 30 Sekunden lang geräuchert, darauf in konz. Sublimatlösung 10 — 60 Minuten lang fixiert und sie nachher einer Giemsa- Färbung unterzogen. Die Zeichnungen sind meistens bei 2933facher Vergrößerung hergestellt. Ich habe hauptsächlich ein großes Zeiss- Mikroskop und Zeichenapparat und nur bei den drei letzten Figuren ein REicHERT-Mikroskop (Modell nach Apathy) und den Abbe- .\PATHYschen Zeichenapparat benützt. Der Kondensor wurde niemals abgeblendet und zwischen Kondensor und Objektträger ist immer Immersionsöl eingeschaltet worden. Die bei der Erklärung der einzelnen Figuren angegebenen Vergrößerungen habe ich unter folgenden Umständen erreicht: 11* 164 J. Gelei, Ver- größe- rung Objektivlinsen Kompens. Oculare Tubuslänge Zeichenentferniing von der Pupillarhöhe der Ocularlinse in mm 2933 X = ({.5 mm Immers. (ZeiB) 12 (Zeiß) [Vi2 bomog. Imm. (Zeiß) i N.A.1.30 18 (Zeiß) 1 eingeschoben 169 mm 325 231 2400 X = 1.0 mm Immers. (Zeiß) 8 (Zeiß) eingeschoben (Zeiß) 325 2200 X = 2 mm Immers. (Zeiß) 12 (Zeiß) eingeschoben (Zeiß) 325 Tafel VI. Fig. 1. Die Bildung der Chromosomen vor der letzten oogonialen Teilung. Flem- MiNGs starkes Gemisch mit 3 Tropfen Eisessig; Eisenhämatoxylinfärbung. — 2933 x. Fig. 2. Frühe Prophase der letzten oogonialen Teilung; Knäuelstadium mit kiu-zen, getreimten Schleifen. Vergleiche die Fig. 19, wo eine Oocyte in entsprechendem Sta- dium abgebildet ist. Flemmings starkes Gemisch mit 3 Tropfen Eisessig; Eisenhäma- toxylenfärbung. — 2933 x . Fig. 3. Kern- und Zeligröße eines Oogoniums im Stadium der Fig. 2. Schnitt- präparat. Behandlung und Vergr. (2933 x ) wie Fig. 2. Fig. 4. Eine Äquatorialplatte der letzten oogonialen Mitose. Die 14 Chromosomen sind in sieben gleich abgestufte Paare gesondert und diese mit gleichen römischen Ziffern bezeichnet. Schnittpräparat aus einem jungen Tier. 10^. Flemmings starkes Ge- misch mit 3 Tropfen Eisessig; GiEMSA-Färbung mit 1% Ammoniummolybdat — Vor- beizen. — 2933 X . Fig. 5. Wie Fig. 4, nur aus zwei Schnitten kombiniert. Nucleolus noch erhalten, wie In Fig. 4. Die Unterbrechung der Chromosomen ist dmch die Messerschneide verursacht. Eisenhämatoxylinfärbung. — 2933 x . Fig. 6. Äquatorialplatte in einer somatischen (»Stamm«-) Zelle. ZENKERsche Flüssigkeit bei 45° C; Eisenhämatoxylin. — 2933 x. Fig. 7, Telophase der letzten oogonialen Teilung, abgebildet ist nur die eine Tochter- platte. Osmiumdämpfe 15 Sekunden, dann konz. Sublimatlösung 1 Stunde. Vor der GiEMSA-Färbung wiu-de das Präparat in einer 1% Formalinlösung 1 Stunde gehärtet. — 2933 x . Fig. 8. Der erste Schritt zm- Rekonstruktion des Oocytenkernes. Bildung ,des Kernraums, Auflockerung und zugleich Fortsatzbildung bei den Chromosomen. Aus der gleichen Serie, wie Fig. 7. — 2933 x . Fig. 9. Junge Oocyten am Anfange der Kernrekonstruktion. Teilweise auf- gelockerte und teilweise verzweigte Chromosomen. Abschmelzen der Nucleolen an den Chromosomenenden. Aus dem gleichen Präparat wie Fig. 7. — 2933 x . Fig. 10. Chromosomen eines jungen Oocytenkernes in etwas weiter vorgerücktem Stadium als Fig. 9. Alle Chromosomen sind in eine optische Ebene gezeichnet. Serie der Fig. 7. — 2933 x . Fig. 11. Ein Chromosom in verzweigtem Zustande. Aus einem jungen Oocyten- kern, im Übergangsstadium zwischen den Fig. 10 und 11. Serie der Fig. 7. — 2933 x ^ Weitere Studien über dir Oogenese des Dendrocoelum lacteuni. J]. 1G5 Fig. 12. Die letzten Spuren der «Chromosomen« in den jungen Oocyten. Klarer Rhizopodenzustand der Chromosomen. Zeichnung in einen optischen Schnitt. Serie der Fig. 7. — 2933 x . Fig. 13. Der Höhepunkt des Kernruhestadiums in dem rekonstruierten Oozyten- kern. Chromosomen in Gerüstzustand. Optischer Schnitt (nicht äquatorial.). Aus dem gleichen Präparat wie Fig. 7. — 2933 x . Fig. 14^16. Nacheinanderfolgcnde Stadien der Neubildung des Fadenchromo- somen in den frühesten Prophasen der Oocyten. Als Resultat dieses Prozesses ist die Fig. 19 zu betrachten. Fig. 14 äquatorialer, Fig. 15 und 16 tangentiale, optische Schnitte durch den Kern. In der Fig. 15 und 16 sind Kern- und Zellkonturen angegeben. In der Fig. 15 bezeichnet der innere Kreis die Kernkontur in der Höhe des Bildes. Aus der Serie der Fig. 7. — 2933 x . Fig. 17. Chromatinanhäufungen, Schollen an den Knotenpunkten, wo bei der Chromosomem'ekonstruktion mehrere Zweige zusammenlaufen. Sie kommen in dem der Fig. 16 entsprechenden Stadium vor. Serie wie Fig. 7. — 2933 x . Fig. 18. Rhizopodenzustand eines Cliromosoms nach dem Kernruhestadium. Das Chromosom in einem der Fig. 11 entsprechenden Zustand. Detailbild aus dem Kern der Fig. 16. Von der mit + bezeichneten Stelle. — 2933 x . Tafel VII. Fig. 19. Knäuelstadium des jungen Oocytenkernes mit separaten Schleifen. Die 20 aufgefundenen Schleifenenden sind mit + bezeichnet. Aus demselben Präparat wie Fig. 7. — 2933 x . Fig. 20. Ein etwas weiter vorgerücktes Knäuelstadium als Fig. 19, wo 25 End- partien aufgefunden worden sind. Die Schleifenenden befinden sich überwiegend in der Polhälfte, im allgemeinen an der Kernmembran anhaftend. Nur die Endpartien der Schleifen sind gezeichnet, ausgenommen die ganz eingetragene Schleife 23 — 54, -t- bezeichnet die Schleifenenden. Präparat wie Fig. 7. — 2933 x . Fig. 21. Die ersten Spuren der Orientierung, die zur Bukettfigur führt. Flemmings starkes Gemisch; Eisenhämatoxylin. — 2933 x. Fig. 22 a. Leptotänes Bukett. Osmiuradämpfe 15 Sekunden. Formal-Osmiimi- gemisch (4*^o : l°o) 1 Stunde im Eisschrank. Vorbeizen mit 1% Ammoniummolyb- denatum. Toluidinfärbung 5 ^linuten (1 : 3000); differenziert in Alk. abs. — 2933 X . Fig. 22 h. Die gedeckten und tief liegenden Fadenchromosomen der Fig. 22 a noch- mals dargestellt. Der Verlauf und die gegenseitige Lage der Chromosomen entspricht der Wahrheit, nur ihre Struktur ist weggelassen. Fig. 22, c. Die paarweise gleichlangen Fadenchromosomen der Fig. 22« paarweise in Ufjrmaler gegenseitigen Lagerung. Die einzelnen Chromosomen sind im ganzen gleich gerichtet wie sie in der llauptfig. 22 a stehen; ausgenommen VHi VII2, ^^^ um 92 Grad nach links gedreht sind. Fig. 23 a. Leptotänes Bukett, etwas besser orientiert wie in der Fig. 22 «. Mito- ciiondrienfärbung nach Benda. Fixierung 24 Stunden. Differenzierung in einer 30% Eisessiglösung 20 Sekunden lang. — 2933 x. Fig. 23 h. Eine der Fig. 22 c entsprechend ausgeführte Zusammenstellung der Chromosomen der Fig. 23 a. Die Fadenpaare II und HI sind nach rechts verdreht. 166 J. Gelei, Tafel VIII. Fig. 24. Die leptotäne Bukettfigur 22 a in Farben, um zu zeigen, welche gegen- seitige Lage die gleichlangen, d. h. homologen Chromosomen vor der Konjugation ein- nehmen. Gleiche Farben bezeichnen gleichlange Chromosomen. Nur die Struktur der Fadenchromosomen ist weggelassen, sonst alles genau. Siehe Farbenschlüssel. Fig. 25. Schema für ein ideales Bukett von der Gegenpolseite gesehen. Die Farben bezeichnen die einzelnen Paare. Fig. 26. Schematische Ausführung der Bukettfig. 23 a. Die gleichlangen Cliromo- somen in gleicher Farbe. Die gegenseitige Lage der Fadenchromosomen ist beibehalten, um ihr Lage Verhältnis vor dem Bukett zu zeigen. Siehe Farbenschlüssel. Der Farbenschlüssel zeigt mit Hilfe der daneben stehenden römischen Ziffern, mit welcher Farbe die entsprechend numerierten homologen Chromosomen der Fig. 22 a und c, 23 a und l bezeichnet sind. Fig. 27. Zwei nicht homologe (ungleich lange) leptotäne ineinander gehängte Faden- chromosomen aus einem leptotänen Bukett. Behandlung des Präparats wie bei Fig. 22«. — 2933 X . Die Fig. 28 — 36 zeigen den Ablauf der Konjugation mit Berücksichtigung sämt- licher Fadenchromosomen eines Kernes, die übrigen Bilder von Fig. 37 ab Detailfiguren der Konjugationen einzelner Paare. Fig. 28 a. Ein syndetisches Bukett, wo die ersten zwei Paare im Begriffe sind zu konjugieren. Behandlung des Präparates wie bei Fig. 22 a. Im Zellkörper Cen- triol und schwach dargestellte Strahlung, große dunkle Chromidialgranula und blasse (von der Seite) elliptische bzw. (von der Kante) stäbchenförmige Mitochondrien. — 2933 X . Fig. 28 h. Hier sind die einzelnen Fadenchromosomen bzw. die zwei konj'uganten Paare der Fig. 28 a einzeln dargestellt. Der Verlauf der einzelnen Schleifen und ihre Gesamtorientierung entspricht der der Fig. 28 a. Nucleol 2 mal kontiert. Fig. 29 a. Ein syndetisches Bukett mit einem geschlossenen und mit einem zweiten (s. Fig. 29 h) im Begriffe der Konjugation stehenden Paare. Flemmings starkes Ge- misch. Vorbeizen mit einem 1% Ammoniummolybdänatura 5 Minuten, darauf Giemsa- Färbung 1 Stunde, Differenzierung in Alkohol absolutus. — 2933 x . Fig. 29 &. Das links stehende syndetische Paar der Totalfig. 29 a, das in der Kon- jugation vorderhand durch ein zwischen die freien Schenkel geratenes Fadenchromosom aufgehalten ist. Leider um 180° verdreht, wie es in 29a steht. Fig. 30. Eine syndetische Figur mit drei Konjuganten; zugleich eine synapsis- ähnliche Erscheinung. Flemmings starkes Gemisch, GiEMSA-Färbung 1 Stunde. — 2200 X. Tafel IX. Fig. 31 a. Ein syndetisches Bukett mit drei Konjugantenpaaren; ein Paar hat fertig konjugiert. Behandlung des Präparats wie bei der Fig. 22 a. Im Zellkörper Centriol und schwache -Strahlung, große Chromidialgranula, blasse elliptische bzw. stäbchenförmige Mitochondren. — 2933 x . Fig. 31&. Das vorn stehende mittlere konjugante Paar der Fig. 31a um 180° verdreht, zwischen dessen freie Schenkel ein drittes Fadenchromosom eingeschaltet ist. Der konjugierte Teil von der Seite gesehen und durch geringes Schematisieren an- schaulich gemacht. Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocot'lum lactouni. II. 167 Fig. 32 rt. Ein syndetisches Jiukett, wo, wie das die unten und links stehende Erkhirungst'igur 32a zeigt, drei Paare sclion geschlossen und vier andre auf dem Wege der Konjugation sind. Konz. Sublimat bei 45° C. GiEMSA-Färbung. — 2200 x. Fig. 32 b. Die in die Komponenten zerlegte Bukettfig. 32 a schematisch. Größe und Verlauf der Paare beibehalten. Doch nicht! die 2 unteren sind verdreht. Fig. 33«. Ein syndotisches Hukett mit vier konjugierten (eins ist nur in der Mitte offen) und drei konjugierenden Paaren; für diese letzteren siehe Erklärungsfig. 33 b. Behandlung des Präparats wie bei Fig. 7. — 2933 x . Fig. 33 b. Detailbild aus der Fig. 33 a, das uns gegenüber der Auffassung, daß die homologen Cliromosonuni vor der Konjugation nebeneinander und parallel miteinander stehen, zeigt, daß nicht einmal die freien Schenkel eines Konjuganten parallel verlaufen müssen. Schematisch, Größe und Lage der Konjuganten aber ist genau beibehalten. Fig. 34. Ein syndetisches Bukett mit 5 konjugierten, von denen eines — das oben liegende — gegen die Mitte noch etwas offen ist, außerdem 2 konjugante Paare, Paralleler Verlauf der freien Schenkel. Flemmings starkes Gemisch. GiEMSA-Färbung. Im Zellkörper kein Centriol, aber eine Strahlung bemerkbar, wie bei der Fig. 30. — 2933 x . Fig. 35 a. Die letzten Phasen der Konjugation in einem Kern. 5 Paare ganz geschlossen, das sechste nur in der Mitte offen; das siebente Paar konnte noch gar nicht die Konjugation eingehen, wie die nebenstehende Schemafig. 35 b klar macht. Mito- chondrienfärbung nach Bendas Vorschriften (s. Fig. 23 a). Im Zellkörper Centriol und Stralihing deutlich zu sehen; dunkle Körnchen Chromidialgranula, hellere ellipitische und stäbchenförmige Gebilde: Mitochondren. — 2933 x. Fig. 35 b. Schematische Darstellung, wie die zwei Univalenten Fäden der Fig. 35a, durch vier Paare in der rechtzeitigen Ausführung der Konjugation aufgehalten worden sind. Fig. 36 a. Das letzte konjugante Paar in einem syndetischen Bukett. Konz. Sublimat bei 45^ C. GiEMSA-Färbung. — 2200 x . Fig. 36 b. Die Lage des Konjuganten in der vorigen Figur, schematisch klar gelegt, Größe und Ablauf der Paare ist genau wiedergegeben. Fig. 37. Fadenüberkreuzung mit plötzlicher Drehung um 180° zwischen zwei Chromiolen. In eigentliche Konjugation sind nur die Enden eingegangen. Die zwei Schenkel nicht ganz abgebildet. Behandlung des Präparats wie bei der Fig. 7. — 2933 x . Fig. 38. Schräg sich kreuzende Brücken zwischen zu einander gehörenden Chro- miolen, die aus einer Überkreuzung der Fadenchromosomen, wie sie Fig. 37 zeigt, ab- zuleiten sind. Das konjugierte Paar ist nicht ganz abgebildet. Behandlung des Prä- parats wie bei der Fig. 7. — 2933 x . Fig. 39. Ein konjugantes Paar auf halbem Wege der Konjugation. Die freien Schenkel fangen an, sich am äußersten Ende zusammenzuschließen. Man beachte hier die gegeaseitige Lage der Chromiolen. Starke FLEMMiNGsche Flüssigkeit (3 Tropfen Eisessig); Eisenhämatoxylin. — 2933 x. Fig. 40. Von beiden Enden gegen die Mitte ablaufende Konjugation. Osmiumdämpfe 6 Sekunden, Osmiumsublimatum (1 : 5) 6 Sekunden. GiEMSA-Färbung 1 Stunde. — 2933 x . Fig. 41. Seltener Fall einer Konjugation, wo die mittlere Schleifenpartie nicht konjugiert hat. Behandlung des Präparats wie bei der Fig. 22 a. — 2933 x . Fig. 42. Ein nur einmal beobachteter Konjugationsfall, wo zuerst der mittlere Teil der Fadenchromosomen in die Konjugation einging. Der punktierte Teil über dem Nucleolus war nicht deurlich verfolgbar. Sublimateisessig (5 : 5), zuerst mit Borax- karmin, nach Entfernung dieser Farbe mit Eisenhämatoxylin diu-chgefärbt — 2933 x . 168 J. Gelei, Fig. 43. Ein konjugantes Paar, das seine freien Schenkel aus einem in der Figur nicht angedeuteten Durcheinander der Fäden der leichteren Konjugation wegen heraus- zieht. Bshandlung des Präparats wie bei der Fig. 22 ct. • — 2933 x . Tafel X. Fig. 44 a. Ein Schleifenpaar im Begriffe der Konjugation, wo der Schenkel des einen Konjuganten aus dem Gewirr der angedeuteten Fäden und Paare und zugleich von dem Bukettpol weggezogen wird, um in der Nähe der Kernoberfläche die Konju- gation mit dem dort liegenden freien Schenkel des andern Konjuganten ausführen zu können. Behandlung des Präparats wie bei der Fig. 7. — 2933 x , Fig. 44 &. Schematische Darstellung des Konjugantenpaares der Fig. 44«. Fig. 45a. Ein konjugantes Paar, dessen freie Schenkel, jeder für sich, ein schon konju- giertes Paar umschlungen halten. Konz. Sublimat bei 45° C. GiEMSA-Färbung. — 2200 x . Fig. 45 b. Die vorige Figur schematisch. Fig. 46. Die noch freien Schenkel eines konjuganten Paares schließen zwei diplo- täne Fäden ein. Konz. Sublimat bei 45° C. GiEMSA-Färbung. — 2200 x. Fig. 47. Ein Konjugant, dessen einer Schenkel einen Doppelfaden umschließt. Wahrscheinlich sind auch die andern (hier vorderen) Enden in die Konjugation ein- getreten. Flemmings starkes Gemisch (mit 3 Tropfen Eisessig); Eisenhämatoxylin- färbung (zuerst war das Präparat nach einer Ammoniummolybdänatumbeize mit GiEMSAs Lösung gefärbt). — 2933 x . Fig. 48. Ein syndetisches Bukettstadium, wo der Kern mehr als 14 Chromosomen bekommen hat. Rechts liegt ein konjugierendes Paar, dessen freie Enden nach der Gegenpolseite schauen. Konz. Sublimat bei 45° C. — 2200 x . Fig. 49. Eine durcheinander geworfene Bukettstellung nach der Konjugation. In der Mitte des Kernes ein Chromosomenpaar, durch deren mittlere, noch offene Partie andre Schleifenpaare durchgefädelt sind. Das Präparat behandelt wie bei der Fig. 22a — 2200 x . Fig. 59 a. Interessanter Fall einer Konjugation, wo die konjugierenden Schenkel eines Paares ein andres konjugiertes Paar eingeschlossen haben. Konz. Subhmat bei 45° C. GiEMSA-Färbung. — 2200 x. Fig. 50 &. Drei konjugierende Paare am Bukettpol der Fig. 50a bei gleicher Vergr. Fig. 51 a. Seltsamer Fall einer Konjugation, wo ein Konj'ugantenpaar von beiden Enden her gegen die Mitte konjugiert und dabei sein eigenes, schon konjugiertes End- stück und noch zwei andre diplotäne Chromosomen einschließt. Zugleich Verschmel- zung zweier Nucleolen. Konz. Sublimat bei 45° C. — 2200 x. Fig. 51 h. Klare schematische Darstellung der Verhältnisse der vorigen Figur. Fig. 51 c. Konstruierter Fall, wie die sechs Fadenchromosomen der Fig. 51 a im leptotänen Bukett vor der Konjugation stehen konnten, um nachher eine Stellung, wie sie in der Fig. 51 a vor uns steht, einzunehmen. Die umschließenden Chromosomen stehen zu äußerst, die in die Umschließung geratenden Schleifen sind die vier dazwischen stehenden Fäden. Die Punktierung zeigt die Bewegung der zwei äußeren Fäden gegen- einander. Die zwischen den punktierten Linien liegenden Stücke der einschließenden Chromosomen werden nicht konjugieren können. Fig. 52, 53, 54, 55 zeigen Konjuganten, deren freie Schenkel gleich lang sind. Fig. 52 und 55 nach einem Giemsa- Präparat, das mit Flemmings starkem Gemisch (3 Tropfen Eisessig) fixiert und vor dem Färben mit 1% Ammoniummolybdat gebeizt wurde. Das Präparat der Fig. 53 wurde wie folgt hergestellt. Osmiumdäinpfe 1 Minute, Osmium- sublimat (1 : 5) 1 Minute. Sublimatlösung bei 40° C. und darauf bei Zimmertemperatur Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteuni. U. 169 1 Stunde; Giems.v- Färbung 1 Stunde. Fig. 54 nach einem Präparat mit starker Flem- MiNGscher Flüssigkeit (3 Tropfen Eisessig) und Eisenhämato.xylin. — 2933 x . Fig. 5G. Eine vierpulige Mitose, die zu ungleicher und unrichtiger Verteilung der Tochterchromosomen fülirt. Der vierte Pol liegt rechts an der Stelle des Kreuzes in der Tiefe, durch die Chromosomen gedeckt. Große viereckige Centrosomen. Verbin- dungsfasern zwischen den Schwesterchroraosomen. Schnittpräparat. ZENKERsche Flüssigkeit. Doppelte Einbettung nach Apathy. 12 /u. — 2933 x . Tafel XI. Fig. 57 a, 57 b. Eine Zelle mit zwei Kernen, die durch eine mehrpolige Mitose in der Weise entstanden sind, daß der Zellkörper sich nicht entsprechend der Zahl der Strahlungen teilte, sondern nur eine Zweiteilung erfuhr. Die unrichtige Verteilung der Chromosomen ist in dem linken Kern deutlich, wo ein kurzes und ein langes Chromo- som keine Partner haben. Ähnlich liegen die Dinge auch im rechten Kern. Die Ver- doppelung der Z3ntren im Zellkörper von zwei auf \ier zeigt, daß die Konjugationszeit vorüber ist. Sublimateisessig (5 : 5). Fig. 57 b nach Boraxkarminfärbung, Fig. 57 a nach Entfernung dieser Farbe und Umfärbung mit Eisenhämatoxylin von der hinteren Seite gezeichnet. Fig. 57 a: 2200 x , Fig. 57 b: 1580 x . (2 mm Immers, Komp.-Ok. 12, eingeschobene Tube, Zeichnung in der Höhe des Mikroskoptisches. )i) Fig. 58. Das merkwürdige Resultat einer mehrpoligen Mitose, wo in einen Kern durch unrichtige Verteilung der Tochterchromosomen fünf Chromosomen geraten sind, von denen eines ohne Partner geblieben ist. Aus demselben Präparat -wie Fig. 57 b. — 1580 x , wie Fig. 57 b. Fig. 59 a. Eine mechanisch in die Länge gedehnte leptotäne Bukettfigur, wo da- durch, daß kein Faden durch den Zug zerrissen worden ist, eklatant bewiesen ist, daß die Fadenchromosomen einen gewissen Grad der Konsistenz besitzen. Behandlung des Präparats wie bei der Fig. 7. — 2400 x . Fig. 59 b. Ein Faden aus der Fig. 59 a bei einer Vergrößerung von 2933 x , wegen des Vergleiches mit den Figuren 22 a und 23 a. Fig. 60. Nucleolenverschmelzung am Bukettpol in einem diplotänen Stadium. Konz. Sublimat heiß. Giemsa- Färbung. — 2933 x. Fig. 61. Ein heteropol gebautes kurzes Chromosomenpaar bald nach der Konju- gation. Osmiumdämpfe 6 Sekimden, Osniiumsublimat (1 : 5) 6 Sekunden. Giemsa- Färbung. — 2933 x . Fig. 62. Ein heteropol gebautes langes Chromosomenpaar in einem späten synde- tischen Zustande. Aus demselben Präparat wie Fig. 61. — 2933 x . Fig. 63, 64 und 63 zeigen diplotäne Bukettfiguren. Fig. 63 bald nach der Konju- gation, wo die Paare kurz, dick und mit runden Chromiolen versehen sind. Fig. 64 in spätem syndetischen Zustande mit langen, dünneren Paaren und mit verlängerten Chromiolen, an denen auch die Härchen der Chromosomen fehlen. Fig. 65 zeigt die .\uflösung des Buketts, das Undeutlichwerden der Chromiolen und den Beginn der Chalasthosyndese. Hier sind die Paare noch länger und müßten eigentlich noch etwas dünner sein wie in der Fig. 64, dies ist aber bei der Zeichnung nicht gut ausgefallen. Alle drei Figuren aus einem gleich wie bei Fig. 7 behandelten Präparat. — 2933 x . (REicHERT-Mikroskop.) 1) Ursprünglich war 57J in der Tafel der Fig. 57a spiegelbildlich gegenübergestellt! 170 Referate. Referate. Nachtsheim, Hans. Zytologische und experimentelle Untersuchungen über die Geschlechtsbestiinmung bei Dinophüus apatris Korseh. Ai-ch. f. mikr. Anat. Bd. XCIII. Abt. IL 1919. S. 18-137. Trotzdem fast jedes Vererbungslehrbuch auf Dinophüus, als Schulbeispiel einer progamen Geschlechtsbestimmung hinweist, \\Tißten wir bis heute nicht mehr, als daß das Dinophilusweibchen zweierlei Eier, kleine und große, erzeugt und aus den kleinen bei Befruchtung die Männchen, aus den großen die Weibchen entstehen. Der vorliegenden Arbeit gelingt es zwar nicht, die Frage der Geschlechtsbestimmung zu lösen, sie gibt aber ein solides Fundament für weitere Untersuclumgen. Das Weibchen von D. apatris legt die befruchteten Eier in einen Kokon ab. Bevor die jungen Weibchen denselben verlassen, werden sie von den rudimentären Männchen begattet. Inzucht ist also bei Dinophilus die Regel. Die Mäimchen, die bald nach der Begattung zugrunde gehen, erzeugen, so viel festgestellt werden kaim, nur eine Sorte von Spermatozoen mit zehn Chromosomen. Die Spermatozoen gelangen. bei der Be- gattung in die Leibeshöhle des Weibchens und bleiben hier in zwei Paketen vereinigt, bis die Keimzellen des Ovars die Synapsis hinter sich haben. Nach derselben wachsen die Ovozyten durch Verschmelzung. Eine geschlechtliche Differenzierung besteht aber am Ende der Verschmelzungsperiode noch nicht. Jetzt begiimt die Dotterbildung und damit setzt neues Wachstum ein, wobei aber ein Teil der Ovozyten klein bleibt, zu Mäimcheneiern wird, der andre Teil stark heranwächst und zu den Weibcheneiern wird. Beide Sorten von Eiern besitzen denselben Chromosomensatz, nämlich zehn Tetraden. »Eine morphologisch erkeimbare Ursache für die Differenzierung der Eier in weibliche und mäimliche in bestimmtem Verhältnis fehlt vollständig«. Erst jetzt erfolgt die Besamung und nach der Ablage die Reifung. Alle gereiften Eier haben zehn Chromosomen. Die diploide Chromosomenzahl beträgt somit 20. Die exiDerimentellen Ergebnisse der Arbeit sind folgende: es lassen sich bei Dino- philus Rassen unterscheiden, die sich konstant zeigen in bezug auf Geschlechtsverhältnis. Bei manchen Rassen sind Märmchen und Weibchen in der gleichen oder fast der gleichen Zahl vorhanden, bei andern überwiegen die Weibchen mehr oder minder. Dabei läßt sich das Geschlechtsverhältnis, wie Kälte- und Wärmeexperimente zeigten, nicht oder nur in geringem Maße durch äußere Faktoren modifizieren, entgegen den Angaben von Malsen, die aber einer kritischen Betrachtung nicht standhalten, da sie an Massen- kulturen gewonnen wurden. Wird ein Weibchen nicht begattet, so erzeugt es dermoch die zweierlei Eier. Par- thenogenetische Entwicklung fand in dem Material des Verf. nicht statt. J. Seiler, Schlederloh (Isartal). ArcTurfiir ZeUforschujit/ Bd.XVI. ra/el r. - \ .^^^^^ / ^^^^^^^ i^HI ^^^^^^^H ^^^r-^^^^^si^s^ Uff II -j-'-^T^»**^^^' " ==Ä^^T**^iSKs=ULili 1 1 1 1 .y.... 111 1 llli llll liSlM L — ^.Wlj'l'l 1 ii.inBWfS^''""»»™ ,. ^^Iltlllllllllllllllllllllllinir^ S;^.ji'£S£..^i^S»^^ H -- ^mnuuupUimipm TnVii 1 "^"^^-^ , ^ 'Hl 11 IM 1 II iiJ 1 II iTrA^^5;s^=^ J '' ^m^^^^^^^v; /. .^^^^^^^^^^1 ^J J^ = = HL ;/.— ^ . = =-=^=-^1^ i ' 1 mlw ^^H1 Iwin H m \m w ^^^^1 ^^^" 2. 7/ J. Scnimdt gez . Verkq vWühelm Engelmann v. Leip/.ij L:-iu4rjavj: AFanke.Leip^:q Arc/iri' f'7//- Zellfbr^-cfiUfK/ Hd XVI l'uMJI. M-- N u V/, J.Scmmit ijei Verlag vWühelm Engelmann m Leipzig LiÜuAnst vi' AI imke,Leipzig Archiv für Zellforschung. Bd. XVI 1 z Tafel III ^^ 13 f • 5 A 6 i 9 10 *• ^ 4/ ^ ^ jft ne^-i 15 It f^ 16 >.. :^ • • 0 Phoi. Heiiselsdorlf-Seiiir Verlag von Wilhelm Kn yel mntui, Leipzij,' ApcMvfür ZeUforschzm^ £ci.XVI. ■\ I 'n4 • 1'. ^ L. \ . \ .••: ■ ■ , •■:::\ ..'...'./; ^. B i 77. i:- 7« Lut2 qe Verlag vWilhelia]|t J3. //. ^ HO. n. IS. 7^ )l 19. ^m 27. Tafel IV. • •• 16. i% 23. c - 22. inaiinini,eipng .ithAnst V E A F'jnke, Leipziq i 4 i ^m ■J6 ^"^ 'S 4f, ■ ; ; •■■C-~- •»3W**«--^-- ** iV. /'. ■•\ ^ '..'':' '^ S>^-j^ 33. ^'Q Archiv für Zrllf'orschunq. Bd.XM. ^ w 12 13 .i^S^, .♦.•*>—/ "-C ^ i^' ^ af^>: del. Tarn in, in. ^^ — K —nuci 8 11 !^ ■^ 18 15 % \ \ / V / ", w. /» >4 -^4 ■?5 >1 ^^4* JÄigiijj:. /6 /v Arc/iiy für ZcUtom-himq Bd. X\ 7. 23" \ 22^ jeUi deL TnfMI. ]i-clin- für Zdlfhrschiinq. Bd.WI. 24 25 II m N v\ Vll\ 27 30 29^ Gelti deL 7///; 17//. '6 -'/?" •P" «» Aiclin' für /rlUorschimq. W.XM äeui del TnllX. :i8 .4 « 37 39 * I 36" ri /. ^f. 36" W 4/ Archiv für ZelUbrschiing. Bd. AI 7. 44" 46 53 .56 45" 54 % ■55 45* J 50" M 50^ Gelei iel Taf.X. w 51^ •\ 4Ä 52 ■ t V Archiv für Zrllforschung. Bd. X\'l. 65 57^ 57^ \ f • • GeUi iel Taf.Xl 63 58 "% VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG FÜNF REDEN VON EWALD HE-RING Über das Gedächtnis als eine allgemeine Funktion der organisierten Materie Über die spezifischen Energien des Nervensystems Zur Theorie der Vorgänge in der lebendigen Substanz Zur Theorie der Nerventätigkeit Herausgegeben von H.E.Hering Mit einem Bildnis von Ewald Hering o 140 Seiten gr.-8 Preis geheftet M. 14. — Aus den Besprechungen: ... Es ist verdienstlich vom Herausgeber wie vom Verlag, daß sie die schönsten Vorträge des genialen Leipziger Physiologen uns in besonders gutem Druck auf den Tisch legen. . . . wer sich in diese fünf Reden nach- fühlend verlieft, wird auch heute noch sein wissenschaftliches Denken auf eine höhere Stufe gehoben fühlen. Buttersack. Berliner klin. Wochenschrift, 1921. Soeben erschien: l Bibliotheca zoologica II Bearbeitet von Professor Dr. 0. Tasclienberg 24. LIEFERUNG. Nachträge Sign. 785—794 ^ Preis einschließlich Verleger-Teucrungszuschlag W Mark 36.- Aus den Besprechungen der früheren Lieferungen: . . . etwas zum Lobe des allen zoologisch Arbeitenden unentbehrlichen Werkes zu sagen, erübrigt sich wohl . . . Literarisches Zeniralblatt. . . . Lnmer wieder muß betont werden, daß alle auf dem Gebiete der Zoologie arbeitenden Forscher ihm (dem Verfasser) für seine selbstlose und mühevolle Arbeit zu tiefstem Danke verpflichtet sind. Zentralblaü für Zoologie. >. . . In view of the very high present cost of publication it is to be hoped that all the subscribers to tliis unique and exhaustive work will do their part in füll.« American Journal of Scieiice. Mitteilung an die Herren Mitarbeiter. Sämtliche Beiträge für das Archiv für Zellforschung, deren Veröffentlichung in deutscher, französischer, englischer und italienischer Sprache erfolgen kann, bittet man an die Adresse des Herrn Professor Dr. R. Goldschmidt, Berlin-Dahlem, Kaiser-Wilhelm -Institut für Biologie, zu senden. Die Herren Mitarbeiter erhalten an Honorar M. 40. — für den Druckbogen und 40 Sonderdrucke. Überschreitet eine Arbeit den Umfang von 4 Bogen, so wird für den Mehrumfang ein Honorar nicht gewährt. Dissertationen sind von der Honorierung ausgeschlossen. Die Manuskripte sind nur einseitig beschrieben und driickfertig ein- zuliefern, d. h. so, daß das Lesen der Korrektur in der Ausmerzung von Satzfehlern besteht, nicht in einer stilistischen oder sachlichen Umarbeitung. Jedes Einschieben von Worten und ähnliche Änderungen sind mit entsprechenden Kosten verknüpft und diese müssen, wenn dadurch die normalen Korrekturkosten wesentlich erhöht werden, den betr. Herren Autoren zur Last gelegt werden. Die Zeichnungen für Tafeln und Textabbildungen (diese mit genauer An- gabe, wohin sie im Text gehören) werden auf besonderen Blättern erbeten, auch wolle man beachten, daß für eine getreue und saubere Wiedergabe gute Vorlagen unerläßlich sind. Anweisungen für zweckmäßige Herstellung der Zeichnungen mit Proben der verschiedenen Reproduktionsverfahren stellt die Verlagsbuchhandlung den Herren Mitarbeitern auf Wunsch zur Verfügung. Bei photographisch aufgenommenen Abbildungen wird gebeten, die Negative bei Absendung des Manuskripts unmittelbar an die Verlagsbuchhandlung zu schicken. Die Veröffentlichung der Arbeiten geschieht in der Reihenfolge, in der sie druckfertig in die Hände der Redaktion gelangen, falls nicht besondere Umstände ein späteres Erscheinen notwendig machen. Redaktion und Verlagsbuchhandlung. VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG Vor kurzem erschien: Osmotische Untersuchungfen Studien zur Zellmechanik von Dr. -W. Pfeffert ehem. Professor der Botanik in Basel ^^^= Ziveite unveränderte A.uflage =^=^= Mit einem Vorwort von Prof. Dr. F. CzapeKf Mit 5 Holzschnitten. XIV und 236 S. gr. 8 Geheftet M. 20.— ; in Leinen gebunden M. 42. — Aus den Besprechungen: The oniy edition of Prof. Pfeffers epoch-making work on osmosis has been long exhausted. and the present reprint will be a welcome, and indeed necessary, addition to the library of all who are interested in osmotic phenomena. . . . The paper, printing and binding in spite of the difficulties that must exist in this respect, leavc little to be desired, and the publication of the book is a worthy tribute to the memory of the great physiologist. . Pharmaceutical Journal. ' - * v ... .^u Geschlechtschromosomen-Untersuchungen an Psychiden. III. Chromosonieukoppelnugeu bei Solenobia pineti, Z. Eine zyto- logische Basis für die Faktoreuaustausch-Hypothese. Von J. Seiler. (Biol. Institut von Dr. C. B. Haniel, Schiederlohe [Isartal, Bayern].) Mit 7 Textfiguren, 12 Tabellen und Tafel XII. Inhaltsverzeichnis. Seite I. Einleitung 171 II. Ergebnisse der zytologischen Untersuchung 172 1. Die Eireifung 172 2. Die Samenreifung 177 3. Die diploide Cliromosomenzahl ;7S III. Deutung der Befunde l80 IV. Die vererbungstheoretische Bedeutung der Befunde 188 1. Die Koppelungsverhältnisse der Rasse mit 60 Chromosomen 188 2. Die Koppelungsverhiiltnisse der Rasse mit 64 Chromosomen 18"' 3. Koppelung und Austausch in der Rasse mit 62 (31 x 31) Chromosomen 189 4. Koppelung und Austausch bei den Bastarden zwischen den Rassen mit 60, 62 und 64 Chromosomen 191 6 Koppelung und Austausch in der ganzen Population 191 6. Dominanzerscheinungen. Änderimg der Koppelungsverhältnisse nur im weiblichen Geschlecht 198 7. Änderung der Koppelungsverhältnisse in diploiden Kernen embryonaler Zellen 200 V, Vergleich der zytologischen Befunde und Postulate über Koppelung und Fak- torenaustausch bei S. pineti mit den experimentellen Ergebnissen über Cros- sing-over an Drosophila 201 VI. Literaturverzeichnis 215 i. Einleitung. Die vorliegende Arbeit ist hervorgegangen aus den Geschlechts- ehromosomen-Untersuehungen an Psychiden. Eine oberflächliche Orien- tierung über die Chromosomen bei Solenobia yineti Z. ergab zwei verschie- dene diploide Chromosomenzahlen. Es schien also bei dieser Form, gleich- wie bei Talaeporia tiibulosa und Fumea casta (vgl. Studie 2) ein unpaares Arcliiv f. Zellforschung. XVI. 12 172 J. Seiler Geschlechtsclu'omosom vorzuliegen. Aus diesen und aus andern Gründen, die aus der Studie 4 ersichtlich sein werden, wurde Solenobia pineti untersucht. Das Material stammt aus dem Grunewald bei Berlin-Dahlem und aus einem Föhrenwald nördlich von Berhn, zwischen Bernau und Liepnitzsee (Mark). Die eingehende Untersuchung, die in den Jahren 1915—1918 er- folgte, deckte veiivickelte Chromosomenverhältnisse auf, die erst nach wiederholten Anstrengungen geklärt werden konnten. Da die Befunde in engstem Zusammenhange stehen mit Ergebnissen der modernen Erblich- keitsforschung, die unter dem Namen Faktorenkoppelung und Faktoren- austausch (Crossing over) zusammengefaßt werden können, so sei über sie sorgfältig berichtet. II. Ergebnisse der zytologischen Untersuchung. 1) Die Eireifung. Die Chromosomenzahl in der Äquatorialplatte im eben abgelegten Ei festzustellen, geüngt bei Solenobia pineti noch schwerer als bei den bis jetzt beschriebenen Formen der Psychiden. Bis zu Beginn der Anaphase der ersten Keifeteilung bleiben die Chromosomen durch chromatische Brücken ver- bunden (vgl. Photogr. 4 der Taf. XII), so daß eine sichere Abgrenzung meist nicht gelingt. Die klarsten Platten zeigen 30 Chromosomen oder 31 oder 32. Beginnt die Anaphase, so lösen sich die Chromosomen aus den Ver- bänden, und die Zahl kann in gut getroffenen Tochterplatten mit abso- luter Sicherheit festgestellt werden. Textfig. I, 1 und 2 gibt ein Tochter- plattenpaar wieder. Sowohl in der äußeren Platte 1 (die den ersten Rich- tungskörper üefert), wie in der inneren 2, zählen wir 30 Chi-omosomen. Die Verhältnisse sind schematisch klar; das mag die Photogr. zeigen (Photogr. 13 und 14), die dasselbe Plattenpaar in derselben Orientierung Aviedergibt. Die Chromosomen der ersten Platte (Phot. 13) hegen nicht ganz genau in der optischen Ebene ; ein Chromosom, rechts oben gelegen, war nur noch in einem Schatten auf die Platte zu bringen. Ist bei jAneti, wie bei F. casta, T. tubulosa und andern daraufhin unter- suchten Schmetterlingen die erste Retfeteüung die Reduktionsteilung, so wäre demnach, im Gegensatz zu casta und tubulosa, kein unpaares Geschlechtschromosom vorhanden. Wir werden weiter darauf zu achten haben, ob ein inäquales homologes Chromosomenpaar nachzuweisen ist, also der y Z-Geschlechtschromosomentypus vorliegt. Dieses erste Plattenpaar spricht nicht dafür. Die Abb. 1 und 2 der Textfig. I, in der an der gegen- seitigen Lage die Tochterchromosomen leicht erkannt und verghchen werden können, zeigt wohl Differenzen; die liegen aber innerhalb der möghchen Beobachtungsfehler. Zum Vergleich der Größenverhältnisse darf die Geschlechtschromosomenuntersuchungen an Psychiden. 173 1 . ^ . . -^ • * • •. ;• • .r ••••• •• :*♦ • • ••• • • • • • • • • • • • • , • •••^Ä ♦* • •••*• •••••7 73 •^,:^^' -;:v:'. a^V::* v'^v ^^'::^^^ ^:v;K^ £;?;:•;;:; ^^;- -^^ ... ^^..•. •.\"i»*t%» »% • » # • • • ;*•*• (•« Textfig. I. 1 und 2 zusammengehörige Tochtcrplatten der ersten Reifeteilung im Ei von S. pineti mit je 30 ChroniosoiiK^n. 3 und 4, 5 und 6, dasselbe, aber n)it je 31 Chromosomen. 7 und 8, » » » » 32 » , hier liegt die äußere Platte (die des I. Richtungskörpers) auf zwei Schnitten. 9 und 10 zusammengehörige Tochterplatten der zweiten Reifeteilung Im Ei von pineti mit je 31 Chromosomen. 11 und 12, dasselbe aus einem andern Ei. 13, 14, 15, BL-»stodermä(iuatorialplatt«n dreier Embryonen mit je 61 Chromosomen 16, 17, dasselbe aus zwei Embryonen mit 62 Chromosomen. 18, 19, 20, » ♦ » » »63 » Vergrößeru ng c.i. 3000 x. Gezeichnet mit dem Zeiohenapparat v. ZElSSnach ABB*. 12* 174 J. Seiler Photographie natürüch nicht benutzt werden, denn die gibt nichts weniger als ein objektives Bild derselben. Die Tuschezeichnungen der Fig. I da- gegen geben die wirkhchen Verhältnisse mit der größtmöglichen Genauigkeit. Die Textfig. I, 3 und 4 gibt ein weiteres Plattenpaar; es ist so klar und so ideal getroffen wie das erste, zeigt aber 31 Chromosomen und zwar in beiden Platten. Ein unpaares -Y-Chromosom ist also auch hier nicht vor- handen; und vergleichen wir die homologen Chromosomen, die wieder leicht herausfindbar sind, so müssen wir ferner feststellen, daß ein zweifelloses inäquales P?ar(X Y-Chromosom) nicht vorhanden ist. Ein weiteres Platten- paar, Textfig. I, 5—6, zeigt genau dasselbe. Wieder haben wir 31 : 31 Chro- mosomen. Überraschenderweise ist aber die Chromosomenvariation bei pineti damit noch nicht erschöpft. Eine dritte Sorte von Eiern hat in ihren Tochterplatten der ersten Keifeteilung 32 : 32 Chromosomen, wie Textfig. I, 7—8 zeigt. Die eine Platte ist zerschnitten, was die punlitierte Linie andeutet. Im übrigen aber sind die Verhältnisse ganz eindeutig. Auch für dieses Plattenpaar gilt dasselbe, was wir für die früheren sagten. Da diese Feststellungen vom Üblichen abweichen und eine Variation in der sonst so konstanten Chromosomenzahl erkennen lassen, schien es notwendig, den Befunden sorgfältig nachzugehen, einmal, um sie zu bekräftigen, dann aber, um die Variationsbreite zu erfassen. Die Resul- tate der Untersuchungen stellt die Tab. I zusammen. Sämthche in die Tabelle aufgenommenen Beobachtungen halten wir für eindeutig und richtig. War die Zählung in einer der Tochterplatten nicht eindeutig oder nicht möglich, so fehlt die Zahl. Liegt eine Platte auf zwei Schnitten, so ist die Summe der Chromosomen eingeklammert. Wer diese Fälle bezweifelt, mag sie weglassen; es ändert nichts an folgenden, sicher- stehenden Tatsachen: 1. Pineti besitzt in der ersten Reifeteilung im Ei entweder 30 oder 31 oder 32 Chromosomen. 2. Ein unpaares X-Chromosom ist nicht vorhanden. 3. Soviel wie festgestellt werden kann, liegt auch ein in- äquales XY-Paar nicht vor. Für die Interpretation der Befunde ist nun ausschlaggebend zu wissen, ob die Eier, die einem Gelege angehören, also von einem Weibchen stam- men, die gleiche Chromosomenzahl haben. Wir fixierten und untersuchten jedes Gelege einzeln. Bei der großen Schwierigkeit, eindeutige Chromosomen- platten im Ei zu erhalten, ist es nur in relativ wenigen Fällen gelungen, aus einem Gelege eins größere Anzahl von verwendbaren Platten zu erhalten. Doch zeigt die Tabelle mit genügender lüarheit, daß die Chromosomen- zahl innerhalb eines Geleges im allgemeinen gleich ist. Gelege Nr. 69 (Ei Geschlechtschromosomenimtersuchungcn an Psychiden. 175 Tabelle I. Die Chromosomenzahl in den Tochterplatten der 1. Rcifetcilung im Ei von Sol. pineti. Chromosomenzahl der 1 Ei Nr. Gelege Nr. inneren Platte äußeren Platte Bemerkungen 1 16 30 (! = abweichende Chro- 2 15 30 _- mosomenzahl innerhalb 8 15 30 eines Geleges. Bei ein- 4 92 ~- 30 geklammerten Zahlen 5 92 — 30 sind die Platten zer- 6 51 30 30 schnitten, liegen auf 7 31 31 31 zwei Schnitten, 8 31 30 (?) — 9 59 30 30 10 59 . — 31 ! 11 53 30 12 53 — 30 13 53 30 30 14 53 30 30 15 90 31 16 86 ... 31 17 86 — 31 18 87 31 — 19 87 31 31 20 87 31 — 21 87 31 31 22 29 31 (31) 2 + 29 23 30 32 (32) 30+2 24 69 31 (31) 27+4 25 69 31 — 26 69 31 31 27 69 31 28 69 31 31 29 69 31(?) 31 30 69 31 (31) 26+5 31 69 (31) 4 + 27 31 32 69 31 31 33 69 31 31 34 69 31 35 69 31 — 36 69 ;31) 19 + 12 31 • 37 28 (30) 4 + 26 l30) 19 + 11 38 28 (30, 26+4 (30) 26+4 39 28 — 31 ! 40 28 30; 28+2 (30) 11 + 19 41 28 30 ,30 5 + 25 42 28 — (30) 23+7 176 J. Seiler Tabelle I (Fortsetzung). Ei Nr. Gelege Nr. Chromosomenzahl der inneren Platte äußeren Platte Bemerkungen 43 44 28 28 30 ^30) 11 + 19 45 46 28 85 30 (30) 3 + 27 30 47 85 — 31 48 85 31 31 * 49 60 85 85 31 31 (31) 27+4 31 51 85 31 31 62 63 85 85 31 (31) 22+9 64 55 56 57 68 85 85 85 85 85 (31) 29 -i- 2 31 (31) 9 + 22 (30) 17 + 13 (31) 13 + 18 1 69 85 31 31 60 85 31 31 ol €2 63 17 17 17 31 32: — 31 31:31 ! (Tochterplatten der IL R.-T.) dito 64 17 (31) 18 -}- 13 31 65 17 31: — 31:31 dito 66 17 31 31 67 68 17 17 31 31 (31) 11 + 20 Nr. 24-36) hat z. B. 31 Chromosomen, Gelege 53 (Ei 11-14) hat 30 Chro- mosomen usw. Von dieser Regel aber gibt es Ausnahmen. Sie sind in der TabeUe mit ! bezeichnet. Gelege 59 (Ei 9 und 10), Gelege 28 (Ei 37—45), Gelege 17 (Ei 61-68) hat je eme Ausnahme, Gelege 85 (Ei 48-60) hat zwei Ausnahmen. Die Differenz beträgt je ein Chromosom. Diese Aus- nahmen werden uns später noch genau beschäftigen. Der Verlauf der zweiten Reifeteilung ist für uns namentlich der Geschlechtschromosomenfrage wegen wichtig. Es wäre ja möglich, daß bei pineti die zweite Reifeteüung die Reduktionsteilung ist; wir haben uns deshalb bemüht, auch Tochterplatten der zweiten Reifeteilung zu erhalten, was in drei Fällen auch gelungen ist. Die Textfig. I, 9 und 10 (Ei Nr. 65 der Tab. I) gibt das Tochterplattenpaar des Richtungskörpers wieder. Beide Platten haben 31 Chromosomen. Von der inneren Spindel ist eine Tochterplatte vollständig und auf einem Schnitt und zeigt eben- Geschlechtscliromosomenuntersuchimgen an Psychiden. 177 falls 31 Chromosomen. Die ancke Platte ist unklar. Textfig. I, 11 und 12 zeigt ein weiteres Plattenpaar der zweiten Reifeteilung (Ei Nr. 63 der Tabelle) mit 31 : 31 Chromosomen. Wir können demnach mit Bestimmtheit schließen, daß in dem vorliegenden Material ein unpaares X-Chromosom nicht vorhanden ist. Für die Anwesenheit eines XY-Paares konnten keine Beobachtungstatsachen erbracht werden. 2) Die Samenreifung. Hodenmaterial von pineti besitzen w leider nur wenig. Die Samen- reifung findet früh im Frühjahr statt, früher als bei andern verwandten Psychiden, z. B. bei tiihulosa, so daß wir den richtigen Moment zum Fixieren von Hoden nie ganz trafen. Da es uns vorläufig nur auf die Chi'omosomenzahl ankommt, stellen wir die Zählergebnisse tabellarisch zusammen (vgl. Tab. II). Tabelle IL Die Cliromosomenzahl in den Spermatozyten von Sol. pineti. Nr dpr 6 Chro mosoraen- Zahl der ausgezählten Aquatorialplatten der zahl I. Reifeteilung II. Reifeteilung 1 30 — 3 2 31 — 13 3 31 2 1 4 31 6 9 5 32 1 — 6 32 3 — 7 32 10 5 22 31 Gleich wie bei den Eiern, finden wir in denSpermatozyten drei verschiedene Chromosomenzahlen, nämlich 30, 31 und 32. Von sieben Männchen hatte eines in allen auszählbaren Chromosomen- platten 30 Chromosomen, di'ei hatten 31 (vgl. Textfig. II, 1 und 2), und drei hatten 32 Chromosomen (Textfig. 11, 3 und 4). Abweichungen von der üblichen Chromosomenzahl innerhalb eines Hodens fanden wir nicht. Da wir ungefähr gleich viel Spermatozyten ^^ie Ovozyten ausgezählt haben, in den Ovozyten aber bestimmt in fünf Fällen Abweichungen in der Zahl festgestellt werden mußten, so besteht also darin ein Unterschied zwischen Männchen und Weibchen, auf den wir zurückkommen werden. Soviel festgestellt werden kann, ist keine der beiden Teilungen in- äqual. 178 J. Seiler 3) Die diploide Chromosomenzahl. Von allen bis jetzt untersuchten Psychiden hat pineti die kleinsten Chro- mosomen, bietet inf olgedesh en der Untersuchung große Schwierigkeiten. Es ist nicht daran zu denken die diploide Chromosomenzahl in den Spermato- gonien und Ovogonien festzustellen. Auch in diesem Fall aber erweisen sich die Blastodermmitosen dazu sehr geeignet. Wählt man zum Auszählen aus- schließlich Platten, die ganz in der Ebene des Schnittes hegen und vollkommen unverletzt sind,, und die in der Abgrenzung auch nicht eines Chromosoms Zweifel offenlassen, so läßt sich die Chromosomenzahl einwandfrei feststellen. Nach dem bis jetzt Gesagten ist es selbstverständlich, daß wir mehrere cüploide Chromosomenzahlen zu erwarten haben. Wir fanden die Zahlen 61, 62 und 63. Die Textfig. I, 13-15 (S. 173) gibt drei Platten mit 61, die Textfig. I, 16 und 17 hat 62 und I, 18-20 hat 63 Chromosomen. z •••••1 • • •« • ••• • Textfig. II. Äquatorialplatten der ersten Reifeteiluug im Hoden von S. inneti. 1 und 2, aus einem Männchen mit 31 Chromosomen. 3 und 4, » » 9 » 32 » Vergrö ßerung ca. 3000 x . Gezeichnet mit dem Zeichenapparat v. Zeiss nach ABBß. Um zu zeigen, wie Mar die Verhältnisse für das Zählen Hegen, haben wir zwei Platten photographiert, Photogr. 10 = Textfig. 1, 15 mit 61 Chromo- somen, Photogr. 11 = Textfig. 1, 16 mit 62 Chromosomen. Für den im Sehen von Mikrophotographien Geübten werden die Bilder den Zweck erfüllen. Das Gesamtresultat der Zählungen zeigt Tab. III in kurzer Übersicht. Wenn immer möglich, wurden in einem Embryo mindestens zwei, im Mittel ungefähr vier Zählungen ausgeführt. Wieder wurden die Gelege einzeln fixiert und untersucht. Besonders muß betont werden, daß wir die Weibchen einzeln in Ivlausur hielten und denselben kurz nach dem Schlüpfen ein Männ- chen zur Begattung gaben, die unter Kontrolle erfolgte. Nie kommt bei fineti auf ein Weibchen mehr als ein Männchen zur Begattung ; denn un- mittelbar nachdem diese beendigt ist, biegt das Weibchen mit einer nervösen Hast den Hinterleib ein, streckt die Legeröhre in den Sack, legt die Eier ohne Pause und läßt sich bei seinem Geschäft auch von heftig werbenden Männ- chen nicht im geringsten stören. Das Weibchen z. B., welches das Gelege Nr. 37 lieferte, schlüpfte 5^*^, erhielt ein Männchen ö^"', die Copula erfolgte sofort und dauerte bis 5'"', Beginn der Eiablage 5^\ Ende 6'^*^. Der Tabelle sind folgende wichtige Tatsachen zu entnehmen: Geschleclitschroinosomcüuutersuchungcn an Psycliiden. 179 Tabelle IIL Die diploiden Chroiiiosomenzahlon von Sol. pineti in Blastodermmitoscn. Zahl der ausgezählte n ein- Gelege Nr. wandfreien Chromosomen- Bemerkungen: ! = Embryoneu Embryo Nr. platten mit den Chromo- mit verschiedenen Chromo- somenzahlen: Bomenzahlen. i 60 61 i 62 63 1 60 3 2 67 li?) 1 j 3 78 3 4 78 3 5 78 4 6 78 1 7 22 1 8 22 4 9 22 4 10 22 2 11 22 2 12 22 5 13 22 6 14 22 4 15 22 2 16 22 4 17 22 5 18 79 4 19 79 4 20 79 4 21 39 4 22 74 1 23 74 4 24 37 4 25 37 4 26 87 4 27 37 3 28 37 1 1 t 29 37 2 30 37 4 31 37 1 32 37 4 33 37 2 34 37 2 35 37 4 36 37 1 1 1 37 37 4 38 37 4 39 37 4 40 37 4 180 J. Seiler Tabelle III (Fortsetzung). Embryo Nr. Gelege Nr. Zahl der aasgezählten ein- wandfreien Chromosomen- platten mit den Chromo- Bomenzahlen: 60 61 62 63 Bemerkungen : ! = Embryonen mit verschiedenen Chromo- somenzahlen. 41 37 3 42 37 1 1 2 ! t 43 37 4 44 37 1 3 ! 45 37 4 46 37 3 47 37 4 48 37 1 1 ! 49 37 3 60 37 4 51 72 4 52 72 4 53 77 4 54 77 3 55 71 1 4 56 71 4 1. Die Embryonen eines Geleges haben verschiedene Chro- mosomenzahlen, obwohl keine Digametie vorliegt. Betrachten wir z. B. Gelege Nr. 78 (Embryo Nr. 3—17), so ist 62 die häufigste Zahl. Mindestens zwei Embryonen aber (Nr. 13 und 16) haben 61 Chromosomen. Bei Gelege Nr. 37 kommen die Chromosomen- zahlen 61 und 62 ungefähr gleich häufig vor. Gelege Nr. 77 hat die Zahlen 61 und 63. 2. Ausnahmsweise finden wir bei einem Embryo zwei oder drei verschiedene Chromosomenzahlen (Embryo 28, 36, 42, 44, 48; mit ! in der TabeUe). III. Deutung der Befunde. Die mitgeteilten Tatsachen, die auf den ersten Bück vei-wirrend aus- sehen, werden uns klar und verständlich, wenn wir bei ihrer Deutung von der Voraussetzung ausgehen, daß uns drei Rassen mit den haploiden Chromosomenzahlen 30, 31 und 32 und ihre Kreuzungsprodukte vorliegen. Wir hätten demnach die wenig dankbare Aufgabe, eine Population ver- schiedener Chromosomenrassen zu analysieren. Diese Aufgabe wird uns dadurch etwas erleichtert, daß wir die Gameten entstehen sehen. Geschlechtscliromosomcnuntersuchungen an Psjchiden. 181 Sehen wir von den vereinzelten Ausnahmen vorläufig ab, so müssen wir als Hauptpunkt herv'orheben, daß ein Tier nur eine Sorte von Keim- zellen erzeugt. Sind Chromosomenbastarde vorhanden, so gilt das an- scheinend auch für diese. Im ganzen fanden ^^•ir 23 Eier mit 30 Chromosomen; 1 Männchen mit 30 Chromosomen 48 » » 31 )) 3 )) ). 31 )' 3 » » 32 » 3 » » 32 Danach müssen folgende Befruchtungsmöglichkeiten bestehen, und folgende diploide Chromosomenzahlen sind zu erwarten, wenn diese einfach der Summe der Chromosomen der einzelnen Gameten entsprechen: 30 + 30 = 60 30 + 31 = 61 30 -H 32 = 62 31 + 31 = 62 31 + 32 = 63 32 + 32 = 64 Diese diploiden Zahlen erhielten wir auch tatsächlich. Einzig die beiden Extreme mit 60 und 64 Chromosomen fehlen. Das könnte viel- leicht darauf zurückzuführen sein, daß die untersuchte Population (56 Em- bryonen) zu klein war. "Wenn wir nur die Embryonen berücksichtigen, in welchen mindestens zwei übereinstimmende Zählungen gelungen sind, 80 fanden w: 60 Chromosomen bei — Tieren = 0% 61 )) 62 » 63 64 » Man könnte versucht sein, aus dem Verhältnis der verschiedenen Gameten das zu erwartende prozentuale Verhältnis der möglichen Kreu- zungsprodukte zu errechnen. Sind alle Befruchtungsmöglichkeiten er- schöpft, so müssen wir erhalten: tatsächliches Ergebnis Embryonen mit 60 Chromosomen 4,5% 0% » » 61 )) 22,6% . 37,5% » » 62 » 41,7% 60,4% » » 63 » 29,5% 2,1% » » 64 » 1,7% 0% Die Übereinstimmung zwischen dem errechneten und dem tatsäch- lichen Verhältnis ist gering. Etwas besser ist sie, wenn wir annehmen, 18 » =37,5% 29 » =60,40/0 1 » = 2,1% — » = 0% 182 J. Seiler daß das Verhältnis der verschiedenen Sorten von Spermatozoen gleich ist dem der Eier; denn die kleine Zahl der untersuchten Männchen wird uns das tatsächliche Verhältnis wahrscheinlich nicht richtig geben. In beiden Fällen gingen wii" jedoch von der falschen Voraussetzung aus, daß die diploide Chromosomenzahl gleich ist der Summe der Chro- mosomenzahlen der beiden Keimzellen, Wäre das der Fall, so dürfte ein befruchtetes Weibchen, wenigstens wenn wir einen Augenblick die relativ geringe Zahl der Ausnahmechromosomenzahlen der Eireifung außer acht lassen, nur eine Sorte von Embryonen erzeugen. Das tun sie aber nicht, wie die Tab. III zeigte. Wie sind diese Tatsachen zu erklären? Wir konnten mit Bestimmtheit feststellen, daß zwischen den vor- liegenden Chromosomenrassen keine physiologische Barriere bestehen kann und in der freien Natur eine ungehemmte Bastardierung erfolgen muß; denn gaben wir einem frisch geschlüpften Weibchen ein Männchen (Weibchen und Männchen trugen vdr auf dem Puppenstadium aus der freien Natur ein), so erfolgte ausnahmslos sofort die Begattung. Wir hatten Gelegenheit, das Experiment mit gleichem Erfolge wohl gegen Geschlechtschroniosomenuntersuchungt'n an Psychiden. 183 -'00 Male auszuführen, da wir ebenso viele Gelege für diese Untersuchung brauchten. Nun besitzen wir Chromosomenplatten von 15 verschiedenen Weibchen und untersuchten die Samenreifung in sieben verschiedenen Männchen, Ein Teil dieser Tiere muß bestimmt Bastardnatur gehabt haben. In keinem einzigen Fall dagegen entdeckten wir während der Reifeteilungen etwas, was auf eine Bastardnatur hingewiesen hätte (ab- gesehen vielleicht von den Ausnahmschromosomenzahlen mit ! in Tab. I). Im Gegensatz dazu sahen wir bei einem früher untersuchten Chromo- somenbastard von Phragmatohia fuliginosa (vgl. Seiler, 1917), die Con- jugation zwischen den beiden elterlichen Garnituren mit 28 und 29 Chro- mosomen so verlaufen, daß die Bastardtetrade an der Fonn unzweifelhaft erkennbar w.;r; und in der ersten Reifeteilung, der Reduktionsteilung, können wir im jVIikroskop die Aufspaltung in die beiden elterlichen Garni- turen mit 28 \md 29 Chromosomen verfolgen. Im Chromosomenbastard von pineti dagegen muß die Conjugation so verlaufen, daß eine Garnitur auf die andre sich einstellt. Bei den Bastarden 30 + 31 erhalten wir entweder 30 Tetraden oder 31 » 30 -1- 32 )) » » 30 » )) 32 » 31 + 32 » » . » 31 » » 32 Welche dieser beiden Möglichkeiten jeweils eintritt, können wir nicht sagen. Nur so viel ist den Tatsachen zu entnehmen, daß für eine bestimmte Kreuzung nur eine Art der Conjugation tj^pisch ist. Das folgt aus den Daten der Tab. I und IL Von dieser Regel gibt es allerdings Ausnahmen und zwar, wie es scheint, nur in der Eireifung. Wir werden darauf zu sprechen kommen. Aus der Tatsache ferner, daß die Conjugation so glatt verläuft und ein Umstellen der einen Garnitur auf das Aussehen der andern eintritt, schließen wir, daß die drei Chromosomenrassen einander sehr nahe stehen und sich nur darin unterscheiden, daß in der Rasse mit haploid 30 Chromosomen ein Chromosom )*mehrwertig« ist und bei den Rassen mit 31 und 32 Chromosomen in zwei bzw. drei Teile aufge- spüttert ist; die Veränderung könnte auch zwei Chromosomen be- treffen; doch glauben wir, auf Grund von vergleichenden Betrachtungen, daß die Änderung sich nur an einem Chromosom vollzieht, oder, nehmen wir das ganze Sortiment, an einem Paar homologer Chromosomen. Ein Vergleich der Größenverhältnisse der Chromosomenplatten mit 30, 31 und 32 Chromosomen (Textfig. I und II) führt zu dem Schluß, daß wir das Clu'omosomen der Platten mit 30 Chromosomen nicht erkennen können, das bei 31 in zwei, bei 32 in drei Teile aufgesplittert ist. Es muß wohl eines der größten aufsplittern; so würden drei Chromosomen von der Größenordnung der kleinen Chromosomen entstehen. Bei dieser Sachlage 184 J. Seiler ist es verständlich, daß das »Sammelcliromosom« nicht erkennbar ist. Wir betonen, daß es für die folgenden Überlegungen übrigens im Prinzip belanglos ist, ob das Aufsplittern an zwei Chromosomen, oder, wie wir an- nehmen, nur an einem sich vollzieht. Die nächstliegenden Vorstellungen über den Zusammenhang der di-ei Chromosomenrassen versinnbildlichen die drei ersten Schemata der Text- fig. III. In der Rasse mit diploid 60 Chromosomen sind die drei Segmente des in Umwandlung begriffenen Chromosomenpaares, das allein in den Schemata gezeichnet ist, noch vereinigt (Schema a). Bei der Rasse mit 62 Chromosomen (31 + 31) sind die punktierten Segmente selbständige Chromosomen (Schema h); natürlich könnte ebensogut die Aufsplitterung am andern Chromosomenende beginnen und das schraffierte Stück frei sein. Bei der Rasse mit 64 Chromosomen (Schema c) sind alle drei Seg- mente frei. Aus diesen drei Rassen ergeben sich die Chromosomenbastarde, die die Schemata d, e und / kennzeichnen. Es ist so viel wie sicher, daß unsre Schemata die wirklich vorliegenden Verhältnisse richtig treffen. Einen strikten Beweis dafür vermögen wir aber vorläufig nicht zu erbringen. Wir können nur darauf hinweisen, daß wir bei zwei andern Schmetterhngen mit gleichen oder ähnlichen Chromosomenverhältnissen wie pineti, bei Ph. fuliginosa und bei L. mo- nacha mit Leichtigkeit direkt zeigen können, daß durch Querteilung eines Chromosoms eine höhere Chromosomenzahl entsteht. Bei der fuli- gimosa- Rasse mit haploid 28 Chromosomen schnürt das große, lange Chro- mosom an einem Ende ein Teilstück ab, das in der Rasse mit 29 Chro- mosomen selbständiges Chromosom ist. Bei L. monacha sehen wir des- gleichen ein langes »mehrwertiges« Chromosom; hier aber nur im männ- hchen Geschlecht. In der ersten Reifeteilung im Ei ist dieses Chromosom durch cbei Querteilungen aufgesphttert in vier selbständige Elemente; nach der Reduktionsteilung vereinigen sich diese vier Elemente wieder, so daß wir in den Äquatorialplatten der zweiten Reifeteilung wieder das lange Chromosom vorfinden, dem man häufig an seinen Querkerben ansieht, daß es zusammengesetzter Natur ist. Die Reifeteilungen in den pineti-BsiStSirden verlaufen, wie schon gesagt, so, als ob reine Rassen vorlägen, und es entsteht scheinbar nur eine Sorte von Gameten. Doch das ist nur Schein, denn auch bei pineti erfolgt — gleichwie beim Chromosomenbastard von fuliginosa — tatsächüch ein Aufspalten. Das folgt einwandfrei aus den Chromo- somenzahlen, die wir unmittelbar nach der Befruchtung auf dem Blasto- dermstadium in einem Gelege antreffen. Gelege Nr. 37 (Embryo 24—50, Tab. III, S. 179—180) z. B. hat ungefähr gleich häufig die beiden Chromo- Geschleclitschromosomenuntcrsuchungcn an Psychidcn. 185 somenzahlen 61 und 62. AVir können das Resultat nur erklären, wenn wir annehmen, daß der eine Elter heterozygot war und die Gameten 30 und 31 bildete, während der andre lauter Gameten mit 31 Chromo- somen li 'ferte. So erhalten Avir 3a\ 31 x 61 oder d^^ (31/ 31/ / ;62 |31\ 2 o \ |3K 30/ >62 >61 er 31/ Bei Gelege Nr. 77 (Embryo 53 und 54, Tab. III) mit den beiden Chromo- somenzahlen 61 und 63 liegt der Fall zweifellos so: 9 30\ 31\ \ 9- \ 32\ >61 3K >61 X oder X 31/' >63 30/ /63 / d^' / 31/ 32/ er Wären beide Eltern heterozygotisch, so hätten wii* ein Gelege mit drei verschiedenen Sorten von Embiyonen zu erwarten, etwa nach fol- gendem Schema: 30\ 9\ \ 31\ 60 \\/ XX61 //\ 130/ 62 Ein solches Gelege besitzen wir nicht. In der kurzen Spanne Zeit also von der Reifeteilung bis zur Blasto- dermbildung muß das Aufspalten sichtbar werden. Wann genau der Vorgang sich vollzieht, können wir nicht sagen. Da die Chromosomen- platten der Tab. I zum Teil Metaphasen der zweiten Reifeteilung sind, findet also bestimmt bis zu diesem Zeitpunkt keine Veränderung statt. Das Gelege Nr. 17, Tab. I (Ei Nr. 61—68) mit erster und zweiter Reife- teilung würde dafür sprechen, daß auch während der zweiten Reifeteilung noch keine Änderung sich vollzieht. Doch ist natürlich möglich, daß wir es hier mit einem homozygoten Weibchen zu tun haben, das diploid 186 J. Seiler 62 Chromosomen hatte und Gameten 31 : 31 bildet. Es wäre äußerst erwünscht gewesen, wenn wir mehr solcher Gelege mit erster und zweiter Eeifeteilung gehabt hätten. Doch glauben wir nicht, daß wir mehr er- fahren hätten. Denn die erste Keifeteilung ist bei pineti bestimmt die Reduktionsteilung, und bestimmt auch bleibt die Chromosomenkopp lung oder, wenn es sich um das Gegenteil handelt, die Aufsplitterung in der Garnitur, die sich umgestellt hat, noch nach der Reduktion eine kürzere oder längere Spanne Zeit erhalten. Der ursprüngliche Zustand wird wohl erst während der Befruchtung oder sogar erst kurz nachher wiederhergestellt. Bleiben die Koppelungsverhältnisse, wie wir sie auf dem Blastoderm- stadium vorfinden, bestehen bis zur Conjugationsperiode, so könnte der Vergleich der Prozentzahlen, mit denen in unserm Material die verschie- denen Sorten von Embryonen und die verschiedenen Sorten von Eiern auftraten, uns vielleicht darüber Aufschluß geben, nach welchen Regeln die Conjugation sich vollzieht. Die folgende Tab. IV, die diese Prozent- zahlen enthält, zeigt, daß Übereinstimmung besteht, wenn wir die Ergeb- nisse einander so gegenüberstellen, wie es in der Tabelle geschieht. Man möchte daraus folgern, daß der Bastard mit 61 Chromosomen Gameten mit 30 Chromosomen bildet. Wir hätten demnach Koppelung zwischen dem 30. und 31. Chromosom der einen Garnitur, doch könnte die etwas zu hohe Prozentzahl der Embryonen (37,5% statt 31,1%) darauf hin- deuten, daß auch Gameten 31 : 31 gebildet werden. In diesem Fall hätten wir Aufsplitterung in der Garnitur mit 30 Chromosomen. Tabelle IV. Das prozentuale Verhältnis der beo])achteten Sorten von Eiern (haploide Chromosomenzahl) und Embryonen (diploide Chromosomenznhl). Diploide Chrom. Zahl Zahl der Embryonen '/o Haploide Chrom. Zahl Zahl der Eier % 61 62 63 18 29 1 37,5 60,4 2,1 30 31 32 23 48 3 31,1 64,9 4,0 Die Tiere mit 62 Chromosomen sind entstanden aus 31 + 31 und 30 + 32. Das Verhältnis der Homozygoten zu den Heterozygoten beträgt ungefähr 17 : 1, wenn wir der Berechnung das tatsächliche Verhältnis der verschiedenen Sorten von Eiern zugrunde legen. Deshalb ist das vor- wiegende Aufspalten 31 : 31 und die ungefähre Übereinstimmung in den Prozentzahlen der Eier mit 31 und der Embryonen mit 62 Chromosomen verständlich. Gesclilechtüclironiosomt'iiiintersuchiingen an Psycliiden. 187 Diese Ausfühningen sollen uns nicht zu bindenden Schlüssen ver- leiten, denn wir müssen uns bewußt bleiben, daß uns eine Population von Chromosomenrassen vorliegt und die schwebenden Fragen nur gelöst werden könnten, wenn wir von reinen Rassen und systematischen Kreu- zungen ausgegangen wären. Vorläufig müssen wir uns begnügen mit der allerdings bedeutungsvollen Feststellung, daß in Tieren derselben Kreuzungen die Conjugation gleich- sinnig verläuft, d. h. immer dieselbe Garnitur sich umstellt. In der Eireifung (vgl, ! in Tab. I) fanden wir diese Regel allerdings durchbrochen, denn in fünf Fällen fanden wir eine Ausnahmechiomosomenzahl. Wir werden nicht fehlgehen, wenn w annehmen, daß hier die Garnitur sich behauptet hat, die sonst sich umstellt und die sonst dominante sich nach ihr umgeordnet hat. Doch müssen wir im Auge behalten, daß auch in Embryonen ab und zu eine vereinzelte Zelle eine Ausnahmechromosomenzahl hat (vgl. ! in Tab. III). Die genetische Chromosomenzahl scheint also relativ leicht abänderbar zu sein. Trotz der bestehenden Lücken in unsern Beweisführungen, die wir sehr wohl empfinden und selbst gern ausgefüllt hätten, dürften im wesent- lichen die Chromosomenverhältnisse von pineti geklärt sein. Wir haben es zweifellos mit einer Art zu tun, die sichtlich in Umwandlung begriffen ist, und zwar prägt sich diese Tendenz in den Chromosomenverhältnissen ab, ohne daß wir eine parallel gehende Veränderung in der äußeren Er- scheinungsfonn wahrnehmen könnten. Da das gesamte Material von derselben Lokalität stammt, haben wir es mit einem Beispiel lokalen Poly- morphismus zu tun. Wie in solchen Fällen meist, können wir auch hier nicht sagen, wie diese verschiedenen Formen, hier Chromosomenformen, entstan- den sind, noch nach welcher Richtung die Umwandlung hinzielt. Ist die Rasse mit der Chromosomenzahl 30 Ausgangspunkt und die mit 32 vor- läufiges Endziel der Entwicklung? Oder umgekehrt? Da SolenoUa pineti mancherorts sich parthenogenetisch fortpflanzt (vgl. Studie IV), könnten experimentelle Untersuchungen im Zusammenhang mit Untersuchungen über die geographische Verbreitung der verschiedenen Chromosomen- rassen zu interessanten Resultaten führen (vgl. Ernst: Apogamie !). Fassen wir zusammen: 1. In dem untersuchten Material von pineti befanden sich drei Chromosomenrassen mit haploid 30, 31 oder 32 Chromo- somen und deren Kreuzungsprodukte. 2. Die Rasse mit 30 Chromosomen hat ein dreiwertiges Ele- ment, das in zwei oder drei selbständige Chromosomen aufsplit- tern kann. So entstehen dieRassen mit 31 und32 Chromosomen. Archiv f. Zellforschnng. XVI. 13 188 J. Seiler 3. Kreuzungen zwischen den verschiedenen Rassen er- folgen ungehemmt und ohne jede Störungserscheinung. 4. In den Chromosomenbastarden wird scheinbar nur eine Sorte von Gameten gebildet. 5. Die verschiedenen Chromosomenzahlen innerhalb ein und desselben Geleges unmittelbar nach der Befruchtung be- weisen, daß tatsächlich doch ein Aufspalten stattfindet, und zwar sehr wahrscheinlich in die Gameten, aus denen ein Chro- mosomenbastard entstanden ist. 6. Die Conjugation verläuft bei einer gegebenen Kreuzung immer (abgesehen von wenigen Ausnahmen) im gleichen Sinne, und zwar so, daß immer dieselbe Garnitur für die Dauer der Conjugation und noch etwas darüber hinaus sich umstellt, auf die Ausbildung der andern. iV. Die vererbungstheoretische Bedeutung der Befunde. Welcher Art werden die Vererbungserscheinungen sein, die wir nach dem geschilderten Verhalten des einen Chromosomenpaares bei pineti zu erwarten haben? Wie die Untersuchung zeigte, kann zwischen den drei Chromosomenrassen kein tiefgreifender Unterschied sein; wohl kein viel größerer, als zwischen einer weißblühenden und einer rotblühenden Sippe einer Pflanze. Wir nahmen deshalb an, daß die drei selbständigen Chromosomen der Rasse mit 32 Chromosomen in ihrer Gesamtheit genau dem dreiwertigen Sammelchromosom der Rasse mit haploid 30 Chromo- somen entsprechen. Bezeichnen wir im folgenden die gleicliAvertigen Segmente (oder Chromosomen) mit gleichen Buchstaben, und zwar die vom einen Elter mit ABC, die vom andern mit a h c. i) Die Koppelungsverhältnisse der Easse mit 60 Chromosomen. Die drei Chromosomensegmente ABC sind in dieser Rasse ver- einigt, machen ein einheitliches Chromosom aus und werden in der Re- duktionsteilung natürüch immer ge- koppelt übertragen, wie das folgende Schema zeigt (Textfig. IV). Sind uns die Buchstaben zugleich Symbole für die Fak- torengruppen, die in diesen Chromosomensegmenten ent- A ß 'isr. IV. C Geschleclitschromosomenunteisucliungt'n an Psychiden. 189 halten sein mögen, so würde die Kasse mit 60 Chromosomen dadurch sich auszeichnen, daß ABC, bzw. ahc gekoppelt über- tragen werden. 2) Dio Koppelungsverhältnisse der Rasse mit 64 Chromosomen. Hier sind, im Gegensatz zu der vorherigen Rasse, die drei vSegmente ABC und ah c selbständige Chromosomen und, nach allem, was wir wissen über Chromosomen, müssen Avir annehmen, daß sie bei der Gameten- bildung rein nach dem Zufall verteilt werden, nach den Möglichkeiten, die die folgenden Schemata andeuten (Textfig. V). Sind uns die Buchstaben wieder Symbole für die Faktoren- gruppen, die in den gleichnamigen Chromosomen enthalten A B C ^\ B ^ j c A A ß Fig. V. sind, so würde die Rasse mit 64 Chromosomen dadurch ausge- zeichnet sein, daß dieselben Faktorengruppen ABC, bzw. ai c, nicht gekoppelt übertragen werden, vielmehr unabhängig voneinander aufspalten, wohl nach den Mendelgesetzen, und wir deshalb bei der Gamctenbildung die für den Trihybri- dismus typischen acht verschiedenen Sorten von Gameten erhalten (vgl. Schema). 3) Koppelungsverhältnisse und Austausch in der Rasse mit 62 (31 X 31) Chromosomen. Diese Rasse ist dadurch charakterisiert, daß in ihr entweder das Segment A oder C getrennt als selbständiges Chromosom vorliegt und B C oder A B vereinigt sind (was die Bof;en übt r den Buclistaben an- deuten). Welche dieser beiden Möglichkeiten verwirklicht ist, läßt sich zytologisch nicht entscheiden. Wir möchten denken, daß tatsächlich 13* 190 J. Seiler beide vorkommen. Ist das der Fall, so muß die Gametenbildung so verlaufen, wie es die Schemata der Textfig. VI zeigen. B C A A B c l_ A B C A u B C Fig. VI. A B C c A ^ %^M[II^ A B W^Wa ^^ ^^yWM my.M W/>Mi^ ZJ ^ ^C 30x82 d yyy//J^ ^^y B C 31K32 Fig. VII. 31x32 Vererbungsexperimente mit der Rasse mit 62 Chromo- somen müßten ergeben, daß die Faktorengruppen B C {h c) ge- koppelt übertragen werden und Aa mendeln (vgl. Schema 1), GeschlechtschromosomcnuntersucluuiKon an Psychiden. 191 e oder die Faktoren AB (ah) sind gekoppelt und Cc mendeln (vgl. Schema 2). Liegt die Kreuzung A. BC y. ah . c vor (vgL Schema 3), so haben wir scheinbar vollständige Koppelung, da nirgends ein freier Austausch möglich ist (vorausgesetzt, daß Koppelung dominiert über Nichtkoppelung, was wahrscheinhch ist; vgl. S. 186!). Aus dem Gesagten folgt, daß uns hier eine Population aus den ])eiden Rassen AB . C und A . BC mit haploid 31 Chromosomen und deren Ivreuzungsprodukt vorliegen könnte und die Gesetze in x\nwendung zu bringen wären, die wir gleich für die Populationen ableiten werden. 4) Koppelung und Austausch, bei den Bastarden zwischen den Rassen mit 60, 62 (31 X 31) ^"id 64 Chromosomen. Wir stellten fest, daß in den Chromosomenbastarden von phieti zwar im Verlauf der Reduktionsteilung ein Aufspalten nicht in Erschei- nimg tritt, daß aber tatsächhch ein solches stattfindet und auch etwas nach der Reduktionsteilung sichtbar wird. Die folgenden Schemata a—d, Textfig. VII veranschaulichen die Verhältnisse, die vorliegen müssen. Nur bei dem Bastard 31 x 32 ist ein Austaucsh selbstverständlich (wir benützen das Wort ))x\ustausch« vorläufig natürlich nur im HinlDlick darauf, daß die Elemente ABC als einheitliches Chromosom aufgefaßt werden können), und zwar kann der die Faktorengruppe C c (Schema c) oder die Faktorengruppe A a (Schema d) treffen. Für die übrigen Fälle können wir eine bestimmte Regel nicht geben. Bei Weiterzucht, etwa bei Rüclikreuzung mit den beiden Eltemformen würde sich ergeben, daß die Koppelungsverhältnisse der Ausgangsrassen wieder auftreten, also jTb C, A B . C und A . B . C . , und zwar je im Verhältnis 1 : 1, wie das für eine Rückkreuzung ja typisch ist; jedenfalls sehen w aus unsrer Tab. III, daß in den Gelegen, die zwei verschiedene Sorten von Embryonen haben, das Verhältnis beider ungefähr 1 : 1 ist (vgl. nament- lich Gelege Nr. 37!). Wir können das Ergebnis kurz so zusammenfassen: Die verschiedenen Koppelungsverhältnisse in den Chro- mosomen ABC und damit natürlich auch in den Faktoren- gruppen, die diese Chromosomen übertragen, werden bei Sole- nobia pineti sehr wahrscheinlich mendelistisch vererbt. 5) Koppelung und Austausch in der ganzen Population. Was uns bei Sol. pineti vorliegt, sind nun aber niclit isolierte reine Rassen, vielmehr haben wii- eine Population von drei oder vier Rassen und alle denkbaren Kreuzungsprodukte. Wir haben deshalb noch die 192 J. Seiler Aufgabe, die Gesetzmäßigkeiten klarzulegen, die für die ganze Population bei panmiktischer Vermehrung in bezug auf Koppelung und Austausch in den Chromosomen (Faktorengruppen) ABC bestehen. Gehen wir bei unsern Überlegungen aus von dem beobachteten Verhältnis der ver- schiedenen haploiden Chromosomenzahlen, das die folgende Übersicht nochmals Tviedergibt: Zahl der Chromosomen > Weibchen > Männchen 30 31 32 23 48 3 1 3 3 24 öl 6 Das Verhältnis ist ungefähr 4:8:1; wir dürfen nun für unsre Zwecke ruhig annehmen, daß das das tatsächliche Verhältnis der verschiedenen Sorten von Keimzellen ist. "Was die Keimzellen mit 31 Chromosomen anbelangt, so kann nach den früheren Ausführungen Ä^B . C oder A . B^C vorHegen, oder es können beide Fälle zusammen vorhanden sein. Wir halten letzteres für das Wahrscheinlichste und nehmen willlvürhch an, daß beide Fälle gleich häufig vertreten sind. Demnach hätten wir AB^C .A1B-C:A-B1J:A'B-C 4 : 4:4 : 1 Aus diesen vier Sorten von Gameten erhalten wü* in Fi zehn verschiedene BefruchtungsmögHchkeiten, die in der folgenden Tab. V in der ersten Kolonne enthalten sind. Die dritte und vierte Kolonne zeigt die Häufig- keit, mit der die verschiedenen Kombinationen auftreten. Das Zahlen- verhältnis unsrer Ausgangsgameten in Fi zeigt die Tab. VI. Wir sehen, daß das Verhältnis der vier Sorten das gleiche geblieben ist, wie in der P-Generation. Aus diesen Pi-Gameten erhalten wir für die P2-Greneration wieder dieselben zehn Befruchtungskombinationen, die wir von der Fi-Generation her kennen (vgl. Tab. V). Das Zahlenverhältnis der Kombinationen (vgl. Kolonne 6) ist genau gleich dem der Fj-Generation, und dasselbe Zahlen- verhältnis würden wir bei Panmixie auch in allen weiteren Generationen erhalten. Die Tab. VI zeigt ferner, daß auch das Verhältnis der ver- schiedenen Sorten von Gameten in Fo das alte geblieben ist. Was übrigens nichts weiteres ist, als eine Demonstration zum Gesetz vom konstan- ten Zahlenverhältnis aller Genotypen einer Population bei Panmixie (vgl. darüber Lang, S. 61, Baur, 1920 S. 94 und 98). Wie wir früher betonten, kennen wir die Regel, nach welcher in Bastarden die Conjugation verläuft, nicht mit Sicherheit. Sie kann z. B. in Geschlechtschromosomonuntersuchungen an Psychiden. 193 den Bastarden Ä^lfC x a .h . c und jCb . C x a .h .c auf folgende zwei Arten sich vollziehen: ) A-B-C a-b-c oder 2) ABC ab c ) A-B-C a-b-c oder 2) ABC Th-C Tabelle V. Verhältnis der Kombination der Faktorengruppen ABC bei Panmixie in zwei aufeinander folgenden Generationen von Sol. pineti, ausgehend von einem Gametenverhältnis /TB^C : A~B- C : A • BI) : A • B • C = 4: 4: 4: i und =4:6:2:1. 1 2 3 4 5 i 6 ii? 8 9 10 11 Kombi- p ! nationen F. i — n: _- IS' J= > Fi g > P 1 F, 0 V lä i Fo i a S, St' > iTBC 4 16 16 1 j 2704 16 ! 4 16 16 2704 16 1 aTbI: 1 1 ; 1 aTbc 1 2 aTbc 16 + 16 32 2704 + 2704 32 24 + 24 48 4056 + 4056 48 1 /TbTc :^ abTc 116-1-16 32 2704 + 2704 32 8 + 8 16 1352 + 1352 16 A~BC 4 A-BC 4 + 4 8 676 + 676 8 4+4 8 676 ^ 676 8 j A^BC 4 5 aTbC 16 16 2704 16 6 36 36 6084 36 ABl:; 4 6 ABl: ' 16 16 2704 16 2 4 4 1 676 4 aTbc 7 AB C 16-f-16 32 2704 + 2704 32 12 + 12 24 2028 + 2028 24 aTbc 8 A-B-C ; 4 + 4 8 676 + 676 8 6 + 6 12 1014 + 1014 12 ABl:; 1 i 9 ABC 4+4 8 676 + 676 8 1 2 + 2 4 338 + 338 4 ABC 1 10 ABC 1 1 169 1 1 1 1 169 1 19i J. Seiler Nach dem früher Gesagten (vgl. S. 186) ist es wahrscheinlich, daß in der Hauptsache der letztere Weg begangen wird. Deshalb legen wir diesen Typus der folgenden Berechnung der Austauschwerte zugrunde und heben hervor, daß zwar die Austauschwerte anders würden, wenn die Conjugation nicht so verläuft, wie wir annehmen, daß aber am prin- zipiellen Kesultat nichts geändert würde. Was die Koppelungsverhältnisse in Fi anbelangt, so haben wir also Tabelle VI. Das Verhältnis der verschiedenen Gameten von Sol. pineti nach ihren Chomos omenzahlen in drei aufeinanderfolgenden Generationen bei Pan- mixie, ausgehend von dem Verhältnis 4:4:4:1. 30 abHc 31 ABC ABC 32 ABC Verhältnis P Fl Fa 4 Ö2 8788 4 52 8788 8788 1 13 2197 4:4:4:1 4:4:4:1 4:4:4:1 in den Kombinationen 1—4 und 7 (Tab. V) keinen Austausch und schein- bar vollständige Koppelung. Die Kombinationen 5 und 8 haben Aus- tauschmöghchkeit in C, 6 und 9 in Ä, und in Kombination 10 haben wir vollständig freien Austausch in Ä, B und C. Die Kombinationen 5, 6, 8, 9, 10 bilden also Austauschgameten, und die Häufigkeit derselben können wr aus der Häufigkeit der betreffenden Kombination genau berechnen. Lägen Tiere vor, die in all den di'ei Faktorengruppen hetero- A J^ C zygotisch sind (also ), so wird in Kombination b C c nach dem a 0 c Zufall verteilt. In 50% erhalten wii' J^B . C bzw. ah . c, die übrigen 50% sind A B • c und cTb . C (falls nicht die elterlichen Kombinationen mit größerer Häufigkeit gebildet werden, was durchaus möghch, ja sogar wahrscheinHch ist. Doch spielt für uns diese MögHchkeit vorläufig keine prinzipielle RoUe, und wir können sie außer acht lassen). Dasselbe gilt nun für alle Kombinationen mit Austauschgameten. Nur bei Kom- bination 10 erhalten wir etwas besonderes (vgl. Textfig. V, S. 189). Nach den Mendelgesetzen haben wir hier in einem Viertel der Fälle keinen Aus- tausch (das erste Schema in der Textfigur), ein Viertel hat Austausch in Ä (das zweite Schema), ein Viertel ferner hat Austausch in C (viertes Schema), das letzte Viertel endlich (drittes Schema) hat Austausch in B, oder wir könnten auch sagen, hier werden zwei Faktorengruppen, A und C, ausgetauscht (= doppelter Austausch). Geschlechtschroinosomenuntersuchungen an Psychiden. 195 Rechnen wir nun für diese Fi-Generation nach der Häufigkeit der Kombinationen die Häufigkeit der Gameten aus, in welcher 1. kein Austausch stattfindet, also ABC, AB . C, A. iTC usw. vorliegen, 2. C ausgetauscht wii d, Ä^B . e, A . B . c usw. vorliegen, 3. A ausgetauscht wird, a . BC, a . B . C usw. vorliegen, 4. B ausgetauscht wird, A.h . C oder a . B . c vorliegen, so erhalten wir die Prozentzahlen der folgenden Tab. VH. Die Aus- tauschwerte von A und C sind gleich groß. Das ist verständlich, denn die Ausgangsgameten, die einen Austausch in diesen beiden Chromo- somen, bzw. Faktorengruppen ermöglichen, sind gleich häufig vorhanden, und A . B . C liefert zu gleichen Teilen Austausch in A und C. Machen wir für die i*'2-Generation genau dieselbe Rechnung, so er- halten wir genau die gleichen Austauschwerte wie in F^ (vgl. Tab. VII) ; auch das ist verständlich und nichts weiteres als eine Folge des Satzes vom konstanten Zahlenverhältnis der verschiedenen Genotypen in einer Population bei Panmixie. Und selbstverständlich auch würden wir in allen weiteren Generationen dieselben Prozentzahlen für Austausch- gameten und Nichtaustauschgameten erhalten. — Tabelle VII. Das prozentuale Verhältnis der Mchtaustausch- und der Austausch- gameten in den Faktorengruppen A, B, C von Sol. pmcti in zwei auf- einanderfolgenden Generationen bei Panmixie, ausgehend von einer P-Generation mit dem Gametenverhältnis 4:4:4:1. Nichtaustausch- . , i . /-. . . i . . -, ^ Austausch in C Austausch in A Gameten Austausch in B Fl Fo 85,35 85,35 7,25 7.25 7,25 7,25 0,15 0.15 Wir gingen von der willkürlichen Annahme aus, daß die Koppelungs- verhältnisse AB . C und A . BC gleich häufig sind. Es wäre nun möglich, daß eine Verschiedenheit besteht, daß sie sich z. B. verhalten wie 6 : 2 und uns das Gametenverhältnis A^B^C •.AB'C:ABC:A'B'C 4:6:2:1 vorliegt. Die Tab. V enthält auch für diesen Fall berechnet die Zahlen- verhältnisse der Kombinationen in F^ und F.2 (Kolonne 8—11). In den Verhältniszahlen von Fx und Fo (Kolonne 9 und 11), die übereinstimmen, 196 J. Seiler sehen wir wieder den Satz vom konstanten Zahlenverhältnis bei Panmixie bestätigt. Ebenso bleibt selbstverständhch das Verhältnis der verschie- denen Gametensorten in allen aufeinander folgenden Generationen un- verändert, was die Tab. VIII für F^ und Fo zeigt. Rechnen "vvir wieder auf die gleiche Art, wie vorhin, die Prozent- zahlen der Austausch- und Mchtaustauschgameten aus, so erhalten wir die Werte der Tab. IX. Wieder sehen wir in Fi und F2 gleiche Zahlen. — Tabelle VIII. Das Verhältnis der verschiedenen Gameten von Sol. pineti nach ihren Chromosomenzahlen in drei aufeinander folgenden Generationen bei Pan- mixie, ausgehend von dem Verhältnis 4:6:2:1. 30 abHo 31 aTbc A-B^C 32 ABC Verhältnis p Fl F2 4 52 8788 6 78 13182 2 26 4394 1 13 2187 4:6:2:1 4:6:2:1 4:6:2:1 Da wir immerhin mit der MögHchkeit zu rechnen haben, daß bei der Rasse mit 31 Chromosomen entweder nur das Kopp elungs Verhältnis A ß . C oder nur das Koppelungsverhältnis A . B C vorliegen könnte, woUen wir auch für diese beiden Fälle die Kombinationsmöglichkeiten und die Austauschwerte ausrechnen. Tabelle IX. Das prozentuale Verhältnis der Nichtaustausch- und der Austausch- gameten in den Faktorengruppen ABC von Sol. pineti in zwei auf- einander folgenden Generationen bei Pcinmixie, ausgehend von einer P.-Generation mit dem Gametenverhältnis 4:6:2:1. Nichtaustausch- Gameten Austausch in C Aastausch in A Austausch in B Fl Fo 83,0 82,99 14,35 14,35 2,51 2,51 0,15 0,15 Im ersten Fall bleibt bei Panmixie das Gametenverhältnis konstant, wie folgt: ABC-.AlS- C:A' B 4:8: 1 C Die Kombinationsmöglichkeiten in Fi und F2 zeigt mit der Häufig- keit ihres Auftretens die folgende Tab. X. AustauschmögHchkeit besteht Geschlechtschroniosomcnuutersiicluingcn au Psychiden. 197 nur in der 4.-6. Kombination, und zwar haben wr in der 4. und 5. Aus- tausch in C und in der 6. vollständig freies Aufspalten. Berechnen wir, wie früher, das prozentuale Verhältnis der Nichtaustausch- und der Aus- tauschgameten, so erhalten wir die Werte der Tab. XL Oder liegt in der Rasse mit 31 Chromosomen die Koppelung Ä . BC vor und haben wir sonst dasselbe Gametenverhältnis, so bleiben natürlich auch die Austauschwerte in der Population gleich, nur betreffen sie andre Chromosomen bzw. Faktorengruppen, Avas die folgende Tab. XII zeigt. Tabelle X. Die Zahl der Kombinationen von Sol. pineti bei Paiimixie in zwei aufein- ander folgenden Generationen, ausgehend von dem Gametenverhältnis A'ß'C:A'B-C:ABC=4:8:l. Kom- binationen 1 a^bI:! aTb'c 2 aTb'c ifB-C 3 aTb^c ABC 4 A^BC A^BC 5 iTBC ABC 6 ABC ABC Fo 16 2704 32 + 32 5408 4- 5408 4 + 4 676 -1- 676 64 10816 8 + 8 1352 + 1352 1 169 Tabelle XL Das prozentuale Verhältnis der Nichtaustausch- und der Austausch- gameten, ausgehend vom Gametenverhältnis ABC:AB-C:A-B-C = = 4:8:1. Nichtaustausch- Gameten Austausch in C Austausch in A Austausch in B Fl Fo 75,9 75.9 23,8 23,8 0,1 0,1 0,1 0,1 Tabelle XIL Das prozentuale Verhältnis der Nichtaustausch- und der Austausch- gameten, ausgehend vom Gametenverhältnis ABC:A-BC:A'B'C = = 4:8:1. Nichtaustausch- Gameten Austausch in C Austausch in A Austausch in B 75,9 75,9 0,1 0,1 23,8 23.8 0,1 0.1 198 J- Seiler Die gleichen Austauschwerte würden für die Population zweifellos so lange fortbestehen, bis durch ii'gendeinen Eingriff oder dergleichen (Selek- tion, Zufuhr neuen Blutes, selektive Sterblichkeit usw.) das vorHegende Ver- hältnis der Genotypen der Population verändert würde. Und zwar gelten all diese Überlegungen natürlich gleich, ob ^dr es nun mit einer Population zu tun haben, die wir unter künstlichen Bedingungen erhalten, oder ob wir, wie in unserm Fall, eine natürliche Population im Auge haben. AVir deuteten schon an, daß S. pineti zweifellos als eine Art anzusehen ist, die in Umwandlung begriffen ist. Die Population muß sich also verschieben. Sie wird es aber so laugsam tun, daß war sie praktisch als konstant be- zeichnen können und unsre Ausführungen auf folgende Fonnel bringen dürfen: Die Austauschwerte in den Chromosomen-(Faktoren)grup- pen ABC von S.pineti sind bei Panmixie konstant und für jede Faktorengruppe typisch und hängen ab von dem Zahlen- verhältnis der verschiedenen Genotypen der Population. Bei unsern Ausführungen haben wir die Ausnahmschromosomen- zahlen, die wir während der Eireifung feststellen mußten, nicht berück- sichtigt. Vorausgesetzt, daß dieselben immer in ungefähr gleicher Häufig- keit auftreten und so zu bewerten sind, we wir später ausführen, so dürfen wir sie übersehen, denn sie hätten die Rechnung nur komplizierter gestaltet, ohne am prinzipiellen Resultat, dessen Bedeutung wir später besprechen werden, etwas zu ändern. Ebenso haben wir die Ausnahmschromosomenzahlen in embryonalen Zellen nicht berücksichtigt. Es ist möglich, daß sie eine Quelle sind, aus der die langsame Verschiebung der Population kommt. Wir kommen auf sie zurück. 6) DominanzerseheinuDgen. Änderung der Koppelungsverhältnisse nur im weiblichen Geschlecht. Es wäre wertvoll gewiesen, wenn wir die Gesetzmäßigkeiten, die wäh- rend der Conjugation bestehen, hätten klarlegen können. Welche der beiden Garnitm-en eines Bastards stellt sich auf die andre um? Wir wissen nur, daß in einer gegebenen Kreuzung fast immer dieselbe Garnitur sich umstellt (es handelt sich natürlich nur um ein Um- stellen in den Chromosomen Ä B C \) und zwar für die Zeit, in welcher die Paarlinge einander gegenüberliegen und noch eine km-ze Spanne darüber hinaus, bis ungefähr zum Moment der Befruchtung, um dann wieder die genetische Ausprägung zurückzuerlangen. Geschlechtscliroraosomenuntcrsuchungcn an Psychidcn. 199 Wir haben zweifellos das Recht, diese Beobachtungstatsachen als Dominanzerscheinungen zu deuten, wobei uns besonders interessiert, daß das dominante Merkmal das rezessive umbildet zu seiner eignen Aus- prägung und diese Wirkung noch etwas länger anhält, als das Zusammen- sein der beiden ungleichen Paarlinge. Die Unterschiede zwischen den Chromosomenbastarden von pineti und dem Chromosomenbastard 28 x 29 von fuliginosa, auf die vdr schon hingewiesen haben, sind sehr lehrreich. Bei fuliginosa erkennen wir die Bastardnatur auch während der Conjugationsperiode, denn die beiden Gai'nituren behalten ihre genetischen Unterschiede bei. Dem 28. Chromo- som der einen Rasse entspricht das 28. und 29. der andern. Bei der Con- jugation paaren sich die beiden Chromosomen Nr. 28, und als deutlich getrenntes Element schließt sich das 29. Chromosom der Bastardtetrade an; die Reduktionsteilung bringt ein glattes Aufspalten in 28 : 29. Wir können den fuliginosa -B&stsn'd als intermediär bezeichnen und haben damit in pineti und fuliginosa vielleicht eine zytologische Parallele zu der dominanten und intermediären Vererbung der experimentellen Richtung. Gleichwie in der experimentellen Vererbungslehre Fälle mit reiner Dominanz eine ganz große Ausnahme bedeuten, so müssen wir hier bei diesen ersten zytologischen Dominanzbeobachtungen feststellen, daß viel- leicht die Fälle mit den Ausnahmschromosomenzahlen in der Eireifung von pineti (! in Tab. I) als Dominanzwechsel angesehen werden können; wobei uns besonders wichtig ist, daß w diesen nur im weiblichen Geschlecht finden. Mt dem Dorainanzwechsel geht nämlich Hand in Hand eine Ände- rung in den Koppelungsverhältnissen und damit in den Austauschwerten. ' In der Reduktionsteilung von Gelege 28 (Tab. I, S. 175—176, Ei 37-45) ist z.B. ABC normalerweise gekoppelt; unter neun Eiern ist aber in einem (Ei 39) A (oder C) frei und mendelt. Hätten wir es mit Vererbungs- experimenten zu tun, so würde demnach für diese Kreuzung ein Fak- torenaustausch von A a (oder C c) in einer Höhe von 5,5% typisch sein. Denselben Austauschwert ergäbe Gelege 17 und zwar auch hier nur im weiblichen Geschlecht. In Gelege 85 haben wir den umgekehrten Fall. JMormalcnveise werden die Gameten A . B^C oder A^B . C gebildet. Aus- nahmsweise aber (Ei 46 und 56) haben wir vollständige Koppelung, also ABC — Ob diese Dominanzänderung einer bleibenden Abänderung der einen Garnitur gleichkommt oder sie zur Folge hat, können wir nicht sagen. Wir hätten keinen Grund für eine solche Annahme. Für diese Ausnahmschromosomenzahlen bestehen allerdings noch zwei andre DeutungsmögUchkeiten. Wir konnten in all diesen Fällen 200 J. Seiler mir eine Chromosomenplatte auszählen und haben es vielleicht hier mit einem vorzeitigen Wiederherstellen der genetischen Ausbildung der re- zessiven Garnitur eines Bastardes zu tun. Doch halten wir diese Deutungs- möglichkeit für sehr unwahrscheinlich. Oder aber, es liegen uns in diesen Gelegen mit den Ausnahmechromosomenzahlen überhaupt keine Chromo- somenbastarde vor, sondern reine Rassen, und die Abänderung der Chromo- somenzahl und damit der Koppelungsverhältnisse zwischen ABC hat mit einer Dominanzänderung nichts zu tun. Auch diese Deutung halten wir nicht für wahrscheinlich. Wie dem auch sei, für uns bleibt die Hauptsache, daß in diesen Aus- nahmefällen die Copulationsverhältnisse nur im weiblichen Geschlecht abgeändert werden. Denn analoge Ausnahmen im männlichen Geschlecht finden wir nicht (vgl. Tab. II). Gern hätten wir uns Vorstellungen er- worben über die Häufigkeit, mit der diese Ausnahmechromosomenzahlen, die uns im höchsten Maße interessieren, auftreten; doch können wir leider keine weiteren Angaben machen als die, die aus der Tab. I ersichtlich sind. Es wäre nicht ratsam gewesen, die Frage weiterzutreiben mit dem Material, das uns vorlag. Die Ergebnisse dieses Kapitels können kurz so zusammengefaßt werden: 1. In den Chromosomenbastarden stellt sich bei der Con- jugation eine Garnitur auf die andere um (d. h. die Koppe- lungsverhältnisse in den Chromosomen ABC bei S. fineti) oder es behalten beide Garnituren ihre genetische Ausbildung bei {juliginosa). 2. In Analogie zu der dominanten und intermediären Ver- erbung können wir die Chromosomenbastarde von 'pineti als dominant bezeichnen, den /t6%mosa -Bastard als intermediär. 3. Wahrscheinlich kommt bei fineti Dominanzwechsel vor, und zwar nur im weiblichen Geschlecht. Jedenfalls treten Ausnahmechromosomenzahlen auf, was eine Änderung in den Koppelungsverhältnissen und in den Austauschwerten beim Weibchen allein zur Folge hat. 7) Änderung der Koppelungsverhältnisse in diploiden Kernen embryonaler Zellen. Die Chromosomenzählungen in den Kernen junger ^^mei*- Embryonen ergeben, wie die Tab. III, S. 179 ii. 180 zeigte, ausnahmsweise für einen Embryo zwei verschiedene Chromosomenzahlen. AUe zweifellosen Aus- Geschlochtschromosoincnuntersuchungen an Psychiden. 201 nahmen (! in der Tabelle) gehören dem Gelege Nr. 37 an, das die beiden Chromosomenzahlen 61 und 62 besitzt und auf folgende Weise ent- standen sein muß: X «^^»- X Ist in dem heterozygoten Elter die Garnitur mit 31 Chromosomen die rezessive, und würden die Ausnahmezahlen nur darauf zurückzuführen sein, daß hier die rezessive Garnitur ihre genetische Ausbildung noch nicht in allen Zellen zurückerlangt hat, so dürften \vii' in einem Embryo nur die Zahlen 61 und 62 antreffen. Fast alle Ausnahmen haben aber daneben die Zahl 60. Wii" schließen deshalb, daß die Abänderung der Chromosomen- zahl eine andre Ursache hat. — Zweifellos wird die Abänderung die Koppe- lungsverhältnisse in dem Chromosomenkomplex ABC betreffen, und das wird für die Vererbung dann von Bedeutung, wenn die Abänderung dauernd ist und eine Zelle mit dem Ausnahmschromosomenbestand zur A Vi (^ Urgeschlechtszelle wird. So kann ein Männchen —^ z. B. lauter a & . c Keimzellen jTbC und ab^c liefern, oder lauter Keimzellen jCiTc und äfC. Wir sahen im letzten Kapitel, daß Änderungen in den Kop- pelungsverhältnissen in den reifen Keimzellen des Weibchens beobachtet werden können. Dazu kommt nun also noch, daß solche auch in embryonalen Zellen vorkommen, soviel wie sicher in diesem Fall aber in beiden Geschlechtern. V. Vergleich der zytologischen Befunde und Postulate über Koppelung und Faktorenaustausch mit den experimentellen Ergebnissen über Cros- sing over an Drosophlla. Wii' besitzen bis heute nur noch an einem Objekt ausgedehnte experi- mentelle Erfahrungen über Faktorenkoppelung und Austausch (Crossing (ver), und zwar durch die hochbedeutenden Untersuchungen an Drosophila von Morgan und seinem Stabe von Mitarbeitern. Leider besteht keine Hoffnung, an Sot pmeti jemals solche Experimente ausführen zu können. Die Zahl der Chromosomen ist zu groß, vor allen Dingen die Entwicklungs- dauer zu lang, das Weibchen ist sehr rückgebildet und hat wenig hervor- stechende äußere Merkmale, die Aufzucht ist nicht leicht usw. Es dürfte 202 J. Seiler deshalb interessieren und wünschenswert sein, die experimentellen Be- funde an Drosophila und die zytologischen an Sol. pineti einander gegen- überzustellen. Es werden sich dabei wichtige Parallelen und Beziehungen ergeben, auf die wir aufmerksam machen möchten, und mancherlei neue Gesichtspunkte eröffnen sich; ganz abgesehen davon, daß wir glauben, daß die pineti-Beiimde zum mindesten klar den Weg weisen, auf welchem zytologisch die Lösung für das Rätsel des Rekombinationsphänomens zu finden sein wird. Es wird zweckmäßig sein, erst kurz die MoRGANSche Lehre vom Crossing-over zu skizzieren, im engsten Anschluß an Morgans eigne letzte zusammenhängende Darstellung (Morgan, 1919, The Physical Basis of Heredity, erscheint von Nachtsheim übersetzt bei Bornträger, Berlin). Alle bis jetzt auf ihre Vererbung studierten Merkmale (gegen 300) von Drosophila fallen in vier Gruppen, entsprechend den vier Paaren von Chromosomen. Beim Männchen besteht zwischen den einzelnen Faktoren jeder Gruppe eine absolute Koppelung, beim Weibchen dagegen findet Austausch statt. Haben wir z. B. den Bastard B V x hv, &o bildet das Männchen nur B V und h v-Gameten, das Weibchen außerdem noch B V und h V, und zwar ergibt diese Ki-euzung immer 17% solcher Austauschgameten. Ebenso können alle andern Faktoren ausgetauscht werden, und zwar geschieht das immer in einem typischen Prozentsatz. Morgan schloß nun: zwischen zwei Punkten im Chromosom findet um so häufiger Austausch statt, je weiter die Punkte auseinander liegen. Die Austauschwerte würden demnach den relativen Abstand der Faktoren im Chromosom angeben. Es zeigt sich weiter, daß zwischen den Austauschwerten dreier Fak- toren eines Chromosoms ganz bestimmte Beziehungen bestehen. Ist der Austausch zwischen ah — 5% und zwischen h c = 10%, so ist der Austausch zwischen a c = 5 + 10 oder 10 — 5, was durch ein wii'kliches Beispiel belegt sein möge: /yellowv ^white )>4,7X 3,5^ < /" Nbifid-/ Diese Beziehungen werden sofort klar, wenn wir anneh- men, daß die Faktoren im Chromosom linear angeordnet sind. Auf Grund dieser Daten und Vorstellungen arbeitete die Morganschule sogenannte Faktorenkarten aus, die die Faktoren eines Chromosoms mit Geschlechtschromosomcnuntersucliungeii an Psychiden. 203 den relativen Abständen und in der natürlichen Anordnung zeigen sollen. r)a.s ist das verblüffende Resultat, zu dem die amerikanischen Biologen gelangt sind. Die Austauschgameten selbst können wir uns zytologisch nur dadurch entstanden denken, daß wir annehmen, daß zwischen homologen Chromo- somen Stücke ausgetauscht werden. Ob ein solcher Austausch aber tat- sächlich stattfindet, und wie der Austauschmechanismus arbeitet, darüber konnte die Schule Morgan bis heute noch nichts ausmachen. »On the whole, then, while the genetic evidence is favorable in all essentials to the theory of interchange between horaologous chromosoraes, it must be confessed that the cytological evidence is so far behind the genetic evidence that it is not yet possible to make a direct appeal to the specific mechanism of crossing over on the baisis of our cytological knowledge of the maturation stages« (Morgan, 1919, S. 114). Morgan stellt sich vor, daß auf einem Stadium zwischen Synapsis und Reifeteilung, sagen wii' im Diplotän, zwei fadenförmig ausgezogene homologe Chromosomen sich spiralig umwinden, sich an einer oder mehreren Stellen überkreuzen, an den Ejeuzungsstellen verkleben und beim Auseinanderweichen nicht zusammengehörige Stücke in einem Chromosom vereinigt bleiben (gleich Crossing-over-Hypothese). Morgan klammert sich dabei n?)mentlich an Beobachtungen von Janssens an Bairachoceps (1909). Hören wir, zu welchem Schlüsse einer der kompe- tentesten modernen Zytologen bei der Bewertung dieser und ähnlicher Beobachtungen kommt: »No observer, so far as I know, has yet seen a process of true crossing over (recombination) by means of torsion, chiasma-formation, fusion, and secondary Splitting apart« (Wilson, 1920, S. 208). Weiter schreibt Wilson (S. 211): »The truth is that for the time being genetic development of the chromosometheory has far outrun the cytological. We are in no position to predict when the plodding prog ess of cytology may be able to close the gap: nevertheless we have every reason to hope that the physical mechanism of the recombination- phenomena may in the end prove to be accessible to decisive cyto- logical demonstration. « Wir glauben nun bei pineti einen Austauschmechanismus aufge- deckt zu haben. Allerdings sehen wir ihn hier nur an einem Chromo- som oder einer Chromosomengruppe Ä B C in Tätigkeit, glauben aber, daß er im Prinzip wenigstens an andern Chromosomen und selbst bei andern Objekten auf gleiche Weise seine Rolle durchführt. In den Einzelheiten aber werden wir zweifellos bei den verschiedenen Objekten die mannigfaltigsten Varianten zu erwarten haben, entsprechend der Archiv t. Zellforschung. XVI. 14 204 J. Seiler Mannigfaltigkeit m Bau und Form und Zahl der Chromosomen, ent- sprechend auch der Mannigfaltigkeit in den Umweltsbedingungen der Chromosomen, ihres verschiedenen Verhaltens während der Reifungs- periode usw. usw. Was die Befunde an Sol. pineti im wesentlichen lehren, ist, daß innerhalb derselben Chromosomen- (Faktoren-) Gruppe vollständige Kop- pelung bestehen kann, oder aber es besteht Koppelung nur zwischen einzelnen Gliedern der Gruppe, oder endlich, jedes einzelne Glied verhält sich als vollkommen selbständiges Chromosom. In unserm Fall sahen wir, daß diese verschiedenen Koppelungsverhältnisse erblich sind, wohl mendelistisch übertragen werden und daß der Austausch zwischen den einzelnen Gliedern der Gruppe für die ganze Population konstant und für jedes Glied typisch ist. Besonders wichtig ist das Verhalten der einzelnen Gheder unsrer Chromosomengruppe dann, wenn bei der Konjugation zwei verschiedene Garnituren einander gegenüberstehen. Dann sehen wir die eine der beiden Garnituren, zweifellos unter dem Einfluß der andern, sich abändern; wenigstens für die Dauer der Zeit, in welcher die Paarlinge einander gegenüberliegen oder genauer, noch etwas darüber hinaus, sicher ungefähr bis zum Moment der Copulation der Vorkerne; denn unmittelbar nach Beginn der Furchung finden wir die genetischen Koppelungsverhältnisse wieder vor. Bei diesem Umstellen der einen Garnitur auf die Ausbildung der andern entsteht entweder eine neue Koppelung, die dann wieder rückgängig gemacht wird, oder umgekehrt, es splittert ein Chromosom in Stücke auf und diese Teilstücke vereinigen sich dann wieder zum einheit- lichen Chromosom. Zwischen Aufsplitterung und Rekombination liegt die Reduktionsteilung, und, da die Teilstücke als selbständige Chromosomen in die Reifungsspindel eintreten, so ist bei Heterozygotie die Möglichkeit zum Austausch gegeben. Vollzieht sich der, so kann nachher eine Rekom- bination von Chromosomenteilen erfolgen, die nicht vom selben Elter stammen. Liegt z. B. der Bastard Xß • C X afc vor, so kann die Conjugation auf folgende zwei Arten verlaufen: 1) Ä^B^C 2) jTB'G abc ab • c Welche Möglichkeit verwirklicht ist, wissen wir nicht. Es können beide verwirkücht sein, je nach der Richtung der Kreuzung \iellecht die eine Geschlechtschromosomenuntersuchungen an Psychiden. 205 oder die andre. Jedenfalls aber beweisen die Ausnahmechromo- eomenzahlen der Eireifung innerhalb eines Geleges, daß beide Fälle tatsächlich vorkommen. Im ersten Fall dominiert die voll- ständige Koppelung, und es vereinigt sich zweifellos im Moment der Conjugation das Segment C mit dem Element A B, das vom selben Elter stammt. Die vollständige Koppelung bleibt während der Reduktions- teilung erhalten; bald nach der Trennung der ungleichen Paarlinge springt das Segment C wieder ab und wird selbständiges Chromosom, was es vorher war. Im zweiten Fall dominiert jTb . C. Unter diesem Einfluß splittert das homologe Element ah c in die entsprechenden Teile auf, also in a & und c. Nun stehen sich in der Reduktionsteilung zwei selbständige Chromo- A~^B C somenpaare ~^^ und gegenüber, die nach dem Zufall verteilt werden. al c Wir erhalten demnach die Gameten A B • C, ab • c, A B ■ c und ah ' C Da die Koppelungsverhältnisse erblich sind, wie wir sahen, so wird jCb . C unverändert bleiben, und die beiden Elemente b^a und c werden sich meder vereinigen zum alten Chromosom abc. Was mit den beiden Sorten von Austauschgameten A B • c und ab - C gescl i ht, wissen wir iiichl ; die erste n ag unverändert bleiben; in der zweiten wird ab mit C sich ver- einigen zum neuen Chromosom rrlTC- Wollte jemand an dieser Ver- mutung zweifeln, so müßte er sich zur Annahme bequemen, daß die Koppelungsverhältnisse innerhalb unsrer Population sich relativ rasch verschieben, was soviel wie ausgeschlossen ist. — Übrigens hoffen wir — wenn es möglich bleibt, in Deutschland wissenschaftlich zu arbeiten — in den nächsten Jahren über eine direkte /-.ytologische Entscheidung Positives berichten zu können. Damit glauben wir den Schleier vor dem Rckombinationsrätsel gelüftet zu haben, dank des zweifellos günstigen Objektes, das wir in S. pineti fanden. Denn hier vollzieht sich der Austausch in der Chromo- somen-Faktorengruppe ABC gleichsam vor unscrn Augen-, vor allen Dingen deshalb, weil die aufgesplitterten Teilstücke von Chromosomen als selbständige Elemente in die Reifungsspindel eintreten. Das dürfte für andre Chromosomen und für andre Objekte selten zu erwarten sein. Möglicherweise findet dann, venu ein Aufsplittern von Chr mos^m hervor, daß zwiscIuMi dii^son beiden SiruK'tiiren irnr keine Kontinuität. besteht. HoLMCHKX gibt 11)02 eine Ziisaninienstelhin«;- der Arbeiten über den Binnenapparat und vorwandte Phismastrukturen. welche VMU von Bkrgkx (Upsah\) ergänzt ^\\vd. Eine kritische Zu.saninicnstelhin«^ der <;anzen Literatur findet sich liei Duesberg (1914). AVeigl (Lend)eri') weist nach, daü der Apparat schon vor (loi.tii von verschiedenen Forschern beobachtet und besonders in Geschlechts- zellen unter andern Xamen: Pseudochroniosomen. Centralkapseln. Archo- plasmaschleifen nnd als solche (atypische) Nebenkerne der Wirbellosen, die nicht ]\ritochondrienkörper sind (Hdix), beschrieben wurde. Der iVpparat tritt niclit immer netzförmig anf, sondern aiicli in Form von Bälkchen. Häkchen usw.. wovon später ausführlicher die Kede sein ■wird. Charakteristisch ist fast immer seine perinucleäre Lage. Beobachtet wurde er bis jetzt in den Zellen folgender Tiere und Organe: Protozoen: Monocystis ascidiae, eine Gregarine aus dem Darm von Ciomi (Hirschler, Osmiummethode). Spongien: SpongiUa fluviatUs (Hirschler, SjövALi-Methode: For- malin-Osmium). Nematoden: Äscaris meg.: Ovocyten (Hirschler, SjövALL-]\rethode). Anneliden: Lumbricits: Änßeres Epithel (Cajal, CAJAL-Methode). Nervensystem und zwar in Nerven- und Gliazellen und Zellen der ScHWANSchen Scheide (Cajal. C\jAL-]\rethode, Bialkowska und KuLiKOwsivA vom Institut Nusbaums, Lemberg, Osmiummethode). Darm (Cajal, C\.j.VL-:\[ethode). b) Hirudinecn: Bialkowska und Kulikowska. Osmium- methode. Arthropoden: a) Crustaceen: Potamobius astacus, Homams indg., Squüla mantis: Nervenzellen (Polluszixskt. Osmiummethode). ))) Insekten: Orthopteren, Dijtiscus und Schmetterlingslarven. Ge- schlechtszellen und Nervensystem (Bialkowska und Kulikowska, Osmium). Geschlechtszellen (Weigl, Osmium). Mollusken: a) Gastropoden: Ganglienzellen von Helix, Limnea pa- lustris, Paludina vivipara, Planorbis corneus, Thetijs, Eizellen von Helix (Weigl, hauptsächlich Osmiummethode). Samenzellen von Paludina (Perroxcito). b) Cephalojjoden: (Weigl, Osmiumtnethode). Ascidien: ^ragenzellen. Darmtrakt, Ovarium (Hirschler, Osmium- methode). Am häufigsten wurde der Netzapparat in Ganglienzellen beobachtet. Das gilt auch für Arctiiv f. Zel'forscliung. XVI. l,j 220 Martha Kolliner Wirbeltiere, bei denen er fast in allen Geweben nntersncht wurde; in Epithelien, Ganglienzellen, Drüsenzellen (Veratti, Negri, KoPSCH, Bergen, Kolster, Kolmer, Cajal auch in Zellen der ScHWANschen Scheide und in Gliazellen). Bindegewebe (Bergen, Deineka, Cajal). Knorpelzellen (Bergen, Pensa, Comes, Laguesse, Eenaud, Kolmer). Blut (Smirnow, SINIGAGLL4 [Ervthrocyten von Amphibien], Bergen [Leueocyten von Hund und Katze], Kolster [Leucocyten], Beren- BERG-GossLER [Erythrocytcn von jungen Hühnerembryonen]). Muskulatur (Fedele [Herzmuskel], Veratti, Sanchez, Rio Hor- TEGA, Kolmer [Cavia, Frosch, Hoyno]). Leber (Stropeni, Kolmer [Katze]). Crallenblase (D'Agata bei Cavia). Pankreas, Parotis, Thyreoidea (Negri). Niere und Nebenniere (Pensa [Meerschweinchen und Katze], PiLAT, BrUGNATELLI, KoLMER). Sinnesorgane: Riechepithel (Fananas, Veratti). Hautsinnes- organe (Kolmer bei Amphibien), Netzhaut (Cajal). Geschlechtsapparat (Negri, Kolster, Kolmer, Rio Hortega). Keimzellen (Sjövall, Perroncito, Rio Hortega [Säugerei], Weigl [Säuger, Amphibien], Kolmer [Meerschweinchen, Sperling], Berenberg, Gossler [Hühner]. In embryonalen Geweben (Golgi in Spinalganglienzellen von Rinderembryonen, Smirnow in viermonatigem menschlichem Embryo, Sjövall in Hühneremlnyonen, Biondi in der Auskleidung des Plexus choroideus von Hühnerembryonen, Fananas in allen Zellen der emln-yonalen Keimblätter, Hirschler, Kolster in em- bryonalem Mesenchym, aus welchem Knorpelzellen hervorgehen, Cajal in embryonalen Zellen aller Sinnesorgane in Erythroblasten, Marcora in Nervenzellen von Entenembryonen). In pathologischen Geweben: a) In Tumoren (Golgi, Veratti, MORIANI, SaVAGNONE). b) In verletzten motorischen Nervenzellen (Marcora im Hypoglossus). Die morphologische Struktur des Apparates ist eine sehr mannig- faltige. Weigl meint daher, daß das einzige sichere Kennzeichen die chemische Reaktion sei. Nach ihm baut sich der Netzapparat hauptsäch- l her (Ich Golgischcii Xctzappurat bei einigen Wiilji'llusen. 221 lieh aus locithinhaltioon Vorbiiulunf^jen aiif^), wofür die Scliwärzim«; bei längerer Eiinvirkuiip; von Osniiunisäurc (die Osmiunisäuio wird reduziert) spricht'^). Bei der Fixierunfj: kommt es leicht zu Quellungserscheinuiioen und zu Auslauojuno- der Sul)stanz, wodurch sich die Bihler Holmgrkxs (Saftkanälchen) erklären. Auch eine Identität mit ]\Iitoclioiidrien wurde Ix'liauptct (GoLDst'iiMii)T. Bknda, Xeves) oder ein oenetisciier Zusammcn- liaui;' ( Dkixeka), ist aber inl'olo;e des verschiedenen clieniischeii und l'är- berischen Verhaltens widerlegt (Marcüka, Kolmek. Ca.jal, IIirsciiler). Die Hypothese J.egendres, daß eine Identität mit den Xissi.-Körpern volliefe (auch Holmgrex vermutet hier Beziehungen), widerlegt sich ebenfalls durch che Unterschiede in der chemischen Reaktion. Auch stellten verschiedene Forscher die XissL-Körper neben dem voll aus- gefärbten Xetzapparat in der gleichen Zelle (bei Spinalganglicn und im Kückenmarkverschiedener8äuger)durchXachfärbungmitToluidinl)laudar. Über die physiologische Bedeutung des Apparates ist noch nichts Sicheres bekannt: auch Golgi und Duesberg geben dafür keine nähere Erklärung, sie erscheint ihnen dunkel. Alle Forscher aber stimmen darin überein, daß es sich um einen lebenswichtigen Bestandteil der Zelle handle. Cajal vergleicht ihn mit der pulsierenden Vacuole der Infusorien. Doch widerspricht der Deutung als Exkretionsorgan ebenso wie der IIoLMGRENschen Annahme seiner trophischen Natur che völlig intra- celluläre Lage, was die neueren Autoren alle übereinstimmend betonen. AVeigl spricht die Vermutung aus, daß der Apparat als Stoffwechselkern funktionieren könne. Perroxcito nimmt an. daß ihm Funktionen bei der Zellteilung zufallen, da er bei männlichen Keimzellen an der Sul)stanz des Xetzapparates ähnliche Teilungsfiguren beobachtete, wie sie bei der Karyokinese an den Kernsubstanzen bekannt sind. Er nennt diesen Vor- gang Dictokinese und meint, daß er der Kernteilung vorangehe. Kolmer weist auf das reziproke Verhalten zu den Mitochondrien hin: in den an Mitochondrien reichen, wenig differenzierten Darmzellen der Wirbeltiere ist der Apparat am spärlichsten, in den an Mitochondrien armen, hoch differenzierten Ganglienzellen am deutlichsten ausgebildet und nimmt daher auch hier den größten Raum ein. Allerdings sind in jüngster Zeit von OsK. Schulze^) und Schirokoporoff auch in gangliösen Elementen reich- lich ]\ntochondrien abgebildet worden. Hirschler behauptet infolge seiner ^) Xacli Wligl vicUeiciit i.ecithiiialhuniiii. ■-) J)anebon sollen noch andorc spezifischf .Substanzen (Albiunino) aiiftieton, die sich nicht durch Osmiiini schwärzen, aber sich beinahe mit allen Reageuzien konservieren und durch das HoLMGRENsche Fuchselin färben lassen. 3) S. die neue Auflage des STÖHRschen Lehrbuchs. 15 * 222 Martha Kolliner Beobachtungen an Ascidieneiern. daß der Apparat ebenso wie die Mito- chondrien am Aufbau des Dotters Ijeteiligt sei, und daß während der Embryonalentwicldung der Dotter wieder Substanz an diese Gebilde ab- gebe. Er nimmt auch an, daß der Apparat in jugendhchen Nervenzellen und in Ovoeyten das Centrosom enthält und daß er bei der Kern- Plasma- relation eine Vermittlerrolle spielt, ähnlich wie die sogenannten Chro- midien. Es sind somit in den verschiedensten Geweben von Wirbellosen und Wirbeltieren dem Netzapparat entsprechende Bildungen nachgewiesen worden. Immerhin macht es l3ei vielen Tieren allerhand Schwierigkeiten, diesen Nachweis für jedes einzelne Gewebe zu erbringen. Im Sinne der Annahme, daß der Netzapparat wie der Kern, wie der Centralkörper- apparat und die Mitochondrien als fast immer vorhandener, allgemeiner Zellbestandteil aufzuf ssen sei, ist es von Wichtigkeit, sein Vorhanden- sein, sei es auch nur in einer modifizierten Form, in möglichst vielen Zell- arten der gesamten Tierreihe nachzuweisen und so die Ansicht von seinem allgemeinen Vorkommen auf möglichst breiter Basis zu stützen. Zumal wäre es interessant, nachdem von Van der Stricht, Sjövall, Weigl, Perroncito, Deiner a, Kolmer und Hirschler gezeigt wurde, daß der Netzapparat, ähnlich wie die Mitochondrien, auch auf die Geschlechts- zellen übergehe, den Nachweis zu erbringen, daß dies in der Tierreihe als allgemein angesehen werden darf, und von besonderem Interesse wäre es, das Verhalten des Apparates bei männlichen und weiblichen Keim- zellen während der Befruchtung und dann in der befruchteten Eizelle zu verfolgen, da wir vor allem dank Fananas und Hirschler wissen, daß schon in embrj^onalen Stadien der Netzapparat, wenn auch in vereinfachter Form, in allen von der befruchteten Eizelle abstammenden embryonalen Zellen beobachtet werden kann. Der Nachweis des Netzapparates in männlichen Keimzellen ist mir bei Lumbricus (ÖAJAL-Methode), bei der Larve eines Bockkäfers ^>Rhagium inquisitoTK, bei Ästacus und Psophus gelungen, während ich nicht im- stande war, den Apparat in den Keimzellen von Äscaris megalocephala (ich untersuchte sowohl männliche als weibliche) zur Darstellung zu bringen, was Hirschler mit Hilfe der SjövALL-Methode (Ovogenese) glückte 1). Taf. XIII, Fig. 1 und 8 und Mikrophot. 3 stellen Partien aus den Hoden von Lunibricus dar. Der Netzapparat umgibt bei den männlichen Keimzellen den Kern und bildet in der Gegend der Mittelstückanlage ^) Hirschler wies den Apparat im Ovarium von Ascidien {Ciona) nach. ibiT (k'ii (iul^isclu'ii .\i,'tz;i|i|)aiar hei i'inigcii VVirljdlusi'ii. 223 eine Kajjpo. Kr konnte in S|)onnat()'ormol- Alkohol. Auswaschung, ;> Tage Silbernitrat, Auswaschung, Hydi-ochinim, Alkoholreihe. Xylol, Paraffin. Die Schnitte wurden mit Thioniu nach- gefärbt, um die Kerne deutlich hervortreten zu lassen. Die Fig. 17, 18, 19, 20, 21 geben ein Bild der Spermatogenese von Psoplius. Xetzapparat und ^Vlitochondrien sind mit Hilfe der CAJALSchcn ]\Iethode nebeneinander zur Darstellung gebracht, und zwar ist der Netz- apparat in intensiv schwarzer Färbung, körnchenförmig diffus im ganzen Protoplasma verteilt. Avährend die Mitochondrienmasse graubraun ist und je nach dem Entwicklungszustand der Zelle verschiedene Form aufweist. Die Kerne sind mit Thionin gefärbt. In Fig. 17 sehen wir Spermatogonien mit diffusem Xetza])parat und schleifenförmig angeordneten ^litochondrien an der Oberfläche der Kern- membran, in Fig. 18 Spermatogonien mit diffusem Xetzapparat und ge- teiltem Mitochondrienkörper, in Fig. 19 Spei'matocyten mit körnchen- förmigem Xetzapparat und einem kugeligen Mitochondrienkörper. dasselbe in Fig. 20, wo sich die Spermatocyten bereits gestreckt haben, und in Fig. 21 Spermatiden mit sehr feinkörnigem, diffusem Xetzaijparat und länglichem, zum Teil aus zwei nebeneinander liegenden Stiicken bestehen- den ^Mitochondrienkörper. In der Wand der Samenschläuche und des Ovariums von Pxophitfi sah ich ^W\^ .\])parat in Form von kleinen Kingelchen auch diffus im ganzen Prtjtoplasma verbreitet, nicht allein in den dem Kern aidiegenden Teilen (Fig. 16. 22). In Spermatozoen von Potamobius aMacux (Fig. 20) tritt nach An- Avendung des CAJALschen Verfahrens der körnige diffuse Xetzapparat ebenfalls neben dem in ringförmigen Zonen angeordneten Mitochondrien- körper hervor, in den AVandzellen des Vas deferens (Fig. 25) siml die einzelnen Elemente des auch hier diffusen Xetzapparates bedeutend größer. 224 Martha Kolliner Bei Lumhricus verfolgte ich den Netzapparat fast in allen Geweben' Taf. XIII. Fig. 3, 4, 5, 6, 7. 10 (äußeres Epithel, Darm- und Drttsen- epithehen. Muskulatur, Bindegewel)e, Nervensystem). Am äußeren Epithel erhielt ich Bilder, die mit den CAJALSchen vollständig übereinstimmten (Mikrophot. 1). Sehr deutlich trat der Apparat im Darm epithel in jeder einzelnen Zelle zutage (Mikrophot. 2). In den Muskelzellen (Fig. 5, 6, 7) umgibt er in der typischen Schleifenbildung den Kern. In den Ganglien- zellen nimmt der Apparat den allergrößten Raum ein. Er findet sich hier in dichten Schleifen und Maschen angeord- net, zAAischen denen in einzelnen Fällen Verbin- dungen wahrzunehmen sind. Der Regenwurm scheint ein besonders günstiges Objekt für die Darstellung des Appa- rates zu sein, da er mit verschiedenen Metho- den, speziell im Nerven- system und im Epithel nachge^\iesen wurde, so vouCajal selbst (Cajal- Methode) und am Lem- pj„, -j^ berger Institute von BiALKowsKA und KULI- KO WSKA (Osmiummethode). Bei den Drüsenzellen des Clitellums (Fig. 4, 10, Verfahren vde bei Fig. 1), welche reichlich mit Secret angefüllt sind, mrd der Netzapparat an die Zellbasis gedi'ängt^). Kolmer beschrieb dasselbe Verhalten in den secretreichen Drüsenzellen der Froschtube. Hierbei fand er stets Teile des Apparates der seitlichen Begrenzung der Zelle stark angenähert und meint, daß Holmgren durch ähnliche Bilder bewogen wurde, den völlig intracellulären Chara]>;ter der Struktur zu leugnen. Auch in Amöbocyten in der Leibeshöhle konnten Netzapparate dargestellt werden. Bei Hirudo med.^) gelang es mir weder mit der CAJALSchen noch mit der GoLGischen Methode deutlich gefärbte Netzapparate zur Darstellung zu brino-en. ••■) Er weist hier einen recht komplizierten Bau auf und färbt sich intensiv. 2) Im Nervensystem wurde er von Bialkowska und Kulikowska nach An- wendung der Osmiummethode von Kopsch beobachtet. über di'ii Gulgischi-n Xi-tzapparat bei ciiiigcii W'iiljcllfiscn. •)■>- Bei Gammarus unter den Cnistacecn konnte ich den Apparat nicht darstellen, bei Potamohiiis asiacus hingegen außer in den schon envähnten Zellen noch insbesondere in Ganglienzellen in Körnchenform (Fig. 23) i) und in Aniöbocyten aus der grünen Drüse in Form von Schleifen und Häkchen (Fig. 24). Voll Insekten uDtcrsuchte ich noch Feuerwanzen, Fliegen und Wespen erfolglos, bei Grillen konnte ich den Apparat in Ganglienzelk'ii ans dem oberen Schlnndganglion beobachten (Fig. 15, CAJAL-Methode). Kr schließt sich hier dicht dem Kcni an und ist in lauter kurze Häkchen und Schleifen ^\k W.s Fior. 2. aufgelöst, Avas übrigens für Nervenzellen der AVirl)ellosen, nach sämt- lichen Abbildungen, die ich gesehen habe, im allgemeinen typisch zu sein scheint. Bei Psophus studierte ich den Apparat ebenfalls an Xerven- zellen und, wie schon erwähnt, am Geschlechtsapparat und an männlichen Keimzellen bei der Spermatogenese (CAJAL-^Iethode). Auch bei den Ganglienzellen von Ilelix pomaiia (Taf. XIII, Fig. 2) konnte ich ganz älmUche Bilder beol)achten (CAJAL-Methode). Im Ge- schlechtsapparat von Helix pomatia, und zwar im Epithel der finger- förmigen Drüse (Fig. 9, CAJAL-Methode) und in Zellen des Keceptaculum ^) Hier sei erwälint, daß Cajal in (ianglienzellen von Säugern manchmal eine ähnliclie Anordnung des Xetzapparates antraf. 226 Martha Kollin er seminis (Fig. 13, GoLGi-Methode), ferner im Epithel der Radiila (Fig. 11, 12, GoLGi-Methode) war der Netzapparat deutlich sichtbar. In ■ allen diesen Epithehen hegt der Apparat einseitig, gegen die freie Zellfläche zu dem Kern an. Untersuchungen am Geschlechtsapparat von Seeigeln blieben erfolg- los, doch standen mir nur wenig Tiere zur Verfügung, da das marine Material durch Iviieg und Kriegsfolgen leider kaum zugänglich ist. Zuletzt untersuchte ich Spongilla aus dem Lunz^r See und erhielt mit der CAJALSchen Methode ähnliche Bilder wie Hirschler mit dem Fo! malin-Osmiumverfahren, In allen Zellen der Geisseikammern waren deutlich Netzapparatstrukturen zu beobachten. Aus dem vorliegenden Material darf wohl gefolgert werden, daß die bisherige Ansicht, daß der Netz- apparat in irgendeiner Form in jeder tierischen Zelle nachgewiesen werden kann, immer mehr allgemeine An- «"j^J^^^Ä ^.>' L^^MM erkennung finden wird, wtuu auch ^GlM^H^B ** C^fcgi^wJ heute noch eine Menge von Zellarten fi ^^'f^'^ Ci^V^lKliBi ^^^^^ schwer unsern Bemühungen zu- r ^S^^'"'''- '^W^jikJ^w^ gänglich sind. Dabei scheint sich tat- ...m^ y^ ^^ sächlich herauszustellen, daß ein ge- *^-.. -J^-^Jüb gL Ä' * wisser Unterschied in der morpho- logischen Anordnung des Apparate» bei Wirbeltieren und Wirbellosen ziemlich konstant nachzuweisen ist. Allerdings darf man gegenüber den polnischen Forschern doch betonen, daß die Unterschiede nicht ganz so durchgreifend sind wie aus ihren Angaben hervorzugehen scheint, denn es dürften sich, wie speziell die Oberflächenepithelien von Lumhricus und manche Bildungen in den Ganglienzellen Wirbelloser zeigen, einzelne Zelltypen finden, bei denen die morphologische Anordnung des Netz- apparates der für die Wirbeltiere typischen ziemlich nahekommt. Es ist anzunehmen, daß bei Vervollkommnung der Methodik der Apparat, welcher offenbar aus besonders differenzierten, individuell nachweisbaren Teilen des Protoplasmas sich aufbaut, mit derselben Klarheit wie andere stets vorhandene Zellbestaudteile in allen Zellen zur Anschauung gebracht werden kann. Wir wissen, daß diese Teile des Protoplasmas ihre eigene chemische Zusammensetzung und höchstwahrscheinlich ihre besondere physiologische Bedeutung lialien, daß es Zellbestandteile sind, denen bei Flg. 3. LbiT den (jnljrisclicn .Xi'tznitpaiat hei ('inifr''ii Wirbclloson. 227 der Tciliinj"; der Zelle eine Kulle /.ukoiiiint ( l)ictokinpse iiacli I^kkroxcito). Zielit iiiaii (las N'orkoniiuoii dos Xetzapparatos in den Keimzellen in Enväj?uno- (wolclios auch ich Ijcobachten konnte), soNvic sein Auftroteii in (U'V hefi lichteten Eizelle (Hirschler) und in di.n\ embryonalen (ie- weben (Hikschler,. Cajal, Fanaxas u. a.), so bietet dies mit eine Stütze ITir die Theorien, iiacli denen iiielil allein der Kern Träger von Vererbuiigs- substanzen sein kann, sondern auch bestimmte individualisierte Teile des Zelleibes auf die Nachkommen übergehen. Allerdings harrt unser da noch die xVufgabe, das Schicksal der mit dem Spermium eingebrachten Netz- apparatsubstanz während der Befruchtung uni der ersten Vorgänge der Kernvereinigung in der Zelle zu beobachten. Zum Schluß sei es mir noch gestattet, meinem hochverehrten Lehrt r, Herrn Prof. Kolmer für seine vielseitige Anregung und Unterstützung; bei dieSL'r Arbeit herzlichst zu danken. Figurenerklärung. ZF.iss-Apochrumat 1,5 mm, Apeit. 1,30, KompensatiiMisucular b (bei J-'ig 1 — 15), Zeiclienapparat in der Höhe des Objokttisches. Phot. Verkleinerung lin. ^/2. Fig. 1. Lumbricus. Spermatocytcn und in Umwandlung begriffene Spermatiden. Der kappenförmige Xetzapparat als dimkler Belag in der Gegend der Mittelstückaulage. Cajal- Methode. Fig. 2. Helix po)i). Zwei große Ganglienzellen aus dem oberen Schlundganglion. ^«'etzapparat im Protoplasma rings lun den Kern. C'AjAL-Methode. Fig. 3. Lumbricus. Ausführungsgang des Nephridiums. Xetzapparat an typischer Stelle in den cylindrischen Zellen zwischen Kern und freier Zellobcrfläche. Cajal- Methode. Fig. 4. Lumbricus. Zellgruppe aus dem Drüsenepithel des Clitellums. Schräg- schnitt. Durch die strotzende Füllung der Zelle mit Secret wird der Netzapparat an die Zellbasis gedrängt. CAJAL-Methode. Fig. 5. Lumbricus. Wenig schräger Schnitt durch Muskelfasern. Netzapparat in der Umgebung des Zellkernes. ('AJAi.-Metlinde. Fig. 6. Dasseli)e. Längsschnitt. Fig. 7. Dasselbe. Querschnitt. Fig. 8. Dasselbe wie Fig. 1, daneben noch Spermatogonien. Fig. 9. HeJix pom. Fingerförmige Drüse. Netzapparat zwischen Kern und frricr Zellobcrfläche. CAjAL-Methode. Fig. 10. Da.sselbe wie Fig. 4. Längsschnitt. f'AjAL-Methode. Fig. 11. Helix pom. Radulaepithel. Netzapparat zwischen Kern und freier Oberfläche. GoLGi-Methode. Fig. 12. Dasselbe. Fig. 1,3. Helix pom. Receptaculimi seminis. Notzapnarat zwischen Kern und freier Zelloberiläche. GoLGi-Methode. 228 Martha Kolliner Fig. 14. Rhagiwn. Spermatocyten. Netzapparat neben dem Kern. Golgi- Methode. Fig. 15. Grülus. Große Ganglienzelle aus dem oberen Schlundganglion. Cajal- • Methode. Fig. 16. Psophus. Samenschlauch, Kompensationsoc. 2. CAjAL-Methode. Fig. 17. Psophus. Spermatogonien, Netzapparat und Mitochondrien. Schleifen- förmige Anordnimg von Mitochondrienstadien an der Oberfläche der Kernmembran vor der Spermatogonienteilung. Kompensationsoc. 2. C-AJAL-Methode. Fig. 18. Psophus. Spermatogonien mit geteiltem Mitochondrienkörper. Kom- p?nsationsoc. 2. CAJAL-Methode. Fig. 19. Psophiis. Spermatocyten, Netzapparat und Mitochondrien, Ocular 4. CAJAL-Methode. Fig. 20. Psophus. Spermatocyten, Netzapparat und Mitochondrien. Ocular 4. CAJAL-Methcde. Fig. 21. Psophus. Spermatiden, Mitochondrien und Netzapparat. Kompensations- oc. 4. CAJAL-Methode. Fig. 22. PsopJiUS. Drei Zellen aus dem Ovariuin. Kompensationsoc. 2. CAJAL- Methode. Fig. 23. Ästacus. Ganglienzelle. Kompensationsoc. 2. CAjAL-Methode. Fig. 24. Äslacus. Leucocyten aus der grünen Drüse. Kompensationsoc. 6. Cajal- Methode. Fig. 25. Astacus. Zwei Zellen aus der Wand des Vas deferens. Kompensationsoc. 2 CAJAL-Methode. Fig. 26. Astacus. Spermatozoen aus dem Hoden, Netzapparat und Mitochondrien. Kompensationsoc. 4. ÜAjAL-Methode. Literatur, D'Agata. Über eine feine Struktureigentümlichkeit der Epithelzellen der Gallenblase Arch. f. mikr. Anatomie. Bd. LXXVII, 1. 1911. Bergen. Zur Kenntnis gewisser Strukturbilder des Netzapparates. Arch. f. mikr. Anatomie. Bd. LXIV. 1906. BiALKOwsKA und Kulikowska. über den GoLGi-KoPsciischen Apparat der Nerven- zellen bei den Hirudineen und Lumbricus. Anat. Anz. Bd. XXXVIII. 1911. Über den feineren Bau der Nervenfasern bei verschiedenen Insekten. Bull. int. de l'Academie des Sciences de Cracovie, 1912 B. Cajal. Struktiu" der sensiblen Ganglienzelle des Menschen und der Tiere. Ergebn. d. Anat. u. Entw.-Gesch. Bd. XVI. 1907. Formula de fixacion para la dcmonstracion facil del apparato reticolare de Golgi. 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XIV, Fig. 1) ha])en ovale Kerne, deieu Chromatin auf einem sehr feinen Reticulum in groben Körnern an der Oberfläche verteilt ist; ein kompakter Xucleolus liegt annähernd central. Die Kerne — nur durch wenig Plasma voneinander getrennt — liegen chcht gedrängt ; Zellgrenzen sind nicht erkennbar. — Später (Fig. 2) verteilt sich das Chromatin feiner auf dem achromatischen Reticulum, es bilden sich Spireme, und die Kerne teilen sich. Eine Gruppierung der Zellen bzw. Kerne z. B. in Oktaden \\-\q sie Vejdovsky (1907) für Enchy- träiden beschreibt, zeigt sich hier nicht; auch beiEnchyträiden kommen mehrzellige Komplexe vor, so daß dort Ausnahme ist, was bei Tubifex Norm. Auf die beschriebenen Stadien folgt die Synapsis in ihren verschie- denen Phasen. — Nach ihrer Auflösung erscheinen die mumu^hrigen Oocyten (Fig. 3) mit deutlichen Zellgrenzen, treten in die erste "Wachs- tumsperiode ein, in der — im Gegensatz zur zweiten — alle Zellen gleich- mäßiir und ohne Dotterbildung heranwachsen. Auch im chronuitischen Bestand der Kerne scheint keine Oocyte vor der andern ausgezeichnet zu sein. In dieser "Wachstumsperiode wird etwa das Doppelte der Größe der postsynaptischen Kerne erreicht. 232 Hans Loewenthal Jetzt treten die (3ocyten in eine Periode, die Oschmann als »Ver- schmelzungsperiode« bezeichnet. Bevor ich diese nach meinen Befunden schildere, muß ich noch einem Einwand, den man mir machen könnte, begegnen: daß ich nämlich eine andere TubifexSi^ecies untersuchte als Oschmann. Im Prinzip wäre der Einw^and berechtigt, allein — wie man weiter unten sehen wird und sich durch Vergleiche überzeugen kann — fand ich auch bei TuUfex tiibifex die gleichen Bilder wie Oschmann bei Tuhifex Mvaricus, um ihnen freihch — wie ich glaube, in besserer Übereinstimmung mit den Tatsachen — eine ganz andere Deutung zu geben. Nach Oschmann geben che Oocyten nach der ersten Wachstums- periode ihre Selbständigkeit auf und «verschmelzen schubweise in Mengen zu einem größeren Komplex, zuerst die Plasmamassen, in denen wie syncytial die Kerne zu liegen kommen, dann die Kerne, viele zugleich, oder einer um den andern, wie es die Lage ergibt, zu einem einzigen großen Keimbläschen«. Demgegenüber zeigen unsere Beobachtungen: Nach Abschluß der ersten Wachstumsperiode zeigen sich Oocytenkomplexe der variabelsten Gestalt, den engen Raumverhältnissen des Ovarsegments entsprechend. Diese Komplexe können in Kontinuität mit dem ganzen Ovar bleiben; flottierende Eierstöcke, me z.B. bei denEnchyträiden, sind nicht die Regel, kommen aber auch besonders gegen Ende der Geschlechtsperiode, wenn der Anfangsteil des Ovars bereits degeneriert ist, vor. Die Zahl der Oocyten, die einen solchen Komplex bilden, scheint nicht konstant, und zukünftige Ei- und Nährzellen sind nicht different. Fig. 3 zeigt einen Teil der Aufsicht auf einen solchen Komplex. Annähernd gleich große, gut voneinander abgegrenzte Zellen mit relativ großem Kern, der einen Nucleolus und das Chromatin in reticulärer Verteilung zeigt. Es folgt jetzt die zweite Wachstumsperiode, in der sich Ei- und Nährzellen voneinander sondern. Die an der Peripherie eines solchen Zellkomplexes gelegenen Oocyten nämlich beginnen — einzeln nachein- ander oder mehrere gleichzeitig — rasch zu wachsen, während die weiter im Centrum gelegenen auf ihrer bisherigen Größe verharren. Aus diesen so heranwachsenden peripheren Zellen werden, me man bald aus den Veränderungen der chromatischen Substanz der Kerne erkennen kann, die Eier. Das soll uns jetzt an Hand der Abbildungen im einzelnen be- schäftigen. Fig. 3 zeigt noch keine Eibildung, — oder wahrscheinlicher, wie wir unten sehen werden, keine Eibildung mehr. Fig. 4 zeigt den Rand und die anscliließenden Partien eines Oocytenkomplexes, an dem sich Eier herauszudifferenzieren beginnen. Peripher, unter der peritonealen I>ir ( )ogoneso von Tuliilcx tiihitVx (Miill.j. 233 Vinliiillmi«^', lioii;(Mi die ziiki'mt'li^cii l^izcllcii. central die Xäliivj'llni. Die toilwoiso o;orade clx'ii cisl iiiorkharc Cinißcndivcrgonz bildet hier noch den einzigen Unterschied von Ki- und Xälirzellen. Fig. ö gibt da« Bild eines etwas weiter \ urgesclirittcnen Stadiums, das uns eine Übersicht über einen gröloeren Teil eines Komplexes wäiiiciul der Kibildung gibt. Peripher finden wir wieder die großen Eizellen, gegenüber den anch-rn Zellen ietzt außer der (Iröße dit'ferent durch feinere ("hromatinverteilunff Vacuolisierung des Nucleolus und chemisch durch Acido[)hilie dvi^ l'^ikerns gegenüber der Basopliilie des Kerns der Xährzelleii. Die centralen Partien des Bildes sollen uns weiter unten ])cschäftigen. Fig. (j zeigt l)ei schwächerer Vergrößerung ein weiteres Stadium. Die (Irößenzuiuihmc hat weitere Fortschritte gemacht, aus dem chromatischen Reticulum des Kerns be- ginnen sich Chromosomen zu bilden, und endlich wuchert der peritoneale Überzug des Ovars, der bis jetzt kontinuierlich den ganzen Komplex umgal), zwischen die Eizellen hinein, umhüllt jedes Ei für sich ganz und gar und bereitet so die vollständige Loslösung vor. Fig. 10 zeigt unten zwei unreife Eier in verschiedenen Entwicklungsstadien, im linken be- ginnen die Chromosomen aus dem Kernnetz herauszutreten, iin rechten, weiterentwickelten, ist tUes geschehen — ein schönes Bild sukzessiver Eibildung, die, wie wir ja oben sahen, bei Tuhifex neben der gleichzeitigen vorkommt. Dann lösen sich die Eier vom Ovar ab und machen ihre Weiter- entwicklung frei in der Leibeshöhle schwimmend durch. Was wird nun aus den Oocyten, die central gelegen sich nicht zu Eiern entNnckeln können? — Während l)ei einigen P^nchvträidcn- Species sich alle Zellen einer Gruppe nacheinander zu Eiern entwickeln, so machen bei andern nur einige diese Entwicklung durch, die andern degenerieren. Ein gleiches ist bei Tuhifex der Fall. Hat ein Ovarkomplex seine Funktion, Eizellen zu l)ilden, erfüllt, so verfällt er der Degeneration. Die ersten Anzeichen derselben treffen wir bereits während der Eibildung. Die central gelegenen Oocyten nämlich konfluieren unter Verlust ihrer Zellgrenzen, eine Tatsache, che gut mit der Anschauung Gräpers (1914) übereinstimmt, daß sich eine Zellschädigung zuerst durch Aufgal)e der Selbständigkeit der Zelle kundgebe. Fig. ö zeigt im ("entrum eine solche zusammengeflossene Plasnuimasse, während die peripheren Zellen ihre Grenzen noch erhalten habcm. Ein weiter vorgeschrittenes Stadium — entsprechend der Eibildung — zeigt Fig. (>. wo überhaupt keine Zell- grenzen mehr erkennbar sind. Die Kerne kommen bisweilen recht dicht nebeneiiuuuler zu liegen; ein Umstand, der wie wir weiter unten sehen werden, von Bedeutung ist. Während die Kerne in den ersten Stadien der Degeneration noch intakt sind, beginnen auch sie sich jetzt zu ver- 234 Hans Loewentlial ändern. Auf Fig. 8 .sehen ynv unten rechts eine Zelle, die anfängt sich znm Ei zu ent^^ickeln. Im übrigen scheint die Hauptperiode der Eibildung dieses Ovarteils vorüber zu sein, denn, während hier die Degeneration schon weit vorgeschritten ist, zeigen Ovarteile in voller Eibildung meist nur die ersten Stadien der Degeneration — also Zellverschmelzung — , so daß also Eibildung und Degeneration der Nährzellen nicht synchron verlaufen. — In der Mitte von Fig. 8 sieht man "\deder den Beginn der Degeneration, das Versch\räiden der Zellgrenzen, die Kerne scheinbar noch intakt; nur daß bei ihnen eine starke Vacuolisierung des Nu- cleolus auffällt. Weiter beginnt das Chromatin der Kerne sich stark an der Kernmembran zu konzentrieren, so daß der Nucleolus in eine große Vacuole zu liegen kommt. In Fig. 8 a sind zwei solcher Kerne nochmals bei stärkerer Vergrößerung abgebildet. Das Plasma verklumpt zu Kügel- chen, die Kerne liegen vollständig frei, jeder feinere Bau geht verloren, und wir finden nur noch eine hyaline Masse, die gleich dem Plasma von der serösen Flüssigkeit der Leibeshöhle resorbiert mrd. Während der eben geschilderte Prozeß des Zugrundegehens der Oocyten, die eine Entmcldung zu Eiern nicht durchmachen, der häufigere, der normale ist, können bisweilen Vorgänge eintreten, die eine Weiter- ent^T*icklung vortäuschen können und Oschmann in die Irre geführt haben. Die Degeneration der Kerne der Nährzellen nämlich erfolgt nicht stets momentan und, \Yie wir bereits oben erwähnt halben, kommt es bis- weilen vor, daß nach Auflösung der Zellgrenzen die Kerne cücht bei- einander zu liegen kommen: in diesem Falle kann eine Verschmelzung erfolgen, und es resultieren Bilder, me sie Oschmann gibt und auch mr in Fig. 9 abbilden. Die zentralen Zellen eines Oocytenkomplexes sind unter Schwinden ihrer Zellgrenzen verschmolzen; bis auf einen, oben in der Mitte gelegenen, sind die Kerne hier aber nicht sofort degeneriert, sondern miteinander verschmolzen. Dieser «Verschmelzungskern« zeigt noch eine — seinen verschiedenen Bestandteilen entsprechend^ — un- gleichmäßige Konstitution, seine Substanz ist teils ein dickmaschiges Netz, teils sehr dttnnwabig. Seine Komponenten haben teilweise ihre Form schon vollständig aufgegeben, teils sind sie noch deutlich erkennbar. — Durch innigere Vermischung seiner Bestandteile kann solch durch Ver- schmelzung entstandener Kern ein einheitlicheres Aussehen gewinnen. In Fig. 10 rechts oben inmitten eines Oocytenkomplexes liegt ein so »neukonstruierter« Kern, der seiner Gestalt, seiner Konstitution und seiner Lage nach als durch Verschmelzung entstanden anzusehen ist. Zwei Eier mit mrklichen Keimbläschen — unten in der Figur — ermöglichen leicht einen Vergleich. Abgesehen von Form, Konstitution und Lage Die Oogenese von Tubifex tubifex (Müll.). 235 — schon Gathy (1900) deutete an, daß sich nur pcriplior gelegene Oocyten zu Eizellen ent\\'ickelten — würde die außerordentlich geringe Plasraa- menge, in der ein solcher »Verschmelzungskern« regelmäßig liegt, ge- nüajen, um erkennen zu lassen, daß es sich nicht um Bildung des Keim- bläschens, sondern um ein Degenerationsprodukt handelt. Es ist kaum noch nötig zu l)enun-ken, daß ich niemals sah, daß sich aus solchen central gelegenen mehrkernigen Partien ein Ei ent^^ickelte. Gesehen hat es ja auch OscHMANN nicht, denn sonst müßte er doch zeigen, wie ein solches »Ei« die Hülle, die oft aus mehreren Zellreihen besteht, durchbricht, €twa nach Art des Follikelsprungs bei den Säugern. Aber es ist eben nicht der Fall, sondern diese Kernverschmelzung ist nur eine Degenerations- erscheinung. Diese »ungeschlechtliche Kernverschmelzung« an sieh hat ja nichts Wunderbares, wenn man sich der Befunde von Nemec (1902) erinnert, der experimentell Verschmelzungen von Kernen somatischer Pflanzenzellen erzeugte und die Kerne sich vollständig rekonstruieren und sogar Spirenie auftreten sah. Danach ist denn auch eine ge>^'isse Vereinheitlichung der Substanz bei unsern verschmolzenen Kernen er- klärlich. Daß im übrigen auch in solchen Komplexen, wo der Eibildung ein sofortiger Zerfall des betreffenden Ovarteils nicht folgt, die restlichen Oocyten degenerieren, zeigt Fig. 7. Es ist ein Schnitt durch die ]\Iitte desselben Komplexes, von dem Fig. 3 die Aufsicht gab. Am Bande finden wir noch die gleichen Zellen wie auf der Oberfläche (Fig. 3) des eiför- migen Komplexes. In der Mitte des Bildes sind die Zellgrenzen geschwun- den, das Plasma verschiedener Zellen hat sich vermischt, und che Kerne verfallen der Degeneration. Oben liegt ein Kern, dessen Bau, wenn auch durchaus nicht mehr intakt, noch einigermaßen erkennbar ist, aber vom Hämatoxylin tief dunkel gefärbt wurde: starke Basophilie ist liekannt- lich ein Zeichen beginnender Degeneration; außerdem ist an demselben Kern eine zirkulär verlaufende Einschnürung erkennbar, die vielleicht auf eine Amitose zurückzuführen ist. Tn der ]\ntte des Bildes sehen wir — gleichsam in einer Vacuole — zwei vollkommen pyknotisierte und corrodierte Kerne, wobei die Vacuole vielleicht durch Diffusion durch die Zellmembran oder auch durch Degeneration des Plasmas zu deuten wäre. Die Bildungsweise der Eier nur an der Peripherie erklärt auch leicht die OscHMAXx auffallende Erscheinung, daß die vom Ovarialkomplex losgelösten Eier stets auf gleicher Entwicklungsstufe ständen, obwohl sie doch unmöglich gleichartig sein könnten, da nach seinem Modus der Ei- bildung durch Kernverschmelzung stets nur ein Ei auf einmal gebildet Archiv f. Zellforschung. XVI. 16 236 Hans Loewenthal werden könnte. Zur Erklärung muß er eine Correlation des bereits los- gelösten Eies mit dem Muttertier annehmen. Meine Befunde der peri- pheren, gleichzeitigen Bildung melirerer Eizellen machen solche Speku- lation überflüssig. Auch die älteren Beschreibungen der Oogenese von Dinophilus, bei der gleichfalls Zell- und Kernverschmelzung vorkommen sollte, haben sich ja durch die Befunde von Nachtsheim (1919) als falsch herausgestellt. Damit glaube ich gezeigt zu haben, daß die Behauptungen Oschmanns — wie er sie neuerdings (1919) wieder gelegentlich der Untersuchung der Oogenese von Tubularia formulierte — »Es gibt keine Zellorgane. Weder Chromosomen, Nucleolus, Sphären, Centrosome, Centriolen usw. sind persistent, noch Kern und Plasma«, der realen Unterlagen entbehren» Literaturverzeichnis, Gathy, Ed. 1900. Contribution ä l'etude du developpement de l'oeuf etc. In: La Cellule, T. XVII. Gräper, L. 1914. Eine neue Anschauung über physiologische Zellausschaltung. In: Arch. f. Zellf. Bd. XII. Nachtsheim, H. 1919. Cytologische und experimentelle Untersuchungen über die Geschlechtsbestimmung bei Dinophilus apatris Korsch. In: Arch. f. mikr. Anat. Bd. XCIII. Abt. IL Nemec, B. Über ungeschlechtliche Kernverschmelzung. Sitz.-Ber. der böhm. Ges. der W. in Prag. 1902—1904. OscHMANN, A. 1914. Beitrag zum Studium der Zellverschmelzung imd der cellulären Erscheinimgen. 1. T. : Die Oogenese von Tubifex bavaricus. Arch. f. Zellf. Bd. XIL 1919. Über Zellverschmelzung. Mitt. an die Jaliresvers. der Schweiz. Zool. Ges. in Bern. Vejdovsky, f. 1907. Neue Untersuchimgen über die Keifung imd Befruchtung. Prag. Tafeierklärung. Fixation: Sublimatgemisch nach Petrunkewitsch. Färbung: mit DELAnELDschem Hämatoxylin und Pikrokarmin. Schnittdicke: 7,5 j^i. Zeichnungen in Objekttischhöhe. Fig. 1, 2 xmd 8a mit ZEiss-Apochr. 1,5 mm und Komp.-Oc. 6. Fig. 3, 7 und 9 ZEiss-Apochr. 1,5 mm imd Komp.-Oc. 4. Fig. 6, 8 und 10 Winkel Objektiv 7a und Komp.-Oc. 4. Fig. 1. Junge Oogonien am Dissepiment. P Peritonealkerne. Fig. 2. Oogonien und Oogonienmitosen. Fig. 3. Anschnitt eines Oocytenkomplexes. Fig. 4. Kandpartie eines Oocytenkomplexes mit sich entwickelnden Eizellen, Fig. 5. Oocytcnkomplex in Eibildung. Die Oogenese von Tubifex tubifox (Müll.). 237 Fig. 6. Absonderung der Eizellen durch den einwuchernden peritonealen Überzug des Ovars. Fig. 7. Schnitt durch die Mitte des gleichen Komplexes wie Fig. 3. Degeneration der Oocytenkerne. Fig. 8. Degenerierender Ovarteil. Unten rechts noch Eibildung. Fig. 8 a. Degenerierende Kerne der Fig. 8 bei stärkerer Vergrößerung. Fig. 9. Verschmelzende Kerne im Innern eines Oocytenkomplexcs. Fig. 10. In der ]^Iitte dos Zellkomploxos ein durcli Verschmelzung entstandener Kern. Unten zwei Eier. •»x<- 16' Aus der Abteilung für experimentelle Zellforschung des Universi- tätsinstitutes für Krebsforschung;. (Priv.-Doz. Dr. Ehoda Erdmann, Charite-Berlin). Zytologische Veränderungen von Paramaecium nach Be- strahlung mit Mesothorium. Von Dr. Emmerich Markovits. Mit 6 Figuren und 4 Kurven im Text. Gerade in neuerer Zeit sind eine Reihe Arbeiten erschienen, die sich wieder mit den Problemen der Zellteilung befassen. Aus technischen Gründen sind diese Arbeiten oft an Protozoen (Schaudinn 1899, Joseph und Prowazek 1902, Veneziani 1904, Zuelzer 1905), an Eiern (Perthes 1904, 0. Hertwig, P. Hertwig, G. Hertwig 1911) oder keimendem Pflanzensamen (Koernicke 1904, Jüngling 1920) ausgeführt worden. Um eine Verlangsamung oder Beschleunigung der Zellteilung auf mög- lichst schonende Weise experimentell zu erzeugen, sind die verschiedensten Wege eingeschlagen worden. Die der Natur am besten abgelauschte Art, Zellteilungen zu erzeugen, ist die von Haberlandt (1913—1920) an- gewandte. Er, der an bestimmte Zellteilungshormone glaubt, bringt noch nicht teilungsbereite Zellen mit diesen Hormonen zusammen und kann an diesen baldige Zellteilung beobachten. Einschneidender sind die Ein- griffe, die von Spek (1920) mit Hilfe von hypo- und hypertonischen Lösungen der verschiedensten Salze versucht worden sind. Haberlandts Ausführungen gipfeln darin, daß von der Pflanze selbst produzierte Stoffe teilungsanregend \wken; Spek findet, daß die Teilung durch wasser- entziehende und quellungsfördernde Mittel beschleunigt werden kann. Das von mir gebrauchte Agens, die Teilung experimentell zu beschleu- nigen, war die Bestrahlung mit Mesothorium, die in der, schon in meiner ersten Arbeit in den »Fortschritten auf dem Gebiete der Röntgen- strahlen Bd. 28« (1921) beschriebenen Weise an Paramaecium cau- datum unternommen wurde. Ich füge noch hinzu, daß, um vollständig gesicherte Resultate bei kleinster Bestrahlungsdauer zu erhalten, ich zu den jetzt geschilderten Schluß versuchen sogenannte »Schwestertiere« der Bestrahlung unterwarf. Unter »Schwestertieren« sind die Tiere a und h zu verstehen, die aus derselben zuletzt erfolgten Teilung hervorgingen, Cvt(jl. Vuiiiiulciiiiigi'n (I. Kiii/A'lli'is l'aiamacciiuii nach llcsUaliliiiig in. Mi-sotliuriiun. '2'4\) also die gleiche Teilungstendeiiz haben, "vvenn sie unter den gleichen Außen- bedingungen sich befanden, mir mit dem Unterschied, daß a bestrahlt war und h unbestrahlt ))Iieb, die also die genauesten Erge])nisse liefern müßten. In der früheren ^Mitteilung habe ich schon über die Resultate, die sich bei der Bestrahhmg von Paramaecium candatum bei Tieren ergaben, deren physiologischer Index gleich ist, berichtet. Es war aber auch un- bciüngt notwendig, die cytologischen Einzelheiten bei der beschleunigten Teilung zu stucüeren, um so vielleicht einen Anhalt zu bekommen, welche Zellbestandteile durch die Bestrahlung sich verändern und welche Rolle hierl)ei Kern und Plasma spielen. Die älteren Arbeiten, ^^•ie die von Joseph und Prowazek, Zuelzer, litten an dem ^langel, daß die Physiologie des Versuchstieres nicht genau bekannt war. Neuere Arbeiten erklären che Lebenserscheinungen einer Paramaecium-Lmie. Es ist bekannt, daß eine Einzellinie — d. h. ein von einem einzigen Tier fortgeführter Paramaecium-^tamm. — sich nicht jeden Tag im allgemeinen gleich oft teilt, sondern daß die Teilungsgesch\\indig- keit sich mit dem Durchlaufen einer achtwöchigen Periode ändert. Diese Periode kehrt rhythmisch wieder und hat einen Anstieg, eine mittlere, mehrere Wochen gleichbleibende Teilungsfrequenz und einen Abstieg. Man kann also in bezug auf die Individuenzahl einer Paramaecium- Massenkultur, die von einem Ausgangs-Tier stammt, verschiedene, rhyth- misch ^^^ederkehrende Stufen unterscheiden: 1. Die Periode des Anstieges von ungefähr zweiwöchiger Dauer, 2. den Hochstand, ungefähr vier Wochen, 3. den Abstieg, ungefähr zwei Wochen. Nach jeder durch- laufenen Periode geht in dem Einzeltier ein Reorganisationsvorgang vor sich. Diese Vorgänge sind ausführlich für Paramaecium caudatum von Erdseann und Woodruff (1916) beschrieben. Während des Reorganisationsprozesses gehen viele Tiere zugrunde. Die überlebenden aber durchlaufen eine neue Periode und zeigen am Anfang des Anstieges eine erneut" Teilungsfrequenz. Wenn man nun eine Massenkultur von einer reinen Linie anlegen will, so geschieht dies folgendermaßen: Man bestimmt die Daten des Reorganisationszustandes, und in der Periode des Anstieges nimmt man ein Tier aus einer Einzel- kultur heraus und überführt es in che Nährlösung (Heuaufguß), die für jede Versuchsreihe dieselbe blieb. In der so angelegten Kultur vermehren sich die Paramäcien. Gewöhnlich kann man dieselbe Kultur von der zweiten bis zur sechsten Woche geljrauchen. AVährend der rhythmische Reorganisationsvorgang der Paramäcien in den bisher erschienenen Ar- beiten nicht berücksichtigt worden ist, wnr'e nunmehr in der vorigen und in dieser Arbeit die Bestrahlung in direkter Verl)indung mit den 240 Emmerich Markovits genau bekannten Perioden der gleichmäßigen Teilungsfrequenz in Zu- sammenhang gebracht. Es war hierfür die Erwägung maßgebend, daß die Strahlemnrkung je nach dem physiologischen Zustande, in welchem sich die Zellen befinden, verschiedene Folgeerscheinungen zeigen würde. Dies hat sich bestätigt. Die frühere Versuchsanordnung (Markovits 1921 ) wurde beibehalten. Aus der Massenkultur wurden die Paramäcien mittels einer fein ausgezogenen Pipette auf einen hohlgeschliffenen Ob- jektträger übertragen; täglich wurde ihnen frischer Heuaufguß zugeführt. Als Strahlenquelle diente ein Präparat, welches Mesothorium (Äquivalent 10 mg Radiumbromid) enthielt. Die Sul)stanz ist in dem Träger auf ein Kupferblech von 0,1 mm Dicke, 4 qcm Fläche gleichmäßig ausge- breitet. Die a-Strahlen waren ausgeschaltet, zur Wirkung kamen nur die /^-Strahlen und die .}'-Strahlen. Während der Bestrahlung diente ein Glasbänkchen zur Unterstützung der Platte, die senkrecht über die Flüssigkeit mit Paramäcien gelegt war. Die Entfernung war stets die- selbe, die Dosis also nur abhängig von der Zeit. Es bestätigte sich auch in der Periode von September/Oktober im Hochstand — wie es schon in der ersten Arbeit (Juni/ Juli) ausgeführt wurde — , daß die Vermelu-ung der bestrahlten Individuen beschleunigt wurde. Diese Beschleunigung der Teilung zeigt sich meist noch nicht 24 Stunden nach der Bestrahlung, sondern erst 48 Stunden später. Dei dem zu Kurve I gehörigen Versuch -wurde ein Tier einmal im Hochstand 60 Minuten bestrahlt. Die Versuchstiere zeigen eine schnellere Vermehrung als die Kontrolltiere. Diese Versuche wurden mit «Schwestertieren« mederholt, die nach jeder Teilung isoliert und in neue Nährflüssigkeit gebracht wurden. Kurve 11 zeigt einen Versuch, in dem Schwestertiere 60 Mnuten lang bestrahlt waren. Ein Tier ^\'urde auf einen Objekträger im Hochstand übertragen, am nächsten Tage war es schon geteüt. Eines dieser Tiere wurde einer Bestralilung unterworfen, das andere als KontroUtier den gleichen Außenbedingungen unterworfen wie das bestrahlte Tier. Es zeigte sich die erste beschleunigte Teüung des bestrahlten Paramäciums nach 24 Stunden. Bei dem der Kurve III zugrunde liegenden Versuche wurde das eine der Schwestertiere sofort nach der Teilung 60 Minuten lang bestrahlt. Wir sehen, daß die beschleunigte Teilung nicht so früh, also nach 24 bis 48 Stunden einsetzt, wie in der Mehrzahl der Versuche. Ein absolut nicht zur Teilung bereites Tier wurde bestrahlt. In der Periode zmschen zwei Teilungen bildet sich die sogenannte ))Teilungs- bereitschaft« aus. Dieses Tier hat also die volle Periode zu durchlaufen, Cytol. Veränderungen d. Einzellers Paramaecimn n. Bestrahlung m. Mesothorium. 241 in der die teilungscrrepfenden 'Hornioiv« aktiviert werden, und eine Periode, in der die Radiumwirkung sich sichtbar machen konnte. JJahcr etammte wohl die etwas spät, am dritten Tage sich zeigende Wirkung der Bestrahhmg. Während zur Zeit der größten VitaHtät (also beim Hochstand des Rhythmus) die tödliche Dosis ungefähr 8—10 Stunden ununterbrochener Eestrahlungsdauer betrug, trat bei An- und Abstieg der Teilungskurve 77 76 75 7¥ 73 7Z 77 70 9 d 7 6 6 ¥ 3 2 7 0 Zdh/ l\.nn und Woodruff, daß die Zelle einen großen- Micronucleus und kleine Trümmer des Macronucleus enthält; che Reorganisations- vorgänge setzen sich also während der Bestrahlung fort. Hier ist fast alles Chromatin des Macronucleus vernichtet, nur ein undefinierbarer Chromatinrest bleibt zurück. Das Tier starb während der Bestrahlung in der Endomixis. Fassen ^dr die Ergebnisse der cytologischen Betrachtungen zu- sammen, so be^^rkt sowohl ini Hochstand \ne auch im Tiefstand che Bestrahlung mit im allgemeinen nicht tödlichen Dosen folgende Ver- änderungen: 1. Der Macronucleus ist zerfallen, und zwar kann dies auf verschiedene AVeise vor sich gehen. Entweder ist der Macronucleus glatt, ohne das bei der normalen Teilung entstehende Mittelglied, in Stücke zerfallen, oder das Chromatin strömt fadenartig nach beiden Polen der Zelle. Auch findet in diesem an Größe reduzierten Macronucleus sehr oft die Bildung sogenannter wurstförmiger Schlingen statt, die Hert\\ig schon 1889, als er zuerst die Conjugation der Paramäcien schilderte, beschrieben hat. Die Form der wurstförmigen Schlingen ist aber nicht so deutlich ausge- prägt, wie es bei der normalen Conjugation der Fall ist. Es finden sich im Macronucleus Stellen, an denen sich das Chromatin verdünnt oder verdichtet hat, und so entstehen eigenartige Strukturen. Xie findet man in solchen Tieren eine Verbindung der beiden Macronucleusstücke, die ja sonst bei der normalen Teilung die Ijcidcn Teile des Macronucleus verbinden und sanduhrförmig in der Glitte verdünnt sind, so daß an der Bruchstelle bei der schließlich erfolgten Teilung nur ein dünner Faden zerrissen zu werden braucht. 246 Emmerich Markovits 2. Der Micromicleus ist nach der Bestrahlung nicht geteilt. Es muß also während der Bestrahlung che Zerstörung des Macronucleus derjenigen des Micronucleus vorangehen. 3. Das Plasma war stets verdichtet und von der Pellicula abgehoben. 4. Die Tiere, die aus den bestrahlten Tieren entstanden, waren deut- lich kleiner. Ließ man die bestrahlten Tiere sich weiter entwickeln, so fand, wie schon erwähnt, eine Beschleunigung der Teüungsrate nicht sofort statt. Wir beobachteten Tiere, die sich 24 Stunden nach der Bestrahlung noch nicht geteilt hatten, während die zweite Teilung dann schon nach 18 Stunden auftrat. Die gebrauchte Linie von Paramäcien teilte sich im allgemeinen innerhalb 24 Stunden bei Zimmertemperatur und im Heuaufguß. Die beigegebenen Kurven lassen dies auch ganz deutlich erkennen. Wir müssen also annehmen, daß durch die Bestrahlung die »Teilungsenzyme« oder «Teilungshormone«, wie wir sie auch nennen wollen, zu einer beschleunigten Arbeit angereizt worden sind. Ihre Tätig- keit erstreckt sich auf die schnelle Durchschnürung des Macronucleus und die etwas langsamer folgende des Micronucleus. Das Plasma wird nicht aktiviert zur Teilung, im Gegenteil, langsam erst, nachdem die Bestrahlung aufgehört hat, gleichen sich die Differenzen zwischen dem zur Teilung so schnell geschrittenen Kernapparat und dem noch nicht zur Teilung bereiten Plasmabestandteil der Zelle aus, und es kommt so zu einer, gemessen an der normalen, verspäteten Zellteilung. Es fehlt aber eine Erklärung, wieso die zweite Teilung bei fast allen Versuchen nach der Bestrahlung so außerordenthch beschleunigt auftritt. Folgende scheint mir möghch: es muß noch eine Nachwirkung der Be- strahlung auf den Kernapparat bestehen. Diese Nachwirkung, die die Teilung des Kernapparates beschleunigt, eilt aber nicht so der Teilungs- bereitschaft voran, wie bei der ersten Teilung. Infolgedessen kann das Tier sich verhältnismäßig schneller teilen und behält auch diese induzierten schnelleren Teilungsraten für eine Reihe von Teilungen bei, wie schon in der früheren Arbeit ausführlich gezeigt ist. Also bei einem kurz be- strahlten Tier wird durch die Wirkung der Strahlen eine Beschleunigung der Teilung des Kernapparates erreicht, der zuerst noch in einer solchen Diskrepanz mit der Teilungsbereitschaft der Zelle selbst steht, daß eine verlangsamte Teilung eintritt. In den folgenden Teilungen hat sich der physiologische Zustand von Kernapparat mit Plasmaapparat ausgeglichen, und es entsteht eine Reihe von beschleunigten Teilungen. Die hier geschilderten Deutungen stimmen in gewissem Sinne mit den Ergebnissen von P. Hertwig, G. Hertwig und Haberlandt über- Cy toi. Veränderungen d. Einzellers Paramaecium n. Bestrahlung m. Mesothorium. 247 ein. Daß die T(>ilinio; nicht sofort nach der Bestrahkmg eintritt, wäre nach P. Hertwig und G. Hertwig so erklärlich, daß die Ein\\irkung des geschächgten ChroniatiiivS längere Zeit auf die Zellteilung latent bleiben kann und die Zellteilung erst nach der Erholung und Neu- ordnung des Micronucleus, j\Iacronucleus und Plasmas eintritt. Die so- fortige beschleunigte Teilung des Kernapparates nach der Bestrahlung ist folgenderweise zu deuten: Die Zelle wird durch die Bestrahlung verkleinert. Es entsteht eine relative Konzentrationszunahme der Zell- säfte, die nach Haberlandt als Reiz teilungsauslösend wirkt und hier zuerst den Kornapparat, besonders den Macronucleus, zur Teilung, besser »zum Zerbrechen« anregt. Literaturverzeichnis. 1. Erdmann, und Woodruff. The periodic reorganisation process in Paramaecium caudatura. Tlio Journal of Exper. Zoology. Vol. XX. Nr. 2. Februar 1916. 2. Haberlandt. Ziu- Physiologie der Zellteilung. Sitzber. d. Kgl. Preuß. Akademie d. Wiss. XII. XLVI. 1914. 3. Hertwig, G. Kadiumbestrahlimg unbefruchteter Froscheier imd ihre Entwick- lung nach Befruchtung mit normalem Samen. Arch. f. mikr. Anat. Abt. II. H. 2. Seite 165. 1911. 4. Hertwig, P. Durch Radiumbestrahlung hervorgerufene Veränderungen in den Kernteilungsfiguren der Eier von Ascaris megalocephala. Arch. f. mikr. Anat. Bd. LXXVII. Abt. II. Heft 3. S. 301. 1911. 5. Hertu'ig, R. Über die Conjugation der Infusorien. Abt. d. Kgl. Ba}T. Akademie d. Wiss., Kl. IL Bd. XVII. 1889. 6. Hertwig, 0. Die Radiurakrankheit tierischer Keimzellen. Arch. f. mikr. Anat. Abt. II. Heft 1 und 2. S. 1, 97. 1911. 7. HERT^VIG, G. Radiumwirkung in der Biologie. Strahlentherapie. Bd. XI. Heft II. 192Ü. 8. Joseph und Prowazek. Versuche über die Einwirkung von Röntgenstrahlen auf einige Organismen, besonders auf deren Plasmatätigkeit. Zeitschr. f. allg. Physiol. Bd. I. 1902. 9. Jüngling. Die praktische Verwendbarkeit der Wurzclreaktion von Vicia faba equina zur Bestimmung der biologischen Wertigkeit der Röntgenstrahlen. Münch. med. Wochenschr. Nr. 40. S. 1141. 1920. 10. Koernicke. Die Wirkung der Radiunistrahlung auf die Keimung und das Wachs- tum der Pflanzen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. XXII. S. 155. 1904. 11. Perthes. Versuche über den Einfluß der Röntgenstrahlen und Radiumstrahlen auf die Zellteilung. Deutsche med. Wochenschr. Bd. XXX. S. 632, 668. 1904. 12. Schaudinn. Über den Einfluß der Röntgenstahlen auf Protozoen. Arch. f. d. ges. Physiologie. Bd. LXXVII. 1899. 248 Emmerich Markovits, Cytol. Veränderungen d. Einzellers Paramaecium nsw. 13. Spek. Experimentelle Beiträge zur Physiologie der Zellteilung. Biol. Zentralbl. Bd. XXXIX. S.23. 1920. 14. Veneziani. Über die physiologische Einwirkung des Radiums auf die Opalina ranarum. Zentralbl. f. Physiologie. Bd. XVIII. S. 130. 1904. 15. Woodruff and Erdmann. A normal periodic reorganisation process without cell- fusion in Paramaecium. The Journal of Exp. Zoology. Vol. XVII. No. 4. November 1914. 16. ZuELZER. Über die Einwirkung der Radiumstrahlen auf Protozoen. Arch. f. Pro- tistenkunde. Bd. V. Heft 3. S. 348. 1905. Contributo alla conoscenza della spermatogenesi dei Rabdocelidi. Del Dr. Luigi Cognetti de Martiis. R. Istituto di Anat. e Fisiol. Coiuparate. Torino, Palazzo Carignano. Tavole XV— XVU. I. Introduzione. Ho potuto disporre pel prcsente lavoro di un buon numcro di esem- plari viventi di im Kal)docelide della fam. Dalyelliidae, Phoenocora jucunda Cogn., rinvenuti in una vasca del R. Orto Botanico di Torino, Parte di qiiegli eseniplari, accuratamente fissati, mi hanno servdto per lo studio istologico e citologieo dell' interessante specie, coneeden- domi di eontribuire eon una monografia (1915) a chiarire van punti piü 0 meno scuri della struttura dei Rabdocelidi. In quella monografia ho riferito alcuni dati sonnnari relativi alla spermatogenesi i) rimandan- done ad altra occasione lo studio eompleto per farne oggetto di speciale lavoro. II. Letteratura. La spermatogenesi dei Rabdocelidi, nialgrado ricerche di A. Schnei- der (1878, 1883), Hallez (1879), Graff (1882), Jensen (1883), Böhmig (1890), Zacharias (1891), Luther (1904), era, fino a pochi anni or sono, assai scarsamente conosciuta, tanto che lo stesso BömiiG 1908 n, p. 2238), nella classica monografia di Graff (1904— '08) sui Turbellari ebbe a dichiarare una tale deficenza. Pai-ticolare menzione merita l'estesa me- moria di Hallez (1909) sul Faravortex cardii per la descrizione, corredata di figure, di singoli elementi istologici dei testes, particolarmente di spermatociti in degenerazione, e della evoluzione degli spermatidi in sper- mi: tuttavia Hallez non pote fare uno stucüo approfondito della spermato- genesi (1. c. p. 470j a causa della minutezza degli elementi mascliili e di alcune difficoltä di tecnica. ij Loc. cit., p. 235, 236, 238, e tav. XII fig. 33. 250 Liügi Cognetti de Martiis Maggiore attenzione s'era rivolta alla forma degli spermi, che nei Rabdocelidi e assai varia, e al loro sviluppo dagli spermatidii). Lo stesso Böhmig (1908 b) studio minuziosamente la trasformazione dello sperma- tidio in spermio, e criticö i dati pubblicati l'anno precedente daWEYGANDT (1907) sul medesimo soggetto. von Hofsten (1909, p. 438—443) ha dato Ulla minuziosa descrizione della struttura e deUo sviluppo degli speriui di Oto 111 eso Stoma. Inf ine qualche accenno alla forma e alle dimensioni degli spermi di Rabdocelidi si trova qua e lä in lavori di indole tassonomica, come quelli di von Graff (1905, 1912), di von Hofsten (1911, p. 67), di Sekera (1912, p, 50—52) ecc. II primo lavoro in cui sia trattata essenzialmente e con criteri moderni la spermatogenesi di un Rabdocelide ä queUo pubbHcato da Lepechkine (1910) col titolo suggestivo: »Su un nuovo rappresentante di vernii a quattro croniosomi (Vortex viridis ^j)«. Devo aUa cortesia del Dr. Her- mann von Voss l'aver potuto prendere diretta conoscenza di quel lavoro scritto in russo ma chiaramente riassunto in tedesco daUo stesso autore. Buone recensioni ne haiino dato Buchner (1910), Rauther (1911), e Goldsmith (1913), In un lavoro di von Voss (1914, p, 183) si trova un breve accenno, corredato di due figure, alle cinesi digü spermatociti I. eil. diMesostoma ehrenbergi onde porre in rilievo l'esistenza di un eterocromosoma in quegli elementi; l'A. promette uno studio piü minuzioso della spermato- genesi. In altro puiito del medesimo lavoro e descritta e figurata la metamorfosi che subisce lo spermio, penetrato neU' novo, per formare il pronucleo maschile. Dal canto mio ho potuto, in Phoenocora jueunda, seguire le varie tappe della spermatogenesi e ancora l'evoluzione dello spermatidio in spermio, se non in tutti i piü minuti particolari, almeno in molti caratteri essenziali; a due di questi ho giä fatto accenno nel mio lavoro sopra citato (1915, p. 236), e cioe: il numero aploide dei cromosomi uguale a sei, e la mancanza di formazione di un citoforo. Nelle pagine che seguono riferisco le particolaritä osservate, ponendole un seguito a confronto con quelle osservate da altri autori pure nei RabdoceUdi. 1) Vedansi: il paragrafo su questo soggetto nel trattato di Korschelt e Heider (1902, p. 442), 1' estesa revisione fatta da Graff (1904— '08, p. 2231—2237, ubi liter.), e i lavori di Ballowitz (1907 a, b). 2) Sinon. di Dalyellia viridis (G. Shaw), cfr. von Graff (1913, p. 120). II gen. Phoenocora fa parte della medesma fam. Dalyelliidae come tipo della trib. Phoe- nocorini. Contributo alla conoscenza della sperniatogenesi dci Rabdocelidi. 251 III. Tecnica. Svolsi le mie ricerche su prcparati di sezioni in serie. I piccoli vermi (mm. 3—4,5) vennero fissati con vari metodi; per Tcsame degli elementi maschili mi diedero i migliori risultati il formol picro-acetico di Bouin, il subliniato boUente, il sublimato nitrico-acetico di Gilson-Carazzi ; usai pure la miscela cromo-osmio-acetica di Flemming (forte) e quella di bicro- mato pot.issico e acido acetico di Tellycsniczk5^ Colorai le sezioni, spesse 5 0 10/<, con emallume, neutro o acidificato, oppure con ematossilina ferrica (HEroENHAiN), facendo seguire una colorazione di contrasto con eosina, o con scarlatto Biebrich, o con orange g. La colorazione con ematossilina ferrica di materiale fissato in Flemming mi permise l'esame del condrioma e di alcune altre particolaritä citologiche non o mal ricono- scibili con gli altri metodi sopra ricordati, I caratteri morfologici della croraatina mi si rivelargno singolarmente bene in sezioni tinte con emal- lume acido e in seguito trattato per pochi minuti con soluzione di allume potassico all' 1 : 100. Per attaccare le sezioni al copri- o al portaoggetti usai il metodo dell' acqua distillatai), per chiudere i preparati usai il balsamo del Canadä sciolto in xilolo. IV. Osservazioni originali. 1. Forma e struttura dei testes. Riferisco dal mio lavoro (1915) giä sopra citato la descrizione dei testes di Phoenocora jucunda: essi »sono ßituati presso i margini laterali del corpo, in vicinanza degli strati tegu- mentali, e s'estendono daU' altezza del poro genitale fino a poca distanza dall' estremitä posteriore. Essi sono piü vicini alla faccia dorsale del corpo che a quella ventrale 2): nel terzo posteriore del corpo sono alquanto espansi verso la linea mediana dorsale. Ogni testis e formato da molti lobi, talora alquanto allungati, collegati a una porzione assile^j: questa e quelli indistintamente contengono i vari elementi della serie spermato- genetica. La tunica propria dci testes e munita di iiuclei simili a quelli ricordati per la tunica del germario, ma meno schiacciati, assai piü radi, e un pö piü grandi. Analoghi nudei si ritrovano alla parete dei vasi deferenti, che e una continuazione della tunica propria dei testes« (p. 235, 236). ^) Per sezioni di esemplari fissati in miscela di Flemming preferii ricorrere alla albumina glicerinata. 2) Tra i testes e la faccia ventrale s' insinua il vitellario. ') Longitudinale. Archiv f. Zellforschung. XM. 17 252 I^uigi Cognetti de Martiis La forma dei testes di* Phoenocora jucunda si avvicina allo schema figurato da Luther (1904, fig. 9 D, p. 87) per Mesostoma ehrenhergi (Focke) e riferito nelle rtioiiografie di von Graff (1904— '08, fig. 51 D, p. 2226; 1903, fig. 7A p. 7) e di Wilhelmi (1913, p. 80)i). CoU' espressione »tunica propria« noii ho inteso indicare una membrana epiteliale, che di questa non si puö qui parlare: il limite fra le celhile della tunica e irri- conoscibile, ne si puö distinguere una linea di demarcazione fra il cito- plasma di dette cellule e il reticulum mesenchiniale 2). I nuclei della tunica propria rassomigliano a quelli del reticulum nella struttura e nel dimensioni, ne differiscono nella forma, i primi essendo piü allungati (lenticolari), ma tale differenza non e costante; la forma allungata si trova sopratutto nei nuclei deUa parete dei vasi deferenti. I due nuclei ripro- dotti nella fig. 1 appartengono al reticulum mesenchimale compreso fra i testes e la vicina epidermide della faccia dorsale: essi, al pari dei nuclei del mesenchima di altre regioni del corpo dell' animale, hanno forma ovoide, con diametro maggiore pari a circa 6// e diametro minore pari a circa 4//. I grani di cromatina hanno forma irregolare, e appaiono distribuiti uniformemente, lasciando perö libero un vacuolo subcentrale del nucleo nel quäle e contenuto il nucleolo. Se, come accade non di rado, il nucleo contiene due nucleoli, questi possono essere distribuiti in due vacuoli ovvero essere contenuti entrambi in un vacuolo solo. H contrasto fra la cianofilia dei grani di cromatina e l'eritrofilia dei nucleoli e eviden- tissinia sia nei nuclei del reticulum che in quelli della parete dei testes e dei vasi deferenti. II nucleolo dei nuclei in parola e tondeggiante, dotato di struttura omogenea, privo di grani o vacuoli; misura/^ 1 a 1,5 in spessore. Per meglio chiarire la natura del lume dei testes, come pure la natura essenzialmente mesenchimatosa della parete, va ricordato che i testes appaiono qua e lä attraversati in tutto il loro spessore (dorso-ventrale) da colonnette o nastri di reticulum, per solito anucleati, piü o meno sottili, nei quali scorrono una o poche fibrille muscolari. Queste appartengono al sistema muscolare dorso-ventrale, e sovente attraversano l'alto epitelio 1) Cfr. anche lo schema dato da von Graff (1913, fig. 236, p. 264) : si tenga presente tuttavia la posizione alquanto piü anteriore dell' apertura boccale e del poro genitale in Phoenocora jucunda, come risulta dalle fig. 1—3 e 25 della tav. XI unita al mio lavoro (1915). 2) La presenza di tunica propria attorno ai testes e ammessa per i Rabdocelidi in generale da Wilhelm (1913, p. 80) in accordo con quanto e espresso nella monografia di VON Graff (1904— '08, p. 2230). Luther (1904, p. 90) la descrisse per gli Eumeso- stomini (= Typliloplanidae, cfr. von Graff 1913, p. 202) come una membrana sottile »im Leben glashellen, die kleine platte Kerne besitzt«. Contributo alla conosccnza della spermatogenesi dei Rabdocelidi. 253 intestinale interponendosi alle sue cellule (fibre diaendodermichei)). V e ragione di credere che ciaseun testis abbia un lume di natura schizo- genetica dovuto al moltiplicarsi delle cellule della seric germinale, le quali, acconipagnate da un liquido, colmano il lume stesso. Mancano speciali elementi nutritori o di sostegno delle cellule germinali. II pabulum per queste e fornito dal liquido sopra ricordato, e, indirettamente, da materiale citologico in degenerazione^). In Phoenocora le cellule progemiinali (gonociti) sono probabüniente raggruppate, durante lo sviluppo embrionale, a formare due masse allun- gate — gli abbozzi dei testes — disposte ai fianchi dell' intestino, nel senso dell' asse antero-posteriore dell' animale^). Aumentanto il volume dei corpo e da supporre che le cellule progemiinali di ciascun abbozzo testicolare vengano spartite in gruppi, e in parte isolate l'una daU' altra per l'interporsi di elementi mesenchimatosi destinati a formare il reti- culum: i testes giovanili penso siano formati ciascuno da gonociti e gruppi di gonociti sparsi nel reticulum ma fra loro ravvicinati. II sopraggiungere della maturitä sessuale e il moltiplicarsi dei gonociti condurrä ad un aumento in numero e in dimensione dei gruppi di detti elementi : stabilitosi il contatto fra gruppi vicini ne risulterä lo schema definitivo dei testes. A spese di gonociti ancora isolati nel reticulum attiguo ai testes origineranno ulteriormente altri gruppi di gonociti destinati a coUegarsi con la parte assile dei testis dello stesso lato. Si comprende in tal modo l'aspetto lobato dei testes che si accentua col completarsi della spermatogenesi*) Ho trovato gonociti isolati nel reticulum peritesticolare anche in esemplari sessualmente maturi che avevano raggiunto le dimensioni massime: ai detti elementi, cui meglio spelta qui il nome di archispermiociti, molti altri ne corrispondono, di aspetto affatto uguale, giä compresi neUa massa lobulata dei testes. Nel reticulum situato fra i testes e gli strati tegumentali si incontrano spesso i corpi cellulari dei mioblasti della parete dei corpo: essi, presentando contorno ovoide, possono rassomighare alquanto agli archigonociti cui si avvicinano per dimensioni, ma ne differiscono per la presenza di un peduncolo che li coUega alla fibra muscolare. ^) Vedansi la descrizione e le figure nel mio lavoro giä, citato (1916). *) Vedasi piü avanti a proposito della evoluzione degli spermatidi in sperml 3) Disposizione analoga venne osservata da Bresslau (1904) in embrioni di Mesostoma, e da Hallez (1908, p. 525, 531) in embrioni di Paravortex. *) Pai rapporti di posizione dei testes col vitellario si consulti il mio lavoro giä citato (1915, p. 232): aggiungo qui che nel tratto medio doli' animale si possono trovare elementi dei vitellario interposti ai testes e alle pareti latero-dorsali dei corpo. 17* 254 Luigi Cognetti de Martiis 2. Archispermiocitii). Sono questi gli elementi piü grossi della Serie spermatogenetica, ma sono, negli esemplari adulti, assai meno fre- quenti degli altri. La loro forma e molte volte subovoide (fig. 2), piü spesso la periferia appare sollevata in poclii lobi a larga base i quali, se accentuati, determinano un contorno alquanto diverso da quello di una figura ellittica (fig. 3, 4). Durante la divisione mitotica, particolar- mente verso la fine della profase, gli archispermiociti assumono forma sferoidale. II massimo diametro si nota per lo piü in queUi isolati e si aggira fra i 12 e i 15/«. H citoplasma forma attorno al nucleo uno Strato irregolare che non oltrepassa i 3— 4/^ in spessore: l'estensione di un diametro qualsiasi delle cellule in parola e oecupata per la maggior parte dal nucleo. Questo sL presenta per lo piü di forma ovoide (fig. 2, 5, 6), con diametro massimo di circa 10 //, ma non mancano esempi di alterazione piü o meno pronun- ciata di detta forma (fig. 3, 4). La deformazione del nucleo rispecchia, entro certi limiti, la deformazione del corpo ceUulare: ciö mi e risultato dall' esame di buon numero di archispermiociti, e appare evidente nelle fig. 2, 3, 4. Non sono alieno dall' ammettere un leggero movimento amöbo- ide negli archispermiociti. La fissazione osmica mi ha permesso di riconoscere nel citoplasma di queste ceUule la presenza di buon numero di granulazioni di forma irregolare, spesse al piü 1 ß, che trattengono l'ematossüina f errica Heiden- hain: si tratta probabümente di condrioma^), La struttura del cito- plasma mi e apparsa suboraogenea. La membrana nucleare e sottile e mal riconoscibile durante la fase di riposo. In questa fase la cromatina si presenta suddivisa in granula- zioni di forma irregolare, spesse meno di 1/^, disposte speciahnente nelle regio ni periferiche del nucleo. Non mi e riuscito di scorgere un reticolo di linina^), ne si puö rintracciare un raggruppamento dei grani cromatinici che suggerisca l'idea deUa persistenza dei cromosomi. Nel nucleo sono di regola riconoscibili una o due cavitä piü o meno ampie, prive di grani ^) Pel significato di questo termine rimando al cliiaro Schema della spennatogenesi riferito da Poll (1908, p. 131; 1910, p. 41): non ho tuttavia seguito interamente la nomenclatura usata in quello schema. Cfr. fra altro anche la monografia di Schmaltz (1911, p. 497) corredata di molte indicazioni bibliografiche. Altri autori che si sono occupati della spermatogenesi dei Rabdocelidi haimo chiamato gli archispermiociti: spermatogoni, Hodenzellen, cellules spermatogenes primordiales, Stammsamenzellen (cfr. VON Graff 1904— '08, p. 2239). 2) A questo materiale non accermo che incidentalmente in questo lavoro non avendo allestito preparati con colorazioni elettive. 3) Analoga circostanza e ricordata da Schleif (1907, p. 136) per Planaria. Contributo alla conoscenza dclla spermatogenesi dei Rabdocelidi. 255 cromatiiiici ; il nuclcolo e situato in dette cavitä, se vi 80110 due nucleoli essi sono spcsso distiibuiti uno per cavitä (fig. 2—5). I grani di cromatina trattengono fortemente remallume Mayer e la ematossilina ferrica Heiden- hain, i nucleoli trattengono i coloranti plasmatici, particolarmente l'eosina. Le cavitä nucleari sopra accennate sono verosimilmcntc colmate da succo nudeare. La forma dei nucleoli e di solito tondeggiante, il loro diametro raggiunge qualche volta i 3//, nia piü spesso e minore, specialmente quando i nucleoli sono due in un medesimo nucleo. M' e occorso di vedere qualche nucleolo di forma allungata ma in nessun caso ho potuto trarre la dimostra- zione di una scissione nucleolare, mentre e presumibile ch' essa si compia. I nucleoli hanno struttura affatto omogenea, ne mostrano vacuoli allo interno. Gli archispermiociti, almeno quelli di dimensionc maggiorc, appaiono nel testes isolati 0 associati a cellule simili in piccoli gruppi: circa 5—8 0 meno. I gruppi possono trovarsi sia alla periferia dei testes che profonda- mente: gli archispermiociti di uno stesso gruppo sono verosimilmente derivati per poche divisioni successive da un' unica cellula, e mostrano, almeno in parte, dimensioni — anche nel nucleo — un pö minori di quelle sopra ricordate (fig. 4, a destra). II citoplasma forma pur sempre un invogho piü 0 meno sottile attorno al nucleo, ma nelle regioni di reciproca pressione si riduce assai fino a lasciar supporre che i nuclei siano a contatto, ricavandosi tutta la parvenza di un sincizio. Non ho trovato stadi che dimostrino con certezza una divisione amitotica degli archispermiociti: condizioni simili a quella riprodotta nella fig. 3, anche con qualche accenno a strozzatura nucleare, mi si presentarono qua e lä nci preparati, ma non mi parvero abbastanza probative al riguardo. Ho potuto invece seguire fasi successive della divisione mitotica. A spese dei grani di cromatina e in seguito al loro coordinamento si organizza uno spirema ad anse disposte in prevalenza in vicinanza della membrana nucleare 0 contro questa, la quäle appare ora assai meglio rico- noscibile che nei nuclei in riposo (fig. 6). Lo spirema e dapprima abbozzato dair allineamento dei grani in brevi tratti discontinui e a margini denti- colati. Le anse sono numerose, irregolari, ne permcttono di rawisare un andamento davvero spiralato nel filo cromatinico. Questo misura circa /f 0,3 in spessore se esaminato in archispermiociti isolati: lo spessore e un po' maggiore se trattasi di archispermiociti minori uniti in gruppo (fig. 4 a destra). I caratteri dei nucleolo 0 dei nucleoli rimangono ancora come nella fase precedente: attorno ad essi si ripete l'ampio spazio lim- pido e incoloro, non attraversato dallo spirema. 256 Luigi Coguetti de Martiis I cromosomi derivati per frammentazione dello spirema hanno con- torno liscio o quasi e appaiono sensibilmente piü spessi del filamento spirematico ancora iiitero; d' altra parte un confronto sommario, anche 8oltanto ad occliio, dello sviluppo lineare di iino spii-ema con lo sviluppo lineare dell' insieme dei cromosomi alla fine della profase permette di riconoscere facilmente una differenza a vantaggio dello spirema. I cromo- somi stessi, dopo che si sono isolati l'uno dall' altro, subiscono un aecorcia- mento aumentando ancora un po' in spessore. Ciö risulta evidente dal confronto delle due fig. 7 e 8 che rappresentano due momenti successivi della profase: i cromosomi della fig. 8 raggiungono in buona parte lo spessore di /^ 0,6 che viene anche oltrepassato dall' estremitä di alcuni di essi foggiata a clava. La lunghezza dei cromosomi di una medesima cellula non e ugualei): pur tralasciando di considerare i cromosomi che si presentano di scorcio ciö si deduce chiaramente dall' esame di quelli che si possono afferrare per intero collo sguardo in un medesimo piano focale. La fig. 9 rappresenta una placca equatoriale vista quasi di fronte e simile a quella riprodotta di lato nella fig. 8; anche in essa e evidente l'ineguaglianza dei cromosomi 2). II nucleolo, nettamente eosinofilo, si trova ancora accanto ai cromo- somi fin quasi all' ordinamento della placca equatoriale (fig. 7). I fila- menti del fuso sono scarsi e ben distinti; ai due poli e poco evidente 11 centriolo. La fine della profase si presta pel conteggio dei cromosomi: ne contai piü volte da 9 a 12, ma ho motivo di credere che i numeri inferior! al 12 conseguano a inadeguata disposizione dei cromosomi, ben spesso parzial- mente sovrapposti in modo che riesce difficile per qualcuno di essi scorgere entrambe le estremitä. Le figure mitotiche di archispermiociti che mi fu dato d'osservare non sono molto numerose, particolarmente quelle corrispondenti al periodo mediane della mitosi. Cosi in pochi casi soltanto potei cogliere 1' ordina- mento dei due gruppi di cromosomi al termine della metafase. Quanto riproduce parzialmente la figura 10 si riferisce ad un archispermiocito sferico avente diametro di circa 9 ju^), e unito in gruppo con pochi altri. La figura da soltanto quattro coppie di cromosomi: ogni cromosoma figlio non ha la forma di ansa a rami di uguale lunghezza, ma piuttosto ^) Differente grandezza fra i cromosomi di imo stesso micleo vemie notato da Schleif (1907, p. 137) negli spermatogoni di Planaria. 2) Si consideri che anche qui i cromosomi sono in parte visti di scorcio e come tali riprodotti nella figura piana. 3) Quindi un po' piü piccolo degli archispermiociti massimi e di solito isolati. Contributo alla conoscenza della spermatogcnesi dei Rabdocclidi. 257 di un cilindro talora flcsso ad uncino alla estremitä polare. Tale forma ßi ritrova nella profase per biiona parte dei cromosomi (fig. 7 a 9). Le estremitä equatoriali dei cromosomi fratelli sono ancora a reciproeo contatto 0 congiunte. Osservai ripetutamente la condizione iniziale dell' anafase di archi- spenniociti sia massimi che minori. Essa e caratterizzata dall' addensa- meiito dei cromosomi attorno agli angusti campi polari dai quali i cromo- somi stessi irradiano inarcati quasi ad accompagnare la convessitä dei fuso, ricordando cosi la disposizione ch' essi avevano al termine della metafase (fig. 11). All' iiiizio dell' anafase e ancora riconoscibile il numero dei cromosomi ricavandolo, sia pure con approssimazione, dal numero delle punte irradianti da ciascun gruppo polare. Durante la telofase i cromosomi perdono gradatamente l'aspetto di bastoncini cilindrici a contorno netto, ma si presentano dapprima sinuosi e provvisti di nodulositä (fig. 12). Infine, mentre si completa la plasmo- dieresi, il gruppo di cromosomi di ogni cellula figlia si risolve nella massa di grani cromatinici che appare poi distribuita nel nucleo durante la fase di riposo (fig. 13). Ripristinandosi quest' ultima fase si verifica la ricom- parsa dei nucleolo o dei nucleoli, di mole un po' minore, ma pure allogati nelle caratteristiche zone chiare. I grani di cromatiua appaiono piü distanziati fra loro che non alla fine della telofase: ciö proviene dallo intercalarsi fra di essi di succo nucleare, sieche il volume dei nucleo in fase di riposo supera un po' il volume della massa cromatinica granuläre compatta della fine della telofase. 3. Sperma togoni. A differenza di altri autori che si sono occupati a Studiare la spermatogcnesi dei Rabdoceüdi ho preferito distinguere con due termini differenti gü elementi sessuali maschili che appartengono al periodo di moltiphcazione, esclusi cioe gli spermatociti e loro derivati. Mentre ho chiamato acrhispermiociti le cellule iniziali della serie spermato- genetica, isolate o unite in piccoli gruppi, ho lasciato il nome spermato- goni alle cellule provenienti per moltiphcazione degli archispermiociti riuniti in gruppi. La distinzione non e assoluta. Gh spermatogoni general- mente si presentano nei testes in gruppi piü numerosi che gli archispermio- citi. Devesi tuttavia teuer presente che gli elementi di un medesimo gruppo non sono fra loro collegati mediante un citoforo comune, sieche essi possono veiiir scostati per effetto cü movimenti dei Uquido intratesti- colare rimescolato da contrazioni varie dell' animale. Invero accade spesso di trovare spermatogoni isolati o mescolati a gruppi di spermatidi o di prospermi. Non e possibile rilevare con esattezza il numero di spermato- goni appartenenti ad un gruppo derivato da un unico archispermiocito 258 Luigi Cognetti de Maxtiis iniziale, sia per le ragioni suddette, e ancora pel fatto che due o piü gmppi possono trovarsi strettamente vicini in uno stesso lobulo testicolare. La differenza fra archispermiociti e spermatogoni puö ricercarsi piü nelle dimensioni che in altri caratteri. Cosi ad es. la struttura del nucleo e simüe nelle due sorta di elementi, ma i nuclei spermatogoniali, piü piccoli e di forma piü costantemente ovoide, possono dare l'impressione d'essere piü ricchi di grani di cromatina; contengono essi pure un nucleolo tondeggiante eosinofilo (fig. 14). Anche gli spermatogoni sono provvisti di poco citoplasma. Le figure mitotiche spermatogoniali sono, nei miei preparati, piü frequenti di quelle degli archispermiociti i). II coordinamento dei grani di cromatina (fig. 14 a) conduce alla formazione di uno spirema serrato, a cordoncino piü spesso di quello degli archispermiociti maggiori (fig. 6), fra le cui sinuositä si scorge ancora il nucleolo (fig. 14&). Quest' ultimo in seguito scompare^), mentre lo spirema, fattosi piü corto e piü spesso si presenta lasso, e si espande pel corpo cellulare (fig. 15): la membrana nucleare non e piü riconoscibile giä quando a spese dei grani cromatinici s'inizia l'abbozzo dello spirema (fig. 14 a). I cromosomi derivati per frammentazione dello spirema sono lunghi da 4 a 8 jti, spessi circa ju 0,6 (fig. 16): la loro forma e dapprima ad ansa, ma in seguito essi appaiono come cilindretti un po' arcuati, a estremitä arrotondata. Tale forma si conserva fino alla fine dell' anafase; si nota anche qui spesso un ingrossa- mento all' estremitä dei cromosomi piü vicina all' equatore del fuso (fig. 17). Alla telofase (fig. 18) segue anche qui plasmodieresi completa: non si forma un citoforo ne si costituiscono delle morule spermatiche o spermato- gemme quaü vennero ricordate e figurate per vari Rabdocehdi^). Accade ^) Gli animali vennero fissati nei mesi di dicembre, gennaio e febbraio: in quel periodo il piccolo acquario che li conteneva era tenuto alla temperature di 15° — 18° C. Alle piccole Phoenocora non mancava 1' alimento, costituito dalla microfauna del Pacquario medesimo. 2) Non ho potuto accertarmi se sia costante la sua scomparsa piü tardiva negli archispermiociti maggiori isolati o in piccoli gruppi (fig. 7). 3) Cfr. KoRSCHELT c Heider (1902, p. 476, ubi liter.), von Graff (1904—08, p. 2240, ubi liter.). Riferisco dal mio lavoro (1915) sulla struttura della Phoenocora: »La non esistenza di citofori venne pure dimostrata pochi anni or sono in un altro rabdo- celo (sta per Rabdocelide), Plagiostomum girardi (O.Schm.), da Weygandt (1907, p. 281 — 287), contrariamente ai dati lorniti in precedenza da Jensen (1883) e da Böhmig (1890). Tuttavia quest' ultimo autore, confutando in altro lavoro alcuni dei reperti di Weygandt pare sostenga ancora 1' esistenza di un citoforo per la specie suddetta« (p. 236). E' noto tuttavia per vari Rabdocelidi che molto spesso singole cellule possono staccarsi da una spermatogemma, e che talora la spermatogemma si risolve nei suoi elementi (von Graff 1904— '08, p. 2240). Contributo alla conoscenza della spermatogenesi dei Kabdocelidi. 259 spcsso di trovare mitosi spermatogoniali ravvicinate in piccoli gnippi: cosi nel punto dal quäle ricavai la figura 18 si contano altri quattro sperma- togoni in stadio simile. Non credo si possa parlare di un numero determinato di divisioni cellulari successive fra la condizione di archispermiocito isolato e Tultiina divisione gonialei). Si puö forse supporre, con larga approssimazione, che si compiano al piü 5 o 6 divisioni per giungere da un archispermiocito primitivamente isolato a 32— 64 cellule che assumono i caratteri di sperma- tociti P): le prime tre divisioni darebbero i piccoli gruppi di archispemiio- citi sopra ricordati. Gli elementi riprodotti nelle fig. 14 a 18 sono molto probabiLmente spermatogoni dell' ultima generazione^): le due cellule derivate per divisione di ognuno di essi diverrebbero quindi spermatociti I. Non e da escludere un leggero accrescimento degli spermatogoni fra due mitosi successive. Le mitosi spermatogoniali ripetono su per giü caratteristiche simili a quelle Offerte dagli archispenuiociti, ne vi e d'altronde netta distinzione fra le due sorta di elementi. Dette mitosi non svolgono contemporanea- mente le singole fasi in un gran numero di spermatogoni di un medesimo gruppo. H numero di cromosomi, 12, che sopra ho riferito come assai probabile negli archispermiociti puö ritenersi si ritrovi negh spermatogoni *). ISTon pare che nella serie dei cromosomi di singole ceUule se ne debba senipre distinguere alcuno caratterizzato da lunghezza maggiore. Anche in cellule somatiche, ripetutamente trovate in mitosi, ho potuto contare fino a 12 cromosomi (fig. 19)^). Ritengo quindi molto ^) Ad analogo riserbo s' e attenuto ad es. anche Schleif (1907) nel suo accurato studio della spermatogenesi di Platmria. Questo autore ha pure ammesso che: »ein Teil der sogenannten „Staramzellen" welche durch ilir Zusammentreten die erste Anlage eines HodenfoUikels bilden, scheinen unmittelbar zu Spermatocyten 1. Ordnung zu wer- den, ohne vorher eine oder mehrere Generationen von Spermatogonien zu liefern«. In Phoenocora jucunda non pare si compia une immediata triasformazione di grossi archi- spermiociti isolati in spermatociti I. 2) Böhmig (1890, p. 289) nel Plagiostomide Monoophorum strmtum (Graff) ammette cinque divisioni spermatogoniali a partire da una Stammsamenzelle. 8) La cellula distinta con la lettera a nella fig. 14 misura G — 7 /n in diametro, il suo nucleo e spesso 5 ^, il suo nuclcolo poco piü di 1 ^. *) Nelle fig. 16 e 17 e riprodotta soltanto ima parte dei cromosomi. 6) L' accenno ad uguaglianza a due a due dei cromosomi che s' osserva nel caso qui figurato (cromos. 5 = cromos. 6, er. 8 = er. 9, er. 11 = er. 12) e fors e indice della esistenza di una doppia serie di cromosomi? Cfr. anche la placca spermatogoniale di fig. 9. 260 Luigi Cognetti de Maitiis verosimile che 12 rappresenti il numero diploide per Phoenocora jucunda i). Non mi e stato possibile di rieonoscere la costituzione dei cromosomi singoli come risultato dell' associarsi di un numero detemiinato di cario- meriti (v. sotto). Quattro cromosomi si ritrovano, come numero non ridotto, in Pam- vortex cardii (Hallez) della famiglia Graffüidae: Hallez (1908 a; 1908 h, p. 490—494, 499, tav. 30) ha constatato l'esistenza di detto numero nella placca equatoriale deUe cinesi dei blastonieri, neU' oocito di 2° ordine ha trovato 4 cromosomi ( -= 8 cariomeriti) sul fuso deUa seconda cinesi matura- tiva, mentre sul fuso della prima cinesi maturativa ha trovato 16 cariomeriti. Patterson (1912) e Ball (1916), in altra specie dei gen. Paravortex, P. gemellipam (Linton) (= Graffila g.), hanno trovato sul fuso otto cromosomi come numero non ridotto. In Mesostoma ehrenbergi (Focke) della famiglia Typhloplanidae von Voss (1914, p. 165, 189) ha trovato 10 cromosomi come numero normale facilmente riconoscibile nella placca equatoriale deUe mitosi oogoniah e neUe mitosi somatiche embrionali. I dati fomiti da von Voss si accordano con quanto Bresslau (1904, p. 225, 226) aveva precedentemente dimostrato studiando l'oogenesi e la segmen- tazione deU' novo della medesima specie. Pure in questa specie erano stati osservati da Schneider (1883, p. 20) sette cromosomi nell' uovo in segmentazione, notando tuttavia l'incostanza di detto numero 2). 4. Spermatociti I e prima cinesi di maturazione. Negli esemplari di Phoenocora jumnda che hanno servito per le mie ricerche sono di gran lunga piü frequenti gü spermatociti, gli spermatidi, e gli spermi che non gü elementi descritti neUe pagine che precedono. Se varie incertezze spesso si presentano nel distinguere gü archispenniociti dagli spermatogoni rmiane invece piü agevole rieonoscere gli spermatociti, sopratutto pel comportamento caratteristico della cromatina, che offre IQ certe fasi figure di singolare chiarezza e molto istruttive. 1 caratteri desunti daUa cromatina, unitamente al volume cellulare, consentono pure una sicura distinzione fra spermatociti I. e II. Le dimensioni Offerte dagli spermatociti I. neUo stadio che piü colpisce l'occhio dell' osservatore, cioe alla fine deUa profase, quando i cromosomi (gemini) hanno finito di ordinarsi sul fuso, si aggirano fra i 7 e i 12 ju. La ^) In IUI altro Rabdocelide, Dalyellia viridis (G. Shaw) ( = Vortex viridis Graff), Lepechkine (1910) ha trovato negli spermatogoni 4 cromosomi, di cui due grossi e due piccoli, E' degno di nota il fatto che i generi Dalyellia e Phoenocora appartengono ad una medesima famiglia. 2) Per un quadro riassuntivo dei niunero dei cromosomi nei Rabdocelidi si consulti il recente lavoro di Harvey (1920, p. 36). Contributo alla conoscenza della spermatogenesi dei Rabdocelidi. 261 forma e ovoidei), o poliodrica per reciproca compressione con altri elementi: la prima forma si presenta sopratutto negli esemplari fissati con sublimato boUente. üguali forme offrono gli spermatociti T. anche in stadi precc- denti, ma in questi, pur facendo uso di fissazione con sublimato IjoUente, 8i trova meno frequente la forma ovoide. Le dimensioni sono di solito sensibilmente minori nel periodo in ciii la cromatina e ancora risolta in grani non coordinati provenienti dai cromosomi dell' ultima divisione goniale (nucleo polveroso, fig. 20 a), sieche durante la formazione dello spirema si compie un lieve accrescimento il quäle interessa sia il citoplasma che la massa nucleare. Si consideri d'altronde la piccola mole di elementi quali quelli derivati per divisione di spermatogoni del tipo riprodotto neue fig. 14 a 18 e sarä agevole comprendere che un accrescimento si compie forse giä poco dopo (o durante) le telofase dell' ultima cinesi goniale, L' accrescimento sarä meno pronunciato quando si tratti di spmcitil. provenienti da una divisione goniale meno lontana dalla condizione di archispermiocito. Comunque in gruppi di spmciti L, ben riconoscibili come tali, e palese un distanziamento fra nuclei di elementi vicini maggiore che nei gruppi di spermatogoni e anche di archispermiociti. Nel citoplasma degli spmciti I. e nelle sue inclusioni non ho potuto riconoscere caratteristiche speciali^). Nel nucleo, se pure esiste una cosidetta fase di riposo, essa dev" essere assai breve. Non mi e riuscito di riconoscere una membrana nucleare^), anche nei casi in cui la cromatina e tutta quanta suddivisa in minuti grani non serrati fra loro (fig. 20 a). Una simile condizione e forse poco discosta dalla telofase precedente ed e accompagnata dalla presenza di un nucleolo eosinofilo circoscritto da una zona priva di grani cromatinici. Un reticolo di linina non pare esista. La posizione del nucleolo puö essere profonda o periferica nella massa nucleare. In qualche raro caso ho notato due nucleoH. I nucleoü degh spmciti I. sono piü piccoU di quelli degli spermatogoni: essi mi apparvero perö sempre spiccatamente eosino- füi durante i mutamenti profasici della cromatina la quäle non perde mai in grado apprezzabile laffinitä per Temallume acido*j. ^) I due assi misurano rispettivamente /a 12,5 e fi l,b negli spermatociti I. piü grossi e pii\ allungati: si puö coasiderare quäle diametro niedio degli spermatociti I. tondeggianti (metafasici) d /li. 2) Vedasi la nota 2 a p. 254. 3) Cfr, r analoge reperto di Schleif (19U7, p. 139) per gli spmciti I. di Plamria. *) Cfr. la conferma della legge di Jörgensen da nie trovata (1915, p. 227, 238) durante 1' accrescimento degli oociti. Vedi anche von Voss (1914, p. 171, 189) per Mesostoma ehrenbergi. 262 Luigi Cognetti de Martiis Leptonemia. II primo passo verso l'organizzazione dello spirema (? 0 dei cromosomi) e segnato da un addensamento di cromatina in un punto periferico del nucleo, ordinariamente poco lontano dal nucleolo (fig. 20&). Qiiesto addensamento, piü o meno compatto, e visibilissimo^) in tutti 0 in quasi tutti gli spmciti I. di un medesimo gruppo avviati aJla profase; in questi si nota pure sincronia piü o meno manifesta delle fasi successive della cariocinesi^). I eontorni irregolari dell' addensa- mento inviano qualche zaffo a collegarsi con i grani di cromatina che frattanto hanno cominciato ad ordinarsi in serie lineari irregolarmente tortuose e a contorno spinuloso. H margine libero dell' addensamento mi e apparso piü volte provvisto di brevi prolungamenti digitiformi sieche mi si e affacciata 1' ipotesi che questi rappresentino le estremitä di cromo- somi che vanno organizzandosi (fig. 21, 22) 3). II coordinamento dei grani cromatinici in filamenti sottili, e dapprima anastomizzati transitoria- mente fra loro, prosegue, facendosi anche piü palese il legame diretto fra i filamenti e 1' addensamento cromatinico sopra ricordato (fig. 22 a 24). II nucleolo e tuttora conservato, ma acquista di regola una posizione nettamente periferica rispetto al batuffolo di filamenti cromatinici o esterna ad esso, pur serbando nettissima 1' eosinofilia (fig. 21 a 24). Se vi sono due piccoli nucleoli questi appaiono entrambi disposti, di regola, nel modo sopra indicato. La condizione riprodotta neUa fig. 24 si trova qua e lä con discreta frequenza nei miei preparati, ed e particolarmente bene conservata daUa fissazione col formol picro-acetico di Bouin. Essa rappresenta uno sperma- tocito I. che ha raggiunto quasi del tutto lo stadio di nucleo leptonema: non manca che la risoluzione deU' addensamento cromatinico periferico in filamenti continuati con quelli che fanno capo ad esso. Tale risoluzione si compie poco dopo. Negli spmciti I. a nucleo leptonema appena ultiraato o li li per idti- marsi e impossibüe precisare se si tratta di un unico filamento cromatinico (spirema s. s.) o se si sono formati giä individuahnente dei cromosomi. Se deUe due alternative la seconda verrä dimostrata potrei fin d'ora ^) Tinto dalP emallume acido al pari della cromatina rimanente. 2) Vedasi sopra 1' assenza di tale sincronia in un gran numero di spermatogoni d'uno stesso gruppo. 3) L' origine periferica dei cromosomi nel nucleo 6 un fenomeno giä piü volte constatato : si consulti a questo riguardo la memoria f ondamentale del nostro compianto P. Della Valle (1912, p. 62 ubi liter.) nella quäle (p. 77) sono pure discusse le cause di tale fenomeno. Rappresenta forse 1* addensamento periferico di cromatina la regione in cui comincerä 1' abbinamento dei filamenti o gamomiti, e precisamente delle loro estremitä? Contributi alla conosccnza della spermatogenesi dei Rabdocelidi. 263 affermare che i cromosomi sono molto lunghi e variamente (ma non stretta- mentc) intrecciati. II gomitolo non e molto serrato ed ha aspetto uniforme nelle regioni perifcriche e profonde: lo spessore dei filamenti appena formati s' aggira attorno a fj. 0,15, e si conserva abbastanza omogeneo, sempre tenendo conto tuttavia che si tratta di filamenti denticolati o spinulosi. In base a ripetute osservazioni ho poluto stabilire: 1° che r ordinamento filamentoso deUa cromatina a spese dei grani in cui essa era precedentemente suddivisa (nucleo polveroso) e material- mente collegato aU' addensamento cromatinico periferico e sembra emanare da questo, 2^^ che non si osserva abbinamento di filamenti cromatinici mentre questi si vanno formando. La prima asserzione non significa che 1' addensamento cromatinico periferico produca i filamenti cromatinici, ma non esclude che 1' ordina- mento dei grani o cariomicrosomi cominci ad accennarsi ai margini dello addensamento medesimo per tosto irradiarsi in tutta la massa nucleare. Ne escludo che ciö che chiamo addensamento cromatinico i), poiche tale mi si presenta nei preparati, sia invece un fitto grovigHo di filamenti cromatinici sottili in incipiente organizzazione: la fissazione non perfetta impedirebbe di sceverarli singolarmente. Comunque non si potrebbe parlare in tal caso di synizesis ^) perche quando l'addensamento compare (fig. 20 h, 21) la maggior parte della cromatina non e ancora ordinata in filamenti, mentre quando questi sono ultimati appaiono diffusi uniforme- mente per tutta la massa nucleare, pur conservandosi ancora per breve tempo r addensamento cromatinico periferico (fig. 24). Non ho trovato esempi convincenti di synizesis neppure in stadi ulteriori della prima cinesi di maturazione. Diplonemia (syndesis). La fig. 25 rappresenta uno spmcito I. con nucleo distintamente diplonema. Confrontando questo con quello della fig. 24 appare distintamente che i cordoni fissurati dei primo formano un batuffolo ad anse meno serrate che nel secondo, pur essendo su per giü uguale la massa nucleare. Tale confronto riesce anche piü convincente esaminando piu spmciti I. vicini in una medesima sezione. Vien fatto ^) Non mi pare si possa interpretare questo addensamento come una centrosfera mal fissata sia per la spiccata affinitä ch' esso mostra pel colorante cromatinico, sia pcrchö esso scompare quando il nucleo leptonema ö ultimato, ne mostra alcuna traccia di bipartizione prima di scomparire come massa unica. Non ö improbabile che la centro- sfera si trovi accanto all' addensamento cromatinico, ma non lio potuto riconoscerla. 2) Cioö contrazione dei filamenti cromatinici in una massa compatta (cfr. Dox- CASTER 1920, p. 68). 264 Luigi Cognetti de Martiis allora di concludere che i filamenti del nucleo leptonema si sono avvicinati a due a due a dare il nucleo diplonema. Tale conclusione e avvalorata dal fatto che non mancano nei miei preparati nuclei in cui si riconosce un parziale abbinamento dei filamenti sottili^). Ora, sia che i filamenti sottüi fossero cromosomi giä isolati all' atto deUa loro formazione, sia che il loro reciproco isolamento abbia avuto luogo dopo la scomparsa dell' addensamento cromatinico, cioe a nucleo leptonema ultimato, in seguito a frattura trasversa del filamento spirematico, e chiaro che si puö far parola qui di parasindesi. Questa tuttavia, dirö fin d'ora, non perdura tal quäle negli stadi che piü sono vicini alla metafase deUa prima cinesi di maturazione (v. avanti). Dalla sindesi risulta un numero di gemini pari ad — (numero aploide): supposto, com' e assai probabüe, per non dire certo, ehe i cromosomi elementari sottili fossero in numero di 12 (w, numero diploide) risulta il numero di 6 gemini. II conteggio di questi, appena compiuta la sindesi, non e agevole, data la loro lunghezza rüevante, che s'accompagna tuttora ad awolgimento ad anse irregolari, in certo modo uniformi e non strette. II contorno del nucleo e ancora riconoscibile e si delinea nettamente 1' alone formato dal citoplasma tutto in giro, con spessore su per giü uniforme, sieche si puö concludere che ü nucleo occupa una posizione centrale neUa cellula. La membrana nucleare e irriconoscibile. II nucleolo si e fatto piü piccolo 0 e scomparso. Dell' addensamento cromatinico sopra ricordato non vi e ora piü traccia alcuna, I due füamenti o gamomiti di ciascun gemino sono ancora spinulosi e su per giü deUo spessore suindicato: essi, dopo la sindesi, si dispongono in un primo tempo rigorosamente paraUeli per tutta la lunghezza del gemino, e lo spazio che Li separa e inferiore allo spessore di un singolo filamento (fig. 25). In qualche breve tratto si puö notare un Meve scostamento. Nei nuclei diplonemi appena formati non pare vi sia subito attorcighamento a spira dei singoli gemini : questo appare poco pronunciato. Pachidiplonemia. Fenomeno costante, e che si manifesta poco dopo la sindesi, e il graduale accorciamento dei gemini accompagnato da aumento in spessore dei gamomiti, i quali possono mantenersi ancora strettamente avvicinati a due a due. Le fig. 26 a 31 rappresentano sei spmciti I. nei quah detto fenomeno e giä ben evidente; neUe fig. 26 e 28 ^) Posso escludere che la fissurazione longitudinale dei cordoni cromatinici risxdti da illusione ottica dovuta a imperfetta colorazione dei cordoni stessi rimasti incolori nella regione assile. Contributo alla conoscenza della spermatogencsi dei Rabdocelidi. 265 i gemini sono clisegnati soltanto in parte, nella fig. 27 e riprodotta 1' iinnia- gine di im piano ottico. Si ha cosi lo stadio di nucleo pachinema, o meglio pachidiploncnia, cioe senza fusione di gamomiti, giacch6 e tuttora manifesta la fissurazione longitudinale dei gemini. Questi misu- rano ora circa 8 a 11^^) in lunghezza e circa /<0,7 in spessore^); essi si svolgono sinuosi, per lo piü curvi ad ansa. Quest' ultima disposizione e spesso accompagnata da convergenza delle estremitä dei geniini, tutti 0 parte cii essi, verso una medesima regione della cellula (»bouquet« fig. 26). In questa regione non e localizzato ü nucleolo: quest' organulo in buona parte degli spmciti I. pacliidiplonemi non e piü riconoscibile. Le estremitä dei gamomiti appaiono soventi un po' ispessite e intima- mente accoUate per breve tratto (fig. 28 e 31). I due gamomiti di un medesimo gemino pare si mantengano sempre uguali in lunghezza oltreche coincidenti nelle estremitä. Riesce ora agevole il conteggio dei gemini, che, nei vari casi in cui li potei numerare, mi apparvero in numero di sei^). Riferisco qui i numeri aploidi citati dai vari autori per altri Rabdo- celidi. Mesostoma elirenbergi (Focke): 5 cromosomi nell' ovulo maturo (Bress- LAU 1904; 5 id. id., e 5 nel pronucleo maschile (von Voss 1914); (4—) 6 (7) cromosomi sul fuso degli spmciti I. in divisione (Luther 1904, p. 93, tav. V fig. 4, 5)*). Mesostoma lingua (Abildg.): ? 3 cromosomi sul fuso degli spmciti I. in divisione (Luther 1904, p. 93, tav. V fig. 29)*). Paravortex cardii (Hallez): 2 cromosomi (=4 cariomeriti) nell' ovulo maturo (Hallez 1908 &). Paravortex gemellipara Linton: 4 cromosomi nell' oocito L (Patter- SON 1912); id. nell' oocito IL (Ball 1916). Scostamento dei gamomiti e strepsinemia. I gemini, giä quando hanno una lunghezza che s' aggira intorno ai 10 //, possono mostrare 1 gamomiti piü o meno scostati (fig. 29, 30), tranne tuttavia alle estre- mitä che si mantengono ancora entrambe unite fino ad un ulteriore accorcia- ^) Fino a poco piü di 13 fj. (fig. 28). 8) Lo spessore dei gemini e dei gamomiti e rigorosamente riprodotto nelle figure 26, 27, 28, 30 b, 31; i gamomiti della figura 30 ö sono spessi ciascimo /i 0,3 circa. Nelle figure 28, 29, 30 a, 31 ho tralasciato, per seraplicitä, di riprodurre 1' aspetto spinuloso della supcrfice dei gamomiti. 3) Cfr. sopra a p. 250. *) Non citato nelP elenco di Harvey 1920, p. 36. 266 Luigi Cognetti de Martiis mento dei gemini. I due gamomiti di uno stesso gemino procedono di pari passo nell' accorciarsi: ciö s' accompagna ad un aumento in spessore, mentre la loro superficie perde 1' aspetto denticolato e si fa uniforme. Puö darsi invece che in un medesimo spmcito 1. 1' accorciamento dei van gemini proceda con velocitä piü o meno differente. Altro fenomeno che puö giä essere avviato in gemini lunghi circa 10 jii e r attorcigliamento dei due gamomiti 1' uno sull' altro (strepsine- mia, fig. 30 a, gemino no. 5). Attorcigliamento o scostamento dei gamo- miti (elementi o cromosomi elementari) d' uno stesso gemino si esservano di regola in grado massimo quando la loro lunghezza si aggira sui Q jn: V uno e r altro fenomeno si possono trovare associati in una medesima cellida SU per giü nelle proporzioni di 3 : 3, di 3 : 2, di 2 : 3. Non pare si compia attorcigliamento in tutti sei i gemini di uno stesso spmcito L, ne esso e mai molto pronunciatoi). Cosi il gemino i della fig. 32 rappre- genta uno dei casi piü spinti che mi venne fatto d'osservare: i due ele- menti hanno la lunghezza sopra iudicata e descrivono ciascuno poco piü di un giro di spu'a. Si puö quindi asserire che la strepsinemia e alquanto relativa: essa non tarderä in seguito a scomparire totalmente. Accanto ai gemini strepsinematici altri se ne trovano in un medesimo spmcito I., come sopra e detto, che non lo sono: essi presentano ben soventi la forma di una V a rami ( = elementi, gamomiti) piü o meno divergenti e curvi, ma tuttora collegati per un' estremitä (fig. 32, il gemino a). Talvolta i due elementi rimangono uniti fra loro per entrambe le estremitä, sieche ü gemino assume la forma di un largo anello piü o meno deformato (fig. 33). Le estremitä dei gamomiti che rimangono congiunte possono mostrare, al pari di quelle Hbere, un lieve rigonfiamento. Ulteriore evoluzione profasica della cromatina. A mano a mano che i gemini si accorciano si scostano piü meno gli uni dagli altri diperdendosi variamente nel corpo cellulare. Si compie infine ü loro ordinamento sul fuso, dopo che i gemini stessi hanno subito un ulteriore accorciamento e una graduale trasformazione che conducono gh uni ad assumere la forma di anello spesso, a lume angusto, altri dibastoncello rettilineo o quasi, altri infine la forma di bastoncello ricurvo o foggiato a C 0 a V, condizioni intermedie alle due precedenti. II nucleolo non e ora piü riconoscibüe. Credo di non essere in errore ammettendo che gli anelli a lume angusto derivino di solito da gemini i cui gamomiti sono rimasti congiunti per entrambe le estremitä, pure essendo scostati 1' uno ^) Sulla torsione dei cromosomi e sulle cause che la determinono si consulti Della Valle (1912, p. 83 e seg.). 0. Contributo alla conoscenza della spermatogenesi dei Rabdocelidi. 267 dair altro pcl rinianente della loro lunghezza (fig. 33). Anche i gemini strepsinematici, accorciandosi vieppiü mentre scompare il lieve attor- ciglianiento, danno forse in ogni caso la forma di anello. La forma a bastoncello deriva con tutta verosimiglianza da geniini in forma di V (fig. 32, il gemino a) i cui due elementi, sempre piü aecorciati e divaricati, hanno finito per disporsi sulla medesima retta. Pei bastoncelli curvi o foggiati aC 0 aV e agevole supporre siano in via di raddrizzarsi o derivino, specialmente quelli foggiati a C, da anelli ai quali s' e interrotta una delle due giunture degli elementi (v. avanti la metafase). Negli anelli ho trovato qualche volta traccia abbastanza sicura delle estremitä dei gamomiti aecorciati. Essa e evidente nei due spmciti I. della fig. 34 in forma di due intumescenze situate in posizioni diametral- mente opposte in uno stesso anello: le intumescenze possono pure essere strozzate da un lieve solco che segna ü confine fra un elemento (gamomito) e r altro (fig. 34 a). Cose pure ho trovato talvolta una intumescenza a metä di singoli bastoncelli, indice essa pure della giuntura dei due elementi (fig. 34 b). £' degno di particolare menzione il fatto che le intumescenze, sia degli anelli che dei bastoncelli, coincidono press' a poeo col piano equato- riale dei fuso che frattanto s' e andato organizzando : 1' asse dei fuso coincide con V asse maggiore della cellula come appare nello spmcito I. a della fig. 34 dei quäle sono riprodotti quattro gemini soltanto. Le intumescenze sopra indicate sono verosimilmente destinate in ogni caso a scomparire, mentre si rende piü angusto il perimetro degli anelli, ovvero, nei bastoncelU, mentre si assesta definitivamente la loro lunghezza. I bastoncelli mostrano per lo piü un' ingrossamento ad ogni estremitä. Le fig. 35 e 36 rappresentauo due spmciti I. che hanno ultimato la profasei). Pei loro gemini anellari e bacillari ho ricavato le misure segueuti: anelli: diametro esterno // 2,6 a 3,5 id. id. interno /< 0,7 circa id. spessore ,a 0,6 a 1,3 volume di un anello circa ju^ 6,08 bastoncelli: lunghezza ^ 5,5 a 8 id. spessore nei tratto medio . . . , . ^^ 0,5 a 0,7 id. id. alle estremitä /li 1 circa volume di un bastoncello circa ju^ 3,26. ^) Non pud dirsi altrettanto dei due spmciti I. della fig. 34. Archiv f. Zellforschung. XVI. 18 268 Luigi Cognetti de Martiis Misure simili, o piü o meno attenuatei), si ritrovano nei numerosi spmciti I. a profase ultüiiata che mi fu dato d'osservare. Questi si presen- tano nelle sezioni variamente orientati rispetto all' occhio dell' osservatore, e in parecchi casi ho potuto riconoscere che accanto ad anelli e a baston- celli dritti si trovano in una stessa ceUula bastoncelli curvi o foggiati a C 0 a V (fig. 35, 37). Nel giudicare della loro lunghezza va tenuto conto della situazione che i bastoncelli possono avere rispetto all' occhio dello osservatore, se cioe sono normali od obliqui all' asse attico o coincidono con esso. Nei due ultimi casi puö non di rado riuscire difficile giudicare della forma d'una parte almeno dei gemini che si presentano di scorcio (fig. 38). I gemini foggiati a bastoncello rettüineo o quasi appaiono di solito disposti in modo che il loro asse maggiore si diriga nel senso dell' asse polare del fuso, queUi foggiati ad anello mostrano per lo piü un diametro diretto nel senso dell' asse polare: ciö quando lo spmcito I. e prossimo alla metafase (fig. 35, 36, 39), nel quäl caso i sei gemini sono alquanto ravvicinati e spesso a contatto reciproco, senza perö mai umi'si in coale- scenza^). La disposizione suddetta non e raggiunta contemporaneamente da tutti i gemini di uno stesso spmcito (fig. 37), ne e in singoli casi rigorosa- mente conseguita. Alcuni gemini possono essere piü ravvicinati a un polo del fuso che all' altro, altri essere equidistanti dai due poü. Notevole il fatto che i gemini foggiati a C o aV presentano di sohto i due rami disposti r uno verso un polo 1' altro verso 1' altro polo del fuso (fig. 35, 40, 41). Dalle considerazioni sopra esposte, come pure dalle figure che riproducono la fine della profase, si ricava che nella prima cinesi maturativa non si ha la formazione di una vera placca equatoriale^). GH anelli e i bastonceUi, dritti o curvi, possono essere in numero uguale in un medesimo spmcito I, com' e il caso in quello riprodotto nella fig. 36, nel quäle uno degli anelli si presenta di costa. II numero degli anelli non pare vada al di lä di tre (fig. 36, 39), ma puö ridursi a due (fig. 35, 37, 41), ad uno (fig. 40), e in qualche caso puö darsi che tutti i gemini aUa fine deUa profase abbiano forma di bastoncelli piü o meno curvati 0 foggiati a C. L'incostanza nella forma dei gemini impedisce di ravvisare ^) Non va esclusa un' azione dei fissatori modificatrice delle reali dimensioni, come pure, entro certi limiti, della forma dei gemini. In sezioni di esemplari fissati con sublimato boUente ho notato piü volte uno stretto alone incoloro attorno ai singoli gemini ad indicare una probabile coartazione della cromatina e del citoplasma. 2) V. nell' ultimo capitolo di questo lavoro le considerazioni sui dati forniti da Lepechkine (1910). 3) Cfr. VON Voss (1914, p. 187) per 1' analogo fatto nell' oogenesi di Mesostoma. Contributo alla conosccnza dolla spermatogencsi dei Rabdocelidi. 269 in alcuni di essi spcciali caratteri distintivi, ne ciö e consentito dal coni- portamento dei geiniiii nelle fasi che seguono. Lo scarso numero dei gemini e la loro forma non troppo irregolare pennettono di ricavare con una certa approssimazione il volume della cromatina di iino spmcito I. pro8simo alla metafasei), mentre la forma subtondeggiante che questa celhila presenta in seguito a fissazione con sublimato bollcnte consente di calcolare ü volume dclle cellule stesse: sottraendo a quest' ultimo volume quello della cromatina ai puo dedurre il volume approssimativo dei citoplasma. Supponendo in uno spmcito I. tre anelli e tre bastoncelli siavrebbe: volume della cromatina /<^ 16 volume totale della cellula^) /<3 3053 volume dei citoplasma /<^ 3037 Transitorietä della parasindesi. A questo punto e bene ricor- dare quanto ho detto sopra (p. 264) a proposito della parasindesi, compiu- tasi senza fusione dei gamomiti: che cioe essa e destinata a scomparire Invero, mentre si mantengono indipendenti i due gamomiti di ogni singolo gemino durante 1' accorciarsi e 1' eventuale attorcigliarsi di questo su se medesimo, si puö delineare 1' allontanamento dei due gamomiti 1' uno dair altro, giungendosi in definitiva (termine della profase) agli anelli e ai bastoncelli sopra descritti. Di questi, sia gli uni che gli altri, acco- gliendo per essi la genesi che credo di avere sufficentemente dimostrato, rappresentano uno scostamento di elementi (ex-gamomiti, cromosomi elementari) tale da togliere 1' aspetto di una parasindesi. I bastoncelli ßono il risultato di un tardivo ordinamento di cromosomi elementari »end to end«. Ma nel caso nostro e con tutta probabilitä da escludere una metasindesi come fenomeno precoce nella profase della prima cinesi di maturazione. Metafase. Dispostisi sul fuso i sei gemini anellari o bacillari nel modo suddetto, e cioe gli uni e gli altri su per giü normali al piano equatoriale e colle giunture degli elementi (ex-gamomiti) rispettivi piü o meno vicine al piano stesso, e facile comprendere che cosa si compirä durante la metafase. H gruppo di sei gemini si scin- derä in due gruppi di elementi o cromosomi unitari: i gemini anellari si divideranno ciascuno in due semianelli, quelli bacillari in due tronchi piü brevi. ^) V. le misure riferite sopra a p. 267. 2) Sfera con diametro di 9/i. 18* 270 Luigi Cognetti de Martiis Accogliendo quanto sopra e precisato cii'ca la genes i dei gemini con- segue che la prima cinesi di maturazione e riduttrice poiche essa distri- buisce ai due poli cromosomi unitari completi, ed affida a eiascun spmcito II. ü numero ridotto — 6 — di cromosomi. Lo spmcito I. aveva ricevuto invece il numero non ridotto — 12 — di cromosomi, derivando esso da im' ultima divisione spmgoniale. Mentre sono numerosissimi nei miei preparati gli spmciti I. profasici dai quali si puö trarre con chiarezza il modo di formazione dei gemini e la evoluzione di questi fino aU' ordinamento loro sul fuso, scarsi sono invece gli spmciti I. metafasici nei quali si possa seguire dettagliatamente la demolizione dei gemini in seguito aUo scindersi di ognuno di essi nei due cromosomi elementari costitutivi. Una simile differenza puö autorizzare ad ammettere che la metafase si svolga assai piü rapidamente della profase. Nello spmcito I. riprodotto neUa fig. 41 e ben distinta una strozzatura a metä di eiascun bastonceUo rettiüneo. In quello della fig. 42 1) la fissa- zione ha colto un anello e due bastonceUi in via di dividersi trasversalmente, laddove in un terzo bastonceUo la divisione trasversa s'era appena com- piuta. Si noti neU' anello la posizione della strozzatura all' altezza su per giü dei piano equatoriale dei fuso e si confronti con gli anelli dello spmcito I. della fig. 34 a, uno dei quali, oltre alle intumescenze di giuntura dei cromosomi elementari, mostra la strozzatura nei punto in ciii si compira la divisione 2). Nei bastonceUo giä diviso va notata la forma appuntita presa dalle estremitä di nuova formazione: essa sta ad indicare un precedente atte- nuarsi dei tratto mediano dei bastonceUo ancora indiviso, come si vede nei bastonceUo contiguo, e inoltre nei bastonceUo intero deUo spmcito I. distinto con la lettera a neUa fig. 43^). I pochi spmciti I. metafasici che ho potuto esaminare dimostrano a sufficenza che i sei gemini non si dividono tutti sincronamente (fig. 42, 43 a). Non ho trovato in alcun caso dimostrazione sicura che gemini interi passino come taU ad uno spmcito II. ; d' altronde 1' esame di molti spmciti II. intercinetici mi ha confermato 1' inesistenza di un tale passaggio. ^) La cromatina e figurata soltanto in parte. f 2) Questa si compirä piire in uu punto diametralmente opposto dei medesimo anello. 8) Di questo spmcito I. ho figurato una parte soltanto della cromatina, e cioe, oltre al bastonceUo (gemino) ancora intero, tre coppie di cromosomi e un cromosoma isolato. Contributo alla conoscenza della spermatogenesi dci Rabdocelidi. 271 Durante la metafase gli spmciti I. assumono forma tondeggiante o (per comprcssione) policdrica isodiamotrica (fig. 42, 43 a). II diametro, come sopra ho ricordato, e di circa 9 //. Anafase. Effettiiatasi la divisione dei geniini in due gruppi di sei cromosomi clementari (ex-gamomiti) ciascuno si verifica di regola la tendenza in ogni cromosoma ad assumere una forma ovoidc: rari sono nei mici prcparati i gruppi anafasici nei quali sia ancora conservata la forma arcuata nei cromosomi derivati per scissioni di gemini anellari o bacillari curvi (fig. 44, 45 h). La tendenza suddetta si osserva in tutti i cromosomi: essa verosimilmente non e che una continuazione dello accorciamento dei gamomiti sopra descritto. Tale accorciamento appena compiuta la metafase, o meglio appena divisosi un singolo gemino, e piü rapido e si effettua giä durante 1' ascesa polare dei due gruppi di cromo- somi elementari destinati agli spmciti II. (fig. 43, 45, 46). Si nota spesso, in singoli cromosomi tendenti alla forma ovoide, la estremitä acuta sopra ricordata come indice di recente separazione dair altro cromosoma dello stesso gemino (fig. 45 a). II passaggio alla fonna ovoide dei sei cromosomi di un medesimo gruppo non si compie contemporaneamente: e piü facile invece trovare concomitanza di tale passaggio in cromosomi corrispondenti distribuiti nei due gruppi di un medesimo spmcito I. anafasico (fig. 45 a). La fig, 46 mostra un grosso spmcito I. anafasico nei quäle due cromosomi, derivati per scissione di uno dei gemini bacillari, sono alquanto in ritardo rispetto agli altri nei trasformarsi in chicchi ovulari. Non mi pare sia qui da rawi- sare un cromosoma speciale (monosoma): il caso riprodotto nella figura e dei tutto eccezionalei). Compiutasi 1' ascesa polare dei cromosomi segue la plasmodieresi (fig. 47); questa e completa, sieche in tal modo gli spmciti II. appaiono isolati r uno daU' altro, pur essendo ravvicinati in gruppi facilmente riconoscibili nelle sezioni. Ogni spmcito IL racchiude sei cromosomi i quali non si risolvono in grani per un passaggio dei nucleo allo stadio di riposo. InteiTengono preeocemente i fenomeni intercinetici che predi- spongono la cromatina per la seconda cinesi di maturazione. 5. Sperma tociti IL, int er cinesi. Si suol comprendere sotto la denominazione, di intercinesi, proposta da Gregoire (1905), 1' insieme dei fenomeni che si svolgono a partire dalla fine dell' anafasc della prima ^) VON Voss (1914, p. 183) ha dato ima breve descrizione, accompagnata da due figure, delle cinesi di maturazione spermatogenetiche di Mesostama ehreniergi nelle quali si verifica la comparsa di un »monosoma«. 272 Luigi Cognetti de Martiis cinesi, cio^ a partire dall' addensarsi dei cromosomi figli I. ai poli, fino al momento in cui nei nuclei figli sono nettamente riconoscibili i cromo- Bomi II. che si separeranno ciascuno in due cromosomi figli II. neUa seconda cinesi di maturazione. Questi fenomeni nel caso nostro non sono molto complessi, appunto perche i cromosomi figli I. non subiscono profonde metamorfosi, bensi si fissurano longitudinalmente, ponendosi cosi in evi- denza, gia durante la intercinesi, i cromosomi figli II. Le fig. 47 e 48 dimostrano chiaramente tale fissurazione, vista per un polo neUa cellula distinta con la lettera a neUa seconda figura. La fissurazione non e sincrona nei sei cromosomi di uno stesso spmcito II. (fig. 48 c); essa puö delinearsi anche prima della anafase della prima cinesi. Invero ho potuto osservare in qiialche spmcito I. metafasico una traccia di bipartizione alle estremitä dei bastoncelli (fig. 39, i gemini 1, 3, 6). Tuttavia pare che nel passaggio dei semi-bastoncelli (= cromosomi figli I = cromosomi elementari) alla forma ovulare sopra ricordata 1' accenno alla fissurazione si annuUi per ripresentarsi piü tardi. L' addensamento polare dei sei cromosomi — ovoidi o fissurati — e seguito da una loro distribuzione irregolare nello spmcito II. La fig. 49 riproduce una condizione che si ripete in tutti gli spmciti IL di un mede- simo gruppo nei quali stia per compiersi la seconda cinesi di maturazione. I cromosomi figli IL appaiono come bastoncelli ravvicinati a due a due, fra loro paralleli, quasi sempre incurvati, di rado incrociati: il loro spessore e di circa fi 0,5, la loro lunghezza raggiunge /t 2,5 o poco piü. Segue l'organizzazione dei fuso e l'ordinamento su questo delle sei coppie di cromosomi figli IL 6. Seconda cinesi di maturazione. Spermatidi. Le esigue dimensioni degli spmciti IL i) non mi hanno permesso di analizzare detta- güatamente tutte le fasi della seconda cinesi. Ho potuto cogliere in una metafase la disposizione sul fuso delle coppie di cromosomi figli IL, tuttora dotati di forma bacillare, nia piü tozza di queUa sopra iudicata nell' inter- cinesi. Le coppie sono disposte in modo che i cromosomi figli IL siano paralleli al piano equatoriale dei fuso (fig. 50) 2). Le metafasi della seconda cinesi di maturazione sono nei miei preparati poco frequenti: piü frequenti sono le anafasi. In queste e riconoscibile la forma ovoide o globosa assunta dai cromosomi figli 11.^) che in due gruppi di sei ciascuno vengono desti- ^) Misurano 5 — 6^ in diainetro. 8) La cosa e ben evidente per due coppie, le rimanenti sono sovrapposte in modo da non laseiar distinguere i contorni in modo preciso. ') Gfr. r analoga forma assunta dai cromosomi figli I. nella anafase della prima cinesi. Contributo alla conoscenza d«lla spermatogenesi dci Rabdocelidi. 273 nati agli spemiatidi (fig. 51, 52). La plasmodieresi che segne e anelie qui completa e si accompagna ai fenonieni telofasici dello cromatina. I sei cromosomi globosi destinati ad ogiii spennatidio, compiuta 1' ascensione polare, si risolvano in una massa alveolare che non lascia piü riconoscere i contorni dei cromosomi (fig. 53). Questa massa alveolare si conserva- tale per qualche tempo negU spermatidi: il suo contomo, a plasmodieresi ultimata, c sferico, ed e verosimilmente segnato da una membrana nucleare che tiittavia non potei riconoscere. Appena fonnati gli spemiatidi presentano una forma sferoidale con diametro di circa 4ju (fig. 54). H nucleo, dapprima ancora alveolare e epesso poco meno di 3 //, ha posizione eccentrica. Questa sta ad indicare r addensamento polare dei cromosomi nella seconda divisione di matura- zione. Le migliori fissazioni dei citoplasma ottenni col liquido di Flemming e col sublimato bollente. II primo fissativo meglio di altri mi ha permesso r esame dei centrosoma e dei condrioma. II centrosoma 1) e situato nel breve spazio interposto al nucleo e al margine cellulare piü vicino, ad e a credere che tale situazione rispecchi quella della telofase precedente. La fissazione con sublimato bollente permette di riconoscere in qualche caso il centrosoma come un piccolo grano. La fissazione osmica lo conserva meglio, colorando in seguito con ematossilina ferrica Heidenhatn esso appare come un punto nero (fig. 55), talvolta un po' scostato dal nucleo (fig. 56). In posizione opposta al centrosoma, dall' altra parte dei nucleo, quindi in corrispondenza dei maggiore accumulo di citoplasma, trovasi un corpo che la fissazione osmica, seguita da colorazione con ematossilina ferrica Heidenhain, pone assai bene e costantemente in evidenza sotto forma di anello o coli' apparenza di un breve bastoncino, un po' scostato dal nucleo e disposto trasversalmente rispetto a un raggio di questo: il diametro o la lunghezza ma^simi dei corpo in parola si aggirano fra // 1 e // 1,5 (fig. 56, 57). La disposizione dei centrosoma e dei coi-po anellare (o ? bacillare) coincidono esattamente con quanto venne descritto e figurato da Hallez (1908 h, p. 471, tav. 29 fig. 45 D) per Paravortex cardii. Non sono alieno dei dare al corpo anellare (o bacillare) di Phoenocora jucunda il signi- ficato di idiozoma, ma preferisco designarlo con la denominazione corpo mitocondriale poiche esso trova pure perfetta corrispondenza, a parte la forma, coli' analogo corpo analizzato da Rappeport (1915, p. 16—18) in alcuni Tricladi dei genere Plawiria. Questo autore pote seguire il ') Ne potei riconoscere uno solo. 274 Luigi Cognetti de Martiis comportaniento del Mitochondrienkörper attraverso tutta la spermato- genesi e quindi avanzare l'idea che esso sia da identificare coli' apparato mitocondriale di animali piü elevati. La poßizione eccentrica del nucleo si conserva mentre la cromatina si condensa in una sfera di aspetto compatto. In questa e tuttavia riconos- cibile per qualche tempo, in preparati tinti con emallume acido, un piccolo vacuolo incoloro (fig. 58) centrale o eccentrico. 7. Evoluzione della spermatidio in spermio. Dal punto periferico dello spermatidio attiguo al centrosoma si sviluppa il filamento terminale dello spermio, dotato di eosinofilia riconoscibile special- mente in materiale fissato con sublimato boUente (fig. 59). Non mi e stato possibile nei preparati di sezioni precisare la lunghezza definitiva del detto filamento: essa e almeno di 3//. Poco dopo si manifesta la tendenza del nucleo a liberarsi della massa citoplasmatiea che 1' accompagna. II nucleo, tuttora tondeggiante, fa ernia appunto nella regione in cui s'e prodotto il filamento terminale. Questo appare direttamente collegato al nucleo (fig. 60) il quäle mostra ora, al polo opposto al filamento, cioe al futuro polo apicale dello spermio, un grosso bottone tondeggiante, largamente unito al nucleo stesso, e, come questo, tinto intensamente dall' emallume acido (fig. 61). II bottone in parola sembra corrispondere al corpo mitocondriale, o alnieno a una parte di esso nella quäle s' e compiuta una trasformazione chimica rivelata dall' acquisita affinitä per 1' emallume acido. Invero il corpo mitocon- driale non era prima d' ora dotato di cianofilia. GH spermatidi delle fig. 54, 58, 59 si trovano nel medesimo preparato che mi ha servito per la fig. 60, e in essi, come negli altri consimili, il corpo mitocondriale e irriconoscibile, ma verosimilmente ha le stesse caratteristiche di forma e di posizione messe in evidenza con altro metodo (fig. 55 a 57). Dal momento in cui la condensazione cromatinica s' e compiuta al momento in cui il nucleo, ancora sferico, comincia a far erina aUa periferia del cito- plasma, il corpo mitocondriale sembra accoUarsi temporaneamente al polo nucleare che corrisponderä poi aUa punta deUo spermio. In fine detto corpo, o piü probabilmente una parte di esso, appare di nuovo scostato dal nucleo e contenuto nella massa citoplasmatiea ormai quasi staccata dal nucleo (fig. 62, 63). La sua forma e ora ovoide o a contomo irregolare, spesso e frammentato in pezzi ancora raggruppati: piü tardi, nelle sferule citoplasmatiche, esso e irriconoscibile. II nucleo frattanto da sferico e diventato fusiforme (fig. 61,62), il suo apice ancora impegnato nel citoplasma mostra una sorta di cappuccio (? acrosoma) dotato di affinitä per la lacca ferrica piü spiccata che la Contributo alla conoscenza della spermatogenesi dei Rabdocelidi. 275 cromatina e il corpo mitocondriale, previa fißsazione con liquido di Flem- ming. H cappuccio appare come un aggregato di minuti grani addossati all' apice nudeare, e pu6 rnoßtrare dapprima una breve punta diretta secondo 1' aese del proepermio. Questa vien toeto Bupplita daduepunte che ei fanno piü allungate (circa // 0,5) e un p6 divergenti (fig. 63). La fißsazione con fonnol picro-acetico (Bouin) eeguita da doppia colorazione all' emallume acido e eosina permette pure di riconoscere con fac-ilitä le due punte sopra ricordate contraddistinte da una gpiccata eosinofilia che ei ritrova anche alla loro base, cioe in corrigpondenza del cappuccio suddetto. II nudeo frattanto passa dalla fomia di fuso a quella di clava molto allungata, un po' piü larga nella regione apicale, mentre la regione posteriore ei attenua dolcemente paeeando a continuarsi col filamento terminale. !Xon pare che accanto a queeto ei trovino dei flagellii). L' e«ame aceurato del nucleo dello epermatidio nelle eue eucceeeive trasformazioni non mi ha pennesso di riconoscere in eseo la preeenza di un nucleolo, ne di distinguere due sostanze, 1' una piü colorabile periferica, l'altra, meno colorabile, disposta al centro della massa nudeare. Tali caratteristiche sono State descritte e figurate da von Hopsten (1909) per un Alleocelo, Otomesostonm avditivnm (Plese.). Querto mede^imo autore asserisce d' aver potuto trovare >^die beiden fraglichen Schichten« (Körachenschicht, Centralkegel) anche in due specie di Rabdoceli dei generi Castrada e DalyeJlia durante 1' allungamento degli spermatidi. DaUe figure di von Hofsten risulta che in Otomesostoina la posizione iniziale del centrosoma nello epermatidio rispecchia una condizione alquanto diversa da quella che si verifica in Phoenocora, in Mesostoma (Luther 1904, tav. V fig. 22, 23), in Paraxortex (Hallez 1908 h), e in Dalyellia (Lepechkes'e 1910, tav. fig. 33). Quando il nucleo dello epermatidio ha subito le traeformazioni che lo hanno condotto ad aesumere 1' aepetta riprodotto nelle fig. 63 e 64 si compie il distacco della massa citoplasmatica o sferula cefalica, prima d' ora collegata all' apice del nucleo. Le eferule cefaliche hanno diametro di 4/: 0 poco piü (fig. 65); quelle staccate^i da prospermi \'icim )'po86ono fondersi in una maesa unica subjalina, dapprima di forma irregolare. Essa non ha significato di citoforo, ma veroeimilmente ^^ene ria^sorbita a vantaggio anche degli spermi attigui che ei aUungano. Lurante i fenomeni di riaesorbimento detta massa prende una forma ovoide o sferica, e appare 1) Cfr. per altri Rabdocelidi: Luther 1904, tav. V fig. 27 {Mesostoma); von Graft 1905, tav. III fig. 4 Paramesostoma)', Bohmig 1908 a, p. 2241—2248 ubi Ut., tav. XXV. 276 Luigi Cognetti de Martiis scavata da alveoli« (Cognetti 1915, p. 236). Giä sopra ho ricordato r assenza di cellule nutritizie o di sostegno per le cellule germinali: i ma- teriali provenienti per diesoluzione dalle sferule cefaHche eoncorrono ad accumulare nei testes un liquido destinato a servire da pabulum per le cellule germinali. Staccatasi la sferula cefalica rimane il prospermio (fig. 64) che per ulteriore aUungamento e assottigliamento del nucleo si cambia in spermio. Le due appendici apicali del capo del prospermio di PJioenocora tro- vano riscontro in quanto venne descritto e figurato per lo spermio di Oraffüa muricicola Iher. i) da von Ihering (1880, p. 159, tav. VII fig. 10) e da VON Graff (1882, p. 153, tav. XIV fig. 6; 1904- '08, p. 2234, tav. XXV fig. 12)2). Nei preparati di sezioni non mi e riuscito di completare lo studio deUa formazione dello spermio, ne posso dire se quest' ultimo presenti ancora le brevi appendici apicah. La hmghezza dello spermio dev 'essere alquanto superiore ai 15 /i, lo spessore si aggira intorno a f.i 0,15 come si ricava daU' esame di spermi giä inoltrati nei vasi deferenti o contenuti nei receptaculum seminis. E nota la comunicazione di quest' ulthno organo col lume intestinale. In altro lavoro (1915, p. 231) ho ricordato la fago- citosi di spermi per opera delle cellule intestinaü «in molte delle quali trovai appunto vari spermi avvoltolati a formare piccoli gomitoH«. Non mancano nei miei preparati esempi numerosi di prospermi, giä alquanto aUungati ma ancora raccliiusi nei testes, il cui capo si presenta moniMforme o foggiato a mo' di cavaturacciolo : questo carattere non si ritrova nei sottili spermi inoltrati nei vasi deferenti o nei receptaculum seminis, ne saprei dire con certezza se esso piü che un carattere transitorio, non sia da considerare quäle risultato dell' azione del Uquido fissatore. V. Discussione comparativa. II lavoro di Lepechkine (1910), unitamente a queUi precedenti di altri autori (v. sopra) e ai dati da me raccolti nella presente memoria, valgono a cohnare, ma in parte soltanto, la deficenza, giä lamentata da VON Graff (1904— '08), relativa alle nostre nozioni sulla spermato- genesi dei RabdoceHdi. I caratteri in complesso assai chiari a dir vero, che offre ü comportamento della cromatina durante la spermatogenesi ^) La famiglia Dalyellidae cui appartiene il genere Phoenocora fa parte, assieme alla famiglia Graffilidae, della medesima sottosezione Eulecithophora (cfr. von Graff 1913). 2) Cfr. anche Ballowitz 1907 a, p. 222 fig. 6. Contributo alla conosceuza della spcrmategencsi dei Rabdocelidi. 277 della Phoenocora jucunda suggeriscono qualchc coniparazione con analoghi caratteri diniostrati in altre forme, ciö allo scopo di rintracciare eventual- mente una unitä di processo. Riesce particolarmente interessante 11 confronto con quanto venne descritto e figurato da A. Schneider (1873, 1883) per Mesostoma ehren- hergi (Focke). Questo acutissimo osservatore, pur ricorrendo ad una teenlca microscopica assai elementare i), riconobbe, nella segmentazione dell' uovo estivo di detta specie, minute particolaritä giä da altri autori messe in rilievo per 1 'ijnportanza loro nei riguardi della storia della divi- sione cellulare. Cosi Henneguy (1896, p. 284), riferendosi ai reperti di A. Schneider (1873), richiamo 1' attenzione sul fatto che questi »le premier d^couvrit les rapports qui existent entre les modifications du noyau, entrevues par ses predecesseurs, et la division cellulaire«. Studiando la spermatogenesi di Mesostoma ehrenbergi lo stesso Schneider ha saputo cogliere, giä dm-ante la prima serie di riccrche (1873), come pure durante la seconda (1883), alcune caratteristiche della prima mitosi di maturazione, rilevando, come appare speciaknente dalle figure, la forma dei cromosomi (gemini) e la loro disposizione alla fine della profase, e ancora il modo loro di dividersi. Cosi la figura 8 g della tav. V che accompagna la prima memoria di A. Schneider (1873), come la figura 16 della tav. III che accompagna la seconda memoria (1883), riproducono molto probabilmente stadi simili a quelli riprodotti nelle mie figure 35, 36, 39, corrispondenti cioe alla fine della profase degli spmciti I. Tutta- via, mentre nella specie da me studiata, Phoenocora jucunda Cogn., la cromatina appare in detto stadio organizzata in anelli, oltreche in baston- celli dritti o variamente cur\^ati, in Mesostoma ehrenbergi si avrebbero soltanto dei bastoncelli uncinati alle estremitä, pure in numero esiguo, ferse non superiore a sei. Piü gruppi di bastoncelli o Fädenbündel ap- parvero talvolta ad A. Schneider (1883, p. 55) associati assieme, probabil- mente per coalescenza patologica dei citoplasmidi piü spmciti I., e 1' autore stesso preferi spiegare tali associazioni come risultanti »durch gruppen- weise Verteilung der Fäden« anziehe »aus sukzessiven Querteilungen eines einzigen Bündels«. Anche in Phoenocora appaiono conshnili associazioui qualoral' osservazione cada su gruppi di spmciti I. profasici uniti in coale- scenza in seguito a cattiva fissazione. L' affermazione di A. Schneider che »jedes Fädenbündel teilt sich nun durch Querteilung« (1883, p. 55) e in armonia con quanto ho descritto ^) Esame per dilacerazione, a fresco o di mateiiaJe trattato con acido acetico diluito, mescolato o non con ammoniaca. 278 Luigi Cognetti de Martiis per i bastoncelli di Phoenocora e per gli anelli o altre formazioni ad essi anaJoghi (v. p. 270 e fig. 41 a 43) i). Schneider rilevö una diversitä molto pronunciata in grandezza che possono offrire gli »Spermatoblasten«, e la sua asserzione che »die kleineren aus der Teilung der größeren hervor- gehen« (1883, p. 54) permette di supporre che 1' A. abbia trovato in Meso- stoma ehrenbergi la medesima riduzione in volume degh spermatogoni di generazioni successive che ho potuto notare in Phoenocora. Un numero aploide piü o meno esiguo di cromosomi sembra sia la norma nei RabdoceHdi (v. sopra a p. 265), Le poche descrizioni che si hanno sul comportamento della cromatina nelle due divisioni di matura- zione spermatogenetiche non permettono invece di concludere ad uno Schema unitario per 1' intero gruppo sistematico. Pare vi sia rassomi- ghanza alquanto pronunciata fra quanto ho descritto per Phoenocora e ciö che si compie in Mesostoma ehrenbergi stando ai sopra riportati da A. ScHNEroER. Due figure di von Voss (1914, fig. 183) confermano in parte tele rassomighanza^): la prima riproduce un' anafase della prima divisione e mostra una precoce fissurazione longitudinale dei cromosomi raffrontabile con quella riprodotta nelle mie fig. 47 a 49, la seconda dimostrerebbe che fra le due cinesi maturative 1' accorciamento dei cromosomi non e in Mesostoma cosi pronunciato come in Phoenocora. Questa seconda figura di von Voss ha qualche rassomiglianza con le figure anafäsiche che si osservano negli spermatogoni di Phoenocora: questi elementi, dopo alcune divisioni, possono ridursi a dimensioni in- feriori a quelle degli spmciti I. profasici (v. sopra a p. 271)^). Eiguardo al problema della riduzione si giunge, in base ai miei reperti suila spermatogenesi di Phoenocora, a conclusioni analoghe a queUe che la stesso von Voss (1914, p. 187) ha tratto dal suo studio accurato della oogenesi di Mesostoma. Anche in Phoenocora si ripete lo Schema »etero- omeotipico« di Gregoire (1905), con una coniugazione di cromosomi paraUela, di breve durata, e tutt' altro che intima (pseudoriduzione) : i gemini, giä all' atto deUa loro formazione, come pure durante il graduale accorciamento dei gamomiti che li compongono, mostrano sempre una ^) La fig. 8 h della tav. V che accompagna la memoria dei 1873 si accorda per- fettamente con la mia fig. 45 a, e la fig. 8 / della medesima tavola riproduce forse in parte 1' associazione dei zigomiti a due a due giä accorciati. 8) Pur tralasciando di considerare qui il »monosoma« (v. sopra a p. 271). 3) Meno sicuro riesce il confronto delle mie figure con quelle date da Luther (1904, tav. V fig. 4, 5, 12, 29) per Mesostoma ehrenbergi e Mesostoma lingua (Ab.): le due prima rappresentano probabilmente degli spmgoni anafasici, le due ultime degli spmciti L II numero dei cromosomi e anche qui esiguo. Contributo alla conoscenza della spermatogenesi dci Rabdocelidi. 279 fissurazione longitudinale (nucleo diplopachinema) correlativa alla mancata fusione dei gamomiti. Qiiesti, in forma di semibastoncelli o semianelli alquanto accorciati, vengono distribuiti in ugual numero ai due spmciti IL per siibire tosto una fissurazione longitudinale in vista della scissione di ogni cromosoma (ex-gamomito) in due semi cromosomi da distribuire ai due spermatidi fratelli. Ogni spermatidio viene ad avere sei semicromosomi, ogni spmcito IL sei cromosomi, ogni spmcito I. sei coppie di cromosomi vale a dire sei gemini. Ogni spermatogonio mostra, durante la mitosi, dodici cromosomi cilindrici e sinuosi, che non si coniu- gano a due a due, ne mostrano un marcato accorciamento profasico. Come i dati tratti dallo studio della riduzione cromatica nell' oogenesi di Mesostoma hanno permesso a von Voss (1914, p. 186) di fomire un appoggio allo Schema semplice di riduzione o »Primärtypus« trovato da GoLDScroiiDT (1905, 1908) in Zoogonus mirus Lss., altrettanto puö dirsi dei dati da me esposti in questo lavoro. La formola del Primärtypus di Goldschmidt (1905): »Keine Pseudoreduktion, im Kern Normalzahl von Chromosomen, die in einer der beiden Reifeteilungen ganz verteilt werden« non puö essere applicato integralmente alla spermatogenesi di Phoenocora jucunda, come non puö esserlo all' oogenesi di Mesostoma ehrenbergi. von Voss ha appunto distinto colla denominazione »Pseudo- oder sekundärer Primärtypus« queUo da lui descritto nella seconda specie. La medesima denominazione puö valere pel caso di Phoeywcora, ma mentre in Mesostoma la coniugazione parallela che appare per tempo nella profase »bald vollkommen wieder rückgängig gemacht wird«, in Phoenocora la coniugazione parallela dei cromosomi non si annulla completamente giacche i due gamomiti accorciati di uno stesso gemino rimangono collegati, abneno per un' estremitä, ancora aUa fine della profase. La conoscenza di quanto accade in Phoenocora mi permette alcuni raffronti con i fatti descritti e figurati da Lepechkine (1910) a proposito della riduzione cromatica durante la spermatogenesi di Dalyellia viridis^) (G. Shaw) ( = Vortex viridis). Anche in quest' ultima specie si direbbe che si compie una coniugazione parallela dei quattro cromosomi somatici a due a due, ma non pare vi sia fusione completa dei gamomiti (cfr. la fig. 10 di Lepechkine). In precedenza si avrebbe uno spirema unico (fig. 7 id.) la cui esistenza non ho potuto accertare in Phoenocora: lo spirema unico di Dalyellia si divide in due cromosomi bivalenti (gemini, fig. 8 id.). Dalla unione end to end dei due gamomiti di ciascun gemino si passa verosimilmente ad una coniu- ^) I gen.Dalyellia Q Phoenocora appartengono alla medesima famiglia (DalyelUidae). 280 Luigi Cognetti de Martiis gazione parallela con accoUamento piü o meno esteso dei gamomiti stessi ; questi subiscono frattanto un pronunciato accorciamento (fig. 9—11 id.) che, come in Phoenocora, continua fino al termine della profase. L' avvicinamento dei gemini bacillari all' asse del fuso, orientati nel senso deir asse medesimo, e seguito secondo Lepechkine da coalescenza dei gemini stessi fra loro a formare »eine stäbchenförmige einheitliche Figur« (fig. 14 e 15 id.). Questa puö mettersi a confronto con le mie fig. 35, 36, 39 che riproducono stadi corrispondenti. In Phoenocora non v' e tuttavia coalescenza dei gemini. La Verklebung descritta da Lepech- kine e forse conseguenza di fissazione difettosa: comunque essa ha im- pedito all' autore di cogliere con sicurezza la disposizione e la forma defini- tiva dei gemini immediatamente prima della metafase. La »einheitliche Figur« riprodotta nella fig. 14 puö suggerire l'idea che la cromatina sia h in forma di due bastoncehi (intimamente accoUati) paragonabiH a queUi sopra descritti per Phoenocora, e forse costituti allo stesso modo, ma lo Schema 1. nel testo russo e la descrizione specificano le cose altrimenti, ponendo pure in rihevo una differenza nella grandezza dei quattro cromo- somi elementari. Questa differenza negli spmciti I, di Phoenocora non ha carattere regolare. La fig. 16 di Lepechkine mi fa pure pensare a due bastoncelh che si siano divisi trasversahnente. I semibastoncelli ten- derebbero anche qui ad assumere una forma ovoide durante 1' anafase (fig. 19 di Lepechkine), e, giä prima che sia compiuta la plasmodieresi, si fissurerebbero longitudinalmente (fig. 20 id., cfr. la mia fig. 47). La fissurazione longitudinale e ben palese neUa intercinesi (fig. 21 id.), ma, come in Phoenocora (v. sopra a p. 272), pare scompaia in seguito (fig. 22, 24 id.) per ripresentarsi piü tardi (fig. 29, 31, 32 id.). L' inizio deUa evolu- zione dello spermatidio in spermio procede in Dalyellia e in Phoenocora allo stesso modo. Lascio naturalmente carattere dubitativo alle mie considerazioni sui dati forniti da Lepechkine, considerazioni tendenti ad avvicinare questi Ultimi a queUi da me rilevati nello studio della spermatogenesi di Phoeno- cora jucunda: ulteriori ricerche in questo campo potranno dimostrare o meno 1' opportunitä delle considerazioni stesse. Comunque il lavoro di Lepechkine segna, come sopra ho detto, un notevole progresso nella conoscenza deUa riduzione cromatica durante la spermatogenesi dei RabdoceHdi. Luglio 192L Contributo alla conoscenza della spermatogcnesi dei Rabdocelidi. 281 Lavori citati. Ball, S. C. 1916. The developraent of Paravortex gemellipara (Graffila g. Linton). Journ. Morpli. Philadelphia 27, p. 453 — 558. Ballowitz, E. 19U7. a) Über den feineren Bau der Spermien der Turbellarien. Verh. anat. Ges. Vers. 21. p. 220—231, 29 fig. 1907. b) Über den feineren Bau der eigenartigen aus drei freien dimorphen Fasern bestehenden Spermien der Turbellarien. Arch. mikr. Anat. 71, p. 4 — 21, 3 tav. Böhmig, L. 1890. Untersuchungen über Rhabdocoele Turbellarien. II. Plagiostomina und Cylindrostomina Graf f. Zeitschr. f. wiss. 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Due archispermiociti, da un piccolo gruppo. Id. Fig. 5, Nucleo di archisperraiocito. Id. Fig. 6. Id. in profase. lo spirema e figurato soltanto in parte. Id. Fig. 7, 8. Archispermiociti in profase avanzata. Id. Fig. 9. Placca equatoriale di archispermiocito attiguo a quello della figura 10. Id. Fig. 10. Metafase di archispermiocito, i cromosomi sono figurati soltanto in parte; da im gruppo di due archispermiociti in divisione. Id. Fig. 11. Anafase di archispermiocito minore. Id. Fig. 12. Telofase id. Id. Fig. 13. Fine della telofase id. Fiss. sublimato boUente, color. emall. acido e eosina. Fig. 14. Due spermatogoni contigui in profase : a accenno al coordinamento dei grani di cromatina, h spiroma serrato. Id. Fig. 15. Spermatogonio in profase, spirema lasso. Id. Fig. 16. Spermatogonio in profase contiguo a quello della figura 15; i cromosomi sono figurati soltanto in parte. Id. Fig. 17. Spermatogonio in anafase. Id. Fig. 18. Due spermatogoni in ana-telofasc. Fiss. c color. come in fig. 1. Tavola XVI. Fig. 19. Placca equatoriale di cellula del vitellario: sono numerati i cromosomi. Id. Fig. 20. Due spmciti I. : in a nucleo in riposo, in l inizio dell' organizzazione dello spirema (o dei cromosomi elementari). Id. Fig. 21. Nucleo di spmcito I. con spirema (o cromos. element.) in formazione. Id. Fig. 22. Spmcito I. con spirema (o cromosomi elementari) quasi ultimato. Id. Fig. 23. Spmcito I. e nucleo di id. in stadio simile a quello della fig. 22. Id. Fig. 24. Spmcito I. con spirema (o cromosomi elementari) quasi ultimato. Id. Fig. 25. Spmcito I. diplonema. Id. Fig. 26. Spmcito I. diplo-pachinema in synizesis: sono figurati soltanto trc gemini c parte di un quarto. Fiss. e color. come in fig. 13. Fig. 27. Sezione ottica di spmcito I. diplo-pachinema. Fiss. e color. come in fig. 1. Archiv f. Zellforsclninp. XVT. 19 284 Luigi Cognetti de Martiis, Contr. alla conoscenza della spermatogenesi dei Rabdoc. Fig. 28. Spmcito I. diplo-pacliiiiema; sono figurati soltanto due gemini e un tratto di un terzo oltre al nucleolo. Id. Fig. 29. Quattro dei sei gemini di uno spmcito I. diplo-pacliinema: 1 gemini sono accorciati. Id. Fig. 30 a. Spmcito I. diplo-pachinema con i sei gemini (numerati) accorciati e non raggomitolati : il contorno nucleare non e piü riconoscibile; b estremitä inferiore dei gemino no. 1 fedelmente riprodotto nel contorno e nello spessore dei gamomiti. Id. Fig. 31. Spmcito I. diplo-pachinema con i sei gemini accorciati. Id. Fig. 32. Spmcito I. strepsinema: sono figurati due soltanto dei sei gemini. Id. Fig. 33. Spmcito I. in stadio simile a quello della fig. 32, e figurato soltanto un gemino foggiato ad anello. Id. Fig. 34. Spmciti I. con i gemini trasformati in anelli e bastoncelli ancora parzial- mente nodulosi ( = giunture degli ex-gamomiti) a metä ; in a sono f igiuati soltanto quattro gemini. Id. Fig. 35. Spmcito I. prossimo alla metafase. Id. Fig. 36. Id. Fiss. come in fig. 1, color. emall. acido e orange p. Fig. 37. Spmcito I. in avanzata profase. Id. Fig. 38. Id. prossimo alla metafase visto in direzione dell' asse dei fuso. Id. Tavola XVII. Fig. 39. Id. prossimo alla metafase, i sei gemini sono numerati. Id. Fig. 40. Id. id. visto quasi in direzione dell' asse dei fuso. Fiss. e color. di fig. 13. Fig. 41. Spmcito I. all' inizio della metafase. Fiss. e color. come in fig. 1. Fig. 42. Id. in metafase. Id. Fig. 43. Tre spmciti I., a in metafase, ö c in anafase. Fiss. e color. come in fig. 13. Fig. 44. Regione polare di spmcito I. anafasico in sezione trasversa. Fiss. e color. come in fig. 1. Fig. 45. Due spmciti I. in anafase, a visto di lato, h visto per im polo. Id. Fig. 46. Spmcito I. in anafase. Id. Fig. 47. Id. id., plasmodieresi, cromosomi fissurati. Id. Fig. 48. Regioni polari di tre spmciti I. in anafase, cromosomi fissurati. Id. Fig. 49. Spmcito IL in profase, sei cromosomi fissiu"ati longitudinalmente. Id. Fig. .50. Id. in metafase, i cromosomi fissurati longitudinalmente sono rappresen- tati soltanto in parte. Id. Fig. 51. Id. in anafase. Fiss. e color. come in fig. 13. Fig. 52. Id. id., sezione passante per un gruppo cü sei cromosomi. Fiss. e color. come in fig. 1. Fig. 53. Id. in telofase, inizio della plasmodieresi. Fiss. e color, come in fig. 13. Fig. 54. Spermatidio appena formato. Id. Fig. 55, 56, 57. Spermatidi. Fiss. Flemming, color. ematoss. ferrica Heidenhain. Fig. 58. Spermatidio. Fiss. e color. come in fig. 13. Fig. 59, 60. Spermatidi trasformantisi in spermi. Id. Fig. 61. Id. id. Fiss. e color. come in fig. 1. Fig. 62, 63. Id. id. Fiss. e color. come in fig. 55. Fig. 64. Prospermio. Fiss. e color. come in fig. 1. Fig. 65. Due sperule cefaliche abbandonate. Fiss. e color. come in fig. 13. Referate. Abderhalden, Emil. Handbuch der Biologischen Ai-beitsmethoden. ürban und Schwarzenberg. Wien. 1920. Von dem seit langer Zeit vorbereiteten Handbuch, das an Stelle einer 2. Auflage des Handbuches der biochemischen Arbeitsmethoden erscheint, liegt ein 1. Heft vor, das eine Einführiuig des Herausgebers sowie eine ausführliche Inhaltsübersicht des Gesamtwerkes enthält. Die Übersicht über die geplanton 13 Abteilungen, von denen ein nicht unbeträchtlicher Teil bereits im Druck ist, muß als geradezu schwindelerregend bezeichnet werden. Es gibt wohl kaum ein noch so fernes Gebiet in der Biologie, das hier nicht vertreten ist, imd es kann keinem Zweifel unterhegen, daß das Buch, wenn es wirklich in diesem Umfang zustande kommt, ein imentbehrliches Naclischlagcwcrk wird. P"ür den Zellforscher speziell sind alle denkbaren Teilgebiete vertreten wie auch alle gelegentlich benötigten Nachbargebiete aus Chemie, Physiologie, Morphologie, Entwicklungsmechanik, Protozoologie, Pathologie imd so fort. Wir wünschen dem Herausgebor imd Verleger, daß es ihnen gelingen möge, unter den jetzigen schwierigen Verhältnissen das großzügige Werk in absehbarer Zeit zu Ende zu führen. d q Pfeiffer, Dr. Chr. Grundbegriffe der photographischen Optik. Theod. Thomas. Leipzig. Das sehr zeitgemäße Werkchen, auf 75 Seiten stofflich in vier Abschnitte in ge- schickter Weise gegliedert, bedeutet einen glücklichen Griff dos Verlages hinsichtlich eines pädagogisch überaus begabten Autors. Es ist nicht so sehr die Seite eines Verfassers, über eine ihn geläufige Materie zu schreiben, als vielmehr die Art, wie das Thema zur Abhandlung gelangt. Dr. Pfeiffer hat es verstanden, der Fassung seiner Darstellung ein Gepräge zu geben, daß man, ungeachtet aller sonstigen Vorkenntnisse, dem Vortrag Seite für Seite mit größter Spannung folgt, Es ist erfahrungsgemäß nicht leicht, die etwas spröde Materie einem aus sehr heterogenen Elementen sich zusammensetzenden Leserkreise genießbar vorzuführen, aber die Klippen, wo das Interesse scheitern könnte, hat der Verf. in der denkbar glücklichsten Weise umschifft. Haben wir auch an Werken über photographische Optik keinen j\Iangel, so ver- dient doch die knappe und trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) verständliche Darstellung alles Lob. In besonders glückhchcr und gemeinverständlicher Weise ist das Kapitel der Zeutralprojektion abgehandelt. Auch die im folgenden Kapitel (III) gebrachte allge- meine Übensicht über die Bildfehler, ihre Quellen und ihre Beseitigung ist in nicht zu übertreffender Weise einem größeren Leserkreise überzeugend zur Erklärung gebracht. Ebenso gind einige sonstige, auf das photographische Objektiv Bezug habende Tatsachen so eingehend und klar erörtert, daß der Laie und namentlich auch der sich 19* 286 Referate, nur gelegentlich mit Photographie beschäftigende Wissenschaftler in dem Werkchen sich stets rasch informieren kann. Der kleine Druckfehler (S. 61) Daltmeyer anstatt Dallmeyer wird in ferneren Auflagen wohl ausgemerzt. Zum Schlüsse sei ein kleiner Fehler des Werkchens registriert: Die rechnerischen Beispiele, ab Seite 66 beginnend, sind überflüssig: Der gebildete Laie liest sie nicht, der Fachphotograph versteht sie nicht, da er, wie viele Leser, ein wahres Entsetzen vor mathematischen Formeln hat. Mosler. Schaffer, Josef. Vorlesungen über Histologie und Histogenese nebst Bemerkungen über Histotechnik und das Miki'oskop. Mit 589, zum Teil farbigen Abbildungen im Text und auf 12 lithographischen Tafeln. VIII und 528 S. Leipzig. Wilhelm Engehnann. 1920. Nach einer Einleitung über die Geschichte der histologischen Forschung und einem Verzeichnis einschlägiger Lehr- und Handbücher behandelt Verf. im ersten Abschnitt auf etwa 30 Seiten Bau, Gebrauch und Leistungsfähigkeit des Mikroskopes und seiner Hilfsapparate einschließhch Dunkelfeld und Ultramikroskop. Im weiteren Text ist die Polarisationseinrichtung besclu'ieben. Abweichend von den bisherigen Gepflogenheiten histologischer Kurse und Lehr- bücher wird im II. Abschnitt die Histologie begoimen mit der Besprechung des Blutes. Es folgen die einfacheren Gewebe im engeren Sinne: Epithelgewebe, Binde- und Stütz- substanzen, Muskelgewebe, Nervengewebe. Die Grundzüge der Zytologie werden zwischendurch, nicht in eigenen Abschnitten besprochen. Der III. Abschnitt behandelt die spezielle Gewebelehre oder Histologie der Organe. Dankenswert ist hier besonders die eingehende Besprechung der sonst oft arg vernachlässigten Histologie der endo- kiinen Drüsen. Das Werk ist ausgestattet mit einer Fülle von großenteils ausgezeichneten Ab- bildungen, die fast durchweg Originalzeichnungen sind nach eigenen Präparaten des Verf. oder von v. Ebner nach Schaffers Präparaten veröffentlicht wiu"den. Im Gegensatz zu den »mehr dogmatisch gehaltenen(( Lelii-büchern von Stöhr- Schultze und Szymonowicz will Verf. die Aufmerksamkeit des Schülers auf noch zu lösende oder strittige Fragen lenken. Er zieht deshalb auch öfter vergleichcnd-histo- logische und histogenetische Untersuchimgen heran. Verf. betont, daß er »vielfach neue Beobachtungen und Auffassungen dargestellt habe, die der Aufmerksamkeit der Fachgenossen wert sein dürften«. Aus dem Gebiet der Zellforschung seien einige eigen- artige Auffassungen im Original wiedergegeben: »Dieser Kern, welcher jeder Zelle zukommt, besteht aus einer membranartigen Umhüllung, der Kernmembran, einem flüssigen Inhalte, dem Kernsaft, und un- regelmäßigen, stark lichtbrechenden Körnern oder Klumpen, welche teils der Kern- membran anliegen, den sogenannten Chromatinkörnern oder Chromosomen, so genannt, weil sie es sind, welche sich mit Farben von bestimmtem Charakter (sogenaimten basischen Farben) besonders färben lassen.« In der Tuba uterina »erfolgt die vollständige Reifung des Eies, indem eine Teilung erfolgt, bei der das väterliche Cliromatin ausgestoßen wird. Der geplatzte Follikel geht zugrunde, wandelt sich jedoch vorher in einen gelben Körper (Corpus luteum) um«. Referate. 287 Saraenreifung (bei der Ratte) : »Wälireiul eine Tocliterzollc wieder nach außen rückt und zur ruhenden Spermatogonie wird, wächst die andre, diu-cli die Zwischenstui'en der Übergangsspermatogonie, der kleinen und mittelgroßen Spermatozyte, heran zu einer großen, teilungsreifen Spermatozyte. Diese besitzt zunächst einen Kern mit ziemlich diclitem, daim lockerer werdendem Fadenknäuel, weshalb die Zellen, frisch mit Essig- säure untersucht, grob granuliert erscheinen (Henle). Außerdem besitzt der Kern < in oder zwei Kernkürperchen, die bald verschwinden, während ein schwach färbbarer, linsenförmiger Intranuklearkörper, der Kernmembran anliegend, sichtbar wird. Der kurz spindelförmige Protoplasmakörper enthält eine dichtere, kugelige Sphäre (Idiozom) mit einem Doppelzentriol in der Mitte. Die Chromat infäden wandeln sich in etwa 12 — 16 ring- bis schleifenförmige Chromosomen um, und es findet unter Lösung der Kernmembran und des Intranuklearkörpers die erste Teilung statt, . . . Diese Teilung ist eine heterotypische, indem vor oder während der Anaphase sich die Chromosomen spalten, so daß die entstehenden Tochterzellen die gleiche Anzahl von Chromosomen besitzen, wie die Mutterzellc« (vom Ref. gesperrt). Bei der Präspermatidenmitose ist »die Teilung eine homoiotypische, indem dii- Tochter- zellen die Hälfte der Chromosomen (vom Ref. gesperrt) also acht enthalten«. Fritz Levy (Berlin-Dahlem). Gold SCHMIDT, Eich. Die quantitative Grundlage von Vererbung und Art))ildung. Vorträge und Aufsätze über Entwicklungsniechanik der Organismen. WiUi. Roux. Heft XXIV. 1920. S. 1-163. Als theoretisches Ergebnis aus lUjähriger Experimentalarbeit bietet der Verf. in der vorliegenden Arbeit nichts weniger als eine vollständige Neuorientierung der An- schauungen über Vererbung und x\itbildung. Der Ref. denkt lebhaft an ein Wort, das dem Munde eines unsrer ersten Mendelianer entschlüpfte: «Das ewige Meudeln haben wir bald satt!« Hier scheint ein erster erfolgreicher Schritt über denMendelismus hinaus getan zu sein. Das einzigartige Tatsachenmaterial, von dem G. ausgeht, ist in der Hauptsache niedergelegt in einer Monographie über Intersexualität (Zeitschr. f. ind. Abst. u. Vererb. 1920, XXIV), deren Kenntnis für das Folgende notwendig ist. Die Grundtatsachen sind die folgenden: Jedes Tier besitzt die Anlagen für beide Geschlechter. Normaler- weise sind die Anlagen so gegeneinander abgestimmt, daß nur die einen zm' Entwicklung kommen. Bei der Kreuzimg verschiedener L. dispar Rassen traten nun intersexe Formen auf, Zwischenstufen zwischen Weibchen und jMännchen in allen denkbaren Über- gängen. Im Extrem werden alle Männchen mngewandelt in Weibchen, oder alle Weibchen in Männchen, je nach den Kreuzungen. Ziu- Lösung des ganzen Problems der Intersexualität führte nun eine entwickiungs- physiologische Beobachtungsreihe: Organe, oder Teile von Organen, die in der Larve sich zuletzt ausbilden, werden zuerst intersexuell, wandeln sich zuerst in der Kiciitnng des andern Geschlechts um. Organe, die sich in der Larve zuerst ausbilden, werden nur bei stärkster Intersexualität umgewandelt. Die Differenzierung folgt also zuerst bis zu einem bestimmten Punkt dem genetischen Geschlecht, dann schlägt sie plötzlich um in die Richtung zum andernGeschlecht, und das Maß der Intersexualität ist somit nichts als ein Ausdruck für die Lage des Drehpunktes. Er liegt spät bei schwacher, früh bei starker Intersexualität. Kommt der Drehpunkt, so differenzieren sich alle Organe um, bei denen ein Umdifferenzieren überhaupt noch möglich ist. — All das läßt sich in wunder- 288 Referate. voller Weise zeigen an der Entwicklung der Antennen, des Abdomens, namentlich aber des Geschlechtsapparates. Diese Tatsachen führten zu folgenden Vorstellungen: 1. Die Geschlechtsanlagen oder Geschlechtssubstanzen haben quantitative Be- zieliungen zueinander. 2. Sind die quantitativen Beziehungen nicht abgestimmt aufeinander, so entsteht Intersexualität. 3. Die Geschleehtsumstimmung ist um so größer, je größer die quantitativen Diffe- renzen sind. 4. Die Geschlechtsdeterminanten sind somit wohl Stoffe, die eine Reaktion be- dingen (bzw. beschleunigen), die mit einer Geschwindigkeit verläuft, die der Quantität jener Stoffe proportional ist. Man wird dem Verf. bis hierher die Anerkennung nicht versagen können, daß seine Schlüsse streng den gegebenen Tatsachen folgen. Es bedeutet für das Wesen der ganzen Interpretation wenig, ob man ihm auch weiter folgt, wenn er annimmt, daß die Ge- schlechtsdeterminanten vielleicht die Beschaffenheit der Enzyme haben und sich vor- stellt, — in Analogie zu den bekannten Erscheimmgen der inneren Sekretion — daß die Geschlechtsenzyme die spezifischen Hormone der Geschlechtsdifferenzierung pro- duzieren. Der richtige Ablauf des Mechanismus und der Physiologie der Geschlechtsvererbung wäre demnach derart, daß genau dosierte Mengen Geschlechtsenz3Toe übertragen werden, die dann im Körper ziu- rechten Zeit, in festgelegtem Rhythmus die Hormone der Ge- schlechtsdifferenzierung produzieren, welche die weitere Differenzierung in bestimmter Richtung lenken. Wie vom Zeitpuiüit der Wirkung der Hormone [der abhängig ist von der Quan- tität der Enzyme] das Endresultat der Vererbungsprozesse abhängig ist,' möge ein Bei- spiel zeigen: Werden die Weibchen intersexuell, so werden zuerst die Antennen von der männ- lichen Entwicklungsrichtung ergriffen, sie erhalten längere Fiedern, bis schließlich ein rein mäimlicher Fühler vorliegt. Werden die Männchen intersexuell, so wird erst zuletzt, erst bei stärkster Inter- sexualität die Antenne beeinflußt. Diese anscheinend sich widersprechenden Tatsachen haben folgende einfache Deutung: Gelangen bei schwacher weiblicher Intersexualität gegen Ende der Puppen- ruhe die männlichen Hormone zur Wirkimg, so köimen die kmzen weiblichen Fiedern bis zur Chitinisierung noch mehr oder minder auswachsen. Gelangen dagegen bei schwa- cher mäimlicher Intersexualität gegen Ende der Puppenruhe die weiblichen Hormone zur Auswirkung, so sind die langen Fiedern des männlichen Fühlers schon vorhanden. Eine Umwandlimg ist also nicht melir m öglich. Seine theoretischen Ergebnisse bringt G. auf die kurze Formel: »Das Massengesetz der Reaktionsgeschwindigkeiten ist eines der Grundgesetze der Vererbung.« Wie aus der Fassung dieses Satzes folgt, nimmt der Verf. aii, daß dem Gesamt- phänomen der Vererbung die gleichen physiologischen Vorgänge zugrunde liegen, wie bei der Geschlechtsvererbimg. Multiple Allelomorphe z. B. werden nichts andres sein als bestimmte Quantitäten desselben Enzyms, das als Erbfaktor bezeichnet wird. Ein neues Beispiel von multiplem Allelomorphismus — die Raupenzeichnung von den dispar- Rassen — bietet G. samt dem Tatsachenmaterial. Referate. 289 Bedeutungsvoll sind die Ausführungen über Faktorenquantität und geographische Variation. Die verwendeten dtspar-Rassen (von N.-Amerika, Mittel-, Südeuropa, Nord-, Mittel-, Südjapan) untersclieiden sicli erblich im zeitlichon Verlauf ihres Lebenszyklus. Die erblichen Verschiedenlieiten fallen zusammen mit klimatischen \'erschiedenheiten der Wohnorte der Rassen. In dieselbe Linie endlich fällt die Serierung der Rassen nach der Quantität ihres Geschlechtsenzyms, die sich ergab aus den Experimenten. Daraus ist zu schließen, »daß cjuantitative Zustände eines Faktors An- passungscharaktere sein können, die eine lebenswichtige Reaktion [hier die Geschlechtsdifferenzierung] in richtige zeitliche Koordination zu andern lebenswichtigen Anpassungscharakteren [hier der saisonale Zyklus] setzen.« Im gleichen Sinne verwertet G. die bekannten HERTwiGschen Frosche.Yperimente lind die Daphnidenexperimente Wolterecks. Er glaubt selbst, daß obiger Satz ver- allgemeinert werden kann: »Alle wesentlichen Erscheinungen geographischer Variation, d. h. diejenigen adaptiver Natur, beruhen auf differenten quantitativen Zu- ständen gewisser Gene.« Es bedeutet nur ein konsequentes zu Ende führen des Grundgedankens, wenn G. vom Begriff der Faktorenquantität zur Amiahme der Variation tlerselben und zm- Se- lektion kommt. »Was für jede Reaktion, wie jede organische Produktion zutrifft, nämlich daß die Quantität des Produkts ceteris paribus mit den Außenbedingungen variiert, muß auch für den Vorgang der Bereitstellung dieser Gen-Substanzen in den Geschlechtszellen zutreffen.« Da aber Quantitätsverschiedenheit zu biologisch wichtiger Variation führt, so »erscheint die Idee selbstverständlicii, daß in diesen quan- titativen Variationen der Faktorensubstanzen das Material für Selektion liegt«. J. Seiler Schlederloh (Isartal). CONKLL"^, E. G. Mitosis and Amitosis. Biol. BiiU. Vol. XXXIII. 1917. p. 396-436, witli 10 plates. Die Ansichten über das gegenseitige Verhältnis von Mitose und Araitose haben sich im Laufe der Zeit vielfach geändert. Betrachtete man ursprünglich die einfache Kern- durchschnürung als den normalen Kernteihmgsmodus, so fiel man nach Entdeckung der Karyokincse ins andere Extrem, man ließ nur noch die Mfose als normal gelten, Amitose sollte nm- in pathologischen und degenerierenden Zellen, in krankhaften Ge- schwülsten usw. vorkommen. Es kann indessen heute wohl kaum noch ein Zweifel darüber bestehen, daß für gewisse Gewebezellen die Amitosc einen physiologisch-nor- malen Prozeß darstellt. Allerdings sind dies einseitig differenzierte Zellen, Drüsenzelleu, Epithelzellen, Leukozyten, Zellen, deren Lebensdauer beschränkt ist, die sich sozusagen auf absteigender Linie befinden. Eine andere P'rage aber ist die, ob auch in undiffe- renzierten Zellen, Geschlechtszellen und Embryonalzellen, normale Amitose sich findet. Verf. stellt eine ganze Reihe solcher Angaben zusammen, die sich noch beliebig vermehren ließe. Wüiden diese ^Vngaben zu Recht bestehen, so würden daraus der Chromosomen- theorie ernste Schwierigkeiten erwachsen. Die exakte Halbierung der Erbmasse, die •wir für die sich teilenden Geschlechts- und Embryonalzelleu postulieren müssen, wäre bei amitotischer Vermehnuig unmöglich. Den genannten Angaben gegenüber ist aber, worauf schon Boveri nachdrücklich hingewiesen hat, äußerste Skepsis am Platze. Das Fehlen von Mitosen, gelappte und langgestreckte und in der Mitte eingeschnürte Kerne oder zwei Kerne in einer Zelle sind noch kein Beweis für eine Amitose, geschweige denn 290 Keferate. dafür, daß Amitose als normaler Prozeß vorkommt. Die :Melu-zalil der Angaben beruht sicher auf falschen oder imgenügenden Beobachtujigen. So koimte Eef. firr zwei ganz verschiedene Objekte, Honigbiene und Dmophilus, deren Ovogonien sich ausschließlich amitotisch vermehren sollten, den Beweis erbringen, daß normalerweise nur mitotische Teilungen erfolgen. In vielen Fällen mögen Bilder vorliegen, die an Amitose erinnern, doch diufte es sich bei genauerer Analyse nachweisen lassen, daß es sich lediglich um modifizierte Mitosen handelt. Solche Ivlitosen komite Verf. künstlich herstellen, indem er die reifenden oder sich fmchenden Eier von Crepidula anormalen Bedingungen aus- setzte (extreme Temperaturen, Seewasser von verschiedener Konzentration, Druck, Kohlensäiue, verschiedene andere chemische Substanzen usw.). Er erhielt auf diese Weise die verschiedensten Kernteilungsfiguren, die mehr oder weniger eine Amitose vortäuschten. Ei' miterscheidet vier Typen. Beim ersten Typus findet eine Verzöge- rimg in der Teihmg und Trennung der Tochterchromosomen statt, sie wandern nicht gleichmäßig zu den Polen und bilden infolgedessen keine einheitlichen Tochterkerne, sondern Karyomeren, deren Zahl und Größe entsprechend der Zahl der sich zu einem solchen Teilkern vereinigenden Cloromosomen v.-echselt. Es resultieren Kernformen, wie sie vielfach als fragmentierte, gelappte, langgestreckte, zweigeteilte Kerne usw. beschrieben worden sind. Beim zweiten Typus ist die Teilung der Chromosomen und die Bildung der Tochterkerne nicht von einer Zellteilung gefolgt, so daß eine Zelle mit zwei Kernen entsteht. Von der Lage der beiden Kerne iimerhalb der Zelle hängt es ab, ob bei der nächsten Teilung zwei normale Spindeln gebildet werden oder eine tripolare bzw. tetrapolare Spindel. Multipolare Spindeln führen meist zu einer abnormen Ent- wicklung der betreffenden Zellen. Beim dritten Typus verhindern die äußern Agentien das Selbständigwerden der einzelnen Cliromosomen, sie werden als einheitliche Masse geteilt. Daß es sich auch hier lediglich um eine modifizierte Mitose handelt, wird durch das Vorhandensein von Zentrosomen, Strahlungen und Spindelfasern bewiesen. Das gleiche gilt für den vierten Typus, der insofern einer Amitose noch mehr ähnelt, als die Kernmembran nicht aufgelöst wird wälirend der Teilung. Wie bei der Amitose schnürt sich in diesem Falle der Kern in der Mitte durch, jedoch wird im Gegensatz zm- Amitose das Chromatinmaterial mitotisch geteilt. Verf. kommt zu dem Schluß, daß alle diese verschiedenen Modifikationen keinen Übergang zur Amitose bedeuten, son- dern Mitose imd Amitose sind fundamental verschiedene Pi'ozesse. Die Mitose ist der einzige Weg zu einer wirklich gleichen Teihmg und Verteilung des Chromatinmateriales, wälirend die Bedeutung der Amitose lediglich in einer Vergrößerung der Kernober- fläche und einer Verteilung des Kernmateriales innerhalb der Zelle beruht. Nachtsheim (München). Harvey, E. B. Mitotic division of binucleate cells. Biol. Bull., Vol. XXXVII. 1919. p. 96-100, witli 1 plate. Verschiedentlich sind doppelkernige Zellen im Follikelepithel von Insekten be- schrieben worden. Bei Notoneda fand Verf. solche Zellen als charakteristisch für das Follikelepithel, das Vas deferens und die Hüllzellen der Spermatogonien. Man hat diese zweikernigen Zellen vielfach als »Beweis« füi" amitotische Vermehrung be- trachtet. Verf. ist der Ansicht, daß ihre Entstehung auf das Ausbleiben der Zellteilung nach einer mitotischen Kernteilung zm'ückzufülu-en ist. Die weiteren Teilungen der doppelkernigen Zellen erfolgen mitotisch. Es legen sich gleichzeitig zwei Spindeln an, die völlig getreimt sein können. Sie verhalten sich daim ähnlich, wie der mütterliche Referate. 291 und der väterliche Kern bei der Gonomerie, jedoch besitzt in dem vorliegenden Falle jeder Kern die diploide Chromosomenzahl. Die beiden Spindeln können sich aber auch mehr oder weniger zu einer Riesenspindel mit der doppelten Normalzahl vereinigen. Das weitere Verhalten der Riesenspindeln ist leider nicht ganz klargestellt. Es scheint, daß in der Regel ein Kern in jeder Tochterzelle entsteht, der sich aber dann amitotisch in zwei zerschnürt, von denen Verf. annimmt, daß jeder die für die Spezies charakte- ristische Chromosomengarnitur erhält. Wenn, wie die Abbildungen vermuten lassen, diese amitotische Teilung erst nach völliger Ausbildung des »Ruhestadiums« eintritt, so ist eine ganz gleiche Teilung wenig wahrscheinlich, wäre aber theoretisch auch nicht notwendig, da ja bei erneuter Teilung diu-ch die Wiedervereinigung der (nunmehr un- gleichen) Spindeln die doppelte Normalzahl wiederhergestellt würde. Über die Be- deutung der Doppelkernigkeit spricht sich Verf. nicht aus. Vielleicht hängt sie mit der Funktion der Zellen zusammen. Xachtsheim. Smith, B. G. The individiiality of the gorm-nuclei diirmg the cleavage of the egg of Cr yptohranchus allegheniensis. Biol. Bull., Vol. XXXVIT. .1919. p. 246-286, with 9 platcs. Die Untersuchungen geben ein weiteres hübsches Beispiel für Gonomerie. Die morphologisch nicht untersclieidbaren Vorkerne von Cryptobranchus allegheniensis, einem Perennibranchiaten, lagern sich dicht aneinander, verschmelzen aber trotz der langen Dauer dieses Stadiums nicht. Erst etwa 26 Stunden nach der (künstlichen) Besamung erfolgt die Ausbildung der ersten Furchungsspindel, deren Zentren vom Spermazentrum geliefert werden. Bei der Auflösung der Kernmembran ist in der Regel der eine Kern (Eikern? — Ref.) dem andern etwas voraus. Beide Chromosomengruppen bleiben in der Metaphase deutlich getrennt, erst in der späten Anaphase wd häufig die Trennung undeutlich, jedoch entstehen immer zwei Kerne. Die Autonomie der mütterlichen und väterlichen Kernsubstanzen läßt sich ohne Schwierigkeiten bis zu einem vorgerückten Fiuchungsstadium (späte Blastula) verfolgen. Schließlich geht offenbar eine Vereinigung der beiden Kerne vor sich, doch kann vielfach auch dann noch ilue Doppelnatiur nachgewiesen werden: die Kerne sind tief gelappt. Bisweilen hat man den Eindruck, daß sie aus zahlreichen Bläschen bestehen. In der späten Telophase ist dies tatsächlich der Fall, und hin und wieder unterbleibt die Verschmelzung der Karyomeren. Offenbar besteht eine Tendenz nicht nur zum Selbständigbleiben der Gonomeren, sondern auch der einzelnen Karyomeren. — Im allgemeinen Teil stellt Verf. die bisherigen Beobachtimgen über Gonomerie zusammen (Haecker, Rückert, Cox- KLiN, MoENKH.vus u. a.) Und diskutiert die Bedeutung dieser Erscheinung für die Theorie der Chromosomenindividualität. Nachtsheim Ko^iAi, T. Spcrniatogenesis of Squilla oratoria de Haan. Joiirii, of Morph., Vol. XXXIV. 1920. p. 307-334, with 51 fig. (3 plates). Die Hodentubuli von Squilla oratoria enthalten Samenzellen auf allen Entwick- lungsstadien, die in drei Zonen angeordnet sind. Die äußerste Zone bilden Spermato- gonien und junge Spermatozyten im Synizesis-Stadium sowie Nährzellen. In der zweiten Zone findet man die Reifungsteilungen sowie junge Spermatiden, in der dritten ältere Spermatiden. Die reifen Spermatozoen liegen in gedrängter Masse im Vas deferens. 292 R3ferate. Das Verhalten der Samenzellen bis ziir Bildung der Spermatiden w^irde nicht im Detail untersucht; es wird nur ein kurzer Überblick gegeben. Die Spermatogonien sind polygonale, scharf begrenzte Zellen mit großem kugeligem oder eiförmigem Kern. Den Kern diu-chzieht ein Keticulum mit zahheichen Chromatingranülis von verschiedener Größe. Das Plasma enthält kugel-, hantel- oder spindelförmige »chromatoide Körpercc von sehr variabler Größe. Das Zentrosom, ein sehr kleines Gebilde, liegt dicht der Kern- membran an. Ihrer Lage nach werden primäre und sekundäre Spermatogonien imter- schieden. Die primären Spermatogonien sind auf eine enge Region beschränkt, die Proliferationszone. Von dort wandern die Spermatogonien in die äußerste Hodenzone und werden zu sekundären Spermatogonien. Die Chromosomen sind eiförmig oder ellipsoid, ihre Zahl beträgt 48. Benachbarte Chromosomen bleiben auch während der Teilung dmxh Lininfäden miteinander verbunden. Die zwischen den Spermatogonien liegenden Nährzellen sind jenen sehr ähnlich, doch färbt sich ihr Kern dunkler und ist unregelmäßiger in der Form. Beide Zellen haben gemeinsamen Ursprung. Nach der letzten Spermatogonienteilung tritt ein feines Spirem auf, das dann in die leptotänen Fäden zerfällt. Eine genaue Zählung der Fäden ist unmöglich, doch sind es etwa 48. Die Fäden ballen sich im Zentrum des Kernes zusammen (Synizesis), wobei eine Anordnung zu parallelen Paaren vor sich geht. Nach der Synizesis ist der Längs- spalt zwischen den Chromosomenpaaren selir deutlich. Im Pachytänstadiimi ist häufig eine bukettartige Anordnung der Fäden bemerkbar. Zelle und Kern wachsen in diesem Stadium beträchtlich. Die Bildung der Tetraden, die die Form von Ringen, Kreuzen oder Stäben haben, wurde nicht genauer verfolgt. In die erste Reifungsteilung treten 24 bivalente Chromosomen ein. Ohne Ausbildung eines Ruhestadiums schließt sich gleich die zweite Teilung an. Der chromatoide Körper zeigt keine Veränderung während der ganzen Wachstumsperiode. Während der Teilimg liegt er außerhalb der Spindel, Nach der zweiten Reifungsteilung bilden die Clu-omosomen zimächst eine kom- pakte Chromatinmasse und gehen dann in ein Reticulum über. Die nurmiehr Ijeginnende Ausbildung der Spermien ist sehr komijliziert. Durch Verschmelzung einzelner Maschen des Kernreticulums entstellt eine große Vakuole, in die nach einiger Zeit das Chromatin einströmt, dessen Färbbarkeit abnimmt. Schließlich hat der ganze Kern ein fein- granuliertes Aussehen, seine Grenze gegen das Plasma ist undeutlich. Außer dem Mito- chondrienkörper liegt im Plasma der noch unveränderte chromatoide Körper; selten sind es zwei große und mehrere kleine. Das Zentrosom, das bis dahin in der Nähe der Kernmembran lag, wandert nunmehr in den Kern, von einer hellen Zone umgeben. Im Plasma treten eine oder mehrere Vakuolen auf, die verschmelzen. Die Vakuole ver- größert sich und drückt den Kern ziu* Seite, der dadurch halbkugelig abgeflacht wird. Durch den Kern wird die Vakuole von dem IVIitochondrienkörper getrennt, der auf der entgegengesetzten Seite liegt und den Kern wie f:ine Cupula umschließt. Die Färb- barkeit des Kernes nimmt auf diesem Stadium wieder zu. Das Zentrosom im Kern teilt sich, der Kern wird eiförmig, dann wieder halbkugehg, doch liegt jetzt die flache Seite gegen die Oberfläche hin. Vom Zentrum beginnend, hellt sich der Kern allmählich auf, bis sein Inhalt ganz homogen erscheint. Dort, wo er die Zellmembran berührt, tritt eine Vorwölbung auf, es bildet sich das Perforatorium. In dieses rückt das proxi- male Zentrosom ein, nachdem es stäbchenförmige Gestalt angenommen hat, und wird zur Axe des Perf Oratoriums. Das distale Zentrosom bleibt unverändert im Kernzentrum, liegt häufig aber auch exzentrisch oder zwischen Kern und Perforatorium oder sogar in diesem. Die Kerngröße nimmt ab, die Zellgröße zu, der Mtochoncüienkörper legt sich ringförmig um den Kern. Der chromatoide Körper ist in den Spermatiden noch nach- Referate. 293 weisbar, in den reifen Spermien verschwindet er. Ob er degeneriert oder ausgestoßen wird, vermochte Verf. nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Das reife Spermatozoon ist ein kugehger Körper mit derber I\Iembran und linsenförmigem Kern. Die Größe schwankt zwischen 9 und 11 ^m. Der Kopf des Spermiums besteht aus vier Teilen, aus der homo- genen Grundsubstanz, aus dem granulösen Perforatorium, sodann aus dem stäbchen- förmigen proximalen Zentrosom, das in der Achse des Perforatoriums liegt, sowie aus dem tlistalen, in eine Vakuole eingeschlossenen Zentrosom. Der Ansicht von Nichols, daß das Spermium von Squilla eine Vorstufe zu dem der Decapoden darstellt, vermag der Verf. nicht zu folgen. Nach seiner Anschauung ist die Ähnlichkeit zwischen Stomatopoden- und Decapoden-Spermium bloß oberflächlicher ^'''^"'^- Nachtshciui. Shaffer, E. L. A comparative study of the chromosomes of Lachiosterna (Coleoptera). Biol. BuU., Vol. XXXVIII. 1920. p. 83-103, with 3 plates. Verf. beschreibt die Spermatogenese einiger Lamellicornier. Außer vier Arten der Gattung Lachnosferna, delata, fiisca, gracilis und tristis, wiurden noch zwei weitere Species zu den Untersuchungen benutzt, Pelidonota jmndata und Cotalpa lanigera. Am genauesten wurde L. cldafa studiert, die übrigen Formen zeigten keine wesentlichen Differenzen. Die Hoden bestehen bei allen aus 12 pilzförmigen Körperu, auf jeder Seite des Abdomens drei Paare, die zahlreiche, vom Zentrum allseitig ausstrahlende Follikel enthalten. Im Zentrum findet man die jüngsten Stadien, Urgeschlechtszellen und Spermatogonien. Daran schließen sich die Regionen mit älteren Stadien, junge Sperma- tocyten, dann Synapsis-Stadien, Reifungsteihmgen, Spermatiden und fertige Sperma- tozoen. Jeder Follikel geht aus einer Urgeschlechtszelle hervor. Amitotische Ver- mehrung dieser Zellen, die Wieman bei Lepthiotarsa gefunden haben will, kommt nicht vor. Die diploide Chromosomenzahl aller untersuchten Species ist 20, einschließlich zweier ungleicher Geschlechtschromosomen (sehr kleines rundes Y und etwas größeres stabförmiges X); die Autosomen sind größer. Die homologen Chromosomen sind häufig zu Paaren angeordnet. Für die Spermatogonien ist- die frühe Ausbildung der Chromosomen charakteri- stisch. Nach der Teilung entsteht zunächst ein typischer Ruhekern mit chromatischem Reticulum. Sehr bald aber verdichtet sich das Chromatin wieder, es bilden sich große chromatische Blöcke, deren Zahl der diploiden Chromosomenzahl entspricht. Verf. betrachtet sie als »Anlagen« der Chromosomen, als »Procliromosomen«. Nach der letzten Spermatogonienteilung gehen die Chromosomen in feine Fäden über (Leptotänstadium), die sich gleichmäßig im ganzen Kern ausbreiten. Die nunmehr folgende Paarung der Chromosomen vermochte Verf. im Detail nicht zu studieren, doch glaubt er eine Parasyndese annehmen zu müssen, im Gegensatz zu Miß Stevens, die bei Coleopteren eine Metasyndese beschrieben hat. Die Paarung geht immer während eines typischen Buliettstadiums vor sich, das bei jeder Fixierung zu finden ist, also nicht als Kunstprodukt angesprochen werden kann. Bei Auflösung des Buketts sondern sich die Chromosomenpaare als kurze Fäden (Pachytänstadiimi), in denen ein Längsspalt sichtbar wird, die Konjugationsebene der homologen Elemente. Jedes Chromosom setzt sich aus Chromonieren zusammen, uie auf einem Liningeriist aufgereiht sind. Gegenüber- liegende Chromomeren eines Chromosomenpaares haben gleiche Größe und sind durcli 294 Referate. ■ feine Lininfäden verbunden. Im Diplotänstadium weichen die homologen Fäden aus- einander und wickeln sich sodann umeinander unter Bildung von Ringen und Sförmigen Figuren (Strepsitänstadiimi). Ein Sekundärspalt wurde nicht beobachtet. Die Fäden lockern sich nimmehr auf, so daß ilu'e Grenzen nicht mein- scharf zu erkennen sind, jedoch währt dieses Stadium nm- km-ze Zeit, die Chromosomen verdichten sich wieder, es bilden sich die Reifungstetraden aus. Von den 10 Tetraden weisen in den Reifungs- teilungen 5 eine terminale (darunter das Geschlechtschromosomenpaar), 5 eine sub- terminale Anheftung der Spindelfasern auf; letztere sind die größeren Chromosomen. Die Form der Tetraden ist verschieden (Hufeisen, Ivreuze, Ringe). Die Ringtetraden lassen nach des Verf. Ansicht eine sichere Entscheidung über die Reduktionsteilung zu. Sie stellen sich so in die erste Reifungsspindel ein, daß bei der Teilung die beiden Kon- juganten getrennt werden, d.h. die erste Teilung ist reduktioneil. Die beiden Geschlechtscliromosomen persistieren wälu-end der ganzen synaptischen Periode als kompakte Körper. Meist sind sie in besondere Bläschen eingeschlossen. Ihre Vereinigung erfolgt im Gegensatz zu den Autosomen endweise. In der ersten Rei- fungsteilung werden X und Y getrennt, die zweite ist äquationell. In einem Falle wm-de ein Unterbleiben der Trennung beobachtet, so daß eine Zelle X Y, die andere kein Ge- schlechtschromosom erhielt (Non-disjunction). Nachtsheim. Harman, Mary T. Chromosome studies in Tettigidae. IL Chromosomes of Paratettix BB and CG and their hybrid BC. Biol. Bull., Vol. XXXVIII. p. 213-230, with 3 plates. Verf. untersuchte die Spermatogenese einiger sehr nahe verwandter Formen von Paratettix, die als Paratettix BB und CC bezeichnet werden; außerdem kam der Ba- stard BC zm- Untersuchung. Bei beiden reinen Formen wie bei dem Bastard weisen die Spermatogonien 13 Cluromosomen auf, die in der Mitose meist paarweise angeordnet sind. Das Geschlechtschromosom ist größer als die beiden kleinsten Paare, jedoch kleiner als die übrigen, es ist eiförmig und hat eine schwache Einschnürung in der Mitte. Die Autosomen lassen sich ihi-er Größe nach in drei Ivlassen einteilen. Zwei Paare über- treffen die andern an Größe beträchthch, die kleinste Klasse bilden drei Paare, ein Paar nimmt eine intermechäre Stellung ein. Die sechs kleinsten Chromosomen sind an dem einen Ende abgerundet, am andern, das in der Äquatorialplatte immer gegen das Zentrum gerichtet ist, laufen sie spitz zu. Dies ist sowohl bei BB wie bei CC der Fall, doch unter- scheidet sich das dritte der kleinsten Chromosomenpaare bei den beiden Formen in ganz charakteristischer Weise. Bei CC sind füe beiden Elemente dieses Paares an den spitzen Enden hakenförmig oder in einem spitzen Winkel mngebogen. Der Bastard BC hat, wie zu erwarten, nur ein Hakenchromosom. Nach der letzten Spermatogonienteilung lockern sich die Chi'omosomen auf, nur das X-Clu'omosom bleibt kompakt. Die Chromosomen vereinigen sich nunmehr end- weise, imd es entsteht ein feiner kontinuierlicher Faden, der sich zusammenballt, doch fehlt eine ausgesprochene Polarisation der Schleifen des Spirems, es ist mehr ein wirrer Knäuel. Während Zelle und Kern intensiv wachsen, wird der Cluromatinfaden dicker, der Knäuel lockert sich auf, und sclüießlich zerfällt der Faden in einzelne Stücke, ins- gesamt 12, die diploide Zahl, vom X-Chromosom abgesehen, das während der ganzen Wachstumsperiode seine kompakte Form beibehält. Nach Wiederherstellung der di- ploiden Cluomosomenzahl sollen die Chromosomen sich paarweise vereinigen, und zwar Referate. 295 wieder metasyndetisch. Zu gunsten einer Faiasyndese lasse sicli keine ncobachtuiig geltend machen, ein Längsspalt fehle. Ref. ist der Ansicht, daß aber auch für eine Meta- syndese der Beweis nicht erbracht wird. Zur Entscheidung einer heute so wichtigen Frage genügen Abbildungen die von der Verf. gegebenen wie, die überdies nicht für eine günstige Fixierung der Objekte sprechen', nicht. Natürlich gilt das Gleiche auch tür den, der eine parallele Konjugation beweisen will. Die konjugierten Chromosomen kondensieren sich zu Tetraden und treten in die erste Reifungsteilung ein, die eine Reduktionsteilung ist. Das X-Chromosom, das an der Peripherie der Spindel liegt und bei der Polwanderung häufig den Autosomen voraus- eilt, bleibt ungeteilt. Die zweite Teilung ist für alle Chromosomen eine Äquationsteilung. Mit dem Fehlen einer parallelen Konjugation bei Paratettix steht nach Verf. das völlige Fehlen von Crossing-over bei dieser Form in Einklang. Nach den Untersuchungen von Nabours vererbt sich das gesamte Zeichnungsmuster bei dieser Heuschrecke wie ein einheitlicher Faktor. Dies könnte, worauf schon Morgan hingewiesen hat, auch durch die Annahme erklärt werden, daß die das Zeichnimgsmuster bedingenden Faktoren »identical loci« haben daß sie mit anderen Worten alle in einem Chiomonier liegen. Jedenfalls beweisen die bisherigen Experimente von N.vbours noch nicht das Fehlen von Crossing-over überhaupt, wie es bei dem von der Verf. beschriebenen Konjugations- modus der Fall sein müßte. Bei der verwandten Apoteitix stellte Nabours Crossing- over in beiden Geschlechtern fest. Die zytologischen Verhältnisse dieser Gattung sind bisher nicht untersucht. Verf. vermutet, daß hier die Konjugation parasyudetiscli erfolgt. Ein so prinzipiell verschiedenes Verhalten der Chromosomen bei nahe ver- wandten Formen hält indessen Ref. a priori für sehr unwahrscheinlich. Immerhin wäre ein genauer Vergleich der Spermatogenese und Ovogenese der beiden Gattungen und eine Fortsetzung der Vererbungsexperimente sehr erwünscht. Nachtsheim ScHRADER, F. Sex determiiiation in the White -fly {T rialeurodes vapo- ranorum). Journ. of Morph., Vol. XXXK. 1920. p. 266-;30ö, ^Yith 4 phites (36fig.). Trialeurodes vaporariorwm, eine auf verschiedenen Solanaceen lebende Mottenlaus, kommt in zwei Rassen vor. Bei der einen Rasse (Amerika) entstehen die Mäimchen parthenogenetisch, die Weibchen aus befruchteten Eiern. Die andere Rasse (England) pflanzt sich anscheinend rein parthenogenetisch fort und besteht waluscheinlich nur aus Weibchen, doch wäre auch an das Vorkommen von Heterogonie zu denken. Verf. untersuchte die zytologischen Verhältnisse der amerikanischen Rasse, deren Geschlechtsbestimmimg nach dem Hymenopterentypus erfolgt. In die erste Reifungsteilung des Eies — die Ovogenese wmde nicht studiert — treten elf Tetraden ein, die ursprünglich typischen Tetradencluuakter zeigen, im Stadium der Metaphase sich aber derart kondensiert haben, daß jede Tetrade als einheitliches Gebilde erscheint. Die Größenunterschiede zwischen den mehr oder weniger kugel- förmigen Tetraden sind gering, doch ist deren Anordnung in der Äquatorialplatte walu- scheinlich immer eine ganz bestimmte. Normalerweise verharrt die erste Reifungs- spindel bis ziu- Ablage des Eies auf dem Stadium der Metaphase, doch kann bisweilen, falls die Ablage hinausgeschoben wird, das Stadium der Anaphase erreicht werden. Elf Dyaden gelangen an jeden Pol. Der erste Richtimgskörper bleibt unter der Peri- pherie des Eies liegen und schickt sich ebenso wie der Eikern gleich zur zweiten Teilung 296 Keferate. an, hinter dessen Teilung er allerdings etwas zurückbleibt. Die drei Ricbtungskörper sind noch eine Zeitlang unter der Oberfläche des Eies sichtbar und gehen dann zugrunde. Der Eikern wandert nach Ablauf der zweiten Reifungsteilung ins Eiinnere, die elf in ihm verbleibenden Chromosomen lockern sich auf, doch kommt es nicht zu einem voll- ständigen Ruhestadium; die Zahl der Chromosomen ist auch jetzt noch nachweisbar. Ist das Ei unbesamt geblieben, so bildet sich im Zentrum des Eies der Eikern zur ersten Furchungsspindel imi, in die elf längliche Chromosomen eintreten, die haploide Zahl. Diese wird während der ganzen Entwicklung und auch in der Imago beibehalten, wie an den verschiedensten Somazellen ohne Schwierigkeit festgestellt werden kann. In den besamten Eiern läßt sich anfangs der zwischen den Dotterschollen liegende mid sich ebenso wie diese färbende Spermakopf sehr schwer nachweisen. Erst bei Um- wandhmg in den männlichen Vorkern wird er deutlich. Die Kopulation der beiden gleich großen Vorkerne geht im Zentrum des Eies vor sich. Vor der Ausbildung der ersten Furchungsspindel verschmelzen sie zu einem einheitlichen Kern. Die Fm-chungs- spindel weist 22 längliche Chromosomen auf, die diploide Zahl. Die Untersuchung der Spermatogenese ist nicht leicht, da die Zellen sein- klein "sind und die Chromosomen die Tendenz zeigen, sich zusammenzuballen. In den Sperma- togonienmitosen findet sich wieder die haploide Chromosomenzahl. Die einzige Reifungs- teilung ist eine Äquationsteilimg. Die synaptischen Phänomene und Vorgänge, die auf eine Wachstumsperiode der Spermatozyten hinweisen, fehlen vollständig. Auch wird nicht der Ansatz zu einer zweiten (bzw. ersten) Reifungsteilung — wie bei den Hymenopteren — gemacht. Die einzige Spermatozytenteilung gleicht vollständig einer Spermatogonienteihmg, so daß die Frage aufgeworfen werden kann, ob man überhaupt von einer »Reifungsteilung« sprechen soll. Aus allen Spermatiden gehen funktions- fähige Spermatozoen hervor — weibchenbestimmende Samenfäden. Unbegattet gebliebene Weibchen sind — ebenso wie die imbegattet gebliebenen Bienenköniginnen — nur zur Erzeugmig von Älännchen befähigt. Das Geschlechts- verhältnis der Nachkommen eines begatteten Weibchens ist sein- variabel. Wie bei den Hymenopteren so scheint auch bei Trialeurodes vaporariorum die Besamung oder Nicht- besamung der abzusetzenden Eier von den Weibchen willküiiich geregelt werden zu können. Über die zytologischen Verhältnisse der englischen Rasse ist nichts bekannt. Verf. äußert verschiedene Vermutimgen, wie sie sein könnten. Ref. hält einen Ausfall der Reduktion bei der Eireifung und anschließende diploide Parthenogenese für am wahrscheinlichsten. Über die Zellen des Myzetoms werden einige kiu-ze Angaben gemacht Im allgemeinen Teil werden die bisherigen Ergebnisse über haploide und diploide Parthenogenese zusammengestellt. Nachtsheim. FooT, Katherine. Preliminary iiote on tlie spermatogenesis of Pedi- culus vestimenti. Bio]. Bull. , Vol. XXXVII. 1919. p. 371-384, witli 2 plates. Im Verlaufe von Untersuchungen über die Biologie der Kleiderlaus fand Verf. Gelegenheit, auch einige Beobachtungen über die bisher nicht studierte Spermatogenese von Pediculus vestimenti zu machen. Da gerade die Heniipteren so außerordentlich günstige Objekte für Chromosomenstudien sind, erschien die Untersuchung sehr ver- Referate. 207 lockend. Die Chromosomen erwiesen sich aber als sehr klein. Wahrscheinlicli ist zelin die diploide Chromosomenzahl, wenigstens ergaben Zählungen der Spermatogonien- Chromosomen diese Zahl. Es ist möglich, dali in den somatischen Zellen eine Ver- doppelung der Xormalzahl eintritt. Das Männchen besitzt ein ungleiches Geschlechts- chromosomenpaar (X Y). Die erste Reifungsteilung ist für dieses Paar eine Äquations-. die zweite eine Reduktionsteilung. Aus der Entwicklung der Spermatide in das reife Spermatozoon ist bemerkenswert, daß jedes Spermium einen doppelten Schwanzfaden l>esitzt. Nachtshciui. Federley, H. Beiträge zur Kenntnis der Säugetiergametogenese. L Die Spermatogenese von Mus silvaticus L. Acta soc. scient. Fennicae. T. XLVIII. 1919. p. 1-37, mit 1 Taf. und 1 Textfig. Die Metamorphose der Spermatogonien in Spermien erfolgt bei der Waldmaus nicht allmählich und kontinuierlich, sondern stoßweise. So findet man z. B. in einem Tubulus nebeneinander: 1. das Diplotänstadium, 2. unmittelbar daneben Sperma- tozyten zweiter Ordnung, 3. wieder unmittelbar daneben lauter Metaphasen der zweiten Reifungsteilung, 4. runde Spermatiden usw., es fehlen immer vermittelnde Übergänge. Die Sertolischen Zellen sind diu^ch ihre größeren Kerne von den Spermatogonien leicht zu unterscheiden. Die Kerne sind von länglicher Gestalt und besitzen ein schau- miges Karyoplasma, einen großen runden Nukleolus sowie zwei »Chromatinnukleolen« von bestimmter Größe und runder Form. Die Spermatogonienkerne sind länglich oder schwach abgeplattet und erfüllt von chromatischen Brocken, die durch feine Fäden verbunden sind. Die Cliromosomenzahl koimte nicht mit Sicherheit ermittelt werden, beträgt aber jedenfalls über 30. Amitosen, wie sie Regaud für die Spermatogonien der Ratte beschrieben hat, konnte Verf. ebensowenig finden wie Duesberg und van Hoof. Nach der letzten Spermatogonienteilung tritt ein Retikulum im Kern auf, das aber von kurzer Dauer ist. Es macht dem Leptotänstadiimi Platz. Dieses ist so imdeutlich, daß sich nicht entscheiden ließ, ob ein einheitliches Spirem oder Einzelchromosomen vorhanden sind. Eine typische Synizesis fehlt, wenigstens kommt eine einseitige Orien- tierung der pachytänen Fäden gegen das Idiozom nicht regelmäßig vor, ein Verhalten, das anscheinend für alle Säugetiere charakteristisch ist. Starke Zusammenballung des Kerninhaltes ist ein Zeichen schlechter Fixierung. Im amphitänen Stadiiun erfolgt die parasyndetische Vereinigung der Chromosomenpaare. Auch ein typisches F>ukett- stadium ist nicht vorhanden. Die Duplizität der Fäden, die im Pachytänstadium nicht zu erkennen war, ist im Diplotänstadium sehr deutlich. Dmch Auseinanderweichen der beiden Komponenten tritt ein weiter Spalt auf. Da dabei häufig die Enden ver- einigt bleiben, kommen vielfach Ringe zustande. Sehr oft sitzen an den Enden der Chromosomen »Nukleolen«, die Verf. als abgeflossenes Trophochromatin betrachtet. Die weiteren Vorbereitungen zur Reifung laufen sehr rasch ab. Die Chromosomen verkürzen sich und werden dabei dicker, die Chromosomenkomponenten verschmelzen zu einem einheitlichen Körper. Am häufigsten sind Metaphasen. Die Spindel ist sehr unregelmäßig gestaltet, eine exakte Feststellung der Chromosomenzahl fast unmöglich. Anaphase und Telophase bieten etwas klarere Verhältnisse. Die (haploide) Chromosomen- zahl ist etwa 22. Eine sekundäre Verbindung der Chromosomen nach der ersten Reif imgs- teilung, wie sie vielfach bei Säugetieren zu beobachten ist, erfolgt nicht. 298 Referate. Im Leptotänstadium tritt ein intranuMearer Körper auf, der während der ganzen Waclistumsperiode nachweisbar ist. Er ist ein kleines, kompaktes, peripher gelegenes Gebilde von homogener Substanz, das sich mit Eisenhämatoxylin weniger intensiv färbt als die Chromosomen. Im Amphi- und Pachytänstadium nimmt es an Größe zu und legt sich dann als abgeplatteter ovaler Körper der Kernwand an. In der Prophase ist der Körper von den Chromosomen nicht zu unterscheiden. Verf. diskutiert des längeren die Möglichkeit, ob es sich hier um ein X-Chromosom (oder eventuell auch um zv/ei Geschlechtschromosomen) handelt. Für den Heterochromosomencharakter dieses intranuklearen Körpers sprechen 1. seine Farbreaktion, 2. sein Kompaktbleiben während der ganzen Wachstumsperiode, echte Nukleolen verschwinden vor der Synapsis, und 3. wurden Bilder gefunden, die darauf hindeuten, daß die erste Eeifungsteilung eine Heterokinese ist. Trotzdem möchte Verf. die Frage, ob die Waldmaus im männlichen Geschlecht ein Geschlechtschromosom (bzw. zwei) besitzt, zunächst noch offen lassen. Ref. erscheint dieVorsicht, die Verf. hier walten läßt, fast zu groß zu sein. Beobachtungen an Säugetieren, deren Chromosomenverhältnisse günstiger sind (vgl. z. B. die folgende Besprechung) führen doch immer mehr zu der Erkenntnis, daß auch bei Säugetieren Geschlechtschromosomen vorkommen, die sich ähnlich verhalten wie die der Insekten, und daß das männliche Geschlecht das heterogametische ist, womit ja auch die Beob- achtungen über geschlechtsgebundene Vererbung harmonieren. Die Zentriolen sind bei der Waldmaus sehr unscharf und äußerst klein. Das Idiozom wird zuerst im Pachytänstadium gefunden; es ist ein homogener, scharf begrenzter Körper. Im Diplotän-, bisweilen schon im Pachytänstadium erscheint ein »chroma- toider Körper«, der bald kreisrund oder eiförmig, bald um-egelmäßig gestaltet ist, häufig ist er vakuolisiert. Er zeigt Fettreaktion. Aus dem allgemeinen Teil seien noch die Ausführungen des Verf. zum Reduktions- problem hervorgehoben. In seiner Arbeit über die Chromosomenverhältnisse der Py- (/aera-Bastarde hatte er sich als Anhänger der Annahme einer Metasyndese bekannt. Heute rechnet er sich — wie so viele — zu den »Bekehrten«. Für die Waldmaus beschreibt er, wie oben angegeben, eine Parasyndese. Außerdem hat er sich aber auch, wie er schreibt, «davon überzeugen können, daß auch in der Ordnung Lepidoptera die Reduktion die Folge einer Parasyndese ist«. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß dem Verf. die zweite große Arbeit von Regaud (1910) über die Spermatogenese der Ratte entgangen ist. Um so erfreu- licher ist die weitgehende Übereinstimmung in den Ergebnissen der beiden Autoren. Die Abbildungen sind zum Teil so ähnlich, daß man glauben könnte, es handele sich um ganz das gleiche Objekt. Den »intranuklearen Körper« hat Regaud als »Lenhossek- schen Körper« beschrieben. Auch er spricht sich über die Bedeutung des Gebildes nicht mit Bestimmtheit aus, doch scheinen mir auch seine Beobachtungen sehr zu gunsten einer Heterochromosomennatur zu sprechen. Naclitsheim. Archiv für Zellforschuiig. Bd. XVI. Tafel XII. •• ^•. . Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Archiv für Zellforschung. Bd. XVI. Tafel XIII. K 0 1 1 i n e r. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Archiv für ZeUforschung. Bd. XVI. ffefiy ^m Fig. 1. - ) a Fig. 5. ^.;' Fig. 2. 0/'-V «^^ ff Fig. 6. Fig. 9. Loewenthal. Verlag von Wilheli Tafel XIV. r • 1 /* Fig. 8. lV ^ ^ ■sCS Fig. 7. Fig. 8. 'S ■fV9 l\, . . .1 Fig. 8 a. .«.■ .//«?/ A'[' -svV- // "{l# 7f ^ 72 ^ ««4) \ 4^ # Cognelti de Martiis ^'^TIaJ,' \nn W illulMi Kiigelmaiiii in Lc M'zig- Archiv für ZeUforschung. Bd. XV] . Tafel XVI. Cogiictti JeMartiis. Vi-rlag von Wilhi-Iin Engolmaiin in Leipzig. Archir für Zelt f br sei lung. Bd. X 1 7. 33 7V//e/ A VU. Cognetti .ie Marl i I« WrliiL' voi) Willulm Engflmaiiti in XA^vm Inhalt des 2. Heftes. Seite J.Seiler, Geschlechtschromosomen -Untersuchungen an Psychiden. III. Chromosomenkoppelungen bei Solenobia pineti, Z. Eine zyto- logische Basis für die Faktorenaustausch-Hypothese. Mit 7 Fi- guren im Text, Tafel XII und 12 Tabellen 171 Martha Kolliner, Über den Golgischen Netzapparat bei einigen Wirbel- losen. Mit 3 Figuren im Text und Tafel XIII 217 Hans Loewenthal, Die Oogenese von Tubifex tubifex (Müll.). (Zur Kritik der „Kernverschmelzung" Oschmanns.) Mit Tafel XIV . . 231 Emmerich Markovits, Zytologische Veränderungen von Paramaecium nach Bestrahlung mit Mesothorium. Mit 6 Figuren und 4 Kurven im Text 238 Luid Cognetti de Martiis, Contributo alla conoscenza della spermato- genesi dei Rabdocelidi. Tavole XV— XVII 249 Referate: Abderhalden, Emil, Handbuch der Biologischen Arbeits- methoden. (R. G.) 285 Pfeiffer, Chr., Grundbegriffe der photographischen Optik. (Mosler) 285 Schaffer, Josef, Vorlesungen über Histologie und Histogenese nebst Bemerkungen über Histotechnik und das Mikroskop. {Fritz Levy) 286 Goldschmidt, Rich., Die quantitative Grundlage von Vererbung und Artbildung. (J. Seiler) 287 CoNKLiN, E.G., Mitosis and Amitosis. (Nachtsheim) 289 Harvey, E. B., Mitotic division of binucleate cells. (Nachtsheim) . 290 Smith, B. G., The individuality of the germ-nuclei during the cleavage of the egg of Cryptobranchus allegheniensis. (Nachtsheim) . . . 291 KoMAi, T., Spermatogenesis of Squilla oratoria de Haan. (Nachtsheim) 291 Shaffer, E. L., A comparative study of th chromosomes of Lach- nosterna (Coleoptera) 293 Harman, Mary T., Chromosome studies in Tettigidae. II. Chromo- somes of Paratettix BB and CC and their hybrid BC. (Nachtsheim) 294 Schrader, f.. Sex determination in the White-fly (Trialeurodes vapu- rariorum). (Nachtsheim) 295 Foot, Katherine, Preliminary note on the spermatogenesis of Pedi- culus vestimenti. (Nachtsheim) 296 Federley, H., Beiträge zur Kenntnis der Säugetiergametogenese. I. Die Spermatogenese von Mus silvaticus L. (Nachtsheim) .... 297 VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG Register zum Zoologischen Anzeiger Band XXXVI — XL und Bibliographia Zoologica Vol. XVIII— XXII bearbeitet von Prof. Dr. K. W. von Dalla Torre in Innsbruck Umfang: IV und 695 Seiten gr. 8 Preis M. 280.— Nach dem zuschlagpflichtigen Ausland erhebe ich Valutazuschläge. VERLAG VON WILHELM ENGELMANN O LEIPZIG Am 28. Februar 1922 erschien: BIBLIOTHECA ZOOLOGICA IL VERZEICHNIS DER SCHRIFTEN ÜBEH ZOOLOGIE WELCHE IN DEN PERIODISCHEN WERKEN ENTHALTEN UND VOM JAHRE 1861-1880 SELBSTÄNDIG ERSCHIENEN SIND MIT EINSCHI.USS DER ALLGEMEIN - NATURGESCHICHTLICHEN, PERIODISCHEN UND PALAEONTOLOGISCHEN SCHRIFTEN -BEARBEITET VON Dr. O. TASCHENBERG OHD. HONORAR - PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT HALLE ^ FÜNFUNDZWANZIGSTE LIEFERUNG NACHTRÄGE: SIGNATUR 795—804 Preis: M. 92-. Aus den Besprechungen der früheren Lieferungen: . . . etwas zum Lobe des allen zoologisch Arbeitenden unentbehrlichen Werkes zu sagen, erübrigt sich wohl . . . Literarisches Zentralblatt. . . . Lnmer wieder muß betont werden, daß alle auf dem Gebiete der Zoologie arbeitenden Forscher ihm (dem Verfasser) für seine selbstlose und mühevolle Arbeit zu tiefstem Danke verpflichtet sind. Zentralblatt für Zoologie. ». . . In view of the very high present cost of publication it is to be hoped that all the subscribers to this unique and exhaustive work will do their part in füll.« American Journal of Seienee . Dieses Heft enthält Ankündigungen von Wilhelm Engelmann in Leipzig über „Dannemann, „Aus der Werkstatt" 4. Aufl. und „Newcomb-Engelmann, Populäre Astronomie" 6. Aufl. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig ARCHIV FÜR ZELLFORSCHUNG HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. RICHARD GOLDSCHMIDT 2. DIREKTOR DES KAISER -WILHELM -INSTITUTS FÜR BIOLOGIE IN BERLIN -DAHLEM SECHZEHNTER BAND DRITTES HEFT MIT 29 TEXTFIGUREN UND 2 TAFELN AUSGEGEBEN AM U. APRIL J922 LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1922 Preis: M. 172.— Mitteilung an die Herren Mitarbeiter. Sämtliche Beiträge für das Archiv für Zellforschung, deren VeröfFentlichung in deutscher, französischer, englischer und italienischer Sprache erfolgen kann, bittet man an die Adresse des Herrn Professor Dr. R. Goldschmidt^ Berlin-Dahlem, Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie, zu senden. Die Herren Mitarbeiter erhalten an Honorar M. 40. — für den Druckbogen und 40 Sonderdrucke. Überschreitet eine Arbeit den Umfang von 4 Bogen, so wird für den Mehrumfang ein Honorar nicht gewährt. Dissertationen sind von der Honorierung ausgeschlossen. Die Manuskripte sind nur einseitig beschrieben und druckfertig ein- zuliefern, d. h. so, daß das Lesen der Korrektur in der Ausmerzung von Satzfehlern besteht, nicht in einer stilistischen oder sachlichen Umarbeitung. Jedes Einschieben von Worten und ähnliche Änderungen sind mit entsprechenden Kosten verknüpft und diese müssen, wenn dadurch die normalen Korrekturkosten wesentlich erhöht werden, den betr. Herren Autoren zur Last gelegt werden. Die Zeichnungen für Tafeln -und Textabbildungen (diese mit genauer An- gabe, wohin sie im Text gehören) werden auf besonderen Blättern erbeten, auch wolle man beachten, daß für eine getreue und saubere Wiedergabe gute Vorlagen unerläßlich sind. Anweisungen für zweckmäßige Herstellung der Zeichnungen mit Proben der verschiedenen Reproduktionsverfahren stellt die Verlagsbuchhandlung den Herren Mitarbeitern auf Wunsch zur Verfügung. Bei photographisch aufgenommenen Abbildungen wird gebeten, die Negative bei Absendung des Manuskripts unmittelbar an die Verlagsbuchhandlung zu schicken. Die VeröfFentlichung der Arbeiten geschieht in der Reihenfolge, in der sie druckfertig in die Hände der Redaktion gelangen, falls nicht besondere Umstände ein späteres Erscheinen notwendig machen. Redaktion und Verlagsbuchhandlung. Inhalt des 3. Heftes. Seite J. Gelei, Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. IIL Die Konjugationsfrage der Chromosomen in der Literatur und meine Befunde. Mit 1 Textfigur 299 Th, Rappeport, Über die somatische Mitose des Menschen. Mit 2 Text- figuren und Tafel XVHI • 371 Paul Schulze, Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. Mit 26 Textfiguren und Tafel XIX 383 Referate: Wodsedalek, J. E., Studies on the cells of cattle with special reference to spermatogenesis, oogonia, and sex-determination. Biol. Bull., Vol. XXXVIII. 1920. p. 290—317, with 5 plates ... 439 Hertwig, Paula, Abweichende Form der Parthenogenese bei einer Mutation von Rhabditis pellio. Eine experimentell cytologische Untersuchung. Arch. f. mikr. Anat. Festschr. f. O. Hertwig. 1920. p. 1-35. Mit 1 Tafel 440 WiNGE, Ö., On the relation between number of chromosomes and number of types, in Lathyrus especially. Journ. of Genetics. Vol. VIIL 1919. p. 133—138, with 1 plate 441 UfTANlCAt Weitere Studien über die Oogenese des Dendro- coelum lacteum. III. Die Konjugatiousfrage der Chromosomen in der Literatur und meine Befunde. Von Privatdozent J. Grelei. !Au8 dem Zoologischen Institute der Universität Kolozsvär und Würzburg). Mit 1 Textfigur. Inhaltsverzeichnis, Seite Einfülu-ung 300 I. Die Nomenklatur der Cliromosomenkonjugation 300 IL Befunde wälirend der letzten oogonialen Teilung 302 III. Besprechung der Präsyndesis 302 a. Bemerkungen zum Kernruhestadium der jungen Oocyten 302 b. Über die Einleitungsphase der Konjugatio'a (Knäuelstadium, Orien- tierung, leptotänes Bukett) 304 IV. Die Konjugation der Chromosomen 309 a. Geschichtliches 309 b. Meine Resultate im Vergleich mit den Angaben der Literatur . . . 316 c. Ausnahmen von der Konjugation 323 d. Der Zweck der Konjugation 323 e. Zusammenfassung 326 V. Einwände gegen die Längskonjugation 326 VI. Sind die Oo- und Spermatozyten den Zellen der vorherigen Vermehrungs- periode und denen des Somas gleich zu setzen? 333 VII. Theoretisches über die Konjugation der Chromosomen 338 a. Unterscheiden sich die Chromosomen nach dem Geschlecht? .... 338 b. Versuche zur kausalen Begründung der Konjugation 339 ba. Wassermanns Erklärung durch die erhöhte Chromatinmenge bb. Mein phylogenetischer Erklärungsversuch bc. Lundegards Theorie über die dualistische Verteilung des Chromatins oder »Karyotins« c. Die Symmetrie der Chromosomen 366 d. Die Art und Weise der Reifeteilungen 366 VIII. Die Bedeutung des Schleifenbukettstadiums 369 IX. Zusammenfassung 363 Literaturverzeichnis 366 ArchiT f. Zellforschnng. XVI. 20 300 J- Gelei, Einführung. Die vorangeliende Studie 11 enthält überwiegend Berichte über die eigenen Beobachtungen an Dendrocoelum. Die dort dargelegten Ergeb- nisse berühren aber verschiedene Zweige der Zytologie; daher habe ich mich entschlossen, diese Frage in Verbindung mit den allgemeinen Ge- sichtspunkten und literarischen Besprechungen des Konjugationsproblems in einer selbständigen Studie zu behandeln. Ich werde dabei nicht auf eine vollständige Berücksichtigung der einschlägigen Literatur abzielen, sondern nur die wichtigsten Theorien der verschiedenen Autoren an Hand meiner Resultate einer Kritik unterziehen. Eingehender werde ich nur die Literatur der Chromosomenkonjugation berücksichtigen, um in meiner früheren Arbeit (1913) Versäumtes nachzuholen. I. Die Nomenklatur der Chromosomenkonjugation. Zu gleicher Zeit haben im Jalu-e 1907 A. und K. E. Schreiner und Hacker eine Nomenklatur für die Entwicklungsperiode der Geschlechts- zellen eingeführt. Schreiners teilen die Reifungsperiode (Ovozyten I. und n. Ordnung) oder Maiosis (nach Farivier und Moore) in die Kon- jugationsperiode (Ä), die Wachstumsperiode (B), die Periode der Rei- fungsteilungen (C) und die Umbildung (D) ein. Die HÄCKERSche Termino- logie ist insofern vollständiger als sie bei der Einteilung der Prozesse von den Umwandlungen des Chromatins als einheithcher Grundlage ausgeht und weil sie auch detaillierter ist. Hacker unterscheidet eine Präsyn- apsis und eine Synapsis, mit Syndesis und darauffolgender Dia- kinesis. Die Diakinesis fällt mit der Wachstumsperiode Schreiners, die neuerdings eigentlich als zweite Wachstumsperiode bezeichnet wird, zusammen. Die Konjugationsperiode von Schreiners umfaßt die Präsyn- apsis und Syndesis nach Hacker. Bezüglich der näheren Bestimmung der Begriffe sei auf Hackers Originalarbeit (1907 S. 71—74) hmgewiesen. Obwohl die Einführung von neuen Namen an Stelle von gewohnten alten oft Verwirrung hervorrufen kann, versuchte ich trotzdem schon in der Studie II eine einfache einlieitUche Nomenklatur für die Bezeichnung der Veränderungen und charakteristischen Zustände in den Oo- und Spermatozyten vorzuschlagen: Da die Haupterscheinung während diesen Umwandlungen die Chromosomenpaarung oder die numerische Schein- reduktion der Chromosomen ist, wofür Hacker 1904 den Namen Syn- desis eingeführt hat, möchte ich die Bezeichnungen der einzelnen Phasen der Oo- und Spermatozytenentwicklung aus diesem Wort bilden. So möchte ich eine Präsyndesis und Syndesis unterscheiden und die Weitere Studien über die Oogenese des Dcndiocoelum lactcuni. 111. 301 Syndcsis wieder in zwei Perioden teilen: eine Eusyndesis (Ablauf der Konjugation und darauf folgender Diplonemazustand) und eine Chala- sthosyndcsis (gleichwertig der Biakinesis). — Die Präsyndesis käme an die Stelle von Präsynapsis. Die Gründe dafür, warum ich die Bezeich- nung Präsynapsis nicht ganz zutreffend finde, sind folgende. Vor allem wissen wir bei Tieren, wo keine Synapsis beobachtet worden ist, nicht, wohin das Ende eines präsynaptischen Zustandes zu setzen ist. Man müßte außerdem nach Hacker (1907, S. 72) unter Präsynapsis »das auf die letzte Teilung der Urkeimzellen unmittelbar folgende Ruhe- oder Kerngerüststadium« verstehen. In manchen Fällen ist aber auch über die synaptische Kontraktion des Kerngerüstes berichtet worden. Damit stün- den wir vor der Schwierigkeit, die Synapsis als einen Teil der Präsynapsis bezeichnen zu müssen. Weiterhin ist der Begriff der Synapsis eine un- bestimmte und noch dazu zweideutige Bezeichnung; zeitlich unbestimmt, weil — sofern man eine ZusanmicnbaUung des Chromatins darunter ver- steht — , dies sowohl im Kerngerüst wie im leptotänen und diplotänen Zustande auftreten kann; sachlich unbestimmt, weil man nicht auf alle Fälle entscheiden kann, ob der vermeinte Zustand wirkhch anwesend, oder nur infolge ungeeigneter Behandlung aufgetreten ist. Zweideutig ist der Name, weil er zuerst nur eine Syndesis, also die Konjugation selbst, bedeutete, sich später aber in den allgemeinen Sprachgebrauch als kurzer Ausdruck für die einseitige Zusammenballung des Chromatins einbürgerte. Ich will die Synapsis aus der Literatur nicht streichen, wie manche das tun wollen, sondern ich will sie als einen physiologischen bzw. als einen mikrotechnischen Begriff für die einseitige ZusammenbaUung des Chroma- tins (also gleich mit Synicesis McClung) beibehalten. — Die Präsyndesis wäre also die erste Phase der Oozytenent^\icklung, einschließhch der Kernrekonstruktion, die eventuell vorkommende Sjmapsis und das Lep- tonemastadium bis zum Auftreten der ersten Konjugantenpaare im Schleifenbukett. — Mit Syndesis möchte ich nicht nur den Akt der Konjugation, sondern die ganze Phase, während der die Chromosomen in reduziertem Zustande vorkommen, also das ganze diplotäne und schistotäne (strepsitäne) Sta- dium der Cliromosomen bis zur Metakinese der Reduktionsteilung be- zeichnen. Es gehört also, wo die zweite Reifeteilung als Reduktions- teilung angegeben ist, auch die erste in diese Phase. Die Bezeichnung Syndesis ist darum berechtigt, weil während dieser ganzen langen Periode die Chromosomen sich immer in sjudetischem Zustand befinden. In der ersten Hälfte dieser Phase ist aber das Verhältnis der Komponente der Paare viel enger und bedeutungsvoller, als in der zweiten. Daher unter- • 20* 302 J. Gelei, scheide ich diese als Eusyndesis, das ist das diplotäne Stadium bis zur Desorientierung des Schleifenbuketts und zur Spaltung der Chromosomen. In der letzten Phase, in der Diakinese nach Hacker oder dem Schisto- nemastadium (Strepsinemastadium) der Chromosomen, stehen die Paare lose, aufgelockert, die Hälften nur an einigen Stellen verbunden neben- einander, daher schlage ich dafür den Namen Chalasthosyndesis {xccXaa^at, sich lockern, xalao{.ia, ein gelassener Zwischemaum) vor. Wie ich in der Studie II ausgeführt habe, besagt das Bukett oder Bukettstadium für den orientierten Zustand der Chromosomen wenig, daher schlage ich dafür Schleifenbukett, Schleifenstrauch oder Kokarde- stadium vor. Die für die Fadenchromosomen und Chromosomenpaare eingeführten Bezeichnungen sind alle, zutreffend, wie Leptonema oder Leptotän-, Diplonema oder Diplotän-, Pachynema oder Pachytän-, Zygonema oder Zygotänfäden. Nur mit den Namen Strepsinema oder Strepsitänfäden bin ich nicht ganz einverstanden. Bei Dendrocoelum sahen wir nämlich aufs deutlichste, daß hier die Achter- oder Schopffiguren nicht durch eventuelle mehrmalige Drehung der angeblich ringförmigen Paare, sondern durch eine mehrmals unterbrochene Spaltung entstanden sind. Daher möchte ich diese Figuren als schistonematisch, das Stadium als Schi- stonemastadium, die Fäden als schistotän bezeichnen. II. Befunde während der letzten oogonialen Teilung. Die Studien der oogonialen Mitosen haben folgendes ergeben: 1. In der Prophase treten im Knäuel viel kürzere Chromosomen auf, wie in entsprechenden früheren Prophasestadieu der Oozyten (Leptotänstadium), 2. unter den verschieden langen Oogonienclu'omosomen läßt sich eine doppelte Chromosomengarnitur mit jeweilen paarigen gleichlangen Chro- mosomen feststellen, wie es bei andren Objekten seit den Untersuchungen von MoNTGOMERY (1901) uud SuTTON (1902) hinreichend bekannt ge worden ist. III. Besprechung der Präsyndesis. a. Bemerkungen zum Kernruhestadinm der jungen Oozyten. In meiner früheren Arbeit (1913, S. 69—72) habe ich aus Mangel an Beobachtungen irrtümlich angenommen, daß in den jungen Dendrocoelum- Oozyten kein Ruhekern auftritt. Meine eingehenden Untersuchungen haben nun das Gegenteil bewiesen. Und man kann auch wohl im all- gemeinen annehmen, daß, nachdem auch das Chromatin der Oozyten vor der Prophase eines Wachstums auf das Doppelte bedarf, hier auch eine Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lactcuni. 111. 303 Riilickeriipcriodo, die die Möglichkeit eines Wachstimis bedingt, eintreten nniß. Die in der Studie II beschriebenen Vorgänge, die uns die Chi'omosomen bei der Oozytenkernrekonstruktion zeigten, das Fadenwerk, das sie durch Fortsatzbildung zustande brachten, erinnern uns lebhaft an die Verhält- nisse, die C. Eabl (1885) in der Salamanderhaut und Bo\'t:ri bei der weib- lichen Vorkernbildung in Ascaris (1888, S. 29—38) gefunden haben. Bekanntlich veranlaßten letzteren die hier beobachteten Erscheinungen die Clu'omosomen mit Rhizopodien zu vergleichen, weil das Kerngerüst aus den Chromosomen dadurch hervorgeht, daß diese vollständig in Fort- sätze aufgehen und dadurch auch in Nachbargebiete einzweigen bzw. durch Anastomosen sich verfilzen, wodurch sowohl die Grenzen der ein- zelnen Chromosomengebiete als auch der mittlere Teil der Chromosomen verschwinden. Meine Befunde ergeben die vollständige Berechtigung dieses Vergleichs. Wenn wir doch Unterschiede finden, so sind diese sehr geringfügig. So hat z. B. BovERi unter den jungen Chromosomen sehr frühzeitig aufgetretene Anastomosen beobachtet. Auch die Seitenzweige derselben Chromosomen sah er in sekundäre Verbindung treten. Durch diese Brücke zwischen Nachbarchroniosomen und Nachbarzweigen tritt dann im Kern ein kontinuierliches Netz- oder Gerüstwerk auf. Hier bemerkt BovERi über das Chromosom: «Nicht Strukturveränderungen also (we- nigstens keine sichtbaren) erleidet dieses bei seinem Übergange in das Gerüst, sondern nur Formveränderungen . . . . « (S. 34). Ich konnte weder die Anastomosen zwischen den Chi'omosomen, noch die sclamdären Ver- bindungen unter den artgleichen Chromosomenfortsätzen sicher feststellen. Dies hängt aber mit der Feinheit der Gebilde l)ei meinem Objekt zusammen, und daher Avill ich aus dem negativen Befund das Vorhandensein der sekundären Verbindungen nicht ausschließen. Wie die Fig. 12 (Studie II, Taf. I) zeigte, stehen die Chromosomen anfänglich selbständig einander gegenüber. Die schon etwas entwickelten Seitenfortsätze sind aber so dünn, sie stehen so dicht nebeneinander, daß man sie nicht scharf unter- scheiden kann. In dem gleichmäßig verteilten Zustande des Cliromatins sind diese Fäden wieder so dünn, daß man deswegen genaueres über ihr gegenseitiges Verhalten nicht aussagen kann. Berechtigt bin ich also nur so viel zu sagen, daß das Chromatin auf den Höhepunkt seiner Ver- teilung ein durcheinander geflochtenes Fadenwerk bildet, welches weder eine Gerüst- noch eine Netzstniktur ausschließt. — Boveri konnte in dem Gerüst der Vorkerne keine weitere Struktur des Chromatins auf- finden, unsre fadenartigen Gebilde sehen aber gekörnelt aus. Boveri 304 J. Gelei, hat weiterhin (S. 50—51) beobachtet, daß nach dem Ruhezustand beim Entstehen der neuen Chromosomen im Kerngerüst sich zuerst einzelne dicke Stränge herausdifferenzieren, die später beim Zusammenziehen des Gerüstes zu Verdichtungszentren des Cliromatins werden. Derartige, von Anfang an unterscheidbare zentrale Stränge treten in den Dendro- coelum-Oocyten für die Chromosomen nicht auf. Hier ziehen sich die Chromatinfortsätze aUmähUch und gleichmäßig ein, so daß man ziemlich spät die den späteren Chromosomen entsprechenden mittleren Stränge unterscheiden kann. — Über eine der BovERischen Beschreibung voll- ständig entsprechende Struktur der Ruhekerne und über die entsprechende Ausbildung der Chromosomen in Vermehrungszellen haben Schreiners bei Myxine (1908 h, S. 452, 453) berichtet. Sehr wichtig sind die Befunde Schreiners bezüglich der Ruhekerne der Spermatozyten, die sie bei Tomopteris und daran anknüpfend bei Sahmandra gemacht haben. Sie haben nämlich besonders am ersten Objekt (1908, S. 13, 1908 h, S. 23-24) klar gezeigt und mit vielen Bildern (1906 a, PI. I, Fig. 13-18, 1908 h, PI. I Fig. 1-5) illustriert, daß in den jungen Spermatozyten die Chromosomen nicht vollständig aufgelockert werden, sondern der Prozeß nur so weit geht, bis vorspringende Nach- barteile der nebeneinander liegenden Chromosomen sich eben berühren. Sie konnten annähernd auch immer feststellen, daß auch während der Kernruhe ungefähr 18, also die Normalzahl von Chromosomenbügeln bestehen bleiben. Weil die Chromosomen bei Tomopteris in den späteren Stadien außerordentlich klar zu verfolgen sind, konnten sie eine voll- ständige Kontinuität derselben zwischen je zwei Teilungen feststellen. Dieser Befund ist ein sehr wertvoller Beweis einmal für die Individuali- tät der Chromosomen, anderseits gegen die bereits in den neunziger Jahren gemachte und noch immer behauptete Äußerung 0. Hertwigs, wonach die Chromosomen nur vorübergehende, durch äußere Kräfte für die kurze Zeit der Kinese hervorgebrachte Bildungen wären. Bei Spinax (1906, S. 439) haben Schreiners in den Spermatozyten echte Ruhekerne gefunden, denen die Zustände in den Dendrocoelum- Oo- und Spermatozyten entsprechen. b. Über die Einleitungsphase der Konjugation. (Knäuelstadium, Orientierung, leptotänes Schleifenbukett. Aus meinen Beobachtungen und aus den Angaben der Literatur können wir ableiten, daß man eine Vorbereitung der Chromosomen zur Konjugation aus folgenden drei Erscheinungen folgern muß: 1. Ausbildung Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. III. 305 langer fadenartigor Clironiosomen, 2, Vereinigung aller Chromosomen- enden auf ein engeres Feld (Orientierung der Chromosomen), 3. Heran- reifen der Cliromosomen zu der Konjugation, d. h. ausgeprägte Differen- zierung einer charakteristischen regchnäßigen Körnchenstruktur. Man kommt zur Erkenntnis dieser für die Einleitung der Konjugation spezifischen Merkmale in erster Hinsicht dadurch, daß sie alle Erschei- nungen und Umgestaltungen im Zellcnleben sind, die nirgend anderswo in sich teilenden Zellen vorkommen. Es lassen sich also Oo- und Spermato- zyten schon dadurch scharf allen andern Zellen gegenüber stellen. Daß die zeitliche Aufeinanderfolge der Vorbereitungserscheinungen und der Konjugation selbst als eine kausale Beziehung gelten muß, ist damit allerdings noch nicht bewiesen. Die Annahme eines solchen kausalen Zusammenhanges ist aber auch in physiologischen Momenten begründet. Denn wu* wissen, daß erst die beträchtliche Verlängerung der Chromosomen eine leichte und innige Berührung zwischen sämtlichen Komponenten beider homologen Chromosomengarnituren ermöglicht. Wir wissen nun aus der Studie II auch, daß der orientierte Zustand den Chromosomen eine erhöhte Bewegungsmöglichkeit bietet, und vor allem eine enge Nachbar- schaft der Fädenenden untereinander möglich macht. Wir haben dort auch weiter erfahren, daß erst die regebiiäßige Anordnung der Chromiolen eine Konjugation homologer Chromosomenteile und damit gleicher Erb- anlagen ermöglicht. All dies sind Erscheinungen, die nur im Sinne einer Vorbereitung zur Konjugation gedeutet werden können. Zur Klärung dieser Fragen können wir Dendrocoelum als ein überaus günstiges Material bezeichnen, das sogar dem von Schreiners mit Recht gelobten Tomopteris weit überlegen ist. Bei Tomopteris treten nämlich vor der Konjugation keine wohlbegi-enzten glatten Fäden, sondern, wie aus der Beschreibung und den Abbildungen der Autoren (1908 a, PI. I Fig. 18-20; 1908 &, PI. I Fig. 9-12) zu ersehen ist, .stark mit Fort- sätzen besetzte und mit den andern durch SchUngen reichlich verbundene Bügel. — Die Fäden beginnen hier, wie Fick (1907, S. 64) bemerkt «in statu nascendi aus dem Kerngerüst« die Konjugation. Darum hat auch Fick den Autoren K. und E. Schreiner vorgeworfen, daß sie in diesem Stadium einerseits dieCliromosomenzahU) nicht richtig angegeben haben, ^) Fick behauptet, es liege hier eine normale Spaltung der Chromosomen vor; dann müßte aber die doppelt diploide Zahl der Chromosomen, also 36 vorhanden sein. Dem treten aber Schreiners einerseits durch die Feststellung der Chromosomenzahl »mit annähernder Genauigkeit« auf 18, anderseits aber mit dem Hinweis darauf ent- gegen, daß aiLS 36 Chromosomen nach einer Konjugation 18 Chromosomenpaarc ent- stehen können, sie aber immer 9 getroffen haben. 306 J- Gelei, anderseits nicht nachgewiesen haben, daß diese zarten konjugierenden Fäden Ganzchromosomen in der Normalzahl darstellen. Auch Meves (1907, S. 461) hat bezweifelt, daß diese mit Fortsätzen dicht beschlungenen, noch gerüstbildenden Fäden überhaupt konjugieren können. In dieser Beziehung liegt bei Dendrocoelum alles klar. Die Gründe dafür möchte ich in folgenden Punkten zusammenfassen. 1. In den Dendrocoelum-Oozyten treten die Fäden schon längst vor der Orientierung wohlbegrenzt, ohne Seitenfortsätze, so wie bei Zoogonus (Schreiners 1908 a, S. 14), auf. 2. Ihre Zahl wäre, wenn auch mit Mühe, schon vor der Orientierung feststellbar, weil aber die Zählung in dem leptotänen Bukett leichter auszuführen ist und dabei zum gleichen Zahlenwert führt, kann sie hier vernachlässigt werden. Immerhin habe ich doch soviel festgestellt, daß die Anzahl der Schleifen über die haploide Zahl hinausgeht. 3. Ein orientierter Zustand der Schleifen ist nicht von Anfang an vorhanden und anfänglich ist noch keine Parallelität unter den Fäden zu beobachten. Damit wird der FiCKSche Einwand für mich gegenstandslos: Die lepto- tänen Fäden können Chromosomenhälften nach einer frühzeitigen Spal- tung nicht sein. 4. Ich konnte an diesen Univalenten Fadenchi'omosomen nirgends, nach keinem Fixierungs- und Färbungsverfahren eine Spaltung beobachten mid habe solche auch früher in der Telo- und Anaphase der vorhergehenden Teilung nicht gefunden. Die dualistische Tendenz ist in den Dendrocoelum-Chromosomen sehr unterdrückt, und uns fehlt daher jeder Grund, die Fadenchromosomen des Knäuels und leptotänen Buketts aus Chromosomenspaltungen herzuleiten. Wir wollen im folgenden die oben in drei Punkten zusammengefaßten Erscheinungen der Konjugationsvorbereitung näher betrachten. Die Frage, warum in den Oozyten sich vier- bis fünfmal so lange Chromosomen als in oogonialen Mitosen entwickeln, können wir nicht beantworten. Uns ist nur der Zweck klar und verständlich. Dagegen kann die Orientierung der Chromosomen in folgendem klar- gelegt werden. Bei der Lösung dieser Frage dreht sich alles um das leptotäne Schleifenbukett und dessen Verhältnis zum Knäuel. Dieses Stadium hat zuerst Jansens (»bouquet leptotäne«) bei Batrachoseps (1905) beobachtet, allerdings ohne über die große theoretische Bedeutung dieses Zustandes für die Geschlechtszellen sich zu äußern. Schreiners haben bei Myxine (1905, S. 226, 1906 h, S. 454), bei Tomopteris (1906 a, S. 13) bei Salamandra (1906 J, S. 424-425), bei Spinax (1906 &, S. 434) und bei Enteroxenos (1907 c, S. 5) ein von vornherein fertiges Schleifen- bukett gefunden. In diesen Fällen kann der Schleifenstrauch, da er von Anfang an gegeben ist, als eine gewöhnhche RABLSche Orientierung der Weitere Studien über die Ooogenese des Dcndrocoelum lacteum. III. 307 Chromosomen aufgefaßt werden, und dann besäße er keine hohe Be- deutung. Die RABLSche Orientierung ist bekanntlich nichts weiter als die Beibehaltung jener Lage der Chromosomen, während der Kernruhc, die sie in der Telophasc der vorherigen Teilung angenommen haben (Rabl 1885). Ausgehend von den Angaben der oben genannten Autoren und von den Feststellungen Rabls benützt auch Wassermann die Bukett- stellung der Fäden als allgemeinen Einwand gegen die Längskonjugation, mit der Begründung (?), daß dieser Zustand der Chromosomen nicht allein den Geschlechtszellen eigentümlich ist. Meine Befunde zeigen dagegen ganz klar, daß der Bukettzustand keine Wiederholung der RABLSchen Orientierung sein kann, denn er wird erst während der Einleitungsphase zur Konjugation gebildet; ihm geht ein ungeordneter Zustand voraus; er kann also nicht als RABLSche Orientierung von der vorhergehenden Mitose hergeleitet werden. Vielmehr muß er auf einem Vorgang mit selbständiger Bedeutung beruhen. Er ist, wie wh' gesehen haben, eine Erscheinung, die mit merkwiü'digen Bewegungen der Fäden verbunden ist, eine Erscheinung, von der manche Autoren (z. B. v. Kemnitz) mit Recht behaupten, daß sie das speziellste Charakteristikum der Geschlechts- mutterzellen ist. Die Bewegungen der Fadenclu-omosomen auf eine ge- gebene Stelle zeigt auch das weitere, daß hier besondere Kräfte tätig sind, die in Zellen von andrer Art nie zum Vorschein kommen. In meiner früheren Ai-beit (1913) habe ich selbst angenommen, daß die Chromosomen des Schleifenbuketts in ihrer alten unveränderten Lage auftreten. Die neuen Beobachtungen haben mich von dem Gegenteil überzeugt. Vielleicht werden wir auch von den obigen Angaben andrer Autoren nach erneuerten Untersuchungen entsprechendes erfahren. Nachdem uns nun die Tatsache vorliegt, daß die Orientierung der Chromosomen in den Oo- und Spermatozyten nicht eine Wiederholung von bei jeder Teilung offenbar werdenden Erscheinungen ist, sondern ein neuer besonderer Zustand, müssen wn uns nach Ivi'äften umsehen, die sie hervornifen. Weil die Fadenenden immer gegen das Zytozentrum gerichtet sind, hat man schon längst angenommen, daß diese richtende Kraft durch das Centriol oder Centrosom ausgeübt wird. In dieser Hin- sicht müssen w vor allem der Beobachtung Schreiners Erwähnung tun, die sie 1906 (a) an Tomopteris gemacht haben. Sie haben dort nachge- wiesen (S. 14, Fig. 25, 26), daß die Zentren in den jungen Spermatozyten von der Scheitelseite der bügeiförmigen Chromosomen aus einen Weg von 180*^ zurücklegen, um zu den Bügclendcn zu gelangen. Nun wäre man geneigt, aus diesem Verhalten einen der oben erwähnten Auffassung widersprechenden Schluß zu ziehen, wonach nicht das Zentralorgan die 308 J. Gelei, orientierte Lage der Fäden schafft, sondern umgekehrt es nur einen ihm vorgeschriebenen Platz bei den Fädenenden passiv oder aktiv einnimmt. Eine Wanderung der Zentren um 180° in den jungen Oozyten habe ich selbst in Dendrocoelum unwiderleglich festgestellt, worüber ich in einem nächsten Aufsatz kurz berichten werde, und trotzdem beweisen meine Figuren, daß die Orientierung doch durch die Zentren ausgeübt wü-d. Meine Beobachtungen sind nämhch deshalb beweisend, weil wir gesehen haben, daß zur Zeit, wo die Zentren auf ihren Platz ankommen, noch ein ungeordneter Knäuel im Kern sich vorfindet. Aber nicht nur dieser, sondern auch ein andrer Umstand spricht dafür, daß wir für die Ausführung des Orientierungsprozesses a priori besondere Kräfte anzunehmen berechtigt sind. Es ist eine allgemeine Erfahrung der Kernlehre, daß das Chromatin, solange es sich in einem begrenzten Kernraum befindet — auch noch im Knäuelstadium — , sich in diesem gleichmäßig zu verteilen strebt. Wenn wir aber die Bukett- figuren betrachten, so sehen wir gleich, daß in diesen, auch noch bei der schönsten Ordnung, die überwiegende Chr(5matinmasse sich in der Pol- hälfte des Kernes befindet, wogegen die Gegenpolseite distal immer und und immer chromatinärmer wird. Wir können daraus zwanglos schließen, daß diese neue, den allgemeinen Erfahrungen widersprechende Anord- nung nur durch besondere Kräfte ausgeübt werden kann. Der Ablauf der Orientierung zeigt uns klar, daß an dem Orientierungs- prozesse nicht nur das Zytozentrum, sondern auch eine andre diffuse Kraft teilnimmt. Wir haben nämhch in der Studie 11 gesehen, daß die Schleifenenden, bevor sie an der Polgegend versammelt sind, sich in der Nähe der Kernmembran befinden und meistens an sie angeheftet sind. Ich erkläre das so, daß zuerst von dem Protoplasma eine allgemeine chemotaktische Wirkung auf die Chromosomen ausgeübt wird. Ihi- gegen- über zeigen nur die Chromosomenenden Empfindhchkeit und gelangen infolge dieser Wirkimg an die Innenseite der Kernmembran. Erst dann kann vielleicht das Centriol seine währscheinHch physikahsche Anziehungs- kraft ausüben, wodurch die Chromosomen in die Polgegend gelangen. Die Streckung und damit die eigenthche Orientierung der Chi'omo- somen geschieht ledighch unter der vermutungsweise physikahschen Wir- kung des Zentrums. Ob nicht auch eine Turgorwirkung der Fäden bei der Streckung mitspielt, läßt sich nicht entscheiden. Unabhängig von den Zentren dürfte auch dieser nicht sein, weil die Streckung von der Polgegend ausgehend in die Erscheinung tritt. In der Literatur liegen Angaben weder über die oben diskutierte Frage der Orientierung, noch über die im dritten Punkt der Vorbereitungs- Weitere Studien über die OooKense des Dcndrocoelum lacteum. III. 309 •"o nievkiiialo der Konjugation erwähnten »Geschlechtsreife« der Faden- chromosomen vor. Zur Erkenntnis der Tatsache, daß die erst eben orien- tierten Chromosomen noch nicht konjugationsreif sind, wurde ich erstens dadurch hingeführt, daß ich die leptotäne Schküfenbukettfigur in gün- stiger Entwickhmgszeit der Tiere sehr häufig gefunden habe. Dies deutet darauf hin, daß das Stadium lange andauert, walirscheinlich mehrere Tage in Anspruch nimmt, und so die eigentlich zur Konjugation l)estimm- ten Chromosomen lange Zeit unbeteiligt nebeneinander liegen. Es scheint weiter bemerkenswert, daß auch die Kerngröße während dieser Zeit zu- nimmt. Viel wichtiger ist aber für uns die Tatsache, daß das »Reifen 'c der Fadenchi'omosomen selbst in einer fortschreitenden Ausdifferentierung einer regehnäßigen Körnchenstruktur zu beobachten ist. In der ersten Phase der Orientierung sind die Fäden dicker und stärker färbbar, außer- dem mit verschwommener Körnelung versehen. Bis zur Konjugation werden sie dünner, weniger färbbar (durch Giemsas Lösung), dagegen gekennzeichnet durch gleichmäßig verteilte, an den Fäden auch durch Knotenpunkte bezeichnete, stark färbbare Körnchen. Das Reifen der Fäden besteht also in der eine gewisse Zeit beanspruchenden Herausdifferentierung der Chromiolen. Es sind noch weitere, sehr wichtige Resultate zu verzeichnen, die uns das eingehende Studium dieser Vorbereitungsphasen liefert, vor allem die Zahl der Chromosomen. Mit Hilfe des Zeichenapparates kann man (bei zureichender Zeit) beliebig oft feststellen, daß die Chromosomen ohne jede Spur einer Spaltung in der Normalzahl (14) vorhanden sind. Die größte Wichtigkeit muß ich aber der auch mit weiteren Tatsachen gestützten Feststellung beilegen, daß ich innerhalb der Fehlergrenzen die verschiedene Länge der Chromosomen und die Homologie (d. h. gleiche Länge) je zweier Fäden feststellen konnte. Es wäre wohl am Platze, auch über die Bedeutung des Schleifen- buketts zu sprechen. Unser Einljlick in die betreffenden Vorgänge wird aber erst durch die Besprechung der Konjugationsfrage vertieft. Daher verschiebe ich die Betrachtung dieser Frage, bis wir die Konjugations- erscheinungen selbst erörtert haben. *o^ IV. Die Konjugation der Chromosomen. a. Geschichtliches. Wer die Crcschichte der Chromosomenkonjugationsfrage schreiben will, der wird seine Aufgabe nicht von der Geschichte des Reduktions- problems der Chromosomen in den reifen Geschlechtszellen trennen können. 310 J- Gelei, Dies letztere war nämlich auf diesem Gebiete in den Achtziger und Neun- ziger Jahren das Hauptproblem, die später entdeckte Konjugation war anfänglich nebensächlich und von untergeordneter Bedeutung. Zu jener Zeit lagen auch keine theoretischen Gesichtspunkte vor, die einerseits eine Konjugation der Chromosomen postuHert, anderseits in den Kon- jugationsphänomenen ilire Erklärung gefunden hätten. Vor aUem waren die auf zytologische Forschungen später sehr anregend wirkenden ver- erbungsgeschichtlichen Theorien damals noch nicht einmal in ihrem Keim vorhanden. Ich erinnere nur daran, daß Weismann 1887 ohne weiteres annehmen konnte, die Hälfte der Chromosomen bei den Reifungs- teilungen werde einfach entfernt, und das Boveri (1890) unter den Mög- lichkeiten der Zahlenreduktion auch mit einer Atrophie der Chromosomen rechnen durfte. So hat sich mit der Chromosomenkonjugation das merk- würdige ereignet, daß man den ganzen Prozeß von der Endphase Schritt für Schi-itt zurückschi-eitend entdeckt hat. Man suchte, wie gesagt, dabei nicht eine Konjugation, sondern nur die Zahlenreduktion der Chromo- somen. Ich erwähne in dieser Hinsicht vorerst nur einige wenige Daten. VAN Beneden hat 1883 gefunden, daß die reifen Geschlechtszellen von Ascaris beider Geschlechter bei der Befruchtung zur Bildung des neuen Organismus die halbe Chromosomenzahl mitbringen. "Weismann hat 1887 dafür die Erkläiung gegeben, daß die Halbierung durch die zweite Teilung der Großmutterzellen (Oozyten, Spermatozyten), der reifen Geschlechtszellen geschieht. Boveri hat dagegen 1890 festgestellt, daß die Zahlem-eduktion schon vor der Teilung dieser GroßmutterzeUe er- ledigt werde. Henking hat in dem nächsten Jahr (1891) ausgesprochen, daß die Zahlem-eduktion diurch die paarweise Vereinigung der Chromo- somen gelöst wü*d. Die Vereinigung selbst hat er aber nicht gesehen. 0. VOM Rath und Hacker haben 1892 ermittelt, daß diese Halbierung der Chromosomenzahl durch Vereinigung je zweier Chromosomen nur eine scheinbare ist, und die eigenthche Reduktion doch durch eine Teilung erreicht wird (siehe Hacker 1907, S. 69). Zu dieser Zeit und in den nächsten Jahren (Rückert 1894) dominierte aber neben Henkings Auffassung über die Scheinreduktion jene, daß die Halbierung der Chromosomen- zahl in der Weise erreicht wü'd, daß nur halb so viele Segmente entstehen wie sonst. Ein Jahrzehntel ist nach Henkings Entdeckung verlaufen bis man angefangen hatte sich wieder um die Konjugation und derer Art und Weise zu kümmern. Montgomery hatte sich im Jahre 1900 für eine wirkliche endweise Vereinigung und Winiwarter im nächsten Jahre für eine Längskonjugation der Chromosomen ausgesprochen. Die Theorie Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoolum lacteiim. III. 311 der Faltung, d. h. die Längsvereinigimg vorher endweise verklebter Paare wurde zuerst von Montgomery (1903, 1904), außerdem von Farmer und Moore (1903, 1904) behauptet. Weder diese noch andre Forscher haben zu dieser Zeit selbst die Konjugation beobachtet; man gab nur Annahmen, Erklärungen, aber keine Beobachtung. Erst Schreiners haben 1904 den Ablauf dieses Prozesses wirklich beobachtet. — Trotzdem Schreiners den richtigen Weg für die Untersuchungen in der Chi'omosomenkonjugation gezeigt haben, schließt man auch noch heutzutage nach dem Vorgang RIjckerts bei Copepoden (1904) auf die Ai*t und Weise der Konjugation aus dem Ablaufe der Reifeteilungen, anstatt den Umgestaltungen rücksichtslos von den Anfängen an nach- zugehen. Nach dem gesagten käme die eigentUche Entdeckung der Konjugation HenkinCt zu. Er hat allerdings die Konjugation noch nicht gesehen. Seine richtige Interpretation verdankt er aber dem glücklichen Umstand, daß abnormerweise die schon konjugierten Chromosomen sich wieder lösen, später aber sich wieder vereinigen. Daß er die Chromosomen nicht in ihrer richtigen Konjugationszeit beobachtete, geht daraus hervor, daß die Cliromosomen im jüngsten Stadium, das Henking (S. 693) beschreibt und (Fig. 18—19 Taf. XXV) abbildet, ringförmig und in reduzierter Anzahl vorhanden sind. Wir wissen jetzt aber, daß die Chromosomen diese Ringform erst nach der Konjugation und zwar durch unvollständige Spaltung und Trennung der Paare in der Chalasthosyndese zustande bringen. (Aus andren Ursachen nimmt auch Meves Stellung gegen die unbegründeten Schlüsse Henkings; Meves 1907, S. 441—443.) Der be- sondere Umstand, warum Henking auf eine Vereinigung je zweier Chro- mosomen zu schließen gewissermaßen doch berechtigt war, liegt darin, daß er das Zusammentreten zweier Kügelchen zur Hantolform an diesem Ring gut verfolgen konnte. Diese hanteiförmigen Doppell^ügelchen der ersten Äquatorialplatte ergaben ihm immer die haploide Chromosomen- zahl. Er hat daher die Kügelchen als «einzähhge Elemente« und die Hantelfigur als «zwei Einheiten« angesehen (S. 696, 697). So hat Hen- king, gestützt auch durch andre Überlegungen, den wichtigen Satz aus- gesprochen: die isoliert vorkommenden »Chromosomen müssen sich, wenn meine Annahme richtig ist, mit je einer andren Kugel zu einem Doppel- element verbinden, damit das die Anordnung der Chromosomen in der Äquatorialplatte beherrschende Gesetz i) erfüllt wird« (S. 696). Er denkt schon an gewisse Kräfte, die die Vereinigung herbcifüliren. ^) Er fand in der Äquatorialplatte nur doppelwertige Elemente. 312 J. Gelei, Auch BovERi hat im nächsten Jahi'e (1892, S. 465—467), wie das die späteren Fortschritte gezeigt haben, mit Recht angezweifelt, daß Henking die Vereinigung je zweier Chromosomen wklich nachgewiesen habe. Er greift aber trotzdem diesen Eeduktionsmodus auf und führt dafür den seither allgemein benützten Namen: die Konjugation (S. 467) ein. BovERi nahm damals zwar an, daß die Vereinigung der zwei Chromo- somen so durchgreifend sei, daß sie »eine Einheit« formieren. Heute steht schon fest, daß diese Annahme nicht bei jedem Tier am Platze sein konnte, ihre Möghchkeit ist aber nicht ausgeschlossen. Wie ich schon erwähnt habe, ist bei den Autoren nach Henking noch nicht von einer Konjugation der Chromosomen die Rede gewesen. Brauer (1892, S. 52), vom Rath (1892), Hacker (1893) und Rückert (1892, 1894, zitiert nach Hacker 1907, S. 83) nahmen an, daß der konti- nuierMche Knäuel in den Geschlechtszellen nicht in die normale, sondern in die haploide Zahl der Chromosomen zcrfäUt. Entsprechend, wie Hen- king, haben Bilder aus der Chalasthosyndese (Diakinese) auch Rückert (1902) in Selachiern und Fick (1903) im Äxolotl beobachtet. Rückert deutete die sich umschlingenden, nur an einigen Stellen verbundenen Doppelfäden als Schwesterfäden (S. 122, 123, 146), Fick dagegen als unvollständige Vereinigung von zwei verschiedenen Fäden (S. 592—593). Unsere derzeitigen Kenntnisse zeigen aber, daß diese Bilder weder Schwe- sterfäden, noch eine Konjugation darstellen, sondern eine unvollständige Trennung, also schistonematische Fäden. Wo die Erscheinungen zu suchen sind, die die Zahlcmeduktion der Chromosomen herbeiführen, hat Winiwarter (1901) gezeigt, indem er die Synapsis, die bei unserm Objekt mit dem Übergang vom leptotänen zum diplotänen Zustand zusammenfällt, als das Stadium der Vereinigung je zweier Chromosomen bezeichnete. Er war nicht kühn genug, direkt auszusprechen, daß bei seinem Untersuchungsobjekte, beim Kaninchen und Menschen eine Längskonjugation der Chromosomen vorhegt; er hat dies als wahrscheinlichen Modus bloß angenommen, nachdem er an freien Stellen des Synapsisbildes einen deutlichen ParaUelismus je zweier Fäden beobachtet hat. Kurz nach dem Erscheinen von Winiwarters Arbeit diskutiert Jansens die Möglichkeit einer parallelen Konjugation bei einigen unter- suchten Ur od eleu. Und Schönfeld (1901) beobachtet in den Sperma- tozyten des Rindes die Verschmelzung je zweier dünnen Fäden zu einem dicken. Bei einem solchen Stand der Dinge hat es nur an günstigen Objekten gefehlt, um die Konjugationsfrage vollständig zu lösen. Erst Schreiners Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. III. 313 •waren die glücklichen, die 1904 l)ei Myxine glufinosa, viel eingehender aber 1906 bei Tomopteris zu einer klaren Einsicht in die Konjugations- frage gelangten, und eine Längskonjugation beschrieben. Im nächsten Jahre schließt sich Jansens (1905) an, und illustriert die Vorgänge mit genauer Beschreibung und Abbildungen (F. S. PI. IV) bei BatracJwseps, Schreiners haben in mehreren Arbeiten (1904, 1905, 1906 ö, 1906 &, 1907, 1908 ff, 1908 h, 1909) bei einer Reihe von Tieren aus den verschieden- sten Klassen des Tierreiches gezeigt, daß die Chromosomenreduktion in den Geschlechtszellen \virklich durch die Vereinigung je zweier Chromosomen und die Vereinigung dieser Gebilde immer der Länge nach geschieht. Diesen Konjugationstypus bezeichneten sie wegen der Klarheit der Vorgänge bei Tomopteris, einem Wurme, als Tomopteris -T Jims. Sie stellten fest, daß die Konjugation immer am Orientierungspol bei den Schleifenenden beginnt und gegen die Mitte der Chromosomen fortschreitet. Der Vorgang vollzieht sich nach den beiden Autoren nicht an sämthchen Paaren gleichzeitig. Sie konnten beobachten, daß mit der Zunahme der dicken Fäden die Zahl der dünnen abnimmt, Resultate, die alle durch meine Beobachtungen am Dendrocoelum bestätigt worden sind. An den Fäden haben Schreiners eine Körnchenstruktur beobachtet, die auch in den konjugierten Doppelchromosomen gewahrt wird, und hier durch die paarweise, biseriale Anordnung der Körnchen zu einer Segmentierung der Fäden führt. Daraus haben sie schon in der Tomopteris-Arhcit (S. 36) den wichtigen Schluß gezogen, daß in der Kon- jugation homologe Körnchen sich gegenseitig anziehen, ein Schluß, den ich im Laufe meiner Untersuchungen bei Unkenntnis dieser Äußerung erst auf Grund eigener Untersuchungen auszusprechen und zu beweisen glaubte. — Die Ergebnisse Schreiners, ■wie auch diejenigen von Jansens fanden in einer Kichprüfung der Originalpräparate durch Wilson (1912) in jedem Punkt ihre Bestätigung (S. 391—407, siehe besonders S, 396). Zwei Forscher sind noch zu erwähnen, die unsre Kenntnisse von der Konjugation der Chromosomen ähnlich wie Winiw^ arter oder Schreiners — und teilweise schon vor diesen gefördert haben. Es sind die zwei Amerikaner Montgomery und Sutton. Beide waren Vorkämpfer bzw. Begründer eines andern Konjugationsmodus als wir bei Dendrocoelum gefunden haben, nämlich der endweisen Vereinigung der Cliromosomen: end-to-end Konjugation. ]\roNTGOMERY hat im Jahre 1901 an Lisekten auf Grund der morphologischen Unterscheidbarkeit der Chromosomen festgestellt, daß in jeder Art von Zellen eines Organismus zwei Reihen von Chromosomen zu finden sind, von denen sich je zwei als gleichlang, als homologe gegenüber stehen. Er fand, daß in der Konjugation die 3l4 J. Gelei, gleichlangen Chromosomen sich vereinigen. Die Folge davon ist, daß in den Eeifeteilungen die gleichlangen Chromosomen getrennt werden und in der Weise die eine Reihe von Chromosomen aus der reifen Ge- schlechtszelle entfernt wird, so daß diese nur eine einfache Garnitur be- hält. Bei der Befruchtung sind also sowohl weibHche wie männliche Vorkerne mit einer einander entsprechenden einfachen Chi'omosomen- garnitur ausgestattet. Und nun folgt Montgomeeys wichtiger Schluß, wonach die zwei Reihen von Chromosomen eines jeden Kernes väterliche und mütterliche Gruppen darstellen, daß also das Essentielle bei der Konjugation in der Vereinigung zweier gleich langer väterlicher und mütterlicher Chromosomen liegt und auf diese Weise aus der doppelten eine einfache, da- mit aber der doppelten analoge Chromosomengarnitur ent- steht. Bei MoNTGOMERY fehlt noch neben der morphologischen Unterscheid- barkeit der Chromosomen der Gedanke an eine quahtative Verschieden- wertigkeit. SuTTON hat dies schon in dem nächsten Jahre (1902—1903) eingeholt, indem er, gestützt einerseits auf die morphologische Unter- scheidbarkeit der Chromosomen und deren Beständigkeit durch mehrere Zellengenerationen hindurch, anderseits Boveris schon damals vor- liegende experimentelle Resultate an dispermen Seeigelkeimen, aus- gesprochen hatte, daß die untereinander konjugierenden väter- lichen und mütterlichen Chromosomen qualitativ gleich, von andren Paaren aber essentiell verschieden seien. Zusammengefaßt hat die Reduktionsfrage zwei Hauptphasen durch- laufen. Zuerst sprach man eigenthch nicht von »Konjugation«, sondern nahm an, daß in der Prophase ein kontinuierhcher Knäuel auftritt und dieser in die haploide Zahl der Chromosomen zerfällt. Viel gemeinsames mit dieser Auffassung hat diejenige neuere von Meves (1907), nach der das Chromatin in den Geschlechtszellen einfach die Fähigkeit bekommt, die halbe Zahl der Chromosomen herauszudifferentieren. In der zweiten Phase (seit Winiwarter und Montgomery 1901) erkennt man, daß die vorher in der Normalzahl anwesenden Chromosomen paarweise konju- gieren, entweder endweise oder der Länge nach. Wegen der Beurteilung der zwei Phasen will ich kurz bemerken, daß die ältere Auffassung mit Zahlenreduktion durch Segmentation des Knäuels keineswegs, wie es zuerst scheinen möchte, einfacher als die neuere (Sutton) ist, wonach je ein väterhches mit einem homologen mütterüchen Chromo- somen konjugiert. Bei der älteren Auffassung müssen wir nämlich zwei besondere Annahmen machen: erstens, daß die homologen Chromosomen Weitere Studien über die Oogenese des Dcndrocoelum lacteum. III. 315 im kontiniiiorlichon Knäuel nebeneinander geraten, zweitens, daß die eintretende Segmentation die nicht homologen trennt, so daß die Seg- mente aus zwei homologen Chromosomen bestehen. Diese zwei Annahmen machen aber den Prozeß viel zu komphziert, besonders dadurch, daß in den Grcrüstzustand überg'^gangene Chromosomen die verlangte Nach- einanderfolge in ihrer gegenseitigen Stellung zustandebringen. Dem- gegenüber gestaltet sich eine Konjugation viel einfacher, wenn die Chro- mosomen wohlbegrenzt in Fadenform auftreten, weil sie in solchem Zu- stande mehr Bewegungsfreiheit haben. b. Meine Resultate im Vergleich zu den Angaben der Literatur. Wenn uns bei der Beurteilung der Vorgänge in den Geschlechtszellen nur soviel maßgebend ist, daß allgf^raeinc zytologische Gesichtspunkte auch hier erfüllt werden, wenn wir Erscheinungen bei diesen Vorgängen nicht annehmen wollen, weil sie uns neu und rätselhaft sind und in den normalen somatischen Mitosen nichts damit Verglrichbares zu finden ist, wenn wh' endlich in der Chromosomenkonjugation nur die bloße Er- füllung der Zahlenreduktion erkennen wollen, dann erscheint uns als ein- fachste, nächstlirgende Möghchkeit zur En-eichung eines solchen End- zustandes die endweise Konjugation der Chromosomen oder sogar eine Segmentation des Knäuels in die haploide Anzahl von Stücken. Im fol- genden soll aber gezf^igt werden, daß diese einfachen Möglichkeiten die Bedeutung der Konjugation nicht erschöpfen. Wir werden zunächst die auf diesem Gi-biete liegenden Beobachtungen unsrer Studie II ohne theoretische Gesichtspunkte betrachten. Darauf werden wir prüfen, ob aus den Konjugationserscheinungen nur die Zahlenreduktion hervorgeht oder ob auch andre Probleme berührt werden. In besonderen Abschnitten w'erden wir die Einwände gegen die Längskonjugation und den Vergleich der Oo- und Spermatozyten mit andren Zellen behandeln. Der sicherste Weg zum Beweise einer Längskonjugation der Chromo- somen liegt in einer die Vorgänge Schritt für Schritt verfolgenden Be- obachtung, im Vermeiden von Lücken zwischen den Bf obachtungsreihen, die besondere Interpretationen notwendig machen. Für die Feststellung einer Chromosomenlängskonjugation ist darnach notwendig: 1. der Nach- weis, daß die Chromosomen vor dem Prozesse in der diploiden Zahl auf- treten, 2. der Nachweis, daß aus den dünnen, in der diploiden Zahl an- wesenden Fadenchromosomen dicke in haploider Zahl erscheinende und der Länge nach doppelt gebaute Chromosomen entstehen und zwar, 3. dadurch, daß sich je zwei von den ersteren der Länge nach aneinander- legen und innig verschmelzen; 4. ist zu beweisen, daß die dopp^ It gebauten Archiv f. Zellforschung. XTI. 21 316 J. Gelei, Cb-omosomen nicht einwertige, in Spaltungszuständen befindliche Ele- mente sind, ^Yodurch der Schein einer Längskonjugation entstünde. Was die Feststellung der diploiden Zahl der Chi-omosomen vor der Konjugation anlangt, liegt diesbezüglich bei unserem Tiere kein Zweifel vor. Sie ist bei verschiedener Fixierung beliebig oft nachweisbar. — Es existiert allerdings auch nach dieser Feststellung f üi* die Anhänger der Endkonjugation oder Parasyndesis eine für sie ausnützbare ErklärungsmögHchkeit, indem man sagen kann, daß die 14 Fadenchromosomen nicht Univalente Ganz- chromosomen, sondern Spalthälften von sieben, durch eine end- weise Vereinigung entstandenen bivalenten Chromosomen sind, und daß das, was wir als Konjugation zu iDCobachten glauben, die bloße Rück- vereinigung der früher entstandenen Spalthähten ist. Meine Antwort hierauf lautet dagegen folgendermaßen: Erstens könnte mir während der genauen Verfolgung der Umgestaltungen der chromatischen Substanz weder diese vermeinte Parasyndese der Chromosomen, noch ihre Spal- tung entgehen, weder vor der Gerüstbildung noch nachher. Sowohl die Anaphasenchromosomen der ovogonialen Mitose wie die des Knäuels haben keine Spaltung und sind immer in der normalen (diploiden) Zahl vorhanden. Wir können also schon aus diesen Gründen ruhig sagen, daß eine solche Behauptung nicht den Tatsachen entspricht. Viel wichtiger ist aber als Gegenbeweis die Tatsache, daß eine von vornherein gegebene Parallelität je zweier Fäden vor der Konjugation als Folge einer früheren Chromosomenspaltung nicht existiert, daß sich vielmehr die später kon- jugierenden Fäden voneinander entfernt und getrennt in die Bukett- figur einordnen. In meinem Falle wäre es also vollständig grundlos, be- haupten zu wollen, daß die Längskonjugation je zweier Fäden nur die Rückvereinigung früher entstandener Spalthälften wäre. — Die Angaben der Literatur, die sich auf die frühen Prophasen der Längskonjugation beziehen, erledigt Wassermann (S. 81) mit der scharfen Bemerkung, daß in den kritischen Stadien der doppelfädigen Elemente die Chromosomen nicht einwandfrei gezählt werden können, so daß ihre Existenz nur aus dem unbestimmten Knäuelzustand hergeleitet wird. »Weil man hier — sagt Wassermann — in den Zygonemastadien nicht entscheiden kann, ob die Doppelfäden in diploider oder in haploider An- zahl vorhegen, darum darf man von einer Reduktion sprechen; dies ist für viele Beweisobjekte der Parallellionjugation der letzte Grund ihrer Unbestreitbarkeit« (S. 81). — Soweit mü' die Literatur bekannt ist, haben Schreiners bei Toniopteris doch schon vor der Konjugation mit annähern- der Genauigkeit die normale (diploidc) Zahl der Chi'omosomen, nämlich 18 ange])en können, und dies in der polemischen Sclu-ift (1908 1, S. 7) wieder- Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoolum lacteum. III. 3] 7 holt hervorgehoben. Zwar wurde diese Angabe der Schreiners sowohl durch FiCK (1908, S. 607) als auch durch Meves (1907, S. 458) angegriffen. Die Tomopteris-'PY'ATpixrntQ können aber, wie Schreiners in ihrer zweiten Veröffentlichung (1908 h, Fig. 8, 9) bewiesen haben, gegen diesen Einwiu-f standhalten. Sie zeigen, daß zwischen den aufgelockerten, in diploider Zahl vorhandenen Bügeln und zwischen den Konjugationsfäden, deren Zahl wegen des Durcheinanders des B'ldes nicht anzugeben ist, ein Ruhe- kernstadium mit totaler Gerüstbildung nicht eingeschaltet ist. Fick war seinerzeit zu seiner Bemerkung gewissermaßen berechtigt, weil Schrei- ners zwischen den Spermatozytenkernen mit 18 Chromosomenbügeln auch Kerne mit normalem Gerüst abbildeten, die sie, jedoch ohne weitere Begründung (1908 a, S. 13) als Spermatogonienkerne betrachteten, wäh- rend Fick sie als Spermatozytem-uhekerne deuten wollte. Das würde aber bedeuten, daß die 18 aufgelockerten Chromosomenbügel der To- mopteris keine Prophasen, sondern Anaphasenclu'omosomen der vorherigen Teilung waren. Die Bilder der neuen ScHREiNERSchen Arbeit (Fig. 8, 9, 1908 h) zeigen demgegenüber klar, daß schon zwischen ihren grob auf- gelockerten in der Normalzahl anwesenden Chromosomen ein Parallelis- mus auftritt, daß sie also direkt vor der Konjugation stehen. Die An- gaben Schreiners sind auch von Wilson (1912) nach Durchsicht der Originalpräparate in jeder Hinsicht bestätigt worden. Wasserimann ist also mit seiner scharfen Ki'itik im Umecht, er wird sie auf meine klaren Beobachtungen sicher nicht beziehen können. Übrigens habe ich schon in meiner frülieren Arbeit (1913, S. 72) angegeben, daß bei Dendrocoelmn in dem leptotänen Schleifenbukett die Normalzahl der Chromosomen feststellbar ist. Die Konjugation beginnt in Dendrocoelmn in Kernen mit 14 bügei- förmigen Schleifen, deren Enden am Polfeld des Kernes sozusagen haften. Diese Lage der Schleifen ist für uns deswegen wichtig, weil dadurch eine neuerdings angenommene Möglichkeit der Konjugation: die Faltung, d. h. nachherige Längskonjugation von vorher endweise vereinigten Chromosomen a priori auszuschließen ist. Im Falle einer Faltung wäre jeder Bügel als ein bivalentes Chromosom zu deuten, dessen Komponenten an der Umbiegimgsstellc verkittet sind, und dann als zwei Schenkel der Länge nach zusammengeschlossen werden. Unsre bügeiförmigen Faden- cju"omosomen sind aber einwertige Chromosomen, und in der Konjugation werden zwei solche Bügel vom Pol, von den Enden ausgehend der Länge nach vereinigt. Dieselbe Lage der leptotänen Bukettfäden haben Schrei- ners bei verschiedenen Tieren und J^vnsens bei BatracJioseps gefunden. Die Angaben beider Forscher hat Wilson (S. 396) bestätigt. 21* 318 J. Gelei, Betrachten wir nun den Verlauf der Konjugation. Aus diesem Pro- zesse haben wir folgende wichtige Stütze für die Längskonjugation zu verzeichnen. Im Einklang mit sämtlichen Forschern, die diesen Prozeß genau beobachtet haben (besonders Schreiners, Jansens, Gregoire, Wilson) konnte ich feststellen, daß die Konjugation weder an sämtlichen Paaren, noch innerhalb eines Paares in der ganzen Ausdehnung gleich- zeitig abläuft. Wären die Konjuganten Schwesterfäden nach einer Spal- tung, so könnte sich die Paarung ohne jedes Hmdernis synchron abspielen. Wegen des heterochronen Ablaufens der Konjugation konnten Schreiners, Jansens und sie bestätigend Wilson (S. 393) die Beobachtung machen, daß mit dem Entstehen der Doppelfäden parallel die Zahl der dünnen abnimmt. Die Verhältnisse lagen bei Dendrocoelum so klar, daß ich in jeder Phase der Konjugation feststellen konnte, wie viele Fäden konjugierten, und wie viele noch auf dem Wege sich gegenseitig aufzufinden waren, i) Wenn man nach der Ursache dieser heterochronen Konjugation sucht, so ergibt sich als nächstliegende Erklärungsmöglichkeit, daß zu- erst diejenigen Fäden konjugieren, die sich zuerst gefunden haben. Fol- gende Tatsachen sprechen für diese Auffassung: 1. Als erste Konjuganten treten wahllos sowohl die längsten als die kürzesten Paare auf. 2. Die ersten Konjuganten sind meistens von Anfang an mehr oder minder parallel, sie sind also in einer so günstigen gegenseitigen Lage, daß sie sich bald in ihrer ganzen Ausdehnung begegnen können. 3. Am wich- tigsten ist aber für unsre Interpretation die Tatsache, daß man die letzten Konjuganten immer in schwierigen Lageverhältnissen findet, auch noch dann, wenn sie an dem einen Ende schon in Konjugation eingegangen sind, wie dies uns meine Fig. 33, 34, 35, 36, 42, 45, 46, 47 (Studie II) auf den ersten Blick klar machen. Ich befinde mich mit den oben genannten Forschern auch darin im Einklang, daß die Konjugation unter zwei Fäden immer von den Enden, also vom PoUeld, ausgeht^) und sukzessive weiter schreitet. Dadurch entstehen auf kurze Zeit die bekannten Y-Bilder, wenn die Konjugation nur an dem einen Ende angefangen hat, oder es kommen in der Mitte offene Figuren zustande, wenn der Prozeß auf einmal an beiden Enden eingetreten ist. ^) Mir standen von jeder Etappe der Konjugation Präparate zur Verfügung, mit deren Abbildung ich die Reihenfolge der Fig. 28 — 36 noch vollständiger machen wollte. Herr Geheimrat Boveri hat mir aber von der äußerst mühsamen und zeitraubenden Arbeit abgeraten, da sie unnötig sei. Ich habe auf diesen Rat hin von der Arbeit ab- gesehen. 2) Ich habe nur eine Ausnahme gefunden. Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. III. 319 Von solchen offenen Konjugationsfiguren wird von den Gegnern der Längskonjugation behauptet, daß man sie mit Spaltungsbildern verwechsle. Demgegenüber sei auch hier folgendes hervorgehoben. 1. Diese Konju- gationsbilder sind nur an einer Stelle, gewöhnUeh an dem einen Ende offene Figuren, wogegen bei der später auftretenden Spaltung die Doppel- fäden an mehreren Stellen durchlöchert werden. 2. Ferner sind die in Konjugation begriffenen Fäden dicke, stark gekörnelte Gebilde, die sich spaltenden Schleifen dagegen lang, dünn und unscharf gekörnelt. Gi3- rade dies ist ein Merkmal, das eine Verwechslung von konjugierenden Fadenpaaren und von konjugierten, sich spaltenden Fäden kaum zustande kommen läßt, auch dann nicht, wenn wir nur Kernfragmente vor uns haben und Spaltungsstcllcn fehlen. Dies wird uns sofort klar, wenn wir einen Blick auf die Figuren 63 und 65 (der Studie II) werfen. Als drittes Merkmal können wh*, wenn wir den Kern in seiner größten Dimen- sion mit auf dem Bilde haben, auch die Kerngröße zur Entscheidung heranziehen, ob konjugierende oder spaltende Fäden vorliegen. Die Kerngröße nimmt nämhch bis zur Spaltung der Fäden auffällig zu. Weiter geht aus meinen Beobachtungen an Dendrocoelum klar her- vor, daß die Konjugation selbst nicht mehr ein bloßer Parallelis- raus je zweier Chromosomen ist, wie das die Gegner der Längs- konjugation so gern feststellen möchten, sondern ein bis zu einem gewissen Grad inniges Zusammenhaften derselben. Das zeigen besonders stark ausgeprägt Giemsa- Präparate, die mit Ammoniummolyb- dänatum vorbchandelt wurden. Die bloße ParalleMtät ist nur ein Vor- zeichen der beginnenden intimeren Konjugation. Die ParallcUagcrung tritt nur in den günstigen Fällen ein, wo sich die Paare unbehindert in ihrer ganzen Länge einander nähern können, wie das die Fig. 33, 39, 40, 52—55 (Taf. III und IV der Studie II) zeigen. Meistens geht der Kon- jugation gar keine Parallelität der Fäden voraus, sondern es treten die sukzessive aneinander geratenen Fädenteile direkt in die innigere Kon- jugation ein (Fig. 44 a, 45, Taf. III der Studie II). Wenn die Konjugation nicht in der Parallelität zweier Fäden besteht, worin kommt sie dann zum Ausdruck? Folgende Tatsachen geben eine Antwort auf diese Frage: a) Bei den normal konjugierten Doppclfäden kommt Körnchen gegen Körnchen zu hegen, wobei die in einer Querrichtung sich gegenüber stehenden Chromiolen gleich groß sind. b) Dabei bleibt die Konjugation keine einfache Berührung der Fäden, sondern diese platten sich gegenseitig ab und werden zugleich kürzer, aber auch eventuell dicker als sie vor der Konjugation waren. 320 J. Gelei, c) Der inneren gesetzmäßigen Struktur der einzelnen Paare entspricht bei der Konjugation eine wichtige äußere Gesetzmäßigkeit: Es kommen immer nur bestimmte Fadenchromosomenpaare zusammen. — Diese letztere Tatsache läßt sich bei Dendrocoelum aus folgenden Beobachtungen schHeßen: 1. Es treten in der leptotänen Bukettfigur ungleich lange Clu'omosomen auf, von denen je zwei immer gleich abgestuft sind. Es ist also eine doppelte aus einander entsprechenden Gliedern bestehende Chromosomengarnitur vorhanden. Die längsten Fäden sind etwa doppelt so lang wie die kürzesten. 2. Die verschieden langen Fadenchi'omosomen sind von gleicher Dicke. 3. Die Chromiolen stehen bei sämtlichen Fäden in ungefähi* gleichen Abständen voneinander, so daß in den längsten Fäden ungefähr doppelt so viele Chi'omiolen sind, wie in den klirzesten. Stets konjugieren nur Chromosomen von gleicher Länge, dabei gleicher Dicke und von gleicher Chi'omiolenzahl. 4. Die freien Schenkel der konjugierenden Paare sind immer von gleicher Länge. 5. Von ganz besonderer Beweiskraft ist endlich der Nachweis, daß ungleich lange Fäden nicht konjugieren. Ich werde darauf weiter unten (sub d) zurück- kommen. — Aus diesen Tatsachen meiner Untersuchungen konnte ich als ein völlig gesichertes Resultat feststellen, daß entsprechend der Mont- GoiviERYschen Auffassung in den konjugierten Doppelfäden immer je ein väterliches und ein mütterliches Chromosom vereinigt wird. FiCK meint dagegen: »Die gleiche Länge und das gleiche Aussehen der Chi'omosomen ist natürhch absolut nicht für ihre ,Homologie' und väterliche bzw. mütterliche Herkunft beweisend, sondern könnte sehr wohl durch Kapillaritätserscheinungen oder ähnliche miki'ophysische lü'äfte bewhkt werden, durch die die beiden so nahe aneinander liegenden Gebilde zu gleicher Form ausgezogen werden usw. « (1907, S. 67). Diese Erklärung von Fick wird durch die oben aufgezählten Befunde an Den- drocoelum vollständig gegenstandslos gemacht. Ich habe nämhch nach- gewiesen, daß die gleichlangen Chromosomen nicht nebeneinander stehen ; dies zeigen halb konjugierte Doppelfäden, deren Zweige aus ganz ver- schiedenen Gebieten des Kernes zusammentreffen. Hier können »Ka- pillaritätserscheinungen oder ähnliche mikrophysische Ki'äfte« keine Wü-kung ausüben, um die durch andere Fäden getrennten Chromosomen zu gleicher Form auszuziehen. Solche Kräfte können wohl weit entfernte überzählige Chromiolen nicht verschwinden lassen oder fehlende herbei- schaffen, geschweige, daß in gleicher Entfernung von den Enden gleich große Körnchen sich formieren. Es mußten dann doch in erster Linie die näher liegenden Chromosomen beeinflußt werden, was, wie wir sahen, nicht eintritt. Im Dendrocoelum kann die Homologie je zweier Chromo- Weitere Studieu über die Oogenese dos Dcndrocoelum lactcum. III. 321 somen durcli keine andre Interpretation als durch die verschiedene Wertig- keit und die zweigeschkchtUchc Herkunft erklärt werden. d) Noch wichtiger als die bisher aufgezählten Beobachtungen ist für den Nachweis einer Längskonjugation die Tatsache, daß, wenn in einer mehrpoligen Mitose diu'ch unrichtige Verteilung der Chromosomen zwei ungleich lange Chromosomen als Partner in einem Kern zusammen- treffen, diese nicht konjugieren. Dadurch ist ein schlagender Beweis dafiu- erbracht, daß beider Konjugation jeweilen gleichlange Chromosomen und zugleich qualitativ gleiche, väterliche und mütterhchc Chromosomen sich vereinigen ; wogegen die verschieden langen Chromosomen als essen- tiell verschieden zu bezeichnen sind. e) Eine Nichtkonjugation der Chromosomen hat unter andern Feder- LEY in den Pi/^aera-Bastarden beobachtet. Hier kamen zwei Serien art- fremder Chromosomen von verschiedener Zahl zusammen. Eine Kon- jugation findet nicht statt. Daß die Chromosomen in ihrer Konjugations- fähigkeit nicht etwa durch die Bastardierung gehtten haben, zeigt die Tat- sache, daß sie in einer nächsten Rückkreuzung mit den Eltern, wo sie mit artgleichen Chromosomen (z. B. die Chromosomen eines anachoreta Bastard- vaters mit denen von einer anacIioreta-Mutter) zusammenkommen, wieder konjugieren. Das Wichtige ist für uns in dieser allgemeinen Nichtkonjuga- tion der Chromosomen, daß einige doch konjugieren. Diese zeigen uns, daß nicht die Artfremdlieit der Chromosomen ein Hindernis bildet, sondern die essentielle Verschiedenheit, die dadurch entstanden ist, daß Hand in Hand mit der ungleichen Chi'omosomenzahl die Erbanlagen nicht in iden- tischer Kombination auf die Chromosomen verteilt werden könnten. f) Aus theoretischen Überlegungen ist seit Roux (1883) bekannt, daß die Längsspaltung der Chromosomen nm* unter der Annahme verständ- lich ist, daß die Chromosomen der Länge nach aus qualitativ verschiedenen Teilen zusammengesetzt sind, die wegen einer gleichen Verteilung auf zwei Tochterzellen in zwei gleichwertige Hälften geteilt werden müssen. Hieraus ergab sich mu* die naheliegende Folgerung, daß es nicht gleich- giltig ist, welche Teile, insbesondere welche Enden der beiden konjugieren- den Chromosomen zusammentreffen. Ein Wegweiser bei einer Forschung in dieser Richtung waren die Chromiolen. Wir dürfen ohne Bedenken annehmen, daß man in den wenigen größeren Chromiolen, die an jedem Faden unter den sonst ziemlich gleichen Körnchen vorhanden sind, Erb- einheiten erblicken muß, die von den Nachbarkörnchen quaUtativ ver- schieden sind. Die Homologie, d. h. qualitative Gleichheit zweier Cliromo- somen bedingt einen vollständig gleichen inneren Aufbau, Mit andern Worten bedeutet dies, daß auch das Partnerchromosoni ein entsprechend 322 J- Gelei, großes Körnchen in gleicher Entfernung von den Enden wie das andi'e, haben muß. Liegen sich diese Körnchen in der Konjugation gegenüber, so bedeutet dies, daß bei den Konjuganten auch innerhalb der Schleifen homologe Teile sich getroffen haben. Die Tatsachen entsprechen dieser Er- wartung. Wir wissen aus unserer Beschreibung, daß auffallende Körn- chen in den Doppelfäden immer paarweise vorkommen. Sie kommen jedoch nicht symmetrisch in beiden Schenkeln der Bügel vor, große Körnchenpaare liegen nicht von beiden Enden der Doppelclu'omosome gleich weit entfernt. Diese Tatsachen beweisen zweierlei: erstens, daß die Chromosomen heteropol sind, zweitens, daß sich in der Konjugation homo- loge Teile (zuerst Pole) der homologen Cliromosomen direkt vereinigten. Auf Grund der oben aufgezählten Tatsachen lautet nun unsre Defini- tion der Längskonjugation: Unter Längskonjugation der Chromosomen verstehen wir die von den Enden ausgehende Vereinigung je zweier homo- logen väterlichen undmütterlichenChromosomen in der Weise, daß immer qualitativ gleiche Teile der Konjuganten sich ver- einigen. Der Satz erschöpft noch lange nicht den Begriff der Kon- jugation, weil die Konjugation zugleich eine Möglichkeit zur Zahlenreduktion der Chromosomen und weiterhin ihrer Quali- tätenmischung und Neurekonstruktion bietet. . In dem obigen Satze spreche ich eigentlich nichts Neues, nichts Un- bekanntes aus. Denn schon Montgomery hat die zweigeschlechthche Herkunft, Sutton die Homologie der konjugierenden Chromosomen fest- gestellt, — und Schreiners haben die Gleichwertigkeit der in der Kon- jugation einander gegenüber liegenden Clu*omosomenteile ausgesprochen. Die Äußerungen eilen aber den Beobachtungen oft — wie auch hier — vor- aus, und so bedeuten meine Untersuchungen insofern einen Fortschritt, als bei mir alles durch direkte Beobachtungen erwiesen ist. — Montgomery leitete nämlich die zweigeschlechthche Herkunft nm* dar- aus ab, daß aus der feststellbaren doppelten Chromosomengarnitur durch angenommene end-to-end Konjugation eine diesen entsprechende einfache Reihe entsteht, die durch die Reifeteilungen halbiert, nach der Befruch- tung aber durch das Spermachromatin wieder ergänzt wh'd. Sutton hat für die Feststellung der Homologie der Chromosomen ihre morpholo- gische Unterscheidbarkeit durch mehrere Zellgenerationen und außer- dem Boveris experimentelle Resultate benützt. Die von ihm selbst auf- gestellten Stützen für das physiologische Moment waren nur morpholo- gische, wogegen meine physiologische sind. Schreiners haben endUch gar nicht versucht ihre interessanten Ausführungen zu begründen. — Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. III. 323 0. Ausnahmen von der Konjugation. Es gibt eine Gruppe interessanter Erscheinungen, die als Ausnahmen von dem oben festgestellten Satz der Längskonjugation homologer Chro- mosomen bezeichnet Averden müssen. Es sind die Verhältnisse der Ge- schlechtschromosomen. Ich verweise bloß auf den Fall von Lygäus und Oneopeltus, wo Wilson die Vereinigung zweier qualitativ sicher ver- schiedenen X- und Y-Chromosomen nachgewiesen hat (siehe Fig. 21, 24—27 füi* Oneopeltus und Fig. 28, 29 für Lygäus), die bei Lygäus noch dazu auch morphologisch unterscheidbar waren. Derartige Ausnahme- fälle dienen aber zur besten Bestätigung des Gesetzes. Diese Chromosomen liegen nämlich während der Konjugationszeit der Autosomen untätig nebeneinander. Sie werden erst in der Anaphase der ersten Reifeteilung auf km-ze Zeit verklebt, um reduktioncll sofort auf zwei Schwester- zellen verteilt zu werden. Wenn wir zunächst den Zweck der Länge- konjugation begriffen haben, so werden w noch mehr einsehen, warum diese Ausnahmen zur Bestätigung ursres Gesetzes dienen. Und wenn diese Greschlechtscliromosomen trotz ihrer Verschiedenheit vereinigt wer- den, so kann diese Tatsache auch schon deshalb nicht gegen den Satz der Homologie konjugierender Autosomen verwertet werden, weil die Geschlechtschromosomen auch selbst nur mit einem engen Gebiet der Vererbung, nämlich mit der Geschlechtsbestimmung in Verbindung stehen, also miteinander doch nahe verwandt, mit andern Worten annähernd homolog sind. d. Der Zweck der Konjugation. Über die Kausalität der Konjugation können wir kaum etwas aus- sagen. Einen Zweck muß aber diese so umständlich, so präzis, so geregelt durchgeführte und lang andauernde, innige Vereinigung haben! Der eine Zweck steht außer Zweifel: er ist die Ermöglichung der Reduktion der Chromosomenindividuenzahl in der Weise, daß zugleich auch die doppelte Chromosomengarnitur auf die einfache Garnitur vermindert wird. Es ist aber ebenso sicher, daß dazu keine Längskonjugation, keine innige, lange ausreichende Vereinigung der Chi'omosomen nötig wäre. Gewisse theoretische Forderungen der MENDELSchen Vererbungs- lehre zwangen die Forscher anzunehmen, daß während der Konjugation einzelne Chromosomenteile ausgetauscht werden müssen, denn sonst ist die von der Chromosomcnzahl unabhängige große Variation der Kach- kommenschaft unerklärbar. Betreffs des Maßes, wie weit dieser Aus- tausch der Chromosomen gehen kann, existieren zweiMeinurg^n, Manche (deVries,Strassburger: siehe Hacker 1907, S. 70) nehmen an, daß nur 324 J. Gelei, ein mikroskopiscli unkontrollierbarer Austausch von Vererbungsanlagen stattfindet, andre glauben eine »Neukombinierung der großelter- liclien Chromoso menabsclinitte« nachgewiesen zu haben (Hacker, Gross, siehe beim vorigen 1907, S. 70). Eine kleinere Gruppe von For- schern (WiNiWARTER et Sainmont 1909, BoNNEvi 1908, Vejdovsky 1907, 1910) behauptet, daß die Cliromosomen nach Verschwinden der Kopu- lationsebene sich vollständig durchmischen und die Zahlem-eduktion der Chi'omosomen infolgedessen nicht durch die Eeifeteilungen, sondern durch diese Kopulation erreicht werde. Derart ent<5tandene Mixochromosomen dienen nach den genannten Autoren der reichen Quelle der Qualitäts- mischung, weil die spätere Spaltungsebene unabhängig von der Konju- gationsebene entsteht, wogegen in den beiden vorigen Fällen Konjugations- und Spaltungsebene gleich sind. Meine Untersuchungen geben der an zweiter Stelle erwähnten Auf- fassung einer Neukombinierung der Chi'omosomenabschnitte eine tat- sächliche Berechtigung. Abweichend war in dieser Hinsicht das Ver- halten der Chromosomen beim Dendrocoelum nur insofern, als die Neu- kombination derselben nicht während der Chalosthosyndese (Diakinese), sondern während der Eusyndese im Schleifenbukettstadium geschieht (eusyndetische Synmixis). Meine Argumente für die Neukombination der Chi'omosomen beruhen auf Beobachtungen, die zeigten, daß einzelne Stücke eines Fadenchromosoms ausgetauscht werden können, und zwar dadurch, daß die Konjuganten sich um die Konjugationsebene um 180° di-ehten. Andi*e Beobachtungen zeigten, daß die Konjugationsebene auch an Querschnittsbildern als wahrnehmbare Längslichtung immer nach- weisbar ist. An Stelle dieser Längslichtung habe ich sogar an mißlungenen GiEMSA-Präpai'aten und guten Osmium-Hämatoxylinpräparaten nach 0. ScHULTZE eine äußerst dünne Trennungsplatte gesehen. Es hegt mir ferne, dieses Bild als den Nachweis einer wü'klichen Scheidewand oder als die Kittmasse von Bonnevie (1906) zu deuten. Viehnehi" möchte ich sie als Artefakt bezeichnen, wie sie bei Verfahren, bei denen Nieder- schläge leicht gebildet werden, wie bei den beiden erwähnten Methoden, immer entstehen, wo zwei Körper sich eng berühren. Diese beiden Um- stände, die immer nachweisbare Längslichtung, die dort künsthch er- zeugbare Niederschlagsmembran, schließen vollständig aus, daß aus den Konjuganten Mixoclu'omosomen entstehen. Wo die Fadenchromosomen der Paai*e sich plötzlich um 180° über- ki-euzen (sie können unter Umständen schon nach dem nächsten Chro- miol beide Clu-omosomen in ihren ursprünglichen Verlauf zurückspringen), wird die Konjugationsebene unterbrochen, weil die gekreuzten Fäden Weitere Studien über die üosenese des Dendrococlum lacteum. III. 325 'o nicht getrennt bleiben, sondern, wie uns das ein Beispiel zeigte, sich dui'chwachsen. Die spätere Spaltungsebene muß dann diese Nahtstelle durchreißen. Das klare Durchziehen der Längshchtung in späteren Zeiten des eusyndetischen Stadiums deutet sogar darauf hin, daß die Trennung der Chi'omosomenteile und dadurch die entschiedene Neukombination der Chi'omosomen schon früh im Schleifenbukettstadium beendigt wird. Da ich erst am Ende meiner Untersuchungen auf diese Fälle der Clu-omosomenneukombination gekommen bin, habe ich nicht untersucht, wie weit diese Quahtätenmischung verbreitet ist. Infolgedessen müssen wü' auch der Möghchkeit Raum geben, daß ein mikroskopisch nicht nach- weisbarer Austausch von Erbanlagen erfolgen kann. Ich möchte mit diesem submikroskopisch verfolgbaren Austausch von Teilchen jene Ei-scheinung in Einklang bringen, daß die Konjuganten sich in der Weise aneinander lagern, daß ihre eigene Spaltungsebene senki-echt zur Konjugationsebene steht. Infolgedessen beteihgen sich also beide noch bloß virtuell anwesenden Tochterhälftender Ganzchromo- somen an der Konjugation. Wenn die Neurekonstruktion bloß durch Austausch von größeren Teilen geschähe, dann wäre die beobachtete Art der gegenseitigen Lagerung der Ganzchromosomen nicht unbedingt nötig; sie könnten auch so konjugieren, daß ihi'e Spaltungsebene parallel mit der der Konjugation steht. Weil das aber noch nicht beobachtet worden ist, sondern die vier Tochterelemente in der Kreuzungsachse ihi'er Spaltungs- und Konjugationsebene zugleich eine gemeinsame Be- rübrungslinie haben, muß diese innige Berühi'ung eine Bedeutung haben, die man auch als eine Bedingung der submikroskopischen Austausch- möghclikeit bezeichnen kann. 'O* e. Zusammenfassung. Wenn wh die Ausführungen dieses Abschnittes überblicken, so sehen wh*, daß die innige Längskonjugation der Chromosomen — als das Wesent- liche wäre die Innigkeit der Verbindung zu betonen — mit der Reduktion der Chromosomenzahl eigentlich nichts zu tun hat^). Dies geht schon daraus hervor, daß diese innige Vereinigung längst vor der reduzierenden Teilung gelöst wird, und die Chromosomen auf diese Zeit an einigen oder bloß an einer Stelle verbunden bleiben. Zur Reduktion der Chromosomen- zahl genügt, daß je zwei Chromosomen irgendwie vereinigt werden. Höchst interessant ist, daß parallel konjugierte Fäden bei manchen Tieren nach der Spaltung nur an einem Ende verklebt bleiben, und mit einem Winkel ^) Obwohl dadiuch doch auch diesem Zweck gedient wird. 326 J. Gelei, um 180° unter Bildung von Stäbchentetraden so auseinanderklappen können — wie wenn sie nur end-to-end konjugierte Paare wären. Wir können auf Grund dieser Erörterung nun den prinzipiellen Unterschied zwischen der Konjugation der Autosomen und Greschlechts- chromosomen bei Lygäus und Oncopeltus nach "Wilson verstehen. Die X- und Y-Chromosomen brauchen keine Qualitätenmischung, sie werden also deshalb nicht lange und nicht in der eigent- lichen Konjugationszeit vereinigt. — Die Längskonjugation dient also einem doppelten Zwecke: erstens wird dadurch erreicht, daß eine Gamete auf die Nachkommenschaft, trotz der Reduktion, an die homologen Chromosomen gebundene Chromatin- teile (Erbanlagen) beider Großeltern übertragen kann, und zweitens wird dadurch auch die Reduktion vermittelt. V. Einwände gegen die Längskonjugation. Die Lage der konjugierenden Fädenchromosomen vor, während und nach der Konjugation erlaubt es, alle möghchen Einwände gegen die Längskonjugation und ihre Beweise aufzustellen. Die Quelle dieser Ein- wände ist die schwer feststellbare Chromosomenzahl während der Kon- jugation, die ähnliche Lagerung der Tochterchromosomen auch in nor- malen Mitosen (RABLSche Orientierung) und auch andre Momente. Obwohl durch die Tatsachen meiner in der Studie II mitgeteilcen Untersuchungen aU diese Einwände ohne weiteres hinfällig werden, will ich sie trotzdem einer kritischen Betrachtung unterziehen, um so mehr als einige unter ihnen nur durch gründhche Kenntnis der Einzellieiten der Längskonjugation fallen können. 1.— 2. Zwei von diesen Einwänden, nämlich erstens jene Behauptung, daß man die Chromosomenzahl vor der Konjugation nicht angeben könne und zweitens, daß man die Spaltungsbilder der Pachinemafäden, d. h. die schistonematischen Bilder durch verkehi'te Einreihung der Stadien als Konjugationsvorgang deute, haben wir schon im vorigen Kapitel dis- kutiert und beide als für Dendrocoelum gegenstandslos zurückgewiesen. 3. Hacker (1900, S. 184—185) meint, daß die Anhänger der Längs- konjugation zu ihren falschen Schlüssen durch zufäUiges Zusammentreffen zweier, voneinander sonst unabhängigen Erscheinungen geführt worden sind. Die eine ist die frühe Längsspaltung der Chromosomen, die andi*e der diu-ch die polare Anordnung gegebene und daher selbstverständhche ParaUehsmus der Fäden, Ungefähr gleichlautend ist die Meinung der meisten Gegner der Längskonjugation (Fick 1906, 1908, Goldschmidt Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoeliim lacteum. III, 327 1906, 1908, Meves 1907, 1908, Wassermann 1912), indem sie die Kon- jugationsbilder einfach als Täuschung durch eine in der frühen Prophase aufgetretene Spaltung der Chromosomen erklären i). Wir werden weiter unten sehen, was für einen Wert der Parallelismus der Fäden als Beweis füi" die Längskonjugation hat. Hier werde ich vor allem erörtern, was für eine Bedeutung der Längshchtung in den Chromosomen als Zeichen einer Teilung bzw. einer Spaltung bei- zumessen ist. An der Hand der beistehenden Textfig. I möchte ich erklären, wieso ohne jede tatsächliche Spaltung in sich auflockernden Cluomosomen auch optisch eine Längshchtung vorgetäuscht werden kann. — Nach den gleichlauten- den Beschreibungen der Forscher be- ginnt nämhch die Auflockerung der Clu"omosomen meist an den axialen Teilen. Dementsprechend bezeichnet der obere Doppelkreis in der Textfigur den schematischen Querschnitt eines Clu-omosoms, dessen chromatische Sub- stanz bei der Aufquellung mehr eine periphere, die imbibierte Flüssigkeit mehi* eine zentrale Lage angenommen hat. Das Licht soll in der Richtung der Schraffierung durchfallen. Die Schraffierung veranschauhcht zugleich, daß die Strahlen in dem chromatischen Ring des Chromosoms nicht gleichlange Wege zurücklegen. Und wie verschie- den lang der Weg der die verschie- dene Teile des Chromosoms durchlaufenden Strahlen in der chromatischen Substanz ist, zeigt uns instruktiv die untere Figur, die in der Weise ent- standen ist, daß die Längen der von den Strahlen in der chromatischen Substanz zurückgelegten Wege addiert und graphisch dargestellt -win-d^n. Wir ersehen aus dieser Figur, daß das Licht an den seitHchen Teilen eines Fig. I. Der Schein einer T ängsspaltung der Chromo- somen, optisch hervorgerufen. ^) Wie ich aus persönlichen Mitteilungen erfalire, hat Prof. Goldschmidt seine Meinung nach Untersuchen verscliiedener Originalpräparate geändert und ist nun ein Anhänger der Parasyndesis. 328 J. Gelei, solchen Cliromosoms eine viel dickere clnomatische Schicht durchdiingt als in den mittleren. Dementsprechend wh'd es seitlich eine höhere Absorption erleiden als in der Mitte, d. h. : das Chromosom wird in der Mitte eine Längslichtung aufweisen. — Die Textfigur zeigt der Einfachheit halber ein rohrförmiges Chromosom. Die ungleiche Absorption wird aber überall, wo das Chromosom eine ungleiche Auflockerung seiner Substanz derart aufweist, daß die imbibierte Flüssigkeit mehr axial liegt, eintreten. Um eine optische Längslichtung der Chromosomen zu bekommen, brauchen die Chi'omosomen also keineswegs regelmäßig rohrförmig zu sein. Je größer natürlich die Differenzen in den clu-omatischen Substanzen der Peripherie und des axialen Teiles sind, um so schärfer tritt die optische Längslichtung hervor. Eine genau gleiche Täuschung tritt auch in dem Falle auf, wenn die cln-omatische Substanz an der Oberfläche des Chromo- soms zu einer Spnale konzentriert ist. Aus dem oben Gesagten folgt für mich, daß ich all den Angaben nicht viel Wert beimessen kann, denen zufolge aus einer Längslichtung der aufgelockerten Chi'omosomen ein Schluß auf eine Teilung derselben ge- zogen wird. Die Längshchtung kann als Beweis für die Einleitung der Teilung nur dann benützt werden, wenn man die Beobachtung an Quer- schnitten der Chromosomen macht. Solange dies nicht geschehen ist, kann die frühe prophasische Längslichtung der Chromosomen nicht als Beweis gegen die Längskonjugation verwertet werden. 4. Wir haben uns oben auch mit einer vierten Art von Argumenten gegen die Längskonjugation beschäftigt, nämlich mit Annahme einer Rückvereinigung von Chi'omosomenspalthälften. Auch für diese Möglich- keit sind in den Dendrocoelum-Oocjten keine Anhaltspunkte zu finden. Es ist nun interessant, daß Wassermann bei Zoogonus (S. 21, 60, 74—76 und Fig. 21—23), wo er eine Endkonjugation behauptet gefunden zu haben, vor dem Auftreten der normalen Chromosornenzahl in den früheren Prophasen eine ParaUelität und eine weitere Vereinigung je zweier Fäden gesehen hat, was stark an die Erscheinungen der Längskonjugation er- innert. Wassermann will aber diese Bilder nicht als Zeichen der Längs- konjugation anerkennen, weil nach diesen Zuständen nicht die reduzierte, sondern vielmehr die normale Chromosomenzahl auftritt. Im Gegenteil sieht Wassermann in dieser außerhalb der Chromosomemeduktion er- scheinenden parallelen Lagerung der Fäden eine gute Gegenargumen- tation gegen die Längskonjugation. Er stellt sie, im Gegensatz zu Gre- GoiRE und Schreiners, von denen sie als Ausdruck der Längskonjugation betrachtet worden sind, den frühesten doppelfädigen Prophasenstadien in gewöhnlichen Mitosen gleich. Mn scheint aber, daß bei Zoogonus, Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. III. 329 ^b obgleich nach Wassermann in den auf die Scheinkonjugation folgenden Stadien die normale Zahl der Clu'omosomen zu finden ist, die Möglich- keit einer parallelen Konjugation nicht vöUig von der Hand zu weisen ist. So viel ist nämlich sicher, daß wenn eine Scheinkonjugation zu der Normalzahl der Chromosomen führt, diese vor dem Aktus in der didiploi- den Zahl anwesend wai-en. Wer kann aber feststellen, ob in solchen Fällen sich wirklich die Schwesterspalthälften zuriickver- einigen? Ist es denn nicht möghch, daß jene Fähigkeit, die die väter- lichen und mütterhchen Ganz Chromosomen so energisch zur Vereinigung bringt, auch den Spalthälften zukommt, die selbst eigentlich Ganzchro- mosomen — nur unausgewachsene (Boveri) — sind. Dies können wir um so mehr annehmen, als wir z. B. nach Wilsons Untersuchungen wissen, daß die X- und Y-Geschlechtscln*omosomen sich nach einer Teilung in der Anaphase vereinigen können. In der Weise können wh' diese didiploide Schleifenzahl als eine vierfache Garnitur der gleichen Chromosomenserie — die es auch sonst gibt — auffassen, wobei dann in der Konjugationszeit homologe väterhche und mütterliche Chi-omosomenhälften und nicht Schwesterchi'omosomen sich — wie Wasseräiann es meint — vereinigen würden. Die numerische Reduktion der normalen Chromosomenzahl würde dann dm'ch die Endkonjugation bzw. in speziellem Fall von Zoo- gonus dm'ch Segmentation des kontinuierUchen Knäuels folgen. Nach dieser Deutung würde die Quahtätsmischung und die nume- rische Scheim-eduktion in diesem Ausnahmefall in zwei voneinander unabhängige aufeinander folgende Etappen zerlegt. Wir sehen im Grunde etwas Ähnliches auch in der normalen Längskonjugat'on: die Quahtäten- mischung geht dem Zustande, der zur Ermöglichung der Reduktion eigenthch allein nötig ist, dem Schistonemastadium voraus. Ein wesent- licher Unterschied v/ürde allerdings darin hegen, daß hier die zwei Prozesse nicht unabhängig voneinander, wie beim Zoogonus, verlaufen. Mag es sein wie es wiU, mit der Möghchkeit einer parallelen Chromo- somenkonjugation darf man bei Zoogonus solange rechnen, als ausführ- hche Gegenbeweise nicht vorhegen. Dadurch ist aber zugleich auch die Beweiskraft gegen eine Längskonjugation in solchen Fällen erschüttert, wo es sich um Ei-scheinungen der Längskonjugation ohne numerische Reduktion der Chromosomen handelt (wie außer bei Zoogonus auch bei Pachyulus; zitiert nach Wassermann). 5. Das schwächste Argument gegen die Parallelkonjugation ist die seit Winiwarter herangezogene auffallende Dicke der Pachynemafäden gegenüber den früheren Leptoncmachi-omosomen. Sie ist nach meiner, wie nach der allgemeinen Auffassung der Anhänger einer Längskonjugation 330 J- Gelei, durch die einfache Kontraktion der Univalenten Fäden nicht erklärbar und in meinem speziellen Fall des Dendrocoelums um so weniger, weil hier die Fäden in den Stadien, wo sie durch manche Reagentien als pachy- täne fixiert werden, mehr als doppelt so dick, aber nicht viel kürzer als die leptotänen Bukettschleifen sind. Die Gegner behaupten aber, es «genüge die eintretende Verküi'zung vollständig, um diese Verdickung zu erklären«. Dem muß immer die von mehreren Forschern ausgesprochene Bemerkung entgegengehalten werden, daß durch Kontraktion Übergänge zwischen dünnen und dicken Fäden zustande kommen müßten; sie sind aber nirgends be- obachtet worden, vielmehr treten die dicken Fäden überall plötzlich auf. 6. Auch die zu der Konjugationszeit der Autosomen auftretende Duphzität der Monosomen ist von manchen Forschern (z. B. Wasser- mann S. 78, V. Kemnitz S. 493) gegen die Längskonjugation herangezogen worden. Eine Längslichtung der Monosomen ist z. B. von Buchneu (1909, S. 367, 399) an Orthopteren, von v. Baehr an ÄpMs beobachtet worden. Demgegenüber müssen wh- wiederholt betonen, daß die Duplizi- tät der konjugierten Fäden noch gar kein Beweis, sondern höchstens ein Fingerzeig für die Entstehungsart sein kann. Außerdem ist, wie wir an unserm Objekt gesehen haben, auch an den Komponenten der längs- konjugierten Chromosomen eine sekundäre schwache Längshchtung vor- handen, die derjenigen der Monosomen völlig entspricht. Sie steht senk- recht zu der helleren Konjugationsebene selbst. Hier wäre also Beweis und Gegenbeweis an einem und demselben Fadenpaar abzulesen und eben dieser Fall zeigt, wie geringen Wert man auf die Längshchtung der Mono- somen als Gegenargument legen kann. Wir haben in den vierteihgen eusyndetischen Chromosomen doppelt zusammengesetzte Gebilde vor uns, sie bestehen einerseits aus zwei längs konjugierten Ganzchromo- somen (Konjugationsebene ist die Längslichtung); jedes Ganzchromo- som aber besteht aus zwei Spalthälften — Spaltungsebene ist die zur Längshchtung senki'echt stehende Nebenlängslichtung. 7. Man hat als Beweis gegen die Längskonjugation auch angeführt, daß Erscheinungen, die als charakteristisch für eine Längskonjugation gelten, auch anderswo vorkommen, wo eine Längskonjugation gar nicht vorkommt. Dahin gehört einerseits die nach Kuhns Untersuchungen bekannt gewordene Parallehtät der Fadenchromosomen in den partheno- genetischen Eizellen parthenogenetischer Weibchen, und anderseits noch mehr diejenige in den frühen Prophasen somatischer Mitosen. Demgegen- über sei folgendes bemerkt: a) Wie schon öfters gesagt, ist bloße Paral- Weitere Studien über die Oogenese des Dendrococlum lacteum. III. 331 lelität noch kein Beweis für die Vereinignngsart je zweier Fäden. In den Bildern von Kühn aber kann man weiter nichts als eine mehr oder minder hervortretende Parallelität der Fäden feststellen. Sie sind also keine Konjugationsbilder im Sinne von Dendrocoelum. Was die gründlichere Vei-^Trtung dieses Befundes von Kühn anbelangt, verweise ich auf die diesbezüglichen Erklärungen von Schleif (1909, S. 426), der eine verglei- chende Untersuchung über befruchtungsbedürftige und parthenogene- tisch sich fortpflanzende Eizellen machte, und dem ich mich vollständig anschließe. — Sehr wichtig sind weiterhin zur Beurteilung dieser Frage die hierher gehörigen Untersuchungen von Fries an Bmnchypus und an der parthenogenetischen Generation von Ärtemia salina. Fries fand nur bei Artemia, nicht aber bei Bmnehypus unter den konjugations- bedürftigen Chromosomen vor der Konjugationszeit eine Längsspaltung. Eine Längslichtung oder Spaltung der ßrawc%2^s-Chromosomen ist später zwar zu beobachten, aber zu einer Zeit, wo die Schleifen schon in der haploiden Zahl anwesend sind, also schon konjugiert haben, wo- gegen die ^rfemm-Chromosomen zur Zeit der Parallelität (durch Längs- lichtung) in der Normalzahl anwesend sind. Wir haben hier also einen klaren Beweis dafür, daß in den Prophasen der VermelirungszeUen zweier- lei Spaltungen auftreten können, wobei die Spaltung der Monosomen mit der Längshchtung der J.r^emm-Chromosomen und die der Autosomen mit derjenigen der ßrawc^pws-Chromosomen vergleichbar ist. b) Was nun die ParaUehtätsbilder in den Prophasen der somatischen Mitosen anbelangt, so handelt es sich, um mit Wassermann zu reden, nur um eine aus ihrem übrigen Verlauf in einem günstigen Moment heraus- gegi'iffene Erscheinung, deren Weiterentwicklung in ganz anderer Kichtung, nämhch zum Auseinanderrücken je zweier Tochterchromosomen führt. Wü- stehen hier, wenn wir Mitose und Konjugation miteinander vergleichen, zwei reziproken Vorgängen gegenüber; bei dem einen ist die durch Längslichtung bezeichnete Parallelität der Ausgangspunkt für die Chi'omosomenbewegung, bei dem andern dagegen das Endstadium derselben. Daß gerade Wassermann die scheinbare Übereinstimmung der frühen prophatischen Erscheinungen der normalen Mitosen mit der Chi'omosomenkonjugation unter den Einwänden der Längskonjugation aufzählt, ist um so auffallender, als gerade er später zugunsten der Meta- sjmdese anführt, daß die endweise Vereinigung der Chromosomen all- gemein verbreitet ist, und auch im somatischen Knäuelstadium auftritt. Nach Wassermann ist also in dem einen Falle die allgemeine Verbreitung einer Erscheinung ein Beweis gegen ihre Existenzberechtigung, im andern Falle aber dafür. — ArehiT f. Zellforschnng. XYI. 22 332 J. Gelei, 8. Als einen weiteren Einwand gegen die Läugskonjiigation erwähnt man die Synapsis oder Synizesis, die auch in Eizellen parthenogenetisch entstehender Generationen vorkommt, wo keine Chromosomenkonju- gation stattfindet (z. B. v. Kemnitz 1913, S. 493 1). Dies wäre aber nur dann stichhaltig, wenn Synapsis und Längskonjugation, d. h. Parallelität je zweier Fäden, untrennbar wären. Dem ist nach der Meinung mehrerer Forscher nicht so. Zuerst hat Buchner (1909, S. 397) ausgesprochen, daß Konjugation und Synapsis überhaupt nicht in Zusammenhang stehen. Viele Fälle sind über Chromosomenkonjugation ohne Synapsis beschrieben worden (z. B. bei Planaria von Schleif, bei Brachycoelium von v. Kemnitz und bei Dendrocoelum von mir). Wenn also eine Synapsis in partheno- genetischen Eizellen vorkommt, so ist das keinesfalls ein Beweis gegen die Existenzberechtigung der Längskonjugation, sondern bloß gegen den Zusammenhang dieses Konjugationsmodus und der Synapsis. Synapsis und Längskonjugation haben miteinander bloß zeitHch etwas zu tun, und zwar um so mehi', je länger die Fadenchromosomen im synaptischen Zustande verharren. Wie ich aus der Literatur ersehe, kann dies beinahe während des ganzen Bukettstadiums, also auch während des bivalenten Zustands der Chromosomen andauern. Eine Synapsis kann sogar auch vor dem Bukett im Knäuelstadium, selten auch im Ruhekern erscheinen. Wir sind aus diesem Grunde gewissermaßen in Unsicherheit, was die Synapsis bedeuten soU. Bei manchen Tieren ist sie unabhängig von andern Erscheinungen, hier kann man also die Grenzen ihres Andauerns feststellen. Bei andern Tieren wird sie für gleichbedeutend mit der Kon- jugation oder mit dem Schleifenbukctt überhaupt oder mit dem bivalenten Zustand der Chromosomen gehalten, weil diese durch die Synapsis als die markanteste morphologische Erscheinung gedeckt werden. Die Synapsis kann mit der Konjugation essentieU höchstens nur so viel zu tun haben als das sonst aus andern Gründen entstandene synaptische Bild durch die Bewegung der Chromosomen noch mehr verstärkt wird. — Wir müssen in der Synapsis den Ausdruck von zweierlei Erscheinungen er- blicken: 1. Die Hauptrolle spielt eine schon von Hacker (1907, S. 82) beschriebene physiologische Veränderung der dünnen eben ausgebildeten Chromosomen, die eine meistens schlechte Fixierbarkeit und infolgedessen die künstliche Zusammenballung der Chromosomen mit sich bringt. In dieser Hinsicht gehört also die Synapsis zu den besten Beispielen solcher ^) Fries ist hier von v. Kemnitz wohl aus Versehen unter den Forschern genannt worden, die Angaben über eine Synapsis in Eizellen von parthenogenetisch entstandenen Weibchen ermittelt haben, weil Fries mehrmals (S. 65, 73, 74) ausdrücklich betont daß in der parthenogenetischen Artemia keine Synapsis vorkomme. Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoeliim lacteum. III. 333 physiologisclien Veränderungen, die nach Apäthy in der Fixierbarkeit des betreffenden Zellteiles erkennbar sind. Daraus können wir zugleich schließen, daß eine Synapsis auch in parthenogenetischen Eizellen auf- treten kann. Sie kann ihnen auch fehlen, ohne daß dies besondere Be- deutung hätte, so gut wie sie auch in der normalen Oo- und Spermato- genese fehlen kann. 2. Die zweite Erscheinung, die in der Synapsis eine Rolle spielen kann, ist die Bewegung der Chromosomen, worauf Boveri (1904, S. 74) hingewiesen hat. Aus diesem Grunde kann aber die Synapsis leicht wegbleiben, weil die Bewegung der Chromosomen auch ohne Zu- sammenballung ausgeführt werden kann. 9. Die bisher aufgezählten Einwände versuchen topographische oder morphologische Gründe als Ai'gumente gegen die Längskonjugation aus- zunützen. Es fehlt aber auch an solchen nicht, die physiologische Momente heranziehen. So behauptet Meves (1907, 1908), daß die Fäden die Mög- lichkeit freier Bewegung überhaupt nicht besitzen, weil dazu das Kern- gerüst in jungen Spermatozyten viel zu dicht sei und auch Querverbin- dungen unter den jungen Fäden existieren sollen. Wassermann geht weiter, und spricht über neue rätselhafte Ki'äfte, die in den Genozyten und den Chromosomen wirksam seien, um die Längskonjugation zu er- klären und zu ermöglichen. Nun sind die Tatsachen, die beim Dendro- coelum so klar zutage treten, die besten Beweise, daß die Chromosomen eine freie Bewegung benützen, und daß auch die rätselhaften Kräfte wirklich existieren (siehe Studie II, S. 92—95). Wenn wir diese FüUe der Einwände nochmals überbHcken, so sehen wir, daß sie den neueren Tatsachen nicht standhalten können, und so bleibt die Frage der Längskonjugation auch dmch Interpretationen unangreifbar. VI. Sind die Oo- und Spermatozyten den Zellen der vorherigen Ver- mehrungsperiode und denen des Somas gleich zu setzen? Diese wichtige Frage knüpft sich, wie wu* gesehen haben, eng an die Einwände gegen die Längskonjugation an. Sie würde verdienen, in einer ausführlichen Betrachtung behandelt zu werden, es fehlt mir aber an Zeit ein ausführliches Material aus der Literatur zusammenzustellen. Auf die Frage selbst gebe ich im Anschluß an Wilson (1913) eine verneinende Antwort und will nur in aller Kürze die allgemein bekannten Angaben der Literatur und meine eigenen Beobachtungen dafür ins Feld führen. Zunächst ist die Frage zu stellen, ob man die Oo- und Spermatozyten mit den differenzierten Zellen des Somas und infolgedessen die Oo- und Spermatogonien mit den vermehrungsfähigen embryonalen Zellen des Körpers in Parallele stellen kann oder ob man die Oozyten und Spermato- 22* 334 J. Gelei, zyten selbst mit den vermelu-ungsfähigen Zellen des Organismus vergleichen muß. In letzterem Falle sind dann die Oo- und Spermatozyten zugleich auch ihrer eigenen vorhergehenden Zellengeneration: den gonialen Zellen gegenüber zu stellen. Hier ist leicht zu entscheiden: Mit dem Verlust oder der Unterdrückung der meisten allgemeinen Fähigkeiten im Inte- resse einer spezifischen Fähigkeit büßen die Arbeitszellen des Organismus meistens auch die Teilungsfähigkeit ein, sie werden zu den differenzierten Somazellen. Dagegen bewahren die Oo- und Spermatozyten sämtliche Fähigkeiten des Mutterorganismus und erweisen sich als noch immer teilungsfähige Zellen, an denen Differenzierungen sekundär nur im Inte- resse des Geschlechtes und zur Erhaltung der Ai-t, aber nicht im Interesse des Organismus auftreten. Wir können also die Oo- und Spermatozyten in keiner Weise den arbeitsfähigen, differenzierten Zellen des Somas gleichsetzen, sondern sie nur mit den vermehrungsfähigen Zellen des Orga- nismus, so auch den gonialen Zellen vergleichen. Wenn wir nun die Unterschiede, die sich bei einem Vergleich der Oo- und Spermatozyten mit den gonialen und vermehi'ungsfähigen Zellen des Somas ergeben, suchen, so müssen wu- eigentlich unser ganzes Wissen über die Oo- und Spermatozyten wiederholen. Denn, um mich allgemein auszudrücken, unser Wissen auf diesem Gebiet ist darum so außerordent- lich umfangreich, weil diese Vermehrungszellen im Vergleich zu andern Zellen des Organismus viel Neues bieten. In aller Kürze werde ich nur folgende Punkte hervorheben. 1. Die Oo- und Spermatozyten zeigen gegenüber andern vermehrungs- fähigen Zellen eine Einstellung der Teilungen auf lange Zeit, bei den Oozyten vieler Tiere auf Jahrzehnte hinaus. Ich lasse es dahingestellt, ob diese Verschiebung der Teilung als eine physiologische Teilungsmüdig- keit im Sinne R. Hertwigs aufzufassen ist, oder vielmehr dafür ein Hemmungsfaktor, der nach der letzten gonialen Teilung in beiden Schwe- sterzellen in Wirkung tritt, angenommen werden muß. 2. Die Oo- und Spermatozyten sind schon in dem Knäuelstadium der frühen Prophase größer als die gonialen Zellen in ihnen ganz ent- sprechenden Stadien. Dieser Vorsprung an Wachstum ist an den Oozyten bei Dendrocoelum sehr leicht zu sehen. 3. Während des Andauerns des Schleifenbuketts wachsen die Zellen beider Geschlechter weiter, was schon R. Hertwig durch die doppelte Chromatinmasse von der Konjugationszeit ab erklärt hat. 4. In den Eizellen folgt auf die erste eine zweite, die sogenannte Riesenwachstumsperiode. Dafür müssen wir in solitär wachsenden Ei- zellen eine vielfache Vermehrung des Kernchromatins annehmen. Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. III. 335 5. In den Oo- und Spermatozyten entstehen in dem sogenannten Knäuelstadium viel längere Chromosomen als in den gonialen Zellen in entsprechenden Stadien. Diese Fäden sind weiterhin in Chi'omiolen dif- ferenziert, die sich früher nirgends zeigten. 6. Die langen Fädenchromosomen werden aus einem ungeordneten Zustande auf einen im Zellkörper gelegenen Punkt zentriert. Etwas diesem Vergleichbares haben frühere Stadien nicht. Bei dieser Orien- tierung reagieren die Fäden auf die Wirkung des Centriols an ihren beiden Enden, wogegen sie normaler Weise in den Mitosen an ilu-en mittleren Partien oder nur an einem Ende sich dem Centriol nähern. Ihre Kolle ist in den Mitosen nur passiv, in den Oo- und Spermatozyten dagegen aktiv. Diese Fadencliromosomen zeigen außerdem das merkwürdige Charakteristikum, daß sie schwer fixierbar sind und infolgedessen bei Gebrauch der meisten Fixierungsmittel sich zusammenballen. Etwas die- sem ÄhnMches geschieht in andern Prophasestadien nicht. Daher ist die Synapsis für die Oo- und Spermatozyten, wo sie vorkommt, ein mikro- technisches Charakteristikum, 7. Die Bukettfäden fülu-en eine höchst merkwüi'dige Ortsveränderung aus, damit gewisse einander entsprechende Paare zusammentreffen. Es tritt, kurz gesagt, ein Konjugationstrieb unter ihnen auf, der in früheren Generationen und in somatischen Zellen fehlt. 8. Als Resultat dieser Bewegung kommt die Konjugation zustande, eine innige Vereinigung je zweier homologer Chi'omosomen, die sich sonst ini Organismus niemals beobachten läßt. 9. In vielen Tieren werden die G€Schlechtsclu"omosomen morpho- logisch von den Autosomen erst in den Gonozyten unterscheidbar. Sie waren früher nach Form und Verhalten Autosomen gleich. 10. In den Oo- und Spermatozyten treten die bekannten diakine- tischen oder — nach meiner Terminologie — die chalasthosyndetischen Figm-en (Schistonemen) auf, die in den Oozyten monatelang bestehen und in andern Zellen vollständig fehlen. 11. Das Centriol legt in den jungen Gonozyten von seinem ursprüng- lichen Platz, wo es am Ende der Telophase der letzten Teilung gestanden hat, einen Weg von 180° in meridionaler Richtung bis zum Bukettpol zurück, was gleichfalls sonst nirgends nachgewiesen worden ist. 12. Das Centriol entwickelt vom Knäuelstadium an eine besonders im Laufe der Oogenese fortwährend zunehmende Strahlung, die in den Spermatozyten mehrere Tage, vielleicht wochenlang, in den Oozyten sogar mehrere Monate bestehen bleibt. 13. In den meisten Tieren haben die Chromosomen der Oo- und 336 J. Gclei, Spermatozyten eine ganz andi-e Form, als in der letzten gonialen und in den somatischen Mitosen. 14. Die Oozyten und Spermatozyten machen eine heterotypische Teilung durch. 15. Einige Forscher wie Winiwarter und Vejdovsky unterscheiden die Oo- und Spermatozyten von den Oo- und Spermatogonien erst von dem Synapsisstadium an, mit der Begründung, daß morphologisch wahr- nehmbare Veränderungen, die typisch für diese ZeUgeneration seien, erst mit der Synapsis einträten. Während der der Synapsis vorhergehenden Ruhekernperiode also sind nach diesen Forschern die Zellen noch als Oo- bzw. Spermatogonien zu bezeichnen, und es entscheidet erst das Knäuelstadium, ob sie auch weiterhin Oogonien bleiben oder zu Oozyten werden. Die Mitochondrien der Dendrocoelum-Oozyten geben uns aber sehr gewichtige morphologische Beweise dafür, daß schon in den letzten gonialen Teilungen die Entwicklung der zwei Schwesterzellen zu Spermato- zyten bzw. Oozyten endgültig entschieden ist, wonach es also schon dort bestimmt ist, daß eine Synapsis auftreten wird. Es haben nämlich die jungen Oozyten bis zum Eintreten der Chalasthosyndese elliptische, scheibenförmige, beinahe blutplättchenähnliche Mitochondrien, die von der Kante her gesehen als kurze Stäbchen erscheinen. Diese Mitochondrien sind in der Studie II in die Fig. 27, 30, 34 eingetragen. Wh* sehen sie in diesen Figuren als heUc elliptische Plättchen oder — bei Seitenansicht — als scharf konturierte dunkle Stäbchen. Auch in den Spermatozyten treten solche Mitochondrien auf. Hier entwickeln sich aber unter den andern dünnfädigen Mitochondrien anfangs nur ein und durch dessen Teilung zwei bis vier Körper. Jeder Spermatide wu-d ein solches elliptisches Plastosom zuteil. Das Wichtige für uns ist, daß diese elliptisch-scheibenförmigen Körper in den Oozyten nur bis Ende- des Buketts beibehalten werden. Nachher sind bloß fadenförmige Mito- chondrien wie in den Oogonien vorhanden. Diese besonderen Mitochon- drien sind also nur für die junge Oozyte, nur für die erste Wachstums- periode, für die Phasen der Präsyndese und Eusyndese charakteristisch. Sie treten in den jungen Oozyten bald nach der letzten oogonialen Teilung auf und verschwinden gleichzeitig mit der Lockerung der Konjugation. Sie sind also charakteristische Unterscheidungsmerkmale der Oozyten nicht nur den Oogonien gegenüber, sondern auch gegenüber der zweiten Wachstumsperiode der Oozyten selbst. Der 15. Punkt der Unterscheidungsmerkmale lautet: Die Oo- und Spermatozyten sind bei Dendrocoelum von andern teilungsfähigen Zeilen des Organismus, also auch von den Oogonien, durch besondere Mitochon- Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. III. 337 drien unterschieden. Sicher gehören hierher auch die Nebenkerne der Spermatozyten und das Dotterkernlagcr der Oozyten. Wenn wk diese Merkmale auf ihre "Wertigkeit untersuchen, so sehen wir, daß sie einerseits gi*aduelle, anderseits ausschließliche sind. Als graduelle können wir die ersten vier, den zwöKten und zum Teil den fünften Punkt bezeichnen. Ich will damit nicht sagen, daß sie minderwertig wären. Denn wir müssen eine Zelle auch in Ermangelung ausschließlicher Kennzeichen als neu bezeichnen, wenn sie sich statt sich binnen kurzem zu teilen, und obgleich in ihr die Chromosomen fertig sind, erst nach Wochen, Jahren oder Jahrzehnten teilt. Wir müssen auch dann weit- tragende Veränderungen annehmen, wenn eine Zelle mit der doppelten Chromatinmasse nach einer Ruheperiode nicht zur sonst normalen Tei- lung schreitet, sondern weiter und immer weiter wächst. Wie sehr die fundamentale Fähigkeit der Teilung bei den Oozyten, verglichen mit gewöhnlichen teilungsfähigen Zellen, gelitten hat, beweisen am glänzendsten die Reifeteilungen der Branchellioneizellen nach Apathy. Bei diesem Tier und nach Apäthy bei vielen andern Hirudi- neen mit oligolecithalen Eizellen verharren die Zellen in der Metaphase mit eingestellter Spindel und Äquatorialplatte mehrere Monate. Es arbeitet hier also ein starker Hemmungsfaktor. Diese graduellen Unterschiede gesellen sich also als ebenbiu-tig zu den unanfechtbaren ausschUeßlichen Unterschieden, und beide zeigen, daß man nicht ohne Grund den Begriff der Oo- und Spermatozyten auf- gestellt hat. Manche von den erwähnten Unterscheidungsmerkmalen können ver- einzelt hie und da auch in andern Zellen vorkommen, nirgends sind diese aber von so langer Dauer (Synapsis, Eusyndese, Chalasthosyndese); nirgends sind sie — und dies ist für uns wesentlich — zugleich auch von den übrigen Erscheinungen oder auch nur von einer Gruppe derselben begleitet. Ähnliche Betrachtungen gelten, wenn die Reife teilungen mit andern Mitosen verglichen werden. Hacker zählt in seiner Chromosomenarbeit (1907, S. 105) die «angeblichen« ausschließlichen Merkmale der hetero- typischen Teilung auf und weist (S. 104, 111) auf Fälle in normalen oder künstlich beeinflußten Mitosen hin, die mit dem einen oder andern dieser Merkmale vergleichbar sind. Nirgends aber findet er alle Erscheinungen gleichzeitig zusammen. Ich möchte auch betonen, daß manche der seit Hackers Arbeit (1907) gründlich erkannten Erscheinungen, wie das Schleifenbukett, die 338 J. G«lci, Ortsveränderung der Chromosomen, die Längskonjugation, die Orts- veränderung des Centriols um 180°, für die Oozyten ganz spezifisch sind und ähnliches in andern Zellen nicht vorkommt. VII. Theoretisches über die Konjugation der Chromosomen, a. Unterscheiden sich die Chromosomen nach dem Geschlecht? Wir haben schon mehrmals besprochen und nachgewiesen, daß in der Konjugation homologe Chromosomen in der Weise zusammenkommen, daß ihi"e gegenüberhegenden Teile essentiell gleich sind und daß das eine von väterlicher, das andre von mütterlicher Herkunft sein muß. Es er- übrigt hier die Frage zu erörtern, ob ii-gendeine Spm* der elterlichen Her- kunft an den Chromosomen anzunehmen ist oder nicht. Die Wissenschaft hat diese Frage schon längst verneint. Boveri hat schon 1892 (S. 405) ausgesprochen, daß nicht der geringste Grund dafür besteht, irgendeine Differenz zwischen mütterlichen und väterhchen Cliiomosomen anzu- nehmen. Seither hat man allerdings entdeckt, daß auch flu- die Ver- erbung des Geschlechtes, wie für andre Eigenschaften Chromosomen an- zunehmen sind. Trotzdem ist damit der Satz Boveris nicht ungültig geworden, da sich herausstellte, daß nicht sämthche Clu'omosomen Träger des Geschlechts sind, sondern eine sehr beschi'änkte Zahl, meistens nur eines. Trotzdem müssen wir unter den konjugierenden homologen Clu'O- mosomen individuelle Unterschiede annehmen, sonst würde die Konju- gation keinen Sinn haben. Federleys Bastardforschungen an Pygaera-Aitt'n haben den schla- gendsten Beweis erbracht, daß bei der Konjugation je zweier Clu'omosomen nicht die väterhche oder mütterliche Herkunft, sondern l^loß soviel wichtig ist, daß sie überhaupt von zwei verschiedenen Individuen herstammen. Federley hat einen männüchen primären Bastard Pygaem (curtula ^ x anachoreta ?) mit 59 Chromosomen — unter denen 29 dem curtula-NB.tQi und 30 der anac/iore^a-Mutter angehören — mit einer reinen awac/ioreto-Mutter zurückbastardiert und so den sekimdären Bastard {curtula ^ x anachoreta $) S X anachoreta $ erhalten. Es sind also in dem sekundären Bastard 30 + 30 (i>mc7iore^a-Chromosomen beisammen, die einerseits direkt, anderseits durch Vermittlung eines prünären Bastards maternell sind. Nun berichtet Federley (S. 49—52), daß diese awac/toreto-Chromosomen in einer regel- rechten Synapsis untereinander konjugieren, wodurch die nach dem Bei- spiel des primären Bastards zu erwartende Anzahl (89) der Chromosomen wieder auf 59 herabgesetzt wu'd. Die Hälfte der hier zusammentretenden anacTiorefa- Chromosomen ist mir insofern väterlich, als sie von einem Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. III. 339 männlichen curtula ^ x anachoreta ^-Bastard stammen ; sie können aber nicht als irgendwie verändert bezeichnet werden, denn sie haben vorher in den Spermatozyten des Bastardvaters keinerlei Konjugation durch- gemacht. — Ich glaube, nach diesem Falle können wir unsre Formulierung des Vorgangs und Wesens der Chromosomenkonjugation (S. 4) dahin ver- ändern, daß darin nicht väterliche und mütterliche vereinigt werden müssen, sondern nur Chromosomen von zwei verschiedenen Individuen. Die konjugierenden Chromosomen sind also nicht geschlechtlich, sondern individuell verschieden. Auch das FEDERLEYSche Beispiel zeigt, daß die Ausbildung zweier Geschlechter für die Vererbung nur etwas Sekundäres und phylogenetisch auch sekundär Auftretendes ist, sekundär deswegen, weil dadurch die Konjugation von Chromosomen zweier Individuen sicherer gewährleistet wü'd. Wir wissen, daß die Geschlechtszellen mor- phologisch und physiologisch ihre Erzeuger wiederspiegeln, sie sind weib- lich oder männlich. Das betrifft aber die Melirzahl der Chromosomen nicht. — Es liegt hier der Gedanke nahe, daß, wenn man künsthch andre Bedingungen der Entwicklung schaffen könnte, um dadurch zwei weibliche oder zwei männliche Vorkerne von zwei Individuen gleichen Geschlechts zum Verschmelzen zu bringen, ein ganz normales Individuum entstände. b. Versuche zur kausalen Begründung der Konjugation. Es fragt sich weiter, ob es möglich ist zu erklären, warum die Kon- jugation gerade in den Vermehrungszellen unter den Chromosomen eintritt. 1) a) Eine kausale Begi-ündung findet Wassermann (S. 91—96) in der erhöhten Chromatin menge, womit die Geschlechtszellen in der Konjugationszeit zu operieren haben. Dem Leser ist die schon vielfach ausgesprochene Meinung bekannt, daß in den vor der Chi'omosomenkonjugation stehenden Zellen Erschei- nungen hervortreten, die sich im Auftreten von Clu'omosomen und im Aktivwerden des Centriols kundgeben, die man darnach gewissermaßen als beginnende Teilungserscheinungen der Zellen und des Kernes charak- terisiert. Die Teilung bleibt aber aus, so argumentiert Wassermann, sie wird unterdrückt, und die Zelle arbeitet jetzt mit einer Chromatin- masse weiter, die in normalen Fällen unbedingt zur Auflösung der Zelle in zwei neue Individuen führen müßte. In vermehrungsfähigen Zellen findet eine andauernde Clu'omatinsynthese statt; und folglich nimmt das Chromatin zu. Auch für die vor der Konjugation stehenden Zellen ist anzunehmen, daß diese ohnehin schon maximale Chromatinmasse weiter- wächst, daß wir es also bei dem nächsten Teilungsschritt, den Wasser- mann bei Zoogonus in der sekundären Segmentation des kontinuierlichen 340 J. Gelei, Knäuels auf haploide Zahl der Chromosomen erblickt, mit einem syn- diploideni) Kern zu tun haben. Darin meint Wassermann den Grund zur Reduktion der Chromosomen aufzufinden, und gelangt damit zu dem Paradoxon, »daß . . . vermehrte Chi'omatinmenge zur Verringerung der Chromosomenzahl fühi't«. (S. 95). Der Autor zieht zur Begründung dieses Satzes die experimentellen Unter- suchungen von Nemec über die Kernteilungsphänomene an chloratisierten Wurzeln heran. Diese Experimente scheinen in der Tat für die Wasser- MANNSche Interpretation der Chi'omosomemeduktion eine gewichtige Stütze zu bieten, darum müssen wir uns etwas eingehender mit ihnen beschäftigen. Nemec erreicht durch Chloralisierung der Wurzelspitze, daß bei den in Karyokinese begiiffenen ZeUen die Umwandlungen der Kernteilungs- figur aufgehalten werden, die Teilungsfigur sich rückbildet und die Tochter- chromosomen einer Metakinese sich wieder zu einem Kern vereinigen, oder wenn sich in der Zelle schon zwei Kerne gebildet haben, diese später verschmelzen. Dadurch entstehen »didiploide Kerne« und weiter bei nochmaliger Chloralisierung, wenn das Gift auf eine solche Zelle wieder während der Teilung einwirkt, tetradiploide usw. Nemec behauptet, daß in solchen Zellen, die nach ihrer Größe syndiploide waren, oft nicht die erwartete syndiploide Zahl der Chromosomen eintritt, sondern die HäKte oder sogar in einer tetradiploiden die Normalzahl: es ist hier also eine Reduktion eingetreten. Wassermann stützt sich auf diese Resultate und behauptet, daß auch in den Geschlechtszellen die Chromosomenreduktion durch die erhöhte Chromatinmenge hervorgerufen wird. Es scheint aber, daß die Beweise Neäiecs nicht einwandfrei genug begründet sind, um ohne jedes Bedenken als Stütze weitgehender Speku- lationen dienen zu können. Nemec hat nur soviel einwandfrei festgestellt, daß unter der Wirkung des Clilorals syndiploide Kerne entstehen. Es scheint auch das sicher zu sein, daß diese syndiploiden Kerne irgendwie zu normalen Kernen reduziert werden, weil vorige nach einer gewissen Zeit aus dem Gewebe verschwinden. Diese Reduktionsweise nennt Nemec autoregulativ, wobei er einen direkten und indirekten Weg unterscheidet. In der Beurteilung der Chromosomem-eduktion ist für Nemec einerseits die Zellgröße, anderseits eine paarige, der heterotypischen Teilung ent- sprechende Zusammenstellung der Chromosomen in der Äquatorialplatte maßgebend. Er hält sich für berechtigt, von einer dü'ekten Reduktion zu sprechen, wenn in einer Zelle, die doppelt so groß ist wie die benach- 1) Syndiploid heißt ein Kern, wenn er über das Mehrfache des Chromatins ver- fügt, das in einem normalen, ausgewachsenen sich vorfindet. Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelnm lacteum, III. 341 ^& barten, statt der erwarteten Clu'omosomenzahl nur die Hälfte erschienen ist ; dabei stützt sich Nemec auf die von Boveri und Gerasimof gefundene Proportionalität zwischen Zellgi'öße und Chromosomenzahl. Aus ihr leitet er ab, daß diese großen Zellen m-sprünglich den syndiploiden Chromo- somenbestand gehabt haben müssen. Dies ist also bei Nemec bloß eine ange- nommene, aber nicht bewiesene Sache. Die von den erwähnten Forschern angestellten Experimente waren nämlich ohne Chemikalien, ohne jede Giftwirkimg ausgeführt, sie waren Naturexperimente, wo man sich auf die Resultate ruhig verlassen konnte. Gegen die Nemec sehen Versuche (siehe S. 11—73) aber kann man wohl einwenden, daß auch normale Zellen unter der Giftwirkung auch ohne Vermehi'ung ihrer Chromatin- menge in ihi'em Zellkörper auf das doppelte heranwachsen können, oder daß ungleiche Zellteilungen auftreten könnten, wo bei normaler Vertei- lung der Chromosomen der einen Tochterzelle eine kleine, der andern eine überwiegende Protoplasmamasse zuteil wird. Eine solche Möglich- keit wu'd auch durch einzelne Angaben Nemecs selbst gestützt. Er be- richtet, daß bei Vicia fala bei der Kernteilung verschiedene Abnormi- täten, wie ungleiche Chromosomenverteilung auftreten können. Solange derartige Möglichkeiten bei diesen Chloralversuchen nicht berücksichtigt werden und ihr Vorhandensein durch sorgfältige Untersuchungen nicht ausgeschlossen ist, halte ich den Satz nicht flu* erwiesen, den Nemec, gestützt auf GoDLEwsKis jun. gleichlautende Versuchsresultate verall- gemeinert, nämlich »daß der Zelle bzw. dem Kern überhaupt zukommt die Chromosomenzahl zu regulieren« (1910, S. 29) und möchte vor allem diese autoregulative Reduktion nicht wie Wassermann als Basis all- gemeiner Betrachtungen benützen. Ebenso skeptisch stehe ich aus den oben erwähnten Gründen auch den Beweisen Nemecs für die indirekte Chromosomemeduktion in syn- diploiden somatischen Zellen gegenüber. Hier ist nach Nemec neben der Zellgröße die paarweise Gruppienmg der syndiploiden Chromosomen in der Äquatorialplatte und der heterotypische Charakter der Teilung, der dem Schema der Geschlechtszellenteilung entspricht, ferner die Spal- tung der auseinanderrückenden Ganzchromosomen während der Meta- kinese für seine Auffassung beweisend. In normalen Zellen wai'en dies hinreichende Beweise; mir drängt sich aber bei diesen Experimenten das Bedenken auf, ob nicht anormal verändert gelagerte Chromosomen- spalthälften das Bild paarweise stehender Ganzchromosomen vortäuschen, und ob es weiterhin nicht dem Chloral zuzuschreiben ist, daß die aus- einandeiTückenden Chromosomenhälften eine Längsspaltung aufwiesen. Im übrigen ist die Spaltung der zum Pole hinrückenden Chromosomen 342 ' J. Geld, gar kein Beweis dafür, daß sie ungeteilte Ganzchromosomen seien, weil ver- einzelt schon auch in normalen Fällen eine Längslichtung an sicher festge- stellten Tochterelementen in diesen Teilungsstadien beobachtet worden ist. Nehmen wir aber trotzdem an, daß die Versuche Nemecs unangreif- bar sind, daß seine Resultate keine Nebengedanken zulassen, so muß doch noch die Seite der Frage beantwortet werden, ob es berechtigt ist, aus derartigen an Somazellen angestellten experimentellen Resultaten all- gemeine Schlüsse auf natürliche Vorgänge an Geschlechtszellen zu ziehen. Den Satz näher formulierend können wü- fragen, ob Wassermann be- rechtigt war, von der Erfahi'ung, daß experimentell hergestellte syn- diploide Kerne der Arbeitszellen durch Reduktion diploid werden können, die Ursache der Clu-omosomemeduktion in den Geschlechtszellen ab- zuleiten und die abnorm vergrößerte Chromatinmasse als Grund zur Reduktion anzunehmen. Wir haben sehr gewichtige Gründe gegen diese Argumentaiion, wonach eine vermehrte Chromatinmenge zur Verringerung der Clu'omo- somenzahl führen wiu-de (S. 95). — Vor allem müssen wir auf die aus- nahmslose Tatsache hinweisen, daß bei keiner teilungsfähigen Zelle die Erhöhung der Chromatinmenge auf das doppelte zur Halbierung der Chromosomenzahl fühi't. Im Gegenteil wird die Zahl der Chromosomen durch Teilung verdoppelt. — Wenn Wassermann bei den syndiploiden Kernen die abnorm er- höhte Chromatinmenge als Ursache der Reduktion für wichtig hält, dann müssen wir ihm die Spyrogyrafäden von Gerasimoff mit ihrer doppelten Chromatinmasse entgegenhalten, die damit jahi-elang gelebt und mit entsprechenden Kernen doppelt so große Geschlechtszellen wie die nor- malen Individuen erzeugt haben. Die abnorm große Chromatinmasse hat hier keine Reduktion herbeigefühi't. Neben Spyrogym wäre auch auf die Dispermieversuche Boveris hinzuweisen, wo in manchen Lai'ven- dritteln oder -vierteln durch die umichtige Clu^omosomenverteilung Zellen mit abnorm großer Chi'omatinmasse entstehen, ohne daß eine Re- duktion einträte. Diese Experimente waren eben gegenüber den Nemec- schen ohne Giftwirkung ausgeführt. Da es sich f üi' uns vor allem um die l^rklärung der Reduktion in den Geschlechtszellen handelt, 'will ich noch einige Beispiele von Ge- schlechtszellen selbst anführen, wo trotz abnorm großer Chromatinmasse keine Reduktion herbeigeführt wird. Erwähnenswert sind einmal die Bastardfälle, wo eine abnorm erhöhte Chromatinmenge während der Konjugationszeit erscheint und trotzdem, wie die P?/^aera-Bastarde Federleys eklatant zeigen, eine Chromosomenreduktion unterbleibt. Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum, III. 343 Es kann sogar, da die Cliromosomen nicht konjugieren, in der Nach- kommenschaft ein syndiploider Bastardkern entstehen, ohne autoregu- lativ reduziert zu werden. Bessere Beispiele sind vielleicht noch jene parthenogenetischen Eizellen, die nur eine Reifeteilung durchmachen, deren Nachkommenschaft infolgedessen diploide Kerne besitzt. Bei in solcher Weise entstandenen Eizellen wird zu der Konjugationszeit genau so eine abnorm erhöhte Chromatinmenge, aber keine Reduktion auftreten. — Gegen Wassermanns Auffassung liefern auch die Rieseneier einen sehr wichtigen Gegenbeweis. Ich habe solche selbst im Dendrocoelum gefunden. Sie sind doppelt so groß wie gewöhnliche Eier und haben zweimal so große Kerne mit didiploider Chromosomenzahl, statt 14 sind 28 Elemente zu zählen. Dementsprechend treten in den syndetischen Stadien 14 Chi'omosomenpaare auf. Unter den sechs von mir gefundenen Rieseneiern waren drei ganz ausgereift, zwei mit diplotänen, eines mit leptotänem Bukett. In allen diesen Zellen bleibt nach der Konjugation, d. h. nach der Scheinreduktion die zu erwartende diploide Chi'omosomen- zahl erhalten. Wenn aber zur Zahlenreduktion eine abnorm erhöhte Chromatinmasse führen müßte, wäre hier wohl eine zweimalige Reduktion zu erwarten, um so mehr, als die Chromosomen in diesen reifenden Zellen zur Konjugation ohnehin abgestimmt sind. Geschieht dies nicht, so ist klar, daß nicht die Chromatinmasse über die Reduktion entscheidet. Sehr gewichtig ist auch, daß ich Oogonien mit didiploider Chromo- somenzahl (28) gefunden habe. Diese Zellen hätten, wenn die abnorme große Chi-omatinmenge ein genügender Grund zur Reduktion wäre, schon längst sich zu Oocyten umwandeln und Reduktionsfigm-en auf- weisen müssen, um so mehi-, weil vielleicht schon in der nächsten Zellen- generation diese Erscheinung auch in normalen Fällen ohnehin eintreten würde. Da das nicht geschehen ist, müssen wir wiederum den Schluß ziehen, daß die Ursache der Reduktion anderswo als in Veränderungen der Chromatinmasse zu suchen ist. Wir dürfen auch nicht vergessen, daß wohl die Oozyten eine abnorm er- höhte Chromatinmasse besitzen, aber in den Spermatozyten nichts davon zu finden ist, weil hier normal große Chromosomen in die Konjugation eingehen. hh) Mein phylogenetisch-kausaler Erklärungsversuch. Unsre Kenntnisse sind heute noch nicht so weit gediehen, daß w die im ganzen Tier- und Pflanzenreich so auffallend gleich und » zweckmäßig ^( funktionierende Einrichtung kausal verstehen könnten. Ich versuche trotzdem zu begründen, daß meiner Auffassung nach die Konjugation der Vermehrungszellen und die der Chromosomen selbst eine gemein- same Grundlage besitzt. Nehmen wh: mit der Mehrzahl der Forscher an, 344 J. Gelei, daß diese Grundlage das Abschwächen der Funktionsfähigkeiten ist, das infolge der langen ungeschlechtlichen Vermehrung eingetreten ist. Zu- nächst wird auch die Chromosomenkonjugation unter Mitwirkung des Geschlechtstriebes durchgeführt, wie die der Vermehrungszellen selbst. Wenn wh als nächstliegenden Grund zur Konjugation den Geschlechts- trieb der Chromosomen annehmen, so nähern wir un" damit Hackers schon 1903 (S. 379) ausgesprochener Meinung, daß zwischen den zwei- elterlichen Chromosomen in dem Gonozytenstadium eine gewisse Affi- nität zur Wirkung kommt, die unter den gleichnamigen Chromosomen mcht existiert. Heute müssen w annehmen, daß dieses Fehlen der Affi- nität einerseits unter den paternellen, anderseits unter den materneUen Chromosomen nichts andres als ihre qualitative Verschiedenheit: dig Fremdheit ihrer Anlagen ist. Die Frage, von welcher Art diese Affinität unter den Chj'omosomen sein mag, beantwortet Hacker nicht, er ver- gleicht sie UiU' mit der sexuellen Affinität einerseits zwischen Ei- und Samen- zellen, anderseits zwischen den Kernen derselben. Der Kernpunkt meiner Auffassung bezügHch des Zustandekommens der Chromosomenkonjugation ist folgender. Die Vorbedingung einer Konjugation unter den Chromosomen ist heute ihre zweielterliche Herkunft. Denn nirgends tritt eine Konjugation auf, wo die Chromosomen nur von einem Mutterorganismus abstammen und in der haploiden Zahl anwesend sind. Diese zwei Tatsachen zwingen uns zu dem berechtigten Kück- schluß, daß auch einst in der Phylogenese jeder Tierart der ersten Chromo- somenkonjugation die Kopulation zweier Kerne von verschiedenen In- dividuen vorhergehen müßte. Darüber kann kein Zweifel sein. — Selbst- verständhch geschah diese Vereinigung der zweielterhchen Kerne vor mehreren Generationen von Zellen oder von Protisten, bevor die erste Chromosomenkonjugation auftrat. — Die Frage kann nun die sein, ob diese ersten kopulanten Kerne mit reduzierter Chromatinmasse bzw. Chi'omosomenzahl zusammentreffen oder nicht. Weil gemäß unsrer Grundannahme der ersten Chromosomen- konjugation die Kopulation von zwei Kernen vorausgehen müßte und weü bei einer Reduktion die Chi'omosomenkonjugation die Vorbedingung ist, folgt daraus der weitere logische Gedanke, daß die ersten kopulierenden Kern nicht in reduziertem Zustande verschmolzen. Sie könnten auch nicht reduziert werden, weil sie mit einer einfachen Chromosomengarnitur aus- gerüstet waren. — Um dieser Annahme eine Stütze zu geben, können wir wieder von rezenten Erfahi'ungen ausgehen. Wir sehen in der Tierwelt, daß die Spermatozoen mit der halben Chromosomenzahl und halben Chro- matinmasse als zu den verschiedensten Differenzierungen fähige und gegen Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. III. 345 ungünstige Lebensumstände sehr wiederstandsfäliige Lebewesen existieren. Wir sehen, daß nach der fakultativen Parthenogenese Lebewesen mit der halben Chromosomenzahl existenzfähig sind. Wir wissen, daß auch in der Metagenese der Pflanzen eine haploide Generation regelmäßig vorkommt. Wenn also die halbe Chromosomenzahl und Chromatinmasse auch heute noch ein Dasein ermöglicht, um so mehr konnte sie in der ersten Zeit der Phylogenese der Fortdauer der Art dienen. Meiner Auffassung nach lebten also die Organismen in den ersten Zeiten ihrer Phylogenese . im Gegensatz zu ihren heutigen Vertretern mit einer halben Chromatiimiasse oder Chromosomenzahl. Wir müßten also eigentlich im Gegensatz zum gewöhnlichen Sprachgebrauch für ein Lebewesen seine haploide Chromo- somenzahl als normal bezeichnen. — Es ist nicht unsere Aufgabe, uns damit kritisch zu beschäftigen, durch was für Umstände die ersten Lebe- wesen zu einer Vereinigung veranlaßt worden sind. Ich bemerke bloß, daß dies am zweckmäßigsten stets nach einer Teilung hat geschehen können, wo die vereinigten Kerne erst so groß waren als die Partner einzeln in ausgewachsenem Zustande sind. Die geschlechthche Vermehrung erfolgt immer nach mehrmahgen ungeschlechtlichen Generationen sowohl bei den Protisten wie den Keim- bahnzellen. Nach dem heutigen Stande der Wissenschaft treten direkt infolge der ungeschlechtlichen Vermelu-ung in den Germinalzellen oder den Protisten Veränderungen auf, die die Abschwächung oder Abnahme der Lebensfähigkeiten bedeuten. Die Korrektion dieses Zustandes er- folgt durch Verschmelzen zweier Individuen oder deren Vermelu'ungs- zellen. Das Verschmelzen wird durch den zu dieser Zeit erwachenden Geschlechtstrieb ermöghcht. Es ist auch jene Tatsache bekannt, daß in der Ausübung der Lebensfunktionen nicht alle Teile der Zellen eine gleiche Rolle spielen, sondern darin die Führerschaft dem Kerne gebührt, und zwar auch hier seiner chromatischen Substanz, also den Chromosomen. Infolgedessen können wir mit größter Wahrscheinlichkeit behaupten, daß, wenn im Körper der Protisten oder der Germinalzellen etwas eine Korrektion benötigt, als solche in erster Reihe die Chromosomen zu be- zeichnen sind. So können wir theoretisch die Vermehrungszellen hinsicht- lich der Konjugation durch ihre Chromosomen ersetzen. — Zuerst wollen die Chromosomen ihren Mangel nach dem Muster der Vermehrungszellen durch eine Konjugation korrigieren; dies ist ja möghch, weil sie in gleicher Zahl von zwei Individuen abstammen und also auch die Partnerchromo- somen individuelle Verschiedenheiten aufweisen. — Dieser Prozeß hilft aber der Vermehrungszelle nicht, weil dadurch neue Qualitäten für den Organismus nicht entstehen. Es können bloß neue Gruppen von Quali- 346 J. Gelei, täten innerhalb der Grenzen der individuellen Verschiedenheiten zu- stande gebracht werden, was nur der Art — nicht dem Individuum — nützen kann, weil dadurch ein hoher Grad von Unterschieden in der Nachkommenschaft erzielt wird. Aber aus dem Zustande der wegen einer Selbstkorrektion verklebten Chromosomen zieht der Organismus oder die Vermehrungszelle den großen Nutzen, daß er oder sie bei der Reduktionsteilung die zwei Sortimente von Chromosomen trennen kann, und so der ursprüngliche haploide Zustand — der Zustand der ehemaligen, phylogenetisch ersten Konjugation — erreicht wird. Wir können also zum Schluß den theoretischen Satz aussprechen: Die Konjugation je zweier Individuen ist keine irreversible Lebenserschei- nung, durch die eine Reifeteilung i) werden nämhch wieder zwei ver- schiedene Individuen getrennt, und dazu ermöglicht merkwürdigerweise die Reversibilität der Konjugation je zweier Individuen wieder eine Kon- jugation, aber jetzt unter ihre paarweise gleichen Chromosomen. Weil wir über die primäre Ursache der Chromosomenkonjugation nichts weiter aussagen können, wenden wir uns zur näheren Betrachtung der sekundären, nämlich des Konjugationstriebes und zugleich versuchen wir die bis jetzt behaupteten Konjugationsmodi in eine Entwicklungsreihe einzuordnen. Weil manche Forscher eine Chromosomenkonjugation bezweifehi, müssen wir vom Endresultat der Reifungserscheinungen, nämlich von der Scheinreduktion der Chromosomen ausgehen, die als von jedem For- scher angenommene Tatsache vorliegt. Diesbezüglich muß man vor allem bedenken, daß wenn einmal Chromosomen gebildet w^orden sind, diese bloß durch einen mitotischen Apparat geteilt werden können. Von diesem Teilungsapparat hat aber Boveri schon längst (1887) nachgewiesen und ausgesprochen, daß er exakt arbeitet, wo es sich um Verteilung von Chromosomenspalthälften handelt. Dagegen ist er nicht oder nur bei glücklichen Zufällen imstande Ganzchromosomen aus einer Ebene in zwei numerisch gleiche Gruppen zu verteilen. Ein Primärtypus der Chromo- somemeduktion — wie Goldschmidt es sich denkt — könnte also aus diesen Gründen nicht existieren. Wenn wir also von der unwirtschaft- lichen Atrophie der einen Hälfte der Chromosomen absehen und die beschränkte Fähigkeit des Teilungsapparates berücksichtigen, so werden wir sofort einsehen, daß den Chi'omosomen bei der Scheinreduktion keine andre Möglichkeit zur Verfügung steht als daß sie sich 1) Mit anderen Worten: die Reduktionsteilung wäre gleich der Trennung bei- nahe der alten konjugenten Gameten. Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. III. 347 paarweise verkleben und dadurch die Lage der Chromosoraen- spalthälften nachahmen. Dieses nacliherige Verkleben schon gebildeter Chromosomen konnte nur in dem Falle vermieden werden, wenn wir annehmen, daß den Oo- und Spermatozyten die Fähigkeit zukommt, daß sie die Chromosomen in der halben Zahl herausdifferentieren. Daß konnte besonders bei solchen Tieren geschehen, von denen bekannt ist, das die Chromosomen bei der Mitose aus einem kontinuierlichen Knäuel durch Segmentation entstehen. Wenn wir aus dieser angeblichen Tatsache den Rückschluß ziehen, daß die Chromosomen auch in der Phylogenese in gleicher Weise zustande gekommen sind, so konnte es in phylogenetisch früheren Zeiten geschehen, daß — entsprechend der Annahme mancher Forscher in den Neunziger Jahi'en — der kontinuierliche Knäuel zur entsprechenden Zeit in die haploide Chromosomenzahl zerfällt usw., in der Weise, daß die Segmente immer zwei Chromosomen enthielten. Hier äußert sich der Konjugations- trieb in seinem frühesten Anfange als eine einfache Agglutination. Die Vorbedingung dieser Reduktionsmöglichkeit ist die Gleichwertigkeit der Clu'omosomen untereinander, denn nur in diesem Falle konnte es gleich- gültig sein, welche Chi'omosomen verbunden blieben und welche getrennt wurden. Sobald aber die Chromosomen essentiell ungleich sind, muß die Aufeinanderfolge derselben in dem Knäuel und auch die Stelle der Segmentation bestimmt sein. Dieser Prozeß ist aber — wie ich oben schon bemerkt habe — verwickelter als die nachherige Vereinigung je zweier vorgebildeter Chromosomen. Es ist aber fraglich, ob überhaupt in einem Kerne von den höheren Protisten an außerhalb der Paare gleichwertige Chromosomen existieren. Die Differenzierung des Kernchromatins in der Phylogenese zu bestimmten Einheiten zum Zwecke der Kernteilung bedeutet nämlich meiner Auf- fassung nach, daß in dem Chromatin für die verschiedenen Aufgaben des Kernes durch Ai'beitsteilung verschiedene Teile bestimmt worden sind, die bei den Teilungen immer zu bestimmten Verbänden zusammen- treten. Wir können ja seit Roux' grundlegenden Überlegungen die Längsteilung der Chromosomen gar nicht anders erklären als dadurch, daß in ihnen verschiedenwertige Teile enthalten sind, die für die Tochter- zellen halbiert werden müssen. Und wenn die Verschiedenwertigkeit der Teile eines Chromosoms als Postulat vorliegt, fragen wir, was füi' eine Forderung uns zur Annahme der Gleichwertigkeit der Chromosomen selbst zwingt. Nachdem die Verschiedenwertigkeit der Chromosomen in einigen Fällen als bewiesene Tatsache vor uns steht, nirgends aber die Gleichwertigkeit des ganzen Chromosomenbestandes nachgewiesen wor- Archiv f. Zellforschung. XVI. 23 348 ' J.Gelei, den ist, können wir aus der Ungleichwertigkeit der einzelnen Chromosomen- teile einen berechtigten Schluß auf Unterschiede der Ganzchromosomen ziehen. Sobald aber die Chromosomen untereinander qualitativ ungleich sind, muß sich in ihnen zugleich in den Großmutterzellen der Gameten eine neue individuelle Eigenschaft, der Konjugationstrieb, entwickelt haben. Diese Eigenschaft wäre aus der von Hacker (1907, S. 111—121) erkannten Grundeigenschaft, der Neigung end weise zu verkleben (Agglu- tination) hervorgegangen. Sie ist besonders leicht zu verstehen, wenn man mit Hacker annimmt, daß die Chromosomen durch Zerstückelung eines kontinuierlichen Fadens entstanden sind. Beispiele für eine Agglu- tination sind bei Hacker him'eichend aufgezählt. Sie ist als seltener Fall auch bei Dendrocoelum zu verzeichnen, wo sonst die Chromosomen und ebenso ihre Anlagen immer getrennt auftreten. Die in diesem Tier von mir gefundenen Fälle beschränken sich auf den syndetischen Zustand der Chromosomen, die endweise Verklebung von Einzelchromosomen habe ich also nicht gefunden. So habe ich zweimal einen von einem Doppelchromosom gebildeten Ring, wo also die zwei Enden" eines diplo- tänen Fadens verklebt waren, dreimal endweise Vereinigung je zweier Gemini in dem diplotänen Zustande, und einmal die Ringbildung eines Schistonemas beobachtet. Als einen Ausnahm-efall muß ich erwähnen, daß ich bei schistotänen Gemini die endweise Verklebung je zweier Paare bei Dendrocoelum^ die aus einem Brunnen stammten, sehr oft beobachtet habe. Man könnte diese letzte Erscheinung in diesem speziellen Fall beinahe als Variation bezeichnen, die um so mehr aufrecht erhalten werden kann, da die Tiere an diesem nur wenige Meter langen Fund- ort ganz isoliert lebten und von andern Planariengebieten recht weit entfernt waren. Die Neigung zum Verkleben müßte sich in der phylogenetischen Entwicklung zm* Vereinigung je zweier und zwar bestimmter Chromosomen speziahsieren. Sonst bleibt unerklärlich, wieso nur zwei Chromosomen verkleben, wieso im Falle der Endkonjugation, wo zwei Enden immer frei bleiben, wenn nur eine einfache Attraktion die Cliromosomen zu- sammenbringt, keine weiteren Chromosomen mitverkleben. Es ist aber vielmehr möglich, daß keine Spezialisation dieser Neigung nötig war, weil die Verschiedenwertigkeit der gleicheltcrlichen Chromosomen die Konjugation derselben zu jeder Zeit in der Phylogenese ausschloß. Aus dem heutigen Verlaufe der Konjugation können wir ersehen, daß zuerst immer die Enden der Paare konjugieren, und können daraus schlie- ßen, daß einst vielleicht ausschließlich eine Endkonjugation existierte. Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lactcum. III. 349 Es hat aber nicht lange gedauert bis bei den meisten Tierarten Formen erschienen sind, bei denen die Attraktion der chromatischen Substanz nicht nur die Enden, sondern auch die nächsten Partien der Chromosomen in die Konjugation einbezog (»Faltungstheorie«). Darnach folgte dann die phylogenetisch jüngere direkte Längskonjugation. Die Vorteile, die aus der Längskonjugation im die Erhaltung der Art erwachsen, gewährten der betreffenden Gruppe eine viel bessere Aussicht zum Fortbestehen. So ist die endweise Vereinigung rasch durch die Längskonjugation ersetzt worden. Wie wir sehen, haben die Oo- und Spermatozyten meiner Annahme gemäß ihre Fähigkeit zu der durch eine Längskonjugation bewü'kten Reduktion der chromatischen Substanz auf dem Wege der Selektion und Vererbung der erworbenen Eigenschaften erhalten. Aber mit dieser all- mählichen Entwicklung der Konjugationsmodi müssen wu* nur in dem Falle rechnen, wenn irgendwo eine ausschheßhche Endkonjugation wirklich existiert. Wenn das aber nicht der Fall ist, so ist es für unsren Erklärungs- versuch besser, denn bei der ausschließlichen Existenz einer Längskonju- gation können wir ohne Schwierigkeit verstehen, daß Chromosomen- konjugation und Kopulation der Vermelu-ungszellen eine gemeinsame Grundlage besitzen. Dieser gemeinsame Grund der Konjugation konnte aber bei einer Endkonjugation oder bei der Segmentation in die haploide Zahl nicht erklärt werden, weil diese Ausfülirungsmodi keine Möglichkeit zum Ei'satz der Mängel durch x\ustausch darbieten. Der nächste Urheber der Paarung, der Konjugationstrieb, existiert aber in der Wirklichkeit. Seine Natur selbst gehört zu den höheren Problemen der lebenden Sub- stanz. Seine Beschränkimg auf eine einzige Zellgeneration könnte viel- leicht mit den gleichfalls nur auf diese Generation l3eschi'änkten morpho- logischen und physiologischen Veränderungen der Keimbahnzellen in Be- ziehung gesetzt werden. Die an und für sich bemerkenswerte Tatsache ,daß nur eine einzige Art der Reduktion, diejenige durch Vermittlung der Konjugation je zweier Chromosomen sich entwickelt hat, findet eine plausible Erklärung dadurch, daß kein andrer ausgiebiger i) Modus möglich ist. Man hat versucht auch die Zweckmäßigkeit der Chromosomen- reduktion als Erklärung für die Konjugation heranzuziehen. Sie reicht 1) Bei einer Atrophie der Chromosomen (Boveri 1892) ginge die Hälfte der- selben verloren. 23* 350 J- Gelei, aber nicht aus, um alle Erscheinungen verständlich zu machen. Wenn in der Reduktion nur eine zielbewußte Zweckmäßigkeit arbeitete, dann dürften durch ChromosonienverschlejDpungen der Reifeteilungen den Vorkernen keine überzähhgen Chromosomen zuteil werden, wie solche z. B. BovERi in den weiblichen Vorkernen bei Ascaris beobachtet hat. Ein zweclanäßiger Prozeß müßte wohl auch fähig sein, eine didiploide Zahl der Clu-omosomen durch die Konjugation oder die Reifeteilung nicht nur auf die normale, sondern auch auf die haploide Zahl herab- zu setzen. Daß Fehler, die während oder vor der Konjugation gemacht \nn-den (Verdoppelung der Chromosomenzahl) nicht verbessert werden können, spricht gegen eine solche Zweckmäßigkeit. Die Konjugation führt zwar meistens zu zweckmäßigen Resultaten, bewegt sich aber in anormalen Fällen ganz bhndlings auf unzweckmäßigen Wegen. Wer eine bessere Einsicht in die zytologischen Geschehnisse hat, der kann vielleicht die phylogenetischen Möghchkeiten der Entwicklung besser übersehen, als es mh gelungen ist. Darin wird mir aber jeder kritisch denkende Forscher sicher Recht geben, daß die Reduktions- erscheinungen — ebenso wie die Entstehung des Geschlechtes — einer phylogenetischen Betrachtung bedinfen. Unsre Behandlung der Kon- jugationsgeschichte läßt sich Hackers Auffassung über die phylogene- tische Entwicklung der Chi'omosomen (1907) anreihen. Ich wiU schließlich deswegen noch in einigen Sätzen beleuchten, inwiefern man berechtigt oder sozusagen gezwmgen ist füi' die Beurtei- lung der von uns betrachteten Dinge phylogenetischen Wegen zu folgen, und in den Gonozyten überhaupt auf Spuren phylogenetischer Verände- rungen hinzuweisen. Es ist vor allem auf die besonders in den Oozyten frühzeitig auftretende Konjugation und die frühzeitige sekundäre Spaltung der diplotänen Fäden hinzuweisen. Die Konjugation war einmal vor- handen, aber noch nicht frühzeitig, wie sie es heute in den Spermatozyten auch noch nicht ist, weil die sogenannte zweite Wachstumsperiode der Oozyten als eine phylogenetisch sekundäre Erscheinung in die Entwick- lung der weibHchen Vermelmmgszellen eingeschaltet worden ist. Erst dm'ch diese zweite Wachstumsperiode ist die Konjugation weit von ihrem ursprünglichen Platze zurückgeschoben worden und zwar aus dem einfachen Grunde, weil ein Wachstum nur zwischen Konjugation und Reifeteilung eingeschaltet werden kann, vor allem deshalb, weil durch das Ei'reichen der Konjugationszeit das Entstehen der für das Eiwachs- tum nötigen Chromatinmassc bedingt ist. Wähi'end der Vorbereitung zur Konjugation werden ja die Chromosomen aus dem ruhenden Kern entwickelt, der vorher sein normales Wachstum erfalu*en hat. Die Chi'O- Weitere Studien über die Oogenese des Dendiocoehun lacteum. III. 351 matinmenge der sich bildenden Chromosomen entspricht somit einer Zelle die der Teilung entgegen geht und ist, da statt der Zellteilung die Konjugation einsetzt als doppelt zu bezeichnen. Deshalb müßten wir eigentlich nicht von einer frühzeitigen Konjugation, weil diese rechtzeitig ist, sondern von einer hinausgeschobenen Teilung sprechen. — Für die sekundäre Herkunft der zweiten Eiwachstumsperiode finden wir einen schlagenden Beweis bei Schleif (1909, S. 402, 421) in der Sper- matogenese eines Ostracoden der Notodromas monacha. Schleip hat die Auflösung oder Zerkörnelung der konjugierten Clu-omosomenpaare nach der Konjugation beschrieben, eine Erscheinung, die sonst nur für die zweite Wachstumsperiode vieler Eizellen bezeichnend ist. In Ana- logie mit den Eizellen ist füi' diese Ostracodenspermatozyten nach Schleif charakteristisch, daß sie auffallend groß sind. Ich glaube, dieser Fall zeigt uns über jeden Zweifel erhaben, daß die zweite Wachstumsperiode der Oozyten nm* sekundär in die Phylogenese eingeschaltet ist. Wir müssen den abortiven Charakter der drei weiblichen Schwester- zellen oder Richtungskörper auch als phylogenetische Veränderung be- trachten. Sie können nicht befruchtet werden, wogegen gewöhiiHch alle vier männlichen Schwesterzellen (Spermatiden) befruchtungsfähig sind. Eine phylogenetisch aufgetretene Veränderung ist auch das Unterdrücken der zweiten Reifeteilung bei den obhgat parthenogenetischen Tieren. Dagegen tritt die erste Reifeteilung der Spermatozyten der Bienen, wo keine Chromosomen geteilt werden, als eine phylogenetische Reminis- zenz auf. Bei den Spermatozyten sind entsprechend dem Charakter des Entwicklungsganges die zwei Reifeteilungen, da sie Zellteilungen im ursprünglichen Sinne geblieben sind, und alle vier dabei ent- stehenden Zellen sich weiter entwickeln, viel zu stark ausgeprägt, als daß sie so einfach auszuschalten wären, wie bei den weiblichen Ge- schlechtszellen. b c) Lundegards Theorie über die dualistische Verteilung des Chromatins oder »Karyotins«. Erst nachdem ich meinen obigen Versuch einer phylogenetisch-kausalen Erkläi'ung des Konjugations- und Reduktionsprozesses ausgefühi-t hatte, ist meine Aufmerksamkeit auf eine äußerst einfache Theorie Lundegardhs (1912) gelenkt worden, die sowohl die typische wie die heterotypische Teilung unter einen Hut bringen will, indem Lundegardh als eine generale Regel den Satz aufstellt, »daß im Karyotin eine ausgesprochene Tendenz herrscht, ,ähnMchc' — solche sind die konjugierenden Chromosomen — oder ,identische' Spalthälften- clu'omosomensubstanzen duahstisch anzuordnen« (1912, S. 320). In seinen gut durchdachten Ausfühi-ungen geht Lundegardh von 352 J. Gelei, der Tatsache aus, daß bei manchen Pflanzen und Tieren schon an den Telo- oder Anaphasechromosomen eine Spaltung beobachtet worden ist, so daß schon der Ruhekern mit dualistischer Verteilung der Einzelchromo- somen aufgebaut wird. Er und manche andre Forscher beobachteten dementsprechend auch in Ruhe- oder Interphasekerneni) dualistisch er- schienene Chromatinkörper (Doppelfädenschhngen oder geteilte Karyo- somen). Aus diesen und ähnlichen Beobachtungen zieht er den über- raschenden Schluß, daß die in den Prophasen doppelt angelegten Spirem- bänder nicht als spaltende Chromosomen sondern auch als sich paarende identische Chromosomenhälften aufzufassen seien (1912, 313—314, 317, 318). Durch Deduktion kommt Lundegardh zu der Auffassung, daß »man bei der vegetativen Teilung Gleichheitszeichen zwischen , Paarung' und jSpaltung' setzen kann« (1912, S. 317). Die dualistischen Tendenzen oder lü'äfte selbst sind spezifische Eigenschaften der Cliromosomen- substanzen. 1914 faßt Lundegardh seine Theorie kiu'z und deutlich folgendermaßen zusammen: »Ich nehme also wie damals an, daß im Karyotin eine ausgesprochene dualistische Tendenz besteht, die einen solchen morphologischen Ausdi'uck nimmt, daß alle ,Erscheinungsformen' des Karyotins gern Doppelanordnungen (Spaltungen, Paarungen) an- nehmen. Diese dualistische Tendenz bezieht sich aber nur auf identische oder einander sehi" ähnUche ,Karyotinsubstanzen' .... Deshalb sind die Chi'omosomen gespalten und deshalb paaren sich »homologe« Chromo- somen der beiden Elternkaryotine. Denn die beiden Hälften eines Chro- mosoms sind identisch und zwei homologe Chromosomen von je einem Elternpaar sind einander sehr ähnlich. NormalenfaUs paaren sich nur die identischen Substanzen: Dann haben wir typische Teilung. In bestimmten Geweben paaren sich statt dessen, oder besser außerdem die einander sein- ähnlichen Substanzen: Dann tritt heterotypische Teilung und Re- duktion ein« (S. 150). "Was das Nähere anbetrifft verweise ich auf die interessanten Ausfühi'ungen der Originalarbeiten 1912 (S. 309—323) und 1914. Die Theorie von Lundegardh ist so suggestiv und einfach gefaßt, daß ich mich ihr nach dem ersten Lesen rückhaltlos anschließen und meinen obigen phylogenetisch-kausalen Erklärungsversuch streichen wollte. Ihre Vorzüge bestehen in ihrer Einheitlichkeit und Einfachheit: sie will mit einem allgemeinen Gesetz der duaUstischen Verteilung des Chromatins gleichzeitig die tj^pische wie auch die heterotypische Teilung der Chromosomen verständhch machen. Diese Grundanschauung findet ^) Als Interphasekerne werden solche Ruliekerne bezeichnet, die in der Vermeh- rungsphase der Zellen auftreten. Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. III. 353 sowohl in der Paarung als auch in der Spaltung der Chromosomen ihren Ausdruck. Meine Ausführungen gehen dagegen historische Wege, wo es äußerst schwer, vielleicht unmöghch ist, Beweise zu erbringen. Lunde- GARDH betrachtet den Dualismus als etwas von vornherein Gegebenes und will durch vergleichende Betrachtung der mikroskopischen Befunde Beweise dafür liefern. Ich schreibe den Clu'omosomen mit andern For- schern einen hohen Grad von Individualität zu und nehme zur Konju- gation einen identischen Grund wie zu der der Vermehrungszellen oder der Protisten an, dabei betrachte ich den heutigen Zustand als ein End- resultat einer Entwicklung und versuche die andern angenommenen Kon- jugationsmodi in eine Entwicklungsreihe einzuordnen. Ich ließ aber meinen Erklärungsversuch nicht fallen weil ich nach näherer Überlegung in Lundegardhs Theorie nicht alles so weit in Ord- nung fand, daß alle andern Interpretationen unmöghch oder überflüssig wären. Die Theorie hat vor allem keine breite Basis. Die angeführten Telo- oder Anaphasenspaltungen kommen doch zu vereinzelt vor, als daß man sie verallgemeinern dürfte. Sie geben eine zu geringe Grundlage für die Behauptung, daß die dualistisch angelegten Prophasenschleifen sowohl paarende wie spaltende Fäden sind. Wenn in der überwiegenden Mehr- zahl der Fälle die Verdoppelung wirklich nur in späten Prophasen eintritt, so kann dies nach meiner Meinung im allgemeinen nur als Spaltung be- trachtet werden; ich kann also für die typischen Mitosen keinesfalls ein Gleichheitszeichen zwischen Spaltung und Paarung machen. Nicht ein- mal, wenn die telophasische Spaltung der Chromosomen eine ausnahms- lose Erscheinung wäre, wüi'de ich für zwingend bewiesen halten, daß das dualistische Erscheinen der Spiremchromosomen als eine Paarung der Hälften zu bezeichnen wäre. Dieses dualistische Erscheinen wäre vielmehr für das BovERische Gesetz der Chromosomenentstehung ein strikter Beweis. Boveri hat schon 1888 und wieder 1909 an Ascaris bewiesen, daß dort, wo ein Chromosom in den Gerüstzustand übergeht, wieder ein neues entsteht. In den FäUen von Lundegardh würde es also heißen, daß dort, wo dualistisch zwei Chromosomenhälften in ein Gerüst eingehen, bei der Chromosomenrekonstruktion wieder zwei Hälften erscheinen. Ich halte es nicht für bewiesen, daß in diesem Falle die Teilchen des während der Kernruhe aufgelösten Chromatins von einer dualistischen Kraft, einer Paarungstendenz identischer Chi'omatinteilchen nach Lundegardhs Worten wieder in einem doppelt angelegten Chromo- som vereinigt werden. Es kann auch eine monistische Kraft des Mutter- chromosoms wirksam sein, die verhindert, daß Chromat inpartikelchen 354 J. Gelei, einem fremden Chi'omosom sich zugesellen. — Wie eine dualistische- Ver- einigung des Chromatins der aufgelösten Spalthälften in der Prophase, nimmt Lundegardh auch eine präsynaptische, d. h. im Gerüstzustand ausgeführte Paarung von Ganzchromosomen an, wo die Teilchen der homologen Cln*omosomen durch die wachgerufene duahstische Konju- gationskraft genau so zusammentreffen sollten, wie in dem eben dis- kutierten Fall die identischen Chromosomenhälften. Könnte das wii'k- lich geschehen, dann wäre tatsächlich eine weitgehende Übereinstimmung zwischen Paarung von Ganzchromosomen und duahstischem Anlegen von Chromosomenhälften vorhanden. Es ist aber schwer vorstellbar, wie auf- geweichte rauhe Teile zweier voneinander im Kermaume getrennt und entfernt aufgelöster homologer Clu^omosomen durch das Gewirr des Ge- rüstes einander treffen können. Wenn letzteres ausführbar wäre, wozu dann das äußerst frühzeitige Aufgeben des Kernruhestadiums, wozu das monate- oder jahrelange Bestehen von Chromosomen, wenn nicht die Chi'omosomen selbst es sind, denen erst eine Paarung möglich ist? Auch die beobachtete Ai't der Konjugation sieht anders aus als die Anlage doppelter Chromosomen in der Prophase. Die Hälften der Prophasen- chromosomen liegen immer dicht nebeneinander und können auch ver- schmelzen, die konjugierenden Ganzchromosomen aber liegen, wie wii* das bei Dendrocoelum gesehen haben voneinander entfernt und getrennt und ihre Partien können auch nach der Konjugation im Schistonema- zustand sich voneinander entfernen. Wenn wir außerdem die umständ- lichen Prozesse, die durch verschiedene Kräfte bewh'kte Vorbereitung der Konjugation, die Struktm' und die inneren Veränderungen in den Konjuganten in Erwägung ziehen, die alle bei einem duahstischen An- legen der Prophasechi'omosomen fehlen, so ist eine Vergleichung der beiden Vorgänge noch schwieriger. Der Begriff der Konjugation wird, wenn wh ihn mit der dualistischen Verteilung des Chromatins gleich- setzen, meiner Meinung nach, seines Inhalts beraubt. Ei* wird eben so leer, wie der Begriff der Paarung der Organismen, wenn wir sie bloß als duahstische Tendenz bezeichnen wollen. In den beiden Prozessen der Spaltung und der Paarung der Chi*omo- somen ist die topographische Lage der Hälften gleich, man ist aber nicht berechtigt, daraus auch auf eine Gleichheit der physiologischen Vorgänge auf eine duahstische Verteilung des Chromatins zu schheßen, denn, wie ich das bei den Einwänden gegen die Längskonjugation ausgefühi't habe, handelt es sich hier um Prozesse, die in zwei verschiedenen Richtungen ablaufen, wo nicht die Endi-esultate, wie das Lundegardh (1912, S. 316, 317) behauptet, gleich sind; es ist nm* der Ausgangspunkt der Chromo- Weitere Studien über die Oogenese des Dendxocoelum lacteum. III. 355 somenteilung auf der einen Seite dem Zustande der Beendigung der Kon- jugation auf der andern ähnlich. Die Konjugationski'aft ist dadurch überhaupt nicht erklärt, wenn wu: sagen, daß sie eine dualistische lü'aft sei. Lundegardh will dies damit beweisen, daß immer nur zwei und nie mehrere Chromosomen miteinander konjugieren. Ein solches Argument aber ist deshalb nicht zwingender Natm*, weil die Clu'omosomen ohnehin nur paarweise homolog d. h. gleich abgestuft sind, so daß überhaupt immer nur zwei Chi'omosomen konjugieren können. Ich verweise auf meine Beobachtungen an Dendro- coelum und die dort zitierten Angaben andrer Autoren. Wir sehen also, daß die paarweise Vereinigung nicht auf dualistische Kräfte zurück- gef ühi't zu werden braucht. Wie der eklatante Fall unsrer Fig. 57 (Studie II), wo nur zwei Chi'omosomen übrig blieben, beweist, macht schon die Ver- schiedenwertigkeit der Clu'omosomen eine Konjugation von mehi" als zwei Chi'omosomen unmöglich. Zusammengefaßt: Das Gresetz der dualistischen Verteilung bezieht sich nm* auf die Einzelchi'omosomen und im allgemeinen auf die typische Teilung. Die dualistische Anlage von Chromosomen in der Prophase, die schon in der Telophase gespalten waren, kann auch dmxh Boveris Er- haltungsgesetz verständlich werden, und daher brauchen wü* hier keine Paarungstendenzen anzunehmen. Die Konjugation je zweier Chromo- somen braucht nicht auf dualistischen Kräften zu beruhen, sie kann auch durch die Verschiedenwertigkeit und innere Heteropolie der Chromo- somen gesichert werden. Wenn wir die Konjugation als eine bloße dualistische Verteilung des Chromatins bezeichnen, so sagen wir damit zu wenig. c. Die Symmetrie der Chromosomen. , Mit der Konjugation der Clu-omosomen hängt eine Detailfrage über die Konstitution der Chromosomen eng zusammen, jene nämhch, ob die Seite, mit der die Konjuganten verkleben, von vornherein gegeben ist, oder ob die Chi'omosomen an behebiger Stelle ilu*er Oberfläche, wo sie sich zufällig berülu'en, konjugieren können. Wenn diese Frage klein- lich auszusehen scheint, mag man an die Symmetrie und Asymmetrie von molekularen Konstitutionen denken. Ich wiU an ilu' hauptsächhch darum nicht vorbeigehen, weil sie in Zusammenhang mit der Rolle der Cliromo- somen in der Mitose steht. BovERi hat zm- Erkläi'ung der in der Mitose immer nur zweiseitigen Besetzung der Chromosomen mit Zugfasern eine polare Differenzierung der Chromosomen angenommen. Die Schleifen haben darnach zwei Pol- 356 J. Gelei, Seiten, an denen Fasern ansetzen können, damit ist aber auch die Konjugationsebene bestimmt. Dies nämlich beweist uns das Ver- hältnis der Konjugations- und Spaltungsebene in den Einzelchromosomen. Wir wissen, daß die beiden Ebenen immer senla-echt zueinander stehen. Sie sind die Ursache für die kreuzweise Vierteilung der Gremini. Es sind also die Chromosomen schon vor der Teilung symmetrisch aus einer rechten und linken virtuellen Hälfte, aus den späteren Tochterchromosomen, aufgebaut, die später in der Äquatorialplatte voneinander getrennt wer- den. Bei der Konjugation dient, wie das auch zu erwarten ist, eine auf dieser Symmetrieebene senki'echt stehende Fläche zur Verklebung. Es beteiligen sich dadurch beide Hälften beide Tochterteile des Ganzchromo- soms an der Konjugation. Und das ist ein äußerst wichtiges, tief bedeut- sames Moment einmal füi* die Beurteilung de?" Baues der Chi'omosomen, anderseits des Wesens der Konjugation. Wenn dies Avü'klich der Fall ist, so ergibt sich die interessante Folge, daß die Einzelchromosomen der Paai-e in der heterotypischen Teilung nicht ilu"e sonst für die Anheftung der Radien bestimmte Polseite gegen die Teilungszentren kehren können. — Es wäi*e also an geeigneten Ob- jekten mit dicken Chromosomen zu prüfen, an welchen Seiten der Chromo- somen sich in den heterotypischen Teilungen der reifenden Geschlechts- zellen die Zugradien ansetzen. Wenn die Zugsfasern sich an die Chromo- somen in der Spaltungsebene (in homoiotypischem Sinne) anheften, dann wäre zu schließen, daß die Konjugationschromosomen der Oo- und Sper- matozyten — nicht ganz ohne Ausnahme — füi* die ansetzenden Zug- radien unipolar geworden sind und sich dadurch von den Chi'omosomen andrer Zellen unterscheiden. Diu-ch diese Ai*t von Unipolarität können wir vielleicht verstehen, daß die Geschlechtschromosomen in der für die .heterotypische Teilung zu dem einen Pol, manchmal den Autosomen vorauseilend, sicher hingezogen werden und nie von beiden Polen er- griffen als unteilbare Gebilde in der Äquatorialebene ziu-ückbleiben. d. Die Art und Weise der Beifeteilungen. In engem Zusammenhang mit der Konjugationsfrage steht die Ai't und Weise der Reifeteilungen. Es handelt sich darum, welche von ihnen reduktioneil und welche äquationell sind, welche Ganzclu'omosomen und welche ChromosomenhäKten voneinander trennen. Weil für eine be- schränkte Zahl der Chromosomen, nämlich f üi- die Geschlechtschromosomen feststeht, daß sie beide Teilungen zur Reduktion benützen können, wäre diese Frage zu diskutieren vielleicht überflüssig, weil man dasselbe auch für die Autosomen annehmen könnte. Die Geschlechtschromosomen Weitere Studien über die Oogenese des Dendrococlum lacteuni. III. 357 ^o spielen jedoch in vieler Hinsicht eine so exzeptionelle Rolle, daß man nicht ganz berechtigt ist, Schlüsse von diesen auf die Autosomen zu über- tragen. — Wenn man bedenkt, daß die Konjugation eine gewisse Zeit für sich beansprucht, und wenn man die Tatsache in Ei'wägung zieht, daß die Konjuganten in den Doppclchromosomen des Schleifenbuketts wie ge- wöhnUche Chromosomen eine äquationelle Längslichtung aufweisen, dann mochte man erwarten, daß die Spaltung, die nach dem Bukett die Doppel- chromosoraen l)einahe der ganzen Länge nach, in zwei Hälften trennt, äquationell ist, und nicht der Konjugationsebene entspricht. Diese An- nahme wäre um so wahrscheinlicher, als in diesem Falle die Konjugation innerhalb der Spalthälften länger dauern könnte und die zwei vorwärts- schreitenden Prozesse (Vereinigung je zweier Chromosomen, eingeleitete Spaltung der Paarenkomponenten) nicht nach kurzer Zeit schon wieder rückgängig gemacht würden. Dendrocoelmn ist zur Entscheidung dieser Möglichkeiten um so günstiger, als hier die chalastosyndetischen Chi-omo- somen während der ganzen zweiten Wachstumsperiode unverändert fortbestehen und sich in die Äquatorialplatte einstellen. Die Tatsachen entsprechen aber der theoretischen Erwartung nicht. Ich habe nämlich nie beobachtet, daß die sekundäre Längslichtung an Helligkeit die Stärke der Konjugationsebene erreicht hätte. Sie war immer schwächer und verschwand schon vor der Spaltung vollständig. Es gelang ganz sicher festzustellen, daß die Spaltung an der Stelle der Konjugationsebene auf- tritt. Im Dendrocoeliim werden also Ganzchromosomen voneinander getrennt und in der ersten Reifeteilung entfernt. Die erste Reifetei- lung ist die Reduktionsteilung. Es scheint also, daß die Konjugation für die Spaltung der Einzel- chromosomen kein günstiger Zustand ist, im Gegenteil zur Behinderung derselben führt. Hier weise ich auf den interessanten Fall von Artemia nach Fries hin, wo in den parthenogenetischen Eizellen keine Konju- gation vorkonmit, und wo — vielleicht gerade deshalb — an sicher Uni- valenten Chromosomen eine Spaltung sehr frühzeitig auftritt, und auch nicht rückgängig gemacht wird, wogegen eine sekundäre Spaltung der konjugierten Chromosomen andrer Tiere bald verschwindet. Wäi'c weiterhin die Spaltung, die zu den chalastosyndetischen Figm-en fülu't, eine gewöhnliche Chromosomenspaltung, und damit die erste Chro- mosomenteilung einer gewöhnlichen Mitose gleichzusetzen, so würden daraus verschiedene Schwierigkeiten entstehen, die mit unscrn Vorstel- lungen über die Teilungserscheinungen der Chromosomen nicht vereinbar wären. Bei den normalen Teilungen erfalu'cn wii" überall, daß die Chromo- 358 J. Gelei, somen sich nur spalten können, und dann als eng pai'allele DoppeUäden beieinander bleiben, bis neue Faktoren, die Zugsradien, das Auseinander- gehen nicht veranlassen. Fehlt die Wirkung der Zugfasern, oder ist sie nur einseitig (Monaster), dann bleiben die Spalthälften nebeneinander. Eben deswegen bekommen wh den lange bestehenden Schistonemen ähnhche (diakinetische Figuren) in gewöhnlichen Teilungen nie zu Gesicht. Wenn aber Ganzchromosomen zur Konjugation zusammengetroffen sind, ist es selbst verständhch, daß sie sich als Individuen auch ohne Zugsfasern trennen können i). Es sprechen auch weitere Tatsachen dafür, daß die erste Reifeteilung gewöhnlich die Reduktionsteilung ist. Bekannthch können in der Sper- matogenese der Bienen die Chromosomen nur einmal und zwar äquationell geteilt werden, weil hier nur eine einfache Chromosomengarnitur und daher keine Konjugation existiert. Die zwei gewöhnlichen Reifeteilungen wer- den aber doch — wie ich oben schon bemerkt habe: als phylogenetische Reminiszenz — durchgeführt. Der äquationellen regeh-echten Teilung geht eine erste ohne Chromosomenteilung voraus: sie muß also der Re- duktionsteilung entsprechen. In gleicher Weise sind für unsre Auffassung die Drosera-Bastarde von Rosenberg beweisend. Hier sind 10 Paarlinge durch Konjugation der rotutidifolia und longifolia entstanden und 10 einwertige longifolia- Chromosomen übrig geblieben. In der ersten Teilung werden die 10 Doppelchromosomen reduktioneU in ilu'e Komponenten zerlegt. Die übrigen 10 Univalenten aber bleiben ungeteilt und werden nach dem einen der beiden Pole hingezogen oder verbleiben im Zellkörper. Solche Fälle sprechen also daflü', daß die erste Teilung die Re- duktionsteilung ist. Ich wiU damit gar nicht sagen, daß es immer so ist, zumal es Fälle von gemischter Teilung (siehe z. B. Wilson 1902 Lygäus) gibt. ' Die Frage, warum zwei Reifeteilungen existieren müssen, hat v. Kem- NiTZ zu beantworten gesucht, ohne daß ich freilich die Antwort als ge- nügend betrachten kann. Er sagt, »daß die Durchführung von zwei Reifeteilungen gewährleisten soll, daß unter allen Umständen reduziert wird, was natürlich . . . durch nur eine solche Teilung mit Sicherheit nicht erreicht werden kann« (S. 497). Wie wir schon erörtert haben, besteht die Reifung nicht nur in einer qualitativen und einer Zahlen- reduktion. Es ist vielmehr auch eine quantitative, d. h. eine Halbierung ^) Wenn Gregoire die diakinetischen Figuren zugunsten der Längskonjugation heranzieht, so gebe ich Hackers Bemerkung (1907, S. 86 — 87) vollständig recht, daß solche Figuren genau so gut auch durch Faltung entstehen können. Weitere Studien über die Oogenese des Dendiocoelum lacteum. III. 359 ^to jedes Clu-omosomindividuums notwendig, damit dadurch jeder Tocliter- zelle wie in den gewöhnlichen Mitosen nur die Hälfte jedes Chromosoms zustehen werde. Diese Postulate sind unmöglich in einer einzigen Reife- teilung zu erfüllen, daher müssen zwei spezifisch verschiedene Reife- teilungen stattfinden, von denen nicht, wie v. Kemnitz will, die eine die Bedeutung der andern lediglich verstärkt. Wenn in beiden Teilungen eine Zahlenreduktion vorkommt, so ist das — wie ich glaube — nur sekundär eingetreten. 'a^ VIII. Die Bedeutung des Schleifenbukettstadiums. Durch die Tatsache, daß bei Dendrocoelum das Schleifenbukett nicht von vornherein gegeben ist, sondern sich aus einem regellosen Zu- stand der Chi'omosomen entwickelt, ist zugleich die Behauptung zurück- gewiesen, daß dieses Stadium eigentlich nichts Neues, sondern nur eine einfache Wiederholung der RABLSchen Orientierung wäre. Wir können also mit v. Kemnitz sagen, »daß speziell das Bukettstadiuni ein Charakte- ristikum der Reifeteilung der Geschlechtszellen jbildet« (S. 493). Auf die richtige Erfassung der Bedeutung des Schleifenbuketts ist V. Kemnitz gekommen, indem er dieses Stadium in Zusammenhang mit der Vereinigung der Chromosomen bringt. Zwar denkt er nur durch die »Faltung« schon end weise vereinigter Cliromosomen diese Erscheinung ver- ständlich machen zu können, indem er sagt: »Dadurch hat die polare Orien- tierung des Buketts den Zweck, die ursprünglich hintereinander liegenden homolog'ii Chromosomen in der Weise durch Umbiegung einander zu nähern, daß eine völlige oder teilweise parallele Aneinanderlagerung er- möglicht wird« (S. 492). Dagegen glaubt er aussprechen zu dürfen, daß die pai'allele Konjugation das Schleifenbukett unerklärt läßt. Wenn man aber die Synapsis mit dem Schleifenbukett identifiziert, wozu man — besonders bezüghch der älteren Arbeiten, — in vielen Fällen gute Gründe hat, so können wir eigentüch schon in den Worten Boveris von 1904 (S. 74) die Bedeutung dieses Stadiums ausgesprochen finden, wonach die Anhäufung der Cliromosomen an einer bestimmten Stelle des Kernes, das gegenseitige Sichaussuchen und die Vereinigung der homo- logen Chromosomen erleichtere. Auch Winiwarter (1900, S. 105) hat die Bedeutung der Synapsis darin gesucht, daß durch die Kontraktion des leptotänen Knäuels die verschiedenen Teile der Fäden sich einander nähern und miteinander in Berührung kommen. Man kann aber bei Winiwarters Auseinandersetzungen nicht an eine freie Bewegung der Chromosomen denken, weil nach seiner Auffassung zu dieser Zeit noch ein kontinuierlicher Knäuel existiert. 360 J. Gelei, Wie ich es in der Studie II im III. Abschnitt derselben ausgeführt habe, können wir die Krscheinung des Schleifenbuketts auch mit Hilfe der Längskonjugation verständlich machen, wogegen dieses Stadium nur die end-to-end Konjugation unerklärt läßt. Ich wiederhole, daß durch das Schleifenbukett im Interesse der Längskonjugation drei Dinge er- reicht werden: 1. kommen die Chromosomenenden auf einem engen Felde zusammen, 2. werden die Cluomosomenschenkel alle gleich gerichtet, so daß, wenn die Enden aneinander liegen, dadurch unter Umständen auch die parallele Lage der Schenkel gegeben ist, 3. entstehen infolge der Bukett- stellung zwischen den geordneten Chromosomen gangbare Wege, die die Bewegung der fadenartigen Chromosomen ermöglichen. Diese Vorteile des Schleifenbuketts wären allerdings einer Konjugation noch dienlicher, wenn nur das eine Ende jedes Chromosoms nach der Polgegend hingezogen worden wäre. Dazu müßten aber zwei Vorbedingungen erfüllt sein. Erstens, daß nur die entsprechenden homologen Enden angezogen würden, und zweitens müßte der Kerndurchmesser in der Orientierungsrichtung mindestens so lang wie die Fadenchromosomen selbst sein. Diese zweite Bedingung ist nach unsern Kenntnissen in keinem einzigen Falle ver- wirklicht, und daher müßten die nur an einem Ende orientierten Chromo- somen einen unregelmäßigen Verlauf im Kernraum annehmen, wodurch sie sich in der Bewegung gegenseitig sehr behinderten. Darin kann viel- leicht die Erklärung gesucht werden, warum beide Enden der Fäden zu einem Pol hingezogen werden. Es ist nicht leicht zu beweisen, daß die auf der Bukettstellung der Chromosomen beruhenden oben in drei Punkten zusammengefaßten Lagcverhältnissc wirklich zur Unterstützung der Konjugation zustande kommen. — Da die Konjugation immer an den Enden der Chromosomen beginnt, ist soviel als bewiesene Tatsache anzusehen, daß das Schleifen- bukett das gegenseitige Sichfinden der Konjuganten in der Tat herbei- füln-t, daß also im Interesse der Konjugation die Chromosomenenden aus verschiedenen Gegenden des Kernes zusammen getrieben werden. Es ist aber nicht zu beweisen, ob der mehr oder minder hervortretende Paralklismus der Schenkel in der Bukettstellung eine direkt bezweckte oder wie Hacker annimmt, eine zufällige und selbstverständliche Folge der Orientierung ist. Die dritte, durch das Schleifenbukett im Interesse der Konjugation gebotene Begünstiguug, daß nämlich gangbare Wege unter den Schleifen entstehen, ist mit Bestimmtheit als eine Funktions- entsprechende Erscheinung anzusehen, weil die Schleifen in einem be- sonderen sekundären Prozeß unabhängig davon, ob die Enden sich dem Pole zu bewegen, ausgestreckt werden. Weitere Studien über die Oogenese des Dendi'ocoelum lacteiim. III. 361 Durch das Schleifenbukett ist aber die Konjugation selbst nicht herbeigeführt. Es unterstützt nur ilu'en Ablauf. Es ist zwar eine zweckmäßige Einrichtung, die aber, wie wir in der Studie 11 gesehen haben, nicht unter allen Umständen ilu'er Bestimmung gerecht werden kann. Einen Anhaltspunkt für die Zweckmäßigkeit des Schleifenbuketts haben wir auch darin, daß es ausbleibt in Fällen, wo seine Anwesenheit überflüssig wäre, so in den Vermelu'ungszellen parthenogenetisch ent- standener Individuen (z. B. bei Hymenopterenmännchen). Nachdem wir Avissen, daß sich der mitotische Teilungsapparat auch dort ent- wickelt, wo nichts zu teilen ist, z. B. in der Teilung der Spermatozyten I. 0. bei der Honigbiene, wäre es nicht überraschend, wenn auch die Bukettfigur durch Vererbung in solchen Ausnahmefällen noch erhalten wäre. Die Fälle, wo sich kein Bukett entwickelt, lassen sich in drei Gruppen ordnen. Es fehlt: 1. In den Gonozyten fakultativ parthenogenetischer Generationen mit haploider Chromosomenzahl, wo also von Konjugation keine Rede sein kann (Hymenopteren; die haploide Zahl kommt da- durch zustande, daß der parthenogenetischen Generation zwei typische Reifeteilungen vorausgehen). 2. In den Oozyten obligat parthenogeneti- scher Generationen mit normaler Chromosomenzahl, wo also eine doppelte Chi'omosomengarnitur anwesend ist (Br an chyop öden, besonders Clado- ceren, weiterhin Ostradocen und Rotatorien; die normale Chromo- gomenzahl whd dadurch bedingt, daß der parthenogenetischen Generation nur eine äquationelle Reifeteilung vorausgeht.) 3. In Gonozyten von Bastarden, wo die Ai"t- und zugleich Anlagefremden Chromosomen keine Konjugation eingehen (z. B. P^pera-Bastarden nach Federley). Diesen drei Gruppen ist gemeinsam, daß überall nicht nur das Bukett, sondern auch die Konjugation ausfäUt: ein schöner Beweis für die gegenseitige Abhängigkeit beider Erscheinungen. Die oben zusammengestellten drei Gruppen von FäUen zeigen uns klar, daß für das Auftreten des Buketts das harmonische Zusammen- wirken verschiedener Kiäfte nötig ist. Die erste Gruppe zeigt bloß so viel, daß zum Hervorrufen der Bukettfigur beide Clu-omosomengarnituren zugegen sein müssen. Die zweite zeigt, daß die Anwesenheit von zwei Chi-omosomengarnituren allein nicht genügt, sondern die Entwicklung der Bukettfigur und somit auch die Konjugation durch äußere Kj'äfte beeinflußt werden kanni). Die dritte Gruppe fülu-t uns einen Schritt ^) Hier müßten eigentlich zuerst Untersuchungen darüber entscheiden, ob die einzige Reifeteilung der ersten obligat parthenogenetischen Generation äquationell oder reduktioneil ist. 362 J. Gelei, weiter und zeigt klar, daß auch die zweigeschlechtliche Herkunft der Chromosomen zur Herstellung der Bukettfigair noch nicht genügt, sondern daß überdies auch noch je zwei Chi-omosomen homolog sein müssen. Wir kommen damit zu den gleichen Schlüssen, die wir für das Zustandekommen der Konjugation aus dem normalen Tatsachenbestand abgeleitet haben. Daß sie hier auf einer andern Reihe von negativen Befunden im Ver- halten der Bukettfigur beruhen, macht die Übereinstimmung besonders bemerkenswert. Daraus läßt sich wiederum der wichtige Schluß ziehen, daß nicht die Chromosomen durch die Bukettfigur zur Konjugation ge- z^nmgen werden, sondern umgekelu't die Anwesenheit zweier homo- logen konjugationsbedürftigen und konjugationsfähigen Chromosomen lü'äfte auslöst, die das Centriol zur Tätigkeit und damit zur Bukettbildung anregen. Dieser Einfluß kann schon in der Wanderung des Centriols von der Telophasenstellung zum Orientierungspol bestehen; sicher ist auf ihn die Ausführung der Orientierung zurückzuführen. Auf diesem Gebiete sind aber noch viele Wege unerforscht und auch die untersuchten wegen der Schwierigkeit der Beobachtung nicht ein- gehend genug durchgearbeitet: so z. B. das Verhalten der nicht konju- gationsbedürftigen und partnerlosen (oder in vielen Fällen auch die der paarigen) Geschlechtschromosomen. Diese machen die Erscheinungen des Buketts (Verlängerung zu langen Fäden, Entwicklung einer chro- miolaren Struktur, Orientierung) meistens nicht mit. Es wäre interessant zu wissen, ob dieses Verhalten ein inneres Charakteristikum der betreffen» den Chromosomen ist, so daß sie von den wirkenden Ki'äften nicht be- troffen werden, oder darin zu suchen ist, daß wirkende Ki'äfte für sie nicht entstanden sind. Es wäre für uns gleichfalls wichtig zu wissen, ob in allen jenen Fällen, wo eine Bukettfigur wegfällt, besonders in den Bastarden, zugleich auch die fädige Verlängerung und die Körnchen- struktur der Chromosomen wegbleibt. Wir dürfen uns von der Erforschung dieses Gebietes, von der Aus- sprache hypothetischer Annahmen dadurch nicht abschrecken lassen, daß dazu nach Wassermanns Ausdruck (S. 88, 89) »rätselhafte lü-äfte« und »rätselhafte Vorgänge« in die Gonozyten verlegt werden müssen, die früher und überhaupt in somatischen Mitosen nie tätig waren. Die Wissenschaft muß allerdings möglichst einfache Lösungen der Probleme suchen; es ist aber nicht wissenschaftUch, manche Erscheinungen darum nicht akzeptieren zu wollen, weil sie kompHziert und rätselhaft sind und uns nicht eine Wiederholung schon bekannter Vorgänge darstellen. Be- sondere, den Chromatinelementen im allgemeinen nicht zukommende Qualitäten und Wechselbeziehungen« unter den Chromosomen der Oo- Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. III. 363 und Spermatozyten hat schon Hacker (1902, S. 378) angenommen, wozu er sich durch die Paarung der Spalthälften in der Telophase der ersten Reifeteilung gezwungen fühlte. Ich habe die Abfassung auch dieser Studie III schon bei Boveri in Würzburg begonnen; größtenteils habe ich aber die Arbeit im Institute des Herrn Professors Apathy zu Kolozsvär ausgeführt. Ich spreche meinem hochverehrten Chef, Herrn Professor Apathy, auch an dieser Stelle warmen Dank für das rege Interesse und die vielen Ratschläge aus, womit er meine Arbeit befördert hat und besonders dafür, daß er mir als Chef eine zweijährige Studienreise ermöglicht hat. Besonderer Dank gebührt auch Herrn Professor Baltzer zu Würzburg. Zusammenfassung. 1. Ausgehend von dem Namen: Syndesis, der von Hacker für die Bezeichnung der Konjugation eingeführt worden ist, unterscheide ich in den Oo- und Spermatozyten eine Präsyndesis und eine Syndesis. Letz- tere wird nach dem Grad der gegenseitigen Beziehung der Chromosomen in eine Eusyndese und Chalasthosyndese (statt Diakinese) eingeteilt. Die Fadenpaare der Chalasthosyndese nenne ich Schistonemen. 2. Aus Vergleichen geht hervor, daß der Ruhekern in den Dendro- coelum-OozytQu in ähnlicher Weise gebildet wird, wie bei den nach Rabls bzw. BovERis Untersuchungen bekannten Schulobjekten, bei der Sala- manderhaut und den ^scms-Blastoraerenkernen, wogegen Schreiners bei Tomofteris ein abgekürztes Verfahren beobachteten. 3. Schreiners haben bei Tomopteris ein von vornherein gegebenes Schleifenbukett beschrieben, wogegen dasselbe im Dendrocoelum, wie das die Punkte 4—7 der Zusammenfassung der Studie II lehren, durch einen besonderen Entwicklungsprozeß entsteht. An der Ausfülu-ung der Orien- tierung nimmt zuerst eine diffuse, später aber von dem Centrosom aus- geübte zentrierende Kraft teil. 4. Die Zahlenreduktion durch Chromosomenkonjugation ist zuerst von Henking 1890 ausgesprochen worden. Nach Rückerts Auffassung, der sich manche Forscher angeschlossen haben, sprach man gegen die Mitte der Neunziger Jahre auch von einer Reduktion durch Segmentation eines kontinuierlichen Knäuels in die haploide Zahl. Die endweise Ver- einigung beschreibt zuerst Montgomery 1900 und 1901, die Längskon ju- ArchiT f. Zellforachung. XVI. 24 364 J. Gelei, gation WiNiWARTER. MoNTGOMERY (1903, 1904), weiterhin Farmer und Moore (1903, 1904) stellen bald die Theorie der Faltung, d. h. die der indirekten Längskonjugation auf. Die ersten wirklichen Beobachter eines Konjugationsmodus sind Schreiners, die an verschiedenen Tieren eine Längskonjugation der Chromosomen feststellen. Theoretisch genommen spricht nichts gegen diese Konjugations- möglichkeiten. Ja, es ist phylogenetisch sehr leicht möghch, daß — even- tuell durch Vermittlung der haploiden Segmentation — zuerst eine end- weise Vereinigung, später eine Faltung der so verklebten Gebilde und erst zuletzt eine direkte Längskonjugation unter den Chromosomen hervor- getreten ist. 5. Die Zahlenreduktion erklärt nicht erschöpfend die Längskonju- gation. Wir müssen derselben außerdem auch eine hohe vererbungsge- schichtliche Bedeutung zuschreiben,, indem durch diesen Prozeß ein mikroskopisch nachweisbarer, aber auch submikroskopisch durchführ- barer Austausch von Chromosomenteilen und infolgedessen eine Qualitäten- mischung stattfinden kann. 6. Greschlechtschromosomen brauchen d'ese Qualitätenmischung nicht, daher konjugieren diese außerhalb des Schleifenbuketts und der Zahlen- reduktion wegen auf sehr kurze Zeit. 7. Bezüglich Dendrocoelum konnte nachgewiesen werden, daß ge- mäß MoNTGOMERYS Annahme in jedem Chi'omosomenpaar je ein väter- liches und ein mütterliches Element untereinander konjugiert, und daß diese nach Suttons Auffassung essentiell gleiche, die Summe der Paare dagegen paarweise qualitativ verschiedene Chromosomen repräsentieren. 8. Doch konjugieren auch essentiell verschiedene Chromosomen, dieselben sind aber Träger des Geschlechtes — also vererbungsgeschicht- lich doch nahe Verwandte und außerdem — wie oben unter Punkt 6 be- merkt — ist ihre Konjugation von exzeptioneller Art. 9. AUe Einwände, die gegen die Längskonjugation von verschiedenen Forschern erhoben worden sind, werden durch meine Befunde an Dendro- coelum hinfällig, u. a. auch jener, daß den Chromosomen sowohl die Mög- lichkeit wie die Fähigkeit zur Bewegung fehle. 10. Die Oo- und Spermatozyten sind den Somazellen gegenüber- zu stellen ; sie sind keineswegs besonders differenzierte Zellen des Organis- mus. Sie sind ja differentiert — besonders männlicherseits — , aber nicht als Glieder des Organismus, sondern als neue Individuen als Anlagen eines neuen Organismus, daher müßten wir sie statt differentiert eher besonders organisiert nennen. Die Oo- und Spermatozyten kann man höchstens Weitere Studien über die Oogenese des Dendrocoelum lacteum. III. 365 mit indifferenten Zellen des Organismus so auch mit ihren Vorahnen in der Keimbahn vergleichen, aber auch so ergeben sich eine Menge von Unterschieden. 11. Die Chiomosomcn zeigen außerhalb der Geschlcchtschromosomen keine Unterschiede nach dem Geschlecht; in der Konjugation ist also nicht die väterliche und mütterliche, sondern die zweielterliche, also die zweiindividuelle Herkunft der Cliromosomen das wichtige Moment. 12. Das Anwachsen des Chromatinmaterials führt gewöhnlich zur Teilung der Chromosomen, es kann also nicht als ad hoc auftretende Ur- sache der Chromosomenkonjugation angenommen werden, wie es Wasser- mann will. Auch damit, in der Konjugation bloß die Erfüllung einer dua- listischen Tendenz zu sehen, wie Lundegardh meint, ist wenig gesagt. Der Konjugation können w^ir höchstwahrscheinlich auf phylogenetischem Wege näher treten und als eine Ursache dafüi- einen identischen Grund mit der Konjugation der Vermehrungszellen annehmen. Zunächst wird die Konjugation immer durch den zu dieser Zeit wachgerufenen Konjugations- trieb durchgefülirt. 13. Die Konjugationsebene ist schon voraus bestimmt, weil sie senk- recht auf der Spaltungsebene der Einzelchromosomen steht. Dadurch ist zugleich ermöglicht, daß beide Tochterchromosomen an der Konju- gation teilnehmen. 14. Aus negativen Befunden an Ausfall von Bukettfiguren und Clu"omosonienkonjugationen erhellt, daß die inneren Bedingungen zu dem Erscheinen einer Kokardefigur: eine doppelte Chi'omosomengarnituj-, die vererbungsgeschichtHche (essentielle) Gleichheit je zweier Chromosomen und das Aktivwerden des Centrosomas sind. Wenn auch jeder dieser Faktoren vorhanden ist, so können äußere Kräfte — wie das die obligat- parthenogenetischen Eizellen lehi*en — doch die Gestaltung der Bukett- figuren unterdrücken. Literaturverzeichnis. Apathy, St., 1908. Fixierbar keit und Färbbar keit als Zeichen der Veränderung des physiologischen Zustandes. 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Die Chromatinreifung der Geschlechtszellen des Zoogonus mirus Lss. und der Primärtypus der Reduktion. Arch. f. Zellf. Bd. IL S. 348—370. 6 Textfig. Taf. XXIV— XXV. Gregoire, V., 1905. Les resultats acquis sur les cineses de maturation dans les deux rögnes I. Mem. La Cellule, Tom XXII. p. 221—376. 147 Textfig. — 1906. La structure de l'616ment chromosomique au repos et en di\'ision dans les cellules vegetales (Racines d'Allium). La Cellule. Tom. XXIII. p. 311 — 355. 3 Fig., PI. I— IL — 1910. L*unit6 essentielle du processus meiotique (Second Memoire) La Cellule. Tom. XXVI. p. 223—422. 145 Fig. Hacker, V., 1902. Über das Schicksal der elterlichen und großelterlichen Kcrnanteile. Morphologische Beiträge zum Ausbau der Vererbungslelire. Jen. Zeitschr. f. Nat.-Wiss. Bd. 37. S. 296—400. 16 Textfig., Taf. XVII— XX. — 1907. Die Chromosomen als angenommene Vererbungsträger. Eig. u. Fortschr. d. Zool. Bd. I. 1909. S. 1—121. 43 Textfig. — 1910. 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Es gibt keine parallele Konjugation der Chromosomen 1 Antwort an Herrn und Frau Schreiner auf ihren Artikel »Gibt es eine parallele Konjugation der Chromosomen?«. Arch. f. Zellf. Bd. L S. 612— 619. — 1911. Chromosomenlängen bei Salamandra, nebst Bemerkungen zur Individualitäts- theorie der Chromosomen. Arch. f. mikr. Anat. Abt. II für Zeugs.- imd Ver- erbsgl. Bd. 77. S. 273—300. Taf. XI, XII. MoENKHAus, W. J. , 1904, The development of the hybrids between Fundulus hetero- clitus and Menidia notata with especial reference to the behavior of the ma- ternal and paternal Chromatin. Amer. I. Anat. Vol. 3. S. 29 — 66. 4 PI. MoNTGOMERY, Th. H. jr., 1901 a. The spermatogenesis of Peripathus (Peripatopsis) balfouri up to the formation of the spermatid. Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. und Ontg. Bd. 14. S. 277—368. PI. 19—25. — 1901 6. A study of the chromosomes of the germ cels of Metazoa. Transact. of Americ. Phil. Soc. Vol. 20. N. S. PI. 2. p. 154—236. PI. 4—8. — 1903. 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Es sollten zunächst die somatischen Mitosen genau untersucht und die Zahl der Chi'omosomen bei beiden Geschlechtern festgestellt, hierauf die Reifung der Geschlechtszellen studiert und die Abweichungen im Teilungsmodus bei Zellen aus pathologischen Geweben von dieser Basis aus konstatiert werden. Dieses Ziel konnte, um es gleich vorweg zu sagen, nicht erreicht wer- den. Vor allem deshalb, weil ich die Arbeit persönlicher Umstände halber frühzeitig abbrechen mußte und in den nächsten Jahren wohl kaum Ge- legenheit haben werde, sie fortzusetzen. Wenn ich gleichwohl die unvollständigen Resultate meiner Unter- suchungen veröffentliche, so bestimmt mich dazu vor aUem der Umstand, daß über die so wichtige Frage der Teilung somatischer Zellen beim Men- schen nur ältere und recht sparsame Angaben in der Literatur vorliegen, daß über die Anzahl der Chromosomen in menschlichen Samenzellen die widersprechendsten Angaben gemacht wurden, daß alle diese Zahlen an Schnittpräparaten gewonnen wurden, was immer die MögHchkeit offen läßt, daß Kerne zerschnitten oder Chromosomen herausgerissen wurden, während meine Resultate ausnahmslos aus der Beobachtung ganzer unverletzter Zellen abgeleitet wurden und daß mir schließlich, dank dem freundlichen Entgegenkommen Prof. Kolmers^) ein besonders gutes Untersuchungsmaterial zur Verfügung stand, wie es für derartige Untersuchungen nicht jedermann leicht zugänglich ist. ^) Es sei mir erlaubt, an dieser Stelle Herrn Prof. W. Kolmer, durch dessen weitest- gehende Unterstützung das Zustandekommen dieser Arbeit ermöglicht wurde, meinen herzlichsten Dank auszusprechen. 372 T. Rappeport Über normale somatische Mitosen beim Menschen gibt es, soweit mir die Literatur bekannt ist, nur eine einzige besondere Arbeit von Flemming aus dem Jahre 1898, wenn man von seinen wenig ausführüchen Bemerkungen über Kernteilungen beim Menschen in einer früheren all- gemeineren Darstellung 1881 absieht. In dieser Publikation befaßt er sich mit der Chromosomenzahl beim Menschen, die er an vier Mitosen aus einem Schnittpräparat vom Corneaepithel mit annähernd 24, jeden- falls mehr als 22, weniger als 28 feststeht. Schon vorher hatte Hanse- mann (1890, 1891, 1893) im Anschluß an seine Untersuchungen über pathologische Mitosen auch normale Zellteilungen in verschiedenen Ge- weben Erwachsener beschrieben. Er findet in den Teilungsfiguren der einzelnen Gewebe im allgemeinen weniger Unterschiede als in den Ruhe- kernen derselben, nur in der Länge und Dicke der Chromosomen weichen die Kerne verschiedener Gewebe voneinander ab. Über die Zahl der Chromosomen sagt er 1891, daß sie nicht mit Sicherheit zu bestimmen sei, in einem FaUe 18, einem andern 24, in einem lockeren Knäuel ohne Längsteilung mit Sicherheit »über 40« betragen habe, 1893, daß sie sicher höher als 24 sei. Galeotti (1893) erwähnt bei seinen Studien der patho- logischen Zellteilung gelegentlich auch normale. Die Zählung der Chromo- somen in normalen Mitosen war ihm )unmöghch«. Abgesehen von der 'Gewißheit der großen Veränderlichkeit dieser Zahl«, die nach ihm in einigen Kernen 60, in andern nur 6 betrug, konnte er nichts darüber fest- stehen. Die übrigen Angaben über Zellteilungen beim Menschen be- ziehen sich alle auf SamenzeUen und sind in der ausführKchen Darstellung der menschhchen Spermatogenese von Winiwarter 1912 zusammen- gesteUt und besprochen, weshalb ich sie hier übergehen darf. Nur um die großen Differenzen in den Angaben der verschiedenen Autoren über die Zahl der Chromosomen aufzuzeigen, will ich hier eine Zusammen- stellung dieser Zahlen geben: Hansemann 1891 in somatischen Zellen 18, 24, über 40 Derselbe 1893 ;> » » mehr als 24 Fleming 1898 » » > annähernd 24 Bardeleben 1892 in Samenzellen erste Reifeteilung 16 zweite Heifeteilung 8 Derselbe 1897 > » erste Reifeteilung 8 zweite Reifeteilung 4 WiLcox 1900 » • » 18? Duesberg 1906 > » nahe an 24 Moore und Arnold 1906 > » erste Reifeteilung 16 (haploide Zahl) Branca 1910 » » erste Reifeteilung 12 zweite Reifeteilung »ungefähr 24« (!) über die somatische Mitose des Menschen. 373 Branca 1911 in Samenzellen erste Reifeteilung 12 zweite Reifeteilung »mehr als 18< (!) Guyer 1910 in Spermatogonien 22 (20 -j- 2 akzessorische Chromosomen) in Spermatozyten I. Ord. 12 (10 gepaarte -|- 2 akzess. Chromosomen) » > II. » a) 7 (5 gepaarte + 2 akzess. Chromosomen) b) 5 gepaarte MoNTGOMERY 1912 in Spermatiden a) 12 (11 + 1 X-Chromosom) b) 12 (11 + 1 Y-Chromosom) WiNlWARTER 1912 in Spermatogonien 47 in Spermatozyten a) 23 b) 24 Gutherz 1912 > » erste Reifeteilung annähernd 12 Jordan 1914 » » » > 12 -f (5 WiEMANN 1917 in Spermatogonien 24 (22 + 1 X + 1 Y) in Spermatiden a) 12 (11 + 1 X) b) 12 (11 + lY) Man sieht aus dieser Aufstellung, welche Unklarheit über diesen wichtigen Punkt noch herrscht und wie notwendig es wäre, diese Fragen zunächst einmal an somatischen Zellen, die für diese Untersuchung wesent- lich geeigneter sind, da sie größere Kerne haben, klarzustellen. Einen Beitrag hierzu sollen die folgenden Ausführungen liefern. Es soUten zur Untersuchung nur Gewebe von möghchst lebend fixiertem menschlichen Material verwendet werden, die ohne Schnitte herzustellende zur Zählung der Chromosomen geeignete Präparate liefern konnten. Versuche ergaben, daß hierfür speziell, wie *s für Tiere ja schon oft empfohlen wurde, ausgebreitete Epithelien, wie die Überzüge der Pleura, des Peritoneums und des Amnions mit den ihnen anhaftenden flächenhaft angeordneten Bindegewebszellen geeignet sind. Voraus- setzung war gutes Material und entsprechende Fixierung. Es standen mir 21 menschliche Embryonen im Alter von 5 Wochen bis 5 Monaten zur Verfügung, von welchen 18 sofort nach der Operation, die wegen Extrauteringravidität oder Uterustumoren, meist Myomen, vorgenommen worden war, einzelne auch mittelst Diu-chspülung von den Nabelgefäßen aus fixiert und einwandfrei erhalten w^ren. Als Fixierungsflüssigkeit diente ZENKER-Formol, Heidenhains »Susa «-Gemisch und Pikrinsublimat. Die Präparation wurde so vorgenommen, daß nach tagelangem Waschen in fheßendem Wasser von Pleura, Peritoneum und Amnion möghchst dünne Häutchen abgezogen und unter der binokularen Lupe mit Hilfe feinster Nadeln noch so weitgehend wie möglich gespalten wurden. Man kann auf diese Art Stücke von Epithehen bis zu einer Zellschichtdicke erhalten, wenn auch gewöhnlich bis drei Zellschichten vorlagen und dies 374 T. Kappeport die Beobachtung mit den stärksten Systemen nicht hinderte. Die Häut- chen wurden mit Eisenhämatoxylin gefärbt. Andre Färbungen konnten aus Zeitmangel nicht vorgenommen werden, doch erscheint es mir mög- lich, daß man durch Färbungen andrer Art den Verlauf von überein- anderliegenden Chromosomenschleifen manchmal klarer hätte erkennen können. Nach der Färbung und Entwässerung wurden die Häutchen zwischen zwei Deckgläschen in Dammarharz ausgebreitet und eingeschlos- sen, was den großen Vorteü bot, jeden Kern sowohl von der Ober- als Unterseite betrachten, zeichnen und zählen zu können. Manche fragliche Überdeckungen von Chromosomen konnten auf diese "Weise aufgeklärt werden. Die Untersuchung erfolgte mit Zeiss Apochromat 1,5 mm, Apert. 1,30 Kompensationsokular 12 und 18, mit AßBEschem Zeichen- apparat oder unter Anwendung dü'ekter Projektion auf die Zeichenfläche mit Hilfe einer Bogenlampe. Alle Zeichnungen wurden später mit dem Fig. 1. neuen ZEissschenStereo-Okular auf eventuelle Zusammenhänge der Chromo- somen oder sonstige zweifelhafte Einzelheiten von beiden Seiten nach- kontrolliert, und auch dieses Hilfsmittel hat mir gute Dienste geleistet. Von den 18 einwandfrei fixierten Embryonen habe ich nur 12 genauer auf Mitosen untersuchen können. Keichliche Mitosen zeigten acht von diesen, während sie bei den andern spärlicher waren. Und zwar hatte ich von vier derselben Amnion, von sieben Pleura und Peritoneum zur Verfügung. Was die Häufigkeit der Mitosen anbelangt, so kann man wohl sagen, daß im allgemeinen in den jüngeren Stadien, wie zu erwarten, mehr Mitosen zu finden sind; doch stimmt das nicht durchweg, es macht vielmehr den Eindruck, als ob die Zellvermehrung in den untersuchten Geweben schubweise erfolgte. Dazu kommt, daß man meist ein bestimm- tes oder zwei zeitlich naheliegende Teilungsstadien vorherrschen sieht, was auf eine gewisse Synchronie im ZeUteUungsvorgang eines Gewebes schließen ließe. Doch möchte ich diese Angaben nur mit einer gewissen Reserve vorbringen. Pluripolare und asymmetrische Mitosen, wie sie Hansemann in jedem Gewebe mit lebhafter Zellvermehrung erwartet, sind mir nie zu über die somatische Mitose des Menschen. 375 Gesicht gekommen. Dagegen habe ich bei Bindegewebskernen gelegent- lich Bilder, die auf eine direkte Zellteilung zurückzuführen sein dürften, beobachten können. Betrachten wir den Teilungsvorgang im einzelnen: Schon Hanse- mann hebt hervor, daß die ruhenden Kerne der einzelnen Gewebe sich vielmehr voneinander unterscheiden als ihre Mitosen. Ich kann das für die von mir untersuchten Gewebe bestätigen. Die ruhenden Kerne des Amnions (Fig. 1) sind kleiner (doch sind, wie auch aus den beigegebenen Figuren ersichtlich, die Kerne ein und desselben Gewebes auch sehr verschieden groß), meist der Kugelform mehr genähert als die eiförmigen oder unregelmäßigen Kerne der Pleura und des Peritoneums. Die chro- matische Substanz ist feiner, beinahe staubförmig verteilt und entfärbt sich beim Differenzieren schneller, während die Nukleolen, zwei bis sechs an Zahl, die Farbe sehr lange halten und daher besonders stark in die Augen fallen. In den Pleurakernen ist die Zahl der Nukleolen geringer, Fig. 2. eins bis drei, die chromatische Substanz grobflockiger und stärker färbbar. Wieviel von den Nucleolen als echte azidophile anzusprechen sind, kann ich nicht entscheiden, da ich keine SpeziaLfärbungen angewandt habe. Ich glaube aber, daß mindestens ein Teil von ihnen basophü ist und nichts andres als dichter gehäuftes Chromatin darstellt. Dafür spricht auch ihre meist unregelmäßige Form, sowie die auffallende Verschiedenheit ihrer Größe und Zahl. Bei weitgehender Differenzierung erscheint oft in der Mitte eines Nukleolus eine ungefärbte Stelle, die wie ein Hohlraum aus- sieht. Wahrscheinlich bedeutet das Auftreten zahlreicher Nucleolen bereits den Beginn der Vorbereitung zur Mitose. Denn auf dem nächsten Stadium (Fig. 2) sehen wir im Kern zahl- reiche unregelmäßige Chromatinbrocken, während die übrige chromatische Substanz sich in feineren und gröberen Körnchen längs der anscheinend maschenförmigen Lininfäden anordnet und besonders in deren Winkel sammelt. Die Körnchen verschmelzen mehr und mehr zu kurzen Bändern und unregelmäßigen Klumpen (Fig. 3), und bald sehen wü-, durch achro- matische Fäden, auf welchen sich hie und da noch Chromatinkörnchen 376 T. Rappeport zeigen, verbunden, distinkte Chi-omatinschleifen von verschiedener Länge und Dicke auftreten (Fig. 4). Die Schleifen werden immer deutlicher einheitlicher in ihrer Struktur und länger, ihre Zahl größer, die achro- matischen Fäden werden immer zarter und körnchenfreier, bis sie all- mählich ganz verschwimden sind (Fig. 5 und 6) und wir den typischen Leptotänkern (Fig. 7) vor uns haben. Niemals hingegen habe ich in meinen Präparaten, in denen ich hunderte von Kernen im Spiremstadium durchmusterte, einen zusammenhängenden Chromatinfaden, wie er so häufig bei andern Objekten beschrieben wurde, gefunden. Die Chromo- somen bilden sich also in den somatischen Zellen des Menschen nicht durch Segmentierung eines vorübergehend einheitlichen chromatischen Fadens, sondern sofort als individualisierte Schleifen durch Zusammenfließen kleiner Chromatinkörnchen. Aus dem Leptotänstadium gehen die Kerne durch Verkürzung und Ver- dickung der Chromosomen in das Pachytänstadium über (Fig. 8, 9). In diesem waren sie am besten zählbar, während sie in den Äquatorial- platten nur selten so günstig lagen, daß ihre Zählung trotz der vorhandenen optischen Hilfsmittel möglich gewesen wäre. In der Anordnung zur Äquatorialplatte halten nicht alle Chromosomen gleichmäßig Schritt, so daß wir oft einzelne oder Gruppen derselben noch abseits liegend finden, wenn die übrigen sich bereits in die Äquatorialebene eingestellt haben (Fig. 16). Ich erwähne dieses Verhalten deshalb, weil ein solches von manchen Autoren in Samenzellen als charakteristisch für Heterochromo- somen oder akzessorische Chromosomen angesehen wurde (z. B. Guyer), von andern (z. B. Galeotti) als Zeichen einer pathologischen Zellteilung. Ich komme bei Besprechung der Anaphase noch auf diesen Punkt zurück. Die Kernmembran bleibt sehr lange erhalten. Oft sieht man noch Reste von ihr zu einer Zeit, wo die Äquatorialplatte schon ganz ausgebildet ist (Fig. 11) (auf meinen Präparaten war sie freilich häufig nicht recht sichtbar, weil die Entfärbung, um eine möglichst klare Differenzierung der Chromosomen zu erhalten, äußerst weit getrieben war; doch ließ die An- ordnung der Schleifen, sowie die scharfe Grenze der plasmatischen Struk- turen ihr Vorhandensein mit Sicherheit erschließen). Die Kerne nehmen im Leptotän und Pachytänstadium nicht Kugel- oder Eigestalt an, viel- mehr behalten sie bei Pleura und Peritoneum bis zur Auflösung der Membran ilire unregelmäßige häufig eingebuchtete und sogar gefaltete Form bei, während sich im Innern die Schleifen bilden und in ihrer Lage- rung dieser Form anpassen (Fig. 4, 5, 6, 8). Die Schleifen lagern sich wohl vorzugsweise an die innere Fläche der Kernmembran an, doch durchziehen nicht selten auch lange Fäden den Innenraum des Kernes. über die somatische Mitose des Menschen. 377 Längsspaltung der Schleifen habe ich im Spiremstadium nie be- obachtet. Erst in der Äquatorialplatte tritt sie manchmal (Fig. 11), aber auch da selten, in Erscheinung, Es ist deshalb wahrscheinlich, daß die Längsteilung erst knapp vor dem Auseinanderrücken der Chromosomen statt hat und daß diese Phasen bis zum späteren Diaster sehr schnell ablaufen. Betrachtet man die Spindel von der Seite, so fällt die Umegelmäßig- keit in der Anordnung der Chromosomen wieder auf. Selten hegen sie wirkhch in einer Ebene, vielmehr sind fast immer einzelne oder ganze Gruppen ober- oder unterhalb des Äquators zu sehen (Fig. 12 und 13); auch trapezförmige Anordnung, wie sie Galeotti für pathologische Tei- lungen für charakteristisch ansieht, kommt vor. Ganz besonders möchte ich auf Büder wie in Fig. 13 aufmerksam machen, in welchen ein Chromo- som dem einen Pol ganz genähert erscheint, wähi'end der größte Teil der übrigen noch nahe dem Äquator steht. Solche Bilder werden bei Samen- reifungsteilungen oft als charakteristisch für Heterochromosomen ge- deutet, während sie hier eine ganz gewöhnüche Erscheinung sind. Hierauf hat GuTHEKZ bereits hingewesen. Man sieht daraus, wie vorsichtig man sein muß, aus der bloßen Lagerung eines Chromosoms auf seine Hetero- chromosomennatur zu schließen. Zur Untersuchung der achromatischen Figuren waren meine Prä- parate wegen der schon erwähnten starken Differenzierung nicht sehr geeignet. Vor Ausbildung des Monasters konnte ich von Centrosomen und Spindel nichts bemerken; erst in diesem Stadium waren beide meist, wenn auch oft unvollständig sichtbar. Die Spindelfasern'sind sehr häufig bogenförmig gekrünmit, me es Hansemann für die Spindel des Lippen- krebses angibt. Manchmal liegen die Zentralkörperchen der Cliromo- somenplatte, besser dem Chromosomenzylinder, so nahe, daß die Spindel in Seitenansicht viel breiter me lang aussieht. Das Stadium des frühen Diasters ist selten und es ist mir nicht ge- lungen, einen zählbaren Diaster zu finden. Die späteren Stadien sind wieder häufiger. Wieder kann man beobachten, daß die Chromosomen sich nicht gleich schnell den beiden Polen nähern, und fast regelmäßig ist einer der beiden Tochterkerne in seiner Entwicklung dem andern voraus (Fig. 14). Die Spindel ^wd in der Mitte durch einen relativ großen und stark färbbaren Spindelrestkörper eingeschnürt, der noch lange nach Bildung der Tochterkerne sichtbar bleibt. Nachdem ich so den Gang der Teilung im allgemeinen skizziert habe, komme ich zur Frage nach Größe, Form und Zahl der Chromosomen in den somatischen Zellen. Daß ihre Größen innerhalb ein und desselben 378 '^- Rappeport Kernes außerordentlich voneinander verschieden sind, heben fast alle Autoren, die sich damit beschäftigten, hervor. Die kleinsten Chromo- somen verhalten sich zu den größten in ein und demselben Kern oft wie I zu 6, und dazwischen liegen alle Übergangsstufen. Ebenso verschieden ist ihre Form. Von kurzen, dicken, fast kugeligen Gebüden, bis zu langen, schlanken, leicht gebogenen Stäbchen, sehen wir mancherlei Varianten, Sichel-, haken-, V- und S-förmige Chromosomen im Bestand derselben Äquatorialplattengarnitur. Die Textfiguren 1 und 2 stellen die neben- einander gezeichneten Chromosomen der Kerne 10 und 11 dar und geben ein Büd dieser Mannigfaltigkeit. Ob dabei diese »Garnituren« für alle Kerne übereinstimmend zusammengestellt sind, wage ich nicht zu ent- scheiden. Ich hatte zu wenig Äquatorialplatten, in welchen alle Chromo- somen so deutlich sichtbar waren, me es zur Entscheidung dieser Frage nötig wäre, zur Verfügung, und nur Äquatorialplatten können für eine solche Analyse in Betracht kommen, weü im Spirem Form und Größe der Chromosomen noch nicht festgelegt ist. Ich neige aber zu der An- sicht, daß eine solche wengistens beiläufige Kongruenz besteht, denn tatsächlich machen die Kerne den Eindruck, als wären ungefähr gleich- viel große und kleine gebogene und geknickte Chromosomen in ver- schiedenen Kerngarnituren anzutreffen. Die umstrittenste Frage aber ist die nach der Zahl der Chromosomen. Ich habe eingangs die diesbezüglichen Angaben der verschiedenen Autoren zusammengestellt und wül nun meine eigenen, von allen früheren Unter- suchungen wieder abweichenden Zählungsresultate anführen: Ich habe II Kerne im Spirem und Monasterstadium, von vier verschiedenen Embry- onen stammend, nach sorgfältigster Auswahl in der oben angegebenen Weise unter Kontrolle von beiden Seiten genau gezeichnet und nach Möglichkeit genau gezählt. Zu einer einzigen sicheren Zahl, die jede andre Zählmögüchkeit ausschlösse, bin ich bei keinem gekommen. Wenn man die beigefügten Figuren ansieht, wird man begreifen, daß es bei absoluter Gewissenhaftigkeit oft äußerst schwer ist zu entscheiden, ob an einer bestimmten Stelle zwei Chromosomen mit ihren Enden anein- ander liegen oder eine Knickung eines Chromosoms vorliegt. Es gab auch nicht einen Kern, bei dem solche Zweifel, bei der hier angewendeten peinlichen Kontrolle nicht mehrfach bestanden, trotzdem auf den ersten Blick diese aus vielen ausgewählten Kernen scheinbar sehr klare Verhält- nisse boten. Um nun so objektiv als möglich die richtige Zahl zu er- mitteln, bin ich so vorgegangen, daß ich jede nur irgend fragüche Stehe nach beiden (oder manchmal auch drei) Möglichkeiten gezählt, und die mir subjektiv wahrscheinüchste Ziffer unterstrichen, dann sowohl die über die somatische Mitose des Menschen. 379 niedrigsten als die höchsten, als auch die wahrscheinlichsten Ziffern für jede Chromosomengruppe eines Kerns addiert habe. Ich erhielt so für jeden Kern di^ei verschiedene Zalilen, von welchen natürlich die beiden äußersten ganz unwahrscheinlich waren, da wohl kaum bei jeder frag- lichen Gruppe immer die niedrigere oder inmier die höhere noch mögliche Zahl die richtige gewesen sein dürfte. Immerhin hat diese Art der Zäh- lung den Vorteil, daß auch alle möglichen Deutungen berücksichtigt, die Zahlen außerhalb dieser Breite jedenfalls ausgeschlossen sind. Wenn ich z. B. bei einem Kern, alle zweifelhaften Stellen mit der niediigeren Zahl angenommen, 36, mit der höheren 44 erhalte, so kann ich jedenfalls für diesen Kern mit Sicherheit jede Zahl ausschließen, die nicht zwischen 36 und 44 gelegen ist. Setze ich noch die subjektiv wahrscheinüchste hinzu und vergleiche so alle gewonnenen Resultate? so muß ich mit Sicher- heit zu einer ziemlich schmalen Grenze kommen, innerhalb welcher die richtige Chromosomenzahl für den Menschen hegt, vorausgesetzt, daß diese Zahl in somatischen Zeilen verschiedener Gewebe überhaupt kon- stant ist. Ich gebe im folgenden die so erhaltenen Zählungsresultate: Art des Kernes Stadium Niedrigste I Wahr- schein- lichste Höchste Zahl der Chromosomen Amnion E2 (4—5 Wochen) Fig. 11 Amnion Fig. 15 Amnion » > » Pleura El (ca. 6 Wochen) Pleura E15 (10 Wochen) Fig. 10 Pleura » Pleura E16 Pleura » Pleura > Pleura » Pleura » » 16 . 9 » 7 > 7 Äquatorial- platte mit Längs- spaltung 38 42 Äquatorial- platte 40 42 Spirem- leptotän 40 44 Spirem 35 40 frühe Aqua- torialplatte 39 41 1 Spirem 35 38 > 40 43 j » 40 42 » 32 38 Spirem- leptotän 37 44 » 36 42 46 45 48 44 44 44 48 48 45 53 45 Archiv f. Zellforschung. XVI. 25 380 T. Eappeport Betrachten wir diese Zahlen, die auf den ersten Blick sehr stark von- einander abweichen, näher, so müssen wir, wie gesagt, die äußersten Grenzzahlen zunächst ausscheiden. Sie zeigen nur an, daß unter den untersuchten Kernen sicher keiner ist, in dem die Chromosomenzahl geringer als 32 oder höher als 53 sein könnte, auch wenn jede mögliche subjektive Ansicht nach der geringsten oder größten Zahl einseitig be- rücksichtigt wird. Auch das ist schon ein Kesultat, wenn man bedenkt, daß außer Winiwarter (mit 48) und Moore und Arnold (mit 32) alle Autoren geringere Zahlen angeben. Die Breite der mögüchen Zahlen wird aber viel geringer, wenn man die wahrscheinlichen Zahlen in Betracht zieht, sie liegt dann zwischen 38 und 44. Sehen wir nach, welche Zahlen in jedem untersuchten Kerne als möglich vorkommen, so finden wir nur die Zahlen zwischen 40 und 44. Von diesen wieder erscheint die Zahl 42 viermal als wahrscheinhchste, die Zahlen 40, 44 und 38 zweimal, 43 einmal. Nach diesen Zählungen bin ich wohl berechtigt, die Chi'omosomen- zahl für den Menschen bei den untersuchten Geweben mit Sicherheit zwischen 40 und 44 und mit großer Wahrscheinhchkeit zwischen 40 und 42 anzunehmen. Welche von diesen drei Zahlen 40, 41 und 42 die richtige ist, ob die beiden Geschlechter in der Chromosomenzahl differieren, in welchem Falle allein die Zahl 41 in Betracht käme und demgemäß ein oder zwei Heterochromosomen vorhanden sind, diese Fragen werden erst weitere Untersuchungen zu entscheiden habend). Wien, den 1. Juli 1921. Literatur. Bardeleben. Spermatogenese bei Säugetieren, besonders beim Menschen. Verh. Anat. Gesellsch. zu Wien. 1892. Anat. Anz. Bd. 7. — — ■ Beiträge zur Histologie des Hodens und ziu- Spermatogenese beim Menschen. Arch. für Anat. und Phys. Anat. Abt. 1897. BrajMca. Charactöre des deux Mitoses de Maturation chez l'homme. Bibl. anat. Suppl. 1910. Les Mitoses spermatocytaires chez l'Homme. Bibl. anat. Bd. 21, 1911. DuESBERG. Sur le nombre des Chromosomes chez l'homme. Anat. Anz. 28, 1906. 1) Während der Drucklegung erschien eine Mitteilung von Grosser der eben- falls menschliches Amnion untersuchte (Anat. Anz. Ergebnisse Bd. 54). Er konnte ebenfalb in einem Objekte niedrige Zahlen bis 3ß, an einem jüngeren Amnion 47 bis 48 Chromosomen nachweisen, also auch die Frage nicht endgültig entscheiden. über die somatische Mitose des Menschen. 381 Flemming. Beiträge zur Kenntnis der Zelle und ihrer Lebenserscheinungen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 20. 1881. Über die Chromosomenzahl beim Menschen. Anat. Anz. Bd. 14, 1898. Galeotti. Beitrag zimi Studium des Chromatins in den Epithelzellen des Karzinoms, Beitrag zur path. Anat. Bd. 14, 1893. Galeotti und Lustig. Zytologische Studien über pathologische menschliche Ge- webe. Ebendort, 1893. Gutherz. Über ein bemerkenswertes Strukturelement (Heterochromosom?) in der Spermiogenese des Menschen. Arch. f. mikr. Anat. 79. IL 1912. ■ Geschlecht und Zellstruktiu-. Naturwissenschaften Bd. 8. 1920. Guyer. Accessory Chromosoms in man. Biological Bulletin. Volume 19/4. 1910. Hansemann. Über asymmetrische Zellteilung in Epithelkrebsen. Arch. f. Anat. und Phys. 1890. Über patholog. Mitosen. Arch. f. Anat. und Phys. 1891. Studien über Spezifizität, Altruismus und Anaplasie der Zellen. Berlin 1893. Hirschwald. Jordan. Carneg. Inst. Publ. 182. S. 165. MoNTGOMERY^). The human Spermatogenesis. Journ. of Acad. Nat. Scienc. Philad. Ser.2. Vol. 15. 1912. Moore und Arnold 2). On the Constancy of Form among the Synaptic gemini (Hetero- type Chromosoms) in certain Animals. Proc. Royal Soc. London. Vol. 77, 1906. Ströbe. Vorkommen imd Bedeutung der asymmetrischen Karyokinese. Beitr. zur Patholog. Anat. Bd. 14. 1893. Wiemann ^). The Cliromosoms of Human Spermatocytes. Amer. Journal of Anat. Vol. 21. 1917. WiLcox. The human Spermatogenesis. Anat. Anzeig. Bd. 17. 1900. Winiwarter. Etudes surla Spermatogenöse humaine. Arch. de Biologie. T. 27. 1912. Tafele rklärung. Fig. 1 — 14. Aufeinanderfolgende Stadien der Mitose. Fig. 1. Ruhender Kern, Amnion Eia (16 mm N.-St.-L.). Fig. 2. Beginnende Chromatinkonzentration, dasselbe Amnion. Fig. 3— 6. Ausbildung der Chromatinschleifen. Pleura E10 (21 mm N.-St.-L.). Fig. 7. Leptotänstadium. Pleura E**. Fig. 8. Übergang zum Pachytänstadium. Pleura E*«. Fig. 9. Pachytänstadium. Pleura E^«. Fig. 10. Ausbildung der Äquatorialplatte. Pleura E^ß (Ende des 3. Mon.). Fig. 11. Äquatorialplatte mit Längsspaltung der Chromosomen. Amnion E2 (4 — 5 Wochen). ^) Im Original nicht zugänglich, zitiert nach Goldschmidt, Mechanismus und Physiologie der Geschlechtsbestimmung. Berlin 1920. 2) Zitiert nach Winiwarter. 25* 382 T. Rappeport, Über die somatische Mitose des Menschen. Fig. 12. Spindel von der Seite. Pleura Eis. Fig. 13. Spindel mit einem polnäheren Chromosom. Pleura Ei». Fig. 14. Ausbildung der Tochterkerne mit Spindelrestkörper. Fig. 16. Äquatorialplatte. Amnion E^. Fig. 16. Äquatorialplatte mit abseits gelegenem Chromosomenpaar. Amnion E^. Die Figuren sind mit Ausnahme der Fig. 15 mit Zeiss Apochromat 1,6, 1/30 und Kompens.-Okul. 18 mit AsBEschem Zeichenapparat in der Höhe des Objekttisches gezeichnet; Fig. 16 mit Kompens.-Okul. 12 und direkter Projektion auf die Zeichenfläche mittels Bogenlampe. Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. Von Paul Schulze, Berlin. Mit 26 Textfiguren und Tafel XIX. Inhaltsübersicht. seite 1. Allgemeines über die Nesselkapseln der Hydren 384 2. Technik der Untersuchung 391 3. Die Penetranten 394 a) Die ruhende Penetrante 395 b) Die entladene Penetrante 401 c) Der Knidoblast 408 d) Die Vorgänge bei der Entladung der Penetranten 410 e) Die Eigenschaften und die Zusammensetzung des Kapselsekietes und seine Rolle bei der Entladung 421 f) Der Volumem'ückgang ruhender Penetranten 425 g) Die Wirkung der entladenen Penetranten 429 4. Nesselkapselähnliche Bildungen im Tier- und Pflanzenreich 432 5. Hypothetische Ableitung der Nesselzellen von Drüsenzellen 433 6. Literatmverzeichnis 433 Die vorliegende Arbeit erstreckt sich nur auf die kompliziertesten Kapseln der Süßwasserpolypen, die Penetranten, und zwar in der Haupt- sache auf die infolge ihrer Größe besonders günstigen von Hydra attenuata Pallas. Die Resultate gelten also zunächst auch nur für sie, spätere Studien an anderen Objekten müssen klarlegen, wie weit sie verallgemeinert wer- den können. Den ff ^(^ra- Penetranten anscheinend sehr ähnlich sind die Stilettkapseln der AtheJcata capitata, wähi'end die entsprechenden Kniden andrer mariner Knidarier wohl im Prinzip mit ihnen übereinstimmen, in vielen Einzelheiten aber abweichen, wie mü' recht deutlich z. B. die Durch- schlagkapseln einer Ephyra zeigten, die regelmäßig in den Becken des Zoologischen Institutes auftritt und offenbar zu Cyanea gehört. 384 Paul Schulze E'ne treffende kritische Darstellung des heutigen Standes der Nessel- kapselforschung hat kürzlich Kühn in Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreiches gegeben, ich kann mich daher in bezug auf die bisher vor- liegende Literatiur hier kui'z fassen und im übrigen auf jene Darstellung verweisen. Nur wer sich selbst einmal mit ähnlichen Untersuchungen abgegeben hat, kann ermessen, wieviel Arbeit und Mühe in der vorliegenden kleinen Arbeit steckt. Das Nesselkapselstudium ist eine richtige Yogaübung im kleinsten; an vielen Hundert Hydren habe ich immer wieder die Kniden betrachtet. Wer die folgenden Zeilen liest und dann an die Nachprüfung geht, denke nicht gleich bei den ersten Mißerfolgen, »da scheint ja reich- lich viel hineinphantasiert zu sein!« Naturgemäß wird sich bei der Fest- stellung von Strukturen, die zum Teil dicht an der Sichtbarkeitsgrenze hegen, ein gewisser subjektiver Anteil an der Deutung nicht ganz besei- tigen lassen, ich hoffe aber, daß ein Nachuntersucher bei eingehendem Studium im wesenthchen zu den gleichen Resultaten kommt wie ich. 1. Allgemeines über die Nesselkapseln der Hydren. Alle Hydm-Aiten besitzen vier verschiedene Arten von Nesselkapseln oder Knideni), von denen zwei als Waffen dienen (Hoplokniden) und zwei soweit wir wissen, als Hilfsapparate für die Fortbewegung in Betracht kommen (Herpetokniden). Die ersteren zerfallen ihrer speziellen Funk- tion nach in Penetranten und Volventen, während die letzteren als Gluti- nanten bezeichnet werden (P. Schulze a. S. 36). Die »großen birnen- förmigen« Kapseln nach ihrer Aufgabe, Dm'chschlagen glatter Chitin- flächen, Penetranten oder Durchschlagkapseln, nach einem kenn- zeichnenden anatomischen Merkmal, dem Vorhandensein dreier Stilette, Stilettkapseln genannt, sollen später eingehend behandelt werden. Im Gegensatz zu diesen Kniden, bei denen sich die eigenthche Kapsel nicht direkt in den Faden fortsetzt, sondern zunächst in besonders diffe- renzierte TeUe — Hals- und Dornenstück — übergeht, sind die folgenden Kapseln viel einfacher gebaut, bei ihnen ist der Faden im wesentlichen eine unmittelbare Fortsetzung der Kapselwand. Die Volventen oder Wickelkapseln (»die kleinen birnenförmigen Kapseln« der Autoren) sind rundüche Kapseln mit einer leichten einsei- tigen Eindellung am apikalen Pol. Fig. 1 A. In der Ruhelage Hegt der Faden in einer einfachen Schhnge von der Form eines deutschen S; bei ^) Die Bezeichnung ■Kvlör] =■ Nessel findet sich schon bei Aristoteles im über- tragenen Sinne für Aktinien. (Natiugesch. V, 14, 1 und IX, 25, 4.) Der Bau iind die Entladang der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. 385 der Explosion wickelt er sich spiralig um Borsten und Vorsprünge von Beutetieren. Die Volventen sind bei allen Hydra-krtGU. und Cordylo- phom von gleichem Bau. Die »große und die kleine zyUndrische« Kapsel der früheren ZTi/^ra-Bearbeiter dienen wie Toppe (b, S. 805) nachwies, zum Anheften der Tentakel und der Mundscheibe beim Kriechen an glatten Flächen, man nennt sie deshalb besser nach ihrer Funktion Gluti- nanten oder Haftkapseln. Allgemein als zylindrische können sie deshalb nicht bezeichnet werden, weU es Hydra-Aiten mit ei- oder birnen- förmigen Glutinanten gibt (H. eircumcincta, stellata, Pelmatohydra hraueri) ; auch die Einteilung in eine große und eine kleine Glutinante ist besser fallen zu lassen, weil sich eine solche nicht immer klar durchführen läßt. Sehr chai'akteristisch ist dagegen das Aussehen der beiden Knidenarten nach der Entladung. Bei der einen, der gewöhnlich größeren, ist der Faden oft dünner^) und vor allem mein- oder weniger gewunden, bei der andern dagegen steht der verhältnismäßig dicke Faden bei ungehindertem Ausschnellen ziemlich gerade von der Kapsel ab. Ich habe daher für diese beiden Kategorien die Namen streptoHne und stereoline Glutinante oder kurz Streptoline und StereoHne vorgeschlagen 2). Das unterschiedliche Verhalten des ausgestoßenen Fadens beruht wahrscheinüch auf einer verschiedenen Querschnittform desselben, die bei der Streptoline nicht kreisrund, sondern eUiptisch oder abgeplattet sein dürfte. "Welche be- sondere Funktion der einen und der andern Glutinante zukommt, ist noch unbekannt. Während sich die Streptoline etwa bei Zusatz von Magen- tarot sehr leicht entlädt, ist dies mit der Stereolinen weit seltener der Fall, wähi'end merkwürdiger Weise Toppe (a, S. 223) von ihrer außerordentüch leichten Entladung spricht. Man bekommt sie im explodierten Zustande am leichtesten zu Gesicht, wenn man eine Hydra unter gut gestütztem Deckglas beobachtet. Die Tiere versuchen sich mit Hilfe der Tentakel aus dem Gefängnis zu befreien und drücken dabei gegen Deckglas und Objektträger und bringen so die StereoHnen zur Entladung, deren Faden fest mit der Unterlage verklebt. Hierdurch wird ein weiteres interessan- tes Phänomen hervorgerufen, das schon Toppe (b, S. 805) abbüdet. Die Kapseln werden nämlich von ihren Knidoblasten so festgehalten wie keine andere Kapselart. Infolgedessen wird dieser oft ein größeres Stück herausgezogen, als die Breite des ganzen Tentakels beträgt. In der Ruhe ist der Faden bei der Streptohnen je nach der Spezies verschieden ge- 1) Bei Hydra attenuata ist der Diirclimesser des voUausgcstülpten Fadens bei beiden Glutinanten so gut wie gleich. 2) Bei den Glutinantenabbildungen Fig. 2 und 3 meiner Arbeit 1917 S. 36 sind die Unterschriften durch ein Versehen vertauscht. 386 Paul Schulze wunden. Bei einem Teil verläuft er in wenigstens einigen Schlingen genau oder annähernd parallel der Querrichtung der Knide und legt sich dann gegen den Kapselboden hin in Schleifen, die mehr oder weniger senkrecht zu den Anfangswindungen stehen; im Bereiche der Quei-windungen ist der Faden dicker und stärker lichtbrechend als im übrigen Verlauf, er ist dort anscheinend schon in der Ruheknide gequoUen. Bei der entladenen Knide macht sich im unteren Teile keine Verdickung mehr bemerkbar. Bei andern Glutinanten nehmen die Schhngen sofort einen Verlauf in der Längsrichtung der Kapsel oder liegen wenig geneigt dazu. Eydm attenuata gehört in die Gruppe mit »quergewundenen« Faden. Fig. 1. Nesselkapseln von Hydra attemmin Pallas. Ä Volvente, B streptoline Glutinante, C stereoline Glutinante. 3400 : t. Bei der Stereolinen ist der Faden in der Ruhe bei allen bekannten Hydra-Alten längsgewunden (Fig. 1 C). Die Streptoünen sind von größter Bedeutung füi* die Bestimmung der Hydren. Ich möchte wegen der Wichtigkeit der Abgrenzung der gonochoristischen H. attenuata von der ihr sehr ähnhchen hermaphroditen H. vulgaris Fall, für experimentelle Arbeiten auf ein sicheres Unter- scheidungsmerkmal auch der Tiere hinweisen, die keine Geschlechtsorgane haben. Die streptoline Glutinante von attenuata weist konstant vier, seltener mehr, parallele sehr regelmäßige stark lichtbrechende Quer- schüngen auf (Fig. 1 B), wähi-end bei vulgaris in der etwas kleineren und anders geformten Streptohnen diese Schüngen weniger üchtbrechend, weit unregelmäßige^ schräger Hegend, und bei den einzelnen Kapseln unter sich nicht übereinstimmend sind. Die AnfangsscMingen kann man bei attenuata etwa mit einer intakten Spiralfeder — man sieht diese Bil- dung schon deuthch bei schwächeren Vergrößerungen — vergleichen, während sie bei vulgaris einer mehr oder weniger unregelmäßig in die Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydia attenuata Pallas. 387 Länge gezogenen ähnlich smtl. Seltener liegen diese Schlingen regel- mäßiger (Fig. 2), dann zählt man nm* di-ei gegen vier bei attenuata. Ich habe dieses Merkmal jetzt an zahkeichen Tieren verschiedener Herkunft nachgeprüft und immer gefunden, daß diese Polypen an einem Tier Hoden und Eier mit langen, schlanken Embryothekschalen bildeten, im Gegensatz zu Tieren mit der Vierschhngenstreptohnen, die sich als ge- trennt geschlechtlich erwiesen und eine Embryothek mit breiten kürzeren Fortsätzen bildeten. Die Form der Embryothek ist bei vulgaris nicht ganz konstant, es konmien Stücke vor, welche sich in diesem Merkmal der attenuata sekr nähern. Auf solche bezieht sich meine Bemerkimg über angebhche zwittrige attenuata (c, S. 215). Das Unterscheidungs- merkmal in den Glutinanten war mü' damals entgangen (siehe auch meine Ai'beit d). Die Glutinanten können als Herpetokniden natürüch nur bei kriechenden Ai'ten funktionieren. In ausgepräg- tester Weise finden wü- sie u. a. bei Polypodium hydnforme Uss. »Wenn man aus einem Aquarium mit Sandboden, in dem sich Polypen befinden, etwas Sand mit der Pipette nimmt und unter dem Miki'oskop betrachtet, kann man oft Tausende entladener großer Kapsebi bemerken, deren Fäden endlos ineinander geflochten sich gegenseitig und hauptsächhch die Sandkörnchen und andere Bodenteile umspinnen«. (Lipin S. 346.) Nun kommen aber Kniden, die den Hydrenglutinanten homolog sind, auch bei zahl- reichen festsitzenden marinen Hydroiden und bei Medusen vor. Hier haben sie dann offenbar eine andere Funktion, und zwar die des Festhaltens von Beutetieren. Die Ephyra von Cyanea z. B. besitzt neben der erwähnten Penetranten eine kleinere bü-nenförmige Kapsel ohne Stilett, die nach der Fadenauf^indung in der Ruhe — hier lauter parallele Querwindungen, von denen die erste von den übrigen etwas abgesetzt ist — und wellige Biegung des ausgestülpten Fadens Ähnlichkeit mit der streptolinen Glutinante von Hydra circumcincta P. Seh. hat. Am Körperstamm treten che Nesselkapseln nur vereinzelt auf, in großer Zahl finden wü- sie dagegen in den Tentakeln, und hier besonders im distalen Teüe in Haufen hegen, den sogenannten Batterien, die bei Hydra heteromer, d. h. aus verschiedenen Knidensorten zusammengesetzt sind. Bei andern Formen haben \\\r ein viel primitiveres Verhalten der Nesselkapselverteilung. Ich mU als Beispiel Skyphostoma und Ephyra von Cyanea anführen. Beide besitzen zwei übereinstimmende Arten von Kniden, Penetrante und streptolüie Glutinante. Am Polypen ist Fig. 2. Streptoline Gluti- nante von Hydra vulgaris Pallas. 388 Paul Schulze nun bemerkenswerterweise das Bild der Kapselverteilung vollkommen das gleiche von der Spitze der Tentakel bis zur Fußscheibe: in gewissen Abständen steht immer eine Penetrante, umgeben von einigen Gluti- nanten. Bei der Ephyra sind im ganzen weniger Kapseln vorhanden, die aber hier schon eine gewisse Lokahsierung erfahren haben. Während die Glutinanten über Scheibe und Mundstiel verteüt sind, bevorzugen die Penetranten die Eandlappen. In den Gastraltentakeln kommt es sogar zu einer Bildung von Kapselbatterien an den Spitzen, die aber insofern piimitiv sind, als sie nur aus einer Knidenart zusammengesetzt sind — homomer — , sie enthalten etwa 12 Penetranten. In den hetero- meren Hydra-Baitenen nehmen zahlenmäßig die Volventen die erste Stehe ein, während die Penetranten am wenigsten zahh*eich sind^). Für H. attenuata kommen auf eine Batterie an der Tentakelspitze etwa zwei Volventen, zwei stereoüne, eine streptolüie Glutinante und eine Pene- trante; in andern Fällen finden sich deren zwei, von denen dann die eine gewöhnlich beträchthch größer ist als die andre. An der Tentakelbasis ändert sich dasBüd sehr; man trifft dort z. B. auf etwa fünf Volventen, zweiStreptoline, eine Stereoline und eine Penetrante. Im übrigen schwankt die Anzahl der Kapseln sehr beträchthch. Gelegenthch trifft man auf Tiere, bei denen die eine Kapselart ganz oder fast ganz verschwunden ist. Ich sah Stücke von attenuata, die in einem Tentakel nicht zehn Pene- tranten besaßen, und hier und bei andern Arten Tiere, denen die Vol- venten vollkommen felilten (c, S. 217). Mit dem normalen Verbrauch der Kapseln hängt diese Erscheinung sicher nicht zusammen, vielleicht ist sie die Folge sehr einseitiger Nahrung. Es wäre aber auch mögüch, daß aus irgendeinem Grunde eine Erschöpfung der interstitiellen Zellen eingetreten wäre, wie sie Hadzi (b) bei Tubularia nach mehrmaügem Abschneiden neugebildeter Hydranthen beobachtete, 1) Eine Ausnahme von dieser Regel scheint unter den Hydra-Arten die seltene oxycnida P. Seh. zu machen. Die von mir 1917 (S. 83) beobachteten Exemplare be- saßen überhaupt keine Volventen, während neuerdings Boecker (S. 99) oxycnida fand, bei denen au! eine Penetrante im Mittel nur 0,6 Volventen kamen. Die Spezies ist wahr- scheinlich auf ganz bestimmte Nahrungstiere angepaßt; weder mir noch Boecker gelang die Zucht. Da nach Hadzi (a, S. 40) die Größe der Tiere bei ein und derselben Art proportional der Größe der gereichten Nahrung ist, so ist diese größte Spezies von Hydra vielleicht an die regelmäßige Aufnahme großer Nahrungstiere angepaßt, die nach dem Überwiegen der Penetranten zu schließen eine glatte Oberfläche besitzen müßten. In der Gattung Pelmatohydra ist bei oligadis Pallas, die eine sehr geringe Gesamtknidenzahl besitzt, das Verhältnis von Penetrante zu Volventen oft wenig unter 1 : 1 oder erreicht diesen Wert. Dringend notwendig sind Untersuchungen über die natürliche Nahrung unsrer Hydren und deren Beziehung zu den Nesselkapseln. Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. 389 WO das Gewebe offenbar wegen forzierter Polypenbildung keine Zeit und kein Material hatte, die Verluste an NesselzeUen zu decken (b, S. 8). Aber auch in solchem Falle wäre zu erklären, warum gerade niu- bestimmte Nesselkapselbüdner außer Tätigkeit gesetzt werden. Eine experimentelle Untersuchung dieser interessanten Verhältnisse sollte sich auf jeden FaU lohnen. Bekannthch bilden sich die Tentakelkapseln nicht an den Stellen ihres Verbrauchs, sondern wandern in ihren aus interstitiellen Zellen des Körperstammes entstandenen Koidoblasten dorthin. Nach Jakobsohn (S. 128) sollen die Mutterzellen nach Durchbohrung der StützlameUe und nach Passieren des Entoderms in den Gastrakaum gelangen und von hier durch den Flüssigkeitsstrom in die Tentakel gefühlt werden, wo sie auf umgekehrtem Wege an ihren definitiven Platz gelangen sollten. Nach Ewald (S. 331) dagegen geht die Wanderung ausschließhch im Endo- derm vor sich. Nach meinen Beobachtungen erfolgt sie genau so, wie es Hadzi (b, S. 3) für Tubularia und Brückner (S. 471) für Gemmaria beschrieben haben. Während bei der Mehrzahl der von Hadzi unter- suchten Formen die Fortbewegung der Knidoblasten rein intraektodermal erfolgt, ist eine solche bei den erwähnten Gattungen unmöglich, da das distale Körperektoderm keine Lücken mehr aufweist. Infolgedessen gehen die Nesselbildner jetzt durch Stützlamelle und Entoderm in das Körperliunen, werden teils amöboid mit der Zellenbasis voran wandernd, teils von der Leibeshöhlenflüssigkeit getrieben, bis zum Verbrauchsort gebracht, und dringen nun in umgekehrter Reihenfolge durch Entoderm und StützlameUe in EktodermzeUen ein; das basale Ende des Knidoblasten befestigt sich an der Stützlamelle, die Zelle streckt sich mit der einge- schlossenen nun reifen Kapsel, entwickelt Knidozil und Nebenapparate und ist gebrauchsfertig. Genau so spielt sich der Vorgang bei Hydra ab. An der Proboscis hören die «Stelzenzellen« des Ektoderms, welche bisher ein relativ leichtes Wandern ermöglichten, auf. Die Knidoblasten bahnen sich daher den Weg in das Körperlumen, gelangen in die Tentakel und dringen hier vne oben beschrieben in das Ektoderm ein. Gegen Ver- dauung sind die Wanderstadien geschützt durch ein Antiferment, das nach Haase (S. 440) die Gewebe der Hydren gegen Verdauung durch die Fermente der eigenen Art schützt. Bei den im Körperstamm aufgestell- ten Kniden ist natürhch im allgemeinen nur ein geringes Aufwärtsrücken aus der basiepitheUalen Lage in die Deckmuskelzellen hinein nötig. Die Natur des »Verbrauchsreizes«, der diese Bewegungen leitet, ist noch ganz rätselhaft; besonders schwer ist seine Wirkung auf die im Gastrah-aume wandernden Knidoblasten zu verstehen. Daß seine Leitung Paul Schulze :0 a c3 a b 'S CM 3 o Eh Q ö .-a OS o s o a (-1 o -^ s nicht unfehlbar ist, zeigt das Vor- kommen von Kniden in den Drü- senzellen der Fußscheibe vonHydra attenuata. Ich beobachtete dort Penetranten und Streptolinen. Die Durchschlagskapsehi steckten in den beobachteten Fällen aber im- mer in der Mitte der Zelle und hatten die Oberfläche nicht er- reicht. Bemerkenswert ist aber immerhm, daß die Aufstellung der Kapseln in den a^fem^a^a-Tentakeln so reguhert ist, daß, wenn in einer ZeUe nicht eine, sondern zwei Pene- tranten vorkommen, die eine fast immer beträchthch kleiner ist. Während nun allgemein ange- nommen wurde, daß die Kniden- mutterzeUen in dieEktodermzeUen eindi'uigen, behauptete Jakobsohn (S. 129), daß sie sich zwischen sie einkeilten. Behandelt man eine Hydra nach der bekannten Kitt- leistenmethode mit 0,5%igem Sü- bernitrat bei gleichzeitiger BeUch- tung, so zeigen sich die durch das ausgefallene metaUische Silber ge- schwärzten ZeUgrenzen mit aller Deutlichkeit. Solche Leisten — wenn auch schwächer — besitzen aber auch die Knidoblasten. Die Präparate lehi'en nun, daß auf den Tentakeln die NesselzeUen inmitten des Ektoderms liegen (Fig. 3 T). Die Glutinanten der Mundscheibe Hegen ebenfalls in den Epithelzellen, aber andenZell- M ^) Diese und alle folgendenFiguren beziehen sich auf Hydra attenuata. Der Bau iind die Entladung der Penetranten von Hydi'a attenuata Pallas. 391 grenzen (Fig. 3 M), und im Mauerblatt stecken die Kapselbüdner zum größten Teile z^\iscllen den Ektodermzellen (Fig. 3 K). Die kompliziertesten Kapseln der Süßwasserpolypen sind die Pene- tranten oder Stüettkapseln, mit denen wir uns jetzt eingehend beschäf- tigen wollen. Trotz sorgfältiger Untersuchung seitens verschiedener Forscher sind \^ir keineswegs genügend über ihren feineren Bau und die Ursachen für ihre Entladung unterrichtet. Dies wird sofort deutlich, wenn man bei günstiger Belichtung eine ganze Anzahl von Struktiu-en erkennt, über die in der Literatur keine Angaben vorliegen. 2. Technik der Untersuchung. Die Grundlagen für jedes Nesselkapselstudium muß unbedingt die Beobachtung lebender oder überlebender Tentakel sein. Mit Sublimat- alkohol und mit WEiGERTSchem oder HEiDENHAiNschem Hämatoxylin gefärbtes Material ist zwar zur Kontrolle gewonnener Resultate recht wertvoll, es wird aber wohl kaum jemandem einen klaren Einbhck in die bei der Fixierung mehr oder weniger verloren gehenden komplizierten Strukturen ermöghchen. Sehr brauchbare Resultate liefert bei Hydra auch die einfache Stückfärbung mit Boraxkarmin-Chromhämatoxylin nach HEroENHAm-ScHUBERG (S. 381) : Vorfärben in Boraxkarmin, Wasser, V2% Hämatoxylin etwa 12 Stunden, ohne Auswaschen in V2% Kaüum- chromat etwa 12 Stunden, bei Niederschlägen Lösung erneuern, Einbetten, Schneiden. Empfehlenswert ist nach den Resultaten Wills (b, S. 4) die von ihm empfohlenen Mazerationsmethode, wenn ich damit auch keine so guten Residtate erzielte wie er: Fixieren mit einer Mischung von Subli- mat und 1% Osminiumsäure 10—15 mm, auswaschen, nachbehandeln mit rohem Holzessig, mazerieren in physiologischer Kochsalzlösung mit 1— 2o/oo Formalin und Untersuchung in dieser Flüssigkeit. Ich wandte eine andere Mazerationsmethode an, die für das Studium der Explosions- vorgänge von größter Wichtigkeit ist: FerrozyankaHumlösung, die durch Stehenlassen zersetzt ist und eine bräunhche Färbung angenormnen hat. In diese Flüssigkeit werden die lebenden Hydren etwa V4 Stunde ge- bracht und nach Auswaschen in Glyzerin oder Glyzeringelatine untersucht. Hauptsächlich kommen aber für das Knidenstadium die folgenden Methoden in Betracht: Man bringt einen Polypen mit einem Tropfen Wasser auf den Objektträger, legt vorsichtig das, je nachdem gestützte oder ungestützte Deckglas auf und beobachtet bei starker künstücher Lichtquelle mit 2 nmi Apochromat und Kompensationsokular 6. Recht gute Dienste leistet oft der Zusatz eines Tropfens gewöhnlichen Küchen- 392 Paul Schulze essigs. Ein ganz ausgezeichnetes Hüfsmittel aber für die Untersuchung ist das Zusetzen eines Tropfens folgender Mischung zu dem Wassertropfen: Magentarot 1 g, 96% Alkohol 30 ccm, Aqua dest. 100 ccm. Wähi-end sich das Kapselsekret im Durchschnitt schwach rosa färbt, nehmen die De ^v Figr. 4 a. Penetrante in Ruhe. B das eingestülpte Halsstück, St Stilette, D Domenstück, Z Zwischen- stück, t' Faden, I^^ Deckel, A"m knopfartipe Verdickung der Mittelwand, Gv gürtelförmige Ver- dünnung der Mittelwand, Dev Deckelvorsprung, brv Dreiecksvorsprung, üihf schraubige Falte des Halsstückes, Bv basale Verdünnung der Mittelwand. 3400 : 1. eingestülpten Kapselteile eine tief dunkle Färbung an, so daß z. B. jede einzelne Fadenwindung zu verfolgen ist. Ein großer Vorteü dieser Me- thode ist die sehr verschiedene Wirkung des Magentarots auf die einzelnen Kapseln. Man findet beim Durchmustern eines solchen Präparates ganz helle und in allen möglichen Schattierungen rote Färbungen, so daß man sich für jede Feinheit der Knide das entsprechend günstigste Bild aus- Der Bau iind die Entladung der Penetranten von Hydia attenuata Pallas. 393 .Drv Entladene Penetrante. Uf Ringfalte des Halsstückes, Do Domen, V/- verdickter Ring zwischen Domen und Zwischenstück. Übrige Bezeichnungen wie in Fig. 4«. 3400:1. 394 ^^^^ Schulze suchen kann. Oft ist auch das Knidozil deutlich rot gefärbt. Diese Methode ist hier weit leistungsfähiger als Färbungen mit Methylenblau 1 : 500 oder 1% Säurefuchsin, wie sie Will empfiehlt. Die maximale Wirkung tritt gewöhnhch erst nach etwa 10 Minuten ein. Zeigt das Wasser, aus dem die Hydren entnommen sind, eine Bak- terienkahmhaut auf der Oberfläche, so spült man die Tiere erst in klarem Wasser ab, da sich sonst die Spaltpilze intensiv mitfärben und das Bild verderben. Will man ungefärbte Kapseln untersuchen, so ist wogender stärkeren Lichtbrechung weit besser als Wasser Karbolglyzerin (Glyzerin 200 g, Wasser 200 g, kristall. Karbolsäure 1 g). Die Methode hat den großen Vorteil, daß ein günstiges Präparat durch Anbringung eines Lackringes oder durch Überführung in Glyzeringelatme zu einem Dauerpräparat gemacht werden kann. So erwünscht die verschiedene Lichtbrechung der einzelnen Kapselteile in vieler Hinsicht ist, so störend tritt sie oft in andrer in Erscheinung. Die stark hchtbrechenden Teüe, auch die in der Knide tiefer liegenden, beherrschen das Bild gegenüber den weniger brechenden so sehr, daß es besonders im Anfang bisweilen schwierig ist, sich eine richtige Vorstellung von der Lage der einzelnen Teile zu machen. Oft hilft hier ein einfacher Kunstgriff: Das Abschrauben der Kollektor- linse eines HuYGENSschen Okulars etwa Zeiß 4. Das Bild der ungefärbten Nesselkapsel \vird dadurch keineswegs unbrauchbar, es erscheint beträcht- lich größer, und das Lichtbrechungsvermögen ist herabgesetzt. Für das Studium des Kapselsekretes ist eine konzentrierte wässerige Lösung von EHELicHschem Neutrakot und eine Mischung von Neutral- rot und Karbolglyzerin 1 : 1 unumgängHch notwendig. Eine Färbung der inneren KapselteUe wie beim Magentarot erfolgt hier nicht. Zur Untersuchung des Knidozilapparates bringe man die Hydi'en in l%ige Überosmiumsäure, wasche gut aus, färbe kurz mit wässrigem Saffranin und scldieße in Karbolglyzerin ein. Einige für ganz spezielle Zwecke angewandte Methoden werden an geeigneten Stellen des Textes erwähnt werden. 3. Die Penetranten. Über den allgemeinen Bau einer Penetrante orientieren wir uns am besten an einer entladenen Knide (Fig. 4b). Wir unterscheiden an ihr zunächst die eigentliche Kapsel (K) an der noch der in der Ruhe die Kapsel verschließende und jetzt abgeklappte Deckel (De) sitzt. Sie setzt sich in das schlankzylindrische »Halsstück« fort, das an seinem distalen Ende drei abstehende große Stilette (St) trägt, von denen meist Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attcnuata Pallas. 395 mir zwei sichtbar sind. Auf das Halsstück folgt das gedrungen kegel- förmige »Dornenstück«, ausgezeichnet durch etwa 36 Dornen (Do), die zu je 12 etwa in einer linksgewundenen Schraubenlinie von jeder Stilettbasis zum Grunde des sich anscliließenden glatten »konischen Zwischenstückes« (Z) ziehen; dieses setzt sich dann in den langen »Kesselfaden« fort (F). a) Die ruhende Penetrante (Fig. 4 a). Die Penetrante von H. attenuata besitzt die typische gedrungene Bhnenfomi dieser Knidenart. Ihre Größe ist bei ein und demselben Tier sehr großen Schwankungen unterworfen. Die größten sind fast doppelt so groß vde die kleinsten. Ich fand als Maße 23 x 18,4; 22,4 x 17,8; 19,5 X 16,1; 18,4 x 14,95; 14,37 x 11,5 ,t< usw. Die Kapsel ist nicht radiär symmetrisch gebaut, sondern fast bilateral -symmetrisch. Wir können an ihr eine linke und rechte, eine vordere und hintere Seite festlegen. Auf der linken Seite macht sich im optischen Schnitt am Apex eine etwas stärkere Einbuchtung der Kapselwand bemerkbar als auf der rechten, auf der dagegen eine auffallende Differenzierung des eingestülpten Hals- stückes sichtbar ist. Über den Baustoff der Kapsel äußert sich Ewald (S. 307) folgender- maßen: »Das Material, aus dem die Kapsel besteht, halte ich für eine eiweißartige Substanz, ein sogenanntes Albuminoid, nicht für Chitin, denn die typischen Chitinreaktionen erhält man nicht. Die Kapseln werden durch Kochen mit Kalilauge aufgelöst. Dagegen vertragen die Kapseln Verdauen mit Trypsin oder Behandeln mit 35% kalter Natron- lauge recht gut. Auch konz. Schwefelsäure greift sie nur langsam an. Im Fluorenszenzmikroskop fluoresziert die Kapselwand violett bis blau (v. Prowazek, S. 376). Die Wand der Kapsel erscheint dreischichtig, wie schon Will (S. 33) erkannt hat. Dieses Auftreten di'eier Schichten in der Wand be- ruht nicht auf Beugungserscheinungen wie Ewald (S. 329) und ich (a. S. 37) früher annahmen, sondern entspricht dem Vorhandensein dreier getrennter Membranen, die wir noch deutlicher an der entladenen Kapsel erkennen werden. Von chesen Schichten ist die mittelste die dickste und fällt durch starke Lichtbrechung auf, während die beiden anderen sehr fein und nur schwer zu erkennen sind, die äußere (Externa) und die innere (Interna) sind in der Hauptsache auf die eigentliche Kapsel beschränkt, wälirend sich die mittlere (Propria) direkt in die eingestülpten Kapselteile fort- setzt (Fig. 4). Arcliiv f. Zellforschung. XVI. 26 396 Paul Schulze Am Boden der Kapsel ist die Mittelwand verdünnt (Fig. 4a Bv), eine weitere auffallendere Verdünnung erfährt sie lq einem gürtelförmigen Streifen um den Scheitel der Knide herum {Gv). Gegen die Kapselöffnung liLQ verstärkt sich die Propria wieder etwas, so daß sie eine Art Abschluß- ring bildet. Auf der linken Seite ist die Verdickung besonders deuthch; es entsteht hier ein spitz vorspringender knopfartiger Fortsatz (Kn). Die Kapselwand ist für das umgebende Wasser und ebenso für das Kapselsekret undurclilässig. Unter dem Einfluß gewsser Chemikalien, etwa Magenta- oder Neutralrot oder 10%ige Kupfersulfatlösung usw. färbt sich aber das in der Kapsel enthaltene Seki'et. Es ist hier offenbar eine strukturelle Veränderung mit der Wand vor sich gegangen, die das Eintreten dieser Flüssigkeiten und zwar wahrscheinlich durch die eben erwähnte dünne Stelle ermöghchte. Während nun im optischen Schnitt auf der linken Seite (und ebenso auf dem größten Teile des Kapselumfanges) das eingeschlagene Hals- stück von der verdickten Leiste direkt nach unten zieht, zeigt dieser Kapselteil auf der rechten Seite ein ganz andres Verhalten. Hier ist die gürtelförmige Verdünnung der Propria dadurch unterbrochen, daß die Mittelwand in einem Streifen unverdünnt durch sie hindurchzieht. Am Apex der Kapsel springt von diesem Streifen aus die Propria in einem im Umriß etwa elliptischen zungenartigen Fortsatz, wenig zur Querachse der Kapsel nach unten geneigt, scharf bis zur Spitze der Stüette vor. Ich will ihn aus später zu besprechenden Gründen den Deckelvorsprung des Halsteües nennen. Nur die seitüchen Begrenzungen dieses Vorsprunges sind verdickt und stark Mchtbrechend; diese fallen infolgedessen bei Be- trachtung der Knide von vorn als scharfer Strich unter dem Deckel sofort in die Augen (Dev). Durch diese Bildung erhält das Halsstück eine scharf winkhge Eindellung von außen nach innen, dessen untere Begrenzung ganz ähnlich beschaffen ist, wie die obere. Die Seitemänder, die nicht so stark lichtbrechend sind wie bei der ersteren, konvergieren aber etwas mehr gegen die Spitze hin, dadurch erscheint dieser Vorsprung mehr spitz di-eieckig. In Seitenansicht springt er scharf nach rechts außen und etwas nach vorn vor. Der Kürze halber will ich ihn den Dreiecks - vorsprung nennen (Drv). Erst von der erwähnten Spitze aus fällt das Halsstück senkrecht zur Stilettbasis herab, gleichzeitig läuft aber von ihr aus eine stark ausgeprägte Falte vorn und hinten in einer flachen Schraubenlinie quer über das Halsstück hinweg zur äußeren basalen Ecke der gegenüberliegenden Stüette A und C (Schf). Bei Betrachtung des Halsteiles von hinten fmdet sich regehnäßig eine sehr charakteristische hakenförmige Falte in ihm auf der Unken (im Bude rechten) Seite, siehe Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. 397 Fig. 5. Wir haben bisher noch nichts Genaueres über den Verlauf der Interna gehört, sie endet an der Basis des verdünnten Gürtels, folgt aber den oberen ellipsoiden Vorsprüngen, um anscheinend beim Übergang in die Dreiecksfalten aufzuhören (Fig. 4). Im Innern des Halsstückes von seinem Grunde ausgehend stehen die drei nach oben zusammengelegten Stilette; sie sind dolchartig, ihre Basis in zwei öhrchen aus- ßScBf- gezogen (Fig. 4 St). Sie liegen nicht, wie man erwarten sollte, in regelmäßiger An- ordnung um den kreisförmigen Halsteü- grund, ein Verhalten, das am klai'sten bei der entladenen Knide zu erkennen ist. In der ruhenden Kapsel hegen zwei Stilette vorn, die ich als A und B be- zeichnen will, an der Basis klaffend und sich nur mit den Spitzen berührend, der dritte Dolch C links ohne größeren Zwischenraum anschheßend neben und hinter A. Von rechts hinten gesehen, Wicken wir auf einen großen Hohh'aum, in dessen Hintergnmd sich A, links davon B und rechts davon C befindet (Fig. 5). Neuerdings wird von Toppe (a, S. 233, Taf. XV Fig. 56 a) und Ewald (S. 310, Taf. I Fig. 4) angegeben, daß das Halsstück in der Ruhekapsel Ä Fig. 5. Halsstück von rechts hinten, h Seht hin- tere schraubige Falte, Hf hakenförmige Falte, A, B, C die Stilette .4, B, C. Fig. 6. Zusammengefallenes Halsstück von Penetranten aus einem Silberpräparat. nicht zyhndrisch, sondern kollabiert sei, so daß es im Schnitt etwa Y-förmig aussehe. Diese Erscheinung ist aber ein reines Kunstprcdukt der Kon- servierung, bei der dieser Teü der Kapsel in die Lücken zwischen den hoch gebogenen Stiletten einsinkt (Fig. 6). In der lebendfrischen Kapsel zeigt das Halsstück zwar eine Anzahl Längsfalten, auch ist es, wie schon 26* 398 P^^^ Schulze von verschiedenen Seiten hervorgehoben wurde, nicht mit Sekret gefüllt: sein Querschnitt ist aber abgesehen von den Faltenbildungen des obersten Teiles wenig unregehnäßig kreisförmig, wie dies auch Jakobsohn (Taf . II) richtig abbildet. Er ist offenbar durch die Befestigung am Deckel und an der relativ stabilen Stüettbasis fest eingespannt. Ob der Halsteil als Ganzes spü-aHg gedreht ist wie Toppe (a, S. 233) will, oder ob das ent- sprechende Bild beim Spielen der Mikrometerschraube hauptsächlich auf dem Vorhandensein der von dem Dreiecksvorsprung abgehenden Schraubenlinie beruhte, habe ich nicht sicher feststellen können. Ich halte es aber für sehr wahrscheinHch. Von der Stüettbasis an geht der Halsteil in das Dornenstück über, das etwa kegelförmig ist und zwei seitHche Einbuchtungen aufweist (Fig. 4a D). In ihm müssen die 30—40 Dornen liegen, die bei der explo- dierten Kapsel in drei Reihen (a, &, c) von der Basis der Stüette {A, B, C) über diesen Kapselten hinziehen. Die große Frage ist nur: wie liegen sie? Nach Ewald sollen sie zu je drei analog den Stiletten zusammen- gelegt, nach oben geschlagen sein (s. seine Fig. 2 auf Taf. I). Im Dornen- stück sieht man eigentümliche Spitzen von der Stilettbasis nach unten gehen; zwei lange breite vorn in der Mitte, hinter ihnen auf der Rückseite zwei kürzere schmälere und endlich außen von diesen zwei noch schmälere und kürzere, die aber stärker lichtbrechend als die übrigen sind. Diese Spitzen sind nun allgemein als die zusammengelegten Dornen angesehen worden. Ich habe mir lange den Kopf zerbrochen und mir an Papier- und Stoffmodellen Klarheit zu verschaffen gesucht, in welcher Weise wohl die Dornen zusammengelegt sein müssen, um die besprochenen Bildungen zu ergeben. Ich konnte aber zu keinem sicheren Resultat gelangen. Unter Berücksichtigung der Lage und Größenverhältnisse der Spitzen erklärte ich mir schHeßhch die merkwürdigen Bilder so, daß die Dornen- reihen a und h zur Bildung der langen vorderen Spitzen in je drei Dornen- bündeln von etwa je drei Stück untereinander gelegen sind, wobei sie sich teilweise seithch und in der Länge deckten; das Ganze verursacht durch eine entsprechende Faltung der Wand in der Richtung vom Scheitel zur Basis. Auf der Rückseite müßte die Faltung zum Teil eine andre sein. Die Dornemeihe c würde durch eine Faltenbüdung analog der obigen, wobei aber nur je zweimal drei Dornen zusammentreten, die beiden mittleren Spitzen bilden, während durch eine seitliche Wand- faltung je ein oder zwei Dornen als die äußeren schlanken Spitzen in die Erscheinung treten könnten. Da zeigte mir bhtzartig ein Zufallspräparat (Karbol-Glyzerin-Magen- tarot), in dem eine Kapsel zerdrückt und das Dornenstück angerissen Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. 399 war, daß alle bisherigen Erklärungsversuche und auch mein oben an- geführter, die in den Spitzen die zusammengelegten Dornen sahen, falsch waren. Das eindringende Magentarot hatte das in den Dornen befindliche Sekret intensiv rot gefärbt, und es waren zwei Dornenreihen sichtbar, in denen die einzelnen Elemente genau so lagen, wie in dem ausgestülpten Dornenstück. Weit besser lassen sich die Verhältnisse des Dornen- stücks durch eine an di'e Methode darlegen: dm'ch etwa V4—V2 stündige Behandlung der Kapseln mit Neutralrot-Karbolglyzerin oder reinem Neutralrot. Es gelingt sehr häufig bei Kapseln, wo durch D eckglas di'uck die Volumenreduktion eingetreten ist (s. später), in diesem Teil der Knide von der Basis der Stilette gegen die Kapselbasis laufend drei fuchsimote kommaförmige Gebilde nachzuweisen, die als all- einige Bestandteile im Dornenstück gefärbt sind und auf che wir bei Besprechung der Entladung zu- rückkommen werden (Fig. 7). Auf ihnen treten als schai'fe Schrägstrichelung die nach innen gerichteten Dörnchen in die Erscheinung, alle getrennt, eines hinter dem andern. Das Lumen des Dornenstückes zeigt niemals die geringste Färbung, es ist wie das Halsstück sekretleer. Was stellen nun aber die Spitzen dar? Falten der Wand? Dann müßten sich bei der Explosion diese Falten ausgleichen und das Dornenstück beträchtlich größer werden; das ist aber nicht der Fall. Diese Tatsache hatte mir schon bei dem oben erwähnten Erklärungs- versuch die größte Sorge gemacht. Die Spitzen sind offenbar nichts w^eiter als Verdickungen, Versteifungslinien auf der Wand. Da sie an der Ruheknide so stark hervortreten, liegen sie an- scheinend hier auf der Außenseite der Wandung. Das Dornenstück, das ebenso wie der folgende Kapselteil seki*etleer ist, geht unter ziemlich plötzlicher starker Verringerung des Lumens zunächst in das konische Zwischenstück (Z) und dieses dann in den Nesselfaden über. Wie man vermittelst der Magentaro tfärbung mit Sicherheit feststellen kann, zieht der Faden in ziemHch scharfer Knickung schräg nach hinten und aufwärts, macht eine oder mehrere lockere Schlingen um das Dornenstück und 'windet sich dann in dichten parallelen Schlingen am Kapselboden auf. Der Faden ist offenbar sekret- erfüllt, bisweilen gelingt es, (besonders mit Anilinwasser-Gentianaviolett) die Fadenschlingen in der Kapsel vollständig zur Verquellung zu bringen, Fig. 7. Dornenstück einer ruhen- den Penetranten aus einem Neutralrot-Carbolglyzerin- präparat, in ihm die Se- kretstreifen ; darauf als dunkle Striche die Basen der nach innen gerichteten Dornen. 400 Paul Schulze SO daß sie als kompakte gallertige Masse am Kapselgruud liegen. Diese Verquellung ist so stark, daß sie wolil kaum nur auf ein Aufquellen der im Innern des Fadens befindlichen Quellungslinien (s. später) zurück- geführt werden kann. Nun verbleibt uns noch die Besprechung des die Kapsel verschließen- den Deckels. Seine Gestalt läßt sich auf die einer dreiseitigen Pyramide zurück- führen, deren Basis rundlich dreieckig und schwach nach außen gewölbt ist und deren leicht nach innen gebogene Seitenflächen in eine Spitze zusammenlaufen, die durch eine Art Kittmasse mit dem Stilettapparat verbunden ist. Diese Substanz sitzt an der Spitze des Deckels fest, wie Fig. 8. Penetrante nach Behand- lung mit Glyzerin-Salzsäure- Alkohol. Stilette in charak- teristischen Windungen, Ver- bindung mit dem Deckel nicht gelöst. Fig. 9. Oberes Ende einer etwas gequetschten Penetrante von hinten. Kapselwand links (im Bilde rechts) über den Deckel greifend. man an günstigen Präparaten von explodierenden und ganz entladenen Kniden sehen kann. Setzt man zu einem lebenden Tier auf den Objekt- träger einen Tropfen eines Gemisches von Salzsäure, Glyzerin und Alkohol (2 Teüe, 80% Alkohol, 1 Teü Glyzerin und 3% des Gemenges Salzsäure), so legt sich in allen Penetranten der Stilettapparat in ganz charakteri- stische Windungen, ohne aber je die Verbindung mit dem Deckel infolge Schrumpfens aufzugeben (Fig. 8). Der Deckel scheint auf der rechten Kapselseite direkt aus der Außen- wand hervorzugehen. Einige Male machte es auch den Eindruck, als ob seine Ansatzstelle zwischen Außen- und Mittelwand eingeschoben sei. Jedenfalls hängt er, wie wir später sehen werden, fest mit der Außenwand zusammen. Eine Dreischichtigkeit des Deckels, wie sie Will (s. S. 36), auf Grund entwicklungsgeschichtlicher Beobachtungen an- nimmt, konnte am Deckel der ausgebildeten Knide nicht festgestellt I Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attcnuata Pallas. 401 werden, er erscheint homogen von schwächerer Lichtbrechung als die Wand. Der Deckel liegt wahrscheinlich rings um die Kapselöffnung herum auf der Ringleiste der Mittelwand. Außerdem ist er aber noch auf eine sehr merkwürdige Weise mit der Kapsel verbunden. Mir war öfters be- sonders bei etwas geschrumpften Kniden aufge- fallen, daß die Kapselwand auf der linken Seite über den Deckel hakenförmig herübergriff (Fig. 9), über die Art dieses Verschlusses konnte ich aber nicht ins Reine kommen, bis nach langen ver- geblichen Mühen ein Zufallsbild die Aufklärung brachte. In einem frischen Präparat hatte sich wahrscheinlich durch Deckglasdruck der Deckel Fig. 10. Penetrante mit gelockertem Deckel. Halastück mit Deckel- sicherungsfalte. zum Teil von der Kapsel gelöst, und es zeigte sich nun, daß das nach unten herabfallende Stück des Halsstückes auf der linken Seite etwas hinter der Mitte stark licht - brechend ist und plötzlich scharf abbiegt, um nach der Deckelspitze hin- zuziehen (Fig. 10). In die so entstandene »Deckelsicherungsfalte« schiebt sich offenbar die freie Spitze der Deckelbasis ein. Diese Bildung ist also ein Analogon der von Deckel- und Dreiecksvorsprung gebildeten Falte. Geht diese aber im Halsteil von außen nach innen, so geht jene von oben nach unten. In Aufsicht müßte sich nach Abnahme des Deckels etwa das in Fig. 11 dargestellte Bild ergeben. Zusammenfassend können wir von der Dm'chschlagskapsel also sagen, daß sie als Ganzes genommen fast bilateral gebaut ist; eine vollkommene Bilateralsyimnetrie wird verhindert durch das Vorhandensein der stärkeren Wandausbuchtung links, durch die asymmetrische Lage der eigentümlichen Halsteilfalten links und rechts und durch die Anordnung der StUette. Fig. 11. Kapselöffniing von oben ; Deckel abgenommen gedacht. Deckel- .sicherungsfalte und Deckelvor- sprung des Halsstückes. b) Die entladene Penetrante (Fig. 4b). Die eigentliche Kapsel hat bei der Entladung sehr stark an Volumen verloren, sie ist auf etwa die HäKte ihres Inhaltes zurück- 402 Paul Schulze gegangeni), jch kann hierin die Feststellungen Wills (a. S. 32, b S. 9) gegen Ewald nur bestätigen. Die Einbuchtung auf der linken Seite ist bei dem Entladungsvorgang ausgeglichen worden. Durch die neuerdings von Will veröffenthchten Tabellen und die photographischen Belege ist die für jeden unbefangenen Beobachter auch ohne Messung sofort sinnfällige Tatsache der Volumeni'eduktion bei der Entladung endgültig festgelegt. Zu Serienmessungen eignet sich E. attenuata wegen der starken Größendifferenzen der Penetranten nicht. Man benutzt zu solchen besser eine Art mit nahezu nicht variierenden Penetranten. Ich habe ebenso wie Ewald und Will die für diese Zwecke so gün- stige Pehiatohydra oligadis gewählt (siehe die Tabelle), daneben wurden aber auch einzelne frische Penetranten in ruhendem und explo- diertem Zustande bei H. attenuata gemessen, die das bei oligadis gewonnene Resultat be- stätigten. An der explodierten Knide fällt sofort auf, daß die Mittelwand stark gequollen ist, die Dreischichtigkeit tritt nun besonders am Kapsel- grund viel deutlicher hervor. Am klarsten aber an gelegenthch vorkommenden abnormen Kap- seln wie sie in Fig. 12 dargestellt sind. Über die Endigung der Interna gegen den Kapselscheitel hin gaben mir Kniden von PelmatoJiydra oligadis im Depressionszustande Sicherheit. Diese Kap- seln nahmen das Magentarot ungewöhnlich stark auf, nach der Entladung zeigte sich die Innen- wand stark rotgefärbt. Sie hörte auf der linken Seite ganz plötzlich an der verdünnten Stelle auf und folgte rechts der jetzt ausgestülpten Mittelwandfalte, um an deren Ende ebenfalls aufzuhören. An explodierten Kniden löst sich die Interna oft ab oder legt sich in eigentümliche Falten (Fig. 24) ; daß diese sich -wii'klich nur auf diese Schicht beziehen, geht daraus hervor, daß Faltenbildungen der ganzen Wand sofort an der starken Lichtbrechung der gequollenen Mittellamelle zu erkennen sind. Auch um Sekretreste handelt es sich bei diesen Erscheinungen nicht, da dieses flüssig ist, wie schon von Fig. 12. Entladene Kapseln mit ab- normer Wandbildung an der Basis . ^) Auch bei den Polkapseln der Knidosporiden findet sich dieser Rückgang bei der Explosion (Auerbach S. 20). Nach den vorliegenden Angaben kann ich mir kein klares Bild von der Entladung machen. Eine neure Arbeit Kudos, die vielleicht Ein- zelheiten enthält, ist mir leider nicht zugänglich. Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. 403 Pelmatoliydi-a oligactis (Pallas) i sofort gei Okular 4i) Penetranten ruliend und explodiert, frisch in Wasser Zeiss t ein Teilstrich des Okularmikrometers. untersucht und sofort gemessen. Messung mit Leitz Vi 2 Immersion und ruhend lang (2ÄJ t breit (2r) t explodiert lang (2i?) t breit (2r) t 1 9 7 2 9 7 3 9 7 4 9,25 7 5 8,5 6,5 6 9 7 7 8,75 6,25 8 9 7 9 9 7 10 9 6,5 11 9 6,5 12 10 7 13 9 7 14 9 6 15 9 6 16 9,25 7 17 9 6.5 18 9 6,5 19 9 65 20 9,5 7 21 9 7 22 10 7 23 9 7 24 10 7 25 9,5 7 26 9,5 7,5 27 9 7 28 9 7 29 10 7 30 9 7 31 9 7 32 9 7 33 9 7 34 9 7 35 9 7 36 9 6,5 37 10 8 38 9,5 6.5 39 8,25 6 40 9 7 7,5 5,5 7 5 7 6 7 6,5 6 5 7 5,5 7 5,25 7 5,5 7,5 6 7,5 5,5 7 5 7 6 7 5 7 5,5 8 6 7 5 8 -5 7,5 5 7.5 5 7 5 7 6 8 5,5 8 6,5 7 5,5 7,5 5,5 7,5 6,5 7 6,75 8 5,5 8 5,5 7 5,5 7 6,6 8 ö,ö 7 6 7,5 5,5 8 5,5 8 6 7.5 6 8 5,25 7,5 5,5 7,5 5,5 :^1 — 40 = 294 VI — 40 = 218,25 : 40 = 7,35 :*40 = 5,456 ZI _ 40 = 367,00 2-1 — 40 = 273,25 :^1 : 40 = 9,175 : 40 = 6,83 : Auf das Rotationsellipoid berechnet I -^ Tri? • r2| Inhalt der ruhenden Kapsel Inhalt der explodierten Kapsel 4419,6 <3 2259,3 t^ Verhältnis der ruhenden Kapsel zur explodierten: nach "Will (e) Tab. 3, nach Will Tab. 4 nach P. Schulze, 1 : 0,479 1 : 0,537 1 : 0,511. 1) Die Messungen erfolgten in den Ferien, wo mir keine ZEiss-Immersion zur Verfügung stand; wegen der ungleichen Optik verzichte ich auf eine ^-Berechnung, die hier ja auch überflüssig ist. 404 Paiü Schulze verscMedenen Autoren hervorgehoben wurde (z. B. Will, aS. 10, b S. 9, Jakobsohn S. 135). Am deutlichsten sah ich aber die WäQde an Hydren, denen ein Tropfen Alkohol abs, zugesetzt wurde. Hier quellen, besonders wenn man das Präparat einen AugenbHck an der Lichtquelle erwärmt, Außen- und Innenschicht fast ebenso stark wie die Mittelschicht, so daß man drei fast gleichstarke Lamellen erhält, die dann noch von dem etwas abgehobenen Periknidium (siehe später) um- geben sind. Die von Will behauptete Dreischichtigkeit des Deckels müßte jetzt besonders besonders deutlich zu sehen sein, nichts dergleichen ist aber der Fall. Er erscheint ganz homogen. Den Angaben früherer Autoren (z. B. TopPEs a S. 236) und Ewalds (S. 308) von einem Zerreißen des Fig. 13. Ansicht der entladenen Kapsel von rechts. Deckel De von hinten, H Halsstück. Deckels oder gar einem Durchstoßen desselben durch die Stilette, kann ich m keiner Weise beipflichten, ebensowenig den Angaben von einer beUebrgen Lage an der Kapsel nach der Explosion. Hier liegen offenbar Verwechslungen mit der ausklappbaren Falte der Mittelwand oder mit den später zu besprechenden Widerlagern der Hüllmembran vor. Mit aUer Deuthchkeit ist der nach dem Abklappen noch intakte auf der rech- ten Kapselseite sitzende Deckel zu sehen (Fig. 4b De); bei Ansicht von hinten, d. h. bei Betrachtung von rechts her) erkennt man deutlich eine relativ breite Ansatzlinie, die aber eine gewisse Verschmälerung aufweist (Fig. 13 De). Im Bereich des Ansatzes reicht die gürteKörmige Verdün- nung der Mittelwand bis zum Kapsehand, sie ist hier aber nicht so scharf abgesetzt wie gewöhnlich, sondern die Verschmälerung erfolgt aUmählich. Auf diese Weise ist eine Art Gelenk geschaffen worden. Die Ringleiste fc Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. 405 am Apex fehlt hier, sie ist unterbrochen entsprechend der Auskerbung der Deckelbasis. Ini eingeklappten Zustande liegt der Deckel anscheinend auf der Ringleiste, und zwar greift wohl die oben erwähnte Deckelsicherungsfalte über ihn herüber; lun den Apex der Kapsel herum sieht man zwei fast parallele Linien laufen. Die untere stellt offenbar* die äußere Kapsel- begrenzung dar, während die obere eine nicht ganz kontinuierliche Rbig- falte derHalsteübasis ist (Fig. 4:h Rf). Auf der Vorderseite geht sie von einer charakteristischen miiMig gebogenen Längsfalte aus; blickt man von rechts her auf die Kapsel, so scheint die Linie von der Spitze des eUip- soiden Vorsprunges abzugehen und dann nur in der Mitte undeutlich werdend parallel dem Außenrand hin- zuziehen. Diese obere Linie kenn- zeichnet wolü die BerührungssteUen des eingeschlagenen Halsstückes mit der Basis des Deckels, unterbrochen ist sie dort, wo sich die elliptischen Vorsprünge befinden. Ewald (S. 308) hat diese Bildung bereits gesehen, aber offenbar falsch gedeutet. Er spricht von einer Verschlußrinne, die im op- tischen Schnitt an der Kapselwand beiderseits als deutliche Einkerbung erscheine. Wie der Deckel, der nach ihm » die Gestalt zweier mit ihren Basen aneinandergefügter niederer Tetraeder« hat, in diese Verschlußrinne eingepaßt sein soll, ist mir nicht recht verständlich. P Vor dem Deckel liegt die jetzt nach außen geschlagene elliptische Falte der Propria (Dev) (stark gequollen und im optischen Schnitt meist nur strichförmig erscheinend). Man erkennt jetzt deutlich, daß sie mit ihrem Hinterrande an der einen Seitenfläche der Deckelpyramide fest- gewachsen ist (daher Deckelvorsprung). Jede entladene Knide zeigt konstant das gleiche Bild. Der ausgeklappte Vorsprung zeigt in Flächen- ansicht klar, daß nur seme Ränder verdickt sind, während die Mitte dünn ist; sie setzt sich uimiittelbar in eine Einsenkung fort, die dem vor- hin bei der ruhenden Knide besprochenen dreieckigen Fortsatz, dem Dreiecksvorsprung, entspricht (Drv). Die Deckelsicherungsfalte der linken Seite tritt durch den Hals- teil durchscheinend oder bei andrer Lage der Kapsel auf der rechten Seite ebenfalls in Erscheinung, ist aber weniger auffällig (Fig. 14). Das dem Fig. 14. Entladene Knide von liinten, links hinten im Bilde rechts die Deckelsicheningsfalte. 406 Paiü Schulze Deckelvorsprung entsprechende Gebilde ist kleiner als dieser und springt fast rechtwinklig zur Kapselwand nach innen vor. Von ihm aus zieht das etwa doppelt so lange Analogon des Dreiecksvorsprunges unter einem spitzen Winkel scharf nach außen (siehe auch Fig. 15). Es zeigt sich nun deutlich, daß der Halsteil eine direkte Fortsetzung der Mittelwand der Kapsel ist, die man infolgedessen als Propria be- zeichnen muß, während nach Will (c, S. 34) die innere Wand sich dii'ekt in die Halsstüclrwand fortsetzt und Außenschicht und »Media« auf die eigentliche Kapsel beschränkt sein sollen. Das Halsstück (H) ist jetzt nicht praU gefüllt, sondern weist Längs- falten auf, bisweilen auch noch deut- lich die Schraubenlinie, welche von der dem Dreiecksvorsprung ent- sprechenden Einsenkung aus und zur Stüettbasis zieht. Trotz des Kolla- bierens hat der Halsteil gegenüber der ruhenden Kapsel meist noch etwas an Durchmesser zugenommen. An seinem Ende finden wü' die Fig. lö. Entladene Kapsel mit den großen Faltenbil- dungen des Halsstückes. Rechts der Deckel- vorsprung, darüber der Dreiecksvorsprung, links hinten die Deckelsicherungsfalte. Fig. 16. Stilette entladener Kapseln in Aufsicht aus einem Silberpräparat. herabgeklappten drei Stilette. Ä und C bilden einen Winkel von etwa 80°, A und B von etwa 110° und C und B einen solchen von etwa 170° (Fig. 16, 17). Das anschließende Dornenstück (D) ist gerundet kegelförmig und zeigt jetzt Querrunzehi; auch die oben erwähnten seitlichen Ausbuch- Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydia attenuata Pallas. 407 tungen lassen sich gewöhnlich noch erkennen. Die Dornen stehen in di-ei flachen Schi-aubenlinien, die von der Mitte der Stilettbasen aus- gehen, entgegen der Richtung des Uhrzeigers. Aus den hohlen, aber nicht mit dem Lumen von Hals- und Dornen- stück in Verbindung stehenden Stiletten und Dornen hat sich an ihrem Grunde entlang eine stark lichtbrechen- de Flüssigkeit scheinbar ergossen. Von den Verdik- kungen, die als Spitzen in der Ruhekapsel in die Erscheinung treten, ist nichts zu sehen. Sie liegen jetzt wohl im In- nern. Manchmal glaubte ich die großen Spitzen von der Basis der vor- deren Stüette ausgehend und die Sekretlinie schräg kreuzend zu sehen. Sicheres habe ich aber nicht ermitteln können. Bevor das Dornen- stück in den eigentlichen Faden übergeht, schiebt sich noch ein kleines schlank kegelförmiges Stück ein, das ko- nische Zwischen- stück (Z) im Sinne von Ewald (S. 308), wälirend Toppe (a, S. 236) das ganze Dornenstück so bezeichnet. Gegen das Dornenstück ist es abgegrenzt durch einen besondern in Karbolglyzerin sehr deutlichen stark lichtbrechenden Ring. Im übrigen erscheint dieser Kapselten glatt und ohne alle Differen- zierungen. Fig. 17. Schema der abgeklappten Stilette {A. B, C). Bei a die erwartete, bei h die wirldiche Anordnung. 408 Paul Schulze Der Nesselfaden (F) ist bei völlig entladener Knide bei gleich- bleibender Dicke bis etwa 30 mal so lang wie die eigentlicbe Kapsel, eine Penetrante von 16,5 ^ Kapsellänge (ohne Hals-, Dornen- und Zwischenstück) wies einen Faden von 508,2 n auf. Ihn überziehen jetzt an der Außenseite drei verhältnismäßig schwach lichtbrechende, ziemlich flache Schraubenlinien. Will (d, S. 12) ließ schon die Möglichkeit zu, daß der Faden wie bei den Kapseln andrer Hydroiden von drei Schrau- ben überzogen sei; ich habe mich jetzt mit Sicherheit davon an einigen besonders deutlichen Magentarot- und Methylenblaupräparaten überzeugen können. Das Fadensekret tritt in seinem optischen und färberischen Verhalten meist viel schwächer hervor als das Sekret des Dornenstückes ; es ist offenbar mit diesem nicht identisch (gegen Will d, S. 14). Der Faden hat anscheinend nicht nur an der Spitze eine Öffnung, sondern ist wahrscheinHch auch an seiner Oberfläche mit feinen Poren durchsetzt. Die Spitzenöffnung wird besonders deutlich, wenn zufäUig das Fadenende im Präparat in eine Luftblase gerät und nun aus der terminalen Öffnung eia großer Sekrettropfen hervortritt. Für die nicht direkt nachweisbaren kleinen Poren spricht, wie schon Toppe (a, S. 237) angibt, das Auftreten von Sekrettröpfchen an der Außenwand des Fadens nach der Explosion, die ich besonders schön bei Färbung mit Methylenblau und Neutrakot- Karbolglyzerin sah. c) Der Knidoblast (Taf. XIX). Der unregelmäßig zylindrische Knidoblast sitzt mit seinem mehr oder weniger verschmälerten Ende der StützlameUe auf; von einem Stiele der Kapselbildungszelle kann man bei Hijdra attenuata kaum reden. Die Kapseln und damit die umhüllende Zelle sind hier so groß, daß für eine Stielbildung in dem niedrigen Tentakelektoderm gar kein Raum ist. Den Scheitel der Kapsel überzieht die Zelle in einer Lage hellen durchsichtigen Plasmas; auf der linken Seite setzt sie sich in ein vorspringendes Halb- rohr, die »Knidozilröhre« fort (Kr). Der rundüche Kern liegt gewöhn- lich unter, seltener seitlich neben der Knide. Sein Chromatin besteht aus mehr oder weniger groben Bröckchen, er scheint ebenso wie die Knido- blasten der andern Kapselarten nach der Aufstellung in den Ektoderm- zellen des Nukleolus stets zu entbehren (von Schneider a, S. 332 schon angegeben), während dieser in der Bildungsphase wie bei den übrigen Hydrazellen groß und deutlich ist. Offenbar ein Hinweis für die Bedeutung des Kernkörperchens für rege Stoffumsätze in der Zelle. Der Knido- blistenkern ist jetzt nur etwa V4 so groß wie der der Wirtszelle, welcher stets einen großen scharf abgesetzten Nukleolus besitzt. Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. 409 Im Plasma der Zelle finden wir eine ganze Reihe bemerkenswerter Differenzierungen, außer der wichtigsten: der Nesselkapsel selbst. Zu- nächst ist eine Membran zu envähnen, die vom Knidoblasten herum um die Kapsel abgeschieden wird und dieser dicht anhegt, das Peri- knidium (Pk). Am Scheitel der Knide rückt sie etwas von der Wand ab und endet frei, ohne den Deckel mit zu umschHeßen. Ihr freies Ende ist an zwei Stellen etwas verdickt: an der Stelle, wo das Knidozü hegt, und etw'as weniger stark auf der gegenüberhegenden Seite (iV). Diese Stellen zeichnen sich durch eine andre Lichtbrechung aus — oft erscheinen sie an der lebenden Kapsel bräunhch und sind wohl als sekundäre Auf- lagerungen auf die Hüllmembran aufzufassen. Bei geeigneter Lage der Kapsel sind sie mit großer Deuthchkeit zu sehen, scheinen sich aber behn Hervorschnellen der explodierten Knide häufiger vom Periknidium ab- zulösen. Mit ziemhcher Regelmäßigkeit erhält man sie in Osmiumsäure- präparaten. Rings um den Knidenscheitel finden wir einen Kranz nach innen gebogener, im Leben stark hchtbrechender, sich mit Eisenhäma- toxylin schwärzender Stäbchen (Dst). Vor allem fäUt aber eine andre merkwürdige Büdung ins Auge: der von Will entdeckte »Muskelkorb«. Es handelt sich um lange verhältnismäßig dicke nebeneinanderstehende Stäbe, die optisch ähnhch dem erwähnten Deckelkranz in Erscheinung treten, aber viel größer sind (Stk). Sie umfassen etwa die unteren Vs der Knide und ziehen bis zur Basis der Zehe. Eine bisher noch ganz rätsel- hafte Bildung ist das sogenannte Lasso (L). Ich sah es als langen, stark hchtbrechenden Faden auf der einen Seite der Kapsel und zwar meist auf der Knidozilseite in umegelmäßigen Windungen hegen. Am Apex der Zelle finden wir hnks den ens^ähnten schlotartigen Aufsatz, der innen hohl ist und das Knidozü in sich bü-gt. Dieser Schornstein erscheint nicht allseitig geschlossen, sondern nach rechts offen. Um so merk- würdiger ist es, daß seine apikale Öffnung durch einen Ring versteift ißt, den ich durch Behandlung lebender Hydren mit 0,5%igem Silber- nitrat bei Behchtung fand. Bei Anwendung dieser Methode zeigt sich nämhch auf dem Rand des Aufsatzes ein ziemhch breiter, jetzt durch abgeschiedenes metallisches Süber geschwärzter Ring (R), den man ge- legenthch auch bei überlebendem oder mit 10% Formol fixiertem Material sieht. Es zeigt sich bei aUen Präparaten und aUen Kapselsorten immer wieder ein Ring und nicht ein Halbring, wie man erwai'ten sollte. Es wäre allerdings möghch, daß an der oberen Begrenzung sich ringsum Plasma befände, und die Öffnung nur schhtzförmig wäre, sicheres kann ich darüber nicht sagen. Das Büd, welches man beim Hineinsehen in die Halbröhre gewöhnhch erhält, ist jedenfaUs das in Fig. 18 dargestellte. 410 Paul Schulze Die Wand dieser eigentümlichen Bildung ist versteift durch Stäbchenein- lagerungen, die zum Teil den Ring erreichen, zum Teil unterhalb desselben zu endigen scheinen. Am lebenden Tentakel und besonders an Osmium- säurepräparaten sieht man einwandfrei, daß tatsächlich Plasma um diese Stäbe vorhanden ist. Toppes Ansicht (a, S. 248), daß der Knidozüapparat nur aus Stäbchen gebildet werde, die den eigentlichen Entladungsstift in die Mitte nehmen, ist irrtümhch. Für Coryne gibt er (Taf. XV Fig. 69) die Abbildung eines Halbringes, der durch Zusammenlagerung der seit- hchen Stäbe mit den Spitzen entstanden sein soll. Bei Hydra kommt für die Bildung des Ringes eine solche Entstehung nicht in Betracht, denn auf den Süberpräparaten ist der Knidozilxing scharf und deutlich, ebenso das Knidozil selbst, während von den Begleitfasern nichts zu sehen ist. Das Knidozil ist ein am freien vor- stehenden Ende zugespitztes Stäbchen von etwa fest-gallertartiger Konsistenz, das, nach dem gelegentlichen Anheften von Fremd- körpern zu schließen, etwas klebrige Eigen- schaften zu besitzen scheint. Unter Einfluß von Chemikalien krümmt sich seine Spitze oft leicht ein, bei Osmium- säurepräparaten ist es am Ring oft scharf, fast rechtwinkhg abgeknickt. Der Ent- ladungsstift liegt in einem etwas spitzen "Winkel zm* Tentakellängsachse geneigt zwischen Kapselwand und dem apikalen Widerlager des Periknidiums. An der Stelle, wo es mit der Kapsel in Berührung kommt, zeigt deren Wand eine leichte Längseindellung. Das untere Ende des Stiftes ist in einem schwachen Winkel abgeknickt und folgt der Kontur der Kapselwand. Er scheint in bezug auf die Kapsel keine absolut kon- stante Lage zu besitzen; ich glaube ihn einige Male mit Bestünmtheit statt wie gewöhnüch auf der hnken Seite auf der Deckelseite gesehen zu haben. Sein Auftreten hatte an beiden Stellen die oben erwähnten Begleiterschei- nungen zur Folge: die Eindellung der Kapselwand und die Bildung des Widerlagers auf dem Periknidium. Es handelt sich bei diesen beiden Bil- dungen um offenbar relativ spät eintretende Differenzierungen. d) Die Vorgänge bei der Entladung der Penetranten. Bei dem Entladungs Vorgang sind zwei Phasen zu unterscheiden: 1. die Auslösung und 2. die eigentliche Entladung, d. h. die Um- Eig. 18. Aufsicht auf die Knidozilröhre von reell ts. Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. 411 stülpung der in der Eiihe eingeschlagenen Teile der Knide. Seit langem ist bekannt, daß die Explosion der Hoplokniden nicht wahllos auf jeden Berührungsreiz hin erfolgt, sondern, daß sich je nach der Beschaffenheit der Oberfläche des Beutetieres, ob glatt oder bedornt, fast ausnahmslos Penetranten oder aber Volventen entladen. Es ist kein Zweifel, daß der umnittelbare Anlaß hierzu die Berührung des Knidozüs ist, es war aber bisher ganz rätselhaft, warum bei der Annäherung eines Tieres mit glatter Oberfläche nur die Penetranten, nicht aber auch die Volventen losgehen, deren Knidozil bekannthch länger als das der Penetranten ist. Kühn (S. 480) nahm infolgedessen an, daß die als Tastborsten funktio- nierenden Entladungsstifte auf adaequate Reize abge- stimmt seien. Die ganze Knidozüfrage scheint mir ein ganz andres Gesicht durch die von mu' aufgefun- denen Differenzierungen, den Knidozilring und das Widerlager, zu gewinnen. Sieht man auf die Ringe in einem Silberpräparat direkt von oben herauf, so zeigt sich, daß in der Regel der Durchmesser des Vol- ventenringes größer ist als der bei den Penetranten, trotzdem die Dicke der KnidozUe bei den beiden Kapselarten sich umgekehrt verhält (Fig. 19). Auch bei Betrachtung von der Seite ist normalerweise der Volventenring etwa doppelt so groß wie derjenige der Durchschlags- kapseln. Ganz durchgängig ist dieses Verhalten aber, wie ich hervor- heben muß, im Präparat nicht. Man findet z. B. auch gelegentlich enge Volventeminge. Ich glaube aber dem keinen aUzu großen Wert beilegen zu sollen, weü die ringbildende Substanz, die mit der der Kittleisten identisch sein dürfte, ebenso wie diese bei der Silberbehandlung oft eine starke Schrumpfung erleidet, die sich bei einem offenen Ring besonders stark bemerkbar machen muß. Ferner kommt es bisweilen vor, daß ein Penetrantenring eine sehr starke Silberablagerung aufweist und dann ebenso groß erscheint, wie bei einer Volvente. Solche Ringe sehen aber inmier sehr dick und umegebnäßig aus und dürften wohl auf sekundäre Silberabscheidung zurückzuführen sein. Wenn tatsächlich die gewöhn- Archiv f. Zellforschung. XVI. 27 Fig. 19. Blick auf einen mit Silbernitrat behandelten Tentakel mit den geschwärzten Ringen der Knidozilröhren Bei P Pene- tranten, teils ruhend, teils explodiert. 412 Paul Schulze lieh in den Präparaten auftretenden Bilder einen gesetzmäßigen Unter- schied in der Öffnung der Knidozih-öhre bei Volventen und Penetranten anzeigen, wie ich glaube, dann ist es sehr wahrscheinHch, daß der Ring in Beziehung zur spezifischen Entladung steht und zwar so, daß die Kapsel erst explodiert, wenn das Knidozil seine maximale Abbiegung erfahren hat, d. h. wenn es die Peripherie des Ringes erreicht hat. Die Borsten eines Tieres werden sehr leicht mit den lang vorstehen- den Volventenstiften in Berührung kommen, sie bei der Fortbewegung mitnehmen und dabei so stark abbiegen, daß die relativ große Entfernung bis zum Schlotrande durchlaufen wird, worauf die Explosion erfolgt. Entsprechend der verhältnismäßig geringen Angriffsfläche der einzelnen Borsten und entsprechend ihrer gewöhnhch größeren Zahl ist auch eine große Anzahl von Volventen (etwa das 20 fache der Penetranten i) und damit von Entladungsstiften vorhanden, so daß die Überwältigung der Beute gewährleistet wird. Anders liegt die Sache, wenn ein Tier mit glatter Oberfläche als Auslöser in Betracht kommt. Eine Entladung von Volventen könnte dann wohl nur einsetzen, wenn die Spitze des Tieres deren Knidozile sehr energisch abbiegt. Im allgemeinen wird aber etwa ein Muschelkrebschen mit seiner großen Oberfläche in das lüiidozügewirr einsinken unter Beiseitebiegung der Volventenstifte. Diese Abbiegung ist aber offenbar nicht stark genug, um die Entladung zu ermöghchen. Die für zai'tere Borsten bestimmten Gebüde sind auch in sich zarter und biegsamer als die Penetrantenknidozile. Bei der Fixierung krümmen sie sich sehr leicht am distalen Ende, so daß die Basis weniger stark be- wegt wird als die schlankere, ausweichende Spitze. Die Oberfläche des Beutetieres konrnit so mit den tiefer Hegenden Knidozüen der Penetranten in Berührung und zwar bei der relativen Größe der Angriffsfläche auch mit den einzeln stehenden der Penetranten verschiedener Batterien, so daß auch hier ün allgemeinen der Erfolg gewährleistet wird. Bei der sehr geringen Öffnung der Knidozilröhre der Durchschlagskapseln, die durch den Stift fast ganz ausgefüllt wird, genügt schon ein geringer strei- fender Druck oder Zug, imi diese Entladung herbeizuführen. Aber selbst wenn keine gesetzmäßige Verschiedenheit in der Öffnung des Ringes von Volventen und Penetranten vorläge, dann könnte sehr leicht eine andre Verschiedenheit im Bau der Knidoblasten bestehen, der bei den Wickelkapsehi einen stärkeren Zug für die Entladung nötig machte. Die ganze Art des Knidozüapparates der Penetranten spricht jedenfalls durchaus für eine mechanische Sprengung des Deckels mit ^) Vgl. das S. 388 in der Anmerkung Gesagte. Der Bau imd die Entladung der Penetranten von Hytüa attenuata Pallas. 413 Hilfe des Knidozils. Berührt ein Beutetier den Entladungsstift — und zwar muß dies wahrscheinlicli in der Richtung von rechts nach links geschehen — , so drückt es den Kapselpol gegen das rechte Widerlager, während das Hnke sein Ausweichen verhindert. Beim Nachlassen des Druckes und Zurückkehren in die Ruhelage wird dann die Deckelver- binduug gelöst, und die Entladung kann erfolgen. Bei der entladenen Knide fhiden wir das Knidozil (in Osmiumsäurepräparaten) aus dem Wider- lager herausgezogen und stark nach ünks gebogen, m den Resten der Knido - züröhre stecken (Taf. XIX Fig. 2). Leider läßt sich nicht entscheiden, ob diese Erscheinung ursprünghch durch die Hebelwirkung oder erst nachträghch durch die hervorschnellende Kapsel bedingt worden ist. Das Abbiegen des Knidozils könnte aber noch eine andre Wirkung haben, eine Zerrung des Periknidiums und damit die A\isübung eines Druckes auf die Gesamtheit der Kapsel der ebenfalls zur Deckelsprengung fühi-en könnte. Jickeli (S. 393 und 395) und Schneider (a, S. 335) fassen das Perilmidium als muskulös auf, während Toppe (a, S. 249) in ihm nm' eine Schicht dichteren Plasmas sieht. Die Streitfrage wü'd sich nicht leicht entscheiden lassen, denn nach neueren Untersuchungen von RosKiNE (S. 365) scheint die Muskelsubstanz von Hydra einen sehr eigen- tümhchen Bau zu besitzen. Der Muskelfaden selbst in den Epithelmuskel- zellen soll nicht aus Fibrillen bestehen, sondern aus einer membranartigen Hülle, in der sich kontraktiles, halbflüssiges »Kinoplasma« befindet. Auch die Kapselhülle könnte demnach leicht die Eigenschaften eines solchen Muskels haben, durch die eine Sprengimg des Deckels er- möghcht mirde. Es käme hier auch der WiLLSche Stäbchenkorb in Be- tracht, dessen Elemente dieser Forscher ebenso wie Toppe für kontraktil hält. Nach dem, was über die Hydra-Muskela gesagt wurde, könnten die Stäbe wohl kontraktil seüi. Beweise dafür haben wir bisher aber nicht. Man muß sich hüten, jede stark hchtbrechende Faser als muskulös an- zusprechen. In ihrem optischen und färberischen Verhalten ähnehi diese Stäbe ganz den allerdings viel zarteren Deckelstäbchen, die von allen Autoren als Versteifungseinrichtungen gedeutet werden, mit Ausnahme derjenigen, die wie Grenacher (S. 10) und Schneider (a, S. 84) in ihuen den Ausdruck emer Membranfältelung sehen, welche für die Entladung von großer Bedeutung sein soll. Ich habe gelegenthch auch an entladenen Kniden die Stäbe mit ihrer charakteristischen leichten Krümmung noch iai Plasma des Knidoblasten steckend gefunden, an ihrer Stabnatur ist nicht zu zweifeln. Die Bildung der polsterartigen Widerlager an der HüUmembran und das Einsenken des Knidozils z\\dschen Kapsel und Periknidium spricht dafür, daß letzteres bei der Entladimg eine mchtige 27* 414 Paul Schulze Bolle spielt. Will und Toppe möchten den Körbchenstäben einen aus- schlaggebenden Anteü an der Entladung zuschreiben. Will (b, S. 9) nimmt an, daß eine Übertragung des Reizes vom Knidozil auf die Stäbe erzielt werden könne, durch eine eigentümliches Wabenwerk, in dem diese eingebettet sind und das bis zu dem Stäbchenkranz reicht. Toppe gibt von diesen Waben eine Abbildung auf Taf. XV Fig. 67. Ich habe sie gelegenthch auch an lebendfrischen Kapseln nach Magentafärbung gesehen. Die ganze Lage des Korbes und die Anordnung seiner Elemente machen es mir sehr unwahrscheinlich, daß er an der Entladung in wich- tiger Weise beteiligt ist, seine Tätigkeit setzt wohl erst in einem späteren Stadium der Explosion ein. Es soll damit aber nicht gesagt werden, daß der Stäbchenlvorb nicht bei andern Arten eine andere Ausbildung besitzt und vielleicht tatsächhch für die Entladung in Betracht kommt. Wie Will (d, S. 27 und 28) sehr richtig hervorhebt, spielen osmo- tische Vorgänge in der ersten Phase der natürlichen Entladung keine Rolle, da die Kapselwand sowohl für die umgebende Flüssigkeit, als auch für das Kapselsekret impermeabel ist und nur durch gewisse, sie chemisch (oder physikalisch) ändernde Stoffe durchgängig gemacht wird. Infolge- dessen brauchen wir auch nicht zu so gewagten Hypothesen zu greifen wie Glaser und Sparrow (S. 381), die annehmen, daß die Reizung des Knidoblasten die Entwicklung von den Iimendruck steigernder Wärme oder die Herabsetzung der Konzentration der umgebenden Flüssigkeit zur Folge hat. Bei der Entladung der Penetranten durch Deckglasdruck könnte ebenfahs das Knidozil als Auslöser in Betracht kommen, nicht aber bei der Explosion infolge von ChemikaMen. Bei deren Zusatz sieht man meistens, daß nur die Spitze des Stiftes sich hakenförmig krümmt. Hier dürfte das Reagenz umnittelbar eine Kontraktion des Knidoblasten bzw. des Peiiknidiums hervorrufen, oder eine Lockerung des Deckels bewirken. Das letzte ^vürde in Betracht kommen, bei vollständig vom Plasma be- freiten Kapsehi, die ja ebenfalls noch die Fähigkeit der Explosion be- sitzen (vgl. Hadzi b, S. 23). Der Deckel besitzt gegenüber den andern Kapselteilen eine sehr schwache Lichtbrechung, mit Chromhämatoxylin färbt er sich ganz im Gegensatz zur übrigen Kapsel tief schwarz, er scheint daher noch mehr plasmatisch zu sein. Ähnhches gibt schon Iwanzoff (S. 349) an. Vielleicht ist er aus diesem Grunde verhältnismäßig leicht zum Schrumpfen und damit zur Ablösung von der Kapselwand zu bringen. Durch eine Entziehung von Wasser aus dem Deckel könnte man auch die Tatsache erklären, daß die Penetranten in Mengen explodieren, wenn man emen Kochsalzkristall in die Nähe des Tentakels emer in einem Tropfen Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. 415 Wasser auf dem Objektträger befindlichen Eydra bringt. Möglich wäre natürhch auch eine dkekte Einwii-kung auf andere Teile der Knidoblasten. (Eine bisher noch ziemlich ungeklärte Erschemung ist die Übernahme von reifen Kniden ohne Entladung in andre Organismen (z. B. durch Kerona oder dem Suktor OpModendron [Martin a, S. 646ff.]). Noch mertwiirdiger ist dieser Vorgang bei Tiu:bellarien und Aeohdiern, wo die Kapsehi aus dem Dai'm unter die Körperoberfläche gebracht werden und hier noch losgehen können (Cleptokniden). Bei Microstomum ge- schieht dies durch eine Ai't von Phagocytose (Martin b, S. 261) ; bei den Aeohdiern gelangen die Kesselkapseln aus dem Darm in die sogenannten Leberschläuche und in die Zellen der an ihrer Spitze befindhchen Kniden- säcke, wähi'end andre an Form und Größe ähnliche Gebilde wie Diatomeen und sogar die Spirozysten der Aktinien diu'ch einen Sphinkter zurück- gehalten werden. Die envähnte Tasche ist wohl als eine Art Speicher- niere zur Unschädhchmachung von Fremdkörpern anzusehen, denn bei Regeneration derselben durch hungernde Schnecken entwickeln ilu*e Zellen an der Oberfläche eine Art Stäbchensaum, und in ihrem Innern treten eigentümhche Körnchen auf (Cuenot S. 83, Taf. 11 Fig. 4). In diesem Zusanmienhauge ist eine Beobachtung von Chatton (S. 182 Anm. 1) von Interesse, der bei einem Exemplar der Eimicide Halla parthenopeia die Verlagerung von aufgenommenen Kniden unter die Haut und die gleich- zeitige Bildung abnormen Pigmentes feststellte). Nach der hier vorgetragenen Auffassung wäre also das Knidozil nicht als Smnesstift, als Rezeptor, aufzufassen, der den empfangenen Reiz auf das Plasma überträgt, sondern nur als Teil einer aufgestellten FaUe. Wie sind aber mit dieser Vorstellung die Angaben der verschiedenen Autoren in Einklang zu bringen, daß selbst eine starke mechanische Reizung durch feine Platinstifte, Glasnadeln usw. die Kapseln nicht zur Entladung bringt, wie vor allem die bekannte Erscheinung, daß die Kniden trotz geeigneter Berühiung durch ein Beutetier nicht losgehen, wenn die Hijdra gesättigt ist? Zum ersten Punkt habe ich folgendes zu bemerken: Es ist leicht verständlich, daß Infusorien wie Trichodina und Kerona nicht im- stande smd, das Knidozil maximal abzubiegen und die Entladung auszu- lösen, selu' unwahrscheinhch aber war mu-, daß geeignete mechanische Berüluimg des Ivnidozils dies nicht ermöghchen soUte, wie es z. B. Wagner (S. 618) und Will (c, S. 28) behaupten. Und in der Tat hatten meine Versuche ein durchaus andi'es Ergebnis. Sticht man eine auf dem Objekt- träger liegende Hydra mit einer feinen Insektennadel durch den Leib, hält sie auf diese Weise fest und überzeugt sich, daß auf den Ten- takeln keine Kapseln explodiert sind, so erhält man sofort ein ganz andi'es 416 Paiil Schulze Bild, wenn man mit einer zweiten Kadel mit einem scharfen Ruck an den Tentakeln entlang streicht; eine große Menge von Penetranten ist ent- laden worden. Der Versuch glückte jedesmal, es scheinen aber so gut wie ausschließhch Penetranten betroffen zu werden, was gut überein- stimmen würde mit dem oben in bezug auf die leichtere Entladungs- möglichkeit dieser Kapselart Gesagten. Die zweite scheinbare Unstimmigkeit zwischen Theorie und Praxis • erklärt sich daraus, daß die Nesselliapselfalle als Ganzes nicht rein mechanisch wirkt, sondern vom Willen des Tieres in Tätigkeit gesetzt wii'd. Diese Tatsache hat Jakobsohn (S. 138) richtig erkannt. Er be- schreibt den Fangvorgang folgendermaßen: »Sobald die Eyära des Beute- tieres habhaft werden konnte, legte sie den Fangarm mit einer möglichst großen Fläche an die Beute heran. Dabei konnte ich bemerken, daß die Knidozile in direkte Berülirung mit dem Beutetier traten, ja sogar an dieses herangedrückt wurden, ohne daß eine einzige Nesselzelle sich ent- lud. (?? P. Schulze), Dann aber zog die Hydra mit einem plötzlichen Ruck den Fangarm zurück, so daß die Knidozile an dem Beutetier rieben, und es trat eine Entladung fast aller beteiligten Nesselzellen ein. Je mehr das Beutetier jetzt zappelte, desto günstiger war es für die Hydra, denn durch seine Bewegungen brachte das Beutetier auch noch die Nessel- zellen der andern Tentakeln zur Entladung, die jetzt schnell an die Beute herangebracht wurden und sie umschlangen. Jetzt verstehen wir auch, weshalb das Knidozil mit der Tentakelfläche einen spitzen Winkel bildet. Die Knidozile können nämlich infolge dieser Anordnung als Widerhaken wii'ken«. Ähnhch spricht auch Herwerden (S. 414) bei Beschreibung des Fanges einer Daphnie, von einem »bloßen Strich des Tentakels ent- lang der Ventralseite, der genüge, um das Tier zu lähmen«. Ausgelöst wd diese Bewegung offenbar durch die Berührung der me die Knidozile über die Zelloberfläche hervorragenden Stifte der von Hadzi (c, S. 10) entdeckten Sinneszellen. Ich glaube aber, daß die Berührung der Knido- zile und die Explosion einiger Penetranten das Primäre ist, daß das Beute- tier bei seinen Fluchtbewegungen dann aber auch die kurzen Sinnesstifte berühi-t und nun die Tentakelbewegung einsetzt, welche die zur völligen Überwältigung nötigen Penetrantenmassen entlädt. Für die eigentliche Entladung der Kapsel hat man in der Haupt- sache drei Faktoren verantwortüch gemacht: 1. eine Kontraktion im Knidoblasten, 2. eine Quellung des Kapselseki-ets und 3. die Elastizität der Kapselwandung. Die erste Phase der eigenthchen Entladung mußte darin bestehen, den Deckel an seinem Verlötungsrändern zu lösen und zum Abklappen zu bringen, unter gleichzeitiger Zerreißung der Stäbchen- Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. 417 sichenmg. Nachdem dies geschehen, folgt der Deckel ungehindert dem starken Zuge, den die Außenwand auf ihn ausübt, und klappt auf die rechte Seite herüber unter Zerreißung des über ihm befindlichen Plasmas, dessen Rest sich zusammengeschnürt als ringförmige Masse um den Scheitel der Kapsel hegend in Magentarotpräparaten öfter nachweisen läßt. Bei dem Umsclilagen nimmt der Deckel den an ihm festsitzenden Vorsprung der rechten Seite und die Stilette mit sich, deren Verbindung mit dem Deckel sich aber bald löst. Diese Teile der Knide treten also als erste aus der Kapsel heraus. Es findet aber kein plötzHches ruck- artiges Hervorschnellen der Stilette und kein Herausspringen des Hals- teües nach Art eines Schnappgelenkes statt, wie es die bisher einzig bekannte Zwischenstufe des Entladungsvorganges, die WiLLschen Versager, nahezidegen scheint. Durch die Ferrozyankalium- Fig. 20. Explosionsstadien aus einem Ferrozyankaliumpräparat. methode ist es mir gelungen, eine Reihe weiterer Zwischenstadien zu fixieren, welche klar zeigen, daß bei der Explosion, nachdem der Stüett- apparat mit dem Deckel ein wenig herausgezogen und dann frei geworden ist, die Umkrempelung an der Grenze zwischen Halsteil und Kapsel einsetzt (Fig. 20). Sowie die Deckelnaht reißt, werden drei für die Entladung mchtige Kräfte in Tätigkeit gesetzt, von denen zwei wohl ziemlich gleichzeitig, die dritte etwas später in "Wirksamkeit treten. 1. Die Ringleiste der Mittelwand ist als erster Bestandteil der inneren Kapsel mit dem umgebenden Wasser in Berülirung gekommen und quillt stark auf. Die QueUung setzt sich augenblicklich in der Mittelwand die ganze Kapsel herum fort, der unter dem Ring gelegene verdünnte Streifen wird durch die Wasseraufnahme nach außen gebogen und anschüeßend daran, die hier befindhche Eindellung der Kapsel ausgeglichen. Dieser Vorgang hat eine Auskrempelung des Halsteües zur Folge. Der Deckel- 418 Paul Schulze Sicherungsvorsprung klappt aus und zieht ebenso wie es vorher schon die auf der rechten Seite gelegene ähnliche Büdung getan hat, weitere Halsstückteüe nach sich. 2. In der Kühe stand die Kapsel unter einem Überdruck, der eine Dehnung ihi'er Wände bedingte. Besonders stark wird sich dieser Druck an der EindeUung am Apex bemerkbar machen. Beißt der Deckel ab, Fig. 21. Entladene Knide aus einem Neutralrot-Carbolglyzerinpräparat nach mehrstündiger Behandlung. Die Kapsel war angefüllt mit den groben schwarzioten Flocken des Kolloids. An der Grenze zwischen Faden und Zwischenstück tritt heller rot gefärbtes Sekret aus. Faden in eigentümlichen Windungen, an seiner Basis schon wieder zusammengefallen. SO wird die DeUe ausgeglichen, d. h. eine Zeitlang (an Glyzerinpräparaten gut zu beobachten) vergrößert sich die Öffnung der Kapsel, ein Vorgang, der ebenso wie die unter 1. geschilderten den Anlaß zu einer Umkrempe- lung des Halsteiles gibt. Gleichzeitig ist aber die gesamte Wand bestrebt, in die Ruhelage zurückzukehren. Diese Erscheinung, die notwendiger- weise herausdrückend auf den Kapselinlialt wirken muß, äußert sich darin, daß die Knide auf die Hälfte ihi-es Volumens zurückgeht, wobei ihr ver- dünnter Boden wie ein Gelenk wkkt. Der Bau imd die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. 419 3. Spielt nun aber auch das Kapselsekret eine große Rolle bei der Entladung. Es nimmt offenbar durch den dünnen Wandstreifen stark Wasser auf. Einzelheiten über das Kapselsekret und seine Bedeutung werden gleich im Zusammenhang beigebracht werden. Dm'ch die besprochenen Einrichtungen wd ein außerordentlich schnelles Auskrempeln des Halsteiles erzielt, das auch notwendig er- scheint, wenn nicht der Widerstand des neben den Stiletten eindringenden Wassers die Umkrempelung zu stark behindern, bzw. unmöglich machen soll. Elastizität der Kapselwand, verbunden mit Quellung der Wand und Wasseraufnahme durch das Kapselsekret haben zu einem Hervor- treten des Halsteiles gefülu't, der nun den noch zusammengeklappten Stüettapparat an der Spitze trägt. Das verdünnte Kapselsekret ist in den Halsteil gepreßt worden, der auf ge^\^ssen schnell vorübergehenden — besonders in den Ferrozyanlfaliumpräparaten erhaltenen — Stadien auch bei ganz entladener Knide prall mit Sekret gefüllt ist und so ge- wissermaßen als Druckreservoü' dient (Fig. 20, 21). Die dadurch bewirkte Dehnung ist so groß, daß sem Durchmesser selbst nach dem Zusammen- fallen bei den explodierten Kniden größer ist als bei der Ruhekapsel. Das Einpressen von Flüssigkeit bedingt dm'cli den Druck gegen die Stüett- basis das Herabklappen der Dolche, deren Verbindung mit dem Deckel sich ja sofort nach der Explosion gelöst hat; durch ihr Aufschlagen ziehen sie das Dornen- und Zwischenstück heraus, uijd geben so den Anlaß zum Eintritt der zweiten Phase des Entladungsvorganges. Nach Will (d, S. 14) sollte nun aus den hohlen Stiletten und Dornen ein stark hchtbrechendes QueUsekret entlang der Basis der Dornen, also in einer linksgewundenen flachen Schraubenlinie bis zu dem Anfang des Nesselschlauches fUeßen, dessen Innenseite mit Sekretlinien bedeckt ist, und deren Anfangsteil in QueUung versetzen. Zunächst ist hier festzu- stellen, daß das Seki'et keineswegs erst nach der Explosion aus den Stüetten und Dornen fheßt. Es ist — offenbar als festes oder halbfestes Kolloid — schon in der ruhenden Knide in der entsprechenden Lage vorhanden, jene oben erwähnten mit Neutrah'ot färbbaren di*ei Streifen im Dornenstück der nicht explodierten Kapsel sind nichts andi'es als die jetzt außenliegenden Sekretlinien. Ein Hinausfließen aus den Stacheln nach der Entladung, was bei dem jetzt durch Füllung gewölbten Dornen- stück in manchen Fällen einem Bergauf fließen gleichkommen würde, erfolgt also nicht. Durch diese Feststellung wird eine weitere Schwierigkeit des WiLLSchen Erklärungsversuches beseitigt, nämhch das gelegenthche Vor- kommen normal entleerter Kapseln in Wasserpräparaten, bei denen zwar die Vereinigung der Stilettspitzen gelöst, che Stilette selbst aber nicht 420 Paul Schulze abgeklappt sind und infolgedessen ein Herausfließen bergan bis zum Faden unmöglich ist (Fig. 22). Die Sekretbahnen haben offenbar höchstens etwas mit der Aus- stülpung des Dornenstückes, aber nicht mit der des Fadens zu tun. Will hat die Existenz des konischen Zwischenstückes ganz übersehen, die Sekrethnien hören an der Basis desselben auf und erreichen die Quell- linien des Schlauches gar nicht. Ilire Bedeutung ist also anderswo zu suchen. Ganz ähnhch wie es Will für den Faden gezeigt hat, krempeln diese Sekretstreifen durch Wasseraufnahme mecha- nisch das Dornenstück um, (Bei der oben er- wähnten Ephyra-F enetmnten konnte ich keine Spur eines aus den Dornen fheßenden Sekretes entdecken, während die QueUinien des Fadens viel deutlicher waren als bei Hydra.) Bei den Kapseln mit hochgeschlagenen Sti- letten reichen die Kräfte, welche die Entladung einleiten, oft noch so weit, um den Anfangsteil des Fadens in direkte Berührung mit dem Wasser zu bringen, Voraussetzung ist nur, daß die Ver- bindung der Dolchspitzen miteinander gelöst wd, sonst gibt es die sogenannten Versager. Selir häufig findet sich das Nichtherunterklappen der Stilette an Kapseln, deren Knidoblast und Periknidium durch Eintrocknen in Alk. abs. stark geschrumpft ist. Die QueUinien des Schlauches werden nun durch das umgebende Wasser in Quellung ver- setzt. Dadurch, daß der jeweüs schon gequollene Teil ein viel weiteres Lumen besitzt als die un- veränderten Schlauchteile, werden diese ganz reibungslos in Bruchteilen einer Sekunde ausgestülpt. Dies hat Gibson (S. 35) schon 1885 durch- aus richtig gesehen und abgebildet (siehe seine Fig. 6), wenn ihm auch die Bedeutung des »spiral twist« für die Umki'empelung noch unbe- kannt war. Eine Zeitlang nach der Explosion kollabiert der durch die Quelleisten übermäßig stark gedehnte Faden, und zwar zunächst die basalen Teüe, die zuerst ausgestülpt wurden. Wü* müssen jetzt noch näher eingehen auf Fig. 22. Entladene Knide mit nicht herabgefallenen Stiletten. In der eigentlichen Kapsel die Innenwand teilweise abge- hoben. I Der Bau iind die Entladung der Penetranten von Hj'dra attenuata Pallas. 421 e) Die Eigenschaften und die Zusammensetzung des Kapselsekretes und seine Rolle bei der Entladung. Seine Konsistenz. Das Sekret ist in der Kapsel nach Jakobsohx (S. 135) und Will (a S. 10, b S. 9) in flüssigem Zustande vorhanden und nicht in gelatinösem, wie es Iwanzoff(S. 167 ff.) für andre Kniden annahm. Ich habe den jAKOBSOHXschen Versuch Aviederholt. Gibt man zu einer Hydra einen Tropfen Alkohol abs. und läßt ihn allmählich verdunsten, so explodieren die Kapseln beim Eintrocknen infolge Einschrumpfens der Knidoblasten (bei isolierten Kapseln der Kapselwand), und es treten aus dem Kapsehnnern dicldlüssige Tropfen aus. Seine Labilität. Eine äußerst merkwürdige Unbeständigkeit des Kapselsekrets konnte auf folgende Weise nachgewiesen werden. Bringt man lebende Hych-en auf eine Minute in konzentriertes Neutralrot, so färbt sich der Inhalt der reifen ruhenden Kniden gelbbraun, zeigt also alkalische Reaktion. Bei der Explosion entfärbt sieh das zunächst noch bräunliche Kapselsekret der Durchsclüagskapseln, während das- jenige aUer übrigen Kapseln fuchsim-ot wnd, also deuthch sauer reagiert. Bringt man dagegen ein Tier 1/4 Stunde in ein Gemisch von Karbol- Glyzerin-Neutrah'ot 1 : 1, so nehmen die Ruhekniden die rote Farbe an, die entladenen dagegen werden braun, hier macht auch die Penetrante keine Ausnahme. Es ist also eine völlige Umkehrung der Reaktion ein- getreten. Das Sekret des Dornenstückes und die Quellinien des Fadens behalten ilu-e saure Eigenschaft bei; man bekommt so eine wimderschöne Doppelfärbung der entladenen Stilettkapseln. Verweilt eine Hydra aber etwa zwei Stunden in dem erwähnten Gemisch, dami sind sowohl ruhende als auch entladene Kniden tief fuchsim-ot, fast schwarzrot gefärbt, und das Kapselsekret enthält grobe umegehnäßige Schollen. Versuche, Kapselfärbungen mit Kongorot zu erzielen, schlugen fehl, nm- die explo- dierten Penetranten färben sich schwach gelb-rötlich, es trat also auch hier kein Umschlag in die saure Phase ein. Ebensowenig konnten die Kniden mit Lackmuslösung gefärbt werden. Will (e, S. 23) hatte darauf hingewiesen, daß sich wohl das Sekret entladener, nicht aber das ruhender Kniden mit Fuchsin färben lasse und daraus auf eine Reaktionsänderung desselben bei der Explosion geschlossen. Diese Erklärung ist aber nicht unbedingt stichhaltig, es wäre auch möglich, daß die Schlauchwand im Gegensatz zm- Kapselwand für den Fai'bstoff durchlässig wäre. Bei mir färbte sich übrigens auch ein Teil der Ruhekniden mit Säurefuchsin. Im übrigen erfordern die Rätsel des Kapselsekretes noch eingehende Spezialuntersuchungen. 422 Paul Schulze Seine Zusammensetzung. Will ninmit an, daß das Kapsel- sekret ein Kolloid sei, während ihm Kühn (S. 466) entgegenhält, daß wenigstens neben dem Kolloid noch ein Iviistalloid vorhanden sein müßte, da sich sonst der in der ruhenden Knide herrschende beträchtliche Über- druck nicht erklären Heße. Eine Annalune, die wohl nicht ganz zwingend ist, wie wir sehen werden. Aber ein andrer Umstand scheint diese An- nahme zu fordern: das schnelle Heraustreten des im Wasser verquellen- den Sekretes aus den Poren der Sclilauchwand. Da hygropliile Kolloide die Zähigkeit des Wassers sehr steigern und damit im Zusammenhang nm- sehr langsam die Poren eines Filters passieren (Höber S. 307), so muß die Flüssigkeit wohl in starkem Maße aus einem KristaUoid bestehen. Dies scheint nun in der Tat der Fall zu sein, der Kapselinhalt ist offenbar das Gemisch eines Kolloids und eines KristaUoids : Die disperse Phase ist anscheinend in einem Kiistalloid aufgeschwemmt. Gelegentlich flockt unter Einwirkung von Chemikahen die disperse Phase bei einigen Pene- tranten aus, etwa bei Zusatz von 1% OSO4, 10%iger Lösung von CuSO^^, Alkohol abs. usw. (Fig. 23). Die Knide ist dann angefüllt mit deutlichen Körnchen, deren -pT ' Größe je nach dem Reagenz verschieden ist. Fein sind Euhende Knide mit sIb z. B. bei Behandlung mit Überosmiumsäure, sehr durch OSO4 ausge- i i • i -tr i • i t^ flociitem Kolloid. groD Dci deui ODcn erwähnten Versuch mit langer Be- handlung mit Neutrakot- Karbolgiyzerin. Bei Anwen- dung von Magentarot fmdet sich bei manchen Tieren die Ausflockung in der Kapsel ebenfalls, in dem roten Kapselsekret liegen relativ große dunkeh'ote Körnchen. Die Verteilung der Flocken in der Kapsel ist gewöhnhch eine ganz regehnäßige. Die Aufschwemmung des dispersen Teiles in dem Dis- persionsmittel scheint in der Kapselentwicklung ziemhch spät zu er- folgen. Wenn auch auf diese nicht näher eingegangen werden soll, so möchte ich doch schon hier darauf hinweisen, daß bei Färbung lebender Hydren mit Neutralrot die unreifen Penetranten ziemlich gleichmäßig verteilt größere oder kleinere rote stark lichtbrechende Kügelchen ent- halten, die immer mehr schwinden und bei völliger Kapselreife der homo- genen Braunfärbung Platz machen. Bei fast fertigen Kniden reicht Hals- und Dornenstück bis zum Boden der Kapsel. Bei der vöUigen Reife nimmt das Volumen der Kapsel beträchtüch zu, die basale Wand entfernt sich von den inneren Kapselteilen, sodaß das Achsenstück nun etwas über die Kapselmitte herabreicht; die erwähnten Körnchen lassen sich nicht mehi- nachweisen. Offenbar hat also ein Aufquellen statt- Der Bau imd die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. 423 gefunden. Das Dispersionsmittel ist wahrscheinlich von außen einge- di'ungen (der Inhalt unreifer Kapseln färbt sich im Gegensatz zu reifen mit Hämatoxj^hn z. B. sehr intensiv!). Kurz darauf muß die Kapselwand für die umgebende Flüssigkeit undurchlässig werden und nun könnte wohl der Inhalt einen erhebhchen Quellungsdruck auf die Wand ausüben. Die oben erwähnte Ausflockung des Kolloids durch Neutrakot- Karbolglyzerin ist reversibel. Sehr bald nach der Explosion treten außen am Schlauch große rote Sela-etkugeln auf, die sich bald entfärben (Fig. 21). Beobachtet man eine solche Kapsel längere Zeit, so sieht man, wie ihr Inhalt wieder flüssig homogen ^\äl■d und die Färbung verliert. Bei Penetranten, die dm'ch Magenta gleichmäßig rot gefärbt waren, ist nach der Entladung das Sekret im HalsteU ganz hellrot gefärbt, während es in der eigenthchen Kapsel viel dunkler rot ist ; ganz aU- mäliHch erst findet ein Aus- gleichen des Fai'btones statt. Besonders schön zeigt sich diese Erscheinung bei Ver- sagern und Kapseln mit nicht völlig ausgestülptem Schlauch. Färbt man die Kapseln tief dunkekot, so kann man nach etwa einer halben Stunde im apikalen Teile eine deutliche Aufhellung konstatieren, die aUmählich gegen die Kapselmitte vorschreitet. Kurze Zeit darauf platzen solche Kniden unter Zerreißung der Wand an einer beliebigen Stelle. Der Deckel wii'd niemals abgeworfen. Diese Ver- suche scheinen mir deutlich zu zeigen, daß hier nach Durchlässigmachung der Wand durch das Magentarot Wasser zum Kapselsekret gelangt (wird die offenbar kolloide Mittelwand nach einiger Zeit für Magentarot undurch- lässig?), dessen Volumen dm'ch die Wasseraufnahme stark vergrößert wird. Das Gleiche ist normalerweise nach Abwerfen des Deckels der Fall. Daß bei den erwähnten Versuchen keine Sprengung des Deckels erfolgt, dürfte dafür sprechen, daß eine solche durch eine Erhöhung des Innendruckes überhaupt nicht möghch ist, eine Erscheinung die nach dem oben S. 401 über die Sicherung des Deckels durch Übergreifen der Kapselwand Gesagten auch dm'chaus verständlich wäre. Noch auf eine andre Weise läßt sich zeigen, daß das Kapselseki'ct tatsächlich eine Sub- stanz ist, die eifrig Wasser aufnimmt. Bisweüen gehngt es, durch kräf- tigen Deckglasdruck eüiige Penetranten zu zersprengen. Man beobachtet Fig. 24. Zerdrückte Kapseln. An der Rißstelle Quellung des Kapselsekretes. 424 Paul Schulze dann sehr deutlich ein Aufquellen des Kapselinhaltes an der Bruchstelle (Fig. 24). Nach einiger Zeit findet nach der völligen Mischung des Sekretes mit dem Wasser ein gleichmäßiger Rückgang der Kapselwand statt. Da der Halsteil für Wasser undurchlässig ist, kann das Wasser bei normaler Explosion nicht durch die Kapselöffnung zu dem Sekret dringen, es geht offenbar in dem aufquellenden Ring der Mittelwand entlang durch den verdünnten Gürtel, welcher der Intima entbehrt. Dadurch würde auch der Punkt erledigt, der nach Toppe (a, S. 264) der Vor- stellung vom Eindringen des Wassers so. große Schwierigkeiten entgegen- setzt; das Passieren durch den für Wasser undurchlässigen Halsteil. Diese Wasseraufnahme durch das Kapselseki-et ist nun ganz unab- hängig von dem Zustande des Kolloids. Kapseln mit Ausflockung explodieren ganz genau so wie solche mit homogenem Sekret. Dies scheint mir dafür zu sprechen, daß es sich bei der Wasseraufnahme nicht um einen einfachen Soüsierungsprozeß handelt, sondern daß das Wasser in der Hauptsache durch ein ebenfalls vorhandenes Kristalloid an- gezogen und dieses dadurch verdünnt wu'd. Der Nachweis der beiden Kom- ponenten im Kapselsekret würde besonderes Interesse gewinnen durch die Feststellungen von Richet (S. 370) an dem Sekret von Änemonia. Er findet es ebenfalls aus zwei Stoffen zusammengesetzt, dem Thalassin, dem nesseln- den Bestandteil und dem Kongestin, dem lähmenden. Ersteres ist ein Kj'istalloid, letzteres ein in Alkohol fällbarer Eiweißkörper. Das Ki'istalloid spielt also offenbar durch Wasseraufnahme eine Rolle bei der Entladung, und zwar dürfte die Volumenvergrößerung des Kapselsekrets die Wirksamkeit der den Halsteil und besonders der den Faden ausstülpenden Kräfte wesent- lich erhöhen. Da sich aber das Sekret der Ruheknide als Ganzes anschei- nend nur relativ langsam mit dem Wasser mischt, so könnte auch noch eine Zeitlang nach der Explosion durch Kapillaritätswu-kung ein weiterer Zustrom von Sekret mögüch sein. Bei Penetranten und Streptolinen sah ich noch ziemliche Zeit nach der Entladung das Aufsteigen des Kapsel- inhaltes in den Faden, das Seki*et wanderte aber nicht als zusammen- hängende Masse, sondern in gesonderten voneinander getrennten Partieeu. Bei der Explosion springt die Kapsel als Ganzes oft ein beträcht- liches Stück aus dem Periknidium hervor, wird aber dann in der Regel von der wieder eng anliegenden Hülle in der ZeUe festgehalten. Solche Bilder zeigen recht deuthch die Elastizität des Periknidiums. Bei dem Festhalten der Kapsel wird es wahrscheinlich durch den Stäbchenkorb unterstützt; ich fand nämhch dessen Bestandteile bei einer Knide sehr in die Länge gezogen und auf diese Weise die emporgeschnellte wie vor- her die ruhende umgeben. Der Bau imd die Entladiuis; der Penetranten von Hvdia attenuata Pallas. 425 •o Einen Stielmuskel habe ich bei den Penetranten von Hydra attenuata vergebens gesucht, dagegen sah ich ihn deutlich, Avie ihn Ewald (Taf. I Fig. 3) abbildet, an Volventen und Glutinanten. Nach diesem Autor soll sich bei den Stilettkapseln der Muskel distal in das Lasso fortsetzen. Ich habe niemals eine Verbindung desselben mit der Stützlamelle fest- stellen können, es wäre aber immerhin möglich, wenn auch wenig walir- scheinMch, daß sie in allen meinen Präparaten künstlich gelöst worden wäre. Für das Festhalten der Kapsel kommt das Lasso auf keinen Fall in Betracht, selbst wenn man die Anheftung an der Stützlamelle als erwiesen annehmen wollte. An der Kapsel bzw. dem Periknidium ist es sicher nicht befestigt, wie auch Ewald ganz richtig hervorhebt (S. 314). Beim Vorschnellen der Knide wird es von seiner seitHchen Lage unter die Kapsel verdrängt, und liegt hier wie vorher in ganz regellosen Windungen (Taf. XIX Fig. 2 L). Wie elastisch und dehnbar der Knidoblast als solcher ist, zeigte uns ein Präparat, wo durch starken Deckglasdruck die Mutter- zeUe ohne die Verbindung mit der Stützlamelle zu lösen, so stark ausge- zogen war, wie man es sonst nur bei den Knidoblasten der Glutinanten beobachtet. Die ZeUe war ganz strichförmig und hatte etwa die Länge des halben Fadens. Schließhch werden Kapsel und Knidoblast aus der Wirtszelle ausgestoßen. f) Der Volumenrückgang ruhender Penetranten. Will (c) hat neuerdings die interessante Feststellung gemacht, daß das Volumen der ruhenden Knide auf die Hälfte zurückgeht, wenn man lebendfrische Präparate gegen Verdunstung geschützt etwa 24 Stunden liegen läßt, während explodierte Kapseln dabei keinen Volumenrück- gang erleiden. (Ich sah den erwähnten Rückgang schon nach drei Stun- den.) Unter Umständen genügt schon ein starker Druck um diese Er- scheinung hervorzurufen. ÄhnHches beobachtete schon vor Jahren Hadzi (b, S. 28), wenn er auch den Vorgang wohl falsch deutet: . . . «wenn man dem Seewasser, in welchem sich Kniden befinden, sehr rasch viel destilliertes Wasser zusetzt, dann gehen wohl manche los, oder sie ver- kleinem sich um bedeutendes ohne loszugehen . . . ., wenn sich die Kniden längere Zeit unter einem Druck befinden (unter dem Deckgläschen gepreßt), verquillt nach einiger Zeit das Sekret ganz aUmähüch, die Explosion bleibt aus, das Volumen der Knide wird kleiner. Wir müssen notwendiger- weise annehmen, daß das verquollene Sekret durch die gesamte Oberfläche der Sklera diffundiert ist, weil die Knide nur wenig deformiert wird,« Bevor ich Kenntnis von Wills und Hadzis Beobachtungen hatte, war ich ebenfalls schon zu der Erkenntnis gekonmien, daß man eine 426 Paul Schulze gleichmäßige Volumenreduktion der Knide erzielen kann, ohne daß irgend- welche Schrumpfungen auftreten, die Kapsel also ganz intakt erscheint. In einer Serie von Tentakelpräparaten — Mazeration mit Ferrozyan- kalium und Einschluß in Glyzerinleim — waren die Kapseln anscheinend unverändert, die Messungen ergaben aber, daß das Volumen der explodier- ten und der nicht entladenen Kniden das gleiche war. Auf einfachste Weise kann man aber diesen Vorgang einleiten, wenn man zu der leben- den Hydra einen Tropfen Alkohol abs. zusetzt. Es tritt sofort der Volumen- rückgang ein, wobei kaum eine Penetrante explodiert. Es läßt sich also unter Umständen das Kapselsekret so ändern, daß die Knide, wahrscheinlich durch Abnahme des Quellungsdruckes als Ganzes zusammenfällt, ohne im ein- zelnen Schrumpfimgserscheinungen zu zeigen. Will bezeichnet die von ihm beobachtete Sekretänderung nach dem Vorgang der Kolloidchemie als »Altern«, wodurch das bis dahin einphasige homo- gene Kapselsekret in ein zweiphasiges umgewandelt werde. An der überlebenden Kapsel sei dieser Vorgang meist nicht deutlich zu erkennen, wohl aber bei Färbung mit l%iger Lösung von Säurefuchsin. Das Sekret zeige dann eine ausgeprägte Wabenstruktur mit farblosem Wabeninhalt, blaßroten Wabenwänden und dunJkelrot gefärbten, stark lichtbrechenden Körnchen in den Knotenpunkten des Wabengerüstes (S. 517). Durch das Altern soll das Kapselsekret nach Will nicht völlig verändert sein, denn bei Zusatz von Methylenblau explodierten solche Kapseln (S. 518). Nach dem oben über die Entladung von Kapseln mit geronnenem Sekret Gesagtem kommt es hierbei offenbar gar nicht auf das KoUoid als solches, sondern auf das kristalloide Dipersionsmittel an. Leider sagt Will nichts darüber, wie sich das Volumen einer solchen Kapsel zu dem der ruhenden verhält. Ich muß hier noch etwas genauer auf einen bemerkenswerten Vorgang zu- rückkommen. Oben (S. 399) wurde erwähnt, daß sich bei gewissen gedrückten Kapseln das Sekret des Dornenstückes schon in der Ruheknide darstellen läßt. Besonders instruktiv sind mit Neutralrot gelbbraun gefärbte Pene- tranten. Findet durch Deckglasdruck die Zustandsänderung des KoUoids, die hier nicht direkt zu beobachten ist, und damit der Volumenrückgang der Knide statt, so entfärbt sich das Kapselsekret vollständig, die Wand des Dornenstückes wird dagegen jetzt für den Farbstoff passierbar, und dieser wird von den Sekrethnien vollkommen resorbiert. Dabei tritt sofort ein bemerkenswerter Färbungsumschlag ein, das vorher ungefärbte Sekret zeigt ebenso wie die Hohhäume der Stüette und Dornen eine tieffuchsinrote Färbung. In gleicher Weise voDzieht sich der Prozeß bei mit Neutrahot- Karbolglyzerin rot gefärbten Ruhekniden. — Der Bau iind die Entladung der Penetranten von Hydia attenuata Pallas 427 Will wimdert sich, wie Ewald zu seinen Messungen gekommen ist, die keinen Volumenrückgang der Penetranten bei der Explosion ergaben. Die Annahme, daß er die entladenen mit durch etwa eintägiges Liegen- lassen im Volumen zurückgegangenen Ruhekniden verglichen habe, ist ihm nicht recht walu*scheinlich. Es hegt vielleicht noch eine andre Erklärungsmöglichkeit für die Differenz in den Angaben beider Autoren vor: Ewald hat eine andre Kapselart gemessen als Will, und zwar eine, die bei der Explosion nicht an Volumen verhert. Im oberen Drittel des Mäuerblattes findet sich in dicht gedrängten Gruppen bis zu etwa 20 Stück eine kleine in der Größe recht konstante Form der Pene- tranten, die ich als makrostyle Fig. 25. Ruhende und entladene »Makrostyle«. Penetrante bezeichnet habe (c, S. 214), weil bei ihr der Dornenapparat (Stüette + Dornenstück) nicht nur bis etwas über die Mitte, sondern bis auf den Boden der ruhenden Kapsel hinabreicht, im Vergleich zu ihr also sehr groß ist. Die Auf\\indungsweise des Fadens ist eine etwas andre als bei der Tentakelpenetranten; die Schlingen gehen fast bis zum Apex der Knide (Fig. 27 a). Ihi'e Größe beträgt im Durch- Archiv f. Zellforschung. XVI. 28 428 Paul Schulze • schnitt etwa 17 x 13, bju. Bei der Explosion ändert sich das Volumen der Kapsel gar nicht oder ganz unbedeutend. Der Halsteil erscheint ini Verhältnis zur Kapsel sehr schlank (besonders gut auch an Versagern zu sehen Fig. 25b). Messungen frischer Kapseln ergaben folgendes Bild: »Makrostyle« Penetranten vom Körperstamme gemessen mit Leitz 1/12 Immersion und ZEiss-Okular 4, t = Teüstrich des Okularmikrometers. Hydra attenuata. In Ruhe Entladen 8 X6 t 7,5X0,5 t 8 X6 » 7,5X6 » 7,5X6 » 7,5X0,5 » 8 X7,5» 8 X6,75» PelmatoJiydm oligacUs. 7,5 X 5,5 t 7 X 5,5 t 7,5 X 5,5 » 7 X 5,5 » 8 X 5,5 » 8 X 5,5 » Wie haben wir nun diese Kapseln zu bewerten? Nussbaum (S. 299) hat sie vielleicht schon vor sich gehabt und sie für jugendliche Kniden gehalten. Gegen diese Ansicht schien mir ihre Explosionsfähigkeit bei Druck und Zusatz von ChemikaHen zu sprechen. Nachdem ich aber bei Hadzi (b, S. 22) las, daß selbst noch wandernde Kapseln schon los- gehen können, bin ich jetzt ebenfalls davon überzeugt, daß es sich bei einem Teüe dieser Kniden tatsächlich um keine besondere Kapselart handelt, sondern nur um jugendliche Exemplare, und zwar sind unter ihnen, wie die Färbung mit Neutralrot zeigt, solche, die sich von den vöUig reifen nur durch die erwähnten anatomischen Merkmale, nicht aber durch die Färbbarkeit ihres Sekretes unterscheiden. Eine andre Möghchkeit wäre die, daß es sich zum Teü um »nicht abgeholte«, d. h. um Kniden mit überaltertem Sekret handle. Hierfür könnte sprechen, daß diese einen ähnlichen Anblick des Stilettapparates zeigen, wie schon aus dem WiLLschen Photogramm 4b auf S. 513 zu ersehen ist, obwohl er von dem durch die Zusammenziehung der Kapselwände vorgetäuschten Herabrücken der Spitzen nichts erwähnt. Bei Hydra attenuata und Pelmatohydra oUgactis sind auch bei Vermeidung jeden Druckes, der eine Ausflockung des Kolloids hervorrufen könnte, die »Makrostylen« in voll- kommen frischen Präparaten zu erkennen und leicht von gewöhnüchen in ihrer Nähe Hegenden Penetranten zu unterscheiden. Mit Sicherheit habe ich nun bei einigen dieser Makrostylen ein Knidozü nachweisen können, es handelt sich also bei ihnen um reife Kapseln. Es ist daher sehr leicht mögüch, daß sie Kniden darstellen, die keine Gelegenheit zur Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. 429 Explosion hatten. Von besonderem Interesse ist jedenfalls, daß sie ohne Volunienverringerung sich entladen, während sie bei Magentarotfärbung sehr- deutlich die Verdünnung des Kapselsekretes erkennen lassen. Für diese Kniden kommt jedenfalls die Elastizität der Kapselwand als Entladungsursache nicht in Betracht, hier genügen allein die QueUung der Mittelwand und die Wasseraufnahme des Kapselsekretes. Solche »makrostyle« Penetranten hat nun wahrscheinhch Ewald für seine Messungen benutzt, sie bieten sich dafür auch besonders dar durch ihre dicht gedi'ängte Lage und die Größenkonstanz, unerklärt würde dabei allerdings bleiben, weswegen er auch bei den Glutinanten keinen Volumen- rückgang feststellen konnte. Oder sollte der Autor nach konserviertem Material gemessen haben? Zusammenfassend läßt sich also sagen, daß für die eigentliche Ent- ladung von ausschlaggebender Bedeutung sind: in der ersten Phase die Quellung der Mittelwand und die Wasseraufnahme durch das Kristalloid, daneben der Volumenrückgang der Kapsel und für die zweite Phase die Quellung der WiLLschen Sekret- linien auf dem Faden. g) Die Wirkung der entladenen Penetranten. Die Penetranten in den Tentakeln stehen in Beziehung zum Beute- fang, wähi'end die am Mauerblatt wohl als Abwehrwaffen aufzufassen sind. Über ihre Wirkungsweise haben uns besonders Toppe (b) und Herwerden unterrichtet. Berührt ein Tier mit relativ glatter großer Oberfläche die Knidozüe der Penetranten, so explodieren diese; und da jeder Entladungsstift ungefähr so lang ist wie der Stüettapparat so muß dieser bei seiner Ausstülpung auf die Beute treffen. Durch die drehende Bewegung bei der Entladung werden die zusammengelegten Stüette in die Kutikula eingebohrt (gegen Tiere mit weicher Oberfläche z. B. Pla- narien sind sie wü'kungslos, vgl. Wilhelmi S. 478) und verursachen rein mechanisch eine Wunde. Dieses Eindiingen in die Kutikula wurde schon 1842 von DoYERE (S. 432) klar erkannt. Das infolge der Wasseraufnahme nachdrängende Kapselsekret bringt durch Druck gegen die Stilettbasis die Dolche zum Herabklappen und das Dornenstück zur Umkrempelung, wodurch die geschlagene Wunde stark vergrößert wü'd. Hört nun die Wirkung der bohi-enden Dornen auf, »so macht sich in dem Moment der beginnenden Umkrempelung des Fadens in die Wunde ein gewisser Widerstand bemerkbar, der die Kapsel mit dem Stüettapparat aus der Delle heraushebt« (Toppe b, S. 802). Dieser Rückstoß erfährt haupt- sächlich dadurch eine Hemmung, daß das ausfheßende Schlauch- oder 28* 430 P^u^ Schulze Kapselseki-et infolge seiner klebenden Eigenschaften den Faden in der Wunde verfestigt. Sekret, das wahrscheinlich enzymatisch wirkt — ich denke am ehesten an dasjenige des Dornenstückes — löst das Chitin zu einer bröckligen Masse auf und bahnt so dem Faden einen Weg zu den Weichteilen des Tieres i). Hier wird der gewöhnlich nur zu einem kleinen Teüe ausgestülpte Faden durch den starken Widerstand des weichen Gewebes von der geraden Richtung abgelenkt. Da offenbar schon im nicht ausgestülpten Faden ein kolloidales stark quellbares Sekret vorhanden war, so muß dieses sofort bei der Umkrempelung in die Wunde des Tieres gelangen und könnte es lähmen. Später würde dann weiteres aus der Kapsel stammendes Sekret nachströmen und durch die Poren aus dem Schlauch herausfheßen. Murbach (S. 230) scheint es sogar wahrscheinücher, an- zunehmen, »daß das in dem eingestülpten Schlauchlumen enthaltene Sekret, welches beim Ausstülpen nach außen kommt, sowohl klebrige wie auch giftige Eigenschaften hat, das in der Kapsel enthaltene Sekret dagegen weder giftig noch Idebrig ist, sondern nur dazu dient, hydro- statisch zu wirken«. Oftmals bleibt auch der Faden im Chitin stecken, ohne die Weich- teile zu erreichen. Dringt er in diese ein, so kann nach Toppe nur dann eine augenbUcküche Lähmung der Beute eintreten, wenn das Sekret auf einen Muskel oder Nerv ausgespritzt wurde (b, S. 802). Toppe schätzt deshalb die Giftwu-kung des Sekretes sehi- gering ein und glaubt in der Hauptsache an eine mechanische Funktion der Penetranten, die eine innige Verklebung zwischen Tentakel und Opfer herstellten und so den Polypen, nach Heranbringung des Armes an die Mundöffnung, langsamem Überfüeßen des Beutetieres und Einpressen in den Körperhohkaum, die Aufnahme der Nahrung ermöghchte. Diese Bewegungen werden offen- bar ausgelöst durch die Leitung des von den Tentakelsinneszellen auf- genommenen Reizes längs des Fangarmes zu dem in der Umgebung der Mundöffnung mächtig entwickelten Nervenplexus (Hadzi c, S. 32). ToppES Auffassung der Whkungsweise der Penetranten ist offenbar nicht ganz richtig. Ganz abgesehen von der mächtigen lähmenden Wir- kung der Kapseln bei manchen marinen Knidariern, ist sie auch für Hydra zu einseitig. Herwerden (S. 414) beschrieb die Wirkungsweise der Kniden auf eine Daphnia sehr gut: »Wie könnte man einen besseren ^) Bei dünnen Kutikularbildungen dürfte allein schon die Stoßkraft des Stilett- apparates genügen, um den Faden bis ins Innere der Beute gelangen zu lassen, hierfür spricht eine Beobachtung von Cuenot (S. 88 Fig. 4), der bei BergMa die Durchbohrung einer entladenen Knide durch eine andre sah. Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. 431 Eindruck einer Giftwirkung auf das Herz erlangen, als durch den Anblick des Herzstillstandes innerhalb zwei Minuten nach der leisesten Berührung eines Polypententakels? Ein bloßer Strich dieses Tentakels der ventralen Körperseite entlang genügt nach momentaner Frequenzzunahme das Herz zum Stillstand zu bringen, während die Antennen durch das Gift in zitternde Bewegung geraten, bis nach einigen Augenblicken die Daphnia regungslos daliegt. Vielleicht läßt sich einmal unter günstigen Umständen der Versuch durchführen, Penetranten mit denaturiertem Kapselkolloid auf ein Beutetier wirken zu lassen. Wenn das Kapselsekret von Hydra ähnlich zusammengesetzt ist wie das der Aktinien, so wäre zu erwarten, daß nach Ausschalten des kolloidalen Kongestins die Lähmung der Beute ausbleiben würde. Vielleicht gibt eine Bemerkung Herwerdens schon einen Hinweis auf solche Versuche. Bei etwa 1/2 stündiger Überführung von Hydren in ein 0,005%ige Zyankaliumlösung, die wohl ebenso wirkt wie Sauerstoffentziehung (vgl. Drewzina und Bohn), werden die Tentakel eingeschmolzen. Bringt man die Tiere dann in frisches Wasser zurück, so bilden sich die Tentakel wieder (Herwerden a, S. 715). Diese Polypen sollen nun nicht mehr im Stande sein, eine Beute zu übei^wältigen (b, S. 440). Von großer Wichtigkeit ist noch folgende Feststellung der hollän- dischen Forscherin, die die leichte Diffusion des sauer reagierenden Giftes durch den Körper zeigt und damit darlegt, daß keineswegs ein unmittel- bares Auftreffen des Schlauches auf Muskeln oder Nerven zur schnellen Lähmung notwendig ist, wie es Toppe wül. Legt man eine Daphnia einige Stunden in Neutralrot und dann in reines Wasser, so ist der Darm schwach rosa gefärbt. Kommt nun ein so behandeltes Tier mit der Hydra in Berührung, so sieht man zur Zeit, wenn das Herzgift zu wirken anfängt, den Danninhalt des Wasserflohes durch das saure Gift purpurrot gefärbt. Ich habe die Versuche mit ver- dünntem Neutrakot (1%) wiederholt, die Reaktion ist oft sehr deutlich, in andern Fällen aber nicht so klar. (Kongorot versagt leider auch hier.) Es wäre auch möglich, daß es sich um eine indirekte Wirkung des Giftes auf die Darmflüssigkeit handelt. Wie wir oben gesehen haben, ließ sich keine saure Eigenschaft des Sekretes der normal explodierten Penetrante mit Neutralrot nachweisen. Immerhin wäre ja möglich, daß es im Körper des Tieres eine Reaktionsänderung erführe. Was hat nun der so außerordentlich lange Faden der Kapsel für eine Bedeutung, wenn er im lebenden Gewebe wohl nie auch nur zur halben Ausstülpung kommt? Die Fäden der Penetranten, die scliräg auf die Kutikula auftreffen, werden ganz ausgeschleudert, legen sich der Oberfläche der Beute dicht 432 Paul Schulze an und stellen auf diese Weise ebenfalls eine Verbindung zwischen der Eydm und ihrem Opfer her! Ähnliches hat ^chon Nussbaum gesehen (S. 302). Mögen auch einige Penetranten aus dem Zellverband der Eydra herausgerissen werden, die verbleibende Zahl ist groß genug, die Nahrung festzuhalten, und hierbei spielt die Klebwirkung sicher keine geringe Rolle. Lähmung und Fesselung der Beute sind also die Aufgaben der Penetranten. 4. Nesselkapselähnliche Bildungen im Tier- und Pflanzenreich. Ich kann es mir nicht versagen, hier noch ganz kurz auf die nessel- kapselähnlichen Bildungen einzugehen und zu zeigen, wie man etwa die Nesselkapseln von Drüsenzellen ableiten könnte. Die Ähnlichkeit der Poll^apseln der Knidosporidien mit echten Kniden ist ja bekannt, sie geht aber noch viel weiter als man gewöhnüch annimmt. In jeder Spore kommt nur eine Art von Kapseln vor, die aber artcharak- teristisch ist. Ilu'e Funktion nach dürften sie Glutinanten, d. h. lOeb- kapseln sein, und ihnen gleichen sie gewöhnüch auch im Bau. Wir haben hier wie bei den Süßwasserpolypen zylindrische und bü'nenf örmige Kapseln, solche mit quergewundenen und — selten — solche mit längsgewundenen Faden (Gattung Sphaeromijxa, siehe Auerbach Fig. 59). Nach der Ent- ladung finden wü* sowohl das Büd der StreptoHnen als auch das der Stereo- linen. Andere Polkapseln zeigen eine Verkürzung des Fadens, so daß in der Ruhe ein Büd der Fadenaufwindung ähnhch dem der Volvente zustande kommt. ( Sphaeractinomyxon stolli CauU. et MesnU, siehe Auer- bach Fig. 80.) Ja selbst Kapseln, welche eine Differenzierung auf den Typus der Penetrante hin erfahren haben, kommen z. B. bei Ceratomyxa drepanopsettae Aw. vor, wo die Sporen eine bü-nenförmige Kapsel be- sitzen, in der sich die Fadenschlingen um eine Art Achsenkörper winden (AwERiNZEW Taf. VII Fig. 30). Den Polkapseln der Knidosporidien sehr ähnhch sind anscheinend diejenigen der Nemertinen (vgl. die Abildung der Kapseln von Cerebratulus urticans Müller und Micrura purpurea Dalyell bei Martin S. 265). AUen diesen Gebilden ist gemeinsam, daß sich schon bei der ruhenden Kapsel die Wand in einen präformierten Faden fortsetzt. Dieses wesent- Merkmal teilen sie mit den Kniden der Coelenteraten. Wie weit die Ähnhchkeit im einzelnen geht, müssen weitere Arbeiten lehren^). Leider ^) Zwar entwickeln sicli bei den Nemertinen in einem Knidoblasten mehrere Kapseln (Martin b, S. 264), doch beobachtete Bedot (a, Taf. III Fig. 25) die Bildung zweier Kapseln in einer Mutterzelle auch bei Physalia. Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. 433 scheinen keine eingehenden Untersuchungen über die Kapseln der Nemer- tinen vorzuliegen (vgl. das darüber bei Bürger S. 212 Gesagte). Viel- leicht wäre aber gerade hier eine Ableitung dieser Gebilde von andern neben ihnen vorkommenden Drüsen- und StäbchenzeUen möglich. Den echten KapselzeUen an KompHziertheit anscheinend nicht nach- stehende, aber nach etwas andi'em Prinzip gebaute Elemente sind die »Knidozysten« der Peridinee PolyJcrikos (vgl. Chatton). Die sonst noch im Tierreich vorkommenden knidenähnlichen Gebilde — Pseudokniden nach Martin — bei Epistylis, gewissen Turbellarien, einer Appendicularie {FriUllaria urticans Fol. S. 480) öind viel einfacher gebaute OrganeUe, ohne vorgebildeten Faden, bei denen sich ein Inhaltskörper bei der Ent- ladung auszieht, ähnlich wie bei den Trichozysten. Sehr interessant war mir ein Hinweis von Herrn Geheimrat Correns auf pflanzliche Bildungen, die eine entfernte Ähnlichkeit mit Nessel- kapseln besitzen, nämlich die Epidermiszellen des Samens gewisser Lythra- ceen, bei denen von einer Ait Deckel der Außenwand ein vielfach ge- wundener Faden ins Innere vorspringt, der aus einer dichteren Hüll- schicht und einer stärker queUbaren FüUmasse besteht. Bei Befeuchtung klappt der Deckel ab, der Schlauch wird nach außen umgestülpt, und die klebrige FüUmasse gelangt auf seine jetzige Oberfläche (Correns S. 144ff.). 5. Hypothetische Ableitung der Nesselzellen von Drüsenzellen. Die Knidoblasten sind histologisch offenbar in die Gruppe der Drüsen- zeUen einzm'eilien, und hier könnte man sie wiederum wohl zu den holo- krinen Drüsen Ranviers stellen, bei denen der Sekretionsprozeß mit dem Untergang der ZeUe zusarmnenfäUt. Wenn w uns eine Vorstellung davon machen wollen, wie sich so eigenartige komplizierte Zellprodukte wie die Nesselkapseln herausbilden könnten, so geben uns besonders die Turbellarien gewisse Anhalts- punkte. Hier finden \m alle Übergänge von körnigen Sekreten über che sogenannten Pseudorhabditen bis zu den Rhammiten, Stäben mit hyahner Rinde und körniger Innenscliicht (Fig. 26, 1—3). »Je länger sie sind, desto auffallender ist die Ai"t, wie sie innerhalb des Epithels Platz finden, geschlängelt, in Schleifen gelegt, spii*aUg geroUt . . .« (v. Graff a, S. 55 Taf. XXXIX Fig. 8). An sie schheßen sich die Sagit- tozyten der Acoelen an, deren geformtes Sekret aus einer Membran mit flüssigem Inhalt besteht, in dem eine starre, scharfspitzige Nadel ent- halten ist (Fig. 26, 4). Indem das distale Ende der Membran platzt, wird die Nadel mitsamt einem Teü des flüssigen Inhaltes ausgestoßen (v. Graff 434 Paul Schulze S. 1916 und 2042). Ein weiteres Stadium wäre etwa eine dünne Theka, in der als geformtes Sekret ein langer, in der Ruhe spii-alig aufgewundener massiver Faden liegt, der bei der Explosion ohne Umkrempelung aus- gestoßen würde. (Eine solche Bildung liegt nach Bedot b, S. 534 in den von ihm Spü-ozysten genannten dünnwandigen Kapseln der Aktinien vor, während es sich nach Will (a) bei ihnen um Klebkapseln von normalem Bau handelt.) Denken wir uns nun, daß der zentrale Teü des Fadens eines solchen hypothetischen Stadiums bis auf gewisse Leistenbildungen auf der Innenseite der stehenbleiben- den Schicht verflüssigt wird und der so entstehende Schlauch mit dem distalen Ende der durch Wandver- dickung entstehenden Kapsel verwächst, so haben wir eine Knide vor uns, deren Faden bei der Explosion umgestülpt wird. Der Deckel tritt dann als sekundäre Bildung hinzu. Unter den Polkapseln, bei denen z. B. bei Sphaeromyxa hellandi Auerb. mit größter Sicherheit die direkte Fort- setzung des Fadens in die Kapsel und seine Umstülpung bei der Entladung festgestellt werden kann (Auerbach S. 20), scheinen diejenigen von Myxobolus pfeifferi Th. ein interessantes Entwicklungsstadium darzustellen. Bei ihnen enthält die allseitig geschlossene Kapsel einen gewundenen Faden, der mit ihr noch nicht in fester Verbindung zu stehen scheint und sich nach der Explosion von der Kapsel loslöst (Keysselitz S. 263 und Fig. C und D). Die Kapseln der Nemertinen sind in andrer Hinsicht bemerkenswert. Beobachtungen von Martin (b, S. 264/265) an Micrura scheinen zu zeigen, daß sogar ein wohlausgebildeter an der Kapsel sitzender Nessel- faden noch eine eigentünüiche an Sekret erinnernde Beschaffenheit haben kann. Hier schwillt nämlich nach der Explosion der Faden stark an und schwindet dann vöUig. Fig. 26. Hypothetische Entstehung einer Nessel- aus einer Drüsen- zelle. Näheres im Text. Der Bau und die Entladung der Penetranten von Hydra attenuata Pallas. 435 l)ie Ableitung der so verschiedenartig differenzierten Penetranten (und ebenso der Volventen) von einfachen Kapseln wie den Glutinanten, dürfte keine allzu großen Schwierigkeiten machen. Ein Punkt im Bau der Penetranten dürfte gegenüber den Klebkapseln einen primitiven Zustand darstellen: das Vorhandensem von QueUeisten auf dem Faden gegenüber den einzelnen Härchen der Glutinanten. Sonst sind diese Kapseln aber wahrscheinlich nicht nur ihrem Bau, sondern auch ihrer Funktion nach die ursprünglicheren, nimmt doch auch Hadzi (d, S. 10) an, daß die Urformen der Hydroiden kriechend waren. Die Stäbchenbildungen im Knidoblasten, besonders auch das Knido- zil, könnte man wohl auf ein ursprüngUch parallel zur Längsachse gerich- tetes System von gleichartigen Stützfasern auffassen (Linom im Sinne Schneiders b, S. 12ff., vgl. etwa seine Fig. 6 von den Bildungszellen des Periostrakums von Area noae, im Schema Fig. 26 nur bei 1 ange- deutet). In dieser Hinsicht bieten Knidoblasten von Physalia und Syn- coryne, wie sie Will (b, S. 17 und Tai 11 Fig. 3) abbildet, sehr lehi'- reiche Bilder. Die Entstehung und Wanderung der Kniden in interstitiellen Zellen ist wohl sicher eine sekundäre Erscheinung, die nicht schwer ins Gewicht fällt, man könnte hier vielleicht die Bildung gleichartiger geformter Sekrete, der adenalen und dermalen Rhabditen im mesodermalen und ektoder- malen Gewebe bei Turbellarien heranziehen. Erwähnen möchte ich schließlich noch, daß das eine der in der Nessel- kapsel enthaltenen Sekrete, das juckreizauslösende Thalassin, nicht spezifisch für die Nesselkapseln ist, sondern sich nach Richet (S. 374) auch in andren Meerestieren etwa Crangon oder Mytilus findet. Frl. E. V. Bruchhausen spreche ich für die mühevoUe Anfertigung der großen Mehrzahl der beigegebenen Abbildungen nach sehi' zahlreichen Skizzen meinen besten Dank aus. Literaturverzeichnis. Auerbach, M. Die Knidosporidien. Leipzig 191U. AwERiNZEW, S. Die Sporenbildung bei Ceratomyxa drepanopsettae mihi, Arch. f. Protistenk. 14. 1909, S. 74—112. Bedot, M. a) Recherches sur les cellules urticantes. Rec. Zoolog. Suisse, I. Ser. 4, 1888, S. 51—70. b) Note sur les cellules urticantes. Rev. Suisse de Zool. I. Ser. 3, 1895/96, S. 533—539. BoECKER, Eduard. Zur Kenntnis der Hydra oxycnida. Zoolog. Anz. 52, 1921, S. 97—100. 436 Paul Schulze Brücknbr, Erich. 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Kr Rest der Knidozihöhre, W die Widerlager des Periknidiums, L Lasso. Der Stäbchenkorb ist fortgelassen. -»*«^ Referate. WoDSEDALEK, J. E. Stiidies on the cells of cattle with special reference to spermatogenesis, oogonia, and sex-deteraiination. Biol, Bull., Vol. XXXVIII. 1920. p. 290-317, with 5 plates. Die Struktur des Stierhodens ist ähnlich wie bei anderen Säugetieren (Pferd, Schwein), deren Spermatogeneso Verf. früher beschrieben hat. Größe und Zahl der interstitiellen Zellen sind wie beim Pferd gering (im Gegensatz zum Schwein). Die Geschlechtszellen sind beim geschlechtsreifen Stier in allen Stadien der Entwicklung vorhanden, Sperma- togonien, Spermatozyten erster und zweiter Ordnung, Spermatiden und Spermatozoon. Auch die Spermatogenese verläuft im wesentlichen ähnlich wie bei Pferd und Schwein, Verf. beschränkt sich in seiner Darstellung deshalb in der Hauptsache auf die IVIitteilung seiner Beobachtungen betreffend die Chromosomenzahlen, Jede Spermatogonie weist im Ruhestadium einen großen herzförmigen »Nukleolus« auf. Bei der JVIitose treten 37, in vielen Fällen ohne Schwierigkeit zählbare Chromo- somen auf. Von diesen sind 36 Autosomen, die in Form und Größe etwas verschieden sind. Das Geschlechtschromosom ist viel größer und dreieckig oder herzförmig — es entspricht dem »Nukleolus« der Ruhekerne. Auch in den Spermatozyten bewahrt das X-Element seine Form. Die Art der Paarimg der Autosomen kormte nicht mit Sicherheit konstatiert werden. Jedenfalls findet eine Pseudoreduktion statt. Bei der ersten Rei- fungsteilung kommt das X-Chromosom an einen Pol, sodaß eine Zelle mit 18 Chromo- somen und eine mit 18 + X entsteht. Nachdem die Dyaden an die Pole gelangt sind, vereinigen sich die Chromosomen (Autosomen) paarweise; es kommen auf diese Weise doppelwertige Dyaden zustande, ein Verhalten, das bei Säugetieren öfters zu beobachten ist. Ohne Dazwischentreten eines Ruhestadiums schließt sich an die erste Reifungs- teilung die zweite an, die für das X-Chromosom äquationell ist. Das Ergebnis ist also: 2 Spermatiden mit 9 Doppelchromosomen, 2 mit 9 + X. Die reifen Spermatozoen zeigen eine beträchtliche Größenvariation. Genaue Messungen von 600 Spermien ergaben eine gleichmäßige zweigipfelige Variationskurve, die darauf hinweist, daß zwei Sorten von Spermien vorhanden sind. Verf. nimmt an, daß die größeren die weibchenbestimmenden (mit X-Chromosom), die kleineren die männchenbestimmenden (ohne X) sind. Die Ovogonien enthalten zwei große »Nukleolen«, von denen jeder dem »Nu- kleolus« der Spermatogonien entspricht. Die Zahl der Autosomen beträgt wie in den Spermatogonien 36. Zur Untersuchung embryonaler Somazellen dienten die verschiedensten Organe (Gehirn, Lunge, Leber, Wolffscher Körper, Niere, Darm). Die besten Resultate lieferte das Gehirn. Bei märmUchen Embryonen war die Chromosomenzahl immer 37, bei weib- lichen 38. Embryonen, deren Geschlecht morphologisch noch nicht zu erkeimen war, konnten auf diese Weise als männlich oder weiblich diagnostiziert werden. Selbst weim die Autosomen nicht gezählt werden koimten, gaben doch die viel größeren imd in der Einzahl oder doppelt vorhandenen Geschlechtschromosomen sicheren Aufschluß. Verf. 440 Referate. betont aber wiederholt, daß trotz der hohen Zahl die Zählungen im allgemeinen keine Schwierigkeiten bieten, wofür auch die sehr klaren Abbildungen sprechen. Die einzige bisher vorliegende Beobachtung über geschlechtsgebundene Ver- erbung beim Rind (Vererbung der schwarz-weiß Färbung bei der Ayishire-Rasse nach den Untersuchungen von Wentworth) steht in Einklang mit diesen zytologischen Feststellungen. Nachtsheim. Hertwig, Paula. Abweichende Form der Parthenogenese bei einer Mutation von Rhahditis pellio. Eine experimentell cytologische Untersuchung. Arch. f. mikr. Anat. Festsclu". f. 0. Hertwig. 1920. p. 1-35, mit 1 Taf. In einer bereits IV2 Jahre geführten Kultur der normalerweise im Cölom und in ^en Nephridien von Lumbricus terrestris schmarotzenden Rlidbdüis pellio traten plötzlich Weibchen auf, die nach Begattung immer niu" Weibchen erzeugten, während bis dahin das Geschlechtsverhältnis in der Kultur ungefälir wie 1 : 1 gewesen war. Da die weib- chenerzeugenden Weibchen diese Eigenschaft auf ihre Nachkommen vererben, und da andrerseits alle Tiere in der Kultvu* von einem »normalencc Elternpaar abstammen sollen, so betrachtet Verf. das Auftreten dieser zweiten Sorte von Weibchen als eine Mutation. Hin und wieder brachten die mutierten Weibchen auch einzelne Männchen hervor, anfangs häufiger, später seltener, und schMeßlich blieben sie ganz aus. Die Mutantermiännchen sind auffällig von den normalen Männchen verschieden. Sie haben eine schwächliche Konstitution, sind häufig bereits äußerlich deformiert und haben infolgedessen meist eine geringe Lebensdauer. Auch ganz normal aussehende Männchen dieser Rasse vermochten mit normalen Weibchen keine oder nur geringe gesunde Nach- kommenschaft zu zeugen; die meisten Fj-Individuen starben als Embryonen oder Larven ab. Die Seltenheit der Männchen in der neu entstandenen Rasse ließ auf rein paxtheno- genetische Fortpflanzung schließen. . Unbegattet gebliebene Mutantenweibchen erwiesen sich indessen außerstande, Nachkommenschaft zu erzeugen, ihre Eier bedürfen der Besamung. Auf die Besamung folgt jedoch keine Befruchtung, die Spermien wirken nur als Entwicklungserreger, die Eier entwickeln sich trotz Besamung parthenogenetisch. Der Nachweis hierfür kormte auf zwei verschiedenen Wegen erbracht werden. Werden Männchen der normalen Rasse mit Radium bestrahlt, so wird das Sperma- chromatin derart geschädigt, daß es funktionsunfähig wird, während die Bewegungs- fähigkeit der Spermien unbeeinflußt bleibt; die Spermien vermögen zwar noch in die Eier einzudringen, sind aber befruchtungsuntauglich. In dieser Weise behandelte Männchen wurden mit normalen Weibchen sowie mit Mutantenweibchen gepaart. Die normalen Weibchen lieferten keine Nachkommenschaft, ihre Eier müssen nicht nur besamt, sondern auch befruchtet werden. Die Eier der Mutantenweibchen lieferten alle Weibchen, die Besamung genügte zur Einleitung einer regelrechten Entwicklxmg. Unterschiede zwischen der Nachkommenschaft eines von einem bestrahlten Männchen begatteten Weibchens und der eines mit einem unbestrahlten Männchen gepaarten Weibchens waren nicht vorhanden. Den endgültigen Beweis für die trotz Besamung parthenogenetische Entwicklung ergab die zytologische Untersuchung. Rhabditis pellio besitzt 14 Chromosomen (di- ploide Zahl). In die erste Reifungsteilung des Eies treten sieben in der Größe etwas dif- Referate. 441 ferierende Chromosomen ein. Es werden zwei Richtungskörpcr abgeschnürt, sieben einfache Chromosomen bleiben im Ei. So verläuft die Reifung aber nur in den Eiern der ursprünglichen Rasse. In den Eiern der mutierten Rasse unterbleibt die Pseudo- reduktion, 14 einfache Chromosomen gehen — wie bei einer somatischen Teilung — in die erste Reifungsteilung ein, die eine Äquationsteilung und gleichzeitig die einzige Reifungsteilung ist. Nach Bildung des einen Richtungskörpers beginnt in den Eiern der mutierten Rasse die Fmxhung. Es handelt sich also um diploide Parthenogenese. Das eingedrungene Spermatozoon liegt als kompakter, mit basischen Farbstoffen stark sich färbender Körper im Plasma des Eies, in einen Vorkern wandelt es sich nicht um. Bisweilen ist es auf dem 8-Zellenstadium noch nachweisbar. Ob das Zentrosom des eingedrungenen Spermatozoons bei der Ausbildimg der ersten Fiu:chungsspindel Ver- wendung findet — Beobachtungen an andern Objekten zeigen, daß das Zentrosom durch die Radiumbestrahlung nicht beeinflußt wird — geht aus den Untersuchungen der Verf. nicht hervor, doch ist sie geneigt, dies anzunehmen. Die gelegentlich aufgetretenen Mäimchen der mutierten Rasse wurden leider zyto- logisch nicht untersucht. Infolgedessen lassen sich über ihre Entstehung nur Ver- mutungen äußern. Verf. möchte aimehmen, daß »bei der Bildung der einzigen Polzelle bisweilen Unregelmäßigkeiten in der Verteilung der Chromosomen auftreten und daß so Eier mit männchenbestimmender Chromosomenzahl entstehen«. Ref. hält es für möglich, daß gelegentlich eine Reduktion der Chromosomenzahl stattfinden und dann die sich anschließende haploide Entwicklung zur Bildung eines Männchens führen kaim, eine Erklärung, die Verf. ablehnt. Ihre an anderer Stelle gegen die Existenz hap- loider Organismen geäußerten Einwände sind indessen nicht stichhaltig. Allerdings müßte wohl in dem vorliegenden Falle, damit eine Reduktion erfolgen kaim, eine Pseudoreduktion vorausgehen. Daß diese unterbleibt, ist offenbar das wesentlichste Charakteristikum der Mutation, das dann den abgeänderten Fortpflanzungsmodus der neuen Rasse nach sich zieht. Um eine zweckmäßige Mutation handelt es sich nicht, denn die neue Rasse ist, soll sie erhalten bleiben, auf das Zusammenleben mit der Ursprungsrasse bzw. deren Mäimchen angewiesen. Man könnte sich aber vor- stellen, daß durch eine neue Mutation dieser offenbare Nachteil der Rasse behoben wird, indem die Eier die Möglichkeit zu parthenogenetischer Entwicklung erlangen, auch ohne daß ein Spermium eingedrungen ist. Es wäre darm ein Stadium erreicht wie bei der von Eva Krüger untersuchten Ehdbdüis dberrans, deren Eier besamt werden können, aber nicht besamt werden müssen; die Entwicklung ist in beiden Fällen eine parthenogenetische. ' Nachtsheim. WmGE, ö. On the relation between niimber of chi-omosomes and number of types, in Lathyrus especially. Journ. of Genetics. Vol. VIII. 1919. p. 133-138, with 1 plato. Lathyrus odoraius besitzt sieben große längliche Chromosomen (haploide Zahl), Größendifferenzen fehlen. Der Tetradenchai'akter der Elemente in der ersten Reifungs- teilung ist häufig sehr ausgesprochen. Verf. betrachtet die erste Reifungsteilung als Reduktions-, die zweite als Äquationsteilung. Die 14 Cliromosomen der somatischen Zellen haben eine etwas schlankere Form als die Elemente der Retfungsteilungen. La- thyrus latifolius weist ganz die gleichen Chromosomenverhältnisse wie odoratus auf. Sieben ist eine für Phanerogamen sehr niedrige Chromosomenzahl, imd so erscheint 442 Keferate. Lathyrus als ein günstiges Objekt für Vererbungsstudien, zumal da Selbstbefruchtung mögUch ist. Nach der Chromosomenzahl ist zu erwarten, daß sieben Gruppen gekop- pelter Faktoren gefunden werden. Bei Selbstbefruchtung kann Lathyrus 128 verschie- dene Gametentypen (2') bilden und 2187 (3') verschiedene diploide Biotypen, von denen 128(2') hinsichtUch aller Merkmale homozygot sind. Zu dieser Berechnung des Verf. sei indessen bemerkt, daß sie nur bei totaler Koppelung innerhalb der einzelnen Faktorengruppen gilt, d. h. bei völligem Fehlen von Crossing-over. Eine Beobach- tung, die für eine Chiasmatypie im Sinne Janssens spricht, vermochte Verf. nicht zu machen. Er ist der Meinung, daß auch in den Fällen wo die genetischen Re- sultate für einen Austausch sprechen, dieser auf einem viel früheren Stadium (wäh- rend der Synapsis) vor sich geht, als Janssens annimmt. Nachtsheim (München). aliir für Zell forschmig. Ikl. XVI. \i c. Tafel XVIII. ^ 'J> "lU rS!fr v** • % O» '»« vT- •" ■ !>' ■^ > ^j "^ö"" • . . . In view of the very high present corst of publication it is to be hoped that all the subscribers to this imique and exhaustive work will do their part in füll.« American Journal of Science. Dieses Heft enthält eine Ankündigung von Wilhelm Engelmann in Leipzig über „Schaffer, Lehrbuch der Histologie", 2. Aufl., das in einigen Wochen erscheint. Druck von Bieitkopf & Härtel in Leipzig. ARCHIV FÜR ZELLFORSCHUNG HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. RICHARD GOLDSCHMIDT 2. DIREKTOR DES KAISER -WILHELM -INSTITUTS FÜR BIOLOGIE IN BERLIN- DAHLEM SECHZEHNTER BAND VIERTES HEFT MIT n TEXTFIGUREN UND 7 TAFELN AUSGEGEBEN AM 29. SEPTEMBER J922 LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1922 Mitteilung an die Herren Mitarbeiter. Sämtliche Beiträge für das Archiv für Zellforschung, deren Veröffentlichung in deutscher, französischer, englischer und italienischer Sprache erfolgen kann, bittet man an die Adresse des Herrn Professor Dr. R. Goldschmidt, Berlin-Dahlem, Kaiser-Wilhelm -Institut für Biologie, zu senden. Die Herren Mitarbeiter erhalten an Honorar M. 40. — für den Druckbogen und 40 Sonderdrucke. Überschreitet eine Arbeit den Umfang von 4 Bogen, so wird für den Mehrumfang ein Honorar nicht gewährt. Dissertationen sind von der Honorierung ausgeschlossen. Die Manuskripte sind nur einseitig beschrieben und druckfertig ein- zuliefern, d. h. so, daß das Lesen der Korrektur in der Ausmerzung von Satzfehlern besteht, nicht in einer stilistischen oder sachlichen Umarbeitung. Jedes Einschieben von Worten und ähnliche Änderungen sind mit entsprechenden Kosten verknüpft und diese müssen, wenn dadurch die normalen Korrekturkosten wesentlich erhöht werden, den betr. Herren Autoren zur Last gelegt werden. Die Zeichnungen für Tafeln und Textabbildungen (diese mit genauer An- gabe, wohin sie im Text gehören) werden auf besonderen Blättern erbeten, auch wolle man beachten, daß für eine getreue und saubere Wiedergabe gute Vorlagen unerläßlich sind. Anweisungen für zweckmäßige Herstellung der Zeichnungen mit Proben der verschiedenen Reproduktionsverfahren stellt die Verlagsbuchhandlung den Herren Mitarbeitern auf Wunsch zur Verfügung. Bei photographisch aufgenommenen Abbildungen wird gebeten, die Negative bei Absendung des Manuskripts unmittelbar an die Verlagsbuchhandlung zu schicken. Die Veröffentlichung der Arbeiten geschieht in der Reihenfolge, in der sie druckfertig in die Hände der Redaktion gelangen, falls nicht besondere Umstände ein späteres Erscheinen notwendig machen. Redaktion und Verlagsbuchhandlung. Inhalt des 4. Heftes. Seite Clara Wolff, Über konzentrische Strukturen im Eikern von Coleopteren. Mit 11 Textfiguren und Tafel XX 443 Nabuyoshi Takahashi, Über Kernveränderungen in Ganglienzellen der Fische. Tafel XXI 463 W. J. KuLMATYCKi, Bemerkungen über den Bau einiger Zellen von Ascaris megalocephala mit besonderer Berücksichtigung des sogenannten Chromidialapparates. Tafel XXII— XXVI 473 Referate: Hogben, L. T., Studies on synapsis. I. Oogenesis in the Hymenoptera. Proc. Roy. Soc. London, Ser. B, Vol. 91, p, 268 — 293, with 6 plates (60 fig.) 551 Metz, Ch. W. and Nonidez, J. F., Spermatogenesis in the fly, Asilus sericeus. Journ. of exper. Zool., Vol. 32, 1921, p. 164—185, with 2 plates (22 fig.) 553 (Aus dem Zoologischen Institut Mündicn.) Über konzentrische Strukturen im Eikern von Coleopteren. Von Clara Wolf!*. Mit 11 Textfio-uren und TalVl XX. Die Eibildung l)ei Insekten ist zwar in großen Zügen, insbesondere was die mannigfachen Nährvorrichtungen Ijetrifft, wohl l)ekannt; von einer zielbewußten Durchforschung des Gebietes aber, die sich vor allem auf eine vergleichende Betrachtung umfangreichen Materials stützt, kann keine Kede sein. So sind wir auch noch nicht in der Lage, das jeweils Typische für die einzelnen größeren und kleineren systematischen Ein- heiten näher zu umschreiben, obwohl wir schon heute niehi'fache Anzeichen dafür haben, daß Parallelen zwischen systematischer Sonderung und cyto- logischen Eigentümlichkeiten bestehen. Daß hierbei sogar Erscheinungen ganz oder nahezu ganz unbeachtet bleiben konnten, die nicht nur zu außerordentlich auffallenden Bildungen führen, sondern auch wertvolle Grundlagen für die Beurteilung allgemeiner Zellfragen zu bieten vermögen, das liekunden beispielsweise die Untersuchungen P. Buchners über «die accessorischen Kerne des Hymenoptereneies«, die uns mit der Existenz chromosomenloser, im übrigen aber typischer Kerne bei fast allen Hyme- nopteren. bekannt machten, und d \s mögen auch die im folgenden mitge- teilten Beobachtungen über Strukturen im Coleoptereneikern dartun. Ich wurde auf dieselben durch Herrn Professor Büchner aufmerk- sam gemacht, dem sie gelegentlich anch'er Untersuchungen an Anobien aufstießen. Eine darauf bezügliche Abbildung in P. Buchners »Praktikum der Zellenlehre I«, S. 125 zeigt um das zusammengeballte Chromatin eine konzentrisch geschichtete Zone neben einer zweiten wabig aufgelockerten. Er veranlaßte mich, dieselben genauer zu untersuchen und womöglich einiges über ihr weiteres Vorkommen bei andern Käfern festzustellen. Ich möchte es nicht unterlassen, auch an dieser Stelle meinem ver- ehrten Lehrer Herrn Prof. Buchner für seine vielen wertvollen Anregungen und Katschläge während iWv Arbeit von ganzem Herzen zu danken, e])enso Aicliiv 1. ZelUorscIiiiii!.'. \\1. 29 444 Clara Wolff aber auch Herrn Gelieimrat R. Hertwig, der meiner Arljeit stets ein großes Interesse entgegenbrachte. Ich untersuchte zuerst lecügUch Eier von Anoliien, docli zeigte es sich bald, daß es von Vorteil sei, diese konipMzierten Strukturen an Hand mehrerer Objekte vergleichend zu studieren. Von den Ano])ien wurde SUodrepa panicea genau untersucht. Diese Käfer sind sehr leicht zu er- halten, sie finden sich häufig in Haferflocken oder Gerste, die längere Zeit unberührt bliel)en. Ich erhielt mein Material aus einer Apotheke, wo sie sich in zerfallenden Hämoglolnntabletten sehr stark vermehrten. Sie überwintern durchweg, selbst im geheizten Zimmer, als Larven, und im Frühjahr ))eginnt die Verpuppung. Die Puppenruhe ist von veiliält- nismäßig kurzer Dauer. Als zweiten Vertreter wollte ich Ernobius ahietis wählen, der in Spin- deln von Tannenzapfen lebt. Im Freien fand ich jedoch keine Imagines. Ich sannnelte daher mit Larven infizierte Zapfen, doch erfolgte sehr spär- lich eine Verpuppung, so daß Ernobius ahietis für vorliegende Arbeit ausschalten mußte. Durch eine Zeichnung von Gross in seinen »Untersuchungen üljcr die Histologie des Insektenovariums« (1903) veranlaßt, machte mich Herr Prof. Büchner auf die Rüsselkäfer aufmerksam; in der Tat fand ich ähn- liche Strukturen. Ich benutzte zu meinen Untersuchungen Chlorophanus (jibhosus, den man vielfach auf Weidenbüschen sieht, ferner Calandm oryzaea, einen Schädling unsres Getreides. Letzteren hielt ich mühelos in einer Kultur von Gerstenflocken. Um che Verbreitung der Strukturen innerhalb der Ordnung der Coleopteren festzustellen, untersuchte ich, was ich an Käfern bekommen konnte, doch gelang es mir nur noch in einem Falle etwas Ähnhchcs festzustellen, und zwar bei dem seit mehreren Dezennien in Wohnungen so weit verbreiteten Niptus hololeucus aus der Familie der Ptinidae. Bei allen Formen lieferten Imagines verschiedenen Alters bessere und deutlichere Präparate, als Puppen oder Larven. Immer wurde das Ovar vollständig herauspräpariert, meistens in physiologischer Kochsalz- lösung, sodann mit Konservierungsflüssigkeiten nach Petrunkewitsch, Carnoy, Bouin oder Flemming (sogenanntes starkes Gemisch) behandelt. Hierauf erfolgte che Färbung der durchweg 5 /< dicken Schnitte entweder mit HEiDENHAiNschem Eisenhämatoxyhn-Lichtgrün, oder mit Eisen- hämatoxylin-Eosin. Ferner kamen Boraxcarmin, DELAFiELD-Eosin und Ijei FLEMMiNG-Fixierung Safranin-Lichtgrün zur Anwendung. Letzteres Fixierungsmittel war nicht so günstig, da es in die dicke Eihülle meistens nicht schnell genug einzudringen vermochte. t'hor knii;^Piifrisclio Sfnikturon im Eikorn von rolonptoron. 445 Sitodrepa panicea. Dem Vorlaufe meiner Untersuchungen folgend, beginne ich die Aus- führungen mit dei'. Beschreibung der Verhältnisse bei Sitodrepa pcmicea. Die Endkammer eines Ovarialschlauches ist vollständig mit kleinen, runden Zellen erfüllt, die sich hier in Ei- und Nährzellcn cüfferenzieren. Erst wenn sie gegen das untere Ende der Nährkammer rücken, ist die junge Ovocyte zu erkennen. Ihr Kern, von einem schmalen Plasmahof umsäumt, ist verhältnismäßig groß. Die Nährzellen bleiben im oberen Teil des Nährkoll)ens. x\uf diesem Stadium liegen die Ovocyten meist regellos nebeneinander, oft in ziemlicher Anzahl. Erst beim Verlassen der Eikammer ordnen sie sich hintereinander an, getrennt durch ein schmales Follikelepithel. Das Chromatin innerhalb ihres Kernes zeigt schon nach Auflösung des Bukettstacüums die Tendenz, sich zu ver- klumpen, in höherem Maße noch beim Austritt aus dem Nährkoll)en. Bevor man eine deuthche Abgrenzung gegen das Plasma erkennen kann, wird innerhalb des Kernes ein heller Hof sicht])ar (Taf. XX, Fig. 1 ä). In der Folge tritt eine immer stärkere Verklumpung des Kernchromatins ein, doch bleibt dieses nicht auf einen scharf umrissenen Teil beschränkt, sondern es treten bisweilen Chromatinteilchen in den hellen Hof ein, ohne ihren Zusammenhang mit der chromatischen Substanz des Innern aufzugeben. — Das Kerninnere mit seinem Chromatininhalt bezeichne ich fortan kurz als »Centralkörper«. — Gleichzeitig mit der beschrieljenen Umordnung des Chromatins erfolgt ein Wachstum des Eies, wie man durch Messungen feststellen kann. Der Durchmesser der Eier von Sito- drepa panicea nimmt auf diesem Stadium von etwa 7 fi auf 13—15 jn zu. Schon hier macht sich eine Veränderung geltend. Innerhalb des hellen Hofes ^^ird eine feine Membran sichtbar, die sich noch nicht lücken- los verfolgen läßt (Tal. XX, Fig. 1 h); sie ist also offenbar noch in Bildung begriffen; denn schon im nächstälteren Ei sieht man sie völlig Idar und deutlich. Auch jetzt gibt das Chromatin noch Substanz nach außen ab. Der vorher erwähnte helle Hof bleibt vorhanden, doch besitzt er eine wabige Struktur (Taf. XX, Fig. 2), die sich nach dem Innern zu völlig verliert. Vereinzelt treten zwischen den Waben kleine Körnchen auf, ähnlich wie die im umgebenden Plasma. Es bleibt aber nicht bloß bei der Abscheidung der einen Membran, sondern mit dem Wachstum des Eies erfolgt die Bildung immer neuer Membranen, die sich konzentrisch um den Centralkörper legen. Dieser nimmt nicht an Größe zu, sondern behält seinen Durchmesser von etwa 6 /i bei; genau läßt er sieh deshalb nicht angeben, weil sehr häufig Chromatinteilchen in die angrenzenden 29 * 446 Clara Wolff Zonen hineinragen. Nach Anlagerung mehrerer konzentrischer Schichten Ivomnit es zur Bikhmg einer wohlabgesonderten Zone, für che ich ferner den Ausckuck »Binnenzone (c gebrauchen werde. In die konzentrischen Membranen eingelagert finden sich nucleolenartige Gebilde von verschie- dener Größe, die sich mit Kernfarbstoffen intensiv färben lassen. Sic scheinen aus dem Chromatin des Kernes zu stannnen. Seine Verdichtung ist inzwischen so weit fortgeschritten, daß sich nur größere und kleinere stark färbbare Nucleolen im Kerninnern finden (Taf. XX, Fig. 3). Die peripher gelegenen schmiegen sich der innersten Membran dicht an. Das umgebende Protoplasma dagegen hat seinen wabigen Bau beibehalten. Erreicht das Ei ungefähr einen Durchniesser von 30—35 /f, so tritt abermals eine wichtige Veränderung ein. Zmschen dem Protoplasma und der eben ])eschriebenen Binnenzone erscheint ein neues Gebilde, die »Kaudzone«. Sie besteht aus einem feinen Wabenwerk, das im Gegensatz zu dem des Protoplasmas grobmaschig ist (Taf. XX, Fig. 4). Gegen die Binnenzone ist die Begrenzung nicht immer ganz scharf, oft hatte ich sogar den Einckuck, als erstrecke die Randzone sich noch in diese hinein, während gegen das Plasma eine deutliche Linie zu verfolgen ist. Etwas später findet an der Peripherie des Protoplasmas eine Auf- lockerung statt. Das Maschenwerk wird viel weiter, innerhalb der ent- standenen Lücken sammeln sich Ideine Tröpfchen an, che bald an Größe zunehmen (Taf. XX, Fig. 5). Es handelt sich hier um das erste Auftreten von Dotterelementen. Bei weiterem Wachstum erfüllen sie das ganze Plasma und lagern sich als DotterschoUen der Randzone dicht an. Auch nach dem Auftreten der Randzone nehmen die konzentrischen Zonen zu; allerchngs vergrößert sich die Binnenzone nicht so rasch wie die Randzone. Gerade jetzt scheint der Stoffaustausch zwischen Central- körper und den ihn umgebenden Zonen sehr lebhaft zu sem; denn aus dem Innern werden Tröpfchen in die Binnenzone abgegeben, die noch durch deutlich sichtbare Fäden mit dem Chromatin des Centrums zusammen- hängen, so daß kein Zweifel über ihren Ursprung bestehen kann (Taf. XX, Fig. 6 und 7). Binnen- und Randzone werden bald von diesen Einschlüssen ziemlich erfüllt. Den Höhepunkt der Zonenausbildung stellt Fig. 7 der Taf. XX dar. Eiaiige der vorher erwähnten Einschlüsse in der Binnenzone zeichnen sich durch besondere Größe aus, sie sind nicht gleichmäßig gefärbt, son- dern haben in dem hellen Innern ein deutliches Korn. Große und kleine DotterschoUen nehmen das ganze Plasma ein. Später scheint die Rand- zone an Größe abzunehmen (Taf. XX, Fig. 8) — aus meinen Messungen geht es wenigstens hervor — , doch konnte ich kein Schwinden der äußeren \'\)cv koiizciitiisflic Shuktuicii im Eikcni von ('(ilcoptcrcii. 417 (!r(!iiziiieiul)rcUi feststellen; auch fand ich kein Statlinni der volikoinjnenen Iviickbiidnnfi; der Kandzonc, Selion während der Untcrsuchun.gen tauchten viele Bedenken in mir auf, Nvio diese Strukturen zu erklären und zu welchem Bestandteil des Eies sie zu rechnen seien, ob zum Kern oder zum Plasma, d. h. mit andern Aborten, wo die Kerngrenze zu ziehen ist. Eindeutig konnte ich es bei Sitodrepa nicht bestinnnen. Deshalb entschloß ich mich, andre Coleopteren vei'gleichsweise zu beti'achten. Es gelanp; mir auch ähnliche Strukturen bei den Küsselkäfern festzustellen. Chlorophanus gibhosus. Chlor ophanus gihhosus wurde als erster Vei'treter der Curculioniden geprüft. Hier hat der Kern auf dem frühesten Stadium eine nahezu runde Form uiul hebt sich von dem umgebenden Plasma scharf ab (Textfig. 1). Das Chromatin zeigt im Gegensatz zu Sitodrepa eine mehr fädige Struktur r^r 5L*.., ,Vv, T ■ fi 1 " ■ Textüo. 2. iextng. i. Cliloi(jiiliiniiis i/ibhusiis. Auftrelon cliloroplKiiiii.s i/ihhosiis. Ei- der Raiidzone. Nur ein Tuil des kern und Plasma. Plasmas gezeichnet. uiul erfüllt den ganzen Kern ziendich gleichniäbig. Zwischen und aul den Chromatinfäden liegen nucleolcn artige Köriu-hcn, von denen meistens eines durch seine besondere Größe auffällt. Im nächstälteren Ei tritt nicht me bei Sitodrepa ein heller Hof auf und darin eine Membran, son- dern es hebt sich sogleich die typische Kandzone vom Eiplasma deutlich ab. Sowohl zwischen den Maschen der liandzone als auch innerlndb des Chromatins, das stellenweise schon seine fädige Struktur verloren hat, liegen wieder kleine Nucleolen, teilweise unmittelbar am Centralkörpcr, so daß man ihr Austreten aus dem Innern als äußerst wahrscheinlich an- nehmen muß (Textfig. 2). Die Kandzone, die durch eine feine Membran 448 Clara Wollf vun dem liiiifni ü;('tiTiint ist, zeigt Aviedeniin eine weitmaschige Struktur, nur sind die einzelnen Fäden nicht so stark färl)ljar. Erst nachdem sich die Randzone entwickelt hat, kommt es zur Aus- bildung der Binnenzone. Sie besteht auch hier aus konzentrischen Schich- ten, die aber wellig verlaufen (Textfig. 3) ; eine scharfe Grenzlinie, sowohl nach innen wie nach außen, besteht nicht. Es l)ildcn sich ziemlich schnell mehrere solcher Hüllen aus. f^^^^^ß^^"^. Ihre Entstehung könnte zAveifacher Art sein. Ein- \^ ^' \€^i>^^. mal kann es sich um ein Wachstum von innen nach l^~ - ---scL außen handeln, dergestalt, daß die erste Mcmljran Textfio-. 3. sich weitet, nach außen rückt und in dem frei wcr- chioropiumm gibbosm. Ei- Menden Ranme eine neue sich bildet ; oder, daß kern mit den 3 Zonen. ' ' sich jede folgende Hülle von außen anlegt, also die letzte zugleich die jüngste ist. Ich möchte hier nicht entscheiden, welche Deutung die richtige ist; später werde ich nochmals darauf zurück- kommen. Gleich nach Veilasscn des NährkoUjens hat sich die Binnenzonc des Eies sehr vergrößert, die Wellenlinie ist teilweise noch schärfer ausgeprägt, * rV-«-:!,- T . . •0 ••^. Textfig. 4. Clilorujfl'aiiiis ;/iljbüsiis. Einseitige Ausbildung der Eandzone. Erste Dotterbildung im riasniii. und zwischen den einzelnen Schichten finden sich zahlreiche Nucleolen. Der Centralkörper zeigt gegen früher ein ziemlich unverändertes Aus- sehen. Das Chromatin verklumpt nicht so stark wie bei Anobium, dem- entsprechend ist auch die Nucleolenbildung im Kerninnern nicht so reich- lich. Die Binnen- nnd Randzone dagegen wachsen beträchtlich. In ersterer läßt sich sehr schön beobachten, wie die äußeren Schichten nicht mehr über kiiiizcntrisclR' rStiuktiirrn im Eikcin miu l'olcctplcri'ii. 441) so tücht aiil'iüiiaiKlor folui'n wir die iniuMvn, iiiul wie die welligen Hi'illcii sieh iiiclir und mehr o'lätten. Die Kiiiscldüsse werden zahlreicher, viele Bilder sprechen für ein Wandern derselben nach auücn. AVähreiid, wie schon erwähnt, keine scharfen Grenzlinien der Binnenzone zu konstatieren sind, Ijleibt eine deutliche Trennung zwischen Randzone und Plasma erhalten. Bei älteren Eiern zeiot sich eine einseitige Ausbildung der Randzone. Auch finden sich zu diesem Zeitpunkt die ersten Zeichen der Dotter- -'V! ■■■-■ j^-^ ■ ->.■•■ \ Textfig. 5. CMoioiiliuiuis i/ihhosiis. Cjirößte Ausbildung von Binnen- und ilaiulzont'. bildung im Protoplasma, die auf gleiche AVeise wie bei Sito'lrepa erfolgt (Textfig. 4). Die Abgrenzung zwischen Plasma und Randzonc wird immer undeutlicher, in manchen Fällen gehen sie ineinander über. Das- selbe ist auch bisweilen zwischen Randzone und Binnenzonc zu kon- statieren. Die Regel jedoch ist, daß auf diesen Stadien beide Zonen sehr scharf getrennt sind (Textfig. 5), sie haben jetzt wohl ihre größte Aus- dehming erlangt, vor allem die Binnenzone. Durch Dotterkugelansamm- lungen wird der Übergang der Randzone zum Protojjlasma verschleiert. Auch die l)eiderseitigen Strukturen unterscheiden sich nicht sehr. Oft sind sie völlig gleich. Eigenartig ist es, daß bei Chloroplianus die Dotter- /150 f'lara Wolff kugeln bis zur Binncnzoue vordringen. Selbstverständlicli kann man dann nicht mehr von einer Randzone sprechen, sondern unmittelbar au die Biunenzonc schließt sich jetzt das Eiplasma an (Textfig. 6). ^^/ % ^w-^' ^ Textfig. 6. Cliloriqihaiuis t/ihbosiis. Kandzone und l'lasiiia jiiclit zu uiitcr-scheiden. Im Centralkörper ist das Chromatin vollständig verklumpt und weist fast immer amöboide Gestalt auf. Die Binnenzone zeigt auch jetzt noch große Entfaltung, zahllose große und kleine Nucleolen liegen in ihr zer- streut; nach außen findet sich eine scharfe Grenze, die scheinbar von mehreren Hüllen gebildet wird. Calandra oryzae. Als zweite Form aus der Familie der Rüsselkäfer bespreche ich Ca^ landra oryzae. Schon sehr früh differenziert sich bei ihm die Eizelle, Sie fällt infolge ihres großen l^läschenförmigen Kernes sehr auf. Das Chroma- tin zeigt ausgesprochen fädige Struktur; ein großer Nucleolus liegt in- mitten des Kernes, umgeben von einigen kleineren. Sehr bald bildet sich dann che Randzone aus, wie wir es bei Chlorophanus gibhosvs kennen gelernt haben, doch bleibt sie bei Calandra oryzae länger allein erhalten. Auf den späteren Bildern tritt der Nucleolus nicht mehr so ÜIkt kdiizciifrisclic Strukturen im Kikcni von ('(ilcoptcrcii. 451 (Icutlicli hervor, soiKlcrii der Centralkörpcr ist von Fäden völlii;' durch- setzt. Die Kaudzone enthält noch keine Einschlüsse. Hierauf erfolot die Ausbildung der Bin- lu'iizone in der bei CMoropJianus schon be- sjjrochenen Weise. Die einzehien Memljranen sind in scharfe Zipfel ausgezogen und um- schließen eng das Kerninnere, den Central- körper. Schon l)ei der Bildung der ersten Membran treten intensiv färbbare Körnchen auf. In der ganzen Binnenzone sind sie deutlich zu erlvennen. Da sie aber auch der Peripherie des chromatinreichen Kern- innern nicht felilen, scheint es sich ebenfalls wieder um Austritt chromatischer Substanz zu handeln. Mit dem Wachsen des Eies schreitet die l)ifferenzierung beider Zonen fort. Die Zipfel der Binnenzone ziehen sich lUK'h mehr aus. Auffallend stark sind die äußeren Hüllen mit Körnchen beladen. Auch in der Randzone, die sich sichtlich vergrößert hat, finden sie sich vereinzelt. Der übrige Raum des Eies ist von großen und Ideinen Dotterschalen fast völlig ausge- füllt (Textfig. 7). Auch der Centi'alkörper hat sich verändert. Das Chromatin sammelt sich in Form kleiner Tropfen an der Feripherie, durch zarte Fäden miteinander in Verbin- dung bleibend. Infolgedessen erscheint die Mitte des Cen- tralkörpers heller. Bei noch stärkerem Wachs- tum des Eies ist ein Rückgang in der zonalen Ausbildung festzustellen. Im Innern son- dert sich ein Nucleolus, der noch von fädigem Chromatin umgeben wird. Die Binnen- zone ))ehält ihre Ausdehnung bei, doch verschwinden che Zipfel allmählich, die innersten Hüllen sind fast kreisrund geworden. Die größte Einbuße erleidet die Randzonc, Textfig. 7. Eikern von Cnlimihi/ m i/cik mit den 3 Zonen. Binnenzone stark mit Körn- chen beladen. i l'extfiff. 8. Cdlandrit ornzm. Rückhildnnfj; d(!r Ji.yiilzono. 452 Clara Wolff und zwar criolgt ihre Hiickbildiiiii;- nicht <;k'ichniäßig, sondern sie be- oinnt an einer beliebigen Stelle, um von hier aus weiter zu schreiten (Textfig. 8). Die Dotterschollen nehmen an Zahl und Größe bedeutend zu und berühren die Randzone unmittelbar. Leider fehlt unter meinen Prä- paraten ein Stathum, auf welchem die Kandzone völlig rückgebildct ist. Niptus hololeucus. Die einfachsten Verhältnisse fand ich bei Niptus Iwloleums. Bei ganz jungen Eiern ist der sehr große Kern schon deutlich gegen das Protoplasma abgesetzt. Die chromosomale Substanz ist in Form von Fäden ziemlich gleichmäßig verteilt, in geringem Maße zeigt sich schon hier Nucleo- lenbildung (Textfig. 9). Plasma wie Kerne wachsen gleichermaßen. Im älteren Ei treten die Nucleolen deutlicher hervor. Einer von ihnen zeichnet sich schon früh dm"ch be- ,-'**• 4 • t « / ^ : TextHj 9. .MlUitfi liolijUiicua. Eikern mit riasnia. Beginn der Nukleolenbildung. >J% •^\ ♦ • • * V^ '.«.«^, Textfig. 10. .\qitits huloUuciis. Auftreten der feinen Meiubraii im Innern. sondere Größe aus. Das Plasma ist fein strukturiert und von Vacuolen reich durchsetzt. Hat das Ei einen Durchmesser von etwa 50 ii erreicht, so mißt der des Kernes etwa 22 jn. Auf dieser Entwicklungsstufe sind die Chromosomen stark verklumpt. Die Nucleolen nehmen an Zahl zu. Bald schließt sich che chromatische Substanz noch enger zusammen, während die Nucleolen sich auf einen immer größeren Raum ausdehnen. Das Ei wächst verhältnismäßfg rasch. Deutlich kann man das Abschmelzen von Nucleolen aus dem Centralkörper beobachten; sie sitzen den Chroma- tinballen wie kleine Tröpfchen auf. Die größten Nucleolen befinden sich in der Nähe des Centrums, nach der Peripherie zu werden sie kleiner. Das älteste Ei, das ich untersucht habe, zeigt insofern eine Weiter- cUfferenzierung, als eine feine Membran um die Chromatinballcn auftritt, V\)vr koiizentrisclic Stiiiktuicii im Jjkcni von CipliMiptcrcu. 453 die voll iiu'hrcu'ii. sie koiizentriscli uiiigoboiulon lioilieu kloiiicr Xuclooloii begloitc't wird. Ferner bildet sich eine Randzonc aus, die gegen die vorher beschriebene nucleok'nreiche Binnenzonc scharf begrenzt ist (Textfig. 10). Diese Kandzone zeigt im Gegensatz zum Eiplasnui eine ziemlich grob- nuischige Struktiu-. Altere Kier habe ich nicht gefunden, so daß ich über die WeiterentAvicklung, bzw. das Verschwinden der Binnen- oder Rand- zone nichts aussagen kann. Leider fehlen mir für alle Formen ältere Stadien, so daß ich nie Keife- sjjiiulein finden konnte. Sie treten wahrscheinhch erst während der Ei- ablage auf. Solche Eier konnte ich bisher nicht einwandfrei fixieren; es erfolgte nämlich in den weitaus meisten Fällen eine starke Schrumpfung. Infolge ihres harten Chorions und ihres Dotterreichtums erhielt ich außer- dem nie lückenlose Schnittserien. Vergleichende Betrachtungen der konzentrischen Strukturen bei den verschiedenen Formen. Bisher habe ich mich mit der Beschreibung der merkwürdigen Ei- strukturen bei den verschiedenen Formen begnügt, ohne auf die gegen- seitigen Beziehungen näher einzugehen. Je länger ich mich ihrem Studium widmete, um so mehr kam ich zu dem Schluß, daß diese konzentrischen Strukturen bei den einzelnen Käfern nach Funktion und Herkunft gleich- wertig nebeneinander stehen und nur verschiedene Entwicklungsstufen dersell)en Reihe darstellen. Ich sehe in Niptus hololeucm die einfachste Ausbildung und stelle ihn daher an den Anfang, um von ihm die aiulern Formen abzuleiten. Einwandfrei zeigt sich in seinem Eikern das Zurück- ziehen und Verklumpen der chromosomalen Substanz und das Abschmelzen zahlreicher Nucleolen, welche in che Binnenzone eindringen. Auch die Randzonc ist vollkommen klar und deutlich ausgeprägt, wenngleich sie auch erst verhältnismäßig spät auftritt und eine viel geringere Ausdehming hat als che Binnenzone. Allerchngs hat nur erstcre die typische Ausbildung der andern Formen, Avährend wir sie bei der Binnenzone völlig vermissen. Sic ist viel nucleolenreicher und hat vor allem nicht die ausgesprochen konzentrische Schichtung, Avelche in den andern Fällen für die Binnenzoiu; so charakteristisch ist. Und doch ist gerade dieses Beispiel so interessant, weil auf relativ sehr späten Stachen eine Zone sichtbar wird, die aus ganz wenig feinen konzentrischen Hüllen besteht, die den Zentralkörper um- geben. Ich nehme an, daß diese Zone das Anfangsstadium der konzen- trischen Schichtung der andern Formen darstellt. Einen weiteren Schritt zunehmender Komplikation zeigen die Rüssel- käfer. Bei Chloroplianus (jibhosus wird schon bei sehr kleinen Eiern die 454 Clara Wolff llandzoiK^ dit'1'eren/iert, dio sich vor Sichtbaiwerdon der Jiinneiizoiie mit lUR'lcolenartigen Körnchen erfüllt. Erst später erscheint die Binnen- zone. Bei Niptus und CMorophamis ist jedoch der Unterschied in der zeitlichen Aufeinanderfolge der Zonenbildung nur von untergeordneter Bedeutung ; das Ausschlaggebende ist die Art der Entstehung der Binnen- zone. Bei Niftus sahen w, daß konzentrische Schichten innerhalb der Binnenzone erst bei einer gewissen Ausdehnung derselben auftraten, hier jedoch zeigen sich plötzlich zwischen Zentralkörper und anliegender Kandzone feine konzentrische Strukturen, der Anfang der Binnenzone. Die nucleolenartigen Einschlüsse, die bei Nipüis hololeucus so außer- ordentlich zahlreich waren, sind hier verhältnismäßig seltener und liegen zmschen den konzentrischen Hüllen. Calandra zeigt im wesentlichen keine Abweichung von Chlorophmus, weshalb diese Form für den Vergleich unberücksichtigt bleiben kann. Die höchste Stufe in der Entwicklung cheser Strukturen stellt schließ- lich Sitodrepa panicea dar. Mit Niptns liegt insofern eine Ubereinstim- numg vor, als die Binnenzone zuerst entsteht und erst später — im Gegen- satz zu den llüsselkäfern — che Randzone. Doch weist die Ausbildung der Binnenzone meder mehr auf die Rüsselkäfer hin. Wie bei diesen ist sie von konzentrischen Schichten völlig ausgefüllt. Diese Form ist des- halb an das Ende der Reihe zu stellen, weil die Binnenzone gleichmäßiger gestaltet und nicht in Zipfel ausgezogen ist. Man könnte sie fast mit kon- zentrischen Kugelschalen vergleichen. Sind die Hüllen Kern- oder Plasmastrukturen? Ich habe bisher innner nur von der Binnen- und Randzone gcsjjrochen und dabei absichtlich die Frage offen gelassen, ob sie innerhalb des Kernes oder im Plasma liegen. Die Beantw^ortung ist nicht ohne weiteres mög- lich. Ich vnll zunächst die wichtigsten Tatsachen aus der Literatur mit- teilen und dann alle Gründe für und mder erörtern. Von verschiedenen Autoren sind Zonenbildungen beschrieben worden, die zweifellos verwandte Gebilde darstellen, wenn sie teilweise auch ganz andere Anordnung zeigen. Zuerst gehe ich auf eine Ar])eit von Giardina (1904) ein. Er fand eine »perinucleare plasmatische« Zone hauptsächlich bei Orthotopteren, namentlich bei Mantis religiosa und Periplaneta orien- talis. Anfangs hielt er diese Bildungen für Kunstprodukte, doch gelang es ihm, sie auch am lebenden Material zu beobachten, indem er durch einen Druck auf das Deckgläschen die Gestalt der Zone veränderte, ohne sie zu zerstören. Er spricht sie unbedingt für eine protoplasmatische Bildung an, mid zwar glaubt er, daß diese perinucleare Zone und das über kdiizcutn'schc Stniktiircii im Eikcni von ('(ilodptcrcn. 455 Protoplasma — durch eine feine Membran getrennt — von verschiedenen Flüssigkeiten erfüllt sind. Er bezeichnet sie als ein osmotisches System. Bei lieiden findet er ein gleichartiges Verhalten. So wii"d z. B. bei Schrumi)- fung nie che Zone vom Plasma getrennt, sondern stets vom Kerne, was für eine innigere Verwandtschaft mit dem Plasma spricht. Die Entwick- lung stimmt im wesentlichen mit der von mir geschilderten ül)erein. Bald nach dem Bukettstadium tritt die erste Zonenbildung auf, und zwar erst als ein dünner Saum von hellerer Farbe als das Plasma. Bei fort- schreitendem Wachstum folgt ein Stadium größerer Färbbarkeit nnd zunehmender Dichte. Im älteren Ei wird die Zone dem Plasma ähn- licher, die Membran verschwindet aUmählich, und es erfolgt eine langsame Vermischung. Letzteres konnte Giardina auch im Leben beobachten. Er kommt zu- dem Schluß, daß cües ein ganz normales Verhalten auf gewissen Stachen darstellt. Im w^achsenden Ei von Arion Empericomm weist Lams (1910) ähn- liche Strukturen nach. Die von ihm gegebenen Bilder erinnern sogleich an die Verhältnisse bei den Coleopteren. AVie nach Giardina bei den Orthopteren, so sind auch hier xüe Zonen unzweifelhaft plasmatische Bil- dungen. Schon in ganz jungen Eiern differenziert sich che das Keim- bläschen umgebende Plasmazone in Endo- und Ectoplasma, von stark färbbaren Fäden durchzogen. Zwischen beiden Plasmaarten findet sich noch eine dritte cytoplasmatische Zone, die aus konzentrisch verlaufenden Fäden zusammengesetzt ist und hinsichtlich ihrer Färbbarkeit bald nu^hr zu der einen, bald mehr zu der andern Plasmaart neigt. Die Bildung tUeser Zone weicht von der bei Coleopteren festgestellten erheblich ab. Es treten anfangs feine Fäden auf, die oft ineinander verschlungen sind und sich erst allmählich strecken, um dann konzentrische Kinge zu bilden. In diesem Falle ist der Kern so deutlich vom umgebenden Plasma getrennt, und che Zone konzentrischer Ringe durch eine Plasma- schicht vom Kern, daß kein Zweifel an ihrem plasmatischen Ursprung bestehen kann. Ein weiteres Beispiel ähnlicher Hüllbildungen gibt Buchner in seiner Arbeit über »Die accessorischen Kerne der Hymenoptereneier« (1918), und zwar für Ei- wie auch für Nährzellen. Buchner sieht »in ihnen den Austh-uck rhythmisch sich wiederholender Kernsekretion, die zu einer Art Plasmabildung führt«. Das neue Plasma mischt sich aber nicht mit dem schon vorhandenen, so daß eine Membran entsteht. In älteren Nähr- zellen ist diese Lamellenbildung so ausgedehnt, daß das Plasma wie mit Jahresringen bis an den Band erfüUt ist. Diese Kinge kommen auf gküche Weise wie bei Sltoihyiin jKinlcvit zustande. Zunächst tritt eine Hülle 456 rirra Wolff zwischen Kern und Plasma deutlich auf, später legen sich um diese bei weiterem Eiwachstum immer neue. GuENTHERT (1910) iDcschreibt ein ähnliclies Vorkommen in den Nähr- zellen von Dytiscus und Colymhetes. Um den Kährzellkern ziehen plas- matische Fibrillen, die mehr oder Aveniger Chromatinkörnchen tragen, die zweifellos aus dem Kern stammen. Bei weiterem Wachstum ändert das Cytoplasma seine Struktur, indem die Fibrillen den Kern jetzt in kon- zentrischen Ringen umziehen. Guenthert glaubt, daß »vom Plasma aus sukzessive eine Umwandlung von peripheren Kernzonen stattgefunden habe . . . Wir dürfen mit großer Wahrscheinlichkeit diesen ersten fibrillären Plasniastrang als frühere Kernmembran betrachten -und el)enfalls die folgenden«. Er stellt sich (hesen Umwandlungsprozeß so vor, daß l)eim Wachstum des Kernes innen immer neue Kernmembranen gebildet wer- den, während die älteren nach außen rücken und dabei chromatische Körnchen mit sich reißen. So erklärt er es auch, warum das Wachstum des Kernumfanges weit hinter der proportionalen Vermehrung der chro- matischen Elemente des Kerns zurückbleibt. So weit reichen die Angaben, die icl>in der IJteratur gefunden habe. Es handelt sich hierl)ei in allen Fällen um Strukturen, die im Plasma liegen. Auch die Hüllen im Anobiumeikern wurden von Buchner als extremes Beispiel protoplasmatischer Zonenbildung um den Kern auf- gefaßt. Obgleich die oben besprochenen Strukturen sicher mit deneii der Coleopteren verwandt sind, nuiß ich an Hand meiner Ergebnisse hier jedoch einen andern Standpunkt vertreten. Solange ich lechglich Anobinm untersuchte, hielt ich ebenfalls die Zonen für Plasmastrukturen. Die Abgrenzung des Centralkörpers war auf einzelnen Stadien recht deutlich, auf andern konnte ich keine scharfe Grenze feststellen. Auch die allmähliche Differenzierung schien mir für Plasmastrukturen zu sprechen. In meiner Annahme wurde ich noch da- durch bestärkt, daß ich in der Literatur keine gegenteiligen Angaben fand. Erst die vergleichende Betrachtung aller Objekte ließ allmähhch in mir die Ansicht aufkommen, daß es doch Kernstrukturen sein müßten; denn die schärfere Begrenzung liegt stets außerhalb der Randzone und nicht etwa zwischen Binnenzone und Centralkörper. Wenn hier überhaupt eine Grenzmembran vorhanden ist, so tritt sie nicht deutlicher hervor als die erste konzentrische Hülle. Auch konnte ich nie, wie Giardina, be- merken, daß durch Schrumpfung eine Trennung der Binnenzone vom Centralkörper erfolgt, sondern daß vielmehr die Randzone sich vom um- gebenden Plasma loslöst. Folglich muß sie enger mit dem Kerne als mit dem Plasma vei-wandt sein. Außerdem erhöht Niptus die Beweiski-nft t'l)iT kdiizciilrisclK' Siiuktiircii im Eikcni von ('(ileoptoren. 457 fliescs Schlusses; donii wor kann hol Botrachtuiig seiner klaren Eistriik- turen zweifeln, daß sie nur aus dem Kern hervorojeojangen sein können? Die Anobien und Cureulioniden al)er stellen nur eine weitere Entwick- lung; dar. Bei Xipius liefen die Verhältnisse deshalb so einfach, weil anfangs zwischen Zentrum und Clrenzlamelle der Randzone gegen das riasma keine weiteren Hüllen voi-handen siiul, die als Kernmembran angesprochen werden könnten: erst auf relativ späten Stadien werden die Anfänge einer Lamellenbildung sichtbar. So stehen also die untersuchten Käfer allen andern Tieren, bei denen Zonenbildungen beschrieben worden sind, streng gegenüber, indem es die bisher einzig bekannten Fälle sind, wo derartige Strukturen im Kern selbst liegen. Trotzdem glaube ich, daß es sich um vergleichbare und verwandte Einrichtungen han- delt, die durch die Funktion der Kernsubstanz entstanden sind. In dem einen Falle ist das tätige Chromatin im ganzen Kern verteilt und erfüllt ihn vollständig; seine Wirkungszonen müssen dahei- iu)t- wendig in das Plasma verlegt werden. In dem andern Falle sind die Chromosomen in dem Kern Zentrum vereinigt, und somit bleibt auch im Kern selbst für die Entwicklung der Zonen noch genügend Platz. Eine solche Auffassung Avird wesentlich dadurch gestützt, daß es keine Seltenheit ist, daß auch ohne konzentrische Hüllbildungen die Chromosomen nach der Conjugation im wachsenden Eikern sich auf einen engen Raum in der Mitte des Keimbläschens zusammendrängen. LoYEZ (1906) beschreibt von Amphibien, Reptilien und Vögeln Fälle, bei denen sie eine centrale Lagerung der Chromosomen gefunden hat. Bei Lacerta sind sie zuerst als feine Fäden im Kern verteilt, später liegen sie viel enger beisammen, das Chromatinknäuel hat dann geringere Aus- dehnung. Er wird meist in kreisförmiger Anordnung von Nucleolen um- geben, die von ihm abgesondert worden sind (Textfig. 11). Also auch hier haben wii- einen Hinweis auf Stoffwechselvorgänge, die von einem chromosomalen Centrum in den umgebenden Kernraum ausstrahlen. Von den Verhältnissen bei den Reptilien bis zu Niptus ist kein weiter Schritt. Wie Buchner (1918) durch seine Untersuchungen über die accesso- rischen Kerne festo;estellt hat. ueht die Verknäuelun<{ der Chromosomen l fc. - Texlfi.?. 11. '.itccrta stirp um. Teil des Keimbläschens eines Eies von 2 mm Durchmesser. Nach LitYEZ. 458 Clara Wolff bei Hymenoptereneiern noch weiter. Oft verschmelzen die Tetraden völlig zu einem nucleolcnartigen Gebilde, so daß die Individualität des ein- zelnen Chromosoms nicht mehr erkennbar ist. Zum ersten Male ist die Verschmelzung der Chromosomen von Jörgen- SEN (1913) bei Nephelis vulgaris l)eschrieben worden. Zunächst sind sie im ganzen Kerne verteilt, ei'st allmählich erfolgt ein vollständiges Zu- sammenziehen. Bei der Eibildung von Diestramena schildert Veydowski (1931— 12) ähnliche Vorgänge im Kerncentrum. Oliwohl hier keine Zonenbildung vorliegt, die eine Trennung von Kern und Plasma nahelegen würde, kommt Veydowski auf den Gedanken, nur den Chromosomenknäuel im Centrum als eigenthchen Kern aufzufassen, er nennt ihn Innenkern und bezeichnet das eigentliche Keimbläschen im Gegensatz dazu als Außenkern. Eine sichtbare Begrenzung zwischen beiden besteht in keiner Weise. »Es bildet sich kein neues Kernenchylem und keine neue Membran an der Peripherie des Knäuels, wohl nur aus dem Grunde, daß sich hier der ganze Prozeß nicht im Cytoplasma, sondern innerhalb des Keimbläschens abspielt.« Diese Begründung ist allerchngs sehr merkwürdig und scheint mir nicht ganz stichhaltig zu sein. Ähnhche Verhältnisse beschreibt er für Gordius. Aus allen mitgeteilten Angaben geht hervor, daß eine weitgehende Sonderung der Tetraden von den übrigen Komponenten des Eikerns, ins- besoiulere dem Liningerüst keineswegs etwas Ungewöhnliches ist und in dieser Hinsicht die untersuchten Coleopteren durchaus nicht vereinzelt dastehen. Daß mit solcher Ballung, obwohl sie eine Jjcträchtliche Ober- flächenverminderung mit sich bringt — man vergleiche damit nur etwa den Eikern eines Selachiers mit seinen mächtig gelockerten Bürsten- chromosomen, die die meiste Zeit einen großen Teil des Eikernes erfüllen — , keineswegs eine Einschränkung der an das Chromatin gebundenen Funktion Haiul in Hand geht, erscheint auf den ersten Blick auffallend, geht aber aus den beschriebenen Strukturen unzweideutig hervor. Damit komme ich endlich auf die funktionelle Bedeutung der seltsamen Gebilde zu sprechen. Zunächst noch einige Worte über die Herkunft der nucleolen- artigen Körnchen, che sich in so großer Zahl in Binnen- und Rand- zone finden. Haben wir es hier mit einem Übertritt von geformtem Chromatin in diese Zonen zu tun, oder findet der Austausch auf eine färberisch nicht faßbare Weise auf osmotischem Wege statt? Nach V. Kemnitz (1912) soll eine tierische Membran für Chromatin als kolloida- len Körper nicht durchlässig sein. Wenn ich jedoch zum Beispiel che Bilder von Sitodrepa panieea prüfe (Taf. XX, Fig. 6 und 7), muß ich eine andre Ansicht vertreten. Der Zusanunenhanff der Nucleolen mit dem Chronuitin über konzentrische Strukturen im Eikern von Coleopteren. 459 des Centralkörpers ist so deutlich sichtbar, daß er nicht bestritten werden kann. Ob aber alle Nucleolen in der Binnen- und Randzone auf einen Austritt geformter Chromosomen zurückzufühi'en sind, möchte ich nicht entscheiden, vielmehr glaube ich, daß wir mit beiden Möglichkeiten rechnen müssen. Offenbar haben wh* den Anstoß zur Bildung dieser Hüllen, wie aus den Ergebnissen vorliegender Arbeit hervorgeht, in der chromatischen Substanz des Kerncentrums zu suchen. Eine vorläufig noch unbeant- wortete Frage ist aber, ob sich die Hüllen außen anlegen, ob die letzte also zugleich die jüngste ist, oder ob die Zonen sich dehnen, nach außen rücken und im Innern eine Neubildung erfolgt. Letzteres würde im Sinne GUENTHERTS Sein. Die aufäUigen Bildungen legen es nahe, nach Analogien an unbelebten Strukturen zu suchen, um auf solche Weise vielleicht einige gesicherte Anhaltspunkte für die Mechanik ihres Entstehens zu erhalten. Die Ei- kernstrukturen erinnerten mich lebhaft an das Phänomen der Liesegang- schen Ringe, die durch Diffusion in kolloidalen Medien gebildet werden. Ich versuchte dieser Ähnüchkeit, die möglicherweise nicht nur eine rein äußerliche ist, etwas weiter nachzugehen. Zu dem Zwecke setzte ich nach den Angaben Liesegangs folgenden Versuch an: «4 g Gelatine werden in mehrfach gewechseltem destillierten Wasser einige Stunden quellen gelassen. Dadurch beseitigt man die schädlichen Spuren von Chloriden, Phosphaten und Säwe, welche in käufücher Gelatine immer enthalten sind. Dann löst man die Masse, welche man im ganzen auf 100 g gebracht hatte, durch Erwärmen auf 50° C auf. Es ist günstig für die Ringbildung, wenn man die Lösung noch nicht gleich benutzt, sondern sie erst 1—2 Tage stehen läßt. Dann kommen 2 ccm einer wässerigen konzentrierten Lösung von KaMumbichromat dazu, und 15—20 ccm davon werden auf eine 13 x 18 cm große Platte gegossen. Nach etwa 10 Minuten ist die Lösung zu einer Gallertschicht erstarrt. Auf diese bringt man nun einen größeren Tropfen (V2 ccm) einer Lösung von 20—100 g Silbernitrat in 100 ccm Wasser. « Die konzentrischen Ringe traten sehr bald um den Silbernitrattropfen auf. Der Abstand nahm von innen nach außen be- trächthch zu. Bei genauer Beobachtung der BUdung der einzelnen Zonen sah ich, wie am jeweüs äußeren Ring an verschiedenen Stellen Silbernitrat diffundierte, die Stückchen wuchsen und sich schheßlich zu einer neuen HüUe schlössen. Die Entstehung der Zonen in den Eiern der Käfer stelle ich mir auf ähnliche Weise vor. Es handelt sich wohl auch hier um gelöste Stoffe, die in den umgebenden Kernraum diffundieren und jeweils an der äußersten Schicht zu erneuter Lamellenbildung Anlaß geben, die sich als Archiv f. Zellforschung. XVI. 30 460 Clara Wolff Niederschlagsmembranen an der Grenze zweier nicht mischbarer Medien darstellen würden, während wir bei dem LiESEGANGschen Phänomen ein jeweiliges Ausfällen von Silbernitrat vor uns haben. Bekräftigt wird meine Annahme dadurch, daß ich öfter beobachten konnte, daß die äußeren Hüllen noch nicht vollkommen in sich geschlossen waren, sondern ein- zelne Lücken aufwiesen. Jedenfalls ist mir diese Erklärung wahrschein- Hcher, als die von Guenthert gegebene, daß die innere Membran sich dehnen und nach außen rücken soll. Sie würde sich auch ungefähr mit der Buchners decken, der den Anstoß der Bildungen bei Hymenopteren- eiern in rhythmisch erfolgenden Sekretionen des Kernes sieht, nur daß dort der ganze Vorgang aus früher angegebenen Gründen ins Cytoplasma verlegt werden muß. Es könnte vielleicht auf den ersten Blick wundernehmen, daß in zwei so verschiedenen Regionen der Zelle, wie es Kern und Protoplasma sind, so völlig ähnliche Strukturen auftreten können. Aber wir haben noch anderweitige Hinweise dafür, daß das Liningerüst des Kernes zu dem Protoplasma eine weitgehende Verwandtschaft besitzt und daß es fraktio- nell unter Umständen geradezu an Stelle des letzteren zu treten vermag. Es sei zunächst darauf hingewiesen, daß bei der Spindelbüdung Central- spindel und Polstrahlung bald rein protoplasmatischer Herkunft sind, bald ganz im Kerninnern d. h. aus Liningerüst aufgebaut werden können, bald auch aus beiden Teilen stammen. Letzteres kommt bei der ersten Reifespindel vieler Eikerne vor und führt dennoch zu einer Spindelfigur, die wie aus einem Guß erscheint. Auch Pigment, Glykogen und Dotter, alles rein plasmatische Einschlüsse, wurden gelegentlich im Eikern nach- gewiesen, so von Buchner bei Rhyssa, wo im Innern degenerierender accessorischer Kerne eine große Dotterkugel auftritt. Je mehr sich die chromosomalen Bestandteile von dem Liningerüst des Kernes sondern, wie das eben bei den untersuchten Käfern der Fall ist, desto deutlicher vermag natürüch diese Verwandtschaft zum Vorschein zu kommen. So dürften meine Feststellungen über einen neuen Typus wachsender Eikerne nicht nur die Tätigkeit der chromosomalen Substanz während des Ei- wachstums in ein helles Licht gesetzt haben, sondern noch zu einer Be- reicherung unsrer Vorstellungen über das Wesen der chromatischen Bestandteile des Eikernes geführt haben. über konzentrische Strukturen im Eikern von Coleopteren. 461 Literaturverzeichnis. Buchner. Praktikum der Zellenlelire I. Berlin 1915. Über die accessorisclien Kerne der Hymenoptereneier. Archiv f. mikr. Anat. Abt. II. Bd. XCI. 1918. GiAKDiNA. Sull' esistenza di ima speciale zona plasmatica perinucleare nell' ooclte e su altre questione che vi si connetto. Giorn. Sc. N. Econom. Palermo. Vol. XXV 1904. Gross. Untersuchungen über die Histologie des Insektenovariums. Zool. Jalirb. Abt. für Anat. u. Ontog. Bd. XVIII. 1903. GuENTHERT. Eibildung der Dytisciden. Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. u. Ontog. Bd. XXX. 1910. Henschen. Zur Struktur der Eizelle gewisser Crustaceen und Gastropoden. Anat. Anz. Bd. XXIV. 1904. JöRGENSEN. Zellenstudien I. Morphol. Beiträge zum Problem des Eiwachstums. Archiv f. Zellf. Bd. X. 1913. - • Zur Entwicklungsgeschichte des Eierstockeies von Proteus anguineus. R. Hert- waG-Festschrift. Bd. I. 1910. Untersuchungen über Eibildung bei Nephelis vulgaris. Archiv f. Zellf. Bd. IIL 1908. V. Kemnitz. Die Morphologie des Stoffwechsels bei Ascaris lumbricoides. Archiv f. Zellf, 1912. Lams. Recherches sur l'oeuf d' Arien Empericorum. Mem. in 4° de l'Academie de med. de Belgique. 1910. Liesegang. Geologische Diffusionen. Dresden-Leipzig 1913. LoYEZ. Recherches sur le developpement Ovarien des oeufs meroblastiques ä, vitellus nutritif abondant. Arch. Anat. micr. Paris. T. XVIII. 1906. MoLLisoN. Die ernälirende Tätigkeit des Folhkelepithels bei Melolontha. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXVII. Heft 3. Veydowski. Zum Problem der Vererbungsträger. Königl. böhm. Ges. d. Wiss. Prag 1911—1912. Tafelerklärungen. Alle Tafel- und Textüguren sind bei homogener Ölimmersion 2 mm, Compensations- ocular 8 von Zeiss mit AßSEschem Zeichenapparat hergestellt. / Sitodrepa panicea. Fig. 1. Junge Ovocyten. a) Auftreten des hellen Hofes im Keimbläschen, b) Bil- dung der ersten Membran iimerhalb des Hofes. Fig. 2. Die wabige Struktur des Hofes, der durch feine Fäden mit dem Chromatin des Centralkörpers (s) verbunden ist. HO* 462 Clara Wolff, Über konzentrische Strukturen im Eikern von Coleoptereü. Fig. 3. Ei mit erster Entwicklung der Birmenzone (b), die schon einige Nucleolen (n) enthält. Fig. 4. Eikerne [Plasma nur angedeutet] mit Binnen- und Randzone (r). Fig. 5. Dotterbildung im Plasma. Fig. 6. Eikern mit Binnen- und Randzone imd deutlichem ÜlDertritt von chro- matischer Substanz aus Centralkörper in die Binnenzone. An der Peripherie Dotter- schollen. Fig. 7. Desgleichen, doch hier nur im Innern die Verbindungsfäden der Nucleolen sichtbar. Größte Entwicklung der Zonen. Fig. 8. Allmähliche Rückbildung der Randzone. (Aus dem physiologischen Institut der Universität Wien, Abteilung Professor Kolmer.) Über Kernveränderungen in Ganglienzellen der Fische. Von Prof. Dr. Nabiiyoshi Takahashi Chiba (Japan). Tafel XXI. Gelegentlich der Durchsicht von Hirnserien, die zum Studium des Ursprunges des RsissNERSchen Fadens und seiner Anheftung am sub- kommissuralen Organ von W. Kolmer angefertigt worden waren, fieleji im Gehirn der Fische größere Ganglienzellen auf, deren Kerne sich von allen anderen durch ihre sehr wechselnde Deformierung unterschieden, wälu'end die Zellkerne andrer Hirnregionen ausnahmslos am gleichen Individuum die gewohnte runde oder ovale Gestalt aufwiesen. Da es sich durchweg um Objekte handelte, die mit besonderer Sorgfalt lebend konserviert worden waren, so schien ein Kunstprodukt von vornherein ausgeschlossen, und es war mir auch bekannt, daß derartige Vorkommnisse sehr eingehend von E. Holmgren (1) an den Spinalganglien von LopMus schon im Jahre 1899 geschildert worden waren. Überraschenderweise scheinen diese Angaben des verdienten schwedischen Forschers von den meisten Anatomen unbeachtet geblieben zu sein, denn wir suchen umsonst einen Hinweis darauf selbst in Besprechungen zytologischer Natur, wie beispielsweise Heidenhains (2) Plasma und Zelle, Marinescos (3) »La ceUule nerveuse«, Hertwigs (4) Biologie, den neueren Büchern von Kappers (5), obwohl die an Keim- und Nährzellen beschriebenen ver- wandten Beobachtungen grundlegender Art Korschelts (6) häufig in der Literatur erwähnt werden. Holmgren selbst hat diese Vor- kommnisse neuerdings in seinem neuen Lehrbuche (S. 254) kurz dar- gestellt und mit einem Mikrophotogramm aus einem Spinalganglion des Dorsches belegt. Da anfänglich das Vorkommen der Strukturen nur auf einen Kern beschränkt schien, soUte hier ein größeres Material von Fischgehirnen auf das Vorkommen dieser Kernveränderung durchgesehen werden, um zu 464 Nabuyoshi Takahashi ermitteln, ob tatsächlich sich solche Veränderungen nur an bestimmten örthchkeiten beobachten lassen oder auch an anderen und ob sie in gleicher Weise motorische, sensible und Schaltelemente betreffen, ferner ob man nach den Befunden sich der von Holmgren gegebenen Deutung des Phä- nomens anschließen solle. Die vorliegende Untersuchung ist das Ergebnis der zu diesem Zwecke vorgenommenen Durchsicht einer großen Reihe von Repräsentanten ver- schiedenster Fischordnungen. Das Wesen dieser eigentümlichen Erscheinungen am Kerne ist schon in ausführhcher Weise von Holmgren speziell an den Spinalganglien- zellen, also an sensorischen Elementen dargestellt worden. Es handelt sich darum, daß wii" an einer Seite des Kernes eine anfänglich flache, später tiefer eingreifende Einbuchtung sehen, neben der sich dann noch andere, kleinere entwickeln. In fortgeschritteneren Stadien des Prozesses sieht es dann auf den ersten BHck so aus, als ob von dem tief eingebuch- teten Kerne amöboide Fortsätze in das Protoplasma hineinreichten, die manchmal stark gezackt erscheinen, aber zumeist mit spitzen Enden in das Plasma hineinragen. Gewöhnlich finden sich nur ein bis zwei tiefere Einkerbungen des Kernrandes, die nach innen zu oft kompliziert gestaltete Nebenvertiefungen aufweisen, wobei zuweilen der Kern Halb- mondfigur annimmt. Zugleich mit dieser Formveränderung sehen wir eine charakteristische Umlagerung des Chromatingerüstes im Kern in der Weise, daß auf der Seite der Einbuchtung die färbbaren Substanzen des Kernes sich am dichtesten zusammendi'ängen und eine Art von Wand- belag an der Kernmembran büden. Man sieht neben dieser tiefsten Stelle der Kerneindellung häufig, aber durchaus nicht immer, eine stärker färb- bare Partie des Protoplasmas. Und dieser Umstand dürfte es gewesen sein, der Holmgren dazu veranlaßt hat, in dem ganzen Phänomen eine Wechselwirkung zwischen Kern und Protoplasma in der Art zu erblicken, daß Chromatin aus dem Kernbestand in das Protoplasma übertrete und auf diese Weise eine Vermehrung des Zytochromatins oder der Nißl- schollen erfolge. Da gerade damals die Veränderungen im Zytochromatin im Vordergrunde des Interesses standen und verschiedene Forscher, auch Holmgren selbst, Veränderungen an gereizten und stark funktionierenden Zellen durch Veränderungen der Mßlschollen nachweisen konnten, so faßte dieser Forscher diese Wechselwirkung zwischen Kern und Proto- plasma als Ausdruck besonders intensiv gereizter oder stark funktio- nierender Zellen auf. Es wird noch zu erörtern sein, ob die vorliegenden Beobachtungen geeignet sind, nur in dem Sinne Holmgrens gedeutet zu werden, oder ob dafür eine andre Erklärungsweise nahehegt. über Kernveränderungen in Ganglienzellen der Fische. 465 Untersucht -«^irden Sagittalserien und Querschnitte des Zentral- nervensystems, vereinzelt auch spinale Ganglien, von Cyclostomen: Petromyzon fliiviatiUs und Myxine; von Selachiern: Spinax, HeptancJms, Scyllium canicula und catulus, Mustelus, Squalius acanthias, Scymnus licMa, RJmm squatina, Raja clavata, Torpedo ocellata, Chimaera; von Teleostiern: Salmo trutta, Cyprimis carpio, Carassius vulgaris, Golio fluviatilis, Älburnus, Tinea, Phoxinus, Scaräimus erythropMalmus, Siluriis glanis, Myriis, Esox lucius, Betone, Gadus minutus, Motella, Perca, Acerina, Serranus cahrillo, Cepola, Mullus, Crenilabrus pavo, Zeus faber, Gobiiis fluviatilis, Cottus gobio, Trigta corax, Uranoscopus, Blennius, Lopliius, Balistes. Die Fische, fast alle geschlechtsreif, waren alle lebend konserviert worden, zumeist unter teilweiser Freilegung der Organe, unmittelbar nach der Abtötung in dem Fixierungsgemisch. Das bestand aus gesättigter Bichromatlösung 2, 10% Formol 2, und Eisessig 1, eine Lösung, die erfahrungsgemäß sehr rasch die Gewebe durchdringt und sich, wie die Untersuchung der Sinnesorgane vieler Wirbeltiere ergeben hatte, verläßhch bewährt. Es wurden auch zahlreiche Vertreter der Amphibien, Reptilien, Vögel und Säuger, deren Gefäße mit derselben Lösung durchspült worden waren, vergleichsweise berücksichtigt, um zu ermitteln, ob ähnliche Kern- veränderungen an den Ganghenzellen dieser Tiere aufzufinden wären, wie HoLMGREN in seiner zweiten Mitteilung andeutete. (BeiFischen fükrt Durch- spülung wegen der CapiJlarverhältnisse fast nie zu günstigen Ergebnissen.) Bei Petromyzon finden sich die eigenartigen Veränderungen ausschließ- hch in den großen Zellen der Oblongata, in der nächsten Nähe des Calamus scriptorius, welche durch ihre ganz besondere Größe immer ins Auge fallen. Es sind jene Zellen, aus welchen die Kolossalfasern des Rückenmarkes entspringen, möglicherweise Elemente, welche den Zellen, deren Achsen- zylinder die MAUTHNERSchen Fasern bei den Teleostiern abgeben, ent- sprechen. Diese Zeilen zeigen eine besonders große Färbbarkeit und ein ziemlich homogenes Protoplasma. Man findet in diesem Züge von schoUen- artigen Elementen, die den Nißlschollen ähneln, aber durch ihre stärkere Färbbarkeit mit Eisenhämatoxylin sich doch von diesen unterscheiden. Gerade die größten dieser Zellen zeigen immer an einer Seite des Kernes eine oder mehrere Einbuchtungen, die bald glatt kontruiert, bald zackig ausgezogen erscheinen. An dieser Einbuchtung ist auch die Hauptmasse des Kernchromatins konzentriert, und es entspricht das Bild in vieler Hinsicht den Befunden von Holmgren, mit dem Unterschied, daß ein Austreten von Chromatin aus dem Kern oder eine Beziehung zu einem Zentrosom der Zelle bei diesen Elementen nicht nachzuweisen war (Taf.XXI Fig. 9). Bei mehreren Exemplaren von Petromyzon und auch schon bei 466 Nabuyoshi Takahashi älteren Ammocoeten waren es immer speziell nur die größten der an- geführten Zellen, welche zu innerst im Marke liegen, die diese Kernver- änderungen zeigten, während die andern Zellen gewöhnliche runde oder ovale Kerne aufwiesen. Im Zentralnervensystem einer ganzen Keihe von Selachiern fanden sich die von Holmgren bei Äcanthias beschriebenen Veränderungen weder in den Spinalganglien noch im Zentralnervensystem. Mit Ausnahme einiger größerer Zellen des Tectum opticum, die Andeutungen davon aufwiesen. Am allerauffälligsten trat dagegen die Erscheinung bei verschiedenen Teleostiern auf, und hier gewann man den Eindruck, als ob sie nur auf ganz bestimmte Zellgruppen lokalisiert wäre. Zuerst und massenhaft zeigte sie sich an einem speziell auf Sagittal- schnitten auffallendem Hirnkern, der sich mit Hilfe der Arbeit Gold- STEiNs (7) als der Nucleus magnocellularis strati grisei des Striatums fest- stellen ließ. Dieser große und auffallende Kern enthält bei allen unter- suchten Cyprinoiden eine große Anzahl verhältnismäßig voluminöser, ziemlich dicht gedrängter Zellen, die einen flachen, der Wandung des ersten Ventrikels dicht anliegenden Haufen bilden. In diesem sind wieder die medial und am meisten dorsal gelegenen Zellen am größten, und dann werden die Elemente ventralwärts immer kleiner. Gerade die größten Elemente zeigen die Kerneinbuchtung am exquisitesten, und zwar sieht man Kerne, die an mehreren Stellen eingedeUt sind, solche deren Ein- buchtung viele kleinere Spitzen trägt, allerlei Formen von Zerschnürungen von Kernen und alle Übergänge zur Amitose. Zweikernige Zellen sind allerdings selten. Dort wo man anfangs solche zwei Zellkerne zu sehen glaubt, erscheint nur ein stark zerschnürter Kern in der Zelle zweimal getroffen. Man kann aber in der Schnittserie konstatieren, daß in einer andern Ebene beide Teile durch eine schmale Brücke noch zusammen- hängen. Oftmals weisen auch die einzelnen Kernanteile wieder weit- gehende Einbuchtungen und scheinbare Fortsatzbüdungen auf. Nicht selten entstehen ganz ungewohnte Bilder von zackigen halbmondförmigen Kernen, wie wir sie in normalen Geweben kaum jemals finden. Die Kerne sind dabei chromatim-eich und enthalten neben dichten Chromatinbrocken stark färbbare Nucleolen. Zeichen einer Beziehung zu einem Zentrosom oder einer Sphäre gestattet das Material nicht nachzuweisen. Die Zyto- chromatinschoUen zeigten hier ebenfalls keine Beziehung zur Lage des Zellkerns und der Kerneinbuchtung und waren hauptsächlich randständig. Der Achsenzylinderfortsatz ist an diesen Zellen nicht besonders charak- terisiert. Es dürfte sich um sensible Elemente handeln. Die Zellen, die ventralwärts in diesem Hirnkerne liegen, sind fast immer mit runden oder über Kernveränderungen in Ganglienzellen der Fische. 467 ovalen normalen Kernen verschen, ebenso wie die in der Umgebung ge- legenen kleinen Ganglienzellen auch der übrigen Hirnpartien. Am schön- sten läßt sich die Erscheinung bei Cypinus carpio studieren. Ebenso deutlich im Nucleus magnocellularis strati grisei von Tinea und noch auf- fallender im Nucleus latei'ahs tuberis (Goldstein) desselben Tieres, dessen Zellelemente noch größer sind. Die gleichen Vorkommnisse finden sich ebenfalls am Nucleus magno- cellularis bei Alhurnus, PJwxinus, Scardinius erythropMJialmus und andern Cyprinoiden (Taf. XXI, Fig. 6, 7, 8). Bei Süurus glanis sind sie in dem genannten Kerne nur angedeutet, soweit wenigstens einige etwa 25 cm lange Exemplare erkennen ließen. Mir scheint diese Hirngegend besonders gut vaskularisiert zu sein. Bei Esox lucius konnte ich an jünge- ren Exemplaren nichts derartiges nachweisen. Bei Betone dagegen war die Erscheinung am Nucleus magnocellularis ebenfalls deutlich ausge- sprochen, sonst aber nii'gends auffallend. Bei Perca und Acerina, wo dieser Kern ebenfalls eine gute Vaskularisation zeigt, zeigten nur die innersten, dicht unter dem Ependym gelegenen Zellen des Nucleus magnocellularis die Erscheinung. Bei Serranus cahrillo, ebenso bei Cepola rubescens fand sich davon im Zentralnervensystem nur wenig. Bei ersterem mi vorderen Striatum eine kleine Gruppe größerer Ganglienzellen, die Kernverände- rungen zeigten, eine ebensolche Gruppe am Rande des Infundibulum, offenbar der Nucleus lateralis tuberis. Bei Crenüabrus pavo fanden sich im Striatum, der Ventrikelwand dicht anliegend, eine Gruppe von Zellen, die exquisite deformierte Kerne zeigte. Bei Zeus faber fand ich in einem jungen Exemplar keine derartigen Kerne. Bei Trigla corax fand sich basalwärts im Striatum ein kleiner aus wenigen konzentrisch gestellten Zellen bestehender Kern, der die Erscheinungen auch schon bei Jung- fischen von wenigen Zentimeter Länge deutlich zeigte. Dieser Kern be- steht aus verhältnismäßig großen bmiförmigen Zellen, und diese besitzen die Kernein dellung alle gegen eine Seite zu, der Mitte des Komplexes zu- gewendet. Diese Seite der Zelle enthielt einen helleren Raum des Plas- mas, in dessen Zentrum in jeder Zelle eine Gruppe von winzigen Zentriolen lag (Taf. XXI Fig. 3). Diese waren meistens 5 an der Zahl. Chroma- tische Strukturen außerhalb des Kerns, irgendwelche strahlenartige Ge- bilde oder Substanzstreifen, waren auch bei diesen Zellen, die in hohem Grade sonst die Vorgänge zeigen, die Holmgren an den Spinalgangiien von Lophius beschrieben hat, nicht nachzuweisen. Aber jedenfalls ge- langte man hier zu der Anschauung, daß die Kerneindellung in lokaler Abhängigkeit vom Zentralapparat der Zelle stand, der von einer Art von hellerer aber nicht abgrenzbarer Sphäre umgeben schien. Ältere Exem- 468 ' Nabuyoshi Takahashi plare von Trigla, die über 10 cm lang gewesen wären, standen leider der- zeit nicht zur Verfügung. Bei Alburnus und bei Oobius niger zeigte eine andere Gruppe von Zellkernen ganz ähnliche Eindellungen und Zer- schnürungserscheinungen. Es handelte sich um eine Zellgruppe, die zentral im Anfange des Rückenmarks gelegen, die- Wandungen des Zentral- kanals, unmittelbar wo er in den Calamus scriptorius übergeht, umgibt. Es sind durchweg sehr große Zellelemente, und es scheint auch hier die Vakularisation der Gegend eine sehr geringe zu sein (Taf. XXI Fig. 2). Das Hauptuntersuchungsobjekt Holmgrens, Lophius, wurde in zwei Exemplaren durchmustert. An den Spinalganglien dieser Exemplare war die Kernveränderung häufig aber in den Details nicht so ausgesprochen, wie an anderen Orten und an den Abbildungen Holmgrens. Große Elemente in den verschiedenen Regionen des Zentralnervensystems wiesen die Veränderung nicht auf. Vor allem wurde sie auch vollständig in den zuerst von Fritsch beschriebenen riesigen Zellen, die der Oblongata und dem obersten Markteile aufliegen, vermißt, trotzdem diese Zellen fast mit freiem Auge sichtbare Elemente sind. Die entsprechenden Zellen bei Uranoscopus und Balistes capriscus wiesen ebenfalls wie übrigens auch die sonstigen größeren Zellen dieser Tiere einen Mangel der Erscheinung auf. Bei Uranoscopus fand sie sich dagegen in den großen Zellen der Formatio bulbaris des vordersten Hirnanteils sehr deutlich (Taf. XXI Fig. 5). Während das Zentralnervensystem von Squalius cephalus wenig auf- fallende Kernformen zeigte, waren die Ganghen, speziell das Trigeminus- ganglion eine Fundgrube von auffallend deformierten Kernen, dabei waren es in diesem Ganghon wieder hauptsächlich die größten Zellindividuen, die die Erscheinung aufwiesen, und bei diesen fand sich die interessante Erscheinung, daß die Kerne mit ihrer Delle dem Zellzentrum mit ihrer Konvexität dem Achsenzylinderfortsatz zugewendet waren, in dessen unmittelbare Nähe der ganze Kern gerückt schien. Sonst werden ja für gewöhnlich die Kerne vom Achsenzylinderfortsatz weg orientiert ge- funden, da dieser in der Richtung des Zellzentrums von der Zelle zu ent- springen pflegt. Auf diese Erscheinung hat schon Holmgren hingewiesen. In den Spinalganglien von Phoxinus fanden sich Kernveränderungen nur an vereinzelten Zellen. Bei Salmo trutta fanden sich große Zellen, in der Gegend des Infundibulums, der Nucleus lateralis tuberis, die die Ver- änderung aufwiesen, während die andern Elemente in den verschiedensten Regionen überall unveränderte Kerne zeigten. Bei Gadus minutus finden sich dieselben auffallenden Kernveränderungen im Nucleus magnocellu- laris, der etwas kaudaler gelegen ist als bei den Cyprinoiden. Auch hier sind es wieder die am meisten dorsal und kaudal gelegenen Zellelemente, über Kernveränderungen in Ganglienzellen der Fische. 469 welche die stärkste Veränderung aufweisen. An ihnen bemerkt man auch Zeichen von Neuronophagie, die gelegentlich möglicherweise bei älteren Exemplaren andi'er Teleostier an diesen Zellen angedeutet sind. Die vorstehenden Befunde zeigen, daß die beschriebenen eigenartigen Veränderungen an zwei Kategorien von Nervenzellen sich nachweisen lassen, an den spinalen sensiblen Elementen und an Zellen, welche wir den Schaltelementen zurechnen können, während es vorläufig nicht sicher ist, ob auch echte motorische Zellen chese Kernveränderung zeigen. Wir sehen ferner, daß es so ziemlich Zellen der gleichen Lokalisation bei ver- schiedenen Teleostiern und entsprechende Elemente auch bei den Cyclo- stomen sind, an denen sich diese Veränderung beobachten läßt. Sie werden immer an sehr großen, wenn auch nicht immer an den größten Elementen des gesamten Nervensystems des betreffenden Tieres, ziemlich unabhängig von Alter und Größe des Individuums, gefunden, und wenn in einer Zellgruppe vorhanden, sind sie am auffälligsten in den größten Zellindividuen dieser Zellgruppe und zumeist in solchen, welche den inneren Begrenzungsflächen des Neuralrohres zunächst gelegen sind. Kleine Ganglienzellen und solche gewisser Lokalisation, wie beispielsweise im Ganglion vestibuläre bleiben davon frei. Holmgren hat für die von ihm entdeckte Erscheinung die Erklärung gegeben, daß sie der Ausdruck eines Stoffaustausches zwischen Kern und Protoplasma ist und sich speziell in gereizten oder besonders lebhaft funktionierenden Zellen finde, in voller Analogie mit den an Ei und Nährzellen sowie Drüsenzellen von KoRSCHELT bei Insekten, P. Mayer bei Arthropoden beobachteten Er- scheinungen. Ist diese Auffassung richtig, so müßte man erwarten, daß diese Veränderung an sensiblen Elementen nicht nur, sondern auch an motorischen, zumindest gelegentlich bei Durchmusterung so vieler Indi- viduen, wie sie dieser Arbeit zugrunde liegt, gefunden werden müßte. Das ist aber keineswegs der Fall, und w können nicht annehmen, daß etwa bei Teleostiern speziell nur immer der Nucleus magnocellularis strati grisei sich im Keizungszustand befinde und dann wieder von allen seinen ZeUen gerade immer die am meisten medialwärts und dorsalwärts ge- legenen den stärksten Zustand von Aktivität aufweisen. Dasselbe gilt von den angeführten Zellen der Oblongata. Man könnte nun etwa die Ursache der Erscheinung in der besonderen ungewöhnlichen Zellgröße der Elemente suchen, doch finden sich, wie erwähnt, größere Zellen bei Selachiern und Teleostiern, welche diese Erscheinung am Kerne nicht aufweisen. Hier möchte ich vor Allen die medianwärts der Oblongata und dem Rückenmark anhegenden, vielfach geschilderten riesigen Ele- mente anführen, Avelche sich bei Lophius, Uronoscopiis, Balistes und einer 470 Nabuyoshi Takahaslii 4 ganzen Anzahl andrer Fische finden (man vergleiche die diesbezügliche Zusammenstellung in der vergleichenden Anatomie von Kappers [4]). An diesen Zellen, die ich im besten Konservierungszustande an Sagittal- serien von LopMus und Uranoscopus und Batistes untersuchte, finden wir wohl gelegentlich etwas in die Länge gezogene ovale, sehr große Kerne, doch gar nichts von den Erscheinungen, die den Gegenstand dieser Unter- suchung bilden. Auch die mächtigen Elemente des Nucleus electricus bei Torpedo so\\ie die beiden großen elektrischen Zellen von Malopterurus sowie bei vielen Teleostiern die großen MAUTHNERSchen Zellen lassen diese Erscheinung vermissen. Desgleichen die größeren einzelstehenden Zell- individuen verschiedener motorischer Kerne. Dagegen gewinnt man durchaus den Eindruck, daß überall dort, wo die Erscheinung exquisit auftritt, es sich um dicht geckängt stehende große Elemente handelt, deren Ernährungs- und Atmungsbedingungen als relativ ungünstige be- zeichnet werden müssen, während gleichgroße oder noch weit größere Elemente, wenn sie unter günstigen Ernährungs- und Atmungsbedingungen stehen, wde die angefülu'ten motorischen Elemente oder die Zellen der elektrischen Kerne oder die sensiblen Elemente von besonderer Größe, Avie die dorsalen Zellen von Lophius und Uranoscopus, die von reichlichen Kapillaren nicht nur umspült, sondern sogar durchbrochen werden, diese Erscheinung nicht aufweisen. Wir können uns also zur Erklärung der Erscheinung vorstellen, daß es ungünstige Stoffwechselbedingungen sind, welche sich durch die Größenzunahme der Zelleleraente ergeben, wenn nicht gleichzeitig durch die Lage und Anordnung von Blutgefäßen für eine besonders ausgiebige Versorgung der Zellen Sorge getragen ist. Daß es sich höchst wahrscheinlich um eine Wechselwirkung zwischen Protoplasma und Kern auch hier handelt, der durch die Vergrößerung der Kernoberfläche in möglichstem Maße Rechnung getragen wird, muß in Übereinstimmung mit Holmgren angenommen werden. Daß dagegen diese Wechselbeziehung darin besteht, daß korpuskulare ungelöste Sub- stanzen etwa als Bildungssubstanzen für das Zytochromatin in ungelöster Form durch Poren den Raum des Kernes verlassen, dafür ließ sich in den vorliegenden Präparaten keinerlei sicherer Anhaltspunkt gCAvinnen. Es erscheint im Gegenteil die Kernmembran überall, auch bei den ausgiebig- sten Faltungen kontinuierlich erhalten. Sollen wir nun den ganzen Vorgang als Amöboidismus des Kernes bezeichnen? Auch das ist nicht ohne weiteres zuzugeben. Denn es ist keineswegs auf den zahlreichen untersuchten Bildern der Eindruck zu gewinnen, daß etwa der Kern aktiv Fortsätze bildet und sich mit diesen in das Protoplasma hineinerstreckt, wie wir es für manche der an den über Kernveränderungen in Ganglienzellen der Fische. 471 Zellen der Insekten beobachtbaren Kernformen annehmen können, zu welchen ich in erster Linie die Spinndrüsenzellen der Raupen zählen möchte. Bei diesen sind die Fortsätze am Ende einigermaßen abgerundet, während in unserem Falle viel eher der Eindi'uck entsteht, daß es im Gegenteil das Protoplasma ist, das wahrscheinlich bei einer gleichzeitigen Verminderung des Turgors des Kernes, den Kern an einer oder mehreren Stellen gleichzeitig einbuchtet. Als höchsten Grad der Erscheinung wer- den wir dann die Fälle von vollständiger und unvollständiger amitotischer Kernzerschnürung mit gleichzeitiger Fortdauer der Erscheinung an den schon geteilten Kernpartien auffassen können. Wahrscheinlich werden die Vorgänge durch Flüssigkeitsverlust des Kernes, also Turgorabnahme, eingeleitet. Es sei erwähnt, daß bei den höheren Wh-beltieren, den Vögeln und Säugern besonders gut erhaltene Ganglien und Zentralnervensysteme reichlich untersucht wurden, ohne daß sich entsprechende Erscheinungen hatten beobachten lassen. Es kommen wohl gelegentlich amitotische Kernzerschnürungen zur Beobachtung, so etwa im Ganglion habenulae junger Hunde. Doch in ihrer relativen Häufigkeit bleiben die Beobach- tungen auf die Fische beschränkt, deren Nervensystem weniger gut vas- kiüarisiert ist als das andrer Wü-beltiere. Literatur, 1. HoLMGREN, E. Ziu' Kenntnis der Spinalganglienzellen von Lophius piscatorius Lin. Anat. Hefte. Bd. XII. 1899. Studien in der feineren Anatomie der Nervenzellen. Anat. Hefte. Bd. XV. 1900. Lärobok i Histologi. 1920. 2. Heidenhain. Plasma und Zelle. 1911. 3. Marinesco. La cellule nerveuse. 1909. 4. Hertvvig. Allgemeine Biologie. Neueste Auflage. 5. IvAPPERS, A. Ths strueture of the Teleostean and Selacliian Brain. Journ. of Comp. Nem-olog}'. Vol. XV. 1905. Vergleichende Anatomie des Nervensystems der Wirbeltiere. Haarlem, De Erven Bohn, 1920. 6. KoRSCHELT. Über Kernstrukturen und Zellmembranen in den Spinntküsen der Raupen. Arch. f. mikr. 2\nat. XLVII. 1896. ■ Beiträge zur ilorphologie und Physiologie des Zellkernes. Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. u. Ünt. Bd. IV. 1S89. 7. GoLDSTEix, K. Untersuchungen über das Vorderhirn imd Zwischenhirn einiger Knochenfische (nebst einigen Beiträgen über iMittelhirn imd Kleinhirn der- selben). Arch. f. mikr. Anat. u. Entwicklungsgesch. Bd. LXVI. 1905. 472 Nabuyoshi Takahashi, Über Kemveränderiingen in Ganglienzellen der Fische. Erklärung der Abbildungen auf Tafel XXI. Alle Abbildungen wurden mit Hilfe des AßBEschen Zeichenapparats mit Zeiss- Apochr. 1,5 mm, 1,30 Apert. teils mit Compensationsoc. Nr. 2, teils mit Nr. 4 in der Höhe des Objekttisches entworfen. Fig. 1. Squalius cephalus, Gruppe von Zellen des Ganglion Gasseri Comp,-Oc. 4. Fig. 2. Gobius niger. Zellen aus der Umgebung des Calamus scriptorius, wie 1. Fig. 3. Trigla corax. Gruppe von Zellen aus einem Kern des Corpus striatum mit lokalisieiter Eindellung sphärenartiger heller Partien, in deren Mitte Centriolengruppen. Wie 1. Fig. 4. Perca fluviatilis. Elemente mit deformierten Kernen aus einer Zellgruppe, die unmittelbar dem Ependym des 1. Ventrikels medial im Striatum anhegt. Wie 1. Fig. 5. Uranoscopus scaber. Große Zelle der Formatio bulbaris des Vorderhirns mit ausgesprochener Kern Veränderung. Wie 1. Fig. 6. Cyprinus carpio. Gruppe von Elementen des Nucleus magnocellularis strati grisei, mit verschiedenen Stadien der Kerneindellung. Wie 1. Fig. 7. Hochgradige Kernveränderung des Zellkernes von Cyprinus carpio. Comp.- Oc. 2. Fig. 8. Kernzerschnürung und Eindellungsbilder des gleichen Kernes. Wie 7. Fig. 9. Petromyzon. Ursprungszelle der größten Kolossalfaser am Anfang der Oblongata nächst dem Calamus scriptorius mit Schollenbildung. Vergr. wie 7. Aus dem IL zoologischen Institut der Universität Wien. Bemerkungen über den Bau einiger Zellen von Ascaris megalocephala mit besonderer Berücksichtigung des soge- nannten Chromidialapparates. Von W. J. Kulmatycki. Tafel XXII— XXVI. Inhaltsverzeichnis. Seite Inhaltsverzeichnis 473 A. Einleitung 473 B. Beschreibender Teil: I. Material und Methoden 475 II. Verdauungskanal: 1. Oesophagus 479 2. aiitteldarm 492 3. Enddarm 513 III. Muskeln: 1. Schließmuskel und Dilatator des Chylusdarmes 517 2. Muskelzellen der Mittelkörperregion 519 3. Muskelzellen des Hinterendes 536 IV. Spicularapparat: Spicula, Scheide und Muskeln 537 V. Kurze Zusammenfassung des Tatsachenmateriales über »Chromidien« und GoLGischen Apparat 541 C. Theoretischer Teil 542 D. Literatur 547 E. Erklärung der Zeichnungen 549 F. Verzeichnis der Abbildungen 649 A. Einleitung. Der Titel der vorliegenden Arbeit soUte eigentlich früher anders heißen, nänilich »Über den sogenannten Chromidialapparat bei Ascaris megaloceyhidai^. Die Frage der »Chromidien« war vor einigen Jahren der Gegenstand einer lebhaften Diskussion, die jedoch ohne zu irgendwelchen 474 W. J. Kulmatycki definitiven Erfolgen zu gelangen, in letzter Zeit viel lahmer wurde und deshalb eine endgültige Lösung braucht. Es sind viele Fragen offen, z. B. 1. die Existenz der »Chromidien«, 2. die Abstammung der »Chro- midien«, 3. die Zugehörigkeit der »Chromidien«. Das sind die Fragen, welche bis jetzt so strittig und sich widersprechend beantwortet wurden, daß sie wklich nicht mit einem Erfolg gelöst sind. Die Frage der Existenz der »Chromidien « ist verschieden beantwortet worden. Die einen Autoren betrachten »Chromidien« als Kunstprodukte, welche die Folge der schlech- ten und ungenügenden Behandlung der Präparate sind, andre aber stellen ihre Existenz in fast allen Zellen des Ascaridenkörpers und auch bei andern Tieren in Zweifel. Andre wieder wenden auf verschiedene Plasma- komponenten die Bezeichnung »Chromidien« an, andre nicht. Der erste, welcher die »Chromidien« in der Metazoenzelle festgestellt hat, war Gold- schmidt. Er gründete diesen Begriff auf Grund der Untersuchungen bei den großen Ascariden und zwar Äscaris lumbricoides und megalocepJiala. Bei diesen Tieren beschrieb er sie, gab ihnen den Namen und glaubte fest- zustellen, daß sie aus dem Kerne stammen. Seine Arbeit rief ein großes Interesse hervor. Mehrere Autoren haben seine Befunde kontrolliert, jedoch meistens in ungenügender Weise. Man untersuchte nur eine oder zwei Zellarten des Körpers von Ascaris megalocepJiala, und auf Grund der Befunde leugnete man im allgemeinen, auch in andern Zellarten, die Mög- lichkeit der Existenz von diesen Gebilden. Das war eine Richtung. Die andern Autoren untersuchten andre, kleine Äscans-Arten, und da sie bei diesen Tieren nichts Analoges gefunden haben, leugneten sie die Existenz derselben auch bei Äscaris megalocepMla und lumbricoides. Die dritten schwuren in verba magistri, und ohne die Frage einer näheren Diskussion zu unterwerfen, entwickelten sie Goldschmidts Ansichten weiter, ohne selbst festzustellen, was an seinen Befunden Wahres und was Falsches wäre. Erst die kleine Notiz von Hirschler (1910) brachte etwas Licht in diese verwickelten und unklaren Zustände, indem er seine Untersuchun- gen erstens an demselben Objekt, und zwar Äscaris megalocephala, aus- führte, und weiter, weil er alle Zellen des Wurmes, nicht aber nur gewisse untersuchte. Jedoch auch diese Arbeit brachte keinen Erfolg, da nämlich die dritte Frage, was eigentlich die »Chromidien« sind, nicht beantwortet wurde. So blieb also die ganze Frage der »Chromidien« offen und immer noch strittig. Deshalb um sie, wenn nicht endgültig zu lösen, dann we- nigstens etwas näher zu erörtern, habe ich diese Arbeit auf Anregung des Herrn Prof. Dr. H. Joseph begonnen, dem ich für diese Anregung, sowie freundliche Unterstützung beim Untersuchen an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank sage. llomprkiiiifron iil)or doii Tlan oinigor Zollen von Ascaris 7non:a!ocoplialn usw. 475 Wie o])en l)eiiiorkt. sollto der Titel dieser Arbeit etwas anders lauten, wie es der Fall ist. 1 »er liahnien dieser Arbeit wurde viel «rößer als ich es anfangs beabsichtigte, da ich einerseits so viele strittige Fragen, was die Zellstruktnren usw. bei Ascaris megalocephala anbelangt, fand, ander- seits stimmten meine Beobachtungen nicht mit den bisherigen Ergebnissen andrer Forscher überein, so daß ich micli n(>l)oii dem Chromidialapparat auch mit diesen Fragen ])eschäftigen mußte, und meine Arbeit zu einer Kontrolle der bisherigen Befunde in mancher Hinsicht wurde. Daher wurde dei- Umfang der Arbeit recht erweitert; ich glaube jedoch, daß die Arbeit selbst nicht dadurch verloren hat, indem eine so genaue Untersuchung ermöglicht, die Befunde über »Chromidien« und andre Zelleinzelheiten zu vergleichen. Die Arbeit ist in zwei Teile zerlegt, in einen beschreiben- den, in welchem die »Chromidien« sowie andre Zelleinzelheiten beschrieben sind, und die Literatur besprochen ist, und in einen zweiten, theoretischen, in dem ich versuchen werde, die »Chromidien« bei Ascaris megalocephala in ihrer Natur zu besprechen und die Frage zu lösen, was sie eigentlich sind. Bevor ich zum beschrei])enden Teile übergehen werde, will ich an dieser Stelle dem Leiter des IL zoologischen Institutes an der Universität Wien, dem Herrn Hof rat Prof. Dr. B. Hatschek für die Erlaubnis, in seinem Institute arbeiten zu können, meinen Dank sagen. Dem Herrn Prof. Dr. H. Joseph danke ich nochmals herzlichst für die Anregung zu dieser Arbeit, sowie für die freundliche und immer bereite Hilfe während der Zeit meiner Arbeit im Institute. B. Beschreibender Teil. I. Material und Methoden. Die Tiere, welche das Material meiner Untersuchungen bildeten, be- kam ich immer aus dem Wiener Pferdeschlachthaus. Die Tiei'e wurden sofort nach dem Tode des Pferdes dem Darme entnommen und entweder an Ort und Stelle in die Konservierungsflüssigkeiten eingelegt oder in einem Thermophor in das Institut gebracht und dort erst fixiert. Im Thermophor wurden die Tiere entweder in einer physiologischen Koch- salzlösung (0,75%) auf +o7°C erwärmt oder in dem Pferdeinhalte selbst transportiert. Die zweite Methode erwies sich mit der Zeit als eine minderwertige, indem die Temperatur des Darminhaltes doch beim Her- ausnehmen immer etwas sinken mußte, was bei der ersten Art des Trans- portes nicht der Fall gewesen. AVas die Fixierung der Tiere anbelangt, so wurden sie entweder in kleinere Stücke zerschnitten und dann in die Konservierungsflüssigkeit eingelegt, oder die Tiere nach dem Kezept von BrLEK behandelt, indem die AVüiiner in Schalen ausgespannt, stellenweise Arcliiv f. Zellforsfliiing. XVI. 31 476 W. J. Kulmatycki angeschnitten und dann dem Einwirken des Fixationsmittels ausgesetzt wurden. Nach dieser zweiten Art der Behandhing wurden, wie es Bilek empfiehlt, die Tiere nicht ausgewaschen, sondern in 50% Alkohol über- führt und dann erst bei Anwendung des 96% Alkohols in kleinere Particen von ungefähr 5 mm Länge zerschnitten und weiter behandelt. Die Stücke wurden meistens längere Zeit (bis 48 Stunden) im absoluten Alkohol ge- halten, und dann erfolgte die Einbettung in Paraffin nach dem Überführen durch Xylol. Das Zerschneiden der Tiere in kleinere Stücke ist viel mehr zu empfehlen als das Fixieren der ganzen Tiere, da die Größe der Tiere einen sehr schlechten Einfluß auf die Erfolge der Fixierung ausübt. Na- türlich fand das Konservieren in toto immer nur dort statt, wo es die Natur der Flüssigkeit erlaubte. Beim Anwenden von Bend Aschen, FLEMMiNGSchen, HERRMANNschen Lösungen oder der 2% Osmiumsäure wurden die Würmer immer in Stücken, die 2— 3 mm Länge besaßen, zerlegt. Auch das längere Verweilen in den Alkoholen, wenn es sich um den Nachweis der Mitochondrien handelte, wurde sehr peinlich vermieden. Als Fixiermittel wurden angewandt: 2% Osmiumsäure (5, 8 und 14 Tage Einwirkung bei einem sehr reichen Überschuß der Flüssigkeit, indem 1 cni^ in 4—5 cm^ der Osmiumsäure eingelegt wurde), Herrmann (über 3 Wochen), Flemming (8 Tage, auch längere Zeit), Mitochodrien- gemisch von Benda (1% Chromsäure — 15 cm^, 2% Osmiumsäure — 4 cm^, Eisessig 3 Tropfen), gesättigte Sublimatlösung, weiter Sublimat- alkohol, Pikrinsublimat, nach Schaffer, Pikrinsublirnat nach Rabl, Sublimateisessig, CARNOY-Gemisch (normal), CARNOY-Gcmisch modifiziert nach Bilek (12 Teile Alkohol absol., 6 Teüe Chloroform, 1 Teil Eisessig), PERENYische Flüssigkeit, Formol (5 und 10%), Formolalkohol. Die Zeit des Einwirkens einzelner Flüssigkeiten wurde nach den Angaben einzelner Autoren, von welchen die Angaben über che Flüssigkeiten stammen, fest- gesetzt. Als beste Konservierungsflüssigkeit fand ich die 2% Osmium- säure, welche sich für alle Zwecke gut eignet und meistens sehr schöne Bilder, besonders, was die Strukturen des Plasmas anbelangt, gibt; in dieser Hinsicht stimme ich vollständig mit Hirschler überein, welcher auch die reine Osmiumsäure empfiehlt. Am zweiten Platze sind die Osmiumsäuregemische zu nennen, und zwar Flemming original sowie nach Benda modifiziert, weiter Hermann (besonders für die Fibrillenteile, welche in die Subcuticula eintreten). Auch Carnoy (sowohl original, wie auch nach Bilek) fixierte sehr gut das Plasma. Die anderen Sublimat- gemische leisteten auch ganz gute Dienste. Von den Färbemitteln wurden meistens diese angewandt, welche von andern Autoren angegeben wurden, indem es sich in erster Linie um die Bcmorkuti«;!'!! iil)(M- (h'ii üaii (•iiiio;(>r ZoHon von.Ascaris mogalocophala usw. 477 Kontrolle handelte. Und zwar wurden gebraucht: Häniatoxylin-Eisen- alaun nach M. Heidenhain, Häniatein 1 A nach Apathy, Hämatoxyliu nach K. Heidenhain, Saures Hämatoxyliu nach Ehrlich, Hämatoxylin nach Delafield, Methylgrün-Fuchsin-S. Orange (Triazid nach Ehrlich), BENDASche Mitochondrienfärbung, Thionin, Pikrinsäure-Säurefuchsin- lösung (van Gieson), Eosin. Zum eventuellen Nachweis des Elastizität der Faserplatten imCesophagus wurde Orzein angewandt, ohne einen posi- tiven Beweis zu liefern. Über die Färbemittel habe ich nichts neues und besonderes hinzuzufügen. Meine Erfolge stinnnen fast vollständig mit denen andrer Autoren überein. Eines muß ich betonen, daß die Präparate, mit 2% Osmiumsäure fixiert, die schönsten Bilder geben. Mittelst dieser Methode kann man sehr schön die einzelnen Zellplasmateile und Kompo- nenten fixieren und färben, ohne sich an die andern Färbemittel halten zu müssen. Die Bilder, welche man mit der Osmiumsäure bekommt, sind sehr schön und deutlich, obwohl man hier nur mit einer Farbe arbeitet, und zwar mit Schwarz und dessen Abstufungen nach unten. Trotzdem sind die einzelnen Teile so prägnant voneinander unterschieden, daß man gar keine andre Färbemethode anzuwenden braucht. Nach den mit Osmiumsäure behandelten Präparaten sind sehr viele von meinen Abbil- dungen hergestellt, und ich glaube, man kann die Verhältnisse des Plasma- leibes bei Ascaris vollständig genau nur bei Anwendung der 2% Osmiuni- säure ohne andre Methoden studieren. Sogar das Studium der Stütz- fibrillen in den Muskelzellen kann sich mit diesem Mittel begnügen. Die ersten vollkommen deutlichen Präparate, an welchen ich zuerst den Aus- tritt der Stützfibrillen der Muskelzellen in die Su])cuticula beobachtete, wurden mit 2% Osmiumsäurc (Einwirkungszeit 8 Tage) hergestellt; sie zeugten auch sehr schön den Verlauf der Fibrillen und ihre Anordnung in der Subcuticula und könnten vollständig zum Studium derselben genügen. An Präparaten, die mit andern Methoden behandelt wurden, ist gar nichts neues zum Vorschein gekommen. Dabei muß man bemerken, daß die Osmiumsäuremethode sich viel besser zum Studium der Stützfibrillen in der Sarcachse, zwischen den Muskelleisten sowie in der Subcuticula, wie in dem Zellkoj-pcr, eignet. Für Darstellung der Stützfibrillen in dieser (legend der Zelle eignen sich viel besser Flemming- und Sublhnatgemischc. Schließlich möchte ich einige Bemerkungen machen über das Reizen der Tiere, zum Zwecke des Hervorrufens einer intensiveren Bewegung und dadurch der Muskeltätigkeit. Als Reizmittel benutzte ich zuerst Alkohol, so wie OS Goldschmidt (1905 S. 77) angibt. Die kleinen Quantitäten von Alkohol brachten keinen Erfolg, trotzdem die Versuche viele Male wieder- holt wurden. Die größeren Quantitäten von Alkoh(jl rufen zwar eine Be- 31* 478 W. J. Kulmatycki wegung hervor, daß man aber von einer besonderen und auffallenden Steigerung der Bewegung sprechen kann, davon ist keine Rede. Diese Steigerung der Bewegung erstreckt sich auf eine sehr kurze Zeit, nämlich auf 2—3 Stunden. Größere Quantitäten von Alkohol beeinflußten sehr schlecht die Gesundheit der Tiere, so daß sie bei Anwendung dieses Mittels höchstens 5—6 Stunden am Leben geblieben sind. Kleine Quantitäten von Alkohol verursachen keine Steigerung der Beweglichkeit der Würmer. Die Tiere verhalten sich vollständig ruhig, so wie ohne Hinzufügen von Alkohol und führen ihre gewöhnlichen Bewegungen aus, wie in physio- logischer Kochsalzlösung. Am zweiten Tage waren sie immer viel lahmer, als am vorigen und im Laufe des dritten Tages erfolgte gewöhnlich der Tod. Im allgemeinen kann man sagen, daß die Tiere in vollständig gutem Zustande sich mu- während des ersten Tages, nach dem Zusätze von Alkohol, befunden haben; während der nächsten zwei Tage tritt bei den Wünnern eine Ermüdung und ein außergewöhnlicher Zustand ein. Das Tetanisieren mittels des elektrischen Stromes wurde als ein sehr unnatürlicher und künstlicher Reiz nicht gebraucht, da es mir selbst- veiständlich erschien, daß nach dem Anwenden dieses Verfahrens die Zellstruk'turen entweder zugrunde gehen oder sehr stark künstlich ver- ändert worden inüssen und deshalb auch die Behauptung von Bilek, die ))Chromidien(( Goldschmidts, die man in größerer Zahl nach dieser Me- thode herstellen kann, nichts andres wie die zerrissenen Stützfibi'illen sind, denk'bar ist. Aus diesem Grunde blieb das Tetanisieren mittels des elek- trischen Stromes außer Betracht. Dagegen wurde eine andre Art des Reizes, und zwar das Erhöhen der Tempöratur, versucht, wobei ich fast dieselben Ergebnisse wie beim An- wenden von Alkohol bekommen habe. Bei der Anwendung der Temperatur- steigerung bis + 38° 0 bewegen sich die Tiere etwas rascher wie bei + 35" C. Das dauert jedoch nur kurze Zeit (8—9 Stunden). Nach Ab- lauf dieser Zeit werden die Bewegungen lahmer, bis sie am zweiten Tage im ganzen zum Stillstand kommen. Am dritten Tage wurden die Tiere immer vollständig erschöpft am Grunde der Gefäße bewegungslos gefunden. Die Tiere waren jedoch am Anfang des dritten Tages gewöhulich lebendig, und man konnte bei ihnen sehr schwache Bewesfunoeu dadurch hervor- lufen, daß man die Temperatur auf +32°C bis +30°C herunter- sinken ließ. Bei dieser Temperatur Jvonnte man noch schwache Be- wegungen der Tiere beobachten und damit den Beweis haben, daß di(^ Würmer trotz ihies elenden Zustandes noch lebendig waren. Das Erhöhen (kr Temperatur auf + 38° C bis + 42° Ö bringt ähnliche Erfolge, wie der Zusatz von gtiißeien Alkoholrpinutitäten. Die Tiere bewegen sich durch >aii ciiiiw'r Zollen von Ascaiis inciraldccnhala usw. 47*.) o IV2— 2V2Stundoii otwtiJ^ lu'ftifj;or, wie bei iiormalei- Temperatur. ^Meiir'Viir- suclie mit demSteigen derTemperatiir sind vollständig übereinstimmend mit denen von AVei.xland, welcher folgendes feststellen konnte: Erwärmen über 40*^0 bewirkt zunächst übermäßige, lebhafte Bewegung der Tiere, der aber nach nicht sehr langer Zeit (einige Stunden bis einen Tag) der Tod folgt (S. 5*J). Weiter wurden die Kombinationen der beiden Eeize, die Erhöhung der Temperatur und Zusatz von Alkohol angewendet. Es wurden kleinere und größere Mengen von Alkohol zur physiologischen KochsalzKisung bei höheren und niederen Temperaturen zugesetzt. Diese Kombinationen brachten auch keinen Erfolg. Es wurde beobachtet, daß Alkohol im allgemeinen ein viel weniger reizender Faktor ist, wie die Unterschiede der Temperatur, da die Kesultate mit und ohne Alkohol immer dieselben waren. Es erscheint deshalb ganz frappant, wie Goldschmidt mit dem Zusatz von Alkohol heftige Bewegungen und dabei noch so heftige, wie er beschreibt, {». . . daß die Würmer ungewöhnlich lebhaft wurdtMi. Sic schlangen sich wie wild durcheinander, bäumten auf und gebärdeten sich wie toll.« S. 77; ... »daß die heftig erregten Würmer eine ungewöhnliche Muskeltätigkeit entwickelten« S. 78 ex 1905) erwirken konnte. Es wurde gar nichts von diesem heftigen »Bäumen« usw. bei, von mir ausgeführten, Versuchen Ijeobachtet, trotzdem die Versuche viele Male wiederholt wur- den. Man konnte mit diesen Mitteln, welche Goldschmidt anführt, keine größere Muskeltätigkeit hervorrufen. In dieser Hinsicht stinunen meine Beobachtungen mit denen von Kemnitz überein, welcher auch keinen Erfolg mit Alkoholreizen gehabt hat. Die andern Reizmittel, welche von Kemnitz angibt, (wie alkoholische Phenolphtaleinlösung, »Santoniu'«) wurden als erfolglos bei den von Kem- NiTzschen Versuchen nicht probiert. Die Temperatursteigei'ung kann man als einen Beiz angeben, der doch eine etwas stärkere Muskeltätigkeit bei den AVürmern hervorrufen kann, da ich bei der Anweiulung derselben zwar einen geringen, aber doch einen Erfolg hatte. Man nuiß jedoch beim Anw^enden dieses Reizes beachten, daß die Tiere viel schneller zugrunde gehen, wie l)eini Alkoholreizen, was nuin aus den GoLDSCiiMiDTschcn sowie meinen Versuchen durch das Vergleichen der Lebensdauer sowie des Grades der Ermüdung der Tiere sehr leicht ersehen kann. II. Verdauungskanal. 1. Oesophagus. Der Oesophagus WiÄKcaris megaloceyhala ist proportioneil der Länge des Tieres ausgebildet, und seine Länge ist von derselben abhängig; die meisten Tiere haben einen Oesophagus, der bis 15 mm lang sein kann. 480 W. .). Kulmatycki ]Jer Oesophagus bildet eine zj^lindrische Röhre, deren Querschnitt (un- gefähr 1 mm Durchmesser) am Anfange dünner ist, wie am Ende. Der erweiterte Teil des Oesophagus grenzt an den Mitteldarm. Zwischen dem erweiterten Teile und dem Mitteldarm befindet sich bei Äscarh 7negalo- cepJiala eine kurze Verengung (Durchmesser 1,7 mm). Der Übergang vom {Jesophagus in den Mitteldarm erfolgt auf diese Weise, indem entweder der Mitteldarm dicht an den Oesophagus grenzt, oder der Oesophagus ragt in den Mitteldarm, so daß letzterer eine Art von Scheide bildet, die, wie oben bemerkt, von allen Seiten den Oesophagus umgibt. Außerdem kann der Darm an der Grenzstelle der beiden Darmabteilungen zwei seitliche, sehr kurze (makroskopisch schwer nachweisbare) Divertikel besitzen, die auf einer Strecke in der Richtung des Vorderendes den Oesophagus be- gleiten. Ihr Durchmesser beträgt ungefähr die Hälfte des Cesophagus- durchmessers an dieser Stelle. Der Oesophagus ist von einer strukturlosen Membran nach außen be- grenzt, welche der Grenzlamelle des Mitteldarmes gleichzusetzen ist, da sie in dieselbe direkt übergeht und mit Farbstoffen sich recht ähnlich färbt. Das ch-eieckige Lumen des Oesophagus ist von einer homogenen, cuti- cularen Schicht ausgekleidet. Die Cuticula ist im ganzen Oesophagus von derselben Dicke, nur in den äußersten Kanten, dort, wo sich die Stützfasern der Kantenzellen anheften, zeigt sie eine Verdickung. Diese Verdickung beträgt ungefähr das Doppelte der andern Cuticulastellen. Diese Verdickungen dürften wohl als Schutzvorrichtungen gegen das eventuelle Zerreißen dieser Cuticulastellen, welche doch am meisten dem Zuge der Muskelkontraktionen ausgesetzt sind, dienen. Die innere Cuticula ist desselben Ursprunges ^^ie die äußere; nur wird sie mit Farb- stoffen anders tingiert, wie die erstere. Eine Kante des Oesophaguslumens entspricht innner genau der ventralen, medianen Linie, während die andern Kanten eine Lage besitzen, die einer dorsoventralen Orientierung entsprechen. An Querschnitten dieser Gegend kann man ohne weiteres die ventrale und dorsale Seite des Tieres unterscheiden, was an den Mittel- körperregionquerschnitten nicht der Fall ist. Am Aufbau des Oesophagus nehmen folgende Zellen teil: 1. Epithel- muskelzellen, 2. Drüsenzellen, 3. Nervenzellen. In der ersten Gattung der Epithelmuskeln (die von K. C. Schneider mit den Decknmskelzellen der Cnidarier verglichen werden) muß man zwei Arten unterscheiden und zwar: Flächenzellen und Kantenzellen. Die Zahl. der ersteren beträgt 24, die der zweiten 6. Weder in ihrer Lage, innerem Bau, noch Funktion sind beide Arten gleich; vielleicht ist sogar die Bezeichnung Epithelmuskel- zellen keine vollständig richtige, nachdem sie sich in ihrer Funktion recht l)('iiiprkiingpn üI)(m- don linii cinijror Zolloii von Ascaris raegalocopliala usw. 481 uiiterschoideii. l)io Flächenzellon haben außer der kontraktilen liollo auch eine stützende. Bei den Kantenzellen (was ich noch unten beweisen werde) ist die kontraktile Kollc vollständig ausgeblieben, dagegen kam die zweite, die stützende Rolle, zur Entwicklung. Deshalb soll man eigentlich mit der Bezeichnung Epithelmuskelzellen nur die Flächenzellen versehen, da doch die Kantenzellen gar keine Kontraktilität besitzen. Da aber die Kantenzellen von den Epithelmuskelzellen in ihrer Entwick- lung ausgegangen sind und deshalb in nächster Beziehung zu den Flächen- zellen, mit welchen sie eigentlich ein einheitliches Syncytium bilden, stehen, und nichts andres wie funktionell anders entwickelte Flächen- zellen darstellen, kann man schließlich bei beiden Arten dieselbe Bezeich- nung anwenden, obwohl dieselben auch im chemischen und optischen Verhalten voneinander verschieden sind. Die Kantenzellen, zu je zwei angeordnet, liegen an den einspringenden Winkeln des Oesophagus. Die Flächcnzellen liegen dagegen zwischen Kantenzellen auf die Weise an- geordnet, daß zwischen zwei Kantenzellen acht Flächenzellen zu liegen kommen. Sie nehmen auf diese Weise bei dem erweiterten Oesophagus (welcher dann ein gleichseitiges Dreieck bildet) die Seiten des Dreiecks auf, während die Kantenzellen an den Dreieckspitzen liegen. Zwischen den Zellen kann man, wie oben bemerkt wurde, weder zwischen den ein- zelnen Flächenzellen und Kantenzellen, noch einerseits Kantenzellen und anderseits Flächenzellen irgendwelche Grenzen finden, so daß man den ( )esophagus als ein Syncytium ansehen muß. Die Zahl der Zellen wird deshalb nicht nach den Zellgrenzen, sondern ausschließlich nach der Zahl der Kerne angegeben. Die Kantenzellen enthalten sehr wenig Plasma; sie sind fast vollständig mit den Stützfasern und Faserplatten (beides stützende Elemente) erfüllt. Plasma findet sich nur in einer größeren Ansammlung in der nächsten Umgebung des Kernes, w^elcher seitlich, meistens in 2/3 der Zellhöhe liegt, vor. Das Plasma erscheint w-abig, und in seiner Struktur ist es meistens dem Plasma der Flächenzellen gleich. Das Wabenkaliber schwankt ziendich beträchtlich, meistens aber ist es feinwabig. In der Xähe der Kerne ist es stets fcinwabig. Die Kerne, ähnlich wie in Flächenzellen, sind von einer feinfaserigen Schicht umgeben. Das dichte bis granulaartige Plasma, wie um die Flächenzellenkerne, ist hier nicht zu finden. In diesem Plasma, w'elches die Kerne umgibt, fehlen die Stützfasern vollständig. Von der inneren Struktur der Kerne, welche einen oder ein Paar der Nucleolen besitzen, ist nichts besonderes zu be- merken. In den Kantenzellen findet man die Faserplatten, welche einen Längsverlauf besitzen. Außerdem finden sich dort die Fasern, w'elche entweder vollkommen radiär oder etwas schräg verlaufen. Die Fasern, 482 ^V. .]. Kulmatycki wolclic ladiäi' verlaufen, haben eine Lage zwischen den Ixüden Reihen der Faserplatten, und sie heften sich einerseits an der verdickten Stelle der inneren, anderseits an der äußeren Cuticula an. Die schräg verlaufenden Fasern liegen außerhalb der Faserplatten und heften sich in ckeierlei Weise an: 1. an der äußeren und inneren Cuticula, 2. an der äußeren Cuticula und Faserplatten, 3. an der inneren Cuticula und Faserplatten. l)ie Faserplatten bilden eine Art von unvollständigen Septen. Sie sind voji ellipsoidischer Gestalt, im Inneren hohl und besitzen nach außen eine unregelmäßige Kontur. Die Vorsprünge nach außen dienen dem Anheften der Stützfibrillen. Die Faserplatten besitzen eine längsfibrilläre Kinde, im linieren dagegen ist der Sarcrest vollständig strukturlos. Die Faser- platten liegen in zwei Reihen parallel angeordnet, so daß eine Reihe in einer Kantenzelle liegt. Die Zahl der Platten ist eine schwankende. Man unterscheidet große und kleine Platten. Die Faserplatten haben nur eine stützende Rolle, wie man es leicht mit Orzein nachweisen kann ; die Starr- heit der Faserplatten erscheint mir zweifellos, wie ich an ancker Stelle (vide Anat. Anzeiger, 1918) näher ausgeführt habe. Die Faserplatten fehlen in den vordersten Oesophagusteilen, sowie in kurzer Strecke am Hinterende. Am Hinterende wird ihre stützende Rolle durch die starke Entwicklung der Stützfasern ersetzt, welche meistens einen schräg- radiären Verlauf in diesem Teile besitzen (Taf. XXV Fig. 23). Am vor- dersten Ende werden die Faserplatten durch die stark entwickelten Fibrillen ersetzt, welche einen radiären Verlauf besitzen. Xiemals habe ich in den Kantenzellen die ))ChromicUen« gefunden, obwohl die Faserplatten sehr leicht die Existenz derselben vortäuschen können. Die Flächenzellen in der Zahl 24 nehmen che Seiten des Uesophaguslumentkeiecks ein. Durch die Anordnung der Kantenzellen sind sie in drei Aliteilungen zerlegt, von welchen jede acht Zellen enthält. Sie werden von den Drüsenzellen durch- setzt, so, daß an manchen Stellen die Drüsenzellen fast die Hälfte des Oesophagus einnehmen können ; dadurch kommt es an Längsschnitten vor, daß die Deckzellen inselartig z\\ischen den Drüsenzellen liegen. An Quer- schnitten konnnt es zu einem andern Bild, indem che Decknuiskelzellen wie Säulen erscheinen. Die Lücken zwischen den Säulen nehmen die Drüsenzellen ein. An schiefen Querschnitten kommt es zu einer Art Ähn- lichkeit mit Stalaktiten, eventuell Stalagmitenbildung (Taf. XXV Fig. 25) Durch die schiefen Querschnitte lassen sich an meiner Zeichnung die Muskelfibrillen erklären, welche nicht von einer cuticularen Auskleidung zu einer andern durchlaufen, sondern zugespitzt im Plasma enden. Das ist in Wirklichkeit nicht der Fall und, um die vielleicht schlechte Vor- stellung üljor die wirklichen Verhältnisse zu korrigieren, habe ich obige IJciiii'ikuiigi'ii iihci (Ich üaii einiger /eilen \uii Asuaris niegalocephala n^w. 183 Bemerkung hinzugefügt. In den Flächenzellen liegen aueh Xerven- elemente. Das Plasma der Flächenzellen zeigt eine wabige Struktur (Taf. XXIV Fig. 20). und ähnlich wie bei den Kaiitenzellen kann das Wabenkaliber sehr großen Schwankungen unterliegen. Am häufigsten tritt jedoch das großwabige Plasma auf. Zwischen den Waben sieht man oft feine F'äserchen verlaufen. Neben dem Kern sehen wir immer eine große Plasmaansammlung, die durch ihre besonders intensive F'ärbung l)ei der Anwendung der meisten Farbstoffe ausgezeichnet ist. Dieser Hof nm den Kern herum zeigt eine etwas verschiedene Struktur. Das Plasma erscheint in ihm etwas dichter, wie in andern Regionen der Zelle. I)i(! größere Dichtheit des Plasmas wird hier durch seine Feinwabigkeit be- dingt. Auch kommt es hier manchmal zur Ausbildung von feinen Granu- lationen, welche in den Wabenwänden liegen. Die Granulationen treten besonders schön bei Anwendung von K. HEiDENHAiNschem HämatoxyHn auf. Das feinwaljige Plasma geht in eine helle Zone iUjer, welche einen King um den Kern herum bildet. Dieser zeigt eine faserige Struktur (Taf. XXV Fig. 25/2). Zwischen deji Fibrillen erscheint das Plasma meistens großwabig. Der Cuticula, welche das Lumen des Oesophagus begrenzt, ist eine Zellplasmaschicht angelagert, welche vom andern durch ihre viel intensivere F'ärbung unterschieden ist. Diese Schicht erscheint beim flüchtigen Betrachten homogen; die nähere Analyse zeigt jedoch, daß in der homogenen Schicht sehr feine F'ädchen und F'äserchen liegen (Taf. XXIV Fig. 18). Vielleicht spielt diese Plasmaschicht eine Kittrolle bei dem An- heften der Stützfasern und Muskeif ibrillen an der Cuticula. Eine ver- schiedene Beschaffenheit zeigt das Plasma in der Nähe der Drüscnzellen (Taf. XXV Fig. 27). Das Plasma hat an diesen Stellen eine feingranu- lierte Struktur. Außer den Granulationen sieht man an diesen Stellen Fasern, die vielleicht als zirkuläre Muskelfasern zu betrachten sind. Sie sind von eiiu'r spindelförmigen Gestalt, indem sie in der Mitte breit, sich allmählich in den F^ndrichtungen verschmälern; die konvexe Seite zeigt nuuichmal eine Verdickung, so daß sie an den Schnitten sehr oft voll- ständig dem Querschnitt eines Blattes ähnlich sind. Diese Fasern dürften wohl bei der FJntleerung der Drüsen eine Kolle spielen, indem si(! dem ganzen Oesophagus (wie ich es an andrer Stelle besprochen habe [1918]) bei der Sekretentleerung der Drüsen durch ihre Kontraktion helfen. Eine recht merkwürdige Struktur zeigt das Plasnui, welches die gefensterten Mendjranen umgibt. Es färbt sich sehr intensiv schwarz an den Präpa- raten, welche mit Osmiumsäure behandelt sind. Nur an diesen Pjäparaten bleibt es erhalten, sonst fällt es beim Schneiden am Mikrotom heraus, so daß die gefensterten Mendjranen in großen Lücken zu liegen scheinen. 484 W. J. Kulmatycki Die Kerne liegen in einem Hof von speziellem Plasma. Sie liegen in der Höhe der gefensterten Membranen, so daß auf manchen Querschnitten die Kerne wie z^^^schen zwei Mem])ranen aufgehängt erscheinen. Im Innern zeigen sie ein Chromatingerüst, welches meistens in Form von feinen Granulationen ausgebildet ist. Die Zahl der Nucleolen ist eine schwankende. Man findet ein, zwei, drei und vier Nucleolen (siehe Taf. XXV Fig. 25). An den gefensterten Membranen sieht man eine Längsfaserung, wie ich es an andrer Stelle (1918) gezeigt habe. Die muskulösen Elemente des Oesophagus heften sich einerseits an die äußere Cuticula, anderseits an die innere Auskleidung des Oesophagus. Sie gehen durch die gefensterten Mem])ranen hindurch. Die muskulösen Elemente sind in Bündeln an- geordnet. Diese Bündel zerfallen in kleinere, zwischen den kleineren liegen kleine Plasmastreifen, welche die einzelnen sekundären Bündel ])egrenzen. Die nmskulösen Elemente bestehen aus einzelnen Fibrillen, welche gar keine Querstreifung, we es K. C. Schneider beobachtet hat, Ijesitzen, sondern vollständig glatt sind. Zwischen den Fibrillen befinden sich dünne Plasmaansammlungen, die den Schein der Querstreifung her- vorrufen können. Die einzelnen Muskelbündel bergen die radiären Stütz- fibrilkni in sich, welche in ihnen hauptsächlich verlaufen. Die musku- lösen Elemente scheinen mit der cuticulären Auskleidung des Oesophagus- lumens mittels des oben l)eschriebenen faserigen Plasmas in Verbindung zu treten. Die gefensterten Membranen (Taf. XXV Fig. 26 gm) liegen in Flächen- zellen auf diese Weise angeordnet, daß sie ein Sechseck bilden, und zwar liegen drei Ecken desselben in den Kantenzellen, während die drei andern in der Mitte zwischen denselben zu liegen kommen. In den Ecken, welche in den Kantenzellcn liegen, erreichen die Membranen die äußere cuti- culare Auskleidung. In den andern drei Ecken liegen die Membranen etwas weiter von der Cuticula entfernt. Die einzelnen Seiten des Sechs- eckes sind keine geraden, sondern krumme, bogenförmige Linien. Die Bogen sind so angeordnet, daß die konkave Seite nach außen liegt. Sie bilden die Längsstützelemente des Oesophagus. Die gefensterten Mem- branen zeigen an den Querschnitten sehr deutlich, daß sie im Innern eine Höhlung besitzen (Taf. XXV Fig. 26). Die schlauchförmige Ge- stalt ist nicht an allen Stellen der gefensterten Membranen vorhanden, so daß dieselbe Membran an einer Stelle doppelt, "an andrer einfach gebaut ist. Die gefensterten Memliranen besitzen viele Löcher, welche entweder groß oder klein sein können. Diese Membranlöcher dienen zum Durchtritt für die kontraktilen, sowie die stützenden, radiären Elemente. ]!ciii(Tkiiiijr<'ii lilicr den l!aii ciiiijrcr Zellen von Asoaris inoChromicüen(( mit einzelnen Farbstoffen, some vergleichend die Tink- tionen der Stütz-(Skelet-)elemente der Oesophaguszellen einerseits, der »Chromidien« anderseits, etwas näher besprechen. Nach der Bend Aschen Mitochondrienfärbung sind die »Chromidien« violett tingieit. Die Chro- iiuitinteile des Kernes ersclieinen in demselben lone, jedoch etwas mehr grau. Die radiären Stützfasern sind violett, etwas dunkler als die »Chro- midien«. Die gefensterten Membranen und die Faserplatten sind inten- siv dunkelviolett, mit einem sogar sehr oft schwärzlichen Ton tingiert. Die äußere Cuticula färbt sich violett mit dunklem Ton, die innere da- gegen ist röthch gelb. Die Osmiumsäure färbt die »Chromidien« gelljlich, wobei sie stark glänzend erscheinen. Das Kernchromatin wird nicht differenziert. Die radiären Stützfibrillen sind etwas intensiver als die »Chromidien« oefärl)t. Die gefensterten Membranen sind grau, die Faserplatten schwarzgrau gefärbt. Die äußere Cuticula ist schwarz, die innere hellgelb und glänzend. Mit dem E. HEiDENiiAiNschen Hämatoxylin färben sich die »Chro- midien« blau, Chromatin der Kerne blau mit Aschenton, die radiären Fibrillen sind dunkelblau, die gefensterten Membranen blauschwarz, die Bemerkungen über den üau einiger Zellen von Ascaris megalocephala usw. 489 Faserplatten grauschwarz, die äußere Cuticula dunkell)lau, (li(^ innere ])lau mit Aschenton. Mit DELAFiELDSchem Hämatoxylin färben sich die ^tChromidien'c graublau, dasChroniatin l)läulich, die radiären Stützfasern violettbläulich, die gefensterten Membranen bh^ugrau, die Faserplatten dunkell)hiu mit violettem Ton, die äußere ("uticula dunkelblau, die innere bleibt un- gefärbt. — Mit Apathys Hämatein I A bleiben die »Chromidien«, radiäre Stützfasern, gefensterte Membranen, Faserplatten, innere Cuticula un- gefärbt, nur die äußere Cuticula ^Yird intensiv violett gefärbt. — Mit Eisenhämatoxylin schwärzen sich alle Bestandteile ziemlich gleich, nur bemi Ausziehen des Hämatoxyhns kann man feststellen, daß die )>Chrümi- dien«, sowie die gefensterten Mendjranen und Faserplatten am längsten ihre intensive Schwärze behalten. — Über anch-e angewandte Farbstoffe ist nichts besonderes zu bemerken. Aus dem obigen sehen wir ganz gut und deutlich, daß die verschiedenen Farbstoffe verschieden in den einzel- nen Teilen gespeichert Averden. Zwischen den einzelnen Formen befinden sich viele Übergänge, so daß man in einem und demselben Oesophagus «genetische Keihen« aufstellen kann, welche nach einigen Autoren uns das Werden und Vergehen der »Chromidien« darstellen sollen. Am Aufbau des Oesophagus nehmen auch che Nervenelemente sowie die Drüsenzellen teil. Diese beiden Arten von Zellen wurden von mir gar nicht untersucht, und deshalb nniß ich die Besprechung derselben ausschalten und auf che Arbeiten anderer Autoren verweisen. An dieser Stelle wollte ich, ähnlich wie in andern Teilen meiner Arbeit die bisherigen Befunde der andern Autoren besprechen. Da jedoch der Bau des Oesophagus sowie seine Funktion mit Literaturbesprechung an andrer Stelle (siehe meine Arbeit, welche im »Anatomischen Anzeiger« erschienen ist) behandelt wird, werde ich an dieser Stelle nur die Literatur über die »Chromidien « in den Oesophaguszellen besprechen, da dieselbe in meiner andern x\rl)eit absichtlich übergangen wurde. Auch werde ich hier einige Bemerkungen über die Plasmastruktur der Oesophaguszellen liinzufügen und im besonderen die Ergebnisse Hirschlers (1910 und 1912) anführen. Nach GoLDSciiMiDT (1905) besitzen die Kantenzcllen ein lockeres, schaumiges Gefüge. Über die Struktur der Flächenzellen finden wir bei ihm keine Bemerkungen. Hirschler (1910 und 1912) fand sowoiü in den Kanten- wie Flächenzellen ein feinwal)iges Plasma, welches in der Umgebung der Kerne eine etwas dichtere Beschaffenheit besitzen soll. Wie wir sehen, stimmen die Beobachtungen von Hirschler mit den meinigen überein. — Die »ChrwmidieuK in den Oesophaguszellen wurden zuerst von 490 W. J. Kulmatycki K. C. Schneider (1902) beobachtet, die jedoch trotz ihrer g-enaii und j'iehtig "beschriebenen Lage von denisellien als Stützfil)ri]len l)etrachtet wurden, Ihre größte Zahl stellte er in der nächsten Umgeliung des Kernes fest. Nach ihm sollen diese Stützfibrillen die Kerne umflechten. Erst Goldschmidt (1904 und 1905) unterschied als erster ihre separate Stellung von den Stützfil)rillen und gab ihnen den Namen »Chromidien«. Nach GoLDSCHMiDT sollcu sic sich nur in der nächsten Umgel)ung der Kerne befinden: »Dicht gehäuft vor allem in dem muskelfreien Plasmakörper, der die Kerne umgil)t, nehmen sie an Menge ab, je weiter sich die Schnitte von den Kernen entfernen. Ganz frei von ihnen bleibt immer nur die Iconzentrisch geschichtete Zone um den Kern.« (1905.) Die meisten »Chromidien« sollen sich im Plasma vorfinden, das der Grenzlamelle nahe liegt. Auch fand sie Goldschmidt in der Nähe der Muskelsäulchen und sogar im Innern dersell)en. Zwischen je zwei Kernen konnte er eine Zone feststellen, die von »Chromidien« vollständig frei sein soll. Nach Goldschmidt zeigen die »Chromidien« eine besondere Affinität zu den Chromatinfarbstoffen. Sie charakterisieren sich durch den besonders ge- wundenen Verlauf. Er leugnet die Existenz einer Verbindung zwischen ihnen, sieht aber oft, wie die »Chromidien« sich in feinere auflösen. Auch bestreitet er die Möglichkeit einer Insertion an den Kernen, der Grenz- lamelle und der inneren Auskleidung des Oesophagus. Die »Chromidien« sollen in verschiedener Form nebeneinander zu finden sein. Was die innere Struktur der »Chromidien« betrifft, so beobachtete Goldschmidt, »daß die Außenzone dunkler erscheint, als der Kern. Es ist aber so deut- lich zu erkennen, daß es sich nicht etwa um einen zentralen Hohlraum handelt, wie ])ei den schlauchartigen Stützplatten.« »Genaue Unter- suchung lehrt, daß es sich um eine regelmäßige Einlagerung schwächer färl)barer Substanz handelt, und zwar liegen regelmäßige, ovale Ti'ö|)fchen perlschnurartig hintereinander (c (1905 S. 54). Die Menge der »Chromidien« soll ihrer Dicke proportional sein. Die »Chromidien« sollen, je feiner sie sind, in größerer Zahl vorhanden sein. Goldschmidt glaubt, die verschiedenen »Chromidien« bilden kontinuier- liche Reihen, welche nach ihm genetische sein sollen. Er stellt die »Chromidien (( als dem Kernchromatin verwandt hin und glaubt, daß die Chromatinteile »aus dem Kern austreten und für die Bildung der Chro- midic]) wesentlich sind« (1905 S. 57). Was die Natur der »Chromi- dien« anbetrifft, so glaul)t Goldschmidt, daß es sich hier um fuidvtio- nelle Strukturen handelt. Die Funktion, um die es sich handelt, ist die Kontraktion der Muskeln, welcher Leistung die Stoffwechseltätig- koit p;u';illel geht. • Bemerkungen über den Bau einiger Zellen von Ascaris megalocephala usw. 491 RuziGKA (1906) hat bei Ascaris lumbricoides im Oesophagus die »Chro- midien« gesehen,, und er bildet sie sogar in einer Figur ab, die man mit Recht eine unschöne nennen darf. Die RuzicKASche Abbildung stellt meiner Ansicht nach keine wirklichen »Chromidien «,sondern nur zerrissene Stützfibrillen dar. Der Existenz der »Chromidien«, als irgendwelcher spezifischer Zell- struktur ist Vejdovsky auf Grund der Untersuchungen bei Ascaris ensicaudata und Bilek auf Grund der Untersuchungen bei Ascaris megalo- cephala und lumhricoides entgegengetreten, wobei jedoch bemerkt werden muß, daß weder Vejdovsky noch Bilek den Oesophagus selbst untersucht haben. Ihre, was die Darm- und KörpermuskelzeUen anbetrifft, sonst richtigen Schlüsse werden von ihnen nur durch die Analogie auf dieOeso- phaguszellen übertragen. Deshalb haben die beiden Behauptungen meiner Meinung nach gar keine beweisende Kraft für die Oesophaguszellen; denn eine Struktur, die in Darm- und MuskelzeUen (welche bekanntlich entodermaler Abstammung sind) nicht existiert, kann in den Oesophagus- zellen (die ektodermalen Ursprung besitzen) vorkommen. Die strittige Frage zwischen Goldschmidt und Bilek sowie Vej- dovsky zu lösen versuchte Hirschler (1910 und 1912) und kommt auf Grund der Untersuchungen h^i Ascaris megalocephala in Oesophaguszellen zu dem Schlüsse, daß die »Chromidien« in den Oesophaguszellen existieren. Er widerspricht der Behauptung von Bilek und Vejdovsky, daß es sich hier um Artefakte handelt. »Chromidien« im Sinne Goldschmidts findet er in den Flächenzellen des Oesophagus. Er findet, daß sie »nach sorg- fältiger Fixierung und nach Anwendung verschiedener Mittel immer die gleichen morphologischen Charaktere aufweisen und an Schnitten (De- generationsstadien ausgenommen) als dickere und dünnere, gerade oder geschlängelte Gebilde auftreten.« Hirschler untersuchte auch frische Tiere und fand sie hier ebenso entwickelt, wie in totem Zustande. Er bestreitet die Abstammung derselben aus dem Kern, indem er das Anlegen der »Chromidien« an die Kernmembran als keinen Beweis betrachtet. »Eine Verflüssigung oder Öffnung in demselben Momente ist in keinem Falle trotz zahlreicher Präparate festzustellen« (1910 S. 644). Er faßt sie als plasmatische Gebilde auf, benennt sie Sarkokonten und schreibt ihnen (ähnlich wie Goldschmidt) eine transitorische Rolle zu, indem sie in- konstant sein sollen, »einer totalen Degeneration verfallen und sich wahr- scheinlich im Plasma von neuem entwickeln. Diese Inkonstanz scheint mir ein wichtiges Merkmal der Sarkokonten zu sein, denn sie erlaubt uns, die letzteren streng von den permanenten Stützfibrillen und Stützmembra- nellen zu trennen « (1910 S. 645). Wie aus dem obigen hervorgeht, haben alle FoT&cher,\\e\che entweder Ascaris 7negalocephahodeiluml)ri€oidesunteTS\ich.t Archiv f. Zellforschung. XVI. 32 492 W. J. Kulmatycki haben, die »Chromidien « in den Oesophaguszellen gesehen und sie als spezielle Gebilde feststellen können. In dieser Hinsicht stimmen meine Befmide mit den GoLDSCHMiDTSchen und HiRSCHLERSchen überein. Die Behauptungen von Vejdovsky undBiLEK, welche negativ sind, stehen ganz vereinzelt da. Eines möchte ich noch bemerken: Goldschmidt führt an, daß die Muskelsäulen die «Chromidien« in ihrem Innern enthalten können. Ich habe niemals un Innern der Muskelbündel »Chromidien« gesehen, wes- halb ich mich gezwungen sehe, diese Teüe der Zelle für »Chromidien «-frei zu erklären. Zu dieser Frage muß ich Abbildungen Goldschmidts in der Arbeit aus dem Jahre 1905 etwas näher besprechen. Goldschmidt hat sich beim Zeichnen einiger seiner Abbildungen stark geiiTt. Seine Abbildungen Nr. 1, 3, 5 sind deshalb schlecht gezeichnet, da die »Chro- midien« bestimmt nicht in den Muskelbündeln, sondern daneben liegen. Der Muskelbündelverlauf wurde von mir an andi'er Stelle bereits näher erörtert: man kann sich beim sorgfältigen Umckehen der Mikrometer- schraube sehr leicht überzeugen, daß die »Chromidien« neben den Bündeln liegen. Goldschmidt hat dies sogar in seinen Zeichnungen angedeutet, indem er die höher als die Muskelbündel liegenden »Chromidien« mit dunkleren, die unten liegenden dagegen mit hellerem Ton zeichnet, im Text jedoch erklärt, daß die »Chromidien« in den Muskelbündeln liegen. Die andern Bilder von Goldschmidt, Nr. 9, 11, 14, sind nach den wirklichen Verhältnissen gezeichnet, indem keine »Chromidien« in die Muskelbündel eingezeichnet smd. Auf diese Weise wird meine Behaup- tung, daß die Muskelbündel »Chromidien «-frei sind, sogar durch die Ab- bildungen Goldschmidts bestätigt. Die Struktur der »Chromidien« ist eine Streitfrage, da Goldschmidt bei ihnen einen helleren Kern und eine dunklere Außenzone unterscheidet, was von mir niemals gesehen wurde. Die »Chromidien« haben eine ein- heitliche Struktur, und man kann an den Querschnitten gar keine hellere und dunklere Zone unterscheiden. Ob die »Chromidien« vergängliche Gebilde sind, deren Werden und Vergehen man in den Zellen feststellen kann, werde ich noch im theoretischen Teile etwas näher besprechen. Jedenfalls geht aus den Beobachtungen von Goldschmidt, Hirschler und mir vollständig klar hervor, daß die Existenz der »Chromidien« als selbständiger Gebilde in den Flächenzellen keinem Zweifel unterhegt. 2. Mitteldarin. Der Darm bei Äscaris megalocephala bildet eine dorsoventral ab- geflachte Rinne. Er besteht aus prismatischen Zellen, welche dicht an- einander stoßen. Von außen ist er von einer Grenzlamelle begrenzt, Bemerkungen über den Bau einiger Zellen von Ascaris megalocephala usw. 493 welche eine Verlängerung der Grenzlamelle des Oesophagus ist. Die innere Wand des Darmes ist von dem Stäbchensaum begrenzt. Die Form der Darmepithelzellen unterliegt an verschiedenen Stellen des Darmes gewissen Schwankungen, und zwar sind die Zellen in den Seiten- winkeln des Darmes etwas anders gebaut, als an andern Stellen. Sie sind hier viel niedriger; ihre Länge verkürzt sich oft bis auf V3 der nor- malen. Auch sind sie sekr oft breiter, als an der ventralen und dorsalen Seite. Die Breite unterliegt nicht so großen Schwankungen wie die Länge, sie erreicht höchstens ein und einhalb der gewöhnlichen Breite. Durch die Verkürzung der distalbasalen Achse und gleichzeitige Vergrößerung der Querachsen erscheinen die Seitenzellen viel plumper. als die dorsalen und ventralen, und ihr Längsschnitt nähert sich eher einem Quadrat als einem verlängerten Rechteck. Die Zellen bilden keine vollständige, gleiche Reihe, sondern sie haben sehr oft gewisse Vorsprünge in das Innere des Darmes. In diesen Vor- sprüngen können die Zellen in zweierlei Weise angeordnet sein: entweder sind ihre Seitenwände parallel oder nicht. In letzterem Falle erscheinen die Zellen flächenartig angeordnet. Bei einem Querschnitt der Zelle er- scheinen sie knopfartig in das Innere des Darmes emporgehoben. Quack erwähnt diese Bildungen und glaubt, man habe es hier mit den verlänger- ten Zellen zu tun. Dieser Behauptung kann man jedoch nicht ohne weiteres zustimmen. Diese knopfartigen Vorsprünge sind sehr oft von verlängerten Zellen gebildet, aber gleichzeitig findet man sie sehr oft von Zellen umgeben, welche viel kleinere Länge besitzen, als die dorsalen und ventralen Zellen. Die ZeUen der Vorsprünge sind gewöhnlich viel schlanker gebaut, als die andern, wobei, wie schon oben bemerkt, nicht immer eine Verlängerung der Hauptachse, sondern meistens eine Ver- kürzung der Querachsen eintritt. Die meisten ZeUen des Darmes sind schlank, zylindrisch gebaut. Im Querschnitt bekommt man reguläre Sechsecke (Taf. XXIV Fig. 19) zu sehen. Außerdem findet man an den Querschnitten hie und da Fünfecke, die jedoch ziemlich selten vorkommen. Das Fehlen von andern polygonalen Formen muß man ausdi'ücklich be- tonen. Bei diesem Bau können wir eine Hauptachse, welche einen distal- basalen Verlauf zeigt, sowie drei (sechseckige) oder fünf (fünfeckige) Quer- achsen beobachten. Die Hauptachse ist immer eine heteropole, während die andern homopol oder heteropol sind. Der erste FaU kommt bei sechs- eckigen ZeUen, der zweite bei den fünfeckigen vor. Die Entodermzellen sind auf diese Weise angeordnet, daß sie aneinander stoßen. In den basalen Teilen sind die ZeUen durch Lücken, welche eine konische Gestalt besitzen, voneinander getrennt (Taf. XXIV Fig. 15). Die Größe der 32* 494 W. J. Kulmatycki Zwischenzellenlücken ist eine veränderliche. Gewöhnlich enden sie schon in der Höhe des Kernes. Sehr oft kann man sie auch etwas höher ver- folgen. Niemals aber überschreiten sie 1/2 der ZeUenlänge. Die Lücken, die diese Größe überschreiten, sind Kunstprodukte, welche infolge der EiiRwlmng der Konservierungsflüssigkeit entstanden sind. An den Osmiumpräparaten findet man niemals so hohe ZeUenlücken, wie sie dagegen an mit Sublimat fixierten Präparaten sehr oft zum Vorschein kommen. In diesen Lücken findet man eine schwer definierbare Substanz, welche meistens eine feinfaserige Beschaffenheit zeigt. Diese Substanz findet sich nicht nur in diesen Zwischenräumen, sondern auch innerhalb der Zellen vor. Die Zellen können in zweierlei Weise an die Grenzlamelle befestigt werden, entweder sie grenzen direkt, ohne irgendwelchen Zwischen- raum an die Lamelle, oder sie sind von derselben durch einen bestimmten Zmschemaum abgehoben. Der Raum ist mit einer faserigen Substanz erfüllt, welche auch zwischen die Zellen eindringt. Ob diese faserige Sub- stanz als ein Teü der Zellmembranen oder als ein Teil der Grenzlamelle anzusehen ist, kann man nicht ohne Zweifel behaupten. Auf dieses Thema werde ich noch unten zurücldvommen. Oben sind die Zellen von einer Kittsubstanz dicht aneinander geklebt (Taf. XXIV Fig. 17, 19, 22). Diese Substanz schwärzt sich ziemlich intensiv mit Osmiumsäure (Taf. XXIV Fig. 19). Die genaue Darstellung der Verhältnisse des Aneinandergrenzens in dem oberen Teile der ZeUe kann nur bei Fixierung mit Osmiumsäure erfolgen. Bei Anwendung von andern Konservierungsmitteln erscheinen die Zellen fast immer von einander getrennt, so daß bis jetzt alle Autoren die oberen Zwischenlücken gezeichnet haben (K. C. Schheider 1902 Fig. 335, 1908 Fig. 187, Goldschmidt 1905 Taf. VI Fig. 32, Quack 1913 Taf. II Fig. 18, Taf. III Fig. 5 und 11). Auch ich zeichne in einigen meiner Abbildungen diese Lücken (Taf. XXIII Fig. 12 und Taf. XXIV Fig 17), betone aber gleichzeitig, daß diese Lücken nur künstliche Gebilde sind, welche ausschließlich als Folge der Einwirkung der Konservienmgs - flüssigkeiten anzusehen sind. Die künstlichen Zwischenräume erscheinen gewöhnlicli aus zwei Wabenreihen aufgebaut. Die Kittsubstanz sitzt dem oberen Teile der ganzen ZeUe wie eine Kappe auf. Sie bewirkt auch die Verbindung zwischen der distalen La- melle. Darüber, ob diese Kittsubstanz eine vollständig selbständige (ob ihre Lage eine interzelluläre) oder ob sie in irgendwelcher Beziehung zu der Zellwand oder zur distalen Lamelle steht, wird noch unten berichtet. Außer diesen Lücken (unteren und oberen), von welchen die letzteren künstliche sind, grenzen die Zellwände direkt ohne irgendwelche Zwischen- substanz aneinander. Da diese Beobachtung in der früheren Literatur Benierkimgen über den Bau einiger Zellen von Ascaris megalocephala usw. 495 gar keine Stütze, sondern nur eine Gegenbehauptung findet, werde ich noch unten darauf zurückkommen und die Verhältnisse noch einmal be- sprechen. Die Entodermzellen sind von unten durch die Grenzlamelle begrenzt, welche an verschiedenen Stellen verschiedene Dicke besitzt. Sie erscheint entweder homogen, oder viel öfters aus zwei Schichten be- stehend. Die Schicht, welche dem basalen Ende der Zellen näher anliegt, erscheint als eine dünne, sich intensiv schwärzende. In ihrer Struktur erscheint sie homogen. Sehr oft findet man jedoch Übergänge z^^äschen diesem Teil der Schicht zu der die Zellücken erfüllenden faserigen Substanz, so daß die Annahme, daß diese Substanz von der Grenzlamelle abzuleiten ist, wohl gerechtfertigt erscheint. Der Unterschied liegt jedoch haupt- sächlich in der Färbung. Während sich die Schicht der Grenzlamelle ziemlich intensiv färbt, färbt sich die faserige Substanz \äel weniger. Falls w das Abstammen der faserigen Zellsubstanz von der Grenzlamelle annehmen, müssen wir auch vermuten, daß die untere Schicht der Grenz- lamelle keine homogene, sondern eine dichtfaserige ist, wobei die ein- zelnen Fasern so nahe aneinander rücken, daß sie den Anschein des Ho- mogenen hervorrufen. Die untere Schicht der Lamelle ist in ihrem ganzen Verlauf von gleicher Dicke. Sie beträgt Vö der Dicke der ganzen Grenz- lamelle. Die obere Schicht erscheint vollständig homogen. Man kann an ihr weder eine Faserung noch eine wabige Struktur unterscheiden. Am distalen Ende der Zelle sitzt eine Kappe, bestehend • aus der sich intensiv schwärzenden Substanz. Diese Kappe reicht in basaler Rich- tung gewöhnlich so weit, daß sie die nutritorische Zone K. C, Schneiders erreicht. Die Kappe ist nichts andres als eine Verlängerung der Kitt- substanz, welche die Zellen im oberen Teile aneinander heftet. Es ist wahi'scheinlich, daß die Kittsubstanz die verdickte Zollwand ist. Die zweite Anschauung erscheint deshalb weniger berechtigt, da man an den Quer- schnitten nie die substanzfreien Räume sieht. Die Kappe ist vielmehr als ein Teil der distalen Lamelle zu betrachten, oder besser gesagt, sie ist von derselben, mit welcher sie im färberischen Verhalten übereinstimmt, abzu- leiten. Nach innen ist der Darm vom Stäbchensaura begrenzt, welcher an den schlecht konservierten Präparaten als einheitliches, fast homogenes Gebilde erscheint. Auf guten Präparaten dagegen sieht man (Tal XXIII Fig. 12, Taf. XXIV Fig. 17, 22) die einzelnen Stäbchen, die dicht gedrängt nebeneinander zu liegen kommen. Während man in der basalen Grenz- lamelle gar keine Unterbrechungen, die den Grenzen der Zellen entsprechen, beobachtet, sieht man im Stäbchensaume an jenen Stellen, in welchen die ZeUen aneinander grenzen, die Lücken (Taf. XXIII Fig. 12, Taf. XXIV Fig. 22), welche eine ellipsoidische Gestalt besitzen. Sie sind entweder direkt 496 W. J. Kulmatycki an die distale Schicht angelagert, oder sie treten in der Mitte oder aber sogar erst im oberen Teile des Stäbchensauraes auf. Diese Lücken sind wohl auch als künstliche Gebilde zu betrachten, und ihre Entstehung ist auf die Wirkung der Konservierungsflüssigkeiten zurückzuführen. Jedenfalls beweisen sie, da sie niemals an andern Stellen, als an der Grenze von Zellen, auftreten, daß der Stäbchensaum nur im Bereiche einzelner Zellen einheithch ist, und daß kein Zusammenhang im ganzen Stäbchensaum besteht (Gegenteil zur basalen Grenzlamelle). Unter dem Stäbchensaum liegt eine Lamelle (Taf. XXIII Fig. 12, Taf. XXIV Fig 17, 22 dg), welche voUständig homogen erscheint und gewisse Beziehungen zu der schwarzen Zellenkappe zeigt. Das Bestehen der basalen Grenzlamelle aus zwei Schichten wird durch alle Autoren hervorgehoben. Quack bemerkt, daß man hier mit einer Basalmembran zu tun habe, die bald ein-, bald zweischichtig ist. Bei der genauen Betrachtung der Grenzlamelle ist immer eine Doppelschichtigkeit zu beobachten. Das was Goldschmidt und Quack für Doppelschicht ansehen, ist nur ein Kunstprodukt, hervorgerufen durch das verschiedene Ansammeln des Farbstoffes in der Grenzlamelle. Diese Doppelschicht von schwankender Größe, von welcher Quack bemerkt, daß »zuweilen die äußere Schicht, zuweilen dagegen die innere dicker ist« (S. 33), habe ich sehr oft an mit SubHmatgemischen fixierten Präparaten beobachtet, niemals aber an den mit Osmiumsäure behandelten. Die innere, dünne Schicht, welche ich an meinen Präparaten gesehen habe, ist sogar sehr oft unf ärbbar, und man kann sie schwer finden ; zu finden aber ist sie an allen Präparaten. Quack bemerkt, daß die Grenzlamelle manchmal ein- schichtig ist. Die innere Schicht bei Präparaten von Quack, an welchen die Lamelle als »einschichtig« erschien, war bestimmt eine sehr dünne und vielleicht auch unfärbbar. Man muß aufmerksam machen, daß Quack meistens mit Carnoy- und FLEMMiNGgemisch, nicht aber mit Osmiumsäure, die als bestes Konservierungsmittel in dem Falle angegeben werden muß, gearbeitet hat. Die zwei Schichten der Grenzlamelle, welche Quack unterscheidet, sind gar nicht homolog den zwei Schichten, die ich gesehen habe. Meine »äußere« Schicht entspricht den beiden Schichten von Quack, während meine »innere« Schicht bis jetzt nicht unterschieden war. Die Grenzlamelle besteht also aus einer inneren, dünneren und einer äußeren viel dickeren (Verhältnis wie 1 : 15) Schicht. Quack schreibt der inneren (nach mir einem Teil der äußeren) Schicht eine schwammige Struktur zu; auch sollten ganz vereinzelte feine Kanäl- chen oder Fädchen die Membran durchziehen (Taf. II Fig. 29). Diese Beobachtung muß man als künsthche Gebilde betrachten. Die innere und äußere (nach Quack, nach mir die »äußere«) Schicht der Grenz- Bemerkungen über den Bau einiger Zellen von Ascaris megalocephala usw. 497 lanielle erscheint vollständig homogen. Wenn man aber die Sublimat- gemische anwendet, erscheint sie wirklich von schwammiger Struktur; die Grenzlamelle scheint dann mit Waben, Fäden, Kanälchen usw. durchsetzt zu sein. Die Fig. 29 auf Taf. II in der Arbeit von Quack ist nach einem mit Sublimat-Essigsäure fixierten Präparate gezeichnet. BiLEK bemerkt (S. 639), daß der äußerste cuticulare Saum völlig homogen erscheint. Diese Bemerkung von Bilek möchte der Be- hauptung von Quack, daß die basale Grenzlamelle manchmal ein- schichtig erscheint, entsprechen; anderseits stimmt die Beobachtung von Bilek mit meinen Beobachtungen über die Homogenität der äußeren Schicht überein, was mir wohl ziemlich merkwürdig erscheint, da er meistens mit Sublimatgemischen fixierte. Nach dieser Erörterung kann man nicht der Behauptung von Quack, die »verschiedenen Zustände der Basalmembran hängen wohl alle mit dem jeweiligen Durchtritt verdauter Nahrung durch die Darmwand zusammen« (S. 33), zustimmen, indem man che Existenz ü'gendwelcher Strukturen in der äußeren Grenzlamelle leugnen muß. Was die Befestigung der Zellen an die Grenzlamelle anbetrifft, so sah Leydig, daß die Grenzlamelle von basalen Fortsätzen der ZeUen durchsetzt ist. Van Bommel beobachtete, daß nur ein ZelLfortsatz die Grenzlamelle durchsetzt. Goldschmidt hat beide Zustände feststellen können. Von diesen Zuständen war in meinen Präparaten gar nichts zu sehen. Die Verbindung der Zellen erfolgt mittels der feinfaserigen Sub- stanz, die oben geschildert wurde. Außerdem sieht man, daß die Grenz- lamelle ge^visse Vorsprünge besitzt, zwischen welchen die ZeUen wie in einer Lagerstätte liegen. Dieselben sind jedoch meistens selir wenig konkav. Die Hauptverbindung erfolgt mittels der faserigen Substanz, deren Ursprung vielleicht in der inneren Schicht der Grenzlamelle zu finden ist. Quack hat auch auf seinen Präparaten nichts vom Durchdilngen der Zellen in das Innere der Grenzlamelle, weder auf die Weise, wie Leydig, noch wie VAN Bommel gesehen hat, bemerkt. Dagegen stimmen die Beobachtungen von Quack teilweise mit meinen, was die Verbindung mittels der faserigen Substanz betrifft, überein. »Eine weitere Verankerung der Zellen an der Basalmembran besteht darin, daß chese kurze zapfen- und lamellen- artigc Vorsprünge ins Plasma aussendet. (Taf. II Fig. 36 b). An diesen Vorsprüngen inserieren die beschriebenen mit Eisenhämatoxylin stark fäi'bbaren basalen Fibrillen« (Quack S. 33). Daß die faserige Substanz als Bindemittel dient, ist ganz richtig, daß aber die Teile der Grenz- lamelle mit den Fibrillen im basalen Teile der EntodermzeUen in irgend- welche Verbindung treten, muß man als eine falsche Auffassung ansehen. 498 W. J. Kulmatycki An dem distalen Ende sitzt eine Art von Kappe (die jedoch nicht mit der homogenen Kappe im Innern der Zelle zu identifizieren ist). Sie ist entweder als ein Teü der erweiterten Zellwand oder als ein Teil der distalen Lamelle zu betrachten, mit der sie direkt verbunden ist. Die distale Lamelle scheint vollständig homogen zu sein. Bei einigen Präpa- raten (fixiert mit Sublimat-Eisessig) beobachtete ich zwar eine Struktur, die im ersten Augenblicke als eine Reihe von dicht gedrängten, eosino- philen Körnern erschien, bei genauer Betrachtung jedoch bemerkte ich eine wabenähnliche Struktur. Eine Alveolenstruktur in der Deckschicht beschreibt Quack. Diese Alveolarschicht ist jedoch bestimmt wieder als etwas künstliches anzusehen. Die distale Lamelle als eine Schicht aus Körnchen bestehend anzusehen, erscheint mir vollständig verfelilt, und in der Beziehung stimmen wir mit Quack überein. Die Behauptung andrer Autoren, daß Körnchen in dieser Schicht existieren, ist sehr problematisch; so beschreibt z. B. K. C. Schneider ». . . . Limitans, Saxc und Stäbchen trennt, deren Auflösung in einzelne Körnchen selbst an sehr dünnen Schnitten kaum gehngt« (1902 S. 328 und 1908 S. 238). Quack sieht gar keinen färberischen Unterschied zwischen der distalen Lünitans und dem Stäbchensaum. Dem entgegen konnte ich einen großen Unterschied beim Färben mit DELAFiELDSchem Hämatoxylin und mit Eosin konstatieren; während sich der Stäbchensaum mit Hämatoxylin nach Delafield intensiv violett färbt, färbt sich die Limitans nur mit Eosin. Etwas näher muß man sich mit den Zwischenbildungen, wie sie Quack bei Äscaris megalocephala beschrieben hat, beschäftigen. Daß die Zellen unten in der Nähe der Grenzlamelle nicht direkt miteinander verschmolzen sind, wurde schon oben bemerkt. Die Zeilen stoßen in ihrem weiteren (mittleren) Verlauf vollständig aneinander, so daß man zwischen ihnen gar keine Substanz sieht. Im oberen Teüe sind die Zellen wiederum durch künstliche Räume, infolge der Einwirkung der Konser- vierungsflüssigkeiten, voneinander getrennt. Die Lücken scheinen meistens von zwei Wabenreihen erfüllt zu sein. Im oberen Teile der Zelle beschreibt Quack die Schlußleisten. Diese Schlußleisten muß man mit der Kappe, die oben von mir beschrieben und deren Zusammenhang mit der Limitans wahrscheinlich gemacht wurde, identifizieren. Nach der Mazeration (Kochen usw.) hat Quack im mittleren Bereich der Zellen ein Ektoplasma erhalten, das wabige Struktur besitzen soll (siehe bei Quack die Textfig. H). Dieses Ektoplasma im mittleren Teile ist bestimmt ein Kunstprodukt, welches infolge der Mazerationsprozesse, die Quack angewendet hat, entstanden ist. Die Waben und das Ektoplasma sind Bemerkungen über den Bau einiger Zellen von Ascaris megalocephala usw. 499 bestimmt durch das Zusammenziehen der Zellen entstanden, infolgedessen die ZeUwand, die aus feinen Fasern gebildet erscheint, zerrissen wurde; so bildeten diese Fasern durch das teilweise noch Aneinanderhalten eine wabige Struktur. Ähnlich wie ich bemerkte schon K C. Schneider, daß die ZeUwände aus feinen Fasern bestehen: «Im mittleren Zellbereiche liegen die Fäden vorwiegend peripher, eine Zellmembran bildend« (1902 S. 327 und 328), In seinem »Praktikum der vergleichenden Histologie der Tiere« schreibt K. C. Schneider: »An Eisenhämatoxylinpräparaten sieht man basal deutliche Fäden, die an der Grenzlamelle entspringen und peripheriewärts in die Zellmembran einstrahlen, in der sie im ganzen Zellbereich nachweisbar sind« (1908 S. 237). Obwohl diese Darstellung von K. C. Schneider nicht vollständig mit meinen Beobachtungen über- einstimmt (Entspringen von geschwärzten Fäden an der GrenzlameUe), unterstützt sie meine Behauptung über den faserigen Bau der ZeUwände des Darmepithels. Auch Quack schilderte die Verhältnisse ähnlich, indem er beobachtete, »daß die Fibrillen in der ZeUwand liegen«. Das Protoplasma der MitteldarmzeUen besitzt nicht in allen TeUen der ZeUen dieselbe Struktur ; im unteren TeUe ist es feinwabig mit sehr feinen Fasern und auch oft mit Einlagerung größerer Körnchen. Am distalen Ende der ZeUe erscheint es in der sogenannten »nutritorischen Zone« K. C. Schneiders als voUständig homogen, manchmal doch von sehr feinkörniger Struktur. Im unteren TeUe der ZeUe Uegt der ovale (eUip- soidische) Kern, dessen längere Achse der Hauptachse der ZeUe paraUel ist. Die Streckung des Kernes ist durch den Druck der seitUchen ZeUwände hervorgerufen ; diese Art der Streckung der Kerne ist analog der Streckung der Muskelkeme, welche jedoch nicht durch den Druck der Wände, sondern der StützfibriUen (des »Gitterkörbchens«) hervorgerufen wii'd(Taf. XXII Fig. 2 und Taf. XXIII Fig. 9). Der Kern besitzt eine feinnetzartige Struk- tur mit in den Ecken des Netzes eingelagerten Chromatinteilchcn, die Nucleolen sind in der Zahl 1—2 vorhanden. Manchmal können die Nucle- olen eine lappige Form besitzen (Taf. XXIV Fig. 15). Beim oberfläch- Uchen Betrachten eines solchen lappigen Nucleolus bekommt man zuerst den Eindruck, daß es sich hier um eine Auflagerung mehrerer Nucleolen übereinander handelt. Erst bei genauerer Untersuchung kann man die lappige Form des Nucleolus feststellen. AUe Kerne können entweder in derselben Höhe oder ausnahmsweise in verschiedenen Höhen liegen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch hinzufügen, daß ich einige Kerne in sehr hoher Lage, nämUch in der Nähe der »nutritorischen Zone« K. C. Schnei- ders gesehen habe. Darüber, was für eine Bedeutung man diesen hoch- gelegenen Kernen zuzuschreiben hat, bin ich voUständig im Unklaren. 500 W. J. Kulmatycki In der Kernmembran habe ich niemals ähnliche Öffnungen wie in den Muskelzellen gesehen. Der obere Teil der Zelle, »die nutritorische Zone« K. C. Schneideks, besitzt eine vollständig homogene Struktur. Manchmal sind sehr feine und dicht nebeneinander gelagerte Granula zu finden. Sehr selten findet man in dieser Zone die glänzenden Körner (Sphaerokrystalle) (Taf. XXIIl Fig. 12 und Taf. XXIV Fig. 22). Außerdem bekommt man hie und da in der Zone eine Art von großen Waben zu sehen, die niemals an den Osmiumsäurepräparaten zu finden sind. Die )) nutritorische Zone« jeder Zelle erfüllt dieselbe auf die Weise, daß sie im oberen Teüe an die distale Zellenwand grenzt; gegen die Zellen sind diese »Kappen« mit einer konkaven Fläche begrenzt. Manchmal besitzen die »Kappen«, meistens in der Mitte, einen zungenartigen Vorsprung in das Innere der Zelle (Taf. XXII Fig. 12 und Taf. XXIV Fig. 22 n). Die Seitenteile der »imtri- torischen Zone« erstrecken sich so weit, wie die Leisten der Kittsubstanz. Das Plasma, welches an mehreren Präparaten von der »nutritorischen Zone« infolge der Einwü'kung der Fixierungsflüssigkeiten etwas ab- gehoben erscheint, ist in den andern Teilen der Zelle in gut konservierten Präparaten (Taf. XXIV Fig. 16) feinwabig. Außerdem sieht man in ihm feine Fäden, welche parallel der Hauptachse der Zelle verlaufen (Taf. XXIIl Fig. 12, Taf. XXIV Fig. 15, 22). Ob dieselben an die stärker tingierbaren basalen Fibrillen (Taf. XXIV Fig. 22 hf) sich anheften, konnte nicht ohne jeden Zweifel festgestellt v.erden. Jedenfalls erscheint das sehr wahr- scheinlich. Die feinen Fäden verlaufen meistens dicht zusammengedrängt an der Wand, mit der sie ohne jeden Zweifel in Beziehung treten und in deren Aufbau sie eine recht bedeutende Rolle spielen. Die feinen Fäden nach dem Verlauf dicht an der Zellwand treten mehr in die Mitte, und enden, ohne in die »nutritorische Zone« zu übergehen. Außer diesen mehr oder weniger neben der Zellwand verlaufenden Fäden, sieht man eine sehr geringe Zahl, und auch nicht in allen Zeilen, sehi- feiner Fäden, die zer- streut mein- gegen die Mitte verlaufen. Von dem, was Bilek als ein »Gitter- körbchen« beschreibt, konnte ich gar nichts an meinen Präparaten zu sehen bekommen. Im Plasma sieht man Granulationen, die entweder eine runde oder eine mehr ellipsoidische Gestalt besitzen können. Sie färben sich mit Osmiumsäure aschgrau und sind stark eosinophil (Taf. XXIV Fig. 15 und 17 eo). Besonders häufig findet man große Ansammlungen von diesen Granulationen in den oberen Teüen der Zelle dicht unter der »nutritorischen Zone« (Taf. XXlII Fig. 12). In diesem Teile sind sie auch viel stärker eosmophil, wie in den anderen Teilen der Zelle. Infolgedessen erscheint dieser Teil bei Eosinfärbung intensiv rosa, während andre Bemerkungen über den Bau einiger Zellen von Ascaris megalocephala usw. 501 Bezirke sieh mehr blaßrosa färben. In der Zelle, entweder zerstreut oder reihenförniig angeordnet, liegen runde Kügelchen, die gewöhnlich stark gelbglänzend erscheinen (Taf. XXIII Fig. 12, TGitterkürbchen« B'ileks nicht durch das iVuflösen der Fibrillen, sondern nur durch das Plasma selbst gebildet wird, welches hier eine feinwabige Struktur mit eingelagerten Chondren zeigt, wodurch dasselbe etwas dunkler erscheint und von dem andern Plasma ziemlich scharf absticht. b'ileks Ansicht über die Entstehung des ))Gitterkörbchens« durch das Auflösen der Fibrillen steht auch Hieschler nahe, indem er (1909, S.642) sagt: »nicht alle Stützfibrillen sich in der Umgebung des Kernes auf- spHttern, wodurch das schöne Gitterkörbchen zustande kommt. « Hirsch- ler gibt jedoch gleichzeitig an, daß man )^ zwischen dem Fibrillensystem und dem Spongioplasmanetz einen ziemlich innigen Zusammenhang an- nehmen« muß. Man muß glauben, daß auch Hirschler die Filuillen nicht in dem vollständig isolierten Zustande gesehen hat, sondern nur die feinfaserigen Hüllen derselben, die doch so leicht ein Auflösen der Fibrillen in feinere vortäuschen können. Daß die Fibrillen aus der Muskelzellc in die Subcuticula übergehen, wurde oben Ijemcrkt, und es erscheint mh sehr auffallend, warum B'ilek diesen Austritt nicht ge- sehen hat. In dieser Hinsicht stimmen alle Autoren, wie Apathy, Goldschmidt, Hirschler überein und da diese Autoren mit verschie- denen Methoden gearbeitet haben, halte ich die Behauptung von Bilek als vollstänchg widerlegt. Ob die Natur der Muskelzcllenfibrillen eine nervöse oder stützende ist, darauf kann ich keine sichere Antwort geben Ich halte es gar nicht für ausgeschlossen, daß den Stützfibrillen neben ihrer stützenden Rolle auch eine nervöse zukommt, angeblich ist die nervöse Xatur nicht allen, sondern nur gewissen Fibrillen zuzuschreiben. Oben wurde schon be- merkt, daß man zweierlei Stützfibrillen unterscheiden kann, solche, che einen der Zellenperipherie parallelen Verlauf besitzen und welche neben dem Kerne durchlaufen, um in die Sarcachse der Faser einzudringen und dort einen Verlauf am Rande derselben zu haben, und anchc, die ihren Beginn in der ]\ftte des Zellkörpers haben, nach dem Eindringen in die nächste Umgebung des Kernes umbiegen und aus dem »Gitterkörbchen« austretend in den Zellkörper zurückkehren. Die ersteren Fibrillen ziehen von der Sub- uticula bis zum Nervenfortsatz, und ich glaube (ohne dies aber nachweisen zu können), daß diese Filnillen mit den Nervenstämmen in Verbindung stehen, und deshalb wäre ihnen eine nervöse Rolle zuzu- schreiben Die Fibrillen der zweiten Art besitzen ausschließlich eine stützende Rolle und haben nichts mit einer nervösen Funktion zu tun. Bcmeikungeii über den I>aii ciiiiger Zolk'ii von Ascaris megalocephala usw. 529 Es erscheint mir sehr möglich und höchst wahrscheinlich, daß in den Mnskelzellen eine solche Vereinigung der Funktionen eingetreten ist, dadurch kann man solche Fibrillen unterscheiden, welche ausschließlich stützende Rolle haben, und solche, bei denen eine nervöse hinzugetreten ist. Diese Erklärung füllt eine große Lücke in unseren Ansichten aus, auf welche Weise die Muskelzellen bei Ascaris innerviert sind, oder besser gesagt, mit den nervösen Elementen in Verl3indung stehen. Diese Frage wird dadurch beantwortet, daß man den Stützfibrillen der Zellen eine nervöse Natur zuschreibt. Goldschmidt (1905) beschreibt die »Chromidien« in den Muskelzellen als Gebilde, die in der Form denen, die er in den Ocsophaguszellen gefunden hat, entsprechen. Am schönsten sollen sie sich mit verdünntem Hänia- toxylin färben, indem sie eine intensive blaue Farbe dabei annehmen. »Die Verlaufsrichtung der Chromidialstränge ist ziemlichen Schwankungen unterworfen, in der Umgebung des Kernes ist es immer eine etwas zii'ku- läre, so daß der Kern in ein Fremdkörbchen eingeschlossen erscheint.« In der Entfernung vom Kerne sollen die »Chromidien« einen Längsverlauf besitzen. Die »Chromidien« der Muskelzellen sind nach Goldschmidt im allgemeinen viel zarter ^vie im Oesophagus. Trotzdem aber »an dicken Fäden läßt sich .... die feine Vakuolisation erkennen.« In seiner späteren Arbeit vom Jahre 1910 zeichnet Goldschmidt auf Taf . VI Fig. G »Chromidien « in Form von dreieckigen Platten , welche stark vakuolisiert sind, sie stehen miteinander nur durch plasmatische Brücken in Verbindung. Diese )'Chromidien<( sollen nach Goldschmidt in Beziehung zum Kerne stehen, indem sie angeblich vom Kerne her- ausgestoßen Averden sollen. L^m das zu beweisen, gibt er eine Anzahl von Abbildungen, die einen »Austritt« der »Chromidien« aus dem Kerne vorstellen sollen. Dieser Darstellung von Goldschmidt wandte sich zuerst Vejdovsky entgegen, nachdem er keine »Chromidien« bei Ascaris ensicaudata fand; er sagt: »es ist zu bedauern, daß er gleichzeitig auch in die hier ab- gebildeten ]\Iuskelzellen mit dem Chromidialapparatc auch die stützen- den Fibrillen nicht mit hineingetragen hat. Obwohl er im weiteren den Beweis zu fühi*en sucht, daß die Chromidialstränge ganz verschieden von den Stützfibrillen sind, so scheint mir doch che Identität beider Fibrillen viel wahrscheinlicher zu sein. (( Vejdovsky erscheint es sehr unwahr- scheinlich, daß bei einer Art besondere »funktionelle Strukturen« zur Aus- bildung konmien, während sie bei andern ganz fehlen oder nur durch einen Stützapparat ersetzt werden sollen. Schließlich kommt Vejdovsky zu diesem Schlüsse, daß es sich hier um »infolge der gewaltsamen Einwirkung 5oO . W. J. Kulmatycki der angewandten Versuchsrcagcntien stark verletzte und zerrissene Fäden des «normalen a fädigen Gerüstapparates« (S. 89j handle. Diesen schweren Einw^endungen von Vejdovsky tritt Goldschmidt auf die Weise ent- gegen, daß er behauptet, daß seine Präparate nicht nur gut, sondern teilweise hervorragend fixiert sind; weiter glaubt er, daß das, was bei Ascaris meijulo- cepliala existiert, nicht notwendigerweise auch bei Ascaris ensicaudata vor- handen sem muß. Schließlich um das Verlangen Vejdovskys nach einer Zeichnung zu erfüllen, gibt er auf S. 105 seiner Arbeit aus 1910 eine Zeich- nung wieder, in der er sowohl die »Chromicüen« \ne auch die stützen- den Fibrillen einzeichnet. Durch diese Beantwortung von Goldschmidt wäre die »Chroraicüenexistenz « gesichert worden, wenn nicht in späterer Zeit ein Schüler Vejdovskys, und zwar B'ilek, eine neue Folge von Ein- wänden erhoben hätte und dabei noch viel mehr Beweiskraft besitzende, indem er sich nicht mehr auf die Befunde in den Zellen der andern Ascaridenarten, sondern auf dieselben, mit welchen Goldschmidt ex- perimentierte, und zwar Ascaris megalocephala und lumhricoides stützte. BiLEK beschrieb in den Körpermuskelzellen einen Stützfibrillenapparat, dessen Verlauf er näher geschildert hat. Besonderes Gewicht legte er auf die Zersplitterung der Fibrillen, wodurch nach ihm das »Gitterkörbchen« zustande kommen soll. Die Stützfibrillen und das »Gitterkörbchen« ver- glich er bei Ascaris megalocefhala und lunibricoides mit dem, was Vej- dovsky bei Ascaris ensicaudata gesehen hat. Im zweiten Teile seiner Arbeit wendet sich Bilek sehr scharf gegen die Existenz der »Chromidien«. Er erhebt von neuem die Einwondungen von Vejdovsky, indem er von Goldschmidt das Einzeichnen der Stützfibrillen neben den Chromidien- strängen verlangt. Weiter behauptet er: »so war ich nicht imstande trotz aller sorgfältigen Aufmerksamkeit bei der Durchmusterung aller meiner zahh-cichen, nach verschiedenen Fixierungs- und Färbungsmethoden hergestellter Präparate in den Muskel-, Darm- und Oesophaguszellen der beiden großen Ascaridenarten den gemß interessanten Chromicüalapparat Goldschmidts zu ermitteln, a Bilek leugnet auch das Heraustreten der »Chromidien« aus dem Kern (bis auf einen Fall). Er glaubt, daß diese Zeichnungen Goldschmidts, die die »ChroinicÜen « in der nächsten Nähe des Kernes zeigen, durch das Herausreißen der Chromatinpartikel beim Schneiden mit dem Mikrotom entstanden sind und daß Goldschmidt beim Zeichnen seiner Präparate das Drehen der Mikrometerschraube vernach- lässigt hat. Nach Anwenden von Tctanisieren hat Bilek gefunden, daß »die sonst stets gespannten Stützfibrillen wurden nänüich durch die lang anhaltende Tetanisierung und nachfolgende Zerstückelung der Tiere fast bis zur Unkennthchkeit zerrissen und in Form kürzerer oder längerer Bpim'rkuiigrii über den Hau einiger Zcllfu mhi Ascaris nicgaloccpliala usw. 531 Schlingen plötzlich zusammengezogen, worüber uns clio N''erdickungen an beiden Enden solcher Bruckstücke am deutlichsten unterrichten.« B'ilkk glaubt, daß Goldschmidt nur diese künstlich hervorgerufenen Produkte gesehen hat und abgebildet hat. Auf diese Weise glaubt B'ilek, daß die tetanisierten Tiere in ihren Muskelzellcn nur Kunstprodukte liatten. Gleichzeitig wendet er sich gegen die »Chromidien« bei den nicht tetani- sierten Tieren, indem er behauptet, die GoLDScuMiDTschen Präparate seien schlecht fixiert und gefärbt. Hauptsächlich soll der Grund der Inbrillenläsioiien in einer schlechten Entwässerung der Präparate liegen. Nach dem Zusammenstellen von so vielen Einwänden, die vielleicht nicht nur die Theorien, sondern auch die Beobachtungsfähigkeit Gold- schmidts betreffen, behauptet B'ilek zum Schlüsse seiner Arbeit, daß )Klie von Goldschmidt beschriebenen Chromidialapparate in den betreffenden »lebhaft funktionierenden Gewebszellen« keine wirklichen »funktionellen Strukturen« darstellen, sondern nur infolge der verfehlten Konservierungs- methoden und ungenügenden Behandlungsweise der mikroskopischen Präparate her\ orgerufen wurden und also als gröbste Artefakte an- zusehen sind.« Diese schweren Einwände beantwortete- Goldschmidt in einem Nachtrag seiner Arbeit aus dem Jalu-e 1910, wo er die Güte seiner Präpa- rate verteidigt und gleichzeitig den Vorwurf der schlechten Fixierung den Präparaten von B'tlek macht, indem er hervorhebt, daß Bilek im allgemeinen keine eigentlichen Fibrillen, sondern mu* die die Fibrillen begleitenden Plasmazüge gesehen habe. Auch die Güte der BiLEKschen Präparate l)ezweifelt er aus dem Grunde, weil dieselben keinen Austritt der Stützfibrillen in die Subcuticula zeigen. b'ilek beantwortete diese Erwägungen Goldschmidts in einer aus- führlichen Notiz, in welcher er neben seinen Zeichnungen auch die Gold- schmidts oder die nach den GoLDSCHMiDTSchen Präparaten gezeichneten al)lnldet. Er kommt wieder zu demselben Schlüsse, daß es sich nur um Artefakte in den GoLDSCHMiDTSchen Präparaten handle und bezweifelt im weiteren die Chromidiencxistenz sowohl in den Muskeln, wie im Darm uiul in den Ocsophaguszellen. HmscHLER (1910 und 1912), welcher viele neue Methoden der mikro- skopischen Untersuchung beim Studium der wChromidien« angewandt, die bis jetzt nicht gebraucht wurden, findet die »Chroinidien« nur in den OesophagusflächcnzelleiL, in den Muskelzellen des männlichen Hinterendes, in Chylusdarmdilatatoren, Spicularetraktoren und Spiculaexsertoren, wo er sie auch im lebenden Tiere als stark lichtbrechende Gebilde gesehen hat. Er leugnet dagegen die Existenz derselben in den ]\Iuskein und in 532 W. J. Kulinatycki den Dannzelleii, indem er die GoLDSCHMiDTschen »Chroniidien« in den Muskelzellen der mittleren Kürperregion für spongioplasmatische An- sammlungen hält. In den Mukelzellen hat er keine typischen, strangähn- lichen »Chromidienc gefunden. Die »Chroniidien« als Artefakte zu deuten, wie es Vejdovsky und Bilek tun, dem tritt Hirschler energisch ent- gegen. Die HiRSCHLERSche Arbeit ist die letzte über diese Streitfrage. Ich werde unten von meiner Seite etwas beitragen, was wohl zur Klärung dieser Verhältnisse dienen kann. Man kann weder mit Hirschler noch mit Bilek über die Entstehung der »Chroniidien« in den Muskeln bei Äscaris megalocephala ül)ereinstinimen. Hirschler hält sie für spongio- plasmatische Anhäufungen, Bilek dagegen findet in ihnen die zerrissenen Fibrillen infolge schlechter konservierender Behandlung oder der Ein- wirkung des Tetanisierens. Hirschler hat an seinen Präparaten keine strangförmigen »Chroniidien« gesehen. An meinen Präparaten sind auch keine von dieser Form zu finden; sehr oft dagegen habe ich Gebilde ge- funden, die bestimmt ihre Entstehung dem verdanken, was Bilek be- hauptet. Außerdem fand ich ganz merkwürdige, von dem umgebenden Plasma stark abstechende Gebilde, welche meistens die Form, die Gold- schmidt in seiner Fig. 6 auf Taf. VI der Arlieit aus dem Jahre 1910 ge- zeichnet hat, aufwiesen. Über diese Gebilde (Taf. XXIII Fig. 8) und die Entstellung derselben kann ich einiges mit Sicherheit sagen. Wie beim Besprechen des Plasmas bemerkt wurde, besitzt dieses eine alveoläre Struktur. Das Plasma bildet nämlich die Waben. Die Ansammlungen des Plasmas zwischen den Waben nehmen an Querschnitten sehr oft eine dreieckige Gestalt an, was vollständig der Alibildung Goldschmidts ent- spricht. Ähnlich ^\\Q Goldschmidt habe ich das (besonders schön und deutlich an den Osmiumsäurepräparaten) gesehen, und in dieser Hinsicht verweise ich auf die x^bliildung; zwischen den großen Plasmawaben findet man noch viel kleinere, und sie sind eben diejenigen kleineren Löcher, die in der GoLDSCHMiDTSchen Abbildung zu sehen sind. In meiner Zeichnung sind diese kleinen Waben nicht zu sehen, da diese nach einem Präparat gezeichnet wurde, wo diese Waben nicht vorhanden waren. Man muß aber feststellen, daß man recht oft diese zweite Wabenart zu sehen be- kommt. Auf diese Weise wäre die Form der zweiten Art der »Chroniidien« gedeutet. Drittens sind noch mehr oder weniger perlschnurartige »Chromi- dien« zu deuten. Die »Chroniidien« , die weder eine dreieckige noch strang- förmige Gestalt liesitzen, sondern eine lappige bis perlschnurartige (wobei man bemerken muß, daß die perlschnurartigen sehr selten zu finden sind) sind durch das Zusammenziehen des Plasmas und im speziellen der fein- faserigen Hüllen der Stützfibrillen entstanden. Kurz zusammenfassend I Bpinorkimgon übor den Bau cinigor Zfllcii von Ascaiis mcgalocephala usw. 533 unterscheiden wir dreierlei »C'hromidien« formen in den Muskelzellen : strang- förmige, dreieckige und perlschnurartige. Die erstcrc Form verdankt ihre Entstehung den zerrissenen Fibrillen, die zweite den plasmatischen An- häufungen zwischen den "Waben und die dritte den Plasmaanhäufungen der faserigen Stiitzfibrillenhüllen. Auf diese Weise wäre die Entstehung der »Chromidien« in den Muskelzelleu gedeutet, indem man vollständig geklärt hat, auf welchem Wege die einzelnen Formarten entstehen. Wie kommt es aber zum Färben mit Chromatinfarbstoffen? Diese Frage hat Goldschmidt selbst beantwortet, indem er feststellte, daß es doch viele und sogar ziemlich große Unterschiede in der Färbung des Kernchromatins und der »Chromidien« gibt. Z. B. färben sich die «Chromidien« mit Hämatoxylin R. Heidenhains mehr stahlblau, die Kerne aber mehr graublau. Nach meinen Präparaten kann ich bemerken, daß das, was Goldschmidt als »Chromidien« bezeichnet, im färberischen Verhalten den Chromatinfarbstoffen gegenüber keine so große Affinität zeigt. Mit Hämatoxylin färben sie sich nicht so intensiv dunkel, wie die Chronuitin- teile des Kernes und wenn man die andre spezifisch plasmatische Färbung z. B. Eosin, anwendet, dann werden die Kernfarbstoffe fast vollständig verdrängt, so daß gewöhnlich die »Chromidien« einen nur etwas dunkleren Ton annehmen. Auch wenn man Plasmafarbstoffe allein anwendet, zeigen die »Chromidien « auch eine dunklere Farbe. Auf diese Weise kann mau die Färl)barkeit der »Chromidien« dahin deuten, indem man annimmt, daß es sich hier um keine besondere Speicherung der Chromatinfarbstoffe, sondern im allgemeinen um stärkere Aufnahme aller Farbstoffe in die »Chromidien« handelt. Diese größere Speicherung erinnert uns sehr gut, wie die »Chromidien« entstehen. Sie sind nichts andres wie Ansammlungen von dichterem Plasma, und deshalb speichern sie im allgemeinen alle stärker, nicht nur chromatinophile Farbstoffe, an. Auf diesem Wege kann die stärkere Fär])barkeit der »Chromidien« erklärt werden. Jetzt möchte ich die Abbildungen von Goldschmidt, die den »Aus- tritt« der »Chromidien« aus dem Kerne betreffen, besprechen. Gold- schmidt hat festgestellt und mit Ab])ildungen bewiesen, daß man bei Äscaris megalocepJiala Fälle kennt, wo die Chromatinpartikelchen aus dem Kerne austreten. Er glaubt auch, daß diese Chromatinpartikelchen in gewisser Beziehung zu seinen »Chromidien« stehen. Nachdem ich bc- \desen habe, daß die »Chromidien« entweder den Stützfibrillen oder noch öfters den plasmatischen Ansamml mgen ihren Ursprung verdanken, sollte ich eigentlich gar nicht diesen Chromatinaustritt beriicksichtigen. Aber einige Worte muß ich dem doch widmen, da man die Tatsachen berück- sichtigen muß. 534 W. J. Kulniatycki Den GoLDSciiMiDTschon Austritt von Chromatin aus dem Kerne liat auch BiLEK in einem Falle beobachtet. An meinen Präparaten habe ich das ziemlich oft gesehen und kann sogar eine Reihe von Abl)ildungen anführen (Taf. XXII Fig. 1, Taf. XXIII Fig. 7, 10), die uns einzehie Sta- dien dieses Prozesses erklären können. An diesen Abbildungen sieht man, daß nicht nur die Chromatinteile, sondern in einem Falle sogar ein Nucle- olus aus dem Kerne heraustritt (Taf. XXII Fig. 1), man sieht, wie sich ein Teil der Kernmendjran öffnet (Taf. XXII Fig. 1 und T?f. XXIII Fig. 7) und wie durch diese Lücke Chromatin, bei Fig. 1 der Nuclcolus heraustritt. In der Fig. 1 sieht man eine Lücke in der Kernmembran, und durch diese tritt ein Nucleolus heraus, von zwei Chromatinteilchen begleitet. In Fig. 7 sieht man wieder eine Lücke, durch welche Chromatin austritt. Es liegen schon einzelne Partien desselben im Plasma, ziemlich weit vom Kerne entfernt. Taf. XXIII Fig. 10 zeigt, wie die Kernmembran sich geschlossen hat und der Chromatinteil im Plasma der Zelle liegt. Zuerst, bevor wir zur näheren Besprechung dieser Verhältnisse über- gehen, müssen wir im klaren sein, ob es sich hier nicht um künstliche Gebilde handelt. Bilek wendet Goldsciimidt gegenüber ehi, daß es sich hier um Kunstprodukte, welche durch das Ausreißen der Chromatin- teile, eventuell des Nucleolus, beim Schneiden mit dem Mikrotom hervor- gerufen wurden, handelt. Natürlich ist die Bemerkung Bileks, daß es solche Fälle gebe, in welchen Chromatinteile an der Messerschneide fest- kleben und dann mitten im Plasma sich absetzen, eine vollständig richtige, und ich ha1)e beim Durchsuchen meiner Präparate streng darauf pachte', solche Kunstprodukte von den natürlichen zu scheiden. An meinen Schnitten habe ich mehrere solche Fälle beobachten können, wo die Chro- matinteile mittels des Messers aus dem Kerninnern herausgerissen waren, gleichzeitig aber fand ich solche, die ich notwendigerweise für einen natür- lichen Chromatinaustritt aus dem Kerne halten muß. Alle Fälle konnte ich natürlich nicht abbilden, nur die am meisten charakteristischen. Bei der Beurteilung, ob es sich um ein Kunstprodukt oder um etwas natür- liches handelt, muß man zuerst die Lage der ausgestoßenen Chromatin- partikelchen in Betracht ziehen. Warum findet man meistens diese Chromatinpartikelchen gerade in der nächsten Umgebung des Kernes? Könnte man sie auch im Innern des Markljoutels, weit vom Kerne ent- fernt, nachweisen, dann wäre es ganz anders. Die Messerschneide kann wohl in der Nähe des Kernes, sowie weit von demselben die mitgerissenen Partien ablagern. Warum findet man sie an den Präparaten, an welchen ich natürliche Verhältnisse feststellen konnte, nur in der nächsten Nähe des Kernes? Die Lage der ausgestoßenen Partikelchcn überzeugt uns, Beniorkuiigen übor doii T^aii (Miiigor Zt'llon von Ascaris nicgalocephala usw. 535 daß man es mit einem natürlichen Vorgänge zu tun hat. Die Lage allein Ivanii aber das nicht luistrittig beweisen; sie wh*d jedoch durch einen zweiten Umstand in ihrer ])eweiseiiden Kraft bestätigt, und zwar findet man den zweiten Beweis, wenn man das Innere des Kernes, den Kern- inhalt mit dem Plasma vergleicht. Wären die Kernchromatinpartikelchen mittels der Messerschneide herausgerissen und dann im Plasma abgelagert worden, dann möchte 1. der Zellinhalt die Lücken aufweisen, die, wenn man die Größe der Partikelchen in Betracht zieht, dementsprechend groß sein sollten und 2. müßte das Plasma in der nächsten Umgebung eine Spur der Zerquetschung oder im allgemeinen ehier mechanischen Ein- wirkung zeigen. Das alles findet man nicht an diesen Präparateji, die ich für natürliche halte. Auch darauf muß ich aufmerksam machen, daß bei Untersuchungen dieser Präparate, die oben geschilderte Verhältnisse zeigen, ich immer sein- sorgfältig die vorhergehenden und nachfolgenden Schnitte beobachtete. Schließlich möchte ich hinzufügen, daß ich diese Chromatinaustritte nicht nur an den mit Sublimatgemischen konservierten Schnitten zu sehen bekam, sondern auch an solchen, die mit andernMitteln fixiert wurden, wie z. B. mit FiEMMiNGscher Lösung. Weiter muß der Vollständigkeit halber hinzugefügt werden, daß ich diese Präparate aus verscliiedenen Exemplaren erhalten habe. Aus allen diesen Erwägungen pro und contra kann man die Verhältnisse nur als natürliche betrachten und die Möglichkeit eines Artefaktes vollständig ausschließen. Der Aus- tritt von Chromatin aus dem Kerne, wurde nicht nur von mu", sondern auch von Goldschmidt sowie Bilek (welch letzterer seinen Präparaten in diesem Falle auch eine Vollkommenheit und Natürlichkeit zuspricht, indem er die Möglichkeit eines Kunstproduktes vollständig verschweigt) gesehen und man muß annehmen, daß bei Ascaridenarten ein Chromatin- eintritt eine natürliche Erscheinung ist. Welchen Vorgängen nach dem Austritt die Chromatinteilchen unterliegen, kann hier nicht beantwortet werden, man nmß jedoch glauben, daß sie langsam zugrunde gehen, indem sie sich mit dem umgebenden Plasma vermischen und ihre Individualität, sowohl gestaltliche wie chemische, verlieren und mit dem Plasma auf das Iimigste verbunden werden. Was für eine Bedeutung dieser Vorgang besitzt, kann man heute nicht sagen, und erst ein weiteres, künftiges Studium, welches recht müh- sam infolge der Seltenheit dieses Vorganges sein wii'd, kann uns vielleicht irgendwelche Erklärungen bringen. Jedenfalls können wir heute ohne weiteres feststellen, daß die Chromatinausstoßung in den Muskelzellen bei Ascaris mecjaloceylmla in kemem Zusamnienhange mit den Gebilden, welche Goldschmidt als »Chromidien « bezeichnet und deren Abkunft 536 W. J. Kulmatyeki er falsch vom Kerne annimmt, steht; oben wurde die künstliche, streng plasmatische Natur dieser Gebilde bewiesen. Ferner möchte ich noch einige Worte der Besprechnng den «Piasto- somen«, welche Romeis in dem Markbentel der ^smm-Zellen gefunden hat, widmen. Diese »Piastosomen«, die er als etwas von den Gold- scHMiDTschen »Chronüdiencc Verschiedenes bezeichnet, möchte ich auf die schlechte Konservierung der wabigen Struktur des Plasmas zurückführen und die »Piastosomen« auf dieselbe Stufe stellen, wie einen Teil der Gold- scHMiDTschen »Chromidien«. Da die Mitteilung von Romeis nur eine vorläufige ist und nachdem er bei seiner Zeichnung nicht die Konser- vierungsmethode und die Farbstoffe angibt, konnte ich seine Versuche keiner ganz genauen Kontrolle unterziehen, und meine Behauptung stützt sich auf diese Weise mehr auf die morphologische Ähnlichkeit mit den Gebilden in den Muskelzellen, die man bei Äscaris megalocep/iala nach schlechter Konservierung erhält. Deshalb ist diese meine Behauptung auf andermWege nicht unterstützt worden, und deshalb ist es auch nicht ausgeschlossen, daß sie eine falsche ist. 3. Muskelzelieu des Hiulereudes. Über andere Muskelzellen des Hhiterendes habe ich nicht viel zu berichten. Die Muskelzelle vor der Mündung der Spicula, welche Voltzen- LOGEL beschreibt, konnte ich nicht feststellen. Was dagegen die H-för- mige Zelle, welche schon ganz hinten liegt, betrifft, so besitzt sie einen ovalen Kern, welcher eine verschiedene Lage besitzen kann; jedoch meistens hat er eine horizontale Lage und liegt in dem Querbalken des Buchstabens H. Im Kern findet man einige Nucleolen. Das Plasnia ist in zienilich geringer Menge vorhanden ; sonst ist die ganze Zelle von einer fibrillären Substanz erfüllt. Das sehr feinwabige Plasma besitzt in den Zwischenwaben eine grob granulierte Einlagerung. In dieser Zelle konnte ich keine »Chromidien« beobachten, und deshalb muß ich die Existenz derselben in dieser Art der Muskelzellen verneinen. Über die drei andern Zellen im Hinterende, welche durch ihre Größe auffallend sind, habe ich nichts besonderes zu bemerken. Sie bestehen aus der fibrillären Sub- stanz, und so wie in andern Muskelzellen des Hinterendes findet man hier ein feinwabiges Plasma mit feinen Granulationen rund um den ovalen Kern. Bei beiden Geschlechtern sind keine »Chromidien« zu finden. In dieser Hinsicht muß ich auf die Differenzen, w^elche zwischen Goldschmidt und Hirschler einerseits und mh- anderseits bestehen, hinweisen. So- wohl Goldschmidt wie Hirschler finden in den Muskelzellen des männ- lichen Hintereiules zwar nicht allzureichlich »Chromidien«, die Gold- Eemeikungpn über den Bau oinigcr Zt-Ilcii von Ascaris megalocephala usw. 537 SCHMIDT iii seiner Reihe, welche das Auftreten der «Chronüdien (( in ein- zehien Körperzellen von Äscaris megalocephala charakterisieren soll, die Muskelzellen des männlichen Hinterendes an zweiter Stelle nach den Kürpermuskelzellen, die bekanntlich nach den Untersuchungen von Bilek, HiRSCiiLER und mir gar keine »Chromidieuic enthalten, basiert. Hirscit- LER hat bestimmt die Granulationen, welche in diesen Zelle vorkonunen, als »Clu'omidien « gedeutet, und auf diese Weise sind die Unterschiede zwischen mir und seinen Ergebnissen entstanden. IV. Spicularapparat. Spicnla, Scheide und Muskoln. Im männlichen Hinterende befindet sich ein Begattungsapparat, der sogenannte Spicularapparat. Der besteht aus zwei Spicula, welche eine feste Konsistenz besitzen. Was die Spicula selbst anbetrifft, so liegen sie an der dorsalen Seite des Tieres. Die Spicula sind in der ventralen Rich- tung leicht gekj-iuumt. Dieselben sind in einer Scheide verborgen, und zur Bewegung, Aus- und Einziehen, dient eine spezielle ]\ruskulatur. Die Scheiden, in welchen die Spicula liegen, sind große zylinderälm- liche Taschen, die dorsal vom Enddarm und einer Partie des Chylus- dai'mes liegen. Sie öffnen sich in den Enddarm, so daß dadurch die Spiculateile in den letzteren hineinragen. Die Spiculascheidcn sind Aus- stülpungen des Enddarmes. Nach ihnen sind sie durch eine Cuticula ausgekleidet, der eine Subcuticula folgt. An der Bildung der Subcuticula lu^hmen mehrere Zellen teil. Diese Zellen sind langgestreckt, und die Grenzen zwischen ihnen sind sehr deutlich (Tai. XXV Fig. 28). Die Kerne sind bei diesen Zellen meistens oval, von ellipsoidischer Form. Das chromatische Gerüst der Kerne ist ein feinnetzartiges. Man sieht emen Xucleolus. Das Protoplasma der Zellen besitzt eine feinwabigc Struktur uiul enthält selu- feine Granulationen. Das Plasma ist ein Sitz von zwei verschiedenen Gebilden und zwar der »Chromidien « (Taf. XXV Fig. 28, Taf. XXVI Fig. 29 und 35 cr\ sowie des GoLGischen Apparates (Taf. XXV Fig. 28 und 29, Taf. XXVI Fig. 35^«). Die »Chromidien« sind in verschiedener Form ausgebildet. Entweder sind sie ovale, ellip- soidische oder mehr gestreckte, manchmal an die perlschnurartigen »Chro- midien« der Ocsophaguszellen ermnernde Gebilde. Die »Clu'omidien« von ersterer Form sind gewöhnlich in der ganzen Zelle zerstreut, dagegen die von letzterer nur an einer Stelle in der Zelle. Die letzteren »Chro- nüdien« bilden gewöhnlich kUnnere oder größere Ansammlungen, nuinch- raal ringähnliche (Taf. XXV l^g. 28, Taf. XXVT Vh. 20 und 35). Was 538 W. J. Kulmatycki das Vorkommen der »Chromidien « in der Subcuticula der Scheiden an- betrifft, so sind sie dort immer ausgebildet und fehlen niemals. Der GoLGische Apparat, welcher mittels Einwirkung der 2% Osmium- säure hergestellt wurde, ist in verschiedener Form ausgebildet. Er findet sich in der ganzen Zelle zerstreut liegend vor. Die größte Ansammlung findet man neben dem Zellkerne. An diesem Orte ist der Apparat in Form von sehr feinen Fäden, welche sich miteinander verflechten und auf diese "Weise für den GoLGischen Apparat eine charakteristische Gestalt besitzen, ausgebildet (Fig. 28). Der Appa- at, welcher- nicht in der nächsten Umgebung des Kernes liegt, besitzt zweierlei Formen der Ausbildung. P^ntweder ist er in Form von verhältnismäßig zu den Strängen des Appa- rates in der Kähe des Kernes, dicken oder langen Strängen, welche oft eine wellenartige Form (Fig. 29) annehmen, vorhanden, \äcl häufiger da- gegen kommt er in Form von runden, kugeligen Gebilden, welche zerstreut im Plasma liegen, vor. Der Subcuticula der Scheide liegt eine Muskulatur an. Diese Mus- kulatur kann man entweder als Plicator der Scheide oder als Exsertor der Spicula bezeichnen, da dieselbe als ein Antagonist der Spicular- retraktoren wirkt. Die Muskulatur besteht aus vier langen und breiten Zellen, welche sich im vorderen Teile in einzelne Äste teilen, und mit den Spicularretraktoren verflechten können. Im hinteren Teile des Körpers dagegen heften sich diese Zellen an die AVände des Enddarmes. Diese Muskelzellen zeigen in ihrem Bau eine große Ähnlichkeit mit den Körpcr- nmskelzellen, indem der kontraktile Teil in Muskelkästchen angeordnet ist. Die Muskelfibrillen haben einen Längsverlauf. Das unkontraktile Plasma der Zelle hat einen feinwabigen Bau und befindet sich in der Mitte der Zelle. Es besitzt einen ziemlich großen Umfang, und man sieht meistens in der Zelle die einzelnen kontraktilen Teile durch einen dünnen Plasnia- zug voneinander getrennt (Taf. XXV Fig. 28 und Tal. XXVI Fig. 35). Nur an gewissen Stellen sieht man diese trennende Plasmaschicht nicht (Taf. XXVI Fig. 29). In dem unkontraktilen Teile der Zelle liegt der Kern, welcher eine ovale Form besitzt und einen oder mehrere Nucleolen zeigt (Taf. XXVI Fig. 31 k). Das f einwabige Plasma enthält »Chromidien «, welche sich mit Osmiumsäure ziemlich intensiv schwärzen. Die Spicula bestehen aus einer äußeren Cuticula und einer Innern körnigen Masse (Taf. XXVI Fig. 36). Die körnige Masse (wie man sie an den Querschnitten sieht) stammt von den Längsfasern, welche dicht neben- einander liegen. Sie besitzen ovale Kerne (Taf. XXVI Fig. 3G /■:) mit mehi'eren kleinen Nucleolen. Um die Kerne herum liegt ein dunkleres Plasma, welches eine sehr dünne Schieb I l)ildet. Das Plasma der ganzen Bemerkimgen über den Bau einiger Zellen von Ascaris megalocephala usw. 539 Zelle ist feinfaseriger Natur, wobei die Fasern einen Längsverlaiif besitzen. In der nächsten Umgebung des Kernes findet man außerdem auch zii-ku- läre Fasern (Taf. XXVI Fig. 36), welche ungefähr parallel zu der Kern- membran verlaufen. Diese zirlailären Fasern füllen die ganze Partie der Zelle aus, jedoch nur in der Nähe des Kernes. An andern Zellstellen sind sie gar nicht zu finden. Das Plasma enthält nicht nur in der Nähe des Kernes, sondern überall im basalen Teile der Zelle sich intensiv färbende Brocken, welche für «Cliromidien« zu halten sind (Taf. XXVI Fig. 36cr). Die Bewegung der Spicula wü-d durch die Plicatoren der Scheide (Exser- toren des Spiculums) und die Retractoren bewkt. Die Ketraktoren heften sich einerseits an die Basis der Spicula, anderseits an der dorsalen Wand der Seitenlinien, etwas nach vorn im Körper an. Jeder der Retrac- toren besteht aus zwei Zellen, welche sich nach hinten verästeln, und einzelne Äste verflechten sich mit dem Plicator. Sie inserieren an der Basis. Die beiden Zellen haben meist an den Querschnitten die Form eines vier- blätterigen Kleeblattes. Am Rande ist ihre kontraktile Substanz in Form von Leisten angeordnet (Taf. XXVI Fig. 30). Die Leisten können ent- weder parallel sein oder nicht. Der letztere Fall kommt viel seltener vor. Das nicht kontraktile Plasma liegt in der Mitte. Es ist feinwabig und enthält sein* wenig »Cliromidien«, die immer nur in Form von Kugeln vorkommen. Mit der 2% Osmiumsäure tingieren sie sich sehr schwach (Taf. XXVI Fig. 30 er). Der Spicularapparat ^vurde von Voltzenlogel sehr genau unter- sucht, und ihm verdanken wir die genaue Kenntnis desselben. Gold- scHMEDT hat gelegentlich seiner Untersuchungen über die «Chromidien« in dieser Zellengruppe auch den anatomischen Bau etwas berührt. Seine Befunde stimmen vollständig mit denen Voltzenlogels überein. "Wie aus oben Gesagtem hervorgeht, stimmen auch meine Beobachtungen mit den Voltzenlogels meistens überein. Ich möchte nm' auf einige kleine Differenzen, was insbesondere den feineren Bau der untersuchten Zellen anbetrifft, hinweisen. Im Spicularmark hat Voltzenlogel keine kon- zentrische Faserung um den Kern beobachtet, die doch sehr deutlich ausgebildet ist. Insofern meine anatomischen Ergebnisse über den Bau des Spicular- apparates übereinstimmen, muß ich doch bemerken, daß der feinere Bau der Zelle, im besonderen die «Chromidien «frage und der GoLGische Apparat, von mir vollständig anders wie von den andern Autoren gefunden wurde. Die »Chromidien« hat Goldschmidt in den Exsertoren und Retractoren des Spiculums gefunden. Diese Angabe wurde von Hirsghler bestätigt. In den Exsertoren beschreibt Goldschiviidt die «Chromidien a in Form Archiv f. Zellforschung. XVI. 35 540 W. J. Kulmatycki von Strängen von longitudinalem Verlauf, welche sich besonders reich- lich in der nächsten Umgebung des Kernes vorfinden. Im allgemeinen sagt Goldschmidt, daß diese »Chro midien«, was die Form und Ausbildung anbelangt, meistens den »Chromidien« in den Körpermuskelzellen ent- sprechen. Auch solleTi sie nach Goldschmidt eine Beziehung zur Kern- membran zeigen. Was die »Chromidien« der Exsertoren anbelangt, muß ich feststellen, daß sie keine Ähnlichkeit in der Form mit denen des Oeso- phagus haben. Sie liegen in diesen Zellen zerstreut, (nicht neben dem Kern), und zeigen gar keine Beziehung zur Kernmembran. Auch was die nucleäre Entstehung der »Chromidien (( anbetrifft, muß ich einiges hinzu- fügen. Die Kerne weisen niemals grobe Chromatinkugeln, wie es Gold- schmidt auf Taf. V Fig. 19 seiner Arbeit aus dem Jahre 1905 abbildet, auf. Im Gegenteil ist das Chromatin meistens nur in Form von feinen Körn- chen ausgebildet, und deshalb halte ich das Präparat, nach welchem Gold- schmidt seine Al)bildungen zeichnete, für etwas künstliches, insbesondere, da man an diesem Präparat einen austretenden Chromatinteil sieht, was nach meinem Dafürhalten niemals stattfindet. Die Spicularetractoren haben nach Goldschmidt »Chromidien« in feiner fädiger Form. Sie sollen auch in der nächsten Umgebung des Kernes ausgebildet sein. Dementgegen habe ich gefunden, daß die »Chromidien« in dieser Art der Zellen von kugeliger Form sind. Sie färben sich sehr schwach mit den Färbemitteln. Irgendwelche Beziehung zum Kerne muß ich leugnen; von irgendwelchen »Chromidien ((austritten, wie sie Gold- schmidt beschreibt und abbildet, war niemals etwas zu sehen. Auch die Lage der »Clu-omidien« ist nicht nur auf die Umgebung des Kernes beschränkt. Die »Chromidien« sind in dieser Zellart ziemlich spärlich vorhanden. Jetzt kommen wu- zu den Spiculamarkzellen. In diesen Zellen habe ich »Cliromidien « gefunden. Sie finden sich meistens zerstreut in der ganzen Zelle, nur in der vorderen Region scheinen sie zu fehlen. Die »Chromidien« waren bis jetzt in diesen Zellen nicht gesehen worden, und ich muß mich wh'klich wundern, wie es eigentlich dazu gekommen ist. Die »Chromidien« sind sehr stark und deutlich ausgebildet, so daß die Existenz derselben keinem Zweifel unterliegt. Der GoLOische Apparat wurde meines Wissens bis jetzt in der Subcutii^ula der Spicularscheide nicht gefunden. Die Existenz desselben unterhegt keinem Zweifel. Er ist immer ausgebildet. Man kann ihn mit 2% Osmiumsäure dar- stellen, und er tritt schon nach acht Tagen in den Präparaten deutlich hervor. Bemerkungen über den Bau einiger Zellen von Ascaris megalocephala usw. 541 V. Kurze Zusammenfassung des Tatsachenmateriales über »Chro- midien« und Golgischen Apparat. 1. «Chromidien« finden sich in den Flächenzellen des Oesophagus, in der Subciiticula und in den Drüsenzellen des Enddarmes, in den Chylus- darmdilatatoren, in den Spiculaexsertoren und den Spicularetractoren, sowie in den Spiculamarkzellen vor. 2. Keine »Chromidien« finden sich in den Mitteldarmzellen, Körper- muskelzellen, Schließmuskeln des Chylusdarmes und Muskelzellen des Hinterendes. 3. Es findet kein Austritt der »Chromidien« aus dem Kerne statt, und man kann auch keine Beziehung derselben zur Kernmembran fest- stellen. 4. Die Form der »Chromidien« ist eine mannigfaltige; in allen Zell- arten überwiegt jedoch die Kugelform, sehr oft findet das Aneinander- reihen der einzelnen »Chromidien «kugeln zu den perlschnurartigen Ge- bilden statt. 5. Die Färbbarkeit der »Chromidien« zeigt eine gewisse Affinität zu den Chromatinf arbstoff en ; jedoch sind zwischen der Färbbarkeit des Chromatins des Kernes und der »Chromidien« verhältnismäßig große Differenzen vorhanden, so daß man auf Grund der Färbbarkeit kein Urteil über eine Affinität des Kernchromatins und der »Chromidien« fallen lassen kann. 6. Bei Anwendung der BENDASchen Mitochondriennachweismethode färben sich die »Chromidien« vollständig den Mitochondrien ähnlich, indem sie sich intensiv tingieren und beim. Ausziehen der Farbe am längsten die intensive violette Farbe behalten. 7. Die innere Struktur der »Chromidien« ist eine homogene und kompakte. Von einer Vakuolisierung ist bei »Chromidien« keiner Zell- art die Rede. 8. In einigen von mii* untersuchten Zellarten findet sich der Golgi- sche Apparat, den man durch die Einwirkung der 2% Osmiumsäure dar- stellen kann, vor. Er findet sich in den Mitteldarmzellen (?) in Fonn von Kugeln um den Kern herum und in den Subcuticulazellen der Spicula- scheide in Form von feinen oder groben Strängen und Kugeln in der ganzen Zelle ausgebildet. 9. Der GoLGische Apparat findet sich in den Subcuticulazellen der Spiculumscheide neben den »Chromidien«. 36* 542 W. J. Kulmatycki C. Theoretischer Teil. "Wie in der Einleitung gesagt wurde, ist die Frage der «Chromidien« noch nicht gelöst. Es sind noch viele Probleme in dieser Hinsicht offen. Das eine Problem der Existenz dieser Gebilde in den Zellen von Ascaris megalocephala konnte geklärt werden, indem festgestellt wurde, in welchen Zellen die ))Clu*omidien « vorhanden sind, weiter, welche Formen der Ausbildung sie besitzen. Die zweite Frage, ob die »Chromidien« bei Ascaris megalocepJiäla aus dem Kerne stammen, konnte ich mit negativem Resultate beantworten; die »Chromidien« stehen in keinem Zusammenhange mit dem Kerne. Sie sind vollständig von demselben in ihrer Herkunft unabhängig. Gold- schmidt hat in seinen ersten Arbeiten den direlrten Austritt der »Chro- midien« aus dem Kerne zu beweisen geglaubt. Diese Behauptung wurde jedoch von einer großen Zahl von Autoren bestritten. Deshalb gibt Gold- schmidt in seiner späteren Arbeit zu, daß es sich vielleicht um keinen direlrten Austritt der »Chromidien«, den man im Mikroskope an fixierten Präparaten sehen kann, handle, sondern, daß der Austritt ein osmotischer Vorgang sei. Daß die »Chromidien« nicht direkt aus dem Kerne aus- treten, das habe ich im beschi'eibenden Teile dieser Arbeit bewiesen. Die Löcher in den Kenmiembranen der Muskelzellen, so wie es Goldschmidt beschreibt, habe ich zwar ähnlich me er gesehen, stelle aber trotzdem die Öffnungen in den Kerimiembranen in keine Beziehung zur Bildung der »Chromidien«, indem dieselben nur in einer Art der Zellen gesehen wurden, und zwar in den Muskelzellen, wo sich doch keine »Chromidien « vorfinden. Was sind dann diese Lücken? Kunstgebilde sind es keine, wie im beschreibenden Teile bewiesen wurde. Man muß annehmen, daß es sich vielleicht um eine pathologische Erscheinung handelt, die jedoch bis jetzt immer noch ein Rätsel bleibt. In andern Zellen des Ascaris- Leibes habe ich gar keine Membranlücken und keinen direkten Austritt gesehen. Ein einziger Fall ist hier aus dem Oesophagus bekannt (Taf. XXni Fig. 21). Diesen Fall muß ich auf Grund meiner Beobach- tungen für ein Kunstprodukt halten. Dieser Teil des Kerninhaltes ist ganz deutlich durch die Wirkung des Messers herausgerissen worden und wurde dann an anderer Stelle im Plasma abgelagert. Es war keine Lücke in der Kernmembran zu sehen. Anzunehmen, daß dieser Chroma- tinteil sich in der nächsten Umgebung des Kernes auf osmotischem Wege gebildet hat, erscheint mir ganz und gar unbeweisbar. Mit diesen Bemerkungen möchte ich also die negative Antwort der Frage: »stammen die ,Cliromidien' aus dem Kerne«? abschließen. Bemerkungen über den Bau einiger Zellen von Ascaris megalocephala usw. 543 Was sind eigentlich die »Cliromidien«? Die Ansichten der Autoren sind in dieser Frage sehr verschieden. Um sie besprechen zu können, muß ich etwas genauer auf das eingehen, was Goldschmidt und die andern Autoren mit dem Namen »Chromidien (c bezeichnen. Goldschmidt sah als erster die »Chromidien <( in den Zellen des Äscaris- Leibes. Er beschrieb dieselben, belegte sie mit diesem Namen ujid glaubte, daß sich diese Gebilde in allen Metazoenzellen, die einer stärkeren Tätig- keit unterliegen, vorfinden. Zu den »Chi'o midien« in den Zellen der andern Metazoen hat er alles, was nur neben dem Kerne in der Zelle vorkommt, gerechnet. Die Basalfäden der Drüsenzellen, die Mitochon- drien, die Pseudochromosomen, die Zentrophormien, den Dotterkern, den Netzapparat von Golgi, die Clu'omatinkörper in den Eiern von Dytiscus marginalis, die NissLschen Körper, das sind diese Gebilde, welche GoLDSCHinDT mit den ))Chromidien« homologisiert. Auf die Unterschiede in Du'er äußeren Form geht er gar nicht ein und bemerkt nur, daß alle diese Gebilde in den Zellen beschrieben wurden, die einer starken Fimktion unterliegen. Auf Grund dieser Homologisierung glaubt er be- haupten zu können, daß jede Metazoenzelle doppelkernig ist, indem sie einen somatischen und einen propagatorischen Kern enthalten soll. Die beiden Kerne können entweder in einem Amphinucleus vereinigt sein, oder sie sind geschieden. Bei dem zweiten Fall nimmt Goldschmidt gewisse Unterschiede an. Es können vorwiegend propagatorische Kerne mit somatischen Merkmalen vorkommen. Dieser Fall, wo der Amphi- nucleus in einen propagatorischen Kern mit somatischen Merlanalen (diese Art des Kernes ist nach GoLDSCHÄnDT das, was man gewöhnlich Zellkern nennt) und den somatischen Kern (den Chromidialapparat) ge- schieden ist, soll am häufigsten vorkommen. Die vollständige Trennung ist sehr selten. In verschiedenen Zellen ist die Trennimg verschieden. »Eine nahezu vollständige Trennung kann in Ganglien- und Muskelzellen verAwklicht sein. Der somatische Kern liegt als Chromidialapparat im Plasma, steht aber in engster Verbindung mit dem vorwiegend propa- gatorischen Kern, von dem aus er immer neu ersetzt wii'd« (1905 S. 112). Popoff (1906) hat die Homologisierung von Goldschmidt noch er- weitert, indem er zu den »Chromidien .( den »Idiozomrest« der Samenzelle zugestellt hat. Die «Cliromidien «ausstoßung soll nach ihm das Gleich- ge^vicht zwischen Plasma und Kern erhalten (Kernplasmarelation). Viele Schüler von Goldschmidt haben versucht, den Ursprung der »Chromidien« aus dem Kerne in den Geschlechtszellen verschiedener Tiere nachzuweisen. Eine nähere Besprechung dieser Versuche findet man im Eeferate von Duesberg (1911). Sehr viele Autoreu haben die »Chi'o- 544 W. J. Kulmatycki midien« in den Somazellen andrer Tiere beschrieben. Von diesen Arbeiten interessiert uns am meisten die von Ehrlich über den Chromidialapparat der Mitteldarmzellen von Äscaris lumbricoides. Er hat keine direkte Ausstoßung der »Chromidien« aus dem Kerne beobachtet. Sehr viele Autoren halten die ))Cliromidien« für Gebilde, welche keinen Ursprung vom Kerne besitzen. Von diesen Autoren interessiert uns am meisten Hirschler, der folgendes auf Grund seiner Beobachtung bei Äscaris megalocephala äußert: »Wir können somit diese Gebilde keineswegs als »Chromidien«, sondern nur als plasmatische Gebilde auffassen, die zu dem Kern in keiner genetischen Beziehung stehen und sich auch tinktoriell anders verhalten. Meiner Ansicht nach trifft die Chromidientheorie und somit auch die Doppelkernigkeitstheorie bezüglich des zytologischen Baues der Ascaridenzellen nicht zu.« »Die genannten Stränge, die ich als Sarkokonten bezeichne, sind transitorische inkonstante Gebilde, die einer totalen Degeneration verfallen und sich wahrscheinlich aus dem Plasma entwickeln können.« Von Kemnitz glaubt festzustellen, man habe bei den ^sram-» Chromi- dien« mit Produkten des Stoffwechsels des Glykogens zu tun. Wie wir sehen, sind die »Chromidien« bei Ascariden sehr verschieden gedeutet worden. Die GoLDSCHMiDxschen Ansichten kann man gar nicht be- stätigen, ein Teil derselben, der spezielle, den Cliromidienaustritt aus dem Kerne betreffend, wurde schon an andrer Stelle dieser Arbeit wderlegt. Jetzt möchte ich einiges hinzufügen, was seine Verallgemeine- rungen betrifft. Er zieht nämlich verschiedene Bildungen unter der Be- zeichnung »Chromidien« zusammen. Darunter findet sich auch der GoLGische Apparat. Den GoLGischen Apparat habe ich in zwei Arten von Zellen bei Äscaris megalocephala mittels der 2% Osmiumsäure und zwar in den Mitteldarmzellen (?) und den Subcuticulazellen der Spicu- lumscheide gesehen. In den Darmzellen findet sich der GoLGische Apparat allein ohne »Chromidien« vor. Hier dürfte man also annehmen, daß der GoLGische Apparat die Stelle der »Chromidien« einnimmt. Dieser An- sicht widerspricht jedoch der andre Befund in der Subcuticula der Spicu- lumscheide, wo der Apparat neben den »Chromidien« sich findet. Damit glaube ich beweisen zu können, daß der GoLGische Apparat etwas ganz andres ist wie die »Chromidien«. In eine Diskussion, ob der GoLGische Apparat in allen andern Zellen dem GoLGischen Apparat der Nervenzellen entspricht, will ich hier nicht eingehen, ebenso wie ich mich hier mit der Frage, ob alle diese Gebilde in andern Körperzellen dem GoLGischen Apparate homologe Gebilde oder, wie Duesberg will, nur »ein Kesultat der Imprägnierung sehr verschiedener Gebilde« sind, nicht befassen werde. Bemerkungen über den Bau einiger Zellen von Ascaris megalocephala usw. 545 Auf eines will ich aufmerksam machen, daß sehr viele Autoren meiner Meinung sind. Zwischen dem GoLGischen Apparat und den »Chromidien« sind keine Beziehungen, und beide Gebilde stehen vollständig getrennt voneinander. Die Frage, ob die »Chromidien« nur in den Zellen, welche einer starken Funlvtion unterliegen, vorkommen, muß ich nach meinen Untersuchungen bei Äscaris megalocephala verneinend beantworten. So- wohl die Dami- wie die Körpermuskelzellen sind doch Zellen, die in großer Funktion begriffen sind, und trotzdem enthalten sie keine »Chro- midien«. In andern Zellen, in welchen im allgemeinen die »Chromidien« vorkommen, konnte ich niemals das Fehlen derselben feststellen. Wenn irgendwelche Art der Zellen »Chromidien« enthält, dann sind sie immer zu finden. Nach verschiedenen Autoren sollen die »Chromidien« voll- ständig in einer Zelle zugrunde gehen und dann wiederum aus dem Kerne (Goldschmidt) oder aus dem Plasma (Hirschler) von neuem entstehen. Ich glaube, daß die Beweise, welche für das Werden und Vergehen der »Chromidien« in den Zellen die oben genannten Autoren anführen, (kontinuierliche Reihen, was die Form und Größe der »Chro- midien« in einer Zelle anbetrifft), nicht zu erhalten sind, indem doch diese Reihen ganz künstHche und zufällige sein können. Was sind dann die »Chromidien <( bei Ascaris megaloceyhala'^ Meiner Ansicht nach sind die »Chromidien« nichts andres wie Gebilde, welche auf Grund irgendwelcher uns nicht näher bekannten Umformungen die Abstammungsprodukte der Mitochondrien bilden. Zu diesem Schlüsse führen mich zwei Gründe: 1. die Form, 2. die Färbbarkeit. Als Grund- form des »Chromidiums« bei Ascaris megalocephala können wir eine mito- chondrienähnliche annehmen. Die »Chromidien« haben in allen Zell- arten des Körpers immer eine kugelige oder eine mehr oder weniger ver- längerte Gestalt. Das entspricht wohl der mitochondrischen (chon- drokontialen usw.) Form, natürlich in stark veränderter Gestalt, welche angeblich ein Produkt einer uns nicht näher bekannten Umformung darstellt. Aus ihrem Verhalten in der Zelle sind die ))Chi'omidien(( den Mitochondrien verwandt. Die einen sowie die andern reihen sich sehr gern aneinander. Die perlschnurartigen »Chromidien« in allen Zellen bilden ein sehr schönes Homologon für dieses Verhalten der Mitochondrien. Den zweiten Beweis für die Verwandtschaft zwischen den »Chromi- dien« und Mitochondrien (Chondro miten, Chondrokontien usw.) sehe ich in der Färbbarkeit. Nach der BENDAschen Mitochondriennachweismethode färben sie sich intensiv dunkelviolett, und beim Differenzieren behalten sie am längsten diese Farbe. Dieses Verhalten spricht ganz deutlich und klar dafür, daß wii* es mit den Piastosomen zu tun haben. 546 • W. J. Kulmatycki Noch einen Beweis kann man anführen, daß die «Chromidien« bei Ascaris megalocephala die Gebilde, welche umgeformte Mitochondrien sind, darstellen. In den Geschlechtsprodukten von Ascaris finden wir so- wohl den GoLGischen Apparat wie auch Mitochondrien. "Welchen Um- formungen unterliegen die Mitochondiien? Ein Teil derselben nimmt wahrscheinlich an dem Aufbau der funktionellen Strukturen z. B. der Stützfibrillen usw. teil, ein Teil derselben bleibt jedoch unverbraucht, er unterliegt gewssen Umformungen und bleibt dann in der Zelle in Form von »Chromidien« erhalten. Weshalb finden vdr in den Muskel- zellen keine «Chfomidien«, ähnlich wie in den Darmzellen? Daß die Stützfibrillen in diesen Zellen eine große Verwandtschaft mit den Mito- chondrien usw. zeigen, beweisen außer meinen auch die Untersuchungen von DuESBERG (1911). Dieser Autor spricht in seiner Arbeit ganz aus- di'ücklich: »In den Zellen des Mitteldarmes färbt man elektiv mit der BENDAschen Methode keine Brocken, welche mit den von Goldschmidt in Fig. 32 seiner Ai'beit (1905) dargestellten vergleichbar wären, sondern ein System von Fibrillen, welche die Zellen in ihrer ganzen Ausdehnung durchziehen« (S. 904). Auch die Stützfasern im Oesophagus zeigen in der Färbung nach Benda ähnliche Verhältnisse, nur daß hier neben den Stützfibrillen auch die »Chromidien« gefärbt werden«. Zum Schlüsse möchte ich auf die Benennung der »Chromidien« zurückkommen. Den Namen »Chromidien« haben diese Gebilde der Analogie wegen mit Strukturen in der Protozoenzelle erhalten. Diesen Namen verwft jedoch Hirschler aus dem ganz richtigen Grunde, daß es sich weder um die Homologie noch Analogie mit den Verhältnissen in der Protozoenzelle handelt. Er benennt sie »Sarcokonten«. Dieser Be- zeichnung tritt wieder Duesberg entgegen, da sie nach ihm zu nahe dem Ausdrucke »Sarcosom« liegt. Ich glaube mit Duesberg, daß man die HiRSCHLERsche Benennung nicht annehmen kann. Da diese GebUde jedoch eine Bezeichnung haben müssen, benenne ich die »Chi'omidien«, natürlich nur in den Ascaridenzellen, »Ascaridochondrien«. Ich benenne sie deshalb so, weil diese Gebilde vielleicht sui generis sind und nur in der Ascaridenzelle vorkommen. Deswegen habe ich den ersten Teil des Namens gebildet. Der zweite Teil des Namens ist gebildet um die Ver- wandtschaft zwischen diesen Gebilden und den Mitochondrien anzudeuten. Bemerkungen über den Bau einiger Zellen von Ascaris megalocephala usw. 547 D. Literatur. 1. Apäthy, St. Über die Muskelfasern von Ascaris usw. Zeitschr. f. wiss. Mikroskopie. Bd. X. 1893. 2. Das leitende Element in den Muskelfasern von Ascaris. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLIII. 1894. 3. Das leitende Element des Nervensystems usw. Mitt. Zool. Stat. Neapel. Bd. XII. 1897. 4. Benda, C. Die Mitochondrienfärbmig und andere Methoden zur Untersuchung der Zellensubstanz. Verh. d. anat. Ges. in Jena. 1904. 5. Die Mitochondria. Ergeb. d. Anat. u. Entwicklungsgesch. Bd. XII. 1902 . 6. Best, F. Über die Karminfärbung des Glykogens und der Kerne. Zeitschr. f. wiss. Mikioskopie. Bd. XII. 1905. 7. BiLEK, Fr. Über die fibrillären Strukturen in den Muskel- und in den Darmzellen der Ascariden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCIII. 1909. 8. 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Bd. XLII. 1902. E. Erklärung der Zeichnungen. b, Ballen in den Darmzellen (»Trophochonder« K. C. Schneiders); If, basale Fibrillen in den Darmzellen; c, Cuticula; a; Chromidien; dr, Drüsenzelle; dg, distale Lamelle; eo, eosinophile Granula; fz, Fasern um den Kern (in den Ösophagiiszellen); //, feinfädige Plasmaschicht um den Kern der Muskelzelle; g, KJttsubstanz der Muskelzelle; ga, GoLGischer Apparat; gm, gefensterte Membranen; Tc, Kern; kf, Fettkugel; m, Muskelleiste; n, nutritorische Zone (Kappe) der Darmzellen. s, »Chromidien« Goldschmidts in den Muskelzellen; sk, Sphaerokristalle; st, Stäbchen der Darmzelle. F. Verzeichnis der Abbildungen. Tafel XXII. Fig. 1. Muskelzelle aus der mittleren Region. BENDAsche Mitochondrienfärbimg. Üc. 4, Ölimm. Vi2- Fig. 2. Muskelzclle aus der mittleren Körperregion. Sublimat-Eisessig. Dela- FiELDSches Hämatoxylin und Eosin. Oc. 2, ölimm. Vi2' Fig. 3. Kern einer Muskelzelle aus der mittleren Körperregion. Garnoy-R. Hei- DENHAiNsches Hämatoxylin. Oc. 4, Ölimm. Vi2- Fig. 4. Kern einer Muskelzelle aus der mittleren Körperregion. Carnoy-R. Hei- DENHAiNsches Hämatoxylin. Uc. 4, Ölimm. Vi2' Fig. 5. Ein Teil einer Muskelzelle, sowie angrenzende Subcuticula und Cuticula. HEBMANNsche Mischuiig, 21 Tage. Uc. 3, Ölimm. Vxz- 550 W. J. Kulmatycki Tafel XXIII. Fig. 6. Ein Teil einer Muskelzelle sowie angrenzende Cuticula. 2% Osmium- säure, 5 Tage. Oc. 2, Ölimm. Vi2- Fig. 7. Kern einer Muskelzelle aus der mittleren Körperregion, mit dem angrenzen- den Plasma. Sublimat-Alkohol. ÜELAFiELDsches Hämatoxylin. Oc. 2, Ölimm. Vi2' Fig. 8. Teil einer Muskelzelle aus der mittleren Körperregion. 2% Osmiumsäure, 5 Tage. Oc. 2, Ölimm. Vi2- Fig. 9. Muskelzelle aus der mittleren Körperregion. Sublimat-Eisessig. R. Hei- DENHAiNsches Hämatoxylin. Oc. 2, Ölimm. Vi2' Fig. 10. Der Kern einer Muskelzelle aus der mittleren Körperregion. Sublimat- Eisessig. ÜELAFiELDSches Hämatoxylin-Eosin. Oc. 2, Ölimm. Vi2- Fig. 11. Der Fortsatz einer Muskelzelle. 2% Osmiumsäure, 5 Tage. Oc. 3, Öl- imm. Vl2' Fig. 12. Ein Teil des Mitteldarmes. BendascIib Mitocliondi-ienfärbung. Oc. 2, Ölimm. Vi2' Fig. 13. Muskelzelle aus der mittleren Körperregion. Sublimat- Eisessig. Ehrlich- sches Hämatoxylin. Oc. 4, Obj. 7, Tubusl. 155. Tafel XXIV. Fig. 14. Ein Teil einer Muskelspindel. 2% Osmiumsäure, 5 Tage. Oc. 4, Ölimm. Vi2" Fig. 15. Eine Partie aus dem Mitteldarm. BENOAsche Mitocliondrienfärbung. Oc. 4, Ölimm. Vi2' Fig. 16. Eine Partie aus dem Mitteldarm. 2% Osmiumsäure, 5 Tage. Oc. 0, Ölimm. Vi2' Fig. 17. Eine Partie aus dem Mitteldarm. BENDAsche Mitocliondrienfärbung. Oc. 2, Ölimm. Vi2- Fig. 18. Eine Partie aus dem Oesophagus mit der inneren cuticularen Auskleidung. Pikrin-Sublimat nach Rabl. R. HEiDENHAiNsches Hämatoxylin. Oc. 4, Ölimm. Vi2' Fig. 19. Eine Partie aus dem Mitteldarm (ein Längsschnitt). 2% Osmiumsäure, 5 Tage. Oc. 2, Ölimm. Vi2- Fig. 20. »Chromidien« in Oesophagusflächenzellen. 2% Osmiumsäure, 5 Tage. Oc. 2, Ölimm. Vi2- Fig. 21. Der Kern einer Oesophaguszelle. Sublimat- Alkohol. Apathys Hämatein I A. Oc. 2, Ölimm. Vi2- Fig. 22. Eine Partie des Mitteldarmes. 2% Osmiumsäure, 8 Tage. Oc. 0, Ölimm. Tafel XXV. Fig. 23. Die Kantenzellen des Oesophagus in der hinteren Region desselben. BENDAsche Flüssigkeit-Eisenhämatoxylin. Oc. 2, Obj. ö. Fig. 24. Eine Flächenzelle aus dem Oesophagus. Carnoy. Eisenhämatoxylin. Oc. 2, Ölimm. Vi2- Fig. 25. Der Kern einer Flächenzelle aus dem Oesophagus mit dem umgeben- den Plasma. Pikrin-Sublimat nach Rabl, R. HEiDENHAiNsches Hämatoxylin. Oc. 4, Ölimm. Vi2> Fig. 26. Eine Partie aus der Flächenzelle des Oesophagus. Sublimat- Alkohol. Apathys Hämatein I A. Oc. 4, Ölimm. Via- Bemerkimgon über den Bau einiger Zellen von Ascaris megalocepliala usw. 551 Fig. 27. Drüsenzellen mit dem anschließenden Plasma der Fläclienzelle im Oeso- phagus. BENDAsche Flüssigkeit. Eisenhämatoxylin. Oc. 2, Ölimm. Vi2' Fig. 28. Plicator und Subcuticula der Spiculumscheidc. 2% Osmiumsäure, 14 Tage. Oc. 4, ülimm. Vi 2« Tafel XXVI. Fig. 29. Spiculascheide. 2% Osmiumsäurc, 14 Tage. Oc. 2, Ölimm. Vi2- Fig. 30. Retractor des Spiculums. 2% Osmiumsäure, 14 Tage. Oc. 4, Ölimm. Via« Fig. 31. Plicator der Spiculumscheide. 2% Osmiumsäure, 14 Tage. Oc. 4, Öl- imm. Vl2- Fig. 32. Dilatator des Chylusdarmes. 2% Osmiumsäure, 14 Tage. Oc. 2, Öl- imm. Vl2' Fig. 33. Eine Drüsenzelle des Enddarmes. BENDASche Flüssigkeit, Eisenhäma- toxylin. Oc. 2, Ölimm. Vi2' Fig. 34. Enddarmsubcuticula. $. 2% Osmiumsäiu-e, 5 Tage. Oc. 2, Ölimm. Vi 2« Fig. 35. Spiculumscheide. 2% Osmiumsäure, 14 Tage. Oc. 2, Ölimm. Vi2' Fig. 36. Parenchymzellen des Spiculums. 2% Osmiumsäiure, 10 Tage. Oc. 0. Ölimm. Vi2' Referate. HoGBEN, L. T. Studies on synapsis. I. Oogenesis in the Hymenoptera. Proc. Eoy. Soc. London, Ser. B, Vol. 91, p. 268—293, with 6 plates (60 fig.). Während die Spermatogenese der Hymenopteren sowie Eireifung und frühe Fur- chimg vielfach untersucht worden sind, fehlen bisher genaue zytologische Untersuchimgen der Ovogenese fast völlig. Wenn auch die Hymenopteren für derartige Studien recht imgünstige Objekte sind, so bieten doch die Fortpflanzungsverhältnisse gerade in dieser Gruppe so viel des Interessanten, daß die Ungunst des Materials mit in den Kauf ge- nommen werden muß. Besonders erwünscht sind vergleichende Untersuchungen über den Verlauf der synaptischen Phänomene und des Reifungsprozesses in parthenogene- tischen »Männchen-« und »Weibcheneiern« der gleichen Spezies. Die bestehende Lücke wird teilweise durch die Arbeit Hogbens ausgefüllt. Der Verf. benutzte zu seinen Studien drei Gallwespen {Cynips kollari, Ehodites rosae und Synergus rheinJiardii), eine Schlupf wespe (Orthopelma luteolator) und eine Ameise (Lasius flava). Cynips kollari lebt auf Eichen und pflanzt sich ausschließlich parthenogenetisch fort, es existieren nur Weibchen. Mitosen in Epithel-, Nerven-, Follikelzellen usw. weisen 20 stäbchenförmige Cliromosomen auf. Die gleiche Zahl findet man in den jungen, noch undifferenzierten Keimzellen, aus denen Follikel-, Nährzellen und Ovozyten hervor- gehen. Ei- und NährzcIIen zeigen die synaptischen Phänomene in gleicher Weise. Im Leptotänstadium bildet das Chromatin einen dichten Knäuel feiner, schwach färbbarer Fäden. Es schließt sich die Synizesis an, die im einzelnen sich nicht verfolgen läßt. Nach Auflockerung des synaptischen Knäuels ist zimächst ein kontinuierliches Spirem vor- handen, das sodann in einzelne Segmente zerfällt, insgesamt zehn, die haploide Zahl. Während nunmehr in den echten Ovozyten die chromatischen Fäden sich auflockern 552 Referate und ihre Färbbarkeit verlieren, zerfallen sie in den zukünftigen Nährzellen in zahllose kleine Granula. Der diffuse Zustand des Chromatins in den Ovozyten wird während der ganzen Wachstuinsperiode, d. h. bis zum Ende der Puppenruhe, beibehalten. Wenn das Ei das Maximum seiner Größe erreicht hat, treten wieder 20 Chromosomen auf, die diploide Zahl also. Die Chromosomen konjugieren paarweise. Es findet somit eine doppelte Konjugation statt, wie sie Agar für Lepidosiren besclirieben hat. Während der Verf. die erste als Parallelkonjugation betrachtet (er schließt dies aus der beobach- teten Längsspaltung der pachytänen Fäden), soll die zweite eine Endkonjugation sein. Die bivalenten Elemente weisen nach der zweiten Konjugation eine deutliche Quer- spalte auf. Zu einem sicheren Entscheid über die Art und Weise speziell der ersten Konjugation zu kommen, scheint mir bei der Kleinheit der chromatischen Elemente unmöglich zu sein. An die zweite Konjugation schließt sich eine abortive Mitose an, deren Bedeutung nicht ganz klar ist. Die bivalenten Chromosomen ordnen sich in einer Spindel an, werden (reduktioneil) geteilt, die Tochterchromosomen rücken aber nun nicht an die Pole, sondern verschmelzen zu zwei kompakten Cliromatinklumpen, die sich dann in einen vereinigen, welcher nach Wiederherstellung des Kernes als großer »Chromatinnukleolus « im Innern liegt, eine bei Hymenopteren des öfteren zu beobachtende Erscheinung. Die Vorgänge nach Ablage der Eier wxu"den nicht untersucht. Rhodites rosae pflanzt sich ebenfalls rein parthenogenetisch fort. Männchen werden nm' ganz selten gefunden. Die zytologischen Verhältnisse sind ähnlich wie bei Cynips, nur ist die diploide Chromosomenzahl 18. Die Chromosomen sind sehr klein. Auch hier beobachtete Verf. eine doppelte Konjugation sowie eine abortive Mitose. Die Reifungs- prozesse wurden niclit untersucht. Diese Angaben stehen in scharfem Gegensatz zu denen von Schleif, harmonieren indessen großenteils mit den älteren Angaben von Henking. Nach Schleif ist die normale Chromosomenzahl von Rhodites rosae etwa zwölf, es findet keine Pseudoreduktion statt, beide Reifungsteilungen sind Äquations- teilungen, im Fui'chungskern sind wieder etwa zwölf Chromosomen festzustellen. Nun hat allerdings Schleif die Vorreifungsstadien nicht untersucht, das Fehlen einer Konju- gation schließt er lediglich aus seinen Beobachtungen über den Reifungsprozeß. Wenn in der Tat eine Pseudoreduktion stattfindet und zwei Reifimgsteilungen sich anschließen, so ist es selir wahrscheinlich, daß eine Reduktion erfolgt. Da aber im Fmchmigskern sicher die Normalzahl vorhanden ist, so bliebe noch festzustellen, wie diese wiederher- gestellt wird, ob etwa durch Wiedervereinigung des zweiten Richtungskörpers mit dem Eikern oder — was mir wahrscheinlicher ist — durch Verdoppelung der Chromosomen- zahl im Furchungskern, wie sie Henking angenommen hat. Da bisher kein Beweis für das Vorkommen einer solchen Verdoppelung der Chromosomenzahl bei natürlicher Parthenogenese erbracht ist, ist eine erneute Untersuchung des gesamten Clu-omo- somenzyklus von Rhodites rosae dringend erforderlich. Die Untersuchung von Synergus rheinhardii und Orthopehna luteolator führte im wesentlichen zu den gleichen Resultaten wie bei den erstgenannten Formen. Lasius flava hat 24 Chromosomen diploid. Nach derSynizesis ist die haploide Zahl vorhanden. Die für die parasitischen Hymenopteren charakteristische zweite Kon- jugation und die abortive Mitose vor Ablage des Eies fehlen. Weitere Beobachtungen des Verf. beziehen sich auf die akzessorischen Kerne des Hymenoptereneies und den Keimbahnkörper. Bei Synergus und Formica entstehen die ersteren aus Kernpartikeln. Es sind transitorische Gebilde. Die eingehenden Unter- suchungen Büchners über die akzessorischen Kerne sind dem Verf. noch unbekannt. Referate 553 Der für manche Hymenopteren beschriebene Keimbahnkörper, auch Oosoma genannt, entsteht nicht, wie Silvestri und Hegner angenommen haben, aus dem Kern, sondern aus zytoplasmatischen, nicht mit Mitochondrien identischen Granulis. Nachtsheim. Metz, Ch. W. and Nonidez, J. F. Spermatogenesis in the fly, Asilus sericeus. Journ. of exper. Zool., Vol. 32, 1921, p. 164—185, with 2 pla- tes (22 fig.). Die umfassenden Vererbungsexperimente mit Drosophila lassen eine möglichst eingehende Durchforschung der Samen- und Eireifung der Dipteren als dringend er- wünscht erscheinen. Nur so kaim der Crossing-over-Theorie die zytologische Basis geschaffen werden, die ihr noch fast vollständig fehlt. Die bisherigen Untersuchungen über die Geschlechtszellenbildmig der Dipteren beschäftigen sich nahezu ausschließlich mit den Geschlechtscliromosomen, lassen aber die für die MoRGANsche Theorie so wich- tige Wachstumsperiode unberücksichtigt. Die vorliegende Arbeit soll die erste einer Reihe von Untersuchungen sein, die speziell dieser Periode gewidmet sind. Es ergab sich, daß die Dipteren oder doch wenigstens gewisse Gruppen zum Studium der synapti- schen Phänomene durchaus nicht so imgünstige Objekte sind, wie im allgemeinen an- genommen wird. So liegen auch bei der von den Verff. zunächst untersuchten Spezies Äsilus sericeus die Verhältnisse hinsichtlich der meisten Stadien ziemlich klar. Die Spermatogonien von Asilus sind relativ groß, die der letzten Generation sind etwas kleiner, die Cliromosomen in der Metaphase stärker zusammengedrängt. Wie es Miss Stevens und insbesondere der eine der Verf. für eine große Zahl von Dipteren bereits beschrieben haben, sind auch hier die homologen Cliromosomen immer zu Paaren an- geordnet. In den Prophasen sind die Paarlinge häufig so eng verbunden, daß der Ein- druck erweckt wird, als seien es nur Einzelelemente. Insgesamt sind zehn Chromosomen in den Spermatogonien vorhanden, also fünf Paare, von denen das kleinste Paar wahr- scheinlich die (morphologisch nicht differenten) Geschlechtscliromosomen darstellt. Im Ruhekern sind die Chromosomen nicht getrennt nachweisbar. Bei der letzten Spermatogonienteilung gehen die Chromosomen wieder paarweise an die Pole. In der Telophase ist die Dualität kaum noch erkennbar, man zählt fünf bivalente Chromosomen. In den jungen Spermatozyten verliert das Chromatin zunächst seine Färbbarkeit. Dieses Stadium, von den Verff. als Stadium a bezeichnet, entspricht dem frühen Ruhestadium der Spermatogonien. Außer dem kaum färbbaren Cliromatin enthalten die Kerne einen kleinen Nukleolus. Die Tatsache, daß sich immer nur ganz wenige Zellen auf diesem Stadium befinden, weist darauf hin, daß es nur von km'zer Dauer ist. Sehr bald verdichtet sich das Chromatin wieder, es treten fünf Paar Cliromo- somen (Prochromosomen) auf, die gegenüber den Spermatogonienchromosomen nicht verändert sind. Die Kondensierung der Chromosomen schreitet rasch fort, das kleinste Paar ist in der Regel dem Nukleolus angeheftet. Dieses Stadium b ist der frühen Pro- phase der Spermatogonien gleichzusetzen. Ein Vergleich dieser ersten Stadien der Spermatogenese von Asilus mit den ent- sprechenden Stadien bei Oncopeltus und anderen Insekten fülirt die Verff. zu dem Resul- tat, daß hier die Vorgänge im wesentlichen die gleichen sind, doch fehlt die für die Di- pteren so charakteristische paarweise Anordnimg der Chromosomen. Bei Oncopeltus und den andern Insekten ergeben die Proclirosomen des Stadiums h die leptotänen Fäden, 554 Referate sodann folgt die Synapsis, es treten die pacliytänen und diplotänen Fäden auf. Bei Asilus fehlen in der Spermatogenese die synaptischen Phänomene nahezu vollst an d ig. Man beobachtet lediglich eine Polarisierung der fünf langsam sich ver- längernden diplotänen Fäden gegen den Nukleolus, an den sie sich schließlich alle mit dem einen Ende anheften. Eine Umbiegung der Fäden zu Schleifen erfolgt nie. Auch das Leptotänstadium fehlt, die Doppelnatur der Fäden bleibt immer selir deut- lich. Dieses Stadium persistiert bis zur ersten Reifeteilung. An eine kurze Kon- traktionsperiode schließt sich die Prophase an. Die Spermatozytenteilungen bieten keine Besonderheiten. Als Doppelfäden (Dyaden) treten die fünf Chromosomen in die erste Teilung ein, die von denVerff. als Reduktionsteilung betrachtet wird. Bei der zweiten Teilung werden die fünf Einzel- chromosomen längsgespalten. Bei einer andern Spezies, Asilus notalus, ist der Prozeß im wesentlichen der gleiche, doch sind die im Anschluß an das Stadiiun b ablaufenden Vorgänge etwas komplizierter als bei sericeus und erinnern oberflächlich mehr an die bei den Hemipteren zu beobach- tenden Phänomene; immerhin bleibt auch bei notatus das Diplotänstadium dauernd erhalten. Eine derart einfache Spermatogenese ist für Tiere bisher nicht bekannt — wenn wir von den Fällen, wo infolge der haploiden Beschaffenheit der Männchen dis synapti- schen Phänomene ausfallen, absehen — , hingegen liegen für Pflanzen ähnliche Beob- achtungen vor, so z. B. von Overton an Thalidrum u. a. Hier sind die Chromosomen ebenfalls schon in den somatischen Zellen paarweise angeordnet, und wie bei Asilus bleibt das Cliromatin in der Wachstumsperiode vor der Reifung in der Form konden- sierter bivalenter Fäden erhalten. Was die Frage des Crossing-overs anbetrifft, so sind die vorliegenden Unter- suchungen völlig negativ ausgefallen. Nichts spricht für das Vorkommen eines Aus- tausches von Chromosomenteilen zwischen den homologen Elementen. Insofern wäre ja dieses Resultat völlig in Übereinstimmung mit den genetischen Ergebnissen an Droso- phila, wo auch ein Austausch im männlichen Geschlecht fehlt. Aber die Verff. betonen ganz mit Recht, daß erst dann dieses Resultat einen Wert erhält, wenn eine Unter- suchung der Ovogenese von Asilus Verschiedenheiten aufdeckt und Anhaltspunkte für einen Austausch beim Weibchen bietet. Nachtshelni. ->**«- Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. Archiv für Zell forsch ung. Bd. XVI. Tafel XX. ÄTT-^ X',\ V -:-(^S-' i— ■■4-— n X / 3. 4 : r fV'T— v..ir^-r-, •^J.-h--. M dc-j:^ .1 f „^ s. h^:- i'.^; N 1 ,/ , r' >.. « 'r/vi/ ^o^i??-^-^ ;;-.r«i. ■• ^ -.. ■-»h5A- Fig. 12. '.^eo Fig. 11. Fig. 9. ^ Fig. 13. Kulmatvcki. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Archiv für Zellforschung. Bd. X VI. Tafel XXIV. Fig. 14. Fig. r Fig. 21. -^ Fig. 16. m -^ >/ _ ^ -uj-^ Fig. 19. Fig. 22. Kulmatycki. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Archiv für Zellforschung. Bd. X VI. Tafel XXV. K ulmaty cki Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Archiv für Zellforsckung. Bd. XVI. Tafel XX VI. ff?- er Fig. 29. X y er- r V / 9 s \ C • • _ »^ -^ •• O ? • • • 90 •X« 9tf e ••• a«, o» -O" ^ <». Ja . -<5 Fig. 30. Fig. 32. •. - l ; Fig. 31. er • V Fig. 34. ^°- Fig. 33. ,-V c Fig. 35. /: Fig. 36. Kulmatycki. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG Soeben erschien : PHYSIKALISCHE CHEMIE DER ZELLE UND DER GEWEBE VON DR. MED. RUDOLF HÖBER O. Ö. PROFESSOR DER PHYSIOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT KIEL FÜNFTE, NEUBEARBEITETE AUFLAGE I. Hälfte Mit 81 Textfiguren. XV und 544 Seiten gr. 8" Vorläufig nur geheftet: M. 575.- In Leinen gebundene Exemplare können erst nach Erscheinen der II. Hälfte (voraussichtlich 1923) geliefert werden. Aus den Besprechungen der 3./4:. Auflage Die Naturivissenschaften. Das Buch ist bereits bei seinem ersten Erscheinen al s eine gan z hervorragende Bereicherung unserer wissenschaftlichen Literatur anerkannt worden, unddiestetig kürzere Spanne zwischen den Neuauflagen ist ein Beweis, wie schnell sich der Kreis, der daraus Belehrung holen will, vergrößert. Es ist erstaunlich, wie das ungemein vielsei-tige Material in demBuche organisch verarbeitet wird.- Nicht tote Tatsachen werden einem dargeboten, sondern ein von kritischem Geist gesichtetes Ganze. Der lebendige, klare Stil trägt dazu bei, die Lektüre des Buch es zu einem Genuß zu gestalten. P. Rena, Berlin. Chemisch Weekhlad. Degene, die de literatuur op dit gebied in de laatste jaren gevolgd lieeft, zal HÖBER gaarne toegeven, dat het uiterst moeilijk is, het vele in een leerboek thans overzichtelijk te rangschikken en nog moeilijker de scherp tegenover elkaar staande nieeningen tot hun recht te laten komen. Wie zou dit beter hebben kunnen doen daan HÖBER, die zoo'n groot aandeel in de onderzoekingen gehad heeft en die steeds zoo duidelijk en eenvoudig de zaken weet te behandelen. Zooais men in den bovenstaanden inhoud ziet, behandelt HÖBER ook de voor den bioloog belangrijkste gedeelten uit de physische Chemie. Deze hoofdstukkeu hebben voor de biologen zeker bijzondere waarde. Er zijn slechts weinigen die zelfs voor hen. die op dit gebied vrij wel vreemd zijn, de moeilijke en toch steeds meer onmisbare hulpmiddelen der physische Chemie zoo helder en .scherp weten voor te dragen als HÖBER. Hij maakt hun hiermede en ook anderszins met zijn voortreffelijk bijgehouden werk den arbeid lichter. Revue scientifique. On voit que l'ouvrage de M. Höber comble une lacune dans la litt6rature scientiflquc. Ajoutons que l'auteur s'efforce toujours de donner aus notions qu'il expose une pr6cision qui pennet de les saisir sang peine ; il a l'esprit elair et rcussit ä simplifler au lecteur s;» täche. ^ature. The whole volume well deserves careful reading, and it is to be hoped that it will find a wide circle of readers amongst workers in all divisions of the very comprehensive subject of biology. IBerlag t)on SH^tll^eltn C^ngelmann in fietpsig Soeben eirfc^ien: ©eorg 9Beber Beltge((^t(^te in übet|i(^tn(^er Sarftellung 23. 5luflage 5Bt5 1914 bearbeitet t)on 5prof. Dr. D. ßanger f IBon 1914 bis auf bie ^egentoart fortgeführt t)on 5prof. Dr. Ä. ©uttDaffer in ßeipsig XII u. 779 Seiten gr. 8° iprefs geheftet 9». 350.-; in Seinen gebuntten mit Sc^u^^iilfe SR. 590.—. 9Ius ben Sefprei^ungen ber 22. Auflage: (Ein altes Suc^, beffen so^Ireic^e 3IufIogen feine Srauc^barfeit 5ur ©enüge bc» roiefen f)aben.