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Ausführliches Handbuch
der
PHOTOGRAPHIE
von
Ho&at Dr. Josef Maria Eder.
Mit über 2000 Abbildungen und zahlreichen Tafeln.
Erster Band, erster Teil.
Dritte gänzlich umgearbeitete und vermehrte Auflage.
Halle a. S.
Verlag von Wilhelm Knapp.
1905.
Geschichte
PHOTOGRAPHIE
Hofrat Dr. Josef Maria Eder,
MK 148 Abbildungen und 12 Tafeln.
Dritte gänzlich umgearbeitete und vermehrte Auflage.
Halle a. S.
Verlag von Wilhelm Knapp. 1905.
Vorwort.
Das älteste Quellenwerk über die Geschichte der physikalischen Erkenntnis des Lichtes und seiner Wirkungen lieferte wohl Priestley in seiner „Geschichte der Optik" (1772), worin er auch einige spär- liche Mitteilungen über die chemischen Wirkungen des Lichtes bringt. Ebermaiers „Versuch einer Geschichte des Lichtes und dessen Ein- fluß auf den menschlichen Körper" (1799), sowie Horns ,,Über die Wirkungen des Lichtes auf den lebenden menschlichen Körper mit Ausnahme des Sehens" (1799) bringen viele historische Notizen, aber sie sind fast nur von Interesse für die Physiologie. Über ältere Theorien des Lichtes überhaupt, sowie in chemischer Beziehung, findet sich in Johann Carl Fischers großer „Geschichte der Physik" (1801 bis 1806, 8 Bände) sehr viel Bemerkenswertes, von dem auch hier einiges benutzt wurde. Ähnliches gilt von Gmelins „Geschichte der Chemie" (1799) und Fischers „Physikalischem Wörterbuch" (1801 bis 1825, 9 Bände). Ganz ausgezeichnete und schätzenswerte Behelfe lieferten aber Link und Heinrich in ihren von der k. Akademie der Wissenschaften in Petersburg gekrönten Preisschriften „Über die Natur des Lichtes" (1808), in welchen nicht nur eigene Beobachtungen mitgeteilt, sondern auch mit anerkennenswerter Sorgfalt ältere Angaben registriert wurden. Dieses Werk wurde fast gänzlich in das vortreffliche Sammelwerk Landgrebes „Über das Licht" (1834) eingeordnet und letzterer bringt im allgemeinen so ziemlich dieselben älteren und die bis zum Jahre 183ii erweiterten Literaturnachweise nebst ausführlicher Inhaltsangabe einer großen Anzahl älterer Mitteilungen. Eine wertvolle Bereicherung der photochemischen Literatur bot G. Snckows „Commentatio physica de lucis effectibus chemicis" (Jena 1828), welche mit dem Motto „Nihil luce obscurins" versehen und Döbereiner gewidmet ist. Die Schrift wurde mit einem Preise von der Universität Jena gekrönt. Nach Suckow bearbeitete auch noch J. Fiedler selbständig die ältesten Quellen. Seine lateinische Dissertationsschrift „De lucis effectibus chemicis in corpora anorgnnica" (1835) ist mit höchst verdienstlicher Sorgfalt verfaßt. Dieser Autor
157187
VI Vorwort.
Übertrifft in einzelnen Teilen seiner historischen Schilderung weitaus seine Vorgänger und er fußt übrigens mehr auf Priestleys „Geschichte der Optik", als dies seine Vorgänger getan haben. Eine wesentliche Stütze bei der Bearbeitung der Geschichte der Photochemie des 19. Jahr- hunderts bietet auch Karstens Literaturbericht der Photochemie, welcher in den „Fortschritten der Physik pro 1845" erschienen ist. Es ist vielleicht die Bemerkung nicht überflüssig, daß die Lehr- und Hand- bücher der „Photographie" mich bei der vorliegenden Arbeit ganz im Stiche ließen, da selbst in den berühmten Werken Hunts (Research es on light) und Becquerels (La lumiöre) die historischen Notizen gänz- lich unzulänglich sind und W. J. Harrisons „History of Photography" (1888) die Zeit vor Daguerre ganz oberflächlich behandelt. Daß Fouques Geschichte (La v6rit6 sur Pinvention de la Photographie, 1867) nichts als die Erfindungen Niepces behandelt, ist wohl bekannt.
Da die Vorbehelfe durchaus nicht ausreichend waren, so mußte ich eine Unzahl alter Schriften Band für Band durchsehen und, mit großem Zeitaufwand, unter den absonderlichsten Titeln photochemische Arbeiten aufsuchen, um das Substrat für meine „Geschichte der Photo- chemie" zu beschaffen, von welcher ich im Jahre 1881 das erste Frag- ment in der „Photographischen Korrespondenz" publizierte; die erste Auflage meiner „Geschichte der Photochemie", welche als erstes Heft meines ausführlichen Handbuchs der Photographie im Jahre 1891 er- schien, enthielt zum ersten Male diese Studien als zusammenhängendes Ganzes und ich kann wohl sagen, daß ich damit die Geschichte der Photographie in der Vor-Daguerreschen Zeit begründet habe. In- wieweit ich bei meinen historischen Quellenstudien vollständiger als meine Vorgänger bin, zeigt der einfache Vergleich. Es sei bemerkt, daß alle späteren Geschichtsschreiber auf diese meine Quellenstudien sich stützen.
Sehr gründliche weitere Quellenstudien stellte im Anschluß an meine grundlegende l^iblikation General Waterhouse in London an, welcher eine Keihc von Abhandlungen in „The Photographic Journal' 1901 bis 1903 unter Benutzung meiner Publikation veröffentlichte und zwar „Notes on Early Tele -Dioptrie Lens-Systems, and the Genesis of Telephotography" (The l^hotographic Jouinal, Vol. XXVI, Nr. 1), ferner „Notes on the Early History of the Camera Obscura" (The Photogr. Journal, Vol. XXV, Nr. 9), „Historical notes early Photographie optics" (The Journal of the Camera Club, September 1902) und „The beginnings of photography. A chapter in the history of the development of photo- graphy with the Salts of silver" (The Photogr. Journal, Vol. XLIII, June 1903), durchwegs sehr ernste und exakte Forschungen.
Vorwort. vn
Auch andere benutzten meine historischen Quellenstudien, ver- schwiegen jedoch die Quelle, aus der sie scIiöpfteD und schrieben auch in anderen Fällen mit Sachunkenntnis aus zweiter Hand ab, —Wahres und Falsches kritiklos vermengend, wie ich in der „Photngraphischen Korrespondeuz" 1891, S, 148 und 254 nachgewiesen habe; wir haben uns mit ihnen nicht weiter zw befassen. Dagegen sind Jerome Harri- sons „A History of Photography " {Bratiford 1888) sowie John Werges „The evohition of photography" (London 1890) gut und gewissenhaft gearbeitete Bücher, insoweit der Anteil Englands und Amerikas an der Erfindung der Photographie im 19. Jahrhundert in Betracht kommt. In interessanter Schilderung, aber begrenzt auf einen kleinen Kreis von Erfindern der Photographie, sind R, Colsona „Mömoires nriginaux des cröateurs de la Photographie", Paris 1898, geschrieben. Er beschränkt sich auf Nicephore Niepce, Daguerre, Bayard, Talbot, Niepce de St Victor, Poitevin, bearbeitet deren Biographien und Arbeiten mit Sorgtalt, nimmt jedoch" auf andere Erfinder keine Rücksicht. Der Anteil deutscher und österreichischer Erfinder an dem Fortschritte der Photographie ist sämtlichen dieser englischen und franKÖsischen Autoron leider großenteils unbekannt geblieben. Deshalb sah ich mich veranlaßt, der Entwicklungsgeschichte der Photographie in ihrer internationalen Gesamtheit, insbesondere auch nach Daguerre, in diesem Werke besondere Aufmerksamkeit zu widmen und ich war bemüht, unter genauestem Quellenstudium gröttte Objektivität bei der Abfassung meiner Geschichte der Photographie walten zu lassen.
Meine „Geschichte der Photographie" ist in drei Etappen ent- standen: zuerst bis zur Wende des 18. Jahrhunderts, welches Fragment, wie erwähnt, 1881 publiziert wurde. Dann wurde von mir im Jahre 1891 die Entwicklung der Photocbemie bis Daguerre und Niepce veröffentlicht (s. o.) und hierauf erfolgte die erste quellenmältigc er- schöpfende Behandlung des Gesamtgebietes der Photographie mit genauen Literatur- und historischen Nachweisen in meinem „Ausführlichen Hand- buch der Photographie"; dieses Work diente mir auch als Vorarbeit für die Geschichte der modernen photographischen Verfahren. An der Hand dieses Materials konnte ich nun in der vorliegenden dritten Auflage meiner Geschichte zum ersten Male den Vei-such wagen, die Erfindungs- geschichte der Photographie bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zu schildern. Ich unternahm es auch, eine Anzahl von Inkunabeln und Porträten, welche auf die Geschichte der Photographie Bezug haben, in guten Reproduktionen dem Werke beizugeben, da diese zum Teile äußerst selten geworden und schwer zugänglich, ja fast vorschotlen sind. Diese Inkunabeln der Photographie sind nur an wonigen Urten, nämlich
vm Vorwort,
besonders in Paris, London und "Wien auffindlich; namentlich die Samm- lungen der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, der Photographischen Gesellschaft und der k. k. Technischen Hochschule in "Wien enthalten höchst schätzbares Material, welches zum Teile schon seit 1839 aufgesammelt, aber bisher nicht verarbeitet wurde und in weiteren Kreisen fast ganz unbekannt ist. Zu besonderem Danke bin ich dem Prä- sidium der Pariser Photographischen Gesellschaft und dem Pariser Photo-Club, der Londoner Photographic Society, General "Water- house in London, Prof. Vidal in Paris, Herrn Davanne in Paris, Herrn Braun in Domach, Herrn J. Demaria in Paris, 6. E. Brown in London und vielen anderen verehrten Fachkollegen verbunden, welche meine historischen Nachforschungen in entgegenkommender Weise förderten. Obwohl meine „Geschichte der Photographie" wohl die voll- ständigste sein dürfte, welche bisher versucht wurde, so kann sie doch nicht erschöpfend sein, da der mir zur Verfügung stehende Raum zu einem breiteren Behandeln nicht ausreicht. Das Eingehen in allzu kleine Einzelheiten würde auch die Übersicht meiner Schilderung stark beeinträchtigt haben.
Wien, im März 1905.
Der Verfasser.
Inhalt.
»Ic Geschichte der Photographie.
Ssits
Erstes Kapitel. Von Aristoteles (4. JahrbuDdert vor Cbr.) bis zu den Alchimisten 1 Zweites Kapitel. YerauDhe mit Naturselbstdnick im 16. und 17. Jahrhundert 20
Drittes Kapitel. Zur Geschichte der Camara obscum 26
Viertes Kapitel. Zur Geschichte des stereoskopischen Sehens 3!)
Fünftes Kapitel. Erfindung des Projektionsapparates im 17. Jahrhundert . 40 Sechstes Kapitel. Photochemische Studien der Saturforscber des 17. Jahr- hunderts bis BeBtuscheff 45
Siebentes Kapitel. Phosphoreszenzerscheinungen der „ Louchtsteine " nnd
Entdeckung der IJchtempfiDdlicbkeit der Silbersalze 48
Achtes Kapitel. Photochemische Forschungen im 18. Jahrhundert bis Beccarius und Benzins (1757) nebst einem Exkurse über den damaligen Stand der
Kenntnisse von der Unbeständigkeit der Farben 54
Neuntes Kapitel. Von der Oyphantie (1761) bis za Scheele (1777) ... 61 Zehntes Kapitel. Von Priestley (1777) bis Senebier (1782), nebst einem Exkurse über die damalige Verwendung lichtempfindlicher Verbindungen
in der Magie 69
Elftes KapiteL Von Scopoli (1783) bis Rumford (1798) 78
Zwölftes Kapitel. Von Vaoquelin (1798) bis üavy (1802) 92
Dreizehntes KapiteL Studien von Sage (1803), Link und Heinrich über die Satur des Lichtes (1804—1808) bis zu Gay-Lussac und Thenard
(1810) 106
Vierzehntes Kapitel. Entdeckung der Photographie in natürlichen Farben
durch Seebeck (1810) bis zur Bekwintmachung der Daguerrcotypie (1839) 117 Fünfzehntes Kapitel. Spezielle Untersuchungen über die Wirkung des
Lichtes auf organische Verbindungen 146
Sechzehntes Kapitel. Nicephore Niepce und Dagnerre 153
SiehzehntesKapitel. Die photographischen Porträt- und Sekundeoanf nahmen 209 Achtzehntes Kapitel. Erfindung dps Petzvalschon Porträtobjektives . , . 230 Neunzehntes Kapitel. Emporblühen der Photographie als Gewerbe . . . 240
Zwanzigstes Kapitel. Kolorierung von Daguerreotypien 236
EinundzwanzigsteaKapitel. Erfindung der Photographie mit Papiernegativen
und Papierpositiven 237
Zweiundzwanzigstes Kapitel. Rückwirkung der Erfindung der Daguerreo- typie, Talbotypie und der ältesten photo mechanischen Verfahren auf ias
graphische lUust rat ions verfahren 251
DreiundzwanzigstesKapitei. Photographische GIasnegative,Niep^typie usw. 257
X Inhalt.
Seite Vierundzwanzigstes Kapitel. Einführung des Kollodiums in die Photo- graphie 261
Fünfundzwanzigstes Kapitel. Direkte Kollodiumpositive in der Kamera . 269 Sechsundzwanzigstes Kapitel. Das Bade - Kollodium - Trockenverfahren
und die Erfindung der alkalischen Entwicklung 271
Siebenundzwanzigstes Kapitel. Stereoskop - Photographie 281
Achtundzwanzigstes Kapitel. Mikrophotographie 284
Neunundzwanzigstes Kapitel. Photogrammetrie und Ballonphotograph ie.
I. Photogrammetrie 289
II. Photographie vom Luftballon aus 291
Dreißigstes Kapitel. Bromsilbergelatine 294
Einunddreißigstes Kapitel. Die photo- elektrischen Fernseher 313
Zweiunddreißigstes Kapitel. Orthochromasie 315
Dreiunddreißigstes Kapitel. Künstliches Licht in der Photographie . . 326 Vierunddreißigstes Kapitel. Kopierverfahren mit Silbersalzen .... 334 Fünfunddreißigstes Kapitel. Kopierverfahren mit Eisensalzen. — Licht- pauserei. — Platinotypie 340
Sechsunddreißigstes Kapitel. Photographische Verfahren mit Chromaten.
— Einstaubverfahren. — Pigmentdruck. — Gummidruck ...*... 344 Siebonunddreißigstes Kapitel. Photokeramik, Emailbilder mittels des
Kollodium- und des Einstaubverfahrens 356
Achtunddreißigstes Kapitel. Auers Natursolbstdruck und Kobells Galvano-
graphie 360
Noununddreißigstes Kapitel. Heliogravüre mittels geätzter oder galvanisch
behandelter Daguerreotypplatten 369
Vierzigstes Kapitel. Erfindung der Photogalvanographie für Kupferdruck -
und typographische Vervielfältigung 374
Einundvierzigstes Kapitel. Herstellung von Heliogravüren mittels des
Aspbaltverfahrens. Anfänge der Halbton -Stahlätzungen 385
Zweiundvierzigstes Kapitel. Heliographische Stahl- und Kupferätzung
mittels des Chromat -Leim Verfahrens 390
Dreiundvierzigstes Kapitel. Photolithographic. — Zinkographie. — Algraphie 397
Vierundvierzigstes Kapitel. Lichtdruck 405
Fünfundvierzigstes Kapitel. Photograpbischo Metallätzung für Buchdruck- klischees. — Halbtonbilder. — Photozinkotypie, Kupferätzung und Autotypie 409
Sechsundvierzigstes Kapitel. Dreifarbenphotographie 426
Siebenundvierzigstes Kapitel. Photochromie 441
Achtund vierzigstes Kapitel. Photographische Fachliteratur, Fachgesell- schaften und Bildungsstätten 451
Verzeichnis der Illustrationstafeln.
Tafel I: Daguerreotypie von Lerobours & Secrotan in l'aiis aus dem
Jahro 1850 {Aosicht von Paris) 233
Tafel II : Lichtdrnckreproduktiou einer „ KaIoty|iio " (<Jlil<irEilbei'k<i|>ie oacb einem Papiernegativ) von Fos: Talbot aus seinem Werke
„Pencil of naturc" 1844 246
Tafel III: Helit^ravure auf geätzter DaguerreotyppUtte von J. Berres 1840. 370
Tafel IV: Photogalvanograpliie von Paul Protsch 1857 375
Tafel V: £iste Probe der Generalstabskarte des k. u. k. MilitärgeographiBuhcn
Institutes 1860. Photogalvanographic vom Pigmentrelief ... 383 Tafel VI: .Heliographie" auf Stahl (Hiepce de St. Victors Asphaltver- fahren). Fortrat des Marsulialls Randon naub oiaer Aufnabme dea Pbotographen Cremiöre in Paris (Mitte der fünfziger Jahre) 385
Tafel Vll: Heliogravüre in Kupfer von Fos Talbot 1859 - 390
Tatul VIU: Heliogravüre von K, Kliü vom Jahro 1880 394
Tafel IX: Lichtdnifckreproduktion einer „Lithophotographie" (Asphaltverfahren)
von Lemercier, I.erebours, Barreswil l\: Davanne (1853).
Nach einem photographiKohen Papiornegativ von LeseciJ (1852) 398
Tafel X : Licbtdruckreproduktion einer Photolithographio in Halbton von
Poitevin (mittels CbronieiireiU direkt auf den Stein kopiert,
1857) 400
Tafet SI: Llcbtdnick {Faksimile -Reproduktion) von Tessie du Motay und Mareohal (1867), nach uinor Aufnahme von Wegener und
Mottu 405
Tafel XII: Faksimilo-Eeproduktion einer direkten I'hotocliromio auf einer chlorierton Silberplatte von Niopce de 8t. Victor (ausgestellt in der Pariser Weltausstellung 1867) 443
Verzeichnis der Text- Illustrationen.
Seite Fig. 1. Reproduktion einer goldenen Alchimisten -Medaille vom Jahre 1647 . 14 Fig. 2. Silberne Denkmünze des Alchimisten Kronemann, ca. 1670—1680 . 15
Fig. 3. Goldene Alchimisten -Medaille vom Jahre 1716 16
Fig. 4. Faksimile der Handschrift Boccones 22
Fig. 5. Naturselbstdruck von „filix ramosa", ausgeführt vom Zistorziensermönch
Boccone 1685 • . . . . 23
Fig. 6. Naturselbstdruck eines Geraniurablattes, ausgeführt vom Zisterzienser- mönch Boccone 1685 24
Fig. 7. Porträt Leonardo da Vincis. Gemälde in den üffizien zu Florenz (nach einer Originalphotographie von Alinari in Florenz, mit
dessen Genehmigung reproduziert) 28
Fig. 8. Daniel Barbaro, venetianischer Edelmann, welcher um das Jahr 1568 zuerst eine Sammellinse in der Camera obscura benützte. (Nach einem Stich von Hollar des von Tizian gemalten Porträts.) . . 30 Fig. 0. Poi*trät Johann Baptist Portas (nach einem alten Kupferstiche) . 32 Fig. 10. Johann Zahns kleine transportable Camera obscura (1665) .... 36
Fig. 11. Kirch ers Camera obscura (1671) 37
Fig. 12. Kamera in Tischform (aus dem 18. Jahrhundert) 38
Fig. 13, 14. Zahns Abbildungen der Laterna magica (1665) 41
Fig. 15. Darstellung der Laterna magica nach Athanasius Kirchors „Ai*s
magna lucis et umbrae", 2. Aufl. Amsterdam 1671 42
Fig. 16. Skizze der Laterna magica nach Dechales* Cursus seu Mundus Mathe-
maticus, 2. Aufl. 1690 44
Fig. 17. Heinrich Schulze (* 1687, 1 1744) h2
Fig. 18. Saussure-Denkmal in Chamonix (nach einer Photographie von .1 ullieu
freres in Genf) 84
Fig. 19. Angebliche Versuchsanordnung Charles' (1780) zum Kopieren von
Silhouetten auf Chlorsilberpapier im Sonnenlicht 101
Fig. 20. Humphry Davy (^1778, 11829). Nach einem Stahlstiche von
C. Preisel nach H. Howards Gemälde 103
Fig. 21. Joseph Nicephoro Niepce. Heliogravüre von Dujardin nach einem Gemälde von Leonard Borger. (Aus ,Mus6e rotrospectif
de la Classe 12 [Photogi-aphie]'*. Paris 1903.) 155
Fig. 22. Nicophore Niepces "Wohnhaus in Dras bei Chalon. (Photographie von George E. Brown in London.) — Tafel mit der Inschrift, daß dies das Haus ist, wo Niepce 1822 die Photographie entdeckte 158 Fig. 23. Kardinal d'Amboise. Reproduktion einer Heliogravüre von Nice-
phore Niepce vom Jahre 1824. — Asphaltprozeß 161
Fig. 24. Gebäude von Daguerres Diorama in Paris, Rue de Marais Nr. 15 . 163 Fig. 25. Reproduktion eines Originalbriefes von Daguerre 164
Vei'zeiohniB der Taxt-lllustrationeii. Xin
SaiM
Fig. 26. DaguBrres Diorama 165
Fig. 27. LouJB Jacquee Daguerre. Baprodnktion nach einer Lithographie
von Aubert (Aus „Uusee retroBpectif de la Claase 12 [Fboto-
gniphie]". PariB 1903.) 166
Fig. 28. Uodell der Büate Dagnerres, für das Moaumeat in Bry-sor- Marne
von Elisa Bloch ausgeführt 167
Fig. 29. Interieur der Kirche in Bry-sur- Marne. Im Hintergründe, hinter dem
Altare, ein von Daguerre gemaltes Diorama 168
Fig. 30. Faksimile der SchluBklausel des Vertrages zwischen Niepce und
Daguerre und ihre Unterschiiften 173
Fig. 31. Friedhof in Saint Loup de Tarennes bei Chälon, in welchem Nice-
pbore Niepce und seine Frau begraben Bind. (Photographie von
George E. Brown in London.) 180
Fig. 32. Denkmal Nicephore Niepces in Chäloo-sur-Saöne 1S2
Fig. 33. Porti&tbüBte Nicephore Niepces, von dessemSobnelsidore modelliert 183 Fig. 34. Reproduktion des Kahinettsohreibens von Kaiser Ferdinand I. an
seinen Überstkämmerer Grafen Czernin 200
Fig. 35. Original-Daguerreotyp-Eamera aus dem Jahre 1839 mit dem Siegel
und der üntatschrift Daguerres 202
Fig. 36. Querschnitt durch Daguerres pbotographische Originalkamera mit
Chevaliers Objektiv und Spiegel hinter der Visieracheib« . . , 203
Tig. 37. DaguerreB Queokeitbertasten 203
Fig. 38. Daguerre, nach einer Daguerreotypie aus dem Jahre 1848 . . 204 Fig. 39, Grabdenkmal Daguerres ain Friedhofe zu Bry-am-Mame. (Nach
einer Photographie von Demaria in Paris.) 20ü
Fig. 40. Daguerre-MonumentamCamotplatzinBry-sur-Mame. (Errichtet 1897.) 206 Fig. 41. Daguerre -Monument, errichtet von der „Photographie Association of
America" in Washington 1890 207
Fig. 42. Die Tuillerien , noch alnem von Daguerre selbst hergestellten
Dagneireotyp 208
Fig. 43. J.F.W. Herschel («1792, tl8"l) 210
Fig. 44. Dagoerreotypomanie, nach einer alten Lithographie von Maurisset (1839) 21 1
Fig. 45. John W. Draper 213
Fig. 46. Eines der ersten photographischen Portrate. (Faksimile nach der
Daguerreotypie desR, Cornelius in Philadelphia vom November 1839) 215 Fig. 47. „ Sekunden bild", Daguerreotyp, auf Jodchlorplatten aufgenomuien von
den Oebrüderu Natterer io Wien 1841 218
Fig. 48. „ Sekundenbild *, Daguerreotyp, auf Jodchlorplatten aufgenommen von
den Gebrüdern Natterer in Wien 1841 219
Fig. 49. Josef Potzval ('1807, 1 1891) 221
Fig. 50. Petzvals erste Kamera mit Portiatobjektiv 222
Fig.51. Friedrich Ritter von Voigtländer (* 1812, 11878) 223
Fig. 52. PetEval-Monuinent iu den Arkaden der Wiener önivcrsitiit . . . 224
Fig. 53. Bibliothekar Anton Martin (»1812, 1 1871) 225
Fig. 54. Daguen'eotypaufnahma mit Petzvals erstem Porträtobjektiv und einer
provisorischen Kartonkamera. Wien l&ll 226
Fig. 55. Voigtläuders leicht transportable Kamera mit Visierlupe .... 227 Fig. 56. Daguerreotypie, aufgenommen mitteU emes abgeblendeten Petzval-
schen Porti^tobjektives und mit Voigtländers Metallkamera im
Jah« 1842 227
XIV Verzeichnis der Text -Illustrationen.
Seite Fig. 57. Optiker Dietzler in Wien (nach einem Kollodium negativ aus den
1850er Jahren) 228
Fig. 58. Daguerreotypie , aufgenommen in einem offenen Gange. Wien ca. 1844 230
Fig. 59. Daguerreotypie (Atelieraufnahme) vom September 1848 231
Fig. 60. Daguerreotypie des Palazzo Foscari in Venedig. Aufgenommen im
Jahre 1848 . . 232
Fig. 61. Goldmine in Kalifornien, nach einer Daguerreotypie ca. 1857 von
. Farraud in New-York 233
Fig. 62. Aktstudie. Daguerreotypie eines Pariser Photographen vom Jahre 1849 234 Fig. 63. . "W. H. Fox Talbot (nach einem Daguerreotyp von Claudet) . . . 238
Fig. 64. Fox Tal bot (* 1800, 1 1877) 239
Fig. 65. Bayard. — Direkte photographische Aufnahme in der Kamera auf
einem mit Jodkalium getränkten Chlorsilberpapier (1839) . . . 241
Fig. 66. Robert Hunt (* 1807, 1 1887) 245
Fig. 67. Kopie eines Papiernegativs (Skulpturen in Reims) von C h. M a r v i 1 1 e 1854 248 Fig. 68. Adjutant des Fürsten Danilo von Montenegro. Nach einem Papier- negativ von A.Jovanovits. Belgrad (1850 oder 1852). . . . 249 Fig. 69. Photographie nach einem Papiernegativ aus dem Werke Maxime du Camps, „Egypte, Nubie, Palestine et Syrie". Das positive Papier- bild wurde 1852 von Blanquard-Evrard in Lille mittels des
Gallussäure -Entwicklungsprozesses hergestellt 253
Windmühle in Flandern. Papiemegativ und Kopie von Blanquard- Evrard in Lille (Juli 1855) 254
Titelblatt der ersten von Paul Pretsch photomechanisch illustrierten
. Kunstzeitschrift (1856) 255
Niepce de St. Victor. (Nach einer Stahlheliogravüre von Riffaut in Paris 1855 mittels des von Niepce de St. Victor verbesserten
Asphaltprozesses.) 259
Aufnahme auf einer Taupenotschen Kollodium -Eiweiß -Trockenplatte
von A. Ferrier im Jahre 1857. .(Der Brienzer See in der Schweiz.) 272 Dßr JCuhstall in. der sächsischen Schweiz. Nach einer Aufnahme auf
Kollodiumtrockenplatte von H. Krone im Jahre 1856 273
Auf nähme, auf einer Tannintrockenplatte 1869. (Ansicht von Nagasaki,
Japan, aufgenommen von W. Burg er.) 275
Aufnahme auf einer Tannintrockenplatte von Graf Wilczek, gelegent- lich der Polarexpedition 1872. (Sibirische Jägerhütte.) .... 276 C. Russell (*1820, f 1887). (Nach einer Aufnahme von Thomsen
in London.) 278
Daguerireotyp- Stereoskopbilder von Lamicho in Paris nach einer
Plastik von Pradier (aus dem französischen Kunstverlage, ca. 1852) 282 Illustrierte Annonce eines Verkaufsladens für Stereoskopbilder aus dem Jahre 1858, welche in den damaligen Tages- und Wochenblättern
erschien 283
Mikrophotographie von Froschblut, Daguerreotyp von Nachet (1856)
unter Mitwirkung von Foucault und Duboscq 285
Reproduktion, photomikrographischer Depeschen durch den elektrischen
Projektionsapparat während der Belagerung von Paris 287
Laussedats erster photogram metrischer Apparat (1859) 290
Gaspard Felix Tournachon, genannt Nadar 292
R.L.Maddox (♦1810, 1 1902) 296
Fig. |
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81. |
Fig. Fig. Fig. |
82. 83. 84. |
Verzeiobnis der Text- Illuatrationen. XT
Fig. 85. Eiste Kopien aut Bder-Fizzighellis ChlorsilbcrgelatiDepapier mittels Entwicklung, heimstellt von Dr. Just in Wien mit SchlotterhoB'
KopiermasohiDe 1883 (VerkleineruDg '/, linear) 303
Fig. 86. Franz Freiherr von UchatiuB ('1811, 1 1881) 305
Fig. 87. Positives Bild einer Aufnahme von Janssen mit dem photograpbischeD
Revolver .beini Vennadurch gange am 8. Dezember 1874 .... 307
Fig. 88.. Eadweard Muybridge ('1830, t ISO*) 308
Fig. 89. Mnyhridges Rennbahn 309
Fig. 90. Serienphotographie eines galoppierendenPferdea von Muybridgo zuPalo
Alto in Kalifornien. Aufgenommen 1877 aof nassen Kollodium platten 309
Kg. 91 und 92. Die zu Ehren Mareys geprägte Plaque 310
Flg. 93. MomentphotograpbieeinesfliegendengtorchesTOnO.Aoschutz(1884) 311
Fig. 94. Professor H. W.Vogel r 1834, tl89ö) 31G
£1g. 95. Soonenapektrum, aufgenommen mit reinem und gefärbtem Brom silber von
H.W.Vogel 1874. Reproduktion nncb einer Original Photographie 318
Fig. 96. Gaston Braun in Domach 321
flg. 97. Eine der ersten orthocbromatiscben Oemäldereproduktionen auC Eoain-
kollodium {nasses Badeverfahren) von G. Braun vom Jahre 1880. 332 Fig. 98. Die Katakomben von Paria, Aufnahme von Nadar pere mittels des
galvanischen FlammenbogenK (1862) auf nassen Kollodium platten .327 Fig. 99. Adolf Ost, aufgenommen mit seinem elektrischen Belencbtungs-
apparate 1884 328
Flg. 100. Photographie bei Nacht von A. Liebert in Paris vom Jabre 1880 . 329 Fig. 101. Porträtaufnabme Prof Poggendorffs beim Liebte von brennendem Magnesiunband auf nassen Kollodium platten 1864 durch Carl Sock
in Berlin 330
Fig. 102. Aufnahme eines Sarkophages in den Katakomben von Lemberg bei
Hagnesiumlicht von Fr. von Reisinger (1867) 331
Fig. 103. Die Tropfsteinhöhle bei Adalsberg in Krain. ^Der Kalvarienberg" und Fig. 104. ,Der Tanzsaal". Aufnahmen bei Magneai umlicht von Em. Mariot
in Graz (1868) 332
Fig, 10&. Erste Probe des Pizzighellisohen Platin-Auskopiervertabrans in
Banjaluka (1887) 342
Fig. 106. Mungo Ponton {'1801, + 1880) 346
Fig. 107. Alphons Louis Poitevin (* 1819, 1 1882) 347
Fig. 108. Joseph 'Wilson Swan, geb. 1828 351
Fig. 109. Autotypie nach einem Pigmentdruck mit doppelter Übertragung von Swan (1866), nach einer Porträtaufnabme auf nasser Kollodium- platte 352
Kg. 110. Edgar Hanfstängl 354
Fig, Hl. Kaiser- Franz Josef I. von Österreich, (Pbotokeramilt ala doku- mentarische Photographie im Schlußstein eines Houumentalbaues.) 358
Fig. 112. Alois Auer (• 1813, 1 1869) 360
Fig. 113, Probe von Auers Natursei bstd ruck 361
flg. 114. Farnkraut (Caenopteris japonica) in Auers Naturselbstdruck . , . 363 Fig, 115. Auers Naturselbstdruck (Abbildueg des Friiblings-AdonisJ vom Jahre
1853 304
Fig. 116. Franz von Kobell (* 1803, 1 1875) 365
Fig. 117, Autotypiscbe Reproduktion der ersten Kobeilsclien Galvanograpble 366 Fig, 118. Franz HaofataDgl <* 1804, t 1877) 367
XVI Verzeichnis der Text -Illustrationen.
S«ite
Fig. 119. Basrelief der Notre- Dame -Kirche in Paris. Druck nach einer geätzten Dagueixeotypplatte von Fizeau (1841 oder 1842). Aus „Excur- sions Daguerriennes^. Paris chez Rittner et Goupil, Lere-
hours, Bosange 1842 372
Fig. 120. Poitevins erste photochemische Gravüre auf geätzten Daguerreotyp-
platten im Jahre 1847 373
Fig. 121. Paul Pretsch (* 1808, 1 1873) 375
Fig. 122. Photogalvanographisches Buchdruckklischee (nach einer Natui'auf-
nahme) von Paul Pretsch 1860 377
Fig. 123. Mannor- Relief Pretschs, angefertigt im Auftrage des ^ Vereins der
Wiener Buchdnickerei-Faktore" 1888 von Ella Weher . . . 378 Fig. 124. Helioplastie oder Photogalvanographie (Tiefdrack) von Poitevin 1855 379 Fig. 125. Helioplastie von A. Poitevin (1855) mittels Photogalvanographie nach
einem photographischen Leimrelief (Buchdruck -Klischee) . . . 380
Fig. 126. Walter Bentley Woodbury (♦ 1834, 1 1885) 382
Fig. 127. Napoleon HI. Nach einer Stahlätzung von Niepce de St. Victor,
welche von A. Riff au t in Paris feiliggestellt wurde 387
Fig. 128. Heliographische Stahlätzung mittels Niepce de St. Victors Prozeß
nach einer Natuitiufnahme geätzt von Ch. Negro (1854) . . . 388 Fig. 129. Gebäude des Deputieiienkongresses in Madrid. Autotypie nach einem von einer mit Eisenchlorid geätzten Kupferplatte hergestellten Ab- drucke von Fox Talbot (1858) 391
Fig. 130. Karl Klic, geb. 1841 395
Fig. 131. Reproduktion einer Lithophotographie von Lemercior, Lerebours,
Barreswil und Davanne vom 23. Februar 1853 399
Fig. 132. Faksimile der ersten Photozinkographie (Umdiuckverfahren) vom Jahre
1859 vom Obei-sten Sir Henry James 403
Fig. 133. Josef Albert (»1825, 1 1886) 406
Fig. 134. Jakob Husnik, geb. 1837 407
Fig. 135. „Poilal Saint -Trophime*. Photographie und „Gravüre panicouogra-
phique en relief von Ch. Negre in Paris 411
Fig. 136. Carl Angerer, geb. 1838 413
Fig. 137. Zinkotypie nach einer Zeichnung auf Raster -Schabpapier .... 415 Flg. 138. Zinkotypie nach einem hinter gewebtem Netzstoffe aufgenommeneu
photogiaphischen Halbtonnegativ von Jaffe 1877 417
Fig. 139. Erster Verauch der Autotypie von Georg Meisenbach in München
aus dem Jahre 1882 nach seinem D. R. P. Nr. 22 244 vom 9. Mai 1882 420 Fig. 140. Georg Meisenbach. (Photographie von Gebr. Lutz el in München.) 421
Fig. 141. Frederik Ives, geb. 1856 422
Fig. 142. Louis Ducos du Hauron, geb. 1837 431
Fig. 143. Charles Gros 435
Fig. 144. Gabriel Lippmann, geb. 1845 446
Fig. 145. Erste Poi-trät-Photochromie nach dem Li pp mann sehen Vorfahren.
Aufnahme nach der Natur von den Gebrüdern Lumiere (1893) . 447
Fig. 146. Auguste Lumiere, geb. 1862 448
Fig. 147. Louis Lumiere, geb. 1864 449
Fig. 148. Titelblatt einer der ältesten photographischen Fachzeitschriften . . 453
ERSTES KAPITEL.
VON AEXSTOTELES {4. JAHEHÜNDEET VORCHE.) BIS ZU DEN ALCHIMISTEN.
Das Licht, die Ursache der Sichtbarkeit alles Erschaffenen, dies gemeinsame, so segensreiche Eigentum aller Geschöpfe des Weltalls, hat in der N^atur eine zu wichtige BestimmuDg, als daß die nähere Untersuchung seiner Eigenschaften der Aufmerksamkeit des geistreichsten Volkes im Altertums hätte entgehen können. Den Griechen verdanken wir nicht bloß die Entdeckung der Gesetze, welche das Licht bei seiner Bewegung durch gleichartige und ungleichartige Mittel, und wenn es von polierten Flächen zurückgeworfen wird, befolgt, sondern sie allein erkannten unter allen Tölkern des Altertums auch aus der Natur dieser Gesetze, daß die Optik eine mathematische Disziplin sei und versuchten es zuerst, den unendlich feinen, sich unseren Sinnen als unkörperlich darstellenden Stoff des Lichtes unter die Herrschaft der Mathematik zu bringen.
Lehrreich ist in dieser HiDSicht die Geschichte der Lehre vom Sehen. Nach E. 'Wiedemann') waren es zwei Hauptansicbtea , die im Altertom über den Yor- gang des Sehens tiestenden: die eine, von Plato veTtreteae, läßt von den Augen fühlfädenartige Strahlen aasgehen und die gesehenen Gegenstände gleichsam von ihnen betasten, die andere, von Demokrit und Aristoteles verfochtene, dagegen von den Gegeaatändeu selbst die Lichtstrahlen aussenden, welche dann die Augen treffen; eine vennittelnde Ansohanuog läßt, wie Avicenna angibt, Sehstrahlen von dem Ange ausgeben, die sich mit der leuchtenden Luft vereioeo, welche dann als 'Werk- zeug dient
Bekanntlich siegte im Altertum die erstere Ansicht, Euklid und Ptotemäus nahmen sie an.
Die gewöhnliche bisherige Ansicht, wie wir sie in den verschiedensten Ge- schichten der Physik vertreten finden, war, daß Ibn al Eaitam (AI Husen), ge- storben 1038, der erste gewesen sei, der wieder die richtige Aristotelische Anschauung sich zu eigen gemacht; in der Tat bespricht und begründet dieser arabische Gelehrte anch die Ansicht, daß das Sehen durch Lichtstrahlen geschehe, auf das eingehendste.
1) Eine vollslündigere Behandlung des Gegenstandes findet sich in Wiede- manns innalen, Bd. 39, S. 470 (1890).
Eder, Handbach der Photogniphio. I. TeU. 3. Anfl. 1
2 Erster Teil. Erstes Kapitel.
Indes zeigt ein eingehenderes Studium, daß Ibn al Hai tarn Vorgänger und Zeit- genossen gehabt hat, die dieselbe teilten. Es waren die arabischen Ärzte und Philo- sophen, die sich auf Aristoteles stützten und als Mediziner zu der richtigen An- sicht geführt wurden.
Nach den Schriften der lauteren Brüder (Ichwän AI Safä, sec. X n. Chr.) geht das Licht von den Körpern aus, durchdringt die durchsichtigen Körper, nimmt ihre Farben auf und führt diese den Augäpfeln zu, die dann mit deren Farben ge- färbt werden. Die andere Ansicht, daß von den Augen Strahlen ausgehen, wird als töricht verworfen.
Wenn es aber bequemer ist, so sprechen die Araber auch noch von Sehstrahlen, so gerade Ibn al Haitam in seiner über die Gestalt (die Konfiguration) der Welt handelnden Schrift, die sich, wie er selbst sagt, an Ptolemäus anschließt.
Ibn Roschd (Averroes, gestorben 1198) sagt übrigens sehr passend in seinem Kommentar zur Meteorologie des Aristoteles (lib. III, cap. II): Da der mit der Per- spektive sich Beschäftigende zu demselben Resultate gelangt, mag er die eine oder die andere Anschauung annehmen, und da in der Schrift über die Seele gezeigt ist, daß das Sehen nicht durch Strahlen, die vom Auge ausgehen, geschieht, so ist os passender, daß man in der Perspektive nach dieser (d. h. der richtigen) Ansicht verfährt. (Jahrbuch f. Phot. 1893 S. 318.) -
Mit der Lehre vom Sehen hängt auch die Kenntnis der Sammellinsen und Brillen zusammen.
Im Altertum kannte man wohl die Sammellinsen, wie Funde von derartigen Bergkristall- oder Glaslinsen in Niniveh, Pompeji usw. zeigen. Man nimmt an, daß sie als VergrÖßerungs- oder Brenngläser gedient haben, worauf Stellen in den Schriften von Plinius und Seneca hindeuten. Ein in Tyrus gefundenes und in Athen aufbewahrtes Stück Bergkristall, welches seinerzeit als Lupe oder gar als Brille gedeutet wurde, diente wohl nur als Knopf. Der grüne Smaragd, durch den Kaiser Nero (nach Pli- nius) die Gladiatorenkämpfe betrachtete, war aber (entgegen der häufig ausgesprochenen Meinung) keine Brille, sondern wahrscheinlich nur ein Schutzglas gegen zu grelles Sonnenlicht, wie E. Bock aus verschiedenen Gründen annimmt. Die erste zweifel- lose Angabe über Brillen findet sich bei Roger Bacon im Jahre 1276 (E. Bock, Die Brille und ihre Geschichte. Wien 1903; Wilde, Geschichte der Optik 1838 S. 92).
Die Entwicklung der Lehre vom Sehen und die Entwicklungs- geschichte der geometrischen Optik, welche Wilde in seiner „Geschichte der Optik" (1838) trefflich ausführt,^) soll hier nicht in Betracht ge- zogen werden, sondern ich stelle die Frage über die ersten Begriffe der griechischen Philosophen über die Wirkung des Lichtes auf die Materie in den Vordergrund.
Die Theorien Piatos, Epikurs und Hipparchs über das Licht und das Sehen, wonach das Sehen durch ein Ausströmen der Bilder- und Lichtstrahlen aus den Augen (analog dem Tasten) geschehe, daß das Licht aus dem Auge wie aus einer Laterne erfolge, war dem Entdecken von Tatsachen, welche ins Gebiet der Photochemie schlagen, ungünstig.
1) Vergleiche auch: Ferd. Rosen berger. Geschichte der Physik in Grund- zügen mit synchronistischen Tabellen. Hraunscliweig 1882.
Tod Aristoteles (4. Jabrhuidort vor Chr.) bis zu den Alchimiaten. 3
Empedocles erklärte das Licht als einen Körper, aber dem trat später Aristoteles (*384, 1322 v.Chr.) entgegen und hielt das Licht und die Farben nicht für körperliche AusHüsse aus den leuchtenden Oegenständen , sondern erklärte das Sehen durch eine Bewegung des durchsichtigen Kittels zwischen dem Auge und dem Gesehenen.
Es ist kein Zweifel, daß Aristoteles so tief wie wohl kein anderer Philosoph des Altertums über das innere Wesen des Lichtes dachte. Was er über die Fortpflanzung des Lichtes sagt, ist in der neuesten Zeit fast über jeden Zweifel erhoben worden; wie weit er aber in dem schwier^ten Gebiete der Optik, in der Farbenlehre, seiner Zeit voraus- geeilt ist, erhellt schon daraus, daß seine Lehre selbst heutigen Tages bei einer höchst vervollkomnineten Technik ihre Verehrer finden konnte.
Aristoteles hat seine Untersuchungeu über das Licht in den drei Abhandlungen „Über das Licht", „Über die Sinne" und „Über die Farben" niedergelegt Für uns hier ist die Schrift „Über die Farben" die wichtigste, welche zwar mitunter nicht dem Aristoteles selbst, sondern seinem SchUler Theophrast^) oder der peripatetischen Schule zugeschrieben wird, aber nach dem Urteile anderer (welche sich auf das Urteil Plutarchs stützen ^j ganz bestimmt von Aristoteles selbst stammt.
Die erste Beobachtung über den Einfluß des Sonnenlichtes auf die Veränderungen der Materie mag wohl an Pflanzen gemacht worden sein. Die Erfahrung, daß das Sonnenlicht zum Grünen der Gewächse not- wendig ist, dürfte wohl so alt sein, als das Menschengeschlecht.
Aristoteles (4. Jahrh. t. Chr.) deutet in verschiedenen Stellen seiner^Schriften seine Ansicht hierüber an. Deutlich spricht er sich in seinem Buche nregt %q(a(ia%<ov (Von den Farben), Kap. V, darüber aus: „ . . . Diejenigen Teile der Pflanzen aber, in denen die Feuchtigkeit nicht mit den Sonnenstrahlen gemischt wird, bleiben weiß .... Des- wegen auch an den Pflanzen alles, was über der Erde steht, zuerst
1) Theophrast erhielt nacli dem Tode des Aristoteles die gesamte Bibliothek des Aristoteles mit EiascbluB seiner Handschi iftea. Voa diesem vererbte sie sich n-eiter und soll dann über 100 Jahre in einem Keller aus Furcht vor Beraubuog verborgen und zuletzt vergessen worden sein. Erst um 100 v. Chr. soll ein reicher Bücher- liebbaber, AppellikoD von Teoa, sie entdeckt, nach Athen geliracbt und sie dort veröffentlicbt haben. Bei der Einnahme von Athen diirob Sulla, 87 v, Chr., wurde sie von diesem nach Eoin gebracht. Erst hier soll um 70 v. Chr. Androoikos von Rhodos die Schriften neu geordnet, einen Katalog dazu verfertigt und sie in den Zu- stand gebracht haben, io dem mir sie besitzen (Metaphysik des -Aristoteles, Ausgabe Kirchmann, 1871, 5).
2) Dia Kritiken über die Echtheit dieser Schrift a. Wilde, Geschichte der Optik, J83Ö. I, 9.
4 Erster Teil. Erstes Kapitel.
grün ist, unter der Erde aber, Stengel, Wurzel und Keime, die weiße Farbe haben. Sowie man sie aber von der Erde entblößt, wird, wie gesagt, alles grün . . . Stark aber färben sich die Teile der Früchte, welche gegen die Sonne und Wärme stehen."^) Ferner war er sich des Einflusses des Lichtes auf die Färbung der menschlichen Haut wohl bewußt. Freilich geht er zu weit, wenn er die schwarze Farbe der Neger von der Intensität des Sonnenlichtes ableitete. Daß die Ansicht des Aristoteles aber originell ist, geht hervor aus dem Vergleiche mit Herodot (4. Jahrh. v. Chr.), welcher als Erklärung hierfür bekanntlich die „schwarze Samenfeuchtigkeit*^ der Äthiopier angenommen hatte, während Onesicritus noch in viel späterer Zeit geneigt war, die schwarze Farbe von dem vom Himmel herabfallenden heißen Regen- wasser abzuleiten.2)
Die zerstörende Wirkung des Lichtes auf gewisse Malerfarben und speziell auf den Zinnober war schon vor zwei Jahrtausenden bekannt. Yitruvius, der berühmte römische Baukünstler des Cäsar und des Augustus (1. Jahrh. v. Chr.), schrieb in seinem Werke „De architectura" (dem einzigen dieser Art aus dem Altertume auf uns gekommenen), YII, 9, über den Zinnober ' (minium) folgendes: „Wenn man sich des- selben zum Putz der Bekleidung in Zimmern bedient, so behält er seine Farbe unveränderlich. Allein an offenen Orten (Peristylen, Hörsälen) und an dergleichen Orten, wo Sonne und Mond hinein scheinen können, verdirbt er sogleich, als er von den Strahlen derselben getroffen wird; er verliert an Stärke und Lebhaftigkeit der Farbe und wird schwarz. Dieses erfuhr unter anderen auch der Schreiber Faberius: Er wollte sein Haus auf dem Aventin sehr zierlich ausgemalt haben und ließ alle Wände im Peristyl mit Zinnober anstreichen; nach vier Wochen aber sahen diese so unansehnlich und buntscheckig aus, daß er sie mit einer anderen Farbe übermalen lassen mußte. Wer jedoch mehr Sorgfalt
1) V. Humboldt machte 1792 in den Annalen der Botanik von üsteri, St. 3, S. 237 auf diese Angabe des Aristoteles aufmerksam; er ließ aber den Aristoteles mehr sagen, als er wirklich sagt, worauf Heinrich in seinem AVerke „Von der Natur und den Eigenschaften des Lichtes", 1808, S. 33 hinweist. Goethe gibt in seiner „Geschichte der Farbenlehre" (Hempelsohe Ausgabe Bd. XXXVI, S. 22) eine Übersetzung der einschlägigen Stelle des griechischen Originales.
2) Weitere historische Notizen über die älteren Ansichten von der Entstehung der verschiedenartigen Hautfarbe der Menschenrassen in älteren Quellenwerken s. Landgrebe, „Über das Licht" 1834, S. 373. Ferner Ebermayer, „Versuch einer Geschichte des Lichtes und dessen Einfluß auf den menschlichen Körper", 1799, S. 183 und 199. (Lateinische Ausgabe desselben: Comnientatio de lucis in corpus humanum efficacia", 1797); ferner Hörn, „Über die Wirkungen des Lichtes auf den lebenden menschlichen Körper mit Ausnahme des Sehens", 1799.
Von Aristoteles (4. Jahrhuiidart vor Chr.) bis zu den Alchimisten. 5
darauf verwenden nnd den Zinnoberanstrich dauerhaft machen will, der lasse erst die angestrichene Wand trocknen und überziehe sie dann vermittelst eines Borstenpinsels mit punischem, am Feuer zerlassenem Wachs, das mit etwas öl angemacht ist . . . Dies heißt auf griechisch ^Kausis" und ein solcher Überzug von Wachs gestattet weder, daß der Mondschein noch Sonnenstrahlen die Farbe des Anstrichs wegnehmen." Feraer erörtert Vitruvius, VI, 7, die Frage, gegeo welche Himmels- richtung die Gebäude gerichtet sein sollen und bemerkt, man solle die Bildersftle, die Werkstätten der Sticker (plumariorum textriniae) und Maler gegen Mittemacht richten, damit die Farben derselben während der Arbeit unverändert bleiben.
Ob Flinius (1, Jabrh. n. Chr.) bei seinen Worten: „Das Silber wird durch Mineralwässer gefärbt, auch durch salzhaltige Luft, z. B. an den Eüsteu des Mittelmeeres in Spanieu" (Naturgeschichte XXXHI, 55, 3), das Nachdunkeln von etwa gebildetem Chbrsilber am Lichte gemeint hat — wie manche Autoren annehmen — , erscheint mir sehr zweifel- haft, da hierbei wohl der Schwefelwasserstoff mitgewirkt haben dürfte. Fliuius XXXVII, Buch 18: „Eigentümlich ist, daß mauche Smaragde mit der Zeit verderben, ihr Grün verlieren und auch von der Sonne leiden." Dagegen weist folgende Stelle deutlich auf die Kenntnis einer Veränderung der Farben durch das Licht hin; Plinius sagt XXXIII, 40: „Dem Miniumanstrich (Ziunober?)') ist die Einwirkuug der Sonne und des Mondes nachteilig." Übrigens ist diese Angabe fast wörtlich aus dem Werke des Vitruvius entnommen. Auch über die erwähnte Wachs- malerei äußertsichFliniusähnlich wie letzterer. Plinius XXI, Buch 49, bleicht Wachs „unter freiem Himmel bei Sonnen- und Mondschein". Fr bespricht jene Methode der enkaustischen Malerei, wobei man das Wachs am Feuer zergehen läßt und sich des Pinsels bedient: „Eine Malerei, welche an den Schiffen nicht im geringsten, weder von der Sonne, noch vom Seewasser, noch vom Winde leidet" (XXXV, 41).
Bei den alten Schriftstellern lassen sich keine weiteren Angaben über die Veränderlichkeit anderer Farben auffinden, was sich wohl daraus erklären läßt, daß neben der roten Farbe nur spärlich andere verwendet wurden. Die rote Farbe war nach Plinius (XXXII, 7, 117) lange Zeit die einzige, mit welcher die alten Gemälde (sogenannte Monochromata) ausgeführt wurden, und zwar diente hierzu insbesondere Minium und Kötel. Ja sogar auch später noch, als man diese ur- sprüngliche Art der Malerei verlassen hatte, herrschten die lichtreichen Farben Rot und Gelb noch vor, denn man malte jetzt, wie Plinius
1) Plinius verwechselt häufig Mennige, Zinnober und Ockev.
6 Erster Teil. Erstes Kapitel.
(XXXV, 7, 50) erzählt, mit vier Farben, nämlich Weiß, Schwarz, Rot und der ockerartigen Farbe Atticum.^) Dioscorides beschreibt im Kap. 32 des 1. Buches über den Vorgang, das Terpentinöl zu bleichen: ^Man nimmt vom lichteren, stellt es in einem irdenen Gefäße an die Sonne, mischt und rührt tüchtig, bis Schaum sichtbar wird, worauf es mit Harzen zu versetzen und im Notfälle an die Sonne zu bringen ist." Übrigens liegen neue Untersuchungen über die von den alten Römern verwendeten Farben vor, wozu in Pompeji das Material gefunden wurde.*) Sie bestanden vorwiegend aus gelbem und rotem Eisenocker, Zinnober^ Mennige, Massicot, Berggrün (Kupferkarbonat), einer Art blauer Glas- f ritte, Kohle und Manganoxyd. Von diesen Farben war wohl besonders- der Zinnober geeignet, eine Farbenänderung im Lichte deutlich bemerk- bar zu machen. Weniger verständlich ist es, warum die Veränderlich- keit des Drachenblutes und des Indigoblau, welche Farben höchst wahr- scheinlich auch bekannt und in geringerem Grade in Verwendung waren, nicht weiter beobachtet wurde.
Es erscheint sehr auffallend, daß die alten Schriftsteller, insbeson- dere Aristoteles, Vitruvius, Plinius, wohl viel von der Purpur- schnecke und der Purpurfärberei schreiben, aber nirgends erwähnen, daß bei dem Entstehen der ganzen Farbenpracht die Sonne mitwirken muß. Auch im Talmud, worin wiederholt von Purpur und der Purpur- schnecke gesprochen wird, ist nichts davon erwähnt. (S. Bergel, Studie über naturwissenschaftl. Kenntnis der Talmudisten. 1880. 19, 50.) Über den großen Einfluß der Sonnenstrahlen auf den Purpur tindet sich die
1) Vergleiche Magnus, „Die geschichtliche Entwicklung des Farbensinnes"^ 1877, S. 14; ferner Wiegmann, „Die Malerei der Alten in ihrer Anwendung und Technik*, 1836, S. 210.
2) üntei-suchungen wurden vorgenommen von Chaptal (Annales de Chimie, 1809, LXX), Davy (Philosoph Transact 1815, Gilberts Annal. f. Physik, 1816), Geiger (Magazin für Pharmazie, XII, 135), Junius, „Von der Malerey der Alten", 1770, Schafheutel pinglers Polytechn. Journ. Bd. 95, S. 76), Artus (Der Technolog, 1877,1,25). Zusammengestellt in Keim „Die Mineralmalerei", 1881, und Wiegleb „Die Malerei der Alten", 1836. Femer sind als Quellenangaben über die Farben der Alten zu nennen: Rochette („De la peinture sur mur chez les anciens" im „Journal des Savans", 1833), Roux („Die Farben, ein Versuch über Technik alter und neuer Malerei", 1824), Böttiger („Ideen zur Archäologie der Malerei", 1811), Walter („Alte Malerkunst", 1821), Fernbach („Die enkaustische Malerei", 1845), Rhode („Über die Malerei der Alten", 1787), Fiorelli („Kleine Schriften", 1806), Grund („Die Malerei der Griechen" , 1810). Über die Technik der Gemälde in Pompeji, Herculanum und Stabiae herrschten seit dem Erscheinen der „Pitture antiche d'Ecrohano e contori"- (1757) bis zum Erscheinen von Helbigs „Wandgemälde der vom Vesuv verschütteten Städte Campaniens*' und Donners Abhandlung „Über die antiken Wandmalereien in technischer Beziehung" (1868) Streitigkeiten, welche letztere den Streit entschied.
Von Aristoteles (4. Jahrhundert vor Chr.) bis zu den Alchimisten. 7
älteste, mir bekannt genordene, Angabe in einer Schrift mit dem Titel Icoria, nelobe von der als Schriftstellerin berühmten Tochter des griechiscbeD Kaisers CoDstanttnVin., Endo xia MacremboIiti8sa,Etide des 10. Jahrhunderts geschrieben ivurde und von welcher ein Manuskript in der Bibliothek zu Paris liegen soll.*) Eudoxia beschreibt, wie das zu färbende Zeug in die Farbbrühe getaucht wird und fährt fort: „Die Purpurfarbe wird alsdann erst vortrefflich, wenn man das Zeug in die Sonne bringt. Denn die Sonnenstrahlen geben ihr noch ein großes Feuer, machen die Farbe dunkler und ihr Glanz wird durch das Feuer von oben zu seiner größten YolIkommeDbeit gebracht"
Unter den Alchimisten machten sieb verworrene Ansichten über den Einfluß der Sonne geltend; es waren ihre Anschauungen vielleicht weniger durch reale Natiirbeobachtungen gebildet wurden, als durch astrologische Spekulationen. Immerbin legten diese Ideen die ersten Keime zu den Anfangen der Photochemie, weshalb wir uns eingehender mit diesem interessanten Gegenstande befassen wollen.
Das Bestreben der Alchimisten ging nicht nur dahin, einen Stoff zu finden, der die Metalle in Gold verwandeln könne, sondern dieser Stoff sollte auch Krankheiten heilen und das Leben verlängern, weshalb man ihn auch den Stein der Weisen nannte.
Manche Alchimisten meinten, es haben die Gestirne und deren Konjunktionen einen Einfluß auf das Gelingen des „großen Werkes".
Julius Firmicus Maternus (4. Jahrhundert), der das Wort „Alchimie" zuerst gebraucht haben soll, hielt es für wichtig, daß ein Alchimist unter einem guten Stern, dem Saturn, geboren sein müsse; dann bringe er das Talent dazu mit: „Wenn er in dem Hause des Merkur gewesen ist, so bringt er die Gabe der Astronomie; das Haus der Venus bringt Gesang und Fröhlichkeit; das Haus des Martis bringt Liebe zu den Waffen und Instrumenten; von dem Hause des Jupiter kommt Anlage zum Gottesdienst und Bechtsgelehrsamkeit; von dem Hause des Saturn wird die Wissenschaft der Alchimie erlangt"*)
1) Hierauf machte zuerst 3. Bischoff iu seioem „Versuche einer Geschichte der Färbekunst" (1780), S. 19, aufmerksam. Obiges Zitat ist dleseni Werke ent- □ommen. Das Buch der Priozessiu Eudoxia wurde ayäter von Villoison im 1. Band der „Aneodota Graeca" (1781) herausgegeben. — Eine ausgezeicbnete histo- rische Studie über Purpur unter Berücksieb tiguog seiner Lichtempfindlichkeit schrieb Dr. Dedekind in Wien, Das Werk erschien in frauzüsischer Sprache: Dedekind, La pourpre veiie et sa valeur pour I'interpretetion des ecrits des anciens. Paris 1899.
2) Nach Wieglebs Geschichte des Wachstums der Chemie, 1792, Seite 52. Wiegleb fügt die Note zu: „Es führt Kircher an, daB in dem Manuskript von
8 Erster Teil. Erstes Kapitel.
Auch in Kailid Rachaidibis alchimistiscbem Werk ^Das Buch der drei Wörter^ wird im 6. Kapitel „Von der Observation der Planeten in dem Werk der Alchimie"*) gesprochen und zwar heißt es daselbst, daß nur in gewissen (dort näher auseinandergesetzten) Stellungen der Sonne am Himmel 2) „das Werk der Alchimie vollbracht wird". Daraus geht hervor, daß der Autor die direkte Mitwirkung des Sonnenlichtes gar nicht in Rechnung zieht.
G. Clauder hielt es für sehr notwendig, daß man bei der Be- reitung des „Universal- Steines" die rechte Jahreszeit einhalte. In seiner 1677 erschienenen „Abhandlung von dem Üniversal-Steine"*) erwähnt er, der „Weltgeist" (Astralgeist) sei um die Äquinoktien am fruchtbarsten; besonders günstig sei das Frühjahr -Äquinoktium, der April und Mai, nicht minder die Zeit des Sommers, da die Sonne im Löwen ist Doch müsse dabei die Konstellation der Gestirne beachtet werden.
Auch Petrus de Zalento*) sagt: „Fange nur unter dem rechten Einfluß der Gestirne an, worauf viel bei deinem Werke ankommen wird."
Vielleicht könnte man in dem dunklen Geheimnisse des Hermes Trismegistus die Wurzel über den Glauben mancher Alchimisten an den Einfluß der Gestirne auf chemische Prozesse suchen. Diese vor ungefähr 4000 Jahren von den „Dezimalgrößen" verfaßte, nach dem Mythus auf einer Smaragdtafel eingegrabene Schrift, wurde von den Mystikern aller Zeiten hoch geschätzt und vielfach zu deuten versucht
Die Lesart der betreffenden Stelle ist schwankend, überall aber heißt es: „Der Vater des Dinges ist die Sonne, der Mond ist seine Mutter, der Wind hat es in seinem Bauche getragen, und die Erde hat es ernährt . . . Steige mit dem größten Scharfsinn des Verstandes von der Erde zum Himmel hinauf und dann wieder zur Erde zurück und zwinge die oberen und unteren Kräfte in eins zusammen; so kann die
Firniicus' Werken in der Vatikanschen Bibliothek bei dieser Stelle kein Wort von Alchimie vorkommt, und daß also wahrscheinlich solches, zur Begünstigung der Alchimie, von Abschreibern fälschlich eingeschaltet sei. Mundus subterraneus. 11,235.*
1) Kailid Rachaidibis „Güldenes Buch der dreyeu Wörter**, Wien 1751. (Zugleich mit Gebers „Chymischen Schriften'* als Anhang herausgegeben, Wien 1751. Seite 242.)
2) Unser Autor erwähnt drei Stellungen: ^Die erste ist, wann die Sonne in den Widder tritt und in ihrer Erhöhung ist, die zweite, wann sie in dem Löwen ange- troffen und die dritte, wie sie in dem Schützen betroffen wird."
3) Abgedruckt in Schröders „Neuen Alchimistischen Bibliothek**. 1774. Bd. 4, Seite 222.
4) Ibid. Bd. 4, S. 159.
Von Aristoteles (4. Jahrtiuadert vor Chr.) bis zu den AlcliimisteD. 9
Ehre der ganzen Welt erlangt werden und der Mensch wird nicht mehr so rerocbtet Bein."')
In manchen alten Sammlungen findet sich noch der Schlußsatz des Hermes: „Obiges ist das ganze Werk der Sonne." ^)
Diese Sprache ist sehr dunkel. Die Alchimisten deuteten darin „Sonne" und „Mond" als Gold und Silber und verstehen unter dem „Werk der Sonne" die Bereitung des Goldes. *) Viele andere Kommen- tare wurden noch gegeben.^) Dem astrologischen Aberglauben mag diese Stelle, ebenso wie eine ähnliche, gleichfallB uralte, des Ostanes, welche mit koptischen Buchstaben in den Trümmern einer Säule des Tempels zu Memphis gefunden worden ist, entsprechen. Sie lautet in deutscher Übersetzung des von Kopp ^) mitgeteilten lateinischen Textes: „Himmel oben, Himmel unten. Sterne oben, Sterne unten. Dieses nimm und du bist glücklich."
Bei den späteren Alchimisten findet sich in ähnlicher Weise sehr oft die Mitwirkung der Sonne, z. B. das Stellen von Mixturen und dergl. an die Sonnenstrahlen Torgescbrieben. Allein da man fast immer beigefügt findet „oder an sonst einen warmen Ort", mitunter auch das Eingraben in einen warmen Misthaufen {wo doch Licht gänzlich ausgeschlossen ist) zu demselben Zweck empfohlen wird,^) so muß man annehmen, daß dieselben bei den Sonnenstrahlen nur die gelinde erwärmende Kraft aus- nutzen wollten.
Im 16. und 17. Jahrhundert war die sogenannte Sonnendestillation, namentlich in südlichen, wärmeren Ländern, sehr üblich. Man stellte den Destillierapparat, nämlich Kolben mit Helm und Vorlage, auf er- wärmten Sand in die Sonne und suchte den Einfiuß des Sonnenlichtes dadurch zu verstärken, daß man durch gehörig angebrachte Spiegel ein Zurückwerfen der Sonnenstrahlen auf das Destilliergefäß veranlaßte. Namentlich eine so bereitete Aqua Rubi, die als Augenwasser diente, war in Italien damals sehr gewöhnlich.
Der Alchimist Geber spricht im 1. Buch seiner „Chymischen Schriften" wohl vom Einfluß der Gestirne auf die alchimislischen Pro-
1) Nach Wiegleb, Geschichte des Wachstums der Chemie. 1792. S. 59, is( dies KriegsmanDS Origioal- Lesart.
2) Schmieder (Geschichte d. Alcheuiie. 1832. S. 30), welcher die Inschrift nach dem gTheatriun chemicum" abdruckt.
3) Vergl. Schmtedei- a.a.O.
4) Vergl. Kopp, Beiträge zur Geschichte der Chemie. ISC'J— 1870. S. 3S3.
5) Beiträge Kiir Geschiebte der Chemie. 1869— läTä, S, 385.
6) Dierbach, Beitrage zur Kenotuis diis Zustandes der Pharmazie im 16. uud 17. Jahrhundert. Kästner, Bepeitorium f. d. Pharmazie. 1829. XXXII. 52,
10 Erster Teil. Erstes Kapitel.
zesse: „Desgleichen auch das Wesen und die Vollkommenheit kommt von denen Sternen, als von den erstbewegenden und vollbringenden Materien der Gebährung und Zerstöhrung zu einen Wesen und nicht das Wesen der Gestalten . . . Denn ein jedes Ding erlangt in seinem Wesen augenblicklich aus einem besonderen Stand der Sterne, was ihnen dienlich . . .''^) Etwas weniger mystisch und verworren lautet eine^ andere Stelle im 23. Kapitel „Vom Golde", woselbst erzählt ist: „Und darum merken wir aus dem Werke der Natur, dass man auch durch Kunst das Kupfer in Gold verwandeln kann; denn wir haben in den Kupfererzen gesehen, von welchen das Wasser herabfloss, dass es die allerdünnsten und subtilsten Kupferschuppen mit sich führet und die- selbigen mit stetigen Zulauf wusch und reinigte, danach das Wasser zu fli essen aufhörte, haben wir wahrgenommen, dass dieselbigen Schuppen mit dem truckenen Sand drey ganze Jahre sind gekocht worden, unter welchen dann hierauf recht gutes wahrhaftiges Gold man gefunden hat Dahero haben wir vermeinet, dass selbige durch das Wasser wären gereiniget und gesäubert, durch der Sonnen Wärme aber und des Sandes Trockenheit gleichmäßig digerirt und zur Gleichheit gebracht worden". 2).
Aus dieser Stelle geht hervor, daß Geber den Sonnenstrahlen und zwar der „Wärme der Sonne" die Kraft zuschreibt, die Metallveredlung von Kupfer in Gold, wenigstens im Vereine mit anderen Agentien, zu bewirken. Ferner reinigt Geber die „Cerussa" durch „Congeliren an der Sonnen oder gelindem Feuer". •'*) Außerdem sind noch viele astrologische Ansichten über den Einfluß der Gestirne auf das Gelingen alchimistischer Arbeiten zerstreut, aber von einer Lichtwirkung finde ich nichts erwähnt.
Hanss Heinrich Helcher schreibt in seinem 1718 erschienenen „Aurum potabile oder Gold-Tinctur, dessen Praeparation, dass sie sicher, sammt des Goldes Vortrefflichkeit und Analogie mit unserem Körper^ Würkung und Gebrauch curative so wohl als praeservative" im IL Kapitel: „Von des Goldes Vortrefflichkeit und Nutzen in der Medicin" .... „Denn keines unter den Metallen ist ja reiner, fixer, schwerer und perfecter als das Gold .... Das gar in aniniam und Spiritus sich solviren lässt und das vitae principium in sich wie ein Feuer hat, so ihm vom Himmel mitgetheilet worden. Dahero vielleicht die Philosophie die Sonne vor ein fliessendes Gold oder gar vor die grosse Tinctur gehalten^) und
1) Geben Curieuse Vollständige Chymische Schriften. Wien 17.51. S. 17.
2) Ibid. S. 56.
3) Ibid. S. 287.
4) Morhoffii Oratio de Laudibus. Aurip. 21.
Von Aristoteles (4, Jahrhundert vor Chr.) bis zu den Alchimisten. 1 1
desswegen das Oold mit der Sonnen Himmels- Zeichen io ibren Büchern bemerket, anzudeuten: Dass gleich wie die Sonne im Himmel ihre Würkung in die grosse Welt, absonderlich in das wachsende edle Metall des Goldes') auf die kräftigste Art hat: Also auch das Qold ala ein concentrirtes Licht und Sohn der Sonnen, in der kleinen Welt, dem Menschen, wenn wohl soMret, exciudiret und lebendig oder Tohabilisch gemacht worden, grosse Würkung, gleich der Sonnen ausübe, welches unnöthig mit Exempel zu beweisen, weil viel Bücher voller Wunders- würdigen Curen davon vorhanden."
Ferner ist daselbst aus Brandaus Universal -Medicin (K. 1, S. 3) zitiert: „Im Oolde sein die fUmehmsten principia und mineralia . . . nämlich die herrliche fruchtbare Wärme der Sonne, die Feuchte des Mondes .... wohnhaStig . . . Gold ist ein Sohn der himmlischen Sonne; was die Sonne in der grossen Weit Gutes thut mit ihren wahren ge- seeligten Strahlen, das kann ihr Sohn das Gold mit seinem subtilen feurigen Schwefel auch in der kleinen Welt, welche der Mensch ist, verrichten . . . Wo Licht, da ist auch Wärme, wo Wärme ist, da ist auch Leben, wo Leben, da ist allerley Würkung, Kraft, Seegen und Fruchtbarkeii"
Auffallend ist das, daß mitunter gewarnt wird, das „philoBophische Salz", d. i. das zur Herstellung der Quintessenz dienende goldhaltige Gemenge (resp. Salz), an die Luft zu setzen. Es sollte nachts zum Trocknen an die freie Luft, tagsüber aber in ein luftiges Zimmer gestellt werden, oder an einen vor der Sonne geschützten Ort.*) Diese Angabe dürfte mit der Lichtempfindlichkeit der Goldsalze, welche viel- leicht den Alchimisten bekannt war, in Zusammenhang zu bringen sein.
Dagegen drücken aber manche Alchimisten unzweifelhaft ihren Glauben daran aus, daß die Lichtstrahlen günstig auf das Elixier wirken. Henricus de Rochas*) sagt, der „himmlische Universalgeist", welcher das Elixier belebe, könne der Materie besonders durch die „Wärme und Strahlen der Sonne, des Mondes, anderer Planeten, des Taues . . . usw." einverleibt werden. Pater Spies von Köln*) spricht davon, daß die
1) Friedrich GeiBlers Baum des Lebens oder Bericht vom wahren A uro pota- bili. § 14. S. 31, et Johann Christophori Steeb Elexir SoHs et vitae. §20.
2) Vergl. Becher, oben zitierte Ausgabe S. 164 und 175.
3) Aufgenommen in Tbeatram Cbyuiicnm, Bd. 6; auch Bechers „Chymische CoDCordanz" (Leipziger Ausgabe. Iia5. S. 146).
4) AnaBecher a.a.O. S. 135. — Spies fügte io seiner „Concordantz" (a. a. 0.) hinzu: , Hieraus ist zu ersehen, wie der Tau, die Strahlen der Sonne, die Ein- flüsse der Planeten .... gleichsam ein Instrument und Mittel ist, durch welches die himmlischen Kräfte sich mit der Erden verbinden."
12 Erster Teil. Erstes Kapitel.
Kräfte des Elixiers und dessen natürliches Feuer durch die Strahlen der Sonne vermehrt werden. Sendivogius^) sagt, die Urmaterie der Metalle, das „Mercurium der Philosophen^, werde „durch die Strahlen der Sonne und des Mondes in der Luft regiert^ . . . Femer unterscheidet er (sich an Hermes anschließend) die „Hitze^ der Sonne von der im Zentrum der Erde verborgenen „Hitze^ ; himmlische und irdische Hitze, Salz und Wasser sollen sich vereinigen und dann werden „alle Sachen auf Erden erzeuget".
Zum Schlüsse sei noch eines mystischen Spruches eines Alchimisten am Ende des 18. Jahrhunderts erwähnt., welchen ich als handschrift- liche Notiz eines Adepten in den „Handschriften für Freunde der ge- heimen Wissenschaften von M. J. F. v. L** 1794" in der Bibliothek des bekannten spiritistischen Schriftstellers Baron Hellenbach fand, welcher sich auch viel mit Alchimie befaßte und mehrere Handschriften von Alchimisten besaß. Es wird daselbst das Licht für den Urgrund der Dinge gepriesen mit den Worten:
„Gott wohnt und wirkt im Lichte
Das Licht im Geiste
Der Geist im Salze
Das Salz in der Luft
Die Luft im Wasser
Das Wasser in der Erde."
Die Alchimisten liefern also wenige positive Daten über die Natur der Wirkung des Lichtes auf die Materie und über die Natur der Silbersalze im speziellen, lenkten aber dennoch die Aufmerksamkeit auf das Sonnenlicht.
In dieser Hinsicht gewähren die uns erhalten gebliebenen Denk- münzen und Medaillen, welche die Taten und Ideen der Alchimisten symbolisch darstellen, einen höchst interessanten Einblick in die Den- kungsweise der Goldmacher alter Zeit. Für uns erscheint es interessant, •daß hierbei die Abbildung der Sonne (zugleich Symbol für Gold) eine wichtige Rolle spielt, aber daneben finden sich auch andere Symbole, welche auf verschiedene andere, den Alchimisten bekannte Metalle Bezug haben. Zum besseren Verständnisse der symbolischen Darstel- lungen, welche man an solchen alchimistischen Gold- und Silber- medaillen findet, sei eine Übersicht der wichtigeren und bei den Alchi- misten gebräuchlichsten Symbole der von ihnen verwendeten Stoffe und Agentien noch angeführt:
1) Becher a. a. 0., S. 152 und 155.
Von AriBtoteles (4. Jahrhundert vor Chr.) bis za den Alchimisten. 13-
Krone: Im allgemeinen die Vollendung des großen Werkes. Einzelne Dinge worden mit folgenden Zeichen,») die sieben MetaUe auch mit besonderen Namen belehnt:
Eisen — Mars Ol (.
Zinn = Jupiter 4 "^T
Gold = ApoUo oder Sonne O (5f
Silber =• Diana oder Mond ^ -^
Blei = Saturn Q ] i
Quecksilber — Merkur 9 Y ^
Kupfer - Venus Q 9 9
Luft ^
Erde V
Wasser V ^""""^
Feuer A
Salz 0
Alaun Q Ö
Salpeter (])
Titriol 0^.
Asche X*
Schwefel ^ ■^
Materia prima ^inf
Arsen ^O ^^
Antimon O
Ätzkalk ^ JL
Zinnober 35"
Die eingehendsten Studien über Alchimisten-Münzen und' Medaillen verdanken wir A, Bauer in Wien, welcher den reichen und durch außerordentliche Seltenheit hervorragenden Österreichischen Besitz wiederholt schilderte.^)
1) Ein und derselbe Gegenstand konnte, wie die eine Beihe von Beispielen enthaltende Tabelle leigt, durch verschiedene Zeichen versinnlicht werden, doch ist immer nur ein einzelnes dieser Zeichen anwendbar.
2) A. Bauer, Wiener numismatische Zeitschrift Bd. 29, S. 323. — A. Bauer, Chemie und Alchimie in Österreich bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Wien 1885
14
Erster Teil. Erstes Kapitel.
Zwei dieser Medailleo (in Inusbruck, ouiuiBiuatische Sai des Ferdinandeums) bestehen nach A. Bauer aus Gold und stammen aus dem Jahre 1647; sie enthalten unter anderem das Sonnen zeichen. Fig. 1 zeigt die Vorder- und KückansiL'ht einer solchen Medaille, welche ohne Zweifel alchimistischen Ursprungs ist; es war eine Gelegenheit.s- medaille, etwa eine Vermählungsmedaille, durch welche vielleicht auch ein politisches Bündnis verherrlicht werden sollte.
Die äußere Umschrift lautet: LILIA ■ CUM ■ NIÜEO ■ COl'ULAN- TUR ■ FULVA ■ LEONE (Feuergelbe Lilien verbinden sich mit dem schneeweißen Löwen), die innere Umschrift: SIC-LEOMANSUESCET-
SIC - LILIA -FÜLYA.VIRESCENT- 1647 (So wird der Low werden, die gelben Lilien stark werden).
Revers: Im Mittelkreise ein schreitender Mann, in der linken Hau das Zeichen des Eisens (Mars), in der rechten einen Degen (£ mistisch zuweilen das Zeichen für Feuer) nebst der Umschrift: AI FVRNES CäPIAM RVRSVSQVE IN PR^LIA SVRGAM (Wütend w ich die Waffen ergreifen und wieder ?.üv Sehlacht auferstelien). Dies innere Kreis ist von sechs anderen kleinen Kreisen umgeben mit ( Plrtnetenzeichen der Metalle: Gold, Silber, Quecksilber, Kupfer, Blqj und Zinn. Die Umschriften zu diesen Zeichen lauten wie folgt;
bei R. Leuhne die Abbildung^ Holder.
- A. Bauer, Die Adelsdiplome östevrcicbiBcber Alubimisten t iuiger Medaülfu alchimistischen Ursprungs, Wien 1S93
Von Aiistolelea (4. Jahi'hundert vor Chr.) bis tu den AlchimiKteii. 15
das Gold (Zeichen der SooDe): A MARTE OBSCVROR (vom Eisen werde ich verdunkelt); für das Silber: MARTIS HORRORE DEFICIO (durch des Krieges Schrecken schwinde ich); für das Quecksilber: PEDIBVS MARS ABSCIDIT ALAS (von Merkurs [Quecksilber] Füßen hat das Eisen die Fiügel weggeschnitten); bei dem Zeichen des Kupfers steht im Umkreis: MARTI CONJVNGOR (durcli das Eisen werde ich zusammengefügt); beim Zinn beißt es: A MARTE DEFENDOR (durch das Eisen werde ich verteidigt) und beim Blei: A MAßTE LIGOR (vom Eisen werde ich gebunden).
Fig. 2 zeigt einen Aliliimisten -Taler des Alchimisten Baron V. Kronemann, welcher vorgab, aus Quecksilber Gold und Silber her- stellen zu können und der um das Jahr 1679 Gelegenheitsmünzen aus
Fig. 2. SUlMme Denkmi
Silber verfertigte, welche sich im Kaiserlichen Münzkabinett in Wien befinden. Kronemann, welcher als Schwindler entiarvt und gehängt wurde,') versah eine dieser originellen Münzen mit dem Bilde der strahlenden Sonne, schrieb dazu Tandem (endlich) und in der Richtung der Strahlen: per me (durch mich). Vielleicht wollte er andeuten, daß
1) Christian WiDielm Baron v. Kronemann gab vor, aus Quecksilber Go)d und Silber auf alchimistischem Wege hei'stelicn zu künnen, und lauschte mit Keinen Prozessen seinen Gönner, wie Köhler sogt, so lange ..das füistlirhe Silber Geschirr und des Ober Hör Predigers D. Lilions b ergeschossenes Capital'' dazu ausreichte. Später wurde er entlarvt und aut dem roten Turm der Festung Blassenburg fest- gesetzt, laborierte dort In seiner Gcfangeiiechaft und verbrauchte dabei das Silbei', welches er durch Erbrechen der Schränlce aus den alten silbernen „Willkonimen- Krügen" entnahm. Damit verschaffte er sieh endlich den roten Rock eines Soldaleu naineas Hans Poltzens und floh nuE banibergsches Gebiet, wo ihn der Bischof fest- nehmen heB und wieder auf einem mit Ochsen bespannten Karren in die Frohnfeste nach Kuimhach brachte, wo er in demselben roten Uniformrock gehangt wurde.
rstes Xapit?.
Sonnenlicht zum großen Werk erforderlich sei, vielleicht ist Sonnen reichen nur das Symbol des Goldes zu erblicken. Die Rücksei der Medaille tragt wieder die Sonne und die Symbolik der drei Grun3 Prinzipien {A. Bauer a. a. 0.).
Noch eine andere merkwürdige goldene Alchimisten - MedailleT" welche 16'/, Dnkaten schwer ist, befindet sich im Kaiserlichen Münz- kabinelt in Wien und stammt aus dem Jahre 1716. Es sol! vor einer Anzahl gläubiger Zeugen in diesem Jahre die Umwandlung von Blei in Gold gelungen sein. Auch hier trägt die Medaille eine symbolische Figur der Sonne mit der Inschrift: „Aurea progenies plumbo prognata parente" („Ein goldener Nachkomme, entsprossen einem bleiernen Vater"). Wir bringen die Abbildung, Fig. 3, nach Alexander Bauers Werk „Die Adelsdokumente österreichischer Alchimisten und Abbildungen einiger Me- daillen alchimistischen Ur- sprungs" (Wien 1893 bei Holder).
Die Rückseite dieser Medaille trägt eine lateinische Inschrift, welche deutsch lau- tet : „Die chemische Dmwand- liing des Saturn zur Sonne, d. h. des Bleis zu Golde, wurde beobachtet zu Inns- bruck am 31. Dezember 1716
Tig. 3. Oolilene AlcLiinisten-ModnillB roiu Jahre 1716. Unter der Obsorge Sr. DllTCh-
laucht des Pfalzgrafen vom Rhein Carl Philipp, Oberstküchenmeisters Sr. Heiligkeit des römischen Kaisers, Kurfürsten von Bayern, Herzogs von Jülich, Cleve und Bergen, Statthalters von Tirol usw. usw., und wird in dieser Münze zum ewigen Andenken daran dem Schlosse Ambras und der Nachwelt gewidmet" (Bauer, Die Adelsdokumente österreichischer Alchimisten und Ab- bildungen einiger Medaillen alchimistischen Ursprungs, Wien 1893; vergl. auch Schmieders „Geschichte der Alchimie").
Wenn man auch bei den Alchimisten nur unklare, mystische Vor- stellungen über den Einfluß der allbelebenden Sonne und der Astrologie auf das Gelingen der chemischen Veredlungsprozesse unedler Metalle in Gold und Silber findet, so waren diese Ideen dennoch der Aus- gangspunkt für zahlreiche chemische Experimente, welche im 17. Jahr-
Von Aristoteles (4. JahrhuDdert vor Cfar.) bis zn den Alcbimisten. 1'
huDdert zur Entdeckung phosphoreszierender Körper und im 18. Jahr- hundert zur Entdeckung der Lichtempfindlichkeit der Silbei-salze führten, wie in der Folge gezeigt werden wird.
Die eigentlichen chemischen Eigenschaften der Gold- und Silbersalze und ihr Verhalten gegen Licht blieben aber lange unbekannt
Die erste Andeutung über die Eigenschaft der Silbersalze, sich mit organischen Substanzen zu schwärzen, findet sich im IS.Jahrhnndert bei dem Grafen Albert von Bollstädt, genannt Albertus Hagnus (* 1193, t 1280). Dieser war einer der gelehrtesten Männer des Mittel- alters und galt auch als einer der berühmtesten and ältesten Alchimisten. >) Er war in Schwaben gebürtig, trat in den Orden der Dominikaner, lehrte in verschiedenen Klöstern in Köln, Hildesheim, Begensburg, war Theologieprofessor in Paris und zog schließlich nach Köln, wo er sich während der letzten Jahre seines Lebens ganz den Wissenschaften wid- mete. Wegen seiner vielseitigen Bildung wurde er durch den Beinamen Albert der Große oder auch des „Doctor universalis" geehrt. Seine chemischen und mineralogischen Schriften waren im Mittelalter äußerst geschätzt und seine in aristotelische Philosophie eingekleideten, natur- gemäß höchst unsicheren chemischen Begriffe verraten gründlichen Scharfblick. Er kannte von Metallen nur das Quecksilber, Blei, Zinn, Silber, Kupfer und Gold und erklärte das alchimistische Gold, das ihm zu Gesicht gekommen, für Betrug. In seinen Schriften ist zuerst das salpetersaure Silber erwähnt. In seiner Schrift „Compositum de compositis" sagt der berühmte „Doctor universalis" von der salpeter- sauren SUberiösuug folgendes: „Sie färbt die Haut des Menschen mit schwarzer, schwer zu entfernender Farbe." ^ Er beobachtete wohl als Erster diesen chemischen Schwärzungsprozeß der Silbersalze, jedoch ohne zu erkennen, daß er durch Lichtwtrkung beschleunigt werde.
Das als Mineral hier und da vorkommende Chlorsilber oder „Hom- silber" beschreibt zuerst der in Sachsen geborene und als Direktor in Meißen wirkende Georgius Fabricius in seinem Werke „De rebus
1) Unter anderem l)eschreibt Albert der Große in seiner Sühritt „de niine- ralibus mundi" unter der Aufschrift ,Ignis volans" das Scbießpulver und seine Hcr- steiluog aus Schwefel, Kohle und Salpeter. — Es sei bemerkt, daO. die Schriften seines Zeitgenossen Roger Baco (s. unten] gleichfalls deutliche Spuren der Kenntnis des Schießpulvers enthalten (s. Wiegleh, Geschichte des Wachstums und der Er- findung der Chemie, 1792, I, S. 137).
2) Kopp, Geschichte der Chemie. IV, S. 203.
Eder, Huidbacb der Pholognphie. 1. Teil. 3. AuS. 2
18 Erster Teil. Erstes Kapitel.
raetallicis", welches im Jahre 1566 gedruckt worden ist;^) dort wird zum ersten Male und zwar weitläufig von einer Art Silbererz unter dem tarnen „Homsilber*' (d. i. Chlorsilber) gesprochen, welches die Farbe und Durch- scheinbarkeit des Hornes, die Schmelzbarkeit und Weichheit des Wachses hat. Außer diesen Angaben über das Hornsilber konnte ich aber in diesem Werke keine Äußerung finden, welche zur Annahme berechtigt, daß Fabricius die Veränderung des Hornsilbers (Chlorsilber) im Lichte kannte. ^)
Genauere Angaben über das von Albertus Magnus entdeckte Silbemitrat machte der berühmte Arzt Angelus Sala (der, geboren in Vicenza, größtenteils in Deutschland und in der Schweiz lebte), welcher diese Silberverbindung unter dem Titel „Magisterium argenti" oder „Cristalli Dianae" beschrieb. Derselbe hatte große Verdienste um die Fortschritte der Chemie und ihre sichere Anwendung bei der Bereitung der Arzneimittel; er beschreibt in seinen „Opera medico chimica*' (I.Auf- lage zu Frankfurt 1647; zu Rom 1650; 2. Auflage 1682) die Darstellung des sogenannten Höllensteins durch Schmelzen des salpetersauren Silbers. Die Bereitung des Cfilorsilbers („salzsauren Silbers") hatte der zu seiner Zeit berühmte anhaltische Leibarzt Oswald Croll (CroUius) aus Hessen angegeben und er bezeichnete es (wegen seiner Eigenschaft, beim Schmelzen eine hornartige Masse zu geben) mit dem Namen künst- liches „Hornsilber" oder Luna Cornea. (Crollius, Basilica chymica, Frankfurt, 1. Aufl. 1608 usw.; vergl. Wiegleb, Geschichte der Chemie, 1792, I, S. 218; Gmelin, Geschichte der Chemie, I, 1797, S. 291.)
1) Das Werk des Fabricius ist in dem Sammelwerke „De omni rorum fossi- lium genere, gemmis, metallicis etc." von Gessnerus (in Zürich 1566), welches sich in der Wiener Hof bibliothek voi'findet, enthalten. (In der ersten Auflage meiner „Geschichte der Photographie" war die Jahreszahl verdruckt und ist jetzt richtig gestellt. E.)
2) Ich erwähne dies ausdrücklich, weil Arago (Sämtliche Werke, deutsche Ausgabe von Hankel, VII, S. 385) dem obigen Zitat noch hinzufügt: „Diese Substanz ging unter dem Einflüsse des Lichtes aus Gelblichgrau in Violett . . . über." Diese Worte erwecken den Glauben, es habe Fabricius schon dieses Verhalten erkannt und ausgesprochen (was jedoch nicht der Fall ist); in diesem Sinne wurden Arago s Angaben oft (mit oder ohne Quellenangabe) abgedruckt und man schrieb bis in die neueste Zeit allgemein dem Fabricius eine Entdeckung zu, die er gar nicht gemacht hat. — Ich war der erste, welcher die in der Literatur durch viele Jahrzehnte fest- gelegte irrige Meinung, daß Fabricius die Lichtempfindlichkeit des Chlorsilbers ge- kannt haben soll, richtig stellte (1. Auflage meiner „Geschichte"). Noch in dem 1898 erschienenen Werke von Colson, „Memoires originaux des createurs de la Photo- graphie" ist (S. 7) diese irrtümliche Ansicht, daJi Fabricius die Bräunung des Chlor- silbers am Lichte entdeckt haben soll, enthalten. Später bestätigte Waterhouse^ welcher gleichfalls das Werk von Fabricius studiert hatte, völlig meine Darstellung (The phot. Journal, Juni 1903).
Von AiiBtoteles (4. Jahrhondeit vor Chr.) bis zu den Alchimieten. 19
Der bekannte Alchimist Johann Rudolf Glauber (* 1604, f 1668), der Entdecker des nach ihm benannten „Glaubersalzes", er- wähnt 1658 in seiner „Explicatio Miraculi Mundi": „Wann man auss dem Salpeter und Vitriol ein stark Wasser destilliret und in demselben ein wenig Silber solviret, gemein Regenwasser zuschüttet, das Aqua fort, damit zu brechen, so ferbet heraach solches Wasser nicht allein alle harte Höltzer dem Ebenholtz gleich, sondern auch das Beltzwerk und Gefeder kolscbwarz". ')
Glauber übersah ebenso, wie Albertus Magnus, daß bei diesen Prozessen das Licht die Hauptrolle spielt und auch Boyle (Mitglied der Royal Society, * 1626, f 1691) gibt in seinen „Experimentis et considerationibus" 1660 an, es sei die Luft (und nicht das Licht) die Ursache der Schwärzung des Hornsilbers. Er führt femer als eine wenig bekannte Tatsache au, daß die Goldsolution Haut, Nägel, Elfen- bein usw. dauerhaft purpurrot färbe und bemerkte auch hier nicht den Einfluß des Lichtes.
Es ist überhaupt eine eigentümliche Erscheinung, daß die alten Gelehrten, selbst jene, welche sich speziell mit dem Lichte beschäftigten, so äußerst spärliche Andeutungen über dessen chemische Wirkung galjen. Dies gilt nicht nur von den alten Griechen, sondern auch von den Arabern (At Farabi, Ebu Haithem, Jacobus Alkindi, Dscheber ■f 765, Ebu Zohr f 1168, Abulcasem f 1122) und auch Alhazen, welcher in der iUitte des 11. Jahrhunderts lebte und ein Buch über das Licht schrieb, tut in dieser Beziehung keine Erwähnung.*)
Auch berühmte Gelehrte späterer Zeit, wie Roger Baco (*1214, + 1294), Porta, der Erfinder der Camera obscura {•1545, 11615), Kepler (* 1571, +1642), Huyghena (* 1625, f 1695), Newton (' 1642, + 1727), welche die Optik in neue Bahnen drängten, übersahen den Einfluß des Lichtes auf die innere Beschaffenheit der Uaterie.
Im 16. und 17. Jahrhundert aber tauchten die Anfänge der Camera obscura und des Naturselbstdruckes auf, welche beide für die Erfindungs- geschichte der Photographie von solcher Bedeutung sind, daß wir darauf näher eingehen wollen.
1) Glaaber, „Opera chymica", 1658, S. 160.
2) Risner gab 1570 in Basel das Buch „Thesaurus Opticae" heraus, worin die arabiscben Forscher berücksichtigt und ihre Angaben über das Licht mitgeteilt sind. (Fiedler, De lucis effectibuB chemicis, 1834, S. 2.)
ZWEITES KAPITEL.
VEESÜCHE MIT NATUESELBSTDEUCE IM 16. UND
17. JAHEHUNDEET.
Nach der Erfindung der Buchdruckerkunst im 15. Jahrhundert er- hielt die Methode der Illustration von Druckschriften mit geschnittenen Holztafeln (Holzschneidekunst) größte Bedeutung, ebenso der Kupfer- stich. Zahlreiche Werke des 16. Jahrhunderts sind in dieser Weise illustriert. Schon damals kamen die Naturforscher und die Heraus- geber botanischer Werke, veranlaßt durch die großen Kosten, welche die Illustration derselben mittels des Holzschnittes oder Kupferstiches verursachte, auf den Gedanken, ob es nicht möglich sei, die Pflanzen, Blätter usw. unmittelbar selbst zum Abdruck zu benutzen. Die frühesten Arbeiten dieser Art scheinen auch tatsächlich für die da- malige Zeit — so schlecht und primitiv sie waren — genügend gut gewesen zu sein, da man ihrer vielfach in älteren Schriften rühmend erwähnt und das Yerfahren zur Nachahmung empfohlen findet, wie insbesondere aus den interessanten Studien zur Geschichte des Natur- selbstdruckes von K. Kampmann 1) hervorgeht.
Die älteste Nachricht über die Erzeugung dieser Ectypa plan- tarum findet sich in dem Kunstbuche des Alessio Pedemontese (nach anderen: Alexis Pedemontanus), Milano 1557, welches 1593 von Hans Jacob Wecker, Stadtarzt zu Kolmar, ins Deutsche über- setzt wurde. Im Jahre 1664 beschreibt Mr. de Moncoys („Journal des voyages*^, Lyon, Yol. II) die Art, Pflanzen abzudrucken, wie er es selbst in Rom von einem Dänen, namens Welgenstein (oder Welken- stein) gelernt hat, und in dem Buche „Nützlicher und curieuser Künstler'', Nürnberg 1728, ist das Rezept „Ein natürliches Laub mit allen Adern abzudrucken", in derselben Weise angegeben wie bei Pedemontese. Um diese Zeit finden sich solche Beschreibungen überhaupt häufig. Der Provisor der Mainzer Hofapotheke, Ernst
1) Eders Jahrbuch für Photographie 1S99.
Tereuche mit Natuiselbstdrucb im 16. und IT. Jahrbuodert. 2t
Wilhelm MartiuB, gab im Jahre 1785 sogar eia eigenes Werkchea unter dem Titel „Neueste Anweisung, Pflanzen nach dem Leben ab- zudrucken", Wetzlar, 8", heraus, und J. Conr. Gütle bringt in seinem Werke „Über die Kupferstecherei", 1793, S. 119, die Beschreibung, Pflanzen abzudrucken, nach dem Buche des Martius.
Im Jahre 1798 erschien zu Brandenburg J. H. A. Dunkers „Pflanzenbelustigung oder Anweisung, wie man getrocknete Pflanzen auf eine leichte und geschwinde Art sauber abdrucken kann" mit fünf schwarzen und fünf kolorierten Abbildungen; es erlebte sogar zwei Auflagen, und noch im Jahre 1809 gibt Graumüller in Jena seine „Neue Methode von natürlichen Pflanzenabdrücken in- und ausländischer Gewächse" heraus.
Das Verfahren zur Herstellung dieser Abdrücke bestand, den Be- richten der oben angeführten Autoren nach, in der ersten Zeit darin, daß die getrockneten Pflanzen in den Kauch einer Öllampe oder einer Kerze gehalten wurden, bis sie vollkommen und gleichmäßig berußt waren; dann wurden sie zwischen zwei Blätter weiches Papier gelegt und so lange mit dem Falzbein oder der Hand üt>erfahren , bis sich der Ruß den Papieren mitgeteilt hatte, wodurch eventuell zwei Abdrücke zugleich entstanden. Später wendete man an Stelle der Rauchschwärze entweder die gewöhnliche Schwärze der Buch- oder Kupferdrucker, oder auch eine andere, mit zähem Firnis vermischte beliebige (rote, braune usw.) Farbe an und erhielt auf diese Weise minder vergängliche Abdrücke. Diese Ectypa waren aber desungeachtet noch sehr mangel- haft und unvollkommen, und ihre Anfertigung ging sehr tangsam von statten, da das Einscbwärzen der Pflanzen mit dem Buchdruckerballen viel Zeit raubte. Auch bot noch der Umstand der weiteren Verbrei- tung ein großes Hindernis, daß man sehr viele Pflanzen gleicher Art vorbereitet haben mußte, um die nötige Zahl von Abdrücken zu er- zielen, da eine und dieselbe Pflanze, selbst bei der sorgfältigsten Be- handlung, nur sehr wenige gute Abzüge erlaubte. Bei den auf diesem Wege erzielten Naturselbstdrucken waren demnach die Pflanzen in ihrer Struktur entweder einfarbig, schwarz, braun oder auch rot abgedruckt und wurden später auch durch Handmalerei mit den entsprechenden Farben koloriert Da aber die oft sehr dicke Epidermis der meisten Blattarten das eigentliche Blattgeäder (das Skelett) nicht deutlich genug hervortreten ließ, geriet man bald auf den Einfall, die Blätter zu obigem Zwecke zu skelettieren oder zu mazerieren, d. h. die obere und untere Blatthaut durch Mazerierung (Fäulung) im Wasser oder durch eine chemische Beize hinweg zu schaffen, um so ein vollkommen reines Blattgerippe zu erhalten; Antonio Mizaldi (1560) soll einer
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Erster Teil. Zweites Kapitel.
I
der ersten gewesen sein, welcher das Skelettieren anwendete, und dem Marc Aurel Severin {Nürnberg 1645) gelang es sogar, das Blatt einer Opuntia dergestalt zu präparieren, „daß alles Fleisch hinweg und nur die harten fibrae geblieben sind".
Auf diese Weise illustrierte alte Werke sind nichts Seltenes, und finden sich solche in den meisten größeren Bibliotheken. Besonders reich an solchen ist aber die Wiener k. k. Hof- bibliothek. Als eines der ältesten wäre hier die aus dem Jahre 1685 stammende Handschrift zu nennen, welche von dem Zisterziensermönch Silvio Boccone stammt und folgen- den Titel trägt „Disegni Naturali et Originali consacrati Alla Sua Maesta
^' Cesarea di Leopoldo Prirao usw.
•^ Monaco Cisterciense".^) {Folioband, 42 Tafeln mit 82 Pflanzenabbildungen. Wiener Hofbibliothek, Nr. 11102.) Die Widmung an Kaiser Leopold I. enthielt den Text: „Eurer Eaiserl. Majestät untertänigster ergebenster Diener im Herrn Don Silvio Boccone, Zisterziensermönch": In Fig. 4 bringen wir das Faksimile dieser alten Handschrift mit dem Namenszuge Boccone s.
Diese ältesten uns erhalten ge- bliebenen Versuche des Naturselbst- druckes sind in dem vorliegenden Werke zum ersten Male reproduziert und zwar bringen wir in Fig. 5 und 6
1) Auf deutsch: Natürliche und Ori- ginalzeichnuDgen gewidmet Sr. heil. Kaiserl. Majestät Leopold L, dem unbesiegten und unermüdlichen Vorkämpfer der katholischen Religion.
Versaohe mit Natntselbstdi-uok i
l und 17. JabrbuDdert.
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Faksimiles der BooooDiscben in Driictschwarze ausgeführten Natur- selbstdrucke von Pflanzen. >)
AIb zunächst bemerkenswerte Arbeiten müssen die Werke des Prof. Enipbof genannt werden. Prof. Job. Hieron. Knipbof betrieb 1728 bis 175? nachweislich den Naturselbstdriick geschäftsmäßig und hatte sich zu diesem Zwecke mit dem Buchdrucker und Buchhändler C. R Funke in
. NBtimelbstdruok
Erfurt eine eigene Druckerei eingerichtet, aus welcher sehr viele solcher Werke hervorgingen, die zumeist noch in der Wiener Hofl)ibliothek vor- handen sind. Bemerkenswert ist auch die Publikation von Seligmann^)
1) Photoziokotypieo der k. k. Graphischen Lehr- und Versucbsao statt m ^Vieo.
2) Das im Jahre 1748 in Müroberg vom Kupferstecher M. SeligmanD gedruckte Werk enthält Pflanzenbilder, wie solche ilia Natur selbst abdruckt. Wie dieselben hergestellt wurden, ist genau besehrieben in dem Werke von Ernst Martins, Wetzlar 1784, und in Job. Conr. Gütle, 1793, S. Hfl.
1748 und anderen. Alle diese Abdrucke sind diiRh Emfarben dei Pflanze und Abdrücken auf Papier hergestellt Es lag somit keiq
Tersnche mit Natnrselbstdnick im 16. uod 17. Jahrhundert. 25
eigentliches graphisches Druckverfahren mit Anwendung einer festen, genügend konstanten Druckform vor.
Immerhin mag in diesen Vorarbeiten der Keim zu dem 1853 von dem Direktor der Wiener Hof- und Staatsdruckerei, Hofrat Auer, erfundenen 14 atorselbstdruck gelegt worden sein; der Auersche Natur- selbstdruck beruht auf der Herstellung vertiefter Druckformen, welche durch mechanischen Abklatsch der Naturobjekte, zumeist mit folgender galvanoplastischer Abformung, erzeugt werden, und liefert Abdrücke, welche weit höheren Ansprüchen entsprechen und auch für die Anfänge der photomechanischen Verfahren (s. Pretschs Photogalvanographie, sowie Woodburydruck) von Bedeutung waren.
Erster l!«!. Zweites Kapitel.
1748 und anderen. Alle diese Abdrücke sind durch Einfärben d» Pflanze und Abdrücken auf Papier hergestellt. Es lag somit keia
Bücpona 1985.
Versuche mit NatnrselbaUruck im 16. und 17. Jahrhundert. 25
eigentliches graphisches Drackverfahren mit Anwendung einer festen, genügend konstanten Drnckform vor.
Immerhin mag in diesen Vorarbeiten der Eeim zu dem 1852 von dem Direktor der Wiener Hof- und Staatsdruckerei, Hofrat Auer, erfundenen Naturselbstdruck gelegt vrorden sein; der Auersche Natar- selbstdnick beruht auf der Herstellung vertiefter Druckformen, welche durch mechanischen Abklatsch der Naturobjekte, zumeist mit folgender galvanoplastischer Abformung, erzeugt werden, und liefert Abdrücke, welche weit höheren Ansprüchen entsprechen und auch für die Anfänge der photoraechanischen Verfahren (s. Pretschs Fhotogalvanographie, sowie Woodburydruck) von Bedeutung waren.
DEITTES KAPITEL.
ZUR GESCHICHTE DER CAMERA. OBSCURA-
Als der Erfinder der Camera obscura, der Vorläuferin des photo- graphischen Apparates, galt lange Zeit der im 16. Jahrhundert lebende neapolitanische Gelehrte Giovanni Baptista della Porta. Jedoch war die Camera obscura ohne Zweifel viel früher bekannt Einige be- haupten, die Camera obscura sei schon von dem englischen Franzis- kanermönch Roger Bacon (* 1214, +1294) im 13. Jahrhundert erfunden worden (?). Derselbe war einer der scharfsinnigsten Naturforscher und Philosophen seiner Zeit, dem man die Erfindung der Camera obscura, des Teleskopes, der Brillen (s. S. 2), eines sich selbst bewegenden Wagens, einer Maschine zum Fliegen, die Erfindung des Schieß- pulvers usw. zuschreibt. Er kam in den Verdacht der Zauberei und schickte 1266 seinen SchtUer Johannes nach Rom, um sich von diesem Verdacht zu reinigen. Wenn auch in Roger Bacons Schriften sich Stellen finden, welche als Andeutungen auf die Camera obscura von manchen gedeutet werden, so läßt sich doch nicht beweisen, daß er tatsächlich diese Erfindung gemacht habe.
Goethe, welcher in seiner „Farbenlehre" (1810, Bd. II) sich eingehend mit Bacon befaßte, äußert die Ansicht, daß viele Äußerungen dieses weitschauenden und geistig lebhaft wirkenden Mannes (welchem man auch die Erfindung des SchieB- pulvers zuschreibt) nur Schlußfolgerungen, vielleicht Phantasiegebilde sind, welche über das, was er und seine Zeit leisteten, weit hinausgingen. „Wem bekannt ist, wie der Menschengeist voreilen kann, ehe ihm die Technik nachkommt, der wird hier nichts Unerhörtes finden", bemerkt Goethe und fährt fort: „Durch die von Roger Bacon beschriebenen Gläser soll man nicht allein die entferntesten Gegenstände ganz nah, die kleinsten ungeheuer groß im eignen Auge wahrnehmen; sondern diese und andere Bilder sollen auch, hinaus in die Luft, in die Atmosphäre geworfen, einer Menge zur Erscheinung kommen. Zwar ist auch dieses nicht ohne Grund. So mancherlei Naturerscheinungen, die auf Refraktion und Reflexion beruhen, die viel später erfundene Camera obscura, die Zauberlaterne, das Sonnenmikroskop und ihre verschiedenen Anwendungen haben sein Vorausgesagtos fast buchstäblich wahr ge- macht, weil er alle diese Folgen voraussah. Aber die Art, wie er sich über diese Dinge äußert, zeigt, daß sein Apparat nur in seinem Geiste gewirkt und daß daher manche imaginäre Resultate entsprungen sein mögen/'
Zur Geschichte der Camera obscura. 37
Eine etwas deutlichere, aber immerhin noch recht unklare Stelle, welche als Beechreibung einer Camera obscura betrachtet werden könnte, findet sich in einem Werke des Architekten CaesareCaeaariano, welcher 1521 zu Como einen Kommentar zum Werke des Vitruvius erscheinen ließ. Er macht gelegentlich der Erläuterung einer mißverstandenen Stelle des Vitruvius eine Bemerkung, welche darauf hindeutet, daß der Benediktinermönch SomFapnuzio (auch DomFanuce genannt) bereits die Camera obscura gekannt habe; Caesariano schreibt, daß Papnuzio in einem dunklen Zimmer eine konkave, in der Mitte durchbohrte Scheibe am geschlossenen Fenster angebracht und dann auf einem Papier gefärbte Objekte erhalten habe. Es läßt sich nur feststellen, daß dies vor dem Jahre 1531 gewesen ist Immerhin ist die Beschrei- bung so dunkel, daß manche Geschichtsschreiber') sie nicht als zweifel- lose Schilderung der Camera obscura gelten lassen wollen.
Dagegen findet sich die erste klare Schilderung in den Manuskripten des berghmten italienischen Künstlers Leonardo da Yinci ("'1452, -|-1519},2) der im Codex atlanticus (vergl. Manuskripte L. da Vincis Vol. D. fol. 8 und in der Nationalbibliothek zu Paris; E. MUntz (s. unten Fußnote 1) schreibt: „Wenn die Fassade eines Gebäudes, oder ein Platz, oder eine Landschaft von der Sonne beleuchtet wird und man bringt auf der gegenüberliegenden Seite in der Wand einer nicht von der Sonne getroffenen Wohnung ein kleines Löchlein an, so werden alle erleuchteten Gegenstände ihr Bild durch diese Öffnung senden und werden umge- kehrt erscheinen." An einer andern Stelle wendet Leonardo da Vinci seine Beobachtung sogleich auf die Deutung des Auges als Camera obscura an, indem er sagt: „Die Erfahrung darüber, wie die Gegen- stände ihre Bilder oder unterbrochenen Widerscheine in das Auge und die helle Feuchtigkeit desselben senden, offenbart sich, wenn die Bilder der erleuchteten Gegenstände durch eine kleine runde ößhung in eine sehr dunkle Wohnung eintreten. Du wirst alsdaon diese Bilder auf weißem Papier, welches nicht weit von der Öffnung in der gedachten
1) Vergl. Priostley, Geschichte der Optik 1772; Fischer, Geschichte der Physik 1801 bis 1806; Waterhouse, Tbe Phot. Journal 1901, Bd. 25 S. 2TÜ, terner The Joarual of the Camera Club 1902, Bd. Iti S. llö; Eugene Müntz, Prametlieus 1899, S. 204, aus den Publikationen der frauzöaisohen Akademie der Inschriften. — Die Original stellen aus den einschlägigen Schriften Boger Bacons, Caesarianos. Portas {1558 uod 1589), Barbaros usw. sind bei 'Waterbouse, „Notes on the early history of the Camera obscura" {The Phot. Journ. 11101, Bd. 23 Nr. 9) abgedruckt.
2) In den „Künstler-Monographien'-, welehe von H. Knackfuß (Verhig von Velbagen & Klasing) herausgegeben werden, handelt der 33. Band von Leonarda da Vinci (1898).
28 Erster Teil. Drittes Kapitel.
Wohnung aufgestellt ist, auffangen und wirst alle die erwähnten Gegen- stände auf diesem Papier mit iiiren eigentümlichen Gestalten und Farben erblicken, aber sie werden kleiner sein und das oberste nach unten
gekehrt, wegen der erwähnten Dtin-hschneidnng Wenn diese Bilder von einem durch die Sonne erleuchteten Orte entstehen, werden sie wie eigens auf dem Papier gemalt erscheinen. Letzteres muß sehr
Zur Geschichte der Camera obsoura. 29
dönn sein und von der Rückseite betrachtet werden; das Lochelchen aber muß in eine kleine, sehr düDne Eisenplatte gemacht sein." Eine beigegebene Figar zeigt, wie sich die Strahlen schneiden, so daß Oben Unten und Rechts Linlts wird, und hinzugefügt wird: „ebenso macht es der Strahl in der Pupille".
Diese klare Beschreibung Leonardo da Vincis und die darin dokumentierte Erkenntnis der Wirkung der Camera obscura hebt sich so vorteilhaft gegen die dunklen Schilderungen seiner Vorgänger ab, daß man mit E. Muntz (a. a. 0.) übereinstimmen kann, wenn er sagt: „Es kann danach kaum ein Zweifel daran sein, daß Leonardo da Vinci das Prinzip der Camera obscura mit seiner gewöhnlichen Durchdringungskraft gekannt und wahrscheinlich entdeckt hat, die Ehre dieser und so vieler anderer Entdeckungen und Erkenntnisse gebührt seinem Genie. Aber eine andere Frage ist, ob seine Entdeckung wirk- lieb der Mit- und Nachwelt zum Nutzen gedient hat, ob nicht diese wie so viele andere Erkenntnisse Leonardos nutzlos in seinen Schriiten, die bekanntlich schwer lesbar sind und erst in den letzten Jahren voll- ständiger im Drucke erschienen sind, verborgen gelegen haben. Ohne Zweifel wird er einigen Personen seines Umganges die Wander der dunklen Kammer gezeigt haben, aber wir wissen nicht, ob diese die Kunde weiter verbreitet haben, ob z. B. Papnuzio davon gehört, oder ob die Erfindung unabhängig von Leonardos erster Entdeckung durch andere von neuem gemacht wurde."
In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde die Camera obscura auch zur Beobachtung astronomischer Erscheinungen mehrfach verwendet.
In Deutschland machten mit Hilfe der Lochkamera Erasmns Beinhold (1540) und seine Schüler Gemma Frisius, Moestlin u. a. Beobachtungen der Sonnenfinsternis. 1550 veröfi'entlichte Hieronymus Cardano in seinem Buche „De Subtilitate", S. 107, ein Verfahren, um durch Einfügung einer Glasscheibe (orbem e vitro), worunter vermutlich eine Linse verstanden ist, in die Fensterladen einer dunklen Kammer diese zu verbessern.
Hieraus geht hervor, daß der neapolitanische Naturforscher Johann Baptiste Porta (*i538, fl^lS) nicht der erste Erfinder der Kamera ist, was oftmals angegeben wurde. Möglicherweise hat Porta diese Erfindung von neuem gemacht, vielleicht hat er durch jemand anderen Kenntnis von ihr erhalten, aber so viel ist gewiß, daß Porta in der ersten Ausgabe seiner „Magia naturalis" 1553 die Kamera ohne Linse (Lochkamera) genau beschrieb; er war sich der Vorteile der Camera obscura sowie ihrer Wirkungsweise wohl bewußt und machte diesen
optischen Apparat durch seine viel gelesenen Schriften in ■ Kreisen bekannt.
Die erste lilare. keinen Zweifel gestattende Beschreibung einer Kamera mit einer bikonvexen Linse muß dem venetianischen Edelmann Daniel Barbaro zugeschrieben werden, der 1568 in seinem Werke „La pratiea della prospettiva^', S. 102, die Verbindung der Linse mit der Camera obstmra schildert.') Er benutzte das Brillenglas eines alten fernsichtig gewordenen Miiniu's iiml lH.-;i>lin.'iVjt kl;ir di'ii Klickt der Lii^
und die Anwendung zum perspektivischen Zeichnen, ferner bespricht er die Wirkung der Abbiendung der Linse, um das Bild schärfer zu machen. Diese Publikation erfolgte 21 Jahre vor der Veröffentlichung der 2. Auflage von Portas .,Magia naturalis^', in weicher dieser die Anwendung der Kamera mit der Konveslinse wie ein von ihm ent- decktes Geheimnis beschreibt. In Fig. 8 bringen wir ein von Water- house in London ausfindig gemachtes Bild Daniel Barbaros nach
1) WaterhoQBe, Tbe Joui'aal ot the Cameta Clnb 1903, S. 124.
M
Zur Geschichte der Camera obscnni. 31
einem Kupferstich, den Hollar nach dem Tiziansctiea Gemälde an- gefertigt hat. (Nach „The Photographic Journal", Toi. XLIII, Nr. 8, 1903.>
Aach Giovanni Battista Benedetti, ein venetiauischer Patrizier kannte diese Anwendung (1585) und beschrieb sie vor Porta. Letzterer gab erst in seiner 2. Ausgabe der „Magia naturalis" vom Jahre 1589, 6. Kap., eiue li^cbilderuag der Camera obscura mit Linse. Einen An- spruch auf die Erfindung der Camera obscura kann Porta also nicht machen. Sein Verdienst ist lediglich, sie durch eine klare volkstümliche BeschreibiiDg zuerst in weiten Kreisen bekannt gemacht zu haben.
Der Neapolitaner J. B. Porta ist eine der interessantesten Erschei- nungen des 16. Jahrhunderts. Er gibt in seiner „Magia naturalis", deren erste Ausgabe (1553) er in seinem 15. Lebensjahre schrieb, ein treues Gemälde des damaligen Zustandes der Physik und behandelt in zwanzig Büchern die verschiedenartigsten Gegenstände mit einem wunderlichen Gemisch von Aberglauben und Zuversicht Da er unter anderem auch über die Hexeusalbe (lamiarum unguentum) geschrieben hatte, so erregte er über Anzeige einea Franzosen den Yerdacht des römischen Hofes, bei welchem er als Magier und Giftmischer angeklagt wurde. Porta wurde zu seiner Verteidigung nach Rom berufen und versicherte, er habe diese Abbandtung nur in der Absicht verfaßt, um den Betrug, den man mit der darin besprocbeneu Sache gespielt habe, aufzudecken. Er wurde zwar von der Anklage freigesprochen, aber die von ihm in seinem eigenen Hause errichtete „Akademie der Geheimnisse" wurde auf Befehl des Papstes aufgehoben. Er machte dann viele Reisen durch Italien, Frank- reich und Spanien, um seine Kenntnis der Natur zu erweitem und die schnell aufeinander folgenden Auflagen seines Werkes immer voll- kommener einzurichten.
Das Porträt Johann Baptist Portas in seinem 63. Lebensjahre ist in Fig. 9 (Photozinkotypie nach dem Originale) nach einem alten Kupfer- stiche, der in der Kala. Fideikommißbibliothek in 'Wien vorhanden ist, abgebildet Die Symbole der vielseitigen Gelehrsamkeit umgeben das Bildnis Portas. Man erkenot in der Umrahmung die Andeutung der Diüge, über welche er schrieb; über die Verwandlung der Metalle, über Arzneien, über „die Destillierkunst", über „allerhand" Tiere, Spiegel- gläser, über die Ursachen der Wunderdinge, über die wundertätige Macht der Gestirne usw. Er kannte auch die optische Projektionskunst mittels der Laterna magica (s. fünftes Kapitel).
Ein anderes Porträt Johann Baptist Portas findet sich auch in seinem Werke „La fisonomia dell' huomo et la Celeste" (mir liegt die im Jahre 1668 in Venedig erschienene Ausgabe vor), in welchem die Menschen- und die Tierphysiognomie verglichen und mit zahlreichen
Drittes Kapitel
üliistrationen erläutert ist, ferner auch die Sternbilder des Himm^ «rörtert sind.
Sein Hauptwerk ist jedoch die erwähnte „Magia naturalis'' daselbst schreibt Porta in dem Kapitel über Brenn- und andere Spiegi
Zur Geschichte der Camera obscura. 33
auch eingehend über die Camera übscura und zwar ist seine DarsteUungs- weise interessant genug, um sie im Wortlaut nach der 2. Auflage, welche im Jahre 1715 in Nürnberg ins Deutsche übertragen wurde,') wiederzugeben. Wir bringen ein Faksimile des Textes in dieser Nürn- berger Ausgabe von Portas „Magia naturalis" nachstehend auf S. 33 bis 35 zum Abdruck.«}
Der Priester Franciscus Maurolycus (•1494, f 1575), ein renom- mierter Lehrer der Mathematik in Messina, befaßte sich mit dem Strahlen- gange des Lichtes in der Camera obscura und fand in seiner 1575 heraus- gekommenen Schrift „Photismj de lumine et urabra" die Auflösung der Frage, welche seit Aristoteles die Optiker bemüht hatte, wie es zugehe, daß das Bild der Sonne in einem verfinsterten Zimmer rund erscheint, wenngleich die Öffnung, wodurch die Strahlen gehen, eckig ist^)
Auch Gaspar Schott beschreibt in seiner „Magia universalis naturae et artis", Würzburg 1657, die Kamera mit und ohne Linse und gibt theoretische und optische Erläuterungen.
Zur Zeit Portas wurde meist ein ganzes Zimmer als Camera obscura eingerichtet, aber man machte später auch transportable Kameras.
Die erste Notiz über eine kleine transportable Kamera findet sich in dem umfangreichen, der Optik gewidmeten Werke des Prämonetratenser- mönches Johann Zahn, „Oculus artiücialis teledioptricus sive tele- scopium ex abditis rerum naturalium et artificialium etc. adeoque tele- scopium. Herbipoli 1665". Zahn beschreibt die Camera obscura, welche er mit (in Röhren gefaßten) Linsen versah; dabei berücksichtigte
1) Joh. Baptistae Fortae, Nobilis Neapalitani, Magia naturalis, oderEauB-, EuDst-, Dad Wunder -Buch; nach dem vermehrten in XX. Büchern besteheodea latein. Exemplar ins Hochteutache übersetzt, an vielen Orten verbessert und mit neuen Eapfem und Figuren gezieret. Nürnberg ITlü.
■ 2) Priestley, Geschichte der Optik. Deutsche Ausgabe, 1776, S, 30. 3) Die betreffende Stelle in Portas ,. Magia naturalis" lautet:
t>ao VI. (Copirel.
9Sonankm8EBöc(fun9mMf)o5l=@pfegeK,
I. b. 3tl< tum &fiti)9el/
^^ iwitirBtljm / reotro «ir nc* ^' mon im mvm OHrt feptll
21» ieli4ennsiit()(©iilcfttriel)lm/ """'' ""* auf'rbalk im »«di bet
te luglfi* f<bt laliig im» reunl)«biir< ®™"<; V'>>«J mbjtmirmit
lid) (mil mi imoae man Die Btäfte ttiilingatben.
Mirninuife in 9tuut 1« Dtuilid; f an 9)i<m mai^intmnn Simmn nOtSniller
«NnDtnlniint. in/
Eder, Handbucb Im PhotognipMe. I. Teil. 3. Anll. 3
34
Erster Teil. Drittes Kapitel.
1900
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Zur Geschichte der Camera obscura.
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36
Ereter Teil. Drittes Kapitel,
er den Einfluii der Brennweiten der hierzu verwendeten Sammellinj auf die Bildgröße und Bilddistanz und gibt deutliche Figurei Apparate. S. 180 bildet er mehrere Systeme handlicher Kameras i Linsen (H) und schräg gestelltem Umkehrungsspiege! (cd) \ unsere Reproduktion Fig. 10 zeigt; bei dieser Anordnung wurde Bild nach oben (a b) in aufrechter Stellung entworfen.
Eine andere sehr interessante Abbildung einer solchen transportableü Kamera, welche den Zweck hatte, im Freien aufgestellt zu werden und das Zeichnen und Malen von Landschaften zu erleichtem, findet sich in dem Werke des gelehrten, namentlich in der Optik wohlbewanderte! Jesuiten Athanasius Eircher; „Ars magna lucis et umbrai
rig. lü.
X. Libras digesta, quibus admirandae lucis et umbrae in mundo, atqt adeo universa natura, vires efTectus (pie uti nova, ita varia novoi reconditiaram([ue speciminum exhibitione, ad varios mortalium niandnntur. Editio aitera priori multo auctior." Amsterdam 1671.
Athanasius Kircher (*16ül, fl680), einer der vielseitigsten naturkundigen Naturforscher und Mathematiker seiner Zeit, war aus dem Fuldaschen gebürtig; er lehrte zuerst in Würzburg und später im Jesuitenkiillegium zu Rom die Mathematik. Die erste Auflage seiner „Ars magna Incis et umbrae" erschien 164Ö zu Rom und wurde zur damaligen Zeit als ein Meisterstück angesehen, trotzdem es von Anfang bis zu Ende voll Spielwerk steckt. Kircher entdeckte zwar keine Eigenschaften des Lichtes, aber immerhin verdankt ihm die Optik vieles — darunter eigentümliche Beschreibungen und Abbildungen der Cami
^amej^^J
Zar Geschichte der Camera abscura.
obscura und Laterna magica (s. u.)- Wir entnebmen der zweiten in Amsterdam 1671 erschienenen Ausgabe seiner Ars magna {S 709)
38 Ei'Ster Teil. Drittes Kapitel.
Kapitel IV {„De parastasi per spocierum in obscurum locum immie- siorem") die Schilderung, wie in einer Dunkelkammer verschiedene Dinge ähnlich abgebildet werden (s. Fig. 11). Aus dieser Figur ersieht man, daß am Boden der Kamera eine Öffnung, durch welche der Zeichner ins Innere gelangte, sich befand und es ist angedeutet, wie das ver- kehrte Bild der Naturobjekte auf dem Papier oder der Leinewand im Innenraum der Camera obscura entsteht.
Zur ErfinduDg des Dunkelkastens wird im „Jouni. of the Phoi Society of London-' IBöT, Bd, 4 S. 129 mitgeteilt: In einem Briefe von Sir Henry Wooton an Lord BaooD findet aicli aasführlich angegeben, daß der berülimte Astronom und Mathematikei Johannes Kepler in IJnz (Kepler, »löTl, tlÖ30, kam 1612 als Professor nath Linz) ein Zeit hafte, das drehbar und an einer Seite mit einem Loch lOQ beiläufig l'/j Zoll Durchmesser versehen war, in welches er eine Röhre mit einem konvexen Glase steckte, und die dadurch auf ein Papier projizierten Bilder mit der Feder nachfuhr — Vergl. auch TVaterhouse, Notes on the early history of the cameia obscura (Tho PJiot Journal llIOl, Bd. 2ö, Nr. 9).
Eine andere tragbare kleine Kamera wurde 1679 von Bobert Hooke be- schrieben und Marco Antonio Cellio gab 16y7 eine tragbare Kamera an, die vorzüglich dazu diente, Kupferstiche, Ge- mälde und Schattenrisse geschwind ab- zeichnen zu können. Daß das Bild in der Camera obscura nicht immer die Natur absolut genau wiedergibt, sondern häufig in der Perspektive tauseht, be- merkte Georg Busch 1775. W. Hooper beschreibt in seiner „Ratinal recreations, in wich the princlples of nurabres and natural philosophy are clearly elucitated" (London, 1, Autlage 1755; die 2. Auflage, welche mir vorliegt, erschien 1782), Bd. II, S. 36 (Tafel 3) eine originelle in Tischform gebrachte Camera obscura mit Reflex ionsspiegel (s. Fig. 12}, welche zeigt, wie verschiedene Abarten der Kamera als Belustigungs- und Belehnings- mittel in weite Kreise gelangten.
Alle diese Schriften zeigen, daß nach der Erfindung der Camera obscura wesentliche Verbesserungs versuche am optischen Teil im 17. und IS. Jahrhundert kaum auftreten. Die 5Iodilikationen, denen wir begegnen, bezichen sich in der Regel auf den mechanischen Teil. Der Fortschritt nach der optischen Seite sollte von England ausgehen; dort verüfFentlichte 1812 W. H. WollHston seine in Form eines Meniskus geformte Glaslinse und hob deutlich die Wichtigkeit eines bestimmten Blendenortes hervor, und 15 Jahre darauf gab G. B. Airy in seiner klassischen Arbeit die Theorie des Astigmatismus für das einfache Objektiv der Camera obscura.
VIERTES KAPITEL.
ZUR GESCHICHTE DES STEBEOSKOPISCHEN SEHENS.
Die Prinzipieo des stereoskopiscben Sehens, nach welchen die Bilder der Körper, welche mittels beider Augen gesehen werden, durch Vereinigung zweier ungleicher Bilder entstehen, welche von jedem Auge erblickt werden, erkannte bereits Euklid vor mehr als 2000 Jahren, und etwa 500 Jahre später handelte der berühmte alte Physiker Galenus den Gegenstand des doppeläugigen Sehens vollständiger ab als Euklid.
Leonardo da Vinci hat in seiner Abhandlung über das Malen, welche in Mailand 1589 nach seinen hinterlassenen Manuskripten heraus- gegeben wurde, ganz deutlich auf die ünähnlichkeit der Bilder sich bezogen, welche von jedem Auge erblickt werden, und dies als den Grund angegeben, daß die vollendetsten Gemälde doch nie das Relief wie beim doppeläugigen Sehen von Naturobjekten geben.
Porta erwähnt in seiner „Magia naturalis" im Kapitel „über die Strahlenbrechung" (Buch 5 und 6) die Sätze Euklids und die Ansichten Galenus', und erläutert diese Ausführungen mit Figuren so deutlich, daß wir nicht nur die Grundsätze, sondern auch die Konstruktion des Sfereoskopes erkennen.^) Spater kam diese Erfindung in Vergessenheit und wurde erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder auf- gegriffen {s. u.).
1) Vergl. Brewster, The stereoscope. London 1850; deutsch Weimar 1862.
FÜNFTES KAPITEL.
EEHNDUNG DES PEOJEKTIONSAPPAEATES
IM 17. JAHEHUNDEET.
Als Erfinder des Projektionsapparates („Latema magica" oder „Zauberlaterne" genannt) wird in der Hegel, jedoch mit Unrecht, der bereits auf S. 36 erwähnte Jesuit Athanasius Kircher genannt.^) Das Prinzip der Laterna magica hat wohl schon Porta im 16. Jahr- hundert gekannt und Schaustellungen damit vorgeführt
J. B. Porta soll nicht nur wirkliche Naturobjekte in seinem Dunkel- Zimmer projiziert haben, sondern auch verschiedene auf dünnes Papier entworfene Zeichnungen, welche mittels durchfallendem Sonnenlicht er- hellt waren. Zugleich machte er die Zeichnungen beweglich und konnte dadurch dem Bilde jede beliebige Bewegung geben: ein Kunststück, das in der damaligen unwissenden Zeit übernatürlich erscheinen mußte. Auf diese Art, sagt Porta, habe er zum Erstaunen der Zuschauer Vorstellungen von Jagden, Schlachten usw. hervorgebracht. Kircher erzählt, daß er nach des Portas Manier einmal eine vortreffliche Vor- stellung der Kreuzigung Christi gesehen habe und auf gleiche Weise wurde der Kaiser Rudolph von seinen Mathematikern mit einer Pro- zession aller Kaiser, von Julius Cäsar bis auf ihn selbst, belustigt.*)
Die erste Beschreibung und Abbildung der Zauberlaterne mit künstlicher Beleuchtung verdanken wir dem bereits oben (S. 83) er- wähnten deutschen Prämonstratensermönch Johann Zahn. Er schildert in seinem bereits oben erwähnten „Oculus artificialis teledioptricus*', 1665, S. 256, einen transportablen Projektionsapparat und erläutert ihn durch die in Fig. 13 und 14 im verkleinerten Maßstabe reproduzierten Illustrationen; man ersieht aus denselben, daß er seiner Laterna magica jene Form gegeben hatte, welche noch heute unseren Projektionsapparaten zugrunde liegt.
1) Rosenberger, Geschichte der Physik, II. Teil, S. 120.
2) Priestley a. a. 0.
Erfindung des Frojektiansapparatas im 17. Jahrhundert.
41
Athanasias Kircher beschrieb die Zauberlaterne gleichfalls (jedoch etwas später) und brachte die Frojektionskunst zur Kenntnis der weitesten Kreise; er ergänzte die Experimente Portas und anderer und führte mit seiner Zauberlaterne dasselbe bei Nacht und in mancher Richtung effektvoller durch, als dies durch Porta bei Tageslicht ge- schehen war.
Kirchor gab in der 2. Auflage seines Werkes ,,Ars magna lucis et umbrae" (1671) zwei Abbildungen der Zauberlaterne,') wovon wir eine in Fig. 15 reproduzieren.
Dazu gibt Kircher folgende Beschreibung: Man fertige einen hölzernen Kasten ABOD (s. Fig. 15) und setze auf ihn eine Esse L, damit der Rauch der Lampe im Inneren des Kastens durch L ent-
gen der Latema magic
(1665).
weichen könne. Die Lampe hänge oder stelle man im Kasten in der Höhe der Öffnung H auf und setze in die letetere eine Röhre, einen Tubus, ein. Dieser Tubus müsse an der Vorderseite / eine recht gute Linse enthalten, am Ende der Rohre aber, nämlich an der Kasten- ■öffnung H (in foramine vero seu in fine tubi H) habe man eine Glas- platte zu befestigen, auf welcher mit durchsichtigen Wasserfarben irgend ein Bild gemalt sei. Dann werde das Licht der Lampe, die Linse und das verkehrt einzusetzende Glasbild (vergl. aber Fig. 15) durchdringend, gegenüber auf einer weißen Mauer ein aufrechtes und
1) Athaaasius Kircher erwülmt in der ei*sten Ausgabe seim luds et umbrae' (1G46) noch nichts von der Zimberlaterne ; erst die ; erscbieaene zn'ette Ausgabe enthält Beschreibung und AbbilduDg derse!
Erster Teil Fünftes Kapitel.
furbiges Bild entwerfen. Damit aber die Lichtstärke recht groß werde, müsse man hinter der Flamme einen Hohlspiegel anbringen.
Die Boziebimg dieser Beschreibang zu der beigegebeneo Abbildung ist unzweideutig; nur die aufrechte Stellung der Lichtbilder hat man nach dem Text dem Kupferstecher zur Last zu legen. Eine Projektion des Lichtbildes kann aber oflenbar auf diese Weise (bei der ange- gebenen Lage der Glasbilder außerhalb der projizierenden Linse) nicht
Aus dieser Tatsache folgert Prof Reinhardt, welchem wir eine gründliche Studie über die Geschichte der Projektionslaterne verdanken,') dali Athanasiiis Kircher von dem Gang der Lichtstrahlen in der Projektionslaterne keine ganz klare Vorstellung hatte und die Zauber- Interne nur anderswo gesehen und rieht erfunden habe. Allerdings schreibt sich Kircher auch das Verdienst zu, durch seine in der ersten
ihardt, ,Üfaer den Erfinder des Projektionsapparates" (Promethens
1) ßei
190J, S. 314).
Erfindaog des Projektiaaeap parates im 17. Jabrhundert. 43
Auflage der Ars magna lucis et umbrae gegebene Darstellung der Wirkungsweise der Linsen in den optischen Apparaten die Eonstruktion der magischen Laterne veranlaßt zu haben. An dieser Stelle überliefert er uns, worauf Reinhardt zuerst aufmerksam machte, eine interessante* historische Notiz, die der Yerfasser bisher noch nirgends wiedergegeben gefunden hat. Kircher erzählt nämlich (S. 768 der zweiten Ausgabe), daß auf Grund seiner Schrift ein nicht unbedeutender dänischer Mathe- matiker Thomas Walgenstein (Walgenstenius) eine „verbesserte'^ Latema magica erfunden und sie an verschiedenen Orten Italiens öffent- lich gezeigt habe. Vielen vornehmen Leuten in Italien und insbesondere in Rom hätte dieser mit großem Nutzen solche Zauberlaternen verkauft. Freilich kann man aus der Kircherschen Beschreibung und Abbildung nicht erkennen, wie die Laterne des Walgenstein ausgesehen hat Aber ein anderer Schriftsteller des 17. Jahrhunderts hilft hier aus.
In dem Werke „Cursus seu Mundus Mathematicus" des Claude Fran9ois Milliet Dechales (1. Aufl. 1674, 2. Aufl. 1690), und zwar im 3. Bande der 2. Auflage auf S. 696, berichtet der Verfasser, daß im Jahre 1665 ein gelehrter Däne zu Lyon eine Laterne vorgeführt habe, durch welche man „bei Nacht von einer kleinen Zeichnung (prototypus) ein recht großes deutliches Abbild auf einer Mauer erzeugen könne", und zwar geschehe dies, allem Vermuten nach, durch zwei Linsen. Dieser in der Optik wohlbewanderte Däne ist unzweifelhaft der von Kircber genannte Thomas Walgenstein,') der, wie es scheint, mit seiner Wunderlateme ganz Europa bereist, aber bei seinen Vorfübrungen von Lichtbildern die innere Einrichtung seiner Laterne nicht Öffentlich bekannt gemacht hat. Reinhardt ist der Ansicht, daß sich daraus auch das phantastische Bild Eirchers und dessen Unklarheit über die Optik dos Apparates erklärt Auch Dechales gibt in seinem Werke nur eine Skizze, die hier nach einer Photographie wiedergegebene Figur 16. Er erklärt aber in völlig zutreffender Weise die Entstehung des Lichtbildes. Nach der Skizze und der beigefügten Erläuterung steht das Objektes innerhalb der Brennweite der Linse CD:') Durch diese erhält man auf derselben Linsenseite ein virtuelles Bild, welches von CD um mehr als die Brennweite absteht Dieses virtuelle Bild von AB ist das Objekt für die Linse EF und befindet sich zwischen der ein- fachen und der doppelten Brennweite der Linse EF. Daher entwirft
1) OfFeobar derselbe geniale Düne, der \ „Welgeastein" zitiert wird und in Rom um demoDStrierte {a. S. 20).
2) Die OriginaJabbildung bezeichnet diese Linse r Tcrselieu des Holzschneiders zurück zuführen ist.
44
Erster Teil. Fünftes Kapitel.
die letztere von AB ein vergrößertes, reelles und umgekehrtes Bild KL, welches um mehr als die doppelte Brennweite der Linse EF von dem Ende des Tubus entfernt ist. Dieser Tubus konnte, wie Dechalos ausdrücklich hervorhebt, verkürzt und verlängert werden, um auch bei verschiedenen Entfernungen des Schirmes oder der weißen Mauerfläche vom Apparat immer ein deutliches, scharf begrenztes Bild darauf zu erhalten. Auch hierfür hat Dechales die richtige Erklärung. Er be- spricht ferner die Wirkungsweise des Spiegels und die notwendige Größe der Linsen CD und EF^ von denen die erstere kleine, die andere große Brennweite haben müsse, und zeigt endlich, daß von der Flamme
Fig. 16. Skizze der Lateroa magica nach Dechalos' Carsus sea Mundns Mathematicns, 2. Aufl. 1690.
ON selbst weder ein aufrechtes noch ein umgekehrtes Bild entstehen könne, wenn die Dimensionen der Laterne richtig gewählt seien, son- dern daß ein wohlbegrenzter Lichtkreis als Gesichtsfeld auf dem Schirm sich ergeben müsse. Erst nachdem er dies alles selbst entdeckt hätte^ habe ihm, so erzählt Dechales, der Erfinder gestattet, das Innere dei Laterne zu besichtigen und auszumessen.
Dem Dänen Thomas Walgenstein schreibt Reinhardt die Ehre zu, der Erfinder der Laterna magica und der Projektionskunst zu sein. Es dürfte jedoch Reinhardt in dieser Wertschätzung Walgensteins zu weit gegangen sein, indem man wohl Zahn (nebst Porta) als Er- finder des Projektions Verfahrens mittels der Zauberlaterne in erster Linie nennen muß.
SECHSTES KAPITEL.
PHOTOCHEMISCHE STUDIEN DEK NATUEFOKSCHEE DES 17. JAHRHUNDERTS BIS BESTUSCHEFF.
Die Naturforscher des 17, Jahrhunderts griffen zuerst die an der Pflanzenwelt durch das Licht hervorgerufenen Verändeningen auf. Ray war einer der eisten, welche (1686) die grüne Farbe der Blätter dem Einflüsse des Sonnenlichtes zuschrieben und hierbei die Wirkung des Lichtes von jener der Luft unterschieden.^) Andere Autoren vor Ray, wie Grevius (Anatome plantaruni), Scharroc (Histor. Propagat. Vege- tabilium etc.), sahen die Luft als die Ursache der grünen Farbe an und nach J. Vossius (De lucis natura et proprietate, 1662) war nur die Wärme die Ursache, warum Pflanzen und Tiere in sonnigen Gegen- den lebhaft geiarbt sind.=)
Die Tatsache, daß durch das Licht das Bleichen von Leinen usw. wesentlich befördert wird, war schon im Altertum bekannt und zwar nicht nur den Griechen und Romern, sondern auch den alten Ägyptern und Indem. Über die hierbei auftretenden Erscheinungen machte der Akademiker Ed. Mariotte ('1666, f 1684) zutreffende Beobachtungen. In seinem „Traitö de la nature des couleurs", Paris 1688, sagt er: „Es gibt viele gelbe und dunkle Materien, welche sich bleichen, wenn man sie wechselweise netzt und an der Sonne trocknet. Sind sie sodann weiß und bleiben sie lange unbefeuchtet an der Luft, so werden sie gelb". 3)
Im 17. Jahrhundert wurden neuerdings Angaben über die Farbe der Purpurschnecke (s. S. 10) und deren Verhalten gegen Licht ge-
1) Bay, Historia Flantarum. Loadioi ICßß. I, S. 15. Die ürsacbe, daß die Pflanzen im Fiostem ihre grüne Farbe verlieren, schreibt er mehr dem Mangel an Liebt, aJs au Luft und Wärme zu. Dies zeigen seine Worte: ,Nobis tamen not) tam aer quam lumen luniinisve actio coloris in plautarum foliis viridis causa esse videtur" .... ,,.W hane autem colorem inducendum non rei^uiritur calor," — Die nähere Be- schreibung dieser Versuche s. Bancrofts ,,Färbebuch-' {Deutsche Ausgabe, 1817, 1, 86).
2) Goethes „Geschichte der Farbenlehre" (Hern pclscbe Ausgabe). XXXVI, S. 191.
3) Ibid. XXXVI, S. 984.
46 Erster Teil. Sechstes Kapitel.
macht und zwar verdanken wir dieselben dem Engländer William Cole in Mineherd, welcher an den Küsten von Somersetshire und Süd- walis purpurführende Schaltiere (Buccinum) entdeckte. Er beobachtete, daß der Saft derselben, auf Leinwand oder Seide gestrichen, diese anfangs grünlich färbe und daß an der Sonne diese Farbe in rascher Folge dunkelgrün, hell purpurn und (bei heiterem Himmel nach einigen Stunden) dunkelpurpurrot wird. Cole fand auch, daß jede dieser Farbennuancen stehen bleibt, wenn man das gefärbte Zeug in einen finsteren Baum bringt; ferner beobachtete er das Auftreten eines Knoblauchgeruches während der Zersetzung im Lichte. Cole sandte im November 1684 einige Proben von derartig gefärbtem Leinenzeug an die königliche Sozietät nach London und beschrieb seine Erfahrungen näher. ^)
Weder Cole noch Röaumur, welcher sich viele Jahre später mit demselben Gegenstande beschäftigte, scheinen von den Angaben ihrer Vorgängerin Eudoxia Kenntnis gehabt zu haben. R6aumur fand eine große Menge von Buccinum an der Küste von Poitou und teilte im Jahre 1711 in seiner Abhandlung ,,Sur une nouvelle pourpre" mit, daß das Licht bei der Bildung der roten Farbe eine große Rolle spielt. =^) Nach seinen Beobachtungen ist der frische Saft der Tiere gelblich und wird erst an der Sonne violett und schließlich purpurrot Luft allein bewirkte im Dunklen die Färbung nicht und auch das vom starken Feuer ausgestrahlte Licht erwies sich bezüglich des Rötungsprozesses nur wenig wirksam, obgleich es weit wärmer als Sonnenlicht war.®) Besonders rasch erfolgte die Rötung in dem durch ein Brennglas konzentrierten Sonnenlichte. Er zog aus seinen Versuchen den Schluß, „man müsse einen weit höheren Wärmegrad des Feuers anwenden, wenn man an dem Safte dieselben Veränderungen hervor- bringen wolle, die man mit der Wärme des Sonnenlichtes bewirken kann."
Im Jahre 1707 hatte der königliche Leibarzt Lemery (*1677, fl743) die Aufmerksamkeit auf die Kristallvegetationen aus Salz- lösungen im allgemeinen gerichtet.^) Petit bemerkte 1722, daß die
1) Coles Brief .,Observations on tbe purple fislr^ wurde 1685 in den Philo- sophlcal Transa(*tions (Bd. J5, S. 1278) veröifeDtlicht. Auch übersetzt im „Journ. des S^avans'S 1686, S. 356.
2) Histoire de TAcadeniie Koyale des Sciences. Paris 1711. S. 6.
3) Die betreffende Stelle lautet wörtlich : „Sans doute la chaleur du soleil beau- coup plus subtile <j[ue celle d'un feu de bois, est plus propre a agiter les plus fines particules de la liqueur''.
4) Hifetoire d«: rAcad«.'mie Rovale des Sciences. Paris 17(.)7. S. 299.
Fhotochemische Stadien der Natarforschei des 17. Jithrh. bia BestuscbefF. 4?
Aufiösungeii von Kalisalpeter und Salmiak im Sonnenschein schönere Vegetationen gaben als im Schatten.')
Im Jahre 1725 erfand der russische Großkanzler und spatere Feldmarschall Graf Bestuscheff (*1693, f 1766) seine „Tinctura tonico- nervina", bei deren Darstellung er die Mitwirkung des Lichtes in An- spruch nahm. Es war dies ein früher sehr geschätztes Arzneimittel und wnrde in Rußland als Gebeimmittel um so teurer verkauft, weil man die Flüssigkeit für goldhaltig hielt; später kam die Vorschrift durch einen Laboranten an Lamotte, der die Komposition in Frankreich ver- kaufte (deshalb auch Lamottesche Goldtropfen genannt). Die russische Kaiserin Katharina kaufte später den Erben Bestuscheffs das Ge- heimnis ab und ließ die Bereitung der Eisentinktur bekannt machen. {Näheres über die Geschichte dieses Präparates s. Troramsdorffs Journal der Pharmazie, 1881, S. 60, und Kerner, Annalen der Chemie und Phar- mazie, XXIX, S. 68.) Bestuscheffs OriginalvorscbrifC bestand darin, daß er das aus Schwefelkies, Roßschwefel und Quecksilbersublimat weitläufig bereitete sublimierte Eisenchlorid an der Luft zerfließen ließ und in dem vierfachen Gewicht Alkohol löste. Diese tiefgelbe Lösung wurde in ver- schlossenen Flaschen dem Sonnenlichte ausgesetzt, bis sie weiß wurde. (Reduktion des Eisenchlorides zu Chlorür.) Es war auch damals schon bekannt, daß der im Lichte entfärbte Liquor sich im Dunkeln bei Luft- zutritt wieder goldgelb färbt.
Bestuscheff fand also nicht nur als Erster die Lichtempfind- lichkeit der Eisensalze und beobachtete die Reduktion derselben vom Ferri- zum Ferrosalz, sondern er beobachtete auch, daß er eine Art Lichtreaktion vor sich hatte, welche nachher im Dunkeln wieder (bis zu einem gewissen Grade) rückgängig wurde.
1) Histoire de l'Acadettiie Eoyale des Sciences. Paris 1T22. S. 129. Auch Ciells Chemische Annalen. II, S. 136.
SIEBENTES KAPITEL.
PHOSPHOEESZENZEESCHEINUNGEN DEK „LEUCHT- STEINE" UND ENTDECKUNG DEE LICHTEMPFIND.
LICHKEIT DEE SILBEESALZE.
Aus den Schriften von Aristoteles und Plinius ersehen wir, daß die alten Griechen und Römer mehrere im Dunkeln leuchtende Körper kannten; vom Leuchten der See, des Fleisches und einiger Schwämme (oder faulem Holz) macht Aristoteles Meldung und Plinius erzählt von leuchtenden Edelsteinen. Daß der Diamant in einer mäßigen Wärme leuchtet, wußte Albertus Magnus und vielleicht noch andere vor ihm.^) Erst im 17. Jahrhundert wurden die künstlichen phosphores- zierenden Körper, „die wunderbaren lichteinsaugenden und licbtaus- strömenden Leuchtsteine" entdeckt. Den Anfang machte im Jahre 1602 bis 1604 der alchimistischen Arbeiten ergebene Schuster Casciorolo in Bologna, welcher das Leuchten des zwischen Kohle geglühten Schwer- spates, eines Minerals, das in der Umgebung von Bologna vorkommt, zuerst beobachtete und dadurch den sogenannten „Bononischen Leucht- stein" entdeckt hatte. 2) Yon nun an ging man mit einem an Manie grenzenden Eifer auf neue Entdeckungen dieser Leuchtsteine aus, so daß mancher Geschichtsschreiber der Physik (z. B. Heinrich a. a. O.) sagte, „man könne die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts wohl die phosphorische Epoche der Naturlehre nennen". Man w^ar bestrebt, die alten Leuchtsteine zu verbessern und neue zu finden^) und jede Ent- deckung in dieser Richtung machte damals enormes Aufsehen.
Durch einen eigentümlichen Zufall fand ein Amtmann zu Großen- hain in Sachsen, Christian Adolph Balduin, im Jahre 1674 eine neue Art von Leuchtsteinen, Er wollte in alchimistischen Absichten
1) Placidus Heinrich, Die Phosphoreszeoz der Körper oder die im Dunkeln bemerkbaren Lichtphänomene der anorganischen Natur. 1811, S. 9.
2) J. Fr. Gmelin, Geschichte der Chemie seit dem Wiederaufleben der Wissen- schaften bis ans Ende des 18. Jahrhunderts. Göttingen 1798. Bd. II, S. 117.
3) Landgrebe, Wirkungen des Lichtes. 1834, S. 125.
PhosphoreeHDEerBoheinoDgaii der „Leuohtsteine" usw. 49
„den Weltgeist auffangeo" (s. S. 11). Zu diesem Ende hatte er allerhand hygroskopieobe Dinge der atmosphätischeo Luft aasgesetzt, unter anderem auch eine Auflösung von Kreide in Salpetersäure (Calci nrnuitrat), die nach dem Abtrocknen rasch Feuchtigkeit aus der Luft anzieht So oft das Salz zerfloB»en irar, zog er durch Destillation seinen vermeinüicbea „Weltgeist" davon ab und setzte den Rückstand der Luft wieder aus.^) Bei dieser Gelegenheit war es zußUlig geschebeD, daß der Rückstand in der Retorte bei Glühhitze zu stark erhitzt worden war; als nun die Retorte zerschlagen und die Stücke davon im Laboratorium umber- geworfen worden, bemerkte Balduin, daß einige Stücke der geglühten Materie im Dunkeln leuchteten.
Darüber stellte bemach Kunkel, der davon Nachricht erhielt, neue Versuche an und beschrieb das Verfahren dergestalt,*) daß man den „ Balduinschen Phosphor" (d. i. geglühtes Caiciumnitrat) ohne Um- stände bereiten konnte.
Wenige Wochen nach dem Bekanntwerden des Balduinschen Phos- phors reiste Kunkel (wie er selbst schreibt) nach Homburg und nahm einen leuchtenden Scherben von Balduins Phosphor mit Als er den- selben zeigte, sagte man ihm, daJJ ein verunglückter Kaufmann, der sich Doktor Braad nennen ließ und sich auch mit der Medizin abgab, gleichfalls eine Materie gemacht habe, welche allezeit bei Nacht leuchte. Brand hatte (um das Jahr 1671 oder 1675), um sich wieder aufzu- helfen, ZuQucht zur Verfertigung des Steins der Weisen und chemiHoher Arzneien genommen; er machte unter anderem auch Versuche der Destillation und Erhitzung von menschlichen Harn und entdeckte bei dieser Gelegenheit den Phosphor. Als Kunkel die kleine Menge des von Brand zufällig erhaltenen Phosphors gesehen hatte, schrieb er diese Neuigkeit an Kraft bei Dresden. Dieser setzte sich sofort auf die Post und reiste ohne Vorwissen Kunkels nach Homburg, kaufte heimlich dem Brand sein Verfahren um 200 Taler ab, mit dem Versprechen, es niemand weiter zu lehren. Aus diesem Grunde scheiterten die Ver- suche Kunkels, selbst einen Vertrag mit Brand abzuschließen und
1) J. eil. Wiegleb, Geschichte des Wachstums und der Erfindungen in der Chemie, 1. Bd., 2. TcU. 1790, 8. 39.
2) Ch. Ad. Balduini, Aui-UDi superius et iofeiius et phosphorus liermeticus soti Magnus lumioaris. Frft. et Lips. 1675. — Ebenso: Kunkels Laboratorium cby- micnm, S. 656. Ephem. med. phya. nat. Curios. Aon. IV. ia app. p. 91. — Wiegleb, Gesohichte des Wachstums und der Erfindungen in der Chemie, I, Bd., 2. Teil. 1790, S. 40. — Eunkel gibt irrtümlich 1677 als die Zeit der Ei'findung des Balduinschea Phosphors an; es ist dies aber ein Sclireibfehlor, da Balduin in der zitierten Schrift schon 1675 das Präparat beschrieben hat.
Edsr, Himdboch der Pbotogiaphie. I.Teil. 8, Aufl, 4
53 Enter Teil. 8i«bentea Kapital.
des Lichtes auf Silbersalzen „schreiben" könne, nimmt die spätere Bezeidl nung „Photographie" vorweg! Schalzes Abhandlung war fast gänzlia
vergessen oder früher nie gewürdigt worden, was an der schwierigen Zugänglichkeit der Quelle gelegen haben mag. Beccarius, Sche^^
Jl
nicht oder nur oem una anch Friestley, oei seiner xi'i<;
veröffentlichten „Oeachichte der Optik" den damaligen Ereignissen näher stand,') führt wohl Schutzes Beobachtungen an, bringt sie aber chrono- logisch in eine falsche Stellung, indem er Beccarius vor Schulze stellt; überhaupt fehlen bei Prieetleys Zitaten die Jahreszahlen. Auch Fiedler (De lucis effectibus chemicis, 1835) macht sich desselbea Anachronismus schuldig. Ton den neueren Autoren scheint keiner die Arbeit Schulzes gekannt zu haben und der Verfasser dieser „Geschichte der Photographie" war der erste, welcher auf Grund seiner Quellen- studien den deutschen Naturforscher Schulze als den Erfinder der Photographie in ihren ersten Anfängen nachgewiesen hatte. ^) Fig. 17 zeigt das Forträt Schalzes in einer Autotypie nach einem alten Kupferstiche, welchen der Verfasser bereits in der vorigen Ausgabe dieser „Geschichte'' mittels beliograpbischer Reproduktion bekannt ge- macht hatte.
1) ,The hiator; and preseut State oF discoveriea." London 1772. DeatsohQ Ausgabe: .Oescbichle and gegenwärtiger Stand der üptik*. Gberaetzt und mit Ad- mcrkongen versehen von 0. S. £IUget, 1776, 8.277.
2) Dieaer erste Nachweis vui'de geführt: Eder, Fhotographiscbe Korrespon- denz, 1881, S. 18.
ACHTES KAPITEL.
PHOTOCHEMISCHE FOESCHUNGEN IM 18. JAHKHUNDEKT
BIS BECCAEIUS UND BONZIUS (1757) NEBST EINEM
EXKUESE ÜBEE DEN DAMALIGEN STAND DEE KENNT-
NISSE VON DEE UNBESTÄNDIGKEIT DEE FARBEN.
Die oben erwähnten (s. S. 46) Arbeiten R6aumurs regten den Oeneralinspektor der Marine und französischen Akademiker Duhamel du Monceau (* 1700, f 1782) im Jahre 1736 zu neuen Untersuchungen über den PurpurfarbstoflF gewisser Konchylien an. ^) In seiner Abhand- lung „Quelques experiences sur la liqueur colorante que fournit le Pourpre, espöce de coquille qu'on trouve abondamment sur les cdtes de Provence'' 2) beschreibt er eine ganz ähnliche Farbenveränderung (Rötung) des weißen Konchyliensaftes am Sonnenlichte wie sein Vor- gänger; im Finstern erfolgte die Rötung nicht. Er überzeugte sich, daß die dunkle Wärme keine Farbenänderung bewirkt, das Feuer nur in höchst geringem Grade, •'^) wogegen die Sonne den Saft oder eine
1) Priestley nennt in seiner „Geschichte der Optik*' (von der weiter unten wiederholt die Rede sein wird) Duhamel du Monceau den ersten, welcher sah, „daß im Lichte die Farbe und der innere Bau einiger Körper verändert wird". Diese Angabe ist nach meinen Untersuchungen über die Geschichte der Photochemie nicht zutreffend, da anderen Foi*schern die Priorität dieser Beobachtung der chemischen Lichtwirkung gebührt. — Vergl. die Angaben verschiedener Autoren über Purpur in der erschöpfenden Monographie „Le pourpre** von Dedekind, Fußnote auf S. 10 dieses Werkes.
2) Histoire de rAcademio royale des sciences. Paris 1736, S. 49. — Die Auf- findung dieser nur selten und mit wenigen Worten erwähnten Abhandlung ist sehr erschwert, weil sie in den sonst sorgfältig bearbeiteten Werken Ebermayers, Hein- richs (Von der Natui* und den Eigenschaften des Lichtes. Preisgekrönte Abhandlung. Petersburg 1808) falsch zitiert („de dato 1711 und 1746 **) ist. Diese Angaben seien hiermit rektifiziert. S. auch Landgrobe, „Über das Licht", 1834, S. 471, woselbst die Versuche Duhamels ausführlich beschrieben sind.
3) „ ce qui prouve que le Soleil agit d'une fa<,'on tres-singuliere et trös
efficace sur le suc colorant dont il s'agit. •*
Pbotoohemisohe FoischangsD im 18. Jahrb. bis Beccarius a. BodzIob nsn. 55
damit getränkte Leinwand in einigen Minuten purpurn firbt Die Rötung im Lichte geschah auch, wenn das Zeug in ein Glas eingeschlossen war, nicht aber, wenn es mit dem dünnsten Blech bedeckt war. Zu seinem Erstaunen bemerkte er, daß unter ziemlich opakem blauen Papier die Rötung in der Sonne rasch und intensiv geschieht, in weit höherem Grade als unter verhältnismäßig mehr durchscheinendem gelben oder roten Papier, was die erste (allerdings unsichere) Angabe über die differente chemische Wirkung des verscbiedeurarbigea Lichtes vorstellt
Um diese Zeit — jedenfalls vor 1737 — wurde die erste, mir bekannt gewordene, Beobachtung über die Lichtempfindlich keit der Quecksilbersalze durch den Berliner Professor Kaspar Neumann(* 1683, -f- 1737) gemacht In seinen nachgelasseaea chemischen Schriften') findet sich die Angabe, daß in den Sonnenstrahlen das versüßte Quecksilber <QuccksiIberchlorür, Kaiomel) dunkelfarbig wird. Daselbst heißt es: „Bedencklicb ist, dass der mercur. duicis (Ealomel) an der Sonne schwartz wird." Neumann verfolgte diese Eigentümlichkeit des Lichtes nicht weiter, da er bei der Silbersolution wohl erwähnt, daß sie die Haut schwärzt, aber nicht, daß das Licht hierbei mitwirkt
Im Jahre 1737 teilte Heilot (*1685, tl766) der Pariser Aka- demie, deren Mitglied er war, seine Beobachtungen über eine neue sympathetische Tinte mit («Sur une nouvelle encre sjmpatique") und machte dabei bekannt, daß Schrittzüge, welche mit verdünnter Chlor- goldlösung auf weißes Papier gemacht wurden, an der Luft (Hellot sagt nicht: am Licht!) nach wenigen Stunden ganz dunkelviolett wurden („Violet fonc6 presque noir"). Schloß er hingegen das be- schriebene Papier in eine Büchse, so kameu die Schriftzüge selbst nach mehreren Monaten nicht zum Vorschein; nach dieser Zeit aber wurden sie allmählich sichtbar. Von großem historische» Wert erscheint seine weitere Bemerkung, daß er ein gleiches an verdünnter Silbernitratlösung beobachtet habe. Eine mit solcher Lösung auf weißes Papier gemachte Schrift war unsichtbar und kam erst nach drei bis vier Monaten zum Vorschein, wenn das Papier in einer Büchse verwahrt war, sie erschien aber schon im Verlauf einer Stunde schieferfarbig, sobald man das Papier an die Sonne legte.
Bei Hellot begegnen wir zum ersten Male der Angabe, daß ein mit Silbemitrat imprägniertes Papier im Finstern weiß bleibt, in der Sonne aber schon nach einer Stunde dunkelgrau wird; ferner daß solches Papier auch im Finstem eine allmähliche Zersetzung erleidet und dabei
1) Neumauns „ Praeli^otioDeB CbjmLcae", herausgegeben voa Zimmerniaon 1740, Berlin, 8. 1612.
56 Erster Teil. Achtes Kapitel.
nachdunkelt So richtig diese Beobachtung war, so wenig befriedigend ist die hierfür gegebene Erklärung. Heilot nahm nämlich an, dafi die Sonne bloß das Yerdunsten der Säure befördere und daß die Salpeter- säure seiner Meinung nach immer etwas schwefelhaltig ist und aus diesem Grunde nach dem Yerdunsten der Salpetersäure das Silber sich schwärze, weil alle Schwefel Verbindungen Silber schwärzen.*)
Über die Eigenschaft des Lichtes, auf farbige Stoffe zerstörend zu wirken, machte Kapitän Dufay (*1698, f 1739) in den Memoiren der Pariser Akademie im Jahre 1737 einige Mitteilungen : „Unter den Bei- spielen, die ich anführen könnte, will ich nur einer taSetenen, karniesin gefärbten Gardine erwähnen, die lange an einem Fenster gehangen hatte; alle Stellen, die sich den Fensterscheiben gerade gegenüber be- fanden, waren gänzlich entfärbt, wogegen die vom Rahmen bedeckten bei weitem nicht so verblichen waren; außerdem zeigte sich auch noch, daß in den entfärbten Teilen selbst die Seide zerstört war und daß die Gardine da weit leichter zerrissen werden konnte, wogegen man an anderen Stellen ungefähr die gewöhnliche Kraft anwenden mußte.** *)
Über die Veränderungen der Farben im Lichte mögen wohl auch die alten Maler reiche Erfahrungen gesammelt haben. Dies ist um so wahrscheinlicher, als Heraclius in seiner aus der Mitte des 13. Jahr- hunderts stammenden Schrift „Von den Farben und Künsten der Römer" verschiedene organische Farbstoffe (Krapplack, Tournesol, Drachenblut, Karmin, Lack von Brasilholz, Farbstoff der Veilchen) bei den Maler- farben erwähnt. 3) Bei Cennino Cennini findet sich in der Tat schon in seinem Mitte des 15. Jahrhunderts erschienenen „Buch von der Kunst oder Traktat der Malerei"^) eine Warnung vor der Verwendung des Drachenblutes („laß es stehen und kümmere dich nicht allzuviel
1) Histoire de TAcademie royale des sciences, 1737, S. 101. Die auf Silber- lösuiig sich beziehende Stelle lautet: „La dissolution de l'argent fin dans l'eau forte, qu'on a affaiblie ensuite par l'eau de pluye distillee, fait aussi une ecriture luvisible, qui tenue bien enfermee, ne devient lisible qu'au bout de trois ou quatre mois; mais eile paroit au bout d'une beure si on Texpose au soleil, parce qu'oa accelere Feva- poration de l'acide. Les caracteres faits avec cette Solution sont de couleur d^ardoise^ parce que l'eau- forte est un dissolvant toüjours un peu sulphureux et que tout oe qui est sulphureux noircit l'argent."
2) Histoire de l'Academie royale des sciences. 1737, S. 253. Dieses Zitat findet sich auch in Berthollets „Elements de l'art de la teinture**, Paris 1791, und in der nach der zweiten Ausgabe dieses Werkes veranstalteten deutschen Übeiisetzang „Anfangsgründe der Färbekunst **, Berlin 1806, S. 149.
3) Quellenschriften zur Kunstgeschichte. IV. „Heraclius etc." Herausgegeben von II g. 1873.
4) Quellenschriften zur Kunstgeschichte. I. „Cennino Cennini etc.* Übersetzt von Ilg. 1871.
PhotoohemiBohe FoTBcbnngen im 18. Jahrb. bis Beccarius a. Bonzius usw. 57
darum"). Tom Qammilaok heißt es, daß „die Luft seine Feindin sei"; beim Safran: „Biehe, daß er die Luft nicht schaue, da er soDst Rcbnell seine Farbe verliert*'. Michel Angelo Biondo führt in dem „Traktat von der hoohedlen Malerei" (1549) bei der Aufzählung der in der Malerei gebräuchlichen Farben, neben Lack und Indigo, keine der er- wähnten Fflanzenfarben mehr an.')
Weitere Aufechlü&se hierüber gibt das im Jahre 1740 in franzö- sischer Sprache und 1747 iu deutscher Übersetzung erschienene Werk des französischen Jesuitenpaters Castel (' 1688, f 1757): „Die auf lauter Erfahrungen gegründete Farbenoptih" (Halle) Aufschluß.
Daselbst heißt es Seite 127: „Mir ist ein Mabler bekannt, dessen Geschmack und Geschicklichkeit in Portraiten ich sehr hoch halte. Dieser zeigte mir seine Anstalten, allwo er wenig Farben hatte und meldete, dass er weder Carmin noch Lack noch Zinnober zu roth nähme, auch kein frisches gelb brauchete, sondern er nähme zu blau und grün allein Preussisch blau und zu allem roth und violett ein braun-roth mit gewissem gelb, mittel massiger Güte, dessen Namen ich vergessen habe." Gelegentlich der damals üblichen Manier berühmter Maler, in den Bildern das Rot und Grün vorherrschen zu lassen, heißt es Seite 128: „Er (der erwähnte Porträtmaler) wies mich aber auf das, was wahr und unvergänglich sei. Diese Farben (die gelben und roten) seyen falsch. ... Diesem fügte er bey, dass Lack, Carmin, Zinnober und andere stark hervorragende Farben nicht Körper genug hätten, noch sich lange halten können und dass, wer damit arbeitete, an die Nachwelt nicht dächte."
Vom Gummigutt schreibt Castel Seite 97: „Die Mahler halten nichts davon, weil die Farbe nicht beständig genug ist"
Daß sich Castel der bleichenden Wirbung der Sonne wohl be- wußt war, zeigt die Stelle (S. 171): „Was Leinwand heisset, wird weiss von Luft, von Sonne, von Thau und von Lauge. Auf gleiche Weise gehet es mit Wachs, Wolle und viel anderen Dingen an."
Die Überzeugung von der ungemein großen Kraft des Lichtes riß Castel zu der, wie mir scheint, für einen Jesuitenpater des 18. Jahr- hunderts gewagten Äußerung hin (S. 169): „. . Denn Gott, der ein reines Licht ohne einigen Zusatz von Finsterniss ist, war an sich schon, ehe alle Dinge entstunden. Indem nun alle Dinge durch Licht entstanden und gewircket seyn, haben sie durch das Liclit und folglich von Gott, der das Licht geschaffen hat, ihren Ursprung: ihre Formen und Gestalten
1) QueUenBchrirten !iur Euastgescbicbte. V.
58 Erster Teil. Achtos Kapitel.
aber kommen aus der Finstemiss her, weil sie in Materie bestehen; die Materie aber an und für sich selbst finster und unbelebt ist.**
Über die Natur der Lichtwirkung hatten die damaligen Physiker eine höchst rohe Vorstellung. So schreibt der Mathematik- und Physik- Professor am Gymnasium zu Zürich und Akademiker J. J. Scheachzer {*1672, f 1733) in seiner ,,Physica oder Naturwissenschaft" (1. Auflage 1703; 4. Auflage 1743; letztere ist hier zitiert) im 28. Kapitel, Seite 239, über das Bleichen gefärbter Zeuge: „Durch vielmaliges Waschen und Trocknen wird die Leinwand an der Sonne weiss, weilen nämlich durch die Befeuchtung allerhand ünreinigkeiten von denen wässerigen Theilen verschlungen und bey erfolgender Trocknung sammt diesen aus denen Löchlein der Tücher weggejaget werden, daher denn diese bey erfolgen- dem Verlust der ihnen anklebenden irdischen Ünreinigkeiten noth wendig säuberer und weisser werden. Die lebhaften und hohen Farben an seidenem und taffetenem Zeuge verlieren sich leichtlich an freyer Luft und noch eher an der Sonne, von denen sie, wie man zu reden pflegt, ausgezogen werden; welches nämlich also zugehet, dass durch kräftige Wirkung der Sonnenstrahlen die kleinsten Farb-Theilgen, so den Seiden- oder anderen Fäden anhängen, nach und nach weggejagt und eigentlich zu reden, gleichsam abgeschaben werden."
Im Jahre 1757 veröffentlichte Johann Baptist Beccarius (auch irrtümlich Beccaria genannt, Professor der Physik in Turin, *1716, f 1781) mehrere interessante Beobachtungen, welche er über die Wirkung des Lichtes auf Chlorsilber gemacht hatte. ^) Ihm kommt die Priorität der Entdeckung der Lichtempfindlichkeit des Chlorsilbers zu. Frisch präzipitiertes Hornsilber, sagt er, ist weiß, nach und nach aber wird es beinahe violettblau. Eine in einem Glase aufbewahrte Probe wurde nur an der dem Fenster zugekehrten Seite blau, die entgegengesetzte war aber noch weißlich, wurde aber auch violett, als man dem Glase eine halbe Umdrehung gab. Er kam dadurch zur Überzeugung, daß das Licht und nicht die Luft, wie er zuvor glaubte, die Farbenveränderung bewirkt habe. Um sich hiervon vollends zu überzeugen, belegte er die dem Fenster und Licht zugekehrte Seite des Glases mit einem Streifen schwarzen Papieres. Am andern Tage fand er, daß diejenigen Teile, auf welche das Licht wirken konnte, violett waren, die von Papier be- deckten aber noch weißlich. — Die Versuchsweise Beccarius' erscheint
1) Beccarius et Bonzius, „De vi quam ipsa per so lux habet mm colores modo sed etiam texturam remm salvis interdum coloribus immutandi.* ÜNji Bononensi Scientiarum et Artium lustitutio atque Academia Commentarii, ITSf^ IV, S. 74.
^otocbenüBobe Foreohungeit im 18. Jahrh. bis Beooariod u. Bonzius oaw. 59
ganz analog mit jener Schulzes, nach welcher letztgenannter vor 30 Jahren mit seinem kreidehaltigen Silbermagma experimentiert hatte.
G. Bonzius schloß hieran mannigfache Versuche über die Wirkung des Lichtes auf farbige Bänder usw., die er zugleich mit Beccarius veröffentlichte.
Aus den Versuchen des Bonzius gebt hervor, daß manche Farben von dem Lichte (ohne daß Hitze oder Luft mitwirkte) beträchtlieli ver- Sodert werden. Als verschiedenfarbige Bänder einige Tage lang den Sonnenstrahlen ausgesetzt wurden, verblaßten namentlich die violetten, dann die rosenfarbigen, blauen und grünen sehr. Im Finstem aber änderten sie, bei weit höherer Temperatur als jener der Sonnenstrahlen, die Farbe nicht, sondern verloren nur an Olanz. Daß die Luft zu dieser Veränderung nichts beitrug, schloß Bonzius, weit in einem luftleeren Rezipienten das Verbleichen ebenso gut vor sich ging wie vorher. Das durch ein Brennglas konzentrierte Licht von Fackeln war unwirksam. Die etwaige Mutmaßung, daß das Sonnenlicht nur die Farbteilchen zerstreue, widerlegte Bonzius durch die Bemerkung, daß, wenn er seine Bänder auf weißes Papier gegen das Licht legte, die Farben auf beiden Seiten verbleichten, ohne daß man doch auf den Stellen des Papieres, wo sie gelegen hatten, etwas finden konnte.
Daß das letzte, uns überflüssig erscheinende Experiment am Platze war, beweist folgende Stelle in A.D.Richters „Lehrbuch einer für Schulen fasslichen Naturlehre" (Leipzig 1769), wo S. 134 gelegentlich der Färberei gelehrt wird: „Diejenige Materie, deren farbige Tbeile allzugrob sind, dass sie in den Zwischenräumen von den Fasern der Sachen nicht eindringen können, geben eine undauerhafte Farbe, die in der Luft und in den Sonnenstrahlen leicht wegflieget und ver- schiesset" Eine ähnliche rohe Vorstellung, trotzdem sie durch Bonzius sohon längst widerlegt war, äußert aber selbst noch J. Bischoff in seinem „Versuch einer Geschichte der Färbcrkunst" (1780). Dem chrono- logischen Qange vorgreifend, sei hier auch bemerkt, daß Bischoff nur jene farbigen Zeuge für echt erklärt, welche durch 12 Tage der Luft, dem Regen und Sonnenschein ausgesetzt werden können, ohne eine merkliche Veränderung zu erleiden. Dies sind Anforderungen, welche sehr berechtigt sind, aber unsere modernen Farbstoffe nicht aus- halten dürften.
Gewissermaßen als Anhang zu diesem Kapitel mögen noch einige Bemerkungen über den damaligen Stand der Kenntnisse von den Ver- änderungen, welche die Malerfarben im Lichte erleiden, beigefügt sein.
Pernety sagt in seinem 1760 in Paris erschienenen „Dictionaire portatif de peinture" (deutsch: „Haudioxicon der bildenden Künste etc.'-
60 Erster Teil. Achtes Kapitel.
Berlin 1764, S. 182, 291 und Anhang S. 93), daß manche Farben sehr unbeständig seien: So verschwindet das Schüttgelb in kurzer Zeit, be- sonders wenn das Gemälde der freien Luft oder den Sonnenstrahlen aas- gesetzt ist; das Berlinerblau wird mit der Zeit grünlich; der Colombin- lack (aus Brasilienholz) verändert sich allmählich; der Zinnober dauert nicht an der Luft (!) und ebenso verhält sich der „feine Lack** (?). Daraus folgt, daß man so ziemlich zur Erkenntnis der Yeränderliehkeit der vegetabilischen Farblacke gekommen war und den Einfluß des Ldchtes auf den Zerstörungsprozeß bemerkt hatte.
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NEimTES KAPITEL.
VON DER GTPHÄNTIE (1761) BIS ZU SCHEELE (1777).
Das im Jahre 1761 geschriebene Werk „Gyphantie oder die Erd- beschreibung, Ulm. Auf Kosten der Bartbolomäischen Handlung", welches von Tiphaine de la Roche verfaßt wurde (dessen Name mit versetzten Buchstaben im Titel ausgedrückt ist), enthält gewisse phan- tastische Andeutungen über die Möglichkeit, photographiscbe Bilder zu erzeugen und machte deshalb selbst in neuester Zeit viel von sich reden. Diese Fhantasmagorien wurden wegen ihrer „Genialität" sehr bewundert Ich kann darauf nicht mehr Wert legen, als auf die modernen natur- wissenschaftlichen Phantasie rem an e Jules Yernes, da Tiphaine, den alchimistischen Jargon der damaligen Zeit nachahmend, wahrscheinlich die ihm gewiß nicht unbekannt gebliebene Entdeckung Schulzes oder Beccarius' ausmalte. Dieser Zusammenhang von Dichtung und Wahr- heit ist den bisherigen Historiographen der Photographie entgangen; man nahm den Satiriker viel zu ernst, weil man die Quellen, aus denen er offenbar geschöpft hat, nicht kaonte und deshalb in seinem Buche das erste Auftreten einer originellen Idee, nämlich die Erzeugung von Bildern mittels des Lichtes, anzutreffen glaubte.
Auf die „Gyphantie" legen Mayer und Pierson in ihrem Werke „La Photographie consid6rSe comme art et comme industrie, histoire de sa döcouverte, ses progrös, ses applications, son avenir, 1862", nicht wenig Wert Folgendes Zitat aus der Gyphantie entnehme ich dem Photogr. Archiv, 1863, S. 107, da die Stelle daselbst, wie Rösner be- stätigt {ibid. S. 276), korrekt abgedruckt ist: Während eines Tages wird Tiphaine in den Palast der Elementargeister geführt und ihr Oberhaupt weiht ihn in ihre Arbeiten und Geheimnisse ein. „Du weißt", sagt es zu ihm, „daß die Lichtstrahlen, von den verschiedenen Körperu zurückgeworfeu , ein Bild geben und die Körper auf allen glänzenden Flächen, z. B. auf der Netzhaut des Auges, im Wasser und in den Spiegeln abbilden. Die Elementargeister haben diese flüchtigen Bilder zu fixieren gesncht Sie haben einen sehr feinen Stoff zusammengesetzt,
62 Erster Teil. Neuntes Kapitel.
der sehr klebrig und sehr geeignet ist, trocken zu werden und sich zd erhärten; mit Hilfe desselben wird in einigen Äugenblicken ein Gemälde gemacbt. Sie übeiziehen mit diesem Stoffe ein Stück Leinwand und briDgen diese vor die Gegenstände, welche sie abbilden wollen. Die erste Wirkung der Leinwand ist diejenige eines Spiegels; man sieht darin alle nahen und fernen Körper, wovon das Liebt ein Bild ent- werfen kann. Aber was ein Spiegel nicht vermag, die Leinwand hält durch ihren klebrigen Überzug die Bilder fest Der Spiegel gibt ans zwar die Gegenstände getreu wieder, aber er behält keinen znrüt^; unsere Leinwand gibt sie nicht weniger getreu wieder, aber hält sie auch alle fest Diese Aufnahme der Bilder ist das Geschäft des ersten Augenblickes, die Leinwand nimmt sie auf. Man nimmt dieselbe auf der Stelle weg und bringt sie an einen dunklen Ort Eine Stunde später ist der Überzug getrocknet and man hat ein Gemälde, welches um so viel schätzbarer ist, weil keine Kunst die Wahrheit desselben erreichen und die Zeit es auf keine Weise beschädigen kann. "Wir nehmen aus der reinsten Quelle, aus dem Stoffe des Lichtes, die Farben, welche die Maler aus verschiedenen Materien ziehen, welche die Zeit niemals unverändert läßt. Die Genauigkeit der Zeichnung, die Mannig^ faltigkeit des Ausdruckes, die mehr oder minder kräftigen Finaelstriohe, die Abwechslung in den Schattierungen, die Regeln der Perspektive, dies alles überlassen wir der Natur, welche mit jenem sich immer gleich- bleibenden, sicheren Gang auf unsere Leinwand Bilder malt, welche die Augen täuschen und die Yernnuft zweifeln machen, ob die sogenannten wirklichen Dinge nicht eine andere Art von Trugbildern sind, welche Augen, Obren, Gefühl, ja al!e Sinne zusammen täuschen." — «Der Elementargeist ging dann auf einige physikalische Eigenschaften ein: zuerst über die Natur des klebrigen Körpers, welcher die Stralilen aaf- iangt und zurückhält; zweitens über die Schwierigkeiten seiner Bereitung und Anwendung; drittens über das Spiel des Lichtes und dieses g^ trockneten Körpers; drei Probleme, die ich den Physikern unserer Tage vorlege und ihrem Scharfsinne anheimstelle."
Wenn wir uns wieder ernsteren Arbeiten zuwenden, so linden wir eine nicht uninteressante Schilderung über die Wirkungen des Lichtes in Jos. Fr. Meyers, Apotheker zu Osnabrück (*1705, f 17ß.'i), „Chy- mische Versuche zur näheren Erkenntnis des ungelöschten Kalches, der elastischen elektrischen Materie, des allerreinsten Feuerweseny und der ursprünglichen allgemeinen Säure" (Hannover -Leipzig 1764). Daselbst ,' wird im 20. Kapitel, Seite 119, untersucht, „was das Causticum sei und woraus es besteht" und die Ansicht ausgesprochen, daß das „Ätzende"
im Kalk und
halte, welche beim tilüben a dem Feuer aLifgenommen werden und daß die „Materie des Lichtes" aller Wahrscbeinlichkeit nach dasselbe sei, wie die „reinea Feuerteilcben ". Mejer fährt fort: „daß der feurige Teil des Caustici die Materie des Lichtes sein könne, könnten vielleicht wohl ein paar nicht unbekannte Erfahrungen wahrscheinlicher machen . . . Eine graascbwärzlicbe Farbe nimmt die präzipitierte Luna Cornea an, wenn sie in einem fest verschlossen en Glase in den Sonnen- schein gesetzt wird . . . Wenn man eine Solution des Quecksilbers in Vitriolsäure zu Kristallen anschießen lasset; so wird dieses Vitriolum mercurii auch in verschlossenen Gefäßen an der Sonne schwarz; der weiße Sublimat, der aus eben dieser Solution entstehet, wenn man sie zuletzt mit starkem Feuer abtreibet, wird ebenfalls an der Sonne schwarz." Diesen Farbenveränderungen am Lichte stellt Meyer jene gegenüber, welche Silbernitrat und Ealomel beim Übergießen mit Kalk- wasser erleidet (wodurch beide ebenfalls schwarz werden) und er zieht den Schluß, „daß die Veränderung durch das Causticum des Kalk- wassers" gleich jenen des Lichtes seien; denn „die Materie des Lichtes dringet durch das durchsichtige Glas und schwärzet diese (d, i, die licbt- empfindhche Substanz) ebenso wie das Causticum". Daß das Schwärzen der genannten chemischen Verbindungen durch Kalkwasser auf einen ganz andern Grund zurückzuführen ist {Entstehung von Silberoxyd, Quecksilberoxydul) als die Schwärzung im Lichte, und daß es bloßer Zufall ist, daß die Produkte in beiden Fällen schwärzlich sind, braucht wohl nicht hervorgehoben zu werden. Diese Anschauung — so falsch sie auch ist — hatte jedenfalls Originalität für sich und repräsentiert eine der ersten Theorien der chemischen Wirkungen des Lichtes.
Aus diesen Äußerungen Meyers zeigt sich, daß die Kenntnis der Veränderlichkeit der Silber- und Quecksilbersalze schon vor dem Jahre 1764 allgemein verbreitet war. Ferner scheint hervorzugehen, daß eine pbotochemische Zersetzung des Quecksilbersulfates schon vor Meyer bekannt war; mir war es jedoch nicht möglich, eine diesbezügliche ältere Angabe zu finden.
Merkwürdigerweise begegnen wir schon in den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts einer technischen Verwendung des Silbersalpeters zur Herstellung von Zeichnungen auf allerlei Objekten unter Mitwirkung der Sonne und zum Schwarzförben der Haare. Lewis schreibt in seiner „Historie der Farben" (aus dem Englischen durch Ziegler, 1766, S. 61): „Man bedient sich der salpetersauren Silberlösung zu Zeichnungen auf Bein, Marmor und weißem Achat, die, wenn sie den Sonnenstrahlen ausgesetzt werden, nach und nach erst rot, dann purpurfarbig, dann
64 Erster Teil. Neantea Kapitel.
braua und endlich schwarz werden." — J. 6. Wallerius, Profeesor der Chemie in Upsala (*1709, f 1785), erwäbot in dem 1765 erschienenen zweiten Teil seiner „Chemia physica" (Kap. XXV, § 4, Adhi. 2), man könne rote Haare durch 16 fach verditnate SilberlöBung scbwux färben. ')
Im Jahre 1771 erwähnt Marggraf in den „Memoires de Berlin" (1771, S. 3), daß der aus dem Dekokte von Färberröte (ßubia tinctori^ dmcli Alaun und Kaliumkarbonat erhaltene rote Farblack ungleich dauw- hafter ist und nicht so leicht verschießt, als der aus Femambuk.*)
In den Jabren 1771 und 1772 machte sich das Fingreifen Priest- leys in der Entwicklung der Photochemie geltend. Dieser große Ge- lehrte gab in seiner „History and present state of discoveries relating to Vision, light and colours, 1772") die erste zusammenfassende Schil- derung der chemischen Wirkungen des Lichtes, die freilich ziemlich unvollkommen war, da sie sich nur auf Duhamel, Beccarius, Schalse und Bonzius bezog. Fs ist auch diesem Gegenstande kein eigraieg Kapitel gewidmet, sondern es sind die chemischen Wirkungen im 2. Kapitel der 6. Periode bei den „Beobachtungen vom Bononischoi Phosphorus" besprochen. Aus den ihm vorliegenden BeobachtDngen schloß Friestley: ,,Daß das Licht eine wirkliche Substanz ist, welche aus materiellen Teilchen, die von den leuchtenden Körpern aosfohren, bestehe, scheint gleichfalls durch solche Versuche bestätigt za werden, aus denen erhellet, daß die Farbe und der innere Bau einiger Köipw, dadurch, daß sie dem Lichte ausgesetzt werden, verändert wird." Schon ein Jahr vor dem Erscheinen seiner „Geschichte der Optik", aber in diesem Werke noch nicht, sondern erst 1775 veröffentlicht/) bemerkt Friestley, daß grüne Pflanzenteile aus Kohlensäure SauerstoSgas ent- wickeln, ohne aber die Rolle, welche das Licht hierbei spielt, zu er-
1) Aucti zitiert in Macquera , Chemischem Wörterbuch". Deatsche Übw- setzung von Leonhardi, 1772. Bd. 5, S. 46 Anmerkung.
2) Aucii abgedruckt im , Taschenbuch für Scheidekünstler und Apotheker Ifir 1781% S. 46.
3) Deutsche Ausgabe: , Geschichte und gegenwärtiger Zustand der Optik", äbor- setzt und mit Zusätzen begleitet von Klügel (1776), Die Zusätze Klügeii siiid sehi' zahlreich und erhöhen den Wert des Buches bedeutend, gegenüber dem «w- lisch en Original.
4) Eipenmanta and observations relating to various branches of natura sophy etc. London 1775. I, S, 33, II, S. 61. Deutsche Ausgabe 1780. Die weiteregJ Un totsuch ungen über die Wirkung des Lichtes auf Pflanzen (ins I ".'sondere Bi 1778, Duhamel, Tessier 1783, Senebier 1782 bis 1791 usw.) f,i(i.l in diesem ge- t Bobichtlichen Essay niolit anfgenommon, weil sie ins Gebiet der flbuiMii Physiologie ' gehöi-en. Verg). übrigens Landgrebe, ,Über das Licht", 1834. S. SliO. '
kennen; daS
das Sonneolicbt Dötig i beobi itete e IngenboasB im Jahre 17B6.
Als Hooper im Jahre 1775 in dem „Pocket Ledger von Wearsly" ein „Yer^ren auf Glas mit Sonnenlicht zu scbreibea" mitteilte, glaubte vielleicht mancher in der Literatur nicht Bewanderte, es sei darin etwas Nenes geboten. Hooper löste Kreide in Scheidewasser bis zur Honig- dicke auf und fügte konzentrierte Silberlösung hinzu. „Man schneide dann aus einem Blatt Papier die Buchstaben, welche man erscheinen lassen will, heraus und leime dieses Blatt auf die Flasche (mit der Silberlösung]; steile diese hernach derart an die Sonue, daß die Strahlen durch die ausgeschnittenen Teile des Fapieres hindurch gehen können... Die Stellen des Glases, durch welche die Strahlen gehen, werden schwarz, während die von Papier bedeckten Stellen weiß bleiben. Man muß Sorge tragen, daß die Flasche die ganze Zeit hindurch nicht bewegt werde."*) Diese Angabe stimmt fast ganz mit dem Experimente Schutzes überein und jene neueren Autoren, welche auf Grand dieser Angabe Hooper die Priorität des ersten photographischen Versuches zuschreiben, müssen vielmehr Schulze diese Priorität zuerkennen.
Im Jahre 1776 veröffentlichte Torbern Olof Bergmann, der Nachfolger von Wallerins an der Universität zu Upsala (• 1735, f 1784), die Resultate seiner Untersuchungen über die durch Oxydation des Zuckers erhaltene Oxalsäure (damals Zuckersäure genannt) in der Schrift „De acido sacchari". Darin ist zum ersten Male von der Licht- empfindlichkeit der oxalsauren Metallsalze die Rede, indem die Beobachtung mitgeteilt wird, daß das durch Oxalsäure aus schwefel- saurer oder salpetersaurer Quecksilberlösung gefällte schwerlösliche weiße Pulver („Hydrargyrus saccharatus") an der Sonne schwarz wird.*) Auch verdanken wir Bergmann die Angabe, daß sich schwefel- saures und oxalsanres Silber am Lichte schwärzt Diese Be- merkungen sind in Bergmanns „Opuscula" 17T9 aufgenommen und weiter unten sind die diesem Werke entnommenen Zitate ausführlich mitgeteilt
Yon nachhaltiger Wirkung waren die Arbeiten des berühmten schwedischen Chemikers Scheele für die Entwicklung der Photocheraie.
1) Die OriginalabhaDdlDDg soll io den ,Ratio[i&l Recreations" eischicDon und die Hitteilong daa , Pocket Ledger' nur jenem Juumal entlehnt seia. lob folge bier der MitteÜDOg Welmanns im , Bulletin de 1b Sociöte Fran^üse de Photographie*, 1857, S. 316; auch Ereotzera ,Jahresbericbt der Photographie pro 1857", 8.447.
2) Auch zitiert in Macqners , Chymisohem Wörterbuch*. Deutsche Über- BatzuDg von Leonhardi, 1762, Bd. 4, S. 165. Ferner Bergmanns „Opnacula* usw. s. weiter unten.
Eder, Bsodbioh dei Photogr^hie, I. Tail. 9. Aufl. 5
66 Erster Teil. Neuntes Kapitel.
Die Versuche, welche Scheele (*1742, tl786) im Jahre 1777 über die chemischen Wirkungen des Lichtes anstellte und in seiner „Chemischen Abhandlung über Luft und Feuer" beschrieb,^) werden oft erwähnt und zwar um so häufiger, als man — allerdings, wie aus meiner Darstellung erhellt, in irrtümlicher Weise, da schon vor Scheele eine beträchtliche Anzahl von photochemischen Prozessen bekannt war — den Beginn der Photochemie von Scheele datiert^) Jedenfalls aber gebührt ihm das Verdienst, seine Experimente mehr als seine Vorgänger planmäßig und zielbewußt angestellt und die Photochemie des Sonnen- spektrums begründet zu haben. Er stellte seine Experimente an, um den Nachweis zu erbringen, daß das Licht zusammengesetzt sei, und zwar, daß esPhlogiston enthalte, und er fand, daß Silberoxyd, Queck- silberoxyd und Goldoxyd in dem Brennpunkte eines Brennglases oberflächlich in Metall übergeführt werden („Phlogiston aufnehmen"); hierzu bemerkt er, daß bei diesem Prozesse wohl die Wärme mit- wirken könne. Scheele beobachtete ferner, daß Salpetersäure im Sonnenlichte in drei Stunden rot wird, nicht aber in dunkler Wärme erst nach vier Wochen. •'^)
Scheele machte die ersten genannten Angaben über die Photo- chemie des Chlorsilbers und benützte schon Chlorsilberpapier zu seinen Experimenten. Er erkannte das verschiedene Verhalten des im Licht geschwärzten und des unveränderten Chlorsilbers gegen Ammoniak und dadurch war die Kenntnis eines Fixationsmittels für Chlorsilberbilder gegeben, welche aber leider viele Dezennien hindurch unbeachtet blieb.
Über das Chlorsilber spricht sich Scheele mit folgenden Worten aus: „Ich präzipitierte eine Silberauf lösung mit Salmiak. . . Das weiße,
1) Scheele, Aeris atque ignis cxamen chemicum, Upsala et Lips. 1777, S. 62. Deutsch: „Chemische Abhandlung von der Luft und dem Feuer"; 1. Auflage 1777, 2. Auflage 1782. — Deutsche Ausgabe von Scheeles sämtlichen Werken, von Hermbstädt, Berlin 1973. §61, 62 u. ff., S. 132 u. ff. — Landgrebe („Über das Licht**, 1834, S. 4) datiert diese Angaben Scheeles von 1773; diese Zeitangabe ist nicht gerechtfertigt und ohne Zweifel irrtümlich.
2) Z.B. Landgrebe in seinem berühmten Buche „Über das Licht**, 1834, S. 3. Becquerel, „La Lumiere**, 1868, II, S. 45. Hardwich, „Manual der photogr. Chemie**, 1863, S. 6. Muspratts „Enzyklopädisches Handbuch der technischen Chemie". Bearbeitet von Kerl und Stohmann. 1878 V, S. 1077 u. a.
3) Die Priorität dieser Entdeckung wird nicht selten Priestley zugeschrieben. Jedoch scheinen Scheele und Priestley zugleich und unabhängig bezüglich dieses Verhaltens der Salpetersäure gearbeitet zu haben. Es ist ein Irrtum Hunts, daß selber in seinem „Manual of Photography** (1834, 335) diese Entdeckung vom Jahre 1786 datiert, welcher Fehler in „Abridgments of Spccifications relating to Photography* der „Patents for inventions** (1861, Y) überging.
Ton der Qyphantie (1761) bis vi Schaele (1777). 67
getrocknete Präzipitat förbte sich an der Sonne oberflächlich schwarz . . . Darauf goß ich von dem kaustischen Ammoniakspiritus auf dieses, dem Ansehen nach schwarze Fuber und setzte es in die Digestion. Dieses Menstruum löste sehr viel von dem Homsilber auf (= Chlorsilber), doch blieb ein zartes schwarzes Pulver zurück. Dieses gewaschene Pulver wurde von einer reinen Salpetersäure größtenteils aufgelöst, welche dadurch flüchtig wird')... Also ist die Schwärze, welche das Chlor- silber vom Lichte erhält, reduziertes Silber."
Er konstatierte, daß das Chlorsilber im Finstern unverändert blieb. Es entging dem scharfsinnigen Chemiker auch nicht, daß sich bei der Schwärzung des Chlorsilbers im Lichte Salzsäure (richtiger Chlor) ent- wickela müsse: „Da sich aber kein Silber in metallischer Form mit Salzsaure verbinden kann, so folget, daß soviel als jedes Teilchen des Hornsilbei-s auf seiner Oberfläche in Silber verkehret wird, daß auch ebensoviel Salzsäure sich scheiden muß." Er beobachtete auch, daß gewaschenes Chlorsilber, unter Wasser dem Lichte exponiert, an das Wasser Salzsäure abgibt; ferner gibt er an, daß es sich unter Salpeter- säure in der Sonne nicht schwärzt Aus einer Chlorgoldlösung sah er nach 14 Tagen durch die Sonne Metall ausscheiden. ^J
Scheele ließ zuerst das Sonnenspektrum auf Chlorsilber- papier einwirken und fand, daß das Hornsilber in der violetten Farbe weit eher schwarz als in den anderen Farben wird, „weil der Silber- kalk das Phlogiston von dem violetten Lichte eher, als von den übrigen Strahlen, scheide."^}
Strich er ein Glas mit schwarzer Farbe an und stellte es tagelang in den Sonnenschein, so wurde das Hornsilber nicht schwarz, obgleich das Glas sich erhitzte. Bloß wärmende Strahlen, z. B. die eines Stuben- ofens, brachten die Schwärzung selbst nach zwei Monaten nicht hervor.
Diese Erscheinungen erklärte er dadurch, daß er annahm, das Licht sei wohl nicht reines Phlogiston {d. i. das „Principium imflam- mabile"), aber enthalte das Phlogiston neben Wärme als Beatandteil und dieses verbinde sich mit dem „Silberkalk"; nach dieser Ansicht wurde das Licht durch das Chlorsilber zerlegt — also nicht, wie man heute sagt, das Chlorsilber durch das Licht — und dem Lichte ein Bestandteil entzogen. Diese Ansicht lag ganz im Geiste der damals herrschenden Newtonschen Emissionstheorie, verbunden mit der Phlo- gistontheorie.
1) D. h., daß aus ihr sieh rote Dämpfe von Untersalpetersäure entwickelten.
2) Scheeles sämtliche Werke. DeutBcbe Auspbe von Hocmbatädt § 61 , S. 132.
3) Ibid. § 66, S. 141.
68 Erster Teil. Neootes Kapitel.
In der englischen Übersetzung von Scheeles Werk, welche Richard Eirwan mit Noten versah, drückt schon der letztere seine großen Zweifel über die Ansicht aus, daß das Licht aus Phlogiston und Feuer bestehe und zwar u. a. aus dem Grunde, „weil das Brennbare sonst nicht durch feste Körper dringt, wie das Lacht und andererseits, weil das Licht weder die Metalloxyde im allgemeinen und noch den Braunstein reduziere." Kirwan glaubte vielmehr, daß das Licht von einer starken Bewegung des elementaren Feuers entspringe, wodurch das Brennbare in denen dem Lichte ausgesetzten Körpern ausgetrieben werde, z. B.: „treibe das Licht aus der Salzsäure im Homsilber das Brennbare aus, welches sich mit dem Silberoxyd verbinde".^)
1) Chemical Observations and Experiments on air and fire; by Scheele^ translated by Forster; to which are odded notes by Kirwan, 1780. Auch im Aus- znge Crells „Neueste Entdeckungen in der Chemie*^, 1782. Y, 231.
' i
ZEHITTES KAPITEL.
VON PBIESTLEIY (1777) BIS SENEBIBE (1782), NEBST EINEM EXKÜESE ÜBER DIE DAMAUGE VERWENDUNG LICHTEMPFINDLICHER VERBINDUNGEN IN DEE MAGIE.
Um dieselbe Zeit, in welche Scheeles Uotersachungen über die photochemischen Wirkungen des Lichtes fallen, beschäftigte sich Priest- ley mit Yersachea über die Ursache der freiwilligen Rötung der Salpeter- saure. £r beschrieb seine Versuche später sehr unistäDdlich. ') Als Resultat der Yersucbe fand er, daß die Salpetersäure nur schwierig in der Wanne, aber rasch im Sonnenlichte sich rot färbe, und im Fiustem mehrere Tage lang einem beträchtlichen Grad von Hitze unterworfen, farblos bleibt La Friestley bekanntlich ein eifriger Anhänger der Phlogistontheorie war, so nahm er an: das Licht wirke hier gleich dem Phlogiston; wie dieses zugehe, lasse sich zwar noch nicht bestimmt sagen, doch sei es aus vielen chemischen Versuchen erwiesen, daß das Licht Phlogiston enthalte (wie wir heute sagen, reduzierend wirke).
Opoiz ergänzte 1777 die älteren Angaben Dnfays (1737) sowie Bonzius' (1757) und zeigte, daß die FarbstoGFe auf Zeugen, B&ndem usw. nicht durch einfache Wirkung der Luft ausbleichen, sondern daß das Licht die Ursache davon sei;^ er sagt femer, das Wachs werde im
1) Priestley, Eipenments and Observations on different Einds at Air, London ITT5— 1777. Vol. III, Sect.23; ferner: ErperimeDtB and ObservatioDB relatiDg to varioos braoohes of Natural Fhiloeopby. London 17S9. Toi. I und Toi. III, SeoL 32. — Ferner: PhUosopL Transact f. 1799. II, 8. 139; Grens Jonmal der Physik, H, S. 94 und 3G0. Im Auszuge Link (Über die Natur des Liditas, 180S, S, 36) und Heinrich (Von der Natur des Lichtes, 1808, S. 79).
2) Opoix, .ObservatioDB phyBico-chymiqaes snr los couleurs", Paria 1777; deutsche Ausgabe; ,Fhyaikalisch- chemische Beobachtungen über die Farben", Wten- Leipzig 176G, S. 65. Daselbst heißt es: , Gefärbte Körper entfärben sich nach und
nach an der Luft oud verlieren nach einer gewissen Zeit ihre Farbe gänzlich
Es läßt sich aber leicht zeigen, daB nicht die Lnft die Ter&ndenmg bei gefärbten Körpern hervorbnoge: denn die Farben halten sich an einem dunklen sehr Inftvolleu Orte sehr gut... Also zerstSret nicht die Lnft, sondern das Licht die Farben."
70 Erster Teil. Zehntes Kapitel.
Lichte gebleicht, „weil es das Brennbare (Phlogiston) verliere", d. !• weil es oxydiert.
Die Lichtempfindlichkeit der Oxalsäureverbindungen entdeckte Bergmann und beschrieb sie zuerst 1776 (s. o.). Seine sämtlichen Beobachtungen über ähnliche Gegenstände sind in seinem 1779 erschie- nenen „Opuscula physica et chemica"^) aufgenommen. Daselbst heißt es Bd. 1, S. 379 der deutschen Übersetzung: „Die Sonnenstrahlen machen das zuckersaure (oxalsaure) Silber dunkel." Ferner beschreibt er, wie Quecksilberoxyd mit Oxalsäure ein „salziges Pulver gibt, welches weiß, sich in dem Wasser kaum auflöset, und das in den Sonnenstrahlen schwarz wird". Dasselbe Salz erhielt er beim Fällen von Quecksilber- sulfat und Nitrat mit Oxalsäure und er beobachtete schon, daß das Gemisch von Oxalsäure mit Quecksilberchlorid lichtempfindlich ist: „Der Sublimat gibt auf diese Art (Zusatz von Oxalsäure zu seiner Lösung) auch ein Pulver, allein nur wenig und langsam und welches in der Sonne dunkel wird." Diese Angabe wurde später von Plantö 1815 viel präziser gefaßt; immerhin ist Bergmann als der Entdecker der Lichtempfindlichkeit zahlreicher Oxalsäureverbindungen hoch zu schätzen.
Vom schwefelsauren Silber wußte er, daß es sich schwärzt, aber langsamer als Chlorsilber: „Durch Yitriol oder Salzsäure wird die Lösung von Silber in Salpetersäure weiß gefällt; allein im ersten Fall hängen die niedergeschlagenen Teile nicht so zusammen und werden in der Sonne langsamer schwärzer." Die allgemeinen Ansichten Bergmanns über das Wesen des Lichtes sind der Phlogistontheorie, deren eifriger Vertreter er war, angepaßt. Folgende Stelle (Bd. II, S. 427) charak- terisiert dies näher: „Es ist bekannt, daß die Pflanzen im Dunkeln ver- welken und Farbe verlieren, werden sie aber wieder den Sonnenstrahlen ausgesetzt, so erholen sie sich bald wieder. Denn das Licht bestehet aus einer Materie von Wärme mit einem Übermaß von Phlogiston . . . Nach der verschiedenen Lage der Pflanzen in Rücksicht des Lichtes- und ihrer verschiedenen Kraft, Licht und Wärme zu zerlegen, müssen ungleiche Wirkungen entstehen".
Die Ansicht, daß im Lichte ein zusammengesetztes, brennbares Wesen enthalten sei, wurde schon im Jahre 1782 von Seile angezweifelt,*)
1) Torberni Bergman, „Opuscula physica et chemica. Holm., Ups. et Above 1779 — 1790" (6 Bände). Deutsche Ausgabe: „Bergmannu, Kleine physische und chemische Werke; nach dem Tode des Verfassers herausgegeben von Hebenstreit^ aus dem Lateinischen von Tabor. Frankfurt a. M. 1782 — 1788.*'
2) „Neue Beiträge zur Natur- und Arz nei wissen schaft " , Berlin 1782, S. 200. (Dieses Zitat entnehme ich Ebermayers „Versuch einer Geschichte des Lichte8% 1799, ferner Fischer, „Geschichte der Physik'^, VII. Band.)
Toa PrieaÜBy (1777) bis Senebier (1782) usw. 71
jedoch wurde keine bessere Erklärung der cheniisehen Wirkung des Lichtes gefunden. Sogar Lavoisier, welcher die Bedeutung der Rolle des Lichtes in der Natur wohl erkannte und in überschwenglichen Worten pries,') hatte darüber nur höchst unvollkommene Begriffe. Er glaubte an einen materiellen LichtstofT, welcher sich mit einigen Pflanzenteilen verbinde und deren Farbe verursache. Durch die Experimente BerthoUets mit Ghlorsilber (s. u.) geleitet, sprach er die Ansicht aus, „der LichtstofF bat eine große Affinität zu dem säure- erzeugenden Stoffe, so daß ersterer sieh mit letzterem verbinde und durch den Beitritt des Wärmestoffes in einen gasförmigen Zustand ver- setzt werden könne". *)
Eine eigentümliche Angabe teilte Göttllng im „Taschenbuch für Scbeidekünstler und Apotheker auf das Jahr 1781", S. 189, mit: „Man will die Beobachtung gemacht haben, daß Seide, Haare, Baumwolle u. dergl. ebenfalls, so gut als grüne Blätter der Pflanzen, unter einer Glocke mit Wasser, der Sonne ausgesetzt, Lebensluft (Sauerstoff) geben (!?)."
Die wahre Bereitung der Bestuscheffschen Nerventinktur (a, S. 47) und der de la Motteschen Goldtropfen aus Eisencblorid und Alkohol war von Professor Murray in Göttingen durch einen Auszug eines Schreibens aus Petersburg vom 19. April 1780 in weiteren Kreisen bekannt gemacht worden.*) Dadurcli war der Anstoß zu weiteren Modifikationen bei der Herstellung dieser Flüssigkeit gegeben.
Im Jahre 1782 änderte Klapproth die Vorschrift für die Bestu- scheffsche Eisentinktur, indem er das sublimierte Eisenchlorid in Äther statt in Alkohol löste, welche gelbe Lösung er ebenfalls im Lichte ent- färbte; er erhielt auf diese Weise eine „kräftigere Tinktur", als mit Alkohol. Er beobachtete auch, daß die ätherische Eisenchlorid- lösung sich rascher als die alkoholische im Lichte entfärbt;^) er sucht die Lichtwirkung dadurch zu erklären, „daß diese Tinktur wirklich die
1) Er sagt: „Organisation, Empfiadong, willkürlichä Bewegung, Leben existieren nur auf der Oberfläche der Erde und an den Stellen, zu welchen Licht gelangt. Man möchte sagen, daß die Fabel von dem Feuer des Prometheus der Ausdruck einer philosophischen Wahrheit ist, welchar gar nicht von den Alten herrührte. Ohne Licht war die Natur ohne Leben, tot, unbeseelt. Ein gütiger Gott veibroitete auf der Oberfläche der Erde Organisation, Empfindung und Denken durch das Licht, welches
2) Lavoisiers „System der antijihlogistiscben Theorie (1789)". Deutsch von Hermbstädt, 1792. I, S. 228.
3) Taschenbuch für Scbeidekünstler und Apotheker auf das Jahr 17St, S. 160.
4) Seiles Neue Beiträge zur Natur- und Arznei wissen Schaft, 1782, S. 1782. Gmelin, Geschichte der Chemie, 1799. 111, 790. Taschenbuch für Scbeidekünstler auf 1784, 160.
72 Erster Teil. Zehntes Kapitel.
Sonnenstrahlen zerlegt, das Pblogiston daraus abteilt und mit sich ver- bindet".
Ein Anonymus bemerkt hierzu,^) daß auch nicht sublimiertes Eisenchlorid eine gelbe (allerdings trübe) ätherische Tinktur gebe, welche aber an der Sonne die Farbe nicht ändere (?).
In der 1782 von Wenzel, einem der verdienstvollsten Chemiker des 18. Jahrhunderts, herausgegebenen „Lehre von der Verwandtschaft der Körper" finden sich viele Löslichkeitsbestimmungen, darunter S. 436, daß Silbernitrat in Weingeist „im Verhältnis 100:240 sich auflöst % was für die spätere Kollodiumphotographie von Belang ist.
Im Jahre 1782 veröffentlichte auch A. Hagemann in Bremen seine „Zufällige Bemerkung, die blaue Farbe des Guajacgummis be- treffend".') Er teilte die Beobachtung mit, daß gepulvertes Guajac- gummi (-Harz), welches in einem Glasgefäße in der Nähe eines Fensters aufbewahrt worden war, nach einigen Wochen an der äußeren Fläche, welche dem Fenster zugekehrt und vom Lichte berührt war, blau ge- färbt wurde, während das gegen die Wand gekehrte und das „inwendige" Pulver ihre natürliche Farbe behielten. Wurde etwas von dem Pulver auf Papier ausgebreitet und belichtet, so änderte es sehr bald seine Farbe und wurde schmutzig aschgrau (etwas grünlich), aber nicht blau. Bei Luftabschluß aber (z. B. in Barometerröhren) wurde es blau, und zwar im Schatten schöner blau als in der Sonne. „Was konnte natür- licher seyn, als bey dieser Erscheinung auf das Homsilber zu fallen?^ fragt Hagemann und erklärt nach Scheeles Theorie die Erscheinung dadurch, daß das Ouajacharz dem Lichte das Phlogiston entziehe und dann blau werde, dagegen an der Luft „durch die Feuerluft" die blaue Farbe verliere, da „das Brennbare wieder entzogen werde" (Oxydation).
Diese Angabe Hagemanns ist von nicht geringer historischer Bedeutung, wenn man erwägt, daß Ni6pce zu Beginn seiner Arbeiten nach seinem eigenen Geständnis mit Guajac arbeitete und daß überhaupt die erste sichere Angabe über die Lichtempfindlichkeit der Harze von Hagemann datiert Diese Priorität gibt Senebier zu, welcher dadurch zum weiteren Studium anderer Harze angeregt worden sein mochte, und direkt oder indirekt schöpfte auch Ni6pce aus derselben Quelle und gelangte zum epochemachenden Asphalt» prozeß.
1) Crells Chemiscbe Annalen , 1784, S. 341. Auch „Taschenbuch für Sdieids^ künstler und Apotheker auf das Jahr 1786'', S. 46.
2) Crells „Neueste Entdeckungen in der Chemie*, 1782. V, 70.
Gerechtei
Gründlichkeit n ui i acDe oeneDiers;*/ aieseioen la ror
die Entwicklung der Pbotocbemie von höchster Bedeutung, al «eben TOB dem hoben Werte für die Pflanzenphysiologie. J. Senebier {• 1742, -f- 1809) war anfangs Prediger in Genf (1765) und Chancy, dann seit 1773 Oberbibliotbekor der Stadt Genf. Wir verdanken ihm Angaben über die Veränderung der Farbe der Hölzer im Lichte, welche sich dabei dunkler färben, wie Tannen-, Linden-, Rosen-, Eichen-, Berberitzen-, Femambukholz usw.
Er beschrieb das Nachdunkeln des Guajacholzes (des „Franzosen- bolzes", wie es in der deutschen Übersetzung genannt ist) im Lichte, wie es im zerstreuten Lichte blau, im Sonnenlichte graugrün wird; Senebier gesteht aber selbst Hagemann die Priorität dieser Angabe zu.*) — Ferner verdanken wir Senebier die erste Kunde von der Yeränderung vieler anderer Harze im Lichte. Einige bleichen aus, wie Mastix, Sandarak, Gummi animae, Weihrauch. Andere werden dunkler, wie Gummigutt, Ammoniakharz, Guajacharz; diese Angaben nebst den älteren von Hagemann mögen Ni6pce bei seinen Versuchen geleitet haben und die Entdeckung der Lichtempfindlichkeit des Asphaltes mag sich unmittelbar an die Kenntnis der von Senebier beobachteten Tatr Sachen geknüpft haben, obschon man dem letzteren ebenso wenig wie Hagemann die Ehre dieser Anerkennung erwiesen hat.
Senebier konstatierte, daß der alkoholische Auszug von den grünen Pflanzenteilen (Chlorophyll) in nur halb gefüllten Flaschen durch das Sonnenlicht schon in 20 Uinuten entfärbt wird; dagegen widerstand die Tinktur in vollkommen angefüllten und luftdicht verschlossenen Flaschen der stärksten Einwirkung der Sonnenstrahlen durch vier Monate vollkommen, ebenso wenn die grüne Flüssigkeit mit Stickstoff dem Lichte exponiert wurde. Er fand ferner, daß die BlkohoUscben Tinkturen von BlumenbUttem, wie Jonquillen, Rosen, Ranunkeln, Safran, im Lichte mehr oder weniger gebleicht werden; ebenso die Lösungen von Drachenblut, Cochenille, Gelbholz, Alkannawurzel, SafQor, Kermes, Gummilack usw. Die rote alkoholische Dracbenblutlösung verlor die Farbe gänzlich, die alkoholischen Lösungen von Alkannawurzel, Safflor, Kermes, Cochenille verwandelten die rote Farbe in Gelb. Die wässerigen
1) Senebier, .Hemoirei physico-obimiques sui l'iaflaeDC de Ib lamiere solaire ponr tnodifter lea etres des trois regnsB de la nature*. Oaneve 1782. Deutsche Aus- gabe, Leipzig 1785. Im Auszüge: ,Crells NeoeBte Eutdeokungen iu der Cbemie''. 1783. XI, 211.
2) Senebier, Deatscbe Aueg^ (PhjBikalisch-ohemisobe AbliandlaDgan über den EJDfluB des SonneDlicbtes). II, S. 2l2.
74 Erster Teil. Zehntes Kapitel.
Lösungen von Alkanna, Kermes und Cochenille erlitten (im Oegensatz zu der alkoholischen) keine Veränderung in der Sonne. Die Blumen- blätter der Damaszener Rose färbten Weingeist ziegelrot; diese Tinktur wurde im Lichte anfangs violett, dann die Farbe ganz zerstört; einige Tropfen Säure hinderten aber die Zerstörung der Farbe in der Sonne. Die Blumenblätter der Rosen, welche durch das Extrahieren mit Wein- geist weiß geworden waren, gewannen ihre Farbe wieder, wenn sie an einem finsteren Orte an der Luft ausgebreitet worden waren, welcher Prozeß durch Licht beschleunigt wurde; über Quecksilber in einer Atmosphäre von Stickstoff aber ging diese Regeneration der Farbe nicht vor sich, selbst nicht im Sonnenlichte. Ähnlich verhielt sich die rote Haut der Pfirsiche und Pflaumen.
Bei diesen Farben Veränderungen, namentlich bei den • Tinkturen aus Blumenblättern, wurde die Notwendigkeit des Lichtes dadurch nach- gewiesen, daß die Entfärbung nicht eintrat, als man die Wärme eines Ofens statt Sonnenlicht einwirken ließ. Auch die Entfärbung des Blatt- grüns war bei 60 Grad C. bei Lichtausschluß nicht zu bewirken.
Senebier beobachtete, daß die Öle am Lichte zähflüssig und schmierig und zugleich gebleicht werden; daß gelbes Elfenbein, gelbe Seide und Wachs an der Sonne bleichen. Auch die Veränderlichkeit der Malerfarben bespricht Senebier und erwähnt, daß Zinnober unter Wasser in der Sonne in kurzer Zeit mißfarbig wird.^) Er fügt hinzu, daß die Wasserfarben der Maler der Einwirkung der Sonnenstrahlen weit besser widerstehen, wenn sie mit einer Hausenblasenauflösung bedeckt und dann gefimist werden, als wenn sie ohne Hausenblase gefirnist werden.
Weißer Salpetergeist (Salpeteräther) wird nach Senebier im Liebte gelb und noch flüchtiger, d. h. bildet salpetrige Säure.
Über die Veränderungen des Cblorsilbers im Lichte äußert er sich sehr ausführlich: 2) Das in einem durchsichtigen verschlossenen Glase befindliche Homsilber fing schon nach einigen Sekunden an, sich violett zu färben; nach einer Minute hatte diese Farbe an Intensität zugenommen^ drang aber nicht tief in die Masse des Silbers ein; nach Verlauf von einer Stunde war sie in eine Umbrafarbe übergegangen und erhielt nun keine weiteren Veränderungen mehr. Nur das Sonnenlicht brachte sie hervor, denn wenn man solches vollkommen abhält und das Hornsilber dann der Hitze, der Kälte, der Feuchtigkeit oder sehr trockener Luft
1) Senebier, Deutsche Ausgabe (Physikalisch -chemische Abhandlungen tLb$ar den Einfluß des Sonnenlichtes). III, S. 12, 82, 92, 104, 108.
2) Ibid. III, S. 94.
Von PrieeUey (1777) bis Senebier (1782) usw. 75
aussetzt, ja selbst es ia die Toricellische Leere bringt, so bleibt es toU- kommen weiß. Wenn man es aber in einen so schwach erleuchteten Raum bringt, wo das Licht einen so geringen Zutritt hat, daß man kleine Schrift kaum darin lesen kann, so wird das Homsilber erst nach Verlauf von 8 — 10 Tagen gefärbt. Ließ man durch eine Sammellinse konzentriertes Licht auf das Hornsilber fallen, so färbte es sich augen- blicklich. Legte man auf letzteres ein bis drei Stücke feines Papier und ließ es von der Sonne bescheinen, so färbte sich das Homsilber nach einigen Minuten; unter yier Blättern färbte es nicht mehr.
Ein Stück Nußholz von V^ Linie Dicke verhinderte die Färbung des Homsiibers, auf welchem es lag; aber ein Stuck Tannenholz von derselben Dicke ließ die Färbung zu, ohne Zweifel wegen seiner größeren Poren im Vergleich zum Nußholz. Zwölf Olastafeln von 7i Linie Dicke verzögerten nur die Färbung, ohne sie aufzuhalten. Auch 2 Zoll Wasser zwischen zwei Glastafeln hinderten nicht, daß das* Homsilber sich nach 3 Minuten violett färbte.
Bezüglich der Wirkung des Sonnenspektrums fand Senebier (in- dem er die Versuche in einem verdunkelten Zimmer vornahm), daß das Hornsilber
vom violetten Lichte innerhalb 15 Sekunden
„ purpurfarbenen Lichte „ 25 „
„ blauen „ „ 29 „
„ grünen „ „ 37 „
„ gelben „ „ S'/j Minuten
„ orangefarbenen „ „ 12 „
„ roten „ „ 20 „
gefärbt werde. Die drei letztgenannten Farben brachten nie eine so intensive Färbung wie Violett hervor. Senebier bemerkt auch, daß die Farben des Prismas dem Hornsilber zwar eine violette Farbe mit- teilen, die aber mehr einen Stich ins Blaue hat und daß diese Farbe desto heller wird, je weniger brechbar die Strahlen sind (gegen Rot zu). Dadurch war die erste Andeutung gegeben, daß sich das Cblorsilber in den Spektralfarben verschiedenfarbig förbt und Senebier erscheint somit als der erste Vorläufer der Seebeckschen Entdeckung, daß das Spektrum auf Cblorsilber sich in seinen natürlichen Farben reproduziert. Außerdem beobachtete er, daß das durch rot und violett gefärbte Flüssigkeiten dringende Licht einen großen Teil der Wirksam- keit auf Chlorsilber verloren hat
Diese Erscheinungen erklärte Senebier dadurch, daß das Licht ähnlich wie das „Brennbare" wirke, d. b. analog „dem Dampf der
76 Erster Teil. Zehntes Kapitel.
Schwefelleber und der Kohlen", mit anderen Worten, er faßte die chemische Lichtwirkung als Reduktion auf.
Das exakte Studium der chmischen Wirkungen des Lichtes im 18. Jahrhundert erreichte mit Senebier den Höhepunkt; in seinen Schriften sind ebenso viele als wertvolle selbständige Beobachtongmi niedergelegt, welche bis zum heutigen Tage ihren vollen Wert behalten haben und größtenteils später gar nicht mehr weiter verfolgt worden, so daß man Senebiers Schriften als wahre Fundgruben wenig ge- kannter Tatsachen bezeichnen muß.
Was war aber aus den älteren Beobachtungen Schulzes, Heilots usw. geworden? Dieselben sind gegen Ende des vorigen Jahrhunderts nur in den fernliegendsten Literaturzweigen fort tradiert worden und vom Hauptschauplatze der Chemie und Physik verschwunden. Dagegen hatte sich die Magie und Tasehenspielerei dieser Erscheinungen be- mächtigt und in dieser Richtung will ich einige Proben nachweisen.
Wiegleb schreibt in seinem „Natürlichen Zauberlexikon" (3. Auf- lage, 1784, S. 458) vor, man soll zur Herstellung von „sympathetischer Tinte von Silber" in folgender Weise verfahren: „Es wird in einem Quentchen Scheidewasser soviel Silber aufgelöst, als möglich ist; her- nach wird die Auflösung mit 2 bis 3 mahl soviel destillirtem Wasser vermischt Die Buchstaben, welche damit auf Fappier geschrieben werden, bleiben nach dem Trocknen unsichtbar; legt man aber das Pappier an die Sonne, so werden sie bald nach Yerfliessung einer Stunde in einer schwärzlichen Farbe erscheinen." Ferner ist die in diesem Werke Seite 42 angegebene Methode, „das Angesicht schwarz zu machen", wegen ihrer Originalität bemerkenswert: ,;Man bestreiche das Angesicht mit Scheidewasser, worin fein Silber aufgelösst worden, nachdem man diese Auflösung vorher mit sehr vielem (wenigstens 100 mahl so viel) Wasser verdünnt hat und lasse sich hernach von der Sonne bescheinen: so wird man auf eine Zeit lang zum Mohren ge- macht^' In ähnlicher Weise lautet das Rezept Seite 514, „Ebenholz nachzumachen'^, indem man Holz mit Silberlösung bestreicht und an der Luft, sonderlich aber an der Sonne wohl abtrocknet und schließli<d& mit Wachs poliert.
Wer erkennt hier nicht sofort die Angaben Glaub ers von 1658 und Heilots von 1727 wieder?
In Joh. Sa m. Halles „Magie oder die Zauberkräfte der Natur", 1784 (I, S. 148), wird ein Verfahren, mittels „der magischen Kraft der Sonne eine Schrift mitten in einem Wasserglase schwarz zu zeichnen^, als besonders geeignet zur „Belustigung'^ empfohlen; es ist hierin int
Von PriesÜoy (1777) bis Senebior (1782) usw. 77
wörtlich die Entdeckung Sohulzes nacbgedrucbt worden, natürlich ohne Nennung dee Autore.
Derselbe VOTsuch wurde auch in Poppes „Neuem Wunder- Schau- platz (1839, I, 323) anter dem Titel „Wie man auf eine besondere Art in einer Flässigkeit, welche sich in einem Glase befindet, eine Schrift zum Vorschein bringen kann" beschrieben.
unzählige Male wurde in ähnlichen Büchern Hellots sympathe- tische Tinte, welche am Licht erscheint, beschrieben und die I^rbung des Elfenbeins mit Silberlösung an der Sonne war unter anderem auch Accum ein willkommener Seitrag zu seinen „Chemischen Unterhal- tungen" (1819, S. 9), in welchen auch der weiter unten erwähnte Ver- such der Reduktion von Gold aus seinen Lösungen durch Eohle in der Sonne (ursprünglich von Kumford 1798 herrührend) zur Unterhaltung empfohlen wird,
Ich will mich hier mit der Anführung dieser Proben begnügen, so verlockend es auch ist, die Entwicklung der Pbotocbemie bis in die entlegeneren Winkel der Literatur in ausgedehntem Maße zu verfolgen.
ELFTES KAPITEL.
VON SCOPOLI (1783) BIS EUMFOED (1798).
Im Jahre 1783 wurde vom Bergrat Scopol! in Pavia die erste mir bekannt gewordene Beobachtung über die Veränderung von Biut- laugensalz im Lichte veröfifentlicht. ^) Er versetzte eine Lösung von Blutlaugensalz mit etwas Essigsäure und setzte sie dem Sonnenlichte aus; „die Flüssigkeit wurde alsbald grün und nach 15 Minuten sonderte sich etwas Berlinerblau ab''. Ein Teil des Berlinerblau legte sich beim Fortsetzen des Versuches an das Glas, „dort, wo es von der Sonne be- rührt wurde", fest an. Im Finstern schied sich bei 37 — 66 Grad C. nichts aus. „Man sieht also dadurch die Wirkung des Lichtwesens auf die färbende Materie aller Körper", schließt Scopoli, „von welcher sie ohne Zweifel einen Bestandteil ausmacht."
Eine wichtige Entdeckung auf dem Gebiete der Photochemie machte Berthollet im Jahre 1785. Er sah nämlich aus Chlorwasser, welches im Lichte stand, Gasbläschen aufsteigen, welche er als „reinste Lebens- luft" erkannte; im Finstern konnte er selbst bei 100 Grad C. diese Zer- setzung nicht herbeiführen. ^) Diese Entdeckung führte elf Jahre später zur Konstruktion des ersten chemischen Photometers (s. u.).
In seiner Abhandlung „De Tinfluence de la lumiöre" sagt nämlich Berthollet:
„Alle diese Wirkungen des Lichtes (d. i. auf die Vegetation, auf Salpetersäure und Hornsilber) hat man dem Phlogiston beigemessen, allein weitere Fortschritte der Chemie haben diese Hypothese unzu- reichend und unnütz gemacht." Um zu ermitteln, worin eigentlich die Wirkungen des Lichtes bestehen, stellte er mehrfache Versuche an:
„Ich habe eine mit dephlogistinierter Salzsäure (Chlorwasser) ganz angefüllte Flasche, deren Hals durch eine Röhre mit einem pneuma- tischen Apparate verbunden war, dem Lichte ausgesetzt; bald nachher
1) Crells „Die neuesten Entdeckungen in der Chemie", 1783. YIII, S. 1.
2) Histoire de TAcademie Royale des Sciences. Paris 1785. S. 290. Lichten- bergs Magazin. IV, S. 2, 40.
Flüssigkeit hervorbrechen und nach Verlauf einiger Tage fand ich in dem, an der Köhre befiodliehen Gefäße eine gewisse Quantität eines Gases, die die reinste Lebensluft war. So wie sich die Luft aus der Säure entwickelte, so verlor sie auch ihre gelbe Farbe, so daß sie end- lich völlig vie reines Wasser anzusehen war." In diesem Zustsnde bleichte sie die blauen vegetabilischen Farben (Lackmus) nicht, sondern machte sie nur rot und behielt überhaupt sehr wenig von ihrem Geruch, sie brauste mit den Alkalien und mit einem Worte, die dephlogistinierte Salzsäure (Ghlorwasser) war nun nichts mehr, als gemeine (Salzsäure, Chlorwasserstoff). Durch dieses Verfahren suchte BerthoUet auch zu bestimmen, wieviel Salzsäure, Wasser und Sauerstoff vorhanden sind.
Eine mit schwarzem Papier umhüllte, mit derselben Flüssigkeit gefüllte Flasche erlitt keine Änderung und „es wurde keine Luft ent- wickelt". Bei 100 Grad C. entwich wohl Chlorgas, aber dieses wurde in eine Vorlage ganz von kaltem Wasser verschluckt und gab „keine Lnft"; der Rückstand im Kolben hatte nicht die Eigenschaft, mit fixem Alkali (Pottasche usw.) aufzubrausen. Ein zweiter Kolben mit Chlor- wasser, welcher direkt auf glühenden Kohlen erhitzt wurde, gab neben entweichendem Chlorgas auch ein wenig Sauerstoff und einen Rückstand, welcher mit Alkalikarbonat etwas brauste. (Anwesenheit von Salzsäure.)
„Dieser Versuch zeigt deutlich", folgert BerthoUet, „daß nicht allein das Licht ganz anders als die Wärme wirket, sondern daß es auch die Eigenschaft besitzet, der Lebensluft, die sich im gebundenen Zustande befindet, Elastizität zu geben (gebundenen Sauerstoff gasförmig frei zu machen) und daß hierin seine Torzügliciie Wirkung bestehet"
Dies fand BerthoUet durch seine Versuche mit Salpetersäure bestätigt, aus welcher in der Sonne sich nach einigen Tagen eine be- trächtliche Menge Sauerstoff entwickelte, während in der Wärme, nach seiner Ansicht, nur „nitröses Gas" entwich.
Im Jahre 1786 vervollständigte Scheele seine frühere Angabe, sowie die Priestleys über die Zersetzung der Salpetersäure am Lichte.') Er beobachtete nämlich hierbei die Entwicklung von SauerstofTgas, was ihm früher entgangen war; als er nämlich den Stöpsel einer in der Sonne gestandenen, nicht ganz vollgefüllten Flasche öffnete, entwich mit Heftigkeit ein Gas, welches er als Sauerstoff erkannte. Dieser Versuch fällt in das Sterbejahr des berühmten Scheele.
1) Scheele, .ObaervatloD aur l'air qni se degage de I'acido nilrcux expose au soleü". Joontal de Physiquc, SXIX, 8. 231. Creils Chomischo Annalen, 1786. St 4, S. 332.
80 Erster Teil. Elftes Kapitel.
Berthollet wiederholte den Versuch noch in demselben Jahre und bestätigte ihn; er fand auch, daß Phosphor durch Chlorwasser im Lichte rot und oxydiert wird. Von hohem Interesse ist seine Beobach- tung, daß Chlorsilber, im Wasser belichtet, Gasbläschen bildet, „allem Anscheine nach Lebensluft". Das Silber soll aber nicht zu Metall reduziert werden, „sondern noch immer etwas Lebensluft zurückhalte^." *)
Die betreffende Stelle lautet wörtlich:
„Setzt man Hornsilber, mit Wasser übergössen, dem Lichte aus, so wird die Oberfläche schnell schwarz und es reißen sich eine Menge kleiner Bläschen von unten los, die allem Anscheine nach Lebensluft sind . . . denn diese ist nicht fest an dem Silberkalke gebunden. Der Silberkalk ist indessen nicht in seinen metallischen Zustand zurück- gekehrt, er behält noch immer etwas Lebensluft zurück" . . . weil die völlige Eeduktion der Metalloxyde zu Metall immer nur schwierig geschehe.
Nach diesen Angaben ist Berthollet der erste, welcher die An- sicht aussprach, daß im Lichte das Silberchlorid nicht in metallisches Silber, sondern in Silberchlorür oder Silberoxychlorür übergeht, welche Meinung später oftmals wieder auftauchte.
Aus allen seinen Versuchen schloß er nicht allein, daß das Licht ganz anders als die Wärme wirkt", sondern daß es auch die Eigen- schaft hat, „der Lebensluft, die sich im gebundenen Zustande befindet, Elastizität zu geben und daß hierin seine vorzüglichste Wirkung be- stehet", d. h. daß es gebundenen Sauerstoff gasförmig frei macht Die Erklärungsversuche der Phlogistiker erklärt er für unzureichend und veraltet.
Übrigens modifizierte er später seine Ansichten hierüber bedeutend *) (siehe unten).
Bindheim teilte 1787 mit, daß eine Silberlösung, welche durch graues Papier filtriert wurde, rascher etwas metallisches Silber ausscheide^ als sonst. 3)
Robinson suchte experimentell zu erforschen, ob die Salpeter- säure durch denselben „GrundstofT des Lichtes" dampfend (d. i. gelb und
1) Joarnal de Physique, 1786. XXIX, S. 82. Lichtenbergs Magaziii^ IV, 2, 40.
2) «Essai de statique chimique^ 1803. Im Auszuge: Landgrebe, ,Über das Licht*, 1834. S. 7.
3) Chemische Annalen, 1787. Auch: Taschenbuch für Scheidekünstler und Apotheker auf das Jahr 1788, S. 23. Diese Stelle nimmt nur indirekt Bezug auf die Photographie; sie steht aber mit dem Verderben der Silberbäder durch sohleohte Filtrierpapiere im Zusammenhang, weshalb ich sie hier aufnehme.
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werden. Er ließ daa SoDnenlicht durch ein mit farbloser Salpete ire gefQllteB Olas ftilleii und dann auf Silbemitrat (-Papier?) einwirken, indem er erwartete, daß das Sonnenlicht keine oder eine schwächere WiikoDg auf das Silbersalz ausüben werde, wenn es bereits eine dieser WirknngeD hervorgebracht hätte. In der Tat fand er eine merkliche Termindemng der Wirkung des Lichtes, durch die Einschaltung der Salpetersäure. Leider muBte Robinson im Jahre 178? seine Experi- mente infolge seiner zerrütteten Gesundheit unterbrechen.')
Es läßt sich nicht leugnen, daß Bobinson schon ganz deutlieh jene Idee aufgefaßt hatte, welche viel später Draper u. a. zur Auf- stellung des Satzes bewogen, daij vom Licht bei einer chemischen Aktion ein Teil seiner Strahlen ausgelöscht und demselben teilweise oder ganz die Fähigkeit genommen wird, dann noch weitere chemische Wirkungen herTorzubringen.
Im Jahre 1788 beschäftigte sich Chaptal wieder mit den Salz- regetationen und gab an, die metallischen Salze (Eisen-, Zinkvitriol) vegetieren besonders an der dem Lichte zugewendeten Seite.
In seiner Abhandlung „über den Einfluß der Luft und des Lichtes auf die Vegetation der Salze"^) erwähnt Chaptal: .,Es ist wirklich eine sehr auffallende Erscheinung, wenn man sieht, daß die verschiedenen aufgelösten salzigten Stoffe an den Wänden hinaufklettern .und sich am Ende sogar über den Rand derselben hinstürzen. Diese von der Kri- stallisation himmelweit veischiedene Erscheinung, die sich nicht im flüssigen Wesen ereignet, sondern beim bereits gebildeten Salze erstlich sichtbar wird , wenn es sein Eristallisationswasser verloren hat, ist, was ich die „salzigte Vegetation" nenne."
Bei den Arbeiten, die Chaptal in seiner OFSzin im Großen vor- nahm, bemerkte er gewöhnlich, daß die Salze, besonders die metallischen, an der dem lichte entgegengesetzten Seite vegetieren. Dies erregte seine Aufmerksamkeit und die Neigung, eigene Versuche deshalb anzustellen. Er nahm zu diesem Ende mehrere gläserne Schalen, von welchen er
1) Bnohners und Kastners ßopertorium für die Pharmazie, 1822. XIII, 44, ■US Blacks Vorles. I, 412. RobiasoQ eraähnto ferner: ,.£s würde zwockniäBig Min, die Bchwärzeade Er&ft der Sonnenstrahlen, die duroh Ssipetersiure gegangen ^d, mit d«r jener zq vergleichen, welche durch ebensoviel Wasser kommen. Die fitrahlsD wirken bedeutend auf die entere, alwr nicht nuf das letztere." — NB. Die Publikation der Tersache Robinsons datiert ungefähi 10 Jahre später als die An- ■tellnng derselben.
2) ,, Observation B sur l'influence de l'air et de la lumiere dans la Vegetation d«s mIs." Jounal de Fhysiqne, 1TS6. XXXIII, S. 207. Lichtenbergs Magazin. Tn, 8. 1Ö3.
Bdfli, HMaocä da Phologi^hi*. I. Teil, 'A. Aufl. 6
80
Erster Teil. Elftes Kapital.
BerthoUet wiederholte den Versuch no' und bestätigte ihn; er fand auch, daß Fbosphr Lichte rot und oxydiert wird. Von hohem Int tung, daß Cliloreilber, im Wasser belichtet, < Anscheine nach Lebensluft". Das Silber reduziert werden, ^sondern noch immer etwa'
Die betreffende Stelle lautet wörtlich:
„Setzt man Homaiiber, mit Wasser so wird die Oberfläche schnell schwan i kleiner Bläschen von unten los, die all sind . . . denn diese ist nicht fest an d Silberbalk ist indessen nicht in sein< gekehrt, er behält noch immer etwa.-' völlige Reduktion der Metallozyde geschehe. .,
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Aus allen seinen Versuch' ganz anders als die Wärme v Schaft hat, „der Lebenslott, d' Elastizität zu geben und da' stehet", d. h. d&B ea gebnnri ErklärangBTersnche dn Pb veraltet.
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i.i*-f*aif Ciiptals im Februar 1789 * „.„j^ kitüfnstffa^i' Natur, daß nämlich
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-opoli (1783) bis Rumford (1798). 81$
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> Angaben über das Verhalten des Chlorwassere im iiissure 1790 zur Konstruktion des ersten chemischen >i an.=')
u-c ß6noit de Saussure (* 1740 in Couches bei Genf, .. (ienf) war Professor in Genf und machte sich hochverdient Koülogie, Physik der Erde, Pflanzengeographio und erstreckte •gründlichen Studien namentlich auf die Höhen der Alpen. Wegen incr Verdienste um die Erforschung der Alpen wurde Saussure ein Denkmal in Chamonix in Frankreich gesetzt, welches in Fig. 18 (nach einer Photographie von JuUieu Fröres in Genf) abgebildet ist und bei welchem ein Bergführer an der Seite des Forschers auf den Gipfel des Montblanc weist. Er machte Versuche zur Messung der Sonnen- strahlen auf hohen Bergen und beobachtete, daß die Quantität der Gas- entwicklung mit der Intensität des Lichtes gleichen Schritt halte und
1) Philosophical Transactious. 1870. 134. Grens Journal der Physik, 1790. II, 94, 350.
2) Annales de Chimie, 1790. II, S. 92. Grens Journal der Physik, 1790. I, 497. Grolls Chem. Annal. 1790. 1, r>4ü. Er machte auch die Beobachtung, daß der Laubrrosch, im Finstem gehalten, ein dunkleres Grün annimmt.
3) „Effets chimiques de la lumiore sur une haute montague compares avec ceux. qa*on observe dans les plaines.*^ Memoires de TAcadcmio de Turin, 1790. IV, S. 441. Crells Chemische Annalen, 179G. I, 350.
82 Erster Teil. Elftes Kapitel.
jede zur Hälfte oben und unten mit schwarzem Taffet belegte. Diese Schalen füllte er mit Salzlösungen und setzte sie auf Tische in einem wohlverschlossenen Zimmer, welches nur Licht durch eine kleine, in den Vorhang gemachte Öffnung erhielt. Die Gefäße waren dabei so an- geordnet, daß bloß die unbedeckten Teile das Licht auffangen konnten, während die bedeckten in einer fast gänzlichen Finsternis lagen. Der Luftzug war möglichst vermieden, indem er Zimmer ohne Kamine wählte und alle Ritze in Türen und Fenster auf das sorgfältigste verstrich.
Chaptal stellte über 200 Versuche an und fand, daß die Vege- tation sich nirgends anders, als an der erleuchteten Seite der Schale zeigt. Diese Erscheinung war so auffallend, daß bei fast allen Auf- lösungen die Salze in einigen Tagen, ja oft innerhalb 24 Stunden mehrere Linien über die Oberfläche der Flüssigkeit, bloß an der er- leuchteten Stelle erhoben, während sich an den dunklen Stellen auch nicht die mindeste Spur irgend einer Kruste oder dergleichen zeigte. Am strengsten beobachteten Eisen- und Zinkvitriol solche Grenzlinien und an den hellsten Stellen war auch gewöhnlich die Vegetation am stärksten. Es wurden in dieser Eichtung viele Salzarten (Metall-, Erd- und Alkalisalze) untersucht. (Eisen-, Kupfer-, Zinkvitriol, Soda, schwefelsaures Kali, Alaun, essigsaurer Kalk, Salpeter, Meersalz, Zinn- salz usw.) Die Gestalt, die jedes Salz bei seiner Vegetation annimmt, bot sehr sonderbare Verschiedenheiten dar: bald Krusten oder Blätter- chen, bald Nadeln, welche Netze und Maschen bildeten, oder sich kon- zentrisch vereinigten oder Quasten bildeten usw.
Daß es hierbei nicht nur auf die Wirkung von Licht ankommt, sondern daß auch die Luft zutreten und die Verdunstung ermöglicht sein muß, ist wohl selbstverständlich, wurde aber von Chaptal durch eine Reihe von Experimenten bewiesen.
Schließlich wirft Chaptal die Fragen auf:
„Ist es wohl eine Art von Verwandtschaft zwischen Luft, Licht und den salzigen Substanzen, welche diese letzteren emporhebt und macht, daß sie ihrer Schwerkraft entgegenwirken? Ist dies eine wirk- liche Art von Lebenskraft, welche der Zutritt der Luft und des Lichtes erweckt?" Die Beantwortung dieser Fragen wagte aber Chaptal nicht
Diz6 dagegen sah 1789 keinen Einfluß des Lichtes auf Vegetation der Salze im luftleeren Eaume. *)
Er machte über die Abhandlung Chaptals im Februar 1789 mancherlei Bemerkungen, zunächst historischer Natur, daß nämlich
1) ^Sur la cristallisatioQ des sels par raction de la lumiere.** Joamal de Pby- sique, 1789. XXXIV, S. 105. Voigts Magazin. VH, S. 61.
Akademie vorgelegt und daB Petit 1722 zwei Abhandlungen, denselben Gegenstand betreffend, veröffentlicht habe. Der letztere habe ebenfalls dieselbe Schlußfolgerung wie Chaptal gezogen, nämlich daß Luft und licht zu dieser Operation unentbehrlich seien und gefunden, daß der- gleichen Vegetationen nicht anders, als bei einer unmerklichen Ter- dampfung der Flüssigkeiten statt haben. Nach Diz6 sollen die Vege- tationen auch im Dunkeln sehr gut von statten gehen. Durch diese Versuche ist aber nicht widerlegt, daß die Salzvegetation an den vom Lichte getroffenen Stellen rascher und besser vor sich geht, als im Dunkeln.
Auf die Zersetzung der Salpetersäure kam Priestley 1789 noch- mals znrUck und fand, daß die Salpetersäure sich in der Hitze auch ohne Licht färbe und Btudierte dieses, für uns hier nicht weiter inter- essante Verhalten näher.']
Dorthes fand 1790, daß die Dämpfe von Wasser, Weingeist, Äther usw. und insbesondere von Kampher sich an den Wänden von Qlasgefäßen dort am stärksten niederschlagen, wo letztere vom Lichte getroffen werden,*)
Berthollets Angaben über das Verhalten des Ghlorwassers im Lichte regten Saussure 1790 zur Konstruktion des ersten chemischen Photometers an.'O
Horace B6noit de Saussure (• 1740 in Couches bei Genf, •f-1799 in Genf) war Professor in Genf und machte sich hochverdient um die Geologie, Physik der Erde, Pflanzengeographie und erstreckte seine gründlichen Studien namentlich auf die Höhen der Alpen. Wegen seiner Verdienste um die Erforschung der Alpen wurde Saussure ein Denkmal in Chamonix in Frankreich gesetzt, welches in Fig. 18 {nach einer Photographie von Jullieu FrÖres in Genf) abgebildet ist und bti welchem ein Bergführer an der Seite des Forschers auf den Gipfel des Montblanc weist Er machte Versuche zur Messung der Sonnen- strahlen auf hohen Bergen und beobachtete, daß die Quantität der Gas- entwicklung mit der Intensität des Lichtes gleichen Schritt halte und
1) Philosopbical Traosactiona. 187Ö. 134. Grens Journal der Physik, 1T90. U, 94, 350.
2) AnndeB de Chimie, 1790. 11, S. 92. Grens Journal der Physik, 1790. I, 497. Crella Cbein. Ännal. 1790. 1, .W6. Er machte auch die Beobachtung, daß der Laa'bfrosch, im Fiugtern gehalten, ein duoklcros Grün annimoit.
3) ,ERets cbiniqnes de la luraiöre sur une haute moutagee compares avec ceux. qa'on observe dans les plaineB." Memoirea de rAoademie de Turin, 1700. IV, S. 441. Örells CbemiBche Annalen, 1796. I, 350.
6*
84
Enter Teil. EIFtes Kapitel.
schlug vor, auf diese Reaktion bin ein Pbotometer zu konstruieren. Auf dem Montblanc zersetzte sich das Chlorwasser wegen der größeren Intensität des Lichtes schneller, als unter sonst gleichen Umständen in
der Ebene. Bekanntlich griff in neuerer Zeit (185Ö) Witwer wieder auf die Verwendung des Chlorwassers zur Photometrie zurück; die Priorit&t der Idee gebührt 8aussure, worauf der Verfasser dieser (
T dieser Qt^m
schichte zuer . ,
ohemiscben Lichtm.,.ang genannt zu werden verdient, untereucbte auch die Wirkong des Lichtes auf farbige Körper auf dem Giganti und zu Cbamonix und zwar wählte er die unten erwähnten geerbten Stoffe auf Senebiere Bai Dieselben wurden von 11 bis 2 übr der Sonne ausgesetzt In der Tat waren DitTerenzen bemerklieb, die Saussure ziffernmäßig ausdrückte, indem er nach Grundsätzen verfuhr, deren er sich bei der Konstruktion des Cyanometers und Diaphanometers bediente.
auf dem Oiganti |
||||
Blaßrosenrotes Seidenband . . . |
2,45 |
2,73 |
||
Hocbrosenrotes „ |
6,43 |
8,86 |
||
Violettes Blaues „ |
0,61 1,16 |
2,05 |
||
Grünes „ |
0,93 |
— |
||
Grünes Papier .... |
1,43 |
7,68 0,61 |
||
Himmelblaues Papier . . |
0,61 |
|||
Berberitzenbolz .... |
5,46 |
9,11 |
mittlere Zahlen 2,83 5,17
Alle Farben bleichten aus; nur Berber! tzenholz und grünes Papier wurden braun. Auf dem Berge war also die Lichtwirkung entschieden energischer als in der Ebene. Daß nicht alle Farben im selben Ver- hältnis gleich rasch verändert werden (z. B. grünes Papier 5 bis 6 mal mehr, blaues dagegen in beiden Fällen gleich), glaubt Saussure darauf zurückführen zu können, daß bei gewissen Farben der Feuchtigkeits- gehalt eine größere Bolle spielt als bei anderen.
Auch Senebier trat jetzt wieder mit pbotochemiscben Ver- suchen hervor und studierte*} die Rolle, welche die Luft bei der Ver- änderung der Ole im Lichte spielt. Er setzte am 26. April 1790 reines Baumöl , teils bei Luftabschluß und teils bei Luftzutritt der Ein- wirkung des Lichtes aus. Das Baumöl wurde bald braun, dann vrieder weiß, wurde sehr ranzig und zähflüssig {nach ungefähr einem Uoaat); später erlitt es keine weitere Umwandlung mehr; bei Luftaus- schluß zeigte sich nach fast einem Monat noch gar keine Veränderung, dann setzte sich eine grüne Materie ab und noch später erfolgte eine Vffländerang, welche der vorherbeschriebenen gleich ist. Er folgerte: „Das Licht b^Unstigt die Verbindung des Sauerstoffes mit dem öle,
1) Eder, Photogr.EorreBpoudeDZ. 1881. S. 128. — Später schrieb C.Chiatoai eine historiBoho Studie über Saussnro und die Aktinometrie (Beiblätter z. d. A.DDal. d.Fh;«ik. 1S03. S.386).
2) Amul. de Cbim. Bd, U, S. 89. Crella Chemisclie AnntdeD, 1T96. I, S. 71.
86 Erster Teil. Elftes Kapitel.
weil es schneller an der Luft und dem Lichte zugleich als durch Luft an einem dunklen Orte verdickt. Es scheint, daß das bloße Licht allein das öl nicht ranzig macht, so lange der Zutritt der Luft nicht statt- findet." Ferner sagt er: „Ich bemerkte, daß die fetten öle, die leicht gefrieren, besonders Baumöl, das bei 7 — 8 Grad R. schon gefriert, nicht bei — 50 Grad R. gefror, nachdem es während des Sommers der Wirkung der Luft und des Lichtes ausgesetzt worden war; da- durch nähert es sich den trocknenden Ölen, die nur sehr schwer ge- frieren.'*
Im Jahre 1791 veröffentlichte Berthollet sein wichtiges Werk über Färberei und Bleicherei unter dem Titel „E16ments de Tart de la teinture", Paris. ^) Darin wird mit Rücksicht auf den Bleichprozeß mit Chlor gezeigt, daß beim Ausbleichen der organischen Farbstoffe der Sauerstoff eine große Rolle spiele, indem er sich mit den Farbteilen vereinige, gewissermaßen verbrenne und blasser mache. 2) Berthollet setzte die Versuche Senebiers fort und suchte zu ermitteln, ob beim Zerstören der Farbstoffe im Lichte Sauerstoff absorbiert werde oder nicht. Er füllte ein Fläschchen zur Hälfte mit einer alkoholischen Auf- lösung von Blattgrün und stellte dasselbe umgestürzt in Quecksilber; als er dasselbe dem Sonnenlichte aussetzte, wurde die Farbe zerstört und zugleich war das Quecksilber in der Flasche gestiegen: „Der Sauer- stoff war demnach absorbiert worden und hatte sich mit den Farbteilen verbunden." Weiter sagt er: „Befindet sich in dem Glase, worin die Flüssigkeit enthalten ist, kein Sauerstoffgas, so zeigt das Licht keine Einwirkung auf die Farbteile; das Stickgas erleidet keine Verminde- rung"... „Ich setzte Lackmustinktur, sowohl im Dunkeln, als im Lichte,
1) Deutsche Übersetzung von Göttling unter dem Titel ^Handbuch der Färbe- kunsf*. Jena 1792. Zweite französische Ausgabe 1804 und deren deutsche Über- setzung (von Gehlen), Berlin 1806.
2) BerthoUets Entdeckung der Chlorbleiche hatte die nachhaltigsten Folgen für die Entwicklung der Bleicherei. Hier erwähne ich einer nebensächlichen Kleinig- keit, welche wohl nur entfernt in das Gebiet der Photographie einschlägt: das Bleichen alter vergilbter Kupferstiche usw., welche photographisch reproduziert werden sollen. Hierüber sprach sich schon Göttling 1791 und Madame Massen 1795 aus (Scherer, Allgemeines Journ. d. Chemie, 1799. II, 2, 500) und in dem ^Handbuch für Fabrikanten, Künstler, Handwerker usw.** (oder das Neueste und Nützlichste der Chemie), 1799. II, 12, ist unter dem Titel „Anwendung der dephlogistinierten Salz- säure zum Bleichen der Kupferstiche, alten Bücher usw.»* das Verfahren sehr ein- gehend beschrieben: Man legte das Blatt in Chlorwasser durch ^U — ^U Stunde, nahm behutsam heraus, zog durch frisches Wasser und trocknete in Löschpapier eingeschlagen zwischen zwei Brettern. — Später wurde dieses Verfahren unzählige Male nach- erfanden.
lange Zeit UQveräodert und verminderte nicht das Gas, die zweite da^ gegen verlor viel von ihrer Farbe, wurde gerötet und der Sauerstoff großenteils absorhiert Es hatte sich etwas Kohlensäure gebildet, die ohne Zweifel die Umänderung der blauen Farbe in die rote be- wirkte."
Daraus schließt Berthollet, daß bewiesen sei, „daß das Licht die Absorption des Sauerstoffe durch die Farbteile begünstige."
Die Kenntnis von lichtempfindliclien Queeksilbersalzen war 1786 durch die Entdeckung von Hahnemanns „löslichem Quecksilber^ {Mercurius solubilis Hahnemanni) vermehrt worden. Der beim Ver- mischen von salpetersaurer Quecksilberoxydullösung mit Ammoniak ent- stehende schwarze Niederschlag muß nämlich im Dunkeln getrocknet werden, damit er tief schwarz bleibe und sich kein metalHscbes Quecksilber beimenge. Hahnemann sah wohl, daß in der Sonne sein Präparat teilweise zu Metall reduziert wird, er wußte aber nicht, daß dies im Schatten nicht geschiebt. Es war ihm dem- nach die Licbtempfindlichkeit dieser Verbindung eigentlich nicht be- kannt')
Nähere Daten über photocbemisclie Zersetzung von Quecksilber- salzen wies Fourcroy im Jahre 1791 nach.^) Er fand, daß der graue Niederschlag, welcher durch wenig Ammoniak in schwefelsaurer Queck- silberoxydullösung hervorgebracht wird, im Sonnenlichte partiell zu Metall reduziert wird, während ein anderer Teil in ein dunkles, in Ammoniak lösliches Pulver übergeht, welches sich nicht weiter reduziert Wurde viel Ammoniak zur Fällung des Quecksilbersalzes verwendet, so entsteht ein nach Fourcroy dunklerer Niederschlag, welcher im Lichte vollständig reduziert wird.")
1) Die genaue Vorschrift Habnomanas ist in Crells ChemiacheQ Aotialea, 1790, 8. 22, mitgeteUt.
2) „Snr les differeota etats du Bulfate de mercure, sar la preuipitation de ce wl par rammoaiaqne etc.'' Ancales de cbimie, 1791. X, S. 203, 312.
3) Die diesbezügliche Stelle lautet: „Iiorsqu'on vorse de lammoDiaque datis nne diraolotioii de sulfate (oxyduls) de mercure neutrc et bleu pur, od obtient un prioipite gris trea-abondant, qui, exposö sur sud filtre aux rayons du soloii, se reduit «a partis eo meronre coulant; uae autre poition de ce precipitö restc od poudre grise forc^e, stus se redoire: cette derniere se redisaout completemeot daos Tammo- uiiqne .... Ce däp6t cooipose . . . . q'b iieu ou ne se prosente dana cet etat et aiosi meUngB, qae lorsqu'oo ne met que pcu d'amnioniaque dans la dissolutiou de Sulfate mercniiel bien nentre. 8i au contraire un met beaucoup de cet alcali, od a un pre- dpitä .... beaooonp plus noir et qui bo reduit compiottement par le contaot de la Jnmien et m-tont lorsqu'oa Texpose aux rayons du solell,^-
88 Erster Teil. Elftes Kapitel.
Im Jahre 1792 legte Yasalli der „Academie royale des Sciences de Turin" seine Untersuchungen über Chlorsilber vor.^) Er stellte zu- erst ganz sicher, daß nicht nur dem Sonnenlichte, sondern auch dem Kerzen- und Lampenlichte eine chemische Kraft zukomme, nämlich die, das Chlorsilber zu färben, wenn auch sehr schwach.*) In einem Nach- trage gibt er bekannt, daß das durch eine Sammellinse konzentrierte Mondlicht ebenfalls das Chlorsilber schon nach 4 Stunden dunkler färbe und daß beim Bleichen des Wachses Wasser überflüssig sei.') Salpeter- und Kochsalzkristalle sollen nach seinen Angaben immer an der dem Lichte zugewendeten Seite anschießen.
In dem „Journal für Fabrik, Manufaktur und Handlung" vom August 1792 (S. 65) findet sich von einem ungenannten Autor ein „Versuch einer kurzen Einleitung in die Farbenlehre und Färberei", worin sehr viel von der bewunderungswürdigen Wirkung des Lichtes auf die Körper gesprochen wird und zwar unter anderem, daß es „eine bekannte Sache ^^ sei, daß die in einer Waidkupe oder Indigkape ge- färbte Wolle anfangs grün sei, aber sobald sie von den Lichtstrahlen getroffen wird, sich in Dunkelblau verwandelt Femer: „Die Blätter von zwey Arten Firniß- oder Lackbäumen (Toxicodendron triphyllum. Folio sinuato rubescente und T. triphyllum glabrum) enthalten einen milchigen Saft, welcher, wenn man ihm dem Lichte aussetzt, sich in sehr schönes Schwarz verwandelt, die Leinwand färbt, ohne sie zu zer- fressen und anzugreifen, auch der Lauge widersteht... Die Orseille erlangt durch Zinnauflösung eine desto dauerhaftere Farbe, je mehr solche ins Scharlachrot zieht . . . Die Orangefarbe von Orleans oder Bocoa und das schöne Gelb von den Avignonschen Beeren und der Curcuma weichen sehr geschwind vor der Einwirkung des Lichtes."
Im Jahre 1793 teilte J. ß. Trommsdorff mit,^) daß das benzoe- saure Silber „an der Luft unverändert bleibt, aber an den Sonnenstrahlen braun gefärbt wird".
Eigentümlich ist die von Buonvicino (Bonvoisin) im Jahre 1793 gemachte Behauptung, daß der „gelbe mineralische Turbith"
1) Memoires de T Academie royale des sciences de Turin, 1790 — 1791, 8. 186. Crells Chemische ADnalen, 1795. 11, S. 80. Trommsdorff, Journal der Phannazie, 1796. ni, S. 337.
2) „So viel ist nun klar, daß das Licht unserer Verbrennungsprozesse dem Homsilber dieselbe Farbe mitteilt, wie das Sonnenlicht, nur zeigt sich der Unter- schied, daß das erstere längere Zeit braucht und keine so dunkle Farbe hervorbringt, wie die letztere . . . ."
3) Memoires de l'Academie royale de Turin, 1793. S. 287. Crells C&emisohe Ajinalen 1795. II, 142.
4) Trommsdorff, Journal der Pharmazie, 1793. Bd. I, S. 174.
(basisch sohv
dabei aogar in einer bermet h verschlossen Bohre an Gewicht za- nebmen soll.*) Die Fblogistontheorie mag ihn verleitet haben, an diese Zanafame (Phlogistonanhiahme?) zu glauben. Tronimsdorff, welcher von diesen Angaben keine Kenntnis gehabt zu haben scheint, teilte im Jahre 1796 ebenfalls mit, daß der gelbe Niederschlag, „welcher ent- steht, wenn man die Auflösung des Quecksilbers in Salpetersäure durch Glaubersalz fällt" (d. i. Turbith), an den Sonnenstrahlen oberflächlich „sobmatzig grünlichgrau" wird, ohne etwas von einer Gewichtszunahme zu erwähnen. Erst 1799 widerlegte Humboldt die Angabe Buon- tIcIdos bezüglich der Gewichtszunahme und fand, daß der Turbith im Lichte nicht schwerer wird.')
1794 trat Göttling mit der wunderlichen Sehaupttmg hervor, daß das SanerstofFgas durch Sonnenlicht nicht nur verschlechtert, son- dern beinahe ganz in StickstofTgas umgewandelt werde. *) Er bedachte nicht, daß unsere ganze Atmosphäre iu diesem Falle schon längst in Stickgas umgewandelt sein müßte. Gren*) und später Söckmann') traten gegen diese unrichtige Angabe auf und widerlegten sie gründlich.
Die Eigenschaft der Metalle, aus ihren Lösungen durch redu- zierende Substanzen metallisch niedergeschlagen zu werden, brachte eine Engländerin, Frau Fulhame, auf den Gedanken, dies bei der Bereitung Ton veigoldetem oder versilbertem Seidenzeuge zu benützen und ver- anlaßte sie zu einer Reihe interessanter Versuche über diesen Gegen- stand. Nach der l^tigkeit der Prinzessin Eudoxia sehen wir zum zweiten Maie in einem Zeitraum von drei Jahrhunderten eine Frau in die Ent- wicklung der Fhotochemie mit Erfolg eingreifen.
In ihrer verdienstvollen Schrift: „An Essay on Combustion, with a view to a new art of dying and patnting. Whcrin the pblogistic and antiphlogiBtio hjpotheses arc proved erroneous", 1794, beschreibt Frau Fulhame") neben vielen anderen Yersucheu die verschiedenen Mittel,
1) HemoiTes de l'Aoademie royale de Turin, 1793. S. 297. Es mag hier eine Terweohslang von Seite Bnonvioinos mit dem lichtem pfindlichon Queciisilberoxydul- Bals Fonroroys BtattgefuDdea haben.
2) Humboldt, „Versuche über die Zerlegung des Luftkretaea", 1799. S. 234.
3) Göttling, „Beitrag 7W antiphlogistischeo Theorie", 1794, 6. 51. 4uch HeinriDh, „Ober das Liobt", 1808. S. 89.
4) Nenea Joaroal der Phjaib, 1795. II, 492.
5) BBokmann, „Terauche über den Phosphor naw,", 1800. S. 204.
6) Dentsohe Übersetzung voq Lentia, Göttiogen 1798, Im Auszüge: Scherera „Allgameinee Journal der Chemie", 1708. I, 420. SieLe anch Heinrich., „Von der Nator und den Eigenschaften des Lichtes", 1808. S. 106. la eluem Arükel: „Neue
le mit der fiednktioQ der Metalle in Beziehung auf Färhekunsf' ist im „Hand-
90 Erster Teil. Elftes Kapitel.
die Metalle auf nassem Wege zu reduzieren, und wie auf Seidenzeug, welches mit Goldchlorid- oder Silbernitratlösung getränkt ist, im Lichte die Salze zu Metall reduziert werden.
Im 8. Kapitel behandelt sie die Reduktion der Metalle durch Licht. Zunächst wird hierin gezeigt, daß das Wasser allein keine Reduktion der Gold- oder Silberlösung zu bewirken vermag und daß auch Licht allein, bei Abwesenheit von Wasser, die Gold- und Silbersalze reduziere; hingegen Wasser und Licht zugleich den Effekt unfehlbar hervorbringen. Bei diesen Versuchen wurde ein Stück Seidenzeug in Goldchlorid- oder Silbemitratlösung getaucht und den Sonnenstrahlen ausgesetzt, während das Zeug mit Wasser benetzt wurde. Das mit Goldlösung imprägnierte Zeug änderte bald seine Farbe in ein schwaches Grün, dem ein Purpur folgte und schließlich bildete sich nach ^j^ bis 1 Stunde ein Überzug von reduziertem Gold. Mit der Silberlösung wurde das Zeug rötlich- braun und schließlich (nach ungefähr 4 Stunden) schwärzlichgrau. Als aber während des Versuches das Seidenzeug mit Weingeist anstatt mit Wasser feucht erhalten wurde, trat beim Gold keine, beim Silber eine sehr schwache Reduktion ein, welche der Feuchtigkeit des Weingeistes und der Luft zugeschrieben wurde. Bei einem andern Versuche wurde das mit Silbernitrat getränkte Seidenzeug in der Wärme getrocknet und dem Sonnenlichte ausgesetzt; das Zeug erhielt nach weniger als einer Stunde eine rötlichbraune Farbe, die am dritten Tage in Schwarz über- ging. Auch dieser Effekt wurde der Feuchtigkeit der Atmosphäre zu- geschrieben.
Aus ihren Versuchen zog Frau Fulharae den Schluß:
„Daß Wasser zur Wiederherstellung der Metalle durch Licht un- umgänglich notwendig sei''; „daß Licht bei dieser Wiederherstellung gerade so wirke, wie Wasserstoff, Schwefel und Kohle"; „daß das Licht diese Wirkung nur durch Zersetzung des Wassers hervorbringe".
Die Angaben der Madame Fulhame sind originell und von Wich- tigkeit; sie gaben zu Rumfords Versuchen Anlaß und waren die indirekte Veranlassung zu heftigen Angriffen gegen die Anhänger der Theorien von den chemischen Lichtwirkungen.
Mittlerweile war die Hypothese aufgetaucht, daß das Licht aus ^inem modifizierten Wärmestoff bestehe. Girtaner sprach zuerst 1795 in seinen „Anfangsgründen der antiphlogistischen Theorien", S. 14, diese Ansicht aus und Link („Beobachtungen und Betrachtungen über
buch für Fabrikanten, Künstler, Handwerker usw.", 1800. III, 54, ohne Nennung des Autors oder einer Quelle, der nämlichen Vei-suche, wie die der Frau Fulhame und Rumfords, Erwähnung getan, nämlich über das Verhalten von 2ieugen gegen Oold- und Silberlösungen unter Mitwirkung von Licht oder WasserstofiFgas.
und leugnete in seinen „Nachträgen zu den Orundziigen der neuen chemischen Theorie" (Jena 1796, S. 18} jeden besonderen chemischen Einfluß des Lichtes, selbst au! die Pflanzen, und sucht alle diese Er- scheinungen auf Wärmewirkung zurückzuführen. Er erklärte alle mit dieser Hypothese nicht übereinstimmenden Beobachtungen für irrtümlich und die zu ihrer Bestätigung augeführten Experimente für fehlerhaft.^)
Auch Graf von Bumford schloli sich dieser Ansicht an und suchte sie durch seine Experimente (diese sind nicht originell, sondern zum großen Teile die der Madame Fulhame) zu stützen.
Er leugnete 1798 schlechtweg jede besondere chemische Licht- wirkuDg und behauptete, daß alle Veränderungen, welche die Körper unter dem Einflüsse des Sonnenlichtes erleiden, keineswegs durch eine Wirkung des „Lichtstoffes", sondern durch die damit verbundene Er- wärmung hervorgerufen werden.*) Es scheinen ihm die Arbeiten seiner Vorgänger (insbesondere über Chlorsilber, Salpetersäure, Chlorwasser) nicht bekannt gewesen zu sein, denn die esperimen teile Begründung seiner Ansicht ist trotz der W^eitschweifigkeit eine sehr mangelhafte. Rumford operierte mit Seidenbändern, welche mit Gold- oder Silber- solution getränkt waren, ferner mit ätherischer Goldchloridiösung, sowie mit Gemengen von Goldclilorid mit Kohle, Terpentinöl usw., aus welchen in der Sonne Metall reduziert wurde. Da zufallsweise in diesen Fällen tatsächlich die Reduktion durch bloße Erwärmung auch im Einstem erfolgt und Bumford entgegengesetzte Beobachtungen nicht kannte, so läßt sich sein Irrtum erklären.
Juch wiederholte 1799 mit sehr geringen Abänderungen Bum- fords Versuche und kam, wie zu erwarten war, zu denselben Schluß- folgerungen: Das Licht wirkt nicht anders als Wärme. ^)
Diese Irrtümer hatten jedoch keinen nachteiligen Einfluß auf die Entwicklung der Photochemie.
1) FiBcber, „Geschichte der Physik", 1806. Bd. VII, S. 12.
2) Rmaford, „Ao inquiry coDcomlng tbe chemical propertius that have been attribntot to Light" Philosophical Transatt. 1798. S. 1. Gilberts Annalen, II, 8. 271, 273. Crells Chemische Annalon, 1709. I, S. «5, II, S. 120. Auch abge- dmokt in Lftudgrebo, „Über das Licht", 1S31. S. 8.
3) Jaoh, „Versuch über die Wiederhei-stelluDg des Goldes-. Scherer, Jonma] der OismiD, 1799. Ill, S. 399. Auch Laadgrebe, ,.Über das Licht", 1S34. 8. 16.
ZWÖLFTES KAPITEL.
VON VAUQUELIN (1798) BIS DAVT (1802).
Im Jabre 1798 entdeckte Vauquelin das Chrom und die Chrom- säure und machte zugleich die Beobachtung, daß die Chromsäure mit Silber ein karminrotes Salz („un pr6cipit6 du plus beau rouge de car- minau") bildet, welches dem Licht ausgesetzt purpurrot (pourpre) wird.^) Ich erinnere daran, daß Ponton 1839, offenbar an Yauquelins An- gabe anknüpfend, die Lichtempfindlichkeit des Silberchromates photo- graphisch verwerten wollte und dabei die Lichtempfindlichkeit des Kaliumbichromates auf Papier entdeckte; aber das Verdienst, die Licht- empfindlichkeit der ersten Chromsäureverbindungen entdeckt zu haben, gebührt Vauquelin. Demnach erscheint es ungerecht, den Anteil an der Entdeckung der Photographie mit Chrom Verbindungen nur Ponton zuschreiben zu wollen. Vauquelin darf ebensowenig wie Suckow (s. u.) in der Geschichte der Photochemie vergessen werden.
Vauquelin untersuchte auch die von Scheele im Jahre 1784 zuerst dargestellte Zitronensäure näher und beschrieb deren Salze, darunter das Silbersalz, von welchem er sagt, daß das zitronensaure Silber unter dem Einflüsse der Sonnenstrahlen eine „der Tinte ähnliche schwarze Farbe" annimmt. 2)
Fabroni bemerkte im Jahre 1798, daß die Blätter der Aloe einen Saft enthalten, welcher sich an der Luft — „das Licht mag ihn treffen oder nicht" — allmählich purpurviolett färbt, welchen Farbstoff er für sehr echt hielt. Von den anderen organischen Farben bemerkt er, daß der Scharlach zu den edlen Farben gehöre, „da er fast keine Ver- änderung durch Einwirkung der Luft oder des Lichtes erleide", daß der Saflor mit Unrecht zu den edlen Farben gezählt werde, da er unter
1) „Sur une Douvelle substance metallique." Annales de Chimie, 1798. XXV, S. 21. Im Jahre 1809 machte er diese Angabe präziser, indem er sagte, „dieses Salz (das Silberchromat) bräunt sich am Lichte ^^ (Annales de Chimie, Bd. 70, 8. 70).
2) Scherers Journal der Chemie, 1798. U, 2, 717. Tro m ms dorffs Journal der Pharmazie, 1800. VIT, 95.
dem Einflafl < - »_ , .^_
und die anderen ose ihr Violett an der Sonne bald in Blau verwandeln.*)
Mittlerweile waren genügende empirische Beobachtungen über die obemischen Wirkungen des Lichtes gesammelt worden, um die Über- einstimmung derselben mit den verschiedenen Hypothesen über das Wesen des Lichtes zu prüfen. Hauptsächlich drehte sich der Streit darum, ob dem Lichte eine besondere Materie zugrunde liege (Newtons Theorie) oder ob es durch bloße Ätherschwingungen vemnlaßt werde (Huygens' Theorie). Die damals herrschende Ansicht ist in Oehlers „Physika- lischem Wörterbuch" (Leipzig 1798. Bd. 2, S. 902) sehr gut wieder- gegeben. Ich führe deshalb die betreffende Stelle wörtlich an:
„. . . Es scheint mir doch, als oh eine nähere Bekanntschaft mit der Ghymie jeden für das Emanationssystem geneigter machen müsse; daher denn auch die meisten Chymisten nicht nur eine Lichtmaterie annehmen, sondern auch dieselbe zu ihren besten Theorien, ein wesent- liches Ingrediens, gebrauchen ... Es gibt in der Tat Erscheinungen, TTobey das Licht Verwandschaften gegen andere Stoffe zu äußern und Veränderungen in der Mischung und Zersetzung der Körper hervor- zubringen scheint, die man schwerlich einem bloßen Zittern des Äthers zuschreiben kann." Als Beleg wird die Wirkung des Lichtes auf das GrQnen der Pflanzen, auf die Veränderung des Silbersalzes, sowie der Farbstofie usw. angeführt
Diese Ansicht stimmt mit der von Kries, dem Herausgeber und Kommentator von Eulers Briefen, einige Jahre vorher präzisierten Hypo- these aberein, welcher ebenfalls sagt: „Man hat Wirkungen des Lichtes wah^nommen, die sich unmöglich aus bloßen Schwingungen erklären lassen und die es mehr als wahrscheinlich machen, daß das Licht bei sehr Tielen Prozessen der Natur als etwas Körperliches mitwirke."^ Die Beweise hierfür suchte sich Kries aus den damals bekannten photo- ohemischen Erscheinungen zu holen.
Davy stellte 1799 die Ansicht auf, daß das Licht ein eigener Stoff sei, der sich mit den Körpern zugleich mit dem Sauerstoff zu Oxyden verbinde; das Sauerstoffgas sei eine Verbindung von Sauerstoff und Ijcht») Diese Angaben erklärte er selbst später (1802) für übereilt
1) Scherers Jonraal der Chemie, 1798. 11, 2, 644. Auch im Auszug ohne Qaellenaogibe: Buidbuch Tür Fabritaaten , EüQstler ub<[t. oder: Das Neacste und Nfitiliohite der Chemie. Fabrik wiBBenscbaft usw. 179d. 11, 109.
2) Enlerg Briete aber Terschiedenc OegeDstände , aufs neue iiborsetzt and mit AnmutoDgeu mid Zosätzea von Kries 1T92. Bd. 1, S. 204, 42. Brief.
3) Davy, ,An eseay on heat, light and the combmaticiDS o( light". Nichols. JOBT. 1799. IT, 395. Gilberts Anualen, 1S02. XII. S. 574.
94 Erster Teil. Zwölftes Kapitel.
Das Jahr 1800 war reich an Beobachtungen und Experimenten auf dem Gebiete der Chemie. Buch holz beobachtete die Schwärzung des kohlensauren Silberoxydes am Lichte.^) Er fand, daß die Schwärzung dieser Verbindung immer nur oberflächlich erfolge und es gelang ihm selbst nach drei Monaten und bei täglichem dreimaligen Umrühren nicht, die Schwärzung der ganzen Masse durch und durch mitzuteilen; auch war kein Gewichtsverlust wahrzunehmen.
Abildgaard, Arzt in Kopenhagen (*1740, f 1801), erwähnte schon in einem Briefe an Hermstädt vom 14. Dezember 1797, daß eine halbe Unze rotes Quecksilberoxyd im Torricellischen Vakuum einer Glaskugel nach drei Monaten sich braun bis grau gefärbt habe. Im Jahre 1800 publizierte er die Sache und zeigte, daß rotes Quecksilber- oxyd sich an der Sonne oberflächlich schwärze, daß dieser Prozeß selbst im Vakuum vor sich gehe und daß dabei sich ein Gas ausscheide (Sauerstoff), dessen Natur er aber nicht erkannte. 2) Böckmann stellte Versuche über den Einfluß des Lichtes auf den Phosphor an 5) und beobachtete die Entstehung eines roten pulverigen Beschlages an den dem Lichte zugekehrten Seiten eines Glasgefäßes, in welchem sich ge- wöhnlicher Phosphor in einer Stickstoff- oder Wasserstoff- Atmosphäre befand. Der Niederschlag bildete sich bei gleichzeitiger Einwirkung von Wärme und Licht rascher als in der Kälte, erfolgte aber nicht bei Ausschluß von Licht. Fast gleichzeitig beschäftigte sich Parrot mit demselben Gegenstande; er fand, daß sowohl freier, als unter Wasser befindlicher Phosphor in der Sonne sich gelb färbt und daß ein in blauer Lackmustinktur befindlicher Phosphor diese Veränderung rascher, als in gelber Safrantinktur erleidet.*)
Girtanner trat in einem Briefe an Trommsdorff^) gegen die Meinung auf, daß der Lichtstoff nur ein „bewegter WärmestoflP' sei, weil sich auf Grund dieser Annahme nicht erklären lasse, warum das Chlorsilber vom violetten Strahl rascher als vom roten gefärbt werde und warum das Chlorwasser bei einer Temperatur unter dem Gefrier- punkte in der Sonne mehr Sauerstoff entwickelt als an einem warmen Orte, wenn der Himmel umwölkt ist.
1) Gilberts Annaion. XII, S. 574, 581.
2) Abildgaard, „Über die Wirkung des Lichtes auf das roto Quecksilberoxyd*, Gilberts Annalen, 1800. IV, S. 489. Annales de chimie. XXXII, S. 193.
3) Bock mann, „Versuche über das Verhalten des Phosphors in verschiedenen Gasarten". Erlangen 1800. Ferner Scherer, Journal der Chemie. V, S. 243.
4) Voigts Magazin für den neuesten Zustand der Naturkunde, 1800. IV, S. 121. Aach Landgrebe, Über das Licht, S. 71.
5) Troramsdorff, Journal der Pharmacio, 1800. VIII, 163.
Angabe über die Licbtemp&Ddlichkeit von Uolybdänsäure. Daniel Jäger beschrieb viele Farbenversuche in den „Anzeigen der Kurfürstlichen ökonomischen Gesellschaft zu Leipzig, von der Michaelismesse des Jalires 1800"*) und unter anderem erwähnt er, daß ein mit Lösung von molybdun- saarem Kali imprägnierter, dann in kalter Zinnsalzlösung getauchter KattoDStreif^n „eine hellblaue Farbe von mattem, etwas unreinem Aus- sehen annimmt, , . . welche an der Sonne und Luft, anstatt zu verschießen and matter zu werden, mehr als noch einmal soviel Intensität bekommt. Die grönlichen Schattierungen . . . gingen dann gewöhnlich ins Blaue aber, erlangten aber im Schatten und in feuchter kalter Luft nach einiger Zeit ihr vorheriges Aussehen völlig wieder".
Easteleyn fand, daß eisenhaltige Salmiakblumen in der Sonne die Farbe ändern und dunkler werden.^)
Im „Handbuch f(ir Fabrikanten, Künstler, Handwerker usw. für 1800"') findet sich die Bemerkung, daß Fernambukholz und Blauholz ihre Güte völlig verlieren, wenn man sie dem Liebt, der Luft und den Sonnenstrahlen lange aussetzt, und daß sie dann eine schlechte braune Farbe geben... „Will man sie gut behalten, so muß man sie vor der freien Luft, dem Lichte und den Sonnenstrahlen soglultig in Acht nehmen."
Von der größten Tragweite war Herschels Untersuchung im Jahre 1800 über die ungleiche Verteilung der Wärme im Sonnen- spektram und die Entdeckung der unsichtbaren ultraroten Wärme- stratilen,*) welche, wenn auch viel bestritten, unendlich viel Anregung in das Studium der Eigenschaften des Lichtes brachte und die Veran- lassung zn vielen Experimenten war.
An sie knüpfte sich Ritters Entdeckung der unsichtbaren ultra- violetten chemischen Strahlen am 22. Februar 1801, die er zuerst in dem Intelligenzblatt der Erlanger Literaturzeitung 1801, Nr. 16, ver- öffenÜichte.^) Als er Papier mit feucbtem, frischbereitetem Chlorsilber überstrich und in einem dunklen Zimmer das Sonnenspektrum darauf einwirken ließ, sah er, daß die Wirkung zuerst im Ultraviolett begann
1) Anoh Soheror, Allgemeines Journal der Chemie, 1802. VIII, 14.
2) Soherei, Allgemeines Jouraat der Chuinie, 1800. IV, 2. 540.
3) Uit dem zweitea Titel: „Da^ Neueste und Nützlichste aus der Chemie, FabiikwiasenBchaft, Apothekerkunst miw." 111, 9.
4) Pbüosophical Transact. 1800. S, 2 und 2.')ö. Gilberts Annalen. VII, S. 137. 6) Bitter, „Versuche über das Sonnenlicht". Gilberts .Ajinalen, 1801. VlI,
8.527 Ikarxe Notiz), 1802. XU, S. 409. Sehr ausfilhrlieh auch in Landgrehes Teik „Ü^T das Liohl", S. 26 mitgeteilt.
96 Erster Teil. Zwölftes Kapitel.
und dann erst sich gegen das Violett fortsetzte. Er entdeckte nicht nur die Zersetzung des Chiorsilbers im Ultraviolett, sondern beobachtete auch, daß Chlorsilberpapier, weiches zuvor am zerstreuten Tageslichte ein wenig gedunkelt worden war, im violetten Ende des Spektrums dunkler, im roten aber heller werde, welche Beobachtung zuerst auf den Gegensatz der chemischen Wirkung des roten und violetten Lichtes hindeutet Er fand, ,,daß die Schwärzung hinter dem Grün aufhört und daß die Lichtwirkung im Orange und Rot in wahre Oxydation des bereits reduzierten oder, was dasselbe ist, in die Betardation oder Aufhebung der Reduktion übergeht". Spektralviolett und Rot mittels eines Brennglases gemischt, reduziert das Chlorsilber, „was zeigt, daß die reduzierenden Strahlen im weißen Licht in weit größerer Menge zugegen sein müssen, als die oxydierenden".
In demselben Jahre machte Leroux nochmals — wie es scheint, ohne von Abildgaards Publikation Kenntnis zu haben — die Angabe. daß eine mit rotem Quecksilberoxyd gefüllte Flasche an der dem Lichte zugekehrten Fläche durch Desoxydation geschwärzt werde.^) Ganz zur selben Zeit veröffentlichte auch Robert Harup, welcher sich angeblich schon seit 1797 mit Studien über den Einfluß des Lichtes auf Queck- silberverbindungen beschäftigte, seine Resultate, 2) nämlich daß rotes Quecksilberoxyd und Kalomel beim Aussetzen an die Sonnenstrahlen reduziert werden und daß diese Erscheinung auch in hermetisch ver- schlossenen Glasröhren vor sich gehe. Leroux und Harup müssen aber die Priorität ihrer Angabe an Abildgaard abtreten, der seine Arbeiten ein Jahr früher veröffentlichte.^)
Im Jahre 1801 wurde von Christian Samuel Weiß ein nunmehr schon sehr selten gewordenes Büchlein, „Betrachtung eines merkwürdigen Gesetzes der Farbenänderung organischer Körper durch den Einfluß des Lichtes", herausgegeben (Leipzig 1801), worin erzeigt, daß die Farben- änderung, welche organische Stoffe im Lichte erleiden, entgegengesetzt jener sei, welche an unorganischen Körpern beobachtet werden.*) Nach-
1) Trommsdorf, Journal der Pharmacie 1801. IX, S. 164, aus Joom. de la Soc. de pharm, de Paris. III, 433.
2) London Medical Review and Magazine. Bd. V. 1801. Auch Nicholsons Journal of Natural Philosophy, Chemistry and the Arts. 1802. V, 545.
3) Dies ist hier ausdrücklich erwähnt, da Hunt wiederholt die Priorität gänzlich Harup zuschreibt und auch irrtümlich Bollay (1803) als den ersten nennt, welcher die Lichtempfindlichkeit des Kalomel gefunden habe, was gleichfalls irrtümlich ist
4) Ich folge hier der Angabe Fiedlers (De lucis effectibus chemiois, 1886. 8. 6), ohne sie mit dem zitierten Originalwerk von TVeiß verglichen zi\ haben, da ich mir dieses nicht verschaffen konnte.
1797 TOD der medizinischen Fakultät in Göttingen, ihre Beobachtungen and Ansichten über den Einfluß des Lichtes auf organische Eörper ver- öCEentlicht hatten, suchte Weiß das allgemeine Qesetz, nach welchem das Licht die Farben lebender Päauzen und Tiere verändert, aufzu- stellen. Weiß stellt zunächst eine eigentümliche Ansicht über die Farben selbst auf: Er nimmt an, daß das Licht aus mehreren spezi- fisch Toneinander verschiedenen Lichtgrundstoffen bestehe; ein farbiger Körper strahlt das Licht zurück, mit welchem er „keine chemische (!) Verwandtschaft " hat, z. B. : der rote Körper also das rote Licht, gegen welches er keine Verwandtschaft äußert, dagegen er alles übrige Liebt einsaugt Es führt somit Weiß alle rein optischen Farben- erscheinungen auf chemische Verwandtschaften des Lichtes zurück und schießt somit bei der Aufstellung seiner chemischen Theorie des Lichtes weit über das Ziel hinaus. Eine Farbenänderung eines Körpers im Lichte betrachtet Weiß als eine Veränderung seiner chemischen Ver- wandtschaft gegen das frei einstrahlende Licht. „Wenn nun ein Körper dadurch, daß er dem Liebte ausgesetzt war, seine Verwandtschaft gegen den freien LichtstoS ändert, so kann dies, wofern er dabei keine anderen Hischungsverhältnisse erlitt, als die des mehreren eingeprägten IJcht- stotfes nach chemischen Gesetzen keine andere Veränderung sein, als die der mehreren Sättigung mit dem Lichtstoffe. Ein unorganischer Körper (ohne Lebenskraft) wird, wenn er durch das Licht nichts als eine Farbenänderung erleidet, notwendig weniger Verwandtschaft gegen das &eie Licht äußern, nachdem er ihm eine Zeitlang ausgesetzt worden war, als vorher. Eine Folge davon ist, daß er mehr Licht als vorher reflektiert, d. h. seine Farbe heller wird, daß er verbleicht" (Bleichen von Leinwand, Knochen usw.). „Ganz anders ist es in der lebenden ozeanischen Natur"; die Gesetze sind entgegengesetzt der toten Materie. Durdi den Einfluß des Lichtes wird die Verwandtschaft hier vermehrt: „Je mehr der lebende Körper des Tier- oder Pflanzenreiches dem Lichte ausgesetzt ist, desto dunkler wird seine Farbe, desto mehr Licht- stoff vermag er einzusaugen." „Das Licht wirkt wie ein Reiz auf die Lebenskraft der Organismen und die Folge davon ist, daß die Sekretton des Pigmentes auf der Oberfläche verändert wird. Das Pigment erhält eine besondere Uischung, so daß seine Verwandtschaft gegen den
1) Ebetmaier, „Versuche cioer Oesobiclite dos Liuhtes in Kucksicht sQims ) auf die gesamte Natur und nuf den menschlichen Kurier, außer dem
Gemchto". Ofinabriick 1799.
2) Ernst Hörn, Über die Wirkungen dcK Lichtes auf den menschlichen Eibpet, mit Ausnahme des Sehens.'' Künif^berg 1T09.
IT Pholognphle. I. Teil. 3. AqQ. 7
98 Erster Teil. Zwölftes Kapitel.
freien Lichtstoflf vermehrt wird.'' „Dieser Reiz kann mechanisch sein** — einerlei ob nach Newtons oder Eulers System — : immer wird der erleuchtete Körper gestoßen werden. Es kann das Licht aber auch als chemischer Beiz auf den lebenden Organismus ein- wirken, da sich der LichtstofF auch mit der belebten Materie ver- binden kann.
Ich habe diese Ansichten von Weiß etwas ausführlicher wieder- gegeben, weil man vortrefflich den Geist der Theorien der damaligen Zeit hieran erkennt. Wir finden einerseits die Ansicht festgehalten von der „Lichtmaterie", welche sich chemisch verbinden oder trennen kann und die sogar als eine zusammengesetzte Materie erklärt wird; andererseits finden wir in merkwürdiger Yorahnung späterer Ergebnisse der Wissen- schaft die Anschauung vertreten, daß das Licht sowohl mechanisch als chemisch wirken könne. Die starre Sonderung, mit welcher die da- maligen Gelehrten die tote Materie vom lebenden Organismus behandelt wissen wollten, die Theorie der „Lebenskraft*', welche alle chemischen Gesetze der Materie aufhebe oder verkehre, kommt auch in der Theorie von Weiß zum prägnanten Ausdruck.
Von Interesse erscheint die ebenfalls im Jahre 1801 von Des- mortiers gemachte Entdeckung,^) daß Berlinerblau im Lichte bei Luft- abschluß (nämlich mit Nußöl angerührt und mit Wasser bedeckt) die Farbe verliert und weiß wird, an der Luft aber sofort wieder die blaue Farbe annimmt. 2) Er stellte folgende Schlüsse auf: 1. Die Ent- färbung rührt von keiner Zersetzung des Öles, sondern von einer Ver- änderung der Oberflächen her, die durch das Niedersinken der Masse und das Erlöschen der Lichtkügelchen in den feinen Blättchen und Zwischenräumen der Farbesubstanz bewirkt werde. 2. Zur Wieder- herstellung der Farbe wird weder die Luft, noch irgend einer ihrer Bestandteile oder eine fremde Beimischung derselben erfordert; sie er- folgt ebensogut im luftleeren Baume. 3. Wärme ohne Licht hindert sie und zerstört sogar die Farbe. Eine bloße innere Bewegung ihrer Teile, wie sie auch bewirkt werden mag, stellt die Farbe nach der Stärke des Lichtes und der Bewegung schneller oder langsamer wieder her. Diese Entdeckung wird meistens Chevreul (1849) zu- geschrieben, während Desmortiers diese Angabe schon 48 Jahre früher machte.
1) Desmortiers, „Recherches sur la decoloration spontanee du bleu de Pmsse", Paris 1801. Gilberts Annalen. X, 8. 363. S eher er, Journal der Giemie. X, S. 114.
2) Desmortiers schrieb auch das neuerliche Blauwerden einer lichtwirinuig so.
ihrem Schieime darob Einwirkung des Sonnenlichtes, welchem er eie in Boateillen aussetzte.^]
Kurze Zelt nach Ritters Publikation (siehe die Fußnote auf S. 59) machte Wollaston bekannt (1802), daß, ähnlich wie nach Herschel, unsichtbare wärmeerregende Strahlen jenseits des Kot vorkommen, auch jenseits des Violett unsichtbare Strahlen von anderer Art vorkommen, welche sich durch ihre chemische Wirksamkeit auf Chlorsilber aus- zeichnen. >) Er nannte damals zuerst die brechbarsten Strahlen des Spektrums die „chemischen Strahlen" — welche Bezeichnung ihnen spiter blieb — und hielt an dieser Bezeichnung mit Nachdruck fest,") namentlich deshalb, weil er mit ßitters Einteilung in oxydierende und reduzierende Strahlen nicht einverstanden war. Es war nämlich 'Wollaston schon 1802 bekannt, daß das Guajakharz von den violetten Strahlen lebhaft afGziert wird, und zwar hierbei eine Oxydation erleidet, während nach Bitter den violetten Strahlen nur eine reduzierende Wirkung zukommen sollte. Seine damaligen Angaben sind jedoch bei weitem nicht so eingehend wie jene Bitters und erst mehrere Jahre später trat Wollaston mit näheren Details hervor.
Angeregt durch Bumfords Angaben, „das Licht bewirke nur durch Erwärmung einen chemischen Effekt", stellte Harup im Jahre 1802*) Tenucbe mit Quecksilbersalzen an und Überzeugte sich, daß das Sonnenlicht die Schwärzung des Quecksilberoxydes bewirke, sobald letzteres sich in durchsichtigen Glasgefäßen, nicht aber, wenn es sich in undurchsichtigen Ge^en befindet. Ferner fand er, daß bei Luft- zutritt and Gegenwart von Feuchtigkeit die Veränderung des Queck- silberoxydes im lichte nicht wesentlich beschleunigt werde und daß das Licht (entg^en der Wärme) immer nur an der Oberfläche wirke. Zur weiteres Aufklärung der Bumfordschen Behauptung versuchte er Kinium und Bleizucker (sowohl für sich allein als mit Kohle gemischt) im Lichte zu reduzieren, aber ohne Erfolg, woraus er schloß, daß dem
1) Das Nweste and NützIichstB der Chomie, Fabrik wisseoscbaft, Apotbeker- koiiat nBW. 1801. IV, 135. Die Origiaalabhtuidlaiig ist mir nnbckaiuit, da das sitieite, gani eohlecht redigierte Journal in bezug auf Quellenangaben böubst leicht- fertig yoiptsg.
2) Wollaaton, „A method of eiamining refrtictive and diaperaive powers by priamatio refleotioii." Fhilosophical TransacL 1802. 8. 370. Gilberts Annalon. XXXI, a 416 UDd XXXIX, S. 291.
3) Gilberts AnnaleD der Physili, 1811. XXIX, 2Q1.
4) NiobolBODS „A Journal of Natural Philosopby, Chemistrj aod tbe Arta", 1802. V, 246. ; ,,. . . .,,:
100 Erster Teil. Zwölftes Kapitel.
Lichte eine spezifische Wirkung, welche verschieden von der der Wärme ist, zukomme.
Vom Jahre 1802 datiert die Erfindung der Photographie auf Papier und Leder durch Thomas Wedgwood. i) Thomas Wedgwood ist der viertälteste Sohn des Josiah Wedgwood (1771 — 1805), Begründer der neueren englischen Tonwarenindustrie. Ein Stammbaum findet sich in dem Werke von R. B. Litchfild „Tom Wedgwood the first photographer an account of his life, his discovery and his friendship wit Samuel Taylor Coleridge including the letters of Coleridge to the Wedgwoods". London, Duckworth and Co. 1903. Viele Autoren nennen dies Jahr als das der Erfindung der Photographie überhaupt, was ich mit Rücksicht auf Schulze (1727) nicht zugeben kann. Sehr häufig schreibt man die Arbeit Wedgwood und Davy zu, während Davy bloß die Ver- suche Wedgwoods beschrieb und mit einem Anhang versah, was schon der Titel der 1802 erschienenen Originalabhandlung: „Bericht über eine Methode, Gemälde auf Glas zu kopieren und Profile auf Silbernitrat durch die Wirkung des Lichtes zu machen, erfunden von T. Wedgwood und beschrieben von H. Davy", genügend klar macht Die Angabe, daß der französische Gelehrte Charles selbständig mit oder vor Wedgwood Silhouetten in Paris photographiert habe^ ent- behrt ebenfalls jeder Begründung.
In Aragos Bericht über das Daguerreotyp , welchen er der französischen Akademie der Wissenschaften am 19. August 1839 vorlegte (Comptes rendus IX, 250), findet sich die Angabe, daß erst in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts die ersten Spuren der Kunst, Lichtbilder zu fixieren, gefunden werden. „Um diese Zeit", fährt Arago foi-t, „bediente sich unser Landsmann Charles bei seinen Vorlesungen eines grundierten Papieres, um mit Hilfe des Sonnenlichtes Silhouetten zu erhalten. Charles ist gestorben, ohne das angewandte Präparat zu beschreiben, und da der Geschicht- schroiber der Wissenschaften sich nur auf gedruckte, authentische Dokumente stützen darf, so muß man billigerweise die ersten Grundziige der neuen Kunst auf Wedg- wood ... . zurückführen.*' Gegen diese Erwähnung Charles' hätte ich gar nichts einzuwenden, wenn ich irgendwo hätte die Jahreszahl auffinden können, in weiche das Experiment Charles' fällt, was von Belang ist, da Charles viele Jahre lang Privat- vorlosungen über Experimentalphysik in Paris hielt und ei-st 1823 starb. (Poggendorlf, Biographisch - literarisches Handwörterbuch, 1862. I, 421.) Arago faßt nun seine Angabe derart unbestimmt, daß man unwillküriich zur Meinung verleitet wird, Charles
1) „An account of a method of copying paintings upon glass and of making profilos by the agency of light upon nitrate of silver.'' Journal of the Royal Institution, 1802, I, S. 170. Gilberts Annalen, 1803. XIII, S. 113. — In fast allen deutschen Büchern wird die Zeit der Veröffentlichung von Wedgwoods Methode fäsohlich in das Jahr 1803 verlegt. Dieser Irrtum findet seine Erklärung in dem Umstand, daß die Abhandlung erst im Jahre 1803 in einigen deutschen Journalen erschien , während das englische Original ein Jalir früher gedruckt worden war, ohne daß dies in der deutschen Übersetzung ari^eüierkt woideii wäre.
man 4ber den Zeitpunkt der ExperbD«Dte völlig im UobJaren. AUerdingB sagt Gaston Tissandier in seinem „Lee merveilles de la Pbotograpbie" (Paris 18T4. 8. 15), daB Professor Charles „um das Jahr 1780" die Camera obscura zu rudimentären Photogrqthieu verwendet habe, indem er Silhouetten von Personen auf mit Cblorailber bestriohoaes Papier fallen ließ. Tissandier gibt sogar eine Abbildung (a. a. 0. S. 14), um in demODStrieren, wie dieser Vorgang sich vielleicht abgespielt haben mag, welche ninstration wir (Fig. 19) reproduzieren. Es Bei aber ausdrücklich erwähnt, daB diese Abbildung der Phantasie Tiasandters entstammt und daß die angebliche Jahreszahl dieser Charlesachea Demonstrationen (1780) von Tissandier nirgends durch eine Quellenangabe gestützt ist und wohl ebenso der Phantasie dieses Autors entstammt, wie die beigegebene Abbildung. Ich stelle dagegen folgende Teimutung auf: Charles hat ganz einfach 'Wedgwoods Abhandlung gelesen, sich danach gerichtet und daraus
Flg. 19. Angsblichi
tat ChlDrsüberpspi
„in den ersten Jahren dieses Jahrhundoris" ein Yorlesungsexperiment gemacht Mit dieser einbohen Annahme schwindet sofort alias GeheimaisvoUe an dem Torgange Charles', dessen Eigenschaften als Mitglied und Bibliothekar der Pariser Akademie dei Wisaenaohaflen die Annahme der Geheimniskrämerei ausschließt.
Ich will hier nicht erörtern, ob Wedgwood in jener Gesellschaft, welche sich vielleicht hauptsächlich mit dem Studium photographischer FrozeBSO beschäftigt haben mag, nämlich der „Lunatic Society" in England, die Idee za seinen Experimenten geholt bat, ') da ich mich nur an die anroittelbar eingreifenden, streng historischen Tatsachen halte.
1] Im Jahre 1863 machte die Mitteilung, daß die Photographie angeblich berdta am Ende des 18. Jahrhunderts (um das Jahr 1791) durch Watt und dessen Ktarbeiter Bonlton erfunden worden sein soll, viel Aufsehen. Tats&cblich bestand sn dieaer Zeit ia Krmingham eine Gesellschaft, welche sich „Lunatic Society" nannte,
102 Erster Teil. Zwölftes Kapitel.
Fig. 20 zeigt ein Porträt Humphry Davys in seinen jungen Jahren. ^)
Ein Porträt Wedgwoods findet sich in der Biographie „Tom Wedgwood, the first Photographer", London 1903.«)
Wedgwood tränkte Papier oder Leder mit einer Siibemitrat- lösung, wonach am Lichte rasch eine Schwärzung eintrat „Wenn der Schatten einer Figur auf die präparierte Fläche geworfen wird, so bleiben die gedeckten Stellen weiß, während die anderen Teile sich schnell schwärzen.*' Er kopierte Glasgemälde, wobei er sah, daß das durch rote, gelbe und grüne Gläser gegangene Licht viel schwächer, als das durch blaue gegangene wirkte. Das Lichtbild konnte „weder durch bloßes Wasser, noch durch Seifonwasser** entfernt werden. „Die holzigen Fasern der Blätter und die Flügel der Insekten können auf diese Weise sehr genau abgebildet werden." Die Bilder konnte er leider nicht fixieren; sie mußten im Dunkeln aufbewahrt werden. Wedgwood hatte sein Hauptaugenmerk auf das Kopieren des Bildes der Camera obscura gelenkt, allein er fand es „zu schwach, um in einer mäßigen Zeit eine Wirkung auf das Silbernitrat hervorzubringen*'.
Davy fügte noch hinzu: „ . . . Ich fand, daß die Bilder kleiner Gegenstände, welche durch das Sonnenmikroskop hervorgebracht sind,
ohne Schwierigkeit kopiert werden können'' „Bei Vergleichung der
Wirkungen, welche das Licht auf Chlorsilber hervorbringt, mit denen auf Silbemitrat, erschien es evident, daß das Chlorsilber das empfind- lichere sei .... Auf beide wirkt das Licht schneller, wenn sie naß sind." Davy erzeugte das Chlorsilberpapier durch Aufstreichen des
deren Mitglieder auch Wedgwood, Watt, Priestley u. a. wareD. (Kreutzers Zeitsch. f. rhotogr. 1863. Bd. 7, S. 129. Phot. News. 1863, Nov. 1864. Bull. Soc. fraiK?. de Phot. 1864. 13, 81.) Die „Birmiogham Daily-Post*' brachte am 16. Juli 1863 die Nachricht, daß man daselbst Photographien von dem Fabriksorte Soso gefunden habe, welche die Gebäude in dem Zustande am Ende des 18. Jahrhunderts darstellten. Es war von vornherein unwahrscheinlich, daß diese Nachricht sich bestätigen wurde, weil tatsächlich Wedgwood noch im Jahre 1802 das Fixieren der photographischen Bilder nicht kannte; auch konnte James Watt von einem photographischen Eopier- prozeß nicht viel gewußt haben, sonst hätte er bei seiner ungefähr um das Jahr 1802 beschriebenen Methode, Briefe zu kopieren (s. Das Neueste und Nützlichste usw. 1802. Y, 124), nicht den gewöhnlichen Weg mit Kopiertinte angegeben. In der Tat stellten sich nachher die angeblich sehr alten Bilder als Daguerreotypien und Talbotypien späteren Ursprungs heraus.
1) Die Biographie Davys siehe Thorpe, Humphry Davy, Poet and Philosopher. Cassel k Co. Lim. London 1901 und A. Bauer, Humphry Davy (1778—1829), Yortrag im Yer. zur Yerbr. naturw. Kenntnisse (44. Jahrg. Heft 5. 1904) in Wien.
2) Yergl. femer Meteyon „Wedgwood and his works" 1874; femer £.Mehe- gaid, „Memorials of Wedgwood*^ 1870; Smiler: Josiah Wedgwood. 1894.
Chlorsitber-N . q uum .* aarcu uaivucuivu utn» rapwi
mit Silbemitrat und dann mit verdünnter SalzsSure; er zog jedoch trotzdem das Silberaitrat, wegen Beiner Auflöslicbkeit im Wasser, dem GhlorsUber vor.
Sarj Tersprach, Versuche über das Fixieren des Lichtbildes anzu- stellen, um die Uethode nutzbar zu machen. Seine Bestrebungen miß- langen and Dary ließ nichts mehr von weiteren pfaotographischen Ver-
saohen Temehmen. Es ist wahrscheinlich, dal! D&vj sich gar nicht mehr am die Sache kümmerte, sondern durch seine für die Entwicklung der Chemie so außerordentlich wichtigen elektrochemischen Experimente and Entdeckungen tod dem photochemischen Gebiete ganz abgezogen wurde.
Die Publikationen Wedgwoods und Davys waren allmählich in Yergessenheit gekommen und erst 37 Jabre später wurden sie von Arago in dem der französischen Akademie vorgelegten Memoire über die Dagameotypie (1839) hervorgezogen; damals wurden die beiden
104 Erster Teil. Zwölftes Kapitel.
Engländer als die Erfinder der Photographie proklamiert und ihnen der höchste Ehrenplatz in der Geschichte dieser Kunst angewiesen.
Ich aber kann als unbefangener Geschichtschreiber den beiden Männern diese Priorität nicht zuerkennen und muß sie in die Reihe jener Forscher auf dem Gebiete der Photochemie stellen, welche schon bekannte Tatsachen mit mehr oder weniger eingehendem Vorstudium in einer vielleicht neuen Richtung weiter ausbildeten.^)
Was ist also das Neue an Wedgwoods Beobachtung und Davys Kommentar ?
Die Lichtempfindlichkeit des kreidehaltigen Silbernitrates hatte Schulze (1727), die des Chlorsilbers Beccarius (1757) entdeckt. Heilot hatte die Veränderung des mit Silbernitrat imprägnierten Papieres (1737), Scheele die des mit Chlorsilber bestrichenen Papieres kennen gelehrt (1777). Senebier (1782) hatte nach seinem Vorgänger Scheele den Unterschied in der Wirkung farbigen Lichtes genau studiert Schulze und Beccarius haben gezeigt, daß man durch aufgelegte Schablonen aus undurchsichtigen Stoffen, Schriften und Zeichnungen auf Chlorsilber im Lichte kopieren kann und Wedgwood fand, daß zu solchen Kopien sich auch Blätter und Mosaiks aus farbigem Glas eignen, während Davy, statt der Schablone, mikroskopische Objekte in ein Sonnen mikroskop einschaltete und auf das lichtempfindliche Papier in einiger Distanz projizierte.
Die Verwendung der Lichtempfindlichkeit des Silbersalz -Papieres zum Kopieren von Blättern, Schattenrissen und Glasgemälden und die Idee des Kopierens der Bilder in der Kamera durch Wedgwood, die
1) R. B. Litchfield widmet Wedgwood ein ganzes Buch, wohn dieser als erster Photograph gefeiert wird (,Tom Wedgwood, the first Photographer.** — An account of his life, his discovery and his friendship with Samuel Taylor Ck)leridge includiog the lettors of Coleridge to the Wedgwoods, by Litchfield, London 1903 mit einem Porträte Wedgwoods). — Lichtenfeld bespricht die von Eder zuerst gegebene Schilderung der Versuche Schul zos (s. S. 51) und meint, daß die damaligen unvollkommenen Versuche nicht so weitgehend seien, um als Photographie bezeichnet werden zu können. Er bemüht sich, das Verdienst der Erfindung der Photographie Wedgwood und Davy zuzuerkennen. [Dazu bemerke ich, daß Schulze allerdings die Fixierung nicht kannte, aber auch Wedgwood und Davy kannten sie nicht, trotzdem wurden diese von verschiedenen Autoren stets als erste Erfinder der (noch nicht fixierenden) Photographie genannt; diese Priorität müssen beide letzteren nunmehr nach meinen historischen Forschungen an Schulze abtreten und diesem den Buhm der ersten Herstellung einer Photographie lassen , während die Priorität der Erfindung der oben erwähnten photographischen Lichtbilder auf gesilbertem Papier, von Sil- houetten , von Bildern des Sonnenmikroskopes unzweifelhaft Weedwood und Davy gebührt (Eder).]
Ä)ibil(luDg de. . uBtanae aes äonnenmikroskopes auroD Uarj sind die YerdieoBte, fOr welche wir ihnen dankbare Erianerung bewahren. Es darf auch nicht verschwiegen werden, daß Wedgwood und Dgry auf die wichtige Entdeckung des alten Sclieele, nämlich daß sich weißes Chlorailbet in Ammoniak gänzlich löst, im Lichte ge- schwärztes aber einen schwarzen Rückstand von Silber hinterlä&t, ver- gessen hatten oder sie nicht kannten, was bei der großen Verbreitung der Schriften Scheeles (von welchen ja auch eine englische Aasgabe Toriag) nicht genug wundernehmen kann. Dadurch wäre ein Fixier- mittel der Chlorsilberbilder gegeben gewesen, welches Davy ausdrücklich als nicht aufgefunden bezeichnete. Diese Vernachlässigung der Arbeiten seines Vorgängers von Seite Davya zog schwere Folgen für die Ent- wicklung der Photographie nach sieb. Die offen eingestandenen Miß- erfolge Davys, die Anzeige, daß er sich mit der Frage der Fixierung der Lichtbilder eingehender beschäftigen wolle und der Mangel irgend welcher Resultate der Versuche, schrehten die Zeitgenossen ab, sich an der Lösung einer Aufgabe zu versuchen, an welcher eine wissen- schaftliche Qröße ersten Ranges, wie Davy, gescheitert war und so Tei^ngen viele Jahre, bis die Fixierung der Silberbilder aufgefunden wurde.
DBEIZEHNTES KAPITEL.
STUDIEN VON SAGE (1803), LINK UND HEINEICH ÜBER DIE NATUE DES LICHTES (1804—1808) BIS ZU GAY-
LUSSAC UND THENAED (1810).
Die Lichtempfindlichkeit des natürlichen Bealgar (Schwefelarsen) wurde von Sage im Jahre 1803 bekannt gemacht, und zwar beobachtete er sie an einem jener Figürchen (Pagoden), welche die Chinesen aus diesem von Japan stammenden Mineral verfertigen und welche im ge- schliffenen Zustande eine schöne purpurrote Farbe besitzen. Es zeigte sich, daß die Pagode dort, wo sie das Licht unmittelbar berührt hatte, den Glanz und die rote Farbe verlor und sich mit einem orangegelben Beschlag bedeckte, der leicht abfiel (sogenannte Verwitterung); wo das Licht nicht einwirkte, war das ursprüngliche Aussehen gewahrt Das in der Solfatora in oktaedrischen Kristallen sublimierte Realgar, welches unter dem Namen Arsenikrubin bekannt ist, verwitterte ebenfalls im Lichte.^) Hier liegt die Beobachtung einer physikalischen Wirkung, eine Änderung des Molekularzustandes, keine rein chemische Licht- wirkung vor.
Im Jahre 1803 beschrieb Boullay die Zersetzung von Queck- silberchlorid am Lichte. Eine konzentrierte Lösung dieses Salzes in Wasser zersetzte sich nach tagelanger Einwirkung der Sonne, indem sich etwas Sauerstoff entwickelte und die Flüssigkeit Lackmustinktor rötete, was also das Entstehen einer freien Säure (Salzsäure) andeutete; einige in der Lösung enthaltene Quecksilberchloridkristalle verloren ihre Durchsichtigkeit und waren im Wasser nicht mehr völlig löslich. Nach langer Lichtwirkung hinterblieb ein grauer Rückstand.^)
Im selben Jahre veröffentlichte Johann Quirin Jahn, Mitglied der k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien, eine „Abhandlung
1) Scherer, Allgemeines Journal der Chemie. X, 115, aus Tillochs Philosoph. Magaz. Bd. XIII, Nr. 49, S. 42.
2) Gehlens Journal. Bd. 2, S. 91.
übtT das Bluit ,_ -^u _ ui^Qg der ueie sor ueiniBivcvj - i o,
worin erwähnt ist, daß z. B. Leinöl im Sonnenscheia sich klärt und durch die Sonnenwärme noch mehr gebleicht wird. Über spezielle Ijcbtwirkuog i3t aber nii^nds etwas erwähnt, sondern Sonnenschein mit warmer Witterung identifiziert.
Im Jahre 1803 erschira Bertbollets berähmtes Werk «Essay de statique chirnique**, welches 1811 in deutscher Übersetzung unter dem Titel: „Versuch einer chemischen Statik" herausgegeben wurde. In diesem Werke sind die chemischen Lichtwirkungen erwähnt und neue Hypothesen zur Erklärung derselben aufgestellt
„DerWärmestoff unterscheidet sich", sagtBerthollet, «darum vom Lichte, daß er weit leichter ist, und auch von solchen Körpern, welche das Licht durchlassen, verschluckt wird" .... «Es gibt einige chemische Yerbindungen, die von det Wärme und vom Lichte ungleiche Wirkungen zn erleiden scheinen und die also dazu führen möchten, beide als zwei verschiedene Stoffe zu betrachten." Dazu fdhrt Berthollet das Chlor- wasser und die Salpetersäure an. — Vom gelben Blutlaugeusalz sagt er, es zersetze sich in der Sonne unter Entwicklung von Blau- sänre und Ausscheidung eines blauen Niederschlages.
Er teilt dann neue Versuche über Chlorsilber mit Chlorsilber, unter Wasser dem Lichte exponiert, verlieh dem Wasser eine saure Reaktion und enthielt Salzsäure, aber kein Chlor. Das Gas, welches hier- bei an&Dgs entweicht, sei nicht (wie er 1786 angegeben hatte) Sauer- stoff, sondern bloß Luft „Meine Vermutung war also unbegründet", föhrt Berthollet fort, „daß in diesem Falle der Sauerstoff durch die Einwirkung des Lichtes dahin bestimmt wurde, das Metall zu verlassen und den gasförmigen Zustand wieder anzunehmen" (S. 208). Da er beim Erhitzen von geschwärztem Chlorsilber nur das Entweichen von Salzsfiuredämpfeu bemerkte (und kein Chlor), so schloß er, daß „das Licht bloß die Trennung eines Teiles der Salzsäure, die in dem Salz- säuren Silber gebunden ist, veranlasse und daß Wärme aHein denselben Erfolg za bewirken scheine."
Das Ohlorsilber soll im Flnstem bei vielem Luftzutritt sich ebenso wie im Lichte schwärzen, was eine irrtümliche Beobachtung war.^)
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lenkten die wesentlich erweiterten Kenntnisse der Chemie und Optik und speziell die einander entgegen-
1) Die Angabe Berthollets, daß der Luftzag dos Chlorgilber echwarzo, soll nach Bitter ihre Eotstehang dem zufolligea üm^tando verdankcD, daß der Luftzug darok ainea bereite beim Feuer gebrauchten Blasebalg erzeugt wurde und dieser KoUenstanb v<»i eich gab. (Fischer, Über die Wirkaog des lichtes auf HorosUbor. 1814. 8.26.)
DBEIZEHNTES KAPITEL.
STUDIEN VON SAGE (1803), LINK UND HEINEICH ÜBER DIE NATUE DES LICHTES (1804—1808) BIS ZU GAY-
LUSSAC UND THENAED (1810).
Die Lichtempfindlichkeit des natürlichen Bealgar (Schwefelarsen) wurde von Sage im Jahre 1803 bekannt gemacht, und zwar beobachtete er sie an einem jener Figürchen (Pagoden), welche die Chinesen aus diesem von Japan stammenden Mineral verfertigen und welche im ge- schlifTenen Zustande eine schöne purpurrote Farbe besitzen. Es zeigte sich, daß die Pagode dort, wo sie das Licht unmittelbar berührt hatte, den Glanz und die rote Farbe verlor und sich mit einem orangegelben Beschlag bedeckte, der leicht abfiel (sogenannte Verwitterung); wo das Licht nicht einwirkte, war das ursprüngliche Aussehen gewahrt Das in der Solfatora in oktaedrischen Kristallen sublimierte Realgar, welches unter dem Namen Arsenikrubin bekannt ist, verwitterte ebenfalls im Lichte.^) Hier liegt die Beobachtung einer physikalischen Wirkung, eine Änderung des Molekularzustandes, keine rein chemische Licht- wirkung vor.
Im Jahre 1803 beschrieb Boullay die Zersetzung von Queck- silberchlorid am Lichte. Eine konzentrierte Lösung dieses Salzes in Wasser zersetzte sich nach tagelanger Einwirkung der Sonne, indem sich etwas SauerstofT entwickelte und die Flüssigkeit Lackmustinktur rötete, was also das Entstehen einer freien Säure (Salzsäure) andeutete; einige in der Lösung enthaltene Quecksilberchloridkristalle verloren ihre Durchsichtigkeit und waren im Wasser nicht mehr völlig löslich. Nach langer Lichtwirkung hinterblieb ein grauer Rückstand. 2)
Im selben Jahre veröffentlichte Johann Quirin Jahn, Mitglied der k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien, eine „Abhandlung
1) Scher er, Allgemeines Journal der Chemie. X, 115, aus Tillochs Philosoph. Magaz. Bd. XIH, Nr. 49, S. 42.
2) Gehlens Journal. Bd. 2, S. 91.
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worin erwähnt L», daß z. B. Leinöl im SoanenscheiD sich klärt und dorcb die Son&enwärme noch mehr gebleicht wird. Über spezielle Lichtwii^nng ist aber nirgends etwas erwähnt, Bondem Sonnenschein mit warmer Witterung identifiziert.
Im Jahre 1803 eischien BerthoUets berühmtes Werk „Essay de fltatique chimiqoe", welches 1811 in deutscher Übersetzung unter dem Titel: „Yersuch einer chemischen Statik" herausgegeben wurde. In diesem Werke sind die chemischen Lichtnirkungen erwähnt und neue Hypothesen zur Erklärung derselben aufgestellt.
,Der Wärmestod* unterscheidet sich", sagt Berthollet, „darum vom Lichte, daß er weit leichter ist, und auch von solchen Eörpem, welche das licht durchlassen, verschluckt wird" .... „Es gibt einige chemische Terbindungen, die von der Wärme und vom Lichte ungleiche Wirkungen zu erleiden scheinen und die also dazu fuhren möchten, beide als zwei verschiedene Stoffe zu betrachten." Dazu führt Berthollet das Chlor- Wasser und die Salpetersäure an. — Vom gelben Blutlaugensalz sagt er, es zersetze sich in der Sonne unter Entwicklung von Blau- sSore und Ausscheidung eines blauen Niederschlages.
Er teilt dann neue Versuche über Cblorsilber mit. Chlorsilber, anter Wasser dem Lichte exponiert, verlieh dem Wasser eine saure Reaktion und enthielt Salzsäure, aber kein Chlor. Das Oas, welches hier- bei anfangs entweicht, sei nicht (wie er 1786 angegeben hatte) Sauer- stoff, sondern bloß Luft „Meine Vermutung war also unbegründet", fährt Berthollet fort, „daß in diesem Falle der Sauerstoff durch die Einwirkung des Lichtes dahin bestimmt wurde, das Metall zu verlassen und den gasförmigen Zustand wieder anzunehmen" (S. 208). Da er beim Erhitzen von geschwärztem Chlorsilber nur das Entweichen von Silzsänredämpfen bemerkte (und kein Chlor), so schloß er, dal! „das IJcht bloß die Trennung eines Teiles der Salzsäure, die in dem salz- Battren Silber gebunden ist, veranlasse und daß Wärme allein denselben Erfolg zu bewirken scheine."
Das Ghlorsilber soll im Finstern bei vielem Luftzutritt sich ebenso wie im Liebte schwärzen, was eine irrtümliche Beobachtung war.')
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lenkten die wesentlich erweiterten Eenntiiisse der Chemie und Optik und speziell die einander entgegen-
1) Di» Angabe BerthoUets, daß der Luftzug das Clilorsilber scimiirze, soll nach Bitter ihre Entstebnug dem zufülligen Umslande vcrdaatea, dalt der Luftzug doroh einen bereits beim Feuer gebrauchten Jilasebalg erzeugt wurde nod dieser ICoUenatanb von sich gab. (Fischer, Über die Wirkung des lichtes auf Hornailbor.
DBEIZEHNTES KAPITEL.
STUDIEN VON SAGE (1803), LINK UND HEINEICH ÜBER DIE NATUE DES LICHTES (1804—1808) BIS ZU GAY-
LUSSAC UND THENAED (1810).
Die Lichtempfindlichkeit des natürlichen Realgar (Schwefelarsen) wurde von Sage im Jahre 1803 bekannt gemacht, und zwar beobachtete er sie an einem jener Figürchen (Pagoden), welche die Chinesen aus diesem von Japan stammenden Mineral verfertigen und welche im ge- schliffenen Zustande eine schöne purpurrote Farbe besitzen. Es zeigte sich, daß die Pagode dort, wo sie das Licht unmittelbar berührt hatte, den Glanz und die rote Farbe verlor und sich mit einem orangegelben Beschlag bedeckte, der leicht abfiel (sogenannte Verwitterung); wo das Licht nicht einwirkte, war das ursprüngliche Aussehen gewahrt Das in der Solfatora in oktaedrischen Kristallen sublimierte Realgar, welches unter dem Namen Arsenikrubin bekannt ist, verwitterte ebenfalls im Lichte.^) Hier liegt die Beobachtung einer physikalischen Wirkung, eine Änderung des Moiekularzustandes, keine rein chemische Licht- wirkung vor.
Im Jahre 1803 beschrieb Boullay die Zersetzung von Queck- silberchlorid am Lichte. Eine konzentrierte Lösung dieses Salzes in Wasser zersetzte sich nach tagelanger Einwirkung der Sonne, indem sich etwas Sauerstoff entwickelte und die Flüssigkeit Lackmustinktor rötete, was also das Entstehen einer freien Säure (Salzsäure) andeutete; einige in der Lösung enthaltene Quecksilberchloridkristalle verloren ihre Durchsichtigkeit und waren im Wasser nicht mehr völlig löslich. Nach langer Lichtwirkung hinterblieb ein grauer Rückstand. 2)
Im selben Jahre veröffentlichte Johann Quirin Jahn, Mitglied der k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien, eine „Abhandlung
1) Scherer, Allgemeines Journal der Chemie. X, 115, aus Tillochs Philosoph. Magaz. Bd. XIII, Nr. 49, S. 42.
2) Gehlens Journal. Bd. 2, S. 91.
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woriD erwähat »., daß z. B. Leinöl im SonnenBcheia sich klärt und dnrcb die SonneDwärme noch mehr gebleicht wird. Über spezielle Liohtwirkong ist aber nirgeDcIs etwas erwähnt, sondern Sonnenschein mit warmer Witteniog identifiziert.
Im Jahre 1803 erschien BerthoUets berühmtes Werk „Essay de statique chimiqae", welches 1811 in deutscher Übersetzung unter dem Titel: „Yersaoh einer chemischen Statik" herausgegebea wurde. In diesem Werke sind die chemischen Lichtwirkungen erwähnt und neue Hypothesen zur Erklärung derselben aufgestellt.
„Der Wärmestoff unterscheidet sich", ssgtBerthotlet, „darum vom Lichte, daä er weit leichter ist, und auch von solchen Körpern, welche das Lidit durchlassen, verschluckt wird" .... „Es gibt einige chemische Yerbiodungen, die von der Wärme und vom Liebte ungleiche Wirkungen zu erieiden scheinen und die also dazu führen möchten, beide als zwei verschiedene Stoffe zu betrachten." Dazu führt Berthollet das Chlor- wasser und die Salpetersäure an. — Yom gelben Blutlaugensalz sagt er, es zersetze sich in der Sonne unter Entwicklung von Blau- sfioze und Ausscheidung eines blauen Niederschlages.
Er teilt dann neue Versuche über Chlorsilber mit. Cblorsilber, unter Wasser dem Lichte exponiert, verlieh dem Wasser eine saure Beaktion und enthielt Salzsäure, aber kein Chlor. Das Gas, welches hier- bei anfangs entweicht, sei nicht (wie er 1786 angegeben hatte) Sauer- stoff, Boodem bloß Luft „IKeine Vermutung war also unbegründet", fährt Berthollet fort, „daß in diesem Falle der Sauerstoff durch die Einwirkung des Lichtes dahin bestimmt wurde, das Metall zu verlassen und den gasförmigen Zustand wieder anzunehmen" (S, 208). Da er beim Erhitzen von geschwärztem Chlorsilber nur das Entweichen von Salzsäuredämpfen bemerkte (und kein Chlor), so schloß er, daß „das IJcht bloß die Trennung eines Teiles der Salzsäure, die in dem salz- sauren Silber gebunden ist, veranlasse und daß Wärme allein denselben Erfblg zu bewirken scheine."
Das Ghlorsilber soll im Finstem bei vielem Luftzutritt sich ebenso wie im Liebte schwärzen, was eine irrtümliche Beobachtung war.^)
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lenkten die wesentlich erweiterten Kenntnisse der Chemie und Optik und speziell die einander entgegen-
1) Die Angabe BerthoUets, daß der Luftzug das Chloreilber schwärze, soll naob Bitter ibre Entstehang dem zufälligen Umstando verdanken, daß der Luftzug dnnth einen 1>eieilit beim Feuer gebrauchten Itlasebalg erzeugt wurde und dieser Kohlenatanb von sich gab. (Fischer, Über die Wirkung des Lichtes auf Hornsilber. 1814. S.26.)
DBEIZEHNTES KAPITEL.
STUDIEN VON SAGE (1803), LINK UND HEINEICH ÜBER DIE NATUE DES LICHTES (1804—1808) BIS ZU GAY-
LUSSAC UND THENAED (1810).
Die Lichtempfindlichkeit des natürlichen Bealgar (Schwefelarsen) wurde von Sage im Jahre 1803 bekannt gemacht, und zwar beobachtete er sie an einem jener Figürchen (Pagoden), welche die Chinesen aus diesem von Japan stammenden Mineral verfertigen und welche im ge- schlifTenen Zustande eine schöne purpurrote Farbe besitzen. Es zeigte sich, daß die Pagode dort, wo sie das Licht unmittelbar berührt hatte, den Glanz und die rote Farbe verlor und sich mit einem orangegelben Beschlag bedeckte, der leicht abfiel (sogenannte Verwitterung); wo das Licht nicht einwirkte, war das ursprüngliche Aussehen gewahrt Das in der Solfatora in oktaedrischen Kristallen sublimierte Bealgar, welches unter dem Namen Arsenikrubin bekannt ist, verwitterte ebenfalls im Lichte.^) Hier liegt die Beobachtung einer physikalischen Wirkung, eine Änderung des Moiekularzustandes, keine rein chemische licbt- wirkung vor.
Im Jahre 1803 beschrieb BouUay die Zersetzung von Queck- silberchlorid am Lichte. Eine konzentrierte Lösung dieses Salzes in Wasser zersetzte sich nach tagelanger Einwirkung der Sonne, indem sich etwas Sauerstoff entwickelte und die Flüssigkeit Lackmustinktar rötete, was also das Entstehen einer freien Säure (Salzsäure) andeutete; einige in der Lösung enthaltene Quecksilberchloridkristalle verloren ihre Durchsichtigkeit und waren im Wasser nicht mehr völlig löslich. Nach langer Lichtwirkung hinterblieb ein grauer Rückstand. 2)
Im selben Jahre veröffentlichte Johann Quirin Jahn, Mitglied der k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien, eine „Abhandlung
1) Scherer, Allgemeines Journal der Chemie. X, 115, aus Tillochs Philosoph. Magaz. Bd. XIII, Nr. 49, S. 42.
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Im Jahre 1803 erschien BerthoUets berühmtes Werk „Essay de statiqae ohimique", welches 1811 in deutscher Übersetzung unter dem Titel: „Versuch einer chemischen Statik" herausgegeben wurde. In diesem Werke sind die chemischen Licht Wirkungen erwähnt und neue Hypothesen zur Erklärung derselben aufgestellt.
„ Der W&rmestoff unterscheidet sich", sagt Bertbolle t, „darum vom Lichte, daß er weit leichter ist, und auch von solchen Körpern, welche das Licht durchlassen, verschluckt wird" .... „Es gibt einige chemische Verbindungen, die von der Wärme und vom Lichte ungleiche Wirkungen zu erleiden scheinen und die also dazu führen möchten, beide als zwei verschiedene Stoffe zu betrachten." Dazu führt Berthollet das Chlor- wasser und die Salpetersäure an. — Vom gelben BlutlAugensalz sagt er, es zersetze sich in der Sonne unter Entwicklung von Blau- säure and Ausscheidung eines blauen Niederschlages.
Er teilt dann neue Versuche über Chlorsilber mit. Cblorsilber, anter Wasser dem Liebte exponiert, verlieh dem Wasser eine saure Reaktion and enthielt Salzsäure, aber kein Chlor. Das Gas, welches hier- bei anfangs entweicht, sei nicht (wie er 1786 angegeben hatte) Sauer- stoff, sondern bloß Luft „Meine Vermutung war also unbegründet", ßihrt Berthollet fort, „daß in diesem Ealle der Sauerstoff durch die Einwirkung des Lichtes dahin bestimmt wurde, das Metall zu verlassen und den gasförmigen Zustand wieder anzunehmen" (S. 208). Da er beim Erhitzen von geschwärztem Chlorsilber nur das Entweichen von Salzsänredämpfen bemerkte (und kein Chlor), so schloß er, daß „das licht bloß die Trennung eines Teiles der Salzsäure, die in dem Salz- säuren Silber gebunden ist, veranlasse und daß Wärme allein denselben Erfolg zu bewirken scheine."
Das Cblorsilber soll im Finstem bei vielem Luftzutritt sich ebenso wie im Liebte schwärzen, was eine irrtümliche Beobachtung war.^)
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lenkten die wesentlich erweiterten Kenntnisse der Chemie und Optik und speziell die einander entgegen-
1) Die Angabe BerthoUets, daß der Luftzug das ChlorsUber sdiwürze, soll Dadi Bitter ihre Eatstehnng dem zufülligen ümKlaado verdanken, daß der Luftzug doToh MDen bereits beim Feaer gebrauchten Blcisebalg erzeugt wurde und dieser KoUenstaab von sich gab. (Fischer, Über die Wirkung des Lichtes auf Homsilber. 1814. 8.26.)
108 Erster Teil. Dreizehntes Kapitel.
gesetzten Hypothesen über die Natur des Lichtes die Aufmerksamkeit der gelehrten Gesellschaften auf diesen Gegenstand. Man hatte seit langer Zeit die sich gegenseitig widersprechenden Hypothesen von Newton, welcher das Licht materiellen Ausflüssen der leuchtenden Körper zuschreibt; ferner von Euler, nach welchem das Licht durch eine von den leuchtenden Körpern hervorgebrachte zitternde Bewegung des Äthers entsteht. Der Begründer der neuen Chemie, Lavoisier, hatte angenommen: daß in der Natur ein besonderer Stoff als die wirkende Ursache der Erscheinung, welche wir mit dem Namen des Lichtes bezeichnen, vorhanden sei; Lavoisier nahm an, daß dieser LichtstoflF chemischen Verwandtschaften unterworfen sei, denen zufolge er sich mit anderen Körpern verbände, sich von ihnen trenne und merk- liche Modifikationen hervorbringe (s. Seite 71).
Im allgemeinen behauptete Berthollet: das Licht wirke nur insofern, daß es „in eine Verbindung trete", daß „es die Menge von Wärmestofif hergegeben habe, woran es dem entwickelten Gase mangelte und daß es durch Erhöhung der Temperatur dessen Ausdehnsamkeit verstärkt habe" . . . „Durch diese Bemerkungen wird, dünkt mich, die Einerleiheit der Substanz des Lichtes und des Wärmestoffes bewiesen."
In dieser Zeit zog Thomas Toung (namentlich 1801 bis 1803) die von Grimaldi (1665), Huyghens (1690) und Euler (1746 und 1752) schon früher aufgestellte und fast vergessene ündulationstheorie aus der Dunkelheit hervor und verlieh ihr durch eingehende Untersuchungen (Beugungs- und Interferenz-Erscheinungen) eine neue Stütze. Er konnte jedoch seine Anschauung nicht zum Durchbruch bringen. Man blieb bei der alten New ton sehen Anschauung, daß das Licht aus konkreten Teilen besteht, die mit ungeheurer Schnelligkeit vom leuchtenden Körper ausgesendet werden.^) Toung suchte seine Ansicht durch mehr- fache Experimente, insbesondere Interferenz -Erscheinungen betreflfonde, zu stützen. Er fand, daß auch die unsichtbaren ultravioletten Strahlen Interferenz -Erscheinungen zeigen. In seinen „Versuchen und Berech- nungen zur physikalischen Optik" 1804 2) schrieb er:
„Um die Eigenschaften der ultravioletten Strahlen mit denen des sichtbaren Lichtes besser vergleichen zu können, war ich begierig, die Wirkungen ihrer Reflexion von dünnen Luftplättchen, welche die wohl- bekannten Farbenringe hervorzubringen pflegen, zu untersuchen. Za dieser Absicht brachte ich mittels des Sonnenmikroskopes ein Bild von
1) Poggendorf fs Geschichte der Physik. 1879. S. 646.
2) Philosoph. Transactions of the Roy. Soc. of London. 1804. Deutsch: Oilberti Annal. 1811. Bd. 39, S. 262 und 282.
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Farben n II anc«
in eine Aoflösnng tod salpeteresurem Silber getaucht hatte und das von dem Uikroskop etWa 9 Zoll entfernt war. Während einer Stunde worden Teile von drei dunklen Ringen deutlich sichtbar; sie waren Bcbmäler als die hellsten Ringe des Farbenbildes und kamen in ihrer Breite sehr nahe mit den Ringen des violetten Lichtes überein, das durch Beihilfe eines violetten Glases erschien .... Doch ist der Versuch hinreichend, die Ähnlichkeit der unsichtbaren und sichtbaren Sonnen- Btrahleo zu bestätigen und zu zeigen, daß sie eben demselben aUge- meinen Gesetze (wie die sichtbaren Strahlen) unterworfen sind."
Zur Klärung der Ansichten über das Licht schrieb die Eaiserl. Akademie der Wissenschaften in St Petersburg am 22. August 1804 eine Preisfrage aus und sollte der Preis von 500 Rubeln dem- jenigen Naturforscher zugeschrieben werden, welcher:
„Die lehrreichste Reihe von neuen Versuclien über das Licht als
Materie; über die Eigenschaften, welche man berechtigt sei, diesem
Stoffe zuzuschreiben; über die Verwandtschaften, in welchen er mit
anderen organischen oder nicht organischen Körpern zu stehen scheint;
und über die Modifikationen und Erscheinungen, welche sich in diesen
Substanzen infolge der Verbindungen zeigen, welche der Lichtstoff
mit ihnen eingegangen ist,"
gemacht und der Akademie bis zum Jahre 1806 mitgeteilt haben wird.
Den Preis erhielten zwei deutsche Naturforscher, nämlich: Heinrich
Friedrich Link, Professor in Rostock, und Placidus Heinrich, Professor
im Stifte St Emmeram zu Regensburg; die Schriften sind in einem
Bande „Über die Natur des Lichtes" (St. Petersburg, 1808) publiziert.
Beide Schriften legen das Hauptgewicht auf die Behandlung des
chemischen Teiles der Lichtwirkung und sind deshalb für die Oe-
schichte der Photochemie von hoher Wichtigkeit.
Link wiederholte viele ältere Versuche über die Lichtempändlich- keit der Silberverbindungen und fand auch neue Tatsachen, z. B. daß Ghlonilber im Lichte sich unter konzentrierter Schwefelsäure oder starkem Alkohol langsamer schwärzt als unter Wasser und daß selbst eine Kälte von — 60 Grad die Schwärzung nicht aufhält; er studierte die bereits Ton Bnchbolz (1800) entdeckte Lichtenipfindlichkcit des kohlensauren Silbers, welches durch Wärme ebenso wie durch Licht desoxydiert werde. Er bestätigt die von Le Sage 1803 (Scherers Journal. Bd. 10, S. 116) gefundene Erscheinung, daß Schwefelarsen im Liebte blasser wird, sovrie die tou Desmortiers 1801 (s. S. 98) angegebene Licht- empfindlichkeit des Berlinerblau und fand, daß Zinkoxyd im Lichte donkler wird.
110 Erster Teil. Dreizehntes Kapitel.
Ohne wesentliche neue experimentelle Beobachtungen mitzuteilen, stellte Link das vorhandene Versuchsmaterial geschickt zusammen und fand, daß das Licht manche Körper desoxydiert*(Silber-, Quecksilber-, Goldverbindungen), andere aber oxydiert (Guajak, Dippels tierisches ■öl, Blattgrün); er sagt, das „verbundene Licht" gibt sich durch keine <5hemische Erscheinung zu erkennen und die Freunde des Vibrations- systemes werden durch chemische Versuche keineswegs widerlegt; freilich hat die Chemie auch keine Beweise dafür.
Über die Wirkung des Lichtes auf organische Körper sagt Link nicht mehr, als Ebermaier in seiner 1799 erschienenen Schrift „Ver- such einer Geschichte des Lichtes in Rücksicht seines Einflusses auf "die gesamte Natur" mitteilte.
Betreffs der chemischen Wirkungen des farbigen Lichtes knüpfte Link an die bereits erwähnten Arbeiten Herschels und Ritters an, welcher erstere am roten Ende des prismatischen Spektrums besonders viele Wärmestrahlen nachwies, während letzterer neben dem violetten Ende nicht leuchtende chemische Strahlen (Ultraviolett) auffand. Link sprach schließlich die Ansicht aus, daß die blauen und violetten Strahlen an und für sich und nicht vielleicht deshalb stärker wirken , weil ihnen anders geartete eigene „chemisch wirkende Strahlen" beigemengt seien. Ferner schloß er aus der Tatsache, daß kohlensaures Silber hinter rotem Glase rascher als hinter blauen Gläsern sich schwärzt, daß in diesem Falle die „wärmenden Strahlen" die Zersetzung besser durchführen und sagt schließlich wörtlich: „Der Ausdruck , chemische Strahlen' paßt also nicht ganz für die an den violetten liegenden, da die an den roten liegenden ebenfalls und auf eine völlig ähn- liche Art chemisch einwirken". Link spricht also — obschon auf ganz unzulängliche Experimente gestützt — einen wichtigen Satz der Photochemie in merkwürdig scharfer Voraussicht deutlich aus, welcher Satz erst in der neuesten Zeit durch zahlreiche Experimente erwiesen wurde, nachdem man in der Mitte des 19. Jahrhunderts lange Zeit die irrtümliche Ansicht hegte, daß die chemische Wirkung nur den blauen und violetten, sowie ultravioletten Strahlen zukomme.
Heinrich geht in seiner Abhandlung von der Wirkung des lichtee auf Körper und Geist des Menschen , sowie auf Pflanzen aas und be- spricht später die chemischen W^irkungen des Lichtes, die er ähnlich schildert wie Link. Er schreibt gleichfalls dem Lichte sowohl Oxydation als Desoxydation verschiedener Körper zu, kommt aber zu dem nicht haltbaren Satze, daß, „wenn Licht mit dem Körper sich Torbindet, das Säureprinzip frei wird" ; daß bei photochemischen Prozessffli Sfiuren frei werden (z. B. bei Chlorsilber bei Gegenwart von Wasser usw.), ist
zu Terallgemeinern , in welchen Fehler Heinrich verfallen ist
Besonders bemerkenswert erscheint auch die Angabe von Hein- rich {%. a. 0. 8. 87) über die Licbtempändlichkeit einer Lösung von Ferrocyankalium („blaugesäuerter Pottasche"), „welche im Sonnen- schein zersetzt wird, indem ein Teil der Blausäure als Gas entweicht und der andere Teil als „ blaugesäuortes Eisen" (Berlinerblau) nicder- fSllt". Später wurde diese Angabe Heinrichs, ebenso wie die noch ältere Ton Scopol! (S. 7S) und BertboUet (S. 107) übersehen und ähn- liche Beobachtungen neuerdings veröffentlicht, ohne die Priorität Hein- richs za beachten. >)
Wenn auch — mit unrecht — das Werk von Link und Heinrich g^enw&rtig ganz vergessen ist und die Ergebnisse nicht den Erwar- tungen entsprachen, welche an den Wortlaut der Preisausschreibung zu tnQpfen waren, so darf man doch den Einfluß dieser Preisschrift auf die weitere photochemiscbe Forschung nicht unterschätzen, indem zum ersten Male das vorhandene Beobachtungsmaterial ziemlich erschöpfend und übersichtlich zusammengefaßt worden war.
Inzwischen waren die Ezperimcnte über die chemischen Wir- kungen des Idchtes von mehreren Seiten fortgesetzt worden. Campeel zeigte 1804, daß das Licht keineswegs zum Kristallisieren so notwendig ist, als manche glaubten, indem z. B. Glaubersalz immer in den dunkel- sten Nächten die besten Kristallisationen gebe.^)
Ausführliche Untersuchungen über die Zersetzung von Metall- chloriden in alkoholischen und ätherischen Lösungen durch das Licht verdanken wir Gehlen 1804^), dessen Resultate in folgendem zu- sammengefaSt sind:
1. Eine Lösung von sublimiertem Eisenchlorid in Alkoholäther bildet im Lichte farbloses Chlorür und Chloräther. (Vergl. S. 47 u. 71.)
2. Eine Lösung von trockenem salzsauren Uran in absolutem Alkohol gab eine „schön zitronengelbe Auflösung'', welche, „den Sonnen- strahlen aasgesetzt, schon in einigen Sekunden verändert wurde; sie wurde grünlich trübe und schied einen schmutzig grünen (in Wasser löslichen) ITiederscblag aus". Der Äther wurde entfärbt, enthielt nur noch eine Spar Metall und war sauer. Gehlen schloß, „es war hier also oxjdnliertes salzsaures Uran entstanden, welches sich in Äther
1) Z. B.: Fischer in Breslau (KastDors Archiv f. gesamte Naturkuode. 1836. Bd. IX, B.346).
2) Hioholsons Joonial. II, 117. Gilberts Anoalen. 16, 245.
3) Oehlea, ,Über die Farben veräDderung der in Xther aufgelösten Salzsäuren « dimth du Sonnenlicht*. Neues Allgemeines Journal der Chemie. Bd.3, S.566.
112 Erster Teil. Dreizehntes Kapitel.
unauflöslich zeigte; durch Erhitzen mit Salpetersäure wurde es unter Entwicklung von Salpetergas wieder gelb".
3. Die Lösung von Chlorkobalt in Äther ist lichtbeständig.
4. Chlorkupfer löst sich in Äther zu einer hellgelbgrünen Flüssig- keit auf. Die Auflösung bleicht sehr leicht aus und geht durch Bräun- lichgelb in Gelb und zuletzt in gänzliche Farblosigkeit über. Wasser fallt die Lösung weiß. Er erkannte dies als „salzsaures Kupfer, fein Minimum der Oxydation", d. i. eine Eeduktionserscheinung des Kupfer- chlorids zu Chlorür.
5. Trockenes Platinchlorid, in einem Gemisch von Äther und Alkohol gelöst, wurde in der Sonne heller. Das Glas wurde auf der unmittelbar den Sonnenstrahlen ausgesetzten Seite mit einem äußerst dünnen Häutchen reduzierten Metalls von Platinglanz überzogen, welches aus regulinischem Platin bestand. Zuletzt war die ursprünglich dunkel- braunrote Flüssigkeit strohgelb geworden; weiter ging die Farbenände- rung nicht. Ähnlich verhielt sich eine rein ätherische Lösung.
Die im Lichte zersetzte Lösung enthielt Platinchlorür, wie Gehlen ganz richtig vermutete.
Gehlen schloß: „Aus dem vorhergehenden erhellt, daß alle Farben- änderungen ätherischer Metallsalzauflösungen im Sonnenlicht auf einer Desoxydation beruhen. Man wird daher fragen, wo der Sauerstoff bleibe, den das Oxyd verliert? Meinen Beobachtungen zufolge wirft er sich auf den Äther und bringt darin Veränderungen hervor. Letz- terer nimmt dem Geruch nach Salpetersäure an" .... „Ich dachte an- fangs, daß sich bei der Ausbleichung gleichzeitig kohlensaures Gas bilden würde, allein ich habe keine Veranlassung gefunden, es zu glauben." — Wir müssen noch besonders hervorheben, daß Gehlen in dieser Abhandlung zuerst die Lichtempfindlichkeit der Uran-, Kupfer- und Platinverbindungen bekannt gemacht hat.
Im Jahre 1805 veröffentlichte Theodorus von Swindern eine ausgedehnte Abhandlung „über die Atmosphäre und ihren Einfluß auf die Farben".^) Es finden sich daselbst zerstreut folgende Angaben über die Wirkung des Lichtes auf die Farben vor.
1. Die gelbgrüne Indigoweiß -Lösung der Indigo -Farbekörper wird an der Luft blau, erleidet aber bei Luftausschluß (in einer ganz yollgefüllten Flasche) im Sonnen- lichte keine Veränderung.
2. Die grüne Tinktur, welche durch Ausziehen von Spinatblättem mit Alkohol erhalten wii-d, ändert in ganz vollgefüllten, wohl verschlossenen Flaschen ihre Farbe
1) „Disputatio chemica-phisica inaugui-alis, de Atmosphaera, ejusque in oolorea actione". Groningae ap. Spoormaker. 1805. Übersetzt in Trommsdorffs Journal der Pharmacie. 1809. XVIII, 221.
dio grflne Taxie um bo mebr, Je mebr Ljalt sie im VerbtUtDlBSe zur i'l gkeit eUen.
3. Dippels tierisches Öl färbt Bieh nur bei Gegenwart von Dift im liobte aoliwui; bei Lnitabsohlafi oder im SticlistofTgas zeigt sicli im Lichte sellist nach 14 Ti^n keine Veiäodemng.
4. WeiBer Wein vei^dert am Liebte aeiae Farbe nicht; weder bei Gegenwart TOD Sanerttotf, noch bei Gegenwart von Stickstoff.
6. Abkochungen ans der Rinde der Stechpalme (lies:) und aus der peruvischen Kode erieiden bei Gegenwart von SnuerstofTgas eine größere Veränderung der Farbe als in dem SticbttofF, und diese Veränderung war wiederum viel großer, wenn die naschen dem Lichte aosgesetit wurden.
6. Berbeiitzenboti (fietberis vulgaris] zeigte, in einer Sauerstoff -Atmosphäre dem lichte ausgesetzt, eine viel größere VerUodening der Farbe, als unter sonst gleichen Umständen io einer Stickstoff- Atmosphäre (Anschluß an Senehier).
?. Beim Bleichen der Leinenieuge wird die Wirkung des Saaerstoffa durch das liett gar sehr nnterstntit, indem es jedem Sachkundigen bekannt ist, daß die Körper desto besser nnd geschwinder bleichen, ja stärker das Liebt darauf wirkt, ja daß anoh daa Hondlioht sich hierin ausnehmend wirksam beweist.
8. Wird ein Oemtsoh von BlutlaugeosaU und Eisenvitriol mit Chlorwasser versetzt, so fBrbt es sich sofort schön blau. Wird diese Flüssigkeit in halbvollen Haschen dem Lichte aasgesetzt, so bildet sich ein schwarzgriiner Bodensatzi in ganz gefnllteo Tlaschen scheidet sich der gewöhnliche, schön blaue Niederscblsg aus.
9. Ammoniak löst bei Gegenwart von Luft metallisches Kupfer mit blauer Farbe. Diese Reaktion erfolgt im Sonnenlicht bedeutend rascher als im Finstem.
Weitere, recht interessante Angaben über das Yerbalteo ätherischer Eisenchloridlösung machte Pfaff 1805.i)
Die Beobacbtang durch die Kombination gewisser Glassorten, das Zosammenatellen der gebrochenen „chemiscbeQ" und „optischen" Strahlen za erreichen, erbannte der deutsche Physiker Johann Wilhelm Ritter, welcher als Hitglied der bayerischen Akademie der Wissenschaften damals in München lebte. Bitter schrieb im September 1.S05 an van Uons^):
„ . . . loh habe mit achromatischen Prismen gefunden, daß die chemischen Strahlen des Lichtes vollkommen die nämlichen Berechuun- gm und Zerstreuungen befolgen wie diejenigen Strahlen, von denen der größte Teil uns als leuchtend erscheint . . . ."
Es ist kein Zweifel, daß hiermit jene Entdeckung gemacht war, welche nach mehr als 30 Jahren zur Konstruktion von photograpbischen Objektiven führte, bei welchen der optische Brennpunkt mit dem chemi- schen znsammenßillt
Im Jahre 1808 kam Bitter gelegentlich seiner Polemik mit Wünsch („Bemerkungen zu Wünschs Abhandlung über Herschels Versuche
1) Oehlens Jonmal der Chemie. ISOö. Y, oOO.
2) IHd. 1806. VI, 157.
>d*T, Hulbaob ia Photogrqbie. I. Te[I. 3. i-nfl. 8
114 Elster Teil. Dreizehntes Kapitel.
von der Sonderung der Lichtstrahlen*') nochmals auf das Chlorsilber zurück.') Er meint, es sei bekannt, daß völlig trockenes Hornsilber sich weder im violetten noch weißen Lichte färbt (? ?), ebensowenig wie durch Ofenwärme (Scheele). Wohl aber wird feuchtes oder unter Wasser gehaltenes Hornsilber leicht geschwärzt. Ferner gibt er an, daß im Winter die Reduktion des Homsilbers (unter übrigens gleichen Umständen) rascher vor sich geht als im Sommer(?). Auf den so wahr- scheinlichen Einfluß der verschiedenen Tageszeiten habe er bis jetzt noch nicht acht gegeben, wiewohl sich hierbei Diflferenzen erwarten ließen. ^)' Es müsse ferner von Interesse sein, an möglichst heiteren Tagen gleichzeitige und völlig gleich veranstaltete Lichtversuche mit Hornsilber oder anderen lichtempfindlichen Substanzen in großen Höhen und in großen Tiefen gleichzeitig angestellt zu sehen, indem sich die Resultate gewiß beträchtlich von denen unterscheiden würden, die man hier unten in bloß dichterer und dünnerer Luft (unter der Luftpumpe) erhalten würde. ^) Sonst habe die Notwendigkeit der Gegenwart der atmosphä- rischen Luft zum Schwarzwerden des Homsilbers im Lichte dieselbe Bedeutung, wie wenn sie (nach Ritters damaliger Ansicht) zur Wirksam- keit galvanischer Ketten erfordert wird. Auch die chemische Wirkung des Lichtes reduziert sich zunächst auf eine Wasserzersetzung durch Elektrizität und wie erst eine verhältnismäßig sehr starke Elektrizität imstande ist, Wasser unabhängig von Luftgegenwart zu zersetzen, so wird auch erst ein durch Linsen verstärktes Licht imstande sein, Horn- silber bei Abwesenheit alles freien SauerstoflFes zu schwärzen.
Hier, wo Ritter von der experimentellen Forschung abläßt und sich auf das Gebiet der Spekulation begibt, ist er augenscheinlich von wenig Glück begleitet. Ihn führten voreilige und sehr wenig begrün- dete elektrische Hypothesen auf den Irrweg. Es muß aber hervor- gehoben werden, daß Ritter bei seinen Betrachtungen über den Ein- fluß von großen Höhen auf die Kraft der chemischen Wirkungen des Lichtes, das später von Bunsen entdeckte und eingehend studierte Gesetz von der Absorption der chemischen Lichtstrahlen in der Atmo- sphäre vorgeschwebt sein mag.
1) Gehlens Journal für Chemie und Physik. 1808. Bd. 6, S. 659. Auch in Landgrebes „Über das Licht'', 1834, 33, abgedruckt.
2) Ritter scheint nach dieser Äußerung die Versuche Saussures mit seinem chemischen Photometer (s. Seite 83) nicht gekannt zu haben.
3) Hier erwähnt Ritter eines Versuches von Oiobert, nach welchem das Chlorsilber im Vakuum seine Weiße im Lichte vollkommen behielt. Diese Angabe Oioberts ist aber unrichtig und Senebier hatte schon viel früher das Biohtige ge- funden, nämlich daß die Färbung des Chlorsilbers im Vakuum ebenüedls stattfindet
Henri Aagust Vogel im Jahre 1806 zuerst einige Mitteilungen ia Beinei „Abhandlung über das Fett und über einige arzneyliche Präparate, die davon verfertigt werden". >) Er sagt: „Man neiß, daß das frische Schweinefett, gut gereinigt, ohne Qeruch mit einem faden, milden Oe- Bchmack begabt ist Wenn man es zwei Monate lang den Sonnen- strahlen aoBsetzt, eo nimmt es einen ranzigen, sehr durchdringenden Gemcb an, einen Boharfen Geschmack, der lange Zeit im Halse kratzt, und es TerSodert seine weiße Farbe in eine gelbe, ohne daß es jedoch eine Säure annimmt Setzt man es den Sonnenstrahlen und zugleich dem EinfiuEse der Luft ans, so finden dieselben Erscheinungen statt, aber das Fett wird dadurch zugleich auch sauer.'-
Im Jahre 1809 finden wir in Hermbstädts „Bulletin des Neuesten and Wissenewürdigsten aus der Naturwissenschaft" (Bd. II, Seite 130) einen Artikel über „das Bleichen der Knochen «nd des Elfenbeins", wdcber von unserem Standpunkte aus beachtenswert erscheint Es wird angefahrt, daß tierische Knochen und Elfenbein mit der Zeit wenn sie an der lAift und an dunklen Orten aufbewahrt werden, nach- güben oder wohl braun werden; daß sie hingegen an der Sonne sich nach und nach weiß bleichen. Vergl. auch S. 73. Deshalb wird vor- geschlagen, das Elfenbein usw. mit schwacher Kalilauge, dann mit Chlor Torzableicben und im Sonnenlicht die völlige Bleiche zu geben. Das licht wirke dadurch, „weil es den Sauerstoff, der die gelbe Farbe er- zeugt, wieder verjagt".
Im selben Jahre erfolgte eine für die Photochemie sehr wichtige Pablikation, nämlich die Entdeckung der Lichtreaktion des Gemisches von Chlor- nnd Wassei^tof^as, und zwar verdanken wir den berühmten französischen Chemikern Gay-Lussac und Thenard die ersten Ver- suche über die Beförderung der chemischen Reaktion von Chlorgas anf Wasserstoffgas und Äthjlen (ölbildendes Gas) durch Licht, an welche sich später solche über ähnliche Reaktionen zwischen Chlor und organischen Substanzen anschlössen und die den Ausgangspunkt für die spätere Konstruktion des Chlorknallgas -Fhotometers von Bunsen bildeten.
Qay-Lussac und Thenard legten nämlich am 27. Februar 1809 ihre „Untersuchungen über die Natur und die Zersetzung der Salzsäure
]) .DiBsertation chemico-pbarmaceotique sur Ia graisse, et sar quelques medica- B qni an däriVBat." Vorgelegen vor der „Societe de pharmacie de Paria". 1806. am«dorff8 Joarnal der Pharmacie. 1807. XVI, I, 173.
116 Erster Teil. Dreizehntes Kapitel.
und der oxygenierten Salzsäure" vor. (Original: „M6m. de phys. et de <5himie de la Soci6t6 d'Arcueil"; Gilberts Annal. 1810. 35, 8.)
Sie wiederholten die Versuche Berthollets über die Lichtempfind- lichkeit des Chlorwassers. Fourcroy zeigte, daß Chlorgas weder in Licht noch Hitze zersetzt wird. Gay-Lussac und Thenard sagten: „Wir haben hier also einen Körper kennen gelernt, der an sich weder durch Licht noch durch Wärme zu zersetzen ist, aber unter Mitwirkung von Wasser durch jedes der beiden sehr leicht zerlegt wird", nämlich in Dampfform bei schwacher Rotglut . . . ., Vergleicht man die Wirkungen des Lichtes mit denen der Wärme, so kann man nicht umbin, zuzu- geben, daß überhaupt beide die gleiche Wirkung hervorbringen. Diesen Schluß hatte schon Graf von Rumford gezogen ..."
.... „Wir machten zwei Mischungen, deren jede aus gleich viel oxygeniert- salzsaurem Gas (= Chlor) und aus ebensoviel WasserstoflFgas bestand, . . . Die eine setzten wir an einen vollkommen dunklen Ort, die andere in das Sonnenlicht, welches an diesem Tage sehr schwach war. Nach mehreren Tagen war die Farbe der ersteren noch grün und die Mischung schien keine Veränderung erlitten zu haben. Die zweite wurde dagegen in weniger als einer Viertelstunde völlig entfärbt und war fast ganz zersetzt. . . . Wir machten aufs neue Mischungen von oxygeniert -salzsaurem Gas, teils mit Wasserstoff, teils mitölbilden- dem Gas . . . und setzten beide Mischungen in die Sonne; dieses war kaum geschehen, so entzündeten sie sich plötzlich mit einer äußerst starken Detonation und zertrümmerten die Flaschen, deren Bruchstücke weit umhergeschleudert wurden. Zu unserem großen Glücke hatten wir diesen Versuchen nicht recht getraut und im voraus Maßregeln der Vorsicht genommen, um uns gegen jeden Zufall zu sichern." — „Kohlenoxyd ist ohne Wirkung auf Chlor." (?) — ... „Auch aaf Farb- stoffe scheint das Licht dieselbe Wirkung zu haben, welche eine Wärme von 150 — 200 Grad auf sie äußert." . . „Es ist sehr möglich, daß das Licht auch auf Pflanzen bloß so wirkt, wie die Wärme, nur mit dem wesentlichen Unterschiede, daß die Wärme die Temperatur erhöht, das Licht dagegen ebenso (wie in dem Chlorwasser) auf einige Teile eher als auf andere wirkt und dadurch eine Ungleichheit der Temperatur hervorbringt, welche dem Spiele der organischen Kräfte sehr günstig zu sein scheint."
vibäzeentes eafxtel. entdeckung der photographie in natürlichen färben durch seebeck (1810) bis zur bekannt- machung der daguerreotypie (1839).
Die Entdeckung der Photographie in natürlicben Farben auf Chlor- silb^ verdanken wir dem vorzüglichen deutschen Physiker Johann Thomas Seebeck gelegentlich seiner Versuche mit dem Sonnenspoktrum. Er war zu seinen Arbeiten durch Goethe in Weimar angeregt worden, da dieser anläßlich der Herausgabo seiner Farbenlehre lebhaften Yer- kefar mit verschiedenen Gelehrten, unter anderen auch mit dem in Jena lebenden Seebeck pflegte.
Bei seineu Studien über die Farbenlehre befaßte sich Goethe eingehend mit der Newtonschen Theorie über das Spektrum; Goethe vertiefte sich eehr in den historischen Teil der Farbenlehre (von den alten Griechen bis auf seine Zeit) und suchte auch durch neu angestellte optische Experimente seine Farbenlehre zu stützen. Aus diesem Anlasse kam Goethe mit Johann Thomas Seftbeck ('1770, f 1831) in FOhlung. Seebeck, welcher in Berlin und Oöttingen Medizin und ITatoTwissenBchaften studiert hatte und 1S02 in Göttingen zum Doktor derHedizin promoviert worden war, lebte in den Jahren 1802 bis 1810 als wohlhabender Privatmann in Jena,') wo er sich vorzüglich mit physikalischen Arbeiten beschäftigte. Als Resultat seiner Studien über die cbemischeii Wirkungen des Sonnenspektrums sandte Seebeck eine Abhandlnng „Wirkung farbiger Beleuchtung" an Goethe, welche dieser im Anhang zn seiner „Geschichte der Farbenlehre", die im Jahre 1810 erschien, aofiiahnL
Daselbst beschreibt Seebeck die Wirkung des Spektrums auf Leocbtsteine, und daran schließt sich die für die Geschichte der Photo-
1) Spitei ROg er uaob Bairenth und Nürcberg aad war seit 1818 Mitglied der der 'Wisseasohafteo und hielt sich dann io Berlia auf.
118 Ei-ster Teil. Vierzehntes Kapitel.
graphie sehr wichtige Abhandlung Seebecks, „Von der chemischen Aktion des Lichts und der farbigen Beleuchtung".
Seebeck schreibt:^) . . . „Als ich das Spektrum .... auf weißes, noch feuchtes und auf Papier gestrichenes Homsilber^) fallen ließ und 15 bis 20 Minuten .... in unveränderter Stellung erhielt, so fand ich das Hornsilber folgendermaßen verändert Im Violett war es rötlich- braun (bald mehr violett, bald mehr blau) geworden und auch noch über die vorher bezeichnete Grenze des Violett hinaus erstreckte sich diese Färbung, doch war sie nicht stärker als im Violett; im Blauen des Spektrums war das Hornsilber rein blau geworden und diese Farbe erstreckte sich abnehmend und heller werdend bis Grün: im Gelben fand ich das Hornsilber mehrerenteils unverändert, bisweilen kam es mir etwas gelblicher vor als vorher; im Rot dagegen und mehreren- teils noch etwas über das Rot hinaus hatte es eine meist rosenrote oder hortensienrote Farbe angenommen. Bei einigen Prismen fiel diese Rötung ganz außerhalb dem Rot des Spektrums .... Wenn am Lichte grau gewordenes, noch feuchtes Hornsilber ebenso lange der Einwirkung des prismatischen Sonnenbildes ausgesetzt wird, so verändert es sich im Blau und Violett wie vorhin; im Roten und Gelben dagegen wird man das Hornsilber heller finden, als es vorher war, zwar nur wenig heller, doch deutlich und unverkennbar. Eine Rötung in oder hart unter dem prismatischen Rot wird man auch hier gewahr werden .... Das salz- saure Silber wurde unter den violetten, blauen und blaugrünen Gläsern, wie am Sonnen- oder Tageslichte grau und zwar nach der Verschieden- artigkeit der Gläser auch verschieden nuanciert ....'*
Der Physiker Seebeck war also (abgesehen von Senebier, welcher weitaus weniger genaue Angaben über die Photochromie auf Chlorsilber machte), der Erste, welcher entdeckte, daß das Chlor- silber fähig sei, alle natürlichen Farben des Sonnenspektrams und die farbiger Gläser anzunehmen; er erkannte die Fähigkeit des im Lichte grau angelaufenen Chlorsilbers («og. Silbersubchlorid), im gelben Lichte heller (gelblich) zu werden und auch die anderen Farben wiederzugeben; daß er auch bei „weißem Chlorsilber" die Farben- empfindlichkeit beobachtete, ist wohl darauf zurückzuführen, dafi sein Spektrum mit diffusem weißen Licht vermischt war, wo sich Silber- subchlorid bilden konnte, welches die Farben wiedergibt; reines weißes Chlorsilber in einem reinen Spektrum färbt sich nur im brechbareren
1) Goethes Werke ^Zur Farbenlehre ''. Tübingen, in der Cottasöhen Bach- handlung. 18ft. (Ausgabe von Hempel, Berlin. Band 36, S. 431.)
2) = Chlorsilber.
Ende dunkel, — ^-e -« .v^ , ..
auch die älteren Physiker, wie Scheele u. a-, bei ähnlichen Versuchen nicht beobachtet hatten und G. H. Pfaff später nicht gelang (s. u.). Seebeck entdeckte aach die chemische Wirkung der üherroten (infra- roten) Strahlen und sein Verdienst in dieser Richtung bleibt unver- gänglich, wenn auch seine Zeitgenossen seine Entdeckung wenig be- achteten.
Im Jahre 1819 wies er ausdrücklich darauf hin, daß das mit ver- schiedenen Glassorten erzeugte prismatische Spektrum nicht nur bezüg- lich der W&miewirkung, sondern auch in der chemischen Wirkung auf Chlorsilber verschieden ist, was auf die verschiedene Licbtab&orption in Crown- und Flintgläsem im violetten und ultravioletten Spektrum zurück- zafQhren ist')
Seebeck stellte im Interesse der Qoetheschen Farbenlehre noch zahlreiche andere Versuche an.*) Ich erwähne hier nur seine Beoh- achtuDg (gleichfalls in Goethes Farbenlehre a. a. 0. publiziert), daß rotes Qaeoksilberozyd in blauen Gläsern sich im Sonnenlichte reduziert („in graaes unvollkommenos Oxyd" übergeht), in gelben Gläsern aber
1) Beebeok, ,Über die nngleicho Erregung der Wurme im piismati sehen Sonneu- bilde". (Torgelegt der Berliner Akademie im Uärz 181!); Journal f. Physik u. Cbem. von Sobweiggar. 1824. Bd. 40, S. 146.) — Im Jahre 1835 führte HeDlei die Ter- snohe über den EinfluB der Natur des Prismas auf das Spektrum genauer durch. Er studierte die Wirkung des Sonnenspektrums, welches durch verschiedenartige Flüssig- keits- ond Olasprismen erhalten wurde, auf ein mit Gummiwasser bestrichenes und mit Chlornlber öbersiebtes Papier. Es zeigten sich Unterschiede sowohl in bezug auf die Ansdehnnng der SchwBraung, als auf die Lage des Maximums und die Zeit, in welcher duaelbe Enst«nde kommt. Die Zeit war bei Wasser und Weingeist last Null, beim Hint^u 2,3 Min , bei Crownglas 1,5 Min., beim Terpentin- und Kassiaül 12 — 13 Minu- ten. Das Hazimnm der Schwärzung lag beim Spektrum des Wassers mitteu in Vio- lett nahe am Blau, bei dem des Wassers mitteu im Violett, bei dem des Kassiaöles 23 linien mBerhalb des violetten Bandes (Annal. d. Phys. u. Cbem. von Foggendorff. 1635. 35, S7a
2) Als Schopenhauer im Jahre 1830 im BegiifTe war, die lateinische Bear- baitoiig seiner Farbenlehre herauszugeben, ging er zu Dr. Scebeck an der Berliner Akademie, welcher damals als der erete Physiker Deutschlands galt. Scboponhauei befn^ ihn am seine Meinung über die Streitsache zwischen Goethe ond Newton. fieebeek ,war außerordentlich vorsichtig, ließ mich versprechen, daß ich nichts von dem, was er sage, drucken und veröffentlichen würde, und zuletzt, nachdem ich ihn hart ins Osdilnite gebnuht hatte, gestand er, daß Goethe in der Tat vollkommen lecdit nnd Newton unrecht habe, aber daß seine Sache nicht sei, der Welt das zu sagen'. Bohopenhauer fügt hinzu: ,Er starb seitdem, der alte Feigling. — Die Waliriieit bat einen harten Stand nnd schweren Fortgang m dieser schlechten Welt ..." (SohopenhsDsrB |Dber das Sehen und die Farben". Vorrede Frauenstadts zur dritten Auflage, 1870, 8. XT.)
120 Ei-ster Teil. Vierzehntes Kapitel.
nicht, und daß sich Salpetersäure und Bestuscheffs Nerventinktur (s.S. 47 u. 71) in farbigen Gläsern analog verhält. Im darauf folgenden Jahre (1811) knüpfte Seebeck an die Versuche von Thenard und Gay-Lussac über Chlorknallgas an und schreibt^):
„. . . Ich füllte eine gelbrote und dunkelblaue Glasglocke mit diesen Gasarten (Cl + H) und setzte sie dem Sonnenlichte aus. In der dunkel- blauen Glocke erfolgte sogleich eine Zersetzung, doch ohne Explosion, und in einer Minute längstens war sie beendigt ... In der gelbroten Glocke ging die Zersetzung sehr langsam vor sich."
Seebeck war auch der Erste, welcher 1812 beobachtete, daß das Licht des indianischen Weißfeuers die heftige Vereinigung von Chlor und Wasserstoff bewirkt, so daß VerpuflTung eintritt.*)
Im Jahre 1813 erschien zu Leipzig eine Streitschrift von C.H. Pfaff, Professor zu Kiel, über „Newtons Farben theorie, Herrn von Goethes Farbenlehre und den chemischen Gegensatz der Farben*', worin der Autor ganz richtig bemerkt, daß er nicht begreifen könne, wie See- beck, nachdem er doch gefunden, daß Chlorsilber sich im Spektrum verschieden färbe, sich mit bloßen Scheinfarben (nach Goethe) der Farbenlehre abfinden könne; Pfaff bemerkt hierzu, er selbst habe die natürlichen Farben des Spektrums auf Chlorsilber nicht erhalten können (s. 0.), zweifle aber nicht an der Richtigkeit der Beobachtungen See- becks. Er stellte auch Versuche mit schwefelsaurem Quecksilber, Lackmustinktur usw. an und fand: „In den meisten Fällen scheint zwar das violette und blaue Licht desoxydierend zu wirken, während rotes Licht meistens oxydierend wirkt (Chlorsilber, Quecksilbersulfat, Lackmus, Bestuscheffs Tinktur), dagegen scheinen ihm bei Guajak- tinktur und Phosphor die violetten Strahlen oxydierend zu wirken**.
Gay-Lussac und Thenard ihrerseits faßten bereits im Jahre 1811 in ihrer „Recherches physico-chimique*' (1811. II, S. 186) über die vergleichende Wirkung von Licht und Wärme bei chemischen Pro- zessen ihre Beobachtungen folgendermaßen zusammen '^):
1. Die Gold- und Silberauf lösungen , in Beiührung gebracht mit ölen, Äther und Kohle, werden zersetzt durch Licht; sie werden es auch durch eine Hitze von 100 Grad C, wie Rumford bewiesen hat.
2. Das trockene oxydiert salzsaure Gas (Chlor) wird weder durch das leb- hafteste Licht zersetzt, noch durch die größte Hitze.
3. Die liquide oxydierte Salzsäure (Chlorwasser) wird durch ein nicht sehr starkes Licht zersetzt, sie wird es auch durch eine Wärme nahe der Donkelrot- glühhitze.
1) Schweiggers Journ. 1811. 11, S. 262.
2) Ibid. 1812. Bd. 5, S.233.
3) S. auch Schweiggers Journ. f. Chem. u. Phys. 1811. Nr. 219 (V, 233).
de wild ea «ich dDicb ' i W&rme t gleich der duDkelraten Olnt.
B. Das oxydiert sklzunra Gas, mit Hydrogengas oder hydrogeniertem Kobleo- ozydgas,') verpufft bei Berührung der Sonneiistrahlen; es verpufft auch bei einer Hitia von ISS bia 160 Oi«d,
6. Du oxydiert aalzware Salz, Termischt mit Wasserstofigas, zorsetit sich UoB langsam bei zerstreutem Lichte. Diese zwei Gaaarten wirken nur langsam oder gw nicht anfeiniuider unter 120 Grad.
7. Du Bohwarae Qaooksüberoxyd bildet sich um in Quecksilber und rotes Qneoksilberoxyd am lichte; diese Teriinderung erfolgt durch die Wärme.
8. Braunes Bleioxyd, und ohne Zn'eifel auch die Oxyde von Silber, Gold und Hatina lersetzen sich im Lichte, sie zersetzen sieb auch durch die Wärme.
9. Die rosige Farbe des Safflor wurde lerstärt durch das Licht und schmutzig "weiß; dieselbe Tetlinderung erlitt sie durch eine flitze von 160 Grad in einer Stunde.
10. Die violette Farbe des Campechebolzes wurde zersetzt durch das Licht und war Totgelb und matt; sie wird auch rot, gelb und matt durch eine Hitze von 180 Ond in 1 '/> Stunden.
11. Die nte Farbe des Brasilienholzes wurde zersetzt und beinahe weiß durch das Licht; aie wurde ebenso veifindert durch eine Hitze von 100 Grad in 2 Stunden.
12. Dia Orangefarbe des Curcuma wurde zerstört durch das Licht und ward roBtfivbig; es entstand gleichfalls Eostfarbe in 1 '/, Stunden durch eine Hitze von 200 Grad.
13. Endlich die gelbe Farbe des Wau wurde ockerfarbig durch das Licht; sie erlitt dieselbe Veränderung in 2 'j. Stunden bei 210 Grad Wärme.
Schließlich behaupteD Oay-Lussac und Thenard, daß Licht Iceine chemische Wirkung äußert, welche nicht auch durch größere oder geringere Hitze faerrorgebracbt wird.
Diese Behauptung gab später Anlaß zu baufigeu Sontroversen, welche zeigten, daß die Ansicht Qay-Lussacs und Thenards in vielen, aber nicht in allen Fällen richtig ist, was auch Davy im folgenden Jahre feststellte.
Die bereits von Link und Heinrich ausgesprochene Ansicht, daß das licht bald oxydierend bald reduzierend wirke, bestätigte Woliaston (1811) durch Yersuche mit Guajakharz und Papier, welches mit alko- holisdier Gaajaktinktur bestrichen war; letzteres wurde im Violett des Spektrums grün gefärbt (oxydiert), im Rot dagegen wurde die grüne Farbe wieder gebleicht; daraus folgert Woliaston, „daß die Strahlen, welche aas dem Cblorsilber ein Weichen des Sauerstoffes bewirken {d. L Redaktion), beim Ouajak ein Verschlucken desselben erzeugen."^ Er nannte deebalb die brechbaren Strahlen „chemisch wirksame" Strahlen
1) ^Olbildeodes Gas, ferner die bei der Zersetzung von Alkohol in glühenden Bahren, sowie bei der trockenen DestillatioD vcgetabilischor oder tierischer Stoffe
2) Gilberts Annateo. Bd. 39, S. 291 (1811).
122 Erster Teil. Vierzehntes Kapitel.
und spricht sich gegen die seinerzeit von Ritter gebrauchte Bezeichnung „reduzierende Strahlen" aus. (Vergl. S. 96.)
Auch Ruhland teilte in seinen „Fragmenten zu einer Theorie der Oxydation" mit,^) man habe gefunden, daß das Sonnenlicht die Verwitterung kristallwasserhaltiger Kristalle befördert, und sagt, das Licht wirke auch oft oxydierend: „so wird die Oxydation in der galva- nischen Säule und damit ihre Wirksamkeit nach Bucholtz (Gilberts Annalen, Bd. 9) durch das Licht erhöht, so oxydiert sich Eisen am Lichte schneller als im Dunkeln."
Im Jahre 1811 erfolgte die Neubegründung und Entwicklung der Undulationstheorie des Lichtes durch Toung,^) welche Tatsache für die mathematische Optik von höchster Tragweite war, auf die Photochemie aber keine Förderung übte.
Im Jahre 1815 betrat ein neues Genie, Fresnel, den Schauplatz der Wissenschaft und unterstützt von Arago erfocht er nach hartem Kampfe den glänzendsten Sieg der Undulationstheorie über die Emissions- theorie ^) und hiermit wurde auch in der Folge eine Ansicht zum FaUe gebracht, nach welcher sich ein „Teil des Lichtstofifes" mit chemischen Stubstanzen verbinde. Nach Fresnel-Aragos Anschauung wurde deutlich gesagt, daß bei der chemischen Wirkung des Lichtes auf Silber- salze usw. keine Vereinigung der „Teile des Lichtes" mit denen der Körper stattfinde, auf welche es wirkt Die Entscheidung in dieser Frage fiel also nicht durch chemische Versuche, sondern war eine Konsequenz der auf mathematisch -physikalischem Wege erhärteten undu- lationstheorie des Lichtes.
Die allgemeinen Betrachtungen über die Natur der chemischen Prozesse, welche die stärker brechbaren Strahlen des Sonnenspektrums und andererseits die weniger brechbaren Strahlen verursachen, wurden von verschiedenen Seiten fortgesetzt:
Davy wendete sich in seinem im Jahre 1812 erschienenen Werke: „Elemente des chemischen Teiles der Naturwissenschaften^ (englische Ausgabe 1812, deutsche Ausgabe 1814) im IL Kapitel gegen die Theorie Gay-Lussacs und Thenards, daß die chemische Wirkung des Lichtes der Wärmewirkung gleicht; indem er darauf hinweist, daß Ghlorsilber, Chlorwasser, Chlor + Wasserstoffgas und angefeuchtetes rotes Qaeck- silberoxyd gerade in den kältesten Strahlen des Spektrums (d. L im
1) Schweiggers Jouni. f. Chemie und Physik. 1811. I, 470.
2) Gilberts Annalen. Bd. 39, S. 156 (1811).
3) Poggendorffs Geschichte der Physik. 1879. S. 646.
Viulolt) ;
Strahlen die hydiogenierenden Strahlen oeonen", während das „flobfarbene aDgefeuchtete Bieioxyd" ia den weniger brechbaren Strahlen sich mehr verändere als im Violett, ebenso wie auch Queck- silberoxjdul durch die weniger brechbaren Strahlen rot werde, indem eine Oxydation vor sich gehe.
Auch Davy bekannte sich zu der später oft behaupteten An- nahme, daß die brechbaren Strahlen reduzierend, die weniger brech- baren aber oxydierend wirken, welche Ansicht nach dem Stande der damaligen photochemischen Kenntnis viel Wahrscheinlichkeit für sich hatte, aber bereits zu jener Zeit von TVoUaston u. a. (s. o.) bekämpft und auch in neuester Zeit experimentell widerlegt wurde.
Davy fand auch 1812, daß Kohlenoxyd und Cfalorgas sich in der Sonne verbinden,*) und A. Vogel in Paris studierte das Verhalten des Phosphors (vergl. Böokmann S. 94) und der Phosphorverbindungen gegen Licht genau; der letztere entdeckte die Lichtempfindlichkeit des Fhosphorwasserstoffes*) und studierte im folgenden Jahre die Wirkung des Sonnenlichtes auf Phosphor,^) welcher sich nach seinen Beobachtungen auch unter Wasser, im Vakuum, sowie in einer StickstofT- und Wasser- stoff-Atmosphäre in roten Phosphor verwandelt, wobei die violetten Strahlen des Spektrums rascher als die roten wirkten,*) woran sich Shniiche Beobachtungen von Ruhlaud anschlössen, welche er in einer Abhandlnng, „Über den Einfluß des Lichtes auf die Erde", im Jahre 1813 der Akademie der Wissenschaften in Hünchen vorlegte.*}
A. Vogel in Paris machte femer Versuche über das wässerige, mit etwas Alkohol versetzte blaue Infusum von Veilchen, welches im blauen lichte rasch, im roten langsam die Farbe verliert, was auch beim Infusum von Hohnblumen der Fall ist. Weiter fand er:*)
„Das sauerkleeeaure (oxalsaure) Kupferoxyd -Natron hat die merk- wGrdige Eigenschaft, im Sonnenlicht sehr schnell und im Schatten allmählich grün, dann schwarzbraun zu werden, ohne von seinem Gewichte, seiner Form und, wie es scheint, von seinem Glänze etwas zu TerlierraL"
1) Schweiggers Journ. f. Chom. u. Fhys. 1813. IX, S. 199.
2) Ibid. 1812. 8. 404.
3) Ibid. Vn, S. 95.
4) A. Vogel in Ännales de Chimie. 1813. Bd. 84, S. 225. TrommsdorffH Jbnm. der Fhannao. XZU, 2, 209. Schweiggers Joum. t. Chem. u. Phys. 1813. vn, 9D. — Veigl. Booh Brugnatelli (Bchweiggers Joum. 1813. VlI, 98).
5) Sohveiggers Journ. f. Chem. a. Fbys. 1813. IX, S. 229.
6) Ibid. 1813. VU, 8. 21.
124 Erster Teil. Vierzehntes Kapitel.
Weitere Experimente von A. Vogel beschrieb Ruhland in Schweig- gers Journal!) (1813. IX, S. 236). A. Vogel in Paris fand:
1. Daß frische Kristalle von phosphorsaurem Natron, Glaubersalz, Eisenvitriol hinter blauem Glas schneller effloreszierten als hinter rotem.
2. Phosphor in „reinem nitrösem Gas'' (salpetrige Säure?) ist lichtbeständig.
3. Alkoholische Tinktur von roten Nelken wurde in einigen Tagen hinter dem blauen Glase weiß, hinter rotem war sie um die- selbe Zeit noch sehr purpurfarbig. Mit dieser Tinktur gefärbte Baum- wollepapiere zeigten dieselben Unterschiede. Die Blumenblätter von papaver rhoeas (Klatschrose) bleichten hinter blauem Glase in einigen Tagen aus, hinter rotem änderten sie ihre Farbe nicht.*) — Die fetten öle werden im Lichte allmählich sauer. (Vergl. S. 115.)
4. Phosphor und Ätzkali entwickelten, hinter blauem Glase be- lichtet, viel Gas und lösten sich auf; hinter rotem fanden diese Er- scheinungen weit schwächer statt
5. Die Lösung von Eisenchlorid in Äther verliert in einigen Minuten hinter blauem Glase die goldgelbe Farbe, hinter rotem bleibt sie den ganzen Tag unverändert. (Vergl. S. 47, 71 u. 111.) Da dieselbe chemisch sehr lichtempfindlich ist, „so könnte sie vielleicht einmal ein guter Lichtstärkemesser werden".
6. Die Lösung von Kupferchlorid gibt genau dasselbe Phänomen hinter farbigem Glase.
7. Eine gesättigte Auflösung Quecksilberchlorid in Äther ver- ändert sich im Lichte hinter rotem Glase nicht, hinter blauem und ungefärbtem Glase scheidet sich eine Menge kleiner Kristalle ab. Der Niederschlag färbte sich mit Ätzkali schwarz, „was beweist, daß der Absatz salzsaures Quecksilber- Protoxyd" (Calomel) war. (Vergl. S. 63.) — Die Auflösung in absolutem Alkohol verhält sich ähnlich, zersetzt sich aber langsamer.
8. Schwefelammonium, in Flaschen hinter blauem und rotem Glase dem Lichte ausgesetzt, erleidet nur hinter Blau eine Veränderung (nach zwei Monaten belegen sich die Wände mit einer Schicht).
Es verdient auch erwähnt zu werden, daß der später genannte Chemiker Döbereiner im Jahre 1813 fand, daß sich unterchlorigsaure Alkalien (Javellesche Lauge) und Chlorkalk im Lichte rascher als im
1) S. auch Gilberts Annalen. 1814. XVm, S. 375.
2) Infolge der ErkenntDis des Ausbleichens von organischen Farbstoffen bei Belichtung mit komplementären Farben und ihrer Beständigkeit hinter Gläsern derselbea Farben, kann man A.Vogel als Vorläufer der „photographischen Ausbleioh* verfahren ^^ der neuesten Zeit erklären (vergl. spätere Kapitel).
■^ Dimkein vari
K, S. 18).
Die Lichtempfindlichkeit des Silberalbuminates ßnde ich zum ersten Haie im Jahre 1812 in einer Abhandlung erwähnt, deren Titel dies . wohl nicht erraten ließe.
In Beiner „Kritik der von dem Herrn Professor Grindel fortge- setzten Versuche über die künstliche Bluterzeugung" machte K.W. Fische r in BreelBu im Jahre 1812 zuerst >) auf die Lichtempfindlichkeit des in der Photographie so wichtigen Silberalb uminat als eine bekannte Erscheinung aufmerksam: „Wenn Silberanflösuug mit tierischen Flüssigkeiten, nament- lich mit Eiweiß, vermischt mit dem Liebte ausgesetzt wird, so verbindet sich das Silber in einem schwach oxydierten, aber nicht regulinischen Znstand mit der tierischen Substanz und färbt sie schwarz, wie schon längst bekannt, doch ist diese Färbung anfangs bräunlich-rot und gebt erst spät, oft erst nach mehreren Tagen, in dunkelbraun und wie schwarz über". Wozu er in einer Anmerkung beifügt: „Wie jeder, der sich mit Silberauflösong die Hände befleckt, leicht beobachten kann. Nur mofi dann die Silberauflösung oder wenigstens die Säure nicht stark vorherrschend sein, denn ist dies der Fall, so werden die Flecken auf der Haut bald, obgleich schmutzig schwarz." — Man ersiebt hieraus, daß Fischer schon vrußte, daß der photographische Schwärzungsprozeß durch Gegenwart von freier Salpetersäure stark beeinflußt wird.
Die Kenntnis der Lichtempfindlichkeit der Silberverbindungen wurde durch die Spezialstudie von Fischer „Über die Wirkung des Lichtes auf Homsilber" {Nürnberg, 1814) nennenswert erweitert. Die Schrift entliält einen guten historischen Rückblick und die ausführliche Beschreibung eigener Tersuche.
Da diese Schrift bereits äußerst selten geworden ist, so sollen im Nachstehenden die wichtigsten Befunde mitgeteQt werden.
1. a) Das Schwärzen des Silbemiuriates ist auKschliefllieh "Wirkung dea Lichtes. (Dassdbe liatte Link gesagt) — Scheele, Seoebier. Vassali, Heinrich nod Baoholti hielten die Wärme für mitwirkend. Nach Bitter soll Chlorsilber bei OOnd C. aich nicht ärben. Bertboilet sagte, ancb Luftzug bewirkt Schwärzung; nach Bitter aber nur, insofern er beim Feuer bereits gebraucht worden ist und Eohlenstanfa von sieh gibt (S. lOT).
b) Es Orbt sich Cblorailber selbst bei — 16 bis 18 Grad R. Wärmeerhöhung alleia bewirkt keine Färbung und Licht wirkt auf geschmolzenes Cblorsilber nicht ein.
2. Die I^bnng des Chlorsilbers gebt von liläul ich grau in Rotbraun über. — Nwdt der Beschaffenheit (d. b. Beinbeit des Präparates) findet ein verschiedener
I) Vorgelesen in der medizinischen Sektion der schlesiscbcn Gesellschaft für vataiiliidiaohe Eoltor am 25. April 1812. Schweiggers Joum. f. Chemie n. Physik. 1813. IX, 403.
126 Erster Teil. Vierzehntes Kapitel.
Farbenwechsel statt. „Bei einem Präparat, welches einen Überfluß an Salzsäure hatte und in großen Stücken schnell getrocknet war, brachte auch das Sonnenlicht nicht eher eine Färbung hervor, als bis es naß gemacht wurde.*
3. Durch TVasser wird zwar die Färbung des Chlorsilbers erleichtert und be- schleunigt, aber zur Hervorbringung dieser Erscheinung ist es dennoch nicht unum- gänglich notwendig, denn sie erfolgt unter jeder ungefärbten Flüssigkeit und in trockener Luft. Fischer bewies dies an geschmolzenem Chlorsilber, ^) welches von ilim unter Schwefelsäure, Salpetersäure, Alkohol -Äther, Nußöl exponiert und dadurch in allen Fällen bis rotbraun gefärbt wurde. Am schnellsten allerdings durch Wasser, am langsamsten unter Nußöl. Auch in über Chlorcalcium getrockneter Luft färbt sich Chlorsilber.
NB. Scheele fand, daß Chlorsilber unter Salpetersäure sich nicht färbt (Fischer meint, er habe rote Salpetersäure gehabt).
4. a) ^Die Natur dieser Erscheinung (Färbung) ist, daß das Chlorsilber durch das Licht zersetzt und der eine Bestandteil, die oxydierte Salzsäure, ausgeschieden wird, welche entweder in luftförmigem Zustande entweicht oder sich der Flüssigkeit mitteilt.
(Gilbert hatte diese Ansicht zuerst ausgesprochen: Chlor entweicht, bildet mit dem Wassei-stoff des Wassers Salzsäure — Scheele, Senebier, Berthollet, Hein- rich, Bucholtz, konstatierten einfach Lösung von Salzsäure.)
Fischer fand, daß nicht nur an Wasser, sondern auch an Alkohol, Äther, Salpetersäure das Chlorsilber im Lichte Chlor abgibt, welche Flüssigkeiten dann auf Silbernitrat reagieren.
Während das trockene Chlorsilber sich in der Sonne schwärzt, entwickelt sich ein Geruch nach Chlor. Auch Chlorsilber -f- Nasser nimmt nach 8 — 14 Tagen den Chlorgeruch an; es bleicht Pflanzenfarben (Lackmus, Curcuma). Auch trockenes, geschmolzenes Chlorsilber entwickelt (allerdings langsamer) Chlorgas. Alkohol nimmt Gemch nach Chloräther an, wie ihn nur Chlor erteilt Es scheidet sich demnach Chlor (und nicht Salzsäure) aus.
b) Reines geschmolzenes Chlorsilber verlor Vsoo ^^ Gewicht nach 4 Wochen Belichtung (von 10 g 0,02 g).
5. Die Veränderung, welche das Chlorsilber durch die Schwärzung erleidet, ist, ,,daß es aus dem Zustande einer neutralen Verbindung in den eines basischen Salzes übergeht. Der von der Salzsäure befreite Anteil Silber nämlich verbindet sich mit dem unzorsetzten Muriat zu einem Salze mit Überschuß der Grundlage* (d. h. Silber- subchlorid! ! !).
Er stützte dies durch folgende Experimente:
a) Geschwärztes Chlorsilber wird durch Salzsäure oder Schwefelsäure nicht aufgehellt, weshalb kein Silberoxyd frei geworden sein kann (wie Berthollet, Bucholtz, Gilbert annahmen).
b) , Wurde Salpetersäure auf vollkommen geschwärztes Chlorsilber getan, so bildete sich eine Sil berauf lösung; jedoch nur dann, wenn das Muriat (Chlorsilber) voll- kommen geschwärzt war und besonders, wenn die Färbung anfangs unter Wasser geschah; war sie hingegen nicht ganz vollendet, so löste die Salpetersäure kein Silber auf. In keinem Falle wurde das Chlorsilber entfärbt, selbst wenn Salpetersäure etwas Silber aufnahm, in welch' letzterem Falle die Farbe allerdings etwas lichter wurde. '^
1) Er nennt geschmolzenes Chlorsilber konsequent „Homsilber^, das gefBllte ^salzsaures Silber'.
u^sflb'bte; der BQctetend ist silbergrau, in Salpetersäure ganz löslich (so wie Scheele umahm, entgegen Bertbollets Ansicht). Dies zeigt nicht, wie Scheele glaubt, d&B Ammoniak einfach das im Lichte entstandene Silber aTü^cheidet, „soudsni, daH das Ammoniak selbst zum Teil zersetzend auf das Muriat einwirkt und ein Teil Bäbar wssoheidet*.
,Daa Produkt der Flrbnog kann nicht als eine bloß mechanische Verbindung Ton nnEerwbEtem Jfnriat und freiem Silber angesebcn werden, sonst müBte die Salpeter- Blim das freie ^ber anflSsen und dadurch die weiße Farbe herstellen können, was niobt gMchieht* Die , chemische Verbindung zwischen zersetztem imd unzersetztem Homt ist so innig, dafi Salpetersäure nicht im Stande ist sie zu trennen".
6. Über dsn Gegensatz der Oxydation im Bot und der Reduktion im Violett hSlt sioh Fischer zweifelnd and reserviert.
7. Jede Art licht bringt diese Wirkung (Färbung und Reduktion) hervor. Am nsohestm Bonnen-, dann Tageslicht; Blau uod Violett wirken rasch., Rot langsamer, dann kommt Flammen-, und zuletzt Mondlicht.
Im Jahre 1814 wurde das bereits von Courtois (1811) entdeckte Jod Ton Davy genauer untersucht und seine Verbindung mit Silber, das io der Photographie so wichtige Jodsilber, entdeckt')
UtiYj berichtete am 20. Januar 1814 der kg!. Gesellschaft zu London ober verschiedene Eigenschaften des Jod. „Der neue StoEf schlügt salpetersau res Silber zitronengelb nieder." . . . „Das Licht wirkte noch rascher auf dieses Silbersaiz, als auf Hornsilber und gibt einen Körper, Shnllch dem, welcher bei Erhitzung dieses eigentümlichen Stoffte mit Silber gebildet wird."') Davy dürfte sein Jodsilber mit flbeischdssigem Silbernitrat dargestellt haben, weil sieb sein Frfiparat im Lichte rasch veränderte, was hekanntiich nur in diesem Falle eintritt
Steffens erhielt während seines Aufenthaltes in Paris im Frühling 1814 dnzcb Gay-Lussac etwas Jod (damals eine große Rarität), mit welchem er in Gemeinschaft mit Link und Fischer Versuche anstellte. Die drei genannten Chemiker beobachteten, daß Silberlösungen durch Jod geSItt werden und daß der Niederschlag große Ähnlichkeit mit Ghloisilber habe, sagten aber: „Sowohl die präzipitierte (liebt grünlich- gelbe) als die geschmolzene Verbindung (Jodsilber) behält im Lichte
1) Die deatsoheo Chemiker waren in der Bezeichnung des Chlors und Jods sehr MOblureD. Einige sagten, „die Cblorine", „die Jodiae", andere „das Chlorin oder Jodln" oder „das Chlor oder Jod", Die Behandlung derselben als Feminina wurde fibrigens bald fallen gelassen, insbesondere infolge des energischen Protestes Büch- ners g^^ die Anomalie, gegen welchen der Sprachgebrauch und die Analogie in a nnd fremden Sprachen wäre (Buchners Repertor. Pharm. 1823 XIV, 450). IT mu' dsr Ausdruck „das Chlor und Jod" bald allgemein.
3) SohwaiggersJoom. f. Chemie u. Physik. 1814. XI, 68; aus Thomaens ils of philoB. 1814.
128 Erster Teil. Vierzehntes Kapitel.
seine Farbe".^) Diese Beobachtung, welche entgegengesetzte Resultate ergab, als Davy erhalten hatte, erklärt sich dadurch, daß die letzt- genannten Chemiker offenbar das Jodsilber mit überschüssigem Jod- kalium gefällt hatten; das verschiedene Verhalten des nach der einen oder der anderen Art gefällten Jodsilbers gegen Licht war den damaligen Forschern nicht aufgefallen.
Der Umstand, daß das Jodsilber sich im Lichte viel weniger energisch schwärzt, als Chlorsilber, lenkte die Aufmerksamkeit der Physiker von ersterem ab und es wurde bei photochemischen Versuchen bis zu Daguerres Experimenten wenig beachtet. BouUay hatte wohl im Jahre 1827 das Doppelsalz von Jodsilber mit Jodkalium entdeckt und beobachtet, daß es im Lichte eine blasse blaue Färbung annehme (Ann. d. Chemie u. Physik. Bd. 37, S. 37), allein die photochemische Zersetzung dieses Doppelsalzes ist eine sehr geringe.
Das Jod und die Jodsalze erhielten zunächst nur eine Bedeutung in der Medizin, nicht aber in der Photochemie. Dadurch, daß Dr. Coindet in Genf im Jahre 1820 das Jod als Mittel gegen Kropf empfahl, wurde eine große Verbreitimg und eine namhafte Preissteigerung desselben verursacht.
Die Physiker dagegen befaßten sich damals stets mehr mit dem Chlorsilber, welches sich im Lichte viel rascher schwärzt als Jodsilber.
In der Folge häuften sich einzelne Beobachtungen über die Licht- empfindlichkeit verschiedener Substanzen.
Bei seinen „Versuchen über die wechselseitige Wirkung einiger Ammoniaksalze und des oxydiert salzsauren Quecksilbers" (=HgCl,) beschrieb L. A. Planche^) im Jahre 1815 die Wirkung des Lichtes auf eine Mischung von Ammoniumoxalat und Quecksilberchlorid -Lösung. Er mischte gleiche Volumina einer kalt gesättigten wässerigen Lösung von Ammoniumoxalat und Sublimat, füllte damit eine kleine Woalfsche Flasche zu neun Zehnteilen an und brachte ein Gasentbindungsrohr an. Als er die Flasche dem starken Sonnenlichte aussetzte, trübte sich die Mischung nach zwei Minuten. Sie wurde nach und nach milchartig, setzte dann eine gewisse Menge „salzsaures Quecksilber in Minimum'^ (Calomel) ab. Jetzt begann „die Oberfläche der Flüssigkeit aufzuwallen^ und durch eine schwache Bewegung derselben entbanden sich Blasen
1) Sohweiggers Journ. f. Chemie u. Physik. 1814. XI, 133.
2) Journal de Pharmacie. 1815. 8. 49. Auch Trommsdorffs Jonnud der Pharmacio. XXV, 1. 195.
Mm KoLIens: >o, ^»e undenfbrndnng dauerte mehrere Stnnden und aodaDn wurde die Flfiseigkeit hell.
Daß diese beiden Salze sich tataäcblicb unter dem Einflüsse des Lichtes zersetzen, bewies Planche dadurch, daß er eine Probe der Lösung im FiOBtern stehen ließ und selbst nach acht Tagen nicht die genngste Ver&ndeTong bemerken konnte. Der Zutritt des Lichtes, schließt er, scheint zur wechselseitigen Zersetzung des ätzenden Sub- limates und des sauerkleesauren Ammoniaks notwendig zu sein.
Auf diese Reaktion stützte sich später das Ederscbe Photometer mit Qaeoksilberaalzen.
Ober die Lichtempfindlichkeit von Mangansalzen berichtete zuerst Brandenburg. Er gab 1815 an,^) „daß die mit reiner Schwefelsäure bereitete, viel freie Säure enthaltende, rötlich klare Manganauflösung, wenn sie einen oder mehrere Tage hindurch, unter dem Zutritte des lichtes und der atmosphärischen Luft, ruhig gestanden hatte, zuerst Irfibe wurde, bald darauf aber ihrer Farbe völlig beraubt war".
Schweigger bemerkt hierzu, ^j daß er ebenfalls beobachtet habe, daß schön rote schwefelsaure Manganauflösung ^) nur im Lichte entfärbt wurde und daß die entfärbte Lösung im Finstern niemals wieder die rothe Farbe zurückerhielt Proniberg, welcher die Mangansäure später (1824) genauer untersuchte,*) gab an, daß die wässerige Lösung dereelben lichtempfindlich sei (sieb entfärbt).
Aber auch dem Yerbalten organischer Substanzen gegen Licht wurde gesteigerte Aufmerksamkeit zugewendet
Über die grüne Substanz der Pflanzen stellten Peiletier und Caveton im Jahre 1817 nähere Versuche an über das „grüne Pflanzen- haiz", wie es durch Alkohol', Äther usw. ausgezogen wurde. Die alko- holische Lösung der grünen Substanz gab mit Kalk, Tonerde, Magnesia- salzen usw. grüne Lackfarben, auf welche das Licht im allgemeinen keinen nachteiligen Einfluß äußerte, nur die grüne Materie der Fichte und Tanne erlitt eine Veränderung."') Buchner bemerkte in einer Notiz zu dieser Abhandlung, daß er dch vor einigen Jahren ebenfalls mit diesem Gegenstande beschäftigt habe, daß das grüne Pigment von verschiedenen Wasserpflanzen, durch Alkohol ausgezogen und auf Papier, Ldnwand, BanmwoUe und Seide aufgetragen, an der Sonne äußerst
1} Bohweiggers Joum. f. Chemie und Physik. 1815. XTV, 348.
2) Ibid. S. 377.
S) OSanbar Bohwefelsautes Mangaao.xyd Debeo Oxydul eathalteni]. (Eder.)
4) SohweiggerB Jount. ltJ24. Bd. 41 , S. Stid.
5) Jonmal de Fbann. K.XI, 1H17. Buohuer, Repertorium fürdie Pharmacic. 1818. IV, 394.
Ed*T, Hudbnok der Fhotognphle. I. Tsil. S. Aufl. 9
130 Erster Teil. Vierzehntes Kapitel.
schnell vorschieße und sich ins Blaßgelbe oder schmutzig Braune vor- ändere. ^)
Im Jahre 1818 untersuchte Brugnatelli die aus Harnsäure ent- stehende Purpursäure näher und fand, daß die wasserhaltigen farblosen Kristalle derselben im Sonnenlichte .{auch beim Erwärmen) sich rot färben. Wenn sie aber alles ihr Wasser verloren haben, färbt sie das Sonnenlicht nicht mehr und die Wärme zerstört sie, ohne daß sie eine rote Farbe annehmen. 2)
Vom Jahre 1818 ab müssen wir der Tätigkeit von Theod. Frei- herr von Grotthuss (* 1785, f 1822), welcher seine naturwissenschaft- liche Ausbildung in Leipzig und Paris genoß und als Privatgelehrter auf seinem Erbgut Geddutz im Wilnaisch- litauischen Gouvernement in Rußland lebte, unser Augenmerk zuwenden: Bereits im Jahre 1818 fand derselbe, daß das Rhodansilber vom Lichte geschwärzt wird, jedoch weniger als Chlorsilber, ■'^) und im Oktober 1818 legte er der „Kur- ländisehen Gesellschaft für Literatur und Kunst" eine Abhandlung „über die chemische Wirksamkeit des Lichtes" vor,"*) worin er allgemeine photochemische Sätze aufstellt,'') welche originell waren, aber sich in der Folge als unhaltbar erwiesen.
Grotthuss suchte die chemische Lichtwirkung mit der galvanischen Wirkung in Zusammenhang zu bringen, nachdem Davy und Berzelius (1810) auf den Zusammenhang chemischer und elektrischer Kräfte hin- gewiesen hatten. Anknüpfend an die Berzcliusscho elektrochemische Theorie hielt Grotthuss die positive Elektrizität (+E) und die negative Elektrizität ( — E) für die wahren Bestandteile des Lichtes und sprach die Ansicht aus, daß das Licht die Bestandteile vieler Verbindungen trennt und sie zwingt, sich mit der elektrischen Materie zu verbinden.
Er suchte die zu seiner Zeit bekannten photochemischen Erschei- nungen unter 4 Gesetze zu bringen und stellte zur Begründung seiner Theorie zahlreiche neue Experimente an, welche die Kenntnis der Licht- empfindlichkeit chemischer Substanzen wesentlich vermehrte. Die 4 Gesetze von Grotthuss sind:
1. Aus gewissen AuflösuDgcn, besonders solchen, welche dissoziieren, trennt das Licht die nächsten Bestandteile, so daß die durch die Trennung entstehende neue Verbindung die unter den gegebenen Umständen möglichst große Differenz der Lös-
1) Büchner, Repertorium für die Pharmacic. 1818. IV, 396.
2) Annales de Chimio et de rhysicjue. 1888. VIII, 201. Schwoiggers Joum. für Chemie und Physik. 1818. Xxiv, 309.
3) Schweiggers .Tourn. f. Phys. u. Chem. 1818. XX, S, 240.
4) Im Auszuge in Gilberts Annal. Phys. 1S19. Bd. 61'. S. .50.
5) Vergl. auch Grotthuss' ^Physisch -chemische Forschungen* (Nürnberg 1820).
^ lif1il-i>i( jaii>t.
in der Sonne n ber trüben altt im Fiostem, .nobet f>icb basisch Balzsaurcs ZinD- oxydol anascbeidet*, während das saure Salz gelost blei>>t.)
2. In Sauerstoff- and Chlor -VerbindurgOD, welche von dem T.ichte zersetzt Verden, desoxydiert oder decbloriert das Ucbt gewöhnlich den ponderablen eloktro- podtiven Bestandteil oder verhindert dessen Oxydation oder Chlorierung; gleicIiKcitig oxydiert und chloriert «8 den elektronegativen oder indiiferenten Bestandteil, (Beispiel : Cblorwlber bildet im Liebte zuerst freies Chlor uod dieses durch Einwirkung auf VasBer Silislnre, , indem der Sancrstoff des ^'assers sich mit der -|-E des Lichtes und das Silber mit der — E des Lichtes verbindet»; Entrurbuug der Eisentinktur.)
3. Anf Verbindungen, deren Bestandteile einer Hydiogeniening oder Dehydro- geniemng (WaseeTstofTentziehung) fähig sind, wirkt das Licht in der Art, daß der riektrogeoitiTe Bestandteil hydrogenicrt wird, während eg den elektropositiven Be- standteil dehydrogeniert, indem es zugleiuh seine impondcrablen Elemente (+E) den dadurch eotsteheaden neuen VcrbindungeD chemisch abtritt (Beispiel: Wässerige Jodstirke wird im Uohte farblos, indem sich JodirasaerstofT bildet.')
4. WeDD das Licht mit SaacrstofT und gewissen Salzlösungen in Wirkung tritt, wellte schon für sich alleiu eine Veränderung durch das Licht oder eine diesem gleiche Beaktian eriitten haben, so desoxydiert es die imponderable -}- E dos Saueistoffgases und oxydiert den nächsten elektropositiven Bestandteil des Salzes usw. usw. (Bei- spiel: Die blutrote Losung von Eisensulfocyanid wird durch Licht allein entfärbt, bei Gegenwart von Luft und Licht nbcr wieder gerätst.)
Diese Thesen von Orotthuss fanden wenig Anklang bei seinen Zeitgenossen; sie gerieten ganz in Vergessenheit, als die Berzeliussche dualistische elektrochemische nieorie sp£ter fallen gelaasen werde.-) Jedoch darf man nicht übersehen, daß die Orondidee, welche Grotthuss in seine photochemiscbcn Thesen legte, nicht gänzlich den nenesten Anschauungen der [ihyslk all scheu Chemie ferno steht: Uelmholtz hat 1884 TOn neuem darauf hingewiesen, daß die chemischen Ätflnitätskiüfte wesentlich elektrischer Natur sind;") die moderne loncntheorie von Arrhenius nimmt elektrisch geladene Ionen an und die elektromagnetische Lichttheorie kommt auf den Znsammen- hang zwischen Licht und Elektrizität zurück — freilich in ganz anderem Sinne als dies Grotthuss sich vorstellte, welcher wenig Glück mit der Anwendung der elektro- chemischen Theorie aui die Photographie hatte.
Im Jabre 1819 entdeckte Sir John Herschel die imterschwef- ligsauren Satze (Hyposulfite) und beschrieb deren EigeDschaften im „The Edinburgh Philosophical Journal". 1819. I, S. 8 und 396. Für UDsereQ GegecBtand ist von besonderem Interesse die Anführung der Tatsache, daß „das gefällte Chlorsilber in allem tlUssigen Hyposulfit löslich ist" und dait das Natriumsalz das Gbloi-silber leicht und in großen Quantitäten löst Diese Beobachtung Herschels wurde merkwürdiger- weise weder von den Zeitgenossen, noch von späteren Forschem, weiche sich mit der Lichtemp&ndlichkeit der Silberverbindungen befaßten, zum
1) Diese Baaktion wurde später als ein bloßes Entweichen des Jod durch WlTmewirkung erkannt nnd ist dos Beispiel somit nicht /utrctfend.
2) Vei^l. Traobe, GrundriU der physikalischen Chemie, 1904.
3) H. T. Helmholtz, Faradays Rede, Vorträge nnd Itoden. 1884. S. 302.
132 Erster Teil. Vierzehntes Kapitel.
Fixieren von Lichtbildern auf Silberpapier ausgenützt. Weder Daguerre noch Niepce hatten bis zur Veröffentlichung der Daguerreotypie (1839) die fixierenden Eigenschaften der Hyposulfite gekannt und sogar der Landsmann und Zeitgenosse Herschels, der verdienstvolle Forscher Talbot, versuchte das Fixieren seiner Bilder auf Chlorsilberpapier mit den verschiedenartigsten Salzen, kam aber nicht auf die Idee, das unter- schwefligsaure Natron zu verwenden. Als aber im Jahre 1839 alle Welt von der Erfindung der Daguerreotypie sprach und auch Talbot viele Experimente anstellte, kam Herschel zur Kenntnis dieser photographischen Methoden und machte seinerseits erst im Jahre 1839 die Beobachtung, daß das Hyposulfit ein ausgezeichnetes Fixiermittei sei. (Vergl. weiter unten.)
Im Jahre 1821 entdeckte Faraday, daß sich Jod mit ölbilden- dem Gas (Äthylen) zu einer kristallisierenden Verbindung vereinigt, wenn man beide den Sonnenstrahlen aussetzt^) und daß sich Kohlen- stoffperchlorid unmittelbar aus Äthylen und Chlorgas darstellen läßt, wenn man das zuerst hierbei entstehende öl mit überschüssigem Chlor- gas den Sonnenstrahlen aussetzt.-)
Im selben Jahre fand Henry, 3) daß das Sumpfgas im Finstern durch Chlor nicht zersetzt wird, sondern nur unter der Mitwirkung dos Lichtes.
Kastner erwähnt, an Robinsons ältere Angabe (s. S. 80) an- knüpfend, daß die Lichtstrahlen, welche durch Wasser gegangen sind, (las Hornsilber (Chlorsilber) purpurschwärzlich färben, während in der- selben Zeit und unter sonst gleichen Bedingungen das durch Salpeter- säure gegangene Licht das Hornsilber kaum grau werden ließ, d. h. letzteres absorbierte viel mehr chemisch wirksame Strahlen als Silber — eine Bestätigung der Robinsonschen Vermutung (1787).*)
Über die Zersetzung wässeriger Silbernitrat -Lösungen stellten Wit- fing und Zimmermann Versuche an.
Witting studierte das Verhalten der Silbernitrat-Lösung gegen einige Gase und fand,^) daß Kohlenoxyd, Wassei*stoff, Phosphorwasser- stofigas auch im Schatten Färbungen und Präzipitate geben, dagegen bei mit Kohlensäure gesättigtem Wasser mit Silbernitrat im Schatten selbst
1) Annais of Philos. 1821. Janur. Schweiggers Journal für Chemie und Physik. 1821. XXXI, 490.
2) Schweiggers Journal für Chemie und Physik. 1821. XXXIII, 231.
8) Annais of Philos. 1821. September. Schweiggers Journal für Chemie und Physik. XXXIII, 233.
4) Buch ner und Kästners Repertorium für die Pharmacia. 1822. XIH, 44.
5) Buchners Repertorium für die Pharmacie. 182.3. XIV, 467.
nach kurzer Zeit eine violette Färbung (anfangs ohne Niederschlag] entstehe.*)
Im Jahre 1823 studierte Rudolf Brandes die kampfersauren Salze näser and fand, daß das Silbersalz weiß ist, im Liebte aber ins Bräun- liche geht*)
, Durch den im Jahre 1821 bei Gießen gefallenen sogen. Blutregen angeregt, ontemahm W. Zimmermann weitere Untersuchungen über die „wisserigen Meteore" (Regenwasser). Er fand in denselben einen geringen Salzgehalt and organische Substanzen. Er spricht im Laufe seiner Unter- sacfaang von einer merkwürdigen Verschiedenheit, welche die Meteor- wSsser gegen Silbemitrat zeigen. Entweder gaben die mit Silbernitrat- lösang versetzten Wässer eine Trübung oder nicht. Im ersteren Falle donkelt entweder die Trübung aro Sonnen- oder Tageslicht ins Blau- graue, Violette und setzt schließlich einen schwärzlichen Bodensatz ab (Zimmermann Echließt dann auf vorwaltende Chloride), oder es ändert sich die Farbe ins Gelbrote, Weinrote und endet mit Purpur, schließ- lich setzt sich ein violettbrauner Niederschlag ab (Schluß: daß Chloride und organische Substanzen zugegen sind).")
Im zweiten Falle durchlaufen die mit Silbersalz gemischten Wässer denselben Kreis von Gelbrot zu Purpur (Vorwalten der organischen Substanz), oder sie bleiben unverändert und zeigen nur etwa einen An- klang ans Rötliche (das Wasser ist arm an organischer Substanz und an Chloriden).
Weitere Versuche über photochemische Prozesse verdanken wir Johann Wolfgang Döbereiner (* 1780, f 1849), welcher erst Pharma- zeut, dann chemischer Fabrikant war und seit 1810 als Professor der Chemie, Pharmazie und Technologie an der Universität zu Jena wirkte. In seiner „Pneumatischen Chemie" (182ö. 5. Teil, S. 103) erwähnt er, daS ein Gemisch von Jod, Alkohol und schwefliger Säure sich nur im Sonnenlichte rasch entfärbt und lange Schwefelkristalle ausscheidet.
Es gelang Döbereiner 1826 das Clilorplatin aus seiner Lösung im Liebte zu reduzieren, indem er die Lösung mit einer Solution von neutralem weinsaurem Natron bis zur beginnenden Trübung vermischte und dann durch mehrere Tage dem Sonnenlichte ausset/.te. Das Platin wurde dem größten Teile nach reduziert und lagerte sich auf der inneren Fläche der Röhre in Gestalt von dünnen schwarzgrnuen Plättchen ab. Als
1) Bas Vfaxeei, resp. die Kohlensäure, müssi'n mil eigaDischt.>n Substanzeu veniDTeinigt gewesoD s«in.
2) SahweiggorB Joura. f. Chem. uud Physik. 1823. XXXVIII, 21)ö.
3) KaBtnor, Aroliiv für die gesamte Naturlehie. 1821. I, 2.')7.
134 Erster Teil. Vierzehntes Kapitel.
er die Röhre entleerte und hierauf mit Wasserstoff füllte, so nahm das reduzierte Metall eine schöne Silberfarbe an. Bei diesem Reduktions- prozeß wird nach Döbereiner die Weinsäure in Kohlensäure und Ameisensäure verwandelt.^)
Im Jahre 1826 entdeckte Baiard das Brom. Er beschreibt in seiner „Memoire sur une substance particuliöre contenue dans i'eau de la mer" (Annal. Chim. Phys. 1826. Bd. 32, S. 337) verschiedene Brgra- salze, wie Bromkalium, Bromammonium usw. und sagt über das Brom- silber: „Salpetersaures Silber bringt in brom wasserstoffsauren Salzen einen käsigen Niederschlag von Bromsilber hervor. Diese Verbindung, welche eine blaß -zeisiggelbe Farbe besitzt, schwärzt sich, wenn sie noch feucht dem Lichte ausgesetzt wird, aber weniger leicht als Chlor- silber". Das bromsaure Silber fand er ziemlich lichtbeständig.
Eine Verwendung des Bromsilbers zu photographischen Prozessen wurde aber erst nach der Publizierung der Daguerreotypie gemacht {s. u.).
Fischer^) publizierte im Jahre 1826 zuerst die Beobachtung, daß Silbernitrat im Lichte mit verschiedener Farbe reduziert wird, je nach der Natur der beigemengten organischen Substanzen; bei Gegen- wart von Gummi wird die Färbung rotbraun bis dunkelviolett, mit Zucker ganz schwarz. Stärke zeigt das Mittel. Dadurch wurde die Beobachtung Grindels über die photochemischen Eigenschaften des Silberalbuminates ergänzt.
Im Jahre 1826 untersuchte Casaseca die Einwirkung des salpeter- sauren Silberoxydes auf vegetabilische Substanzen, insbesondere auf Lösungen von Gummi, Zucker, Stärkenmehl, Wein, Alkohol, Galläpfeln, Kaffee, Tee, Süßholzwurzel. Erfand, daß insbesondere Tee, Kaffee und Galläpfel-Infusum aus Silberlösungen rasch metallisches Silber reduziere und daß Ammoniak, Kali und Natron diese Reduktion sehr befördere.*) „Das Licht scheint bei diesen Reaktionen keine Rolle zu spielen, sagt Casaseca, wie ich mich durch einen direkten Versuch überzeugte."
Brandes und Reimann knüpften an Zimmermanns Versuche mit Silbernitratlösung an und operierten mit Lösungen, die 1 Proz. Silbernitrat enthielten. Bei diesen Versuchen wurde Wasser mit den betreffenden organischen Substanzen längere Zeit in Berührung gelassen,
1) Schweiggers Journal f. Phys. u. Chem. 1826. 47, 122. Auch Kastners Archiv für die gesamte Naturlehre. 9, 342.
2) Kastners Archiv für die gesamte Naturlehre. 1826. Bd. IX, 8. 345.
3) Journal de Pharmacie. April 1826 209. Trommsdorffs Neues Journal der Pharmacie. 1826. XIII, 216. — Man darf nicht übersehen , daß die stärker reduzierende Kraft alkalischer Gerbstoffe in der Photographie (gelegentlich der Eiafahning der alkalischen Hervorruf ung) später eine große Kollc spielte.
salz veisetzt
Das Resultat war folgendes:^)
-^Ä-ä^ |
Veränderung im Tagoslicht« |
Veränderung im Finstern nach 2 Wochen |
||
DUb lastmideii |
n*ch IM Stund«! |
nath 3— 4 Tagen |
||
OrtDM Blatt |
i&tL nrbuiig |
gesättigt rote |
dunkel rioletter Nieder- |
geringer violet- |
Fftrfung |
schlag in der geklärten Lösung |
ter Nieder- schlag |
||
Blnmanataiib |
do. |
do. |
galbrote trühe I/iaung |
seh wach bräun- |
detKainilleD |
licher Boden- satz |
|||
keine Ände- |
schwach wein- |
brSunlicbo Florken in der |
gelbliche Fär- |
|
rung |
gelbe Färbung |
gelben Flüssigkeit |
bung |
|
Kork |
rötlich opali- |
braunrot opa- |
röÜich opalisierend ohne |
keino Änderung |
liaiorend |
Usiorend |
Niederschlag |
||
Papi« |
keine Ände- |
schwach vio- |
purpurfarbigo Flocken |
kaum merklich |
rung |
lette Färbung |
vorändert |
||
Zucker |
schwach brau- |
stark braun |
pu rpu rfarbo norllud unsatz |
violette Fitrbuug |
ne Färbung |
aus klarer I^sung |
ohne Siodor- scliia« keine Änderung |
||
Gnnum |
keine Ände- |
violette Fär- |
grau violett |
|
rung |
bung |
|||
Leim |
do. |
rötlicho Fär- |
i-otlichbraunor Nieder- |
keino Yoriiude- |
bung |
suhlag aux der geklär- ten Flüssigkeit |
rung |
||
Äther, Alko- |
do. |
keine Verände- |
rötlicblicho Fiirbuug und |
keine Verände- |
boloderithe- |
rung |
Ausscheidung einiger |
rung |
|
risohe Öle |
schwärzlicher Flocken |
|||
Leder |
keineVerände. |
^icbwach gelb- |
brauner Bodensatz aus |
höchst geringer |
rang |
lichrote Ellr- bung |
d. entfärbten Flüssigkeit |
Bodensatz |
|
Roher Eang |
schwach röt- |
vermehrte |
koine Verände- |
|
liohe Trübung |
Trübung |
rung |
||
B(die Holi- |
schwach grau- |
meh r grüulii.-h. |
schwacher Nioder^hlag |
ein geringer |
eaeigsÜDre |
braune Trü- |
Trübung |
in der sr-hwach grün- |
griinl. Beden- |
bung |
lichen Flüssigkeit |
satz |
Aus diesen Versuchen schließen die Vcrfassui', dalt die »leisten organischen Stofie unter BegÜDStiguug dos Ijchtes zersctaeud auf das salitetersaure Kilbor wirken und daß die versehledcD farbigen Trübungen und Niedci'si.'lilii;;(> wolil dazu dienen ktanen, la fieaktioneo benutzt zu werden.
Im Jahre 1827 veröffentlichte Ür. (justav f^uckow eine f^okriinte Preissohiift „De lucis effectibus chemicis in corpora orf^anica et organis desbitata'^, woriD er insbesondere dicduroli das Licht bewirkten Abscbeidangsprozesse in organischen Körpern (Pflanzen usw.) besprach and sioh bauptsäcblich auch auf ältere Yersiiciie an<lcrer Natiiifürscher bezog. (Über die Erweiterung dieser Schrift im Jahre 1832 s. u.)
1) TrommadorrfB Neues Jourual der Pharniacic.
ISaii. XLI, lOll.
136 Erster Teil. Vierzehntes Kapitel.
Gustav Wetzlar 1) veröffentlichte im Jahre 1828 „Beiträge zur chemischen Geschichte des Silbers", worin er insbesondere das Subchlorid des Silbers ins Auge faßte. Da diese Versuche für lange Jahre maß- gebend blieben, so muß hier näher auf sie eingegangen werden. Unter den Biiduügsarten des Subchlorides führt er die Einwirkung des Lichtes auf Chlorsilber an. Er sagt, daß man bis dahin das geschwärzte Chlor- silber meistens für ein Gemenge von metallischem Silber mit Chlorsilber gehalten habe, wozu der Scheelesche Versuch Veranlassung gab, nach welchem Ammoniak das Chlorsilber auflöst und metallisches Silber zurücklasse. Wetzlar bemerkte nach der 24 stündigen Einwirkung von Sonnenlicht auf Chlorsilber mit Wasser einen starken Chlorgeruch (was allerdings Fischer schon im Jahre 1814 konstatiert hatte); er fand, daß im Lichte geschwärztes Chlorsilber mit Salpetersäure nicht lichter wird, was nach seiner Ansicht geschehen müßte, wenn die Schwärzung durch metallisches Silber herbeigeführt wäre. Er nennt das im Lichte entstandene dunkle Chlorsilber „Silbersubchlorid". Dieses spaltet sich nicht nur mit Ammoniak, sondern auch beim Kochen mit starker Kochsalzlösung. Auch Eisenchlorid und Kupferchlorid stellt die weiße Farbe des Chlorsilbers wieder her. Diese Abhandlung Wetzlars ver- anlaßte Fischer zu einer Gegenschrift „Über die Natur der Metall- reduktionen" (Breslau, bei Max & Co., 1828), worin er seine berech- tigten Prioritätsansprüche mit bezug auf seine im Jahre 1814 erschienene Schrift (s. 0.) geltend macht.
Wetzlar schrieb am 26. Oktober 1827, daß das aus wässerigen Lösungen kristallisierte Chlorsilber- Chlornatrium nicht lichtempfindlich sei.2) ^^ Merkwürdig ist es, daß, während das Hornsilber von allen Silber- salzen das empfindlichste gegen den Einfluß des Lichtes ist, die Ver- bindung desselben mit dem Chlornatrium nicht im mindesten vom inten- sivsten Sonnenlichte affiziert wird. Auch die Lösung des Doppelsalzes erleidet im Lichte durchaus keine Veränderung." Diese Angabe ist insofern von Interesse, als die Löslichkeit von Chlorsilber in Chlornatrium Daguerre zuerst benützte, um seine Photographien auf Metall mit Koch- salzlösung zu fixieren.
Mitscherlich fand 1827, daß das salpetersaure und das schwefel- saure Silberoxydammoniak an der Luft bei Lichtabschluß unveränderlich sind, aber im Tageslichte geschwärzt werden.^)
1) Journal d. Chem. u. Pliysilr von Schwoigger-Seidel. 1828. XXV, 8.467.
2) Schweiggers Joarn. f. Chemie und Physik. 1827. 51, 371.
3) Poggendorffs Annal. 1827. 9, 413. Berzelius, Jahresbericht über die Fortschritte der physischen Wissenschaften. 8, 183.
Botdeobung der Photographie io natüilichon Farben diiiLh Scebeck uuw. 137
Es warde nacheinander die Ltchtempfindlicbkeit des salpetrig- saaren Silbers von Hess,') des ctiinasauren Silbers von Henry und Feisson^, des borsaaren Silbers von Rose,^) des pyropbosphorsauren Silbers von Stromeyer,*) des Qbercblorsauren Silbers von SeruÜas,*) des brenztmnbensauren Silbers von Berzelius,") des milchsauren Silbers von Felouze and Qay-Lussac') entdeckt.
Ldwig fand, daB eine Lösung von Quecksilberbroniid sich im Sonnenlichte in Qaecksilberbromür und Brom wasserstoffsäure „ohne Zweifel nnter Freiwerdung von Sauerstoff" zei'setzt. Nach Zusatz von Salmiak konnte er keine Zersetzung walirnehmen.^)
Über die Licbtemplindlichkeit der Quecksilbersaize äußerten aicfa femer Carbonell betrefiend das weinsaure Quecksilberoxydkali,^) Harff betreffend das essigsaure,"*) Oxalsäure, woinsaure, brenzweinsaure, i^lsanre, benzoesaure und zitronensaure Quecksilber,") E. G. Burk- bardt über ungefähr dieselben Salze'^) und Artus bezüglich des Queck- silberjodürs im Jahre 1836; es ist zu bemerken, daü diese Autorer. TOD ihren Yoigängem, welche die Lichtempfindlich keit einiger dieser Quecksilbersalze bereits früher beschrieben hatten und welche wir oben angeführt haben, nichts erwähnen.
Der bereits auf S. 133 erwähnte Professor Döbereiner beschäftigte sich viel mit photocbemtscben Arbeiten. Er beschrieb 182IJ die Licht- empGndlichkeit des Platinchlurids in alkoholischer Lösung, sowie des Natriamplatincblorids, gemischt mit Alkohol und Ätzkali.''*)
Femer teilte im Jahre 1831 Döbereiiier in seiner Abhandlung „Zar chemischen Eenntni» der Imponderabilien in der anorganischen Natur" zahlreiche schätzbare Beobachtungen mit.'^) Er fand, daß das
1) Poggendorffs Anoal. 1SS8. Bd. 12, S. 2Ö1.
2) Joum. de Pbarmae. 1829. S. ;iOO.
3) Poggeudor/fs Aonal. 18% Üü. l!l, S. l.')3.
4) SohweiggerB JourDal. 1830. Bd. 58. S. 128.
5) AddbI. de cbim. et de pbys. 1831. IM. lli, S. :J02.
6) PoggeDdorffs Anoal. IK35. Bd. 30, S.2T.
7) Annal. da ohim. et phys. 1H33. IW. 52, S. JIU.
8) PoggendorffB Ännalen. 1828. XIV, 485.
9) Journal de Fbarmacie. 1833. UuchncrN l^H;rt<)l'. für Pbarjnauiu. 1S34. Bd. 47, 8. 71.
10) Die IJohtempfindlicbkeit des ossigsauren t^HCutsillerox.vdiilK butto buii^il^ Oarot (JouTD. de Fbarmacie. 1826. S.4Ü4) urwäbnt.
11) Archiv d. Pharmacie. 1836. Bd. .'.5, S. 246.
12) „Über TerbiDdtmgea der Quecheilberoxydn mit orf^-anisdiun Säurta'', Aii'Uiv d. FbwnuKrie von Brandes. 1837. Bd. II, S. 2.'iO.
13) Scbweiggors Journal d. Chemio n. i'by»ik. 1828. Bd. 54, S. -114 u. 41l>. U) Ibid. 1831. Bd. 62, S. 8ö.
138 Erster Teil. Viorzohntes Kapitel.
purpurrote oxalsaure Manganoxyd (Manganioxalat) im Lichte (sowie in der Wärme) rasch zersetzt wird.
Von viel größerer Bedeutung ist die von Döbereiner in der- selben Abhandlung (1831) veröffentlichte Entdeckung der Lichtempfind- lichkeit des Oxalsäuren Eisenoxyds (Ferrioxalat), welcher photo- chemische Prozeß für die spätere Erfindung der Cyanotypie, des Platin- druckes usw., sowie für die zahlreicher Photometer von den nachhaltigsten Folgen war.
Döbereiner beobachtete, daß eine Lösung von oxalsaurem Eisen- oxyd beim langen Aufbewahren oder mehrstündigen Erwärmen nicht verändert wird. In der Sonne aber entwickeln sich in kurzer Zeit reich- lich viele Bläschen von Kohlensäure. Die Flüssigkeit wird nach und nach trübe und setzt unter fortwährender Gasentwicklung kleine glänzende, zitronengelbe Kristalle von Ferrooxalat oder oxalsaurem Eisenoxydul ab (er nannte dieses Produkt „ Licht- Humboldtit"). Er stellte auch fest, daß auf 1 Äquivalent Kohlensäure 2 Äquivalente oxal- saures Eisenoxyd ausgeschieden werden.^)
Gleichzeitig teilte Döbereiner mit, daß Platinchlorid mit Oxalsäure im Lichte metallisches Platin nebst Kohlensäure und Salz- säure gibt, sowie daß Goldchlorid und Oxalsäure sich im Lichte rascher als im Dunkeln zersetzt (a. a. 0.) und die braune Auflösung von Iridium- salmiak in einer Mischung mit Oxalsäure lichtempfindlich sei.
Die später in der Photographie als Entwickler so wichtige Pyro- gallussäure stellte Braconnot im Jahre 1831 rein her*) und fand auch, daß dieselbe aus Silbernitratlösungen rasch metallisches Silber reduziert, Gallussäure dagegen nur sehr allmählich.
Im Jahre 1832 haben wir ein photochemisches Werk zu verzeichnen, welches ähnlich wie dasjenige von Link und Heinrich (s. S. 109) einen Gesamtüberblick über die chemischen Wirkungen des Lichtes zu geben beabsichtigte: Nämlich „Die chemischen Wirkungen des Lichtes^' (Darmstadt 1832) von dem deutschen Naturforscher Dr. Gustav Suckow, welcher ebenso wie Döbereiner Professor an der Universität zu Jena war. Dieses Werk Suckows war eine Erweiterung seiner älteren (auf S. 135 erwähnten) Schrift Er teilt den Stoff nach der Phlogistontheorie
1) Über die Zersetzung dieses Salzes im farbigen Lichte hat Suckow (Über die chemischen Wirkungen des Lichtes. 1832. S. 27) Versuche angestellt und gefunden, daß die Zersetzung am raschesten im weißen und violetten verläuft, langsamer im blauen und noch langsamer im grünen. Gelbes und orangerotes Licht brachten keine Veränderung hervor.
2) Schwoiggers Journ. 1831. Bd. 02, S. 455. Annal. de chim. et pbys. Bd. 46, S 206.
onmittelbar auf die Hiscfaung der Stoffe bezogen werden" (z. B. Ver- einigDDg tod Chlor und Wasserstoff) usw.
Frofeesor Suckow Dimmt einen hervorragenden Platz in der Ge- schichte der Photochemie ein, denn er war der Erste, welcher entdeckte, daß das Ealiumbicliromat iii Mischung mit einer organischen Substanz lichtempfindlich sei. Wenn ich auch konstatiert habe, daß die Lichtempfindlichkeit des Süberchromates bereits vonVauquelin im Jahre 1798 gefanden worden war (s. Seite 92), so ist doch für die Geschichte der Photographie die Entdeckung von hoher Wichtigkeit, daß, wie bereits im Jahre 1832 von Suckow konstatiert wurde, die cbromsauren Salze auch bei Abwesenheit von Silber liclitemp&nd- lich sind, wenn man organische Substanzen zusetzt, indem dann im lichte niedrigere (grüne) Oxydationsstufen des Chroms entstehen. Die betreffende Stelle im angegebenen Buche Suckows lautet:
„Setzt man eine Auflösung von zweifach chromsaurem Kali und zweifach schwefelsaurem Kali der Einwirkung des Sonnenlichtes aus und bestreut das efRoreszierte Salz an verschiedenen Stellen mit gepulvertem Zucker, so bildet sich die schönste farbige Moos Vegetation. . . . Durch die Beleuchtung wird nämlich in diesem Prozesse ein Teil des Säurestoffs der Chromsiiure ausgeschieden, so daß dadurch grünes (!) chromsäuerliches Kali gebildet wird." Gleichzeitig erwähnt er, daß diese Erscheinung nur hinter blauem und violettem Glase, nicht aber hinter gelbem hervortritt.
Diese Entdeckung Suckows wurde bis jetzt in der Geschichte der Photographie gänzlich übersehen.
Das Silbemitrat wird nach Suckow (Über die chemische Wirkung des läcbtes. 1832. 35] sowohl in festem, als in gelöstem Zustande im lachte and zwar insbesondere im violetten, blauen und grünen, redu- ziert; nach längerer Lichtwirkung scheiden sich kleine Fütter von metallischem Silber ab. Er erwähnt ferner, daß die Anwendung einer wässerigen, mit Gummi und Tusche vermischten Silbernitratlösung als Zücbentinte auf Leinwand usw. auf der Zersetzung im Lichte beruht
Suckow schreibt über das Jodsilber a. a. 0.:
„Unter denselben Bedingungen und gleichzeitiger Zersetzung des Wassers, aber etwas langsamer als im Chloi-silber, findet tm Jodsilber nach anhaltender Beleuchtung sowohl des farblosen, als auch einiger Arten des farbigen Lichtes und xwar besonders durch das violette und blatte, nicht aber durch das rote und gelbe, eine mit Bräunung be- ginnende und mit Schwärzung des Salzes endigende partielle Keduktion des SUbers statt." (Tergl. S. 127 und 128.)
140 Erster Teil. Vierzehntes Kapitel.
Rotspießglanzerz verliert nach Suckow (a. a. 0.) an der Sonne seine Durchsichtigkeit; die an der Oberfläche beginnende Trübung setzt sich allmählich dann von selbst ins Innere fort. — Der übrige Teil des Buches Suckows ist den Einwirkungen des Lichtes auf den Pflanzen- und Tierorganismus gewidmet und hat für uns hier kein spezielles Interesse.
Im Jahre 1833 war Liebig der Entdeckung des Fixations- mittels für Chlorsilberbilder so nahe gekommen, daß er ohne Zweifel die präzise gestellte Anfrage — „wie läßt sich aus einem Lichtbilde auf Chlorsilberpapier das unzersetzte Chlorsilber derartig ent- fernen, daß es hinterher nicht mehr nachdunkelt?' — sofort beant- wortet hätte.
Er beschrieb ein „Verfahren, um Zeichnungen oder Flecken von sog. unverlöschlicher Tinte (salpetersaures Silberoxyd) aus Zeugen zu bringen".^) Dies bestand darin, daß die schwarze Stelle mit Chlor- wasser behandelt wurde, bis sie weiß war, dann wurde sie mit Ätz- ammoniak Übergossen. „Wenn man versäumte, das gebildete Chlor- silber durch Ammoniak hinwegzunehmen, fügt Liebig hinzu, so würde man nach dem Trocknen die Flecken ebenso schwarz als anfangs wieder erscheinen sehen."
Im Jahre 1834 erschien das gute Sammelwerk von Landgrebe, „Über das Licht", welches in meiner vorliegenden Geschichte häufig angeführt ist. Im selben Jahre veröffentlichte F. P. Dulk seine nunmehr sehr selten gewordene lateinische Schrift über die chemischen Wirkungen des Lichtes: „De lucibus efifectibus chemicis. Commentatio, qua viro illu- stratissimo Trommsdorff ad festa doctoratus semisecularia condecorundo gratulata ordo philosophorum in Universität« Regimontana, interprete F. P. Dulk. Regimontii. 1843." Wir müssen diese Schrift besonders beachten, weil Dulk seine Aufmerksamkeit insbesondere den chemischen Wirkungen des farbigen Lichtes zuwendete. Er weist darauf hin, daß man Gegensätze in der Wirkung der beiden Enden des Farbenspektroms nachzuweisen suchte (s. Ritter usw., oben). Dulk suchte der Frage durch Untersuchungen über das Verhalten verschiedener Substanzen unter farbigen Gläsern, während einer Beobachtungsdauer von 3 Monaten, näher zu treten. Seine Versuche ergaben, daß Quecksilberoxyd unter &rb- losem Glase (indem es sich schwärzt) 0,9 Proz. an Gewicht verloren habe, dagegen unter violettem Glase 0,5 Proz., unter grünem 0,2, unter rotem 0,1 Proz. Chlorsilber hatte sich hinter rotem Glase nicht verändert,
1) Aiioalen der Pharmacie. V, 290. Erdmanns Journal für teohnisohe and ökonomische Chemie. 1883. XVIIl, 348.
bbt Da Dulk fand, daß sein im Liebte gedunkeltes Cblorsilber voq SalpetersSare unter Auflösung; von Silber weiß gefärbt werde (Gegensatz zu Fiscber and Wetzlar!), so schloß er, dalt im Liebte metallisches Silber gebildet werde. Silberoxyd wurde nur hinter weißem, violettem und grünem Glase (nicht hinter rotem) redu7Jert. Die Schluß- folgerungen Dalks aus seinen Versuchen (deren wichtigste hier mit- geteilt sind) waren: Das weiße Licht wirkt am stärksten, dann folgt das violette und grdne; eine verschiedenartige Einwirkung der ent- gegmgesetzten Enden des Spektrums auf chemische Verbindungen nahm er nicht an.
In das Jabr 1834 fällt auch die Publikation einer unbedeutenden Notiz durch den Pfarrer Philipp Hoffmeister, welcher unbestimmte Ideen über die Herstellung von Lichtpausen durch ..einen Firnis'^ (?) entwickelte, ohne dabei nur im entferntesten einen Erfolg nachweisen zu können oder nur annähernd so weit zu kommen, als Wedgewood oder Niepce nachweislich mit der Erzeugtmg der Lichtbilder bis dahin schon gekommen waren.') Wir würden auf die^e Publikation mit einem
1) Dia angebliche Rrfiudung dur Photograpliio diircb den Pfarrer Philipp Hoffmeister erregte iu den letzten .luliren vorübergeheud die Aufmerksamkeit. Hoffmeister bitte eiae Selbst biograiihk- vcrfaCt, welulio in der Fortsetzung von Strieders GelehrtenlexikoD iKassül. 18(i3. ISd.l, 8. Ül) euthalten ist und auf welche das KasselerTageblatt vum 19. Okt. 18:^7 uuil siiäk-r photographisi^he Fachjournale (Phot. Coiresp. leST. S. .'ilS. Pbot Naohrirliteii. 18tiU. S. :t87) aufmurksam machteu: in dieser Biographie erhebt üoffmetster den Anspruch, der Erfinder der Photo- graphie in sein; er sagt. Dicht Daguerru, soiiduni ihm i;abühre die Priorität der Erfindnng, und Hofrat Honnlukc, der Herausgeber des „Allgenieinou An- leiger and Nationalieitung der Deutschen", trat leblinft für die Ansprüclio IIi)ff- maisters ein.
Hoffmeister hatte iin,,Aligemeincn Anzeiger und Satiunalmtung der DoutMuhen" (Heraiugeber Hennicke zu Gotha) im Jahre IS34 (Nr. mt) einen Artikel „Von den Orenien der Holzschneidekunst, Rnwic auch einige Worte über schwarze Hilder" ge- sohiieben, worin er sagt: „Man erlaube dem Unterzeichneten (HolTmcisterl utnige An- deutungen, wie durch die Sonne selbst Geniälde und Kiijireiäticbe hervorzubringen seien. Jedermann weiß, wie manche . . , Farben duirh die Sonne verlilcicbon', denke man sich daher eine Tafel mit einer solulicn Farbe bestrichen, auf welche licslimmte Oestdten Schatten werfen, den Sonnenstrahlen nusgesetzt, so würde dadurch 1)ald ein monoobromatJaohes OemtUde entstehen, dem mau tmi' durch einen Firnis Festigkeit an geben brancbte. Femer konnte man eine Tafel mit einem Firnis ül>cr/ieben, dei' in der Sonne angenhlicklich trocknet, im Schatten aber noch fest genug ist, um einen Farbenstaub aiininebmen und so mit leichter Mühe vielfarbige Gemälde hervorbringen. . . Kidliob lieBe sich bei einer Kupferplatte oder beim Steindrucke die Sonne als Enpfer- steoher gebranohen, da sie jede Feuchtigkeit schneit anzieht and ein Atzwusser ent- weder befördert oder desaeii Kraft aufhellt, den Stein zni- Ann3liim> der Scliwiirzu
134 Erster Teil. Vierzehntes Kapitel.
er die Röhre entleerte und hierauf mit Wasserstoff füllte, so nahm das reduzierte Metall eine schöne Silberfarbe an. Bei diesem Reduktions- prozeß wird nach Döbereiner die Weinsäure in Kohlensäure und Ameisensäure verwandelt.^)
Im Jahre 1826 entdeckte Baiard das Brom. Er beschreibt in seiner „Mömoire sur une substance particulidre contenue dans Teau de la mer" (Annal. Chira. Phys. 1826. Bd. 32, S. 337) verschiedene Brgm- salze, wie Bromkalium, Bromammonium usw. und sagt über das Brom- silber: „Salpetersaures Silber bringt in bromwasserstofFsauren Salzen einen käsigen Niederschlag von Bromsilber hervor. Diese Verbindung, welche eine blaß -zeisiggelbe Farbe besitzt, schwärzt sich, wenn sie noch feucht dem Lichte ausgesetzt wird, aber weniger leicht als Chlor- silber". Das bromsaure Silber fand er ziemlich lichtbeständig.
Eine Verwendung des Bromsilbers zu photographischen Prozessen wurde aber erst nach der Publizierung der Daguerreotypie gemacht (s. u.).
Fischer^) publizierte im Jahre 1826 zuerst die Beobachtung, daß Silbernitrat im Lichte mit verschiedener Farbe reduziert wird, je nach der Natur der beigemengten organischen Substanzen; bei Gegen- wart von Gummi wird die Färbung rotbraun bis dunkelviolett, mit Zucker ganz schwarz. Stärke zeigt das Mittel. Dadurch wurde die Beobachtung Grindels über die photochemischen Eigenschaften des Silberalbuminates ergänzt.
Im Jahre 1826 untersuchte Casaseca die Einwirkung des salpeter- sauren Silberoxydes auf vegetabilische Substanzen, insbesondere auf Lösungen von Gummi, Zucker, Stärkenmehl, Wein, Alkohol, Galläpfeln, Kaffee, Tee, Süßholzwurzel. Erfand, daß insbesondere Tee, Kaffee und Galläpfel -Infusum aus Silberlösungen rasch metallisches Silber reduziere und daß Ammoniak, Kali und Natron diese Reduktion sehr befördere.*) „Das Licht scheint bei diesen Reaktionen keine Rolle zu spielen, sagt Casaseca, wie ich mich durch einen direkten Versuch überzeugte."
Brandes und Reimann knüpften an Zimmermanns Versuche mit Silbernitratlösung an und operierten mit Lösungen, die 1 Proz. Silbernitrat enthielten. Bei diesen Versuchen wurde Wasser mit den betreffenden organischen Substanzen längere Zeit in Berührung gelassen,
1) Schweiggers Journal f. Phys. n. Chem. 1826. 47, 122. Auch Kästners Archiv für die gesamte Naturlehre. 9, 342.
2) Kastners Archiv für die gesamte Naturlehre. 1826. Bd. IX, S. 345.
3) Journal de Phannacie. April 1826 209. Trommsdorffs Neues Journal der Pharmacie. 1826. XIII, 216. — Man darf nicht übersehen , daß die stärker reduzierende Kraft alkalischer Gerbstoffe in der Photographie (gelegentlich der Einführung der alkalischen Hervorrufung) später eine große Bolle spielte.
salz Tonetet
Das Resultat war folgendes:')
Te 12 9t<ud«n |
ftuderuDg im Tageslichtt: L>iS™^,» ! ■"«'h 3-4 Tagen |
Veränderung im Finsteni nach 2 Wochen |
||
Orflnea Blatt |
rtÜ. rarbung |
gesättig, roie |
dunkel violetter Nieder- |
geringer violet- |
Fitrbu.ig |
schlag in der geklärten Lösung |
ter Nieder- schlag |
||
do. |
do. |
gclbrote trttbo Usung |
schwach bräun- |
|
der EatnüleD |
licher Boden- satz |
|||
Lycododiam |
fceiae Ändo- |
schwach wein- |
bräunliche Flocken in der |
gelbliche Fär- |
rong |
gelbe Fiirbuag |
gelben Flüssigkeit |
bung |
|
Kork |
rötlich opali- |
braunrot opa- |
lütUch opalisieiend olinc |
kcino Änderung |
lisiereDd |
lisierend |
Niederschlag |
||
P»pier |
keine Aede- |
schwach vio- |
purpurfarbige FloL'koD |
kaum merklich |
ruDg |
lette Fiirbung |
verändert |
||
Zucker |
schwach brau- |
stark braun |
)>urpurfavbcnorl)wtuiisatz |
violette Färbung |
ne Jlrbuug |
aus klarer Losung |
ohne Nieder- scblag keine Änderung |
||
ßnaimi |
keine Ände- |
violette Fär- |
grau violett |
|
rung |
bung |
|||
Leim |
do. |
rütlicho Fär- |
keine Veründe- |
|
bung |
schlag aus der geklär- ten Flüssigkeit |
rung |
||
Äther, Alla- |
de. |
keineVorTinde- |
rötliublicho Färbuiig und |
keine Verände- |
holoderäthe- |
ruDg |
Ausscheidung einiger |
rung |
|
riiche Öle |
schwärzlii-her Flocken |
|||
Leder |
keineVerftnde- |
schwach «elb- |
brauner Bodensatz ans |
höchst geringer |
rui-g |
lichrote Fär- bung vermehrte |
d. entfärbten Flüssigkeit |
Bodensatz |
|
Roher Es8ig |
schwach rdt- |
purpurroter Niodorsehlaj; |
keine Verände- |
|
lioheTriibuDg |
Trübung |
rung |
||
Bohe HolE- |
schwach grau- |
inohr grün lieb. |
schwacher Niederschlag |
ein geringer |
essigsäare |
braune Trü- |
TrübuHg |
in der schwach grün- |
grünl. Boden- |
bung |
lichen Flüssigkeit |
satz |
Ana diesen Versuchen schließen die Vcrrnsscr, dnll die meisten organischen Stoffe unter Begünstigung des Lichtes zersetzend auf das Salpetersäure Kilber wirken und daB die verschieden farbigec Trübungen und Niederscliliigc wohl dazu dienen kOomii, zn Beaktionen benutzt zu werden.
Im Jahre 1827 veröffentlichte Dr. (justav 8uckow eine pekrüntc PreiBschrift ,,De lucis effectibus cliemicis in corpora organica et org;anls desbituta", worin er insbesondere dieciiiroli lia^i Licht bewirkten Abscheidungsprozesse in organisclien Körpern (Ptlanzon usw.) besprach and sich hauptsächlich auch auf altere Vcrsuclio anderer Naturforscher bezog. (Über die Erweiterung dieser Schrift im Jahre 1882 s. u.)
1) TrommsdorffB Nouos Journal der Phannacio. lB2l). XII, 100.
144 Erster Teil. VierzehDtes Kapitel.
Substanzen, mit welchen die Experimente gemacht werden: 8. Chloroxyd . . \
Wirkung:
werden in Chlor und Sauerstoff zersetzt.
gibt Sauerstoff ab (?). verliert Sauerstoff.
wird reduziert.
9. Chlorige Säure
10. Schwefelsäure
11. Salpetei-säure
12. Gold und Silber mit ätherischen Ölen
gemischt
Über die chemischen Wirkungen des farbigen Lichtes macht Fiedler nur eine kleine Notiz, nach welcher das violette Licht den größten Effekt ausüben soll, welcher dem des weißen Lichtes nahe kommt; dann folgt das blaue, grüne und rote Licht.
Im Jahre 1836 veröfiFentlichte Theodor von Torosiewicz in Lem- berg einen sehr bemerkenswerten Artikel über das Aufbewahren der Arzneimittel in gefärbten Gläsern.^) Er weist darauf hin, daß schon mehrmals in chemisch - pharmazeutischen Zeitschriften das Bedürfnis erörtert wurde, den Glasgefäßen in der Offizin und in der Materialien- kammer solche Beschaffenheit zu geben, daß sie vor dem verändernden Einfluß des Sonnenlichtes geschützt seien.
^Es ist jedem Apotheker bekannt, fährt Torosiewicz fort, daß nicht nur die durch das Licht leicht und geschwind zur Entmischung geeigneten Präparate, als: Ohlorwasser, Blausäure, tierisches Dippelöl usw., sondern auch die meisten vegeta- bilischen Pulver, wenn sie in durchsichtigen Gläsern aufbewahrt werden, mit der Zeit eine wesentliche Veränderung erleiden... um diesem Übel abzuhelfen» gab man den hölzerneu Büchsen vor den gewöhnlichen Gläsern den Vorzug und schlug vor, die Gläser, worin die erwähnten Flüssigkeiten aufbewahrt wurden, mit schwarzer Farbe anzustreichen oder die sogenannten Hyalitgläser zur Aufbewahrung der Arznei- mittel zu verwenden, ja selbst die Ärzte verschreiben, wenn eine Mischung der Arznei Blausäure enthält, das Fläschchen mit schwarzem Papier zu umkleben. Auch die Homöopathen müssen nach der Voi'schrift die mit Blausäure potenzierten Streukügelchen in ganz vollen, mit schwarzem Papiere beklebten Fläschchen aufbewahren*^. . . Die schwarzbestrichenen Gläser aber reiben sich bald ab, und überhaupt sei die schwarze Flasche dem Kranken zuwider; Hyalitgläser seien zu kostspielig und die ündurch- sichtigkeit ist unbequem. Deshalb empfiehlt Torosiewicz, auf die Angaben Scheeles, Berards, Suckows (daß Chlorsilber hinter rotem und pomeianzen- gelbem Glase nicht gefärbt wird) gestützt, durchsichtige goldgelbe, orange oder rot gefärbte Gläser zur Aufbewahrung aller gegen das Licht empfindlichen Substanzen. Wegen der geringeren Kostspieligkeit wendete er gelbe Gläser an und stellte damit eine Reihe von Versuchen an , indem er verschiedene Substanzen in weißen und gelben Gläsern an die Sonne setzte und die Veränderungen in beiden beobachtete.
Chlorwasser in weißem Glase wurde nach 8 Tagen wasserklar und enthielt keine Spur freies Chlor; in gelbem Glase war es noch nach 12 Tagen grünlich und zeigte alle ursprünglichen Eigenschaften.
Ätherische Eisenchloridlösung war in weißem Glase nach 24 Standen entftrbt, in gelbem noch nach 20 Tagen unverändert.
1) Buchner, Repertorim f. d. Pharmacie. 1836. Bd. 57, S. 335.
in w« D ( nach Tagen an t üo^ '^ werden; in
dem gelben GUh mi nach lui-u. Mooat noch keine VerEnderang ein.
Das unter allen fttherisobea Ölen am sotuiellsten doich Lnft- und liohtEntritt Bioh Terttndemde Tieröl behielt in Toligarülltan gelben Flaacbea aeine WasserUarheit.
QneokmlbeijodüT mit Elcbweinefett vermisobt') wnrde in weiBem Qlase fast in einer Itinnte an der Oberfikobe dunkler und im Verlanfe von 15 Minuten fut gran- ■obwan. In gelbem Glaae nahm die Salbe erst am anderen Tage eine etvas dunUera gr&oliohe Tabo an der Seite an, welcho dem Lichte zugewendet war (das gelbe Olas sobatite also niobt Töllig).
Das DSbereinersohe Oemisch von Platincblorid und Ealkwasser blieb in gelbem Glase mebrere Stunden lang nnverändert, in weiSem trübte es sich binnen 3 Minuten.
1) Damals häufig in der Medizin benatzt.
■1«, BMfhaab dB Fhotagnpbls. I. I*il. :^. Aufl.
FÜNFZEHNTES KAPITEL.
SPEZIELLE UNTEESUCHUNGEN ÜBER DIE WIRKUNG DES LICHTES AUF ORGANISCHE VERBINDUNGEN.
In Jacob Rouxs „Die Farben. Ein Versuch über Technik alter und neuer Malerei," 1824, wird hingewiesen, daß die Ursache des Nachdunkeins, Entfärbens (Verbleichen) und Rissigwerdens der Öl- gemälde teils im Gebrauche künstlich bereiteter öle, teils in der Wahl und in den Verbindungen der Farbenkörper zu suchen ist. Als sehr unhaltbar bezeichnet Rouxs den Karmin, wogegen er den Krapplack die haltbarste unter den pflanzlichen Farben nennt.
Er bedauert, daß die Maler, Rubens und einige andere aus- genommen, sich um die genaue Kenntnis der Farben nicht bemühten und daß selbst an vielen Gemälden späterer Künstler, z. B. an den Porträten Graffs (*1736, f 1813) die Farben teils zersprungen und verblichen, teils nachgedunkelt sind. Über die Veränderlichkeit von Malerfarben im Lichte finden sich bei späteren Autoren noch mannig- faltige Andeutungen.^)
Boussingault teilte 1825 aus Santa F6 de Bogota, wo viel Orlean bereitet wurde, einiges über sein näheres chemisches Verhalten mit und erzählt, daß die Indianer und Caraiben wohl auch mit einem Gemisch von Fett und Orlean sich die Haut färben, daß diese aber den Chica (Farbstoff aus Bignonia Cbica) vorziehen, nicht nur weil
1) Montabert fand Gutti, Chromgelb, Indigo usw. in Wachs vollkommen haltbar, in Ölfarben aber nicht (Traite complet de la peintnre. Paris 1829. Bd. 8). Nach Enirim ist Zinnober in Wachsfarben, ebenso Drachen blnt gegen Luft und licht haltbar (Die Malerei der Alten. 1839. S. 166). — George Field sagt, dafi Karmin nnd Cochenille, welche sich an Licht und Luft rasch verändern, ein halbes Jahr- hundert unverändert bleiben , wenn man Luft und Licht ausschließt („Chromatognqihie.* Weimar 1836). Vom Chromgelb sagt er (a.a.O.), daß es lange Zeit aioh in der Sonne hält, aber durch unreine Luft dunkler wird; außerdem erwähnt er noch viele Pigmente.
nvuwiai ivi 18t, sondem aoch nicht so schnell an der Sonne Terbleicht')
Schübler und Frank schrieben 1825 über Pflanzenpigmente.»)
Decoardemanche, Apotheker in Caen, empfahl 1826 getrocknete ErSnter nnd Blumen bei AueBchluß von Feachtif^keit und fest gepackt ao&nbewabren und licht abzuhalten. Auch Tegetabilische Pulver sollen in damit TollgefUUten und schwarz gemachten Gläsern aufbewahrt und außerdem an einem finsteren Orte aufbewahrt werden, denn ohne diese Yormoht würde das lacht noch eine Veränderung bewirken.*) — In Bachners „Bepertorium für die Pharmacie" (1826. Bd. 24, S. 287) ist diesem Artikel eine' Nachschrift angefügt und bemerkt, daß der Ein- floß des Lichtes auf völlig trockene Substanzen nicbt so energisch ist, als man im allgemeinen annimmt Die Hauptursachen der von selbst erfolgenden Verderbnis organischer Substanzen seien unstreitig Feuch- tigkeit und Wärme (Hinweisung auf Herbarien). In verschlossenen Qef&6en und einer völlig trockenen Luft (mit gebranntem Kalk ge- trocknet) halten sich Blumen selbst unter dem Einflüsse des Lichtes sehr lange.
Serullas fand, daß sich Chlor und Cyanwaserstoff im Sonnen- lichte verbinden.^)
Dr. G. Sprengel in Outtingen suchte im Jahre 1828 den etwaigen Einfluß des Lichtes auf den Grund und Boden, speziell auf die Acker- krume ins Auge zu fassen.^) Er erwähnte, daß auch durch das Sonnenlicht, speziell die violetten und blauen Strahlen desselben , die Desoxy- dation einiger Bestandteile, namentlich bei Gegenwart von kohlen- Btoffhaltigen Verbindungen, befördert werde, „so daß z. B. aus dem Eisenoxjde Eisenoxydul entsteht, wenn es, dem Lichte ausgesetzt, mit Hnmus u. dergl. in Berührung kommt". Allerdings spiele das Sonnen- licht eine bei weitem wichtigere Bolle beim Pflanzen wachstume, worauf Sprengel näher eingebt und u. a. erwähnt, daß in der Regel die dem Sonnenlicht ausgesetzt gewesenen Pflanzen nahrhafter sind, als die im Schatten gewachsenen, weil sich unter dem Einfluß des Lichtes mehr Stärke, Eiweiß, Kleber und Zucker bilden soll.
1) Ann. de chimie et de phy^iqne. XXVIII, 440. Kaatnera Archiv für die gMunte Natarlehre. 1825. VI, 33.
S) S. LkDdgrebe, Über das Licht S. 276.
3) Jottrnal de Phsnnacie. Mai 1826. 276. Büchner, Repertoriam f. d. Phar- maöa. 1626. XXIV, 284.
4) Zoent Aniial. d. Cheni. u. Physik. 1827. Bd. 35, S. 291, daan ausföhrlicher Oii. 1828. Bd. 38, S.371.
5) Erdmanns Journal f. techoische und ökonomische Chemie. 1828, HI, 413.
10«
148 Erster Teil. Fünfzehntes Kapitel.
Diesen Gegenstand behandelte Sprengel später in seiner „Chemie für Landwirte, Forstwirte und Kammeralisten", 1830, noch weiter.^) Er bemerkte, daß das Vorkommen von Eisenoxydul und Manganoxydul im Boden die Folge der Lichtwirkuog sei und stellt die folgende (nicht bewiesene) Behauptung auf: Hat das Licht ungehinderten Zutritt zum Humus, so bildet sich infoige der verlangsamten Verbrennung des abgefallenen Laubes usw. Kohlensäure und Wasser, wird dagegen der Lichtzutritt durch eine dichte Blätterdecke der Wälder gehemmt, so er- folgt schnellere Verbrennung unter Bildung von Humussäure (??). Außer diesen wenig exakten Angaben finden sich viele recht interessante und zutreffende Bemerkungen über die Abhängigkeit des Pflanzenwachstums vom Lichte.
Prof. W. A. Lampadius stellte in einer 1830 erschienenen kleinen Abhandlang, ''^) ^Über die durch Imponderabilien bewirkte Veränderung des chemischen Verhaltens der Körper*^, u. a. einige Beobachtungen über die Wirkungen des Lichtes zosammen und zwar:
1. „Die von Kästner gemachte Beobachtung, daß Kalk, eine Zeit vom Sonnen- lichte bestrahlt, eine stärkere, das Pflanzenwachstum befördernde Kraft besitze, als nicht bestrahlter. Er hat diese Beobachtung in seinem „Oewerbefreunde** bekannt ge- macht. Es wäre wohl sehr der Mühe wert, diesen Versuch zu wiederholen . . ."
2. Die Anwendung verwitterter und von der Sonne lange Zeit bestrahlter Mine- ralien sei besser, als die nur mechanisch zerkleinerter. Lampadius will hier wohl nicht mit voller Sicherheit dem Lichte eine große Rolle zuschreiben.
3. „Die Entfärbung mehrerer fetten Öle, welche in ganz mit ihnen gefüllten Flaschen durch Sonnenlicht erfolgt."
4. Die plötzliche Erzeugung von Fettsäure, welche man z. B. wahrnehmen kann, wenn man frische, gut ausgewaschene Butter unter dem ausgeleerten Rezipienten der Luftpumpe durch das Sonnenlicht etwa 15 Minuten schmelzend erhält.
Im Jahre 1831 untersuchte Robiquet ein hellbläulich grau sehr haltbar gefärbtes Zeug und fand, daß die Farbe desselben mittels des durch Lichteinwirkung geschwärzten Chlorsilbers hervorgebracht war. Er versuchte nun auf diesem Wege diese Farbe hervorzubringen, indem er Zeug mit Silbernitratlösung tränkte, nach dem Trocknen in eine Lösung von Chlorkalzium oder auch von Chlorkalk tauchte und die mit Chlorsilber bedeckte Oberfläche der Einwirkung des Lichtes aussetzte, worauf sich die Farbe entwickelte.
Ein Färber stellte einige Versuche dieser Art im großen an, sie mißlangen indes aus folgenden Umständen: „Soll nämlich die Farbe an allen Stellen gleich ausfallen, so muß die ganze Oberfläche des Zeuges auf einmal dem Lichte ausgesetzt werden, und das konnte der
1) Das betreffende Kapitel, „Vom Licht ^^, ist auch in Erdmanos Jonmal fir technische und ökonomische Chemie. 1830. 172 abgedruckt.
2) Erdmanns Journal f. technische und ökonomische Chemie. 1830. YIII, 322.
. tu I Der werkBtfitte nicht bewerkstelligen. Er » te das Zeag nur Btellenweise nacheinander dem Lichte aus und so harn es, d&B das Zeug fleckig erschien. Unter günstigen Umständen, meinte Bobiqnet, würde der Versuch vollständig gelingen.'")
Zier untersuchte 1832 u. a. das Verhalten des orangeroten Palm- ties gegen Licht*) und fand: „Wenn man Palmöl in eine enge weiße GlasrCfare drückt, diese von beiden Seiten luftdicht sciiließt und dann dem Sonnenlichte aussetzt, so wird im Verlaufe mehrerer Wochen die Farbe dee Öles kaum verändert Etwas schneller findet eine Veränderung statt, wenn man dem öle etwas Wasser gibt und dann, wenn es die Sonnenwfirme flüssig gemacht hat. Öfters schüttelt. Läßt man aber auf eine sehr dünne Lage des Öles Licht und gleichzeitig Luft ein- wirken, so findet schneller eine Entfärbung statt und das Ol wird endlich ganz weiß."
Lampadius wiederholte den Versuch im selben Jahre^) und fand, dafi eine ungefähr 1 Linie hohe, in einem Glastellcr befindliche Falmöl- achiobt durch den Einfluß der direkten Strahlen der Julisonne nach kaum 12 Stunden vollständig weiß gebleicht war und auch den Veilchen- geroch gerloren hatte. Die Wärme der Sonnenstrahlen hatte während der Bleiohung das Palmfett ganz verflüssigt. In dickerer Schicht oder nitdit ganz geschmolzenem Zustande dauert die Entfärbung länger.
Uerk gab 1833 eine einfachere Bereitung von Santonin an und fand, daß die wpißen Kristalle desselben im Sonnenlichte gelb werden.'*)
Im Jahre 1834 unterzog auch Hermann Trommsdorff, der Sohn, das Santonin einer eingehenden Untersuchung. Er bestätigt, daß die farblosen Kristalle sich an der Ltift bei Liohtausschluß nicht verändern, dag^en den Sonnenstrahlen ausgesetzt in wenigen Minuten gelb werden.'')
In ihrer Untersuchung „Über das Berberin" besprachen Buchner, Vater und Sohn, die Verwendbarkeit desselben zu Färberzwecken*) und SoBerten sich:
„Ein Übelstand betrifft, me üie meisteu gulbeo vcgi'labilischen Farbec, auch du BeiberiDgelb, Dänilich das so xchnelle Verbleiclien an dvr Soddo. Setzt man ein
1) Jonni. d. Pbormacie. Uara 1831. Erdmanns Journal für techoische und SkoDomisohe Cliemie. 1831. X, 41T.
2} ErdmaDDB Journal f. («cbmiivbe uqe) Ökimumiache Clinmie. 1833. XIV, 33.
3) IWd. 1832. XIV, 455. Weitere Notizen über dieses Bleit-hvorfaürun gali Michaelis in Fofgendorffs A.nDalei]. Bd. 17, S. 633 (auch KrdmanDs Journid. KB3. Bd. 17, S. 219), indem er der Lichtbleicbe eiue Schwefelsäure bleiche voran- geban liaL
4) Bnchoera Bepertorium. 46. Ö. Berzelitis. Jabresborieht. 14, 321.
5) Annalan der Fharmacie. 1834. 11. 190.
6) Bnchner, Repertoriimi t. d. Phnrmaoie. 183,'.. Bd. '>]. S. 27.
150 Erster Teil. Fünfzehntes Kapitel.
mit Berberin 'Auflösung') überstrichenes Papier nur einige Stunden den Sonnenstrahlen aus, so wird man dessen Farbe schon merklich abgeschossen finden, und so geht es auch mit gefärbten Geweben. Wider alles Erwarten verbleichten die mit Zinnsalz ge- beizten noch stärker als die mit bloßem Berberin gefärbten. Auch die mit Kupfer- vitriol gebeizten schießen bald ab; am wenigsten findet dieses bei den gallierten (mit Oerbstoff gebeizten) Zeugen statt, ja wir möchten sagen, daß sie dadurch (wenigstens die Seiden und Schafwolle) nur an Schönheit der Farbe gewinnen. Überhaupt behält die Seide und mitunter auch die tierische Wolle am längsten ihre Farbe, und wenn sie sich an der Sonne etwas verändert, so wird sie deswegen nicht unangenehmer.*^
Landerer in Athen teilte 1835 mit, daß phospborhaltiges öl im Finstern selbst nach l^g Jahren keinen roten Phosphor ausscheide, dagegen nach dreimonatlicher Einwirkung des Lichtes sich viel roter Phosphor an den Glaswandungen ausgeschieden hatte. 2)
Henry und Boutron-Chalard fanden 1836, daß das Licht ziemlich schnell auf Nikotin wirkt und die farblose Flüssigkeit braun- gelblich macht. *^)
Berzelius fand 1836, daß der gelbe und rote Farbstoff, den das Laub der Bäume im Herbste enthält, ein dunkelgelbes, schmieriges Fett ist, dessen Lösungen durch Lichf leicht bleichten.*)
Von großem Werte sind Chevreuls chemische Untersuchungen über die Theorie der Färbekunst. ^) Er studierte die Veränderungen, welche die Hauptagentien, nämlich das reine Wasser, die Atmosphäre, das Sonnenlicht und die Wärme unter bestimmten Umständen bei den auf Zeugen befestigten FärbestoflFen hervorbringen können. Dabei unter- suchte er insbesondere, welchen Anteil der Sauerstoff der Atmosphäre und die Feuchtigkeit auf die Zerstörung der Farben durch das Licht nehmen.
Chevreul beschreibt seine Versuche folgendermaßen: £s wurden baumwollene, seidene und wollene Garne und Oewebe, welche mit Curcumä, Orlean, Saflor, Orseille, Indigoschwefelsäure, Indigo und Berlinerblau gefärbt waren, auf Pappendeckel befestigt und dem direkten Sonnenlichte unter folgenden Umständen ausgesetzt:
1. In einer Flasche, welche luftleer gemacht war und überdies Chlorcalciam enthielt
2. In einer Flasche, welche mit Chlorcalcium getrocknete Luft enthielt
3. In einer Flasche, welche mit Wasserdampf gesättigte Luft enthielt
4. In der Atmosphäre.
1) Das Berberin ist der gelbfärbende Bestandteil des Berberitzenstmaohes.
2) Buchner, Repertorium f. d. Pharmacie. 1835. Bd. 54, 8.371.
3) Journal de Pharmacie. 1836. Nr. 12. Dinglers Polytechnisches Journal. 1837. Bd. 65, S. 433.
4) Berzelius, Jahresbericht über die Fortschritte der physischen Wisaenachaftoii. XVII, 300.
5) Journal de Chimio medicale. 1837. 92. Dinglers PolytechnisoheB Journal. 1837. 65, 63.
6> Inti: rJ &e, weicbe mit Cblorcalraum getroctcetes WoaseratofFgas entbielt 7. In einer Fluche, welche mit Wasserdampf gesättigtea WasaerstolTgas enthielt. Die allgemeioen Resultate, welche diese Versuche liefortea, uarca rolgeodc:
1. Deruf Baomwolle, Seide und Wolle befestigte Indigo lilUt xicb, wenn er im laftteeren Baume dem Licht ausgesetzt wird, während das Berliuecblau auf denselben Stoffen unter gleichen ümatSnden weiß wird. — Cuicumii, anf diesen Stoffen befestigt. Terllodert siob im luftleeren Baume unter dem Einflüsse ties Lichtes, n'hhrend die Oneille sich hält.
2. Man glaubt allgomeiD, ea(^ Chevrcul, daS die tierische "Wolle die gtüßto Verwsndtsohaft zn den Pigmenten , hin);egen der Holzstoff (Baumwolle, Leinen, Hanf) die geringste bat Diese Ansicht ist jedoch durchaus uicht im allgemcinea richtig, wie US folgendem hervorgeht; Im trockenen luftleeren Räume hat das Licht keine Wirkung auf Orlean, welcher auf Baumwolle und Ecide befestigt ist, während es merklich aoT solchen wirkt, der auf Wolle befestigt ist. Im Wassevdampf vcriindert das IJ übt den Kot Wolle und Seide befestigten Satlor innerhalb einer Zeit, wo die damit gefärbte Baomwolle ihre rosenrote Farbe beibcliält: die einzige Voränderung, welche sie dann erieidet, ist ein Stich ins Violette. — Im Waeserdampf verändert das Liebt die auf Wolle und Beide befestigte Orseille nicht, wiilirend sie sich auf Baumwolle entrdrbt. — Im trockenen luftleeren Räume verändert üaa Licht die auf Seide befestigte Indigo- schwefelslnre nicht, wohl aber die auf Wolle und Baumwolle befestigte. — In trockener Loft und Atmosphäre verändert sich diese auf Seide bufestigle Säure, jedoch bei weitem nicht so leicht als auf anderen Stoßen. — Der auf StotTen befestigte Indigo leigt unter dem Einflüsse des Lichtes, der trockenen Luft und Atnicsphäro gerade das umgekehrte Verhalten von der Indigoschwefolsäure; denn jener ist weniger beständig anf Seide als anf Baumwolle und Wolle.
3. Im Inftleeren Räume scheint das Sonaenlicht auf Indigo, Orseille und Saflor fast gar nicht einzuwirken. — In trockener Luft bringt die Einwirkung des Lichtes aber ganz andere Yerimdemngcn hervor, doch sind sie nicht bei allen Farbstuffen gleich anifallend. Die Veränderung ist bei Berllnerllau , auf liaumwolle gefärbt, wenig merklich; sie ist es mehr bei dem auf Seide und Wolle gcfurbten Indigo. Der auf Wolle nnd Baumwolle befestigt ist, veründcrt sich nur wenig, mehr der auf Seide be- (eBtigte. Mit Indigoscbwofcl säure gefärbte Seide wiid weni^; gebleicht, hingegen sehr stvlt die damit gefürbte Wolle und Raumwolle. Die Orseille wird auf der Baumwolle lervtört, während sie auf der Seide und Wolle eine röllichc Spur hinterläßt. Oilean bleibt anf der Baumwolle sehr rot, wird aber auf Wolle vollkommen zerstürt. Das Onrcnmagelb nnd Saflorrot werden auf allen drei Stoffen vollkommen zerstört. — Ijoht und feuchte Lutt hingegen bringen auf Stoffen, die mit Berlinerbl.iu gerärht sind, keine viel größere Wirknng hervur, als Licht und trockene Luft; dasscihu ist der Fall bei Indigo, auf Wolle befestigt; ferner auch hei Orseille und Saflor auf den dii^i Stoffen, bei dem Orlean jedoch bloß auf Wolle und Seide und selbst bei Ourcumü auf allen drei Stoffen. — Licht und feuchte Luft verändern hint;egeii weit mehr als Licht nnd trockene Luft den Indigo auf Baumwolle und die Indigoscbwe fei säure auf den im Stoflen; besonders auffallend ist der Unterschied k-i Seide und Wolle. Curcumä nnd Oileao auf Baumwolle sind unter den) Einflüsse des Lichtes viel veränderlicher in fenohtar als in trockener Luft. — Die Wirkung des Lichtes und der Atmosphäre ist beü&ofig diaaelbe, wie die des Lichtes und der trockenen Luft auf Bc rl in erblau , auf den mof Wedle befestigten Indigo und auf den Sauer. Sie ist hingegen stärker auf Indigo, 4er anf Baumwolle und Seide befestigt wurde, auf die Iiidigoscliwefolsiiure,
152 Erater Teil. Fünfzehntes Kapitel.
welche auf Seide befestigt wurde, auf die Orseile, den Orlean und die Gorcamä. Sie ist fast gleich deijenigen des Lichtes und der feuchten Luft auf die Indigoschwefel- säure bei Baumwolle und Wolle, auf den Indigo bei Baumwolle und Seide und auf den Orlean. Sie ist stärker auf die Orseille, den Saflor, Orlean und besonders die Gurcumä. — Licht und Wasserdampf bleichen das auf den Stoffen befestigte Berliner- blau schneller als bloßes Licht. Außerdem entsteht in der Flasche, welche den Wasserdampf enthält, ein brauner Niederschlag, welcher in der Flasche, worin man den trockenen luftleeren Raum herstellte , nicht stattfindet. Das Licht und der Wasser- dampf verändern das Gurcumä, den auf Baumwolle und Wolle befestigten Orlean, die auf Baumwolle befestigte Orseille und doch schwächen sie nur wenig das Saflorrot auf Baumwolle und kaum die auf Seide und Wolle befestigte Orseille. — Die mit Gurcumä, Orlean, Saflor und Orseille gefärbten Stoffe verhalten sich im Wasserstoff wie im luftleeren Räume. — Das Licht, das Wasserstofi^gas ;und der Wasserdampf geben zusammen fast ähnliche Resultate, wie das Licht und der Wasserdampt
Hinsichtlich der Theorie des Bleichens geht aus diesen Verauchen hervor, daß man mit Ausnahme der mit Berlinerblau gefärbten Stoffe keinen der oben angeführten durch das Licht vollkommen entfärben kann und daß man höchstens die mit Gurcumä, Orlean, Saflor und Orseille gefärbte Baumwolle an der Luft vollkommen weiß wird bleichen können.
Rückblick.
Blicken wir zurück auf die Bestrebungen und Tendenzen jener Naturforscher, welche sich in der bis jetzt beschriebenen Epoche mit den chemischen Wirkungen des Lichtes befaßten, so ergibt sich, daß die Ausnutzung der Photocheraie zur Erzeugung von Lichtbildern — sei es durch Kontakt, sei es in der Camera obscura — schließlich ganz in den Hintergrund getreten war. Man studierte photochemische Prozesse bald im Interesse der Theorie des Lichtes, bald zur Verwertung für Zwecke der Pharmazie oder der Chemie, aber trotz der zahlreichen, höchst wichtigen Beobachtungen über die Natur der chemischen Lichtwirkungen, deren volle Bedeutung man erst viel später erkannte, war man der Er- zeugung von Photographien und deren Fixierung nicht näher gerückt, als zu Zeiten Schulzes oder Wedgewoods, ja in den Schriften der Naturforscher der damaligen Zeit finden sich nicht einmal ernste Be- strebungen zur Lösung dieses Problems angedeutet
Um so größer ist das Verdienst der beiden französischen Forscher Niepce und Daguerre, welche jahrzehntelang mit bewunderungs- würdiger Ausdauer im stillen an der Erzeugung von Lichtbildern in der Camera obscura und an deren Fixierung, sowie an der Herstellung von Druckplatten auf photographischem Wege arbeiteten; in der Tat wurde die Welt durch die Veröffentlichung der „Daguerreotypie" im Jahre 1839 aufe äußerste überrascht. Wie die Erfindung Niepce und Daguerres aus unbedeutenden Anfangen sich entwickelte, soll im folgenden ge- schildert werden.
SECHZEHNT£S KAPITEL NICfePHORE NIEPCE UND DAGUERRE.
Joseph Nic^phore Niepce*) war am 7. März 1765 in Ghälon- SDT-SaOne in Frankreich geboren.^) Er erhielt mit seinem älteren Bruder Claude und dem jUngeren fiemard eine Eorgfültige Erziehung und war von seinem Täter für den priesterlichen Stand bestimmt Im Friester- semiiur „Pöres de l'Orafoire" absolvierte er seine Studien, wirkte dann als Lehrer an demselben Seminar, da er noch zu jung war, um die Prieeterweihe zu empfangen.
Die französische Revolution und die damit verbundenen Kriege waren die Yeranlsseung, daß er eine militärische Laufbahn einschlug und 1789 in die französische Armee eintrat; am 10. Mai 1792 war er Leutnant Er machte unter dem General Frottier 1794 die Feldzüge in Italien mit und verwaltete 1795 — 1801 den Distrikt Nizza. In Nizza erkrankte er an einer epidemischen Krankheit, heiratete nach seiner "Wiederherstellung seine Pflegerin und verließ den Militärdienst Sein Bruder Claude Niepce, welcher gelernter Mechaniker war, ging zur See. Beide Brüder kehrten in ihr Vaterhaus im Jahre 1801 zurück und beschäftigten sich mit der Konstruktion einer Maschine, welche als
1) Die SehieibweiM Niepce wurde von ibm (Nicephorn) selbst bei seinen Briefen g«br>Dobt und ist ancb vod Fouque in seinem Werke „La verite sut l'iuventioD de U Photographie'* darcbgefiihrt worden. Dagej;en bediente sieh der hus derselben Skinilie stammeDde Cooein Nicepboru Niepces — d.i. Niepce de St. Victor — der Schimbweise Niepce ebne Akzentes (sowohl für sich, aU mit Bezug auf Nici'pharu Niepoe), so daB in der Familie Niepce auf die Anwendung des Akzent wenig Gewicht gtiegt worden zu sein aohemt. Diese Schroibwei)^ Xiepoe. weli'ber sieb Miepoe de St Victor stets in Drucliwerlien bediente, ist in obigem Kapitel bei- Mialtem woidem Die Schreibweise Niöpce, die sich mitunter findet, ist jeilM'li gut falsch.
2) ESne eehr auafährliobe Lebensbosch roibunf; Joseph Nicephore Niepces vanbuilmi wir Ernst Lacao, welcher in der Zoitecbrift ,La Lumiöre". 18r>6. B.15t, 164, 167, 170 wertvolle biographiscbe Daten lieferte. — Das meist benutzte Qnellenwnk&bra Niepce ist aber FonqueSr La Teriti'Surl'bventioD de laPbotogr. 1867.
154 Ei-ster Teil. Sechzehntes Kapitel.
Motor für große Schiffe dienen sollte und durch die Entzündung von Lycopodiumstaub gemischt mit Luft in Bewegung gesetzt wurde. Diese Maschine nannten sie „Pyr6olophore" und erhielten mittels eines Dekretes von Napoleon am 20. Juli 1807 (datiert von Dresden) ein Patent auf ihre Erfindung. Femer beschäftigten sich die Brüder Nicöphore und Claude Niepce noch mit der Herstellung von Indigoblau aus Färber-Waid („pastel"), worauf die französische Regierung die öffentliche Aufmerksamkeit gelenkt hatte; sie waren jedoch nicht imstande, die zu einer Verwertung im großen erforderliche Menge des Farbstoffextraktes zu gewinnen.
Inzwischen hatte die Erfindung der Lithographie nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich großes Au&ehen gemacht Die Lithographie war gegen Ende des 18. Jahrhunderts von Alois Senefelder erfunden und um das Jahr 1802 durch den Erfinder selbst, allerdings ohne Erfolg, nach Frankreich gebracht worden; gegen 1812 interessierte sich der Graf Charles Philibert de Lasteyrie-Dussaillant, ein angesehener französischer Agronom und Schwiegersohn des be- rühmten General La Fayette, mit mehr Erfolg für die Lithographie. Er ging im Jahre 1812 nach München, um diese neue Kunst zu er- lernen, kehrte aber nach Frankreich infolge des unglücklichen Krieges, den Napoleon gegen Rußland führte, zurück. Nach der Restauration (1814) begab er sich wieder nach Bayern, nalim Arbeiter auf, kaufte litho- graphische Utensilien und errichtete hierauf in Paris eine lithographische Anstalt. Jetzt erst wurde die Lithographie in Frankreich mit Enthu- siasmus aufgenommen und zahlreiche Personen wollten diese neue Methode versuchen.
Auch Nicöphore Niepce interessierte sich für die Lithographie und versuchte im Jahre 1818 Kalksteine zu diesem Zwecke zu verwenden, wie der Sohn Nicöphores (Isidore Niepce') viele Jahre später mit- teilte; er überzog die Steine mit einem Firnis und gravierte und ätzte Zeichnungen mittels einer Säure ein. Jedoch hatten die ihm zur Ver- fügung stehenden Steine kein genügend feines und zu unregelmäßiges Korn und er ersetzte sie durch Platten von Zinn. Wir wissen nur aus den späteren Mitteilungen seines Sohnes Isidore, daß Nicöphore Niepce damals schon die Platten mit Firnissen einer eigenen Zusammen- setzung überzog und hinter transparent gemachten Zeichnungen dem Lichte am Fenster aussetzte. Da Nic6phore Niepce gegen niemanden, außer seinem Bruder und seinem Sohne, über seine Experimente Er- wähnung tat, so liegen keinerlei Dokumente aus jener Zeit vor. Jeden-
1) S. Fonque, La v('?rit6 sur TinventJon de la Photographie. 1867. S. 49.
Lau mepcesichin qbd jaoTen isia — loio nti mehr mit ihren mecbanischen Erfindungeo, besondere mit dem Pyrtolophore, als mit heliographiBCheii Versuchen. Claude Niepce war L816 ntoh PaiiB übergeeiedelt. Nicöphore war demzufolge mit seinen Versuchen auf sieh selbst angewiesen und machte wieder Versuche mit
Fig. 31. Josoph Sio^i Halioenvnre von DnJBrdin nach vinom ( (Au i|lIu4o rötroapectif de ]■ Claeas i:
der Lithographie. Den Gang der Arbeiten Nicöpliores finden wir in der Eorreepondenz mit seinem Bruder Claude, nelche wichtige Dokumente für die Geschichte der Photographie sind. ') In dem Briefe vom 1. April 1816 sprach er die Hoffnung aus, die Farben eines Bildes
1) DieselbeD sind in dem Werke Foi FlioUigniphie. 1667) veröffentlicht.
156 Ei-stei Teil. Sechzehntes Kapitel.
fixieren zu können; am 12. April spricht er von einer Art künstlichem Auge, welches schließlich nichts anderes als eine Camera obscura ist; am 22. April teilt er seinem Bruder mit, daß ihm ein Unfall zugestoßen sei, indem ihm die Linse an seiner Kamera zerbrochen sei; im Briefe vom 5. Mai teilt er die Schwierigkeiten mit, mit welchen er bei der Beschaffung einer neuen Linse zu kämpfen hatte. Zum Glück fand sich ein Sonnen- mikroskop seines Großvaters vor, dessen eine Linse eine brauchbare Brennweite für die Kamera Niepces hatte.
Am 9. Mai 1816 schreibt Nic6phore Niepce seinem Bruder Claude, daß er Bilder bloß mittels Sonnenlicht erhalten habe. Bereits am 19. Mai 1816 schickte er zwei heliographische Platten an Claude und am 28. Mai vier andere. Am 2. Juni 1816 schrieb er an Claude, daß er eine Substanz (die er nicht nennt) gefunden habe, welche sehr lichtempfindlich ist, und spricht die Hof^ung aus, daß er mit diesem Prozeß und mittels Säuren die auf metallischen Platten erhaltenen Bilder ätzen und auf diese Weise Gravuren herstellen könne, welche zur Vervielfältigung geeignet sein dürften.
Daraus ergibt sich, daß Nic6phore Niepce bereits im Mai 1816 die Heliographie erfunden und Proben davon abgesendet hat
Die Art und Weise, wie Nic6phore Niepce experimentierte, geht aus einem Briefe hervor, welchen er am 16. Juni 1816 an seinen Bruder Claude richtete. Nic6phore schreibt: „Ich habe gelesen, daß eine alkoholische Lösung von Eisenchlorid, welche schön gelb ist, im Sonnenlichte bleicht und im Schatten seine ursprüngliche Farbe wieder annimmt. Ich imprägnierte mit dieser Lösung ein Stück Papier, welches ich trocknete; die dem Tageslichte ausgesetzte Partie wurde gebleicht, während die vor Licht geschützten Stellen gelb blieben. Aber diese Lösung zieht zu viel Feuchtigkeit aus der Luft an; ich wendete sie nicht mehr an, weil mir der Zufall eine bessere Substanz finden ließ. — Bedeckt man ein Stück Papier mit einer Schicht von „Safran de Mars" und setzt es Chlordämpfen aus, so wird es schön gelb und bleicht rascher als das vorige aus. Ich habe beide in die Camera obscura gebracht, . . . aber kein Lichtbild erhalten; vielleicht habe ich nicht genügend lange Zeit gewartet." Nic6phore versuchte auch Braunstein (Mangansuperoxyd), welcher in Chlorgas farblos wird, im Lichte zu entfärben. Am 20. April 1817 schreibt Nic6phore Niepce, daß er auf die Verwendung des Chlorsilbers Verzicht geleistet habe und an dessen Stelle eine andere Substanz gebrauchen wolle.
Nic6phore Niepce hatte, wie aus demselben Briefe hervorgeht, in einem Werk über Chemie gelesen, daß Guajakharz, welches gelb- lich grau ist, im Lichte schön grün wird, daß es neue Eigenschaften
tu I ui Zustande zu seiner AaflOsniig ein t ker rektifizierter Alkohol notweadig ist, als in seinem ursprünglichen Zu- stande. Er präparierte Papiere mit Guajak und erhielt allerdings ein Lichtbild, allein seine Versuche, die Bilder mit Alkohol zu fixieren waren vergeblich. Ferner Irs er in Klaproths „Dictionnaire de chimie", daß A. Vogel die Lichtempfindlichkeit des Phosphors ^) genau beschrieb und hoffte durch Anwendung von ,, Alcohol de Ijimpadius", d. i. Schwefel- kohlenstoff, das Lichtbild zu fixieren, da Nicöphore Niepce äußerte, daß hierin nur der weiße Phosphor (nicht aber der rote Phosphor, welcher im Lichte entsteht) löslich ist*)
Daraus geht hervor, daß Nicöphore Niepce in den pboto- ohemiBchen Forschungen der damaligen Zeit seine Anregung fand, und daß seine Idee, Asphalt als lichtempfindliche Substanz zu verwenden, wahrscheinlich durch die von Hagemann im Jahre 1782 zuerst ge- fondene und von späteren Naturforschern mit Vorliebe weiter unter- suchte Lichtempfindlichkeit des Guajakharzes^) veranlaßt worden war; Nic6phore Niepce hat, wie aus seinen Briefen hervorgeht, beim Guajak die Fixierung der Lichtbilder mittels Alkohol versucht, aller- dinga mit schlechtem Erfolge: die auffallende Farbenänderung des Gu^aks ließ jedoch Zweifel über eine erfolgte Licbtwirkimg nicht auf- kommen. Daß zahlreiche andere Harze aber auch lichtempändlich sind, hatte bereits Senebier im Jahre 1782 gezeigt (s. S. 73). Bei seinen weiteren Versuchen mag Nicöphore Niepce wahrscheinlich auch auf den Asphalt gekommen sein, der ihm wohl zur Hand gewesen sein dürfte, weil er (wie oben erwähnt) schon im Jahre 1813 Gravuren in llMall ätzte und bekanntlich die als Ätzgrund verwendeten Firnisse damals — ebenso wie heute — zumeist Asphalt enthielten.
Im Jahre 1817 begab sich Claude Niepce nach London, um den „Pyröolophore" zu verwerten.
Leider sind nur wenige Briefe von Nicöphore Niepce aus der Zeit vom Juli 1817 bis Mai 1826 erhalten, so daß über die Fortschritte der Heliographie in diesem Zeiträume nicht viel bekannt ist. Jedoch arbeitete er emsig in seinem Hause in Gras bei Chälon an seinen
1) Dieselbe war von Bäcimaon im Jahre 18iK) zuerst angegebco und von A. Togel im Jafaie 1612 geoauer studiert worden (s. o.).
2) Es ist nicht anintereasant, daß von Poirsoo im Jahre 1836 diosu Metlindo dM XopiereDB auf einer Schicht Phosphor (auf ätoin) uud FLviejcn des Bildes von lOtam Phosphor mit Bohwefelkohlenstoff oeuetdiogs nacberfundca wurde. (Phot Mitt. Bd. 23, 8. 129.)
3) Hiarher gehorea die von mir bereits oben Damhatt gemachten spüt^ron : Senobier (1762) S. 72, Wollaston (1802) S. ü!) u. ff.
158
Ei-sler Teil. Scdizebntes Eapite
photograpbischea Experimenten; dieses Wohnhaus Niepces, welches später als Museum der Arbeiten Niepces erhalten und mit einer In- schrift versehen wurde, ist in Fig. 22 abgebildet.
Aus einem Briefe vom 19. Juli 1822 von Nicöphore Niepce an seinen Bruder Claude erfahren wir, daß der erstere ein Porträt PiusVII. auf Glaa reproduziert hatte, weiches die Bewunderung aller erregte, weiche die Keproduktiou sahen. Der Oeneral Poncet du Maupas, ein ■Cousin der beiden Niepce, sah das Porträt und erbat es sich von Nic6phore Niepce- Er nahm es auf seinen Beisen mit und als ■eines Tages ein Bewunderer dieser Arbeit die Glasplatte zufällig aus
^^M die» im H:
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■der Hand fallen ließ, zerbrach sie und so ging die ältwte Photo- .gntphie von Nicöphore Niepce, welche in fremde Eande gelangte, verloren. ')
In einem anderen Briefe, vom 3. September 1824, teilte Nic^phore mit, daß es ihm gelungen sei, die Umrisse einer Ansicht in der Camera -obscura abzubilden.
In der Tat besitzt das Museum in Chälon-sur-Saöne zwei Zinn- platten, wovon die eine eine Landschaft zeigt, die andere ein Bild
1) Ponque, luvention de la Pliologratihie, S, 108. — Auch Chevronl. lA •verite sar Tinvention de la PiioWgraphie. (Joarna! do Savants. 1873.)
1
%HstDa mui <eaE, mit der Aogabe „Dessin hSliograpIiique, in- TeDt6 par J. N. Niepoe 1825".
Um diese Zeit beginnen die Beziehungen zwischen Nic6phore Niepce undDaguerre Der Oberst Niepce. ein Cousin Nic6phores, kam am 12. Januar 1826 nach Paris und begab sich zu den damals sehr berfibrnteo Optikern Tincent und Charles Chevalier, um optische OegenstSnde, namentlich eine Camera obscura mit einem „Prieme md- nisque'*') zu kaufen, um welche ihn Nioöphore ersucht hatte. Oe- sprSchaweise erwähnt der Oberst, daß sein Cousin Nic6pbore sich mit Versnchen beschäftigte, die Bilder der Camera obscura zu fixieren und er »igte ihnen eine Probe einer Heliographie Niepces, welche ihr £iBt«anen errate. Charles Chevalier teilte seinerseits mit, dass auch in Paris sich ein Maler, namens Daguerre^ mit derselben Idee befasse.
Nan ereignete sich ein höchst merkwürdiger Zufall, welchen Arthnr Chevalier in seinem Werke ,,Etude sur la vic et les travaiix ioitmtiflques de Charles Chevalier" (Paris 1862) erzählt Einige Tage tMch dem Besuche des Oberst Niepce kam zu den Optikern Chevalier tön fremder junger Mann, welcher eine billige Camera obscura kaufte und ftoflerte: „es tue ihm sehr leid, dal) seine Mittel ihm nicht erlauben, •ioe beseere Kamera (Appareil ä prisme) zu kaufen, denn mit einem solohen hoffe er das Bild auf der matten Scheibe der Kamera besser ftzieren ed kfinnen". Gleichzeitig wies er positive Bilder auf Papier ▼or, Ton welchen er sagte, daß sie durch Lichtwirkung hergestellt seien. SpUer brachte er an Chevalier ein Fläschchen mit einer braunen, an- gebtiob lichtempfindlichen Flüssigkeit. Chevalier konnte kein Resultat damit erhalten, auch Daguerre nicht (dem Chevalier davon erzählt hatte), man wartete auf die Rückkehr des Unbekannten . . . jedoch ver- geblich; er kam niemals wieder.
Jedoch sprach Chevalier, nach diesen erfolglosen Versuchen mit der branneo Flüssigkeit, mit Daguerre, daß auch Nic6phore Niepce äcb mit heliographischen Yersuchen befasse; er gab dem Daguerre die Adresse Niepces und riet ihm, sich mit demselben in Verbindung ZQ setzen. Daguerre wies anfangs diesen Vorschlag zurück, aber sp&ter besann er sich eines anderen und schrieb einige Tage nachher (gegen Ende Januar 1826) an Nic^phore Niepce.
Nic6phore Niepce hatte inzwischen seine heliographischen Ar- beiten fortgesetzt und im Jahre 1824 ein Porträt auf Zinn (Porträt
1) Diesas „Piisme mönisque" war ein von den Brüdein Chevalier erfnndenea optiacAws iDstnunent mit einem Glaskörper, welcher cineiseitR konkav, andererseits konvex war.
160 Erster Teil. Sechzehntes Kapitel.
des Kardinals Georges d'Amboise, Minister Louis' XII.) hergestellt. Be- treffs dieser Gravüre erfahren wir zum ersten Male, durch die Mit- teilung seines Sohnes Isidore Niepce,^) die Methode, welche Nic6- phore damals angewendet hatte; es war eine Lösung von Asphalt in Dippels animalischem öle,-) welche auf die Zinnplatte aufgetragen war und durch „ein Lösungsmittel" fixiert und dann geätzt wurde. Nic6phore sendete die Platte, um sie tiefer zu gravieren, an Lemattre, einen geschickten Pariser Graveur. Diese Photographie, ohne Zweifel die älteste photographische Reproduktion (Heliogravüre) schenkte später Isidore Niepce, der Sohn Nic6phore Niepces, dem Museum in Chälon. Bei der Pariser Weltausstellung 1900 war diese Heliogravüre in der Klasse 12 (Mus6e rötrospectif, Photogr.) ausgestellt und ist im Bericht des Ausstellungskomitees ^) abgebildet; mit Genehmigung dieses Komitees wurde diese erste Heliogravüre in Fig. 23 für diese „Geschichte" reproduziert. Am 1. Januar 1827 schickte Niepce an Lemattre bereits zwei Kupferplatten, welche zum Ätzen bereit waren, und kurz da- nach fünf mit Essigsäure schwach geätzte Zinnplatten, und schreibt, daß er insbesondere sich damit beschäftigte, mittels der Kamera Gravuren zu erhalten.
Mittlorweile war der in London befindliche Bruder Claude er- krankt und Nic6phore reiste über Paris nach London. Er hielt sich einige Tage in Paris auf, und sah (1827) nicht nur Daguerre, sondern auch Lemaitro. In dieser Epoche spricht Nic6phore enthusiastisch von dem Diorama Daguerres (s. u.) und teilt in einem Briefe vom 4. September 1827 an seinen Sohn Isidore mit, daß Daguerre die Bilder der Camera obscura auf phosphoreszierenden Substanzen aufgefangen habe, „welche Substanz begierig Licht aufeaugt, aber nicht lange zurückhalten kann".
Als Nicöphore nach London kam, traf er seinen Bruder Claude schwer krank an. Gelegentlich eines Aufenthaltes in Kew lernte er das Mitglied der Royal Society in London, Francis Bauer, kennen, und wünscht durch ihn ein „Memoire" nebst Gravuren der Royal Society
1) Brief Isidore Niepces an Fouque vom 10. März 1867, also vienig Jahre später! (Fouque a. a. 0. S. 122.)
2) Es scheint mir keiu bloßer Zufall zu sein, daß Nicephore Niepce gerade Bippels animalisches Ol (durch trockene Destillation von Knoohen erhalten) zur Auf- lösung benutzte, sondern es mag ihm die Beobachtung älterer Chemiker über die IJchtempfindlichkeit dieses Öles bekannt gewesen sein (s. 8. 110 und 113; Swindern im Jahre 1805 und Link im Jahre 1808); die Idee liegt nicht so fem, dafi man die Lichtempiindlichkeit dieses Otes mit jener des Asphalts kombiniere.
3) Rapport du Comite d'installation. Musee retrospectif de la Glasse 12 Exposit universelle 1900. Paris 1903. S. 11.
.D monu ai : aROui, a ii ■-
biDgendcai Haierei re._.jafile Saguerre die ttel zu seinen pboto- graphisohen Experimenten und zur Fortführung des Betriebes seiner Uotemehmtuig, bis 1839 eine Feuersbrunst das Diorama und seine Einrichtang zerstörte (s. weiter unten).
Fig. 26 veranschaulicht (nach Tissandier, Los merveilles de la Photographie, Paris 1874) eine sdcbe Vorführang im Daguerre- Diomna im Jahre 1822.
Das BioramA Baguerres bestAnd aus Oemald£ii woi n d o \ndeniDgen d dw Beleuchtung (Tages und Abend beleuchtang ugw ) LunsÜtch uacfageahmt \iurdeD m auzelnen Fftllen war damit das Terscbwinden und Sicbtbarn erden der Fguren TnirnndeD Diese Effekte wurden dadurch erreicht daß dte Btidflache auf beiden Seiten bemalt Tind bald von vom bald von ni<.kwkrts beleuchtet war £a kam dann das Bild eines nnd deBselben OegenslandeB uoter geänderten Umstäiideii zum Tor u^Mui, E B der Vbbdv im aoflaUenden Licht f ir den Tag im diircbgelassenen Li bt fOr die Nuht
In Fig. 27 sehen wir ein Portrat Daguerres, aus dem Ende der swanriger Jahre des vorigen Jahrhunderts stammend; die in Fig. 28 abgebildete Daguerre-Büste {s. S. 167) stellt ihn gleichfalls aus jener Zeit dar.
Ein vohlerbaltenes Panoramagemälde von Daguerres Hand be- findet sich hinter dem Altar der Kirche in Bry-sur- Marne, welches
162 Erster Teil. Sechzehntes Kapitel.
graphische Ätzungen. Betreffs der letzteren sagte Nic6phore ausdrück- lich, daß die Gravuren durch Druckerschwärze auf Papier vervielfältigt werden können; nähere Details über die Herstellung gab er nicht an.') Im Januar 1828 kehrte Nicöphore nach Frankreich zurück; Claude starb zu Kew Green am 10. Februar desselben Jahres.
Niepce sandte dann durch Mr. Aiton Proben seines Verfahrens dem englischen Könige ein, aber mit keinem besseren Erfolge. Er wohnte nicht weit von Kew und während seines Aufenthaltes machte er ein Bild von der Kirche in Kew, welches sich noch im British Museum befinden soll.
Wir müssen uns jetzt etwas näher mit Daguerre befassen.
Louis Jacques Mand6 Daguerre war am 18. November 1787 zu Cormeilles-en-Parisis in Frankreich geboren.*)
Daguerres Vater war erster Gerichtsdiener*) in Gormeilies-en- Parisis (Seine- et- Oise), verließ aber diesen Ort und zog nach Orl6ans als Beamter der Königlichen Staatsdomäne. Der junge Daguerre, der Talent zum Zeichnen zeigte, trat im Alter von 16 Jahren ins Atelier des renommierten Dekorationsmalers Degatti, leistete Gutes in Per-
1) Bei seinem Aufenthalte in England (1827) gab Niepce einem Herrn Cussel in Kew bei London eines seiner Bilder. Der letztere schrieb auf die Rückseite de» Bildes: „Dieses Prototyp (ohne Zweifel irrtümlich statt „Phototyp") wurde mir zu Kew im Jahre 1827 von Herrn Niepce gegeben, dem man die Erfindung dieser Kunst verdankt ^^ Jos. EUis zu Bnghton hatte das Bild noch Ende der fünfziger Jahre in den Händen Cussels gesehen und wünschte es zu erwerben, was ihm dieser abschlug, da er selbst hohen Wert auf den Besitz desselben legte. £11 i 8 ließ jedoch das Bild nicht mehr aus den Augen und als Cussel zu Beginn der sechziger Jahr» gestorben und dessen Nachlassonschaft verkauft worden war, stellte er NachforsdiaDgen danach an und fand das Bild in den Händen eines Trödlers, welcher es für ein» Silberplatte gehalten hatte. Die Bückwand war abgekratzt worden, am sich davon zu überzeugen, aber er erkannte in der Folge, daß das Metall Zinn nnd nicht Silber seiy welchem Umstände allein es zuzuschreiben sein dürfte, daß das historisch wichtige Stück nicht in dem Tiegel eines Schmelzers seinen Untergang gefanden hat: Ellis kaufte das Bild und bewahrte es mit Sorgfalt auf. Es war eine in der Camera obscara auf einer asphaltierten Zinnplatte erhaltene Reproduktion eines Stiches. (Fhotogmph. News. Juli 1862. Horns Photogr. Journ. Bd. 19, S. 4.)
2) Yergl. über Daguerres Biographie auch Colsons „Meraoires originaax des creatures de la Photographie", Paris 1898; femer Blanqaart-Evrard, La Photo- graphie ses Origines, Lille 1870. — Mentienne, La decoarerte de la Photographie en 1839. Paris 1892. — In Poggendorffs „Biogr.-liter. Handwörterbache aar Ge- schichte der exakten TVissenschaften '^ (1863, 1, S. 509) ist das Geburtsjahr Dagaerrea irrtümlich mit 1789 angegeben.
3) Es ist nicht richtig, daß Daguerres Eltern Bauern in der Nonnandie waren, wie mitunter angegeben wird.
\ naieaciraing, arbeitete später in Oemeinsc t mit Pr^Tost an vielen PanoraiDen (Rom, Neapel usw.) und assoziierte sich mit Bouton 1822 Eur Erfindung und Konstruktion seines Dioramas.
Dag^uerre behandelte die Liebt- UDd BeleuchtungsefFekte mit Btannenswerter Oeschicblichkeit und stattete eine Anzahl von Opern aof Pariser Bühnen aus. Insbesondere wurde er dnrch das von ihm erfundene Diorama bekannt, welches er im Jahre 1822 iu Paris errichtete.
Dagaerres Diorama befand sich in Paris, Rue de Uarais Nr. 15. Es war ein einfaches Hans mit einem Halfflvtelier und ist in Fig. 24 ab- gebildet')
Daselbst führte Daguerre auch die Direktionsgeschäfte seines Unter- nehmens. Trotzdem daH ihn damals schon seine Versuche zur Herstellung von Lichtbildern sehr in Anspruch nahmen, leitete er sein Diorama auch geschäftlich, wie untenstehend fahsirail abgedruckter Brief Daguerres vom Jahre 1630, dessen Original sich iu den Sammlungen der Wiener Photo- graphischen Oesellscbaft befindet, zeigt
Das in Fig. 25 reproduzierte Schreiben Daguerres lautet in deut- scher Sprache:
Paris, 1. Jnli 1830. "Werter Herr Dauptainf Da M mir gestom onmoglich war den lützten Wechsel von 548 Franks zu beiahlen, so habe ich mich zu deo Herren Camus uod Cotu begeben und sie gebeten mir bis morgen Freitag Zeit zu lassen, was die Herren gerne auf ein Wort T(m Ihnen tun werden. Haben Sie die Gofälligkeit und übergeben Sie dieses Wort dem Obeibnnger.
Ihr ganz ergebener
Dagu.rr.. Eenen Camus nnd Cotn, Rue des Arcis Nr. 17.
Man ersieht aus diesem Schreiben, daß Daguerre damals manch- mal in Oeldverlegenheit war; trotzdem konnte er als ziemlich wohl-
1) Nach Tennaut and Wards „The Photomini ature", Mftrz 1904, S. 550.
164
Erster Teil. Sechzehntes Ki^)itel.
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Fig. 26. Reproduktion eines Originalbriefes von Dagaerre.
Nioephora Niepoe und Dagaerre.
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habend gelten. Du Ertrfignis des Dioramas und der damit zosammen- iden Malerei verschaffte Dagaerre die Mittel zu seinen photo- . Experimenten und zur Fortführung des Betriebes seiner Dotemehmnng, bis 1839 eine Feuersbrunst das Diorama und seine iESnrichtimg zentSrte (s. weiter unten).
Hg. 26 TeranBchauUcht (nach Tissandier, Les merreilles de la Photographie, Paris 1874) eine solche Vorführung im Daguerre- DiMama im Jahre 1822.
Fig. 2fl,
Das Diorama Dagnerres beBtaiid aus <ieniäl<lcn, worin dio Aaderungon in der Belenohtnng (Tiges- nnd Abeadbeleuchtuoi; luw.) küustlicli iiacbgeabmt wurden; in einulnaD IVIen war damit das Veracbwinden und Sicht banvurdeo der Figuren nrbandeii. Diese Effekte wurden dadurch erreicht, daß die Bildfläche auf beiden 3«teii bemalt nnd bald von vom, bald voa rückwärts beleuchtet war. Es kam dann daa BiU einea und desselben Gegenstandes unter geänderten Umständen zum Vor- Mhein, i. B. derTeaaT im auffallenden Licht Tür den Tag, im durch gelassenen licht Ht die Naohi
In Fig. 27 sehen wir ein Porträt Daguerres, aus dem Ende der zwanäger Jahre des vorigen Jahrhunderts stammend: die in Fig. 28 ibgebildete Daguerre-Büste (s. f:;. 167) stellt ihn gleichfulls aus jener Zrat dar.
Ein wohlerhaltenes Panoramagemälde von Daguerres Hand be- findet sich hinter dem Altar der Kirche in Brr-sur-Marne. welches
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Erater Teil. Seohxehntes Kapitel.
über Anregung eines Fräalein von Rigiiy entstand, welche zu Daguerrea Zeit in Ery lebte. Diese sehr gelehrte Dame') oblag
wissenschaftlichen Studien und nahm Unterricht in Astronomie Laplace und ßouvard. Sie interessierte sich für Daguerre und
1) Sie starb 1B57 auf ibrem Schlosse Bry im Aller ^
2 Jahren.
Ftfttz tÜT da- — Id zu i ffea, ließ sie auf ihre Koi eii i Z
btit in der Kirche hinter dem Altar machen. Daguerre ar i
{geführt.
Monate eifrig, oft fünfzehn Stunden in einem Tage an
BUde, welches das Innere einer gotischen Kathedrale vor-
nd den guten perspektivischen ESekt seiner „Diorama" erkennen
-jäMd
Erster Teil. SecbEohntes Kapitel.
läßt^) Fig. 29 zeigt die Reproduiction dieses Interieurs nach ein^ Photographie, welche Herr Demaria in Paria dem Verfasser diesef" „Geschichte'' freundlictist zur Verfügung stellte.
Aber neben diesen liiinstteriscben Arbeiten beschäftigte sich Daguerre auch anhaltend mit physikalischen Studien, besonders über das Lieht und dessen Wirkungen. Er scheint jedoch damals bloß mit phosphoreBüierenden Substanzen gearbeitet zu haben (s. o.) und seine Studien wendete er hauptsächlich der Camera obscura zu. Daguerre verbesserte die Camera obscura dadurch, daß er an Stelle der früher
allgemein gebräuchlichen bikonvexen linse die von Wollaston (1812) eingeführte neuere Form der periskopischen Linse (s. Kap. „Objek- tive") wählte; die optischen Behelfe lieferte ihm der renommierte Optiker Charles Chevalier im Palais-Royal in Paris, mit welchem er auch öfter verkehrte. Es wurde bereits oben mitgeteilt, wie Chevalier die Veranlassung bot, daß sich Niepce und Daguerre einander näherten, in Korrespondenz und in persönlichen Verkehr traten.
1) Ueotieane, ,Ia Decouverte de la Pbotogr. ea 1839* — G. E. Brown, ,T5ie Amateur-Photographer" 1904, Bd. ;
Paris 1892 (F. Dnpol^^H
. i( r Del ttB, inlol)^ der gegei i
Beeoqnis, sa riel von des gewonnenen Resultaten preiszugeben, ein sehr zorQekbaltender. Nic6phore Niepce brachte die Angelegenheit im Jahre 1829 zur Entscheidung, indem er an Daguerre einen An> tng stellte, sieb mit ihm zu vereinigen zur weiteren Vervollkommnung der heliographischen Prozesse.
Am 14. Dezember 1829 wurde ein notarieller Vertrag zwischen Nic6phore Niepce und Daguerre geschlossen, zu welchem Zwecke Dagaerre eigens nach Gh&lon gekommen war. In diesem Vertrage, welcher tod Niepce and Daguerre unterzeichnet wurde, beißt ee im 1. Artikel: „Zwischen Niepce und Daguerre wird eine Oesellschafl getnldet, tun zusammen zu wirken fUr die Verbesserung der von M. Niepoe gemachten und von Daguerre vervollkommneten Bifindang.
Bm der hiBtarächeo Wichtigkeit dieses Vertrages geben wii- densolbcD genau wiedsr:
QrundUgea dos vorläufigeo Vertrages zwiiohen dan Ünteraeichneten, Herrn Joseph Nlcephore Niepcu, Grimdbcsitiur, wohnlwlt m CUlon-anr- Saune, DejiartemeDt Ssüno-et-Loirc, eiuerKuitK und Ilemi Lonii Jsaqnes. Hände Daguerre, Kunstmaler, Uitgliod der ßhri'tilegion, Ver- walter des Diorcniaa, wohnhaft zu Paris im Diorama, andererseits, wdohe, um die Bildnag einer von ihnen geplanten Oeselbeliart herbe izufiihrcu, vor- Unllg folgendee festgeBetst haben:
Ben Niepce hat in dem Bestreben, durch ein neues Uittel uhne Zuhilfe- nahme eines Zeichoera die Anak'hteo. welche die Natnr bietet, zu fixieron, Unter- mafanngen angestellt . deren Resultate in zahli'eichen die Erfindung beHtUtigenden Froben vorliegen. Diese Erfindung besteht in der von selbst vor sich gehenden Be- pTodoktiOD der in der Duntelkammer aufgenommenen Bilder.
HerrDagnerre. dem er Mitteilung von seiner Erfindung gemacht bat. erbietet siah, da er ihren Wert mit Interesse anerlannt hat, zumal .sie einer grolJen VorvoU- kaaunnnng fShig ist, sich mit Hoirn Nit;pce zu vereinigen, um diese Vcrvollkoinm- mmg iD erreichen und alle nur müglichcu Vorteile aus liieseni neuen Industriezweig n ziehen.
Nach dieser Auseinandersetzung haben die Kontrahenten in folgender Weise die TOrlSoflgea und grundlegenden Satzungen ihrer Vereinigung festgesetzt:
Art. 1. Unter der Firma Niepoo-Daguerre wird zwischen Jen Herren Niepoe nnd Dagaerre eine Oosellschaft zur gemeiiis<.'baftlicben Arbeit an der Yur- voOkomnuiDDg der erwähnten, von Herrn Niepco gemaubten und von Herrn Daguerre vervollkommaeteo Eiünduug gegründet.
Art. 2. Die Daoer dieser Gesellschaft wird mit lü Jahren vom 14. Dezumber das laufenden Jahres ab festgesetzt; vor diesem Termin kann die (iesellschaft ohne beidwantige Zostimmung der Parteien nicht aufgelöst wcrdi.>n. Im Fall d<^s Ablebens ^e> der b«den Geselhichaftcr tritt für dcoselben in die Gesollsuhaft für den Host dw noch nioht abgelaufenen 10 Jahre sein Rech Lsn ach fotger ein: auch darf im Fall dea Ablebana eines der beiden Teilhaber die enfilhntc Erfindung nur uuter den beiden Namen, welche in Ait. 1 angegeben sind, veröffentlicht u-erdcn.
170 Ereter Teil. Sechzehntes Kapitel.
Art. 3. Sofort nach der Vollziehung des gegenwärtigen Vertrages hat Herr Niepce Herrn Daguerre unter dem Siegel des Geheimnisses, welches hei einer in allen Kosten, Schäden und Zinsen hestehonden Konventionalstrafe zu wahren ist, das Prinzip, auf welchem seine Erfindung heruht, mitzuteilen und ihm die genauesten und eingehendsten Dokumente über die Natur, die Anwendung und die verschiedenen Verwendungen der sich daran anknüpfenden Verfahren zur Verfügung zu stellen, um dadurch mehr Übereinstimmung und Beschleunigung in die Untersuchungen und Ver- suche zu bringen, welche auf die Vervollkommnung und Ausnutzung der Ei-findung gerichtet sind.
Art. 4. Herr Daguerre verpflichtet sich, bei Vermeidung der erwähnten Kon- ventionalstrafe, das größte Schweigen zu bewahren, sowohl hinsichtlich des grund- legenden Prinzips der Eifmdung, als hinsichtlich der Natur, der Verwendung und An- wendungen der Verfahren, welche ihm mitgeteilt werden sollen, und aui^erdem so viel als möglich an den für nötig erachteten Verbesserungen mitzuarbeiten unter Ein- setzung seiner Kenntnisse und seiner Talente.
Art. 5. Herr Niepce bringt in die Gesellschaft ein und übereignet derselben seine Erfindung, welche den AVert der Hälfte des Ertrages dai'stellt, dessen sie fähig ist, und Hen- Daguerre bringt eine neue Anordnung der Dunkelkammer, seine Talente und seine Geschicklichkeit ein, welche der anderen Hälfte des erwähnten Er- trages gleich geachtet werden.
Art. (). Sofort nach Ausfertigung des gegenwärtigen Vertrages hat Herr Daguerre unter dem Siegel des Geheimnisses, welches bei einer in allen Kosten, Schäden und Zinsen bestehenden Konventionalstrafe zu wahren ist, Herrn Niepce das Prinzip mitzuteilen, auf welchem die Vervollkommnung beruht, welche er an der Dunkelkammer angebracht hat, und ihm die genauesten Dokumente über die Natur der erwähnten Vervollkommnung zur Verfügung zu stellen.
Ali;. 7. Die Herren Niepce und Daguerre haben zur gemeinsamen Kasse je zur Hälfte die zur Gründung dieser Gesellschaft nötigen Geldmittel einzuzahlen.
Art. 8. Sollten die Gesellschaftor es für angebracht halten, die erwähnte Er- findung mittels des Prozesses des Graviereus zur Anwendung zu bringen, d. h. die Vorteile festzustellen, welche für einen Graveur aus der Anwendung der erwähnten Verfahren entspringen könnten, so verpflichten sich die Herren Niepoe und Daguerre, keine andere Persönlichkeit als Herrn Lemaitre zur Ausführung der erwähnten An- wendung zu wälilen.
Art. 9. Dei Abschluß des endgültigen Vertrages ernennen die Gesellschafter unter sich den Direktor und den Kassierer der Gesellschaft, welche ihren Sitz in F^s hat. Der Direktor hat die von den Gesellschaftern festgesetzten Unternehmungen zu leiten, der Kassierer die durch den Direktor im Interesse der Gesellscl^aft ihm über- wiesenen Guthaben einzuziehen und Zahlungsanweisungen zu bezahlen.
Alt. 10. Das Amt des Direktors und das des Kassiei-ers laufen auf die Daaer des gegenwärtigen Vertrages. ^Wiederwahl ist zulässig. Eine Entschädigung für ihre Müh waltung hat weder der Direktor noch der Kassierer zu beanspruchen, doch kann ihnen ein Gewinnanteil als Entschädigung bewilligt werden, wenn bei Abschluß des endgültigen Verti-ages von den Gesellschaftern so bestimmt werden sollte.
Art 1 1 . Jeden Monat hat der Kassierer dem Direktor seine Abrechnungen und die Bilanz der Gesellschaft darzulegen, und alle Halbjahre teilen die Gesellsohafter den Gewinn unter sich in der weiter unten festgesetzten "Weise.
Art. 12. Die Abrechnungen des Kassierei-s und die Bilanz sind alle Hallyahre durch die Gesellschafter zu prüfen, zu vollziehen und zu entlasten.
fritantai Erfindi , Tie diqeDigoD, welche an der Donkelumtner angebraottt werdaa, tind nnd bleiben SUgeDtum der beiden Oesellschaiter, welche, nenn sie zu dem Ziele, wdohee sie sich geatellt haben, gelangt Bein werden, auf Grundlage des gegenwärtigen ToTtrag» einen endgültigen Vertrag unter sich abschliellen werden.
Art 14. Der Gewinn der Oeaellschaftur nus dem ßeinertmg der GexellBchaft liat TOT Hüfte au Herrn Niepue bIb Erfinder, zur HStrte nn Herrn Daguerre für ■aiDe TervoUkoromnnngen.
Art 15. Alle Streitigkeiten, welche zwischen den GcsdlschaFterD aus dem gcgenwirtigen Vertrage entstehen lionnten, sind mit Ausscblul! der Ani'ufung dea Oeriohtaa endgültig dnrcb BubiedBricbter zu entBcheiiicn, welche von beiden Teilen in gfitliofaer Vereintnmng gemäß Art. 51 des I^ndeagesetzbuchea zu bcrurea sind.
Art. 16. Im Falle der AaflÖsung der Gesellüchaft ist die Liquidation dnrcb den Eassiera' naob gütlicher Vereinbarung allein, odor durch beide Gesellschafter gemein- BebafUioh, oder endlich darch eine dritte Person auszufüln-en , welche aie in gütlicher TereinbaniDg bestimmen, oder welche durch den zuständigen Richter auf Anrufen des gwohlftatührendon Teilhabers bestimmt wird.
Genehmigt und unterschriftlich anerkannt.
J. N. Niepce.
Genehmigt und nnterscbriftlich anerkannt.
Kingetragen ins Register zu Chilon-sur- SaCno den U. Man 1830, f. 32 V. C. 9 md ff. Empfangen fünf Francs 50 Centimes, einschlicniich des Zehuten,
Decordeaux.
Die SchlaBklausel dieses wichtigen Vertrages bringen wir im ge- treuen Fakeimile (Fhotozinkotypie) in Fig. 30, worin auch die authen- tischen Unterschriften J. N. Niepces und Daguerres ersichtlich sind.
In Artikel 3 dieses Vertrages verpflichtet sich Niepce, die Prin- zipien seiner Erfindung genau zu beschreiben. Da dieses Aktenstück eiiialten ist, so wissen wir, daß Niepce bereits vollkommen genau die beliographische Asphaltmethode kannte.
Diese „Notioe snr l'Heliographie von Niccphore Niepce. welche als Nach- trag «n dem erwähnten Verlrtige vom Jahre 1829 geschrieben wurde, war von Daguerre selbst veröffentlicht worden und zwar in seiner „Hiätorique et description des prooedea du D agner reotypo et du Diorama; par Daguerre. Pariu 1839.'- Dieselbe findet eich auch abgedruckt in Foui^ues zitiertem "Werke, Ich gebe dic^ Stelle in extenso wieder. Nicephore Niepce schrieb:
Die Entdeckung, die ich gemacht habe und die icb mit dem Nauicn Heliographie besdohne, besteht darin, die durch die Camera obscnra aufgenommenen Bilder durch die Tirtung des Lichts mit den Abstufungen der Tinten von Schwarz bi.s zu \\'eiß TOD BBlbst aofiufassen.
Grundbegriff dieser Entdeckung.
Das Licht im Zustand seiner Zusoniniensetznng und Zerlegung wirlit chemisch «nf verschiedene Körper. Es wird von denselben eingesogen, vereinigt sich mit ihnen and teilt ihnen neue Eigenschaften mit. So vermehrt dasselbe die natürliche Dicht- brit üniger dieser Körper, es macht sie sogar fest und mehr oder weniger unauf-
1 der Ur v der EntaeokuDg.
Erster Stoff. Zaberei tnng.
Die eiBte Sobatuiz, welche ioh uwende, dtqenige, mit welcher mein Verfahreu am beatan gifiekt oud die mehr onmittelbu' zur Hervorbriogung der Wirkung beitragt, ist der AspliKlt oder das sogenaiiate Jadeopech, welches anf folgeode Weise in- bemtet wird:
loh fülle ein Olaa mit diesem pulveriBJarteu Pech bie zur Hälfte und gieBe so- dann Tropfen für Tropfen Laveodelöt darauf, bis das Pech nichts mehr einsangt und non eben ganz davon durohdrangen ist Sodann gieBe ich noch so viel von diesem ■tfaerischen Ol danui, daß es ungefähr drei Linien hoch über der Mischung steht, die man alsdann indectt und einer mäßigen Wärme aussetzt, bis das noch darauf gegoeBene Stherisohe öl von dem FärbestofT des Judenpechs gesättigt igt Wenn dieser I^rais nicht die nötige Konsistenz hat, so läßt man ihn in einer Kapsel verdunsten, indem man ihn vor Feuchtigkeit schützt, die ihn verändern und am Ende zersetzen würde. Diese Unannehmlichkeit ist besonders in der feuchten und kalten Jahreszeit für die Camera obecora zu befürchten. *)
Wenn man eine kleine Masse dieses Firnisses mit etuem Ballen von sehr zaitem Leder kalt aaf eine gut polierte Meta) I platte , die mit Silber plattiert ist, aufträgt, so gibt sie diesem eine schSne rote Farbe und verbreitet sich darüber ais ein sehr dünner nnd gleichförmiger Überzug. Man legt hierauf die Tafel auf eine heiße Platte, welche mit I^tier mehrfach überdeckt ist, dem man dadurch seine Feuchtigkeit vorläufig ge- nommen bat, und wenn der Firnis nicht mehr klebrig ist, so zieht man die Platte znräok, um sie wieder kalt werden und bei einer gemäßigten Teoiperstur, geschützt Tor dem EänfloB einer feuchten Luft, vollends trocknen zn lassen. Ich darf nloht vergessen za bemerken, daß hauptsächlich diese Vorsicht unerläßlich ist, wenn man den I^mis aufträgt. In diesem Falle genügt jedoch eine leichte Scheibe, in deren Hittelpookt ein kurzer Stift befestigt ist, welchen man io dem Munde hält, um die Feuchtigkeit des Atems abzuhalten und zu verdichten.
Die so vorbereitete Platte kaun unmittelbar hierauf der Einwirkung des Lichtes ausgesetzt werden-, aber auch wenn dieselbe hiulüngliche Zeit zur Entn-ickelung der Wirkung ausgesetzt war, so zeigt doch nichts die wirkliche Existenz derselben an. denn der Eindruck bleibt unbemerkbar.
Es handelt sich daher darum , das Bild zu entwickeln, und hierzu gelangt mau nur mit Hilfe eines Auflosungsmittels.
Von dem Auflösuugsmittel, a) Dasselbe zu bereiten. Da dieses Anflösungsmittel nach dem Resultat eingerichtet werden muß, das man in erhalten wünscht, so ist es schwer, die Verhältnisse seiner Zusammensetzung mit Genani^eit zu bestimmen, aber unter gleichen Umständen ist es besser, daß es «D wenig zu sohwaoh als zu stark sei. Dasjenige, welches ich vorzugsweise anwende, ist ana einem Teil Lavendelöl und sechs Raumteilen weißem Steinöl oder Borgnapbta raaammengeBetct Die Mischung, welche zuerst milchig ist, -wird nach zwei bis drei lagen ganz helL Sie kann mehrere Male hintei-einander gebraucht werden; sie ver- liert ihre auflösende Eigenschaft erst dann, wenn sich die Sättigung nähert, was man
1) Diese Abhandlung wurde im Monat Dezember niedergeschrieben
174 Erster Teil. Sechzehntes Kapitel.
daran erkennt, daß die Flüssigkeit trüb und dunkelfarbig wird; man kann sie aber destillieren und wieder so gut als früher machen.
Wenn die Platte oder Firnistafel aus der Camera obscura genommen ist, so gießt man in ein Gefäß von Weißblech, welches 1 Zoll tief und länger und breiter als die Platte ist, eine so große Quantität von diesem Auflösungsmittel, daß die Platte ganz davon bedeckt wird. Man legt diese in die Flüssigkeit, und wenn man sie unter einem gewissen Winkel in schiefem Licht beobachtet, so sieht man den Eindruck nach und nach erscheinen und sich allmählich enthüllen, obgleich noch von dem öl vordunkelt, das mehr oder weniger von Firnis gesättigt darüber fließt. Sodann nimmt man die Platte heraus und stellt sie senkrecht auf, um das Auflösungsmittel gut ab- fließen zu lassen. Wenn nichts mehr horabfließt, so schreitet man zu der letzten Operation, die nicht weniger wichtig ist.
Von der Abwaschung. Art des Verfahrens dabei.
Es genügt hierzu eine sehr einfache Vorrichtung, die aus einer Tafel besteht, welche vier Fuß lang und etwas breiter als die Platte ist. Diese Tafel ist ihrer Länge nach von zwei Leisten umgeben, die einen hervorstehenden Rand von zwei Zoll Höhe bilden. Sie ist an ihren oberen Enden an einem Träger befestigt, mit Scharnieren, die es möglich machen, sich nach Gefallen auf- und abwärts zu bewegen, um dem Wasser, welches man darauf gießt, die nötige Geschwindigkeit zu geben. Das untere Ende der Platte mündet sich in ein Gefäß, das bestimmt ist, die herab- fließende Flüssigkeit aufzunehmen.
Man legt die Platte auf diese abwärts geneigte Tafel und verhindert das Herabgleiten derselben durch zwei kleine Häkchen, welche jedoch nicht über die Dicke der Platte her\'orragen dürfen. Man muß in der gegenwärtigen Jahreszeit (Winter) darauf bedacht sein, lauwarmes Wasser zu nehmen. Man schüttet dasselbe nicht auf die Platte selbst, sondern oberhalb derselben, auf das Brett, damit es dort einen Fall habe und die letzten Teile des an dem Firnis anhängenden Öls wegnehme.
Das Bild ist dann vollständig entwickelt und erscheint überall mit großer Schärfe, wenn die Operation gut ist, und besonders wenn man sich einer vervoll- kommneten Camera obscura bedienen konnte. *)
Anwendungen des heliographischen Verfahrens.
Da der angewendete Firnis mit gleichem Erfolge auf Stein, Metall und Glas gebraucht werden kann, ohne daß die Behandlung irgend eine Veränderung erlitte, so werde ich mich nur bei der Art der Anwendung auf plattiertem Silber und auf Glas verweilen, indem ich ein für allemal darauf aufmerksam mache, daß bei den Abdrücken auf Kupfer man ohne Schaden der Fimismischung einen Beisatz von ein wenig Wachs, in Lavendelöl aufgelöst, geben kann.*)
1) Diese Bemerkung des Herrn Niopce war nur hypothetisch, nnd die Er- fahrung hat gezeigt, daß die achromatische Camera obscura, obwohl sie den Büdem eine größere Reinheit gibt, doch nicht die große Schärfe bei ihnen hervoiigelxracht hat, die Herr Niepce gehofft hatte. Anm. von Dagnerre.
2) Es ist zu bemerken, daß die Abdrücke, Ton denen Herr Niepce spricht, immer durch die Berührung mit Kupferstichen, die auf die Aufnahmsmaterie gelegt wurden, entstanden sind, und daß die Anwendung des Wachses, von dem er spricht, die Wirkung der Auflösung des Judenpechs in der Camera obscura, wo das licht
r tu s«! , wi n sein«r weiDen Farbe und seiner Beschaffenheit. üewiO ist, dxB DKoh dem ibwascben, vorausgesetzt, daß der Abdruck gut trocken ist, das Bwaltat Bchon befriedigend ist Indessen wäre zu wünschen, daß man durch Schwänen der Platte sioh alle Abstufungen der Tinten, von Schwarz bis zum WeiB, venchaffen könnte. Ich habe mich daher mit diesem Ge^enGtiinde beschäftigt, indem ich miofa Anfanp einer Auflösang von Scbwefelleber (sulfure de (lotasse) beilieiitu; allein wenn diese konzentriert ist, go greift sie dun Firnis an. und wenn man sie mit Wwser verdännt, so rötet sie nur das Metall. Dieser doppelte Mißstand nötigte mich, auf dieses Mittel lu verzichten. Die Sabstonz, die icb jetzt mit einer größeren Hoffnung auf Erfolg anwende , ist dn.< Jod.') da.s die Eigenschaft bat. bei gewöbnlicbcr Tempeiatni der Luft zu verdunsten. Um die Platte durch dieses A'erfahren zu schw&cxen. mnB man sie nur gegen eine der inneren Wände eines oben geöffneten Kastens stellen and einige Kömer Jod in eine längs dm entgegengesetzte n Seite an- gebrachten Füge auf den Boden des Ka-stens legen.
Van bedeckt ihn alsdann mit einem Olose, nm den Erfolg zu beobachten, der sich zwar weniger schnell, aberdcstn sicherer zeigt. Miui kann dann den Firnis mit Alkohol wegnehmen und es bleibt keine Spur des ursprünglichen Eindrucks übrig. Da dieses Verfahren für mich noch ganz neu ist, so beschränke ich mich auf diese einfache AHoderung, bis die Erfahrung mich in den Stand gesetzt hüben wird, ntthere Details darüber zu sammeln.
Zwei Versuche mit Ansichten auf Gins, in der Cumtini obscura genommen, haben mir Erfolge dargeboten, die, obwohl noch mangelhaft, mir doch bemei kons wert Bdüenen, weil diese Art der Anwendung sich leichter vervollkommnen und in der Folge von ganz besonderem Interesse werden kann.
Bei dem einen dieser Versucht' bat dos Licht, das mit geringerer Intensität gewirkt hatte, den Firnis in der Art gelöst, daß die Abstufungen der Tinten sich viel besser darstellten durch „TransmiEsion", d. i. gegen das Liebt gesehen, s<i daß daa Kid die bekannten Wirkungen des Dioramas bis zu einem gewissen Punkt hervorbringt
Bei dem anderen Versache dagegen, wn die Wirkung des Lichtes mehr inten- sive Kraft hatte, blieben die hellsten Partien, da sie von dem Auflü^ungs mittel ntclit aag^riffan wurden, durchsichtig und die Verschiedenheit der Tinten rührte einzig and allein von der Dichtigkeit der mehr oder weniger dunkeln I^'en des Firnisses her. Wenn daa Bild durch Keflcxion in einem Spiegel auf <ler gefirnißten Seiti' und noter einem bestimmten Winkel gesi-hon wird, so bringt dasselbe viel Effekt ben-or, irthrend dasselbe durch Transmissiiui gesehen nur ein verworrenes, farbloses Bild TOtsteIH, nnd was noch merkwürdig dabei ist, es scheint die einzelnen Farben gewiss<^r OegensUnde wiederzugeben. Wenn ich über diesen bemerke iis werten Vnistiind nach- dachte, 80 glaubte ich daraus Schlüsse zii'hen zu dürfi.'n, die es erlaubten, die Theorie
adion sehr geschwächt hinkommt, neuti-alisiert hütte; für seine Kuiifotstichnbd rücke aber war die üntermischung dieses Wachses freilich nicht hinderlich, da er sie drei Üb vier Stunden den vollen Strahlen der Sonne aussetzte. Anm. von Daguerre.
1) Es ist von Wichtigkeit, zu bemcrkcD, daß die Anwendung dos Jods, die BsiT Niapoe machte, um seine Platten zu schwärzeu. beweist, daß ihm die Eigen- adiift diaaer Snbetanz, sich in Berührung mit Silber durch Licht zu zersetzen, un- bekannt war, da er im Gegenteil dasselbe hier als ein Mittel angibt, seine Bilder zu fisaVi. Anm. von Daguerre.
176 Erster Teil. Sechzehntes Kapitel.
Newtons über die Erscheinung gefärbter Ringe damit in Verbindung zu bringen. Es würde hierzu genügen, wenn man annehmen würde, daß irgend ein prismatischer Strahl, z. B. der grüne, wenn er auf die Substanz des Firnisses einwirkt und sich mit ihm verbindet, ihm den nötigen Grad von Auflöslichkeit gibt, um zu bewirken, daß nach der doppelten Operation des Auflösungsmittels und des Waschens die dadurch gebildete Schicht die grüne Farbe zurückstrahle. Übrigens ist es lediglich Sache der weiteren Beobachtung, zu ergründen, was an dieser Hypothese Wahres ist, und die Sache scheint mir an und für sich so interessant, daß sie wohl die Mühe neuer Untersuchungen und genauerer Prüfungen wert wäre,
Bemerkungen.
Obgleich die Anwendung der zur Vollbringung der Operation nötigen Mittel, wie ich sie oben angeführt habe, unzweifelhaft keine Schwierigkeiten darbietet, so könnte doch demungeachtet der Fall eintreten, daß es im Anfang nicht vollständig glücken würde. Ich glaube daher, daß es gut sein wird, zuerst im Kleinen zu arbeiten, indem man Kupferstiche mit zerstreutem Lichte nach der folgenden sehr einfachen Methode kopiert. Man firnißt den Kupferstich nur an der anderen Seite des Blattes, um ihn gut durchsichtig zu machen. Wenn er vollkommen trocken ist, so legt man ihn mit der rechten Seite auf die gefirnißte Platte mit Hilfe eines Glases, dessen Druck man dadurch schwächt, daß man die Platte unter einem Winkel von 45 Grad neigt. Man kann auf diese Art mit zwei so zubereiteten Kupferstichen und vier kleinen silberplattierten Tafeln mehrere Versuche in einem Tage machen, selbst bei trüber AVitterung, vorausgesetzt, daß das Lokal vor Kälte und hauptsächlich vor Feuchtigkeit geschützt ist, die, ich bemerke es wiederholt, den Firnis so verdirbt, daß er schichtenweise von der Platte fällt, wenn man sie in das Auflösungsmittel legt. Aus diesem (Jrunde mache ich während der schlechten .Jahreszeit von der Camera obscura keinen (iebrauch. Wenn man die Versuche, von denen ich soeben gesprochen habe, foi*tsetzt, so wird man bald vollkommen imstande sein, alle Hand- griffe des ganzen Verfahrens auszuführen.
Bozüglicli auf die Art der Anwendung des Firnisses muß ich erinnern, daß man ihn nur in einer Konsistenz gebrauchen darf, die hinreichend ist, um eine kom- pakte und zugleich so dünne Schicht als möglich zu bilden, weil er so der Wirkung des Auflösungsmittels besser widersteht und zugleich für die Eindrücke des Lichtes lun so empfindlicher wird. Hinsichtlich des Jods, um die auf plattiertem Silber hervor- gebrachton Bilder zu schwärzen, wie hinsichtlich der Säure, um auf Kupfer zu ätzen, ist OS wesentlich, daß der Firnis so sei, wie er oben in dem zweiten Versuch auf Glas boschrioben worden ist, denn dadurch wird er viel weniger durchdringbar, sowohl für die Säure als für die Dämpfe des Jods, besonders in denjenigen Teilen, wo er seine voll«.' Durchsichtigkeit behalten hat, denn nur unter dieser Bedingung kann man auch mit dem besten Apparat hoffon, zu einem vollständig gelungenen Resultat zu gelangen.
Zusätze.
Wenn man die gefirnißte Platte wegnimmt, um sie trocknen zu lassen, so muß man sie nicht allein vor Feuchtigkeit sicherstellen, sondern sie auch vor der Be- rührung des Lichtes schützen.
Bei Erklärung der Versuche mit zerstreutem Lichte habe ich nichts über diese Art von Versuchen auf Glas gesagt. Ich will dies nachholen, um einer Yerbeeeerang zu erwähnen, die denselben eigen ist. Sie besteht einfach darin, imter die Olaqdatte ein schwarzes Papier zu legen, und zwischen die Platte, auf der gefimiAten Seite,
Till ilen EnpfM .mi TOa J e sn li , mi we len aer ^Tipisr-
Btiob Toriter geleimt und gut anfgeapaunt Hein mufi. Diese Vorrichtong hat lor Folge, dftfi das Bild viel lebhafter als auf einem weJBeo Onuide erscheint, was nur ' dam beibigen kann, die Schnelligkeit der Wirkung zu vergrößern, und farner, daß der Tiniia nicht einer Besohldigutig durch die unmittelbare Berührung mit dem Kupfer- stich aoBgesetit ist, wie bei dem andern Verfahren, ein Mißstand, der bei warmer WHtsmng nicht leicht m rermeiden ist, wenn auch der Fimia ganz trocken war.
Allein dieser Übelstand wird durch den Torteil, welche die Terauche auf SUbfliplatten darbieten, wohl aufgewogen; daB diese letzteren der 'Wirkung des Ab- mschens leicht widerstehen , während es eine Seltenheit ist, daB diese Operation die Kider auf Qlas nicht mehr oder weniger beschädige, aus dem natürlichen Onmde, ymi der I^niis eich diesem Btoff wegen seiner Beschaffenheit und seiner vollkom- menen Politur weniger anhängen kann. Es würde sich daher, um diesen Obelstand m beseitigen, darom handeln, den Firnis zu verbessern, klebriger (pIns mordant) zn machen, und ich glaube dies 'weniptens so weit zustande gebracht zu haben, daß es mir erianbt ist, darüber jetzt schon ein urteil zu allen, da die Versuche noch zu neu and wenig zahlreich sind.
Dieser neue Firnis besteht in einer Auflösung von Jod enpech indem Dippel- aohan tierischen Ole, welche man bei der Lnfttemperatur bis zu dem Grad der er- foideiliohen Konsistenz verdunsten läßt. Dieser Firnis ist fettiger, zäher und stärker geSrbt als der andere, und man kann ihn sogleich, nachdem er aufgetragen ist, der Einwirkung des lichtes aassetzen, welches ihn schneller festzumachen scheint, weil die gioße Flflohtigkeit des animalischen Öls viel schnelleres Trocknen bezweckt
Doppelt ausgefertigt deo 6. Dezember 1829. gez. J.N. Niepoe.
Wir heben hervor, daß also bereits im Jahre 1829 Niepce metal- ÜBche Silberplatten deD Joddämpfen aussetzte, allerdiogs nur zu dem Zwecke, um die blanken Stellen des Silbers, auf welchem sich ein Aipholt- Lichtbild befindet, zu schwärzen, damit die Schatten des Bildes besser wiedergegeben werden ; die lichter bildeten die durch den im lichte unlöslich gewordenen Asphalt geschützten Stellen.
Diese „Notice sur l'h61iographie" von N. Niepce ist die erste gcmwae Beschreibung eines photographischen Prozesses und er ist 80 gut durchgearbeitet, daß man danach ganz gute heliographische Atoongen herstellen kann. Allerdings ist die Herstellung von Bildern in der Camera obscnra nur nach tagelanger Belichtung möglich und der Prozeß somit f&r photographische Naturaufnahmen in der Kamera pnktisch nicht geeignet Es ist bemerkenswert, daß Niepce seine wirk- lich neue Erfindung dem Baguerre bekannt machte, daß aber damals Dagnerre ron seinen Erfahrungen nichts an Niepce mitteilte.
Sowohl Niepce als Daguerre arbeiteten eifrig an der Verbesse- ninf; der Methode. Dann macht Daguerre am 21. Mai 1831 brieflich Niepoe die Mitteilung, daß das Licht auf das Jodsilber einwirke,') was
1) Dagneire, Historique et descrtption des procedes du Daguerreotype. 1839.
178 Erster Teil. Sechzehntes Kapitel.
er entdeckt haben mag, wenn jodierte Silberplatten teilweise geschätzt am Lichte gelegen haben. Louis Figuier erzählt in seiner „Exposition et histoire des prineipales d6couyertes scientifiques modemes^^ (Bd. I, S. 15), wie Daguerre zufällig die Lichtempfindliehkeit jodierter Silber- platten bemerkte:^) „Eines Tages lag zufallig ein silberner Löffel auf einer jodierten Silberplatte und es zeichnete sich derselbe durch das Licht vollständig ab." Daguerre forderte Niepce auf, dieses neue Mittel zur Lichtbilderzeugung zu benutzen. Aus den Briefen von Niepce an Daguerre vom 24. Juni 1831 und 8. November 1831 geht hervor, daß der erstere keine befriedigenden Resultate erhielt, aber einmal ein negatives Bild in der Kamera auf Jodsilberplatten erhalten hatte. Auch aus den Briefen Niepces vom 29. Januar und 3. März 1832 ergibt siv^h, daß nicht Nic6phore Niepce die Lichtempfindlich- keit der jodierten Silberplatten entdeckt habe, sondern daß Daguerre es war, der das Jod nicht als Mittel, gewisse Teile eines schon fertigen Bildes zu schwärzen, sondern als das eigentliche lichtempfindliche Mittel anwendete; Daguerre war es somit, welcher die Jodsilberplatte zuerst als die lichtempfindliche Schicht bezeichnete, aus der das Bild sich photographisch erzeugen läßt
Daguerre selbst hatte schon zur Zeit der Yeröffentlichung seines Verfahrens durch die Pariser Akademie (1839) befürchtet, daß später Zweifel auftauchen könnten, wem die Ehre der Entdeckung der Licht- empfindlichkeit jodierter Silberplatten gebühre. Deshalb legte er 1839 der Pariser Akademie die Briefe Nic6phore Niepces an ihn (Da- guerre) vor, ließ sie durch Arago beglaubigen und publizierte sie schon 1839. Auszüge dieser Korrespondenz sind in allen frühesten Publikationen über die Daguerreotypie enthalten, auch in den deutschen Übersetzungen. -)
Auszüge aus den Briefen des Herrn Niepce Vater an Herrn Dagaerre.
St. Loup de Varennes, den 24. Juni 1831. Mein Herr und wertester Associe! Schon seit langer Zeit erwartete ich Nachrichten von Ihnen mit einer so großen Ungeduld, daß ich Ihre beiden Briefe vom 10. und 21. verflossenen Monats nur mit dem größten Vergnügen erhalten und lesen konnte. Für den Augenblick besohifinke ich mich, den vom 21. zu beantworten, weil ich mich seit dessen Emp&ng mit Ihren Versuchen auf Jod beschäftigt habe, und mich mm beeilen will, Ihnen die
1) Daguerre, welcher gar keine naturwissenschaftliche Bildung genossen hatte, wußte augenscheinlich nichts von der Entdeckung der Lichtempfindliehkeit des Jodsilbers durch Davy im Jahre 1814 (s. dieses Werk S. 127).
2) Z. B. Daguerre, Geschichte und Beschreibung des Ver&dizena der Daguerreotypie und des Dioramas, nach dem Original aus dem Franxdoaohen über- setzt. Karlsruhe 1839. S. 72.
I t DSmlioheo Veisucben bescbUtigt; allein ohne Hoffnung aul Er- ftdg, indem idt es als eine fast anmögliche Sache lietrachtete , die aufgefafitan Bilder Vnf one daneifaafte Weise festznstelleD, wenn man es auch dahin bringen wörde, lioht nnd Bohattoa in ihre natnriiche OidnuDg zu bringen. Meine desfalla angestellten Tsnoobe batlen ganz denselben Erfolg mit denen, die ich bei der Anwendung dea Süberoxyd eriulten hatte, und die schnelle WiAung war der einzige leelle Vorteil, den diese beiden SubstanEen mir darzubieten suhienen. Indessen, mein Herr, habe ich im vorigen Jahre, nach Ihrer Abreise von hier, das Jod neuen Veisachen unter- worfen, aber nach euer anderen Yerfabrungsweise; ich teilte Ihnen die ßesultate mit, und Ihre wenig befriedigende Antwort entschied mich, meine Terauche nioht veiter foitauaetzan. Es scheint, daB Sie unterdessen die Frage von einem weniger ludfnnngsloeen Gesichtapnnkt aus betrachtet haben, und ich habe daher keinen Anstand genranmen, Uuer an mich gerichteten Aufforderung zu entsprechen usw.
(gez.) J.N. Niepce. Für gleichlautende Abschrift: Arago. Daguerre.
St Loup de Tarennes, den 8. November 1831. Hein Herr nnd werter Associe!
Beiüglich aof die Beantwortung Ihres Briefes vom 21, Mai in meinem
BnokBchraben vom 24. Juni d. J. habe ich eine lange Reihe von Versuchen mit Jod in Verbindung mit plattiertem Silber angestellt, ohne übrigens jemals zu dem Resultat m gelaiv^, welches das Desoxydation smittel mich hoffen ließ. Mit allen Änderungen, die ich an dem Verfahren vornahm, und mit allen den veischiedenartigen Eombina- timen mehrerer Verauchsarten war ich im Erfolg doch nicht ^üctlicher. Ich hab« mm, für meinen Teil wenigstens, die absolute Unmöglichlielt erkannt, die umgekehrte Ordnmig der Snten auf ihren oatüriichen Zu.stand surückzoführen , und besonders ■nah etwas mehr als ein flüchtiges Bild der Gegenstände zu erhalten. Übrigens, m^ Herr, iat dieser ungünstige Erfolg gaoz derselbe, den meine Versuche mit Hetalloxyden mir schon längst geliefert hatten, und der mich bestimmte, davon ab- fogeben. Ich wollte endlich das Jod in Verbiodung mit Zinn setzoo, ein Verfahren, das mir anfangs günstigen Erfolg zu versprechen schien. Ich hatte mit Erstaunen, jedoch nur ein einziges Mal, bei einem Versuch in der Camera obscura die Bemer- kiing gemacht, daß das Licht in umgekehrter Ordnung auf das Jod wirkte, so näm* lioh, dafi die Tinten oder vielmehr Ijcht und Schatten sich in ihrer natürlichen Oidnong darstellten. Ich weiS nicht, wie und warum dieser Erfolg sich ergab, ohne d»B ioh ihn mit Einhaltung desselben Verfahrens wieder erzeugen konnte. Allein dicM Anwendnngsart wBre hinsichtlich der Festbaltung dos gewonnenen Bildes doch •0 mangelhaft als vorher geblieben. Auch bin ich nach einigen anderen Versuchen auf dieeem Funkt geblieben, und ich muß, offen gestanden, lebhaft bedauern, so lange Zeit einen unrichtigen Weg verfolgt zu haben, und was noch schlimmer ist, so ohne allen Nutzen usw.
(gez.) J.N. Niepce.
Für gleichlautende Abschrift: Arago. Daguerre.
Leider vmrde Nic6phore Niepce bereits am 5. Juli 1833 seinen Aibeiten entrissen; er starb am Gehirnschlage auf seiner Besitzung
180
Erster Teü. Seoluehiites Kapitel.
Gras zu Chälon, ohne die Früchte seiner Bemühungen genossen zu haben. In Fig. 31 ist der Friedhof in Saint Loup de Varennes bei Chälon mit den Gräbern Nicfephore Niepces und seiner Gattin nach einer Photographie von George W.Brown abgebildet Vor seinem Geburts- hause in Chälon wurde im Jahre 1885 eine Statue Nicöphore Niepces,') welche durch öffentliche Subskription zustande kam (s. Fig. 32), errichtet In Chälon ist das Wohnhaus Niepces mit einer Gedenktafel versehen worden und im Museum daselbst sind die Apparate und ältesten photo- graphischen Proben Niepces aufbewahrt
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IPhdtogmphtB von 0«orge W. Brown in Undon.)
In Fig. 33 bringen wir das Büd Nicöphore Niepces i von seinem Sohne Isidore modellierten Büste.
Nach dem Tode Nic6phore Niepce trat sein Sohn, nämlich laidore Niepce, das Erbe des Vaters an und nahm im Kontrakt mit Daguerre den Platz Nic6phores ein, Jedoch bestand Daguerre auf einem Zusatz zu dem ersten Eontrakte vom Jahre 1829, indem er
1) Nach A. Davanne, Nicephore Niepoe, Inveiitear de k Pholographie. ConfereDoe faite ■ ChäloD-Bur-Saöne, poar riaanguratioii de la statne de Nicephore Niepce, le 22. juin. 1885. Paris, Gauthier-VilUts 1685.
gaa I jren nioni aai i rruat B erwXbj.„ti, ond es wurde im Eiaverständnis mit Isidore Niepce die GeseUatdiaft nicht mehr „Niepce-Daguerre", eondern „Dagnerre et Isidore Niepce" benamit.')
Wie Isidore Niepce in seiner „Historique de la deocuverte im- promptement nominto, Da^ruerreotypie, Paris 1841" mitteilt,*) zeigte ihm Dagaerre in Paris (im Jahre 1837) Proben von Lichtbildern, welche Dagnerre unter Anwendung von Jod und Quecksilber er- balten hatte. Somit war in diesem Jahre die Photographie auf jodierten
1) Der Wortlaut des Zusatzes (vom 9. Mai 1835) zum älteren Kontrakte ist der fidgende:
Zusatz-Artikel. Zwisohen den anteneichiieten Louis Jacques Uande Dsgaerre, Knuste maler, Ut^ed der Ehrenlegion, Vorwalter des Dioramas, wohnhaft su Paris, und Jacqnea Marie Joseph Isidore Niepce, Gnindbeaitzer, wohnhaft lu Cbfilon- sni-8aöne, Soha des Terstorbenen Herrn Nic^phore Niepce, a[s einziger Erbe desselben nach Art 2 dea proTisoriachen Vertrages vom 14. Dezember 1829, ist fest- gesetst, wie folgt:
1. DaB, weil die Erfindung, um welche es sich handelt, durch die Mit&rbeit im Hern Dagnerre wesentliche Verbesserungen erfahren hat, die genannten Oe- seüscliafter anericennen, daB die Erfindung auf dem Punkte angelangt ist, wohin sie dieselbe tu bringen wänschten und daß weitere Verbesserungen nahezu unmöglich Sdn dürften,
2. Dafi, weil HerrDagaerro auf Onmd zahlreicher Versuche aaertannt hat, daS es möglich ist, ein noch günstigeres Resultat hinsichtlich der Schnelli^eit mittels uaes von ihm entdeckten Verfahrens zu erzielen, welches, bei Voraussetzung eines BJcheren Erfolges, die Onrndlsge der im provisorischen Vertrage vom 14. Dezember 1629 auseinandergesetzten Entdeckung ersetzen wurde, der Art. 1 des erwähnten pro- Tisorisohen Vertrages aufgehoben und wie folgt ersetzt werden soll:
Art 1. Von den Herren Dagnerre und Isidore Niepce wird unter der Kma Daguerre und Isidore Niepce eine Oesellsclisft gegründet zur Ausnutzung der von Herrn Dagaerre und dem verstorbenen Nicephore Niepce gemachten
An den übrigen Artikeln dea provisorischen Vortrages wini durch Vorstehendes nichts geändert.
In doppelten Exem)>laren an die Unterzeichneten ausgefertigt, den 9. Hai 1835, so Faris.
Genehmigt und unterschriftlich anerkannt J, Niepce. Dagnerre.
2) £s ist dies eine Streitschrift, welche sich gegen Daguerre wendet und die Verdienste Niepces als eigentlichen Erfinder der Photograpliio in den Vordergrand ■teQt nnd namentlich die Unterdrückung des Namens Niepce bei der Veröffentlichung der gemeinsahaftlichen Erfindung unter dem Namen ,^Daguerreotypie" tadelt, obschon m leibst im Vertrage vom Jahre 1837 dies zugestanden hatte. Später hob Isidore Niepoe hervor, er habe dies unter dem Drucke der Verhältnisse getan, weil Dagnerre alle Geheimnisse Niepces kannte.
SeChMhnfeB Kapitel.
8iIbeq)]atteo und die Hervomifung des latenteo Lichtbildes mit Queck- BÜberdämpfen erfunden worden. ') Am 13. Juni 1837 wurde ein neuei
Fl(.32. Daiikiul Miciplioce Xiepo«* in Cblluo-nu-Sadae.
1) Die Eifiadnng des Entwicklongsprozesses mit Quecksilber soll Daguerre Ginem eigentümlichen Zufall verdankeu. Jodsilberplatlen geben bei sehr langer Be- lichtoiig in der Kamera ein siebtbares Bild, bei kurzer nicht Daguerre soU eines Tages eine Anzahl zu kurz belichteter Platten, die noch kein Bild zeigt«o, in einen alten SchranJc gelegt haben. Einige Wachen darauf Dahm er eine Platte benuis
defiuitiTer
schlössen, worin Dagaerre das Becht erhielt, daß der neue Prozeß
den Namen Dagnerree allein führen solle.
Der Tertng lautot:
Iah, Unteraeichneter, erkläre durch diese gegenwärtige Urkunde, da& Herr LoniB Jaoqaes Mande Dagaerre, Maler, Uitglied der Ehrenlegioa , ra meiner Kenntnis ein Verfahren gehracht hat, dessen Erfinder er ist Dieses Verfahren hat mo Zweck, das in der Bnnkelkammer erzeugte Bild zu fixieren, nicht mit Farben,
Flg. 88. ForMUflil« NicJplioTs Niep<
und fand eu seinem Erataunen ein Bild darauf. Er vermutete sofort, daß der Schrank etwas enthalten müsse, was das Bild erzeugt habe. Der Schrank enthielt Terscfaiedene Chemikalien, darunter uuch eine Schale mit Quecksilber. Daguerre nahm nnn ein Ding nach dem anderen heraus, das Quecksilber, welches er nicht beaohtete, aber nicht; immer wieder erhiL'lt er nach einigen Stunden Ijegen ein Bild. Der Schrank schien wie behext, bis er uoillich auf das anfangs unbeachtete Quect- sSber anfmerkaam wurde. Jetzt kam er auf die Vermutung, dafi die Dümjife des- ■elben (denn Quecksilber verdampft schon bei gewöhnlicher Temperatur) eine Wirkung usüben. Er setzte eine belichtete .Todsilberplatte zur Probe Queoksilberdämpfen aus und es i^Iang die Hervorrufung des Bildes, weU'he von fundamentaler Wichtigkeit fÖT den Dignerreotypieprozeß ist. (Liebig, Comhili llagazine. Vul. XII. S.30.3; Togels Lehrbnoh der Photographie. 1878. S. 4.)
184 Erster Teil. Sechzehntes E!apitel.
sondern mit einer vollkommenen Abstufung der Töne des Weiß bis zum Schwarz. Dies neue Verfahren hat den Vorteil, die Gegenstände 60 bis 80 Mal rascher dar- zustellen als dasjenige, welches Herr Joseph Nicephore Niepce, mein Vater, erfunden und Herr Baguerre vervollkommnet hat, und zu dessen Ausnutzung ein vorläufiger Gesellschaftsvertrag vom 14. Dezember 1829 vorliegt, durch welchen fest- gesetzt ist, daß das erwähnte Verfahren wie folgt veröffentlicht werden solle:
Verfahren, erfunden von Herrn Joseph Nicephore Niepce und verbessert von Herrn L. J. M. Daguerre.
Nach der Mitteilung, welche er mir gemacht hat, willigt Herr Daguerre ein, der nach dem oben erwähnten provisorischen Vertrage gegründeten Gesellschaft das neue Verfahren, dessen Erfinder er ist und an dem er Verbesserangen angebracht hat, unter der Bedingung zu überlassen, daß dasselbe bloß den Namen Daguerre tragen soll, jedoch nur gemeinschaftlich mit dem ersten Verfahren veröffentlicht werden darf, damit der Name des Herrn J. Nicephore Niepce für alle Zeiten, wie sich's gebührt, bei dieser Erfindung Erwähnung findet.
Durch den gegenwärtigen Vertrag ist und bleibt festgesetzt, daß alle Artikel und Grundlagen des provisorischen Vertrages vom 14. Dezember 1829 in Gültigkeit bleiben.
Nach diesem neuen Übereinkommen zwischen den Herren Daguerre und Isidore Niepce, welches den endgültigen Vertrag bildet, von welchem im Art. 9 des provisorischen Vertrages die Rede ist, haben die Genannten, da sie willens sind, ihre verschiedenen Verfahren zu veröffentlichen, dazu den Weg der Subskription ausersehen.
Die Ankündigung der Veröffentlichung erfolgt durch die Tagesblätter. Die Subskriptionsliste wird am 15. März 1838 aufgelegt und am 15. April desselben Jahres geschlossen.
Die Zeichnung geschieht in Posten von 1000 Francs.
Die Liste wird bei einem Notar ausgelegt, welchem das Geld von den Sub- skribenten einzuhändigen ist, deren Zahl im Maximum auf 400 festgesetzt wird.
Die Subskriptionsbedingungen werden möglichst günstig au^^tellt, die Ver- fahren können jedoch erst dann veröffentlicht werden, wenn wenigstens 100 Einzel- beträge zur Zeichnung gelangt sind; sollte dies nicht eintreten, so werden die Ge- sellschafter sich nach einem anderen Wege der Veröffentlichung umsehen.
Wenn sich vor Eröffnung der Zeichnung Gelegenheit zum Verkauf der Ver- fahren bieten sollte , so darf derselbe zu keinem niedrigeren Preise als 200000 Francs ausgeführt werden.
Doppelt ausgefertigt, genehmigt und unterschrieben zu Paris, den 13. Juni 1837, im Hause des Herrn Daguerre im Diorama.
Isidore Niepce. Daguerre.
Daguerre und Niepce wendeten sich noch im Jahre 1837 wiederholt an Kapitalisten und Kunstliebhaber, um ihre Erfindung zu verwerten; diese Bemühungen waren ebenso vergeblich als eine am 15. Mai 1838 veranstaltete Subskription.
Nachdem der Versuch der Verwertung der Daguerreotypie auf dem Wege der Subskription erfolglos war, so dachten Daguerre und Niepce daran, ihre Methode der französischen Regierung anzubieten. Daguerre wendete sich an Dominique Fran9ois Jean Arago, welchen er gegen
^das Värspi-E »oug l ma .u . . 11, b„ uvu
Hethode einweihte. Es jiet ein großes Glück, daß Arago so großes Yersttodiiis für die Erfindung hatte, welche er begeistert aufnahm. Bereits am 7. Januar 1839 teilte Arago die Erfindung der Daguerreo- tjpie der IranzösiBchen Akademie der Wissenschaften mit. Das Geheim- nis war aber nicht gut gehütet worden und bereits am 6. Januar 1839 hatte die ^Ozzetta de France" eine Notiz darüber publiziert, allerdings ohne irgendwelche Details.
Durch Vermittlung tod Arago und anderen einflußreichen Personen kamen Daguerre und Isidore Niepce mit dem französischen Uinister des Innern, Tannegui DuchStel, zusammen; es kam ein vorläufiger Vertrag am 14. Juni 1838 zustande, worin Daguerre und Niepce ihre beliographischen Prozesse dem französischen Staate verkauften und wofQr Daguerre eine lebensläaglicbe jährliche Pension von 6000 Francs und laidore Niepce eine Pension von 4000 Francs erhalten sollten.
Dieser Gesetzesentwurf lautet:
Lonia Philipp, König der Franzosen, Allen unseni Gruß zuvor! Va hsben befohlen und befehlen, daß der Uesetxesentwnrf, dessen Inlialt hier folgt, in nnserm Namen der Kammer der Beputierten durch unsern Minister, Staats- Sabettie des Departement des Innern, vorgelegt werde, welchen wir beauftragen, die Beweggründe auseinanderzusetzen und die Verhandlungen zu unterstützen.
Erster Artikel. Der am 14. Jnni 1839 provisorisch geschlossene Vertrag zwischen dem Minister dee Innern, auf Staatsauftrag handelnd, und den Herren Daguerre und Niepce, SoliD, ist dem g^enwärtigen Gesetz beigefügt und bewilligt.
Zweiter Artikel. £b ist dem Herrn Baguerie eine jährliche und lebenslängliche Pension von 6000nsnc8 bewilligt; dem HermNiepce, Sohn, eine jährliche und lebenslängliche Fffiisioii von 4000 Francs.
Dritter Artikel. Diese Pensionen sollen in da.s Buch der Zivil pensionon des öffentlichen Schatzes «n^ptragfln werden, die Veröffentlichung des gegenwartigen (iesotzes angenommen. Sie werden zur Hälfte auf die Witwen der Herren Dnguerre und Niepce rückfiillig. Gegeben im Palast der Tuilcrien, den 15. Juni 1839.
Unterzeich not Louis Philipp. Für den König: Der Btaatsmiuister- Sekretär,
X'nterzoichnet Ducbatel. Zwiaabea den Unterzeichneten, Herrn Duchatel, Staatsminister- Sekretär, «m einer Seite, und den Herren Daguerre (Louia- Jacques -Mandö) und Niepce, fiohn (Joeeph Isidore), von der anderen Saite, fand folgende Üboreinkunft statt;
186 Erster Teil. Sechzehntes Kapitel.
Artikel 1. Herr Baguerre und Niepce machen sich verbindlich, in die Hände des Ministeriums des Innern ein gesiegeltes Paket zu legen, das Geschichtliche und die genaueste, ausführlichste Beschreibung des benannten Verfahrens enthaltend.
Art. 2. Herr Arago, Mitglied der Kammer der Deputierten und der Aka- demie der Wissenschaften, welcher schon die Bekanntschaft besagter Verfahrungsarten gemacht hat, wird vorläufig alle Teile des gesagten Depots untersuchen und ihre Richtigkeit prüfen.
Art. 3. Das Depot wird nicht eher eröffnet und die Beschreibung des Ver- fahrens nicht eher der Öffentlichkeit überliefert werden, als nach Annahme des hier besprochenen Gesetzesentwurfs; alsdann muß Herr Daguerre, wenn es verlangt wird, und in Gegenwart einer, vom Ministerium des Innern ernannten Kommission, operieren.
Art. 4. Herr Daguerre macht außerdem sich auch verbindlich, auf dieselbe Art die Mitteilung des Verfahrens des Malens und der physikalischen Apparate, welche seine Erfindung des Diorama charakterisiert, zu geben.
Art. 5. Er wird verpflichtet, der Öffentlichkeit alle Vervollkommnungen der einen oder anderen Erfindung, welche er in der Folge noch macht, zu überliefern.
Art. 6. Als Preis der gegenwärtigen Abtretung macht sich der Herr Minister des Innern verbindlich, bei den Kammern für Herrn Daguerre, welcher es annimmt, eine jährliche und lebenslängliche Pension von sechstausend Francs zu erbitten.
Für Herrn Niepce, welcher es gleichfalls annimmt, eine jährliche und lebens- längliche Pension von viertausend Francs.
Diese Pensionen werden in das Buch der Zivilpensionen des öffentlichen Schatzes eingeschrieben werden. Sie werden zur Hälfte auf die "Witwen der Herren Daguerre und Niepce rückfällig.
Art. 7. In dem Fall, daß die Kammern nicht in der wirklichen Sitzung den Gesetzosentwurf besagter Pensionen bewilligen, so würde die gegenwärtige Überein- kunft mit vollem Recht für nichtig erklärt, und den Herren Daguerre und Niepce würde dann ihr versiegeltes Paket zurückgegeben werden.
Art. 8. Der gegenwäiiige Vertrag wird einregistriert werden, vermittelst einer festgesetzten Gebühr von einem Franken.
Dreifach in Paris gemacht, den 14. Juni 1839.
Beglaubigte Unterschrift:
Beglaubigte Unterschrift: Beglaubigte Unterschrift:
Gezeichnet Duchatel.
Gezeichnet Daguerre.
Gezeichnet I. Niepce.
Für die, mit dem Original, welches dem Gesetzesentwurf beigefügt ist, über- einstimmende Kopie,
der Staatsminister- Sekretär des Departements des Innern,
Gezeichnet Duchatel.
Es wurde eine Kommission zur Prüfung dieses Gesetasentwuib eingesetzt, deren Bericht wir hier folgen lassen, und zwar war der Referent in der französischen Deputiertenkammer Herr Arago.
nenoiit m*) EUT Prüfung des Oegetzentworls über die Bewilligung einer jäbr- liohen and lebenalänglichen Pension von 6000 Fr. an Herrn Daguerre, und einer Bolchen T<ai 4000 Fr. an Herrn Niepce, Boha, für Abtretung der von ihnen gemachten Erfindung zoi Fixierung der Camera obscura- Bilder. Entattet in der franzäsiscben DeputiertenkaromeT am 3. Juli 1839 von Arago, Deputierten der Ost- Pyrenäen. Maine Herren! Das Interesse, welches durch die Erfindung erregt ward, die Herr Daguerre neolioli dem Fabliknm bekannt machte, war in dieser VerKammlung so wie überall, groB, lebhaft ond einstimmig. Aller Wahrscheinlichkeit nach erwartet die Kammer Ton ihrer Kommission wohl auch nur eine einfache Billigung des Gesetz Vorschlages, den der Herr Hioister des Innern vorgelegt bat Noch reiflicher Überlegung inde^isen schien der Auftrag, den Sie uns erteilt haben, ues andere Pflichten aufzuerlegen.
Bei allem Beifall, den wir der glücklichen Idee gehen müssee, den Erfindern eine Nationalbelobnung zu bewilligen, da ihr iDlerease durch die gewöhnlichen Fatentgesetze uiotit hinlänglich gesichert sein würde, so glaubten wir doch gleich bei Betietnng dieses neuen Weges den Beweis liefern zu müssen, mit welcher Vorsicht und Soi^alt die Kammer zu Werke geht.
Wenn man die Erfmdung des Genies, über die wir heute beschließen sollen, «ner genanen und strengen Prüfung unterwirft, i<o wird man dadurch jene eiteln MittelmSfligkeiten sicher entmutigen, die sonst aui^h dai-uacb streben möchten, in diese Tersanunlung ihre Produkte zu schleudern, die zum Teil gemein und spurlos TOiübei^bend sind. Man wird dadurch beweisen, daß Sie Belohnungen, die von Ihnen im Namen des National ruh ms gefordert werden könneu, in eine höhere Stelle n bringen wissen, daß Sie aber nie sich dazu herben werden, den Glanz der- selben dnrch deren Verschwendung zu vermindern.
Aus diesem Wenigen wird die Kammer ersehen, welche Beweggründe uns veranlaBten, zu untersuchen:
1. ob das Verfahren des Herrn Daguerre unbestritten eine Erfindung ist;
2. ob diese Erfindung der Altertumskunde und den schönen Künsten Dienste von Wert M erweisen imstande ist;
3. ob sie gemeinnützig werden kann, und endlich
4. ob man hoffen darf, daß die Wissenschaften Vorteil daraus ziehen werden. Hierauf gibt Arago eine Skizze älterer Versuche mit der
Kamera, sowie geschichtliche Notizen über Wedgewood usw., weiche jedoch durchaus nicht erschöpfend sind, sowie die Anfünge der ■ Arbeiten Niepce und Daguerres. Arago fälirt dann fort:
Der Oesellschafts vertrag der Herren Niepce und Daguerre über die ge- monaame Betreibung der phatogmphischi'n Melhodcn wurde am 14. Dezember 182!> in öffentlioher Form niedergeschrieben. Die sjiäteren Verträge zwischen Herrn Isidoi Niepce, Sohn, als Erbe seines Vaters, und Herrn Daguerre erwähnen erstens Vervollkommnungen, die der Pariser Maler der Methode des Physikers von Qillon beibrachte, und zweitens ganz neue, von Herrn Daguerre entdeckte Ver-
1) Diese Kommission bestand aus den Uen'cn Arago, Ktienne, Karl, Yatont, de Beanmont, Tournouer, Franz Delessert, Combarel de Leyval tmd Titei
188 Erster Teil. Sechzehntes Kapitel.
fahrungsweisen , die den Vorteil darbieten , „daß sich (dies sind die eigenen Worte einer der Urkunden) die Bilder mit einer 60 oder 80 fach größeren Geschwindigkeit, als bei dem früheren Verfahren, erzeugen**. Biese werden mehrere Bedingungen des Ver- trages (zwischen dem Herrn Minister des Innern einerseits und den Herren Daguerre und Niepce, Sohn, anderseits), der dem Gesetzesvoi'schlag beigelegt ist, erklären.
Man wird in dem, was wir soeben von den Arbeiten des Herrn Niepce sagten, ohne Zweifel die einschränkenden Worte: „für die photographische Kopierung der Kupferstiche", bemerkt haben. Herr Niepce hatte nämlich in der Tat nach einer Menge fruchtloser Versuche fast selbst die Hoffnung aufgegeben, die Bilder der Camera obscura festhalten zu können, weil die Präparate, deren er sich bediente, unter den Einwirkungen der Lichtstrahlen nicht schnell genug schwarz wurden, weil er 10—12 Stunden brauchte, um eine Zeichnung zu erzeugen; weil während so langen Zeiträumen die aufgetragenen Schatten sich oft verrückten und von der linken auf die rechte Seite der Gegenstände sich lagerten; weil diese Bewegung überall, wo sie vorkam, eine ausdruckslose gleiche Färbung erzeugte; weil in den Erzeugnissen einer so mangelhaften Methode aller Effekt, der aus dem Kontrast von Schatten und Licht entsteht, verloren ging; weil man femer auch ohne diese zahllosen Hindernisse nicht immer sicher war, zum Ziele zu gelangen, und weil nach unzähligen Vorsichts- maßregeln oft unerklärliche, zufällige Ursachen bewirkten, daß man bald ein leid- liches Resultat, bald ein unvollständiges Bild , das hier und da leere Bäume hinterließ, erhielt; weil endlich, den Sonnenstrahlen ausgesetzt, die Schichte, auf welcher das Bild sich zeichnete, wenn sie nicht schwarz wurde, sich trennte und in kleine Schuppen verteilte.
Wenn man alle diese Unvollkonmienheiten durch Darlegung der Art und Weise ihrer Beseitigung darstellte, so würde man eine ziemlich vollständige Aufzählung der Verdienste haben, die sich Herr Daguerre durch Erfindung seiner Methode, nach einer unendlichen Reihe von mühsamen, mißlichen und kostspieligen Versuchen er- worben hat.
Die schwächsten Strahlen wirken auf die Substanz des Daguerreotyp. Die Wirkung stellt sich schneller dar, als daß die Sonnenschatten Zeit hätten, sich auf eine bemerkliche Weise zu verändern. Die Erfolge sind gewiß , wenn man sich nach sehr einfachen Regeln richtet. Endlich vermindert der Eindruck der Sonnenstrahlen, auch wenn er jahrelang auf die einmal fertigen Bilder wirkt, weder die Reinheit noch den Glanz oder die Harmonie dei*selben.
Ihre Kommission hat die nötigen Vorbereitungen getroffen, daß an dem Tage, wo der Gesetzesvorschlag zur Beratung kommt, alle Mitglieder der Kammer, wenn sie dazu Lust haben, die Erzeugnisse des Daguerreotyp prüfen und sich selbst eine Idee von der Nützlichkeit dieser Erfindung machen können. Bei Betrachtang mehrerer dieser Gemälde, die Ihnen vorgestellt werden sollen, wird jedermann an den außer- ordentlichen Nutzen denken, welcher daraus hätte gezogen werden können, wenn man während der Expedition nach Ägypten ein so genaues und schnelles Mittel der Dar- stellung gehabt hätte; jeder wird von der Betrachtung hingerissen werden, daß, wenn die Photographie im Jahre 1798 bekannt gewesen wäre, wir heutzutage getreue Abbildungen einer großen Anzahl von Denkmälern besitzen würden, deren die ge- lehrte Welt durch die Habgier der Araber imd die Roheit gewisser Beisender jetit auf inmier beraubt ist.
Um die vielen Millionen von Hieroglyphen, die selbst auf der Außenseite die großen Monumente von Theben, Memphis, Kamak usw. bedecken, abznzeiohneni würde man ganze Jahrzehnte und Scharen von Zeichnern nötig haben. IGt der
Dagneneotyi <i ubuu ~ . u>«~n _ au g« .
nhren. Bewilligen Sie dem ii tut von Ägypten 2 oder 3 Dagnerreache Apparate, nnd bald werden &uf mehreren der großen Tafeln unseres berühmten Werkes, dos dem Znge naoh Ägypten sein Dasein verdankt, Massen von Hieroglypben, wie sie noh in der Wirklichkeit dort vorfinden, die Stelle ersonnener oder bloß nach dem VttgeßhT gemachter einnehmen, nod es w^^rden diese Zeichnungen an Treue und Wahiheit der Lokaltöne überall die Werke der geschicktesten Maler übertreffen, und da ihre Entstehnng nach den Regeln der Geometrie geschehen ist, so vird es mit Este einer geringen Zahl gegebener Verbältnisse müghch, die wahren GröBen der höchsten Teile, der luzugSnglichsten Gebäude daraus absuleiten.
Diese Betrachtungen, in denen die Gelehrten und Kunstler, welche die Armee des Orients mit so viel Eifer und Erfolg begleitet hatten, auch nicht den Schatten einer Geringschätzung erblicken können, ohne in Selbsttäuschung zu geraten , müssen die Gedanken ohne Zweifel auf die Arbeiten leiten, die gegenwärtig in unserem Vateriande selbst unter der Aufsicht der fiommission für historische Denkmäler ge- macht werden. Ein Blick reicht hin, um die anfierorde etliche Rolle zu erkennen, die das photographiache Verfahren bei dieser großen nationalen Unternehmung spielen moB; man wird zugleich begreifen, dalt dieses neue Vorfahren sich durch Sparsam- keit anazeichnen wird, ein Verdienst, das, beiläufig gesagt, selten mit der VervoU- komninnng der Produkte der Kunst gleichen Schritt hält.
Fragt man sich endlich, ob die Kunst, für sich selbst betrachtet, einige Fort- Bchritta durch die Prüfung und Fertigung dieser Bilder erwarten darf, die aus dem Feinsten nnd Zartesten, was die Natur besitzt, aus den Strahlen des Lichtes ent- BpTOsaen und, so gibt uns Herr Paul Delaroche die Antwort. In einer auf unsere Bitte abgefaßten Note erklärt dieser berühmte Maler, daß die Daguerresche Methode jn der Verwirklichung gewisser wesentlichen Forderungen der Kunst so weit ge- kommen ist, dafi sie selbst für die ausgezeichnetsten Maler ein Gegenstand der Be- obachtung und des Studiums werden wird". Was er am meisten an den photo- gnqihischen Bildern hervorhebt, ist das, daß die Einzelheiten derselben, deren Vollendung man sich nicht vorstellen kann, ,in nichts die Ruhe des Ganzen stören nnd auf keine Weise dem Totaleffekt schaden". „Die Richtigkeil der Striche", fährt Herr Delaroche fort, „die Genauigkeit aller Formen ist in den Daguerreschen Gemälden so voUständig, als nur immer möglich, und man erkennt darin gleichzeitig ein michtiges, kraftvolles Modell, und ein in Farbetiton und Wirkung gleich reiches Ganzes. Der Haler findet in diesem Verfahren ein leichtes Mittel, Studieusamm- InngsD zn machen, die er auf anderem Wege nur mit einem großen Aufwand von Uühe und Zeit, und doch nicht in gleicher Vollkommenheit, erhalten kann, so groß anoh sein Talent sein mag." — Nachdem Herr Delaroche mit schlagentlen Beweisen die Meinungen derer bekämpft hatte, die sich einbildeten, die Fhutcgraphie werde unseren Künstlern und besonders unseren geschickten Kupferstechern Schaden bringen, sohÜeBt derselbe, seine Note mit der Bemerkung; „Nach allem diesem ist die bt;- wnndeiungswnrdige Erfindung des Herrn Daguerre ein unendlicher Dienst fiir die Künste*. Wir wollen nicht in den Fehler verfallen, einem Zeugnisse der Art noch etwas beizufügen.
Man erinnert sich ohne Zweifel, daß unter den Fragen, die wir am Anfang gegenwärtigen Berichts uns vorgelegt haben, auch die war, ob die photographische Ifethode gemeinnützig werden könne.
Ohne das, was an der Sache bis zur Annahme und Terkundung des Gesetzes geheim bleiben muß und soll, zu verraten, ki5nnen wir sagen, daß die Flächen, auf
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welchen das Licht die bewundernswerten Gemälde des Herrn Daguerre erzeugt, plattierte Tafeln sind, d. h. Kupferplatten, die mit einem dünnen Silberplättchen überzogen sind. Es wäre ohne Zweifel vorzuziehen gewesen, nicht nur für den Vorteil der Reisenden, als auch aus dem ökonomischen Gesichtspunkte, daß man sich des Papieres hätte bedienen können. Das mit chlor- oder schwefelsaurem Silber getränkte Papier war auch wirklich die erste Substanz, auf welche die Wahl des Herrn Daguerre fiel; allein der Mangel an Empfindlichkeit, die Undeutlichkeit der Bilder, die geringe Sicherheit für den Erfolg imd die Zufälle, die sich oft bei der Operation, die Licht- in Schattenpartien und imigekehrt zu veiwandeln, ereigneten, mußten auch einen so geschickten Künstler von der Fortsetzung dieser Versuche auf Papier zurückschrecken. Wäre er auf diesem ersten Wege fortgeschritten, so würden seine Bilder zwar vielleicht in Sammlungen als Erzeugnisse von Versuchen in den Sonderbarkeiten der Physik sich zeigen , allein gewiß würde sich die Kammer nie damit zu beschäftigen gehabt haben. Wenn übrigens 3 oder 4 Francs, was eine Platte, wie sie Herr Daguerre in Gebrauch hat, kostet, ein zu hoher Preis scheinen sollte, so muß man hinzufügen, daß diese nämliche Platte nacheinander hundert verschiedene Gemälde aufzunehmen imstande ist.
Der außerordentliche Erfolg der gegenwärtigen Methode des Herrn Daguerre steht im Zusammenhang mit dem Umstände, daß die Operation mit einer äußerst dünnen Schicht des Stoffes, auf einem wahren Häutchen vollzogen wird. Wir haben uns daher mit dem Preis der Stoffe, die dazu verwendet werden, nicht zu be- schäftigen; derselbe würde wegen seiner Kleinheit in der Tat gar nicht zu be- stimmen sein.
Ein einziges Mitglied der Kommission hat den Künstler in Tätigkeit gesehen, und hat auch selbst die Operation vollbracht Daher geschieht es unter der persön- lichen Verantwortlichkeit dieses Deputierten, wenn wir der Kammer die Daguerreo- typio, betrachtet von dem Gesichtspunkte der leichten Ausführbarkeit, beschreiben.
Die Daguerreotypie enthält nicht eine einzige Verrichtung, die nicht jedermann vollbringen könnte. Sie setzt durchaus keine Kenntnis der Zeichenkunst voraus und fordert auch keine besondere Geschicklichkeit in der Hand. Wenn man sich Punkt für Punkt nach gewissem, sehr einfachen und sehr wenig zahlreichen Vorschriften richtet, so gibt es niemand, dem es nicht ebenso gewiß und ebenso gut, als Herrn Daguerre selbst, gelingen wird.
Die Schnelligkeit der Methode hat vielleicht am meisten Erstaunen im Publikum erregt. Li der Tat sind kaum 10 — 12 Minuten in der trüben Witterungszeit des Winters notwendig, um die Ansicht eines Monuments, eines Stadtviertels, einer Landschaft aufzunehmen.
Im Sommer bei schönem Sonnenlicht kann diese Zeit auf die Hälfte vermindert werden. Im mittäglichen Klima werden gewiß 2 — 3 Minuten genügen. Allein wir müssen dabei bemerken, daß unter diesen 10—12 Minuten im Winter, diesen 5 bis 6 Minuten im Sommer und diesen 2 — 3 Minuten in südlichen Gegenden nur die Zeit verstanden ist, während welcher die Platte das Linsenbild aufnehmen muß. Hierzu muß noch die Zeit gerechnet werden, die erforderlich ist, um die Camera obscura auszupacken und aufzustellen, die Platte herzurichten und die kleine Operatioii vorzunehmen, um das Gemälde, wenn es aufgetragen ist, für die Einwirkungen des Lichtes unempfänglich zu machen. Zu allen diesen Verrichtungen zusammen durfte eine Zeit von einer halben bis zu dreiviertel Stunden nötig sein. Diejenigen, die neulich, als sie gerade im Begriff waren, eine Reise anzutreten, erklärten, sie wollten jeden Augenblick, wo die Chaise Steigungen zu überwinden hätte, benutzen, um
iricbtw de
reniger De d mu Mob in Ti bi , wenn man, übemsclit ron den mein* 1 Brlolgen. die aiob durch den Abdruck von Seiten und Zeichnungen der iltesten VeAe ergaben, hoffte, die photographischeu Bilder könnten dorcb litho- p^thiBoliB Abdrucke wiedergegeben und vervielfacht werden. Nicht allein in der moralischen Welt hat jede Eigenschaft ihre Uängel, der Grundsatz findet auch bei den Kfinaten s^ne Anwendung. Die Vollendung, Zartheit und Harmonie der Licht- bilder und Wirkungen der vollkaramenen Glätte und unbetecfaenbaren Dünne des Übenoges, auf welchem Herr Daguerre operiert Reibt oder tupft man derartige Oeinilde, oder unterwirft man sie dem Brück der Presse oder Walze, so sind sie unwiederbringlich zerstört. Würde es uns aber auch jemals einfallen, ein Spitzen- band stark hin und her zu zerren oder die Flügel eines Schmetterlings zu reiben?
Der Akademiker, der schon seit einigen Monaten die Zubereitung kennt, durch welche die schönen Zeichnungen , die gegenwärtig unserer Prüfung unterworfen werden sollen, erzeugt werden, glaubte bis jetzt noch keinen Vorteil aus dem Geheimnis liehen zu dürfen, das ihm durch das uhrenvollc Zutrauen des Herrn Daguerre mitgeteilt worden ist Er glaubt, daß, bevor er die weitere Laufbahn der Nach- foraohtingen, die das photographiscbe Verfahren dem Physiker eröffnet, betreten dürfe, die Delikatesse von ihm fordere, zuerst abzuwarten, bis eine Nationalbetobnung der Allgemeinheit der Beobachter dieselben Hilfsmittel za weiterer Forschung in die H&nde gegeben hätte. Wenn wir demnach von dem wissenschaftlich eo Nutzen der Erfindung unseres Landsmannes reden, so können wir allerdings nur Vermutungen ansdrüeken. Die Tatsache selbst übrigens ist klar und handgreiflich, und wir haben nicht sehr zu besoi^n, daB die Zukunft uns Lügeo strafen werde.
Die Vorrichtung, auf welcher Herr DaguL'rre arbeitet, ist ein für die Ein- wiAnng des Lichtes viel empfänglicheres Reaktion smittel, als alle, deren man sich lüsher bedient hat Niemals hatte diis Licht des Mondes, wir meinen nicht im natür- Itdieo Zustand, sondern vereinigt im Brennpunkt des grüßten Linsenglases, oder im Brennpunkt des gröBten Spicgolglo-ses , irgend einen erheblichen physischen Effekt hervorgebracht Die von Herrn Daguerre zubereiteten Platten bleichen übrigens unter der Einwirkung derselben Lichtstrahlen und der nachfolgenden Bebaudlung so sehr, dafi man sich der Hoffnung hingeben darf, da« wir photographische Karten von onserm Tmbanten (Hond) werden machen können. M^in wird also in einigen Hinuten eine der schwierigsten, langwierigsten und mißlichsten astronomischen Arbeiten ausführen können.
Ein wichtiger Zweig der beobachtenden und berechnenden Wissenschaften, nimlich der, welcher von der inneren Wirksamkeit (intensiven Kraft) des Lichtes handelt, die Photometrie (Lichtmossung) Eiat bis jetzt wenig Fortschritte gemacht. Der Physiker kann es leicht dahin bringen, die Wirkungen zweier Lichlarten, die nebeneinander sind, und die er zugleich erblickt, zu vergleichen; allein man bat nur nnToUkommene Mittel, diese Vergleich ungen zu bewerkstelligen, wenn die Bedingung der gleichzeitigen Erscheinung nicht vorhanden ist; wenn man ein Licht, da^ im Angenblick sichtbar ist, und ein anderes, das erst dann, wenn das erstcre ver- schwanden ist, zum Vorschein kommt, vergleichen soll.
Die künstlichen Lichti[ucllen, die der Beobachtci' in dem eben erwähnten Falle nir Verglelchnng zu Hilfe nehmen muß, sind selten mit der Beständigkeit und Feetif^eit begabt, die wünschenswert ist; selten, und besondei's wenn es sich von Oesliinen handel* , haben unsere künstlichen Liclitquellen die n<)tige weiße Farbe. Deshalb bestehen so große Differenzen zwischen den Bestimmungen der verglichenen
192 Ei-stei Teil. Sechzehotes KapiteL
Lichtstärken der Sonne und des Mondes und der Sonne und der Sterne, die durch gleich ausgezeichnete Gelehrte gegeben sind; deshalb sind die wichtigsten Folgen, die sich aus diesen letzteren Vergleichungen, bezüglich auf die niedere Stellung er- geben, die unsere Sonne unter den Milliarden von Sonnen, mit denen das Firmameiit übersäet ist, einnehmen muß, noch mit gewissen Vorbehalten umwirrt, von denen selbst die Werke der Schriftsteller, die durchaus nicht ängstilch sind, sich nicht freigehalten haben.
Wir wollen nicht anstehen, es zu sagen, die von Herrn Daguerre entdeckten Reaktionsmittel werden die Fortschritte einer der Wissenschaften beschleunigen, die dem meoschlichen Geiste zur größten Ehre gereichen. Mit ihrer Hilfe kann der Physiker von nun an den Weg durch Bestimmung absoluter Intensitäten betreten; er kann die verschiedenen Lichter durch ihre Wirkungen beurteilen. Wenn er es für gut findet, so kann ihm dieselbe Tafel die Einwirkung der blendenden Sonnen- strahlen, der dreimalhunderttausend Mal schwächeren Strahlen des Mondes und der Strahlen der Gestirne zeigen. Er kann diese Einwirkimgen vergleichen, entweder indem er die stärkeren Lichtstrahlen mit Hilfe der ausgezeichneten Mittel, die erst neu entdeckt worden sind , deren nähere Bezeichnung hier aber nicht an ihrem Orte wäre, schwächt, oder indem er z. B. die glänzendsten Strahlen nur eine Sekunde wirken läßt und je nach Bedarf die Wirkimg der übrigen Strahlen bis zu einer halben Stunde verlängert. Wenn die Beobachter ein neues Listrument zum Studium der Natur anwenden, so ist das, was sie davon gehofft haben, immer eine Kleinig- keit gegenüber der Folge von Entdeckungen, zu denen das Listrument den Ursprung gab. Darin muß man hauptsächlich auf den Zufall rechnen.
Sollte dieser Gedanke paradox scheinen ? Einige Beispiele werden die Richtig- keit desselben beweisen.
Einige Kinder befestigen zufällig zwei Linsengläser von verschiedenen Brenn- punkten an den beiden Enden eines Rohrs. Sie bringen dadurch ein Instrument hervor, das entfernte Gegenstände vergrößert und sie darstellt, als wenn sie sich genähert hätten. Die Beobachter nehmen dieses Mittel mit der einzigen, geringen Hoffnung auf, Gestirne, die man von alters her kannte, die man aber bis dahin nur unvollkommen hätte studieren können , ein wenig besser sehen zu können. Kaum aber ist es gegen das Firmament gekehrt, so entdeckt man Miriaden neuer Welten, so dringt man in die innere Beschaffenheit der sechs Planeten der Alten ein und findet sie ähnlich der unserer Erde, mit Bergen, deren Höhe man mißt, mit Atmo- sphären, deren Veränderungen man verfolgt, mit Naturerscheinungen, der Bildung und Zerstörung von Eispolen, ähnlich denen der Erdpole, mit Bewegungen tun die Achse, ähnlich denen, die bei uns die Abwechslung von Tag und Nacht erzeugen. Auf den Satumus gerichtet, zeigt der Tubus der Kinder des Brillenhändlers von Middelburg dort eine Erscheinung, deren Sonderbarkeit alles übertrifft, was die leb- hafteste Einbildungskraft sich vorstellen kann. Wir meinen jenen Ring oder, wenn man lieber will, jene Brücke ohne Pfeiler von 71000 Stunden Durchmesser und 11000 Stunden Breite, die den Körper des Planeten auf allen Seiten umgibt, ohne sich ihm auf irgend einer Seite auf mehr als 9000 Stunden zu nähern. Hfttta wohl jemand vorhersehen können, daß man durch das Femrohr, das zur Beobaohtung der vier Monde des Jupiter angewendet werden sollte, entdecken würde, daß die lichi- strahlen sich mit einer Geschwindigkeit von 8000 Stunden in der Sekunde bewegen, daß, verbunden mit den geteilten Instrumenten, es dazu dienen würde, den Beweis zu liefern, daß es keine Sterne gibt, deren Licht in weniger als drei Jahren m uns kommt, daß femer, wenn man mit seiner Hilfe gewisse Beobachtungen, gewiSBe
Sohhuse kommt, omB aar xhl, dnrob den wir in i im Angenbliot gewisse neb Stdlm erUioken, von diesen vor Milliooeu von Jabren ansgegangen war, mit i ei Woitan, d&E ^eee Nebelwolken durch die aubzesaive Fortpflanzong des Liohta von der Eide ans mehrere HiUiooen von Jahren nach ihrer völligen Vemichtaug sicht- bar mnd?
Du Befaiohr für benaofabarte Oegenatlnde, das Mikroskop, könnte sa analogen BoBediuigen Anlafi geben, denn die Natur ist nicht weniger bevondeningswert ond venahiedenutig in ihren kleinsten Teilen, als in ihrer ünermeBlichkeit Wenn man das IGkroskop znerst zur Beobachtung gewisser Insekten anwendet, von denen die NatoAnndigen nur wünschen möchten, daß sie ihre Gestalt TergroBem könnten, um üe genaoer duich Zeichnnngen darstellen zu können, so hat dssselbe nacheinander und onTennatet in der Laft, im Wssser, überhaupt in allen flüssigen Gegenständen, diese Üerohen, diese fremdartigen Oeschöpfchen entdeckt, durch die man hoffen darf, künftig önmal die ersten Anhaltspunkte zu einer vernünftigen Erklärung der Lebens- ereoheinnngen %a entdecken. Neulich auf kleine Bruchstücke der härtesten und festesten Steine, ane denen die Oberfläche unserer Erde zusammengesetzt ist, gerichtet, bat das Uikroakop den eistaonten Blicken der Beobachter gezeigt, daB diese Steine einst lebten, dafi sie eine ans unzähligen Milliarden solcher nur mit dem Mikroskop erkenn- baren Lerchen lusammengefügte Masse sind.
Man wild sich erinaern, daß die»e Abschweifung dazu bestimmt war, diejenigen Personen zu enttäuschen, die mit Unrecht die wissenschaftlichen Anwendungen der Entdeckung des Herrn Dagnerre auf den jetzt schon voraussichtlichen Stand be- Bohrinken woUten, von dem wir einen Umriß gezeichnet haben; wohl, die Wirklich- keit rechtfertigt schon unsere Hoffnungen. Wir könnten z. B. von einigen Ideen reden, die man über die schnellen Mittel für die Aufsuchung gehabt hat, die der Topograph der Iichtbilder-Erzeugung«methode entlehnen könnte, allein wir gehen auf kfiizerem Wege zu unsenn Ziel, indem wir eine einzige Beobachtung hier miU teilen, die Herr Dagnerre uns gestern gemacht hat, daß nämlich die gleichweit von dem Uittag entfernten Stunden des Morgens und des Abends, wo die Sonne also ^eiohhoch über dem Horizonte steht, doch nicht gleich günstig für die Erzeugung der photegr^ihischen Bilder sind.
Bo erzeugt sich das Bild zu ollen Jahreszeiten und bei scheinbar ganz gleichen atmosphlrischen Verhältnissen um 7 Uhr des Morgens ein wenig schneller, als um 5 Ühi abends, um 8 Uhr schneller als um i Uhr, um 9 Uhr schneller als um 3 Uhr. Wenn wir dieses Resultat als richtig annehmen, so hat der Meteorologe ein Element mehr in seinen Tafeln aufzunehmen, und zu den früheren Beobachtungen über den Stand des Thermometers, Barometers, Hygrometers und der Durchsichtigkeit der Luft moB er noch ein Element hinzufügen, dos jene Instrumente nicht angeben, er darf noch eine besondere Absorption nicht vergessen, welche nicht ohne Einfluß auf viele andere Erscheinungen sein kann, selbst auf die, welche in das Gebiet der Phj'siologie und Mediiiu gehören.
Wir wollen es versuchen, meine Herren, alles das, was die Erfindung des Berm Dagnerre Interessantes darbietet, nnter die vierfache Beziehung der Neuheit, der Nfltiliohkeit für die Kunst, die Schnelligkeit der Ausführung und des kostbaren Hüfnoittelfl, das die Wissenschaft daran finden wird, zu stellen. Wir haben uns bam'&ht, Ihnen unsere Dherzengungen mitzuteilen, weil sie lebhaft und aufrichtig aind, wall wir alles mit der getreuen Genauigkeit untersucht und geprüft haben, die uns durch Ihre Wahl znr Pflicht geworden ist, weil femer, wenn es möglich gewesen
n PhDtDgnphlB. I. Tnl. 3. Anfl, 13
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Lichtstärken der Sonne und des Mondes und der Sonne und der Sterne, die durch gleich ausgezeichnete Gelehrte gegeben sind; deshalb sind die wichtigsten Folgen, die sich aus diesen letzteren Vergleichungen , bezüglich auf die niedere Stellung er- geben, die unsere Sonne unter den Milliarden von Sonnen, mit denen das Firmameiit übersäet ist, einnehmen muß, noch mit gewissen Vorbehalten umwirrt, von denen selbst die Werke der Schriftsteller, die durchaus nicht ängstlich sind, sich nicht freigehalten haben.
Wir wollen nicht anstehen, es zu sagen, die von Herrn Dagu er re entdeckten Reaktionsmittel werden die Fortschritte einer der Wissenschaften beschleunigen, die dem menschlichen Geiste zur größten Ehre gereichen. Mit ihrer Hilfe kann der Physiker von nun an den Weg durch Bestimmung absoluter Intensitäten betreten; er kann die verschiedenen Lichter durch ihre Wirkungen beurteilen. Wenn er es für gut findet, so kann ihm dieselbe Tafel die Einwirkung der blendenden Sonnen- strahlen, der dreimalhunderttausend Mal schwächeren Strahlen des Mondes und der Strahlen der Gestirne zeigen. Er kann diese Einwirkimgen vergleichen, entweder indem er die stärkeren Lichtstrahlen mit Hilfe der ausgezeichneten Mittel, die erst neu entdeckt worden sind , deren nähere Bezeichnung hier aber nicht an ihrem Orte wäre, schwächt, oder indem er z. B. die glänzendsten Strahlen nur eine Sekunde wirken läßt und je nach Bedarf die Wirkung der übrigen Strahlen bis zu einer halben Stunde verlängert. Wenn die Beobachter ein neues Listrument zum Studium der Natur anwenden, so ist das, was sie davon gehofft haben, immer eine Kleinig- keit gegenüber der Folge von Entdeckungen, zu denen das Instrument den üi*sprung gab. Darin muß man hauptsächlich auf den Zufall rechnen.
Sollte dieser Gedanke paradox scheinen? Einige Beispiele werden die Richtig- keit desselben beweisen.
Einige Kinder befestigen zufällig zwei Linsengläser von verschiedenen Brenn- punkten an den beiden Enden eines Rohrs. Sie bringen dadurch ein Instmment hervor, das entfernte Gegenstände vergrößert und sie darstellt, als wenn sie sich genähert hätten. Die Beobachter nehmen dieses Mittel mit der einzigen, geringen Hoffnung auf, Gestirne, die man von alters her kannte, die man aber bis dahin nur unvollkommen hätte studieren können, ein wenig besser sehen zu können. Kaum aber ist es gegen das Firmament gekehrt, so entdeckt man Miriaden neuer Welten, so dringt man in die innere Beschaffenheit der sechs Planeten der Alten ein und findet sie ähnlich der unserer Erde, mit Bergen, deren Höhe man mißt, mit Atmo- sphären, deren Veränderungen man verfolgt, mit Naturerscheinungen, der BUdung und Zerstörung von Eispolen, ähnlich denen der Erdpole, mit Bewegungen um die Achse, ähnlich denen, die bei uns die Abwechslung von Tag und Nacht erzeugen. Auf den Satumus gerichtet, zeigt der Tubus der Kinder des Brilienhändlers von Middelburg dort eine Erscheinung, deren Sonderbarkeit alles übertrifft, was die leb- hafteste Einbildungskraft sich vorstellen kann. Wir meinen jenen Ring oder, wenn man lieber will, jene Brücke ohne Pfeiler von 71000 Stunden Durohmesser und 11000 Stunden Breite, die den Körper des Planeten auf allen Seiten umgibt, ohne sich ihm auf irgend einer Seite auf mehr als 9000 Stunden zu nahern. Hfttta wohl jemand vorhersehen können, daß man durch das Femrohr, das zur Beobaohtung der vier Monde des Jupiter angewendet werden sollte, entdecken würde, daß die lichi- strahlen sich mit einer Geschwindigkeit von 8000 Stunden in der Sekunde bewegen, daß, verbunden mit den geteilten Instrumenten, es dazu dienen würde, den Beweis zu liefern, daß es keine Sterne gibt, deren Licht in weniger als drei Jahren sa uns kommt, daß femer, wenn man mit seiner Hilfe gewisse Beobachtungen, gewiBBe
Sddnne krärnnt, uß aer Staun, auiob den wir in einem Augenblick gen i nebel BtoUen etUickeii, von diesen toi UUlioDen von Jahren auBgegangen war, mit andei Worten, iaS diese Nebelwolken durch die BukiesnTe Fortpflaitziuig des Lichts ron der Erde sos mehrere Uilliooen von Jahren nach ihrer völligen Vernichtung mcht- iar und!
Das Sehrohr für benachbarte OeganslAiide, das Mikroskop, könnte lu analogen BoKikaBgfn AnlaB geben, denn die Natur ist nicht weniger be wund enings wert und TOBdiiedenartig in ihren kleinatan Teilen, als in ihrer ünermeQlichkeit. Wenn man dis IGkioekop cnent mr Beobachtung gewisser Insekten anwendet, von denen die Natnrkiuidigen nur wünschen mochten, daß sie ihre Gestalt vergröBem könnten, am aie gauner dorch Zeiohnungen darateUen zn können, so hat dasselbe nach^nandei md nnrennutet in der Luft, im Wasser, überhaupt in allen flüssigen Qegenstbnden, diese !Gerotien, diese fremdartigen Geschüpfchen entdeckt, durch die man hoffen darf, künftig eönmal die ersten Anhaltspunkte zu einer vernünftigen Erklärung der Lebens- eisoheinnngen lu entdecken. Neulich auf Ueine Bruchstücke der härtesten und festesten Bteine, ans denen die Oberfläche unserer Erde zusammengesetzt ist, gerichtet, hat das Mikroskop den erstaunten Blicken der Beobachter gezeigt, daQ diese Steine einst lebten, daB sie eine aus unzähligen Milliarden solcher nur mit dem Mikroskop erkenn- baren inerohen zusammengefügte Masse sind.
Han wird sich erinnern, daß diese Abschweifung dazu bestimmt war, diejenigen Personen zu enttäuschen, die mit Unrecht die wissenschaftlichen Anwendungen der Entdeckung des Herrn Daguerre auf den jetzt schon voraussichtlichen Stand be- aohränken wollten, von dem wir einen Umriß gezeichnet haben; wohl, die Wirklich- keit rechtfertigt schon unsere Hoffnungen. Wir künuten z. B. von einigen Ideen reden, die man über die schnellen Mittel für die Aufsuchung gehabt hat, die der Topograph der Lichtbilder- Bizeugung^methode entlehnen könnte, allein wir gehen auf kürzerem Wege zu unserm Ziel, Indem wir eine einzige Beobachtung hier mit- teilen, die Herr Daguerre uns gestern gemacht bat, daß nämlich die gleicbweit Ton dem Mittag entfernten Stunden des Morgens und des Abends, wo die Sonne also ^eichhoch über dem Horizonte steht, doch nicht gleich günstig für die Erzeugung der photographischen Bilder sind.
So erzeugt sich das Bild zu allen Jahreszeiten und bei scheinbar ganz gleichen atmosphärischen Verhältnissen um 7 Uhr des Morgens ein wenig schneller, als um 6 übr abends, um 8 Uhr schneller als um 4 Uhr, um 9 Uhr schneller ab< um 3 Uhr. Wenn wir dieses Resultat als richtig annehmen, so hat der Meteorologe ein Element mehr in seinen Tafeln aufzunehmen, und zu den früheren Beobachtungen über den Stand des Thermometers, Barometers, Hygrometers und der Durchsichtigkeit der Luft mufl er noch ein Element hinzufügen, das jene Listnimente nicht angeben, er darf noch wie besondere Absorption nicht vergessen, welche nicht ohne Einfluß auf viele andere Ersoheinongen sein kann, selbst auf die, welche in das Gebiet der Physiologie nnd Hadiän gehören.
Wir wollen es versuchen, meine Herren, alles das. was die Erfindung des HeiTU Daguerre Interessantes darbietet, unter die vierfache Beziehung der Neuheit, der NSUichkeit für die Kunst, die Schnelligkeit der Ausführung und den kostbaren BtUBmittals, das die Wissenschaft daran finden ivird, zu stellen. Wir haben uns bem&ht, Ihnen onaere (iberzeugungen mitzuteilen, weil sie lebhaft und aufrichtig sind, wül wir alles mit der getreuen Genauigkeit untersucht und geprüft haben, die uns doich Ihre Wahl mr Pflicht geworden ist, weil femer, wenn es möglich gewesen Kdar, BmBmk der Fhota(iHiliI>. I- Teil. 3. Aufl. 13
194 Erster Teil. Sechzehntes Kapitel.
wäre, die "Wichtigkeit der Daguerreotypie und die Stelle, die sie in der Achtung der Menschen einnehmen wird, zu verkennen, alle unsere Zweifel hätten schwinden müssen, wenn man den Eifer betrachtet, mit welchem fremde Nationen sich an- schickten, ein irriges Datum, eine zweifelhafte Tatsache, den leichtesten Verwand zu benutzen, um Prioritätsfragen zu erheben, um es zu versuchen, zu der Krone von Entdeckungen, mit denen jede sich schmückt, noch den Strahlenkranz hinzu- zufügen, der stets die Erfindung der photogi*aphischen Bilder umgeben wird. Ver- gessen wir es nicht, zu verkünden: jeder Streit über diesen Punkt hat aufhört, und zwar weniger noch hinsichtlich der anerkannten, ganz unbestreitbaren Vorzugs- rechte, auf die sich die Herren Niepce und Baguerre stützen, als hauptsächlich in Beziehung auf die unglaublichen Vervollkommnungen, die Herr Dag.uerre erfunden hat. "Wenn es nötig wäre, so würden wir nicht verlegen sein, Zeugnisse der aus- gezeichnetsten Männer Deutschlands und Englands vorzulegen, von denen alles, was bei uns hinsichtlich der Erfindung unseres Landsmanns Schmeichelhaftes gesagt worden ist, verschwinden müßte. Frankreich hat diese Entdeckung adoptiert, vom ersten Augenblick hat es sich stolz gezeigt, die ganze Welt damit freigebig beschenken zu können.
Auch waren wir nicht überrascht durch den Eindruck, den eine Stelle in den Motiven zum Gesetzesentwurf beinahe allgemein unter dem Publikum hervorgebracht hatte, eine Steile nämlich, die auf einem Mißverständnis beruht, und anzudeuten scheint, daß die Regierung mit dem Erfinder gemarktet habe, und daß die pekuniären Bedingungen des Vertrags, der Ihnen zur Genehmigung vorgelegt wird, das Resultat einer Preisherabsetzung seien. Es ist nötig, meine Herren, den Tatbestand her- zustellen.
Das Mitglied der Kammer, dem der Herr Minister des Innern unbedingte Vollmacht gegeben hatte, hat nicht mit Herrn Daguerre gefeilscht Ihre Unter- handlungen drehten sich ausschließlich um die Frage, ob die Belohnung, die der geschickte Künstler so wohl verdient hat, in einer ständigen Pension oder in einer einmaligen Summe bestehen solle. Gleich anfangs bemerkte Herr Daguerre, daß die Bestimmung einer einmaligen Summe dem Vertrag das mißliche Ansehen eines Verkaufs geben würde. Nicht so ist es mit einer ständigen Pension. Mit einer Pension wird der Krieger, der auf dem Feld der Ehre verstümmelt worden ist, der Beamte, der auf seinem Posten ergraut ist, belohnt, mit Pensionen belohnen Sie die Familien von Cuvier, Jussieu, ChampoUion.
Solche Erinnerungen mußten auf den edlen Charakter des Herrn Daguerre einwirken, er entschied sich dafür, eine Pension zu verlangen. Nach dem Wunsche des Herrn Ministers des Innern war es übrigens Herr Daguerre selbst, der den Betrag derselben auf 8000 Fr. festsetzte, die zwischen ihm und seinem Teilhaber, Herrn Niepce Sohn, hälftig teilbar sein sollten, der Teil des Herrn Daguerre wurde indessen auf 6000 Fr. erhöht, teils wegen der diesem Künstler auferlegten besonderen Verbindlichkeit, das Verfahren der Ausführung und der Beleuchtung der Gemälde des dermalen in Asche gelegten Dioramas bekannt zu machen, teils noch auAerdem wegen der Verpflichtung, die er übernommen hat, dem Publikimi alle Vervollkomm- nungen mitzuteilen, mit welchen er seine photographischen Methoden noch wird bereichem können. Die Wichtigkeit dieser Verbindlichkeit wird niemand zweifelhaft erscheinen, wenn wir bemerken, daß es nur eines kleinen Fortschrittes bedarf, um Herrn Daguerre in den Stand zu setzen, die Bildnisse von lebenden Personen ver- mittels seines Verfahrens hervorzubringen. Was uns betrifft, so haben wir, weit entfernt von der Besorgnis, daß Herr Daguerre anderen Forschem die Sozge für
aa uDg fiberlaasen werde, vie br gesnoht, Beinen Eiier
-T g en es frei, dies war der Beweggrund, der in uns den Wunsch
9 möchten die Pension für den Zugriff nicht unterworfen und unabtrathar Uein mi haben gefunden, daB dieser Antrag nach den Bestimmungen des OesetieB vom 22. Floreal des Jahres VH und der Verordnung vom 7. Thermidor des .Jihres X üb«rfIüBBig wire.
Die Kommisaion beschränkt sich daher darauf, mit Stimmeneinbelligkeit den Aatng auf wörtliche Annahme des Gesetxesvorschlags der Regierung zu stellen.
b der Pairekammer referierte der berühmte Chemiker Gay- LoBsac mit ebenso wanuen Worten; wir lassen den Bericht wdrtiich folgen:
Bericht der Spenalkommission ') der Fairakammer zur Prüfung des GesetzesvorschlagB über Erwerbung des Geheimnisses des Herrn Daguerre zur Fixierung der Bilder der Camera obscura. Erstattet m der Sitzung vom 30. Juli von Herrn Gay-Lussac, Meine Herren! AUes, was zum Fortschreiten der Zivilisation, zum physischen oder moraliacben Besten der Menschheit beiträgt, muß stets der Gegenstand der aufmerksamen Beob- atdktoDg einer fiegierung sein, welche die Wichtigkeit der Schicksale erkennt, die ihrer Leitung anvertraut sind; und diejenigen, welche durch vom Glück begünstigte Anstrengungen diese Aufgabe vollbringen lielien, müssen ehrende Belohnungen für ihre Leistungen erhalten. Aus diesem Grunde sichern bereits schützende Gesetze über das Schiifteigentom und das Eigentum des Gewerbfleißes den Erfindern Be- lohnungen EU, die im Verhältnis zur Wichtigkeit der Dienste stehen, welche sie der OeseÜBchaft geleistet haben; eine Art der Belohnung, die um so gerechterund ebren- voUer iat, als sie in einem bloß freiwilligen Beitrag gegen geleistete Bienste besteht, nnd weil me unabhängig ist von den Launen der Gunst
Wenn indessen dieses Mittel zur Ermutigung unter den meisten Verhältnissen das beste ist, so gibt es doch einige, wo es unanwondbsr oder zum wenigsten un- genügend ist, und andere, wo große Entdeckungen glänzendere und ausgezeichnetere Belohnungen verlangen.
Von dieserArt, meine Herren, scheint uns die Entdeckung des Herrn Daguerre zn sein, nnd als solche wurde sie nicht nur von der königlichen Regierung erkannt, welche dieselbe zum Gegenstand des gegenwärtig Ihnen zur Genehmigung vorliegenden OesetseeTorechlags gemacht, sondern auch von der Dcputiertenkammer, die diesen Voraohlag sohon gesetzlich genehmigt hat.
Die Entdeckung des Herrn Daguerre ist Ihnen durch die Resultate bekannt, die Ihnen vorgelegt worden sind, und durch den Bericht des berühmten Gelehrten in dar Depntiertenbammer. dem das Geheimnis anvertraut worden ist. Es ist die Eosst, das Bild der Camera obscura auf einer Metallplatte festzustellen und es zu sdulten.
Tfir wollen übrigens es gleich anfangs bemerken, ohne jedoch das Verdienst dieser sohSnen Erfindung irgend verringern zu wollen, die Palette des Malers ist
1) Diese Kommission war zusammengesetzt aus den Herren Baron Athalin, BSBBon, Oay-Lussac, dem Marquis von Laplaco, dem Viccmte Simeon, dem fiUon Thenard und dam Grafen von Noe.
194 Erster Teil. Sechzehntes Kapitel.
wäre, die Wichtigkeit der Daguerreotypie und die Stelle, die sie in der Achtang der Menschen einnehmen wird, zu verkennen, alle unsere Zweifel hätten schwinden müssen, wenn man den Eifer betrachtet, mit welchem fremde Nationen sich an- schickten, ein irriges Datum, eine zweifelhafte Tatsache, den leichtesten Vorwand zu benutzen, um Prioritätsfragen zu erheben, imi es zu versuchen, zu der Krone von Entdeckungen, mit denen jede sich schmückt, noch den Strahlenkranz hinzu- zufügen, der stets die Erfindung der photogi-aphischen Bilder umgeben wird. Ver- gessen wir es nicht, zu verkünden: jeder Streit über diesen Punkt hat aufgehört, und zwar weniger noch hinsichtlich der anerkannten, ganz unbestreitbaren Vorzugs- rechte, auf die sich die Herren Niepce und Daguerre stützen, als hauptsächlich in Beziehung auf die unglaublichen Vervollkommnungen, die Herr Dag.uerre erfunden hat. Wenn es nötig wäre, so würden wir nicht verlegen sein, Zeugnisse der aus- gezeichnetsten Männer Deutschlands und Englands vorzulegen, von denen alles, was bei uns hinsichtlich der Erfindung imseres Landsmanns Schmeichelhaftes gesagt worden ist, verschwinden müßte. Frankreich hat diese Entdeckung adoptiert, vom ersten Augenblick hat es sich stolz gezeigt, die ganze Welt damit freigebig beschenken zu können.
Auch waren wir nicht überrascht durch den Eindruck, den eine Stelle in den Motiven zum Gesetzesentwurf beinahe allgemein unter dem Publikum hervorgebracht hatte, eine Stelle nämlich, die auf einem Mißverständnis beruht, und anzudeuten scheint, daß die Regierung mit dem Erfinder gemarktet habe, und daß die pekuniären Bedingungen des Vertrags, der Ihnen zur Genehmigung vorgelegt wird, das Resultat einer Preisherabsetzung seien. Es ist nötig, meine Herren, den Tatbestand her- zustellen.
Das Mitglied der Kammer, dem der Herr Minister des Innern unbedingte Vollmacht gegeben hatte, hat nicht mit Herrn Daguerre gefeilscht. Ihre Unter- handlungen drehten sich ausschließlich um die Frage, ob die Belohnung, die der geschickte Künstler so w^ohl verdient hat, in einer ständigen Pension oder in einer einmaligen Summe bestehen solle. Gleich anfangs bemerkte Herr Daguerre, daß die Bestimmung einer einmaligen Summe dem Vertrag das mißliche Ansehen eines Verkaufs geben würde. Nicht so ist es mit einer ständigen Pension. Mit einer Pension wird der Krieger, der auf dem Feld der Ehre verstümmelt worden ist, der Beamte, der auf seinem Posten ergraut ist, belohnt, mit Pensionen belohnen Sie die Familien von Cuvier, Jussieu, Champollion.
Solche Erinnerungen mußten auf den edlen Charakter des Herrn Daguerre einwirken, er entschied sich dafür, eine Pension zu verlangen. Nach dem Wunsche des Herrn Ministers des Innern war es übrigens Herr Daguerre selbst, der den Betrag derselben auf 8000 Fr. festsetzte , die zwischen ihm und seinem Teilhaber, Herrn Niepce Sohn, hälftig teilbar sein sollten, der Teil des Herrn Daguerre wurde indessen auf 6000 Fr. erhöht, teils wegen der diesem Künstier auferlegten besonderen Verbindlichkeit, das Verfahren der Ausfühmng und der Beleuchtung der Gemälde des dermalen in Asche gelegten Dioramas bekannt zu machen, teils noch außerdem wegen der Verpflichtung, die er übernommen hat, dem Publikum alle Vervollkomm- nungen mitzuteilen, mit welchen er seine photographischen Methoden noch wird bereichem können. Die Wichtigkeit dieser Verbindlichkeit wird niemand zweifelhaft erscheinen, wenn wir bemerken, daß es nur eines kleinen Fortschrittes bedarf, um Herrn Daguerre in den Stand zu setzen, die Bildnisse von lebenden Personen ver- mittels seines Verfahrens hervorzubringen. Was uns betrifft, so haben wir, weit entfernt von der Besorgnis, daß Herr Daguerre anderen Forschem die Soige für
nifflar. inanng überlassen «erde, vielmehr ge; ht, b bd ISfer . Va gestehen ea frei, dies war der Beweggnuid, der in ans den Wunsch nregte, Sie möchten die Pension für den Zogriff nicht unterworfen und unabtretlmr edUren, tläeia wir haben gefanden, daß dieser Antrag nach den Bestimmungen des OesetuB Tom 22. Floreal des Jahres VII and der Verordnung vom 7. Thermidor des .Jttme Z fibeitlüsBig w&re.
Die Kommission besohrinkt sich daher darauf, mit Stimmeneinhelligkeit den Anlng auf wartliohe Annahme des Oesetxesvoiscblags der Regierung eu stellen.
In der Fairskftmmer referierte der berühmte Chemiker Gay- LnsBao mit ebenso warmeo Worten; wir lassen den Berictit wörtlich folgen:
Bericht
der Spexialkommission ') der Pairskammer zur Prüfung des Gosotzesvorscblags über
Enrflrbong des Geheimnisses des Herrn Daguerre zur Fixierung der Bilder
der Camera obscuia.
i der Sitzung vom 30. Juli von Herrn Oay-Lussac. Meine Herren!
Alles, was zum Fortschreiten der Zivilisation, zum physischen oder moralischen Beaten der Uenschheit beitrtigt, muß stets der Gegenstand dar aufmerksamen Beob- achtni^ einer Begieniug sein, welche die Wichtigkeit der Schicksale erkennt, die ihier Lettong anvertraut sind; und diejenigen, welche durch vom Glück begünstigte Anstrengungen diese Aufgabe vollbringen helfon , müssen ehrende Belohnungen für ihre Lrästongen erhalten. Aus diesem Grunde sichern beroits schützende Gesetze über das Schrifteigentum und das Eigentum des Gewerbflcilles den Erfindern Be- lohnungen m, die im Verhältnis zur Wichtigkeit der Dienste stehen, welche sie der Gesellschaft geleistet haben; eine Art der Belohnung, die um so gerechter und ebien- ToDei ist, als sie in einem bloß freiwilligen Beitrag gegen geleistete Dienste besteht, lud «eil sie unabhängig ist von den Launen der Gunst.
Wenn indessen dieses Mittel zur Ermutigung unter den meisten Verhältnissen das beste ist, so gibt es doch einige, wo es unanwendbar oder zum wenigsten un- genögend ist, und andere, wo große Entileckungen glänzendere und aiLsgezeichnetere Belohnungen verlangen.
Von dieser Art, meine Herren, scheint uns die Entdeckung des Herrn Daguerre zu sein, ond als solche wurde sie nicht nur von der königlichen Regierung erkannt, «nlche dieselbe lum Gegenstand des gegenwärtig Ihnen zur Genehmigung vorliegenden OeBebesTOiBchlagB gemacht, sondern auch von der Deputierten Lämmer, die diesen ToiBohlag schon gesetzlich genehmigt bat.
Die Entdeckung des Herrn Bagucrru ist Ihnen durch die Resultate bekannt, die Ihnen vorgelegt worden sind, und durch den Bericht dos berühmten Gelehrten in der Depntiertenkammer. dem das Geheimnis anvertraut worden ist. Es ist die Kunst, das ffild der Camera obscura auf einer Metallplatte festzustellen und es zn eiiialten.
Wii «ollen übrigens es gleich anfangs bemerken, ohne jiniocli dns Verdienst dimer sohönen Erfindung irgend verringern zu wollen, die Palette dos Malers ist
1) Diese Kommission war zusammengesetzt aus den Herren Baron Athalin Besson, Oay-Lnssac, dem Marquis von Laplaco, dem Vicomte Simeon, dei Bueo Thenard ond dem Grafen von Noe.
196 Erster Teil. Sechzehntes Kapitel.
nicht sehr reich an Farben , Schwarz und WeiB bilden dieselbe allein. Das Bild mit den natürlichen und abwechselnden Farben wird lange Zeit, vielleicht auf immer, eine unbeantwortete Anforderung an den menschlichen Scharfsinn bleiben. Wir wollen uns aber nicht vermessen, hierdurch unüberschreitbare Grenzen zu setzen; die Erfindung des Herrn Daguerre zeigt eine neue Keihe von Möglichkeiten.
Berufen, unsere Ansicht über die Wichtigkeit und die künftigen Folgen der Erfindung des Herrn Daguerre zu erklären, haben wir dieselbe auf die Vollkommen- heit der Resultate selbst, auf den Bericht des Herm Arago in der Deputierten- kammer und auf neue Mitteilungen gegründet, die wir von diesem Gelehrten und von Herrn Daguerre selbst erhalten haben. Unsere Überzeugung von der Wichtig- keit dieser neuen Erfindung ist vollständig geworden, und wir würden uns glücklich schätzen, sie der Kammer mitteilen zu können.
Es ist gewiß, daß durch die Erfindung des Herrn Daguerre die Physik jetzt im Besitz eines für die Einflüsse des Lichtes außerordentlich empfänglichen Reak- tionsmittels ist, daß sie dadurch ein neues Instrument besitzt, welches für die In- tensität des Lichts und der Lichterscheinungen dasselbe ist, was das Mikroskop für kleine Gegenstände ist, und daß es Gelegenheit zu neuen Untersuchungen und zu neuen Entdeckungen geben wird. Schon hat dieses Reaktionsmittel den Eindruck des schwachen Mondlichts sehr deutlich aufgenommen, und Herr Arago hat die Hoff- nung gefaßt, eine Karte dieses Erdtrabanten (des Mondes) zu erhalten, die von ihm selbst gezeichnet ist.
Die Kammer hat sich durch die ihr vorgelegten Proben überzeugen können, daß die Basreliefs, die Statuen, die Monumente, mit einem Wort die tote Natur, mit einer für das gewöhnliche Verfahren der Zeichnung und Malerei unerreichbaren Vollkommenheit dargestellt sind, mit einer Vollkommenheit, gleich der der Natur selbst, weil in der Tat die Gemälde des Herrn Daguerre nur die treuen Abbildungen derselben sind.
Die Perspektive einer Landschaft und jedes Gegenstandes ist mit einer mathe- matischen Genauigkeit dargestellt; kein Fehler, kein selbst ganz unbemerkter Zug entgeht dem Auge und dem Pinsel dieses neuen Malers, und da drei oder vier Hinuten hinreichen, sein Werk zu vollenden, so kann ein Schlachtfeld mit seinen aufeinander folgenden Phasen, mit einer für jedes andere Mittel unerreichbaren Vollkommenheit dargestellt werden.
Die industriellen Künste werden zur Darstellung von Formen, die Zeichenkunst zu vollkommenen Mustern der Perspektive und des Studiums von licht und Schatten, die Naturwissenschaften zum Studium der einzelnen Gattungen und ihrer Organisation gewiß von dem Verfahren des Herrn Daguerre häufige Anwendung machen. Feiner ist die Frage ihrer Anwendbarkeit zur Darstellung von Porträts fast gelöst, und die Schwierigkeiten, die noch zu überwinden bleiben, sind gemessen und lassen keinen Zweifel an einem günstigen Erfolg übrig. Indessen muß man nicht vergessen, daß die farbigen Gegenstände nicht mit ihren eigenen Farben dargestellt sind, und daß, da die verschiedenen Lichtstrahlen nicht auf die gleiche Weise auf das Keaktions- mittel des Herrn Daguerre einwirken, die Harmonie von Schatten und licht in den kolorierten Gegenständen notwendig verändert wird. Dies ist ein Hallpunkt, der von der Natur selbst der neuen Erfindung bestinmit ist.
Dies, meine Herren, sind die bereits gesicherten Vorteile und die der Eifollang nahestehenden Erwartungen von der Erfindung des Herrn Daguerre. Indessen waren doch Erkundigungen bezüglich auf die Ausführung des Verfahrens notwendig, und die Konmiission glaubte dies auf keine sicherere und glaubwürdigere Weise eifaalten sn
{nerre ^eloli um nch anTertrante, und aal den apster aucb der Uen i r dn Innern und die andere Kammer ihr Vertrauen übeTtnigen. Herr A rago begab äcb ■nf KJnladnng des Heim Prttaideiitea in die Sitzung der Eotomissioa and bestätigte dort mit weiteren nenen Details du, was er in seinem interessanten Bericht gesagt hatte. Eb ist demnach gewiß, daB die Ausführung des Verfahrens des Herrn Dagnerra sehr wenig Zeit und, nach Anschaffung der nötigen Geräte, die tmgefSbr 400 Fr. kosten, nnr eine imbedeatende Ausgabe erfordern werde. Nach einer kleinen Zahl TOD Vetsaohen wird jeder unfehlbar das Bild zostande bringen, da Herr Arago selbst, nachdem er eingeweiht war, sogleich mit einem Meisterstück den Anfang gemacht hat, daa man ohne Zweifel lu sehen sehr begierig gewesen wäre; allein es ist den Flammen, die das Diorama vernichteten, nicht entgangen.
Wenn es neuer Beweise bedürfte, so könnte der Berichterstatter Ihrer Kommission hiniufägen, daß HerrDaguerre ihn anch znm Uilwisser des Geheimnisses seines VerUirens gemacht and ihm das ganze Verfahren beschrieben hat Er kann ver- aichera, daS das Verfahren nicht schwierig ist, und leicht durch Personen, die im Zeichnen ganz nnerfahren sind, aasgeführt werden kann, wenn man nach den Vor- •ohiitten, die Herr Dagnerre veröffentlichen wird. Versuche macht. In seinem eigenen Interesse, sowie in dem des Verfahrens ist der Erfolg notwendig, und man darf nicht cweifeln, daB Herr Daguerre es sich angelegen sein lassen wird, dies zn bewahrheiten.
Dir Berichterstatter fügt noch hinzu, daB, obwohl er nicht selbst das Verfahren probiert hat, wie sein ehrenwerter Freund, Herr Arago, er doch durch die Beschrei- bnng, die ihm davon gemacht wurde, beurteilen kann, daß dasselbe sehr schwierig anfcnfinden sein und einen großen Zeitaufwand, zahllose Versuche und hauptsächlich eöne Beharrlichkeit bei jeder Probe in Anspruch nehmen mußte, die sich durch ongOnstige Erfolge nicht beugen läßt, und nur starken Seelen eigen ist. Das Ver- fahren ist in der Tat aus einer Reihenfolge von mehreren Operationen zusammen- gesetst, die nicht notwendig miteinander -verbunden zu sein scheinen, und deren 'Wuknng nicht nnmittelbar nach jeder einzelnen, sondern est nach ihrer gesamten Zosammenwirkong erkennbar wird. L'nd wahrlich, wenn HerrDagnerre sein Ver- fahren allein hätte ausüben oder es nur ganz zuverliLssigen Leuten anvertrauen wollen, BO hätte er nicht zu besorgen, daß es ihm weggerafft werde. Vielleicht wird man fragen, nnd die Frage ist auch wirklich schon gestellt worden, warum, wenn das Yerfahreu das Herrn Dagnerre so schwierig zu finden ist, er es nicht selbst benützt, tud wamm bei so weisen Gesetzen, die ebenso das Interesse der Erfinder, als jenes des öffentlichen Wohls sichern, die Regierung sich entschieden hat, die Erfindung m erwerbeD, um sie dem Publikum zu überguben? Wir werden auf beide Fragen antworten.
Der Hanptvorteil des Verfahrens des Herrn Daguerre besteht darin, schnell und dennoch sehr genau Bilder von Gegenständen hervorzubringen, entweder um sie an erhallen, oder auch um sie durch Eupferstechcrei oder Lithographie zu verviel- fiUtigen; nnd es bt daher begreiflich, daß das Verfahren in den Händen eines Ein- ■igen keine ztueichende Nahrung gefunden hätte.
Dagegen dem Pablikum äbergeben, wird das Verfahren unter den Händen des Haleis, Aiohitekten, Reisenden, Nnturhiitterikers eine Menge von Anwendungen finden.
Im Besitze eines Einzigen würde es femer lange Zeit auf demselben Sland- pookt bleiben und vielleicht verblühen; dem Publikum übergeben, wird es groß und Tollkommen werden durch das Zusammenwirken aller.
198 Erster Teil. Sechzehntes Kapitel.
Aus diesen verschiedenen Rücksichten ist es daher nützlich, daß es Eigentum der Allgemeinheit werde. Die Erfindung des Herrn Daguerre muBte femer die Auf- merksamkeit der Regierung fesseln und dem Erfmder eine feierliche Belohnung erwerben. Für diejenigen, die nicht gleichgültig gegen Nationalruhm sind, die es wissen, daß ein Volk nur durch die großem Fortschritte, die es m der Zivilisation macht, gegenüber den andem Völkern glänzen kann, für diese, sagen wir, ist das Verfahren des Herm Daguerre eine große Entdeckung. Sie ist der Ursprung einer neuen Kunst inmitten einer alten Zivilisation; sie wird Epoche machen und als ein Titel des Ruhms bewahrt werden. Sollte sie vom Undank der Mitwelt begleitet auf die Nachwelt übergehen? Nein! möge sie vielmehr als ein glänzender Beweis des Schutzes, den die Kammern, die Juliregierung und das ganze Land großen Erfindungen angedeihen lassen, auf die Nachwelt übergehen.
In der Tat ist es eine Handlung der Nationalfreigebigkeit, welche der Gesetzes- vorschlag zugunsten des Herm Daguerre ausspricht. "Wir haben demselben ein- stimmig unsere Zustimmung gegeben, aber nicht ohne im Auge zu haben, wie wichtig und ehrenvoll eine vom Jjand bewilligte Belohnung ist. "Wir bemerken dies zu dem Zweck, um nicht ohne einiges Bedauem daran zu erinnern, daß Frankreich sich nicht immer so dankbar gezeigt hat, und daß nur zu viele schöne und nützliche Arbeiten, nur zu viele Werke des Geistes ihren Erfindern nur einen oft unfruchtbaren Ruhm ertragen haben. Es sind dies übrigens keine Anklagen, die wir stellen wollen, es sind dies nur Verirnmgen, die man beklagen muß, um neue zu vermeiden.
Meine Herren! Nachdem wir, so viel an uns lag, die Wichtigkeit der Erfindung des Herm Daguerre gewürdigt haben, bleibt uns die Überzeugung fest, daß sie neu, reich an Interesse und künftigen Folgen , und würdig der hohen Gunst der National- belohnung ist, die ihr von der Deputiertenkammer bereits bewilligt wurde. Die Kom- mission war einstimmig für wörtliche imd einfache Annahme des Gesetzesvorschlags, und sie hat mich als ihren Berichterstatter beauftragt, darauf bei Ihnen den Antrag zu stellen.
Das Gesetz wurde in der Deputiertenkammer am 3. Juli 1839, in der Pairskammer am 30. Juli angenommen. Hierauf teilte Arago in der Sitzung der Pariser Akademie der Wissenschaften am 19. August 1839 die genaue Beschreibung der heliographischen Prozesse von Niepce und der Daguerreotypie mit und diese Mitteilung wurde unter enormem Zudrang des Publikums mit Enthusiasmus aufgenommen.
Während der Bekanntmachung der Daguerreotypie war Hofrat von Ettingshausen, Professor der Physik an der Wiener Univer- sität, in Paris anwesend. Ettingshausen hatte die Methode Daguerres von diesem selbst erlernt und brachte sie nach Osterreich. Als die nähere Beschreibung in den Journalen bekannt wurde, befaßte sich in Wien insbesondere der damalige Assistent bei der Lehrkanzel für Physik am Polytechnikum und spätere Bibliothekar A. Martin, sowie Professor Dr. J. J. Pohl (damals Student), Apotheker Endlicher, Begierangsrat Schultner, sowie Wawra (Vater des Kunsthändlers) mit der Anferti- gung von Daguerreotypien. Aus diesem Kreise ging in der Folge A. Martins „Repertorium der Photographie" (1846) hervor, welches
lUe selbst gei ohten Erfahnuigen besprach, zugleich genaue Angaben Aber die Poblikationen anderer Forscher machte.
WUirend dieser ganzen Epoche hielt sich Baguerre in Paris auf. Bis tarn Jäiae 1839 wohnte er Rue de Marais Nr. 15, dem Qeb&ade Beines Dioramas, aof dessen Ertragnis er angewiesen war. Im Jahre 1839 brach ein Brand aus (s. S. 165 u. 194), der dieses Haus einäscherte, wobei die unersetzlichen Erstlingsarbeiten Daguerres zugrunde gingen, unter anderem auch das Frobebild, das Daguerre gemeinschaftlich mit Arago angefertigt hatte, um diesen von dem Wesen und der Bedeutung seiner Erfindung zu unterrichten. Im Sommer 1839 wohnte Daguerre, welcher verheiratet war, Boulevard St Martin 17, wo er gerne im Kreise seiner Bekannten weilte,^) aber auch die weitere Yerwertung seiner Erfindung nicht außer acht ließ und die im zuteil werdenden Ehrungen in freudigem Genießen seines Erfolges entgegennahm.
Der Kaiser tob Österreich Ferdinand I. war auBer dem französischen StealsoberitHipt wohl derarsto Uonarch, welcher besonderes Interesse an Daguerres Eifiiidang solort nacli ihrem Bekanntwerden bekundete und Daguerre mit Ehren aoBEffltiuiete, und zwar auf Gmnd eines Vortrage» vom 24. August 1839 des Haus-, Httf- and Staatskanzlers Fürsten von Metternich, welcher mit scharfem Blick die k&nftige Bedantnng dar Photographie erfaßt hatte. Durch das fretindhche Entgegen- kommen des Hofrates im k. n. k, Österreich. Oberatkänuuereramte, Freiharm Dr. TOn Weckbecker in "Wien, war dem Verfasser dieses Werkes das Studium der bisher unbekannten, Daguerre betreffenden Akten des kaiserl. Oberatbämmereramtes eimög^cht. Kaiser Ferdinand I. hatte noch im Auguat 1639 durch die französisolie Botschaft eine der ersten Proben Daguerres erhalten, für welche der Kaiser in mnnifisenteater Weise eine wertvolle Elircngabe als Gegengeschenk an Daguerre m fibennitteln befahl.
Du «allerhöchste Kabinettsch reiben" des Kaisera Ferdinand I. an seinen Oberatkammerer Grafen Czernin vom 2. September 1839 {Zahl 1275; 6ö/2), welches die eigmhiudige Unterschrift des Kaisers trägt und in nachstehender Fig. 34 faksimil wprodniiert ist, lautet: (s. S. 200).
Es wurde nun die kaiserliche Schatzkammer laut Note vom 4. September 1839 (Z. 1492; 65/2) angewiesen, die „große goidene Künstlermedaille" (,de aite merito"), jadoch 24 Dukaten schwer, anfertigen und gravieren zu lassen. Dieses Dekret enOiSlt die interessante Stelle:
.Da nun nach der bestehenden Vorschrift anf der Medaille der Nsrue des Betheilten eingravirt werden soll, die geheime Haus-, Hof- und 8taats- kanilej sich aber nirgends von dem Taufnamen des Daguerre Kenntniß ver- sohaften konnte, so dürfte ein löbliches k. k. Oberatkämmereramt es angemessen finden, den bereits in anderen Gelegenheiten angewendeten Ausweg zu ergreifon und ee der k k. Bothschaft zu Paris zn übertragen, die Namen des Daguerre
1) Paris Photograph 1891, S. 24.
200
Erster Teil. Sechzehntes Kapitel.
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Fig. S4. Reproduktioii des Kabinettschreibens Ton Kaiser Fwdinand I. an seinen Oberstkämmerer Grafen Czernin.
auf die ihm bestimmte Medaille graviren zu lassen, damit die üebersendaiig dieser Gnadengaben , um deren baldige Uebermachung die geheime Hof- und 8taata- kanzley hiemit ersucht, nicht aufgehalten werde.''
Wien, den 4. September 1839.
In Verhinderung des Herrn Haus-, Hof- und Staatskanzlers:
Ottenfels. 5418
An das löbliche k. k. Oberstkämmereramt
NioS[Aore Niepce nnd Dsgaeire. 301
Famer lifttte die kaberlicb-kÖDiglicbe Schatzkammer am 4. September 1839 den Auftrag erhalten, inr Atuwahl drei „Chiffredosen" der kaiserlichen Kabinetts- kanalei Tormlegen, jede im Preise von 1200 Gnlden Konventionamünze (daB sind ärfca 2400 Mark); es beteiligten eich die Hofjuweliere M. Biedermann, Bei Satto nnd Piote & Eöohert an dieser Auswahliiendiiiig der kostbaren Schnupftabakdoee. Es «nrde die Dose der k. k. Hofjuweliere Piote & ESchert aasgewtthlt, für welche die Becbnnng aaf: 4 Brillanten 3Vt Ot (230 Golden), 83 BrillanteD 13"/,a Ct (777 Onldeu), Golddose und Facon {193 Gnlden) lautete wie aus der Zuschrift des Oberatkümmereiwntes an die k. k. geheime Haus-, Hof- nnd Staatskanztei vom 7. Sept. 1^9 (Z. 1494) hervorgeht. Mit der Fertigstellung nnd Versendung der 24 Dukaten schweren großen Künstle rmedaille an Daguerre hatte es aber seine Schwierigkeit, da der Tautname Daguerres damals in Wien nicht bekannt war, wie ans der Note des k. Obeistkäramerers von Kaymond vom 7. Sept 1839 an die k. k. geheime Hans-, Hof- nnd Staatskanzlei (Z. 1494) hervorgeht und welche lautet: Note an die k. k. geb. Hans-, fiof- und Staatiikanzlei.
7. September 1839.
Mit ah. Eabinettsch reiben vom 2. d. M. haben S. k. k. Majestät dem Kernt Daguerre in Paris für eine Probeabbildung der von ihm erfundenen Licbtieich- nongeo eine grofie goldne Künstle rmedaille und eine Cbiffredose im Werthe von 1200 ß. zum Geschenke zu bestimmen geruhet.
In den Anlagen beliebte die p. nebst einer solchen Chiffredose eine 24 4^ sohiTere Künstlennedaille zur beliebigen weiteren Versendung an Herrn Daguerre zu empfangen nnd ich habe bezüglich der Medaille nur zu erwähnen, dafl selbe mit Tanf- und Zunamen des Empfängers u. z. ersteren im Dativ und in lateinischer Sprache gravirt werden muß, welches zu veranla^^n der kais. Bothachaft in Paris- gefilügst anfgelragen werden dürfte, indem der Tanfname Dsguerre's hierorts nicht bekannt ist, nnd mit der Absendung dieses kaiserl. Geschenkes füglich wohl nicht zngewartet werden kann, bis darüber eine bestimmte Angabe eingeholt werden könnte.
Vidi Sacken. v. Raymond.
Man erkennt darans, wie außerordentlich man am Wiener Kaiserhofe die Er- findung Daguerres schätzte nnd seinen ersten Dagueireotypien Anerbonnuog zollte — in einer Weise, wie man sonst nur hervorragende Künstler zu ehren pflegte; es liegt demnach hier die eiste offizielle Anerkennung der Photographie als Kunstleistung TOD AUerhöohster Stelle vor.
Die Erfolge Daguerres waren in jeder Beziehung außerordent- lich günstige. Er wurde Offizier der französischen Ehrenlegion und erntete viele Ehren; dabei vergaß er aber nicht der finanziellen Seite. Er sog auB dem Terkauf von Dagueneotjp- Kameras und Hilfsapparaten elDSD hohen Gewinn.
Daguerre hatte sich zum kommerziellen Vertrieb seiner Kameras 1839 mit dem Eamerafabrifcanten Giroux in Paris verbunden. Diese Kameras trugen als Garantie die Unterschrift Daguerres und das Siegel ▼on Giroux nnd auf dem Holzkasten der Kamera war ein Zettel b&> festigt mit folgendem Vermerk: „Aucun appareil n'est guaranti s'il ne porte la signatuie de Mr. Daguerre et le cachet de Mr. Oirous. Le
202 Erster Teil. Sechzebntos Kapitel.
DaguerreotTpe, ex6cut6 sous la direction de sod auteur, tk Farie, chez Alph. Qiroux et Cie., Rue de Coq. St. Honor6, No. 7." Fig. 35 zeigt das Bild einer derartigen Daguerreschen Originalkamera, i) Man er- kennt die verschiebbaren ineinanderstechenden Holzkasten und dos durch eine einfache Metallklappe verschließbare, stark abgeblendete photo- graphische Objektiv, eine einfache achromatische Linse des Optikus Chevalier in Paris.
Es ist bemerkenswert und für den gut entwickelten Geschäftssinn Daguerres charakteristisch, daß er am 14. August 1839 (also einige Tage bevor sein Verfahren in der Pariser Akademie öffentlich bekannt gegeben wurde) ein englisches Patent (unter Nr. 8194) nahm und zwar für die Daguerreotypie „invented bj Messrs. Louis Jacques Mand^ Daguerre and Joseph Isidore Niepce, junior".
Dieses englische Privile- gium kaufte dann Glaudet*) und verwertete es, indem er bemüht war die Belichtungszeit abzukür- zen und in der Tat wichtige Verbesserungen im Daguerreo- tj'pieprozeß einführte (s. n.). Claudet brachte durch seine geschickten Leistungen die Da- guerreotypie in England zu hohem Ansehen und wurde in der Folge zum Hofphotographen der Königin von England und des Prinzen Albert (185.^) ernannt; ein gelungener von Claudet her- gestellter Daguerreotyp zeigt das charakteristisch aufgefaßte Fortr&tTal- bots und es ist weiter unten (bei Talbot) in diesem Werke reprodusieri Die Daguerreotypie fand im Publikum außerordeDtliohes Intereese und sie wurde noch im Jahre 1839 auch außerhalb Frankreichs prak- tisch eingeführt; ihre Hilfsapparate fanden demgemäß reißenden Absitz. Ein Apparat (Kamera samt Linse, Silberplatten , Chemikalien usw.) kostete über 400 Francs; Onginal-Daguerreotypien aus Paris worden in Deutschland und anderwärts gegen Ende des Jahres 1839 mit 60 bis 120 Francs bezahlt: auch die Photographen verkauften ihre eigenen Daguerreotypien in dieser Zelt um ungefähr 20 bis 35 Mark.
1) Autotypie Dach einer in den SammlungeD der t. k. Graphischeo Lahr- und Versuchsanstalt m Wien boGndlichen Originalbamera Ton Dagnerre-Oiroax in Paiis.
2) Ernoeuf, Les !□ venteure <iu gaz, et de 1a Photographie. Paris 1877. ai46.
Eolzkutan mit CheraUerscber einfacher Uose,') welche aus einer Flint- nnd EroDglaalinse verkittet war (Fig. 36). Eid Spiegel hinter der Tisier- ■cheibe richtete für den von oben daraufblickenden Beschauer das ver* kehrte £amerabUd aofrecht. In dieser Kamera wurden die mit Jod- dftmpfen ger&ucherten versilberten Platten belichtet und zwar anfangs viele Hinoten bis eine halbe Stunde lang und mehr, so daß man sich saerst nur mit der Aufnahme lebloser Gegenstände (Architekturen, Plastiken, Landscbaften) begnügen mußte. Dann wurden die belichteten Jodsilberplatten den Dämpfen von schwach erwärmtem Quecksilber ausgesetzt
Das Fixieren geschah anfangs mit heiSw Kochsalzlösung, welche wohl ziem- lich gut fixierte, aber die Bilder unansehn- lich machte. Hierzu diente der „Queck- silberkasten"; er war aus einem hölzernen Q, mit eingesetztem schalenartigen.
Flg. 96. Qunchnltt dsnh DagneiTm pholographische « mit ChsTkUere ObjektiT aml Spiegel hintei der Vi*jarecbel)>«.
vertieften Boden aus Eisen, weicher das Quecksilber aufnahm (Fig. 37). Eine untergestellte 'Weingeistlampe diente zum Erwärmen des Queck- silbers und ein Thermometer gab die richtige Temperatur an. Die be- lichtete Platte wurde schräg oben angebracht, der Deckel des Queck- BÜberkastens geschloBsen und nun kam unter dem Einfluß des Queck- aÜberdampfes das Bild zum Vorschein.
Eine vorzügliche Daguerreotypie, welche ungefähr 1848 entstanden nnd in Fig. 38 reproduziert ist, gibt ein lebensfrisches Bild Daguerres
1} Ober die Geschichte der Erfindung von Chevalic Bohr, Iboorie und Oeachichte des photograp bischen Objektiv!
i Objektiv s. M. ■
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Knter TeS. SeobzehiiteB Kapitel.
aus dieser Zeit ') Schon in den vierziger Jahren des vorigen Jal
hünderts zog sich Daguerre, vielfach geehrt und reichlich belohnt," von den Geschäften zurück. Er hielt sich auf eeinem Landbesitze in Petit-Bry-sur-Marne auf. wo ihn zahlreiche Besuche aus allen Ländern aufsuchten und wo er auch am 10. Juli 1851 an dem Bersten einer Pulsadergeschwulst plötzlich starb. Daguerre hinterließ keine Nach- kommen, er hatte aber seine Nichte Eulalia Daguerre, spätere Madame Courtin, adoptiert, wel- che seine Kunstobjekte und sein Vermögen erbte.
Ein Monument, geschm mit dem Porträt- Medaillon Da- guerres, wurde am Friedhof in Petit-Bry-sur-Marne durch die „Soci6t6 libre des beaux Arta' deren Mitglied Daguerre wb ein Jahr nach seinem Tode (4. Nov.' 1852) errichtet Fiß. 39 zeigt dieses Grabdenkmal nach einer Photo- graphie von Demaria in Paris. Eine größere, in Bronze ge- gossene Büste Daguerres (aus- geführt von Elisa Bloch) kam durch eine internationale Sub- skription am Carnotplatz in Bry- sur-Marne am 27. Juli 189' Enthüllung.»)
Eine Abbildung des Origini
entwurfes dieser Büste findet sieb
auf S. 167 (Fig. 2ö) dieses Werkes. Fig. 40 zeigt das fertige Daguerre-
Monument in Bry-sur-Marne. Auch in seinem Geburtsort Carmeilles
1) Diestw Poiträl Daguerres, welohea in „The Tearbook o( Photogra|)by" Mayatl (I84(>) Kugescbriel)t>a wird, soll Dich George S. Brown (,The Pbotogram" 1903, S. 333; Tennant aod Wards „The Photoniiniature", März 1904) nicht von Mayall (1846) herrühren, sondern eine Daguorreotyple von dem Amerikaner Cbarles Meade (1848) sein; jedenfalls ist dieses Bild eines der letzten Porträts Daguerres. — Von Daguerre existieren mehrere Portrfila. Ein gutes Porträt ist die Photo- graphie Daguerres in Nadas ., Paris-Photograph" 1891, erst« Nummer (S. 23), und Ewar ist ea eine heliographische Reproduktion einer mittels Dagnerreotypie hergesteUteo Portratanfnahme Daguerres.
2) Bull. Soo. Franc. 1897, S. 308 und 320.
IT Digaonooljpia
-mnrde das .^.^ i . - 1 a aarcn ein ueoKmai g rt*j nnu
auch AmeriL_ besitzt eio Daguerre-Honument, das die „Phot ihic AssociatioD of America" 1890 zu Washington errichtete und dessen Abbildang in Fig. 41 reproduziert ist-^
Es fanden zu wiederholten Malen Kontroversen statt, ob Nic^phore Niepce oder Daguerre das größere Verdienst an der Erfindimg der
Heliographie gebühre. Nach meiner Überzeugung gebührt unbestreitbar Nic6phore Niepce das Verdienst, zuerst Photographien in der Kamera erzeugt und Aspbaltbilder mit geeigneten ölen fixiert
1) Phot Arohiv, 1S83. S. 213.
2) Naoh ADthon;» Fliotogiaphic
1- 21 , Februarheft 1
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Eieter Teil. Seobzebntes Kapitel.
zu haben und er ist auch der unzweifelhafte Erfinder derHelio-, graphie, welche zur photomecbamschen TervielFältigung von Bildern mitteis des Pressend ruck es geeignet ist. Daguerre hatte zwar schon seit 1824 Versuche, Lichtbilder zu erzeugen, angestellt; aber seine Be- mühungen waren vor dem Jahre 1829 ohne Erfolg. Erst nachdem er vollen Einblick in die neuen Ideen und Experimente Niepces ge-
(KniDEilet 1897.)
nommen hatte, entwickelte und modifizierte er dieselben höchst glückli« und gestaltete sie derartig um, daß er in verhältnismäßig kurzer Be- lichtuagszeit Bilder in der Camera obscura erhalten konnte. Allerdings finden sich sowohl bei Niepces als bei Daguerres Methode Silber- platten als Grundlage; beide verwenden Jod, aber (wie oben ges wurde) in ganz anderer Weise. Das großartige Verdienst: das Jod^ Silber zuerst als lichtempfindliche Substanz in der Cam
II Der- I Jod^H
.^~w. KU ^Boen, Qie iioeciang aer au^wiok- long des kaum sichtbaren Bildes mittels Quecksilberdampf, and die Entdeckung des Fixierens der Silberbilder gebührt Tollkommen alleio Daguerre. Die ÄbDlichkeit der beiden Metbodeo l&Bt Termaten, daß ohne Niepces Ideen Daguerre schwerlich die nach
ihm benannte Eunst würde erfunden haben; wahrscheinlich wäre aber aach andererseits die kostbare Entdeckung Niepces ohne Daguerres Mitwirkung unfruchtbar geblieben. Die Geschichte der "Wissenschaft muß gerecbterweise die Namen beider Männer in inniger Verbindung nennen nnd Niepce und Daguerre haben gleiche Ansprüche auf die Öffentliche Dankbarkeit.
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Erstet Teil. Sechzehotes Kapitel.
ZU haben und er ist auch der unzweifelhafte Erfinder der Helio^
graphie, welche zur photomechanischen Vervielffiltigung von Bildern mittels des Presseiidruckes geeignet ist. Daguorre hatte zwar schon seit 1824 Versuche, Lichtbilder zu erzeugen, angestellt; aber seine Be- mühungen waren vor dem Jahre 1829 ohne Erfolg. Erst nachdem er vollen Einblick in die neuen Ideen und Experimente Niepces ge-
.Errtohlot 1897.)
nommen hatte, entwickelte und modifizierte er dieselben höchst glücklii und gestaltete sie derartig um, daß er in verhältnismäßig kurzer Be- lichtungszeit Bilder in der Camera obscura erbalten konnte. Allerdings finden sich sowohl bei Niepces als bei Daguerres Methode Silber- platten als Grundlage; beide verwenden Jod, aber (wie oben gezeigt wurde) in ganz anderer Weise. Das großartige Verdienst: das Jod- silber zuerst als lichtempfindliche Substanz in der Game»
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.„~.„. , ^4Den, aie iiaev»ang aer auiwiuk- lang des kaam sichtbaren Bildes mittels Quecksilberdampf, and die Entdeckung des Fizierens der Silberbilder gebührt Tollkommen allein Daguerre. Die Ähnlichkeit der beiden Uethodea )£fit Termaten, daß ohne Niepces Ideen Daguerre schwerlich die nach
I ifPhoIographi
ihm boiannte Kunst wurde erfunden haben; wahrscheinlich wäre aber sooh andererseits die kostbare Entdeckung Niepcesj ohne Daguerres Mitwirkung unfruchtbar geblieben. Die Geschichte der Wissenschaft muß gerechterweise die Namen beider Männer in inniger Verbindung nennen mid Niepce und Daguerre haben gleiche Ansprüche auf die öfTentliche Dmkbaikeit.
212 Erster Teil. Siebzehntes Kapitel.
zu vermieten und auch etliche besetzt, — eine zahllose Prozession von Neugierigen, sowie ein Dampfapparat sind rechts oben auf unserem Blatte wiedergegeben. Ob durch die vor der Dampfkamera vorbeitanzende Reihe die Momentbilder Anschütz' vorgeahnt sind, bleibe dahingestellt. Die Menschheit zerfällt nach der Andeutung des Bildes (siehe links) in Daguerrotypomanen und Daguerrotypolatres, — also sagen wir, in Daguerreverrüokte und Daguerreentzückte. Die (damals neuen) Eisenbahnen und Dampfschiffe fehlen nicht auf dem Blatte, — wir sehen einen Train und ein Schiff bloß mit Kameras beladen; Fabrikationsnummer 2(X), 250 und 300 sind be- sonders im Bilde hervorgehoben. Auch der Ballonphotograph ist da.^^
In der Tat wurde die von den Earrikatarenzeichnern vorgeahnte Photographie vom Luftballon aus von Nadar in Paris (s. u.) mit Erfolg ausgeführt und viele andere dieser Träume erfüllt, nur erwies sich die Photographie den bildenden Künsten nicht schädlich, sondern forderlich.
Die ersten Porträtaufnahmen auf Daguerreotjpplatten.
Die reinen Jodsilberschichten, welche Daguerre bei seinem Ver- fahren anwendete, erforderten ziemlich lange Belichtungszeiten und die lichtarmen französischen einfachen Linsen waren gleichfalls einer kurzen Belichtung nicht förderlich. So kam es, daß zur Zeit der Bekannt- machung des Daguerreotypieverfahrens man die Herstellung photo- graphischer Porträts nicht erreichen konnte; auch Daguerre selbst be- gnügte sich mit Landschafts-, Architekturaufnahmen oder dergl. Dies schloß aber nicht aus, daß allerorts Versuche mit der Porträtphotographie gemacht wurden, besonders «in Amerika, wo die Begeisterung für die neue Lichtbildnerei besonders hervortrat. Man hatte damals (1839) aller- dings die Abkürzung der Belichtungszeit durch Verbesserung des Da- guerreotypieprozesses noch nicht erreicht, aber in Amerika erhielt Prof. John W. Draper in New York^) 1839 durch enorm lange Exposition im vollen Sonnenlichte die erste photographische Porträtaufnahme auf Daguerreoty pplatten ; allerdings unter größter Bemühung des Porträtierten (des Assistenten Drapers), welcher, das Gesicht mit weißem Puder bedeckt, mit geschlossenen Augen eine halbe Stunde im Sonnenlichte sich vor die Kamera setzte. 2)
1) John William Draper war Doktor der Medizin (*5. Mai 1811 bei Liver- pool in England), ab 1836 Professor der Chemie und Physik am Uampdeo 8idney College in Yirginien (Amerika), dann (1839) Professor an der Universität New York; er starb 1882. Eine Biographie samt Porträt findet sich in The American Journal of Photography 1861, S. 238.
2) Harrison, History of Photogr. 1888, S. 26.
..jier Anfbabme, welche 20 Jabre nach semeo Erstlings- ▼enocben mit Daguerreotypplatten angefertigt wurde. ^)
Gleichzeitig mit Draper befand sieb in New York im Jahre 1839 ein genialer Mann, welcher einen merkwärdigen Lebenslauf hinter sich hatte: der damals schon berühmte Amerikaner Uorse, der Erfinder des Schreibtelegraphen, welcher sich gleichfalls für Daguerreotypie
interessierte. Samuel Morse (* 1791, f 1872) war ursprünglich Kaier, hielt sieb 1811 bis 1813 zur Ausbildung in der Malerei in London auf, kehrte hierauf nach Amerika zurück, um seine Kunst in Süd- Carolina und New Turk auszuüben und hielt sich dann 1829 bis 1832 wieder in Europa auf. Gelegentlich der langen Seefahrt während der 3 nach Amerika faßte er die erste Idee zu seinem Telegraphen,
1) Dia Porbltirafnahnie war mittels Dassem Kollodium in New York hergestallt lud »igt die damals lieüebte Auffassung dor Posierung bei PorträtaufnahineD. (The American Joani. ol Phot 1861, S. 233.)
214 Erster Teil. Siebzehntes Kapitel
von welchem er 1835 das erste Modell der New Yorker Universität vor- legte. Seine Beschäftigung mit der elektrischen Telegraphie hinderten ihn nicht, sein Interesse auch der Photographie zuzuwenden. Im Vereine mit Draper gründete er sogar ein geschäftsmäßig betriebenes Daguerreotyp- atelier in New York
Im April 1839 eröffneten Dr. Draper und Prof. Morse ihr photo- graphisches Porträtatelier („Porträtgalerie") auf dem Dache des Univer- sitätsgebäudes in New York; es war das erste photographische Porträt- atelier der Welt. Das beste Publikum New Yorks drängte sich zum Porträtieren und man zahlte gerne Minimalpreise von 5 Dollar für eine kleine Daguerreotypie. i)
Diese historisch beglaubigte Schilderung der Geschichte der ersten Drapersohen Porträtphotographie wurde im Jahre 1893 verwirrt. Es war nämlich zur Weltaus- stellung in Chicago das Poi'trät der Schwester Sir "William Harsch eis eingesandt worden, welches von Draper, Professor an der New Yorker Universität, auf dem Dache eines der Gebäude derselben im Jahre 1840 angefertigt worden war. Die Dame, deren Photographie es ist, lebte damals noch, sie war 87 Jahre alt. (Jahrb. f. Phot. 1894, S. 384.) Bei diesem Daguerreotyp fand sich der Vermerk: „Dieses ist das erste Sonnenbild von einem menschlichen Antlitz, was man je bekommen hat^^; ferner ist besagt, daß das Bild im Jahre 1840 angefeitigt wurde. (Vergl. J. J. Sachse, Jahr- buch f. Phot. 1894, S. 257.)
Nun liegt hier jedenfalls ein Irrtum vor, denn es kann als erwiesen gelten, daß Dr. Drap er bereits im Herbst 1839 das Porträt seines Assistenten im vollen Sonnenlichte photographierte und diese Daguerreotypie soll heute noch existieren. (J. Werge, The ovolution of Photography. 1890, S. 108.) Offenbar war von Herschels Schwester im Jahre 1840 in dem Porträtatelier Drapers tmd Horses eine Porträtaufnahme gemacht worden, welche allerdings keinen Anspruch machen konnte, eine Erstlingsarbeit zu sein.
ungefähr zur selben Zeit (Sachse meint, es sei dies sogar vor Drapergewesen [vergl. Jahrb. f. Phot. 1894^ S. 257], was aber unrichtig ist), nämlich im Herbste 1839, stellte Joseph Saxton in Philadelphia, ein Attache des Münzamtes der Vereinigten Staaten von Nordamerika und Mitglied der American Philosophical Society in Philadelphia, im Vereine mit dem Lampenmacher und Klempner Robert Cornelias Versuche mit Daguerreotypie an; letzterer versuchte im November 1839 mit einer Opernglaslinse als Objektiv die Aufnahme seines Selbstporträts. Er stellte die Kamera auf einem Stuhle in hellem Sonnenscheine ein; nachdem er scharf eingestellt hatte und die jodierte Silberplatte eingelegt war, nahm er den Deckel von der Linse and lief schnell vor die Kamera und setzte sich auf den Stuhl, nach etwa fünf Minaten sprang er wieder auf und schloß die Linse. Nach Entwicklung der Platte erschien auf der Platte das Bild einer menschlichen Figur.
Der Lampenmacher hatte sein eigenes Bildnis aufgenommen, also eines der ersten menschlichen Porträts durch Einwirkung des Lichtes erhalten. Eine Kopie des Porträts ist hier beigefügt (s. Fig. 46); man bemerkt, daß die Figur nicht in der Mit6e sitzt, was daher kommt, daß Cornelius in der Eile sich nicht ordentlich aaf den Stuhl gesetzt hat Dieses Bild ist in der American Philosophical Society am 6. De-
1) J. Werge, The evolution of Photography, London 1890, S. 108.
mr, wulnje >r V mluDg voi^ezeigt wurde, ist bezeugt, erstens von CoTDelios
selber (f am 10. August ]603 im Alter von 85 Jahren) nnd niehreren noch lebeDden Zsagen, welche in der damaligen Yersammlnng anwesend waren.
Die eDorm langea Belichtungszeiten, welcbe Draper bei seinen ForträtauihahmeD aDwendeii mußte, wurden für den im vollen Sonnen- scbeio ruhig Sitzenden so quälend, daß Draper blaue Gläser oder ein
(Fkkdmil* naoli
rhiladelphii
blsaes Flüssigkeitsfilter von ammoniakalischer Eupferlösung zwischen Glasplatten vor das Gesicht setzte, um die Wärmestrahlen auszuschalten and die Sonnenhitze einigermaßen erträglich zu machen. >) Jedoch btlrgerte sich diese umständliche Prozedur nicht ein.
1) W. Draper in New York publizierte 18-10. daß man Porträts in vollem Sonnenliohte unter Benutzung von Spiegeln als Lichti-eüektoreD macheo könne. „Dk nun aber das Ange das reQektierte Sosnenlicbt unmöglich lange ertragen kann, so ist M umimgSiiglioh nötig, die licbtstrahlen durch ein blaues Medium zu leiten, welches
216 Erster Teil. Siebzehntes Kapitel.
Auch die erste Angabe über Vergrößeruugsverfahren dürfte wahrscheinlich auf Prof. Drap er zurückzuführen sein, welcher 1840 im ,, American Repository of Arts^' schrieb : „ Man macht mittels eines sehr kleinen Apparates Aufnahmen auf sehr kleinen Platten. Diese werden nachträglich mittels eines feststehenden Apparates auf das ge- wünschte Format vergrößert. Diese Anordnung wird wahrscheinlich die Ausübung der Kunst sehr erleichtem'' (Phot. Archiv 1895, S. 297). [Vergl. Drapers gesammelte Schriften.] Jedoch erschien die Daguerreotypie für das Yergrößerungsverfahi'en viel weniger geeignet als die später erfundene Talbotypie (s. w. u.).
Draper arbeitete viel auf dem Gebiete der wissenschaftlichen Photographie und stellte auch die ersten Mondphotographien auf Daguerreotypplatten her. ^)
Unter den geschilderten Verhältnissen konnte man eine Entwick- lung der photographischen Porträtierkunst nicht erwarten, sondern es mußten weitere grundlegende Erfindungen chemischer und physikalischer Art gemacht werden. Die Empfindlichkeit der Daguerreotypplatten konnte nur dadurch erhöht werden, daß man von der reinen Jodsilberschicht Daguerres abging und kombinierte Haloidverbindungen des Silbers wie Jodbrom- oder Jodchlorsilber einführte; die Priorität dieser Arbeiten gebührt Goddard in England, Kratochwila in Wien und den Ge- brüdem Natterer in Wien.
Die Vermehrung der Helligkeit der photographischen Objektive verdanken wir dem genialen Mathematiker Prof. Petzval in Wien, dem Erfinder des Porträtobjektives. Mit diesem Namen ist der Ruhm ver- knüpft, die Porträtphotographie ermöglicht zu haben und zwar schon ein bis zwei Jahre nach dem Bekanntwerden der Daguerreotypie.
Die wichtige Entdeckung, daß die Lichtempfindlichkeit von Daguerreotypplatten wesentlich gesteigert werde, wenn man sie nicht mit reinen Joddämpfen räuchert, sondern Brom nebst Jod verwendet, verdankt man John Frederick Goddard, Lehrer („Lecturer*') an der Adelaide Gallery in London.*) Er war der erste,
ihnen ihre Wärme und den unerträglichen Glanz nimmt. Ich benutze hierzu blaues Olas oder eine Lösung von Eupferoxydammoniak in Behältern aus Tafelglas von 1 Zoll Dicke.*^ (Philosoph. Magaz. Sept. 1840, S. 217; Dinglers Polytechn. Joum. Bd. 78, 8. 120.)
1) Nach Drap er beschäftigten sich später namentlich Warren de la Rue, dann Rutherford (New York), Gould, Pickering mit der HimmeUphoto- graphie, auf welche Details hier nicht näher eingegangen werden kann.
2) Werge, Tho evolution of Photogr. 1890, S. 79. — Eine irrtümliche Dar- stellung, welche auf Personenverwechselung beruht, gibt J.J.Sachse im „Jahrbuch f. Phot.^^ 1894, S. 258; er schreibt die Einführung des Brom einem Dr. Paul Beck Goddard, Professor an der Universität in Pennsyivanien, zu, welcher wohl mit Daguerreotypie sich befaßt hatte , jedoch mit dem Erfinder der bromjodierten Platten, dem John Frederick Goddard, nichts gemein hat. Ein Porträt John Frederick Goddards gibt Werge (a. a. 0. S. 27), während ein solches von Dr. Paul Beck Goddard in „American Journ. of Photographie^^ Juli 1883, S. 308 enthaltea if
welcher die .._-„_„_ug tvu nroni in aer i utsnwixy i uer loumvu- kett mitteilte and zwar in einem kurzen Briefe, welchen er am 12. De- zember 1840 an die „Literary Gazette" richtete; er teilte mit, daß die KombinatiOD von Brom mit Jod die Empfindlichkeit der Daguerreotyp- platteD beträchtlich steigere. Die Ehre, das Brom in die Photographie eingeflihrt za haben, muß aber Goddard mit dem Wiener Eratochwila teilen. Der Beamte Kratochwila in Wien machte anfangs Oktober 1840 die Erfindung,^) daß man mit einer Mischung yon Jod mit Brom and Cblor empfindlichere Daguerreotypplatten als mit Jod allein erhalte und publizierte dies in der „Wiener Zeitung" vom 19. Januar 1841.
Franz Kratochwila, Beamter der k. k. Uofkriegsbuchhaltung in Wien, hatte im Jahre 1840 die Beobachtung gemacht, daß eine jodierte Silberplatte an Empfindlichkeit mindestens das fünffache gewinnt, wenn man sie den Dämpfen von Bromchlor (welches noch die Hälfte Brom enthielt) aussetzt Er erzielte Daguerreotypien in wenig Sekunden und zeigte sie im September 1B40 den Professoren Liebig und Wöhler, welche ihren Beifall äußerten. Bei Anwendung von Fetzvals Linse konnte er im Zimmer Porträts bei trübem Wetter in 8 Sekunden er- halten. Er sprach die Hoffnung aus, daß „die kühnsten Wünsche, selbst belebte Straßen in Zeit eines Augenblicks darstellen zu können, erfüllt werden mögen". ^
Dieser Anteil Eratochwilas an der Einführung des Broms in die Photographie scheint meinen Torgängem in der Geschichtsschreibung der Photographie unbekannt geblieben zusein. Z.B.erwähnt J.Harrison in seiner „History of Photography", Bradford 1888, nur Goddard. — Zweifellos hat aber Kratochwila seine Jodbromchlorplatten wohl früher hervorragenden Gewährsmännern gezeigt als Goddard, letzterer hat je- doch die Sache in der Literatur früher publiziert, somit gebührt Goddard die Ehre der ersten Veröffentliclning, wenn auch Kratochwila seine Versuche mit Brom früher ausgeführt und in engerem Kreise vorgewiesen hat. Nicht nur Bromjod und Bromjodcblor, sondern auch Jodchlor wurde zum Empfindlich machen der D3guerreot}'pplatten benutzt, um höhere Liohtempfindlichkeit zu erzielen, als dies mittels Jod allein möglich ist Manche schreiben die Empfindlichkeitssteigerung der Silberplatten durch Jodchlor dem Franzosen Glaudet (S. 202) zu, jedoch mit Unrecht Claudet hat gar keine dokumentierten Ansprüche auf die erste Einfuh- nmg Ton Jodchlor in der Daguerreotypie, trotzdem dies Harrison (S, 26)
1) Nach dei Angabe seioea Zeitgenossen Berres in WieD (Ding). PolTtecbn. Jotim. 1841, Bd. 81, 8. 161).
2) Wiaoer Zeitung vom 18. Januar ISll, S. 139.
218
und alle englischen und franitösischen Autoren Echreiben, sondern es g biilirt diese Priorität den Gebriidem Natterer. Die Gebrüder Johann und Josef Natterer in Wien') steigerten die Empfindlichkeit der Daguerreo- typplatten durch Anwendung eines Gemisches von Jod und Chlor derartig, daß sie mitteis eines Petzval-Objektivs in weniger als einer Sekunde Lichtbilder gewinnen konnten, was Berres (Dinglers Polytech. Journ. 1841, Bd. 81, S. 151) bestätigte. Eine der Original -Daguerreo- typien') der Gebrüder Natterer, welche im Jahre 1841 angefertigt wurden, bat den Kaiser Joaefplatz in der Kaiserlichen Hofburg in Wien zum Gegenstand und zeigt die Volksmenge, welche auf dem Platze herumstand (s. Fig. 47). Die zweite Natterersche Da- guerreotypie (1841) zeigt das an benachbarter Stelle aufgenom- mene, ziemlich verschwommene Bild einer Gruppe von beritte- nen kaiserlichen Burggendarmen, welche jedoch während der Auf- nahme ruhig standen; die Belich- tung dürfte wohl nicht länger als 1 Sekunile gedauert haben(Fig,48). Diese Daguerreotypien zeigen trotz ihrer Unvollkommenheit wohl zum ersten Male die Photogra- phien von Slraßenszenen, welche in kaum einer Sekunde gelangen. Die Ansicht, daß wir in diesen Bildern zwei der allerältesten „ Sekundenbilder " aus der An- fangszeit der Photographie vor uns haben, wird durch den Umstand bekräftigt, daß die älteste eben- solche Momentphotographie, welche im „Musöe retrospectif der Glosse 12 (Photographie)" bei der Pariser Weltausstellung 1900 von dem über die ältesten photographischen Dokumente der Geschichte der Photographie
1) Der eine der Gebrüder, Doktor der Mediiio Johann Natteror (1821 bis 1900), war der in der GeBubicbte der Chemie wotilbokanute Erfioder der Kompressions- pumpe Eur VerflÜBsigung der Kohlensäure. (Vergl. die Biographie Natterers, welche A. Bauer in der .Chemiker- Zeit UDß* 1901 etscheinen lieB; auch Jahrb. f. Phot. 1891.)
2) Diese Origitiale sind in den Sammlungen der k. k. Graphischen Lehr- und Versnchaan stall in Wien vorhanden.
Jahre 1843 stammt') (DaguerreotTpie vom „Pont neuf). Alle anderen FablikationeD, welche die Anwendung von Halogengemischea aus Jod, Brom Bod Chlor zum Gegenstand haben, Bchließen somit keine weiteren Priorltätsanspracbe in sieb.*)
Prof. Berres Teröffentliclite das Verfahren der Gebrüder Natterer in der „Wiener Zeitung" vom 24. März 1841 S. 610. Bemerkenswert ist die an dieser Stelle gemachte Mitteilung, daß die Gebrüder Natterer einen Kupferstich beim Lichte zweier Öllampen nach 35 Minuten
dauernder Belichtung auf Jodchlor- Daguerreotypplatten photographiert hatten, während mit Jodplatten diese Aufgabe nicht gelöst werden konnte. Es scheinen somit, gemäß dieser Publikation, die Gebrüder Natteret auch die erste photographiscbe Reproduktion bei gewöhn- lichem Lampenlicht gemacht zu haben.
1) Bapport du Comite d'inatallation Musee retrospectif de Photogr. Exposition BDirsn^ Paris 1900 (ausgegeben 1003).
2) Dies gilt z. B. toq den Publikationen Claudets über Bromjod vom lü. Juni 1641 (Hiilosoph. Hagaz. Anz. 1841), welohcin von manchen Autoreu mit Unrecht die Piioritit der Einführung der Kombinatioo von Bi-om mit Jod zum SenBibilisieren dar Klbeiptatten zogescbriebea wird (vorgl. ^. 217).
ACHTZEHNTES KAPITEL.
EEFINDUNG DES PETZVALSCHEN POETEÄTOBJEKTIVES.
Zur Zeit der Erfindung der Daguerreotypie arbeitete man aus- schließlich mit einfachen Linsen (Chevaliers französische Linse), welche weder besonders lichtstark war, noch bei großer Öffnung genügend scharfe Bilder gab.^)
Optiker Plössel in Wien kopierte gegen das Jahr 1840 die Daguerresche Kamera und Linse mit verbesserten Krümmungsradien, ohne jedoch eine wesentlich größere Helligkeit der Objektive zu erzielen. Die geringe Helligkeit der französischen photographischen Objektive, mit welcher Daguerre seine Kameras versah und welche von vielen Optikern koipert wurden, bewogen den Wiener Universitätsprofessor Josef Petzval (angeregt durch den Professor der Physik an der Wiener Universität Dr. Ettingshausen) die Type des Chevalier- Objektivs ganz zu verlassen und sich mit der Berechnung eines lichtstarken Objektivs zu befassen.
Josef Max Petzval 2) war am 6. Jänner 1807 in Szepes-
1) Chevaliers Objektiv arbeitete mit einer vorgesetzten Blende tmd besaß eine
f wirksame Öffnung =77-
2) Eine vorzügliche, eingehende Biographie Prof. J. Petzvals, die um so interessanter ist, als bisher über Petzvals Leben wenig bekannt war, veröffentiiohte Dr. Ermenyi im „ Photographischen Zentral blatt" (VIIl, S. 247). Sogar der Oeburtstag Petzvals war bis vor kurzem strittig, und es wurde z. B. im Nekrologe, den K 8aeß in der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien dem verstorbenen Akademie- mitgliede hielt (Almanach Wien, kais. Akad. d. Wiss. 1892, Bd. 42, S. 182), hingewieaen, daß widersprechende Angaben hierüber vorliegen. Zu wiederholtem Male erwähnte iofa, daß mir Petzval selbst unter Betonung der Tatsache, daß er von deutschen Eltern geboren sei, ausdrücklich das Datum und Jahr seiner Geburt, nämlich den 6. Jftnner 1807, in die Feder diktiert hatte. Von mancher Seite wurde dieses Datum, welches ich auch in meinem „Handbuche der Photographie^^ (Bd. 1, 2. Abt., S. 40) pubUsiert habe, angezweifelt, weil der Geburtstag seiner zwei anderen Bruder nachweislich gleichfalls am 6. Jänner anderer Jahre fiel; man meinte, es sei doch höchst unwahr- scheinlich, daß alle drei Söhne in einer Familie ihren Geburtstag am „hefligen Drei-
Im Jabre 1826 kam Petzral an die damals deutsche ümversität in Fest (Bodapest); daselbst war er als Ingenieur tätig, habilitierte sich und wDTde 1835 Professor der höheren Mathematik in Pest und von da 1837 an die Wiener Huiversität berufen; seit 1849 war er Mitglied der Wiener Akademie der Wissenschaft, emeritiert 1878. Er starb am 17. September 1891.
Fig. 4
Joiof Pat
kBaigstage" hätten. Nun zeigten direkte Nachfarscbimgea , welcbe Dr. Ermeuyi in SiepeB-B6li, im Oebortsorte PetzvaU, im Zipser Komilat io Dngam anstellto, doB der GeboTtatag Petivals in den pfarramtliohen Kirchenbüchern t»tfiächlicb auf den & Jlnner 1807 laotet, so daß die Frage im Sinne meiner Angaben nunmehr endgültig ortMbieden int. Die drei Gebrüder Fetzval hießen bei ihren Bekannten Beiner- Hit mit Ritoksioht auf ihren Gebnrtst^ scherzweise „Die heiligen drei Könige". Dr. Ermänji bringt in seiner Petzval-Biographie eine Fülle von authentischen Httteilnngen ans dam Leben und der wissenschaftlichen Arbettstätigkeit Petzvals, walohe biognphtaohe Studie höchst anerkennenswert ist. J. M. Eder. (Fbot Korresp. 1902, 8.305.) — Vergl. auch über PetzvaU Arbeiten auf dem Gebiete der Optik: M. TOD Bohr, Theorie and Geschichte des photogr. Objektives. ISill).
1) Das Zipaer Komitat in Ungarn war damals fast ganz von einer deutschen Bvrtikenuig bewohnt, wie Petzval selbst dem Herausgeber dieser Geschichte mit- teiHs. E.
222 Srster Teil. Achtzehntes Kapitel.
Fig. 49 zeigt die Reproduktion eines lithographischen Porträts Petzvals') iingelahr aus jener Zeit, als er sein Porträtobjektiv erfand.
Angeregt durch Prof. Ettingshausen (s. S. 198) verlegte sich Petzval 18.^9 auf die Berechnung eines lichtstarken photographischea Objektives und hatte bereue im Mai 1840 sein berühmtes Porträt- objektiv und ein lichtstarkes Landschaftsobjektiv (das spätere „Ortho- skop") auf Grund eingehender Forschungen und tiefsinniger Berech- nungen fertig gerechnet.') Die Ausführung übertrug er dem Optiker Friedrich Voigtländer in Wien, welcher im Herbst 1840 die Linse lieferte.") Diese wurde an eine höchst primitive Kamera aus Pappen- ^^ deckel angebracht und der Apparat mit einer Baumschraube befestigfa^^J
Der Verfasser der vorliegenden Geschichte machte in der photographischen Fachliteratur zuerst aufmerksam, daß der Fetzvalsche OHginalapparat
1) Ein Hoderes gules Porträt von Petzval findet sich aach in HornigB Ptufl Jahibucb für 1878, sowie mehrere seiner Porträte in Ermeofie Baoh .Petzva^l Leben und Verdienste", II. Aufl. Kalb a. S. 1003. '
2) Joseph Petzval bemerkte mit Recht in seinem , Bericht über dio Ergeb- nisse einiger diopCrischer üotcrsuchungen" (1S43, S. 26): ,LiDseDverbiadun(,'en sind ganz launenhafte und widerhoarige Gebilde, die bei gewissen Anordnungen, infolge bestehender at!geine[Der, meist im Baue kamplizierter Funktionen tiof versteckter Gesetze bald gnr kein gutes Bild, bald ein anvermeidlicb gsknimnites oder verzogenes geben . . . Nur in enger Verbindung mit der Wissenschaft wird der praktische Optiker den Gipfel der Kunst ersteigen."
3) Biographie Friedr. v. Voigtländers s. dieses Handbuch, Bd.n, S. 41. - Phot Korresp. 1878, S. 93. — Pbot. Mitt., Bd. 15, S. 28. — T. Bo] Theorie und Geschichte des photogr. Objektives, 1899.
deB k. k. Technologiscben Gewerbemuseums (Museum der österreichisctien Arbeit) in Wien befindet und bescbrieb ihn näher. Fig. 50 zeigt das Bild dieser ältesten Petzralschen Kamera.')
Der Optiker Friedrich Ritter tod Voigtländer*) in Wien er- seogte mit großer Präzision die Petzvalschen PortrStobjektive, welche
VoigHSnder (1812—1879).
in Tausenden von Exemplaren in die Welt gesandt wurden; und so erwarb sich Toigtländer bedeutende Verdienste um die Einführung
1) Te^ Eders Jahrb. f. Pbot. 1896, S. 470.
2) Johann Friedrich Voigtlttnder (•1779 in Wien, t 1859) führte die ToUubaiBohen peiiskapischan Brillengläser zuerst in Deutschland und Österreich ein, Bein Sohn Pater Wilhelm Friedrich Toigtländer (* 1812 in Wien) konstruierte 1840 dM Too PetEval berechnete pholographisohe Porttätobjektiv. Er errichtete eine npäaebe Fabrik 1649 in Brannschweig, wurde 1866 in Österreich geadelt, führte die WimerVabiik Üb 1868 fort, gab letztere dann auf und übertrug d ai&oea Sohn« Friedrich; er starb 1878.
der lichtstarken Objektive. Fig. 51 zeigt das Porträt Voigtländera 1 Autotypie nach einer Porträtphotographie.
ng.G:.'. P*liTsl-XDnniB(!Bt in Acn Artaden i<
Petzvals Porträtobjektiv zeigte schon in seiner ursnrünglichen Form eine 16 mal größere Helligkeit als die von Daguerre verwi
Etfiodang des Petivalschen FiirtriitolijektiveK.
225
französische Lioee und ennöglicbte dadurch eigentlich erst die allgemeine Einführung der Porträtphotographie , da nunmehr unter Verwendung lichtstarker LiiiBen in Kombination mit den enipfiodlichen Jodbrom- oder Jodchlorplatten die Belichtungszeit bei Porträtaufnahmen (auf Daguerreo- ^plattm) auf 15 bis 30 Sekunden bei gutem, auf 1 bis l'/t Minuten bei schlechterem Lichte reduziert wurde.
Die Photographische Gesellschaft in Wien setzte Petzval in aa- betracht sdner außerordentlich großen Verdienste um die photographische Optik ein Denkmal in den Arkaden der Wiener Universität (s. Fig. 52), an welcher er so lange und erfolgreich tätig war. Dieses Denkmal wurde anläßlich des Jubiläoms des 40jährigen Be- standes der Wiener Photogra- phischen Gesellschaft im Jahre 1901 feierlich enthüllt') Später wurde eine Straße in Wien, im IV. Bezirke, nach Petzvals Namen benannt*)
Petzval machte die ersten Proben mit seinem von Voigt- iSnder ausgeführten Objektive anter Mitwirkung eines der her- vorragendsten £enner der Photo- graphie, dem damaligen Kustos nnd späteren Bibliothekar am Wiener k, k. Polvtechnikum Anton G. C. Martin, wohl
einem der ersten Aniateurphoto- Fig..-a BiwiwhLiai Anton MKrtin
grapben Österreichs, Martin, " "' ''
welcher auch als Fachschriftsteller große Verdienste sich erwarb (s. weiter nnten), anterBtiitzte Petzval sowie Voigtländer bei ihren ersten Ver- suchen. Fig. 53 zeigt das Porträt A. Martins.'^)
Im „Museum der österreichischen Arbeit" in Wien beßndon sich Probebilder ans der damaligen Zeit und Fig. 54 zeigt ein von Voigt- länder in Wien mit dem von ihm angefertigten Petzval-Objektiv und einer improvisierten Kartonkamera aufgenommenes Porträt aus dem
1) Phot. Korresp. 19Ü2, S. Täß.
2) Eders Jahrb. f. Phot 1904, 8. 249.
3) Ein aDderas Porträt Autou Martins ündct siuli in Hoiuigs Phot -Tahr- bnch 187fl. — Vergl. Poggeodorffs BiogrAjiL - literar, TTaadworlicrbuch Bd. '1 u. 3.
Edai, Hiadbocfa dar PholoRnphis. I. Toil. ;). AiiD. 13
226 Erster Teil. Aohtzehntes Kapitel.
Jahre 1841 (Belichtungszeit 3^^ Minuten). Voigtländer in Wid fortigte nicht nur die von Petzval berechneten Objektive,') sondef auch die dazu gehörigen Kameras an, welche er ganz aus Messing t fertigte.
Die Voigtländersche Daguerreotypkamera (zirka 1842) war ein der ersten leicht transportablen, ganz aus Metall gefertigten „Hai kameras" welche leicht auseinander zu nehmen und aufzustellen ' (Fig. 55). Das Plattenforniat war riimi (Fig. 56 zeigt ein mit einfl
solchen Kamera aufgenommenes Daguerreotyp); die enipfiudliche PI« war im erweiterten Teile der konisch geformten Kamera angebracl vorn war das Objektiv mit Deckel, rückwärts eine Linse, durch welei man (unbehindert durch seitliches Licht) das Visierscheibenbild am I weiterten Kamerateile betrachten konnte.
1| SpSter traten Doch die Wiener Optiker Dietzler (s. S. 228), Eckliof, Frokeach, Waibt und 'Weingartshofer in "Wien mit flhnlicbeii ObjektiTen auf, obne ]e<]o(^il Toigtliinder bedenteode Eoukurreaz zd machen. (Vei^t. Bd. II, Abt. I dieses Werkes )
Erfindung des Pctivalseheii Porträtobjeklives
Die in Fig. 56 abgebildete Land- schafts-Dagueireotypie wurde mit dem Petzval-Voigtländerschen Fortrut- objektir bei starker Abblendung im Jahre 1812 aufgenommeo.
Fetzvale Porträtobjektiv war ebenso wie Chevaliers langen nur für die optischen Strahlen achroniati- siert; alle diese photographischen Ob- jektive zeigten „Fokusdifferenz", was zuerst Antoine Fran9ois Jean Claudet ('1797, f 1867) genau er- faßte, wonach er im Verein mit dem praktischen Optiker Lerebours 1846 auf der Grundlage des empirischen Problerens Objektive ohne Fokusdifferenz konstruierte, eine Verbesserung, welche in der Folge auch Voigtländer an den Petzvalschen Porträt- objektiven anbrachte und von allen Optikern akzeptiert wurde.
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Erster Teil. Aohteehntes EapiteL
Bis zur EntdeckuDg der Dagaerreolypie war Juan der Ansicht, daß eine 1 unser Auge achromatisierte Linse auch fiir pbotogi'apbiscbe Zwecke eise biolänglid Acbromasie besitze. Der erste, welcher beobachtete, daß der optische Brennpunkt einer derartigen Linse mit dem cbemisuheD Brennpunkt der „ photographiscb wirken- deo* Strahlen nicht identisch ist, war Townson, welcher im Jahre 1839 darüber _ im „Philoa. Magazin" (Bd. 15, S. 381) schrieb.
Auch Bibliothekar A. Martin bemerkte 1840 die Fekusdifierenz, welche jedoa damals von den praktischen Photographen wenig beachtet wurde.
Ansfiibrlicher befaßte sich Claudet (1844) und Cnndell (1844)') mit dies Gegenstände und gaben eiue Tabelle über die versi-hiodene Lage des chemischen n
FIs. ST. Optlkec Dlsulec in Wien mach «inoui KolIodiornnsgaClT tat dro IBUioc Jibmi
optischen Brennpunktes oder, wie man auch kurzweg sagt, des , chemischen Fokus*. — Clandet machte, wie erwähnt, am 20. Mai 1844 auf die TerBohiedeoheit der I^s des optischen und photographischen Brennpunktes — foyer optiqae und foyer photegenique oder chimique — aufmerksam und kam 1849 und 1850 auf den Oegen- sländ zurück;*) er bemerkte, daß für verschiedene photographiscbe Pri-
1) PhiloB. Magaz. Bd.25,S.24; Bd. 25, 8.173. Dinglersjoura. Bd, 92,S.371.
2) Compt. rend. Bd. 18, S. 954. Vergl, die späteren Abhandlungen Claudets (Compl. rend. 18. OL-tober und 20. Dezember 1847 und 1851, Bd. 32, a 130). — Ferner „Becberches sur 1a theoiie des principanx pbenomenes de Photographie par Claudel", Paris 1849; aus .Nouvelles recherches sur la difference entre les (oyers visuels et photogenique et sur leur ooostante Variation". Paris 1351. — TergL auch den Bericht Claudets in „Revue Photograph ique". 1857. 8. 250.
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Erfindong des PetzvalacheD Portiütobjaktives. 229
psT&te die wirksamBten Bttahlen im Spektrum sehr weit auseinander- liageD kÖDnen.
Angeregt durch die UnterBuchuDgen Claudets fertigte der PariBer Optiker LereboQrs (•1807, tl673) 1846 Objektive ohne Fokasdiffercni an und asBoziierte sieh BpSter mit dem Ingeoienroffizier Secretan zur Erzeugung ihrer aktinisch-kor- rigiertea Objektive.') Ihnen folgteo dann die anderea Optiker, insbesondere auch Toigtl&Dder bei den von ihm ausgeführten Fetzvalscheu PortrMobjekÜven.
Der Ertolg des von Petzval erfundenen und vom Optiker Voigt- länder in Wien vorzüglich ausgeführten Porträtobjektives war ein aoHerordentlicher: alle Optiker, insbesondere aucli die französischen (z.B. Jamin) und englischen (insbesondere von Davidson und Boß), kopierten dieses durch kein Patent geschützte Objektiv, welches übrigens dem Erfinder wenig materiellen Erfolg einbrachte. Petzval geriet Sinter mit Yoigtländer in Streit, ließ dann beim Optiker Dietzler in Wien, dessen Porträt in Fig. 57 abgebildet ist, seine Porträtobjektive, sowie die „Orthoskope" genannten Landschattslinsen eizeugen und wendete sich schon in den sechziger Jahren von der Photographie ab, um sich nur mit mathematischen und anderen wissenschaftlichen Studien zu be&ssea. (Die ausführliche Geschichte seines Objektives s. Bd. II dieses Werke*)
Petzval, dem man viele mathematische und physikalische Unter- SQcbungen verdankt,^ starb, wie bereits erwähnt, am 17. September 1891. Er gilt mit Recht als der Vater der modernen photograpliischen Optik.
1) Vergl, M. V. Rohr, Theorie und Geschichte d. [ihot. Objektivs lö99, S. 101.
2) V6rgl.ErmeD)-i,Dr. Josef PetzvalsLeboo u. Verdienste. Hallea.S. 1903.
NEUNZEHNTES KAPITEL. EMPORBLÜHEN DP^R PHOTOGRAPHIE ALS GEWERBE.!
Durch die Vervollkommnung des chemisclieo und optischen Teile der Dnguerreotypic übten buld sehr viele DiletfiiTiten, Kiiii-<tlt.'[ undf
Geli.'liiic ihc riiiiiiiL't:i|)liir für ihre Zwecke iiii'- mi'l m .1 m. -i
Emporblühen der PLotogrnphie als Gewerbe. '231
Gegenstande von Experimenten; aber auch die Berufsphotogrspbie, das photographische Gewerbe, begann sich in raschem .Anwachsen zu ent- wickeln. In den vierziger Jahren begnügte man sich wohl meistens, bei Portriitaufnabmen das Modell ins Freie, an einen offenen Gang oder Balkon zu stellen und unbekümmert um das Beiwerk zu daguerreo- typieren. Fig. 58 zeigt eine im übrigen recht hübsche Daguerreotypie aus dieser Zeit, und das eiserne Geländer eines offenen Gang^ verrat,
mit wie geringen Hilfsmitteln man damals arbeitete. Man wagte sich aber auch an schwierigere Aufnahmen, wie das in Fig. 59 reproduzierte Daguerreot}'p einer Frau mit ihrem Kinde zeigt. Später entstanden Ateliers mit Vorhängen und Draperien.
Ein großes Renommee hatten französische Daguerreotypisten, insbesondere die bereits S. 229 erwähnten Optiker und Dugiicrreotypisten Lerebonrs und Secretan, „Opticicns de l'Observatoire et de la Marine" in Paris. X. P. Lcrebours hatte schon im Dezember 1839
Enter Tdl. Neaniwhntes Eapital.
große Daguerreotypapparate konstruiert, welche Bilder von 12 x Ifl franKÖs. Zoll ergaben. Erarbeitete anfangs gemeinsclmftlich mit Gaud)n,n
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1) „Demiera perfeclionnenients apportes au Daguerreoljpe par Gaudin i LerebouTs", 3. Ausg. Paris 1842.
232
große Dagi französ. Zoll
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1) »De Lerebours"
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matisdier Instromento in Paris, Place du Pont-Neuf 13, >) verband sich spater mit Secretaa;*) beide waren Optiker des astronomischen Obser- vatoriums nnd der Marine und besaßen außer ihrem Verkaufsgeschäft für optische Apparate nnd Utensilien für Daguerreotypie ein photo- graphisches Atelier in Paris, Bue de l'Est 23. Dieses Atelier hatten sie um das Jahr 1845 eröfihet und es war eine Beihe von Jahren im besten' Betriebe. Eine der vorzüglichsten Panorama-Daguerreo- typien (Ansicht von Paris), welche je gemacht wurden, stammt von
Lerebonrs und Secretan aus dem Jahre 1850. Sie befindet sich in den Sammlungen des technologischen Kabinetts der k. k. Technischen Hochschule in Wien und ist in Tafel I in Autotypie wiedergegeben.
In England arbeitete A. Claudet, welcher (wie bereits auf S. 202 erwähnt) von Daguerre unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Daguerreotypie eine Ausführungslizeni; für England erworben hatte und von Frankreich nach England übersiedelt war. Er war praktischer
1) Traite de Photographie, deroiers perfectioDDemeots apportes au Daguerreo- ^pe, par N. P. Lereboura. Paris 1843.
3) lallte de pbMigt. par Lerebours et Secret&D, 5. Aufl. Paris 1640.
234
r Teil. NeuEzehntes Kapitel.
Photograph in London und arbeitete auf dem Gebiete der pbotograpbischen Chemie (s. S. 217) und der Optik (s. S. 227). Sehr renommiert war der englische Photograpli J. E. Mayall, dessen Daguerreotypieii vom Jahre 1851 nocli bei der Londoner Weltausstellung 1862, wo sie aus- gestellt waren, Anerkennung fanden. Äußer diesen wenigen hier ge- nannten Üaguerraotypisten gab es noch viele andere, deren Aufzählung liier zu weit fuhren würde. Wir begnügen uns, einige interessante Proben in getreuen Reproduktionen in Fig. CO und 61 zu publizieren, weil sie im
Zusammenhange mit den oben abgebildeten Daguerreotypien den Stand der photograpli isclien Produktion in der Mitte des vorigen Jahrhunderts erkennen lassen,*)
Eine Arcliitekturaufnabme in ziemlich großem Formate vom Jahre 1848 zeigt die Reproduktion der sehr gelungenen Daguerreotypie Fig. 60 (Palazzo Foseari in Venedig).
1) Proben aus deu Ateliers von Lambert in Paria, Lerebours und Secretao in Paris, vom Maler Martio Tbeyer io Wien Irafiiideit sich an der LabrkaDzel für mechaniscbe Teclinologie an der k. k. Technischen lloubschule iu Wien; andbre große Kollektionen alter Dagiierreotypien sind in deo Sammliuigen der k. k. Graphischen Ijehr- und Versuchsanstalt in Wien zu sehen.
EoipoTblühen der Photugra|>hie als Gewerbe. 235
Eine interessante, in Amerika hergestellte Daguerreotypie aus der Uitte der filnfeiger Jabre ist in Fig. 61 abgebildet. Es ist dies das Bild einer Qoldmine in Kulifornien, eioe Aufnahme des Kew Yorker Photographen C. Farrand, nach einer in SnelHnj^ Photographic and fine Art Journal, New York 1857, S. 209 ii. 217, publizierten photographischen Salzpapierreproduktion.
In die vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts fallen die von Paris aasgebenden ersten Versuche, die Daguerreotypie für Aktstudien des men&ohtichen Körpers zu benutzen, sei es um sie als Hilfsmittel den bildenden Künsten zur Verfugung zu steilen oder um lukrative Ver- lagsartikel zu finden. Die ältesten mir untergekommenen derartigen Dagneireotypien datieren von den Jahren 1844 bis 1849 und gehören tD den technisch vollendetsten Daguerreotypien , welche uns aus der itbmaligen Zeit erhalten blieben. Sie tragen nur den Namen und das .Alter des porträtierten Uodells und scheinen für die Kreise der Bild- planer, Maler und Amateure bestimmt gewesen zu sein. Kg. 62 zeigt
. TOU einer dieser ältesten photugraphischen Aktstudien aus der Blütezeit -^pr Daguerreotypie eine Reproduktion, welche wohl nur zum Teile die
-■ 'gtofie Zartheit und gute Modellierung der Originul- Daguerreotypie Sriedeizugeben vermag.
ZWANZIGSTES KAPITEL.
KOLORIEEUNG VON DAGUEREEOTYPIEN.
Das Kolorieren der Daguerreotypbilder scheint schon im Jahre 1841 ziemlich verbreitet gewesen zu sein. Es geschah die Farbengebung durch Auftragen höchst feiner Farbpulver. Im Dezember 1842 ver- öffentlichte Beard Mittel zur technischen Vereinfachung des Bemalens von Daguerreotypien, um „unter Anwendung von Patronen und Farben- staub" das Kolorieren vorzunehmen.^)
Der erste, welcher vom Kolorieren der Daguerreotypbilder mit Farben sprach, soll der Maler Isenring in St. Gallen gewesen sein; er hat nach A. Martin'-^) den ersten Anstoß hierfür gegeben, jedoch machte er über die von ihm geübte Methode nichts bekannt. Wahrscheinlich trug auch er Staubfarben auf, wie es alle späteren Koloristen von Daguerreotypien machten und damit ganz hübsche Effekte erzielten.
1) Dinglors Polytechn. Journ. Bd. 87, S. 316.
2) Martin, Ropertorium der Phot. 184G-1848. Bd. II, S. 98.
EmiTNDZWANZiaSTES KAPITEL.
ERFINDUNG DER PHOTOGRAPHIE MIT PAPIER- NEGATIVEN UND PAPIERPOSITIVEN.
Die Degnerreotypie litt an einem fundamentalen Nachteil: Sie gab in der Camera obscura immer nur ein einziges photographisches Bild, welches einer Tervielfaltiguag durch einfache photographische Eopierprozesse unfähig war. Erst durch die Erfindung sogenannter photograpliiscber Negative, welche man anfänglich mittels lichtempfind- licb gemachten Papieres erzeugte, und von welchem man beliebig viele Abzüge kopieren konnte, trat die Photographie in die Beibe der ver- vielMtigenden graphischen Künste oder Gewerbe.
Es gebührt dem Engländer William Henry Fox Talbot, einem reichen Privatgelehrten, das Verdienst, die Photographie mit lichtempfind- lichen Papieren, somit die Herstellung von Papiemegativen , erfunden und in die Praxis eingeführt xa iiaben.
Fox Talbot wurde im Februar 1800 geboren, als Sohn des William Davenport Talbot. Er machte sorgfältige Studien am Trinity- College in Cambridge und widmete sich besonders mathematischen Studien.') Talbot wohnte in seinem Familiensitze Lacock Abber bei Ghippenham (Wiltshire) in England,-) war 1832 bis 1834 Parlaments- mitglied, seit 1831 auch Mitglied der Royal Society in London.
Ein gutes Porträt Talbots zeigt Fig. 63, welche nach einem Daguerreotyp von Glaudet reproduziert ist,*) während das in Fig. 64 abgebildete Porträt Talbots ihn in seinen späteren Lebensjahren zeigt. (Nach einer Heliogravüre aus der vorigen Auflage von Eders Geschichte der Photographie.)
1) Veigl. Poggendorffs Biograpli. liierarisches Ilaiiilwörterbuch 1863. Bd. 2, 8.1066.
2) Daselbst wobot jetzt Talbutü Sohu, C. H. Talbot, dessen Freundlichkeit iah ixm Behr sehöne Talbotscbe Kupfer- Helio^^ravüren verdanife. E.
3) Nach ,Tho Photogr. Journal", April 1901. Das Klischee verdankt der Verf. der Trrandliahluit der „Ko^al Photographie Society of Great Britnin".
238
Erster Teil. Ei nund zwanzigstes Kapitel.
Fox Talbot hatte bei einer Reise nach Italien Ja den Jahren 1823 und 1824 die Camera obsciira als Hilfsmittel zum Zeichnen von Landschaften benutzt, indem er die Lichtbilder auf transparentem Papier auffing und es mit Bleistift kopierte; er war jedoch nicht imstande, hier- bei eine befriedigende Zeichnung zu erhalten, und als er im Oktober 1833 wieder nach Italien reiste und sich am Gomosee aufhielt, versuchte er es mit dem Skizzieren mittels WolUstons Camera lucida, aber auch dieses Verfahren bereitete ihm große Schwierigkeit und er erzielte einen recht
geringen Erfolg damit. Da reifte in Talbot der Plan, ohne daß er von den analogen Bestrebungen Xiepces und Daguerres Kenntnis hatte. Ans Bild in der Camera obscura auf chemischem Wege zu fixieren. Da er aus der chemischen Literatur wußte,') daß Silbemitrat licht- empfindlich sei, so begann er nach seiner Rückkehr nach England im Januar 1834 mit seinen Studien. Er versuchte der Beihe naoh Silber- nitrat-, dann Chlorsllberscli lebten auf Papier. Anfangs strich er den
1) Diese Schilderung gibt Tal bot selbst in der Vorrede seines nanmdir iußent selten gewordeneD ^'erkes ,Tlie pcncil of nnturc*, l»DdoD 1844, dis mir Mia der Bibliothek der k. k. Graph, Lehr- nnd Versuchsanstalt in Wien lur VerfügUDg stand. K.
Erfindong der Photographie mit Pa|Jieriiegativen und I'apierposiliven. 239
feuchten Chlorsilberniederechlag auf Papier, dann schlug er den besseren Weg ein: er tränkte Papier zuerst mit starker Kochsalzlösung, trocknete und badete in Silbernitratiösung. So geejget dieses Papier auch zum Kopteren von Zeichnungen im Kontakt (Kopierrahmen) waren, so war es doch zu wenig empfindlich für Naturaufnahmen in der Camera obscura, selbst wenn Talb^it mehrere Stunden lang beliclitete.
Im Jahre 1834 machte Sir H. Davy, welcher schon zwanzig Jahre früher die Veränderlichkeit des Jodsilbers im Liebte erkannt liatte, an Fox
Ke-i^- Fux Tiilbnt i'IHii. -HhTTi.
Talbot die Mitteilung, daß Jodsilber lichtempfindlicher sei als Clilor- silber (vergl. S. 127). Jedocii fand Talbot bei seinen Experiiuenten zu seiner Überraschung gerade das Gegenteil: das Jodsilberpapier schwärzte sich bei seinen Versuchen am Lichte weniger laseli als dsis C'iiloryilber. Er beobachtete, daß überschüssiges Jüdkalium su^ur die Lichtempfind- lichkeit des Silbersalzes fast ganz aufhebt und kam in Konsequenz dieser Beobachtung auf den Gedanken: photographischo ('hlorsilberbilder mit JodkaliamlöBung zu fixieren, ein allerdings sehr unvollkommenes Fixier- mittel, wie auch Kochsalz ihm als eine Art Fixiermittel bekannt war.
240 Erster Teil. Einundzwanzigstes Kapitel.
Während dieser ganzen Zeit befaßte sich Tal bot nur nebenbei mit photographisehen Experimenten, da er sich insbesondere in mathe- matische und physikalische Untersuchungen, namentlich in das Studium optischer Phänomene bei gewissen Kristallen, Interferenzerscheinungen des Lichtes usw. vertiefte.
Als am 6. Januar 1839 eine vorläufig allgemeine Mitteilung durch die Journale ging, daß Daguerre die Lichtbildnerei erfunden habe, trat Talbot (ohne irgendwie Details von Daguerres Verfahren, die erst im August publiziert wurden, zu kennen) mit seinen bisherigen photographischen Arbeiten an die Öffentlichkeit und schrieb einen Brief an die königliche Gesellschaft in London am 30. Januar 1839, worin er seine Methode der Herstellung von Lichtbildern auf Chlorsilberpapier und die approximative Fixierung mit überschüssiger starker Kochsalz- lösung beschrieb.
Dieser erste Bericht Talbots vom Januar 1839 an die Boyal Society erschien als Separatabdruck im Buchhandel: „Some account of the Art of photogenic Drawing, or the process by which natural objects may be made to delineate themselves without the aid of the artist's pencils.'' (London, B. J. E. Taylor, 1839.)
Am 20. Februar 1839 teilte Talbot in einem Briefe an Biot, Mitglied der französischen Akademie der Wissenschaften, mit, daß er seine Chlorsilberbilder mit Jokalium- oder starker Kochsalzlösung oder einem ganz besonders wirksamen Präparat fixiere, welches ihm Herschel mitgeteilt hatte, das er aber vorläufig noch geheim halten müsse. Am 1. März 1830 teilte Talbot mit,\) daß Ferrocyankalium ein Fixiermittel, wenn auch ein unsicheres sei, und machte gleichzeitig die Mitteilung, daß das oben erwähnte ausgezeichnete Herschelsche Fixiermittel das unterschwefligsaure Natron sei.^) (Vergl. S. 131 und 209.)
Das Bromsilberpapier wendete Talbot gleichfalls schon anfangs 1839 an und schrieb am 15. März 1839, daß es sehr lichtempfindlich sei und in der Camera obscura durch direkte Schwärzung ein Bild gebe. Alle diese Erfindungen Talbots betrafen aber nur das direkte Auskopierverfahren und dieses konnte an Lichtempfindlichkeit mit den
1) Compt. reiid. 1839. Bd. 8, S. 341.
2) Schien dl datiert in seiner höchst oberflächlich zusammengescbriebenen „Geschichte der Photographie'^ das erste Bekanntwerden der Verwendbarkeit des onter- schwef ligsauren Natrons als Fixationsmittel falsch; er gibt nämlich (S. 48) an, daß Herschel dieses Fixiersalz im Jahre 1840 empfahl, während in Wirklichkeit diese Erfindung von Herschel bereits im Jahre 1839 gemacht und dies durch Talbot, mit dem er im regen Verkehre gestanden hat, unterm 1. März 1839 der Pariser Akademie mitgeteilt wurde. (Vergl. Eder, Phot. Korresp. 1891. S. 151.)
iiiiuigHTenuihja mii ij
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agnerrea konkomerea.*)
Talbot entdeckte S[äter, vrie weiter uateo erwähnt ist, auch die lichtem pfiod- licUwl de» Cbromatleimes, ferner die heliograpbische StahUtzaag sowie die Kupfer- Uiniig inittelB lichtempfiadlicher Chromlaimschichten und war ein anQorordentlloIi fruclitbarer, wisaenscbaftlich vielseitig gebildeter Entdecker pbotographischer Prozeeae, mlohe Kr die gesamte photographischa Praxis die weittrageodste Bedeutung erlangten.
Talbot nahm auf alle seine ErfindimgeD Patente und hielt an seinen Erfinderrechten fest; er verfolgte alle jene, welche seine Ver- fahren ohne seine Erlaubnis ausübten.*) Diese Strenge war dem Fort- schritte der Photographie keineswegs förderlich, und Lord Rosse, Prä- sident der Royal Society, und Sir Charles Eastlake, Präsident der kdniglichen Akademie in England, schrieben 1852 an Talbot und legten ihm nahe, er möge im Interesse der Kunst und Wissenschaft etwas milder vorgehen. Talbot antwor- tete, daß er einwillige, auf seine Patentrechte zu verzichten und die- selben als freies Geschenk dem Publikum abtrete, mit Ausnahme eines einzigen Punktes, d. i. der Aosnutzang seiner Erfindung zu geschäftlicher Verwertung oder Ver- kanfazwecken; damit trennte er die gracbäfüiche Ausbeutung von der wissenschaftlichen und künstleri- schen Anwendung und es konnte jedermann mitTalbots patentierten
Verfobren arbeiten, ohne eine Klage wegen Patentverletzung fürchten ztt mtissen. (Phot News. Oct. 1877; Colson a. a. 0. S. 82.)
Der Amatenrphotograph und Beamte im fraazöEischcn Finanzministerium (Paiis) Bayatd ('1801 in Breteuil [Oise] in Frankreich. tl887 in Nemours) hatte, unab- hftogig von Talbat, ein originelles phutographisches Verfahren auf Papier im Mai 1639 erfunden und einen Monat, bevor Duguerre seine Erfindung publizierte, be- kannt gemacht. Bayard beobachtete, daü ein am Liebte geschwärztes Ohlorsilbcr- papier nach dem Baden in Jodkaliumlüsung beim weiteren Belichten ausgebleiubt wird (Alnpaltung von Jod aus dem Jodkalium und Addition zum Silbersubchlorid) und so-
BAynrd. — Direkte photographische DO in der Kunem snf einem mit Jod. n gotrOnktoD Chlunübetpspior [mS).
1) Compt.rend. 1830. Bd. 8, S. 409.
2) Dadurch, daß Talbot jedes einnelno Verfahren und jede kleine Verbesserung anfangs durch ein Patent für sich zu behalten suchte, wurden die besten E.xperimen- tatoren bewogen, ihre ferneren Versuche aufzugeben, was sehr zu beklagen ist. Erst t^Um gib er seine Patente frei und hob dadurch diese IlenunDisse einer weiteren Fonolmng auf.
Ed«r, Baalbneh dar Photographie. I. Teil. 3. Anll. IQ
242 Erster Teil. Einundzwanzigstes Kapitel.
mit direkte positive Photographien liefert, welche er in der Camera obscara her- stellte. Einige von Bayard in Paris erzeugten derartigen Bilder — eines ist in Fig. 65 reproduziert — wurden im ,,Moniteur officiel* vom 24. Juni 1839 beschrieben.*) Dieses originelle Verfahren kam aber ganz in Vergessenheit, weil es sich an Empfind- lichkeit mit dem Daguerr eschen nicht messen konnte und von Talbots ,Ealo- typie«* überflügelt wurde. (Bull. Soc. fran9. 1887. S. 167.)
Den beschleunigenden Einfluß von Tannin auf den Schwärzungsprozeß von gesilbertem Papier scheint der englische Geistliche Reverend J. B. Reade im Jahre 1839 entdeckt zu haben, jedoch arbeitete er in äußerst mangelhafter Form , indem er Schreibpapier zuerst mit Qalläpfelabsud tränkte, dann Silbernitrat auftrug und dieses Papier sofort naß zur Horatellung von naturhistorischen Objekten in der Solarkamora benutzte. Er stellte die so erhaltenen Bilder im April 1839 in der Royal Society ans.*)
Man würde aber Read es Arbeit überschätzen, wenn man ihm die Entdeckung der Entwicklung eines latenten Lichtbildes') zuerkennen wüixie (wie dies Harrison und sein Abschreiber tut, s. Fußnote 2); er sah in der Wirkung des Oerbstoffis nur die Beschleunigung (Sensibilisierung) eines photographischen Schwärzungsprozesses, ohne daß er die Entwicklungsfähigkeit des latenten Lichtbildes auf Silbersalzen irgend- wie erkannt hätte.
Bei seinen weiteren Versuchen kam Talbot (im Anschloß an den Daguerreotypieprozeß) nochmals zu dem von Daguerre in die Photo- graphie praktisch eingeführten Jodsilber, aber alle diese Arbeiten Talbots erhielten erst praktische Bedeutung durch seine Entdeckung: daß ein wenig oder nicht sichtbares (latentes) Jodsilberbild durch Gallussäure entwickelt und gekräftigt werde.
Talbot kam auf dieses Verfahren bei seinen vielfältigen Proben einigermaßen duich Zufall, indem er mehrere photographisch behandelte Blätter Papier, um sie auf ihre Empfindlichkeit zu prüfen, nur kurze Zeit in der Kamera ließ und von denen er eines, auf welchem kaum eine Spur zu erblicken w^ar, beiseite legte. Als er es später wieder zur Hand nahm, sah er mit Erstaunen eine vollkommen ausgeführte negative Zeichnung darauf entstanden. Glücklicherweise erinnerte er sich voll- kommen der Bereitungsart dieses Blattes und er konnte somit seine Entdeckung verfolgen. Er gab ihr wegen der überraschenden Schön-
1) Vergl. Bull. Soc. fran9. 1887. S. 167 u. 174. Femer Colson, „Memoires originaux des creatures de la Phot.*. Paris 1898.
2) Encyclopaedia Britannica, 8. Auflage, Artikel Photography, S. 545; anch mit- geteilt in Harrisons „History of Photography '^ 1888. S. 31; von da abgeschrieben unter Yerschweigung der Quelle in Schiendls Geschichte der Photographie; aus- führlicher behandelt John Werge diese Arbeit in seiner ,,Evolution of Phot* (1890) und bringt auch ehi Porträt Rev. J. B. Reads, welcher am 12. Dezember 1870 starb.
3) Dies ist schon deshalb unzulässig, weil Read nur mit Silbemitrat und Gallussäure entwickelte; das £ntwicklungsyerfahren des latenten LichtbUdes, welches später Talbot fand, knüpft sich aber an Jod-, Brom- oder Chlorsilber. (£.)
griediisdieii : — 16; = schöo).
Fox Talbot Dsbm auf seiaen „Kalotypprozeß" ^) am 8. Februar 1841 (Nr. 8842) ein englisches Patent Sein Yerfahren bestand darin, daß er zuerst sein Papier mit Silbemitrat, dann mit Jodkaliutn and endlich mit ,,OalIoBilbernitrat" überzog; unter dieser Bezeichnung Terstand er eine wässerige Lösung von Silbemitrat, welcher Oallussäure □nd Essigsäure zugesetzt waren. Er exponierte dann in der Kamera, wobei während der relatir kurzen Belichtungsdauer kein (oder fast kein) Bild sichtbar war; es erschien eist beim neuerlichen Bestreichen mit Oallosilbernitrat Zum Fixieren benutzte Talbot anfänglich BromkatiumlSsung, später (1. Juni 1843) Fiziematroo; er nahm hierauf, sowie auf das Transparentmachen der Papiemegative mit Wachs und Erhöhung der Empfindlichkeit der Kalotyppapiere durch Unterlegen warmer Eisenplatten ein englisches Patent (1. Juni 1843, A. 9753).
Nachdem Talbot so ein negatives Bild erhalten, d. b. ein solches, auf dem die wei&en Teile des abgebildeten Gegenstandes schwarz wieder- gaben waren, machte er davon positive Abdrücke auf Chloreilber- papier. — Dieses Verfahren erfuhr nach und nach durch verschiedene aoBgezeichnete Operateure bedeutende Verbesserungen. (Siehe den II. Band dieew Werkes S. 63.) Insbesondere wurde die „Kalotypie", oder wie man Talbot zu Ehren meistens sagt die „Talbotypie", durch den Franzosen Blanquard-Evrard gefördert (s. S. 246 ff.).
Die unbestrittene Priorität der Erfindung transparenter photogra- phischer Negative, welche in der Kamera hergestellt und durch Fixieren auf Chlorsilberpapier in beliebiger Anzahl vervielfältigt werden können, gebührt also nach dieser Schilderung dem Engländer Talbot
Talbot publizierte auch das erste mit photographischen Papier- bildern illustrierte Werk (s. S. 250).
Die erste Anwendung des Kalot}'pprozesses zur Herstellung von YergröSerungen machte Talbot^) im Jahre 1843. Er erwähnte in
1) Dingl. Polytechn. Journ., Bd. 81 , S. 356 w. 363; Philosoph. Magazin, 1841, aeS. — Über Talbots Kalotypverfabren erschien eine Broschüre; „Lichtbilder (Fortitts) mt Papier in ein bis zwei Miauten darzustellen, van Talbot, Physiker in London. (Aacbea ISil, Verlag der Rosohützschen Buchhandlung [P. Fagot].)"
2) Dm .Kalotypverfahren' wurde von seinem Erfinder William Henry Fox Talbot am 8. Februar 1641 in England zum Privilegium angemeldet, ist mit 29. Juli 1841 nnterzeiohiiet und am 17. August d. J. registriert Das „Liverpool Photographie Joantal* teilte es 1857, S. 114, als geschichtlich wichtiges Attenstück ausführlich. mit, woraus es in andere Zeitschriften überging (z.B. Dinglers Polytechn. Joum., Bd. 71, a 468).
3) Ikigiifiohes Patent vom 1. Juni 1843.
244 Erster Teil. Einundzwanzigstes Kapitel.
seiner Paten tbeschreibung, daß man nach einem kleinen Ealotyppositiv mittels Linsen ein vergrößertes Papiernegativ erhalten könne, welches in der gewöhnlichen Weise kopiert wird.
Dies war der Anfang zu der modernen Vergrößerungsphotographie.
Fox Talbot beschäftigte sich in den letzten Jahren seines Lebens
mit wenig erfolgreichen Versuchen , Photographien in natürlichen Farben
zu erhalten und starb am 17. September 1877 auf seinem Landgute zu
Lacock Abbey, Wilts (England) im Alter von 77 Jahren.^)
Linotypien. Photographische Reproduktionen (zumeist Vergrößerungen) auf Leinwand zum Zwecke der Ausführung in Farben waren mittels einer Variante der Talbotypie (Chlorsilber oder Jodbromsilber auf Leinwand mit Gallussäure oder Pyro- gallolent Wicklung) hergestellt. J. Lüttgens in Hamburg gibt an, dieses Verfahren schon 1856 ausgeführt zu haben. — Schon 1863 wurde in Frankreich ein aus Amerika stammendes Verfahren von Disderi ausgeübt, bei welchem das auf die Leinwand direkt vergrößerte Porträt in Farben hergestellt wurde. Conte Bentiviglio erzeugte auch schon 186S lebensgroße Photographien auf Leinwand, welche dann mit Ölfarben weiter ausgeführt wurden. Vergrößerungen bei elektrischem Lichte auf Leinwand stellte speziell Winter in Prag (später in Wien) her. (Eders Jahrb. 1889. 8.72 und 421 , Linographie.)
Man studierte im Anschluß an Talbots Publikationen die Wirkung verschiedener Entwicklersubstanzen auf die Jodsilberschichten und wen- dete die Aufmerksamkeit den in wässeriger Lösung wirkenden photo- graphischen Entwicklern zu, welches Verfahren allmählich an die Stelle der von Daguerre eingeführten Bildentwicklung mit Quecksilberdampf trat. Wichtig war für die Folge die Entdeckung Robert Hunts (1840), daß Eisenvitriol geeignet sei, Lichtbilder auf Jod-, Brom- und Chlor- silber entwickeln zu können. Bekanntlich war es gerade das Ent- wicklungsverfahren mit Eisenvitriollösung, welches die mehrere Jahre später erfundene Photographie mittels „nassem Kollodium" zur größten Leistungsfähigkeit brachte.
Robert Hunt, gestorben im Alter von 80 Jahren am 17. Oktober 1887 in London, war Kustos der Bergbau -Archive am Museum der praktischen Zoologie und Professor der mechanischen Wissenschaften in der Bergbau- Akademie zu LondOD. Seine wissenschaftlichen photochemischen Untersuchungen über die verschiedeDSten organischen und anorganischen lichtempfindlichen Substanzen , welche er seit den vier- ziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in der uneigennützigsten Weise veröffentlichte, waren für die damals noch in den Kinderschuhen steckende Photochemie außerordent- lich nutzbringend und haben viele Jahre lang vielen seinen Nachfolgern als Orondlage bei ihren Forschungen gedient. Seine wichtigsten Publikationen sind: Robert Haat, Besearches on light an examination of molecular changes produced by influence of the solar rays. 1844; Researches on light in its chemical reactions. London 1864; M^nn^l of Photogr. 1841, 2. Aufl. 1851, 3. Aufl. 1854; The practice of Photography 1857.
1) Phot. Archiv 1877. S. 169. Camera obscura, 2. Jahrg. 1901, S. 840; femer British Journ. of Phot. 1877.
und Vonoch: ilt naon eii n Porträt H. Uunts, nelchee die Londoner KotsI E^oto- graphjo gooiaty dem Veifuser des voTliegaadeD Werkes freandüchBt zur Terfägnng geateUt hatte.
BobertHunt zeigte zuerst, daß man auf reinem Brom-, Chlor- oder Jodsilberpapier Bilder mit Eisen vi tri Öllösung hervorrufen könne (vergl. Bd. n d. „Handbuches" 1897, S. 56. Er nannte sein Negativpapier, welches unter Zuhilfenahme von Bemsteinsaure , Kochsalz und Quiumiarabikum hergestellt nnd mit Eisenvitriol SD entwickeln war, Knergiatyp- oder auch Ferrotyp-Papier, ein mit Bromkalium und Fluor- natriam erzeugtes Fluorotyp- Fapier. Überhaupt war Fluor- kftlium oder -natrium als Be- schleuniger damals beliebt Wood jodierte 1844 das Papier mit Jud- eisen-Sirap, bestrich mit Silber- nitmt und exponierte feucht; das durch Doppelzersetzung entstan- dene salpetersaure Eisenoxydul brachte das Bild nach längerem Liegen von selbst zum Vor- schein; er nannte den Prozeß „Katalysotype" (a. Bd. II, 2. Aufl., S. 129).
Allerdings gelangt das Ent- wlcklnngaverfabren mit Eisen- salzen bei Fapierbildem und Eiweißbildem (s. diese) weniger günstig zur Wirkung, jedoch erwies sich der Eisenvitriol -Entwickler bei dem später entdeckten Kollo- diomreifahren fUr die Abkürzung; der Belichtungszeit höchst nützlich, weshalb seiner Einführung in die Photographie besondere Beachtung zu schenken ist
In Frankreich erregte die Talbotypie anfangs wenig Aufmerk- samkeit; einige schlecht ausgefallene Yersuche, bei welchen zufolge Anwendung grobfaserigen Papiercs die übermäßig grobe Papierstruktur die Feinheiten der Photographie zerstörte, erweckten die Ansicht, daß ein onTermeidlJcher Fehler dem Verfahren anhafte; in der Tat waren die damaligen Daguerreotypien diesen Talbotschen Bildern an Feinheit aoßer-
»7, tl887).
246 Erster Teil. Einundzwanzigstes Kapitel.
ordentlich überlegen. Trotzdem hielt Talbot mit Recht an der Über- zeugung fest, daß die Zukunft der Photographie in der Ausarbeitung eines Negativ Verfahrens in der Camera obscura liege, da man nur auf diesem Wege die Möglichkeit der Vervielfältigung habe. Er war auch der erste, welcher eine Publikation in Buchform mit photographischen Original-Naturaufnahmen im Text illustrierte. Talbot, „The Pencil of Nature", Verlag von Longmann, Brown, Green and Longmans, London 1844, welches Silberkopien auf Salzpapier enthält (s. S. 251).
Tafel n zeigt die verkleinerte Reproduktion einer solchen photo- graphischen Illustration des Talbotschen Werkes vom Jahre 1844; es ist eine Ansicht der Pariser Boulevards und ein nunmehr schon stark vergilbter Abdruck auf Chlorsilberpapier resp. sog. Salzpapier ^) ; das Bild ist in aller seiner Unvollkommenheit eines der ältesten Dokumente der Photographie mittels Papiemegative und eine seltene Inkunabel der Photographie.
Reade sprach die Ansicht aus, daß Talbot seine (Reades) Arbeiten über die beschleunigende Wirkung gekannt habe und darin die Anregung zu seiner Methode mit Jodsilber- und Gallussäure -Entwicklung gefunden habe. Jedoch läßt sich dies nicht beweisen; Tal bot bezieht sich niemals auf Reade und es ist sehr fraglich, ob er diese Arbeiten gekannt hat, wie denn überhaupt nicht nur Talbots Chemikalien zur Herstellung der Kalotypien ganz andere als die von Reade benutzten waren, sondern auch bei Talbots Prozeß ein wahrer photographischer Entwicklungsprozeß eines latenten Lichtbildes auf Jodsilber vorliegt, bei Reade aber nicht (s. 8. 242).
Ein Dilettant in Lyon namens Blanquard-Evrard verfolgte in Frankreich zuerst zielbewußt die Idee, die Talbotsche Erfindung zu verbessern und in die photographische Praxis einzuführen. Während Talbot bei seinen Jodbrom -Papieren die Entwicklersubstanz (Oallus- säure) gleich von vornherein in der sensiblen Schicht hatte und dieselbe nach der Belichtung ein zweitesmal aufgoß, erkannte Blanquard- Evrard, 2) daß Jodbromsilber mit Silbeinitrat (ohne Gallussäure) be&sere sensible Schichten für das Negativ verfahren liefere, und daß man kürzere Belichtungszeiten und reinere Bilder erziele, wenn man die Anwendung von Gallussäure als Entwickler gänzlich nach der Belichtung verlegt *)
Auf dem Gebiete d^r Photographie verdankt man Blanquard- Evrard mancherlei Förderung, insbesondere dadurch, daß er das Ent- wicklungsverfahren von Jodbrom- (oder Chlorsilber-) Papieren mit Oallus- säure als Schnellkopier-Verfahren für größere Auflagen von Silber- kopien einführte (s. S. 252).
1) Das Original befindet sich in den Sammlungen der k. k. Oraphisohen Lehr- nnd Tersuchsanstalt in Wien.
2) Blanquard-Evrard, Traite de Photographie sur papier. Paris 1851.
3) VergL Bd. U, 2. Aufl., S. 128 dieses Werkes.
photognphif le Kopie» talt zur Vervielfältigung von photographisoben FapienLegativen in Lille errichtet hatte und geschäftlich betrieb, wird auf 8. 252 gesprochen. Um sein Verfahren auch in England zu verwerten, rerband sich Blanqaard-Evrard später mit Sutton und gründete 1655 in England auf Veranlassung und unter dem Schutze des Prinzen Albert von England eine photographische „Druckerei", vrorin sein Schnetl- kopier- und Entiricklungsverfahren ausgeübt wurde. Gleichzeitig förderte Blanquard die Photographie durch zahlreiche fachliche PublikationeD.')
Die TalbotTpie fand also in der Landschans- und Architektur- Pbotographie in der Mitte des vorigen Jahrhunderts allmählich woitere Verbrettung und wurde noch lange über die Zeit der Glasnegative hinaus vielfach geübt, bis sie dem Eollodiumverfahren auf Glas (s. d.) weichen mußte.
GnteTalbotypien (Landschaften) hatten P.H.Bird(1851),R.E.Turner in England u. a. zu Beginn der fünfziger Jahre vielfach erzeugt. Eine schSne Kollektion von guten Papiernegativen, welche Ch. Marville 1854 in Frankreich aufnahm, widmete Herr Pricans in Genf den Samm- lungen der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Sie haben das Format 27x36 cm. In Fig. 67 ist eine Reproduktion in verkleinertem Maßstabe abgebildet, welche zeigt, daß diese Art der Photographie schon recht vollkommen war. Andere Talbotypien wurden bei der Londoner Weltausstellung 1862 ausgestellt Auch zahlreiche Photo- graphen Frankreichs, Deutschlands, Österreichs und anderer Länder, selbst des Orients übten die Tatbotyple aus. Während Frankreich und England die Photographie nach Westen trugen, war Wien (dank dem Zentrum der Photographie, welches die Amateurphotographen und Forscher Bibliothekar Martin am Wiener Polytechnikum und Ettings- hausen an der Wiener Universität in ÖBterreieh schufen) der Ausgangs- punkt zahlreicher Jünger der Photographie nach den östlichen Staaten, namentlich den unteren Donauländern, wie Serbien. Charakteristisch dafür ist die in Fig. 68 (in Autotypie) wiedergegebene Photographie nach einem von Jovanovits*) in Belgrad im Jahre 1858 aufgenommenen
1) BlanqDSTd-Evrard, Procedös empbyes pour ubtenir les epreuves de phot. rar papier. 1847. — Tmite de phot. sur papier. 1851 und andere Publitfttionen.
2) AnastftS Jovanovits, geboren 1817 in Bulsarien, w«r seioorzeit Ober- bofmeister des im Jahre 1868 ertnordeten Fürsten Michael Obrecowits von Serbien. Et lebt« die grÖfite Zeit seines Thebens in Bel|;rad und kam )}äuflg nach 'Wien, wo er im Jahre 1899 im Älter von 82 Jahren starb. Er war einer der ersten Äraateur- photogni^en, welcher die Photographie zirka 1810 in ^'ieti durch den Bibliothekar Martin kennen gelernt und dann nach Serbien und Montenegro gebracht hatte. (PhoL Korresp. 1899. 8. 731.)
Erster Teti Eiiiundtvaiisigstes Kapitel.
Papiernegativ: das gelungene Porträt eines Montenegriners, des Adju-J tanten des Fürsten Danilo von Montenegro in seiner Nationaltraclit ' Solche wohl konservierten Talbotypie-Papiernegative sind gegenwärtig
Bchon selten geworden, um so mehr als sie niir noch in den fünl Jahren des vorigen Jahrhunderts zahlreich angefertigt wurden, aber schon gegen Ende der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre voll- ständig von den ohne Zweifel zartere Details aufweisenden GlasnegatlTen,
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Zeit tauchte in iiio< Der Form die Photographie auf Papieme itiven mit QelatineemnlBion - Überzug wieder auf und fand vielfoch praktiBche TerwendoDg.
PupCunepttiT vun P. JovknoTits, Belgrad (1850 oi
VerbesseTDiig des Entwicklungsverfahrens durch Einführung
der Pyrogallussäure.
Es maß hervorgehoben werden, daß die Entwicklungsvorgänge
dieser Zeit (Qalluasäare und Silbernitrat) nur die sog. „physikalische
BntwioUnng" (wie man später sagte) umfaßten, d. h. es wurde auf he-
250 Erster Teil. Emundzwanzigstes Kapitel.
lichtetes Jod-, Brom- oder Ghlorsilber ein Gemisch von Silbemitrat- löstmg und der (namentlich nach dem üblichen Ansänem mit Essigsäure) langsam reduzierend wirkenden Gallussäure aufgegossen; dieses Gemisch zersetzt sich unter Ausscheidung von metallischem Silberpulver langsam und das Silberpulver lagert sich im Entstehungszustande an die Bild- stellen (dasselbe Prinzip kommt beim nassen Kollodiumverfahren zur Anwendung).
Die wichtige Beobachtung, daß die (von Braconnot 1831 ent- deckte) Pyrogallussäure bei photographischen Entwicklungsprozessen (Talbotypie, Niep9otypie) einen viel rascher und kräftigeren Entwickler als die Gallussäure abgibt, machten völlig unabhängig voneinander imd gleichzeitig im Jahre 1851 der Physiker Begnault in Paris, Professor am Goll6ge de Fran9e, und der Chemiker Jiistus Liebig, damals an der Universität Gießen. Begnault entwickelte seine Papiemegative mit einer wässerigen Pyrogalluslösung (1 : 1000) und legte seine Bilder anfangs 1851 der „Soci6t6 heliographique" in Paris vor, wo sie durch ihre Kraft und schöne Modellierung der Halbtöne besondere Aufmerk- samkeit erregten.^) Auch Liebig fand selbständig dasselbe Ergebnis *) und damit war ein wichtiger Schritt zur Abkürzung der Belichtungs- zeit bei Anwendung rapiderer Entwickler gegeben.^) Die Pyrogallus- ' säure wurde bei der Talbotypie und Niep9otypie und anfangs im nassen Kollodiumverfahren als Entwickler verwendet, mußte später bei letzterem Verfahren dem Eisenvitriol -Entwickler weichen; dagegen blieb die Pyro- gallussäure als Verstärker (s. Silberverstärkung von Kollodiumplatten) in Verwendung und gewann später dadurch wieder steigende Bedeutung, daß man sie in Form von alkalischem Entwickler im Trockenplatten- verfahren mit großem Erfolg verwendete.
1) La Lumiere. Februar 1851, S. 3.
2) Dinglors Polytechnisches Journal. Bd. 123, S. 158.
3) Vergl. Eder, Photogr. Korresp. 1891. S. 153 u. 256.
ZWEIÜNDZWAKZIGSTES EAFITEIi. EÜCKWIEKÜNG DER ERFINDUNG DER DAGTJERREO- TTPIB, TALBOTTPIE UND DER ÄLTESTEN PHOTOMECHA- NISCHEN VERFAHREN AUF DAS GRAPHISCHE ILLU- STRATIONSVERFAHREN.
Die Daguerreotypie lieferte nur Eiozelauf nahmen, deren Verviel- fältigung fast unüberwindliche Schwierigkeiten darbot. Trotzdem wurden Original-Daguerreotypien zunächst von Landschafts- und Architektur- aafnahmen von den Illustratoren schon 1839 als willkommene Vorlagen benutzt; insbesondere in der Lithographie, aber auch im Stahlstich. Der- artigQ Publikationen aus den vierziger und fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts sind nicht selten und man bemerkt an ihnen eine gute Schalung für Auffassung der Perspektive und richtiger Formen.
Die wahre Erschließung des photographischen Illnstrationswesens and Kunstverlages war an die Einführung des Talbotschen Negativ- verfahrens geknüft, weil dieses die rein photographische Vervielfältigung leicht ermöglichte.
Eine der ersten auf rein photographischem Wege illustrierten Publi- kationen stammt von Talbot, welcher unter dem Titel „The pencii of nature" bei Longmann, Brown und Green in London 1844 ein Buch in Quartformat mit 12 Photographien auf Salzpapier erscheinen ließ. Dieses seltene Werk >) beweist, daß Talbot Architekturen, Landschaften, Flastiken und kunstgewerbliche Gegenstände (Porzellan) in getreuen photographischen Abbildungen dem lesenden Publikum vermitteln wollte. In Tafel II bringen wir eine Lichtdruck-Reproduktion einer dieser Tafeln, welche leider schon sehr stark vergilbt sind, aber immerhin als erste Anffinge der Buchillnstrationen großes Interesse erwecken.
Blanquard-Evrard war der erste, welcher erkannte, daß das Aoakopierverfahren auf Chlorsilberpapier für Zwecke der Buchillustration
1) Ein Exemplar davon befindet sieb in der Bibliothek der k. k. Oraphiscben Ldlu- und Tersuchsanstalt in Wien.
252 Erster Teil. Zweiundzwanzigstes Kapitel.
zu langsam ist und welcher für diesen Zweck sein (ursprünglich für Papiernegative bestimmtes) Entwicklungsverfahren von Jodbrompapier mit Gallussäure- Entwickler^) in die Praxis einführte (s. S. 246).
Blanquard-Evrard gab im Jahre 1851 im Vereine mit einem Kunstfreunde Hippolyte Fockedey ein „Photographisches Album des Künstlers und Amateurs" (Album photographique de Tartiste et de Tamateur) heraus. Bedeutender war das von Blanquard-Evrard photographisch illustrierte Reisewerk von Maxime du Camp, betitelt: Egypten, Nubien, Palästina und Syrien, welches 1852 erschien und zu welchem du Camp die Papiernegative erzeugt und Blanquard- Evrard in Lille die Kopien geliefert hatte. Dieses Werk, eine Inku- nabel der Photographie, wurde nur in 20 Exemplaren gedruckt und ist längst vom Büchermarkt verschwunden.*)
Fig. 69 ist eine Reproduktion einer dieser seltenen Photographien aus dem Werke Maxime du Camps. Das positive Papierbild war 1852 von Blanquard-Evrard in Lille mittels des Gallussäure- Ent- wicklungsprozesses hergestellt worden und hat sich bis heute besser als andere Kopien mit Chlorsilberpapier, welche durch Auskopieren ohne Entwicklung hergestellt sind, gehalten.
Eine andere sehr gelungene Landschaftsaufnahme auf einem Papier- negative von Blanquard-Evrard ist die in Fig. 70 abgebildete flan- drische Windmühle, welche vom Juli 1855 stammt und in der Zeit- schrift „La Lumiöre" (1855. S. 115) abgebildet ist. Wir verzichten auf weitere Abbildungen von Photographien aus dieser Epoche, weil die gegebenen Beispiele vollständig genügen.
Um diese Zeit photographierte auch August Salzmann in Jeru- salem und gab ein Werk über diese Stadt und ihre Monumente heraus (Paris, Gide et Baudry), welches mit 180 Foliotafeln gleichfalls in der „Imprimerie photographique" von Blanquard-Evrard in Lille erschien.*)
Freilich wurde die photographische Illustration für den Buch - und Zeitschriften -Verlag erst dann in moderne Bahnen gelenkt, als die photo- mechanischen Verfahren so weit entwickelt waren, um den Druck mittels Druckerschwärze in Kupfer- oder später Buchdruckpressen zu er- möglichen.
1) ^Elles resultaient de ce que Timage etait combinaisoa d'argent et d'adde gallique* (Blanquard-Evrard, La Photographie, ses origines etc. 1870. S. 187).
2) Die Bibliothek von Lille soll ein Exemplar davon besitzen (Blanquard- Evrard, La Photographie, ses origines etc. 1870. 8. 187). Mir kam nur ein Blatt sa Gesicht, das in Fig. 69 abgebildet ist. Eder.
3) Blanquard-Evrard war schon 1854 in der Lage^ einen anaAlinll^Afii Katalog seines photographischon Kunstverlages herauszugeben; dieser Verlag aoheiiit sich übrigens nicht lange gehalten zu haben.
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254
Elster Teil. ZnehindzwanEigsteB Kapitel.
Hier sollen auch gleich die Anfange der Buch Illustration auf pboto- mechanischem Wege erwähnt werden, obwohl hiermit dem Gange der geschichtlichen Entwicklung vorgegriffen wird.
Die erste mir bekannte, auf photomechaniscfaem Wege illustriei Druckschrift ist Berres' Broscliüre über Daguerreotjpätznng („Photo- typ nach der Erfindung des Professors Berres" mit 5 Tafeln und 2 Blatt Text. Wien, August 1840). Sie enthält: den Dom too SL Stepbai
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254
Erster Teil. Z^reiundzwanzigstes Kapitel.
Hier sollen auch gleich die Anfange der BucbillustraHon auf photo mechanischem Wege erwähnt werden, obwohl hiermit dem Gange dM geschichtlichen Entwicklung vorgegriffen wird.
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Die erste mir bekannte, auf photomechanischem Wege illustrieitÄt] Druckschrift ist Berres' Broschüre über Daguerreotypätzung („Photo- typ nach der Erfindung des Professors Berres" mit 5 Tafeln und 2 Blatt Text. Wien, August 1840). Sie enthält: den Dom Ton St Stephan i;
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256 Erster Teil. Zweiundzwanzigstes Kapitel.
Wien und zwei andere Architekturansichten, eine Reproduktion eines Kupferstiches und eines Schabblattes.
Diese Publikation war jedoch nur in einer kleinen Auflage gedruckt worden, weil die Platten höchstens 200 Abdrücke aushielten, auch war das Bildformat klein (s. weiter unten). Dagegen war wohl das erste, auf photo- mechanischem Wege mittels heliographischem Kupferdruck illustrierte Werk großen Folioformates die von Paul Pretsch bei seinem Aufent- halt in London (s. weiter unten) gegründete Zeitschrift „Photographic Art Treasures or Nature and Art, illustrated by art and nature". A Miscel- laneous Selection of Subjects from Choice Photographic and other Originals by the Most Eminent Photographers; stamped in nature's moulds". Inventor: Pretsch. Published by the Patent Photo -Galvanographic Com- pany. London, December 1856. Das Format war für damalige Ver- hältnisse enorm groß, nämlich 38 x 55 cm. — Mir liegen zwei Jahrgänge (1856 und 1857) mit 19 Foliotafeln aus den verschiedensten Gebieten vor, welche in vorzüglicher Weise mittels Pretschs Verfahren in Kupferdruck illustriert sind. Es ist dies wohl der erste Versuch eines im großen Stile angelegten, mittels photographischen Druckverfahrens illustrierten , periodisch erscheinenden und künstlerischen Zwecken gewid- meten Tafelnwerkes. Wir bringen in Fig. 71 die verkleinerte Reproduk- tion des Titelblattes des ersten Heftes von „Photographic Art Treasures".
Auch die Textillustration in Halbtonmanier (s. weiter unten) war von Pretsch für den Buchverlag erfolgreich ins Werk gesetzt worden und daran schlössen sich viele ähnliche Publikationen, welche mannig- fache Gebiete betrafen; jedoch ist hier nicht der Platz, dies eingehend zu erörtern. Über die Geschichte der Erfindung der photomechanischen Illustrationsverfahren (Berres, Poitevin, Talbot, Pretsch u. a.) wird in späteren Kapiteln dieses Werkes ausführlich gesprochen werden.
DREI UM DZ W ANZIOSTES KAPITEL. PHOTOGEAPHISCHE GLASNEÖATIVE, NIEPpOTTPIE usw.
Die Kunst, Bilder auf Glas zu erzeugen, war von Niepoe de St Victor im Jahre 1847 erfunden worden.') Ihm zu Ehren wurde diese Methode nN'iep9otypie'' genannt, obscbon die Bezeichnung „Glasbilder" sich bald meht einbürgerte. Dadurch, daß das Papier durch das völlig transparente Glas ersetzt wurde, erhielt man weitaus schönere Negativmatrizen als auf dem mehr oder weniger grobkörnigen Papiere, welches man in der Mitte des vorigen Jahrhunderts bei weitem nicht mit so feiner Struktur fabrizieren konnte als gegenwärtig.
Niepce de Saint Victor (geboren 26. Juh 1805 in Saint Cyr bei Chdlon-snr-Saöne) war der Vetter Nicäphore Niepces, obwohl dieser ihn stets als seinen Onkel ansprach. Er besuchte die Kavallerie- schule zu Sanmur, war 1843 Dragonerleutnant und debütierte mit Fllrbereiversacben , da er zufällig darauf kam, daß ein mit Ammoniak behandelter Essigfleck die krapprote Uniform verbesserte und die Farbe des Krapp dadurch belebt wurde. Er gab ein einfaches Rezept, miß- farbig gewordene krapprote Militäruniformen aufzufrischen und man förderte nunmehr offiziell seine Experimente.
Am 13. April 1845 trat Niepce de Saint Victor zur Pariser Mnnisipalgarde über; er wohnte in der Kaserne der Vorstadt Saint Martin, wo er sich ein chemisches Laboratorium einrichtete.
Seine erste der Akademie der Wissenschaften in Paris am 25. Ok- tober 1847 überreichte Arbeit betraf die Kondensation von Joddämpfen aof die Zeichnung eines Kupferdruckes anf Papier und Umdruck des Joddampf bildes auf Metall (s. Bd. 4 dieses Werkes). Dann machte er seine wichtige Erfindung der Photographie auf Glas (1847). Im Februar 1848 brannte die Kaserne, in der er wohnte, ab; sein Laboratorium und alle Apparate wurden zerstört. Im Juli 1848 kam er als Kapitän
1) Compt reud. Oot 1847, Bd. 25, S. 586 und Bd. 26, S. 637. Dinglers Jonm. Bd. 107, S. 58 und Bd. 109, S.48. JahrW. f. Cbemie. 184S. S. 232.
258 Erster Teil. Breiundzwanzigstes Kapitel.
in ein Dragonerregiment, kehrte 1849 zur „Garde Republicaine " nach Paris zurück, wurde für seine wissenschaftlichen Arbeiten Bitter der Ehrenlegion und erhielt auch einen Preis von 2000 Franken von der Soci6t6 d'encouragement. Er arbeitete die Asphaltmethode seines Vetters Nic6phore Niepce aus und brachte die Stahlheliogravüre auf eine hohe Stufe. In seinen Werken „Recherches photographiques" Paris 1855 und „Trait6 pratique de gravure höliographique sur acier et sur verre" Paris 1856 sind Porträts Niepce de Saint Victors (nach seiner Methode von ßiffaut in Stahl geätzt) enthalten, wovon wir eines in Fig. 72 in Autotypie reproduzieren. Dann befaßte er sich, angeregt durch Becquerel (1848) mit Heliochromie und mit Asphaltheliogravüre (1853 — 1855), wurde 1854 Chef d'escadron und Kommandant desLouvre in Paris. Er hatte Zeit zu seinen Experimenten und experimentierte unter anderm auch mit der Photographie mit üransalzen.^) Dann wurde er zufolge Änderung des politischen Regimes von der Begierung pensioniert, arbeitete aber unermüdlich und uneigennützig auf dem Gebiete der wissenschaftlichen Photographie weiter; er starb 1870.
Anfangs (1847) versuchte Niepce bei seinen Olasnegativen Stärke- kleister als Bindemittel der Jodsalzschicht, die er auf Olas auftrug, er- kannte aber dann, daß Eiweiß vorzuziehen sei; auch Gelatine hatte er versucht, kam jedoch wieder davon ab, weil sich die Schicht im essig- salpetersauren Silberbade ablöste. Durch Zusatz von Honig, Sirup oder Molke zum Albumin erzielte er später größere Empfindlichkeit De Br6bisson setzte dem Eiweiß Dextrin, Groll Gummiarabikum zu, und es entstanden zahlreiche Varianten dieses Verfahrens (s. Bd. 11 dieses Werkes). Es lief aber die Darstellung solcher Glasnegative im wesent- lichen stets darauf hinaus, daß eine kleisterartige Schicht mit Jodsalzen vermischt, auf Glas aufgetragen und dann durch Baden in einer Silber- nitratlösung in Jodsilber umgesetzt, belichtet und mit Gallussäure (im Sinne des von Talbot erfundenen Hervorrufungsverfahrens) entwickelt wurde.
1849 beschrieb Blanquard-Evrard (vergl. S. 252) dasselbe Yer- fahren wie Niepce mit geringen Modifikationen*) und machte aufmerk- sam, daß die Albuminplatten sowohl trocken als naß verwendet werden
1) Niepce de Saint Victor entdeckte die Lichtempfindlichkeit dos üranyl- nitrates auf Papier und arbeitete auf dieser Grundlage photographische Eopierproxesse aus (März 1858 der französischen Akademie der Wissenschaften überreicht), wobei er allerdings ältere Vorarbeiten von Burnett vom Jahre 1857 vor sich hatte (8. dieses Handbueh Bd. 4, S. 263).
2) Compt rend. Bd. 29, S. 215. Annal. Cbem. und Pharmao. Bd. 72, S. 179« Dinglers Joum. Bd. 114, 8. 123. — Andere Modifikationen s. Blanquard-Evrards „Traite de photogr. 1851".
können. ]
Eiweifiplatt i entwickdt hatte, diircli Eisenvitriol.') Le Oray>) benutzte
entweder Eisenvitriol oder Pyrogallol und aus seinen Publikationen geht
hervor, daß der Albuminprozeß anfangs der fünfziger Jahre schon eine groBe Anwendung für positive Glasstereoskopen (s. u.) fand.
1) Compt. read. Bd. 37, S. 305.
2) Le Gray, Traite. Neue Aoflage. S. 117.
260 Erster Teil. Dreiundzwanzigstes Kapitel.
Auch Talbot beschäftigte sich mit der Niep90typie (s. Bd. 11, 1897, S. 149). Bemerkenswert ist das Eingreifen Poitevins (s. u.), welcher konsequent die Einführung der Gelatine in den Negativprozeß ver- folgte, jedoch unglücklicherweise mit solchen sensiblen Schichten (Jod- silber) und Entwicklern (Gallussäure) arbeitete, welche in der Vereini- gung mit Gelatine sich besonders ungünstig verhalten, so daß es ihm entging, wie vorteilhaft in gewissen Fällen die Gelatine als Bindemittel photographischer Silbersalzschichten sich verhält
Poitevin überzog eine Glasplatte mit GelatinelösuDg, tauchte nach dem Er- kalten in eine Siiberacctatlösung und trocknete die Platte vollkommen , während sie vor Licht geschützt war. Wenn sie gebraucht werden sollte, wurde sie zuvor Joddämpfen ausgesetzt, wie eine Daguerreotypplatte ; alsdann ließ er noch einige Zeit verstreichen, um der Platte Zeit zu lassen noch etwas empfindlicher zu werden, und brachte sie dann, die Kückseite mit einem schwarzen Tuch belegt, in die Kamera. Die Empfind- lichkeit war viermal geringer als bei einer Jodbrom -Daguerreotypplatte. Um das Bild sichtbar zu machen, wurde sie von Poitevin durch 1 bis ly. Stunden in eine Vio pi'ozentigo Gallussäure- oder Eisenvitriol -Lösung getaucht Fixiert wurde mit Fixiernatron. (Compt. rend. Bd. 33, S. (U?. Jahrber. f. Chem. 1850. S. 196; ausführ- lich: Poitevin, Traito des impressions. 1883. 8.53.)
An und für sich hatte das Poitivinsche Negativ verfahren mit Gelatineschichten gar keine praktischen Erfolge aufzuweisen; es ist nur als Vorläufer der modernen Gelatineplatten von Interesse.
Alle diese Verfahren vorschwanden bald wieder aus der photo- graphischen Praxis. Sie waren zu wenig lichtempfindlich, gestatteten gegenüber der Daguerreotypie keine entscheidend kürzere Belichtungszeit und waren in der technischen Durchführung umständlich und nicht sicher. Am längsten hielt sich noch das Eiweißverf ahren , freilich nicht als Negativprozeß, sondern zur Herstellung von Diapositiven und Projek- tionsbildern.
Das Negativverfahren wurde erst mit dem Auftauchen der Kol- lodiummethode vollständig umgestaltet und nur dieses Verfahren ver- drängte definitiv die Daguerreotypie, sowohl wegen der Kürze der Belichtungszeit, als auch wegen der außerordentlichen Feinheit der Bilddetails und wegen der Möglichkeit einer raschen Vervielfältigung durch photographische Kopien.
In dieser Übergangszeit von der Daguerreotypie zur Photographie mit Papiornegativen und zum nassen Kollodiumverfahren starb Daguerre, ohne daß er in der letzten Zeit auf die Umwälzung der photographi- schen Verfahren irgend einen Einfluß genommen hätte.
TIESÜNDZWANZiaSTES KAPITEL.
ErNFÜHKUNG DES KOLLODIUMS IN DIE PHOTOGRAPHIE
Seit der Entdeckung der Schießbaumwolle durch Scbönbein und BSttger (1846) und der Löslichkeit gewisser Scbießbaurawollsorten iu Äther-Alkobol durch Baudia (1846) und Floris Domonte, Menard, Meynard und Begelow (1847), beschäftigten sieb viele Chemiker mit diesen intercBsanten Stoffen, für welche man alsbald verschiedene tech- nische Verwendungen fand (vergl. Bd. II, 1897, S. 165 (F.).
In der Photographie hatte Gustave le Gray') zuerst im Juni 1850 eine ätherische Lösung der Kollodiumwolle angewendet, das auf Glas aufgetragene durchsichtige Häutchen als pbotographischen Bild- träger empfohlen und in seiner 1850 ersohienenen Broschüre „Tratte pmtique de Photographie sur papier et sur verre. Paris" sehr unklar folgendermaßen beschrieben: „Ich erfand ein Verfahren mit Kollodium auf Glas mit Fluorwasserstoff- Methylather, Fluorkalium und Ftuor- natrinm gelöst in 40grädigem Alkohol, gemischt mit Äther und mit Kollo- dium gesättigt; ich mache dann mit essig- salpetersaurem Silber empfiod- lidi und erhalte so in der dunklen Kammer Bilder in 20 Sekunden im Schatten. Ich entwickele das Bild mit einer sehr schwachen Lösung von Eisenvitriol und fixiere mit Hyposulät Ich hoffe mit diesem Pro- zesse eine sehr große Empfindlichkeit zu erreichen. Durch Anwendung von Ammoniak und Bromkalium erhalte ich große Verschiedenheiten im Erfolge."»)
Le Grajs Formel ist praktisch unausführbar, weil Fluorkalium kein photographisches Bild gibt und Fluorwasserstoff- Äther überhaupt
1) Die öfters vorkommende Schreibart ^Legray" ist falsch.
2) Ich teile diese historisch iricbtige Stelle tLusführlich mit, weil Schiendl in seiner bekanntlicti sehr anverläSlichen , Geschichte der Photographie" S. 57 unter Anfflhmagsieicben diese Stelle ganz falsch Tviedergibt; er hat das Buch, über welches er sohrieb und zitierte, offenbar nie in der Hand gehabt, sondern aus zweiter Hand unkorrektes abgeschriebeu, wie ich ,Phot Eorresp." 1891, S. 148 n. 254 nachwies.
Eder.
262 Erster Teil. Vierundzwanzigstes Kapitel.
nicht bekannt war. Le Gray hat somit nur das Verdienst, als erster auf die Möglichkeit der Verwendung des Kollodiums in der Photographie hingewiesen zu haben. Nach seinen Angaben ist aber ein erfolgreiches Arbeiten wohl nicht möglich.
Gustave le Gray war ein französischer Maler, welcher durch Errichtung eines photographischen Ateliers, wozu ihn der Verkehr mit Poitevin angeregt haben soll, seine finanzielle Lage verbessern wollte. Trotzdem sein bei der Barriöre de Clichy gelegenes Atelier in Paris ihm nicht viel abwarf, experimentierte er doch viel mit der Herstel- lung von Negativen auf Glas und verfiel auf die Idee Kollodium anstatt Eiweiß oder Gelatine für die Herstellung der Jodsilberschichten zu verwenden. Wenn auch seine ersten Angaben über das Kollodium- verfahren höchst unsicher waren, so gelang ihm doch bald die Her- stellung von Negativen bei relativ kurzer Belichtung und er arbeitete augenscheinlich bald mit dem verbesserten Jodkollodium, über das er in der zweiten Auflage seines Buches schrieb; er machte ganz gute Kollodiumnegative und hatte Zuspruch des Publikums. Le Gray sah sich in der Folge wegen schlechten Geschäftsganges veranlaßt, sein photographisches Atelier aufzugeben. Er verließ Paris, schiffte sich nach Ägypten ein, versuchte es wieder mit der Malerei und wurde schließlich von der ägyptischen Regierung als Zeichenlehrer in einer Schule in Kairo angestellt. Das Mißgeschick verfolgte ihn; er fiel durch einen Unfall vom Pferde, brach sich einen Fuß und starb bald darauf 1882.
Das Verdienst, das Kollodium verfahren zuerst öffentlich verständ- lich gemacht und brauchbare Vorschriften publiziert zu haben, gebührt Fred. Scott Archer (f Mai 1857 zu London), welcher das nasse Kollodium verfahren , wie es im wesentlichen noch heute ausgeübt wird, im März 1851 in „The Ghemist^ publizierte, nachdem er schon seit 1849 seine Aufmerksamkeit dem Kollodium zugewendet hatte. Er machte eine große Anzahl sehr schöner Kollodiumnegative. Archer wurde mit Le Gray in einen Prioritätsstreit über die Erfindung des Kollodium- verfahrens verwickelt, welcher sich mehrere Jahre hinauszog. Le Gray suchte in der zweiten Ausgabe seines „Trait6" sein Prioritätsrecht durch den Nachweis zu wahren, daß er schon vor Herrn Archer (avant , M. Archer) das Kollodium verwendet habe, aber der Zufall spielte ihm einen neckischen Streich. Statt „avant M. Archer*' las der Setzer: „avant de marcher", und so erfuhr die Welt mit Staunen, daß Le Gray schon „vor dem Gehen ^ sich des Kollodiums bedient habe.^) Erst 1854 konnte Le Gray diesen Druckfehler berichtigen.
1] Lo Gray 1850; zweite Auflage, ^Traite nouveau des procedes sor pqpier etverre*^ (olme Jahreszahl, aber wahrscheinlich 1852 oder 1853 ersohienen), 8.90.
und mcht seine Ansprüche im „The Liverpool and Manchester pbotogr. Joam." 1857. S. 121 za begründen,') wobei er auch von Fanny Archer*) unterstützt wurde.
Archers Anhänger benannten das EollodiumTerfahren nach dem Torschlage Bellocs „Archerotypie".^) Jedenfalls machten sich Archer sowie später die Engländer Ery und Bingham um die Einführung dieses Terfabrens in die Praxis verdient Bingham wurde im Jahre 1851 von der englischen Regierung nach Paris gesandt, um dort ausgestellte Indastrieartikel aufzunehmen. Hier fertigte er mittels des Eollodium- verfohrene in kurzer Zeit 2500 Photographien an, was solches Aufsehen hervorrief, daß alle Photographen sich beeilten, das Dagueiresche Ter- fihren beiseite zu werfen und das neue zu adoptieren.*)
F. Scott Archer erfand auch das Abziehen der KoUodiumhäut^ chen mit Guttapercbalösung, so daß er Negativfolien gewann, die leicht an&ubewahren waren; er nahm ein englisches Patent (vom 24. August 1855) auf diese Erfindung, welche später in mannigfachen Yarianten namentlich für Lichtdruck und direkte Kopierung auf Metall zu Ätz- zwecken Anwendung fand.
Scott Archer starb im Mai 1857 ohne ein Yermögen zu hinter- lassen, so daß seine Zeitgenossen in England für seine Witwe und Kinder eine Subskription einleiteten, welche 747 Pfund Sterling ei^ab; femer setzte die englische Regierung den Kindern eine Jahrespension TOD 50 Pfund Sterling aus, mit der Begründung, daß der Vater „der Entdecker eines wissenschaftlichen Prozesses von großem Werte für die Nation sei, von welchem der Erfinder wenig oder keinen Profit gezogen hatte" {Harrison, A History of Pbotogr. 1888. S. 40).
1854 machte Mille t zuerst positive Bilder auf Email mittels Kollodium, welche er in der fremösiscben Akademie der ■Wissenschaften zeigte. ')
Aooh Monckhovens Vollständiges Handbuch der Photographie. 1864. Deutsch von De Both, S.164.
1) Auch SnellingR Phot. Joum. 1857. 8. 2S6. Kreutzer, Jahrber. f. Fhot. 1857. S.506. — Archer hat auch zuerst anf KoUodiam negativen durch Bebaudeln mit QaeokBÜberchloridschÖDe Effekte erzielt (Hörn, Phot. Jouni., Bd. 15, S.36). Ihm gflbfihrt Bomit die Entdeckung der chemischen Verstärkung der Negative. — Arohers erste Arbeiten siod publiziert im „Chemist*^ (1351), Äthenaeum, La Lumiere (1861 und 1852), Hnmphreys Journal (1851 u. ff.) u. a.
2) Bevue photogr. 1857. Bd, 2. S. 207. Kreutzer, Jahrber. f. Phot 1857. 8. 506.
3) Beiloo, Les quatre branches de 1« Phot Paris 1858. S. 165.
4) Vogel, Die Photographie auf der Londoner Weltausstellung. 1863. S. 32.
5) Coemos. März 1854. S. 261. Dingler, Bd. 131, S. 467. — Trotzdem er- hlalteD Qlover und Bold in Liverpool am 20. Februar 1857 auf ganz dasselbe Ver- blureD öii Patent (Dingler, Bd. 147, 8.157).
264 Erster Teil. Vierundzwanzigstes Kapitel.
Im Jahre 1856 wurden zuerst in Manchester unendlich verkleinerte Porträte und. Schriften auf EoUodium hergestellt, die erst unter dem Mikroskop sichtbar wurden.^) Früher noch war die Erzeugung photographischer Yergrößeiiingen nach mikroskopischen Präparaten bekannt geworden , wobei man sich des Kollodiums bediente.
Im Verlaufe der fünfziger Jahre hatte der EoUodiumprozeß im Negativ verfahren eine solche Ausbreitung gewonnen, daß er zu Beginn der 1860 er Jahre schon fast allgemein ausgeübt wurde und zwar in Verbindung mit dem gerade beim Eollodiumverfahren vorzüglich wir- kenden Eisenentwickler, welcher den in den fünfziger Jahren dominieren- den Pyrogallolentwickler in den Hintergrund gedrängt hatte.
In der Londoner Weltausstellung 1862 waren Momentbilder auf EoUodiumplatten (Schiffe, Wellen, Wolken) von englischen Fhotographen (Breese, Wilson) und von französischen (Ferrier, Warnod u. a.) aus- gestellt, welche damals viel Aufsehen machten.
Das nasse Eollodiumverfahren beherrschte von den sechziger Jahren bis in die achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts vollständig den photographischen Negativprozeß. Die Handhabung dieses Verfahrens ist keineswegs leicht; es erfordert viele Umsicht und Erfahrung und wird insbesondere von Berufsphotographen in ausgedehntestem Maße für alle photographischen Aufnahmen verwendet
Eünstlerische Photographie.
Schon in den ersten Berichten der französischen Eommission 1839 über die Daguerreotypie (s. S. 187) erkannte man, daß die Photographie in den Händen des Malers wie des Gelehrten viele Anwendung finden werde. Auf den berühmten Maler Paul Delaroche machte die über- raschende Naturtreue und Zartheit der ersten Daguerreotypie, welche er sah, einen so überwältigenden Eindruck, daß er nach einem Be- suche bei Daguerre beim Fortgehen zu diesem sagte: „La peintore est morte ä partie de ce jour.^^) Diese etwas stark übertriebene Meinungs- äußerung scheint Delaroche aber keineswegs so ernst gemeint zu haben, denn er erblickte ja schon 1839 in Daguerres Erfindung keinen Feind der Malerei, sondern „einen großen Vorteil für die Eünste**.")
Die Mehrzahl der Maler aber dachte anders, da sie in der Daguerreo- typie anfangs eine schlimme Eonkurrentin der bildenden Eunst sahen. Die Daguerreotypie war aber noch weit entfernt davon, wirklich in die Beihe der Eünste eintreten zu können und der prononzierte Ansspracfa Delaroches konnte sich auch später nicht bewahrheiten. Viel be-
1) La Lumiere. 1856. S. 16. Kreutzer, Jahrber. f. Phot 1856. S. 188.
2) Paris. Photograph. 1902. S. 329.
3) F. Schiffner, Wiener Photograph. Blätter. 1898. 8. 251.
rerfahrena, Le Gray, obgleich dos NegatiTrerfabrea die kQn&tlet he Photographie schon wesentlich weiter gebracht hatte.
Ton dem Pbotographen Le Gray, welcher selbst auch Maler war, stammt aach der vor 60 Jahren getane Ausspruch: „La Photographie est appel6e ä an grand rdle dans le progrös de l'ari Son resultat imm6diat sera de ddtruüe les införioritös et d'^lever les artistes de talent" >)
Der englische Haler Octarian Hill nahm in den Jahren 1843 bis 1845 Einzelportr&te und Porträtgruppen zu Studienzwecken mittels der lalbotypie auf*) und bekundete eine Auffassung, welche der An- ordnung entspricht, die Maler ihren Modellen geben und auch der Auf- fasanng modemer Knnstphotographea adäquat ist
Man führt als alte Beispiele künstlerischer Photographie Arbeiten der englischen Photographen Mayalls (aus den Jahren 1845 und 1848), Beilander and Robinson an; namentlich letzterer wirkte an- regend und pflegte zirka 1860 auch mit Erfolg die Kompositions- Photo- graphie;'} auch der Bildhauer Adam Salomon, der später Photograph wurde, errate durch seine künstlerische Auffassung der Photographie damals Aufeehen, namentlich gab er 1867 den Antrieb zu stimmungs- vollen Porträten mit guter Beleuchtung und erwogener Wirkung des Hintergrundes,*) und wirkte auch publizistisch für die künstlerische Photographie.
In der deutschen Fachliteratur lenkte schon im Jahre 1856 C. B. Wigand die Aufmerksamkeit auf die pbotograpbischen Porträts in künstlerischer Beziehung und empfahl das Kunststudium den Pboto- graphen.^)
Als Künstler fühlten und betrachteten sich schon Ende der fünf- ziger Jahre des 19. Jahrhunderts insbesondere englische Photograpben, wie 1859 aus der Abhandlung Alfred H. Walls über das Yerhältnis der Photographie zur Kunst hervorgeht,*) während anderseits viele
1) Paris. Photograph. 1892. S. 328.
2} Deatsohe Photogr. ZeitQDg. 1904. S.23Ö.
3) H. P. Robinson, ,Piotorial Effect in Photography, belog tints od compo- Moa and obiarososoura for photogropbers". London 1869. Mit Musterbildern. — BobinBon, ,Piotare Haking by Photography". Loodon und New York 1684. — Bobinaon, .Art Pbotograpby in shorC Chapters". London 1890. — Elo Porträt Henry Peach Bobiosons befindet sich in The Pbotograpb. Times. 1897. S. 205; a«iie Antobiographie ebenda S. 497.
4) H. P. Robinson, Yearbook of Phot. 1871.
5) Hörn, Photogr. Jonraal. 1856. Bd. 5, S. 88; Bd. 6, S. 7.
0) Geleaan am 15. Dezember 1859 vor der lyiodoner Photogr. Oesellscbaft.
266 Erster Teil. Vierundzwanzigstes Kapitel.
Kunstkritiker, z. B. Frank Howard, der Photographie in ihren An- sprüchen als Kunst ablehnend gegenüber standen.
Der Einführung des Kollodiumverfahrens worden im engen Zu- sammenhange mit der Vervollkommnung der photographischen Technik durch die künstlerische Photographie die Wege geebnet
Das Verdienst, die Photographie mit Bedacht unter künstlerische Gesichtspunkte gebracht und sie in ausgesprochener Weise unter diese Gesichtspunkte gerückt zu haben, gebührt unstreitig Disderi in Paris. Er hat auch das Verdienst, in die Stilentwicklung der Photographie zuerst einen merkbaren Fluß gebracht zu haben. ^)
In Frankreich wirkte namentlich Disderi als Vorkämpfer der künstlerischen Photographie. Er hatte 1853 sein „Manuel operatoire de photogr.'' publiziert, worin er die technische Seite der Photographie, namentlich zur „ Augenblicksphotographie " , beschrieb und gab 1855 eine Kollektion von Reproduktionen von Ausstellungsobjekten im ^Palais de rindustrie'' und „Palais de Beaux Arts" heraus. Damals schon be- faßte sich Disderi in seinen „Renseignements photographiques" (1855) mit der künstlerischen Seite der Photographie und es erschien 1862 auch von ihm ein Buch „Die Kunst in der Photographie*'.*)
Anfangs retuschierte (oder kolorierte) man nur die positiven Bilder, in meist sehr unkünstlerischer Manier. Die Erfindung der Negativ- retusche durch den Photographen Raben ding in Wien (1860) war von großem Nutzen für die Photographie. Dieser war der erste, welcher die Negativretusche regelmäßig in seinem Geschäftsbetriebe der Porträt- photographie einführte, und die Positivretusche tunlichst vermied. Die Positivretusche und das Bemalen der Papierbilder (was sich auf Albumin- papier schwer ausführen ließ) trat mehr und mehr zurück. Das glänzende Albuminbild mit seinen purpurvioletten Farben tönen wurde modern, bis es von den neueren Emulsions-, Platin-, Pigment- und Gummidrücken verdrängt wurde.
Den größten Aufschwung erfuhr die Porträtphotographie durch die Einführung der Porträt-Visitkartenbilder, welche zuerst von Dis- deri, sowie von Delessert in Paris (beiläufig 1855) in die Mode ge- bracht und in Wien hauptsächlich von Ludwig Angerer am das Jahr 1857 eingeführt wurden. Die Kopien wurden auf Albaminpapier hergestellt Die photographischen Ateliers hatten enormen Zuspruch
1) Br. Meyer, Phot. Korresp. 1895. S. 442.
2) Disderi, ,,L'art de la Photographie; avec une introdaction par Lafaa de Camarsac.'^ Paris 18G2. — Disderi, Die Photographie als bUdende Kunstf deuftach von Weiske. Düsseldorf 1864.
and konntBi < i j öd suangen Kaom loigen; aie puoi
gnqibiBobe Yisitkarte war um das Jahr 1860 bo in Mode, daß mac bei BesQohen solche Photographien statt gedruckter Yisttkarten abgab.
Disderi scheint auch der erste gewesen zu sein, welcher mit der EinAhnmg der photographiachen Visitkarten einen umfassenden photo- grapbischen Betrieb einführte, indem er die Porträts nicht einzeln ver- kaufte, Bondem die Visitbilder im Dutzend für 20 bis 25 Franken abgab; er erlangte große Popularität und erwarb ein großes Termögen. Über- haupt waren die sechziger Jahre für den Berufsphotographen und Por- tritisten die goldene Epoche.
Große Porträts der Mrs. Cameron, in Paris 1867 ausgestellt, welche gänzlich unscharf und von wirklich künstlerischer Wirkung waren, wurden schon damals anerkannt,') fanden aber erst in viel spUeren Jahren volle "Würdigung.
Diese Schilderung macht selbstverständlich keinen Anspruch auf ToUst&adigkeit, da ja auch zahlreiche Kunstphotographen in Deutsch- land und Österreich entstanden. Weitere Kreise, namentlich von kunst- sümigen Amateurphotographen , beschäftigten sich allerdings erst nach der Einfßhrung der photographischen BromsilbergelatiDe-Trockenplatten und anderen einschneidenden Yerbesserungen der photographiscben Technik und der angewandten Photochemie mit den verschiedensten Pro- blemen der küuBtlerischen Photographie, da ja die Vereinfachung und Erleichterung der Manipulationen hierbei eine wichtige Rolle spielte.
Das nasse Eallodiumverfahren ist zu bekannt, als daß es an dieser Stelle näher geschildert zu werden braucht. i') Silberbad und Entwick- lungsart blieben sich in der seit der Erfindung verflossenen Zeit von mehr als 50 Jahren ziemlich gleich. Am meisten Änderung machte die für das Endresultat besonders wichtige Salzung des Kollodiums mit Jod- and Bromsalzen mit. Anfangs versuchte man es mit Kaliumiodid und -bromid, sowie mit Ammoniumsalzen, welche sich jedoch nicht beson- ders bewährten. Von Wichtigkeit war die Einführung der Kadmium- salze ins Negativkollodium durch Laborde im Jahre 1853, besonders in Gemischen mit Älkalijodiden , wobei haltbare und empfindliche Kol- lodien erzielt wurden; man erkannte empirisch, daß Kadmium- und Aikalijodide (resp. Bromide) günstig zusammenwirken; die wahre chemi-
1) Phoi Archiv. 1867. S. 170.
2) Die auafiihiliche Beaohreibiuig des Kollodium verfahrsDs siehe dieses Eaod- \mA Bd.IL
268 Erster Teil. Vierondz wanzigstes Kapitel.
sehe Zusammensetzung der hierbei entstehenden Eadmiumdoppelsalze wurde erst später (von J. M. Eder 1876^) ermittelt.
Als Yerstärkungsmethode kam zuerst die Quecksilberverstärkung (Archer 1851) in Verwendung, dann die Uranverstärkung (Ferricyanide + Urannitrat) von Seile (1865); die Verstärkung mit Ferricyaniden + Bleinitrat (Bleiverstärkung) sowie mit Ferri- und Kupfersalzen (Eder und Töth 1876); mit Bromkupfer -Silbemitrat (Abney 1877); mit Silber- nitrat und Metol oder Hydrochinon (Baron Hübl 1890 und 1892) usw. (s. Bd. II, 1897, S. 263 und 264).
Das „nasse Eollodiumverfahren '^ verlangt, daß die koUodionierte und im Silberbade sensibilisierte Platte noch naß, mit anhängender Silberlösung, in der Kamera belichtet und in noch feuchtem Zustande mit Eisen -Entwickler übergössen werde. Naturgemäß muß eine solche Platte wenige Minuten vor ihrer Verwendung von Fall zu Fall präpa- riert und spätestens binnen Y, ^^^ ^ Stunde verarbeitet werden. Dies war für Porträtaufnahmen ebenso störend wie für Landschafts- und Architekturaufnahmen; für Exkursionen mußten geräumige Wagen oder Dunkelzelte mitgeführt werden, in welchen der Operateur sich ein- schließen konnte. Dazu kamen die Störungen, welche die Sommerhitze (durch zu rasches Eintrocknen und Bildung von Flecken aller Art) ebenso wie große Kälte (Einfrieren der Silberlösung) verursachten, Schwierig- keiten, welche der heutige Photograph kaum ahnt
Trotzdem erhielt man damals prächtige Negative und wenn auch jetzt das nasse Kollodiumverfahren für Porträt- und Landschaftsphoto- graphie ganz verdrängt ist, so hat es wegen der schönen Zeichnung der Bilddetails in Licht und Schatten, sowie wegen der Klarheit der Bilder seinen Platz in Reproduktionsanstalten (Autotypie, Lichtdruck, Zinkätzung usw.) behauptet
1) Phot Korresp. 1876. S. 92.
FÜNFTTKDZWAHZIGSTES KAPITEL DIEEKTE KOLLODIUMPOSirrVE IN DEE KAMERA.
Eine tecboiscbe Spezialität des KoIlodiumprozeBses wurde die Her- stellang direkter positiver Bilder in der Kamera; es handelte sich hierbei am keinen neuen photographischen Prozeß (s. S. 263), sondern um gewöhnliche Negative, welche, sehr dünn erzeugt und mit schwarzem Hintergnind versehen, im autTallenden Lichte als positive Bilder er- schienen. Diesen Prozeß verwendete mau zur Zeit, wo die Daguerreo- ^ie bereits im Rückgang war.
Solche positive Eollodiumbilder auf schwarzer Wachsleinwand legte zuerst die Firma Wulff & Co. in Paris im Jahre 1853 der Akademie der französischen Wissenschaften vor und nannte sie Pannotypien (vom lateinischen pannus = Tuch) ; die Firma verkaufte das Terfahren für 100 Franken. Das Terfahren wurde jedoch bald allgemein bekannt nnd viele Berufsphotographen betrieben es gewerbsmäßig, jedoch ver- schwand die Pannotypie aus den Ateliers um das Jahr 1859 wieder, da es von den Albuminbildem verdrängt wurde.
Die Pannotypien hielten sich schlecht, wegen der Unbeständig- keit der schwarzen Wachsleinwand, welche als Unterlage diente; es sind nicht viele Proben derselben erhalten gehlieben.
Bei der Herstellung direkter Positive in der Kamera ver- drängte allmählich die schwarz lackierte Eisenplatte als Unterlage die «ideren Stoffe.
Während man früher wohl alle hellen Kotlodi umpositive auf schwarzem Grunde Melainotypen') nannte, bezeichnete man schon KU ende der fünfziger oder anfangs der sechziger Jahre hauptsächlich die Bilder auf Eisenblech damit oder wählte den gegenwärtig allgemein flblichen Namen Ferrotypien.^)
1) Von dem griechischen ft(Xa; = schwarz.
2) Tom lateinischen ferrum ^ Eisen.
270 Erster Teil. Fünfundzwanzigstes Kapitel.
Die Eisenplatte hat vor den übrigen Stoffen den Vorzug, daß sie steif und unzerbrechlich, somit leichter zu behandeln ist; sie läßt sich leicht zerschneiden und in Broschen, Medaillons usw. bequem einfügen.
Die „Melainotypen'' wurden zuerst von Hamilton L. Smith in Nordamerika beschrieben und von ihm und Griswold in Peekskill im Staate New York eingeführt Ersterer nahm ein Patent und überzog nach demselben eine Metallplatte mit einer eingekochten Mischung von 57 Teilen Asphalt und 1000 Teilen Leinöl nebst Umbra oder LÄmpen- schwarz; darauf wurde ein Kollodiumbild erzeugt.
Das Smithsche Patent erwarb Peter Neff im Jahre 1857, welcher die Fabrikation der Platten bis 1863 betrieb; im selben Jahre begann Griswold die Fabrikation, die unter dem Namen „Perrotypplatten" Handelsartikel waren; sie wurden von Gelegenheitsphotographen zur sog. „amerikanischen Schneilphotographie" verarbeitet (s. Bd. II d. Hdb.).
Später (um 1900) tauchten die Ferrotypien wieder vorübergehend in Form von Bromsilbergelatineplatten und sog. photographischen Auto- maten auf, bei welchen die Belichtung (Magnesiumblitzlicht), Entwick- lung und Fixierung automatisch erfolgte; solche Automaten waren bei größeren Ausstellungen in verschiedenen Städten im Betriebe, lieferten aber nur mittelmäßige Produkte. Auch für solchen raschen Bedarf an Gelegenheitsbildern verdrängte das Bromsilberpapierbild die Ferrotypie.
SECHSVNOZWANZiaSTES KAPITEL.
DAS BADE-KOLLODIÜM-TßOCKENVERFAHBEN UND DIE
EEFINDmJG DER ALKALISCHEN ENTWICKLUNG.
Die Sehnsacht aller Fhotographen, iosbesondere bei Exklusionen, in Stelle des „nassen" ein Trockenverfabren einzuführen, erscheint nach dem Gesagten leicht verständlich.
Da die gesilberte Kollodiura-Badeplatte sich mit anhängendem SUberbade überhaupt nicht trocknen läßt (Zerfressen der Schichten unter Bildung von Eristallisationserscheinungen), und nach dem Waschen mit Wasser and Trocknen seine Empfindlichkeit fast ganz einbüßt, so suchte man „Präservative'', welche die Empfindlichkeit der trockenen KoUo- diamscbicht bewahren sollten.
Die Geschichte des Bade-Kollodium -Trockenverfahrens ist im n. Bande dieses Werkes ausführlich beschrieben. Es sei hier nur er- wähnt, daß nach mehreren wenig gelungenen Versuchen der Franzose Tanpenot den ersten wesentlichen Portschritt mit seiner Kombination von Kollodiumscbichten mit Eiweißüberzug machte.
Das Taupenot-Verfahren bestand darin, daß eine im Silbemitrat- bade empfindlich gemachte Eollodi umschiebt gewaschen, mit Eiweiß überzogen und getrocknet wurde. Dann mußten die Platten nochmals in ein Silberbad gebracht und getrocknet werden; sie hielten sich mehrere Wochen lang.
• Das EoUodium-Eiweißverfahren hatte Taupenot Ende 1855 publiziert^) und die ersten Proben im Herbste 1855 bei Gelegenheit der Hitteilnng seines Verfahrens ausgestellt, wo sie durch ihre Schönheit viel An&eben machten.
Taupenot*) starb in jungen Jahren; Bilder aus seinem Nachlasse worden noch auf der Londoner Weltausstellung 1862 (in der photo- gnphiscfaen Abteilung) als Sehenswürdigkeit ausgestellt.
1) Compt. rend. 1856. Bd. 41, S. 383. — La Lumiere, 8. Sept. 1855.
Sf Tanpenot war Professor der Chemie und Physik am Prytonee imperial
von La FlSche (Dep. Sarthe in Frankreich). Er starb im Oktober 1856 in
1 32 Jahren.
272
Ereter Teil. SeohsuodEwaozigBtes KaiüteL
Das Taupenot-Vejfahren hatte sich schon um 1855 Freunde ( Würben und es gab in den Händea geschickter Photographen recht gute Resultate bei Landschaftsexkursionen, wobei man freilich lange Zeit (oft mehrere Minuten) exponieren mußte. Der Franzose A. Ferrier
machte z. B. im Jahre 1857 Aufnahmen an den Schweizer Seen und Fig. 73 zeigt die ReproduktiOD einer seiner hübschen Aufnahmen des Brienzer Sefö auf Taupenotplatten. In England arbeiteten J. Mudd und J. Sidebotham u. a. mit diesem Kollodium -Eiweiß -Trocken- verfahreu.
J
Beginn der IStiOer Jahre zur Landscliaftsphot raphie am meisten in Gebrauch, konnte jedoch die Verwendung des nassen Eollodiumverfabrens nicht einschränken. Ton den zahlreichen Varianten, welche über dieses Yerfohren publiziert wurden (s. Bd. II), selten wir hier ab.
Ungefähr gleichzeitig mit dem Taupenot-Verfahren wurde im November 1855 der Zusatz von Harz zum Kollodium, behufs Her- stellang von Trockenplatten, von Robiquet nnd Duboscq empfohlen und das Harztrocken verfahren von dem französischen Abb6 Desprats
aasgearbeitet. An Abb6 Desprats Vorgang, welcher mit Jodkollodiiim arbeitete, knüpften mehrere an. Einer der ersten Pbotographen , welcher inDeatechland mit der Herstellung von Jodbromkolloiiium-Bade-Trocfcen- platten mit reichlichem Bromsilbergehalt sich befnßte und sclion 1856 fafibscbe Landschaftsaufnahmen (mit saarer Pvrogaliol- und Silbernitrat- Entwicklung) herstellte, war Hermann Krone in Dresden.') Fig. 74 zeigt eine solche Aufnahme, welche sicherlich zu den ersten Trockenplatten- anfnabmen der Welt zählt. Später wandte sich Krone aber auch dem Taopenotschen Eiweiß verfahren und seinen Modifikationen 7A\.
1) S.HornsPliot.JouninI 185fi. Bd. ,>, S. 46. — Bull. fioc. Frao^. 1857. S.24.').
Xdat, Budtinoh dor Photographie. I. Teil. .X AaO. 18
274 Erster Teil. Sechsundzwanzigstes Kapitel.
Bichard Hill Norris in England war wohl der erste, welcher den Nutzen eines Gelatineüberzuges als Präservativ für Kollodium - Trockenplatten erkannte; er nahm am 1. September 1856 ein englisches Patent (Nr. 2029) auf sein Verfahren; es bestand darin, daß jodierte Kollodien in der üblichen Weise gesilbert und dann in eine wässerige Lösung von Gelatine, Gummi oder anderen vegetabilischen schleimigen Substanzen getaucht wurden, um die Poren der Kollodiumhaut beim Trocknen offen und die Schicht im sensiblen Zustande zu erhalten. Er erkannte auch, daß man nach dem Übergießen mit Gelatine die Kollodiumhaut in Folien vom Glase abhebtn könne.
Der Hill Norris-Prozeß ist nicht nur deshalb beachtenswert, weil der Nutzen der Gelatine und die Rolle der Präservative für die Struktur der Kollodiumschicht in ihm klar erkannt sind, sondern weil mit seiner Hilfe die erste schwunghafte Fabrikation von photographischen Trockenplatten erfolgte. Der offizielle österreichische Referent über die Londoner Weltausstellung 1862 und spätere Universitätsprofessor V. von Lang schreibt: „Die von Norris zubereiteten Trockenplatten sind fertig für die Belichtung fast in allen größeren Städten Englands in dem Handel und sie sollen gute Resultate geben." ^)
Das Kollodium -Ei weiß verfahren wurde dann vom Tanninverfahren des englischen Majors Russell (1861) verdrängt, weil es sicherer und einfacher auszuführen war und weil die Bilder sich schneller und kräftiger hervorrufen ließen. Die empfindlich gemachten Kollodium- schichten wurden bei diesem Verfahren gut gewaschen und, so lange sie noch naß waren, mit einer Lösung von Tannin Übergossen und hierauf geti'ockuet. 2) Schöne Proben dieses Verfahrens waren 1862 in der Londoner Weltausstellung zu sehen.
Wie schwierig es mit den damaligen Mitteln war, eine einiger- maßen genügend empfindliche Trockenplatte herzustellen, beweist eine Preisausschreibung der ^larseiller Photographischen Gesellschaft vom Jahre 1862, worin ein Preis von 500 Francs für ein Trockenverfahren ausgesetzt war, „welches gestattet, im vollen Sonnenschein ein Bild einer Straße in Bewegung zu erhalten".
In den sechziger und siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts wur- den bei allen Reisen und größeren Exkui-sionen solche nach dem einen oder andern Verfahren hergestellte Bade -Kollodium -Trockenplatten ver- wendet, welche bei sehr langer Belichtung schöne Resultate gaben, aber große Anforderung an die Geschicklichkeit und Erfahrung des
1) österr. Ausstellungsbericht der Londoner "Weltausstellung 1862, Klasse 14.
2) Phot. News 1861. S. 135.
Das Bade-Kollodimn-TrockeiiTerfahreii nnd die alkaliüche Entnicklaog. 275
Operateni« stellten. Der damalige Arbeitsvorgang sei an zwei Beispielen erläutert Die Aufnahme Fig. 75 geschah in Nagasaki in Japan (1868) von W. Burger auf Tanninplatten, welche in Wien präpariert und ^4 Jahre später in Japan exponiert wurden; die Belichtungszeit betrug mit einem klein abgeblendeten Voigtländer-PetzTalschen Porträte objektiT sieben Minuten.
Eine andere Aufnahme auf Tannintrockenplatten zeigt Fig. 76. Die von Burger in Wien im April 1872 präparierten Platten wurden während der sibirischen Reise des Grafen Wilczek in Wien von diesem im September 1872 (l^/.. Stunde bei Sonne in Anbetracht des Zurückgehens
des Licbteindruckes bei langer Anfbewalirung) mit Dallmeyors Triplet- objektiv, kleinste Blende, exponiert und im Dezember 1872 in Wien mit saurer Pyrosilbernitrat- Entwicklung hervorgerufen.
Das Russellsche Tanninverfalireu erfuhr mannigfache Abände- rungen. Man ersetzte das Tannin durch Gallussäure, führte Morphium und andere Alkaloide als Präservativ ein, versuchte Überzüge mit gummi- und zuckerhaltigen Gemischen, mit Kaffee- oder Teeabsuden, Bier und Eiweiß, ohne daß man wesentlich weiter kam.
Entwickelt wurde anfangs (im Sinne der alten Tiilbotypie) mit Pyrogaliussäure unter Zusatz von Silbernilrat und Zitronen- oder Essig- säure, also mit „physikalischer Entwicklung". Von Wichtigkeit waren nur die Verbesserungen des Entwicklungs Verfahrens solcher
18*
' Trocienptal
schritt beim Herrorrofen der Negative beslaDd io der Eiafuhrimg der alkalischen Pyrogaliol-Entwicklung.
Die Erkenntnis, daß man mit Pyrogallol ohne Zusatz von Silber- nitrat die Eoliodiamtrockenplatten eDtwickeln konnte, machte Wardley, ein Asastent des Pbotographen Mudd.
Im Jahre 1861 teilte Modd suerst mit, daß man Kollodinra-Albammtrocken- platteD (mit Jodbiomailber) mit reiner wässeriger PyrogallusSBure ('/tproz.) ia allen Datails eotwickelo hÖDDe, ohne dali man Silbemitrat and Säure luzusetzCD braucht (Wiot News. Bd. B, 8. 386; Kreutzers Zeitacbr. 18CI. Bd. 4, S. 131). — Das ganze TerdieoBt des Voischlags wurde aber nachher voaMudd seinem Assistenten Wardley ZDgesohriebeD. Später, ani 23. Oktober I8Ö1, machte Wbarlow Simpsaa auf diesen EntwicUungamodos aufmerksam und nies aut dessen theoretiscbe Tragweite hin, da damit der Beweis geliefert war, (lall die Troutcnplatten auch ohne die Gegen- wart yaa Silberoitrat entwickelt werden können. Das Bild entwickelt aich auf Albumiu- platten schnell und sebr vollkommen, muO aber mit Pyrogallol, Silbornitrat und Zitronensäure gekrüftigt werden. Nach Simpson gelingt diese Art von Entwicklung aach auf Fotbergill- Platten, auf Tanninplatten und auf Norris' Ti-ockeni.latten, welche letztere nicht einmal eine S^iur freies Silbeinitrat enthalten. (Brit. Joum. Bd. 8, S. 376. Ereatzers Zeitschr. Bd. S, S. 103.)
Anthony aus New York steigerte 1862 die Empfindlichkeit, in- dem er die Tanniuplatten vor der Belichtung den Dämpfen verdünnten Ammoniaks aussetzte, während Glover dasselbe nach dem Belichten Toroabm. Im Jahre 1862 entdeckte Major Russell') und mit ihm fast gleichzeitig Leahy, wahrscheinlich durch obige Beobachtungen angeregt, die alkalische Fyro-Entwicklung, welche an Empfindlichkeit die saure GalloB- oder Pyrogaliol-Entwicklung übertraf. Damit war die wichtigste Verbesserung in der Hervorrufung gegeben, welche erst im Emulsions- prozeS ihre vollen Früchte trug. Russell verfolgte zielbewußt seine EntdeckuDg und seinen Arbeiten ist die Einführung der alkalischen Entwicklung, ohne welche die spätere Photographie mit Bromsilber- Emttlsionen in ihrem Anfangsstadium nicht ausführbar gewesen wäre, in erster Linie zu verdanken.^)
In der S.Auflage von Major Rüssel Is Werk „Tanninprozeß'", 1863, finden wir die Wirkung des Ammoniaks im Entwickler, sowie die Rolle eines Zusatzes von Bromkalium als Verzögerer beschrieben und aach Alkalikarbonate wurden damals schon im Pyro- Entwickler ver- wendet Besonders bemerkenswert ist die von Russell beim fort- gesetzten Arbeiten mit seinem alkalischen Entwickler gemachte und sp&ter auch publizierte Beobachtung, daß man dem Jodbromkollodium
1) Brit Joum. of Pbüt. lö. Nov. 1862.
2) Leahy in Dublin hat später nichts mehr von i4ii:b hören lassen.
DSunditwaDzigstes Kapitel.
reichlioli Bromsalz zusetzen müsse, Ja schließlich versuchte er mit Erfolg sogar reines BromkoUodium (s. Bd. II). Er erkannte also die Übei legenheit des Bromsilbers über das Jodsilbei- beim sog. „chemischen*'! Entwicklungs Vorgang — eine Erfahrung, welche später (im EmiilsioBg-.! verfahren) aUgemein bestätigt wurde.
In Fig. 77 bringen wir das Porträt des verdienstvollen Engländeia.l Major C.Russell (• 1820, f 16. Mai 1887).
Erfindung der Kollodium-Emulsion. Den Gedanken, eine lichtempfindliche Silbersalz -Emulsion zu er-"" zeugen, welche ein sensibilisierendes Silberbad entbehrlich macht, sprach Oaudin im Jahre 1853 zuerst aus. Er schrieb in der Zeitsclirift „La Lumiere" {20. August 1853): „Die ganze Zukunft der Photographie scheint in einem lichtempfindlit-hen Kollodium zu liegen, welches man in eine Flasche tun und auf Glas, Papier usw. ausgielien kann, um damit unmittelbar oder am andern Tage positive oder negative Bilder zu erbalten," Offenbar schwebte ihm dabei schon die Jod- und Chlor- silber-Emulsion vor, welche er im April 1861 beschrieb und damals
Da> Bide-KoUodiom-Trockenverrabi'eD nod die alkalische Eotwicklung. 279
„Photogene" nannte ') und darch YenuUcheQ von JodBalzkolIodium (respektive Salmiakkollodium) mit Silbernitrat oder Fluorsilber darstellte. Diese erste Kollodium -Emulsion im eigentlichen Sinne des Wortes fand Oaudin mitunter so empfindlich wie nasse Platten und glaubte sie mit besonderem Vorteil auf Papier in der Kamera verwenden zu können. Für das Ghlorsilberkollodium , welches er mit Salmiak und Silbernitrat erzeugte, stellte er die Verwendung statt gewöhnlichem gesilberten Positivpapier in Aussicht
Kurz zuvor (Uärz 1861) hatte Beliini im Journal „L'Invention" eine äther- alkoholische Schellack- oder Sandaraklösung, welche Jod- bromsilber nebst milcbsaurem Silber und Jodeisen enthielt, zum Fhoto- graphieren empfohlen. Zur selben Zeit tauchte der Emulsionsprozeß auch in England auf, wurde aber geheim gehalten, und Sutton schrieb wiederholt von den guten Kesultateii, welche mit dem Prozesse ohne Silberbad von Kapt. Üixon erhalten wurden;*) dieser Prozeß wurde am 29. April 1861 in England privilegiert^)
Als brauchbares, selbständiges Verfahren tauchte das später so vielfach genannte Bromsilber-Emulsions verfahren mit Kollodium auf. Diese Methode der „Photographie ohne Silberbad'' wurde im Sep- tember 1864 von B. J. Sayce*) und W, B, Bolton^^) in Liverpool entdeckt und später von ihnen genauer in den Photographic News be- schrieben. In der späteren, nicht wesentlich veränderten Vorschrift vom Jahre 1865 beschreibt Sayce fast alle noch versuchten Modifikationen der EoUodium-Emulsion. Es war also von Sayce schon 1865 die Idee des separaten FäUens und Waschens des Bromsilbet^ und dessen nach- tragliche Emulsionierung gegeben.
Damals befaßte sich Oarey Lea sehr verdienstlieh mit photo- cfaemischen Studien über Emulsionen, Entwickler, verschiedene Mole- kularzustände des Silbers usw. Carey Lea (* 1823 in Philadelphia, ■f ebenda 1897) war ein reicher amerikanischer Grundbesitzer, später Häusermakler. Er studierte im Pennsylvania- Institut Chemie, befaßte
1) Phot. Newa. 1861. Bd. i>, S. 403 und Phot. Notes 18C.1. Bd. 6, S. 156, nach La Lnmiere 15. April 1861. Gaudin gab bereits AodeutUQgen zur Herstellung von Photogene mit Eollodium und Gelatine.
2) La Lumiere. ISei. 8. 37.
3) Patent Nr. 1074. Abridgoments of specifications relating to Photograpby. PartU.
4) B.J. Sayce war Amatear|)botograpb , s|>äter Präsident der Liverpool Amateur Photographie Asaociatioii. Er starb 1895 (s. Nekrolog: Brlt. Journ. of Phot 1895, a340).
5) W. B. Bolton (' 1848 in York, t Mai 1899), Biographie s. Brit Joum. Phot Alman. 1900. S. 683-, sein Porlhit im Brit. Journ. of l'hut. vom 19. Mai 1899.
280 Erster Teil. Sechsundzwanzigstes Kapitel.
sich seit 1864 mit Photographie, arbeitete viel mit Bromsilberkollodium, mit Hervorrufung von AgJ, AgBr und AgCl mit verschiedenen Ent- Tvicklersubstanzen und studierte die Modifikationen des metallischen SUbers.1)
Die Bromsilber- Emulsioa mit Silbemitrat-Überschuß wurde anfangs immer mit einem „Präservativ** kombiniert. Sutton veröfientlichte zuerst 1871 einen Bromsilber-Kollodiumprozeß^) ohne Präservativ, der bloß in einer ungewaschenen, mit Silbernitrat- Überschuß hergestellten Emulsion bestand.
Schon die Entdecker des Bromsilber -Emulsionsverfahrens wendeten gleich zu Beginn ihrer Versuche die alkalische Pyrogallus- Entwicklung an, welche Russell im Jahre 1862 zuerst angegeben hatte (s. S. 277).
Am 16. Jänner 1874 (Brit Journ. of Phot.) empfahl Bolton das Waschen des Bromsilberkollodiums durch Fällen desselben mit viel Wasser. Der Geistliche Reverend Canon Beechey veröffentlichte (Brit Journ. of Phot. 1. Okt. 1875) eine Methode der Erzeugung von Brom- silberkollodiumplatten mit Pyrogallussäure-Präservativ und veranlaßte deren Fabrikation für den Handel. Jedoch fanden diese EoUodium- trockenpiatten nur in der Landschaf tsphotographie Verwendung; sie konnten aber an Empfindlichkeit mit den nassen Eollodiumplatten nicht konkurrieren und fanden deshalb keinen Eingang in die PorträtatelierS) trotz zahlreicher Bemühungen Abneys, Carey Leas, Warnerkes, Chardons und anderer.
Die Kollodium -Emulsionsplatte wurde in der Porträt- und Land- schaftsphotographie später von der Gelatinetrockenplatte gänzlich ver- drängt
In der Reproduktionsphotographie wurden jedoch durch die Er- findung der Albertschen orthochromatischen Kollodium -Emulsion dem Bromsilber neue Gebiete erschlossen (Reproduktion von Gemälden, Drei- farbenphotographie, s. d.).
1) Biographie Leas s. Brit. Jouni. of Phot. 1897. S.312; Phot Mitt. Bd. 34, 8.104.
2) Brit. Joui-n. of Phot. 1871. S.312.
SIEBENTTirDZWAKZIGSTES KAPITEL.
STERBOSKOPPHOTOGEAPHIE.
Über die Prinzipiea des stereoskopischen Sehens wurde bereits auf S. 39 UitteiluDg gemacht.
Kurz vor Erfindung der Daguerreotypie war (1838) von Wbeatstoae das Spiegelstereoskop erfunden worden; bald darauf er- setzte David Brewster (* 1781 in Schottland, t 1866) im Jahie 1844 die Spiegel durch Prismen und stellte ein viel handlicheres Stereoskop her, welches später Eelmholtz verbesserte.
Im Oktober 1856 eiscbieiieD in „Tbe Time^i'' Briefa von Wheatstone und Brewster über die Erfinduagsgeschichte des Stereosk opee infolge einer in dieser Zeitung aufgestellten Behauptong, daß Jaines Glliot bereits 1834 das Stereo- skop eifDDdeo, aber erst 1839 ausgeführt habe, und zwar in Form zweier kleiner IiÖohei in einem Earteablatte. Wbeatstoae nabm aber dementgegen das Verdienst der Erflndnng des Steraostopes für sieb in Anspruch und berief sich auf seinen Auf- SBti in der Pbilosopbical IVansactions 1838. Brewster führt an, daß bereits Euklid, Galen, Porta, Aiiuilonius behaupteten, die von einem Gegenstände in den Angen enfafehenden verschiedenen Bilder erzeugen ein Relief. Wheatstone hielt seine Prioritätsansprtiche aufrecht (Kreutzers Jahresbericht über Fortschr, d. Phot. 1857. S. 637).
Die Daguerreotypie wurde frühzeitig zur Herstellung photogra- pfaisoher Stereoskopbilder benutzt und waren solche schon Ende der vierziger und anfangs der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts') Gegenstand der Ausführung in den photographiscbeu Geschäfts- Ateliers. Man erzeugte kleine stereoskopische Daguerreotypbilder, montierte sie auf Karton mit gegenübei^estellten einfachen Sammellinsengläsern, welche die stereoskopische Betrachtung der Bilder ermöglichten; das Ganze war zum Znsammen klappen eingerichtet und nahm nicht mehr Raum als ein kleines Notizbuch ein.
Brewster erfand das Linsenstereoskop und beschrieb es zuerst im April 1844 in der Royal Society zu Edinburgh und Heß auch eine „doppeläugige Kamera zur p ho togtap bischen Aufnahme von Porträts
i) Tergl. Poggendorff, Biograpb.- literarisches Handwörterbuch. ;
lEigsta
r^ile
und Kopieren von Statuen" anfertigen. Damals interessierte man sid wenig für die Saclie. Erat als Brewster ein in England gefertigt Probeinstrnment im Jahre 1850 nach Paris brachte und dem Abb^ Moigno, d&ni vielseitig erfahrenen Verfasser eines Werkes über „Antiqtu moderne", ferner dem Optiker Soleil und dessen Schwiegersohn Du- boscq zeigte, wurde der Wert des Instruments zuerst in Paris voll gewürdigt, wie Brewster selbst erzählte. Duboscq in Paris fing sogleich an, das Linsenstereoskop für den Verkauf zu verfertigen und führte eine Reihe der schönsten stereoskopischen Daguerreotypien lebender Personen, Statuen, Blumensträuße und Gegen:^tände der Naturkunst aus. zu deron Bewuiuierun" Taiisende von Perwonen herhfiatrüiiiten.
Die Reproduktion eines hübschen derartigen Stereoskop-Daguei typbildes nach einer Statue, wie sie um das Jahr 1851 in den Paris Kunsthandlungen verkauft wurden, zeigt Fig. 78.
Erst über Paris zurück nach London wurde das Stereoskop 185ifl in England gebräuchlich') und erregte in der großen Industrie- äb0!^ Stellung in London 1S51 die Aufmerksamkeit der englischen Königj und in der Folge stieg die Nachfrage nach Stereoskopen enorm.
Mit welcher Regsamkeit man damals die Einführung der Stereoskq bilder in Paris betrieh, gebt aus einer illustrierten Annonce eines Tei
1) Brewster, The Stereoseope, London 1850; deutsch: Weimar 1882.
VntMuAeas
welche ia den dsmaligea Tages- und Wochenblättern erschiea (Fig. 79).
Man führte Stereoskopbilder zuerst in Daguerreotypie, bald darauf aber (in den fünfziger Jahren) aucli als photographische Papierbilder in „Talbotypie" aus, wobei freilich bei dem damaligen Stande der photo- graphischen Technik die Daguerreotypbilder an Feinheit weitaus die Fapierkopien übertrafen und deshalb besonderen Anklang G^^ im Pablikum fanden. "
Erst durch die Erfindung derKoUodiumphotographie w ur- den die Stereoskopbilder Ge- genstände des Massenverlages. Insbesondere die englische ,Fhotograpbic and Stereoscopic Company", welche 1862 das Monopol zum Fhotographieren von Kunst- und Industriegegen- stSttden bei der Londoner Welt- aosstellung 1862 hatte, ver- breitete schöne Stereoskopbilder in allen Eunstläden Europas.
Später wurde die weitere Einführung der Stereoskoppbotographie durch die Erfindung der Bromsilbertrockenpiatten wesentlich gefördert und man wendete die Stereoskopie in den verschiedensten Zweigen der Kunst und Wissenschaft an, wobei wir nur die Anwendung in der Mikroskopie, Fbotogrammetrie und Radiographie und die Versuche zur Einführung der Stereoskopie im Projektionsverfahren erwähnen.*)
1] Paris -Fhotograjibe IS94, S. 24.
2) Über Fortschritte der Stereos kopie tu neueror Zeit s. E<lers Jahrbücher für Photographie.
ACHTXTNDZWANZIGSTES KAPITEL.
MIKKOPHOTOGEAPfflE.
Von den verschiedenen wissenschaftlichen Anwendungen der Photo- graphie, welche sich an die Vervollkommnung des Negativ Verfahrens knüpften, seien hier nur zunächst einige wenige, jedoch charakteristische Zweige der wissenschaftlichen Photographie, nämlich die Mikrophoto- graphie, Photogrammetrie und die Photographie vom Luftballon aus, erwähnt
Die Mikrophotographie auf Daguerreotypplatten wurde um das Jahr 1840 ungefähr gleichzeitig in Frankreich und England versucht
Einer der ersten, welcher seit Davy und Wedgewood (s. S. 102) mikroskopische Bilder mittels Daguerreotypie photographierte und fixierte, scheint Berres in Wien (s. S. 219) am 5. April 1840 gewesen zu sein; er machte seine Aufnahmen mittels des Mikroskopes auf Silberplatten, ätzte sie mittels seines heliographischen Ätzverfahrens (s. S. 254) und versuchte die Vervielfältigung durch Pressendruck. Von anderer Seite wird angegeben,^) daß der erste, welcher Mikrophotographien erzeugte, AI. Don n 6 zu Paris war. Dieser legte schon im Jahre 1840 der fran- zösischen Akademie der Wissenschaften Abbildungen verschiedener mikro- skopischer Objekte vor, die er mittels des Daguerreotypieverfahrens photo- graphiert hatte. Er benutzte ein Chevaliersches vertikales Mikroskop, bei welchem die austretenden Strahlen mittels eines Prismas mit totaler Reflexion horizontal in eine photographische Kamera projiziert wurden, um die Schärfe zu verbessern, schaltete er blaue Gläser ein (Mittel gegen Fokusdifferenz) ; er brachte auch eine Konkavlinse, gleichsam als Pro- jektionsokular an, um die Vergrößerung weiter zu treiben (Monpillard a. a. 0.). Zu gleicher Zeit stellte Dancer in London mittels des Sonnen* mikroskops vergrößerte Objekte photographisch dar, und 1841 erzielte Richard Hodgson daselbst gute Daguerreotypien mikroskopischer
1) Vergl. Monpillard, ^ Notes sur Thistoire de la Photomicrographie'^ (Moste retrospectif de la Cl&sse 12. Photographie Rapport da comite d'instanatfoo universelle Paris 1900).
bindang mit Läoa Foucault seinen „Atlas d'aDatumie microscopique" herauszugeben. Die ursprünglichen roikrophotograptiischen Aufnahmen machte Donn6 unter Beihilfe von L6on Foucault') in Paris mit dem Sonnenmikrosbop auf Daguerreotrpplatten , stellte jedoch Zeichnungen Dach seinen Originalphoto^phien her, da es damals unmöglich war, die Photographien zn vervielfältigen.
Bertsch in Paris führte 1851 die horizontalen miktrophoto- graphischen Apparate ein. Ferner befaßte sich der Optiker Nachet in Paris seit Anfang der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts mit Mikrophotographie und stellte 1856 unter Mitwirkung von Foucault und Duboscq z. B. eine Mikrophotographie von Froschblut auf Da> guerreotypplatten her, welche bewunderungswürdig scharf ist und auf der retrospektiven Aus- Btellong in Paris (Weltausstellung 1900) Aufsehen erregte; Fig. 80 zeigt die Reproduktion dieser Mikrophotographie. ')
Als man nach Talbots Verfahren Papiemegative anfer- tigen und Kopien auf Ghlorsilber- papier in beliebiger Zahl her- stellen lernte, wendete man das Verfahren auf die Mikrophoto- graphie an und schon 184? soll Carpenter der Versammlung der British Association derartige Mikrophotographien auf Papier vorgelegt haben.') Jedoch befriedigten diese Bilder wenig, weil das grobe Papierkom der Papieraegative eine getreue Wiedergabe der zarten mikroskopischen Struktur verhinderte. Erst die Photographie auf
1) Foucault (Sohn eines Buch bäiidlers in Paris, geloren 181!», war seit 18 J5 Badakteur de» wisseDschartlichen Ti'iles des Journal des Debats), »elcher durch seinen berühmten Pendelversucli (zur Deiiionstration <lcr Bewegung der Erde) bekannt ist, beschäftigte sich ungeföhr Beit 1843 mit Dagueireotyiiie : er konstruieito mit Donnö nnen Apparat zu mütixiskopischen Demonstrationen (Compt. rend. I844J.
2) Vergl. ,Reoueil desTravaux seientifl([ues Lüon Foucault ■■ vonC. M. «iariel und Bartrand, Paris 1878; ferner Stuniieys Phot. Annual. 1898. S-ITO. Foucault tieschrieb gemeinschaftlich mit Donne ein photodektrischcs UlkrDsko|> (1843).
3) J. Oerlach, Die Photographie als Hilfsmittel mikioskopi.scher Forschung, Leipzig 1863. — Ferner das französische Werk von Jloilessier, „La Fhotogra|ihie appliqaee aus reclierchea micrographiques ", Paris 1860 (deutsche Ausgabe 1868).
O.a- «so'.vvhi mittels d*r=r Ei-a-eüJ- a'is des KolI-^diumverfahreiiS' erm-js:-
lic-hte die Einführun:: der Phot'.crajjLie als Hilfsmittel mikroskopis-zher
Forscrjun;: und bereite 1S53 und 1S54 sah man viele gelungene Mikr>
phvtograjihien. um '.ve>;he sich unter anderen der Optiker Xache: in
Paris (lSo4i ;:r.Jie Vfridienste er'.varb. In Wien befaßten >ieh um die
Mitte des v.jrjsren Jaljrbundfrts die Professoren des Polvteohnikums
J. J. Pohl Mfid Weselskv. in Erj^riand Hod^son. Shadboldt. Kinsrslev.
Jlu.vjey urjd Allen Wenharn ruit Mikrophotographie, deren Fortschritte
if.it der a!]::enjejrjen Enf.vickiun;; «ierT^iitik und Photographie Schritt hielt
und ii: s^ätereij Jahreij höcjjst '.vic-htii'e Ergebnisse zutage forderte.
In*b':soridere war o^; di«.- Einführung der sehr vollständig korri-
;.'i':it':n Ap'.'f.hroiiiat-Obiektive und Projektions-Okulare der optischen
Anstalt T". Zeili in Jena, welche die Leistungsfähigkeit der mikro-
>k'»pis<^-hen Linsen sy>ten je enorm steigerte. Femer fanden die ortho-
f'hronjati^f-hen Br'»njsilberge!atineplatten und Lichtfilter verschiedener
Art ^fe;:en Ende des P-». Jahrhunderts au«-h in der Mikrophotographie
mir irr-illtem Erfol'jo Anwr-ndun?: nian führte grüne, «reibe und blaue
Liehtfilter ein. und ph«»tographierte für Spezialzwecke mit schmalen
Spf'ktralbezirken ini opti>ch hellen Tf-il des Spektrums. A. B. Stringer*)
benutzte Lir-ht vom üufJersten Violett und Ultraviolett zu speziellen
phoT'.'njikr"'„'r}»phi.-ehen Aufnalimen. welche er der Royal Microscopie
>"'i"ty im Aj^iü ll*Oo vr.rl'-i'te. 1(»04 führte A. Kühler-) in der
.\Tj-*a!' v.-n Z« ifl .Miki«»|.h'.t'jL'rap|jien so^ar mittels monochromatischer
iiina-. : 'li-rt.-]- Li-lit-trahleri. di" vnn elektri>chen Funkenentladungen aus-
;:eh^nd aut -f;*ktialarialytis»-ii»:iji \V»;L''e als Lichtquelle frei von anderen
L:'"lj^-TMh!»-n i-'»!i"rr wurd'-n. »•rf'ilL'rf'ir-h durch.
I': I- '^-' :::.*•■• •;• r Mki-iii/- L'iaph:«; iu i.fnf.'H.'T Zeit sind in Edors ,Jahr- >'i-ii'ir: :■.: i'i.'t -.'aii:.:-- ••; 'l.it'-.'.-n . !'•!!. »-r mj -i"!! \V»?rkon von Dr. R. Neuhauß, .I>i" Mi; «■■{■l.'it ji.i: iii-- IIu.:- ;i. S. IVjI) 'ir.-i -I/.-hrlnicli der Mikrophutogniphie* il;. Aiill.i::'-. Ji.'.i .'.-'::.■•'.•':. ]S(»"^i: I'r. Kai-»'i lin;r, Loljibu«;h der Mikrophotographie tlJ'.'iIirj ]■."■:; : M.t: kTimr. ■■! -Tui ij'i'.-T-cii'T. Di»- Mikro{i)i"tograpbie als Hilfsmittel naTiir.\i--!,>- l..'4:T::-::f-: I" i-hM .>; Ii;il!- a. >. HOOi, I'rinjile, Practical Photomicro- grai'liy f-*. .\'.l!;i^". L'frj'! -.'; )>''-';. MMjiiülard, La Mi«.TO]jhotographie (Paris 1899), Marhot. T: li'-' i.i:i-t:-ju<- -U- |.ij' r-,M:i":r'^..pi;'.TogiiiiiIjio 'Paris lÖ'X)).
Die L'piDe Feinlieit der KollodiumbiMer ermöglichte die Her- stellun;: inikr«iskoiii>fli v^.-rkleinfrtei- Bildchen (Photomikrographien) durch Dagron in Pari> in d».!i s<:chzi;rer Jahren.^)
■
.'Jj S t «• i j! . l»i»f <ij'Ti-- l.v I'j'J'.'kti'jii'jknnst im l)inn:st»? der Wissenschaften. Hall»; a. S. l^^sT.
Mikrophotogrnph io.
287
Der Franzose Dagron machte sich Dicht nur durch seine Mikro- photographien, sondern 1870 wahrend des deutsch -französischen Krieges durch eine kühne Ballonfahrt und durch die binnchtung der Tauben po&t nach der zeruierten Hauptstadt einen Namen Wahrend der Be
lagerung von Paris fuhr Dagron aus der eingeschlossenen Htadt mit dem Lnitbalion „Niepee" auf, landete in Tours und richtete einen Depeschendienst mit Brieftauben ein, durch welchen Hunderttausende von Depeschen in das belagerte Paris befördert wurden. Auf eine große Fläche wurden Tausende von Nachrichten , die vorher mittels Buchdruck auf großen Bogen erzeugt worden waren, zusammengestellt. Von
288 Erster Teil. Achtundzwanzigstes Kapitel.
diesen bedruckten Flächen wurde ein scharfes Negativbild auf Glas aufgenommen und dieses wiederum mittels des Dagronschen Verfahrens auf ein nur sechs Quadratzentimeter großes Gelatinehäutchen mikro- skopisch-photographisch reduziert. Das mit Depeschen bedeckte Häutchen wurde abgezogen, zusammengerollt und in einen Federkiel geschoben, welchen man zwischen den Flugfedern einer Brieftaube befestigte, die man nun von Paris nach Tours schickte. Auch in Tours, später Bor- deaux, wurden gleichartige Gelatinehäutchen wie in Paris angefertigt, in Federkielen wohl verschlossen und den nach Paris zurückkehrenden Tauben angeheftet. Dort wurden die Depeschen mit dem Apparate von Dubosq in einem dunklen Räume (Fig. 81) bedeutend vergrößert an eine weiße Wand projiziert und entziffert. Eine Anzahl von Schreibern war zugleich beschäftigt, den Inhalt der photographischen Mitteilungen zu kopieren und durch die zugänglichen Postverbindungen weiter zu befördern. Alle photographischen Kegierungs- und Privatdepeschen, welche Dagron zu Tours und Bordeaux anfertigte, wurden für jede Taubenpostsendung in zwei Stunden vollendet. Die einzelnen Häutchen trugen die Abbildung von 12 bis 16 verkleinerten Folioseiten und ent- hielten durchschnittlich 3000 bis 4000 Depeschen. Das zu dieser Korre- spondenz verwendete Material war so leicht, daß man einer Taube 18 Häutchen anheften konnte, welche im ganzen gegen 60000 Depeschen enthielten und zusammen kaum ein Gramm wogen. Die gesamte Korre- si)ondenz, welche auf diesem Wege zwischen Paris und Südfrankreich vermittelt wurde, umfaßte, wie erwähnt, hunderttausende von Mit- teilungen. In Paris und Tours wurden die gegenseitig ankommenden Depeschen vervielfältigt und in der Gesamtsumme von mehreren Mil- lionen Exemplaren an die Adressaten bestellt.
yEUinJin>ZWANZIGST£S KAPITEL. PHOTOGRAMMETRIE UND BÄLIX)NPHOTOGRAPHIE.
I. Photogram metrie. Den mathemathischen Grundcedaukeü , aus richtig gezeichneten perspebti Tischen landschaftlichen Bildern geometrische Pläne zu kon- struieren, hatte schon Lambert in Straßburg (f 1772) ausgesprochen. Der Franzose Beautemps-Beauprö führte in diesem Sinne schon in den Jahren 1791 bis 1793 topographische Karten aus Freihandzeich- DODgen von Küstenstrichen aus und zwar von einem Teile des Van- diemensland und der Insel Santa Cruz, welche er damals bereiste. Als dann in den Jahren 183? bis 1840 eine französische Espedition von Dnmont-d'ürville mit den Korvetten „rAstrolabe" und „Zölte" unter- nommen wurde, hatte Beautemps-Beaupr6 bereits im Jahre 1835 Instruktionen für die Marineoffiziere und die hvdrograpbischeD Ingenieure ausgearbeitet, worin die Prinzipien der Bildmeßmetiiode niedergelegt waren. Somit war das Bildmeßverfahreu schon vor der Erfindung der Photographie bekannt.
Als im Jahre 1839 anläßlich der Entdeckung der Daguerreotypie Arago seine Denkschrift der französischen Deputiertenkammer in Paris vorlegte (s. S. 184), erwähnte er: „Wir könnten z. B. von einigen Ideen reden, die man über die schnellen Mittel für die Aufsuchung gehabt bat, die der Topograph der Lichtbildererzeugungsmethode entlehnen könnte . . ." (s. S. 193). Die Photogram metrie wurde aber erst seit 1851 von dem französischen Genieoffizier A. Laussedat (späteren Oberst und Director honoraire der Ecole des arts et metiers in Parts) definitiv ausgebildet und in die Praxis eingeführt, so daß er als Vater dieses Verfahrens bezeichnet werden kann. Seine erste bedeutende Publikation über di« Prinzipien der Photogram metrie erschien im Jahre 1854 unter dem Titel „Memoire sur l'emploi de la chambre claire dans les recon- naisaances topographiques" (Paris), welche in den „Memorial de l'0£ßcier du g6nie (Nr. 16), rodigö par les soins du comitö des fortifications" mit Approbation des französischen Kriegsnii nisters erschienen und in Nr. 17 Kdsi, Hwidbncb der l'hoIc^Bphi«. I. Toil. :i. Anfl. IJ
290 Elfter Teil. NeunondzwanziKstes Kapitel.
(Paris 1864) eine FortsetzuDg enthielt Laussedat selbst beschreibt in Nadars „Paris-Photograpbe" {1891 — 1893) die Geschieht» dieser seiner Arbeiten;') es finden siuh zahlreiche gelungene lUustrationea der ersten photogrammetrischen Instrumente Laussedats sowie die ersten in Frankreich ausgeführten photogrammetrischen Aufnahmen selbst.
Das erste, einfache Modell des von A. Laussedat im Jahre 1859 verwendeten photogrammetrischen Apparates ist in Fig. 82 abgebildet; es war vom Mechaniker Brumer in Paris ausgeführt und das „ComiK- des fortificationb in I< rankreich bezog fünf Exemplare desselben.^) Der Plan des Dorfes de Buc bei \eisailles wurde im Mai 1861 im Maße 1 : 2000 photogrammetrisch auf- genommen.')
Laussedat machte 1861 vom Dache der Polytachoiscben ächule sowie von der Kirche St. Suiptce aus Aufnahmen eines Teiles von Paris und entwarf danach Pläne, die an Genauig- keit den vorhandenen Plänen Dicht nachstanden ; man er- blickt hier die Anfänge der Photogrammetrie für Aufnahme von Architekturwerken. Das französische Kriegsministerium griff die Methode auf und führte sie unter allen Staaten zuerst ein. In Italien arbeitete Prof. Porro seit 1855 an der Photogeodäsie und in l'reußen wurden 18(i7 über Anregung des Generals Wasserschieben die Mittel zu photogrammetrischen Probearbeiten vom Kriegsniinister genehmigt und Meydeubauer auch mit diesen Yersuchen betraut (Aufnahme von Freyburg a. d, ünstrut samt Umgebung); Meyden- bauer wurde später Vorstand eines eigenen vom preußischen Unterrichts- ministerium erhaltenen Institutes für Photogrammetrie in fierlin. Im Jahre 1875 wurden in Italien Mappierungen durch den Oeneralstabs-
Appurat a«60).
1] In Paiis-Photographe 16!>2. S. 241 findet sieb ma Portrüt Laussedata.
2) A. Lausspdat, Paris-Photofraplie 1802. S. 47 1.
3) Auch CbcvüliLT iTbaute iu den fÜDfüiger Jahren einen phatographiaoliea MsBtiscli, wovon ein ExempUr im k. k. militär- technischen Komitee in Wien vor- banden ist (vergl. PoUaok, Mitteilung der k. k. Geographischen Oesellschatt in Vkd. 1891. Heft 4). — Verg!. Eders Jahrb. f. l'hot. 1897. S. 506.
Fbotognunmetrie aod Ballon Photographie. 291
Leutnant Kanzi, später durch Paganini gemacht Dann folgten ÖBter- reich (iosbesoDdere Viocenz Follack, Baarat: im k. k. Eisenbahn- minist^um, Prof. Schell an der Technischen Hochschule in Wien, Frofl Doleial an der Bergakademie in Leoben und Oberst Baron HQbl vom Uilitär- geographischen Institut in Wien), Deutschland (Prof. Eoppe in BraonBchweig u. a), England und andere Staaten mit der Einführung der Pbotogrammetrie. ')
IT. Photographie vom Luftballon aus.
Die Photographie vom Luftballon aus tauchte in Frankreich zuerst als scherzhafte Idee auf in einer Karikatur- Lithographie (s. S. 211). Einige Jahre nachher erschien ein hamoristiBch geschriebenes Buch von Andraud „üne deroidre annexe au Palais de rindustrie" (Paris, Verlag von Guillaumin, 1855), in welchem zum ersten Male auf die Mög- lichkeit hingewiesen ist, mittels der Photographie und eines Luftballons (ballen captif) Bilder aus der Vogelperspektive herzustellen, jedoch be- schränkte sich Andraud lediglich auf den Ausdruck seiner damals phan- tasievoll erscheinenden Idee, ohne an ihre Realisierung zu denken.^
Ohne von diesem Buche Kenntnis zu haben, entschloß sich der Fhotograph Gaspard Felix Tournacbon, genannt Nadar in Paris^) im Jahre 1858 im Ballon captif aufzusteigen, um photographische An- sichten der Erde aus der Vogelperspektive zu gewinnen; er hatte den Plan gefaßt, in einer Höhe von mehreren hundert Metern von seinem Fesselballon aus eine exakte photographische Terrainkarte herzustellen. TJm sich die Ausführung seines Projektes zu sichern, nahm Nadar, dessen Porträt in Fig. 83 gebracht ist, mehrere Privilegien iu Frank- reich, England*) und anderen Staaten.
1) Tei^, Lausaedat, Recherches sur les instrumeots, len metbodea et le dessin topogn^hiques. Paris 1903. — Laussedat, La meteophotographie. Paris 1899. — T. Pollaot, Über photographisobe Meßkunst (Mitteilungen der t. k. Geographischen Q«8ellBcbaft in TVien 1891). — Paganini, FotogrsmmetTJe. Milane 1901. — C. Eoppe, Photogrammetrie und internationale Wolken messung. Brauoschweig 1S96. — C.Koppe, Die Photogrammetrie «der Bildmeßkunat. Weimar 1889. — Meyden- baner, Das Denkmälerarchiv und seine Herstellung durch das Meßbild verfahren. Denk- Bohrift. 1896. — Prof. Gd. DoleJal, Die Anwendung der Photographie in der praktischen Mefiknnst Halle a. S. 1896. — Prof. Ed. Dolezal, Die Photographie und Photo- grammetrie ün Dienate der Denkmalpflege und das Deokmälerarchiv. Halle a. S. 1699.
2), Über die Geschichte der Photographie vom l.uttbalion aus a. Gaston TisBandier, La Photographie en Ballou. Paris 188li.
3) Nadar, „Artiate en Da^ucrreotypic ''i wie er sich nannte, hatte in den nnfdger Jahren des vorigen Jahrhunderts Nein Atelier In Paris, ßue St. Lazara 113.
4) Das englische Patent Nadars, Nr. 2425, für seine Bai Ion Photographie ist v«m 29. Oktober 1858 datiert.
Erster Teil. NeuDondKWBDüigates Kapitel.
Die Austilhrung der BalionphotograpLie bereitete Nadar großai Schwierigkeiten; er arbeitete mit dem nassen Kollodium verfahren und versuchte, in einer kleinen photographischen Dunkelkammer, welche durch ein orangegelbes Leinwandfenster erhellt war, im Luftballon seine Platten zu präparieren; das Schwefelwasserstoff haltige Wasserstoffgas, mit welchem sein Ballon gefüllt war, wirkte neben anderen Mißständen schädlich auf die gosilberten Kollodi umplatten. Trotzdem gelang ihm die Photographie des Dorfes Petit ßicetre, an welcher man trotz aller Flecken und kleinen Fehler im Negativ deutlich die Häuser erkennen konnte. Damit war das Problem der aerostatischen Photographie durch Nadar praktisch gelöst.
Nadar wurde 1859 eing»< laden, die Bai Ion Photographie italienisch -französischen Krieg dl niilitärisohen Zwecken dienstbi zu machen, er fühlte sich jedoch teils seines Verfahrens nicht genug sicher, um diese Operationen im Feldzuge einleiten zu können, teils wollte er als radikaler Republi- kaner dem Kaiser Napoleon lU. hei seinem Feldzugc nicht folgen. Dagegen wurde im amerikaniscbea Sezessionskrieg im Jahre 1861 von den Amerikanern mit Erfolg der Luftballon zur Erkennung der F[ S3 i.n .iitj Peiii T^uinnchoii feindlichen Stellungen benutzt,
^•eniinni Nn.inr. nachdem General Mac Clellaa
die Luftschiffer LaMontain und Allon gewonnen hatte. Im Jahre 1862 wurde auch die Photographie, durch die Ünionisten- Armee zu Rekognoszierungen vom Ballon auB' herangezogen') und zwar im Mai 1862, als sie vor Richmond lag. "Sa wurden von der Aufnahme des Terrains zwei Abdrücke gemacht, jedw derselben in 64 numerierte Vierecke zerschnitten: ein Exemplar erhielt der General Mac Clellan, das andere die Luftschiffer. Am 1. Juai> 1862 stieg der Ballon 350 m über das Schlachtfeld, setzte sich tele*.j graphisch mit dem Generalqnartier in Verbindung und rapportierte der Hand der photographischen Karten genau die Bewegungen dw' Feindes. Zum Erfolg des Generals Mae Clellan trug wesentlich dii Anwendung des Luftballons, der Photographie tmd Telegraphie bei-
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nutzte den Luftballon Henri Giffard, weK'her beim Hippodrom in Paris anter der Leitung Ärnauds stand. Dieser Ballon captif konnte sich bis 200 m Höbe erheben und Nadar erzielte von ihm aus schöne präzise Photographien des Triuntphbogetis in Paris mit den umgehenden StraSenzttgen. Diese Leistungen waren entschieden das Beste, was in dieser Richtung mit dem nassen Kollodiumvorfahren erreicht wurde.
Mit der Gelatinetrockenplatte gestaltete sich der Arbeitsvorgang weseDtlich einfacher. Die ersten Versuche mit solchen Platten und dem frei fliegenden Ballon machte Triboulet am 8. Juli 1879 in einer Höhe von 500 m über Paris; leider öfTneten die Zollbeamten der Pariser ZolUnie die Kassetten, um den Inhalt zu revidieren und vernichteten dadurch seine Aufnahmen. Die ersten erfolgreichen Aufnahmen im freien Baiion stellte am 14. Juni 1880 Desmarets her, welcher mit einem Apparate von 24 cm Fokus und Momentverschluß die ersten ge- lungenen Negative auf Brorasilbergelatineptalten erhielt. Es folgten dann V. Shadboidt und W. Dale (1883) in England, Tissandier ond G. J. Ducom {19. Juni 1885) in Frankreich, V. Silberer in Wien (16. September 1885)') und andei-e; A. Batut versuchte 1887 die „Photo- graphie aSrienne" mittels eines Drachenfliegers, an dem er eine Kamera in die Lufl steigen ließ-) und daran schlössen sich zahlreiche Arbeiten der neuesten Zeit an.
1) Phot. Eorresp. 188ö. S. 388. — Tu der Wiener ,,Allg. Sportzeitung'- Nr, 30 vom 25. September 188.'), S. 895, sowie in oineni der Nr. 48 vom 28. November 1886 beigegebeDeD Separatdnicke, S. 1—4, verficht V. Silberer, der Herausgelwr dieser Zeitung, Heine Priorität, in Österreich diu erste Bai Ion Photographie hergestellt zu haben.
2) La Natnr«, 2(J. Februar 1887.
DREISSIOSTES KAPITEL.
BEOMSILBEEÖELATINE,
Die Versuche Poitevins (1850) Leim als Bindemittel für Silber- salze im Negativprozeß zu verwenden (s. S. 260), waren so ziemlich erfolglos geblieben. Auch die im Jahre 1853 von Gaudin ausgesprochene Idee, Emulsionen mit verschiedenen Bindemitteln, unter anderem auch mit Gelatine herzustellen (s. S. 279), brauchte lange Jahre zur Ver- wirklichung. Es war vorerst die Erkenntnis der Tatsache notwendig, daß das Bromsilber (nicht Jodsilber) den Hauptbestandteil solcher Emulsionen bilden muß, ferner daß die große Lichtempfindlichkeit des Bromsilbers nur mit chemischen Entwicklungsprozessen (wie alkalisches Pyrogallol) zur Geltung komme. Dann erst war es möglich, daß die Verwendung der Gelatine (an Stelle des Kollodiums) als Bindemittel bei der Emulsionierung des Bromsilbers vollen Erfolg haben konnte. Aber gerade diese Erkenntnis wurde erst spät, nach vielen mißlungenen Vor- versuchen, gewonnen.
W. H. Harrison veröffentlichte im Jahre 1868 in seinem kurzen Artikel „The Philosophy of Dryplates" (Brit Journ. of Phot 17. Januar 1868) halb mißlungene Versuche mit Bromjodsilber, das er in Gelatine emulsifizierte, damit Platten übergoß, trocknete und mit alkalischem Pyrogallol -Entwickler entwickelte. Er bemerkte aber, „das Bild kam schnell, war von großer Intensität, aber die rauhe und unebene Ober- fläche der Schicht machte es wertlos". Er versuchte durch Vermehnmg des Gelatinegehaltes seine Emulsionen zu verbessern, konnte aber dann kein Bild erhalten — ein Beweis, daß er schlecht experimentierte und durch die Publikation seiner Mißerfolge eher von weiteren Ver- suchen mit Gelatine -Emulsion abschreckte und nach dieser Sachlage wohl nicht Anspruch auf einen Förderer und noch weniger auf einen Erfinder der Gelatinetrockenplatten erheben kann.
W. Jerome Harrison erwähnt mit großer Genauigkeit in seiner «Histoiy of Photography*^ 1888. S. 59, dieser nur balbgelungenen Erstlingsarbciten W. H. Harri- so ns mit Bromsilbergelatine. C. Schien dl bemächtigte sich dieser Angabe Harri-
BromHÜbergelatiDe. 295
Bons und Terschwieg die wahre Quelle, aas welctier er schöpfte. Er begnfigte sich aber nicht, seinen Voi;gIiiger (ohne ihn zu zitieren) abzuschreiben, sondeni schoB Übers Ziel, indem er W. H. Harrisons Verdienste um die Erfindung der Oelatine- EmoltiOD übeischStzte. Eder.
Als Erfinder der modernen Bromsilbergelatine- Emulsion muß der englische Amateurphotograpb, der Arzt Dr. B. L. Maddox bezeichnet werden.') Richard Leaoh Maddox (* 4. August 1816 in Bath in England, f 11. Hai 1902 in Fortsmouth) stndierte in England Medizin, lebte einige Jahre in Eonstantinopel, -wo er als praktischer Arzt tätig war and sich 1849 verheiratete. Er ging dann nach England zurück, be&ßte sich mit Mikrophotographie und erhielt 1853 von der Fbotogra- pfaiscfaen Gesellschaft in London und 1865 bei der Internationalen Aus- stellung in Dublin Medaillen fflr seine Mikrophotographien. Während seiner Tätigkeit als Arzt in England arbeitete Maddox auch emsig als Amatettrphotograph. Er schrieb eine Heihe von Artikeln photographi- schen Inhalts für The British Journ. of Phot, dessen Herausgeber sein Frennd war; seine wichtigste Mitteilung war aber jene über gelungene Versuche mit Bromsilbergelatinetrockenplatten.
Am 8. September 1871 richtete R- L. Maddox die erste Notiz über die Darstellung von BromsUbergelatine-Emulsion an das British Journal of Photography and händigte gleichzeitig dem Herausgeber dieses Journals, Herrn Taylor, einige Negative (Landschaften, Ansichten usw.] eio,^) welche nach dem neuen Verfahren hergestellt waren und die erst^i ge- langenen Versuche mit Bromsilbergelatine- Trockenplatten repräsentieren.
Dr. Maddox zog aus seiner Erfindung nicht den geringsten pekuniären Nutzen und befand sich in den letzten Jahren seines Lebens in keineswegs glänzenden Verraögensverhättnissen , so daß die englischen Photographen und Amateure ihm ein Ehrengeschenk von 8000 Mark widmeten. Er erntete die dankbare Anerkennung der Fachgenossen, zuletzt namentlich anläßlich der Überreichung der „Progress-Medal" der London Royal Fhotogr. Society 1901. Ein Jahr darauf starb Maddox im 86. Lebensjahre in Portsmouth, Grafschaft Southampton (England). Kg. 84 zeigt das Porträt Maddox' nach einer Heliogravüre, welche dem III. Bande (Auflage 1886) von Eders Ausführlichem Handbuch der Photographie beigegeben war.
1) Über Dr. K. L. Maddox und die Erfindung der Gelatine-Emulaionsplatien siehe auch „Photography" (190i. S. 56, mit Forträt). Vcrgl. auch W. Jerome Harii- son, ,A Hiatory ot Photography". Bradtord 1888. Femer Brit. Jouro. of Pliot. 1901. 8. 425.
2) Brit. Journ. of Phot. 1871. Bd. 18, S. 422; auch Phot. Korresp, 1874. Bi 11, 3. 124.
296 Erster Teil. DreiUigstes Kapitel.
Es dauerte zwei Jahre, bisMaddox' Erfindung von anderer Seite neu aufgegriffen und verbessert wurde. King gab am 14. November 1873') eine nähere Bei%chreibung des Gelatine -EmulRiunsprozesses und
g.xi H L. UhJ
führte das Auswaschen der löslichen Salze aus der Gelatine-Emalsion ein. In derselben Nummer der Zeitschrift empfahl Johnston das lös-
1) Bril, Joiira, o[ l'liot. 1873. Bd. 20. S, 512: aiieli Phot. Korreap. 1874. Bd. 11, S. 12d; spater ausführliclier Brit. Journ. of i'hot. 1871. Hd. 21 , S. 294.
als hochwichtig anerkannt und als Regel bei der Herstellung von Ge- latine-Emulsion in der Folge festgehalten.
Durch Burgess wurde die erste Gelatine -Emulsion im Juli 1873 in den Handel gebracht; sie war im British Journal of Fhutography vom 25. Juli 1873 annonciert. Die Formel zu dieser Emulsion wurde damals von Burgess nicht bekannt gegeben. Ihm gebührt aber das Verdienst, der erste gewesen zu sein, welcher wirklieb Gelatine- Emul- mon in einer praktisch entsprechenden Qualität herstellte.
Von da ab wurden die damals noch keineswegs rapiden Brom- silbei^latineplatten, welche an Empfindlichkeit mehr oder weniger jener einer nassen Kollodiumplatte gleichkamen, namentlich in England ver- snchsweise zu Landschaftsaufnahmen, ab und zu auch zu Forträtaiif- nahmen verwendet.
Das allgemeine Interesse wurde durch den Papst Leo XIIL 1877 auf die Trockenplatte gelenkt
Es war nämlich eioe diT ersten pralitisohen Leistungeo der B romsil berge latine- photograpbie, daG man Papst Leo XIII. nebst Gefolge im Garten des Vatil>anii in Rom anf einer derartigen Platte im Zeitraum von einer Sekunde aufiiabm. Dos Bild gelang TortrefflJch and befriedigte den Papst so, dal! er es durch folgendes latoinisclie Gcdiubt") aosieicbnetei
Ars photographiea. Expressa solis speculo Nitens imago, quam bene Frontis decus, vim luniinum Refert et oiis gratlani! 0 mira virtus ingenü Novmiique nionstmnil iniaginem Naturae Apelles aomulus Non pulchriorem pingeret. Diese schönen lateinischen Verse lauten in deutscher Chersetzung etwa so : Die photugraphische Kunst. Vom Sonnenspiogel hingelioucbt Erscheint ein glänzendes Bild, wie schön Strahlt es die Stirn, das Augenlicht, Des Mundes Anmut hold zurück! 0 wunderbare Geistesmacht! Ein neu Gebilde der Natur, TVie selbst Apellcs' Meisterhand Es schöner nicht hervorgebracht!
1) BriL Jonm. ot Phot. 1873. Bd. 20, S. 544; auch Phot. Korresp. 1874. Bd. 11, S. 126.
2) PhotographiscBea Archiv, 22. Band. 1881. S. 120.
298 Erster Teil. Dreißigstes Kapitel.
Mittlerweile wurden die chemischen Vorgänge bei der Erzeugung von Bromsilbergelatine und die Mittel, ihre Empfindlichkeit zu steigern, genauer studiert.
Bennett teilte am 29. März 1878 mit, daß eine Emulsion durch eine andauernde Digestion bei 32 Orad C. an Empfindlichkeit bedeutend gewinnt,^) oder, wie man sagte, daß dadurch „die Emulsion reift**.
Van Monckhoven zeigte im August 1879,^) daß die Steigerung der Empfindlichkeit der Bromsilber- Emulsion bei andauernder Digestion mit einer molekularen Änderung verknüpft sei. Er führte bei dieser Gelegen- heit die früheren Angaben von Stas (1874) über die verschiedenen Modi- fikationen des Bromsilbers an und machte die belangreiche Entdeckung, daß das Reifen des Bromsilbers durch Ammoniak wesenüich beschleunigt wird. Die ammoniakalische Methode wurde dann von J. M. Eder aus- gebildet, durch dessen Untersuchungen 1880 die Methode mit Silberoxyd- ammoniak zur Ausführung geeignet gemacht virurde. Eder machte auch im selben Jahre den günstigen Einfluß von Ammoniak und kohlensaurem Ammoniak auf das Reifen der Emulsion in der Kälte bekannt; er ließ 1881 nach seinen Angaben sogenannte harte Oelatinesorten erzeugen (zuerst von der Gelatinefabrik in Winterthur), welche namentlich von Deutschland aus rasche Verbreitung bei der Herstellung von Emulsionen fanden und wegen ihrer größeren Widerstandsfähigkeit große Vorteile gegenüber den weichen englischen Gelatinesorten boten. Im Jahre 1882 gab Hendorson eine kalte Emulsionsmethode an. Die Siede-Emulsion wurde besonders durch Abney studiert und in England kultiviert, während die ammoniakalische Methode in Deutschland, Osterreich und Frankreich Eingang fand. Es vermehrten sich die anfangs vereinzelten Fabriken in allen Ländern und schon zu Beginn der achtziger Jahre entstanden höchst leistungsfähige Trockenplattenfabriken, welche sich zu Großbetrieben ent- falteten und für deren Betrieb Millionen von Mark investiert worden.
Um diese Zeit (zirka 1880) verschwand ziemlich vollständig die nasse Kollodiumplatte aus den Ateliers der Porträt- und Landschafts- photographon und blieb nur mehr in photographischen Eeproduktions- anstalten in Anwendung.
Entwickler und Fixierer für Bromsilbergelatine. Anfänglich entwickelte man Bromsilbergelatine-Troekenplatten aus- schließlich mit Pyrogallolammoniak- Entwickler, welchen man von dem Kollodiumverfahren übernommen hatte, dann kam der Eisenoxalat-Ent- Wickler in Verwendung.
1) Brit. Joura. of Phot. 1878. Bd. 25, S. 146; auch Phot Korresp. 1878 u. 1879.
2) Bull. Soc. Fran^. 1879. Bd. 25, S,204; auch Phot. Korresp. 1879. Bd.ie, 8.149,
BromsilbergeUtiDe. 299
Bereits 1877 hatte Carey Lea für JodbromchlorBilberpapiere (keine EmnlsioQ) veiscbiedene EDtwicklersubstanEen und besooders wirksam das Ferroozalat gefunden.') Er löste gefällteB Perrooxalat in kochender Ealiamoxalatlösung und erklärte es fdr wenig empfehlenswert, Eiaen- Titriol mit Ealiumoxalat zu mischen und empfahl 1880 verschiedene komplizierte Eisen -Entwickler, weiche neben Oxalat noch Phosphate, Salfite, Borate usw. enthielten,*) da ihm entgangen war, daß die beste Wirkung der einfache Eisenoxalat- Entwickler abgebe. Eder zeigte im NoTemher 1879, daß das Gemisch von Lösungen von Eisenvitriol und Ealiumoxalat trotz des durch Doppetzereetzung entstehenden, jedoch indifFe- renten Ealiumsulfates die beste Wirkung zum Entwickeln von Getatine- trockenplatten abgibt;*) die Einführung dieses leicht zu behandelnden Entwicklers leistete der Verbreitung der Gelatinetrocken platten damals starken Vorschub*) und es blieb Eders Oxalat-Entwicklor als Normal- Entwickler für photographische Sensitometrie bis heute in Verwendung.
Es wurde auch der Pyrogallol- Entwickler verbessert, indem im Jahre 1882 Berkeley schwetligsaures Natron im Pyrogallol -Entwickler eittf&hrte, und im Jahre 1887 brach sich das von Abney bereits 1880 in photographischer Beziehung untersuchte Hydrochinon als Entwickler in der Praxis Bahn. Die ersten Angaben über den Einfluß der Isomerie der vom Benzol sich ableitenden Entwickler auf ihr photographisches Entwicklervermögen rühren von Eder und T<5th (1880) her, welche die photographiscben Entwickler-Eigenschaften der drei isomeren Ver- bindungen Hydrochinon, Brenzkatechln und Resorzin feststellten^) und den alkalischen Brenzkatechin-Entwickler als Entwickler von Broni- silberplatten einführten; hiermit war von den letztgenannten zum ersten Male festgestellt, daß die Para- und Orthostellung der Hydroxylgruppen eine größere Entwicklerfunktion äußert als die MetaStellung.
In der Folge wurden weitere Fortschritte in der Entdeckung neuer organischer Entwickleisubstanzen gemacht, namentlich von Andresen in Berlin mit der Entdeckung der Entwicklerfunktion von Amidover- bindungen. Den ersten Schritt machte die Berliner Aktiengesellschaft Ar Anilinfabrikation mit der Einführung des Eikonogen-Entwicklors (amidonaphtolsulfosaures Natrium) durch Dr. Andresen im Jahre 1880.
1) Brit. Journ. of Phot. 1877. S. 192 u. 304; auch l'hot. Archiv. 1877.
2) Ibid. 1880; Phot. Archiv. 1880. S. 104.
3) Phot Korresp. 1879. S. 223. — In einem Schreiben vom 7. Mai 1880 an das Brit Jonrn. of Phot gab Lea zu, daß dasGomisch von Eisenvitriol und Kali um- oxalat den anderen bomplizierteren Eisen -Entwicklern vorzuziehen sei.
4) üiea erwähnt unter anderem auch H. W, Vogel in den ,Photogr. Notizen». 1880. S. 1.
ö) Pbotogr. Korresp. 1880. 8. 191.
300 Erster Teil. Dreißigstes Kapitel.
In rascher Reihenfolge geschah die Entdeckung des Metol, Glyzin und Amidol 1891 durch Hauff in Feuerbach, des Paramidophenol (Andresen 1888), der Adurole durch Lüppo Gramer (1899), sowie der zahlreichen neuen, vortrefflichen Entwicklersubstanzen, wobei sich außer den genannten Firmen noch Schering in Berlin und Luraidre in Lyon betätigten. Die Tiieorie dieser Entwicklersubstanzen wurde besonders durch Andresen, dann auch durch Lumiöre und Seyewetz begründet und wissenschaftlich vertieft.
Der Fixierprozeß wurde durch die Einführung der sauren Sulfite ins Fixierbad (A. Lainer in Wien 1889)^) gefordert, was namentlich zur Verhinderung der bei organischen Entwicklern leicht entstehenden Gelbschleier von Wert war (vergl. andere Verbesserungen Bd. III dieses „Handbuches").
Einführung der Films.
In den letzten Jahren wurde durch Einführung biegsamer, leichter, unzerbrechlicher Films der Photographie auf Reisen, sowie den kine- niatographischen Aufnahmen großer Vorschub geleistet.
Das Arbeiten mit Glasplatten ist bei Eeisen, ihres hohen Gewichtes wegen, beschwerlich. Das alte „Negativpapier", welches wegen seines geringen Gewichtes unleugbare Vorteile bot, versuchte man bereits in den achtziger Jahren durch biegsame „Films" aus Kollodium und ge- härteter Gelatine zu ersetzen. 2)
Uoodwin reichte 1887 ein amerikanisches Patent auf solche Films ein, erhielt aber das Patent zufolge mannigfacher Streitigkeiten erst 1898. Andererseits befaßten sich auch Eastman und Walker mit der Erzeugung von Eollfilms, welche sie 1888 in größeren Mengen auf den Markt brachten, nachdem sie die ersten Gießmaschinen für Films aufgestellt hatten; sie verwendeten zuerst Zelluloidfolien und führten 1890 die Rollfilms mit Kollodiumgelatine- Unterlage ein (Kodakfilms). Von da ab entwickelte sich unter Beteiligung verschiedener Fabrikanten die Photographie mit Films für Landschaftsaufnahme, sowie zur Kinemato- graphie (s. Bd. III) und gewann große Bedeutung in der angewandten Photographie.
Auch entsprechend dünnes Papier mit Bromsilbergelatine über- zogen fand um 1900 wieder Aufnahme in die photographische Praxis, da mittlerweile die Fabrikation ziemlich „strukturlosen" Papieres Fort- schritte gemacht hatte.
1) Phot. KoiTesp. 1880. S. 171.
2) Vergl. die Details dieser Erfindung Bd. III, 3. Aufl., S. 586. — Femer Jahr- buch f. Phot. 1903. S. 476.
Das firomeilberpapier gibt bei geeigneter Behandlung scböne schwärzliche positive Bilder, weshalb es nicht nur für Kontaktkopien, sondern auch im Vergrößenmgs verfahren vielfach seit zirka 1880, beson- ders aber gegen Ende des 19. Jahrhunderts verwendet wurde.
Um die Farbe der Bromsilberbilder zu ändern, kamen Tonungs- oder Färbungsmethoden der Bromsilber- Entwjcklungskopien in Anwen- dung. Sie wurden von der Verstäikungsmethode der Koltod lumnegative übernommen und zwar die braune Urantonung findet ihren Aus- gangspunkt in der Seileschen Methode der Verstärkung von Kottodium- negativen (s. S. 268), während die Blau- und Grüntonung mit rotem Blutlaugenaalz und Eisenchlorid usw. auf die Angaben von Eder und T<ith (Phot Korresp. 1876. S. 201 u. 221) zurückzuführen sind, welche zuerst angaben, daß ein derartiges Gemisch auf metallische Silberbilder anter Bildung von Berünerblau reagieren. Die diesen Farbungs- und Verstärkungsmethoden zu Grunde liegende chemische Keuktion des roten Blutlaugensalzes auf metallisches Silber steüle zuerst Eder (Phot. Korresp. 1876. S. 26) fest, nämlich die primäre Umwandlung von Ferricyaniden in Ferrooyanide; daran schlössen sich neuere Tonnngsverfahren von Namias, Ferguson usw. (s. Bd. III, 5. Aufl., S. 545 u. 636).
Das Bromsilbergel tttinepapier, als Mittel zum Schnell- kopieren und der raschen Herstellung von positiven Bildern, begann um das Jahr 1880 in der photngraphischen Praxis sich einzubürgern, insbesondere beim Vergrößerungsverfahren; es kam sehr erwünscht, weil man früher (für die unempfindlichen älteren Papiere mit Gallussäure oder saurem Pyrogallol-Entwickler) mit kostspieligen, enorm kräftigen künst- lichen Lichtquellen (Oxyhydrogen-, elektrisches Licht) arbeiten mußte, sobald die „Solarkamora" der alten Photographen mit direktem Sonnen- licht nicht zur Verfügung stand. Beim Bromsilbergelatinepapier war nnr ein einfaches Skioptikon mit Petroleumlicht nutwendig und dies erleichterte das Vergrößerungsverfahren sehr. Als im Jahre 1884 Walker und Eastman die erste Gießmaschine für Bromsilbergelatinc- papier aufstellten, begann die Erzeugung desselben im großen und zwar bald in verschiedenen Ländern. Für Massenproduktion war die Er- findung der Kopierautoraaten (Schnellkopiermaschine) von Bedeutung.
Der erste, welcher einen den Anforderungen der Praxis entsprechen- den Kopierautomaten konstruierte, war der Ingenieur Schlottcrhoß') in Wien, welcher im Jahre 1883 einen Exponierautomaten patentieren
1) Phot Korresp. 1883. S. 532- 1884. S. 330. — Deut'^thes Reichspalent Nr. 26620 vom 15. April 1883.
302 Erster Teil. Dreißigstes Kapitel.
ließ, bei welchem das Vorbeischieben des empfindlichen Papieres und die Exposition mittels eines Uhrwerkes erfolgt und als Lichtquelle so- wohl künstliches als Sonnenlicht dient
Arbeitete er mit dem weniger empfindlichen Chlorsilberpapier, so konnte Schlotterhoß (*1852, tl892) im zerstreuten Tageslicht und bei elektrischem Licht 400 bis 500 Kopien in der Stunde, bei Gaslicht 60 Kopien in der Stunde, bei Cyanotypie und Platinotypie 30 Kopien im direkten Sonnenlicht in der Stunde anfertigen, wonach sie entwickelt und fixiert wurden. Diese Maschine stellte der Erfinder beim Fabrikanten photographischer Papiere Dr. Just in Wien auf und lieferte versuchs- weise große Auflagen von Serienbildem, sowohl auf Bromsilber- als auf Chlorsilbergelatinepapier. Damals aber fand diese Erfindung wenig Verständnis; es fehlte an einem entsprechenden Absatzgebiete für die großen Auflagen von derartigen Entwicklungsbildern, so schön sie auch waren. Auch die zum ersten Male von Schlotterhoß 1883 gemachte Anwendung des Schnellkopierverfahrens in der Kriminalphotographie fand keine weitere Förderung, trotzdem es der Wiener Polizeidirektion 1883 gelungen war, mittels der während der Nacht in Schlotterhoß' Maschine illustrierten Steckbriefen die Agnoszierung und Verhaftung eines gefährlichen Anarchisten (Stellmacher) herbeizuführen, was die Wiener Polizeidirektion wohl sehr freute; aber trotzdem wurde das Ver- fahren damals nicht weiter eingeführt Auch der Kunstverlag verhielt sich damals passiv und so verlor Schlotterhoß mit seiner Erfindung sein ganzes Vermögen, ohne sie selbst in den praktischen Betrieb auch nur einführen zu können.
Der Kopierautomat wurde in Berlin durch die Neue Photogr. Gesellschaft 1893 zur sogenannten „Kilometerphotographie" für Illu- strationszwecke verwendet und gelangte für polizeiliche Zwecke im Jahre 1896 von amtswegen in Paris im Erkennungsamte durch Bertillon zur Durchführung.
Chlorsilbergelatine mit Entwicklung.
Das Verfahren der Herstellung von Diapositiven und Papier- bildem mittels Chlorsilbergelatine und chemischer Entwicklung wurde von J. M. Eder und G. Pizzighelli, zu jener Zeit Hauptmann an der photographischen Abteilung des k. k. technisch -admininistrativen Militär- komitees in Wien, im Jahre 1881 zuerst angegeben. Ersterer, damals Assistent am chemischen Laboratorium der Technischen Hochschule in Wien, hatte beobachtet, daß belichtetes Chlorsilber viel rascher von Ammoniumferrocitrat geschwärzt werde, als nicht belichtetes, und hatte Pizzighelli zum gemeinschaftlichen Studium der Chlorsilbergelatine und
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Chlorsilberkollodium mit chemischer Entwicklang angeregt Die Ergeb- nisse waren erfolgreich') und sie be- legtes die praktischen Besultate durch eine Reihe von Diapositiven in der Wiener photographischen Ausstellung 18S1, wo man zum ersten Male die roten, dann die warmen braunen bis olivgrflnen Farbentöne des Silberbil- des sah, welche dieses Yerfahren gibt Derartige Chlorsilberplatten stellten 1883 Cowan, dann Edwards in London und Dr. Just in Wien fabrik- mäßig her*) unii man rerwendete sie Tietfach für Diapositive. Just war der erste , welcher Chlorsilbergelatine- pt^ier auf Grund von Eders und Pizzighellis Angaben erzeugte; er kopierte sie bereits 1883 im Schlot- terhoBschen Eopierautoniaton mit Chlorbrom und Fig. 85 zeigt solche Proben aus der damaligen Zeit Dann brachte Liesegang in Dusseldorf „Panpapier", d. i. Chlorsilbergelatine in den Handel und erst 1903 er- folgte in Leipzig (Linnekampfs „Aristophot- Gesellschaft") die Wie- dererstehung des Chlorsilber- Maschi- nen-Kopierverfahrens fürZweckedes Kunstverlages, indem man die röt- lichen Bildtöne zur Geltung brachte. Chlorbromsilbergelatine, welche empfindlicher als reine Chlor- sUbergelatine ist, aber immer noch viel wärmere braune Töne gibt als reine Bromsilbergetatine, wurde zu- erst von J. M, Eder 1883 beschrieben und in „Phot News" 1883. S. 98
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1) SitzuDgsbcr. d. Kais. Ibad. d. Wissenschafteo in Witio 1881. Fbot. Eorre- spoodeoz 1881.
2) Vergl. Eders Ansf. Handb. d. Pliot. Bd. III, 5. Aufl., S. 715 u. 741.
304 Erster Teil. Dreißigstes Kapitel.
zur Herstellung von Entwicklungsbildern empfohlen; sie eroberten sich bald das Gebiet der Diapositiverzeugung für optische Projektionen mittels des Skioptikons und fanden sehr große Verbreitung in den Kreisen der Pachphotographen und Amateure. Diese Chlorbromplatten für Diapositive wurden zuerst in England fabriksmäßig erzeugt (vergl. Bd. III dieses Werkes), während Eders Chlorbrompapier erst sechs Jahre nach dessen Publikation von englischen Fabrikanten als „Alphapapier", später in Amerika als „Veloxpapier", in Deutschland (Liesegang) als „Tula- papier", als „Lentapapier" (Neue Phot. Gesellschaft in Berlin) usw. im großen hergestellt und in die photographische Praxis eingeführt wurde (s. Bd. III).
Photographische Serienbilder und Projektion von Serien- bildern (Kinematograph).
Das Bromsilberverfahren ermögliclite die bequeme Herstellung von Momentaufnahmen und damit auch die Herstellung von Serienbildem und deren Projektion, wovon schließlich gegen Ende des 19. Jahr- hunderts diejenigen auf langen Zelluloidstreifen die meisten Erfolge er- zielten. Die Anfänge der optischen Darstellungen von Serienbildern reichen weit zurück.
Die erste Vorrichtung für Reihenbilder hat Plateau, Professor der Physik in Gent (* 14. Oktober 1801 in Brüssel, f ani 15. September 1883 in Gent), erfunden und die Prinzipien seines Phenakistikop oder Phantaskop in seiner Dissertation: Sur quelques propri6t6s des im- pressions produites par la lumiero (Liöge 1829) angegeben.
Man hat auch eine Stelle in den Dichtungen des alten lateinischen Dichters und Naturforschers Lucretius Carus, welcher 99 bis 65 v.Chr. lebte, daiiin gedeutet, daß derselbe die Wiedervereinigung von Reihen- bildern kannte.^)
Die betreflTende Stelle lautet:
^QiukI superest, non est minim simulaera moveri hrachiaque in numerum jactaro et cetera membra; quippe ubi prima perit «iliu<[ue est altera nata inde statu, prior hie gestum mutasse videtur; scilieet, id fieri celeri ratione imtandumst.*
Die Übersetzung lautet etwa:
„Wundere sich übrigens nicht, daß IJilder sich scheinen zu regen, Scheinen nach Ordnung und Maß Glieder und Arme zu werfen; Nämlich das eine vei*sch\vind(jt, und kommt statt dessen ein andres Anders gestellt, und nun scheint jenes Gebärde zu ändern; Denn es versteht sich, daß dies im schnellsten Momente geschehe.*
1) Sachers, Phot. Korresp. 1807. S. 1.
kannte and ~. Aber sie sogar eine Notiz pnblizierte: „Sur le paBsage de Lacröce, oü l'on a cru voir une description du fantanscope" (Bibl. ani¥. S6r. IV. T. XX. 1852).
Durch die vage Angabe von Lacrez wird jedoch das Verdienst Plateaus, welcher ein sehr verdienstvoller Forseber auf dem Gebiete der Optik war und infolge Überanstrengung seiner Augen im 39. Jahre erblindete, nicht geschmälert
Die nächste bedeutende Verbesserung machte Simon Stampfer (•18. September 1792 zu Windisch Matrei, Professor der praktischen Geo- metrie am polytechnischen In- stitut in Wien) im Jahre 18S4; er beschrieb die strobosko- pischen Scheiben und die damit erzielten optischen Täu- scbongsphäaomene in den Jahrbüchern des Wiener poly - teohnischen Institutes 1834.
Der erste, welcher Serien- bilderinForm von Bewegungs- bildem mittels eines Stamp- ferschen „Stroboskopes" an die Wand projizierte und da- durch einer größeren Anzahl von Zuschauern gleichzeitig Torführte, war Franz vor Uchatius,') der spätere Feld- marachall- Leutnant und Er- finder der nach ihm benannten
StahlbrOnzegeSchUtZe. Der- Pig. Sf, Fram Freiherr von Ochstlus,
selbe legte am 4. April 1853 <•'*'"■ +"*«"
(„Ber. d. k. Akad. d. Wissensch.
in Wien" 1853, S. 482) das Resultat seiner Versuche vor, welche er
im Jahre 1845 im Auftrag des Obersteu von Hauslaab (Erzieher der
Söhne des Erzherzogs Franz Karl) begonnen hatte.
Fraoz Freiherr von Uchatiuh, desseo Porträt in Fig. 8K gebracht ist, wurde 1611 in Iheresienfeld bei Wiener Neustadt in N'ieder-ÖGterreicb als Sobn eines Straßen- mrätera geboren. Er ließ sieb froiwillig als Unter -Kanonier (1S29) asttentiereoi •todierte dann im Bombardier -Corps Mathematik, Mechanik und Chemie, besnohte
1) Vergl. 0. Volkmer, Wiener Phot. Blätter 1897. S. 92; Sachera ,Zut Ge- der objektiven Dantellnng von Reihenbildern". Phot. Eorresp. 1897. S. 1. , BmdbDch der PhotOKnrhie. I. T«i1, B. ^nfl. 2i)
306 Erster Teil. Dreißigstes Kapitel.
später das Wiener Polytechnikum, kam 1841 in die GeschützgieBerei, erfand den ^Uchatius-Stahl^ und führte die Stahlbronze (1879) in der österreichisohen Armee ein. Uchatius wurde zum Generalmajor ernannt und in den Freihermstand erhoben. Leider ergaben die Versuche , Belagerungsgeschütze größeren Kalibers aus Stahlbronze zu erzeugen, einige Anstände, und der Versuch, ein 28 Zentimeter -Kanonenrohr zu erzeugen, schritt nur langsam vorwärts. Diese anscheinenden Mißerfolge und eine Mitteilung des Reichskriegsministeriums, daß zur Erzeugung der ganz großen Kaliber keine Kredite beim Keichsrate angesprochen werden können, brachte üohatius so aus der Fassung, daß er sich am 4. Juni 1881 das Leben nahm. (Vergl. Oberst vonObermayer, „Geschichte der technischen Militär- Akademie 1904; femer Frei- herr von Lenz, Uchatius. "Wien 1903). — Für uns ist der von üohatius er- fundene „Apparat zur Darstellung beweglicher Bilder an der Wand*' von besonderem Interesse. Derselbe war nach dem Prinzip der stroboskopischen Scheibe konstruiert und ist von Uchatius 1853 publiziert worden.
Die Bilder waren, so wie die der Stampferschen Scheiben, auf einem Kreise angeordnet, aus freier Hand gezeichnet, aber transparent und feststehend. Yor jedem Bilde befand sich ein Objektiv, welches dasselbe auf den Schirm projizierte, sobald das Bild durch die mittels einer Kurbel im Kreise bewegte Lichtquelle (Drummondsches Licht) mit Kondensorlinse belichtet wurde. Der Apparat war vom Verfertiger, dem Optiker Prokesch in Wien (Lairngrube 46, jetzige Gumpendorfer- straße im VL Bezirke), zu beziehen. Auch der Prestidigitateur Döbler benutzte einen solchen Apparat bei seinen Projektionen.
Es wurden ganz nette bewegliche Bilder erzielt, welche die Aus- führbarkeit dieser Methode bewiesen; durch die Einführung der photo- graphischen Serien aufnahmen und Momentbilder konnte die Methode später vervollkommnet werden; Uchatius ist aber ohne Zweifel der erste Erfinder derartiger Kinematographen gewesen.
Im Jahre 1864 erfand Ducos du Hauron in Frankreich eine Art von Kinematograph (s. S. 319), welcher aber niemals in der Praxis verwendet wurde. Über Formen des alten Zoetropes findet sich ein Patent der Vereinigten Staaten vom Jahre 1867, Nr. 64117 und (von Brown) 1869, Nr. 93594. Ch. Wheatstone hatte schon 1870 einen Apparat für diesen Zweck konstruiert. Später konstruierte Beynaud sein „Praxinoskop" (in Paris) um das Jahr 1882. i) Allerdings war der Apparat sehr unvollkommen und die Bilder bewegten sich ruckweise.
Inzwischen machte die Herstellung photographischer Serienbilder bemerkenswei'te Fortschritte und zwar z nächst auf dem Oebiete der Astrophotographie.
Der französische Astronom Prof. Janssen in Paris bediente sioh der Momentphotographie zur bildlichen Darstellung der Positionen dee Planeten Venus bei seinem Yorübergange vor der Sonne. Er benutzte im
1) Phot News. 1882. S. 675, aus „La Nature*.
Jfthre 1874 (
BeTolrer", in -weicii auf eine sich drehende lichtempfindliche Platte in rascher Anfeinanderfolge eine Anzahl von aebeneinander befindlichen Uomentau&iahmen gemacht wurde. Fig. 87 zeigt eine Serie Ton Fhoto- graphiea der Venus während ihres Torüberganges vor der Sonne in latei^ Tallen tod 70 Sekunden (Faksimile nach einer Photographie von Janssen in Harens „Developpement de la m^thode grapbique. Paris 1884".)')
Die ersten STstematiBcben in r^elmäßigen Intervallen bergcBtellten Photographien von Menschen oder Tieren in Bewegung machte der Amerikaner U n y bridge (dessen Porträt Fig. 88 zeigt) in Kalifornien durch An- regung des Oouvemeurs Leiand Stanford.^ Er b^ann seine Versuche auf den Ztlchtereien zu Palo Alto in Kalifornien im Jahre 1877 und 1878.
Muybridge ließ ein Pferd auf einer Rennbahn traben, und zwar vor einer Beihe von zwölf bis dreißig nebeneinander befindlichen Kameras, welche automa- tisch arbeiteten, wie dies in Fig. 8d angedeutet ist Auf der mit Kautschuk ge- plasterten Rennbahn wareo
Fäden gespannt, welche zum Momentverschluß der Kamera führten. Der Verschluß wurde mittels Elektrizität in Funktion gesetzt, sobald
photographlwhen Bei
1) 8. Eder, Die Monientphotographie , 2. Aufl. Etile a. S. 1886. S. 88.
2) S. Eder, Momentpliotograpliie , 2. Aufl. 1386. S. 141. Die ältesteD, sehr gelungenen Serien Photographien Muybridges erschieoea in dem Werlie: Animal looamotiaD. An electro-photographiQ invoBtigiLtiDD of consecutire pbasea of animal movemeots. 1872 — 1885. ByEadweard Huybridge. Published under the anapicea ot the ünivereity o£ Penneylvania. Plates. Tlie Plates printed by tbe Photo-Oravure Comptny. Philadelphia 1867. Autbora Editioo, welches mit zahlreicbeQ OroB-Folio- Liehtdraoken nach diesen Serien Photographien iUuEtriorl ist Eia Exemplar dieses Werkes befindet sich in der Bibliotbeli der k. k. Staatsgenerbeschula im 1. Bezirk in Wiea. Eine Neu-Auflage dieses Werkes, mit Autotypien illustriert, erschien unter dem Titel „Aniuials in motion" 1899 in London, n'ovon sich auch ein Exemplar in dar Bibliothek der t. k. GraphisoheB Lehr- und Versucbsanstalt in Wien befindet [Hnybiidge starb am 8. Uai 1904 im 74 Lebensjahr (Phot. 'Wocheubl. 1904. S. 175).]
20»
308
Erster Teil. I)r«BigsteB Kapitel
das Pferd einen dieser Fäden bei seinem Laufe entzweiriß oder auch nai berührte. Dadurch wurde eine Kamera nach der anderen, sobald das Pferd vorbeikan], zur Aufnahme geöffnet und dreißig aufeinanderfolgende Photographien während des Laufes erhalten. Je nach der Schnelligkeit _ des Tieres folgten die Aufnahmen in Zwischenräumen von 1 bis '/loo ^ künden aufeinander.
Neben dieser Reihe automatisch funktionierender Kameras fanden sich fünf andere, welche während des Experiments an ■* schiedenen Stellen der Batu aufgestellt waren. Daduro erhielt Muybrldge verschieß dene Ansichten des in Bo*
wegung befindÜ
Fig. 90 zei
blieksbilder des
„Sallie Gardner'
ichen Pferdes. igt die Augen- Rennpferdes
welches sich
Iti m pro Sekunde bewegte und in Zwischenräumen von Y,; Sekunde aufeinanderfol- gend aufgenommen wurde. Im Originale sind die Kon- turen aber nicht so scharf wie in unserer nach dem photo- graphischen Originale verkleU-_ uert ausgeführten Illustratioi — Die Richtigkeit der Muy brid gesehen Serienaufnaf men wurde anfangs ang( zweifelt, aber mittels desobf erwähnten Reynaud sehen „Praxinoskops" wurde der Beweis dej Korrektheit erbracht.
Muybridge selbst projizierte im MSrz 188Ü in der Royal Soci( in London seine Bilder mittels eines ähnlichen Apparates, welcher duw elektrisches Licht beleuchtet war. Im Jahre 1891 demonstrierte May- bridge diese Bilder in Wien und Berlin mittels eines Apparates, welche von ihm selbst konstruiert und verbessert worden war; er benutzte elektrisches Ucht Muybridge projizierte auch seine Bewegungsbilder (Diapositive) auf eine große Fläche und setzte die Serien zu kontinuier- lichen Bewegungsbtldern, welche allerdings ziemlich unvollkommen waren, zusammen. Muybridge urdnete seine Diapositive auf einer Scheibe nahe der Peripherie an und ließ sie den Projektionsappant
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passieren.') -j .«gv, *» ^, .
die weit empfindlicheren BromsilbertrockenplatteD.
Die wissenschaftliche Seite der Bewegungsbilder kultivierte ins- besondere der fimzösische Arzt Jules Marey, Professor am College
de Franke (*1830 zu Beanne, f 1904 in Paris), der sich speziell der Physiologie der Bewegungen beim Menschen und bei den Tieren wid- mete. Er analysierte nach Bekanntmachung der Arbeiten von Janssen and Uaybridge die Bewegungserscheinungen bei Menschen und Tieren, wozo er eigene chronographische Apparate konstruierte. Er wendete
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Tif. 90. B«rianphati>«[ajihie
»of diese sehr verwickelten und sehr flüchtigen Vorgänge die mathe- matische Analyse an und erfand eine Anzahl höchst sinnreicher Apparate Kam Registrieren aller Kegungen des Lebens: der Puls- und Herzschläge, der Bew^ungen der Atemorgane, Arterien, Muskeln und des Gehens.
1) Edars Jahrbuch f. Phot. 1892. S. a&d. — Die Erfolge der Muybridgoschett ]^iÖ"kti<»ieD von photographischen Sericnbildern warea aber niclit ganz befriedigend (8. Bruno Hejer, DeutBche Phot-Ztg. 1891 , ,Über Angenblicka-EeiheDaufnahmen").
310
Erster Teil. Dreißigstes Kapitel.
Er erfand 1888 den Chronophotographen , aus welchem später der Kinn matograph entstand. Marey war langjähriger Vorsitzender der Soci6t6 fran^aise de Photographie und nahm lebhaften Anteil bei der Inszenie- rung der photographischen Abteilung auf der Pariser Weltausstellung 1900. Seine wissenschaftlichen Freunde und Verehrer ließen eine ihm gewidmete künstlerische Plaque prägen (1902), welche sein Bildnis und die Symbolik der von ihm erfundenen Apparate und Forsch ungsreaul täte zeigt. Wir bringen in Fig. 91 und 92 die Vorder- und Rückseite dieser Plaque.^
Sehr gi'olle Verdienste um den Fortschritt der Serienphotographie, sowie der Momentphotographie im allgemeinen erwarb sich 0. AnschütK in Lissa in Posen, später in Berlin (s. d. Handbucli. Bd. I. 2. S. 592).
fr
^H 0. Ansch (itz wur Berufsphotograph und hatte sein photographisches
^H Atelier in Polnisch Lissa. Er vervollkommnete die Momentphotographie
^B durch Einführung des (allerdings nicht von ihm erfundenen) Schlitz-
^H verschlusses, welcher unmittelbar vor der photographischen Platte an-
^H gebracht war. Er befaßte sich 1882 mit Einzelmomentaufnahmen und
^H erregte 1884 großes Aufsehen mit seinen Momentbildem von fliegenden
^1 Tauben und Störchen, welche eine damals unerreichte Deutlichkeit
^H und ansehnliche Größe besaßen.*) Er schuf dadurch ein enorm wert-
I ^
L
1) Marey schrieb eine groQere Zahl Werke über die Bewegung: Physiologie la circaJRlioD da sang. — Da mouvemeot d&ns los foDctioDS de la vie.
La machine animocle locomotioD airieDoe et terresire. — Developjiement de U methode giapbique par la Photographie (Paria 1884). — Le vol des oiseaui. — L« locomotion et la Photographie. Paria 1886. — La inoovoment, Paris 1894. — Ljt chronophotographie. Paria 1899. — Fonctioos et organes. Paris 1902.
2) S. Eders Mo menl Photographie. 188fi. 2. Äull. S. 161.
ToUcs Material für das Studium des Tierlebens und die Mechanik dea^ Hoges. "Rg. 93 xeigt die Reprodnktion einer dieser Originalphotograpfaien, velcfae bahnbrechend waren fUr die weitere Verrollkommnung der Uomentpbotographie.
Seit 1886 verlegte sich Anschütz auf die Darstellung von Tieren tmdUenacheii in Bew^oQg mittels zuBammenhäDgenderSerienaafDahmen.
Fif. 93. Homentpliotogiiiphie i
eDd« StorchM vi
Es wurden z. B. im Auftrage der preußischen Regierung Pferde in ver- sohiedenen Gangarten (24 Aufnahmen in ^4 Sekunde) aufgenommen; die Original au FaahmeD waren sehr klein (2 bis 4 qcm) und wurden nachher vergrößert — Die optische Bereinigung dieser Serienphoto- graphien zu „lebenden" Bewegungsbildem gelang Anschütz weitaus vollkommener und präziser als allen seinen Vorgängern. Er benutzte gleichfalls Diapositive, welche allerdings nicht an eine Wand projiziert, sondern in der Durchsiebt von einem größeren Publikum gleichzeitig betrachtet werden konnten. Bei der ersten Form des „elektrischen Scbnellaehers", welchen Anschütz im Jahre 1887 erfand und in Berlin und Wien ausstellte, waren die Keihenbilder (Glasdiapositive) kreisförmig
312 Erster Teil. Dreißigstes Kapitel.
auf einer Stahlscheibe angeordnet.^) An der höchsten Stelle befand sich eine Opalscheibe, hinter welcher mittels einer Geißlerschen Röhre die Beleuchtung des Bildfeldes erfolgte.
Diese Art der elektrischen Beleuchtungsvorrichtung war auch bei der neuen Form des Anschützschen Elektrotachyskops (1890) beibe- halten, während die Form des Stroboskops geändert wurde. Statt der rotierenden Scheibe ist eine rotierende Trommel (eine Art Rad) ange- wendet, wodurch einerseits der Apparat handlicher und weniger volu- minös wird, und anderseits nebeneinander verschiedene Bilder dem Beschauer vorgeführt werden, während bei der Scheibenform bloß eine Bilderserie betrachtet werden konnte und dann die Diapositive aus- gewechselt werden mußten.
Der Elektrotachyskop bestand aus einer rasch beweglichen Trommel, auf welcher eine Anzahl durchsichtiger Bromsilbergelatinebilder (auf biegsamen Blättern) angebracht war. Die Lichtquelle (Geißlerscbe Röhre) befand sich hinter dem Diapositive, und eine zwischen Licht- quelle und Diapositiv eingeschaltete Milchglasscheibe milderte das auf- blitzende Licht der von dem elektrischen Funken durchflossenen Oeißler- sehen Röhre. 2)
In der neuesten Zeit wendete man sich wieder mit durchschlagendem Erfolge der Projektion photographischer Serienbilder zu. Die neueren Kinematographen von Edison, Lumiöre u.a. sind mit Hilfe von aufgerollten Filmstreifen erzeugt und die populärste und verbreitetste Art war die von den Gebrüdem Lumiöre in Lyon zu Ende des 19. Jahr- hunderts ausgeführte Konstruktion. Später folgten mannigfache Ver- besserungen und Vereinfachungen dieser Apparate, z. B. von Ernemann in Dresden, welche (sowie verschiedene Varianten anderer Erfinder) in Eders Jahrbüchern für Photographie beschrieben sind.
1) Eders Jahrbuch f. Phot. 1888. S. 176; 1891. S. 35.
2) Vergl. Eders Ausf. Haudb. d. Photogr.
EINITNBDKEISSIGSTES KAPITEL.
DIE PHOTO-ELEKTRISCHEN FERNSEHER
Die ueaeren Versuche der Übertragung des Linsenbildee richteten sich hauptsächlich auf die Konstruktion von Eopiertelegrapbeo usw., bei welchen au! der Aufnabmestation eine oder mehrere liehtempfind* liehe Zellen eingeschaltet sind. Die Apparate beruhen auf der Ver- Snderung des Leitwiderstaodes, auf Fhotoelektrizität, auf radiophontschen 'Wirkungen, deren historischen Entwicklungsgang R. Ed. Liesegang in seinen „Beiträgen zum Problem des elektrischen Fernsehens" (1899) schildert Wir wollen hier nur von dem merkwürdigen Verhalten des Seleos g^;en Licht sprechen. Von besonderem Interesse ist die h]nt- deckang des Einflusses des Lichtes auf das elektrische Leitungs- Termögen des Selens und anderer Körper, welche das „elektrische Pemseben" ermöglichte. Die Übertragung eines optischen Linsenbildes auf weite Distanzen hat Goethe vorgeahnt, er schreibt im 10. Gesang seines „Beinecke Fuchs":
.Höret DUD weiter vom Spiegel, darin die Stelle des Glases Ein Beryll vertrat, von großer Klarheit uod Schönheit, Alles zeigte sich driun, und wenn es meilenweit vorging, War es Tag oder Nacht."
Dieses Fhantasiegebilde Goethes sollte im 19. Jahrhundert seine Verwirklichung finden, indem man vom Selen ausging.
Das Selen wurde im Jahre 1817 von Berzelius entdeckt. Es kommt in zwei Ailotropien vor, nämlich als glasiges oder amorphes und kristallinisches Selen. Glasiges Selen ist ein amorphes, rötliches Faiver, kommt aber auch in glänzenden, dünnen Platten vor, die rubinrot durchscheinen. Durch Erhitzung desselben erhält man das kristallinische Selen, welches eine dem Blei ähnliche, matte, metallische Oberfläche und kristallinische Struktur bat.
1852 wies der deutsche Physiker Hittorf nach, daß die metallische Kodifikation ein merkwürdiges Verhalten gegen den elektrischen Strom zdge und die Elektrizität leite. Er bemerkte ferner, daß das Sonnen-
314 Erster Teil. Einunddreißigstes Kapitel.
licht auf den Übergang des glasigen Selens in das metallische von großem Einfluß sei. Letztere Beobachtung ist für die folgenden Unter- suchungen von besonderem Interesse.
Willoughby Smith benutzte im Jahre 1873 das Selen wegen seines hohen Widerstandes bei einer Methode des Messens und Zeichen- gebens während der Legung von unterseeischen Kabeln. Versuche er- wiesen, daß das Selen den verlangten Widerstand in vollem Maße bietet — manche Stücke hatten bis 1400 Millionen Einheiten — , einen Widerstand, der demjenigen eines von der Erde nach der Sonne reichenden Telegraphendrahtes gleichkommen würde. Da man aber fand, daß der Widerstand außerordentlich wechselnd war, mußten Ver- suche gemacht werden, um die Ursache dieser Veränderlichkeit zu bestimmen. Hierbei entdeckte May, Willoughby Smiths Gehilfe, daß der Widerstand des Selens geringer war, wenn es dem Lichte ausgesetzt wurde, als wenn es im Dunkeln war.
So fand er, daß das Licht die elektrische Leitungsfähigkeit beein- flußt und daß man die moderne Elektrotechnik, z. B. auch das Telephon, in den Dienst der Lichtwirkung stellen könne. Die ersten gelungenen Versuche dieser Art bewogen Smith im Jahre 1873 zu folgender enthusiastischer Äußerung: „Mr. Preece hat uns erzählt, daß mit Hilfe des Mikrophons das Laufen einer Fliege so laut gehört werden kann, daß es dem Trampeln eines Pferdes auf einer hölzernen Brücke gleicht; aber ich kann Ihnen etwas erzählen, was nach meiner Ansicht noch wunderbarer ist, nämlich, daß ich mit Hilfe des Telephons einen Licht- strahl auf eine Metallplatte fallen hörte."
Werner Siemens entdeckte, daß es gewisse Formen des Selens gibt, welche außerordentlich empfindlich gegen licht sind, so daß schon ganz geringe Licbtintensitäten genügten, um das Leitungsvermögoi des Selens für den elektrischen Strom erheblich zu steigern. In neuerer Zeit lernte man sehr empfindliche Selenzellen konstruieren, welche zur Photometrie, elektrischen Übertragung von Lichtwirkungen, zum Photo- phon und Verwertung der sprechenden elektrischen Bogenlampe za Zwecken des elektrischen Fernsehers führten.^)
]) Vergleiche hierüber: Ernst Ruhmer, ^Das Selen und seine Bedeatang für Elektrotechnik**. Mit besonderer Berücksichtigung der drahtlosen Teiephonie. Verlag von F. & M. Harrwitz, Berlin 1902.
Z W El U M DDBEISSiaSTES KAPITEL. OETHOCHEOMASTE.
Die WirkuDg des Sonnenspektrums auf photographische Schichten wurde bald nach der Entdeckung der Daguerreotypie studiert und zwar f&r jodierte und bromierte Daguerreotypplatten von Herschel (1840 und 1842), Draper (1842), Hunt (1843), wobei Herschel zuerst fand, daß Bromsilber weiter gegen QrQo zu empfindlich ist als reines Jodsilber. Die Physiker J. Müller (1856) und Schultz-Sellack (1871) tintersuchten gleichfalls das Verhalten der Kollodiumplatten gegen das Spektrum.
Im Jahre 1873 befaßte sich Professor H.W.Vogel in Berlin, Assistent für Chemie und Physik an der Berliner Universität, von 1864 ab Professor für Photographie an der Kgl. Oewerbeakademie zu Berlin (der späteren Technischen Hochschule),^) mit Versuchen über die chemische Wirkung des Sonnenspektrums auf Jodsilber, Bromsilber und Chlor- Silber, nachdem er von der Berliner Akademie der Wissenschaften einen kleinen Spektrographen für seine Versuche erhalten hatte. Er wendete seine Aufmerksamkeit den damals im Vordergrunde des Interesses stehen- den trockenen Bromsilber- Eollodiumplatten zu, welche damals schon in England für den Handel erzeugt und in verschiedener Weise präpariert wurden; namentlich war man auf Vermeidung der Lichtböfe bedacht, an welchen die Eotlodiumptatten stark litten, und mau versuchte dies durch verschiedene Zusätze zu hindern. Eine solche Handelssorte der Ton Wortley in England fabrizierten Platten enthielt als Präservativ Gummi, Gallussäure und Urannitrat, sowie einen gelbroten Farbstotf, welcher das Eindringen von aktinischem Licht durch die Schicht und Entstehung von schädlichen Lichtreflexen von der Glasunterlage ver- hindern sollte, und wirklich zeigten derartige Platten auch verminderte lichtböfe bei Landschaftsauüiabmen. H. W. Vogel, dessen Porträt Fig. 94 bringt, bemerkte 1873 nun, daß solche Platten eine merklich
1) Vergl. Phot. Korresp. :
316
Erster Teil. ZneiunddreiBigsteB Kapitel.
gesteigerte Grünempfindlichteit im Spektrum besilzen, was bis dabin unbekannt war. Mit großem Scharfsinn erfaßte er diese Erscheinung als spezifische Wirkung, nämltcli als Empfindliciikeitssteigeriing durch beigemengten Farbstoff auf und konstatierte alsbald bei Korallin, daß dieser Farbstoff (welcher Gelb und Grün absorbiert) auch das damit gefärbte Bromsilberkollodium für Gelb und Grün empfindlich macht Grüne Anilinfarben sensibilisierten Bromsilberkollodium bis ins Rot
und so machte H. W. Vogel die enorm wichtige Kntdeekiing'l < Farbensensibilisatiiren oder optischen Sessibilisatoren, weld
1) Schiondl schilileit in seioer „Gescblchte der Pliotograpliie' die Entd« der fftrbeuempfirKl Hellen Vi^rfahren ganz falsch. Da derselbe wegeu eiolger sofaarfi^ wenn auob berechtigter Kritiken, welolie ihm H. W. Vogel (Phot. Mitt.l angedeihen ließ, eia persoalicliei' Uegner Vogels war und auch L. Schrank in Wien, der Be- rater Schiendls. ptT.sönlicbe Differenzen mit dem stets etwas lebhaften und eine Spitze Feder filhreDden aber saehlich im Hecbte beÜndlicben Prof. Vogel hatte, HO soheiat Schieodl den klareu objektiven Blick verloren zu haben. Auf S. ]6& seiner .Gesobioble" bebauptet Schiendl, daß H.W.Vogel ,auf Grund der von Schultz-Scilack im Jahre ISTl veröffentlichten Beobachtungen
1
för die Drelfarbeaphotographie von Fundamentaler Bedeutuo); war. H. W.Vogel publizierte 1873 seine Entdeckung') und legte in der Silzang des „Berliner Vereins zur Förderung der Photographie" vom 17. Oktober 1873 seine ersten Spektrumphotographien auf farbeusensi- biliaiertem Bromsilberkollodium vor. Er stellte 1874 mit seinem kleineo Spektrograpben ve^lnicbende Aufnahmen an, welche die Befunde von
1873 bestätigten and die Belege für seine ausführliche Abhandlung in Poggendorffs Anualen darboten. Fig. 95 zeigt die B«produktion dieser
1874 beigestellten Vogelschen Spektrumphotographie, mit denen er „die Steigerung der Lichtempfindlichkeit der Silberhaloidsalze für ge- wisse Farben durch beigemengte Absorptionsmittel (Farbstoffe)" bewies. Seine Entdeckung verfolgte H. W. Vogel konsequent und machte in seiner Abhandlung „Über die chemische Wirkung des Sonnenlichtes auf Silberhaloidsalze" in Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie. 1874. Bd. 153, S. 218 genaue Angaben über das Verhalten von reinem Bromsilber-, Jodsilber- und Chlorsüberkollodium gegen das Sonnenspektrum , beschrieb die Wirkung des Korallins, Naphtalinrot, Anilinrot, Anilingrün (Methylrosanilinpikrat) und Aldehydgrün. Diese historisch höchst interessanten Photographien schenkte H. W. Vogel dem Verfosser dieses Werkes; sie sind in den Sammlungen der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt mit Vogels Rand- bemerkungen aufbewahrt und es dürfte kein Duplikat davon existieren, weshalb die Reproduktion in Autotypie (Fig. 95) besonderes Interesse gewinnt
(d.i. Vogels) farbenempfind liebes Kollodium verfahren im Hai 1881 veröffentlicht habe nad zitiert hierbei die „Berichte der deutschen chemischeii Gesell seh att" (1871) und Pogg. Ann. (1871). Es tritt hier der sonderbare Fall ein, daß die Quelle, auf welche nah der Antor bezieht, in keinerlei Weise eio Wort enthält, welches rechtfertigen würde, doB Schiendl die Selbständigkeit der Eotdeckuag H. W. Togela leugnen darf. Wenn man nämlich die Quelle, auf nelche sich Schiendl bezieht, studiert, so findet man eine Abhaadlang Schultz-Sellacks über Verhalten von Jodsilber usw. g£^n das Spektrum, aber es wird die Togelsche berühmte Entdeckung der farben- emp&ndlichen Photographie nicht tangiert. U. W. Vogel steigert die FarbeaenipfLnd- liohkeit durch den zielbewußten Zusatz vonFarbstoffen zum Brom Silber. Schultz- Sellack benutzte das alte Verfahren der Jodbrom- und JodchlorkoUodien ohne den geringsten Zusatz eines sensibilisierendeti Farbstoffes. Deshalb ist das letztere zn den wahren orthochromatischen Aufnahmen ganz unbrauchbar, während die Vogelsohe Entdeckung einen völligen Umschwung bei der photographischen Wiedergabe farbiger Objekte bewirkte. Sowohl B. W. Vogel als Eder haben übrigens SolLiendl in Fhot. Eoriesp. 18»1. S. 1D4 und Phot. Mitt. Bd. 27, S. 243 und 325 korrigiert
1) Ber. d. deutsch, ehem. Oes. 1873. Bd. 6, S. 1305; Phot. Mitt. Bd. 9, S. 236.
318
Enter TeS. ZweiunddreiBigHtea Kapitel.
H. W.Vogels wichtige Entdeckung wurde anfangs von tnebrerea Seiten angezweifelt. So z. B. wiederholte Monckhoven, welcher über größere Spektrugraphen als Vogel verfügte, die Sensibilisierungsversuche mit negativem Erfolge und dies Mißlingen erweckte Zweifel an der Richtigkeit von Vogels Angaben; erst später stellte es sich heraus, daß Monckhoven mit zu lichtarmen Spektren großer Dispersion ge- arbeitet hatte, bei welchen die Wirkung der damals bekannten, nicht sehr kräftigen Farbensensibilisatoren nicht recht hervortrat, während sie in H. W. Vogels kleinem Spektralapparat ä vision directe mit starker
und auf eine kleine Fläche zusammengedrängter Lichtwirkung der Be- obachtung nicht entgangen war.
Auch Carey Lea, welcher mit farbigen Gläsern die Vogelschen Sensibilisierungsversuche wiederholte, erzielte Mißerfolge') und Vogel geriet mit den Genannten , sowie Spiller in verechiedene Kontroversen, in welchen er die Kichtigkeit seiner Angaben über Farbensensibilisatoren verteidigte (Phot. MitL Bd. 11).
Der erste, welcher Vogel mit einer Bestätigung seiner Befände zu Hilfe kam, war der französische Physiker K. Becguerel (Comj rend. 1874. Bd. 79 (3), S. 183), welcher im Sinne der Vogeli
1) Brit. Jonm. ol Phot. Mari 1874; Phot. Mitt Bd. II. 8. 27 «
97.
]
mehrere Sensibi ruD| reifen fand; dann fand Waterhonse t EoBin als GrOnsensibilisator bei EolIodiumplatteD (Phot Mitt 1876. Bd. 13, 8. 17).
Es ist höchst merkwürdig, daß VogeU Entdeckung der photo- graphischen Farbensenaibilieatoren zuerst in Frankreich (und nicht in DeatBohland) der photographischen Praxis nutzbar gemacht wurde und zwar durch die Erfinder des photographischenDreifarbendruokeV) Daoos du Hauron und Gros, welche mit ihren Ideen den Eortschritten bei der Hei^llung orthochromatiBcher Platten vorausgeeilt waren.
Der Franzose Louis Ducog du Hauron (* 1837 in Langen in der Oironde), welcher große Verdienste um die Fortschritte im Dreifarben- druck hat (s. unten), wendete sein Interesse mit Erfolg der Einführung der Farbensensibilisatoren in die photographische Praxis zu. Ducos hatte seit 1859 sich mit der Photographie, namentlich der Herstellung photographischer Serienbilder befaßt und eine Art Einematographen erfunden (s. S. 306), den er durch französische Patente vom 1. März und 3. Dezember 1864 schützen ließ. Er erkannte schon damals die Bedeutung der Prinzipien der Dreifarbenphotographie und nahm am 23. Xovember 1868 ein Privilegium auf ein pbotographisches Dreifarbenverfahren.
Bei diesem Verfahren Ducos' mußten drei Matrizen hergestellt werden, welche hinter farbigen Gläsern hergestellt wurden und welche nicht nur das Blau und Violett, sondern auch das Gelh, Bot und Grün des Originals deutlich wiedergeben mußten. Hierzu waren photo- graphisohe Platten notwendig, welche stark fUr Grün, Gelb und Bot empfindlich waren. Dies gelang erst infolge Vogels Entdeckung der optischen Sensihilisatoren; Ducos larbte demzufolge seine Platten mit Farbstoffen und machte am 6. September 1875 der „Sociötö d'agricul- tare, soiences et arts in Agen" die Mitteilung, daß er mit Chlorophyll arbeite, dessen sensibilisierende Wirkung für das rote Ende des Spektrums Edmond Becquerel entdeckt hatte; dann benutzte er auch Vogels Eorallin als Grünsensibilisator.
Die Brüder A. und L. Ducos du Hauron gaben im Jahre 1878 eine Broschüre über „Photographie des couleurs" heraus und stellten ihre Torsohriften darüber, um Aufnahmen hinter grünem oder orange- Euhigem Glas zu machen, folgendermaßen zusammen.') Sie sagten, daß das bromierte Eollodium mit dem von Waterhouse empfohlenen Eosin viel kürzere Belichtungen gab als mit Chlorophyll und Eorallin
1) S. d.
2} Aach in Phot. Archiv. 1876. S. 109 abgedruckt.
320 Erster Teil. Zweiunddreißigstes Kapitel.
und teilten genau ihren Arbeitsvorgang mit. Derselbe bestand darin, daß Kollodium mit Bromkadmium gesalzen, mit Eosin gefärbt und dann im Silbernitratbade sensibilisiert wurde. Die belichtete Platte wurde mit Eisenvitriol entwickelt (s. Bd. II dieses Handbuchs). Die Geschichte der Dreifarbenphotographie und der Anteilnahme Louis Ducos du Haurons an diesem Verfahren sowie die Erfindung der Anaglyphen wird in einem späteren Kapitel geschildert werden. Hier sei nur er- wähnt, daß die Arbeiten dieses verdienstvollen Forschers, dessen Porträt wir gleichfalls weiter unten bringen, auch für die orthochromatischen (farbentonrichtigen) Aufnahmen einfarbiger Photographien von Ein- fluß waren.
Auch Ch. Cros^), von welchem ein Porträt im Kapitel über „Dreifarbenphotographie'' gebracht wird, hat Studien über die Klassi- fikation der Farben und die Mittel, alle Schattierungen durch drei Negative (entsprechend Kot, Gelb, Blau) wiederzugeben, veröffentlicht
Der erste, welcher diese nassen EosinkoUodiumplatten mit saurer Eisenvitriol-Entwicklung zur farbentonrichtigen Wiedergabe von farbigen Gemälden (für einfarbige Photographie und zwar Pigmentdrucke) an- wendete, war der Franzose Braun in Domach, welcher schon seit zirka 1877 mit diesem Verfahren arbeitete. 2)
Der Sohn Adolf Brauns, Gaston Braun (geboren am 30. De- zember 1845 in Mülhausen in Elsaß), der jetzige Chef der Kunstverlags- anstalt Ad. Braun & Co. in Dornach (Fig. 96), befaßte sich seit 1869 mit Vorsuchen über Dreifarbenphotographie von Cros und Dacos da Hauron und wendete mit Farbstoffen (Eosin) gefärbtes Bromsalzkollo- dium (Badeverfahren) mit saurer Eisenvitriol -Entwicklung zur Oemälde- reproduktion seit 1877 an, indem er sich an den Arbeitsgang Doeos du Haurons anlehnte. Im Jahre 1878 reproduzierte G. Braun zum ersten Male mittels solchem orthochromatischen Kollodium die Gemälde- galerien der Museen zu Madrid und Petersburg, bei welchem die korrekte Gelb- und Blauwirkung das Staunen der Fachwelt erregte.
Braun photographierte im Jahre 1880 zahlreiche Gemälde im Mus6e de TEremitage, verglich die Vorteile der mit Eosinbromsilber- kollodium- Badeplatten hergestellten Reproduktionen mit den mangelhaften Resultaten des alten nassen Jodsilberkollodiumverfahrens. Fig. 97 zeigt eine dieser ältesten Braun sehen Reproduktionen, und zwar die des
1) Compt. rend. Bd. 88, Nr. 3, S. 119; Nr. 8, S. 378. Phot. Korresp. 1879. 8. 107.
2) Ducos du HauroD scheint die Bedeutung orthochromatischer Yeifiliran (z. B. des Eosinkollodiuuis) für farbentonrichtige monochrome Reproduktionen nicht gewürdigt zu haben, sondern hattt stets nur die Anwendung zum DreitobenproMfi im Auge.
Ortbochromasie.
321
Gemäldes von G^rard Dow „Die Leserin" ans dem Uusöe de TGremi- tage, welche Aufnabme aus dem Jahre 1880 stammt und mit gefärbtem Bromsalzkollodium, getresotem Silberbade und saurer Eisenvitriol 'Ent- wicklung hergestellt ist.
Jedoch dachte damals kein Besicbtiger der Braunseben Bepro- doktioneii an die praktische Verwendung der FarbstofFsensibilisatoreD za farbeotonrichtigen Aufnahmen, und mau glaubte, Braun habe be-
Fis.9
sondere Bromjodsalze in seinem Negativkollodium, da er über sein Verfahren völliges Stillschweigen beobachtete. Der Kunstverlag Brauns verdankt seinen Weltruf aber der zum ersten Male erfolgten Einführung orthochromatischer Prozesse bei Geraäldereproduktionen; dazu kam noch gleichzeitig die Einführung des von Swan verbesserten Pigmentverfahrens, worauf wir weiter unten noch Kurückkommen werden.
ttW. Vogel, der Schöpfer der Photographie mit Farbensensibili- Batoren, wendete erst später — aufmerksam gemacht durch die Leistungen des Braunschen Kunstverlages — seine Aufmerksamkeit auf die An- wendung des Eosinbronisilborverfahrens zur Herstellung von farbenton-
Id*T, Uudbucb der Photo^nphia. I.Teil. :!. Ann. 21
Erster Teil. ZweiunüdreiUigstes Kapitel.
emiilde usii^^H
richtigeD Negativen bei Aufnahme farbiger Gegenstande, wie GemäW H.W.Vogel publizierte 1884 ein dem Ducos du Hauronschen ähn- liches nasses Kollodiuraverfahren mit Eosin in Jen „Photographischen Mitteilungen" und lenkte die Aufmerksamteit der Reproduktionsphoto- graphen auf die Vorteile dieses Verfahrens, welches noch heute yqpiJ Braun in Dornach und Uanfstaengl in München ausgeübt, soni
aber von der „ isochromatischen " Kollodium-Emulsion Dr. E. Albertf verdrängt wurde.
Dr. E. Albert in München versuchte mit größtem Erfolge 18: das Kollodium-EmulBionsveriahren der Reproduktionstechnik dienstbi zu machen und ^bte die Bromsilberkoüodium- Emulsion mit Eosinsilbl oder ähnlichen Eosinfarben, nm sie hierdurch für Griin und Gelb i sensibilisieren, worauf er die Negative mit alkalischem EntwicU hervorrief. Dadurch paßte er das Verfahren dem modernen EmulsioBfti verfahren an und erzielte größere Empfindlichkeit Er trat im Jahre 1883 mit seinem Verfahren zuerst durch seine bei der Internationalen Kunst- ausstellung in Mönchen (1883) gemachten Aufnahmen hervor und ernteta,
Orthochromaste. 323
großen Beibll. Erst acht Jahre später brachte er seioe Emulsion ia den Handel (Pbot Korresp. 1888. S. 261).
Die Darstellimg der Bromsilber -Emulsion selbst hielt E. Albert geheim: sie war erst durch die Publikationen von Jonas aus dem Laboratorium der k. k. Graphischen Lehr- und Yersuobsaustalt in Wien and BaroD Hübl (milit&rgeographisches Institut in Wien) experimentell ermittelt und publiziert worden. Gut brauchbare Rot- und Grün- sensibilisatoren für Kollodium -Emulsion gab zuerst E. Talenta im Xthylviolett (1899) uod anderen Farbstoffen an,') welche in die Fabri- kation TOD Emulsionen f(ir direkte Dreifarben- Autotypie Eingang fanden.
Die von H. W. Togel im Jahre 1873 entdeckten optischen Sen- sibilisatoren waren bei Kollodiumplatten gut zur Geltung gelangt, da- gegen bei Bromailbergelatine boten sich Schwierigkeiten dar, weil die letzteren auf die damals bekannten Farbensensibilisatoren sehr wenig reagierten und Vogel selbst hielt dies für eine besondere, allerdings ungünstige charakteristische Eigenschaft der Qelatineplatten , so daß er anfänglich ihre Fähigkeit, sich durch Farbstoffe gut sensibilisieren zu lassen, in Zweifel zog. Im Jahre 1882 fanden aber die Franzosen Attout, genannt Tailfer, und Olayton, daß Eosin (Tetrabrom- flttoresceinnatrium) die Bromsilbergelatineplatten stark grünempfindlich mache; sie nahmen ein französisches Patent vom 13. Dezember 1882, Nr. 152615, und brachten derart präparierte Trockenplatten in den Handel Sie beschrieben auch in ihrer Fatentbeschreibung sowohl den Znsatz d^ Farbstoffes in die Emulsionsmasse selbst, als das naohherige Baden mit der Farbstofflösung unter Zusatz von etwas Ammoniak und Alkobl, erkannten, daß der Farbstoff sich innig mit der Bromsilber- gehitine verbinde und sich nicht mehr auswaschen lasse. ^)
V, Schumann gab kurz darauf an, daß Cyanin (bereits für Kollo- dium als Sensibilisator bekannt) auch Gelatineplatten rotempfindlich mache und H, W.Vogel kombinierte ChinoUurot und Cyanin (Chinolin- blau), erzielte Sensibilisierung im Rot, Gelb und Grün, nahm Patente und brachte diese farbenempßndlichen Gelatineplatten unter dem Namen „Azalinplatten" in den Handel, wobei er die Zusammensetzung des Azalins geheim hielt.
Attouts Eosinplatten hatten den Fehler, daß sie bei der Repro- duktion farbiger Objekte das Grün zu bell und das Gelb zu dunkel wiedergeben; die Azalinplatten waren wohl f(ir die verschiedenen Farben
1) Yergl. Eder und Valenta, Beiträge zur Fhatochemia und Spektralanalyse, Wieo DDd Halle a. S. 190i. ID. S. 131. — Phot Korresp. 1899. S. 336.
2) Vergl. Eder, Phot. Korres|i. 1904. S, 215.
324 Erster Teil. Zweiunddreißigstes Kapitel.
qualitativ besser sensibilisiert, jedoch drückten die ChinolinfarbstofFe die Gesamterapfindlichkeit der Schicht und es waren sehr dunkle Gelb- scheiben zur Kompensation der allzugroßen Blauempfindlichkeit und Hebung der relativen Gelbempfindliehkeit notwendig.
J. M. Eder entdeckte im Jahre 1884 gelegentlich systematischer spektrographischer Untersuchung der Farbstoffe der Eosinreihe, daß dem Erythrosin(Tetrajodfluoresceinkalium) eine besonders günstige Wirkung in Gelb und Grün zukommt/) so daß bei Reproduktion farbiger Gegen- stände die Relation zwischen Grün und Gelb richtig kommt; dabei be- hielten die Bromsilbergelatineplatten ihre hohe Gesamtempfindlichkeit und waren, teils ohne, teils mit hellgelben Dämpfungsfiltern verwendbar. Er teilte diese seine Befunde in uneigennütziger Weise der wissen- schaftlichen Welt mit-) und legte die Grundlage für die allgemeine An- wendung des Verfahrens, so daß es bald Gemeingut aller Trocken- plattenfabrikaten wurde. Solche Erythrosinplatten wurden nach Eders Angaben zuerst in der Trockenplattenfabrik von Löwy & Plener in Wien (1884) fabriziert und „orthochromatische Platten" genannt: in der Folge wurde dieser Farbstoff sehr allgemein bei der Fabrikation orthochromatischer Platten in allen Ländern eingeführt und repräsen- tiert die p]ryth rosinplatte die bis heute wegen ihrer hohen Gesamt- enipfindlichkeit am meisten verwendete Type von Platten, und sie war es zum teile, welche der „farbentonrichtigen Photographie" Bahn brach.
Edor ließ in der Trockenplattenfabrik von Löwy mit Erythrosin sensibilisierte Enuilsion erzeugen, mit welcher er 1884 Gomäldt^reproduktionen und wohl auch den ersten orthochroniatisch aufgenommenen altägyptischen vergilbten Papyrus (aus dem ,,Papyros Kaiiiei'^, den Prof. Karabacek damals herauszugeben begann) mit gelb- empfindlichen Platten herstellte. Die Aufnahmen auf Erythrosinplatten waren von Eder in Frankfurt a. M. und in Wien ausgestellt worden.
Anfangs meinte man, daß die Sensibilisatoren lichtunechte, oder fluoreszierende, oder scharf begrenzte Absorptionsstreifen besitzende Farbstoffe sein müssen. Eder zeigte (1884), daß dies nebensächlich sei. Die Sensibilisatoren wirken vielmehr wegen ihrer molekularen Vereini- gung mit Bromsilber, indem er z. B. in den schwärzlichen und sehr lichtechten Nigrosinen verwendbare Rotsensibilisatoren fand.
Mit eingehenden Studien über das l)esonders schwierig zu sensi- bilisierende Gebiet des äußeren Spektralrot befaßten sich mit Erfolg
1) Eder verteidigte seine Prioritätsansprüche betreffs Auffindung des Erythrosins als Sensibilisator in einer Polemik, siehe Eder, „Zur Geschichte der orthoohromit Photographie mit Erythrosin*' Phr.t. Korresp. 1890. S. 455; auch Eder und Yalenta, Beiträge zur Photochemie und Spektralanalyse. 1904. III. S. 78.
2) Sitzungsberichte d. kais. Akad. d. AViss. AVien 1884. Bd. 90, S. 1097.
Oiibochiomasie. 325
insbesondere E. Valenta sowie Eberhard seit 1897 zufolge ihrer an der Wiener k. k. Graphischen Lehr- und Yersuchsanstalt unternommenen UntersuohuDgen;') damals erzeugte man ^panchromatische Platten" (das sind Platten, welche für Rotorange, Gelb und Grün sensibilisiert Bind) durch Uischen Terschiedener SeoBibilisatoren. Ttfiethe fand 1903 die günstige sensibilisierende Wirkung von Farbstoffen der Isocyanin- gmppe, and führte „ Äthylrot " als Sensibilisator für panchromatische Platten ein, welchen alsbald die Sensibilisatoren Orthuchrom T., Pina- chrom von Dr. König in Höchst a. Main {s. Jahrb. f. Phot. 1903, 1904; auch Phot Korresp.) n. A. folgten und besonders für Zwecke der Drei- fiirbenpbotographie vorteilhaft sind.
Eine zusammenfassende Darstellung der Wirkung zahlreicher Sensi- bilisatoren und Beschreibung der Typen der Handelssorten von ortho- und panchromatischen Platten sowie ihrer Geschichte findet sich auf Ghrnnd eigener Arbeiten in Eder und Valenta, Beiträge zur Photo- chemie und Spektralanalyse. Wien und Halle a. S. 1904.
1) Vergl. Eder und Valenta, Beitr^e zur Photocheiiiie und Spoktialanalys ■Wien und Halle a. S. 1304.
DBEIÜNDDREISSIGSTES KAPITEL.
KÜNSTLICHES LICHT IN DEE PHOTOGEAPHIE.
Dor Physiker See bock beobaclitote schüii 1812, daß beuf^alisches WeiBfeuer stark aktinisches Licht ausseude und Chlorknallgas zur Explosion bringe (s. S. 120).
Die erste pliotographische Koproduktion auf Daguorrootypplatten beim Lichto gewöhnlicher Olhimpen dürften die Gebrüdor Nattorer 1841 versucht haben (s. S. 211)).
Das „ 0 X y h y d r 0 g e n - K a I k 1 i c h t ** , bei welchem mittels des SauerstofiTgebläKes ein Kalkzylinder zur heftigsten Weißglut erhitzt wird und dann blendend weißes licht gibt, war zur Zeit der Daguerreotypie unter dem Nam(?n Drummondsches Kalklicht längst bekannt, — In allen Literaturquellen findet man als Erfinder des Xalkliohtes Thomas Druminond 182JP) bezei(^hnot. Das ist aber irrtümlich. Schon zu Leb- zeiten Drum monds war dit? rrioritätsfrage erörtert worden, und es ist der Offenheit Drummonds zu verdanken, wenn wir darüber eine schriftliche authentische Wider- legung dieses Irrtumes anführen können, üuerney (Sir (Joldsworthy) (*1793, t l.S7r>) cntdockto das Kalklieht, welches mit Drummonds Namen belegt wurde. weil dieser es biii s««inen trigunomt.'trisehon Arbeiten auf Irland in den Jahren 1826 bis 1827 zuei-st ••ffentlieh benutzte. Drummond selbst konstatiert, daß er gar kein Anrecht an dtT Erfindung habe. Der Erfinder, welcher sein Licht vor dem Herzog von Sussex und König Leopold zeigte, wurde denn auch mit der Medaille des wissensehaftlieheu Vereins l)edaeht (Jahrb. f. Phot. 1002.)
Die starke chemische Wirkung des elektrischen Bogenlichtes wurde gleichfalls heim ChN»rknallgas gemacht und zwar von Brande (Annales de Chimie et de Physique Bd. 19. S. 20.")). In der Daguerreotypie scheint djis Bogenlicht zuerst von Silliman uml (loove versucht worden zu sein: sie photographierten im November 1840 bei elektriseliem Bogenlieht von HO Daniell- Elementen ein Medaillon. Berres (s. S. 284) hatte es schon 184n zur Mikrophotographie benutzt.
Fizeau und Foucault wiesen 1844 nach, daß die chemische Leuchtkraft des Drummondschen Kalkliehtes geringer als jene des elektrischen Bogenlichts von 40 Elementen sei; sie verglichen die Helligkeit von Kalklicht, elektrischem Licht und Sonnenlicht sowohl optisch als photographisch auf Daguern^otypplatten und fanden zum ersten Male, daß ehemische und optische Helligkeit der Lichtquelle nicht pro- portional sei (Aimal. de Chim. et de Phys. (3) Bd. 11, S. 370), w^as auch Bunsen und Roscoe (1859) hei ihren Studien über Wirkung der Leuchtgas- und Kohlen- oxydflamme auf Chlorknallgas festlegten.
1) Edinburgh .lourn. of Science. 1S2G. S. 319.
KüDsUibbea Ucbt in der Pbotographie. 337
WfihreDd das Kalklicht später nur für VergrolleriingB|ihotograpliie und Pro- jektionen Varweadang faod und allniählich außer Gebrauch knm, erregte das elek- trische Bogen! icht bteigende Aofmerksamkeit,
Die prattisclie Anwenduii!; des elektrisclien Bogenüclits zur Photo- graphie lebender Personen scheint \on A.nl ree Millet und Leborgne 1851 inauguriert worden zu sein (Conipt. rend. Bd. 33, S. 501). Später (1852) beschäftigten sich Lucenay sowie Oaudin und Delama Ire (1854) in Paris mit solchen Porlrätaufnahmen und wendeten ihre Aufmerksam-
328 Erster Teil. Dreinnddreifligstes Kapitel.
keit passenden Reflektoren und Scliirmeo zu. Nadar photograpli; 1861 und 1862 die berühmten Katakomben im untorirdischen Paria beim Liebte des galvanischen Flaramenbogens, was damals großes Aut- seheii erregte.') Fig. 9M zeigt eine dieser merkwürdigen Aufnahmen Nadars, welche er unter großen Schwierigkeiten unter Benutzung nasser Kollodium platten hergestellt hatte.
Auch Adolf Ost in Wien bescbäftigte sich, damala Diit der PortiiLtphotographie
bei elektrisohem Lii:bte und stellte am 17. Mai 186-1 geluDgeae Bilder suj (Phot Korreep. 1864. S. 11). Er arbeitete mit zwei gotraltigen Batterien , deren eine mit SOBunsenscben Elementen das Baapt- liuht lieferte, während eine kleinere von 40 Elementen zum Aufhellen der Schat- te uportien diente. Blaue transparente Halbkugeln von Glas machten das grelle Licht für die Augen ertrilgl icher. Fig. !i9 Eeigt eine solche Aufnahme bei elektiU scbem Bogenliuhte (Porträt Oat: 7 Sekunden Belichtungszeit, men im Jahre 1861 in A • Atelier. (Vergl. S. 33ii.)
Aber erat die Einführung der Dynamomaschine ermöglichte die in- dustrielle aUgemeioore Verwertung des elektrischen Bogenlichtes. Van der Weyde führte die „Photographie bei Nacht" (1876 bis 1878) ein und betiieb bei der Pariser Weltausstellung 1878 ein reguläres Port rätgesc hilft für Aufnabmen bei elektrischem Licht; dann folgte Lie- ben in Paris, welcher im Jahre 187'J ein elelitrisches Naebtatelier (mittels einer Grammeschen Dynamomaschine) errichtete und durch Anwendung groSer weißer Betlektoron das Licht selbst »ur Aufnahme ganzer Figuren erfolgreich verwandte. Fig. 100 üeigt eine dit
PortrStanfiiahmen bei elektrischer Beleuchlang aus diesem Atelier.
Dieses VerfolireD der eIcktri«cheD Beleuchtung bei photographisohen Auft
verlireitete sieh später auch in Reproduktionsateliers, Kopier- und VergröBei
anstftlteo. ')
Dem elektrisuhen I.icht erwuchs die größte KonkTirrenz im Mugoesium.
1) Ve^l. Paris Fhotogiaphe. 1893. S. 294 ff.
'2) Die erste für umfangmchea kommerziellen Betrieb eingerichtete VergröBeni anstaJt zur Borsletlnng von vergrößerten Photographien auf Leinwand hatte M.L.Wii (1824 bis 1899) in-Wien 1877 einfe-eriebtel i;s. S. 244).
Künstliches Licht Id der i^iotogiiiphie. 3-9
Bonseu mid Uoscoe machten ISüD auf die betieatenJo cheinisclie Wirkung de» breDneoden Magnesiums aufmerksam.
Faat g1eii:hzuitj;,' mit den Genannten mauhte Croukcs dieselbe Bt^baclitun;: und TSTSDchte :wfoii: das M3Rui;siumliulit zu {iliotoßraphischen Aurnabmeii /.u l>enntzi'n.
Erst um das Jalir läfil wurde das älagneüium in ausged<4intcreni Malte [ihoto- graphiach rem'eDdct. weil es mittk'i'we ilf in gröHi'n.'n Mpngt-n in den Handel ^<'l>radit worden war.
330
Erster Toil. Dreiunddreiliigstes Kapitel.
Zur Erzeugung von photographischon Porträtaufnahmen wuide das Magnesium- licht von Brothers in Manchester mit Erfolg verwendet. Er nahm ein Porträt von Prof. Farad ey vor dem versammelten Publikum nach einer Vorlesung in der „Royal Institution'^ auf. Im Juli 18G4 wurden in ßerlin ungefähr zur selben Zeit die ersten gelungenen Versuche durch II. W. Vogel in Gegenwart von Carl, Suck, Romelc, Poggendorff gemacht und zwar wurde auf nassen Kollodiumplatten ein Porträt Poggendorffs in 55 Sekunden Belichtungszeit hergestellt. Eins der wenigen erhalten gebliebenen derartigen Bilder ist in Fig. 101 in gleicher Größe reproduziert.
Piuzzi und Smith machton 1865 interessante Aufnahmen im Innern der grölten ägyptischen Pyramide mit Magnesiumlicht.
Nadar, welcher zuerat die Pariser Kata- komben bei elektrischem Lichte photographicrt hatte (s. S. .'327), bediente sich später bei Auf- nahme der unterirdischen Kaualbauten der Ein- fachheit halber des Magnesiumlichtes. Leth in Wien nahm (um das .fahr 18(35) den Sarkophag der Maria Theresia in der Kaisergruft abends gleichfalls bei Magnosiumlicht und Fr. von Roi- singtM' 1807 Stoinieliefs und Sarkophage in den Katakomben von Lemberg auf. Fig. 102 zeigt eine Keproduktion dieser letzteren Aufnahme.
Das Innere der Tro]if8teinhöhlo in Adels- berg wurde vom Photographen Em. Mariot in (iraz im Jahre 18()8 beim Lichte brennenden Mag[iesiunibandes auf nassen Kollodium platten photegraphiert; wir bringen in Fig. 103 und Fig. 1<M Reproduktionen dieser nunmehr schon äußerst selten gewordenen Aufnahmen in gleicher Fiir. 101. (JrölJe.
i>ortruia»f,.ahn.oiMuf. i'off;;o,Miorffsbeim j^j^ ^^^^^^ Angaben zur Erzeugung eines
nassen KoiKidiumpl:itton i^<u iiuieh Carl sehnell verbrennenden Zündsatzes mit Magno- Sui k in ».riiii. siumpulvor, was man später Magnesiamblitz-
lieht nannte, rühren von Traii Taylor im Jahre 18'i.')*) lier (Misi-hiing V(m Magn^siumpulver mit Kaliumchlorat, Schwefel und Selnvefelantiinon). Diese Vt'rsueho hatten jedoeh zu keiner ])raktischen Verwertung in der Purträtphotoj^raphic usw. geführt, weil dieser die geringe Empftndlichkeit des damals allgemein verwendt.'ten nassen Kollodiumverfalirens und der zu jener Zeit hohe Preis des Majrnesiuinpulvers entgegenstand; diese Versuche Trail Taylors ge- rieten deshalb in VtM-gosenheit.
Ein Versuch Larkins. das Magnosiumpulvor in Lami)en zu verbrennen (186(3). erwies bitrh als wertlos.
Die nächsten Vei suche mit Mischungen von Mag[iesium])ulver mit reinem Ealinni- chlorat machte dann <i. A. Ken von im Jahre 1SS3; er beobachtete auch den be- deutenden photügrai»hisehen EtYekt, den der in Sauerstoff verbrennende Magnesiumdraht hervorbringt und machte auch Puilrätauf nahmen bei derartigem Lichte; zugleich bemerkte er, daß man auch Gemenge von Magnesiumpulver und Kaliumcblorat
1) Phot. Xew<. IS»".:.. S. .=sr.«>. !Mi..t. Wofhonhl. 1SS:V S. 71».
KünBtlioheB Licht in der Photognpbie. 331
■QT KnengoDg eines brillantea lächtea verwendeo känne; er wui'de jedoch durch die beim Abbienaen auftretende RauoheatwickluDg abgebalten, diese Beobachtaug weiter in verfolgen (Brit. Joum. of Phot 1883. B. 61).
Dia FhotogT^hie mit Hignesiumpulver in Form von iBIJttlicht". wie man es daDQ nannte, gelangte erst durch die Arbeiten J. Gaedicbea und A. Hiethes in
Berlin 1887 zum Äufaoliwunge (s, u.) und bald beschäftigte sich alle Welt damit, da die von denselben ompfohleneu Ex|>loKiviiiis::huugen von Maguesiumpulver (Magnesium, Ealiumohlorat, Schwefel antimon uod später andere Mischungen, s. u.) tatsächlich bliUschnell verbrennen und auf Bronisilbergelatineplntten Momentbilder von Porti-äten, Oiuppen usw. geben.
332 Erster Teil. Dwianddreifligstes Kapitel.
Ungefähr zur selben Zeit beschäftigte sich Meydenbauer mit Veisiichen i selben Art. NacUdem Giiedicke UDd Mietlie den nciicrliclieQ Anstoß zur Ma,
A Ma«oeii umliebt von Km. 1
BlitKlioiitphotographio gegeben hatten, lernte man die vortrefFüubea Eigenacbartea durch eine Flamme geblnsuneD reinen Maguetiiiimpulvers kennen.
T. N. Arm Btro Dg machte nümÜGh kurz nach dem Bekanntwerden des Oaediuke- Miethesohen Blitzpulvei's ilarauf unfmerkaara. dal! reines Magnesjumpulvur, diri'kt
«
durcU eine lichtflamnie gebloseo. eio iotensiveB Licht gibt (Bht. .loum. of Phot 1887. S. 77), wonach eine groBe Anzahl von verschiede Den , Blitzpul vern" uud ^Maguesium- blitKlampen" angegeben wurden, was (ebenso wie die Versuche mit AlumiDiumUiti- licbt] iu einem andern Bande dieses Werkes bepschrieben ist.
mbliti-
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Künatlichas Licht in der Photographie. 333
Wfihrend früher Aufaahmen ohne Tageslicht als kuriose Selten- heit galten, wurde durch die Einführung des Magnesiuniblitzlichtes die Aofhahme von Porträten, Qruppen luid Interieurs bei künstlichem Licht zum Gemeingat aller und bürgerte sich rasch ein.
Die EifiadnBg dea AuerschoD Oasglühlichtes bracbte nicht nur einen Umschwung in der modernen Belcuchtungstecbnik mit sich, sondern forderte die KopierrerfklireD mit Brom- und Chlorsilber, namentlich aber vereiofachte es das VergrÖSeruDgsT erfahren auf Broms ilberplatten. Dr. Karl Aner Bitter von Wels- bacb ist der Sohn dea Erfinders des Katurselbstdruclies, des einstmaligen Direktors der Wiener Hot- und Staatadmekerei Alois Aner Rittor von Welsbach (a. diesen). Ersteier studierte Chemie bei Prof. Bungon in Heidelberg und begaoa dortselbat seine ünteranohnugan der seltenea Erden (Laatliau, Cerium, Thorium, Zirkonium), die er in Wien bei Prof. Lieben weiterführte, wo er auch seine Erfindung des Oasglüh- liditeB zur AosFuhning brachte (1865). Anfangs benutzte er Gemische voa Zirkon-^ und Lanthanoxyd zum Imprügnieren seiner OlühmäDtcl, jedoch erst im Jahre 1891 entdeckte Aner, daß ThoriumoxTd mit kleioeu Mengen Cerluinoxyd weit bessere Eigen- flohaften besitze. Mit diesen Gemischen wird der rührenformige aus BaumwoUfäden gewebte Mantel imprägniert, welcher geglüht wird, wonach das Skelett der fcuor- bestindigen Erde als der eigentliche Glühkürper zurückbleibt; dieser wird durch eine Bnnsen-Oaaflamme oder dergleichen zuui hellen Leuchten gebracht. Diese Form der .Incandescenz- Beleuchtung" fand in der ganzen Welt Verbreitung. (Vergl, Offizieller aateireich. Katalog zur Weltausstellung io Paris 1900. Heft 8. Klasse 75. S, 32.) Die Anwendung des Ligroingasea (anstatt I.:eucbtga.s) für Auersche Glühkärper und zum photographischen Vergrößerungs- sowie Projektions verfahren erfand der Mechaniker Fabricius in Wien im Jahre 1889 (PhoL Korresp. Bd. 26, S. 271).
VIEBUNDDBEISSIGSTES KAPITEL.
KOPIEEVEEFAHREN AUF SILBERSALZEN.
Das Auskopierverfahren auf mit Silbersalzen imprägniertem Papier reicht in den ersten Anfängen auf Heilot 1737 (s. S. 55), Scheele 1777 (s. S.67), Wedgwood und Davy 1802 (s.S. 102) zurück. Talbot (s. S. 237) beschrieb für Kopierverfahren das Chlorsilberpapier, welches er durch Tränken von Papier mit Kochsalz und Silbernitratlösung herstellte, und er war der erste, welcher nach den Angaben Herschels das Fixieren solcher Kopien beschrieb (s. S. 240). Talbot fand auch, daß Bromsilberpapier zum Auskopierverfahren brauchbar sei (1839, s. S. 240), jedoch blieb man beim Chlorsilberpapier, das kräftigere Schwärzen gab.
Durch Talbot und Herschel war somit die Grundlage unserer photographischen Kopierverfahren auf Chlorsilber- papier und Bromsilberpapier gelegt worden.
Den beiden Engländern gebührt das Verdienst, den photographisohen Prozeß auf Papier lebensfähig gemacht und das beste Fixiermittel, näm- lich unterschwefligsaures Natron, gefunden zu haben.
Tal bot erkannte auch die große Wichtigkeit jener Kopierprozesse auf Papier zu den Zwecken, welche wir kurzweg als Lichtpauserei bezeichnen. Er legte nicht nur 1839 Kopien von Zeichnungen vor (s- oben), sondern am 23. März 1840 übersendete er der französischen Akademie der Wissenschaften getreue photographische Kopien von alten Schriften und Dokumenten, welche im Kopierrahmen hergestellt waren und deren Genauigkeit und Leserlichkeit auch die Mitglieder der Academie des Beiles -Lettres zur vollen Anerkennung veranlaßte. *)
Auch Daguerre hatte eine Methode angegeben, um Chlorsilber- papier herzustellen. Biet teilte diese Methode, welche Daguerre schon seit 1826 gekannt haben soll, in der Sitzung der französischen Akademie der Wissenschaften vom 18. Febniar 1839 mit*) Er tr&nkte
1) Compt. rend. Bd. 10, S. 4a').
2) Ibid. 1839. Bd. 8, S. 246.
Kopierverfahren auf SilbersalEen. 335
Papier mit „Salseäure-Äther" , dann mit Silbernitrat Bas Fixieren geschah in sehr unroIUommener Weise durch Waschen mit Wasser. Die Methode Daguerres mit Salzsäure -Äther fand jedoch keinen Ein- gang in die pbotographieche Praxis.
(Über die gleichfalls im Jahre 1839 publizierte Methode Bayards, doioh Eopieren direkte positive Kopien zu erbalten, haben wir schon an anderer Stelle berichtet [s. S. 241]; vergl. ferner Bd. U dieses Werkes.)
Da die Beschreibung der Einzelheiten der Erfindungsgeschichte der Silber- Auskopier verfahren in Bd. IV S. 3 dieses Werkes gegeben ist, so kann der Yerfasser sich hier auf das Wichtigste beschränken.
Taylor teilte 1840 mit, daß man ein verbessertes Kopierpapier erhalte, wenn man das mit Kochsalz gesalzene Papier mit salpeter- aanrem Silberoxyd-Ämmoniak imprägniert; >) Tal bot beschrieb 1844 ein ganz ähnliches Yerfahren.^) In neuester Zeit (1903) führte E. Valenta das ammoniakalische Silber für Celloidinpapier ein und er fond, daß sich dasselbe, insbesonders für Gelloidinmattpapiere, welche für Pladntonung bestimmt sind, eigne,^)
Die erste Mitteilung betreffe des Überziehens von Papier mit Sub- stanzen, welche der Rauheit und Porosität der Papierschicht entgegen- wirken und dadurch Bilder von größerer Feinheit im Silberkopierprozeß bewirkten, verdanken wir Blanquard-Evrard. Derselbe befaßte sich mit dem im Jahre 1847 bekannt gewordenen Niepceschen Negativ- verfahren mittels Eiweiß- oder Stärkeschichten auf Glas (s. S. 257) und fand im Jahre 1850, daß Albumin, ferner Milchseriim sowohl für Negativ- papier mit Hervorrufun^, als auch für Positiv-Auskopierpapier günstig wirken. Blanquard-Evrard legte seine Methode mit Albuminpapier für positive Abdrücke am 27. Mai 1850 der französischen Akademie der Wissenschaften vor (Compt. rend. 1850. Bd. 30, S, 663) und beschrieb Q. a. die Präparation von Positivpapier mit Eiweiß, welches er mit Ghlomatrium salzte und mit konzentrierter Silberlösung (1:4) sensi- bilisierte.*)
Somit waren schon anfangs der fünfziger Jahre die Präparations- metboden des Positivpapieres mit Albumin, Stärke und Gelatine bekannt, und femer war bereits die Aufmerksamkeit auf den Zusatz von orga- nischen Säuren zu den Silberkopierpapieren gelenkt. Im Jahre 1856
1) Athenaeum Nr. 670. Diogler. Poljtecho. Journ. Bd. 77, 8.467.
2) Repert of pat. in v. Jan. 1844. 47. Diogler, Polytechn. Joum. Bd. 92, S. 44.
3) Hiotogr. Korreap. 1903. S. 230.
4) Blanquard-Evrard ist aisu der Eifiuder des Albumin papiers für das photographiHche Kopier veriahreo und nicht I.e Gray oder Talbot, wie in Uokenntma dar Sachlage manche achrieben.
336 Erster Teil. Vierunddreißigstes Kapitel.
studierte Hardwich das Verhalten des Silberzitrates im positiven Kopierprozeß genauer (Journ. Phot. Soc. London, Bd. 3, S. 6; Kreutzer, Jahresber. f. Phot. 1856. S. 23). Er präparierte Papier mit einer Mischung von Natriumzitrat, Chlorammonium und Gelatine und sensibilisierte es durch Baden in Silbernitratlösung. Hardwich fand, daß das beim Silbern entstehende Silberzitrat das Bild günstig beeinflußte.
Alle diese Kopierprozesse wurden später praktisch verwendet. Zu- nächst wurde das Stärke -Chlorsilberpapier bevorzugt, dann (anfangs der sechziger Jahre) das einfach, später das doppelt albuminierte Papier, während die gelatinierten Papiere, sowie die Chlorozitratpräparation da- mals wenig Beachtung fanden.
Adolf Ost (s. S. 328) in Wien erfand 1869 das haltbar gesilberte Albuminpapier, welches durch Zusatz von viel Zitronensäure zum Silber- bade hergestellt war.
Die Anwendung des Stärkekleisters als Zusatz zur Salzpmpara- tion des Kopierpapiers führte de Brebisson ein (Horns Phot Journ. 1854. Bd. 2, S. 6 und 47). Er überzog Papier mit gekochter Tapioka- stärke, welcher er Chloride zusetzte.
Nachdem die erwähnten Kopierpapiere (insbesondere Albumin- papier), welche mittels des Badeprozesses sensibilisiert werden, durch beiläufig 25 bis 30 Jahre ihre Herrschaft behaupteten, erwuchs ihnen durch die haltbaren Emulsionskopierpapiere eine starke Konkurrenz (vergl. Bd. II, S. 490). Den stärksten Impuls gaben die Arbeiten G.AVharton Simpsons (1865), \velcher das Chlorsilber-Emulsionskopier- verfahren (das später ,,Celloidinverfahren'' genannt wurde) ausarbei- tete, sowie die Versuche J. B. Obernetters in München (1867 und 1868), das Kollodiumpapier fabriksmäßig darzustellen. A. Ost führte das Über- tragungsvorfahren von Chlorsilberkollodiumbildern auf anderer Unter- lage ein.
Der bayrische Photochemiker J. B. Obernetter (*1840, flSST), welcher auf zahlreichen Gebieten der photographischen Reproduktions- technik erfinderisch sich betätigte,^) war nicht nur der erste, welcher Chlorsilberkollodium (wenn auch nur vorübergehend) fabriksmäßig er- zeugte, sondern er lieferte auch die ersten Massenauflagen zur Illustration deutscher photographischer Fachjournale. Er wies auf die große Fein- heit der Bilder hin und erbrachte die ersten Beweise, daß Chlorsilber- kollodiumbilder an Haltbarkeit die bald vergilbenden Albuminbiider über- treffen. Allerdings blieben die Fachphotographen bis zirka 1890 beim Albuminkopierpapier, welches für fast alle Zwecke der Kopierung nach
1) S. FAers Jahrb. f. Phot. ISSS. S. 440 (mit Porträt).
Kopierverlahren auf SUbeKalieu. 337
Fortrfit- und Landschaftsaufnahmen diente und dessen allmäbliolies Vergilben man nie ein unabänderliches Übel hinnahm.
Die starke Terbreitung der Ämateurphotographie, zufulge der Ein- ftlhrung des Bromsilbergelatine- Trockenverfahrens, machte das Bedürfnis nach haltbaren und bequem zu verarbeitenden Kopierpapieren zu einem dringlichen, und um das Jahr 1890 eroberten sich sowohl Chlorsilber- gelatine- Emuisionspspiere („Aristopapiere") als auch Chlorsilberkollo- diumpapiere („Celloidinpapiere") den Markt, so daü der Konsum derartiger Papiere bald deigenigen der älteren Eiweiß- und Stärkepapiere übertraf. Die Fabrikation der modernen Oelatinechlorozitrat-Kopierpapiere hatte Abney 1882 angeregt (s. Bd. IV, S. 161); im großen Maßstabe stellte Emil Obernetter in München, der Sohn J. B. Obernetters, seit 1884 Gelatinecblorsilberpapier her (s. Bd. IV, S. 162) und legte dadurch den Qrund zu der später namentlich in England und Frankreich im großen Mallstabe betriebenen Erzeugung von Chlorsilber- gelatine Auskopierpapier (Aristopapier). Es entstanden in der Folge zahlreiche Celloidin- und Aristopapierfabriken.
Die erste große Celloidinpapierfabrik (mit Barj'tstrich) dürfte Kurz in Wernigerode in Deutschland 1890 errichtet haben.
In diesen Emulsionen („ Celloidin " und „ Aristo") bestand die Mischung aus Chlorsilber, Silbernitraf eventuell Zitrat oder Tartrat nebst freier Zitronen- bezw. Weinsäure.
Dann wurde die Zusammensetzung der Gelloidinpapiere Spezial- bedürfnissen angepaßt. Der ehemalige Fachlehrer der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, F. Hrdliöka, fabrizierte nach seinem Patente spezielle Kopierpapiere für flaue Negative, bei welchen der Zweck, Abkürzung der Gradation, durch Chromatzusätze zum Chlorsilberkollodiura erreicht wurde. E. Valenta '-} untersuchte die Wirkung verschiedener Zusätze auf die Gradation der Kopierpapiere and führte Uranyl- und Eupfersalze zum selben Zwecke ein (1895); während er zu hart kopierende Emulsionen durch Zusatz von Sitber- pbospat-Emulsion weicher stimmte.-) Gleichzeitig studierte Valenta die Hervorrnlüngsprozesse für ankupierte Silberphosphatpapiere,-') nach- dem er 1893 die Entwicklung von Chlorsilberemulsionspapieren (Aristo- and Celloidinpapier) mittels saurer Phenolentwicklung beschrieben hatte.*)
Ein anderer Fortschritt war die Einführung von schwefelfreiem Pflanzeneiweiß zur Herstellung von „Protalbinpapier" durch Lilien-
1) S. Bd. IV, S. U4.
2) Photogr. Korreaii. 1900. S. 317.
3) Ebenda.
4) EderB .lahrb. f. Tliot. 1893. S, ö3.
Edar, HMidbQCh iler fhototcmphip. I.Teil. :!. Aufl. 22
338 Erster Teil. Vieruuddreißigstes Kapitel.
feld in Wien im Jahre 1897 (s. Bd. IV, S. 174), wodurch die Haltbar- keit der Bilder gesteigert wurde. Das mit Kaseinpräparaten hergestellte „Casoidinpapier" (Kasein -Emulsion) erfand Buss 1903 in der Schweiz. Alle diese Emulsionen wurden nicht nur zu Glanz-, sondern auch zu Mattpapier verarbeitet.
Die positiven Papierbilder auf Chlorsilberpapier weisen in der Regel einen unschönen Farbenton auf, der sich dem Ziegelrot nähert Das Schönen und Dunkelfärben der Bilder geschah anfangs ver- mittelst Schwefel, welcher mit Silber dunkles Schwefelsilber bildet.
In den vierziger Jahren war nur das Färben der Papierpositive mittels Schwefelung durch Fixiernatronbäder, welche infolge eingetretener Zersetzung Schwefel ausschieden, bekannt. Alte Fixiernatronbäder färben die Papierkopien allmählich braun.
Das Schönen (Tonen) der positiven Silberbilder mit Ooldsalzen wurde ungefähr zwischen 1847 — 1850 eingeführt.
Die Methode des Vergoldens von Chlorsilberpapierbildem mit Sei d'Or (d. i. Xatriumaurothiosulfat), welche Fizeau für die Daguerreotyp- platten bekannt gemacht hatte, soll zuerst 1847 von P. E. Mathieu ein- geführt worden sein und ist in seiner „Auto -Photographie^' benannten, im Jahre 1847 erschienenen Broschüre zum ersten Male publiziert^)
Auch Le Gray empfahl in seiner Broschüre „Traite pratique de Phof' (Juni 1850) das Schönen der positiven Chlorsilberbilder mit einer Lösung von Chlorgold in Fixiernatron. Humbert de Molard beschrieb 1851 als Erster die getrennten Goldbäder (Chlorgoldlösung und Kreide), indem er vergoldete und dann erst Fixiernatron anwendete (vergl. Bd. 4, S. 6).
Der Zusatz von Blcisalzen zu den Fixierbädern, welcher später auch in den gemischten Tonfixierbädern für Celloidin- und Aristopapier eine Rolle spielte, hatte Valicourt^) im Jahre 1851 zuerst empfohlen; er beobachtete, daß Fixiernati'on gemischt mit Bleiazetat die Ent- stehung violetter Töne bei Chlorsilberkopien verursache, was auch Henderson») (1862) bestätigte.
Die gründliche Kenntnis der chemischen Vorgänge beim Fixieren und Vergolden von Silberkopien wurde insbesondere durch eingehende
1) Ich folge hier den Angaben in Hlanquavd-Evrards: La Photographie, origines, ses progios, ses ti-ansfurmations. Lille 1870. S. 182. [Bevor ich diese Qnelie kannte, hatte ich die Priorität des Vergoldens von Papierbilderu Le Gray 1850 «i- geschrieben, s. dieses Handbuch l>d. 4, S. 0. E.]
2) Valicourt, Manuel de Phot. 1851. S. 345.
3) Eders Jahrbuch f. Phot. 18i»5. S. 484.
Eopierrerfahren auf Silbersalien. 339
UntersuchuDgen von Davanne und Girard („Recherches sur la forma- tion des epreares photograpbiques." Paris 1864) aogebahnt
Die Einführung der Scbwefelcyanide, namentlich des Rhodati- kglinms und - ammoDiums, im Touungs- und Fixierbade erfolgte von Heynier im Jahre 1863 (s. Bd. 4, H. 9). Bewährt haben sich die Bbodanide in der photographischen Praxis namentlich bei den Goid- bädern fdr die modernen Emulsionskopierpapiere, und zwar sowohl beim getrennten Tonungs- und Fixierungsprozeß, als auch mitunter als Zu- sats zu den gemischten Gold -Ton - Fixierbädern, bei welchen das FixiernatroD als Hauptfaktor beim Fixierungsprozesse wirkt. Saure Thiokarbamidgoldbäder wurden von. Hälain') und von £. VaJenta*) einge^rt. Andere Verbesserungen der Touungsprozesse gehören der neuesten Zeit an und brauchen hier wohl nicht weiter erwähnt zu werden. Durch Ginführung der TonfixierpalroDen und fertig gemischten „Tönungen" ist eine Vereinfachung der Manipulationen erreicht worden und von mehreren Fabriken wurde an der Wende des 19. Jahrhunderts die Erzeugung solcher Präparate aufgenommen und dadurch ein neuer Zweig der chemischen Industrie geschaffen.
1) Bull. 8oc. fran;. 19<i2. S. 223.
2) Photogr. KorroBp. 19U2. S. 650.
FÜNFÜNDDREISSIGSTES KAPITEL.
KOPIEEVEEFAHEEN MIT EISENSALZEN. — LICHT
PAUSEEEI. — PLATINOTTPIE.
Die Lichtempfindlichkeit gewisser Ferrisalze (Eisenoxydsalze), insbesondere des mit organischen Substanzen gemischten Eisen Chlorides, war schon lange bekannt, wie der Verfasser bereits nachgewiesen hat (s. S. 47).
Insbesondere war Döbereiner (1831) mit seiner Entdeckung der Lichtempfindlichkeit des Ferrioxalatos bahnbrechend gewesen (s. S. 157).
Zu photographischen Kopierprozessen wurden organische Ferrisalze (besonders das später so häufig verwendete zitronensaure Eisenoxyd und Blutlaugensalz) zuerst von Sir John Herschel im Jahre 1842 mit Erfolg versucht^) und genau beschrieben; die hiermit begründeten Kopierprozesso, besonders aber dieCyanotypie oder der photograpbische Blaudruck, wurden für das Lichtpausverfahren von hoher Wichtigkeit
Herschel beobachtete und beschrieb die Lichtempfindlicbkeit der mit Ferrizitrat und -tartrat bestrichenen Papiere; er wendete besonders auch das braune zitronensaure Eisenoxydammoniak (Ammoniumferri- zitrat) an, dessen photochemische Reduktion zu Ferrosalz er feststellte und wobei er nachwies, daß das unbelichtete Ferrisalz mit rotem Blut- laugensalz sich nicht bläut, wohl aber mit dem belichteten (Prinzip des Lichtpauseverfahrens der „Cyanotypie'\ vergl. Bd. 4, S. 202). Oelbes Blutlaugensalz gibt hierbei positive Lichtpausen (Herschel), ein Ver- fahren, welches sj)äter von Pellet zu seinem Gummi-Eisenlicbtpaus- prozeß (1877) verwertet wurde (s. Bd. 4, S. 248). Die große Reaktions- fähigkeit der Eisenlichtbilder erkannte Herschel, indem er feststellte, daß das im Lichte entstandene Ferrosalz aus Lösungen von Edelmetall- Salzen (Silber, Gold) metallische Niederschläge ausscheidet Dadurch legte er 1842 den Grund zur sog. Argentotypie, welche mit geringen
1) Herschel, „Od the Action <.)f the Solar S|)ectrum*, Phil. Traosaot 1842. Auch Photogr. Archiv. 1864. S. 467.
Kopier verfahren mit EiHeaBalzeti. — Lichtpauserei. — Platiootypie. 341
XoderuDgen 1889 in England als „Kallitjpie" neu erstand and auch im „Sepiablitz-Licbtpanspapier" in neuerer Zeit durch Arndt und Troost (1895) wieder praktisch verwendet wurde. Sowohl für die Ai^ntotypie als für die LichtpauBerei wurde in neuerer Zeit die Kopierzeit wesentlich abgekürzt durch die Einfübrung des grünen Ammoniumferrizitratee durch E. Valenta 1897.')
Die veiechiedene Reaktionsfähigkeit der Fern- und Ferrosalze gegen Tannin, Gallussäure usw. führte zur Herstellung sog. „Tinten- bilder" oder des Gallus-Eisenkopierprozeases, dessen Anfänge, auf Poitevins Publikation (20. Mai 1859, Bull. Soc. Frant;. Phot) zu- rückzuführen sind und um das Jahr 1880 zur tabriksmäBigeD Herstellung 4ron Gallus-Eisenlichtpausen mit schwarzen Linien auf weißem Grunde führte (8. Bd. 4, S. 256).
Die von Garnier-Salraon entdeckte Eigenschaft, daß Ferrizitrat im Lichte seine hygroskopischen Eigenschaften ändere (1858), hat wenig Anwendung gefunden, obschon man Einstaubverfahren und photo- graphische Pigmentprozesse damit ausführen wollte (s. Bd. 4, S, 207): die Wirkung war schlechter als bei dem auf der Lichtempfindlichkeit der Chromate begründeten Einstaubverfahren.
Dagegen gewann die oben erwähnte Herschelsche Idee, mittels belichteter Ferrisalze an den Bildstellen (wo sich Ferrosalze bilden) Edel- metalle niederzuschlagen, große Bedeutung für die künstlerische Photo- graphie, als für diesen Prozeß die Platinsalze einbezogen wurden. Die Platinotypie beruht auf der Anwendung eines Gemisches von Ferrioxalat mit Platinsalzen, am besten mit Kaliumplatincblorür.
Die Platinotypie wurde Im Jahre 1873 von William Willis*) in England erfunden und als neuer „pbotographischer Druck" am 5. Juni 1873 in England patentiert (Nr. 2011). Er beschrieb sein Verfahren in der Weise, daß er Papier, Holz usw. mit einer Mischung von Ferri- oxalat oder -tartrat mit Platin-, Iridium-") oder Goldsalzen überzog, welches nach dem Belichten unter einem Negative in Lösungen von Katiumoxalat oder Ammoniumosalat getaucht wurde, worin sich das Bild entwickelte. Als Platinsalz verwendete er Kaliuniplatinchlorür oder -Chlorid oder auch Platinbromid, Willis nahm Verbesserungs- patente vom 12. Juli 1878 (Nr. 2800, Zusatz von Blf^isalzen zur Eisen-
1) PhotofU. Korresp. 1897.
2) Eid Foittiit des um die Eiafühtuog neuer photogra|ihisclioi' Verrahren sehr verdieaten Engläadei's Willinm Willig findet sich in Brit. .lourn. Phot Almanac. 1905. S. 86.
3) Nach Pizzigbelli und Hübl (Die Platiootyin« bei diesem Prozeil kein Bild, dagegen geben Palladiumüs
342
Erster Teil. Fünfunddreiltigstee Kapitel.
Platinmiscliung, Entwickeln der belichteten Papiere in einer Miscbungl von Kaliuraoxalat mit Kaliumplatinchloriir). In seinem späteren Pate vom 15. aiärz 18S0 (Nr. 1117) ließ Willis alle diese Zusätze von Blei-fl ^Izen usw. zu der empfindlichen Schicht weg; er vermehrte den GehalO der emptindlichen Eisen-l'latinmischunf;an l'latinsalz und umging dadurch die Beimengung dieses Sal- zes in die Entwicklungs- flüssigkeit. (Weitere Änd< rungen und Verbessenini im Platin- Kopierprozeß Bd. 4, S. 214.)
Mittels des „Platio- druckes" oderder„PlaHnü- typie" wurden in London schon Ende der siebziger Jalire unter der Mitwir-_ kung des Erfinders sei schöne Pliotogi'aphlen her- gestellt, ohne daß ein siobi res Verl'atiren zur Hei-sti hing der sensiblen I'latii papiere allgemein bekai gewesen war.
Erst durch die voo' der Wiener Photographi- schen Gesellschaft preis- - gekrönte Abhandlung der österreichi sehen Offis (!. Pizzighelli und Bf Hübl, welche im Ji 1882 erschien {„Die tinotypie", 2. Aufl. 188^ wurde das Verfahren genau bekannt und veröffentlicht; der Hauptmann der Geniewaffa G. Pizziglielli (s. S. 302) war datnala Leiter der piiotographiscben Abteilung des k. und k. technisch-admini- strativen Militärkomitees in Wien und der Artilleriehauptmann Arthur Freiherr von Hübl (später Oberst und Vorstand im k. und k. militär- geographischen Institute in Wien) oblag technisch-wissenschaftlichen Studien an der Wiener Technischen Hochschule; bei ihren Versuchen wurde das Willissche Prinzip festgehalten, nämlich das Platinpapier
?ie^^
^mit FeiTioxa
folgter Belichtung mit heißer Ealtumoxalatlösung zu entwickeln. Mit der Anwendung von DoppelsaUen des Ferrioxalates hatten die Genannten damals keine guten Resultate erzielt. Im Jahre 1887 fand aber Pizzi- ghelli die Bedingungen, unter welclien FerrioxaJat- Doppelsalze bei der Präparation von Platinot^'ppapier gute Dienste leisten, und bemeikte, daß durch Beimengung von Natriunioxalat usw. in die empfindliche Schicht die reduzierende Kraft des im Lichte entstandenen Ferrooxalates derartig gesteigert wird, daß ohne weitere Anwendung einer Entwick- lungsflüssigkeit ein schwarzes Platinbild entsteht') Da damals Haupt- mann Pizzighelli in Banjaluka in Bosnien stationiert war, so stammen diese ersten Versuche des „direkten Platin-Auskopierverfahrens" ohne Entwicklung aus dem Okkupationsgebiete in Bosnien, von wo auch die ersten gelungenen direkten Platinkopien stammen, welche Pizzi- ghelli dem Herausgeber dieser „Geschichte" im Jahre 1887 sandte und wovon eine Probe In Fig. 105 abgebildet ist
Weitere Verbesserungen des Platindruckes waren das Ergebnis der Untersuchungen von A. Lainer,-) Baron Hübl*) u.a.
Die ersten Piatinpapiere brachte (1880) die englische Platino- type-Comp. (London) in den Handel; es waren dies anfangs „Heili- Entwicklungspapiere", zu welchen 1892 die „Kalt-Entwicklungspapiero" kamen. Später wurden auch in Österreich (Dr, Just 1883) und Deutsch- land (Hesekiel, Jakobi u. a.) Piatinpapiere fabriziert Bei diesen Handelssorten von Platiupapieren wurde namentlich auf die Stärke und Testur des Papiers (glatt, mehr oder weniger rauh, dickes Aquarell- papier, Pyramidenkompapier usw.) Rücksicht genommen und dadurch kam man den Anforderungen der künstlerischen Photographie (nament- lich für größere Bildformate) entgegen. Bald begann man es als nütz- lich zu empfinden, daß diesen Platinpapieren eine allerdings sehr schöne, aber etwas kalte grauschwarze Färbung eigentümlich war und es wurden Mittel und Wege gefunden, um die Farbe der Platindnicke (teils mittels gewisser Zusätze zur Präparation der empfindlichen Schicht. teils durch Tonnngsprozesse) ins Braune oder in andere Nuancen zu variieren (s. Bd. IV dieses Werkes).
1) Phot. Korresp. 1887 und 186>i.
2) Piiot. Korresp. 1804. S. .'ilS.
3} Hübl, Der Platindnick. rn95; ferner l'hot Korrosp. 1K94. S. .".5."i.
SEGHSÜNDDBEISSIGSTES KAPITEL.
PHOTOGEAPHISCHE VERFAHEEN MIT CHROMATEN. — EINSTAUBVERFAHREN. — PIGMENTDRUCK. — GUMMI-
DRUCK.
Im Jahre 1798 entdeckte Vauquelin, daß die Chromsäure mit Silber ein karminrotes Salz bildet, welches im Lichte dunkler wird (s. S. 92).
Prof. Suckow war der erste, welcher im Jahre 1832 beobachtete, daß chromsaure Salze auch bei Abwesenheit von Silber lichtempfind- lich sind, wenn man organische Substanzen zusetzt (s. S. 139).
Aber erst als durch die Erfindung der Daguerreotypie von vielen Seiten Versuche mit lichtempfindlichen Salzen unternommen wurden, begann der Engländer Ponton^) im Jahre 1839 seine Versuche wieder mit ehromsaurem Silber, offenbar an Vauquelins Angaben anknüpfend. Ponton versuchte, die Lichtempfindlichkeit des Silberchromates photo- graphisch zu verwerten und machte bei seinen Experimenten die Beob- achtung, daß Papier, mit doppelt chromsaurem Kali getränkt (auch bei Abwesenheit von Silbersalzen), durch die Lichtstrahlen gefärbt werde. Ponton beschreibt diese Versuche im Jahre 1839 in seinem Berichte an die „Royal Society of Scottish artists".^) Fixiert wurde das Bild durch bloßes Auswaschen, indem das von der Sonne gefärbte Salz seine Auflöslichkeit im Wasser verliert (vergl. Bd. 4, S. 307).
Wie aus diesen Angaben hervorgeht, entdeckte also Ponton die Farben Veränderung des mit Bichromat getränkten Papieres; das Wesen des hierbei vor sich gehenden chemischen Vorganges wurde allerdings von ihm unrichtig aufgefaßt. Auch erkannte Ponton die für die Photographie viel wichtigere Lichtempfindlichkeit der Gemenge von
1) Mungo Pontou, geboren im Jahr»? 1801 in England, starb am 3. August 1880 in Clifton.
2) Edinb. new philosuph. Journ. 1839. S. 169.
Photographidche Verfahren mit Ch]v>uiiiten. — Einstau bvcrf ah rea usw. 345
Kaliumbichromat mit Oelaüne, Gummi usw. keineswegs, sondern diese Kntdeckang wurde erst später gemacht.')
Becquerel versuchte das Verfahren Pontons zu verbessern und arbeitete durch Anwendung von Stärkekleister und Behandeln des Chrombildes mit Jod auf das deutlichere Sichtbarwerden des Chrom- bildes hin. (Compt. rend. 1840. Bd. 10, S. 469.)
Auch Hunts Versuche (1843), mittels eines Gemisches von Kaliumbichromat und Kupfervitriol eine bessere Auskopiermethude auf Papier zu finden *) {sogen. „Chromatypprozeß"), führten zu keinem praktischen Ergebnisse, ebensowenig dessen „Chromo-Cyanolypprozeß", bei welchem Hunt ein Gemisch von Kaliumbichromat und Blutlaugen- salz auf Papier auftrug.*)
Der Entdecker der Li chtemptind liebkeit eines Gemisches von Kaliumbichromat und Gelatine ist Fox Talbot, welcher am 28. Oktober 1852 ein englisches Patent zur Herstellung von photo- graphischen Stahlätzungen mit Hilfe dieser Cbromatmischung nahm und sein Verfahren in den französischen „Comptes rendus" im Jahre 1853 genau publizierte; er machte bekannt, daß Chromatgelatine im Lichte unlöslich wird,') d. h. die Quellbarkeit in kaltem Wasser verliert. In der betreffenden Abhandlung, welche den Titel „Gravüre pbotographique sur l'acier" führt, beschreibt Talbot als lichtempfind- liche Schicht: Leim und Kaliumbichromat, welches er auf eine polierte Stahlplatte auftrug und mittels einer W^eingeistlampe trocknete, darauf legte er ein Diapositiv, kopierte in der Sonne einige Minuten, bis die Abbildung „gelb auf braunem Grunde" entstand, wusch mit Wasser, wonach das Lichtbild (nach Talbots genauer Beschreibung) „meist etwas erhaben hervortritt, da an den vom Lichte veränderten Stellen das Wasser das Chromsalz wegnimmt und die r.«imscbicht etwas auf- quellen macht". Durch diese Schicht hindurch ätzte Talhot mitteis
1) Diese Bemerkung muH mit De^ug auT maocbi- obeiiläcliliclie und iritüinliolie SohilderUDg der liisturischen Entwicklung der I'liotograpbie mit Chromsalzen gcmaolil werden, in welcher es fälBchüch heiOt: Pootiin sei dei* Eutdecker der Liuhtenipßnil- liohkeit der Chromgelatine. Solche Irrtümer über die Entdeckungsgt'Sthichte der Chromatpholographie schreiben leider mnnche Autoren voneinander ab und verbruituri sie dftduTCh in der Literatur. Die leb Icrhaf teste Scbilderung findet sich nameotlicli in «ner ganz un verläßlichen sogenannten ,OfSt;hichtü der Pbotogi'apbie'' (1891) von Sohiendl abgedruckt, was icb in der ,Photogr. Korrespondenz" (1^91. ä. 15li au^- fohrlieh richtigstellte. (Eder.)
2) Hunts Bcsearehes oii Lij^Ut. I8öl. S, ITÖ, Athcniiiuii. 1843. N'r. 8:^ii. Dinglers Polytechn. Jouni. Bd. !H), S. 4i;f.
3) VergL Hunts Manual ot Ptu,tot;r.
4) Compt, rendus. Bd.:i(i, 0.78". Diiijjler.s I'iJylediii..liHLrii, Bd. iL'8.y.2iHi.
346
Ereter Toll. SeclisunddreiBigsteB Kapitel.
PliitineliloridlÖsung. Um Halbtonbilder zu ätzen, brachte Talbotl zwischen Diapositiv und emptindliche Schicht einen feinen Netzstoff (schwarze Gnze) und legte somit das Fundament nu dem späteren Rasten-erfahren; er bemerkt, daß man auch Photoziiikotypien und Photo! ithographien mittels dieses Prozesses erhalten könne und erwähl dies in der englischen Paten tbeschreibiing,
Die Talbotsche BeolK achtung der Qnellbarkeit de| belichteten Chromatgelatineiäd Wasser nutzte Paul Pretscq (It-rj4) in Wien zi heliographischen MethM aus. indem er eine Platte mi^ Tjeim, Kaliumbichromat uiu .Silberverbindungen überzt^j^ bcliclitete, in Wasser wusch und das erzielte Relief mittels Galvanoplastik oder Ste- reotypieabformte. SeinengJ lisches Patent (Nr, 2373) i vom 9. November 1854 dati« das französische Patent erhiol Protsch erst im Juli ISöfij Der Franzoso Alphon Louis Poitevin machte si um die Einführung der Phol graphie mit Chromaalzen i Fi- loü Mdi. -0 [•niiii.h sondere Verdienste;
i-i-OL. »isHn dierte mit grölltem £rfol|
die Reaktion der Obromal mit organischen Substauzen im Lichte und erfand den LichtdruoH (1855) sowie den Pigmentdruck. Zunächst nahm Poite Dezember 185ä ein englisches Patent auf eine neue pliotographisc Druckmethode, welche nach der Patentbeschreibung das Prinzip i Lichtdruckes darstellt.
Poitevin erwähnt daselbst, es sei eine Mixtur von „Albutnij Kibrine, Oumnüarabikum, Gelatine oder Ühniichen Substanzen Kaliumbichromat" zu machen, auf diese Schiebt ein Hild zu kopien die Platte anzufeuchten und fette Farbe aufzutragen, „welche nur i den belichteten Stellen adhüriere'; man könne den so erhaltenen Druol auf dieser zuerst erzeugten Bildfliiclie belassen oder nach der Art c
Pbotograpbische Verfahren mit Ohroinaten. — Ei QsUub verfahren usw. 347
lithogrftphien AbdrUcke davon herstellen und verschiedene Unterlagen, z. B. lithographische Steine, Metall, Glas, Holz usw. zur Bilderzeugung rerwenden. Ferner erwähnt Poitevin in derselben Patentbescbreibung : man könne farbige Kopien erhalten, wenn man eine Farbe (Pigment) mit einer der oben genannten Mixturen vermenge und nach der Be- lichtung die vom Lichte nicht veränderten Stellen wegwasche. Han könne Kopien in verschiedenen Fai-ben mittels dieser Methode herstellen.
Photographische Drucke, welche nach diesem Patente beigestellt waren , ') stellte Poitevin in der Pariser „Ex- position universelle" im Jahre 1855 aus; diese Methoden und die in der Patentbeschreibung ausgesprochenen Prinzipien repräsentieren aber unzweifel- haft die Grundlagen desL i c b t • druckes und des Pigment- druckes und wir müssen in Poitevi n ') den hervorragend- sten Erfinder dieser photo- graphiscben Methoden nebst Talbot und Pretsch ehren.
Alphons Louis Poiteviu, dessen Portiut ia Fig. 107 abge- bildet ist,') <^arde hS19 zu Coiitlans im Satthe- Departement in Frank- reich geboren. Er atudieilc in
Calais, später an der Ecole ceu- Fii.K:. Aiphuna Louis Poitovin.
trale in Paris insbesondere Chemie und Hechauib. 1843 erhielt er
das Diplom eines Zivilingenieui'it , l'rat als Chemiker in den Salinen (Salines iialio- nalea de l'Est) iu den Staatsdii^nst und begann 164S in seiner freien Zeit mit photograph lachen Versuchen. Das erste Ergebnis seiner Studien war die Gal\ano- gn^hie auf Deguerreotypplatten (s. u.), dann fand er ein gleiolifalls für Dagiiorrcotyp- platten bestimmtes photoche misch es <>raviervBrfaliron auf vergoldeten Metallplatten (8. o.), wofür er die silberne Medaille der Sociote d'Eneouragemi'nt des Arts erhielt.
1) Als Fürbomittel war Tusche benutzt (s. Simpson. Swaus Pigmentdriick. Deutsch von Vogel. Berliu I8(i8. S. 10).
2) Poitevin meldet wohl auch 185.5 ein Patent auf eine photogalvanogruphische Methode an (datiert vom 13. Dezember l>i:jD), also wesentlich später als Pretsch.
3) Ein anderes Porträt Poitevius findet sich in Paris-Photographe. lS9i».
348 Erster Teil. Sechsunddreißigstes Kapitel.
Poitevin wurde 1850 Ingenieur in der Fabrik Pereire in Lyon und kam 1850 nach Paris. Poitevin beschäftigte sich eingehend mit den photographischen Eigenschaften des Chromleims, erfand die Prinzipien des Lieh tdnickes und Pigmentdmckes, während ihm mit der Ei*findung der Photogalvanographie Pretsch um wenige Monate zuvor- gekommen war. Die meiste Aufmerksamkeit widmete Poitevin der direkten Photo- lithographie in Halbton auf gekörntem Stein mittels Chromeiweiß -Schichten (s. u.). Er errichtete im Oktober 1855 eine photolithographische Druckerei ; dies Unternehmen erwies sich als wenig erfolgreich, da Poitevin die Technik der Lithographie zu wenig beherrschte. Er trat deshalb mit dem Inhaber der bemhmten Pariser lithographischen Anstalt Lemercier in Vorbindung, verkaufte ihm seine Patente (s.u.) imd führte auf diesem Umwege seine Ei*findung erfolgreich in die Praxis ein. Später veröffent- lichte Poitevin zahlreiche wichtige Verbesserungen auf dem Gebiete der Chromat- photographie, der Photographie mit Eisonsalzen, der Photochemie mit Silberphoto- chlorid usw. Er erhielt aus dem von dem Mäcen Herzog von Luynes gestifteten Preis für seine Erfindung der Chromatphotographie (Kohlebildor) 10000 Franken (s. u.), doch waren alle diese unregelmäßigen Einnahmen nicht genügend, die bedeutenden Opfer zu ersetzen, welche Poitevin der Durchfühi-ung seiner Ei'findungen brachte, so dal) er 18GU sich genötigt sah, wieder als Zivilingen icuV Dienst zu nehmen. Er leitete die Glasfabriken in Folembnin, ging zur Ausbeutung von Silbererzen nach Kefoun-Theboul nach Afrika, zog schließlich nach dem Tode seines Vatere wieder nach Contlans, wo er ein bescheidenes Anwesen hatte.
Auf der internationalen Ausstellung in Paris im Jahre 1878 wurde Poitevin zum „Colloborateur Universal'' ernannt und ihm ein Honorar von 7000 Franken nebst einer goldenen Medaille in Anerkennung seiner Verdienste um die Fortschritte der Photographie ausgesetzt. Diese Summe soll ihm aber nie ausbezahlt worden sein.^) Dagegen hatte ihn die Sociöte d'oncouragement in Paris wiederholt ernstlich gefordert, zuletzt durch Verleihung des vom Mar(|uis von Argenteuil gestifteten Preises von 120<K) Franken. Die letzten Jahre seines Ix3bens verbrachte i^oitevin in seinem (inburtsorto und zwar in sehr bescheidenen Verhältnissen , bis sich 1880 die Symptome einer Geliinierweichung einstellten, welcher er am 4. März 1882 erlag.
Die von Poitevin im Jahre 1855 ausgestellten photographischen Kopien mittels Druckerschwärze hatten, so unvollkommen sie auch waren, die Aufmerksamkeit des Herzogs von Jju ynes in Paris erregt, welcher hierin die Möglichkeit erblickte, unveränderliche Drucke zu billigem Preise auf photograpischem Wege herzustellen. Um die Lösung dieses Problems zu beschleunigen, gab derselbe im Jahre 1856 eine frucht- bare Anregung, indem er Preisaufgaben mit Prämien von 8000 und 2000 Franken zur Herstellung unveränderlicher photographischer Drucke stellte.2) (Siehe Bd. 4, S. 311.)
Der damalige Vorsitzende der Pariser EMiotographischen Oesellschaft, der Chemiker Regnault, leitete 1856 das Programm dieses Preises mit den Worten ein: „Von allen Stoßen, die uns die Chemie kennen gelehrt
1) Phot. Archiv. ISS2. S. 94; Phot. Korresp. 1882. S. 04. Ferner: Poitevin, Traite des Impressions i>hotogr. Paris 1883. 2. Aiitl.
2) Bull. Soc. fran^. Phot. IS.'Hk 8.211.
Photographische Verfahren mit ChroinattD. — Eitistaiib verfahren usw. 349
bat, ist der EobleDstoff der beständigste und derjenige, der allen chemiBChen Reagenden in der Temperatur unserer Atmosphäre am besten widersteht — Der gegenwärtige Zustand der alten Manuskripte beweist uns, daB die in der Gestalt von Lampenschwarü auf dem Papiere fixierte Kohle jahrhundertelang unverändert bleibt. Wenn man es daher er- möglichte, photugrapbische Bilder in Kohle herzustellen, so würde man für deren Haltbarkeit dieselbe Grundlage haben, wie für unsere ge- druckten Bücher, und das ist die größte, die man hoffen und wünschen kann."
Hiermit war die Direktive für Arbeiten mit Druckverfahren mittels Kohle oder Druckerschwärze gegeben, welche nicht ohne Einfluß fär die Entwicklung dieser Metboden und darunter auch des Pigmentdruckes war. Bis zum Jahre 1859 waren zur Bewerbung um den Preis des Herzogs von Luynes mehrere Arbeiten eingelangt und zwar von 1. Testud de Beauregard, 2. Garnier und äalmon und 3. Pouncy.
Von den Genannten stellte Testud de Beauregard einige gute Proben aus, brach aber aus einem unbekannten Grunde ab, als er vor der Kommission arbeitete; er wurde deshalb nicht weiter berUi^k sichtigt Die Herren Garnier und Salnion arbeiteten erfolgreich vor der Kom- mission und zwar mittels eines Einstaub Verfahrens (s. u.) und Pouncys Arbeiten wurden von der Kommission nach seinen Mitteilungen geprüft, da er verhindert war, persönlich zu erscheinen.
Gelegentlich der Prüfungsarbeiten konstatierte aber die von der Pariser Photographischen Gesellschaft eingesetzte Jurj-, daß der gemein- same Vater aller dieser prämiierten Methoden Poitevin mit seinen oben angegebenen neuen Verfahningsarten war.
Demgemäß erhielt auch Poitevin eine goldene Medaille; Garnier und Salonion sowie Pouncy erhielten je eine silberne Medaille.
Der Engländer John Pouncy stellte in der ^London Photographic Society" im Jahre 1858 Pigmentdnicke aus {s. Journ. Pbot Soc. 1858. Dezember, S. 91), deren Darstellung er damals geheim hielt. Er nahm jedoch gleichzeitig (de dato 10. April 1858 Nr. 780) ein englisches Patent anf dieses Verfahren, nach welchem hervorgeht, daß er „vegetabilische Kohle, Gummiarabikum und Kaiiumbicbroniat" als Bildschichte für die Papierpräparation verwendete oder die Kohle durch Bitumen oder andere Pigmente ersetete, um lichtechte Photographien zu erhalten. Daß Pouncys Gummidrucke tatsächlich in dieser Weise hergestellt worden waren, geht aus einem Briefe seines Mitarbeiters Portbury hervor, welchen dieser am 23. November 1860 in der „Photographic News" veröffentlichte. — Dieser Pigmeniprozeß mittels Gummiarabikum und Chromaten ist jedoch schon von Poitevin (s. oben) erwähnt worden
350 Erster Teil. Sechsunddreißigstes Kapitel.
und „Pouncys Pigmentverfahren'' deckt sich mit dem durch Poite- vins Patentbeschreibung publizierten.^) Trotzdem erhielt Pouncy wegen der guten Ausführung der Bilder einen Teil des Preises des Herzogs von Luynes zuerkannt. Immerhin kann Pouncy als der praktische Gründer des Gummidrucks gelten.
Schließlich wurden bei dieser Preisverteilung 2) Garnier und Salmon berücksichtigt, wegen eines Einstaubprozesses mit Chromsalzen, Zucker, Eiweiß oder Gummi und Kohlenpulver, dessen Beschreibung sie am 30. Juni 1S58 zu Händen des Sekretärs der Pariser Photographischen Gesellschaft deponierten und welcher tatsächlich originell war.')
Die Preisausschreibung des Luynesschen Preises wurde verlängert und im Jahre 1862 erhielt Poitevin den Luynesschen Preis im Be- trage von 2000 Franken.
Trotz dieser erstgenannten Preisarbeiten des Jahres 1858 gelang es damals nicht, mittels des Poitevinschen Pigment-Prozesses Halbton- bilder tadellos zu reproduzieren, sondern der Erfolg beschränkte sich auf die Wiedergabe linearer Zeichnungen.
Den Grund, warum beim Poitevinschen Pigmentprozeß und allen ähnlichen Methoden, bei welchen das Bild an der Schichtoberfläche er- zeugt und durch Wegwaschen der unveränderten Partikel fixiert wird, die Halbtöne zerstört werden, erkannte zuerst Abb6 Laborde.*)
Nachdem Laborde die Ursache der Zerstörung der Halbtöne beim Poitevinschen Pigmentprozeß erkannt hatte, schlug J. C. Burnett am 22. November 1858 im „Photographic Journal" Bd. V, S. 84 ein Mittel zur Abhilfe vor, indem er ganz richtig bemerkte, daß man das Pigment- papier von der Rückseite belichten müsse, damit die Pigmentbildstellen an der Unterlage haften.
Alle diese Methoden aber, bei welchen durch die Papierschichte belichtet werden mußte, gaben nicht die gewünschte Feinheit und Schärfe der Bilder, weshalb Fargier zum ersten Male auf die Idee kam, die belichtete Chromat- Pigmentschichte mit der Bildfläche auf eine andere Unterlage zu übertragen und hierbei das Oberflächenbild festzuhalten. Fargiers im September 1860 in Frankreich patentierter Pigmentdruck- prozeß ^) bestand darin, daß er die mit Chromat empfindlich gemachte
1) Auch Seely. der Heraus^^ober des Americau Jourual of Photograpby, sohlug die Verwendung von Chromat -Gummi vor (18r)8), ohne damit etwas Neues za sagen.
2) Bull. Süc. franv. Phut. 1S62. ^. [)\).
3) S. Eders Handbuch. Bd. IV. lieft 13.
4i Bull, de la See. fran«,-. de Phot. 1858. S. 213. Liesegang, Der Kohle- druek. 1JS84. S. 8.
5) Bull, de la Soo. franc. de Phut. isGO. S. 3U.
Pignipnt-Oe
Platte io warmes Wasser tauchte, worin sieb die nicfat belichtete Gelatine löste, während die im Lichte unlöslich gewordenen Bildstelleo mit allen Details und Halbtönen am Kollodion haften blieben, welches sich in Hautform von der ersten Unteriage ablöste und auf eine andere Unter- lage (z. B. ein Blatt Papier) übertragen wurde.
Fargier legte der Pariser Photographischen Gesellschaft wieder- holt Proben von Pigmentbiidern vor (1861) und erhielt von ihr für seine
,Bph w
Studien auf dem Gebiete des Pignientdruckes und seine ingeniöson Vor- bessernngen desselben im Jahre 18G2 einen Preis von 600 Franken (Ball. Soc. fran?. Phot. 1863. S.lOl).
Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung des Pignientverfahrens geschah durch den Engländer J. W-Swan, welcher den Ühertragungs- prozeß einführte.
Joseph Wilson Swan, geboren am 31. Oktober 182S in Munder- land (England) in New Castle, verbesserte das Pigment verfahren und arbeitete mit unermüdlicher Ausdauer an der Vorvolikommmiug dieser Methode; man verdankt den größten Teil <ier praktischen Erfolge, welche
Erster Teil. Seohsanddre
nijin später mit 'leni Figmentverfahren erzielte, den Bemühungen Swantf iniiem er das einfaclio und doppelte Überlragungsverfaliren der Pigment- '
bilder auf Glas und Papier einführte (s. Bd. IV dieses Handbuches). errichtete später in Gemeinschaft mit Mawson eine der ersten Bi silbergelatinetroekenplatten-Fabriken in England, Auch erfand S
J
die clcktrisr uioDiampe mit 9cblin mtSrinig gewandem iLobieD ien und er wurde wegen seiner vielfachen Verdienste vom englischen König Eduard im Jahre 1904 in den Adelsstand erhoben.
J. W, Swan, dessen Porträt in Fig. JOS abgebildet ist, beschäftigte sich seit 1864 mit dem Pigmentverfahren,') das er sich unterm 29. Fe- bmar 1864 (Nr. 503) in England patentieren ließ. Fig. 109 zeigt die Reproduktion eines von Swan selbst im Jahre 1866 hergestellten ge- InngeneD Pigmentbildes mit doppelter Übertragung {Kautschukpapier); die Originalpigmentdrucke Swans aus der älteren Zeit sind sehr selten geworden, da eine Feuersbrunst die Arbeitsstätte und Sammlungen Swans Ende des 19. Jahrhunderts zerstörte. W. Benyon Winsor in London kaufte Swans Patent und gründete die englische „Autotype Comp.", welche nur die Fabrikation und Verarbeitung der Pigment- papiere betrieb, während Adolf Braun das französische Patent Swans erwarb.
Braun in Domach (Elsaß) befaßte sich damals mit der Wieder- gabe der Skizzen alter Meister aus dem Louvre und versuchte, die ver- schiedenen Farben (Braun, Rot und Orau) der Originale mittels eines TOD Rousseau erfundenen heliographischen Prozesses zu reproduzieren. AI9 Swan ihm auseinandersetzte, daß er durch sein Pigmentdruck- verfahren nicht bloß die Farben der Originale nachahmen, sondern wirklich genau denselben Farbstoff, wie er zu den Originalen verwendet worden, benutzen könne, und eine Kopie eines in Kotstift ausgeführten Originals mit wirklicher Kotkreide (Blutrot) sab, da war er ganz hin- gerissen von dem Verfahren, das er von da ab zur Wiedergabe von Studien alter Meister verwendete, welche Reproduktionen heute Welt- ruf in allen Malerschulen haben.
In Deutschland führte Franz Hanfstängl jun. (Sohn des Gründers der Konstanstalt s. S. 367) zuerst den Pigmentdruck im Großbetriebe för den Kunstverlag ein und pflegte auch alle modernen photograpbi- scheo Verfahren; sein Porträt zeigt Fig, 110.
Von da ab kam das l'igraentverfahren zur höchsten Blüte und wurde eines der wichtigsten Verfahren für den Kunstverlag (Braun in Dornacb, Hanfstängl in München, die Autotype Comp, in London u. a.) and für die künstlerische Photographie.
Die hervorragende Schönheit von Kohledrucken auf Glas führte zu der Verwendung des Kohledruckprozesses bei Herstellung von Transparent- bildem und bei der von Duplikaten und Modifikationen von Negativen.
1) Vergl, Swan ,Meia Anteil am Verfaliren ;iur Herstellung von Koblebildern' (/■hrbooh f. Photographie. 189-1. S. 275), — Die Biographie Swans a. Brit. Journal. 1901. &a90.
Zdar, ■■K«:1i der PhotoRmpliio. [.Teil. :I. Anll. 23
354
Erster Teil. SechBunddreiBigstes Kapitel.
Swaii wandte auch das Pigmentdmckverfahreii zur Gravierung von Eupferplatten an, worauf zwei Methoden beruhen, nämlich die Ätz- methode, bei welcher ein Pigmentbild (Negativ) als Itzgrund wirkt und man geätzte Heliogravüren erhält, und die früher zur Anwendung gekommene, von Swan und Woodbury ganz besonders ausgebaute Methode, bpi welcher das Relief eines positiven Pigmentbildes die
Mutrizc für t-in Galvanu bildet. (Verf;!. weiter unten l'hotogalvanographie und KiiCsi-'lic Heliogravüre.)
Der tlummidruc'k gibt bei weitem nicht die prünise Reproduktion der feinsten Bilddetailn, aber an künstlerischer Gesamtleistung nament- lich gröDerer Bilder von geschlossener Licht- und Scbattenwiikang lassen sich mitGnmmidniek vorziigliehe Resultate erhalten. SeitPounoy war das Tertahreii vergessen; auch Bollmanns Empiehlung der Qnmmi- Pigmentbilder IfiftS (vergl. Bd. 4, S.470) hatte keinen Erfolg. Erst 1889 lenkte Artigiie die Aufmerksamkeit auf direkte Halbton - Kopierverfiüiren, indem er ein ^Sammetkohlepapier" (Cbarbon velours) emphbl (s. Bd. * S. 460). Es war aber dies kein eigentlicher „Gummidruck", sondern
die Wiederbelebung dee ben geschah mit Rouill6-Ladev€zes Bro- achiire „Sepia-Photo et Sanguine- Photo". Paris 1894. Dann worde iDsbesoodere im „Wiener Camera Club" von Watzek, Philipp von Soboeller, Baron Albert von Rothschild u. a. der Gummidruck als Änsdrncksmittel künstlerischer Photographie propagiert und zwar mit Anwendung von mehrJachen Kopierungen zur Erzeugung guter Mittflltöne und Schatten. Der Gumroidrnck fand in der Folge in allen Ländern viel Yerbreitung in der künstlerischen Photographie, wurde in zahlreichen Werken beschrieben') und war auf allen Ausstellungen stark vertreten.
Die effektvolle Kombination von Platinotypie mit Gummidruck wurde zuerst an der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien von Professor H. Keßler ausgeführt und waren derartige Bilder in der Pariser Weltausstellung 1900 unter den Schauobjekten der ge- nannten Anstalt ausgestellt')
Marion in Paris teilte im Jahre 1873 der Pariser Photographischen Gesellschaft mit,") daß kopierte Pigmentpapiere beim Anpressen auf ein anderes unbelichtetes Pigmentpapier das unlösliche Lichtbild gewisser- maßen auf das zweite übertragen; diese ^Mariotypie" ist der Ursprung der von Manly später erfundenen „Ozotypie".*)
Die chemische Beaktiun des Lichtes auf Chromate bei Gegenwart organischer Substanzen war anfänglich trotz vielseitiger praktischer An- wendungen der Chromleini verfahren noch wenig studiert, so daß sich die Photographische Gesellschaft in Wien veranlaßt sah, im Jahre 1877 einen Preis für eine kritische Studie über die Lichtreaktionen der chromsauren Salze auf Albuminoide, Gelatine usw. auszuschreiben; es erhielt 1878 die Konkurreozarbeit Eders den Preis^), in welcher die gerbende Wirkung des im Lichte entstandenen Chromichromates (Chrom- dioxyd =CrOg) als der Grund der ünlöslichkeit der Chromatgelatine usw. sichergestellt wurde.")
1) Behrens, ner Ouniuiidruck. 2. AulL Berlin 1903. — Gaediuke, Der Ouinmidtuck. 2. Aufl. Berlin 1903. — Kösters, Der Gummidruck, Halle a. S. 1904. — Rapp, Praktische Anleituag zur .\usäbuag des Guiatntdnickea, Wien l'JOO. — Silberer, Anleitung znra Gummidrock. Wien 1903. — Hotmeister, Th-, Der Onmmidracb. Halle a. S. imH.
2) Edeis Jahrb. f. Phot. 1902. Ö. 271.
3) BuU. Sog. fran?. 1873. S. 95.
4) Vergl. Eders Jahrbuch f. Phot, 1!100. S. ÖO; ferner 1901 bis ItlOO u. ff. :>) Vergl. Bd. IV. S, 473.
6) Phot. Korresp. 1878. — Auch selbständige Bi'OSchüre in Eder, Über die ReaktioD der Chromsäure und Chromate auf QelatiDC, Gummi, Zucker usw. in ihren Beziehnngen zur Chronifttphotographic. Wien 1878.
23*
SIEBENÜNDDREISSIGSTES KAPITEL.
PHOTOKERAMIK, EMAILBILDER MITTELS DES KOLLO DIUM- UND DES EINSTAUB VERFAHRENS.
Der Pariser Photograph Lafon de Camarsac hatte im Jahre 1855 zuerst bekannt gemacht, daß man das mittels des nassen Kollodium- verfahrens (mit Entwicklung) hergestellte Silberbild (Kollodiumhäutchen) mit Chlorgold oder Chlorplatinlösung behandeln müsse, um durch chemische Substitution Gold- und Silbermetall ins Bildhäutchen zu bringen, die beim Einbrennen auf Email bessere Farbennuancen geben, als Silber, welches gelbe Töne gibt (Compt. rend. Bd. 40, S. 1266; Dinglers Polytechn. Journ. Bd. 137, S. 271).
Lafon de Camarsac in Paris hatte sein Verfahren weiter be- trieben und 1862 in Paris „Images photographiques inaltörables sur 6niaux et sur porcelaine vitrifi6es comme les peintures de Sövres* aus- gestellt. 1)
C. M. Tessi6 du Motay und Mar6chal stellten später nach dem- selben Verfahren photographische Emailbilder (eingebrannt im Porzellan- ofen) her und legten sie in Paris vor. (Bull. Soc. frauQ. Phot. S.März 1865. S. 59 u. 175.)
Dieses Prinzip des Einbrennens vergoldeter oder platinierter KoUo- diumbilder wandte auch Grüne in Berlin 1868 an und bezog auBer Gold- und Platinsalzen auch Iridium- und Palladiumchloridlösung zur Substitution der Silberbilder und anderer Edelmetallbilder behufs Ände- rung der Nuance beim Einbrennen auf Glas, Email oder Porzellan ein (Phot. Mitt. Bd. 5, S. 20).
Eine merkwürdige photochemische Reaktion von Eisensalzen wurde von Henri Garnier und Alphons Salmon (de Chartres) im Jahre 1858 entdeckt. Dieselben beobachteten, daß das Ferricitrat im Lichte
1) Vergleiche: Lafon de Camarsac. Application de I'heliographie aux arts ceramiques aux omaux. ä la Joaillene. aux vitraux ou transformation des desnos photographiques. Memoire prosentc ä 1 academie des science.s. Paris 1855. — Lafon de Camarsac. „Portraits photographiques sur email.'' Paux.
seine Löslicbkeit und hygroskoptscheß Eigeaschaften ändert. >) Darauf- hin gründeten die Genannten das erste Ginstaubrerfahren, mittels welchem sie Kopien herstellten und in der Pariser Photographiscben Gesellschaft uowobl Papier- als Glasbilder dieser Art ausstellten; sie nannten das Verfahren „ProcM6 au cbarbon". — Sie teilten mit, daß das Ferricitrat sowohl auf Papier als auf Glas an den vom Lichte ge- troffenen Stellen in Wasser, sowie alkoholhaltigem Wasser oder Glyzerin eine geringere Löslicbkeit erbalte. Sie trugen auf die Kopie mittels eines Tampons KienruB oder ein anderes gefärbtes trockenes Pulver oder Metallsalze auf, welche nur an den nicht belichteten Stellen, die klebrig bleiben, haften; durch Hauchen unterstützten sie den Prozeß. Fixiert wurde das Bild durch Waschen mit Wasser, wobei das Eisen- salz sich auflöste und das Einstaubpulver am Papier ziemlich gut haften blieb. Schließlich wird dieses Kohlebild mit Gummilösung bedeckt.
Dasselbe Prinzip wendete Poitevin 1860 an; er fand, daß auch ein Gemisch von Eisenchlorid und Weinsäure zu Einstaubbildem verwendet werden könne und zwar benutzte er dies nicht nur für gewöhnliche Farb- pulver, sondern auch für Metalloiyde (Porzellanfarben). Das eingestaubte Bild wurde durch Übergießen mit Rohkollodium abgelöst und auf Porzellan eingebrannt (Bull. Soc. fran9. Phot. 18G0. S. 147 und 304).
Das Einstaub verfahren mit hygroskopischen Eiseosalzen fand aber wenig Anwendung in der Photographie.
Viel fruchtbarer erwiesen sich die Einstaubverfahren mit hygroskopischen Gummi-, Honig- und Zuckermischungen mit chrom- sauren Salzen.
Garnier und Salmon kamen selbst im Jahre 1859 von der Ver- wendung lichtempfindlicher Eisensalze im Einstaiib verfahren ab und be- nutzten als hygroskopische Schicht eine Mischung von Ämmonium- bichromat und Zucker (Bull. Soc. fram;. 185ft. S. 135 und 35T).
Nachdem diese wichtige Entdeckung der Chromat-Einstaubver- fahren gemacht war, so lag die Idee nahe: zum Einstauben Metalloxyde und Porzellanfarben zu verwenden, welche im Porzellanofen auf Email oder Glas eingebrannt werden konnten.
Der erste, welcher diese Idee aufgriff, war Dr. F. Joubert, welcher im Januar 1860 die Methode mit einer Schicht von Ammoniumbichromat, Honig und Albumin (Engl, Patent vom 20. Januar 1860, Nr. 149) angab; er staubte mittels Emailpulver, wusch, fixierte, trocknete und brannte mit gewissen Vorsichtsmaßregeln ein.*) Die Methode wurde später publiziert (Phot News. 1862. S, 125) und in zahlreichen Varianten nachgemacht.
1) Bull, de la Soo, franc- de Phot. IS.'iS. S. 22Ü. (Julilieft.)
2) Vcrgl. Martin, Handbuch der Kmail].liot. IW7. .S. 4<].
Erster Teil. SiebenanddreJSigBtea Kaiiitel.
J. Wvard beutete das Chromat-Einstaubverfahren in London 1860 zuerst ans und erzeugte durch Einstauben mit Emailfarben Bilder auf Glas und englischem Porzellan als Handelsprodukt.
Auch J. R. Übernetter arbeitete das Einstaub verfahren niil Chronmt-Uummi aus (1864: s. Bd. 4 S. tiSi). und insliesondere Jul
i
0 FliolDgnphi
Leih in Wien erzielte 1864 sehr schöne photographische Pon hilder, welche er in verschiedenen Nuancen einbrannte.
Gegenwärtig ist die Pliolokeramik ein Industriezweig gewardfli und wird in Bölmien, Sachsen. Frankreich, England und anderen Ländi
ausgeübt
li Über lai' 1885.
, Methmle f
. UoDdl), d. Kmiiil|iliutogrBpliie
hndeD die eingebrannten EmaUbilder, indem man sie neb den anderen üblichen Dokumenten in den Schlußstein von Monumentalbauten ein- schloß, damit späteren Qenerationen unzerstörbare photographische Bilder Übermittelt werden. Dieser Vorgang dürfte zuerst in Wien eingehalten worden sein, indem ein sehr gelungenes, von J. Leth hergestelltes, in Porzellan eingebranntes Porträt des Kaisers von Österreich, Franz Josef I., im Schlußstein des k. k. österreichischen Museums t^r Kunst und In- dustrie in Wien (I. Stubenring) am 1. September 1871 eingemauert worde.'} Ein Duplikat dieses photokeramischen Porträts befindet sich in den Sammlungen der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien und ist in Fig. 111 reproduziert
1) Vei^. Phot Korresp. 1871. S. 55 and 1895 S. 544.
ACHTTTNDDREISSIGSTES KAPITEL.
AUERS NATUßSELBSTDRUCK UND KOBELLS OtALVANOGRäPHIR
Die ältesten Vorsuche des Natiiiselbstdrucbes wurden besonders auf K. 31 dieses Werkes bescbrioben. Erst die Einführung der tialvatKi- piastik 1837 durch Jacobi er- müglichtc die Abformung von NaturobjektoD, wie Pflanzen, beziehungsweise deren Abklat- sche in Blei und Kupfer auf olektroiytischem Wege. Der Direktor der k. k. Hof- and Staatsdruckerei in Wien, Hof- rat Alois Äuer') (e. Porträt Fig.112), wendete die Galvano- plastik zum Naturselbstdruck io vollkommenster Weise an. Er ist der Erfinder dieses Ver- fahrens, und der Leiter der ;;8lvanop]astischen . Abteilung der k. k. Hof- und Staats- druckerei, Faktor Andreas Fip, iiL>. Aii.i- Aii-T i-isi:!. -:■ intpi.. Worring, staud Auer bei
diesen Arbeiten zur Seite und kann als Mitertinder des Xatursolbstdrut-kes gelten. Auer rcrvieißiltigte (1852) plastische Gegenstände, hauptsächlich Spitzen, Pflanzen und kleine Tiere, durch Selbstdruck in der Weise, daß der Gegenstand in Blei ge- preßt und von dieser Tiefforni auf galvanoplastischem Wege wieder «ne Tiefdruck platte beigestellt wird. Ein Abdruck dieser Platte in derEapfer- druckpresse zeigt naturgemall dieselbe Erhabenheit wie das abgefonnte
u WuLsbach. f,'eb. II. Mai ISKi in WV!s, 184] Direktor Wien. gost. 10. Juli I«6!l.
1) Alois .\iier. liiniT ' dor Huf- und Siaatsd rucke roi :
Oripnal iina gioi so ein ganz getreues Faksimile. (Näher aarüber siede Auer, „Die Entdeckung des Natiu-Belbstdrackos oder die Erfindung usw.", Wien 1853, auch 1854, auch Auers polygraphische iliustrierte Zeitschrift flFaust" 1854.) Im Jahre 1853 entstand ein Prioritätsstreit um diese
Erfindung, indem in einigen, in Deutschland erscheinenden Zeitungen eine Notiz erschien, daß der in Wien angeblich erfundene Naturselbst- druck schon viir 20 Jahren in Kopenhagen von einem Goldschmied mit Namen Peter Kyhl entdeckt worden sei, und dalJ eine vollständige Erklärung der Verfahrungsweise, von 46 Abbildungen begleitet, in der
362 Erster Teil. Achtunddreißigstes Kapitel.
königlichen Kupferstichsammlung in Kopenhagen liege. Hierauf antwortete Au er mit dem in der k. k. Hof- und Staatsdruckerei gedruckten „Eigen- tumsstreit bei neuen Erfindungen usw.*' und dem dazu gehörigen sepa- raten Bande, enthaltend 25 Blätter Abdrücke nach Kyhl (nach dem Originale genau kopiert in der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien): ,,Ein sprechender Beweis, wie wenig dieser Mangelhaftigkeit zufolge das Verfahren des Goldschmiedes Kyhl mit der Erfindung des Naturselbst- druckes der Wiener Hof- und Staatsdruckerei verglichen werden könne." ^)
In der Tat muß Au er als der Erfinder des Naturselbstdruckes be- zeichnet werden, welcher die Methode zu einer Höhe der Leistungs- fähigkeit an der Wiener Hof- und Staatsdruckerei brachte, wie sie nirgends erreicht wurde. Einige Beispiele in Fig. 113 und 114 zeigen die t'berlegenheit der in Blei gepreßten und galvanoplastisch zu Tief- druckplatten umgewandelten Abdrücke von Baumblättern, welche die zarte Struktur erkennen lassen und im Originale (Kupferdruck) noch weitaus zarter erscheinen als in unserer autotypischen Reproduktion.
Sehr bemerkenswert ist auch der als Beilage zu Auers poly- graphisch-illustrierter Zeitschrift „Faust" vor einem halben Jahrhundert publizierte Naturselbstdruck eines Famkrautes (Fig. 113). Einen anderen besonders hübschen Naturselbstdruck (autotypische Reproduktion) zeigt Fig. 114.
Als Au er die ersten Proben des Naturselbstdruckes im Februar 185H in der Sitzung der zoologisch -botanischen Gesellschaft in Wien durch Anton Ritter von Perger vorlegen ließ, da gerieten alle anwesenden Mitglieder in freudiges Erstaunen. In der Tat erschienen die Naturselbstdrucke sehr naturtreu und waren in ihren Farben bunt aus der Tiefdruckplatte (nach Art farbiger Kupferstiche) gedruckt — Es wurden in dieser Manier verschiedene prächtige botanische Werke von der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien herausgegeben, z. B. die Phvsiotypia ])lantarum austriacarum von Pokorny und Ettings- hausen (1856), die Blattskelette der Dikotyledonen von Ettingshausen und verschiedene andere AVerke ähnlicher Art.*) Die im Jahre 1873
1) Andere unmotivicite PrioritütsaDspriiehe bekämpfte Auer in seiner Brosobäre ..Das Benehmen eines jungen Engländers'^. Wien 1854.
2) Vergl. die Festschiift zur Feier des einhunder^ährigen Bestandes der k. k. Hof- und Staatsdruckerei iu AVicu. 19()4. — Über die Biographie Auers siehe Prof. Arthur W. Unger, „Die Ciuschichte der k. k. Hof- und Staatsdrackarei*. Archiv f. Buchgew. 1905. Februar- und Märzheft. — Auer hatte gegen das Eode seiner Direktion der Hof- und Staatsdruckerei Differenzen mit dem Finanzministerium, die er in der nur in wenigen Exemplaren erhaltenen Schiift: „Mein DienstiobeD, JI. Teil*^ sehildci-t.
364 Erster Teil. AchhinddreiBigstes Kapitel.
erschienenen weiteren fünf Bände der Physiotypia waren wolil nur mehr J ein letzler Vcisiu.'li. liiose Teolinik, wolclie seinerzeit so viel verdiente Er-
folge aufeuweisen gehnbt halle, nicht gänzlich eingehen zu lassen, Die photomecbaniBchen Reproduktiun.'s verfahren hatten mittlerweile ihren enormen Kortsi'hritleii den Natu rselbstd ruck bedeutend überholt
1
Der AuerBcne Naturselbstdnick rauli als Vorläufer der Wooa- burytTpie bezeichnet werden, da Woodbury dasselbe Prinzip des Abpressens von Reliefe in Blei anwendete, jedoch anstatt der Natur- gebilde pbotographische Leimreliefs benutzte.
Im Zu&amraenbang mit dem Naturselbstdruck und dem sich daraus ableitenden pbotomechantscben Verfahren steht die von Franz v. Kobell 1840 erfundene Galvanograph ie: seine ersten Versuche mit der galvano- plastiscben Nachbildung von Malereien in Tuschmanier legte V. Kobell im Uärz 1840 der bayrischen Aka- demied^r Wissenscliaften vor nnd beschrieb seine Metbodo später in einer 1642 erschie- nenen broschüre*) an der Hand verschiedener^ Zeich- nungen. Er malte mit Spiköl und Porzellan färben auf Ue- tallplatten, so daß die Zeich- nung massig erhaben ent- stand, und formte dieselbe galvanoplastisch ab. Kobell erzielte auf diese Weise Tief- druckplatten in Tuschmanier ohne Ätzung, welche in der Kupferdruckpresse verviel- fältigt werden konnten.
Dr. Franz vor Kobell. geboren 19. Juli 1S03 in MüDcheii.
war 1823 Attjunkt, 182« Professor Fk-, ii6. Krsii. ron K,.i.Hl ciati, tiB75).
der Mineralogie an der Universität
iu Hilncbon und leistete B er vorragendes auf den Gebieten der Kristallographio und Mineralogie, sowie der analytischen Cbemio. Er war auch küDstleriseh vielseitig er- folgreich tätig, veröffentlichte Gedichte iu oberbayrischer Mundarf) und beschäftigte sich von 1830 ab im Vereine mit C.A.Steinbeil, welcher sich bekanntlich später sehr große Verdienste um die Entwicklung der photi^nipbiscben Opfik (Erfindung dei'
1) Franz von Kobell, Die Galvauograpbie, eine Metbodo, gemalte Tusch- bilder dnrch galvanische Kiiprer|>ktian im Drucke zu ven-ielfoltigeu. Miindien 1^3, — 2. Aufl. München 1846. — Vergl. auch die Beschreibung des KobelliOhen Ver- fahrens in Martins Repertoriam der Galvanoplastik und Galvanoategie lB6ti.
2) Vergl. Alois Dreyer, „Franz von Kobell, sein I..ebQa und seine Dich- tungen". Miincben Ht04.
366 Ki'ster Teil. Achtitnddraißiptes Kapitel.
Ajilatiatc aav!.) erwai'b, mit der Pliotographie und war mit den grapljii)clii.'u KünstaB wolil vertraut. Dies brachte ihn auf die Idee der Galvanographie, welehe zw Zeit dar Erfindung allgeuieine Aufmerksamlceit errsgte und in die Praxis der verviel- fiUtigeodeD Eiioste überging. In deu splitereo I.ebenyaliren befiiGto sicli jedoch Koliell nicht inebr aiit diesen graphischen Arbeiten, sondern wendete sicli aus- ä<:hlieQlicb seinen mitieralogisuben Stadien üu. Er starb am 13. M&rz 1875 zu Uü-^a □ingeii. Fig, 116 zeigt ein PurtrSt Prof. Franz von Kobella nach eioeui. Verfasser freundlichst nur Verfügung gestellten Klisdieo von Hofrat Hanfstilugl inl Müncbi-u.
Franz von Kobell publizierte in seiner Broschüre „Die Galvano- graphie" I84L' einifff Bildiirnben. we!fl).\' liekiiiulfjii. ilal! im Malen Rirl
galvannftraphische Zwecke mit einer gewissen Freiheit gearbeitet werd liflQn. Eine Probe iler Erstlingsversuche mit Galvanographie, welche ^ iliesem AVerke entnehnien, ist in Fig. 117 {in Autotypie) reproduziert
Ti-otz aller technischer Fertigkeiten des Künstlers erreichte Kobelf selbst mit seiner Galvanographie keineswegs eine hoho VollkonmienbeiB
Unabhängig von Kobell hatte Jacobi am T.August 1840 id St. Petersburg der niseischen Akademie Proben von Galvanographiei vorgelegt, welche nach demselben Prinzip wie die Kobellscl gestellt waren,') und »uch Hoffmann in Kopenhagen hatte dieseUt
1) Hartin, Sepertorium dw <1alvanotilastik uuo Galvaniistegie. Wien 191
Hfltbode angaben. Das Terdienst, die GKlvanograpbie zu einem känet- lerischen VMTifllfälti^ngGverfahren ausgearbeitet und in den Kunstverlag eingeführt zu haben, haben zwei junge Münchener Künstler; Schön inger und Frejrmann, welche das Verfahren verbesserten') und im Jahre 1843 ihre erste gelangene Oalvanographie (Porträt Tizians) verö&ntlicbten. Im Jahre 1849 verband sich Schöninger gemeinsam mit Hanfstängl in Hünchen.
Der berühmte Maler und Lithograph Professor Kranz Uanfstäugl in München (geb. 1804, gest. 1877) hatte seit 1819 sicli mit Litho- graphie befaßt und errichtete 18ü4 eine eigene tithograpliische Anstalt in München, in welcher er 1848 oder 1849 Franz von Kobeils Oalvanographie einführte und einen großen Kunstverlag besaß. Daselbst wurde Oalvanographie bis zum Jahre 1853 betrieben und zahlreiche Kunstblätter (Originale und Gemäldoreproduktionen) im großen Formate erschienen in dieser Reproduktionsart So z. B. hat die Oalvanographie von dem Kubenschen „Kolumbus" ein Formal: von 50x66 cm, während die
1) S. Martin a. a.<t.
368 Erster Teil. Achtunddreißigstes Kapitel.
Galvanographie nach der Flüggenschen „Prozeßentscheidung" 55x71 cm Bildgröße befaßt und nahezu 40 Figuren aufweist. — Der erfolgreiche Wettbewerb der neuen photographischen Reproduktionsverfahren bewog Franz HanfstängP) 1853 seine lithographisch -galvanographische An- staltaufzulösen, trotzdem er sie in hoher Vollendung betrieb; er führte in diesem Jahre den photographischen Kunstverlag in München ein. Wir bringen das Porträt Franz Hanfstängl in Fig. 118.
Die Galvanographie wurde auch unter Auer in der Wiener Hof- und Staatsdruckerei betrieben und die Zeitschrift „Faust" (1859 u. AT.) enthält sehr hübsche Proben derselben, namentlich vom Maler Ranfti; auch F. Theyer*-^) in Wien (1843) sowie von Würthle in Salzburg be- schäftigten sich vorübergehend damit. Jedoch gaben alle diese Institute Ende der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts die Galvanographie auf und wandten sich photographischen Methoden zu (vergl. Hanf- stängl S. 353). Damit erlosch diese Technik,^) welche ohne Zweifel die erste Anwendung der galvanischen Abformung zeichnerischer Reliefs repräsentiert und als nächstverwandter Vorläufer der Photogalvanographie für uns besonderes Interesse beansprucht
Vergleicht man das Wesen der Eobellschen Galvanographie, bei welchem Reliefzeichnungen auf blanken Kupferdruckplatten erzeugt, galvanisch abgeformt wurden und dann zu Tiefdruckplatten (für die Kupferdruckpresse) verwendet mit dem Prinzip der späteren Photo- galvanographie, so erkennt man die völlige Analogie dieser Methode der bildenden Kunst mit der später auftauchenden Photogalyanographie, und zwar erinnert Kobells Methode am meisten an das Prinzip von Woodburys Photogalvanographie (Abformung eines auf Kupferplatten erzeugten Pigmentreliofs, das mit heißem Wasser ausgewaschen wird), und dann in zweiter Linie an Pretschs Photogalvanographie, bei welcher ein gequollenes Loimrelief abgeformt und als galvanoplastische Druckplatte benutzt wird.
1) Hiügraphie Franz Hanfstängl samt Porträt s. Leipziger Illustrierte Zeitung 10. März 1904.
2) Franz Theyer in Wien hatte gelegentlich der 21. Versammlung deutsoher Naturforscher und Ärzte in Graz C^lvanographien ausgestellt. Er hatte im Vereine mit Dr. E. Weidele ein galvanoplastisches I^boratorium 1842 in Wien errichtet und daselbst auch Kobells Galvanographie eingeführt. (Vergl. ^Verzeichnis der bei der 21. Versammlung deutscher Xaturfoi-scher und Ärzte in Graz ausgestellten Produkte der Galvanoplastik aus Theyers I^boratorium)".
3) Wiederbelebung durch Hubert Herkomer und Henry Thomas Cox (Eders Jahrb. f. Phot. 1897. S. 479).
NEÜKTmDDB£ISSIGST£S KAPITEL
HELTOGKATUEE MHTELS GEÄTZTEE ODER GALVANISCH BEHANDELTBE DAGUBREEOTTPPLATTEN.
Seit Niepces ErstlingsTerBucbea, photograpbische Äsphaltbilder iD Metallplatten zu ätzen und hierdurch Druckformen für graphische Ver- vielialtigung in Druckpressen zu schaffen, erfolgte kein Fortschritt auf dem Gebiete der photomechanischen Terfahren, bis die Erfolge der Daguerreotypie die Aufmerksamkeit der Physiker erweckten. Mehrere derselben beschäftigten sich mit dem interessanten Problem, „Stiche in MetaJlpJatten durch den bloßen Einfluß der Sonnenstrahlen, in Ver- bindung mit chemischen Verfahrungsarten hervorzubringen".
Es begannen in Paris und Wien zwei Forscher vollständig unab- abbängig voneinander Versuche, Daguerreotypplatten für Druckzwecke Tertieft zu ätzen. Der eine derselben, Donna in Paris, legte zu Anfang des Jahres 1840 der Pariser Akademie der Wissenschaften Probeblätter von geätzten Daguerreotypplatten vor, hielt jedoch sein Verfahren ge- heim; Daguerre sprach sich mißmutig über diese Leistungen aus und bemerkte in der Sitzung des Pariser Institutes, man werde durch Ätzen seiner Bilder nie etwas der Vollkommenheit sich Näherndes auf Papier im Druck erhalten. Mittlerweile hatte auch Dr. Josef Berres, Professor der Anatomie an der Wiener Universität, ähnliche Versuche unter- nommen, und erhielt schon am 5. April 1840 die erste ziemlich ge- lungene Ätzung (das Bild einer mittels Drummondschem Ealklicbte hergestellten Mikrophotographie eines Pflanzendurchschnittes, später auch figürliche Darstellungen). Er teilte in der Wiener Zeitung vom 18. April 1840. S, 737 dem wissenschaftlichen Publikum seine erfolgreichen Ver- suche mit und legte am 30. April 1840 Prohehilder seines Verfahrens in der Sitzung der k, k. Gesellschaft 1 der Wiener Ärzte vor, Donnö hatte inzwischen nichts über seine Methode verlauten lassen; Berres aber publizierte eine Broschüre über seine „Büdätzkunst" am 3. August 1840 {„Phototyp nach der Erfindung des Professor Berres" 1840; die seltene PubÜkation ist samt 5 Probebildern in den Sammlangen der
Edar, Hmndbiict der Photographie. l.Teil. 3. Aufl. iJ4
370 Erster Teil. Neununddreißigstes Kapitel.
k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien vorhanden), worin er hoflBnungsvolI von dem Nutzen seiner Erfindung für Kunst und Wissenschaft sprach.
Die Berresschen Ätzungen wurden bei späteren Versuchen vom Kupferstecher Jos. Axmann in Wien nachgeätzt und künstlerischer Vollendung zugeführt,^) während die diesem Werke in Heliogravüre- Reproduktion beigegebene Inkunabel von Berres keine wesentliche Retuscheüberarbeitung aufweist.
Nach einer Mitteilung von A.Martin ätzte Berres mittels Salpeter- säure, später mit elektrischen Strömen 2) und er arbeitete so unermüdlich in der Verfolgung seines Zweckes, daß er sehr anerkennenswerte Resultate erhielt.
Das Verfahren .von Berres (Ätzung von Daguerreotypbildem mit Salpetersäure) ist in dem Sitzungsprotokolle der Sitzung der Gesellschaft der Ärzte in Wien vom 80. April 1840 (Wiener- Zeitung 1840. S. 833) vollinhaltlich und genau beschrieben, (ferner in Dinglers Polytechn. Journ. Bd. 77, S. 207 und 317 und Bd. 79, S. 388) und die Priorität der ersten Publikation dieses photographischen Ätzprozesses gebührt ohne Zweifel Berres. Auch Grove, welcher selbst viel Erfahrung mit Galvanokaustik besaß und eine Methode der galvanischen Ätzung eines Daguerreotypbildes ausarbeitete, nennt Berres als den ersten, welcher ein Verfahren, Lichtbilder (soll heißen Daguerreotypbilder) zu ätzen, bekannt machte.
Die Berresschen Heliogravüren waren wesentlich besser, als die Donnöschen (vergl. Dingl. Polytechn. Journ. 1841. Bd. 41, S. 156).
In der Beilage Tafel III reproduziere ich eines dieser im Juli 1840 hergestellten Blätter, welches eine Wiener Architekturaufnahme (Partie einer Häuserreihe in der Leopoldstadt am Donaukanal) darstellt und zeigt, daß Berres mit seiner Ätzmethode verhältnismäßig sehr weit gekommen ist, weiter als irgend ein in ähnlicher Richtung arbeitender Experimentator damaliger Zeit (wie auch eine ihm von der Soci6t6 d'encouragement verliehene silberne Medaille beweist); dabei hielten seine Photogravureplatten über 200 Abdrücke aus.
Diese Probebilder (Aufnahmen nach der Natur) sind nach unserem heutigen Begriffe wohl noch ziemlich unvollkommen, zeigen aber immer-
1) Es existieren vom Jahre 1843 solche geätzte Daguerreotyp-Heliogravureii (eine Gemäldereproduktion : Falazzo in Verwendung mit Staffage) mit der SigDitnr »Nach Prof. Berres Vorätzung vollendetes Daguerreotyp von Jos. Axmann*. (Über Axmann s. Bodensteins „ Hundert Jahre Kunstgeschichte Wiens in den Regesten* 1898.)
2) A. Martin, Repcrtorium der Photographie 1846. U. S. 75.
Eup Titriolbade auf gaWanopli lem Wege Kupfer zue niederschlagen wird (nicht so rasch auf die Jodsilberfläche); man i t auf die Weise ein detailliertes rotes Eupferbild.i)
Poitevin nutzte ein solches Kupferbild für die Drucktechnik aus. Er fixierte die galvanoplastiscb behandelte Dagiierreotypplatte mit Fixier- natroQ, wusch, trocknete, erhitzte bis zur beginnenden Oxydation des Kupferbildes, goß Quecksilber auf, welches vom Kupferoxyd abgestoßen, vom blanken Silbermetall aber aufgenommen wurde, legte Blattgold auf, welches am Amalgam adbärierte und beim neuerlichen Erhitzen eine Vergoldung gab; dann ätzte er mit Salpetersäure das KupferbÜd samt dem untenliegenden Silbermetall durch und nur die Vergoldung hielt stand; so erhielt Poitevin seine erste „Gravüre photochiraique " im Jahre 1847, welche als Tiefdruckplatte in der Kupferdruckpresse gedruckt
wurde und am 7, Februar 1848 der Pariser Akademie vorgelegt wurde, nebst andern ähnlichen Atzungen. Fig. 120 gibt eine Abbildung dieser historisch -interessanten Ätzung.')
DieÄtzungen Poitevins gelangen nur nach Strichzeichnungen und blieben hinter Berres' alten Arbeiten zurück. (Poitevin selbst gab das Verfahren bald auf und verwendete später das Chroraatverfahren, s. u.)
Dann kam das Berressche Verfahren und die ihm verwandten Methoden allmäblich in Vergessenheit. Die Zeit der photomechanischen Druckverfahren war noch nicht gekommen, es fehlte damals an Interesse daran, da die gesamte Aufmerksamkeit der Ausbildung der eigentlichen photographischen Verfahren zugewendet wurde.
1) Dieselbe Angabe machte übrigens Hucb Becquerel 1848 (Compt rend. Bd. 27, S. 13).
3) Poitevin, Traite de rimpressioD pbotograpbique. Paria 1862. 3. 4 bis 9.
VIERZIGSTES KAPITEL.
EKFINDUNG DEK PHOTOGALVANOGEAPHIE FÜR KUPFERDEUCK- UND TYPOGRAPHISCHE
VERVIELFÄLTIGUNG.
Herstellung von Heliogravüren mittels der Photogalvano-
graphie nach Chromleimreliefs.
Alle Methoden der Photogalvanographie beruhen auf dem Prinzip der Abformung eines photographischen Keliefbildes und sind auf die grundlegende Methode der Kobel Ischen Galvanographie (s. S. 365) zurück- zuführen. Während Kobel 1 abgestufte, abgetönte Bildreliefis mit dem Pinsel aus freier Hand auf versilberten Kupferplatten erzeugte und durch galvanischen Abklatsch eine Tiefdruck platte herstellte, wird bei den photo- graphischen Prozessen dieser Art das Bildrelief durch Lichtwirkung erzeugt
Die Erfindung der Abformung von Reliefs, welche auf photo- graphischem Wege hergestellt sind, mittels Galvanoplastik und der Ver- wendung solcher Druckformen zum Abdrucke in der Kupfer- oder Buch- druckerpresse muß dem Wiener Paul Pretsch zuerkannt werden.
Paul ProtschjM dessen Porträt wir in Fig. 121 (nach einer Photographie von Fritz Tjuckhardt iu Wien zirka 1870) bringen, war im Januar 1808 in Wien ge- boren: er war gelernter Buchdnioker, kam im Auslände in Druckereien viel hemm und wurde Neujalir 1842 von Direktor Auer iu die Huf- und Staatsdruckerei in Wien aufgenommen, 1850 nach London und Paris geschickt und neuerdings 1851 zor Leitung der Staatsdruckorei- Angelegenheiten wUbrend der Weltausstellung nach TiOndon gesendet Nach 1) Monaten kehrte er nacb Wion zurück und arbeitete an seiner Idee, die Keliefa, welche beim Aufquellen belichteter Kaliumbiehromat- Leimschichten in kaltem Wasser cntsteben, galvanoplastisch abzuf(»rmen.')
1) Vei^l. Wurzbaeh, Lexikon. Bd. 23, S. 280. Ferner Fritz, Festschrift zur Enthüllungsfeier der Gedenktafel für Paul Pretsch. Wien 1888. — Photogr. KoiTesp. 1874. S. 47.
2) Genaue Arbeitsvorschriften bat Pretsch nie publiziert. Wir kennen jedoch seinen Arbeitsgang genau durch die VeröfTcntlichungen seines Schülers Leipold, Staatsdnickereidirektor in Lissabon (Phot. Korresp. 1874. S. 180). — Vergl. femer ,Phot. Korresp." 1874. S. 46.
*'Stffii(faing der BiDtogalTanognpbra IQr IDipferirniA osw
Flg 132 PholDgalvaDOgiBphucbB Bnchdin
378
Erster Teil. Vierzigs
i Kapitel.
diiroh die Anwendung der Photographie auf die Beohachtun^ astronomisohev Vorgang»^ kultivierte,') trat voriibei^liend mit Pretsch in Terbinduug; es ersohicnea mehrere pbotogalvanographisch reprodozierte Nataraufo ahmen von LandBcharteo , sowie Ab- bildungea von Statuen und Gemälden ( Buchdruck kÜGohiiee), weluhe die Signatur „De la Rue und Pretsch" zeigen. Äüein es Bleute sieb kein dauernder Erfolg ein. Ptetsch erhielt I8B5 in Rücksicht auf die Wichtigkeit seiner Erfindung von dem damaligen österreichisuhen Staats Diiniiteri um (Schmerling) einen ünter- stütKungsbeitrag, der Ihn in ilcn Stand setzen sullte, seine Vei-suche zur Vervoll- kommnung seiner Erfindung foiUusetzun, Auch wurde dieselbe Jonen größeren In- stituten, dereo Publikationen mit artistisahen Beilagen ver- bunden sind, zur versuohs- ' weisen Änweodung empfohlen. J Er war auch an dem k. k. geo- | graphisuhcD lostitute i aucheo beschäftigt, I^andkarten mittels der Buchdruckerpresse von'ieltältigen. Hierzu war r seine Methode nicht sehr I gBOLgnflt. Prel
lir gani entmutigt, fand ja-*
doch wieder Anstcüuug i
Hof- und Staatsdruukerei; sein
zerrütteter Organismus vei'sagte
aber den BietisC und er konota^
keine hervorragenden Reaultal
ei'zicleo , so dall er xum Sobloa
nur mehr mit Eorrekturei
lesen sich befaßte; er starb K
20. August 1873. Der Verein
der Wiener Bucbdruckerei-Fak-
tore ließ 188S von der Bild-
hauerin Ella Wober ein Marmor -Medaillon mit dem Porträt Pretschs anfertigen,
welches im Lokale dieses Vereins angebracht ist. Fig. 123 zeigt die Reiirodoktion
dieses Retief - Porträts von Paul Pretsch, „des Erfindera der Pbotogalvanographis".
Pretsch s Erfindung fand mehrfach Nachahmer. In äbnUchec I Weise mittels Galvanograpbie nach Chromgelatitiereliefs arbeiteten Dallas] in London') und Ndgre in Paris.") N^gre scheint der erste gewdse&a^
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konnte ^^J jultat^^H
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I* isr Wisnor Uui
1) De la Rue machte zuei'st bei der BonDenSaBtemia am IS. Jali 1860 i glänzendem Erfolge Oebraucb vom photographischen Kollodium verfahren.
2) Buncan Dallas hatte sich ein Jahr nach Pretsch einen dorn Pretsch^ Verfahren analogen photogalvaoischen Prozeß patentieren lassen und suchte PrioiiUI anspriiche geltend zu machen, welche von Fr. Leipold, einem Schüler Pretaabl^ und Direktor der ^Impressa naciooai* (d. i. Staatsdruokerei) in Lissabon und ander zugunsten Pretschs zurückgewiesen wurden. (Phot MitL 1874. Bd. II, S. lOT.)
3) Negres Photogalvanographien waren 1862 bei der Londoner Weltsni Stellung ausgestellt, zeigten aber harle Konturen und grobkörnige Mittott9l
ErfiadoDg der PhotogalvauogTBphie für Kupferdruck u
379
zu eein, welcher die mit grobem Bunzelkom Tersehenen Chromatgelatiae- bilder auf Zink amdruckte und mittels Oillota Terfabren der Zinkotypie durch Ätzen druckbar machte (s. u.).
Auch Poitevin kam auf die Idee, die Quellreliefs vou Chromat- LeimBchichteo galvanoplastisch abzuformea und zu Kupferdruckplatteu (Tiefdruck) zu benutzen. Er arbeitete, wie es Bcheint, ohne Eenntuis voD Fretschs frühereo Arbeiten zu haben, mit dem Pretsch-Verfahren und nahm am 26. August 1855 ein französisches Patent auf seine „Helioplastie", wie er das Verfahren bezeichnete. Der Erstlingsversuch Poitevins zur Herstellung seiner Helio- plastie, welchen er aus dem Jahre 1854 datierte,') ist in Fig. 124 wiedergegeben. Es ist dies die Reproduktion einer Strichzeichnung (Tiefdruck mit- tels der Kupfer druck presse ge- druckt); auch gelegentlich der Weltausstellung 1855 stellte Poitevin mehrere Helio- plastien für Tief- und für Buchdruck aus; Fig. 125 zeigt ein derartiges Klischee Poite- vins, welches mittels Buch- druckpresse vervielfältigt wor- den war- Weitere Fortschritte
in dieser Methode, namentlich bezüglich Halbtonbildern, hat Poitevin nicht gemacht, sondern Pretsch blieb es überlassen, seine Methode technisch lebensfähig und geeignet zur künstlerischen Reproduktion von Naturaufnahmen i
Fig. 124. HeUo|iluCie od« Photogslviuiogniphia (Hetdruck)
Poitevin erklärte irrtümlioberweise seinen Prozeß der Photogalvanograpliie als ein prinzipiell anderes Verfahren als Fretschs Methode, weil (nach Poitevin) Pretsch aus der belichteten Chromgelatine die an belichteten Stellen weg- genasoben haben soll, so daß die belichteten als ßelief übrig blieben, während Poitevin Quellreliefs benutzte (Poitevin, Trait6 de l'iinpression pbotographique Sana sels d'argent. Paris 1862. S, 5). Diese Ansicht Poitevins ist eben unriobtig, denn Pretsch hatte auch Quell reliefs benutzt^), so daß beide Prozesse wirklich dem
(H. W. Vogel, Die Photographie auf der Londoner 'Weltausstellung 18G2. Braun- schweig 1863. S. 38)
1) Poitevin, Traite de rimprimcrie photogr. 1862. S. 58.
380 Erster Teil. Vierzigstes Kapitel.
Wesen nach identisch waren und Fretsch somit, da er sein Patent früher nahm, die Priorität gebührt. Pretsch kam mit seinem fertigen photogalvaDogrephischen Verfahren im Oktober 1854 nach London und nahm sofort ein englisches Patent, welches vom 9. November 1854 datiert ist. Poitevios Patent (französisches Brevet d'invention) ist vom 27. Äagust 1855; in England erhielt Poitevin mit Rücksicht auf Pretschs Priorität kein Patent anf die Pbotogslvanographie. — Pretsch verteidigte seine unzweifelhafte Priorität in einem Schreiben in Horna Photographischen Journal vom Jahre 1857.
Die Photogalvanographie von Pretsch hat die Schwierigkeit, dafi mao ein gequollenes Leimreliof abformen mußte, bei welchem die er- habenen Stellen aus unverändertem Leim, die vertieften Stellen aber ans im Lichte gehärteten Leim gebildet wurden. Dabei waren natui^mSS die erhabenen Stellen sehr verletzlich, so daß die dadurch verursacbtOL ' Schwierigkeiten nicht leicht bewältigt werden konnten; man gab die Fretsch -Methode allmählich auf.')
1) Der Letzte, nelcher die Pretsch-Hethode noch praktiscli anwendete, wer (.'ipold in Ussabon, ein Schüler Pretschs.
Erfladnag der Photogalvanograph ie für Kiipferdrack nsw. 381
Fontaine^) änderte 1862 das Pretscb-Verfahren, indem er die belichtete Cbromatgelatine auf Kupferplattea mit warniem Wasser aue- wusch, anstatt in kaltem Wasser Quellreliefs herzustellen.
Joseph Wilson Swan, welchem der Figmentdruck die größte Förderung verdankt (s. S. 351), erfand auch jene photomechani&che Kethode, bei welcher der von ihm erfundene Übertragungsprozeß des Pigmentbildes eine Bolle spielt. Er nahm am <>. Juli 1865 (Nr. 1791) ein englisches Patent auf ein Verfahren des „ Photo- Mezzotint- Srucbes", bei welchem Pigmentbilder auf Glas oder Metall übertragen und mit warmem Wasser entwickelt wurden, wonach das Pigmentrelief mittels Galvanoplastik in Kupfer abgeformt wurde. Er stellte so Halb- tonklischees für den Buchdruck und lithographischen Pressendruck her, welche mit gewöhnlicher fetter Buchdruckfarbe zu drucken waren. Dieses Verfahren kam aber nie recht zur praktischen Durchführung, weil es in dieser Form keine befriedigenden Resultate gab, und Swan selbst ging später zu anderen photomechauischen Verfahren über.
Einen großen Impuls empfingen die photomechanischen Ver- fahren, namentlich behufs Erzeugung von zarten Halbtonbildern, durch W, B. Woodburv anfangs der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Walter Bentley Woodburv wurde zu Manchester am 26. Juni 1834 geboren; er führte in seiner Jugend ein abenteuerliches Leben und ging im Alter von 15 Jahren als Goldgräber In die Goldfelder Austra- liens 1849, hatte jedoch dort kein Glück, wurde dann 1853 Berufs- photograph, wanderte 1859 nach Java aus, wo er mit großem Erfolge den nassen Eollodiumprozeß ausübte und kehrte schließlich 1863 nach England zurück, wo er an der Vervollkommnung der photomechauischen Prozesse arbeitete und ungefähr 20 Patente erwarb, wovon der „Wood- burydruck" enormen Erfolg hatte. W. B. Woodbury starb zu Margot am 5. September 1885 und ist in Abney Park Cemetery, London, begraben.«)
Woodbury^) änderte, wahrscheinlich ohne von der einigermaßen ähnlichen, aber viel unvollkommeneren Arbeitsmethode Fontaines Kenntnis zu haben, die Reliefmethode mit Chromgelatinereliefs in der
1) Bull. So(;. frang. Phot. 1862.
2) Harrison, A History of Photography. London 1888. S. 135; weiteres British Journal of Photography. 1885. S. 167, 581 u. 596, and The Photographic News. 1885. S. 578 ü. 600.
3) Ungefähr gleichzeitig mit Woodbury TYiaobte J. W. Swan die gleiche Er finduDg; letzterer trat jedoch zagunsten des ersteren zurück, weil Woodbury seine Erfindung früher bekannt gemacht hatte. (Vergl. Phot. News. 1865, 8. 387, 397, 489, 502 and 512.)
Erster Teil. Vieraigstes Kapitel.
382
Weise, daß er die belichteten Schichten (nach Art des Pigment verfahrensV^ mit warmem Wasser auswusch, also an den unbeüchteten Stellen die un- veränderte Gelatine entfernte, so daß die erhabenen Stellen, das Relief, von der im Lichte gehärteten Chromatgelatine gebildet wurden. Diese ist wideratandsiahiger gegen mechanische Pressung, sowie gegen chemische Einflüsse. In Erkenntnis dieser Tatsache nahm Woodbury in Gemein- schaft mit Asbton ein englisches Patent vom 23. September 1864.
KlB. l'.«.
Nr. 2338, worin er die Abformung solcher Reliefs mittels Galran« plastik in Kupfer vornahm und von diesen Hohlformen mittels eint transparenten Farbe (z. B. Tusche und Gelatine) AbdrUcke auf Papii usw. erzeugte. In späteren Patenten (vom 12. Januar 1866, Nr. 105j U. Februar 1866, Nr. 505; 8. Mai 1866, Nr. 1315; 24. Juli 186«,' Nr, 1918 u. a.) führte er diese Erfindung weiter ans und gelangte scblielilich zu seiner in die photographische Industrie eingeführten Methode der Photoglyptie oder des Woudburydruckes, bei welchem der galv an o plastische Weg der Abformung des Pigmentreliefs verUi und die mechanische Abformung des Leimreliefs mittels hydraui . Bleiplatten und Druck von solchen Bleidruckformen
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Edoi: ■UBMUcine an . tograpni«>,
h t " Frclie de üe'-e-g ta''b au dr-a JU in. /-i ^ iicti i cmie«! i
ErfindaDg der PhotogBlvaaographie für Kupferdruck nsw. 383
flüssiger Gelatinetn&ehfarbe erfolgte, wobei Halbtonbilder von größter YoUeDduDg erzielt wurden, welche durch ihre Feinheit, durch die Ab- weseoheit tod Koro oder RaBter den höchsten Anforderungen ent- sprachen. In England, Frankreich, Belgien wurde in den siebziger Jahren der Woodburydruck in größtem Umfange ausgeübt; die Zartheit dieser Beproduktionen ist bei großer Beständigkeit unübertroffen. Nur die Unmöglichkeit, solche Bilder in den ^Text von Zeitschriften und Büchern zu drucken') und die langsame Produktion gaben später dem Lichtdruck (Schnellpresseadruck) das Übergewicht, so daß letzterer schon gegen Ende des vorigen Jahrhunderts den Woodburydnick ver- drängte.
Woodbnry ließ 1872 eine Methode pateotieren, am photograpbiscbe Druck- platten tmittelB Beiner 'WiHidbarytypie) auf Kylindnachen Walzen heriastelleo und dem Zylioder-Drsckverfahren dienstbar zu machen (eagllBches Patent Nr. 3654 vom 4. Dezember 1872).
Der Photograpb Schielhabel, genannt Mariot,*) in Graz aber erkannte in der auf S. 382 beschriebenen älteren photogalvanoplastischen Methode von Wood bury ein vorzügliches Hilfsmittel für photographischen Kupferdruck. Er stellte 1867 Probeplatten durch galvanisches Abformen von Pigmentbildem (offenbar angeregt durch Swans und "Woodburys damals bereits bekannte Erfindungen) her und sendete als Probebild eine Aufnahme nach der Natur, sowie Linearreproduktion an das k. und k. militär- geographische Institut in Wien ein. Daselbst würdigte man die Bedeutung dieses Verfahrens zur Herstellung von Landkarten, berief Mariot nach Wien und begann im Jahre 1869 im großen Maßstabe die Herstellung von Generalstabskarten mittels derartiger „Heliogravüre", wie man dieses Verfahren der Photogalvanographie in der Folge daselbst nannte. Der Freundlichkeit des k. und k. militär- geographischen Insti- tutes in Wien verdankt der Verfasser eine der ersten Proben von öster- reichischen Generalstabskarten in Photogalvanographie vom Jahre 1869, welche ein Stück einer Karte von Ungarn darstellt und von der Original- kupferplatte als Beilage (Tafel V) für das vorliegende Werk gedruckt wurde. Hiermit war diese Art des photographischen Kupferdruckes zuerst unter allen Staaten von der österreichischen Regierung der Praxis der Karto- graphie nutzbar gemacht und mit bestem Erfolge durchgeführt worden.
Diese Einführung der Photogalvanographie durch das österreichische Kriegsministerium am k. und k. militär- geographischen Institute ermög-
1) Man muß die Woodburybiider wegen des anbattendeo Schmntzrandea be- schneiden und aaf Earton aufziehen.
2) Ein Porträt samt Biographie von Mariot findet sich in Hornigs Phot. Jahibnch 1885.
384 Erster Teil. Vierzigstes Kapitel.
lichte die ungewöhnlich rasche iind präzise Herstellung von General- stabskarten.
Das militär-geographische Institut in Wien spielt eine große Rolle in der Goschichto der graphischen Reproduktionsverfahren. Es war 1806 als typo- graphische Anstalt gegründet, 1818 durch Einführung der Lithographie erweitert worden , 1839 wurde das „Institute geografico militare*^ in Mailand damit versohmolzen, 1862 durch Ritter von Schönhaher die photographische Methode eingeführt, und bereits 1865 Photolithographien mittels der Schnellpresse gedruckt. Mariot führte (1869 — 1891) die Heliographie und Chemigraphie ein; die erstere wurde namentlich durch Wilh. Reese (1871 — 1883) für die Praxis der Photographie brauchbar ge- macht. Besondere Verdienste um die Hebung der wissenschaftlichen Seite der Photo- graphie an diesem Institute gebühren 0. Volkmer und (seit 1886) Oberstleutnant ßarou HübL dessen vorzügliche wissenschaftlichen Arbeiten aus der letzten Zeit Photogram mctrie, farbenempfindliches Yerfahren, Platinprozeß, Rasterdmcke auf ge- schummertem oder lavicrtem Terrain, Zeichnungen auf Aluminium usw. betreffen.
Später verwendete auch die Österreichisch -ungarische Bank {bis 1903) die galvanoplastische Abformung von photographischen Pigment- bildreliefs zur Herstellung von Banknoten, aber im Jahre 1903 wurde von dieser Methode wieder abgesehen und man kehrte wieder zum reinen Kupferstich zurück; auch für den Kunstverlag verlor diese Methode ihrer Bedeutung^) und zwar in demselben Maße, als die Heliogravüre mittels Ätzung eniporblühte.
1) Woodbary suchte die Methode zwar zu verbessern, s. Brit Joam. Phot 1870. S. 3S6.
,.He!iograpliie" auf Stahl (Xiepiii: de St.Vi.
i Asphalt -VeiCalircii).
Portnit des Marschalls Randoi
nach einer Aofnaliniu des Photographen (Mitte der fünfziger Jahre).
EINTTI7DVZEBZIGSTES KAPITEL.
HERSTELLUNG VON HELIOGEAVTJßEN MITTEI^ DES ASPHALTVERFAHEENS. ANFÄNGE DER HALBTON- STAHLÄTZUNGEN.
Die ersten Versuche der beliograpfaiscben Ätzung von Stahlplatten basierten (abgesehen von der Ätzung der Daguerreotypplatten, s. S. 369) auf der Anwendung des lichtem pfindlicben Asphaltes als Ätzgrand.
Niepce de Saint Victor, der Vetter Nicephore Niepces, setzte die von letzterem 1843 begonnenen Versuche der hellogiaphischen Metallätzung mittels des Asphalt Verfahrens im Jahre 1S53 fort (vgl. S. 258), nachdem er die Überzeugung gewonnen hatte, daß die Ätzung von Daguerreotypplatten allzu große Schwierigkeit darbietet. Niepce de Saint-Victor verband sich mit dem Pariser Graveur Lemaitre und sie beide ersetzten das Zinn, welches Nicephore Niepce anfangs benutzt hatte, durch Stahlplatten, und schon am 23. Mai 1853 legte Niepce de Saint Victor der Pariser Akademie seine erste Abhandlung über seine Verbesserungen des Aspbaltprozesses vor.i) Er konnte im Anfange nur Koproduktionen in Strichmanier in seiner Stablätzung ausführen, kam also im wesentlichen zuerst nicht weiter als sein Vetter Nicephore Niepce (s. S. 173). In der Mitte der fünfziger Jahre trat er aber mit schönen Halbtonätzungen nach photographischen Naturaufnahmen an die Öffentlichkeit, welche damals entschieden das Schönste waren, was die photographische Halbton- Metallätzung (für die Tiefdruckpresse) damals leistete. Tafel VI zeigt die Reproduktion einer solchen Niepceschen Halbton -Heliogravüre (Ätzung nach einer photographischen Asphaltkopie auf Stahl), das Porträt des französischen Marschalls Randon, welche eine überraschende Voll- endung der zarten Mitteltöne aufweist. Niepces Verdienst bei seinen heliographischen Halbton -Stahlätzungen bestand in der Einführung des
1) Vergl. Bd. IV, S, 583 dieses Werkes.
Bdsr, Hmdlinch der PhotognjhiB. I. TbU. 5. Aufl. 25
386 Erster Teil. Einundvierzigstes Kapitel.
den Künstlern wohlbekannten alten Aquatinta- Korns in die photo- graphische Technik, welchem er die zarten Halbtöne verdankt
Niepce de Saint Victor kombinierte die Asphaltbilder auf Stahl mit aufgestäubtem und eingeschmolzenem Harzstaub im Sinne der Aqua- tinta-Manier.^) Dieses zarte Korn erklärte er für unerläßlich, sobald man Halbtonbilder für den heliographischen Druck (Tiefdruckplatten) geeignet und druckfähig machen wolle und wies in seiner Publikation über Heliographie im Jahre 1856 ausdrücklich darauf hin.*) Niepce de St. Victor erzeugte das Aquatinta-Korn durch Aufwirbeln von Harzstaub in einem Kasten mittels eines Blasebalgs. Er legte die Stahl- platte hinein, ließ den Harzstaub auffallen und schmolz ihn an. Da- durch wurden feine Halbtöne und eine gute Druckfähigkeit der in den Vertiefungen rauhgeätzten Platten erzielt.
Seit der Mitteilung Niepce de St. Victors am 23. Mai und einer zweiten am 21. Oktober 1853 hatten sich in Paris mehrere Per- sonen mit der praktischen Ausübung des heliographischen Stahlstiches beschäftigt, insbesondere Charles Nögre,'^) Baldus, Benjamin De- lessert (stellte in der Weltausstellung 1855 in Paris Reproduktionen nach Dürer aus) und Riffaut,*) von welchem letzteren die prachtvolle Halbtonätzung in Stahl des auf Seite 259 in Fig. 72 autotypisch repro- duzierten Porträts von Niepce de St Victor aus des letzteren Werke
1) Aquatinta- Manier. Joh. Heinr. Meynier, in seiner ^Anleitung zar Ätx- kunst'^, 1804, sagt über dieselbe: „Die Aquatinta -Manier unterscheidet sich von der gemeinen Radierkunst und der Crayon- Manier darin, daß die Schatten weder durch Schraffieren noch durch Punktieren, sondern — wenn ich mich so ausdrücken darf — durch einen Harzflor hervorgebracht werden, mit welchem man die Platte über- zieht und der das Scheidewassor nötigt, das Kupfer ganz rauh anzufressen. Man arbeitet darauf mit Deck- und Harzfimissen und gibt nur diejenigen Teile, welche schattiert werden sollen, der Wirkung des Ätzwassers preis** usw. Um den Harz- staub auf die Platte zu bringen, bediente man sich zuerst gewöhnlicher Siebe, und schreibt sich speziell Meynier die erste Anwendung des sogenannten Staubkastens zu, sagt aber selbst: „Ob ich mir gleich die Erfindung dieser Maschine mit Beoht zueignen kann, so erfuhr ich doch in der Folge, daß viele Künstler, die in Aqoatinti arbeiten, sich ähnlicher Kasten bedienen, ich habe aber nie einen von ihnen ge- sehen^ usw. Dieses sogenannte Staubkorn wird in neuerer Zeit bei dem Heliogravüre - Ätzverfahren angewendet. Ycrgl. K. Kampmann, Titel und Namen der versohiedenen Reproduktionstechniken. (Ostcrr. - ungar. Buchdruckerzeitung 1891.)
2) Niepce de St Victor, Traite pratique de gravure heliographique. Paris 185G. S. 44.
3) Negre erfand auch die photographlsche Mctalldekoration (eine Art Damas- zierung) auf photographischem Wege, indem er Asphaltbilder auf Metall erzeugte, entwickelte und galvanisch vergoldete. £r erhielt auch auf demselben Wege vertiefte Druckplatten. (Bull. Soc. fran9. 1856. S. 334; Kreutzers Jahresber. 1856. S. 119.)
4) Vergl. La Lumiere. 1854. S. 159 und 1855. S. 43.
Eine andere Probe der Niepceschen Halbtonätzungen in Stahl, welche Niepce de Saint Victor hergestellt und in den Ateliers von A. Riffaut in Paris von Künstlerhand überarbeiten ließ, ist das Porträt Napoleons III., welches bei Goiipil in Paris verlegt war
388 Erster Teil. Einu od vierzigstes Kapitel.
und Tom Ende der fünfziger Jahre stammt Ein Abdruck davon be- findet sich in den Sammlungen der k. k. Graphischen Lehr- und YersucbsaDstalt in Wien. — Die genaue Beschreibung des Arbeitsvor- ganges ist in dem bereits niederholt erwähnten Buche von Niepce de St Victor: „Traitö pratique de gravure hSIiographique. Paris 1856" enthalten.
Die Niepcesche Stahlätzmethode wurde sehr erfolgreich auch von dem Hofphotographen des Kaisers Napoleon III., namens L. Cremiere, gepflegt. Die in dessen Atelier {Paris, Rue Laval 28 befindlich gewesen) verfertigten Platten wurden bei Sarazin gedruckt.
Proben von heliographischen Stahlätzungen (offenbar mittels des As- phaltverfahrens) von Bald us,Riffaut, Nögre finden sich in der Zeitschrift ,,La Lumiöre". 1854. S. 67, 159, 167 und 203 und 1855. S. 67.
Charles N&gre in Paris war einer der ersten Maler, welche die Photographie zu künstlerischer Repro- duktion verwerteten. Im Januar 1854 begann er Studien mit Niepce de St Victors Prozeß und gab noch im selben Jahre ein hübsches mit Stahl- heliogravuren ( Asphaltprozeß) illustrier- tes Album von Halbtonbildern heraus,*)
Nati^nfnahnie geilet vm, üh. \ögro (1864). WOVOn wir eine Probo iU Flg. 128 lU
gleicher Große (in Autotypie) repro- duzieren (vergt. auch N^gres Arbeiten über Photogalvancgraphie S. 378, sowie seine Zinkhochätzungen weiter unten).
Baldas (um 1S54) benutzte das Niepcesche Aspb^tver&hreD zor Uentellnng einer Kopie (nach einem Diapusitiv) auf Kupfer, jedoch ätzte er nicht mit SSnnn oder dergleichen, sondern gBlvanokaustisuh , d.h. er hängte die mit dem Asphaltbild (auf Äquatiata-Kom) vei^ehene Kupfer platte, verbunden mit dem pouitiven Pol einer galvanischen Batterie, in eine Salzlösung, wobei an der Anode das Hetall aufgelöst, d. i. galvanisch geatzt wurde; durch Abdecken der Halbtöne mit Denkgnuid konnte man iu Stufen ätzen, ebenso nutzte man die gröBere oder kleinere Entfernung der Elek- troden (Krummbiegeo der Kathode) zur Regulierung der abgestnften Ätzung aus.*)
1} La [.umiera. 1854. 21. Oktober 1854. S. 165. — Eine hübsche Heliogravüre von Ch. Negre findet sieb in Monokhuven, Traite general de Photographie. 2. Aofl. 18^6 (Paris, Gaudin et frere).
2) Cosfflos, Revue encycloped. 3. Jahrg. S. 615; Liebiga Jahresbericht 1854. S. 202; Keßler. Photographie auf Stahl, Kupfer usw. Berlin 1856.
wichtigen Einflu» »^ Aquatiota-Eom beim Drui in der Kupfer^ druckpres6e und auch Talbot (b. u.) scheint dii n günstigen Effekt bei seinen ersten heliographischen Kupferätzungen nicht gekannt zu haben; wenigstens schreibt er in seiner ältesten Publikation über photographischen Stahlstich nichts darüber und hat auch (wie man an seinen Druckproben sieht) in den sechziger Jahren noch nicht das Aquatinta-Korn benutzt Und doch ist gerade dieses von fundamentaler Bedeutung für den guten Abdruck heliographisober Halbtonätzungen.
ZWEITJNDVIERZIGSTES KAPITEL.
HELIOGEAPHISCHE STAHL- UND KUPFEElTZUNG MITTELS DES CHKOMAT-LEIMVEEFAHKENS.
Talbots heliographische Stahl- und Eupferätzungen.
Der Entdecker der Lichtempfindlichkeit des Kaliumbichromat- leimes und der Veränderung der Löslichkeit (Quellbarkeit) in Wasser nach der Belichtung war Fox Talbot (s. S. 345). Er zog aus seiner Beobachtung sofort die Konsequenz, daß belichtete Ghromleimschichten auf Metallplatten wie ein deckender Ätzgrund gegen wässerige Ätzilüssig- keiten fungieren müssen, und erfand die erste derartige heliographische Ätzmethode, indem er Chromleimbilder mittels Platinchloridlösung in Stahlplatten einätzte und Tiefdruckplatten erhielt, welche in der Kupfer- druckpresse druckbar waren (s. S. 346). Später erkannte Talbot, daß das Eisenchlorid ein besseres und billigeres Ätzmittel für Stahl und insbesondere für Kupfer abgibt. Da es gleichzeitig die wichtige Eigen- schaft besitzt, auch in großen Konzentrationen die unlöslichen Chromat- leimbilder nicht zu zerstören, ja sogar gerbend auf den Leim zu wirken, so arbeitete Talbot auf dieser Grundlage eine neue heliographisohe Kupferätzung für Halbtonbilder aus (vergl. Bd. IV dieses Handbuches).
Ein Erstlingsdruck von Talbot nach einer derartigen helio- graphischen, mittels Eisenchlorid geätzten Kupferplatte ist in Phot News. 1858. Bd. 1, Nr. 10 enthalten — ein unansehnliches, aber trotzdem für die Geschichte der Photogravure trotz seiner CTnvollkommenheit äußerst interessantes Bildchen, welches wir in Autotypie in gleicher Größe in Fig. 129 reproduzieren.
Vom selben Charakter, aber doch schon merklich besser ist eine heliographische Kupferätzung, oder, wie Talbot es nannte, ein „Photo- glyph nach Talbots patentiertem Prozeß'' vom Jahre 1859. Tafel ¥11 zeigt das Faksimile^) dieser Heliogravüre. Es stellt die Toilerien in
1) Heliogravüre yod Blechinger und Leykauf in Wien.
Bei Ti
leim wird die : sible Schicht auf die Mi llplatte exttff ^SQQ) bin
einem Dispositiv belichtet nnd die unentwickelte, jedoch im Liebte mehr oder veniger gehärtete Bildscbicht mit Eisenchlorid durchgeätzt, wobei entsprechend der mehr oder weniger starken Härtung der Chromleim- schicht im Lichte ein abgestuftes Kalbtonbild entsteht Da dieses Ätz- TOrfahren schwierig zu handhaben ist, so nahmDujardin das Kopieren und Ätzen nach mehreren verschieden stark durchgezeichneten Dia- positiven in mehreren aufeinanderfolgenden Stufen vor') und erzielte damit bei seinen Ätzungen größeren Tonreichtum.
Die Photogalvanographie war später von Rousselon in Paris (siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts) weiter ausgfliildet und in die ReproduktionsaiiBtalt Goupila {später von Boussod uiu^Vaiadon in Paris übernommen worden) — wahrscheinlich auch neben Dujardins Ätzprozeß — eingeführt worden und ergab vorzügliche Resultate deä photographischen Halbtonkupferdruckes (Photogravure), welche im Kunst- vertag große Berühmtheit erreichten. Alle diese Methoden wurden jedoch durch die von Karl Eli£ in Wien im Jahre 1879 erfundene, auf dem Pigmentverfahren basierende heliographische Kupferätzmethode übertroffen, welche mindestens ebenso schöne Resultate auf einfacherem und sicherem Wege als die früheren Halbton ätzmethoden liefert Kliö Übertrug ein Figmeutbild auf eine mit Aquatinta-Korn (s. S. 386) ver- sehene Eupferplatte, entwickelte es mit warmem Wasser (Auswaseh- verfahren) und ätzte dann das Bild mit Eisenchlorid -Lösungen ver- schiedener Konzentration ein. Die so erzielten Halbtonbilder sind von besonderer Präzision und besitzen großen Reichtum an Büddetails und Halbtönen. Sie beherrschen deshalb den Kunstverlag der Neuzeit, so- weit pbotographische Kupferdrucke in Betracht kommen,
Kliiis Methode der Heliogravüre. Den Höhepunkt der Heliogravüre mittels der Atzmethode , sowohl an Schönheit der Resultate als Sicherheit und Raschheit der Durchführung, erzielte also der Maler und Journalzeichner K. KliC in Wien, welcher das Pigment-ÜbertragungsVerfahren auf gestaubte (gekörnte) Kupferplatten anwendete, mit dem Ätzverfabreu kombinierte und durch diese Erfindung seine Voi^änger überflügelte. Die erste Vorfüh- rung seiner Heliogravüren geschah durch KIi5 selbst in der Plenarver- sammlung der Wiener Fhotographischen Gesellschaft am 7. Oktober 1879.^)
1) Vergl. Bd. 4, S. 501 dieses ^Handbuclies".
2) Phot Korreap. 1879. S. 192.
394 Erster Teil. Zweiundvierzigstes Kapitel.
Er machte nur die kurze Mitteilung, daß seine ,,Heliogravuren" (es waren schöne Halbtonbilder, in der Kupferdruckpresse gedruckt) „in massivem Kupfer durch Ätzen erzeugt sind**; gleichzeitig legte er be- druckte Baumwolltücher vor, welche in der Neunkirchner Zeugdruckerei mittels der von ihm auf heliographischem Wege hergestellten Kupfer- walzen bedruckt worden waren. Im November 1880 stellte Kilo helio- graphische Reproduktionen von Porträts und anderen Aufnahmen nach der Natur aus.^)
Eine sehr hübsche Heliogravüre von Kliß aus dem Jahre 1880, den Dom von Florenz mit dem Campanile darstellend, zeigt Tafel VIII. Zum Druck dieser Heliogravurbeilage diente ein von der Originalplatto abgenommenes Galvano.
Karl Klic (sprich: Klitsch), geboren am 31. Mai 1841 in Arnaa in Böhmen, studierte an der k. k. Malerakademie in Prag unter Prof. Engerth. Er half seinem Vater, der ein Chemiker war, ein photogra])hisches Atelier in Brüon einrichten und leinte dort die Photographie kennen. 18()7 folgte er einem Ruf als Zeichner nach Pest, später nach Wien und zeichnete mit chemischer Tusche für Hochätzung, ins- besondere erfreute er sich als Karikaturenzeichner für Witzblätter («Der Floh" usw.) einer großen Beliebtheit; diese Zeichnungen wurden in Wiener Ätzanstalten geätzt, bis er selbst (1873 — 74) Zinkhochätzungen machte. Seine Versuche mit Heliogravüre - Kupferätzung begann er um das Jahr 1875 und trat im Jahre 1879 damit in Wien an die Öffentlichkeit. Er übte selbst sein Verfahren praktisch in Wien aus, ohne bei seinem kleinen Betriebe (in welchem er nur die hehographischen Platten ätzte, ohne die dazu gehörige Kupferdruckerei selbst zu betreiben) günstige finanzielle Erfolge zu erzielen. Deshalb löste er seine Wiener heliographische Anstalt auf und ging nach Frankreich, dann nach England, wo er viele Jahre lang lebte und sein Verfahren einführte. Klio. dessen Porträt in Fig. 130 gebracht ist, blieb bis 1899 in England, arbeitete an der Ausarbeitung der Rembrandt- Heliogravüre und dem Drucke gerasterter Heliogravureplatten in Schnellpressen, wobei er so viel Vermögen erwarb, daß er sich nach Wien (Hietzing) zurückzog. Er hielt sorgsanä alle die Ergebnisse seiner Studien geheim.
Die ersten heliographiscben Kupferätzungen Eli 6s fanden wohl in Wien bald ihre Würdigung, weil derselbe auch einzelne Heliogravüren auf Bestellung ausführte, publizierte und heliographische Eupferplatten abgab. Da er aber stets allein oder unter Heranziehung weniger Per- sonen, unter Wahrung seines Fabrikationsgeheimnisses arbeitete, so kam nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl seiner Heliogravüren in künst- lerische Kreise; die Folge davon war, daß man KliCs Methode anfangs im Auslande nicht besonders beachtete. Kliö übte auch seine Methode selbst nicht intensiv aus, er ließ sogar einen größeren, für die Publi- kationen der kaiserlichen Sammlungen in Wien bestimmten Auftrag teil- weise unausgeführt, sondern beschäftigte sich fortwährend mit Experi-
1) Phot. Korresp. 1886. S. 226.
DBEITTKOVIERZiaSTES KAPITEL.
PHOTOLITHOGBAPHIE — ZINKOGKAPHIE — ALGRÄPHIE.
Wir wollen davon absehen, daß Nicöphore Niepce der Ältere Beine photographischen Yersucbe mit Hcbtempfindlichen Harzen in den Jabren 1815—1816 mit dem lithographischeD Steine begann. Er ver- suchte also wobl die Pbotolithographie, erzielte aber keine brauchbaren Resultate und gab das Verfahren zugunsten der photograpfaischen Metallätzung ganz auf. Es ist also wobl nicht zu rechtfertigen, wenn manche in ihm gewissermaßen den Erfinder der Pbotolithographie sehen wollen. Allerdings war der Ausgangspunkt zur Herstellung von Photo- tithographien lange nach dem Tode Niepces das von ihm erfundene photographische Asphalt verfahren.
Die ersten gelungenen Versuche zur Herstellung von Halbton- Fhotolithographien mittels des Aspbaltverfahrens rühren von Le- mercier, Lerebours, Barreswil und Davanne in Paris her, welche die ersten Versuche 1852 veröffentlichten; ersterer war der berühmte Pariser Lithograph, Lerebours war der bekannte photographische Optiker (s. S. 231) und die beiden letzten waren Chemiker und Amateur- photographen. Es hatten sich die richtigen Männer zu gemeinsamer Arbeit zusammengefunden, welche auch bald hübsche Photohtbographien zustande brachten. Sie überzogen lithographische Steine mit Asphalt, belichteten unter einem Papi ernegativ, wuschen mit Terpentinöl und erzielten druckfertige Photolithographien. ^)
Es erschien eine nur mehr in wenigen Exemplaren erhaltene Kollektion^) dieser direkten Asphalt- Photolithographien 1853 unter dem
1) Die Einzelheiten dieser Methode publizierten Lemercier, Lerebours, Barreswil und Davanne im Februar 18d4 im Bulletin de la Soc. d'enoouragement (1854, S. 84); s. auch Bd. 4 dieses Handbuchs S. 606; ferner Dinglets Polytechn. JoDm. Bd. 132, S. 6ö. — Insbesondere: Barrosiril und Davanne, Die Anweadoag der Chemie auf die Pliotographie, 2. Aufl., deutsch von Schmidt, 1860, S. 461.
2) Ein Exemplar ist in den Sammlungen der li. k, tiraphiecbeu Lebr- und Terauchsanstalt in Wien eutbalten.
398 Erster Teil. Dreiundvierzigstes Kapitel.
Titel „Lithophotographie ou impressions obtenues sur pierre a l'aide de la Photographie par M. M. Lemercier, Lerebours, Barreswil et Davanne", Impr. Lemercier, Paris (Verlag Goupil & Co., Gide & Baudry in Paris). Das erste Heft enthielt Photolithographien im Formate 40 x 57 cm mit Architekturphotographien von Straßburg (nach photographischen Negativen vom Jahre 1851), Chartres (Photographie 1852), Neuviller, Beauvais usw. Diese aus dem Buchhandel ver- schwundene Publikation ist die älteste in Halbtonmanier photolitho- graphisch illustrierte Tafel. Tafel IX zeigt die Lichtdruckreproduktion eines Details einer Aufnahme der Kathedrale in Chartres; man erkennt, daß diese Asphalt- „Lithophotographien" Drucke von merkwürdiger Kraft, allerdings mit etwas grobem Korn in den Halbtönen, lieferten, welche besondere Beachtung verdienen. Wir müssen in ihnen die ersten ge- lungenen Versuche des Druckes von direkt auf Stein kopierten Halbton- photographien in der Steindruck presse erblicken.
Eine gelungene Probe von Versuchen der „Lithophotographie*' („Impression obtenue directement sur pierre par la Photographie^, Druck bei Lemercier) zeigt auch das in Fig. 131 im Maßstab V» mittels Autotypie reproduzierte photolithographische Halbtonbild (Archi- tekturaufnahme). Es ist ein Originalprobedruck der lithographischen Anstalt Lemercier in Paris, welchen Herr Braun in Domach freund- lichst dem Verfasser dieses Werkes zur Verfügung stellte^) und der mit dem Datum vom 23. Februar 1853 signiert ist Die nicht ganz sicheren Manipulationen und das Waschen der voluminösen Steine mit dem da- mals ziemlich kostspieligen Terpentinöl waren ein Hindernis der Ver- breitung dieser Methode, welche übrigens später mit großem Erfolge von neueren Photographen (s. u.) wieder aufgegriflfen wurde.
Bald aber trat durch Poitevins Erfindung des Chromeiweiß- verfahrens auf Stein die Asphaltmethode in den Hintergrund, weil ee sicherer war, kürzere Belichtung erforderte und zum Waschen nur Wasser brauchte, eine Errungenschaft, welche bald Beachtung fand.
In den ersten Monaten des Jahres 1855 hatte Poitevin die Eigenschaft der belichteten Gemische von Kaliumbichromat mit Gtelatine, Eiweiß, Gummi usw. entdeckt, an den belichteten Stellen das Wasser abzustoßen und die fette Druckerschwärze festzuhalten, während die unbelichteten Stellen ihre ursprüngliche Löslichkeit oder Quellbarkeit im Wasser bewahrten. Poitevin erkannte (1855) mit großem Scharf- sinne die Tragweite seiner Beobachtung und erfand damit das Prinzip
1) Dieser Erstlingsdruck befindet sich derzeit in den Sammlungen der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in "Wien.
, Lichtdntt , _B » „. .... ., .
des Pigmentdmckes (s. S. 347).
Die eiste praktisohe Auweaduiig tod Ealiumbichromat-Oumtni zum diiekten KoiuereD auf Stein behttfe HeiBtellung tod PhotolitbographieD soll nach vereinzelten Angaben ein Amerikaner namens Josef Dison 1841 in Massach UBetts gemoobt haben (HarrisoD, History of Phot. 1888, 8. 99); die erste VeröSentlicbiuig über das Ver-
fahren im ^Scientific American" erfolgte im Jahre 1854, ohne daß die Sache in der FnaiB bekannt oder von ihr aufgegriffen wurde.
Poitevin hatte im August 1855 sein Tetfahren in Frankreich und anderen Staaten patentieren lassen^) und sich dann ganz der Yer- Tollkommnuog der Photolitbographie — auch für den Halbtonprozeß auf gekörntem Stein — gewidmet Zur Ausnutzung seines Verfahrens
1) Vgl. Poitevin, Traite de l'imprimerie pbotogr, sana seis d'argent., Paris 1862. S. 79. — Poitevin, „Bull. Sog. fran?. de Phot, Februar 1857.
400 Erster Teil. Dreiund vierzigstes Kapitel.
verkaufte er im Oktober 1857 alle seine Patente um 20000 Francs an einen der hervorragendsten Pariser Lithographen, Lemercier,^) in dessen Steindruckerei in der Folge zahlreiche Photolithographien in Strich- manier, sowie in Halbton nach photographischen Naturaufnahmen her- gestellt wurden. Poitevins Vorgang war folgender: Er überzog den (für Halbtonbilder: gekörnten) Stein mit einer Lösung von Ealium- bichromat und Eiweiß, verteilte die Schicht mittels Tamponieren, trock- nete, belichtete unter einem Negativ, wusch mit Wasser, trug fette Farbe auf (oder trug zunächst fette Farbe auf und wusch dann), wobei die Farbe nur an dem im Lichte unlöslich gewordenen Stellen haftete, nicht aber an den feuchten. Der Stein wurde dann mit angesäuerter Flüssigkeit in der den Lithographen bekannten Weise geätzt und gedruckt.
Man erhielt damit gute Photolithographien; diese Halbtonbilder auf gekörntem Stein waren sehr schön, so zart an Mitteltönen und tief in den Schatten, daß auch moderne Beproduktionstechniker staunen, wenn sie diese nunmehr schon selten gewordenen Photolithographien Poite- vin-Lemerciers sehen.
Lemercier druckte vor Zeugen über 700 Abdrücke von einem
Steine. Die in Tafel X in Lichtdruck gebrachte Faksimilereproduktion
dieser Inkunabel 2) der Halbton -Photolithographie beweist die hohe
Leistung damaliger Arbeit.
Ernst Conduche stellte theoretische Betrachtungen an, daß beim Poitevin- schen Verfahren durch mechanische Abnützung des Chromeiweißbildes die Steine bald zugrunde gehen und nur jene Photolithographien beim Druck widerstandsfähig seien, bei welchen die lithographische oder fette Seife direkt mit dem lithographischen Stein in Berührung komme,'') ohne daß er jedoch brauchbare Vorschläge in diesem Sinne gemacht hätte.
Lemercier scheint seine größten photolithographischen Verlags- blätter nur mittels des Poitevinschen Chromeiweißes gemacht zu haben. Es existieren viele photolithographische Halbtonbilder aus den fünfziger Jahren, welche die Signatur ^mise sur pierre par Lemercier** („procöd^ Poitevin") tragen.
Lemercier legte der Pariser Photographischen Gesellschaft am 20. Juli 1860 als Neuheit Photolithographien vor, welche von zwei Steinen (Halbton- und Kraftplatte) gedruckt waren.
In Poitevins ,,Trait6 de Timpression photographique^, 1862, S. 79, sind zahlreiche Verlagswerke Lemerciers zitiert, welche mit
1) Ein Porträt von Böse Joseph Lemercier, des Gründers der lithographischen Anstalt Lemercier in Paris, findet sich in Pennell, Lithography and Litho- graphers, London 1808.
2) Blanquart-Evrard a.a.O.
3) La Lumiere 1856. S. 54; Hörn, Phot. Joum. Bd. VI. 1856. 8. 10.
I,iclitdnaukii?|iroiluttii)n einer rhotiilitliogr.i|i!iie in llallit'»» von l'uitov (mittel ChmmciwL'ill direkt avit den Slein kc)].iei't; 185T).
«Tina i «. ■■■. -**iii »m getuiii u uo iicigi: .i iiuu.
Übrigens stellte Lemercier bei der Fai r Weltausstellung 18S2 sowohl Fbotolithographien mittels des Asphaltverfabrens als des Foite- Tiuschen ChromeiweißTerfahrena aus.
Niepoe de Saint Victor erzeugte aach eioe Art gravierter, mittels Aepbalt- verfabreDB vertiette ZeichnoDgen, um VerzieruDgeo herrorz abringen, sowie am Ab- drücke dnvon in der litbographiscbea Fresse zu erhalten (Comptes Tonim 1856, Bd. 43, 8. 674 and 912; Kreutzer, Jahresber. 1856, 8. 120).
Im Jahre 1855 — 56 hatte auch Macpherson die Wichtigkeit des gekörnten Steines in der Asphalt -Fhotolitbographie erkannt und publiziert Diese Methode wurde später besonders von Karl von Giessendorf in Wien kultiviert
Karl von Gieaseodorf in Wien befaßte sich eingeheod mit dam Asphalt- verfahren von Lemercier. Er arbeitete Ende der fünfziger Jalire in der Hof- ond Staatsdmcbsrei in Wien, vo er Jedoch nur spärJich Beschäftiguog fand, verbesserte die Methode (Asplialtbopieo auf gekörntem Stein in Halbtonmanier) anfangs dei sechziger Jahre und führte sie in der lithographischen Äostalt Reiffenstein & Rosch in Wien ein; 1864 waren solche Dmcke in der Wiener phatogrsp bischen Ausstellung ZQ sehen. ReiffeDStein übertraf nach Giesssndorfs lod (1866) seineo Lehrer weit, aber aueh diese Arbeiten, au welchen sich später L. Schrank beteiligte, fanden damals trotz ihrer Güte wenig Verständnis und rerschwanden allmählich wieder; auch der von Beiffensteio mittels dieser Druckteehnik im Jahre 1866 durchgeführte photolithographische Farbendruck wurde nur kurze Zeit gepflegt.
Dies ist historisch bemerkenswert, weil es die Anfange des spateren „Orell-FüBali-Verfahrens" sind, bei welchem es sich gleichfalls um farbigen photolithographisehen Druck in Halbtonmanier (allerdings mit sehr viel Handarbeit des Zeichners verquickt) handelt und mittels welchem riesige Auflagen (namentlich Städteansichten) verbreitet wurden.
Ein direktes Eopierrerfahren auf gekörntem Stein mittels Gummi- arabikum, Zucker und Ealiumbichroniat ließen sich J. A. Cutting und L. H. Bradford in Boston 1858 privilegieren;') sie kopierten direkt auf den mit der Chromgummischicht versehenen Stein unter einem Dia- positiv, wuschen mit Seifenwasser, wobei der nichtbelichtete Gummi ent- fernt und der Stein geeignet gemacht wurde, die fette Farbe an diesen Stellen anzunehmen. Dann wird der belichtete Gummi mit heißem Wasser entfernt und das durch die Wirkung der Seife positiv gemachte Bild in der Staindruckpresse gedruckt In Snellings Photographic and fine Art Journal 1858 S. 117, 254, 289 und 321 sind hübsche Proben dieser merkwürdigen Technik enthalten, welche wegen ihrer schwierigen Aus- führung sich in der Praxis nicht einbürgerte und in Vergessenheit kam.
1) Engl. Patent vom US. Februar 1858 Nr, 3.'37;SnelliDgs Photographie and flne Art Journal 1858. S. 337.
Ed«r, Hudbocfa ilocPhatognpbie. I. T^l. S. Aufl. 26
402 Erster Teil. Dreiundvierzigstes Kapitel.
Das photolithographische Uradruckverfahren^) von chro- mierten Papieren erfand Asser in Amsterdam 1857.
Eduard Isak Asser (geboren 1809 in Amsterdam, gestorben 1894) studierte die Rechte, wurde 1832 zum Doctor juris promoviert und war Advokat. Er interessierte sich für die Daguerreotypie, kam nach Paris, um photographische Apparate zukaufen, versuchte Niepces photolitho- graphischen Asphaltprozeß und kannte Poitevins Chrom -Eiweißkopier- verfahren auf Stein. Er war der erste, welcher auf mit Stärkekleister gestrichenem und mit Bichromat sensibilisiertem Papiere photographische Kopien mit fetter Farbe für das Umdruckverfahren auf Stein er- zeugte und solche Proben 1859 der Pariser Photographischen Gesellschaft einsandte; er stellte sein später verbessertes Verfahren bei Ausstellungen in Paris, Wien und Amsterdam aus und erhielt zahlreiche Medaillen. 2)
Kurz nach Asser teilte J. W. Osborne am 30. November 1859 der philosophischen Gesellschaft der englischen Kolonie Victoria mit, daß man mit photolithograpliischem Übertragungspapiere, welches mit Chromat-Gelatine-Eiweiß-Gummi oder Asphalt präpariert ist und auf welchem man ein Fettfarbenbild erzeugt, mit Leichtigkeit Photolitho- graphien ausführen könne. Er empfahl namentlich Eiweißpapier, welches mit Kaliumbichromat und Gelatine überzogen, getrocknet, kopiert, mit fetter lithographischer Umdruckfarbe eingewalzt und mit einem nassen Schwamm entwickelt wurde. Osborne hielt dieses Verfahren (welches er übrigens 1863 verbesserte) für neu, erwähnte aber, daß auch Asser ein Umdruckverfahren erfunden habe. Die Osbornesche Methode fand jedoch mehr Eingang in die Praxis. Auch Oberst Henry James in Southampton beschrieb 1860 ein photolithographisches ümdruck- papier mit Chromatgummi.^) Reines Chromatgelatinepapier (ohne Eiweiß) empfahl J. Waterhouse 1868. G. Märkl in Wien legte die Gelatine- schicht des Umdruckpapieres nach unten und die Chromat- Eiweißschicht nach oben (1876).
Die Photolithographie wurde namentlich für Reproduktion von Plänen, Karten, Linearzeichnungen bald vielfach verwendet und im Vereine mit dem Schnellpressensteindruck entwickelte sich diese Methode zu einer der billigsten und für Massenproduktion leistungsfähigsten in dem Steindruckgewerbe. Auf die Einzelheiten und weiteren Verbesse- rungen des photolithographischen Umdruckverfahrens kann hier nicht näher eingegangen werden; es sei nur erwähnt, daß man häufig Halb-
1) Vergl. Kamp mann, Geschichte der Photolithographie mittels ümdniok- papieres (Eders Jahrbuch f. Photogr. 1896. S. 293).
2) Aiinuaire general et international de la Photogr. 1895. S. 141.
3) British Journ. of Phot 1860. S. 240.
stein übertrug; eioeQ neuen Wi schlug A. Albert 1897 ein, indem er Ton glattem photolithographischen Getatinepapier auf gekörnten Stein umdmckte. Im übrigen sei auf die Beschreibung dieser mannigfachen Methoden in A. Albert>) „Verschiedene Reproduktionsverfahren mittels lithographischen und typographischen Druckes" 1899 verwiesen.
Die Einführung des photographischen Zinkflachdruckes,*) der sogenannten Photosinkographie, bei welcher die Abdrucke analog wie beim lithographischen Stein in der Steindruckpresse gemacht werden, verdankt man Sir Henry James.
Der englische Oberst Sir Henry Jnmes in Southampton machte 1859 die ersten gelungenen Versuche der Übertragung eines auf Chromat- leim oder Gummi hergestellten Fetttarbenbildes, ^) wie er selbst in der Vorrede zu A. d. C. Scotts „Photozinkographie" (1862) erwähnt^) Die
1) August Albert, Professor au der li. k. Graphischen Ijehr- und VereucliB- aostait in Wien.
2) OberdieGeaohichtedesZJnkflaohdnickesB. Kampmann, Phot.EorreE|>. 1890. 8. 267 u. ff,
3) Cbromatgelatine wurdo auf Papier aufgetragen, unter einem Negativ kopiert, mit fetter Farbe überzc^n und mit Wasser und einem Schwamm entwiutelt. Es bleibt an den belichteten Stellen ein Bild in fetter Umdruclifarbe stehen.
4) VergL die Zeitschrift ,Eageneering'' Juni 1888. — Edera Jahrbuch f. Pbot 1889. 8.67.
404 Erster Teil. Droiund vierzigstes Kapitel.
erste mittels Umdruck Verfahrens hergestellte Photozinkographie ist in Fig. 132 abgebildet.
James kopierte dann für Gladstone einige alte Handschriften und Urkunden und legte 1859 als Beispiel eine kleine Urkunde aus der Zeit Eduards I. seinem Jahresberichte 1859 bei, dem bald andere Arbeiten folgten. Zur selben Zeit erfuhr James, daß Osborne ein Patent für Photolithographie nehmen wolle, und er kam zur Überzeugung, daß das Prinzip dasselbe sei, wie bei seiner (James') Photozinkographie, von welcher James in seinem Berichte gesagt hatte, das Verfahren sei für Zink oder Stein anwendbar. Da aber James seinen Bericht über Photo- zinkographie hatte drucken lassen und dieser Bericht im Dienstwege an viele englische Ingenieure und Behörden geschickt worden war, so kann James als der erste gelten, welcher die Photozinkographie mittels üm- druckverfahren erfand.
Im September 1861 hielt dann Oberst James einen Vortrag über „Photozinkographie" vor der British Association;^) es wurde ein mit fetter Druckfarbe hergestelltes Gummibichromatbild auf Zink (oder Stein) übertragen und dieses Verfahren zur Vervielfältigung in dem Landes- aufnahmeamt in Southampton (England) schon damals eingeführt Er ätzte das Fettbild mit Gummiwasser und Phosphorsäure.
In England wurde im kartographischen Institut durch Oberst James die Herausgabe von alten wertvollen Handschriften in Photo- zinkographie erfolgreich betrieben.
Sir Henry James' Photozinkographien waren in der Pariser Ausstellung 1867 vorzüglich vertreten, z.B. Reproduktionen von National- manuskripten, Faksimile einer alten Shakespearehandschrift, die Land- vermessung von Jerusalem usw.
Die Verwendung von Aluminiumplatten als Ersatz des photo- graphischen Steines gehört der neuesten Zeit an; hier sei nur kurz er- wähnt, daß für die Photoalgraphie wieder eine der ältesten photo- graphischen Methoden in moderner Form zur Geltung kam: nämlioh die direkte Kopierung von Linear- oder Autotypienegativen auf Aluminium- blech, welches mit Chromatleim oder -Eiweiß überzogen war (zuerst für algraphische Autot}'pie durchgeführt von Kegierungsrat Fritz, Vize- direktor der Hof- und Staatsdruckerei in Wien); es ist dies eine Reminiszenz an Talbots erstes Verfahren, welches auf S. 345 und 393 beschrieben ist
1) S. British Association Keport von der Versammlung 1861. S. 263; aach Brit. Journ. Phot. Bd. 7, S. 240; Kreutzers Zeitschrift f. Phot 1861. Bd. 3, 8. 24.
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VIESUNDVIERZIGSTSS KAPITEL.
UCHTDEUCK.
Die grundlegende Idee zum „Lichtdruck" finden wir schon bei Foitevin beschrieben {s. S. 346). Er erkannte, daß eine mit Bichromat- Gelatine überzogene Platte nacb deren Belichten unter einem Negativ und Feuchten mit Wasser fähig wird, nur an den belichteten Stellen lette Farbe anzunehmen; man kann dann direkte Abdrücke von Bolchen Schichten auf Papier machen. Dieses Verfahren fand aber verhältnis- mäßig spät Eingang in die Druckpraxis. Die Photolithographie, Zinko- ^pie, Heliogravüre war früher praktisch durchgeführt, bevor man den „üchtdruck" unmittelbar von der Chromgelatineschicht ausübte.
Erst im Jahre 1865 wurde das Verfahren von den Franzosen G. M. Tessifj du Uotay und Ch. Raph. BIar6chal in Metz auf Kupferplatten unter der Bezeichnung „Phototypie" und zwar nur vorübergehend benutzt, da die Oelatineschicht auf der Metallunterlage (Kupferblech) für einen Auflagedruck nicht genügend haftete und eich bald losschälte. Immerhin lieferten die Genannten recht hübsche Licht- drucke, jedoch nur in kleinen Auflagen, meist für den eigenen Bedarf an Musterblättern (sie hatten eine Glasmalerei in Betrieb), so daß wenige derartige Drucke bekannt wurden.') Eine Keproduktion eines von Tessi6 du Motay und Mar6chal im Jahre 1867 hergestellten Lichtdruckes') von Metallunterlage geben wir in Tafel XI nach einem Porträt von Wegener und Mottu in Amsterdam. Die Reproduktion in etwas ver- kleinertem Maßstabe erfolgte mittels Lichtdruck in der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien; man erkennt, daß diese ersten prak- tischen Lichtdrucker mit der Schwierigkeit, die zarten Mitteltöne wieder- zugeben, zu kämpfen hatten, da diese Inkunabeln des Lichtdrucks ziem- liche Härten in den Halbtönen aufweisen; sie müssen aber trotzdem schon als ganz respektable Leistungen erklärt werden.
1) Vergl. Phot. Korresp. 1868. 8. 274,
2) AuB den Sammlungen der Wiener Photographisclien Gesellschaft.
40H
Erster Teil. VierundN'ierJiigfrteB Kajiitel.
Der Liclitcliuck') wurde erst durch die wichtigen VerbeBseruoj welche der Photograph Josef Albert in München (geboren 5. März 18125, gestorben 5. Mai 1886) schuf, lebens- und leistungsfähig gemacht. Er wendete Glasplatten als Trager der Chroniatgeiatlne an und erzielte das Festhalten der Drucksehicht durch Verwendung einer Chromat- gelatine-Vorpräparation. Albert erweckte das Interesse der ganzen Fachwelt durch seine in der III. deutschen photographischen Ausstellung in Hamburg 1868 ausgestellten Drucke, welche nahezu allgemein als _ „ Albert otypien" bezeichnet wurden.
Jüsef Albert, dessen PortrfU Fig. 1cl3 zeigt, war der Soho eiaes KieiaingeDieurK in Mitnchea, beBUchte tias Gymnasiom, später ilaa Polytecb- iiikum (Baufach) Müncben. Er lernte lioi eiaem der ersteu danialigca Mün- choner PliotO!,'rapheii , Lösoherer, rlas Dagaeireoly piereil, erriulitete ein Atelier 1850 in Äugsiiurg, gmb dum Tür deu K II Hut Verlag (zirka 1861t) groBe lili'itugi'apbiscbe Rc|)roduktioueii von Kaulbaob, Soliwind usw. heraus und trendoto io der Uitte der seclizlger Jalire des vorigen Jahrliunderts seine ^anze Aufmerksamkeit dcDi photo- iiiecbnnisDheQVerfahi'en zu, was ihn zur Verbessoi'ung des Licbldmcks flibrte, .lo^ef Albort fand die vcrstAndoisvollo l'urderaug des käaiglicb bayeiisohen Hofes und wurde dureli Orden uud zahlreiche AuHstelluiigsproise aoage- :«:icbnot. Er war auch der etBte, welcher den Drei färbe nliclitdruot pnV- tisch mit bestem Erfolge durohführte Is. d,)- J- Alberls LicbtdruckaDstslt eitorgeführt. Sein Sohn, E. Albert, Ürei färbe nautotypie und führte die
Fis. laa. joM.1
wurde nach seinem Tode von seiner Witwe ^ befalite sieb inshosondero mit Heliogitivure ui urthochnunatiscbe Kollodiuiiieraulsion Iq die Beproduktionstecbuik ein (s. S. 322).
Auch Professor J. Husnik in Prag {Porträt s. Fig. 134), damals in Tabor in Böhmen, hat bolrächtlicben Anteil an der praktischen Aus- gestaltung des Lichtdruckes genommen, denn auch er erzielte bereits 1868 so nennenswerte Erfolge im Auflagedruck, daß J. Albert sich
1) Über die Erfiudungsgosehicbte des Liehldruckes und seiner Varianten bandelt Ausfiihrlicli das Werkchen von August Albert ,Die vei-schiedenen Methoden lichtdruekes", 1900. Verlag von W. Knapp, nalle
iden des i
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desselben mit dem nigen zu vereitiij
Jakob Hnunik wurde 1837 in 'Wojpeinik bei Pilsen io BÖhmeD geboren und kam nach Absolvicrang der deutschen Oberiealechule in Frag and der Ualerakademie in Antwerpen im Jahre 1864 als Zeiphenprofessor nach Tabor, spater »u die Oberreal- schule nach Prag. In den siebziger Jahren des vorigen Jahrbuoderta bot ihm der Direktor der Hof- und Staatsdruckerei, Hofrat Bock, an, an dieser Analall seine Eiperimeate über Lichtdruck fortzusetzen ,imd Deue Versuche mit Photoiinko- typie, pbotograpbischer Kupfer- KtzuDg, Heliogravore usvr. an- zustellen, welcher Einlidang er folgte und die Resultate dann auch ID mehreren selbständipn Werken publizierte. Von ihm ging auch die Errichtung einer Bcproduk- tionsanstalt in Prag aus, welche insbesondere Autotypie betrieb, wo er als fachmännischer Berater wirkte. Nachdem Huenik 1889 in Pension ging, beteiligte er sich , als Gesellschafter an der k. und k. EofkunsUnstalt „Huanik & Häusler" in Frag.
Gegen Ende 1868 führte Max Gern oaer, Stein- drucker in München, den Lichtdruck auf lithographi- schen Steinen durch, was er als ,,Photolithograpbie" bezeichnete. Er vereinigte sich im Sommer 1869 mit Ohm und Großmann in Berlin zur geschäftlichen
Ausbeutung des Verfahrens und bezeichnete dasselbe als „Licht- druck", welcher Name sich allgemein einbürgerte. M. Gemoser gab sich als Erfinder des Lichtdruckes aus, jedoch machte Albert in München mit Erfolg dagegen seine Prioritätsansprüche geltend.^)
Da jedoch mit dem Hand pressendruck das Verfahren zu wenig leistungsfähig war, faßte Jos. Albert die Idee, den Schnellpressen- druck durchzuführen, und ließ nach eigenen Angaben in der Maschinen- fabrik von Faber & Co. (jetzt Faber & Schleicher in Offenbach a. M.| die erste Lichtdruckschnellpresse anfertigen, welche im Jahre 1873 in
BoiDik, geb. 1
I) Phot Mitteil. 1869 und 1870,
408 Erster Teil. Vierandvierzigstes Kapitel.
Betrieb gesetzt wurde und den Lichtdruck zur Massenproduktion ge- eignet machte.^)
In Wien wurde der Lichtdruck durch den Hofphotographen J. Löwy 1872 eingeführt, welcher 1881 in Österreich die erste Lichtdruokschnellpresse aufstellte.*)
Ernest Edward in England scheint zuerst den Lichtdruck von mehreren Platten und in mehreren Farben ausgeübt zu haben; er nahm hierauf ein englisches Patent vom 8. Dezember 1869 (Nr. 3543); er fügte auch etwas Alaun zur Lichtdruckschicht, um sie für die Pro- zeduren besser zu härten, und nahm später noch ein anderes Patent auf farbigen Lichtdruck.
Durch den Lichtdruck wurde allmählich der Woodburydruck ver- drängt; beide können nicht gleichzeitig mit dem Lettemsatz in der Buchdruckpresse gedruckt werden, sondern müssen separat gedruckt werden. Der Lichtdruck gewann aber durch den Umstand, daß er ohne weiteres auf Blätter mit beliebigem Papierrand gedruckt werden konnte, einen großen Vorsprung vor dem Woodburydruck, weil letz- terer stets im Bildformat knapp zugeschnitten und dann aufkartoniert werden muß. Dadurch eignet sich der Lichtdruck viel besser zur Buchillustration; er arbeitet auch rascher, und so verdrängte er gegen Ende des 19. Jahrhunderts den Woodburydruck, bis dem Lichtdruck — trotzdem man auch mit mehr oder weniger Erfolg versuchte, ihn in der Buchdruckpresse druckbar zu machen ^) — sein gefährlichster Kon- kurrent heranwuchs, d. i. die Autotypie und Duplexautotypie (s. d.).
1) Die beste Schilderung der Geschichte des Lichtdruckes ist: A. Albert, „Die verschiedenen Methoden des Lichtdruckes", 1900, Verlag von W. Knapp, Halle a. S. . dessen Ausführungen auch obiger kurzen Schilderung zugrunde gelegt sind.
2) Vergl. Die Großindustrie in Österreich , Bd. 6. — Geschichte der Photographie und der photomechanischen Verfahren von J. M. Eder, 1900.
3) S. über „Lichtdruck in der Buchdruckpresse ** Arthur W. Ungar, Phot Korresp. 1902. S. 152; Österr.-Ung. Buchdr.-Ztg. 1902. S. 181; Archiv f. Baofagew. 1902. 8. 182. — A. "W. Unger, Professor an der k. k. Gi-aphischen Lehr- und Ver- suchsanstalt in Wien, bezog in seine Versuche auch „Duplexlichtdruck*' und die An- wendung von Stereotypplatten als Träger der Lichtdruckschicht ein.
FVimjNDVIEIlZiaSTES KAPITEL.
PHOTOGEAPmSCHE METALLÄTZUNG FÜE BUCHDEUCK:-
KLISCHEES — HALBTONBILDER — PHOTOZINKOTYPIE,
KUPPEKÄTZUNG UND AUTOTYPIE.
Die Anwendung des Zinkes für die Zwecke der Hochätzung war sclioa 1822 angeregt worden, doch benutzte man in der Folge die Zink- platten auch vielfach für Tiefdruck. Die naheliegende Idee, das Sene- feldersche Steindruckverfabren für Zinkhochätzung^) zu verwenden, durfte zuerst Blasius Höfel in Wien (1840) gehabt haben, welcher dieses Verfahren auch praktisch durchführte, 1842 der österreichischen Nationalbank anbot, ohne aber durchzudringen. Erst Qillot in Paris brachte 1850 die Zinkotypie auf eine höhere Stufe. GiUot nannte seine Zinkhochätzungen „Fanikonographien", welcher Name jedoch
1) Hochätzung auf Kupfer oder Ettypographte cannte A. Dembour, Graveur in Metz, 1834 ein von ihm erfundenes Verfahren, erhaben auf Kupfer zu atzen. Derselbe malte die Zeichnung auf einer Kupferpktte mit fettem IacIc und ätzte den Grund heraus; ea dürfte dieses wohl eine der ersten PubliHtiouen über die sogenaunte Hochätzung fUr Buohdruok sein. (Deutsch voa H. Meyer, 1835, mit 8 Bildern.) Die Benutzung galvanischer Metallniederschläge als eine Art Ätzgnind ging von dem Dänen C. Pill aus. Er nannte sein Verfahren Cheniitypie. C. Pül
beschreibt es in seinem Werke 1846 wie folgt; ,Zink
wird nun auf einer solchen polierten Zinkplatte eine Radierung oder Gravierung
geführt und die entstandene Vertiefung mit ei
1 positives Metall, es
äu Metalle ausgegossen (eii
gesohmolzen) und die ursprünglich positive Zinkplatte darauf mit in die Tiefe geätzt, so daS die früher vertieft erscheinende Zeicbnuug jetzt als er- habener Stempel hervortritt Dieses ist nur deswegen möglich, weil die in den Ver- tiefungen eingeschmolzene Metallkompcsition vermöge der zwischen beiden Metallen bestehenden galvanischen Wirkung durch die Säure nicht angegriffen wii-d, die nur das positive Zink uigreift" Kegre in Paris erfand 1867 ein Verfahren, bei welchem eine Stabiplatte mit einem Asphalt- oder Chromleimbild überzogen, ein photo- graphisches Bild hergestellt und dann galvanisch vergoldet wurde; natürlich schlägt sich das Oold nur an den bloBgelegten Stellen nieder und man konnte (nach Ent- fernung des Asphalt' oder Leimgrundes) das Goldbild ins Metall ätzen (Phot. Archiv 1867. S. 171).
410 Ei-ster Teil. Fünf und vierzigstes Kapitel.
allmählich außer Gebrauch kam. Man nannte diese Methode, auf Zink übertragene Zeichnungen hochzuätzen, nach ihrem Erfinder meistens ^Gillotage".
Oillot hatte 1850 die Asphaltmethode auf Zinkplatten zur Her- stellung von Photozinkotypien verwendet.
Firmin Oillot wurde 1820 zu Brou bei Chartrcs (Eure et Jjo\t) in Frankreich ge- boren. Seine Eltern waren Ackerbauer und konnten ihn nur elementare Schulbildung genießen lassen. Er hatte aber einen klaren Verstand, Lust zur Arbeit und wurde in kurzer Zeit einer der besten Lithographen (Arbeiter) von Cliaiires. Er etablierte sich in Paiis 1874 als Litliograph und verfolgte seit 1850 ohne zu rasten die Verbesserung der Erßndung, die seinen Namen berühmt gema(^ht hat. Die ei-ste Idee Oillots war die: einen lithographischen Druck in ein typographisches Klischee umzuwandeln. Dies g«»lang ihm, indem er mittels fetter Farbe auf einer Zinkplatte einen Umdruck von einem Stich oder einer Lithographie machte, mit Säuren die blanken Stellen tief ätzte und die fetten Stolk*n intakt erhielt. — Auf diese Weise bekam er ein Relief und aus der Zinkplatto entstand ein typographisches Klischee.
Das ^Journal avenscene** erfaßte die großen Vorteile, welche das Verfahren für illustrierte Zeitungen bot, gab sein xylographisches Atelier auf und betraute (lillot mit allen seinen Zeichnungen. Seitdem ist die Gillotage so tief in die Praxis eingedrungen, daß jetzt sehr viele Illustrationen, die früher auf Hotz geschnitten wurden, auf chemigraphiscliom AVego horgosteiit werden. Firmin Gillot starb im Juni 1872. Charles Gillot, sein Sohn, pflegte durch die Verbesserungen, die er an dem von seinem Vater erfundenen Verfahren gemacht liat, glänzend die Traditionen, die ihm überliefert worden waren.
Kr war der ei-ste, der die Photographie für diese Ali Gravierung benutzte, indem er ein (ilasnegativ machte und davon ein Positiv auf einer mit einem lichtempfind- lichen Lack überzogenen Zinkplatte herstellte. Die unbelichteten Stellen des Laokes wurden bei der Entwicklung aufgelöst, worauf die blankgo wordenen Metallpartien geätzt werden konnten, (l)ictionnaire encycloptkliquo et biographique de Tlndustrie et des Arts iudustriels, par E. 0. Lami. 1885. Tome V. R. 470.)
Bei Gillot lernten zalilroicho Personen seit 1850 die Zinkätzung lind die Schüler Gillots brachten sein Verfahren mehr oder weniger klar zur weiteren Kenntnis.
Gillot blieb stets in Fühlung mit den Fortschritten der Photo- graphie und arbeitete eine kurze Zeitlang auch mit dem vielseitig er- fahrenen Pariser Heliographen Ch. Nögre (s. S. 378 und 386). Dieser hatte in den fünfziger riahron des vorigen Jahrhunderts eine ähnliche llethodo wie Pretsch (s. S. 375) zur Herstellung von photographischen Halbtonklischees für die Buchdruckpresse ausgearbeitet. Nögre nannte sein Verfahren „Gravüre paniconographique on relief" und scheint es für Gillot in Paris (Quai Saint- Michel 23) ausgeübt zu haben, vreloher seine Zinkhochätzungen im allgemeinen als „Panikonographien" be- zeichnete. Man erkennt in dem in Fig. 135 abgebildeten Faksimile einer solchen Panikonographic das Runzelkorn wie beim Pretschschen Pro- zesse, jedocli war das gerunzelte Chronigolatinebild nicht galvanoplastisch
PhfrtoBniphigel.p Metallätttinf,' für »iiHi'JruplcklischriPÄ, — UdbtonUlder uan-. 411
F IJo lorUl n T ph
412 Erster Teil. Fünf und vierzigstes Kapitel.
abgeformt, sondern auf Zink übertragen und mit Oillots Methode hoch- geätzt worden, so daß man hierin die ältesten Methoden der photozinko- graphischen Halbton verfahren mit natürlicher Körnung der Bildstellen er- blicken kann. Diese Art der photographischen Halbtonzinkätzung stammt aus den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts; jedoch sind nur sehr wenige Zinkätzungen dieser Art ^) ausgeführt worden, da das Verfahren für die Praxis teils zu kompliziert, teils zu roh erschien.
In Wien machten in der Hof- und Staatsdruckerei unter Hofrat Auer anfangs der fünfziger Jahre sowohl Earl von Oiessendorf als auch der Kupferdrucker Tomassich (1859 oder 1860) Versuche mit Atzungen auf Zink, zunächst in Form von Chemigraphie (Zeichnung und Umdruck auf Zink). 1865 erzeugte Oiessendorf zum ersten Male Halbtonhochätzungen mittels Asphaltkopierung auf gekörntem Zink;^) sie zeigten jedoch etwas rohe Töne und bereiteten zu jener Zeit auch große Schwierigkeiten beim Drucken.
Der Maler und Photograph Karl Bapt. v. Szathmary, welcher einen Atlas für Rumänien unter dem Fürsten Cusca ausführte, an dem auch Carl Angerer, damals Zeichner und Techniker im militärgeo- graphischen Institut, mitarbeitete, ist als einer der ersten zu nennen, welche die Zinkographie in die Praxis einführten (1862).
Ein großes Verdienst um die Einführung und Vervollkommnung der Zinkotypie hat Carl Anger er in Wien. Im Jahre 1865 oder 1866 wurde in Wien ein Modejournal „Iris'' gegründet, welches von Carl Angerer und Hugo Würbel, einem Schüler Oiessendorfs, mittels „Decalcographie" illustriert wurde. Dieses Verfahren war einfach und gestattete Zeichnungen auf Zink herzustellen. (Die Zinkplatten wurden mit Graphit geschwärzt, mit weißer Gummideckfarbe dünn überzogen, die Zeichnung eingeschabt, mit fetter Farbe und Benzin übergössen, mit Wasser behandelt, mit Asphalt gestaubt und angeschmolzen; dann wurde die Zeichnung eingeätzt.) Das Journal hielt sich nicht; auch bei illustrierten Witzblättern fand die Zinkographie damals wenig Anklang. C. Anger er, welcher ein vorzüglicher Terrainzeichner war, ging ins Ausland, kam zu Gillot und kehrte (1869) nach Wien zurück. Ein groiJer Aufschwung der Hochätzkunst ging von Österreich im Jahre 1870 aus, als C. Angerer ein von dem Verfahren Gillots wesentlich verschiedenes Ätzverfahren fand, welches er „Chemigraphie'^ nannte
1) Die in Fig. 135 reproduzierte Original - Pbuto - Panikonographie Ndgres stammt aus den Sammlungen der Photographischen Gesellschaft in Wien.
2) A. Albert, „Verschiedene Reproduktionsverf ahren ** , 1900, Veriag von \V. Knapp, üalJe a. S.
das spi .„- .. .» .^ , j_
methode" zum ünteiiH.iiiflde von Oillots „französischer Ätzmetbode" bezeichnet wurde. >) Angerers Yerfahren wich von der lithographischen Behandlungsart der befeuchteten Zinkplatte gänzlich ab, er machte die erste Ätzung sehr tief und arbeitete mit trockener Deckung und Ein- stauben mit Harzen von verschiedenen Schmelzpunkten.
Carl Angerer (s. Fig. 136), einer der erfolgreichsten Vorkämpfer der Fhotozinho^pie, wurde 1838 in Wien geboren, erlernte Lithographie
und Buchdruck, wirkte anfänglich am k. k. militargeograpbischen Institute mit kartogi'aphischem Zeichnen und Gravierarbeiten, trat dann aus dem Verbände des Institutes und widmete sich der Zinkhocliätzung, welche er sehr förderte. 1870 gründete er mit seinem Schwager Göschl die chemigraphische Kunstanstalt in Wien, welche später den Titel einer k. k. Eufkiinstanstalt erhielt und eine der hervorragendsten Pflegestätten
1) C. Angerer hat Bein Terfahien der Zinkätzung „nach der Wiener Methode' selbst Qie publiziert; sie ist jedoch in dem Buche von Morch .Haodbuch der Chemi- graphie nnd Photocheniiji^phie'' Düsseldorf (1886) nebst der französischen Methode genau and zutreffend geschildert.
■»
414 Erster Teil. FünfunJ vierzigstes Kapitel.
[ der photomechanischen Verfahren wurde. Derzeit wird sie von de
Sohne Alexander Angerer erfolgreich geleitet.
Anfang der siebziger Jahre führte C. Anger er auch die Phot
zinkotypie ein, zu welcher ja längst durch Oberst James (Umdruck ve
fahren, s.S. 403), sowie durch das alte Niepcesche Asphaltverfahren (s. <
die Wege vorgezeichnet waren. Damais beschränkte sich die Photozink
typie nur auf lineare Zeichnungen. Halbtonklischees für Bucharas
tl waren wohl schon von Paul Pretsch (s. S. 375) sowie Nögre (s. S. 3'
■f\ und 386) erzeugt worden, aber die Herstellung erschien für einen ind
!!& striellen Betrieb zu umständlich.
Den unzweifelhaft größten Einfluß auf das Illnstrationswesen errang die Phol graphie durch die Erfindung der Halbtonklischees, welche in der Buchdruck presso z gleich mit den Lettern gedruckt werden konnten. Dio in den siebziger Jahren b kannten rein photographischen Methoden dieser Art waren unvollkommen, so daß ni; es vorzog, auf sogenanntes ^ Kornpapier ^ mit umdruckfähigen Farben, fetter Krci oder Tusche zu zeichnen und die Zeichnungen mechanisch auf Zink umzudnioken ui zu ätzen. Solches Kornpapiar wurde von der englischen Firma Maclure & Ma H donald von London aus für lithographische Zwecke in den Handel gebracht (ca. 187<
jj C. Angerer verbesserte das Kornpapior, und sein Vordienst ist es, die Kreide- ui
^ Schabmanier -Zeichnungen in den Buchdruck eingeführt zu haben. Er nahm a
5. Juli 1877 ein österreichisches Privilegium auf sein Kornpapierverfahren, und vic ji Künstler der damaligen Zeit (Katzler, Klic, Juch, Weixelgärtner u. a.) zeic
\ ncten als Illustratoren auf derartigem Papier, welches das beste seiner Art war ai
j. blieb. 1880 brachte Anger er zuerst das sogenannte Schabpapier mit Raster in d<
I Handel, welches für Herstellung von Zeichnungen für Buchdruckklischees besondc
geeignet war.
!■ Noch um das Jahr 1880 war der beliebteste Weg, welchen man zur typ
graphischen Illustration von Büchern und Zeitschriften einschlug, das Abzeiohm von Vorlagen (Piiotographien und Bilder aller Art) auf solches Koni-, Raster* od Schabpapier mit fetter Kreide, Umdruck auf Zink und chemigraphisohe Hochätzan Fig. 137 zeigt eine Chemitypie (Zinkklischoe) , welche durch Zeichnen auf Anger und Gösch Is Raster- Schabpapier zirka 1880 hergestellt wurde. Man erkennt derselben deutlich dio Technik dieses Halbton -Zeichenverfahrens, welches die Perio des Überganges von den mittels Halbtonzeichnung erhaltenen Chemigraphien zu d modernen i*ein photographischen Halbtunätzungen für Buchdruckklischees (Autotyp charakterisiert.*)
Auf die Zerlegung von Halbtonbildern durch Yerwendang n Netzen oder Kastern dachte man im technischen Betriebe der Erzeugui von Buchdruckklischees damals kaum, trotzdem der geniale Talb< schon im Jahre 1852 das Einkopieren eines Netzstoffes zwischen Negal und heliographischer Platte empfohlen hatte, um druckfahige Halbto klischees zu erhalten (s. S. 346; ferner Bd. 4. 2. Aufl. S. 497).
I'
I) Das Zeichen -Umdruck verfahren findet übrigens auch heute, hanptsBchli
für industrielle Zwecke, noch vielfach Anwendung.
In TaiuukB irtio i Binti aucb bereiis Uj platten witnai, weivoe mit feinen opaken Linien oder sehr feinem Eorn versehen sind, dem- nach gebührt Talbot (1852) die Ehre der Erfindung des [Stofirasters, der Unien- und Erenzraster.')
Talbot erwähnte noch, daB man seinen hfliographischen Atz- und Rasterprozeß nicht nnr auf Stahl, sondern aucb auf Zink oder lithographischen Stein anwenden kdnne
Einfache Linienraster sind in dem französischen Patent von M. Bercbtold vom 14. Dez. 1857 beschrieben^ Er benutzte Glas- platten, welche mit einer undurchsichtigen Schicht überzogen und in
diese parallele Linien eingerissen waren. Sie wurden entweder auf die mit lichtempfindlichem Asphalt überzogene Metallplatte gelegt und nach halber Belichtung gekreuzt, oder es wurde eine gekreuzte Kopie (Kreuz- raster) auf Eollodiumtrockenplatten erzeugt und diese auf die Metall- kopie kopiert
C.J. Burnett gab 1858 Methoden «1er Rasterphotograpbie mit gekreuzten und nicht gekreuzten Glasrastem an.^
1) C, Grebe, Geschiclite der Ilastor. Zeitschr. f. Reproduktionsteobnik 1899. . — Vergl. auch Gamble, The Pbotographio Journal 1897. 8.126.
2) BuU. Soc. frani;. 1859. S, 116, 211 u. 2C5; Grebe a. a. 0. S. 21.
3) Journ. Pbot Soc. London 1858. Nr. 74, S. 98.
416 Erster Teil. Fünfundvierzigstes Kapitel.
Die Verwendung von gewebten Netzen zur Hei-stellung der Raste- rierung von Halbtonklischees findet sich, wie schon erwähnt, zuerst in Fox Talbots Patent vom Jahre 1852 (s. S. 346); er verwendete ein- kopierte Netze. Seidengaze, Canevas, gewebte Mosquitonetze, Drahtnetze usw. für Rasterzwecke wurden später mehrfach angegeben.^)
Die Brüder Edward und James BuUock erhielten am 17. No- vember 1865 ein englisches Patent (Nr. 2954), bei welchem sie nach dem Original zunächst ein Diapositiv herstellten, dann dasselbe mit einem Raster (z. B. Gazestoff) zusammenbrachten und von dieser Kombina- tion das durch Netz zerlegte Negativ photographierten. Diese „reticulated Negatives'' kopierten sie auf Übertragungspapier (Chromatverfahren) und stellten Druckplatten für Litho- und Zinkographie, Photogalvanotypie oder heliographische Ätzprozesse her. Sie verwendeten auch die ein- fachen Linienraster im Aufnahnieverfahren in der Kamera.
Moritz und Max Jaff6 in Wien griffen wieder auf den Talbot- schen Netzstofif zurück, den sie in der Kamera vor der empfindlichen Platte einschalteten.^) Sie erhielten am 1. März 1877 ein Österreich -ungarisches Privilegium für ein Photozinkotypie verfahren in Rastermanier, wobei sie die Idee zum Ausdruck brachten , direkte in der Kamera gerasterte Negative zu erzeugen, indem sie den Netzstoff (Müllergaze) bei der photographischen Aufnahme in der Kassette dicht vor der gesilberten Platte ausspannten; als Klischee dieser Art wurde ein Porträt in der Wochenschrift des niederösterreichischen Gewerbevereins 1877 abgedruckt und ist aus Fig. 188 ersichtlich.
Mit diesen gewebten Gaze- und Netzstoffen ließen sich jedoch nur minderwertige Resultate erzielen. Man kann in Fig. 138 deutlich wahrnehmen, daiJ mittels dieses Verfahrens nur sehr grobe Bilder er- zeugt werden konnten und dal) ferner die Lichter erst durch Metall- retusche aufgesetzt werden mullten. Das in Fig. 189 abgedruckte erste autotypische Klischee von Meisenbach läht schon die große Überlegen- heit der (Jlasraster erkennen.
Eine, allerdings niciit ganz klar beschriebene Methode der Er- zeugung von rastrierten Bildern für Druekklischees meldete Frederick von Kgloffstein am 28. November 1865 in England (unter Nr. 3053)
1.) Mathey (1«()4). Kiewic (ISHÜj, vorgl. Jahrbuch f. Phot 1892. 8.474; feiner in Wood hur ys Patent vom 4. Dezember 1S72 (Nr. 36j0), in dem einkopierte Mosquitonetze verwendet weixlen. .lat'fe (1S77), Thevoz, Gamble (s. Orebe, Zeitschr. f. Keproduktioiiätechnik. 181^9. S. 19), ferner mit gekreuzten Kupferdrähtan nhid. h>. l20). — AVoodbury gab später dieses Verfahren mit MüS«iuitooetzeo auf.
'2f Eders Jahrb. f. Phot. ISSU. S. L'20 mit Illustration.
;iim Pdtenti .
äußerst fein in Stahl gravierte Lineaturen benutzt zu haben, welche wohl zu fein waren, um mit Erfolg verwendet werden zu können.^
1) Abridgement of SpecificatioB relat. to Phot. London 1872. S. 127.
2) Grebe a.a.O.
3) Siehe Anthonys Photographic Bulletin 1695. 8. 136, Eders Jahrb. : 8. 470.
Edar, Hudbiich der Fhotogmpbi«. 1. T«U. 3. AaD. 27
418 Erster Teil. Fünfundvierzigstes Kapitel.
Eine starke Förderung erfuhr das Verfahren der Erzeugung von J^uchdruckklischees durch J. W. Swan, welcher in der Patentspezifikation ^) seines „Photoinezzotint-Druck" (vergl. S. 381) folgende wichtige An- gaben macht: Um nach einem gewöhnlichen Negativ Halbtonklischees mittels Chromatleim und galvanischer Abformung dos Reliefs zu ge- winnen, versieht er (Swan) die Oberfläche der Platte mit einer Reibe paralleler gleich weit voneinander entfernter Linien oder mit Lineaturen. welche sich schneiden; die Plattenoberfläche soll durch zahlreiche Striche oder Punkte die Fähigkeit erhalten, die Druckfarbe zu halten.
Swan sagt (a. a. 0.): Diese Lineaturen oder Pünktchen, welche gleich weit oder nahezu gleich weit voneinander abstehen müssen, „mache ich in oder auf das Negativ selbst" ; oder „ich mache diese Linien oder Pünktchen auf dem Kollodiumhäutchen, auf welchem das Chromatleini- reliof hergestellt wird". Daraus geht hervor, daß Swan über den Talbot - Vorschlag sich emporhob und die Herstellung rastrierter Negative ins Auge faßte; er spricht auch davon, daß er mit einer Rastriermascbiue auf einer mit undurchsichtigem Grunde überzogenen Glasplatte Lineaturen erzeugt und „davon auf gewöhnlichem Wege ein Negativ anfertigt*^; ferner erwähnt er auch Kornplatten (statt Lineaturen), welche er mit Harzstaub erzielte. Von der Bedeutung solcher Glasrastor und ihrer Einschaltung in den Strahlengang der Kamera vor die photograpbische Platte spricht übrigens Swan bei diesem Anlasse nicht.
Waterhouso versuchte die Herstellung von photozinkotypiscben Halbtonklischees 1868 dadurch, daß er die Kopien auf Chromatgelatine- papier mittels fetter Umdruckfarbe herstellte und dann auf gekörntes Zink übertrug. 2)
William August Legge und George E. Desbarats kopierten ein Negativ mit einem mit Korn unterbrochenen Häutchen und über* trugen dieses auf Stein oder Zink (Englisches Patent vom 25. Mai 1871, Nr. 1409); die „ Legge typie'', bei welcher das Negativ mit einem Netz- häutchen kopiert und auf Zink übertragen wurde, diente zu Illustrations- beilagen für den Daily Graphic 1^^73. Bei einer anderen Methode, welche Hello -Engraving oder Photo- Engraving genannt wurde and seit 1873 in Amerika ausgeübt wurde, sollen die Gitter schon bei der Original- aufnahme vor die Negativplatte gebracht werden, jedoch war der Ver- fasser nicht in der Lage, hierfür Nachweise aufbringen zu können.
Zu Ende des vorigen Jahrhunderts waren sehr verschiedene Baster- und Kornsysteme für photographische Buchdruckklischees erfunden
1) Phot. Korresp. 1866. S. 155.
2) Phüt. News. 18(kS. S. 355.
worden.') (
gegebenen Äutotypieverfahren, wie Ives' alter Photoblockmi ode (Patent 1878), der Moßtypie, Petits Simili-Gravure, siehe Eders Jahrbuch für Phot. 1887. S. 332, und Grebe, ZeilscLrift für Keproduktioostechnik. 1899. S. 19.
1879 erhielt J. W. Swan ein englisches Patent auf ein neues Relief verfahren. Swan zerlegte die Halbtöne entweder durch ein Basterkopierverfahren oder ein Aufnabnieverfahren, wobei er den Kastor entweder vor die empfindliche Platte oder vor das Original (Diapositiv) brachte. Jedesmal wurde der Raster während der Exposition um einen gewissen Winkel gekreuzt. Diese Rastennethoden wurden von Swan auch für andere Verfahren, z. B. für das Chromatverfahren auf Zink, Kupfer usw., empfohlen (Grebe a. a. 0.)-
Sehr große Erfolge erzielte Keisenbach in München mit seiner Auto^pie, wobei die durch Unregelmäßigkeiten der Lineaturen ver- ursachten Mängel dadurch beseitigt wurden, daß er nach seinem deut- schen Reichspatente Nr. 22414 vom 9. Mai 1882 ein nach dem Originale hergestelltes Diapositiv mit einer parallel schraffierten durchsichtigen Lineaturplatte in Eontakt brachte und diese Platte nach erfolgter halber Behchtung um 90" drehte, dann weiter belichtete, wodurch auf dem erzeugten Negative gekreuzte Linien entstanden. Später wurde auch von Meisenbach das gerasterte Negativ in einer einzigen Aufnahme direkt nach dem Originale (durch Einschalten der Lineaturplatten in die Kamera vor die sensible Platte) erzeugt/) jedoch ist diese Art der Her- stellung von Autotypienegativen nicht in der Patentschrift enthalten. Meisonbacbs Arbeiten, welche er durch die ErrichtuDg einer Auto- typieanstalt in München in die Praxis mit großem Erfolge einführte, gaben dem Verfahren der Erzeugung von Halbtonklischees für Buchdruck einen großen Aufschwung. Von dem mit ihm vereinigten Ritter von Schmädel rührt der nunmehr allgemein eingebürgerte Name „Auto- typie" her. Von großem Interesse ist der in Fig. 139 abgebildete erste Versuch Meiseubaehs mit seiner Autotypie, welcher als recht gelungen bezeichnet werden muß.
Meisenbach wurde 1841 zu Nürnbei-g Bich der Eupreratocbertuost, worin er bcsonde
1) Ives (Phot. News. 1883. S. 498; Edeis Jahrb. 1887. S. 335} stellt n. B. ein Wacbsrelief durch Abklatsch von eintni pbotogiap bischen Gelatinerelief, welches künstlich achratflert wurde, her; Petit ritzte dcD Raster mit konischen Nadeln ein usw.; man batte also mechanische und nicht optische Methoden der Bastrierung durchgeführt.
2) Pbot. Korresp. 1883. S. 154 und 18H4. S. 17S.
27»
420
Erster Teil. Fünf und vierzigstes Kapitel.
Bedeutuag erlangte. Im Jalu'e 1873 nach Müncbeu übersiedelt, gründete er daraaf elae ziokographisolie Atzuastalt und begann im Jalire 1S79 mit den Tersuchi der dire^en Reproduktioa vaa Halbtonbildern vermittelst Basters. Das bezüglj Patent wurde im Friihjalir 1881 erteilt und die damaligen Autotypien mit LiDien- rastern hergestellt, welabe auf photographiBchem Woge vod einer gezogenen Euprer- [ilatte gewonnen worden waren. Im Jahre 1884 gelaug es Eittor vonBohmSdel, mi einer zu diesem Zwecke konstruierten Lioiieruiascbina die ersten Glasraster zu (vergl. Levy S. 423), und vom Jahre 1889 ab wurden sümtliche Autotyjiienegati
li IStÜ,
Ereiursstera hergestellt, worüber Verüffentlichnngeu allerdings nicht ststtfandon, M (Jamals die Arbeitsmethode noch ziemlich geheim gehalten wurde. Im Frübjihr Iq durch Eraukheit gezwungen, zog sich Meisen bach von den GescMrten £uräck, n«li sein Sohn mit Ritter von Schmädel zusammen übernahm, welcher bis dahio i Vertrieb der Autotypien unter der Firma , Autotype-Compagnie" geleitet hatte. Jahre 1893 kam dann die Vereinigung mit H. Ritfarth & Co. in Berlin i Heisenbach sen. lebt auf seinem lAndsitz in der Nähe Münohens.
Angerer and Göschl in Wien erfanden zur selben Zeit ein i facberes und billigeres Aiitotypieverfabren für Bucbdruck, mittels welchd
sie schon 18 iv n^^.su « s . _ ..
dadurch hersteliwü, dfiß sie bei der Aufnahmo des Origi 18 den mit parallelen Lioiea versehenen Olaeraeter vor der lichtempfindlichen Platte in der Kamera anordneten und nach halber Belichtung um 90 <> drehten. Dadurch erhielten sie unmittelbar ein Rastemegativ und umgingen die Erzeugung eines Rasterdiapositivs, was eine Vereinfachung des Prozesses bedeutete.
Fi^, 140. Qaaig UeisBDbacb. IFhotogrepbie VOD Oebr. Lfltzel io MOncban.)
C. Angerer ließ sein Halbtonverfahren in Österreich- Ungarn, Frankreich, England 1884 patentieren; in Deutschland wurde das Patent auf Grund einer Einsprache Meisenbachs, welcher nachwies, daß er selbst diese Vereinfachung bereits erfunden und .ausgeübt habe, ver- weigert^) Mit seinem Verfahren erzielte C, Angerer vorzugliche Resultate. Er belichtet« damals zweimal unter Drehung des Linienrasters. Später kam man von der Unterbrechung der Belichtung ab, und es wurde die amerikanische Methode der einmaligen Belichtung hinter einem Ereuzraster mit veränderlichem Abstände allerorts eingeführt
1) Phot. Korreap. 1884. 8. J80 und 1885. 8. 454; Phot. MitteU. Bd. 21 , S. 188.
422 Erster Teil. Fiinfoniivieiüigstes Kapitel.
Ein großer Fortschritt geschah in der Autotypie durch die Einführung! der gekreuzten Glasraster, deren Anfange weit zurückreichen (s. S. 416), die aber erst spät ihre dominierende Stellung in der Autotypie sich errangen.
Der Amerikaner Frederik Ives in Philadelphia, dessen Port in Fig. 141 abgebildet ist, betälite sich seit 1878 mit Erzeugung von Buchdruck klischees in Halbtonnianier und rastrierte anfangs auf n nischem Wege seine Druckformen.'} Er uur mit diesem seinem mech»
nischen Verfahren der Haibtonätüung nicht zufrieden und begann 1888 Versuche der Herstellung von Rasterklischees auf optischem Wege i einfachen Lineaturen für die Buchdruckpresse. Er forderte die Autoty]
1) Das Verfahren, dos Ives in Amerikn am 12. August 187S patentieren ließ (s. Pbot. Newa. !883. S. 4US), bestatitl darin, tlaü ein plioto(;raphische3 Cbromgelatine- relief gleichmäßig eingeseliwär^t wuril«, äwu alwr anf gekörntes oder erhaben im Korn geprelltes Papier fest angedruckt wurde, wobei sich ein Abdract ergab, d*r einer KreidezoicbiiuDg äiinlicb war, auf Me lall überdnickt und zu BacbdractlilischeM verarbeitet wurde. Probedrucke nach diesem Ivcsschen Yerfahrpn sind in EderB Jahrbuch für Pholographic ISÖll, 1[. Teil, abgebildet. ~
i der nach
der modernen Autotypie. YoFüberge nd befaü er sieb mit dem ein- fachen Linienraster und stellte 1885 in der „Novelties Exhibilion" in Philadelphia solche Bilder aus, bei welchen die einfachen Lineaturen in variierender Dicke Licht und Schatten gaben.i) und 1894 schlug Ives dieses Verfahren für Dreifarbenautotypie vor/) obwohl er im übrigen schon längst zum Kreuzraster übergegangen war. Bereits im Jahre 1886 hatte Ives die Vorteile der kreuzweise iibereinandergelegten und ver- kitteten Baster erkannt: er stellte sie anfänglich selbst auf photograpbisch geschwärzten Kollodiumplatten mittels einer Liniierm aschine her und erzeugte 1S88 damit Kupferhalbtonklischecs') mittels des amerikanischen Fischleim Verfahrens (s. d.). Da diese Autotypklischees sich besonders gut drucken ließen, so verband sich Ives mit Levy in Philadelphia, welcher 1890 sich ganz der Fabrikation der gekreuzten, jetzt allgemein verwen- deten Olasraster widmete und sie in den Handel brachte (vergl. S. 439).
Max Levy, goborea am 9. Mär; 1857 in Detroit (Amerika) von deutschen Eltern aus der Umgebung von Pilsen m Böhmen, war Photograph, ging nach Balti- more, wo er mit seinem Bruder LouJs Edward Levy 1875 eio photographistche» Reproduktionsatelier errichtete; in deo Jahren ISSl bis 1885 erzeugten sie durch direktes Kopieren mit Chromat- Albumin und Atzen Zinkotypien. Dann wurden Meisenbaclis Glas-Lineari-aster eingerührt; 1886 machte Lary in Aiperika seine gel:renzten „Half-tone-Screeus"; 1888 verbesse lie er die liniiermascbine und brachte tadellose gekreuzte, in Olas geätzte Raster in vei-schiedener Feinheit in den Handel, wobei er sich mit Ives verbimden hatte. Lev; hniierte zuerst die Glasraster dia- gonal, um möglichst wenig Abfall zu geben. Levy ließ außer dem Sreuzraster auch eineu TterlinienraBter osv. patentieren. (Vergl. Qrebe, Zeitschr. f. Reproduktions- technik. 1899. S. 19; femer Brit Jouni. ot Phot. 1904. S. 1116.)
Die amerikanischen gekreuzten Levyraster kamen 1891 nach Europa und wurden zuerst von Meisenbach in Älünchen, dann von Angerer und Göscbl in Wien, E. Albert in München, Husnik in Prag u.a. eingeführt. Über die Geschichte der Kornraster s. Grebe a.a.O.
J. Wheeler eriand 1897 einen Kornraster ohne Pigment, der später Verbreitung fand und mit welchem die ersten praktischen Ver- suche an der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien durchgeführt wurden.*) Die Darstellung dieses Korurasters erfolgt, indem man Glas dem Rauche verglimmender Birkenrinde aussetzt, wo- durch sich ein Niederschlag bildet, der dann der Ätzflüssigkeit ungleichen Widerstand bietet
1) Offenbar durch richtif^en Rasterabstaud von der empfindlichen Platte i] Kamera bei der Negativorzeugung bewirkt
2) Phot. Korresp. 1894. S. 395.
3) Eders Jahrb. f. Phot 1895. S. 449.
4) Phot Korresp. 1899. S. 717 mit Ill.-Beil.
4:24 Erster Teil. Fünfundvierzigstes Kapitel.
Man verließ in der Folge das ältere Sj'^stem der zweimaligen Ex- position mit Drehung der Linearraster; die Kreuzraster bürgerten sich rasch ein und beherrschten bald die ganze Autotypie. Außer den amerikanischen Rastern finden in neuerer Zeit die von Haas in Frank- furt a. M., ferner von E. Gaillard in Berlin erzeugten deutschen Olas- raster vielfach Verwendung.
Aber der Kreuzraster kann nur dann zur vollen Wirkung ge- langen und wirklich schön das Halbtonbild in Punkte und Striche harmonisch auflösen, wenn er im richtigen Abstände von der empfind- lichen Platte und mit richtigen Blendenöffnungen, der Objektive ver- wendet wird; nur bei Berücksichtigung und Erkenntnis der hierbei geltenden optischen Verhältnisse können gute Autotypienegative, wie man sie für die moderne Autotypie verlangt, erhalten werden.
Wenn auch die Empirie allmählich viele Praktiker auf die richtigen Blendenformen und Rasterabstände führte, so kam doch erst System in die Sache, als die Theorie der Autotypie erkannt wurde. Die erste gründliche Studie über die Theorie des Rasters im Autotypieverfahren in rein geometrischer Darstellung verdankt man dem Vorstande des englischen Landvermessungsinstitutes in Ganada, dem „Surveyor- General of Canada" E. Deville, welcher in der „Royal Society of Canada" am 17. Mai 1895 über „the Theory of the Sreen in the Photo- mechanical Process*' einen Vortrag hielt und in der Zeitschrift der Society veröffentlichte.^)
In diesem Stadium der Autotypie arbeitete man anfänglich mit der zinkographischen Umdruckmethode (von Chromgelatinepapier); jedoch war diese für feines Raster zu wenig präzise und man ging (z. B. bei C. Angerer u. a.) bald auf das direkte Kopierverfahren auf Metall über. Das Asphaltverfahren war zu unempfindlich und man grifiT zum Chromat- Eiweißverfahren; die mit Kaliumbichromat und Eiweiß überzogenen Zinkplatten wurden hinter dem Rasternegativ belichtet, mit fetter Farbe oder Harzschichten überzogen, dann mit Wasser und einem Schwamm entwickelt und eingeätzt. 2) Einen wesentlichen Fort- sehritt der Präzision der Ätzungen brachte die Einführung des ameri- kanischen Emailprozesses mit sich.
Als Erfinder des amerikanischen Kupfer-Emailprozesses, bei welchem mittels Chromatvcrfahren direkt auf Metall kopiert and das Bild vor dem Ätzen eingebrannt wird, gilt gewöhnlich der schon
1) Transactions of the Royal Society of Canada, Vol. I, Seotion IIL 1895. S. 29; auch Phot. Mitteil. Bd. 36.
2) Gebräuchliche Vorschriften hierfür s. Eders Rezepte und Täbellan bei AV. Knapp in Halle a. S. 6. Aufl. 1905.
.r
mehrmals er
Lande, worin di_ . *Pro: ._ zuerst praktische Anwendung fand, allgemein gilt, Bo ist eie wohl richtig. Der YollstSndigkeit halber sei erwähnt, daß H. W. Hyslop im „American Joam. of Phoi" 1S96. S. 362 An- sprüche auf die Priorität des Kupfer- Emailverfahrens machte, ohne sie zu beweisen. Seine erste Publikation und Beschreibung des FischleimrerfahreDS erschien anfangs 1892 im „ Artist Printer" in Chicago,*) jedoch scheint Ives viel früher die praktischen Ergebnisse dieses Verfahrens in die Öffentlichkeit gebracht zu haben. Ives machte schon um das Jahr 1888 Kupfer- Halbton- Et iscbees und hatte eine An- stalt zur Erzeugung derselben gegründet. Er führte zuerst das direkte Kopieren auf chromiertem Fischleim ^) oder Eiweiß nach Bastemegatiren auf Kupferplatton, Auswässern und nachfolgendes Einbrennen (Emaillieren) bis zur Bräunung der Bildschicht ein, wonach er mit Eisenchlorid ätzte; diesem Ätzmittel leistet die partiell verkohlte organische Bildschicht weit- aus besseren Widerstand als vorher. Derartige Autotypien weisen große Zartheit und Feinheit der Zeichnung auf.
Kupfer- und Messingptatten vertragen das „ Einbrennen " des Chromleimbildes besonders gut und deshalb stellte man zuerst derartige Klischees in Kupfer oder Messing mittels Eiseuchloridätze her. Zink- platten werden beim Einbrennen dagegen häufig kristallinisch und ätzen sich mit Eisenchlorid schlecht, so daß man anfänglich nur sehr schwer damit re&ssierte. Durch Einführung einer passenden Salpetersäureätze und Wahl eines mit kleinen Mengen fremder Metalle legierten Zinkes gelingt es, die Zinkotjpie dem amerikanischen Emailverfahren anzupassrai. Gewisse amerikanische Zinkarten sind zufällig in richtigem Verhältnisse etwas kadmiumhaltig und eignen sich dadurch ohne weiteres für das Ver- fahren, aber jedes Zink kann, wie Novak an der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien nachwies,*) durch passende Legierung mit kleinen Mengen Kadmium für den „ Emailprozeß " nutzbar gemacht werden, so daß die Methode allgemein verwendbar ist. Die moderne Autotypie bedient sich insbesondere des Zinkes, des Kupfers und des Messings.
1) Man verdantt ihm auch die Erfiodung der Parallax- Stereoskopie (s. Eders Jahrb. t. Phot. 1903. S. 383).
2) Phot. Archiv. 1896. S. 300.
3) Sog. amerikanischer Fiaohleim, welcher heim Entwickeln im kalten Wasser leicht ISalicb Ist.
4) Pbot Korresp. 1900. S. r>62.
SECHSTJND VIERZIGSTES KAPITEL.
DEEIFAEBENPHOTOGEAPHIE.
Der farbige Buchdruck reicht zurück bis zum Jahre 1457 und wurde von Schöffer in seinem Psalterium angewendet, doch infolge der ungenügenden Hilfsmittel in späteren Jahren durch Handmalerei ersetzt. Allerdings bestand dieser Farben- oder Buntdruck nur im Nebeneinanderdrucken der Farben und nicht im Ubereinanderdrucken derselben. Von der Zeit an, als Senef eider den Steindruck erfand, wurde der Farbendruck fast nur mehr durch die Lithographie erledigt und dabei die Farben nicht nur nebeneinander, sondern auch über- einander gedruckt. Die Kenntnis der sog. Grundfarben führte allmählich zum modernen Dreifarbendruck.
Die ersten Angaben über die Grundfarben, welche allen Farben- empfindungen zugrunde liegen, i) machte Antonius de Dominis 1611 in seiner Abhandlung „De radiis visus et lucis in vitris perspectivis et ivide" (Venedig); er bemerkte, daß die Farben durch Absorption des weißen Lichtes entstehen. Schwarz sei eine Beraubung des weißen Lichtes, und Rot, Grün und Violett (das noch heute gültige Farben- system der additiven Dreifarbensynthesen) seien Grundfarben, aus welchen sich die übrigen zusammensetzen.
Der Jesuit Franziskus Aquilonius, welcher 1613 eine Schrift über Optik herausgab, zeichnete eine Art Farbenschema mit Zugrunde* legung der Grundfarben Rot, Gelb und Blau (Halbkreise verbinden die Farben und deuten die Synthesen an) und der Engländer Waller machte 1686 Untersuchungen über subtraktive Farbensynthesen, d. i. Mischen von Pigmentfarben. Isaak Newton zerlegte bekanntlich das Licht in das Farbenspektrum und addierte Rot, Gelb und Blau des Sonnen-* Spektrums zu Weiß (additive Farbensynthese).
Die erste praktische Anwendung des Dreifarbendruckes mit roten, gelben und blauen Druckfarben machte der in Frankfurt am Main 1667 geborene Kupferstecher Jakob Christoph Le Blon.
1) Wir folgen hier C. Grobes „Zar Geschichte der Dreifarbessyntheaen * (Zeitschr. f. Reproduktionstechnik. 1900. S. 130).
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stechen, ging zunächst nach Rom, später nach Amsterdam. Hier stellte er sich, angeregt durch Newtons Lehre, die Aufgabe, farbige Kupfer- stiche durch Übereinanderdruck von sieben Platten in den Newton- schen Farben herzustellen. Natürlich mußte ihm dies langwierige Ver- fahren große Schwierigkeiten bereiten, und er versuchte deshalb bald die Zahl der Druckplatten zu verringern. Schließlich gelangte er zu der festen Überzeugung, alle möglichen Nuancen durch den Druck von nur drei Platten, und zwar in den Farben ßot, Gelb und ßlau, erzielen zu können. Er ging nach London und veröffentlichte 1722 die ersten Mitteilungen über sein Farbendruekverfahren unter dem Titel „D coloritto, or the harmonj of colouring in painting, reduced to meclianical practise under easy precepts and infallible rules". Le Blons Schrift hatte indessen — ■ da sie ziemlich schleierhaft geschrieben war — nur wenig Erfolg. Erst in Paris, wohin Le Blon 17.37 übersiedelte, fand er eine Anzahl Schüler und ein Publikum, welches sich für seine Bestrebungen lebhaft interessierte. 1740 gewährte ihm der König ein Privileg unter der Bedingung, daß er seine Platten in Gegenwart einer Kommission schaben und drucken und alle Geheimnisse seiner Kunst preisgeben solle. Im Mai 1741 starb Le Blon, 74 Jahre alt, in Paris, nachdem er sein ganzes Leben voll Mühe und Arbeit seiner Erfindung, dem Dreifarben- druck, gewidmet hatte.
Der im Anfang des neunzehnten Jahrhunderts wieder aufblühende Farbendruck (Chromolithographie usw.) lenkte die Aufmerksamkeit zurück auf die Gesetze der Farbenmischung.') 1835 druckte H. Weishaupt nach mehrjährigen Vei-suchen die erste Dreifarbenlithographie (Chrisfuskopf nach Hamling).
Das vorhin erwähnte Grundfarbensystem, bestehend aus Rot, Grün und Violett, wurde auf Grund additiver Misch versuche von Chr. Wünsch 1792 eingeführt-) und wurde dann die Basis von Thomas Youngs berühmter Empfindungstheorie,') nach welcher das menschliche normale Auge drei verschiedene Nervenarten besitzt, welche bei ihrer Reizung rote, grüne und violette Farbenempfindungen auslösen, was insbesondere von Heimholtz,') Maxwell, König, Exner u. a. weiter festgestellt wurde.
1) Grebe a, a, 0.
2) Gilberts Annal. 17D2. Bd. 34, S. 10.
3) Helmlioltz, Handbuch der physiologischen Optik, II. iufl. 1896. S. 364.
4) Poggündorff, Annal. Ba. 87, S. 45.
428 Erster Teil. Sechsand vierzigstes Kapitel.
Einen anderen Weg schlug D. Brewster^) ein, welcher, 1831 durch Farbenversuche auf subtraktiver Basis irregeleitet, die Hypothese aufstellte, es gäbe nur drei homogene Farben im Spektrum, „rote, gelbe und blaue", und jedes dieser Lichter liefere Strahlen von jeder Brech- barkeit innerhalb der Grenzen des Spektrums. Diese Ansicht wurde jedoch bald, besonders von Helmholtz,*) wissenschaftlich widerlegt, allein die Druckpraxis akzeptierte die Brewsterschen Farben, weil nach dem gegenwärtigen Stande der Druckfarbentechnik nur die Farben Gelb, Rot und Blau günstige Mischtöne, namentlich in den gelben Nuancen, ergeben.
Der erste, welcher den Gedanken der Farbenwiedergabe mittels Anwendung von dreifarbigen Lichtfiltern faßte und auch publizierte, war der berühmte englische Physiker Prof. J. Clerk Maxwell, und zwar gelegentlich eines Vortrages: „Über die Theorie der drei Grund- farben" in der Royal Institution in London am 17. Mai 1861. Er besprach die Youngsche Theorie der sogen, drei Grundfarben, welche in ihrer Mischung alle Farben des Spektrums gaben. Unter anderem machte Maxwell folgenden Versuch der Projektion von teils zeichnerisch, teils photographisch hergestellten Diapositiven hinter roten, grünen und blauen Lichtfiltern : ^) „Drei photographische Bilder eines gefärbten Bildes, welche durch drei gefärbte Lösungen aufgenommen waren, wurden in die Kamera gebracht und gaben Bilder, welche die roten, grünen und blauen Teile abgesondert darstellen, so wie sie durch jede derToung- schen Nervenreihen abgesondert gesehen wurden. Wenn diese über- einander gelegt wurden, sah man ein gefärbtes Bild, welches, wenn die roten und grünen Bilder ebenso vollständig photographiert worden wären als die blauen, ein getreu gefärbtes Bild des Originals gewesen wäre.** „Durch Auffindung photographischer Stoffe, welche für die weniger brech- baren Strahlen empfindlich wären", fügte Maxwell hinzu, „würde durch die Darstellung der Farben der Gegenstand bedeutend verbessert werden."
Daraus geht hervor, daß der erste, welcher die Möglichkeit der Wiedergabe der Farben durch photographische Dreifarbennegative , die mittels farbigen Filtern hergestellt waren, bewies, Maxwell (1861) war. Allerdings richteten sich seine Experimente hauptsächlich auf Diapositive; jedoch erwähnte er auch ausdrücklich der auf Papier aufgetragenen Farben, indem er sagte, daß „mittels der Farbenskala (Youngschen Grundfarben) man aucli Farbengleichungen für gefärbte Papiere erhalten
1) Indrod. ad. |»hilos. iiatur., § 1820.
2) Poggendorff, Aonal. Bd. 8ü, 8.501.
3) S. Brit. Jouru. of Pliot. 1861. S. 270; Kreutzers Zeitschr. f. Photogr. in Wien. Bd. V, S. 143.
geben, die irgend eine IhiBuuung eingeht".
James Clerk Mszwell (geboren am 13. Juni 1831 in Edinburgb, gestorben am 5. November 1879 in Cambridge) studierte am TrJuity College in Manchester bis 18&4, wanl 1856 Professor im Maiiabal College in Aberdeen, 1860 am Eings College in LoDdon, resigDierte 186S, beiog seine Güter in Schottland, wurde 1871 Professor für Experimentalphysik an der TJniveraität in Cambridge, woselbst er starb. Er be- faßte sieb mit Astronomie, Elektrizitfit, MagDetismns und Optik und seine wissen- sohaftlicben Arbeiten sind von gröBter Bedeutung geworden.'] Maxwell ist Insbeson- dere durch die Begründung der elektro magnetischen I.ichttheorie berühmt geworden. In der ündulationstheorie des Lichtes {s. S. 108) wurden die Lichtwellen ab duicb elastische Schwingungen des Äthers entstanden angesehen. Nach der elektromagne- tischen Lichttbeorie sind aber die Licbtwellen nicht elastischer, sondern elektro- magnetischer Katur. Die erste Andeutung einer Beziehung zwischen der Lichtbenegung und elektromagnetisoheD Yorgäogeu wurde darin gefunden, daü das Verhältnis der elektromagnetischen 2ur elektrostatischen Stromeinheit eine GroQe von der Dimension einer Geschwindigkeit, und daß der Wert dieser Geschwindigkeit derjenigeu der Licht- fortpflaazung gleich ist. Maxwell zeigte durch beioe im Geiste Faradays durch- geführte mathematische Theorie der elektromagnetischen Erscheinungen, daß das eben- genan Ute Verhältnis die Geschwindigkeit darstelle, mit welcher eioe elektromagnetische Störung sich im freien Raum ausbreiten müsse. Dieses theoretische Resultat bildete den Grund und Boden für seine elelitromagne tische Lichttbeorie, io welcher das Licht als ein periodischer elektromagnetischer Vorgang angesehen wird. Die Versuche von Hertz,*) in erster Linie die wirkliche Herstellung schneller elettromagnetiscier SchwinguDgen und der experimentelle Beweis ihrer wellen form igen Ausbreitung mit einer derjenigen des Lichtes gleichen Geschwindigkeit, fernerhin die weiteren Versuche, welche das in jeder Beziehung gleiche Verhalten von Licht- und elektromagnetischen Wellen zeigten, hat>en die Faraday-Maxwellschen theoretischen Resultate so über- zeugend bewiesen, daJJ an ihrer Richtigkeit Zweifel nicht mehr möglich sind.') — Das 1873 veröffentlicbte Fundamental werk Maiwells (Treatise on Electricity and Magnetism) ist unter dem Titel , Lehrbuch der Elektrizität und des Magnetismus" 1883 deutsch von Weinstein erschienen. Seine elektromagnetische Theorie wird jetzt besonders in der mathematischen Form angewendet, die ihr durch Heaviside') und Eertz^) gegeben wurde. Die Maxwellsche elektromagnetische Lichttbeorie lieB auch wieder jene alten Theorien aufleben, welche das latente Silberhaloidbild auf eine elektrische Polarisation der belichteten Moleküle zurückführten (Focy, Testelin, Cherill, Bolton, Davanne, R. E. Liesegang)°) und wozu rielleicbt Grotthus den ersten Grund gelegt hatte (s. S. 130).
Auch Henry Collen in England, welcher Lehrer für Malerei bei der Königin von England war, hat (1865) einen dem Maxwellschen
1) Vergl. Life of Maxwell, by Campbell & Garnett, London 1882; Poggon- dorff, Biograph.-literar. Eandwörterb. 189S. Ul. Bd, S. 889.
2) Wiedemann, Annal. d. Phys. 1888 und 1893.
3) Vergl. H. Starke, Experimentelle Elektrizitätslehre. Leipzig, B. G. Teubner 1904. S. 330 und 338.
i) Philosoph. Magazine Serie 5, Bd. 19. 1888.
6) Göttinger Nachrichten 1690.
6) R.E. Liesegang, Photocbemische Studien 1. 1894. 8.37.
430 Erster Teil. Sechsundvierzigstes KapiteL
analogen Vorschlag zur Herstellung von Dreifarbenphotographien ge- macht; er wollte drei Negative in den „Brewsterschen Haiiptfarben '' (bei rotem, gelbem und blauem Liclite) machen, danach farbige Dia- positive herstellen und diese übereinander legen.^)
Baron Ransonnet in Wien faßte gleichfalls 1865 den Gedanken, mit drei Grundfarben auf photographischem Wege Dreifarbendrucke zu erzeugen, 2) ließ sich jedoch durch die mangelnde Farbenempfindlicbkeit der Kollodiumplatten von weiteren Versuchen abschrecken und scheint über die Idee des photolithographischen Dreifarbendruckes nicht hinaus- gekommen zu sein,^) welchen er in einigen Proben auch praktisch durch- fülirte und bereits auch eine graue Tonplatte als vierte Platte (Schluß- platte) zur Anwendung brachte (Vierfarbendruck).
Da sich der direkten Photographie in natürlichen Farben so große Schwierigkeiten entgegensetzten, daß die Experimentatoren sich ab- schrecken ließen, diese Bahn weiter zu verfolgen, so suchte man die Lösung auf indirektem Wege mittels des photographischen Dreifarben- druckes mit mehr oder weniger guten Erfolgen.
Im Jahre 18G8 und 18G9 wurde die Idee, farbige Objekte in natürlichen Farben durch tJbereinanderdrucken von drei verschieden- farbigen Bildern — wovon das eine blau, das andere gelb und rot ist — herzustellen, von zwei Franzosen Ducos du Hauron und Gros, und zwar von jedem selbständig, ohne daß einer von den Arbeiten des anderen Kenntnis hatte, aufgegriffen und der praktischen Verwirklichung zugeführt.
Ducos du Hauron, über welchen wir bereits auf S. 319 dieses Werkes gesprochen haben und dessen Portrüt Fig. 142 zeigt, nahm am 23. November 1868 darauf ein Privilegium und machte praktische Ver- suche, weldie er später im Jahre 18G9 publizierte (s. u.) und worauf auch auf S. 319 dieses Werkes schon hingewiesen wurde.
Bei diesen Versuchen wurden drei Matrizen hergestellt, welche den drei „Grundfarben" Rot, Gelb und Blau entsprachen; nach diesen Toilnegativen, welche in der gegenwärtig allgemein bekannten Weise hinter komplementären (blau, grün und orange) Lichtfiltern hergestellt worden waren, wurden die einfarbigen roten, gelben und blauen Kopien und zwar Pigmentbilder hergestellt und durch Übereinanderlegen zum polychromen Farbenbilde vereinigt, d. i. ganz im Sinne des später so mächtig gewordenen modernen Dreifarbendruckes und der Dreifkrben-
1) Brit. Journ. nf Phot. 27. Okt. l.s«)'). S. .")47.
2) Schrank. IMiot. Korresp. 1S».)'J. S. 11 »0 uiul H33. ;j) Eder. Jahrb. f. Photogr. IbO'). S. :LM<.
(liaposilivi
Couleurs en Photographie et en ] ticiiHer rh6liochromie au charbon",
Paris 1870.
Louis Ducos du Hnuron nahm also bedeutenden Einfluß auf die Portschritte in der Dreifarbenphotographie. Von ihm rühren die ersten, mit einigem Erfolge durchgeführten Versuche de9 photographischen Dreifarbendruckes her und er zeigte am 7. Mai 1869 seine ersten Drei- farbenphotographien in der Pariser Photographischen Öesellscbaft vor.
Dabei wurde konstatiert:') „das von Ducos als Probe vorgelegte Bild des Spektrums ist sicherlich noch weit von Vollkommenheit, ist aber niciitsdestoweniger eine Bestätigung seiner Auseinandersetzungen."
Merkwürdigerweise machte unabhängig von Ducos zur selben Zeit auch Charles Gros in Paris dieselbe Erfindung und legte sie gleichfalls der Pariser Pliotographi sehen Gesellschaft vor, in deren Zeitschrift auch beide Mitteilungen enthalten sind.
Im September 1891 ließ Ducos du Haui'ou seine Auaglyphen patentieron, bei welchen mit grünen und roten Augengläsern die steieosliopischo Wirkung von rot
I) Pbot. Korresp. 1869. 8. 19Ü.
432 Ei*ster Teil. Sechsund vierzigstes Kapitel.
und blau übereioandergedruckten Bildern wahrnehmbar ist (The Photograinm. 18Ü7. S. 85 mit Porträt).
Ducos du Hauron brachte (1894) diese sogen. „ Anaglyphen* von Paris aus in den Handel (Jahrb. f. Phot. 1895. S. 404). Dr. du Bois-Reymond bemerkt hierzu (Phot. Rundschau. 1894. S. 199), daß im Jahre 1853 W. Roll mann in Poggendorffs Annalen, Bd. 90, S. 180 genau dasselbe Verfahren beschrieben hat, freilich für Zeichnungen. Auch entwarf Roll manu die Bilder um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt, während Ducos den Bildern eine kleine Verschiebung gibt. Ferner ver- öffentlichte J. C. d'Almeida in Paris (1858) sein Verfahren, Stereoskopbilder zu projizieren. Er brachte in eine Latcrna magica je ein rotes und grünes Glas und entwarf mit jedem eine Stereoskopansicht; die Zuschauer setzten Brillen mit rotem und grünem Planglas auf, um das Bild stereoskopisch zu sehen. — Daraas geht hervor, daß Ducos mehrere Vorgänger bei seinen Anagiyphen hatte, er verfolgte jedoch diese Erfindung der Anagiyphen bis zur Vervollkommnung unter Heranziehung der Autotypie.
Ducos du Hauron schrieb mehrere grundlegende Werke über die Farben- j)hotographie: Les couleurs cn Photographie. 18ü9. — Les couleurs en Photographie et on particulior l'heliochromie au charbon. 1870. — 1/heliochromie. 1875. — Traite pratique de Photographie des couleurs. 1878 (Gauthi er -Villars). — Vorgl. femer Dumoulin, Les couleurs reproduites en Photographie. 1876.
Ducos du Hau ron faßte in seinem letzten Werke „Photographie des couleurs*, Paris 1900 (mit seinem Porträt), seioe Erfahrungen über Drei färben Photographie zu- sammen und gab auf S. 44 den Nachweis seiner Erfindungspatente.
Der wahre Fortschritt des photographischen Dreifarbendrucks stellte sich aber erst nach der Entdeckung der optischen Sensibilisatoren durch H. W. Vogel (s. S. 314) ein. Ducos färbte nach Vogels Vorgang seine Platten mit Farbstoöcn und machte am 6. September 1875 der „Soci6t6 d'agriculture, sciences et arts in Agen" die Mitteilung, daß er mit Chlorophyll arbeite, dessen sensibilisierende Wirkung für das rote Ende des Spektrums Edmond Becquerel entdeckt hatte (s. S. 318). Die mit Farbstoffen versetzten Bromsilberplatten können aber für Rot, Qelb und Grün empfindlich gemacht werden, worüber schon auf S. 319 berichtet wurde.
Josef Albert in München, vergl. S. 406, wendete zuerst das Drei- farbensystem für Lichtdruck in der Praxis an (1877) und stellte ge- lungene Proben von Dreifarbenlichtdruck aus^); es blieb aber nur bei vereinzelten Versuchen. '^)
Ducos du Hauron setzte seine Versuche fort und teilte im Jahre 1878^^) mit, daß man jedes photographische Verfahren für Zwecke des Dreifarbendruckes benutzen könne. „Wir können", sagt Ducos, „sie
1) Die bayerische Wocheuschrift „Kunst und Gewerbe** brachte Ende 1877 eine kurze Beschreibung von Alb ort s Verfahren.
2) Vergl. Ilusuik, Phot. Korresp. 1878. S. 1.
3) S. Ducos duHaurons auf Seite -131 zitierte Broschüre; femer in deatsoher Übersetzuug Phot. Archiv. 1878. S. 132.
wähten iinl
Liohtdrook, dem Staubverfahren, dem ChlorBilberverfahren, mit Anwendung geeigneter Tonbäder usw." Ducos bevorzugte damals den Pigmentdruck 1) and zwar mit drei Farben: Karmin, Beriinerblau und Chromgelb, trotzdem ihm das genaue Fassen der Kopien viele Schwierigkeiten machte. Ducos stellte nicht nur Dreifarbenpigment- drucke auf Papier her, sondern auch polychrome Bilder auf Glas, Fenster- bilder usw.,*) und nahm so ziemlich die Prinzipien aller Yarianten des Dreifarbendruckes vorweg, welche sich mit der Verbesserung der Re- produktionsphotographie in der Hand verschiedener späterer Erfinder oder Experimentatoren ergaben.
Die Brüder A. und L. Ducos du Hauron legten ihre EIrfahrungen in ihrem „Trait6 pratique de Photographie des couleurs", Paris 1878,^ nieder, wobei sie die orthochromatischen EoUodiumverfahren bei der Herstellung der Negative hinter dem Graufilter und Orangefilter be- nutzten und Eosinkollodium einführten (s. S. 320).
In der „Ersten internationalen Ausstellung für Farbenphotographie in Paris 1904" waren derartige Dreifarbenphotographien von Ducos du Hauron aus den siebziger Jahren, zum Teil nach der Natur aufgenommen, ausgestellt^)
Zur selben Zeit hatte auch Gh. Gros völlig selbständig über Drei- farbenphotographie gearbeitet und bereits am 2. Dezember 1867 der französischen Akademie der Wissenschaften ein versiegeltes Paket mit seiner Abhandlung, welche die Erzeugung der drei Teilnegative und deren Synthese zu einer Dreifarbenphotographie zum Gegenstände hatte, ^) überreicht Aber von seinem Verfahren verlautbarte nichts, bis bekannt wurde, daß Ducos du Hauron das Verfahren der Dreifarbenphoto- graphie am 23. November 1868 hatte patentieren lassen. Dann ver- öffentlichte Ducos du Hauron im Journal „Le Gers" (März 1869) eine Abhandlung über dasselbe Thema der Dreifarbenphotographie, und Gros behandelte im Februar 1869 im Journal „Les mondes" von
1) Die Methode der Heliogravüre erwähnt Ducos nioht ausdrücklich, allein er erkannte ohne Zweifel die allgemeine Anweniibarkeit des Dreifarbendruckes. Die Methode der Dreifarbenheliogravure wurde 1894 auf Anregung dei Obersten J. "Watar- house im Survey of Indi« Office zu Calcutta (d. i. dsm britischen geographischen Institute) wohl zuerst (i*) aufgegriffen und unter Beteiligung des dortigen Heliographen A. W. Turner wurden heliographisclie Drei farbenkupf erdnicke — unter anderem auch für Landkarten -- beigeateUt (Eders Jahrbuch f. Phot 1895. 8. 22).
2) Phot. Archiv. 1878. S. 162.
3) Auch im Phot. Archiv. 1878. 8. 109 abgedruckt.
4) Phot. Korresp. 1904. S. 251.
5) BolL 8oo. tranp. 1869. S. 177.
Edei, HmdliiGhdaTPli«togny>>^ I. Ted. 3. Aufl. 28
434 Erster Teil. Sechsundvierzigstes Kapitel.
Moigno dieselbe Idee. In der Sitzung der Pariser Photographischen Gesellschaft vom 7. Mai 1869 konstatierte Davanne, daß beide Erfinder gleichzeitig und unabhängig voneinander dasselbe Thema bearbeitet hatten.^)
Ch. Gros hatte seine Versuche in dem Atelier eines reichen Amateurs, des Herzogs von Ghaulnes, ausgeführt und der berühmte Pariser Heliograph Dujard in befaßte sich (1878) damit, heliographische Druckplatten zur Vervielfältigung der von Gros gemachten Auf- nahmen farbiger Objekte herzustellen. 2)
Du cos kannte nur die Methode der Verwendung der drei ge- färbten Gläser bei der photographischen Aufnahme, während Gros schon (lanijils auch die Herstellung der Dreifarben teilnegative durch monochrome Beleuchtung der Originale bei der Aufnahme im Auge hatte.-*) Dagegen hatte Ducos du Hauron, wie Davanne konstatierte, (iio ersten mehr oder weniger gelungenen und tatsächlich praktisch ausgeführten Droifarbenphotographien der Pariser Photographischen Ge- sellschaft am 7. iMai 1869 vorgelegt (farbiges Spektrum, s. S. 430 und 431) und damit in dieser Beziehung Gros den Vorrang abgelaufen.
Mittlerweile erschienen die oben erwähnten Publikationen Ducos du Ilaurons (s. S. 432) und Ende der siebziger Jahre trat Gh. Gros*) (l\)rträt s. Fig. Ho) wieder mit Studien über die Klassifikation der Farben und die Mittel, alle Schattierungen durch drei Negative (entsprechend Rot, Golb, Blau) wiederzugeben, in die Öffentlichkeit; er wendete Flüssigkeitslichtfilter an. Er schreibt:
„Ich beschäftige mich bereits seit geraumer Zeit, photographische Schichten zu finden, welche für Strahlen aller Farben, insbesondere jedoch für orangeroto, grüne und violette empfindlich sind. Um diese Strahlen zu erhalten, benutze ich durchsichtige Wannen, die mit Salz- lösungen gefüllt sind, welche das zusammengesetzte Licht sieben (tamisent)."
Louis Ducos du Hauron verfolgte den Dreifarbendruck aber mit mehr Ausdauer als Gros und wirkte auch durch seine zahlreichen Publi- kationen besondei-s anregend und förderlich (s. S. 432). Er vereinigte sich 1879 mit Josef Albert zu gemeinsamer Arbeit und auch J.B. Ober- notter in München versuchte den Dreifarben lichtdruck, jedoch ohne
1) Bull. Soo. frauv. 1809. S. 12:1
2) Phot. Korresi). 187^). S. 107.
3) Bull. Süc. frang. 1869. IS. 170.
4) Compt. roud. Bd. 88, Xr. :3, S. 110; Nr. 8, S. 378. Pliot. Korrcsp. 1879. S. 107.
"Venvendon ,
schickt aufi..jtzte und sie dadurch unschädlich zu mtichen wußte.
Louis Ducos du Hauron erntete keine materiellen Früchte seiner Erfindungen und erlebte kein sorgenfreies Alter. Deshalb setzte ihm die französische Regierung in Anbetracht der Verdienste eine aller- dings bescheidene Pension von 1200 Francs aus. Die tristen Yerhaltnisse des verdienten Uannes bestimmten die Wiener PhotoKraphische Gesell- schaft, Ducos du Hauron im Dezember 1904 eine Ehrengabe zuzu-
Fig. 143. Chi
wenden, deren Betrag durch eine Sammlung unter den hervorragenden mit Dreifarbendruck sich befassenden österreichischen Ätzanstalten und Buchdruckereien und von der genannten Gesellschaft aufgebracht wurde.') Auch Leon Vidal in Paris beschäftigte sich schon in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erfolgreich mit der Herstellung von Dreifarben-Pigmentbildem; er war auch der erste, welcher farbige Eombinationsdrucke von Chromolithographie mit einem braunen Pigmentbilde herstellte, insbesondere aber Chromolithographien mit einem
1) Phot. Korresp. 1905. S. 24.
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schließlich aufgedruckten schwärzlichen Woodbury druck kombinierte, welcher durch seine Transparenz hervorragend schöne Bildeffekte bei in Goldbronze unterlegten Reproduktionen von Goldschmiedearbeiten (mit Edelsteinen) gab, eine Technik, welche wohl heute wegen ihrer Schwierig- keit aufgegeben, aber immer noch für diesen Zweck unübertroffen ist^)
Mittlerweile hatten C. Angerer und Göschl in Wien, sowie Goupil in Paris (welche Firma gegenwärtig Boussod& Va laden heißt) Vier- und Fünffarbenzinkotypien hergestellt, ohne eine strenge Aus- lese der Farbenkomponenten auf rein photographischem Wege zu er- reichen; man erzielte schöne farbige Bilder, aber nur mit Hilfe von viel Handretusche.
Der photographische Dreifarbendruck erhielt durch das tatkräftige Eingreifen H. W. Vogels 1891 einen neuen Impuls, namentlich als er sich mit allem Eifer auf die Vervielfältigung der Dreifarbendrucke warf.
H. W.Vogel hatte 18852) die Theorie des Dreifarbendruckes er- weitert Der Lithograph Ulrich in Berlin arbeitete 1890 mit Versuchen über Farbenlichtdruck nach diesen Prinzipien 3) und stellte Proben auf der Kongreßausstellung in Berlin 1890, sowie im Verein zur Förderung der Photographie aus, wobei er eine vierte Lichtdruckplatte in Schwarz als Hilfsplatte verwendete. Er vereinigte sich mit E. Vogel, dem Sohne H. W. Vogels, zur Verwertung dieses „Vierfarbenlichtdruckes" und da erklärte sich die Firma H. Kurtz in Newyork bereit, die Methode zu kaufen und für Autotypie zu verwenden, welche für das Buchgewerbe verwendbarer als Lichtdruck erscheint
Nachdem Ernst Vogel in Berlin die verschiedenen Lichtfilter und Farbensysteme ausprobiert hatte, ging er nach Newyork, wo er mit H. Kurtz die ersten künstlerisch wirklich befriedigenden Dreifarben- drucke im Jahre 1892 herstellte und eine reine Dreifarbenautotypie im Januarheft der Phot Mitteilungen 1893 publizierte (mit der Signatur E. Vogel-Kurtz); mit der Herstellung und dem Druck von Dreifarben- autotypien befaßte sich über Anregung von Vogel besonders Büxen- stein in Berlin.
Mittlerweile hatte sich auch E. Albert in München mit der Drei- farbenautotypie unter Anwendung der Kreuzraster befaßt und nahm vom 9. April 1901 ab*) ein deutsches Reichspatent Nr. 64806 für zwei- and mehrfarbige Autotypie und Photolithographie; er ließ sich die jeweilige
1) Die Ergtlingsarbeiten Vi d als auf diesem Gebiete befinden lioh in den Sammlungen der k. k. Graphischen Lehr- und Yersuchsanstalt in Wien.
2) H.W.Vogel, Die Thotographie farbiger Gegenstände. Berlin 1885.
3) Phot. Mitt. Bd. 28, S. 201; Bd. 29, S. 85. — Phot Korresp. 1893. & 125.
4) Phot. Korresp. 1893. S. 175.
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blauTiolettem lichtfilwr um einen Winbel von je 30 G: , um ]tfoir6e- bildung beim Übereinanderdrucken der Gelb-, Kot- und Blauplatte bintanzubalten ,*) patentieren; später erwarb dieses Patent Büxenstein.
Mit dem Drei- und Yierfarbendruck in Autotypie beschäftigten sieb intensiv auch Angerer und Göachl (Wien), Husnik (Prag), Vilim (Prag), Meisenbach und Riffarth (Berlin) und viele andere Institute, 80 u. a. auch die k. k. Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Biese Arbeiten gehören der neuesten Zeit an, in welcher allmählieh der Breifarbendruck über den Vierfarbendruck, wenigstens beim Autotypie- verfahren, Bo ziemlich den Vorrang gewann.
Ben Brei- und Vierfarbenlichtdruck kultivierten in neuerer Zeit Wilhelm Weißenberger in St. Petersburg, J. Löwy in Wien und die k. k. Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien u. a. zur Herstellung von Gemäldereproduktionen.
Sehr schöne Effekte gibt auch die Dreifarbenheliogravure, welche als künstlerische Reproduktion (von Ölgemälden) in großem Formate wohl zuerst 1904 von der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchs- anstalt in Wien ausgestellt wurde.*)
Auch die Herstellung polychromer Bilder mittels der photo- graphischen Eopiermethoden unter Zugrundelegung der subtraktiven Brei&rbenmethode wurde erfolgreich durchgefilhrt Man zog hierzu sowohl den Gummidruck (wiederholtes Übereinanderdrucken von gelben, roten und blauen Schichten; vergl. S. 335), als auch den Pigmentdruck (vergl. S, 347 ff.) heran. In letzterem Falle werden drei Häutchen, gelb, rot und blau, seien es Figmentfolien oder seien es Chromgelatinekopien, welche durch Tränken mit Farbstofflösungen tingiert wurden, zur Deckung gebracht Hier machten sich besonders die Arbeiten von Seile und die der Gebrüder Lumiöre sowie die von Krayn (Neue Fhotographische Gesellschaft in Berlin) u. a. bemerkbar.')
Eombinationsdrucke. Um bei der Erzeugung vielfarbiger Reproduktionen eine größere Leistungsfähigkeit und Raschhoit zu erzielen, werden heute in zabl-
1) An E. Alberta Patent knupftoa sich langwierige Streitigkeiten. Tergl. Fhot. Korresp. 1898. S. 107; ferner Bruno Meyer, Saoliverständiger u. D. R. P. Nr. 64806. Weimar 1902.
2) Phot. Korreap. 1904. S. 369.
3) B. diauB .Handbaoh*, Bd. UI, 5. AdA.. S. 702.
438 Erster Teil. Sechsund vierzigstes Kapitel.
reichen Fällen verschiedene photoraechanische Druckprozesse oder solche mit anderen Druckmethoden kombiniert. So werden für Massenauflagen (bei Ansiclitskarten u. dergl.) Farbensteindruck oder -Holzschnitt mit Autotypie, bei Kunstblättern Farbensteindruck, Algraphie, Lichtdruck und Heliogravüre in verschiedenartiger Kombination angewendet Den ersten Anstoß zu solchen Arbeiten gaben wohl die mittels Farben- steindruck und Lichtdruck verfertigten Blätter von H. Eckert und A. L. Koppe in Prag 1873, während Leon Vidal 1874 den Farbendruck zur Herstellung von Unterlagen für Kohledruck, später für Woodbury- drucke benutzte (s. S. 435). 1877 betrieben Otto Troitzsch und E. Gaillard in Berlin schon geschäftsmäßig den von den genannten Pragern versuchsweise durchgeführten Kombinationsdruck von Lichtdruck und Chromolithograpie und nannten ihn „Heliochromographie" (auch „Troitzschotypie''). In der Folge befaßte man sich häufiger mit den Kombinationsdrucken. Unter anderen brachten sehr schöne Blätter J. Lüwy in Wien, Meißner & Buch in Leipzig, die k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien, welche besonders die Verbindung von Chromolithographie (sechs und mehr Farbenplatten, später auch algra- phische) mit Lichtdruck oder auch Heliogravüre kultivierte. Einen wesentlichen Fortschritt gegenüber diesen älteren Methoden bedeuteten die von der k. k. Giaphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien 1897 gedruckton Kunstblätter, welche zum ersten Male den Drei- farbenlichtdruck mit Heliogravüre, dann auch Dreifarbensteindruck und -Algraphie mit Heliogravüre verbunden zeigten.
Dreifarbenprojektion und Chromoskop.
Die Anregung Maxwells zur Farbenprojektion griff auch Ducos du Hauron auf und boschrieb in seiner Schrift „Les Couleurs en Photographie" 18()9 das Prinzip der Dreifarbenprojektionsbilder, ohne jedoch solche praktisch zu demonstrieren. 1885 konstruierte von Bezold einen Apparat, in welchem drei farbige Bilder mit Hilfe von drei Spiegeln übereinander projiziert wurden, sowohl für direkte Beobachtung, als auch für Projektion. Die Ausführung des letzteren Apparates wurde indes dur(»h Zeitmangel verhindert. (Grebe a. a. 0.)
1888 erhielt die Methode der additiven Dreifarbensynthese einen erneuten Anstoß durch die tatkräftigen Bemühungen des Amerikaners Friedrich Eugen Ives in Philadelphia, welcher 1888 solche Drei- farbenbilder mit einer dreifachen Projektionslaterne aus drei photo- graphischen Diapositiven, rot, grün und violett, öffentlich projizierte,^)
1) Journal of tbe Fraukliu Institute 1889. S. .öS.
■1.-
meldet auch am 7. Februar 1890 ein amerikanisches Patent an auf sein Verfahren: mittels dreier ProjektjoDslaternen, welche auf dieselbe Stelle einer weißen Wand gerichtet sind, drei hinter Rot-, Grün- und Violett- filtern hergestellte Diapositive genau übereinander zu projizieren und hierbei diese Diapositive mit rotem, grünem und blau violettem Lichte zu erleuchten.')
Frederic Eugene Ives (s. S. 422) wurde im Jahre 1856 in Litch- field, Conn. (Amerika) geboren, trat mit 12 Jahren als Lehrling in eine Druckerei ein, war dann Buchdrucker in Itbaka (N.Y.), befaßte sich mit Amateurphotographie, wurde mit 18 Jahren Photograph der Corell Uni- versität, wo er bis 1878 blieb und sich dann dem Studium der Verbesserung der photomechanischen Verfahren zuwendete und zuerst die mechanische Zerlegung von photographiscben Chromgelatinereliefs in Punkt and Strich ausbildete und praktisch in der Crosscup-West Engraving Comp, in Philadelphia einführte und Halbtonklischees für Druckereien erzeugte; später wirkte er bahnbrechend für die moderne Autotypie (s. S. 423) mittels Kreuzraster (optische Zerlegung der Halbtonbilder in Punkte und Striche) und erfand das Ein brenn verfahren mit Chromatfiscbleim („amerikanisches Emailverfahren") für Kupferautotypieklischees; er publi- zierte 1888 einen Dreifarbenprozeß („composite heüochromie") und ließ ihn 1890 patentieren. Er reiste später nach England, besuchte dann auch Wien und machte von da aus in Europa sein Photochromoskop bekannt, welches das erste, wirklich schöne Resultate zeigende Instrument für additive Dreifarbenbilderzeugung war.') Fig. 141 auf S, 422 zeigt das Porträt Fred, E. Ives' nach einer Photographie von Gutekunst') Seine Apparate (Kromskope) fertigte er nicht nur für Projektion an, sondern auch für direkte Okular-Beobachtungen, so daß Ives alle Formen der Dreifarbenphotographie erfolgreich förderte.
In der Dreifarben projektion folgten 1892 Vidal,*) 1894 Gray*) und Nachet,*) letzterer mit einer Kombination für stereoskopiseben Effekt, 1895 Niewenglowsky ') und Zink,«) 1898 Porter») mit einer
1) S. Eders Jahrb. f. Phot, 1891. S. 174.
2) Pbotogr. Koriesp. 1893. S. .^72; vergl. feruei- über das Photoebiomoskup für liie auditive FarbeDaynthes« dieses „HsDdbuub" Bd. 111, 5. Aufl., S, 710.
3) Nach Phot. Times. 22. April 1892. 8. 209.
4) Eders Jahrbuch, 1893. 302.
5) Brit JoufD. 1894. 26.
6) Moniteur de la Phot. 1894. 135.
7) Eders Jahrbuch. 1896. 115.
8) Deutsche Phot-Zeitnng. 1895. 67.
9) Eders Jahrbuch. 1898. 277.
440 Erster Teil. Sechsundvierzigstes Kapitel.
Kombination von Kinetoskop und Ghromoskop, über deren Möglichkeiten sich bereits 1895 VidaH) geäußert hatte. 1899 folgten ähnliche Methoden von Friese Green^) und in neuester Zeit Miethe^ in Berlin, welcher wohl die vollkommensten Dreifarbenprojektionen dieses Systems erzielte, mit zahlreichen Naturaufnahmen (Porträten und Land- schaften 1902 und 1903). Alle diese Projektionen beruhen auf den Grundfarben: Rot, Grün und Blauviolett.
1891 publizierte der Engländer Scott eine Projektionsmethode mit additiver Vierfarbensynthese. Eine solche würde sich auf die Basis der Heringschen*) Empfindungstheorie zu stellen haben; da aber keinerlei praktische Vorteile dabei herausstehen, so soll hier nicht näher darauf eingegangen werden.
Einen ganz anderen Weg hatten Ducos du Hauron^ 1868, McDonough«) 1892 und Joly 1894 eingeschlagen.') Bei diesen Ver- fahren wurde die additive Synthese durch Nebeneinandersetzen kleiner Farbenelemente (Rot, Grün und Violett) erzielt. Auf dem gleichen Prinzip beruhen die neueren Verfahren von Brasseur und Sampolo^ 1897, der „International Colour Phot. Co.", New-Jersey») 1900 und endlich auch die Dreifarbenweberei des Polen Szczepanik^®) 1900.
Es fand also die Dreifarbenphotographie vielseitige Anwendung.
1) Eders Jahrbuch. 1895. 269.
2) Brit. Journ. 1899. 729.
3) Ibid. 1899. 524.
4) SitzuDgsbor. der "Wiener Akad. vom 15. Mai 1874.
5) Franz. Patent Nr. 83001. 1868.
6) Eders Jahrbuch. 1896. 419. — Über die Geschichte und techDisohe Durch- führung der Mc Donough-Jolyschen indirekten Farbenphotographie, nebst genauem Ausweise der einschlägigen Patente, schreibt Snow den "Ward in ,The phot Journal**. 190(). ßd. 25, S. 141.
7) Über die Farbenphotographie nach Becquerel, Clerk-Maxwell, Ives, das Ghromoskop, Jolys Prozeß usw. gibt ,The Brit. Journ. Phot Almanao* 1899. S. 059 eine gute historische Zusammenstellung.
8) Brit. Journ. 1895. 600; D. R. P. Nr. 94051. 1894.
9) Ibid. 1897. 217.
10) Ibid. Almanach 1900; dieses Unternehmen reüssierte nicht, sondern kam 1905 in Konkurs.
SIEBENUNDVIEKZiOSTES KAPITEL.
PHOTOCHROMIE.
Die erste Andeutung über Entstehung von natürlichen Farben durch Licbtwirkung macht Senebier 1782, indem er die Beobachtung mitteilte, daß Chlorsilber im violetten Lichte mehr einen Stich ins Blaue, gegen das Ende des Spektrums aber hellere Nuancen annehme (s. S. 75).
Der Physiker Seebeck in Jena war aber der erste, welcher im Jahre 1810 genau und deutlich feststellte, daß das Sonnenspektrum auf Chlorsilberpapier Farbeanoancen erzeuge, welche jenen Spektralfu-ben ähnlich seien, von welchen es getroffen wurde (s. 3. 118).
Sir John Herschel machte weitere Beobachtungen in dieser Rich- tung; er bemerkte im Februar 1840, daß ein mit Chlorsilber behandeltes und im Sonnenlichte geschwärztes Papier unter dem Einflüsse der Strahlen des Spektrums im Roten, Grünen und Blauen analoge Farben annahm. Diese Erfahrungen fanden jedoch ebenso wenig Anklang wie jene Seebecks, da die ganze Welt von der Unmöglichkeit einer Lösung des Problems überzeugt war und die durch Herschel beobachtete Tat- sache für etwas bloß Zufälliges hielt i)
Edmund Becquerels Untersuchungen über Pbotochromie — 1847, 1848 und 1855 — übertrafen alle Torhergehenden. Er bereitete seine empfindliche Schicht, indem er eine polierte Silberplatte in die Lösung eines Metallchlorids oder in Chlorwasser tauchte; es bildet sich eine violette Schicht von Sübersubcblorid , welche unter dem Einflüsse farbiger Gläser oder des Spektrums den empfangenen Eindruck annimmt und so lange festhält, als man eine nachfolgende Lichteinwirkung ver- meidet
Alexander Edmund Becquerel, geboren zu Paris am 24. März 1820 als Sohn des Physikers Antoine Cesar Becquerel, gestorben 1892,*) gab schon im Alter von 19 Jahren eine Methode eines elektro-
1) Vergl. Philosoph. Traueact. 1S40. S. 28. — Atheuaeum Nr. 631.
2) V6^1. Puis Photognpb. 1891. S. 5S.
442 Erster Teil. Siebenundvierzigstes Kapitel.
chemischen Aktinometers an;^) er photographierte das Spektrum, das Infrarot usw. und veröffentlichte seine ersten Untersuchungen über Phütochromie auf Daguerreo typplatten. '^) Im Jahre 1853 wurde er Pro- fessor der Physik am Conservatoire des arts et miHiers; 1878 wurde er Na(!hfolger seines Vaters am Pariser Museum.^)
Niepce de Saint Victor befaßte sich von 1851 bis 1866 mit Becqucrels Methode der Heliochromie auf chlorierten Silberplatten, verbesserte das Verfahren und erhielt glänzendere und lebhaftere Farben als seine Vorgänger.*)
Wird eine blank polierte Silberplatte durch Einwirkung von Chlor mit einer dünnen S(»hiclit von Silbeisubchlorid (Silborphotouhlorid) üborzog«»n, so voräudert sie sich unter dem Kinfluss«i des Sonnenspektrums derartig, dalJ die affizierteii Stelion Failuuinuancün zeigen, ähnlich den farbigen Strahlen, von denen sie gotroffeu wurden. Die „Chluritu'ung** der Öilberplatte kann auf verschiedene AVeise mit wechselndem Krfolge vorgfjnommen werden:
Man tau(^}ito die Silberplatte in eine l^ösung von Eisenchlorid oder Kupferoblorid (Hocquorel), ein Gemenge von beiden oder in eine erwärmte liösung von Ghlorkalium und Kupfervitriol, wusch sie nach einigen Sekunden und ti'ocknete;''') oder mau hielt sie über Chlorwasser, bis sie eine weililiche, schwach rosenrote Farbe angenommen hatte (Hecquerel).
Becquorel zog die Chlorierung auf galvanischem Wege vor: Die Silberplatte wird als positiver Pol in verdünnte Salzsäure (1 : 8) getaucht (der negative J*ol ist ein Platinbloch); sie nimmt im Zeitraum einer Minute allmählich eine graue, gelbliche, violette, iiläuli<>he Farbe an, die dann in derselben Reihenfolge sich wiederholt; in dem Augenblick, bevor das Violett zum zweiten Blau übergeht, wird die Operation unterbrochen, die i^latte abgespült und über einer Weiugeistllamme getrocknet. Diese Silberplatte gibt jetzt alle Farben des Spektrums wieder; das Blau und Violett am äch("»nsten. das Gelb am schwächsten. Erwärmen auf lUT) Grad, wodurch die Schicht rosenrot wiixi, erhöht die Empfindlichkeit, namentlich für Gelb.") Die Empfindlichkeit der Chlorsilberschicht gegen farbiges licht hängt von der Dicke der Schicht und der Konzentration der Chlorierungslösung ab; außerdem von der Reinheit des Silbers, welches nicht einmal 10 Prozent Kupfer enthalten soll, "j Kupferchlorid erteilt den P'arben größere I^bhaftigkeit als Ciilorwasser allein. Bei der Anwendung von ver- dünntem Chlor wird l>esonders das Gelb reproduziert, konzcutrierteB Chlorwasser ^bt
1) Compt. rend. 18811. S. 1-15.
2) Annales de Chim. et J'hys. \H^\H. 3. Bd. 22, S. 451 ; Poggendorffs AdiiäI. Bd. 77, S. 512.
3) Ausführlicher Nektrolog s. Fabres Aide -Memoire de Phot. 1892. S. 52.
4) Compt. rend. 1851, 1852, 1859 u. ff.
5) Niepce de St. Victor, Compt. rend. Bd. 31, S. 491.
Ü) Ausführlicheres s. außer a. a. 0. den Bericht Bec quereis in der Sitzung der Photogr. Gesellschaft zu Paris am 18. Dezember 1857; auch Heinlein, Photo- graphikon, S. 384: Dingler, Polytechn. Journ. Bd. 134, S. 123. — Phot Aroh. 1868. S. 300.
7; N iepce: außer a. a. (.>. s. Martin, Band buch d. Photogr. 1857. S. 311. Erste und zweite Abhandlung.
!-lt(.'|H'oiJtiktioi
'iner direkten 1'
von Nie,., ti'llt in der Pariser ■\Vt;ltaiisstelliliiK 1SG7).
) de St. Victor
mit einer olLlovierleii SilbeLi>liitfo
Enpfervitiol Ist empieb eir. Spater cblonerte Mepce mit iJbiorbkiJt; die:
alkali§ohe Bad ist ciobt so empfindiich, ist aber sehr einracb. Sebr begünstigt wird die Empfindlichkeit einer prSparierteD Silberplatte, wenn man sie vor der ExpoHition mit einer gesättigten Lösung von geschmolzenem Chlorblei in Dextrinlösung überzieht.')
Die schönsten Pbotochromieti , welche überhaupt auf chlorierten metallischen Silberplatten erzeugt wurden, rühren von Niepce de Saint Victor her, welcher bei der Pariser Weltausstellung im Jahre 1862 und jener im Jahre 1867^ solche ausstellte.
Eine dieser Niepceschen Heliochromien (ein farbiges Muster) vom Jahre 1867 ist im Besitze des Verfassers und zeigt jetzt nach fast 40 Jahren noch unverändert große Lebhaftigkeit der Farben ; es ist mittels eines Gemisches von Ghlorblei und Dextrin geschützt. Diese Original- photographien in' natürlichen Farben auf metallischen Silberplatten gehören zu den größten Seltenheiten, weshalb der Verfasser als bemerkenswertes Dokument der Geschichte der Photogr».phie eine solche Aufnahme chromo- lithographisch als getreues Faksimile reproduzieren Heß (Tafel XII).
Gleichzeitig ist hiermit dokumentiert, daß die direkten Photo- chromien auf Silbersubchlorid nicht von selbst zurückgehen, wohl aber werden sie im Lichte rasch grau.
Die Versuche, Photochromien mit Silberchlorür auf Papier zu erzeugen, hatte insbesondere Poitevin angestellt und auf die älteste Form der Seebeckschen Versuche zurückgegriffen.') Er beobachtete, daß durch geeignete Zusätze — namentlich sauerstoflhaltige Salra — das violette Sitberchlorid auf Papier bessere farbige Bilder gibt
Poitevin erzeugte auf gewöhnlichem photographischen Rohpapier zuerst eine Chlorsilberschicht, indem er d^selbe auf Kochsalz, dann auf Silberaitratlösung schwimmen ließ. Nach dem Abwaschen des freien Silbemitrates wird das Papier in sehr verdünnte Zinnchlorürlösung ge- legt; die Schale muß dann 5 bis 6 Minuten dem zerstreuten Tageslichte ausgesetzt werden, worauf das Papier herausgenommen und gut abge- waschen wird. Um die EmphndUchkeit des auf dem Papiere erzeugten violetten Silbersubchlorides zu erhöhen, wird es mit einer Mischung von Ealiumbicbromat und Kupfersulfat bebandelt. Die im Dunklen getrock-
1) 4. Abhandlung. Conipt rend. 1862. Bd. 54, 8.281 und 299. Kreutzer, Zeitschrift f. Photogr. 3. Jahrg. S.ö; auch He in lein a. a. 0.
2) Tergl. Pbot. Korresp. 18IJ7. S. 190.
3) Reines Chlorsilber (auf Papier) wird im Ultraviolett deutlich violett gefSrbt. im sichtbaren Spektrum aber langsam giaiiviolett gefärbt; wurde ea zuvor dem zer- streuten Tageslichte ausgesetzt (also violettes Subohlorid gebildet), so gibt es die Spektralfarben mit denselben Farben wieder, wobei allerdings Qelb und Orün sehr blaß und kaum sichtbar sind. (Becqueiel, Pbot. Arch. 1868. S. 300.)
444 Erster Teil. SiebenundTierzigstes Kapitel.
neten Papiere geben unter farbigen Glasgemälden und im Vergrößerungs- apparate farbige Abdrücke, welche mit Schwefelsäure fixiert werden können.^) Später hatte sich besonders Saint-Florent') mit ähnlichen Versuchen befaßt. R. Kopp (gest. 1891) schloß sich Poitevins Verfahren an und verbesserte die Farbenwiedergabe durch Zusatz von Quecksilber- nitrat zur Papierpräparation ,'^) wobei er sich des Badeverfahrens bediente.
Auch Chlorsilber-Emulsionspapiere sind geeignet zur Wieder- gabe der Farben. Die ersten unsicheren Angaben hierüber stammen aus dem Jahre 1857. Man erhielt auf Chlorsilberkollodium mitunter farbige Bilder; nach dem Fixieren mit Cyankalium sollen die Farben nach der Einwirkung der Dämpfe von Chlorjod hervortreten.*) Präziser ist die Angabe Simpsons, welcher beobachtete, daß am Lichte schiefergrau angelaufenes Chlorsilber-Kollodiumpapier (welches wir jetzt Cel- loifiinpapier nennen, also Silberchlorür enthält) sich unter verschiedenen Gläsern vei-schiedenfarbig färbt. Unter Rubinglas wird es rot, unter Anilingrün ebenfalls grün usw.^)
Dieselbe Angabe wurde viel später für alle modernen Ghlorsilber- Kollodium- und - Gelatine -Auskopiei-papiere (Uelloidin- und Aristopapier) bestätigt gefunden.*')
Dr. Wilhelm Zenker in Berlin (* 1829, tl899) faßte in seinem „Lehrbuch der Photochromie'' (Berlin 1868) alles bis dahin ver- öfTentlichte Material über Photochromie zusammen und stellte zuerst die nachher so bedeutend gewordene Theorie der durcli stehende Lichtwellen erzeugten dünnen Blättchen auf; auch Rayleigh (1887) erklärte die Ent- stehung der Bec quer eischen Farbenphotographie durch stehende Wellen.
Erst Professor Otto Wiener in Aachen gelang es 1889, stehende Lichtwellen experimentell sicher nachzuweisen; ferner gab er durch seine scharfsinnigen Studien über „Farbenphotographie durch Eörperforben und mechanische Farbanpassung in der Natur** 1895 eine einwandfreie Erklärung des Zustandekommens der Farben beim Belichten von Silber- chlorürpapieren.'O Er zeigte, daß Zenkers Erklärung der Theorie stehen- der Lichtwellen nicht für alle diese Verfahren Geltung habe. Es wirkten
1) De Roth, Fortschritto der Photogr. 18C8. S. 22; Compi rend. 1866. Bd. Ol, S. 11.
2) Bull. d. societe frang. phot. 1874; Photogr. Korresp. 1874. Bd. II, 8. 65.
3) Eders Jahrb. f. Phot. 1893. S. 432.
4) Testud de Beauregard, Kreutzer, Jahrosbor. Photogr. 1857. S. 302; Bull. SOG. franv. 1857. S. 110, vorgl. Diamond, ITeinlein, Fhotographikon, 8.390.
5) Simpson, Photogr. Korresp. 1866. Bd. 3, S. 100.
G) S. E. Valenta, Die Photographie in natürlichen Farben mit besondexer Be- rücksichtigung des Lippmaunschen Verfahrens. Halle a. S. 1894; ftrner Eders Jahrbücher f. Photogr. 1891. S. 538 und 1892. S. 332.
7) 0. Wiener, Ann. d. Phys.
beim Becqi:
Schicht von chlorürhaltigem Silberchlorid) hende Wellen im Vereine mit sogenannten Körperfarben mit, bei Seebecks und Foitevins Fapier- blldem aber sind die Farben der Bilder aosschließüch Körperfarben.
Die „Körperfarben" entstehen im Lichte nach Wiener in folgender Weise : *) Eine lichtempfindliche Substanz kann nämlich nur durch Farbenstrahlen verändert werden, die sie absorbiert. Ein lichtempfind- licher roter Körper wird daher durch rote Strahlen nicht verändert werden, denn er wirft sie zurück, und ebenso bleibt ein lichtempfind- licher gelber and blauer Eörper im gelben und blauen Lichte unver- ändert. Hat daher eine lichtempfindliche Substanz die Fähigkeit, bei der Einwirkung des LichteB verschiedene Färbungen anzunehmen, so wird sie sich unter dem Einflüsse von roten, gelben, grünen Strahlen so lange verändern, bis sie rot, gelb, grün geworden sind und die Färbung bleibt dann bei weiterer Belichtung stehen. Dem Poitevinschen Silberchlorür kommt diese Eigenschaft zu und dadurch wird das Zustande- kommen der Farben erklärlich; aber alle diese Süberchlorürphoto- chromien sind unfisierbar, weil die Fixiermittel die Farben zerstören.
Es mußte zufolge dieser Yoraussetzungcn bei diesen Forschungen die Photochromie nach zwei verschiedenen ßiohtungcn verfolgt werden : 1. Die Photochromie nach der Interferenzmethode, welche zu Lippmanns Methode führte, und 2. die Photochromie mittels des Ausbloicbverfahrens.
Das große Verdienst, Photochromien erzeugt und auch fixiert zu haben, gebührt dem Physikprofessor an der Sorbonne in Paris Gabriel Lippmann. Derselbe ist am 16. August 1845 unweit Luxemburg geboren, studierte in Heidelberg, wo er 1873 zum Dr. phil. promoviert wurde, dann in Paris 1875, war Schüler am „Lyc§e Napoläon" und an der „Ecole normale sup." in Paris, seit 1878 Professor an der Sorbonne. Er befaßte sich mit wissenschaftlichen Untersuchungen über Elektrizität und Optik und trat in seinem Bericht an die Pariser Akademie der Wissenschaften vom 2. Februar 1891 mit seiner berühmten Methode der Photographie in Farben mit der sogenannten Interferenzmethode hervor,') bei welcher stehende Lichtwellen zur Wirkung kommen. Fig. 144 zeigt das Porträt Prof. Lippmanns.
Bei Lippmanns Methode') wird bekanntlich eine Glasplatte mit „komloser" {resp. möglichst feinkörniger) Schicht von Bromsilber über-
1) Vergl. O.Wiener, innal, d. Physik, femer Eders Jahrb. f. Phot 1896. 8. 55. — BaroD Eübl, Die Farbenphotographie mit Eilfe des Ausbleich verf ab reos {Riet Korresp. 1904. 8. 103).
2) Compt rend. 1891. Bd. 112, S. 274.
3) Über die Geschichte der Lippmannschen Photochramie („Interferenzpboto- diromie") Bohreibt Jourdan im „Brit Jouro. ot Phot." 1900. S. 613.
446
Erster Teil, Siebennndvieriigstea Kapitel.
zogen, getrocknet und mit Quecksilber hintergosaen , das als Spie dient Das auffallende Licht bildet mit dem reflektierten stehende Licbt- wellen. Beim Entwickeln bilden sicli spiegelnde Silberniederschläge, welche durch Reflexion wieder die entsprechenden Interferenzen mit den dazugehörigen Farben erzeugen.
Anfangs arbeitete Lippmann mit Taupenotschen Eiweißptatts die Brüder Lumierf in Lyon stellten 1892 zueret gelungene Lippmannl Photochromien auf feinkörniger Bromsübergelatine her, teilten ih]
Methode am 23. März 1892 der „Soci6t6 des sciences ioduBtrieliea i Lyon" mit/) welche Publiltatioii aber in weiteren Kreisen unbekannf' blieb, so daß E. Vatenta in Wien gleichzeitig und unabhängig davon an derselben Methode arbeitete und gleichfalls dos Verfahren publizierte.') Von nun ab wurden Gelatineeniulsionen für diesen Zweck toi wendet und den Gebrüdern Lumif>re in Lyon gelang die erBR Porträtaufnabme einer lebenden Person in nstürlicben Farbe] im Sommer 1893, welche sie in der Internationalen Photographis
1) Edere Jahtb. f. Phot. 1894. S. 450.
2) Phot. Konesp, Sept. 1892. S. 435.
Ausstellui
aof einem Tische ruhend, mit einer griinen Rebenwand als Hintergrund, auf dem Tische ein Glas Rotwein). Fig. 145 zeigt die autotypische Schwarzreproduktion dieser Photochromie, welche besonderes Interesse verdient, weit sie das erste photographische Bildnis eines menschlichen Antlitzes in natürlichen Farben zum Gegenstande hat, welche in direkter Aufnahme nach der Natur hergestellt wurde.
Fig. 146 und Fig. 147 zeigen die Porträte der Brüder Auguste Lumi^re (geboren am 17. Oktober 1862 zu Besannen im Departement du Doubs in Frankreich) und Louis Lumi^re (geboren am 5. Oktober 1864 in Besan<;oD), welchen man diese Leistung und auch schöne Landschafts- aufnahmcn nach Lippmanns Ver- fahren,'} sowie wichtige Förderung der indirekten Dreifarbenphotographie (Diapositivverfahren), der kinemato- graphischen Projektion und Verbesse- rungen in zahlreichen photographischen Prozessen*) verdankt.
Durch diese Arbeiten der Ge- brüder Lumi^re war das Problem der Herstellung von Photochromien mit Naturaufnahmen in der Kamera, sowie die Fixierbarkeit der Bilder ge- löst und die Pariser Weltausstellung 1900 brachte schöne solche Photo- graphien in natürlichen Farben von Lippmann, Lumiöre undNeuhaulS fMt- »ä. Erswi'ortrut-ptuiochmuMoimchdein
>.j ,. 111.1 1 . Lippmannschon Verfahroü. AuTniihme nach der
inBerim, welch letzterer auch zuerst „^jq^ ,„^ ^„„ oebrüiierD Luniii.ro (isoai.
die Lamellenbildung bei Lippmanns
Interferenz- Methode experimentell auf dem Wege der Mikrophotographie
nachwies.
Die Farbenkopiermethoden oder Photochromie mittels des Ansbl eich Verfahrens beruhen darauf, daß die liebtempündlichen Farbstoffe nur von jenen Lichtarten ausgebleicht werden, welche sie absorbieren, während sie von Licht gleicher Farbe nicht zerstört werden. Über das Bleichen von organischen Farbstoffen in verschiedenfarbigem Lichte hatte bereits Ä. Vogel (1813) einige Versuche angestellt (s. S. 123
1) Jahrb. f. Phot. 1894. S. 447.
2) Vergl, Eders Jalirbüoher f. l'hot.
448
Erster Teil. Siebennnd vierzigstes Kapitel.
und 124). Jedoch hatte das photocbemiscbe Prinzip dieser Prozesse erst Herschel erkannt.
Herschel machte 1842 Studien über die Wirkung des Sonnen- Bpcktrums auf Pflanzenfarben') und stellte auf Grund seiner Beobach- tungen fest, daß Farbstoffe in der Regel von jenen farbigen Lichtstralilen zerstört werden, welche die komplementäre Farbe zu ersteron besit/.cn; er führt als Beispiel an, daß orangegelbe Farbstoffo am stürkaten von blauen Strahlen zei"stört werden; blaue Farbstoffo durch rotes, orange- farbiges und gelbes Licht; purpurne und nelkenrote Farbstoffe durch gelbes und grünes Licht
Die Sache kam aber in Ver- gessenheit, bis Wieners gründliche Untersuchungen (s. S. 445) sie wie- der in den Vortiergrund stellten und die Theorie der Entstehung Ton Kör- perfarben durch Lichtwirkung sicher- stellten.
AVas die gcscliiclitliche Ent- wicklung dos Ausbleich Verfahrens anbelangt, so sind die VerufTent- lichungcn von R. Ed. Liesegang auf diesem Gebiete noch nicht genügend gewürdigt. In seinem „Photogra- phischen Archiv" empfahl genannter Forscher bereits 1889 (Nr. 633, 328) die drei Gnindfarben Kot, Gtelb und FL- Uli AuKusio i.nmiüro (ijoi, iHj") ^'''" '^"^ Pflpier ZU mischoD. Gleich- zeitig gibt er eine vollkommen rich- tige Erklärung dafür, wie bei dcrartigcu Farhgc mischen die Farben des bestrahlenden Tjichtes zustande kommen. In seinem „Photograpbiecben Ahnanach für 1891" hat dann R. Ed. Liesegang diese Notiz dadurch erweitert, dall er hinzufügte: „Der (Aus;l)leich-)Prüzeß geht im Sauer- stoff 1-a.scher vor sich." Wenige Jahre spiiter veröfl'entlichte R. Ed. Liese- gang-) eine Reihe von Untersuchungen, welche sich auf die Be- schleunigung des Ausbleichcns vei-schicdoner Anilinfarben bei Zusatz verschiedener Chcmikulicn {z. B. Zinnohlorür, Oxalsäure, Hydroxjlamin,
ll HersL'hcl „Üu thn Ai'tiun of tlic l'avN of thc SuIat Sjiectram on vegetaUe (■'"lours". riiilosoiiliii:. Trausaut. 1843. — Vergl. auch Hunt .Researchee on Light* IMJ. S. IT«.'.
L'; riiotogr. Archiv. 1^93. Kr. 72D uud 730.
Angeregt durch Wieners Untersuchungen {s. S. 445) stellte Vallot zum ersten Male 1A95 Photocbromien mittels des sogenannten „Ausbleich- Terfahrens" her.*) Er mischte (geleitet von der Idee, den Dreifarbendrack im Ausbleichverfahren anzuwenden) lichtunechte rote, gelbe und blaue TeerfarbstoSe (Änilinpurpur , Gurcuma und Viktoriablau) und bestrich
damit Papi wurde bei unter farbi
welches Dunmehr schwärzlich geförbt war; diese Schicht Belichten (Sonnenlicht)
bigen Transparentbilde blauen Lichte blau, im gelben Lichte gelb, im roten Lichte rot, indem z. B. das rote Liebt den blauen und gelben Farbstoff ausbleicht und nur den roten übrig laßt usw. Dieser Prozeß Tallots litt aber an sehr geringer Licbtempfindlichkeit.
Karl Worel in Graz sowie R. Neuhauß in Berlin trachteten, die notwendige Belichtungszeit dadurch abzukürzen, daß sie oxydierende Sub- stanzen suchten, die das Ausbleichen der Farbstoffe beschleunigen, die also als Sensibilisatoren wirken und sich nach erfolgter Exposition wieder ent- fernen lassen.
K. Worel verwendet als Zusatz zu dem Oemiaclie roter, gelber und blauer Teer- Fig. UT.
Huiben ätherisohe Öle, besonders einon Be- standteil des Auisöles — das Anethol — und erzielt zwar nicbt hohe Empfindlichkeit, kann aber das Verfahren auob für Papierbilder benutzen. Er legte dem Orazer Eluh der Aniateurphotograpben am 12. November HIOl eine Kollektion Photographien in Körperfarben (sowohl E am eraaaf nahmen als Kontaktdi'ucke) vor und publizierte sein VerTahren am 13. März 1902 im Auz^ger der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien.')
B. Neubaaß trat mit seinem Terfahren in der „Photogr. Rundschau" (Januar 1902} hervor und teilte mit, daß er vomelimlich oxydierende Substanzen — Wasser- stoffsuperoxyd, Peraulfat usw. — als Zusatz zur Farbstoffmischung benutzt und damit eine sehr bedeutende Steigerung der Lichtem pfind Heb keit erzielt, vorausgesetzt, daß
e UnmlSra Igeb. lB6ti.
1) NenbauD, Pbot. RundBchau. 1903. S. 2!58.
2) Boniteur de la Pbot. 1895; Jahrb. f. Phot 1890. S. 499.
3) Vergl. Jahrb. f. Phot, 1902. 8. 544.
d«T, UiiDdbnch der EniolOKr»|ilue. I. Teil. 3. Aafl.
450 Ei-ster Teil. Siebenund vierzigstes Kapitel.
die FarbstofTe mit Gelatine auf Glas übertragen und die Schichten noch feucht be- lichtet werden.^)
J. Szczepanik in Wien benutzt auch dreierlei Farbstoffe, verwendet sie aber nicht in Mischuug, sondern trägt sie, mit einem geeigneten Bindemittel (Gelatine, Kollodium usw.) vereint, in Schichten übereinander auf Papier auf.*)
Während beim Ausbleichverfahren die zerstörende Wirkung des Lichtes zur Herstellung farbiger Kopien benutzt wird, kommt bei anderen Prozessen die Erzeugung von Farbstoffen aus ihren Leukobasen durch photochemische Oxydationsprozesse zur Verwendung; reduziert man z. B. die wässerige Lösung von rotem Rhodamin mit Zinkstaub und Essigsäure (eventuell unter Zusatz von Natriumazetat), so entsteht die farblose Leukobase, welche nun mit Äther ausgeschüttelt, mit Kollodium vermischt und auf Papier aufgetragen wird. Im Dunklen bleibt die Schicht farblos, beim Belichten wird aber die Leukobase unter Sauer- stoffaufnahme wieder rot. Ähnlich verhalten sich verschiedene andere Farbstoffe. Diese Lichtempfindlichkeit von Leukobasen hatte 0. Gros in Leipzig 1901 entdeckt, 3) derselbe Forscher, welcher gemeinsam mit Prof Ostwald die „Katatypie" im Jahre 1902 erfand.^) Durch das eingehende Studium der photochemischen Färbung von Leukobasen durch Entstehung der entsprechenden roten, gelben, blauen usw. Farb- stoffe kam E. König 1904 zu einem Kopier verfahren für Dreifarben- druck, der sog. „Pinakotypie''.^)
Diese Verfahren sind jedoch noch alle praktisch unfertig und wir begnügten uns, ihre historische Entwicklung festzustellen.
1) Vergl. Jahrb. f. Phot. 1903. S. 48.
2) Phot. Korresp. 1902.
3) Zeitschr. f. phys. Chemie. 1901. Bd. 37, S. 157.
•l) Phot. Korresp. 1903. S. 53, 1)8, 113; ferner Eders Jahrb. f. Phot 1903 u.ff.
5) Ibid. 1904. S. 521.
ACHTUNDVIEEZIGSTES KAPITEL.
PHOTOGEAPHISCHE PACHLITERATUIt, FACHGESELL- SCHAFTEN UND BILDUNGSSTÄTTEN.
Zur Orientierung über den Einfluß, welchen die ältesten plioto- grapbischen Fachzeitschriften, Vereine und Bildungsstätten auf die Photo- graphie übten, seien hier einige kurze Mitteilungen angeschlossen, welche keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen wollen.')
Die ältesten photographischen Fachjoiirnale sind in Amerika ent- standen. Die erste speziell der Photographie gewidmete Fachzeitschrift der Welt erschien in Boston unter dem Titel: „The Daguerreotype. A magazine of foreign literature and science. Compiled chiefly from the poriodical publieations of Engtand, France and Germany" in drei Bänden von 1847 bis 1819.
Nachdem diese älteste photographische Fachzeitschrift nach drei- jährigem Bestände eingegangen war, gründete S. D. Humphrey in Newyork ein neues, der Daguerreotypie gewidmetes Journal unter dem Titel: „The Dagiierreian Journal. Devoted to the Daguerreian and photo- genic arts." Es begann im November 1850 zu erscheinen, änderte im Jahre 1853 seinen Titel und erschien als: „Huniphreys Journal of the Daguerreotype and Photographic arts and the sciences and arts per- taining to Heliography (8 Bände, V— XII) 1853—1862" und von da ab, redigiert von Prof. John Towler, als; „Humphreys Journal of Photography and the atlied arts and sciences. Edited by John Towler" (1862 bis 1870).
1) Die ältere photogiaphische Fachliteratur vou 1839 bis 1860 registrierte Ernst Ainandus Zuchold, welcher übrigens tiicbt sehr verlüDJiche Angaben, namentlich die ältereo Zeitschriften betreffend, gab, in seiner „Bibliotheca photographica", Leipzig 1860 (Selbstverlag). Dnnn gab Hornig in soinem „Photogra|)h. Jahrbuch" 1877 u. ff. Literatur Verzeichnisse, welche bis in die achtziger Jahre des 19. -labrbnndorts reichen, heraus. Der verdienstvolle Präsident der Wiener Photographiachen Oeseilscbaft, Regie- mugarat Prof. Dr. E. Hornig, verwendete viele Zeit und Mühe auf diese Zusaminen- itdluugen.
452 Erster Teil. Achtundvierzigstes Kapitel.
Huraphreys Journal blieb jedoch nicht ohne Konkurrenz, indem zu Beginn des Jahres 1851 H. H. Snellings „The Photographic and fine Art Journal'' (H. H. Snelling, Editor. New-York, 95 Duane-Street; London, Trubner & Co., N.O., Paternoster Row.) herausgegeben wurde, welche Zeitschrift in der I. Serie bis 1853, in der 11. Serie von 1854 bis ca. 1860 erschien. Snelling starb im Alter von 80 Jahren am 24. Juni 1897 zu Saint Louis in Nordamerika. Fig. 148 zeigt das Titelblatt eines Bandes dieser Zeitschrift.
Auch in Frankreich veranlaßte das heranwachsende Interesse an der Photographie in der Mitte des vorigen Jahrhunderts die Gründung von photographischen Vereinigungen und Fachzeitschriften. In Paris wurde die „Soci6t6 Heliographique de Paris" 1851 gegründet (von de Monfort), welcher Niepce de St Victor, Ed. Becquerel, Che- valier, Le Gray, Regnault u.a. als Gründer angehörten. Die Vereins- zeitschrift war das Journal ,,La Lumiöre" (erster Jahrgang Paris 1851), von der ungefähr 12 Bände (in nummerierten Exemplaren ^) erschienen, welche für die damalige Zeit sehr wichtig sind.
Das erste deutsche photographische Journal wurde im Jahre 1854
von W. Hörn begründet (s. S. 456).
VoD wisseuschaftlichen photographischcn Fachvereinen erlangte besondere Be- deutung für die Entwicklung der Photographie die im Jahre 1853 gegründete Londoner Photograph isohe Gesellschaft mit dem ^Journal of the Photographie Society of Ijondon*^ (vom März 1853 ab); die Royal Photographic So<'iety ging aus den Versammlungen einiger Photographeii hei*vor, die sich in den Jahren 1851 und 1852 in den Räumen des ^Art Journal** zusammenfanden. Die Gründung einer Photographic Society er- folgte am 20. Januar 1853 im Hause der ^Society of Arts*^. Einige Mitglieder wollten am Oründungstage die Resoluti(m einbringen, nicht eine neue Gesellschaft, sondern nur eine neue Abteilung der ^Society of Ails" zu gründen; die Stimmung für eine unabhängige Gesollsciiaft behielt aber die Oberhand. So wurde die Photographio Society gegründet. Zu ihrem ersten Vorsitzenden wählte sie Charles Eastlake. Bereits am 3. Januar 1854 fand die erste photographische Ausstellung statt. Die KönigiD Viktoria und der Prinzgemahl Albert erschienen mit Gefolge; das Interesse der Königin, überhaupt dos Königshauses, für die Photographie erkaltete seitdem nicht. Eirte Vereinszeitschrift wurde unter dem Titel ^Photographie Journal'' herausgegeben, stürzte die Society aber allmählich in Schulden, die sic^h im Jahre 1860 auf 7500 Mk. beliefen, von da ab aber durch Sparsamkeit vermindert wurden. ISüO war die Zahl der Mitglieder und die finanzielle Lage derart gebessert, daß man daran denken konnte, eigene Vereins- räume in Great Russell Street 50 zu beziehen. Im August 1894 verlieh die Königin von England der Gesellschaft den Titel „Royal Photographic Society of Great Britain*^.')
In Frankreich wurde am 15. November 1854 in Paris die „Sooi6t6
fran9aise de Photographie'' gegründet; dieselbe überflügelte bald alle
1) Ein komplettos Exemplar dieser Zeitschrift befindet sich in der Bibliothek der k. k. Graphischen Lehr- und Vei^uchsanstalt in Wien.
2) Phot. Rundschau. 1903. S. 169.
anderen äH
langte durch ihr seit 1855 erscheinendes Vereinsorgan , Bulletin de la
«atüEi phutu^raphiHChüD Fbchieitschtüton.
SociM franijaise de Phot", sowie durch Preisausschreibungen einen großen und bleibenden Einfluß auf die Fortschritte auf dem Gebiete der Photograpbie (s. u.).
45-i- Erster Toil. Achtundvierzigstes Kapitel.
Auch in Bombay in Britisch -Ostindien wurde 1855 eine photo- graphische (lescllschaft gegründet, welche das „Journal of the Photo- graphie Society of Bombay" herausgab.
In Schottland wurde 1856 eine photographische Gesellschaft ge- bildet, deren Schutzherr Prinz Albert und deren Vorstand Sir David Browster war,M abgesehen von kloinen Vereinen, die in verschiedenen Orten für längere oder kürzere Zeit ihre Wirksamkeit entfalteten.
Die Leistungen der Photographie wurden dem großen Publikum zuerst auf den internationalen allgemeinen Weltausstellungen in London (1851) und Paris (1855)^) u. ff. vorgeführt, woran sich die zahlreichen Fachausstellungen der photographischen Gesellschaften in London (s. o.), Paris, ferner Birmingham (Sept. 1857) usw. an- schlössen und wortvolle Anregungen gaben.
Hier sind insbesondere die erfolgreichen Preisausschreibungon und zaiilreichen Anregungen der Pariser Photographischen Gesellschaft; zu erwähnen. Den gnHUen Krfolg hatten die Preisausschroibungen des Herzogs von Luynes vom »Tahre 185(>. Der Herzog hatte die ersten 1855 ausgestellton photographischen Kopien in Paris gesehen und wollte angesiclits der allerdings noch sehr unvollkommenen Proben die Lösung (los Problems, unveränderliche photographischo Drucke herzustellen, beschleunigen. Er schrieb 185G durch die Pariser photographische (Jesellschaft zwei Preise aus:
Der eine })estand aus 8000 Franks und betraf die Lösung der Aufgabe, Ijichtbilder — ohne daU die menschliche Hand bei der Zeich- nung helfen mullte — mittels der Kupferd rucker- oder der Steindruck- pressc zu vervielfältigen. Der Einschreibungstermin wurde am I.Juli 1859 geschlossen. — Ftdls kein Bewerber nach dem Urteil einer von der Soci6tr fran^aise de i)hotographie zu Paris, an welche die Abhand- lungen zu schicken waren, gewählten Kommission den Bedingungen des Progranimes in der Art entsprochen hatte, daß ihm der große Preis zu- erkannt werden könnte, ist dieselbe berechtigt, einen Teil jener Summe zui' Aufmunterung demjenigen oder denjenigen l^ersonen zu überweisen, welche zur Lösung der Aufgabe am meisten beigetragen haben, entweder durch Entdeckung neuer Methoden, oder durch Verbesserung der schon bekannten. Der zweite Preis von 2000 Franks, dessen Bewerbungszeit mit dem 1. Juli 1858 ablief, war demjenigen bestimmt, welcher inner- halb zweier Jahre hinsichtlich des Kopierens der positiven Bilder und
1) .lourn. Phot. Soc:. London. Bd. :i. 18o(). S. 48.
■J) Dio Berichte der Jury der Abteilung ^Photoj^fraphio*' auf der allgemeinen Ausstellun^r in Paris 1835 (Bcriuhtei-statter Benj. Delessert und Louis Savene) cr.sthioui>n 1857 (s. „La Lumioro" 1857. S. 43 u. IT.).
^^^ deren Erlu
Entdeckung neuer Verfahningsarten oder durch ein vollständig ätudiam der verschiedenen cbemiBchen uod physikalischen Wirkungen, welche bei den angewendeten Verfahrungsarten eine Koiie spielen, oder zur Veränderung der Bilder beitragen. Es war ferner bestimmt, daß die Abhandlungen und Bel^stücke im Archive der Gesellschaft aufbewahrt werden sollen, i)
Diese Preise, welche wohl nicht alle 1858, sondern zum Teile viel später verteilt wurden, förderten nachhaltig das Pigment verfahren, den Gummidruck und die photomechanischen Verfahren mit Chromatgelatine i sie waren ein Ansporn für die Arbeiten Poitevins und anderer Forscher, wie insbesondere bei der Geschichte des Pigmentprozesses usw. er- wähnt ist.*)
Im Jahre 1861 erfolgte die Gründung der Photographischen Gesellschaft in Wien,') deren erster Präsident A. Martin (s. S. 225 und 247) war. Als Vereinszeitschrift diente anfangs Kreutzers „Zeitschrift für Photographie", von 1864 ab Schranks „Photographische Korrespondenz".*) Die Wiener Photographischc Gesellschaft rief auch am 17. Mai 1864 eine photographische Spczialausstellung in Wien ins Leben, welche die erste dieser Art in Österreich und Deutschland war und daselbst in ähnlicher Weise befruchtend für die Förderung der Photographie wirkte, wie dies bei den englischen und französischen Ausstellungen der Fall war.^)
In dieselbe Zeit (1863) fallt die Gründung des Vereins zur Förderung der Photographie in Berlin, io welchem Professor H. W. Vogel mit größtem Erfolge seine Tätigkeit entwickelte und die „Photographischen Mitteilungen" gründete.
Während alle diese Gesellschaften hauptsächlich mit der wissen- schaftlichen und künstlerischen Seite der Photographie sich befaßten,
1) BuU. Boc. fran?. 1S5Ö. S. 214.
2) Veigl. S. 348 diesea Buches, sowie Edeis ausführl. Handb. d. Photogr, Bd. 4. 2. Aufl. S. 311.
3) Vergl. Phot. Korresp. 1901. S. 727.
4) Diese ging später in den BesiU von Professor Hornig über, der sie von 1870 bis 1885 herausgab und sie dann der Wiener Pbotographisohen Gesellschaft als Schenkung widmete.
5) Im Jahre 10O4 veranstaltete die Wiener Photograph isohe Gesellschaft in Reminiszenz dieses Ereignisses eine große Ausstellung im k. k. oaterr. Museum für Eonst uod Industrie ia Wien,
456 Erster Teil. Achtundvierzigstes Kapitel.
wurde 1S76 in Weimar der Deutsche Photographenverein durch K. Schwier gegründet, welcher auch die gewerblichen Interessen durch Unterstützungsfonds für Prinzipale und Gehilfen usw. ins Auge faßte. In der Folge wurde in Wien 1882 ein Verein gegründet („Verein photo- graphischer Mitarbeiter'*), welcher in erster Linie den Zweck verfolgte, durch Stellenvermittlung und eine Krankenkasse für die Gehilfen zu sorgen, und in der Folge entstanden auch an anderen Orten ähnliche Vereinigungen.
Es folgten dann noch zahlreiche Fachvereine, welche die Photo- graphie in künstlerischer, wissenschaftlicher und gewerblicher Richtung nachhaltig fc)rderten.
Anfangs waren die Fortschritte der Photographie besonders in französischen Zeitschriften (z. B. den Comptes rendus der Pariser Akademie der Wissenschaften) sowie in der englischen Literatur zu finden. Das Dingler sehe polytechnische Journal brachte seit 1839 viele dieser Artikel in deutscher tibersetzung. Das erste in deutscher Sprache er- schienene Lehrbuch der Photographie „Repertorium der Photographie Wien 1846*' gab im Jahre 1846 A. Martin in Wien, Kustos (später Bibliothekar) am k. k. Polytechnischen Institute in Wien heraus, nach- dem er selbst seit der Entdeckung der Photographie einer der ersten Amateurphotographen war und am Wiener Polytechnikum viele An- regung gab (vorgl. S. 225). Der Photograph, Maler und k. k. technische Beamte Wilhelm Hörn in Prag gab 1854 das erste deutsche „Photogr. Journal, Magazin praktischer Erfahrungen auf dem Gebiete der Photo- graphie'' (Verlag 0. Spamer in Leipzig) heraus (1854—1865, Bd. 1 — 23). In den Jaiiren 1855 — 1857 publizierte, angeregt durch Martin, der Bibliotheksbeamte des Wiener Polytechnikums Karl Josef Kreutzer einen ,,Jahresbericlit über die Fortschritte und Leistungen im Gebiete der Photographie mit genauer Nachweisung der Literatur" (Wien), wonach er 1860 die „Zeitschrift für Photographie und Stereoskopie^ gründete,*) welche anfangs das Organ der Wiener Photographischen Gesellschaft war, während später (ab 1864) die „Photographische Koirespondenz'' hierzu diente. In England wurde 1854 das „Liverpool Photographie Journal*' 2) gegründet, das 1856 in die große englische
1) Ki'fuitzrr kam in seinen späteren lA'bensjahren als Bibliothekar nach Graz, wo er in oinom Aufali von Goisteszerrüttung durch Selbstmord 1863 eudete. Bibliotheks- l^oanuer Lukas des Wiener Polytechnikums in Wien, welcher kurze Zeit gemein- sdiaftlich mit Kreutzer dio Zeitschrift i-edigiert hatte, führte die von Kreutzer ge- gründete Zeitschrift weiter, welche 1864 zu erscheinen aufhörte.
*J) Vorgl. Biit. .louni. Phot. 1001. S. 350.
wurden in London 1856 „The Photographie News" gegründet, die noch hente bestehen. An diese schlössen sich in Deutschland das von Liese- gang gegründete „Photogr. Archiv" (1860—1897) und H. W. Vogels „Photogr&iihieche Mitteilnngen" an, weichen zahlreiche andere Fach- joumale folgten.
Die erste, der Anwendung der Photographie in der medizinischen Wissenschaft gewidmete Fachzeitschrift war die „Revue mödico- photographique des hospitaux de Paris", gegründet von Dr. de Uontm^ja; deren 1. Jahrgang 1869 erschien und z. B. im Jahrgang 1875 mit Woodburydrucken reich illustriert war.
Yon der größten Bedeutung für die künstlerische Entwicklung der Photographie wurden die in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts gebildeten Vereinigungen von Amateurphotographen, inabesondere die Amateurklubs in London, Wien, Paris usw. Die Ausstellungen der Aaiatearphotographen sowie die Publikationen in photographisch -künst- lerischer Richtung in ihren Vereinsorganen wirkten im besten Sinne vorbildlich auf die Weiterbildung der Photographie als jüngsten Zweig künstlerischen Schaffens. Diese Epoche der künstlerischen Photographie gehört der Gegenwart an und es genügt, dieselbe hier anzudeuten. Mit dem Aufschwünge der Amateiirphotographie ging ein rasches Erapor- blöhen der photographischen Industrie (Fabrikation von Apparaten, photo- graphischen Platten usw.) Hand in Hand. Auch verdankt die Photo- graphie zahlreiche wichtige Erfindungen und Neuerungen der rastlosen Tätigkeit der Araateurphotographen.
Die Entwicklung der Photographie und ihrer Hilfswissenschaften vollzog sich auf allen Gebieten außerordentlich rasch. Die photo- graphiscbe Technik, sowie die Anwendung der Photographie im Ge- werbe, in der Kunst und Wissenschaft, darunter auch der Medizin und Chirurgie,^) nahmen einen ungeahnten Aufschwung, namentlich seitdem die Photographie einerseits ein wichtiges Hilfsmittel für das Buchgewerbe und das Ulustrationswesen und anderseits durch die enorme Lichtempfind- liohkeit der Bromsilbergelatineplatten im Vereine mit ihrer leichten An- wendbarkeit die Photographie ein Gemeingut aller Gebildeten geworden
1) Herausgeber dieses Blattes waren Sir William Crookes, John Trail Taylor, W. C. Bolton u.a.
2) Es sei liier nur die Photographie mit RöDtgeostralilen (entdeckt von Prof. W. C- BÖDtgeo im Jahre 1895), die Radiotherapie (vörgl. Dr. L. Freund, Grundriß der gesamten Badiotherapie, Wien 1003, Verlag Uiban und Seh warzenberg) usw. erwäfaoL
458 Erster Teil. Achtundvierzigstes Kapitel.
war; auch sei hier nur kurz die Wichtigkeit der polizeilichen und gerichtlichen Photographie erwähnt.
Die älteste photographische Privatlehranstalt in Deutschland war wohl die von Dr. J. Schnauß in Jena gegründete. Er eröflhete seine Anstalt, welche er 15 Jahre innehatte, am 1. Mai 1855 mit zwölf Schülern, welche einzelne praktische Methoden, insbesondere das da- mals noch nicht allgemein bekannte nasse Kollodiumverfahren, gegen ein Honorar von 20 bis 25 Taler erlernten. ^)
Die erste photographische Schule für Zwecke der Armee wurde wohl in England zu Chatom in der Grafschaft Kent im Jahre 1856 er- richtet und zwar für junge englische Offiziere, die mit den topographischen Arbeiten betraut worden waren. Gleichzeitig wurden ausgedehnte chemische und physikalische Laboratorien sowie große photographische Arboitssäle hierfür eingerichtet,*^) woran sich später das photographisch - kartographische Institut in Indien (Calcutta) unter Leitung des verdienst- vollen Oberst Waterhouso anschloß. In Europa gelangte später beson- ders das k. k. Militärgeogj'aphische Institut in Wien zu hoher Bedeutung.
Die Bedeutung der Photographic, sowohl zu Zwecken der eigent- lichen Fachphütographio, als auch für die graphischen Kunstgewerbe und die Wissenschaft, wurde auch durch ihre Einbeziehung als Lehr- gegenstand in staatlichen Unterrichtsanstalten anerkannt. Zuerst wurde in Berlin eine Lehrkanzel für Photochemie und ein photochemisches Laboratorium an der Kgl. Gewerbeakademie, welche später zur Kgl. Tech- nischen Hochschule umgewandelt worden war, errichtet; der berühmte H. W.Vogel war 1865 Dozent, 187,S daselbst Professor und ein frucht- barer Förderer der Photographie, welcher zahlreiche Schüler ausbildete; sein Nachfolger im Lehramte ist Prof. Mio t he. In Dresden wirkt seit vielen Jahren erfolgreich Prof. Hermann Krone an der Kgl Tech- nischen Hochschule; auch in Wien waren, ebenso wie in Paris und London, Dozenten für Photographie an höheren Lehranstalten tätig, und zwar an der Technischen Hochschule in Wien zuerst Dr. E, Hornig, Präsident der Wiener Photographischen Gesellschaft, später (seit 1880) J. M. Eder, in Paris Prof. Vidal an der Ecole des arts et metiers, in London insbesondere Abney u. a. An den deutschen Hochschulen be- tätigten sich namentlich die berühmten Chemiker Bunsen und Roscoö mit photochemischen Untersuclmngon und in neuerer Zeit die Schule des Universitätsprofossors Ostwald in I>eipzig, ferner Luther, Nernst und andere verdienstvolle Forscher, deren Aufzählung zu weit führen
1) Biographie von Dr. J. Schnauß s. Phot. Korix>sp. 1894. S. 365. *J) .lourn. Phot. Sog. iA)n(lon. 1S.")0. Bd. 3, S. 7:5.
photo chemische Prozesse.
Die erste selbständige staatliche Unterrichtsanstait, welche nebst einer wissenschaftlicb-photocheniischen Versuchsstation eine ausschließ- lieh der Photographie und den verwandten Fächern gewidmete Lehr- anstalt ist, wurde in Wien errichtet, und zwar anfänglich unter dem Titel „kaiserlich königliche Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie und Reproduktionsverfahren in Wien", welche über Initiative des Unter- richtsministers Dr. Freiherr von Gautseh nach allerhöchster kaiser- licher Entschließung vom 27. August 1887 aktiviert und am 1. März 1888 eröffnet wurde (die Geschichte dieser Anstalt ist im Beiblatt zum Centralblatt für gewerbliches Unterrichtswesen in Österreich 1898 ent- halten), wobei Ministerialrat Graf V. Baillet-Latour (später Unterrichts- minister) als Referent fungierte. Im Jahrs 1897 wurde auch der Buch- druck, die Heliogravüre und die Lithographie an dieser Anstalt ein- geführt, und ihr Titel in ,,k. k. Graphische Lehr- und Versuchsanstalt" geändert. Die Organisation dieser Anstalt, welche (wie aus den Akten ersichtlich ist) J. M. Eder selbständig ausgearbeitet und im Auf- trage des ünterrichtsmin isters durchgeführt hatte, war vorbildlich für andere der Photographie gewidmeten Lehranstalten geworden. Diese gehören der neuesten Zeit an und betätigen sich alle in reger Wechsel- wirkung mit den Berufs- und Fachphotographen, Amateuren aus allen Kreisen der Wissenschaft und Kunst, den privaten photomechanischen Reproduktionsanstalten, den staatlichen militärisch -kartographischen In- stituten und den Staats- oder Reichsdruckereien an der weiteren Aus- bildung der Photographie im eifrigen Wettbewerbe.
Die Photographie hat sich ganz entsprechend ihrem Wesen und ihrem Entwicklungsgange einen unbestrittenen Platz in der Reihe der Künste und Wissenschaften errungen. Sie ist zu einem unentbehrlichen Faktor im modernen Geistes- und Kunstleben geworden.
Autoren - Register.
Abildgaard 94. 96 Abney 2(>8. 280. 298. 299.
337. 458 Abiilcasem 19 Accum 77 Airy 38 Alton 162 AI Farabi 19 AI Husen 1 Albort, A. 403. 406. 408.
412
— E. 280. 322. 323. 396. 406. 423. 436. 437
~ J. 406. 407. 432. 434 Albert der Große s. Alber- tus Magnus
— Prinz von England 4.54 Albertus Magnus 17. 18.
19. 48 Alhazen 19 Alinari 28 Alkiudi 19 Allen 292
Almeida, J. C. d' 432 Ambuise, Georges d' 160.
161 Andraud 291 Andresen 299. 300 Andronikos 3 Angerer, A. 414
— C 412. 413. 414. 420. '421.423.424. 436. 437
— L. 266
— V. 395 Anschütz 212. 310. 311.
312 I
Anthony 20'). 277. 417 , Appelikon 3
Aquilonius 281. 426 Arago 18. 100. 103. 122.
178. 179. 184. 185. 186.
187. 196. 197. 198. 199.
289 Archer, Fanny 263
— Scott 262. 263. 268 Argenteuil, Marquis von
348 Aristophot-Ge8ell8chaft303 Aristoteles 1. 2. 3. 4. 6.
33. 48 Armstrong 332 Arnaud 293 Arndt 341 Arrhenius 131 Artiguo 354 Artus 6. 137 Ashton 382 Asser 402 Athalin 195 Attout-Tailfor 323 Aubert 166 Aubree 327 Auer von Welsbach, Alois
25. 333. 360. 361. 362.
363. 364. 365. 368. 374.
412
— Karl 333 Averroes 2 Avicenna 1 Axniann 370
Bacon, Lord 38
— Roger 2. 17. 19. 26. 27 Baillet- Latour, Graf 459 Baiard 134
Balduiu 48. 49. .ÖO
Baldus 386. 388 Bancroft 45 Barbaro 27. 30 Barreswil 397. 398. 399 Batut 293 Baudin 261 Baudry 252. 398 Bauer, A. 13. 14. 16. 102. 218
— Francis 160
Bayard VII. 241. 242. 335 Beard 236 Beaumont, de 187 Beauregard, Testud de 349.
444 Beautemps-Beaupre 289 Beccarius (Beooaria) 52.
53. 54. 58. 59. 61. 64,
104 Becher 11. 12 Beck 407 Becquerel, A. C. 441
— A. E. VL 66. 258 3ia 319.' 345. 373. 432. 440. 441. 442. 443. 444. 445. 452
Beechey 280 Begelow 261 Behrens 355 Bellini 279 Belloc 263 Benedetti 31 Bennett 298 Bentinglio 244 Berard 144 Berchtold 415 Beigel 6 Bergman, T. 0. 85. 70
Brkfley 2fm Borna 217. 2ia Ü19. 254.
256. 284. 326. 369. 37a
371. 373 BerthoUet 56. 71. 78. 79.
80. 83. 86. 87. 107. 108.
111. 116. 125. 126. 127 BertilloD 302 Bertrand 285 BensolL 285 Berxelias 30. 131. 136.
137. 149. 150. 313 BessoQ 195 Bestasoheff 47. 71. 120
Bezold Vda 438 Bezzen berger 142 Biedern) Bun 201 Bindheim 80
Biot 240. 334
Bire 247
Bischoff 7. 59
Black 81
Blanquard - Evrard 162.
243. 246. 247. 251 252.
253. 254. 258, 335. 338.
400' Biecbinger 390. 395. 396 Bloch 167. 204 Boccone 22. 23. 24
Bodansteiff 370 Bois-Reymond, '
1 354
BoUay 96
Bollm
Bollstädt, Graf (= Albertus
Hagiins) 17 Bolton, W. B. 279. 280.
429. 457 BoDDet 64
Bonvoisin ^ BucDvictno Bondns 54. 58. 59. 64. 69 BoBange 371. 372 Böttger 261 BOttiger 6
BOUltOD 101
Boassinganlt 146 Bouasod 393. 395. 396. 436 BoutoD 163 BontroD-Cbalard 150 Boavard 166 Boyle 19
Braconnot 138. 250 Bradford 401 Brand 49. 50 Braudau 11 Brande 326 Brandenburg 129 BrandcB 133. 134. 137 Brasseur 440 Braua, A. 320. 353
— G. Vm. 320. 321.322. 396. 398
Brebisson , de 258. 336
Breese 264
Brewater 39. 281. 282,
42S. 430. 154 Biothera H30 Brown 306
— G. E. vm. 158. 168. 180. 204
BruckmanD 396 Hrüdar Jauterö 2 Brilon iit..l]i 123. 130 Brumer 290 Buchholz 94. 109 Buchner 81. 127. 129.
130. 132. 137. 144. 147.
149. I.')0 Bueholz 122. 125. 126 Bnllock, E. 416
— J. 416
BuDBen 114.115.326.326.
329, 333. 458 BoonTicino (= Bonvoisin)
89 Bürger, W. 275 Burgpss 297 Barkbaidt 137 Bomett 258. 350. 415 BüBoh 38 Bufis 338 BuiensUin 436. 437
Cai rsac, Lafon de 356 CameroD 267 Camp, du 252. 253 Campeel 111 Camus 163 CarboneU 137 Cardani 29
Carl Philipp (Pralzgrsf) 16 Carpenter 285 Casaseca 134 CaBciorolo 48 Caatel 57 Cavaton 129 Ceüio 38
Cenoino, Oenoiai 56 GhampollioD 194 Chaptal 6. 81. 82. 83 Qiardon 280 Charles 100. 101 CiiauIncM Herzog von 434 Cherill 429
Chevalier 159. 202. 203. 220. 227, 284.290.452
— Arthur 159
— Charles 159. 168
— Vinoent 159 Chevroul 98. 150. 15i,
158 Chistoni 85 Utauder 8 Claudat 202. 217. 21!l,
227, 228. 229. 233. 237.
238. 371 Clayton 323 Coiudet 128 Cole 46 Coleridge 104 Collen 429 Colsoü VU. 18. 162. 241.
242 Combarel de Leyval 187 Conduche 400 Cornelius 214. 2iri Cota 163 Courtin 204 Conrtois 127 Cowan 303 Cox 368
462
Autoren - Register.
Grell 47. 07. G8. 73. 78.
79. 8:). 87. 88. 91 CromirTe 388 CroU (Crollius) 18 Crookes 329. 457 Cros 319. 320. 430. 431.
433. 431. 43;") Cimdall 375 Cundell 228 Cusca, Füi-st 412 Ciissel 162 Ciitting 401 Cuvior 194 Czerniii, Graf 199. 200
Da^'roii 286. 287. 288 Daguerre, Eulalia 204 — I^uis VI. VII. 128.
132. 130. 141. 142. 152.
ir)3. 159. 100. 101. 102.
103. 104. ir»5. 100. 167.
108. 109. 170. 171. 172.
174. 17.^). 177. 178. 179.
180. 181. 182. 183. 184.
185. 180. 187. 188. 189.
190. 191. 192. 193. 194.
19.'). 190. 197. 198. 199.
201. 202. 203. 2ai. 205.
200. 207. 208. 209.211.
mImi <_|XU. ^I^\J> Miitf'X. i^ÖtJ»
238. 240. 241. 242. 244. 200. 204. .334. 335. 309
Dalo 293
Dallas 378
Dallmeyer 275
Dancer 2S4
Danilo, Fürst 248. 249
Dauptaia 1()3
Davaiine VIII. 180. 339.
:V,)7. 398. 399. 429. 4.34 Davidson 229 Davv 0. 53. 93. HK.). 102.
103. 104. 105. 121. 122.
123. 127. 12S. 130. 178.
239. 284. 331 Donhalcs 43. 44 Derordeaux 171 DtH-uurdcmanche 147 Dedekind 7. 54
Dogatti 162 Del Satto 201 Delamaire 327 Delaroche 189. 204 Deles.sert 187. 206. 387.
454 Dcmaria VIII. 168. 2ai.
205 Dombour 409 Doniokrit 1 Desbarats 418 Desinarets 293 Desinortiei"8 98. 109 Desprats 273 Deville 424 Diamond 444 Dierbach 9
Dietzler 226. 228. 229 Dingler 1.50.210.217.228.
230. 243. 250. 257. 258.
203. 335. 345. 370. 372.
397. 442. 456 Dioscoridos 6 Dippol 110. 113. 160 Disdcki 244. 200. 207 Dixon 279. 399 Dize 82. 83 Döbereiner V. 124. 133.
134. 137. 138. 145. 340 Dübler 300 Dolezal 291
Douiinis, Antonius de 426 Donionte 201 Donuo 211.284.285.309.
370 Donner 6 Dorthes 83 Dow 321 Draper 81 212. 213 214.
215. 210. 315 Dreyer 305
Drumniond 300. 32(). 309 Dsolieber 19
Dubosq 273. 2S2. 285. 288 Duchutol 185. 180 Duconi 293
Dufav 50. 09
I
Duhamel du Monceau .54. i 04
Dujardin 392. 393. 434 Dulk 140. 141 Dumont-d'Urville 289 Dumoulin 432 Dunker 21 Dürer 386
Eastiake 241. 452 Kiistman 300. 301 Eberhard 325 Ebermaier V. 4. 54. 70.
97. 110 Ebu Haithem 19 Ebu Zehr 19 Eckert 438 Eckling 226 Eder 20. 53. 85. 104. 129.
221. 223. 225. 247. 240. 244. 250.252.261.268. 283. 280. 290. 295. 298. 299. 301. 302. 303. 304. 307. .309. 310. 312. 317. 323. 324. 325. 336. 337. 338. 345. 350. 355. 368. .396. 402. 403. 408. 416. 417. 419.422.423.424. 425. 430. 433. 439. 440. 444. 445. 4.50. 455. 458. 459
Edison 312
Edward 408
Edwards 303
EglofEstein, von 416
Elliot, James 281
EUis 162
Empodocles 3
Endlicher 198
Engerth 394
Epikur 2
Erdmann 140. 147. 148.
149 Ermonyi 220. 221 . 222. 229 Ernemann 312 Ernoeuf 202 Etienne 187 Ettingshausen 196. 220.
222. 247. 362 Eudoxia MacremboUtuBa
7. 46. 89
Faber k Co. (Faber &
Schleicher) 407 Faberins 4
Fabricins 17. 18. 333 FabroQi 92 Fagot 343
F&radaylSl. 133.330.429 Fargier 350. 351 Farraud 233. 235 Fei-dinaDd dei' Erste 199 FergtuoD 301 Fernbacb 6 Ferner 264. 272 Fiedler V. 19. 53. 9(5. 142.
144 f^ield 146 Figuier 178 Florelli 6 Fischer, J. C. V. 27. 70.
107. 111 - N. W. 125. 126. 127.
134. 136. 141 Fizeau 209. 320. 338. 371.
372 Flüggen 368 Fookedey 252 Fontaine 381 Foreter 68 Fothe^l 277 Foucault 2S."i. 326 Fouque VI. 153. 154. 155.
158. 160. 101. 171 Fourcioy 87. 88. 110 Frant 147 Frauenstädt 119 Fresnel 122 Frenod 457 Frey mann 3<i7 Frisina 29 Fritz 374. 401 Fromberg 129 Frottier 153 Frey 263
FoUuune 89. 90. 91 Fonke 23
Uatllard 424. 438 Oaleniis 39. 281 Oamble 415. 416 Gariel 285 Garoier 341. 349. 350.
356. 357. 392 Oatot 137 Gandin 232. 278. 279. 294.
327
Ganthier-Villars i:
1. 208.
Gautscli, Freiherr von 459 Gaj-Lusaac 106. 115. 110.
120. 121, 122. 127.137.
195 Geber 8. 9. 10 Gehlen 86. 100. 111. 112.
113. 114 Gehler 93 Geiger 6 Geißler 11. 312 Genioser 407 Gerlaeh 285
mtt, hu
arPlLöi
graphische VIII. — Wiener Photographi sehe
455 GeBsnerus 18 Gide & Baudry 252. 398 Giessendorf, von 401. 412 GifTard 293 Gilbert 91. 93, 94.95.98.
99. 100. 108. 111. HO.
121. 122. 124. 126. 130.
427 Gülot, C. 410 — F. 379. 409. 410. 412.
413 Giobei't 114 Girard 339 Oiroux 201. 202 Girtniier 90. 94 Gladstoue 104 ülauber 19. 76 Olover 263. 277 Gmelb V. 18. 48. 71 Goddard, J. F. 210. 217
Ooetne 4.26.45. Il7. 118. 119. 120. 313
Ooldflworthy 326
Goodwin 300
Goove 326
Göschl413. 415. 420.423. 436. 437
OötÜing 71. 86. 89
Gould 216
Ooupil 371. 372. 387. 393. 398. 436
Oraff 140
Gramme 328
Graphische Lehr- uod Ver- sachsanstalt 437. 438. 459.
Grauniüller 21
Gray 439
Orele 415, 416. 417.419. 423. 426. 427. 438
Greene, Fliese 440
Gren 69. 83. 89
Grevius 45
Grimaldi 108
Grindel 125. 134
Griswold 270
Groll 258
Gros 450
Groß mann 407
Grotthus 130. 131. 429
Grove 370. 371
Grund 6
Grüne 356
Ouerney 326
Guillaumin 291
Gatekunst 439
Oütle 21. 23
Uaa.s 424
Hagemann 72. 73. 157
Hahnemann 87
Halle 76
Hamling 427
Hantstängl 322. 353. 354.
3f>6. 367. 368. 390 Hankel 18 Hardwich 66. 336 Harff 137
464
A utoren - Register.
IIarri8onVI.VlI.212 217.
242. 263. 294. 295. 381.
399 HaiTwitz 314 Harup 96. 99 Hauff 300 Hauron, Ducos du, A. 433
— L. 306. 319. 320. 322. 430. 431. 432. 433. 134. 43;'). 438. 440.
Hauslaab von 305 Häusler 407 Heaviside 429 Hebenstreit 71 Ileinleiu 442. 443. 144 Heinrich V. 4. 48. 53. 54.
69. 89. 106. 109. 110.
111. 121. 125. 126. 13S
Helain 339
Holbig 6
Helcher 10
llellenbaoh 12
Ilellot 55. 56. 76. 77. 104.
334 Helmholtz 131. 281. 427.
428 Hempel IIS Henderson 298. 3:H8 Henuicke 141 Henrv 132. 137. 150 Heraclius 56 Hering 440 Herkomer 368 Herrn bstaedt 66. 67. 71.
94. 115 Hermes Trisniegistus 8. 9.
12 Herodot 4 Horseliel, Fr. W. 209
— .lohn 95. 99. 110. 113. 131. 132.209. 210. 240. 315. 334. 340. 341.441. 448
— Williams Sehwesti»r 214 Hertz 429
Hesekiel 343 Hess 137 HeBler 119 Hill 265
Hipparch 2
Hittorf 313
Hodgson 284. 286
Höfel 409
Hoffmann 366
Hofifmeistor 141. 142
Hofmeister 355
Hof- und Staatsdruckerci
438 Holder 14. 16 Hollar 30. 31 Ilomberg 50 Hooke 38 Hooper 38. 65 Hörn V. 4. 97. 162.2()3.265.
273. 336. 380. 400. 452.
456 Hornig 222. 225. 3vS3. 451.
455. 458 Howard 103
— F. 26() Howlett 375 Hrdlicka 337
Hübl, Freiherr von 2C>8.
291. 323.341.342.343.
384. 445 Humboldt, vou 4. 89 Humphrey 2()3. 451. 452 Hunt VI. 66. 96. 244. 245.
315. 345. 448 Husnik 406. 407. i23. 432.
437 Huxlev 286 Huyghens 19. 93. 108 Hyslop 425
Ihn al Haitani 1. 2
Ibn Rosciid 2
Hg 56
Ingeuhouss 65
Institut, Militär- geogra- phisches 384
Isenring 236
Ives 419. 422. 423. 425. 438. 439. 440
Jacobi 360. 366 Ja£fe, Max 416. 417
— Moritz 416
Jäger, Daniel 95
Jahn 106
Jakobi 343
James, Sir Henry 402. 403.
404. 414 Jamin 229
Janssen 306. 307. 309 Javelle 124 Johannes 26 Johnston 296 Joly 440 Jonas 323 Joubert 357 Jourdan 445 Jovanovits 247. 249 Juch 91. 414 JuUieu 83 Junius 6 Jussiou 194 Just 302. 303. 343
Kaiserling 286 Kailid Rachaidibi 8 Eampmann 20. 386. 402.
403 Karabaeek 324 Karl 187 Karsten VI Kasteleyn 95 Kastner 81. 111. 132. 133.
134. 147. 148 Katharina (Kaiserin) 47 Katzler 414 Kaulbach 406 Keim 6 Kenyon 330 Kepler 19. 38 Keri 66 Kemer 47 Keßler 355. 388 Kiewic 416 King 296 Kingsley 286 Kircher 7. 36. 37. 40. 41.
42. 43 Kirwan 68 Klaproth 71. 157 Klid 354. 393. 394. 395.
396. 414 '
JCnacfefaB 27
Knapp 406. 408. 412
Kniphof 23
Knjrim 146
EobeU, von 365. 3Ö6. 367.
368. 374 Eächert 201 Köhler 15
— A. 286 König, A. 427
— E. 325. 450 Kopp 9. 17. 444 Koppe 291. 438 Kösters 355 Kraft 49 Kratoohwila 216 Kreutzer 65. 102.263.264.
277. 281. 336. 386. 401.
404. 428. «3. 444. 454.
456 Krios 03 Krone 273. 458 KronemaDn 15 Knokel 49. 50 Kurtz 436 Kurz 337 Kybl 361. 362
L.,
1 12
La-Fayette 154 La Hontain 292 I-aborde 267. S.W Lacan 153 Lainer 300. 343 Lambert 234. 289 Lami 410 lAinicbe 282 I^motte 4? Lampadius 148. 149 Lacderer 150 lÄndgrebo V. 4. 48. 53.
54. 64. 66. 80. 91. 94.
95. 114. 140. 147 Lang, V. von 274 Laplace 166 — Ifarquia 195 Larkina 330
von 154 Lanssedat 289. 290. 291 Lavoisier 71. 108 Le Blon 426. 427 Le Gray 259. 261. 262.
26.">. 335. 338. 452 IjO TUoyne 259 Lea, Carey 279. 280. 299.
318 Leahy 277 Lebotgne 327 Lecbner 14 Leggo 418
Leipotd 374. 378. 380 Lemaitre 100.. 170. 385 Lemercier 348. 392. 397.
398. 399. 400. 401 Lemery 46. 83 LenhsTd 396 Untin 89 Lenz, von 306 Leo XIII., Papst 29T Leouhardi 64. 65 Leopold der Erste 22
— König 326 I^reboura 227. 229. 231.
232. 233.234.371.372.
397. 398. 399 Leroux 96 Leth 330. 3.58. 359 Levy, L. E. 423
— Mai 420. 423 Lewis 63
Leykauf 390. 395. 396 Lichtenberg 78. 80. 81 Lieben 333 Liebert 328. 329 Liebig 140. 183. 217. 250.
388 Lienekampf 303 Lieaegang 303, 304, 350.
457
— R. E, 313. -129. 446 Lilien 15
Lüienfeld 337
Link V. 53, 69. 90. 106,
109, 110. 111. 121. 125.
127, 1.^, 160
Litchfteld 100. 104 LoDgnian, Brown & Green
246. 251 Loscberer 406
Louis PhUipp (König) 185
Löwig 137
Löwy 324. 396. 408. 437.
438 Lacenay 327 Lackliardt 374 Lucretius Carus 304, 305 Lukas 456 Lumiere 300, 312. 437.
446
— A. 447. 448
— L. 447. 448 Lüppo-Cramer 300 Luther 458 Lüttgens 244 Lützel 421
Luynea, Herzog von 348. 349, 350, 452
Hac Olellan 292
Maclure k Macdonald 414
Macdonald 414
Macplicrson 401
Macquer 64. 65
Maddox 295. 290
Manly 355
Hanzi 291
Marechal 356. 405
Marey 307. 309. 310
Marggraf 64
Marion 355
Mariot 330. 332. 383. 884
Maiiotte 45
Märkl 402
Mark tanner - Tnmeretscher
286 Martiu 198. 225. 228. 236.
247. 357. 365, 366. 367. 370. 371. 372.442.45.5. 456
Martius 21, 23 Marville 247. 248 Maschek 396
Bl«r, [iMidbnch d>r Pholographia. I.Teil, 3. An9,
466
Autoren -Register.
Massen 86 Maternus 7 Mathet 28t) Mathey 416 Mathieu 338 Maurisset 211 Maurolycus 33 Mawson 3r)2 Max & Co. 136 Maxwell 427. 428. 429.
438. 440 May 314
Mayall 204. 234. 265 Mayer 61 Mo Donough 440 Meade 204 Mehegard 102 Meisenbach 396. 416. 419.
420. 421. 423. 437 Meißner & Buch 438 Menard 261 Mentienne 162. M"8 Merk 149 Meteyon 1(.)2 Mctteruich (Fürst) 199 Meydonbauer 290. 291.
332 Meyer, Bruno 266. 309.
437
— 11. 409
— Josef, F. «2. ()3 Meyuard 261 Meynier 339. 38(5 Alichaolis 149
Michel Angelo Biondo r>7 Miethe 325. 331. 332. 140.
4ÖS Millet 263. 327 Mitsclicrlich 136 Mizaldi 21 Moostlin 29 Moiguo 282 Moitessier 285 Molard, de 338 Monckhoven, van 263. 25)8.
318. 38s Muncoy, de 20. 43 Moiifört. de 452 Moupilhir.! 2S1. 28»*.
Mens, van 113
Montabert 146
Montmeja, de 457
Mörch 413
Morhoff 10
Morse 213. 214
Motay, Tessie du 356. 405
Motte, de la 71
Mottu 405
Mudd 272. 277
Müller 315
Müntz 27. 29
Murate 427
Murray 71
Muspratt 66
Muybridge 307. 308. 309
Xachot 285. 286. 439 Nadar 204. 211. 212.290.
291. 292.293.327.328.
330 Namias 301 Napoleon 111. 387 Nattorer21().218.219.326
— Johann 218
— Josef 218 Neff 270
Negre 378. 386. 388. 392. 109. 410. 411. 412. 414
Nerust 458
Xero 2
Neue Photographische Ge- sellschaft 302
Neuhauß 286. 447. 449
Neumann 55
Newton 19. 93. 98. 108. 117. 119. 120. 426. 427
Nicholson 9ti. 99. 111
Niepc«', Bernard 153
— Claude 153. 154. 155. 156. 157. 158. 160. 162
— de St. Victor VI 1. 153. 257. 258. 259. 385. 386. 387. 388. 101. 402. 411. 142. 443. 452
— Isidore 154. KW). 180. 181. 18.3. 184. 185. 186. 1^7. 188. 189. 194. 198. 202. 23S
Niepce, Nic^»phore VI. VII. 72. 73. 132. 141. 142. 152. 153. 154. 155. 156. 157. 158. 159. 160. 161. 162. 168. 169. 170. 171. 172. 174. 175. 177. 178. 179. 180. 181. 182. 1S3. 184. 187. 205. 20<i. 207. 257. 258. 335. 369. :tö5. 397
— (Oberst) 159 Niowenglowsky 439 Noe (Graf) 195 Norris, Hill 274. 277 Novak 425
Oberniayor, von 306 Obernetter, Emil 337
— J. B. 336. 337.358. 434 Obreuowits, Fürst Michael
247 Ohm 407 <.)nesicritus 4 Opoix m Orell-Füssli 401 Osborne 402. 404 Ost .328. 336 Ostanes 9 Ostwald 450. 458 Ottenfels 200
Paganini 201
Papuuzio (= Panuce) 27.
29 Parrot 94 Pedemontesc {= Pedemon-
taiius) 20 Peisson 137 Pellet 340 Pelletier 129 Pelouzc 137 Pennell 400 Pei^er, von 362 Pernety 59 Petit 46. 83. 419 Petzval 216. 2ia 220. 221.
222. 223. 224. 225. 226.
227. 229. 275 Pfaff 113. 119. 120
■ph 0 fog lapli e II - Verein,
Deutscher 456 Photographie Society Lon- don VIII Piazii 330 FickeriDK 210 Pierson 61 PÜL 409 Piote 201
Pins vir. (Papat) 158 Pizzigbelli 302. 303. 341.
342. 343 Planche 128. 129 Plantü 70 Plateau 304. SOTi Piatinotype Co. 343 Plato 1. 2 Plener 324 PUnins 2. 5. ü. 48 PlöBsel 220 Plnt&Tch 3 Pocy 429 Poggendorff 100. 108. 119.
122. 136. 137. 149. 162.
225. 237. 281. 317. 330.
427. 428. 429. 442 Pohl 198. 286 Poirson 157 Poitevio VII. 256. 260.
262. 294. 341. 346. 347.
348. 349. 350. 356. 372.
373. 379. 380. 392. 398.
399. 400. 401. 402. 405.
443. 444 445. 45:'. Pokomy 362 PoUact 290. 291 PollzenB 15
Poncet du Maupas 158 Ponton, Munyo 112. 344.
345. 346 Poppe 77 Porro 290 Porta 19. 26. 27. 29. 30.
31. 32. 33. 39. 40. 41.
44. 281 Portbury 349 Porter 439 Pouncy 349. 350. 354
PreecB 314 Proisel 103
Pretsch 2:,. 255. 256. 346.
347. 348. 368. 374. 375.
376. 377. 378. 3'9. 380.
381. 392. 410. 414 Prevoat 163 Pricam 247 Priestley V. VI. 27. 33.
40. 53. 64. 66. 89. 79.
83. 102 Prinelc 28ti l*roke8(!h 22H. 306 Rolemäua 1. 2
Rabendiiig 26Ö ßaodon 385 RaufU 368 Bansonnet 430 Rapp 355 Ravene 454 Ray 45 Rayleigh 444 Raymond, von 201 Reade 242. 246 Beaumur 46. 54 Regnault 250. 348. 4.'i2 fieiSensteia 401 Reilander 265 Reimanu 134 Reinhardt 42. 43. 44 Reinhold 29
Reisinger, von 330. 331 Remole 330 Reynaud 306. 308 Rhodo 6 Richter 59
Riffarth 396. 420. 436 Riiraut258. 259. 386.387.
388 Rigoy, von 166 Risner 19 Ritter 95. 99. 107. 110.
113. 114. 122. 125. 140 Riltuer 371. 372 HobinsoD 80. 81, 132 — e. 1*. 265 Robi.iuct 148. 149. 273
Rohr, von 203. 221. 222.
229 Rollmann 432 Röntgen 457 Rosch 401 Roschutz 243 Rosooe 326. 4.58 Rose 137 Rosenberger 2. 40 Rösner 61 RoB 229 Rosse 241 Roth, de 263. 444 Ruthschild (BiirüLi)A. 355 Rouill^-T-wlovJ'zc 355 Rousseau 353 Röusaelon 393 Roux 6 — Jakob 146 Rubens 146. 367 Rudolph (Kaiser) 40 Rue, Warreo de la 216.
376. 378 Ruhland 122. 123. 124
Ruhni.
■ 314
Rumford 77. 78. 90. 91.
99. 116. 120 RosselL 274. 275.277.278.
280 Rutheifoid 21<j
Sauhets 304, 505
Sachse 214. L'16
Sacken 201
Sage, Le 106. 109
Saint-Floiynl 444
Sala 18
Salnion 341. 349. 350. 356.
357 SalomoD 265 Salz mann 252 Sanipolo 440 Sarazin 388
Saussure 83. 84. &-j, 114 Saston 214 Sayce 279
30*
468
Aatoi*en - Register.
Schafheutol (>
Scharroc 4.')
Scheele 52. 61.65. 66.67.
68. 69. 72. 79. 92. 104.
105. 114. 119. 125. 126.
127. 136. 144. 334 Scholdracko 99 Schell 291 Scheror 86. 89. 91. 92.
93. 94. 95. 106. 109 Schering 300 Scheuchzer 50 Schiolhahel ( - Mariot) 383 Schienen 210. 242. 261.
294. 316. 317. 345 Schififnor 264 SchlotterlioH .301. 302. .303 Schmädel, vou 419. 420 Sclimerling 378 Schmieder 9. 16 Schnaub 458 S(;hoellcr, von ',)7h) SchöfFer 426 Schönboin 2()1 Schönhabor 3S4 Schöninger 367 Schoponhaut^r 119 Schott, (Jaspar 33 Schrank 316.401.4.30.455 Schröiler H Schübler 147 Scluiltner 198 Schultz -Sollack 315. 316.
317 Schulze, Joh. Heinr. 50.51 .
52. 53. 59. 61. ()4. 65.
76- 77. 100. 104. 1.52 Schumann 323 Srhwoijrg^T 119. 120. 122.
123. 12.5. 127. 128. 129.
130. 132. 1.33. 134. 136.
137. 1.3S
Schwier 358. 456 Schwind 406 Scopol! 78. 111 Scott 403. 140 Socrotan 229. 231. 233.234 Soehcik 7.'». 117. 118. 119. 120. 32r,. 441. 443. 145
Soely 350
Seguier, de 209
Seidel 136
Seligmann 23
Seile 70. 71. 268.301.437
Sendivogius 12
Senebier 53. 64. ()9. 72. 73.
74. 75. 76. 85. 86. 104.
113. 114. 118. 125. 126.
157. 441 Soneca 2
Senefelder 154. 409. 426 Senillas 137. 147 Severiu 22. Seyowotz 300 Shadboldt 28(). 293 Sidobotham 272 Siemens 314 SillMMor 293. 355 Sillinian 326 Sinu^on 195 Simp.son 347. 444
— Wharton 277. 336 Smilor 102
Smith 330
— II. L. 270
— Willoughby 314 Sncning235. 263. 401.452 Solei l 282
Spanier 456 Spencer 37() Si)ios 11 Spiller 318 Sprengel 147. 148 Stampfer 305. 306 Stanford 307 Starke 429 Sta-s 298 Stech 11 Steff«'ns 127 Stein 286
Steinheil, C. A. 365 Stellmacher 302 Stohmaiin 66 Strieder 141 Stringer 286 Stromcver 137 Sturm«»v 285 Suck 330
Suckow V. 92. 135. 138.
139. 140. 144. 344 Sueß 220 Sulla 3
Sussex, Herzog von 326 Sutton 247. 279. 280 Swan 321. 347. 351. 352.
353. 354.381.383.418.
419 Swindern, von 112. KK) Szathmary, von 412 Szczopanik 440. 450
Tabor 70
Talbot , C. II. 237
— Fox VII. 132.202.237. 238. 239.240.241. 242. 243. 244. 246. 251. 256. 258. 260. 285. 334. 335. 345. .346. 347. 375. 376. 389. 390. 391. 392. 393. 404. 414.415.416
— W. I). 237 Taupenot 27 1.272. 273. 446 Tavlor 240. 295. 335
— Trail 33(). 457 Tennant 163. 204 Tessior 64 Testelin 429
Thenard 106. 115.116.120.
121. 122. 195 Theophrast 3 Thevoz 416 Theycr, F. 368
— M. 234 Thomsen 127. 278 Thorpo 102 Tilloch 106
Tipliaine de la Roche 61 Tissiindier 101. 165. 291.
292. 293 Tizian 30. 31. 367 Toma-ssich 412 Torusiowiüz, von 144 Tüth 268. 299 Tournachou (=Nad«r)291.
292 Tournouer 187 Towler 451, 452
'Pranbe 131 Tribonlet 293
Troitzsoh 438 TrommadorC 47. 88. 89.
92.94.96.112.115.123.
128. 134. 135
— Hermann 149 Trooat 341 Trubnor * Co. 452 Toroer 247. 433
Uchaüns, von 305. 306 Ulrich 436 ünger 362, 408 ürban & Schwarzen boi^ 457
TaladOD 393. 39.^. 396 ValeDta323.334.325.335.
337. 339. 341. 436. 444.
446 Talicourt 338 Tallot 449 Vaasalli 86. 12.') Vatout 187
Tauqnelia 92. 139. 344 Verne 61 VidaJ VIII. 435. 436. 438.
439. 440. 458 Vilim 437 Viiloison 7 Vinci, Leonardo da 27.28.
29. 39 Vitet 187
Vitruvius 4. 5. 6. 27 Vogel, A. 123. 124. 157.
447
— B. 436
— H.A. 1!.^
— H. W. 183. 263. 299. 315. 316. 317. 318. 319. 321. 322, 323, 330. 347. 379. 392. 432. 430. 4r,ä. 457. 458
Voigt 82, 94 Voigtläoder 209, 222, 223,
224. 225, 226. 227. 229.
275
Ritter von 223
— "W. 223. 224 Voltmer iOf>. 384 VosBius 45
Waibl 226
Walgenstein (= Walgen-
steoios) 43. 44 Walker 300. 301 Waller 426 WalleriuB 64. 6.T Walls 265 Walter 6 Ward 163. 204
— Soowden 440 Wardley 277 Wamerte 280 Warnod 264 Wasaersfhleben 290 Waterhouae VI. VIII. 18.
27. 30, 38. 319. 402.
41 S. 433. 458 Watt 101. 102 Watzek 335 Wawra 198 Weber 378 Wecker 20 Wedgwood, Josiah 100
— Thomas 100, 101. 102. 103. 104. lOj. 141, 142. 152. 187. 284. 334
Wegener 405 Weidele 368 Weingartshofer 226 WeiosteiD 429 Weishaiipt 427 Weiska 266 Weiß, C. S. 96, 97. 98 Weiflenberger 437 Weixelgärtner 415 Welgenstein (= Welken-
Btein) 20. 43 Welmann 65 Wenham, Allen 286 Wenzel 72 Werge VII. 214. 216, 212
Wetzlar 136. 141 Weyde, van der 328 Wheatatone 281. 306 Wheeler 423 Wiedemann 1. 429 Wiegleb 6. 7. 9, 17. 18.
49, 50. 76 Wiener 444. 445. 448. 449 Wigand 265 WUczek, Graf 275. 276 Wilde 2. 3 Willis 341. 342 Wilson 264 Winsor, W. B. 353 Winter 244
— M. L. 328 Witting 132 Witwer 84 Wühler 217 WoUaston 38. 99. 121.123.
157. 168. 238 Wood 245 Woodbury 25. 354. 365.
368. 381. 382. 383. 416 Wooton 38 Worel 449 WorriDg 360 WotUey 315 Woulf 128 WulfE i Co. 269 Wünsch 113. 427 Würbel 412 Würthle 368 Wurzbach 374 Wyard 358
Voung 108. 122. 427. 428
Zahn 33. 36. 40. 41. 44 Zalento, Potrua de 8 Zeiß 280 Zenker 414 Zic'gler 63 Zier 149 Zimmermann ."i5
— W. 132. 133. 134 Zink 439
Znohoid 451
Sach- Register.
Achromatisühos Objektiv 202. 227 Ackererde im Lichte 123. 147. 148 Adurol- Entwickler 300 Äther, Oxydation im Lichte 135 Ätliylen, Lichtwirkung auf 115. 11(). 121 Äthvlrot als Sensibilisator 325 Äth vi violett als Sensibilisator 323 Ätzmethode, französische 413
— Wiener 413
Ätzung, galvauokaustische 371
— von Daguerreotypplatton 'M'ß Akademie der (leheimnisse 31 Aktiuometer, photochemischer 442 Aktstudien, erste photographische 231.
235 Albertütypio 406 Albumin alslJindemittel der Silberschichte
258 Papier 33.'). 33(;
— — Einführung 335
— — haltbar gesilbertes 330
Prozel) für die Aufnahme 258. 25i»
Alcannarot 71
Alchimie 7. 8. i). 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16
Alchimisten -Denkmünzen 12. 13. 14. 15. 16
Medaillen 12. 13. 14. 15. 16
Symbole 13
Aldehydgrün als Sensibilisator 317
Algraphie 397. JOJ
Alkalischer Pyro- Entwickler s. d.
Alkohol deLampadius (—Schwefelkohlen- stoff) 157
— Lichtempfindlichkeit 135
Aloe, Lichtwirkung auf den Saft 02 Alphapajüer 304
Aluminiumlicht 332 Amidol- Entwickler 299. 300 Ammoniak im Entwickler 277
— in der Emulsion 298
— Räucherung der Negativplatten 277 Ammonium ferrociti-at, Wirkung auf be- lichtetes Chlorsilber 302
Anaglyphen 432
Anethol s. Anisöl
Angesicht, Schwärzung mit Silbemitrat 76
Anilinfarben, grüne, als Sensibilisatoren
316 -^ Lichtempfmdlichkeit 448. 449 Anilingrün als Sensibilisator 317 Anilinrot als Sensibilisator 317 Animalisches Öl (Tieröl), Dippels 113.
145. 160. 177 Anisöl in der Photochromio 449 Antimonverbindungen , Lichtempfindlicli-
keit 143 Antiphlogistou 90 Apparat zur Darstellung beweglicher Bilder
306 Aqua rubi 9
Aquatintamanier 386. 388. 389 Archerotypie 263 Argentotypie 340 Aristopapier 336 Arsen -Verbindungen , Lichtempfindlichkeit
106 Arsenikrubin, Lichtwirkung auf 106 Arzneimittel, Verderben im Liohte 144.
145 Asphalt 73. 161. 171. 369. 385. 397
— Entdeckung der Lichtempfindliohkeit 73
— in der Photographie 161
— — Tieröl, Lichtwirkuog 160
— -HeliograTure 385. 38(i
— -Photolithographie 307. 398. 399. 400.
401
— -Prozeß, Niflpces heliograpliisohei'
171. 173. 174. 175, 176, 177. 2b8 Astigmatismaa 38 ABtropbotographie 216. 37S Ateliers bei bünGtlichem Licht s. Nacbt-
ateliers Atmosphäre, GinfloB auf Farbeo 112 Attioum 6 Augen blicksphotograpbie s. Momentphoto-
gropbie Auableich verfahren 124. 445. 447. 446, 449 AnskopiaiTerfabreo 240 Autotypie 409, 414. 415. 416. 417. 418,
419. 420. 421. 422. 423. 424. 425
— von Meisenbach 419. 420. 421 Azatinplatten 323
Bade-KollodiuDitrockenverfabrea 271 Ballonphotographie 291. 292. 293
— im Kriege 292
-~ mittels Gelati aetrockeu platten 293
nassem Kollodium 292, 293
Bui knoten druck 384
Baumol im Licht 85
Beogaliscbes Weißfeuer s. d.
Bsrberin 149
Berberitzenhoiz , Licbtwirkung 113
BerggrüD 6
Bergkrystall 2
Berliaeibbu 78. 98, 109, 111
— Entdeckung 78
— in Nuflöl, Lichtwirkung 98 Beugungserdcheinuiigou 108
Bild, virtuelles, bei der Projekitoii 43 Bilder, beliographischCi Niepcos 156 Bildnießkunst s. Photogramtneti'ie BiWungsstätten s. Lehranstalten Biographie von Daguerre 162. 169. 178. 184. 18,'>. 199, 207
Hunt 244, 245
Klic 394
-= V. Eobell 365. 366
Le Oray 262
Niepce de St. Victor 257, 258
Fetzval 220. 221
Poitevio 347. 348
Talbot 237. 344
Uchaiius 3a^
— — B, unter den betreffenden Autoeen-
Birkenrindenrsuch , Verwendung zur Her- stellung von Eornrastein 423
Blattgrün s. Chlorophyll
Blausäure, Licbtwirkung 145
Bleichen von Leinen, Seide, Elfenbein, Knochen usw. 45. 57. 58. 113. 115
Bleisalze im Fixierbade 338
— Licht empfindlichkeit 121 Bleiverstärkung 268
Blenden, erste Anwendung in Objektiven 38
Blitzlicht a. Magnesium licht
Blumenblätter, Liebtempflndlichkeit alko- holischer Extrakte 73, 74
— Hegeneration der Farbe 74 Blumen farbstoffe 73. 74 Blutlaugensalz, gelbes 107
— Lichtempfinülichkeit 78. 113 Blutr«gen 133
Bogenlampe, sprechende 314 Bogeniicbt in der Photographie 326. 327.
328 BoDonischar Leuchtstein 48 Brasilholz 121 Braunstein, Entfärbung 15r) Brenikatechic - Entwickler 299 Brieftaubenpost 288 Brille, Geschichte 2 Broni, Entdeckung 134 Brunicblor in der Dagueireotyi)ie 217 Bmmid, lösliches, in der Emulsion 297 Broiiijod in der Daguerreotypie 217 Bromkalium als Fixieriuittel 243
— — Voi'zögerer 277 Bromsalze im Kollodiumprozeß 267 Bromsaures Silber, Uchtempfindlichkeit
134 Bromsilber, Eigenschaften 134 im Spektrum 315 -Gelatine 294 -Emulsion, Erfindung 295. 296. 297
472
Sach - Register.
Broinsüber- Emulsion, feinkörnige, für
Photochromie 440
im Handel 297
Empfindlichkeitssteigorung durch
Reifen 298 Papier 240. 334. 335
— — erste Anwendung 240
für Schnellkopierung 301. 302
— Vergrößerung 301
Buccinum (Purpurschnecke) 16 Buchdruck -Klischees von Pretsch 376. 3 i' ( . o 1 8
— -Scliwärze im Naturselbstdruck 21 Buchillustration, Anfang der photogra- phischen 2r)l. 252. 254
Calciumnitrat, geglühtes leuchtet 4U Calomel (Quccksilberchlorür) s. Kalomol Camera obscura 2() — 38. 156. 15U
erstes Auftreten 26
in Tischform 38
mit Linse 27. 30
— — — Reflexiousspiogol 38
— — transportable 36. 38
Verbesserung durch Dagu er re 168
Zeichnen mit der 36. 38
zur astronomischen Beobachtung 29
Campecheliülz 121 Canevas in der Autotypie 4H) Carmin, Lichtempfiiidlichkeit 56 Casoidinpapier 338 Celloidinpapier 336. 337
— mit Chromatzusatz 337 Cerussa 10
Chemigrai^hic 112. 413 Chemischer Entwickler s. d. Chemische l.ichtwirkuug s. Licht Cheraity|)io 409
Chica- Farbstoff 146
Chininsalze, Lichtempfindlichkeit 137
Chinolinblau 323
Chinolinrot 323
Chlor, Lichtempfmdlichkeit 86
— Einwirkung auf organische Substanzen
im Lichte s. Chlor bleich um,' Chlorblcichung Sli
Chloi-bromsilbergelatinepapier 303. 304 Clilororasjiliotr.meter von Bert hol et t 78.
7!K So. 81
Chlorgold, Lichtempfindlichkeit 67
Chlorjodsilberpapier 241. 242
Chlorknal Igasph otometer von Bunsen 115.
116. 120 Chlorophyll , Lichtempfindlichkeit 3. 4. 64.
65. 73. 110. 129. 147. 148
— Sensibilisator 319
Chlorsaures Kali beim Magnosiumlicht 330.
331 Chlorsilber, Bräunung am Lichte 18. 67.
107. 140. 141. 156
— Lichtempfindlichkeit, Entdeckung durch
Beccarius 58. 88
— mineralisches 17. 18
— Photographie in natürlichen Farben auf
118
— Verhalten gegen das Spektrum 67. 74
— Zersetzung im Lichte s. Bräunung Chlorsilbergelatine mit Entwicklung 302.
303
Papier s. Aristopapier
Chlorsilberkollodium papier s. Celloidin- papier
Chlorsilberpapier 238. 239. 240. 334
— in der Photometrie 95 Chlorwassor im Lichte 78. 79. 80. 83. 84 Chrom, Entdeckung 92. 344 Chromate, Entdeckung der Lichtempfind- lichkeit 139. 344
— und organische Stoffe, Verhalten im
Licht 355 Chromatleim, Entdeckung der Licht- empfindlichkeit durch Talbot 241. 345
— in der Stahl- und Kupferätzung 399 Chromatographie 146 Chromatypprozeß 345 Chromatzusatz zum Celloidinpapier s. d. Chromgelatine in der Photographie s.
Pigmentdruck
Chrom ich romat (= Chromdio:cyd) 355
Chromocyanotypprozeii 345
Chromolithographie, kombiniert mit Pig- ment - oder Woodburydruck 435. 436
Chromoskop 438. 439. 440
Chromsaures Kali s. Chromate
Chromsäure - Verbindungen , Lichtempfind- lichkoit 92. 344
Clironophotographic 309. 310
— -PapiM U2
Colombinlsck 60 Ciistalli Dianae s, Silberoitrat Corciuna, LichtempÜndlichkeit 88. 121 Cyanin ala Seasibilisator 323 Cyacotjpie 340
Dagnarreian Journal 451
Daguerres Ehrung durch den Kaiser
von Österreich 199. 201 Daguerreotyp - ÄtEong von Berrea 254.
256. 369. 370. 371
Donne 369. 370
Fizeau, Claudel und Grove
371. 372
Poite»in 372. 373
Dagnerreotype, The 451 Dagnerreotypie 100. 103. 178. 179. 109
— Bericht Äragoa 187 — 195 Gay-Lussac 195 — 198
— Entwicklung durch Quecksilber 178.
181. 182
— Erhöbung der Lichtem pfindlicbkeit 216.
217. 218. 219
— erstes deutsches Werk über 198. 190
— Gesetz in Frankreich 185. 186. 198
— in Österreich 198 Daguerreotypien 202. 208
— Kolorieren 236
— Vergolden 209 Daguerreotypheliogravure s. Daguerreotyp-
ätzuDg Daguerreotypkamoraa 201. 202. 203 Daguerreotypomanie 211. 212 Daguerreotypstereoskopie 281. 282. 283 Damaszierung, photographische 386 Dampfkondensation im Licht 83 Deoaicograpbie 412 Denkmal Daguerres 204. 206. 206. 207
— N. Niepces 182
— Petzvals 225
Depeschen, photo mikrographische 288 Dextrin als Bindemittel der Süberschichte
2ö8 Diorama ie3. 164. 165. 199
— Brand des 199
Drachenblut, Lichte mpfindlicbk ei t der al- koholischen Losung 56. 73
Dreifarben- Druck, photographischer 319.
320. 426 ^ -Gummidruck 437 -Heliograyure 433
— -Kupferstich 426. 427
- -Lichtdruck 432. 436 . -Lithographie 427
■ -Photographie 426-440
■ — von Gros 433. 434
Duoos du Hauron 430. 431.
432. 433. 434. 435 ■ Vidal 435
- — auf orthochromatischen Platten317.
319. 320
■ -Pigmentdruck 437
— -Projektion 438. 439. 440 -Theorie 427. 428, 429. 430
:iiihoh
76
Gctypa plantaram 20
Ei konogenentni ekler 299
Einbrennen des Chromatleimbildes 425
EinsUabvertahren 344. 349. 357. 358. 359
— mit Chromaten 357 Eisenchlorid, Lichtem p&ndlichkeit 47.71.
72
— Umwandlung im Lichte 47. 71
— -Ätzung in der Heliogravüre 391 Eisenocker 6
Eisenoxalateut Wickler s. Ferroosalat EisonojydatioQ im Lichte 122 Eisensalze, Lichtempfindlichkeit 47. 71.
111. 113. 124. 138. Eisensulfocyanid, Lichtempfindlichkeit 131 Eisentinktur, Bostuscheffscho 71 Eisenvitriol, Entdeckung als Entwickler
244. 245. 259 Ektypographie 409 Elektrizität und Licht 130. 131. 313 Elektrotochyskop 312 Eloktiotyp vou Pretsch 376 Elfenbein, Bleichen von 115 Eniailbilder, eingebrannte 356. 357. 358 in Schlußsteinen usw. 359
— mittels Einstaub verfahren 356. 357.
358
Kollodiumverfaliren 356. 357. 358
Emmissioustlieori« 67
474
Sach - Register.
Empfindlichkeit von Arsen -, Blei -, Chrom -, Gold-, Kupfer-, Quecksilber- und Silberverbindungen s. d.
Empfindlichkeitsmesser s. Photometer, Sensitometer.
Emulsion, Geschichte der 294. 295
— Kalte Methode 298
— Siodemethode 298 Energiatyppapier 245
Entwickler für Bromsilbergelatine 298.
299. 300 Entwicklung, alkalische 271. 277
— Anwendung von Pyrogallussäure 249.
250
— chemische 298. 299. 300
— j)hysikalische 242. 243. 246. 249. 275 Eosin als Sonsibilisator 319. 323 Erythrosin als Sensibilisator 324 Excursions Daguerrienncs 371. 372
Farben: Atticum 6
— Berggrün 6
— Berliuerblau s. d.
— blaue (Jlasfritte 6
~ Brasilholzlack 7)6. 9.')
— Carmin 50
— C'olombinlack (K)
— Drachenblut 56
— Eisenocker 6
— Fernambuk 64. 95
— Gummilack 57
— Indigo 57
— Krapplack 5()
— Mfinganoxyd 6
— Massicot 6
— Memiige 6
— Rötel 5
— Safran 57
— Schüttgelb 60
— Tourncsül 5()
— Veilchenfarbe 56. 123
— Waid 154
— Zinnober 5. 6. 57. 60
— Kenntnis der Unbeständigkeit 54. 56.
57. 59. f)0
— Lehre im Altoi-tum 3. 117
— Lichtempfindlichkoit 112. 113
— — s. a. unter den betreffenden Namen
der Farben
Farben -Photographie s. Photographie
Änderung organischer Stoffe 96
Autotypie 436. 437
Farbenlehre 117. 200
— Geschichte 117
— Goethes 117 Farbensensibilisatoren 8. Sensibilisatoren,
optische
Farbensynthese, additive 426
Farbentonrichtige Photographic s. Ortho- chromasie
Färberei, Geschichte 59. 88
— Theorie 149. 150. 151. 152 Färberröte 64
Farbiges Licht, Wirkungen s. licht
— — Wirkungen in der Photo -Elektri-
zität 130. 313 Farbige Gegenstände, Reproduktion s.
Orthochromasie Farblacke, Verändening im Lichte 60.
88 Farbteilchen. Zerteilung durch Licht 59 Faust (Zeitschrift) 368 Fernambukholz 64. 95 Fernseher, photoolektrischer 313. 314 Ferridcyankalium s. Blutlaugensalz Ferrioxalat, Lichtem pfindlichkeit 138. 340 Ferrisalze s. Eisensalze Ferrocyankalium 111
— als Fixiermittel 240 Ferrooxalat als Entwickler 299
in der Sensitometrie 299
Ferrotypie 269. 270
— mit Automaten 270 Ferro typpapier 245 Ferrotypplatten 270
Fette, Lichtwirkung auf 115 Films, Einführung 300 Firnis. Lichtempfindlichkeit 140. 141 Fisch leimverfahren 425 Fixieren der Lichtbilder 103. 104. 105. 131. 209. 240
— mit Kochsalz 240
Fixiernatn)u, Entdeckung 131. 209. 240 Fluorotyppapier 245 Fokus, chemischer 227. 228
— optischer 227. 228
Differenz, Entdeckung 227. 228
Fruschblut, Mikrophotographie 285
OallDs-EisenkopierprozeQ 341
Klure als Entwickler 242. 243. 246.
258. 259 Galvsaisoher Flamin eobogen , AafDahmeo
beim lichte des 326. 327. 328 Oalvanismus and Licht 130. 131 Galvanograpbie von Eobell 360. 365. 3SG.
367. 374
Theyer u.a. in Wien 368
Galvanoplastik in der Dagnerreotypie 372 Gaslieht in dar Photographie 333 Gasglühlicht 333 Gelatine als Bindemittel der SilbeTschtchte
258
— Einfühning ioden Negativprozefidui'ch
FoiteviD 260
— -Chlorsilberpapier s. Aristopapier
— -fioltodiumprozoQ s. Eill-Norris-
Prozeß Gemäldereproduktion von Braan 320.
321. 322 Gerbstoffe, albalische, io der Photographie
134 Geschichte der Brille 2
— — Camera obacura 26
Fürberoi 5. 5'J. 88
Heliographie 346
Photographie h. d.
— des Natm-selbstdruckes 20. 21. 22. 23.
24. 360. 361. 362 Projektionsapparates 40. 41. 42.
43. 44 Oeaetz über die Dagnerreotypie 185. 186 Gestirne in der Alchimie fl. 10 Gillotago 410
Glas, bhiues, gegen Fokusdifferenz 284 Gläser, farbige, Verhalten versohicdonev
Substanzen unter 140. 144 Glas-Bilder a. Glasnegative Negative, Erfindung 257
— -Raster 422. 423, s. a. Autotypie
— -Stereoakopon, positive 25!) Glaubersalz ID. 89 Glühlicht, elektrisches s, Licht
— Gas- 333 Glyolnentwickler 300
Gold, Herstellung aus unedlen Metallen 10. 15
14. 15 Goldsalze, chemische Eigenschaften 17
— Licbtempflndlichkeit in der Alchimie
11, 55. 66. 121 Goldsolution , Färben mit 19 Ooldtinktur in der Alchimie 10 Goldtropfen, Lamottescbe 47. 71 Gravüre, photochemische (G. photochi-
miqne) 373 Guajac-Gummi, Lichtwirkung 72
— -Harz 99. 156. 157
Holz, Nachdunkeln 73. 121
Gunimiarabicam als Bindemittel der Silber- schichte 258
Gummidruck, ErBndung 344. 350. 351. 354. 355
Gummigutti 57
Gummilack, Lichtompfindlichkeit 57
Gypbautie 61
HaSbtonätziiDg s. Autotypie Halbtonklischees von Pretsch 376 Harze, Veränderung im Lichte 73 HarztrockenverfahroQ von Desprats273 Hausonblase als Farbenlirnis 74 Heliochromie von Niepce de Saint
Victor 443 Heliochromographie 438 Heliographie 157. 159. 171. 172. 173.
174. 175. 176. 177. 206
— Geschichte a. d.
— von Pretsch 346 Heliogravüre, erste 160
— farbige 316
— mittels geatzter oder galvanisch be-
handelter Dagucrrtüt^ p platten 869
— mittels der Photogalvanographie nach
Chrom leimreliefs 374
— von Khi 393 m 295 396
Sehielhabel gen. Mariot 383
Talbot 390. 391. 393
Talbots Nachfolgern 292. 293
Helioplastie 379 Herbarien, Auf l« Währung 147 Hexensalbe 31 Hill-Norris-Prozeß 274 Hohlspiegel im Projektionsapparat 44
478
Sach - Evegister.
Lichtmessung, chemischo 85. 95 Lichtpauserei 334. 340. 34L 342. 343 Lichtreaktion auf ein Gemisch von Chlor und Wasserstoff , Entdeckung der 115
Lichtstoff, materieller 71 Lichtstrahlen 1. 2
Lichttheorie, elektrochemische 130. 131 Lichtwirkung auf Alkanna 71 alkoholische Lösungen von Blumen- blättern s. d.
— — anorganische Substanzen 142. 143
— — Avignonsche Beeren 88 Berberin 149
IJrasilholz 121
— — Canipccheholz 121
Cochenille 71
Curcuma 88. 121
— — Farben s. d.
— — Haut des Obstes 74
— — Hautfarbe 4
die Materie 2. 3. 4. 19. 108. 109. 1 10
Elfenbein 74
Essig 135
Gummi 135
Holz 85
Holzessigsäure 135.
— - - Hornsilber s. d.
— — Kernies 74
Kork 135
Leder 135
— — liCim 135
— — Lycopodium 135 Malerfarben s. d.
— — Mohnblumeninfusum 123
— — Nicotin 150
Öle 71. 85. 8G. 99. 107. 148. 149
organische Stoffe 9G. 97. 9S. 129.
135. Uü. 149. 150
Orieans 88. 150. 151
Orseille 85. 150. 151
Palmöl 149
Papier 85. 135
Pflanzen 3. 4. 04. 05. 110. 12^). 1
147. 148
Rocou 8S
SafÜor 121
— — Salpeteräthor 74
Sautouin 149
Schweinefett 115
Lichtwirkung auf Wachs 74
Wau 121
Zinnober 4
Zucker 135
— bei chemischen Prozessen 120. 121
— chemische, Auff&ssung als Reduktion 76 Ligroingaslicht 333
Linotypie 244
Linsen in der Camera obscura s. d.
— Wirkung in optischen Apparaten 43 Stereoskop 281
Literatur, photographische 450. 451. 452.
453. 454. 455 Lithographie, Erfindung 154
— Versuche Niepces 154 Lithophotographie 398. 399 Lochkamera s. Camera obscura Löslichkeitsbestimmung von Silbcrnitrat
in Alkohol 72
Luft als Ursache der grünen Pflanzen- farbe 45
Lumiere, La 452
Luna Cornea = Hornsilber, s. d.
Magie und Photochomie 09
— Lichtempfindlichkoit in der 69. 76. 77 Magisterium ai'genti => Silbemitrat Magnesiumblitzlicht 330. 331 Maguesiumliüht 328. 329. 330. 331. 332
— Aufnahmen von Höhlen, Gräbem usw.
330. 331. 332
— Geschichte 329. 330 Malerfarben, Veränderlichkeit im Licht 60.
74. 80. 146
Malerei der Alten 5. 6. 54. 56
— enkaustische 5 Manganoxyd 6
Mangansalzu, Lichtempfindlichkeit 129
Mariotypie 355
Massicot 6
Melainotypie 269. 270
Mennige 5. Ü
Mercurium der Philosophen 12
Morcurius solubilis Hahnemanni 87
Mctallätzung, photographische, für Bacb-
druckklischees 409 Metalle, Oxydation im Licht 8. licht Metallsalze, Farbenveränderong ätherischer
[iisungen im Lichte 111
lösong 133 Metbybosanilinpikrat 317. 318 Metole&twickler 300 Mikrophotographie 384. 285. 286. 287. 2«
— Fortschritte 286
— mit ultraviolettem Ijoht 286 Mikrokoskopappanite 384. 2^ Mibrospiache Bilder auf Kollodium 2G4 von Uagron bei der Belagerung
von Paris 287. 288 Hiuiam a. Zinnober Volke als Sensibilisator 2&8 Moljbdänsäure, LicbtempflndJichkeit 95 HomeutbiMer auf Kollodium 264 Momentphotographie 2(j6. 304. 312
— erste, auf Daguerreotypplatten 218.
219
— 8. a. Sekunden bilder Mond in der Alchimie 9
— -Photographie, erste 216 Monochromata 5
HoBqnitonetz in dar Autotypie 410 Moßtypie 419
MülJergaze in der Autotypie 416
Kachtateliers 328
Naphtalinrot in der orthochromatischen
Photographie 317. 318 Nasses Kollodium verfahren r. Kollodium Natursalbstdruck, Auers 360. 361. 362
— erstes Bekanntwerden 20. 360
— im 16. Jahrhundert 20. 21. 22. 23. 24
— Vorginger des photomecbantschen Ver-
Mirens 25 Negativpapier 300 Nager, Erkiärung der schwarzen Farbe
im Altertum 4 Nicotin, Lichtwirkung 150 NiepfOtypie 257. 258. 260
Objektive, lichtstarke 220. 222. 226
— Geschichte 220 Ocker 5
öle , Bleichen im Lichte 74, 85. 86. 09. 107
Optik, physikalische 108
Orell-FüGli-Druck 401
Organische Substanzen im Licht s. Licht
Orleans 88. 150. 151
OrseiUe 88. 150. 151
Orthochromasie 315. 319. 321. 326
Orthochromatische Photographie s. Ortho- chromasie
Orthochromatische Platten 324
Orthoskop 222. 229
Oxalsäure Hetallsalze, Lichtwirkung auf 65. 70
— Verbindungen als Photometer 78. 79.
. 115 Oxalsäure 65 Oxalsaures Eisenosyd, Quecksilberoxyd,
Silber s. Oxalsäure Matallsalze Oxydation Im Licht s. Licht Oiyhydrogen- Kalklicht 326 Ozotypie 355
Palmöl 149
Panchromatische Platten 325 Paniken ographie 409 Pannotypie 269
Panorama von Paris in Daguarreotypie 233 -Gemälde von Daguerre 165. 166. 167. 168 Panpapler 303
Papier, Vergilben im Lichte 85. 135 Papier-Negative, Erfindung 237 — transparente 243 -Positive, Erfindung 237 Paramidophenol - Entwickler 3O0 Pflanzen, Abdrucke in Naturael batdruck 20, 21. 22. 23. 24. 362 - Ausbleichen im Dunkeln 70 — grüne Färbung, Erklärung im Altertum 3. 4. 45. 64. 65
■ Physiologie 73
■ Wirkung von Licht auf 70 PUanzeneiweiS S. Protalbiu Phantaskop 304
Phen akisti kop =Phantaskop
Phlogistou 66. 67. 68. 69. 70. 78. 89.
13S. 139
Phosphor, Balduinscher s. Leuchtstein . Entdeckung 49
■ Veränderung durch Chlorwasser 80
' Wirkung des Lichtes auf 04. 123. 124 Phoaphoreazenzerscheinung der Leacbt- steine 48. 49 veiachiedeuer Körper 48. 49
480
Sach - Register.
Phosphorverbindungen , Lichtempfindlicli-
keit 132 Photoalgraphie 404 Photochemio 1. 45. 66. 133. 152
— des Sonnenspektrums Gü
— Geschichte der 64
— von Chlorsiiber 06
— — Goldsalzen 66
Quecksiibersalzen s. Quecksilber
Silbersalzen s. d.
Photochemische Gravüre von Poitevin
372. 373 Photochlorid des Silbers 442 Photochromio 117. 118. 441. 445. 450 Photoelcktrizität s. Galvanismus Photogalvanographie 368. 374.378.381.383
— für Kupferdruck- und typographische
Vervielfältigung 374
— im militär - geographischen Institute
383. 384
— von Dallas 378
Fontaine 381
Negre 378
Poitevin s. Helioplastie
Protsch 3(«. 374. 375. 376. 378.
380
Sfibielhabel 383
Woodbury 368
Photogonc - Emulsion 279 Photogeodäsie s. Photogram metrie Photoglyptie s. Woodburydruck Photogrammetrie 289. 290. 291
— Apparat 290
— Geschichte 290 Photographie, Aorienno 293
— Aerostatische s. Ballonphotographio
— angebliche ci-sto Entdeckung der, auf
Papier 102
— Anspruch Hoffjnoisters auf die Er-
iindung der 141. 142
— auf Bromsilbergelatino 294
— von Harri son 294. 295
Glas 286
metallischen Silberplatton 161
Papier 100. 102. 237. 241
— mittels Sonnenmikroskoj) 102
nach Bayard 241. 242
Zinn 158. 159. 160
— bei künstlichem Licht s. d.
Photographie bei Nacht 328
— Emporblühen als Gewerbe 230. 235
— Erfindung durch Daguerre 178
— erste Erfindung 51
— in natürlichen Farben 117. 433. 441. 450 Entdeckung 117. 118. 119
— — s. a. Dreifarbenphotographie
— künstlerische 264. 265. 266. 267. 355
— medizinische 457
— mit Drachenflieger 293
Papiemegativen , -positiven 237.
240. 241. 250 Röntgenstrahlen 457
— ohne Silberbad 279
— vom Luftballon s. Ballonphotographie
— Vorahnung s. Gyphantie Photokeramik 356. 357. 358 Photolithographie 397. 398. 399. 400. 401.
102
— von Gemoser 407
Photometer, erstes chemisches 78. 79. 83. 115
— Verwendung bei der Mont-Blanc- Be-
steigung durch SauBSure 83 Photometrie = Lichtmessung I^hoto - Mezzotintdruck 381
— -Mikrogi-aphie von Dagron 286.287.
288 Photophon 314 Phototyp von Berres 370
Niepoe 162
Phototypie von du Motay u. Marechal
405 Photozinkographie 403. 404. 413. 414 Photozinkotyjiie 409 Physiotypia plantarum 362 Pigmontdruck 344. 346. 347. 349. 350.
351. 352. 353. 354
— Einführung 353. 354
— in der Heliogravüre 354. 393. 394
— Übertragungsprozeß von Swan 351.
352. 353
— von Poitevin 346. 347. 348. 349
Pouncy 349. 350
Pinachrom als Sensibilisator 325 Pinakotypie 450
Planeten in der Alchimie 7. 8. 9 Platinchlorid, Lichtempfindliohkvit 112. 133. 138
oation von 355
— = Platinotypio
PlRÜDotypie 340. a41. 342. 313. Sm
PlatiDEalze, Lkbt Wirkung auf 137. 341. 342. 343
Flatiav(;rfaliren, direkt kopidTemlcK 343
Polizei Photographie 302
Porträt, erstaa photographisohes in Ame- rika 214. 215
Aufnahme auf Daguerreotypplatteo
209. 212. 213. 214. 215
— — ei'SM in natürlichen Farben 446. )47
— -Objektive, Eräpdnng 220. 22,'j. 22t)
— -Photographie 209. 215. 230. 231
— — bei eiektrisohein Liebte 327 Positive, direkte 242. 260
a der I
I. 270
— Bilder auf Email 263 Präservative im Trocltenverfabren 271 . 280 Praxinoakop 306. 308
Frei saussob reiben iibor die Lebie vom
Licht 10!) PreuUiscb'Blau s. Berliuerblau Priucipium iDllamniabiie 67 Prismen, aohromatischo 113
— aus voTschiedeDen Medieu, EiDlluß auf
das Spektrum 119
— -Stereoskop 281 Prieme- menisque l'iO Pi'ojektion der Serienbilder s. d.
— mikroskopisober Bilder 287. 288 Projektionsapparat, bewegliche Bilder beim
40
— Erfindung 40. 42
— Geschichte 40. 42
— mit kÜDStliohem Licht 40 Sonnenlicht 40
— — verschiebbaren Tubus 44 I'rolalbinpapier 337
Puqiur, Wirkung dos Lichtes auf (i, 7. 45 4t> 54 J.5
— häuri. 130
— Schnecke C 7. i'>
Verhalten des Saftes im Licbl 45. 46
Pustlicht 332
Pjrcolophoio 1j4. 155. 157 lyrogaflol als fntwickler 259. 273. 280. y'i
Edei, Handbuch dar FhoUgimpbie. I. Teil. 3.
— ohne Silbernitrat im Unttvickler 277 Pyrogailussäure, Entdeckung der 138
— in der Daguerreotypie 249. 250 Entwicklung 249. 250
({uocksilber, apfelsauroa 137
- bi'enj weinsaures 137 137
— oialsaures 137
— weinsaures 137
— zitrone asaures 137 Quecksilberchlorid lüli Queckailberräucherkaaton 203 Quocksilberosyä , rotes, Lichtwirkung 119
— Scbivfirznog in der Torricellischen
Leere 94 Queeksüberoxydkali, weinsaures 137 Quectailberoiydul, essigsaures 137 Quecksilbersalzo, Lichtemplindlichkeit 55.
63. 65. 66. 70. 87. 96. 99. 119. 121.
124. 128. 129. 137. 140 Quecksilber -Verstärkung 268
Radiotherapie 457
Raster 415. 416. 417. 418. 419. 420. 421. 422. 423
Phetogi-aphie s. Autotypie
Realgar, Lichtempßndlichkeit 106. 109
Keibenbilder s, Serienbildcr
ßeigewerk, photographisch illustriertes 252. 253. 254
Reproduktion l)ei Lampenlicht 219
ßeproduktioLsphotograpbie 321. 322. 415
Besoreiu als Entwicklet 299
Revolver, pbotographischer 307
Rhodansilber, Lichtempfindlichkeit 130
fioeou 88
ßollfilms 300
Eöntgen strahlen 457
ßotel 5
ßotlack 64
Rotspieflglanzerz , Lichtwirkung 140
Riibia tinutoria 64
Biickwirkung der Erfindung der Daguerre- otypie, Talbotypie und der ältesten pliolomechani sehen Verfahreu auf das giapbische lllusti'ations verfahren 251 ■ao. 31
482
Sach - Register.
Hafllor 121 Safran 57
— de Mars 156
Salmiakblumen, Veräudoruug im Lichte
95 Salpeter bei Magncsiumlicbt s. Zündsätze Salpeterätber 74
Salpetersäure, Licbtwirkung 66. 69. 80. 81 Salzsäure, Lichtem pfindlichkeit 116 Samonfeuchtigkeit, schwarze 4 Sammellinse 2
Santonin, Lichtempfiudlichkeit 149 Sauei-stoff 71
— -Abgabe organischer Substanzen 71
— -Gas, entsteht bei der Ammoniakzer-
setzung im Lichte 79
— — Zusammensetzung 93 Lichtwirkung 89
Schablonen, Kopieren auf Kreide -Silber- nitratschlamm 51. 104
Schabpapier s. Chemigraphie Schießbaumwolle 261 Schießpulver, Kenntnis 17 Schlitzverschluß 310. Schnellkopiermaschine s. Kopierautomat Schnellkopierverfahren 246. 247 Schnellphotographie, amerikanische 271» Schnellseher, elektrischer 311. 312 Schönen der Papierbilder 338 Schüttgelb 60 Schwefelarsen = Real gar Schwefelcvanide im Tonbade 339 Schweinefett, Lichtwirkung 11") Schwerspat, leuchtender 18 Sehen, I^hre vom 1. 2. 3
— stereoskopisches 39
— Vorgang 1. 2. 3 Sehstrahlen 1. 2
Seidengaze in der Autotypie 416 Seidenzeuge, Herstellung metallischer
Xiedei-schläge auf 89. 90. 91 Sekuudeubilder 218. 219 Selen, elektrisches Leitungs vermögen 313.
314
— Entdeckung 313
— Tolephouie mit 314 Sensibilisatoren , Entdeckung der optischen,
durch H.W.Vogel 315. 316 Sepia - Blitz - Lichtpauspapier 34 1
SerienbiMcr 304. 305. 306. 307. .308 300.
310. 311. 312
— Photographie von Anschütz 310.
311. 312
Marey 309. 310
Muybridge 307. 308. 309
— Projektion 304. 305. 306. 308. 300.
311. 312 Silber, benzoesaures 88
— borsaures 137
— brenztraubensaures 137
— chemische Geschichte 136
— chromsaures 344
— kohlensaures 94. 109
— railchsaures 137
— phosphorsaures im Celloidinpapior 337
— pyrophosphorsaures 137
— salpetersaures 17. 18. 19
Färben der Haare mit 63. 64
Färben mit 19
— überchlorsaures 137
— Wirkung auf Mineralwässer 5
— zitronensaures s. Celloidinpapier Silberalbuminat, Lichtempfindlichkoit 125 Silberchlorür 443
Silberchromat, Lichtempfindlichkoit 92. 139
Silberhaloidsalze, Steigerung der Licht- empfindlichkeit durch Farbstoffe 317
Silbermuriat = Homsilber
Silbornitrat als sympatketiscbo Tinte s. Tinte
— auf Papier 238. 239
— schwärzt die Haut 19
— und Kreide. Vorsuch Schulzos50. 51
— Wirkung auf organische Substanzen 134 vegetabilische Substanzen 134.
135
— s. a. Silbei-salze
— -Flecken, Entfernung aus Stoffen 140 Verbindungen, Allgemeines über deren
Lichtompfindlichkeit s. Silbersalze
Silberoxyd 141
Silberoxydammoniak, salpotersaiires, Ko- pierpapier mit 335
Silberphotochlorid 442
Silberplatten, jodierte metallische 177
Silbersalze, chemische Eigenschaft 17. 18. 19