BILDUNGSGESCHICHTE DER GENITALIEN aus anatomischen Untersuchungen an Embryonen des Menschen und der Thiere, nebst einem Anhang über die chirurgische Behandlung der Hypospadia. Von Dr. JOHANNES MÜLLER, Professor der Medicin an der Friedrich - Wilhelms - Universität zu Bonn, praktischem Arzt und Operateur, Mitglied der Kaiserl. Leopold. Carol. Academie der Naturforscher, cet. Mit 4 Kupfertafeln. Düsseldorf, t 8 5 bei A r n z. o. Es ist nicht genug, schön und beredt die Erfahrung zu preisen , sondern die Erfahrung selbst und die unermüdete Beobachtung ist nöthig. ♦ Meinem hochgeehrten Freund dem Herrn D. HEINRICH RATHKE, Höfrath |und Professor der Physiologie und Pathologie an der Universität zu Dorpat. Indem ich mir erlaube, einige Worte zuerst an Sie, verehrte. ster Freund zu richten, drücke ich dasVerhiiltniss aus, in wel- chem diese Untersuchungen zu den Arbeiten meines Vorgän- ger stehen. Denn fürs erste betreffen meine Untersuchungen einen Gegenstand, der durch Sie zuerst in die Wissenschaft und zwar mit den herrlichsten Beobachtungen ausgestattet, ein- geführt worden. Ihren Schriften verdanke ich die Anregung zu diesen Arbeiten , und indem ich in den Jahren 1828 und 1829 die Entwickelung der Genilalien bei Amphibien, Vögeln und Säugethieren unausgesetzt und fast täglich in der Natur verfolge, sind zugleich die Beiträge zur Geschichte der Thier- welt nicht aus meinen Händen gekommen. Im Jahre 1828 brachten einige Zeichnungen von mir, und die Relation meiner bisherigen Beobachtungen unsern Gegenstand in der zoologischen Section der Versammlung der Naturforscher in Berlin zur Sprache und Verhandlung. Sie und Herr von Baer waren zugegen. Diess ist genug um anzudeuten, wie anre- gend und wie nützlich diese Verhandlung für mich war. Bald und noch in demselben Winter konnte ich Ihnen die noch an aufbewahrten Embryonen und Larven von Fröschen gemachte Entdeckung der W ol ff sehen Körper mittheilen, ich brachte manches neue Bedenken vor, über das ich fernere Be- obachtungen anslellen wollte. Sie bestätigten jene Beobachtung und waren so gütig hinwiederum mich mit Ihren neuen Be- obachtungen bekannt zu machen, wofür ich Ihnen meinen herz- lichsten Dank sage. Sie forderten mich zu neuen Untersuchun- gen und neuen Mittheilungen auf. Das darauf folgende Jahr widmete ich unausgesetzt diesem Geschäft. Nachdem ich nun zu einem vorläufigen Abschluss meiner Beobachtungen gekom- men bin, geschieht, wozu sie mich berechtigten, und man weiss nun , mit welchem Recht , verehrtester Freund , ich Ihnen diese Mittheilungen ganz ergebenst widme. Bonn, am 1. Februar 1830. Mit aufrichtigster Hochachtung Ihr Joh. Müller. Vorrede. W enn mich eine Erfahrung , oder Entdeckung, oder ein glück- licher Gedanke eines Andern weiter bringt, so freue ich mich herzlich und pflege nicht zu fragen, zu wem der Verfasser es halt und woher er kömmt. Allein es ist einmal Mode gewor- sen , in einer Vorrede zu einer naturwissenschaftlichen Schrift zu sagen, mit wem man es halte, und ob man mit Vernunft oder Versland oder mit den Sinnen vorzugsweise thätig gewe- sen und in dieser Art sich habe irren können. Weil die Vor- rede eines Buchs der einzige Ort ist, an welchem der Person des Schriftstellers zu erscheinen erlaubt ist , sey auch mir diessmal die Gelegenheit willkommen, zu bekennen, welche Methode ich befolge, und welche namentlich in diesen Un- tersuchungen nothwendig geworden. Besonders wünschte ich dicss auf eine etwas bestimmtere und für mich selbst befrie- digendere Art zu thun, als diess früher bei einer andern Ge- legenheit von mir geschehen ist. Diess kann nun am besten von dem Gesichtspunkte gegenwärtiger Schrift aus geschehen. Die Entwicklung des Geschlechtes in dem Embryo ist einer von den Punkten, worüber die Physiologie zwar mehrere theo- retische und hypothetische Versuche aufzuweisen hat, wozu aber noch wenig thatsächliches und keine hinlängliche erfah- rungsmässige Basis, welche doch jede weitere Untersuchung so gut wie ihren Stoff haben muss, vorhanden ist. Was können uns alle Vermuthungen über die Ursachen des Geschlechts -Un- terschiedes -nützen, wenn wir nicht mit unbestrittenen Erfah- rungen wissen, wie die Genitalien, und aus welchen Theilen sie zuerst entstehen, und wie sie sich von Schritt zu Schritt ausbilden, wenn wir hierüber nicht vollständige Beobachtungen von mehreren Thieren und vom Menschen mit gleicher Ge- nauigkeit besitzen. Gelegenheit, Neigung, Uebung in microscopischen Arbeiten haben mich dazu geführt, eine auf blosse Beobachtung und anatomische Empirie gegründete Untersuchung dieser Art bei Embryonen der Amphibien, Vögel, Säugethiere und des Men- schen seit den letzten Jahren zu verfolgen. Der Gegenstand mag es entschuldigen, wenn ich nur meine Erfahrungen und Beobachtungen, ohne weitere Reflexion zusammenstelle. Ich bin zwar immer ein Freund von einer mit Methode angestellten, gedankenvollen, durchdachten, oder, was dasselbe ist, philosophischen Behandlung eines Gegenstandes, Denn phi- losophische Einsicht ist mir überhaupt mit vernünftiger Ein- sicht gleichbedeutend. Ich meine aber damit nicht eine Art, welche ohne hinlängliche erfahrungsmässige Begründung zu ei- nem Resultat kommen kann , oder die sogenannte natur philo- sophische Manier, die ich bereits früher zu charakterisiren gesucht habe, indem ich sie falsche Naturphilosophie nannte, die so verführerisch für das verflossene Zeitaller geworden ist, und die uns in die Zeiten der Jonischen Philosophie zurückversetzte. Ich tadele damit nicht eine mehr poetische und begeisterte Be- trachtung der Natur, welche über der zunehmenden Zersplitte- rung die Liebe an der ganzen lebenden Natur erhalt; allein diese kann, wie die Poesie nie zur Methode oder Manier wer- den, ohne in widerwärtige Afterproductionen auszuarten. Dies^ willkührliche, in einigen Analogien glückliche, im ganzen aber fehlerhafte Dogmatik, die man mit Recht verlassen hat, soll mich aber auch nicht (wie so manchen Andern) hindern, die Wahrheit überall anzuerkennen, wo ich sie finde. Aber was ich philosophische Methode nenne, hat nichts mit jener Dogmatik gemein. Ich fordere zuerst, dass man un- ermüdet sei im Beobachten und Erfahren, und diess ist die erste Anforderung, die ich an mich selbst mache und unaus- gesetzt zu erfüllen strebe. Vielleicht wird man es meinen bis- herigen Bestrebungen glauben , dass es mit dieser Versicherung redlicher Ernst ist ; und ich werde mich sehr freuen , wenn man gegenwärtige Schrift für ein gutes Zeugniss davon hält. Dann fordere ich, dass man die Erfahrungen, wenn sie die hinlängliche Breite und grösste Genauigkeit erlangt haben , nicht bloss zusammenstoppele, sondern dass man, wie die liebe Natur bei der Entwickelung und Erhaltung der organischen W^esen verfährt, aus dem Ganzen in die Theile strebe, voraus- gesetzt, dass man auf analytischem Wege das Einzelne erkannt und zum Begriff des Ganzen gelangt ist. Bei jeder auch nur entfernten Einsicht in den Bau des Organismus erkennen wir, wie diese Organe nicht anders ge- bildet seyn können, als integrirende Theile des Ganzen, wir bewundern die höchste Vernunft in dem Bau des Auges, wie in jedem Theil des Knochengerüstes; in dem Muskelbau jedes Gliedes. Wir sehen die Entwickelung des Embryo aus dem Keim, wie ein Fortschreiten des Allgemeinen und Ganzen in seine integrirenden Theile. Diess ist in den physicalischen Ge- setzen nicht der Fall. In der Physiologie der Pflanzen undThiere ist dem Begreifen ein grösseres Feld geöffnet, es ist noth wen- dig , dass man die vernünftigen Gesetze der Bildung bewusst werde, dass man auch im Begreifen aus dem Ganzen in die Theile strebe, wenn man zum Begriff des Ganzen gelangt ist, so wie die Natur bei den Organismen verfährt. Aber That- sachen, Beobachtungen müssen an unsern Sinnen, an unserm Geiste vorübergehen, um dann erst nach den Gesetzen unseres Gei- stes das Wesentliche in jeder Veränderung von dem Zufälligen zu unterscheiden, das Wesentliche, aus dem das einzelne her- nach zu begreifen ist. Hierin hat uns Casp. Friedr. Wolff, Goethe's Vorgän- ger, das rechte und unzweideutige Beispiel gegeben. Was gleicht wohl auch der philosophischen Methode, wie sie in der Genera- tionslehre von Wolff vor uns liegt, mit so viel strenger Er- fahrung, gediegener, sich immer mehr bewährender Beobach- tung gepaart? Die Kritik der Hypothesen über die Zeugung, womit die deutsche Ausgabe seiner berühmten Schrift be- ginnt, bleibt ein ewiges Musler philosophischer Schärfe, sie ist eben so merkwürdig durch die in der Hälfte des vorigen Jahrhunderts ganz seltene und einzige Vollendung der Darstel- lung und des Stils. In neuerer Zeit hat Andreas Sniadetzki in dem leider sehr unbekannten herrlichen Werke: Theorie der organischen W c s e n . Aus dem polnischen übers. N ü r n- berg 1821. dieselbe Bahn betreten. Diese mit philosophi- scher Tiefe und mathematischer Methode geführte Untersuch- ung zeigt, wie die Elemente derMedicin gelegt werden müssen, sie ist nach meiner Meinung die erste physiologische Grundlage eines wissenschaftlichen Systems der Medicin. Endlich sei mir auch erlaubt, ein Werk zu nennen, das mit philosophi- scher Schärfe und Klarheit, wie empirischer Gediegenheit und Wahrheitsliebe über die ganze organische Physik sich verbrei- tet. Man wird es wohl errathen, dass G. R. Trcviranus Biologie, diese Quelle der gediegensten Belehrung gemeint sei. Aber unendich ist der Geist dieser Männer von der willkühr- lichen naturphilosophischen Dogmatik der verflossenen Jahr- zehnde verschieden , die durch Uebertriebenheit, Willkührund Bequemheit unter Vielen eine Geringschätzung aller philosophi- schen Bestrebung herbeigeführt hat. Naniute doch ein berühmter nunmehr verstorbener Arzt und Professor jeden Irrthum seiner Schüler eine Philosophie. Aus keinem andern Grunde nannte ich jenegrossenBcispiele, als um mich vor jedem Missverständniss zu schützen, um dasjenige, was ich philosophische Methode nenne , von allem zweideutigen abzusondern. Sonst weiss ich wohl, dass die Feier und Bewunderung eines grossen Musters mich selbst noch um gar nichts weiter bringt. Dass nun aber die Erfahrungen zu einer solchen durch- dachten Behandlung und Zusammenstellung geeignet Seyen, ist es nöthig, dass sie wirklich gut und genau erfahren sind. Heut zu Tage wird zwar viel mehr als je erfahren und experimen- tirt, aber wie sind auch oft diese Erfahrungen, wie verwir- rend, wie ungründlich so oft für jeden genauem Beobachter, so dass in der That bei manchem physiologischem Experiment zwar wohl Hände und Augen , aber nicht Kritik und Logik gewesen sind. Durch leichtsinnige Erfahrungen und Experi- mente kann man nicht zum Galilai der Medicin und Physiologie werden. Glücklicherweise ist aber der Weg des erhabenen Ga lila i unter uns langst bezeichnet; Harvey, Mal- pighi, Wolff, Haller sind ihn gewandelt, und die Methode ist so gut bezeichnet, dass jedes , auch das beschranktere Talent, und die bescheidenste Fähigkeit für den Forlschritt des Gan- zen das grosste Verdienst sich erwerben kann , was ja über- haupt die Vortheile einer guten Methode und des Schülers sind. Wie ist nun die gute Erfahrung, das gute Experiment be- schaffen ? Vor allen Dingen es muss sich bestätigen. Denn wenn sich die Experimente nicht mehr zu bestätigen brauchen, so würde ich vorschlagen, lieber solche Experimente zu machen, wie einst ein berühmter Arzt, der das Rückenmark eines Thie- res durch ein Amalgam von Metallen ersetzte, und die Kühn- heit hatte zu erzählen, wie das Thier noch einige Momente seine Orts -Bewegungen fortgesetzt hätte. Ich wünsche Erfah- rung, die sich in allen Fällen wiederhohlen lässt , die immer dieselben Resultate gibt, wie man es von jedem guten physica- lischen Experimente zu fordern gewohnt ist. Jeder Unpar- theiische und Unbefangene wird mir zugestehen, dass man diess von sehr vielen, ja den meisten der beliebten physiologischen Experimente nicht sagen kann. Ich r rdere ferner, dass man in jeder Erfahrung das W e- sentliche vom Zufälligen unterscheide. Dem Physiker, der uns in ein Gebiet der Physik , in die Lehre von der Statik , von der Electricität einführen will, ist nicht jeder Versuch hierzu gleich recht, es handelt sich um ein Experiment, um ein Phae- nomen , aus dem alle anderen ableitbar sind. Goethe sagt: « Tf^as würden wir von dem Architekten sagen, der durch eine Seitenthüre in einen Pallast gekommen wäre , und nun bei Be- schreibung und Darstellung eines solchen Gebäudes, alles auf die erste untergeordnete Seite beziehen wollte. * Jene Art der Erfahrung, welche das Wesentliche von dem Zufälligen unterscheidet, ist die wahre Beobachtung, wovon die Aerzle immer mit Recht sagten, dass sie so selten sey, weil nämlich Versland und Sinn dabei gleich thätig sind, dieser zu erfahren , jener zu unterscheiden , was aus der Erfahrung folgt und nicht folgt, was wesentlich und zufällig ist, beide zu beobachten. Wären alle medicinischen Erfahrungen wahre Beobachtungen, wären die practischen Aerzte, welche den Weg der reinen Er- fahrung und nur der Erfahrung zu wandeln glauben, nicht häufig zugleich voll eigener sonderbarer Theorien , sondern wahre Beobachter, so würde es auch um die practische Me- dicin besser stehen. Beständen alle unsere Erfahrungen aus sol- chen Beobachtungen, so wäre alles weitere Theoretisiren unnö- thig, und die Theorie wäre eine schlichte Erzählung der That- sachen, von denen eine die Consequenz der andern ist. Da nun aber die wenigsten Erfahrungen von dieser Art sind, so ist neben beständiger Selbstbeobachtung alle Schärfe der Kri- tik nothwendig, und die Schärfe der Gedanken wird eben so nothwendig wie die Schärfe der Sinne. Es sollte kaum bemerkt werden dürfen , dass es Pflicht des Gelehrten ist, sich alles des zu bemächtigen, was unter allen Nationen für seine Wissenschaft geschieht. Diess ist jetzt möglich und ist bei dem europäischen Fortschreiten der Wis- senschaften unerlässig. Eine deutsche, französische, englische Schule für eine medicinische Wissensehaft ist Barbarei. Doch kann in Deutschland von diesem Uebel kaum die Rede seyn, und bei uns scheint die Idee einer isolirlen englischen oder französischen Naturgeschichte, Physiologie, Medicin eben so barbarisch als die Idee einer preussischen , bairischen , öster- reichischen Physiologie und Medicin. Ehe ich diesen Gegenstand ganz verlasse j muss ich noch einer nicht seltenen Unredlichkeit in der Benutzung der Lite- ratur gedenken. Man hat oft die beliebte Art gerügt, Schrift- steller anzuführen, Cilate zu häufen, ohne sie zu lesen; noch schlimmer scheint mir aber, wenn man mit scheinbarer gros- ser Gelehrsamkeit eine Menge von Literatur einem Gegen- stände vorausschickt, wahrend man sie doch nicht im gering- sten benutzt hat, ja das in jenen Schriften widerlegte Triviale nur miltheilt. Man würde viel besser seine Kenntniss der Li- teratur verrathen, wenn man aus einer Menge von Schriften mit Urlheil nur die Wenigen hervorhebt, die bewährt und allein des Gedächtnisses Werth sind. Es kömmt auch nicht auf die Reihe der Titel an, wie sie in den Bibliotheken zu finden sind. Denn zu oft ist das Lesenswerteste über einen Gegen- stand in Schriften eines ganz andern Titels aufbewahrt. Doch ich habe schon zu lan^c die Aufmerksamkeit dos geneigten Lesers von dem Gegenstand 'gegenwärtiger Schrift abgezogen. Wendet man, was ich über Beobachtung und Methode bemerkt habe, auf unsere Kenntniss von der Ent- wickelung des Geschlechlsunterschiedes in den Embryonen an, so wird man gestehen müssen, dass es zu einer solchen Un- tersuchung nicht allein an einer hinlänglichen Masse richtiger Beobachtungen, sondern noch sehr an Erfahrungen überhaupt gebricht. Denn vor Allem ist die genauste Kenntniss von der Entwickelang der Geschlechtsorgane nöthig. Die gegenwärtige Schrift hat bloss zur Aufgabe, diese Erfahrungen bei mehreren Thierclassen vollständiger und ge- nauer zu geben , als wir sie bis jetzt besassen. Der Verfasser enthält sich aller Reflexion in einer so schwierigen Sache, er erzählt bloss, was er gesehen, unterwirft jede Erfahrung selbst der eigenen Kritik, um zu erkennen , was aus der Beob- achtung folgt und nicht folgt. Diese Erfahrungen müssen mit aller Schärfe, Genauigkeit und Ausführlichkeit vorhanden seyn , ehe an weitere Combination, Induction u. s. w. gedacht wer- den kann. Ich muss daher sehnlichst wünschen , dass diese Erfahrun- gen nicht allein wiederhohlt , sondern auch über eine noch grössere Anzahl von Thieren ausgedehnt werden. Die Frühlings- und Sommerzeit ist für den Beobachter kostbar, aber man kann nicht auf alles zugleich seine Auf- merksamkeit richten. Zu Beobachtungen über die Entwicke- lung der Batrachier, nämlich der Frösche, Kröten und Sala- mander bieten unsere stehenden Gewässer in der Frühlings- zeit die schönste Gelegenheit, wobei man keinen Tag zu ver- säumen hat. Dann kann man sich in der Frühlings- und Sommerzeit theils durch Brütversuche, theils vom Lande her aus Wäldern und Feldern, wenn man hierzu Aufträge giebt, eine grosse Menge Vogelembryonen täglich zur Untersuchung verschaffen. Man hat ferner in jeder Stadt im Herbst und Winter Gelegenheit, fort und fort Embryonen von Schafen zu erhalten. Dagegen fehlte es mir ganz an Embryonen der Fi- sche; und wenn ich in Hinsicht der Entwickelung der Ge- XVI schlechlstheile beim menschlichen Embryo mich bescheiden muss, hinler der Ausführlichkeit zu bleiben , die ich in den übrigen Abschnitten erzielte, so möge man den besten Wil- len nicht verkennen, und billig bedenken , wie selbst Vorsteher öffentlicher Sammlungen den Mangel an Embryonen bedauern, dass ich aber nicht Vorsteher einer öffentlichen Sammlung bin, und dass ich in dieser Hinsicht nur durc h dieEmbryonen, welche ich in meiner Privatcollection aufbewahre und die ich, wie vieles andere, nicht ohne den grössten Kostenaufwand acquirirt habe, unterstützt war. Um so vollständiger sind da- gegen meine Beobachtungen aus der Classe der Säugethiere. Der geneigte Leser möge daher nicht unterlassen, bei dem Abschnitt über den Menschen, durchgängige Rücksicht auf die Beobachtungen an ^len Säugethieren zu nehmen. Und so seien die Naturforscher, denen eine reichlichere Gelegenheit vergönnt ist, zur Erweiterung und strengen Prüfung der Be- obachtungen auf demselben Wege der Erfahrung aufgefordert. Endlich ersuche ich den geneigten Leser, die Prolegomena ja nicht zu übersehen , sie sind zum Verständniss aller weitern Mittheilungen nöthig, überhaupt bitte ich die ganze Schrift mit Müsse zu würdigen, weil die Anordnung eine beständige Beziehung auf das Vorhergehende enthält. INHAL f. Prolegomena. I. Abschnitt. Beobachtungen über die Entwickelung derGenitalien bei Jeu Ainphibien. §. i. — 16. I. Batrachier. §. 1. — 12. a. Entwickelungsgeschichte der Wol ff sehen Körper. §. 1. — 6. b. Entwickelungsgeschichte der Eierstöcke und Hoden bis zum Verschwinden der Wol ff sehen Körper. §. 6. — 12. II. Eidechsen. §.12. — i5. III. Schlangen. §. i5. — 16. II. Abschnitt. Ueber die Entwickelung der Genitalien bei den Vögeln. §. 16. — 5o. 1. Entwickelungsgeschichte der Wolff'schen Körper. §. 16 — 26. II. Bau der Wolff'schen Körper. §.26. — 5o. III. Entwickelung der keimbereitenden Geschlechtsthcile. §. 3o. — 35. IV. Weitere Entwickelung der männlichen Genitalien. §. 35. — 4°* V. Weitere Entwickelung der weiblichen Genitalien. §. 4°- — 44* VI. Letzte Veränderungen der Genitalien nach dem Auskriechen. §. 44* — 5o. III. Abschnitt. Beobachtungen über die Entwickelung der Genitalien bei den Säugethieren. §. 5o. — 90. I. Entw'c'velungsgeschichte der Wo 1 ff sehen Körper. §. 5i. — 68. II. Innerer Bau der Wolff'schen Körper. §.68. — 71. III. Weitere Entwickelungsgeschichte der männlichen und weiblichen innern Genitalien. §.71.— 77. IV. Entwickelungsgeschichte des Nebenhodens bis zum Verschwinden des Wo Iff sehen Körpers. §.77. — 84. V. Weitere Entwickelungsgeschichte der weiblichen innern Genitalien bis zum Verschw in- den der Wolff'schen Körper. §.84. — 86. XVIII VI. Entwickelung des unpaarigen Geschlechtsganges. §.86. — 89. VII. Entwicklungsgeschichte der äussern Geschlechtstheile. §. 8q. — 00. VI. Abschnitt. Beobachtungen über die Entwickelung der Genitalien beim Menschen. § 90. — 11 3. I. Entwicklungsgeschichte der Wol ff sehen Körper bis zur letzten Ausbildung der Ge- nitalien. §.90. — io3. II. Ueber die Entwickelung des Uterus, §. io3 — io5. III. Ausbildung der Samenbläschen. §. io5. — 106. IV. Entivickelungsgeschichte der äussern Geschlechtstheile. §.106. — 110. V. Veränderungen in der Lage der Geschlechtstheile. Descensustesticulorum. §.110. — 11 3. V. Abschnitt. Schlussätze aus den vorhergehenden Beobachtungen über die Entwickelung der Genitalien beim Menschen und bei den Thieren. §. 1 1 3 - — 1 3 1. VI. Abschnitt. Schlussätze aus den vorhergehenden Beobachtungen über die Bedeutung der Wo 1 f f 'sehen Körper. §. i3i. — i/^S. VII. Abschnitt. Kritik der vorausgesetzten Analogie der männlichen und weiblichen Geschlechtstheile. § i45. — 149. VIII Abschnitt. Kritik der Lehre vom Hermaphrodilismus. §. 1 49- — 161 . Anhang über die chirurgische Behandlung der Hypospadia. §. 161. — 176. Erklärung der Kupfertafeln. I. — IV. PROLEG OMEN Ä. J)ie Entwickelungsgeschichte der Thiere ist durch den Reichllmm der Beobaclitungen und ihrer Resultate bereits so characleristisch für dea heutigen Zustand der Physiologie geworden , wie Bichat's unsterblicher Name und die durch seinen Genius ins Leben gerufene allgemeine Anatomie für die zunächst verflossene Zeit bezeichnend sind. Was letztere fiir die Physiologie leisten konnte, ist grössteniheils geschehen; was die allgemeine Anatomie der Pathologie ist, an sich schon ruhmwürdig genug, ist von vielen der bessern Aerzle unter uns kaum gekannt. Denn die Arzneikunde, in welcher das Alterthum geheiligter und ehrwürdiger ist, als in den raschen Fortschritten der verwandten Naturwissenschaften, hat den bele- benden Einfluss jener grossartigen Richtung noch zu wenig empfunden, welchen einst Ph. von Walther in jener so oft bewunderten Darstellung des Bich at' sehen Systems verkündigte. Unterdessen hat die Entwickelungsgeschichte der Embryonen, zum zweiten- mal nach jenem ausserordentlichen Beobachter Caspar Friedrich Wo lff, ihre rei- chen Aufschüsse eröffnet und Rathsei beantwortet, die man über unnützen Hypothesen nicht fragend geahndet hatte. Ein in microscopischen Unter- suchungen geübtes gute Auge, umfassende Kenntnisse, unermüdete Beob- achtung sind nöthig , den geheimnissvollen Process der Bildung aller Organe aus dem Keime des Ganzen aufzuschliessen. Zwei Gegenstände haben mich in diesem grossen Gebiete, worin ver- dienstvolle Männer den grössten Ruhm begründet, besonders angezogen , die Entwicklung der Drüsen und der Genitalien. "Was mich die Entwicke- lungsgeschichte der Drüsen auf dem Wege der Beobachtung gelehrt hat, ist in dem grössern, über kurz erscheinenden Werk: über den Innern Bau der Drüsen enthalten. Hier sei mir vergönnt, was ich über die erste En. sichung und Ausbildung der Genitalien, namentlich der hinein Geschlechtstheile beobachtet habe, mitzutheilen. Man wird im Verfolg dieser historischen Einleitung sehen, dass ich nur sehr wenige Vorgänger, ja in Hinsicht der Entwicklungsgeschichte der innern Genitalien fast nur einen Vorgänger hatte. Da indessen Rathke's Beobachtungen in dieser Hinsicht sehr reichhaltig sind, namentlich hei Vögeln wenig zu wünschen übrig lassen, so blieb mir nur das Verdienst, die Erfahrungen dieses Vorgängers einer genauen Prüfung zu unterwerfen, sie theils zu bestätigen, theils zu erweitern, über mehrere Klassen, nament- lich den Menschen auszudehnen, und in mehreren wichtigen Punkten zu berichtigen , endlich die übriggelasseneu Zweifel und Fragen vielleicht glücklich zu entscheiden. Allein Alles betraf einen Gegenstand, der an sich von der grössten Wichtigkeit, im Felde empirischer Untersuchung fast noch neu, bald die allgemeine Aufmerksamkeit der Anatomen und Physio- logen erregen dürfte. Denn ist es nicht die erste Entstehung der innern Genitalien, die man kennen muss, ehe man, wie neuerlich geschehen^ über jdie Ursachen der verschiedenen Geschlechtsentwickelung bei den Embryonen nachforscht? Wie verkehrt es aber ist, bei letzterer Untersuchung mit den Eltern anzufangen, hätte die einzige Thatsache jedem Unterrichteten zeigen kön- nen, dass nämlich die, ausser den Weibchen, in Masse befruchteten Eier der Batrachier unz. 18^8. — 8 den Wolff' sehen Körpern ihren Ursprug nehmen. Denn die WoLFF'schen Körper der Frösche, Kröten und Salamander liegen entfernt von den Nieren und Genitalien und stehen in keinem organischen Zusammenhange weder mit den Nieren noch mit den Hoden oder Eierstöcken. §. it. Im Frühlnng und Sommer 1829 untersuchte ich das Verhältniss unserer Organe zu den Fetlkörperchen dieser Thiere; ich untersuchte sie ferner hei Einhryonen der Eidechsen und Schlangen. Seit zwei Jahren hatte ich Rathke's Beobachtungen an Vögeln wieder- holet; hierzu diente im Frühling und Sommer 1828 und 1829 fortwährend eine grosse Menge Vogeleier, die mir aus Wald und Feld beigebracht wurden; ich stellte überdiess wiederhohlte Brütversuche an, um die erste Entstehung festzustellen. Ich hatte endlich Herrn von B.>er's neuere Mitthei- lungen über die WoLFF'schen Körper bei den Vogelembryonen in seiner reichen und höchst schätzbaren Schrift über Entwickelungsgeschichte der Thiere I. Königsberg 1828 zu beachten. Ich entdeckte hierbei und über- zeugte mich, nachdem ich mich über die Geschichte dieser wunderbaren Organe in jedem Puncle vollkommen belehrt hatte, dass sie absondern, dass ihre Blinddärmchen entschieden holile Röhrchen sind. Endlich untersuchte ich die Entwickelung der WoLFF'schen Körper" und der Genitalien bei einer grossen Menge von Embryonen der Säuge- thiere des verschiedensten Alters, besonders von Schafen, wozu man im Herbst in jeder Stadt die reichste Gelegenheit hat, ich fand endlich unsere Organe bei den jüngsten Embryonen des Menschen wieder und verfolgte auch hier in einer Reihe Beobachtungen die Entwickelung der äussern und innern Genitalien. Alle diese Untersuchungen werden eine vollständige Bildungsgeschichte der Genitalien bei den Amphibien , Vögeln, Säugethiereu und beim Men- schen liefern, eine Reihe, in welcher nur die Fische fehlen, deren Embry- onen zu untersuchen ich keine Gelegenheit haue. Erster Abschnitt. Beobachtungen über die Entwickelung der Genitalien bei den Amphibien. I. Batrachier. a. Entwickelungsgesc Iii clite der Wolffschen Körper. c ■ -;i "ik^ ■ ■ ,; ■ - . / sonderbarer Weise liegen die Wolffschen Körper bei den Embryonen der Frösche, Kröten und Salamander am obersten Theile des Rumpfes, während sie bei den übrigen Thieren zu Anfang fast die ganze Rumpfhöhle einnehmen und später mehr in den tiefern und mittlem Theil des Unter- leibs sich zurückziehen. Diese Verschiedenheit der Lage ist auch wohl der Grund, warum diese Organe nicht schon von Rathke bei den Batrachiern gefunden worden sind. Zur Zeit, wo die Embryonen der Frösche und Kröten das Ei verlassen, sind die Wolffschen Körper oder falschen Nieren sehr deutlich; ich habe selbst an in Weingeist aufbewahrten Em- bryonen ihre innere Bildung wieder erkennen können. Lässt man diese Embryonen frisch nur die kürzeste Zeit in einem Gefässe mit Wasser oder in schwachem Weingeist liegen, so fällt die schwarze Haut als eine schlei- mige Masse von selbst ab, und der Embryo ist mit seinen innern Theilen deutlichst erkennbar. Noch mehr eignen sich zu dieser Untersuchung, wie zur Beobachtung der ganzen Entwickelungsgeschichte, die Embryonen einer besondern Krötenart, Bujb obsletricans , deren Eier in der Erde ausgebrütet werden , und deren zarte Embryonen , wie die der Wassersalamander fast ganz farblos sind. Bekanntlich ist der Darmkanal bei allen diesen Thieren 2 10 von Anfang ein einfacher sackförmiger Schlauch, identisch mit dem Dotter- sack, der aus dem Wachsthum des Keimes oder der Keimhaut entstanden ist. Ueber diesen zuerst sackförmigen Darm wölbt sich das Rückgrath herüber. Die Einschnürung und Längenausbildung des Darms entsteht später, indem die Einschnürung oben und unten beginnt und der mittlere Theil aus einem Sack allmählig in einen länglichen Schlauch sich umwandel t. §• 2. Ehe diese Veränderungen geschehen, und ehe eine Spur der Leber er- scheint, sind die Wol ff 'sehen Körper bereits sehr ausgebildet. Zu beiden Seiten des Rückgraths und des Darmschlauchs , am obersten Theile dessel- ben, unter den Kiemen, sieht man immer eine ovale Erhabenheit, von der man sehon mit blossen Augen einen Faden an den Seiten des Puiekgraths nach abwärts verfolgen kann. Bei microscopischer Untersuchung erscheint jene Erhabenheit aus einer gelingen Zahl kurzer rühriger Blinddärmchen zusammengesetzt, welche nach allen Richtungen auseinanderfahren, nach abwärts aber sich zu einem kaum dickern Ausfuhrungsgang verbinden, welcher sehr deutlich in etwas wellenförmigem Verlaufe an dem Rückgrath herab, auf jeder Seite bis zur Aftergegend sich fortsetzt. Am deutlichsten sieht man diese Organe, wenn man den ganzen Darmsack von dem Rück- gralhe vorsichtig ablöst, worauf danu die genannten Theile ohne alle Verletzung mit dem Rückgralhe verbunden bleiben. Fig. i. Tab. I. stellt einen Frosehfoetus von vorn, Fig. 2. von der Seite dar. a. Die falschen ]Nieren oder Wolff 'sehen Körper. b. Der Ausfuhrungsgang derselben. Fig. 3. ist eine Ansicht des Foetus von hinten, nachdem der Darmsack weggenommen worden. Die Bezeichnung ist dieselbe. Fig. 4> Derselbe Foetus von vorn. Es war mir zunächst daran gelegen, dass Herr Dr. Rathke selbst diese Beobachtung wiederhohle; ich schickte daher einen jener Embryonen mei- nem hochverehrten Freunde, der mir untern 18 Febr. 1829 erwiederte, dass er die Wolff 'sehen Körper ganz deutlich und vollkommen, wie ich es beschrieben, an meinem Praeparat erkannt habe. Bei der weitem Entwicklung behalten jene Körper und ihre Blind- därmchen ihre Gestalt und Lage, während der Dai^msack sich nun zu den ersten Schlingen des Darras ausbildet. Zu dieser Zeit ist der Ausführungs- gang noch sehr deutlich. Auch bei altern Larven der Frösche, Kröten und Salamander sah ich jene Körper, sowohl als ihre Ausführungsgänge, bei neuern Untersuchungen immer, was mir früher bei Fröschen und Krö- ten nicht gelungen war. Seihst bei Froschlarven mit schon entwickelten Extremitäten, welche anfiengen den Schwanz zu verlieren, und bei Sala- manderlarven von i5Lin. Länge sah ich die Spuren jener Körper und ihre Ausführungsgänge.' Uebrigens verhalten sich die Wolff 'sehen Körper so- wohl in Geslalt als Lage bei Fröschen, Kröten und Salamandern vollkom- men gleich. Man wird später sehen, dass sie bei allen übrigen Amphi- bien, welche nicht, wie die Frösche, Kröten , Salamander und Fische, des Amnions und der Allantois ermangeln, ein ganz anderes Verhalten zeigen, und dass auch hierin, wie in allen innern Verhältnissen die Salamander ausserordentlich von den Eidechsen verschieden sind. S- 4- Für die Deutung dieser Theile ist es von grosser "Wichtigkeit, dass die eigentlichen Nieren der Balrachier bei den Larven erst sehr spät sich aus- bilden, wenn die Thiere schon lange Zeit ausser dem Ei gelebt haben. Die ersten Spuren der Nieren sieht man bei den Larven der Frösche und Ki'öten als einen feinen Saum von Substanz, der aus gestielten Körperchen oder Bläschen besteht, zu einer Zeit, wo der Darmkanal seine vollkomme- nen "Windungen bereits erlangt hat, wo sie durch eine seitliche Kiemen- öffnung Wasser athmen und die erste Spur der Lunge jederseits als ein ganz kleines längliches Luftbläschen erkennbar ist. Bei den Salamandern, die als Larven noeb viel länger in einem embrvonischen Zustand der Or- gane verharren, sind die Nieren noch so einfach, wenn die Thierchen be- reits eine Länge von i5 — 20 Lin. erlangt haben. ;Noch viel später ent- wickeln sich bekanntlich erst die Genitalien der Batrachier. Es folgt aus der ganz verschiedenen Entstehung der Wolff 'sehen Körper und der Nieren an verschiedenen Orten, dass die letzteren nicht aus den ersleren hei vorgehen. Die Wolff 'sehen Körper fliegen im obersten Theile der Bauchhöhle unter dem Kiemen, sie sind von den Nieren immer durch ei- nen Zwischenraum getrennt. Zur Zeit, wenn sich die Nieren bereits entwickelt haben, haben die Theile das Verhältniss der Lage, wie ich es in fig. 5. Tab. L von einer Froschlarve dargestellt habe. a. a. Die Nieren , deren Harnleiter an der äussern Seite entsteht. b. b. Die Wo 1 ff'schen Körper. c. c. Die Ausfuhrungsgänge derselben, welche, indem sie sich von oben nach abwärts etwas nach innen wenden, das obere Ende der Nieren erreichen und unter denselben herabgehen." Dies sind die Fäden, welche immer an dem Nierenende hängen bleiben, wenn man die Nieren bei Larven der Frösche und Salamander ablöst, die man selbst bei erwachse- nen Thieren oft noch antrifft als eine fadenförmige Fortsetzung der obern Spitze der Nieren. S- 5. Bei Froschlarven, die noch keine Extremitäten entwickelt haben, sah ich immer an der innern Seile der Wol ff'schen Körper ein ganz kleines Häufchen graulich weisslicher körniger Substanz liegen , das man im An- fang für das erste Rudiment der Hoden oder Eierstöcke irrthümlich hallen kann, wenn man bei Vögeln und Säugeihieren den Ursprung der Hoden und Eierstöcke an der innern Seite der W o 11 f 'sehen Körper bereits gesehen hat. Siehe jenes Körperchen in fig. 5. A. Tab. I. und besonders in Fig. 5. B abgebildet. In letzlerer Figur bezeichnet a- die Blinddärm- chen des W o 1 f f 'sehen Körpers, b. das genannte Häufchen graulich weisslicher Substanz, c. den Ausführungsgang des Wol ff'schen Körpers. b. Entwickelung der Hoden und Eierstöcke bis zum Verschwinden der Wolff'schen Körper. §. 6. Ob an den Wolff'schen Körperu bei den Batrachiern, ebenso wie nach Rathkes Beobachtungen bei den Vögeln, die keimbereitenden Ge- schlechtstheile, nämlich Hoden und Eierstöcke, sich entwickeln, konnte ich in meiner frühern Abhandlung aus Beobachtungen nicht entscheiden. Viel- — i3 — leicht, vermuthete ich damals, sind die bekannten gelappten Fettkörper, die an den Hoden und Eierstöcken hei den Batrachiern im erwachsenen Zustande anhängen, jene räthselhaften Fettkörperchen, nur die letzten Ru- dimente der eben so räthselhaften TV ol ff 'sehen Körper der Embryonen und Larven. Dies ist indessen durchaus nicht der Fall ; meine neuern Beobachtun- gen widerlegen dies vollkommen, und ich habe mich überzeugt, dass die Fettkörper eine ganz andere Entstehung nehmen. In dieser Hinsicht war Rathke's frühere Bemerkung allerdings richtig, wenn er sagte, die Fett- ablagerung bildet sich erst zu Anfang des Sommers, wenn die Larve schon die beiden Hinterbeine erhalten hat *). Wie Rathke richtig erwähnt, zeigt sich zuerst eine zarte weisse Linie an dem innern Rande der Niere , die meist vorne etwas angeschwollen ist, und bald in einzelne zerbröckelte Fettklümpchen sich sondert. Die erste Spur der keimbereitenden Geschlechtstheile fand ich, über- einstimmend mit Rathke *), wenn die Larve ihre 4 Extremitäten bereits erhalten hatte und der Schwanz sich zu verkürzen anfängt. Dies war in der Hälfte des Juni. Der keimbereitende Geschlechtstheil , Hode oder Ei- erstock, entsteht an dem Fettkörperchen selbst, also ebenfalls am innern Rande und an der vorderen Fläche der Niere, als ein weisses körniges Klümpchen, dass sich bald von den ober und unter ihm liegenden Fett- theilchen unterscheidet. Siehe flg. 7. Tab. I. a. Hoden , Fettkörper- chen. Vergl. fig. 8. aus etwas späterer Zeit, und fig. 9. , wo das Fettkör- perchen bereits in 5 Franzen sich zu theilen angefangen hatte , der Hoden aber aus starken Körnchen oder kurzen Cylinderchen zu bestehen schien und nach abwärts etwas ausgeschweift war. a- Niere, b. Hoden, c. Fett- körperchen. 7- Die wichtigste Frage ist nun, woraus entspringt Eierstock oder Hoden? Aus dem TVolff'schen Körper entspringt er nicht; es ist anders als bei den Vögeln und Säugethieren, wo der Hode andern innern Rande desTVolff'- *) a. a. O. p. ig. *') Ebend. p. 24. - 4 - sehen Körpers zuerst erscheint. Beide liegen liier entfernt von einander. Nur der Ausführungsgang des Wo 1 ff 'sehen Körpers führt von ohen nach ahwärts und etwas nach einwärts gegen die Spitze der Niere. Siehe Hg. 6. Tab. I. von einer Froschlarve, die bereits 4 Extremitäten besass und den Schwanz noch nicht verloren hatte, aus der Mitte Juni. a. Nieren. b. Keimbereitende Geschlechtstheile, Hoden oder Eierstöcke. c. Wolff'che Körper, unter den Kiemen liegend. d. Ausführungsgänge derselben, wohl zu unterscheiden von den bei- den Bogen der Aorla, die sich über den Nieren zur einfachen Aorta abdominalis vereinigen. § 8. Es wäre möglich , dass Hoden und Eierstock bei ihrer Entstehung eine innige Beziehung zum Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers hätten, und dass aus letzterem der Samengang würde, wie es bei den Vögeln sicher der Fall ist. Bei den erwachsenen Fröschen, Kröten und Salaman- dern gebt der Samenleiter hoch über den Hoden hinaus, als ein Faden, bis in den obersten Theil der Unterleibshöhle, wo er sich nach aussen wendend verliert. Dieser Faden stimmt ganz mit dem frühern Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers überein, nur dass er bei den erwachsenen Batrachi- ern an dem äussern Bande der Nieren hergeht. Dieser Faden ist bei den Fröschen und Urodelen, wie Rathke *) gezeigt hat, nur in seinem un- tern Theile hohl, bis in die Gegend, welche dem obern Ende des Hodens entspricht. Der obere fadenförmige Theil wird hier sogleich sehr dünn und Rathke konnte keine Höhle in ihm darstellen. Bei den Molchen findet sich nach Rathke auch eine Verschiedenheit der Farbe zwischen dem obern und untern Theile des Samenleiters, indem ersterer bei allen Molchenarten gleich einem Silberdrathe weiss, letzterer aber beim Salaman- der schwarzbraun ist. *) a. a. O. p. 4° und in dem Buclie über die Urodelen p. 7a. s. 9- Was 'nun. die Verbindungsgänge zwischen dem Samenleiter und dem Hoden betrifft, so ist es äusserst schwierig, den unmittelbaren Uebergang queerer Gefässe in den Samenleiter darzustellen. Schon Swammerdam sah solche Gänge oder vasa ejfferenlia aus dem Hoden gegen die innere Seite treten und bald wieder zum äussern Rande der Niere sich begeben , um in den ductus deferens überzugehen; allein Swammerdam glaubte irrigerweise, dass auch der Uznn in den ductus deferens ausgeleert werde, und kannte den Harnleiter, welcher ebenfalls am äusseren Rande der Niere verläuft, nicht *). Bei den Vogelembryonen gehen die vasa efFerenlia des Hodens durch den Wo 1 ff sehen Körper in den Ansführungsgang des letzteren über, der, an der äussern Seile des Wolff sehen Körpers verlaufend, auch weiter aufwärts geht, als der Hoden reicht, und selbst bei jungen Vögeln noch als ein blindes vom sogenannten Nebenhoden ab gegen die Nebenniere auf- wärtslaufendes blindes Gefäss zu verfolgen ist. Diese Verbindung des Ho- dens und des Ausführungsganges des Wölff'schen Korpers durch vasa efferentia bleibt sodann, aus dieser Verbindung entwickelt sich ein Anschein von Nebenhoden bei den Vögeln, während die Substanz des Wölff'schen Körpers selbst nach und nach bei jungen Vögeln verkümmert und ver- schwindet. So viel über den problematischen Zusammenhang des Hodens und des Ausführungsganges vom Wollf'schen Körper bei den Balrachiern. Man bedenke wohl, dass ich diesen Zusammenhang nicht gesehen und nicht bewiesen habe, dass er nur aus gewissen Gründen einigermassen *) Ex inferno testiculorum latere nonnulla pullulant vascula seminalia rnajuscula , alia simplicia, alia in ramos partita , quae semen per tolidem quasi rivulos e testiculis eveliunt, j rout facile conspici potest, modo testiculos quis tantillum comprimut , tum eniui pallido i 11 a atque albes- cente speimate rej lcntur. Seminalia Larcce vascula, sive parastalae naturaliter divisac, paulla- tim adversus renes, quibus testiculi ineumbunt , progrediuntur et tunicam renum investientem perforantes, tandem in deferens vas sese inserunt. "Vasa autem isthaec deferentia extemam re- num oram occupant, ibique cum vasculis seminalibus modo memoralis conjunguntur. Hic veio probe animadvertendum est, quod renes suum quoque lotium per istud idem deferens vas, per quoil testiculi in coitu seinen suum excernant, etiam semen atque uiina evacuantnr. Bibl. nat. T. II. P. 795. — 16 — wahrscheinlich ist; wie es denn überhaupt bei der Zartheit des Hodens zu dieser Zeit unmöglich ist, etwas sicheres zu ermitteln. Es könnte wohl seyn, dass der obere fadenförmige Theil des ductus deferens allerdings der Rest vom Ausführungsgang des Wo 1 ff sehen Körpers ist, der ductus deferens aber, so weit er hohl ist, ein neues von jenem Faden unabhängiges Gebilde ist. Ebenso weiss ich auch nicht, welches Verhältniss der Ausführungs- gang des Wollff'schen Körpers zum Eierleiter hat, ob der Eierleiter neben diesem Ausfiihrungsgang besonders entsieht, wie bei den Vögeln dies entschieden der Fall ist. Ich habe mir vergebens alle Mühe gegeben , diese so schwierige Frage zu lösen; ich muss sogar bezweifeln, dass ein Anderer glücklicher seyn wird. Denn was die Sache noch schwieriger macht, ist die Unterscheidung des Geschlechtes bei ganz jungen Fröschen. Bei den Vögeln ist dies bald sehr leicht und sicher, weil bei den weibli- chen in der Regel der eine Eierstock und Eierleiter sehr bald verküm- mert und eingeht, so dass man allein hieran schon künftige Männchen und Weibchen vollkommen sicher erkennen und unterscheiden kann, eine Erleichterung, die bei den Säugethieren wieder ganz wegfällt §• io. Dass die Wo 1 ff sehen Körper nicht in der nothwendigen Beziehung zum Amnion und zur Allantois stehen, welche Rathke früher vermuthete, ist nun erwiesen , nachdem diese Organe von Fröschen, Kröten und Sala- mandern, überhaupt von den Batrachiern bekannt geworden, welche in Hinsicht der Eihüllen sich von allen übrigen Amphibien auf eine so merk- würdige Weise unterscheiden und mit den Fischen übereinkommen, indem sie weder ein Amnion, noch eine Allantois besitzen, während die Eidechsen, Schildkröten, Schlangen mit den Vögeln und Säugethieren durch das Vor- handensein des Amnion und der Allantois übereinkommen. Dass die Wolff'schen Körper auch den Fischen zukommen, ist we- gen der Batrachier sehr wahrscheinlich. Vielleicht liegen sie auch hier *) Ueber die Zeitverhultnisse und die allmähligen Veränderungen der Samenleiter und Eierleiter , so ■wie der Eierstöcke und Hoden findet man viele interessante Beobachtungen bei Rathke in seiner Abhandlung über die Entwickelung der Geschlechtstbeile bei den Amphibien und in der Schrift über die Urodelen. — 17 ebenso hoch, in der Rumpfhöhle. Ich bedaure sehr, dass ich noch keine Fischembryonen in dieser Hinsicht untersuchen konnte. Herr Dr. R a t h ke hat mir hierzu Hoffnung gemacht, indem er mir Embryonen von Blennius viviparus zu diesem Zwecke versprach. Vielleicht wird er uns selbst hier- über Aufschluss geben, was ebenso willkommen ist. Ich habe bis jetzt nur einen Rochenfoetus und mehrere ganz entwickelte Embryonen von Haien , welche letztere ich selbst besitze, untersuchen können; doch ohne Erfolg. Bei jenem ganz jungen Rochenembryo, der vom Kopf bis zum Schwanzende 3 Zoll mass und noch äussere fadenförmige Foelus- Kiemen hatte, lagen in der 71/2 Lin. langen Unterleibshöhle, zu den Seiten des Rückgraths herab 2 weisse, oben dünnere, unten breilere, platte Körper, die aus lauter klei- nen Blinddürmchen bestanden. Auf dem untern Theil der vordem Fläche dieser Körper lag ein anderer kleinerer und schmalerer Körper von ähnli- cher Form, der ebenfalls aus lauter, noch sehr viel dünnern und kleinern Blinddärmchen bestand. Welcher ist die Niere, ist vielleicht einer Wo lff- scher Körper? In meinem Werk über den innern Bau der Drüsen habe ich von diesen Organen eine Abbildung gegeben. Tab. XII. fig. 1. IL Eidechsen. § 12. Dass die Eidechsen , Schlangen und Schildkröten jene räthselhaften Or- gane im Foetuszustande besitzen, hat Rathke aus seinen weitern Unter- suchungen vorläufig angezeigt. Beiträge zur Geschichte der Thierwelt. 4- H. p. i 55. i36. Rathke glaubte auch hier Bemerkt zu haben, dass diese Organe bei den Weibchen ganz verschwinden, bei den Männchen aber zum Nebenhoden werden. Dies ist indessen so Avenig hier, als bei den Vögeln und Säugethieren möglich; denn der knäuelförmige Anfang des vas deferen$, was man bei diesen Thieren Nebenhoden nennt, ist ein zusammenhängen- der Caual und hat keine Aebnlichkeit mit dem Bau des Wol ff 'sehen Körpers. Allerdings ist bei jungen Eidechsen und Sehlangen noch ein Rest 5 » — 18 — des W o 1 f f 'scliea Körpers vorhanden; allein dieser verschwindet allmählig ganz und die älteren Thiere zeigen keine Spur davon. §. ä, Bei den Eidechsen verhalten sieh die Wo 1 ff sehen Körper nach mei- nen Untersuchungen im Anfang ganz so wie hei den Vögeln. Sie bilden nämlich nicht, wie bei den Batrachiern, ein rundes Häufchen von Blind- därmchen, sondern, die Blinddärmchen entstehen parallel entlang der gan- zen Wirbelsäule auf beiden Seiten, vom Herzen an bis zum Schwanz; sie erscheinen zuerst als Cylinderchen , die am Ende dicker sind, oder als ge- stielte Bläschen und scheinen an der hintern Fläche verbunden; alle liegen im Anfang queer und ganz parallel. Hieher gehört unsere erste Beobach- tung von einem Embryo der Lacerta viridis aus frühester Zeit der Ent- wickelung. Siehe iig. 10. Tab. I. Dies sind offenbar dieselben Organe, welche Emmert und Höch- ste tter in ihrem Aufsatz über die Entwickelung der Eidechsen (Reil's Archiv für Physiologie T. i©. p. 94) aus einer schon spätem Zeit als schwam- mige röthliohe Organe zu beiden Seiten der Bauchhöhle andeuten und die sie fälschlich für die Rudimente der Nieren hielten. Bei fast ausgebildeten Eidechsenembryonen reichten die Wo 1 ff sehen Körper noch durch 2/3 der Bauchhöhle nach aufwärts, zu den Seiten der Wirbelsäule gelegen. $ie waren oben breiter, unten allmählig schmäler, übrigens »platt. Man hätte sie immer noch für gieren halten können , aber diese waren auch vorhanden und lagen ganz im untersten Theile der Bauchhöhle, von ,den untern Enden der Wol ff sehen Körper an der innern Seite bedeckt. Die Eierstöcke oder Hoden Jagen an der innern Seite des obern breitern Theiles der Wolff sehen Körper als hirsenkorn- ähnliche weisse Körperchen, die überdiess einen braungelben Hof um sich hatten. Von drei gleichalten Embryonen waren 2 männlich, einer weiblich. Bei letzterem lagen die sehr starken Eierleiter ganz frei , und ohne Verbin- dung mit den Wol ff sehen Körpern an der äussern Seite derselben; oben weichen sie mehr von einander nach aussen und reichen bedeutend höher — 19 — als die W ol ff 'sehen Körper, ihre Enden sind stumpf und breit. Sie sind selbstständig hervorgewachsene Köhren, die gar kein Verhältuiss zu den Wo lff 'sehen Körpern haben. Siehe fig. n. Tab. I. a. Nieren. b. Wolf f 'sehe Körper. c. Eierstöcke. d. Eierleiter. Bei den männlichen Embryonen zeigte sich gar nichts, was man mit den Eierleitern vergleichen konnte. Nur an der äussern Seite des Wolff- schen Körpers verlief wie bei dem weiblichen Embryo ein Ausführnngsgang herab, der diesem Körper eigen ist. Es scheint daher dasselbe Verhältniss wie bei den Vögeln obzuwalten, wo der duetus deferens aus dem Ausfüii- rung.gmg des Wolff'schen Körpers gebildet wird, bei den Weibchen aber neben diesem Ausführungsgang ein eigenthümlicher selbstständiger Eier- leiter vorhanden ist. III. Schlangen. §: 15. Bei schon sehr entwickelten Embryonen einer Boa, die ich der Güte des Herrn Obermedicinalrath von Froriep verdanke, fand ich die Wolff- schen Körper gerade so wie bei der zweiten Beobachtung an Eidechsen. Ich kann nicht umhin, hier einer brieflichen Mittheilun" des Herrn Dr. Balhke vom 18 Febr. 1829 zu erwähnen, weil sie eine Ergänzung der früher öffentlich mütgetheilten Bemerkungen enthält. Es heisst darin: «Bei Schweinen^ Schafen und Hühnern habe ich, so deutlich es nur seyn kann, wahrgenommen , dass ein Theil der falschen Nieren , Avährend der andere Theil verschwindet, zu dem Nebenhoden sich umwandelt. Bei den Schlan- gen dagegen war es mir ganz unmöglich auszumitteln , ob auch bei ihnen derselbe Fall statt findet, obschon ich eine grosse Zahl junger Schlangen untersuchte. Denn bei allen war die letzte Spur der falschen Nieren so zart, dass- es mir nicht gelingen? wollte aufzufinden , ob die eigenthümlichen 20 Gefasse dieses Ueberreste* mit den Samengefassen der Hoden in Verbindung stehen oder nicht. 8 Möge mein verehrter Freund verzeihen, wenn ich auch hier abermals an einer solchen Verbindung, an die ich früher selbst glaubte, zweifele. Ich [untersuchte mit meinem hochgeschätzten Collegen M. Weber, der uns mit einer sehr genauen Arbeit über die Geschlechtstheile der Schlangen bereichern wird, die Hoden bei vielen Schlangen, auch besonders bei ganz frischen Subjecten. Hier fand ich nun niemals eine Spur der eigenlhüm- lichen Blinddarmchen des Wol ff sehen Körpers, dagegen einen kleinen Neben- boden, welcher nur aus deutlichen Windungen des Samenganges bestand. Wahrscheinlich verschwinden die letzten Reste des Wol ff 'sehen Körpers bei jungen Schlangen, so wie bei den jungen Vögeln, Zweiter Abschnitt Beobachtungen über die En twi ekel ung der Genitalien bei den Embryonen der Vögel. Tab. II I. Enlwickelung der Wo 1 ff'schen Körper. §• 16. Bei den Vögeln liegen die Wol ff'schen Körper, wie Rathke zuerst genauer angab, am vierten Tag der Bebriitung, innerhalb der Carina als eine schmale dünne Schichte zarter, aus Querplatten bestehender Substanz durch den grössten Theil des Rumpfes. Ich sah sie vom Herzen bis zum untern Ende oder besser bis zu der noch als Bläschen erscheinenden AI- lantois oder Chorionsblase. Rathke sagt mit Wojff, dass sich diese Sub- stanz bald in 2 Seiten theile spähe; ich habe sie aber nie ungespalten gesehen; denn bei ihrem ersten Erscheinen geht der Hauptgefässstamm zwischen ihnen herab. Auch von Baer bestreitet jene ursprüngliche Eiu- heit entschieden Ich muss hier auch bemerken, dass mir diese Subr stanz, gleich von Anfang an, als ein Aggregat von queerliegenden Cylin- derchen oder gestielten Bläschen zu bestehen schien, so zwar, dass die Stiele nur kaum dünner als die runden Enden waren ; diese Elementar theilchen lagen überdiess in einem noch zartem BildungsstolF- Siehe lig. 1. Tab. II. das unteie Ruropfslück eines Ilühnerembryo vom 4- ^ag> *) C. von Baer über Entwickelunga'm JhabiL !*Hb7f uhki w&>%fih i'KuHOiT* Wtm 3| Bei den Männchen giebt es nur etwas Aehnliches in der Thalsache, dass der rechte Hode gewöhnlich etwas kleiner, besonders kürzer als der linke bei erwachsenen Vögeln ist, was Tannenberg bei seinen Untersu- chungen immer bestätigt fand. S. Tannenberg, über die männlichen Zeugungstheile der Vögel, übersetzt von Schönberg und Spangenberg. Gotting. 1810. 4- p- }ß- §• 8. Die Ausfuhrungsgänge der Wolff'schen Körper sind bei beiden Ge- schlechtern durch das ganze Embryoleben vorhanden, bleiben aber nur bei dem Beiträge zur vergleichenden Anatnrr.ie. 1. B. 2 H. p. \-G, ~ 3i — männlichen Geschlechte, indem sie zu Samengängen werden , nachdem der W öl ff sehe Körper allmählig sich an der Seite des Hodens verkleinert hat, bis er, nach dem -Auskriechen noch im Rest vorhanden, allmählig hei jungen Vögeln verschwindet. Bei den weihlichen Individuen dagegen sind die Ausführungsgänge der Wo lff 'sehen Körper zwar bis zum Auskriechen noch vorhanden, allein es hat sich ausser ihnen und unabhängig von den Wolff'schen Körpern ein Eierleiter gebildet. Die Körper selbst A*erküm- mern immer mehr mit der vollkommenen Ausbildung des Foelus und ver- schwinden zuletzt ganz. Dies ist es, was wir in den folgenden Capiteln, als das Resultat aller unserer Untei-suchungen beweisen werden. IV. Weitere Entwicklungsgeschichte der männlichen Genitalien. . §• 35: Rathke, von dessen Darstellung ich hier abweiche, drückt sich über das Verhältniss der ausführenden Gänge der W o 1 ff 'sehen Körper zu den Samenleitern etwas unbestimmt aus. Seite 56. a. a. O. sagt er, der Faden oder Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers werde bei den männlichen Individuen sehr frühe aufgesogen, schon am g. Tage der Be- brütung sei derselbe schwer zu finden, am 10. aber gänzlich verschwunden, ei fügt indessen hinzu, dass ihm bei seinen Untersuchungen über das Hühnchen nichts schwerer gefallen sei , als sich zu überzeugen von dem Daseyn und von dem frühen Verschwinden jenes Fadens beim männlichen Geschlechte. Rathke beschreibt die Entstehung der ausführenden Ge- schlechtstheile so fort besonders, als von den Ausführungsgängen der Wolff'schen Körper getrennt. Bei den Weibchen sind sie beide in der That verschieden, wie sehr leicht ist, sich zu überzeugen. Der sehr an- sehnliche Einleiter ist neben dem Ausführungsgang des Wolff'schen Kör- pers vorhanden. Allein Rathke hat an keiner Stelle eine Beobachtung, dass er den Samenleiter und Ausführungsgang desAV o 1 ff sehen Körpers wirklich bestimmlest nebeneinander gesehen habe. Rathke neigt sich vielmehr Seite 68. a. a. O. dahin, dass bei den männlichen Individuen Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers und Samenleiter eins werden und in der That nur eins und dasselbe sind, weil der Samenleiter später 32 mit dem Ende des Wolff'schen Körpers gerade so verbunden erscheint, wie früher der Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers. Diese letztere Behauptung von Rathke ist nach meinen Untersuchungen vollkommen richtig, sie verträgt sich aber nicht mit seiner frühern Aeusserung, dass der Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers schon gegen den neunten Tag verschwinden soll, was gewiss unrichtig seyn muss. Auch von Bacr, der vom 6. — 7. Tage in Hinsicht der W o 1 f f sehen Körper Rathke's Darstellung folgt *), behauptet, dass der Aus- führungsgang des Wolff'schen Körpers gegen Ende des zehnten Tages unkenntlich werde und schwinde Jedoch es giebt zu keiner Zeit andere Ausführungsgänge der männlichen Geschlechtstheile als die Aus- führungsgänge der Wolff'schen Körper. f 56. Ich habe mich den ganzen Frühling und Sommer 1829 fast täglich mit Untersuchung bebrüteter Vogeleier beschäftigt, um nachdem mir das Frühere klar geworden, diesen wichtigsten Punkt zur Evidenz zu bringen, nämlich zu unterscheiden, ob es einen eigenen Samengang neben d em Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers giebt, so wie der Eierleiter und dieser Gang bei den Weibchen wirklich verschieden sind , oder ob bei den Männchen der Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers selbst zum Samengang wird, nachdem der Wolff'sche Körper an der Seite des Hoden immer mehr sich verkleinert hat und zuletzt schwindet. Hätte ich einen bei den Vögeln zweifelhaft gewordenen Punct nach meinen Be- obachtungen in einer andern Classe, nämlich bei den Säugethieren, zu ent- scheiden gehabt, so hätten mir allerdings starke Gründe zu Gebote gestan- den, auch bei den Vögeln einen eigenthümlichen Samenleiter mit Rathke anzunehmen, denn bei den Säugethieren sind sich die Gänge, welche bei den Männchen zu Samenleitern, beim Weibchen zu Trompeten werden, sehr ähnlich, oder vielmehr bei beiden Geschlechtern giebt es anfangs ei- nen ähnlichen Gang auf jeder Seite, welcher nicht der Ausfuhrungsgang des Wolff'schen Körpers, ist, und bei den Weibchen sich zur Trompete, beim Männchen zum Schwanz des Nebenhodens umwandelt. *) a. a O. p. 97. **)vEbend. p. 1 13. — 33 — Allein meine Absicht war bei einer so schwierigen und wichtigen Sache, in jeder Thierciasse eine vollständige und selbstständige Reihe von Beobacl tungen zu liefern; und wenn diese Beobachtungen, mit der gröss- ten Genauigkeit und Ausdauer von Stufe zu Stufe und an einer grossen Anzahl von Embi-yonen der Vögel angestellt, ein etwas verschiedenes Ver- hältniss als bei den Säugethieren zeigten, so muss dies vielmehr das Ver- trauen in die Richtigkeit meiner Beobachtungen vermehren. In der That macht auch die eigentümliche Bildungsart eines neuen Organes, wie des Nebenhodens, bei den Säugethieren jene Abweichung erklärlich. §. 37. Meine sehr zahlreichen und lange Zeit täglich angestellten Beobach- tungen liefern eine vollständige Reihe, in welchen ich bei Männchen im- mer nur den Ausführungsgang des Wolffschen Körpers bis zur Zeit des Auskriechens, bis in die erste Woche nach dem Auskriechen, als den ein- zigen Gang fand, der vom W ol ff 'sehen Körper und mittelbar vom Hoden selbst herabgidig. Je kleiner dieser Körper wird, um so enger werden je- ner Gang und der Hoden durch vasa eflerentia des Hodens verbunden, während die Blinddärmchen des Wolffschen Körpers selbst nach und nach immer mehr verkümmern und bei jungen Vögeln der ganze Rest des W olf f'schen Körpers schwindet, worauf nur die Verbindung des Hodens mit dem frühern Ausführungsgang des Wolf f'schen Körpers übrig bleibt, eine Verbindung durch neue und eigenlhümliche Gefässe, die beim erwach- senen VoücI einen sehr schwachen Anschein von Nebenhoden bilden. O Ich habe nie einen männlichen Embryo uhlersucht, in welchem ich nicht die Identität des spätem Samenleiters mit dem frühern Ausführungs- gang des Wolffschen Körpers erkannt hätte. Selbst bei männlichen Em- bryonen, welche dem Auskriechen nahe waren, sah ich noch dasselbe Verhältuiss der Blinddärmchen des Wolffschen Körpers zu dem Ausfäh- rungsgang, wie früher, ich sah auch diesen Gang von der Spitze des Körpers entspringen, leb sah die Blinddärmchen in der ganzen Länge des Körpers seitlich in diesen Gang einmünden, ich konnte sogar bei männli- chen so gut als bei weiblichen Embryonen ein weissgelbes Secret aus ein- zelnen Blinddärmchen in den Ausführungsgang unter dem Microscop fort- bewegen. $ 1 - 34 - §. 38. In dieser Hinsicht muss ich meinem verehrten Freunde Rathke be- stimmt widersprechen, wenn er behauptet, allmählig werde der vordere Theil des Ausführungsganges des W o 1 ff 'sehen Körpers, der früher über die ganze Länge desselben verlaufe, aufgesogen, und verschwinde endlich, so dass er vom 12. — 14, Tage an aus dem hintern Ende des Wol ff'schen Körpers allein entspringe. Dieser Canal läuft bis zur Zeit des Auskriechens allerdings noch an der ganzen Länge des Körpers hin und das Verhältniss ist ganz wie früher. In fia. 5. Tab. II. ist dieses Verhältniss des Hodens zu dem Wol ff- •sehen Körper und seinem Ausführungsgang mit den Nieren erläutert. a. Nieren. b. Harnleiter. c. Wo 1 f f'sche Körper. d. Ausführungsgänge derselben, später Samenleiter. e. Hoden. f. Nebennieren. Hier sind die W o 1 ff'schen Körper noch viel grösser als die Hoden, sie sind es im ganzen Foeiusleben, selbst bei einem ausgekrochenen Falken sind die W o 1 ff'schen Körper noch grösser als die Hoden selbst. Siehe fig. 1. Tab. IV. §• Sg. Ich habe mir sehr viele Mühe gegeben, den eigentlichen Zusammen- hang des Hodens und des Wolff 'sehen Körpers zu ermitteln. Folgendes hat mich die häufig wiederhohlle microscopische Beobachtung gelehrt. Von dem obern Ende des Hodens und von der Seite, mit welcher er dem Wol ff'schen Körper aufliegt, gehen mehrere graulich weisse Fäden oder vasa efferentia aus dem Hoden in den Wol ff'schen Körper. Fünf solcher Verbindungsgefässe habe ich deutlich gesehen , sie sind von ungemeiner Zartheit, aber doch dehnbar, das oberste ist das stärkste. Sie scheinen im Anfang nicht hohl zu^eyn, so wie auch der Hoden zu dieser Zeit noch keine :Samenkanäie enthält. Diese Verbindungsgefässe sind wohl von den Blinddärmchen des W ol ff 'sehen Körpers zu unterscheiden, letztere sind stärker, weiss uavl sehr deutlich, erstere ganz matt graulich und gehen nicht in jene Blinddärmchen über, sondern in die Zwischenräume dersel- ben und ins Iunere des Wolff'schen Körpers ein. Später, -wenn der Wolff'sche Körper sich ausserordentlich verkleinert hat, z. B. beim neu- gebornen Falken, sieht man den Zusammenhang des am Hoden vorbei und nach aufwärts laufenden Ausführungsganges und des Hodens durch Quer- gefässe deutlich. Früher aber kann man den wirklichen Uebergang der beschriebenen vasa efferentia in den Ausführungsgang nicht sehen , weil diese Gefässe in das Innere des noch ansehnlichen Wolff'schen Körpers eindringen. Was man mit dem Microscop erkennen kann, ist in fig. G. Tab. II. vergrössert dargestellt. Diese vasa efferentia vom Hoden zum Wolff'schen Körper sind übri- gens bereits zu einer Zeit bemerkbar, in welcher der Hoden hirsenkorn- äbnlich noch aus graulichem gallertigem Stoff besteht. Denn so frühe die Blinddärmchen des Wolff'schen Körpers sichtbar und deutlich sind, so spät treten die unendlich feineren Samengefässe in dem Hoden auf Erst gegen das Ende des Embi'yolebens erkennt man eine Spur der letztern. Dies scheint uns sehr wichtig zu bemerken. Niemals dringen die Blind- därmchen des Wolff'schen Körpers in den Hoden ein, wie Rathke zu glauben geneigt ist, der Hoden entsteht nicht aus einer Fortsetzung und Metamorphose jener Blinddärmchen, weder bei den Vögeln, noch bei den Säugethieren , sondern tritt nur in Wechselwirkung mit dem Wolff'schen Körper durch die beschriebenen neuen Verbindungsgefässe. Fig. G. Tab. II. A. Wolff'scher Körper. B. Hoden. C. Nebenniere. a) Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers, vom obern Ende ent- springend, und die Blinddärmchen aufnehmend. b) unterer freier Theil desselben, später Samengang. c) vasa efferentia des Hodens, welche sich zwischen den Blinddärmchen in den obern Theil des Wolff'schen Körpers einsenken. iiuk ?0jooT A'iifoiidiow • £a«*i'v* not anr. •'•) •> .jft- u »; 36 V- Weitere Entwicklungsgeschichte der weibliche|n Genitalien. Der Eierleiter ist leine Metamorphose des Ausfübrungsganges vom Wolff'schen Körper, sondern er ist . deutlich neben diesem Ausführungs- gange zu sehen, als eine ziemlich dicke, anfangs oben blinde, später weit olfene Röhre, welche an der äussern Seite des Wolff'schen Körpers her- geht und mit ihrem bald deutlichen Trichter über dieses Organ hinauf- reicht, überhaupt aber in gar keinem Zusammenhange mit demselben steht. Diese Organe erscheinen als weisse Cylinder zuerst in ihrer ganzen Länge auf beiden Seiten; sie wachsen nicht von unten herauf, sondern sind in ihrer ganzen Länge vom ersten Anfang an vorhanden; sie entstehen auch nicht durch Zusammenrollen eines Blattes, wie es sich Albert Meckel gedacht hatte, sondern im Anfange solid, werden sie allmählig in ihrem Innern ausgehöhlt zu Röhren, so entstellt also auch die Oelfnung des Trichters in die Bauchhöhle. Herr von Baer *) hat die Entstehung der Eierleiter sehr richtig und wohl am genauesten beschrieben, indem er treffend hinzusetzt, dass sie bei dem ersten Erscheinen den Canälen entsprechen, welche aus der Bauch- höhle mehrerer Fische in die Geschlechtsöllhung führen- Allein von Baer glaubt, dass sich auch die Samenleiter der Männchen aus solchen Gängen bilden. Jene Cylinder oder Röhren habe ich nur bei den weiblichen Embryo- nen neben den Ausführungsgängen der Wolff'schen Körper finden können. §. 41. Ursprünglich entstehen bei allen Vögeln 1 Eierleiter, welche beide, von unten herauf getrennt, über die Wolff'schen Körper hinaufreichen, ansehnliche Röhren, welche man sogleich erkennt und die bald oben eine schiefe OelFnung haben. Fig. 7. Tab. Vi. stellt unsere Organe von einem weiblichen Foetus dar, 1 siner r.."~it, wo noch twei Eierleiter in der Anlage vorhanden sind. *) «. a. O. p. 79. a. Nieren. b. Wolff'sctie Körper. c. Eierstöcke. d. Neben nierea. e. Harnleiter. f. Ausführungsgänge der Wo 1 ff 'sehen Körper. g. Eierleiter. §• 4* So wie aber bei den meisten Vögeln der rechte Eierstock abnimmt und verkümmert , um ganz zu verschwinden , so verliert sich auch der rechte Eierleiler allmählig schon beim Foetus, indem er von oben herab aufgesogen wird und immer kürzer erscheint. Siehe fig, 8. Tab. II. a. Nieren. b. Wolff'sche Körper. c. Rechter kleinerer, linker grösserer Eierstock. d. Nebennieren. e. Harnleiter. f. Ausführungsgänge der Wolff'schen Körper. g. Rechter kürzerer, linker längerer Eierleiler mit seiner Abdominal- Öffnung, dem Tiichter. Dies Verbal tniss hat Ra^hke zuerst entdeckt und durch schöne Ab- bildungen bis zum Verschwinden des rechten Eierleiters dargestellt. §. 43. Bei den Weibchen verkümmern die Wolff'schen Körper viel früher, als bei den Männchen; sie verschwinden bis auf einen kleinen Rest bis zum Auskriechen , während bei den Männchen ein ansehnlicher Rest noch lange nach dem Auskriechen als ein falscher Anschein von Nebenhoden erkenn- bar ist. Die Wolff'schen Körper der rechten und linken Seite nehmen keinen entsprechenden Antheil an der verschiedenen Metamorphose des rechten und linken Eierstocks. Der rechte Wolff'sche Körper wird zwar etwas früher kleiner als der linke, aber bei weiiem nicht in dem Masse, als der rechte Eierstock an dessen oberer Fläche kleiner wird. Zu einer — 38 — Zeit, wo der rechte Eierstock nur noch in einer kleinen Spur erkennbar ist, ist der rechte Wolff'sche Körper kaum kleiner als der linke. VI. Letzte Veränderungen in den Genitalien nach dem Auskriechen. §• 44- Untersucht man die Vögel einige Zeit nach dem Auskriechen, so fin- det man bei Weibchen nur mehr den linken Eierstock und einfachen Eierleiter- man erkennt noch eine Spur des Wolff'schen Körpers rechts auf der obern Abtheilung der Niere, als ein längliches Körperchen; links ebenso unter dem Eierstock; man sieht auch noch eine sehr geringe Spur der beiden Ausführungsgänge der Wolff'schen Körper, die indess bald Verschwindet. Aus dieser Zeit hat Ralhke eine schöne und sehr genaue Abbildung a. a. O. Tab. III. fig. 12. gegeben. §. 45. Kurze Zeit nach dem Auskriechen findet man bei den Männchen die Wolff'schen Körper auch verkleinert, besonders sehr verdünnt, aber noch länger als die Hoden , obgleich schmäler. Auf den ersten Blick imponiren sie nun für Nebenhoden und man würde sie gewiss dafür halten und mit Rathke einen Uebergang des Wolff'schen Körpers in den Nebenhoden annehmen, wenn man die weitere Metamorphose dieser Organe und ihr endliches vollkommenes Verschwinden bei jungen Vögeln nicht weiter ver- folgt- Bei einem jungen Falken , der sich noch kaum auf den Füssen hal- ten konnte, erkannte ich die vasa eiferen tia , welche vom Hoden zum Rest des Wo 1 ff sehen Körpers oder zum scheinbaren Nebenhoden herübergehen und sieh in den frühern Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers schief abwärts tretend einsenken. Der Wolff'sche Körper, durch einen kleinen Zwischenraum vom Hoden gelrennt, lässt noch die Blinddärmchen , die ihm früher so eigenthümlich waren, erkennen, sein Gefüge unterscheidet sich von dem des Hodens dadurch, dass es jetzt schmutzig gelblich ist, wäh- lend die Samenkanälchen des Hodens und der ganze Hode überhaupt weiss sind. Der Gang, welcher aus dem Wol f f 'sehen Körper nach abwärts führt, - 39 - entspringt von der ganzen Länge dieses Körpers und liegt immer noch an der äussern, dem Hoden entgegengesetzten Seite. Dieser Gang reicht also mit der Spitze des Wo 1 ff 'sehen Körpers höher als der Hoden selbst, gegen die Nebenniere. Es ist noch derselbe Ausführungsgang des "Wol ff 'sehen Körpers, den wir früher beschrieben haben, und es ist dieser Gang, wel- cher am untern Theile des Wolff'schen Körpers die vasa efferentia des Hodens zugleich aufnimmt. Der Ausführungsgang , jetzt duclus deferens begleitet den Harnleiter und liegt zum Theil auf demselben. Siehe fig. 1. Tab. IV. a. Obere Abtheilung der rechten Niere. b. Rechte Nebenniere. c. Rechter Hoden. d. Rechter "W o 1 ff 'scher Körper. e. Vasa efferentia vom Hoden zum Ausführungsgang. f. Ductus deferens, von der ganzen Länge des YVolffschen Körpers entspringend, früher Ausführungsgang der Blinddärmchen des Wolff'schen Körpers. g. Harnleiter. §■ 46 ' Da der Ausführungsgang des AVol ff sehen Körpers selbst bei jungen Vögeln noch hoch von der Spitze des verdünnten und verkümmerten Wolff'schen Körpers entspringt, so konnte die Angabe entstehen, dass ein blindes Gefäss vom Nebenhoden zur Nebenniere hinaufgehe. Dieses blinde Gefäss, vas aberrans, ist von Morgagni, Valsalva, Scorzone, und von Tannen her g *) erwähnt. Alle diese Angaben passen aber nur auf junge Vögel. Denn bei erwachsenen Vögeln fand ich keine Spur jenes blinden Gefässes. Auch was Tannenberg von dem Nebenhoden der Vö- gel sagt, passt nur auf junge Vogel, wo ein Rest des Wolff'schen Körpers noch vorhanden ist. Tannenberg **) sagt: «Die innere Structur des Nebenhoden kann man deutlich schon bei mit Quecksilber eingespritztem Testikel sehen; aus diesem erhellet nämlich, dass derselbe nur aus geraden Gän- gen besieht, welche aus dem Testikel hervortretend in verschiedenen Win- *) Ueber die männlichen Geschlechtstheile der Vögel. Götting. 1810. '*) a. a. 0. S- 20. - 4o - düngen schräg herablaufen und den abführenden Gang bilden." Tan- nenberg fährt fort: «Ein anderer enger Canal setzt sich aber nach oben bis in die Mitte der Nebennieren fort und endigt sich daselbst stumpf." Dies ist derselbe Canal, den Morgagni bis zu seinem obern blinden En- de mit Quecksilber füllte und von dem man oft fälschlieh eine Beziehung der Nebennieren zu den Geschlechtstheilen ableitete. Alle diese Angaben, so erklärlich sie sind, wenn man die, Beschaffenheit der Theile von einem jungen Vogel vor sich sieht, sind ganz räthselhaft, sobald man sie auf er- wachsene Vögel anwenden will und sind daher auch höchst wahrschein- lich durch Untersuchung junger Vögel entstanden. §• 47- Nämlich jener Rest des Wo 1 ff 'sehen Körpers wird immer kleiner und ist zuletzt nur noch als ein vom Hoden abstechendes Zellgewebe erkennbar, in welchem die vasa efferentia in den duetus deferens übergehen. Je mehr nun die beim Foelus zwischen dem Ausfühningseanß und dem Hoden lie- gende Substanz des. Wolff'schen Körpers verschwindet, um so inniger rückt das Bündel der vasa efferentia au den Hoden heran. Ist endlich alle Spur des frühern Organ es verschwunden, so bilden die vasa efferentia vom Hoden zum duetus deferens eine ganz dünne platte Anschwellung, welche aus den Windungen dieser Gefässe besteht, ganz fest auf dem Hoden an- liegt, und an welcher alle Spur des frühern merkwürdigen Organes ver- schwunden ist, den Nebenhoden der Vögel. §. 48. Rathke behauptete früher, dass der Wolff'sche Körper bei den weiblichen Embryonen verschwinde, bei den männlichen aber zum Neben- hoden werde. Diese Behauptung hat er später zurückgenommen , nachdem er sich vorzüglich bei Säugethierembryonen überzeugt hatte, dass der Ne- benhode nicht aus den Blinddärmchen des Wolff'schen Körpers, sondern nur aus den Verknäuelungen des duetus deferens und der vasa efferentia entsteht *). Indessen ist seine letzte Ansicht nach brieflicher Mittheilung •) Burdach'i Physiologie als EifahrungswUsenscbaft mit Beitrügen von C. yonBaer, Rathk* uud Meyer. T. IV. p. 5g*. - 4i - gemäss Untersuchung au Eidechsen-, Vögel - und Schweineembryonen, dass ein Theil der Wolf f 'scheu Körper yerscbwinde, ein anderer aber auf die Bildung des Nebenhodens verwandt werde. Auch dies kann ich nicht zu- geben; nach meinen Beobachtungen verschwindet alle Spur der Wölfi- schen Körper sowohl bei männlichen als weiblichen Embryonen , und der Nebenhode bildet sich auf ganz selbstständige Art, wie ich eben von den Vögeln gezeigt habe und bei den Säugethieren von Schritt zu Schritt au- genscheinlich machen werde. Säugethiere und Vögel unterscheiden sich, dass bei diesen auch nach der Zeit des Auskriechens noch Reste der Wolff- schen Körper vorhanden sind und sehr allmählig verschwinden ; dass dage- gen bei den Säugethieren schon früher und am frühesten bei menschlichen Embryonen die letzte Spur des Wolff'schen Körpers vergeht, ohne weder zum Nebenhoden, noch zu irgend einem Theile verwandt zu werden, §• 49- Hiermit glaube ich nun auch die Frage entschieden zu haben, ob die Vögel einen Nebenhoden besitzen oder nicht, worüber man oft entge- gengesetzte Aeusserungen von Beobachtern gehört hat. In dem Sinne wie bei Säugethieren haben die Vögel kaum eine Spur von Nebenhoden; denn die vasa effereutia gehen ohne viele Krümmungen zum ductus deferens über, und bilden bei erwachsenen Vögeln eine äusserst dünne, fest auf der albuginea aufliegende, ovale Platte, welche nach unten wie in einen Stiel und sofort sogleich in den ductus deferens ausläuft, Aber bei jungen Vögeln, besonders kurz nach dem Auskriechen, wird diese Stelle durch die Reste des Wolff'schen Körpers sehr vergrössert. Bei den neugebornen Säugethieren dagegen ist kein Rest des Wolff'schen Kör- pers mehr übrig, es ist ein aus gewundenen Kanälen bestehender sehr an- sehnlicher Nebenhoden vorhanden, der keine Metamorphose der Blind- därmcheu des Wolff'schen Körpers ist, wie wir zur Genüge erweisen werden. 6 Dritter Abschnitt. Beobachtungen über die Entwickelung der Genitalien an Embryonen der S ä u ge t h i e r e §. 5o. Einzelne Notizen oder grössere Miltheilungen über die W o 1 ff ' sehen Kör- per der Säugetbiere haben folgende Schriftsteller gegeben. 1. Knbl emann, observationes quaedam circa negotium generationis in ovibus faclae. Lips. 1754. 4- hat die YVolff'schen Körper von einem jungen Schafembryo abgebildet, aber mit den Wieren verwechselt. Tab. II. fig. 8. 2. Wrisberg, commentat. medici , physiologici , anatomici et obstetri- eii argumenti. Gotting. 1800. 8- bat Beobachtungen über die Wolff sehen Körper bei weiblichen Schweineembryonen, vergleicht dies Organ mit dem Nebenhoden, verwechselt aber leider die b]inddarmförmi;;en Röhrchen des Organes mit den Blutgefässen und nennt es corpus painp iniforme; dieser Name ist indessen unpassend, weil das Geflecht der Samenvenen im funicu- lus spermaticus und in der Nahe der Eierstöcke den Namen plexus pampi- niformis hat, ein Geflecht blosser Blumefasse, womit die Blinddärmchen des Wolff sehen Körpers durchaus keine Aehnlichkeit haben. 3. Dzondi, Suppl. ad anat. et pbysiol. comparat. Lips. 1806., hat diese Organe von sehr jungen Thierembryonen gut beschrieben und abge- bildet, aber fälschlich für Nieren gehalten. 4- Oken in seinen und Kieser's Beiträgen zur vergleichenden Zoo|q_ gie, Anatomie und Physiologie. Bamberg und Würzburg 180G. H. 1. p. 74. - 45 - giebt zuerst genauere Beobachtungen über diese Organe, unterscheidet sie von den Nieren und keimbereitenden Geschlechlstheilen ; seine Beobachtun- gen sind an sehr jungen Schweine-, Hunde- und Ziegenembryonen angestellt. 5. J. Fr- Meckel, in der unter seinem Vorsitz erschienenen Disser- tation von J. Christoph Müller de (mammalium) genitalium evolulione Halae 181 5. In dieser Schrift, die ich mir nicht verschaffen konnte, soll der Uebergang der W o 1 1 f 'sehen Körper in die Nebenhoden kurz angege- ben seyn. Vergl. Meckel in Cuviers vergl. Anatomie. Leipz. T. IV. p. 55o. ferner Meckel' s Beiträge zur vergl. Anat. B. II. H. II. p. 181. H. Rathke hat in der angefahrten Schrift die meisten Beobachtungen , doch vorzüglich nur aus späterer Zeit der Entwickelung. Er nennt jene Organe bei den Sängelhierembryonen Oken'sche Körper, weil Oken sie zuerst genauer beschrieben hat. Ich habe die Benennung Oken'sche Kör- per aus dem Grunde nicht beibehalten, weil es auf eine gemeinsame und "bleibende Benennung eines Organes ankommt, welches ,allen Wirbelthieren zukömmt und die doppelte Benennung desselben bei den Vögeln und Säuge- thieren nur Verwirrung bringen kann. Ich bleibe daher bei dem von Rathke eingeführten Namen Wolff'sche Körper für alle Klassen. Räthke glaubte übrigens früher auch bei den Säugelhieren gesehen zu haben, dass der Wolff'sche Körper Lei den "Weibchen verschwindet, bei den Männchen zum Nebenhoden wird. Seine spätem Beobachtungen, welche dies wieder zweifelhaft machen, sind im II. Bande von Burdach's Physio- logie enthalten. Ich werde zeigen können, dass sowohl bei den Männchen als bei den Weibchen jene Organe ganz verschwinden. I. E n t wi cke lu n gsgesch ich te der Wolff sehen f. 5i. Ich war so glücklich die "Wolff sehen Körper auch bei Säugethier- embryonen der allerfrühesten Zeit untersuchen zu können. Durch die Güte des Herrn Professor Weber, meines verehrten Collegen und Freun- des, konnte ich mehrere ganz kleine Eierchen aus dem Uterus einer Maus untersuchen. Leider hatten die Theile schon über einen Tag in Weingeist gelegen, sonst würde ich auch über die Beschalfenheit der Foe- tushüllen bei einem noch ausserordentlich kleinen Embryo berichten können. Körper. 1 ✓ - 44 - Die Eiereben waren Linfen gross und oval. Der Embryo, desseu Nabelstraug breit und äusserst kurz war, mass 5 Linien in der Krümmung. Das Amnion lag dicht auf dem Embryo, wie» m so früher Zeit auch beim Hühnchen. Der untere Theil des Foe-tus war von der linken zur rechten Seite herübergekrümmt, so dass da* Schwanzende, welches überdiess dicht vor dem Ende eine zweite leichte spirale Drehung erlitt, gegen die rechte Kopfseile gewandt wai\ Die Extremitäten erschienen als kurze blattförmige Stümpfe, die obern waren etwas weiter entwickelt und der blattförmige Stumpf zeigte, ohne Spur von Fingerabtheilung, nur eine ganz, kleine seichte mittlere Längenfurche. Von Rathkers Kiemenspallen war nur eine mehr deutlich zu sehen. Von den Augen war noch keine Spur zu sehen. Die OeiThung in den Rachen war überaus weit der Vorderkopf an der Stelle des spätem Oberkiefers und Unterkiefers durch eine tiefe Bucht in der Milte eingeschnitten, gleichsam eine noch natürliche obere und untere Ha- senscharte. Ich habe den Embryo mit grosser Sorgfalt unter deoxMicroscop gezeichnet, weil genauere Beobachtungen- aus so früher Zeit sehr selten und schätzbar sind, Siehe Hg. 1. Tab. III. A. a. b. Mundspalte oder vielmehr Eingang iu den Rachen. Unterkiefer. c. Obere linke Extremität. d. Unlere linke Extremität. e. Herz. ■ ß Nabelstrangscheide: Als ich den Unterleib näher untersuchte, fand ich im hintern Theile desselben , in der ganzen Länge bis zum Anfange des Schwan- zesr zu beiden Seiten der Wirbelsäule, die Wo 1 ff sehen Körper gerade so wie beim Hühnchen in frühester Zeit. Sie waren fast überall gleich breit, endigten oben in gleicher Höhe mit stumpfer Spitze. Ihre untere Endigung, ist mir nicht recht deutlich geworden. Beide Körper sind in der Mitte gelrennt, stehen auch ziemlich weit von einander ab, indem *) Gemeinhin nimmt man an , dass die Mundhöhle anfangs geschlossen; sei;; die« ist aber sicher niol't der Fall. Im Anfang ist der Itachen zwar hinten geschlossen, aber vorn weit offen, sowohl beim menschlicheu als als beim Säugethierembryo , wie bei den eierlegenden Thieren. Erst spater, wenn sich die äussere Haut ausbildet, geht diese als ein zartes Hautchen über die ausserordentlich breite Spalte zwischen Oberkiefer und Unterkiefer w«g, und wird darauf in der Mitte durchbrochen. - 45 - sie an den Seiten der "Wirbelsäule aufzusitzen scheinen, durcli die Platten des Mesenteriums aber gleichsam gelheilt werden. Man sieht sie daher auch sogleich, nachdem man die Seitenwand des Leibes, die von der Wirbelsäule seitlich ausgeht, weggenommen bat. Von welchen Tbeilen sie ursprüng- lich ausgehen, weiss ich nicbt und konnte es hier auch nicht bestimmt ermitteln. Es wäre möglich, dass sie auch aus dem innern Blatte der Keim- haut entstehen, welches den Darmschlauch bildet und dessen Blätter zwi- schen den Wolff'schen Körpern zur Bildung des Mesenteriums sich zu- sammenlegen ; oder dass sie in dem hintern dreieckigen Zwischenräume dieser Blätter hervorkeimen. Die innere Bildung des Wolff'schen Körpers schien ganz wie beim Hühnchen zu dieser Zeit zu seyn, so viel sich bei den in Weingeist auf- bewahrten Embryonen mit dem Microscop erkennen liess. Deutlich näm- lich sah ich die queren Einkerbungen zwischen den Tbeilen, die später als Blinddärmchen erscheinen. Siehe fig. 1. B. den untern Theil des Rump- fes desselben Foetus, der in fig. i. A. abgebildet ist, a. Wirbelsäule. b. Untere Extremität der linken Seite. c. c. W o 1 ff 'sehe Körper. ä Falte zwischen den Wolff'schen Körpern, an welcher der ein- fache Darmschlauch befestigt war , Mesenterium. §■ 5 2. An diese meine Beobachtung aus der allerfrühesten Zeit schliessen sich nun die Beobachtungen von Dzondi an Thierembryonen von 6 — 8 Lin. Länge an, obgleich Dzondi die von ihm richtig beschriebenen Or- gane fäleblich für Nieren hielt. Dzondi sagt *) : Observatioues, quas de primis renum originibus in brutis institui, me docuerunt, renes in numero earum foetus partium esse, quas natura a prt- mo statim initio formet, et cum corde, hepate, et cerebro fere simul ad- esse. In iis enim embryonibus, quos incidi, tum cum vix sex et octo line- *) Dzondi Supplementa ad anatomiara et physiologiam potissimum comparatam. Cum 3. tab. Llpi - 46 ~ rum essent, inlegumenta totius venlris et thoracis tarn pellucida reperi , ut cor et hepar abdomen tolura replens oplime distinguerentur ; remoto hepate, renes apparebant a diaphragmate ad pelvim usque sese extendentes; intestinorum nulla aderant vestigia(?), ita ut cerebrum, cor, hepar et renes tanquam prima nalurae instrumenta considerari possint, quorum ope to- tum organismum conficere atque aedifieare solet. Cum primos inciderem ejusmodi foetus, tanto renum volumine deceptus, eos pro praeternaturali lusu nalurae habui; at cum plures examinarem, de rei veritate certior fa- ctus sura. Neque etiam capsulas renales, quae in foetu humano majores sunt, eas esse, examen saepius repetitum. oslendit; illae enim perexiguae in brutis sunt. Sunt vero renes primo illo tempore forma prorsus singu- lare, atque ab illa, quam poslea in adullis non modo, verum eliam em- bryonibus habent, plane diversa. Neque enim conglobati sunt, ut in adul- tis , atque hilo praediti , neque pluribus lobulis constant, uti in foetu j)aulo magis perfecto, sed massa sunt granulosa, intestinulorum minimorum instar convoluta, non secus ac gyri cerebri, in quibus permulla vasa, sanguinea praesertim in cortice, aut potius in ambitu conspicua sunt ; figu- ra quoque externa a naturali renum plane differtj elliptica enim est, irre- gularis, superiore parte magis acuminala, inferiore magis rotunda , difficile verbis describenda. Die Abbildungen, welche Dzondi gegeben hat, zeigen unsere Organe theils in dem frühen Zustande, wo noch keine Spur von keimbereitenden Geschlechtslheilen zu erkennen ist, 1. c. Tab. III. fig. III. IV. V. VI., theils in dem spätem Zustand, wo die keimbereitenden Genitalien, vorn am in- nern Rande der Organe erkennbar sind. Tab. III. fig. VII. VIII. §. 53. Auf diese Beobachtungen folgen, der Zeit der Entwicklung nach, die von Oken an 5 Schweineembryonen und 3 Hundefoetus. Bei vierwöchentlichen Schweineembryonen beschreibt Oken jene wun- derbaren Organe folgendermassen : «Hinter der Leber, zu beiden Seiten der Lenden, liegen 2 ungeheure cylindrische Organe, die beim Anfange der Harnröhre entspringen, über die Stelle, wo sonst die Nieren liegen, heraufsteigen, und hoch unter dem Zwergfell, wie erst in der Brusthöhle , sich enden, welcher Schein daher - 4? - kommt, dass das Zwergfell am Rückgrath sehr hoch in die Brusthöhle hin- aufreicht und mit der Wirbelsäule nach unten einen sehr spitzen Winkel macht, in den diese Organe aufsteigen a Oken hielt diese Organe an- fangs für die Nebennieren , indem er sich auf die Angabe der Anatomen stützte, dass die Nebennieren anfangs grösser seien, als die Nieren. Bei den übrigen Schweineembryonen desselben Alters beschreibt Oken diese Organe nochmals: «Sie sind wenigstens halb so lang als der ganze Leib, den Kopf mit- gerechnet, also über einen halben Zoll, und länger als die Leber, betragen auch wohl in dem Volumen eben so viel als diese. Sie sind durchgängig über eine Linie dick, enden sich oben unter dem Zwergfell stumpf zuge- spitzt, aber so, dass die beiden Enden sich beinahe berühren; ihr unteres Ende verengert sich gleichfalls schnell, giebt aber einen Faden ab, der dem äussern Ansehen nacli ein wahrer Canal ist, und hinler den Urachus läuft, gerade dahin, wo die Harnblase einst hinkommen soll, hier vereinigen sie sich so dicht an dem Urachus, dass man nicht unterscheiden kann, ob sie hinter ihm 'zusammenlaufen oder in ihn eintieten; aber statt in die Mitte der Concavität dieser Körper zu laufen, wie es bei den Nieren seyn müssle, inseriren sie sich bestimmt in ihr unteres Ende **)*-* Was Oken^ ferner über den Bau dieser merkwürdigen Organe sagt, ist ungenau und unrichtig; diese Organe sind nie im Innern hohl, sondern bestehen zu jeder Zeit aus denselben Theilen, welche D z o n"d i richtig beschrieben hat, aus den artigsten Blinddärmchen oder blind endigenden Röhrchen, die meist queer und wenig geschlängelt liegen, übrigens so lok- ker miteinander verbunden sind , dass alles Zellgewebe zwischen ihnen zu fehlen scheint. §• 54. Alle bis jetzt beschriebenen Embryonen zeigten noch nichts von Nieren und Genitalien. Die Nieren erscheinen mit den fast eben so grossen Ne- bennieren zuerst ganz klein hinter den Wo 1 ff 'sehen Körpern, ungefähr ') Oken und Kieser's Beiträge zur vergl. Zoologie, Anatomie und Physiologie. Bamberg und Würzberg 1S0G. I. p. 74. ") P- 9>- - 48 - in der Mille ihrer Länge; die Hoden und Eierstöcke aber erscheinen an dem innern Rande der Wo Iff 'sehen Körper als kleine weisse Körnchen, die wenigstens 2omal kleiner als die W o 1 f f'schen Körper sind. Die erste Beobachtung aus einer Zeit, wo zuerst die keirnhereilenden Geseblechlsthei- le sichtbar sind, ist von mir. Sie betrifft einen Kuhfoelus von 1 Zoll Rhein. Länge vom Kopfe bis zum After, 1 Zoll 2 Lin. bis zu dem Ende der untern Extremitäten. Fig 2. A. Tab. III. Die Beine waren noch überaus kurz; Die Lungen bestanden noch aus einem Häufchen von kleinen am Ende bl äsch en form i ge n Cy lind erch e n . Die W o 1 f f'schen Körper reichen auch jetzt noch bis ans Zwergfell , nach unten sind sie einander genähert, oben weichen sie auseinander; sie sind etwas gebogen, aussen convex, innen concav, sonst aber fast walzen- förmig mit oben stumpfer Spitze und unterm rundlichem Ende, Ihr Ge- füge besieht aus lauter sehr artigen , überall gleich dicken Röhrchen von raässiger Länge, weiche wenig gekrümmt, meistens quer übereinander liegen. In der Mille der coneaven Seite jedes Wol ff 'sehen Körpers liegt auf seiner vordem Fläche ein hirsenkornähnliches weisses Körperchen, Hoden oder Eierstock, eng mit seinem Wol ff 'sehen Körper verbunden, ohne dass aber die Blinddärmchen an der Verbindungsslelle eine Veränderung erleiden. Aus dem untern stumpfen Ende jedes Wol ff 'sehen Körpers geht ein sehr kurzer starker Gang nach innen und abwärts zum Urachus. Beide Ausführungsgänge treten nicht zusammen, ehe sie in. den Urachus über- gehen y sondern jeder Gang mündet gesondert ein. §• 55. Merkwürdig ist ein über den äussern convexen Theil des Wolff- schen Körpers verlaufender Faden, welcher sehr viel dünner ist, als der aus dem untern Ende des Körpers ausführende starke Gang. Dieser Faden nimmt, ehe der ausführende Gang in das untere Ende des Wolf f'schen Körpers tritt, von diesem ausführenden Gang seinen Ursprung, verläset aber an dem untern Ende des Körpers diesen Gang und verläuft als eine ganz dünne fadenförmige Leiste über die convexe äussere Seite des Wol ff - sehen Körpers, ganz oberflächlich, bis an das obere Ende des Organes, wo er ohne feiner zu werden endigt. Unter dem Wolff'schen Körper sind - 40 dieser Faden und der stärkere Ausf ührungsgang- noch verbunden , aber so wie sie an das unlere Ende des Körpers treten , senkt sich der stärkere Gang ins Innere des Körpers ein , um sich mit den Blinddärmchen des Wo 1 ff sehen Körpers zu verbinden., während der feine Faden nur ober- flächlich über die queerliegenden Blinddärmchen hinläuft,, ohne die ge- ringste Verbindung mit ihnen einzugehen. Ich habe mich vollkommen mit Hülfe des Microscops überzeugt, dass in so früher Zeit der starke aus- führendeGang und der noch sehr kleine oberflächliche Faden zwei ganz verschie- dene Dinge sind , sie hängen nur unten zusammen oder liegen hier aneinander. Jedenfalls ist ihr Urspiung gemeinsam aus dem hinlern Ende des Urach us oder dem Sinus uro genitalis , der ehe eine Spur der Harnblase sichtbar ist, von vorn den Urachus aufnimmt, und abwärts in die noch gemeinschaft- liche äussere fissura urogenitalis führt. Jener über den Wo 1 ff sehen Kör- per verlaufende Faden, welcher später sehr zunimmt, ist die erste S nur des duetus deferens bei den Männchen« oder der Trompete bei den Weibehen. t 56. Zieht man das zarte Häutchen, welches den Wolf fachen Körper ein- sehJiesst, vorsichtig ab, so bleibt jener Faden mit dem Häutchen verbun- den. Man siebt dann die überaus- schönen Blinddärmchen des Wolff - sehen Körpers rjueer über einander liegon und überzeugt sieh,, dass jener Faden durchaus keine Verbindung mit den Blinddärmchen hat. Jene äus- sere Oberhaut des Wolff sehen Körpers ist, wie sich später ergiebt , eine Fortsetzung des Bauchfelles, das sich vom Wolff sehen Körper in einer noch zarten Falte zum Hoden oder Eierstock herüberschlä«t. Der duetus defeFens und die Trompete entstehen also aus dem unter- sten Stück des Awsführungsganges vom Wolff sehen Körper, sie sind aber vom Hoden oder Eierstock durch die ganze Breite und Dicke des Wolff - sehen Körpers getrennt und bleiben es auch in der Folge, bis dieser Körper allmählig zwischen beiderlei Organen verkümmert; sie liegen an der äussern convexen Seite dieser Körper, während Hode oder Eierstock an der innern coneaven Seite liegen, sie reichen endlich bis ans Ende der Wolff schei Körper hinauf, während die Hoden oder Eierstöcke nur die Mitte der in nern Seite dieser Körper einnehmen. Die Nieren hegen als ganz kleine Körperchen, nicht grösser als die keimbereitenden Geschlecb istheile, mit den fast eben so grossen Nebennieren 7 — 5o — hinter den Wo! ff sehen Körpern. Der Harnleiter ist bereits sehr deutlich und geht jederseits hinter dem Wol ff sehen Körper herab, um sich mit dem hintern Ende des Urachus ebenfalls zu verbinden. Zu dieser Zeit ist der Ureter noch dünner als der Ausführungsgang des Wol ff sehen Körpers. Siehe die Abbildungen des ganzen Foetus und der einzelnen Theile fig. 2. 3. Tab. HI. Fig. 2. A. Kuhfoetus in natürlicher Grösse. Brust- und Bauchhöhle sind geöffnet. a. Das Herz. b. Die aus Cylinderchen bestehenden Lungen. c. W o 1 ff ' sehe Körper mit den an ihrer innern Seite liegenden Hoden oder Eierstöcken. Fig. 2. B. Tab. III. Wolff sehe Körper mit den. Genitalien von dem- selben Foetus. a. Wolff sehe Körper aus quer liegenden Blinddärmchen oder Röhr- chen bestehend. b. Ausführungsgänge derselben. c. Faden, an der äussern Seite jedes Wol ff sehen Körpers, später S.chwanz des Nebenhoden oder Trompete. d. Hoden oder Eierstöcke. §, 58. Ich habe noch mehrere Schafembryonen, die kaum älter waren, in P>ezug auf jene Organe genau zergliedert und von älteren eine grosse An- r-ahl untersucht. So deutlich und verschieden nun auch in späterer Zeit die männlichen und weiblichen Genitalien werden, so konnte ich doch bei Embryonen, die nicht viel grösser als l %o\i waren, durchaus nicht den geringsten Unterschied der inneren Geschlechtslheile bemerken, alle hatten dieselben weissen jiirsenkornähnlichen kleinen Körperchen an der innern, dieselben Fäden an der äussern Seite der W o 1 ff sehen Körper. Wir heben nur noch eine Beobachtung im Detail hervor, weil sie in Hinsicht des Alters der Embryonen den Uebergang zu den später zu erwähnenden Beobachtun- von Oken bildet. §. 59. Bei .einem Schaflbetus von i Zoll, 6 Lin. Länge, den man wegen der IJnl wickelung des äusseren gespaltenen Geschlechtsgliedes für männlich halten konnte, waren die Nieren chon mehr vergrössert, die JWol ff 'sehen Körper ungefähr 4m£d so gross als die hinter ihnen liegenden Nieren ; die keimbereitenden Genitalien lagen, wie früher, klein an der innern Seite der grossen Wo lff 'sehen Körper. Siehe flg. 3. A. TaJ«. III. a. Wolff'sche Körper. Die bekannten Fäden. Ausführungsgänge der Wolf f 'sehen Körper. J. Keimbereitende Geschlechtstheile, Hoden oder Eierstöcke. Die Nieren, hinter den W o 1 ff sehen Körpern, ungefähr in der Mitte ihrer Länge gelegen, bestehen aus getrennten Läppchen, die durch das Nierenbecken verbunden sind. Der Harnleiter ist sehr stark und jetzt fast stärker als der Aus führungs- gang des Wol ff sehen Körpers und geht hinter dem letztern herab. Fig. 3. B. Tab. HL Wo 1 ff scher Körper und Niere der rechten Seite, der Wolff'sche Körper ist nach der linken Seite herübergeschlagen, dass man die hinter ihm liegende Niere und den Harnleiter sieht. a. Wolff'scher Körper. b. Ausführungsgang desselben* c. Niere. d. Harnleiter. §. 6o. Was nun weiter unsere Aufmerksamkeit bei Embryonen dieses und eines wenig spätem Alters auf sich zieht, ist die immer grössere Erhebung und Entwicklung jener anfangs so zarten Fäden, welche über die Wolf f- schen Körper bis zu deren oberem Ende hinlaufen, dagegen das Unschein- barwerden der kurzen früher- dickern Ausführungsgänge dieser Körper selbst. Früher ist der oberflächliche Faden der feinste, der Ausfülirungs- gang aus dem untern Ende des Wo lff sehen Körpers ungemein viel stär- ker ; später ist es der oberflächliche Faden , der überall von gleicher Dicke über das ganze Organ hinläuft, und unten va gleicher Dicke vom Organ abgehe wo früher der relativ viel dickere Ausführungsgang des Wo lff'- sehen Körpers in den Urachus übergieng. So sahen wir es schon bei ei- nem Schafembryo von i Zoll 7 Lin.j es wird aber bei ältern Embryonen noch viel auffallender. , — 52 — Je mehr sich jener Faden entwickelt, in gleichem Masse wird der zwischen dem Faden und dem Hoden oder Eierstock liegende Wolff- sche Körper kleiner, wodurch die Lage der Nieren hinter den Wolff- schen Körpern relativ immer höher rückt; immer aber sind die Wolff- schen Körper noch ausserordentlich viel grösser als die JNieren, Nebennie- ren und die Hoden oder Eierstöcke. Ich könnte hier noch eine Reihe von Abbildungen liefern, sie würden indessen kaum einige Unterschiede als die der relativen Grösse, aber noch keine innern Geschlechtsunterschiede zeigen. Ehe ich aber das Detail der weitern eigenen Untersuchungen mittheile, will ich erst einige Beobach- tungen von Oken aus dieser Zeit anführen. §• 61. Die Hundeembyonen , welche Q ken untersuchte, und deren Alter wohl unrichtig auf 20 Tage angegeben ist, massen 1 \fi Zoll von der Stirn bis zum After. Pken's Beschreibung ist folgende *): «Wird die braune Leber mit ihrer Nabelvene aufgehoben, so erschei- nen dieselben zwei Organe, welche ich bei den Schweinen wurmförmig genannt habe , auf derselben Stelle und mit derselben länglichtrunden Form, aber sie sind hier kürzer geworden, steigen nicht mehr so hoch Vinter das Zwergfell hinauf, das aber selbst durch die Verlängerung der Brusthöhle mehr herabgerückt ist, und stehen mit ihrem obern stumpfen Ende weiter auseinander, doch aber immer so, dass sie halbmondförmig einwärts gebogen erscheinen; aus den untern Enden geht ein Canal zu den Seiten des Urachus an die Stelle, wo die Ureleren sich in die Harnblase begeben; denn "diese ist auch hier noch nicht gebildet. Wenn es bei den Schweinchen für das blose Auge zweifelhaft geblieben, ob die Verbindungs- canäle sich etwa in den weiblichen hinter dem Urachus vereinigen, um als Mutterhörner-den Uterus zu bilden, so ist hier die Insertion dieser Canäle in den Urachus so täuschend, dass man sie geradezu für Ureteren halten möchte. a *) a. a. O. H. II. p. 17. — 53 Oken sah auch die Keime der Hoden oder. Eierstöcke als weisse Körn- chen an der inriern Seite der "Wol ff 'sehen Körper, welche von den halb- mondförmigen, überaus grossen, wunderbaren Organen gleichsam umfasst wurden. Oken fährt nun weiter fort: «Ich theilte diese Untersuchung wieder Herrn Hofralh Himly mit. Er versuchte nun mittelst einer Anelschen Spritze durch das Genitale Fer- nambuetinetur zu injiciren , und was unser einziger Wunsch war, wurde befriedigt, die Tinctur drang nämlich in den linken T^erbindungscanal, aus diesem in das wurmförmige Organ und färbte das untere Ende dessel- ben, eine Linie hoch, wie auch selbst den Canal ganz roth an. Die offene Verbindung des Genitale mit diesen Organen ist daher aufs strengste be- wiesen, aber dennoch nichts für die Natur dieser Organe entschieden, da sie gemäss dieses Vei^suchs noch immer Nieren oder Geschlechtsorgane seyn können a In einem andern Embryo trieb ich die Tinctur durch das Genitale in beide V erbindungscanäle , in den untern Rand des linken Organes und auf dem Bücken eines jeden Organes in einen engen Canal, der gerade, ohne alle V erzweigung, bis zum obersten Ende der Organe fortläuft; auf der linken Seite war er nur bis zur Mitte , auf der rechten bis zur Spitze schön roth angefüllt. Zugleich färbte sich der Urachus roth, aber wieder nur etwas über die Hälfte.* §. 62. Oken untersuchte die Wo lff 'sehen Körper auch bei 3 achtwochenal- ten Ziegenembryonen und fand auch die Nieren und Nebennieren endlich hinter den Wo lff 'sehen Körpern. «Die Niere nämlich, eine Linie breit und etwas länger, hat ihr Becken, aus dem ein höchst feiner Harnleiter, ganz verschieden von den Canälen aus den langen Organen, gebogen zum Urachus herabsteigt Oben am vordem Rande lag die Nierendrüse (Neben- niere) ganz in derselben Form, Grösse und Lage, wie beim reifen Foetuf, nämlich wenigstens drei bis viermal kleiner als die Niere, und noch ein- mal so lang als breit." Oken schliesst nun, dass es ganz falsch sei , wenn man behauptet, dass die Nebenniere zu irgend einer Zeit grösser als die Niere sei, und noch falscher, dass sie die Niere wie eine Kapsel umfasse, dass man daher immer, wenn man von einer grössern Nierencapscl redete, - 54 - das wurmförmige Organ verstanden, dass man von den wahren Nebennieren nichts gewusst habe, ausser bei einer Epoche, wo das grosse Organ ver- schwunden war und man dann die Nebennieren immer kleiner als die Nie- ren gefunden. S. 63. Dieses Raisonnement ist, wie man aus meinen übereinstimmenden Be- obachtungen ersieht, für die Classe der Säugethiere allerdings wahr, aber nur für die Säugethiere, nicht für den Menschen. Nie habe ich die Ne* bennieren bei Säugethieren grösser als die Nieren gefunden. Ich habe Embryonen jedes Alters von Scnafen untersucht ; in den jüngsten wie in den ältesten , sind die Nebennieren nie grösser als die Nieren , zu keiner Zeit werden die Nieren von ihnen umfasst, immer liegen sie über densel- ben, und bei Säugethieren mag man wohl die verschiedensten Theile ver- wechselt haben. Kuhlemann *) bildet den Wolff 'sehen Körper ab und nennt ihn Niere, und Hai ler , welcher die Sectionen zu Kuhlemann's Schrift machte, redet an dieser Stelle von Nieren und Nebennieren Allein beim Menschen hat Oken Unrecht und es ist, wie ich später beweisen werde, vollkommen richtig, wenn die Anatomen von den ausser- ordentlich grossen Nebennieren sprechen. Bei sehr jungen menschlichen Embryonen von 8 Lin. bis i Zoll Länge sind die Wolff 'sehen Körper schon sehr verkleinert, dagegen die Nebennieren ganz ausserordentlich gross und bedecken die kleinen Nieren vollkommen. S- 64- Oken hält die Wolff sehen Körper für die Anfänge der Ductus de- ferentes und derCornua uteri. Dies ist nun freilich ganz unrichtig. Diese Organe bestehen noch im Rudiment, wenn über die Ductus deferentes und Trompeten keiu Zweifel mehr übrig seyn kann, wenn Hoden oder Eierstöcke, Ductus deferentes oder Trompeten, Nieren und Nebennieren aussei den Wolff sehen Körpern zugleich vorhanden sind. Sie bleiben bei der Vertheilung der Organe rein übrig und sind ganz eigen thümliche •) l. c. T. II. fig. 8. *j IIa Her op. min. T. II 440. - 55 — Organe, -welche, wie wir bereits gesehen haben, in allerfrühester Zeit einen starken Ausführungsgang haben, späterhin zwischen dem Schwanz des Nebenhoden und dem Hoden, oder zwischen der Trompete und dem Eierstock liegen und in dieser Lage bis auf ihren letzten Rest bei beiden Geschlechtern verkümmern. Was nun die weitern Veränderungen der relativen Grösse und Lage zwischen Nieren, Nebennieren, Hoden oder Eierstöcken betrifft, so habe ich darüber folgendes beobachtet. Bisher lagen die noch kleinen Nieren mit ihren Nebennieren ganz hin- ter den sehr grossen Wolff'schen Körpern, und reichten über die, Mitte der Länge dieser Körper hinaus. Die Lage der Nieren und Nebennieren erscheint aber nun immer höher, je weiter der Embryo sich ausbildet, sie werden bald am obern Ende der Wolff 'sehen Körper sichtbar, werden immer weniger von dem obern Theile dieser Körper bedeckt und erschei- nen endlich ganz frei über den Wolff 'sehen Körpern und etwas mehr nach einwärts gelegen. Die Ursachen dieser Veränderungen sind 1. Die allmählige Verkleinerung der Wolff'schen Körper, so zwar dass sie von einem gewissen Zeitpunct an absolut nicht mehr wachsen, und selbst kleiner als früher werden. 2. Das allmählige Auseinanderweichen der obern Enden der Wolff'- schen Körper, welche früher fast senkrecht standen , aber immer mehr schief und geneigt nach aussen zu liegen kommen, je weiter sich der Em- bryo entwickelt. Hierdurch müssen ebenfalls die früher bedeckten Nieren an der innern Seite der Wolff'schen Körper, über den Hoden oder Eier- ken zum Vorschein kommen und immer weiter hinaufrücken« 3. Das allmählige Grösserwerden der Nieren selbst. Man vergleiche über die relative Lage der Organe mit den frühern Abbildungen besonders fig. 4- und 5, Tab. III. Fig. 4- Wolff 'sehe Körper, Hoden oder Eierstöcke, Nieren und Ne- bennieren von einem i Zoll 7. Lin. langen Schaffoetus (vergrössert). a. W o 1 ff 'sehe Körper. b. Ausführende Geschlechtsthcile. V* ; >* * * . *..f . v — 55 — c. Hoden oder Eierstöcke. d. Nieren mit den Ureteren. e. Nebennieren. Fig. 5. Dieselben Theile bei einem noch altern SchafToetus. Rechte Seite. ( Vergrösser t). a. Wolff 'scher Körper mit dem ausführenden Geschlechts theil. b. Hoden oder Eierstock. c. Niere mit dem Ureter. d. Nebenniere. Bei noch altern Emhiyonen haben nun die Nieren so zugenommen, die Wolff 'sehen Körper dagegen sich so sehr verkleinert, dass letztere mit den an ihnen befestigten Hoden oder Eierstöcken durch einen immer grös- sern Zwischenraum von den Nieren getrennt werden, und die Nieren ab- solut viel grösser als die Wolff 'sehen Körper werden, diese auch im Ver- hältniss zu den an ihrer inneru Seite liegenden Hoden oder Eierstöcken allmählig abnehmen. Man vergleiche die Abbildungen aus späterer Zeit der En t wickelung. $ 66. Nachdem die Theile sich mehr und mehr von einander abgesondert haben, hängen sie nur durch Falten des Bauchfells zusammen, welches vor ihnen hergeht und die Hoden oder Eierstöcke mit den Wolff sehen Kör- pern selbst umfast. Indem das Bauchfell vor den Nieren herabgeht und das obere Ende des Wo lff 'sehen Körpers erreicht, um dieses Organ ein- zusch Ii essen , entsteht eine Falte zwischen den Nieren und dem obern Ende dieser Körper. Die Hoden oder Eierstöcke sind durch eine Querfalte an die innere Seite der Wolff sehen Körper befestigt, und von letztern reicht eine ähnliche Falte nach abwärts, da wo das Peritoneum, welches ihnen einen Ueberzug giebt,, von ihnen herabsteigt. Während diese Veränderungen in der relativen Lage und Grösse der Organe sich vorbereiten, fängt auch der Geschleehtsunterschied an deutli- cher zu weiden. Diese Diiferenz, welche bei wiederkäuenden Thieren ziemlich frühe äusserlich , später aber innerlich erkennbar ist, zeigt % y - 57 - sicli an den innern Theilen zu einer Zeit, wo der "Wo I ff sehe Körper seine vollkommenste Entwickelung erreicht hat und bereits anfängt, merk- lich sich zu verkleinern. Ehe wir jedoch diese verschiedene Entwickelung der männlichen und weiblichen Genitalien weiter verfolgen, müssen wir erst den innern Bau des Wo lff 'sehen Körpers näher ins Auge fassen, da- mit wir auf die richtige "Würdigung der weitern Metamorphose vorbereitet sind. IL Innerer Bau des Wolffschen Körpers. §. 68. Zieht man den Ueberzug, welchen der W o 1 ff 'sehe Körper vom Bauch- fell erhält, ab, Was ausserordentlich leicht und ohne alle Verletzung der innern Theile geschieht, so bleibt der über die Oberfläche des Körpers ver- laufende Gang mit diesem Üeberzug verbunden. Die darunter liegenden Röhrchen oder Blinddärmchen sind überall von gleicher Dicke bis an ihr stumpfes rundes blindes Ende, sie liegen meist quer und wenig ge- krümmt oder geschlängelt und scheinen mit ihren Ursprüngen aus dem Innern des Körpers zu kommen, wenigstens sieht man äusserlich nirgends eine Verbindung dieser ilöhrchen, alle sind unverzweigt, alle von gleicher Dicke. Sie liegen ganz lose aneinander und scheinen kaum durch Binde- sloff aneinander geheftet, was unter der Loupe oder dem Microscop ein überaus- schönes Ansehen gewährt. Siehe Fig. 6. Tab. III. den von seiner Oberhaut entblossten Wol ff 'sehen Körper eines Schaffoetus, massig ver- größert. Die innere Verbindung lässt sich nicht mehr enträthseln, ich habe aber früher gezeigt, dass der frühere Ausführungsgang dieses Körpers am untern Ende mit den Blinddärmchen zusammenhängt. §< 69. Dies bitte ich aber festzuhalten, worüber ich vollkommene Gewissheit erlangt Habe, dass der über den Rücken des Organes verlaufende Faden in durchaus keiner Verbindung mit den Blinddärmchen selbst steht- Dieser Faden ist anfangs ausserordentlich fein und viel dünner als die Blinddärm- chen, später, nachdem er sich allmählig entwickelt, viel stärker; Oken und Himly haben diesen Faden in seiner ganzen Länge vom Geniiale 8 - 58 — aus eingespritzt, oline class etwas aus ihm über das Organ sich verbreitete; endlich habe ich den Mangel alles organischen Zusammenhanges in allen Fällen unter dem Microscop erwiesen, und ich werde zeigen, dass diese ausführenden Gescblechtslheile eben so wenig später durch die Blinddärm- chen des Wolff'schen Körpers in organischen Zusammenhang mit den Koden oder Eierstöcken gesetzt werden, sondern dass dieser Gang selbststän- dig bei den Männchen sich verbindet. Haben sich nun jene Gänge, welche über den convexen Theil der Wolff'schen Körper verlaufen, etwas weiter entwickelt, so sind sie selbst vom Wolff'schen Körper durch eine feine Leiste erhaben, welche von einer ganz schmalen Falte des Bauchfells entsteht, das, indem es den Wolff'schen Körper überzieht, diesen Gang in eine saumförmige Falte mit aufnimmt. Zu dieser Zeit fällt der Mangel des Zusammenhangs selbst bei oberflächlicher Untersuchung in die Augen , und man bemerkt zwischen dem deutlich ausgehöhlten Gang und dem Wolff'schen Körper selbst ei- nen Zwischenraum, der eben durch jenes Fältchen ausgefüllt ist- Dann reicht der Gang auch oben etwas weiter als die Spitze des Wolff'schen Körpers hinauf, zeigt sich hier als etwas selbstständiges und endigt mit einer kegelförmigen Anschwellung. Siehe fig. 7. Tab. III. 7°' Dass die Blinddärmchen des Wolff'schen Körpers wirklich hohl sind, davon kann man sich leicht überzeugen , wenn man den Wolff'schen Körper der Länge nach mit einer feinen Schere durchschneidet, und unter das Microscop bringt; man sieht dann die Lumina aller durchschnittenen Röhichen höchst deutlich, wie in fig. 8. Tab. III. microscopiseh abgebildet ist. Der Wolff'sche Körper ist ausserordentlich reich an Blutgefässen und enthält in den Zwischenräumen der Blinddärmchen bei frischen Embryo- nen ein rothfleckiges Wesen, über dessen Bedeutung wir bereits Rathke's schöne Beobachtung früher angeführt haben- Es sind nämlich feine Blut- gefässknäuel , welche Rathke bei Schweinen und Schafen durch Einspriz- zungen in die Aorta mit Bestimmtheit also solche nachwiess, nämlich als eine sehr schön geformte Anhäufung der feinsten Arterien. Vergl, §. 26. dieser Abhandlung. - ü - Endlich scheint mir noch bemerkenswerth , dass die äussere Haut des Wo lff 'sehen Körpers zwar ganz lose auf den Blinddärmchen aufliegt, aber doch von den unter ihr liegenden Biegungen der Röhrchen leichte Eindrücke erhält* Man sieht daher an der innern Fläche der abgezogenen Oberhaut lauter wurmförmigje seichte Vertiefungen. III. Weitere Entwickelungsgeschichte der männlichen und weiblichen innern Genitalien. §■ 71- Bisher waren die männlichen und weiblichen innern Genitalien nicht zu unterscheiden; alle Embryonen haben entlang dem Wolff'schen Kör- per einen Gang, den man für Ductus deferens eben sowohl als für Trom- pete halten könnte, an der entgegengesetzten innern Seite ein keimberei- tendes Genitale, das man eben so gut für Soden als für Eierstock anzu- sehen berechtigt ist. Von der Gegend des Bauchringes erhebt sich eine Falte des Peritoneums nach aufwärts zum untern Ende des Wolff'schen Körpers und zu dem über diesen Körper verlaufenden Gang. Diese Falte enthält ein Bündel Fasern; noch ist die Insertionsstelle dieses Bandes, welches bei männlichen Embryonen später zum Gubernaculum Hunter i , bei weiblichen zum Liga- mentum uteri rotundum wird, bei allen Embryonen gleich; es inserirt sich nämlich an den ausführenden Gang seiner Seite, am untern Ende des W o 1 ff sehen Körpers. Man kann indessen bald die männlichen und weiblichen Embryonen schon äusserlich unterscheiden. Haben auch alle Embryonen im Anfang ein unten gespaltenes äusseres, ziemlich langes Geschiechtsglied, so unter- scheiden sich doch die Männchen bald durch die Länge dieses Gliedes, und die Stelle, wo der Hodensack aus Hautfalten entsteht, liegt viel weiter nach vorn als bei den Weibchen die Schamlippen ; dies wenigstens bei wie- derkäuenden Thieren. §• 72- Bald unterscheiden sich auch die innern Genitalien, iv Bei den männlichen Embryonen sieht man den über den äussern Theil des Wo! f f sehen Körpers verlaufenden Gang, nach einer Anschwellung am obern Ende dieses Körpers, einen weissen granulösen Fortsatz an der innern Seile des Wolff'schen Körpers gegen den Hoden und an' dem Hoden entlang herabschickeq. Vom obern Ende des Hodens geht auch ein weisser, noch dickerer Fortsatz, allmählig dünner gegen die innere Seite des Wolff'schen Körpers herab. Diese beiden Fortsätze, nämlich der vom obern Ende des genannten Ganges herabsteigende, und der vom Hoden gleichfalls herabsteigende, und unten mit ersterem vereinigte Fortsalz deuten das erste Rudiment des Kopfes vom Nebenhoden an. Diese Fortsätze fehlen bei den Weibchen, sowohl am ausführenden Gang, als an dem Eierstock. Letzterer hängt immer noch mit seinem Wolff'schen Körper durch eine einfache Falte zusammen. Das obere Ende des Ganges, der über den Wolff'schen Körper aufsteigt, reicht et- was über diesen Körper hinauf und endigt hier mit einer kegelförmigen Anschwellung, welche später eine Oeflhung erhält. Bei den Männchen entsteht daher eine neue Verbindung zwischen dem genannten Gang und dem Hoden, ohne Vermittelung des Wolff'schen Körpers, sondern durch neue Substanzentwickclung; bei den Weibchen fehlt diese Wechselwirkung zwischen jenem Gang und dem Eierstock. § jfc 2. Ein zweiter Unterschied besteht darin, dass der über den Wolff'- schen Körper verlaufende Theil des Ganges bei den Männchen nicht beson- ders dick wird, dagegen mit der Verkleinerung des Wolff'schen Körpers sich in derselben Lage, welche er früher gerade eingenommen, zu kräu- seln anfängt, was man mit Hülfe des Microscops sehr wohl unterscheiden kann ; dass dagegen der über den Wolff'schen Körper verlaufende Theil des Ganges bei den Weibchen gerade bleibt, aber viel weiter wird. Aus demselben Theil des Ganges, soweit er über den Wolff'schen Körper weggeht, entsteht daher mit zunehmender Verkleinerung des letztern, der Schwanz des Nebenhoden bei den Männchen, die Trompete bei den Weib- chen. Der untere freie Theil des Ganges, nachdem er den Wolff'schen Körper verlassen hat, wird bei dem Männchen zum duetus deferens, indem er sich mehr und mehr verlängert; derselbe Thell wird hei den Wtibchen zum untern Theil der Trompete oder zum Horn des Uterus. §•74- 3, Nachdem der über den Wo lff 'sehen Körper verlaufende Theil des Ganges durch Kräuselung zum Schwanz des Nebenhodens geworden , der Wolff'sche Körper aber sich ganz verkürzt hat, ist die Insertionsstelle des Gubernaculum Hunteri nur scheinbar verändert worden. Dieses Band setzt sich jetzt an den Schwanz des Nebenhodens an, aber es ist noch dieselbe Stelle wie früher, mit dem Unterschied, dass der über der Insertionsstelle gelegene Tbeil des Ganges früher noch gerade und lang war, wie die Trom- pete bei den Weibchen, jetzt verkürzt und geschlängelt ist. Man sieht hieraus , dass das Ligamentum uteri rotundum und das Gubernaculum Hunteri ursprünglich ganz dieselben Dinge sind. Allein das Ligamentum uteri rotundum bleibt dem Horn des Uterus verbunden, wenn der untere Theil des ausführenden Ganges jeder Seite sich zum Horn des Uterus er- weitert hat. Beim Menseben werden selbst diese Hörner zum Fundus des Uterus umgewandelt , und die Insertion des Ligamentum ist zuletzt am Uterus selbst, 4- Der vierte Unterschied zeigt sich in der veränderten Einmündungs- stelle der beiden Gänge in den gemeinschaftlichen Sinus uro genitalis , der vorn und abwärts zum Genitale externum, nach aufwärts und vorwärts zum Urachus übergeht. Im Anfang münden beide Gänge getrennt in die- sen Sinus oder in den hintersten Theil des Urachus; bei den männlic'aen Embryonen bleiben die untern Theile der Gänge auch getrennt, sie hegen nur dicht aneinander, können aber leicht und ohne Verletzung von einan- dergelöst werden. Bei den Weibchen dagegen verbiuden sie sich unten wirklich zu einem unpaaren Stück, welches durch eine Verlängerung aus jenem Sinus oder aus dem hintersten Theile jenes Schlauches hervorzuwach- sen scheint, welcher Urachus, Meatus genitalis externus und die inseriren- den Gänge verbindet. Das unpaarige Stück ist schmal, kaum geiler a's die paaren Gänge selbst und anfangs sehr kurz, verlängert sich späur 62 mehr und mehr und erscheint als' Mittelstück des Uterus, nachdem die' Farnblase aus einer Erweiterung im untern Theile des- Urachus entstan- den ist. • • 'S- 7ß- ' 5. Endlich .unterscheiden sich später auch die keimbereitenden Ge-^ Echlechlstheile durch ihi-e Beschaffenheit ; die Eierstöcke früher den Hoden voll- kommen gleich / werden uneben und gleichen mehr einem unregelmässigen länglichen Läppchen, die Hoden dagegen bleiben oval und zeigen den schon genannten Fortsatz, welcher das Bündel der . im Nebenhoden sich entwickelnden vasa eiferen tia enthält. Dies sind die allgemeinen Resultate unserer Untersuchungen, die wir nun im Einzelnen durch Mittheilung des Details der Beobachtungen erhärten werden. IV. Entwickel un«s£reschi chte des Nebenhodens bis zum Verschwinden des Wolf f 'sehen Körpers. §• 77- Der wichtigste Punkt, der Untersuchung wird nun die Entscheidung der Frage , ob bei den Männchen der spätere Nebenhode nur' ein Rest des frühem W o 1 ff 'sehen Körpers, oder ob der Nebenhode der Säugethiere ein eigenthümliches und neues Gebilde ist, und der Wolff'sche Körper ebenso wie bei den Weibchen verschwindet. Rathke hatte aus seinen f rütifern Beobachtungen das Resultat gezogen, dass der Wo 1 f f'sche Körper' bei den Säugethierembryonen, wie überhaupt bei den Thieren, welche ei- nen Nebenhoden besitzen, ganz zum. Nebenhoden werde. Diese Metamor- phose war -schwer zu begreifen; denn der Wo 1 ff 'sehe Körper besteht, solange er zu erkennen ist, wie von Anfang, aus sehr vielen kurzen wenig geschlän- gelten , am Ende blinden Röhrchen. Der Nebenhoden aber besteht aus den Knäueln der sehr wenigen, ungemein langen vasa elTerentia des Ho- dens, welche im Kopf des Nebenhodens die coni ' vasculosi bilden, nirgends blinde Enden zeigen, sondern in den einfachen, vielfach gewundenen Canal übergehen, welcher den Schwanz, des Nebenhodens bildet. — 63 — Indessen hat Rathke jene Ansieht nach neuern Untersuchungen zu- rückgenommen. In seinen Beihägen zum II. Bande' von Burdach's Physio- logie als Erfahrungswissenschaft p. 5g2. änderte Ra th ke seine frühere Ansicht dahin, dass der Nebenhode sich nicht aus dem Wolff'schen Körper, son- dern aus den AVindungen des Samenleiters selbst bilde. In einer noch neuern brieflichen Mitlheilung vom 18. Febr. 1829 war mein verehrter Freund so gutig, was er neuerdings durch Beobachtung hierüber ausmitteln konnte, mir zu eröffnen, dass er nämlich bei Schweinen und Hühnern deutlichst wahrgenommen, wie ein Theil des Wolff'schen Körpers, wäh- rend der andere schwindet, zum Nebenhoden sich umwandelt. §• 7& • Da dieser Gegenstand von der grössten Wichtigkeit ist, und meine altern Beobachtungen nur aus der frühern Zeit der Foetusentwicl elung genaue und genügende Resultate geliefert hatten, so beschloss ich, über diesen Punkt eine Reihe neuer Untersuchungen anzustellen, um ihn zur Entscheidung zu bringen. Diese Beobachtungen wurden an vielen Schaf- embryonen angestellt, die man sich im October, November und December in Menge in jeder Stadt verschaffen kann. Ich kann nunmehr beweisen, dass die Blinddärmchen des Wolff'schen Körpers sich nicht in die coni vasculosi des Nebenhoden umwandeln. Es giebt eine Zeit, wo die WoJff- schen Körper mit ihren gelblichweiss gewordenen Blinddärmchen im Rudi- ment noch vorhanden sind, und wo zugleich ein diesen Blinddärmchen ganz fremder Nebenhoden aus Knäueln starker weisser Canäle vorhanden ist, der dem Wolff'schen Körper nur anliegt und bei frischen Embryo- nen auf das bestimmteste sich schon durch die Farbe von den gelben Blind- därmchen des Wolff'schen Körpers mit Hülfe der Loupe unterscheiden lasst. Ich kann ferner beweisen, dass der über den Wolff'schen Körper verlaufende Gang, in dieser ganzen Länge zum Schwanz des Nebenhodens wird, in dem Masse, als sich uer Wolff'scke -Körper verkürzt und der .über ihn verlaufende Gang sich kräuselt und Windungen bildet. §• 79- Im Anfang, so frühe jener Fortsatz des Hodens bemerkbar ist, welcher vom obern Ende des Hodens umbiegend an die innere Seite des Wolff- - 64 - sclien Körpers herabgeht, sieht man noch keine deutliche Verbindung zwi- schen diesem Fortsatz und dem an der andern Seite des Wo 1 ff 'sehen Kör- pers aufsteigenden Gang. Siehe fig. 9. Tab. III. von einem Schaffbetus. a. Gelappte Nieren. b. Ureteren. c. Hoden. d. Der beschriebene Fortsatz, welcher die vasa efferentia enthält« e. Wolff'sche Körper, sehr verschmälert. f. Der über dieselben an der äussern Seite verlaufende Gang, §. 80. Wenn man aber etwas später den innern Rand desWo lff'schen Körper» mit dem Mici^oscop untersucht, so sieht man, dass jener schweifförmige Fortsatz des Hodens, vom obern Ende des Hodens herabgehend, an der innern Seite des Wolff'schen Körpers abwärts nicht aufbort, sondern liier umbiegt, als ein ganz dünner weisser Saum, der an der innern Seite des Wolff'schen Körpers zurück nach aufwärts läuft, bis an die Spitze dieses Körpers, und dass dieser weisse Saum an der Spitze mit dem an- geschwollenen Ende desjenigen Ganges verbunden ist, welcher an der entgegengesetzten oder äussern Seite des Wolff'schen Körpers aufsteigt. Jener Gang und der Hoden stehen dann miteinander in Verbindung und zwar durch eine umgekehrt S-förmige Schlinge vom obern Ende des Ganges Jjis zum obern Ende des Hodens. Siehe fig. 2. Tab. IV. den Hoden, Nebenhoden und Wolff'schen Xörper linker Seite von einem fast 3 Zoll langen Schafembryo, von der Vorderseile vergrössert abgebildet. In der natürlichen Lage ist der Hoden an der äussern Seite von dem Wolff'schen Körper halb bedeckt und da- durch die Verbindung zwischen Hoden und dem über den Wolff'sehen Körper verlaufenden Gang unsichtbar. Siehe ßg. 2. A, Tab. IV. Zieht man aber Hoden und Wolff'schen Körper etwas von einander, so sieht man sogleich den absteigenden Fortsatz vom obern Tbeile des Hoden. Siehe fig, 2. B. ; und hält man die genannten Theile noch mehr auseinander, um sie microscopi&ch zu untersuchen, so sieht man die ganze Verbindung zwi- schen dem Hoden und dem obern Ende des, an der entgegengesetzten Seite des YV 0 1 ff 'sehen Körpers aufsteigenden , Ganges. Siehe fig. 2. C. - 65 - a Hoden. b. Wolff'scher Körper. c. Der ausführende Geschlechts tlieil an der äussern Seite des Wolff- schen Körpers. d. Absteigender Fortsatz des Hoden, an der innern Seite des Wolf f- schen Körpers. e. Die granulöse Verbindung zwischen diesem Fortsatz und dem aus- führenden Geschlechtstheil. Alle diese Theile sind darum leicht mit dem Microscop von einander zu unterscheiden, weil der nebenhodenartige Saum ganz weiss, derWolff- sche Körper und seine Blinddärmchen aber gelblich erscheinen. §. 81. Da der Hoden in der Mitte der Länge des Wol ff 'sehen Körpers liegt, der ausführende Gang aber bis an die Spitze des Wolff'schen Körpers an der entgegengesetzten Seite hinaufgeht, um von da aus erst die Verbindung mit dem Hoden einzugehen, so reicht der Nebenhoden anfangs viel höher als der Hoden aufwärts. Jemehr sich aber der Wo lff 'sehe Körper verklei- nert, um so mehr verkürzt sich auch der Nebenhoden, und um so mehr kräuselt sich der über dem Wolff'schen Körper gelegene Theil des aus- führenden Geschlechtstheils ; aus diesem gekräuselten Theil des Ganges ent- steht der Schwanz des Nebenhodens. Bei einem Schaffoetus von 5Zoll3Lin. Länge bis zum After ist die Verkürzung und Verkleineimng des Wolff'- schen Körpers schon so bedeutend geworden , dass er nicht länger als der ansehnliche Hoden ist und zwischen dem Kopf und Schwanz des Nebenho- dens wie von einer Schlinge umfasst ist. Die Canäle des Nebenhodens sind weiss und stark ; die ganz verkümmerten Blinddärmchen des Wolff'schen Körpers aber schmutzig gelblich. Siehe fig. Z. A. Tab. IV. a. Hoden. b. Der vom Hoden oben abgehende Anfang des Nebenhodens. c. Die nach oben zurückkehrende Fortsetzung des Nebenhodens; beide zusammen bilden später den Kopf des Nebenhodens. d. Schwanz des Nebenhodens, der gekräuselte Canal, welcher früher 9 — 66 — über die ganze Länge des Wo lff 'sehen Körpers verlief, nun gleichzeitig mit diesem Körper verkürzt. e. Ductus deferens. f. Rest des Wolf f 'sehen Körpers. Fig. 3. B. Tab. IV. Dieselben Theile von der Rückseite. Die Be- zeichnung ist dieselbe. Der Schwanz des Nebenhodens ist von dem Hoden verdeckt und unsichtbar. §. 82. Bei einem Hirschfoetus von 5 Zoll Länge bis zum After, den ich aus derSammlung von Dr. Heinrich Meyer in Berlin erstanden habe, fand ich keine Spur des W o 1 ff 'sehen Körpers mehr , den Nebenhoden dagegen schon viel mehr ausgebildet. Der Kopf des Nebenhodens reicht noch sehr tief herab, vom obern bis zum untern Ende des Hodens und bildet eine zuerst herab, dann wieder aufsteigende breite Schlinge, welche oben in den Schwanz des Nebenhodens umwendet. Dieser Schwanz des Nebenhodens besteht nur aus wenigen Windungen eines einfachen Canals, desselben Ca- nals, der früher über die ganze Länge des Wolff'schen Körpers aufsteigt. Fig. 4. Tab. IV. a. Hoden. b. Schlingenförmiger Kopf des Nebenhodens. c. Schwanz des Nebenhodens. d. Ductus deferens. §. 83. . Während auf diese Art die Wolff'schen Körper bis auf die letzte Spur verschwinden, der Nebenhoden aber sich ausbildet, sinken die Hoden an ihrem Gubernaculum immer tiefer gegen den Bauchring herab; der Ductus deferens, die Fortsetzung des Schwanzes vom Nebenhoden verlängert sich mehr, und früher aufsteigend zum Hoden, liegt er nun mehr hori- zontal mit dem gesunkenen Hoden, um seinen Vei'lauf bald noch mehr zu verändern, indem der Hoden durch den Bauchring tritt. Der Ductus defe- rens steigt dann bis zum untern Ende des Nebenhodens herab, und indem er dasselbe Verhältniss zum Nebenhoden behält, wendet er sich zum un- tern Ende des Nebenhodenschwanzes. - 67 - Bei einem Schaffoetus von 8 Zoll Länge vom Scheitel bis zum After fand ich den Hoden durch den Bauchring getreten , aber noch nicht in der Tiefe des Hodensacks, sondern im obern Theile der grossen Höhle, wel- che noch mit der Bauchhöhle durch den weiten Bauchring zusammenhängt, und sich später zum Sack der Tunica vaginalis testiculi von oben abschliesst. Der Kopf des Nebenhodens, welcher früher vom obern bis zum untern Ende des Hodens reichte, hat sich jetzt schon aufgerichtet, liegt am obern Tbeil des Hodens und zeigt noch eine Spur der langen Schlinge, aus wel- cher er früher bestand , der Schwanz des Nebenhodens besteht immer noch aus einem rechts und links abwechselnd sich biegenden Canal, der unter dem Hoden zum Ductus deferens umwendet. Siehe fig. 5. Tab. IV. A. Höhle des processus vaginalis peritonei. B. 'Hoden und Nebenhoden von dem Bauchfell überzogen, welches durch den Bauchring sich fortsetzt und diese Höhle auskleidet. a. Kopf des Nebenhodens. b. Die frühere lange Schlinge, dasselbe was b. in fig. 4« Tab. IV. c. Schwanz des Nebenhodens. d. Ductus deferens. Junge Kälber zeigen noch am Kopf des Nebenhodens eine Spur jener Schlinge, in einer zuerst abwärts, dann wieder aufwärts sich wendenden Bie- gung, welche dann durch eine umgekehrte »Biegung in den Schwanz des Nebenhodens übergeht. Letzterer besteht dann aus viel zahlreichern Win- dungen eines einfachen Canals. Die Samenvenen bilden einen ausserordent- lich starken plexus pampiniformis über dem obern Ende des Hodens im Samenslrang. V. Weitere Entwickelung der weiblichen innern Ge- schlechsthe ile bis zum Verschwinden der Wolff'schen Körper. | 84. Ich habe schon bemerkt, dass bei den weiblichen Embryonen die über die Wolff sehen Körper verlaufenden Gänge, statt an ihrem obern Ende in Wechselwirkung mit den an der innern Seite der Wolff sehen Körper — 68 — liegenden Eierstöcken zu treten, mit ihrem obern Ende vielmehr frei her- vorragen und eine kegelförmige Anschwellung bilden , welche sich später öffnet, und dass der über den Wol ff sehen Körper verlaufende Theil des Ganges, statt wie bei den Männchen mit der Verkürzung des Wol ff 'sehen Körpers sich zu kräuseln und zu winden, vielmehr gerade bleibt und sich erweitert. In diesem Zustand ist die Trompete unverkennbar, welche bo- genförmig den verkleinerten Wolf f'schen Körper von aussen umfasst oben mit der Oeffnung über ihn heraus ragt, unten aber mit einem kurzen freien Theile sich mit der Trompete der andern Seite zu einem unpaaren Schlau- che verbindet. Diese Gänge haben noch überall dieselbe Weile bis zu ihrer Verbindung mit einander. Eine Abtheilung des Ganges in Uterushorn und engere Trompete ist noch durchaus nicht vorhanden und die Stelle dieser spätem Abtheilung wird nur durch den Ansatz des Ligamentum uteri ro- tundum angedeutet. Zwischen Trompete und Eierstock liegt der verklei- nerte Wolff'sche Körper von schmutziggelblicher Farbe, den Eierstock gleichsam umfassend. Doch bewirken die^ Blinddärmchen dieses Körpers durchaus keine Verbindung zwischen den Trompeten und den Eierstö- cken, die Trompete liegt nur dem Wol ff sehen Körper an und ist selbst durch eine kleine saumförmige Falte des Peritoneums von diesem Körper getrennt. Alle Theile, früher aufrecht, haben sich sehr gesenkt. Siehe fig. 10. Tab. III. von einem Schaffoetus. Vergrössert. a. Nieren. b. Ure leren. c. Eierstöcke. d. W o 1 ff sehe Körper. e. Trompeten und Hörner des Uterus. f. Ende der Trompeten mit den Franzen. g. Mittelstück des Uterus. §• 85. Bei ällern weiblichen Embryonen sind die Trompeten dicker und etw as wellenförmig, die Wolf f'schen Körper sehr verkleinert und ihre Spuren nur in der Falte des Peritoneums zwischen Eierstock und Trompete ent- halten. Die Eierstöcke selbst sind verhältnissmässig sehr gross und uneben. Der untere Theil der Trompeten erweitert sich und die Abtheilung zwi- - 6g - sehen Trompete und Horn des Uterus ist ausgebildet , obgleich die Trom- pete verhältnissmässig bis an das Abdominalende noch sehr weit und nicht gewunden, wie bei erwachsenen Schafen, sondern nur wellenförmig ist. Ritzt man dann die Verdoppelung des Bauchfells zwischen Eierstock und Trompete der Rückseite auf und nimmt man das Peritoneum zwi- schen dem Ende der Trompete und dem Eierstock weg, so sieht man mit Hülfe des Microscoj>s noch ein fast kegelförmiges Häufchen der weissgelben Blinddärmchen des Wol ff 'sehen Körpers. Diese weissgelben noch überall gleich dicken Gefässe sind viel dünner geworden und liegen in einem schlei- migen Stoff verborgen. Diesen Zustand habe ich durch eine Abbildung an einem 5 Zoll gros- sen Hirchfoetus erläutert, den ich mit dem bei fig. 6. T. IV. beschriebe- nen männlichen Hirschfoetus gleicher Grösse aus Dr. H ei nr ich Mey e r's eh- maliger Sammlung habe. Fig. 6. Tab. IV. Innere Geschlechtstheile von der Rückseite. a. Uterus. b. Hörner desselben. c. Trompeten. d. Eierstöcke. e. Wo lff 'scher Körper. Rathke *) sah noch eine geringe Spur jener Körper bei einem neu- gehornen Lamm. Entwickelung des unpaarigen Geschlechts- gan ges. §. 86. Dass bei den Säugethierembryonen die Allantoide ursprünglich nicht vom Endstück desüarmkanals getrennt ist, sondern, wie bei den Vögeln, in dieses einmündet, ist eine Beobachtung von Rathke *). Die Säugethiere besitzen also, wie die Vögel, ursprünglich eine Cloake, deren äussere OelFnung, wie VI. Besondere *) Beiträge zur Geschichte der Thierwelt III. p. 82. *) B urdach's Physiologie T. II, p. 5;5. — 7° — auch Tiedemann beim menschlichen Embryo beobachtet hat, den Damm einnimmt und dem Darmkanal, den Genitalien und Harnwerkzeugen gemein- schaftlich ist- Nach Rathke nähern sich die Seitenwände der Cloake ein- ander und es treten zwei Längenfalten hervor, welche späterhin mit einan- der verfliessen und eine Scheidewand zu Wege bringen, die den After und den andern Theil des Schlauches von einander abscheidet*)- Eine Hemmungs- bildung ist also die Communication des Afters und der Harnwerkzeuge. §• 8?. In Hinsicht der nunmehr folgenden Periode der Ausbildung folge ich meinen eigenen Beobachtungen. Der vom Endstück des Darms abgetrennte Scheuch ist mehreren Theilen gemeinschaftlich, in ihn münden die Ure- teren, die ausführenden Gänge der Genitalien vonj hinten, von vorn der Urachus, nach abwärts führt er in die gemeinschaftliche Uro - Ge- nitalspalte. Noch zeigt sich keine Abtheilung dieses Schlauches für die ver- schiedenen genannten Theile, er ist überall gleich weit, und gefärbte Flüs- sigkeit, in die Fissura uro-genitalis eingesprützt, füllt diesen Schlauch, füllt, wie schon Oken undliimly gezeigt haben, die ausführenden Gänge der Ge- schlechtstheile, und den Urachus zu gleicher Zeit 61.). Ich werde diesen jetzt noch gemeinschaftlichen Schlauch Sinus uro-genitalis, die äussere Oeff- nung forthin Fissura uro-genitalis nennen. i 88. Dieser gemeinschaftliche Sinus erleidet nun wieder eine weitere Ab- theilung. Bei den weiblichen Embryonen erhebt sich aus dem hintersten Theil des Sinus uro-genitalis ein Mittelstück, auf welchem die Trompeten auf- sitzen, der unpaarige Theil des Uterus; indem diese Abtheilung zwischen der pars genitalis und urinaria nach abwärts vorschreitet, wird der nach abwärts führende Gang bei den weiblichen zur Scheide. Der Urachus schnürt sich ebenfalls, mit demjenigen Stück des Sinus urogenitalis, in welches die Ureteren treten, von dem gemeinschaftlichen Sinus ab, und indem der unterste Theil desselben sich verengt, der mittlere aber er- ) Ebend. weitert, entstehen die weibliche Harnröhre und die Blase. Allein die Blase selbst ist lange Zeit nur eine längliche Erweiterung des Urachus, die erst spät unten und oben sich mehr begrenzt und zuletzt in den fadenförmig gewordenen Urachus übergeht Bei den männlichen Embryonen bleibt der meatus urinarius der Haupt- canal, in welchen die ausführenden Gänge der Geschlechtstheile sich einsen- ken , dessen gemeinschaftlicher Theil doch immer besser Canalis uro genitalis als Urethra genannt werden könnte ; bei den weiblichen Thieren wird der Ca- nalis genitalis derHauptcanal als Scheide, und die Absonderung beider Wege schreitet allmählig bis an den Ausgang der Scheide vor Bei mehreren Thie- ren kömmt es sogar zur äussern vollkommnen Abtheilung der Harnröhre von dem Ausgang der Geschlechtstheile. VII. E n t wie ke lun gsgesch i ch t e der äussern Geschlechts- theile. §• 89. Da bei dem Menschen bekanntlich die äussern Geschlechtstheile bei allen Embryonen in früher Zeit gleich sind, indem beide Geschlechter fast als hypospadiaei erscheinen, so schien es mir sehr interessant, die äussern Ge- schlechtstheile bei denjenigen Thieren im embryonischen Zustande zu un- tersuchen, deren Genitalien im erwachsenen Zustande die meisten Ver- schiedenheiten darbieten , bei denen sich zum Beispiel die Scheide des Pe- nis dicht hinter dem Nabel öffnet. Ich hoffte bei den wiederkäuenden Thie- ren einen sehr frühzeitigen Unterschied der männlichen und weiblichen äussern Genitalien zu finden ; allein bei allen Embryonen von Schafen , welche nicht über 1 Zoll Grösse haben, lassen sich durchaus weder äusserliche noch innerliche Unterschiede der Geschlechter erkennen. Alle Embryonen haben ein verhäilnissmässig langes, gekrümmtes, unten gespaltenes Glied, dessen Spalte bei Embryonen von 1 Zoll bis dicht vor den After durch den Damm sich fortsetzt, und dessen Spalte vorn sich theilt, um, eine gabelförmige Furche um die deutliche Eichel zu bilden. Siehe fig. 2. C. Tab. III. die vergrösserten Genitalien von einem Embryo von 1 Zoll Länge vom Scheitel bis zum After, demselben Embryo, dessen innere Genitalien in flg. 2. A. B. Tab. III. abgebildet sind. Bei altern männlichen Embryonen wird dieses ^lied länger, bei weib- lichen verkürzt es sich, indem die Säume des unten gespaltenen Gliedes die Nymphen der Scham bilden. Siehe fig. 11. Tab. IV. von einem weiblichen Schaffoetus von 4 Zoll Länge, fig. 12. Tab. IV. von einem Hirschfoetus -von 5 Zoll Läge bis zum After. Bei den Männchen wird das Glied zugleich durch Verwachsen der Penis- Scheide an die Bauchwand angeheftet, was früher nicht der Fall war, so dass die um das geschlossene Glied gebildete Scheide bald dicht hinter dem Nabel sich öffnet. Diese Scheide wird abermals um so länger, je mehr der anfangs sehr tief stehende Nabel gegen die Mitte des Bauches rückt. Der Hodensack erscheint wie bei dem Menschen zuerst als eine doppel- te leere Hautfalte, zwischen welcher sich die Spalte des Dammes fortsetzt, auch diese Falten rücken allmählich mehr nach vorwärts. Vierter Abschnitt* Beobachtungen über die Entwickelung der Genitalien bei dem Embryo des Menschen. I. Entwicklungsgeschichte der Wolff'schen Körper bis zur letzen Ausbildung der Genitalien. § 9°- Beobachtungen über die Wolff'schen Körper an menschlichen Embryo- nen der allerfrühesten Zeit fehlen mir. Ich besitze zwar einen wunder- schönen menschlichen Embryo von 3 1/4 Lin. Länge, in der Krümmung ge- messen, mit langgestiekem Nabelbläschen und Spuren der Halsspalten, den ich anderswo beschreiben werde. Allein ich wollte diesen mir höchst merk- würdigen, etwa vierwöchentlichen Embryo nicht für die Untersuchung der inneren Theile opfern, besonders weil ich einen Säuge thierembryo aus eben so früher Zeit der Entwickelung bereits zergliedert hatte. Siehe §. 5i. Wahrscheinlich würde ich bei der Untersuchung gefunden haben, was I. Fr. Meckel von einem menschlichen Embryo von mehreren Linien Länge beschreibt und was fast ganz mit unserm Resultat von der Section des win- zigen Mäuseembryo übereinstimmt. Meckel sagt (Beiträge zur vergl. Anat. t B. I. H. p. 71. 72): «Zu beiden Seiten des Körpers, in der Mitte verschmolzen (?), Hegt längs der ganzen Wirbelsäule bis zum Kopfe hinauf, eine länglige Masse, auf der ich zwar bie und da der Länge nach verlaufende Einschnitte be- merkte, die sich aber nicht deutlich in bestimmte Organe schied und end- lich in den Nabelstrang auslief." Meckel fragt, war es die gemeinschaft- liche Masse, aus welcher sich nachher Lungen, Leber, Nieren , Nebennie- 10 ren und Geschlechtstheile absondern? Dass dies nun die ersten Anfänge der Wolf f 'sehen Körper waren, leidet keinen Zweifel, wenn man die mit- getheilten frühzeitigen Beobachtungen über die Wol/f 'sehen Körper bei Säugethier - Vogel - und Eidechsenembryonen vergleichen will- Lungen, Leber, Nieren, Nebennieren, und Genitalien nehmen ohne hin eine ganz andere Entstehung. §• 91- Die hieran sich schliessende nächste Beobachtung ist von mir, und be- trifft einen menschlichen Foetus von 8 Lin. Länge, der in natürlicher Grösse in Fig. ii.Tab. IIL abgebildet ist. Dieser Embiyo stellt in der Mitte zwischen denen der IV. und V- Figur von Soemm erring die er beide auf 7 Wochen schätzt. An unserm Foetus waren die Extremitäten noch ganz kurz und stumpfarljig , aber es zeigte sich schon ein Anfang der Ah- theilnng des Stumpfendes in Finger. Der Kopf - betrug i f5 der Länge der ganzen Gestalt. Nach Eröffnung des Unterleibs fand icb hinter der Ungeheuern kugligen Leber, zu den Seiten der Wirbelsäule, auf jede^ Seite 5 Organe. Zunächst Helen die ungeheuren Nebennieren in die Augen, welche am höchsten reichten; diese waren oval, an ihrem obern Ende von einander abstehend, unten einander genährt, so dass sie hier zusammenzufliessen schienen, was aber nicht der Fall war. Hinter den Nebennieren lagen die viel kleineren Nieren, welche nur \f\ des Flächenraums und wohl i/S des Volums der Nebennieren ausmachten. Die Nieren, an denen ich den Ureter entdeckte, waren also ganz von den Nebennieren bedeckt, wie in der Beobachtung von I. Fr. Meckel (Beiträge zur vergl. Anat T. I. H. V. p. 99. Tab. V. f ig. 21. 22), so zwar, dass die Nebennieren nur wenig tiefer, aber viel höher und weiter in die Breite reichten. Siehe die vergrösserte Abbildung flg. 1 1. B. Tab. III. a. Nebenniere der rechte Seite, b. Niere der linken Seite, nach weggenommener Nebenniere. §• 92- Unter der Nebenniere lag jederseits (ein längliches walzenförmiges Or- gan, schief in der Richtung von oben und aussen, nach unten und innen; *) Icones enibryonuro luimanorum Francof. 1799. foL etwas weiter nach aussen lag in derselben Richtung, fast parallel, ein Ausführungs- gang, der in den (§. 87. beschriebenen) Sinus uro- genitalis communis überging. Zwischen diesem Gang und dem „alzenförmigen Organ lag ein langes plat- tes Organ, «las an? jenem Gang wie eine Federfahne an ihrem Kiel seitlich anhing. Dieses Organ war länger als der an seiner innern Seite gelegene wal- zenförmige Eörper , viel dünner; aber ebenso breit, und reichte oben so weit als der an seiner «äussern Seite gelegene Gang , unten aber bis fast zur Einsenkutfg dfes Cranges in den Sinus uro - genitalis communis- Nachdem ich die Wol ff 'sehen Körper bei so vielen Embryonen von Säugethieren unter- sucht hatte, konnte ich keinen Augenblick zweifeln, dass dieses Organ der W o 1 f f 'sehe Körper, das an seiner innern Seite angeheftete, mit ihm pa- rallel laufende walzenförmige Organ Hoden oder Eierstock, der an seiner äussern Seile hinlaufende Gang der ausführende Geschlech Istheil sei. Siehe Fig. 11. B. Tab. III. die ffergrösserte Abbildung jener Organe. a. Nebenniere der rechten Seite, welche die hinter ihr liegende Niere ganz bedeckt. b. Niere der linken Seite, nachdem die linke Nebenniere weggenom- men worden. c. Keimke reitendes Organ, Hoden oder Eierstock rechter Seite. d. Wolf f 'scher Körper der rechten Seite. d. Wo lff 'scher Körper der linken Seite, der Hoden oder Eierstock ist auf der linken Seite weggenommen, e: e. Ausführender Geschlechlstheil, Ductus deferens oder Trompete. §. 93. Worüber ich mich nun sehr zu verwundern hatte, war die zwar all- gemeine Uebereinstimmung mit den Säugethieren, aber die grossen Unter- schiede in der relativen Grösse der einzelneu Organe. r. Für die ausserordentliche Kleinheit des Embryo war der Wolff- che Körper sehen sehr verkleinert, und wenn auch etwas länger als der an seiner innern Seite liegende Hoden oder Eierstock, aber viel dünner oder platter als dieser, so dass der Wol ff 'sehe Körper bei diesem Embryo, Wenn er länger gelebt hätte, gewiss über kurz fast verschwunden seyn Würde. Gleichwohl sind die Wol ff 'sehen Körper bei 5 Zoll grossen Thier- embryonennamentlich Schaffoetus, noch so gross, wie hier bei einem - 76 3 8 Linien grossen menschlichen Emhryo. Von diesem baldigen Verschwin- den des Wo lff 'sehen Körpers überzeugte ich mich denn auch bei dem zu- nächst zu beschreibenden, nicht viel altern menschlichen Embryo. 2. Eigentümlich ist die walzenförmige Form des keimbereitenden Ge- schlechtstheils, während es bei den Thierembryonen anfangs nur hirsen- kornähnlich ist und lange bleibt, und sehr spät bei den weiblichen Em- bryonen nur länglicher wird. 3. Eben so merkwürdig ist die ausserordentliche Grösse der Nebennie- ren, welche bei Säugelliierenibryonen niemals, auch in der frühesten Zeit nicht grösser als die Nieren sind, und die Nieren niemals in der ganzen Länge bedecken. §• 94- Der zweite Embryo, den ich zergliederte, betrug i Zoll Länge. Dieser steht in der Mitte zwischen den in der VI. und VII- Figur von Sommer ring, welche v. Sömm err i n g auf 8 und 9 Wochen schätzte. Die Extremitäten waren hier schon länger, die Zehen und Finger abgetheilt. Siehe flg. 12. A. Tab. III. unsere Abbijdung in natürlicher Grösse. Ich erkannte sogleich wieder die sehr grossen Nebennieren, welche die Nieren mit ihrem untern Theil ganz deckten und noch viel grösser als letz- tere waren. Unter den Nebennieren lagen die länglichen keimbereitenden Organe, Hoden Joder Eierstöcke, aber schon viel mehr auseinander gedrängt und mehr geneigt. An der äussern Seite derselben waren die ausführenden Gänge sehr deutlich. Zuerst schien alle Spur der Wo lff sehen Körper zwischen den Gängen und den keimbereitenden Organen zu fehlen. Bei microscopischer Untersuchung erkannte ich aber noch eine sehr schmale, aber lange Spur derselben in diesem Zwischenraum. Fig. 12. A. Tab. III. a. JNebenniere der rechten Seite. b. Niere der linken Seite, von der über ihr liegenden Nebenniere befreit. c. c. Hoden oder Eierstöcke. d. d. Aus füh ruugsgänge der Genitalien. Fig. 12. B. Tab. III. vergrösserte Abbildung. — 77 — a. Nebenniere der rechten Seite. b. Niere der linken Seite. c. c. Hoden oder Eierstöcke, d. d. Ausführungsgänge der Genitalien. e. e. Die zwischen diesen Gängen und den keimbereitenden Organen liegenden schwachen Spuren der Wol ff 'sehen Körper. §• 95. Aus diesen Beobachtungen konnte ich mir nun erklären, warum ich früher einmal bei einem wenig ältern, nämlich 10 wöchentlichen Embryo den Ausführungsgang dicht an dem keimbereitenden Organ anliegen sah und bei unbewaffnetem Auge keine Spur des Wol ff 'sehen Körpers auflin- den konnte. Damals glaubte ich, das die Wol ff 'sehen Körper, so gross und ungeheuer bei den Tbieren, vielleicht dem menschlichen Embryo fehlen möchten. Ich hatte diese Organe noch nicht bei ältern Embryonen mit Hülfe des Microscops auffinden gelernt, ich wusste noch nicht, dass Rosen- müller schon im Jahr 1801 eine Spur dieser Körper bei einem ällern weiblichen Mensche nfoetus gefunden hatte, Organe, die er freilich von Thieren nicht kannte und die er fälschlich für nebenhodenartige Theile der weiblichen Embryonen hielt. Ich wusste nicht, dass diese Organe so ausserordentlich frühe bei dem menschlichen Embryo verkümmern, und dass sie deswegen fast allen Zergliedern menschlicher Embryonen enfgan- gen sind. Worin liegt nun die Ursache dieses schnellen Verschwindens ? Sollte dies mit dem frühzeitigen Verschwinden oder Mangel der Allan tois bei dem menschlichen Embryo in Verbindung stehen? Man wird die weitere Ausbildung der Verhältnisse, die beim Erwachse- nen statt finden, an dem in fig. i3. Tab. III. abgebildeten 10 wöchentlichen Embryo leicht übersehen und vergleichen können. a. Nebennieren. b. Nieren. c. Eiers locke. d. Trompeten, Hier kann über das Geschlecht schon kein Zweifel mehr übrig seyn , und die Nebennieren, noch ebenso gross als die Nieren, und wohl noch etwas grösser, haben sich indessen so verkürzt, dass sie fast ober den Nieren liegen- 1 - 7» S- 96- Ehe wir nun -weiter in der Entwicklungsgeschichte und in der Ver- gleichung der Beobachtungen fortschreiten, müssen wir einige Bemerkungen über das Verhältniss zwischen den Nieren und Nebenniererv machen. Oken *), nachdem er die W o ] ff'schen Körper als eigenthümliche Organe bei den Säugethiereu erkannt Isatte, schloss, dass es ganz falsch sei, wenn man behaupte, die Nebennieren seien zu irgend einer Epoche grösser als die Nieren, die Nieren seien von den Nebennieren capselförmig umfasst, und glaubte, dass man immer jene wunderbaren Organe, fälschlich für die Nebennieren genommen habe. In der That war von Sette derjenigen, welche Säugethierembryonen zergliederten, die Verwechselung mit den Nie- ren und Nebennieren nicht selten. Kuhlemann **) und Dzondi >;;:;::;:) hielten die Wo lff 'sehen Körper für Nieren, und Haller spricht foe Kuh lern ann's Beobachtung von Nieren und Nebennieren f). Allein Oken hat vollkommen Unrecht, wenn er diese Verwechselung auch bei den Zergliederern menschlicher Embryonen annimmt. Niemand ausser I. Fr. Meckel halte bisher einen menschlichen Embryo aus so früher Zeit zergliedert, wo das W o 1 ff 'sehe Organ noch sehr deutlich wai\ I. Fr. Meckel hatte es nicht verwechselt, denn er hielt es für die ge- meinsame Masse, woraus die Unterleibsorgane hervorgehen und rügt zu- gleich Oken's Bemerkung ft). Bei Embryonen von 8 Lin. ist unser Or- gan noch deutlich, bei Embryonen von i Zoll Länge ist es, wie ich gezeigt habe,, schon schwer aufzufinden, Die Nebennieren sind dagegen jetzt und früher ausserordentlich gross, umschliesen und bedecken wirklich die Nieren von vorne ganz, wie Capseln, und daher sind die Angaben der Anatomen, welche Oken anführt und tadelt, namentlich von Haller, Wrisberg, Bi d 1 oo,, Droysen, Morgagni, Röslein, Cassebohm, Dan z voll- kommen richtig.. *) A. a. O- Heft. 2. p; 19, **). A. a. O. T. II. fig, 8. ***) A. a, Qi tJ Op. min, TV Ii: p. 44<>; -jjfc) Beiträge, zur. yergl. Anati B. I. H. 1. p. 108 79 & 97-' Die gehaüesten bisherigen Angaben über die Nebennieren der mensch- lichen Embryonen sind die von I. Fr. Meckel. Meckel's erste Beobach- tung von einem 9 Linien grossen Embryo stimmt ganz mit meiner ersten Beobachtung von einem Embryo von 8 Linien. Auch hier waren die klei- nen Nieren von den 2 Lin. grossen Nebennieren bedeckt. *) Bei einem an- dern, 1 Zoll grossen Embryo **) fand Meckel die Nebennieren 3 Linien lang, die Nieren lagen hinter ihnen und waren nicht völlig halb so volu- minös. Meckel bemerkt auch, dass die Nebennieren unten verwachsen waren und eine Masse bildeten. Dies war aber wohl nur scheinbar, wie an dem von mir beschriebenen 1 Zoll grossen Embryo. Nach Meckel ändert sich dieses Yerhältniss ei'st in die Gleichheit der Gi^össe beider Organe bei 10 — 12 wöchentlichen Embryonen Eie- mit stimmen auch meine Beobachtungen. Man sehe fig. 8. von einem 10 wöchentlichen Embryo. Ich habe bei einem weiblichen Embryo von 5 \J'x Zoll Länge bis zum After, 5 Zoll Länge bis zu den Fussspitzen, noch kein Missverhältniss zwischen Nieren und Nebennieren beobachtet; letztere sind vielmehr noch breiter, wenn auch platter als die deutlich gelappten Nieren. Siehe fig. 9. Tab. IV. die Abbildung, §. 98. Nach dieser nothwendigen Episode über das Verhältniss der Nebennie- ren und Nieren zu den Wolf f sehen Körpern, wodurch wir Oken's Be- merkung und Missvers tändniss zu berichtigen hatten, kehren wir zu unseru Organen zurück, um diejenigen Beobachtungen aufzuführen, in welchen noch später Spuren des Wol ff 'sehen Körpers aufgefunden wurden. Bei einem weiblichen Embryo meiner Sammlung von 3 \fi Zoll Länge vom Scheitel bis zum After, den ich der Güte des Herrn Dr. Wolf in Bonn verdanke, waren die Wolf f 'sehen Körper, dreieckig, indem der *) Ebend. p. 8r. *) Ebeiul.'p. 99. Tab. V. fig. 21, 02. ' ) Abhandlungen ans der menschlichen und vergleichenden Anatomie" und Physiologie Halle 1806. 8. p. a85 — 3oo. Leider habe ich diese Schrift nicht selbst zur Hand gehabt. — 80 — dickere Theil zwischen dem Abdominalende der Trompete und dem Eier- stock, der dünne spitzere "Theil zwischen Eierstock und Trompeten gegen den Uterus hin gerichtet war. Der Wolf f sehe Körper war noch fast so lang als der Eierstock, sehr deutlich und dessen Blinddärmehen mit der Loupe sehr erkenntlich. Der Uterus war noch zweihörnig. Siehe G&. Q. B. a. Der noch zweihörnige Uterus. b. Ligamenta uteri rotunda. c. Trompeten. d. Eierstöcke. e. Wolff'sche Körper. §• 99- Bei einem weihlichen menschlichen Embryo meiner Sammlung, der vom Scheitel bis zum After 4 \fi Zoll , bis zu den Füssen 6 Zoll 10 Linie.i misst, und also vom Ende des 4ten Monats seyn mag, waren die Eierstöcke sehr gross, uneben und unregelmässig und reichten vom Abdominalende der wellenförmigen Trompete bis fast zum Uterus. Das Abdominalende der Trompete ist weit geöffnet und schön gefranzl; in der Bauchfell Verdop- pelung zwischen dem Abdominalende der Trompete und dem Eierstock be- merkte ich an der Rückseite, nachdem ich das Bauchfell an dieser Stelle weggenommen hatte, eine grauliche Substanz, in welcher mit Hülfe des Microscops gewundene, weisse, gleichförmigdicke Canälchen oder Blinddärm- chen sehr deutlich zu erkennen waren, die meist queer von der Trompete zum Eierstock sich wendetan. Dies ist der- Rest des Wol ff 'sehen Körpers, eines früher so grossen und wichtigen Organes. Siehe fig. 7. Tab. IV. innere weibliche Genitalien jenes menschlichen Foelus, von der Rückseite vergrössert abgebildet. a. Uterus. b. Trompete. c. Abdominalende mit den Franzen. d. Eierstock. e. Blinddärmchen oder blinde weisse Gef ässe, Reste des Wo Iff 'sehen Körpers. .8 .1 Bei einem menschlichen Embryo meiner Sammlung, der vom Scheitel bis zum After 61/2 Zoll, bis zu den Füssen 10 Zoll Rh. misst, und also aus dem 5. Monat ist , sah ich dieselben microscopischen weissen Blmdge- fässe wieder, in der Verdoppelung des Bauchfelles zwischen dem Abdomi- nalende der Trompete und dem Eierstock, nachdem ich an der Rückseite das Bauchfell vorsichtig abpräparirt hatte. Siehe fig 10. Tab. IV. die ver- grösserte Abbildung. Die Bezeichnung ist dieselbe wie in der vorigen Figur. § 101. Hieran schliessen sich Rosenmüllers Beobachtungen über diese Or- gane bei neugebornen weiblichen Kindern. Rosenmüller beschreibt das Organ bei einem zyvölfwöchentlichen Kinde folgendermassen. Das merkwürdige Organ zwischen Eierstock und Trompete, in einer Verdoppelung des Bauchfells gelegen , war sehr ansehnlich und aus einer Menge von kleinen Canälen zusammengesetzt, die vielfach gewunden, an ihrem untern Ende viej weiter als an ihrem obern schienen, wo sie sich einander näherten und allmählich verschwanden. Solcher Canäle fanden sicli ohngefähr zwanzig. Die Spitze des ganzen Körpers war an das Ovarium geheftet. Rosenmüller nennt das Organ Corp us coniewn, eine Benennung die nur auf seine jetzt verkümmerte Gestalt passt *). I. Fr. Meckel führt diese Stelle in seiner deutschen Ausgabe von C u- v i er 's Vorlesungen über vergleichende Anatomie im 4- Bande p. 55o. an und erinnert hierbei an die ursprüngliche Uniformität der Genitalien bei beiden Gescblekhtern. In seinen Beiträgen zur vergleichenden Anatomie, II. B. 2. H. Leipzig 1812. p. j8i. bemerkt Meckel, nachdem er dieselben Beobachtungen von Rosenmüller angeführt hat, dass er diese Beobachtung bei allen weibli- chen Foetus, die er anatomirt habe, jedesmal genau bestätigt gefunden. Er fügt hinzu: »Wenn es mir gleich nie gelang, weder durch Injcction von Quecksilber, noch von andern Massen, vom Ovarium oder von der Trom- , •) R oaenmüllcr de ovariis embryonam et foctum humanorum Lips* 1802. Tum tab. aen. 4. 1 1 — 82 — pele aus diese Gefässe, oder unter ersterer Bedingung durch sie die Trom- peten, unter letzterer dasOvarium anzufüllen, so ist doch wohl keinem Zwei- fel unterworfen, dass, wie Rose nmü 11er sehr sinnreich vermuthet, dieser Körper dem männlichen Nebenhoden entspricht.« Dass indessen diese Ver- mulhung von Rose nmü 11 er unrichtig ist, ist früher bei den Säugethieren erwiesen worden. Die Wolff'schen Körper der männlichen Embryonen verschw inden ganz , der Nebenhoden ist dagegen ein neues Gebilde. §. 102. Man sieht übrigens aus allen diesen Beobachtungen , dass die Entwick- lung der Wolff'schen Körper und der innern Genitalien sich ebenso ver- hallen muss, wie bei den Säugethieren, mit dem Unterschied, dass die Wolff'schen Körper hei menschlichen Embryonen ausserordentlich frühe verkümmern, und schon hei i Zoll grossen Embryonen unscheinbar werden. Wenn nun meine Beobachtungen beim Menschen an Vollständigkeit noch vieles zu wünschen übrig lassen, "was nur von meiner isolirten Stellung herrührt, so werden sie durch meine zahlreichen Beobachtungen an Säuge- thieren vollständig ergänzt- II. Ueber die Ent Wickelung des Utertrs. §. roü). Dass in frühester Zeit, wenn die Anlage zu den Trompeten schon vor- handen ist, das verbindende unpaare Mittelstück, als etwas selbstständiges noch nicht vorhanden ist, habe ich beim menschlichen Embryo zwar nicht gesehen, aber bei den Säugethieren gezeigt, und dasselbe hatte Rathke von Säugethierembryonen beobachtet. Jene beiden Gänge' münden vielmehr getrennt in den gemeinschaftlichen Sinus uro genitalis (S. §. 87.), wel- cher nach unten in die Fissura uro genitalis , nach vorn und oben in den Urach us führt. Der mittlere unpaare Theil entsteht erst, indem das zwischen 83 den Inserlionsstellen der beiden Gänge gelegene Stück jenes gemeinschaft- lichen Schlauches allmählig ausgezogen wird und sich zum Grundstück der Leiden Canäle selbstständig verlängert. Dieses unpaara, i?:i Anfang kurze [ später längere Stückt ist aber nicht allein das Rudiment des Uterus, son- dern der Fundus des Uterus bildet sich zum Theil aus dem untern Theil der Seitengänge oder Trompeten, wie J.Fr. Meckel sehr schön gezeigt hat. §■ io4- Bei einem 1 Zoll langen Embryo fand Meckel *) noch keine uterus- ähnliche Anschwellung an der Stelle, wo sich die beiden Trompeten zu ei- nem dünnen unpaarigen, kaum merklich weitern Theil verbanden, ebenso wenig einen Unterschied zwischen Uterus und Scheide. Von jenem kurzen tinpaarigen Stück an , waren die beiden Gänge oder Trompeten noch ganz gleich in ihrer ganzen Länge. Die Grenze zwischen Uterus und Trompete war nur durch die Insertionsstelle des Ligamentum uteri rotundum an- gedeutet, welches sich unter der untern Extremität des Ovariums, an den Gang ansetzte, der in dem untern Theil Uterushorn, in dem obern Trompete wird. Der untere Theil dieses Ganges war kürzer als der obere. Meckel schliesst hieraus mit Recht, dass der Uterus des Menschen im An- fang ebenfalls zweihörnig ist, weil die spätere Insertionsstelle des runden Mutlerbandes nicht die Trompete mehr, sondern der obere Theil des Sei- tenrandes der Gebärmutter selbst ist. Gegen diesen Beweis lässt sich nichts einwenden, und es lässt sich aus der Annäherung der Insertionsstelle des runden Multerbandes auf die gleichmässige Verkleinerung der Hörner bis zum vollkommenen Verschwinden derselben in den Fundus des Uterus schliessen. Meckel fand auch die Hörner des Uterus desto länger und unter einem desto spitzem Winkel verbunden, je jünger der Embryo ist und fand die Gebärmutter bis zum Ende des dritten Monats zweigehörnt. Erst um das Ende des vierten Monats erweitert sie sich an ihrem -obern Ende, indem die anfänglich vorhandenen Horner verschwinden und eine einfache Höhle darstellen **}. *) Beiträge zur vergl. Anat. I. p. 100. *) Meckel, Handbuch der menschlichen Anatomie T. IV. p, 591, - 84 - In der Tbat sehe ich an einem menschlichen Foetus, den ich vor mir habe, und welcher 3 1/2 Zoll vom Scheitel bis zum After misst, den nahen Uebergang der schon sehr verkürzten Hörner in einen einfachen Fundus des Uterus. Der Fundus des Uterus zeigt in der Milte eine seichte Furche, von welcher jederseits eine hornähnliche Erweiterung ausgeht , an deren Ende das Ligamentum leres sich ansetzt. Siehe fig. 9. B. Tab. IV. a. Utejrus bicornis. b. Ligamenta uteri rotunda« c. Trompeten. .. • d. Eierstöcke. « » - e. W o 1 ff 'sehe Körper. III. Ausbildung der Samenbläschen. §• io5. Ueber die Ausbildung der Samenbläschen beim Menschen habe ich keine Beobachtungen. Indessen hat Rathke bei den Säugethieren aus Beobachtung wahrscheinlich gemacht, dass sie zuerst als ein gemeinsamer unpaariger Vorsprung an der Insertionsstelle der Ductus deferentes erschei- nen, ein Vorsprung, der sich später erst in der Mitte theilen soll, und zuletzt erst auf jeder Seile in die einzelnen Loculi sich abiheilt. BeiSchwei- Jieembryonen von 2 Zoll 10 L. — 3 Zoll 2 L. flössen beide Samenleiter zu- sammen und gingen in einen kurzen und kleinen, fast kegelförmigen Kör- per über, dessen Grundfläche mit der Harnröhre verwachsen war *). Bei einem 6" grossen Schweineembryo waren die Samenblasen paarig , aber noch nicht lappig *#), Wenn dem so ist , so hätten die Samenbläschen eine analoge Entstehungsart wie der Uterus, und es müssle bei einer Hern- f mungsbildung die ursprüngliche Einfachheit des Schlauches bleiben. So scheint es bei dem bekannten Acker mann'schen Hypospadiacus. Alle in- nern Organe sind männlich, die Hoden mit ihren Nebenhoden versehen, sind nicht in den Hodensack herabgetreten, liegen aber in der Leislenge- *) Beiträge cet. III. p. 77. 78. **) Ebend. p. 79. 80. - 85 - gend. Hinter der Urinblase liegt aber ein runder bobler Körper, zu des- sen Seiten die Ductus deferentes. verlaufen, um auf einem Vorsprunge in die Harnröhre auszumünden. Sie münden nicbt in jenen Scblauch, sondern verlaufen in den Wänden desselben. Dieser bohle Körper war wahr- scheinlich ein Rudiment der Prostata oder der Samenbläschen im verbilde- ten Zustande. Ackermann hielt ihn' ebne Grund für einen Uterus, der ohne Eierstöcke und Trompeten vorbanden seyn sollte, wozu viel Glauben gehört, Allein Ackermann war von den Vorurtheilen über bermaphrodi- tisebe Bildungen befangen und dies hat ihn verleitet, in einer einfachen Verknäuelung der Ductus deferentes die Sanienbläschen zu suchen, eine Win- dung, die auf jeder Seite den Verlauf der Ductus deferentes weit von der Insertion zu unterbrechen schien, und von der er doch selbst sagt, dass sie sich in einen einfachen Canal habe auseinander ziehen lassen. Diese Be- merkungen als ein Beitrag zur rieh tigern Erklärung sogenannter bsrmaphro- ditischer Bildungen. Samenbläschen und Uterus entstehen wahrscheinlich zuerst auf eine analoge Art, soviel sich nämlich aus Rathke's Beobach- tungen ergiebt ; kein Wunder, wenn eine Bildungshemmung der erstem für einen Uterus imponirt. IV. En t w ickelungsgeschichte der äussern Genitalien, §• 106. Dass die äussern Genitalien bei den menschlichen Embryonen ursprüng- lich keinen Unterschied des Geschlechtes zeigen, dass die männlichen Em- bryonen im Anfang durch die Spaltung des Hodensacks, dessen Falten noch leer sind und Schaamlippen ähneln, den weiblichen Embryonen mit penis- ähnlicher Clitoris gleichen, ist eine allgemein anerkannte, vorzüglich durch Meckel und Tiedemann genau bewährte Thatsache, woraus sich die blos scheinbare vorzugsweise Häufigkeit der Mißbildungen bei schein- bar weiblichen Embryonen erklärt Ich habe schon erwähnt, dass man hieraus fälschlich auch auf einen ursprünglich weiblichen Typus der in- nern Genitalien bei allen E;:ibijonen geschlossen hat. Die ursprüngliche Bildung der innern Genitalien ist weder vorzugsweise männlich, noch weib- lich, sondern es existirt eine bisher unbeachtete Form, aus welcher sich sowohl das männliche als weibliche Geschlecht durch auf beiden Seiten eigenthüm- liche V eründerung entwickelt. Dieselben merkwürdigen Organe zwischen — 8G — Eierstöcken oder Hoden und. den ausführenden Gängen. Aber diese Gänger sind bei allen Embryonen anfangs blind; nur bei den Weibchen werdeu sie in die Bauchhöhle geöffnet, nur bei den männlichen kräuseln sie sich zum Schwanz des Nebenhodens und trejten in Wechselwirkung mit den vasa eßerentia des Hodens. Ist das Geschlecht entschieden, die Genitalien Tollkomifcen entwickelt, so sind die früher beiden Geschlechtern gemein- schaftlichen Organe, die Wol ff 'sehen Körper verschwunden. % 107. Was nun die Bildungsgeschichte der äussern Geschlechlstheile hei den menschlichen Embryonen betrifft, so haben wir darüber so vollständige und vortreffliche Beobachtungen von Tiedemann, dass neue Unlersu- chungen hierüber überflüssig und ohne Hoffnung neuen Gewinnes sind. Ich muss mich daher begnügen die Resultate von Tiedemann's Beob- achtungen an igEmbryonen von frühester Zeit bis zur 20. Woche anzuführen. T i ed e in a n n zieht aus ihnen die Schlussfolge: Dass der Embryo des Menschen in der frühern Zeit bis in die fünfte Woche gar keine äussern Genitalien hat, so wie ihm auch dann noch in der Regel die Mündung des Afters, des Mundes *)•, der Nase und der Oh- ren fehle. «Gegen das Ende der fünften oder zu Anfang der sechsten Woche bildet sich eine gemeinschaftliche Oeffnung für den After und die Genitalien, und es erhebt sieh ein kleiner Wulst vor dieser Grube. Geeen die 7. oder 8. Woche cestaltet sich der Wulst zu einem vorsprin- genden Körper, der Clitoris ähnlich, an deren unterer Fläche eine Furche oder Spalte von der Aftergrube aus verläuft, Gegen die neunte Woche ist die Clitoris mehr ausgebildet, sie hat eine knopfähnliche Eichel, bis zu welcher die Spalte der Genitalien verläuft' und es ist der Anfang der grossen Schamlippen vorhanden, in Gestalt kleiner länglicher Hautfal- ten. Gegen die 10. oder 11. Woche scheidet sich die Oeffnung des Afters von der Spalte der Genitalien durch die Bildung eines Querhautstückes, dem anfangenden Damm, die grossen Schaamlippen sind grösser geworden •) Vom M^n.le ist dies nicht Stalthaft. Die Mundöffnmig ist um so grösser, je jünger der Embryo ist, und anfangs ein sehr weiter Eisgang in den hinten noch geschlossenen Rachen , über den noch kaum Torspringf eden Leuten des Unterkiefers. - 87 - und die angeschwollenen Ränder der bis zur untern Fläche der Clitoris ver- laufenden Spalte sind den kleinen Schamlippen oder Nymphen analog. Erst gegen die vierzehnte Woche verwächst in mehreren Embryonen die Spalte der Genitalien vom After aus zu einer vorspringenden Nath, der Raphe, welche auch die grossen Schamlippen zum Hodensack verbindet, der jedoch noch keine Hoden enthält; an der untern Fläche befindet sich noch eine längliche Spalte, die sich bis zur Eichel erstreckt. Gegen die fünfzehnte bis sechszehnte "Woche verbindet die Raj>he in den männlichen Embryonen die grossen Schamlippen nicht nur zum Hodensack , sondern sie verbindet auch die angeschwollenen Ränder der Spalte an der untern Fläche der Clitoris bis zur Eichel, oder die kleineren Schamlippen, die INymphen vereinigen und schliessen sich zur Harnröhre, und die Raphe erstreckt sich bis an die unlere Fläche der nun zum männlichen Glied ge- wordenen Clitoris. Das männliche Glied ist jetzt perforirt und hat eine kleine Vorhaut. Auf die eben beschriebene Art verhalten sich nun die äusseren Genitalien bei allen männlichen Embryonen; sie bilden sich mehr aus und gegen den 8. Monat senken sich auch die Hoden in den Hcden- sack herab. Die äussern weiblichen Genitalien bleiben gespalten und bil- den sich der Masse nach mehr aus, ohne sich der Form nach wesentlich zu verändern *). )} So wei t Tiedemann. §. 108. Die Beobachtungen , welche dieser Darstellung zu Grunde liegen und wel- che wir in jener classischen Schrift selbst zu vergleichen bitten, sind höchst schätz- barund genau, die Darstellung der Resultate selbst lichtvoll und überzeugend, und dennoch scheint uns letztere noch einer Ergänzung in Hinsicht der weib- lichen Embryonen bedürftig. Auch die äussern Geschlechlsllieile sind im Anfange nicht bei allen Embryonen ausschliesslich weiblich, die männ- lichen Genitalien entstehen nicht blos durch Fortschreiten eines Processes, der bei den weiblichen Embryonen stehen bleibt, wie Tiedemann hier dargestellt hat. Vielmehr scheint uns auch bei den äussern Genitalien im Anfang ein Typus obzuwalten, der sich sowohl bei den Männchen als bei *) Tiedemann, Anatomie der kopflosen Missgeburten. Landshut i8i3. p. 84- — 88 — Jen Weibchen auf besondere und ausschliessliche Art verändert. Warum haben die weiblichen Säugelb iere und Menschen anfangs eine so sehr lange, unten gefurchte Clitoris, wenn dieser Theil von einer gewissenZeit an nur stehen bleiben und nicht sich umbilden soll? Bei einem menschlichen Embryo von 5 1/2 Zoll Länge Fig. 6. Tab. IV., dessen innere weibliche Geschlechts- theile vollkommen ausgebildet sind, finde ich die Clitoris überaus lang, vollkommen Penis- ähnlich , mit deutlicher Eichel versehen, nur fein gespal- ten oder gefurcht; allein noch fuhrt die Scham nicht zwischen den langen Säumen dieser Furche in die Scheide, sondern ganz am hintersten" Theile der seichten Furche; die ganz runde Oeffnung in die Scheide ist sehr klein; nothwendig muss dieScbamöfTnung sich auf Kosten der langen Clitoris immer ausdehnen , nothwendig müssen die Lippen der langen herüberhängenden Clitoris durch das Wachsthum des Vorhofs von unten aufwärts immer mehr auseinander weichen, diese zugleich sich verkürzen, die Schamlippen ihre kurze Gestalt verlieren und langausgezogen die Clitoris überwachsen, wenn aus einem so langen Gliede die spätere so kurze Clitoris, aus den grösstenteils dicht aneinander liegenden, nur ganz hinten auseinander wei- chenden Lippen oderSäumen der Clitoris die spätem Nymphen werden sollen. Die Clitoris verkleinert sich daher nicht allein, sondern die Schamöffnung dehnt sich mehr und mehr zwischen den früher viel mehr verbundenen Lippen der Cli- toris aus, bis zuletzt blos das vorderste Stück diese Lippen verbindet und fast nur die Eichel übrig bleibt. Alles dies wird aus der Abbildung der äus- sern Geschlechtstheile des genannten weiblichen Foetus klarer werden. In fig. 9. A. Tab. IV. sieht man die innern Genitalien desselben Foetus von dem in Fig. 11. Tab. IV. die äussern vergrössert dargestellt sind. a. Nebennieren. b. Die noch gelappten Nieren. c. Die Eierstöcke. d. Die Trompeten. e. Der noch gehörnte Uterus mit den runden Mutterbändern. f. Das unlere Darmstück. g. Die Clitoris. Fig. 10. Tab. IV. Vergrösserte Ansicht der äussern weiblichen Ge- schlechtstheile dieses Foetus. a. Die noch kurzen Schamlippen., - 89 - h. Die Seitenstücke der CHtorisfurche , welche durch Spaltung von Unten nach aufwärts und Ausdehnung der Schamöifnung zu innern Scham- lippen oder Nymphen werden. c. Die Eichel. d. Der noch kleine Eingang am untersten Theil der Clitorisfurche. Die Furche am Kitzler ist ein förmlicher Halbcanal, der hinten in die Oeffnung führt. In der Mitte der ganzen Länge dieses Canals sah ich ei- nen feinen häutigen Vorsprung, der in jene Oeffnung sich hineinzieht. Diesen Vorsprung bemerkt aber schon Meckel Handb. der Anat. IV. p. 5g8. und zwar im dritten Monat. Vom Hymen sah ich keine Spur. Wir schliessen aus allem diesem wohl mit Recht , dass auch die äussern Genitalien anfangs nicht ausschliesslich weihlich gebildet sind, dass sie ebenso viel männliches als weibliches enthalten, dass bei den Männchen die Theilung sich einigt, dass sie umgekehrt bei den Weibchen vorschreitet. §• 109- Ein Umstand, den sowohl Tiedemann's als Meckel 's classische Un- tersuchungen nicht aufgehellt haben, ist die Ausbildung des spätem Ver- hältnisses der Harnwerkzeuge und Genitalien. Das Verhältniss der Er- wachsenen, dass sich über dem Aditus vaginae die Harnröhre öffnet, hat bei jungen Embryonen noch nicht statt, und zwar solchen, bei denen doch Harnröhre und Scheide schon vollkommen ausgebildet sind. Bei dem genannten Embryo von 3 1/2 Zoll vom Scheitel bis zum After, von dem in lig. 9, A. B. die innern, fig. 10. Tab. IV. die äussern Genitalien abge- bildet sind, sind der Anfang der Scheide und der Harnröhre noch zu ei- nem gemeinsamen Schlauch verbunden, der etwa 1 Lin. Länge, 1/2 L.Breite be- trägt und etwas weniges weiter als die Scheide selbst ist. Die genannte Oeffnung ist daher nicht der spätere adilus vaginac , sondern noch adilus w ogenilalis. Von dem gemeinschaftlichen Stück gehen nun 2 Wege aus, der vordere ist die noch sehr weite Harnröhre, der hintere die Scheide; noch ist die Harnröhre kaum enger als die Scheide. Die Uriublase ist schmal und ver- hältnissmässig sehr lang und geht ganz unmerklich in die Harnröhre über, so dass die Urin blase nur wie der weitere Theil des Ganges zwischen Ura- ch us und Harnröhre aussieht. Auch zeigt sich noch keine deutlicheGreDz3 zwischen dem Uterus und der verhältnissmässig sehr langen Scheide- 1 2 — 9<> — Siehe Fig. 9. C. Tab. IV- die von der Seite blos gelegten Genitalien des Embryo. a. Urinblase. b. Harnröhre. c. Uterus bicornis. d. Vagina. e. Vorderes noch gemeinschaftliches Stück der Harnröhre und Vagina. f. Noch gemeinschaftlicher aditus urogenitalis. g. Clitoris. Ii. Grosse Schamlippen. Eine blosse Vergleicbung dieser Abbildung mit dem Zustand des Er- wachsenen zeigt , dass eine vollkommene Absonderung der Urinwege von dem Fruchtgang in früherer Zeit nicht existirt, dass die Trennung durch Abschnürung von hinten und oben, nach unten und Vorn vorschreilet; bis die OefFnung der Harnröhre auch äusserlich von dem aditus vaginae ge- trennt ist. Ich erinnere hier an das, was ich bei den Säugethieren entwickelt habe. In frühester Zeit nämlich zeigt sich so wenig ein Unterschied von Harnröhre, Urinblase, Uterus, Scheide, dass vielmehr Alles noch in einem gemeinschaftlichen Sinus, Sinus uro- genitalis verbunden ist, der nach ab- wärts in die gemeinschaftliche Fissura urogenitalis , nach vorwärts und auf- wärts in den Urachus führt. In noch früherer Zeit ist selbst der After noch mit der Fissura urogenitalis , der Mastdarm noch mit jenem Sinus v erblinden. Die Art, wie die Abtheilung des Harnweges von dem Fruchtgange ge- schieht, ist nach meinen Beobachtungen an Säugethieren bloss eine von oben nach abwärts vorschreitende Abschnürung. Die gegenwärtige Beob- achtung am Menschen bestätigt dies, nicht aber ganz die Art, wieRa thkev) diese Abtheilung dargestellt hat, dass nämlich die rechte und linke Wan- dung der Röhre sich einander in der Mittellinie nähern, theils von der Mittellinie zwei kleine Längenfalten in die Höhle der gemeinschaftlichen Röhre sich erheben und zuletzt an ihren freien, einander zugekehrten Rän- dern mit einander verwachsen. Auch darin kann ich Rathke nicht bei- pflichten, dass er den Fruchtgang als einen von der weiten Harnröhresich ") Burdacli's Physiologie als Ei fahrungs Wissenschaft. T. II. p. 5c)r>. abschnürenden Theil betrachtet. Man kann den ursprünglichen Schlauch weder Harnröhre noch Fruchtgang nennen, er ist gemeinschaftlich , wie ich mich bei Säugethieren überzeugt habe, -im Anfange ohne alle Spur der Trennung, und wird mit Recht Sinus urogenitalis genannt. In ihn führen vor der Entstehung der Urinblase der Urachus, die Ureteren, vor der Ent- stehung des Uterus die Trompeten und sein Ausgang ist noch gemeinschaft- liche Fissura urogenitalis» Selbst wenn die Absonderung des Harnweges von dem Fruchtgang im Innern schon vorgeschritten ist, ist der Eingang noch gemeinschaftlich Aditus urogenitalis , und führt in einen kurzen ge- meinschaftlichen Schlauch Ductus urogenitalis , der mit fast gleich weiten OefFnungen in die Harnröhre und die Fortsetzung des Fruchtganges über- geht. Erst allmählig rückt die Abtheilung vor, indem sich zugleich durch Auseinanderweichen der Clitorisspalte der Vorhof ausbildet , und das End- resultat ist der Zustand des Erwachsenen, wo Aditus vaginae und Orificium Urethrae in den äussern Genitalien vorliegen. In Hinsicht der spätem Veränderungen der Genitalien verweise ich auf unseres hochverdienten Meckel's genaue Angaben *). V. Veränderungen in der Lage der G esch 1 ec h ts t h e i 1 e. Descensus testiculorum. §• wo. Hoden und Eierstöcke sind in der Bauchhöhle von dem Bauchfell bis auf eine Stelle ihrer hinlern Fläche überzogen, wo die Blutgefässe zu ihnen treten» Dieser Ueberzug .schliesst früherhin auch den grossen VV o 1 ff 'sehen Körper ein und bildet später an der Stelle, wo er in das übrige Bauchfell übergeht, eine Art Gekiöse, welches Seiler Mesorchium nennt. Ein an- derer Fortsatz des Bauchfells vertieft sich beuteiförmig in den Leisleokanal ; bei den weiblichen Embryonen haben Paletta, Brugnone und Nuck hierauf zuerst aufmerksam gemacht, wie Bur dach anführt; bei den männ- lichen Embryonen wird dieser Fortsalz zum processus vaginalis, in welchen der Hoden sich senkt. Mesorchium und processus vaginalis paitonei sind *) Handbuch der Anatomie de» Menschen. T. IV. p. 597 — g<* — 92 ~ durch eine Falte verbunden, in welcher ein rundlicher Strang von Muskel- und Sehnenfasern liegt. Bei den Weibchen ist dies das Ligamentum uteri rotunduni, bei den Männchen das Gubernaculum Hunteri. Es ist früher gezeigt worden, dass die Ausführungsgänge der Geschlechtstheile durch die- ses Band bei den beiden Geschlechtern auf ganz gleiche Weise an den Bauchring befestigt sind, so lange nämlich die Ausführungsgänge noch wenig verschieden sind. Allein durch die Metamorphose des Uterushornes in den fFundus des Uterus rückt das Ligamentum rotundum zuletzt an den Körper des Uterus selbst an; das Gubernaculum Hunteri, früher auch mit dem noch geraden Ausführungsgange, am untern Ende des Wolff- schen Körpers, verbunden, bleibt in dieser Verbindung mit dem Gange, dessen oberer Theil, so weit er über den Wolff'schen Körper geht, zum Schwanz des Nebenhodens sich kräuselt, iuserirt sich also späteihin an derselben Stelle, nämlich am Schwanz des Nebenhodens. §• in- Was nun das Senken der Genitalien betrifft, so ist es anfangs gleich. Hoden und Eierstöcke senken sich allmählig von den Nieren abwärts in «las grosse Becken, die Lage der Ausführungsgänge wird dadurch mehr horizontal, und sie selbst mehr auseinander gerückt. Die Hoden, welche bei vielen Säugethieren für immer in der Bauchhöhle bleiben, bei andern abwechselnd in den processus vaginalis aus der Bauchhöhle herabsteigen und wieder zurücktreten, steigen bei einer andern Abtheilung der Säugethiere und beim Menschen für immer in den beuteiförmigen processus vaginalis durch den Bauchring herab. Dies geschieht beim Menschen gewöhnlich im 8. Monat. §. 112. Ueber das Herabsteigen der Hoden werde ich mich nicht weiter ver- breiten, da meine Aufgabe nur die Bildungsgeschichte der Genitalien ist, auch hierüber nur bekanntes zu wiederhohlen wäre- Ich verweise desshalb auf die Werke von Hunt er, Scarpa, Paletta, Brugnone, Wrisberg, Lobstein, Seiler, Langenbeck und Andern. Seiler scheint über diesen Gegenstand am meisten Klarheit gebracht zu haben. Seiler zeigt, «dass der Hoden sich nicht auf das obere Ende des Scheidenfortsatzes oder Gekröses - 93 - des Hodens (Mesorchium) stelle und dasselbe nicht wie den Finger eines Handschuhes umstülpe; sondern dass die Bildung des Scheidenfortsatzes an dem Bauchringe schon anfange, ehe der Hoden auf demselben liegt, und dass das Leitband zugleich mit herausgebildet, nicht durch das Einsenken des Hoden umgestülpt werde. Die kleine Stelle des Bauchfelles , mit dessen äusserer Seite der Nebenhoden auf die Art, wie der Blinddarm an der in- nern Seite des Bauchfelles verbunden ist, wird mit dem durch den Leisten- canal herabsteigenden Hoden sackförmig herabgezogen, gelangt hinter dem Nebenhoden bis in den. Hodensack und bildet so den Scheidencanal, der sich in der Folge schliesst *). 8 Eine lichtvolle Zusammenstellung aller bisherigen Untersuchungen über den Descensus testiculorum hat Burdach im. zweiten Theil seiner Physio^ logie als Erfahrungswissenschaft, p. 584- folg. gegeben. *) Scarpa neue Abhandlung über die Schenkel- und Mittelfleischbrüche cet. nach der zweiten Aufl. des Originals bearbeitet, mit einer- Anleitung zur Zergliederung der Leistengegend und einer Erläuterung der Entwickelungsgeschichte der Hoden vermehrt von Dr. B. W. Seiler. Leipz. 1822 Leider kenne ich letztere Abhandlung nur ausBurdach's Darstellung und aus der Salzb. med. Zeit. 1824. i42-> woraus obige Stelle entnommen ist, Seiler obsery. de testiculorum descensu et partium genitalium anomaliis. Lips. 1817. Fünfter Abschnitt. Schlussätze aus den vorhergehenden Beobach- tungen über die Entwickelung der Genitalien beim Menschen und bei den Thieren. L Bei allen Thieren, welche ich untersucht habe, nämlich Batrachiern, Eidechsen, Schlangen, Vögeln, Säugethieren und beim Menschen kommen im embryonischen Zustande 2 merkwürdige Organe vor, welche vor den Nieren und Genitalien entstehen, zuerst ausserordentlich gross sind, aus Blind- därmchen und einem Ausführungsgang bestehen, der an die Stelle führt, wo später auch die Ureteren einmünden, nämlich entweder in die Cloake oder in den Sinus urogenitalis communis, dessen Fortsetzung der Urachus ist. §• "4- II. Diese Organe, die W o l ff 'sehen Körper stehen bei den Batrachiern in keiner Verbindung mit den später entstehenden keimbereitenden Genitalien, erstere liegen weit entfernt und höher als die Keime der Nieren, Eierstöcke und Hoden. Bei den Batrachiern bestehen die W olff'schen Körper am längsten von allen Thieren, sie finden sich noch mit ihren Ausführungsgängen durch den ganzen Larvenzustand vor, zu welcher Zeit sich erst die Nieren und später noch an der Seite der letztem die Genitalien bilden. Diese Organe verschwinden bei der Metamorphose > gehen nicht in die sogenannten Fettkörperchen dieser Thiere über. III. Bei allen übrigen Thieren, nämlich bei den Eidechsen, Schlangen, Vögeln, Säugethieren und beim Menschen nehmen diese Organe in der frü- hesten Zeit der Entwicklung des Embryo den gross ten Theil des Rumpfes ein, zu beiden Seiten der Wirbelsäule, von unten bis zum Herzen gelegen, und ziehen sich allmählig mehr in den mittlem und untern Theil des Unterleibes zurück. Bei allen diesen entstehen die Hoden nnd Eierstöcke an der innern Seite dieser Körper, nachdem letztere ihre vollkommene Ausbil- dung erreicht haben. Dass aber der KeimstofF der Hoden oder Eierstöcke von den Wol ff 'sehen Körpern selbst ausgesondert werde, wie Rathke annimmt, ist durch keine Beobachtung erwiesen. Die Blinddärmchen des W olff 'sehen Körpers können diese Ausscheidung nicht bewirken, sie sind sämmtlich am Ende blind und sie sondern zwar aus, aber in ihren gemein- schaftlichen Ausfübrungsgang. Ueberdiess stehen die Hoden und Eierstöcke bei den Batrachiern in gar keiner Verbindung mit den Wol ff 'sehen Kör- pern, liegen weit entfernt von ihnen, und vielmehr an der innern Seite der Nieren, von denen sie eben so wenig ausgesondert sind. §. 116. IV. Bei den Vögeln verkümmern die W olff 'sehen Körper sehr spät, aber nicht so spät als bei den Batrachiern. Man findet bei ihnen, wie bei Schlangen und Eidechsen, immer noch Spuren derselben nach dem Auskrie- chen und eine Zeitlang bei jungen Vögeln. Bei den männlichen Embryonen der Vögel entsteht neben dem Ausfüh- rungsgang des Wol ff sehen Körpers kein neuer Samenleiter, sondern dieser Gang wird selbst zum Samenleiter (§. 37-59), indem die vasa efiferentia des Hodens sich innig mit dem obern Theil dieses Ganges verbinden. Auf diese Art scheint der Wolff'sche Körper zum Nehenhoden zu werden; diess ist aber doch bestimmt nicht der Fall: er verkümmert vielmehr gänz- lich mehr und mehr, und dasjenige, was man bei erwachsenen Vögeln Nebenhoden nennt, besteht nicht aus den frühern Blinddärmchen de« Wo lff 'sehen Körpers, sondern aus wenigen Verschlingungen der vasa eflerentia. Bei den weiblichen Embryonen der Vögel entsteht dagegen neben dem Ausführungsgang des Wo lff 'sehen Körpers, ganz von diesem getrennt, ein — 96 — neues Gebilde, der Eierleiter. Wo 1 ff 'scher Körper und sein Ausfuhrungs- gang verschwinden gänzlich. (§. 4° " 44)- Alle Vögel haben früher 2 Eierstöcke und Eierleiter; hei den meisten verschwinden beide auf der rechten Seite vor dem Auskriechen {§. 41-)- Der unpaare Eierstock und Eierleiter der Vögel entsteht daher nicht durch Verwachsung, wie ein grosser Anatom annahm, sondern ist der linke desFoetus. V. Bei den Säugethieren verkümmern die Wolff'schen Körper viel früher als bei den Vögeln, sie verschwinden schon im embryonischen Zu- stande gänzlich. Zur Zeit der vollkommensten Ausbildung dieser Körper liegt an ihrer innern Seite der Keim des Hodens oder Eierstocks, an ihrer äussern Seite bis an ihr Ende hoch hinauf ein Gang, der mit dem Wolff'- schen Körper nicht zusammenhängt, aber aus dem früher vorhandenen, viel stärkern kurzen Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers entsprungen scheint. (§. 54-55). Bei den weiblichen Embryonen wird dieser Gang, so weit er über dem Wolff'schen Körper liegt, zur Trompete, indem er sich oben öffnet, und mit der Verkleinerung des Wolff'schen Körpers gerade bleibt und sich erweitert (§. 72-75). Bei den männlichen Embryonen verbindet sich das obere Ende jenes Ganges mit den vasa efferentia des viel tiefer ! liegenden Hodens. Indem sich aber der Wo 1 ff 'sehe Körper mehr und mehr verkleinert, nähert sich das obere Ende jenes Ganges dem früher tiefer liegenden Hoden im- mer mehr, die zwischen beiden liegende Gefassverbindung zeigt immer stär- kere Schlingen oder Knäuel und ist der KopJ des Nebenhodens. Der Schwanz des Nebenhodens entsteht dadurch, das der über den Wolff'schen Körper verlaufende Gang, statt wie bei den Weibchen gerade zu bleiben und sich zu erweitern, mit der Verkleinerung des Wolff'schen Körpers sich kräuselt und schlängelt. Die grosse Strecke des Ganges, so weit er auf dem grossen Wolff'schen Körper früher auflag, wird bei den Weibchen ganz zur Trompete, bei den Männchen ganz zum Schwanz des Nebenhodens {§. 73. 77 - 840- ^Ul> untere freie Theil dieses Ganges verlängert sich bei den Männchen zum Samenleiter , verkürzt sich aber vielmehr bei den Weibchen , indem aus dem untern Stück das Horn desj Uterus sich bildet, die Horner aber wieder zuletzt beim Menschen in den Körper des Uterus verschmelzen (§. 84. 104.)« N g. 118. VI. Der Wolff'sche Körper trügt nicht zur Bildung des Nebenbodens bei, letzterer bildet eine Schlinge um den Wolff'schen Körper, in welcher Schlinge dieses Organ immer kürzer und schmäler wird bis zum allmähli- gen Verschwinden (,§. 77-84)- § ^9- VII. Auch bei den Weibeben verschwindet der Wolff'sche Körper ebenso und gleichzeitig wie bei den Männchen (§• 89- io3). Dies Organ ist daher kein Analogon des Nebenhodens bei den weiblichen Embryonen, wie Rosenmüller, Meckel und Tiedemann*) vermutheten. Auch rührt die Trennung des Eierstocks von der Trompete nicht von dem Ver- schwinden früher vorhandener verbindender Gefässe her. Denn die Blind- därmchen des Wolff'schen Körpers verbinden den Eierstock nicht orga- nisch mit der Trompete, auch ist der duclus deferens früher, ebenso wie die Trompete, von seinem Hoden getrennt und die Vermittelung hat dann wie bei den Weibchen bloss durch die Wolff'schen Körper statt. §. 120. VIII. Beim Menseben versebwinden die Wolff'schen Körper am frühe- sten von allen Thieren, sie sind schon, bei Embryonen von j Zoll Grösse sehr klein und unkenntlich. §. 121. IX. Die Nebennieren sind bei dem Menseben nicht mit diesen Orga- nen verwechselt worden. Bei den Säugethierembryonen sind die Nebennie- ren niemals grösser als die Nieren, bei den menschlichen Embryonen aber Anfangs ausserordentsich gross , bedecken die Nieren ganz, sind aber wohl von den Wolff'schen Körpern zu unterscheiden (§. 96 - 98). Bei keinem *) Anatomie der kopflosen Missgeburten. - 98 - Thiere stehen die Wolff'schea Körper mit den Nebennieren in irgend einem engen Verhältniss. §• 122. X. Die Nieren entstehen bei den Batrachiern weit unter den Wolf f- schen Körpera, bei den Vögeln, Säugethieren, aber mit den Nebennieren hinter den W o 1 ff sehen Körpern. Sie liegen bei den letzlern Thieren und auch beim Menschen später um so höher, je mehr sich die Wolff'schen Körper verkürzen und oben auseinander weichen. Sie bestehen, so wenig als die W o 1 ff sehen Körper, jemals aus einer gemeinsamen zuerst unpaaren Masse. Wo lff hat sich hierbei auf eine doppelte Weise geirrt, zuerst, dass er die W oj ff 'sehen Körper für die Nieren hielt, dann, dass er einen gemeinsamen in der Mitte verbundenen Ursprung dieser Organe beschrieb. Meckel, gestützt auf Wolf f's Beschreibung, welche durch seine Fig. i5« Tab. II. noch mehr befestigt wurde, hatte ebenfalls angenommen, dass die Nieren zuerst eine Masse bilden , und hieraus die angeborne Verwachsung der Nieren als Hemmungsbildung erklärt, was nach unsern Beobachtungen unstatthaft ist. Eine ausführliche Entwickelungsgeschichle der Nieren und ihrer Harncanälchen bei allen Thierclassen ist in meiner zweiten Schrift: über den innem Bau der Drüsen enthalten, worauf ich hier verweise, §• 123. XI. Die ursprüngliche Form der männlichen und weiblichen innera Genitalien ist vollkommen gleich, aber nicht in der Art, wie man diess sich gedacht halte. Bei den männlichen Embryonen der Vögel wird der Aus führungsgang des Wolff'schen Körpers zum Samenleiter, bei den weibli- chen verschwindet dieser Ausführungsgang und der Eierleiter ist ein neues Gebilde. Bei den Säugethieren im Anfang dieselben Wolff'schen Körper mit ihren kurzen Ausführungsgängen, später bei allen Embryonen jederseils ein neuer Gang an der äussern Seite des Wolff'schen Körpers, ohne Gemein- schaft mit diesem, an der innern Seite der Keim des Hodens oder Eier- stocks. Diese Gänge sind anfangs bei allen Embryonen oben blind; nur bei den weiblichen werden sie in die Bauchhöhle geöllhet, und bleiben gerade und erweitern sich, nur bei den männlichen kräuseln sie sich mit — 99 — der Verkleinerung des Wo 1 ff 'sehen Körpers zum Schwanz des Nebenhodens und treten in Wechselwirkung mit den vasa efferentia des keimbereitenden Organes oder Hodens. Ist das Geschlecht entschieden, so sind die früher beiden Geschlechtern gemeinschaftlichen Organe verschwunden. Es ist da- her unrichtig, wenn man im Anfang, bei beiden Geschlechtern eine vor- zugsweise männliche , oder eine vorzugsweise weibliche Bildung voraussetzt. ■ «MF . • , ." §• 124. XII. Auch die äussern Geschlechtslheile sind anfangs nicht vorzugs- weise weiblich (§. 108- 10g). Die Cliloris ist ein langer, unten nicht gespal- tener, sondern nur canalförmig seicht gefurchter, Körper, die SchamöiFnung ist klein und nimmt den hintersten Theil dieser Furche ein. Bei den Weibchen erweitert sie sich nach oben und vorn in jene Furche der langen Clitoris hinein, und die Säume der frühern Furche werden, je kürzer die Clitoris wird, zu Spaltlippen oder innern Schamlippen. §. 125. XIII. Es entsteht die Frage, aus welchem Theil des Embryo zuerst alle jene merkwürdigen Organe entstehen, welche zum Systeina urinarium et genitale gehören, nämlich Wolff'sche Körper, Hoden und Eierstöcke, Nieren, Nebennieren, Harnleiter, Ausführungsgänge der Wol ff sehen Kör- per und der Geschlechtslheile? Die Drüsen, welche ihr Secret in den Darmkanal ergiessen , entstehen auch aus der ersten Anläge des Darmschlau- ches, wie voö Baer zuerst so schön von der Leber gezeigt hat und ich in meinem Drüsen Werk durch mehrere Beohachtungen bestätigt habe. Diese Drüsen entstehen also aus demjenigen Theil der Keimhaut, welche sich von der Cariua des Embryo aus zum Darmschlauch abschliest. Jene Organe des Systema urinarium et genitale münden nun in die Cloake oder in den Sinus uiogenitalis bei Säugethieren aus. Es könnte daher jemand vermuthen, dass jene Organe mit ihren Ausfühi ungsgängen zuerst ebenfalls aus dem End- stück des Darms, oder aus dem Uiachus bei den Säugthieren hervorkeimen. Diess ist aber gewiss nicht der Fall. Keines dieser Organe wächst von un- ten herauf. Die Wolff 'sehen Körper sind im Anfang gerade am alle* läng- sten, sie erscheinen bei den Vögeln zuerst zu derselben Zeit, wo man die erste Spur der Allantois oder Choriontblase als eine ganz kleine bläschen- lOO förmige Hervortreibimg des untersten Theiles von dem geraden einfachen Dariuschlauehe sieht. Die Eierleiter wachsen nicht von unten herauf, sie erscheinen bei den Vögeln zuerst in ihrer ganzen Länge als solide Cylinder, die in ihrem Innern schmelzen und sofort eine Höhlung erhalten. Die Nieren wachsen nicht von unten herauf, sie entstehen nicht aus den Harn- leitern, jedes Organ entsteht an dem ihm angewiesenen Ort. Wenn man nun ferner bedenkt, dass hier in einem gemeinsamen gewissermassen von dem Syslemachylopoetieum, abgeschlossenen Raum, Hoden und Eierstöcke, Nieren und Nebennieren, Wolffsehe Körper und mehrere Ausführungsgänge entstehen, so muss man den Gedanken ganz aufgeben, dass diese Organe eine gewisse Beziehung zu den ursprünglichen Blättern der Keimhaut haben sollen, man muss vielmehr annehmen, dass der Keimstoff zu diesen Organen in einer gewissen Zeit von den Blutgefässen abgesetzt wird, wo diese Ausscheidung in dem Entwiche lau gsprocess dar einzelnen Theile aus dem Keim des Ganzen noth^- wendigwird, dassdieser bei jedem Organ eigenthümliche und virtuell verschie- dene KeimslolF (blaslema) sodann wieder in die dem Organ eigenthümliche Bil- dung aus sich selbst organisirt wird, ungefähr so wie es bereits Ca s p a r Frie- drich YVolff sich gedacht hat. Bei der Leber, beim Pancreas ist es allerdings etwas anders Hier quillt der Keimstofi' der Drüse aus der aufschwellenden Schicht des ursprünglichen Darmsehlauchs selbst hervor, und mehr und mehr sondern sich Drüse und Darmcanal durch den länger ausgezogenen. Ausführungsgang von einander ab. §. 126. Cloake, Allanlois, Urachus stehen allerdings in nächster Beziehung zu jenen Organen des Systema uropoeticum et genitale, allein es scheint mir jetzt nm der Beobachtung ganz unverträglich anzunehmen, dass jene Schläuche das Bildungorgan der Theile seien, die in sie einführen. Die Allanlois und der Urachus sind überdies« keine beständige Erscheinungen. Alle Batrachier und Fische haben keine Spur des einen noch des andern. Bei den Vögeln aber entsteht die erste Spur der Chorionsblase vollkommen gleichzeitig mit den YVolff sehen Körpern. Eierleiler , Hoden, Eierstöcke, Nieren entstehen nicht aus jenem Oigane, wenn sie auch zu einer Zeit auftreten, wo Chorionsblase, Cloake sich längst ausgebildjt haben. §. 127. XIV. Nur der Schlauen, in welchem ursprünglich die Ausführungs- gänge der Genitalien, der Wo lff 'sehen Körper, der Nieren und selbst das Endstück des Darms zusammenkommen, theilt sich später in besondere Abtheilungen, wenigstens bei Säugethieren. Dass bei diesen im Anfang die Allantois ebenso wie bei den Vögeln vom Endstück des Darms hervorkeime, macht eine höchst schätzbare Beob- achtung von C. v. Baer*) wahrscheinlich, indem er die erste Spur d?s Al- lantoisbläschens so wie bei den Vögeln sah. Rathke beschreibt den frü- hen Zusammenhang der Allantois und des Endstücks vom Darmkanal nach seinen Beobachtungen Dass die Fissura urogenitalis , so frühe ei- ne Spalt« sich zeigt, mit der Afteröffnung zusammenhänge, hat Tiede- mann beim menschlichen Embryo gezeigt. So wie nun äusserlich eine Commissur zwischen Genital- und Afterspalte eintritt, so muss sich auch das Endstück des Darms, Mastdarm von dem gemeinschaftlichen Sinus ab- sondern, in welchen die Ausführungsgänge der Genitalien und Harnwerk- zeuge einmünden. Dieser Sinus uro- genitalis zeigt sich uns dann von hin- ten geschlossen und hier jene Ausführungsgänge aufnehmend, nach unten in die Uro-genital-spalle, nach vorn und oben in den Urach us übergehend, wie alle Saugeih ier- und menschliche Embryonen zeigen, die ich aus frü- hester Zeit untersucht habe. Der gemeinschaftliche Sinus erleidet nun wieder eine weitere Ablheilunsr. o Bei den weiblichen Embryonen erhebt sich aus dem hin ersten Theil ein Mitlelstück , auf welchem nur die Trompeten aufsitzen, der Uterus, der nach abwärts führende Theil wird Scheide. Der Urachus mit demjenigen Stück, in welches die Ureteren einmün- den , schnürt sich ebenfalls mehr und mehr von dem gemeinschaftlichen Sinus ab und zwar rückt seine sich verengernde lnsertionsstelle immer mehr *) De ovi mammalium et hominis gertesi. Lips. 1827. p. 5. Fig. VII. Z. *) Burda cii's Physiologie. T. 11. p. 575. *) a. a- 0. nach vorwärts, und indem der unterste Theil des abgeschnürten Stücks sich verengt, der mittlere aber erweitert, entstehen weibliche Harnrühre und Blase. Al'ein die Blase sieht lange Zeit nur wie eine längliche Erweiterung des Urach us aus, die erst spät unten und oben sich mehr begränzt und zuletzt in den fadenförmig gewordenen Theil des Urachus übergeht. Bei den männlichen Embryonen bleibt der Gang zwischen Urinblase und Orificium urogenitale der Hauptcanal , in welchen die ausführenden Gänge der Geschlechtstheile sich einsenken, bei den Weibchen schnüren- sich der Harnweg und der Fruchtgang allmählig ganz ab. (§. 87 — 89- 109.) & 128. XV. Alle ausführenden Canäle, die der Nieren und Genitalien, und die der andern Drüsen, bilden sich niemals aus einem Blatte, das sich zur Röhre umlegt. Die Entwicklungsgeschichte aller grössern Drüsen beweist dies vollkommen ; diese Gänge erscheinen entweder als hohle Ke- gel, welche sich verlängern, wie zuerst von Baer von der Leber gezeigt bat, oder sind gleich anfangs in ihrer ganzen Länge vorhanden, und er- scheinen dann als Cylinder, in welchen sich erst später eine innere Höh- lung zeigt, die durch Schmelzung des Kernes zu entstehen scheint. Die ausführenden Geschlechtstheile insbesondere sind zu Anfang in ihrer gan- zen Länge vorhanden und vollkommen faden- oder cylinderförmig, nach den übereinstimmenden Beobachtungen von Rathke, v. Baer und mir; die Eierleiter sind erst solid, dann im Imiern ausgehöhlt und oben ge- schlitzt. Bei keinem Thiere findet die vorausgesetzte Krümmung eines ur- sprünglichen Blattes, welche Albert Meckel *) blos hypothetisch an- nahm, statt. §. 129. XVI. Auch die Urinblase bildet sich nicht durch Umlegen eines Blat- tes, sondern, wie sich bei den Säugethieren Schritt vor Schritt beobachten *; In J. Fr. Meckel's Ecitr. zur vergl. Anat. T. II. H. II. p. 16. lässt, durch allmählige Erweiterung des mit demUrachus vomS. urogenilalis sich abschnürenden Schlauches; der Urachus selbst aber bildet sich eben so wenig durch Umlegen eines Blattes, sondern istebennur der Halseiner Blase, der Allan- tois, welche von Anfang an als Bläschen aus dem Endstück des Darmkanals hervor- wächst. Es folgt aus allem diesem, dass der bekannte angeborneBildungsfehler, der angeborne Mangel der vordem Wand der Urinblase mit en Isprechendem Man- gel der Bauchdecken, mit oder ohne Epispadia, oder die sogenannte inversio vesicae urinariae keine Hemmungsbildung seyn kann, wofür sie öfter ange- sehen worden *). Dieser Mangel der vordem "Wand in einem Schlauche, der von Anfang an vollständig ist, ist auf doppelte Weise möglich, i. Da- durch, dass die Spalte, welche anfangs in den Sinus urogenilalis führt, zu weit sich nach vorn und zwar bis an den anfangs noch tiefstehenden Nabel verlängert, so dass der TheiJ , aus dem sich Harnröhre und Blase bildet, selbst bis an den noch tiefen Nabel gespalten wird. Diese Erklärung wür- de uns befriedigen, wenn nicht manche Umstände für den 2. Fall, für eine secundäre Ruptur sprächen. Die sccundäre Zerstörung oder Ruptur der vordem Wand müsste eintreten zu einer Zeit, wo die Bauchdecken noch ganz unvollkommen ausgebildet sind. Eine solche Ruptur der Blase kann möglichweise nur durch Ausdehnung yon Flüssigkeit herrühren. Diese Erklärung* welche übrigens nicht reu ist, wird wahrscheinlicher, wenn man bedenkt, dass von Bonn und andern, welche solche Fälle genau un- tersucht haben, immer Verstopfung oder Verschliessung der Harnröhre vor- gefunden worden ist, dass häufig a'le Spur derselben fehlt. Man könnte sich daher die Entstehung jener Misbildung so denken; Der Mangel der Harnröhre oder ihre Verschliessung bedingt Anhäufung von Flüssigkeit in der Blase und im Urachus und Ausdehnung derselben. Diese ist die Ursache einer Ruptur dieses Schlauches in seinem vordem Theil zu .einer Zeit, wo die Bauchdecken noch nicht vollkommen ausgebildet sind. Es entsteht eine Oeffnung zwischen Nabel und Schamgegend, der erste Grad davon ist Epispadia, Abfluss des Harns über dem Penis oder ober der Scham, der zweite Grad Vorfall der hin lern Blasenwand durch eioe grössere Oelfnung zwischen Schambeinen und Nabel. *) Meckel's pathol. Anatomie T. I. p. 734- In dieser zweiten Erklärung ist nicht erwiesen die Voraussetzung, dass Bei Versebliessung oder Mangel der Harnröhre sich frühzeitig der Urach us oder später die Harnblase mit Flüssigkeit fülle oder ausdehne. Aber auch die Ausdehnung der Urinblase ist erwiesen in den Fällen, wo die Harn- röhre verschlossen, die Blase aber ganz ungeheuer ausgedehnt gefunden wurde *). Derselbe Fall in einer fr übern Zeit der Enlwiekelung, wo die Bauebdecken noch nicht vollkommen ausgebildet waren und. keinen hin- reichenden Widerstand leisten konnten, musste prolapsus vesicae urinariae ruptae bedingen. Bei den Säugelbieren, welche eine Allantois besitzen, die in Verbin- dung mit dem Uracbus bleibt, sind alle diese Bedingungen nicht wohl möglich, eine Anhäufung von Flüssigkeit im Uracbus ist fast unmöglich. Daher denn auch die höchst merkwürdige Thalsache erklärbar wäre, wel- che Rudolphi zuerst bemerkt hat, dass die inversio vesicae urinariae bei den Sätigelhieren gar nicht vorkommt, bei denen doch alle übrigen angebornen Misbildungen so sehr häufig siud. Nur dem Menschen ist jene Mißbildung eigen und könnte sie nach der letzten Erklärung eigen seyn, weil die Allantois selbst frühzeitig nicht mehr vorhanden scheint, und der Uracbus mit seiner blinden Endigung im Nabelstrang den geringen Um- fang eines Gebildes bezeichnet, das bei den Säugeihieren blasenartig aus dem Nabelstrang vortritt und von ungeheurer Ausdehnung das Ei zwischen Amnion und Chorion umgiebt. §. i3o. XVII. Dies sind die Consequenzen , zu welchen wir aus den vorherge- henden Beobachtungen berechtigt sind. Sie gellen blos für die Classe der Wirbel tbiere und den Menschen, aber für die YVirbelthiere mit Ausschluss der Fische, worüber ich keine Beobachtungen aus dem embryonischen Zu- stande habe. Dass bei den Fischen schon grössere Verschiedenheiten ein- treten, wird aus dem VII. Abschnitt dieser Schrift schon wahrscheinlich ; dass noch grössere bei den Wirbellosen Tbieren eintreten, ist noch wahr- scheinlicher. Doch möchten wohl bei allen Thieren die Geschlechtsorgane *) Meckel's Archiv für Physiologie. T. VII. 1822, p. 1. p 17. p. ao. anfänglich gleich verhalten. Herold *) hat zwar hei den Raupen ge- zeigt, dass sie bereits verschiedene Keime, die einen männlicher, die an- deren weiblicher Genitalien enthalten; aber dies gilt nur von den bereits aus dem Ei ausgekrochenen Thieren; aus noch früherer Zeit besitzen wir keine Beobachtungen. Bei dem Flusskrebs sind nach Rathke's classischem Werk die Genitalien anfangs' ganz gleich gebildet *) Entwickelungsgeschichte der Schmetterlinge. Kassel und Marburg 1 8 1 5. 4« *) Ueber die Entwickelung des Flusskrebses. Leipzig 1829. Fol. Sechster Abschnitt. Schlusssätze aus den vorhergehenden Beobach- tungen über die Bedeutung der Wolff'schen Körper. JN^a cli folgende Bemerkungen Litte ich recht sehr von den Beobachtungen, welche ihnen zu Grunde liegen, zu trennen. Denn letzlere werden immer ihren Werth behalten, so viel neue Erfahrungen ihnen auch folgen könn- ten, die Schlussätze aber können durch noch glücklichere Forschungen bald überflüssig werden. Diess allein muss uns schon bestimmen, nur das hervorzuheben, was wir mit Gründen oder Gegengründen beweisen kön- nen- Wie freuen uns , dass wir es endlich mit den Organen zu thun ha- ben, von denen aus die wirkliche organische Differenz der Geschlechter auf eine, unser n Sinnen so ollenbare und unserm Begreifen so fern liegen- de Weise vor sich geht. Aber man kann die Entscheidung dieser Frage auf dem Wege der Einsicht nur vorbereiten, wenn man mit aller Strenge der Logik nur das hervorhebt, was aus , den Beobachtungen folgt, und was nicht folgt. §. l32. I. So lange man die Wolff'schen Körper der Frösche", Kröten und Salamander nicht kannte, Thiere, welche wie die Fische keine Spur von Amnion und Allantois besitzen, so lange konnte man vermuthen , dass der angebliche Mangel der Wolff'schen Körper bei den Batrachiern und Fi- schen mit dem Mangel des Amnions und der Allantois in Verbindung ste- — 107 — „ he. Diess vermuthete auch Rathke; allein diese Verrauthung fällt nun weg, nachdem diese Organe bei den Batrackiern beschrieben worden sind. §. M IL Rathke glaubte feimer, dass die "Wo lff sehen Körper die ge- meinschaftliche Grundlage für die Ausbildung der Harnwerkzeuge und Ge- nitalien bilden. Allein die Wolff'schen Körper haben ihre besondern Ausführungsgänge neben der Harnwerkzeugen und bilden sich bei den Fröschen, Kröten und Salamandern an ganz andern Stellen als die Nieren und Genitalien. Auch bei den übrigen Thieren bilden sich die Nieren zwar hinter den Wolff'schen Körpern, aber ganz selbstsländig nach mei- nen Beobachtungen an Vögeln, Säugelhieren und am Menschen. III. Rathke deutete aber ferner an, dass zwischen den Wolff'- schen Körpern und den wahren Nieren vielleicht dasselbe Verhältniss obwalte, wie zwischen Kiemen und Lungen, welche nacheinander bei ei- nem Thiere auftreten können, wie bei den Batrachiern. Vielleicht sind die Wolff'schen Körper eigenthümliche und nothwendige Absonderungs- organe des Foctus, da sie so frühzeitig vor den Nieren, ja selbst vor der Leber entstehen , da sie im Bau so sehr mit den Nieren der niedern Wirbelthiere, nämlich der Fische und Batrachier übereinkommen, indem sie, wie Nieren der Frösche, aus Blinddärmchen oder blind geendigten Röhrchen von überall gleichem Durchmesser bestehen. Diese Vcrmulhung, welche zuerst Rathke ausgesprochen und welche neuerlich auch v. Baer theilt, erhält eine grosse Wahrscheinlichkeit, ja Bestätigung, durch unsere neuere Beobachtung, dass die Wolff'schen Körper bei den Vögeln wirk- lich absondern, ja in späterer Zeit in ihren Blinddärmchen und ihrem Aus- führungsgang eine Materie enthalten , welche weissgelblich wie der Harn der Vögel ist. Wir dürfen uns aber hier einen Einwurf nicht verschwei- gen. Der weisse Stoff in den Blinddärmchen und in dem Ausführungsgang, den man hin und her bewegen und aus den Blinddärmchen in den ge- meinschaftlichen Ausführunffssanc fortrücken kann, beweist noch nicht ab- solut, dass jene Organe Absonderungsorgane sind. Denn -jene weisse Materie könnte dadurch entstehen, dass die Blinddärmchen und der Ausführung»- — io8 — gang früher solid, durch Colliquation ihres Kernes, Röhrchen und hohl werden. Dennoch ist uns von keiner Drüse des Vogelfoetus hekannt, dass ihre Canäle bei der Colliquation ihres Kernes eine so eigentümliche weiss- gelhe dichte, Vogelharn -ähnliche Materie enthielten. Dasselbe findet sicher auch nicht an den Lungen statt, wenn ihre cylindrischen Blinddärmchen im Innern collicpesciren und hohl werden. §. i55. Aber vorausgesetzt, dass jene Materie blos das Hohlwerden dieser Röhr- chen bezeichnete, wozu jene hohlen, am Ende blinden, in einem hohlen Ausführungsgang vereinigten Röhrchen , welche so sehr den Harncanälchen der Frösche gleichen, wenn sie nicht absondern sollen? Wozu ein Ausfüh- rungsgang in die Cloake, welcher später (wenigstens bei den Weibchen der Vögel) ganz abstirbt? Wozu diese Beziehung des Organes zur Cloake, einem Organ, welches nur Secreta und Excreta aufnimmt? §. i36. Bei den Säugethieren , so viele Embryonen derselben vom verschieden- sten Alter ich auch untersuchte, habe ich nie jene weissgelbe Materie, we- der in den Blinddärmchen, noch in den Ausführungsgängen der Wolff- schen Körper gefunden ; allein auch der Harn dieser Thiere ist niemals wie bei den Vögeln weiss und consistent. Uebrigens verhalten sich die Wolff- schen Körper in ihrem Bau ganz wie bei den Vögeln. Alle diese Röhrchen sind hohl, wie ich gezeigt habe (§• 70.), sie besitzen in frühester Zeit ihre hohlen Ausführungsgänge, die von den spätem Ausführungsgängen der Genitalien verschieden sind (§. 53. 55.). Auch bei den Batrachiern, welche keinen weisslichen Harn haben, ent- halten die Blinddärmchen der Wol ff 'sehen Körper niemals eine weisse Materie. §. »57. Die Wol ff 'sehen Körper verkümmern in demMaasse, als sich die Nie- ren entwickeln , sie sind geiaume Zeit vor der Entwickelung der Nieren in ihrer vollkommensten Ausbildung ; sie führen bei den Vögeln jene gelbe Materie, während die Nieren erst in den letzten Tagen des Foetuslebens eine Spur der gelben Materie in den Harncanälchen zeigen. Diess Wechselver- hältniss zu den Nieren ist höchst auffallend, und am meisten erwiesen bei den Batrachiern. Die wahren Nieren der Frösche, Kröten und Salamander entstehen erst sehr spät, lange Zeit nach dem Auskriechen, wenn die Larve schon eine geraume Zeit im Wasser frei gelebt und sich selbstständig ge- nährt hat Bei der jungen Larve ist nicht die entfernteste Spur einer Niere vorhanden. Die Nieren sind ferner, auch wenn sie sich zu bilden angefan- gen haben, fast durch das ganze Larven- Leben in einem rudimentären Zustand. Sie bestehen bei Wassersalamandern von i5. Lin. Länge noch aus einer Beihe gestielter überaus zarter Bläschen. Nun aber leben alle Larven der Batrachier so wie ausgebildete Thiere, sie nehmen sehr viele Nahrung zu sich, verhältnissmässig viel mehr als im erwachsenen Zustande , beständig geben sie Excremente von sich, ja sie verzehren diese sogar wieder und die Larve ist überaus gefrässig. Da nun bei jungen Larven und eine geraume Zeit noch keine Spur der Nieren vorhanden ist, so müsste man annehmen, diese Thiere seien einer vollkommenen Chylification ohne Ausscheidung von Harn oder zersetzter thierischer Materie fähig, was doch von keinem Wir- bel thiere für die kürzeste Zeit gilt. Dagegen besitzen diese Thiere ihre Wo lff 'sehen Körper mit den Ausführungsgängen die lange Zeit des Larven- zustandes ohne Veränderung. Nichts ist wahrscheinlicher, als dass die Nie- ren hier von den Wol ff 'sehen Körpern, wie die Lungen von den Kiemen vertreten werden. Es ist eben so wahrscheinlich, dass dasselbe vieäre Verhältniss im Foetuszustand bis zur Ausbildung der Nieren stattfinde. Denn warum sollte der Foetus nicht auch die Stoffe, welche keiner fernem Belebung fähig, welche durch den Lebensprocess zersetzt worden sind, ausscheiden? Diese Organe sind aber am allerersten von allen Eingeweiden vorhanden. §. i38. Ich schliese aus allen diesen triftigen Gründen 1) dass die Wo lff - sehen Körper Absonderungsorgane sind, 2) dass sie in einem vieären Ver- hältniss zu den Nieren, wie die Kiemen zu den Lungen stehen, 5) dass sie einen dem Harn ähnlichen Excretionsstoff aussondern , der wenigstens für den Foe- I 10 tus dasselbe, was für eleu Erwachsenen der Harn ist; womit icli noch nicht behaupte, dass es wirklich Harn sey. Dass das Seeret der W o 1 ff 'sehen Körper in früher Zeit in die Allantois gelange, bei Vögeln und Säugthieren, ist ganz unvermeidlich. Dennoch aber behaupte ich nicht, dass der Liquor Allanloidis nur Secret der W o 1 ff 'tchen Körper sei. Zwar stimmt dieGiösse der Allantois bei den Säugethieren mit der Grösse der W o 1 ff 'sehen Körper, und das frühe Verschwinden der Allantois bei dem Menschen stimmt mit dem frühen Verkümmern der W o 1 ff sehen Körper. Allein es ist nicht di- rect zu erweisen, dass der Liquor Allanloidis bloss Secret der W o 1 ff 'sehen Körper sei, und nicht zum grössern Theil Secret dieser Membran selbst sei. Soviel ist nach Jacobson gewiss, dass bei den Vögeln der anfangs klare, hernach mit weisser zäher Materie vermischte liquor allantoidis in den ersten Tagen schon Harnsäure enthält , die in der ersten Zeit unmöglich von den Nie- ren kommen kann , da ihre ersten Spuren erst am 6. Tag erscheinen. Siehe O ver- sigt over det kongelige Danske Videnskabernes Selskabs Forhandlingar 1821 — 1822. af Prof. Oersted 1822. 4- §. i39. Die Aehnliehkeit mit den Nieren steigt noch, wenn man bedenkt, dass die Verzweigung der feinsten Arterien, nach Rathke's Entdeckung sich in den Wo) ff sehen Körpern gerade so wie in den Nieren verhält, indem die Arterienzweige Knäuelchen zwischen den Blinddärmchen der Wolff- schen Körper bilden, gerade so wie die glomeruli sanguineovasculosi_ oder Corpora Malpighiana zwischen den Harncanälchen in den Nieren. §• *4°- IV- Dass die Wo 1 ff sehen Körper in keinem so innigen Veihältniss zu der Entstehung der Genitalien stehen, wie Rathke glaubte, ist, hoffe ich, bewiesen worden. Schon die einzige Thatsache ist beweisend, das diese Organe bei den Batrachiern nicht die geringste Verbindung mit den Genitalien haben. Wenn also eine solche Beziehung zu den Genitalien besteht, so ist es nicht die wichtigste und auch keine beständige. Die That- sachen welche für diese Beziehung sprechen sind folgende: 1. Dass bei den Vögeln aus dem Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers der Samenleiter wird. 2. Dass bei den Säugethieren die ausführenden Gänge der Geschlechls- theile zwar ganz verschieden" von den Ausgängen der W ol ff 'sehen Körper 1 11 sind, aber doch, unten miteinander zusammenhängen und die ausfahrenden Gänge der Genitalien von dem untern Ende jener Canäle ausgehen, und später bleiben, während diese verschwinden. Diess sind die einzigen Thatsachen, welche jene Beziehung bei 2 Gassen erweisen, wovon aber bei der dritten Classe nichts ähnliches vorkommt Dass eine gewisse Beziehung zwischen den ausführenden Gängen und zwischen den Keimbereitenden Organen der Genitalien herrscht, ist sicher; denn durch ihre Wechselwirkung entsteht bei den Männchen der Nebenho- den; aber es ist bis jetzt ganz unerwiesen, dass die zwischen jenen Gängen und den Hoden oder Eierstöcken liegenden W ol ff 'sehen Körper diese Be- ziehung vei^mitteln. Die Organe verschwinden ebenso bei den Weibchen zwischen Eierstock und Trompete, als sie bei den Männchen zwischen Schwanz des Nebenhoden und Hoden verschwinden. Die Lage und Entstehung der Hoden und Eierstöcke an der innern Seite, so wie die der ausfahrenden Genitalien an der äussern der Wol ff 'sehen Körper scheint auch nichts wesentliches zu seyn ; denn Hoden und Eierstöcke entstehen bei den Batrachiern, ohne allen Zusammenhang mit den schen Körpern an der innern Seite der Nieren. Wenn nun endlich bei Vögeln und Säugethicren eine accidentelle Be- ziehung zu den Genitalien in der oben bestimm len Art statt findet, so hat diess nichts widersprechendes mit der wesentlichen Function der WolfP- schen Körper als Absonderen gsorcane. Denn die Genitalien und Harnwerk- zeuge sind ja überhaupt accidenlell bei den meisten Thieren vor ihrer Aus- mündung verbunden. Auch hat ähnliches bei anderen Organen statt. Das Kiemengerüst der Fische hat die wesentliche Function , die Athemorgane zu tragen; bei den Batrachiern aber, geht dasselbe Gerüst, nachdem die Kiemen verschwunden sind, zuletzt verkümmernd in den Apparat des Zun- genheins über*); wie denn der Apparat des Zungenbeins selbst bei den Ei- dechsen das ganze Leben hindurch noch die grösste Aehnliehkeit mit dem Kiemengerüst beibehält. *) Siehe die schonen Abbildungen über diese Metamorphose in C u v ie r 's Ossemen» fossiles T. V. p a. 112 §. i4*. V. Es wird für eine künftige Theorie der Geschlechtsentwickelung von der grössten Wichtigkeit seyn, dass man hei den Fischembryonen ermittele, ob die Wolff'schen Körper vorhanden sind. Denn die Fische bieten gerade so höchst merkwürdige Verschiedenheiten in dem Bau der Geschlechts- theile dar, dass schon hierdurch, mitBeachtung der Entwicklungsgeschichte sich ganz neue Aufschlüsse ergeben müssen. Leider habe ich diese Fragen zu lösen gar kein« Gelegenheit durch die Entfernung vom Meere; und ich werde mich wohl hier wieder an Herrn Dr. Rathke wenden müssen, der uns wenigstens die Entwickelungsgeschichte des Blennius viviparus ver- sprochen hat Ich frage zuerst, sind die Wolff'schen Körper bei den Fischen überhaupt vorhanden? wenn sie vorhanden sind, wie verhalten sie sich bei den Fischen mit röhrigem Bau der Hoden? wie bei den wenigen Fi- schen mit durchaus körnigem Bau der Hoden, welche keinen Samengang besitzen und wo vielmehr der Samen in die Bauchhöhle austritt und von hier durch eine Oeffhung ausgeführt wird , wie beim Aal und bei der Priele *)? wie verhalten sich die Wolff'schen Körper bei den Weibchen derjenigen Fische, deren Eierleiter nicht in die Bauchhöhle führen, son- dern wirkliche ausführende Gänge der hohlen Eierstöcke sind? wie ver- hallen sie sich bei den Fischen, deren Eier von dem Eierstock in die Bauch- höhle fallen und von hier aus durch eine einfache Oeffnung ausgeführt werden? wie verhalten sich endlich die Wolff'schen Körper bei den Rochen und Haien, zuerst bei den Weibchen, welche zum erstenmal vom Eierstock getrennte Eierleiter und zugleich OelFnungen der Bauchhöhle besitzen, wie verhalten sie sich bei den Männchen, welche körnige Ho- den ohne Samengang, Oeffnungen der Bauchhöhle und nebenbei noch eine sehr grosse aus gewundenen Canälen bestehende Genitaldrüse besitzen, die man fälschlich gewöhnlich für einen Nebenhoden ausgiebt *) Rathke Beiträge zur Geschichte der Thierwelt. II. Abthl. p. 1 83. ') Siehe über diese Drüse meine Schrift über den innern Bau der Drüsen. Siebenter Abschnitt. Kritik der vorausgesetzten Analogie der männlichen und weiblichen Genitalien. D ie Vergleichung der männlichen und "weiblichen Genitalien in Beziehung auf einen ihnen zu Grunde liegenden gemeinsamen Typus ist ziemlich alt Schon Gale nu s hat in einer merkwürdigen von J. Fr. Meckel*) angeführ- ten Stelle diese Analogie sehr umständlich zu erweisen gesucht. Dauben- ton, Haller, Home, Ph. v. Walther, Ackermann, Schubert, Autenrieth, Rosenmüller, Jörg, Tiedemann haben diese Ana- logie mit Gründen zu erweisen gesucht, welche der heutige Zustand der Wissen- schaft darbietet. Am gründlichsten und gelehrtesten haben darüber wohl Meckel und Tiedemann gebandelt. Man kann indess nicht läugnen, dass, so auffallend die Aehnlichkeit gewisser Theile bei ihrer Entstehung ist, so gross ihre spätem Unterschiede werden, und dass zwischen manchen Theilen, deren Analogie man gerühmt hat, die Verschiedenheit grösser als die Aehnlichkeit ist. Man hat bei dieser Vergleichung wohl übersehen, dass die Geschlechtstheile ver- schiedener Thierordnungen nach ganz verschiedenen Typen organisirt sind. Eine nähere Untersuchung dieser Typen und die beständige Rücksicht auf die Entwicklungsgeschichte sollen uns nun die Mittel an die Hand geben, das Wesentliche in dem Verschiedenen und das Zufällige in dem Aehn- lichen genauer zu würdigen. *) Beiträge zur vergl. Anat. 2. B. 3. H. p. 167. i5 - n4 - Es giebt nämlich 3 ganz verschiedene Typen in dem Baue der Ge- schlechts theile in der gesammten Thierwelt, ausser den hermaphroditischen Thieren. Der erste ist der Typus der Wirbel losen , 2. Typus gewisser Fische, 3. Typus aller höhern Wirbel thiere. I. Typus in dem Bau der Geschlechtstheile. Bei den Insecten und Crustaceen ist die Analogie der weiblichen und männlichen Geschlechtstheile nicht zu läugnen. Bei den Männchen und Weibchen sind Samenleiter und Eierleiter etwas ganz analoges, unmittel- bare Fortsetzungen der röhrigen keimbereitenden Organe, des Hodens und des Eierstocks. Den Träubchen, Capseln, Blinddärmchen der Hoden ent- sprechen die vielgestaltigen Röhren, in welchen die Eier keimen und reifen*). Unter den Insecten kommen überdies bei Männchen und Weibchen ähnliche blinddarmförmige oder röbrige Hülfsdrüsen vor, die sich mit den Samenleitern so wie mit den Eierleitern verbinden. Dieser Typus der Gescblechlstheile umfast noch die Mollusken mit ge- trennten Geschlechtern , nämlich die Cephalopoden , ja selbst den grössten Theil der Fische. Bei den meisten Fischen ist der Eierstock ein hohler Schlauch, des- sen Wände nach innen die Eier absondern und sich unmittelbar in den kurzen Eierleiter fortsetzen ; auf ähnliche Art, wie der duetus deferens das Secretum der Samenröhrchen unmittelbar ausführt. Noch giebt es keine vom Eierstock getrennte Trompete. Hier herscht die vollkommenste Analo- die, der einzige Unterschied besieht ,dariu, dass hier Eier in Bläschen, gort Samen in Röhrchen gebildet und ausgeführt werden. II. Typus in dem Bau der Geschlechtstheile. §. 144. Der zweite Typus in dem Bau der Genitalien besteht darin, dass Eier- leiter und Samenleiter ganz fehlen, dass weder Hoden noch Eierstock einen *j Siehe über die Formen der Eierstocke bei den Fnsei tei>, meine Abhandlung. Nov. aet. nat. cur.T. XII. p. 3 - m5 — Ausführungsgang Laben , so dass Samen, so wie Eier in die Bauchhöhle treten und von hier durch eine einfache oder doppelte Oeffnung am untersten Theile des Bauches abgeführt werden. Dieser Typus ist nur mehreren Fischen eigen. Bei einigen Gräthenfischen, beim Lachs, bei Cobitis taenia beim Aal und unter den Knorpelfischen bei der Pricke fallen die Eier vom Eierstock in die Bauchhöhle, und werden ohne alle Spur eines wahren Eierleiters aus der Bauchhöhle durch eine einfache Oeßhung ausgeführt, wie Ra thk e*) gezeigt hat. Ganz ähnlich giebt es bei mehreren Fischen weder Samenkanäle im Hoden, noch einen Ductus deferens; sondern die Hoden sind vollkommen körnig und der Samen wird in vollkommen geschlossenen Bläschen abge- sondert* Von hier aus tritt er, wie die Eier in die Bauchhöhle, indem wahrscheinlich die Bläschen platzen, oder die Samenkörnchen sich ablösen. Aus der Bauchhöhle wird der Samen durch eine einfache oder doppelte Oeflhung ausgeführt. Dass dieser Bau mehreren Fischen, nämlich dem Aal und der Pricke zukommt, wissen wir ebenfalls aus Rathke's sehr genauen Untersuchungen **). Zweifelhaft aber ist es, wie weit sich dieser Ban un- ter den Fischen ausdehnt. Beim Aal und bei der Pricke ist der Eierstock ganz dem Hoden ähnlich, was auch zu der falschen Behauptung Veranlas- sung gab, dass diese Thiere Zwitter seien, die Eier unterscheiden sich von den Samenkörnern im Zustand der Reife nur durch ihre Grösse. Hier ist also ebenfalls die Analogie der männlichen und weiblichen Genitalien ganz vollkommen- Dass es noch mehr Fische mit körnigem Bau der Hoden gebe, ist ganz gewiss. Rathke rechnet hieher den Knurhahn und den Stör. Vom Kniirrhahn habe ich keine Beobachtungen ; allein bei einem gros- sen Stör fand ich in dem ausserordentlich grossen kuglig gelappten Hoden auch nicht die geringste Spur von Samencanälchen , und eben so wenig konnte ich eine Spur von Samenleiter finden. Die Substanz des Hodens ist solid und besteht aus lauter länglichen microscopischen Theilchen , die wie ganz kleine Reiserehen durcheinander gewirkt sind und dieselbe Richtung *) Ratlilie Beitiäge zur Geschichte der Thierwelt. II. Ahth. p\ 123. Beiträge cet. II. ALth. p. i83. haben, übrigens aber durchaus solid sind. Merkwürdiger Weise besitzt aber der Stör auch jene Oeffnungen der Bauchhöhle. §• 10. Dass die Hoden der Rochen und Haien nur aus Körnchen bestehen, ist eine von allen Beobachtern gemachte Erfahrung. Monro, Cuvier, Treviranus*) stimmen vollkommen mit den frühern überein; und wenn Treviranus dennoch glaubte, es müsse sich unter günstigen Bedingun- gen vielleicht eine Spur von Samenkanälchen entdecken lassen, so habe ich mich abermals vom Gegentheil und von der Richtigkeit dessen überzeugt, was alle und auch Treviranus selbst gesehen haben. Der Samen ist in vollkommen geschlossenen Bläschen enthalten , die ich microscopisch unter- sucht habe. Was man bisher als Nebenhoden beschrieben hat , jene aus gewundenen Canälen bestehende, mit einem starken Ausführungsgang ver- sehene Drüse, steht in durchaus keinem Zusammenhang mit dem körnigen Hoden, auch hat Niemand bisher einen solchen Zusammenhang beobachtet. Dies ist eine Drüse ganz eigenthümlicher Art, wie ich in einer besondern Abhandlung über die Genitalien der Rochen und Hayen zeigen werde. Wahischeinlich gehören daher auch die männlichen Rochen unter den zweiten Typus ; wahrscheinlich tritt der Samen auch bei den Rochen und Haien zuerst in die Bauchhöhle, und wird von hier durch jene merkwür- digen zwei Oeffnungen abgeführt, die übrigens auch bei den weiblichen Rochen und Haien vorkommen, obgleich diese schon vollkommene Trom- peten zum Ausführen der Eier besitzen, Eierleiter, welche in keiner Ver- bindung mit dem Eierstock stehen. Hier haben wir bei Rochen und Haien bereits einen ganz verschiedenen Bau der weiblichen Geschlechtstheile und nichts von Analogie. Die männlichen Genitalien der Rochen und Haien gehören dem zweiten, die weiblichen Genitalien dem dritten Typus an. Aber es giebt auch andere Fische, deren männliche Genitalien nach dem zweiten Typus gebildet sind, während die weiblichen ganz dem ersten entsprechen. *) Tie Jcmanu und Treviranuj Zeitschrift für Physiologie I. B. III. Typus in dem Bau der Gesch leck tstlieile. S- »46. Zu dem dritten Typus gehören alle Amphibien, Vögel, Säugethiere und der Mensch. Männchen und Weihchen entfalten sich hier vom embryoni- schen Zustande an nach ganz verschiedenen Richtungen. Nämlich die Hoden sind niemals körnig *); sondern enthalten immer samenbereitende Canäle. Bei den Männchen ist der duetus deferens immer eine unmittelbare Fortsetzung der vasa efferentia des Hodens oder der Sa- menkanäle, indem die vasa efferentia entweder einfach in den duetus de- ferens übergehen , wie bei den Batrachiern , oder sich mehr oder weniger verschlingen, wodurch ein Anfang von Nebenhoden entsteht, der indessen nur bei den Säugethieren als ein eigenthümliches Gebilde zwischen Hoden und duetus deferens auftritt. Bei den Weibchen giebt es eine vom Eierstock ganz getrennte , nicht in den Eierstock, sondern in die Bauchhöhle führende Trompete. Diese Trompete ist wesentlich Ausführungsgang der Bauchhöhle und ihre Genesis scheint in den einfachen Oeffnungen der Bauchhöhle gegeben zu seyn, durch welche bei mehreren Fischen Samen und Eier aus der Bauchhöhle ausgeführt werden. Dies sieht man, wie Rathke bemerkt, bei derPricke, wo die Oeffnung der Bauchhöhle sich bereits in einen kurzen Eierlei ler verlängert hat« Txompete und duetus deferens, im entwickelten Zustande betrachtet, haben sehr wenig mit einander gemein, und ihre Verschiedenheit ist eben so gross wie ihre Aehnliehkeit; denn der duetus deferens geht durch ein eigenthümliches Gebilde, den Nebenhoden, in den Hoden selbst und seine Canäle über. Der Eierleiter oder die Trompete führt nur in die Bauch- höhle und hier hat jene bisher ganz unerklärliche Anomalie statt, dass die innere Haut der Trompete oder die Schleimhaut der Genitalien mit der *) Nach Cuvier sollen die Hoden der Frösche auch körnig seyo ; allein die scheinbaren Korner sind nur die blinden Enden der strahlig stehenden Samenröhrchen , wie bereits S \v a m m e r d a m gezeigt hat. — n8 — serösen Haut des Unterleibs zusammenhängt, und dass beim Weibe der seröse Sack des Peritoneums gegen das Bildungsgeselz aller serösen Häute nicht geschlossen ist. Diese Anomalie ist selbst da noch vorhanden , wo die Eierstöcke in ei- ner beuleiförmigen Fortsetzung des Bauchfells, gleichsam in einer Scheiden- haut liegen. Bei den Hunden sind die Eierstöcke in einem ungeschlosse- nen Beutel des Bauchfells enthalten. Bei der Fischotter, bei Mustela und hei den Phoken ist diese EinSchliessung noch enger. Siehe E. H. Weber in Meckels Archiv 1826. p. io5. Treviranus in der Zeitschrift für Phy- siologie. B. I. H. 2. p. 180. So ähnlich diese Beutel der Scheidenhaut des Hodens beim Menschen und einigen Säugethieren sind, so bleibt doch auch hier der Hauptunterschied, dass die Trompete nur in die äussere Umge- bung, nur in eine mit der Bauchhöhle zusammenhängende oder von ihr ausgehende Höhle führt. Was nun die Vergleichung des Ductus deferens mit der Trompete betrinkt, so sind sie bei den Vögeln, selbst bei der er- sten. Entstehung ganz verschiedenartige Dinge. Allein bei den Säugethie- ren mit vollkommenem Nebenhoden sind ductus deferens und Trompete beim ersten Entstehen ganz analog. Dann besitzt weder der Hoden einen Nebenhoden, noch die Trompete eine Oeffnung; und der Hoden ist von seinem Ductus deferens ebenso gut getrennt, wie der Eierleiter vom Eier- stock. Der Ductus deferens ist aber früher nicht etwa trompetenähnlich; sondern das unterscheidende der Trompete fehlt auch noch, nämlich die Oeffnung in die Bauchhöhle. Vollkommen ähnliche Theile entwickeln sich vielmehr nach ganz entgegengesetzten Richtungen und werden verschiede- nes, Ductus deferens und Trompete. Bei allen Embryonen der Säugethiere giebt es in frühester Zeit der Entwickelung, ohne Unterschied des Geschlechtes, einen vom Hoden sowohl als vom Eierstock getrennten Gang, der in seinem obern Theile blind ist und höher als Hoden und Eierstock hinaufreicht. Es ist ganz ausser Zwei- fel, dass im Anfang zwischen Hoden und jenem Gang durchaus keine Ver- bindung statthat und dass beide, entfernt voneinander, an den entgegenge- setzten Seiten eines und desselben Organes, des Wol ff 'sehen Körpers lie- gen. Bis dahin sind die Theile bei beiden Geschlechtern ähnlich oder viel- mehr es existirt noch kein Geschlecht. Sobald aber Zeichen des männli- »9 — chen und weiblichen Geschlechtes eintreten, nehmen auch, wie ich gezeigt habe , jene Theile eine ganz verschiedene Ausbildung an. Derselbe Gang wird bei den Weibchen weit, kürzer und gerade und in seinem obern Theile durchbohrt, wodurch eine in die Bauchhöhle ge- öffnete Trompete entsteht- Derselbe Gang kräuselt und verkürzt sich bei den Männchen zum Schwanz des Nebenhodens und, statt in seinem obern Ende durchbohrt zu werden, tritt er in Wechselwirkung mit dem Hoden, je mehr er durch das Schwinden des Wo 1 ff sehen Körpers an den Hoden heranrückt , und so entsteht der Kopf des Nebenhodens zwischen dem ge- kräuselten Gange und dem Hoden. Nach dieser Entwickelung sind Eierlei- ter und duetus. deferens die verschiedensten Dinge. Das Ligamentum uteri rotundum und das Gubernaculum Hunteri sind allerdings anfangs dieselben Dinge. Beide reichen vom Rande des Leisten- canales bis zum untern Ende des Wolff'schen Körpers; später wird die Insertion dieser Theile scheinbar ganz verschieden. Das Lijamentwn uteri ro- tundum ist zuerst an den ausfahrenden Geschlechtstheil geheftet, da wo dieser den Wolff'schen Körper erreicht, um über ihm aufzusteigen. Was unter dieser Insertionsstelle gelegen ist, wird Horn des Uterus und zuletzt in den Fundus uteri verwandelt. Bei den männlichen Embryonen setzt sich das Gubernaculum Hunteri anfangs auch an das untere Ende des Wolff'schen Körpers und an den ausführenden Gang, der über den Wolff'schen Kör- per aufsteigt, an. Dieser Gang, so weit er über den Wolff'schen Körper geht, wird, indem er sich ki^äuselt, Schwanz des Nebenhodens, und so kömmt es , dass das Gubernaculum Hunteri später an das untere Ende des Schwanzes vom Nebenhoden befestigt ist. S- US. Auch die übrigen Geschlechtstheile sind nur hei der Entstehung gleich, insofern sie auch einen Typus zeigen, der bei Männchen und Weibchen nach ganz verschiedenen Richtungen sich ausbildet. i. Samenhläschen und Uterus haben zwar auch beim Erwachsenen 120 — eine entfernte Aehnlichkeit der Function und des Baues; beide dienen zum Aufenthalt und zur Ausbildung der von den keimbereitenden Organen aus- geschiedenen Theile, beide Organe sind im höchsten Grade irritabel; allein nur beim ersten Auftreten können diese Organe in Hinsicht ihrer Form und des Ortes ihrer Entstehung verglichen weiden, wie gezeigt worden ist. Sie wachsen beide zuerst aus demselben Theile des gemeinschaftlichen Schlauches hervor, aber jeder in ganz verschiedener Weise. 2. Nur im Anfang der Entwicklung sind Hodensack und grosse Scham- lippen analog. 3. Nur im Anfang gibt es einen bei beiden Geschlechtern gleichen Canalis urogenital is. 4- Nur im Anfang ist die Clitoris dem gespaltenen Penis ähnlich. Allein bei den Männchen schliesst sich die Spalte, bei den "Weibchen er- weitert sie sich nach aufwärts zwischen den Seitenstücken der sich verkür- zenden Clitoris, welche früher nicht durch eine tiefe Spalte, sondern durch eine Furche getrennt waren, und indem das Endstück der Clitoris übrig bleibt, werden die Seitenstücke der gespaltenen Clitoris zu Nymphen oder Lippen der vergrösserten Spalten, zu innern Schamlippen. Alles dies ist durch die Bildungsgeschichte der Genitalien bei den Saugethieren und dem Menschen und durch die darüber mitgetheilten vollständigen Beobachtungen erwiesen. Achter Abschnitt. Kritik der Lehre vom Hermaphroditismus. §. i4g. Anerkannt giebt es keinen Theil der Medicin, worin noch so viele aber- gläubische Voiistellungen herrschen, als in den Ansichten über Hermaphro- diten Die Beschieibungen derAeltern sind grossentheils aus diesem Grunde unbrauchbar geworden und ia der That sind zuverlässige anatomische Un- tersuchungen von wahren Hermaphroditen so überaus selten, dass mehrere der ausgezeichnetsten Anatomen wie W r i s b e r g, Kaller, Po r t a 1 die Exi- stenz des wahren Hermaphroditismus ganz längsten. Wrisberg sagt in seiner denkwürdigen Abhandlung, de singulari genitalium deformitate. Comment. Soc. Reg. sc. Gotting. V. XIII. : Ex mea itaque senlenlia, quum hanc observationem ad convincendum minime ido- neam et sudicientem credam, totam hermaphroditorum (verorum) classem in animalibus perfectioribus inier figmenla cum Cl. Pietsch, Arnaud et Heyermann refeio, et existentiam illorum, sive jam evictam, si lales historiae praestent, sive adhuc in posterum evincendam et asserendam tan- tum in rarisslmo isto casu admitto, si in nsonstro bicorporeo utriusqvie sexus unica modo pelvi instructo, partes generationi in quolibet sexu in- servientes ita junclae et tali modo combinatae inventae sunt, ut nulluni primariorum organorum nec careat, nec deforme sit. Gialjas cuilibet in cisori et praejudiciis libero habebo observatori, qui casum cjusmodi bene- vole communicaturus erit. i<6 I — 122 — Die Misbildungen, welche mau für hermaplirodi tisch hält, gehören einer dreifachen Gruppe an, die man ■wohl unterscheiden muss hei den Untersuchungen über ihre ursprüngliche Entstehung und bei ihrer Kritik. Sie sind entweder 1. blos äusserlich unentschiedene Geschlechtsbildung bei innerlich vollkommener Ausbildung entweder männlicher oder weiblicher Theile, oder 2. innere theilweise Duplicität der Genitalien bei äusserer Unentscluedenheit, 3. vollkommener seitlicher Hermaphroditismus. I Die Misbildungen der ersten Art sind mit Unrecht für hermaphro- ditisch geballen worden ; sie sind blosse Hemmungsbildungen. Innerlich sind entweder Hoden oder Eierstöcke vorhanden, aber die Hoden sind durch Hemmungsbildung in der Bauchhöhle zurückgeblieben. Der erste Grad solcher äussern Misbildnng bei Männern ist Harnröhren - Spalte, Hypospa- dia, was bei den männlichen Embryonen in früherer Zeit normal ist, der zweite Grad Fortsetzung der Spalte durch den Hodensack bis gegen den Damm, was in früherer Zeit ebenfalls normal ist. In diesen Fällen können die innern Geschlechlstheile, nämlich die in der Bauchhöhle zurückgeblie- benen Hoden und Samenleiter vollkommen entwickelt seyn. Alles reducirt sich hier auf eine einfache Hemmungsbildung und die fälschlich sogenann- ten Hermaphroditen dieser Art sind in der Regel vollkommen männlich, haben diesen Habitus und auch männliche Triebe, wie allgemein jetzt von den Hypospadiaeen bekannt ist. Eine gehemmte Ausbildung vollkommener Männlichkeit, und noch dazu in den bloss äussern Theilen, ist aber noch gar kein Schritt zur Weiblichkeit; so wenig als eine gehemmte Ausbildung des Weiblichen ein Schritt zur Männlichkeit ist. Ich sehe gar nicht ein, wie man jene Misbildungen nur entfernt her- maphroditisch nennen könnte. Denn was ist die Spalte des Hodensacks, und die Hypospadia an den Geschlechtstheilen anders als die Spina bifida an dem Riickgrath , Hasenscharte, Wolfsrachen an Lippen und Gaumen, .Coloboma iridis an der Iris? In der That so wenig die Hasenscharte ein Schritt zur weiblichen Bildung ist, so wenig ist die Hypospadia herma- phroditisch. 123 — §. i5i. Die Viragines mit Hemmung vollkommener Ausbildung des weiblichen Geschlechtscharacters sind ebenso wenig Zwitter. Zu einem Manne ist ein für allemal das männliche Secretionsorgan, Hoden, zu einem Weibe Eier- stock notbwendig. Man prüfe aber doch nur jene Zeichen, die man für Symptome der Männlichkeit bei den Viragines ansieht, nämlich einen etwas' grössern Kitzler, was in der That eine Hemmungsbildung ist , Enge des Scheiden- einganges, ein ganz unsicheres Merkmal, welches in früherer Zeit normal , und wie ich gezeigt habe, zum Theil von der Grösse des Kitzlers abhängig ist, und ebenso mit der Verkleinerung des Kitzlers abnimmt; Kleinheit der Trompe- ten und der Eierstöcke die 'vielleicht nie Bläschen enthalten sollen. Ein Theil dieser Zeichen beruht auf Vermuthungen, die anderen beweisen gar nichts sicheres, höchstens eine unvollkommene Ausbildung des Weiblichen; allein es ist eine blosse Voraussetzung, dass die unvollkommene Ausbildung des weiblichen etwas männliches enthalt Der Durchbruch der Eierstöcke aus der Bauchhöhle durch den Bauchring in die Schamlippen, der von zu- verlässigen Männern beobachtet scheint, dieser Vorfall ist doch wohl ebenso natürlich, als jeder andere angeborne Leistenbruch und ist so wenig ein Beweis für etwas männliches, als jeder andere Vorfall. Der Unterschied liegt nur in der ausserordentlichen Seltenheit des ersteren Falles. Selbst wenn ein Weib bei vollkommenen innern Geschlechtsorganen weiblicher Art eine durch einen Theil des Kitzlers sich fortsetzende Harn- röhre besässe, ein Fall, der ein einziges mal beobachtet, *) nicht genügend verbürgt ist, so wäre' selbst diess kein entscheidender Uebergang, da wie Meckel auch bemerkt und einwirft, bei mehreren Thieren diess normaler Zustand ist, wie bei den Maki's und Lori's. Wie wenig Werth man auf die Beschaffenheit der Brust legen kann, wird jeder einsehen. Oft wird eine starke Fettansammlung an der Brust eines Mannes als etwas weibliches in den Museen aufbewahrt, als wenn der Turgor der weiblichen Brust bloss durch eine Feitanhäufung entstände. Zu einer weiblichen Brust gehört ein für allemal eine Milchdrüse. *j Siehe hierüber Meckel 's Palholog Anatomie. T'. II. i. p. 2025 §. 1 5 a. Ich sch Hesse daher alle Hemmungsbildungen der äussern Geschlechts- theile, bei welchen innerlich ein entschiedener Geschlechtscharakler voiv banden ist, wo entweder Hoden oder Eierstöcke zugegen sind, mit vielen andern Gelehrten, mit Recht von den hermaphroditisc.hen Bildungen aus. Von ihnen kann man höchstens sagen, was Wrisberg von den Viragines und V iri ejjbminati bemerkt: Haberemus itaque in utroque sexu individua , in quibus, non obstante sexus regula, characteris quidquam., nec adeo parvi momenti in uno akeroque connubium genii, naturae et indolis alte- rius sexus adesse videtur. Licet nemo tarn unum quam alterum pro herma- hprodito deelaraturus erit- 1. c. §. 2i. Diese Unentschiedenheit ist in der That, wie gezeigt worden ist, bei Embryonen sowohl innerlich als äusserlich vorhanden; sie ist Anfangs we- der vorzugsweise männlich, noch weiblich, jede dieser Richtungen bildet sich aus einem Anfangs gleichem Zustande auf ganz verschiedene Weise aus. Warum sollten nicht auf beiden Seiten Hemmungsbildungen entstehen, welche an die ursprüngliche Uniformität, nicht Dupiicität erinnern? S. i53. II. Wir wenden uns nun zur Kritik der zweiten Art sogenannter her- maphroditischer Bildung, wo neben den vollkommen entwickelten Genitalien einer Art noch Spuren der zweiten Art vorhanden seyn sollen- Diess ist nun gerade der Gegenstand , zu dessen Erklärung und Aufhellung ich die früher uiitgetheilten Beobachtungen über die Entwickelung der Genitalien bei den Säugethieren mit entschiedenem Erfolg anzuwenden gedenke. §• i54- Es ist durch die vorhergehenden Untersuchungen erwiesen, dass in frü- her Zeit der Entwickelung bei den Säugethierembryonen, sowohl den später weiblichen als männlichen, ohne Unterschied, die keimbereitenden Organe, Hoden oder Eierstöcke von den ausführenden Gängen getrennt sind , dass diese Gänge anfangs blind sind, viel höher als Hoden und Eierstöcke hin- 125 — au frei dien , und dass jederseits zwischen diesem Gang und dem Hoden oder Eierstock der Wolf.Psche Körper liegt, der in frühester Zeit selbst wie- der einen Ausführungsgang aus seinem untern Ende hat. Man denke sich nun den Fall, der bei allen Organen entstehen kann, hier eintretend, man denke sich den Fall, dass die inneren Geschlechtsorgane eine Hemmungs- bildung erleiden, die hier ja wenigstens eben so leicht eintreten kann, als sie bei den äussern Gesehlechtstheilen häufig isi. Dann wird der Wolff- sche Körper bleiben, jener Körper, von dem sich nach P» os e n m ü 1 1 e r 's Beobachtungen selbst bis zur Geburt ohnehin eine geringe Spur erhält. Je- der ununierrich tele würde einen solchen Fall von Hemmungsbildung, wo ein keim bereitendes Organ mit dem W öl ff 'sehen Körper, und zugleich noch ein Trompetenähnlicher Gang auf jeder Seite vorhanden ist, zumal wenn äussere Zeichen von Hemmungsbildung da sind, für die vollkommen- ste Zwitterbildung halten. Keimbereitendes Organ mit sammt dem "VT o I ff 'sehen Körper könnte für Hoden und Nebenhoden imponiren ; hat doch selbst Rosenmüller den W o 1 ff 'sehen Körper der Weibeben fälsch- lich für etwas Nebenhodenartiges angesehen. Der an der Seite des Vvolff- sehen Körpers aufsteigende Gang würde für Trompete gehalten werden, um so mehr dieser Gang bei den Weibchen wirklich zur Trompete wird. Man hätte also einen Schein von Hoden und Nebenhoden nebst einer Trom- pete; wäre der ursprüngliche Ausführungsgang des Wolf f sehen Körpers, der so ausserordentlich frühe verschwindet, noch vorhanden, so hätte man selbst einen falschen Anschein von Samenleiter. Der mit der Bildungsge- schichte nicht sehr genau vertraute würde uns nun leicht einen Zwitter beschreiben, bei dem sich Trompeten, Hoden und Nebenhoden, ja selbst eine Spur von Samengang vorlinden sollen. Auch der Uterus könnte vor- handen seyn, wenn das Individuum wirklich weiblieh war und nur der Wolff'sche Körper mit dem Eierstock verbunden geblieben ist. Vorausgesetzt also nur dies eine, dass Hemmungsbildung an den innern Gesehlechtstheilen eben so häufig als an den äussern vorkomme, entsteht eben so häufig auch innerlich ein falscher Anschein von Hermaphroditismus. Ich will nicht behaupten, dass es keine Hermaphroditen mit theilvveiser Duplicität gebe, diess wäre eine rein dogmatische, von einer künftigen be- weiskräftigen Erfahrung vielleicht zu widerlegende Behauptung; ich habe bloss gezeigt, dass hier die allergrössten Täuschungen leicht und verzeihlich 12Ö — sind, dass wir vorsichtig dadurch werden müssen und viele Fälle dieser Art zu ihrer Erklärung ganz andere Kenntnisse in der Embryotomie voraus- setzen, als wir bei den ältern Beschreibungen voraussetzen können, dass; sie hingegen eine einfache Erklärung zulassen- i55. Das zweite, worauf ich nun aufmerksam mache, ist, dass mehrere Fülle von Dupücität der Geschlechtsorgane auf beiden Seiten unter den oben bezeichneten Fall zu gehören scheinen. J. F. Meckel's vortreffliche Arbeiten über die Zwitterbildungen in Reil's Archiv für die Physiologie T. Xf. und in seiner pathologischen Anatomie, worin fast alle bisher beobachteten Fälle zusammengestellt sind, können uns bei dieser Revision zur Grundlage die- nen. Bis auf 3 zweifelhafte Ausnahmen, die ich sogleich erwähnen werde, ge- hören alle dort aufgeführten Fälle zu dieser Form. Man bat eineTrompete, ein keinibereitendes Geschlechtsorgan mit einem nebenhodenartigen Anhang und Ausfiihrungsgang versehen beobachtet. Man* vergleiche die von Meckel aufgenommenen Fälle von Petit*), Brunn **) , Schneider , Mä- ret f), Schrei 1 ff). Niemals hat man mit zureichender Zuverlässig- keit, Hoden und Eierstöcke zugleich beobachtet. Wer bürgt uns nun fer- ner für eine genaue Untersuchung jener Organe in den bisher beschriebe- nen Misbildungen. Wer hat die Samenkanäle in den Hoden gesehen , wer den Nebenhoden untersucht, und wer konnte ohne Kenntniss der Wolff- schen Körper hier einer Täuschung entgehen, da die Wolff'schen Körper immer aus geschlängelten Blinddärmchen bestehen? Jedermann weiss über- diess, wie oberflächlich die meisten Fälle dieser Art vintersucht worden, wie crass die Vorstellungen der ältern über Hermaphroditen waren, wie leichtfertig oft die Angaben siud, wie z*B. folgende: eine Art Hoden, eine Art Nebenhoden , eine Art* Rudiment des Eierstocks, etwas der Trompete, dem Eierstock ähnliches, wie oft sind Hydatiden für Eierstöcke beschrieben worden, und wie leicht ist man in der Annahme eines Rudimentes von Uterus ohne Trompeten, wo alles andere entschieden männlich ist, und ein *) Meckel in Reil'» Archiv T. XI. p. 3a4- **) Ebend. p. 3^7- ***) Meckel's pulliol. Anatomie T. Ii p. 21G. f) Ebend. p. 218. ff) Ebend. p. 2 18. — 127 — unpaariger Schlauch an der Insertion der Samengänge viel pissender für eine verbildete Prostata oder verbildete Samenbläschen gehalten werden mussten, wie in Ackermanns Fall. J. Fr. Me ekel vertheidigt zum Theil die Hermaphroditen gegen manche Zweifel mehrerer Gelehrten, wie Haller, Parson, Osiander, Portal, Voigtei cet. In der That ich baue mit vollkommenstem Vertrauen auf jeden von diesem allverehrien grossen Ana- tomen untersuchten Fall, nicht aber auf die meisten Fälle von Anderen, die Meckel mit seltener Gelehrsamkeit zusammengestellt hat. §■ i56. Hierzu kommt endlich noch, dass bei den Weibchen der wiederkäu- enden Thiere und der Schweine zwei Gänge vorkommen, welche von der Scheide entspringen, und bis über die Hörner des Uterus an der äussern Seite des Uterus zu verfolgen sind, wo sie blind endigen. Diese Gange sind bei jenen Thieren im normalen Zustand neben den Trompeten vorhanden; sie sind zuerst von Malpighi erwähnt, dann von Gärtner ausführlich, beschrieben worden. Gärtner Anatomisk Beskrivelse over et ved nogle Dyr - Arters Uterus untersögt glandulöst Organ. Besonders abgedr. aus Kongelige Danske Videnkabs Selskabs Skrifter 1822. mit 4 K. Med. Chirurg- Zeit. 1824. II- p 104. Diese merkwürdigen Kanäle, welche zu zerstreuten Drüsenkörnern führen , habe ich an einem sehr schönen Präparat in der Thierarzneischule zu Berlin gesehen. Es darf kaum erwähnt werden, wie leicht die Gartner'schen Canäle neben den Trompeten bei den Thieren Verwechselungen veranlassen und wie sehr sie die Beobachtungen über Zwitterbildung bei den Thieren unzuverlässig machen müssen. §• «57. Nun will ich die Requisite einer zuverlässigen Beobachtung über Du- plicität der Genitalien auf beiden Seilen anführen: 1. Es ist nicht hinreichend, dass ein Ausführungsgang neben dem Ei- erleiter beobachtet werde. Denn dieser könnte möglicherweise der übrig- gebliebene Aus führungsgang des Wolff 'sehen Körpers seyn. 2. Es ist nicht hinreichend, dass neben dem Eierleiter ein hodenarli- ger Körper mit einem nebenhodenarligen Körper verbunden beobachtet 128 wird; denn dieser scheinbare Nebenhode kann der übriggebliebene W alff- sehe Körper, der angebliche Hode aber der an ihm liegende Eierstock seyn. 3. Es muss jedesmal durch genane Untersuchung ermittelt werden , dass das, was man für Hoden hält, wirklich Hoden ist, nämlich dass er Samenkanäle enthält.. 4. Die Eierstöcke müssen durch die Graafschen Bläschen erkennbar und erweisbar seyn. In Fällen, die ich hier und dort gesehen , gehörte eine stärkere Phantasie als ein gutes Gesicht dazu, die Rudimente von Ovarien zu erkennen. 5. Nach allem, was bisher vorgetragen worden, gehört zu einem ent- scheidenden Beweis von Hermaphroditismus oder Duplicität der Organe auf beiden Seiten, nolhwendig gleichzeitiges Vorhandenseyn der Hauptorgane, des Eierstocks und des Hodens mit seinem Nebenhoden. Alle anderen Fälle, wo das überzählige nicht Eierstock, sondern nur ein trompetenähnlicher Gang oder der Uterus ist, können vielleicht unvollkommen hermaphroditisch seyn, aber sie können nicht streng als hermaphroditisch erwiesen werden, und diese Fälle weiden durch die Enlwickelungsgeschichte der Genitalien wenigstens sehr unkräflig. 6. Alle Fälle, wo ausser der Duplicität von gewissen Theilen der Ge- nitalien auch Zeichen von Duplicität in äussern Gliedern und Theilen , überzählige Theile von Extremitäten oder ganze Glieder vorkommen , können nicht als Beweise für die Existenz eines wahren Hermaphrodilismus angenommen werden, sie gehören (Jen Doppelmissgeburten au. Man misverstehe mich nicht; ich will nicht den Hermaphroditismus überhaupt widerlegen, ich will Kritik, Genauigkeit der Untersuchung, lo- gische Sondierung dessen, was aus den fteobac'etungen folgt, und was nicht folgt, und kic/.u fordere ich ein genaues Studium der Entwicklungsge- schichte. Dies ist allerdings eine hinreichende Reaetion gegen eine von der Idee des Hermaphroditismus befangene Phantasie. § i5S. Ich erwähnte zuvor eines wirklich beobachteten gleichzeitigen Vorkom- mens von Hoden und Eierstock auf derselben Seile. Von allen bisher bekannt gewordenen Fällen gehören nur hieher die Fälle von Mascagni, Borkhausen, Hunt er, -welche zum Theil selbst aber keine strenge Kritik aushalten. Mascagni beobachtete in der Tbat bei einem Stier einen zweibörnigen Schlauch mit Trompeten; an der Stelle der Eierstocke lagen wahre mit Saamengängen versehene Hoden, welche Mascagni nebst den Nebenhoden mit Quecksilber fällte. Hoch oben lag dicht neben dem linken Hoden, ein dünner Körper von der Structur des Eierstocks (?), und im Hodensacke kleine, gleichfalls Eierstock ähnliche Körpercheji (?) , welche Mascagni wirklich für Eierstöcke nahm *) ! In dem Fall von Borkhau- sen waren bei einem Widder normale Hoden vorhanden, ausserdem eine Gebärmutter , verschlossene Trompeten und Eierstöcke, welche voll von Eiern waren ( ? ! ) **) Hunter fand bei einem Rinde einen zweibörnigen engen Gang als Fortsetzung der Scheide. Ausser dem Eierstock fand sich auf jeder Seite neben ihm der Hode, der die Gestalt und Grösse einer Muskatuuss hatte; die Samengänge endigten gegen den Hoden blind Hier frage ich aber- mals nach dem Beweis, dass der angebliche Hode mit seinem Gang wirklich Hode, und nicht Rudiment des Wolffischen Körpers und seines Ausfüh- rungsganges war. Endlich fand Hunter bei einem Eselszwitler eine zweihürnige Gebär- mutter ohne Trompeten, Ovarien, und Hoden ohne Samengänge f). vDiess sind die wenigen Beobachtungen von wirklich angeblich doppel- tem Vorhandenseyn der Hoden uud Ovarien. Sind diese Fälle richtig beobachtet, woran sich nach der zum Theil so sonderbaren Beschreibung immer noch zweifeln lässt, so giebt es allerdings auch Hermaphroditen, welche von unserer Erklärungsart nicht interpretirt werden können. In- *) Siehe Meckel'« erwähnte Abhandlung io Keil's Archiv T. XI- p. 33o. **) Ebend. p. 33 1. '**) Ebend. p. 33i. 332. t) Ebend p. 332. rt? 1 3o — dessen bedarf es liier abermals neuer und genauerer Beobachtungen, "welche mit Rücksicht auf die Wolff sehen Körper der Embryonen und auf die Gärtner sehen Canäle der Thiere(§. 1 56), unternommen werden müssen: Von einem allgemeinen Gesichtspunkt erscheint eine solche vollkommne Duplicität nicht geradezu unmöglich, da sie bei den niedern Thieren nor- mal vorkömmt. Iede neue genaue Beobachtung sey willkommen. Wie gerne werde ich mich belehren lassen durch eine Ueberzeugung, die man mit den Augen gewinnt. Sollten nun in der Folge solche von der Kritik unantastbare Fälle von einem unbefangenen Anatomen beschrieben werden» so .sind meine Einwürfe gegen die bisherigen Fälle nicht widerlegt, sondern es gechieht nur, was ich sehnlichst wünsche. Unrein würde aber schon jeder Fall seyn , wo ausser den Genitalien noch andere Zeichen von Du- plicität an den untern Theilen des Rumpfes oder Zeichen einer Doppelmiss- geburt vorhanden sind. §. 1 6o. III.. Die letzte Reihe hieher gehöriger Missbildungen bilden diejenigen, wo auf einer Seite Hoden, Nebenhoden und Samengang, auf der andern Eierstock und Trompete befindlich sind. Diess sind die einzigen streng zu erweisenden Fälle von Zwitterbildung, für deren Existenz viele zuverlässige Beobachtungen, besonders von niedern Thieren sprechen. Leber diesen Gegenstand besitzen wir eine treffliche Arbeit von Rudolph i in den Ab- handlungen der Academie zu Berlin vom Jahre i8a5. Bei den Insecten ist diese Art von Zwitterbildung, Hermaphroditismus lateralis, der sich auch in der Zeichnung und Form der Flügel, so wie in der Form der Antennen rechter und linker Seite ausspricht, schon häufig beobachtet, und ich habe selbst die von Rudolphi berührten überzeugenden Praeparate vonlnsecten gesehen. Von höhern Thieren sind diese Fälle sehr selten; hieher gehören die ällern noch ziemlieh unzuverlässigen von Sue, Morrand, Verdier*), Und der neue genau untersuchte von Rudolphi, der um so merkwürdiger ist, als er den I seschen betrifft. Der Hermaphroditismus lateralis lässt übrigens schon eher eine Erklä- rung aus der Entwickelungsgeschichte zu. Denn da in frühester Zeit bei *) Siehe Meckel a. a. 0. p. 3aa. 33a. Patholog. Änat. II. B. p. 319. allen Embryonen dieselben Gänge vorbanden sind, welche bei den Weibchen sich nachher in die Bauchhöhle öffnen, bei den Männchen aber, mit den Hoden sich verbindend, sich kräuseln * d den Schwanz des Nebenhodens bilden , so ist es denkbar, "Wie eine solche verschiedene Entwicklung auf beiden Seiten desselben Individuums eintreten könne. Was aber eine solche Differenz der beiden Seiten verursache, können wir nicht entfernt ahnden. Iene letztern Fälle lasse ich daher unangetastet und begnüge mich gezeigt zu haben, wie auf eine doppelte Art, innerlich und äusserlich ein falscher Schein von Hermaphroditismus entstehen könne. Anhang über die chirurgische Behandlung der II y p o s ,p a d i a. §. 161. Unter den angebornen Missbildungen sind keine häufiger als die Spaltbil- dungen, ich rechne dahin: 1) die Hasenscharte, 2) die Gaumenspalte , 3) die Brustspalte mit Ectopia cordis , 4) die Harnblasenspalle oder Mangel der Bauchdecken zwischen Nabel und Schaamgegend, mit Harnblasenspalte und Vorfall der hintern Wand der Urinblase. Hievon ist die einfache Epispadia der geringste Grad, wo der Harn, bei Spaltung der Schaambeinfuge, durch eine kleinere Oeffnung über den Rücken des Penis abfliesst. 5) Die Hypospadia oder die Spaltung der männlichen Harnröhre bis zum Hodensack, oder mit gleichzeitiger Ilodensackspalte. 6) Die Spina bifida oder das gespaltene Rückgrath. 7) Das Auseinanderweichen der Kopfknochen von hydrocephalus congenitus. — i,33 — 8) Das Coloboma iridis, oder die Spaltung der Iris an der untern Seite, wo in frühem Zeit bei allen Thieren eine Spaltung der Iris und Choriodea vorkömmt *)" Melirere dieser angebornen Bildungsfehler, wozu man wobl auch 9) das Offenbleiben desUrachus am Nabel rechnen könnte, sind der Chirurgie zugäng- lich. Die Hasenscharte ist es längst, die Gaumenspalte ist es in neuerer Zeit geworden; man hat überdiess erworbene Spalten und Verluste besser behandeln und durch Ueberpflanzung von Hautstücken zu heilen gelerut; die künstliche Nasen,- Augenlied - und Lippenbildung sind in die Chirur- gie kunstmässig eingeführt und zeigen die Möglichkeit zu noch andern Versuchen. Allein mehrere der genannten Missbildungen sind der Chirur- gie noch ganz unzugänglich geblieben. Noch Niemand ist es gelungen, selbst bei vollkommener Ausbildung der Harnröhre, den offengebliebenen Urachus am Nabel zur Verschliessung zu -bringen und den Abfluss des Urins an dieser Stelle zu verhindern **). . Die sogenannte inversio vesicae urinariae kann überdiess nie den Ge- danken an irgend eine Behandlung nähren, da es ausgemacht ist, dass nur die hintere Wand der Blase vorhanden ist und mit ihrer innern Fläche vorliegt. Allein es ist zu verwundern, warum man nicht auf den Gedanken verfiel, die Hypospadia oder Harnröhrenspalte, welche zur Ausübung des fruchtbaren Coitus unfähig macht, auf eine ähnliche Art zu operiren, wie man den gespaltenen Gaumen Herzustellen gelernt bat. Ich weiss zwar, ) Dass dieser von Ph. v Walt her zuerst als Hemmungsbildung beschriebene Bildungsfehler diess wirklich ist, ist nun vollkommen erweisbar. Bei den Vögeln war die Spalte der Iiis und der Choriodea in früherer Zeit der Entwickelung längst bekannt, ich habe sie bei Embryonen der Krüteu und Eidechsen geseheu , bei Fischen bleibt sie in einem Theil der Chorioulea durchs ganze Leben. Kuhlemann und Kaller haben die Irisspalte bei jungen SchaiToetus bemerkt, Autenrieth und M e c k el beim menschlichen Embryo, ersterer an einem srehs wöchentlichen Embryo, wo die Iiis unten und innen ganz mangelte, letzterer an einem sieben wöchentlichen Embryo , wo an derselben Stelle noch eine theilweise Spalte übrig war. Siehe M e c k e l's lleilräge zur vergl. Anat. T. i. H. i p. ;6. > "*) Siehe Hey felder über einige Fälle von Bildungshemmung Nor. Act. Nat G ir. T. XIV- p 2. p.8?7 — i34 — dass die Chirurgie schon lange sich mit den Fällen beschäftigt hat, wo die Harnröhre entfernt von der Eichelspitze ausmündete, und. nur einen Theil des Penis durchlief. Schon Heister verbesserte die barbarischen Vorschläge von Paul Aegineta und Abulcasem, und empfahl ein kunstmässiges Verfahren; Ma rastin*), D u b o i s , P h. v. W a 1 h t e r **), Dupuy tren ,versuch- ten die Durbohrung der imperforirten Eichel und z«m" Theil mit Glück. Aliein es giebt Fälle von Hypospadia, wo keine Perforation, sondern nur Vereinigung der schon vorhandenen, mit einer Schleimhaut ausgekleideten Lippen der Spalte zur Verlängerung der Harnröhre nöthig ist. Diese Fälle bat sich die Chirurgie noch nicht augeeignet, und dennoch ist sie gezwun- gen, erworbene Spalten dieser Art von oft noch schlechterer Vorbedeutung, Harnröhrenfisteln, Hypospadia accidentalis, Blasenscbeidenrisse, Dammrisse nicht von sich abzuweisen. §. i63. Der einzige Vorschlag dieser Art, der mir bekannt geworden, kömmt in einer anonymen Recension von Chelius Chirurgie in der Salzb. med. Zeit. 182/p S. 3-3o vor , wo es heisst: "Ueber den Kypospadiaeus geht der Verf. kurz weg. Ree. kann nicht umhin, zu dessen Heilung ein Verfahren vorzuschlagen, das sich auf die nämlichen Grundsätze stützt, wie die Rhi- noplastik und die Chirurgia Curtorum überhaupt. Man sollte nämlich suchen die an gefrischten Wundränder der Harnröhre mit einer frischen Schenkelwunde per primam reunionem zu vernarben , und sodann das Stück, das- hier gleichsam das Schlussstück bildet, aus dem Schenkel auszu- schneiden und so viel davon wegzunehmen, als nothwendig ist, um die na- türlich runde Form zu erhalten«. Dieser Vorschlag ist sehr beherzigens- werlh, obgleich ich an dessen Ausführbarkeit zweifle. f. 164. Vielleicht würde man indess längst die Wiedervereinigung der ange- bornen Harnröhrenspalte unter günstigen Umständen versucht habec, weao *) Schreger Operationslehre, p. 1 23. Salzb. med. chirurg. Zeit. r8i3«| •***) Sabatier medecine operatoire qout. edit. par Sanaon et Bcgin. Vol. IV p- 4^5. — i35 — dieser Operation nicht ein ziemlich allgemeines Vorurtheil im Wege ge- standen hätte, nämlich die Vorstellung, als wenn mit der Hypospadia zugleich Hermaphroditismus oder wenigstens Unentschiedenheit des Ge- schlechtes verbunden wäre, was in der That in der Regel durchaus nicht der Fall ist. Wie viel Aehnliches die Hypospadia mit den angehornen Spalten an andern Theilen habe, ist in dem vorhergehenden Abschnitt gezeigt worden. Die Bildungsgeschichte macht es evident, dass eine blosse Hypospadia so wenig hermaphroditisch ist als eine Hasenscharte und andere Spalten, welche von Hemmungsbildung entstehen. Der wissenschaftliche Zustand der physiologischen und medicinisch- forensischen Ansichten üher die Hypo- spadia ist auch der Volksmeinung und dem ärztlichen Aberglauben ganz entgegen. Es ist oft genug erwiesen worden , dass diese Individuen voll- kommen ausgebildete Hoden besitzen, die zuweilen in der Bauchhöhle zu- rückgeblieben, zuweilen selbst durch den Bauchring herabgestiegen sind; es ist bekannt, dass sie einen meist männlichen Habitus besitzen, dass sie einer Erectiou des männlichen Gliedes vollkommen fähig sind, obgleich dieses selten so lang als gewöhnlich ist, einer Erection, die auch bei dem von Ackermann in der lugend untersuchten, der bekannten, noch le- benden , früher für weiblich gehaltenen Anna Maria Dorothea Derrier vor- banden war und wenigstens 3 Zoll betrug. Es ist bekannt, dass diese In- dividuen Pollutionen haben, dass sie Ergiessung des Samens bei geschlecht- lichen Reizungen erleiden , dass sie zuweilen mit Weibern verheirathet sind, in der Regel ihren Umgang bei männlichem Geschlechtstrieb suchen. Ia die medicina forensis nimmt selbst die Möglichkeit der Befruchtung durch einen Hypospadiaeus an. Denn in der That sind sie zur Begattung, aber nicht zur Ejacultation bis in die Tiefe der Scheide fähig. Alles dieses steht fest und ist auch von unterrichteten Aerzten und Anatomen anerkannt. §. x65. Die Unwissenheit, der medicinische und der Volksaberglaube stempeln dagegen diese Individuen fast immer zu Weibern, sie treten meist als solche zuerst in der Gesellschaft auf. Bei der Entwickelung der Pupertät zeigt sich nun ein entschiedener Widerspruch. Ein männlicher Habitus spricht — i36 — immer entschie Jener sich aus; der Hypospadiacus sucht heimlich den Um- gang mit dem weiblichen Geschlecht und kann zu den sonderbarsten Tauschungen Veranlassung geben. Dennoch ist es schon vorgekommen, dass ein in weiblicher Kleidung erzogener Hypospadiacus, der nach seinen Trie- ben, und wie sich nachher vollkommen auswiess, überhaupt entschieden männlich war, mit einem Manne verheirathet wurde. Siehe den merkwür- digen nachtraglich von S. Th. von Sömmerring untersuchten Fall in Kopp's Jahrbüchern für die gerichtliche Medicin X. Jahrg. Iedenfalls sind diese Unglücklichen in der Gesellschaft meist annullirt, sie sind den beständigen Neckereien, ja Verfolgungen des Pöbels ausgesetzt; sie werden gelehrt, sich für Hermaphroditen zu halten, und sie würden über sich selbst vollkommen ungewiss werden, wenn ihre Triebe sich nicht ziemlich bestimmt äusserten. Leider sind Hypospadiaeen sehr häufig. Fast in jeder grossem Stadt giebt es einen oder mehrere, in einer Nachbarstadt lebt sogar eine Familie E., bei welcher entschieden mehrere sogenannte Töchter Hypospadiaeen mit sehr robustem Habitus sind *). Warum sollte auch dieser Bildungsfehler sich nicht, wie andere dieser Art, bei Kin- dern derselben' Familie wiederhohlen können? § 166. Wenn alles dieses richtig ist, so ist es einmal Zeit, die crassen Vor- stellungen von Hermaphroditenbildung fahren zu lassen, diese Unglücklichen dem Einflüsse einer populären, mährchenhaften, mit Prätension sich aufdringenden und behauptenden Vorstellung zu entziehen, und die Chi- rurgie hat die Aufgabe, diesen Bildungsfehler, wenn es in einzelnen Fällen möglich ist, so wie die Hasenscharte und die Spalte des Gaumensegels herzustellen. Es kömmt auf nichts weniger an, als ein Individuum, das sich durch seine Triebe für männlich halten muss und das wirklich männlich ist, den Folgen einer traurigen Nullität in der Gesellschaft su entziehen; wenn es der Chirurgie möglich wäre, diess zu bewirken, so würde sie in der That ') Zwei derselben , und beständigen welche früher immer weibliche Kleidung trugen Neckereien dadurch, dajs sie unter den Franzosen , entgingen den Verfolgungen Kriegsdienste nahmen. - i37 - einen Act der Gerech tiekeit ausüben , da sie in andern Phallen zur Rettune des Individuums noch, öfter die Extirpation des krankhaften Hoden, die Castration vorschlägt und ausübt. §• »67- Vergleicht man diese Operation mit der schon längst ausgeübten Per- foration der Eichel, so ist sie wohl keinesfalls schwieriger als diese, ja viel leichter, wenn eine hinlänglich tiefe Spalte und nicht eine blose Furche in ganzer Länge vorhanden ist. Ob die Operation in einzelnen Fällen möglich ist, ob sie grössere Schwierigkeilen, als die Operation der Gau- menspalte, des Blasenscheidenrisses, des Dammrisses^ hat, muss die Erfäh- rung lehren. Ich zweifle aber an der absoluten Unmöglichkeit, hege viel- mehr schon lange die Ueberzeugung von der Möglichkeit in gewissen näher zu bezeichnenden Fällen. Als ich Horm Dr D i e f f e n b a c h's glückliche Versuche über so manche andere Operationen dieser Art in seiner ebenso interessanten als nützlichen Schrift: Chirurgische Erfahrungen über die Wiederherstellung zerstörter T heile des menschlichen Körpers. Berlin 1829. kennen lernte, erneuerte sich, diese Idee lebhaft in mir und ich machte bereits im Sommer 1829 meinem sehr verehrten Freunde hierüber eine vor- schlagsweise Mittheilung. §. 16& Die Hypospaden bieten mehrere Varietäten dar, die man hierbei wohl unterscheiden muss. i« Vollkommene Imperforation des Penis ohne alle Reste der gespal- tenen Harnröhre, die sich ganz an der Basis des Penis öffnet. 2. Theilweise Imperforation , Imperforation der Eichel. Dieser Fall war immer ein Gegenstand operativer Behandlung. 3. Eine geringe Spur der Harnröhre an der ganzen untern Fläche des Penis , in Form einer seichten mit Schleimhaut überzogenen Furche. 4- Es giebt aber Fälle von Hypospadia, wo an den Seiten der Penis- spalle ein artiger Saum von Substanz, von der Eichel bis an den Hodensack sich fortsetzt, und wo es nur auf eine künstlich zu bewirkende Raphe an- kömmt. Ein solcher Penis gleicht ganz dem der Schildkröle. 18 — 1 58 — Diese 4 Fülle der Hypospadia reduciren sich in Beziehung auf die operativ« Behandlung auf 2, nämlich 1. Harnröhrenspalte im ganzen Ver- lauf des Penis. 2, Imperforation des Penis. Wir wollen beide Hauptformea der Hypospadia nunmehr näher in Bezug auf operative Technik betrachten. I. Harnröh ren spalte im ganzen Verlauf des Penis. §• 169- Dieser Fall ist ein Stehenbleiben auf der Bildungsstufe des Foetus, die Imperforation des Penis ist mehr, sie ist erst das Resultat der Ver- wachsung zwischen den Lippen der Penisspalte. Alle Fälle der ersten Art , wo die Harnröhre an der untern Seite des Penis gespalten, die Lippen dieser Spalte erhalten, die Spalte tief genug ist, sind der Operation fähig. Von dieser Art ist der von Ackermann in der bekannten Infantis androgyni historia beschriebene Fall. Schon die Ansicht der überaus schönen Abbildung erregt den Gedan- ken an eine mögliche Wiedervereinigung lebhaft. Die zu einer Harnröhre nöthige Schleimhautfläche, ohne welche kaum die Entstehung von Fisteln zu vermeiden wäre, ist hier vorhanden; es würde nur auf eine röhrenför- mige Verbindung der starken Lefzen angekommen seyn. Alle andern Ver- hältnisse sind wie bei der Hasenscharte, die Ränder der Lippen wund zu machen und durch Na.th zu vereinigen. §.170. Dass nun ferner die Operation gelänge, ist Abhaltung alles IJrinreizes und Enthaltung von Getränk nöthig; die Nath und Vereinigung durch ad- häsive Entzündung wird über einem eingelegten und bis zur Heilung in der Blase verweilenden, dem Lumen der neuen Harnröhre entsprechenden elastischen Catheter bewerkstelligt werden müssen. Auch hierbei sind die Schwierigkeiten wie bei der Operation der Harnröhrenfisteln und die Be- fürchtung zurückbleibender Discontinuitäten, die durch den Reiz des Urins zu Fisteln werden , gleich gi'oss. — i3g — "Was endlich die Indicationen für die mögliche Anwendung des Opera- tiven Verfahrens betrifft, so sind alle Fülle ausgeschlossen, wo die Furche des Penis nur oberflächlich ist und. wo die Harnröhre ohne Verpflanzung von Hautstücken nicht zu vervollständigen wäre. Denn das Gelingen kann möglicherweise nur darin bedingt seyn , dass der Urin später über gewohn- te Schleimhautähnliche Flächen hinflicsst, die früher offen, durch die Ope- ration nur an ihren Säumen verbunden worden. Jedes andere Hautstück würde leicht zur Entstehung von Fisteln Veranlassung geben. Endlich würde eine Operation nur da gerechtfertigt werden können, wo das Individuum bestimmte Anzeigen männlichen Characters und Ge- schlechtes an sich trägt. §• i7l- Nachdem ich meine Gedanken über diesen Gegenstand in der Haupt sache aufgesetzt hatte, hatte ich Gelegenheit mit Herrn Geheimen Rath von Walt her, den ich so glücklich war , meinen Lehrer undCollegen nen- nen zu können , über diesen Gegenstand zu sprechen. Hier erfuhr ich das Detail der von ihm früher ohne vollkommenen Erfolg unternommenen Perforation der Eichel bei einer angebornen Hypospadia. Ich vernahm zu- gleich, dass Hr. von "Walt her einen Mann gesehen und anderweitig be- handelt hat, bei dem in Holland vor langer Zeit, und noch in der Jugend eine Hypospadia mit Glück operirt worden, so dass die Flüssigkeilen an der Spitze der Eichel ausflössen. Der glückliche Erfolg dieser Operation dauerte nach Versicherung des Mannes 10 volle Jahre, worauf der Harn sich wieder einen Ausweg aus der frühern Stelle bahnte. Hr. von Walther äusserte hierbei die gewiss sehr glückliche Idee, bei einem Fall, wie der oben von mir detaillirte, wo die Säume und Lip- pen der gespaltenen Harnröhre noch ganz vollständig vorhanden sind und wo es nur der Vereinigung zu einer Röhre bedarf, keine künstliche Nath anzulegen, sondern die Säume der Harnröhre von hinten an ganz allmäh- lig zur Verwachsung zu bringen, indem man immer einen ganz .kleinen Theil dieser Säume wund macht, ihrer Verwachsung bei gehöriger Ruhe -überlässt, und so ganz allmählig mit dem Wundmachen von hinten nach Tom zu vorschreitet. So heilte eine Hypospadia accidentalis unter von Walther's Behandlung ohne Catheter ganz von selbst. Auf diese Art I liliesst sich ja auch die Harnröhre bei der Entwicklung des Foetus. Ich enthalte mich über diese höchst glückliche Idee aller weitern Reflexion. ■§• i72- An der Ausführbarkeit der Bildung einer neuen Harnröhre durch An- heil ung des Penis an ein Haulstück des Schenkels zweifle ich. Indessen verdient auch dieser Vorschlag des ungenannten Recensenten, weniger in Beziehung auf Hypospadia congenita, als vielleicht auf Hypospadia acciden- talis alle Beherzigung. Denn, was Dieffenbach in einem Fall misslang :;), gelang A. Co o per in einem andern, nämlich eine Harnröhrenfistel durch Ilautüberpflanzung zu heilen. A. Cooper hat eine halbzoll ige Abscessöif- nung am hintern Theile des Penis und der Urethra gehoben, indem er auf einem Calheter das Callöse wegnahm, ein Stück der Scrotalhaut löste, iber die Oeffnung schlug, und mit 4 Heften und Pftasierstreifen an die Wundränder des Penis befestigte. Surg. Ess. b. Cooper a. Travers p. 2. .ond. 1820. II. Fall. Imperf oration der Eichel. §• i73- Dass die Bildung einer neuen Harnröhre durch Perforation möglich, >e weisen die Fälle von Ph. v. Walt her und D upuy tre n , die, da die IVlethode der Operation verschieden war, genauer anzuführen sind. i. von Walther's Fall. v. Walther perforirte die Eichel und er- hielt den neu angelegten Canal durch elastische Bougien ollen; ein Ver- such zur Vereinigung der OelFnung an der Krone der Eichel durch blu- tige Näthe misslang; wie in einer ähnlichen von Walt her zu Paris ge- sehenen Operation, welche Dubois unternommen halte. Der Harn floss nun zur grössern Hälfte durch den neu angelegten Canal in [der Eichel, zur kleinern Hälfte durch die Oeffuunc an der Krone derselben, der Sa- men bei Ereclionen aber durch die erste aus. Der Operirte, welchen man ) a. a. 0. vorher zur Ehe nicht zulassen wollte, war nun zur , Ausühung eines be- fruchtenden Beischlafes tauglich, v. Walt her hält dafür, dass man hei der Imperforation der Eichel, wenn die Geschlechtstheile nur sonst wohl gebildet sind, die Eichel durchbohren, sich aber um die hinter derselben befindliche Oeffnung nicht weiter bekümmern soll. Wenn sich auch der Strom des Urines und selbst der ejaculirten Samen Flüssigkeit theile, so sei doch weniger, in der gehörigen Richtung ausgespritzter Samen zur Befruch- tung hinreichend. Siehe med. cbiiarg. Zeitg. 18 1 3- p. 188. §• 1 ?4- 2. Dupuytren's Fall. Bei einem Kinde, dessen Harnröhre sich an der Wurzel des Gliedes öffnete, wo also die Imperforation ganz vollständig war, hat Dupuytren die Operation mit Glück gemacht 5 er bildete mil- leist eines dünnen Troikars einen Canal , den er in seiner ganzen Ausdeh- nung mit dem Glüheisen cauterisirte, und nachdem die heftigen Entzün- dungszufälle vorüber waren, und die Brandsehorfe sich abgestossen hatten, mit elastischen Sonden offen erhielt, die Fistel schloss sich. Sabatier, medecine operatoire. nouv. Edit. par Sanson et Begin. Vol. IV. p. 435. §. 175. So glücklich das Resultat dieser letztern Operation war, so scheint das Ver- fahren doch nicht nachahmungswürdig. Dagegen scheint mir viel geeigne- ter, die Imperforation des Penis in eine gespaltene Harnröhre zu verwan- deln und in einem zweiten Zeitraum, wo also dieser zweite Fall dem be- schriebenen ersten Fall ganz gleicht, die Lippen der Harnröhrenspalie zu vereinigen. Im ersten Act wäre demnach die Harnröhre zu spulten. Das gehörige Lumen der spätem Harnröhre müsste man durch Caulerisation zu erzielen suchen. Unterdessen können die Wündfl üssigkeiten aus der Spalte ge- hörig ahfliessen und die Schorfe sich auf demselben Wege abstossen. Erst dann, wenn die Wände der Harnröhre gehörig verheilt wären und sich gegen den Reiz der Atmosphäre abgehärtet haben, wären in einem zweiten \ct der Operation die Spaltlippen der neuen Harnröhre über einem eingeleg- — 142 — — ten elastischen Calheter zu vereinigen. Etwas ähnliches hat man schon angerathen nicht aher, was mir durchaus nothwendig scheint, Jass die Operation in 2 verschiedene Zeiträume getheilt werden soll. Ohne diese Trennung scheint mir die Bildung einer zweckmässigen Harnröhre und die Verhütung von Fisteln ganz unmöglich. Uehrigens würden sich für diese Methode alle Fälle von Imperforation eignen, auch diejenigen, wo an der untern Seite des Penis noch ein feiner Saum von Schleimhaut oder Rest der Harnröhre vorhanden ist. Auch hier wäre zuerst die Spaltung, und in späterm Zeitraum die Wiedervereinigung zu versuchen- Diese Methode hat den grossen Vorzug, dass sich das mir mündlich von Herrn von Walther vorgeschlagene Verfahren ebenfalls im zweiten Act zur Anwendung bringen liesse, nämlich die Spalte durch allmählig fortschreitende Scarification von hinten nach vorn, selbst ihrer Verheilung zu überlassen. Möge man diese Bemerkungen so nachsichtig, wie jeden Vorschlag zu einer entfernt liegenden, schwierigen, aber doch wichtigen Sache, auf- nehmen. Sie sind ohne alle Praetension gemacht, und wenn sie sich als unanwendbar erweisen sollten, so mögen sie, wie so viele andern Vor- schläge und als ein fremdartiger Anhang zu einer anatomischen Arbeit ver- gessen werden. *) Wie Chelius in seinem Handbuch der Chirurgie T. II. p. 91. ohne Citation anführt. ERKLÄRUNG DER KUPFERTAFELN. Erste Tafel. Zur Ent wickelungsgesch i chte der Genitalien bei den Amphibien. Fig. i. Froschfoetus von vorn. Fig. 2. Derselbe von der Seite. a. Die falschen Nieren oder Wolff 'sehen Körper. b. Der Ausfühl ungsgang derselben. Fig. 3. Ansicht des Foetus von hinten, nachdem der Dannschlauch weg- genommen worden. Die Bezeichnung ist dieselbe. Fig. 4- Derselbe Foetus von vorne. Fig. 5. A. Froschlarve. Ansicht in den hintern Theil der Rumpfhöhle. a. Nieien. b. Wolff sehe Körper unter den Kiemen. c. Ausf ührungsgänge derselben. Fig. 5. B. Der Wolff'sche Körper dieser Larve einzeln. a. Blinddärmchen des Wolff'schen Körpers. b. Häufchen weissgrauer körniger Substanz an der innern Seite des W o 1 ff 'sehen Körpers. c. Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers. Fig. 6. Nieren, Wolff'sche Körper und Rudimente der Genitalien von einer Froschlarve, die bereits 4 Extremitäten besitzt, aber den Schwanz noch nicht verloren hat. a. Nieren. h. Keimbereitender Geschlechtstheil, Hoden oder Eierstock. c. Wo 1 ff 'scher Körper, linier den Kiemen liegend. d. Ausf ührungsgang desselben, wohl zu unterscheiden- von den beiden Bo"en der Aorla , die sich über den Nieren zur Aorta abdominalis vereinigen. e. Harnleiter, vom äussern Rande der Nieren entspringend. Fig. 7. Nieren, Hoden, Fettkörperehen von einer Froschlarve mit 4 Fxtre- mi taten und bereits verkürztem Schwänze. a. Hoden. b. Fettkörperchen. Fig. 8. Dieselben Theile aus etwas späterer Zeit. a. Hoden. b. Fettkörperchen. Fig. 9. Dieselben Theile aus noch späterer Zeit. a. Niere. b. Hoden. c. Gefranztes Fettkörperchen. Fig. 10. Wolff'sche Körper zu den Seiten des Rückgraths bei einem ganz jungen Foetus der Lacerta viridis. a .Herz. b. Doppel ler Arcus aortae. c. Venenstamm. d. Uebergang des Darmschlauehs in den Dottersack. e. Leber, aus einem doppelten Auswuchs des Darmschlauehs bestehend. f. Wolff'sche Körper. g. g- Extremitäten. Fig. 11. Wolff'sche Körper, Nieren und Genitalien von einem fast aus- gebildeten weiblichen Eidechsen Embryo. a. Nieren. b. Wolff'sche Körper. c. Eierstöcke. J. Eierleiter. — i45 Zweite Tafel. Zur Entwickelungsgeschichte de r Gen i tal ie n bei den Vögeln. Fig. i. Unterer Tbeil eines Hühnerembryo vom 4 Tag der Bebrütung, mit der ersten Anlage der Wolff'schen Körper vom Herzen bis zum Allantoisbläschen. Das Rudiment des Darmschlauches ist abgelöst. Vergrössert. Fig. 2. "Wolff'sche Körper weiter ausgebildet, spindelförmig und kürzer von einem altern Hühnerembryo. Vergrössert. Fig. 3. Microscopische Ansicht des Wol ff 'sehen Körpers von einem fast 1 Zoll grossen Vogelembryo. Fig. 4. Wolff'scher Körper von der hintern Fläche abgebildet, aus einem altern Vogelembryo. Fig. 5. Nieren, Wolff'sche Körper und Hoden, aus einem altern Vogel- embryo. a. Nieren- b. Harnleiter. c. Wolff'sche Körper. d. Ausführungsgänge derselben , später Samenleiter. e. Hoden. f. Nebennieren. Fig. 6. Zusammenhang des Hodens mit seinem Wol ff 'sehen Körper. A. Wolff'scher Körper. B. Hoden. C. Nebenniere. a. Ausführungsgang des Wolff'schen Körpers, vom obern Ende ent- springend und die Blinddärmchen aufnehmend. b. Unterer freier Theil desselben, späterer Samengaug. c. Vasa eflerentia des Hodens, welche sich zwischen den Blinddärmchen in den obern Theil des Wolff'schen Körpers einsenken. Fig. 7. Nieren, Wolff'sche Körper, Eierstöcke, Eierleiter von einem Vo- gelfoetus , zur Zeit, wo noch beide Eierleiter gleich gross sind. Vergrössert. 19 — i|6 — a. Nieren. b. Wolff'sche Körper. c. Eierstöcke, der rechte bereits kleiner. d. Nebennieren- e. Harnleiter. f. Ausführungsgänge der Wol ff 'sehen Körper. g. Eierleiter. Fig. 8. Dieselben Theile von einem altern Foetus. Vergrössert. a. Nieren. b. Wolff'sche Körper. c. Rechter kleinerer , linker grösserer Eierstock. d. Nebennieren. e. Harnleiter. f. Ausführungsgänge der Wolff'schen Körper. g- Rechter kürzerer, linker längerer Eierleiter. Fig. g. Wol ff 'scher Körper von der äussern hintern Seite sehr vergrös- sert abgebildet, aus der Zeit, wo die Blinddärmchen und der Ausfüh- rungsgang mit einem gelben Secret theilweise gefüllt sind. Dritte Tafel. Zur Entwi ekel ungsgeschi ch te der Genitalien bei den Säugethieren und beim Menschen. Fig. i. A. Mäuse-Embryo der frühesten Zeit, sehr vergrössert. Natürliche Grösse in der Krümmung 5 Linien. a. Mundspalte, oder vielmehr Eingang in den Rachen. b. Unterkiefer. r c. Obere linke Extremität. d. Untere linke Extremität. e. Herz. f. Nabelstrangscheide. Fig. i B. Unterer Theil des Rumpfes desselben Foetus, sehr vergrössert. a. Wirbelsäule. b. Untere Extremität der linken Seite. c. c. Wolff'sche Körper, — 47 — d. Falte zwischen den Wo 1 ff 'sehen Körpern, an welchen der einfache Darmschlauch befestigt war, Mesenterium. Fig. 2. A. Kuhfoetus von i Zoll Rh. Länge bis zum After. a. Das Herz. b. Die aus Cylinderchen bestehenden Lungen. c. Wolff'sche Körper mit den an ihrer innern Seite liegenden Hoden oder Eierstöcken. Fig. 2. B. Wolff'sche Körper mit den Genitalien von demselben Foetus, vergrössert. a. Wolff'sche Körper aus querliegenden Blinddärmchen oder Röhrchen bestehend. b. Ausführungsgänge derselben. c. Faden, an der äussern Seite des Wolff'schen Körpers, später Schwanz des Nebenhoden bei den Männchen, oder Trompete bei den Weibchen. d. Hoden oder Eierstöcke. Fig, 2. C. Aeussere Genitalien desselben Foetus. a. After. b. Gespaltenes Glied. Fig. 3. A. Wolff'sche Körper, Genitalien von einem Schaflbetus von l Zoll 5 Lin. Länge. a. Wolff'sche Körper. b. Die bekannten Fäden. c. Ausführungsgänge der Wolff'schen Körper. d. Keimbereitende Geschlechtstheile , Hoden oder Eierstöcke. Fig. 3. B. Wolff 'scher Körper und Niere der rechten Seite von demsel- ben Foetus. Der Wolff'sche Körper ist nach der linken Seite her- über geschlagen, dass man die hinter ihm liegende Niere und den Harnleiter sieht. a. Wolff'scher Körper. b. Ausführungsgang desselben. c. Niere. d. Harnleiter. Fig. 4. Wolff'sche Körper, Hoden oder Eierstöcke, Nieren und Neben- nieren von einem 1 Zoll 7 Lin. langen Schafibetus. — i48 — a. Wol ff 'sehe Körper. b. Ausführende Geschlech Istheile. c. Hoden oder Eierstöcke. d. Nieren mit den Ureteren. e. Nebennieren. Fig. 5. Dieselben Theile bei einem noch altern SchafFoetus. Rechte Seite. a. Wolff 'scher Körper mit dem ausführenden Geschlechtstheile. b. Hoden oder Eierstock. c. Niere mit dem Ureter. d. Nebenniere. Fig. 6. Wolff'scher Körper eines SchafFoetus, von seiner äussern Haut entblösst. Fig. 7. Wolff'scher Körper eines andern SchafFoetus mit seinem Ueber- zug und dem an seiner Seite liegenden, in einer Falte dieses Ueberzugs befestigten, etwas abstehenden ausführenden Geschlech tstheil. Fig. 8. Durchschnitt des Wolff'schen Körpers eines SchafFoetus, micros- copisch. Man sieht die Lumina der durchschnittenen Blinddärmchen. Fig. 9. Harnwerkzeuge und Genitalien von einem männlichen SchafFoetus von 5 Zoll 9 Lin. Länge bis zum After, a. Gelappte Nieren. b. Ureteren. c. Hoden. d. Fortsatz des Hoden, welcher die Vasa efFerentia enthält. e. Wolff 'sehe Körper, sehr verschmälert. f. Der über dieselben, an der äussern Seile verlaufende Gang. Fig. 10. Harnwerkzeuge und Genitalien von einem weiblichen SchafFoetus. a. Nieren. b. Ureteren. c. Eierstöcke. d. Wol ff sehe Körper. e. Trompeten und Hörner des Uterns. f. Ende der Trompeten mit den Franzen. g. Mittelstück des Uterus. Fig. 11. u4. Menschlicher Embryo von 8 Lin. Länge. — . i49 — Fig. n. B. Vergrösserte Abbildung der Harn Werkzeuge und Genitalien dieses Embryo. a. Nebenniere der recbten Seite, welehe die binter ihr liegende Niere ganz bedeckt. b. Niere der linken Seite, nachdem die linke Nebenniere weggenommen worden. c. Keimbereitendes Organ, Hoden oder Eierstock rechter Seite. d. Wol ff 'scher Körper der rechten Seite. d'. W o 1 f f 'scher Körper der linken Seite, der Hode oder Eierstock ist auf der linken Seite weggenommen. e. e. Ausführender Geschlechtstheil , ductus deferens oder Trompete. Fig. 12. A. Menschlicher Embryo von i Zoll Länge. ä. Nebenniere der rechten Seite. b. Niere der linken Seite , von der über ihr liegenden Nebenniere befreit. c. c. Hoden oder Eierstöcke. d. d. Ausführungsgänge. Fig. i2. B. a. Nebenniere der rechten Seite. b. Niere der linken Seite. c. c. Hoden oder Eierstöcke. d. d. Ausfühi uogsgänge der Genitalien. e. e. Die zwischen diesen Gängen und den keimbereitenden Organen liegenden schwachen Spuren der Wo 1 f f 'sehen Körper. Fig. i3. Genitalien und Harnwerkzeuge eines weiblichen 10 wöchentlichen Menschenfoetus. a. Nebennieren. b. Nieren. c. Eierstöcke. d. Trompeten. Vierte Tafel. Zur letzten Entwicklungsgeschichte der Genitalien bei Vögeln, Säugethieren und beim Menschen. Fig. i. Hoden mit dem letzten Rest des Wo lff 'sehen Körpers von einem ganz jungen Falken. Sehr vergrösser t. — i5o — it. Obere Abtheilung der rechten Niere. b. Rechte Nebenniere. c. Rechter Hoden. cl. Rechter Wo lff 'scher Körper. e. Vasa eiferen tia vom Hoden zum Ausführungsgang. f. Ductus deferens von der ganzen Länge des Wolff'schen Körpers entspringend, früher Ausführungsgang der Blinddärmchen des Wolff'- schen Körpers. g. Harnleiter. Fig. 2. Hoden, Nebenhoden und Wol ff 'scher Körper linker Seite von einem fast 3 Zoll langen Schalfoetus, von der Vorderseite vergrössert abgebildet. A. Natürliche Lage. B. Hoden und W o lff'scher Körper etwas von einander abgezogen, so dass man den absteigenden Fortsatz vom Hoden sieht. C. Dieselben Theile noch mehr auseinander gehalten. a. Hoden. b. Wo lff'scher Körper. c. Der ausführende Geschlechtslheil an der äussern Seite des Wo lff - sehen Körpers. d. Absteigender Forlsatz des Hoden an der innern Seite des Wolff'- schen Körpers. e. Die granulöse Verbindung zwischen diesem Fortsatz d. , und dem ausführenden Geschlechtstheil c. Die Bezeichnung ist für A. B. C. dieselbe. Fig. 3. Hoden, Nebenhoden und Rest des Wolff'schen Körpers linker Seite, bei einem SchafToelus von 5.Zoll3Lin. bis zum After. Vergrössert. A. Vorderseite. B. Rückseite.' a. Hoden. b. Der vom Hoden oben abgehende Anfang des Nebenhodens. c. Die nach oben zurückkehrende Fortsetzung des Nebenhodens ; beide zusammen bilden später den Kopf des Nebenhodens. d. Schwanz des Nebenhodens, der gekräuselte Canal, welcher früher in gerader Richtung über die ganze Länge des Wolff'schen Körpers ver- lief, nun gleichzeitig mit diesem Körper verkürzt. i5i - e. Ductus deferens. f. Rest des Wolff'sclien Körpers. Fig. 4. Dieselben Theile von einem Hirschfoetus von 5 Zoll Länge bis zum After. a. Hoden. b. Sclilingenförmiger Kopf des Nebenhodens. c. Schwanz des Nebenhodens. d. Ductus deferens. Der Wo 1 ff 'sehe Körper ist bereits ganz verschwunden. Fig. 5. Der Hoden im ohern Theile des Scheidencanals, nachdem er durch den Bauchring durchgetreten , von einem SchafFoetus von 8 Zoll Länge bis zum After. A. Höhle der spätem tunica vaginalis testiculi.' B. Hoden von dem Bauchfell überzogen, welches durch den Bauchring sich fortsetzt und diese Höhle auskleidet. a. Kopf des Nebenhodens. b. Die frühere lange Schlinge, dasselbe was b. in Fig. 4* Tab. IV. c. Schwanz des Nebenhodens. d. Ductus deferens. Fig. 6. Innere weibliche Genitalien eines Hirschfoetus von 5 Zoll Länge bis zum After. V ergrösser t. a. Mittelstück des Uterus. b. Hörner desselben. c. Trompeten. d. Eierstöcke. e. Rest des Wolff'sclien Körpers. Fig. 7. Innere weibliche Genitalien von einem menschlichen Foetus von 4 1/2 Zoll Länge bis zum After. Von der Rückseite vergrössert abgebildet a. Uterus- b. Trompeten. c. Abdominalende mit den Franzen. d. Eierstöcke. e. Blinde weisse Gef ässe, Rest des Wolff'sclien Körpers. Fig. 8. Dieselben Theile von einem menschlichen Foetus von G 1/2 Zoll Länge bis zum After, Die Bezeichnung ist dieselbe wie in Fig. 7. Fig. 9. A. Harnwerkzeuge und Genitalien von einem bis zum After 3 1/2 Zoll langen menschlichen Foetus. a. Nebennieren. b. Die noch gelappten Nieren. c. Die Eierstöcke. d. Die Tronrpeten. e. Der noch gehörnte Uterus mit den runden Mutterbändern. f. Das unlere Darmstück. g. Die Clitoris. Fi-, o. Innere Genitalien desselben Foetus. a. Der noch zweihörnige Uterus. b. Ligamenta uteri rotunda. c. Trompeten. d. Eierstöcke. e. Wolff'sche Körper. Fig. 9. C. Genitalien und Harnwerkzeuge desselben Foetus von der Seite. a Urinblase. b. Harnröhre. c. Uterus bicornis. d. Vagina. e. Vorderes noch gemeinschaftliches Stück der Harnröhre und Vagina. f. Noch gemeinschaftlicher Aditus urogenitalis. g. Clitoris. h. Grosse Schamlippen. Fig. 10. Vergrösserte Ansicht der äussern weiblichen Genitalien dieses Foetus. a. Die grossen Schamlippen. b. Die Seitenstücke der Clitoris-Furche, welche durch Spaltung von un- ten aufwärts und Erweiterung der SchamöfFnung zu innern Schamlip- pen oder Nymphen werden. c. Die Eichel der Clitoris. d. Die noch kleine Schamöffnung am untersten Ende der Clilorisfurche. Fig. 11. Aeussere weibliche Genitalien von einem SchaÜoetus von 4 TAo\\ Länge bis zum After. Fig. 12. Dieselben von einem weiblichen Hirschfoetns von 5 Zoll Länge. /. - / / y Dr Müller ttrl tint. drl 1 Dc.ßli'tdcr rtJ nar.rlel De- Jfullrr ml nui rlil 1 •