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ZUR

ENTWIOKELÜNG DES AUGES

DER

WIRBELTHIERE

VON

Dr. LEONHARD KESSLER,

POCENT AN DEE UNIVEBSITAT DORPAT.

MIT 9 HOLZSCHNITTEN UND 6 TAFELN.

LEIPZIG,

VERLAG VON F. C. W. VOGEL. 1877.

INHALTSVEEZEICHNISS.

Seite

Vorwort V

Litteratiirverzeichniss VII

Cap. I. Erste Anlage des Sehorgans i

Cap. II. Entwickelung der Linse 7

Hühnchen 8

Lacerta 11

Triton 12

Säuger 13

Cap. III. Bildung der secundären Augenblase, der sog. Augeublaseuspalte und des Glaskörpers . . . 20

Hühnchen 21

Lacerta, Viper, Hecht 38

Säuger 39

Triton 42

Cap. IV. Entwickelung der Linsenkapsel und der Membrana limitans interna 45

1. Linsenkapsel 45

Hühnchen 49

Säuger , 58

2. Membr. limitans int. . - 64

Cap. V. Scbluss der Augenblasenspalte. Bildungsendproducte der Arteria centralis. Glaskörper . . 66

Hühnchen 66

Lacerta 75

Säuger 76

Cap. VI. Entwickelung der Cornea ..." 83

Hühnchen 83

Triton 88

Säuger 91

Cap. VII. Entwickelung der Iris und der Ciliarfalten 95

Hühnchen 95

Triton 101

Säuger 104

Erklärungen zu den Tafeln 109

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VORWORT.

Vorliegende Blätter entbalteii die Resultate von Beobachtungen, deren erste Ergeb- nisse schon in einer von der Dorpater medic. Facultät im Jahre 1869 gekrönten Preisarbeit niedergelegt nur zum Theil in meiner Dissertation (Litteraturverzeichniss 19) veröffentlicht wurden, und die ich seitdem nach Möglichkeit zu controliren, zu vervollständigen und weiterzuführen gesucht habe. Aus jener Preisarbeit sind einzelne Partieen fast wörtlich in die gegenwärtige übergegangen; so, ausser den der Dissertation entnommenen in Capp. VI und VII, namentlich diejenigen über die Entwickelung des Glaskörpers beim Hühnchen und die des Pecten und seines Verhältnisses zur Papilla Nervi optici; ebenso sind die Figg. 9; 15 22; 45— 55A. und 56 64 bereits im Jahre 1869 gezeichnet.

Der schon bei den ersten Studien am Hühnchen erkannten Nothwendigkeit , noch andere Tliierclassen in den Bereich der Untersuchungen hineinzuziehen zunächst um durch die VergleicJuing die Bestätigung oder Erklärung gewisser auffallender oder schwer zu deutender Wahrnehmungen zu gewinnen , hätte ich gern in ausgedehnterem Maasse entsprochen als die Berufsgeschäfte und die kSchwierigkeit der Beschaffung des Materials es gestattet haben. Letzterer Umstand trägt auch die 8chidd , dass auch bei den zur Unter- suchung gekommenen Thieren gewisse Entwickeluiigsvorgänge nicht in der gewünschten Continuität haben verfolgt werden können. Die zur Ausfüllung der Lücken nöthig gewordenen Hypothesen oder Vermuthungen glaube ich im Text überall mit genügender Deutlichkeit als solche den vollkommen sicheren und unzweifelhaften Beobachtungsthatsachen gegenüber- gestellt zu haben. Ich halte es nicht für überflüssig , dies hier ausdrücklich zu bemerken.

Wenn ich trotz der erwähnten Lücken diese Arbeit jetzt schon der Oeffentlichkeit übergebe, so geschieht es zum Theil um gewissen irrthümlichen Anschauungen und Dar- stellungen über die Entwickelung des Auges entgegenzutreten. Die weite Verbreitung, die denselben durch den Uebergang in verschiedene Hand- und Lehrbücher zu Theil geworden, und der allgemeine Glaube, den dieselben gefunden zu haben scheinen, hat mich veranlasst, dieselben ausführlicher zu besprechen resp. zu widerlegen, als sonst vielleicht erforderlich gewesen wäre.

VI

Die Art und Weise, wie ich zu meinen Resultaten gelangt bin, habe ich S. 21 und S. 53—57 angegeben; sowol in die mikroskopische Technik als in die Methode der embryo- logischen Forschung habe ich das Glück gehabt, von Herrn Prof. Dr. E. Rosenbekg ein- geführt zu werden. Wer aus dem Text sich überzeugt haben wird, dass ich einen Theil der von mir gcAvonnenen Resultate nur jener von ihm gelernten Methode zuschreibe, wird selbst bemessen können, zu wie grossem Dank ich mich ihm verpflichtet fühle. Auch des freund- schaftlichen Interesses, welches Herr Prof. Dr. Alex. Rüsenbekg meinen Arbeiten geschenkt hat, gedenke ich hier gern.

Die Zeichnungen auf den beigegebenen Tafeln sind sämmtlicli und zwar, wo es irgend darauf ankam, bis auf jede einzelne Zelle mit dem Zeichnenprisma aufgenommene Copieen der Präparate ; dadurch, sowie durch die relativ starken Vergrösserungen, bei denen sich auch das kleinste Detail durchweg mit der erforderlichen Deutlichkeit hat wiedergeben lassen , beabsichtigte ich nicht nur das Verständniss des Textes zu erleichtern , sondern auch denjenigen Lesern, welchen eigene entsprechende Präparate nicht zur Disposition stehen, eine selbstständige Beurtheilung der schwebenden und Streitfragen zu ermöglichen. Dem Herrn Verleger, welcher auf das Bereitwilligste die Arbeit mit diesem so wesentlichen Hülfs- mittel der Verständigung und Förderung wie ich hoffe: richtiger Vorstellungen ausge- stattet und die aus der so sorgfältigen und sauberen Herstellung der Tafeln erwachsenden grossen Kosten nicht gescheut hat, darf ich gewiss auch im Namen des Lesers danken. Noch viel mehr aber drängt es mich, demselben meinen persönlichen Dank auszusprechen und die ausserordentliche Liberalität und Liebenswürdigkeit, mit welcher derselbe allen meinen Wünschen entgegengekommen ist, öffentlich zur Anerkennung zu bringen.

Dass die im Text häufig wiederkehrenden Ausdrücke : proximal und distal einen dem Hirnrohr näheren oder zugewandten, resp. von diesem entfernteren oder abgekehrten Theil der Anlage des Sehorgans bezeichnen , würde der Leser zweifelsohne auch ohne diese Bemer- kung aus dem Zusammenhang ersehen haben. Die bei den verschiedenen Thieren verschiedene Stellung der optischen Axe zur Medianebene und die bei einer grossen Zahl derselben während der embryonalen Entwickelung stattfindende allmälige Aenderung ihrer Stellung fordern den Gebrauch von Terminis, deren Correctheit diu'ch diese Wechsel nicht alterirt wird.

Die während des Druckes anfänglich in Aussicht genommenen „Nachträge'' haben sich mit Ausnahme des Seite 13 angezeigten sämmtlich vermeiden lassen; daher habe ich vorgezogen, dasjenige was ich zu Seite 13 nachträglich hinzuzufügen hatte, nicht in Form eines Nachtrags, sondern unter der Erklärung zu Taf. IV. Fig. 55, auf welche es sich beziehen sollte, zu geben, wo ich dasselbe im Anschluss an jene Stelle nachzulesen bitte.

TJTTERATUR.

1. Ammon, von. Die Entwickeliingsgeschichte des menschlichen Auges. Graefe's Arcliiv für Ophthalmologie,

IV. Bd. 1. Abth. 1858.

2. Arnold, Julius. Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des Auges. Heidelberg 1874.

3. Entwickelnng der Linse, in Graefe- Saemisch's Handbuch der gesammten Augenheilkunde I. 1.

Leipzig, 1874. S. 309 fif.

4. Babuchin. Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des Auges, in Würzburger Naturwissenschaftliche Zeit-

schrift. IV. Bd. S. 71 flF.

5. Würzburger Naturwissenschaftliche Zeitschrift V. S. 127 resp. 141.

6. Baer, K. E. von. Untersuchungen über die Entwickelnng der Wirbeithiere. Königsberg 1828.

7. Barkow. Anatomisch-physiologische Untersuchungen, vorzüglich über das Schlagadersystem der Vögel, in

Meckel's Archiv für Anat. und Phys. 1829.

8. Bischoff, Th. L. W. Entwickelungsgeschichte des Hundeeis. Braunschweig 1845.

9. Entwickelungsgeschichte des Kanincheneies. 1842.

10. Erdl. Die Entwickelung des Menschen und des Hühnchens im Ei. Leipzig 1845/6.

11. FosTER, M. und Francis M. Balfour. The Elements of Embryologie. London 1874.

12. GoETTE, Alex. Die Entwickelungsgeschichte der Unke (bomb, ign.) als Grundlage einer vergleichenden

Morphologie der Wirbeithiere. Leipzig 1875.

13. Henle, f. G. J. De membrana pupillari. Bonnae 1832,

14. Bensen, V. Ueber den Bau des Schneckenauges etc. in M. Schnitzes Archiv. II. Bd. 1866.

15. His, W. Untersuchungen über die erste Anlage des Wirbelthierleibes. Leipzig 1868.

16. Unsere Körperform und das physiologische Problem ihrer Entstehung. Leipzig 1875.

17. Huschke, E. Ueber die erste Entwickelnng des Auges und die damit zusammenhängende Cyklopie, in

Meckel's Archiv für Anat. und Physiol. Jahrgang 1832.

18. Huschke, Aem. Commentatio de pectinis in oculo avium potestate anat. et physiol. Jenae 1827.

19. Kessler, Leonh. Untersuchungen über die Entwickelung des Auges, angestellt am Hühnchen und Triton.

Dorpat 1871.

20. Ueber Entwickelung des Auges. Sitzungsberichte der Dorpater Naturforschergesellschaft. Vortrag

vom 3. Mai 1875. S. A.

21. Kölliker, Albert. Entwickelungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig 1861.

22. Handbuch der Gewebelehre des Menschen. Leipzig 1867.

23. Ueber die erste Entwickelung des Sängethierembryo. Separatabdruck aus Band IX der Verhand- lungen der physikalisch-med. Gesellschaft zu Würzbnrg. 1875.

24. Kupffer, C. Beobachtungen über die Entwickelung der Knochenfische, in M. Schultze's Archiv. IV. Bd.

25. Die Entwickelung der retina des Fischauges, im Centralblatt für die medicin. Wissenschaften-

- 1868. No. 41.

26. Langerhans, Paul. Untersuchungen über Petromyzon Pianeri. Freiburg i. B. 187 3.

27. Leuckart, Rud. Organologie des Auges, in Graefe-Saemisch's Handbuch der gesammten Augenheilkunde.

IL Bd. 2. Theil. Leipzig 1876.

VIII

2S. Lieberkühn, N. lieber das Ange des Wirbelthierembryo. Cassel 1S72.

29. Manz, Prof. Entwickelungsgeschichte des menschlichen Auges, in Graefe-Saemisch's Handbuch der gesammten Augenheilkunde II. 2.

31. Meyer, H. Beitrag zur Streitfrage über die Entwickelung der Linsenfasern, in MüUer's Archiv. 1S51.

32. MiHALKOWics, V. Untersuchungen über den Kamm des Vogelauges, in M. Schultze's Archiv. IX. Heft 3.

S. 591 ff.

33. Müller, Heinrich, lieber den Accommodationsapparat im Auge der Vögel, in: Heinr. Müller's gesammelte

und hinterlassene Schriften zur Anatomie und Physiologie des Auges; herausgegeben von 0. Becker. L Band. Leipzig 1S72.

34. lieber das Auge des Chamaeleon, eod. loco.

35. Müller, Wilhelm, lieber die Stammesentwickelung des Sehorgans der Wirbelthiere. Leipzig (F. C. W.

Vogel). 1875.

35a. Owen. Comparative Anatoniy und Physiol. of vertebrates. Vol II. London 1866.

36. Remak, Robert. Untersuchungen über die Entwickelung der Wirbelthiere. Berlin 1851.

37. Schenk, S. L. Zur Entwickelungsgeschichte des Auges der Fische, in Wiener Sitzungsberichte. 1867.

Bd. 55. Abth. m. S. 480 ff.

38. Lehrbuch der vergleichenden Embryologie der Wirbelthiere. Wien 1874.

39. Schwalbe, G. Mikroskop. Anat. des Sehnerven, der Netzhaut und des Glaskörpers, in Graefe-Saemisch's

Handbuch der gesammten Augenheilkunde. I. 1. S. 321 ff. 4U. Schoeler, Henricus. De oculi evolutione in embryonibus Gallinaceis. Diss. inaug. Dorpati Livonorum. 1848.

41. ^epHOBii. /!,. 0 panBiiTiii cyMKii xpycTa.inKa, im BoeHHo->ie,i;. Hjypna.n.. 1871. (Sernoff, D. Ueber

die Entwickelung der Linsenkapsel , Inder russischen Kriegsiirztlichen Zeitschrift. Jahrgang 1871.) S. 45.

42. Sernoff, D. Zur Entwickelung des Auges. Centralblatt für die medic. Wissenschaft. 1S72. No. 13.

43. Vogt, C. Embryologie des Salmones. Neuchatel 1842.

44. Waldeyer. Nagel's Ophthalmologischer Jahresbericht. I.

(

ERSTES CAPITEL.

ERSTE ANLAGE DES SEHORGANS.

K. E. VON Baer entdeckte zuerst am Hühnclien, dass die erste Anlage des Sehorgans durch symmetrische seitliche hohle Hervortreibungen des vordersten Hirnbläschens gebildet wird. Es ist dies vielleicht die interessanteste Thatsache, die über die Entwickelung des Auges iiberliaupt ermittelt werden konnte -— eine Thatsache, deren Würdigung erst in neuester Zeit die Aufmerksamkeit sich wieder zugewendet hat, deren Tragweite aber auch heutzutage durch die neuerdings daran geknüpften Schlussfolgerungen wahrscheinlich noch nicht voll- ständig erschöpft und ausgebeutet ist.

Die erste Anlage der Augen bildet also ursprünglich einen integrirenden Theil des Medullarrohres. Wann die erste Entwickelung derselben oder ihre Sonderung vom letzteren eigentlich beginnt, lässt sich kaum genau bestimmen, da das Medullarrohr bekanntlich schon vor dem vollständigen Schluss seines Kopftheiles eine Auftreibung seines Vorderendes zeigt, welche ganz allmälig und unmerklich ihre Form dahin verändert, dass um die 30. 33. Brüt- stunde zuerst zwei ,, rundliche Erhöhungen an der hinteren Region" jener unterdess zur ,, vorderen Hirnzelle" gewordenen Auftreibung deutlich als ,,die ersten iknfänge der Augen" erkannt werden können (v. Baer 6. S. 23, 24, vgl. Remak 36. S. 17 ff.). Diese kleinen Hervortreibungen vergrössern sich nun sehr rasch zu, der Kugelgestalt mehr weniger sich nähernden , Blasen den „primären Augenblasen", welche anfangs in weiter Communication mit dem Lumen des Hirnrohres stehen (Taf. I. Fig. 1); diese Communication verengert sich jedoch in demselben Maasse, als die Blasen an Grösse zunehmen, und zugleich rückt die Communicationsöffnung selbst, oder vielmehr der cylindrische Canal, in welchen, während die Augenblasen sich zugleich ein wenig vom Medullarrohr distalwärts entfernen, die ursprüng- liche Communicationsöffnung sich allmälig auszieht, i. e. der sog. AugeuMasensiiel der Ventraltläche sowohl des Medullarrohrs als der Augenblasen immer näher (vgl. Taf. I. Figg. l, 2,4, 5. st. und 7), so dass gegen Ende des 2. Tages die Augenblasen wie durch die von der Riickenseite her zwischen sie und das Medullarrohr eingedrungenen Kopfplatten von letzterem

Kessleb, Wirbelthier-Auge. 1

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abgeschnürt erscheinen *) und ihre Verbindung- mit diesem nur an der Bauchfläche noch durch jenen relativ immer dünner werdenden Augenblasenstiel unterlialten wird. Diese Verbin- dung' ist bekanntlich eine bleibende, da in dem Augenblasenstiel sich später der Sehnerv entwickelt.

Die Augenblase ist mithin ein vorgeschobener, von seinem Mutterboden sich niemals isolirender Theil der Anlage des Centi"alnervensystems, alles, was später aus dieser Augen- blase hervorgehen wird, mithin genetisch vollkommen gleicliwerthig (homolog) den Bildungs- endproducten des letzteren.

Keines der übrigen Sinnesorgane nimmt seinen Ursprung auch nur annähernd in ähnlicher Weise aus der Hirnanlage; sie entstehen vielmehr sämmtlich vollkommen getrennt von der letzteren und treten erst nachträglich durch die zugehörigen Nerven mit dem Centrai- nervensystem in Verbindung.

Diese bezüglich der Abstammung durchaus eigenartige und exceptionelle Stellung des Sehorgans unter den übrigen Sinnesorganen scheint mir auch durch die entgegenstehende Dar- stellung Goette's (12) nicht Avesentlich erschüttert; nach dieser soll die Augenblase nicht unmittelbar aus der Hirnanlage hervorgehen, sondern aus einer dieser allerdings sehr nahe stehenden, von ihr aber durch eine Spalte deuthch geschiedenen Zellenmasse des oberen Keimblattes, welche die gemeinsame Anlage der sogenannten 3 höheren Sinnesorgane ent- halte und die er daher als ,,Sinncsplalfc'' der die Anlange des Hirns bildenden ,,Himplatte" gegenüberstellt. Gegen diese Auffassung lassen sich aber aus Goette's eigener Darstellung

1) His (15. S, 103 ff.; 113; 129 ff.; 131. 132; und 16. S. 99 ö'.) sieht das Eiudriugen dieser Kopfplattenmasse (,. Zwischenstrang" Iiis) zwischen MeduUarrohr und Augenblase als Ursache der Abschnürung der letzteren an; der Zwischen- strang erfahre durch die Axeubiegung des Kopfes über den Endknopf der Chorda eine solche Spannung, dass er „in den vor- springenden Theil des Vordcrhirus einschneidet und so die Augenblascn vom übrigen Gehirn abgliedert," eine Wirkung, die man an einem entsprechend vorbereiteten, das llirnrohr und die Augenblasen repräsentirenden Gummirohr mit Hülfe eines Fadens leicht nachahmen könne. Ich kann mich dieser Anschauung nicht auschliessen ; ein Blick auf meine Figg. 1 und 2, in welchen jede einzelne Zelle des Zwischenstranges" mit dem Zeichnenprisma nachgezeichnet ist, zeigt, dass die Hauptmasse des letzteren aus Intercellularsubstanz besteht, die zelligen Bestandtheile dagegen nur sehr spärlich vorhanden sind (vgl. auch Tat". V. Fig. 67 vom Hund und Schenk'.s Zeichnungen von der Forelle 37. P'ig. 1 und 2); dieser Beschaffenheit des Zwischenstranges gegenüber muss die aus dicht gefügten Zehen bestehende, in sich geschlossene Wand des Hirnrohres und der Augcnblasen als das relativ feste, unnachgiebige erscheinen (vgl. auch die Figg. 51 53 vom Triton), in welches die gewiss viel weichere, den Raum zwischen llirnrohr und Hornblatt nur ausfüllende formlose Kopfplattenmasse, bei einer etwaigen Steigerung der Spannung beider gegeneinander, sicherlich nicht „einschneiden", von dem sie vielmehr wohl eher verdrängt werden würde (vgl. auch Taf. VI. Fig. 77 von der Eidechse, bei der auch in den jüngeren Stadien ebenso wie in dem hier abgebildeten älteren die in Rede stehende Kopfplattenschicht ausserordentlich dünn ist) ; das wirkliche Verhältniss beider zu einander würde darnach das gerade umgekehrte von dem sein, wie es in dem von His proponirten Experiment mit dem (elastisch-nachgiebigen) Gummi- schlauch und dem (unnachgiebigen) Faden besteht.

Sollte nicht die Ursache der Verkieiiierung der Communicationsöffuung vielleicht einfach in dem raschen Wachsthum und der allseitigen Flächenzunahme der Wand des Hirnrohres zu suchen sein, in P'olge deren ja jede in der Wand vorhandene Oeffnung sich conceutrisch verengern muss? (vgl. dazu den Schluss der Linsengrube und die Verengerung der Fupillaröffnung Cap. II und VII). Uie Vergleichung meiner Fig. 2 mit Fig. 1 veranschaulicht diese Flächenzuiiahme sowohl der seitlichen als der ventralen Wand des Hirnrolires, welche natürlich auch die Uebergangsstelle des Hirnrohrs in die Augenblase mit betreffen und zur Verlängerung des dadurch entstehenden Augenblasenstiels so wie zur allmäligen Entfernung der Augen- blase vom Hirnrohr führen muss; die Kopfplatten haben dann nur in den zwischen beiden entstehenden (vorgebil- deten) Raum nachzudringen, nicht denselben zu schaffen. Die formbildende Rolle verbleibt bei dieser Auffassung dem oberen Keimblatt.

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eine Reilie von Sätzen geltend machen, welche nicht nur gegen die von ihm daraus gefolgerte genetische Coordination des Sehorgans mit dem H()r- und Riecliorgan sprechen, sondern anch die Berechtigung zur Aufstellung einer ,, Sinnesplatte" üherhaupt höchst fraglich erscheinen lassen. Nehmen wir zunächst die „Sinnesplatte'' als wirklich existirend an, so ist doch schon die Art und Weise, wie Goette aus ihr das Sehoigan einerseits, das Hör- und Riech- organ andrerseits hervorgehen lässt, eine durchaus und wesentlich verschiedene: schon lange vor Beginn der Entwickelung der Augenblasen bei noch weit offener Cerebro-Medullar- furche (wie die zugehörige Fig. 76 Taf. IV zeigt), ,,ist in der Seitenregion der vorderen Kopfiiälfte die Sinnesplatte (i. e. der Augentheil derselben) mit der Hirnplatte verschmol- zen" (S. 171), „spurlos in die Seitentheile des Hirns aufgenommen , wiilirend sie sowohl am vordersten Ende als auch zur Seite der hinteren Hirnhälfte bestehen bleibt. Wo an der erstgenannten Stelle die breitere Hirnbasis sich der gleichmässigen Aufkrümmung der ganzen Hirnanlage Avidersetzt, da ergänzt die Sinnesplatte die Seitentheile des Hirns und ermöglicht dessen seitliche Ausweitung; aus diesen beiderseitigen Vorragungen entstehen endlich die Augenblasen; die vom Hirne nicht absorbirte Sinnesplatte producirte aber vorne und unten am Kopfe die Geruchsplatten, am Hinterkopf aber die Olirbläschen" (S. 172); und S. 322 : „die von der Hirnplatte abgesonderte Sinnesplatte verhält sich an dem vorderen Umfang und an den Seiten der vorderen uiul hinteren Hälfte des Hirnes verschieden, indem sie an der mittleren der bezeichneten Regionen mit demselben wiederum verschmilzt, um sich neuerdings als Augcnblase aus ihm (i. e. aus dem Hirn) heraus zu entwickeln, davor und dahinter aber erst in der Form der fertigen Nasengruben und Lab3"rinthbläschen die Verbindung mit dem Centralnervenorgan aufsucht." Das heisst doch wohl bei unbefangener Betrachtung eigent- lich nichts anderes als: die Augenblasen gehen aus dem Hirn hervor, das Riech- und Hör- organ aber nicht!

Dieses Hervorgehen der Augenblasen aus dem Hirn gilt nun a1)er nicht etwa bloss in dem Sinn, als ob eine ursprünglich gesondert bestanden habende Anlage des Sehorgans als präforniirle in das sich sclüiessende Hirnrohr aufgenommen in der Wand dieses letzteren als eine in sich abgeschlossene Zellenmasse sich zur Augenblase weiter entwickelte; denn nicht nur sagt Goette (S. 180) ausdrücklich, dass „jene Verschmelzung erfolgt ohne Spuren der früheren Sonderung zu hinterlassen'^ und (vgl. o.) dass die Anlage des Sehorgans sich „neuerdings" aus dem Hirn heraus entwickelt, sondern es erscheint sogar nach anderen Stellen seines Textes sowohl als den dazu gehörigen Abbildungen unwahrscheinlich, dass eine frühere Sonderung" der Anlage des Sehorgans von der Medullarplatte jemals besteht; die resp. Abbildungen nemlich zeigen, dass das was Goette (S. 166) als ,,Spalte'' bezeichnet, welche die Sinnesplatte ,,von der übrigen Axenplatte ablöst", niemals eine durchgreifende Trennung dieser beiden, eine wirkliche Ablösung der einen von der anderen setzt, vielmehr nur eine Einkerbung, Furche an der unteren Fläche der Medullarplatte ist, welche die Continuität und Einheit der letzteren so wenig alterirt, dass Goette selbst ein durch die über dieser Einkerbung bestehen bleibende Verbindung seiner Sinnes- und Hirnplatte stattfindendes Hin- überwandern der Elemente der ersteren in die letztere annimmt (vgl. S. 1C7); nach seiner Theorie der allgemeinen centrifugalen Zellenschiebung, welche er auch bei den späteren

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Umbildungen der Angenblase noeli eine wiclitig-e Rolle spielen lässt (vgl. darüber unten Cap. III), dürfte GoETTE aber auch ein Hintiberwandern in der entgegengesetzten Richtung, also aus der Hirn- in die Sinnesplatte nicht ausschliessen wollen. Dieser Austausch durch Hinüber- Avandern würde doch gewiss für die relative Inditferenz und Gleichwerthigkeit der diesseits und jenseits der Einkerbung gelegenen Elemente der Medullarplatte und gegen die von GoETTE dieser „Spalte" beigelegte Bedeutung als eines eine „Sonderung^' bedingenden Gebildes sprechen. Die Zweifel gegen die Richtigkeit der Deutung, welche Goette seiner „Spalte" gibt, dürfen aber noch weiter gehen. Wenn diese Spalte nemlich wirklich die Grenze zwischen einer Sinnesplatte und Hirnplatte bildet, so kann, wenn da, wo die dicke Hirnplatte der Aufwiirtskrüramung sich widersetzt, statt der Hirnplatte der Augentheil der Sinnesplatte die Aufwärtskrümraung übernimmt, um die Seitenwand dieses Tlieiles des Hirnrohres zu bilden (Goette, S. 172), die Lage der Spalte, oder wenn dieselbe wieder geschwunden ist: die Stelle, wo dieselbe früher sich vorfand, nur der Uebergangsstelle der Augenanlage oder Augenblase in die veud ale Wand des Medullarrohres entsprechen. Letztere Stelle, der untere Rand der Anlage der Augenblase, kann aber unmöghch von der Medianebene so weit ent- fernt und der späteren Schlussstelle der Cerebromedullarfurche so nahe liegen, wie in den Goette'schen Zeichnungen von der Unke die ,, Spalte" (vgl. Goette's Taf. IV, Fig. 76 u. A.) es müssten dann bei diesem Thier die Augenblasen auf der Dorsalseite des Hirn- rohres sich entwickeln eine Annahme, welcher der Satz Goette's (S. 323): „Die ersten Anlagen der Augen entstehen durch Abschnürung der unteren seitlichen Ecken des Vor- derliirns", widerspricht.

Dies alles zusammengenommen, kann man sich des Gedankens nicht erwehren, dass vielleicht die in Rede stehende Spalte mit der Anlage des Auges gar nichts zu thun hat; gewisse Präparate, die mir vom Hühnchen vorliegen, zeigen eine (mutatis mutandis) ganz ähnliche Bildung wie diejenige, welche Goette in seinen Figg. 72 74 und 81 83 als ,, Spalte" bezeichnet; dieselbe ist aber weiter nichts als die Knickungsfnrche, welche den ins Medullarrohr einzubeziehenden von dem dem Hornblatt anheimfallenden Theil des oberen Keimblattes scheidet und welche in einfachster und nothwendiger Weise dadurch entsteht, dass das Hornblatt den sich erhebenden nnd dann allmälig bis zur Berührung und Ver- wachsung einander sich nähernden Rändern der Medullarplatte folgt, wobei die Innenfläche des dem sich bildenden Medullarrohr nächstliegenden Theiles des Hornblattes an die Aussen- fläche jenes sich anlegen muss. Goette's Befunde an den Knochenfischen, bei denen diese Furche oder ,, Spalte" im Augentheil der Sinnesplatte nur gegen die Oberhaut, im Nasengrnben- und Labyrinthbläschentheil dagegen gegen die Hirnanlage hin besonders deut- lich ausgeprägt ist (Goette, S. 188), scheinen mir viel mehr zur Unterstützung der von mir so eben angedeuteten Auffassung der ,, Spalte" geeignet als zu derjenigen Verwerthung, welche Goette S. 180 denselben gibt.

Wenn demnach bei einer eingehenderen Prüfung der von Goette gemachten Angaben die von ihm gewollte Entstehung des Sehorgans aus einer vom Hirn gesonderten Anlage als unhaltbar, sein Ursprung aus der Hirnlage vielmehr als aufs neue gesichert erscheinen muss, so könnte man meinen, wäre damit auch Goette's Lehre von der Sinnesplatte und

der Coordination der 3 liüheren Sinnesorgane der Boden entzogen. Indess ^ S. 179 bezeichnet Goette auch das Hör- und Riechorgan was man allerdings nicht erwarten sollte - als „Theile des Gehirns" ; es erötitnet sich also, da die Augenhlase sicher ein Theil des Gehirnes ist, vielleicht von dieser Seite her die Möglichkeit, für die genetische Coor- dination derselben eine neue Basis zu gewinnen. Aber dies wird von Goette selbst nn- möglich gemacht, wenn derselbe an genannter Stelle, in welcher er, die Resultate ans seinen Einzelbeobachtnngen ziehend, seine Grundanschaiiung- über das Wesen der Sinnesplatte zu- sammenfasst, fortfährt: Man könnte also sagen, die 3 höheren Sinnesorgane wären „Theile des Gehirns, welche sich allmälig vom Mutterboden absondern und selbstständig werden, indem sich die betreffenden Zellenmassen an gewissen Stellen concentriren und dadurch indiffererrfe Theile des oberen Keimblattes, welche später der Oberhaut anheimfallen, zwischen jenen Anlagen und dem Hirn zurückbleiben." Abgesehen nun davon, dass Goette keine Beweise dafür beibringt, dass die Zellenhaufen, welche die Anlage des Riech- und Hör- organes bilden, wirklich durch Concentrirung und nicht durch locale Wucherung entstehen, müsste man, wenn man jene sich concentrirenden Zellenmassen als „Theile des Gehirns'' ansieht, consequenter Weise und mit noch mehr Recht auch diejenigen ,, Theile des oberen Keimblattes, welche zwischen jenen Anlagen und dem Gehirn zurückbleiben", in die Con- centrirung nicht mit einbezogen später der Oberhaut anheimfallen" so wie die aus diesen hervorgehenden Theile der Oberhaut selbst als ,, Theile des Gehirnes" ansehen. AVill man sich dazu nicht verstehen, sondern die in Rede stehenden Theile der ins Mednllarrohr nicht mit aufgenommenenen Partie des oberen Keimblattes einfach als zum Hornblatt (Remak's) gehörig auffassen, so muss man damit zugleich auch die ,, Sinnesplatte" überhaupt aufgeben; denn die Anlagen des Riech- und Hörorgans liegen eben dann mitten im Hornblatt drin, entwickeln sich aus diesem und können mit der Anlage des Sehorgans, welche niemals durch eine solche indifferente Zellenmasse von der Hirnanlage getrennt ist, sondern sogar nach Goette's Darstellung einen integrirenden Theil des Hirnrohres bildet, auf keinen Fall in Parallele gebracht werden. Damit fällt aber auch die Berechtigung der genetischen Co- ordination und muss vielmehr an der durchaus eigenartigen Entstehung- des Sehorgans aus der Hirnanlage selbst festgehalten werden.

Der für das Hühnchen nachgewiesene Modus der Entstehung der Augenblasen wird wahrscheinlich sich als der auch für die übrigen Wirbelthierclassen allgemein geltende her- ausstellen; für die Fische wird derselbe angegeben von v. *Baer '), C. Vogt-), Remak^), Schenk^) und Kowalewsky, Owsjannikoff und Wagner^), welche sämmtlich für die Ent- stehung der Augenblasen als hohle Ausstülpung des Medullarrohres aucii bei den Fischen eintreten ; Kupffer fand bei den von ihm untersuchten Knochenfisclien die Anlage des Seli- organs als solide Wucherung des noch soliden Medullarstranges hervorgehend; ich habe früher (19, S. 6) bemerkt, dass die ausserordentliche Kleinheit der Höhle und relativ grosse Dicke der Wand der Augenblase schon bei Triton (s, meine Tab. IV. Fig. 53) und

1) ß. II. S. 311. 2) 43. 3) 36. 4) 37. S. 4S0 ff. 5) „Die Entwickelungsgescliichte der Störe"

im Bulletin de l'Acadcmie Imp. des Sciences de St. Petersbourg. Tome XIV. pag. 317 ff. 18G9. 6) M. Schultze's

Archiv für Mikr. Aiiat. Bd. IV. S. 209 ö'.

ß

noch mehr in den resp. Zeichnung-en Kupffer's zu dem Gedanken Veranhissnng geben, ob nicht vielleicht erstere bei der von Kupffer ausschliessh'eh geübten Betrachtung der intacten Embryonen sich der Wahrnehmung entzieht; sollte sich jene Angabe aber bei der Unter- suchung durch mikroskopische Querschnitte bestätigen, so würde sie vom höchsten Interesse sein, da sie mehr als alles andere gegen das von Goette behauptete Hervorgehen der Augen- anlage aus einer Sinnesplatte beweisen würde.

Vom Triton zeigen die Bildung der Augenblase durch Abschnürung einer Ausstülpung des Hirnrohres die Figg. 51—54 (Tab. IV.) (vgl. dazu 19. S. 5 und G.); Fig. 51 stellt einen Schnitt durch die sich ausbauchende Stelle des Hirnes dar ; vor und hinter der Augen- anlage des Embryo, dem dieser Schnitt entnommen wurde, ist das Hirnlumen etwa um ein Viertheil schmaler als in Fig. 51; die Ausbauchung hat also eben erst begonnen; die Figg. 52 54 zeigen die Abschnürung.

Für die anderen Thierclassen hat mir Beobachtungsmaterial aus so frühen Entwickelungs- stadien leider nicht vorgelegen; eine schon in der Abschnürung ziemlich weit vorgerückte primäre Augenblase eines Hiindeembryo ist auf Taf. V. Fig. C5 gezeichnet; so weit An- gaben anderer Autoren darüber vorliegen, bestätigen dieselben diejenigen v. Baer's ; so Bisciioff für Hund (8) und Kaninchen (9. S. 112 u. 113) und aus allerneuester Zeit Külltker (23) gleichfalls für das Kaninchen.

Die nächste wesentliche Veränderung der Augenblase nach erfolgter Abschnürung besteht nun darin, dass dieselbe dadurch, dass ihr distaler Pol in das Lumen der Blase „hineingestülpt" und der medialen (proximalen) Wand bis zur Berührung genähert wird, aus einer Blase mit einfacher Wand in ein Becher- oder Napffönniges doppel wandiges Gebilde: die „seciindäre Auge?ihlase" sich umbildet. Der Auseinandersetzung des Details und der Ursachen dieser Umgestaltung, die am besten mit der Glaskörperbildung gemeinschaftlich besprochen wird, halte ich für zweckmässig, die Betrachtung der Entwickelung der Linse vorauszuschicken.

ZWEITES CAPITEL

MTWICKELUNG DER LINSE.

Von den Ermittelungen der älteren Autoren haben in Bezug auf die Entwickelung der Linse folgende als den stufenweisen Fortschritt in der richtigen Auffassung dieses Augentheils bedingend und kennzeichnend, ein für alle Zeit bleibendes Interesse:

HuscHKE (17. S, 17 ff.) entdeckte zuerst, dass behufs Linsenbildung die äussere Haut'^ sich gegen die Augenblase hin einstülpe und zu einer Blase abschnüre, Hess aber aus der Wand dieser Blase nur die Linsenkapsel entstehen. C. Vogt (43) beschrieb nicht nur die Einstülpung und Abschnürung genauer, sondern constatirte auch die Entwickelung der Linsensubstanz selbst aus der Wand dieser eingestülpten Blase, jedoch in ziemlich un- bestimmten Ausdrücken (1. c. p. 77: D'abord compose seulement d'une mince couche de cel- lules en pave, il (le cristallin) se consolide tres-vite et apparait alors sous la forme d'une boule solide composee de grandes cellules epidermoidales transparentes). Nachdem darauf H. Meyer in Zürich (31. S. 202 ff.) an Schnitten von Linsen neugeborner Säuger durch i'ichtige Deutung der von ihm entdeckten ,, Kernzone" erkannt hatte, dass „jede Linsenfaser aus nur einer einzigen Zelle entsteht und nicht aus einer Aneinanderreihung von Zellen", gab endlich Remak (36. S. 90, 91; vgl. auch S. 34, 71, 184) ein vollständiges Linsen- Inldmgsgesetz, welches im wesentlichen für alle Wirbelthiere gilt und sich kurz dahin zu- sammenfassen lässt: ,,Das Hornblatt verdickt sich an der Stelle, wo es die äussere Fläche der Augenblasen überzieht, zu einer Scheibe. Aus dem Centrum derselben wächst eine sack- förmige Einstülpung hervor, die sich alsbald zu einer dickwandigen Hohlkugel abschnürt. Aus den cylindrischen Wandzellen der blasigen Anlage der Linse ejitstehen durch Verlänge- rung die Linsenfasern. Sämmtliche Linsenfasern verlaufen ohne Unterbrechung von der hin- teren Wand der Linsenkapsel zur vorderen, beinahe parallel der Sehaxe; daher sind die Fasern um so kürzer, je weiter sie sich von der Sehaxe entfernen. In einiger Entfernung vom vorderen Ende enthält jede Faser einen Kern. Da die Kerne nicht in gleicher Höhe liegen, so entsteht eine der Oberfläche parallel laufende „Kernzone" (Meyek). Das hintere

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Ende einer jeden Faser berührt die Linsenkapsel unmittelbar, das vordere dagegen ist von derselben getrennt durch ein ihr anliaftendes, aus kernlialtigen Zellen bestehendes Epithel. Hieraus ergibt sich: class die Zellen der hinteren Wand der Linsenhlase die Linsenfasern, die der vorderen dagegen das Epilhel bilden, welches im erwachsenen Zustande nur die Innenfläche der vorderen Wand der Linsenkapsel bekleidet/'

Diesen Modus der Linsenentwickelung veranschaulicht Baüuchin (4. Taf. 1, Figg. VIII u. X) durch Abbildungen von Linsen zweier Hühnerembryonen (eines ca. Stägigen und ungefähr ßtägigen).

Die im Obigen ihren Hauptzügen nach kurz wiedergegebene, sowohl auf sorgfältige Verfolgung des Vorganges beim Ilülnichen als auf zahlreiche vergleichend -embryologische Untersuchungen gegründete Darstellung Remak's hat nicht nur die Hauptfragen über die Entwich elung zu einem befriedigenden Abschluss gebracht, sondern auch ein vollständiges Verständniss der Anatomie der erwachsenen Linse ermöglicht; neuere Untersuchungen ver- schiedener Autoren haben dieselben bestätigt und zum Theil im Detail noch genauer präci- sirt. Ich habe denselben nur Folgendes hinzuzufügen;

Hühnchen.

Die zur Erläuterung später zu besprechender Entwickelungsvorgänge entworfenen Figg. 2^ 6 veranschaulichen nochmals den bekannten (mit dem 3. Brüttag beginnenden) Process der Verdickung und „Knstülpung'' des Hornblattes, die allmälige Umbildung der anfangs seichten ,, Linsengrube'' (Figg. 3 und 4) zu einer Blase oder Ilohlkugel, so wie die Art, in welcher deren ursprünglich sehr weite, nach aussen gerichtete Mündung sich mehr und mehr verengt, um in Fig. 7 völlig sich zu schliessen. Letztere Fig. nun zeigt, dass an der Schlussstelle sich eine nicht unbeträchtliche Zellerimasse anhäuft ; die Wachsthumsenergie der jungen Linse ist eine bedeutende : wie dieselbe später in der so raschen Verlängerung der Zellen der medialen Hälfte der Linsenblase, der Production der Linsenfasern, sich offenbart, so in den vorhergehenden Stadien durch die so höchst augenfällige Flächenverbreiterung, deren directe Folge die bis zum Verschluss fortschreitende concentrische Verkleinerung des Lumens des Linsenhalses ist und durch welche die den letzteren bildenden Formelemente nicht nur bis zur Berührung einander genähert, sondern mit einer gewissen Kraft gegen einander gedrängt und aufgestaut werden. Dabei werden die Conturen der Umbiegungsstellen, die während der Abschnürung zu Grunde gehen müssen, undeutlicher und zwar immer zuerst an der Ventralseite so in Fig. 7. A. und B., wo die dorsale Umbiegungsstelle noch wohl erhalten und sehr deutlich ist. -— In Fig. 8 ist die Verbindung zwischen Hornblatt und Linse gänzlich geschwunden, die Verwachsung der in die distale Linsenwand übergehenden Elemente mit einander eine vollständige, der an der Schlussstelle noch leicht concave Contur dieser Linsenwand ununterbrochen, scharf und rein, die Linse somit vollständig „abgeschnürt", während der proximale (innere) Contur des Hornblatts über der Mitte jenes Zellenhaufens noch einen Defect aufweist, und erst in einem folgenden Stadium Fig. 0. in der Weise vollkommen hergestellt erscheint, dass ein gewisser Ueberschiiss von Zellen aus der oben erwähnten Masse weder der Linse noch dem

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Hornblatt einverleibt wird, sondern unbenutzt zwischen beiden liegen bleibt. Ueber die weiteren Schicksale dieser liegen bleibeiulen Reste des „Linsenstiels" s. u.

Schon vor der Abschnürung' der Lima ist es zu bemerken, dass die Production und das Waclisthum in ihrer Wand sich vorzugsweise auf den am stärksten und weitesten me- dianwärts eingezogenen medialen (proximalen) Theil der Linsenanlage conccntrirt; nicht nur schichten hier die Zellen dicht zusammengedrängt sich in mehrere Lagen übereinander, was, bei gleichzeitiger Flächenvergrösserung des Organs, eine bedeutende numerische Zunahme der Elemente voraussetzt, sondern es beginnt auch gleichzeitig eine Volumszunahme der ein- zelnen Zellen; dieselben werden zuerst mehr spindelförmig; die zugespitzten Enden treiben immer mehr zwischen die Zellen der angrenzenden Schichten hinein. Indem nun die Ver- längerung jeder einzelnen Zelle von der den Kern enthaltenden breiteren Mitte aus nach beiden Seiten hin ziemlich gleichmässig vor sich geht, rücken die Kerne der der Höhle zu- nächst und der von ihr entferntest liegenden Schicht einander näher und schieben sich all- mälig in dieselbe Zone, welche von den Kernen der mittleren Zellschichten urprünglich schon eingenommen wurde; so entsteht die „Kernzone". Durch den Druck, den die Zellen bei diesem Vordringen gegen einander ausüben, wird das Protoplasma derjenigen in den beiden Grenzschichten anfangs mehr nach den von der Keruzone abgewandten Enden der Zellen verdrängt, so dass man in dem Fig. 8 gezeichneten Stadium in diesen Scldchten eine Menge exquisit conischer Formen findet, deren Spitzen in die Kernzone hineinreichen; je mehr diese aber durch die letztere und darauf auch durch die jenseitige Grenzschicht vordringen, bis endlich jede Zelle (auch die der ursprünglich ein oder zwei mittleren Schichten) die ganze Dicke der medialen Linsenwand durchsetzt, mit ihrem medialen Ende also bis an die Linsen- kapsel, mit ihrem distalen bis an das Lumen der Linsenhöhle reicht, desto mehr gehen alle die genannten verschiedenen Zellformen in diejenige sehr langer schmaler Cylinder über, welche im Querschnitt als sechsseitige Prismen sich erweisen, und die nur um den Kern herum eine geringe Auftreibung, im ganzen übrigen Längsverlauf aber die gleiche Dicke zeigen. Das Längenwachsthum dieser „Lifise/ifaseni^' ist ein so rasches, dass sie bereits am Ende des 4. Brüttages die Höhle der Linsenblase vollständig ausgefüllt und die Innenfläche der distalen Wandhälfte erreicht haben.

Die distale Wandhälfte der eben abgeschnürten Linsenblase besteht, wie die proximale, anfangs aus mehreren Zellenlagen, welche sich gleichfalls wie in der proximalen allmälig in eine einzige Schicht rangiren; während aber jene sich dabei sehr verlängerten, verkürzen diese sich während dieser Umordnung und platten sicli ab, so dass schliesslich, wenn dieser Process viel langsamer als in der proximalen Wand, nemlich erst um den 10. Tag herum abgelaufen ist, die distale Wand das Aussehen eines niedrigen einschichtigen Epithels ange- nommen hat.

Aber nicht in ihrer ganzen Ausdehnung zeigt bei den Vögeln (und einigen anderen mit einem Pecten versehenen (?) Thieren) die distale Linsenwand das soeben angegebene Ver- halten; derjenige Theil derselben, welcher der proximalen Wand zunächst liegt, lässt viel- mehr, wie die letztere, seine Zellen in die Länge, zu Fasern auswachsen aber in einer Richtung, die allmälig immer mehr zu einer auf die Sehaxe und die Fasern der proximalen

Kesslek, Wirbclthier-Auge. 2

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Wand senkrechten wird, vgl. die Fig-g. 10. 12. 17. 18. 19. 22; im übrigen aber ist die Art der Entwickelung dieser Fasern ganz dieselbe wie oben für diejenigen der proximalen Wand angegeben wurde; auch eine Kernzone'' ist, wie Fig. 19 zeigt, in ihnen vorhanden, welche continuirlich in diejenige der proximalen Wand übergeht. Anfangs vollkommen jenseits (distalwärts) vom Linsenäquator liegend, rücken diese „radialen Fasern" (H. Müller) allmälig immer mehr unter den Aequator oder vielmelir wohl in Folge der durch ihr Auswachsen herbei- geführten Formveränderung der Linse (vgl. die Figg. 12 u. 22 miteinander) der Aequator auf den von ihnen gebildeten Ring distalwärts vor, so dass sie im völlig entwickelten Auge ziemlich zu gleichen Theilen in der proximalen und distalen Hälfte der Linse liegen. Aber auch noch bei dieser Lagerung ist aus der Art, wie diese Fasern gegen die parallel der Sehaxe verlaufenden abgesetzt sind und wie dieselben allmälig und unmerklich in die distale Wand (das sogenannte „Epithel") übergehen, die durch ihre Lage in den früheren Stadien bereits erwiesene Zuge- hörigkeit zur distalen Wandhälfte deutlich gekennzeichnet. Icl» betone dieses Verhältniss deswegen, weil aus dem Umstand, dass aus demjenigen Theil der Wand der Linsenblase, welcher bei vielen Tliieren nur eine Epithel-äliiiliche Zellenschicht liefert, bei anderen auch Fasern producirt werden, welche durch nichts als durcli ihre etwas spätere Entwickelung und ihre Stellung sich von den speciell sogenannten „Linsenfasern" unterscheiden, es noch auffälliger und evidenter in die Augen springen muss, wie wenig gerechtfertigt es ist, die distale Linsen wand, wie es früher üblich war, als „Linsenepithel'' oder „vorderes Kapsel- epithel" den Linsenfasern als der ,, Linse selbst" oder dem „Linsenkörper" gegenüberzustellen; will man die Bezeichnung ,, Epithel" für jene AVand nicht aufgeben, so wäre das einzig Folgerichtige, die Linsenfaseru als „Epithel des hinteren (proximalen) Theiles der Kapsel" zu bezeichnen; jedenfalls aber leuchtet die Incorrectheit von Ausdrücken, wie des von Babuchin (dessen übrige Darstellung doch eine durchaus klare und richtige Vorstellung des wirklichen Sachverhalts documentirt) 4 S. 85 gebrauchten: warum „nur die vordere Wand der Linse von flachem Epithel bedeckt" ist ein, denn dieses „Epithel" ist ja selbst „die vordere Linsenwand".

Die Höhle der Linsenblase verkleinert sich selbstverständlich in dem Maasse, wie die proximale Wand sich verdickt; sie hört auf zu existiren von dem Momente ab, in welchem die distalen Enden sämmtlicher Linsenfasern mit der distalen Linsenwand in Berührung ge- treten sind; die Spur der früher dagewesenen Höhle aber schwindet nie, sondern ist auch im erwachsenen Auge noch in dem (im Meridionalschnitt mehr weniger halbkreisförmigen) Contur zwischen der proximalen und distalen Wand stets vorhanden').

Abweichende Ansichten über die Entwickelung der Linse beim Hühnchen sind nicht zu verzeichnen, mit Ausnahme derjenigen von His (16. S. 87), dass die Linse sich bilde

1) In diesem Sinn ist auch der Satz Babüchin's (4. S. 85) berechtigt: „die Linse stellt stets eine Hohlkugel dar mit ungleich entwickelten Wänden," so wie der folgende: „Von der ursprünglichen Höhle ist nur eine blosse Spalte zwischen der vorderen und hinteren Wandung übrig geblieben," wenn man in diesem Satz „Spalte" = Contur nimmt; eine Spalte entsteht nur, wenn bei der Härtung die Linsenfasern etwas schrumpfen und dadurch von der distalen Wand sich zu- rückziehen (so auch in meinen Figg. 12 und 22; solcher Schrumpfung verdankt wahrscheinlich auch das in meinen Figg. 17 und 18 über der Uebergangsstelle der proximalen in die distale Wand sichtbare Lumen seine Entstehung; ich glaube nicht, dass dasselbe im Lebenden wirklich besteht).

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durch Erhebung des Bodens der Linsengrube''; diese Angabe, in Verbindung mit seiner Zeichnung 15. Taf. XI. Fig. 3. (ß. 1^) könnte leicht eine VorsteHung von der Entwicke- lung der Linse erwecken, für Avelche ich in meinen Präparaten keine Bestätigung tinde; eine so starke Concavität der dem Glaskörper zugekehrten Linsenwand ist mir niemals be- gegnet, ich glaube vielmehr, dass dieselbe im lebenden Embryo stets convex ist; wo sie in meinen Präparaten einmal leicht concav erscheint (vgl. Fig. 7 A), halte ich dies nur für eine Folge nicht ganz gelungener Härtung').

Von der vollständig entwickelten Linse des erwachsenen Vogels gibt eine sehr genaue und klare Beschreibung Heine. Müller in seiner vortreftlichen anatomisch-physiologischen Abhandlung „über den Accommodationsapparat im Auge der Vögel'' (33. S. 180 tf. und S. 191 ff.). Einige der in dieser Arbeit enthaltenen Angaben finden in der Entwickelungs- geschichte ihre Erklärung, manches, was von ihm nur als Vermuthuiig ausgesprochen wurde, seine Bestätigung.

Lacerta.

Die Linse der Eidechse im erwachsenen Zustand stimmt, wie u. A. durch Heine. MüLLEE (34. „Ueber das Auge des Chamäleon", S. 149) bekannt ist, mit der des Vogels darin überein, dass sie gleichfalls einen äquatorialen Ring „radialer" Fasern besitzt. Die- selben bilden sich ganz ebenso wie dies für das Hühnchen beschrieben wiu'de; auch der Uebergang der ursprünglich mehrschichtigen distalen Wandhälfte in eine einschichtige Zelleii- lage erfolgt in der gleichen Weise; cf. Figg. 77. 80.

Dagegen nehmen die Entwickelungsvorgänge in der proximalen Wand der Linsenblase einen etwas abweichenden Verlauf ; die spindelförmigen Zellen derselben liegen noch in einem Stadium, welches dem in Fig. 8 abgebildeten des Hühnchens entspricht, in 3 4 Schichten so, dass ihre Kerne in der ganzen Dicke der Wand unregelmässig zerstreut er- scheinen, während sich beim Hühnchen schon eine Kernzone herzustellen angefangen hat. Die Verlängerung, das Auswachsen zu Fasern beginnt dann nicht gleichzeitig und gleich- mässig wie beim Hühnchen, sondern betrifft zunächst nur die peripherischen, in der Nähe des Aequators liegenden Zellen, welche sich dabei halbkreisförmig krümmen, während die central gelegenen zum Theil spindelförmig, zum Tlieil unregelmässig geformt und wie ge- bläht erscheinen. Man könnte versucht sein, letzteres als Wirkung mangelhafter Härtung anzusehen; dagegen spricht aber nicht nur das übrige Aussehen der Präparate, welche ent- schieden als gelungen gehärtet bezeichnet werden dürfen, sondern auch der Umstand, dass bei den ebenso behandelten entsprechenden Stadien vom Hühnchen und den anderen Thieren solche gebläht aussehende Formen sich nicht vorfinden, so wie der andere, dass dieselben bei älteren Stadien von der Eidechse, in denen doch das gehörige Durchdringen der Er- härtungsflüssigkeit wahrscheinlich noch schwieriger ist, gleichfalls fehlen.

1) Die genannte Zeichnung von His zeigt auch noch andere, sehr auffallende Abweichungen vou den Befunden, welche meine Präparate durchweg ergeben; niemals habe ich in diesem Stadium einen so grossen Glaskörperraum, noch auch ein derartiges Abstehen des Umbiegungsrandes der Augenblase von der Linsenaulage wahrgenommen vgl. Taf. I. Figg. 5 und 6 und Cap. III und IV.

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Die Faserbildung- schreitet mir sehr laiig-sam centralwärts vor; auch bei schon recht alten Embryonen findet man immer noch eine Anzahl nicht umgebildeter Elemente ; um diese centrale Masse liegen die Fasern , nach der Peripherie hin stetig an Länge zunehmend, beim Hühnchen war das Umgekehrte der Fall , in äusserst regelmässiger concentrischer Anordnung; jede Faser reicht mit ihrem distalen sowohl als mit ihrem proximalen Ende bis an die Linsenaxe, in der sie die gleichnamigen Enden der entsprechenden Faser in der an- deren Linsenhälfte berührt, um mit ihr zusammen einen mehr weniger mathematisch-genauen Kreis zu umschliessen ; s. Figg. 78 und 80 A.

Dass bei dieser Anordnung der Fasern um eine einzige, in der Linsenaxe hegende Naht (statt aller complicirter Sternformen) dennoch ein solider, compacter Linsenkörper erzielt wird, ist nur möglich durch die von Heink. Müller (1. c.) ermittelte Thatsache, dass jede einzelne Faser, besonders die in den äusseren Lagen, am Ae(j[uator sehr breit ist, gegen den proximalen und distalen Pol hin aber sich verschmälert. ')

Im wesentlichen denselben Gang der Entwickelung der Linsenfasern wie die Eidechse und eine exquisite Schichtung derselben in concentrische Kugelschalen zeigt

Triton.

Siehe Tab. IV. Auch bei Triton finden sich in schon ziemlich weit vorgerückten Stadien noch im Centrum der proximalen Wand Zellen, die noch nicht als „Fasern" bezeichnet werden können ; desgleichen scheint, so weit ich, ohne diese Frage speciell verfolgt zu haben, aus den Präparaten ersehen kann, die Anordnung um eine einzige, in der Linsenaxe liegende Naht die nämliche zu sein wie bei Lacerta. Die Tritonenlinse unterscheidet sich aber von der der Eidechse durch ihre vollkommene Kugelgestalt, welche bei letzterer durch die An- wesenheit des Radialfaserringes beeinträchtigt wird; dieser fehlt dem Triton; bei ihm gehen die Elemente der von Anfang an einschichtigen distalen Wand, welche jenseits des Aequators aus schönen grossen Quaderzellen mit mächtigen Kernen bestehen, proximalwärts von diesem unter ganz allmäliger Abplattung und Verlängerung (etwa in derselben Weise, wie dies Becker. 7. Taf. IV. Fig. 13 vom Frosch abbildet) in die Linsenfasern über, so dass etwa 2/3 der Oberfläche der proximalen Linsenwand von der distalen und nur Va von der Kapsel bedeckt erscheinen.

Ueber die Entwickelung der Linse des Triton habe ich früher schon Angaben gemacht (s. 19. S. 10 fi".); dieselbe hier nochmals zu besprechen, veranlasst mich die Darstellung, welche Goette (12. S. 326) von der Bildung der Linse bei der Unke gibt. Diese lässt GoETTE aus der Wucherung des Hornblattes als einen ursprünglich soliden Körper hervor- gehen, welcher anfangs durch einen gleichfalls soliden Stiel mit seinem Mutterboden zusam-

1) Vgl. die abweichenden Angaben Leuckaet's 27. S. 263.

Von Schlangen stand mir ein einziger Embryo von Vipera berus zur Disposition Fig. 76. Taf. V; der regel- mässig gestreckte parallele Verlauf der gleicbmässig verlängerten Zellen der proximalen Wand und die fast lineäre Anordnung ihrer Kerne (die dicht an der Kapsel stehen) schon in diesem so frühen Stadium lassen einen von demjenigen bei der Eidechse verschiedenen weiteren Verlauf der Entwickelung erwarten. Vgl. auch die Notiz bei H. Müller 1. c. S. 149.

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menhängt. ,,St'lioii während der Ablösung der Linse haben die in ihrem Centrum befindlichen Zellen ihren g-eg-enseitig-en Verband etwas gelockert, so dass, wenn man den früheren Zu- stand nicht kennt, man von einer kleinen, mit Zellen vollgepropften Höhle der Linse spre- chen könnte. Die Beobachtung verlangt aber den Ausdruck, dass durch feine Lockerung und nachträgliche Auflösung jener centralen, der äusseren Oberfläche zunächst gelegenen (?) Zellen die Höhle erst entstehe" (Taf. VHL 159; XV. 269).

Die auffallende Aehnlichkeit, welche die Linsenanlage in meinen Figg. 55 und 56 mit den Figg. 158 nnd 159 Goette's zeigt, könnte zu dem Gedanken verleiten, dass bei Triton der Process vielleicht derselbe sei, wie der von Goette für die Unke angegebene. Dies ist aber nicht der Fall; die Linse des Triton bildet sich vielmehr durchaus nach dem von Remak für den Frosch und von Schenk für die Forelle (37) angegebenen Modus, als ur- sprünglich hohler Körper. Damit ist aber nicht gesagt, dass man sich diesen Hohlkörper, die Linsenblase, feer zu denken hätte ; dieselbe ist vielmehr erfüllt von einer Flüssigkeit, welche im gehärteten Präparat als feinfaseriges Gerinnsel erscheint (vgl. dazu Cap. III); in diesem sind in der Nähe der Innenfläche der Blasenwand kleine Körperchen eingebettet, welche nur als ausgetretene Dotterplättchen gedeutet werden können, die sich wohl auch bis- weilen so gruppiren, dass sie, umgeben von den Fäden jenes Gerinnsels, Zellen vortäuschen können. Jene Flüssigkeit füllt schon die Linsen^/7/^6' von Beginn ihrer Entstehung an vollständig aus und wird bei der Abschnüriing der Linse in die Höhle der Linsenblase mit eingeschlossen; ausserdem mag in die letztere auch noch eine oder die andere der grossen ungefügigen Zellen hineingelangen, welche bei der Abschnürung aus dem Verbände der übrigen herausgedrängt und ausgeschieden wird, wie dies auch bei anderen Thieren der Fall ist (s. u. S. 1 5) und oben (S. 8) beim Hühnchen als nach aussen hin geschehend nachge- wiesen wurde. Die Anwesenheit einiger solcher Zellen, von denen nur sehr wenige erforder- lich sein würden, um die so kleine Höhle der Linsenblase zu füllen, berechtigt aber selbst- verständlich nicht, eine solche Linse als solid zu bezeichnen.

Die von Goette gegebenen Zeichnungen scheinen mir die Möglichkeit, dass es sich mit der Linsenbildung bei der Unke ähnlich vei'hält wie bei Triton, nicht auszuschliessen.

W. Müller (35. S. 20) behauptet, gestützt auf seine Untersuchungen an Triton, dass bei den Amphibien die Linse ebenso wie beim Hühnchen, d. h. „durch eine Einbuchtung und nachfolgende Abschnürung des ganzen Hornblattes zu Stande kommt." S. Nachtrag I.

Säuger.

Die Entwickelung der Linse bei Säugern scheint nicht bei allen Repräsentanten dieser Classe ganz übereinstimmend vor sich zu gehen. Eingehende Untersuchungen über die- selbe sind bisher nur von Arnold, an Rindsembryonen angestellt, veröffentlicht worden. Der Vorgang verläuft indess bei diesem Thier und beim Schaaf mit einer eigenthümlichen Com- plication. Der Besprechung derselben stelle ich meine Beobachtungen an Mäuseembryoneii voran, bei denen diese Complication sich nicht findet.

Die Figg. 66 und 67 A zeigen ohne weiteres, dass bei {[ex Maus die Linse nach dem- selben Typus sich bildet wie beim Hühnchen: durch eine zu einer nach aussen offenen

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r

Grube sicli gestaltende Einbuchtung- des über der Aussenfläche der Augenblase sich ver- dickenden Hornblattes. Die Verdickung des Hornblatts scheint weniger durch eine nume- rische Zunahme der Zellen an dieser Stelle zu erfolgen, wie beim Hühnchen, sondern mehr durch ein schon jetzt (Fig. 66) beginnendes Längenwachsthum der einzelnen Zellen, wodurch diese sich palisadenartig neben einander ordnen, zum Theil mit alternirend der äusseren oder inneren, sehr vorwiegend jedoch der letzteren Fläche des Hornblattes näher stehenden Kernen. Dass dabei die stärkste Knickung der Einbuchtung der Bauchseite, beim Hühnchen dagegen der Rückenseite näher liegt und zwar ist dies auch schon in einem zwischen den in Figg. 65 und 66 abgebildeten liegenden Stadium der Fall ist gewiss ein so bedeutungs- loser Unterschied, dass er die Berechtigung obiger Behauptung der wesentlichen Ueberein- stimmung mit der Bildung beim Hühnchen in keiner Weise beeinträchtigt.

Beim Sc/iaaf dagegen finde ich folgendes: einerseits zwar in den meisten Schnitten je eines Auges eines Embryo, der ein wenig jünger war als der zu Fig. 66 gehörige Mäuse- embryo, die genaueste Uebereinstimmung mit letzterem Bild sowohl in Bezug auf die Art und Form der Einziehung des Hornblattes als auch bezüglich der cylindrischen Form und der radiären, senkrecht zur Oberfläche gerichteten Stellung der einzelnen Zellen der Linsen- anlage, — ausserdem aber auch noch eine anscheinend dem Hornblatt aufgelagerte Masse theils rundlicher, theils unregelmässig geformter Zellen, die in den verschiedenen Stadien verschiedene Mächtigkeit und in den einzelnen Schnitten einer Serie ein verschiedenes Ver- halten zu dem so eben erwähnten eingezogenen Theil des Hornblattes zeigt; in dem- jüngsten mir vorliegenden Stadium nämlich Fig. 81 Taf. VI etwa 3 8 Zellen ent- weder in einer Reihe neben einander liegend oder in 2 3 Schichten übereinander geschoben, und in ersterem Fall immer, in letzterem nur in einigen Schnitten deutlich gegen die radiär gestellten Cylinderzellen des Hornblattes abgegrenzt, in anderen aber ohne Abgrenzung zwi- schen diese sich hineindrängend oder aus ihnen hervorwuchernd. Da in einer Serie von Frontalschnitten der Linsenanlage in diesem Stadiu^i diese Zellenmasse in allen Schnitten (nur in den ersten und letzten fehlt sie überhaupt ganz) ziemlich in derselben Höhe sich vorfindet, so resultirt daraus die körperliche Vorstellung einer dem Boden der noch sehr flachen Linsengrube aufliegenden, von vorn nach hinten verlaufenden niedrigen Leiste.

Li einem späteren Stadium Fig. 82 und noch mehr in einem noch etwas älteren, erscheint diese Zellenmasse (oder Leiste) in dem Maasse gewuchert, dass sie die Linsengrube zum grossen Theil ausfüllt; gegen die radiär gestellten Zellen ist sie durch einen sehr scharfen, starken Contur abgesetzt, der in einigen Schnitten stellenweise in der Ausdehnung von 2 3 Zellendurchmessern dadurch unterbrochen ist, dass hier ein Hinauswuchern der aufgelagerten Masse aus den radiärgestellten Zellen stattfindet; die einzelnen Elemente zeigen jetzt ebensowenig wie früher einen ausgesprochenen histologischen Charakter; ihr grösster Durchmesser ist meist senkrecht auf denjenigen der radiärgestellten gerichtet. Die Auflagerung ist in der Mitte der Linsenanlage am mächtigsten, verschmälert sich nach der Peripherie hin ein wenig und hat auch nach aussen hin eine leicht convexe Obei-fläche. Dem entsprechend erscheint auch bei Betrachtung des intacten Embryo die Linsengrube auffallend flach, die etwas prominirende Mitte des Bodens derselben von einer schmalen kreis-

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förmigen Furche umgeben, wie dies aucli von Böttcher (Ueber Entwickelung und Bau des Gehörlabyrinths. Taf. 1. Fig. 2) abg'ebiklet worden ist.

Bezüglich der weiteren EntAvickelung der Linsenanlage des Schaafes würden von grossem Interesse sein diejenigen Stadien, welche dem von mir Fig. 83 abgebildeten vorhergehen; leider habe ich dieselben nicht bekommen können und muss daher gleich zu jenem, die eben sich vollziehende Abschnürung der Linse darstellenden übergehen. Die Linse präsenth't sich als Hohlkugel, der dorsal-mediale Theil ihrer Wand ist, durch Verlängerung der Zellen, be- reits beträchtlich verdickt; die Abschnürung geht auch beim Schaaf (vgl. o. S. 8) in der Weise vor sich, dass der Zusammenhang mit dem Hornblatt zuerst an der Bauch- seite des Linsenhalses sich löst, während er an der Dorsalseite noch vorhanden ist. Die Zellen liegen an der Schlussstelle unregelmässig, einige ragen in die Linsenhöhle hinein vor ; offenbar werden auch hier eine Anzahl Zellen als überschüssig aus dem* Zusammenhang ausgeschieden, welche in die Linsenhöhle hinein verfallen, Avährend zwischen Linse und Hornblatt keine Spur etwaiger Ueberreste des Linsenhalses zu entdecken ist. Die gegen die Wand scharf abgegrenzte Höhle der Linsenblase ist erfüllt von einem feinfaserigen Ge- rinnsel, wie es die eiweisshaltigen Flüssigkeiten im Embryo bei der Härtung zu ergeben pflegen; Zellen finden sich in ihr nicht. Nur bei einem einzigen Embryo vom Schaaf habe ich einen von dem soeben angegebenen abweichenden Befund angetroffen, den ich in Fig. 84 wiedergegeben habe; das unterste oder V-i der Höhle der soeben abgeschnürten Linse erscheint eingenommen von einer soliden, compacten Zellenmasse, deren Elemente denjenigen, welche wir früher in der Linsengrube fanden, nicht ganz unähnlich sind; in einigen Schnitten ist diese Zellenmasse gegen die Linsenwand scharf abgegrenzt, in anderen Schnitten fehlt der Abgrenzungscontur an einigen Stellen ventralwärts hin, in noch anderen geht dieselbe in der genannten Richtung continuirlich in die Linsenwand über; der übrige Raum der Höhle ist von Gerinnsel erfüllt. In allen übrigen Embryonen, soAvohl einem nach der Länge der Linsenfasern zu urtheilen gleichaltrigen, als einem anderen vielleicht sogar noch etwas jüngeren, so wie in sämmtlichen älteren finde ich von dieser Zellenmasse keine Spur, vielmehr die ganze Höhle nur von Gerinnsel eingenommen.

Die Waclisthumsrichtung der Linsenfasern geht in einer Anzahl meiner Präparate vom Schaaf in verschiedenen Entwickelungsstufen nicht wie in anderen Schnitten von Linsen der- selben Stadien und wie durchweg in den gleichaltrigen von der Maus in vorwiegend gerade gestrecktem Verlauf distalwärts, sondern ein Theil auch der längsten Fasern biegt mit starker Krümmung nach der Bauchseite hin ab, an welcher die Zellen auch ihrerseits sich ein wenig verlängert und denen der dorsal-proximalen Wandhälfte entgegenwachsend zeigen (s. Fig. 85). Dadurch entstellt hier eine kurze „Naht", ähnlich denjenigen, wie sie in der erwachsenen Linse durch das Aufeinanderstossen der Fasern in den sogenannten Linsensternen abgebildet werden (vgl. auch Arnold's Abbildungen von Linsen 8 resp. 1 1 Cm. langer Rindsembryonen 2. Figg. 18. u. 19.); ob hierin aber wirklich schon die Anlage zu letztgenannter Bildung

1) Bei der Maus finde ich je l oder 2 solcher ins Gerinnsel in der Linsenhöhle eingebetteter Zellen in einigen Schnitten derjenigen Serie, welcher Fig. 68 entnommen ist.

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vorliegt, oder ob die Entwickelung- der Liijseiisterne wie die des Radialfaserringes beim Hiibiiclieii nicht vielmehr erst in eine spätere Zeit fällt, müssen weitere Untersiichung-en ent- scheiden.

Nach dem voranstehend Älitgetheilten wird man doch schwerlicdi anders können als auch des Schaafes Linse anzusehen als eine Bildung, die aus der Einbuchtung und Wucherung des Hornblattes als von vonilierein hohle Blase, sich abschnürt; dafür ist entscheidend nament- lich der Umstand, dass schon bei der eben sich abschnürenden Linse die nur mit Flüssigkeit gefüllte Höhle vorhanden ist. Da nemlich die die Linsenblase erfüllende Flüssigkeit beim Hühnchen und der Maus ganz sicher und selbstverständlich beim Schluss der Linsengrube sich in die Höhle der Linsenblase einschliessende Amnionflüssigkeit ist, das Grerinnsel in der Linsenblase des Schaafes aber mikroskoi)isch sich genau so ausnimmt wie dasjenige jener Thiere, so wird man wohl annehmen dürfen, dass der Inhalt der Linsenblase des Schaafes derselben Quelle entstammt und in derselben Weise in die Linse hineingelangt, wie bei jenen; es wird also wohl auch beim Schaaf durch die fortschreitende Flächenverbreiterung des Hornblattes und der Linsenanlage die Oeffnung des durch die Einwärtskrümmung der letzteren zwischen beiden entstandenen kreisförmigen Knickungswalles sich verkleinern, dieser Knick- ungswall selbst von allen Seiten her concentrisch über die Linsenanlage hin sich vorschieben und unter stetig zunehmender Vertiefung der Linsengrube und Verengerung ihrer Oeffnung endlich, wenn diese sich gänzlich schliesst, in die auf diese Weise sich bildende Linsenblase sowohl die auf dem Boden der Grube liegende Zellen Wucherung als das in ihr befindliche Fruchtwasser miteingeschlossen werden. Das Stadium, in welchem die oben erwähnte kreisförmige Furche bei der Flächenbetrachtung wahrzunehmen ist, entspricht dem Beginn dieses Processes, der im wesentlichen also vollkommen derselbe ist, wie beim Hühnchen und der Maus, wegen der oben beschriebenen Eigenthümlichkeit aber bei diesem Thier wohl leichter verkannt werden kann als bei jenen, Warum die besprochene Zellenmasse nur in einem einzigen Embryo in der Linsenhöhle wiederzufinden war, in demjenigen von Fig. 83 aber nicht, bleibt vorläufig noch eine offene Frage.

Wesentlich versj^hieden von der voranstehenden ist die Auffassung, welche Arnold durch seine Untersuchungen über die Linsenbildung beim Rind gewonnen hat. Arnold (2; vgl. auch 3. S. 309 315) unterscheidet in seinem jüngsten Stadium (9 Mm. langer Rindsembryo), welches etwa dem von mir Fig. 82 gezeichneten vom Schaaf entsprechen dürfte, ,,drei Lagen der kugligen Verdickung des oberen Keimblattes an der Stelle der primären Augenblase'^ : „eine äussere, mehr längsstreifige, eine innere radiär gezeichnete und eine mittlere etwas lichtere und gekörnte.'* ,,Bei einem 12 Mm. langen Embryo (S. 6) war die Linse bereits vollständig eingestülpt und hatte sich von dem oberen Keimblatt entfernt; dieselbe besass eine rundliche Form ; ihre Wand bestand aus länglichen, körnigen, kernhaltigen Körpern, welche in mehreren Schichten angeordnet waren. In der Mitte lagen lichtere kughge Körper, in denen noch Kerne kenntlich waren. Als eigentliche Blase konnte somit die Linse nicht angesprochen werden, vielmehr erschien sie als ein solides Gebilde, dessen in der Mitte ge- legene Masse allerdings andere morphologische Eigenschaften besass als die peripherische. Zwischen Linse und Hornblatt fand sich auch hier eine Schicht eines lichten Gewebes, in dem

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schon einzelne Gefässe nachweisbar waren.^' Bei einem 15 Mm. langen Embryo erscheint die hintere Wand etwas dicker als die seitlichen und die vordere. ,,Das Centrum der Linse ist lichter und mit kugligen Körpern angefüllt, deren Kerne weniger deutlich sind; die Grenze zwischen den wandständigen und den central gelegenen Körpern ist eine schärfere wie früher. Die Linse erscheint bereits als eine im Centrum mit lichter Masse gefüllte dick- wandige Blase. Sollte man sich auf Grund der mitgetheilten Wahrnehmungen eine Anschauung über die frühesten Vorgänge der Entwickelung der Linse beim Rind machen, so müsste davon ausgegangen werden, dass es sich zunächst um eine Verdickung des oberen Keimblattes handelt und zwar scheint dieselbe vorwiegend auf Rechnung der inneren Schichte dieses zu kommen, während die äussere Lage sich mehr passiv verhält. Es ergibt sich aber ferner, dass diese Wucherung ursprünglich eine solide ist (vgl. darüber auch S. 9. 12 und 17), dass aber sehr bald in den mittleren Abschnitten der soliden Masse Metamorphosen eintreten," in Folge deren die Linse ,,nach vollendeter Einschmelzung der centralen Zellen als Blase erscheint. Während die Metamorphosen an der Linse selbst ablaufen, entfernt sie sich vom oberen Keimblatt, von diesem sich abschnürend. Ob die Höhlenbildung im Centrum der Linse immer erst nach vollendeter Abschnürung oder zuweilen schon früher eingeleitet wird, lässt sich nicht entscheiden. Möglicherweise bestehen in dieser Beziehung Verschiedenheiten bei den einzelnen Individuen.''

Trotz der entgegenstehenden Auffassung Aenold's kann ich nicht umhin, die Vor- gänge bei der Entwickelung der Linse des Rindes für identisch mit den von mir für das Schaaf beschriebenen zu halten. Zur Erklärung der zwischen unseren Angaben bestehenden Differenzen habe ich folgendes geltend zu machen: Von den drei von Aenold am 9 Mm. langen Embryo angegebenen Schichten ist die äusserste wahrscheinlich nur durch zufällige Auflagerung beim Herauspräpariren des Embryo entstanden ; ich finde dieselbe und in ihr unzweifelhaft einzelne Blutkörperchen nur an einem einzigen Embryo desselben Alters vom Schaaf, vermisse sie dagegen an den übrigen gleichaltrigen, namentlich einem im intacten Amnion in Osmiumsäure gehärteten. Der von Arnold Taf. 1. Fig. 4 vom 12 Mm. langen Embryo abgebildete Schnitt ist nicht durch einen Meridian der Linse geführt; in einem Me- ridianschnitt könnte weder die Wand der Linsenblase überall ringsum gleich dick und die Höhle so klein sich zeigen, noch auch, wenn derselbe nicht so dick ist, dass die ganze eine Hälfte des Pupillarrandes der Augenblase mit darhi liegt, die Anlage des späteren Ring- gefässes der Lis in demselben in derjenigen Ausdehnung zu sehen sein, wie dies in ge- nannter Zeichnung der Fall ist; auch liegt zwischen dem Pol der eben abgeschnürten Linse und dem Hornblatt überhaupt kein Gewebe mittleren Keimblattes (s. u, und meine Fig. 84); bei Schnittführung in abweichender, den Linsenpol nicht treffender Richtung aber können möglicherweise die Enden der in die Linsenhöhle vorwachsenden Linsenfasern mit- getroffen sein und dadurch das Bild von die Höhle erfüllenden Zellen vorgetäuscht werden. Letzteres kann aber auch noch auf einem anderen Wege zu Stande kommen; es ist bekannt, dass die Linsenfasern sehr leicht einen Theil ihres eiweissartigen Inhaltes in Forui von hellen, unregelmässigen Tropfen austreten lassen (vgl. Külliker, „Gewebelehre", 5. Aufl. S. 692); bei fehlerhafter Härtung geschieht dies sowohl in der erwachsenen als in der embryonalen

KessiiEr, Wirbclthier-Auge. 3

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Linse regelmässig; in ersteier sowie in den älteren Embryonalstadien treten die Eiweisstropfen entweder in die durch Schrumpfung der Fasern zum Klaffen gebrachten Nähte (vgl. Arnolds Figg. 18 und 19; vielleicht ist dies auch in der von Kölliker . in seiner „Gewebelehre'' Fig. 496 reproducirten der Fall) oder zwischen die Kapsel und die von ihr abgehobenen Fasern letzteres geschieht auch schon in jüngeren Entwickelungsstadien (s. Arnold's Figg. 7. 8; 9 12; 13-19), während in den jüngsten, in w^elchen die Höhle der Linsenblase noch weit ist, die Tropfen sich vorzugsweise in dieser ansammeln (so wahrscheinlich in dem Präparat') zu Arnold's Fig. 5). Diese Eiweisstropfen sind in etwas dickereu Schnitten, namentlich wenn dieselben stark gefärbt sind, nicht immer leicht von Zellen zu unterscheiden, in dünnen dagegen charakterisiren sie sich deutlich durch ihr blasseres Aussehen, mehr homogenen Inhalt und Kernlosigkeit.

Falls meine Vermuthung, dass die Präparate Arnold's die einen oder die anderen der genannten Fehler und Täuschungsquellen enthalten, richtig ist, fällt auch die Stütze für seine Deutungen-), bei denen ihm ein Irrtlium um so leichter widerfahren konnte, als ein Theil der Präparate nicht von ilmi selbst geschnitten wurde (s. 2, Eiideitung S. VI) und ihm somit gewisse Orientirungen erschwert waren, und darf jedenfalls der zur Zeit noch nicht sicher zu deutende Befiiiul an Schaaf und Rind nicht als Beispiel für das Vorkommen solider Bildung der Linse angeführt werden. Ganz insonderheit falsch aber würde es sein, wollte man sich durch den Umstand, dass die ARNOLo'schen Angaben in das Gräfe-Sämisch'sche Handbuch der Augenheilkunde aufgenommen sind, zu der Vorstellung verleiten lassen, dass beim Menschen die Bildung der Linse eine solide oder auch nur eine ähnliche wäre wie beim Schaafe und Rind.

1) Dass die Härtung desselben nicht gelungen ist, lässt sich aus dem Umstand erschliessen, dass die Zellen der äusseren Lamelle der Augenblase sich so schlecht conservirt haben, dass Arnold ihre Existenz in Abrede stellt (s. darüber u. Cap. VII).

Sobald die Linsenfasern einen gewissen Grad der Entwickelung erreicht haben, gibt ihr Aussehen den besten Maass- stab für die Qualität der Härtung der Linse ab; gut gehärtet sind dieselben, abgesehen von einer leichten Anschwellung um den Kern herum, von gleichmässiger Dicke in ihrem ganzen Verlauf; Anschwellung der Enden dagegen, Blähungen oder Ab- hebung von der Kapsel deuten mit Sicherheit auf Härtungsfehler, welche nach meinen Erfahrungen am leichtesten durch An- wendung der Osmiumsäure vermieden werden.

2) Gegenüber der Bemerkung Abnold's, dass die kuglige Verdickung des Hornblattes vorwiegend von der inneren Schicht dieses auszugehen scheine, kann ich nicht umhin auszusprechen, dass es mir viel wahrscheinlicher erscheint, dass die massenhafte, den Boden der Linsengrube deckende Zellenwucherung von der äusseren (Deck-) Schicht des Hornblattes aus- geht ; letztere scheint mir der einzig mögliche Mutterboden für jene zu sein ; für diese Annahme spricht auch die Form und die Stellung des Längsdurchmessers jener Zellen, welche dieselbe ist wie die der Deckscliichtzeilen vor Beginn der Wucherung. Ob die Deckschicht sich am Aufbau der der Augenblase anliegenden Schicht radiär gestellter cyllndrischer Zellen auch be- theiligt, oder ob diese ausschliesslich auf Rechnung der inneren (Grund-) Schicht des Hornblattes kommt, ist schwer zu ent- scheiden ; im letzteren Fall würde, wenn, wie es den Anschein hat, die aus der Deckschicht hervorgegangene solide Wucherung sich an der Bildung der Linsenwand nicht betheiligt, beim Schaaf ein Rückschlag auf jene niederen Thierformen vorliegen, bei denen die Deckschicht während der Linsenbildung überhaupt ganz inactiv sich verhält (Triton, Forelle).

Nach der von mir vorgeschlagenen Auffassung erscheint jene Wucherung als eine dem Untergang gewidmete Luxus- production; ob auch nach derjenigen Arnold's? wage ich nicht zu entscheiden, da aus seiner Darstellung nicht zu entnehmen ist, ob er die laterale Linsenwand aus seiner „äusseren" Schicht, oder wie sonst entstehend denkt.

Im Anschluss an diese Hypothesen über die Betheiligung der beiden Hornblattschichten bei der Linsenbildung erlaube ich mir noch die weitere, dass vielleicht in denjenigen Zellen der Linsenanlage der Maus (Figg. 68. 69), deren Kerne der Con- cavität der Linsengrube näher liegen, die Repräsentanten der in diesem Stadium noch spärlichen Deckschicht, in den übrigen •diejenigen der Gruudschicht zu finden sein dürften.

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Der in Fig. 88, Taf. VI. abgebildete menschliche Embryo setzt mich in die Lage, dem strict widersprechen zn können. Derselbe ist ca. 3 Wochen nach der letzten Menstruation im intacten Ei ausgestossen worden; ich erhielt dieses, nachdem es 24 Stunden in einer wahr- scheinlich mehr als einprocent. Chromsäurelösung gelegen hatte. Auf der kleinen Vorwölbung, welche am Kopf des Embryo von der Augenblase gebildet wird, bemerkte man schon mit blossem Auge einen kleinen dunklen Punkt; mit einer guten Hartnack'schen Lupe erkannte man deutlich, dass derselbe einer tiefen Grube entsprach; die mikroskopischen Schnitte haben ergeben, dass die Tiefe so wie die Gestalt dieser Grube Linsengrube ganz dieselbe' ist wie in dem Fig. 67 abgebildeten Präparat von der Maus. Auch die Dicke der Linsenanlage ist beim Menschen nicht viel beträchtlicher als in jenem.

Ueber die Linsenkapsel s. Cap. IV.

3*

DRITTES CAPITEL.

BILDUNG DER SECUNDÄREN AUGENBLASE, DER SOG. AUGEN- BLASENSPALTE UND DES GLASKÖRPERS.

Der Erste, welcher nicht nur die Gleichzeitigkeit der soeben genannten Bildungsvor- gänge beobachtete, sondern auch einen directen Causalzusammenhang zwischen denselben und zwar die Abhängigkeit der beiden ersteren von der Entwickelung des letzteren be- hauptete, war bekanntlich Schoeler (40). Ihm folgten zwanzig Jahre lang sämratliche Autoren, welche diesen Gegenstand besprachen, entweder einfach auf seine Untersuchungen sich be- ]-ufend, oder nach eigenen Beobachtungen bestätigend; so vor allen Kölliekr (21) und weiter- hin dann Babuchin (4), Schenk (37) u. A.

Ein Referat der ScHOELER'schen Darstellung findet sich in Kölliker's Entwickelungs- geschichte; an dieses erlaube ich mir die folgende Besprechung anzuknüpfen, weil einerseits die ScHOELER'sche Auffassung sich kaum bündiger und getreuer wiedergeben Hesse ^ andererseits dieselbe den meisten Lesern doch nicht aus dem ziemlich seltenen Original, sondern aus dem genannten KöLLiKER'schen Werk bekannt und geläufig sein dürfte. In diesem heisst es S. 280: Während die primäre Augenblase durch die Linse von vorn her eingestülpt wird, „geschieht dies kurze Zeit darauf auch von unten her durch einen Fortsatz, welcher wohl unzweifelhaft als eine Wucherung der Cutis gedeutet werden darf. Anfänglich erscheint dieser Fortsatz in Gestalt einer kurzen und schmalen Leiste, welche unmittelbar unter und hinter der Linse die untere Wand der primären Augenblase gegen die obere drängt ; bald aber wuchert dieser Fortsatz mit Ausnahme seiner Abgangsstelle von der Haut zu einem kugeligen Gebilde heran, und dann ist die primäre Augenblase nicht nur von vorn, sondern auch von unten her voll- kommen eingestülpt, so dass die vordere und untere die obere und hintere Wand derselben berührt, und erscheint nun als „secundäre Augenblase", welche den Glaskörper einschhesst, mit ihrem vorderen Rande die Linse umfasst und unten eine Spalte zeigt, durch welche der Glaskörper mit der Haut zusammenhängt."

Nach diesem von Schoeler (allerdings nur nach Ermittelungen mit der Lupe) aufge- stellten Modus der Bildung des Glaskörpers, der Augenblasenspalte und der secundären Augen-

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blase ist man unbedingt berechtigt zu erwarten, in mikroskopisclien Schnitten durch die Augen von Embryonen aus den entsprechenden Stadien die Augenblasenspalte und, wo ein Glas- körperraum sicli schon gebildet hat, auch diesen von einer Zelleinnasse ausgefüllt zu finden.

Der Umstand, dass ich von einer solchen Zellenmasse in meinen Präparaten aber durchaus nichts finden konnte, überraschte mich um so mein*, als die allgemeine Verbreitung, welche die ScHOELER'sche Darstellung gefunden und die so häufig wiederkehrenden Repro- ductionen derselben durch die verschiedensten Autoren mich an der Richtigkeit derselben nicht hatten zweifehi lassen, und veranlasste mich, eine möglichst genaue Untersuchung der in Rede stehenden Vorgänge vorzunehmen.

Naclulem ich mich sehi" bald überzeugt hatte, dass die Lupenuntersuchung und die Betrachtung intaeter frischer Embryonen unter dem Mikroskop kaum zu mehr als zur Orien- tirung im Allgemeinen verwerthbar sein würde, habe ich mich ausschliesslicli dem Studium mikroskopisclier Sclinitte in Chromsäure- oder in Osmiumsäurelösungen gehärteter Embryonen zugewendet. Ueber die Härtungsmethode siehe Cap. IV.

Die Schnitte fertigte ich in drei auf einander senkrechten Richtungen an: 1) senk- recht auf den Längsverlauf der Augenblasenspalte, also annäliernd parallel der Medianebene des Kopfes ; 2) genau durch den Längsverlauf der Augenblasenspalte, mithin annäliernd senk- recht auf die Medianebene und auf die Bauchfläche des Kopfes; 3) senkrecht auf die Me- dianebene und parallel der als plan gedachten Bauchfläche des Kopfes. Obgleich die ge- nannten Schnittrichtungen in den meisten Entwickelungsstadien je nach der in denselben Avechselnden Gestalt und Verlaufsrichtuug der Augenblasenspalte etwas verschiedene sein müssen, um die letztere genau in ihrem Längsverlaufe oder senkrecht auf diesen zu treffen, und obgleich dies nur in den wenigsten Fällen durch genau sagittale oder genau frontale Führung des Messers zu erreichen ist , so erlaube ich mir doch dieselben , der Kürze wegen, im Folgenden als Sagittal- mid Frontal- und die dritte genannte Art als HorizontaJschnite zu bezeichnen. Die beiden ersteren Arten werden am meisten zur Verwendung kommen; denn während Horizontalschnitte nur durch Combiniren sämmtlicher aus den einzelnen Schnitten einer lückenlosen Serie gewonnenen Bilder zu einer körperlichen Gesammtvorstellung ein sicheres Urtheil über die hier interessirenden Verhältnisse ermöglichen, können jene, und namentlich die Frontalschnitte, wie von selbst einleuchten wird, schon in einem einzelnen Schnitt ein mehr weniger vollständiges Uebersichtsbild derselben gewähren.

Hühnchen.

Betrachten wir zunächst eine Reihe von Frontalschnitten, wie sie auf Taf. I abge- bildet sind, in Bezug auf das, was an ihnen für die Entwickelung des Glaskörpers und der Augenblasenspalte von Interesse ist, so muss es an Fig. 2, welche einen Schnitt durch die primäre Augenblase in derjenigen Gegend darstellt, wo nun bald durch Wucherung der Kopfplatten die Bildung des Glaskörpers und der Augenblasenspalte beginnen soll, auffallen, wie wenig von Kopfplatten in dieser Gegend überhaupt vorhanden ist; die Augenblase ist vielmehr zum bei weitem grössten Theil mit dem Hornblatt in unmittelbarer Berührung, nur an der dorsalen Fläche derselben findet sich eine reichliche Schicht des mittleren Keimblattes,

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an der Bauchfläche dag-eg-en nur 1 3 Zellen in je einem Schnitt an der Abgangsstelle des Augenblasenstiels vom Medullarrohr , durch welche letzteres in ganz geringer Ausdehnung vom Hornblatt getrennt wird. (In Fig. 1 sind auch nicht einmal diese vorhanden.)

Ein anderes Bild bietet schon das folgende Stadium, Fig. 3 weniger zwar an der Bauchfläche des Augenblasenstiels, wo die Kopfplattenzellen nur wenig zahlreicher erscheinen, im Uebrigen aber die Verhältnisse dieselben geblieben sind, als vielmehr in derjenigen Gegend, wo die Bildung der Linse beginnt; oberhalb und unterhalb der Linsenanlage zeigt sich ein kleines dreiseitiges, offenbar durch Faltung des Hornblattes entstandenes Lumen : Die Quer- schnitte eines ringförmig die scheibenfönnige Verdickung des Hornblattes (vgl. Remak, 36. S. 34. §. 70) umgebenden Canals.

Der ventrale Querschnitt dieses Canals verändert in den folgenden Stadien sein Aus- sehen sehr rasch, das Lumen desselben nimmt sehr beträchtlich zu, indem die Wand der. Augenblase unterhalb der Linsenanlage sich mehr und mehr vom Hornblatt entfernt; so schon in Fig. 4; gleichzeitig erscheinen nun auch die Kopfplattenelemente an der Bauchfläche des Hirnrohres und des Augenblasenstiels bedeutend vermehrt; in denselben bemerkt man eine feinste, annähernd frontal gestellte Gefässschlinge. Nur an einer einzigen Stelle noch berührt in Fig. 4 ventralwärts von der Linsenanlage die Augenblasenwand das Hornblatt; in Fig. 5 ist auch diese Berührung aufgehoben, indem jene noch mehr medianwärts zurückgezogen erscheint. Es scheint nun den Kopfplatten nichts mehr im Wege zu stehen, um in den Raum zwischen Linsenanlage und Augenblase einzudringen, beide Gebilde von einander zu drängen und nach der bisher gangbaren Vorstellung dadurch dem Glaskörper seine Entstehung zu geben. Fig. 6 zeigt aber, dass dies nicht in der bisher gedachten Weise geschieht. Der Glaskörperraum ist hier unzweifelhaft vorhanden und in ihm der Glaskörper; aber beide entstanden ohne Zuthun der Kopfplattenmasse, diese dringt nicht weiter vor als bis an die Bauchfläche der Augenblase, nicht aber bis in den Binnenraum der letzteren hin- ein. Dieser erscheint vielmehr fast ganz zellenleer, ausgefüllt nur von einer äusserst zarten Masse, welche an Chromsäurepräparaten in dünnen Schnitten bei schwächeren Vergrösserungen nur wie ein leichter Schatten, eine leichte Trübung im Gesichtsfeld sich ausnimmt, durch stärkere Systeme als ein dichtes Netzwerk feiner und feinster längerer und kürzerer ganz unregelmässig verlaufender und sich vielfach verzweigender und wieder zusammenfliessender Fasern aufgelöst wird, in welchem in manchen Schnitten nicht eine einzige, in anderen ein bis höchstens drei Zellen an irgend einer Stelle des Glaskih'perraumes eingebettet liegen. An Osmiumsäurepräparaten erscheint die zarte Masse nicht in Fasern, sondern fein gekörnt, im Uebrigen ist der Befund ganz derselbe.

Und diese Beschaffenheit zeigt der Glaskörper nicht etwa bloss auf derjenigen Ent- wickelungsstufe, bei welcher wir eben angelangt sind (Fig. 6), er hat dieselbe vielmehr von seinem ersten spurenhaften Auftreten an bis an das Ende der embryonalen Entwickelung (mit der einzigen Veränderung, dass die Zellen, welche vom 3. 6. Tag, wenn auch noch so spär- lich, doch überhaupt vorhanden waren, vom 6.-8. Tag an gänzlich aus ihm verschwinden).

Wenn darnach von einer Auffassung des Glaskörpers als einer in die Augenblase vor- wuchernden Kopfplattenzellenmasse, und der Möglichkeit einer durch dieselbe hervorgerufenen

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Einstülpung der Angenblase gänzlich abgesehen werden mnss, so liegt auf der Hand, dass auch die P^ntstehung der Augenblasenspalte und die Umbildung der primären Augenblase zur secundären einer anderen Erklärung bedarf.

Ehe ich auf die verschiedenen Möglichkeiten, die sich dafür etwa geltend machen lassen, eingehe, scheint es mir, um auch dem mit dem Gegenstande vielleicht weniger ver- trauten Leser eine selbstständige Beurtheilung derselben zu erleichtern, durchaus geboten, zu versuchen, ein möglichst klares Bild von den Formveränderungen zu geben, w^eh-he die Augen- blase bei ihrer Umwandlung zur secundären und der Bildung der Augenblasenspalte durch- läuft, — und dies um so mehr, als ich die neuesten darüber gegebenen Darstellungen (siehe unten) weder im Wort noch im Bild für der Wirklichkeit entsprechend halten kann.

Ich glaube, dass man sich diese Vorgänge am besten in folgender Weise veranschau- lichen kann: Denken wir uns zunächst die sich einstülpende Linse als dasjenige, welches den lateralen (distalen) Pol der Augenblase einstülpt, und ahmen die Wirkung dieses Drucks der Linse gegen die Augenblase an einem mässig aufgeblasenen Gummiballon, aus welchem bei Druck die Luft entweichen kann, dadurch nach, dass wir gegen denselben mit einem Finger einen allmälig zunehmenden Druck in derjenigen Richtung ausüben, in welcher dies in Wirklichkeit auch durch die Linse gegen die Augenblase zu geschehen scheint (vgl. Figg. 3, 4 und 5), nämlich nicht einfach vom distalen Pol in horizontaler Richtung proximalwärts, son- dern in einer Richtung, welche anfangs nur sehr wenig, allmälig zunehmend aber mehr von der horizontalen liinaufwärts abweicht, bis sie zwischen der horizontalen und senkrechten fast die Diagonale hält, so wird sich an der Gummiblase unter dem ehistülpenden Finger zuerst eine kreisrunde flache Grube bilden; je tiefer diese aber wird, und je mehr der aus- geübte Druck die Richtung nach oben hin annimmt (vgl. Fig. 4), desto deutlicher wird an der Bauchfläche der Blase eine von dem am tiefsten (i. e. am weitesten nach unten hin) gelegenen l'unkt des Grubenrandes anfangende und allmälig immer weiter an der unteren Fläche sich fortsetzende Einziehung, die Bildung einer Furche sich bemerkbar machen. Diese Furche wird natürlich an der Stelle, wo sie von der durch den Fingerdruck gebildeten Grube ausgeht, am breitesten sein, nach dem anderen Ende hin sich allmälig verschmälernd spitz auslaufen.') Uebei-wölbt wird diese Furche selbstverständlich von dem früher am tiefsten gelegen habenden Theil der unteren Wand der Blase, welcher der oberen Wand um so mehr sich nähern muss, je tiefer die Furche wird. Der an der Bildung der Grube und Furche nicht betheiligte Theil der Blase geht mit abgerundeten Umbiegungsrändern in die Wandungen der ersteren über. (Vgl. dazu einige schematische Zeichnungen von Ammon (1) auf dessen Taf. V in folgender Reihenfolge: Figg. 16. 15. 14. 17. 13.)

Dass die soeben beschriebenen Formveränderungen im Allgemeinen auch von der Augenblase bei ihrer Umwandelung aus der primären zur secundären durchlaufen werden, ist eine Thatsache, die schon durch die oben citirte Darstellung Schoeler's und Kölliker's festgestellt ist ; es handelt sich also nur noch darum, zu constatiren, dass auch die im obigen Experiment als für das Gelingen desselben wesentlich erscheinende und insofern als Causal-

1) Diese Gestalt der Furche beobachtete schon Schoeler (40); S. 27 sagt er: „Fissura ad similitudinem apparet trigoni paene aequecrurii, cujus acumen retrorsum, basis vero ad lentem spectat."

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moment an Stelle der dafür nicht verwerthbaren Kopfplatten eintretende oben angegebene dorsal-mediane Einsttilpungsn<7/?/w#^ beim Andringen der Linse gegen die Augenblase wirk- lich vorhanden ist. Und dies dürfte nach meinen Figg, 3 7A. kaum zu bezweifeln sein; in diesen ist der Augenanlage aucli in der Zeichnung g-enau diejenige Stellung gegeben, welche sie bei horizontaler Stellung der plan gedachten Bauchfläche des Kopfes des Embryo in Wirklichkeit hat. Schon in Fig. 3 ist die Stellung der verdickten Scheibe des Horn- blattes, deren Mittelpunkt etwas unterhalb des Poles der Augenblase liegt, keine verticale mehr, sondern ein wenig gegen die horizontale hin geneigt ; die Einstülpung der Linse scheint somit nicht genau auf dem distalen Pol, sondern ein wenig unterhalb desselben zu beginnen. In Fig. 4 würde eine Linie, welche von der Mitte der Oeffnung der Linsengrube durch die stärkste Concavität der Augenblasengrube gezogen gedacht wird und welche offenbar die Richtung angil)t, in welcher die Linsenanlage am stärksten gegen die Augenblase wirkt, der verticalen fast näher liegen als der horizontalen (vom Hühnchen mir vorliegende Schnitte des- selben Stadiums zeigen genau dasselbe Verhältniss wie Fig. 4 von der Ente); als Folge dieser dorsalwärts gerichteten Druckwirkung ersclieint denn auch hier die erste Spur der Furchenbildung an der Bauchfläche, welche im Frontalschnitt durch den Längsverlauf der Furche natürlich als Zurückweichen der distalen Augenblasenwand vom Hornblatt erscheinen muss. Viel ausgesprochener als in der vorigen Figur erscheint also hier der ventrale Theil der Augenblase als der von der Wirkung der Einstülpung betroff'ene (der in Fig. 4 mit asp bezeichnete Raum ist eben schon Augenblasenfurche erster Anfang der Bildung der spä- teren „Augenblasenspalte^'). Bedeutend tiefer schon präsentirt sich der Raum der Furche in Fig. 5; in Fig. 6 endlich ist ihr Lumen, welches nach unten hin nach wie vor von den Kopfplatten begrenzt, nach oben hin bisher von dem hinaufgezogenen Theil der ventralen Wand der Augenblase dachförmig überwölbt wurde, dadurch, dass die ganze distale und ven- trale Wand der Augenblase bis zur Berührung der dorsalen und proximalen sich dorsal- medianwärts zurückgezogen und zugleich von der Linse entfernt hat, mit dem zwischen proximaler Wand der Linse und Augenblase neu entstandenen Raum, dem Glaskörperraum, in einen gemeinschaftlichen Hohlraum zusammengeflossen, welcher also durch die innere Lamelle der Augenblase und die proximale Wand der Linse begrenzt wird und durch die in der unteren Wand der jetzt „secundären" Augenblase verbliebene, unterhalb der Linse breitere, proximalwärts nach dem Augenblasenstiel hin sich verschmälernde sogen. Augen- blasenspalte hindurch mit den Kopfplatten in Berührung steht. (Ein Sagittalschnitt in der Richtung n n Fig. 6A würde ungefähr das Taf. HI, Fig. 28 gezeichnete Bild geben.)

Die richtigen körperlichen Vorstellungen, um die es sich in den verschiedenen Stadien der in Rede stehenden Umformungen handelt, dürften aus dem Voranstehenden unschwer zu gewinnen sein zugleich aber auch die Ueberzeugung, dass die Entstehung der Augen- blasenspalte eine unmittelbare Folge der eigenthümlichen Art der Umbildung der primären zur secundären Augenblase und nicht von der Glaskörperbildung abhängig ist, dass vielmehr jene beiden Bildungsvorgänge bereits abgelaufen sind, ehe derjenige des Glaskörperraumes und des Glaskörpers seinen Anfang nimmt.

In die obige Darstellung, die eigentlich nur eine Beschreibung der Vorgänge selbst

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g-eben sollte, wurden zur leichteren Veranschaulichung auch bereits erklärende Motive oder Causalmomente mit eingeführt; als solche nämhch müssen in obigem Zusammenhange er- scheinen 1) die Einstülpung der Linse; sie sollte die Erklärung dafür abgeben, dass die Augenblase überhaupt eingestülpt wird ; 2) die Einstülpungsrichtung derselben ; sie erklärte, warum dabei die Furche, resp. Spalte sich bilden muss. Diese gilt es nun auf ihre Halt- barkeit zu prüfen.

Was die Einstülpungsrichtung anbelangt, so hat dieselbe sich uns einfach als Beob- achtungsthatsache ergeben und kann also ihr Vorhanderisein füglich nicht angezweifelt werden.

Ganz anders aber steht es mit dem erstgenannten Moment, der Annahme: dass die Augenblase durch die sich bildende Linse, das Hornblatt eingestülpt werde. Ihr gegenüber macht sich die Frage geltend: wie kommt überhaupt das Hornblatt gerade an dieser Stelle dazu, sich einzustülpen, und zwar mit einer solchen Kraft, dass es die Augenblase vor sich her nach innen treibt? Li der That hat man dafür bisher noch keinen Grund auffinden können und hat sich daher auch in neuerer Zeit die entgegengesetzte Auffassung Bahn zu brechen begonnen, dass die Einstülpung der Augenblase nicht nur unabhängig von der des Hornblattes vor sich geht, sondern sogar ihrerseits als primärer Vorgang zu der letzteren als dem secundären das Causalmoment bildet. Zweier Autoren Darstellungen sind es nament- lich, welche auf ganz verschiedenen Wegen zu diesem übereinstimmenden Resultat gelangend, hier einer eingehenderen Berücksichtigung unterzogen werden müssen, diejenige von His (15. u. 16) und die von Goette (12).

Nach His ist die Einstülpung der Augenblase ein Faltungsvorgang in Folge der Hirn- krümmung. Das Vorderende des Hirnrohres nämlich (15. S. 103 ff.; S. 113; S. 129 ff.; S. 131. 132 u. 16. S. 99 ff.) ist schon vor seinem Schluss mit den darunter liegenden Theilen, dem Endknopf der Chorda, und durch diese mit dem Vorderdarmende verwachsen. Wenn nun das Hirnrohr rascher in die Länge wächst, als die mit ihm verbundenen Theile, so muss sein vorderes Ende nothwendig über den Fixationspunkt i. e. den Endknopf der Chorda hinaus vorgeschoben und zugleich abwärts gebogen werden, wobei ebenso wie an einem unter die gleichen Bedingungen versetzten Gummischhiucli die geknickte Stelle sich abplattet, breiter wird als das übrige Medullarrohr, und über jenem Fixationspunkt an der Bauchfläche des Hirnrohres eine Einknickung oder Querrinne sich bildet. Diese Rinne ist in der Mitte am tiefsten; der äussere Rand des Rohres nimmt an ihrer Bildung nicht Theil, er überragt sie als ohrförmig gebogene Wulst (16. S. 96). Diese Wulst ist nichts anderes als die Augenblase, anderen unterer Fläche jene Rinne endet (16. S. 100). Bei der Vorschiebung des Gehirns „verlängert sich die untere Wand desselben in eine quere, nach rückwärts ge- wendete Leiste, die Basilarleiste" (15. S. 104); „Die äusseren Fortsetzungen der Basilar- leiste erstrecken sich jederseits auf die vorgewölbten Abschnitte oder die Augenblasentheile des Vorderhirns und sie nehmen dabei eine nach vorn convexe Biegung an. Es entsteht hierdurch an der unteren Fläche des Vorderhirns jederseits eine seichte Grube, die nach rück- und abwärts sich öffnet: die Augenblasengrube; sie leitete die Umbildung der primären Augen- blase in die secundäre ein"; und S. 129: „Indem die Augenblasen an der allgemeinen Ab- plattung (sc. des Gehirns) Theil nehmen, gestalten sie sich zu zwei flachen und birnförmig

Kkssleu, WirbcltLier-Augc. 4

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beg-renzten, zvveiblättiigen Schalen, deren oberer und vorderer Rand weit über die Befestigungs- stelle vorragt. Sie stellen so die secundären Augenblasen von Remak vor/'

So erwünscht uns nach dem was oben schon bemerkt wurde, eine Erklärung der Bil- dung der secundären Augenblase sein muss, die der Mitwirkung der Linsenbildung- entbehren kann, so scheinen mir doch die von Hts gemachten Angaben zum Tlieil vielleicht leider zu kurz, zum Theil nicht in allen Punkten haltbar. Einmal nämlich ist es nicht ganz klar, ob und welcher Zusammenhang zwischen der zuerst durch die Hirnkrümmung entstandenen ,, Querrinne'', welche an der unteren Fläche der Augenblase endet und der als ,,Augenblaseu- grube" bezeichneten Vertiefung besteht; bildet sich die Augenblasengrube unabhängig von jener, so bleiben wir über die Ursache ihrer Entstehung, damit aber auch über die Ursache der Umbildung der primären Augenblase zur secundären im Dunkeln; ist sie aber die Fort- setzung jener an der unteren Fläche der Augeidjlase endigenden Querrinne und ich müsste dies annehmen, wenn ich nur den einen Umstand berücksichtigen wollte, dass ich in meinen säramtlichen Präparaten nur eine einzig-e Rinne, Furche oder Vertiefung an der unteren Fläche der Augenblase und des Augenblasenstiels finde, so ist nicht hinreichend erklärt, warum der Faltungsprocess der primären Augenblase so weit dorsalwärts, die die primäre Augenblase einstülpende Wirkung der Hirnkrümmung so weit über den lateralen Pol der Augenblase hinaus sich erstreckt, wie dies meine Präparate und Figg. 3 7 zeigen. Anderer- seits muss ich hier schon vorausgreifend bemerken, dass die Einstülpung oder Faltung der Augenblase sich vom lateralen Pol aus ventral- und median vvärts ül)erhaupt gar nicht weiter als bis auf das der Augenblase nächstliegende Stück des Augenblasenstieles erstreckt am proximalen Theil desselben ist keine Rinne vorhanden; eine median wärts fortschreitende Serie von Sagittalschnitten zeigt den Querschnitt des Stieles vielmehr aus der Rinnenform allmälig ins Queroval, dieses in die Kreisform, diese endlich in ein senkrecht stehendes nach unten zugespitztes Oval übergehend, in welcher letzteren Gestalt er in die Hirnwand übergeht (vgl. die schematische Zeichnung Liebekkühn's 28 Taf. VII, Fig. 34, in der man nur das senk- recht stellende Oval sich noch hinzuzudenken hat). Endlich reichen die Angaben von His nur bis zur Bildung der Augenblasengrube", welche die Umbildung der primären Augen- blase einleitet". Von dieser Einleitung bis zur vollendeten Umgestaltung der Augenblase ist aber noch ein so grosser Schritt, dass das für jene beigebrachte Causalmoment unmöglich ohne weiteres auch als für die letztere, die Annäherung der späteren inneren an die Pigment- lamelle bis zur gegenseitigen Berührung, wirksam gedacht werden kann. Die Erklärung des Zustandekommens jenes ersten Anfanges aber kann uns nicht befriedigen, wenn uns nicht zugleich auch die Ermöglichung des Verständnisses der weiteren Entwickelungsstufen ge- boten wird. Immerhin bleibt His das unbestreitbare Verdienst, auch in Bezug auf dieses Organ das Forschen nach den embryonalen Gestaltungen in neue und fruchtbringend^ Bahnen gelenkt zu haben.

Auf einem ganz anderen Princip beruht die von Goette gegebene Darstellung. Goette macht ein bisher weniger beachtetes ursächliches Moment für die ersten Bildungsvorgänge und Umformungen im befruchteten Keime geltend, nämlich die durch die fortgesetzte Thei- lung der Embryonalzellen notliwendigerweise bedingte Bewegung der neugebildeten Elemente.

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Diese führt zu einer Zellenverschiebung- in centrifug-aler Richtung-, deren erstes Resultat die Bildung- der drei Keimblätter ist. T)iese centrifug-ale Zellenschiebung setzt sich nun nicht nur in den Keimblättern, sondern auch in den daraus hervorgegangenen einzelnen Organan- lagen — so auch im Hirnrohr und in der Augenblase fort.

Die Umbildung der primären zur secundären Augenblase denkt Goette sich danach folgendermaassen (12. S. 323): „Die durch die Absclmürung geschatfene mediale Wand der Augenblase lässt einen Tlieil ihrer Zellen in die laterale Wand vorrücken , wodurch erstere dünner, letztere aber dicker wird. Im Beginn der Abschnürung der Augenblase wird diese schon etwas verdickte Aussenwand mit einer convexen Oberfläche an die Oberhaut gedrückt, während sie nach innen die weite Höhle ziemlich eben begrenzt. Sehr bald plattet sich aber ihre Aussenfläche nicht nur ab, sondern erscheint sogar in der Mitte, wo sie am dicksten ist, nach innen eingedrückt, so dass ihre vorgewölbte Innenfläche der ihr gegenüber stehenden medialen Wand der Augenblase beträchtlich genähert, die dazwischen gelegene Höhle in einen spaltartigen Raum verwandelt ist." Die Ursache davon ist folgende: ,,Die in der medialen Wand der Augenblase centrifugal sich bewegenden Zellen müssen nun" Goette beruft sich dafür auf den ähnlichen Vorgang bei der Bildung der Gastrula, wobei die primäre Keim- blase von unten her eingestülpt wird ,,vom Rande aus eine radiär convergirende Stoss- wirkung gegen die Aussenwand ausüben, worauf die Masse derselben nothwendig gegen die Höhle der Augenblase ausweichen muss, da der Widerstand in dieser Richtung natürlich viel geringer ist, als gegen die dicht anliegende Oberhaut hin. Diese Vorstellung- von den Ursachen der Einstülpung der Augenblase wird wesentlich unterstützt durch gewisse Einzel- heiten des ganzen Vorganges. Indem jene Einstülpung fortdauert und aus der Form einer flachen Schale in diejenige eines Napfes mit verengter Oeffnung (secundäre Augenblase) über- geht, wird bekanntlich nicht der ganze Einstülpungsrand gleichmässig zusammengezogen, sondern sein unterster Abschnitt bleibt darin vollständig zurück, so dass dort von der Seh- nervenwurzel an ein stetig zunehmender Ausschnitt der zweischichtigen Blasenwand entsteht. Diese Bildung lässt sich auf den Druck der regelmässig gebildeten Linse nicht zurückfuhren", und ebenso wenig kann man die zwischen Linse und Augenblasengrund eindringende Glas- körperanlage für die von aussen wirkende Ursache erklären, welche die Ausbildung- des Ein- stülpungsrandes hemmte. „Nach der von mir vorgeschlagenen Erklärung der I^iitwickelung der Augenblase erhellt es aber aus dem geringeren Grade einer Einschnürung an der unteren Seite des Augenblasenstiels, dass die sie offenbar verursachenden Zellenbewegungen dort un- verhältnissmässig schwächer sind, als im übrigen Umfang der ursprünglichen Basis der Augen- blase, daher aber auch ihr Erfolg oder die Bildung des Einstülpungsrandes an derselben Stelle sehr gering sein muss." (S. 325) „So erscheinen sowohl die xibschnürung vom Hirn" diese erfolgt dadurch, dass „die anfangs breite Basis jener runden Vorragung von oben, vorn und hinten sich zusammenzielit oder genauer ausgedrückt: von der sich aus- dehnenden Hirnwand gegen die Schlussseite des Hirns zusammengeschoben wird" (S. 323) „oder die Bildung der Augenblase wie die Umwandlung derselben in die B«cherform mit dem unteren Ausschnitte als die innig zusammenhängenden Folgen eines einzigen, höchst ein- fachen, aber eigenthümlich beschränkten Vorganges innerhalb der bezüglichen Anlage selbst,

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nämlich einer bestimmt gericliteten Zellenbewegung, wie eine solche in grösserem oder ge- ringerem Maasse in der ganzen Nervenröhre, ja in allen sich ausdehnenden embryonalen An- lagen als nothwendige Wirkung der fortdauernden Theilung der Embryonalzellen besteht''^ (S. 326). ,,Der Druck, den die convexe Aussenwand der primären Augenblase auf die Ober- haut ausübte, indem sie dieselbe eine Zeit lang vorwölbte, scheint zwischen beiden eine ge- wisse Verbindung herzustellen. Denn sobald die betreffende Fläche der Augenblase einzu- sinken anfängt, folgt ihr das noch unverändert anliegende Stück der Oberhaut und wird gleichfalls etwas eingedrückt. Dass dabei jedenfalls die mächtige Wand der Augenblase das mechanische Moment setzt und nicht die dünne Oberhaut, dürfte auf den ersten Blick un- zweifelhaft erscheinen. Die erste Einsenkung der Oberhaut mag aber die Ursache für eine alsbald an jener Stelle auftretende Wucherung derselben bilden. Je mehr die p]insenkung der Augenblase sich vertieft, desto mehr wird das entsprechende Hautstück in deselbe hin- eingezogen."

Aber auch gegen die Goette'sche Construction der secundären Augenblase lassen sich eine Reihe von Einwendungen erheben :

1) Warara lässt die mediale Hälfte der Augenblasenwand einen Theil ihrer Zellen in die laterale Wandhälfte vorrücken, so dass letztere dicker, sie selbst aber auf eine einzige Zellenschicht reducirt wird? Die supponirte centrifugale Zellenbewegung liefert für diese Verdünnung keine Erklärung; der von Goette angenommene sehr geringe Widerstand von Seiten des Lumens der Augenblase würde im Gegentheil sogar im etwaigen Fall einer massen- haften Production von Zellen in der medialen Wand, oder im Fall des Hinübertretens von Zellen aus der Hirnwand, eine Vcrdickutiy der medialen Wand der Augenblase ins Lumen der letzteren hinein vollkommen gerechtfertigt erscheinen lassen. Findet aber eine Vermeh- rung der Elemente in der medialen Wand nicht statt woher dann die centrifugale Bewe- gung? und zwar eine Bewegung von solcher Energie, dass von einer „Stosswirkung'* gegen die Aussenwand die Rede sein kann?

2) Nach welchem Gesetz „müssen^' in der medialen Wand centrifugal sich bewegende Zellen „eine radiär convergirende" Stosswirkung gegen die Aussenwand ausüben, welche zu einer Einziehung, Grubenbildung am lateralen Pol führt? Natürlicher dürfte es scheinen, dass die centrifugale Zellenbewegung in der Augenblase zunächst zu einer weiteren Ausdeh- nung, Wachsthumszunahme der Augenblase nach dem Hornblatt hin, resp. einer Vortreibung des letzteren ad maximum, und sobald das Hornblatt der weiteren Ausdehnung Widerstand zu leisten beginnt, zu einer einfachen Verdickung der lateralen Polwand führt, oder: bei Hinzunahme der Goette'schen Voraussetzung, dass an der Bauchfläche der Augenblase die centrifugale Zellenbewegung gar nicht oder fast gar nicht stattfindet, mithin von hier aus kein entsprechender Gegendruck gegen die von den übrigen Seiten stattfindende centrifugale Bewegung vorhanden ist, zu einer Verdrängung der ursprünglich am Pol gelegenen Zellen in den ventralen Theil der Augenblasenwand hin.

3) Warum wird die Zellenbewegung, „wie sie in allen sich ausdehnenden embryonalen Anlagen als nothwendige Wirkung der fortdauernden Theilung der Embryonalzelleii besteht'', in der Augenblase als „eigenthümlich beschränkte" angenommen? warum fehlt dieselbe gerade

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in demjenigen Tlieil der Aiigenblase, wo man dieselbe als am energischsten vor sich gehend erwarten sollte, nämlich an der Bauchseite? Die Bauchseite der Hirn wand entspricht ja dem früher axialen Theil der Hirnplatte, gerade von diesem aber geht Goette's centrifugale Zellen- bewegung doch in erster Linie aus warum soll diese nun in dem zwischen der Augen- blase liegenden Theil der Bauchwand des Hirnrohres plötzlich pausiren und nicht vielmehr hier und in seiner unmittelbaren Fortsetzung , der ventralen Wand der Augenblasen , ebenso sich fortsetzen, wie in der dorsal-medialen? Goette macht einen Cirkelschluss , wenn er S. 324 ff. einerseits aus dem Auftreten der Furche oder Spalte an der Bauchfläche folgert erhellen" lässt), dass „die Zellenbewegungen dort unverhältnissmässig schwächer sind als in dem übrigen Tlieil der ursprünglichen Basis der Augenblasen", während er andererseits gleich darauf das Auftreten dieser Furche als die nothwendige Folge des unverhältnissmässig Schwächerseins, der eigenthümlichen Beschränkung der Zellenbewegung an jener Stelle der Augenblase hinstellt ganz abgesehen noch davon, dass überhaupt schon eine petitio prin- cipii in der (unbewiesenen) Annahme vorliegt, dass die centrifugale Richtung der Zellenbe- wegungen es ist, welche die Einstülpung der primären Augenblase zu Wege bringt, und ganz abgesehen davon, dass Goette es ganz unerörtert lässt, warum seine centrifugale Zellen- bewegung in der medialen Wand riickh'iu/ig geworden ist, statt der ursprünglichen Richtung von der Mitte der Axenplatte nach der Nahtstelle (Dorsalfläche) des MeduUarrohres hin die entgegengesetzte eingeschlagen hat?

4) Ebenso wie den bisher genannten fehlt die Begründung auch denjenigen Annahmen, aus welchen Goette die Einstülpung des Hornblattes, die Linsenbüdung deducirt. Ausgehend von der Behauptung, dass es auf den ersten Blick unzweifelhaft erscheinen dürfte, „dass dabei die mächtige Wand der Augenblase das mechanische Moment setzt und nicht die dünne Oberhaut", folgert er aus dieser die zweite, dass letztere der ersteren ,, folgt", von ihr in ihre Vertiefung „hineingezogen" wird und, um dieses zu ermöglichen, die dritte, dass der Druck der convexen Aussen wand der Augenblase gegen das Hornblatt zwischen beiden eine gewisse Verbindung herzustellen scheint. Was zunächst den ersten der obigen Sätze anbelangt, so gibt Goette nicht weiter an, inwiefern die Mächtigkeit der Wand das mechanische Moment dabei bedingt; wenn damit aber und dies scheint mir, da an sich doch eine dünne Wand ebenso gut ein mechanisches Moment setzen kann, wie eine dickere, hier die einzig- mögliche Deutung der allgemein üblichen Anschauung, dass die Augenblase durch das Horn- blatt eingestülpt werde, gegenüber geltend gemacht werden soll, dass eine dickere Lamelle nicht wohl durch eine dünnere eingestülpt gedatdit werden kann, oder speciell : dass die Mäch- tigkeit der Wand der Augeiiblase eine solche Festigkeit, Widerstandsfälligkeit derselben be- dingt, dass ein Druck des dünneren Hornblattes gegen dieselbe wirkungslos bleiben niüsste, so ist der Satz auch in diesem Sinn nicht haltbar ; denn damit würde die Festigkeit in directe Abhängigkeit gesetzt von der absoluten Dicke der resp. Lamelle, während dieselbe doch wohl nach einem allgemein gültigen physikalischen Gesetz bei jedem Körper in erster Linie von der festeren oder lockereren Verbindung der Elementartheilchen und deren leichterer oder schwererer Verschiebbarkeit gegen einander bedingt gedacht werden muss. Dieses Princip auf Gewebslamellen von Embryonen aus so jungen Stadien, wie diejenigen, um welche es

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sieh hier liandelt, und speciell auf die Augenblase angewendet, kann man annehmen, dass ihre Widerstandsfähigkeit gegen äussere Eindrücke und Einstülpungen eher im umgekehrten als im geraden Verhältniss zu ihrer Dicke steht; denn mag ihre rasch gewonnene Mäclitigkeit nun Folge von rapider Proliferation aus ihren eigenen P^lementen, oder Folge von Einwanderung der Zellen aus der Nachbarschaft (Goette) sein, jedenfalls sind dieselben in lebhafter Bewegung und auch ohne äussere Einflüsse bereits in der Verschiebung gegen einander be- gritfen, wälirend in einer dünn bleibenden und zugleich an Flächenausdehnung weniger zu- nehmenden Lamelle, z. B. im Hornblatt, die trägere Bewegung der Elemente das Zustande- kommen einer festeren Verbindung derselben unter einander gestattet, so dass man sich die relative Festigkeit derselben wahrscheinlich wohl grösser denken darf als diejenige der Augen- blasenwand. Dass unter diesen Umständen die ahsohiten Festigkeitswerthe beider, die in obiger Deduction Goette's die maassgebenden sein müssten, sich vollkommen unserer Berech- nung entziehen, wird man zugeben. Damit hört es aber auch auf unzweifelhaft zu sein, welche von beiden wenn überhaupt eine das mechanische Moment setzt. - Was ferner die von Goette vermuthete „Verbindung'' zwischen Augenblase und Hornblatt betrifft, so spricht gegen eine solche nicht nur der Umstand, dass diese beiden Lamellen auch in den frühesten Stadien der Linsenbildung beim geringsten Härtungsfehler schon sich von einander entfernen (so auch in Goette's bezüglicher Zeichnung Fig. 1 58) , sondern auch der andere, dass das Auseinanderweichen beider sehr bald darauf, bei noch weit offener Linsengrube in Wirklichkeit und bleibend in einer Weise erfolgt, die keine Spur einer vorher bestanden habenden „Verbindung'' beider erkennen lässt (vgl. meine Taf. I, Figg. 3 - - 6 und die Er- örterungen über die Bildung des Glaskörperraumes).

Wenn demnach die von Goette für die von ihm vertretene Auffassung der Linsenbil- dung beigebrachten Argumente nicht haltbar sind, so folgt daraus doch noch nicht ohne wei- teres, dass auch jene Auffassung selbst falsch sein müsste; es käme nur darauf an, ein Causal- moment zu finden, welches die selbstständige Einstülpung der Augenblase, und eines, welches das Hineingezogenwerden des Hornblattes wirklich zur nothwendigen Folge haben müsste. Ersteres könnte man vorausgesetzt, dass man seiner Theorie der centrifugalen Zellenschie- bung sich anschliesst gegeben glauben in dem Satz (S. 32):

5) Dass die Masse der aus der medialen in die Aussenwand der Augenblase vordrin- genden Zellen „nothwendig gegen die Höhle der Augenblase ausweichen muss, da der Wider- stand in der Richtung gegen die Höhle der Augenblase natürlich viel geringer ist, als gegen die dicht anliegende Oberhaut hin", wenn es sich mit diesem Causalzusammenhang nicht ähnlich verhielte, wie mit dem sub 3 besprochenen ; nur aus dem Umstand, dass der laterale Pol der Augenblase gegen deren Hölile hin eingestülpt wird, können wir erscMiessen dass der Widerstand in dieser Richtung geringer ist als nach aussen hin, als aprioristische These, wie Goette diesen Satz hinstellt (das geht aus dem „natürlich" hervor), ist derselbe durch- aus ungerechtfertigt, da die absolute Grösse des Widerstandes in der einen sowohl als in der anderen Richtung uns vollkommen unbekannt sind. Natürlich und selbstverständlich wäre jene Annahme nur, wenn die Höhle der Augenblase ein leerer Raum wäre. Dies ist nicht der Fall; wir wissen, dass dieselbe, wie diejenige des ganzen Medullarrohres ausgefüllt

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ist von einer Flüssigkeit, welche die Wandungen derselben ausgespannt erhält (schon die älteren Autoren sprechen von diesem „Hii'nwasser" : Huschke, v. Baer, Ammon); da nun Flüssigkeiten nur in äusserst geringem Grad compressibel sind, so muss, so lange die Flüs- sigkeitsmenge in demselben Maass zunimmt wie das Lumen des Medullarrohres incl. Augen- blasen, der Widerstand in der Richtung gegen die Augenblasenhöhle hin ehi fast absoluter sein. In gewissem Sinn umgekehrt und andererseits doch Avieder ähnlich wie mit derjenigen der Augenblasenhöhle, verhält es sich mit der Widerstandsfähigkeit des Hornblattes ; für sich allein gedacht (wie im luftleeren Raum), kann dasselbe als dünne, im Wachsthum begriffene endjryonale Geweb slameile mag man sich ihre rclalivc Festigkeit auch noch so gross denken einer gegen seine Innenfläche andrängenden Gewalt einen absolut gewiss nur sehr geringen Widerstand leisten; aber dieser letztere muss sehr erheblich gesteigert werden durch den gleichmässigen Druck, unter welchem die ganze äussere Oberfläche des Hornblattes steht, den Druck, welcher entweder direct und unmittelbar oder als fortgeleiteter auf die Oberfläche eines jeden Körpers und so auch auf die des Embryo wirkt: den allgemeinen atmosphärischen Oberflächen druck.

Ich glaube, dass das wirkliche Vorhandensein der beiden genannten Momente: die Spannung der Augenblase durch die darin enthaltene Flüssigkeit und der auf der Aussen- fläche des Hornblattes liegende Druck nicht wohl bestritten werden kann. Werden diese aber zugegeben, so sind damit zwei in der That rein mechanisch wirkende Factoren gefun- den, mit deren Hülfe es vielleicht gelingen wird, der Lösung der von den neueren Autoren gestellten Aufgabe: die Einstülpung der Augenblase als den primären, diejenige des Horn- blattes als den nothwendig jener folgenden secundären Vorgang zu erklären, oder wenigstens verständlich zu machen, in einer anderen Weise als dies bisher geschehen ist, näher zu kommen.

Verfolgen wir zu diesem Zweck zunächst die Wirkungen des oben erwähnten Aussen- druckes weiter. Derselbe tendii't von allen Seiten her gleichmässig das Hornblatt nach der Körperaxe hin zusammenzudrücken (centripetal); dem tritt entgegen derjenige Druck, welcher in entgegengesetzter (von der Axe nach aussen hni centrifugaler) Richtung durch die rasch wuchernden Organanlagen und durch die noch indifferenten Zellen- und Flüssigkeitsmassen, welche die zwischen jenen Anlagen entstehenden Lücken und Lumina ausfüllen, gegen die Innenfläche des Hornblattes ausgeübt wird. So lange diese beiden einander entgegengesetzten Druckwirkungen, zwischen welche das Hornblatt eingeschoben ist, sich das Gleichgewicht halten, wird das Hornblatt in gieichmässiger Spannung erhalten werden; Formveränderungen desselben können nur entstehen, sobald eine Druckdifferenz eintritt; letztere aber kann, da der durch die Atmosphäre gesetzte Aussendruck als relativ constant angesehen werden muss, nur durch eine Steigerung des Binnendrucks bedingt gedacht werden. Mag dieser Biunendruck ein im Ganzen gleichfalls gleichbleibender oder ein im Verhältnisse zu jenem Aussendruck mit dem fortschreitenden Wachsthum des Embryo im Ganzen gleichmässig zu- nehmender sein locale Schwankungen, und zwar locale Steigerungen sowohl als locale Verminderungen desselben sind, entsprechend der periodisch bald rascheren bald langsameren Production in den einzelnen Organanlagen gewiss vorhanden; wie erstere durch locale Her-

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vortreibungen und Ausbauchungen, so müssen letztere durch Einziehungen (Aspiration) des Hornblattes nach der Körperaxe hin zum Ausdruck kommen; ersteres z. B, über dem late- ralen Pol der rasch sich vergrössernden primären Augenblase, letzteres sobald dieser sich nach innen einstülpt, die Convexität, über die das Hornblatt gespannt war, in eine Concavität sich verwandelt; dabei kmin das Hornblatt von der Augenblase sich nicht entfernen, weil die einander entgegen treibenden Druckwirkungen (der Flüssigkeit in der Augenblasenhöhle nach aussen, des Druckes au der Aussenfläche des Hornblattes nach innen) sie aneinander pressen, so dass sie, so weit sie aneinander liegen, eine einheitliche Scheidewand zwischen jenen Kräften bilden.

Was nun aber die Einstülpung oder Einziehung der Au(jenblase anbelangt, so lässt diese sich auf dasselbe Causalmoment zurückführen, wie diejenige des Hornblattes. Wie nämlich der Druck der Atmosphäre durch alle dasselbe umgebenden Theile auf das Horn- blatt, so pflanzt er sich durch dieses weiter auf die von ihm umhüllten inneren Theile des Embryo fort so auch auf die Augenblasen und das MeduUarrohr. So lange nun die Wand des Medullarrohres und der Augenblasen durch die nicht compressible Flüssigkeit hin- reichend gespannt ist, mit anderen Worten: so lange Flüssigkeit genug producirt wird, um das Lumen des rasch wachsenden Medullan'ohres vollkommen auszufüllen und dem Aussen- druck das Gleichgewicht zu halten, kann letzterer eine Formveränderung an ihm nicht her- vorbringen; sobald aber aus irgend welchen Gründen und vielleicht trägt gerade die so ungemein schnelle Vergrösserung der Augenblasen das Ihre mit dazu bei die FlUssigkeits- menge relativ geringer wird, muss da der mächtig wirkende Aussendruck die Entstehung eines leeren Raumes, oder das Fortbestehen einer Druckdifferenz im lebenden Körper be- kanntlich nicht gestattet die Wand des Rohres oder der Augenblasen in demselben Maass als seine Füllung abnimmt, axialwärts eingezogen werden.

Warum diese Einziehung gerade an der Augenblase und nicht an irgend einer anderen Stelle des Hirnrohres auftritt, und warum die EinziehungsncÄ/?^;«^ gerade diejenige ist, wie wir sie oben unter der nicht mehr lialtbaren Voraussetzung eines Druckes von Seiten der sich bildenden Linse als „Einstülpungsrichtung" in den betreffenden Zeichnungen erkannt haben, dafür lässt sich freilich vor der Hand noch kein vollkommen zwingendes Motiv nach- weisen; doch dürfte es vielleicht schon jetzt als wahrscheinlich bezeichnet werden, dass das so weit lateralwärts Vorgeschobensein der Augenblasen und ihre unmittelbare Berührung mit dem Hornblatt und gerade die lateral-ventrale Partie derselben ist es ja, wo dieses statt- findet und wo auch die Einziehung beginnt sie der Wirkung der entstehenden Druckdiffe- renz in erster Linie und mehr exponirt als das von den Kopfplatten mehr oder weniger ge- schützte übrige Medullär- und Hirnrohr; ob vielleicht auch der Umstand influirt, dass die Communicationsöffnung , durch welche die Flüssigkeit aus den Augenblasen ins MeduUarrohr entweichen kann, an der Bauchseite gelegen ist, muss gleichfalls noch als hypothetisch be- zeichnet werden.

Ich gebe gern zu, dass, bis entweder diese genannten Momente sicher gestellt oder statt ihrer andere gefunden sein werden, eine Lücke in der von mir versuchten Deduction der in Rede stehenden Bildungsvorgänge verbleibt; nichts desto weniger habe ich dieselbe

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nicht unterlassen zu müssen geg'laubt , da sie mir vor den übrigen bisher versuchten folgende, zum Theil aus dem Obigen schon sich selbst ergebende Vorzüge zu haben scheint, deren wegen sie vielleicht weiterer Untersuchungen werth wäre: einmal dass darin ein von jenen vernachlässigter nicht wegzuleugnender Factor eingeführt wird, durch welchen wenigstens der erste Anstoss zu diesen Vorgängen in ein wirklich rein mechanisch wirkendes Moment verlegt wird; ferner dass darin die beiden, schon dem äusseren Anschein nach so eng ver- bundenen Einstülpungen des Hornblattes und der Augenblase auf eine gemeinsame Ursache zurückgeführt, beide zu einem einheitlichen Vorgang combinirt werden, was sich mehr em- pfehlen dürfte, als die Heranziehung zweier verschiedener Motive (Goette); endlich scheint sich mir die darin gegebene Auffassung des Vorganges als einer ,,EinziehuH(f' mehr zu em- pfehlen als diejenige einer „EiNsliilpun(/' (etwa in Folge einer ,,Stosswirkung"), imd dies zwar sowohl in Bezug auf die Augenblase als in Bezug auf die Linsenbildung; wird nämlich der resp. Theil der lateralen und ventralen Wand der Augenblase in die Höhle der letzteren als in einen locus minoris resistentiae hineingezogen (angesogen), so dürfte es vielleicht weniger befremden, dass auch ein Theil der Zellen der medialen AugenblasenAvand in der angegebenen Richtung nachgezogen wird und während sie selbst, über der Flüssigkeit ge- spannt bleibend, sich verdünnt, der eingezogene Theil, die innere Lamelle durch Aufnahme von Elementen aus jener so rasch sich verdickt. Dabei würde auch die bei der GoETTE'schen Auffassung als rückläufig erscheinende Richtung dieser Zellenwanderung (vgl. o. S. 29) nicht nur erklärhcli, sondern nothwendig erscheinen, während andererseits die Entstehung der sog. Augenblascnspalte bei Annahme einer „Einziehung" nicht weniger verständlich is't als bei der einer ^,Einstülpung'% wofern nur die Richtung der ersteren dieselbe ist wie die des S. 23 als wirksam gedachten Druckes von Seiten der Linsenanlage. Fast in noch höherem Grad erheischt die Einleitung der Linsenhildung die Vorstellung einer „Einziehumf ; denn wenn auch bei den Amnioten mit ihrer nach aussen offenen Linsengrube eine Einstülpung des Hornblattes als Folge enies Druckes von aussen denkbar wäre, so ist dies nicht möglich bei denjenigen Thieren , bei denen die Linse nur aus der tieferen Lage des Hornblattes sich entwickelt, während die Deckschicht nicht mit eingestülpt wird; von einem von innen her wirkenden Zug dagegen kann sehr Avohl nur die innere Schicht betroffen und von jener abge- zogen werdend gedacht werden (vgl. Taf. IV. Fig. 55 B), ja selbst die Vorstellung einer ohne Bildung einer Grube oder Höhle, von vornherein solid, sich einleitenden Linsenentwickelung würde dadurch ermöglicht, man braucht sich nur die Wuclierung der Zellen, welche jede Einstülpung oder Einziehung der embryonalen Blätter zu begleiten scheint, etwas lebhafter zu denken als dies sonst der Fall ist.

Sobald der eingezogene Theil der Augenblasenwand sich dem nicht eingezogenen dorsal-medialen bis zur Berührung genähert hat und die primäre Augenblasenhöhle geschwun- den ist (Figg. 5 und 6) , beginnt die Innenfläche der secundären Augenblase von der Linse sich zu entfernen. Der dadurch zwischen diesen beiden entstehende Raum ist die bleibende Binnenhöhle des Augapfels, der Glaskörperraum.

KussLEK, Wirbelthiür-Augü, 5

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Warum Augenblase und Linse auseinandeiweiclien , ist in Wirklichkeit nicht so leicht verständlich, wie dies nach der von Schoeler gegebenen Darstellung (s. o. S. 20) erschei- nen musste; nach dieser wurden Linse und Augenblase durch die von der Bauchfläche hei vordringende Zellenmasse, welche die Anlage des Glaskörpers bildet, einfach mechanisch auseinander gedrängt Eine solche Zellenmasse ist nicht vorhanden, und es fragt sich nun, ob nicht vielleicht diejenige Masse, welche wir anstatt jenes ScHOELER'schen Kopfplatten- fortsatzes den sich bildenden Glaskörperraum ausfüllend fanden und mithin als Anlage des Glaskörpers bezeichnen mussten, dieselbe mechanische Wirkung ausüben kann, die jenem zugeschrieben wurde? Um diese Frage beantworten zu können, muss zuvor festgestellt werden, welcher Natur die genannte Masse, die Anlage des Glaskörpers, ist?

Wie dieselbe unter dem Mikroskop sich ausnimmt, haben wir oben schon gesehen. Ganz dasselbe mikroskopische Bild bietet auch nur dass die Zellen darin fehlen das Gerinn- sel der Flüssigkeit im Lumen des Medullär- und Hirnrohres, dasselbe Bild das Gerinnsel in jedem Längs- oder Querschnitt eines Blutgefässes, soweit dasselbe nicht von Blutkörperchen erfüllt ist, dasselbe endlich die Grundsubstanz der Kopfplatten, in der die in diesem Stadium relativ spärlichen Zellen eingebettet sind. Welche Annahme liegt da näher als die, dass der Glaskörper aus derselben Flüssigkeit besteht, wie die, der in gehärteten Präparaten jene Gerinnsel ihre l^ntsteliung verdanken mag dieselbe je nach dem Ort ihres Vorkommens als Blutplasma oder als Transsudat oder als Körperlymphe zu bezeichnen sein, welche, in den relativ zellenarmen embryonalen Geweben so reichlich vorhanden, alle bei den Umfor- mungen und Faltungen der zellenreicheren Grenzkeimblätter entstehenden Lücken und so auch die um und in der Augenblase sich bildenden Falten und Hohlräume ausfüllt. Und wenn dazu für die oberhalb der Linse gelegenen Lumina (Fig. 5) das Material gewiss hin- reichend in der gefässreichen Kopfplattenmasse über der Augenblase vorhanden ist, so fehlt dasselbe auch von der Bauchseite her nicht; denn wenn die Gefässschlinge, die wir S. 22 als in Fig. 4 schon vorhanden, in Figg 5 und 6 als in die Augenblasenfurche vorgedrungen bereits kennen gelernt haben, auch klein ist, so dürfte bei der Dünnwandigkeit der Gefässe in diesen Stadien, die Transsudation aus demselben doch genügen, um die Augenblasenfurche und den ja auch nur ganz allmälig sich vergrössernden Raum zwischen Linse und Irnien- fläche der Augenblase zu füllen.

Und die Zellen , die in dem Glaskörpergerinnsel eingebettet sind? sind aus dem- selben Gefässchen ausgetretene Blutkörperchen. Ich darf mich speciell in Bezug auf diesen Punkt auf das zustimmende Urtheil von Fachmännern berufen, welche dieselben nach ihrem mikroskopischen Charakter in meinen Präparaten (z. B. dem in Fig. 6 A. gezeichneten) sofort als solche erkannt haben. Ich will aber hier gleich erwähnen, dass sie diesen Charakter nur zeigen, so lange sie in der Nähe der Augenblasenfurche resp. Spalte sich befinden; je weiter von dieser entfernt, desto mehr erscheinen sie degenerirt, kleiner, protoplasmaärmer, unregelmässig geformt (so die Figg. 6 B. und 8 dorsal wärts von der Linse liegenden) , schliess- lich nur noch als Detritus ; die ausgetretenen Blutkörperchen scheinen demnach ziemlich rasch im Glaskörper sich aufzulösen; möglich, dass eben durch dieses Aufgehen von Blutkörper- chen in die Glaskörperflüssigkeit diese die gallertige Beschaffenheit annimmt, welche sie in

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späteren Stadien zeigt und durch die sie sich dann von der Körperlymphe und dem Bhit- plasma unterscheidet.

Der GLaskörper wäre darnach also nur ein Transsudat mit einzelnen in dasselbe g-e- langten Blutkörperchen. So wenig man nun anderweitig- in der Entwickelungsgeschichte Transsudaten eine activ-formative Wirkung zuschreibt, so wenig wird man auch annehmen w^oUen, dass die beschriebene flüssige GlaskÖrperanlage den für ihre Aufnahme erforderlichen Raum sich selbst schaffe; und dies um so weniger, da dieser Raum zur Zeit noch nach unten hin offen ist, und nicht etwa eine geschlossene Blase, welche durch Steigerung der Transsudation in dieselbe eine stärkere Spannung und Wölbung erfahren könnte. Man muss also nach anderen Ursachen für die Entfernung der Augenblase und Linse von einander suchen. Ich glaube, dass dieselbe vorwiegend" auf die Differenz der Wachsthumsgescli windig- keit und Flächenvergrösserung beider zurückzuführen ist. Während nämlich die Oberfläche der Augenblase stetig an Ausdehnung zunimmt, bleibt, wie ein Blick auf die zugehörigen Zeichnungen ohne weiteres zeigt, die Linsenblase in der Grössenzunahme bedeutend hinter ihr zurück (ihr Productionsvermögen scheint durch die Verlängerung ihrer Elemente zu Fasern und die dadurch bedingte Verdickung ihrer Wand, sowie durch die Hervorbringung der Linsen- kapsel zum grössten Theil absorbirt zu w^erden). Denkt man sich nun den Umbiegungsrand der Augenblase an die ihre Oeffnung ausfüllende Linse irgendwie fixirt, oder gegen diese und das anliegende Hornblatt angestemmt, so muss die raschere Fläclienvergrösserung der halbkugelförmigen Augenblase, wenn keine besonderen Hindernisse entgegenstehen, dazu füh- ren , dass alle übrigen Punkte der Innenfläche der Augenblase sich von der Linse mehr und mehr entfernen und das doppelwandige napf- oder haubenförmige' Gebilde allmälig die Gestalt einer Hohlkugel annehmen, deren absolut zwar grösser, relativ zur Vergrösserung der ganzen Augenblase aber kleiner werdende Oeffnung nach wie vor durch die Linse geschlossen bleibt. Eine Art Fixation, freilich nicht im Sinne von Verwachsung, sondern nur durch festes Angedrücktsein des Umbiegungsrandes der Augenblase gegen die Linse anzunehmen, scheint mir aber durchaus nicht unzulässig. Dafür spricht der Umstand, dass in allen nur einigermaassen gut gehärteten Präparaten diese Theile nicht nur dicht und unmittelbar aneinanderliegen , so dass ihre Grenzconturen in einen zusammenfliessen , sondern in vielen, namentlich den jüngeren Stadien (vgl. Figg. 7, 8 u. 10) sogar der Umbiegungsrand der Augenblase gegen die Linse abgeplattet erscheint; und dies nicht nur beim Hühnchen, sondern auch bei anderen von mir untersuchten Thieren ; ich trage daher auch kein Bedenken, die soeben besprochene Formveränderung der Augenblase mir in der angegebenen Weise zu erklären.

Es erübrigt nun noch die Erörterung der Berechtigung, die wiederholt erwähnte Ge- fässsclüinge in der Weise direct in Beziehung zur Entwickelung des Glaskörpers zu setzen, wie es im Obigen geschehen ist. Diese Berechtigung ergiebt sich aus dem Verlauf und der Lage dieses Gefässes. Der Verlauf desselben tritt am anschaulichsten in Frontalschnitten, wie sie auf Taf. I gezeichnet sind, hervor, s. Figg. 4 ; 6 A; 7 C; 8; 10. Aus den Kopfplatten an der Bauchfläche des Hirnrohres hervorkommend, steigt das Gefäss an der Bauchfläche des Augenblasenstiels empor, verläuft dann horizontal distalwitrts , biegt unterhalb der Linse scharf um, um ventral-medianwärts wieder zu derselben Gegend zurückzulaufen, aus der es

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aufgestiegen war; es bildet also eine Schlinge mit einem oberen zuführenden und einem unteren zurückführenden Schenkel. Dass man den Gesammtverlauf dieser Gefässschlinge so schwer in einem dünnen Schnitt zur Ansicht bekommt, kann nicht Wunder nehmen, da bei der Kleinheit des Objects ja eine minime Abweichung von der erforderlichen Schnittrichtung genügt, um das gewünschte Resultat verfehlen zu lassen. In den Figg. 4. 5, 6A. sind nur Theile dieser beiden Schenkel sichtbar, die Umbiegungsstelle des Gefässes ist nicht mit in die gezeichneten Schnitte gefallen; in den Figg. 7A. 7 0. 10A. dagegen ist die Umbiegungs- stelle deutlich, der aufsteigende Theil des Gefässes dagegen in Fig. 7 nur gestreift, jedoch zu erkennen an den schon durch ihre Grösse so charakteristischen Blutkörperchen bei v. in Fig. 7 C; zu Fig. 10 liegt derselbe in den beiden dem gezeichneten vorhergehenden Schnitten. In den Figg. 8. und 10 abgebildeten Stadien ist die Augenblasenspalte schon so eng, die dieselbe begrenzenden Umbiegungsränder der Augenblase so nah aneinander gerückt, dass es fast unmöglich ist einen Schnitt durch den Längsverlauf des Gefässes zu gewinnen, ohne dass die Augenblasenränder mitgetroffen werden; dabei zeigt sich der obere Schenkel der Gefässschlinge stets als oberhalb der Augenblasenränder, also als in dem in diesen Stadien auch an der Bauchseite schon fast ganz abgeschlossenen Glaskörperraum drinliegend. Noch deutlicher ergibt sich dies aus den Sagittalschnitten auf Taf. III. Schneidet man von der Medianebene des Kopfes distalwärts fortschreitend, so findet man , wie S. 26 schon ange- geben, den Augenblasen stiel in der Nähe des Hirnrohres längsoval, dann allmälig rund werdend, endlich folgen Schnitte, welche die schon von Eemak ihm beigelegte Dachrinnen- form in sehr ausgesprochener Weise zeigen , Taf. III. Fig. 23 ; die in verschiedener Richtung um denselben verlaufenden Gefässchen scheinen sich in der Nähe der Uebergangsstelle des Stiels in die Augenblase (Taf. III. Fig. 24.) zu einem grösseren Stämmchen zu vereinigen, welches sich hier erst in die Rinne des Augenblasenstiels legt und mit dieser ins Cavum der Augenblase übergeht Taf. III. Fig. 25; das in der letzteren Zeichnung sichtbare Stück des Gefässes gehört dem oben als aufsteigendes Stück bezeichneten Theil desselben an. Taf. III. Fig. 26 zeigt das Gefäss im Anfangsstück seines horizontalen Verlaufs, Taf. III. Fig. 27 in der Mitte desselben; hier berühren sich die Augenblasenränder unterhalb des Gefässes schon vollständig. Unterhalb der Spalte sind kleinere Gefässlumina sichtbar, welche den unteren, rückläufigen Schenkel der Gefässschlinge repräsentiren ; dieser letztere ist nämlich nicht ein einheitlicher, wie der obere; letzterer entsendet vielmehr schon während seines Verlaufs über der Spalte feinste Zweige durch die Spalte hindurch, welche dieselbe medianwärts rückläufige Richtung einschlagen , wie der zuletzt unterhalb der Linse die Spalte durchsetzende Stamm selbst. Diese Verhältnisse lassen sich schon in den Taf. III, Figg. 23 28 dargestellten jüngeren Stadien nachweisen, noch leichter aber an etwas älteren; so in den Taf. III. Figg. 29—37, welche einer Serie von circa 60 Schnitten durch das Auge eines etwa 4tägigen Hühnchens entnommen sind. Auch zu dieser Zeit noch zeigt der Augenblasenstiel seine Rinnenform, und zwar sowol vor (Fig. 29) als bei (Fig. 30) seinem Uebergang in die Augenblase. In dem zwischen diesen beiden Schnitten liegenden Stück des Stieles tritt das Gefäss in die Rinne (Taf. III. Fig. 29 erscheint es noch durch eine Kopfplatten schiebt vom Stiel getrennt); Figg. 31 und 32 zeigen den Durchtritt durch

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die Spalte, in Fig. 33 liegt es über derselben und g-cht ein Zweig- von demselben dnrcli die Spalte hinaus. In Fig. 34 tritt ein rothes Blutkörperchen durch die Gefässwand nach dem Glaskörper hin aus; in Fig. 35 schickt das Gefäss sich zur Theilung in mehrere Zweige an, welche in Fig. 36 sich vollzogen hat; Fig. 37 endlich zeigt den Austritt des letzten bedeutenderen Zweiges, welcher als die Fortsetzung des Stammes angesehen werden kann, durch die Spalte^ repräsentirt also die unterhalb der Linse gelegene Umbiegungs- oder Uebergangsstelle des zuführenden oberen Schenkels in den abführenden unteren (vgl. S. 35); dass letzterer ein geringeres Lumen zeigt als jener (vgl. Taf. I. Figg. 7. 8. 10) erklärt sich aus dem Voranstehenden genügend.

Nach dieser seiner Lage kann das in Rede stehende Gefäss, wenn es überhaupt einen Zweck haben soll^ doch wol nur in Beziehung zum Glaskörper gesetzt werden.

Ehe wir das Hühnchen verlassen, muss noch der Darstellung, welche Lieberkühn (28) von der Entwickelung des Glaskörpers bei demselben gibt, Erwähnung geschehen. Lieberkühn beginnt seine Beobachtung intacter Embryonen unter dem Mikroskop erst in einem Stadium, in welchem (28. S. 23) „die dem vorderen Blatt der Augenblase eng anliegende Linse mit einer noch deutlichen Oeffnung" versehen ist (28. Taf. L Fig. 1.); „vorderes und hinteres Blatt der sec. Augenblase sind eng aneinander gerückt und noch von fast gleicher Dicke" ('? vgl. meine Taf. L Figg. .5 und 6) ; die Stelle unterhalb der Linse „zeigt noch nicht irgend eine Einbuchtung der Augenblase und auch noch nicht die charakteristischen in fast allen Abbil- dungen dargestellten einander entgegengekommenen Ausläufer der Augenblase; diese Erscheinung bietet sich erst im nächsten Stadium dar". In diesem (Anfang des 4. Tages) „läuft (28. S. 13) unter die kreisförmige Oefinung (i. e. die Einmündungssteile des Lumens des Augenblasenstiels in die Augenblasenhöhle) „ein kegelförmiger Zapfen hin, der mit breiter Basis von dem Gewebe der primitiven Schädelkapsel unterhalb des Hornblattes ausgeht und sich immer mehr zuspitzend hinter den unteren Rand der Linse begiebt, um sich hinter ihr zu verlieren. Dieser Zapfen stellt die Andeutung des Vorganges dar, der von den Autoren Schoelek, Kölliker als Einstülpung des Glaskörpers beschrieben ist. Der Zwischenraum zwischen zwei einander entgegenkommenden Wülsten der Augenblase, durch welchen dieser Zapfen geht, hat nur erst eine unbedeutende Tiefe und bildet die Anlage der Chorioidal-, Netzhaut- oder Augenblasenspalte." Diese Angaben (denen gegenüber diejenige, mit der er sein nächstes Cap. S. 19 beginnt: „die erste Anlage des Glaskörpers erfolgt schon viel früher als es bisher angenommen worden ist und fällt in die Zeit vor dem Auftreten der Augenblasenspalte," befremdet) sprechen ebenso wie die dazu gehöri- gen Abbildungen seiner Taf. L nicht zu Gunsten der von ihm gewählten üntersuchungsmethode; was durch diese ermittelt werden konnte, ist naturgetreu bereits von Remak (36. Figg. 32—38) wiedergegeben, während die die Augenblase unter- halb der noch offenen Linse geschlossen zeigenden Figg. 1 und 2 LiEBERKtJHN's durchaus dem Thatbestand wider- sprechen, daher denn auch seine aus diesen abstrahirten , „durch den Sehnerven" (vgl. 28. S. 80 zu Taf. I. Fig. 2 a) und mithin auch durch die Augenblasenspalte, „die in der Verlängerung des Nerven ihre Lage hat" (28. S. 10), gelegt gedachten Durchschnittszeichnungen l A, 2A und 6A') unrichtig sind, wie jeder mikroskopische Schnitt durch die resp. Partie eines gut gehärteten Embryo ohne weiteres beweist, so [auch schon der von Lieberkühn Fig. 9 gezeichnete, obgleich der- selbe in nicht ganz glücklicher Richtung geführt und einem seitlich stark comprimirten Kopf (letzteres ist in noch höherem Grad in Fig. 10 der Fall) entnommen ist. Aus diesen Beobachtungsfehlern resultirt der Deutungsfehler, dass er auf S. 12 ff. das, was in W^irklichkeit optischer Ausdruck der Augenblasenfurche oder Augenblasenspalte ist (2s. Taf. L Figg. 1. 2. 3) „als grosse Hirnspalte" (vgl. S. SO zu Taf. I. Fig. 1.) oder „Communication der Augenblasenwurzel mit der Höhle der Himblase (S. 80 zu Taf. L Fig. 2a.) beschreibt; daher auch der Irrthum in Bezug auf die Zeitangabe des ersten Auftretens der Augenblasenfurche und der „ersten Andeutung des Vorgangs der Einstülpung des Glaskörpers" (s. o).

Ich schliesse hieran gleich noch die Erledigung einer anderen Frage von allerdings mehr nur untergeordneter Bedeu- tung, welche von Lieberkühn im Zusammenhang mit seiner obigen Darstellung irrthümlich behandelt wird, nämlich: Ob die Emstälpung 7-esp. Einziehung der Augenblase sich auch auf deren Stiel fortsetzt oder nicht? Lieberkühn behauptet und Mihalkovics (32. S. 594) bestätigt ausdrücklich diese Bt-hauptung Lieberkühn's , dass dies beim Vogelauge nicht der Fall sei (28. S. 15 und 25), „man müsste sonst (28. S. IG) bei gewissen Einstellungen eine dem entsprechende Figur der Anlage des Opticus sehen. Was als die nach dem Boden des Gehirns hin sich fortsetzende Rinne des Sehnerven angesehen zu werden pflegt, gehört vielmehr noch der Augenblase an, deren Spalte in der Verlängerung des Nerven ihre Lage hat. An Quer-

1) Und ebenso natürlich auch der nach diesen entworfene „Schemat. Längsschnitt nach Lieberkühn" , den Manz (29) S. 8. und 12 in seinen Figg. 4 und 5 gibt.

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schnitten, die durch den Opticus selbst gelegt siml, stellt sich dies mit vollster Sicherheit heraus; auch findet sich im Vogel- auge keine Arteria centralis retinae vor, deren wegen eine solche Einstülpung angenommen worden ist. la so weit eine Rinne an der unteren Fläche des Sehorgans sichtbar ist, tritt sie nur bis an den Opticus heran, setzt sich aber nicht auf ihn fort." Dem gegenüber muss ich meine entgegengesetzte Ansicht (11). S. \'i [28. S. II] und: Dorpater medic. Ztschr. V. Bd. S. 3()0) vollkommen aufrecht erhalten; schon aus den soeben cit. Stellen geht hervor, dass dieselbe nicht eine der Art. central, retinae wegen gemachte Annahme ist, sie stützte sich vielmehr auf Querschnitte, wie sich einer derselben Taf. III. Fig. 23 bis auf jede einzelne Zelle genau mit dem Zeichnenprisma wiedergegeben findet. Der Umstand, dass der hier unzweifelhaft rinnen- förmigc Augcnblasenstiel als durch die ihn rings umgebenden Kopfplattenelemente von der oberhalb als angeschnitten sicht- baren (medialen Wand der) Augenblase getrennt sich präsentirt, lässt mit voller Bestimmtheit die Behauptung zurückweisen, dass das rinnenförmige Gebilde „noch der Augenblase angehört." Nach der oben gegebenen Erklärung der Furchenbildung an der Bauchfläche der Augenblase muss es leicht begreiflich erscheinen, dass die Wirkung desselben Causalmomentes sich auf den distalen Theil des Augenblasen^/zVZt'.? erstreckt, und hier um so mehr zur Wirkung kommt, je weiter das Lumen des letzteren noch ist; die von der Einziehung betroffene Strecke des Stieles wird aber natürlich um so kürzer sein, je kürzer der Stiel ist. Meine bezüglichen Zeichnungen (Taf. I, Figg. 2, 4 S) zeigen, dass derselbe beim Hühnchen ausserordentlich kurz ist (vgl. dagegen die Länge desselben bei der Maus Taf. V. Fig. G8, in der nur ein Theil des Stieles in der Zeichnung vorliegt); dem entsprechend hat auch die eingezogene Strecke desselben beim Hühnchen eine so geringe Ausdehnung, dass nur lückenlose Serien in glücklicher Richtung geführter, dünner Schnitte deutliche Bilder der Rinnenform ergeben.

Meine Befunde an Embryonen aus anderen Tliierclassen sind nur geeignet, die im Bisherigen am Hülmchen gewonnenen Anscliaimngen über die Umbildung der Augenblase, die Entstehung der Augenblasenspalte, des Glaskörpers und Glaskörperraumes zu bestätigen. Je ausführlicher ich an jenem beschrieben habe, desto kürzer kann ich mich bei diesen fassen.

Von Lacerta habe ich jüngere Stadien als das in Taf. VI. Fig. 77 abgebildete, in welchem die proximale Linsenwand nur wenig mehr verdickt ist als in der Zeichnung von der Viper Taf. VI. Fig. 76, nicht erlangen können. Der Glaskörper bietet in den Präpa- raten von der letzteren sowol als in denen von der Eidechse dasselbe mikroskopische Bild wie derjenige des Hühnchens, mit dem einzigen Unterschied, dass bei der Viper im obigen Stadium gar keine, bei Lacerta mehr Zellen in demselben anzutrelfen sind als beim Hühnchen. Die Zahl derselben nimmt bei Lacerta in den späteren Stadien (anfangs nament. lieh in der Nähe der Linse) noch bedeutend zu (Taf. VI. Figg. 80); vielleicht hängt dies mit der ansehnlich beträchtlicheren Entwickelung des Blutgefässes (s. Fig. 78) zusammen, V. clches in gewissen Stadien die Augenblasen spalte vollständig ausfüllt (Figg. 77 A und B). Viele von diesen Zellen im Glaskörper sind sofort als Blutkörperchen zu erkennen cf. Figg. 78 und 79.

Beim Hecht finde ich in dem Glaskörper eben sowenig eine Spur von Zellen, wie bei der Viper, sondern nur das Flüssigkeitsgerinnsel; auch Kutffer (25. S. 643) konnte „auch an Hechtembryonen, bei denen der Spalt der Augenblase bereits geschlossen war, eine bindegewebige Grundlage des Glaskörpers nicht bemerken, der Glaskörperraum war da noch von Flüssigkeit eingenommen". Wenn Kupffer unmittelbar vorher aber sagt : zugleich mit den Nervenfasern dringt auch Dindegewehe ein, welches die limitans interna bildet'', so kann ich dies nicht bestätigen; ich finde nur ein Blutgefäss, und zwar ganz in derselben Weise wie bei Hühnchen und Eidechse eintretend; das Verhalten dieses Gefässes unter- sclieidet sich erst nachdem es in den Bulbus eingetreten ist von demjenigen bei den letzt- genannten Thieren dadurch dass es sich theilt, um nur einen seiner Zweige oberhalb der Augenblasenspalte nach dem ventralen Linsenrand hinziehen zu lassen, den (oder die?)

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anderen aber an der Innenfläche der medialen Angenblasenwand dorsalwärts zu entsenden (vgl. ScHEiNK 37, S.485 und Fig. 5; in meinen Präjiaraten liegen die Gefässzweige der Angen- blasenwand unmittelbar an). Da Kupffer dieses Gefäss gar nicht erwähnt, das von ihm angegebene 13indegewebe aber in meinen Präparaten sich nicht findet, muss ich vermuthen, dass er dieses Gefäss für einfaches Bindegewehe genommen hat.

Säuger.

Auch bei den Säugern tritt ein Gefäss durch die Augenblasenspalte, welches sich sofort nach seinem Eintritt verzweigt; während aber die Gefässzweige im Auge des Hecht- embryo sich der Innenfläche der Angenblasenwand von vornherein dicht anlegen und der Glaskörper dabei vollkommen gefäss- und zellenlos bleibt, gibt derjenige des Säugerembryo ein total anderes Bild. Wie dies sich entwickelt, erlaube ich mir, da genauere Mitthei- lungen darüber bisher noch so gut wie ganz fehlen, im folgenden etwas ausführlicher dar- zulegen, s. Taf. V. und VI.

Taf. V. Fig. 65 ist die primäre Augenblase vom Hundeembryo dargestellt; ihre Ab- schnürung ist noch nicht vollendet, die Communication mit der Hirnhöhle, das Lumen des Augenblasenstiels* (st) noch weit, der vom zweischichtigen Hornblatt bedeckte Pol schon etwas abgeplattet; die Figg. 66 und 67 A von der Maus zeigen die Umbildung der primären Augenblase zur secundären; der mit f bezeichnete Theil ihrer Wand ist derjenige, welcher die während der Einziehung entstehende Furche überdacht; in letzterer ist das Gefäss, die spätere Arteria centralis, leicht an den schön erhaltenen, grosskernigen Blutkörperchen in seinem Lumen zu erkennen. Nicht weniger deutlich tritt der Stamm desselben bereits in Taf. V. Fig. 65 in der spärlichen Kopfplattenmasse an der Bauchfläche des Hirnrohres hervor, in anderen Schnitten der Serie, welcher letztgenannte Zeichnung entnommen ist, liegt es mehr lateralwärts getroffen auch in seinem weiteren Verlauf an der Bauchfläche der Augenblase vor. Schon in den Stadien, welche Taf. VI. Figg. 81 und 82 gezeichnet sind, hat es die Convexität der von ihm gebildeten Schlinge dorsalwärts weiter emporgetrieben; in dem Taf. V. Fig. 67 A abgebildeten füllt es, im Querschnitt bedeutend gewachsen^ die Furche des Augenblasenstiels und den zwischen Innenfläche der Augenblase und Linsen- anlage entstandenen Winkel vollkommen aus, um von hier in unmittelbarer Berührung mit der Bauchfläche der Linsenanlage lateralwärts zu ziehen (Taf. V. Fig. 67 A. B. C. und Taf. VI. Fig. 83); während dieses Verlaufs gibt es (vgl. S. 36.) einen feinen Zweig ab, welcher ventral-medianwärts nach derselben Gegend hin zurückläuft, von welcher aus der Stamm in die Augenblase eingetreten war (Taf. VI. Fig. 83; auch schon in Taf. V. Fig. 67 A. ist dieser Zweig angedeutet). Unterhalb des am weitesten dorsalwärts hinaufreichenden Theiles der Gefässschlinge beginnt bei den Säugern die Augenblasenfurche oder -Spalte schon sehr früh sich zu verengern resp. zu schliessen; dies zeigt Taf. V. Fig. 67 B. Dieser Sagittalschnitt durch einen Embryo aus demselben Mutterthier, welchem der Fig. 67 B. abgebildete frontal geschnittene Embryo entstammt, ist geführt in der Richtung, welche in Fig. 67 A. durch /. v bezeichnet ist; im Centrum von Fig. 67 B. sieht man die proximale Linsen wand leicht gestreift, unterhalb derselben das Gefäss im

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Querschnitt, beide unmittelbar umschlossen von der inneren Lamelle der Augenblase; unter- halb des Gefässes die Augenblasenspalte , einig-e Kopfplattenzellen enthaltend. Diesem Schnitt parallel, mehr distal wärts in demselben Auge wie 67 B, liegt der Fig. 67 C. gezeichnete : der innerste Ring ist die Wand der mit Amnionflüssigkeit gefüllt zu denkenden Linsengrube, an der Eauchfläche derselben in der hier natürlich viel breiteren ') Augenblasen- spalte zwei kleine Lumina der Zweige der Art. central.

Aus der Taf. V. Fig. 67 A - C. ist zu ersehen, dass bei der Maus und dasselbe zeigen die Schnitte von dem Taf. VI. Fig. 88. gezeichneten menschlichen Embryo schon bei noch weit offener Linsengrube die innere Lamelle der Augenblase der äusseren bis zur Berührung sich genäliert hat, die Umbildung der primäi'en Augenblase zur secundären mithin bereits vollendet ist. Von einem Glaskörper und Glaskörperraum ist noch nichts vorhanden ; derselbe beginnt vielmehr erst kurz vor dem Schluss der Linsengrube sich zu bilden und besitzt dem entsprechend auch in Taf. IV. Fig. 83 (vom Schaaf) nur eine sehr geringe Ausdehnung (vgl. dagegen die Taf. I. Figg. 6 und 7 vom Hühnchen).

Wenn in irgend einer Tliierclasse, so würde nach den bisher gangbaren Vorstel- lungen über Entwickelung und Natur des Glaskörpers man bei den Säugern eine binde- gewebige Grundlage desselben zu finden sich berechtigt glauben; dieses ist jedoch nicht der Fall; vielmehr ist es wiederum dieselbe, nur als Flüssigkeitsgerinnsel zu deutende Masse und zwar in einzelnen Schnitten (namentlich beim Schaaf, s. Taf. VI. Fig. 83) diese ganz allein und ausschliesslich , welche den Glaskörperraum bei Säugern ebenso wie bei den vorhin besprochenen Thieren erfüllt; in anderen Schnitten finden sich vereinzelte Zellen, welche entweder noch als ziemhch unveränderte Blutkörperchen erkannt werden können, oder schon ein detritus-artig degenerirtes Aussehen zeigen, in noch anderen endhch sieht man Blutgefässe durch jenes Gerinnsel verlaufen. Dieser Befund: der Mangel von Bindegewebe, Kopfplatten i. e. einer noch indifferenten Zellenmasse mittleren Keimblattes im Binnenraum der Augenblase kann denjenigen nicht tiberraschen, der aus den besprochenen Zeichnungen der Taft'. V. und VI die richtigen körperlichen Vorstellungen für jene Stadien sich abstrahirt hat; aus denselben ergiebt sich nicht nur, dass in jenen Stadien von Kopf- platten (in dem im vorigen Satz angegebenen Sinn) in der Augenblase nichts vorhanden sein kann, sondern- auch, dass die Wege auf welchen ein späteres Eindringen etwa denkbar wäre, bereits verlegt sind, nämlich einerseits die Augenblasenspalte, und zwar in ihrem proximalen Theil durch das ihr aufliegende Gefäss (s. Taf. V. Fig. 67 B.), im lateralen breiteren Theil durch die ventrale Fläche der Linsenanlage (s. Taf. V. Fig. 67 C), anderer- seits der Weg zwischen der übrigen Peripherie der Linsenanlage und der Innenfläche der Augenblase durch das unmittelbare Aneinanderliegen beider. Zwar findet man hier in ein- zelnen Schnitten ganz vereinzelte Gebilde, die für Querschnitte äusserst platter Zellen genommen werden müssen, die offenbar, da sie im Stadium von Taf. V. Fig. 66 noch nicht anzutreffen waren, eben im Vordringen zwischen diese beiden Lamellen begriffen sind; ihre Gestalt, sowie der Mangel eines ersichtlichen Motivs für ein so energisches Vordringen

1) Vgl. obeu S. 23 und S. 24.

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der indiffi'rentm Kopfplatteiielemente aus der Umgebung des Auges machen es unwahr- scheinlicli, dass sie den letzteren angehören; ich deute sie als Ausläufer oder Anlagen von Gefässsprossen. Von diesen ist es ja bekannt, dass sie niclit nur zwischen Gewebslamellen, sondern anderweitig auch in diese hinein wuchern; und Gefässe, von denen sie ausgehen könnten, sind an den hier in Rede stehenden Stellen genügend vorlianden. Vor allem sind es die sich entwickelnden Zweige der Arteria centralis; diese nämlich löst sich sofort nach ihrem Eintritt in die Augenblase in mehrere Aeste auf, welche divergirend nach der proxi- malen Linsenwand und an dieser nach der Aequatorialgegend hinziehen; selbst in dem Taf. V. Fig. 69 abgebildeten Stadium , in welchem die Linsenfasern schon die distale Wand zu erreichen anfangen , ist der Glaskörperraum , der Abstand von Iinientlächc der Augenblase und Linse, noch so klein, dass derselbe im mikroskopischen Schnitt durch die Längs- oder Querschnitte dieser Gefässstämmchen fast ganz ausgefüllt erschehien kann; die eigentliche Glaskörpermasse, das Transsudat aus diesen Gefässen mit einzelnen darin enthaltenen Blut- körperchen, findet sich nur in den Lücken zwischen den Gefässen. Was in diesen Lücken etwa an stern- oder spindelförmigen (mit Ausläufern versehenen) Zellen in einzelnen Schnit- ten angetrotfen wird, gehört entweder angeschälten Gefässwandungen oder in der Bildung begriffenen neuen Gefässsprossen an.

Der Glaskörper der Säuger besitzt also in seinen ersten Entwickelungsstadien dieselbe Beschalf enheit wie derjenige des Hühnchens, der Eidechse, der Viper etc.; das mikroskopi- sche Bild, welches das Innere des GlaskörpenY«?»'/?//«^'.^ bietet^ wird nur dadurch ein verschie- denes, dass bei letzteren Thieren nur ein Gefäss an der Bauchseite desselben verläuft, während bei Säugern mehrere Aeste des homologen Gefässstammes durch denselben hin- durch gehen. ')

Diese Gefässäste zeigen in Bezug auf ihr weiteres Verhalten bei Schaaf und Maus nur unwesentliche Diiferenzen: beim Schaaf nämlich entwickelt sich der am meisten central gelegene, der als die Fortsetzung des Stammes der Art. centr. angesehen werden kann, die Art. hyaloidea der Autoren, am stärksten und verläuft gerade gestreckt bis an die Mitte der proximalen Linsenwand, während die Nebenäste, die sich reichlich im Glaskörper ver- zweigen und erst in der Gegend des Aequators an die Linse herantreten, eine viel geringere Mächtigkeit erlangen ; bei der Maus sind die letzteren anfangs ebenso stark wie der centrale und gehen während des Verlaufs durch den Glaskörper nur spärliche Theilungen ein; im wesentlichen aber stimmen sie bei beiden Thieren darin überein, dass sie sämmtlich früher oder später an die Linse herantreten, um dieselbe und zwar zunächst die proximale Wand der-

1) Lieberkühn's abweichende Darstellung s. 28. S. 39 If. In Liebeekühn's (28) Fig. 52 von einem (nach S. 87 5 Mm., nach S. 42 11 Mm. langen) Schweineembryo, auf die er sich bei seiner Darstellung S. 42 stützt, oder in diese Dar- stellung selbst haben sich Versehen eingeschlichen, welche sinnstörend sind ; Liebeekühn sagt nämlich S. 42 : „bei g setzt sich die ganze Anlage (sc. für Linsenkapsel, Glaskörper und Membrana hyal.) durch die Augenblasenspalte mit dem Gewebe der Kopfplatten in Verbindung;" in der genannten Figur ist aber von der Augenblasenspalte überhaupt nichts zu sehen und am wenigsten könnte dieselbe an derjenigen Stelle , wo der Buchstabe g steht , nämlich an der 2)o/-Art/fläcii8 des Augenblasen- stlcls, ihre Lage haben. Dass in dieser Figur der nach unten gekehrte der dorsale, der bei '^ liegende der ventrale Theil des Auges ist, ist abgesehen von der Form der Augenblase schon daraus zu entnehmen, dass die Uebergangsstelle des Augen- blasenstiels in die Augenblase stets der Bauchfläche der letzteren näher liegt.

Kessler, Wirbelthicr-Auge. 6

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selben, mit einem alliniilig- immei- dieliter vvenlenden Netz vorwiegend meridional verlaufender, vielfach untereinander communieirender Gefässe zu umspinnen (vgl. 21. Fig. 145). Bald nachdem dieselben den Aequator passirt haben, verlässt ein Theil derselben die Linse und schlägt sich um den Umbiegiingsrand der Augenblase herum Taf. V. Fig. 71. A. , um auf der Aussenfläche der Augenblase zwischen dieser und der sie zunächst umge- bcmlcn (s})äter in die J>ihhnig der Iris, Ciliarfalten und Chorioidea aufgehenden) Kopfplatten- schicht — medianwärts zurückzulaufen s. Taf. V. Figg. 61); 70; 71. A; die übrigen ziehen längs der Linse weiter, dringen bis gegen den distalen Pol derselben vor, biegen hier, ohne mit den von der anderen Seite entgegenkommenden zusammenzufliessen , scharf um, um an der distalen Linsenwand wiederum in vorwiegend meridionaler Richtung bis an den freien Rand der Augenblase zurück- und über diesen hinüber ebenso zwischen Augenblase und Kopfplatten medianwärts zurückzukehren, wie die erstgenannten Zweige ohne diesen Umweg es gethan hatten vgl, Taf. V. Figg. 68, 69, 70, 71, 73. Auf diese Weise wird also das sämmtliche durch die Arteria central, in den Bulbusraum gelangte Blut über den Rand der secundären Augenblase hinüber in die Kopfplatten abgeführt eine Vor- richtung, auf die ich früher schon (19 pag. 12, 13.) in ähnlicher Weise hingewiesen habe, um die Entbehrlichkeit einer Vefia centralis und hyaloidea in diesen Stadien erklärlich erscheinen zu lassen. An demselben Ort habe ich auch bereits die Vermuthung ausge- sprochen, dass das Umbiegen der Gefässe ehe sie den Linsenpol erreichen, wodurch die ebenso eigenthümliche als zierliche Anordnung der Gefässe an der distalen Linsen wand ent- steht, wie sie Kölliker 21 S. 294. Fig. 146 abgebildet hat, in der Anwesenheit des Linsenstieles oder, da derselbe bei Säugern so kurz ist, dass von einem „Stiel" eigent- lich nicht gesprochen werden kann, in dem noch Vorhandensein der Verbindung zwischen Hornblatt und Linse, seinen Grund haben dürfte. Die Schnittserie, welcher meine Fig. 83. Taf. VI entnommen ist, zeigt deutlicher als sich dies bei der relativ schwachen Vergrösse- rung in dieser Zeichnung hat wiedergeben lassen, dass die Gefässsprossen bereits bis dicht an die Abschnürungsstelle der Linse vorgedrungen sind. ') Bei der Maus haben dieselben auch in den Figg, 68 und 69 gezeichneten Stadien den Pol noch nicht überschritten.

Im schroffsten Gegensatz zu dem Gefässreichthum des embryonalen Säugerauges steht dasjenige des Triton. Es zählt zu den wenigen, in deren Inneres Blutgefässe niemals den

1) LiEBEEKüHN (28. S. 40) hat gegen meiue Darstellung geltend gemacht, dass bei gewissen Säugern „ein ganz ununter- brochenes Gefässnetz an der vorderen Linsenwand vorhanden" sei. Dass in den schon weit vorgerückten Entwickelungs- stadicn, welche Lieberkuiix darauf bin untersucht hat (Rindsembryo von 472 Zoll, Kanninchenembryo mit einer Pupillar- öffnung von 7—8 Mm. (2^ 8. ^-li Fig. 4 1), bei einigen Säugern feine Gefässchen auch über den Pol hinüberlaufcn, war nicht nur durch die resp. Zeichnung Ammon's (t, 'J'af. IX. Fig. 2), welche ganz dasselbe zeigt, wie Lieberkühn's Fig. 44 und die ähnlichen IIenle's (13. Figg. 1. 2.), sondern auch durch die ausdrückliche Angabe Köllikbr's (21, S. 204): dass bei diesen Bogenbildungen ,,die Mitte (der distalen Linseuwand) entweder von Gefässen frei bleibt, oder nichl" bereits bekannt, beweist aber doch durchaus nicht, dass dieselben auch in den viel jüngeren Stadien, von welchen ich dort wie hier ausschliess- ich gesprochen habe, schon vorhanden sein müssten ; dieselben können vielmehr sehr wohl erst Hachlrä/jlich , nach der voll- ständigen Trennung und Entfernung der Linse vom Hornblatt aus den Spitzen jener Gefässbogen hervorgesprosst sein. Ihre Anwesenheit in späteren Stadien ist also bedeutungslos. Die Bogenbilduug selbst, auf die es hier wesentlich ankommt, ist in der Fig. 44 von Liebkekühn ebenso deutlich wie in denjenigen bei A.mmon und bei Kölliker; und für Ilnnd und Katze bestätigt Lieberkühn sogar selbst ausdrücklich die Richtigkeit der KöLLiKEU'schen Abbildung (28, S. 41.)

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Weg- finden. Vielleicht g-ehort es mit in den Complex der Eig'entliümliclikeiten , die sein Auge als ein anf einer niederen Stufe der Entwickelung- stehenbleibendes ckarakterisiren, dass seine Spalte nicht von einem differenzirten Gebilde, einem Blutgefäss, sondern nur von einigen weriig-en Kopfplattenzellen durchwandert wird (Taf. IV. Fig. 56. bei kpl.), welche dann in den folgenden Stadien in einzelnen Schnitten im Glaskörperraum anzutreffen sind ; hn übrigen ist der letztere auch nur mit formlosem Gerinnsel erfüllt, welches späterhin seinen einzigen Inhalt bildet. ')

Durch die Umbildung der primären Augenblase zu einer doppel wandigen , die Linse und den Glaskörper einschliessenden Hohlkugel ist die bleibende Gestalt des Augapfels hergestellt, die wesentlichste Phase seiner morphologischen Entwickelung zu einem gewissen

1) Ich kann nicht umhin, hier noch der von W. Müller gemachten Angaben und Deutungen über das Auge eines XJiieres , welches mir selbst leider nicht zugänglich gewesen ist, Erwähnung zu thun, nämlich desjenigen von Mijxine. Nach Müller (35. S. Vlll fi',1 sind Auge und Sehnerv derselben paarig; das Auge bildet ein Ellipsoid, welches seitlich vom Vorderrande des Gehirus an der Aussentläche des Schädels liegt, eingebettet in eine Lage lockerer Bindesubstanz, nach aussen durch eine fast 1 Mm dicke Muskelschicht von der äusseren Haut geschieden. Im gehärteten Präparat beträgt der grösste Durchmesser 0,5. Umgeben von einer aus straffem fibrillärem Bindegewebe gebildeten Kapsel, besteht es nur aus einer secundären Augenblase (Retina und Pigmentlamelle), welche dem pilzförmig gestalteten, durch einen dünnen Stiel mit der bindegewebigen Augenkapsel zusammenhängenden Glaskörper (wie das Epithel dem Bindegewebsstock einer Papille) aut- sitzt. „In der Mitte der lateralen Fläche des Auges tritt eine kurze Capiliarschlinge in den Glaskörper ein. Sie besitzt eine dünne bindegewebige Adventitia, an welche sich eine verhältnissmässig mächtige Lage lockeren, von feinen Fibrillennetzen durchsetzten Schleimgewebes anschliesst. Die Netze zeigen in den Knotenpunkten veireinzelte Kerne." Weiter schildert Müller das Sehorgan von Myxine als eines, welches „noch in der Entwickelung zu dem complicirten Apparate, welchen die höheren Vertebraten besitzen, begriffen ist'': Die Linse fehlt gänzlich, mit ihr die Iris und die zugehörige innere Musculatur. Die Einstülpung der lateralen Wand der ursprünglichen Augenblase ist bereits vorhanden ; sie ist bedingt durch die Ent- wickelung einer papillenartigen Gefässscblinge , welche gleich der ganzen Mesodermhülle dem Gebiet der Arteria ophthalmica angehört und ihre Adventitia in Schleimgewebe (i. e. Glaskörper) umwandelt. „Aus dem Fehleu der Linse bei Anwesenheit eines Glaskörpers ergibt sich der für die Phylogenese wichtige Schluss , dass die Glaskörperanlage älter ist als die Bildung der Linse ; das Fehlen der Linse erklärt sich einfach aus dem Umstand , dass die Energie des Wachsthums der beiden Augen- blasen noch nicht so beträchtlich ist; dass die Haut unter Verdrängung der zwischenliegeuden Muskelanlagen erreicht würde."

Diesen von Müller gegebenen Deutungen und Schlussfolgeruugen kann ich nicht beistimmen; denn was zunächst den Glaskörper der Myxine betrifft, so scheint, nach der obigen Beschreibung Müller's und seiner dazu gehörigen Fig. 3. Taf. IX,, auch für diesen die Annahme derjenigen Beschaffenheit und derselben Entstehungsweise, welche ich für Hühnchen u. s. w. nachgewiesen habe, mir sich mehr zu empfehlen, als die von Müller angenommene; schwerlich dürfte auch die lockere Masse desselben, deren Volumen von demjenigen der Augenblase etwa um das zehnfache übertroffen zu werden scheint, oder die Kraft jener „Capiliarschlinge", wie Müller annimmt, genügen, die Umformung der primären zur secundären Augen- blase zu bewirken, während nichts dem im Wege steht, die dafür von mir gegebene, gleichfalls an die Anwesenheit einer Linse nicht gebundene, Erklärungsweise auch auf Myxine auszudehnen. Auch die Richtigkeit der von Müller für das Fehlen der Linse aufgestellten Erklärung so wie seiner ganzen Auffassung des Auges der Myxine als eines „noch in der Entwickelung begriffenen" scheint mir nicht unanzweifelbar. Da Myxine ein Schmarotzer ist, der in seiner Jugend ein freies Leben führte und erst später in die Leibeshöhle anderer Fische eindringt, um sich in ihr festzusaugen, von einer ganzen Reihe von Schmarotzerthieren aber, die vorher frei gelebt hatten, es sicher erwiesen ist, dass ihre Augen beim Uebergang in's Schmarotzerleben Reductionen erfahren, die bis zum vollständigen Schwund des Sehorgans fortschreiten können, so muss so lange bis die genaue Erforschung der Enlmickelunrj des Myxincnauges den Gegenbeweis liefert, wenigstens die Möglich- keit offen gelassen werden, resp. a priori es wahrscheinlicher erscheinen, dass in dem von Müller beobachteten Zustand nicht ein werdendes , sondern ein reducirtes Auge vorliegt , in welchem die Linse bereits atrophirt ist. Das von Müllrr für die Functiousfähigkeit des Myxinenauges angeführte Experiment, „dass das Thier in tiaches ruhiges Wasser über Fels- grund geworfen, vorhandene Steine beim Schwimmen vermeidet", scheint mir an sich nicht beweisend, da dies möglicherweise auch (wie die entsprechende Leistung einer der Augen beraubten Fledermaus gegenüber den im Zimmer ausgespannten Fäden) auf Rechnung des Tastsinnes kommen könnte.

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Abscliliiss gebracht, beim Hühnchen etwa am Ende des 4. Tages; fernerhin handelt es sich nun vorwiegend um den feineren Ausbau der am Ende jener ersten Periode für alle Theile des 8eliorgans bereits vorliandenen Anlagen durch weitere Differeozirungen oder Aus- scheidungen und Anbildungen aus und an jenen ersten Anlagen.

Selbstverständlich können jener Termin und die Scheidung der Entwickelungsvor- gänge nach den genannten zwei Seiten hin keine vollkommen scharfen sein, vielmehr werden in der zweiten Periode auch noch manche kleine Formveränderungen zu verzeichnen sein, Avähreml andererseits schon gleichzeitig mit den ersten wesentlichen Umformungen wichtige Processe der anderen Art abgelaufen sind ; so die Bildung der Linsenkapsel und der Membr. limitans interna. Dieselben sind bisher unberücksichtigt geblieben, weil eine richtige Auf- fassung derselben nur nach genauer Kenntnissnahme der bisher besprochenen Entwickelungs- vorgänge und Verhältnisse möglich ist.

VIERTES OAPITEL.

ENTWICKELUNG DER LINSENKAPSEL

UND

DER MEMBEAM LIMITANS INTERNA.

I. Linsenkapsel,

Die Geschichte der zur Zeit herrsclienden Anschauung' über die Ent Wickelung und Natur der Linsenkapsel ist folgende:

RtMAK (36. S. 91) warf zuerst die Frage auf, ob die sehr dünne, dem Anschein nach ,,structurlose'', an die sog. memhr. jjropria der Drüsen erinnernde Membran, welche die Wand der abgeschnürten Linse umschliesst und die Anlage der Linsenkapsel bihlet, ,,de)u Honihlatt oder den Kopfplatten ihre Entstehung verdankt!" musste diese Frage aber aus Mangel an entscheidenden unmittelbaren Beobachtungen ungelöst lassen. ,, Sollte ich (fährt er a. a. Orte fort) dieselbe nach Analogieen beantw^orten, so würde ich mich für die Entstehung aus den Kopfplatten entscheiden.') Kölliker (21. S. 279 und 297; vgl. auch 22 §. 1 5) dagegen spricht sich sowohl in Bezug auf das Hühnchen , als noch bestimmter in Bezug auf die Säuger dahin" aus, dass die Linsenkapsel, ,,da dieselbe nie eine Zusammensetzung aus Zellen zeigt," nichts als eine Ausscheidung der Linsenzellen selbst sein knnn, eine Auffassung, die auch von H. Müller (Arch. für Ophthalmologie , Bd. IL Abth. 2. 1856. S. 60) als wahrscheinlich angenommen wird. Damit war die Frage in Bezug auf die sog. „structur- lose" Kapsel in einfachster Weise erledigt. Schwierigkeiten machte dagegen der Nachweis der Entstehung der sog. tunica vasculosa lentis bei den Säugerembryonen, w^elche nach den bekannten Angaben Henle's (13) als geschlossener, reich vascularisirter bindegewebiger, die structurlose Kapsel umhüllender Sack jetzt allgemein angenommen wird und deren die hintere

1) LiEBERKüHN (28. S. 19; vgl. auch S. 23) spricht von einer „Angabe Remak's , wonach die Linsenkapsel ein Aus- scheidungsproduct des sich abschnürenden Hornblattes ist," ohne die bezügliche Stelle zu citiren.

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mul vordere Linsenwand deckender Tlieil als Membrana capsularis und papillaris, der beide verbindende, die Aeqnatorialzone einnehmende als Membrana capsulo-pupillaris benannt wer- den ; sclion der darin enthaltenen Gefässe wegen konnte dieselbe nur dem mittleren Keimblatt entstammen wie kommt dieses in die Augenblase hinein?

Um dies zu erklären, stellte Kölliker die Verniutliung auf, dass bei Säugern nicht, wie Remak für das Hühnchen nachgewiesen und wie er für dieses selbst bestätigen konnte, das Hornblatt der primären Augenblase unmittelbar anliege, sondern durch eine Kopfplatten- schicht von derselben getrennt sei. Diese von vornherein mit Gefässanlagen versehene Kopf- plattenschicht werde bei der Einstüli)img der Linse mit eingestülpt und schliesse sich dann über der vorderen Fläche der sich abschnürenden Linse gleichfalls, so dass diese sofort nach ihrer Bildung von einer bindegewebigen, gefässhaltigen Hülle umgeben sei. Diese Hypothese Köllikek's machte die Anwesenheit der sogenannten bindegewebigen Kapsel bei den Sängerembryonen allerdings a ollkommen verständlich; es liess sich aber nicht verken- nen, dass dieselbe eine nicht unwesentliche Incongruenz in die ersten Entwickelungs- vorgänge und Anlagen des Sehorgans der Vögel und Säuger einführte. Mit um so grösse- rem Interesse mussten daher die in den letzten Jahren erschienenen Arbeiten über die Entwickelung des Auges und speciell der Linsenkapsel aufgenommen werden, als sie diese unangenehme Differenz in einer sehr einfachen Weise eliminiren; es sind die Arbeiten von Seknoff (41 und 42) und Lieberkühn (28). Beide Autoren finden übereinstimmend, dass beim Hühnchen ebenso wie bei den Säugern zwischen primärer Augenblase und Hornblatt eine Schicht mittleren Keimblattes vorhanden ist, welche bei der Linsenbildung mit eingestülpt werde und das Material für die Bildung der Linsenkapsel nicht nur , sondern auch des Glaskörpers, der Zonula, des grössten Theils der Cornea und der Iris abgebe. Das Interesse für diese Mittlieilungen steigert Sernüff noch dadurch, dass er seinen Ermit- telungen eine histiogenetisch-principielle Bedeutung beilegt, indem er die Linsenkapsel als Repräsentant der Cuticularbildungen überhaupt nimmt; lasse sich für die Linsenkapsel die Entstehung aus Bindegewebe nachweisen, so sei damit die bindegewebige Natur der Cuticulae überhaupt erwiesen und die bisher verbreitete Lehre von ihrer Entstehung durch Ausscheidung aus den zugehörigen Epithelzellen falsch.

Sernoff hat die ausführliche Darstellung seiner Beobachtungen in russischer Sprache veröffentlicht (41) und nur eine Zusammenstellung der Resultate derselben im Centralblatt (42) gegebeil. Erstere ist den meisten deutschen Gelehrten unzugänglich (Lieijerkühn), letztere, wie Manz mit Recht bemerkt, zu kurz, um dem Leser ein selbstständiges Urtheil zu ermöglichen. Da mir dieses aber für die folgende Besprechung durchaus wünschens- werth erscheint, so sehe ich mich genöthigt, derselben ein Excerpt aus jener Arbeit Sernoff's vorauszuschicken. Die von Seenoff aus seinen Befunden gezogenen Consequenzen und die Bedeutung, welche auch von anderer Seite her (so von Waldeyee, 44. S. 70. 72, der sich auch bezüglich der bindegewebigen Natur der Linsenkapsel mit Sernoff vollkommen ein- verstanden erklärt) jenen Resultaten beigelegt wird, dürften es gerechtfertigt erscheinen lassen, wenn ich dasselbe etwas ausführlicher und möglichst mit des Verfassers eigenen Worten gebe.

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Sernoff findet schon znr Zeit des allerersten Anfangs der Liusenbildnng zwischen Hornblatt und Augenblase eine Schicht mittleren Keimblatts, welche ins Cavura der secundären Augenblase mit eingestülpt wird ; anfangs sehr dünn, erscheint diese „Platte" in den meisten Schnitten structurlos, weil die Kerne zerstreut liegen und nicht in jeden Schnitt fallen; bald jedoch verdickt sie sich bedeutend und wird kernreicher in dem (auf dem Durchscflniitt) dreieckigen Raum zwischen dem Rande der secundären Augenblase und dem zu einer Falte sich zusammenlegenden Epidcrmoidalblatt. (Sernoff's Tat". I. Fig. 1! c.| „Nacli Maassgabe der Abschnürung der Linse dringt das Bindegewebe immer weiter und we iter zwischen ihr und dem äusseren Epithel vor und endlich, wenn nach circa 3 Tagen die Linse sich vollständig abschnürt, schliesst sich über ihr die Schicht des Bindegewebes." (Seknoff's Taf. 1. Figg. 3 und 5).

Die auf diese Weise entstandene, von den Kopfplatten gelieferte Umhüllung der Linse ^' bezeichnet Sernoff (12. S. l'J4) als „zeitweilige Linsenkapsel".

c

„Auf diesem Wege bildet sich auch diejenige Membran, welche Kölliker bei Men- schen , Babucuin bei Hühnchen gesehen haben, und welche die Linse von der Hornhaut ('?)

trennt. (Sernoff's Taf. L Fig. 5.) Diese Membran geht nicht nur über die vordere Oberfläche

der Linse hinweg, wie man früher glaubte (vgl. Babuchin's Fig. VHI), sie bildet den vorderen

Theil des ganzen Sackes , welcher die Linse überzieht , welcher Remak bekannt war und von

ihm für die durchsichtige Kapsel gehalten wurde. In diesem vorderen Theil des Sackes finden

sich auch immer Kerne in ziemlich bedeutender Anzahl; daher wundert es mich, wie Remak

die Hülle für structurlos halten und sie mit der durchsichtigen Kapsel erwachsener Thiere

identificiren konnte." (Rejiak, 1. c. S. 91.)

Während ihrer Einstülpung durch die sich bildende Linse bildet die bindegewebige

Platte an derjenigen Stelle , wo sie sich über den unteren ausgeschnittenen Rand der Augen- blase (die Augenblasenspalte) hinüber biegt, eine Verdickung, die auch den Ausschnitt aus- fallt. Die Bindegewebsmasse. die auf diese Weise durch die Augenblasenspalte in die Höhle

des Auges eindringt und zugleich den einen Theil des Sackes, in dem die Linse liegt, bildet,

verkleinert sich in der Folge und füllt allmälig die Höhle aus, die sich hinter der Linse bildet,

die Höhle des Glaskörpers. Der Glaskörper ist also „nicht irgend eine von anderen Theilen

separate Bildung, sondern nur der hintere Theil der Hülle der embryonalen Linse, welcher in der Folge in die Dicke wächst und seine Consistenz verändert."

Wie die zwischen Hornblatt und primärer Augcnblase hinziehende dünne Platte nur einen Theil der die Augen- blase umgebenden Kopfplatten bildet, so bleibt auch der die abgeschnürte Linse umhüllende bindegewebige Sack mit seinem Mutterboden, den Kopfplatten, noch fernerhin in continuirlichem Zusammenhang „durch Züge (Bündel, Massen) oder besser eine Platte, die sich über die Ränder der Retina hinüber biegt, (Seknoff's Taf. L Fig. 5 c, vgl. auch Taf. L Fig. c und 7 c). Die Verbindung durch die Massen, welche durch die Augenblasen- spalte hindurch gehen , ist für die weitere Entwickelung unwichtig, weil sie bald mit dem Verschluss der Spalte schwindet."

„Da die die Linse umgebende Hülle im Linereu des Auges den ganzen Vorrath von Bindegewebe bildet, welcher (s. u) als Quelle für die Entwickelung der Hornhaut , der Kapsel , der Zonula Zinnii und des Glaskörpers dient und in der Folge verschiedenen Veränderungen unterliegt", so bezeichnet Seenoff ihre verschiedenen Theile der Bequemlichkeit der Auseinandersetzung halber, mit ver- schiedenen Namen und unterscheidet „eine vordere, eine hintere und zwei seit- liche Platten " (Taf. L Fig. 5 g, f, h).

Die vordere und hintere Platte erscheinen (namentlich letztere) am vier- ten Brüttag schon beträchtlich verdickt; ihre Consistenz ist verschieden; die vordere scheint consistenter; „die hintere, jetzt schon Glaskörper, wird sehr locker, so dass sie von der MüLLER'schen Flüssigkeit zusammenschrumpft; nur derjenige Theil, welcher unmittelbar der hinteren Oberfiäche der Linse anliegt, hat eine dichtere Consistenz. Beide Platten enthalten Kerne in bedeutender Anzahl."

1) Die vordere Piatie. Li der vorderen „gruppiren sich diese Kerne hauptsächlich an ihrer hinteren Oberfläche, die der Linse anliegt"; sie sind „sichtHch über den Rand der Retina aus der Masse der Kopfplatten im Lauf des fünften Tages hierher eingewandert; in der Mitte des fünften Tages enthält die vordere Platte eine vollständige Reihe solcher Zellen in die Masse der Platte einge-

(bEKNÜF]

Fig.

-[I

(Sernoff's Fig. .5.)

48

bettet, näher zu ihrer hinteren, der Linse zugekehrten Oberfläche; unregelmässig zerstreute Kerne. (Sernoff's Taf. I. Fig. 7.)

Glcichzeiti;

in der übrigen Masse des Gewebes liegen nur einige

Fig. 3.

(Seknoi'i''s Fig. 7.)

mit dieser Einwanderung der Zellen spaltet die vordere Platte ihrer ganzen Länge nach sich in zwei secuudäre Blätter: das hintere, ausserordentlich dünne, der Vorderfläche der Linse anlie- gende, folgt dieser, wenu man im Präparat die Linse mit Nadeln nach hinten abzieht (Sernoff's Taf. L Fig. 7 h,), während das vordere Blatt dabei an seinem Orte bleibt. In der Gegend des Linsenäquators ver- schmelzen beide Blätter, Taf. L Fig. 7 c. Das vordere, unvergleichlich dickere Blatt ist die spätere Cornea, die seine hintere Fläche deckende Zclleureihe das Epithel der Descemeti. (Anmerkung Sernoff's : Die Art der Eutwickeluiig des liintcren Cornea Epithels, das eigentlich zur Gruppe der Eudothelien gehört, kann mit vollem Recht auf die Entwickelung anderer Endothelicu übertragen werden, wie z. B. des Endothels der Pliura und des Peritoneums, um so mehr als die Entwickelung der Höhlen selbst, in welchen diese Eudothelien ihren Platz haben: die vordere Augenkammer, die Pleura- und Peritonealhöhle aus einer Spal- tung des mittleren Keimblattes eine vollkommene Analogie darbietet); das hintere Blatt ist die vordere Hälfte der Linsenkapsel, erscheint im grössten Theil seiner Ausdehnung structurlos, enthält aber näher zum Aequator hin fast stets ovale Kerne."

Die Höhle zwischen beiden Blättern ist die spätere vordere Augenkammer.

2) Die liinkre Platte. „Ihre Verdickung, d. h. das Auswach- sen in den Glaskörper, schreitet fort und das sehr schnell. Der oben erwähnte Consistenzunterschied in den verschiedenen Theileu des Glas- körpers führt dazu, dass um den fünften Tag aus ihm eine deutliche Platte sich abscheidet, differenzirt , welche die hintere Oberfläche der Linse überzieht. Diese Platte , die hintere Hälfte der Liusenkapsel, ist auf Durchschnitten durch zwei scharfe Conturen angedeutet und enthält, wie auch die vordere Hälfte, Kerne. Sernoff's, Taf. L Fig. 7 k. An den Orten, wo die Kerne liegen, zeigt die hintere Oberfläche (auf Durchschnitten der hüitcren Coutur) gewöhnlich eine Erhöhung, was nicht erlaubt, die der Kapsel anliegenden und eigenthch dem Glaskörper angehörigen Kerne mit denen zu verwechseln , welche ins Gewebe der Kapsel eingebettet sind. Dieser letztere Umstand erlaubt es, sich positiv über die zellige Natur der Kapsel auszusprechen."

3) Die Seitetiplatten „im unversehrten Auge eine ununterbrochene Platte von Ringform" Taf. I. Figg. 3, 5, 7 c. Durch ihre Vermitteluug ist die Linse, in ihre Kapsel eingeschlossen, gleichsam in die Augenhöhle hineingehängt.') Sie ver- dicken sich vom 3.-5. Tag bedeutend, ihr von vornherein kernhaltiges Gewebe wird schwach fasrig. Da anderweitige Ver- änderungen oder Difi'erenzirungen in ihnen nicht eintreten, ihr Gewebe vielmehr „in seiner ganzen Masse dem Anschein nach die frühere gleichmässige Consistenz behält, so „verschwimmen die scharfen Conturen der vorderen und hinteren Hälfte der Kapsel gleichsam zum Aequator der Linse hin und verschwinden dem Blick".

Im zweiten Theil seiner Arbeit behandelt Sernoff die Frage: ob die im bisherigen besprochene Kapsel „dieselbe sei, welche bei ertvaclisenen Thier en existirt, oder ob sie eine Bildung sei, die eine andere temporäre Bedeutung habe, ähn- lich der gefässhaltigen Kapsel der Säuger, und von dieser letzteren nur durch die Abwesenheit von Gefässen sich unterscheide?" Von den zwei als möglich vorauszusetzenden Veränderungen nemlich: entweder „dass die Kapsel des fünftägigen Embryo nur ihre Kerne verliert und für das ganze Leben bleibt oder: dass sie, ähnlich der gefässhaltigen Kapsel der Säuger, atro- phirt und durch eine neue structurlose ersetzt wird", wird die erstere durch Beobachtung der Veränderungen derselben von 5. 7. Brüttage als die wirklich eintretende bestätigt. In dieser Periode nemlich verschwinden die Kerne allmälig aus der Kapsel; schon am (5. Tage findet man sie nur noch selten, sie ei'scheinen blass und wenig granulirt. „Die Dicke der Kapsel nimmt in dieser Zeit unmerklich zu, nur ihre Conturen werden schärfer, gerader und sie macht überhaupt den Eindruck einer dichteren Membran." Der Zusammenhang mit dem das Auge umgebenden Bindegewebe besteht fort. „Um mich zu überzeugen, dass die Kapsel in dieser Periode structurlos wird, untersuchte ich die ganze Kapsel, indem ich sie von der Linse abzog, da die Meridionalschnitte, deren ich mich gewöhnlich bediente, täuschen konnten, weil die Anzahl der Kerne unbedeutend ist und sie nicht in jeden Schnitt fallen. Aber auch auf diesem Wege konnten keine entdeckt werden. Nun, nachdem die Kapsel, welche beim Hühnchen am fünften Brüttage besteht, alle Eigenschaften einer durchsichtigen Kapsel erwachsener Thiere erhal- ten, während sie sich immer im Zusammenhang mit der Quelle, aus der sie sich entwickelte (den Kopfplatten), befindet, blieb

1) Vo^ FoSTER (11) neuerdings wieder als „ligamentum Suspensorium lentis" beschrieben.

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noch übrig sich zu überzeugen, dass sie auch in späteren Perioden nicht durch eine neue ersetzt wird; und diese letzte Hälfte der Frage wird, wie wir weiter sehen werden, positiv entschieden: die Kapsel des sechsten Tages bleibt für immer."

Aus denjenigen Bindegewebsbündeln, welche die Linsenkapsel mit dem das Auge umgebenden Gewebe, d. h. der spä- teren Cornea und der Gefässschicht der Chorioidea verbinden, geht zwischen dem 8. und 10. Tag die Iris hervor; „ein Theil dieser Bündel, der der Peripherie des Auges näher liegt, welcher schon früher mehr Kerne enthielt, als der Theil, welcher sich an die Linsenkapsel anheftet, stellt sich am 8. Tage als nur aus (den Kopfplattenzellen ähnlichen) Kernen bestehend dar. Diese Bündel nehmen auf Durchschnitten allmälig die Form von Dreiecken an, mit den Spitzen gegen die Linse gekehrt. Die Spitze der Dreiecke, dem Pupillarrand der Iris entsprechend, ist nicht frei, wie bei erwachsenen Thieren, sondern wie früher mit der Linsenkapsel verbunden." „Das Bündel, welches die Iris mit der Kapsel verbindet, wird im Maass der Entwicke- lung immer dünner und lockerer, die Verwachsungsstellen desselben mit der Kapsel enger und enger, daher die Kapsel, die bisher dick erschien und keine scharfen Conturen hatte, an dieser Stelle ein der Kapsel in ihrer übrigen Ausdehnung ähnliches (übei-einstimmendes) Aussehen erhält. Gegen Ende des 10. Tages atrophirt dieses Bündel und der Pupillarrand der Iris wird frei. Die Kapsel hat jetzt auf Durchschnitten in der ganzen Peripherie der Linse ein gleichmässiges Ansehen sie wird durch 2 scharfe Parallelconturen bezeichnet. Von Kernen oder fasrigem Wesen besitzt sie nicht eine Spur sie ist vollkommen structurlos. Auf diese Weise endet die Entwickelung der durchsichtigen Linsenkapsel, welche für das ganze Leben bleibt. Die einzigen Veränderungen, die in ihr in den folgenden Perioden vorgehen, bestehen in ihrer fortschreitenden Verdickung, eine Erscheinung, welche durchaus nicht zu Gunsten der Entwickelung der Kapsel durch Ausscheidung aus Epithelialzellen spricht, wie Köllikee glaubt. Die Eigenschaft sich zu verdicken, ohne eine Structur zu erhalten, besitzen nach H. MCllee's Beobachtungen an pathologischen Augen alle Glashäutc, die in diesem Organ existiren. Da man jetzt den Entwickelungsmodus einer derselben kennt, kann man dreist die Deutung ucgiren, welche Köllikee dieser Erscheinung beilegte."

„Die Verwachsung des Pupillarrandes der Iris mit der Kapsel beim Hühnchen ist keine diesem eigenthümliche Er- scheinung. Längst ist bekannt, dass eine ebensolche Verwachsung bei Säugern während des Uterinlebens besteht, nur ist dort die Iris verwachsen mit der gefässhaltigen Liusenkapsel (membrana pupill), die mit der Zeit schwindet, beim Hühnchen dagegen mit der durchsichtigen, das ganze Leben bestehenden. Doch ist dieser Unterschied sichtlich kein wesentlicher und weist im Gegentheil auf die vollkommene Analogie zwischen der durchsichtigen Kapsel der Vögel und der gefässhaltigen der Säuger hin und schliesslich darauf, dass man auch bei Säugern nicht zwei Kapseln unterscheiden darf, sondern nur eine, welche ganz, wie bei den Vögeln, schliessHch ihre Structur verliert und sich in die durchsichtige verwandelt. Nur vollzieht sich diese Verwand- lung später als bei Vögeln, nämlich gegen Ende der Entwickelung, während bei Hühnchen die Kapsel schon am siebenten Tage der Bebrütung ihre Structur verliert."

„Die Umwandlung der gefässhaltigen Kapsel in die durchsichtige, oder die Bildung einer structurlosen Hülle aus Bindegewebe ist auch keine neue Erscheinung; ihre Möglichkeit ist längst anerkannt. Ausserdem ist dieses im Auge nicht ein vereinzelt dastehendes Factum. Genau dasselbe Factum haben wir in der Entwickelung der Descemeti, die in der Binde- gewebsmasse zwischen dem Fasergewebe der Cornea und der Zellenreihe von derselben Eigenschaft, welche in der Folge in das hintere Endothel der Cornea sich umwandelt, erscheint. Eine Parallele zwischen der Descemeti und der Linsenkapsel zur Unterstützung des Beweises der Entstehung letzterer aus Bindegewebe zu ziehen, hatte ich um so mehr das Recht, als die Aehnlichkeit der beiden Membranen in physikalischer und chemischer Beziehung von Allen anerkannt ist. Aber auch abge- sehen davon scheint mir die Art der Differenzirung der Kapsel auf der hinteren Seite der Linse aus der Glaskörpermasse, wobei die sich zeigende Membran in ihrem Gewebe Kerne enthält, die später verschwinden, schon ein hinreichender Beweis dafür zu sein, dass eine glasartige, structurlose Membran sich aus Bindegewebe entwickeln kann und dass die Kapsel der Linse nicht ein Product der Ausscheidung aus ihren Epithelialelementen ist."

Diesen Angaben Sernoff's stelle ich nun das gegenüber, was mir meine Präparate in Bezng auf die Entwickelung der Linsenkapsel ergeben haben.

Hühnchen.

Primäre Augcnhlase und Hornblatt sind in derjenigen Ausdelinung, in welcher beide später eingestülpt werden, resp. aus letzterem sich die Linse bilden wird, nicht durch eine Bindegewehsjüatte von einander getrennt, beide liegen einander vielmehr so dicht und unmit- telhar an, dass die einander zugekehrten Begrenz ungsconturen meist auf grosse Strecken in eins zusammenfliessen s. Taf. I. Figg. 1 3 ; wo sie sich immer nur in äusserst geringer

Kesslek, Wirbelthier-Auge. 7

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Ausdehnung von einander entfernen, scheint dies seinen Grund zu haben nur darin, dass die in gleicher Höhe liegenden Zellen des Hornblattes und der Augenblase an den resp. Stellen sich nicht ganz adäquate Flächen zukehren, die in diesem Stadium schon erkenn- baren zarten Begrcnzuiigsschichten des Hornblattes sowohl als der Augenblase aber in ihrem Verlauf aufs genaueste der Form der ihnen zugewendeten Oberfläche der Zellen, denen sie aufliegen^ entsprechen.

Die auf diese Weise entstehenden kleinsten Lücken zwischen Augenblase und Hornblatt werden ausgefüllt von der embryonalen Körperlymphe (resp. Knpfplattenintercelliilarsubstanz) im gehärteten Pi-äparat von einem entsprechenden structurlosen Gerinnsel. Vgl. oben Cap. HL S. 34. In dem nächstfolgenden Stadium tritt eine Aenderung in den soeben ange- gebenen Verhältnissen nur insofern ein, als das Hornblatt an der Peripherie seines einge- zogenen Theiles eine schärfere Knickung erfährt, rascher sich faltet als die Augenblase; in Folge dessen entfernt sich natürlich die sich bildende circuläre Hornhautfalte von dem stumpfwinkligeren Umbiegungsrand der Augenblase (der Uebergangsstelle der äusseren in die innere Lamelle), zwischen beiden entsteht jener bekannte ringförmige Kanal, siehe oben Cap. I und Taf 1. Figg. 3 ff. vk., „der auf dem Durchschnitt dreieckige Raum'' Sernoff's. Dieser communicrt, ausser durch die Furche an der Bauchfläche der Augenblasen (die spätere Augenblasenspalte), in deren Lumen sein Lumen continuirlich übergeht (vgl. o. Cap. I und Taf. I, Figg. 3- 7) weder mit den die Augenblase .umgebenden Kopfplatten , noch mit dem sich bildenden Glaskörperraura; letztere Communication (vgl. Sernoff's Taf. I. Figg. 3. 5. 7) tritt überhaupt ?ii'e ein, erstere erst viel später, in einer Zeit, zu der die Linsenkapsel längst vorhanden ist; die weiteren Entwickelungsvorgänge um diesen Raum und an den denselben begrenzenden Gebilden sind nämlich folgende: Der Umbiegungsrand der secundären Augenblase, der anfangs, während der Einstülpung der Linse, dem nicht eingestülpten Theil des Hornblatts angelegen, wendet sich, je stärker die Krümmung der zur Hohlkugel sich ausdehnenden secundären Augenblase wird, nach und nach mehr dem Linsenäquator zu (vgl. Taf. I. Figg. 4 8). Die Aequatorialzone der Linse hleiht dabei beständig in unmiüelbarer Berührung niil der Augenblase. In späteren Stadien (Figg. 10. 12. 17 19) schiebt sich dann der Umbiegungsrand der Augenblase vom Aequator mehr an die distale Fläche der Linse vor, um so mehr, je deutlicher derselbe, unter gleichzeitigem Aufgehen des betreffenden Theiles der Augenblase in die Bildung des Irispigmentes, zum Pupillarrand wird. In demselben Maass kommt aber statt des Umbiegungsrandes allmälig der diesem nächstliegende Theil der inneren Lamelle, resp. die hintere Irisfläche an die distale Wand der Linse zu liegen'), (vgl. die Zeichnung vom Erwachsenen, Taf. IL Fig. 22).

Während also der Abschliiss des in Rede stehenden Raumes nach dem Glaskörper hin von Anfang bis zu Ende der Entwickelung ununterbrochen fortbesteht, ist sein Verhält- niss zu den Kopfplatten ein anderes. Bald nach Abschnürung der Linse beginnt die Augen- blase vom Hornblatt zurückzuweichen anfangs nur wenig, so dass nur eine schmale

1) So zeichnet es auch SEUNorr in seiner Fig. 10 bei einem zehntägigen Hühnerembryo, während in seinen Figg, 9 und 11 die Iris von der Linse abgehoben erscheint; diese Abhebung ist nur Folge der Präparation.

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(zelleiilose) Flüssigkeits- (resp. Gerinnsel) Schicht zwischen beiden Platz g-reifen kann. Erst wenn die Anlage der Grundsnbstanz der Cornea propria bereits vorhanden ist , treten zwischen dieser und der Aug-enblase Kopfplattenelemente an den dreieckigen Raum'' heran; ihr weiteres Vorrücken vollzieht sich dann in der eigenthümhchen Weise , wie ich dies früher schon (1. c. S. 15) als Bildung des inneren Epithels der Cornea beschrieben habe : es ist in That nur eine ein- zellige Schicht, welche an der proximalen Fläche der Anlage der Grundsubstanz der Cornea aus der Masse der Kopfplatte nach dem distalen Linsenpol hin vorrückt; dieFigg.Taf.il, 11 22 zeigen, dass dabei jener zellenlose Raum seine Existenz nicht einbüsst, nur seine Begrenzung wechselt, indem an die Stelle des Hornblatts zunächst die schmale Anlage der Corn. propr., dann das innere Epithel derselben tritt, sowie der, vorläufig noch ohne besonderen Contur schwach bogenförmige freie Rand der Kopfplatten, welcher allmälig immer schärfer sich zeichnend, später die vordere Fläche der Iris und des lig. pectinatum darstellt; in der Weise, wenn ich so sagen darf, planlos in diesen Raum eingestreute Zellen, wie Sernoff in seiner Taf. I. Fig. 7 ahbildct, finde ich in keinem meiner Präparate. Dass dabei der ursprünglich dreiseitig von Hornblatt, Linse und Augeid)lase begrenzte ringförmige Canal allmälig zur vorderen Augenkammer sich erweitert und in jenem in der That bereits in den Figg. 3-6 meiner Taf. I die Anlage der letzteren vorhanden ist , bedarf nach allem bisherigen keines besonderen Nachweises mehr (Capp. VI und VII werden dies weiter be- stätigen).

Fragen wir uns nun, was aus den bisher mitgetheilten Beobachtungen für die Ent- wich elung der Linsenkapsel resultirt, so ist es zunächst das Negative, dass die zwei von Sernoff aufgestellten Modi der Betheiligung der Kopfplatten dabei nicht existiren; weder wird eine Bindegewebsplatte mit der Linse in die Augenblase eingestülpt, noch findet ein Zuzug von Kopfplattenzellen durch die vordere Augenkammer statt, die Anlage der letzteren trennt vielmehr die zum Aufbau der Cornea vorrückenden Kopfplatten von Anfang an von der Linse.

Ehe ich nun aber diese Resultate zu der Behauptung verallgemeinere, dass somit überhaupt das Material zu einer Entwickelung der Linsenkapsel aus Zellen resp. Binde- gewebe fehle, muss ich noch zwei Einwänden begegnen^, die möglicherweise erhoben werden könnten :

1) Dass ja auch meine eigenen Taf. I. Figg. 8 und 9 Zellen zwischen Hornblatt und Linse zeigen. Es sind dies offenbar dieselben Zellen, welche Babuchin (4) in dem in seiner Fig. VIII und Sernoff in dem in seiner Taf. I. Fig. 5 abgebildeten Präparat vor- gelegen haben und von letzterem als dem vorderen Theil seiner bindegewebigen Linsenkapsel angehörige Kopfplattenelemente gedeutet worden sind, während Babuchin (4. S. 83) angibt, dass die Kopfplatte allmälig immer dünner werdend, „unmittelbar in eine zarte, mit wenigen Kernen versehene Membran übergeht, welche die Pupilhiröffnung überzieht künftige Cornea"^. Diese Auffassung ist jedoch irrthümlich ') ; jene Zellen repräsentiren vielmehr

1) Cap. VI wird ergeben, dass die erste Spur der Anlage der Cornea erst in einem Stadium auftritt, in welchem die Linsenfasei'n bereits die distale Linsenwand erreicht haben (Taf. I. Fig. lOA); Babuchin's Fig. Vlll. dagegen gehört einem Stadium an , welches nur wenig älter ist als dasjenige meiner Tafel I. Fig, 9.

1*

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den Rest des ,,Li?isenstieles'', welcher (vgl. o. S. 8 und 9) bei der Abschniirung- der Linse zwischen dieser und dem Hornblatt liegen bleibt. Diese Zellen entstammen also nicht dem mittleren Keimblatt, sondern dem oberen; sie sind entwickeliingsgeschichtlich bedeutungslos, da sie in keiner Weise weiter zur Verwerthung konmien, sondern einfach zu Grunde gehen (s. Ca]). VI.).

2) Dass, wenn auch sonst nirgends, so doch von der Bauchseite her durch die Augen- blasenspalte die Kopfplatten einen offenen Zugang zu der Linse haben und möglicherweise auf diesem Wege Zellen des mittleren Keimblattes sehr früh schon an dieselbe herantreten und bei der Bildung ihrer Kapsel sich betheiligen könnten. In Wirklichkeit geschieht aber weder das eine, noch das andere; weder finden sich in der Augenblasenspalte in der frühen Zeit, um die es sich hier handelt, anderweitige Kopfplattenelemente ausser jenem Blut- gefäss (vgl. 0. Cap. III), noch kommen in der Linserdvapsel , wie sogleich gezeigt werden wird, zu irgend einer Zeit gefonnte Elemente, Zellen, Kerne oder dergleichen vor. Vielmehr geht die Bildung der Linsenkapsel und damit komme ich auf das Positive der Ergebnisse meiner Präparate in folgender Weise vor sich:

Das Hornblatt zeigt bereits zu der Zeit, wenn eben die Verdickung desselben über der Augenblase beginnt, an seiner inneren (proximalen) Fläche einen Contur, der viel schärfer und stärker hervortritt als derjenige an der äusseren (distalen) Fläche desselben. Während der T^instülpung der Linsenanlage gewinnt diese Begrenzungsschicht an Dicke sowohl als an Selbstständigkeit, d. h. sie folgt nicht mehr so genau den ihr zugewendeten Conturen der unter ihr liegenden Zellen (in dem Taf. I. Fig. 6 gezeichneten Stadium, s. Taf. 1. Fig. 6 B, ist dies nur noch an der Bauchfläche, über der Augenblasenspalte der Fall), sondern verläuft mehr gestreckt, gradlinig (wenn ich diesen Ausdruck von einer gebogenen Linie brauchen darf) über dieselben hinweg. Die weiteren Veränderungen beschränken sich auf eine stetige Zunahme der Dicke, die im erwachsenen Thier an der distalen Fläche der Linse beträcht- licher erscheint, als an der proximalen (Kölliker 21 , S. 298). Zellen oder Kerne sind in ihr zu keiner Zeit vorhanden.

Es liegt auf der Hand, dass meine vorstehend mitgetheilten Befunde keine andere' Deutung zulassen, als die, dass die Linsenkapsel ein Ausscheiduiujsproduet der die Linse coNstUuireiiden Zellen ist.

Ich habe nun noch zu besprechen einige Momente, welche Sernoff zur ,Mnter- stiHzmiy (vgl. 42, S. C4) des Beweises der Entstehung der Linsenkapsel aus Bindegewebe" beibringt.

Unter diesen verdient in erster Linie erwähnt zu werden die Meihode der Behandlung, da nur in ihr eine Erklärung für die höchst auffalleiule Thatsaehe gesucht werden kann, dass an einem und demselben Object so vollkommen entgegengesetzte Resultate gewonnen worden sind.

Sernoff hat seine Ergebnisse gewonnen aus mikroskopischen Präparaten von Hühner- embryonen, die in MüLLER'scher Flüssigkeit erhärtet waren (für Embryonen unter 4 Tagen 14tägige Einwirkung, für ältere eine längere); ,,die Schnitte wurden angefertigt, indem das Object auf Hollundermark oder Kork gelegt wurde, auf welchem es sich durch die Adhäsion

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der Flüssigkeit hält. Die Einscliliessiing' in Massen, wie Wachs, Talg- uimI dergleichen, er- wies sich als ungeeignet, weil sie entweder das Präparat austrocknen oder es derart zusammen- drücken , dass die Schnitte höchst unklar werden. Bei solchen Schnitten ist es wegen der Härte und Sprödigkeit unmöglich^ die Theile durch Nadeln auseinander zu bewegen, was z. B. nothwendig- ist, um die Bindegewebsplatte zwischen der sich einstülpenden Linse und der Augenblase zu sehen. Diese Membran wurde von den früheren Beobachtern wahrschein- lich zum Theil deswegen übersehen, weil es sehr beliebt war, die Embryonen in erstarrende Massen einzuschliessen".

Was zunächst das Einschliessen, oder Nichteinschliessen der zu schneidenden Objecte betrifft, so kann ich den von Sernoff ausgesprochenen Ansichten nicht beistimmen, denn:

1) braucht durch den Einschluss weder ein irgendwie nachtheiliger Druck, noch auch ein Austrocknen des Objects stattzufinden. Ich habe mich zweier verschiedenen Methoden des Einschlusses bedient : in früheren Jahren derjenigen des Einbettens in zuvor in Alkohol erhärtete Gehirnstücke, in den letzten Jahren aber ausschliesslich des Eingiessens in eine erstarrende Masse. Bei beiden Methoden lassen die von Seenoff gerügten nachtheiligen Wirkungen sich sicher vermeiden: bei der ersteren dadurch, dass man sich die Mühe und den Zeitaufwand nicht verdriessen lässt, in den Hirnstücken mit feinsten Nadeln oder Staar- lanzen eine der Form des Objects vollkommen genau entsprechende Höhle auszuarbeiten und dass man dieses und das Einlegen des Objects in dieselbe unter Alkohol ausführt; bei der zweiten dadurch, dass man das Object unmittell)ar nach seiner Herausnahme aus Alkohol in eine beim Erstarren ihr Volumen nicht verändernde Masse eingiesst. Eine solche besitzen wir in der BuNGE'schen Eingussmasse - nähere Angaben über dieselbe werden demnächst vorliegen , die sich mir bei ausscliliesslichem Gebrauch derselben während der letzten 2 3 Jahre, als allen Anforderungen mit Ausnahme derjenigen der Durchsichtigkeit ganz vorzüglich entsprechend bewährt hat. Von irgend einem Einfluss auf das Gewebe, der an eine Veränderung der Consistenz des Objects (Härte, Brüchigkeit, Austrocknung Sernoff) in Folge des Einschlusses denken Hesse, habe ich weder beim Schneiden und der weiteren Behandlung der Schnitte , noch auch bei sorgfältiger Vergleichung der nach dieser Methode gewoimenen Präparate mit den in Gehirn geschnittenen auch nur eine Spur ent- decken können ; dabei gestattet ihre Dünnilüssigkeit ein so genaues sich Anschmiegen an das Object, dass ich z. B. in dem Taf. I. Fig G. abgebildeten Stadium häufig die Linsen- grube vollständig von ihr ausgefüllt gefunden habe; ihre Consistenz im erstarrten Zustand ist für das Schneiden so äusserst angenehm, dass ich in der That durch die Anwendung derselben die Gewinnung nicht nur einzelner dünner Schnitte (d. h. solcher, in denen nur eine einzige Zellenschicht vorliegt), sondern namentlich auch die für viele Zwecke unerläss- lich nothwendige Herstellung continuirliclier Serien solcher Schnitte als höchst wesentlich erleichtert ansehe, während sie mir durch die SERNOFF'sche Methode, bei der das Messer mehr durch Druck als durch Zug gegen das äusserst zarte Object wirken muss, ins Bereich der fast unmöglichen Leistungen gerückt erscheint.

2) glaube icli, dass das Einschliessen der Objecte mit dem ,,Uebersehen'^ der Sernoff'- schen Membran zwischen Augenblase und Linse durchaus nichts zu thun hat, dass dieselbe

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vielmehr ihre selbständige Existenz in Sernoff's Präparaten überhaupt nur der Methode des letzteren, dem Auseinanderzielien der Schnitte mit Nadeln, verdankt. Ich kann nämlich diese vermeintliche Bindegewebsraembran, da sie in meinen Präparaten, wie oben angegeben, durch- weg fehlt, indem die Begrenzungsschichten des Hornblattes und der Augenblase so dicht an einander liegen, dass zwischen ihnen durchaus nichts mehr Raum finden kann, nur für eine dieser Begrenzungsschichten halten, welche beim Auseinanderziehen mit den Nadeln von ihrem Mutterboden isolirt wurde; und zwar ist es wahrscheinlich die der Augenl)lase zu- gehörige, denn nicht nur entspricht ihr Verlauf in den sämmtlichen bezüglichen Zeichnungen Sernoff's durchweg mehr, und in einigen sogar sehr genau der Gestalt der Augenblasen- grube, der Form des eingestülpten Hornblattes dagegen so wenig, dass zwischen ihr und dem letzteren, an der in Sernoff's Fig. 1. z. B. mit c bezeichneten Stelle ein leerer Raum bleiben würde, sondern es löst sich auch, wie bekannt, diese Grenzschicht der Augenblase, die spätere limitans int. oder hyaloidea, so leicht von ihrer Unterlage, dass sie schon durch ganz geringe Schrumpfungen des Glaskörpers von" ihr abgehoben wird , um diesem zu folgen. Dieses Verhalten veranschaulichen sehr deutlich eine Anzahl Zeichnungen von Lieberkühn (28. Figg. 12. 13. 14. 51. und von Säugern: Figg. 31. 52) und in geringer Ausdehnung auch meine Taf. I. Fig. 8, in welchen allen, so weit die Abhebung reicht, die scharfe Begrenzung an der Concavität der inneren Lamelle fehlt; in dicken Schnitten wird letzterer Umstand selbstverständlich weniger präcis hervortreten , so in Taf. II. Fig. 11. bei Lieberkühn. Wie sich in dieser Beziehung Sernoff's Präparate verhalten, darüber lässt sich aus seinen Zeichnungen kein Urtheil gewinnen, da diese zu wenig detaillirt ausgeführt sind; immerhin scheint mir die Vergleichung derselben, namentlich seiner Figg. 4 7. mit den genannten Zeichnungen Lieberkühn's und mit einigen meiner Präparate in Erman- gelung einer anderen Erklärungsm(")glichkeit der zwischen unseren Angaben bestehenden Differenz zu der Annahme zu berechtigen, dass auch seine Präparate in der fraglichen Beziehung sich ebenso verhalten dürften, wie jene Lieberkühn's, es sich mithin hier um ein von Seiten Sernoff's stattgehabtes Uebersehen des wahren Sachverhaltes handeln würde; namentlich in seiner Taf. I. Fig. 4 scheint mir der der Concavität der Augenblase parallel verlaufende Contur des Glaskörpers (Sernoff's hinterer Platte der zeitweiligen Linsenkapsel) ganz unzweifelhaft die abgehobene hyaloidea oder limitans int. , dieser Contur aber mit dem, was er in seinen Taf. I. Figg. 1^ 3 als eingestülpte Kopfplattenschicht auffasst, identisch zu sein. Dass aber auch schon in so frühen Stadien, wie dem von Sernoff Taf. I. Fig. 1 abgebildeten, die Grenzschicht der Augenblase leicht, und namentlich leichter, als diejenige des Hornblattes, sich ablöst, zeigen mir Präparate, in denen gelegentlich des Einschliessens Verschiebungen der Theile gegen einander und Verletzungen stattgefunden haben.

Die künstliche Trennung zusammengehöriger Theile durch die Nadelbehandlung von Schnitten ist jedoch nicht die einzige Fehlerquelle, welche zu der irrthümlichen Auffassung der Linsenkapsel als bindegewebiger Bildung Veranlassung gegeben hat, eine zweite wohl noch ausgiebigere liegt in den durch die Härtung der Objecte herbeigeführten Veränderungen, resp. Entstellungen; ich glaube, dass man diesen bisher viel zu wenig Beachtung geschenkt hat, und erlaube mir deshalb hier einige Bemerkungen darüber.

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Kaum irgend ein anderes Org-an des Thierleibes stellt einer untadelhaften Härtung solche Schwierigkeiten entgegen, wie das Auge, zumal das embryonale ; die ausserordentliche Verschiedenheit des Gewebes der einzelnen , dasselbe zusammensetzenden Theile : des fast flüssigen Glaskörpers, der in etwas vorgerückteren Stadien so harten, schwer zu durchdringen- den Linse, die ungemeine Empfindlichkeit der Augenblase, resp. Netzhautelemente gegen jedes zu viel oder zu wenig müssen a priori schon das Gelingen einer alle diese Theile in ein und demselben Object gleich gut erhaltenden Härtung höchst fraglich erscheinen lassen und spotten in der That häufig geiuig der Bemühungen, wenigstens die so deutlich sicli marki- renden gröberen Härtungsfehler zu vermeiden. Als solche müssen unbedingt bezeichnet * werden jede Schrumpfung des Glaskörpers und jede Faltenbildung ') oder auch nur stärkere Abhebung der inneren Lamelle oder der Netzhaut. Die Tragweite dieser Fehler lässt sich natürlich nur aus der Vergleichung mit Präparaten erschlicssen, in denen diesell)en sich nicht finden; ihre Wirkung beschränkt sich nicht auf die zunächst betroffenen genannten Theile, vielmehr wird das ganze Bild auch dadurch noch verämlert, dass bei der Schrumpfung Lücken entstehen können, wo im Lebenden die Theile an einander lagen, oder dass zwischen die dabei auseinander Aveichenden Theile oder Elemente andere hineingezogen werden , die ursprünglich nicht da gelegen hatten. Hierher rechne ich, um einige Beispiele anzu- führen, die Abhebung des Augenblasenrandes von dem Hornblatt und der Linse bei Sernoff und Lieberkühn (Seenoff's sämmtliche Figuren, mit Ausnahme von Fig. 10, und Lieber- kühn's Figg. 8. 11. 12. 14. 51) in denjenigen Stadien, in welchen ich sie in meinen Präpa- raten dicht an einander liegend finde; hierher das Gerinnsel, welches in den eben ge- nannten Figuren zwischen Linse und Umbiegungsrand der Augenblase sich findet; hierher die Zellen oder Kerne, welche Sernoff in seinem „dreieckigen Raum'' zeichnet und die eben nur durch das Nachdringen der Kopfplattenintercellularsubstanz in die entstandene Lücke aus ihrer ursprünglichen Lage mit fortgerissen sein können; hierher die Entstehung der beiden spindelförmigen (dunkler schattirten) Lücken zwischen der Kapsel und der hinteren Fläche der Linsenfasern in Seenoff's Figg. 6 und 7 (siehe oben S. 40). Aber nicht /^^ nur Lage und Form der Theile, sondern auch ihr mikroskopisches Aussehen können durch die Schrumpfung so alterirt werden, dass sie zu falschen Deutungen Veranlassung geben; es kann z. B. das Flüssigkeitsgerinnsel zwischen Augenblase, Linse und Hornblatt eine so deutliche Faserung annehmen , dass dasselbe von Seenoff als Bindegewebszüge, oder Bündel gedeutet wird. Dieses Gerinnsel, und ebenso der Glaskörper, erscheint natürlich um so dichter, auf ein je kleineres Volum es sich zusammenzieht. Eine solche grössere Dich- tigkeit zeigt dasselbe auch in einigen meiner Präparate in einer gewissen Ausdehnung, nämlich über der Augenblasenfurche; so in meiner Taf. I. Figg. 5 7; dem entsprechend zeigt meine Fig. 5 auch eine Abhebung des Grenzconturs der Augenblase, während in

1) In welcher Massenhaftigkeit diese bei ungeeigneter Beliandluug der Objecte auftreten kann, und was für Miss- deutungen aus solchen Härtungsfehlern schon hervorgegangen sind, beweisen am schlagendsten die Abbildungen Ammon's (I) Taf. VII und seine auf die Anwesenheit dieser von ihm ausführlich als „elevationes et impressiones semilunares retinae" beschriebeneu Falten gegründete Behauijtung : „die innere Fläche der retina ist (jinifidrl, wie die äussere Fläche des Gehirnes" (1. c. S. 97 tf.)

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Fig-g. 6 A lind B und Fig. 7 die Reduction auf ein geringeres Volum ohne eine solche Abhebung dadurch ermöglicht wird, dass das Hornblatt über der Augenblasenfurche , wo dasselbe nicht dieselbe Stütze findet, wie sonst rings um die Linse durch den Umbiegungs- rand der Augenblase, dem schrumpfenden Gerinnsel folgend sich proximalwärts einbiegt; in geringem Grad findet dies übrigens auch in manchen Präparaten über dem „drei- eckigen Raum" statt (Taf. I. Fig. 6,), in diesem erseheint dann auch jedesmal das Gerinn- sel in der nächsten Nähe des Hornblattes dichter, als in der zwischen Augenblase und Luise liegenden Spitze des Dreiecks. Auch die Anwesenheit von Zellen oder Kernen in der Linseiikapsel an der proximalen Wand in Sernoff's Präparaten dürfte sich auf diese Weise erklären lassen; mit dem schrumpfenden Glaskörper nämlich werden auch die in demselben enthaltenen Formelemente näher an die Linse herangerückt und können diejenigen, welche vorher schon in der Nähe der letzteren lagen (vgl. meine Taf. I. Figg. 6 B; 10 A) unmittel- bar an diese lieraiigezogeii in etwas dickeren, oder nicht ganz senkrecht auf die Trennungs- fläche gefallenen Schnitten, in denen auch die Linseiikapsel weniger scharf conturirt und dicker erscheint, das Bild bieten, als ob jene Zellen in die Linsenkapsel eingebettet lägen. In fehlerfreien Präparaten findet sich, wie oben schon bemerkt, niemals eine Spur von Zellen oder Kernen in der Kapsel.

Wie nun diese Veränderungen und Fehler der Härtung vermeiden? oder wenigstens auf ein unschädliches Minimum reducireii? Leider gelingt dies bisweilen trotz aller Sorg- falt doch nicht ganz nach Wunsch. Ich habe mich vorwiegend zweier Härtungsmittel bedient : einer 1 ^/o Chromsäure- und einer 1— 2 ^/o Osmiumsäurelösung. In diese bringe ich die Embryonen oder nur den Kopf derselben bis zum fünften Tag ohne weitere Präparation ; von da ab aber werden, um die Härtungsflüssigkeit möglichst direct einwirken zu lassen, zuvor die Augen, entweder nach Eröffnung des Eies in situ oder nach Uebertragiing des Embryo in Jodserum, herauspräparirt, was bei einiger Uebung mit zwei möglichst fehien Phicetten sich recht gut ohne Verletzung der Augeiihäute thun lässt. Die schwierigere Ablösung auch der Sclera, wie M. Schultze sie empfiehlt, schien mir, sobald es sich niclit um das Studium der Histiologie der Retina handelt, nicht unumgänglich nothweiidig. In der Chromsäure- lösung habe ich Embryonen von 1 5 Tagen etwa 8 20 Stunden, vom 5. Tage ab 18 24 Stunden liegenlassen; eine über 24 Stunden hinausgehende Einwirkung scheint auch für den Bulbus des erwachsenen Thieres keine Vortheile zu gewähren, sondern nur grössere Sprödig- keit. Brüchigkeit und Schrumpfung der Elemente (Ueberhärtung) herbeizuführen. Aus der CrO;ilösung übertrage ich die Objecte in Alkohol, zunächst in 45 o/o, am folgenden Tag in 70 "/o, 1 2 Tage darauf in 94 -96 ^jo. Bei dieser Behandlung bemerkt man meist schon wenige Minuten nach der Uebertragung des Objects in Alkohol bei Embryonen von mehr als 3 Tagen ein Zusammenfallen des Bulbus und zwar bei solchen vom 3.-8. Tag ein Ein- sinken des Hornblattes (resp. der jungen Cornea) um die Linse herum und ein Zurück- weichen dieser letzteren nach dem Ceiitrum des Auges hin, an den Bulbis von älteren aber, wo die Cornea schon starrer geworden, Grubenbildungen oder Faltungen im äquatorialen und proximalen Theil des Bulbus, offenbar in Folge von Schrumpfung des Glaskörpers. Dieser und somit auch jener lässt sich ziemlich sicher vorbeugen durch die Eröffnung der Glas-

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körperliöhle unmittelbar vor dem Einlegen in Alkohol, Ich hediene mich dazu einer feinsten Scheere, deren Blätter ganz spitz und dabei nach Art einer Rasirmesserklinge flach geschliffen sind. Da die Oeffnung in den Augenhäuten nur ganz minim zu sein braucht, um eine directe Einwirkung des Alkohol auf den Glaskörper zu gestatten, so stört die Abtragung eines solchen kleinen Segments der Augenblase, wenn sie an einer später nicht in Betracht kommenden Stelle des Bulbus geschieht, die weitere Untersuchung in keiner Weise. Ich nehme diese Eröffnung der Glaskörperhöhlc (die man bei älteren Bulbis wohl auch an zwei gegenüber- liegenden Stellen ausfuhren kann) bei allen Embryonen vor, die älter als 3— 3 '/-i Tage sind.

Bei der sehr energischen Einwirkung der Osmiumsäure auf die Gewebe genügt ein (je nach der verschiedenen Grösse des zu härtenden Objects) 2 8 stündiges Liegenlassen in einem Quantum von Lösung, welches das Volum des Objects um das dreifache übertrifft; längere Einwirkung scheint die Haltbarkeit des Objects zu beeinträchtigen ; nach Heraus- nahme aus der Osmiumsäure ist die weitere Behandlung dieselbe, Avie nach Härtung in CrOilösung. Eine ausgezeichnete Schnittfähigkeit und ganz vorzüglich schöne Bilder habe ich einigemal dadurch bekommen, dass ich die Objecte vor der Uebertragung aus der Osmium- lösung in Alkohol V2— 1 V2 Stunden in CrOslösung liegen Hess; dadurch wird nicht nur die weiterhin in verschiedener Rücksicht etwas störende intensiv schwarze Färbung der Objecte etwas abgeblasst, sondern es scheint das auch auf die Conservirung des Gewebes günstig zu wirken, so dass weitere Versuche mit dieser Methode zu empfehlen sind. Das Anschneiden der Bulbushöhle geschieht dabei gleichfalls kurz vor der Uebertragung in Alkohol.

Die bekannte Fähigkeit der Osmiumsäure, die Gewebselemente bis ins kleinste Detail zu conserviren und diese, sowie die ganzen Organanlagen in ihrer Form und Lage zu er- halten, macht es möglich, mit ihrer Hülfe Präparate zu gewhmen, in welchen keine Spur von Abhebung oder Faltung und Verbiegung der hyaloidea oder Augenblase vorhanden ist; dabei zeigen dieselben eine grosse Schärfe und Reinheit der Conturen, die vielleicht mit ehiem dritten Vorzug zusammenhängt, nämlich dem, dass jede anderweitige Färbebehandlung und deren Einwirkungen auf die Gewebe wegfallen. Auf eine weitere Annehmlichkeit: die für die rothen Blutkörperchen charakteristische besonders intensive Schwärzung, welche auch die vereinzelt liegenden sofort als solche erkennen lässt, wird der Leser durch die Be- trachtung meiner resp. Zeichnungen selbst schon aufmerksam geworden sein. Wegen der genannten Eigenschaften bieten Osmiumsäurepräparate des Auges eine vorzügliche Controle für die mit andern Methoden gewonnenen Resultate und ich glaube, dass letztere nur dann als definitiv gesichert angesehen werden dürfen, wenn sie mit jenen übereinstimmen, oder wenigstens in Einklang zu bringen sind.

Mit der MüLLER'schen Flüssigkeit habe ich zuletzt noch im vorigen Sommer, um die SERNOFF'schen Angaben zu controliren, an einer grossen Anzahl von Embryonen in ver- schiedener Weise experimentirt stets mit unbefriedigendem Erfolg; die Bilder waren an- nähernd dieselben, wie sie Sernoff und Lieberkühn geben. Die Schuld davon lag vielleicht mehr noch in der mangelnden Virtuosität im Gebrauch, als im Mittel selbst, da Babuchin z. B. nach einigen seiner Zeichnungen (4) zu urtheilen sehr schöne Härtungen damit erzielt hat; immerhin glaube ich, dass die sehr rasch wirkenden Substanzen den postmortalen

Kesslek, Wirbelthier-Auge. H

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Veränderungen besser vorbeng'en und gerade beim Aug'e eine leichtere Gewinnung guter Prä- parate ermöglichen, als die erst nach Wochen ihre Wirkung beendigenden.

Zu Gunsten der Entwickelung- der Linsenkapsel des Hühnchens aus Bindegewebe führte Sernoff (siehe oben S. 49) ferner an die Uebereinstimmung derselben mit der Membrana Descemeti in chemischer uiul physikalischer Hinsicht, uiid endlich die vollkommene Homo- logie derselben mit der gefässhaltigen Kapsel der Säuger.

Lieber erstere Parallele siehe Cap. VI., die Nichtexistenz einer gefässhaltigen Kapsel bei Säugern aber wird im folgenden soglei(?h nachgewiesen werden.

Säuger.

Taf, V. Fig. 65 zeigt, dass beim Hundeembryo zwischen primärer Augenblase und Hornblatt durchaus nichts von Bindegewebe oder mittlerem Keimblatt vorhanden ist, das Hornblatt vielmehr der Augenblase so unmittelbar anliegt, dass die Grenzconturen beider zu einer sehr feinen Linie verschmelzen. Auch Fig. 66 zeigt noch keine Spur von Kopfplatten- elenienten zwischen der Linsenanlage und Augenblase. Erst in dem Stadium von Fig. 67 (s. Fig. A) dringen und dies ist wesentlich unterscheidend gegenüber der Annahme einer „i¥?yeinstülpung von Bindegewebe während der Liiisenbildung" - von der Peripherie, von der Bauchseite her von der Arteria centralis ausgehende Gefässsprossen, aber auch mir diese, zwischen Linse und Augenblase ein, während wo diese noch nicht vorhanden sind, Augen- blase und Linsenanlage nach Avie vor einander unmittelbar berühren. Wenn man, wie dies in Schnitten aus gehärteten Embryonen nicht selten vorkommt, Augenblase und Linsenanlage etwas von einander abgehoben und entfernt findet, so ist dies nur Folge der während der Härtung so leicht eintretenden Schrumpfung der Objecte; und zwar genügt, da durch die letztere jede der beiden in Eede stehenden Organanlagen nach ihrem Mutterboden: die Lin- senanlage nach dem Hornblatt, die Augenblase nach dem Hirnrohr, beide also nach entgegen- gesetzten Richtungen hin gezogen werden müssen, schon ein ganz geringer Grad von Schrum- pfung, um eine solche Abhebung zu bewirken ; in dem dadurch also künstlich erzeugten Zwischenraum zwischen beiden finden sich nur Spuren derselben zarten Masse, welche Cap. HI als aus der Gerinnung der Körperlymphe (resp. des Glaskörpers) hervorgehend beschrieben wurde; letztere dringt offenbar erst während der Schrumpfung aus der Umgebung hierher vor, denn in besser gehärteten Präparaten, in welchen keine Abhebung eingetreten ist, lässt sich auch mit starken Systemen von dieser Masse nichts nachweisen (vgl. o. S. 55); Zellen oder Kerne habe ich ausser den den vorhin erwähnten Gefässsprossen angehörigen in dieser Masse niemals angetroffen. Die einander zugekehrten Flächen der Augenblase und der Linsenanlag-e namentlich der letzteren zeigen, wenn sie sich von einander abgehoben haben, einen scharfen dunklen Contur, der (proportional der Zunahme der Ver- tiefung der Linsengrube) allmälig eine solche Stärke gewinnt, dass man ihn nicht mehr für einen blossen Begrenzungscontur halten kann, sondern als optischen Ausdruck einer beson- deren, selbstständig werdenden (jxtwzschicht ansehen muss, welche an der Linsenanlage selbstverständlich nichts anderes sein kann, als die sich entwickelnde lAw^^wkapsel. Ihre Bestätigung findet diese Auffassung durch Präparate wie das Fig. 83 gezeichnete, in welchen

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schon zur Zeit der eben uMi vollziehenden Abschnürung der Linse die Kapsel als voll- kommen selbstständiges Gebilde unzweifelhaft vorhanden ist, was in den sämmtlichen Schnitten der Serie, der jene Zeichnung- entnommen ist, besonders deutlich dadurch hervortritt, dass durch einen Fehler in der Härtung- die Kapsel etwas von den Linsenfasern sich abgehoben und leicht gefaltet hat (in anderen Schnitten von gleichaltrigen Schaafsem1)ryonen liegt die- selbe den Fasern vollkommen glatt an, s. Taf. VI. Figg. 84, 85).

Aber nicht nur im Beginn, wie sich aus dem bisherigen ergibt, sondern auch im weiteren Verlaufe ist die Entwickelung der Linsenkapsel bei den Säugern vollkommen über- einstimmend mit derjenigen beim Hühnchen; denn die weitere Ausbildung derselben besteht auch bei den Säugern in nichts anderem als einer Zunahme der Dicke, in Folge deren all- mälig immer deutlicher ein innerer und ein äusserer dunklerer Contur schärfer hervortreten, zwischen denen eine hellere structurlose Suljstanz liegt. Die Dicke der Kapsel ist bei Mäuseembryonen am beträchtlichsten im äquatorialen Theil; im Präparat zu Taf. V. Fig. 73 (Ratte) beträgt sie hier 0,002 0,003 Mm. Spuren einer Zelle oder eines Kernes in der Kapsel finden sich in keinem einzigen meiner Präparate; wo immer die durch den Glaskörperraum zwischen Augenblase und Linse hinziehenden Gefässe diese berühren, liegen dieselben stets aufs deutlichste ausserhalb der Kapsel, dieser nur an. Vgl. Taf. V. Figg. 68-73.

Auch bei den Säugern also ist die Kapsel bereits vor vollendeter Abschnürung der Linse vorhanden, von vornherein structurlos, gebildet ohne Mitbetheiligung irgend welcher bindegewebiger Bestandtheile. ')

Wie steht es nun aber mit der Tunica vasculosa lentis^! In der bisher allgemein angenommenen Weise, als geschlossener bindegewebiger gefässhaltiger Sack existirt dieselbe überhaupt nicht. Gefässe sind freilich auf der Linse in grosser Menge vorhanden (vgl. S. 41. 42), aber nicht das supponirte Bindegewebe, welches sie umhüllen, mit einander ver- binden und den Sack oder eine zweite, die structurlose einschliessende , Kapsel bilden soll. Vielmehr ist das Verhalten der Gefässe zu der einzig und allein existirenden structurlosen Kapsel dasjenige, wie ich es bereits angedeutet habe und wie es die genannten Figg. 70 und 71 veranschaulichen : die Gefässe verlaufen vollkommen isolirt auf der Kapsel, diese nur berüh- rend, in der Glaskörperflüssigkeit; überall, wo nicht ein Gefäss der Kapsel anliegt, wird diese (die structurlose) von der Glaskörperflüssigkeit unmittelbar bespült. ^)

An der gsvnzQw proximalen Wand der Linse und im Aequalorialtheil derselben (bis an den freien Rand der Augenblase) ist (bei Maus, Ratte, Katze, Schaaf) dieses Verhältniss das bis ans Ende des Fötallebens bleibende [so in den Taf. V. Fig. 73 gezeichneten Präparaten und einigen von einem noch älteren Stadium vom Kaninchen mir vorliegenden, in welchem wahrscheinlich das Atrophiren dieser Gefässe (vgl. Cap. V) bereits begonnen hat] ; die bisher

1) Die von den Autt. angegebene Slrcifung der Linsenkapsel tinde ich in embryonalen Augen nicht.

2) Am instructivsten und klarsten zeigen dies Schnitte, welche senkrecht auf den Längsverlauf der die Linse umge- benden Gefässe geführt sind , während im Meridianschnitt ein in seinem Längsverlauf vom proximalen Pol bis an den Aequa- tor getrotienes Gefäss die unmittelbare Berührung von Glaskörper und Kapsel, wie sie in den Lücken des Gefässnetzes statt- findet, dem Blick entziehen kann.

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ang-eiiommeiie Menihrana cajtsidaris und capsulo-piipillaris exislireji also bei den genannten Tliieien ?nchf.

An der distalen Linsenwand liegen anfangs (etwa bis ans Ende des ersten Dritttheils des P^mbryonallebens) die Gefässe gleielifalls in derselben Weise, wie an der jn-oximalen Wand frei auf der Linsenkajisel. Dies ist freilich in den ersten Stadien der Gefässentwicke- lung schwer zu erkennen, und zwar deswegen, weil in den allerfriihesten (vgl. Taf. VI. Figg. 83, 85, 68) es den zwischen Linse und Hornblatt vordringenden Gewebselementeii sich vielleicht nicht mit voller Sicherheit ansehen lässt, ob dieselben Gefässsprossen darstellen, oder ob nicht vielleicht ein Theil derselben zum Aufbau der Pupillarmembran bestimmte mit- wandernde indifferente Kopfplattenzellen sind, in den darauf folgenden (Taf. V. Fig. 69) aber die Masse der letzteren schon eine so bedeutende ist, dass die Gefässe vollständig von denselben bedeckt sind. Mit dem Beginn der Bildung der vorderen Augenkammer aber stellt es sich sofort zweifellos heraus, dass die ganze zwischen Linse und Hornblatt gelangte Kopf- plattenmasse — mit alleiniger Ausnahme einiger weniger in der unmittelbaren Nähe der Iris- anlage liegen bleibenden Zellen der Cornea angehört und da,ss die Gefässe allein und frei, ohne irgend welche sie einhüllende oder deckende Membran auf der Linsenkapsel liegen bleiben, so dass der distale Theil der letzteren in den Lücken und Maschen des Gefäss- netzes ganz ebenso vom vorderen Kammerwasser bespült wird, wie der proximale vom Glas- körper. —

Erst später, etwa von dem Taf. V. Fig. 71 gezeichneten Stadium ab, bemerkt man dann in Schnitten, in denen die Gefässe in der vorderen Kammer nicht wie in Fig. 71 A in ihrem Längsverlauf, sondern mehr weniger senkrecht auf denselben geti'offen sind, hie und da zwischen den Gefässquersclinitten einzelne sehr platte langgestreckte, die Linsenkapsel nicht berührende Körperchen, welche nicht den Eindruck machen , als ob sie bloss durch den Schnitt von einer Gefässwand abgeschält wären; ihre zugespitzten Enden laufen in eine äusserst feine Linie aus, welche über die Gefässe (und zwar über die kleinsten derselben ohne sie zu berühren, s. Taf. V. Fig. 75 A.) hinwegzieht.

Diese feine Linie mit den eingestreuten flachen Körperchen ist der Querschnitt der PiqnHarniemljran.

Die ersten Spuren der Pupillarmembran findet man stets an der Peripherie der Pupillar- öffnung; die Vergieichung der resp. Stellen in den Taf, V. Figg. 7 IB. und 70 lässt es wahrscheinlich erscheinen, dass bereits in Fig. 70 die zwischen dem inneren Epithel der Cornea und dem über den freien Rand der Augenblase wegziehenden Gefäss frei liegenden 2 spindelförmigen Zellen mit zur Anlage dieser Membran gehören. Von hier aus schreitet ihre Entwickelung nach dem Linsenpol hin vor. Ob derselbe aber von ihr bei allen Thieren wirklich erreicht und mit überzogen wird , ist eine Frage , die ich vorläufig noch offen lassen muss; in den Stadien von Figg. 71 und 72 reicht die Pupillarmembran noch nicht weiter als bis auf die Hälfte der Strecke vom Pupillarrand bis zum Pol. Fig. 7 1 B zeigt, wie sie hier in der Nähe eines Gefässes, der Linsenkapsel sich nähernd, aufhört; die von dieser Stelle nacli dem Pupillarrand hin liegenden Gefässe sind von ihr überzogen, die dem Pol näheren dagegen verlaufen frei auf der Kapsel und zwischen den letzteren berührt

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im Präparat das Gerinnsel des liumor aqueiis die Kapsel unmittelbar. Auch in dem be- deutend weiter vorgerückten Entwickelungsstadium des Auges von einem 10 Cm. langen Katzenembryo, aus Avelcliem ein Tlieil der distalen Linsenwand mit einem Stück der Pupillar- membran in Taf. V. Fig. 75 A abgebildet ist, finden sich in der Nähe des Poles noch Lücken in der Membran und bei einem noch älteren Kaninchenembryo fehlt dieselbe nicht nur am Pol, sondern auch in grosser Ausdehnung um den Pol herum vollständig, was man mit voller Sicherheit, wie bereits angedeutet, daran erkennt, dass das Gerinnsel des Kammerwassers unmittelbar die Linsenkapsel berührt; auch mit starken Vergrösserungen ist zwischen beiden in den betreffenden Ausdehnungen durchaus nichts zu entdecken, was für eine Andeutung der Pupillarmembran genommen werden könnte. Das Gerinnsel des humor aqueus ist in meinen Präparaten von Mäuse- und Katzenembryonen viel heller und lockerer als dasjenige ihres Glaskörpers und von einer solchen Zartheit, dass ich auf eine Wiedergabe desselben in meinen Zeichnungen habe verzichten müssen.

Auf Grund gewisser Wahrnehmungen glaubte ich früher (20.) die Pupillarmembran als eine von der Adventitia der auf der Linsenkapsel verlaufenden Gefässe ausgehende Bil- dung bezeichnen zu müssen. Diese Ansicht ist jedenfalls eine irrige gewesen. Die Fig. 71 B und C gezeichneten und andere diesen ähnliche Präparate haben mich überzeugt, dass die Pupillarmembran die Fortsetzung des das Lisstroma nach der vorderen Augenkammer hin deckenden Epithels ist, welches letztere seinerseits wie bekannt und wie auch die Figg. 71A, 72, 73 Taf. V zeigen, continuirlich in dasjenige der Innenfläche der Cornea übergeht. Das innere Corneaepithel läuft also durch Vermittelung des Lisepithels in die Pupillarmembran aus. Das erstere bietet freilich im völlig entwickelten Zustand bei den höheren Wirbeltliieren ein von demjenigen der Pupillarmembran sehr verschiedenes Bild^ in früheren Stadien aber, z. B. dem in Fig. 70 abgebildeten, sowie bei gewissen niederen Wirbelthieren auch im erwachsenen Zustand zeigt der Querschnitt jenes eine auffallende Aehnlichkeit mit dem der letzteren (vgl. Taf. V, Figur 74 A mit Taf. IV. Fig. 64 e).

Die in der Pupillarmembran enthaltenen Körperchen habe ich oben nicht als „Zellen" bezeichnet; je Aveiter die Entwickelung vorschreitet, desto weniger lässt sich in ihnen von einem Kern oder Kernkörperchen etwas entdecken, desto glatter und blasser werden sie, desto mehr nehmen sie sich nur wie zarte Anschwellungen der so äusserst zarten Membran aus (vgl. Taf. V. Fig. 75 A mit Fig. 71 B); es ist, als ob die wenigen Zellen, die die Anlage derselben bilden, ihr Protoplasma flächenhaft ausfliessen Hessen und je mehr mit dem fort- schreitenden Wachsthum der Linse die von der Membran zu deckende Fläche sich vergrössert, desto mehr auch die Reste dieser Zellen zur Bestreitung dieser Leistung consumirt würden. Falls der bei der Entwickelung der Pupillarmembran in Wirklichkeit sich vollziehende Vorgang der soeben vermuthungsweise angedeutete ist, dieselbe also nur einem wenn man es so nennen darf Auflösungsprocess einiger in der vordem Augenkammer liegen geblie- bener Zellen ihre Entstehung verdankt, so würde damit zugleich auch das Verständniss für die LelDensunfähigkeit und Vergänglichkeit dieser Bildung gegeben sein.

Die Pupillarmembran wäre sonach weiter nichts als ein kurzlebiger bedeutungsloser Anhang des inneren Cornea- resp. Irisepithels, dessen Besprechung in Zukunft mit derselben

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Fülgerichtio'keit in einem hin mit diesen letzteren vorzunehmen sein wird, wie die der Ent- wickelung' der Linsenkapsel gemeinschaftlich mit der der Linse. In dieser Abhandlung aber musste aus Zwcckmässigkeitsrücksichten, zur Erleichterung- des Nachweises des Irrthüralichen in den bisher verbreiteten Anschauung'en , wie die Linsenkajjsel nachträglich in einem be- sonderen Capitel so die Pupillarmembran im Voraus schon an dieser Stelle besprochen werden, um zu zeigen, dass die ihr von den meisten Autoren zugeschriebenen Beziehungen zu der auf der Linse verlaufenden Endausbreitung der Arteria centralis in Wirklichkeit ebenso wenig existiren, wie diejenigen der genannten Gefässe zur Linsenkapsel, geschweige denn, dass die Entwickelung dieser Kapsel auch nur im Entferntesten etwas mit jener Membran zu thun hätte, von der sie durch das zwischen eingeschobene Gefässnetz von vornherein geschieden ist.

Damit fällt also, um auf die Linsenkapsel zurückzukommen, auch die letzte der von Sernoff für die bindegewebige Natur derselben beigebrachten Stützen und darf ich also wiederholen, was ich oben schon ausgesprochen, dass auch hei den Säugereiiihri/onen ebenso wie bei den Vögeln nur eine Art von Linsenkapsel, die slructurlose, vorhanden und dass diese in einer sehr frühen Zeit, nämlich gleichzeitig^ mit der Einstülpung und Ahschnürung der Linse, ohne irgend welche Mithetheiligung von Bindegewebe , von vornherein structurlos an- gelegte Kapsel auch die hlcihcnde ist, an welcher bis ans Ende des Embryonallebens keine anderweitige Veränderung als die der alluiäligen Dickenzunahme vor sich geht.

Es ist also die Linsenkapsel, da ein anderer Modus ihrer Entstehung als der durch Ausscheidung aus den Linsenzellen nach dem Obigen nicht wohl denkbar ist, wieder, wie bereits Kölliker gethan hatte, in die Reihe der auf diesem Wege aus den zugehörigen epithelialen Elementen hervorgegangenen Cuticularbildungen zu rubriciren.

Dass auch die Dickenzunahme, das Wachsthum der Kapsel, durch fortschreitende Ausscheidung aus den Linsenfasern herbei geführt wird, lässt sich zwar nicht stricte beweisen, aber doch als sehr wahrscheinlich bezeichnen; denn einerseits ist, namentlich für die gefäss- freien Linsenkapseln eine andere Quelle für die Zufuhr des Wachsthumsmaterials nicht vor- handen, andererseits scheint die Leichtigkeit, mit welcher post mortem die Seite 17 erwähnten ,,Eiweisskugeln" aus den Linsenfasern austreten, die Vorstellung einer gewissen Permeabilität derselben für ihren eiweissartigen Inhalt zu gestatten, welche vielleicht auch unter physio- logischen Verhältnissen zu einer Ausscheidung des letzteren nach aussen hin disponirt.

Das von mir gegen die Darstellung Seenoff's vorgebrachte hat natürlich iin Wesentlichen seine Geltung auch gegen die übrigen Vertreter der bindegewebigen Natur der Linsenkapsel; ich erlaube mir nun nur noch gegen einige Einzelheiten in den thatsächlichen Beobachtungen und Darstellungen dieser Autoren folgende Bemerkungen, von denen wenigstens einige vielleicht insofern zur weiteren Klärung der Frage und Feststellung des wahren Sachverhaltes beitragen können, als sie eine Erklärung dos Irrthümlichen der von jenen gegebenen Deutungen versuchen sollen.

Lh'berkiilin (28. S. 19) gibt in Bezug auf das Auge der Vogelembryonen ausdrücklich an, dass auch er „vor Beginn der Einstülpung der Linse zwischen Hornblatt und primitiver Augenblase nichts, dagegen hinter der in der Einstülpung be- gritt'enen Linse in wiederholten Fällen eine Fortsetzung des Gewebes der Kopfplatte wahrgenommen habe. „Bei den Vögeln ist also entweder vor der Einstülpung in Wirklichkeit nichts vorhanden oder das Vorhandene ist zu schwach , um mit den gegenwärtigen Hülfsmitteln sichtbar zu sein." Da letztere Möglichkeit bei der vorzüglichen Leistungsfähigkeit unserer gegenwärtigen Hülfsmittel wol kaum ernstlich in Betracht kommen dürfte, mitbin zuzugeben sein wird, dass i'or der Eiu- tulpung zwischen Hornblatt und Augenblase in der That nichts vorhanden ist, so kann die Frage nur die sein: wie kommt

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während der Einstülpung die Fortsetzung der Kopfplatten zwischen das Hornblatt und die Augenblase V Restünde diese Fortsetzung aus Zellen, so könnte man einfach an eine Zelleuwanderung denken, die hierher vordringt; Lieherktihn gibt aber (S. 20) ausdrücklich an, dass dieselbe structurlos ist, mit Verweisung auf seine Figg. 8, 45, 50 und vou einem viel späteren Stadium Fig. 51, in welchen dieselbe, „zellenlos, mit der Zwischensubstanz zwischen den Zellkörperu der Kopf- platten in continuirlichem Zusammenhang steht"; sie spaltet sich „in 2 Abtheilungen, von welchen die eine vor der Linse hinzieht, die andere dagegen hinter die Linse verläuft um sich in dem Glaskörper zu verlieren. In einem anderen Präparate befinden sich in dem noch ungespaltenen Stück bereits Zellkörper; [man sieht also, wie diese ihren Weg den zell- freieu durchsichtigen Anlagen entlang nehmen." In dieser Darstellung begegnen wir wieder denselben beiden Irrthümcru, welche wir in derjenigen Sernofp's bereits kennen gelernt haben: 1) dass die aneinanderliegenden Grenzschichten des Horn- blatts und der Augenblase (Licberkü/m''s Figg. 45 und 50) für eine structurlose Fortsetzung der Kopfplatten genommen werden (vgl. o. S. 53. 54.) und dies in einer so frühen Entwickelungsperiode, in der doch die Dittereuzirungen im mittleren Keimblatt und speciell in den Kopfplatten noch so wenig vorgeschritten sind, dass structurlose Schichten, „durchsichtige Anlagen" in demselben noch gar nicht vorausgesetzt werden können ; es könnte sich also nur um eine Schicht der Zwischen- substanz der Kopfplatten handeln; diese aber erscheint in gehärteten Präparaten stets sehr hell und zart, während die dunkle Färbung, wie sie auch in Lieberkühn's Figg. 45 und 50 sich wiedergegeben findet, den vorhin genannten Grenz- schichten zukommt, die dabei zugleich um so breiter und um so weniger scharf gegen einander abgegrenzt erscheinen, je weniger genau senkrecht auf die Trennungsfläcben der Schnitt geführt worden ist; 2) dass die in 2 Abtheilungen gespaltene structurlose Masse in Fig. 51, „welche bei starker Vergrösserung als eine fein gestreifte Substanz sich erkennen lässt" (28. S. 20), welche doch weiter nichts ist, als das uns bekannte, in gut gehärteten Präparaten an diesen Stellen gar nicht vorhandene Gerinnsel (vgl. S. 54) ^ür die normale Weiterentwickelung des vermeintlichen Kopfplattenfortsatzes der Figg. 15 und 50 gehalten wird.') (Für den doppelten Contur an der proximalen Fläche der Linsenanlage in Lieberkühn's Fig. 8 weiss ich keine Erklärung; der weite Abstand der Linsenanlage von der Augenblase zeigt', dass das zugehörige Präparat nicht wohl erhalten gewesen ist.)

Noch bestimmter als in Bezug auf das Hühnchen lauten in Bezug auf die Säugerembryonen Lieberkühn's , Arnold's u. A. Angaben über die bindegewebige Natur der Linsenkapsel.'-') Auch hier können wieder nur die Verschiedenheit der Be- handlung der Objecte und Präparate, der verschiedene Grad der Härtung, 'verschiedene Schnittführung und andere Verschie- denheiten der Untersuchungsmethode die Ursache der Differenzen zwischen den Angaben jener Autoren und den meinigen sein. So kann z. B. das Bild, als ob schon vor Beginn oder während der Linsenbildung Augenblase und Hornblatt durch" eine Gewebsschichte mittleren Keimblattes getrennt wären Lieberkühn, 28. S. 19 ff., 37 ff. Fig. 27 und Arnold, 2. S. 24 ff., S. 30 ff. Figg. 1 und 2 trotzdem dass der Pol der Augenblase in beträchtlicher Ausdehnung unmittelbar vom Hornblatt bedeckt oder die Linsenanlage zum grössten Theil mit der Augenblase in unmittelbarer Berührung ist, dennoch erhalten werden, wenn der Schnitt nicht durch den Pol, sondern in einiger Entfernung durch diejenige Gegend gefallen ist, wo Augenblase und Hornblatt resp. Linsenanlage bereits von einander sich zu entfernen beginnen; hier müssen selbstver- ständlich die von der Peripherie her zwischen beide sich vorschiebenden Kopfplatten mitgetroffen werden ; derTaf.VI. Fig. 82 B von mir gezeichnete Frontalschnitt, der nicht vollkommen senkrecht auf die Medianebene, sondern so geführt ist, dass auf der linken Seite die Mitte der Linsenanlage, auf der rechten dagegen die Mitte der hinteren Hälfte der Augenblase in demselben liegt, veranschaulicht nicht nur die soeben genannte Möglichkeit, sondern rechterseits auch noch die andere, dass eine bereits stark in der Einstülpung begriffene Augenblase einen ganz ähnlichen Querschnitt ergeben kann, wie diejenige, welche liiEBERKÜHN (28. S. 38 uud 84) in seiner Fig. 27 als primitive bezeichnet.

Lieberkühn und Arnold geben (28. S. 42 ff.; 2. S. 27) übereinstimmend au, dass die ersten Spuren der Linsen- kapsel erst bemerkbar werden, wenn die Linsenfasern bereits die distale Wand erreicht haben ^) und benutzen dieses so späte Auftreten derselben als Argument dafür, dass sie ein Erzeugniss der Kopfplatten sei; es sei gar nicht verständlich, wie die

1) Lieberkühn's irrthümlicher Darstellung der Entwickelung der Linsenkapsel des Hühnchens folgt auch Foster (11. S. 101 ff'i; Foster lässt aber aus der mit eingestülpten Schicht mittleren Keimblattes nur die Linsenkapsel hervorgehen, während die von Lieberkühn und Sernopp angenommene Entstehung des Glaskörpers u. s. w. aus derselben ihm unwahr- scheinlich erscheint.

2) Arnold (2. S. 30 ff.) bestätigt die Existenz eines bindegewebigen Sackes um die embryonale Linse der Säuger, welcher aus einer „lichten Gewebsschichte", die bei 12 Mm. langen Rindsembryonen die Linse in ihrer ganzen Circumferenz einhüllt, entsteht; in diesem Sack sollen bei 12 Mm. langen Embryonen nur in dem vor der Linse gelegenen Abschnitt Gefässe vorhanden sein; im hinteren Abschnitt entwickeln dieselben sich erst bei 15 Mm. langen Embryonen; dieser häutige, Gefässe führende Sack um die Linse (die Membrana pupillaris, capsulo pupillaris, capsularis) stelle zu gewissen Perioden des Fötal- lebens ein einheitliches Gebilde dar.

3) Beim Vogel findet Lieberkühn (28. S. GO) „die Linsenkapsel in ihrem vorderen Theil" erst am 6. Brüttag.

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um diese Zeit in der Metamorphose schon so weit vorgeschrittenen Linsenfasern noch fortdauernd mit ihren hinteren Enden eine Membran für die Linse ausscheiden sollen. Diese Deduction füllt von selbst vor der im obigen gewonnenen Erkenntuiss, dass die Kapsel scheu gleichzeitig mit der Linscnblase sich bildet; dass sie in diesen frühen Stadien von Lieberkühn und Arnold nicht wahrgenommen worden ist, kann seinen Grund niögiicherweise darin haben, dass die ihnen vorliegenden Prä- parate nicht in der Richtung eines Radius der Linsenblase geschnitten waren; nur genau in dieser Richtung geführte dünne Schnitte zeigen die Kapsel unverkennbar und in derjenigen Schärfe, wie ich sie in meinen resp. Figuren (s. o.) gezeichnet habe; Zweifel darüber, dass dieselbe in meinen bezüglichen Präparaten in diesem frühen Stadium bereits vorhanden ist, können gar nicht aufkommen, da das beste Kriterium für die Entscheidung dieser Frage: die Vergleichung der der Augenblase zugewendeten Fläche der Liusenanlage mit der der Liusenhöhle zugekehrten, an welcher eine besondei-e , selbstständige Grenzmembran sich niemals bildet, in jedem solchen Schnitt selbst geboten ist. Die Behauptung Lieberkühn's , „dass die Linsenfasern sich nach vorn gegen die Linsenhöhle hin ebenso scharf abgrenzen, wie dies hinten der Fall ist" (28. S. 43 und 5üJ, ist irrthümlich; das Verhältniss ist vielmehr so, wie es meine Figuren 5, 7 A, 8, 66— (39, 70, 83 85 wiedergeben.

Wenn nach diesen Erörterungen es gewiss zugegeben werden wird, dass nur in der angegebenen Richtung', nemlich der eines Radius der Augenblase und durch den Pol dieser letzteren oder durch die tiefste Concavität der Linsenanlage ge- führte Schnitte sichere Aufschlüsse über die hier in Rede stehenden Verhältnisse geben können, so dürfte es sich wol auch kaum bestreiten lassen, dass ein diesen Anforderungen entsprechender Schnitt, welcher Augenblase und Hornblatt in unmit- telbarer Berührung miteinander resp. die Linsenkapsel als bereits vorhanden erweist, mehr positive Beweiskraft besitzt als sämmtliche entgegenstehende, in welchen zwischen jenen beiden Kopfplattenelemente vorhanden sind, resp. die Linsenkapsel nicht zu erkennen ist.

Consequenter als irgend ein anderer Autor führt W. Müller (35) die Lehre von einer aus dem mittleren Keimblatt stammenden Linsenkapscl durch ; derselbe behauptet nicht nur für die übrigen Thierclassen, sondern (gegen Lieberkühn) auch für das Hühnchen die Anwesenheit einer „dünnen und aus einer einfachen Lage spindelförmiger und netzförmiger stark abge- flachter Zellen" bestehenden Schicht des Mesoderm zwischen Augenblase und Ektoderm schon vor der Linsenbildung. Da ich die Existenz dieser Schicht in Abrede stellen muss, so kann ich auch auf eine Besprechung der von Müller (35. S. XXX. if.) an dieselbe geknüpften Schlussfolgerungen und Betrachtungen mich nicht einlassen.

Schliesslich bemerke ich noch, dass, was die Liiiseiikapsel anbelangt, ich in meinen sämmtlichen Präparaten ans anderen Thierclassen (Hecht, Triton, Eidechse) nur Bestätigungen der im obigen von mir in Bezug auf diejenige des Hülinchens und der Säuger gemachten Angaben finde ; in keinem einzigen Sclmitt habe ich in der Kapsel auch nur Spuren von Zellen oder Kernen oder sonst irgend etwas entdecken können, was für ihre Entstehung aus dem mittleren Keimblatt oder für ihre bindegewebige Natur spräche.

II. Membrana limitans int. (hyaloidea Autt.).

Die Behauptung, dass die Membr. hyaloidea von dem mittleren Keimblatt geliefert werde, wurde schon von Babuchin (4. S. 84 ff.) mit voller Bestimmtheit ausgesprochen; Babuchin überzeugte sich, dass, wie Schoeler angegeben, „die Zellenmasse, aus welcher die Kopfplatte besteht, in die Höhle der secundären Augenblase eindringt, so dass bei jungen Em- bryonen der Glaskörper die unmittelbare Fortsetzung der Kopfplatte darstellt. Auf der inneren Fläche des Augentheils der Platte betindet sich eine dünne Lage structurloser Substanz, welche eigentlich nichts anderes ist, als ausgetretene Zwischensubstanz, die sich später in die elastische Glasmembran der Chorioidea umwandelt. Diese Lage begleitet den sich einstülpenden Theil der Kopfplatte und wird später zur Membr. hyaloidea. Folglich hat letztere in genetischer Beziehung dieselbe Bedeutung, wie die Glasmembran der Chorioidea und ist sonach nur metamorphosirte Begrenzungssubstanz."

LiEBERKüiiN und Arnold (2. S. 41 ff'.) lassen ihre Membi'. hyal. „als Grenzmembran des Glaskörpers gegen die Retina" aus der vermeintlich mit der Linse in die Augenblase sich einstülpenden Kopfplatteuschicht hervorgehen.

Nach dem Avas ich in dem vorhergehenden und in diesem Capitel auseinandergesetzt habe, ist in Wirklichkeit weder das von Babuchin, noch das von Lieberkühn und Arnold für die Bildung dieser Membran angesprochene Material vorhanden. Dazu kommt, dass die-

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selbe bereits zu einer Zeit nacli weisbar ist, in der vom Grlaskörper, geschweige denn von Zellen in demselben kaum noch eine Spm- vorhanden ist so in meiner Fig. 5, in welclier die Anwesenheit dieser Membran durch eine während der Härtung des Objectes eingetretene Abhebung derselben von der inneren Lamelle der Augenblase in der Gegend der Augenblasenspalte ganz unverkennbar deutlich wahrzunehmen ist. In ausserordentlicher Feinheit ist dieselbe aber auch schon in den dem eben genannten vorhergelienden Stadien zu erkennen, in denen gleiclifalls bereits die der Linse zugekehrte Fläche der inneren Lamelle der Augenblase in dünnsten Schnitten stets schärfer begrenzt sich zeigt als die der äusseren Lamelle zugewendete und zwar nicht nur beim Hühnchen , sondern auch bei Säugern : siehe Fig. 66, und weiterhin Fig. 83. Die Entwickelung dieser Membran beginnt dem- nach schon zu der Zeit, in welcher die innere Lamelle der Augenblase der Linse noch un- mittelbar anhegt, und Bildungsmaterial von aussen, von den Kopfplatten her zu der Innen- fläche der sec. Augenblase noch gar keinen Zutritt hat; das Material kann also nur von der Augenblase selbst geliefert, diese Membran folglich nur ein Ausscheidungsproduct der inneren Lamelle selbst sein. Das zum Glaskörper werdende Transsudat findet also wie den Binnenraum zu seiner Aufnahme, so auch schon die Auskleidung desselben mit dieser limi- tans interna vorgebildet vor.

Diese vor der Entstehung des Glaskörpers schon vorhandene Grenzmembran der Innen- fläche der Augenblase, für welche unter entwickelungsgeschichtlichem Gesichtspunkt also die Bezeichnung Membrana ,,hyaloidea" als die weniger passende erscheint, bleibt auch für alle Zeiten die einzige Scheidewand zwischen Glaskörper und Augenblase resp. Retina ').

Den anscheinend sclilagendsten unter den gegen die Wahrscheinlichkeit des Hervor- gehens der Limitans interna aus der Augenblase vorgebrachten Einwänden finde ich bei Foster (11); FosTER meint, diese Membran könne nur ein Erzeugniss des mittleren Keimblattes sein, weil sie continuirlich den Pecten überzieht, mithin an einer Stelle vorhanden sei, wo doch sicherlich die Retina fehle. Meine Zeichnungen Taf. III. Figg. 3 1 —37 zeigen aber, dass da, wo „die Retina fehlt'', i e. über der Augenblasenspalte und der Pectenanlage, auch jene Membran fehlt und zwar noch am 6. Tage, also zu einer Zeit, in der sie auf der Augenblase selbst schon stark entwickelt ist. Die Umhüllungsmembran des Pecten entsteht also später als die Limitans interna; mag sie nun, was man wohl als das Wahrscheinlichste annehmen darf, aus der Pectenanlage selbst hervorgehen und nachträglich an der Basis des Pecten mit der Limitans interna confluiren, oder anderswie gebildet Averden, so ist jedenfalls der von FosTER von dieser Seite her entnommene Einwand gegen meine obige Darstellung unbe- gründet. Die Limitans interna gehört also zur Augenhtase, wie die Linsenkapsel zur Linse; beide sind Ausscheidung sprodude des oberen Keimblattes.

1) Vgl. 39. S. 374; vgl. dazu auch Cap. V die letzte Anmerkung.

Kessler, Wirbeltbier-Auge.

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FÜNFTES CAPITEL.

SCHLUSS DER AUGENBLASENSPALTE. BUDÜNGSENDPRODÜKTE DER ARTERIA CENTRALIS. GLASKÖRPER

Hühnchen.

Wir nehmen in diesem Capitel die Verfolgung der an der Bauchseite des Sehorgans ablaufenden Bildungsvorgänge, die uns bereits in Capitel III beschäftigt haben, wieder auf. Dort ist bereits auseinandergesetzt worden, wie durch die Einziehung des lateral-ventralen Theils der Wand der primären Augenblase zunächst eine Grube und eine von ihr aus- gehende frontal gestellte Furche an der Bauchtläche der Augenblase entstand, wie dann diese Furche durch fortschreitende Annäherung des eingezogenen Theils der Augenblasenwand an den medial -dorsalen sich vertiefte und wie darauf die rasche Flächenvergrösserung der nun doppelwandigen „secundären'' Augenblase eine stärkere Wölbung derselben und die Ent- fernung ihrer Innenfläche von der langsamer wachsenden Linse herbeiführte.

Diese rasche Flächenvergrösserung der Augenblasenwand nach allen Seiten hin treibt auch die Umbiegungsränder beider Lamellen in einander, von welchen die Furche an der Bauchfläche begrenzt ist, immer näher aneinander heran, während gleichzeitig das ursprünglich niedrige flache , von dem zur inneren Lamelle werdenden Theil der Augenblase überdachte Lumen dieser Furche zum Glaskörperraum sich ausweitet; statt der ursprünglichen flachen Grube und der von ihr ausgehenden Furche ist dann ein halbkugelförmiger Hohlraum (der Binnenraum der sec. Augenblase) mit einer an der Bauchfläche seiner Umwandung zwischen jenen Umbiegungsrändern der Augenblasenlamellen verbliebenen schlitz- oder spaltförmigen Oeffnung vorhanden ; am distalen Ende der letzteren gehen die sie begrenzenden Umbiegungs- oder Faltungsränder der Augenblase in den Pupillarrand der Augenblase über. Diese schlitz- förmige Oeffnung ist die sog. ,,AugenhlasenspaIte".^) In dem Fig. 6 abgebildeten Stadium

1) Diese Benennung erscheint nicht ganz glücklich schon insofern als die damit bezeichnete Bildung nicht einem Spaltungs-, sondern einem Einziehungs- und Faltungsvorgang ihre Entstehung verdankt. Während aber in der spätei'en Zeit wenigstens eine äussere Aehnlichkeit mit einer Spalte vorhanden ist, fehlt auch diese Berechtigung für die Bezeichnung „Spalte" in den ersten Stadien der Einstülpung der Augenblase , in denen es in der That nur um eine Furche, Rinne nicht um eine Spalte sich handelt und der Gebrauch letzteren Wortes nur dazu angethan sein kann , irrthümliche Vorstellungen zu erwecken. Für diese ersten Stadien sollte daher der Ausdruck „Augenblasenspalte" durchaus vermieden werden, wenn man denselben auch, in Ermangelung eines für alle Stadien gleich passenden Terminus, für die späteren vorläufig beibehält.

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ist diese Spalte" noch so breit, dass ausser Schnitten, welche das in derselben liegende Gefäss seiner Länge nach treffen (Fig. 6 A) , auch solche gewonnen werden können , in welchen von diesem Gefäss nichts zu sehen ist (Fig. 6 B) , das Lumen der Spalte ist in letzterem Schnitt vollkommen zellenleer, nur von demselben Gerinnsel ausgefüllt wie der Glaskörperraum, in welchen dasselbe continuirlich übergeht.

Für die weiteren Entwickelungsvorgänge in derjenigen Gegend des Auges, die uns hier interessirt ') , ist von der grössten Wichtigkeit der 5. Brtittag; denn auf ihn fällt die Entstehung der ersten Anlage des Pecten-).

Werfen wir zunächst einen Blick. auf Fig. 41, welche einen Sagittalschnitt von einem 5 Tage bebrüteten Hühnerembryo darstellt^): das Gefäss über der Spalte erscheint, nament- lich im Vergleich mit der unterdess beträchtlich fortgeschrittenen Grössenzunahme der Augen- blase, verengt, kleiner; über demselben erhebt sich ein schmaler, in den Glaskörperraum hineinragender Zapfen, bestehend aus Zellen, welche die Charaktere der Kopfplattenelemente zeigen, in welche sie in der That durch einen schmalen, an den Seiten des Gefässes hin- laufenden Zellenzug übergehen. Die Vorbereitung zur Entstehung dieser im Schnitt als Zapfen erscheinenden Bildung in Wirklichkeit einer schmalen, feinen Leiste, welche der Augenblasenspalte aufsitzt ist bereits in den Figg. 33 35 wahrzunehmen, das Lumen des Gefässes erscheint nicht mehr bloss von den in einfacher Reihe liegenden Zellen, welche seine Wand ausmachen, umschlossen, die Zellen liegen demselben vielmehr, namentlich an der Dorsalseite, in 2 3 Lagen auf. Ob diese nun durch eigene Proliferation jenen Zapfen oder Leiste hervorbringen oder ob neuer Zuzug von den Kopfplatten aus durch die Spalte hindurch stattfindet, dürfte eben so schwierig zu entscheiden sein, wie die Frage, warum dieselben grade in dieser Weise sich anordnen, und warum diese Bildung nur über den proximalen Theil des im Glaskörper verlaufenden Gefässes sich herstellt, während sie im distalen Theil, in Avelchem doch viel mehr Kopfplattengewebe neben dem Gefäss in der Spalte sich findet (Figg. 36. 37), nicht zu Stande kommt. Letzteres ergibt sich, wie schon aus denjenigen von 5 Tage alten, so noch deutlicher aus einer mir vorliegenden Serie von Schnitten von einem fast 6 Tage (5 Tage 20 Stunden) bebrüteten Embryo : es sind im Ganzen 3 Gruppen von Bildern , welche man erhält , wenn man vom Pupillarrand beginnend senkrecht auf die Augenblasenspalte medianwärts fortschreitend schneidet: 1) in dem derc Pupillarrand nächstliegenden Theil der Spalte liegen die Umschlagsräuder der Augenblase dicht aneinander, entweder nur sich berührend (Fig. 38), oder schon in der Verwachsung mit einander begriffen (Fig. 39); Kopfplattenelemente oder Blutkörperchen sind weder in der Spalte selbst, noch in dem über ihr liegenden Theil des Glaskörpers (c. v.) vorhanden; 2) von der Austrittsstelle des Gefässes bis zu demjenigen Theil desselben, über welchem der Pecten sich zu bilden beginnt, liegen Zellen vereinzelt und unregelmässig zerstreut oberhalb

1) ScHOELER fertigt dieselben, unmittelbar nach der o. S. •2:t citirten Stelle, mit der kurzen Bemerkung ab: „Crura trigoni pauUatim propius obvia congrediuntur , quo fit ut tissura formam trigoni induat magis magisque acuminati. Tunc denique latera vel crura inter te contingunt, quo facto spatium illud in fissuram simplicem oblongam mutatur (Figg. 8. 17)".

2) Syuon. : Marsupium; Kamm; Fächer.

3) Fast dieselben Bilder ergab mir eine Schnittserie von einem 5 Tage 10 Stunden bebriiteten.

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des Gefässes in der Glaskörpersiibstanz eingebettet (Fig. 40); einige von ihnen sind als Blutkörperchen zu erkennen; von anderen lässt es sich nicht entscheiden, ob sie vielleicht degenerirte Blutköi-perchen oder Kopfplattenzellen sind ; die Augenblasenränder sind auch auf dieser Strecke schon in Berührung mit einander; 3) die dritte Gruppe zeigt die Anlage des Pecten, wie oben bemerkt als Zapfen, in dessen Basis das in hohem Grad reducirte Gefäss oft nur noch durch die Anwesenheit eines Blutkörperchens zu erkennen ist; und zwar erscheint im distalen Theil der Pectenanlage dieser Zapfen gleichmässig stumpf-konisch, ähnlich wie in Fig. 4 1 , nur etwas höher ; im proximalen Theil geht seine Spitze in eine Anschwel- lung Uber, die um den 5. Tag herum im Querschnitt noch spindelförmig, in dieser Serie aber viel stärker ausgesprochen und fast rundlich, knopfförmig erscheint (Fig. 42); sodann folgen einige Schnitte in welchen die Augenblasenränder sich an der allmälig immer niedriger werdenden Pectenanlage (Fig. 43), und nachdem diese gänzlich aus den Schnitten verschwunden, gegen einander aufbäumen, um allmälig und zwar mit ihrer dem Glas- körper nächstliegenden Zellschicht beginnend in einander überzugehen und zusammen- zufliessen (Fig. 44). Diese letzteren Schnitte gehören derjenigen Stelle der Augenblase an, wo der Augenblasenstiel in die Augenblase übergeht.

Die Combination der Schnitte dieser Serie ergibt also in Bezug auf die Augenblasen- spalte als Resultat der Veränderungen des 6. Tages, dass, soweit die Umschlagsränder der Augenblase mit einander in Berührung getreten sind, statt der früheren klaffenden Spalte nur noch eine „Naht" an der Bauchseite der Augenblasen vorhanden ist. Nicht in Be- rührung mit einander getreten sind die Ränder der Augenblase aber 1) im proximalsten Theil der Spalte, soweit die Anlage des Pecten distal wärts reicht; in diesem Theil kommt es überhaupt niemals zu einer Annäherung der Augenblasenränder anneinander, weil nicht nur der Pecten seine diesen Theil der Spalte durchsetzende Verbindung mit den Kopfplatten niemals aufgibt, sondern auch die ganze Fasermasse des Sehnerveu später durch diese Oeffnung hindurch zieht; 2) in ganz beschränkter Ausdehnung im Ciliartheil an derjenigen Stelle, wo das uns bekannte Blutgefäss aus dem Glaskörperraum in die Kopfplatten mis\x\ii\ unter stetig fortschreitendem Atrophiren dieses Gefässes verkleinert diese Durchtrittsöffnung sich rasch, die Reste des Gefässchens in derselben schwinden, die Augenblasenränder stossen auch an dieser Stelle zusammen und es steht dann der Verwachsung der ganzen aus dem distal- wärts von der Pectenanlage gelegenen Theil der Augenblasenspalte hervorgegangenen Naht kein Hinderniss mehr im Wege.

Was die weitere Entwickelung des Pecten anbelangt, so lag eine bis in die kleinsten Details gehende Untersuchung derselben nicht im Plan dieser Arbeit; ich gebe daher im folgenden darüber auch nur soviel, als für den vorliegenden Zweck zur Orientirung über dieses Organ im Allgemeinen und seine Beziehungen zu seiner Umgebung erforderlich ist. Da ich mich dabei zum Theil auf Lupenbeobachtungen beschränken werde, erwähne ich hier zuvor noch kurz das, was diese in den im vorhergehenden, nach mikroskopischen Präpa- raten bereits besprochenen jüngeren Stadien mir ergeben haben.

Im Laufe des 2. und 3. Tages habe ich nichts gefunden, w^as nicht schon in der Darstellung Remak's enthalten und in seinen schönen Abbildungen veranschaulicht wäre.

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Von der Mitte des 4. Tages an, wenn eben die Pigmentiriing- der Augenblase beginnt, bemerkt man in dem bekannten pigmentlosen Streifen an der Baiichfläche der Augenblase eine feine rotbe Linie ; dieselbe ist, wenn man sofort nach Eröffnung des Eies den Embryo in situ beobachtet, namentlich nach Entfernung des Amnion, so lange das Herz noch pulsirt, sehr deutlich und scharf zu erkennen, s. Fig. 1. Man könnte zweifelhaft sein, ob dieselbe dem an der Bauchfläche der Augenblase zurückführenden, also oberflächlich gelegenen, oder dem die Spalte durchsetzenden innerhalb der Augenblase verlaufenden Theil der Gefässschlinge entspricht? Ich glaube letzteres; denn einerseits ist jener Theil (siehe o. S. 37) wohl zu fein, um unter der Lupe so deutlich und dick sich präsentiren zu können, andererseits ist diese rothe Linie noch schärfer Fig. i. und deutlicher und in derselben Dicke bei der Betrachtung von oben her zu mbrynon?¥agTn sehen, wenn man durch einen Scheereiischlag die obere Hälfte des Bulbus ab- seife umr^nten be- getragen hat *). Je älter und undurchsichtiger der Embryo wird, desto undeut- lieber wird jene rothe Linie, bis sie zu Anfang des 7. Tages von aussen -unten kaum noch wahrzunehmen ist, bei der Betrachtung von oben -innen aber äusserst fein und dünn und hl der Basis des Pecten liegend und zwar überhaupt nur in der Aus- dehnung dieses letzteren wahrgenommen Avird, siehe Figur H a. und b ; der pigmentlose Streif reicht um diese Zeit noch bis an den Pupillarrand ; dass derselbe in diesem Theil nicht mehr einer Spalte, sondern nur dem Mangel des Pigments in den sich bereits berührenden oder schon mit einander verwachsenden Umschlagsrändern der Augenblase sein Dasein verdankt, ist an Sagittalschnitten durch denselben leicht zu constatiren. Am 9. Tage fängt dieser helle Streif an zu schwinden, indem sowohl am Pupillarrand als in dem dem Pecten nächstliegenden Theil desselben Pigmentirung eintritt, und dies zwar so intensiv, dass diese Stellen dunkler erscheinen als ihre Umgebung

schwarze Linien sich markiren ; nur im Bereich der Process. ciliares und derL'is ist die Linie noch weiss -); allmälig schwärzt sich auch diese Stelle, und dann ist auch in mikroskopischen Schnitten senkrecht auf die früher vorhanden gewesene weisse oder schwarze Linie in der ganzen Ausdeh- nung vom Pupillarrand bis zum distalen Ende des Pecten keine Spur der früheren Spalte oder des Pigmentmangels mehr zu finden, die Bilder vielmehr vollkommen denjenigen gleich, welche man durch Schnitte aus irgendeiner anderen entsprechenden Stelle der Augenblase erhält-^).

Fig. II.

Hübnerembryo vom Anfang des

7. Bruttages, a. nacb Abtragung der oberen Bulbushälfte durch einen Soheerensohlag.

in welcher sie am Ende des 9. Tages als pig™e^tiose streif stärker

» vergrossert : p. proximales

d. distales Ende (Pupillarrand) desselben; die feine Linie in demselben bezeichnet die Ausdehnung , in welcher das Gefäss zu sehen ist. die punkt- förmige Verbreiterung des- selben in der Nähe des proxi- malen Endes entspricht wahr- scheinlich der Eintrittsstelle des Gefässes, während die Ver- breiterung des pigraentlosen Streifens in derselben Gegend die Eintrittsstelle desN.opt. in den Bulbus (vgl. Fig. 6.) be- zeichnen dürfte, vgl. zu dieser Fig. Huschke's (18) Fig. 6.

1) Dies lässt sich mit einer allerfeinsten Scheere recht wohl ausführen, ohne dass irgend welche Spuren eines etwa stattgehabten Druckes auf das Object an den Rändern des zurückbleibenden Theiles des Bulbus (Faltung oder Verbieguug derselben) zu bemerken wären.

2) Dies legt den Gedanken nahe, dass wie die Pigmentirung so auch die Verwachsung der Spalte in jenem Theil zuerst eintritt und würde damit eine entwickelungsgeschichtliche Erklärung für das Vorkommen von Ciliar- und Iris-Colo- bomen ohne gleichzeitigen Defect in der Retina gegeben sein.

3) Lieberkühn (2S. S. 32) lässt die Augenblasenspalte verwachsen „unter Bildung einer Falte der Netzhaut". Ich finde eine solche Falte in meinen Präparaten nicht und halte dieselbe daher für ein Kunstproduct (vgl. o. S. 55.).

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Fig. III.

Hühnerembryo von 9 Tagen, nach Entfernung der äusse- ren Bedeckungen der Bulbi, von der Bauchfläche her ge- sehen.

a. Die beiden Bulbi in situ ; 1. Schnabel; 2. Pupille.

b. Der pigmentlose Streif, stärker vergrössert; 1. di- stales Ende desselben am Pupillarrand ; 2. das im Ciliartheil; 3. u. 4. das in der Retina liegende ; 4. das die Basis des Pecten enthaltende Stück des- selben: 5. Nerv, opticus.

Aus der Figur III a. ist auch zu ersehen , wie das Messer geführt werden muss, wenn man in diesem Stadium senkrecht auf die Basis des Pecten schneiden will: die als ^„sagittal^' bezeichneten Schnitte dürfen schon längst nicht mehr parallel der Median- ebene fallen, sondern müssen dieselbe unter einem schiefen Winkel treffen ; dazu kommt noch die der Bulbuskrümmung entsprechende bedeutende Convexität der Pectenbasis (siehe Figur IV), aus welcher die Forderung erwächst, dass jene Schnitte gleichzeitig Ä'*?«'/ schnitte in der Richtung des Krümmungsradius der Pectenbasis sein müssen, wenn die sämmt- lichen Schnitte einer Serie senkrecht auf die Trennungsflächen fallen sollen ; um dieser Glrundbedingung für die Gewinnung scharfer und klarer Bilder zu genügen, ist also eine beständig fortschreitende Aenderung der Schnittrichtung nothwendig.

Wie rasch der Pecten, nachdem er einmal angelegt ist, in seinem Wachsthum fortschreitet, zeigt Figur IV. Das zu Grunde liegende Prä- parat ist gewonnen von einem 8 9 Tage alten Hühnerembryo ; nach Er- härtung in CrO i und Alkohol wurde der übrige Theil des Bulbus mit der Scheere allraähg abgetragen und darauf der Glaskörper möglichst voll- ständig durch Abzupfen mit zwei feinen Pincetten entfernt. Die kleine, frei in den Binnenraum des Auges hinaufragende Wand trägt an ihrem oberen Rand einen schmalen Saum, der zarter und durchsichtiger ist, als die übrige Masse des Pecten; der Lage nach würde derselbe dem späteren sogenannten Pigmentaufsatz ent- sprechen. Von Faltung ist noch keine Spur vorhanden. Vom distalen Ende der Basis des Kammes geht ein äusserst feiner Strang bogenförmig über die in der Zeichnung durch eine punk- tirte Linie angedeutete, im Präparat selbst nicht mehr sichtbare Verwachsungsspur der Augenblasenspalte: ein Ueberrest des atro- phirenden Theiles des Gefässes und der dasselbe begleitenden Kopfplattenelemente (vgl. Taf. III. Fig. 40.); im Strahlenblättchen tritt der pigmentlose Streif noch deutlich hervor.

In dem Figur V. gezeichneten Stadium - aus einem wahr- scheinlich circa 10—12 Tage bebrüten Ei ist die Faltenbildung im vollen Gang ; von den 1 5 vorhandenen Falten ist die mittelste die stärkste; je weiter von dieser entfernt, desto niedriger und verwaschener sind sie; die Faltung scheint also von der Mitte nach den beiden Enden hin fortzuschreiten. Der unge- faltete Theil des Pecten nimmt sich dünner und durchsichtiger aus als der gefaltete, von welchem er in CrO {-Präparaten durch eine etwas dunkler gefärbte, nicht ganz scharf begrenzte Zone getrennt erscheint. Pigment ist noch nicht vorhanden.

Am 17. oder 18. Brüttag ist das Aussehen des Pecten schon fast dasselbe, wie beim ausgeschlüpften Hühnchen; die Pigmentirung, die allmälig vom Pig- mentaufsatz nach der Basis hin vorgeschritten ist, ist nur in der Nähe der letzteren noch

Fig. IV.

Pecten eines 8 9 Tage alten Hühner- embryo. Vgl. Huschke's (18) Fig. 4

Pecten eines (circa 10 bis 12 tägigen) Huhnerembryo.

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nicht vollständig'. Die Falten (17 an Zahl - im erwachsenen Huhn nach Huschke's (18) An- gabe 18) divergiren nach der Basis hin, und zwar stärker im proximalen als im distalen Theil; die Längsdurchmesser der einzelnen Falten haben annähernd die Richtung von Radien des Bulbus. Die höchste Höhe hat bereits die 2. Falte, von dieser ab werden sie proximalwärts immer niedriger, am raschesten erfolgt die Abnahme bei den 4 5 letzten alles ganz ähnlich wie im erwachsenen Thier; der bedeutend höhere distale Rand fällt fast senkrecht, der niedrige proximale in der Weise schräg ab, dass die Basis länger ist als der freie Rand. Ein

Pecten eines 17tägigen Hühner-

Horizontalschnitt zeigt die Faltung m Form eines Zickzack mit ab- embryo. gerundeten Ecken Taf. HL Fig. 47. Die Falten liegen schon ziemlich dicht aneinander, sodass die Flächenansicht dem unbewaffneten Auge das Bild einer kleinen massiven Wand darbietet, deren innerer Bau nur durch die senkrechte dunklere Streifuiig sich verräth; aber auch diese wiid allmälig etwas schwächer in dem Maass als mit zunehmendem Alter die Pigmentirung intensiver wird; indess genügt auch dann noch selbst eine schwache Lupe, um über den wahren Sachverhalt Aufschluss zu geben.

Der Pecten des erwachsenen Vogels wird gewöhnlich charakterisirt als ,,gefässreiche pigmenthaltige Membran". Der Gefässreichthuin desselben ist in der That, wenigstens beim Huhn, so kollosal (vgl. Taf. HI, Figg. 47, 48, 50), dass man vielmehr sagen möchte: er besteht nur ans, auf das vielfachste unter einander communicirenden, flächenhaft angeordneten Gefässschlingen, welche durch ein äusserst spärliches, zwischen eingestreutes, reichlich Pigment führendes Bindegewebe und durch eine zarte structuiiose Umhüllungsmembran zu einem Ganzen vereinigt werden. Das Pigment ist amorph, die grösseren und kleineren Körnchen desselben bilden kleine Gruppen, welche darauf schliessen lassen, dass dasselbe in die zwischen den Gefässen liegenden Bindegewebszellen eingeschlossen ist; bisweilen findet man in der Mitte einer solchen kleinen Gruppe eine rundliche pigmentlose Stelle, die man gewiss für den unpigmentirten Zelleiikern halten darf. - Der Verlauf der Gefässe ist im Allgemeinen ein von der Basis nach dem freien Rand hin gerichteter; nur an letzterem selbst verlaufen 2 3 grössere Gefässe parallel mit diesem, also annähernd horizontal; da das Gebiet dieser letzteren stets am intensivsten pigmentirt ist, so wird diese Zone auch als „Pigmentaufsatz" bezeichnet. Feinste Capillaren finde ich im völlig entwickelten Pecten des Huhnes gar nicht ; der Durchmesser der kleinsten Lumina beträgt immer noch das 2 bis 3 fache desjenigen eines Blutkörperchens. ') Gespeist werden die sämmtlichen Gefässe im

1) MiHALKOvicz (32. S. 592) lässt den Kamm bestehen „aus einem Convolut mannigfach miteinander verflochtener Haargefässe , deren äusserst sparsame Lücken eine farblose Gallertmasse ausfüllt, in der um die Gefässe herum zahlreiche schwarze Pigmentkörnchen abgelagert sind. Grössere Stämme ziehen von der Basis zwischen feineren Haargefässen aufwärts, jedoch zeigen auch diese die Structur von Haargefässen." Diese Beschaffenheit haben die Gefässe wol nur in jüngeren Stadien; bei alten Thieren finde ich die Wandungen derselben von so erheblicher Dicke (vgl. Taf. III. Fig. 48) , dass die Bezeich- nung „Haargefässe" nicht mehr anwendbar ist. Die oben von mir angegebene Gruppirung der Pigmentkörnchen erkennt man nur in Präparaten von Objecten, deren Härtung besonders gut gelungen war; ist dies nicht der Fall gewesen, so treten die Pigmentkörnchen zum Theil aus den Zellen aus und die Conturen der letzteren sind dann nicht mehr zu erkennen. Ich werde auf die Thatsache, dass Pigmentzellen sich bei gewissen Behandlungsarten schwerer conserviren als pigmentlose, in Cap. VII. nochmals zu recurriren genöthigt sein.

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Pecten ans einer eigens dazn vorhandenen Arterie, welche der Basis des Pecten entlang- in der Rinne der Eintrittsstelle der Sehnervenfasern verläuft. Um die Anwesenheit dieser Rinne, so wie den Verlauf und die Lage der zu- und abführenden Gefässe des Pecten verständlich zu machen, dürften folgende Bemerkungen über das in einigen Beziehungen von demjenigen bei den Säugern abweichende Verhalten des Nervus opticus und seiner Fasern beim Eintritte in den Bulbus hier um so mehr gerechtfertigt erscheinen, als eine correcte Vorstellung gerade von diesen Verhältnissen für das Verständniss der später anzustellenden Vergleichung der- selben mit den entsprechenden in anderen Thierclassen, namentlich den Säugern, unumgäng- lich nothwendige Vorbedingung ist.

Obgleich auch beim Huhn der Querschnitt des Opticusstammes annähernd kreisförmig ist, so zeigt doch die Lücke in der Retina, durch welche seine Fasern hindurchtreten, nicht, wie die entsprechende Oefifnung im Auge der Säuger, die jenem Querschnitt entsprechende runde Form, sondern die einer frontal stehenden breiten Spalte mit abgerundeten Enden. Dies ist bedingt durch folgendes Verhalten des Opticus : Die durch zahlreiche bindegewebige Septa in eine Menge abgeplatteter Bündel grup])irte Fasermasse des mächtigen Stammes des Sehnerven durchbricht beträchtlich ventralwärts vom medialen Endpunkt der Sehaxe nicht wie diejenige der Säuger annähernd in der Richtung eines Radius des Bulbus, sondern unter schiefem Winkel die Sclera, dringt in die Chorioidea ein, entsendet nun aber nicht, wie dies bei den Säugern der Fall ist, sofort auch die ganze Masse seiner Fasern in gestrecktem Laufe durch die Schichten der Retina hindurch an deren Innenfläche, sondern nur die am meisten dorsal gelegenen seiner Bündel, welche die nach oben und zu beiden Seiten von ihrer Eintrittsstelle gelegenen Partien der Retina mit einer sehr mächtigen Faserlage über- ziehen (Fig. 50. N. f. und Fig. 46). Die ganze Summe der übrigen, hierzu nicht ver- brauchten Faserbündel schlägt eine noch mehr ventral-distalwärts gerichtete Direction ein Fig. 46 (N. 0.) um in einer Richtung fortzulaufen, die um so mehr derjenigen nach dem tiefsten Punkt des Linsenäquators sich nähert, je mehr ventral im Opticus das resp. Faserbündel liegt, Während dieses Laufs dringen beständig dünnere Faserbündel in die spaltartige Lücke vor, um über beide Seiten derselben auf die Innenfläche der Retina auszustrahlen (Fig. 49). Dabei verschmächtigt sich der Stamm des Opticus immer mehr vgl. Fig. 50. N. 0. mit Fig. 49. N. o. und Fig. 46; endlich dringt auch der letzte Rest der Fasern am distalen Ende der Spalte durch diese hindurch, um sich in gleicher Weise radiär über die Innenfläche der dieses Ende umgebenden ventralen Retinapartien zu ver- breiten, wie die dorsalen Bündel es am medialen Ende der Spalte gethan hatten.

Die Vergleichung der beiden Sagittalschnitte Taf. HL Figg. 50 und 49 ergibt und Horizontalschnitte bestätigen dies , dass die spaltförmige Durchtrittsöflfnung in der Retina und Chorioidea in ihrer ganzen Längsausdehnung die gleiche Breite hat; der cylin- drische Stamm des N. opt. verwandelt sich also vor seinem Eintritt in die inneren Augen- häute in ein in der Richtung des Querdurchmessers der Durchtrittsöflfnung, also von vorn nach hinten stark comprimirtes, plattes Gebilde; nur am proximalen und distalen Ende der Durchtrittsöflfnung findet radiäre Ausstrahlung statt (vgl. Liebekkühn's (28) Fig. 18); die über den vorderen und hinteren Rand derselben in die vordere und hintere Bulbushälfte

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ziehenden Fasern dagegen verlaufen anfangs vollkommen parallel. Durch ihr bogenförmiges nach vorn und hinten Auseinanderweichen innerhalb der Durchtrittsölfnung entsteht über der Mitte dieser letzteren die oben genannte Rinne oder Furche vgl. Taf. III. Fig. 50 bei a. p. und Fig. 45 , in der die zum Pecten gehörige mächtige Arterie liegt. Beide, die Arterie sowol als die Rinne, reichen unter allmäliger Abnahme der Dicke der ersteren und der Tiefe der letzteren vom proximalen bis zum lateralen Ende der Durchtrittsöffnung vgl. Fig. 46 und Fig. 50 a. p. mit Fig. 49.

Den Ursprung dieses Gefässes beschreibt Barkow (7) nach zahlreichen Injectionen an verschiedenen Vogelarten folgendermassen : der äussere Ast der Carotis interna löst sich gleicli nach seinem Austritt aus dem Schläfenbein in das grosse rete mirabile ophthalmicum auf; aus diesem gehen die Artt. palpebrales inff., ethmoidalis und ophthalmica hervor. Die Art. ophthalm. gelangt an die äussere Seite des Nervus opt., bildet hier ihrerseits wiederum ein Wundernetz : das rete mirabile pectinis, dessen Zweige die Sclera durchbohren und dann zu einem gemeinschaftlichen Stamm sich vereinigen, welcher der ganzen Länge des Fächers nach an seiner Basis verläuft und aus dem eine grosse Anzahl von Zweigen hervorkommt, die in die einzelnen Falten des Fächers eintreten. ')

Dieser Stamm, oder die zu ihm sich vereinigenden Zweige des Wundernetzes müssen natürlich, um bis an den Pecten zu gelangen, die Nervenfaserlage am medialen Ende durch- bohren.

Der Ahfluss des Blutes aus dem Pecten findet in eine grosse Chorioidalvene statt Fig. 49 ; zwei von den CiliarkÖrpern herkommende Venen nämlich fliessen in der Gegend des distalen Endes des Pecten zu einem mächtigen Stamm zusammen, welcher (Fig. 49 Ch. V.) in der Chorioidea eine Strecke parallel mit der Basis des Pecten medianwärts läuft, um dann etwa in der Mitte der Längsausdehnung derselben, nicht weit von der Durch- bohrungsstelle der Sclera durch den N. opt., Fig. 46 Ch. v., durch ein besonderes Loch in der Sclera an die Aussenfläche des Bulbus zu dringen. Die Verbindungen zwischen dieser grossen Vene und den vom Pecten abführenden Gefässen sind in den Figg. 46 (unterhalb p) und 49 (v. v.) nur zum Theil sichtbar, da diese Gefässe, nachdem sie die Nervenfaserschicht durchbohrt haben, stark geschlängelt theils zwischen den am oberflächlich- sten gelegenen Faserbündeln, theils zwischen diesen und dem freien Rand der Retina'-) sich hindurchwinden ; dieser ihrer starken Krümmungen wegen können sie nicht in grösserer Aus-

1) Dazu stimmt die Angabe Leuckart's (27. S. 224): „Die Arterien des Fächers sind ohne Zusammenhang mit denen der Chorioidea."

2) Letztere Beobachtung hat offenbar Owen vorgelegen, wenn er (35a. S. 139) von einem Eintreten von Gefässen between the laminae of the retina along the whole exteut of the oblique slit , welche dann unmittelbar in die Falten des Marsupium eindringen, spricht. Die Annahme, dass es sich hier nicht um 6'/?itretende, sondern um «(«tretende, abführende Gefässe handelt, erscheint nicht nur durch den oben beschriebenen Zusammenhang derselben mit der Chorioidalvene, sondern auch durch den Umstand gerechtfertigt, dass Oweu (1. c. S. 141) selbst die arterielle Zuleitung ausführlich ganz ebenso be- schreibt wie Barkow. Auf derselben S. 141 (1. c.) macht Owen die interessante Bemerkung: „The vessels of the lens are derived from those of the marsupium;" nur bei einigen Vogelarten reicht der Pecten überhaupt bis an die Linse; sollten bei diesen an der Linse Gefässe vorhanden sein ?

Kessler, Wirbelthier-Auge. 10

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dehming in einen Schnitt fallen, lassen sich aber in aufeinander folgenden Schnitten dieser Eegion sicher verfolgen. ')

Was die Entmickehmg der Gefässe im Pecten anbelangt, so kann die Frage auf- geworfen werden, ob dieselbe dadurch zu Stande kommt, dass von der Arterie an seiner Basis ausgehende Gefässsprossen ins Gewebe der Pectenanlage hineinü-eiben letzteres würde dann im Erwachsenen nur in den zwischen den Gefässen liegenden Pigmentzellen wiederzufinden sein oder ob dieselbe in loco, durch eine Differenzirung des die Pecten- anlage bildenden Zellenmaterials in Blutzellen, Gefässwandungen und Pigmentzellen sich voll- zieht? — Die Bilder, welche mir von den bezüglichen Stadien vorliegen, scheinen fast für den letzteren Modus zu sprechen; man findet nämlich auch schon in den Fig. 45. kurz, vorhergehenden Stadien in Querschnitten das Innere der bisher gleichmässig dichten Pecten- anlage allmälig sich lichtend, die Zellen zeigen sich auseinandergewichen und in die Nähe der Umhüllungsmembran dichter zusammengedrängt; in der helleren Mitte liegen Fig. 45 nur spärlichere grössere runde Zellen, die an junge Blutzellen erinnern. In einem erheblich späteren Stadium, in welchem die Pigmentirung des Pecten bereits begonnen hat, nach der Basis hin aber noch kaum vorhanden ist, findet man dann auch schon gelblich gefärbte Zellen i. e. vöUig entwickelte Blutkörperchen, wenn auch in der Gegend des späteren Pig- mentaufsatzes sehr spärlich und vereinzelt, während gleichzeitig auch die im Entstehen begriffenen Gefässwandungen durch die regelmässige Aneinanderreihung der in ihren Aufbau einbezogenen Zellen vorzugsweise in den unteren Theilen des Pecten, im Pigmentaufsatz dagegen noch gar nicht, sich bemerkbar machen ; einen Zusammenhang dieser jungen Gefäss- wandungen mit der Arterie an der Basis habe ich in diesem Stadium nirgends sicher nach- weisen können, während derselbe von völlig ausgewachsenen Hühnern mir in zahlreichen Schnitten vorliegt.

Dass die Arterie an der Basis früher vorhanden ist, als die Gefässe in den Falten, braucht kaum noch bemerkt zu werden, siehe Fig. 45; ihre Herkunft unterliegt keinem Zweifel, denn da sie genau dieselbe Lage und denselben Verlauf hat, wie der proximale Theil der Gefässanlage, welche wir Cap. III. S. 35 ff. durch die Augenblasen spalte in den Glaskörperraum sich erheben sahen, und dieses Gefäss in derjenigen Ausdehnung, in welcher die Pectenanlage an dasselbe anlehnte (oder aus ihm hervorging?) in allen meinen Präparaten aus den verschiedensten Stadien wenn auch in vielen nur mit einem sehr kleinen Lumen nachweisbar ist, offei>bar also niemals schwindet, so kann diese Arterie nur der in einer späten Zeit zu mächtiger Entfaltung gelangte persistirende Theil jener uns wohlbekannten Gefässschlinge sein ^).

Wenn der distalwärts von der Pectenanlage gelegene Theil dieser Gefässschlinge atrophirt, so geht dann der Abfiuss des Blutes aus dem persistirenden Theil ausschliesslich durch diejenigen feinsten Zweige vor sich, welche S. 36 als vom Stamm, schon vor dessen

1) Nach Leydig's und A. Vorgang gibt Lieberkühn (28) S. 29 an , dass der Pecten „von einer grösseren Arterie und Vene versorgt wird , die an seiner Basis entlang laufen." Eine solche Vene existirt nicht.

2) Noch später als derjenige des Pecten entwickelt sich der Gefässreichthum der Chorioidea (Fig. 49. 50. ch) , denn in dieser ist auch bei dem schon mehrere Tage alten Küchlein (Fig. 46) nur erst eine fast nur capillare Gefässschicht vorhanden.

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Austritt iinterlialb des Linsenrandes, durch die Aug'enTblasensiJalte ventralwärts in die Kopf- platten abgehend erwähnt wurden; ihnen entsprechen nach Lag-e und Verlauf vollkommen diejenigen Gefässe, welche wir soeben beim Erwachsenen als abführende kennen gelernt haben; letztere gehen also zweifelsohne aus jenen hervor, indem ihr Lumen proportional dem Wachs- thum der Arterie und der übrigen Pectengefässe sich erweitert und sie zugleich durch neu hinzugekommene Zweige vermehrt und auch mit den Gefässen in den Falten selbst in directe Verbindung gesetzt werden.

Die Kopfplattenelemente, welche ursprünglich unterhalb der Pectenanlage in der Augen- blasenspalte noch sich vorfanden, werden allmälig, durch die zwischen ihnen hindurch ziehen- den Fasern des Opticus auseinandergedrängt, theilweise wohl in die dünnen bindegewebigen Blätter umgewandelt, welche die Nervenbündel einscheiden, theilweise vielleicht auch zur Bildung der Gefässanlagen verbraucht. Durch diese Bindegewebszüge und -Scheiden, und die sie begleitenden abführenden Gefässe sowohl wie durch das zuführende wird also der Pecten, der im ausgebildeten Zustand bei flüchtiger Betrachtung durch den Opticus und die Nervenfaserschicht von seinem Mutterboden ganz isolirt zu sein scheint, siehe Fig. 50, auch im völlig entwickelten Thier in lebendiger Verl}indung mit jenem ^ resp. mit den aus letzterem (dem mittleren Keimblatt) hervorgegangenen gefässreichen bindegewebigen Umhüllungen des Auges erhalten.

Lacerta.

Bei der Eidechse bleibt das Gefäss, welches wir noch in den Figg. 78. 79, auf der Rinne oberhalb der sich berührenden ümschlagsränder der Augenblase fanden, nicht auf dieser liegen ; das Fehlen der Verbindung mit den Kopfplatten , welche beim Hühnchen durch die Augenblasenspalte hindurch stattfand, gestattet ihm, sich mit einer leichten dorsalwärts- gerichteten Convexität etwas höher in den Glaskörperraum zu erheben , Fig. 80 A. , während gleichzeitig die allmälig stärker sich krümmende Bulbuswand an der Bauchfläche nach der entgegengesetzten Richtung, ventralwärts, sich von ihm entfernt. Das Gefäss tritt in Fig. 80 an der Bauchseite des Nervus opticus (N. o.) und des noch niedrigen, breitbasigen kegel- förmigen Pecten in den Glaskörperraum ein, hat einen Durchmesser von etwa 3 4 Blut- körperchen und tritt in der Nähe der Ora serrata durch den Ciliartheil aus der Augenblase wieder aus Fig. 80 B. , um wohl in ähnlicher Weise , wie beim Hülmchen durch eine Ciliar- resp. Chorioidalvene sein Blut abführen zu lassen. Bis auf diese kleinen Durchtritts- öfiPnungen des Gefässes und diejenige für den Nerv, opt. ist die Augenblasenspalte schon längst in ihrer ganzen Ausdehnung spurlos verwachsen ; dies geschieht bei der Eidechse viel früher als beim Hühnchen, während die Vascularisation des Pecten in eine ebenso späte Zeit fällt, wie dort; Fig, 80 ist noch nichts davon zu sehen; sie scheint erst gleichzeitig mit der endlich auch die im Ciliartheil gelegene Austrittsöffnung des Binnengefässes betreffenden Ver- wachsung der Spalte, vielleicht aber auch in causalem Zusammenhang mit dieser einzutre- ten; die allmälige Verengerung und der allendliche gänzliche Verschluss dieser letzteren nämlich muss zu einer steigenden Behinderung und endlich zur Aufhebung des Abflusses, diese aber bei fortbestehendem Zufluss zu einer UeberfüUung des Gefässes und diese, wenn

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der vermehrte Austritt von Blutkörperchen in den Glaskörper (Fig. 80 A. sind diese reichlich in letzterem vorhanden; vgl. Fig. 78) zur Verminderung der Spannung der Gefäss- wand nicht mehr ausreicht, zur Entwickelung neuer Abflussbahnen, wie etwa in den eben in raschem Wachsthum begriffenen, dem Gefäss dicht anliegenden Pecten, Veranlassung geben. Der im Glaskörperraum liegende Theil des Gefässes scheint dann zu atrophiren und endlich gänzlich zu verschwinden.

Der Pecten ist in Fig. 80 noch vollkommen pigmentlos, im Erwachsenen aber intensiv schwarz. Seine Gestalt ist bei diesem annähernd cylindrisch, mit zugespitztem freiem Ende; sein Längsdurchmesser übertrifft den Querdurchmesser etwa um das vierfache.

Von Schlangen besitzt nach Hülke (siehe 27. S. 226) die Boa constrictor und die Viper einen kleinen Fächer. Die grosse Ueberein Stimmung der Fig. 76 gezeichneten Gefäss- anlage bei der Viper mit derjenigen bei der Eidechse, lässt vermuthen, dass auch die Ent- wickelung des Pecten eine ähnliche sein wird; ich habe mir Material für Untersuchungen darüber nicht verschaffen können ').

Säuger. >

Bei Säugern erhebt die Arteria centr. resp. die sog. Art. hyaloidea sich noch mehr dorsalwärts in den Glaskörperraum, als bei der Eidechse, so dass sie fast in die optische Axe zu liegen kommt. Es hängt dies einfach damit zusammen, dass was beim Hühnchen und der Eidechse niemals der Fall ist, das Gefäss von vornherein mit der Linsenanlage, und zwar mit deren am meisten medianwärts eingezogenen Theil nicht nur in Berührung tritt, sondern vermittelst der die Linse umklammernden Verzweigungen seines distalen Endes hier sich auch befestigt. -) Wenn dieser Theil der Linsenanlage sich dann allmälig mehr dorsal- wärts wendet vgl. Figg. 66 68; und 81 85 , so müssen die ihm anhaftenden Gefässe natürlich folgen und mit ihnen das distale Ende ihres gemeinschaftlichen Stammes, der Arteria hyaloidea, die in demselben Maass an Länge zu nimmt, wie die mediale Wand der Augenblase allmälig von der Linse sich entfernt.

Viel augenfäUiger als bei irgend einer anderen Classe tritt bei den Säugern die durch- aus nur transitorische Bedeutung der ersten Anlage der Binnengefässe des Auges hervor; während nämlich beim Hühnchen und der Eidechse eben nur die zu keiner weiteren Entwicke- lung gelangte Fortsetzung des zur Versorgung des Pecten erhalten bleibenden Theils der primitiven, einfachen Gefässschlinge allmälig wieder schwindet, ist bei den Säugern das ge- sammte vielverzweigte und ausgebreitete Gefässnetz, welches den Glaskörper durchsetzt und die Linse ziert und namentlich bei gewissen Thieren eine Mächtigkeit erreicht, die zur Er- wartung eines bleibenden Bestandes zu berechtigen scheint, dem spurlosen Untergang ge- weiht; denn das eigentliche Bildungsendproduct der Arteria centralis, ihre bleibende End-

I) Auch über die weitere Entwickelung der bezüglichen Gefässanlagen bei Fischen muss ich mich aller weiteren Angaben erhalten, da meine Beobachtungen darüber noch zu lückenhaft sind.

Dass das Auge des Triton ohne Binnengefässe sich entwickelt, wurde oben schon angegeben. •2) Siehe S. 39—42.

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ausbreitiuig , die Netzhautgefässe , haben mit dem bisher betrachteten Gefässapparat nicht den geringsten genetischen Zusammenhang, sondern entwickeln sich völlig unabhängig von demselben.

Die ersten Spuren derselben habe ich bei eben geworfenen Ratten ') gefunden, Fig. 87 : zwischen Liraitans interna und Nervenfaserschicht schiebt sich eine dünne Schicht einer Zellenmasse vor, welche in der Nähe der leicht convexen Papilla nervi optici aus 2—3 Lagen besteht, je weiter von dieser entfernt desto mehr sich verschmälert, überhaupt aber nur etwa auf das vierfache des Querdurchmessers des Sehnerven rings um dessen Eintrittsstelle sich erstreckt; in dieser Zellenschicht, den Nervenfasern dicht aufliegend, verlaufen feinste Capil- laren, jedoch nur erst bis auf 1 1 '/^ Opticusquerdurchmesser Entfernung von der Papille, siehe Fig. 87. In einem der Schnitte sehe ich ein Gefässchen von 2—3 Blutkörperchen Durchmesser vom Stamm der Art. central. , unmittelbar vor ihrem Austritt in den Glaskörper, abgehen, welches sich dann bald in jene Capillaren auflöst.

Von Untersuchungen über die weitere Entwickelung der Netzhautgefässe, insonderheit diejenige der Ve?ia central. , glaubte ich um so mehr absehen zu dürfen , als einerseits die Vermuthung nahe liegt, dass dieselbe einfach in der Weise verläuft, dass die bescliriebenen Gefässanlagen von der Papille aus in der Retina allmälig immer w^eiter bis an die Ora ser- rata hin vortreiben, während einzelne Sprossen rückläufig umbiegen um das Blut zur Papille zurückzuführen -) und hier zusammenfliessend die Vena central, constituiren, andererseits durch Ermittelung des innerhalb der Papilla optica stattfindenden Abganges der Anlagen der Retinalgefässe aus dem Stamm der Art. central, selbst das wesentlich interessirende : die Unabhängigkeit der Entwickelung der Retinalgefässe von den ursprünglichen Verästelungen der Centraiarterie im Glaskörper und um die Linse sicher constatirt ist.

Die Gefässe im Glaskörper und um die Linse herum zeigen zur Zeit des Beginnes der Bildung der Retinalgefässe noch keine merkliche Abnahme ihrer Mächtigkeit, siehe Figg. 73 und 87; ihr Atrophiren muss indess sehr bald darnach beginnen und offenbar rasch verlaufen.

Die Aug enblasensp alte ist bei der Maus bereits im Stadium von Fig. 69 in ihrer ganzen Ausdehnung vollständig verwachsen, und ihre Spur, wie eine Serie von Sagittal- schnitten mir zeigt, nur an dem Mangel des Pigmentes noch kenntlich. Nicht zur Berühriaig und Verwachsung kommen die Ränder der Augenblasenspalte nur am proximalen Ende der letzteren in derjenigen geringen Ausdehnung, in welcher die Fasern des Opticus incl. Art. central, durch dieselbe in die Bulbushöhle hindurchtreten; dieser offenbleibende Rest der Spalte nimmt die dem Opticusquerschnitt entsprechende Kreisform an; ich werde denselben vorläufig als „Papillar-Oeflfnung der Augenblase'' bezeichnen. Dass in dieser wirklich ein Theil der früheren ,, Spalte" erhalten geblieben ist, geht auch daraus hervor, dass auch in

1) Es ist möglicli, dass dieser "Wurf vielleicht etwas verfrüht war, da er in einer Mausefalle stattfand, in welche das Mutterthier sich hineingezwängt und in der es einige Zeit zugebracht hatte; bei in der Freiheit geworfenen würde man vielleicht eine weiter vorgeschrittene Entwickelung antreffen.

2) Fig. 87 sieht man in der Peripherie der Papille 2 Lagen feinster Gefässe übereinander; vielleicht ist die eine von ihnen venös.

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einem schon recht weit vorgerückten Stadium: demjenig-en von Fig. 12, in welchem der Nervus opticus sich l)ereits wohl entwickelt zeigt, an dem diese Oeffuung- begrenzenden Rand der Augenblase das Umbiegen der äusseren (Pigment-) Lamelle in die innere noch ebenso deutlich zu erkennen ist, wie dies früher in der ganzen Ausdehnung der Spalte der Fall war und in Fig. 72 am Pupillarrand auch noch der Fall ist. In Papillär- und „P«pillar- Oeffiiung der Augenblase'' persistiren: in ersterer das abgerundete breite, in letzterer das spitz auslaufende, jenes durch die hineingezogene Linsenanlage ^ dieses durch die eingedrungenen Opticusfasern offen erhaltenen beiden Enden der ursprünglich einheitlichen „birnförmigen" (Remai^, 36. S. 92) Oeffnung der eben gebildeten secundären Augenblase, während in dem zwischen diesen beiden Enden gelegenen Theil durch gegenseitige Annäherung der Faltungs- ränder zunächst die Augenblasen spalte resp. Naht sich gebildet hatte und später völlige Verwachsung eingetreten ist.

Es würde überflüssig erscheinen, auf die grosse Uebereinstimmung in den ersten An- lagen und auf die Homologieen in der weiteren Entwickelung der in diesem Capitel besprochenen Bildungen bei den verschiedenen Thierclassen hier nochmals ausdrücklich hinzuweisen, wenn nicht das Vorliegen gewisser abweichender Darstellungen und gegentheiliger Behauptungen besonders dazu aufforderte.

1) Das Vorhandensein einer der Arteria centralis der Säuger homologen Gefässanlage konnte sicher nachgewiesen werden bei den Vögeln (für welche Lieberkühn (28. S. 11. 16) sie mit Bestimmtheit in Abrede stellt), Eidechsen, Viper, Hecht. Nach Lieberkühn's (28) Fig. 43 existirt dieselbe (von ihm als Gefäss der Membrana hyaloidea bezeichnet) auch bei Alytes obstetr. Bei der weiteren Entwickelung derselben unterscheidet sich bei Säugern, Vögeln, Eidechse ein persistirender und ein zu Grunde gehender Theil derselben; ersterer reicht so weit wie die Berührung mit dem Nervus opticus: Arteria centralis nervi optici der Säuger, Arteria pectinis der Vögel und Eidechse; der zweite umfasst bei Säugern die durch den Glaskörper, um die Linse und in der vorderen Augenkammer verlaufenden Gefässe, bei Vögeln und Eidechse den distalwärts von der Pectenanlage gelegenen Theil der Gefäss- schlinge an seine Stelle tritt dann die bleibende Endausbreitung der Arteria centralis: bei Säugern die Retinalgefässe, bei Vögeln und Eidechse die im Pecten ').

2) Was die Augenhlasenspalte anbelangt, so kommt Lieberkühn (28. S. 31. und 68) zu dem Schluss: ,,Es sind also an dem Auge des Hühnchens in späteren Stadien der Ent- wickelung 2 Augenblasenspalten zu unterscheiden , eine hintere, die Kammspalte, w^elche in dem Bereich der eigentlichen Retina ihre Lage hat und diese wie das Pigmentblatt durch- schneidet, aber ganz und gar vom Pecten eingenommen wird, und eine vordere, die Gefäss- spalte, welche in das Bereich der Pars ciliar, retinae und des Pigmentblattes des Corpus

1) Genauere Beobachtungen über die Entwickelung dieser verschiedenartigen Endausbreituugen werden wahrscheinlich eine grössere Uebereinstimmung auch in Bezug auf den Entstehungs-Modus derselben ergeben, als aus den im Obigen mit- getheilten spärlichen Angaben für Hühnchen und Säuger hervorgetreten ist; bei der so geringen Anzahl von Stadien, aus denen mir darüber Präparate vorliegen, muss ich selbst darauf aufmerksam machen, dass ich dieselben in Bezug auf die Frage, ob die Gefässe aus dem Stamm der Arteria centralis hervorsprossen oder in .loco entstanden mit diesem erst nach- träglich in Verbindung treten, beim Hühnchen oder bei den Säugern nach der einen oder der anderen Seite hin möglicherweise irrthümlich gedeutet habe.

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ciliare fällt. - Die Gefässspalte ist auch bei naliezu ausgewachsenen und selbst bei alten Hühnern noch erhalten. Sie hat aber relativ an Länge abgenommen, beginnt nämlich dicht unter dem Irisrand des Strahlenkranzes und durchzieht nur die Hälfte oder den dritten Theil desselben'' (S. 31) '). Abgesehen davon, dass ich im Obigen bereits wiederholt mich dahin habe aussprechen müssen, dass auch beim Hühnchen die distale Durchtrittsöflfnung der embryo- nalen Binnengefässschlinge vollständig verwächst, und dass der im Ciliartheil länger als in der übrigen früheren Ausdehnung sich erhaltende weisse Streif nur auf dem Mangel des Pigments, nicht auf der Anwesenheit einer Spalte beruht, so würde doch, selbst wenn die- selbe im Ciliartheil wirklich persistirte, ihr die Bezeichnung ,^Gefäss &'p3i\te^^ kaum mit mehr Recht zukommen als derjenigen, welche Liebeekühn als ^^Äöfwzm spalte" bezeichnet; denn durch letztere geht ja nicht nur der ursprüngliche Stamm der embryonalen Arteria centralis, sondern auch späterhin die gesammte Zu- und Abfuhr zum und vom Pecten; durch diese Gefässe tritt diese Spalte oder Oeffnung allerdings auch zum Pecten oder Kamm in Beziehung aber diese Beziehung ist nur von untergeordneter Bedeutung, die wesentliche Bedeutung dieser Oeifnung liegt in ihrer Beziehung zum Sehnerven; diese letztere ist die ältere, ursprüng- liche, wie einfach daraus sich ergibt, dass sie in den auf einer niedrigeren Entwickelungs- stufe stehen bleibenden Augen, bei denen es nicht zur Bildung von Binnengefässen des Auges kommt (Triton) und bei denen durch diese Oeifnung nur die Opticusfasern hindurchgehen, die Oeffnung also nur dieser wegen vorhanden sein kann, die einzige und ausschliessliche ist. Einmal aus diesem Grund, ferner weil auch beim Huhn in der That nicht der Kamm, sondern der Nerv. opt. (incl. die ihn begleitenden Gefässe) diese „Spalte" ausfüllt (s. Figg. 49 und 50; in Fig. 45 haben sich nur durch einen Härtungsfehler, wie dies in CrOi leicht geschieht, die aus der inneren Lamelle hervorgegangenen Retinaschichten und die Nerven- faserschicht in die Höhe gehoben) , endlich und namentlich weil auch bei Thieren, die über- haupt keinen Kamm besitzen, eine der von Lieberkühn als „Kammspalte" bezeichneten voll- kommen homologe Oeffnung vorhanden ist, muss die Bezeichnung, „Kammspalte" jedenfalls fallen gelassen und womöglich durch eine der wesentlichen Bedeutung mehr entsprechende ersetzt werden : die vorhandene Terminologie bietet keinen ganz präcisen kurzen Ausdruck dafür; Bezeichnungen wie : ,, Nervenspalte" oder Foramen opticum retinae", an die man etwa denken könnte, würden nicht passend sein, erstere: weil der Querschnitt der Durchtrittv öffnung bei den meisten Thierclassen kreisförmig zu sein scheint, letztere : weil der Terminus „Retina" die Nervenfaserschicht mit in sich begreift, ~ diese Schicht ja aber selbstverständ- lich von dem Foramen nicht mit durchsetzt wird, vgl. Figg. 50 und 87; wie die embryonale Augenblasenspalte von dem Faltungsrand der Augenblase, dem Umbiegungsrand der Lamellen in einander, so ist auch im Erwachsenen die von der ursprünglichen Spalte übrig gebliebene Lücke, das in Rede stehende Foramen begrenzt nur von denjenigen Retinaschichten, welche aus den Augenblasenlamellen selbst hervorgegangen sind (vgl. die bezüglichen Stellen i. e. die Augenblasenränder in den folgenden Figuren: 22 mit 47, und diese mit 50; 68 mit 80, und diese mit 87). Die Nervenfasern resp. die Papilla Nervi opt. füllen dies Foramen

1) Dieselbe Darstellung gibt Foster (11.) S. 105.

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aus und über den dasselbe umgebenden Augenblasenrand nach allen Seiten hin auseinander- biegend, verdecken sie es gegen das Innere des Auges hin. Diesen Verhältnissen dürfte vielleicht die Bezeichnung: „Foramen opticum der Augenblase'' oder die oben gebrauchte: „Papillar-OefFnung der Augenblase" noch am ehesten gerecht werden.

Der Glaskörper der Säuger zeigt eine wesentliche Gleichartigkeit seiner Substanz mit derjenigen des Hühnchens, wie in den früheren (s. S. 40 ff.), so auch in allen späteren, selbst den der Geburt nahen Stadien s. Fig. 87 c. v. ; Veränderungen gehen nur mit den in demselben enthaltenen Blutkörperchen und Blutgefässen vor sich ; letztere schwinden bekannt- lich allmälig gänzlich und ebenso spurlos wie die die Linse umgebenden; von den Verände- rungen an den in die Glaskörpersubstanz ausgetretenen Blutzellen ergeben meine Präparate von Mäuse- und Katzenembryonen andere Bilder als diejenigen des Schaafes; während die letzteren nur ein einfaches Zerfallen der Zellen zeigen, ähnlich wie S. 34 von denjenigen im Glaskörper des Hühnchens beschrieben wurde, macht sich in jenen als erste Veränderung eine Vergrösserung der Zellen bemerkbar, während gleichzeitig die ursprüngliche Schärfe des Conturs schwindet und im Inneren dunklere Flecke sichtbar werden, wie wenn das Protoplasma an einzelnen Stellen sich dichter zusammen gezogen hätte. ') Unter allmäliger weiterer Zunahme der Grösse der Zelle tritt dann ein excentrisch gelegener Kern immer deutlicher hervor, während der übrige Inhalt der Zelle immer blässer wird, bis schliesslich nur ein bläschenartiges jetzt wieder scharf conturirtes Gebilde übrigbleibt, dessen Inhalt ebenso hell und homogen erscheint, wie die umgebende Glaskörperflüssigkeit, während der Kern entweder dicht an dem Grenzcontur liegt oder in dieseil eingeschoben; so dass das Ganze die Form eines Siegelringes erhält-), oder vollständig ausdem Bläschen ausgetreten gefunden wird. Endlich finden sich dann ganz vereinzelt noch solche helle Bläschen , von deren Kern über- haupt nichts mehr zu entdecken ist ; schliesslich schwinden auch diese. - Da diese hellen Bläschen die letzte Erscheinungsform sind , unter der bei Maus und Katze geformte Gebilde im Glaskörper überhaupt noch nachzuweisen sind , so liegt der Gedanke nahe , dass sie das Schlussglied der soeben angegebenen Reihe von Veränderungen ^bilden, unter denen die in demselben befindlichen Zellen zur Auflösung gelangen ^). Das allendliche Schicksal dieser letz- teren ist also bei Maus und Katze dasselbe wie bei Schaafsembryonen ; ob die verschiedenen Bilder, die ich über diesen Vorgang beim Schaafe einerseits, bei Maus und Katze anderer- seits^ erhalten habe, in Wirklichkeit verschiedenen Processen oder nur einer verschiedenen

1) Sehr ähnlich denen, die G. Semmer, lieber die Faserstofifbildung u. s. w. Inaug. Dissert. Dorpat 1874. Fig. la als „rothe Körnerkugeln" abbildet.

2) Aebnlich wie in Semmer's (1. c.) Fig. IV. .5 und Fig. V. 2, nur dass die Kerne im Verhältniss zur Grösse der ganzen Zelle kleiner sind als in Semmer's Fig. V.

3) Während Semmer seine „rothen Körnchenkugeln" als die erste Stufe einer progressiven Metamorphose deutet, wür- den also die von mir als jenen ähnlich bezeichneten Gebilde der gleichen Stufe eines rt-gressiven Processes angehören. Ein Streit über die Frage, welche von beiden Deutungen die richtige ist, könnte aber natürlich erst beginnen, nachdem die Iden- tität beider Formen wirklich vollkommen sicher festgestellt wäre.

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Behandlung'sweise der Objecte (von Scliaafembrjonen liegen mir von den vorgerückteren Entwickeluiigsstadien nur CrO;5-, von denjenigen der Maus und Katze nur Osmiurasäure- Präparate vor) ihre Entstelning verdanken , lasse ich unentschieden ; das wesentliche dass bei beiden die sämmtlichen in früheren Stadien in den embryonalen Glaskörper hinein- gelangten Zellen resp. Blutkörperchen im weiteren Verlauf der Entwickelung zu Grunde- gehen und verschwinden, und dass dann auch bei den genannten Säugern der Glaskörper als vollkommen zellenlose helle Masse sich präsentirt, die bei gleicher Behandlung auch ganz das gleiche mikroskopische Bild darbietet, wie der Glaskörper des Hühnchens (s. S. 22) und der übrigen von mir untersuchten Thiere. Was später und im Erwachsenen etwa von zelligen Elemente in dem Glaskörper angetroffen wird, kann nur als durch spätere erneute und wiederholte Einwanderungen von den Blutgefässen (namentlich der papilla optica) aus in denselben hineingekommen angesehen werden.')

Schliesslich kann ich nicht umhin, hier noch ausdrücklich auf eine Consequenz hin- zuweisen, welche mir aus dem, was in diesem und im 3. Capitel über die Entwickelung und Natur des Glaskörpers gesagt worden ist, mit Notliwendigkeit hervorzugehen scheint, nämlich die, dass dem Glaskörper derjenige „histologische Werth^', der ihm bisher auf Grund seiner vermeintlichen directen Abstammung aus dem embryonalen Bindegewel)e'' von allen Autoren beigelegt worden ist, hinfort nicht mehr zugestanden werden kann; derselbe ist in seiner ersten Anlage und blei1)t es auch eben nur ein Transsudat, welches aller ständigen Formelemente entbehrend durch die hineingetretenen und in ihm zu Grunde gehenden Blutkörperchen (resp. Gefässe) nur zu einer Aenderung, Steigerung seiner Consistenz, nicht aber etwa in der Weise , wie das von Hensen (Virchow's Archiv Bd. XXXI. S. 53) als „Secretgewebe" bezeichnete aus einer ursprünglich homogenen gallertigen Zellenabscheidung in ein wahi-es Gewebe umgewandelt wird zu irgend welcher Textur oder Organisation gelangt. Die Angaben einiger neuerer Autoren, welche im Glaskörper Erwachsener entweder gar keine oder nur höchst spärliche Zellen, jedenfalls aber keine irgendwie sicher nachweis- bare Textur vorfanden, können daher auch nicht befremden; im Gegentheil steht zu er- warten, dass die Bestätigungen derselben in demselben Maass sich mehren werden, als die Voraussetzung, dass die Entstehung des Glaskörpers aus embryonalem Bindegewebe durch die Entwlckelungsgeschichte ausser Zweifel gesetzt sei -), an Einfluss auf die Deutung der Bilder verloren haben wird. In demselben Maass weiden aber auch die schon vorhandenen Schwierig- keiten , die es unverkennbar macht , dem Glaskörper den Charakter und die Beschaffenheit des Bindegewebes zu vindiciren % zur Unmöglichkeit sich steigern und wird, was von Seiten der

1) Was ich für den Glaskörper des Hühnchens bereits im Jahre 18(50 und für den der Säuger etc. im Obigen auf entrvichelungsgesckichtUcliem Wege nachgewiesen habe, nämlich: dass die Zellen in demselben nur eingewanderte Blutkör- perchen sind, hat Schwalbe (39. S. 474) experimmlell an demjenigen einiger erwachsenen Säuger, u. A. auch dem des Menschen, festgestellt.

2) Vgl. 39. S. 476.

3) Jeder Versuch dazu wird um so mehr gerade (W&VerscMedcnheit zwischen beiden hervortreten lassen, mit je mehr Wahrheitsliebe dabei zu Werke gegangen wird; so wenn Schwalbe (39. S. 476) sagt: „Das Glaskörpergev;cbe steht auch später dem Bindegewebe am nächsten, unterscheidet sich von allem anderen Bindegewebe aber vor Allem durch den Mangel fixer Zellen (Endothelzellen) , sowie durch das Zurücktreten der Fibrillen und die Massenhaf'tigkeit der interfibrillären Substanz, die dann ihrerseits wieder durch den grossen Wassergehalt von der Kittsubstanz des fibrillären Bindegewebes sich unterscheidet.

Kesslek, Wirbelthier- Auge. " 11

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Eiitvvk'keluiigf^g-escliichte jetzt sclioii g-efordert werden muss, dann auch vom rein anatomischen Standpunkt aus geboten erscheinen: den Glaskörper entweder als (zellenloses) Gewebe (?) sui generis hinzustellen oder ihn aus der Reihe der Gewehe nherhaiipt ganz zu streichen.

Es scheint mir die Annahme die einfachste, die ganze innerhalb der Hyaloidea zwischen ihr und der Membran des Ceutral- canals liegende Masse einem von einer Endothelscheide umhüllten primären Bindegewebsbiindel gleich zu setzen; nur hl der endotheliale Ueberzug ersetzt durch eine elastische Membran, die Hyaloidea, -während im Innern die Fibrillen durch die ausserordeiitlic/ie Zunalnnc der intcrßtrrillären Substanz auseiuauder //edräiiiit und zerstreut sind." Selbst durch diese Deutungen, die man doch gewiss nicht als vollkommen ungezwungene wird bezeichnen können, wird also als Tertium compa- rationis zwischen Glaskörper und Bindegewebe weiter nichts gerettet als eine als Substitut eines endothelialen Ueberzuges fungirende elastische Membran und die Fibrillen. Von diesen beiden aber hat die erstere, die limitans interna, sich uns (Cap. IV) als Ausscheidungsproduct der Augenblase und mithin dieser zugehörig erwiesen, sie kann also als Beweis für die bindegewebige Natur des Glaskörpers füglich nicht herangezogen werden; und was jene in der massenhaften wasserreichen interfibrillären Substanz zerstreuten „Fibrillen" anbelangt, so halte.ich dieselben für Fibrin fasern, Gerinnsel, welche entweder erst postmortal, beim Absterben des Auges so wie beim Austritt des Glaskörpers aus dem lebenden Auge sich bilden," oder falls sie in diesem schon existiren, in dem j^lnjsioloijiselten Transsudat, aus welchem nach unserer Autfassung der Glaskörper besteht, doch wol ebenso gut sich ausscheiden können, wie dies in den anderweitig patholoyisek gesetzten Trans- und Exsu- daten viel rascher und massenhafter geschieht. Diese Annahme würde auch durch die von einigen Autoren angegebenen eigenthümlich regelmässigen Anordnungen der Fibrillen oder ausgeschiedenen Massen, „der festen Substanz in der Glaskörper- flüssigkeit" (3!). S. 403 46(i), falls dieselben sich als auch im Lebenden vorhanden bestätigen sollten, nicht unmöglich gemacht werden; warum sollten nicht die Fibrinausscheidungen ebenso gut wie ein aus Zellen hervorgegangen gedachtes Gerüst im Glaskörper irgend welche der regelmässigen Gestalt der Begrenzungswände des Hohlraumes, in welchem sie sich bilden, ent- sprechende regelmässige Schichtung oder Form annehmen können V Dies scheint mir a priori nicht undenkbar , ich halte aber die von Schwalbe (1. c.) gegen die Existenz jener Structuren im Lebenden gehegten Zweifel für vollkommen begründet; in embryonalen bulbis habe ich auch in den am weitsten vorgerückten Stadien bei guter Härtung nie eine Spur weder der concentrischen Schichtung noch der radiären Septa auffinden können; namentlich habe ich vergeblich darnach gesucht im Glaskörper zweier menschlicher Früchte aus dem letzten Drittheil der Schwangerschaft : eines Zwillings von 14" Länge und eines Foetus von 32 Wochen ; Stunde nach dem Tode enucleirt wurde von beiden Früchten je ein bulbus in Osmiumsäure, der andere in CrOa (l» gehärtet ; bei 24 stüudigem Liegenlassen in der letzteren und Nachbehandlung mit Alkohol (s. S. 56) hatten die intacten bulbi vollkommen ihre Form bewahrt und einen Querdurchmesser von 14 resp. 16 Mm.;; nach Durchschneidung im Aequator erschienen die Schnittflächen des Glaskörpers vollkommen glatt, die Glaskörpermasse durchweg absolut homogen , opali- sirend leicht getrübt, aber noch durchsichtig genug, um in der einen Hälfte die Linse und CiHarfalten, in der andern die pap. nervi optici deutlich sehen zu lassen ; auch unter einer starken Lupe ist nicht die geringste Andeutung einer Zeichnung im Glas- körper zu erkennen ; der Glaskörper füllt seinen Raum vollständig aus, nirgends eine Spur von Schrumpfung oder Abhebung von der Retina (auch an den Schnitträndern nicht) ; die Retina selbst vollkommen glatt und ohne jegliche Faltungen liegt der Chorioidea und diese der Sclera überall unmittelbar und dicht an. Das mikroskopische Bild ist das S. 22 beschriebene, die Fäserchen sind aber fast noch feiner als die in den Präparaten vom Hühnchen; irgend welche Verschiedenheit eines Theiles des Glaskörpers, etwa des centralen gegenüber den pheripheren habe ich nicht nachweisen können, die Bilder der Schnitte aus beiden schienen mir vielmehr vollkommen identisch zu sein. Die Osmiumsäurepräparate ergeben dieselben Bilder, wie der Glaskörper des Hühnchens bei dergleichen Behandlung (s. S. 22); von Fasern ist in denselben nichts zu entdecken; dieser Umstand spricht wol am ent- schiedensten gegen die Präexistenz derselben. Die Faserausscheidung erscheint darnach nur als eine Folge der Einwirkung der CrOa resp. der ähnlich wirkenden angewandten Reagentien, als eine von diesen abhängige I'orm der Gerinnung. Vielleicht ist es die Schnelligkeit, mit welcher starke (2%) Osmiumsäurelösungen härten, welche der Faserausscheidung vorbeugt (vgl. S. 57. 58).

Für die Feststellung der normalen Beschaffenheit des Glaskörpers dürfen die Ergebnisse der Untersuchungen an Augen erwachsener Menschen gewiss nur mit Vorsicht verwerthet werden; bei den mannigfachen Schädlichkeiten und Reizungen, denen unser Sehorgan bei Lebzeiten fast unvermeidlich ausgesetzt ist, muss wenigstens die Möglichkeit, dass die den auf entwickelungsgeschichtlicher Grundlage gewonnenen Voraussetzungen nicht entsprechenden Befunde pathologische Folc/ezustände jener Einwirkungen repräsentiren, immer im Auge behalten werden. Da alle Analogieen dafür sprechen, dass unter dem Einfluss von Reizungen eher eine Vermehrung des Zellengehaltes (und vielleicht auch der FibrinausscheidungV) als eine Reduc- tion und Auflösung der normaler Weise in den gereizten Organen etwa vorhandenen körperlichen und festen Bestandtheile eintritt, so würden auch unter diesem Gesichtspunkt (ebenso wie unter dem entwickelungsgeschichtlichen s. o.) diejenigen Beobachtungen, welche einen Mangel körperlicher oder fester Elemente im Glaskörper ergaben, a priori mehr die Wahrschein- lichkeit für sich haben, an normalen Objecten und nach richtiger Methode angestellt worden zu sein, als die zahlreicheren entgegenstehenden.

SECHSTES CAPITEL.

ENTWICKELUNG DER CORNEA.

Von den äusserst spärlichen Angaben, welche über die Entwickelung- der Cornea in der Literatur vor Beginn dieses Decenniums sich finden'), hat gerade diejenige, welche es am meisten verdient, am wenigsten der Berücksichtigung und Anerkennung von Seiten der Autoren sich zu erfreuen gehabt; es ist folgende Beobachtung Hensen's (14 a. S. 420) : ,, Gleich nach der Linseneinstülpung ist die Cornea äusserst dünn, nur eine Basalmembran des Epithels, während die Sclera als Fortsetzung der Muskelsehnen sich bereits dunkler abgrenzt. Es liegt nun, so lange die Linse noch hohl ist, zwischen Linse und Cornea (? Hornblatt) nach vorn von der Membrana pupillaris ein Gallertgewebe, genau von derselben Structur wie das des Glaskörpers in diesem Stadium, während zu keiner Zeit etwas ähnliches an Sclera oder Chorioidea sich findet. Dies Gewebe geht dann sehr bald in der Bildung der Cornea auf, welche vom Rande her sich verdickt."

Meine Untersuchungen haben mir folgendes ergeben:

Hühnchen.

Der erste Anfang der Corneabildung fällt beim Hühnchen in dasjenige Stadium, in welchem die Linsenfasern eben die distale Wand erreicht haben. Um diese Zeit erscheint an der Linenfläche des Hornblatts über dem dreiseitig von Augenblasenrand, Linse und Horn- blatt begrenzten ringförmigen Raum, den wir als Anlage der späteren vorderen Augenkammer erkannt haben (S. 51), Fig. 10 B: v. k., eine sehr schmale structurlose, bei Carminbehandlung dunkler, als das Hornblatt und die Linsenzellen sich färbende Schicht, Fig. 10 B: c. ])., welche, in der Nähe des Augenblasenrandes am dicksten, sowohl nach dem Linsenpol als nach der Peripherie hin sich verschmälernd unmerklich im inneren Contur des Hornblattes sich ver-

1) Ich habe dieselben 19. S. 14 bereits zusammengestellt; sie finden s'ch' auch bei Lieberkühn (28. S. C) und Arnold (2. S. 44 ff). Ueber die neueren Angaben siehe die Anmerkung S. 86.

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liert. Diese Scliiclit ist die ersh' Anlage der Cornea propria (c. p.). Sie delint sich rasch über die Innenfläche des Hornblatts, soweit dasselbe bisher der Linse angelegen hatte (Fig. lOA.), aus und nimmt dabei stetig an Dicke zu Figg. 12. 13.

Kaum hat die structurlose Schicht die Dicke des Hornblattes erreicht etwa um die Mitte des 5. Tages so beginnt die Bildung des inneren Epithels der Cornea in folgender Weise: Die Kopfplatten drängen sich zwischen dem peripherischen Theil der Anlage der Cornea propria und der äusseren Lamelle der secundären Augenblase hindurch bis an die vordere Augenkammer^ vgl. Fig. IIA mit Fig. 12. Von hier aus kriecht dann eine von vornherein einfache Zellen schiebt an der Innenfläche der Anlage der Cornea propria, concen- trisch vorrückend, gegen den Mittelpunkt dieser Fläche hin, Figg. 13 A und B: e. Am 6. Tag treffen die Zellen von allen Seiten her in demselben zusammen, und damit ist das innere Epithel der Cornea fertig hergestellt, Figg. 14 A und B; vgl. Fig. 13 B. e mit Fig. 14 B. e. Die einzige unbedeutende Veränderung, die an demselben weiterhin noch stattfindet, besteht darin, dass seine Zellen näher aneinanderrücken und sich noch etwas mehr abplatten.

Die Anlage der Cornea liegt anfangs der Linse noch unmittelbar an; schon am folgen- den Tag jedoch beginnt sie sich von ihr zu entfernen ; letzteres scheint eingeleitet zu werden durch die Verdickung und das weitere Hervorwuchern der zwischen dem Augenblasenrand und dem peripheren Theil der Cornea befindlichen Kopfplatten schiebt ; es wird später weiter befördert durch die Bildung der Iris und die stärkere Wölbung der Cornea. Durch das Auseinanderweichen von Linse und Cornea erweitert sich die vordere Augenkammer, die bisher nur als ringförmiger Canal existirte, über die ganze distale Linsenfläche hin; ihre bekannte definitive Gestalt uml Begrenzung erhält dieselbe erst durch die noch später erfolgende Bildung der Iris.

Gleichzeitig mit der Bildung des inneren Epithels haben sich in dem soeben erwähnten Theil der Kopfplatten wichtige Dififerenzirungen angebahnt; diejenige, welche zuerst in die Augen fällt, ist die Anlage des Cornealfortsatzes incl. Ciliarniuskel; sie erscheint (Figg. 15.

1 6. tf.) als Verdichtung des Gewebes an Querschnitten als dunklerer Streifen , dessen Richtung die unmittelbare Fortsetzung derjenigen des inneren Corneaepithels bildet (Figg. 16.

17. ). Dieser dichtere Zellenstrich theilt die Kopfplattenmasse dieser Gegend in eine vom Centrum des Auges aus gerechnet innere und eine äussere Schicht; die innere wird die Iris und Processus ciliares bilden helfen (s. Cap. VII), die äussere liefert das Material für den einzigen noch fehlenden Bestandtheil der Cornea: die Corneakörperchen.

Von dem zuletzt genannten äusseren Theil der Kopfplatten aus nämlich beginnt, sobald die Bildung des inneren Epithels vollendet ist, eine Einwanderung von Zellen in die structur- lose Schicht, deren Dickendurchmesser unterdess bedeutend zugenommen hat. Die eindringende Zellenmasse zeigt auf dem Querschnitt (Fig. 15) eine Keilform, die, je weiter sie vorrückt, desto spitzwinkliger sich auszieht (Fig. 16). Der von den jeweilig am weitesten vorgedrungenen Zellen gebildete Kreis verkleinert sich von Stufe zu Stufe, er schwindet endlich am 8. Tag durch Zusammentretfen der Zellen von allen Seiten her.

Die Figg. 15 18 zeigen, dass die Einwanderung nur in die mittlere Zone der structur- losen Schicht stattfindet, die dem Hornblatt und dem Endothel angrenzenden Zonen dagegen

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zellenlos bleiben; anfangs sind diese zellenlosen Zonen noch breit (Figg*. IC, 17,), sie ver- schmälern sich aber rasch in demselben Grad wie die mittlere, zellenführende durch fort- gesetzten Zuzug von den Kojjf platten aus auf ihre Kosten sich verbreitert, schwinden jedoch niemals ganz, persistiren vielmehr durch das ganze Leben hindurch als vordere und hintere Grenzschichfe (elastica anter. und poster. Bowman, resp, Membrana Descemeti),

Früher als alle übrigen existirt der einzige im bisherigen noch nicht erwähnte Be- standtheil der Cornea : das äussere Epilhel. Es entwickelt sich in sehr einfacher Weise aus dem Hornblatt in derjenigen Ausdehnung, in welcher dasselbe die abgeschnürte Linse und die Anlage der vorderen Augenkammer deckte. Die Veränderungen in ihm gehen nur lang- sam vor sich: von den zwei Schichten, die schon vor dem Beginn der Corneabildung im Hornblatt vorhanden sind, zeigt die äussere, aus horizontal zur Korperoberfläche liegenden Zellen bestehende nur eine numerische Zunahme und dichter Aneinanderrücken ihrer Elemente, während diejenigen der inneren Schicht allmälig zu schönen, grosskernigen Cylinderzellen sich ausbilden; erst gegen Ende des Embryolebens erscheint zwischen beiden eine dritte Schicht rundlicher, wohl entwickelter Zellen, Die Vermehrung der Schichten im äusseren Epithel muss mithin in der Jugendzeit des ausgeschlüpften Vogels sich noch fortsetzen. Ob- gleich also am frühsten vorhanden, scheint dieses Epithel doch der am spätesten zur vollen Ausbildung gelangende Theil der Hornhaut zu sein.

Nach diesem kurzen Ueberblick über die so eigenartigen Vorgänge bei der Bildung der Cornea des Hühnchens dürften noch folgende Bemerkungen über einige Einzelheiten der- selben am Platze sein.

Vor allen interessirt die als „Anlage der Cornea propria'' bezeichnete Schicht, Die bekannte regelmässig schichtweise Lagerung der Corneakörperchen im Erwachsenen nicht minder als der eigen thümliche Process ihres Eindringens in eine allem Anschein nach voll- kommen homogene Masse mussten die Frage nahe legen, ob sich nicht vielleicht in der letzteren doch eine von vornherein vorhandene Zusammensetzung aus Lamellen oder Schichten nachweisen lasse, deren, wenn auch kleinste, Interstitien die Erklärung jener Erscheinungen erleichtern könnten. Ich habe daher die bezüglichen Präparate mit den stärksten mir zugäng- lichen HARTNACKSchen Immersionssystemen XI und XV untersucht. Aber auch mit diesen ist es mir an gut gehärteten und namentlich an den mit Osmiumsäure behandelten Präparaten nicht gelungen, Spuren einer Schichtung oder überhaupt irgend welche Zeichnung in jener Masse zu erkennen, dieselbe erscheint vielmehr vollkommen hyalin ; dagegen zeigen in etwas vorgerückteren Stadien solche Präparate, die wahrscheinlich bei der Härtung etwas geschrumpft sind, allerdings eine Zeichnung, aus welcher auf die Anwesenheit einer Structur geschlossen werden kann : die noch zellenfreien Partien der Grundsubstanz nämlich bieten das Bild eines Netzwerkes vorwiegend parallel den Corneaflächen, jedoch nicht ganz gerade und regelmässig verlaufender, unter mehr weniger spitzen Winkeln in einander übergehender Linien dar. Diese Linien könnten wohl als Ausdruck schmaler Interstitien zwischen äusserst zarten Lamellen angesehen werden, welche letztere im normalen Zustand vielleicht so dicht aneinander geschmiegt sind, dass Interstitien nicht existiren und dem entsprechend auch in gut gehärteten Präparaten nicht wahrgenommen werden, während ihre Entstehung nei eintretender Schrumpfung der

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Lamellen leicht verständlich ist. Falls diese Deutung, die ich vor der Hand freilich nur als Verrauthung- hinstellen kann, die richtige ist , die Lamellen also auch in der noch hyalin erscheinenden Masse der Grundsubstanz schon vorhanden sind, so würde auch der Process des Eindringens der Corneakörperchen in dieselbe resp. zwischen die präforrairten Lamellen derselben nicht mehr absonderlich räthselhaft erscheinen ').

Von fast noch grösserem Interesse ist die zweite Frage: wie und woher diese erste zellenlose Anlage der Cornea propria entsteht? Ich habe früher (19. S. 16 und 18) die-

1) Lieberkühn (28. S. 24) hat behauptet, dass eine structurlose Anlage der Cornea propria, wie ich sie angegeben, überhaupt gar nicht existii-e; die ursprüngliche Zelle nlosigkeit jener Schicht so wie das erst spätere Einrücken der Zellkörper in dieselbe seien vielmehr nur scheinbar; jene Substanz erscheine allerdings „auf Durclischniltcn kernlos" ; „wenn man jedoch einen Streifen aus der Cornea herausschneidet und ihn zu einer Falte umschlägt, so dass das Epithel nach einwärts gekehrt ist, so gelingt es doch, vereinzelte Kerne in der Grundsubstanz wahrzunehmen." Lieberkühn scheint also den Ergebnissen dieses Verfahrens mehr Werth und Sicherheit beizulegen als demjenigen der Durchmusterung einer continuirlichen Serie dünner mikroskopischer Schnitte mit starken Systemen. Wenn es beim Vogelauge Schwierigkeiten macht", fährt Lieber- kühn fort, „die Zcllkorpcr in (Inn Getvche der Cornea zu dieser Zeit zu finden, so sieht man sie dagegen beim Säugethier- auge stets mit der gnissleu Leichtigkeit und in grosser Zahl auf jedem beliebigen Durchschnitt, (vgl. Fig. 52). Da nun die Cornea auch schon, wo sie homogen erscheint, Zellköriier besitzt, und sie niemals verliert", so könne er meiner „An- nahme nicht beistimmen, dass diese erste Anlage nur aus Grundsubstanz bestehe, in welche die Zellen erst nachträglich einwandern. Sie werden aber nur in grossen Mengen am Rande zuerst leichter sichtbar, später auch gegen die Mitte zu. So lange die Zellkörper in der Cornea schwer sichtbar sind, dürfte von einer zellfreien Grenzschicht nicht die Rede sein; erst wenn die Zellen überall deutlich hervortreten" u. s. w.

Auch Arnold (2. S. 50) bestreitet auf Grund seiner Untersuchungen an 7imrf,*embryonen die Richtigkeit meiner Angaben über die Entwickelung der Cornea beim Hühnchen und Triton; er kaAn meiner „Annahme", dass die Zellen erst später einwandern, nicht beipflichten, weil er „zu jeder Zeit und in jedem Stadium der Entwickelung nachweisen konnte, dass das Gewebe, aus welchem die Hornhaut wird, Kerne eingebettet enthält; mit zunehmender Dicke der Hornhaut werden sie zahlreicher und von einer feinkörnigen Protoplasmamasse umlagert" ('?).. Auch bezüglich der Bildung des Endothels könne er meiner „Annahme, dass dasselbe von den Seiten her über die Hornhautfläche sich wegschiebe", nicht beipflichten; seinen „Beobachtungen zufolge entsteht es in loco gleichzeitig mit der sich vollziehenden Scheidung des vor der Linse gelegenen Fortsatzes des mittleren Keimblattes in Cornea einerseits und Membrana capsulo-pupillaris und pupillaris anderseits." Diesen Darstellungen gegenüber habe icli zunächst im Allgemeinen nur daran zu erinnern, dass es unzulässig ist, die an einem ein- zigen Repräsentanten einer einzigen Thierklasse gewonnenen Erfahrungen so ohne weiteres zu verallgemeinern, geschweige denn darnach die vorliegenden abweichenden Befunde in anderen Thierklassen zu corrigiren oder zu beanstanden ; denn dieses Verfahren involvirt die Voraussetzung einer bis in die kleinsten Details gehenden absoluten Identität der Entwickelungsvorgänge bei den aufeinander bezogenen Thierklassen - eine Voraussetzung, welche consequent durchgeführt jeden Unterschied zwischen diesen Thicren aufheben würde, und welcher somit nicht nur selbstverständlich die thatsächlich bestehende Verschiedenheit dieser Thiere, die doch nur durch eine irgendwo beginnende Divergenz resp. Differenzen der Entwickelungsvorgänge zu Stande kommen kann, sondern auch das vollkommen sichere Ergebniss der Entwickelungsgeschichte entgegensteht, dass auch bei einander anscheinend sehr nahe stehenden Gliedern ein und derselben .Thierklasse noch viel weiter zurück datirende und viel fundamentalere Verschiedenheiten der Anlagen und Bildungsvorgänge vorkommen als diejenigen, um die es sich hier handelt. Ganz besonders aber verbietet sich die Verallgemeinerung der von Arnold gemachten Beobachtungen insofern als nach diesen die Entwickelung der Cornea im Zusammenhang mit der Bildung der Pupillarmembran vor sich gehen soll und hätte viel- mehr in diesem Umstand gerade eine Auffordernng gefunden werden müssen, diesen Modus der Cornea- resp. Endothelbildung ausdrücklich auf diejenige Thierklasse zu beschränken, in welcher eine Pupillarmembran bisher ausschliesslich allgemein an- genommen wird: auf die Säuger; bei anderen Thieren ist eine Pupillarmembran nicht bekannt und um ihre iV/cA/existenz bei den Vögeln wusste schon Kaller (vgl. auch Kölliker 21. S. 297); bei diesen kann also auch die Cornea resp. das innere Epithel nicht durch Spaltung eines Kopfplattenfortsatzes in Cornea und Pupillarmembran entstehen abgesehen davon, dass wie wir in Cap. IV gesehen haben, auch der sich spalten und dadurch nach Sernoff's, Lieberkühn's Angaben beim Hühnchen die Cornea und die Linsenkapsel liefern sollende Kopfplattenfortsatz überhaupt gar nicht vorhanden ist.

Auf die vermeintliche Existenz und Spaltung dieses Fortsatzes mittleren Keimblattes vor der Linse gründete, wie S. 48 erwähnt, Sernoff die Berechtigung, die Entstehung der vorderen Augenkammer mit der Bildung der Pleuro-peritoneal- höhle in Parallele zu setzen, während W. Müller (35. p. XXXIII) dieselbe „mit den Gelenkbildungen in eine Reihe" stellte.

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selbe den vom mittleren Keimblatt gelieferten Bestandtlieilen der Cornea zug-ezalilt, in der Meinung, dass sie von denjenigen Zellen, welche ich nach der Abschnüriing der Linse zwischen dieser und dem Hornblatt (resp. der ersten Anlage der Cornea) liegend fand und damals nur als durch die Angenblasenspalte hierher gewanderte Kopfplattenelemente zu deuten wusste, hervorgebracht werde; diese Zellen Hessen die damals mir vorliegenden Präparate nicht mit derjenigen Sicherheit und Schärfe, wie die seitdem gewonnenen, als stets bestimmt ausserhalb der hyalinen Schicht liegend und scharf gegen dieselbe abgegrenzt erkennen ; vielmehr schien mir das Protoplasma einiger derselben ohne recht scharfe Grenze in jene Schicht überzugehen (19. S. 15. 0.) und dieses Verhalten zur Annahme eines genetischen Zusammenhanges zwischen diesen Zellen und jener Schicht zu berechtigen, Diese Auffassung konnte insofern nicht befriedigen, als, nachdem die geringe Anzahl jener Zellen zur Herstellung der allerersten Anlage der Grundsubstanz verbraucht war, für deren weiteres Wachsthum kein Material mehr vorhanden war und ihre rasche und so bedeutende Dickenzunahme, wie ich 19. S. 21 aus- drücklich hervorheben musste^, vollkommen unverständlich blieb. Die durch letzteren Um- stand veranlasste Wiederaufnahme und Weiterführung der Untersuchungen über diese Frage hat nun ergeben, dass meine obige Herleitung der in Rede stehenden Schicht aus dem mitt- leren Keimblatt in der That eine irrthümliche , und sogar auf einem doppelten Irrthum be- ruhende gewesen ist: jene Zellen zwischen Linse und Hornblatt nämlich haben weder an der Bildung der Cornea irgend welchen Antheil, noch auch gehören sie dem mittleren Keim- blatt an ; sie sind weder eine Fortsetzung der die Augenblase rings umgebenden Kopfplatten etwa in der Art^ wie Babuchin sich dies denkt (vgl. o. S. 51.), noch auch durch die Angen- blasenspalte hierher vorgedrungen, sondern weiter nichts als die Reste des S. 8 und 9 und S. 51 bereits erwähnten Linsenstiels; dieser bildet unmittelbar nach Abschnttrung der Linse ein Häufchen von Zellen (Fig. 9), welche allmälig in demselben Maass als die ursprüng- lich (auch in Fig. 9 noch) vorhandene Concavität der distalen Linsenwand an der Abschnü- rungsstelle in eine Convexität übergeht, von hier verdrängt werden und über die distale Linsenfläche hin sich vertheilen *). Diese Zellen entstammen also dem Hornblatt; es würde also auch jene hyaline Schicht, falls dieselbe aus ihnen hervorginge, ein Derivat nicht des mittleren, sondern des oberen Keimblattes sein.

Der früher von mir angenommene genetische Zusammenhang zwischen beiden be- steht aber überhaupt nicht; gegen denselben spricht, abgesehen von den schon erwähnten Umständen, nämlich 1) dass jene Zellen stets ausserhalh der genannten Anlage liegen, und 2) dass das nach ihrem Untergang erst beginnende Dickenwaclisthum der bezüglichen Schicht vollkommen unerklärlich erscheint auch noch 3) dass die allerersten Spuren der structiir- losen Schicht nicht an der Stelle sich finden, wo jene Zellen ursprünglich lagen und auch später am häufigsten angetroffen werden, nämlich am Linsenpol, sondern entfernt von diesem (vgl. Fig. 1 ü A. u. B. mit Fig. 9) in der Nähe des Augenblasenrandes, bis wohin die zu Grunde gehenden Kerne nur ganz vereinzelt verschlagen zu werden scheinen (so zufällig in dem Fig. 10 B. abgebildeten Schnitt); 4) dass es Thiere gibt, bei denen zwischen Linse und

1) Siehe Babuchin's (4) Fig. VIII.

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Hornblatt ursprünglich überhaupt gar keine Zellen sich finden, so s. o. Cap. II. S. 15 bei den Säugern, bei denen der Ueberschiiss an Zellen bei der Abschnürung der Linse in die Höhle der letzteren hinein verfällt; bei diesen müsste mithin das Material für die Ent- wickelung der ersten Anlage eines so wichtigen Organtheiles, der Cornea, ein anderes sein als beim Hühnchen eine Annahme, zu der man sich schwerlich verstehen wird. Der so eben erwähnte Befund bei Säugern kann vielmehr nur dazu angethan erscheinen, in Bezug auf die weiteren Schicksale der Linsenstielreste des Hühnchens diejenige Ansicht zu unter- stützen, welche auch nach meinen resp. Präparaten von diesem selbst als die einzig zulässige erscheint, nämlich : dass dieselben durchaus keine morphologische Verwerthung finden, sondern, ebenso wie jene bei Säugern in die Linsenhöhle abgesetzten Zellen, einfach sich auflösend zu Grunde gehen : Fig. 9 ist jeder Kern noch reichlich von Protoplasma umgeben, Figg. 1 0 u. 11 erscheinen die Kerne nackt, in den folgenden Stadien sind sie gänzlich verschwunden.

Muss demnach sowohl auf Grund der Beobachtung am Hühnchen selbst als aus Rück- sicht auf die einschlägigen Verhältnisse bei Säugern, die Betheiligung der in meinen Figg. 9 11 abgebildeten, von Babuchin irrthümlich als in eine Membran eingehüllt dargestellten Zellen beim Aufbau der Cornea bestimmt in Abrede gestellt werden, so bleibt für die Ent- stehung der hyalinen Schicht, da anderweitige freie Zellen, welche das Material dafür liefern könnten, an der Stelle, wo sie entsteht, nicht vorhanden sind, nur die Möglichkeit, dass sie durch Ausscheidung gebildet wird. Diese Ausscheidung kann man sich ausgehend denken nur entweder von den Kopfplatten oder vom Hornblatt. Die Figg. 10 B. und 11 sprechen gemss zu Gunsten der letzteren Annahme; denn während die Ausläufer der Kopfplatten nur bis an den peripheren Rand der hyalinen Schicht heranreichen und gar nicht abzusehen ist, warum eine von ihren Elementen etwa gelieferte Ausscheidung nicht da, wo sie vor sich geht, sondern gerade an einer Stelle, wo Kopfplattenelemente nicht vorhanden sind, sich ablagern sollte, deckt das Hornblatt die hyaline Schicht in ihrer ganzen Ausdehnung. (Vgl. auch Fig. 13 A.)

Triton.

S. Taf. V. Die einzelnen Bestandtheile der Cornea treten bei Triton in derselben Reihenfolge auf, welche wir schon beim Hühnchen kennen gelernt haben. Zuerst vorhanden ist natürlich auch hier das Epithel. Die Vergleichung von Fig. 57 h. mit Fig. 64 e. a. zeigt, dass das Hornblatt in derjenigen Ausdehnung, in welcher es die spätere Cornea überzieht, ausser einer ganz geringen Abplattung seiner Zellen, auch späterhin gar keine Veränderung erfährt.

An das Epithel bildet sich die bekannte hyaline Schicht, die erste Spur der Grund- substanz der Cornea projma, an. Sie ist in Fig. 60 in der ganzen Ausdehnung des Epithels bereits, und zwar in gleichmässiger Dicke vorhanden. In Goldpräparaten (Fig. 60) zeigt sie sich ebenso hell und blass wie diejenige des Hühnchens bei Osmiumbehandlung, in Carmin- präparaten (Fig. 61 ff.) stark gefärbt in beiden aber absolut homogen und texturlos. Schon sehr früh scheint sie eine bedeutende relative Festigkeit zu besitzen; in dem Fig. 60 B. ge- zeichneten Präparat hat sie, so dünn wie sie ist, der Verletzung, welche dasselbe beim Ein- schliessen erfahren hat, Widerstand geleistet, während das Hornblatt gerissen ist.

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In dem Stadium von Fig. 60 hat aiicli die Bildung»- des inneren Epilhels bereits be- gonnen; von den Kopfplatten aus haben die 2—3 Schichten spindelförmiger Zellen, welche in concentrischer Lagerung die äussere Lamelle der secundären Augenblase umgeben, sich nach der vorderen Augenkammer hin vorgeschoben; die innerste von diesen Schichten zieht sich an der Aussenfläche der Pigmentlamelle bis an den Pupillarrand hin^ um die Iris bilden zu helfen ; eine zweite einzellige Schicht rückt in derselben Weise wie beim Hühnchen längs der Innenfläche der hyalinen Schicht der Corneaanlage gegen deren Mitte hin vor, welche sie in einem zwischen den Figg. 61 und 62 gelegenen Stadium erreicht.

Der damit gegebenen Herstellung des inneren Epithels folgt unmittelbar die bei Triton in höchst beachtenswerther Weise sich vollziehende Einwanderung der Corneakörperchen: Fig. 62 zeigt eine einzellige Schicht derselben schon fast bis an den Pol der Corneaanlage vorgedrungen; statt der einen hyalinen Schicht von Figg. 61 und 62 sind jetzt deren zwei vorhanden, welche jene Zellenlage zwischen sich aufgenommen haben. Der ersten einge- wanderten Zellenlage folgt dann bald eine zweite, dieser eine dritte u. s. w. jede von vornherein mzellig^ von der benachbarten durch je eine Lamelle hyaliner Substanz getrennt; mit der Zahl der einwandernden Zellenschichten nimmt also auch die der Lamellen stetig zu. Dies setzt sich so fort, bis die sehr ansehnliche Dicke der erwachsenen Cornea (Fig. 64) erreicht ist.

Die Vermehrung der Zahl der Lamellen der Grundsubstanz dachte ich mir früher (19. S. 21) dadurch zu Stande gekommen, dass die ursprünglich (Figg. 60 und 61) vorhandene sich spaltet (Fig. 62), von den zwei dadurch entstandenen jede wiederum eine Spaltung eingeht, um dem Eindringen je einer neuen einzelligen Schicht von Corneakörperchen ein Interstitiiim zu bieten u. s. f. Eingehendere spätere Beobachtungen haben mir nicht die geAvünschte Be- stätigung für diese Erklärung geboten ; wäre dieselbe richtig, so müsste man nämlich erwarten, in Präparaten von dem Fig. 63 gezeichneten und etwas älteren Stadien auch in den dem inneren Epithel näher liegenden Laraellen gelegentlich den Spaltungsvorgang als eben sich einleitend oder vollziehend zur Anschauung zu bekommen ; ich habe aber nach Bildern, welche dies unzweifelhaft darthäten , vergeblich gesuclit; vielmehr scheinen, je näher der Innenfläche der Cornea, desto mehr die Zellenschichten durchweg continuirlich über die ganze Breite der Cornea hinüberzulaufen, die Lamellen mithin durch dieselben vollständig von einander getrennt zu sein'); nur in der unmittelbaren Nähe des Hornblatts trifft man Lamellen, die in der Polgegend noch in grösserer Ausdehnung, so weit die Corneakörperchen noch nicht zwischen dieselben vorgedrungen sind, sich berühren ; doch auch hier wird man, wenn man die Einzelheiten der Bilder genau ins Auge fasst, nicht den Eindruck sich voll- ziehender dichotomischer Spaltungen vorher einheitlicher Lamellen gewinnen, sondern den, dass die numerische Zunahme der letzteren bewirkt wird durch eine successiv sich wieder- holende Neubildung und Ablösung solcher Schichten vom Hornblatt her, in folgender Weise : Wenn die zuerst vorhandene hyaline Schicht eine gewisse Dicke (Figg. 60 und 61) erreicht hat, wird dieselbe vom Hornblatt abgedrängt durch eine zweite an dieses sich an-

1) In sehr exquisiter Weise gewinnt man diesen Eindruck auch an der Cornea der Eidechse in dem Fig. 80 gezeich- neten Stadium.

Kesslek, Wirbelthier-Auge,

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bildende hyaline Schicht; in das zwischen beiden Schichten entstehende Interstitium dringt von der Peripherie her eine einzellige Lage der spindelförmigen Kopfplattenelemente, die sich vorher schon in einem spitzen Winkel gegen das Hornblatt am Rand der Corneaanlage gestellt hatten, ein (Fig. 62); sobald dieselben von allen Seiten her im Pol der Cornea zu- sammentreffen, ist die erste hyaline Schicht von der unterdess zu der gleichen Dicke ent- wickelten zweiten vollständig gesondert. Ebenso wie die erste durch die zweite, wird dann die zweite durch eine dritte neu sich bildende Schicht vom Hornblatt und darauf durch eine zweite einwandernde Lage von Kopfplattenelementen von der dritten Schicht isolirt; diese wieder vom Hornblatt durch eine vierte neue Schicht und von letzterer durch eine dritte Zellenlage u. s. f. Die Einwanderung der Corneakörperchen würde also, bis die definitive Zahl von Lamellen und Zellenlagen erreicht ist, immer nur zwischen die zuletzt vom Horn- blatt abgelöste und die eben in der Anbildung an dieses begriffene hyaline Schicht (Lamelle) stattfinden. Nur zu dieser Vorstellung von dem Hergange passt auch der in Fig. 64 deutlich hervortretende Umstand, dass die Sclera (alles was zwischen den beiden Pigmentschichten liegt, gehört der Chorioidea resp. Ciliarmuskel und Lig. pectinatum an) durch eine so schmale Brücke in die Cornea und zwar, wie man aus der Richtung des Längsdurchmessers der Zellen in diesem Uebergangstheil entnehmen darf, nur in deren dem Epithel nächstliegende, i. e. zuletzt gebildete Schichten übergeht.

Die zuerst entstandene hyaline Schicht (Fig. 60) ist zur Membrana Descemeti (elast. poster., inneren Grenzschicht), die letztentwickelte zur elast. anter. oder äusseren Grenz- schicht geworden. *)

Fragen wir schliesslich, wie oben in Bezug auf die Grundsubstanz der Cornea des Hühnchens, nach der Herkunft der Masse, welche die Cornealamellen des Triton bildet, so muss bei der Beantwortung auch hier wieder davon ausgegangen werden, dass diese Masse, da dieselbe auch bei Anwendung der stärksten Systeme weder in der ersten noch in den später auftretenden Lamellen jemals eine Spur von Zellen oder Zellenresten aufweist^ nur ein Ausscheidungsproduct sein kann. Dass dieses aus denjenigen Zellen oder zellenähnlichen Gebilden hervorgehen sollte, welche in den Figg. 58 und 59 in dem später zur vorderen Augenkammer werdenden Räume liegen, ist nicht anzunehmen; denn abgesehen von allem anderen (s. 19. S. 20 o.) könnten dieselben ja, wenn überhaupt eine, so nur die allererste Lamelle erzeugen ; sobald an diese das innere Epithel sich angebildet hat, ist durch letzteres die Corneaanlage gegen die Augenkammer hin abgeschlossen, und das Material für die folgenden Lamellen müsste also von anderswoher zufliessen als dasjenige für die erste was gewiss Niemand wollen wird. Demnach dürften bezüglich der Entwickelung der Grundsubstanz der Cornea auch für Triton nur dieselben 2 Möglichkeiten in Betracht kommen, welche oben für diejenige des Hühnchens aufgestellt wurden und wird wohl auch die Wahl zwischen diesen beiden hier kaum anders ausfallen als dort; denn dass die erste ans Hornblatt sich anbildende Schicht von den Kopfplatten in der Umgebung der Augenblase, von der Peripherie her über die vordere Augenkammer sich vorschiebe, ist bei Triton nicht wahrscheinlicher als beim

1) Da die zur Membrana Desc. werdende Schicht früher vorbanden ist als das innere Epithel, so kann letzteres nicht als Matrix jener angesehen werden (gegen W. Müller 35. S. 38.),

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Hühnchen; für die nach dieser ersten sich bildenden Schichten oder Lamellen aber etwa von den einwandernden Zellenlag-en das Material geliefert zn denken, ist desswegen unthnn- lich, weil, wie oben dargelegt, die zweite Schicht am Hornblatt früher vorhanden ist als die erste Zellenlage zwischen den Lamellen.

Nach alledem bleibt also wohl für die Entstehung der Cornealamellen des Triton keine andere Annahme übrig, als diejenige, welche nach der eigenthümlichen Art und Weise ihres Auftretens auch a priori schon als die wahrscheinlichste erscheinen muss, nämlich die durch successive schichtweise Ausscheidung aus dem Hornblatt selbst.

Säuger.

Das Hornblatt liegt bei Schaafsembryonen der Linse nach deren Abschnürung in beträchtlicher Ausdehnung unmittelbar an Taf. VI. Fig. 84; Fig. 85 zeigt beide nur wenig von einander entfernt, den Zwischenraum ausgefüllt von einer homogenen lichten Masse ; ausser dieser ist dann bei einem noch etwas älteren Embryo vom Rind Taf. VL Fig. 86 noch eine einfache, der distalen Linsenwand (resp. Kapsel) unmittelbar aufliegende Zellenschicht vorhanden, deren Fortsetzung über einige kleine Gefässlumina auf der Linsenkapsel und über die spätere vordere Augenkammer hinweg bis in die Kopfplattenmasse zwischen dem Um- biegungsrand der Augenblase und dem Hornblatt sich verfolgen lässt. Zwischen diesem Zellenzug und dem Hornblatt finden sich auch in der lichten Masse Zellen Ausläufer der Kopfplatten eingestreut; dieselben reichen jedoch nur bis zu der mit ck bezeichneten Gegend ; von hier nach dem Pol Inn ist die Masse vollkommen homogen und zellenlos. Gegen die vordere Augenkammer zeigt diese Masse durchaus nicht die scharfe Abgrenzung wie die erste Anlage der Cornea propria beim Hühnchen und Triton ; dies ist auch in den Taf. V. Figg. 68 und 69 gezeichneten Präparaten von der Maus nicht der Fall; erst wenn die Zellen des Endothels näher aneinanderrücken und sich präciser ordnen (vgl. Taf. V. Figg. 70 und 71 A.), tritt sowohl hierdurch als auch durch das gleichzeitige Dunklerwerden der inneren, dem inneren Epithel nächstliegenden Zone ihre Abgeschlossenheit gegen die Augenkammer hin deutlich hervor. Dieses Dunklerwerden der genannten Zone beruht nicht etwa auf einer leb- hafteren Eeaction derselben gegen Osmiumsäiire , auf intensiverer Färbung, sondern darauf, dass hier bereits der Process begonnen hat, durch dessen Ablaufen in der Anlage der Cornea diejenige innere Anordnung sich herstellt, welche für ihr Gewebe im entwickelten Zustand so charakteristisch ist: die Corneakörperchen , welche während und unmittelbar nach ihrer Einwanderung noch ganz das Aussehen der indifferenten Kopfplattenelemente zeigten und keine bestimmte Gruppirung erkennen Hessen, stellen sich, unter gleichzeitiger Abplattung und Verlängerung ihres Querschnittes, in immer deutlicher hervortretende continuirliche, den Corneaflächen concentrische Schichten im Querschnitt : Reihen, deren einzelne Glieder durch längere oder kürzere Ausläufer und Fortsätze mit einander sich verbinden ; die Grund- substanz erscheint nun gleichfalls in Form von concentrischen Schichten, Lamellen, welche alternirend zwischen den Zellenschichten liegen und diese von einander trennen. Diese Zellen- reihen liegen dichter an einander, haben schmalere Schichten von Grundsubstanz zwischen sich, als die noch unveränderten Zellen der Corneaanlage; da nun in Osmiumsäure die Zellen

12*

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sieh dunkler färben als die Grundsubstanz, so müssen diejenigen Partien der Cornea, in welchen die Zellen resp. Zellenreihen dichter stehen, auch dunkler sich ausnehmen (vgl. Taf. V. Figg. 70 und 71 B.). Von der so eben beschriebenen Veränderung werden allmälig sämmt- liche Schichten der Cornea betroffen, und zwar schreitet der Process stetig in der Richtung von dem inneren nach dem äusseren Epithel hin vor: Fig. 70 ist noch fast die ganze Cornea- anlage, Fig. 71 nur die äussere Hälfte, Fig. 73 nur noch eine ganz schmale, der elast. ant. unmittelbar angrenzende Zone von mehr rundlichen, den noch indifferenten Kopfplatten- elementen ähnlichen Zellen eingenommen. Präparate von entsprechend alten Schaafs- embryonen bestätigen mir dies.

Wenn ich nun zunächst die den Figg. 84 86 entnommenen ßeobachtungsthatsachen über die Entwickelung der Cornea - unter der Voraussetzung, dass dieselbe bei Schaaf und Rind wesentlich identisch ist, mithin die genannten Figuren aufeinander bezogen werden dürfen dahin deute, dass auch bei Schaaf und Rind an den zum Corneaepithel werdenden Bezirk des Hornblatts zuerst eine hyaline Schicht, an diese dann das innere Epithel sich an- bildet und darauf sofort die Einwanderung der Corneakörperchen in jene hyaline Schicht beginnt, so kann dagegen möglicherweise der Einwand erhoben werden, dass der Mangel eines bestimmt abgrenzenden Conturs oder einer verschiedenen Färbung ebenso gut zu der Annahme berechtige, dass diese hyaline Masse zwischen Hornblatt und Linse nur ein Theil des die ganze vordere Augenkammer ausfüllenden Flüssigkeitsgerinnsels sei. Dem gegenüber habe ich zu Gunsten meiner Auslegung anzuführen: 1) nur unter der Voraussetzung einer gewissen Abgeschlossenheit der ersten Anlage der Grundsubstanz der Cornea propr. gegen die Augenkammer hin ist es verstäiuUich, warum die erste nach dem distalen Pol hinwandernde Kopfplattenzellenschicht zwischen diese Anlage und die Linse, und nicht irgend wie in die homogene Masse hinein dringt; letztere muss gegen die Augenkammer hin eine Fläche be- sitzen, welche jenen Zellen diesen Weg anweist; 2) geht aus der, auch gerade auf das Schaaf sich beziehenden, oben citirten ganz bestinunten Angabe Hensen's hervor, dass bei geeigneter Behandlung diese Masse als dem Hornblatt anliegendes „Basalmembran "-artiges Gebilde sich präsentirt; es würde also nur darauf ankommen, eine Behandlungsvveise der Objecte kennen zu lernen, welche, ohne irgend welche anderweitigen nachtheiligen Einflüsse auf dieselben auszuüben, diese Schicht schärfer begrenzt') hervortreten lässt.

Der soeben erwähnte Umstand, dass die erste Kopfplattenzellenlage immer längs der Innenfläche der hyalinen Schicht, niemals zwischen diese SchicJü und das Hornblatt vor- dringt, ist noch in einer zweiten Beziehung von Interesse insofern als er nicht nur auf die bereits erörterte Abgeschlossenheit gegen die Augenkaramer, sondern auch auf eine zur Zeit des Beginnes dieser Zellenwanderung noch bestehende feste Verbindung und innigen Zusammenhang dieser Schicht mit dem Hornblatt schliessen lässt ein Zusammenhang der seinerseits wieder die Vermuthung einer genetischen Zugehörigkeit derselben zum Hornblatt nahe legt und aus dieser jedenfalls am einfachsten sich erklärt. Dies zugegeben, stellt es also auch für Schaaf und Rind

l) Mir selbst liegen Präparate vor, welche gerade dieser Forderung besser genügen als das Fig. 8(5 gezeichnete; dieselben sind aber in anderer Hinsicht nicht ganz gelungen, daher ich, obgleich dieselben für mich überzeugend sind, von ihrer VcrwertLuug nach aussen hin Abstand nehmen zu müssen geglaubt habe.

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als das wahrscheinlichste sich heraus, dass die zellenlose hyaline erste Anlage der Grrundsub- stanz der Cornea aus dem Hornblatt hervorgeht, ein Ausscheidungsproduct desselben ist

Wird sonach die erste Anlage der Cornea bei Säugern in derselben Weise gebildet, wie beim Hühnchen und Triton, so muss man a priori schon erwarten, dass auch die weitere Entwickelung eine wenigstens wesentlich mit derjenigen jener übereinstimmende, d. h. durch fortgesetzte Einwanderung von Zellen und fortgesetzte Production von Grundsubstanz sich vollziehende sein wird. Dass erstere, eine fortgesetzte Einwanderung von Zellen in die Corneaanlage wirklich stattfindet, dürfen wir daraus schliessen, dass die numerische Zunahme derselben zu massenhaft und zu rasch vor sich geht, als dass sie durch blosse Proliferation in loco erklärt werden könnte. Aber noch mehr: der Gedanke liegt nahe, dass unter den Corneazellen diejenigen, welche zuerst durch die S. 91 beschriebene Veränderung zu ihrer definitiven Form und Anordnung gelangen, die ältesten, zuerst eingewanderten, und diejenigen, welche diese ihre Entwickelung am spätesten beendigen, die zuletzt hinzugekommenen sind ; da jene Veränderung in der dem inneren Epithel nächstliegenden Schicht beginnt und von dieser stetig nach dem Hornblatt hin fortschreitet, so müssen wir also hier (d. i. bei den Säugern) dieselbe in der Eichtung vom inneren Epithel nach dem Hornblatt hin stetig ab- nehmende Altersfolge der Schichten annehmen, welche wir bei Triton fanden, und wenn wir die gleiche Erscheinung auf die gleiche Ursache zurückführen zu dem Schluss ge- langen, dass auch bei Säugern die einwandernden Kopfplattenelemente immer nur in die dem Hornblatt unmittelbar anliegende Zone der Corneaanlage eindringen und dass die bereits vor- handenen Schichten (incl. Membr. Desc. und inneres Epithel) um so mehr vom Hornblatt sich entfernen, je mehr neue Einwanderungen sich zwischen sie und das Hornblatt einschieben.

Was die Grundsubstanz anlangt, so hat Rollett-) angegeben, dass die die Cornea- lamellen bildende helle Masse'' erst auftritt, nachdem die ursprünglich runden Zellen sich bereits abgeplattet haben; bis daliin liegen dieselben (und auch die bereits abgeplatteten noch) „dicht übereinander, wie die Zellen in den oberen Lagen eines Plattenepithels''. Ich kann diese Angabe nicht bestätigen; nicht nur bei Mäuse- sondern auch bei Schaafsembryo- nen finde ich in allen Stadien die Zelleii in der Hornhaut-Anlage durch Zwischensubstanz von einander getrennt und isolirt; und zwar scheint wie die ersten Ausläufer der Kopf- platten diese Masse vorgebildet vorfanden (Fig. 86) so auch weiterhin stets ein genü- gender Vorrath derselben vorhanden zu sein, um die neu eintretenden Zellen in sich aufzu- nehmen, wenigstens findet sich in allen Stadien bei Maus sowol als beim Schaafe in der- jenigen Zone der Cornea- Anlage , in welche die Einwanderung stattfindet, i. e. in der unmit- telbaren Nähe des Hornblatts eine grössere Menge derselben angehäuft (in den Präparaten als hellerer, zellenloser Streifen zwischen dem Hornblatt und den Körperchenschichten er- scheinend, vgl. namentlich Figg. 70 und 72); hier muss also eine fortlaufende Production solcher Masse stattfinden, die wir uns nach allem doch schwerlich' anderswoher als vom Hornblatt ausgehend denken können. So drängt also auch hier wieder Alles zu der Annahme,

1) Diese Deduction hat auch für das Hühnchen und den Triton Gültigkeit und kommt für diese als weiteres zu den oben schon für die Ausscheidung aus dem Hornblatt beigebrachten Argumenten hinzu.

2) Strickee's Handbuch der Lehre von den Geweben, S. 1129.

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dass auch bei den Säug'ern die Grandsubstanz durch fortgesetzte Ausscheidung vom Hornblatt geliefert werde; nur geschieht dies hier nicht unter Bildung solcher massiger und von vorn- herein starrer Lamellen wie bei Triton, vielmehr scheint erst später in der anfangs zarten, festweichen, jeder Form der in ihr liegenden Zellen sich anschmiegenden Substanz eine Art von Erstarrung und Verdichtung einzutreten, durch welche dieselbe sich consolidirt und in immer deutlicher hervortretende Schichten streckt, und könnte vielleicht auch dieser in dem vom Hornblatt entferntesten ältesten Theil derselben zuerst auftretende Vorgang die Ursache der Abplattung und regelmässigen Reihung der Hornhaut-Zellen sein, für welche man sich in diesen Körperchen selbst doch kein selbstständiges Motiv vorhanden denken kann.

Cap. IV ist mitgetheilt worden, dass Seenoff als Stützmoment für die bindegewebige Natur der Linsenkapsel die physikalische und chemische Gleichartigkeit oder Aehnlichkeit derselben mit der Membrana Descemeti anführt. Da ich in jenem Capitel die nicht-hinde- (jewehige Natur der Linsenkapsel unzweifelhaft festgestellt zu haben glaube, so kann ich meinerseits aus der angegebenen Gleichartigkeit beider Membranen, wenn überhaupt einen, so nur den Schluss ziehen , dass auch die Membrana Descemeti und da diese nur ein per- sistirender Theil der Anlage der Cornea propria ist, auch diese letztere nicht-bindegewebiger Natur ist, ein Ergebniss, welches das auf entwickelungsgeschichtlichem Weg in dieser Hinsicht von uns eniiittelte also nur bestätigen würde.

Für die Annahme einer Conjundiva corneae finde ich in der Entwickelungsgeschichte keinen Anhalt; denn nach aussen von der elastica anterior habe ich bei den von mir unter- suchten Embryonen zu keiner Zeit irgend ein anderes Gewebe als das aus dem Hornblatt sich bildende Epithel allein nachweisen können. Die Gefässe in der embryonalen Cornea liegen, soweit meine Beobachtungen reichen, nach innen von der elast. anterior vgl. Taf. V. Figg. 72. 73; auch habe ich dieselben niemals weiter vorgedrungen gefunden als in meiner Fig. 72.

SIEBENTES CAPITEL.

ENTWICKELUNG DER IRIS UND DER CILIAREALTEN.

(GLIEDERUNG DER SECUNDÄllEN AUGENBLASE.)

Die Durchmusterung der bezüglichen älteren Literatur ergibt, dass v. Baer und Remak die einzigen sind, welche die Entwickelung der in Rede stehenden Theile zu verfolgen gesucht haben. Dabei fand v. Baer, dass die vordere Zone der inneren Lamelle der secundären Augenblase sich verdünne und am 7. Tage schon als Strahlenblättchen sich zu erkennen gebe, scharf von der eigentlichen Netzhaut gesondert ; „an derselben Stelle , wo die Netzhaut aufhört , sieht man nun auch in der dunkelen Haut eine Trennung in Aderhaut und Ciliarkörper" ; er sagt aber selbst , dass er nicht ins Klare darüber habe kommen können, 7vie das Strahlenblättchen und der Ciliarkörper sich bilden ob durch „eine wahre Trennung oder ob nur die Netzhaut und Aderhaut sich von der Linse zurückziehen und das Strahlenblättchen und der Ciliarkörper neu hinzugekommene Theile sind" (1. c. I. Theü, S. 105. 122); im II. Theil 1837, S. 114 aber giebt er ganz bestimmt an: „die Netzhaut sah ich zuerst bis an die Linse hinan reichen, dann aber von derselben sich abziehen, mit Zurücklassung des Strahlenblättchens". Letzteres „scheint an der Linsenkapsel aufzuhören oder mit ihr verwachsen zu sein". Von der Iris giebt v. Baer nur an, dass sie als sehr schmaler ungefärbter Ring an der Oefifnung der Gefässhaut gegen Ende des 10. Tages entstehe; zwischen dem 11.— 13. Tag färbe sie sich vom Pupillarrand aus.

Remak (1. c. S. 35) begnügt sich mit der kurzen Notiz, dass der Anflug schwarzen Pigments auf der äusseren Fläche der Augenblase (d. h. wie aus dem folgenden Satz sich ergiebt die äussere Lamelle) die gemeinschaftliche Anlage der Chorioidea, der Processus ciliares und der Iris bilde.

Einen wesentlichen Fortschritt bildete die von Kölliker (22. S. 66(i) , offenbar im Anschluss an seine so wichtige Ermittelung der Herkunft des Retinalpigments , gemachte Angabe, dass die Pigmentschicht an der hinteren Irisfläche wahi- scheinlich „aus der äusseren Lamelle der secundären Augenblase sich entwickelt". Darnach würde also das hintere Irispigment dem Retinalpigment homolog sein.

Ich habe 19. S. 22 ff. in Bezug auf die Entwickelung der Iris und Ciliarfalten des Hühnchens und des Triton fol- gendes angegeben, was ich auch jetzt noch aufrecht erhalten muss:

Hühnchen.

Bereits bei der Entwickehiiig der Cornea ist auseinandergesetzt worden, wie die Kopf- platten sich zwischen die seciindäre Augenblase und das Hornblatt, gegen die vordere Linsen- fläche hin, vorschieben ; der freie Rand derselben reicht zu der Zeit, wenn das innere Epithel von ihnen aus gebildet wird, fast bis an die Linse heran; eine scharfe Begrenzung desselben ist nicht vorhanden (vgl. Fig. 13); erst in einem folgenden Stadium, Figg. 15. 16., bildet die der vorderen Augenkammer zunächst liegende Zellenschicnt einen schwach concaven Contur

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zwischen dem inneren Epithel der Cornea und dem Umschlag-srand der Augenblase, welcher letztere, der Linse anliegend, etwas melu- in die vordere Augenkammer hinein vorragt.

Zu gleicher Zeit hat in dem der Umbiegungsstelle nächstliegenden Theil der inneren Lamelle der Augenblase eine Verdünnung begonnen; sie erscheint am Ende des 7. Tages Fig. 16. schon recht ausgesprochen, wie die Vergleichung des Dickendurchmessers in der Nähe des Umbiegungsrandes mit dem des in der Gegend des Bulbusäquators gelegenen Theils ergibt. An derselben Figur (und noch mehr in den folgenden Stadien, Figg. 17 und IS) springt es aber auch sofort in die Augen, dass mit dieser Verdünnung nichts weniger als ein Zurückweichen des Umschlagsrandes der Augenblase verbunden ist, dass dieselbe sich im Gegentheil weiter in die Augenkammer vorschiebt, vgl. Fig. 22, dass also offenbar mit der Verdünnung der inneren Lamelle eine Flächenverhreitening dieses vorderen Theils der secun- dären Augenblase Hand in Hand geht.

Die der äusseren Lamelle zunächst anliegenden Elemente der Kopfplatten folgen in gleichem Schritt diesem Vorrücken des Pupillarrandes der Augenblase; es sondert sich da- durch in diesem Theil der Kopfplatten eine schmale innere Schicht von einer äusseren, be- deutend breiteren (der Anlage des Cornealfortsatzes , incl. Ciliannuskel , s. S. 84); zwischen beiden Schichten bleibt am freien Rand der Kopfplatten eine Anzahl von Zellen liegen, welche weder der einen noch der anderen Schicht zufallen, sondern als Anlage eines selbstständigen Gebildes sich erweisen, indem sie durch einen sehr leicht und deutlich zu verfolgenden Um- wandelungsprocess zum sog. Ligamentum pectitiatim werden. Es fangen nämlich die Fort- sätze dieser Zellen an, in die Länge ausgezogen zu werden, wozu das Zellprotoplasma fast vollstän- dig verbraucht zu werden scheint, wenigstens gewinnen diese Zellen, die sich früher durch nichts von den übrigen indifferenten Kopfplattenelementen unterscheiden, immer mehr das Ansehen blosser (mit Kernkörperchen versehener) Kerne; es scheint auch fast, als ob sie dabei die Fähigkeit der Fortpflanzung einbüssten, denn in demselben Grad als die Fasern länger und feiner werden, rareficirt sich dieses Gewebe, bis es schliesslich ein äusserst zierliches Faser- netzAverk darstellt, in dessen Knotenpunkten jene anscheinend nackten Kerne liegen, siehe Figg. 18 21. 1. p.; die einzelnen Maschen strecken sich allmälig immer mehr in die Länge, je mehr die Fasern sich parallel zu einander lagern. Seine definitive Entwickelimg erreicht das Ligamentum pectinatum wohl erst im ausgeschlüpften Hühnchen ; dagegen nimmt es die Lage und Richtung, welche es im Erwachsenen beibehält, schon ziemlich früh ein: am 7. Tage (Fig. 16) bildet der die vordere Augenkammer begrenzende Zellenzug desselben, welcher das Endothel mit dem Pupillarrand der Augenblase verbindet, noch einen schwach concaven Contur; am 9. Tage (Fig. 17) aber ist die durch das concentrische Vorrücken des Pupillarrandes nach dem vorderen Linsenpol hin bedingte spitzwinklige Stellung gegen die Cornea schon deutlich. Diese Stellung ist beim Vogel die bleibende.

Kehren wii* zur Augenblase zurück, so ist die nächste Veränderuug eine am 9. oder 10. Tag in geringer Entfernung vom Umschlagsrande auftretende Faltenhildiing beider Lamellen (Fig. 18. p. c). Dadurch wird in dem verdünnten Theil der Augeublase eine Sondeiiing in einen vorderen und einen hinteren Theil eingeleitet; ersterer wird (mit dem ihm unmittelbar aufliegenden Theil der Kopfplatten) zur Iris, letzterer (gleichfalls mit dem ihm unmittelbar

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aufliegenden Tlieil der Kopfplatten) zu den processus ciliares. Wie die Faltung beide Lamellen betraf, so werden auch beide Lamellen der Augenblase im vorderen sowohl als im hinteren Theil in die Bildung der eben genannten Organe einbezogen.

In Bezug auf den Kopfplattenantheil der Iris und process. eil. kann ich mich auf die Bemerkung beschränken, dass von ihm aus selbstverständlich das eigenthümliche Iris- und Ciliargevvebe (Muskeln, Bindegewebe, Gefässe u. s. w.) gebildet wird. (Die Gefässbildung in der Iris leitet sich schon sehr früh ein; ein oder mehrere grössere Lumina sind in den Querschnitten derselben sichtbar zu einer Zeit, zu welcher in der Chorioidea nur erst eine Choriocapillaris existirt); die betreifenden Aiujenblaseiicmtheile erfordern eine eingehendere Betrachtung :

Die Veränderungen in dem vorderen Abschnitt der Augenblase bestehen anfangs nur in einer einfachen Verdünnung der inneren Lamelle; diese bietet schon um den 10. Tag im Querschnitt das Ansehen eines einfachen Cylinderepilhels. Wenn wie ich nach meinen Präparatenglaube die Behauptung Babuchin's (I.e. 1863. Band IV, S. 71) richtig ist, dass in der ersten Zeit nach der Bildung der secundären Augenblase die innere Lamelle aus schmalen Körperchen besteht, welche mit ihren blassen Fortsätzen die ganze Dicke der Lamelle durchlaufen, letztere also von vorn herein eigentlich nur aus einer einzigen Zellen- scliiclit besteht und ihr geschichtetes Ansehen nur dadurch erhält, dass die Körperchen in verschiedenen Höhen in der Lamelle liegen, so kann die eben erwähnte Umwandlung in eniem sehr einfachen Vorgang bestehen: die Zellkörper (resp. Kerne) lagern sich allmälig in eine Höhe neben einander, während zugleich die Fortsätze eingezogen und zur Vergrösse- rung des Zellenleibes verwendet werden. Der Ciliar'ik€A der inneren Lamelle bleibt auf dieser Entwickelungsstufe stehen; im Iristheil dagegen gehen die Elemente allmälig in eine mehr runde Form über, während gleichzeitig PigmenMi^wwg in ihnen auftritt; letztere ist in dem Fig. 2 1 abgebildeten Stadium schon recht vorgeschritten, jedoch noch nicht so intensiv, wie in der äusseren Lamelle, Allmälig werden durch diese Veränderungen im Iristheil die Zellen der inneren Lamelle denen der äusseren immer ähnlicher, die Grenze, zwischen beiden jedoch so dicht sie auch an einander liegen (so dass sie bei schwächeren Vergrösserungen nur eine einzige Schicht zu bilden scheinen) so wie die Umbiegung der einen Lamelle in die andere am Pupillarrand, bleibt bis ans Ende des Embryolebens, auch bei schon rech' intensiver Pigmentirung, mit stärkeren Vergrösserungen noch deutlich sichtbar. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass bei passender Behandlung (Bleichung) auch in der erwachsenen Iris sich diese 2 Schichten im Pigment noch werden nachweisen lassen. (Unter den Säuge- thieren liefern dazu geeignete und leicht zu beschaffende Objecte die Albinos, namentlich die weissen Kaninchen.)

Das für den Ent wickelungsplan der Iris und Processus ciliares des Hühnchens Wesent- liche lässt sich demnach kurz dahin aussprechen : Iris und Processus ciliares rcerden ge- bildet durch die Betheiligung zweier Keimblätter, des oberen und des mittleren, specieller: der aus der Medullär platte stammenden beiden Blätter der secundären Augenblase einerseits und der Kopfplatten andererseits.

Diese Entstehung und Zusammensetzung der Iris und Processus ciliares berechtigt

Kessle», Wirbel thier-Auge. 13

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nun auch die genannten Bildungen, eine andere, selbstständigere Stellung zu beanspruchen, als ihnen bisher angewiesen zu werden pflegte: Hensen (1. c. in der Tabelle „zu Seite 423") sagt, dass corp. eil. und Iris von der Chorioidea gebildet werden; Kölliker (Gewebelehre, 5, Aufl. S. 659) bezeichnet die Iris als vorderen Abschnitt der Gefässhaut; Henle (Eingeweide- lehre S. 578) als vorderen Theil der mittleren Augenhaut; die Processus ciliares sind nach Henle (1. c. S. 612) der vordere, ansehnlich verdickte Theil der Chorioidea. Nach dem obigen sind sie offenbar mehr: sie treten durch die Betheiligung der beiden Lamellen der secundären Augenblase an ihrer Bildung in eben so nahe Beziehung zur Retina, wie durch die Betheiligung der Kopfplatten zur Chorioidea. Und fasst man die A/i des Hervorwachsens der Iris und Processus ciliares darauf hin genauer ins Auge, so wird man kaum verkennen, dass ihre Entwickelung in erster Lhiie sogar von der Augenblase ausgeht, und dass die Wachsthumsverhältnisse in dieser, namentlich die Differenzirungen in der inneren Lamelle den Impuls zu ihrer Entstehung geben. Durch die mit der Verdünnung gleichzeitige Flächen- verbreiterung des vorderen Abschnittes der Augenblase wird der vordere freie Rand nach dem vorderen Augenpol zu vorgeschoben; die ihr zunächst anliegende Schicht des mittleren Keimblattes wird nachgezogen und dadurch von der Hauptmasse der Kopfplatten abgespalten (vgl. Figg. 16 22). Mag sie es nun sein, welche durch ihren Zusammenhang mit dem hinter ihr liegenden Theil der inneren Schicht der Kopfplatten (der Anlage der Chorioidea) der noch weiteren Vorschiebung des Augenblasenrandes als hemmender Zügel entgegenwirkt oder liegt das Hinderniss in der Anstemmung des Umschlagsrandes an die Linse *) die Flächen- verbreiterung schafft sich durch Faltenbildung Raum und gibt so wiederum den Anstoss zur Entstehung eines zweiten Gebildes, der Processus ciliares; die Kopfjjlatten gehen nur in die Falten ein.

Strict beweisen kann ich diesen Causalzusammenhang freilich nicht; aber die Verdün- nung der inneren Lamelle und die Flächenverbreiterung liegen klar zu Tage, während von Seiten der Kopfplatten kein ätiologisches Moment aufzufinden ist. Auch noch im Erwachsenen ist der Augenblasenantheil der am weitesten nach dem vorderen Linsenpol hin vorgeschobene Theil; er bildet allein den Pupillarrand. Beim Menschen überragt die Pigmentlamelle (nach Henle, Eingeweidelehre, S. 630) am Pupillarrand die eigentliche Iris um 0,1mm.

In Bezug auf das im Auge vorhandene Pigment sei noch folgendes zu bemerken ge- stattet: die Verbreitung des von der secundären Augenhlase aus gelieferten erstreckt sich am Ende der embryonalen Entwickelung auf die äussere Lamelle in ihrer ganzen Aus- dehnung und auf den Iristheil der inneren; sie setzt sich beim Vogel in der nachembryonalen Periode noch weiter fort auf denjenigen Abschnitt des Ciliartheils der inneren Lamelle, welcher die hintere Augenkammer begrenzen hilft. (Dass sich dies bei den Säugethieren ebenso ver- hält, darf man vermuthen nach den von Flemming seinen „Untersuchungen über die Ciliar- Muskel der Haussäugethiere" (M. Schultze's Archiv Bd. III, Taf. XXIV) beigegebenen Zeich-

1) statt dieser letzten Worte würde ich jetzt lieber sagen : oder liegt das Hinderniss etwa darin , dass vielleicht der Pupillarrand der Augenblase durch fortschreitende Consolidirung und esterwerden der an demselben ineinander übergehenden Lamellen bereits eine gewisse Starre und Unnachgiebigkeit erlangt hat, welche eine weitere Verkleinerung der Pupillaröffnung nicht mehr gestattet.

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mingen, nach welchen beim Kätzchen der g-anze Ciliartheil der inneren Lamelle noch unpig- mentirt erscheint, während bei den übrigen, offenbar erwachsenen Thieren entnommenen Bildern der in die vordere Angenkammer sehende Abschnitt der inneren Lamelle pig-mentirt ist. Letzteren finde ich auch bei einem menschlichen Foetus aus der ungefähr 32. Schwanger- schaftswoche noch unpigmentirt, während in den 2 Zellenschichten an der hinteren Irisfläche die Pigmentirung vollständig und gleiclimässig ist.) Die Verhreihnig des Choi ioidalpigmenies reicht in der Fig. 20 abgebildeten Fntvvickelungsstufe bis an den peripheren Irisrand. Seine Entwickelung beginnt an der Aussenfläche der Chorioidea und erstreckt sich nach innen zu nie weiter als bis an die Aussenfläche der pigmentlosen Choriocapillaris , welche es vom Augenblasenpigment trennt.

Diese Gesondertheit beider Pigmentarten lässt sich auch im erwachsenen Auge deutlich durch eine überall zwischen beiden befindliche unpigmentirte Schicht erkennen: im ganzen hinteren Bulbus-Abschnitt ist die Trennung äusserst scharf markirt durch die zwischenliegende Choriocapillaris ; wo letztere aufhört, geht das Chorioidalpigment längs der meridional ins Stroma der Proc. ciliar, hineinziehenden Gefässe in dieses mit ein; nach vorn reicht es bis an den peripheren Irisrand, wo es plötzlich aufhört; nur bei sehr stark pigmentirten Individuen findet sich eine schwache Fortsetzung desselben auf die vordere Irisfläche; letztere Pigmen- tirung hat aber durchaus keine specifische Bedeutung, hat mit dem, was man mit ,, Irispig- ment" zu bezeichnen pflegt, selbstverständlich nichts zu thun, sondern ist der Pigmentbildung gleich zu setzen, welche auch in der Sclera, im Cornealfortsatz und auch anderwärts im Körper in verschiedenen Erscheinungsformen in den Derivaten und als Derivat des mitt- leren Keimblattes angetrofi'en wird, am massenhaftesten aber eben in der Chorioidea vorliegt. Nach der Entwickelungsgeschichte haben wir eben überhaupt nur 2 Arten von Pigment ein- ander gegenüber zu stellen: das gesammte vom mittleren Keimblatt aus gelieferte dem in den Derivaten des oberen Keimblattes (specieller der Medullarplatte) in der secundären Augen- blase und in gewissen Nervenzellen (?) sich entwickelnden.

Je nach der Entwickelung in den Derivaten des einen oder des anderen Keimblattes ist vielleicht auch die Grösse der einzelnen Pigmentkörnchen eine verschiedene; wenigstens sind die in der Chorioidea nach Rosow („Ueber das körnige Augenpigment' ^ in Gräfe's Archiv IX. Abth. III, S. 64) „unendlich feiner und weniger stark conturirt'^ als die in den ,,Epi- thelialzellen der inneren Oberfläche der Gefässhaut'' und als diejenigen der Epithelzellen, welche das Corp. ciliare von der Ora serrata an und die hintere Oberfläche der Regenbogen- haut bedecken".

Welches die ßildungsendproducte der secundären Augenblase sind, ist im Obigen in extenso auseinandergesetzt worden; aus diesem recapitulire ich schliesslich unter dem speciellen Gesichtspunkt der durch diese Metamorphosen hervorgebrachten allendlichen Gliederung der secundären Augenhlase übersichtlich folgendes:

Vom 7. Tag an tritt im vorderen Abschnitt der secundären Augenblase eine vom freien, der Linse anliegenden Rand medianwärts (rückwärts) fortschreitende Verdünnung der inneren Lamelle ein, wodurch die letztere in 2 Abschnitte sich sondert:

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Der hintere, im Dickendur chncsser wachsende Theil der secimdären Avgenhlase liefert dnich Differenzining sämmtliche Schichten der Retina: in der vorderen, sich verdünnenden Zone tritt am 10. Tag durch Faltenlnldwuj eine neue Sonderung ein: der vor der Falte gelegene Theil beider Lamellen der secundären Augenblase wird zum Irispigtnent ; der hinter de?n vorderen Faltenrand gelegene liefert durch die äussere Lamelle das Pigment, durch die innere das pigmentlose (theilweise später noch sich pigmentirende) Epithel der Pars ciliaris.

Der „Iristheil der secundären Augenblase" reicht nach vorn bis an den Piipillar- rand, 7V eichen er (auch im. Erwachsenen) bildet: ^/^r „Ciliartheil der secundären Augen- blase" reicht vom peripheren Lrisrand bis an die Ora serrula, an welcher sie ohne scharfe Grenze in die „Retina" übergeht.

An die vorstehend entwickelte Gliederung der secundären AugenMase knüpfen sich folgende Bemerkungen in Betretf der Terminologie :

Die Bezeichnung „Reti?ialpigtnent" scheint zuerst von Babuchin (1. c. Band IV. 1863. S. 84: ,,pigmentum retinae") eingeführt worden zu sein. Nach den Gründen, die Bauuchin dafür geltend macht, war er eigentlich nur zur Bezeichnung: „Augenblasenpigment" berech- tigt. Dies erkannte auch M. Schultze^ der daher jene Bezeichnung zurückweist, indem er (Bd. III. S. 377 seines Archivs) sagt: ,,Ist die prim. Ahl. auch ursprünglich ein untrennbares Ganzes, so sondert sie sich doch sehr früh in 2, in der weiteren Entwickelung durchaus verschiedene Blätter. Nur im Inneren erhalten sich nervöse Elemente, dieses bildet die Retina im bisher gebräuchlichen Sinn. Das äussere Blatt geht dagegen seine besondere Metamorphose ein und wird zu einer Schicht von Pigmentzellen"; M. Schultze entscheidet sich deshalb dafür: „bei der Herzählung der Schicliten die Pigmentschicht coordinirt als eine besondere Schicht zwischen Chorioides und Retina aufzufülu'en, eine Nomenclatur, wel- che dem Hergebrachten gegenüber am wenigsten Anstoss erregen dürfte." Dieser Vorschlag hatte seine Berechtigung so lange als unsere Kenntniss von den Leistungen der sec. Abi. ihren Ausdruck fand in dem Satz: die innere Lamelle wird zur Retina, die äussere zum Pigmentepithel. Durch den Nachweis, dass in die Production der Retina nur ein Theil der inneren, in die Production des die Ret. deckenden Pigments nur ein Theil der äusseren Lamelle der sec. Abi. aufgeht, fällt die Berechtigung, die Bezeichnungen: „Retina" und innere „Lamelle" und „Retinalpigment" und „Augenblasenpigment" synonym und piomiscue zu gebrauchen ; die Bezeichnung „Retina" darf erst von dem Stadium an eingeführt werden, in welchem die Sonderung der inneren Lamelle in den vorderen verdünnten und den hin- teren sich verdickenden Theil eingetreten ist; auf diesen letzteren muss sie sich aber auch beschränken: ebenso hat die Bezeichnung Retinalpigment" ihre Geltung erst von dem Eintritt jener Sonderung an und beschränkt sich ebenfalls nur auf denjenigen Theil der äusseren Lamelle, welcher den zur Retina werdenden der inneren Lamelle deckt. Vor der beginnenden Ditferenzirung dagegen ist die Bezeichnung: „äussere und innere Lamelle der sec. Abi." die einzig berechtigte, eben weil in ihnen sämmtliche Bildungsendproducte der

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sec. Abi. : Ret. und Retinalpigmeiit plus Ciliartlieil und Iristlieil - potentia, noch ungesondert enthalten sind. ')

Es leuchtet von selbst ein, dass von dem soeben geltend gemachten Gesichtspunkt aus auch die Bezeichnung ,,Retinahim\t&' verworfen und statt dessen „A/f(/('//blase/iiiim\te" gesagt werden muss. Dagegen gewinnt der Terminus ,,Retiualpigmei)f'^ eine wenn auch beschränktere, dafür aber in dieser Beschränkung um so sicherere neue Berechtigung, da die Entwickelungsgeschichte für diese Pigmentschicht den unzweifelhaften Nachweis ilirer morphologischen Zugehörigkeit zur Retina geliefert hat, mit deren äusserster Schicht sie, wie längst feststeht (s. M. Schultze 1, c), zu einer auch „physiologisch untrennharen Einheit''' verwächst.

Triton.

Es ist bereits früher erwähnt worden , dass und wie die Verschiedenlieit im Wachs- thum der beiden Lamellen der Augenblase bei Triton schon sehr früh sich geltend macht. Mit dem Eintritt der Pigmentirung (der Kern bleibt pigmentlos) nimmt der Dickendurchmesser der äusseren Lamelle wieder etwas zu, indem die Zellen derselben näher aneinander rücken und dabei ihr früher spindelförmiger Querschnitt in einen annähernd quadratischen übergeht. In allen Stadien ist die Pigmentlamelle <'if>?.schichtig.

Die innere Lamelle ist dafür um so mächtiger, und bleibt es auch Taf. IV. Fig. 55 ff.

Sofort nach der Einstülpung durch die Linse zeigt sich an der Innenfläche der Augen- blase eine dem Aequator parallel verlaufende circuläre Einknichmg , Figur 56 flf.; nur der medianwärts von dieser gelegene Theil wird zur Retina. Der abgeknickte laterale (vordere) Theil dagegen mit der dazu gehörigen Zone der Pigmentschicht und einer entsprechenden Zellenlage der Kopfplatten zur Iris.

a) Retina. Die ersten Dififerenzirungsvorgänge vollziehen sich in dem Stadium von Fig. 59 ; die Art und Reihenfolge derselben scheint dieselbe zu sein, welche Baruchin (1. c.) für den Frosch angibt. In dem Stadium von Fig. 60 A. hat die Bildung der Stäbchen und Zapfen bereits begonnen.

b) Iristheil der seeundären Augenhlase. Auf den Iristheil setzt sich die Sonderung in Schichten nicht fort; die den Bildungszellen der Retina perfecta morphologisch gleich - werthigen Zellen derselben ordnen sich hier vielmehr allmälig in eine einzige Schicht (vgl. das darüber beim Hühnchen S. 97 Gesagte); in demselben Maasse verdünnt sich der Iristheil und tritt die Knickung schärfer hervor s. Figg. 60 ~ 04. Die dem Pupillarrand nächst- stehenden Zellen platten sich ab, die an der Peripherie der Irisanlage dagegen werden stab- förmig (genauer : keilförmig das dem Pigment zugewendete Ende ist etwas dicker, das ent- gegengesetzte etwas zugespitzt). Noch bei der 1,5 Cm. langen Larve ist der Uebergang von den Zellenformen des Iristheils zu denen des Retinaltheils der Augenblase ein ganz allmäliger, bei der Larve von 3,3 Cm. (Fig. 63) dagegen sind die DifFerenzirungen in der Rethia schon

I) Aus den angeführten Gründen kann es auch nicht correet erscheinen, wenn W. Müllee (35. S. 34) die innere Lamelle als „retinale" der Pigmentlamelle gegenüberstellt.

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fast zum Abscliluss gelangt, die Grenze zwischen den kleinen Retinaelementen und, den peripherischen Iriszellen ist schon deutlich ; erstere hören mit einem sanft abgerundeten Rande auf, welchem die langen Iriszellen anliegen. Im Erwachsenen tritt die Grenze noch etwas schärfer hervor dadurch, dass auch die Stäbchen- (und Zapfen-) Schicht bis an den freien Rand hin sich entwickelt hat einerseits, andererseits dadurch, dass die Elemente in der Retina sowohl als in dem Iristheil sich dichter zusammendrängen; im WesentUelien aber bleibt das Verhältniss beider Thelle zu einander dasselbe : die langen parallel gestellten Zellen des Iristheils liegen den nervösen Elementen der Retina unmittelbar an, die Continuität bleibt eine ungestörte, ganz ebenso wie es beim Hühnchen zwischen der Retina und der Pars eil. einerseits und zwischen der Pars eil. und dem Iristheil andererseits der Fall ist. Die innere Fläche der Iris wird ganz ebenso wie diejenige der Retina von der Limitans interna bekleidet ; dieselbe geht über die Knickungs stelle glatt hinüber. Es handelt sich hier eben nur um eine ZArnenWihmg in einer ursprünglich gleichen Zellenmasse durch histio- logische Differenzirung, welche eine Unterscheidbarkeit der Iris von der Retina zu Wege bringt.

Das Pkjment im Iristheil bleibt hinter dem der Retina insofern in der Entwickelung zurück, als es keine einscheidenden Fortsätze zu liefern hat.

Die Betheiligung der Kopfplatten beim Aufbau der Iris zeigen die Figg. 60. 61. 63. 64. Die von ihnen gelieferte, der Aussenfläche der Pigmentzellen aufliegende Schicht besteht im Erwachsenen aus 1 2 Lagen länghcher oder ovaler Zellen, die durch feine Ausläufer unter einander, so wie im peripheren Theil der Iris mit dem Ligamentum pectinatam in Verbindung stehen. Diese Schicht geht continuirlich in die unpigmentirte der Chorioidea über. Gefässwandungen oder Lumina habe ich in der Iris nicht nachweisen können; die Anwesenheit feinster Capillaren kann man nur erschliessen aus den einzelnen hie und da in diese Schicht oder zwischen sie und die Pigmentschicht eingelagerten Blutkörperchen.

Er'gelmiss : Das bereits am Hühnchen erkannte Bildungsgesetz für die Iris : Entstehimg aus 2 Keimblättern bestätigt sich auch für den Triton ; die Mitbetheiligung des oberen Keim- blattes, specieller der Medullarplatte durch die beiden Lamellen der secundären Augenblase tritt hier in nocli exquisiterer Weise hervor, indem der Augenblasenantheil die Hauptmasse der Iris, der Kopfplattenantheil dagegen nur eine höchst spärliche (Gefäss- ?) Schicht liefert.

Die Vergleichung der Entwickelung und Entwickelungsendproducte der secundären Augenblase des Tritons und des Hühnchens ergiebt: der Anfang der Entwickelung ist bei beiden der gleiche: hier wie dort Verdünnung des vorderen Abschnittes; der Fortgang ist verschieden: bei Triton tritt im verdünnten Theil keine weitere Sonderung ein, der ganze verdünnte Theil, der beim Hühnchen Iristheil und Ciliartheil der secundären Augenblase liefert, liefert bei Triton (mit einem minimen Antheil der Kopfplatten gemeinschaftlich) ein einziges Gebilde, das man seiner Function nach als Iris bezeichnen mu8S,*dass aber seinem morphologischen Werth nach der Iris lüus Pars ciliaris des Vogels homolog ist; bei Triton bleibt also ein Entwickelungsstadium stationär, aus welchem beim Hühnchen durch weitere Differenzirung 2 Gebilde entstehen, von denen das hintere als Pars ciliaris und

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Pigment der Proc. ciliar, eine kaum definirbare, das vordere dagegen als Pigmentschiclit der Iris eine wesentliche optische Function besitzt.

Die Schicksale der secundären Augenblase sind überhaupt sehr geeignet, zu zeigen, wie weit die Begriffe „Homologie" und „Analogie" auseinanderfallen: während als Theile der Augenblase betrachtet der vordere und hintere Abschnitt offenbar homolog sind, können sie doch durchaus nicht in Analogie gebracht werden, da ihre Functionen weit auseinander gehen."

Von diesen meinen Angaben bestätigte LieberkChn (28) nur die, dass beim Hühnchen in der That beide Lamellen der sec. Augeublase an der Irisbildung sich betheiligen; dagegen bestreitet er und noch entschiedener thut dies Arnold (2) _ sowol die Zulässigkeit der von mir am Hühnchen und Triton gewonnenen Ansicht, dass die Bildung der Iris und Ciliarfalten in erster Linie von der Augenblase ausgehe, als auch die Richtigkeit meiner Yorausetzung, dass die Bildung der genannten Theile bei den Säugern eine mit der beim Hühnchen gefundenen übereinstimmende seiia werde. Da beide Autoren auch in Bezug auf ersteren Punkt sich nur auf ihre Befunde an Säugern stützen, so werde ich denselben erst nach Erledigung des zweiten besprechen. In Betreff dieses letzteren giebt Lieberkühn (28. S. 54) an, dass es ihm weder am ausgebildeten Auge noch auch in vorgerückten Embryoualstadien, und zwar schon in einem bulbus von (j Mm. Durchmesser (S.ßO. (il) nicht mehr gelungen sei, im Bereich der Iris 2 Lagen von Pigmentzellen, deren Existenz ich für das Säugethier vorausgesagt hätte, auf- zufinden; wo die 2 Blätter bei jüngeren Embryonen überhaupt nicht mehr im Bereich der Iris zu unterscheiden seien, müsse man daher „den Thatbestand wol so ausdrücken, dass das Zellenmaterial des vorderen Randes der sec. Augenblase als eine einfache Lage pigmentirter Zellen weiter iviichert, welche sowol aus dem vorderen wie aus dem hinteren Blatt der sec. Augen- blase abstammen."

Ganz verschieden von den bisher bekannt gewordenen sind die Ansichten, zu welchen Arnold (2) in Betreff der Iris- und Ciliarfaltenbildung, durch seine Untersuchungen an Rindsembryonen gelangt ist; Arnold lässt nämlich das Augenblasen- pigment nicht in der Pigmentlamelle, sondern unter gleichzeitiger Atroplde und schliesslich voltständigem ScJmund der äusseren Lumellen als seihständige Schicht zwischen den beiden Lamellen der Augcnhlase entstehen; in einem Stadium

Arnold's (2) Fig. 5; S. 54. 55 , welches, nach der Entwickelung der Linsenfasern zu urtheilen, nicht älter ist, als die in meinen Figg. 68 und 8.3 vorliegenden, sei an der einen Seite der Augenblase die Atrophie der Pigmeutlamelle schon eine hoch- gradige, die Entwickelung des Pigments schon ziemlich vorgeschritten. Die Pigmentlage breite sich dann um so mehr aus und werde um so dicker, je mehr die Atrophie der äusseren („hinteren" Arnold's) oder Pigmentlamelle fortschreite ; bei 18 Mm. langen Rindsembryonen (einer zwischen meinen Figg. 68 und 69 liegenden Entwickelungsstufe) , bei denen die Pigmentlage bereits eine continuirliche sei und die sec. Augenblase in ihrer ganzen Circumferenz umhülle, erstrecke sich der Schwund der äusseren Lamelle schon ziemlich weit nach vorn (S. 56. 60) und sei „diese häufig nur noch an der Umschlagsstellc nachweisbar. Zwischen den beiden Lamellen der sec. Augenblase ist an der Uraschlagsstelle ziemlich viel Pigment gelegen. Diese Verhält- nisse erfahren eine bemerkenswerthe Veränderung (S. 61) erst bei 70 Mm. langen Embryonen: die Zellen der Umschlagsstelle und der hinteren Lamelle der Augenblase sind vullstündig geschwunden:, die Pipmentschicht ist dicker und stösst unmittel- bar an den vor ihr gelegenen Zapfen der Kopfplatten, von dem sie früher durch die an der Umschlagsstelle gelegenen Zellen der sec. Augenblase getrennt worden war". Aber nicht nur die äussere Lamelle in ihrer ganzen Ausdehnung, sondern auch „das vordere Ende der vorderen (inneren) Lamelle" fällt nach Arnold einer „fortschreitenden Atrophie" anheim ein Process der bei 14 20 Cm. langen Embryonen sich vollzieht, „während die Pigmentschicht an Dicke zunimmt und stark wellig wird" (S. 62). Dieser seiner Anschauung über das Verhalten der Augenblasenlamellen und über die Pigmentbildung ent- sprechen nun auch die specielleren Angaben Arnold'.s bezüglich der Entwickelung der Iris und der Ciliarfalten: Bei der Bildung des corpus ciliare betheiligen sich (2. S. 62) 1) die Kopfplatten, 2) die an Stelle der hinteren Lamelle der sec. Augenblase tretende Pigmentschicht und endlich 3) derjenige Theil der vorderen Lamelle, welcher zur pars eil. retinae wird."

Der Kopfplattenantheil des corp. eil. (S. 63) wird gebildet von dem „vor der Umschlagsstelle der secundären Augenblase gelegenen Abschnitt" der Kopfplatten und kann ,,als vorderstes Ende der Chorioidea aufgefasst werden"; er kommt (S. 64) mit der Pigmentschicht in unmittelbare Berührung erst durch das vollständige Atrophiren und Schwinden der äusseren Lamelle, welche ursprünglich beide von einander trennte. „Später treten in der Pigmentlage des corp. eil. Wachsthumerscheinungen in der Art ein, dass die Pigmentanhäufung zunimmt, und zwar sowol in der Dicke als in der Flächenausdehnuug. Im allgemeinen geht diese Vermehrung des Pigments Hand in Hand mit der Dickenzunahme und Wulstung des Kopfplattenantheils. Eine Abhängigkeit dieser Pigmentbildung mit atrophirenden Vorgängen in dem hinteren Blatt der sec. Abi. besieht nicht, da dieses zu der Zeit gewöhnlich vollkommen geschwunden ist; vielmehr macht die Pigmcntbildung den Eindruck eines mehr selbstän- digen mit der Entwickelung des corp. eil. zusammenhängenden Vorgangs". Schliesslich lässt dann Arnold (S. 64), während

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in der Pigmentschicht und dem Kopfplattenabsclinitt des corp. eil. in späteren Perioden eine vermehrte Anbildung sich bemerkbar macht", auch in der drittten Schicht, welche an der Bildung des Ciliarkörpcrs sich betheiligt nämlich dem Ciliai'theil der inneren Lamelle eine Atrophie eintreten. „Die Iris entsteht (2. S. 64. 65) durch Auswachsen des vor der Umschlagsstelle gelegenen Abschnittes der Koptplatten in der Richtung gegen die Augenaxe. An der Bildung der Iris betheiligt sich auch die Pigmentschichte, indem sie vom corp. eil. aus an der hintereu Fläche der Iris vorrückt.''

Säuger.

Ein Blick auf meine Zeichnungen Taf. V. genügt, um zu überzeugen, dass sowohl LiEBERKüHNS als namentlich Arnold's Angaben irrthümlich sind, dass vielmehr bei den Säugern die beiden Lamellen der Augenblase an der Bildung der Iris und Ciliarfalten ganz in der- selben Weise wie beim Hühnchen Theil nehmen. Die Figg. 69 73 zeigen die stetig fort- schreitende Verdünnung der inneren Lamelle und die mit dieser Hand in Hand gehende Flächenverbreiterung (vgl. Fig. 71 A. mit Fig. 73) des dem Umschlagsrand nächstliegenden Theiles beider Lamellen der Augenblase, und die Figg. 72 und 73 auch bereits den Beginn der Faltung im Ciliartheil. Jede der beiden Lamellen sowohl als auch die Umschlagestelle sind nicht nur in den bereits genannten Figuren, sondern namentlich auch in Fig. 74 in einer Schärfe und Deutlichkeit erhalten, welche die mit der beim Hühnchen gefundenen vollkommen übereinstimmende Art der Betheiligung beider Lamellen der Augenblase beim Aufbau der Iris der Säuger vollkommen ausser Frage und endgültig fest zu stellen um so mehr geeignet ist, als Fig. 74^ nach deji Weit vorgeschrittenen Differenzirungen im Kopfplattenantheil zu urtheilen, einem Stadium entnommen ist, in welchem die Iris dem Abschluss ihrer Entwicke- lung schon sehr nahe ist ').

Die Pigmentbildunf) in der Augenblase beginnt bei Maus und Schaaf (s. Fig. 83) früher als beim Hühnchen, nämlich bereits vor der vollständigen Abschnürung der Linse-); und zwar tritt dieselbe zuerst in dem der inneren Lamelle anliegenden Theil der Zellen der Piy- mentlameUe auf s. Figg. 68. 69. 83. um von hier aus, den Kern umgeheinl^ allmälig die ganze Zelle zu durchsetzen Figg. 70. 71, ein Vorgang, der beim Hühnchen be- kainitlich in der umgekehrten Richtung: von der Kopfplattenseite her nach der inneren Lamelle hhi fortschreitend, übrigens aber ganz übereinstimmend sich vollzieht. Die Figg. 72 und 73 zeigen, wie die Figmentirung allmälig durch die Umbiegungsstelle am Pupillarrand in die innere Lamelle hinein sich fortsetzt ; und in Fig. 74 ist schon der ganze Iristheil der inneren Lamelle ebenso intensiv pigmentirt, wie derjenige der äusseren. Die Zellengrenzeu sind in dünnen, i. e. nur eine einzige Zellenschicht enthaltenden Schnitten nach dem Eintritt der Figmentirung ebenso leicht zu erkennen, wie vorher ').

1) Das schon vor mehreren Jahren angefertigte Präparat trägt auf der Etiquettc nur die Bezeichnung „Kätzchen"; die näheren Angaben über Alter, Grösse u. s. w. des Thieres sind mir verloren gegangen. Die Iris zeigt im vorliegenden Schnitt unter Hartnack's Ocularmikrometer eine Breite (vom Pupillar- bis zum Ciliarrand) von (),'J Mm. Der Bulbus war in Osmiumsäure gehärtet worden.

2) Wenn dies, wie höchst wahrscheinlich, auch bei Rindsembryonen der Fall ist, so würde in dem Umstand, dass in Arnold's Fig. 4, in welcher Pigmentirung noch nicht vorhanden, die Linse aber als schon abgeschnürt gezeichnet ist, eine weitere Bestätigung für meine S. 17 und S. 63 ausgesprochene Behauptung liegen, dass das in jener Fig. gezeichnete Präparat kein Meridionalschnitt der Linse ist.

3) Bei Lieberkühn (28. S. 39) tindet sich eine Angabe, die einen gewissen Gegensatz gegen diejenigen Arnold's bildet.

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Die von jiing'eren und älteren Stadien von Rinds- und Schaafsembryonen mir vor- liegenden Präparate bestätigen meine soeben auf Grund der Zeichnungen von Maus, Ratte und Kätzchen gemachten Angaben vollkommen und will ich hier ausdrücklich nur noch er- wähnen, dass nicht nur in den Schnitten von einem 13 mm. im Querdurchmesser haltenden in Osmiumsäure gehärteten Bulbus eines Scliaafsembryo , sorulern auch noch in denen aus einem viel älteren Auge, in welchem die Retinalgefässe bereits bis an die Ora serrata hin entwickelt sind, die beiden Lamellen der Augenblase im Ciliar- sowohl als im Iristheil bis an den Pupillarrand sicher zu verfolgen sind. Nur Präparate, die im Schnitt zu dick aus- gefallen sind, oder die aus Objecten angefertigt wurden, welche bei der Härtung erheblich gelitten haben, köimen den hier in Rede stehenden wahren Sachverhalt verkennen lassen. Eine gute Conservirung dieser Theile wird freilich um so schwieriger, je grösser und dick- wandiger der Bulbus wird und je langsamer somit die Erhärtungsflüssigkeiten bis zu den- selben durchdringen; geschieht dies aber nicht rasch genug oder in ungenügender Weise, so tritt, wie S. 71 schon erwähnt wurde, ein Theil der Pigmentkörnchen aus den Zellen, in welche sie eingebettet waren, aus und verdeckt, in der Umgebung derselben liegen bleibend, deren Grenzen und Conturen um so mehr, je reichlicher das Pigment bereits vorhanden war und je massenhafter es austreten konnte; der x\ustritt des Augenblasenpigments findet bei Säugerembryonen anfangs, i. e. so lange das Pigment nur erst in der inneren Hälfte der Zellen der Pigmentlamelle vorhanden ist, natürlich nur nach einer Seite, nach der inneren Lamelle hin, resp. in den bei mangelhafter Härtung zwischen beiden Lamellen entstehenden Zwischenraum ') statt daher die irrthümliche Angabe Arnold's , dass in diesem das Pig- ment entstehe , später aber, je mehr die Zellen der Pignientlamelle ganz mit Pigment- körnchen sich füllen^, nach allen Seiten hin daher der vermeintliche mit der zunehmenden Pigmententwickelung Hand in Hand fortschreitende Schwund (Arnold S. 56 u. s. w.) der äusseren Lamelle oder das ,,noch nicht'' Sichtbarsein der Zellengrenzen (Lteberkühn S. 39).

Es kann nicht Wunder nehmen, dass diejenigen Autoren, welche die Augenblase ent- weder nur im Iris- oder auch im Ciliartheil in der einen oder anderen Weise verkümmern, entweder nur als einfache Zellenlage weiter wu(diern (Lteberkühn) oder beide Lamellen gänzlich schwinden lassen (Arnold), wie oben bereits erwähnt, nicht geneigt sind anzu- erkennen, dass für die Bildung der Iris und Ciliarfalten die Augenblase diejenige wesent- liche Bedeutung habe, welche ich ihr (19. S. 25 ff.) zugeschrieben hatte, sondern behaupten, dass die hervorragendere Rolle dabei dem Kopfplattenantheil zufalle; und zw^ar führt man zu Gunsten der letzteren Ansicht speciell noch an, 1) dass „das Gewebe der Kopfi^latten, insofern es bei der Bildung der Iris und Proc. eil. sich betheiligt, weiter nach vorn reicht als der Rand der secundären Augenblase" (Lieberkühn 28. S. 53) oder, was damit gleich- bedeutend ist, dass die Pigmentschichte ,,vom Corp. eil. aus an der hinteren Fläche der

nämlich, dass in einem Stadium, in welchem „das Pigment zu einem grossen Theil abgelagert ist, doch auch bei stärkerer Vergrösserung die Zellengrenzen noch nicht sichtbar sind".

1) Der Rest der Flühle der prim. Augenblase (Fig. UTA.) ist schon zur Zeit des .ersten Anfangs der Pigmentbildung fast vollständig geschwunden s. Figg. 68. (19. Etwanige Abhebung oder Entfernung der beiden Lamellen von einander in Präparaten aus späterer Zeit ist stets Kunstproduct.

Kessler, Wirbclthier-Auge. 14

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Iris vorrückt''' (Arnold 2, S. 65). 2) Dass „in späterer Zeit die Pigmentlage im Ver- liiiltniss zum Stratum vasculosum doch nur einen geringen Theil des Organs ausmacht" (28. S. 54).

Diese Angaben, so weit sie nicht Folge der besprochenen mangelhaften Conservirung der Augenblase sind und insofern im obigen bereits ihre Erledigung gefunden haben, beruhen offenbar auf der irrthiimlichen Meinung, dass Alles, was an Gewebe des mittleren Keim- blattes vor dem Pupillarrand der Augenblase liegt, zur Anlage der Iris gehöre; dies ist nicht der Fall; Osmiumsäurepräparate zeigen besser als die mit CrO.i behandelten, dass, nachdem die Anlage der Cornea sich abgehoben hat, der freie Rand der Augenblase ab- gesehen von der Pupillarmembran und den in ihr enthaltenen spärlichen Körperchen, aus- schliesslich und einzig und allein von den Blutgefässen bedeckt ist, welche aus dem Glas- körper und von der Linse her über denselben umbiegend oder gestreckt hinwegziehend das Blut der Arteria centralis abführen ; diese den Kopfplattenantheil der Irisanlage durchsetzenden (s. Figg. 70 —74) Abflussbahnen der transitorischen Endausbreitung der Centraiarterie haben zur Bildung der Iris ebensowenig eine Beziehung, wie die mit der Irisanlage überhaupt gar nicht in Berührung tretenden oder gänzlich fehlenden Endausbreitungen der Arteria centralis in anderen Thierclassen und wie die Arteria centralis im völlig entwickelten Auge zu dessen Iris, sie atrophiren und schwinden vielmehr im Lauf der weiteren Entwickelung gleichzeitig mit den Gefässen im Glaskörper und um die Linse (s. Cap. V. und Fig. 74 den dem Pupillar- rand nächstliegenden Theil). Der Kopfplattenantheil der Irisanlage bei Säugern besteht mit- hin nur aus denjenigen, selbst in Fig. 73 noch vollkommen indifferent erscheinenden Zellen, welche von den Ciliarfalten an bis zum Augenblasenrand über und zwischen jenen Gefässen liegen. Ob diese in den Maschen jenes Gefässnetzes hie und da um 1 oder 2 Zelleubreiten über den Pupillarrand der Augenblase vorragen (Fig. 73) oder ebenso weit hinter demselben zurückbleiben (Fig. 72), ist, so lange jene Gefässe existiren, von gar keuier Bedeutung; denn erst mit dem Schwinden der letzteren kann der bisher von jenem Gefässnetz so vielfach durch- brochene Kopfplattenantheil sich consolidiren und nach der Pupillaröffnung hin einen ununter- brochenen, scharf und regelmässig sich gestaltenden Rand herstellen und mit dem bisher durch die Gefässe von ihm getrennt gewesenen Augenblasenrand verwachsen lassen. Dass dabei der Kopfplattenrand dem Augenblasenrand conform sich gestaltet, accommodirt und anlehnt und nicht umgekehrt: dieser jenem wird wohl kaum bezweifelt werden. Dar- nach wird es aber dann auch nicht mehr für unberechtigt gelten dürfen, den Augenblasen- antheil als die einerseits durch den in sich geschlossenen Umbiegungsrand der Lamellen in einander gegen die Augenkammer , andererseits durch die Abknickung gegen den Ciliartheil von vornherein fest und bleibend begrenzte, von der Augenblase selbstständig gesetzte Basis für die Irisbildung anzusehen, auf welchem der Kopfplattenantheil derselben in wesentlich ganz übereinstimmender Weise sich aufbaut wie beim Hühnchen. Dass der letztere ,_,in späterer Zeit'' mächtig wuchert und sich weiter entwickelt, während das Fundament, auf welchem er ruht, nicht weiter wächst, kann füglich nicht als Gegenbeweis gegen das ursprüng- liche Verhältniss angeführt werden; Fig. 73 zeigt übrigens, in wie weit vorgerücktem Stadium noch der Augenblasenantheil ziemlich dieselbe Dicke hat, wie der Kopfplattenantheil, von

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welchem ausserdem noch die vorhin besi3rochenen Gefässe billigerweise in Abzug gebracht werden müssen.

Wurde von den genannten Autoren bestritten, dass nach der Pupille hin die Augen- blase die Grenze der Irisanlage bestimmt, so wird von ihnen ebenso wenig zugegeben, dass sie dies nach dem Ciliartheil hin thue; nicht in den Wachsthumsverhältnissen der Augen- blase, sondern in denjenigen der Kopfplatten liege die Ursache der Faltenbildung im Ciliar- theil und somit auch der Gliederung der Augenblase. Fig. 75 B. stellt ein Stück eines Meridionalschnittes durch den Ciliartheil eines Katzenembryo (Osmium Säurepräparat) von 10 Cm. Länge dar; der ursprüngliche Bau der Ciliarfalten ist aus dieser Zeichnung sofort zu ersehen ; es sind Duplicaturen der Augenblasenlamellen, deren einander zugekeln-te Flächen bei der Faltung so nah an einander zu liegen kommen, dass zwischen denselben nur für ein Gefässchen von capillärer Feinheit Raum bleibt. Anderweitige Kopfplattenbestandtheile sind zur Zeit in diesen Augenblasenfalten noch nicht vorhanden. Sollte nun dieses feinste Ge- fässchen, welches den ganzen Kopfplattenantheil in den Ciliarfalten bildet, wirklich, wie jene Autoren wollen, im Stande sein, die relativ mächtige Augenblasenwand zu knicken, ein- zustülpen und vor sich her in den Glaskörperraum hinein zu treiben? zumal da dei'en Wider- standsfähigkeit gegen einen Druck von Aussen durch ihre gleiclimässige Wölbung und ihre Spannung über dem in ihr liegenden Glaskörper noch erheblich gesteigert werden muss. Wir müssen aber noch weiter fragen : Spricht überhaupt irgend etwas dafür, dass gerade über dem Ciliartheil die Bedingungen für die Herstellung eines zur Einstülpung und Falten- bildung führenden Druckes gegen die Augenblasenwand von Seiten der Kopfplatten besonders günstige seien, etwa dadurch, dass hier in den Kopfplatten eine besonders rapide Proli- feration stattfände bei gleichzeitiger absoluter Behinderung ilirer Ausbreitung nach allen anderen Richtungen hin? Weder die eine (massenhafte Proliferation), noch die andere (Aus- breitungsbehinderung) sind aber in Wirklichkeit vorhanden, wie einfach schon aus dem Umstand sich ergibt, dass im Gegentheil gerade über dem Ciliartheil gleichzeitig mit der fortschreitenden Vertiefung der Falten diejenige Rarefication im Gewebe der Kopfplatten eintritt, welche zur Bildung- des Ligamentum pectinatum und unter Entstehung einer zwischen liegenden zellenfreien Lücke zur Abspaltung des Ciliartheils der Kopfplatten vom Cornealfortsatz führt (Figg. 18- 21)'). Bei unbefangener Betrachtung dieser 77««/'.?«^//^';? wird man sich des Eindrucks nicht erwehren können, dass die genannte Rarefication und die Entstehung des Ligamentum pectinatum nur die Folgen der Hineinziehung eines Theiles der hier liegenden Kopfplatten in die sich bil- denden Falten der Augenblase sind.

Auf Grund der hier angefülirten Verhältnisse darf wohl mit Bestimmtheit in Abrede gestellt werden, dass die Bildung der Ciliarfalten und der Iris von den Kopfplatten ausgeht, oder dass diese die Hauptrolle dabei spielen; letztere kann, da andere Theile ausser den

1) Die von Säugern Taf. V. Figg. 72. 73 gezeichneten Stadien sind zu jung, die Vertiefung der Falten in ihnen noch zu unhedeutend, um diese Wirkung deutlich hervortreten zu lassen; doch ist auch in dem Fig. 7? dargestellten Präparate der erste Anfang der Rarefication schon zu erkennen; vom Lithographen ist dies übersehen und leider nicht zum Ausdruck ge- bracht worden.

14*

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Kopfplatten und der Angenblase dabei überliaupt nicht concurriien, folglich nur der Augen- hlase zug-eschrieben werden.

Die Betrachtung der letzten unter den morphologischen Veränderungen des embryo- nalen Auges führt uns also zu demselben Schluss, zu dem wir auch sclion l)ei allen vorher- gehenden gelangt sind : bei keiner derselben ist es uns möglich gewesen , den Anstoss dazu in den Kopfplatten zu finden weder bei der Abschnürung der primären Augenblase vom Hirnrolir (S. 2), noch bei der Umbildung der primären zur secundären (Cap. III), noch bei der Bildung des Glaskörperraumes und dem alhnäliligen Uebergang der Augenblase aus der Hauben- in die Kugelform (S. 33 ff.), noch auch endlich bei der Bildung der Iris und Ciliar- f alten (Cap. VII); bei allen diesen, mithin bei sämmtliclien im Lauf der Eiitwickelung des Sehorgans abspielenden Gestaltungsvorgängen ist es immer die AtK/niblasc, welche von dem ursächlichen Moment, welches zu der Veränderung den Impuls gibt, in erster Linie be- troffen wird, die Umformung einleitet uiul mit oder ohne Betheiligung der Kopfplatten jedenfalls aber unbeeinflusst von ihnen vollzieht; die Kopfplatten folgen nur der Form- Bewegung der Auyenblase.

Erklärungen zu den Tafeln.

Da sanimtliche Figuren im Text ausführlich besprochen sind, so werden folgende kurze Bemerkungen und Verweisungen auf jenen

zur Orientirung genügen :

Auf allen Tafeln bezeichnen die Buchstaben:

abl. Augenblase.

a. c. Arteria centralis.

a. p. Arteria pectinis.

asp. Augenblasenfurche resp. -spalte.

C. Cornea.

Cf. Cornealfortsatz.

C. p. Cornea propria.

Ch. Choi'ioidea.

c. V. corpus vitreum.

ch. cap. Choriocapillaris.

ch. V. Chorioidalvene.

e. Inneres Epithel der Cornea.

e. a. Aeusseres Epithel der Cornea.

h. Hornblatt.

H. Hirnrohr.

i. innere Lamelle der sec. Augenblase.

I. Iris.

Kpl. Kopfplatten.

k. Linsenkapsel. Kn. Knochenring. L. linse.

L. K. Linsenkapsel.

L. p. Ligamentum pectinatum.

Nf. Nervenfaserschicht.

N. o. Nervus opticus. '

0. s. Ora sei'rata.

p. äussei'e oder Pigmentlamelle der secund. Augenblase, p. c. Processus cUiares, Ciliarfalten. P. Pecten. r. Ketina. sei. Sclera.

st. Augenblasenstiel ; in Fig. U B : Linsenstiel.

u. Umbiegungsstelle oder Uebergang der äusseren Lamelle

der Augenblase in die innere. V. Blutgefäss.

V. k. Vordere Augenkammer.

Tafeln I— III: Vogel.

Tafel I.

Frontalschnitte; die in den Figg. 3—8 und 10 a sind durch die Augenblasenfurche resp. Spalte gefuhrt. Fig. 4 ist einem Osniium- siiure-, alle übrigen sind CrOs-Carminpräparaten entnommen. Figg. 1 3 und 5 10 vom Htlhnchen.

Fig. 1. Eben gebildete primäre Augenblase. Hirnrohr und Augenblase ausgefüllt von dem Gerinnsel der Cerebro- spinalflüssigkeit siehe S. .30. In der Gegend des Ueberganges der lateralen Wand der Augenblase in die

dorsale ist der Contur zwischen Augenblase und Hornblatt nicht scharf und rein genug gerathen; derselbe sollte durchweg so aussehen wie ventralwärts von den Buch- staben abl.

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Fig. 2. In der Abschnürung begirti'ene prim. Augoiiblase. Fig. 3. Beginn der Linsenbildung und der Umbildung der prim. Augenblase zur secundären.

Fig. 4. Von einem Entenembryo. Eben gebildete secundäre Augenblase.

Figg. 5—8 zeigen die weitere Entwickelung und Abschnürung der Linse vgl. S. 8 if. , die Entwickelung des Glaskörpers vgl. S. 21 £f. und die der Arteria centralis der Säuger homologe Gefässschlinge an der Bauchseite der Augen- biase vgl. S. 35. 30.

Fig. 7 A. Die leinen Fasern im Gerinnsel des Glaskörpers sind in dieser Figur nicht zart genug wiedergegeben ; dasselbe gilt von Figg. S; IIA; und Taf. VI Figg. 70; 78; 79; 80 A; Fig. GA entspricht in dieser Beziehung besser dem mikroskopischen Bild.

Fig. 7 B und C sind nach demselben Präparate gezeichnet wie Fig. 7 A; Fig. 7 B: die Abschnürungsstelle der Linsen- blase vom Hornblatt; Fig. 7 C zeigt den oberen und den rückläufigen Schenkel der genannten Gefässschlinge unter- halb der Linse.

Fig. 8. Aus einem 3 Tage 7 Stunden bebrftteten Ei.

Fig. 9. Reste des Linsenstiels zwischen Linse und Hornblatt vgl. S. 8. 9; 88.

Fig. 10. Erstes Auftreten der Anlage der Cornea propria (c. p.), vgl. S. 83.

Fig. 10 A ist (ebenso wie in Fig. 7 A und C) zwischen dem oberen und unteren Schenkel der Gefässschlinge der die Augenspalte begrenzende, in den Augenblasenstiel (st) con- tinuirlich übergehende angeschnittene Umbiegungsrand der Augenblase sichtbar.

Tafel II.

Siimmtliche Figg. sind nach CrOs-Carminpräparaten gezeichnet.

Figg. 11—19 vom Hühnchen. Fig. 11. Anlage der Cornea propria.

Fig. 11 a hat beim Einschliessen des Präparats die C. p. sich an einer Stelle vom Hornblatt abgehoben und ebenso wie die an einer Stelle gerissene Linsenkapsel nach der vor- deren Augenkammer hin gefaltet.

Figg. 12—14. Bildung des inneren Epithels der Cornea, vgl. S. 84.

Fig. 13. Embryo vom 5. Brüttag.

(Fig. 14 A sind die Conturen zwischen Hornblatt und C. p. und zwischen innerem Epithel und Linsenkapsel etwas zu stark gezeichnet.)

Figg. 15. IG. Einwanderung der Corneakörperchen in die C. p. vgl. S. 84.

Fig. 15. Embryo vom 7. Brüttag.

16. 8. .,

Figg. 15—21. Entwickelung der Iris und Ciliarfalten - vgl. S. 9.5—97.

Fig. 17. Embryo vom 9. Brüttag.

18. ,, 10. ,,

19- r, 12—13

Figg. 20. 21 von Turdus musicus; das Auge ist in der Ent- wickelung bedeutend weiter vorgeschritten als dasjenige von Fig. 19, die Entwickelung des Chorioidalpigments aber hinter derjenigen des Hühnchens bedeutend zurück.

Fig. 22. Frontalschnittt durch den distalen Theil des Bulbus eines alten Hahnes. In der Linse sind bei der Härtung die Radialfasern geschrumpft. Zwischen den der Linse anliegenden Cüliarfalten und der Ora serr. linden sich noch eine Menge von Erhebungen oder Wulstungen, die ich als „accessorische Ciliarfalten" (p. c. a.) bezeichnet habe; ich habe sie nur bei alten Hähnen gefunden. C. S. = Ca- nalis Schlemii.

Tafel III.

Figg. 23—45 vom Hühnchen; Figg. 40 von einem wenige Tage alten Küchlein; Figg. 47- 50 vom erwachsenen Hahn.

Figg. 23—45 und 49. 50 sind Sagittalschnitte ; Fig. 47. 48 sind Horizontalschnitte ; Fig. 40 ist ein Frontalschnitt.

Figg. 23 20; 28—44 nach Osmiumsäure-, die übrigen nach Cr O3 - Carminpräparaten .

Fig. 23. Embryo von 2^ 20h. Vgl. S. 38 0., und S. 30.

Figg. 24—37. Siehe S. 30. 37; vgl. auch S. 07. Schnitte senkrecht auf den Augenblasenstiel (Figg. 23. 24. 29) und auf die Augenblasenspalte und das zugehörige Blutgefäss (v.).

Figg. 29—37 : von einem 5d bebrüteten Embryo.

Figg. 38—44: 5<l 20ii bebrüteten Embryo; Siehe S. 07. 68.

Fig. 45. Sagittalschnitt durch den Pecten eines ca. IGtägigen Hühnerembryo ; - die innere Lam. der Abi. hat sich bei der Härtung von der Pigmentlam. abgehoben. gz. Gan- glienzellenschicht; m. Moleculärschicht ; i. k; a. k: innere und äussere Körnerschicht, vgl. auch S. 74.

Fig. 40. Frontalschnitt durch den unteren Theil des Pecten und dessen Arterie und den Nervus opticus eines vor wenigen Tagen ausgeschlüpften Küchleins. (Leider habe ich verabsäumt, diese Figur seitlich umkehren zu lassen, wodurch die Beziehung derselben auf die entsprechenden aus jüngeren Stadien, z. B. auf die Figg. 8 und 10 der Taf. I noch erleichtert worden wäre ; das auf dieser Tafel nach links gekehrte, mit P bezeichnete ist das distale, der Linse nähere Ende des Pecten; die mit N. 0. be-

1

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zeichnete Stelle des Nerv. opt. entspricht etwa der mit st. bezeichneten Stelle des Augenblasenstiels der Fig. 1 (l A.

Fig. 47. Horizontalschnitt dnrch einige Falten des Pecten eines erwachsenen Huhnes.

Fig. 48. Ein stärker vergrössertes Stiick aus demselben Prä- parat wie Fig. 47.

Figg. 4!t. 5». Sagittalschnitte durch den Pecten und Nerv, opt. eines alten Hahnes; Fig. 49 hat man sich etwa in der bei Fig. 46 mit 49, Fig. in der dort mit 50 be- zeichneten Gegend liegend zu denken. In den Figg. 46 und 30 ist nur der allerunterste Theil des Pecten ge- zeichnet, in Fig. 49 ist derselbe ganz weggelassen. Uebrigens vgl. zu den Figg. 47—50 S. 71—74 und S. 75.

Tafel IV.

Tl-itoii. Frontalschnitto (nur Fig. 59 ist ein Horizontalschnitt).

Figg. 51 60 nach Goldpräparaten, die übrigen nach CrOa- Carminpräparaten.

Figg. 51—54. Primäre Augcnblase.

Fig. 51. p. n. Primitive Nahrungshöhle (Remak).

Fig. 55 A gibt von der Linsenanlage des Triton eine falsche Vorstellung; erst nachdem diese von mir nach einem fehlerhaften Präparat gefertigte unrichtige Zeichnung schon auf den Stein gebracht und nicht mehr zu corrigiren war, habe ich das Fig. 55 B gezeichnete Präparat aufgefunden. Fig. 55 B ist also als Correctur der in Fig. 55 A unrichtig dargestellten Linsenanlage anzusehen. Ich habe es für der Mühe wcrth gehalten, diese Correctur in einer sehr genau und sorgfältig ausgeführten besonderen Figur zu geben, weil aus ihr bei Vergleichung mit der folgenden Fig. 56 hervorgeht, dass die Anordnung der Elemente in einer einzigen Schicht, welche bei den übrigen von uns betrachteten Thieren sowohl in der proximalen als in der distalen Linsenwand erst allmähg im Laufe der Entwicke- lung, und bei einigen Thieren sogar recht spät erst durch eine Umordnung der Linsenzellen zu Stande kommt, in der Linsenanlage des Triton die ursprüngliche, von vorn herein vorhandene ist. Die erste Anlage und Entwickelung der Linse gehen also bei Triton in einer gewissen ty- pischen Einfachheit vor sich; man kann bei Betrachtung der Fig. 55 B fast dem Eindruck sich hingeben, dass durch die Einziehung der Augenblase die Zellen der tieferen Schicht des Hornblattes nach- und dadurch in die Länge ausgezogen werden, dann von denen der äusseren Schicht sich lösen, um der immer tiefer werdenden Augenblasen- grube zu folgen (Fig.. 56).

Fig. 56 ist der Contur in der Linsengrube zu hart und zu scharf.

Flg. 57. Von einem Embryo von 3,5 mm. Länge.

Fig. 58. ,, 4,5 mm.

59. 5,5

60. „■ 1,20 cm. Siehe S. SS. 89. Figg. 61—64. Siehe S. 89—91; 101 ff.

Fig. 61. Larve von 1,5 cm. Länge.

~ <j2. 1,8

6;$. 3,3

Fig. A und B sind nach demselben Präparate gezeichnet ; V. N. 0. =^ vagina Nervi opt.

Fig. 64. Aus dem Auge eines alten erwachsenen Tritons. Tafel V.

Säuger. Figg- .65 67. CrOa-Carmin-, alle übrigen Osmium- säurepritparate.

Fig. 65. Primäre Augenblase vom Hund. Siehe S. 39. 58.

Figg. 66—73. Von Mäuse- und Rattenembryonen.

Fig. 66. Der Abstand der Linsenanlage von der Augenblase erscheint im Präparate noch geringer als in der vorlie- genden Zeichnung. Siehe auf S. 65.

Fig. 67 A-C. Siehe S. 39. 40. 58. Die Vergleichung von Fig. 67 B mit Taf. III. Fig. 26 zeigt die frappante Ueber- einstimmung im Verhalten der Arteria centralis zur Augen- blasenspalte bei Hühnchen und Maus in diesem Stadium. Zu Fig. 67 A vgl. den die Augenblasenspalte 7Ücht berührenden Frontalschnitt aus demselben Auge, den ich 19. Fig. 5. gezeichnet habe.

Fig. 68. (Vgl. damit Babuchin's (5.) Fig. XIIII.) Unterhalb des Augenblasenstieles liegt die Arteria central, im Längs- schnitt vor (die Blutkörperchen sind im Schnitt aus der- selben herausgefallen und nur in den Verzweigungen im Glaskörper und um die Linse erhalten geblieben. Siehe S. 42.

Fig. 69. Siehe S. 41. 42.

Figg. 70. 71 zeigen die Beschaifenheit des Glaskörpers (vgl. dazu auch Taf. VI. Fig. 87) und die vollkommen freie und isolirte Lage der Gefässe auf der Linsenkapsel und die Nichtexistenz eines bindegewebigen Ueberzuges der Linse sowol an der proximalen (Figg. 70. 71 A) als an der distalen Wand (Figg. 70. 71 B).

Fig. 71 B. C. Siehe S. 60. 61.

Figg. 72. 73. Siehe S. 92. 104.

Fig. 74. Siehe S. 104. Anm. 1.

75 A. Siehe S. 60. 61.

75 B. Siebe S. 107.

112

Tafel VI.

Vipera berus: Fig. 76; Lacerta: Figg. 77—80; Säug:er: Figg. &i-&8. -

Figg. 82 und 87 sind Osmium-, die übrigen CrOa-Carmin- präparate.

Fig. 70. Siehe S. :('>. 7(i.

Fig. 77 A und B und Fig. 79: Sagittalschnitte durch die Augenblascn.spalte und das in ihr (Fig. 79 über ihr) liegende Bhitgefäss.

Fig. 78. Siehe S. 75,6.

80. Siehe S. Ih.

Figg. 81 85: vom Schaaf; zur Entwickelung der Linse siehe S. 14 ff; zur Entwickelung der Linsenkapsel S. 5S. 59; ' zur Entwickelung des Glaskörpers S. 39. 40.

Fig. 82 B. Siehe S. iV.i.

86. Siehe S. 9L

87. Siehe S. 77.

88. Menschlicher Embryo von ca. 4 Wochen. Die Zeichnung desselben verdanke ich Herrn Dr. C. Dehio. Siehe über denselben S. 19.

Druck von J. 13. Hirsch f cid in Leipzig.

Tafel I

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