Claus ()■ lind die Entwicklung der Scyphomedusen Mit 24 Figuren iin Text. ti A' Leipzig Druck von Breitkopf & Härtel ( !! I niqC>H i'iii iuiii O t i t Alle Rechte^ insbesondere das der Übersetzung, Vorbehalten, Eine Polemik von Claus ist nichts Neues. .Dieses Mal richtet er sie (5) gegen mich, bez. gegen mein Buch über die Entwicklungsge- schichte der Aurelia aurita und Cotylorhiza tuberculata (7), worin ich allerdings kaum einen Satz, den Claus über diesen Gegenstand in zwei besonderen Abhandlungen und in seinen Lehrbüchern geschrie- ben, hatte unbeanstandet hingehen lassen können. Wohlverstanden in derselben sachlichen, beinahe geschäftsmäßigen Weise, in welcher auch alle übrigen Autoren von mir kritisirt wurden. Unzweifelhaft hätte Claus darin eine genügende Veranlassung zu einer eben so sachlichen Erwiederung finden können ; er hat es aber vorgezogen, für seine em- pfindlichen Niederlagen auf wissenschaftlichem Gebiet sich auf dem persönlichen schadlos zu halten. Nun ist es nicht meine Gewohnheit, auf einen, polemischen Angriff überhaupt und gar sofort zu antworten. Wenn aber Claus unbedingt auf mein Schweigen rechnete und etwa desshalb glaubte, sich in seiner Erwiederung gehen lassen zu können, wie es seinem vor 4 .lahren, beim Erscheinen meines Buches, ganz natürlich entstandenen ersten Verdruss entsprochen hätte, so wäre dies doch nicht ganz klug gehandelt ge- wesen. Und zwar spreche ich jene meine Vermuthung durchaus zu Claus’ Gunsten aus; denn nur unter der Voraussetzung, dass er trotz der hingegangenen Jahre noch mit dem Impulse des ersten Verdrusses und weniger nach sorgfältiger • Überlegung seine Streitschrift aufs Papier geworfen, erscheint es mir verständlich, dass er sich solche Blößen und mir so viele Vortheile an die Hand geben konnte. Dies musste aber nothwendig eine Antwort provociren. Denn, um es gerade heraus zu sagen : ich habe mich sofort ent- 1* 4 schlossen, auf den AngrifV von Ci.aus zu antworten, nicht um ihn per- sönlich bloßzustellen, sondern weil er es mir zu bequem gemacht hat, auf meine Abhandlung und ihre, w'ie ich glaube, nicht ganz unw'esenl- lichen Ergebnisse von Neuem aufmerksam zu machen. Sollte aber die gegenwärtige Leistung von Claus nach seiner Ansicht eine ernsthafte und gründliche Kritik verstellen, dann hätte meine Entgegnung neben- bei wohl noch den Nutzen, zu zeigen, dass man nicht vorsichtig genug in der Wahl seiner kritischen Mittet und Wege sein kann. Und wenn ich damit gar Claus selbst für die Zukunft einen Dienst erwiesen haben sollte, so würde mir das Bewusstsein davon erst recht den Entschluss zu dieser Erwiederung gerechtfertigt erscheinen lassen. Claus beginnt mit der Versicherung, dass er die Beweise für die Richtigkeit meiner ganzen Darstellung vermisse und meinen Abbildun- gen kein Vertrauen entgegenbringen könne (3,p. 1). Es wäre aber ver- fehlt, aus diesem vieWerheißenden Anfang den Schluss zu ziehen, dass .Claus nunmehr die Wahrheit dieser Behauptung erhärten w^erde. Es wird sich im Gegentheil zeigen, dass er den von ihm vermissten Be- w'eis selbst beibringt, indem er meinen eingreifenden Korrekturen seiner früheren Darstellungen beinahe in allen wesentlichen Punkten zustimmt. Und was könnte ich für die Richtigkeit meiner Beobachtun- gen Besseres anführen als das gewiss nicht gern abgelegte Zeugnis eines Gegners, vA'elches um so w'erthvoller ist, als er es in der Regel gar nicht unumwunden und offen ausspriclit, sondern mit einer er- staunlichen Mannigfaltigkeit von polemischen Kunstgriffen zu verdecken sucht. Vollendet wird aber die Verschleierung des Thatbestandes aller- dings erst durch die eigenthümliche Schreibweise und Dialektik von Claus, welche beide «niedriger gehängt zu werden« verdienen. All dieses Beiwerk muss ich natürlich beseitigen, um auf den Kern der Sache zu kommen. Sollte dies den Leser ermüden, so bitte ich mich zu entschuldigen: meine Absicht ist — ich wiederhole es die Richtigkeit meiner Beobachtungen aus dem bloß scheinbaren Wider- spruch der gegnerischen Seite zu erhärten; und wenn dies vieles Auf- räumen von unerfreulichen Dingen nöthig macht, so ist vielleicht ein Trost darin zu linden, dass so etwas dann um so weniger leicht sich wiederholt. Auch werde ich mich hüten, bei allen jenen Dingen zu verweilen, sie auch nur zu erwähnen, wenn es für meinen Zweck nicht wirklich nöthig ist; selbst auf die Gefahr hin, dass Clau.s alles nicht Erwähnte als von mir zugestanden sich gutschriebe. Solche Er- folge gönne ich ihm um den Preis, mit seiner Polemik früher fertig zu werden. 5 I. Die Gastrulation. Ich habe diesen Vorgang nur bei Aurelia volIsUindig verfolgt und daher in meiner Besclireibung nur diejenigen fremden Beobachtungen berücksichtigt, welche dieselbe Meduse betrafen, nämlich diejenigen von Haeckel und Claus. Beide gaben für Aurelia eine hinstülpung dei Keimblase an ; H. beschreibt sie als eine sackförmige, Cl. aber als eine zapfenförmige, so dass sie »einigermaßen« an die polare Einwucherung am Äquorideneie erinnere, jedoch einer Invagination in so fern näher stände, »als die Zellen in einer Schicht um eine innere Gentralspaltc an- geordnet sind, die sich in der Peripherie zu einer kleinen Öffnung, dem Gastrulamund verbreitert« (3, p. 2). Die beigefügten Abbildungen be- stätigen es vollends, dass Claus die Entstehung des Entoderms unserer Meduse in einer schlauchförmigen Einstülpung der Keimblasenwand, mit einer epithelialen Zellenschicht um die spaltförmige Urdarmhöhle und einem trichterförmig offenen Prostoma zu sehen glaubte (Fig. 2). Ich habe diese Darstellung für unrichtig erklärt, weil ich fand, dass das Entoderm von Aurelia durch eine successive Einwanderung einzelner Zellen oder kleiner Zellengruppen aus der Keimblasenwand entsteht (Fig. 3), welche sich darauf zu einer kompakten Innenmasse vereinigen, deren Aushöhlung und Eröffnung nach außen erst nach- träglich erfolge (7, p. 3 — 51. Seinerseits nennt jetzt Claus diese meine Angabe »durchaus unrichtig« und erklärt ausdrücklich, dass er seine frühere Darstellung »in allen Einzelheiten« aufrecht erhalte (5, p. 3). Hätte Claus nichts weiter hinzugefügt, so stände eben eine Beob- achtung gegen die andere; er behauptet die Gastrulation durch Ein- stülpung, ich die Gastrulation »durch Zelleneinwanderung«. Nun hat aber Claus seine obige Erklärung durch einige Zusätze nicht bloß ab- geschwächt, sondern geradezu aufgehoben. — Wir erfahren erstens, dass er die Einwanderung einzelner Zellen in die Keimhöhle des Aure- lienembryo allerdings schon früher beobachtet und selbst abgebildet, dies aber im Texte nicht erwähnt habe, weil nach seiner Ansicht »diese auffallend kleinen Zellen wieder rückgebildet werden und überhaupt nicht zur Bildung des Entoderms beitragen« (5, p. 3). Zweifellos hatte Cl. auch ganz Recht, das, was davon auf der erwähnten Abbildung zu sehen ist, nicht weiter zu beachten; denn die eine verschwindend kleine Zelle, welche er in seine G as tru la hineingezeichnet hat (Fig. 2), hätte wohl Niemand die Überzeugung beigebracht, dass darin eine Zellencinwanderung in die Keimblase, wie ich sie beschrieb, zu er- blicken sei und dass Cl. folglich eine solche beobachtet habe. Von Be- lang ist daher nur seine gegenwärtige Erklärung, dass die Fig. 2 — 5 meiner Abhandlung ' genau dasselbe wiedergeben, was er selbst beol)- achtet habe (5, p. 4), aber l'reilich unerwähnt ließ. Nun überlege inan, dass sobald die in meiner l'rUhcren Fig. o (Ilolzschn. Fig. 3) dargestellten, in der Auslösung und Finwanderung begrillenen Zellen vollends in die Keiinhöhle gelangt wären, sie mit den schon darin vorhandenen die Fig. 1 . Fig. 2. Fig. 3. Embryomilstadien von Aurelia aurita. Fie 1 Keimblnso im optischen Durchschnitt nach Claus (3, Fig. It). Fig. 2. Gastrula im optischen Durchschnitt nach Claus (3, Fig. 10). Fig. 3. Gastrulation nach einem wirklichen Durchschnitt (7, Fig. 5). Höhle so gut wie ganz ausfüllen müssten, und eine solche Zellenmasse lässt Cl. nicht nur wieder verschwinden, sondern hält diese Erschei- nung für so bedeutungslos, dass er sie seiner Zeit völlig veischwieg! Oflenbar ahnt Claus nicht, welcher Kritik er sich durch diese Mit- theilung ausselzt, sonst hätte er von diesen Beobachtungen jetzt erst recht geschwiegen. Um so mehr, als jenes nachträgliche Bekenntnis die Thatsache nicht aus der Welt schafl’t, dass die Nachricht von der besprochenen Zelleneinwanderung ganz allein von mir stammt und Claus sie nunmehr anerkennt. Ja, er geht mit seinen Zugeständnis- sen noch weiter; denn nachdem er auf p. 3 gesagt, dass die eingewan- derten Zellen »überhaupt nicht zur Bildung des Entoderms beitragen«, heißt es auf p. 4, dass sie entweder sich dem Entoderm ein fügen oder sich rückbilden , wodurch selbstredend die Bedeutung dei Ein- stülpung für die Bildung des Entoderms merklich eingeschränkt wird. Und selbst damit hat Claus dem Drang nach Zugeständnissen noch nicht genug gethan. Denn in meiner früheren Fig. 6, %velche ein massiges und annähernd kugeliges, mit dem Ektoderm an einer Stelle zusammen- hängendes Entoderm , aber keine Spur einer Einbuchtung und Höh- lung zeigt, erblickt Claus »ein zutreHendes Bild« für seine »Invagina- tion, beziehungsweise zapfenförmige Einwucherung« der entodermalen 1 Claus nennt sie »die 4 ersten Figuren Goette’s«, nachdem er unmiltclbor ver- lier meine Figuren 2—8 als die in Frage kommenden bezeichnet hatte. 7 Zellenmasse (5, p. 6), Denn «ob die Cenlralspalte zuerst in der En- todermmasse auflritt oder gleichzeitig beziehungsweise noch früher in der Peripherie eine kleine zu jener hinführende Öflnung beobachtet wird«, scheine ihm unwesentlich, wie er schon bei seinem früheren Vergleiche der Gastrulation von Aurelia und Aequorea «darzulegen suchte«. An der von ihm selbst citirten und von mir bereits wiederge- gebenen Stelle (p. 5) steht aber nichts weiter, als dass die Entoderm- bildung von Aurelia «einigermaßen« an diejenige von Aequorea erinnert. Als ich diese Sätze zuerst* las, wollte ich Anfangs meinen Augen nicht trauen, da mir gröbere Trugschlüsse als die darin enthaltenen noch nicht begegnet sind. Und doch müssen sie Claus verborgen ge- blieben sein, da ich natürlich nicht annehme, dass er seinen Lesern Sand in die Augen streuen wollte und sich gar einen Erfolg davon ver- sprach. Man überlege ; Claus beschreibt und zeichnet die Entstehung des Entoderms von Aurelia als eine unzweifelhafte Einstülpung mit einer epithelialen Wand der engen, aber von Anfang an nach außen offenen Urdarmhöhle und behauptet jetzt, ein zutreffendes Bild dafür sei die von mir gezeichnete kugelige, mehrere Zellen dicke Entodermmasse ohne Spur von Höhlung und äußerer Öffnung. Denn — so folgert er — die Unterschiede beider Zustände seien unwesentlich, weil deren Ent- stehung einigermaßen ähnlich sei! Nun will ich den klassischen Wortlaut dieser Deduktion auf sich beruhen lassen und mich nur an den Sinn halten. Offenbar meint Claus, beide Gastrulationsarten seien das, was man in der Morphologie »ho- molog« nennt, und diese Homologie könnte durch die hervorgehobenen Unterschiede nicht beeinträchtigt werden. Ich gebe ihm darin völlig Recht, um so mehr, als ich selbst jene Homologie zwischen der Zellen- einwanderung, der Umvyachsung und der Einstülpung des Entoderms verschiedener Thiere zuerst schon vor 16 Jahren (6, p. 864- — 870), also lange vor Claus und zum Überfluss noch insbesondere für die verschie- denen Nesselthiere (7, p. 4, 6, 7) erläutert habe. Was hat aber diese Homologie, über welche Claus und ich vollkommen einig sind, mit der allein vorliegenden Frage zu thun, ob das Entoderm im Aurelienkeim sich einstülpt oder in der beschriebenen Weise einwanderU? Diese Un- terschiede werden doch nicht einfach aufgehoben, weil sie an homolo- gen Theilen erscheinen; und doch ist der einzig mögliche Sinn derCuAUs- schen Auseinandersetzung der, dass er in Folge jener Homologie jetzt, ohne sich zu widersprechen, behaupten dürfe, er habe mit der früher beschriebenen Einstülpung eigeptlich dieselbe massige Zelleneinwan- derung gemeint, welche ich in meinen Abbildungen darstellte. 8 Man sollte billigcrwoise an dem guten Glauben eines Autors zwei- feln, welcher solche Dinge zu l)ieten wagt; Clals ist aber vor diesem Zweifel gesichert durch die Unbefangenheit, mit welcher er jene selt- same Logik vortrhgt und gleichzeitig wieder Lügen straft. Denn wie kann er, der in seiner eigenen Beobachtung Zclleneinwanderung und Einstülpung zu unterscheiden nicht mehr für nöthig findet, ohne die ärgste Inkonsequenz mit solcher Emphase gegen Jemand streiten, wel- cher gerade eine von diesen selben Gastrulationsarten beobachtet zu haben behauptet? Freilich könnte es gelegentlich scheinen, als bezöge sich der eigent- liche Widerspruch von Claus auf gewisse Nebenumstünde, so z. B. dar- auf, dass ich das Entoderm von einer Zelleneinwanderung an verschie- denen Stellen innerhalb der unteren Blastulahälfte ableite, Claus aber es »zapfenförmig« vom unteren Pol einwandern lässt. Dieser Unter- schied wäre aber gegenüber der Hauptfrage : Einstülpung oder Zellen- einwanderung?— ganz untergeordnet und besteht überdies nicht einmal wirklich, nachdem Claus zugestanden hat, dass er die von mir beschrie- bene zerstreute Zelleneinw^anderung ebenfalls gesehen habe, und dass ein Theil dieser Zellen ins Entoderm überginge, ln der Hauptsache also erklärt Claus Jetzt im Widerspruch zum Wortlaut seiner früheren Be- schreibung, dass das Entoderm von Aurelia durch eine massige Zellen- einw'ucherung entsteht. Zwischen der gegenw'ärtigen Darstellung von Claus und der mei- nigen blieben folglich nur zw'ei Diflerenzen zurück. Er äußert die »Ansicht«, dass die von getrennten Stellen einw'andernden Zellen zum Theil zu Grunde gingen, w’ährend sie nach meinen Beobachtungen ins- gesammt zum Entoderm ziisammentreten. Er erklärt ferner (5, p. 4), es könne davon »absolut nicht die Rede sein«, dass das Entoderm, wie ich es angab , als kompakte Masse sich vom Ektoderm trenne und erst zur Herstellung des offenen Prostoina mit ihm verschmelze. Ich sollte meinen, Jemand, der erst nach Jahren sich dessen er- innert, statt der einst von ihm behaupteten Einstülpung des Entoderins eigentlich eine Zelleneinwanderung gesehen zu haben, sollte seine nach- träglichen Ansichten über die Einzelheiten dieses Vorgangs etwas zu- rückhaltender äußern, namentlich wenn er auch nicht den Schalten einer Begründung hinzuzufUgen weiß. Die Ansicht vom völligen Schwunde der einwandernden Zellen hat Claus bereits grundsätzlich aufgegeben, bevor er eine weitere Seite seines Textes fertig schiieb, bei einigem Überlegen wird er w'ohl auch den letzten Vorbehalt auf- geben. Der zweite so energische Protest von Claus betriflt einen so untergeordneten Punkt, nämlich die von mir geschilderte I rennung und 9 Wiedervereinigung beider Keimscliichten, dass ich sehr wohl Ausnah- men davon zugestehen und daher die CLAUs’sche Angabe neben der meinigen anerkennen könnte, ohne meiner ganzen Darstellung giund- siUzlich irgend wie Abbruch zu thun; jedoch vermisse ich bei Claus jeglichen Nachweis, dass meine gegentheilige Beobachtung irrig oder auch nur nicht allgemein gültig sei. Wollten wir aber endlich diese beiden Fälle als zweifelhafte an- sehen, so könnte immerhin vorläufig die größere Wahrscheinlichkeit auf der Seite angenommen werden, für welche theils Analogien, theils eine größere Zuverlässigkeit der angewendeten Beobachtungsmethoden sprächen. Und da fällt meines Erachtens die Entscheidung gegen Claus aus. — Die vorübergehende Ablösung des eben gebildeten Entoderms vom Ektoderm ist gerade besonders häufig bei den Nesselthieren ahzu- trelfen: von den Hydropolypen gaben es zuerst Kowalewskv und dann Claus selbst an, Metsciinikoff von den Trachomedusen. Dagegen ist ein Zugrundegehen von eingewanderten Entodermzellen , namentlich in dem bedeutenden Maße, wie es nach meinen, von Claus anerkannten Bildern geschehen müsste, und neben der fortschreitenden Ausbildung eines Urdarmes meines Wissens noch nie beobachtet worden. Noch wichtiger scheint mir aber die verschiedene Untersuchungsmethode. Ich machte meine Beobachtungen nicht nur an wirklichen Durchschnit- ten, sondern berücksichtigte ferner, »um mich vor Täuschungen zu schützen, stets alle Schnitte, in welche die Embryonen zerlegt wurden« (7, p. 3); Claus hat dagegen, so weit ersichtlich, nur die ganzen Eml)ryo- nen und optische Durchschnitte untersucht'. Unter solchen Umständen nehme ich aber für meine Beobachtungen die zuverlässigere Methode in Anspruch und werde einen Irrthum meinerseits nur dann zugeben, wenn er mir ebenfalls an wirklichen Durchschnittsserien unzweideutig nachgewiesen wird. Zu der Forderung der Unzweideutigkeit werde ich insbeson- dere durch einen starken polemischen Ausfall von Claus gegen mich veranlasst. Ich schrieb p. 3 meines Buches ; »Ich finde ferner die Zellen der einschichtigen blasigen Keimhaut niemals so gleich gebildet, wie es Clvus und Haeckel angeben; vielmehr sind sie meist nur in einer Hemisphäre lang und schmal, in der anderen kürzer und dicker.« Claus ‘ Dio CLAUs’schen Bilder von der Eilheilung der Aurelia stellen die ganzen durchsichtigen Keime dar, Fig. 11 wird ein optischer Durchschnitt genannt, Fig. 11 gegenwärtig »die Keimblase vom animalen Pol gesehen«; und in den Figuren 15 und 16 werden zwei Gastrulae in einer llauplcbene abgcbildet, über deren Pro- stomalichtung der bewimperte Prostomarand hinzichl — ein ausreichender Be- weis, dass es optische Durchschnitte sind. JO nennt dies »u n I)o grü n d e te und unwalire Ausstellungen«, denn er selbst habe jenen Unterschied schon früher mit den Worten hervor- gehoben: »Auch glaube ich an mehreren Keimblasen beobachtet zu haben, dass dieser Theil der Wandung durch etwas niedrigere Zellen bezeichnet ist, welche in das Innere ' einwachsen und sich zum Ento- derm entwickeln«, wie denn auch seine Fig. 1ü diese Zellen um mehr als Y3 niedriger zeige als die der entgegengesetzten Seite, »im Gegen- satz zu Fig. 14', welche die Keimblase vom animalen Pol aus gesehen« darstelle (5, p. 4 Anm.). Nun al)er; audiatur et altera pars. Ich habe jene frühere Bemerkung von Cl. weder übersehen noch unberücksichtigt gelassen; wenn er aber angiebt, dass er am unteren Keimpol »etwas niedrigere« Zellen beobachtet zu haben »glaubt«, und seine einzige Figur einer fertigen Keimblase, welche ich in Fig. I kopirt habe, nicht die Spur davon zeigt, so war ich berechtigt, zu schließen, dass er den fraglichen Unterschied viel zu minimal annehme, und durfte auf diese mir allein vorliegenden Thatsachen hin wahrheitsgemäß niederschreiben, die Zellen seien nicht so gleich, wie Claus und Haeckel angeben, d. h. ihr Unterschied sei eben in verschiedener Richtung größer. Ich kann dabei nicht einmal ein Missverständnis von meiner Seite zugeben. Trotzdem nennt Claus meine Worte eine unwahre Ausstellung, da der auf Fig. 1 6 dargestellte Größenunterschied der Zellen gar nicht zu übersehen sei, während er an dem, äquatorialen Durchschnitt der Keim- blase in Fig. 14 natürlich unsichtbar bliebe. Welcher Leser würde nun bei der Sicherheit dieser Beweisführung ahnen, dass die Fig. 16, welche die Eigenthümlichkeiten der Keimblase so eklatant offenbaren soll, die uns bereits bekannte Gastrula (Holzschn. Fig. 2) mit dem schlauchför- migen Urdarm ist und dass die Erläuterung der Fig. 1 4 (Holzschn. Fig. 1 ) als^eines äquatorialen Durchschnitts erst jetzt gegeben wird? Und doch ist dies der Fall und wird dadurch der ganze Sachverhalt in ein ganz neues Licht gerückt. Claus hat also in seiner früheren Abhandlung zu der ganz unbe- stimmten Angabe eines polaren Gegensatzes in der Zellenbildung der Keimblase ein einziges Durchschnittsbild einer solchen, ohne eine Spur jenes Gegensatzes, aber auch ohne die leiseste Andeutung, dass es ein Äiiuatorialdurchschnitt sein könnte, geliefert. Und dennoch hätte ich das letztere wissen oder annehmen müssen? Hat es denn überhaupt einen Sinn, eine Keimblase mit einer im Text erwähnten polaren Di - 1 An beiden .Stellen des CLAus’schen Textes habe ich zwei oflfenbare Druck- fehler berichtigt. ferenz bloß iui Äqualoriaklurclischnill abzubiklcn und dies gleichzeitig zu verschweigen, und durfte icli daher Claus ein solches Spiel zutiauen? Nach meiner Empfindung gewiss nicht, obgleich Claus eine andere An- sicht davon zu haben scheint, was man ihm Zutrauen kann; vor seiner gegenwärtigen Interpretation konnte ich also die Figur 14 vernünftiger- weise nur so auffassen , wie ich es gethan, und daraus nur die bereits angegebenen Folgerungen ziehen. Nach seiner jetzigen eben so neuen wie unkontrollirbaren Versicherung, welche er aber wie etwas Bekann- tes oder Selbstverständliches in den Text einfließen lässt, hat er mich aber in einer unverantwortlichen Weise irregeführt und wagt mich nun desshalb, weil ich ihm so etwas nicht zutraute, seinen Lesern als leicht- fertigen Kritiker zu denunciren? Das stärkste Stück bleibt aber doch die Erwähnung der Fig. 1 6 (Holzschn. Fig. 2) unler dem Schein, als wäre damit das Bild einer Keim- blase citirt, deren um das Dreifache verschiedene Zellen den unfehlbar- sten Beweis für die geringe Wahrhaftigkeit meiner Angaben liefeiien ! Man wende mir nicht ein, dass Claus der Ansicht sein möge, dass von den Zellen der fertigen Gastrula ohne Weiteres und direkt auf diejenigen der vorausgegangenen Keimblase geschlossen werden dürfe; denn ein Blick auf meine ihm vorliegenden Figuren 5 und 8 musste ihn beleh- ren, dass an demselben Objekt genau das Gegentheil zutrifTt. Will er sich aber trotzdem auf jene Ansicht stützen, so durfte er erst recht weder diesen noch den weiteren Umstand verschweigen , dass auch diese seine Interpretation eine ganz neue ist, welche daher für meine frühere Kritik gar nicht in Betracht kommt, auch abgesehen davon, dass ich sie, wie gesagt, auch damals als verfehlte zurückgewiesen hätte. Freilich hätte ein solches offenes Geständnis das ganze Raisonne- ment von Claus werthlos gemacht; um so weniger kann es daher zufällig erscheinen, wenn er den wahren Sachverhalt verschweigt, und während er vorher und nachher Keimblasen nannte, dazwischen die Fig. 1 6 ohne Nennung erwähnt und von den Zellen ihrer »entgegengesetzten Seiten« wie von den Polen einer Keimblase spricht, während er in Wahrheit nur die verschiedenen Zellen desUrdarmes und des ganzen umgebenden Ektoderms vor sich hatte (vgl. Fig. 2). Auf dieser raffinirt zweideutigen Darstellung beruht also die ganze gegen mich gerichtete schwere Anklage der Unwahrhaftigkeit und zwar in einer so lächerlich untergeordneten Sache, dass das rein persönliche Ziel nicht zu verkennen ist. .letzt, nachdem auch ich gesprochen, wird wohl Niemand zweifeln, dass jene Beschuldigung auf den Urhel)er zu- rück fällt. Si tacuisses 12 Wenn ich das Ergebnis dieser etwas langen Erwiederung in der Frage der Gaslrulalion zusainmenfassen soll, so muss ich vorausschicken, dass Claus urspt ünglieh unzweideutig eine sehlauchrürniige Einstül- })ung des Entoderms beschrieben hat, ich dagegen eine unregelmäßige Zelleneinwanderung beobachtet habe. Im Verlaufe seiner gegenwäi- tigen Polemik giebt aber Claus zu , 1) dass allerdings zerstreute Zellen in dem von mir gezeichneten Maße in das Blastocoel einwandern, wo- gegen die versuchte Einschränkung, dass sie wenigstens z. Th. wieder zu Grunde gingen, einfach in der Luft steht; 2) dass das fertig geson- derte Entoderm genau so wie ich es beschrieb und abbildete, eine so- lide, kompakte Zellenmasse sei, welche an Stelle der vorher eingewan- derten Zellen die Keimhöhle ausfülll und eine Lichtung sowie ein oll'e- nes Prostoma erst nachträglich erhalt. Daraufhin verzeichne ich die Thatsache, dass Claus seine frühere Angabe nicht mehr aufrecht erhält, sondern mich im Wesentlichen bestätigt. Was stellte aber eben derselbe Claus an die Spitze seiner Bespre- chung? Die zwei Sätze, dass er seine früheren Angaben über jenen Ge • genstand «in allen Einzelheiten« aufrecht erhalte und dass die mei- nigen »durchaus unrichtige« seien. Wie er dies mit den obigen Zuge- ständnissen in Einklang bringen will, ist seine Sache. Nur halte ich es nicht für überflüssig, zu bemerken , dass wenn Claus jene Zugeständ- nisse desshalb nicht wollte als solche gelten lassen, weil er damit nur ihm längst bekannte Thatsachen mittheilte, welche er bloß bis jetzt ver- schwieg, dies an der Sache gar nichts änderte. Hielt er es vor Jahren für geboten, trotz besseren Wissens nur das Bild einer Einstülpung zu entwerfen, so war mein darauf folgender Widerspruch eben vollkom- men berechtigt und enthalten seine gegenwärtigen, nachträglichen Kor- rekturen seiner früheren Darstellung nur die Anerkennung jenes mei- nes Rechts. II. Das Scyphostoma. Der vorige Abschnitt hat uns eigentlich wenig geliefert, was für die Entwicklungsgeschichte der Scyphomedusen von größerer Bedeu- tung wäre. Denn für die Frage nach ihren engeren Beziehungen zu anderen Nesselthieren ist es im Ganzen wenig belangreich, ob ihre Ga- strulation durch Zelleneinwanderung oder durch Einstülpung geschieht. Trotzdem habe ich dem Leser zugemuthet, auch schon diesen Eingang der CuAUs’schen Polemik an der Hand einer eingehenden Kritik zu ver- folgen, damit er von vorn herein die eigenthümliche Kam])fesweise mei- nes Gegners kennen lerne. Auf den nun folgenden kritischen Gang lege ich aber desshalb ein 13 viel größeres Gewicht, weil er mit die wichtigsten l^unkle in der ver- gleichenden Entwicklungsgeschichte der Scyphomedusen betrifft. Doch erfordert es die Miinnigfaltigkeit der hier zu besprechenden Bildungen, sie in einer bestimmten Reihenfolge getrennt zu behandeln; ich be- ginne naturgemäß mit denjenigen, welche an der eben festgesetzten Schwärmlarve unserer Medusen den Grund ihrer weiteren Entwicklung legen. Das Schlundrohr. Die erste Veränderung an der festgesetzten Larve ist die Einbuch- tung des Ektoderms an dem freien Ende. Diese, bekanntlich von Ko- WALEWSKY zuerst beobachtete Einstülpung hat auch Claus bei Aurelia und Chrysaora beobachtet. Doch sollte sie nach ihm bloß den Durch- bruch an ihrem Grunde einleiten und sich darauf wieder ausstülpen, so dass das eingestülpte Ektoderm sich zur Mundscheibe ausbreite, die Durchbruchsöffnung aber zum Munde werde ( I , p. 8). Entgegen diesen Angaben habe ich an den Larven von Aurelia und Cotylorhiza feststellen können, dass die erwähnte Ektodermtasche sich nicht wieder ausstülpt, sondern dauernd eingestülpt bleibt (Schlund, Schlundrohr), so dass die in ihrem Grunde in den Urdarm durch- brechende Öffnung nicht zum Munde wird, sondern als Schlund- pforte in der Tiefe bleibt, während der Mund aus der äußeren Ein- stülpungsöffnung hervorgeht. Der Mundrand »erhebt sich kraterförmig zur Proboscis« (7, p. 8, 12). Sehen wir nun zu, wie Claus sich gegenwärtig zu seinen früheren und zu meinen Beobachtungen stellt. Im Eingänge- der bezüglichen Erörterung heißt es, dass er die Ektodermeinstülpung »mit vollem Hecht als vorübergehende betrach- tete» (.0, p. 8), da sie »alsbald nach dem Durchbruch der Einstülpung wenigstens theilweise zur Bildung der Proboscis wieder hervortrete (f, was freilich »eben so schwer zu entscheidencf sei, »wie die Grenze zwi- schen ektoderrnalem und entodermalem Antheil der inneren Ausklei- dung des Rüssels scharf zu bestimmen ist« (5, p. 9). Denn diese Auskleidung gehe »ohne einen auf ein Schlundrohr zu beziehenden Vorsprung in die Bekleidung der Magencavität über«, wesshalb auch bei Chrysaora und Cotylorhiza von einem »Schlundrohr im Sinne Goette’s« nichts zu finden sei (ibid.). Freilich scheine die Beschafl'enheit der Zel- len bezüglich der gesuchten Grenze »eine Entscheidung zu gestatten«, »wenngleich sie kaum sicher festzustellen ist« (p. i I). Desshalb habe er, Claus, »längere Zeit bezweifelt«, »dass die innere Proboscisbekleidung eine ektodermale ist«, »zumal es fast unmöglich ist, an den Cotylorhiza- 14 larven diesen Naeliwets zu führen und andererseits der ektoderinalen Natur mancherlei Bedenken entgegenstehen« (ihid.). Unter Anderem schien iinn die Deutung der IVol)oscisauskleidung als Kktoderm »be- denklich«, weil nach seiner früheren Auffassung jede innerhalb der Strobila ausgebildete Proboscis aus der stielförmigen Verbindung der Kphyraseheiben hervorginge, also eine entodermale Auskleidung be- säße, wogegen meine abweichenden Angaben über die Regeneration dieser Rüssel wenig Vertrauen verdienten fp. 12). Nunmehr sei es ihm aber gelungen , die Neubildung solcher Rüssel aus dem Ektoderm zu beobachten und so die hVage auch für das Scyphostoma zu entscheiden (p. 13). Daher erklärt Claus zum Schluss (p. 39), die Proboscis der jun- gen Scyphostomen entstehe »durch Hervorhebung der vorausgegangenen ektodermalen Einstülpung in der Weise, dass die innere Auskleidung der Pi'oboscis ektodermal bleibt. Von einem Schlundrohr, einer Schlund- pforte und Taschenvorhängen im Sinne Goettk’s kann jedoch bei Coty- lorhiza noch Chrysaora keine Rede sein«. Bei einer kritischen Analyse dieser Darstellung von Claus ist vor Allem die Vorfrage zu erledigen, was er eigentlich mit seinem Schluss- satz hat sagen wollen, in welchem er die Existenz des Schlundrohres in einem Athem behauptet und leugnet. Die Namen »Schlund, Schlund- rohr« habe ich für die vielgenannte EktodermeinstUlpung, auch nach ihrem Vorrücken in die Proboscis, eingeführt, was auch Claus ausdrück- lich mit den Worten anerkennt: »die von G. als Schlundrohr bezeicli- nete innere Auskleidung der Proboscis«. Diese Auskleidung hält er nunmehr ebenfalls für eine ektodermale, vom ursprünglichen Schlunde herrührende, bestätigt also dessen Fortdauer und fügt dennoch hinzu, einen solchen gebe es nicht. Auch kann der Zusatz: »im Sinne Goet- te’s« an der Bedeutung des Wortes nichts ändern, da mir von einem Schlundrohr des Scyphostoma in einem anderen Sinne nichts bekannt ist. Ich könnte daher jene sich selbst widersprechende Behauptung von Claus mit vollem Recht für einen nicht weiter diskutirbaren Nonsens erklären. Nachdem ich mich aber mit dem eigenthümlichen Claus- schen Stil vertraut gemacht habe — worin meine Hauptarbeit an dieser Abhandlung bestand — , glaube ich richtig zu rathen, dass Claus unter dem »Schlundrohr im Sinne Goette’s« nicht einen konkreten Theil des Scyphostoma, sondern nur gewisse Lagebeziehungen des Schlundes zu seiner Umgebung versteht, welche er eben bestreitet, während er die Fortdauer eines eingestülpten Ektodermrohres jetzt zugiebt, ihm aber grundsätzlich den von mir eingeführten Namen versagt. Unter dieser Voraussetzung will ich denn auch beide Behauptungen, die »Bestätigung« und die »Leugnung« des Schlundes getrennt und zunächst (lie erstere 15 betrachten, dagegen die von Claus l)estrittenen Lagebeziehungen des Schlundes dem nächsten Abschnitt Vorbehalten. Ich muss aber doch bemerken , dass jene missverständliche Aus- drucksweise von Claus nicht nur als Stilprobe bemerkenswerth, son- dern für seine Polemik zweifellos sehr vortheilhaft ist. Denn indem Claus wiederholt und mit größtem Nachdruck die Existenz des Sehlund- rohres leugnet und bloß die ektodermale Auskleidung der Proboseis an- erkennt, erweckt er den Schein, als wenn er den Hauptpunkt meiner Beobachtungen mit den besten Gründen widerlegt und nur einen mehr nebensächlichen Umstand zugegeben hätte. Angesichts dieser Verschleierung der Streitpunkte konstalire ich, dass die Frage, um welche es sich hier zuerst handelt, einfach lautet: wird das eingestülpte und in den Centralmagen geöffnete ektodermale Schlund rohr zu irgend einer Zeit wieder aus- gestülpt und zur Mundscheibe, bez. der Subumbrella aus- gebreitet (Claus) oder bleibt es dauernd eingestül pt und geht in die innere Auskleidung der Proboseis der fer- tigen Meduse über (Goette) '? — “Wie man sieht, hat sich Claus gegenwärtig für das Letztere entschieden, also seine frühere, von mir bestrittene Ansicht aufgegeben und meine für die Deutung des Scyphostoma maßgebende Angabe bestätigt. — Wenn 'dies nur durchweg offen und unzweideutig geschehen wäre! Aber da steht gleich Eingangs der bezüglichen Diskussion von Claus offenbar das Gegentheil von jenem seinem schließlichen »Ergebnis«; er habe die Einstülpung mit vollem Recht als vorübergehende betrach- tet, er lege Nachdruck darauf, dass sie zur Bildung der Proboseis wieder hervortrete, ja in der Erklärung zu Fig. 9 wird geradezu von einer »Ausstülpung« gesprochen (5, p. 42). Wer sich die Mühe nimmt, alle Parallelstellen bei Claus zu köllationiren, findet die' folgende Lösung des Widerspruchs. Als er in seiner ersten Abhandlung von der Ein- stülpung sagte, dass sie sich wieder »erhebe«, meinte er ihre Ausstül- pung; wenn er sic heute ebenfalls und angeblich mit vollem Recht eine vorübergehende nennt, weil sie sich doch wieder »hervörhebe« oder »ausstülpe«, meint er bloß ihr Hinaufrücken in die Proboseis. Ich würde mich bei dieser neuen Misshandlung der Sprachlogik nicht weiter aufhalten, wenn damit nicht wieder der vortheilhafte Schein verbunden vväre, als ob'das mit so viel Vorliebe erwähnte Hin- aufrücken des S'chlundrohres in die Proboseis mit dessen wirklicher »Aus.stülpung« irgend was zu thun hätte, etwa nur eine Modifikation davon sei und daher in irgend einem Gegensätze zu meinen Reöbach- tungen stände. Mag man nun .solche vortheilhafte Unklarheiten für 10 entschuldlxir luiltoii oder nicht, jedeid’alls waren die hezüi'lichen I3e- nicrkungon sachlich ganz überdüssig, da nicht nur die Fortdauer der Itktodcrmeinstülpung nach innen von der Mundhllnung , sondern auch ihr Vorrücken in die Prohoseis meine Beobachtung ist, welche Claus mir schließlich einfach nachgesprochen hat. Damit nicht genug, hat Claus noch in anderer Weise versucht, den einfachen Thatbestand, dass er mich in dem in Bede stehenden Punkte einfach bestätigt, zu verdunkeln. Mit Hecht bezeichnete er Anfangs (ö, p. 8) als Kardinalpunkt unserer Differenz, dass er den Durchbruch des Schlundrohres in den Cenlralmagen als Mund betrachtete, welcher alsbald sich wieder an die Oberfläche erhebe und so dem gesammten Innenraum des Körpers eine ausschließlich entodermale Auskleidung zurücklasse, während ich die Einstülpungsöffnung für den bleibenden Mund und daher den innerhalb desselben liegenden ersten Abschnitt jenes Innenrauins oder eben das Schlundrohr für ektodermal erklärte. Zur Entscheidung dieser Differenz war es ganz gleichgültig, ob die innere oder untere Grenze des ektodermalen Schlundes sich bestim- men ließ oder nicht, und wesentlich nur, ob der einmal gegebene Mundrand blieb, was er war. Diese, durch seine Fragestellung noth- wendig geforderte bestimmte Antwort blieb Claus schiüdig; statt dessen hat er in der eigentlichen Diskussion seitenlang von dem angeblichen Mangel jener Grenzbestimmung gegen das Entoderm hin und von allerlei allgemeinen Bedenken gegen die Annahme einer ektodermalen Aus- kleidung der Proboscis gesprochen , und keinen einzigen direkten An- haltspunkt dafür gefunden (s.o.). Erschienen ihm etwa meine aufAurelia bezüglichen Angaben und Abbildungen über den bleibenden Mund ver- dächtig? Dann hätte er sie mit allen Mitteln seiner Kenntnisse und seiner Einsicht widerlegen sollen; er that es nicht. Oder sind etwa, wie sein Text bisweilen anzudeuten scheint, die Larven von Cotyloi*hiza für die Erkenntnis jener Muudbildung weniger günstig? Nein; denn Claus liefert dazu die gleichen Zeichnungen wie ich (vgl. Holzschn. Fig. 4 — 7) und seine Tafelerklärung lautet in diesem Punkt eben so unzweideutig (5, Fig. 6, 10, p. 42). Trotzdem heißt es im Text bloß: ich hätte meine Kenntnis von der ektodermalen Auskleidung der Pro- boscis nur dem Umstande zu verdanken, dass ich abnorm kontrahirte Scyphostomen untersuchte (5, p. 13)! Obgleich nun Claus »gelegent- lich ähnliche Scyphostomen von Cotylorhiza« fand, gelang es ihm nicht, daran dasselbe zu sehen? Oder scheute er sich, solche abnorme Larven zu benutzen? Was nun auch der Grund war, jedenfalls behauptet Claus seine entscheidenden Beobachtungen erst an den durch Rege- neration entstehenden Rüsseln der Ephyren gemacht zu haben. 17 Was kann also dies Anderes heißen, als dass meine an abnormen Larven gemachten Funde /weilelhaft, bestätigungsbedürltig seien und dass es erst dem Scharf])lick von Claus gelang, die unentbehrliche Be- stätigung an jenen Regenerationserscheinungen zu entdecken? Dem- nach hätte also erst er, trotz aller entgegenstehenden Schwierigkeiten zum Frommen der Wissenschaft den Satz sichergestellt, dass die Pro- boscis der Scyphomedusen ektodermal ausgekleidet ist. Ich bedauere behaupten zu müssen, dass Claus sich auch bei dieser Gelegenheit in dem Mittel, die unausweichliche Bestätigung zu seinem Vortheil zu wenden, nämlich die Autorschaft für die bezeichnete Fest- stellung für sich selbst zu beanspruchen, gründlich vergriffen hat. Sein entscheidender Beweis ist eben keiner, denn der Verlauf von Regene- rationen, namentlich auf vorgeschrittenen Entwicklungsstufen, kann niemals über die analogen Vorgänge der ursprünglichen Embryonal- entwicklung »entscheiden«, weil eben Beides erfahrungsgemäß viel häufiger grundverschieden ist als übereinstimmt. Wäre das Recept von Claus zutreffend, so müsste er — um nur einen analogen Fall an- zuführen — aus der Regeneration des Schlundes in dem sich theilen- den Microstoma schließen, dass derselbe auch im Embryo aus dem Me- soderm entstände; ich würde ihm aber nicht rathen, mit einer so konstruirten Entwicklungsgeschichte sein Glück zu versuchen*. Fällt aber in Folge dessen die von Claus prätendirte Entscheidung unserer Frage einfach fort, so wäre er freilich nach seiner eigenen Dar- stellung überhaupt nicht in der Lage, meine Angaben zu bestätigen. Wenn ihm aber diese Bestätigung dennoch ralhsam erscheint, so muss er sich eben auf meine Beobachtungen stützen, dass die einmal gebildete Ektodermtasche sich, niemals wieder ausstülpt, wie die Bildung des -Mundes an ihrem Eingang und die Bildung der Mundscheibe nach außen davon beweisen (vgl. Fig. 6, 7, 14 — 17). Das Ergebnis meiner Kritik ist: wenn Claus es für geboten erach- tete, meine Beobachtungen über die ektodermale Auskleidung des Schlundes, bez. der Proboscis der Scyphomedusen zu bestätigen, so war seine ganze daran geknüpfte Discussion überflüssig und nur geeignet, den wahren Thatbestand zu verschleiern. Dies kommt sogar in seinem citirten Schlussergebnis zum Ausdruck, wo es heißt: »Das junge Scy- phostoma bildet sehr frühe — die Proboscis, und zwar durch Hervor- hebung der vorausgegangenen ektodermalen Einstülpung in der Weise, dass die innere Auskleidung der Proboscis ektodermal bleibt«. Das * Vgl. F. v. Wagner, Zur Kennlnifi der ungeschlechtlichen Fortpllanzung von Microstoma (Zoolog, .lahrhüchcr IV). ä 18 Wesentliche dieser ersten l'hUwicklungsvorgilnge ist nicht die Zeit und die Art der Prohoscisiiidiige, sondern die von Ci,ai:s f^anz nehenl>ei ge- nannte Einstülpung und deren Fortdauer, so dass ihre von Cl. früher behauptete Ausstülpung und Umbildung zur Mundscheibe und die an- gebliche Mundbildung an ihrem Grunde mit Rücksicht auf die dadurch gebotenen Vergleichungsmoinente als grobe Irrthümer zu bezeich- nen sind. Der Kranzdarm. Nächst dem Schlundrohr ist der aus den vier Magentaschen be- stehende Kranzdarm der Scyphostomen von der größten Bedeutung für ein richtiges Verständnis unserer Larven, aber ebenso wie der ekto- dermale Schlund bis zum Erscheinen meiner Untersuchungen unbekannt geblieben. Gesehen wurden freilich die Anlagen der zwei ersten Magen- taschen schon von Kowalewsky; erhielt sie aber für die Anlagen der Muskelstränge, während Claus sie später für die Anlagen der entoder- malen Tentakelachsen erklärte (1, p. 8) und ferner behauptete, dass das Scyphostoma überhaupt keine Magentaschen, sondern nur Magenrinnen besäße (3, p. 14). Erst in Folge meiner Beobachtungen an Aurelia und Cotylorhiza hat Claus die ursprünglichen Magentaschen als solche an- erkannt, dies aber in einer sehr eigenthümlichen Weise bekannt ge- geben. Er vergisst nicht, zu bemerken, dass er Kowaleavsky’s Deutung als irrthümliche zurückgewiesen habe (5, p. 8), hielt es aber nicht für nö- thig, gleichzeitig seinen eigenen Irrthum ^ und dessen Korrektur durch mich zu erwähnen. »Als ein bedeutungsvoller, in den früheren Arbei- ten nicht genügend beachteter wichtiger Charakter, welcher das Scy- phostoma als eine höher entwickelte Polypenform erscheinen lässt, muss zweifellos das Auftreten der vier Divertikel angesehen werden« (ebend. p. 1 0). Der Ausdruck »in den früheren Arbeiten nicht genügend be- achtet« ist denn doch mehr als missverständlich, wenn es thatsächlich heißen muss: »mir und allen Beobachtern früher völlig unbekannt und erst durch G. aufgedeckt«. Und wahrhaft erheiternd wirkt es, wenn Claus, nachdem ich jene Divertikel als » Magen taschen« in die Entwick- lungsgeschichte der Scyphomedusen eingefUhrt und durch ein ganzes Buch hindurch besprochen habe, an der citirten Stelle lortfährt; »Wir können dieselben als Hache Magentaschen betrachten und auch so be- zeichnen«. Also Claus kann dies, als wenn er die Divertikel entdeckt t Pcr.sclbe wird erst bei einer ganz anderen Gelegenlicit nebenbei erwähnt (Ö, p. 28). 19 hätte oder weil ihm die Beanstandung meiner Bezeichnung freistände? Nein, er muss es, da er wieder etwas entdeckt hat. noch etwas an mei- ner Darstellung beanstanden darf, ohne meine Autorschaft ausdrücklich anzuerkennen; und dies lag eben nicht in seiner Absicht. Ich würde über diesen Gegenstand überhaupt kein Wort verlieren, w enn Claus sich bei irgend einer anderen Gelegenheit so ausgesprochen hätte; denn Prioritätsrechte habe ich ihm gegenüber nicht zu wahren, diese sind ja schon seit .lahren gesichert. Wenn er aber in einer Pole- mik beinahe alle meine Befunde, trotzdem er sie schließlich anerkennt, mit einer virtuosen Mannigfaltigkeit bemängelt und verdächtigt, da- gegen die w'enigen Beobachtungen, an welchen ihm ez. der Subund»rella in die Taschenvorhänge, an diese Subumbrella heranrücken und zuletzt an sie angelagert erscheinen (Fig. 17), wo dann auch die Magenlilamente später liegen. Die Deutung jener ganzen ursprünglichen Organisation unseres Scyphostoma als einer anthozoenartigen Vorfahrenform und die gra- duellen Unterschiede, welche dabei zwischen verschiedenen Scypho- medusengruppen stattlinden, werde ich weiter unten näher zu betrach- ten haben und will hier nur noch hervorheben, dass ich bei Cotylorhiza alle wesentlichen Züge jenes Baues wiederfinde (vgl. Fig. 18, 19). Da Claus für solche Larven mit vier Magentasehen keine Aus- nahme in seiner Beurtheilung des Schlundrohres, der Schlundpforte etc. macht, so gilt für sie natürlich das früher Gesagte: jene Theile existiren in der Definition, welche ich ihnen gab, nach Claus überhaupt nicht, weder bei Aurelia (5, p. 1 9), noch bei Chrysaora und Cotylorhiza (ebend. p. 9, 39). Trotzdem unterscheidet sich die Darstellung, welche Claus neuerdings von den fertigen Scyphostomen liefert, nur darin von der meinigen, dass er bei Cotylorhiza »nur gelegentlich ähnliche« Larven mit so tiefem Schlunde, wie ich sie bei Aurelia anlraf (7, Fig. 30), in der Begel aber eine viel geringere Höhe des Schlundes und einen größeren Abstand zwischen ihm und den Magentaschen, d. h. eine ge- neigtere Stellung der letzteren findet. Unter allen Umständen zeichnet er aber auch in seinen Figuren von Cotylorhiza einen Eingangstheil des Gesammtdarmes, welcher vom Munde aus mehr oder wenigei cylin drisch und hoch sich ins Innere hinein erstreckt und durch einen wul- stigen Vorsprung von den Magentaschen gesondert ist (Fig. 18—20). Dieser Vorsprung ist natürlich das, was ich den Taschenvorhang nenne, und sein äußerster Faltenrand ist die Schlundgrenze (Schlundi)forte, Ostienrand). Claus verwirft nun, wie gesagt, diese Deutung, hat es aber nicht für nöthig gehalten , die nach seiner Auflassung richtige Deutung zu erläutern und zu begründen, so Avenig er es für die jüngsten Larven that. Erst durch eine Vergleichung seiner Abbildungen von vicr- armigen und älUu-en Larven und die zugehörige fafelerklärung er- 27 fahrt man, dass Glaus den unteren Theil des ektodermalen Schlundes 'zuni entodermalen Magen rechnet, und nebst der Gallertmasse, welche /wischen ihm, den Magentaschen und Septen liegt, als entodermale Täuiolenanlage« bezeichnet (5, Fig. 28 — 80 und p. 43) b Da nun diese angeblichen Täniolenwurzeln mit einander im Umkreise des Schlundes Zusammenhängen und so die ganze Scheidewand zwischen den Räumen der Magentaschen und des Schlundes — also genau meine Taschen- vorhänge — bilden, so ergiebt sich daraus eine Anzahl höchst inter- essanter Konsequenzen. Erstens: die bekanntlich interradial entstehenden Täniolen kön- nen erst sekundär seitlich so ausgewachsen sein, dass sie radial, in der Haupt- und der Querebene mit einander Zusammenstößen und ver- schmelzen. Ferner : wenn dadurch erst die Scheidewand zwMschen den Magentaschen und dem Schlund entsteht, so waren deren Räume vorher überhaupt nicht getrennt, sie also als besondere ßildungen gar nicht vorhanden. Daraus folgt aber logischerweise, dass Schlund und Magentaschen gar nicht als selbständige Einstülpung und Divertikel entstehen, sondern erst durch jene sekundäre Verwachsung der interradialen Täniolen geschaffen wer- den; dass zweitens diese Täniolen die erste innere Rildung der festgesetzte n Larve sein und gleich Anfangs an der obe- ren Grenze der Magentaschen und des Schlundes, d. h. an der M und- scheibe entspringen müssten. Dies ist allerdings eine Wiederholung der früheren CLxus’schen Ansicht, dass im Scyphostoma Magentaschen überhaupt nicht existiren, sondern nur Magenrinnen, welche erst durch Oügelförmiges, d. h. seit- liches Auswachsen der an der Mundscheibe befindlichen Täniolenwur- zeln, aber freilich erst am Ende der Scyphostomaperiode in Taschen verwandelt werden (3, p. 14). Wie stimmt aber dies Alles zu der von mir festgestellten und jetzt auch von Claus zugegebenen Thatsache, dass die ersten ßildungen der Larve die selbständige und bleibende taschenförmige Fiktodermeinstülpung oder der Schlund und die ihn umgreifenden schlauchförmigen Magentaschen sind? Wie stimmt es weiter zu der in Folge meiner ßeobachtung ganz evidenten und von Claus nicht bestrittenen Thatsache, dass die von Anfang an zusammen- stoßenden Wände der Magentaschen und des Schlundes nebst der spä- ter zwischen ihnen angesammelten Gallerte ununterbrochen fortdauern und so in die fragliche Scheidewand übergehen (Fig. 14 — 16), welche ' Kopien der CLAUs’sclien Querdurchschnittc sind liier überlllissig, da sie im Wesentlichen mit meinen eigenen Abbildungen (llolzschn. 12) übereinstimmen. 28 Claus als (verbreilerle) Tiiniolenanlagen bezeichnet? Wie soll inan sich endlich die ersten Anfänge der entodernialen Täniolen, welche ich schon an der zweitaschigen Larve nachwies, an der Mundscheibe denken, während der Centralinagen , an dessen Fläche sie entstehen, in jenem ersten Stadium noch unter dem Grunde des Schlundes liegt (vgl. Fig. 0—9, 14—16)? Oder hat Glaus jene meine Beobachtungen durch andere ersetzt? Keineswegs; denn die Bezeichnung der Taschenvorhänge als Täniolen- Linke Hälften von senkrechten Durchschnitten durch die Schlundgegend verschiedener Scypho- stomen. Fig. 14. Tentakellose Larve von Aurelia (7, Fig. 25). Fig. 15. Etwas altere Lar\e von Aurelia (7, Fig. 26). Fig. 16. Achtarmige Larve von Aurelia (7, Fig. 30). Fig. 17. Altere Larve von Aurelia (7 Fig 41) Fig. 18. Junge Larve mit den ersten Tentakelanlagen (7, Fig. 2JI). 8- ihnthe^iarl"' vin CotyloiL.a, nach meinem eigenen Präparat. Fig. 20. Junges Scyphostoma von Cotylorhisa, optischer Durchschnitt nach Ci.aus (5, Fig. 12). «5,.hiundnforte ma 0 Munirand. in Mundscheibe, Subuiuhrella. jir Proboscis s Magentaschen, t angedeuteter Verlauf der Magenfalton oder Tamoleu, / Anlage der Fila anlagen erfährt man, wie gesagt, erst aus der Tafelerklärung und im Texte linde ich nur einen bezüglichen Satz, dass, da es keine Schlun - nforte gebe, die Täniolenanlagen eben der Mundscheibe angehören p. 19). Nun, dass die Täniolen in den älteren Scyphostomen an der Mundscheibe liegen, ist nichts Neues; neu war nur meine Beobachtung dass sie in der Tiefe an der Schlundpforte entstehen und erst durch deren Rückbildung sieh der Mundscheibe nähern und sie endlich er- reichen (p. 25. 26). Dies hat Clais aber nicht einmal erwähnt, noch weniger zu widerlegen versucht. .lene absolut unvereinbaren Widersprüche seiner eigenen Darstel- lung haben Gl.aiis eben so wenig wie der vollkommene Mangel irgend welcher seiner Auffassung entsprechenden eigenen Beobachtungen eenirt, auch für dieses zweite in Rede stehende Larvenstadium die Existenz der Taschenvorhänge, der Schlundpforte etc. ohne weitere Erklärung zu verneinen. Dagegen hat er auch bei dieser Gelegenheit nicht versäumt, statt des mangelnden Beweises für seine Behauptung wenigstens meine Darstellung mit den bei ihm üblichen Mitteln herab- zusetzen. 1) Die Stelle meines Buches, welche von der schon erwähnten Lage- veränderung der Magentaschen handelt (p. 24.25), lautet wörtlich: »In derselben Richtung, welche der auswachsende Achsenstrang des Ten- takels einschlägt, verschiebt sich auch der Grund der Magentasche, rückt also vom Schlundrohr ab, wodurch der doppelwandige Taschen- vorhang in eine nach oben offene, unten an der Schlundpforte breit- randige Falte verwandelt wirdif, worauf ich lediglich eine horizontale Stellung der Magentaschen (bis zum Niveau der Schlundpforte hinab- gedrückt) als eine vorübergehende, nichtständige Erscheinung bezeich- nete (7, p. 13). Welche wesentliche Bedeutung ich jener ersteren Lage- veränderung beimaß, geht daraus hervor, dass ich sie als die Einleitung zur Einsenkung des Peristoms in den Taschenvorhang, d. h. zur Bildung der Subumbrella der Meduse betrachtete (7, p. 27, 28). Claus unterstellt mir nun, dass ich dieses Abrücken der Magen- taschen und die Verbreiterung der Taschen verhänge nur für abnorme Zustände gehalten hätte (5, p. 13). Und zwar wendet er ein sehr ein- faches Mittel an, um auch bei seinen Lesern den Glauben daran zu er- wecken : bei der Wiedergabe jener meiner Beschreibung fügt er gleich Eingangs das Wort »zuweilen« ein, wodurch natürlich das, was ich ganz unmissverständlich als den regelrechten Gang einer zur Medusenbildung hinführenden Entwicklung schilderte, als Ausnahme, Abnormität er- scheint! Mit Hilfe dieser Textkorrektur wird mir alsdann nicht nur ein grober Verstoß imputirt, sondern meine richtige Beobachtung figurirt nunmehr ausdrücklich als eine CLAiis’sche Verbesseruns. KJ 2) Den .Mangel jeder Berücksichtigung meiner wesentlichen Beob- achtungen tlbei" die Magenfalten hat Glaus wiederum durch einen per- sönlichen Ausfall gegen mich zu verdecken gesucht. Er hatte nämlich in seiner zweiten Abhandlung Folgendes über die Täniolen bemerkt (3, p. 6). vEin für die richtige Auffassung der Medusenentwicklung wichtiges Moment«, und hier »ganz besonders zu betonen«, sei, »dass die V i 0 r.irin i^o n Pol y p o n fo riiie n der vier Giistriil wUlsle noeli vollsliindig onll) ehren, und dass diese in den hadien der vier Zwisehenlenlakel erst während des Vorwachsens der letzteren zur Anlage kommen. Tetranemalc Scy |) h ost o m e n — existiren üherhaupt nicht. Walirscheinlich hat sich IIveckf.i, durch meine frühere Abbildung, welche — den Anfang zur Entstehung der Gastral- wUlste darstcllt, zu Jener Behauptung verleiten lassen, ln Wahrheit ab e r b i 1 den sich erst m i t dem A us wac hs e n d e r Z w i s ch e t) - tentakel die G as tra 1 wül ste.« »Das tetranemalc Scyphostoma — ist lediglich eine theoretische Kombination.« »Kein Autor hat bislang eine solche beobachtet und dargestellt.« p. 8 heißt es noch einmal, dass »die Entstehung der vier Wülste« mit der Bildung des dritten und vierten Tentakelpaares zusammenfällt. Meines Erachtens lässt diese Meinungsäußerung von Claus an Deut- lichkeit und Nachdruck nichts zu wünschen übrig. Wer sich wie Haeckel durch die früheren um Jahre älteren Abbildungen von Claus zur Annahme verleiten lässt, dass die »Anlage und Entstehung der Gastralwülste« sich in dem vierarmigen Scyphostoma vollzieht, leistet sich eben »lediglich eine theoretische Kombination«, behauptet eine nie beobachtete und dargestellte Thatsache; es sei vielmehr ein besonders wichtiges Moment, dass diese Bildung erst während der Herstellung des dritten und vierten Tentakelpaares vor sich geht. Indem ich nun diese Ansicht von Claus für ernst und wahr hielt, schloss ich meine Beschreibung der Täniolenentwicklung mit dem Satz: »Die Magcnfalten entstehen also nicht so spät wie bisher angenommen wurde, nach Claus z- B. erst während des Hervorwachsens des dritten und vierten Ten- takelpaares, sondern bevor überhaupt ein einziger Tentakel vorhanden i s t (7, p. 1 1 ). Jetzt kommt mein Kritiker und nennt diesen Satz unzutreffend, weil er die Anlagen der Täniolen doch schon im vierarmigen Scypho- Stoma erkannt und dargestellt hätte, was von mir ganz übersehen sei (5, p. 1 8). Allerdings habe er später den vierarmigen Larven die Gastral- wülste abgesprochen und die Existenz tetranemaler Scyphostomen ge- leugnet; dies sei aber in so fern mitBecht geschehen, weil die Gastral- wülste erst bei den 6— 8armigcn Larven die Ausdehnung erlangen, Avelche zu der Bezeichnung »Täniolen« berechtigt. Ich könnte nun erwiedern; von Täniolen im Gegen.satz zu Gastral- wülsten ist früher gar nicht die Bede gewesen, dagegen gerade die »Anlage« und »Entstehung« dieser Falten in die späteren Stadien ver- legt; ferner kann vernünftigerweise das Gegentheil von dem, was bei Haeckel tadelnswerth erschien, bei mir nicht gleich tadelnswert! 31 sein etc. Ich verziclilo aher aul je. 7). Nachdem ich gezeigt, dass jene Mu.skel in der Wand und den soliden Fortsätzen der von dem Ekto- derm der Mundscheibe auswachsenden Septaltrichter entstehen, bekennt Claus seinen Irrthum und beschreibt ihre Bildung im Allge- 32 iiuMoen so wie ich angegehen habe. Nur scheint ihm der Name >jSep- tallrichler« unpassend, weil hei Colylorhiza nur gelegentlich schwache trichtcrfürmige Vertiefungen auftreten und auch hei Chrysaora die Trichter nur unhedeutend hleihen. Auch die Höhlung der Septal- trichtcr von Aurelia hätte icli Uhertriehen dargestellt; namentlich er- strecke sie sich niemals, wie ich angähe, his zur FuB])latte (5, ]). 1 ö, :ht). Aber nicht einmal diese kleinen Ausstellungen kann ich gelten lassen. Bei meinen Aurelienlarven ist die Höhlung gerade so heschaHen, wie ich es gezeichnet und beschrieben habe; dass sie bis zur FuBplatte reiche, ist bloB ein Zusatz von Claus, da ich, wie meine Worte und Zeichnungen besagen, nur das strangförmige, solide Ende des Organs bis zum Fuß verfolgt habe (7, p. 16, 27). Für die Bedeutung und ent- sprechende Benennung der Septaltrichter ist es al)er ferner ganz gleich- gültig, ob sie l)ei Chrysaora und Cotylorhiza schwächer entwickelt sind als bei Aurelia, wo sie übrigens Claus gerade so übersehen hat wie bei den zwei ersteren Gattungen. Auf die Trichterhöhlung lege ich aber desshalb ein größeres Gewicht wie Claus, der sie nicht einmal im Namen angedeutet sehen möchte, weil ich sie mit den subumbrellaren Trichtern gewisser niederen Scyphomedusen, nämlich der Calycozoen vergleiche, und von ihnen gleichzeitig die sogenannten Subgenital- höhlen der fertigen höheren Scyphomedusen ableite, wovon Claus nichts wissen will. Hören wir seine Gründe. Die Subgenitalhöhlen seien allerdings anerkannte Homologa der subumbrellaren Trichter der Calycozoen; diese könnten aber trotz der »scheinbar identischen Lage« mit den Sep taltrichtern der Scyphostomen nicht verglichen werden, weil die Höhlen der letzteren sich in den Längsmuskelsträngen selbst befänden, die Trichter der Calycozoen aber centralw'ärts und getrennt von ihren Mus- keln liegen (5, p. 17, 32). Wie man sieht, beruht aber diese Beweis- führung lediglich auf der von Claus stillschweigend vorausgesetzten Homologie zwischen den außerhalb der Trichter liegenden Muskel- strängen der Calycozoen und den muskulösen Septaltrichtern der Scy- phostomen, welche daher nicht gleichzeitig mit den Trichtern der Caly- cozoen verglichen werden könnten. — Worauf gründet sich nun aber jene von Claus stillschweigend angenommene Homologie? \\ eiß er etwa dafür etwas Anderes anzuführen als die »scheinbar identische Lage« beider Teile, welche doch für meinen Vergleich von keinem Belang sein soll? Oder gilt in seinen Augen für uns Beide nicht dieselbe Logik ! Nach ihm beruht meine Annahme auf einem Scheingrunde, und ist da her unrichtig; und dennoch soll genau derselbe Scheingrund für seine Auffassung die volle Beweiskraft haben! Nehmen wir also auch an. 33 meine Ansicht sei völlig unerwiesen , so trifft genau dasselbe Urtheil den von Ci.aiis beliebten Vergleich, und damit fällt eben auch sein Gegenbeweis. In dem für Claus günstigsten Falle bliebe daher die ganze Sache unentschieden. Zufälligerweise kann ich aber aus seinen eigenen Untersuchungen ein gewichtiges Zeugnis für mich und gegen ihn selbst anführen. Hätte er nämlich, bevor er sich gegen meine Behauptung erhitzte, die Figg. 70 — 73 seiner zweiten Abhandlung (3), welche Querdurch- schnitte von Lucernarien darstellen, noch einmal. etwas genauer an- gesehen , so würde er gefunden haben , dass er in den tieferen Ab- schnitten der Subumbrellarlrichter und ihren soliden unteren Fort- sätzen, in ihrer der Körpermasse zugekehrten Wand eine peripherische Schicht von Muskel fibri 11 en gezeichnet und »axialer Taschenmuskel« ge- nannt hat, welcher genau der Muskulatur in den Septal trichtern der Scyphostomen entspricht. Daraus folgt, dass die beiderlei Trichterbil- duugen nicht nur nach ihrer interradialen Lage, ihrem Ursprung von der Subumbrella und ihrer Fortsetzung in den Magenfalten , sondern auch darin übereinstimmen , dass beide eine peripherische Muskel- schicht erzeugen. Ob der vom Trichter getrennte Septalmuskel der Lucernarien sich von der Abaxialseite des Trichters ablöst oder wie er sonst entsteht, bleibt noch zu untersuchen übrig; jedenfalls wird aber nach dem eben Gesagten Niemand zweifeln, dass unter den genannten Theilen eine Homologie nur zwischen den Subumbrellartrichtern der Lucernarien und der Scyphostomen angenommen wei'den könne , wie ich behauptete , und nicht zwischen den Trichtern der Scyphostomen und den Septalmuskeln der Lucernarien, wie Glaus schlechtweg vor- aussetzt. Damit müsste mein Vergleich zwischen den larvalen Seplaltrich- tern und den Subgeriitalhöhlen der fertigen Medusen auch in den Augen von Claus vollkommen gerechtfertigt sein ; denn die Homologie der letzteren mit den Trichtern der Lucernarien gilt ihm als zweifellos. Ich möchte aber hinzufügen, dass ich auch direkte Beziehungen zwi- schen jenen Septal trichtern und Subgenitalhöhlen uachgewiesen habe. Ich fand die Septaltrichter in allen auf einander folgenden Stadien von den jungen Scyphostomen bis zu den fertigen Ephyren (7, Figg. 30, 41, 42, 48, öl — .00, 63, 6.ö), so dass bei den letzteren noch eine deut- liche trichterförmige Minsenkung der Subumbrella mit einem faden- förmigen Fortsatz in den Täniolenrest zu sehen ist, und zwar genau an derselben Stelle, wo die späteren Magenfilamente sich entwickeln, und wo auswärts von diesen die entodermalen Genitalhöhlen entstehen (7, ]). 41, 42). Die Stelle, wo ich den Trichterrest zuletzt sah, entspricht B 34 jilso genau der Stelle der spiileren Subgenilalhöhle; und da bis dahin weder die Septallrichler der Scyphostoinen noch ihre Heste bei den Ephyren bekannt geworden waren, so war der Umstand, dass die Sub- genitalhöhlen erst viel später als Neubildungen gesehen und von Claus aus einem mechanischen Zug erklärt wurden (1, p. :M) kein Grund, an der Kontinuität und Identität beider Bildungen zu zweifeln. hör sich allein ist dieser Beweis gewiss nicht zwingend; als Er- gänzung zu der vorhin erläuterten Homologie scheint er mir aber aller- dings recht wichtig. Denn beides zusammen verleiht meiner Schluss- folgerung, dass die Septaltrichter der Larven in die Subgenitalhöhlen übergehen, den Grad von Evidenz, welcher in zoologischen Dingen durch bloße Vergleiche überhaupt erreicht werden kann. Die Tentakel und die Strahlgliederung. Ich habe hier zwei Punkte zu besprechen: einmal die Entstehung der Tentakel der Scyphostoinen und dann ihre Anzahl und morpho- logische Bedeutung. Über den Ursprung der Tentakel hatte Claus eigentlich nur un- richtige Angaben gemacht. In Folge der Unkenntnis der Magentaschen leitete er ihren Achsentheil vom Entoderm des Magens ab, und hielt selbst die zwei primären Magentaschen für solche Achsen (1 , p. 8). Fer- ner sollten die Tentakel der Scyphostomeu im Gegensatz zu denen der Anthozoen, welche ohne Ausnahme interseptal entstehen, nur in der Mehrzahl dieselbe interseptale Lage haben, die vier interradialen Ten- takel dieser Larven (Septaltentakel G.) dagegen von Anfang an mit den Mageufalten zusammenfallen, also so zu sagen septal entstehen (I , p. 1 7). Die angeblich vom Magenepithel (gastrale Entodermbekleidung Cl.) aus- wachsenden Entodermachsen dieser Septaltentakel ließ Claus die Magenfalten und Muskelstränge umwachsen und von der Außenwand trennen, so dass dadurch der peripherische Bingsinus entstände. »Diesen, schon a priori ableitbaren Sachverhalt« wollte er sogar an Querdurchschnitten konstatirt haben (3, p. 14). Trotzdem bleibt diese Darstellung eine Anhäufung von unmög- lichen und unfassbaren Dingen. Unmöglich ist, dass die Entoderm- achsen der Septaltentakel die Muskelstränge umwachsen, weil Claus selbst diese letzteren ganz richtig erst an achtarmigen, d. h. bereits mit den Septaltentakeln versehenen Larven sah * ; unmöglich ist ferner, ' Die Anlagen der Tricliter en (stehen natürlich etwas früher als die Muskel- hildung in ihnen und namentlich ihren soliden I'ortsötzen. 35 dass durch die Anlage der Seplaltentakel, d. h. des d. und 4. fentakel- paares der von Soiinhidkr ganz zutred’end erst an den ältesten, viel- arniigen Larven entdeckte Ringsinus gebildet werde; wie endlich, ab- gesehen davon, der Lntodermstrang der Septaltentakel in der Ebene der Macenfalte aufw'ächst und dal)ei zugleich die letztere von der Außenwand ablöst, bleibt ein vollkommenes Räthsel. Mit diesen An- deutungen will ich es genug sein lassen; denn eine todte Sache ver- dient kein weiteres Wort mehr und an den tlbrigen Angaben von Claus tlber die Tentakelbildung bleibt mir noch genug zu korrigiren übrig. Ich zeigte nämlich gegenüber den obigen Beobachtungen von Claus, 1) dass alte Tentakel der Scyphostomen über den eigent- lichen Magentaschen und aus ihnen entstehen, und nicht am Rande des Centralmagens; 2) dass daher auch die Septaltentakel weder über den Septen, noch aus ihnen, sondern aus den Seiten- ecken der 3. und 4. Magentasche hervorgeheu, und erst nachträglich sich über die Septen vorschieben ; 3) dass durch diese Beobachtung der von Claus (1 , p. 17) hervorgehobene angebliche Unterschied zwischen den anscheinend über den Septen entstehenden Tentakeln der Scyphostomen und den aus- nahmslos in terseptalen Tentakeln der Anthozoen beseitigt wird (7, p. 22). Auf diese meine Beobachtungen hin hat Claus seinen früheren Irrthum eingesehen und meine Angaben über die Entstehung der Sep- taltentakel anerkannt, ln der betreffenden Beschreibung (5, p. 17,18) erwähnt er mich auch, aber zunächst nicht etwa als den Urheber der richtigen Darstellung , sondern bloß als den ungenauen Beobachter, welcher die von Claus entdeckten Ausnahmen übersehen hat, indem »recht häufig« »sich die an einander stoßenden Zipfel zweier benach- barter Taschen gleich Anfangs an der Bildung des Tentakels betheiligen. Diese meine frühere (von Sciinhioeu getheilte) Anschauung von dem Doppelurs[)rung der intermediären Tentakel aus den beiden Blättern jeder Magenfalte beruht auf der Beobachtung solcher keinesw'egs sel- ten anzutreffender Bilder, die freilich zum Theil wieder auf eine erst nachträglich erfolgende Verschmelzung zweier benachbarter Taschen- zipfel zurückzuführen sein dürften«. Verweilen wir einen Augenblick bei diesem kleinen Kabinettstück Ci.AUs’scher Polemik ! Wie anders doch in seinem Munde seine frühere Darstellung klingt als die Analyse, welche ich oben davon gab. Also er hätte die fintodermachsen der Septaltentakel aus den beiden-Blättern jeder Magenfalte hervorgehen lassen? Und Scuneideu hätte diese An- sicht getheilt? — Die Wahrheit ist, dass Sciineioer diese Ansicht 1870 3* 36 ausgesprochen hat und Ci.acs 1 8S3 sie wolil liülte hesUitigen können, statt dessen aber sich jene konfuse Beschreibung geleistet hat, in welcher nicht ein Wort von einem Doppelursprung der Tentakelachsen aus den Magenfalten vorkoinint, jene Achsen vielmehr die Magenfalten umwach- sen und von der Wand trennen sollen! — Indem aber Ci.aus jetzt die SciiiVEiDEii’sche Ansicht für die seinige ausgiebt und noch dazu be- hau|)tet, dass jener Doppelursprung als recht häufige Ausnahme neben dem von mir angegebenen einfachen Ursprung vorkomjne, muss natürlich die Bedeutung meiner Beobachtung merklich zusammenschrumpfen. Wirklich? 0 nicht doch; denn die Ausnahmen sind ja nach Ci-aos selbst zum Theil nur scheinbare; und zwar ist diese Einschränkung wie- derum nur eine Umschreibung dessen , was ich selbst über die Ent- stehung eines solchen »scheinbaren« Doppelursprungs angegeben habe (7, p. 22), wesshalb die angeblichen Ausnahmen, wenngleich überhau|)t möglich, doch stets zweifelhaft bleiben. Von dieser Polemik konnte folglich Ct.AUs nur dann etwas zu ge- winnen hoffen, wenn sie unerwiedert und unzergliedert blieb. Indem er aber meine Erwiederung herausforderte, tritt nicht nur sein früherer Irrthum, sondern auch der Versuch, ihn durch den Ausfall gegen mich abzuschwächen, um so greller hervor. Viel besser als durch Beden gelingt es Claus mit dem Verschw'eigen. Denn so w eit er von der An- gelegenheit spricht, scheint meine Beobachtung über die Entstehung der Septaltentakel, namentlich Angesichts der immerhin möglichen Ausnahmen von geringer Bedeutung. Claus vergaß aber anzufübren, 'dass die von ihm selbst früher hervoi-gehobene Schwierigkeit, die Ten- takel der Scyphostomen mit denen der Anthozoen zu vergleichen (s. o.), durch meinen Befund gehoben war, und dass diese von mir nach- drücklich hervorgehobene Thatsache (7, |). 22) der wesentlichste Ge- winn der neuen Auffassung ist und bleibt, mögen auch noch so viele Ausnahmen von der Regel sich nachträglich herausstellen. Denn in- dem dadurch für die Vergleichung der jungen Scyphostomen mit den Anthozoen ein neues Moment gew^onnen und ein Gegensatz beseitigt w'ird, erscheinen jene Ausnahmen, wenn sie Vorkommen, nur als Aus- druck der fortschreitenden Divergenz der Scy|)homedusen und Antho- zoen, also als indirekter Beweis für deren Slammesgemeinschaft. Claus hat sich noch einige weitere gegen mich gerichtete Bemer- kungen über die Bildung der Se|)taltentakel erlaubt (5, p. 20), welche ich mit noch mehr Recht als die bereits erwähnten auf ihre Logik prüfen könnte. Jch verschone aber den Leser billigerw'eise mit einer solchen Häufung einer Kritik, welche nur noch die Person treffen würde, ohne die Sache zu verändern. Mir genügt, dass Claus auch in diesem Punkt 37 meine Darstellung als richtig anerkennen muss, ob nun die zweifel- haften Ausnahmen zutrefien oder nicht. Der zweite, die Tentakel betreffende Differenzpunkt handelt von ihrer Zahl. Claus hatte nümlich schon früher 16 für die normale Maxi- malzahl der Scyphostomententakel erklärt; und zwar findet sich in seinen Abhandlungen nirgends eine Andeutung, dass jene Angabe sich nur auf Chrysaora und nicht gleicherweise auf Aurelia beziehe. Viel- mehrwill er gerade die acht- und IGarmigen Scyphostomen der Aurelia «in allen möglichen Zwischenstadien bis zur Strobilaform« verfolgt haben (1, p. o; 3, p. 8), so dass ihm dabei die Tentakelzahlen dieser Larven, worauf er doch besonders achtete, füglich nicht unbekannt bleiben konnten. Er nennt ferner jene beiden Medusenspecies in der Beschrei- bung der Tentakelvermehrung, bei welchem Vorgang er »fast stets die regulär IGarmigeForm als letzte Entwicklungsstufe fand«, so dass etwaige Ausnahmen nur auf einer Vermehrung oder Verminderung um einen Tentakel beruhten (1, p. IS). Diese Auffassung von Glaus grün- dete sich also nach seinen Worten unzweideutig in ganz gleicherweise auf Chysaora und Aurelia. Da ich nun bei Aurelia ' die genannte Nor- malzahl der Larvententakel nicht bestätigen konnte, so war ich im vollen Recht, die CLAUs’sche Behauptung als irrige zu bezeichnen. Was erwiedert nun Glaus darauf in seiner gegenwärtigen Pole- mik? Er schweigt jetzt von seinen Beobachtungen an Aurelia, be- hauptet solche zunächst nur an Ghrysaora gemacht zu haben und stellt mich als völlig unberechtigten Gegner seiner darauf bezüglichen Dar- stellung hin (5, p. 2'l — 23). »Selbstverständlich soll damit nicht be- stritten werden , dass sich die Zahl der Tentakel nicht weiter ver- mehren könne , und dass nicht auch Scyphostomen mit 16—32 Tenta- keln , wie sie bereits von Reid , Agassiz und E. Haeckel beobachtet wurden , überhaupt verkommen , ja vielleicht für bestimmte Scypho- medusen häufiger und regelmäßig auftreten« (a. a. 0. p. 21). Jene von den früheren Beobachtern untersuchten Medusen sind aber gerade Aurelia und Gyanea (a. a. 0. p. 22). Damit ist es also erwiesen, dass Glaus jede Verantwortung dafür ablehiit, dass bei Aurelia ebenfalls 16 die Maximalzahl der Larvententakel sei. Folglich ist das in seinen frü- heren Abhandlungen unzweideutig angegebene Gegentheil einfach falsch, d. h. nicht ein Irrthum der Auffassung und Deutung — was Jedem passiren kann , wovon aber beim Zählen von 1 6 — 32 nicht die ' Cotylorhiza scheidet, wie es Claus richtig bemerkt (5, p. äü, 21), bei dieser Untersuchung selbstverständlich aus, weil bisher überhaupt kein Beobachter die Scyphostomen dieser Meduse bis zur Strobilation fortschreiten , also in ihren ältesten Stadien sah. 38 Hede sein kann — , sondern Glaus hat entweder die Aurelialarven »in allen möglichen Zwischenstadien his zur Strohilaforrn« iin Gegensatz zu diesen seinen Worten gar nicht beobachtet , oder ihre Tentakelzahl im Gegensatz zu dem spitteren Wortlaut (s. o.) nicht weiter beachtet. Mit diesem Dilemma habe ich mich aber zuniiehst gar nicht abzu- geben; mich betridt die Sache nur in so fern, als Claus jetzt den Ein- druck hervorrufen will, als hiltte er früher unzweideutig nur von Chry- saora gesprochen und ich unberechtigterweise dagegen opponirt. Selbstredend habe ich dies eben so wenig gethan , als Claus etwa aus- drücklich und ausschließlich von Chrysaora gesprochen hat. Da seine Darstellung im Gegcntheil zweifellos auch Aurelia betraf, so richtete sich mein Widerspruch wie gesagt natürlich gegen diese Behauptung, und die Berechtigung dazu erkennt ja auch Claus selbst indirekt an, indem er alles auf Aurelia Bezügliche wie nicht gesagt betrachtet. Nachdem aber nunmehr Aurelia und Cyanea , ferner nach einer neuesten Beobachtung auch Nausithoe ^ durch die Zahl ihrer Larven- tentakel aus dem Schema von Glaus ausscheiden , so bleibt dafür zu- nächst nur Chrysaora übrig, und verliert dadurch die wirkliche Nor- malzahl jede allgemeine Bedeutung. Um diese dennoch zu retten, erklärt Glaus neuerdings, dass er die Norm nicht in der wirklichen Zahl der Tentakel ausgedrückt sehe, sondern darin, dass die »16 Ten- takel ihrer Lage nach zu den Lappen der Ephyrascheibe eine ganz bestimmte und regelmäßige Beziehung bieten« (5, p. 21 — 23). Diese Beziehung sei der »beste Beweis«, dass die Normalzahl der Tentakel 1 6 sei, und bleibe es ihm daher schlechterdings unverständlich, wie ich gegen diese Thatsache opponiren könne , welche doch durch alle sonstigen Vermehrungen der Tentakel nicht berührt w'erde. Nun, ich glaube meinen Lesern wird ein Verständnis dafür nicht fehlen, wenn sie erfahren, dass jener »beste Beweis« für die Berechtigung der Nor- malzahl in den früheren Arbeiten von Claus gar nicht geführt ist, sondern erst in der vorliegenden Streitschrift vorkoramt. Es mag ja sein, dass Glaus schon früher so dachte, aber ausgesprochen hat er es damals nicht, folglich konnte ich auch vor vier .lahren nicht dage- gen opponiren und Claus erst recht nicht einen solchen Widerspruch als Thatsache hinstellen. Der letztere ist ferner schon dadurch völlig ausgeschlossen, dass ich selbst das, was Claus allenfalls in seinen Abbil- dungen andeutete, nämlich die Beziehung gewisser Tentakel zu den 1 Das Scyphostoma von Nausithoö ist nach den Beobachtungen von Lo Bianco und Paul Mayeh (Zoologischer Anzeiger 1890, Nr. 351) die Spongicola fistularis, deren Tentakel nach Schulze in unbeständiger Zahl bis zu 40 auftrelen. 39 Ephyralappen in den Worten ausdrückte: »Wichtigerscheint es mir aber, dass die acht Stanunlappen nach Lage und Zahl genau den acht ersten Tentakeln entsprechen« (7, p. 33) L Damit ist hinlänglich erwiesen, welchen Unterschied ich mache zwischen einer regelmäßigen Maximal- zahl der Tentakel , welche ich als allgemeine Regel bestritt und be- streite, und der Beziehung von acht oder sechzehn unter den beliebig vielen Tentakeln zu den Ephyralappen , welche ich selbst behauptete, also nicht in einem Athem bestritten haben kann , auch wenn sich etwas davon im Cr.AUs’schen Text befunden hätte. Trotzdem identificirt Claus vor seinen Lesern meinen berechtigten Widerspruch gegen jene Maximalzahl mit einem angeblichen Wider- spruch gegen jene Beziehungen, deren Erörterung er sich selbst zu- schreibt, obgleich von uns Beiden ich allein sie ausdrücklich hervor- hob. Wie Claus ein solches nicht weiter diskutirbares Verfahren ver- treten will, ist seine Sache. Thatsache ist für mich nur, dass er mich auch bei dieser Gelegenheit in ganz unerhörter Weise als Beobachter, Denker und Kritiker zu verdächtigen suchte , und dass trotzdem aus dem Wust seiner Polemik klar hervorgeht: 1) dass mein Einspruch gegen die Allgemeingültigkeit einer bestimmten Maximalzahl der Scy- phostomententakel berechtigt war, 2) dass die davon ganz verschiedene Behauptung einer bestimmten Beziehung gewisser Tentakel zu den Ephyralappen von mir nicht nur nicht bestritten , sondern früher als von Claus ausgesprochen ist. Ich möchte aber durch den voranstehenden Exkurs die Ansicht nicht auf kommen lassen, als hätte ich meine Entwicklungsgeschichte der Aurelia mit einer längeren Auseinandersetzung Über eine so unter- geordnete Frage, wie es die angebliche Maximalzahl der Tentakel ist, unnöthigerweise besclnvert. Meine bezügliche, gegen Claus gerichtete Bemerkung füllt noch nicht eine ganze Zeile unter dem Strich (7, p. 23). Was ich über die Tentakelzahlen vornehmlich zu sagen hatte, betraf etwas ganz Anderes. Vor meinen Untersuchungen waren von dem inneren Bau der Scyphostomen nur die vier Magenfalten bekannt, welche zudem später als die ersten Tentakel erscheinen sollten. Es war daher ganz natür- lich, dass man damals die ursprüngliche Strahlgliederung unserer Lar- ven in den Tentakeln erblickte und dass z. B. Claus die Vierstrahlig- 1 Claus sieht freilich in diesem Satze eine bloße Wiederholung einer That- sache, »welche bereits längst über jeden Zweifel klar ausgesprochen und erwiesen war« (5, p. 25). Da er aber selbst sie früher jedenfalls nicht ausgesprochen hat, sondern erst jetzt darauf gekommen ist, so scheint jene Wiederholung doch nicht überflüssig gewesen zu sein. 40 keit dor jungen Scy])liosloinen eben so durch ihre vier ersten Tentakel bestimmt fand, wie diejenige der Aktinienlarven durch ihre vier Sef)- ten oder Magenfalten (1 , p. 9). Oadurch gab er deutlich genug zu verstehen, dass er die durch die Tentakel gegebene Eintheilung keines- wegs auf den Peristomrand beschränkt wissen wollte , sondern darin die wirkliche Antimerenzahl der Larven sah; wie er dann noch 1880 »viergliedrig« und » vierstrahlig« in gleichem Sinne von den Becher- und den Beutehjuallen brauchte (2 p. 285, 287). Gegen diese Auffassung habe ich mich entschieden ausgesprochen, und zwar auf Grund des Nachweises, dass eine innere Strahlgliederung der Scyphoslomen bereits vor dem Erscheinen der Tentakel in den Magentaschen gegeben und jeder Tentakel nur eine sekundäre Anfangs- bildung einer schon vorhandenen Magentasche sei, so dass die Tentakel für die Strahlgliederung nur die Bedeutung hätten , ein äußerliches Merkmal der im Inneren bereits vollzogenen Gliederung zu sein (7, p. 19). Die Tentakel bestimmen daher in keiner Weise die Strahlgliederung der Scy p h os to in e n. Da ferner die von mir sogenannten sekundären Magentaschen durch ihre rudimentäre Bildung gegenüber den vier primären völlig zurücktreten, so ist die ursprüngliche und bis zur Metamorphose erhaltene wirkliche Strahlgliederung der Scyphostomen in der Vierzahl der Magentaschen gegeben, welche sich in den Septen und Magenfalten wiederholt (7, p. 20). In Folge dieser auf meine Beobachtungen gestützten Darstellung unterscheidet jetzt Claus zwei Gliederungen des Scyphostomenkörpers, eine äußere, peripherische, welche sich in den Beziehungen der 1 6 Normaltentakel zu den Ephyralappen ausspreche, und eine innere Antimerengliederung. »Für die Antimerenzahl hat selbstverständlich die peripherische Gliederung überhaupt keinen bestimmenden Werth, denn diese liegt zunächst vorgezeichnet in der Vierzahl der Divertikel und diesen entsprechenden Primärtentakeln, sowie der inlerradialen Täniolen und ist nicht erst von Goette als die Grundzahl für den ra- diären Scyhostomen- und tetrameralen Scyphomedusen- bau erkannt und nachgewiesen worden« (5, p. 22). Mit voller Evidenz umschreibt hier Claus meine obigen, aus mei- ner Entwicklungsgeschichte der Aurelia entnommenen Sätze ; nur hat er seiner Gewohnheit gemäß der nicht zu umgehenden Bestätigung die Form einer Wiederholung seiner eigenen Beobachtung und Auffassung gegeben. Er nennt es jetzt selbstverständlich, dass die durch die Tentakel gekennzeichnete Gliederung die Antimerenzahl des Scypho- stoma nicht bestimme; diese Selbstverständlichkeit muss ihm aller 41 (loch erst nach seinen früheren Arl)eilcn erstanden sein, da er damals, wie ich eben zeigte, die viorzähligeAntinieriedesScyphostoma zu allei- erst in den vier ersten Tentakeln entdeckte. Wenn er ferner die grundlegende Vierzahl jetzt in den Divertikeln, d. h. den vier primären Magentaschen, den zugehörigen Primärtentakeln und interradialen lä- niolen, vorgezeichnet sieht , und wir die Tentakel als sekundäre An- hangsbildungen füglich weglassen können, so ist dies eben eine Wieder- holung meiner Darstellung und kann dies nur sein, da ja Claus erst durch die letztere mit der Existenz und Entwicklung der Magentaschen, welche jeweils derjenigen der Tentakel vorausgeht, bekannt wurde. Kurz, ich finde in jenen Sätzen von Claus thatsächlich nur eine Bestäti- gung meiner Beobachtung und Auffassung, deren Gegenstand ihm frü- her durchaus unbekannt war. Freilich weist der Schlusssatz von Claus diesen meinen Anspruch ausdrücklich und mit dem Pathos eines undiskutirbaren Rechts zurück. Den Schein dieses Rechts hat sich aber Claus nur dadurch zu sichern gewusst, dass er unserem Gegenstand recht geschickt ein neues, gar nicht hingehöriges Moment einfügt. Er bestreitet nämlich nicht einfach, dass die Grundzahl vier der Scyphostomen in dem angegebenen Sinn von mir zuerst nachgewiesen sei, sondern fügt den Scyphostomen noch hinzu »und tetrameralen Scyphomedusen«. Bezüglich der letzteren spricht Claus zweifellos eine unbestreitbare Thatsache aus ; denn die Grundzahl vier in der Strahlgliederung der Lucernarien etc. ist lange vor meinen Untersuchungen bekannt gewesen. Da dies aber selbst- redend von mir niemals auch nur andeutungsweise angezweifelt wurde und ferner gar nicht in die Diskussion der konkreten Entwicklungs- vorgänge bei den Scyphostomen gehört , so ist jener Zusatz von Claus an der citirten Stelle sachlich durchaus unangebracht und soll unver- kennbar nur dazu dienen , auch dem ersten Theil des Satzes einige Wahrscheinlichkeit zu verleihen. Nun, wir werden ja gleich sehen, welchen Erfolg dies gegenüber einer näheren Kritik hat. Vorerst haben wir es mit der Behauptung von Claus zu thun, dass die Vierzahl der Magentaschen, bezw. der Septen und Täniolen als Grundzahl in der Gliederung der Scyphostomen schon vor mir gegolten habe. Wo in aller Welt ist denn dies geschehen? Ich weiß es nicht, aber Claus, der die von mir angeblich verkannten Autoritäten vertritt, muss es doch wissen; was findet sich also bei ihm davon? Ihm seihst und allen anderen Beobachtern waren die eigentlichen Magentaschen (Divertikel) ganz unbekannt; folglich konnte, wie schon bemerkt, damals die Gliederung der Scyphosto- men in dem einzig rieh tige n Sinn, nämlich nach Zahl und 42 Lage jener Magontaschen , wie es jetzt Claus seihst angieht, üher- haupt nicht anerkannt sein. Erst nachdem ich die Entwicklung dieser Taschen in den jüngsten Scyphostomen nachgewiesen hatte, war die Möglichkeit gegeben, eine zweifellos ursprüngliche Antimerie' die- ser Larven, vom ersten Augenhlick ihrer inneren Entwicklung an, ehen durch die Magentaschen festzustellen. Oder sollten die althekannten füniolen, da sie doch mit den (irenzen der Magentaschen zusamraenfallen, auch vor meiner Entdeckung die ursprüngliche und grundsätzliche Viergliedrigkeit der Scyphostomen genügend begründet haben? Keineswegs; denn ob sie nun nach Claus erst bei achtarmigen oder schon bei vierarmigen Larven auftreten , so hätte die Antimerie vorher fehlen oder vielmehr, da die Lage und Zahl der ersten vier bis acht Tentakel eine mit der später kenntlichen Anti- merie streng korrespondirende ist, eben in diesen Tentakeln begründet sein müssen. Wie denn auch in der That Claus selbst in den vier er- sten Tentakeln den ersten, ursprünglichen Ausdruck der Viergliedrig- keit der Scyphostomen »erkannte und nachwies« (s. o.). Dadurch waren aber die angeblich erst später auftretenden Täniolen als ur- sprüngliche Träger der Antimerie und somit der Nachweis einer solchen ursprünglichen von den Tentakeln unabhängi- gen Gliederung unmöglich gemacht. Daraus geht also hervor, was ich bereits in meinem Buch bemerkt habe (7, p. 20), dass die Vierzahl im Bau der Scyphostomen früher »nicht eigentlich übersehen, sondern nur auf die Unrechten Entwick- lungserscheinungen zurückgeführt worden ist« , nämlich auf die Tenta- kel, w'elche die Strahlgliederung der Scyphostomen, wie mir Claus jetzt ganz richtig nachspricht, gar nicht wirklich bestimmen können. Wenn trotzdem meine Auffassung, dass lediglich die vier Magentaschen die grundsätzliche und ursprüngliche Antimerie der Scyphostomen begründen, keine originelle sein soll, wo hat sie dann vorher ge- steckt? Nun, ich will die letzte Möglichkeit, die Behauptung von Claus zu stützen, nicht unberücksichtigt lassen, zumal er sie durch die Erwäh- nung der tetrameralen Scyphomedusen angedeutet zu haben scheint. Wenn nämlich schon Aoassiz, Korotneff, Taschenberg, denen sich Claus anschloss (1 , p. 17, 56), die unzweifelhaft viergliedrigen oder vierstrahligen Lucernarien für geschlechtsreif gewordene Scy|iho- stomen erklärten, so mussten diese letzteren nothwendigerweise in demselben Sinne als viergliedrige »erkannt und nachgewiesen« sein. Ich habe schon in meinem Buch gezeigt (7, p. 59, 60), wie unbe- gründet damals jener Vergleich war, will aber nichtsdestoweniger den 43 Gegenstand noch einmal an der Hand der CLAOs’sclien Mittheilungen darüber erläutern. Gi.\us erblickt die Viergliedrigkeit der Lucernarien in ihren Ga- straltaschen und Sepien (2, p. 285). Diese Theile sollten aber gerade den Scyphoniedusen fehlen, welche »vornehmlich den Stiel der Lucer- narien« mit einer flachen Mundscheibe darstellen, so dass ihre »Gastral- cavilät noch ganz Stielkanal oder Grundmagen mit vier Magenrinnen« ist (3, p. 1 4). Sollten daher die Scyphostomen mit den wesentlichen Merkmalen der Lucernarien ausgestattet gedacht werden können , so müssten nach Claus »ihre vier Gastralwülste mit der umfangreichen, nach Art einer Subumbrella trichterförmig eingezogenen Mundscheibe« verwachsen und so die vier weiten Gastraltaschen bilden (2 , p. 285). Aus dieser Schilderung der Verschiedenheit im Bau der Scyphostomen und Lucernarien geht aber hervor, dass vor dem Erscheinen meiner Arbeit nach dem eigenen Zeugnis von Glaus allenfalls von einer ganz allgemeinen und vorherrschend äußerlichen Ähnlichkeit beider For- men, aber nicht von ihrer Übereinstimmung in allen wesentlichen Organisationsverhältnissen, namentlich in der Gliederung des cölen- terischen Apparates hätte gesprochen werden können. Mit welchem Recht hätte also damals die auf die Magentaschen gegründete Vierglie- drigkeit der Lucernarien auf die Scyphostomen übertragen werden können? Was sollte unter solchen Umständen der Vergleich beider Formen und gar die Phrase von den Lucernarien als geschlechtsreif gewordener Scyphostomen? Mehr als ihre vier Täniolen bekamen die Scyphostomen trotz aller Vergleiche in den Augen jener früheren Be- obachter nicht ; und somit wären wir auf dem alten Punkt angelangt, wäre auch der untersuchte Vergleich zur Stütze der GuAus’schen Behaup- tung vergeblich gewesen. Denn selbstredend kommt es hier nicht darauf an , dass ich selbst später die vollständige Homologie zwischen Scyphostomen und Lucernarien , in Magentaschen und Septen, in der Subumbrella und selbst den eigenthümlichen Subumbrellartrichtern nachgewiesen habe (7, p. 60), sondern darauf, dass diese Homologien- vorher nicht bekannt gewesen waren, und folglich auch nicht als Beweis für eine sonst unbegründete Behauptung herangezogen werden konnten. Ich bleibe also dabei: die Vierzahl in der Gliederung der Scypho- stomen hat man früher allerdings nicht übersehen, aber weder gebüh- rend beachtet, noch gar auf die rechten Theile bezogen. Und desshalb beharre ich auf meinem Anspruch, dass nachdem ich die ursprüng- lichen Magentaschen entdeckt, in ihnen auch die ursprüngliche und grundsätzliche Strahlgliederung der Scyphostomen von mir zuerst »erkannt und nachge wiesen« wurde. 44 noch will ich hei der formalen Vcrlheidigung meines Rechts nicht stehen bleiben, sondern auch die weitere Bedeutung meiner Auffassung vollends klar stellen. Ich zeigte, dass die Tentakel der Scyphostomen ihre Strahlgliederung nicht bestimmen könnten, und dass auch die Taniolen dazu früher nicht ausreichten, weil ihre Entstehung zu spät angesetzt wurde. Nachdem ich aber nachgewiesen, dass die Taniolen gleichzeitig mit den ersten Magenlaschen entstehen, fällt jener Ein- wand ihrer Unzulänglichkeit fort und entsteht die Frage, ob sie von jetzt ab für die Bestimmung der Strahlgliederung immer noch als bloBe Grenzmerkmale der|Magentaschen in zweiter Reihe zu stehen hätten und nicht vielmehr verdienten darin den Magentaschen wenigstens koordinirt oder sogar vorgezogen zu werden. Ich wies ihnen jene zweite Stelle an, indem ich in ihnen bloß eine Wiederholung der Vierzahl der Magen- laschen, aber in anderen Radien, erblickte (7, p. 20) ; Claus stellt sie für die Antimerie den Magentaschen gleich (5, p. 14). Man könnte aber wie bemerkt selbst daran denken, dass die Täniolen den Vorzug vor den Magentaschen verdienten, w'eil ihre Reste, die Septalknoten und Magenfilamente auch bei den Discomedusen dauernd erhalten bleiben , w enn die vier primären Magentaschen schon längst ver- schwunden sind, weil ferner die eben so ausdauernden Septaltrichter, bezw. Subgenitalhöhlen mit ihnen in die gleichen Radien fallen. Mei- ner Ansicht nach verdienen aber die Täniolen gerade wmgen der aufge- führten Umstände nicht nur keinen Vorzug vor den Magentaschen son- dern nicht einmal eine Koordinirung mit denselben und müssen ihnen unbedingt untergeordnet vverden. Wollte man die Täniolen zur Grundlage der Strahlgliederung er- heben, so gäbe es nur vierstrahlige oder viergliedrige Scyphomeduseu, weil jene Grundlage bei ihnen allen ohne Ausnahme, wenn auch in w'echselndem Umfange ausdauert. Mit Recht wird aber jener Name nur auf die Stauro- uud Cubomedusen beschränkt, und werden die übrigen Scyphomedusen als acht- oder besser mehrzählige von den ersteren prin- cipiell getrennt (Claus). Diese zw eite Gliederung beruht aber ganz aus- schließlich auf der Bildung des Kranzdarmes, d. h. der ursprünglichen Ma- gentaschen, welche eine entsprechende Rolle auch beiden tetrameralen Scyphomedusen oder den Scyphostomiden spielen. Unter solchen Um- ständen sollte man unbedingt dem einheitlichen Eintheiluugsprincip oder eben den Magentaschen den Vorrang einräumen. Sie allein können die wechselnde Gliederung aller Scyphomedusen bestimmen, obsienun in ihrer ursprünglichen Bildung und der Vierzahl beharren , oder durch eine eingreifende Metamorphose eine Neuordnung (acht und mehr Mar- ginaltaschen) begründen. Daran w'ird nichts geändert, ob man sich des 45 Weiteren l'ilr die allgemeine Zweitheilung (Tetra-Octomeralia vgl. Claus, 4] oder die von nur vorgeschlagene Dreitheilung: Scyphosto- inidae, Scyphephyridae, Ephyridae — entscheidet. III. Die Metamorphose des Scyphostoma. Der Übergang des Scyphostoma in das Ephyrastadium wird durch die Entstehung des M a ge n ta s ch en ra um es eingeleitet. Diese zu- erst von SciiNEiDEii als »Ringkanal« beschriebene Bildung vsurde von Claus Anfangs geleugnet (1, p. 18), später freilich anerkannt, ihre Ent- wicklung aber in einer Weise geschildert, w'elche es beinahe unmög- lich macht, seine eigentliche Ansicht zu erfahren (3, p. 1 4). Nach seiner früheren Vorstellung enthielt das Scyphostoma nur den Grundmagen mit vier Magen- oder Gastralrinnen , aber keine Magen- oder Radial- taschen; die Entstehung dieser Taschen verlegt Claus desshalb in die ) im erstenAnfang der Strobilisirung begriffenen Scyphostomen« (a.a. 0.). Die neugebildetn vier Taschen öffneten sich an der Peripherie in ein- ander und bildeten so den fortlaufenden Ringsinus. Diese vier Kom- munikationen entständen aber dadurch, dass die Entodermmassen der darüber liegenden Septaltentakel , um an ihren Platz zu gelangen, die Magenfalten umw'üchsen und von der Umbrellarw^and abtrennten (vgl. p. 34). Natürlich konnte diese Thätigkeit der in Entwicklung begriffe- nen Septaltentakel spätestens in den Beginn des achtarmigen Stadiums fallen, w’elches eben durch die Erscheinung jener Tentakel zu Stande kommt; trotzdem w'urde der unmittelbare Erfolg, die Kommunikation der dem Scyphostoma angeblich noch fehlenden Taschen in den Be- ginn der Strobilation verlegt — viele Monate später ! Und da soll man noch an eine direkte Beobachtung aller dieser Dinge mit Hilfe von Quer- durchschnitten, wie Claus angiebt, glauben? — Nun, glücklicherw'eise verlangt er es jetzt, wie wir gleich sehen w^erden, nicht mehr. Mit vollem Hecht konnte ich diese CuAus’sche Darstellung als un- zutreffende zurückweisen (7, p. 31 — 32), namentlich weil die Taschen schon von Anfang an bestehen und weil bei ihrer Lage, über dem Ni- veau der Magenfalten, die aus ihrem oberen Rand entspringenden Tentakelachsen die Magenfalten gar nicht umgreifen und von der Wand trennen können (vgl. p. 34). Vielmehr entstände der Magentaschen- raum einfach dadurch, dass die Septen zwischen den ursprünglichen Magentaschen »schwinden«, »durchbrochen werden« (Septalos tien). Und da dies zuerst an der Außenseite der Septen geschähe und ab- wärts fortschritte, werde das Septum, bevor es ganz schw indet, in eine proximal befestigte und mit freiem Rande zw'ischen je zwei Magen- 4G Inschon vorspringcmie Falte verwandelt oder, was dasselbe ist, zu- nächst nur von der AuBenwand ' Exund)rella) abgelüst (vgl. 7, Fig. 03). Nachdem aber die ganzen Septen verschwunden, sind auch die Magen- taschen zu einem einheitlichen Magentaschenraum zusanjmengeflossen. Der Septenschwund setzt sich aber ferner auf die kontinuirlich ange- schlossene Täniole, und zwar ebenfalls auf deren distale, an die Exum- biella angeheftete 1 heile lort, so dass zuletzt von den Täniolen nur deren dem Centralmageu zugekehrte gekräuselte Bänder mit der Be- testigung einerseits an der Subuinbrella , andererseits im Grunde des Magens, Zurückbleiben — die Columellae. Hören wir jetzt die Erwiederung von Claus. Da heißt es erstens, dass er seine frühere Darstellung von der Entstehung des Magen- taschenraumes und seiner weiteren Gliederung »im Wesentlichen auf- recht erhalte« und »nur in so fern eine Änderung im Ausdruck und in der Deutung für einige der beschriebenen Verhältnisse« für erforderlich ansehe , als seine Ansicht von der sekundären Entstehung der Magen- taschen von den Magenrinnen aus, ferner von der Zeit und den Ursachen der Bildung des Ringsinus für eine irrige erklären müsse (5, p. 28). Dieser entstände vielmehr in der That so, dass die an einander stoßen- den Wandungen der primären (d. h. von Anfang au bestehenden) Magen- taschen, was ich eben die Septen nenne, im Beginn der Strobilation durchbrochen würden. Dieses unumwundene Zugeständnis eine bloße »Änderung im Aus- druck und in der Deutung« zu nennen, welche an der früheren Darstel- lung im Wesentlichen nichts ändere, ist denn doch etwas stark. Was bleibt denn, kann man eher fragen, von jener Darstellung überhaupt unverändert? Doch nicht, dass ein Ringkanal oder Magentaschenraum in den Scyphostomen überhaupt vorkommt? Denn dies ist schon von ScuNEiDER und in Bezug auf die Zeit ganz richtig festgestellt und von Claus erst nach längerem Zweifeln anerkannt worden. Claus eigen- thümlich war nur die Beschreibung jenes Vorganges, und diese ist nach meinen Beobachtungen durchweg falsch. Dass Claus dies jetzt zuge- steht und darauf meine Darstellung wiederholt, nennt man im Deut- schen nicht »Änderung im Ausdruck und in der Deutung«, sondern Widerruf des Irrthums und Anerkennung der Zurechtstel- lung. Wenn Claus ferner auch bei dieser Gelegenheit verschweigt, wo- her seine gegenwärtige bessere Einsicht stammt, so wollte ich ihm dies noch hingehen lassen; ich kann aber unmöglich dazu schweigen, dass er hintennach den Versuch wagt, meine ganze Korrektur als eine lä- cherliche Wortklauberei hinzustellen und das Verdienst der eigentlichen 47 uiul wesentlichen Verbesserung^ seiner früheren Darstellung^ sich selbst zu vindiciren. Claus meint, wenn ich seine Beschreibung, dass »die Wandungen der Magentaschen die Magenfalten umwachsen und diese von der Wand abtrennen«, für unzutreflend erklärte, so sei meine eigene »Angabe einer Lostrennung der Falten von der Exumbrellarvvand mindestens eben so wenig zutred'end«. Denn dieser Ausdruck besagte »mit anderen Wor- ten ganz dasselbe«, wie sein Ausdruck »Sonderung des Täniolenstückes von der Wandfläche«. «Es handelte sich also auch hier wieder um eine Korrektur, bei welcher die vermeintliche Richtigstellung lediglich auf einer Veränderung der Ausdrucksweise beruht« (b, p. 28, 29). Also weil ich bei der Schilderung des Magentaschenraumes ebenfalls von einer Ablösung der Magenfalten rede, soll meine Darstellung sachlich mit derjenigen von Glaus übereinstimmen; und weil ich jene Ablösung mit anderen Ausdi'ücken bezeichne als Glaus, reducire sich mein gan- zer Widerspruch auf diese Wortdifferenz. Ich bewundere den Muth, so etwas drucken zu lassen, da der voll- kommen abweichende Thatbestand von keinem aufmerksamen Leser übersehen werden kann. Habe ich denn an der Beschreibung von Glaus die Ablösung der Magenfalten von der Außenwand angegriffen, welche ich ja selbst angab, und nicht vielmehr die völlig konfuse Dar- stellung der Ursachen jener Ablösung? Meine kurze gegen Glaus ge- richtete Kritik (7, p. 32) verwirft von seinen Angaben ausdrücklich; 1) die falsche Zeitangabe — von Glaus zugestanden — , 2) das Umgrif- fenwerden der Magenfalten durch das übrige Entoderm, wodurch ihre Ablösung eintreten soll — von Glaus ebenfalls indirekt aufgegeben — und schließt: »Wie denn überhaupt die ganze Beschreibung sehr wenig der einfachen Thatsache entspricht, dass die trennenden Scheidewände der Magentaschen (Septen) und ihre Fortsetzungen in den Magenfalten schwinden.« Mit den Worten: Rückbildung, Durchbruch, Schwund habe ich den bezüglichen Vorgang bezeichnet und, wie schon bemerkt, von der Ablösung der Septen und Magenfallen erst in zweiter Linie ge- sprochen und zwar in so fern jener Schwund an ihrer Außenseite be- ginnt, wobei ihre Innenhälften noch erhalten, also von der Außenwand abgelöst erscheinen. Wie man sieht, gilt auch hier: si duo faciunt idem, non est idem; als Glaus von der Ablösung der Magenfalten sprach, war es ein grober Irrthum, als ich dasselbe angab, war und blieb ich im Recht. Dass Glaus dies missverstand, bedauere ich; dass dies sonst irgend .Jemand missverstehen könnte, bezweifle ich. Nachdem aber Glaus seine frühere Darstellung hat aufgeben müs- sen, will er von der Ablösung der Magenfalten überhaupt nichts mehr 48 wissen: es künne davon, auch so wie ich es hcschriehen , keine Rede sein. »Der Vorgang seihst ist viehnehr in der Weise zu erklären, dass die l>ei Cotylorhiza schon im achtarmigen Stadium an einander stoßen- den Entodermwilnde benachl»arter Magensäcke verschmelzen und per- foriren« (5, p. 28). Mit welcher Logik es Claus fertig bringt, zwischen der Durchbrechung der Septen und Magenfaltcn an ihrer Außenseite und ihrer nothwendig daraus folgenden Ablösung von der Außenwand einen unvereinbaren Gegensatz herzustellen, kann ich füglich auf sich beruhen lassen; denn meine Beobachtungen werden durch solche leere Worte nicht beseitigt. Bemerkenswerth bleibt nur, dass Claus in dem citirten Satze eine Erklärung des fraglichen Vorganges bringt, welche schon durch ihren angeblichen Gegensatz zu meiner, von ihm eben verworfenen Ansicht, den Schein hervorruft, der kritischen Über- legung von Claus — von neuen Beobachtungen ist hier durchweg nicht die Rede — entsprungen zu sein. Also wäre am Ende erst Claus hinter die wahre Entwicklungsgeschichte des Magentaschenraumes gekommen, indem er gleichzeitig sich selbst und mich korrigirte? — Die Antwort ist sehr einfach; seine »Erklärung« ist eine bloße Wiederholung mei- ner Darstellung von dem Durchbruch der Septen (s. o.), nämlich »der an einander stoßenden Entodermwände benachbarter Magensäcke«, von denen ja Claus früher keine Ahnung hatte. Auf diese Weise hat es Claus versucht, seine Niederlage auf Kosten des Gegners abzuschwächen. Es wäre ihm vielleicht auch gelungen, wenn ich nicht dazwischen kam, und so lohnte es für ihn immerhin, den Versuch zu wagen. Auch in Betreff der Entwicklung der Randtheile der Ephyra habe ich Claus mehrfach korrigiren müssen. Bei den »Marginallaschen« will ich mich nicht lange aufhalten; Claus erkennt wohl die Richtigkeit mei- ner Beobachtungen an, hält sie aber für nebensächlich und zuletzt meine »vermeintliche Korrektur« für überflüssig, für einen Streit mit Worten (5, p. 31). Nun, dass Claus meine Beobachtungen möglichst niedrig schätzt, ist ja nichts Neues mehr; es genügt, dass er sie anzuerkennen sich gezwungen sieht. Anders liegt die Sache bezüglich des Lappenkranzes der Ephyra; denn in diesem Falle bezeichnet Claus meine Berichtigung seiner Angaben als unbegründete und irrige, weil ich seinen Text falsch inlerpretirt hätte. Angesichts der Thalsache, dass von den Randan- hängen der Ephyra zuerst die acht Stammlappen in Form dreieckiger, dann halbkreisförmiger Läppchen entstehen und darauf erst die sech- 49 zehn FlUi^oIlappen aus il\nen hervorwachsen (vgl. Fig. 21), hatte ich die gegentheilige Darstellung von Ci.aus bestritten (7, p. 33, 3i). Ich bezog mich dabei auf die folgende Beschreibung von Claus (3, p. 10). »Die Theile des Lappenkranzes entstehen nicht etwa als Abschnitte der ra- dialen, dreis|)allig werdenden Tentakeln, sondern wachsen zwischen den sechzehn Tentakeln als eben so viele wulstförinige Auftreibungen her- vor, welche sich paarweise an der Basis der acht radialen Tentakeln anordnen.« »Noch bevor sich die Wülste zu Lappen entwickeln, be- ginnt die Bückbildung der Tentakel«, von denen es gleich darauf heißt, dass sie also »einem System pararadialer zu den acht Lappenpaaren sich umgestaltender Anhänge weichen«. Zum Überfluss citire ich noch p. 1 5 Anm. : »Als pararadial bezeichne ich die durch die Mitte der sech- zehn Ephyralappen gelegten Radien.« Zusammengefasst heißt dies: der Lappenkranz »entsteht« mit sech- zehn wulstförmigen Vorsprüngen , welche sich zu den sechzehn para- Fig. 21 . Fig. 22. Fig. 21. Uinriaso der Stammlappon mit den allmälilich aus ihnen hervorwachsenden Flügel- lappen. Fig. 22. Ein Stück eines vorwachsenden Lappenkranzes nach Claus (3, Fig. 2G). st Stamm- lappon, fl Flügellappen, t Tentakel. radialen Lappen oder eben zu den von mir sogenannten Flügellappen entwickeln. Dies wird noch durch die von Glaus bei seiner Beschrei- bung citirten Abbildungen bestätigt, von denen ich hier die Kopie eines Stückes vom jüngsten dort dargestellten Lappenkranze wMedergebe (Fig. 22). Ein Vergleich dieser Figur mit den wirklichen Umrissen der heran wachsenden Lappen (Fig. 21) beweist mir auf das Klarste, dass Claus ein vorgerücktes Stadium für ein ursprüngliches hielt und dass unter jenen wulstförmigen Auftreibungen zwischen den sechzehn Ten- takeln in derThat die sechzehn Flügellappen zu verstehen sind, welche also nach Claus die erste Anlage des Lappenkranzes bildeten. 50 Diese meine Schlussfolgerung will Claus nicht gelten lassen, ein- mal weil meine Deutung der Vorsprünge nicht zutrell'e, und zweitens, weil sie eine Ungereimtheit behaupte. Aus dem Zusammenhänge sei- ner Darstellung und »aus den spitter folgenden Angaben über die Ent- wicklung der Flügellappen als Auswüchse der wulstfilrmigen Auftrei- bungen geht doch klar hervor, dass mit diesen lediglich die seitlichen Vorsprünge der Stammlappen gemeint sein könnten a, aus denen erst später die Flügellappen hervorwüchsen (5, p. 25). Ich kann diese Er- klärung nicht bestätigen. Denn abgesehen davon, dass die citirte Be- schreibung und die Abbildungen eine andere Deutung, als wie ich sie gab, nicht gestatten, finde ich als jene »späteren Angaben über die Entwicklung der Flügellappen« nur den Ausdruck: »jedes am llandwulst hervorwachsende Lappenpaar« und die Beschreibung von Durchschnit- ten durch vollständig entwickelte Stamm- und Flügellappen (3, p. 13j. Diese Durchschnitte können natürlich über die fraglichen ersten Vor- sprünge nichts entscheiden; und eben so bleibt es unerfindlich, wie aus der Erwähnung eines nicht weiter erläuterten »Handwulstes« die Deu- tung der sechzehn Vorsprünge als Seitenecken der Stanunlappen »klar hervorgehen« soll. Kurz, wenn Claus fortfährt dies zu behaupten, so ist doch der von ihm versuchte Beweis missglückt. Des Weiteren erklärt es Claus für eine Ungereimtheit, wenn nicht absichtliche Entstellung, ihm die Meinung unterzuschieben, »dass die Taschen der Flügellappen früher als die der Stammlappen entständen«. Da ich jedoch in der Erörterung dieser Zeitfolge Claus gegenüber nur von den Lappen und nicht von ihren Taschen gesprochen habe, so stammt der citirte Satz natürlich nicht von mir. Und auf Grund dieses falschen Citats erlaubt sich Claus die vorhin genannten Urtheile Uber meine angebliche Auslegung! — Wollen wir aber auch annehmen, dass er statt der von ihm genannten Taschen die Lappen meinte, so ist darum sein Urtheil, dass meine Auslegung seines Textes ungereimt und nur die seinige zulässig sei, um nichts besser begründet. Mir wenigstens scheint es um nichts vernünftiger, zu sagen, von den acht Stammlappen entstehen zuerst ihre sechzehn getrennten Ecken, als : von der ganzen Lappenbildung erscheinen zuerst die zwei äußeren Fortsätze der Stamm- lappen, d. h. die Flügellappen. Denn die zwei getrennten Ecken sind noch immer nicht der ganze Staminlappen und andererseits thatsächlich identisch mit den Anlagen der Flügellappen (vgl. Fig. 21). Ich könnte also mit dem Ergebnisse abschließen, dass meine Aus- legung der CLAUs’schen Beschreibung richtig ist und ihm keine größere Ungereimtheit unterstellt, als er in der von ihm vertretenen Lesart sieh selbst vindicirt, welche zudem mit dem wirklichen Thatbestand nicht 51 übereinsliinmt. Nun finde ich aber bei erneuter Durchsicht der Cl-vus- schen Abhandlung an einer früher von mir übersehenen Stelle einen Satz, welcher die Anlagen des Lappenkranzes, wenn auch ganz kurz, doch richtig bezeichnet als »acht Anfangs einfache, später in der Mitte eingebuchtete Vorwölbungen« (3, p. 9). Ich will dieses mein Versehen nicht verschweigen, wenn es auch von Claus selbst nicht bemerkt wor- den ist und dadurch erklärlich erscheint, dass der genannte Satz nicht in den besprochenen, auch von Claus allein berücksichtigten, also doch wohl maßgebenden Beschreibungen, sondern an einer anderen, frühe- ren Stelle vorkommt. Doch wird durch diese nachträgliche Entdeckung die Position von Claus nicht gerade verbessert. Zunächst bleibt meine Kritik jener maßgebenden Beschreibung davon unberührt, selbst wenn man die CuAUs’sche Deutung zulassen wollte, dass der Lappenkranz mit den sechzehn durch die Tentakel getrennten Ecken der Stammlappen »entstehe«. Denn auch dies ist und bleibt unrichtig und widerspricht daher auch seinem früheren richtigen Satz, dass der Lappenkranz mit weder getheilten noch ecki- gen Vorsprüngen beginnt. Folglich hat Claus jetzt von diesen beiden einander widersprechenden Angaben gerade die richtige scheinbar ver- gessen und vertheidigt vielmehr die unrichtige, und noch dazu mit einer offenbar gezwungenen Deutung, um nicht zuzugeben, dass er den bereits ziemlich weit entwickelten, mit den Flügellappen versehenen Stammlappen irrthümlich für dessen erste Anlage gehalten hat. Und Angesichts dieser Konfusion, dieser Widersprüche und gekün- stelten Erklärungen weiß sich Claus zuletzt nicht besser zu helfen, als indem er den von mir gebrachten Nachweis seines Irrthums eine »wenn nicht absichtliche Entstellung, so doch eine Ungereimtheit« nennt! — Da ich diesem Vorwurfe noch einmal an anderer Stelle und zwar mit einer gleich unhaltbaren Begründung werde zu begegnen haben, so scheint ja Claus in solchen Invektiven die ultima ratio zu finden, wenn ihn die prima ratio der Logik im Stiche lässt. Zu den charakteristischen Bildungen des Ephyrarandes gehören noch die einwärts von den Lappenausschnitten sitzenden Sinneskol- ben. Nach dem Vorgänge von Agassiz fasste sie Claus als die umge- bildeten Basalabschnitte der ursprünglichen Badialtentakel auf, wofür er als einzigen Grund anführte, »dass die Otoiithen in den Achsenzellen des Tentakelstummels abgelagert werden« (3, p. II). Nachdem ich auf Durchschnitten gefunden (vgl. Fig. 23,24), dass die Sinneskolben unter- halb der noch intakten, festansitzenden Tentakelbasis als hohle Aus- stülpungen der Subumbrella des Stamndappeus entstehen und erst 4* 52 Fig. ‘i3. Senkrechter Durchschnitt durch die Mitte eines Staminlappons von einem älteren Scyphostoma (7, Fig. II). Fig. 21. Dasselbe von einer Ephyrascheibe (7, Fig. 49) mit dom Sinneskolhen unter dem Tentakel. tlaniich iliro Otolitlion entvviokolii, musslo ich Jone AdAssiz-CLAus’scho Aurfiissuiig ;ils fiilscho liczeichnoM (7, |). :Ji, H7). Ci.aus erwicderl jetzt; er hätte hei seinen IVilheren IJntersuclnint'en ;in Clirys.'ior.'i allenJinüs in (len meisten Fällen das Verhältnis der Sinneskolben und Hadiärtentakel nicht l'est- zustellen vermocht; dagegen gelang ihm in einzelnen Fällen »der sichere Nachweis, dass die radialen Tentakelreste dem Sinneskolben aufsitzen und sich von demselben, als ihrem umgestalteten und als Sinnesorgan zurück- bleibenden Basalstücke aldösen. Der noch nicht vollkommen ausgebildete Bandkörper enthält nicht nur in seinem kurzen Stiele, sondern auch in dem kugeligen Köpfchen eine Centralhöhle des von der Magentasche aus eintretenden Entodermfortsatzes und in den Entodermzellen des Köpfchens sind be- reits die Krystalle abgelagert« (h, p. 27) . Also; in den wenigen Fällen, wo ihm überhaupt ein Nachweis ge- lang, fand er bereits einen kurzgestielten, hohlen Sinneskolben, w'el- chem Tentakelreste aufsaßen, dessen Auskleidung aber eine Ausstül- ])ung der Magentasche war und in ihren »epithelartigen« Zellen Krystalle enthielt. — Diese Beschreibung beweist nicht nur die früheren Angaben von Claus nicht, sondern ist mit ihnen einfach unvereinbar. Das oto- lithentragende Epithel der Sinneskolhen kann nicht zugleich aus den wohlbekannten, eigenthümlichen Achsenzellen des Tentakels und einer Ausstülpung der Magentaschen hervorgehen. Der nothwendige Schluss ist daher, dass Claus seine ältere Auffassung fallen lässt, und gegen- wärtig den Sinneskolben aus der Wand der Magentasche oder richtiger gesagt, des Stammlappens ableitet, also sich meiner Darstellung an- schließt. Freilich ist damit die gleichzeitige Schlussfolgerung, aus den an- haftenden Tentakelresten erw^eise sich der Sinneskolben als die umge- wandelte dazu gehörige Tentakelbasis, nicht wmhl verträglich. Dies ist aber, auch abgesehen von allen logischen Bedenken, nicht mehr so ernst zu nehmen , wie man aus dem folgenden unwillkürlichen Scherz von Claus ersieht ; ich selbst hätte eigentlich dasselbe behauptet, weil ich die Stammlappen, aus denen ich die Sinneskolben ableite, einmal »ge- wissermaßen die Basen der Tentakel« genannt hätte. Denn jeder Leser w'ird an dieser Stelle das Wort »gewissermaßen die Basen« natürlich nur in dem Sinne von »Träger« interprotiren. Oder sollte Claus mit 53 jener Bemerkung ernstlich versucht hal)cn, mich in den Augen seiner Leser auf den Standpunkt seiner eigenen Logik hinabzuziehen'? Wie dem auch sei, in Bezug auf die Entwicklung der Sinneskolben hat Clxcs seine frühere Angabe im wichtigsten Punkt in Übereinstim- mung mit meiner Beobachtung korrigirt und im Übrigen sich gehütet, mir irgend wie direkt zu widersprechen. IV. Die Deutung der Scyphostomen. In Folge der sehr verschiedenen Ergebnisse der Beobachtung von Claus und mir war naturgemäß eine Übereinstimmung unserer Deu- tung der Scyphostomen ausgeschlossen. Die Ansicht von Claus ist nicht immer die gleiche gewesen. In seiner ersten Abhandlung (I , p. 1 6 — 1 9) anerkennt er die von J. Müller hervorgehobenen Beziehungen der Scyphostomen und Anthozoen in Folge ihrer homologen Magenfalten, bemerkt aber dazu »ausdrücklich«, dass solche Magenfaltcn auch bei Hydropolypen verkämen, und dass daher das Scyphostoma einer indifferenten Stammform beider Polypen- formen entsprechen dürfte. Andererseits sei auch die Homologie der Scyphostomen und Lucernarien so unverkennbar, dass nach dem Vor- gänge anderer Forscher auch er die Lucernarien als geschlechtsreif ge- wordene Scyphostomen betrachte (a, a. 0. p. 56). Diese nach allen Seiten vermittelnde und daher völlig unbestimmte Auffassung von Claus fand damals ihren deutlichen Ausdruck in dem Satz: »ln Wahr- heit besteht ein fundamentaler Gegensatz von Scheibenquallen und Polyp überhaupt nicht, und man kann mit gleichem Recht die Scypho- stoma für eine polypenförmige Meduse, wie für einen medusenförmigen Polyp erklären« (1, p. 18). Ich brauche nicht weiter auszuführen, dass bei einem solchen Ge- sichtspunkt von einer wirklichen und besonderen Übereinstimmung des Scyphostoma mit irgend einer bestimmten anderen Cnidarierform damals überhaupt nicht die Rede sein konnte. In seiner 2. Abhandlung und dem Lehi’buch der Zoologie hat Claus die Homologien der Scyphostomen bereits bestimmter begrenzt. Sie werden erstens bis zur Strobilation durchweg Polypen genannt (3, p. 9, 14, 15); unter den Hydropolypen seien sie nur durch den Besitz der Magenfalten ausgezeichnet, aber mit allen Hydropolypen durch den Mangel eines Schlundrohres, der ihn umgebenden Magentaschen und Septen von den Anthozoen unterschieden (4, p. 236). Als weiterer Unterschied käme der von Claus schon früher (1, p. 17) erwähnte Um- stand hinzu, dass die Anthozoen ausschließlich interseptale Tentakel, 54 die Scyphoslometi auch Seplallenlakel l)esiißen. — Andererseits wendet sich CiAUS in der zweiten Abhandlung, entgegen seiner früheren An- sicht, gegen die Auffassung von Hakckkl, welcher eine tetrainerale Scy- phoiucduse, die Tessera, ein geschlechtsreif gewordenes Scyphostorna nennt (3, p. U). Im Gegensatz zu Tessera und Lucernaria, behauptet Ci.Ai's , fehlte dem Scyphostorna bis zur Metamorphose der ganze mar- ginale Glockentheil der Meduse, fehlten die dem Stadium der Qualle eigenthümlichen Merkmale der Septen und radialen Magentaschen, so- wie der trichterförmig eingezogenen Subumbrella (a. a. 0., 4, p. 256). Die Vorbedingung zur Entstehung jener Theile sei eben der Hingsinus, wesshalb erst durch seine Bildung »ein wesentlicher, das Polypen- segment zur Meduse umgestaltender Schritt gelhan« ist (3, p. 14). Selbstredend war mit diesen bestimmten Erklärungen von Ci aus seine frühere, völlig vage Vorstellung von den Verwandtschaftsbe- ziehungen der Scyphostomen beseitigt, und lautet der wesentliche In- halt jener seiner definitiven Auffassung unserer Larven, unmittelbar vor dem Bekanntwerden meiner Untersuchungen, folgendermaßen: 1) Das Scyphostorna ist nach seinem Bau ein mit Magen- falten versehener llydropolyp, und entbehrt, gleich den übrigen Hydropolypen, die wesentlichen Merkmale eines Anthozoon; ein Schlundrohr, Se|)ten, Magentaschen, endlich aus- schließlich interseptale Tentakel. 2) Das Scyphostorna entbehrt ferner bis zum Beginn derStrobilation die wesentlichen Merkmale sowohl einer viergliedrigen, wie einer acht- oder mehrgliedrigen Scy- phomeduse, folglich der Scyphomedusen überhaupt. Im Gegensatz zu diesen, für Claus damals maßgebenden Ansichten habe ich durch meine Beobachtungen an Aurelia und Cotylorhiza nach- gewiesen ; adl. Das junge Scyphostorna stimmt zu keiner Zeit mit einem einfachen llydropolyp oder einem solchen mitMagen- falten überein, wie solche ja auch bei Tubularien, Siphonophoren Vorkommen; vielmehr wiederholt es von Anfang an durch das ektodermale Schlundrohr, die dasselbe umgebenden Septen und Magen- taschen, bez. die Magenfalten und Mageurinnen, sowie die nach ihrer Anlage durchweg interseptalen Tentakel die Organisation der Anthozoen (vgl. Fig. 12 — 16, 7, p. 10, 16). ad 2. Diese Organisation der Scyphostomen besteht aber nur kurze Zeit; denn sj)ätestens im achtarmigen Zustande verwan- deln sie sich in Medusen (vgl. Fig. 14 — 17), indem das Peristom 55 sich vollständig in die sich erweiternden und «ibüachenden Taschen- vorhänge einsenkt, wodurch deren Rand schwindet, das Schlundiohi zum größten Theil in die innere Bekleidung der Froboscis Ubergeht und endlich die peripherisch verschobenen Magentaschen in den ge- krümmten Medusenschirm gelangen (7, [p. 27 — 29). Die Vorbereitun- gen zu dieser Verwandlung erscheinen übrigens ganz regelmäßig nicht »zuweilen«, wie Claus mich sagen lässt (p. 29) — schon während der Bildung der ersten Tentakel (Fig. 15, 18), indem der Grund jeder Magenfalte schon dann vom Schlundrohr etwas abrückt und so den Taschenvorhang in eine nach oben oll'ene Falte verwandelt, in welche sich eben das Peristoni einsenken kann (7, p. 13). Auf diese Weise wird das Scyphostoma mindestens vom achtarmigen Zustande an eine wirkliche gestielte und viergliedrige Meduse, welche ferner durch den Besitz der Segmentaltrichter insbesondere den Bau der Stauromedusen wiederholt, »so dass diese in der That geschlechtsreife Scyphostomen oder Scypho- stomiden genannt werden können , was bei der bisherigen falschen Vorstellung vom Bau des Scyphostoma nicht gerechtfertigt gewesen wäre« (7, p. 59, 60, 63). In der Strobila, bez. der Ephyrabil- dung wird nur der Übergang von der viergliedrigen zur acht- und mehrgliedrigen Meduse bewirkt (a. a. 0. p. 31 bis 33, 62). Ich komme jetzt zu der Streitschrift von Glaus. Über die Polypen- natur der Scyphostomen (Punkt 1) äußert er sich jetzt folgendermaßen : »Im Gegensatz zu den Hydroidpolypen ist der junge Scyphopolyp (Scyphostoma) nicht nur durch die ektodermale Natur der Proboscis- auskleidung , sondern durch das Auftreten von vier Divertikeln oder Aussackungen an dem die Tentakel erzeugenden oralen Abschnitt der Magenkavität und eben so viel mit derselben alternirenden Täniolen- anlagen charakterisirt« (5, p. 40). Zu den charakteristischen, durch meine Untersuchungen bekannt gewordenen Merkmalen der Scyphosto- men, durch welche sie sich einerseits von Hydropolypen unterscheiden, und andererseits mit den Anthozoen übereinstimmen, gehören aber außer dem von Claus genannten Schlund und den Magentaschen noch die Septen, die Scheidewände der Magentascheu und die interseptalen Ten- takel. Dagegen sind die eigentlichen Täniolen oder Magenfalten — mit denen Claus die Septen und Taschenvorhänge zusammenwirft — für sich allein keine Unterscheidungsmerkmale der Scyphostomen, da sie, besonders nachdem ich die Muskel als nicht dazu gehörige Bildun- gen nach wies, nach Claus’ eignem Zeugnisse, auch bei Hydropolypen Vorkommen. Mit anderen Worten: Alles, was das Scyphostoma un- 50 zweideutig als Nicht-llydroimlypen , dagegen als Anlliozoen cdiarakle- risirle, ist erst durch inich geluiiden. Claus ist freilich anderer Ansicht. Denn es sei durch die .Magen- falten, die ))S[)ätereu« Filamente und das entodertiiale Keiinlagcr der Scyphomcduson »die Homologie des Scyphostoma mit der .lugendfonn der AnthozoeiKc schon langst »unabweishar erschienen« und durch meine Entdeckung dos ektodermalen Schlundes die »bereits angenom- mene nähere verwandtschaftliche Beziehung der Scyphomedusen und Anthozoen« nur weiter gestützt, aber das Scyphostoma wedei’ in volliu neuer Gestalt dargestellt, noch der Vergleichung eine andere Kichtung gegeben worden (5, p. 11). Zur Klarstellung dieser Bemerkungen muss ich hervorheben, dass es sich bei meinen Untersuchungen zunächst um greifbare Thatsachen handelte , nämlich um die sichtbare Übereinstimmung im ganzen Bau der Scyphostomen und der Anthozoen. Die nähere Verwandtschaft der fertigen Sc.y|)homedusen und der Anthozoen ist niemals direkt, sondern ei st aus jener ersteren Übereinstimmung erschlossen worden, und konnte auch nicht anders eruirt werden. Denn die »späteren« Filamente der Medusen erweisen sich als Homologa derjenigen der Anthozoen nur als Umbildungen der larvalen Magenfalten. Andererseits könnte der in beiden Abtheilungen gleiche entodermale Ursprung des Keimlagers im besten Falle nur für ihre Verwandtschaft überhaupt, nicht für die sichtbare Formverwandtschaft ihrer Larven angeführt werden. Doch hat Claus selbst mit Becht hervorgehoben, dass eine Änderung des Gonadenursprungs, ohne nothwendige gleichzeitige Än- derungen im übrigen Körperbau, eingetreten sein könnte (3, p. 42), so dass im Zusammenhänge mit WEisaiAPfN’s bekannten Untersuchungen die Ento- und Ektokarpie für die Feststellung der näheren Verwandt- schaften der verschiedenen Nesselthiere überhaupt nicht in Betracht käme. Fragen wir uns jetzt, was nach dieser kritischen Säuberung von den zuletzt citirten ÜLAUs’schen Sätzen übrig bleibt, so ist es die Be- hauptung, dass die Scyphostomen lediglich durch den Besitz von Magen- falten mit den Anthozoen näher als mit irgend welchen anderen Nessel- thieren verwandt erschienen, und dass diese Ansicht lange vor mir als »unabweisbar«, also doch wohl allgemein gegolten und durch mich nur eine weitere Stütze erhalten hätte. Nun hat aber .1. Müller, der Ur- heber jener Ansicht, bekanntlich von der Anwesenheit ähnlicher Magenfalten bei unzweifelhaften Hydropolypen nichts gewusst; nach dom Bekanntwerden dieser Thatsachen hat aber Claus schon in seiner ersten Arbeit sich wohl gehütet, die »nähere« Verwandtschaft zwischen 57 Scyphostoinen und Anthozoen vor yndercn ihm eben so wahrschein- lichen Yerwandlscliaflen zu l)elonen (vgl. p. 5)1) ; und in seiner, für die endgültige Ansicht doch wohl mallgcbenden zweiten Arbeit und dem citirten Lehrbuch k;un er sogar dahin, die Scy|)hostomen gemeinsam mit den Ilydropolypen und durch die gleichen Merkmale von den An- ihozoen zu trennen (vgl. p. 53. 54). Wenn also vor und während der Zeit von Ci.aus’ langjährigen Untersuchungen über die Scyphostoinen irgend Jemand die alte Müu.i5u’sche Auffassung strikt verfochten haben sollte, so war er nach Claus’ eigenem Zeugnis im Irrthum. Ja, die Unzulänglichkeit des bloß auf die Magcnfalten gestützten MüLLEii’schen Verwandtschaftsbeweises wäre Claus damals unzweifelhaft noch evidenter erschienen , wenn er sich nicht hätte zu dem Irrthum ver- leiten lassen, dass die Längsmuskel der Scyphostomen aus den Magen- falten entständen wie bei den Anthozoen, während sie in den Magen- falten der Tubularien etc. bekanntlich ganz fehlten (3, p. 7). Und jetzt behauptet eben derselbe Claus, jene durch ihn zurück- gewiesene, angeblich nächste Verwandtschaftsbeziehung zwischen An- thozoen und Scyphostomen wäre schon vor mir allgemein evident erschienen , und ich hätte dieser Evidenz durch den Nachweis eines ektodermalen Schlundes bei den Scyphostomen bloß eine weitere Stütze verliehen! — Die Wahrheit ist : jene bevorzugte Verwandtschaft ist vor mir, abgesehen von der gelegentlichen Bemerkung Müller’s, von Niemand wirklich verfochten, von Claus selbst zuletzt entschieden be- stritten worden ; sie konnte auch bei der Unkenntnis des inneren Baues der Scyphostomen ernstlich gar nicht vertheidigt noch weniger bewiesen werden; erst dadurch dass ich in diesen Larven nicht bloß das Schlundrohr — welches Claus an der bewussten Stelle allein zu nennen beliebt — sondern auch die Magentaschen , Septen und die durchweg interseptal entstehenden Tentakel nachwies, konnte von einer wirklichen- Übereinstimmung im Bau der Scyphosto- men und der Anthozoen, folglich von ihrer aller nächsten Verwandtschaft die Rede sein. Damit hatte ich also nicht eine alte Wahrheit, am wenigsten eine von Claus gelehrte, bloß be- stätigt, sondern in der That etwas ganz Neues gebracht. Endlich bekommt diese Sache einen humoristischen Anstrich da- durch, dass Claus, obgleich er mir den Anspruch nicht gönnt, den An- thozoencharakter der jungen Scyphostomen zuerst bewiesen zu haben, gleichzeitig diesen »vermeintlichen« Charakter nach wie vor selbst nicht anerkennt (5, p. 30). Damit ist aber die Sache natürlich nicht abgethan. Die Alterna- tive, ob das Scyphostoma ein Polyp oder eine Meduse sei, ist nach 58 meinen Unlersucliungen insofern Uherhaupl ausgeschlossen, als es beide Zustiinde nach einander durchlauft (7, p. 30), nämlich den Anlhozoen- bau höchstens bis zur Zeit der Entwicklung der Septaltentakel behält, um sich darauf durch die Einsenkuug des beristoms in die verkürzten und abgellachten Taschenvorhange in eine gestielte Meduse zu ver- wandeln (vgl. p. öi. 55). Claus macht dazu (Punkt 2) die folgenden Bemerkungen: »In Wahrheit hat jedoch das Scyphostoma von Coty- lorhiza auch in den früheren Stadien den wesentlicl) gleichen Bau« (5, p. 14). »Der Übergang des Polypen in die Medusenform ist nicht in das achtarmige Stadium zu verlegen« , sondern beginne erst mit der Bildung des Ringsinus etc. (5, p. 30, 40). Der erste Satz enthält die Behauptung, dass eine wesentliche Ver- änderung des Scyphostoma in den von mir angegebenen Jüngeren Stadien — spätestens im achtarmigen Stadium, also gelegentlich auch früher (vgl. 5, p. 14, 30) — nicht eintrete. Der zweite Satz behauptet, ohne dass Claus auf die von mir beschriebene frühzeitige Medusen- bildung irgend wie näher eingeht, dass eine solche erst im Beginn der Strobilation erfolge'. Dies wäre also eine Wiederholung und Bestäti- gung seiner früheren Ansicht (vgl. p. 54), und eine solche Vereinfachung des Thatbestandes für meine Kritik erfreulich. Denn ich brauchte als- dann nur auf meine früheren Bew'eise dagegen, dass die Scyphostomen bis zur Strobilation Polypen irgend welcher Art bleiben, hinzuweisen (7, p. 32, 33). Was vermögen aber klarer Wortlaut und Logik gegen Claus’ Dia- lektik! — Man höre und staune. Darin, dass ich die unzweideutigen Worte von Claus, welche er eben wiederholt, auch früher so verstand: der Polyp Scyphostoma verwandelt sich erst in derStrobilationsperiode in eine Meduse — darin sieht Claus jetzt einen Versuch, ihm eine Un- gereimtheit zu unterstellen (5, p. 29). Denn er habe das Scyphostoma schon längst für eine viergliedrige Scyphomeduse, gleich den Becher- quallen, erklärt; dies schließe aber für eben dieselbe Meduse, w'eil sie gestielt sei und festsitze, »den Gebrauch der Bezeichnung Polyp« nicht aus. Und da aus dem Scyphostoma eine oktomerale Schirmqualle her- vorgehe, so könne »der Übergang des Polypen in die Medusenform« (5, p. 40) »selbstverständlich« nur den Übergang der tetrameralen in I Claus nennt in diesem Salz keine Meduse besonders, im ersten Satz dagegen bloß Colylorhiza. Es ist aber klar, dass seine Behauptungen auf alle von ihm untersuchten Medusen sich beziehen, also auch auf Chrysaora und Aurelia, da er die Strobilation eben nur an diesen letzteren hat verfolgen und dabei angeblich feststellen können, dass sie weder im achtarmigen, noch in einem anderen Scypho- stomasladium, sondern eben erst zur Zeit der Strobilation Medusen wurden. 59 die okloinerale Scyphomeduse bedeuten, »nicht aber den von Polyp und Meduse schlechthin«, wie ich seine Worte auslegte. Daher sei auch mein Anspruch, die Medusenform des ausgebildeten Scyphostoma zuerst erkannt zu haben, unbegründet, diese Form vielmehr eine längst be- kannte Thatsaclie (5, p. 29, 30, 32). Nach Claus ist es also nur eine von meinem »Scharfsinn« ausge- klügelte »Ungereimtheit«, dass er mit den Worten »Polyp, Polypenseg- meut, Scyphopolyp«, womit er das Scyphostoma nach wie vor bezeich- net, wirklich einen Polypen und nicht eine Meduse meint. Ich erkläre dagegen, dass ich bei dieser Interpretation ohne jeden Scharfsinn, bloß mit der Kenntnis der deutschen Sprache und mit der einfachsten Logik auskam, und darin auch nicht die Spur einer Ungereimtheit suchte und fand, sondern einen ganz gewöhnlichen, bei Claus’ damaligen Kennt- nissen von den Scyphostomen eigentlich unvermeidlichen Irrthum. Aber allerdings reicht meine Logik nicht aus, um einzusehen, dass Claus eine echte Meduse, wenn sie gestielt ist und festsitzt, einen Polypen nennen könne. Warum nennt er denn die Lucernarien nicht auch Polypen? — Oder versteigt sich Claus gar zu der konfusen Vorstellung, dass, weil ein Polyp sich in eine Meduse verwandeln könne, ein nennenswerther morphologischer Unterschied, der auch verschiedene Namen i‘echtfer- tigte, zwischen ihnen nicht besteht, so dass wir etwa mit gleichem Recht einen Frosch einen urodelen Kiemenathmer nennen könnten, weil seine Larve es thatsächlich ist? Ich kann es ferner mit meiner Vorstellung von einer glaubwürdi- gen Darstellung nicht zusammenreimen, dass Claus, nachdem er die in seiner ersten Abhandlung flüchtig ausgesprochene Ansicht, die Lucer- narien seien geschlechtsreif gewordene Scyphostomen, in einer zweiten Abhandlung eingehend und nach seinen damaligen Kenntnissen ganz korrekt widerlegt hatte, jetzt diese Widerlegung stillschweigend ver- leugnet und sich auf jene erste, inzwischen aufgegebene Ansicht be- ruft, als wenn er nie etwas Anderes gesagt. Zudem vergisst er hierbei, dass er diese Ansicht heute nur mit Hilfe meiner Beobachtungen wirk- lich begründen kann, und dass sie ohne die letzteren noch immer eben so io der Luft schwebte, wie vor Jahren, als er sie IIaeckel gegenüber unhaltbar fand. Und in eben derselben zweiten Abhandlung, ja auf der- selben Seile, wo er diese Ansicht entschieden bekämpfte (vgl. p. // 2, 43), sprach es Claus gleichzeitig zum ersten Male aus, dass das Scyphostoma, welches keine viergliedrige Meduse sei, erst in der Strobilation die Merkmale einer Meduse erwerbe. Trotzdem heißt es jetzt, er habe unter dieser Medusenbildung »selbstverständlich« nur den Übergang der viergliedrigen in die achtgliedrige Scyphomeduse verstanden! Mil 60 incinom BogrilV von Unzwoideutigkoil vcniiiig ich diese ßelwuipturigcn von CeAt's nicht zu vereinigen. Nach diesen Henierkungen kann ich mich mit der Inlei'prelalions- kunst in der Ci.ACs’schen l’olemik, wonach seine Worte »sell)stverstiind- lich« nicht nacli dem Wortlaut, sondern so verstanden werden sollen, wie er es nachtriiglich für gut findet, nicht weiter ahgehen, sondern rathe ihm, liel)er ganz ollen zu seinem ursprünglichen Standpunkt zurückzukehren, dass das Scy|)hostorna gleichzeitig sowohl Mculuse wie Polyp, sowohl Anthozoon wie llydro|)olyp und viergliedrige Scypho- meduse sei. Damit wäre für den Leser jeder Zweifel über den An- spruch von Claus l)eseitigt, Alles, was ich durch meine Beobachtungen gelehrt, schon vorher gewusst zu haben. Claus hat in seiner Streitschrift gewisse Besonderheiten in der Bntwicklung von Cotylorhiza hervorgehoben, welche ich sei es nicht in demselben Maße antraf oder nicht beachtet habe; es sind dies die Kürze der Täniolen und die unvollkommene Entwicklung der Septaltrich- ter. Endlich anerkenne ich gegenwärtig als eine solche Besonderheit von Cotylorhiza eine im Allgemeinen etwas frühere Verwandlung ihrer jüngsten anthozoenähnlichen Larven in die Medusenform, als ich es von Aurelia beschrieb. Claus hat damit nichts weiter anzufangen gewusst, als gelegentlich meine wesentlich auf Aurelia bezüglichen Angaben zu verdächtigen. Ich ziehe daraus im Gegentheil einen Schluss, welcher jene Angaben nicht nur bestätigt, sondern ihnen auch erhöhte Bedeu- tung verleiht. Nach meinen Beobachtungen ist Cotylorhiza in ihren ersten Larven- stadien grundsätzlich der ührenqualle gleich. Nur wird in der Folge von den rein larvalen, also vergänglichen Bildungen ein Theil, die Tä- niolen und Septaltrichter, überhaupt unvollkommen ausgebildet und ein anderer Theil, nämlich der Anthozoenbau, in der Regel etwas früher zurückgebildet. Nun wissen wir, trotz unserer geringen Kenntnisse von der Entwicklung aller Scyphomedusen, dass es unter ihnen Foi men giebt, welche das Scyphostomastadium bis auf wenig kenntliche Reste ganz eingebüßt haben, z. B. Pelagia (7, p. 51). Danach ist es w^ahr- scheinlich, dass andere Formen in dieser sogenannten Verkürzung der Entwicklung w'eniger weit fortgeschritten sind; und nach Allem zu schließen, dürfte gerade Cotylorhiza zu denen gehören, bei denen, im Vergleich zu Aurelia, jene Verkürzung eben begonnen hat. Daraus ergiebt sich natürlich kein Gegensatz oder W iderspruch gegen die Entwicklung von Aurelia, sondern nur die erwünschte Ver- mittelung zwischen solchen Extremen, wie sic Aurelia und Pelagia 61 (liirl)ieton. .Io größer die Reihe von derartig graduell verschiedenen I.arvenbildungen der Seyphoniednsen sich einst darstellen w'ird, desto bedeutsamer werden gerade solche Formen mit den vollkommenen »metaphorischen«, d. h. den Vorfahren entsprechenden Lurvenbildungen sein, wie sie uns zunächst nur bei Aurelia völlig l)ekannt sind. V. Die Bedeutung der Strobilation. Da es sich bei einer Untersuchung dieser Frage nur um Begriffs- bestimmungen handeln kann, welche z. Th. noch gar nicht allgemein durchgearbeitet sind, so verzichte ich darauf, mit Claus in eine Kon- troverse darüber einzutreten: seine schon genügend gekennzeichnete Dialektik erscheint mir nicht als der geeignete Anknüpfungspunkt für eine solche, nicht leicht kompendiös zu haltende Untersuchung. Ich beschränke mich daher darauf, die wichtigsten Einwürfe von Gl.aus gegen meine Auffassung, dass die Strobilation der Scyphomedusen kei- nen Generationswechsel involvire, ohne weitere Nutzanwendungen hier mitzulheilen. Diese Mittheilung wird auch meine Zurückhaltung erklären. Ich habe u. A. für den Begriff des Generationswechsels einen dauern- den Formenwechsel gefordert und daher alle Fälle davon ausgeschlos- sen, »wo ein Wechsel in der FortpOanzungsweise entweder ohne For- menwechsel oder mit einer bloß vorübergehenden Formverschiedenheit stattfindet« (7, p. 47). .lenen dauernden Formenwechsel habe ich ferner an die Verschiedenheit der Fortpflanzungsart geknüpft. Da nun ein solcher dauernder Formenwechsel bei der einfachen Theilung überhaupt nicht eintrete, wie gerade bei der unzweifelhaften Theilung der Scypho- medusen in der Strobilation, so könne bei ihnen von einem Generations- wechsel nicht wohl die Rede sein. Wohlgemerkt, ich verzichte darauf, die Richtigkeit dieser Bestimmungen hier zu erörtern, sondern be- schränke mich bloß auf eine Beleuchtung der CLAUs’schen Erwiderung. Da heißt es denn, meine »findig ausgeklügelte« Auffassung leide an einer »inneren Unwahrheit«. Denn »es ist ein starkes Missverständnis, geschlechtliche und ungeschlechtliche Fortpflanzung, zu welcher auch die Vermehrung durch einfache Theilung gehört, als Ursachen der Form- verschiedenheit beider Generationen — aufzufassen«. Halt! Wenn ich bei der Theilung jeden damit in Zusammenhang stehenden dauernden Formenwechsel, wie geschehen, in Abrede stelle, wie kommt daun Claus zu der wundersamen Unterstellung, dass ich dieselbe Theilung als Ursache eines nicht vorhandenen Formenwechsels auffasse? Wenn ich mir eine solche Dialektik gestatten wollte, so könnte ich in kürze- 62 Ster Frist Alles ohne Unterschied, was Ci.aüs je geschrieben, widerlegt haben. Doch nun weiter. Der Formenwechsel , sagt Claus, sei vielmehr »als Wirkung und Folge des im phyletischen Entwicklungsgang zum Ausdruck gelangten Bildungsgesetzes, sowie in zweiter Linie der Se- lektion und der mannigfachen Anpassung entstanden« (5, p. 36). Es fallt mir nicht ein, hier die Frage zu stellen, warum denn Selektion und Anpassung nur bei verschiedener wechselnder Fortpflanzung und nicht auch bei gleichartiger Fortpflanzung den fraglichen Formenwechsel her- beiführen, oder zu untersuchen, was sich ein Zoologe unter dem »im phyletischen Entwicklungsgang zum Ausdruck gelangten Bildungsge- setz« überhaupt denken könne. Ich begnüge mich festzustellen, dass nach der Ansicht von Claus, welcher dieses »Bildungsgesetz« für die Ursache des Formenwechsels erklärt, jede abweichende Meinung, auch wenn sie vor der Kenntnis desselben CuAUs’schen Bildungsgesetzes ent- stand, ein »starkes Missverständnis« ist! Und dieses Missverständnis, welches ich mir zu Schulden kommen ließ, involvirt — sagt Claus eine »innere Unwahrheit!« Nach diesen Proben der CuAUs’schen Dialektik fühle ich mich vol- lends entbunden, auf den Gegenstand weiter einzugehen. Vielleicht ge- hören übrigens auch diese Theile seiner Darstellung zu jenen, welche »selbstverständlich« nicht nach ihrem Wortlaut, sondern so verstanden werden müssen, wie es Claus nächstens für gut finden wird zu erläu- tern. Doch werde ich mich mit diesen künftigen Erklärungen nicht weiter abzugeben haben. Denn obwohl Claus nach meiner Kenntnis zu den Leuten gehört, welche einem Gegner nicht leicht das letzte Wort lassen, obwohl sie es meist zuerst nehmen, und obgleich in Folge dessen eine Antwort von ihm auf diese meine Schrift nicht ausbleiben dürfte, habe ich doch weder Neigung, noch Zeit und Mühe übrig, mehr als einmal auf eine Polemik mit Herrn Claus einzugehen. Mag er daraufhin schreiben und drucken lassen, was er will; ich werde mir jede weitere Antwort sparen. Litteratur. Claus, Studien über Polypen und Quallen der Adria. -1877. •i. Claus, Grundzüge der Zoologie. 1880. 3. Claus, Untersuchungen üb. d. Organisation u. Entwicklung der Medusen. 1883. 4. Claus, Lehrbuch der Zoologie. 1887. 5. Claus, Über die Entwicklung des Scyphostoina etc. (Arbeiten Zoolog, los . Wien IX. 1890.) 0. Goette, Die Entwicklungsgeschichte der Unke. 1875. 7. G0BT7E, EolWiCklungsgesch. de.- Aurelia auriu. u. Colylorh.aa lubcrculala. 1887. 63 Anhang. In einer gewissen Beziehung zu der kritisirten Streitschrift von Claus stehen die Bemerkungen Ciuin’s über meine Arbeit in dessen »Coelenteratatf, Bkonn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs II. 2, p. 112, M5, HO. — Chun will sich durch Präparate, welche er von Claus erhielt, von der Richtigkeit der von dem Letzteren früher ver- tretenen Auffassung der Scyphostomen überzeugt haben. Zweifellos richtig sei namentlich die Ansicht von Claus, dass die von mir be- schriebenen Magentaschen nur die nach außen wachsenden Ten- takelachsen seien; der Schein von wirklichen Taschen und Septen ent- stehe durch starke Kontraktionen der Thiere. Aus meinen Abbildungen von »älteren« Scyphostomen ergebe sich ferner, dass die Proboscis eine entodermale Auskleidung besitze, und kein Schlundrohr im Sinne desjenigen der Anthozoen sein könne. Die Längs muskeln endlich entständen aus den Täniolen und die Septaltrichter würden ledig- lich durch den Muskelzug hervorgerufen. Jedenfalls seien meine ab- w'eichenden Behauptungen durchaus nicht bewiesen, das Scyphostoma vielmehr als eine Zwischenform zwischen Hydroiden und Anthozoen aufzufassen. Bevor diese Bemerkungen von Chun in allerletzter Zeit publicirt waren, hat sich indessen Claus, wie wir sahen, von seinem Irrthum und von der Richtigkeit meiner Angaben überzeugt, dass 1) die Magen- taschen w irklich existirten, 2) dass die Proboscisauskleidung oder das von mir sogenannte Schlu n d rohr wirklich ektodermal sei, 3) dass die Längsmuskel nicht aus den Täniolen, sondern aus der Mund- scheibe hervorgingen und die Septaltrichter w^enigstens bei Aurelia und Chrysaora normale Bildungen seien. Diese durch meine Beobach- tungen festgestellten Thatsachen hielt Chun für unerwiesen, so lange sie von mir allein behauptet w^aren. Ich hoffe aber, dass nachdem sie von Claus bestätigt sind, auch Chun sich ihm anschließen wird, dessen Autorität er doch vorher willig anerkannte. Nur in einem Punkt kann ich Chun’s Widerspruch gegen mich nicht begreifen, da ich in demselben Punkt völlig mit ihm übereinstimme, dass nämlich die Proboscis der älteren Scyphostomen mit dem Schlund- rohr der Anthozoen nicht vergleichbar sei. Denn nirgends und niemals habe ich die ganze Proboscis, sondern nur ihre innere Auskleidung als Schlundrohr bezeichnet, und dieses wiederum nicht an den von Chun citirten »älteren«, sondern ausdrücklich bloß an den jüngsten Scypbo- stomen in denselben Lagebeziehungen gefunden wie bei den Anthozoen. G4 Meino ganze Auffassung der Seypliosloinen gipfelt ja gerade darin, dass sie sehr frühzeitig de n A n t h ozoe n h a u in einen ecliten Me- dusen!) an umwände In, wobei das Anfangs in den Körper einge- senkte Sehlundrolu* in die Proboseis hinaufrückt. Durch diese Lage- veränderung verliert es natürlich die unmittelbare Übereinstimmung mit dem Schlundrohr der Anthozoen, nicht aber seine ursprüngliche Homologie; so wenig wie die Magenfalten der Scyphostornen aufhören, denen der Anthozoen homolog zu sein , nachdem sie avif die späteren Magenlilarnente reducirt und an die Subumbrella gerückt sind.