Vergleichende

Entwickelungsgeschichte des Kopfes

der ' '

nackten AnipliiSiien

nebst

den Bildungsgesetzen des Wirbelthier -Kopfes

imAllgemeinen

und

seineu liauptsächliclisteii Variatioueu

durch die einzelnen Wirbelthier-Klassen.

Von

Dr. €. B. Reichert.

Mit zwei Knpfertafeln und einer Steindrucktafel.

Bei den Gebrüdern Bornträger.

i S 3

iäiL

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in 2015

https://archive.org/details/b21994675

Excelleiiz

demHerrn '

Freilierrn Di% A* v. Humliolilt^

Köiiigl. Preuss. Wirklicher Geheimer Rath und Kammerherr, Ritter des Königl. Preuss. Grossen Roilien Adler -Ordens mit Eichenlaub und mehrer anderer hohen Orden elc. etc.

eJirfurchtsvoll

der Verfasser.

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■utban il .«ji 'ba'jjloifil j>i6>7 .lob nii;!

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Eiiileiteiicle^ Vorwort«

IBie Grundgesetze, nach welchen die beiden Hauptsysteme des thierischen Organismus, das animale und vegetative, konformirt sind, bestimmen im All- gemeinen den Typus eines jeden Thieres. Dennoch ist die Anordnungsweise der einzelnen Theile des aniraalen Systemes, als des edleren, vorzugsweise und wohl auch mit Recht berücksichtigt worden, zumal durch sein Verhal- ten die äussere Form des Thieres bedingt ist. Aus letzterem Grunde ist die allgemeine Anerkenntniss der verschiedenen Typen unter den Thieren auch leichter eingänglich und mit weniger Schwierigkeiten verbunden gewe- sen, obschon eine genauere Kenntniss des inneren Baues oft nicht vorhanden war. Um so mehr Hindernisse fand man bei der ßeurtheilun^ der wesent- liebsten Grundgesetze eines jeden Typus. c^iiiXi;.:;. u.ij fMüDboi ;/ :l>uti

VI

Zwei Methoden sind bei diesen üntersuchunsen befolo-t worden

Die ältere ist gewisserraaassen die vergleichend-analytische zu nennen, indem sie durch die Vergleichung des Baues der ausgebildeten thierischen Organismen und durch deren Zerlegung auf die wesentliche ür- form eines allgemeingültigen Typus zurlickzukommen bemüht war; sie ge- hört der vergleichenden Anatomie an. Ihren Forschungen sind besonders die genaueren, zootomischen Schriften über die niedrigsten und einfachsten Thiere eines allgemein anerkannten Typus sehr förderlich gewesen. Indessen ist auch das einfachste Thier ein individuell ausgebildetes, und der Typus soll eben allgemein sein. Aus diesem Grunde ist die Bestimmung der typischen Gesetze durch die vergleichende Anatomie schwierig und unsicher.

Eine zweite , jüngere Methode ist die, welche ich die vergleichend- synthetische nennen m^öchte. Sie beabsichtigt wahren'd der Entstehung des Thieres das ursprünglich Gegebene, als dem Typus Nothwendige, lest- zuhalten, und^as durch die fernere Entwickelung Hinzukommende und sich VeTändernde zu ordnen und zu deuten. Die Embryo logen belauschen den allmähligen Aufbau des Organismus von seinem Fundamente aus, und schei- den dann das Fundament, die Urform, den Typus von dem, was durch die Individualität hervorgerufen wird j sie errichten erst, gewisserraaassen mit der Natur, das Gebäude des Organismus, und zeigen die dabei sich kund- gebenden Gesetze. Sind derartige Untersuchungen unstreitig die schwierig- sten in der anatomischen Wissenschaft, so geben sie auf der anderen Seite auch wiederum die einzige sichere Entscheidung über die Grundgesetze eines

VII

Typus, Als Lohn so vieler Mühe harret meist auch eine erfreuliche, sichere Ausbeute. r ot ioÜ .nahiih u:i tidiH?. :^]iüi^iU\f}ih?.UiÄ

Die Deutschen Naturforscher, und zuerst, soweit mir bekannt, Herr Medicinal - Rath Dr. H. Rathke hat diese letztere Methode befolgt, und haupt- sächlich durch seine anatomisch -philosophischen Untersuchungen über den Kiemenapparat und das Zungenbein die neue ßahn gebrochen.

Diese Methode ist es auch , welche vorliegender Schrift das Gehalt giebt. Nach den Untersuchungen über die Entwickelung des Kopfes der nackten Amphibien im Vergleich mit der bei den höheren Wifbelthicren, sind im ZAveiten Theile die Bildungsgesetze des Wirbelthicr - Kopfes im All- gemeinen erörtert. Die Naturforscher werden, wie ich es selbst war, ge- spannt sein, die Lösung des Räthsels kennen zu lernen, welches icli durch meine Abhandlung: „Ueber die Visceralbogen der Wirbelthiere etc., Müllers Archiv 1837" mir selbst aufgegeben habe. Alles an unserem so schwierigen, aber auch interessanten Gegenstande zu erschöpfen, ist nicht das Werk eines Einzigen; dennoch hoffe ich einen allgemeinen Ueberblick in die Bildung dos Wirbelthier -Kopfes eröffnet, und die typischen Gesetze auf festeren Boden basirt zu haben, .

Der geneigte Leser wird es mir nicht verargen, Wenn er in vor- liegender Schrift nur eine geringe Berücksichtigung der Literatur vorfin- det. Theils war mir das Herbeischaffen der wichtigeren Scliriften un- möglich, und vor Allem glaubte ich in der eigenthümlichen, bisher noch

VIII

nicht beobacUtclcn ÜJitersucliungsweise unseres Gegeiistaiides eine gcnügeiule Entscliuldigung sehen zu dürfen. Bei so vielen Varianten der vcrgleiclien- flen Anatomie in der typischen Deutung des Wirbeithier- Kopfes , so wie bei dem Mangel an haltbaren Gesetzen, würde mir die Auswahl auch sehr schwer geworden sein. In der Entwickelungsgeschichtc des Kopfes der nackten Amphibien bin ich besonders auf die gekrönte Preisschrift des Herrn Ant. Duges näher eingegangen. Doch wird man sich überzeugen, dass gerade das Wesentlichste in diesem Werke gänzlich vernachlässigt ist, \md dass so die Beobachtungen für unseren Gegenstand meist als unbrauch- bar angesehen werden können. ibigio

Für die vielen, gütigen Unterstützungen, welche Herr Medizinal -Rath Dr. H. Rathke bei meinen Untersuchungen mir zukommen Hess, erlaube ich mir hier öfifentlich meinen herzlichsten Dank abzustatten.

.1

airgtJdaigi!

I n Ii a 1 t.

Erster T Ii e i I.

Vergleichende Entwickelungsgeschichte des Kopfes der nackten Am- phibien . . ' S. 1 150.

£• AbscEiiiltt.

Die ungeschwänzten Batrachier ..... i ... . S. l 73.

Msapitcll.

Entwickelungs- Metamorphosen bis zur Knorpelbildung. Die rein typische Konformation des Kopfes . S. 2—26.

_ Stite

Entstehung der Visceralbogen und Schädelhöle , -i . ................ 2

Gesichts-Formation 14

Vollendung der typischen Konformation des Kopfes. Die Froschlarve 17

Kapitel II.

Die typische Ausbildung des Kopf -Knorpelskelets S. 26 60.

Ueber die Sonderung des Blastcma der Rücken- und Visceralplatten im Allgemeinen 26

A. Entwickelung des Kopf - Knorpelsystems der Froschlarve S. 27 40.

Grundlegung der Kopfknorpel 27

Vollendung des Kopf- Knorpelskelets der Froschlarve 34

Die Muskeln des Froschlarveu - Kopfes 38

B. Entwickelungs- Metamorphosen des Kopf -Knorpelsystems zum Aufbau des Knochen- gerüstes S. 40 60.

Grundlegung des Kopf - Knorpelskelets des entwickelten Frosches 40

Die äussere Ansicht eines sich verwandelnden Froschlarven- Kopfes 41

X

Seite.

Die Schädelhöle i 44

Das Gesicht 45

Die Visceralhöle 47

Vollendung des Kopf- Knorpelsystems des entwickelten Frosches S. 49 60,

Die eigentliche Metamorphose der Larve zum ausgebildeten Thiere 49

Der Kiemenapparat V ...... . 54

Kapitel IflI.

Das Knochensystem des Frosch- Kopfes . S. 60 75.

Die Schädelhöle des Frosches 63

Die Visceralhöle 66

Das Gesicht . 71

EI. Abscliiiitt«

Die geschwänzten Batrachier S. 75 129.

Kapitel IV,

Die Entwickelung bis zur Knorpelbildung. Die rein typische Konformation des Kopfes S. 7,6—93.

Entstehung der Visceralbogen- und Schädelhöle 76

Das verschiedene Verhallen des ersten Visceralbogens bei den Wiibelthieren 82

^ Die (3"pische Bildung des Gesichtes S4

Vervollständigung der Konforniation des Kopfes S. 86 92.

Einiges Allgemeines über den Embryo , 86

Visceralhöle 87

Das Gesicht 90

Vollendung der typischen Konformation des Kopfes ü-

Kapitel V.

Die typische Bildung des Kopfknorpelsystems der Trjtonen . S. 93 118.

Grundlegung des Kopfknorpelskelets '. . 03

Das Zahnskelet der Schleim -Membran bei den jungen Tritonen 9C

Vollendung des Kopfknorpelsysteras der Tritonen lOJ

Visceralhöle ' « .... 102

Das Gesicht 104

Die Schädelhöle 10f>

Metamorphose des Kiemenapparates 108

Kapitel VI.

Das Kopfskelet in seinem ossifizirten Zustande S. 118—129.

Die Schädelhöle - 119

Die Visceralhöle des Kopfes 12-2

Das Gesicht . , c .128

XI

III. Abscliiiitt.

Summarische Uebersiclit der Resultate aus der Entwickelungsgeschichte des Kopfes der nackten Amphibien ....... ^. 129 150.

üaititel VII.

Seite.

Die ungeschwänzten Batrachier . S. 129 141.

- Die Schädelhöle 131

t)ie Yisceralhöle 133

Der Kiemen bogenträger 136

Das Gesicht 139

Kapitel VIII.

Die geschwänzten Batrachier . . . S. 141 150.

Die Schädelhöle > . . 142

Die Yisceralhöle 144

Das Gesicht 148

Das Zahiiskelet der Schleimhaut 140

Zweiter T Ii eil.

Die Bildungsgesetze des Wirbelthier -Kopfes im Allgemeinen und die hauptsächlichsten Variationen durch die einzelnen Wirbeltliier- klassen S. 151 256.

I. Abscbuitt.

Einiges über den Wirbehypus des Kopfes im Allgemeinen S. 152 162

K a i> i t e 1 I.

Sein Verhältniss zu dem ganzen VVirbelsjsteme S. 152 156,

Kaiiitel II.

Die Gesichts -Kopf beuge » , . . S. lo6 162.

11» Absciluitf«

Die Kopfbildung der höheren Wirbelthiere . . . , , S. 162 177.

Kapitel UI.

Die Schädelhöle S. 162 17?'.

Die typische Konformation im Allgemeinen , , . 162

Veränderungen der Schädelhöle 1G5

XII

, I

Seiie.

Kapitel IV.

Die Visceraihble des Kopfes S. 177—183.

-Typische Konformation 177

Die Veränderungen 180

Das Gesicht . . S. 183—206.

Ueber die Bedeutung des Gesichts im Allgemeinen 183

Die typische Konformation des Gesichtes der höheren Wirbelthiere 185

Allgemeine Bestimmung der Gesichtsknochen ihrer Lage und Funktion nach 188

Die Variationen in der Gesichtsformation der höheren Wirbelthiere . 195

Schlangen 196

Eidechsen, Krokodile, Schildkröten 199

Vögel 201

Säugethiere 203

lU. AlBScIisiitC

Die niederen Wirbelthiere S. 206 256.

liapltel \l.

Die Schiidelhöle S. 208 230.

Die typische Konformation -08

Die Schädeldecke der Gräthenfische 213

Die Veränderungen der Schädelhöle 219

Kapitel mi.

Die VisceralhÖle der niederen Wirbelthiere , 230 242.

Die typische Konformalion 230"

Die Veränderungen der VisceralhÖle des Kopfes bei den niederen Wirbelthieren 23-2

Die Frösche 232

Die geschwänzten Batrachier und Fische 234

Die Kopf- VisceralhÖle eines jungen Blemtus viviparus . . < 238

Kapitel Till.

Das Gesicht der niederen Wirbelthiere ' . S. 242 230.

Die typische Konformation ....<. 242

Die Veränderungen . , 244

Das Gesicht der Gräthenfische . 245

Kapitel IX.

Die Knorpelfische . . . S. 250—256.

Erklärung zu den Abbildungen S. 257 275.

Erster Tbeil*

Vergleichende Entwickelungsgeschichte des Kopfes

der nackten Amphibien.

Ali^eliiiitt«

Die ungeschwänzten Batrachier.

D ie froschartigen Thiere, obschon im Allgemeinen in ihrer Entwickelung mit den übrigen nackten Amphibien und den Fischen übereinstimmend , unter- scheiden sich auffallend von denselben in der Art, wie die Rücken- und Visceralplatte des serösen Blattes bei ihrer Entstehung und ihrem ersten Wachsthume zur Dotterkugel sich verhalten. Ich erinnere mich nicht irgend- wo davon gelesen oder gehört zu haben, wiewohl ich keineswegs glaube , dass dieses Phänomen den Naturforschern überhaupt entgangen sei. Die demselben vorangehenden Bildungsvorgänge der Keimhaut gehören nicht unmittelbar in den Bereich unserer Untersuchungen, die vorzüglich nur die Verfolgung der Metamorphosen des serösen Blattes zu dem animalischen System am Kopf- ende beabsichtigten; auch waren sie mir wegen des schwarzen Ueberzugs der Froscheichen nicht so klar zur Anschauung, dass ich etwas Bestimmtes darüber angeben könnte. Sobald aber wahrscheinlicherweiso das seröse Blatt der Keirahaut unten die Dotterkugel mit den Gebilden des Schleimblattes, oben die uranfänglichen Centraiorgane des Nervensystems umschlossen hält,

1

2

und die früher rundliche Form des Eichens bei den Tritonen und nach V. Bär auch bei den Fischen in eine mehr elliptische übergeht: also über- haupt zu der Zeit, wann die Rücken- und Visceralplatte sich zu entwickeln beginnen: alsdann bemerkt man bei den Froscheichen eine Gestaltveränderung, welche sehr auffallend von der der übrigen niederen Wirbelthiere abweicht. An den abgerundeten, länglichen Erhöhungen auf der Keimhaut, welche den^ in der Entstehung begriffenen, Rückenplatten entsprechen, sieht män nämlich die runde Form des Eichens auf dem einen Ende spitz , auf dem entgegenge- setzten abgestumpft aufwärts sich verlängern'''), äo dass das Ganze einem Halbmon<le mit einer abgestumpften Spitze cinigermassen ähnlich ist. (Siehe Fig. I. Tab. I. ). In das spitze Ende verlaufen die Rücken- und Visceralplatte ganz allmälilig verschwindend und stellen das Schwanzende dar. Der entgegengesetzte stumpfe Theil ist der Ort, wo unsere Beobachtungen insbesondere verweilen werden: es ist das Kopfende. Wir werden späterhin bei den Tritonen auf diesen abweichenden Entwickelungsakt der Froscheichen zurückkommen und stellen hier nur die reine Thatsache hin.

M a p i t e I I.

Entwickelungs-Metamorphosen bis zur Kriorpelbildung. Die rein jypiscbe Konlor-

mation des Kopfes. Entstehun«]: der Visceralboffen- und Schädelhöle.

§. 1. Die oben erwähnten Entwickelungsvorgänge des Froscheichens bind in der äusseren Begrenzung desselben wegen der schwarzen Färbung sehr leicht wahrnehmbar. Wo es aber darauf ankommt, die Veränderungen des serösen Blattes in der Ebene an den Schattirungen und kleineren Erha- benheiten genauer kennen zu lernen, ist diese schwarze Umhüllungshaut ein unangenehmes Hinderniss, so dass manche wichtige Entwickelungsmo- mente des Blastema eben dadurch den Naturforschern entgangen sind, weil sie das Abschälen derselben verabsäumt hatten. In dem jetzigen Zustande hängt sie übrigens sehr fest mit der Keimhaut zusammen und alle Versuche der Entkleidung scheitern. Daher denn auch der uranfangliche Visceral-

*) Das Eichen auf der Bauchseite liegend gedacht.

streifen des Kopfes, gleichsam der Boden, von welchem die Visceralbogea hervorAvaclisen, -wegen der geringen Unterscheidungsmerkmale von der übri- gen Keimhaut nicht zu erkennen ist. Seine Anwesenheit wird durch die erste Spur , des hervorwachsenden ersten Visceralfortsatzes festgestellt.

An dem abgestumpften Ende des nur von seinen Hüllen befreiten, sonst ganz unberührt daliegenden Eichens sieht man zuförderst die unterhalb der Abstumpfungslinie gelegene Partie deutlich angeschwollen. Diese Anschwel- lung hat ihren Grund darin, dass das Herz mit seinen in der Entwickelung begriffenen Aortenbogen, wie bei den höheren Wirbelthieren , auch hier anfangs gerade unter dem Schädel seine Lage hat, wo es ganz umhüllt von dem jetzt gleichsam ephemer das untere oder Visceral - Rohr bildenden serösen Blatte daliegt. Bei allen unseren Untersuchungen frühzeitiger Embryonen haben wir nämlich stets gefunden, dass, bevor die Rücken- und Visceral -Platten zu den respektiven Röhren des Wirbelsjsttms hervorwachsen, diese letzteren schon gewissermaassen präformirt waren durch das seröse Blatt, welches somit gleichsam der Wegweiser für die Entwickelung der genannten Platten wurde. Zeigen sich daher dieselben, so erscheint das seröse Blatt zwischen den respektiven Platten jederseits wie eine verbindende Haut. Aus den gü- tigst mir mitgetheilten Untersuchungen des Herrn Professor H. Rathke, geht hervor, dass diese gegenwärtig das Centralnerven - und Visceral -Rohr bildende Membran zwar die Mutter der Rücken- und Visceral -Platten sei, dass die letzteren aber, einmal entstanden, selbstständiger fortwachsen, und jene erstere theiiweise einen Verkümmerungsprozess eingeht. Viele Ent- wickelungsvorgänge sind uns dadurch einsichtlicher geworden und der Her- vorwuchs der Vtsceralbogen bei den höheren sowie bei den niederen Wir- belthieren spricht ganz dafür. H. Rathke nennt diese Membran nach der entsprechenden Lage die obere und untere Verbindungshaut { memhrana reu- menfi superior und inferior). An der vorderen Begrenzung der unteren Ver- bindungshaut im Allgemeinen i\x\d der genannten Anschwellung insbesondere befinden sich nun zwei neben einander liegende längliche Vertiefungen, welche in der senkrechten Axe des Embryo verlaufen und durch eine Spalte von einander getrennt sind (Tab. 1, Fig. 4). Von beiden Seiten umgeben sie Falten der schwarzen Umhüllungshaut und es ist wahrscheinlich, dass die

1-

4

Vertiefungen eben durch diese faltige Erhebung zu Wege gebracht worden, da späterhin, wann die Ablösung der schwarzen Membran möglich wird, das darüberliegende seröse Blatt keine Theilnahme an diesem Vorgange bemerk- lich macht. Die länglichen Furchen bilden sich etwas später, indem sie auch oben und unten von Falten begrenzt werden, zu einem napfförmigen Organ aus, vermöge welches die ganz jungen, kaum einer Bewegung fähigen Frosch- embryonen sich an den Pflanzentheilen festzuhalten im Stande sind. Ober- halb der genannten länglichen Vertiefungen, in einem nur sehr geringen Abstände, liegt jederseits eine Firhabenheit von rundlicher Form , welche, wie die Entwickelungsgeschichte weiter lehrt, das Rudiment des Auges darstellt. Jener kleine zwischen der Anlage des Auges und dem Saugnapfe befindliche Theil ist die vorderste Abtheilung des Visceralstreifens am Kopfe, welcher zum ersten Visceralfortsatze sich hervorbildet. Man stellt dieselbe am besten dadurch dar, dass man in die, beide Saugnäpfe trennende, Spalte mit der Scheere eingeht und so die eine Kopfhälfte mit dem entsprechenden Saug- näpfchen von der anderen scheidet. (Fig. 2. Tab. I.). Alsdann bemerkt man oben zuerst eine Erhabenheit, welche dem ürrudimente des Auges ent« spricht; darunter liegt die Visceralplatte des Kopfes mit dem in der Ent- wickelung begriffenen ersten Visceralfortsatze, durch eine weissliche etwas konsistentere Bildungsmasse ausgezeichnet, indem hier, wo die schwarze Um- hüllungshaut nach innen sich umbiegt, die Abtrennung derselben schon mög- lich wurde; das unterste Ende bildet die innere Seite des schon erwähnten Saugnäpfchens. Zwischen den Urrudimenten der ersten Visceralfortsätze und den darunter liegenden Saugnäpfchen befindet sich die Öfters genannte Spalte als erste Spur des vorderen Einganges zur Visceralhöle. üeber dieser gan- zen Partie haben wir die aus den Rückenplatten mit der respektiven Ver- einigungshaut entstandene Höle für den in der Bildung begriffenen Central- nerventheil des Kopfes: die noch häutige Schädelhöle.

Wir machen bei diesem kaum zwei Linien langen Embryo einer Rana fusca darauf aufmerksam, wie die ursprüngliche Lage des frühsten Augen- rudiments zu dem schon beinahe fertig gebildeten Saugnäpfcheri , und beide zusammen zur vorderen Abtheilung des ganzen Embryo sich verhalten. Sie machen nämlich gegenwärtig bei der seitlichen Anschauung dessen eigentliche

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vordere Begrenzung aus, zumal der so wenig ausgebildete erste Visceralfort- satz gar nicht in die Betrachtung zu ziehen ist. Das einfache seröse Blatt der Stirn dagegen liegt nur wie ein dünner Ueberzug vor dem Auge. Denn der vordere wie der hintere Schluss der Rückenplatten wird bei den nie- dern Amphibien und Fischen nicht durch eine gegen ihre Spitze sich erhe- bende Falte bewerkstelligt sondern die Rückenplatten verwachsen bei ihnen an beiden Enden gerade zu, ohne eine gewisse kappenförmige Wölbung zu bilden "9. Während nun an der kappenartig gewölbten Stirnwand der höhern Wirbelthiere die Augenrudimente als kleine rundliche Erhabenheiten nur einen geringen Theil derselben in Anspruch nehmen, so scheinen sie bei den niederen Wirbelthieren, den nackten Amphibien und Fischen, in der frühsten Zeit beinahe die ganze Stirnwand zu bilden. Bei der Präparation der vorhin genannten grösseren Wölbung unter den Rückenplatten des Kopfes und hinter den Saugnäpfen, welche durch das Herz mit seinen Aor- tenbogen hervorgetrieben Avurde, war ich um diese Zeit nur im Stande den Herzschlauch und einzelne Gefäss - Stückchen freizulegen. Indessen zeigt der Verfolg der Entwickelung , dass unsere Deutung die richtige sei.

§. 2. Dieses waren die einzelnen, auffallenden Entwickelungsmomente in diesem Zeiträume; von der Visceralplatte des Rumpfes konnte ich Nichts unterscheiden. Bei der weiteren Ausbildung des Embryo richten wir unsere Beobachtung besonders auf zwei Entwickelungs- Vorgänge: auf die Vergrösse- rung desjenigen Raumes, welcher sich zwischen dem Augen -Rudimente und dem Saugnäpfchen vorfand, und als frühste Spur des ersten Visceralfortsatzes anerkannt wurde, und dann auf die Entwickelungen der Stirnwand vor der Erhabenheit, welche die Anlage des Auges andeutete.

Nach einem Verlauf von nur wenigen Stunden, wenn der Embrjo die Grösse von ungefähr zwei und einer halben Linie erreicht hat, und die ersten

*) In meiner Abhandlung „UeLer die Visceralbogen der Wirbelthiere im Allgemei- nen etc. Müllers Archiv. 1837" habe ich den vorderen kappenförmigen Schluss der Rückenplatten, woraus sich später die Stirnheine bilden, Stirnkappe genannt. Da dieses jedoch zu Verwechselungen Anlass geben könnte, so kehre ich lieber zu der einfachen und doch genug deutlichen Benennung unserer grossen Embryologen „Stirnwand" zurück.

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Spuren einer Wirbelabzeichmmg in den Rückenplatten bemerklich werden, findet man die Bildiingsmasse vor einem jeden Augen -Rudimente liügelartig hervorgetreten, und unter ihm die frühste Spur des ersten Visceralfortsatzes verdickt, in gerader Richtung verlängert, und deutlich als den Theil sich offenbarend, wofür wir sie oben erklärt. (Tab. I. Fig. 5. b.). Die Saugnäpf- chen, welche früher, wie wir besonders darauf aufmerksam gemacht haben, die vordere Begrenzung grösstentheils z,u Wege brachten, erscheinen jetzt allmählig immer weiter nach unten und hinten gedrängt, und in ihre Stelle tritt der herunterwachsende Visceralfortsatz, Diese Erscheinung ist es vor- züglich, welche uns die sonst so unmerklichen Bildungs Vorgänge augen- scheinlicher macht. Die Form der genannton Fortsätze des Visceralstreifens am Kopfe stimmt im Wesentlichen mit der bei den höhern Wirbelthieren überein. Sie stellen sich als gerade, abgerundete und kolbenartig hervor- wachsende Bildungen des Visceralstreifens dar, welche mit ihren unteren Enden an einander liegen, und noch nicht verwachsen sind. Diese letzteren gehen mit ihrer rundlichen Oberfläche scheinbar in die Saugnäpfchen über, welche jetzt schon ein von allen Seiten mit einem häutigen Walle umgebe- nes Grübchen darstellen; doch liegen dieselben jenen nur an, und stehen mit ihnen in keiner Kontinuität. Zwischen beiden Visceralkolben ist nun der vordere Eingang zu der Visceralröhre des serösen Blattes ganz deutlich als eine einfache Spalte erkennbar, welche eben durch die erwähnten Theilo gebildet wird, und in ihrer Richtung wie diese die Axe des Embryo senk- recht, nicht horizontal, durchschneiden.

Oberhalb der Visceralfortsätze vor den Augen -Rudimenten sahen wir das seröse Blatt der Stirnwand sich allmählig verdicken und zu zwei Hü- gelchen sich entwickeln. Dieselben bilden sich, nach und nach immer mehr vorwachsend, zu grösseren Fortsätzen aus, welche die gleichmässig etwas bogenförmig verlaufende vordere Begrenzung des Embryo unregelmässig macht. Es entsteht an der oberen Abtheilung derselben eine durch das all- mählige- Hervortreten der genannten Fortsätze ebenso immer stärker wer- dende Abstufung, und die Stirnwand hört auf an der vorderen Begrenzung des Embryo unmittelbar Antheil zu nehmen. jBeide Umstände sind uns wich- tige Entscheidungsmomente, ,pm die in dem kleinen Bauuie bei so leicht

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zerstörbaren Gegenständen sehr erschwerten Untersuchungen um Vieles zu erleichtern.

Die hügelartig sich erhebenden und zu Fortsätzen sich herausbilden- den Theile der Stirnwand entsprechen vollkommen den vorderen Stirnfort- sätzen der höheren Wirbelthiere. Die Unterschiede beruhen allein darauf, dass die Stirnwand der letzteren eine gewölbte kappenförmige Gestalt hat und durch die später zu erwähnende Gesichts -Kopf beuge mit ihren Fort- sätzen eine von dem häutigen Schädelgewölbe sich mehr isolirende und zum Gesichte gehörende Abtheilung des Kopfes ausmacht. Daher erscheinen die vorderen Stirn- oder IVasenfortsätze der Säugethiere, Vögel und höhe- ren Amphibien gleichsam wie Appendices der Stirnwand, wahrend sie bei den niederen Wirbelthieren vielmehr unmittelbare, doch leicht trennbare Verlängerungen der Rückenplatten darstellen. Auf das Streben der Natur, das Gesicht der niederen Wirbelthiere weniger isolirt von dem Schädel aus- zubilden, lässt sich, wie mir scheint, auch der Umstand zurückführen, dass die vorderen Stirnfortsätze nicht wie bei den höheren Wirbelthieren nach aussen sich wenden, um dem Oberkieferfortsatze entgegen zu wachsen, son- dern in gerader Richtung sich fortentwickeln, ohne die Längenaxe des Em- bryo zu verlassen.

Aucli im gegenwärtigen Entwickelungszustande glückte es uns nur stückweise die schwarze Umhüllungshaut zu entfernen. Um daher die reinere Ansicht der Bildungen des serösen Blattes zu haben, bedienten wir uns des schon genannten Kunstgriffes, und trennten die Kopfliälften mittelst der Scheere. (Tab. I. Fig. 6.). Dadurch konnte man jetzt, nun die Rückenplatte des Rumpfes sich schon deutlicher in Wirbel abzeichnete, auch, am Kopfe vier ziemlich unterscheidbare Abtheilungen gewahr werden. Die vorderste entspricht den sogenannten vorderen Stirn- oder Nasenfortsätzen der Stirn- wand, die drei hinteren aber deuteten unserer Ansicht nach augenscheinlich die Kopfwirbel -Partieen an, wiefern dieselben den drei Haupttheilen des Gehirnes sich accomodiren. Unten zur Seite der ersten Kopfwirbel -Abthei- lung befindet sich eine rundlich gezeichnete Bildungsraasse, die Anlage des Auges, welche sich hier mit ihrer nach innen liegenden Seite präsentirt. Sie überragt in ihrer Ausdehnung nach hinten noch nicht die hintere Grenze

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des ersten Wirbels, Unter dem Auge und dem vorderen Stirnfortsatze liegt an der Wurzel des ersten Viscerslkolbens die schwarze , sich hier nach innen biegende Umhüllungshaut fester und derber an, als an den übrigen Partieen, während früher gerade das Gegentheil stattfand. Wir machen hier schon auf diese anscheinend kleinlichen Momente aufmerksam, weil dieses diejenige Stelle ist, worüber späterhin der Nasenkanal formirt wird. Den schlangen- förmigen Herzkanal können wir um diese Zeit deutlich mit zwei Aortenbogen erkennen; und die Anschwellung, welche derselbe mit seinen Gefässen an der Oberfläche zu Wege bringt, ist durch die Verdickung und Verlängerung des Visceralkolbens etwas nach hinten gerückt.

§. 3. Die vorhin beschriebenen Visceralfortsätze habe ich schon in meiner Dissen, inaug. Berol. 1836 obenhin beschrieben, da es damals nur auf die Existenz derselben ankam. Nirgends hatte ich eine Andeutung darüber gehört oder gelesen. Durch die Güte des Herrn Prof. H. Rathke erhielt ich, nachdem die Untersuchungen, welche ich in vorliegenden Blättern mit- theile, grösstentheils beendigt waren, die Schrift des Prof. Duges"), in welcher derselbe die Verwandlung des Skelets und der Muskeln der Batra- chier und Salamander etc. als Antwort auf die Preisfrage der Pariser Akade- mie der Wissenschaften beschreibt. Da sich die Metamorphosen dieser Thier- familien besonders auf den Kopf beziehen, so werden wir im Laufe unserer Untersuchungen öfters auf dieses Werk zurückkommen müssen. Wir stimmen in den meisten Fällen mit dem Verlasser der genannten Schrift nicht über- ein, was zum Their in der verschiedenen Betrachtungsweise, andern Theils aber auch in dem Umstände begründet liegt, dass Ant. Duges den frühen Entwickelungszuständen in der That nur flüchtig seine Aufmerksamkeit ge- widmet hat. Der Verfasser hat die beschriebenen Visceralfortsätze mit den anliegenden Saugnäpfchen gleichfalls in seinen Zeichnungen (Fig. 60 PI. XII.), wenn auch etwas unnatürlich, angedeutet, ohne sie jedoch benannt oder be- schrieben zu haben. Die beiden aus der schwarzen ümhüllungshaut gebil- deten Sauggrübchen beschreibt er als kreisrunde Erhabenheiten (deux emi- nences termmees chacune par une surface spheroidale etc.), wozwischen ein

*) Recherches sitr l'osteologie et la mvologie des batraciens a leurs differens ages.

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kleines Loch, der Mund, sich befinden solle. Ich kann mir diese Beschrei- bungen niclit anders erklären, als dass Ant. Duges die Viscerallortsütze mit den Sauggrübchen zusammen aufgefasst hat. Die schwärzliche runde Erha- benheit über dem ersten Visceralfortsatze (Fig. 60. eod. loc. ) hält er gegen Rösel für die Nasenölfnung, welcher letztere dieselbe für ein Augenrudiment erklärt hat. Die Anlage des Auges dagegen soll nach Duges um diese Zeit noch gar nicht A'orhanden sein. Indessen wäre diese Aufeinanderfolge der Entwickelungen ohne genügende Giünde ganz abweichend von der Regel, und überdiess kann man sich durch Herausnahme des besagten rundlichen Körpers (Fig. 4. Tab. I. ) von dem Bulbus ociili mit seinem Nervenstiele ziemlich sicher überzeugen. Ausserdem verfolgt man jetzt bald den in der Bildung begrilfenen Nasenkanal. Bei Vergleicliung der Beobachtungen des Ant. Duges und der meinigen wird man noch auf mehre Unterschiede treffen. Es ist mir jedoch bei dem- besten Willen und besonders auf Grund dessen, dass der Verfasser ausdrücklich angiebt genauer als die anderen Naturforscher in den Untersuchungen über die fr übe n Entwickclungsvorgänge gewesen zu sein, dennoch öfters nicht möglich eine Vereinigung zu Wege zu bringen.

§. 4. In dem weiteren Verfolge der Entwickelung richten wir unsere Äidinerksamkeit besonders auf die Formirung der Gesichtsanlagc, und auf die Bildung (ies zweiten Visccralfortsatzes. Ant. Duges spricht über Ersteres nur ganz aligemein bei der Veränderung seiner früher senkrecht und jetzt allmählig horizontal verlaufenden Mundspalte ; von dem Letzteren erwähnt er gar Nichts. Man nimmt die genannten Entwl'ckelungsvorgänge an Embryonen wahr, welche ungefähr die Grösse von vier bis vier und einer halben Linie erreicht haben (Fig. 7. Tab. I. ).

Die allgemeine Betrachtung eines solchen Embryo zeigt, dass die Rücken- und Visceralplatten des Rumpfes jetzt sich schon deutlich in ein- zelne Wirbel geschieden , welche an der W cllenlinie längst der Rückenkante des Embryo, wie auch an den von derselben nacli unten zu verfolgenden Einfurchungen leicht erkennbar sind. Die letztern fangen luimittelbar hin- ter dem durch seine ^Ibrundung- leicht unterscheidbaren Kopf an, und ver- schwinden gegen das Schwanzende, immer schmäler w^erdend, in die noch ungetheilte Bildungsmasse der .äussersten Spitze des Schwanzes. In ihrer

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ungefähren Mitte machen sie eine Biegung, welche anfangs einen ganz stum- pfen, je weiter nach hinten aber einen um so mehr spitzeren Winkel annimmt. Auch ist zu bemerken, dass der untere Schenkel nach vorn kleiner als der obere, nach hinten jedoch dem letzteren an Länge gleich kommt. Dasjenige was oberhalb der Biegung gelegen, gehört der Riickenmarkröhre, was unter- halb, der Visceralröhre des entsprechenden Blastoderraa an. Sowohl oben als unten sind diese Röhren jetzt niclut unmittelbar durch ibre Platten, sondern durch die Membr. reuniens superior et inferior geschlossen. In der Gegend der ersten Wirbelabtheilungen der Visceralplatte ist dieselbe etwas verdickt, und macht uns dadurch auf ein neues Produkt aufmerksam: es ist die Anlage der oberen Extremität. Ant. Duges scheint in der Fig. 61. PI. XII. der erwähnten Schrift gleichfalls diese Anhäufung der Bildungsmasse bemerkt zu haben. Er hält sie für die Andeutung der entstehenden Kiemen, obschon seine folgenden Abbildungen mit den äusseren Kiemen ganz clTenbar dieser Annahme nicht entsprechen. Ausserdem ist es jetzt niclit mehr schwierig die drei mehr nacli vorn sich befindenden Aortenbogen, an welchen sich die Kie- men entwickeln, frei zu legen.

Wir können überhaupt in dem jetzigen Zustande der Ent Wickelung des Froschembrjo weit sicherer zu Werke gehen, da die selbstständige Aus- bildung des serösen Blattes bereits so weit gediehen ist, dass die schwarze ümhiillungshaut nun schon Avirklich mehr oder weniger als blosse Hülle des Embryo sich oifcnbart. Daher kann man sie bei einem einige Tage in schwa- chen Spiritus aufbewalirten Embryo mit leichter Mühe entfernen. Darunter befindet sich nun schon die eigentliche Oberhaut lose der Rücken- und Vis- ceralplatte aufliegend und leicht von denselben lostrennbar, so dass wir dann die reine Weissliche, hie und da grau gefärbte Bildungsmasse vor uns haben.

§. 5. An einem so präparirten Embryo bemerken wir in Bezug auf die Kopfentwickelung Folgendes. Die Riickenplatte des Kopfes verläuft an dem oberen Rande, wie die des Rumpfes, wellenlinig. Zwei Einkerbungen sind besonders auffallend. Die am meisten nach vorn gelegene trennt die Schädelhöle von den vorderen Stirn- oder sogenannten Nasenfortsätzen. In derselben findet sich öfters eine hellweisslich sich abzeichnende, rundlich geformte Bildungsmasse vor (Fig. 7. Tab. I.), gleichsam ein Zwischenstück

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darstellend. Dieses verschwindet bei den Embryonen der Rana fiisca, tem- poraria und des ü«(/b igneus gänzlich in die umliegende Bildungsmasse, ohne dass wir uns über den eigentlichen Zweck dieser Bildung gegenwärtig hin- längliche Rechenschaft zu geben im Stande sind. Vielleicht ist es ein Ge- bilde, welches bei anderen Familien kräftiger und selbstständiger sich erhält. Am Knochenskelet des Kopfes werden wir dasselbe später auch hier wiederfinden. Die hinter der eben genannten gelegene Einkerbung, welche der Scheidungs- grenze der ersten und zweiten Abtheilung des Gehirnes entspricht, trennt den ersten und aweiten Schädelwirbel. Dieser letztere ist von dem dritten nur wenig sichtbar geschieden.

Unter der Rückenplatte hat nun auch die Visceralplatte des Kopfes ihre erste Metamorphose zu Visceralbogen beinahe vollständig vollendet. Die ersten Yisceralfortsätze haben sich wiederum etwas vergrössert und zwi- schen ihren Endkolben befindet sich eine jetzt noch ungeformte Bildungs- masse, welche dieselben in Verbindung erhält. Dadurch ist der erste Bogen der Visceralplatte des Kopfes fertig gebildet: es ist ein nur einfacher unter die Augenrudiraente angesetzter Halbkreis. Hinter ihm mit seiner Ba- sis ungefähr da am Schädel anliegend, wo oberhalb in den Rückenplatten die erste Andeutung des Ohrlabyrinthes sich wahrnehmen lässt, verläuft nun auch schon der zweite Visceralfortsatz an Masse dem ersten etwas nachste- hend. Er drängt sich bei seinem Wachsthume von dem Schädel zwischen die Wölbung, welche als äusserlicher Abdruck des Herzes mit seinen Aor- tenbogen angegeben, und die ersten Visceralfortsätze , parallel diesen letz- teren, nach unten. Seine Endkolben haben sich noch nicht erreicht. Zwi- schen ihnen befindet sich der Rest der noch zurückgebliebenen 3Iembrana reuniens vifenor, welche von hier nach hinten, seitlich mit der gleichen die genannte Wölbung deckenden, und unten mit der des Rumpfes in Verbin- dung steht. Bei diesem letzteren Uebergange hat die untere Vereinigungs- haut zwei Blätter, welche über und unter dem Herzen hinweg zur Bauch- höle verlaufen, seitlich und vorn sich vereinigen, hinten aber eine Kommu- nikation mit der Visceralhöle des Rumpfes gestatten. Auf diese Weise liegt das Herz in einer zum grössten Theile für sich dastehenden Hole des serö- sen Blattes. (Sie ist nicht mit dem Pericardium zusammen zu bringen.) Die

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vollständige Vereinigung der zv/eiien Visceralfortsätze erfolgt mm sehr bald durch ein besonderes Zwischenstück, und somit ist die zweite Metamorphose des ursprünglichen Visceralstreifens am Kopfe vollendet, Sie ist in der all- gemeinen Form dem ersten Visceralbogen ganz ähnlich. Beide werden durch eine Spalte, der ersten Visceralspalte , welche von ihren respektiven, abge- rundeten Rändern gebildet Avird, von einander geschieden. Der hintere Rand des zweiten Visceralfortsatzes verläuft mehr häutig und ist durch eine wei- tere Spalte von der, in der Entwickelung noch zurückstehenden, Visceral- platte des Rumpfes und der jetzt an ihrer Stelle fungirenden unteren Verei- nigungshaut getrennt. In dieser Spalte, welche zur zweiten Visceralspalte wird, befindet sich jetzt die genannte Wölbung als äusserer Abdruck der Aortenbogen, und füllt dieselbe gleichsam aus. Noch bemerkt man keine Spur von äusserer Kiemenentwickelung, Doch zeigten sich gerade auf dieser Wölbung einzelne Risse und Spaltungen als Andeutungen der hier alsbald erfolgenden Produktionen. Die schwarze ümhüllungshaut war daher an die- ser Stelle weit leichter als an den übrigen zu entfernen, und es traten dann zwei freie Aortenbogen hervor, während der dritte an der unteren Vereini- gungshaut des Rumpfes anlag.

§. 6. Mit dem Auftreten des zweiten Visceralbogens ist die Visceral- röhre des Kopfes bei diesen Thieren vollendet. Ich sah niemals einen Bil- dungsvorgang, der mich hätte berechtigen können die Anwesenheit eines dritten Visceralbogens, wie bei den höheren Wirbelthieren, den Säugethie- ren, Vögeln und höheren Amphibien "0? anzunehmen. Die nun bald ganz frei dastehenden drei Aortenbogen, und eine grössere Anzahl habe ich nie vorfinden können, sind in ihrem Verlaufe und in ihrer Lage, durch ihre Entstehungsweise, durch den Zusammenhang mit dem Herzen, durch den jetzigen Mangel an Solidität der Bildungsmasse, und durch ihr« Entwickelung von Kiemenläppchen so' evident verschieden von den Visceralbogen, dass man nicht umhin kann über ihre Anlage an letzteren hinwegzusehen und sie für ganz eigenthümliche Gebilde zu halten. Ob aber nicht die Entwickelung der Kiemen mit ihren Bogen und der diese stützenden Skelettheile, ferner

*) An dem Embryo einer Coluöcr natriz habe ich ihn deutlich gesehen.

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die Lage dieses ganzen Apparates gleich hinter dem zweiten Visceralbogen in Zusammenhange stehe mit dem Mangel einer dritten Metamorphose des ursprünglichen Visceralstreifens am Kopfe; und ob diese beiden Phänomene gesammt mit noch anderen zu erwähnenden Eigenthümlichkeiten die nackten Amphibien und Fische als in eijie in dem allgemeinen Wirbcltypus sich scheidende zweite Abtheilung darstelle: darüber werden wir im Laufe die- ser Untersuchungen bestimmter urtheilen, und dann diese frühsten Bildungs- vorgänge als Andeutungen hiervon betracliten können,

Vergleichen wir den jetzigen Zustand des Froschembrjo mit dem gleichzeitigen der höheren Wirbelthiere hinsichtlich der beschriebenen Kopf- bildung, so finden wir, wie schon erwähnt, dass zuvörderst die Rücken- ])latten vorn eine nicht so gewölbte, kappenförmige Stirnwand haben, was wohl zum Theil auch auf die, von dem Gehirn abhängige, geringere Schä- del Wölbung dieser Thiere beruht. Wir sehen ferner, dass jene Beugung der Schädelliöle hei den höheren Wirbelthieren, wodurch die vordere Ab- theilung derselben als eine mehr isolirte, für das Gesicht bestimmte, Schä- delpartie geschieden wurde, bei den Embryonen der Frösclie nicht erfolgt, und dass dieses ausser der geringeren Ausbildung der grossen Hemisphären des Gehirnes zugleich auch Ursache der geringer gewölbten Stirnwand Avurde. Wir finden endlich , dass der erste Visceralbogen sich wesentlich von dem der höheren Wirbelthiere unterscheidet. Er verläuft nicht von seinem mit den höheren Wirbelthieren übereinstimmenden Ursprünge zuerst parallel der Längenaxe des Körpers nach hinten, um sich dann nach unten zu biegen, sondern wendet sich sogleich unterwärts, und bildet einen Bogen, Welcher dem zweiten und dritten der höheren Wirbelthiere gleicht. Diese letztere Erscheinung hängt wiederum mit dem Mangel einer Gesichts - Kopfbeuge dieser Thicre zusammen. Sowie bei den Säugethieren, Vögeln und höhe- ren Amphibien die Biegung des ersten Visceralbogens nach vorn erfolgt, weil der vordere Theil der Schädelwirbelsäule sich krümmt; so fehlt dieser Entwickelungsvorgang bei den Fröschen, weil die eigentliche Ursache man- gelt. Somit lassen sich die meisten jetzt stattfindenden Unterschiede der Frosch - Embryonen von den höheren Wirbelthieren auf den Mangel der Gesichts - Kopibeuge zurückführen, und in ihr ist uns, wie wir später

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iiocli deutlicher sehen werden, eine von den frühsten Andeutungen der beiden grösseren Wirbelthier -Abtheilungen durch die Entwickelungsgeschichte gegeben.

Gesichts-Formation.

§. 7. Wir hoben vorhin besonders hervor, wie das Auge mit den dar- unter liegenden Saugnäpfchen bei der seitlichen Betrachtung die uranfäng- liche vordere Begrenzung des Embryo machte; wie dann ferner der Her- vorwuchs des ersten Visceral fortsatzes das Sauggrübchen verdrängte und dessen Stelle übernalim; und endlich, wie die Bildung der vorderen Stirn- oder Nasenfortsätzc die an sicli ziemlich regelmässig verlaufende vordere Kontour durch eine Abstufung unregelmäsig machte.

Wenn wir jetzt den Embryo betrachten, (Fig. 7. Tab. 1.) so sehen wir die entstandene Treppe beinahe wieder ganz ausgeglichen, und das Auge zu- rückgedrängt. Dieser Vorgang wird dadurch bewerkstelligt, dass von der Basis des ersten Visceralfortsatzes die Bildungsmasse über die erwähnte Stelle, wo die schwarze Umhüllungshaut fester anlag, hinweg gegen die Spitze der vorderen Stirnfortsätzc sich erhebt, und mit ihm in Verbindung setzt. So- wohl durch den Hervorwuchs der genannten Stirnfortsätze als auch durch die eben erwähnte Entwickelung, welche beide vor dem Auge ihre Vereini- gung haben, erscheint dieses letztere zurückgewichen, ohne dass es gegen- wärtig in der That der Fall gewesen. Vor dem Auge ein wenig abwärts bemerken wir nun einen schwärzlichen Körper, welchen auch Ant. Duges PI. XII. hinlänglich deutlich gesehen hat. Er befindet sich gerade an der Stelle, wo wir früher an der inneren Seite der Basis des ersten Visceralfort- satzes die schwärzliche Umhüllungshaut derber und fester anliegend vorfan- den. Nimmt man den schwarzen Körper heraus, so hat man ein Konvolut von häutiger Masse vor sich, wclclie mit dem äusseren schwarzen Ueberzuge in Verbindung steht, und nach innen eine hellere Färbung angenommen hat Der zurückgebliebene Kanal, welcher vorn und seitlich durch die neu ent- standene Bildungsmasse des ersten Visceralfortsatzes, hinten vom Auge mit der Stirnwand, oben durch den respectiven Stirnfortsatz, nach innen durch die Verlängerung der Schädelbasis gebildet wird, ist die Grundlage des Na- senkanals. Mit ihm ist uns auch die Bedeutung des oben beschriebenen

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neuen Bilduiigstlieiles gegeben; es ist die Bildiingsrnassc des künftigen Ober- kiefers. Dieser Annahme entspriclit auch vollkommen ihr Ursprung und ihre Verbindung mit den vorderen Stirnfortsatzen. Die Abweichungen von dem Oberkiefer -Fortsatze der Säugethierc, Yögel und hölieren Amphibien sind nur durch die Modification des ersten Kopf wirbeis dieser Thiere bedingt.

'Die Entstehung des eben beschriebenen Oberkiefers können wir nicht allein an den Veränderungen der vorderen Begrenzung des Embrjonalkörpers, sondern auch an der zwischen den beiden ersten Visceralfortsätzen sich be- findenden Spalte, dem vorderen Eingange zur Visceralröhre, deutlich walir- nehmen. Dieselbe bildet anfangs, wie wir gesehen, eine ganz gerade von den zwei parallel verlaufenden, respcctiven Seitenwänden der Visceralfort- sätzc eingeschlossene Oeffnung. Bei der Entwickelung der Bildungsmasse des Oberkiefers kann es nicht fehlen, dass die obere Hälfte derselben stumpf- winkelig begrenzt wird. Zu gleicher Zeit hat sich durch die Vergrösserung der ersten Visceralfortsätze und ihre Vereinigung durch dazwisclientretende Bildungsmasse aucli die unterste Abtheilung der vorderen Visceralröhren- OefFnung winklig abgerundet. Auf diese Weise sehen wir die einfache Spalte in ein mit vier abgerundeten Ecken versehenes Quadrangulum übergehen, des- sen Diagonalen in der Richtung der senkrechten und queren Axe des Embryo gelegen sind. Durch die spätere Vollendung der so begonnenen Mundhölenbildung wird das iiranfängliche Fundament für den Gesichtsbau vervollständigt. Als Träger der beiden genannten ursprünglichen Gesichts- bildungstheile, der vorderen Stirnfortsätze und der Oberkiefer, wachst hier, wie bei den höheren Wirbelthieren, die Basis des Schädels vorwärts, und ent- wickelt so die Gesichtbasis.

Die Bildungsmassen der Nasenfortsätze, der Oberkiefer und der sie stützenden Gesichtsbasis , welche behufs der Nasenhölen - Formation von den ürplatten des Wirbelsystems hervorwachsen, sind die wesentlichen, dem Ge- sichte eigenthümlich zugehörenden Formbestandtheile. Sie werden bekannt- lich späterhin zur vorderen Gesichtshälfte gerechnet, bilden jetzt die vordere oder obere Begrenzung der vorderen VisceralröhrenöfTnung (IMund), Avährend die hintere von der Bildungsmasse der unteren Hälfte des ersten Visceralbo- gens formirt wird.

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§. 8. Bei dem Vergleich der eben beschriebenen Gesichtsanlage mit der gleichzeitigen der höheren Wirbelthiere vermissen wir einen accessori- schen Bildungstheil des Gesichtes letzterer Thierklassen: den sogenannten seitlichen Stirn- oder Thränenbeinfortsatz, Am ausgebüdetsten, und auch augenscheinlich individuell auftretend, fanden wir ihn bei den Säugethieren, obschon die beiden anderen ursprünglichen Bildungstheile des Gesichtes, der vordere Stirn - und Oberkieferfortsatz, an hervorstechender Entwickelung ihn um Vieles übertrafen. Etwas weniger deutlich war er bei den Vögeln. Bei den Embryonen, welche ich von den höheren Amphibien bis jetzt unter- sucht habe, sieht man diese seitliche Partie der Stirnwand an der inneren Seite des Auges kaum noch etwas sich erheben, dennoch ist dieselbe bei der gros- sen Wölbung des Scliädels hinlänglich deutlich markirt. Bei den Fröschen, doch nicht, wie wir später sehen werden, bei den Tritonen, ist die besagte Stelle gar nicht sichtbar entwickelt, sondern es zeigt sich hier eine unbedeutende weissliche Substanz inmitten [der Stirnwand und der Nasenfortsätze, welche bald darauf sich der Beobachtung entzielit. Die vorderen Stirnfortsätze neh- men daher zumeist die ganze Stirnwand ein , und zu ihnen erstreckt sich, unmittelbar dem vorderen Abschnitte des Auges vorbeiziehend, die Bildungs- masse des künftigen Oberkiefers. Auch dieser letztere unterscheidet sich wesentlich durch die Form von dem gleichbenannten der höheren Wirbel- thiere. Bei diesen erhebt er sich mehr oder weniger frei als ein förmlicher Fortsatz , um dem vorderen Stirnfortsatze entgegenzuwachsen. Diese Art und Weise der Entwickelung behält er auch in allen Klassen der höheren Wir- belthier-Abtheilung bei, obschon graduell je nach ihrem niederen Stande abnehmend. Bei den niederen Wirbelthieren erscheint er beinahe nur als ein verbindender Bildungsstreifen zwischen der Basis des ersten Visceralfort- satzes und dem vorderen Stirnfortsatze.

Beide Abtheilungen der Wirbelthier - Klassen haben mithin in der Gesichtsentwickelung das Gemeinschaftliche, dass die Bildungstheile vom ersten Kopfwiibel mit seinem Visceralbogen ausgehen und von den- selben ihren BildungsstofF hernehmen. Ferner haben sie auch beide das Bestreben im Allgemeinen die einzelnen Gesichts - Bestandtheile vor den ersten Kopfwirbel zu lagern. Die genannten Unterschiede derselben

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lassen sich, wie mir scheint, auf den Mangei der Gesichts -Kopfbeuge, auf die davon abhängige modifizirte Gestalt des ersten Visceralbogens und auf die geringe Wölbung der Stirnwand zurückführen. Daher kam die gerade Richtung und die geringe Abzeichnung der vorderen Stirnfortsätze von den Rückenplatten des Kopfes j daher auch der ein- fache Bildungsstreifen als Anlage des Oberkiefers an Stelle jenes ziem- lich mächtig hervortretenden Fortsatzes der höheren Wirbelthiere. Jetzt, wo die Entwickelungsvorgänge thatsächlich uns vor den Augen liegen, möchte man wohl zu der Behauptung sich hinneigen, dass, sobald der Man- gel einer Gesichtskopfbeuge und die damit im Einklänge stehende , geringere Wölbung der Stirnwand bei den niederen Wirbelthieren statuirt war, auch die nachfolgenden, davon abhängigen Bildungen zum grossen Theile voraus zu vermuthen gewesen wären.

Vollendung der typischen Conforraation des Kopfes. Die Froschlarve.

§. 9. In dieser Entwickelungsperiode zeigt der Froschembryo die Tendenz zur Ausbildung seiner Larvenform, indem im Allgemeinen die bis- herigen Entwickelungsanlagen sich vervollständigen und gleichsam abrunden. Mit Verlängerung des Schwanzes vermehren sich die Wirbel- Abtheilungert. Die Centralnervenröhre wird durch die sich vereinigenden Rückenplatten ge- schlossen, indem zugleich die Membrana reuniens superior am Rumpfe ver- schwindet und nur am Kopfe sich theilweisc zu erhalten scheint''). DieVis- ceralplatte des Rumpfes vergrössert sich in dem Maasse, wie die untere Ver-

*) Herr Professor H. Rathke vermuthet, wie ich aus der gütigst mir gemachten Mittheiliing entnahm, dass am Schädel sich theilweise die Membrana reuniens superior erhalte. Indessen glaube ich, dass, so wie die gegenseitige Vereinigung der Bauchplatten bei den Thieren, deren Muskelsystem mit Rippen daselbst wenig ausgebildet ist, nicht so augenscheinlich wird, dennoch bei Berücksichtigung und Vergleichung der rudimentären Muskeln mit denen anderer Wirbelthiere nicht abgeleugnet werden kann; dass ebenso auch am Schädel, wenn derselbe vollständig existirt, die Vereinigung der Rückenplatten des Kopfes erfolgt ist und xorhanden nur wegen der häutigen Form die unmittelbare Beob- achtung sehr erschwert und beinahe unzulässig macht.

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einigmigsliaut verkümmert. Bei diesem Processe kommt das verhältnissmässige Zurückbleiben des Volumens des Bauches sehr zu Hilfe.

Vorzugsweise aber fällt in diese Zeit die vollständige EntAvickelung der äusseren Kiemen. Sie bilden sicli da an den Aortenbogen, wo diese letzteren gegen die Wirbelsäule sich anlegen. Wir sahen die Gefässbogcn der Aorta schon sehr frülie äusserlich angedeutet durch die Wölbung, welche anfangs unter den Rückcnplatten des Kopfes gleicli hinter den Sauggrübclien sich be- fand und dann allmählig bei der Entwickelung der Visceralfortsätzc zurück- gedrängt wurde: ein Phänomen, welches noch weit augenscheinlicher bei den liöhcren Wirbelthieren wegen des dunkleren Blutes und der ganz durchschei- nende Bildungsmasse derselben beobachtet Averden konnte. Diese Wölbung ersclieint an ilirer Oberfläclie von den darunterliegenden Gefässbogen wellen- förmig; die sie deckende schwarze Umhüllungshaut bekommt Risse und Spal- tungen, und lösete sich nach und nach, den Kiemcnspalten entsprechend, ab, und als neuen Schutz entwickelt von seinem häutigen hinteren Rande der zweite Visceralbogen den bald zu erwälmenden häutigen Kiemendeckel, Inzwischen bilden sich neben der Wirbelsäule auch die äusseren Kiemenläppchen. Zuerst zeigt sicli am vordersten Aortenbogen die erste äussere Kieme als ein ein- facher Stummel, welcher dann später mehre Aestclicn entwickelt^ dann folgte die zweite und am spätesten die dritte Kieme von dem letzten Aorteubogen, welche letztere jedocli nie so vollkommen sich ausbildet, wie die beiden vor ihr liegenden. Die äusseren Kiemenläppchen bleiben übrigens von der schwarzen UmhüUungsliaut bedeckt, und es hat mir immer geschienen, als wenn dieselbe behufs der veränderten Thätigkeit noch eine eigene Metamor- phose erlitte; niemals Mar ich im Stande sie von den Gefässen loszutrennen.

§. 10. Die weitere Entwickelungsgeschichte des Kopfes gestaltet sich nun folgendermaassen. Die Rückenplatten desselben theilen sich gemäss der Ausbildung des Geliirncs deutlicher in 3 Abtheihuigen für die Wirbel, von welchen jedoch nur der erste am augenscheinlichsten sicli abzeichnet. Die Bildungsmasse der beiden liintercn ist wohl bemerklich schon äusserlich ge- schieden, doch muss man den Vertikal -Durchschnitt des Kopfes zu Hilfe neh- men, um sicherer zu gehen. Diese ScliM'ierigkeit iu der Erkenntniss der bei- den hinteren Wirbelabtheilungen des Kopfes giebt uns sowohl einen deutlichen

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Beweis von der Rüclvsiclit , welche die frülisfe Eiitwickelulig auf die künftig auftretenden, indivi(iuellen Formen nimmt, als auch von dem Einflüsse, welchen die Geliirnabthcilungen auf die Wirbelabzeichnungen des Schädels ausüben. Die Lage des Auges, das jetzt beinahe vollkommen ausgebildet ist, die des Ohrlabjrinthes, welches gegenwärtig luu" deutlich an den Seiten der Rückenplatten zu erkennen, und die Abzeichnung der Rumpfwirbel dienen gleichfalls als nicht zu übersehende Hilfsmittel bei der Bestimmung der Kopf- wirbel. Die Urrudiraente des Auges, anfänglich vorn in den Seitentheilen fies ersten Schüdelwirbels gelagert, dehnen sich bei ihrer Entwickelung immer mehr nach hinten aus, so dass sie bald die ganze Länge der entsprechenden Seitentheile einnehmen. Das Ohrlabyrinth ist anfangs nur ein weissliches Konvolut von ßihhuigsmasse, das sehr frühe zur Seite der Rückcnplatten des Kopfes äusscrlich erscheint. Es hat seine Lage daselbst vor dem dritten Kopfwirbel , nimmt aber bei seiner \ ergrösserung sowohl diesen als auch besonders den Seitentheil des vorliegenden Schädelwirbels immer mehr m Anspruch. Es hat mit dem Labyrinthe der hidiern Wirbelthiere das Ge- meinschaftliche, dass es weit früher als die übrige Bildungsmasse in den Knor- pelzustand übergellt und so als Knorpelbläschen, worin nun bald auch die KaJk- Konkremente sichtbar werden, sich darstellt.

§. IL Die Yisceralbogen anlangend bemerkt man an dem ersten der- selben den Hervorwus hs einer Bildungsmasse, W(Mic dem unteren Zwischen- kiefer der höheren Wirbelthiere einigerraaasscn entspricht. Wir hatten nämlich gesehen, dass die Endkolben der ersten A isceralfortsätze durch eine zwischentretende Masse vereinigt wurden. Diese Yerbindungssubstanz findet sich auch bei den Embryonen der höiurn Wirbelthiere und hat zunächst die Tendenz den eigentlichen. Yisceralbogen zu bilden. Dann entwickelt sich in ihr das keilförmige 8chlusstück der Meckelschen Knorpel und später ent- stehen an ihrer äusseren Seite die unteren Zwischenkieferknochen, wie dieses am deutlichsten bei den Vögeln wahrgenommen werden konnte. Bei den Froschthieren wird dieselbe für den Larvenzustand von ganz besonderer Be- deutung, Zu diesem Bcliufe bildet diese Verbindungsmasse, ganz unabhängig von den anstossenden Visceralfortsätzen, allmählig zwei Stücke, die unter einem etwas nach vorn und unten vortretenden spitzen Winkel vereinigt sind.

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Während die hintere Seite derselben ganz frei liegt, so ist das obere Ende und beinahe die Hälfte der vorderen oder äusseren Fläche in die Vereinigung mit den Endkolben der respektiven Visceralfortsätze gezogen. Daher kommt es, dass dieser mittlere Theil, von der inneren Seite gesehen, vollständig ausgebildet und von ziemlichem Umfange erscheint, während er von aussen betrachtet leicht zu übersehen ist, da er die Hälfte der sich hier darbietenden Fläche bei der Verbindung mit den respektiven Enden der eigentlichen Vis- ceralfortsätze eingcbiisst hat. (Tab. 1. Fig. 9. Fig. 10. ) Bei seiner Neigung nach vorn und unten, während die dar überliegenden eigentlichen Visceralfort- sätze gegenwärtig noch mehr direkt nach unten verlaufen, ist es indess auch nicht schwer von aussen durch das Hineinsehen in die Mundhöle die innere freie Fläche Wahrzunehmen.

Auch die zweiten Visceralfortsätze haben sich in dieser Periode enger verbunden, ohne dass jedoch das Mittelstück ganz individuell hervortritt. Vielmehr geht dasselbe beinahe unscheinbar in die dahinter liegende Membrana reuniens inferior über, welche letztere an den Stellen, wo die Hauptäste des Truncus aortae frei in die zweite Visceralspalte eintreten und wo die beiden Blätter der Herzhöle seitlich zusammenkommen, etwas kondensirter erscheint. Wichtiger ist die Entwickelung des häutigen Kiemendeckels von dem hinte- ren Rande der zweiten Visceralfortsätze. Die Erweiterung dieses häutig ver- laufenden hinteren Randes geschieht etwas oberhalb der Mitte des entspre- chenden Visceralfortsatzes ; das Mittelstück des Bogens und die obersten Partieen bleiben frei. Wir haben eine ähnliche Erscheinung auch bei den höheren Wirbelthieren beobachtet. H. Rathke entdeckte diese Vergrösserung des zweiten Visceralfortsatzes zuerst bei den Vögeln und glaubte damals schon, dass es ein Analogen vom Kiemendeckel wäre, Sie ist daselbst auch höchst merkwürdig von solcher Grösse und so eigenthümlichen Wachsthume, dass gewiss noch besondere Gründe seine Anwesenheit bedingen müssen. Ich vermuthe, dass die Bildung der Visceralröhre des bei diesen Thieren ver- hältnissmässig sehr langen Halses nicht ohne geringen Einfluss auf das ge- nannte Phänomen sein möchte. In meiner Abhandlung im Müllerschen Ar- chiv habe ich erwähnt, dass dieses Analogon von Kieraendeckel der Vögel mit der Visceralplatte der Brust sich in Verbindung setze und da erst

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v^erwachse. Aus blosser Analogie scheint mir eine so mächtige, individueJle Entwickelung kaum denkbar"^). Bei den Embryonen der Saugethiere beobachtete ich nur eine eigenthümliche V erbreiterung des oberen freien Theiles des zweiten Visceralfortsatzes. Wie dem nun auch sei, so viel ist gewiss, dass bei den Kiemerf- Wirbelthieren diese Erweiterung an der äusse- ren Fläche des zweiten Visceralbogens zum Schutzdeckel für die Aortenbo- gen und ihre Kiemen bestimmt ist imd der Membrana bi'anchiostega der Fische entspricht. Sie findet sich, so bald die Kiemen in Wirksamkeit treten, sie hört auf zu sein und verwächst mit der Visceralplatte des Rumpfes, wenn die Kiemen schwinden. Zu den ersten Muskeln, welche am Kopfe sich bil- den, gehören auch diejenigen, welche zur Schliessung und Oeffnung des Kic- mendeckels bestimmt sind.

§. 12. Von den Visceralspalten verbleibt vorläufig und vergrössert sich mit dem allgemeinen Wachsthume des Embryo die zweite, indem sie mit dem allmähligen Ausbilden der äusseren Kiemenläppchen zugleich in ihre P'unktion als äussere Kiemenspalte eintritt. Sie wird vorn durch den hinte- ren Rand des zweiten Visceralfortsatzes , hinten durch die Visceralplatte des Rumpfes, und unten durch die Seitenränder der HerzhÖle begrenzt. Oben liegen der zweite Visceralbogen und die Visceralplatte des Rumpfes nahe bei einander. Die erste Visceralspalte dagegen verschliesst sich schon ziemlich früh an ihrer oberen Abtheilung, und nach und nach geschieht dieses auch mit der noch übrig gebliebenen unteren, wo die Zwischensubstanz jedoch mehr häutiger IVatur ist. So evident und zierlich, wie wir diese Spaltöffnung mit den umgebenden Rändern bei den Säugethieren, Vögeln und höheren Amphibien in den äusseren Gehörgang mit dem Paukenfell und in die Tubfi Eustachii mit der Paukenhöle sich verwandeln sahen: so ganz und gar ver- liert sie sich bei den Froscharten, die ich untersuchte, wie dieses mit den beiden letzten Visceralspalten der höheren Wirbelthiere der Fall ist.

Zu bemerken ist noch die Art und Weise, wie die obere Abtheilung der ersten Visceralspalte verwächst. Von aussen kann man wenig von diesem

*) Wir werden in der Entwickelungsgeschichte des Triton Gelegenheit nshmea über diesen Punkt uns bestimmter auszusprechen.

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Vorgange wahrnehmen. Die Untersuchung von der innern Seite giebt hier nicht weniger als bei den höheren Wirbelthieren die besseren und klareren Aufschlüsse. Das Durchschneiden der einen Seitenhälfte der Visceralröhre, um durch das Zuriickklappen derselben die innere Anschauung zu gewinnen, ist hier von geringerem Vortheil, da die Befestigung der zurückgeklappten Theile wegen ihrer Kleinheit und geringen Konsistenz jetzt so äusserst schwierig ist. Ich bin daher mit einer feinen vScheere in die \ isceralröhre eingegangen und habe die Rückenplalten durchschnitten (Fig. 9. Tab. I. ), wo- durch die Anheftung bei weitem erleichtert ist. Man sieht alsdann, wie die erste Visceralspalte bis in die Nähe der Rückenplatten des Kopfes hinaufragt. Dann vereinigen sich schon sehr frühe die obersten Abtheilungen der anlie- genden Visceralbogen auf die Weise, dass die Bildungsmasse des ersten durch die nach unten und hinten sich erweiternde Augenhöle mit einem kleineren anliegenden Theile eine gleiche Richtung annimmt, die Basis des zweiten erreicht und mit ihr verwächst, während die Hauptmasse von der oberen Abtheilung des ersten Visceralbogens vorn unter dem Auge verbleibt. Man kann anfänglich noch eine feine Furche der vereinigten Visceralbogen unterschei- den. Späterhin verschwindet auch diese, und man hat nun eine zwischen der Augenhöle und dem Ohrlabyrinthe sich befindende gemeinschaftliche Bildungsmasse, welche zwar zum grössten Theile der oberen Abtheilung des zweiten Visceralbogens zugehört, von der jedoch die noch freistehenden un- teren Abtheilungen beider Visceralbogen gleichsam auszugehen scheinen. Diese letzteren vereinigen sich nie so innig, sondern ihre Spalte wird viel- mehr durch häutige Bildungssubslanz geschlossen.

Der V erwachsung der oberen Abtheilungen kommt übrigens noch der Umstand sehr zu Hilfe, dass sie zum Theil in den gemeinschaflichen, ursprünglichen Visccralstreifen gelegen sind. Dieser letztere grenzt an die Rückenplatten, in welchen sich am vorderen Seitentheile des ersten Wirbels das Auge, vor dem dritten Wirbel das Ohrlabjrinth befindet. Die Entwickelung dieser beiden Sinne nimmt bei ihrer Vergrösserung und Erwei- terung gleichfalls sogar die Bildungsmassen des unterliegenden Visceralstrei- fens in Anspruch. Vorzüglich ist's die Augenhöle, wie schon erwähnt, welche sich mächtig nach unten und hinten ausdehnt und in der späteren

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Zeit über seine ursprüngliche Lage oft irre leiten kann. Obschon anfangs vorn zur Seite der Stirnwand liegend überschreitet sie später naci» hinten nicht allein den entsprechenden ersten Wirbel, sondern reicht sogar bis in die Mitte des zweiten hinein. Ihr entgegen tritt das Ohrlabyrinth, welches jedoch bei den Frösclten weniger in seiner Entwickelung nach vorn als nach unten die Bildungsmasse des zweiten Visccralbogens beeinträchtigt.

Bei den hoJieren Wirbel thieren scheint die Anlage des Ohrlabyrinthes gleich anfangs mehr oder weniger dem ersten Wirbel und seinem Visceral- bogen anzugehören und der zweite Visceralfortsatz liegt unmittelbar darunter. Diese Bildungsverschiedenheit scheint mir wiederum auf die ursprünglich ab- weichende Kopfform beider Abtheilungen der Wirbelthicre, auf die Gesichts- kopfbeuge, zurückführbar. Denn dadurch erhielt besonders der zweite Kopf- wirbcl eine mehr schräge gegen die horizontale Ebene des Embryo geneigte Lage und das dahinter liegende, sich vergrössernde Ohrlabyrinth rückt so gleichsam über den zweiten Wirbel hinweg dem ersten näher. Am bemerk- barsten war diese Erscheinung natürlich bei den Säugethieren. Gehen wir nun noch weiter in der Beachtung der durch die Gesichts -Kopf beuge begün- stigten Entwickelungsmomente , so erscheint sie uns auch als ein Erleich- terungsmittel für die Bildung der Gehörknöchelclien. Sie unterstützte da- durch die EntAvickelung des wichtigsten Bewegungsknöchelchens am Ohrlaby- rinthe, des Steigbügels und der Kolumella aus dem zweiten Visceralbogen j sie machte es möglich, dass TJieile vom ersten Visceralfortsatz (Ambos und Hammer) für den Bedarf des Gehörorgans verwendet werden konnten.

Indem wir so stets geneigt sind die späteren Entwickelungs-Phänome auf vorangegangene zurückzuführen, wollen wir sie durchaus niclit als noth- wendige Folgen derselben betrachtet wissen und die individuelle Form hievon unmittelbar allein abhängig darstellen. Bei den Lebensenergien ist, wie der grosse Kant sagt, Alles Mittel und Zweck zugleich j Alles gehorchet einer überall sich gleich zeigenden höheren Einheit. Die umgekehrte Betrach- tungsweise bleibt anderen Wissenschaften anheim gestellt j für die Entuicke- lungsgeschichte ist der von uns beobachtete Weg der normalste.

§. 13. Zur plastischen Bildung des Gesichtes hatten die vorderen Stirn- fortsätze, die Gesichtsbasis und die Bildungsstreifen der Oberkiefer das Fun-

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dament gelegt. Die Vervollständigung desselben geschieht nun durch die Entstehung des letzten dem Gesichte eigenthüralichen Grundbestandtheiles; des oberen Zwischenkiefers. Derselbe erhebt sich von der vorwachsenden Gesichtsbasis da , wo dieselbe mit den Stirnfortsätzen und den Oberkiefern in Berührung steht. Als zwei mehr häutige Bildungsmassen auftretend, cntwik- kelt er sich auf- und vorwärts und füllt den Raum zwischen den vorderen Stirnfortsätzen und den Oberkiefern aus, um die Formirung des Nasenkanals zu jeder Seite zu vollenden. Dieser Vorgang ist durchaus dem der höheren Wirbelthiere ähnlich , nur dass namentlich bei den Vögeln der seitliche Stirn- fortsatz mächtig ins Mittel tritt. Die nächste Folge des hervorwachsenden Zwischenkiefers ist die Umbildung des vorderen Visceraleinganges zur Mund- offnung, indem dieselbe, allmählig aus einer einfachen perpendikulairen Spalte m ein mit abgerundeten Ecken versehenes Quadrangulum übergegangen, nun in eine horizontale Spalte, die eigentliche MundöfFnung, sich verwandelt. Bei diesem letzteren Bildungsakte erweitert sich die Substanz des oberen Zwischenkiefers seitlich über die Oberkiefer -Streifen hinweg gegen den er- sten Visceralbogen und bedeckt bei den ungeschwänzten Batrachiern um die jetzige Zeit denselben soweit, dass nur sein mittleres sich besonders entwickelndes Stück frei bleibt und als unterer Zwischenkiefer fungirend die hintere Mundbgerenzung übernimmt, so wie die oberen Zwischenkiefer jetzt allein die vordere. Durch die eigenthiimliche Lagerung der für das Gesicht hervorwachsenden Bildungsfortsätze der beiden Röhren des Wirbel- systems über und vor der vorderen ViscerairÖhren-OeiFnung, erhalten diesel- ben also neben dem ursprünglichen Zwecke, die NasenhÖle zu bilden, noch eine zweite Bestimmung, nämlich die obere Mundhölenwand zu konstituiren. Die Gebilde, welche von der unteren Abtheilung des ersten Visceralbogens die untere Mundhölenwand formiren, treten alsdann zu dem ursprünglichen Gesichte accessorisch als untere Gesichtshälfte hinzu. Bei dem Frosche wird dieselbe gegenwärtig, wie wir gesehen, durch das individuell sich ent- wickelnde Schlussstück des ersten Visceralbogens gebildet.

§. 14. Mit der Vollendung dieses Entwickelungs Vorganges ist auch die vollständige Form des Froscliembryo gebildet. Jn so fern derselbe eine

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Larvenzeit zu durchleben hat, sind auch die Urbestandtheilc des Kopfes natür- lich demgemäss individuell schon geformt.

Von den einzelnen Gesichts - Bestandtheilen kann man am besten sich dadurch überzeugen, dass man solche Embryonen eine halbe Stunde hindurch in schwacher Salpetersäure aufbewahrt. Alsdann lassen sich die einzelnen Gebilde sein leicht absondern. Das ist auch der einzige Vortheil, den man von dieser Aufbewahrung der Embryonen hat. Zu sonstigen Untersuchungen ist die Substanz hiedurch zu bröcklich geworden und duldet keine Befesti- gungsmittel.

Wichtig ist noch bei der Vollendung des Froschlarvenzustandes die Entstehung einiger Theile aus der schwarzen ümhiillungshaut. Diese Mem- bran scheint so eigentlich für den Larvenzustand der Frösche vorhanden zu sein und ist in diesem Sinne mit der Puppenhülle zu vergleichen, unter welcher das vollkommene Insekt sich ausbildet. Unter ihrem Schutze ent- wickeln sich die Rücken- und Visceralplatte schon frühzeitig selbstständiger zu dem animalischen Systeme. Sie bildet sehr frühe schon die öfters ge- nannten Sauggrübchen, welche mit dem Hervorwachsen des ersten Visceral- bogens immer weiter nach unten gedrängt wird und zur Anheftung der Embryonen an andere Körper dient. Jetzt, nachdem die MundöfFnung pla- stisch gebildet dasteht, entwickelt sie an derselben hornartige braungefarbte Lamellen, welche sich in ihrer Form nach den Kiefern richten und unmit- telbar an dieselben angefügt sind. Sowohl an dem oberen als dem unteren analogischen Zwischenkiefer bestehen sie aus zwei Stücken, w^elche ihren An- heftungstheilen entsprechend oben eine mehr halbzirkelförmige, an der un- teren Mundbegrenzung zwei unter einem Winkel geneigte Flächen darstellen. Diese hornartigen Lamellen sind die ephemeren für den Larvenzustand be- stimmten Fresswerkzeuge der Frösche und erinnern, wie Ant. Duges mit Recht sagt, an die Zähne der Kephalopoden. Rund um diese hornartigen Stücke zieht sich eine dünnere schwarzgefärbte Hautfalte derselben Umhül- lungsmembran, und giebt der ganzen Mundöffnung eine Kreisform. Dass diese Gebilde sämmtlich von der schwarzen Umhüllungshaut ausgehen, davon kann man sich leicht überzeugen, wenn man die letztere abzieht und die

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hornartigen Lamellen an ihr haften bleiben, und dann, wann später mit ihrem Verkümmern auch jene hinschwinden.

H. a p i t e 1 II.

Die typische Ausbildung des Kopf-Knorpelskelets. Ueber die Sonderung des Blastem a der Rücken- und Visceralplatten im Allgemeinen.

§. 15. So lange wir mit der rein formalen Entwickelung des Embryo zu thun gehabt, zerfällt das seröse Blatt in vier Theile: in die schwarze Umhülhingshaut; in die Oberhaut: in diejenige Bildungssubstanz, welche Rücken- und Visceralplatten mit den respektiven Vereinigungshäuten umfasst: endlich am meisten nach innen in die nächsten ümhiillungshäute der in den Wirbelröhren befindlichen Organe.

Bis jetzt liess sich von der Trennung der animalischen Bildungssub- stanz in Weich- und Hartgebilde Nichts wahrnehmen. Die Natur bedurfte noch zu wichtiger Veränderungen der Form und zu nothwendiger Neubil- dungen, als dass ein konstanteres, festeres Material hätte anwesend sein kön- nen. Sobald aber die formale Bildung beendet, ist auch der Zeitpunkt ge- kommen, wo die Sonderung des Blastema in weichere und härtere Theile eintritt. Man beobachtet in der Art, wie dieser Vorgang bei den niederen Wirbelthieren erfolgt, eine geringe Abweichung von der bei den höheren, welches wahrscheinlich nur auf die höhere Ausbildung des animalischen Sy- stems der letzteren beruht. Bei ihnen liegen die festeren Gebilde namentlich der Visceralbogen mehr inmitten der Bildungssubstanz derselben und die weicheren Massen umgeben die knorpelartigen und knorpligen Bildungen. Einen knorpelartigen Zustand der festeren Gebilde habe ich bei den niede- ren Wirbelthieren weniger unterscheiden können, sondern sehr bald einen völlig knorpligen, und die Weichgebilde befanden sich alsdann meistens an der äusseren Fläche derselben gelagert.

Befreit man einen Embryo, dessen äussere Kiemen sich beinahe voll- ständig ausgebildet, von der schwarzen Umhüllungshaut und der Cutis -An- lage, (Fig. 11. Tab. I.) so beobachtet man als frühste Sonderung der Bil- dungsmasse die ersten Spuren besonders zweier hervortretender Muskelpartieen

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am Kopfe. Sie markiren sich als eine durch ihre weissliche Färbung sich auszeichnende Substanz, an welcher nur eine geringe Faserung sichtbar ist. Die eine entspringt unterhalb des Auges von dem oberen Ende des ersten Visceralbogens da, wo derselbe mit dem zweiten sich vereinigt hat und geht schräg nach unten und hinten zu der obersten Abtheilung des frei stehenden zweiten Visceralbogens, Von dem hinteren Rande dieses letzteren dagegen zieht sich die zweite Partie nach der Mitte des Embryo, avo sie sich über dem Mittelstlick des zweiten Visceralbogens mit der respcktiven der an- deren Seite in einer gradcn Linie vereinigt. Die erstere Muskelschicht hebt den häutigen Kiemendeckel des zweiten Visceralfortsatzes j die letztere ist der Antagonist und schliesst die Kiemenspalte wieder.

Ausserdem findet sich eine zweite Reihe von Muskel- Andeutungen, welche sich auf die Bewegungen der Kiefer beziehen. Die eine Partie zieht sich hinter der unteren Abtheilung des ersten Visceralfortsatzcs parallel der- selben nach der Mittellinie des Embryo, wo sie mit der respektivcn der ande- ren Seite hinter den sogenannten unteren Zwischenkiefer sich vereinigt. Sie dient zur Verengerung des Mundes, wie wir später uns überzeugen werden. Die andere unter dieser ersten Muskelschicht verlaufende entspringt von dem Vereinigungsstücke der beiden zweiten Visceralfortsätzc und setzt sich an die erwähnten unteren Zwischenkiefer, um dieselben nach hinten zu ziehen, Sie zeigt am frühsten ilire Muskelfasern. Die anderen sich bald bildenden Mus- kelpartieen betrachten wir später, wann die sie tragenden Knorpel näher un- tersucht sein werden,

A. Entwickelung des Kopf-Knorpelsystems der Froschlarve. Grundlegung der Kopfknorpel.

§. 16. Obschon einseitig, so ist es nicht ohne Interesse, die Bildung des Knorpclsystems mit dem Gedanken zu verfolgen, wie die Natur besonders zwei Tendenzen hiebci beobachtet. Sie entwickelt einmal die individuelle Form der Larve selbst sammt Allem, was zu deren Existenz noth wendig er- scheint. Zugleich aber hat sie auch auf das künftig auszubildende Individuum Rücksicht zu nehmen, damit aus der bestehenden Larveivform ohne Hinder- nisse und ohne das Leben der Larve zu gefährden der vollkommene Frosch

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nach und nach sich entwickeln könne, Sie muss aus einem Uitypus zweier-; lei ziemlich stark abweichende individuelle Gestalten nacheinander hervorbil. den. Es ist liier nicht der Ort ins Einzelne diese Betrachtungsweise zu ver- folgen. Wir machen nur die allgemeine Bemerkung, dass die Natur da, wo sie Knorpel des Larvenzustandes nicht direkt in die Theile des vollkommenen Thieres verwandeln kann, dass sie hier gewisse ursprüngliche Bildungshestand- theile gleichsam brach liegen lässt und dafür andere Stücke individueller ausbildet.

Der Embryo hat beim Beginn dieser Periode die äusseren Kiemen noch in seiner höchsten Entwickelung, um sie bald in den Verkümmerungsprozess vergehen zu lassen. Denn innerhalb der Visceralrohre haben sich um diese Zeit an den Aortenbogen Knorpel entwickelt, welche an den Seiten mit Zacken versehen sind, woran die sich jetzt allmählig ausbildenden inneren Kiemen befestigen. Von den Extremitäten lassen sich als etwas weiter hervor- , gebildete Anlagen nur die oberen unterscheiden; sie liegen natürlich verdeckt von der schwarzen Umliüllungshaut.

§. 17, Die Schädelhöle ist da, wo sie als Hirndecke auftritt, rein häutig, wie es scheint, noch von der oberen Vereinigungshaut gebildet j auf der Grenze zu den Rumpfwirbeln treten die Rückenplatten des Kopfes näher zusammen. Dagegen ist die Basis des Schädels mit den Seitenthei- len mehr oder weniger in einen häutigen einfachen Knorpel verwandelt, an welchem man von unten gesehen nur den ersten Kopfwirbel etwas deutlicher abge- zeichnet vorfindet. Etwas später aber markiren sich alle drei Wirbel nach Hinwegnahme der häutigen Hirndecke an der Oberfläche der Basis der Schä- delhöle (Fig. 15. Tab. I.) ziemlich deutlich j ja, man wird bei ihrem Anblicke unmittelbar an die sich ähnlich abzeichnende untere Oberfläche der häutigen Basis der Säugethicre erinnert Die Gehirnabtheilungen sind hier das Entscheidende.

Der vordere Theil der häutigen Gehirndecke geht beinahe unmerklich in die häutig -knorpligen vorderen Stirnfortsätze über, welche übrigens ganz formlos sich nicmbranartig ausdehnen und nur seitlich einen Ausschnitt l'tir die äussere Nasenößnung zurücklassen. An ihnen befinden sich vorn die

*) Siehe meine Abhandlung im Müllerschen Archiv 1837.

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oberen Zwischenkiefer, gleichfalls mehr häutig -knorplig. Sie tragen die braun gefärbten hornartigen Lamellen. Zwischen den Stirnfortsätzen und den re- spektiven oberen Abtheilungen des ersten Visceralbogens sieht man die Bil- dungsmasse des Oberkiefers an den umgebenden Verwandlungen in den Knor- pelzustand durchaus keinen Antheil nehmend, sondern so daliegend wie sie sich ursprünglich hervorbildete. Ebenso verhält sich auch die Gesichtsbasis.

§. 18. Die genannten Sinneswerkzeuge des Schädels, das Auge und Ohr, erscheinen jetzt an den Seitentheilen desselben gleichsam wie angeheftet und mit der innern Hole, aus welcher sie anfänglich hervorzukommen scheinen, nur durch die Nerven in Verbindung stehend. ( Tab. 1. Fig. 14. ) Das Auge ist in seinen Hauptbestandtheilen leicht erkennbar, und seiner Lage nach wieder etwas mehr nach hinten gerückt. Das Labyrinth des Ohres hat jetzt die festeste Knorpelkonsistenz von sämmtlichen Gebilden 5 es lassen sich mehre Kalkkonkremente wahrnehmen, doch nirgend sah ich jetzt die Spur einer Oeffnung ausser jener für die eintretenden Nerven. Es hat seine Lagerung mehr nach unten erhalten, daher es von aussen sich gegenwärtig nicht so augenscheinlich präsentirt. Man kann übrigens, wie gesagt, dieses knorplige Ohrlabyrinth jetzt so vollkommen frei von der Schädelröhre loslegen, dass weder ersteres noch diese letztere im Mindesten dadurch in ihrer Form und Gestalt zerrüttet werden. Wer die Entwickelung des Ohrlabyrinthes uranfänglich verfolgt und vorliegenden Larvenzustand einmal präparirt hat, der kann unmöglich glauben, dass das Ohrlabyrinth bei seiner späteren Ver- knöcherung einen wesentlichen Theil der im Wirbeltypus gebildeten Schä- delhÖle ausmache.

§. 19. Was nun die Visceralbogen betrifft (Tab. L Fig. 15.), so bieten sie uns folgende Veränderungen dar. Im Allgemeinen trennt sich jeder Vis- ceralbogen , wie schon in der Entstehung, so noch deutlicher in der ferneren Ausbildung in zwei Abtheilungen. Die obere liegt an dem Schädel und ent- wickelt sich durch JMetamorphose des ursprünglichen Visceralstreifens. Die zweite und untere entsteht aus dem eigentlichen Visceralfortsatz und bildet mit dem der anderen Seiten den eigenthümlichen Bogen. Demgemäss schei- det sich der erste Visceralbogen in zwei Theile. Der obere ist derjenige, welcher beim Frosche wegen der weiten Ausdehnung des ursprünglichen

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Bildlingstreifens nach vorn theilweise als Bildungsbestandtheil der vorderen oder oberen Gesichtshälfte auftritt, und von welchem wir auch die Oberkie- ferbildungsmasse sich entwickeln sehen. Der untere und zweite erscheint mehr für die untere Gesichtshälfte, für die Unterkieferbildiingen, bestimmt. Bei den höheren Wirbelthieren waren diese beiden Theile augenscheinlicher durch ihren verschiedenen Verlauf abgeschieden und die seitliche Biegung, in welcher sich das Quadratbein oder seine Analoga entwickelten, machte ihre Grenze. Bei den nackten Amphibien und Fischen muss wegen des Man-j gels einer seitlichen Biegung des ersten Visceralbogens diese Abgrenziings- weise natürlich wegfallen. Dagegen giebt uns hier die Bildungsmasse des Oberkiefers ein Scheidungsmittel. Der an dieselbe anstossende Theil des Visceralbogens, welcher mithin zur unteren Gesichtsabtheilung gerechnet werden muss, wird jetzt zwar von dem oberen Zwischenkiefer mit seinen hornartigen Lamellen bedeckt, so dass nur der uneigentlich sogenannte un- ^ tere Zwischenkiefer für die Mundölfnung gänzlich frei bleibt. Indessen liegt ^ derselbe nur dem Visceralbogen an, ohne in irgend einer festeren als band^^ artigen Verbindung mit ihm zu stehen. Zu einer zweiten Bestimmungshiife der Abtheihmgen des ersten Visceralbogens dient uns auch das Auge. Ob^ gleich dasselbe ursprünglich zur Seite der Rückenplatte sich zeigte, so be-> merkten wir schon früher, dass es in der ferneren Ausbildung mehr nach hinten und unten sich ausdehnte und dadurch in Konflikt mit der oberen Ab- theilung des Visceralbogens trat. Dieselbe ward dadurch in ihrer Bildungs- substanz gewissermaassen auseinander getrieben und eine kleinere hintere Partie verband sich auf diese Weise mit der oberen Abtheilung des zweiten Visceralbogens, während die unteren Abtheilufjgen beider Bogen von hier in einer mehr freien Vereinigung hinunterstiegen.

Die obere Abtheilung des ersten Visceralbogens, so wie die entspre- chende des zweiten kondensiren ihre Bildungssubstanz weit später, als die freier stehenden unteren Hälften. Sie stimmen darin mit den Gesichtsbe- standtheilen überein und sind in der ersten Zeit dieser Periode, wo die äusseren Kiemen im Verkümmerungsprozesse begriifen sind, mehr häutiger Natur, Eine Ausnahme macht nur die Partie, welche den unmittelbaren Träger der freiem Abtheilungen ausmacht und natürlich in Knorpelzustand

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übergeht. Wir ziehen die Betrachtung derselben der Deutlichkeit wegen und mit Rücksicht auf die individuelle Ausbildung der Froschlarve zu den unteren Hälften des ersten Visceralbogens.

§. 20. Die untere Abtheilung des ersten Visceralbogens, welche zum Bedarf des Froschlarven - Lebens sehr bald sich verknorpelt, lassen wir dem- nach jederseits in drei Abschnitte zerfallen. Von diesen war der unterste schon in seiner ursprünglichen Bildungsmasse individuell geformt und bildete diesem gemäss den Knorpel, ohne von seinem Volumen Etwas einzubQssen oder zu anderen Zwecken zu verwenden. Der Knorpel hat auch dieselbe Anlieftung an der anliegenden Visceralbogen - Partie, wie ehedem seine Bil- dungssubstanz, und vereinigt sich mit dem respektiven der anderen Seite in der Mitte, ohne daselbst ein Gelenk zu bilden. Wir nannten ihn uncigentlich den unteren Zwischenkiefer, insofern im Vergleich zu den höheren Wirbel- tliieren allerdings das denselben unmittelbar entwickelnde Blastema bei letz- teren an seiner äusseren Fläche den unteren Zwischenkiefer, in sich selbst aber das keilförmige Ende des Meckelschen Knorpels formirt. Wir haben mithin zur Rechtfertigung unserer Benennung nur die gleiche Function der Theile, doch wollen wir sie der leichteren Beschreibung Avegen beibehalten.

lieber ihm liegt nun der zweite Abschnitt, ohne gleichfalls im Wesent- lichen von der frühen Bildungsform in Etwas abzuweichen. Er wird von dem oberen Zwischenkiefer bedeckt. Seine Verbindung mit dem unteren Zwischenkiefer ist fest und keiner gelenkigen BevAegung fähig. Hievon kann man sich überzeugen, wenn man diesen Knorpel fixirt und nun das Vor- und RückAAärtsbewegen der unteren Z^vischenkicfer unmöglich Avird. Der deutlicheren Uebersicht Avegen und um die Namen nach den Entwicke- lungszuständen nicht zu oft zu Avechseln, wollen Avir anticipirend in Ueber- einstimmung mit den Benennungen bei den hölieren Wirbelthieren diesen Knorpel als den Meckelschen bezeichnen. Er bildet scheinbar ZAAar nicht das Schlusstück des ersten Visceralbogens, doch zeigt sich an seiner äusseren Fläche später der Unterkiefer, und die uranfängliclien Bildungssubstanzen, in- sofern sie unter der oberen Abtheilung des Visceralbogens gelegen sind, ent- sprechen sich vollkommen. Wollen Avir übrigens den uneigentlidi so genann- ten unteren Zwischenkiefer, Avelchcr gegenwärtig gleichsam gesondert vom

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Meckelsclien Knorpel den mittleren Schliiss des knorpligen ersten Visceralbö- gens ausmacht, nach der Entwickelung erläutern, so müssen wir denselben für das abgelösete, wie mir scheint, nur für das Froschlarven- Leben so indi- viduelle ausgebildete, keilförmige Schlusstück des Meckelsclien Knor- pels halten.

lieber dem Meckelschen Knorpel liegt endlich der dritte Abschnitt. Er ist von den genannten der wiclitigste, wozu ihn jetzt schon Form und Lage maclien. Eigentlich gehört er, wie oben erwähnt wurde, zu der obe- ren oder Schädel - Abtheilung des ersten Visceralbogens, und wir beschreiben ihn hier aus schon genannten Gründen. Seine Function ist gewissermaassen die mittelbare Anheftung der freieren unteren Abthcilungcn beider Visceral- bogcn. Demgemäss tritt seine Bildungsmasse nacli hinten mit der ob<^ren Abtheilung des zweiten Visceralbogens in Verbindung und bei der Verwand- lung in Knorpel geht dieselbe häutig in letztere über. Ueber diesem Verbin- dungs-Stück ist das Auge gelegen, darunter befestigt sich die untere Abthci- lung des zweiten Visceralbogens. Dadurch erhält der Knorpel eine komplizirte Form, welclic sich nicht sowohl beschreiben, als nacli den Verbindungsthcilen bestimmen lässt. Nach vorn und oben verläuft er häutig in die unausgebiidete obere Abtheilung des ersten Visceralbogens, nach hinten und oben auf gleiche Weise in den gleichbenannten Theil des zweiten; nach vorn und unten befindet sich ein knorpliger Fortsatz mit einer Gelenkgrube für die untere Abtheilung des ersten, nach liinten und unten eine hervorstcr hcndc Gelenkfläche für die gleichbenannte Hälfte des zweiten Visceralbogens. Ausserdem entwickelt dieser Knorpel von seiner äusseren Fläche zwischen den beiden Gelcnkgruben einen anfangs mehr häutigen, nach und nach aber knorplig werdenden Fortsatz, welcher sich allmählig aufwärts gegen das Auge erhebt und mit seiner abgerundeten Spitze in der Gegend befestigt, wo die vorderen Stirnfortsätze von der Stirnwand ausgehen. Seine äussere Grenzlinie gleichet der Begrenzung einer Hyperbel ^ die äussere Fläche ist etwas gewölbt, die innere konkav. Dieser Fortsatz ist für die Entwicke- lungsgeschichte von Wichtigkeit und er mag daher mit dem besonderen Na- men „Orbitalfoitsatz" bezeichnet werden. Gegenwärtig scheint er nur zur Anheftung von Muskeln zu dienen, auf die wir späterhin zurückkommen ^

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auch kann er den ganzen Knorpel inniger an den Schädel befestigen. Die Benennung dieses so komplizirten Knorpels anlangend wollen wir wiederum vorgreifen und im Einklänge mit den höheren Wirbelthieren ihn für den Quadratbeinknorpel erklären. Wir halten uns jetzt schon seiner Lage und Funktion nach dazu berechtigt; die spätere Entwickelung wird es bekräftigen.

§. 21. Von dem zweiten Visceralbogen haben wir die obere, mehr häutige Abtheilung schon genügend besprochen und wir bemerken nur noch, dass dieselbe durch die Ausbildung des Auges und Ohrlabyrinthes sehr be- einträchtigt wird. Die untere dagegen wird durch ein plattes knorpliges Mittelstück mit dem respektiven der anderen Seite verbunden. Dieser letz- tere platte, längliche Mittelknorpel ist an seinen Seiten ausgeschnitten, um die konvexen Ränder der anstossenden Knorpel aufzunehmen. Vorn ist er nicht ganz genau begrenzt und hinten geht er in eine häutig -knorplige Mem- bran über, welche ähnlich ausgeschnitten, wie er selbst, an den konkaven Seitenrändern die drei knorpligen Kiemenbogen angeheftet hält, und nach hinten mit den noch nicht vereinigten Visceralplatten des Rumpfes durch mehre Fasern in Verbindung steht, lieber dieser Membran liegt das Herz, unter welchem die Membrana reuniens inferior von der Gegend des zweiten Visceralbogens zum Bauche hin verläuft. Wir werden späterhin über die Gegend zwischen dem zweiten Visceralbogen und der Visceralplatte des Rum- pfes, wo sich die genannte Membran mit dem Kiemenapparate vorfindet, übersichtlich unsere Beobachtungen mittheilen. Sie gehört streng genommen nicht ganz zu der Visceralröhre des Kopfes und wir ziehen sie nur in unsere Betrachtungen, weil sie an jener gelegen und mit ihr in Verbindung tritt. Zwischen dem länglichen platten Mittelstück des zweiten Visceralbogens und dem vorliegenden unteren Zwischenkiefer häuft sich in der dazwischen ver- laufenden Membran etwas später die Bildungsmasse auf und deutet uns die erste Anlage der Zunge an. Daher benennen wir jetzt schon dieses knorp- lige Mittelstück des zweiten Visceralbogens mit dem Knorpel des Zungen- beinkörpers.

Neben ihm befinden sich nun die Seitentheile anfangs von länglich- runder Form. Sie sind an der nach hinten gehenden Partie des Quadrat- beinknorpels gelenkig befestigt. Ihre hinteren und vorderen Ränder verlaufen

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konkav, so dass die Extremitäten des Knorpels verbreitert werden. Der un- tere Rand hat eine konvexe Form und schliesst sich an die anstossenden kon- kaveö Seiten des Mittelstücks fest an. An dem breiteren oberen Ende unter- scheidet man die nach vorn liegende Gelenkfläche und einen nach hinten sich ausdehnenden Fortsatz, an welchem der häutige Kiemendeckel befestigt ist. Dieser ist gegenwärtig schon in seinem Verküramerungsprozesse begriffen und leicht abtrennbar. Ihrer späteren Funktion und ursprünglichen Lage nach sind diese Seitenknorpel für die Suspensoria des Zungenbeinkörpers zu halten.

Vollendung des Kopf-Knorpelskelets der Froschlarve. §. 22. So weit reicht die erste Periode der Knorpelbildung, in wel- cher wir die äusseren Kiemen und Saugnäpfchen im gänzlichen Verschwinden begriffen sahen. Die zweite Periode umfasst die vollständige Metamorphose der Verknorpelung. Die Larve lebt nur mit inneren Kiemen und die äussere Kiemenspalte oder zweite Visceralspalte schliesst sich durch Verwachsung der Visceralplatten des Kopfes und Rumpfes bis auf ein kleines rundliches Loch linker Seits, durch welches dem Wasser der Durchgang gestattet ist.

In dieser Zeit verknorpelt nun das ganze Kopfskelet bis auf die obere noch häutig verbleibende Hirndecke und der Bildungsmasse des Oberkiefers. ( Tab. L Fig. 16. ) Die Seitentheile und die Basis der Schädelhöle sind im Allgemeinen unverändert.

An der unteren Fläche der Basis befindet sich ein hinten breiteres nach vorn allmählig spitzer verlaufendes dünnes Knorpelblättchen. Es erin- nert seiner Form nach jetzt schon bei seiner Entstehung und späterhin um so mehr an die knöchernen Fläche der Schädelbasis des erwachsenen Indivi- duums. Dennoch steht es seiner Genese nach gleich uranfänglich in keiner Beziehung mit den Gebilden des serösen Blattes und also auch nicht mit dem Wirbelskelet, wie sehr auch das Anliegen an demselben und die Aehnlichkeit der Form mit der knöchernen Schädelbasis zu solcher Annahme uns bewe- gen möchte. Das Vorhandensein der jetzigen eigentlichen knorpligen Schä- delbasis, der geringe und, wenn man nun noch die ursprüngliche Entwicke- lung berücksichtigt, so merkwürdig lose, ja anfänglich gar nicht existi- rende Zusammenhang des genannten Knorpelblättchens mit den die Schädelhöle

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konstituirenden Bildungen veranlasste mich diese Gegend genauer unter- suchen. Nachdem ich zu diesem Behufe die Froschlarve auf den Rücken gelegt und die durch einen Durchschnitt in der Mitte getrennten Visceral- röhren wände zur Seite befestigt hatte, konnte ich mich nun deutlich über- zeugen, dass dieses Knorpelblättchen unmerklich mit seinen Rändern in die Schleiramembran überging und dass bei einigen Individuen seine VergrÖsse- rung in derselben gewissermaassen zuvor abgezeichnet beobachtet werden konnte. Daher kann man, ohne auch nur im Geringsten die knorplige Schä- delhöle zu verletzen, das genannte Blättchen in kontinuirlichem Zusammen- hange mit der Schleimhaut herauspräpariren. Aus diesem Grunde findeM wir uns berechtigt dasselbe aus der Sphäre der Bildungen des serösen Blat- tes auszuschliessen und den härteren Gebilden der Schleimhaut zuzutheilen. Es verwandelt sich sehr bald in Knochen, noch ehe irgendwo anders am Kopfe der Verknöcherungsprozess zu bemerken ist. Seine freiliegende Fläche ist platt ohne eine Spur von Zahnbildungen. Wir vermuthen auf Veran- lassung ähnlicher Gebilde bei den Tritonen, über deren Endzweck wir leich- ter bestimmen können, dass auch dieses Knochenblättchen eine Beziehung zur Mundhöle habe.

In Betreff der Gesichtsbildungstheile bemerken W'ir besonders die bei- den Nasenbeinknorpel ausgebildet So nennen wir nämlich die platten läng- lichen Knorpel, welche aus den vorderen Stirnfortsätzen sich entwickeln, da- her von der Stirne ausgehen, und divergirend nach vorn verlaufen. Ihre vor- dersten Enden werden etwas breiter, in der Masse dünner, und nehmen die Knorpolplatten des oberen Zwischenldefcrs auf. Diese letzteren dehnen sich jnc]^r in die Breite aus, hängen in der Mittellinie mit einander zuscimmen und formiren so der oberen Mundbegrenzung gemäss einen kleineren Kreis- abschnitt. Ihre seitlichen äussersten Enden, welche auf den Meckelschen Knorpeln ruhen, sind durch ein glänzendes Faserband an das vordere Ende des Quadratbeinknorpels befestigt. Zwischen dem mittleren oberen Rande der oberen Zwischenkiefer und den inneren divergirendcn Seiten der Nasen- beinknorpel befindet sich eine häutige noch unausgebildete Masse.

Bei den Visceralbogen sind die früher mehr häutigen oberen Abthei- iungen gleichfalls schon in den Knorpelzustand übergegangen. Die des ersten

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Visceralbogens ist ein flacher, breiter Knorpel, welcher ziemlich fest mit dem Quadratbein verbunden ist. Sein hinterer Rand ist ziemlich scharf abge- grenzt, sein vorderer verläuft mehr häutig in die Bildungsmasse des oberen Kiefers. Die oberen Abtheilungen des zweiten Visceralbogens bilden dünne, unscheinbare Knorpelstückchen, welche vor dem Ohrlabyrinth an der Schä- delhüle befestigt sind, und ohne besondere Scheidungsgrenze in die hintere Partie des Quadratbeinknorpels übergehen. Dieser letztere ist im Wesentli- chen derselbe geblieben, nur ist seine komplizirte Gestalt stärker ausgeprägt. Der mit ibm in gelenkiger Verbindung stehende Meckelsche Knorpel hat an seinem oberen Ende nach vorn und hinten, über das Gelenlvköpfchen sich aus- dehnend, Erhabenheiten für die Muskelansätze hervorgebildet. Seine früher längliche gerade Form ist etwas gekrümmt und mit einem vorderen kon- vexen und hinteren konkaven Rande versehen. Das Suspensorium des Zun- genbeinkörpers gleicht einigermaassen in seinen äusseren Umrissen dem vor- hingenannten Meckelschen Knorpel 5 nur ist es im Allgemeinen flacher und grösser. Seine untere Extremität hat sich noch mehr verbreitert; die äussere Fläche erscheint jetzt mehr gewölbt, die innere ausgehölt. Die mittleren Stücke beider Visceralbogen zeigen keine besonderen Veränderungen.

§. 23. Professor Duges hat in seiner schon öfter erwähnten Schrift das oben beschriebene Knorpelskelet der Rücken- und Visceralplatten des Kopfes mit mehren Abweichungen gleichfalls schon dargestellt. (Parag. II. Cliapit. III.) Er theilt seinen Cardlage cranio - facial (Fig. 70. 71. 72.) in einen mitt- leren, unserer knorpligen Schädelhöle entsprechenden Theil, und in zwei Sei- ten-Partieen, wozu er hauptsächlich unsere oberen Abtheilungen der beiden Visceralbogen rechnet. Zu seinem Schädelknorpel bringt er auch das Laby- rinth des Gehörorganes (Felsenbein) und betrachtet es als eine blosse Er- weiterung desselben. Nach der Genese und aus den schon angegebenen Gründen müssen wir solche Annahme zurückweisen. Die beiden Nasenbein- knorpel, welche sich aus den vorderen Stirnfortsätzen entwickeln, nennt er les apophyses ethmoidales. Indessen haben wir früher bei den höheren Wir- bellhieren schon dargethan, wie das Siebbein zu dem im Wirbeltypus sich ausbildenden serösen Blatte keine unmittelbare Beziehung habe. Auch tritt das Siebbein, wenn bei den Froschlarven wirklich ein Analogen vorhanden

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wäre, nie so zu Tage, dass es sogar die äussere NasenÖfFnung formiren sollte. Der Verfasser lässt es sogar die Oberkieferknorpel tragen {rostraux superieurs)^ was er doch gegen alle Gesetze der komparativen Anatomie statuirt. Der eigentliche Oberkiefer ist gegenwärtig noch gar nicht individuell ausgebildet und sein rostraux superieurs oder unserer oberer Zwischenkiefer ver- - tritt allein die Stelle der oberen Mundbegrenzung und des Kaugeschäftes.

Die Seitenthcile des cartilage cranio -facial benennt Duges mit lame pterygo -tijmpanique. Die Untersuchungen über, diesen Knorpel, wozu beson- ders unser Quadratbeinknorpel gehört, sind ziemlich genau. Nur in den Verbindungen mit der Schädelhöle finden sich mehre Abweichungen, welche sich aber auf die verschiedene Betrachtungsweise die uranfanglichen Theile zurückführen lassen. Er hält seine lame pterygo -tympanique für einen zusam- menhängenden für sich bestehenden Knorpel, doch widerlegt diese Annahme eine genaue Untersuchung sowohl des gegenwärtigen als späteren Entwicke- lungszustandes. Es ist zu weitläuftig auf die einzelnen Abweichungen zwi- schen des Verfassers und meinen Beobachtungen genauer einzugehen j auch muss der fernere Entwickehingsgang lehren, in wiefern die Nomenclatur des Ant. Duges nicht in Anwendung gebracht werden konnte; nur auf die Ver- bindung seiner lame ptoygo - tympanique nach hinten mit dem Ohrlabyrinthe und der Basis des Schädels müssen wir zurückkommen. Der Verfasser er- wähnt eines besonderen, kleineren Knorpelstückchens, (pedicule etroit et court) welches die la?ne pterygo - tympanique oder eigentlich unseren Quadratbein- knorpel an das Felsenbein festheftet und ausserdem nennt er eine grössere Knorpelpartie, welche ebendenselben mit der Schädelbasis in Verbindung setzt. Diese letztere kann nichts Anderes sein, als unsere, anfangs häutige und etwas später knorplig werdende obere Abtheilung des zweiten Viscoral- bogens, obschon die Zeichnung des Verfassers nicht ganz mit der Nafui übereinstimmt. Das andere kleine Knorpelstückchen habe ich nie auffinden können, so oft ich auch die Gegend des Felsenbeins untersuchte. Es scheint, als ob der Verfasser durch seine eigne Betrachtungsweise des Ohrlabyrinthes als eines der Schädelbasis entwachsenden Fortsatzes zu der Annahme einer solchen Beobachtung veranlasst worden sei. Wir müssen überhaupt gestehen,

dass gerade in der Gegend des Ohrlabyrinthes des Verfassers Zeichnungen eine grosse Unsicherheit verrathen.

Die Muskeln des Froschlarven-Kopfes.

§. 24. Nach Feststellung des Knorpelg^erüstes erlaube ich mir noch einen Blick auf die Muskelpartieen zu werfen. Wir bringen dieselben w eniger der Vollständigkeit wegen in Erwähnung, als vielmehr um bei der weiteren Rletaraorphose zuweilen auf einzelne hinweisen zu können. Professor Duges hat sämmtliche Muskeln in seiner öfters genannten Schrift gezeichnet j ja, wo nur irgend eine Membran sich dokuraentirt, hat derselbe einen Muskel auf- zufinden gewusst. Er benennt sie nach den Knorpeln, woran sie sich befesti- gen. Indessen setzt das eine schon erwiesene Richtigkeit in der angenomme- nen Bedeutung der Kopfknorpel voraus, was wir bei dem Verfasser in Zweifel zu ziehen uns berechtigt fühlen. Daher halten wir es vorläufig fUr passen- der, sie unbenannt hingehen zu lassen und sie nur nach der Funktion zu klassifiziren.

Die Muskeln des Kopfes der Froschlarve theilen sich nach der Mög- lichkeit einer Bewegung in zwei Hauptpartieen : in diejenigen, welche die Kiefer und in die, welche die Knorpel des Zungenbeinsuspensoriums und dadurch den Kiemendeckel bewegen.

1. Muskeln behufs der Kieferbewegung.

Von den beiden Zwischenkiefern ist bei dem Ergreifen von Nahrungs- mitteln vorzugsweise der untere beschäftigt. Derselbe hatte durch seine in- dividuelle Ausbildung eine ganz von dem Visceralbogen abweichende Rich- tung nach unten und etwas nach hinten erhalten. Er bewegt sich daher vor- und rückwärts, so zwar, dass er bei der ersteren Bewegung unter den oberen Zwischenkiefer hinuntertritt. Die Natur hat übrigens mit Berücksich- tigung des künftigen vollkommnern Zustandes, wie wir gesehen, das Gelenk, durch welches der untere Zwischenkiefer zur Bewegung befähigt wird, nicht unmittelbar an ihm selbst angebracht; sondern durch die ins Mittel tre- tenden Meckelschen Knorpel, welche mit den Quadratbeinknorpeln ziemlich frei eingelenkt sind, wird auch der an denselben so innig festsitzende untere Zwischenkiefer bewegt. Der obere Zwischenkiefer, welcher an der äusseren

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Fläche des Meckelschen Knorpels ligamentös befestigt und durch ein weiss- glänzondes Band mit dem vorderen Theile des Quadratbeinknorpels verbun- den ist, hat nur eine sehr beschränkte nach vorwärts über den unteren Zivi- schenkiefer hinweggehende Bewegung. /

Den Meckelschen Knorpel und dadurch den unteren Zwischen- kiefer ziehen nach vorn:

a. Ein ziemlich grosser Muskel, dessen Fasern dicht vor dem Ohrlabyrinth von der oberen Abtheilung des zweiten Visceralbogens und vorzüglich von der ausgehölten inneren Fläche des Quadratbeinknorpels und dessen Orbitalfortsatzes entspringen und sich längs dem vorderen Rande des Meckelschen Knorpels befestigen. Eine kleine Partie desselben setzt sich auch etwas nach aussen an die innere untere Fläche des oberen Zwischenkiefers. Der ganze Muskel hat mithin einen doppelten Zweck, bei der Zuschliessung der Mundölfnung, indem während der Vorwärts- bewegung des Meckelschen Knorpels und des unteren Zwischenkie- fers zugleich der obere hinabgezogen wird. Auch ist zu erwähnen, dass der Meckelsche Knorpel bei der Bewegung nach vorn gleichzeitig etwas nach aussen bewegt wird, dass dadurch der biegsame untere Zwischen- kieferbogen etwas erweitert und so beim Ergreifen ein dem oberen Zwischenkiefer mehr gleicher Kreisabschnitt formirt wird. ,

Diesen letzteren Akt unterstützt:

b. Ein kleiner unbedeutender Muskel, welcher eben nur unter der Funktion des unter a. angeführten und dadurch erfolgten passenden Fixirung des Meckelschen Knorpels wirken kann. Er kommt von dem mittleren Theil des hintern Randes vom Meckelschen Knorpel und setzt sich an den äusseren Rand des entsprechenden unteren Kieferstücks, gleichfalls unge- fähr in der Mitte,

Den Meckelschen Knorpel ziehen nach hinten und verengen zu- gleich die Mundspalte:

c. Eine Muskelpartie, welche von dem unteren Theile der äusseren Fläche des Orbitalfortsatzes und aucli des Quadratbeinknorpels entspringt und sich an den nach hinten gehenden Gelenkfortsatz des Meckelschen Knor- pel ansetzt.

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d. Ein nicht imbedeutender Muskel, der von der äusseren Fläche der obe- ren Extremität des Meckelschen Knorpels nach innen und hinten gegen die Mittellinie der Larve verläuft, und sich daselbst unter dem vorderen Ende des Zungenbeinkörpers mit dem respectiven der anderen Seite vereinigt.

e. Ein unter dem vorigen verlaufender Muskel, welcher von der knorpligen Platte zwischen den Kiemenbogen entspringt und vorwärts gehend sich an die äussere Fläche des unteren Zwischenkiefers dicht neben der Mittel- linie befestigt.

Bei den Riickwärtsbewegungen der Meckelschen* Knorpel werden seine unteren Extremitäten etwas genähert und der daran geheftete untere Zwi- schenkieferbogen gleichzeitig etwas verengert.

Die beschränkte Bewegung des oberen Zwischenkiefers geschieht unter Einwirkung des bei a. angegebenen Muskels.

2. Die Muskeln zur Bewegung des Kiemendeckels:

f. Ein ziemlich derber, schon sehr früh angedeuteter Muskel, welcher von der äusseren, mehr nach oben gelegenen Fläche des Orbitalfortsatzes vom Quadratbeinknorpel entspringt, und sich nach unten, innen und etwas nach hinten an die äussere Fläche des nach hinten abgehenden Fortsatzes vom Knorpel des Zungenbein -Suspensoriums befestigt. Der daran sitzende Kiemendeckel wird dadurch gehoben, und die äussere Kiemenspaite geöffnet.

g. Der Antagonist des vorigen kommt mit seinen Fasern von dem hintern ausgehölten Rande des Suspensoriums und vereinigt sie in der Mittellinie mit den entsprechenden der andern Seite gleich hinter dem Knorpel des Zungenbeinkörpers. Er drückt den Kiemendeckel wieder nieder und vcr- schliesst so die äussere Kiemenspalte.

B. ' Entwickelungsmetamorphosen des Kopflinorpelsystems zum Aufbau des

Knochengerüstes.

Grundlegung des Kopf-Knorpelskelets des entwickelten Frosches.

§. 25. Die Bildung des Knorpelskelets, inwieweit dadurch die Indivi- dualität der Froschlarve festgestellt wurde, war der Gegenstand des vorigen

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Abschnittes. Wir bemeikleii damals, dass die Natur noch eine fernere Rcilie von Veränderungen des Knorpelsjstcnis vornehmen müsse, ehe sie das Kno- diengeriist des ausgebikleten Frosches aufbauen könne 5 und dieses betrifft unsere jetzige Darstellung. In denjenigen Gegenden des Kopfes, wo eine Weitere Metamorphose niclit mehr nöthig wird, sehen wir auch in dieser Periode sdion Knochenstiicke entstehen. ;•)<* >< r;:!t

Je mehr der Kopf einer Froschlarve von dem eines ausgebildeten Thie- rcs abweiclit, je verschiedenartiger sich das Wassertlüer von dem darstellt, wel- ches denn wirklich den Namen „Amphibium" verdient^ um so interessanter und spannender ist die Untersuchung, wie die Natur die Kontraste beider Thierformen vereinigt und die so räthselhaften Abweichungen in einander übergehen lässt. Sie giebt uns auch an anderen Gegenständen Beweise von dem wichtigen Gesetze, wie die grössten Veränderungen nur nach und nach herbei zu führen sind; selten aber so augenscheinlich, als in der Um- wandlimg der Froschlarve zum ausgebildeten Tliiere selbst. Mich wundert daher, dass die Naturforscher gerade hier, wo so vieles Aeusserliche zur Unter- suchung einladet, ihren Beobachtungsgeist noch nicht in Anwendung gebracht haben. Nur Ant. Duges hat einige Momente gesehen und auch hervorgeho- ben j der allgemeine Ueberblick aber ist ihm um so mehr entgangen, als er die früheren Formen zu sehr vernachlässigt und oft raisgedeutet hat. Auf Einzelnes von ihm werden wir an geeigneter Stelle zurückkommen.

Das beiden Knorpelskeleten , dem der Larve und des ausgebildeten B'rosches, Gemeinsame und Beherrschende ist der Wirbeltjpus im Allge- meinen d. h. zwei über einander liegende Röhren, eine obere für die Zen- traltheile des Nervensystems und eine untere für die Viscera. Auch ist ein- leuchtend und aus der Vergleichung beider Skelete leicht ersichtlich, dass das ersterzeugte weniger Veränderungen von der ursprünglichen Röhren- form erfahren haben musste , als das aus demselben sich herausbildende Knor- pelsystem des entwickelten Thieres ; die Hauptmetamorphosen fallen in den Bereich der unteren oder Viscerairöhre.

Die äussere Ansicht eines sieh verwandelnden Froschlarven-Kopfes. 5. 26. Die äusserlichen Veränderungen des ganzen Thieres machen uns schon auf die vor sich gehenden inneren Skeletverwandlungen, welche

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namentlich den Kopf betreffen , aufmerksam. Diese sind vorzüglich die Aus- bildung der Extremitäten, die höchst merkwürdige Verkümmerung des Schwanzendes, und das allmählige Hinschwinden der schwarzen Umhüllungs- haut, als ein dem Lärvenzustande zugehörendes Gebilde. Es wird diese letz- tere nicht wie die Puppenhülle der Insekten abgeworfen, sondern sie ver- kümmert am lebendigen Leibe. Daher sehen wir die aus ihr entwickelten, braun gefärbten Hornplatten der Kiefer allmahlig kleiner werden und endlich ganz verschwinden, während die von ihr bedeckten vorderen Extremitäten sich allmählig hervordrängen. Es ist in dem Momente, wann die Hornplatten nicht mehr sichtbar sind, keineswegs der Frosch ausgebildet, sondern wir betrachten ihn vielmehr als einen Entwickelungszustand, welcher am besten den Wendepunkt der Froschlarve zum ausgebildeten Thiere andeutet. Daher ich an einem solchen Individuum am liebsten den Leser in den Metaraorpho- sengang einführen möchte. ( Siehe Tab. I. Fig. 18. ).

' 5. 27. Das Aeussere des Kopfes einer solchen Froschlarve erinnert noch lebhaft an seine frühere Form, so dass man kaum im Stande sein wird die weiteren Vorgänge vorausi-uahnen. Am auffallendsten erscheint uns die Mundöffnung, welche vorhin von hornigen Platten umschlossen gehalten Wurde. Sämmtliche Rückwärtszieher des unteren Zwischenkiefers nämlich sind aufgesogen und der früher mehr nach hinten und unten verlaufende spitze Bogen desselben, ist nach vorn hervorgetreten und in einen flacheren verwandelt. Dadurch erscheint er etwas vergrössert und mit ihm auch die Mundöffnung. Diese letztere ist übrigens in Wirklichkeit jetzt schon dadurch erweitert, dass die knorpligen Lamellen des oberen Zwischenkiefers bei dem Hinschwinden der Hornplatten an ihrer vorderen Grenze gleichfalls etwas verkümmern, ihre Verbindung mit den Meckelschen Knorpeln aufgeben und so der untere Theil der letzteren frei zu Tage liegt, um den unteren Mund- hölenrand an den äussersten Seiten nach vorn zu begrenzen. Mit dem Zu- rücktritt des oberen jetzt an der vorderen Grenze mehr abgerundeten Zwi- schenkiefers in seine ursprüngliche Lage hat auch die Bildungsmasse des oberen Kiefers freien Ent^vickelungsraum erhalten und trägt jetzt schon mit einer kleinen Abtheilung zur oberen Mundbegrenzung bei. Ausser den Rück- wärtsziehern des unteren Zwischenkiefers und des Meckelschen Knorpels sind

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auch die beiden Muskel, welche der Bewegung des Kiemendeckels dienten, zum grösten Theile verküminert. Es liat sich allein erhalten jener bedeu- tende Muskel, welcher die VorAvärtsbewegung des unteren Kiefers bewerk- stelligte und an der inneren Fläche vornehmlich des Orbitalfortsatzes ent- sprang, während dessen äussere jetzt frei zu Tage liegt. Jene kleine Partie von dem Vorwärtszielier des Meckclschen Knorpels, welche den oberen Zwi- schenkiefer niederzog, ist bei der Verkümmerung des vorderen Randes und dem Zurücktritt desselben in seine anfängliche Lage gleichfalls hingeschw unden.

§. 28. Es erregen nun noch drei weisse Bildungsstreifen unsere Auf- merksamkeit. Wir beobachteten sie bei ihrer ersten Entstehung durch Anhäu- fung einer etwas härtlichen Bildungssubstanz , und gegenwärtig bieten sie eine schon etwas knöcherne Konsistenz dar, ohne dass ich einen vorangegangenen bemerkbaren Knorpel auffinden konnte. Der eine zieht sich an dem vorderen Rande des Quadratbeinknorpcls und dessen Orbitalfortsatzes entlang, ein zwei- ter längs dem hinteren oder jetzt mehr unteren Rande des Meckelschen Knor- pels ; und endlich der dritte , welcher sich da bildet, wo wir die mehr unthä- tige Bildungsmasse des Oberkiefers markirten.

Man muss sich hüten diesen letzteren Bildungsstreifen als aus jenem weiss glänzenden Ligamente entstanden anzunehmen, wodurch die seitlichen Enden des früheren so ausgedehnten oberen Zwischenkiefers an den vorderen Theil des Quadratbeinknorpels befestigt wurden. Die Lage beider ist aller- dings ähnlich. Indessen sieht man das Ligament bei dem Zurücktreten des oberen Zw^ischenkiefers im Verkümraerungsprozesse begriffen, während zu glei- dier Zeit der Bildungsstreifen des Oberkiefers in der Entwickelung vorhanden ist. Auch liegt der genannte Oberkieferstreifen selbst gegenwärtig noch mehr zwischen dem Intermaxillarkiefer und dem Quadratbeinknorpel, als dass er diese beiden Theile befestigend verbände.

Dieser letztere weisse Streifen, sowie der an dem Meckclschen Knorpel sind uns nicht neu. Wir sahen dieselben ganz auf gleiche Weise bei den Vö- geln entstehen und sich zu dem Ober- und Unterkiefer entwickeln. Bei den Säugethieren ist die Ausbildung derselben im Grunde gleichfalls ganz ähnlich; es verhindern nur die aufliegenden Weichgebilde ihre Erkcnntniss ohne Prä- paration von aussen. Der dritte Bildungsstreifen an dem Quadratbeinknorpei

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ist in der Art, wie er sich bei den Fröschen präsentirt, ungewöhnlich. Daher siispendiren wir unser Urtheil vorläufig und wollen zuerst seine Ent- wickelung verfolgen.

DieSchädelhÖIe.

§. 29. Das Skelet selbst nun offenbart sich folgender Gestalt. An der Schädelhöle treffen wir die obere, membranöse Gehirndecke, (ob das üeber- bleibsel der Rathkeschen Membrana reuniens superior?} ohne deutliche Knor- pelbildung in einzelne Stücke verknöchert. Es sind entstanden zwei Stirn- beine, zwei Scheitelbeine und die hinterste kleinste Platte, die Schuppe des Hinterhauptsbeines. Diese fünf Knochenblättchen sind gegenwärtig noch häutig unter sich vereinigt. Wir sehen hiemit dass die Metamorphose an der besagten Stelle grösstentlieils als beendigt zu betrachten ist. Die Basis so wie die Seitentheile - des Schädels sind ohne wesentliche Veränderungen knorplig verblieben. Auch bemerkt man gegenwärtig noch keine Spur einer wirklichen Abtrennung in Wirbelstücke an dieser durch die Schädelbasis und den Seitentheilen formirten knorpligen Rinne. Vielmehr ist sie ganz konti- nuirlich, wie auch bei den höheren Wirbelthieren während der Chondrose, und die ungefähren Wirbelabzeiclmungen müssen mit Hilfe des Ohrlabyrin- thes, des Auges und zum Theil der Visceralbogen selbst bestimmt werden. Ihnen entsprechen dann auch die Abgrenzungen, welche an der unteren Fläche der Schädelbasis durch das Durchschimmern der Hirnabtheilungen entstehen. Nimmt man das Hirn heraus, so sind es die zurückgebliebenen Hüllen der Gehirn - Abtheilungen , welche uns, wie schon früher, so auch jetzt am augenscheinlichsten die Wirbel andeuten. Bei den höheren Wirbel- thieren treten durch andere Verhältnisse noch andere Hilfsmittel hinzu. An der unteren Fläche der Schädelbasis finden wir um diese Zeit das genannte Knorpelblättchen der Schleimhaut in der Kopf- Visceralhöle knöchern gewor- den, doch in keiner Verbindung mit dem Schädel, sondern lose anliegend und im Allgemeinen an dem Wachsthume der Larve nicht theilnehniend.

Das Ohrlabj^rinth besteht gleichfalls noch aus derselben harten knorp- ligen Masse, ist jedoch fester mit dem Schädel verwachsen, und ohne Gewalt und Zerrüttung der Seitentheile des letzteren konnten wir dasselbe nicht

*) Fig. 19 und 20. Tab. I.

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mehr freilegen. An seinem äusseren Rande hat sich ein elliptisch geformtes Knorpelblättchen von der umliegenden Masse gelöset und steht mit derselben an seiner Peripherie nur häutig im Zusammenhange. Nach seiner Hinweg- nahrae wird uns durch das ovale Fenster der Eingang zum Labyrinthe des Gehörorganes freigemacht. Dieses Knorpelstückchen stellt das Gehörknöchel- chen des Bufo igneus dar. Seiner Genese zu Folge kann es mit den Gehör- knöchelchen der höheren Wirbelthiere nicht verglichen werden. Es ist ein kleiner Knorpel, welcher wohl einen Zusammenhang mit dem serösen Blatte haben mag, der aber zum Wirbeltjpus nicht in solcher Beziehung steht, wie der Steigbügel und die Kolumella der höheren Wirbelthiere, welche sich aus dem zweiten Visceralbogen herausbilden.

Dieses elliptische Knorpelstückchen ist durchaus nicht so klein , dass uns seine Entstehung aus den Visceralbogen hätte entgehen können. Viele kleinere und schwierige Objekte haben wir in der Entwickelung beobachten müssen und sind darauf aufmerksam gewesen, wann wir auch von ihnen Nichts vorausahnten. Es liegt doch auch bei dem Bufo igneus, von dessen Metamorphose wir jetzt insbesondere sprechen, der zweite Visceralbogen ziemlich nahe bei dem Ohrlabyrinthe; ja wir sind sogar bemüht gewesen eine Analogie in den Gebilden mit den höheren Wirbeltliieren aufzufinden; den- noch waren unsere Bemühungen vergeblich und wir sehen vielmehr auf an- dere Weise einen ähnlichen Zweck erreicht. Wir wollen nicht in Abrede stellen, dass bei anderen Froscharten der Visceralbogen auch Hilfsleistungen übernehmen könne, wir sind sogar davon überzeugt; doch scheint mir die abweichende ßildungsart des wesentlichsten Gehörknöchelchens bei den nie- deren Wirbelthieren überhaupt um so weniger auffallend, als ihr Ohrlaby- linth bei dem Mangel einer Gesichtskopfbeuge und des äusseren Gehörganges .mit seinen Entwickelungen durchaus in ein ganz anderes Verhältniss zu dem Kopfskelet gestellt ist als bei den höheren Wirbelthieren.

DasGesicht.

Vor den Stirnbeinen an Stelle der früheren Nasenbeinknorpel befinden sich jetzt zwei knöcherne dreieckige Plättchen, die Nasenbeine selbst. Sie sitzen mit einer breiteren Basis an der Stirnwand und ihre Spitze biegt sich etwas nach aussen gegen die Bildungsmasse der hier sich mit den

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oberen Zwischenkiefern vereinigenden Oberkiefer. Dadurch wird die innere Seite konvex, die äussere konkav gekrümmt und an der letzteren liegt die Nasenöffnung.

Ant. Duges lässt die Nasenbeine (Ze fronto - nasal') aus einer kleinen Schuppe entstehen, welche sich auf dem angrenzenden Car^i/^^e cranio-facial befinden soll , während seine Vapophyse ethmoidale in sein knorpliges und knö- chernes Vethmoide nach seiner Aussage übergehen. Was von diesem Pethmoide 7M halten ist, darauf werden wir später zurückkommen. Nach meiner Ueber- zeugung ist es aber gar nicht möglich, dass Herr Professor Duges die Meta- morphose der genannten Theile von der Froschlarve zum entwickelten Thier genau verfolgt haben kann. Die kleine Schuppe , aus welcher sich der fronto. nasal entwickeln soll, ist wahrscheinlicherweise nichts Anderes, als ein Kno- chenplättchen , das bei der Verknöcherung der Stirn- und Nasenbeine da, wo sämmtliche vier Stücke in der Mitte zusammenkommen, sich herausbildet und von den Anatomen für das os ethmoideum gehalten wird. Es hat indessen auch in späterer Zeit durchaus nicht mehr Gemeinschaft mit dem Labyrinth des Geruchorgans, ja noch weniger, als die Nasenbeine und entwickelt sich ge- rade an der Stelle, wo wir in sehr früher Zeit (siehe S. 10. 11.) zwischen der Stirnwand und den vorderen Stirnfortsätzen in der Mitte eine rundliche weisse Bildungsmasse entstehen und bald darauf unseren Blicken sich gänzlich entziehen sahen. Es ist demnach der Genese zu Folge vielmehr ein Supple- ment der Stirn- und Nasenbeine als ein wesentliches den Wirbeltypus be- stimmendes Stück. Es duldet weder einen Vergleich mit der lamina cribrosa und der parpyracea des menschlichen Siebbeins, noch mit den Nasenbeinen der höheren Wirbelthiere.

§. 31. Um sich den Zusammenhang der vorderen Stirnfortsätze mit den Nasenbcinknorpein und den Nasenbeinen selbst zu versinnlichen, muss man die Individualitäten der Larve und des entwickelten Frosches fest im Auge behalten. Bei der ersteren hat die Natur ausser der Bildung des Na- senkanals noch den besonderen Zweck den knorpligen oberen Zwischenkiefer als alleinige obere Mundbegrenzung und als alleiniges oberes Kauwerkzeug zu stützen. Daher die Nasenbeinknorpel sich ziemlich Aveit nach vorn ver- längern und an ihrer Spitze sich erweitern, um den bis zum Meckelschen

Knorpel sicli ausdchneiulcii oberen Z wisch ojikiefer zu tragen; der äussere Rand war zur Formirung der Nasenoffnung ausgeholt, wie auch späterhin im knöchernen Zustande. Bei dem Auftreten des oberen Kiefers in seine Funk- tionen und dem Zurückweichen des oberen Zwischenkiefers in seine ursprüng- liche Lage, indem die vorderen und Seiten -Partieen zum Theil aufgesogen werden; verkümmern auch die breiten vorderen Extremitäten der Nasenbein- knorpel besonders an den inneren Rändern, lassen so einen Raum für die neue Ausbildung des nun av irklichen oberen Zwischenkiefers des Frosches übrig, und der zurückgebliebene Nasenbeinknorpel verwandelt sich unmittel- bar in das Knochenplättchen von der genannten Form.

Vor den Nasenbeinen liegen nun die in einer neuen Metamorphose begriffenen Knorpel der oberen Zwischenkiefer. Sie haben zusammen gegen- wärtig eine dreieckige Form, deren Spitze nach hinten an die knorplige Ge- sichtsbasis grenzt. Die gemeinschaftliche Grundfläche ist gegen die MundöfF- nung gekehrt, um mit abgerundetem Rande deren mittlere oberste Abtheilung zu bilden. Seitlich liegen die Bildungsmassen der Überkiefer mit den darin sich zeigenden weisslichen Streifen, die Anlagen der Oberkieferbeine. Diese dreieckige Knorpelfläche entspricht der Form und Lage nach ganz den künf- tigen horizontalen Theilen der knöchernen oberen Zwischenkiefer. Sein vor- derer Rand geht häutig nach oben in die Membran über, welche zwischen den Nasenbeinen zurückgeblieben, und es zeigt sich jetzt darin noch keine Spur einer Bildung, welche uns die perpendikulären Theile der knöchernen oberen Zwischenkiefer andeuten.

DieVisceralhöIe.

§. 32. Werfen Avir nun einen Blick auf die Verwandlungen der Vis- ceralbogen. Die obere Abtheilung des ersten bildete in der letzten Periode einen flachen, formlosen Knorpel, welcher nach vorn häutig in die Bildungs- masse des Oberkiefers verlief. Jetzt, wo letztere sich zu individualisiren an- gefangen, geht auch ersterer, zum grössten Theile der Grund und Boden, von welchem der Oberkiefer aufwuchs, in neue Veränderungen ein. Er ist etwas verlängert, von bestimmterer länglich -abgerundeter Form, und hat in seiner Mitte einen weisslichen Querstreifen, die Andeutung von einer beginnenden Trennung in zwei Stücke, welche gegenwärtig in einem selir stumpfen nach

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vorn geneigten Winkel an einander liegen. Das obere Stück von ihnen stöst mit seinem vorderen Rande an die innere Nasenhölen-Oeffnuns:, das untere hängt noch besonders mit der allgemeinen Bildungsmasse des Oberkiefers zusammen.

Der auf ihm folgende Quadratbeinknorpel hat gleichfalls merklich eine andere Form angenommen und hängt vorzugsweise nach unten mit den Bil- dungsstreifen des Oberkieferbeines zusammen, iluffallend ist die Verände- rung des Orbit alfortsatzes. Seine abgerundete Spitze heftete sich früher an die Stirm^ and, wo sie mit dem Nasenbeinknorpel in Verbindung stand. Jetzt ist die nach vorn sicli hinneigende Partie verkümmert und die Spitze koromt so allmählig unter dem Auge zu liegen, indem auch zugleich der ganze Fort- satz sich mehr nach hinten entwickelt. Dadurch Avird zwar seine Höhe ver- kleinert, sein vorderer Rand aber um Vieles verlängert, und, während auf seiner äusseren Fläche die Muskeln hingeschwunden, hat sich an demselben jener Bildungsstreifen gezeigt , welcher jetzt schon einige knöcherne Kon- sistenz besitzt und vorläufig noch unbenannt hingehen mag. Das Streben dieses Fortsatzes nach hinten sich auszudehnen, wird vorzüglich dadurch noch begünstigt, dass der ganze Quadratbeinknorpel wegen der Verkümmerung von liinter ihm liegenden Theilen des zweiten Visceralbogens wirklich um Einiges nach hinten gerückt ist. Dieses ist auch der Grund, warum die bei- den sich trennenden Stücke der oberen Abtheilang des ersten Visceralbogens ujiter einem nach vorn geneigten sehr flachen Winkel gegen einander zu lie- gen kommen.

Der unter dem Quadratbein befindliche Meckelsche Knorpel erscheint etwas verlängert und hat seine Krümmung wieder ins Gleiche gebracht. Durch das Uebergewicht der Vorwärtszieher so wie hauptsächlich durch das Zurückweichen des Quadratbeines hat er und der sogenannte untere Zwi- schenkiefer eine mehr horizontale Lage erhalten. An seiner imtcren äusseren Fläche sehen wii- die Anlage des Unterkiefers allmählig entstehen und jetzt schon im knöchernen Zustande vorhanden. Das Nöthige über den unteren Zvvischenkiefer haben wir schon vorhin beigebracht.

%. 33. Am zweiten Visceralbogen ist die an sicli schon kümmerliche obere Abtheilung beinahe ganz aufgesogen. Seine Verbindung mit dem Schädel

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ist nicht mehr vorhanden und es befindet sich als Ueberbleibsel nur noch ein kleines unförmliches Knorpelstückchen, der losgetrennte Verbindungstheii mit dem Quadratbeinknorpel, zwischen letzterem und dem Ohrlabyrinth. Da- durch wurde wiederum dem Quadratbein die Annäherung zum Gehörorgan erleichtert, was, wie wir sehen werden, für das entwickelte Thier ein noth- wendiges Erforderniss ist.

Der Knorpel des Zungenbein- Suspensoriums hat an seiner unteren Extremität, welche den Körper des Zungenbeines und die daranstossende, den Kiemenapparat stützende Knorpelplatte trägt, noch ganz dasselbe Ver- halten. Die obere Extremität dagegen erscheint sehr reduzirt. Sein nach hinten gehender Fortsatz ist mit dem Hinschwinden des Kiemendeckels und seiner Muskeln gleichfalls verkümmert, und die daranstossende Gelenkfläche ist in eine häutige Masse verwandelt, welche den Quadratbeinknorpel und das Ueberbleibsel von der oberen Abtheilung des zweiten Yisceralbogens mit dem Suspensorium in Verbindung erhält.

Der Knorpel des Zungenbeinkörpers mit seinem Kiemenbogenträger ist im Wesentlichen unverändert. Zwischen ihm und dem Mittelstück des ersten Visceralbogens bildet sich hier bei dem Frosche ganz so wie bei den höhe- ren Wirbelthieren die Zunge. Sie zeigt sich anfangs nur als eine unbedeu- tende Anhäufung von Bildungsmasse. Nach und nach nimmt dieselbe an Grösse zu, doch so, dass sich das Blastema nicht wie bei den höheren Wir- belthieren nach vorn sondern nach hinten hinneigend erweitert. Daher hat es den Anschein, als ob die Froschzunge vorn angewachsen wäre.

Vollendung des Kopfknorpelsysteras des entwickelten Frosches; Die eigentliche Metamorphose der Larve zum ausgebildeten Thiere.

§. 34. Die Froschlarve in dem eben geschilderten Zustande ist ein merkwürdiges Zwittergebilde, in welchem die eigne Individualität unterge- gangen und dennoch das entwickelte Thier noch lange nicht vorhanden ist. Lassen sich gleich die analogen Bestandtheile eines ausgebildeten Individuums herausfinden, so mangelt es doch gänzlich an einer Funktion der knöcher- nen Kieferapparate oder ähnlicher Gebilde, nachdem die braunen hornigen Lamellen abgeworfen sind. In Uebereinstimmung mit der dadurch hervorge-

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rufenen mangelhaften Ernährung von aussen *) sehen wir daher die so merk- würdigen Verkümmerungsprozesse: das Hinschwinden des Schwanzes, des Kie- menapparates etc. , durch deren Aufsaugung das Leben zum Theil unterhalten werden mag. Neubildungen am Kopfe treffen wir jetzt weniger an, als vielmehr reine Form- und Ortsveränderungen neben den genannten Verkümmerungen.

Am Kopfe haben wir sogar sämmtliche Bildungsbestandtheile, welche wir der Genese zufolge erwarten konnten. Diejenige Röhre, welche aus den Rückenplatten für die Zentralnerventheile entsteht, ist samrat ihren Gesichts- entwickelungen schon so individuell ausgebildet, dass dem unbefangenen Beobachter bei Berücksichtigung der, durch den totalen Verknöcherungsprozess entstehenden , für den Typus unwesentlichen Ergänzungen es gar nicht schwer werden kann, die Identitäten mit dem erwachsenen Frosche herauszufinden.

Anders ist es mit den Knorpeln der Visceralröhre und namentlich des ersten Visceralbogens mit seinem Oberkiefer. Wollen wir dieselben mit dem Knochensystem des entwickelten Thieres vergleichen, so liessen sich zwar die einzelnen Stücke herausfinden, dennoch ist die Lage derselben so abwei- chend, dass man eher Vermuthungen als eine richtige Ansicht aufstellen kann. Vorzüglich sind es 'zwei Knochen, das Flügel- und Gaumenbein, welche, wenn auch nicht ein ganz gleiches so doch ein ähnliches Verhalten im ent- wickelten Frosche mit den der höheren Wirbelthiere offenbaren, und den- noch ist €s im gegenwärtigen Larvenzustande nicht möglich diese Aehnlichkeit herauszufinden. Diese Verschiedenheit beruht aber eben darauf, dass der erste Visceralbogen bei den niederen Wirbelthieren ursprünglich einen ganz anderen, einen geraden Verlauf hat, welchen wir mit sehr geringen, beim Verfolg der Entwickelung leicht zu erklärenden Abweichungen auch gegenwärtig in den Knorpeln wiedererkennen. Aus diesen Betrachtungen mögen wir wohl vermuthen, dass die beiden Stücke der über dem Quadrat- bein gelegenen Abtheilung des ersten Visceralbogens sich noch besonders für den entwickelten Frosch zum Os palatinum und pterygoideum verändern müssen. Dieses geschieht denn nun auch in der That. Freilich nicht auf

*) "Wir erinnern, dass in diese Zeit auch die merkwürdige Metamorphose des Dariiikanals fäUt.

die Weise, wie Herr Professor Dtiges angiebt, dass nämlich seine lame pte- rygo - ii/mpanique sich der Länge nach in zwei Theile spalte , wovon der innere zum os ptrygoideum, der äussere hauptsächlich für das os tympanicum nach Cuvier oder sein temporo - mastoidien und anderen Partieen sich ent- Avickeln. Diese Beobachtung bestätigt sich so wenig in der Watur und raeine Untersuchungen weichen so sehr von den Angaben des Ant. Duges ab, dass ich auf dessen Folgerungen und seiner angeblichen ferneren Metamorphose der Frosehlarve unmöglich Rüeksiclit nehmen kann.

35, Um den einfachen und natürlichen Vorgang der bezeichneten Metamorphose in einem Bilde übersichtlich darzustellen, denke man sich den Quadratbeinknorpel mit Allem, was darum und daranhangt, so weit nach hinten gezogen, dass man denselben an den Ohrlabjrinth- Knorpel befestigen könnte.

Man beobachtet von dieser Veränderung an dem Aeusseren der Larve ohne Präparation Niclits mehr, als dass die Mundspalte sich nach hinten so auffallend erweitert. Im Inneren heben wir zuerst hervor, dass der Orbital- fortsatz des Quadratbeinknorpels das schon angedeutete Bestreben, den Ohr- labyrinth-Knorpel zu erreichen, realisirt und an dem oberen Rande desselben sich befestigt. Ihm nach folgt der eigentliche Körper des Quadratbeines, und sein Zurückweichen wird begünstigt durch das gänzliche Verschwinden der oberen Abtheilung des zweiten Visceralbogens sammt seinem Verbindungs- stücke mit dem ersten und der hinter liegenden Kiemenbogen. Nun liegt der Körper des Quadratbeinknorpels an der äusseren Fläche des Ohrlabyrin- thes und verkümmert an seiner hinteren Partie so weit, dass das Gelenkstück für das Suspensorium des Zungenbeinkörpers verloren geht und letzteres sich häutig an den Knorpel des Gehörorgans anheftet. Es bleibt nun noch von seiner Basis ein Tläeii zurück, wciclier zwischen dem Meckelschen und dem- jenigen länglichen Knorpel von der oberen Abtheilung des ersten Visceralbo- gens, aus welchem das os pterygoideum gebildet werden soll, sich gelagert hat. Festsitzend mit der Spitze des Orbitalfortsatzes an dem oberen Rande des

*) Die Worte des Ant. Duges sind pag. 90. §. IV: La portion tympanique se se- pare de plus en plus de la pterygoidienne , comme si la lame pterygo - tympanique se parta- geait en deux porlions sur sa longueur etc., und pag. 93. §. V. Les lames pterygo-tym- paniqucs se fendent longitudinalement davant en arriere; etc.

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Ohrlabyrinthknorpels zieht sich das übriggebliebene Stück von dem eigentli- chen Kern des Quadratbeinknorpcis noch weiter zurück, bis es die Lage er- hält, in welcher wir es beim ausgebildeten Frosche sehen.

Seinem Zurückweichen akkomodiren sich die mit ihm zusammenhan- genden Theile. Es verlängert sich das über ihm gelegene Knorpelstück des o* pterygoideum so zwar , dass die zwischen dem letzteren und dem Schädel befindliche Knorpel -Anlage des os palatimm ohne besondere Vergrösserung in seiner Lage verbleibt und der Flügelbein - Knorpel unter einem schon er- wähnten Winkel von ihm abgeht, welcher aus einem sehr stumpfen nach und v nach bei der Rückwärtsbewegung sich in einen rechten verwandelt. An das Ohrlabyrinth angelangt verbindet er sich alsdann noch mit demselben durch einen nach innen gehenden häutig - knorpligen Fortsatz.

Mit ihm zugleich erweitert sich nach hinten der eigentlich äusserlich und vor ihm gelegene knöcherne Oberkieferstreifen, welclier von dem oberen Zwisclicnkiefer bis an das Quadratbein reicht. Aus dem erwähnten Ent- wickelungsvorgange ist es nun leicht ersichtlich, dass der Flügelbeinknorpel und der Oberkiefer theilweise zusammentreten und insgesaramt statt des Qua- dratbeinknorpcis jetzt die Bildung der Seitenwand des Auges übernehmen.

An den knöchernen Bildungsstreifen des Oberkiefers und des noch un- benannten länglichen Knöchelchcns, welches sich an dem vorderen Rande des Orbitalfortsatzes und des Quadratbeinknorpels vorfindet, kann man, wenn nach dem Abstreifen der sie bedeckenden Häuten dieselben als weissliche Körper zum Vorschein kommen, gleichfalls augenscheinlich das Zurückweichen der genann- ten Theile wahrnehmen. Beide Streifen, welche sich beinahe ganz berühren, bilden nämlich anfangs einen ganz stumpfen Winkel, Nun befestigt sich die t nach hinten wachsende Spitze des Orbitalfortsatzes sehr bald an den Ohrla- byrinthknorpel und die Basis des knorpligen Quadratbeines bewegt si6h rück- wärts gleichsam um diesen fixen Punkt mit allen den anhangenden Theilen noch über das Ohrlabyrinth hinweg, Auf diese Weise sehen wir allmählig den genannten stumpfen Winkel in einen ziemlich spitzen sich verwandeln.

Endlich folgt noch diesem Zurückweichen des Quadratbeinknorpels die untere Abtheiiung des ersten Visceraibogens , der Meckelsche Knorpel mit sei- nem sogen:innte;i Zwischenkiefer, wie man dieses ohne alle Präparation selbst

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an den im Wasser schwimmenden Larven beobachten kann. Der Zwischen- kiefer giebt nach und nach seine für den Larvenzustand bestiniiiste indivi- duelle Ausbildung ganzlich auf und maciit allniählig mit den Meckelsciien Knorpeln einen einfachen Bogen, wie bei den höheren Wirbelthieren, ob- schon die ehemalige Trennungslinie noch immer etwas sichtbar bleibt. Wenn man jetzt so diesen Bogen ansieht, so bestätigt sich, was wir vorhin be- merkten, dass der sogenannte untere Zwischenkiefer eigentlich nicht dem Zwischenkiefer der höheren Wirbelthiere zu vergleichen, sondern für das abgclösete keilförmige .Schlussstück des Meckelschen Knorpels zu halten ist. Der eigentliclie Meckclsche Knorpel mit dem knöchernen ünterkieferstreifcn vergrössert sich in dem Maasse, als der Quadratbeinknorpel zurückgeht.

§. 36. Auf dem beschriebenen ebenso merkwürdigen als ganz ei- genthümlichen Wege gelangt der entwickelte Frosch zu dem Besitze eines ersten Visceralbogens, welcher uranfänglich ganz abweichend, jetzt in seiner Form und in der Lage dem der höheren Wirbeltliier- Abtheilung im Allge- meinen ähnlich ist. Er wird zu einem Thiere, welches mit der oberen für das Centralnervensjstem bestimmten Rohre den niederen Wirbelthieren ange- « hört, das aber seiner ihm eigenthümlichen Larven -Metamorphose einen Zu- stand verdankt, wodurch dasselbe in seiner Kopf -Visceralröhre den höheren Wirbelthieren nahe gestellt wird. Für die Entwickelungsgeschichte wird da- durch der Frosch, wie so oft in anderen Beziehungen, von der grössten Wichtigkeit. Denn durch seine Metamorphose wird indirekt nun der augen- scheinliche Beweis geliefert, dass die vordere obere Abtheilung des ersten Visceralbogens nicht, wie man wohl vermuthen möchte, als ein blosser Fort- satz des ursprünglichen Visceralstreifens zu betrachten sei, sondern dass die Gesichtskopf beuge , wie wir es auch erwähnt haben, als der eigentliche Grund der seitlichen Krümmung und der eigenthümlichen, vorderen oberen Ausbil- dung des ersten Visceralbogens bei den höheren Wirbelthieren anzusehen ist. Fände bei der höheren Wirbelthier -Abtheilung eine Gesichtskopf beuge nicht statt, so würden wir einen ersten Visceralbogen haben, welcher zwar eine stärkere Schädel -Partie als der zweite und dritte besässe, im Verlaufe aber ihnen ähnlich wäre, ganz wie bei der frühen Froschlarve. Nun beugt sich der erste Schädelwir- bel , und diejenige Partie des ursprünglichen Visceralstreifens, welche für den

ersten Visccialbogcn bestimmt ist, entwickelt sich demgemäss in der dei| höheren Wirbelthieren eigenthümlichen Krümmung, wie dieses der Frosch ohne Gesichtskopfbeuge während des Knorpelzustandes durch seine merkwür- dige Metamorphose zu Wege bringt,

§. 37. Die Veränderungen des zweiten Visceralbogens sind einlach. Die obere Abtheilung desselben verschwindet, wie wjr schon angegeben, gänzlich. Die obere Extremität des Suspensoriums vom Zungenbeinkörper heftet sich mit der Verkümmerung der hinteren Partie des Quadratbeinknor- pels an das Ohrlabyrinth. Von seinem übrigen Theile verkümmert nach und nach Alles bis auf eine gleichmässige , schmale vordere Partie, welche den ganzen Verlauf des vorderen Randes beibehält. Das die unteren Extremitäten der Suspensoria verbindende Mittelstück, den Zungenbeinkörper, wollen wir jetzt in Gemeinschaft mit dem daranstossenden Träger des Kiemenapparates in die Betrachtung ziehen. Es unterstützt diesen letzteren während der Lar- venzeit, wo noch keine Zunge vorhanden ist, wie späterhin gerade umgekehrt der Kiemenbogenträger nach dem Hinschwinden der Kiemen dem jungen- beine in seiner Funktion behilHich ist.

Der Kiemenapparat.

§. 38, Das Kiemengerüste hangt bei den Wirbelthieren noch enger als das Lungensystem mit den uranfänglichen Aortenbogen zusammen, und man muss daher die Darstellung desselben stets mit den letzteren beginnen. Aus dem zu Anfange vorliegenden üntersuclumgen Angeführten geht hervor, dass das Herz mit seinen Aortenbogen ursprünglich gleich hinter den Saugnäpfchen, also wie bei den hölieren Wirbelthieren, imter der vordersten Schädelpartie gelagert ist, dass dann bei dem Hervorwachsen der Visceralfortsätze dasselbe nach und nach zurückgedrängt wird , und zuletzt hinter dem zweiten Visceral- fortsatz gleichsam mitten zwischen Rumpf und Kopf zu liegen kommt. Da- selbst verbleibt es so lange, bis der Kiemenapparat verkümmert und die Lungen ihre Funktion antreten.

Indem nun das Herz an besagter Stelle sich befindet, ist es zunächst von dem schon früh aus dem serösen Blatte sich bildenden Perikardium um- geben. Es liegt ausserdem in seiner Hole, welche von dem serösen Blatte, wiefern dasselbe olIb Membi^ana renniens. inferior auftritt^ gebildet wird. Dasselbe

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theilt sich nämlich vom zweiten Visceralbogen abgehend (siehe Tab. 1. Fig. 7.) in zwei Blätter. Das eine geht unterhalb dem Herzen, bedeckt von der Cutis und der schwarzen ümhüllungshaut, das andere oberhalb demselben zur Bauchhöle. An den Seiten liegen beide Blätter zusammen, begrenzen die aweite Visceralspalte und verlaufen zur Membrana reuniens inferior der Rumpf- VisceralhÖle da, wo dieselbe mit der Visceralplatte und seiner vorderen Extremitäten -Entwickelung in Verbindung tritt. Hinten dagegen sind sie getrennt. Das untere Blatt geht unmittelbar in die Membrana reuniens inferior der Bauchhöle über, das oberste zur innersten Haut derselben. Die Rumpf - Visceralhöle nämlich wird oben durch die früh angedeuteten Visceralplatten neben den Rückenwülsten, seitlich und unten, vorn und hinten, durch die untere Verbindungshaut gebildet. Innerhalb ist sie von der innersten oder vierten membranösen Scheidung des serösen Blattes aus- gekleidet und wird durch dieselbe so vollkommen abgeschlossen, dass nur nach hinten die Oeffnung für den After, vorne nach oben ein grösseres Loch für den Durchtritt des Darmkanals und nach unten eins für den Durchgang der Gefässe des Herzens, umgeben von fetten Massen, übrig gelassen ist. Hier vorn scheidet sie sonst förmlich zwerchfellartig die Herz- und Visceralhöle des Kopfes von der des Rumpfes, und legt sich an das Perikar- dium, mit welchem es durch die oben genannte Oeffnung in Verbindung steht. In dieser Hinsicht ist die Hcrzhöle als eine nach vom liegende Nc- benhöle der Rumpfvisceralhöle anzusehen. Diese innerste Haut der Bauch- höle nimmt sehr bald eine schwärzliche Färbung an und ist auch im ent- wickelten Frosche, während die Visceralplatten nur durch ihre Bildungen des Brust- und Beckengürtels sich evident allmählig vereinigen, im Uebrigen aber mehr unausgebildet zurückbleiben, das Hauptkonstituens der genannten Höle. Sie liat eine glatte Oberfläche und erinnert an das Pcritonaeum der höheren Wirbelthiere , obschon ich den Zusammenhang mit dem Darmkanal als Ueber- zug nicht darlegen kann.

Die Aortenbogen füllen nun, nachdem das Herz zurückgetreten und zwischen dem zweiten Visceralbogen und der Visceralplatte des Rumpfes ge- lagert ist, diejenige Oeffnung aus, welche wir als zweite Visceralspalte auf- geführt haben. Sie wird vorn durch den hinteren Rand des zweiten Visce-

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ralfortsatzes , hinten durch die Visceralplatte mit der Membrana reimiens inferior des Rumpfes begrenzt; oben kommen beide Visceralplatten zusammen, und unten zur Seite der Herzhöle verläuft die untere Vereinigungshaut von den zweiten Visceralfortsäten in zwei hier zusammenliegenden Blättern zur Rumpf- Visceralhöle, wie vorhin beschrieben wurde. So ist der Zustand, so lange die äusseren Kiemen in schon erwähnter Weise hervortreten und verkümmern.

39. Treten nun die inneren Kiemen auf, so bilden sich an den Aortenbogen, um die Kiemenblättchen zu tragen, die bekannten Knorpelbo- gen. Ob dieselben ihre Entstehung der Schleimhaut oder der ursprünglich die Aortenbogen schützenden Membrana reuniens inferior zu verdanken haben, konnte ich wegen des engen Konflikts beider Häute an dieser Stelle nicht mit Sicherheit entscheiden; vielmehr glaube ich gegen die allgemeine An- sicht, dass die Untersuchungen über diesen Punkt als noch nicht abgeschlos- sen zu betrachten sind. So viel aber geht aus den bisherigen Beobachtungen gewiss hervor, dass die Kiemenbogen keine Gebilde der Visceralplatte, keine Visceralbogen zu nennen sind. Um diese Zeit ist auch schon das Mittelstttck des zweiten Visceralbogens verknorpelt und das nach hinten sich anschlies- sende obere Blatt der Membrana reuniens inferior geht allmählig vorn in seiner ganzen Breite, hinten aber besonders mit den Seitentheilen, welche sich zur Visceralplatte des Rumpfes hinbegeben , in den Knorpelzustand über. Nach hinten in gerader Richtung ist sie häutig in Verbindung mit der vor- deren Wand der innersten serösen Haut der Rumpf- Visceralhöle verblieben. Der innige Zusammenhang dieser letztgenannten knorpligen Membran mit der Visceralplatte des Kopfes und Rumpfes: die Art, wie sie allmählig sich hervorbildet: die Anheftung mehrer Muskeln, welche dem Wirbelsystem zugehö- ren, an dieselbe : endlich auch ihre spätere Entwickelung bestimmen mich zu der Annahme, dass dieselbe für ein Zwischenstück der Kopf- und Rumpf- Visce- ralplatte zu halten sei. Wir wollen es mit dem Namen „Kiemenbogenträger" nach seiner jetzigen Function bezeichnen. Es bildet derselbe mit dem schmäleren knorpligen Körper des Zungenbeines ein gemeinschaftliches Stück, an welchem die weissliche Trennungslinie nur schwach angedeutet ist, und wir wollen bei der Beschreibung daher beide zusammen als einfach betrachten.

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Als solches nun unterscheiden wir an den Seitenrändern vorn einen Ausschnitt für die untere Extremität des Zungenbein -Suspensoriums, hinten einen ähn- lichen für die Kiemenbogen. In der Mitte des Randes ragt demgemäss die Knorpelmasse etwas hervor und an ihr befestigt sich der erste Kiemenbogen. Da, wo der hintere Ausschnitt nach oben zur Visceralplatte des Rumpfes tritt, bilden sich später als an den eigentlichen Kiemenbogen gleichfalls einige Kieraenblättchen , doch niemals fand ich daselbst einen vierten Aortenbogen. Die Arteria pulmonalis geht vielmehr vom dritten Aortenbogen ab. Man hat dieses nach hinten und seitlieh sich ausdehnende Knorpelstück des Kiemen- bogenträgers mit den übrigen eigentlichen Kiemenbogen in eine Kalegorie gestellt und den vierten Kiemenbogen genannt. Doch ist dasselbe ein Gebilde des Wirbelsystems und es fehlt ihm auch das Wesentlichste der Kiemenbogen, der Aortenast,

Vor dem vorderen Rande der ganzen Knorpelplatte entwickelt sich, wie erwähnt wurde, die Zunge; der hintere geht häutig zur Membrana reuniens inferior des Rumpfes. In dieser häutigen Partie bilden sich um die Zeit, wenn die Lungen sich entwickeln, auf der gegen die Schleimhaut des Darmkanals geneigten Fläche zwei längliche Körperchen: die frühsten An- deutungen der Cartilagines arytaenoideae. Vergleichen wir die Lage dieser Körperchen mit den gleichen bei den höheren Wirbelthieren, wo sie sich gleich hinter dem dritten Visceralbogen vorfinden; so giebt uns dieses ei- nen neuen Grund den Kiemenbogenträger , gewissermaassen ein Analogen des dritten Visceralbogens , als eine den Visceralplatten zugehörige Bildung an- zusehen. Die Hügelchen der Cartilagines arytaenoideae lassen sich nach hin- ten durch die innerste seröse Haut der Bauchhöle in das Lungengewebe ver- folgen. Dieses ist auch der einzige Zusammenhang, welchen ich zwischen den frühsten Spuren des Lungengewebes und anderen Theilen des Körpers finden konnte. Auch kann man sich deutlich überzeugen, dass die Lungen, indem sie in der Rumpfhöle sichtbar werden, einen üeberzug der scliwarz tingirten serösen Haut der Rumpf- Visceralhöle erhalten. Nur den Zusammen- hang mit der Schleimhaut habe ich nie, weder bei den Säugethieren und den Vögeln, noch bei den Fröschen so evident wahrnehmen können, (obschon ich überall die Lungen in einer sehr fj iihen Entwickelungszeit gesehen), dass

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ich mich von der Beobachtung so berühmter Naturforscher überzeugt hätte. Ich kann nicht leugnen, dass so tüchtige Gewährsmänner eben der einzige Grund sind, warum ich meine Untersuchungen, die vielmehr gemäss der bis- herigen Schilderung für die Entwickelung der Lungen aus dem serösen Blatte sprechen, noch immer in Zweifel ziehe und denselben freimüthig aus- spreche. Bei den Säugethieren und Vögeln (siehe meine Abhandlung in Müllers Archiv 1837. Fig. 10. 11. 12 etc. ) stehen die Urrudimente der Lungen mit den beiden Bildungshälften der Ärteria aspera und diese wieder mit den Hügelchen der Cartilagines arytaenoideae in Verbindung, welche letztere gewissermaassen als die nicht verwachsenden und sich besonders ausbildenden obersten Partieen der Bildungshälften der Arteria aspera anzusehen sind. Bei den Fröschen fehlt die A rtet ia aspera und die Lungen - Anlagen hangen unmittelbar mit den Cartilagines arytaenoideae zusammen, deren Bildung aus dem serösen Blatte in angegebener Weise sowohl bei den höheren Wirbel- thieren als bei den ungeschwänzten Batrachiern evident ist

40. Je mehr nun die Lungen sich ausbilden, um die Funktion der Athmung zu übernehmen, um so sichtbarer verkümmern die Kieraenbogen sammt den Kiemenblättchen und den Gefässen des Bidbus aortae. Die zweite Visceralspalte, welche äusserlich häutig durch den verwachsenden Kiemen- deckel schon früher verschlossen wurde, wird jetzt auch innerhalb nach und nach immer enger, bis endlich die Gebilde beider Visceralplatten sich un- mittelbar berühren. Zu gleicher Zeit reduziren sich auch die Suspensoria

*) Aucli im ausgeljildeton Thiere haben wir streng genommen keine Thatsache, welche für die Entwickelung der Lungen aus dem Tubus alimentarius spräche. Die Lage innerhalb der Munipf- Visceralhöle ist ein Produkt späterer Metamorphose. Der Zusam- menhang der Schleim absondernden Haut der Lungen mit der Schleimmembran des Darm- kanals ist eine öfter sich wiederholende Erscheinung der Gebilde beider Urmembranen. Auch die Conjunctiva des Auges steht mit der Membrana Schneideriana der Xasenhöle und durch diese mit dem Schlünde in Verbindunc, obschon sie ein Schleim absonderndes Ge- bilde des serösen Blattes ist, durch Umwandlung der Cutis entstanden. Blag nun auch die Schneidersche Haut dem Schleimblatle des vegetativen Systems der Genese nach wahrscheinlicherweise nicht angehören, so ist dieses doch bestimmt mit der Schleimhaut des Schlundes der Fall.

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des Zungenbeinkörpers, und dieser letztere sowohl als auch der Kiemenbo- genträger nach dem Hinschwinden der Kiemenbogen verschmelzen enger mit einander, so dass man zuletzt die Trennungslinie nicht mehr erkennen kann. Die Ausschnitte der Seitenränder, welche behufs der sich ansetzenden Theile gebildet erschienen, werden undeutlich und namentlich am Kiemenbogenträ- ger sehr verkürzt. Die ganze Knorpelplatte wird bei den verschiedenen Froschgattungen zu einem verschieden sich gestaltenden, unregelmässigen Knorpelstück, welches als Zungenbeinkörper fungirt, auch im entwickelten Thiere seltener verknöchert und hauptsächlich jene Erhabenheit des Seiten- randes, woran sich der erste Kiemenbogen befestigt, auch später in seiner unregelmässigen Form meistens beibehält. Nur diejenige Knorpelpartie des Kiemenbogenträgers, welche hinten zu beiden Seiten mit der Visceralplatte des Rumpfes sich in Verbindung setzt und als vierter uneigentlicher Kiemenbogen auftritt, bildet sich individueller hervor. Die Kiemenblättchen, welche sich an ihm befanden verschwinden früher als die übrigen, obgleich sie sich später entwickelten. Es entsteht ein sich vom Kiemenbogenträger absondernder, länglich gestalteter Knorpel, welcher sich seitlich nach hinten biegt und späterhin durch einen Muskel mit dem Knorpel des Ohrlabyrinthes da in Verbindung setzt , wo derselbe an die Visceralplatte des Rumpfes stösst. Es ist das sogenannte coniu jjosterius oder thyreokleum des Zungenbeines '0- Man muss dasselbe übrigens nicht mit ähnlich gebildeten Knorpeln verwech- seln, welche vor der cartilago arytaenoidea sich innerhalb der Bauchhöle zu dem Lungengewebe zuweilen hinerstrcrken. Das sogenannte Cornu posterius des Zungenbeines verknöchert zicmlicli zu gleicher Zeit mit dem eigentli- chen Suspensorium desselben.

An den genannten Verwandlungen nimmt das Herz mit seinen Ge- fässen gleichfalls, wie schon erwähnt, Antheil. Mit den Kiemenbogen rücken auch die Aortenbogen immer näher aneinander, während sie zu gleicher Zeit verkümmern. Diejenigen Abtheilungen derselben aber, welche unmittelbar vom Bulbus aortae ausgehen und noch an dem Kiemenbogenträger sich befinden,

*) In der Entvvickelungsgeschichte des Triton werden wir seine gleiche Bedeutung dem OS pharyngenm inferiv.s der Fische kennen lernen.

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nähern sich natürlich früher zu einander, als ihre Enden und so gescliieht es denn , dass sie , noch ehe der Verkümmerungsprozess vollständig eingetreten, alle drei unter sich verwachsen und wie eine Verlängerung des Bulbus aortae selbst erscheinen. Die eigentliche Ki einen ab theilung der Aortenbogen ver- schwindet vollständig.

Nachdem der Verkümmerungsprozess der Kiemen vollendet, zieht sich das Herz durch die für seine Gefässe mit den Fettmassen gelassene OefFnung der vorderen, zwerchfellartigen Wand der serösen Membran in die Rumpf- Visceralhöle zurück. Unter ihm hat sich nach und nach der Brustgürtel ge- schlossen und einen Theil der vorderen Wand des serösen Sackes der Bauch- höle verdrängt. So hört die Herzhöle allmählig auf zu existiren. Das untere Blatt der Membrana reuniens inferior wird aufgesogen. Das obere dagegen, von dem Kiemenbogen träger vertreten, rückt demgeraäss nach dem Zurück- weichen des Herzens mit seinem Perikardium gegen die Cutis, wird analog dem dritten Visceralbogen der höheren Wirbelthiere das Vermittelungsstück der Visceralplatte des Kopfes und Rumpfes in der Schlundgegend und assistirt jetzt auch gleichfalls dem Zungenbeine.

Kapitel III.

^ Das Knochensystem des Frosch -Kopfes.

Ant. Duges stellt in seiner schon öfters genannten Schrift jenes ebenso merkwürdige als bisher ungewöhnliche Gesetz auf, dass die Verknöcherung bei den niederen Wirbelthieren namentlich bei den Fröschen in einer ganz anderen Art erfolge, als bei den höheren. Es gehe nicht der Knorpel selbst in Knochen über, sondern, während derselbe verkümmere, bildet sich gleich- sam von seinem Periosteuin das gleichbenannte Knochenstück. Er stützt diese Beobachtung vorzüglich auf das früh sich zeigende Knochenblättchen der Schleimhaut unter der knorpligen Schädelbasis, welches wir später an der knöchernen Schädelbasis wiederfinden. Die Entstehung des Unterkie- fers etc. solle gleichfalls dafür sprechen. Wir wissen indess aus den bisheri- gen Untersuchungen, dass der Unterkiefer in keiner Art anders, als bei den höheren Wirbelthieren entsteht, und nur die ünkenntniss von der Bedeutung

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des Meckelschen Knorpels, so wie die anfängliche Kleinheit des Unterkiefers zu demselben bei den Fröschen konnte ihn zu dieser Annahme veranlassen. In Betreff übrigens des Knochenblättchens unter der Schädelbasis, des Sphe- noide, welches Ant, Duges als Hauptstütze seiner Ansicht anführt, wissen ^\'ir, dass dasselbe ganz evident aus dem Schleimblatt sich herausbilde. Es ist nun zwar das Faktum nicht abzuleugnen, dass dieses Blättchen bei den ausgebildeten Thieren als äussere Knochenlamelle der Schädelbasis sich dar- stelle und die mehr ausserwesentliche Funktion der äusseren gegen die Mund- ]jöle gewandten Fläche derselben übernehme j dennoch kann man selbst bei den ältesten Individuen das frühere Getrenntsein von der eigentlichen Schä- delbasis wiedererkennen. Bei Fröschen mittleren Alters kann man es sehr Jeicht ohne Zerstörung des Schädels lostrennen. Wir werden diese Erschei- nung der Skeletbildung des Schleimblattes und seiner öfteren Befestigung an das Wirbelskelet in modifizirter Art auch bei den Tritonen wiederfinden, so dass es scheint, als wenn bei der geringen Ausbildung der Kopfvisceralhöle der niederen Wirbelthiere dadurch gewissermassen ihnen ein Ersatz gegeben werde. Bei Erwägung dieser Thatsachen, so wie vorzüglich der Genesis des fraglichen Knochenblättchens können wir die Ansicht des Ant, Duges nicht theilen und müssen erklären, dass nach unseren bisherigen Untersuchungen der Verknöcherungsakt bei der niederen Wirbelthier- Abtheilung in keiner Art anders als bei den höheren erfolge. Eine andere Frage, die den Wirbel- typus ursprünglich gar nicht angeht, ist die: welchen Einfluss hat die ver- schiedene Struktur eines voluminöseren Knorpels, namentlich bei den Fischen, auf die Ossification? .

§. 41. Es ist jetzt wohl der Zeitpunkt da, wo die Entwickelungsge- schichte sich das Recht nicht nehmen lässt, über die Bedeutung der einzelnen Knochenstücke mit Rücksicht auf den WirTjeltypus zu entscheiden; das Urtheil über die Individualitäten der Wirbelthiere möge der komparativen Anatomie und Zoologie anheim gestellt bleiben. Diesem, wie wir glauben, allgemein anerkannten Gesetze vertrauend haben wir im Laufe vorliegender Untersu- chungen einzelnen Urstücken eine Bezeichnung gegeben, welche oft nicht all- gemein herrschend war, dennoch in der Analogie mit den höheren Wirbel- thieren ihr Recht dazu vorfand. Indem wir nun zu der Entwicklung der

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Kopfknoclicn übergehen, werden wir uns auch fernerhin von diesem Gesetze leiten lassen und in den Benennungen nach den uranfänglichen Anlagen des Wirbelthieres uns richten. Wir können uns hicbei unmöglich auf die einzel- nen Erörterungen der Hypothesen in der komparativen Anatomie einlassen, welche so zahlreich sind, dass man dabei Bände füllen könnte und der Schluss wäre am Ende immer doch nur der Verweis auf die Entwickelungs- geschichtej wir wiederholen die Worte unseres verehrten Lehrers: „sie muss das Richteranit führen." Ihr nur folgend, wollen wir vor der näheren Be- traclitiing des Knochensystems am Froschkopfe den Kopftypus der Entwicke- lung gemäss allgemein ins Auge fassen.

Mit Rücksicht auf die Bildungsgeschichte haben wir demnach

am Kopfe:

a. Eine obere Röhre, die Schädelhöle, für die vorderen Zentralorgane des Nervensystems.

b. Eine untere Röhre, die Visceralhöle, für die vordere Abtheilung des vegetativen Systemes. Ihre obere Decke wird durch die Basis der Schä- delhöle gebildet.

c. Das Gesicht oder derjenige Theil des Kopfes, in welchem die obere und untere Röhre durch Bildungsfortsätze zur Formirung der Nasen- und auch der Mundhöle in Verbindung treten, um darin die Hauptelemente für die Erhaltung des Organismus animalisch und vegetativ gleichsam vorher verarbeiten zu lassen. Accidentell tritt mit der grösseren Wölbung der Stirnwand und durch die Gesichtskopfbeuge bei den höheren Wir- belthieren der ganze erste Kopfwirbel mit der Augenhöle, ja bedingter- weise selbst das Ohr bei einigen hinzu.

Zerlegen wir nun diesen allgemein ausgesprochenen Bildungstypus in die einzelnen, sich absondernden härteren Gebilde, so haben wir

1. für die Zentralnerven- und Visceralhöle des Kopfes die drei ur- sprünglich immer vorhandenen, mehr oder weniger vollständigen Wirbel, welche nur nach der Individualität einzelner Wirbelthier-Gruppen sich ver- ischiedeii metamorphosiren, und

2. für das Gesicht, den Verbindungstheil beider, aus Wirbelstücken zusammengesetzten Röhren : aus den vorderen Stirnfortsätzen die Nasenbeine von

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der Zcntralnervenröhre: die Oberkieferbeine von der Visceralhole : ferner die, beide genannten Theile stutzende von der Scliädelbasis (dem unteren Schlussstiicke der oberen Rölire des Kopfes) liervorwachsende Gesiclitsbasis : und endlich die von der letzteren sich hauptsächlich entwickelnden und zwischen die Nasenbeine und Oberkiefer tretenden oberen Zwischenkiefer. Hiezu tritt dann accessorisch der von der unteren Abtheilung des ersten Vis- ceralbogens sich ausbildende Unterkiefer- Apparat, der bei den niederen Wir- belthieren mehr der Visceralhole angehört.

Das sind die allgemeinen Bestandtheile des Kopfes bei allen Wirbel- thieren, welche auch, wiefern sie auf dem ursprünglichen Wirbelt jpus be- gründet sind, bei den froschartigen Thieren mutatis miitandis vorhanden sein müssen. Sollten einzelne Partieen derselben im entwickelten Zustande nicht vollständig zu finden sein , wie dieses namentlich bei der Visceralhole vor- kommt, so muss die Bildungsgeschichte ihren Verkiimmerungsprozess nach- weisen. Beobachtet man neue und nicht ursprünglich gegebene Bildungs- fortsätze in sehr frühen Zuständen des Embijo, wie die für die Thränen- beine, so ist die Wahrscheinlichkeit da, dass dieselben der eigenthümlichen Entwickelung grösserer Wirbelthier -Gruppen zugehören. Von ihnen sind wohl zu scheiden solche Stücke, welche in späterer Zeit bei der Verknöche- rung behufs der grösseren Festigkeit, in Folge der grösseren Entwickelung des Gehirnes etc. meistens als ossa intercalaria entstehen, und kleineren Wirbelthier- Abtheilungen das individuelle Gepräge geben, wie der vomer, die ossa Wormiana, die unterste Muschel etc.

Die Schädelhöle des Frosches.

§. 42. An den Wirbelbogen der Schädelhöle sind wir gewohnt zur leich- teren febersicht die Basis, die Seitentheile und die obere Decke zu unter- scheiden. Am frühsten von den genannten Partieen geht die letztere inVer-- knöcherung über. Aus der Stirnwand bilden sich zwei neben einanderlie- gende Knochenstücke, die Stirnbeine. Sie werden gewöhnlich ossa frontalia posteriora genannt. Wir finden keinen Grund eine solche nähere Bezeich- nung durch das Epitheton „posteriora" hinzuzufügen. Da die Schlussstücke sehr oft variiren, so ist's möglich, dass bei anderen Thieren mehre hinter-

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einander liegende Knochenstücke aus der Stirnwand sich bilden. Was aber bei dem Frosch und der Kröte sich vor den beiden Stirnbeinen befindet, gehört zu anderen Bildungstheilen und hat nicht die Function als vorderste Decke der Schädelhöhle zu dienen , wie es die Stirnwand und die daraus sich bildenden Stirnbeine immer thun. Hinter den Stirnbeinen entwickelt sich das aus zwei Knochenplatten bestehende Scheitelbein, Zuletzt folgt dann die einfache hinterste Decke der Schädelhöle, die Schuppe des Hinterhauptbeines, welche den dritten und letzten Schädelwirbel formirt. Dieses sind die drei den Kopfwirbeln entsprechenden Schlussstücke, aus wel- chen die obere Decke der Schädelhöhle zusammengesetzt wird. Eine Schuppe und die pars mastoidea des Schläfenbeines, welche bei mehren höheren Wirbel- thieren zur Vervollständigung noch hinzutreten, findet sich bei den niederen Wirbelthieren nicht. Der Grund davon liegt in der grösseren Ausbildung des Gehirnes der höheren Wirbelthiere und in Allem, was damit nothwendig verbunden ist. Sämmtliche fünf Stücke der Schädeldecke verwachsen später so innig, dass man kaum im Stande ist, sie einzeln wiederzuerkennen, Na- mentlich verkümmert die Schuppe des Hinterhauptbeines bei der mächtigeren Entwickelung der entsprechenden Seitentheile zu Gelenkköpfen und des Scheitelbeines dergestalt, dass man es in älteren Individuen kaum mehr wie- dererkennt. Bei Bana fusca und anderen Froscharten ossificirt sie sogar sehr spät, oft gar nicht.

43. Die Seitentheile und die Basis der Schädelhöle, welche sich bei den höheren Wirbelthieren am augenscheinlichsten der individuellen Aus- bildung des Gehirnes accomodiren, sind aus eben diesem Grunde bei den froschartigen Thieren sehr einfach.

An der Schädelbasis des ausgebildeten Frosches ist mit Hinsicht auf den Wirbeltypus vor Allem derjenige Theil zu entfernen, welcher von den Anatomen das Spkenoideum basUare genannt wird und, wie wir zeigten, aus dem Schleimblatte sich entwickelt. Dasselbe liegt zwar später nach der Os- sification mit einem grossen Theile der Schädelbasis innig verbunden da und dehnt sich sogar hinten seitlich noch weiter in der bekannten Form über die Ohrlabyrinthknorpel aus, obschon es während der ganzen Entwickelungs- zeit lose unter ihm und mit dem Schleimblatte in inniger Beziehung zu

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finden ist. Dennoch kann man, wie schon erwähnt, selbst bei den ältesten Individuen die Trennungslinie ziemlich genau erkennen. Der Theil der Schädelbasis nun, wo dieses sogenannte sphenoideum basilare anliegt, ossificirt in dem Maasse später und weniger kräftig, als es durch dasselbe eine knö- cherne Unterstützung erhält und allein auf seine ursprüngliche Function, das Gehirn zu schützen, beschränkt bleibt j seine gewissermaassen für sekundär zu haltende Funktion, die Visceralhöle zu decken, wird durch das sphenoideum basilare vollzogen.

Frei und unbedeckt von dem genannten Knochenblättchen bleiben nur das unbedeutende Körperstück des dritten und die vorderste Partie von dem des ersten Kopfwirbels, welche zwischen den Gaumenbeinen gelagert ist, Ersteres verkümmert um so mehr, je grösser die zu Gelenkköpfen sich aus- bildenden, respectiven Seitentheile werden, und seine Ossification fällt sehr spät. Auch die genannte vorderste freie Partie des ersten Schädelwirbelkör- pers verknöchert später, alsdann aber auch in dem Maasse kräftiger, als sie die Gaumenbeine und die Gesichtsbestandtheile grösstentheils trägt. Diese stärker und massiver ossificirte Partie der Schädelbasis wird mit den entspre- chenden Seitentheilen und einer Knochenmasse zwischen Stirn - und Nasenbeinen für das Siebbein gehalten : dass dieses mit Unrecht geschieht , wird im Wach- folgenden dargethan.

Die Seitentheile verlaufen, wie gesagt, sehr einfach. Zu der Zeit, wenn beide Visceralbo gen - Knorpel an dem Schädel festsitzen, kann man durch sie ziemlich genau die einzelnen Wirbelabtheilungen der Seitenwände des Schädelgewölbes unterscheiden. Jetzt, wo die oberste Abtheilung des zweiten knorpligen Visceralbogens am Schädel ganz verkümmert ist, fällt diese Hilfe weg. Diejenige Partie, an welcher der Ohrl ab jrinth - Knorpel anliegt, verschmilzt mit demselben total; sie gehört meistens dem zweiten theilweise auch dem dritten Wirbel an. In den ersten Seitentheilen befinden sich die foramina optica; die dritten verwandeln sich nach der Metamorphose des Larvenzustnndes zu den Gelenkköpfen für den Arsten Bumpfwirbelj die Schuppe und der Körper des Hinterhauptbeines verbleiben, wie wir gesehen, mehr im rudimentären Zustande zurück. Bei dem Verknöcherungsprozess wer- den besonders die Gegenden in Anspruch genommen, wo andere Knochen

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ansitzen. Daher verknöchern zuerst die Gelenktheile für die Wirbelsäule, die Par- tie, wo das Ohrlabyrinth liegt, und ganz vorn, wo das Gaumenbein sich befestigt.

Ant, Duges, Cuvier etc. haben diesen letzten, durch grössere Knochen- festigkeit sich auszeichnenden Theil mit der entsprechenden Partie der Schä- delbasis und der Knochenmasse zwischen Stirn - und Nasenbeinen zum Kno- chenapparat des OS ethmoidale hingezogen , indessen sprechen die Entwicke- lungsgeschichte sowohl, als auch die spätere Lage und Function ganz dage- gen. Das Siebbein (os ethnoideuni) in seiner strengsten Bedeutung ist eine Knorpel- und Knochenbildung, welche der Membrana Schneideriana zur unmit- telbaren Ausbreitung dient , mit dem Wirbeltypus aber in keiner anderen Bezie- hung steht, als in wiefern sie zuweilen Unterstützungen und Hülfsleistungen von dem Wirbelskelet erhält und in einer vom Wirbelsystem formirten Hole sich befindet. Die ganze Knochenpartie aber, welche man bisher für das os ethmoideum der froschartigen Thiere gehalten hat, trägt selbst wenig zur IVasenhÖlenbildung bei, und als Labyrinth für die sich ausbreitende Schnei- dersche Membran dient sie nun gar nicht. Das Ohrlabyrinth steht in glei- cher Kategorie mit dem Labyrinthe des Geruchorganes. Es ist der frühste Knorpel des Embryo und verbleibt in solchem Zustande, wenn selbst schon zum grössten Theile die einzelnen Knochen des Kopfes vorhanden sind. Wir haben erwähnt, dass dasselbe schon als Knorpel mit dem anliegenden Seiten- theile der Schädelhöle verschmilzt. Nach der Verknöcherung ist es mit dem Schädel so innig verbunden, dass man sich kaum von dem Gedanken losreis- sen kann, seine Knochenraasse von jener der eigentlichen Schädelhöle dem Typus nach getrennt aufzufassen.

Die Visceral hole*).

44. Die Knorpel des ersten Visceralbogens haben durch die er- wähnte Metamorphose im Larvenzustande eine zwiefache Anheftung an den Schädel erhalten, einmal da, wo der Visceralbogen ursprünglich entsteht, und dann nachträglich durch die Metamorphose am Ohrlabyrinth- Knorpel. Die beiden obersten Knorpelstücke der oberen Abtheilung vom ersten Visceralbo- gt'ii verknöchern in der Weise, wie wir sie zuletzt im Knorpelzustande ver-

*) S. Tab. I. Fig. 23. 24.

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Hessen. Das Gaumenbein geht rechtwinklig vom Schädel nach aussen ab und unter einem gleichen Winkel von ihm nach hinten das Flügelbein, welches letztere ausser seiner ursprünglichen Verbindung mit dem Quadratbein noch einen Fortsatz nach innen gegen die seitlichen Knochenwucherungen der Schädelbasis an der untern Fläche des Ohrlabyrinthes hinschickt. Der Grund, warum wir diese beiden Knorpel analog mit jenen der höheren Wirbelthieren benannten, lag eben darin, dass der erste Visceralbogen nachträglich eine Form erhalten hat, wie bei den höheren Wirbelthieren dieselbe ursprüng- lich durch die Gesichtskopfbeuge erfolgt.

Der unterste oder gleichsam der üebergangslmorpel der oberen Ab- theilung vom ersten Visceralbogen, welcher gelenkig den Meckelsclien Knor- pel trägt, haben wir nach der Analogie mit den Vögeln den Quadratbein- knorpel genannt. Er war bei der Metamorphose des ersten Visccralbogcns von grosser Wichtigkeit. Während derselbe an dem Olirlabyrinth sich befin- det, verkümmert er nach und nach immer melir, und an seiner Stelle ent- wickelt sich deutlicher der weisse Knochenstreifen, elcher an seinem und des Orbitalfortsatzes vorderem Rande sich zeigte. Er bildet zuletzt eine un- regelmässige Knorpehnassc an der äusseren Fläche des Ohrlabyrinthcs, welche nur den Gelenktheil für den Meckelsclien Knorpel als solchen individuell er- hält, im üebrigen aber eine mehr passive häutig -knorplige Ausfüllung zwi- schen Flügelbein und dem anliegenden weissen Knochenstreifen bewerkstelligt. Zu dieser Zeit kann man nun sämmtliche drei Stücke, die liier so enge zu- sammenliegen, gesondert darstellen: nach innen das knöcherne Flügeibcin: in der Mitte den Quadratbeinknorpcl: und nach aussen den knöchernen noch un- benannten Streifen, welcher sich an der Aussenseite des letzteren hervorbildet.

Tritt die vollständige Verknöcherung ein, so entwickelt der genannte Knochenstreifen noch den bekannten nach vorn sich hinneigenden Fortsatz und wird dann von den Anatomen für das os tympanicum seu quadratutn erklärt. Das Residuum des eigentlichen Quadratbeinknorpels mit seiner Gelenkabthei- iung verknöchert nun gleichfalls, wird theils zudem Gelenkkopf für den Meckel- schen Knorpel mit seinem Unterkiefer, und tlieils zu einer feinen Knochenlamelle, welche zwischen dem Flügelbein und dem angeblichen Os quadratum s. iym- panicum verlaufend selbst in älteren Individuen als ein gesondertes Stück sich

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jiianifestirt, wenn auch der individuelle Verknöcherungsprozess die einzelnen Theile unter sich sehr innig und nicht trennbar verbunden erhält. Wir ha- ben somit in dem gewöhnlich so benannten os tympanicum ^. quadratum zwei ganz verschiedene KnochenstUcke vereinigt. Das nach innen gelegene mit dem FlUgelbein in Verbindung tretende ist das eigentliche Os quadratum, welches wie bei den Vögeln den Gelenkkopf für den Meckelschen Knorpel mit seinem Unterkiefer bildet und nach meinen Untersuchungen bei den hö- heren Wirbelthieren (Müllers Archiv 1837.) nicht mehr mit dem Paulveiiring, der pars tympanica des Schläfenbeines, zusammen zu werfen ist'"').

Was aber hat es für eine Bewandniss mit dem nach aussen befindli- <;hen, jetzt durch einen vorderen Fortsatz erweiterten Knochen, welchen wir in seiner allmähligen Entstehung und Entwickelung an der äusseren Fläche des Quadratbeinknorpels beobachteten? Bei den Fröschen, welche ein Pau- kenfell oder auch nur das Analogon davon haben, dient er stets zur Stütze desselben. Bei den Eidechsen {Lacerta agilis) , welche ein Rudiment eines knöchernen Paukenringes besitzen, wird derselbe angeblich vom Quadratbein gebildet. Indessen kann man bei jüngeren Individuen dieses Rudiment des Paukenringes von dem eigentlichen, den Unterkieferapparat tragenden Qua- dratbein lostrennen, und auch bei den älteren Eidechsen ist in der That nicht schwer sich davon zu überzeugen, dass der Paukenring und das Quadratbein für gesonderte, nur durch den Verknöcherungsprozess inniger vereinte Stücke zu betrachten sind. Ich weiss nun allerdings nicht, ob dieses Rudiment von Paukenring auf ähnliche Weise, wie der fragliche Knochen bei den Fröschen

*) Das Schläfenbein der höheren Wirbelthiere wird bekanntlich als aus vier Stücken zusammengesetzt betrachtet: die pars petrosa, tympanica, squamosa, mastoidea. Der Felsentheil steht mit dem Wirbeltypus in keiner Beziehung} der Paukenring ist ein Aussengebilde der Visceralplatte ; die Schlafschuppe dient ursprünglich zur Decke des Gehirns im zweiten Schädelwirbel, und der Zitzentheil, wo er sich vorfindet, hat hauptsächlich die Funktion jene durch das Eindringen oder vielmehr Zurückbleiben der Pars petrosa innerhalb der Seitentheile der Schädelh.öle entstandene Lücke in der Ver- knöcherung vollzufüllen. Die beiden letzteren Stücke des Schläfenbeines entw^ickeln mei- stens durch Knochenwucherungen Fortsätze, welche den einzelnen Individualitäten der Wirbelthiere zufallen.

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und Tritonen, äusseilich am Quadratbeinkiiorpel aus einem weissliclicn Bil- dungsstreifen sich entwickele. Bei dem Hühnchen, wo auch im ausgebildeten Zustande weder ein Paukenring noch ein anderes Knochenstiickchen an der Aussenseite des Quadratbeines zu finden ist, habe ich bei meinen Untersu- chungen auch keinen weisslichen Bildungsstreifen entdecken können. Dage- gen ist die Entstehung des Paukenringes bei den Säugethieren in der That ganz ähnlich nur modifizirt wegen der Metamorphose der Ge- hörknöchelchen, wie bei den niederen Wirbelthieren der fragliche Knochen und bei den Eidechsen höchst wahrscheinlich auch das vorhandene Rudiment des Paukenringes sich entwickelt. Ja auch bei der Testudo europaea, wenn sie nicht zu alt ist, hält es durchaus nicht schwer den das Paukenfell und den Unterkieferapparat tragenden Knochen als aus zwei Stücken bestehend anzuerkennen. Sämmtliche Thatsachen zusammengenommen lassen die Be- hauptung, wie ich glaube, nicht für übereilt und gewagt erscheinen, dass der fragliche Knochen an der Aussenseite des Quadratbeines bei den niederen Wirbelthieren für ein Analogon des Os ii/mpanicim , des Paukenringes zu hal- tensei, welches hier ausserdem noch eine andere Funktion, mehr oder weniger dem Quadratbein zur Stütze zu dienen, sich angeeignet hat. Mögen wir daher die Benennung Os tympanicum aucli hier, obschon es bei den niedrigsten Wirbelthie- ren die Funktion das Paukenfell zu stützen verliert, dennoch der leichteren Uebersicht wegen beibehalten.

Die unterste Abtheilung des ersten Visceralbogens bildet der Meckel- sche Knorpel mit seinem früher individuell auftretenden, jetzt sich nach und nach immer mehr vereinigenden Schlussstücke des uneigentlich genann- ten Os intermaxillare inferius. Derselbe verkümmert nun um so mehr, je vollständiger sich der an seiner Aussenseite entwickelnde Unterkiefer ausbil- det. Es bleibt auf diese Weise bei den älteren Individuen nur zurück: das Gelenkstück, welches sich mit dem Quadratbeine verbindet und die Schluss- partic, der sogenannte untere Zwischenkiefer, welche beide als solche im verknöcherten Zustande ziemlich fest mit dem Unterkiefer zusammenhangen und mit ihm Wold eine und dieselbe Funktion, doch ganz verschiedene Ent- stehung haben. Eine Rinne, welche wegen der mehr nach innen strebenden Knochenwucherung meist äusseriich am eigentlichen Unterkiefer gelegen ist,

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bezeichnet die Stelle, aao der veiküinmernde Theil des Meckelschen Knorpels sich befand. Man kann sie übrigens zum Gelenk- und Schlussstücke ganz augenscheinlich verfolgen. Es scheint, als ob die früher im Larvenzustande vorhandene individuelle Ausbildung des Schlussstiickes des Meckelschen Knor- pels der Grund sei , warum späterliin kein eigentlicher unterer Zwischenkiefer an demselben sich entwickelte.

Wenn man das Os tympanicum mit dem eigentlichen Unterkiefer zu- sammen betrachtet, so kommt man wohl auf den Gedanken, dass beide Knochen am Kopfe einen ähjilichen Gürtel formiren, wie die Stücke des Brust- und ßcckengürtels am Rumpfe. Ihre Entstehung, durch Gebilde an der äusse- ren Seite der Visccralplatte, stimmt mit einander ganz überein, und die Funk- tionen richten sich nach den Gegenden, wo die Theile liegen. Extiemitäten finden sich am Kopfe zwar nicht, doch hat der Kopfgürtel die Vermittelung der Bewegung beibehalten. Die obere Gesichtshälfte dagegen, oder der ei- gentliche Verbindungstheil der Zentralnerven- und Visceralbogenhöle , dul- det^ keine Vergleiche mit den Gebilden des Rumpfes j sie ist dem Kopfe ganz eigenthümlich.

§. 45. Die Knorpelmasse des zweiten Visceralbogens verkümmerte bei derjenigen Froschfamilie, die ich untersuchte, vollständig an seiner oberen Abtheilung. Bei Rana fusca etc., wo sich Gehörknöchelchen vorfinden, ist die Lage derselben zwischen dem Quadratbein und dem Zungenbein -Suspen- sorium so eigenthümlich, dass sehr wahrscheinlich diejenige Partie der oberen Abtheilung des zweiten Visceralbogeils, welche zwischen den genannten Stücken am Ohrlab jrinth anliegt und sich am längsten erhält, wie bei den hölicren Wirbelthieren zu dem Haupt -Bewegungsgehörknöchelchen sich meta- morphosire. Es sind demnach diese Gehörknöchelchen der Frösche mit dem Stapes und der Coluraella und nicht mit dem aus dem ersten Visceral bogen sich bildenden Ambos und Hammer zu vergleichen. Das elliptische Knochen- blättchen in dem ovalen Fenster sondert sich, Avie wir gezeigt, aus der Kiior- pelmasse des Ohrlabyrinthes selbst ab und ist nicht mit den Bewegungsgehör- knöchelchen zusammen zu bringen. Von der unteren Abtheilung des zweiten Visceralbogens geht das Suspensorium des Zungenbein -Körpers am frühsten in Verknötherung über. Mit ihm zugleich, ja oft noch früher, geschieht dies auch

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an dem Cornu thyreoideum seu os pharyngeum inferius des Kiemenbogenträgers, dem Aiialogon eines dritten Visceialbogens. Der Zungenbeinkörper selbst mit dem Kiemenbogenträger erhalten sich meistens immer im Knorpelzustande, in welchem ihre frühere Scheidungsgrenze oft gar nicht mehr zu bemerken ist.

Das Gesicht.

§. 46. Wir haben hier besonders die obere Gesichtshälfte zu betrach- ten, da die untere als der Visceralhöle mehr angehörig dort behan- delt wurde.

Die obere Gesichtshälfte ist der eigentliche Verbindungstheil beider Röhren des serösen Blattes zur Formirung der Nasen- und der oberen Wand der Mundhöle. Seine Hauptbestandtheile sind schon erwähnt. Aus den von der oberen Röhre hervorwachsenden Stirnfortsätzen entstehen in schon ange- gebener Weise die beiden Nasenbeine als hauptsächlichste Decke des Nasen- kanals. Zwischen ihnen und den Stirnbeinen findet sich bei älteren Indivi- duen namentlich der Gattung Rana als eine Art von Supplement eine Kno- chenmasse, welche, wie wir glauben (Sieh. S. 10. Ii), schorf früh durch die weissliche Bildungsmasse in dieser Gegend angedeutet war. Während der Chondrose sieht man hier kein sich gesondert darstellendes Stück, sondern die bei Rana fusca (s. Fig. 23. Tab. I.) sich daselbst noch in dem eben ausge- bildeten Thiere vorfindende Knorpelmasse gehört zur Stirnwand auf ihrem Uebergange zum Gesichte und hangt seitlich mit den noch knorpligen Seiten- theilen der Gehirnkapsel und dem Ursprünge des ersten Visceralbogens (Gau- menbein) zusammen. Bei der grösseren Verknöcherung zeigt sich die ge- nannte Knochenmasse als Emporwucherung mehr ausserhalb und auf der Knor- pelsubstanz, die vielmehr zur Vergrösserung der Stirnbeine verwendet wird. Man hat dieselbe mit der ganzen vordersten Partie der Schädelhöle, wie schon erwähnt, zum os ethmoideum gerechnet. Sie hat aber keinen Antheil an den Knochenwucherungen eines ausgebildeteren Geruch -Labyrinthes, weJche bei dem Frosche überhaupt fehlen; auch zur Bildung der Nasenhöle trägt es gar nichts bei. Es ist, wie gesagt, ein während der Ossification sichtbar werdendes Supplementär -Stück zwischen den Stirn- und Nasenbeinen, wel- ches auch übrigens nie so besonders individuell hervortritt, und dem Frosche

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eigenthümlich und gewissermaassen ein Ersatz für die fehlenden Thränen- beine ist

Von der Visceralhöle wächst zur Verbindung hervor der Oberkiefer. Sein weisslicher knöcherner Bildungsstreifen ist durch die genannte Metamor- phose im Larvenzustande um vieles nach hinten erweitert. Er bildet vor- zugsweise die Seitenbegränzung des Nasenkanals und der Mundhöle an der oberen Wand, Diejenige Partie, welche mit dem Quadrat- und Paukenbein in Berührung steht, verknöchert später als ein mehr gesondertes Knochen- stückchen. Sie gehört aber zu demselben Bildungsstreifen des Oberkiefers, und eine gesonderte Benennung als os quadrato -maxillare oder quadrato-ju- gale führt zu keinem Zweck. Bei den Vögeln erzeugen sich aus dem ein- fachen Bildungsstreifen des Oberkiefers gewöhnlich drei gesonderte Knochen- stückchen, welche man verschieden mit os quadrato -maxillare , os jugale und OS maxillare superius benannt hat. Diese Namen sind nach dem jetzigen Stande der Entwickelungsgeschichte nicht mehr haltbar und müssen auf das einfache os maxillare superius zurückgeführt werden. Auch die Bildungsstrei- fen des Unterkiefers Zerfällen sich bei der Verknöcherung meistens in ein- zelne Knochenstückchen. Will man sie besonders benennen, so müssen sie wenigstens als Theile eines grösseren , typischen Knochens betrachtet werden. Die Bildungsmasse des Oberkiefers kommt nun von der oberen Abtheilung des ersten Visceralbogens (das Quadratbein mit eingeschlossen). Daher muss Alles, was zwischen dem Quadratbein und dem oberen Zwischenkiefer gele- gen, für Oberkiefer gehalten werden. Bei den Fröschen und Vögeln sehe ich den ursprünglichen Bildungsstreifen des Oberkieferbeines auch evident bis zum Quadratbein sich erstrecken.

Der obere Zwischenkiefer, vorzüglich von der Gesichtsbasis zwischen den genannten beiden Verbindungsfortsätzen der oberen und unteren Röhren des Wirbelsjstems hervorwachsend, verknöchert an seinem horizontalen Theile ganz so, wie der Knorpel vorhanden war. Sein perpendikulärer Fortsatz drängt sich zwischen die Nasenbeine und entsteht ohne deutlich vorangegangene Knorpelbildung. Er dient zur Vervollständigung des Nasen- kanais und der oberen Mundbegranzung.

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Sämmtliche drei genannteft Bildungsbestandtheile des Gesichts ruhen auf der verlängerten Schädelbasis (Gesichtsbasis), welche noch besondei s als Nasen- scheidewand auftritt und zugleich die untere Decke der Nasen- und die obere Wand der Mundhöle bilden hilft. Sie hat analog mit den höheren Wirbel- thieren eigenthümlich , dass sie sehr spät und selten durchgängig in Verknö- cherung übergeht. Am kräftigsten wird der unmittelbar an die Schädelbasis angrenzende Theil ossificirt. In der durch die Gesichtsbestandtheile formir- ten Nasenhöle liegt die Membrana Schneideiiana , ohne härtere Gebilde (os ethmoideum) zu ihrer Ausbreitung hervorzübilden. Der oberen Mundbegren- «ung entgegen tritt nun der schon erwähnte Unterkieferapparat als untere Mundhölenbildung zur Vervollständigung des Gesichtes.

Das sind die Bestandtheile , welche im Gesichte eines jeden Wirbel- thieres aufgesucht werden müssen, wie die Entwickelungsgeschichte lehrt Accidentell und als Supplemente von grösserer oder geringerer Wichtigkeit behufs der verschiedensten Zwecke erzeugt und entstanden müssen wir alles erklären, was sonst noch bei einzelnen Wirbelthieren und Thierabtheilungen im Gesichte sich vorfinden mag. Auf solche Weise gehören hierher die seit- lichen Stirn- oder Thränenbeinfortsätze, die zwischen Stirn- und Nasenbei- nen bei den Fröschen befindliche Knochenmasse, ferner alle Knochenstücke, welche zur Hilfsleistung der Gesichtssinnesorgane sich 'entwickeln, als die Muscheln, die verschiedenen Orbital- Knochen etc.; so auch diejenigen, duich welche eine grössere Festigkeit der Gesichtsknochert bezweckt wird , als der Vomer etc.

5.47. Der Gesichtsapparat in der einfachen Verbindungsweise beider Röh- ren des Wirbelsystems zur Bildung derHölen für den Geruchsinn und für die Auf- nahme des Nahrungsstoffes findet sich beim Frosche nach der Metamorphose ganz in der Art, wie die Entwickelungsgeschichte es verlangt. Wenn nun zur grösseren Festigkeit des Kopfes die Knochenwucherungen in den einzelnen Theilen sicht- barer werden, dann entstehen auch hier, wie bei allen Wirbelthieren, Fort- sätze, Anhängsel, Supplemente etc., welche dem Typus nicht angehören und stets als Individualitäten zu betrachten sind. So bildet sich beim Frosche eine Knochenlamelle selbst mit Erzeugung von Zähnchen, welche nach den herrschenden Ansichten der vergleichenden Anatomen für den Vomer erklärt

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wird. Es entwickelt sich diese Knochenwucherung aus einer ziemlich festen häutigen Masse, welche sich zwischen der Gesichtsbasis, dem Gaumenbein, dem Oberkiefer und oberen Zwischenkiefer befindet j nach vorn die hin- tere oder innere Nasenöffnung umgiebt und dem Nasenkanal als untere Decke dient. Es ist mithin eine Stelle, wo anfänglich die Bildungsmassen der Ge- sichtsbasis und des Oberkiefers zusammenstossen. Das Recht diese Knochen- lamelle für das Pflugschaarbein, analog mit den höheren Wirbelthieren, zu erklären, muss ich um so mehr bezweifeln, als ausser der Verschiedenheit in der Lage, Funktion und Anzahl der Bestandtheile noch die der Entste- hung hinzukommt, indem der Vomer der höheren Wirbelthiere abhängig ist von dem horizontalen Fortsätze des Oberkiefers, welche letztere Bildung bei der niederen Wirbelthier- Abtheilung nicht gefunden wird. Man könnte ihn nach seiner hauptsächlichsten Function und Lage ,,das untere Nasenbein" oder mit Rücksicht auf die Mundhöle „die Gaumenplatten" der froschartigen Thiere nennen. Indessen sind die Supplementär -Knochen als reine indivi- duelle Formationen jedes einzelnen Thieres oder kleinerer Thierabtheilungen noch besonders der comparativen Anatomie anzuempfehlen. Jetzt, wo die typischen Knochen des Kopfes, wie ich glaube, ziemlich genau bestimmt sind, wird die Bezeichnung der accidentellen Knochen weniger Schwierigkeit ma- chen, doch erfordert sie, um übersichtlich zu werden, eine genaue Kennt- niss der Individualitäten einzelner Wirbelthiere, Familien, Klassen etc.

§, 49. Ehe wir den Abschnitt über die Frösche beschliessen, müssen wir noch auf den äusseren Gehörgang und die Trommelhöle mit der Tuba Eustachii zurückkommen. Die Metamorphosen der späteren Entwickelungs- zeit untersuchte ich vorzüglich an Larven von Bufo igneus. Daher kann ich über die Entstehung der genannten Theile nichts Genaues angeben. Doch glaube ich aus der Entwickelungsgeschichte des ersten und zweiten Visceralbogens als höchst wahrscheinlich behaupten zu können, dass die erste Visceralspalte un- möglich wie bei den höheren Wirbelthieren auf die bekannte Weise sich melamorphosiren kann-, dass mithin die zweite Visceralspalte, die so genannte äussere Kieraenspalte, ihre Stelle vertreten muss. Die Lage der PaukenhÖle mit der Eustachischen Trompete bei Bana fusca sprechen ganz für solche Entwickelungsweise.

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II« Abschuitt«

Die geschwänzten Batrachier.

§. 49. Die geschwänzten Batrachier weichen in den Entwickelungs- vorgängen auf mancherlei Weise von den ungeschwänzten ab. Beide Familien vereinigen sich mit den Fischen, um eine uranfänglich wesentlich ver- schiedene Bildungsform der Wirbelthiere darzustellen und so den Säugethieren, Vögeln und höheren Amphibien gleichsam entgegen zu treten. Dennoch ge- währt das Kopfskelet beider grösseren Abtheilungen der nackten Amphibien schon beim ersten Anblik so viele Abweichungen, dass man einen uns bisher fremden Entwickelungsverlauf vorausahnen darf. Die Entwickelungsgeschichte der nackten Amphibien zusammen genommen können uns erst das richtigere Unterscheidungsbild von den höheren Wirbelthieren geben, obschon den un- mittelbarsten Gegensatz zu den Säugethieren die Fische bilden werden.

§. 50. Man pflegt in den zoologischen Schriften den Larvenzustand als den nackten Amphibien allgemein angehörig zu betrachten. Dieses ist in- sofern wohl der Fall, als bei ihnen das Athmungsorgan mehr oder weniger metamorphosirt wird. Indessen ist hiebei die Veränderung der äusseren Form nur gering- Verwandlungen ähnlicher Art kommen ja in der Entwickelungs- geschichte gewöhnlich vor, und wenn nur die äussere Form sich erhält und in der angefangenen Weise fortbildet, so sind wir nicht geneigt einen Lar- venzustand anzunehmen. Der Frosch scheint das einzige Wirbelthier zu sein, welches wirklich zum Theil seine ursprüngliche Bildungsweise ändert und eine Larven -Metamorphose eingeht, welche er vorzugsweise der Verwandlung seines ersten Visceralbogens in eine den höheren Wirbelthieren eigenthiimliche Form verdankt. Eine solche Metamorphose haben wir bei den geschwänzten Batrachiern nicht zu erwarten.

§. 51, Zu unseren Untersuchungen über die Entwickelung der Molche bedienten wir uns vorzüglich des Triton cristatus, welcher um Königsberg am meisten zu finden ist. Es hat mir bei meinen Exkursionen nach diesen Thierchen besonders eine Pflanze, die Hottonia palustris, zum Wegweiser ge- dient. In denjenigen Gräben mit flachem, stehendem Wasser, wo ich die

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Hottonie vorfand, konnte ich sicher darauf rechnen Tritonen anzutreffen. Für den Embrjologen, dem bekannt ist, wie in sehr vielen Fällen das Auf- finden des Materials 2u" den Untersuchungen mehr Schwierigkeit macht als die Beobachtung selbst j für ihn ist diese Pflanze um so wichtiger, als sie ein wahres Nest für die Tritonen - Eier und die jungen Embryonen bildet, Nie- raals habe ich eine Hottonie herausgezogen, ohne Eichen daran zu finden; niemals setzte ich das Netz in ihre Nähe, ohne dasselbe von jungen Tritonen gefüllt zu sehen. Der Bau der Pflanze, ihre kleinen, biegsamen Blättchen und .die horizontale Lage des ganzen Blattes machen sie geeignet zur Stätte für .die eierlegenden Tritonen. Man sieht die Weibchen zur Zeit des Eierle- gens, welche für die Untersuchungen sehr vortheilhaft vom Mai bis in den Juli hinein fortwährt, auf den breiten, horizontalen Blättern sitzend den After an die einzelnen kleinen Blättchen andrücken, und dann das herausgekommene Eichen in einer aus demselben Blättchen gebildeten Falte, oder zwischen zweien ankleben. Auf den Wipfeln der Hottonie, wo die jungen her- vorspriessenden Blättchen am biegsamsten, die horizontale Ausdehnung derselben zur Stütze am geeignetsten ist, da treffen wir die Eier am zahl- reichstell niedergelegt an. Gewöhnlich findet man sie einzeln, in der Gefan- genschaft oft eine förmliche Kette derselben, wie bei den Bufonen, und in diesem Falle schienen sie mir immer unbefruchtet zu sein. Man muss übri- gens sehr genau zusehen, um das hellgefärbte mit einer durchsichtigen Gal- lerte umhüllte Eichen aufzufinden, zumal es grösstentheils ganz verdeckt liegt.

.. .ii K a p i t e I UI.

Die Entwickeluttg bis zur Knorpelbildung. Die rein typische Konformation des Kopfes. Entstehung der Visceralbogen- und SchädelhÖle.

§■ 52. Um die ersten Spuren der Entwickelung des serösen Blattes zum Wirbelsjstem zu untersuchen, muss man ja nicht den Zeitpunkt abwar- ten, wo der Embryo seine Umhüllung verlässt. Dieses geschieht bei den geschwänzten Batrachiern weit später und bei einem schon weiter vor- geschrittenen Entwickelungszustande, als bei den eigentlichen Fröschen. Es ist daher ganz nothwendig den Embryo von seinen Hüllen zu befreien, so

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bald man nur bemerkt, dass die runde Form des Eichens länglich zu werden begonnen hat Diese Operationsweise erfordert bei den Tritoneri viel mehr Geschicklichkeit als bei den Fröschen, wo die schwarze Umhüllungshaut das Blastema schützt und zusammenhält und Wo letzteres überhaupt von derberer Natur zu sein scheint. Sobald man aber hier die innerste den Embryo dicht umschliessende Haut verletzt oder eingeschnitten hat, so zieht sich dieselbe dergestalt zusammen, dass die weiche Masse des Embryo sogleich zerstört und durch die enge OefFnung der Eihaut in Stücken herausgepresst wird. Herr v. Bär scheint auf diesen Punkt auch bei den Fischeichen aufmerksam zu machen, so dass also die Molche schon in dieser Hinsicht mit den Fischen übereinstimmen. Am besten gelingt die Befreiung des Embryo von seinen Hüllen, wenn man aus der innersten Haut ein solches Stück schnell heraus- schneidet, dass bei der Zusammenziehung derselben der Embryo ohne Rei- bung leicht herausgedrückt werden kann.

§. 53. Wenn wir alsdann den Embryo von ungefähr zwei Linien vor uns liegen haben, so bemerken wir zuförderst den Mangel jener schwarzen Umhüllungshaut, welche bei den Fröschen einen so innigen Zusammenhang mit dem Larvenzustand hatte. .Dies ist, was uns zuerst darauf aufmerk- sam macht, dass wir einen verschiedenen Entwickelungsvorgang zu erwarten haben. Der Embryo ist zur Hälfte grau und zur Hälfte weisslich gefärbt, wie wenn der Froschembryo voii der schwarzen Umhüllungshaut befreit da- liegt. Diese verschiedene Färbung finden wir, sobald das Eichen gelegt und noch rundlich geformt ist, doch sind wir damals nicht im Stande gewesen besondere individuelle Bildungen des Wirbelsystems zu entdecken. Jetzt, nachdem die Form des Embryo schon etwas länglich geworden, beobachten wir auch deutlich die ersten Entwickelungen des serösen Blattes, welche eben durch die graue Färbung sich auszeichnen. Man erkennt daran, wann die Oberhaut entfernt ist, zuvörderst das Auge und die Wirbel abzeichnungen des Rumpfes in folgender Art:

An dem schmaleren abgerundeten Ende (Tab. II. Fig. I.), welclies den Kopf darstellt, sieht man zu jeder Seite hart an der vordersten Begrenzung eine runde ziemlieh grosse Erhabenheit, woran zwar noch keine besondere

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Färbung zu bemerken, welche jedoch diucli^ die in der Mitte befindliche kleinere Kugelabtheilung keinen Zweifel übrig lässt, dass sie für das Au- genrudiment m halten ist. Dasselbe ist um die gleiche Zeit bei den Frosch- embryonen bei Weitem weniger ausgebildet. Vor ihm liegt ein schmaler Saum der Stirnwand, welche Iet:5tere in den übrigen Theil der Röhre für die vorderen Zentralorgane des Nervensystems übergeht, bis dann die leicht kenntlichen Ruirjpfwirbel- Rudimente ihren Anfang nehmeii. Anf diese Weise ist die Ausdehnung de^ Kopfes sehr gut abgezeichnet. Die Rumpfwirbel sind bei ihrer ersten Erscheinung noch nicht scharf abgegrenzt, ungefähr pallisa- denformig und kaum über eine Anzahl von fünf hinausgehend. Nach hinten und unteri verlieren sie siph allmählig in das noch ungesonderte, sprose Blatt des hintersten Korperabschnittes , an wclphem noch keine Spur einer Rückcn- imd Yisceralplattß sichtbar ist. Die nach oben liegenden Spitzen der entspre- chenden Pallisadeu beiderseits berühren sich nicht, sondern dazwischen liegt eine durchsichtige Haut, die Membrana reuniens Rathhenii, welche nach vorn in die Decke der Schädelhöle übergeht; die unteren Enden der Pallisaden ver- lieren sich unmerklich in die untere Vereinigun^shaut. In ihrer ungefäliren Mitte sind sie etwas gebogen und zeigen hierdurch die Scheidungsgrenze der beiden Abtheilungen an, welche der Rücken- und Visceralplatte angehören. Am Kopfe sah ich keine Andeutungen von Wirbelabzeichnungen. Seitdem ich auf die Vereinigungshäute aufmerksamer geworden, habe ich keinen Zu- stand beobachtet, in welchem eine offen stehende Furche zwischen den Rücken- platten zu bemerken gewesen wäre. Oefterer ereignete ps sich zwar, dass wegen der geringen Konsistenz das als Membrana reuniens superior sich dar- stellende seröse Blatt weggerissen wurde, und die Rückenstränge alsdann frei daliegend eine Rückenfurche formirten. üebrigens aber hat es mir bei den Tritonen noch viel deutlicher als bei deti Fröschen geschienen, dass, bevor die Rücken- und Visceralplatten sich deutlich zeigten, die obere und untere Röhre des serösen Blattes gleichsam als Vorbild dastanden*^).

*) Ich muss überhaupt bemerken, dass die obere Vereinigiingshaut wegen der schwarzen Umhüllungshaut und der so äusserst frühen Entwickelung der Rückenplatten bei den Fröschen sich weniger als bei allen übrigen Wirbelthieren jnarkirt.

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§. 54. Zwischen dem Auge und dem Rumpfe unter der Schädelhöle findet man die Seitenwände des Embryo etwas aufgetrieben und wellenförmig verlaufend. Diese rauhe, aufgetriebene Wulst bezeichnet die Stelle, wo jetzt das Herz mit seinen in der Bildung begriffenen Aortenbogen gelegen. Es wird nur durch die Membrana reuniens inferior gedeckt. Vor der genannten Auftreibung zeigt sich am deutlichsten bei der seitlichen Betrachtung des Embryo die eigentliche Visceralplatte des Kopfes als eine ungefähr dreieckig geformte, grauliche Bildungsmasse. (Tab. II. fig. I. 2. 3.) Sie liegt hinter und unter dem Auge und drängt bei ihrem Hervorwuchs das Herz mit seiner membranösen Decke nach hinten, wie dieses bei allen Wirbelthieren der Fall ist. Sie ist weit consistenter als die Vereinigungshaut des serösen Blattes; dennoch verliert sie sich nach hinten unmerklich in dieselbe, und auch nach unten hört sie mehr häutig auf, ohne die der andern Seite zu berühren. Die drei Ränder der beinahe dreieckigen Fläche sind so gelegt, dass bei der eigenthiimlichen Krümmung des Embryo der eine nach hinten, . der zweite nach oben und der dritte nach unten sich hinneigt. Zwischen den unteren Rändern jederseits befindet sich nach vorn eine längliche in der Län- genaxe verlaufende, von geraden Seiten umfasste Spalte. Sie ist die erste Spur der vorderen Oeffnung der Visceralröhre. Besondere, individuelle Aus- bildungen konnten wir gegenwärtig an der Visceralplatte des Kopfes nicht entdecken.

Um die späteren Entwickelungen am Köpfe nicht zu übersehen, ist es nothw endig, das ursprüngliche, jetzt vorhandene Verhältniss der Lage der einzelnen Theile genau aufzufassen. In dieser Hinsicht machen wir dar- auf aufmerksam , wie die vordere untere Begrenzung des Embryo bei der seit- lichen Anschauung gegenwärtig zuerst von einem kleinen Theile der Stirnwand, dann von einer Kreisabtheilung des Auges und endlich von der Visceralplatte des Kopfes, welche in die untere Vereinigungshaut übergeht, gebildet wird.

§. 55. Ehe ich zu der weiteren Fortbildung des Triton -Embryo schreite, ist es nothwendig, auf eine Thatsache zurückzukommen, nach wel- cher die frühesten Entwickelungen des serösen Blattes zum Wirbelsystem auf die ganze Form des Embryo bei beiden Abtheilungen der nackten Amphibien verschieden ihren Einfluss ausüben (S. S, 1.) Bei den Fröschen sowohl ab

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bei den Tritonen bemerken wir, dass die erste Bildungsstufe in dem Wirbel- systein durch eine Verlängerung des an sich rundlichen Eichens sich doku- mentirt. Auffallend mussten uns die ganz verschieden hiebei enstehenden Formen erscheinen. Bei dem Froschembryo war die Rückenfläche konkav die Bauchseite konvex gekrümmt; das vordere oder Kopf- Ende war breiter, dik- ker, das hintere oder Schwanz -Ende dagegen verlief immer spitzer werdend nach oben ; kurz, die Rücken - und Visceralplatten wendeten sich bei ihm gleich anfangs von dem Eiweisskörper ab, freier nach aufwärts sich entwickelnd, um alsbald mit grösserer Selbstständigkeit in seinen Bewegungen aufzutreten. Bei den Tritonen bildete der anfänglich verlängerte Embryo eine Art von Nierenform. Gerade umgekehrt ist hier die Rückenfläche diejenige, welche konvex, und die Bauchseite, welche mehr konkav verläuft. Im Allgemeinen schmiegt sich der Embryo in dieser Familie anfänglich schmarotzerartig eng an den Eiweisskörper an, als ob die Gebilde des Wirbelsystems nur um den- selben herum wachsen wollten. Diese letztere Art ist auch diejenige, welche V. Bär bei den Fischen nachgewiesen hat; ja bei den übrigen Wirbelthier- klassen ist, so viel ich beobachtet, ein gleiches Verhalten ursprünglich. Die Frosch-Familie macht allein eine Ausnahme. Es wird durch diese Thatsache sehr kräftig die Ansicht unterstützt, nach welchem gleichsam das Loswinden des Em- bryo von seinem Eiweisskörper das Unabhängigwerden und die selbstständigere Existenz desselben andeutet. In der That, kein Wirbelthier äussert sein freieres Auftreten durch Bewegungen so frühzeitig und bei so geringen Entwickelungen des ganzen Organismus, als der Frosch. Kaum sind die ersten Visceralfortsätze vor- handen und die Wirbelabtheilungen des Rumpfes erkennbar, so verlassen seine Embryonen die Eihüllen, und von der schwarzen Umhüllungshaut geschützt, sitzen sie mit den Saugnäpfchen schaarenweis an den Grashalmen fest, nur dann und wann eine seitliche Bewegung vollziehend, bis etwas später erfolgreiche Schwimmbewegungen eintreten können. Bringt man in Erwägung, dass die schwarze mit der Larven -Metamorphose der Frösche in so enger Beziehung stehende Umhüllungshaut ein so frühzeitiges Verlassen der Eihäute möglich macht, so wird man geneigt sein zwischen ihr und der genannten Entwickelungs- weise, wie sie der Eroschfamiiie nur eigenthümlich ist, einen inneren Zusammenhang aufzufinden; ja man kann sie nebst der schwarzen ümhül-

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lungshaut*) als die frühesten Momente ansehen, welche auf die Larvenmetaraor- phose hindeuten.

§, 56. Der nächste Schritt in der Entwickelung des Triton- Embrjo (Tab, II. fig. 4. 5. 6.) macht sich schon durch die Veränderung der ganzen Form bemerklich. Jetzt tritt der Zeitpunkt ein, in welchem das Streben zur Unabhängigkeit und zum selbstständigen Auftreten sichtbar wird. Es ist natürlich, dass auch in den jetzt folgenden gleichen Entwickelungsstufen bei- der Abtheilungen der nackten Amphibien die Form des Embryo bei den vor- angegangenen, verschiedenen Bedingungen wieder von einander abweichen werden. Es entsteht jetzt bei den Tritonen, indem sich das Schwanz- und Kopfende von dem Eiweisskörper loswindet, jene Gestalt, welche v, Bär in seiner Entwickelungsgeschichte der Fische zuerst mit einer Birn-, dann mit einer Retorten -Form verglichen hat. Das Schwanz -Ende bleibt, nachdem es sich schon losgelöset, dennoch vorläufig nach unten und nicht sogleich auf- wärts gewandt wie beim Frosch -Embryo; so auch die Kopf- Abtheilung,

Ein solcher Embryo eines Triton hat ungefähr die Grösse von drei Linien. An dem Rumpfe erkennt man nach dem Abzüge der Oberhaut sehr deutlich die Abzeichnungen der Wirbel, welche in einer Anzahl von zehn bei ihrem Verlaufe nach hinten allmählig eine etwas nach unten geneigte Lage annehmen. Oben und unten verbinden die Vereinigungshäute die re- spectiven Enden. Ihre oberen pallisadenartigen Spitzen haben sich mehr ab- gestumpft und ähneln in ihrer Form denen bei den Frosch -Embryonen j die scheinbare Abweichung liegt nur in der Art der eigenthümlichen Krüm- mung nach hinten. An dem Schwanz - Ende sind sie weniger ausge- prägt als um dieselbe Zeit bei den Fröschen, was wiederum darin seinen Grund hat, dass der Schwanz bei letzteren frühzeitiger entwickelt und ge- Jbraucht wird, um später wieder auf immer zu verschwinden. Der in der unge- fähren Mitte sich befindende Winkel eines jeden Wirbel -Rudimentes ist als Scheidungsgrenze der Rücken- und Visceralplatte jetzt ganz deutlich.

Am Kopfe sieht man kaum eine Spur von der Wirbelabzeichnung. An der wulstigen Hervortreibung unter der Schädelhöle bemerkt man noch keine Entwickelung äusserer Kiemen. Noch immer ist das Auge, obschon

*) 1. statt der „schwarzen Umhüllungshaut " „angeführten Entwickelungäart."

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deutlich aus zwei Kugelabschnitten zusammengesetzt, ohne Färbung, Bald hinter demselben befindet sich eine zweite, weissliche, rundliche Bildungs- masse als erste Spur des Ohrlab jrinthes, welches sich bei den Tritonen an- fangs nicht wie ein unter der Haut liegendes Bläschen dokumentirt, sondern nur als ein rundlicher von dem übrigen Blastema abgesonderter Körper.

An der Visceralplatte des Kopfes zeigen sich jetzt gleich hinter dem Auge die abgerundeten kolbigen, ersten Visceralfortsätze , welclie wie zwei kleine Hügel an der unteren konkaven Begrenzung des Embryonal - Körpers hervortreten und bald zu dem ersten Visceralbogen sich vereinigen. Von dem zweiten Visceralbogen sieht man jetzt keine Andeutung.

Das verschiedene Verhalten des ersten Visocralbogens bei den Wirbelthieren.

§. 57. Die Form der ganzen Visceralfortsätze und des durch sie ge- bildeten Bogens ist im Wesentlichen mit der bei den Fröschen Übereinstim- mend. Sie weicht mit letzterer von der bei den höheren Wirbelthieren in- sofern ab, als vorn und oben am ersten Visceralbogen eine Beugung nach unten nicht stattfindet, wodurch bei den höheren Wirbelthieren eine vordere obere Partie desselben gleich anfangs für das Gesicht gewissermaassen abge- sondert und stärker ausgebildet wird. Wir haben Uber die Beding-ung, welche einen solchen Bildungsvorgang bei der höheren Wirbelthier- Abtheilung zu Wege bringt, nämlich über die Gesichtskopfbeuge, schon bei den Fxöschen das Nöthige zur Erklärung und Deutung angeführt, und unterlassen hier das- selbe zu wiederholen, da bei den Tritonen dieselben Umstände obwalten.

Doch können wir eine wichtige Erscheinung nicht übergehen, welche uns bei der Betrachtung der Anheftung des ersten Visceralfortsatzes der Tri- tonen an den Schädel im Vergleich zu demselben bei den ungeschwänzten Batrachiern sogleich auffällt. Die Stellung des Auges war nämlich bei den letzteren dicht über der breiteren und längeren Basis und dem Ursprünge des ersten Visceralfortsatzes. Bei den geschwänzten Batrachiern und, wie es scheint, auch bei den Fischen ist das Auge mit der Stirnwand mehr vorge- lagert, und die Visceralplatte des Kopfes mit ihrer ersten individuellen Her- vorbildung nimmt erst hinter den Augen -Rudimenten ihren Anfang. Wäh- rend also die Schädelabtheilung des ersten Visceralbogens bei dem Frosche mit einem erweiterten Ursprünge, wie auch modifiziit bei den höheren

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Wirbelthieren, vielmehr an dem vorderen Ende des ersten Schädelwirbelbo- gens anliegt, so ist sie bei den Tritonen und wahrscheinlich auch bei den Fischen nur auf die hintere Partie desselben beschränkt. Diese verschiedene Lage bei ursprünglich gleicher Form und gleichem Verlaufe ist der wesentlichste Unterschied in der Bildung des Kopfes bei beiden Abtheilungen der nackten Amphibien, worauf auch im entwickelten Zustande die Verschiedenheiten und Abweichungen beider Skelette zurückzuführen sein müssen: wir haben einen weniger ausgebildeten ersten Visceralbogen bei den Tritonen zu erwarten.

§. 58. Vergleichen wir nun die Lage derjenigen Partie des ersten Vis- ceralbogens , welche auch bei den höheren Wirbelthieren den geraden, abwärts gehenden Verlauf hat, und woraus der Meckelsche Knorpel mit dem Unter- kieferapparat nebst dem Uebergangsstücke der Schädel - Abtheilung, dem Quadratbeine mit dem Os tympanicum , sicli entwickelt, so ist sie gleichfalls hinter dem Auge am hinteren Ende des ersten Schädelwirbelbogens vorhan- den. Bei den Fröschen kommt diese Lage der genannten Theile nachträglich durch den Rückzug während der Metamorphose der Larve zu Stande j sie ist aber im ausgebildeten Thiere auch zu finden. Wir sehen also, dass bei sämmt- lichen Wirbelthieren die gerade nach unten verlaufende Partie des ersten Vis- ccralbogens gemeinschaftlich, und bei den niederen Wirbelthieren nur allein vorhanden ist, und werden vorausahnen, welche Skelettheile demnach in den entwickelten Tritonen anzutreffen sind. Auf diese Weise erhalten wir also mit dem Mangel einer Gesichtskopfbeuge in der niederen Wir- beltliierabtheilung zugleich einen ersten Visceralbogen, wie er ursprüng- lich den Wirbelthieren seiner Form und Lage nach zugetheilt zu sein scheint. Eine Ausnahme machen, wie auch in vielen anderen Hinsichten, die Frosch- thiere, welche bei einer ursprünglich einfachen Form des ersten Visceralbo- gens, wie bei den niederen Wirbelthieren allgemein, eine erweiterte Aus- bildung an ihrem Ursprünge und so eine modifizirte Lage bis dicht unter dem Auge erhalten haben, wie dieses bei den höheren Wirbelthieren mit ver- änderter Form zugleich der Fall ist. Ihre eigenthümliche Larven - Metamor- phose veranlasst nachträglich neben dieser gleichen Ausdehnung eine Form- Veränderung, wodurch sie auch in dieser Hinsicht den höheren Wirbelthieren näher gestellt werden. Diese Eigenthümlichkeit in der Entwickelungsweise

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des ersten Visceralbogens der ungeschwäiizten Batrachier lässt wiederum einen innigeren Zusammenhang mit dem Larvenzustande erkennen, geht mit den übrigen Umänderungen des Wirbelsjstems Hand in Hand, und bestätigt dadurch unsere ausgesprochene Ansicht, dass man den Fröschen ein Unrecht anthut, wenn man sie mit den übrigen nackten Amphibien ganz in eine Katego- rie stellt. Auch die Metamorphose des Darmkanals bei den Fröschen ist von einer Ait, dass sie durchaus nicht mit der geringen bei den Tritonen zusam. mengestellt werden kann.

In Beachtung der Momente, welche ausser der Gesichtskopfbeuge auf die modifizirte Entwickelung des ersten Visceralbogens Einfluss haben, heben wir noch die Stirnwand mit dem Auge hervor. Durch die grössere Wölbung der letzteren bei den höheren Wirbelthieren gelangte das Auge höher hinauf und gestattete dadurch der Ausbildung der Visceralplatte des Kopfes nach vorn freieren Spielraum. Bei den Fröschen ist das Auge daher während der Entstehung des ersten Visceralfortsatzes so wenig entwickelt, dass es beinahe gar keinen Einfluss auf denselben ausüben kann, obgleich die Stirnwand wenig gewölbt und die frühsten Augenrudimente seitlich und auch tiefer ge- lagert sind. Das Auge der Tritonen dagegen ist mir bis jetzt in gleichen Entwickelungszuständen unter allen Wirbelthieren am ausgebildetsten vorge- kommen, so zwar, dass, bevor noch der erste Visceralfortsatz gebildet, dasselbe, mit seinem unteren Abschnitte unter das Niveau der häutigen Schä- delbasis hinuntergetreten ist, und wie Avir gesehen, einen Theil der vordersten unteren Begrenzung des Embryo an der Stelle der Visceralplatte ausmacht. Das ist allerdings ein Umstand, welcher auf die Entwickelung der vordersten Abtheilung der Kopf- Visceralplatte einwirken muss.

Die tjpische Bildung des Gesichtes.

% 59. Wir kehren nun wieder zum Triton zurück. Beinahe um die- selbe Zeit der deutlichen Hervorbildung der ersten Visceralfortsätze sehen wir auch die hauptsächlichsten Bildungsbestandtheile zur Aufbauung des Ge- sichtes entstehen. Wir machten vorhin darauf aufmerksam, dass an der vor- dersten unteren Begrenzung des Kopfes zwischen der Stirnwand und der frühsten Visceralplatte des Kopfes der untere Abschnitt des Auges sich her-

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vorgedrängt hatte. AUmählig übernehmen nun an Stelle des letzteren andere EntWickelungen die Begrenzung und machen uns eben dadurch die Erkennt, niss derselben leichter. Zuerst wachsen von der Stirnwand, wegen der ci- genthUmlichen Krümmung des Embryo, nach hinten die vorderen Stirn- oder Nasenfortsätze hervor. Sie stimmen in der Art ihres Hervortretens und des Wachsthumes, in der Form und Lage ganz mit den gleichbenannten der ungeschwänzten Batrachier überein, lassen sich auch hier, wenn der Embryo eine Zeitlang in schwacher Salpetersäure gelegen, mit leichter Mühe als für sich bestehende Bildungsbestandtheile darstellen und weichen mit jenen auf die dort erwähnte Weise von den vorderen Stirnfortsätzen der höheren Wir- belthiere ab. Als Stütze dient ihnen und dem ganzen Gesichte, wie überall bei den Wirbelthiereh , die als Gesichtsbasis sich verlängernde Schädelbasis.

Bald darauf, und noch ehe die ersten Visceralfortsätze sich zu einem Bogen vereinigt, haben sich von denselben, den vorderen Stirnfortsätzen entge- genwachsend, die zweiten Gesichtsbildungstheile, die sogenannten Oberkiefer- fortsätze entwickelt. Sie sind hier, gerade wie bei den Fröschen, weniger voluminös und kolbenartig, als bei den höheren Wirbelthieren und na- mentlich den Säugethieren. Es verläuft vielmehr ihre mehr häutige Bildungsmasse von der Wurzel der respektiveh Visceralfortsätze längs der unteren Abtheilung der Augen gegen die Nasen - Fortsätze der Stirnwand. Wegen der verschiedenen Lage des ersten Visceralfortsatzes zum Auge bei den Tritonen und Fröschen, konnte der ursprüngliche Verlauf des Ober- kiefer-Bildungstreifens bei beiden sich nicht gleichen. Derselbe war bei den Fröschen mehr an der vorderen Abtheilung des Auges und wird erst später durch die Larven -Metamorphose auf die Lage bei den Tritonen zurückgeführt.

Dieses verschiedene Verhalten des ursprünglichen Bildungsstreifens des Oberkiefers bei den nackten Amphibien hat auch bei ihnen über die Existenz eines seitlichen Stirn- oder Thränenbein- Fortsatzes entschieden. Bei den Fröschen ist dieser mehr als Supplement auftretende Bildungstheil wegen des nahen Aneinanderliegens des Nasen- und Oberkiefer -Fortsatzes von gerin- gem Belange j seine Entwickelung wird entbehrlich gemacht, dagegen die einfache zwischen der Stirnwand und den Nasenfortsätzen gelegene Bildungs- masse gewissermaassen als Ersatz gegeben. Bei den Tritonen fallt dieses

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letztere weg , und es zeigen sich , wie wir später sehen werden , analog den höheren Wirbelthieren die Thränenbein - Fortsätze zur Seite der Stirnwand.

Die vordere Oeffnung der Visceralröhre des Kopfes ist durch die er- wähnten Bildungs vorgänge gleichfalls verändert. Ihre einfache in der Richtung der senkrechten Axe verlaufende Spalte verbleibt so lange, bis die Gesichts- bildungs-Bestandtheile hervortreten. Das Hervorwachsen der vorderen Stirn- fortsätze und die beginnende Entwickelung der Oberkiefer - Bildungsstreifen machen an ihrer oberen Abtheilung eine dachförmige Begrenzung. Aehnlich, wenn auch nicht ganz so deutlich, wird auch die untere Abtheilung durch das Aneinanderliegen der Endkolben der ersten Visceralfortsätze in ihrer Form abgeändert.

Vervollständigung der Konforraation des Kopfes. Einiges Allgemeines über den Erabrjo. §. 60. Im Verfolge der weiteren Entwickelung des Triton (sieh, Tab. II. Fig. 7. 8. 9. 10. 11.) sehen wir nun bald den in seinen Urbildungs- theilen vollständig gewordenen Embryo vor uns. Man kann in der Ent- wickelungsgeschichte die einzelnen Perioden nicht streng scheiden. Wir ge- hen daher in der Beschreibung der einzelnen Bildungsrudimente der leichte- ren Verständlichkeit wegen zuweilen weiter, als es der Entwickelungsstand wirklich darbietet. Der Embryo, welchen wir jetzt zu unserer Anschauung bringen, zeigt an dem Aeusseren des Körpers gewisse allgemeine und beson- dere Veränderungen, welche wir vorausschicken wollen, ehe wir zur Kopf- bildung übergehen.

In der jetzigen Zeit beginnt der Embryo vor Allem zu einem selbst- ständigen Leben sich auszubilden. Die gekrümmte Form desselben verwan- delt sich allmählig in eine ganz gerade, indem das Kopf- und Schwanzende nach aufwärts von dem Eiweisskörper sich gleichsam loswindend in eine Linie mit dem Mittelkörper sich stellen. Der ganze Leib ist dünner, schmächtiger geworden, hat ungefähr eine Länge von fünf Linien erreicht und durchbricht nun mittelst angestrengterer Bewegungen die schon sehr verkümmerten Ei- hüUen. An dem vorderen Ende desselben sehen wir jene gewellte Auftrei- bung des Herzens mit seinen Gefässbogen durch den Hervorwuchs der Vis-

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ceralbogen beinahe hinter den Kopf znrückgedrängt. Da, wo die Membrana reuniens inferior an den Aortenbogen gelegen, ist sie leichter entfern- bar, und es lassen sich so die Gefässbogen mit ihren Spalten theilweise frei- legen. Bald treten nach der Reihenfolge, wie durch den Blutstrom her vor- getrieben , und bedeckt von der unteren Vereinigungshaut , die äusseren Kie- men an den Tag (Tab. II. Fig. 9.) Sie sind anfangs ganz, einfache Fortsätze, gleichsam Kiemenstummel , doch erkennt man sogleich bei geringer Vergrös- serung den darin sich bewegenden Blutstrom, so dass sie mir in der That nichts Anderes als Gefässschlingen unter dem Schutze der Membrana reuniens inferior zu bilden scheinen. Die letzte äussere Kieme tritt etwas später als die beiden ersten hervor.

Hinter den äusseren Kiemenstummeln zeigt sich ein dickerer zylinder- förmiger Fortsatz, welcher von der Visceralplatte des Rumpfes sich entwik- kelt. Es ist die erste Spur der oberen Extremität, welche selbst noch nach dem Heraustritt des Embryo aus seinen Häuten nur eine einfache Bildungs- masse ohne alle Bewegungszeichen darstellt und im Innern keine Spur von Blutzirkulation erkennen lässt. Der Fortsatz der oberen Extremität und die drei äusseren Kiemen liegen ziemlich nahe hintereinander und sind leicht zu unterscheiden j einen vierten Kieraenkolben sah ich hier, wie ^bei den Frö- schen, niemals.

Visceralhöle. 5. 61. Der Kopf des Triton - Embryo ist bei dessen Herauskriechen aus den Eihüllen beinahe vollständig in seinen ürbestandtheilen vorhanden. Die ersten Visceralfortsätze verlängern sich noch ein wenig nach unten, und vereinigen sich alsdann zum ersten Visceralbogen, welcher in seiner Form und Lage, wie wir vorhin zeigten, das einfachste Bild eines ersten Visceral- bogens bei den Wirbelthieren wiedergiebt.

Während die genannte Vereinigung vor sich geht, wächst gleich hinter dem Auge von der Stelle, wo ursprünglich das erste Rudiment der Kopf- Visceralplatte sich vorfindet, beiderseits eine Erhabenheit hervor, welche all- mählig sich mehr und mehr nach unten hinneigend erweitert, und zuletzt zu einem zylinderförmigen ungefähr zwei Linien langen, dünnen Fortsatze sich

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ausbildet, dessen äusserstes Ende nur um ein Weniges angeschwollen erscheint. Dieser lange, dünne Fortsatz, der Kopf-Visceralplatte zeigt sich in seiner er- sten Andeutung früher, als die in der ursprünglichen Form sehr ähnlichen äusseren Kiemenstummel, und auch früher als der weit dickere Fortsatz, der vor- deren Extremität. Bei dem Heraustreten des Embryo aus seinen Umhüllungen ist er beinahe vollständig ausgewachsen und um diese Zeit kann man zum wichtigen Unterschiede von den äusseren Kiemen keinen Blutstrom darin ge- wahr werden. Erst, wenn der Embryo sich mehre Tage frei umherbewegt hat, und die äusseren Kiemenstummel schon Nebenästchen entwickeln, sieht man in dem genannten Fortsatze, wie auch in der oberen Extremität, die Ernäh- rungsgefässe in einer einfachen Schlinge verlaufen.

Ueber seine Funktion kommt man sehr bald ins Klare , wenn man das ruhige Verhalten des Embryo im Wasser beobachtet. Immer sind es dann diese beiden zylinderförmigen, langen Fortsätze, auf welchen die Thierchen ausruhend sich stützen. Beim Schwimmen werden sie dicht an den Leib an- gepresst , und in der Ruhe behufs ihrer Funktion nach unten und aussen ge- stellt. Trotz dieser augenscheinlichen Bewegungen ist es mir nicht gelungen innerhalb der einförmigen Bildungsmasse eine muskelartige Scheidung in der Nähe des Fortsatzes aufzufinden. Späterhin, sobald die vorderen Extremitä- ten des Rumpfes vollständig ausgebildet sind, verkümmert er allmählig und schwindet gänzlich , ohne zu irgend etwas Anderem , als zu dem eben beschrie- benen, zur Stütze des jungen Triton dienenden Bewegungsorgane sich zu entwickeln.

Sowohl die Art seiner Hervorbildung aus der Visceralplatte des Kopfes, als auch die bezeichnete Funktion geben uns in diesem dünnen zylinderför- migen Fortsatze das seltene, und wie es scheint, einzige Beispiel einer ephe- meren, aber doch wahren Kopfextremität bei den Wirbelthieren. In einer frühen Entwickelungszeit, bevor die Fingerbildung an den Vorder- und Hin- terfüssen eingetreten, sind alle drei Extremitäten des Embryo sich ganz ähn- lich. Die Lokalität und das abweichende Volumen machen den unwesentli- chen Unterschied in den Bildungsfortsätzen dieser drei Extremitäten , deren Identität die Genesis , upd Funktion darlegt,

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§. 62. Hinter dem eisten Visceralfortsatz liat sich allmählig durch die erste Visceralspalte getrennt auch der zweite entwickelt. An seinem Ur- sprünge können wir ihn, wie überall bei den Wirbelthieren, in die Wähe des Ohrlabyrinthes verfolgen. Bei der ursprünglichen Lage dieses letzteren in den Seitentheilen der Schädelhole zwischen dem zweiten und dritten Wirbel liegt die Basis des zweiten Visceralfortsatzes natürlich mehr vor dem Ohrla- byrinth, dessen spätere VergrÖsserung auch diese in Anspruch nimmt. Bei den höheren Wirbelthieren war dies Lagerungs- Verhältniss durch die Gesichtskopfbeuge, wie schon bei den Fröschen ausführlicher gezeigt wurde, etwas abgeändert. Durch das Erscheinen und das Fortwachsen der zweiten Visceralfortsätze wird das Herz mit seinen Aortenbogen und dadurch auch ihre äusserlich sich abzeichnende Wulst bis zur zweiten Visceralspalte zurückge- drängt. Die «weiten Visceralfortsätze entwickeln sich sonst von der Kopfvisce- ralplatte ganz so, wie die Arsten. Sie sind etwas schwieriger in ihrer Ausbil- dung zu beobachten, weil ihr Volumen nicht so bedeutend ist und sie über- dies durch die dahinter liegende, rauhe Wulst der Gefässbogen etwas ver- deckt gehalten werden. Ist die Vereinigung der beiden zweiten Visceral- Fort- sätze geschehen, so ist die Form des dadurch entstandenen Visceralbogens dem ersten ganz gleich. Beide sind dann, wie gewöhnlich, durch eine Spalte, der ersten Viceralspalte, geschieden.

Hinter dem zweiten Visceralbogen und vor der Visceralplatte des Rumpfes befindet sich, auf dem Uebergange des Kopfes zum Rumpfe, die äussere Kiemen - oder zweite Visceralspalte, Ihr Lagerungsverhältniss stimmt ganz mit dem bei den Fröschen überein. Oben treten die Visceralplatten des Kopfes und Rumpfes zusammen, unten in der Mitte geht von dem Schlussstücke des zweiten Visceralbogens die Membrana reuniens ijiferior, nachdem das Pericar- dium gebildet, in zwei Blätter sowohl über als unter dem Herzen hinweg, um mit der unteren Vereinigungshaut des Rumpfes und mit der hinunterwach- senden Visceralplatte desselben zusammenzukommen. Durch sie hindurch wachsen nun die äusseren Kiemenfortsätze, und von dem hinteren und mehr äusseren Rande des zweiten Visceralbogens entwickelt sich zum Schutze der Aor- tenbogen eine häutige Platte, welche die Funktion des Kiemendeckels über- nnnmt. Sie ist derselbe hintere Fortsatz des zweiten Visceralbogens , welchen

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wir kaum als Rudiment bei den Säugethieren , stärker ausgebildet bei den Vögeln, als Kiemendeckel fungirend bei den Fröschen, jedoch am vollständigsten in letzterer Funktion bis jetzt bei den Tritonen beobachteten, (Tab. II. Fig. 9.)

Das Gesicht.

§. 63. Das Gesicht als der Verbindungstheil der oberen und unteren Röhre des Wirbelsjstems oder der Visceral- und Rückenplattenröhre ver- vollständigt sich in seiner Konformation folgender Art. Zwischen dem vor- deren Stirnfortsatze und der vorderen Abtheilung des Auges entwickelt sich die Bildungsmasse der Stirnwand etwas individueller und wird zu einem Bildungstheil, welchen wir auch bei den höheren Wirbelthieren an dersel- ben Stelle vorfanden und für den Thränenbein- Fortsatz erklärten. Wenn dieser Bildungs- Fortsatz bei den Säugethieren der kleinste von allen Gesichts- bestandtheilen ist, bei den Vögeln und höheren Amphibien in der Ausdeh- nung zwar hinlänglich markirt, doch wenig sich erhebend dasteht, so darf ich bemerken, dass er bei dem Triton sehr leicht zu übersehen ist, und eine grosse Aufmerksamkeit des Beobachters erfordert. Wir rathen wiederum zur leichteren Erkenntniss desselben den Embryo in schwacher Salpetersäure zu erhärten, wodurch die Bildungstheile sich leichter isolirt darstellen lassen. Dieser seitliche Stirn- oder Thränenbein- Fortsatz tritt nun mit jenen beiden, auf der vorgewachsenen Schädel- oder der Gesichtsbasis sich stüz- zenden, Bildungsfortsätzen in Berührung, welche durch ihre Vereinigung dem Verbindungstheile beider Röhren des Wirbelsystems (der oberen Gesichts- hälfte) seine Grundlage geben. Diese beiden letzteren Fortsätze, der Nasen- und Oberkiefer -Fortsatz vergrössern sich nämlich in dieser Periode auf die bekannte Weise. Der vordere Stirnfortsatz erweitert sich wegen der eigen- thümlichen Krümmung des Embryo von vorn nach hinten, der Oberkiefer- Bildungsstreifen von hinten nach vorn. Dieser letztere berührt nun zuerst den seitlichen Stirnfortsatz, dann tritt er mit dem Nasenfortsatz in Berüh- rung und verschmilzt mit ihm. In solcher Art wird der Nasenkanal zusam- mengesetzt. Oben liegen als Decke der vordere und seitliche Stirnfortsatz, seitlich und unten der Oberkiefer mit der Gesichtsbasis.

Zum vervollständigenden Schlüsse entwickelt sich nun von der Ge- sichtsbasis hauptsächlich hervortretend der obere Zwischenkiefer, welcher

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jetzt bei dem Herausschlilpfen des Embryo aus seinen Eihüllen nur als An- deutung vorhanden ist. Durch ihn wird die Formation der oberen Gesichts- hälfte vervollkommnet, und nach und nach auch zum grossen Theile die äussere Nasenöffnung gebildet, welche ursprünglich zwischen den Stirnfort- sätzen und den Oberkiefer -Bildungsstreifen jederseits gelegen ist. Die hin- tere oder innere Oeffnung des Nasenkanals wird von den sich vereinigenden Bildungsmassen der Gesichtsbasis und des Oberkiefers umgeben.

Die vordere Oeffnung der Visceralröhre des Kopfes oder die MundÖff- nung, welche ursprünglich eine einfache Spalte darstellt, dann durch die dach- förmige Stellung der Gesichtsbildungs - und Visceralfortsätze in ein mit ab- gerundeten Ecken versehenes Quadranguliira verwandelt wirdj ist bei der grösseren Ausbildung der sie umscliliessenden Theile in ihrer Längendimen- sion verringert und in der Breite mehr und mehr erweitert, so dass wir nun schon bei der jetzigen Formation die Identität mit der Mundöffnung nicht verkennen können. Die Entwickelungsvorgänge sind hier dieselben wie bei den ungeschwänzten Batrachiern.

§. 64. Ehe wir diese Entwickelungsperiode beschliessen, müssen wir noch auf die Schädelhöle zurückkommen. Die so geringe Ausbildung des Gehirns scheint mir die Veranlassung, warum bei den Triton - Embryonen noch weniger, als bei den Fröschen, die Wirbelabzcirlmungen erkennbar sind. Es ist mir durch die Entwickelungsgeschichte immer klarer geworden, wie sehr die Wirbelabscheidungcn des Schädels sich nach der Ausbildung der Gehirntheile richten, so zwar, dass die grossen Hemisphären, die lobi optici und das cerebellum die entscheidenden Momente für die drei Schädelwirbelbogen sind. Waren wir bei den Säugcthieren im Stande nach den Wirbelabzcich- nungcn des häutigen Schädels die Lage der Visccralbogen zu bestimmen, so sind wir bei dem Triton schon so weit gekommen, dass wir gerade umge- kehrt durch die Visccralbogen über die entsprechenden Wirbel des Schädels entscheiden müssen. Das Ohrlabyrinth und das Auge, namentlich aber das erstere, sind wegen der konsequenten ursprünglichen Lage bei allen Wirbel- thieren ausser den Visccralbogen noch recht wichtige Unterstützungsmittel bei der Unterscheidung der einzelnen Schädelwirbel.

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Herr Professor Ant. Duges hat in der schon öfters erwähnten Schrift „über die Entwickelung des Wirbelsystems der Batrachier" etc. auch bei den Tri tonen auf die Urform des Kopfes so wenig Rücksicht genommen, dass wir das daselbst Angeführte ganz übergehen dürfen.

Vollendung der typischen Konformation des Kopfes*).

65. Sobald der Tritonembryo die Eihüllen verlassen, bewegt er sich gleich sehr behende im Wasser und gebraucht die an seinem Kopfe be- findliclien Extremitäten als Stützen in der Ruhe. In den ersten Tagen seinc;s seibstständigen Lebens vervollkommnet sich nun vollends die Urform sei- nes Wirbelsystems. Vorzüglich bemerken wir jetzt die vollständige Bildung der Mundöffnung durch die Biidungsmassen der beiden Zwischenkiefer. Sie treten an der oberen Gesichtshälftc in der schon angegebenen Weise haupt- sächlich von der Gesichtsbasis zwischen die vorderen Stirnfortsätze und die Oberkiefer - Bildungsmassen als zwei platte Hügelchen hervor, und formiren mit den oberen Kiefern die einfache, halbkreisförmige, obere Mundbegrenzung. Der untere Zwischenkiefer entwickelt sich an der Vcreinigungsstelle der zusammengekommenen ersten Visceralfortsätze. Die Bildungsmasse häuft sich zuerst daselbst an und füllt allmählig jene an dem vor- deren Rande gelegene Einkerbung aus, welche zwischen den Endkoiben der verei- nigten Visceralfortsätze zurückgeblieben. Alsdann treten, wie bei den höhe- ren Wirbelthieren, mehr von der äusseren Fläche der genannten Stelle zwei Hügelchen hervor, um die frühsten Spuren der unteren Zwischenkiefer an- zudeuten. Diese vereinigen sich und verschmelzen mit der Bildungsmasse an der äusseren Fläche der Visceralfortsätze, wo die Unterkiefer bei den Säu- gethieren augenscheinlicher, hier wegen des J^Iangels von Weichtheilcn vor der Konsolidirung sich weniger dokumentiren.

Dadurch wird die einfach verlaufende untere Mundbegrenzung formirt, welche allmählig aus einer früher konkaven in eine konvexe Krümmung übergegangen ist. Dieses letztere Verhalten wird besonders dadurch zu Wege g^^bracht, dass sämmtliche Schiussstücke der Visceralbogen bei ihrer Vergrösse-

J Sieh. Tab. II. Fig. 12. 13.

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niiig in allen Wirbcltliierklasseii mehr oder weniger vorwärts gerichtet wer- den. Als Hilfsmittel bei diesem Bildiingsvorgange scheint das immer dicht an den Visceralbogen anliegende und erst durch letztere gleichsam von vorn nach hinten zurückgedrängte Herz mit seinen Aortenbogen betrachtet werden zu müssen. Auf diese Weise wird das mit vier abgerundeten Ecken versehene Quadi^angulura der vorderen OefFnung der Kopfvisceralröhre nach und nach in der Queraxe des Embryo immer mehr zusammengedrückt und von oben und unten verengt. Es entsteht eine MundöfFnuiig, Avelche eine sicliclförmige Spaltform angenommen, und in der Queraxe des Embryo verlau- fend die ursprüngliche, einfache, vordere OeiFnung der Kopfvisceralrölire gerade durchschneidet. Diese Mundform ist auch diejenige , welche Herr v. Bär in seiner Entwickelungsgeschichte der Fische naturgetreu ge- zeichnet (e. 1. Fig. 22.), und ich bin nicht abgeneigt aus dieser blossen Mund- offnung auf eine gleiche Urform des Gesichtes bei den Fischen nnd Tritonon zu schliessen. Ist so die Mundform vollendet, so ersetzt die Natur vor der individuellen Ausbildung des Kieferapparats die krtiftigere Mundhegrenaung durch eine ziemlich konsistente häutige Bildung, vrelchc besonders an dem Oberkiefer entwickelt ist und über den unteren Kiefer hinüberragt.

M. a |i i t e 1 V.

Die typische Bildung des Kopfknorpelsystems der Tritonen. Grundlegung des Kopfknorpelskelets.

§. 66. Wir kommen jetzt 2u einer neuen Periode in der Entwickelimg des Triton, in welcher nach der formalen Bildung des Embryo die Sonde- rung der Bildungsmasse in Hart- und Weichgebilde eintritt.

Auch äusserlich bemerken wir an dem Embryo mancherlei Verände- rungen. An der vorderen Extremität des Rumpfes zeigt sich die beginnende Fingerbildung, während zu gleicher Zeit die Kopfextremität in den Vcrküni- merungsprozess eingeht, ist dann die erstere vollkommen ausgebildet und in den Stand gesetzt die Unterstützung des Körpers zu übernelunen , so sehen ^vir letztere verkümmern, und plötzlich ganz verschwinden. Bald darauf treten die Rudimente der hinteren Rumpfextr emitäten , ganz in der Weise

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wie die vorderen, von der Visceralplatte als Fortsätze hervor. Die äusseren Kiemen, welche zuerst als einfache Fortsätze in der zweiten Visceralspalte sichtbar werden, fangen an nach der Reihenfolge ihres Hervorwachsens Ne- benästchen zu bilden. Wie unregelinässig auch zu Anfange diese Verästelung erscheinen mag, so zeigt sich sehr bald die grösste Ordnung, indem an dem einfachen länglichen Kiemenfortsatze die Nebenästchen wie die einzel- nen Federchen der Fahne an dem Kiele der Feder ansitzen. Die erste am meisten unterwärts gelegene Federkieme ist anj frühsten ausgebildet^ am spä- testen ist dies bei der am meisten nach oben hervorwachsenden dritten der Fall, Tritt die Zeit der Verkümmerung ein, so geschieht dieses gerade in derselben Reihenfolge wie bei der Entstehung, Kaum ist noch eine Spur der ersten Kieme sichtbar, so sieht man die dritte und letzte noch in voller Kraft, An den Gefässbogen der Aorta entwickeln sich während dieser Zeit die knorpligen Kiemenbogen, Avelche wir, wie bei den Fröschen, wiederum insgesammt mit dem Zungenbeinkörper vom zweiten Visceralbogen betrachten wollen. So viel von dem Allgemeinen des Embryo, insoweit es zu unserer ferneren Darstellung erforderlich ist,

§. 67. Nach Vollendung der Urform in den Rücken- und Visceralplat- ten, als dem ursprünglichen BildungsstolF des Wirbelsjstems , geschieht nun die Sonderung in das Muskelsystem und in die Skelettheile , wodurch der Ein- gang in die besondere Individualisation gegeben ist. Es zeigt sich di^se Ent- wickelungsperiode alsbald durch eine Veränderung der Bildungsraasse selbst an. Bisher bildete dieselbe ein mehr undurchsichtiges, weissgefärbtes, körni- ges Blastema, durch welches hindurch ich durchaus nicht, wie ich wohl glaubte, das schwach gefärbte Blut in seinen Strömen zu erkennen im Stande gewesen bin. Dieses vermochte ich nur an den äusseren Kiemen. Bei den Säugethie- ren und Vögeln ist das ursprüngliche Blastema , bevor die äusseren Einwirkungen Veränderungen hervorgebracht haben, von ganz durchscheinendem Ansehen und knorpelartiger Konsistenz, so dass der Gefässverlauf ziemlich deutlich bei der dunkleren Färbung des Blutes unterschieden werden kann. Um die Zeit, wann die Sonderung des Blastema in den Visceral- und Rückenplattcn ein- tritt, erscheint der Kopf eines Tritonembryo beinahe ganz ähnlich durch- scheinend, wie bei den höheren Wirbelthieren schon ganz frühe, und

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man kann jetzt auch die Aortenbogen, das Herz u. s. w. von aussen wahr- nehmen. Dieses kommt eines Theiles daher, weil das Blut wirklich eine er- höhte, rothe Färbung erhalten, vorzüglich aber weil bei der Knorpel - Entste- hung die Urform beinahe ganz so, wie wir sie beschrieben, den knorpligen Zustand annimmt, die Weichtheile sehr unbedeutend sind, und daher der ganze Kopf wie ein durchscheinender Knorpel sich darstellt. Die Unter- suchungen werden dadurch sehr erschwert.

§. 68. Nach Ablösung der Oberhaut eines solchen Embryo (Tab. II. Fig. 14. 15.) präsentiren sich vorzüglich alle Theile, welche eine weisse Färbung haben. Man erkennt nun deutlich das durch den knorplig -häutigen Schädel durchschei- nende Gehirn in seinen drei Hauptabtheilungen und sieht dieselben ziemlich genau den Schädelwirbeln entsprechen, in so weit diese letzteren durch die Vis- ceralbogen, das Auge und Olirlabyrinth bestimmt werden können. Es doku- mentiren sich jetzt auch deutlich ohne alle Präparation die ersten Spuren der sich entwickelnden Unterkiefer. An der äusseren Seite nämlich desjenigen Ab- schnittes vom knorpligen ersten Visceralbogen , welcher , wie wir sehen werden, dem Meckelschen Knorpel entspricht, zeigt sich ganz so, wie bei den Vögeln und Fröschen, jederseits ein weisslicher Bildungsstreifen, welcher die häu- tig-knorplige Anlage des Unterkieferknochens anzeigt. Hinter demselben bemerken wir einen zweiten , weisslichen Bildungsstreifen , der breiter ist als der vorliegende und bei näherer Untersuchung nicht an der Aussenfläche des Meckelschen Knorpels, sondern an der inneren sich befindet. Wir werden späterhin über die Bedeutung dieses Theiles das Nöthige im Zusammenhange mit anderen, gleichartigen Stücken angeben.

Man durchschneide jetzt, wenn die Kopfextremität noch nicht ver- schwunden, die eine Seitenwand derVisceralröhre, um nach der Zurückbiegung derselben von der inneren Seite eine klarere Ansicht von den Knorpel der Visceralbogen zu erhalten.

Eine Scheidung der Knorpelmasse in einzelne Abtheilungen bemerken wir alsdann noch nicht j man sieht dieselbe vielmehr so einfach knorplig vor- handen, wie ursprünglich das Blastema der Visceralbogen vor uns dalag. Es findet wie in der typischen Anlage, so auch jetzt keine Vereinigung der oberen Abtheilungen beider Visceralbogen Statt, sondern sie verlaufen ge-

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sondert, die sie trennende Spalte mehr häutig verschlossen haltend. Wir brauchen nur noch hervorziuheben, dass der Knorpel des aweiten Visceral- bogens durch das Vorwärtstreten des Ohrlabyrinthknorpels, in welchem schon kalkartige Konkremente sichtbar geworden, an seinem Ursprünge etwas ver- kümmert erscheint. Es ist übrigens das Verhalten des Ohriabyrinthes zur oberen Abtheilung des zweiten Visceralbogens hier ganz so , wie bei den Fröschen, Die knorplige Basis des Schädels giebt von der unteren Seite be- trachtet den Anschein, als ob sie in einzelne Stücke zerfällt sei. Jedoch bildet sie gegenwärtig, wenn die Knorpel des Ohrlabyrinthes abgetrennt sind, mit den Seitentheilen und der Decke des Schädels zusammen eine einfache, kontinuirliche Röhre, an welcher nirgend eine Spur von Wirbelabzeichnung zu bemerken ist. Die scheinbaren Stücke der Basis entstehen vielmehr durch die durchschimmernden drei Gehirntheile. Und hier sieht man augenschein- lich, dass der Ursprung des ersten Visceralbogens nicht über die grossen Hemisphären des Gehirns nach hinten hinaus zu verfolgen ist. Die Ansatz- stelle des zweiten Visceralbogens entspricht der mittleren Abtheilung oder den sogenannten lohi optici, ist aber jetzt durch die Ausdehnung des Ohrlaby- rynth - Knorpels, wie eben erwähnt wurde, etwas beeinträchtigt.

Das Zahnskelet der Schleim-Membran bei den jungen Tritonen.

§. 69. Um die freie Ansicht der genannten Knorpel des Wirbelskelets zu gewinnen, ist es nöthig die Schleimhaut von denselben wegzupräpariren. Bei dieser Operation treffen wir auf zahnartige Knochenspitzen, welche sich vorzüglich an dem vordersten Tlieile der Schädel - und auch an der Gesichts- basis aufgehäuft haben j ausserdem sind sie auch an der innern Fläche des Meckelschen Knorpels zu finden. Ant. Duges nennt die ersteren, welche er im späteren ausgebildeten Zustande beobachtete, den Appareil pterygo-vo~ merien und zählt sie somit zu seinen Kopfknochen des Wirbelsystems. Es ist noth wendig, dass wir die Entwickelungsgeschichte dieser Theile vor dem weiteren Verfolge der härteren Gebilde des Wirbelsystems näher betrachten, um dann entscheiden zu können, wofür der jetzt sich entwickelnde Apparat zu halten ist.

Zuvörderst miissen wir wiederholen, dass wir ausser den besproche- nen Sildtmgsmassen des Wirbelsystems niemals noch andere Anhäufungen von

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seinem Blastema an der innern Fläche der Kopfvisceralröhre gesehen haben. Es zieht sich vielmehr die blosse Schleimmembran längs der innern Seite der Schädelbasis und der Visceralbogen , liegt daselbst lose an, und nur an ein- zelnen Stellen, namentlich wo Oeffnungen sich befinden, ist sie fester mit den Gebilden des serösen Blattes verbunden. Dennoch gelingt es mit einiger Vorsicht die Röhre der Schleimmembran vollständig herauszunehmen, in wel- chem Falle wir die freie Ansicht des Wirbelsystem in der Art, wie wir es früher beschrieben, gewinnen.

Wenn nun die erste Spur eine Sonderung der Rücken- und Visceral- platten in Hart- und Weichgebilde Statt findet, so häuft sich die Bildungs- masse der Schleimhaut zuerst in den Gegenden, wo sie an der vorderen Abtheilung der Schädel- und an der hinteren Partie der Gesichts -Basis, so wie an der innern Fläche der Meckelschen Knorpel gelagert ist, zu einer dickeren und ziemlich konsistenten Membran an. Obgleich diese letztere an den respektiven Knorpeln des Wirbelsystem etwas inniger befestigt ist , so hält es gar nicht schwer, sie mit der übrigen Schleimhaut im Zusammenhange loszutrennen. Nicht lange, so zeigen sich auf ihr weisse Pünktchen, welche nach und nach immer mehr hervortreten, zahlreicher werden und zu knö- chernen kegelförmigen Spitzen sich verwandeln. Diese Knochen -Spitzen sind nichts anderes als wirkliche Zähnchen, welche mit ihrer Basis auf der Schleimhaut festsitzen. Sie stehen anfangs zum Theil isolirt, dann vereinigen sie sich, indem sie an den Rändern ihrer Basis mit einander verschmelzen, und stellen endlich ein mit kegelförmigen Spitzen (Zähnchen) besetztes Kno- chenblättchen dar.

Solcher Knochenstückchen finden sich zuerst, und zwar ziemlich zu gleicher Zeit, vier an der Zahl vor. Zwei liegen unter der vorderen Ab- theilung der Schädelbasis (S, Tab. IL Fig. 15), wo sie vorn in der Gegend der obe- ren Zwischenkiefer etwas fester angefügt sind und nach hinten mit undeut- lichem Rande nicht vollkommen die Ansatzgegend des ersten Yisceralbogens erreichen. Jedes einzelne dieser Knochenblättchen hat einen äusseren, kon- vexen und einen inneren, mehr geradlinigen Rand, welche beide nicht scharf ab- gegrenzt sind und vorn in eine Spitze zusammenlaufen. Die Spitzen der Knochen- blättchen jederseits berühren sich, sonst liegt zwischen ihren graden inneren

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Rändern ein kleiner Zwischenraum, durch welchen die Schädelbasis etwas hindurchschimmert. Die beiden anderen Knochenblättchen befinden sich da an der innern Fläche des Visceralbogens , wo wir später die Meckelschen Knorpel abgeschieden sehen. Sie sind von länglicher Form, gewölbt nach dem Theile, an welchem sie gelagert, und waren ausserlich ohne alle Präparation hinter dem ünterkieferstreifen als ein durchschimmernder weisser Bildungstheil sichtbar.

§. 70. Jetzt entwickeln sich ausserdem noch vier andere mit Zähn- chen besetzte Knochenblättchen ganz auf dieselbe Weise, wie die vier erste- ren. Diese werden sogar mit Knorpelstückchen der Schleim -Membran in Verbindung gesetzt (S. Tab. II. Fig. 16. 20 ).

Zwei von ihnen befinden sich wieder an der Schädelbasis und sind als eine Fortsetzung der vorhin beschriebenen anzusehen. Diese letzteren erwei- tern sich nämlich in ihrer ganzen Breite nach hinten und etwas nach aussen, indem sie sich von der Schädelbasis abwenden. Die vordere Partie ist mit Knochenspitzchen besetzt und ganz von demselben Verhalten , wie bei den vor- liegenden Knochenblättchen. Nach hinten aber verlieren sich die Zähnchen allmählig ganz, und wir haben nun jederseitig ein Knorpelblättchen , welches sich bei seiner Erweiterung nach hinten zugleich nach aussen und unten biegt. Mit seiner oberen Fläche legt sich dasselbe hinten an die innere Seite der obersten Knorpelpartie des ersten Visceralbogens (hier der Quadratbein- knorpel) an. Daselbst ist es etwas mehr befestigt, doch ohne die geringste Spur einer Gelenkbildung, sondern vielmehr mit dem äussersten, sehr dünn werdenden, hintersten Ende in die Schleimhaut der unteren Abtheilung von der Kopfvisceral- Röhre allmählig übergehend. Auf diese Weise besteht das obere zweite Knochenstück der Schleimhaut jederseits aus zwei hintereinan- derliegenden, kontinuirlich zusammenhängenden Abtheilungen: eine vordere mit Zähnchen besetzte, und eine hintere knorplig gewordene, in deren Inne- rem allerdings Knochenpünktchen (nicht Zähnchen) sichtbar sind, ohne dass jedoch die Biegsamkeit desselben dadurch beeinträchtigt wird. Das ganze muss als eine Fortsetzung des vor ihm liegenden Knochenblättchens betrach- tet werden. Sein vorderer Rand ist unmittelbar ganz einfach an dasselbe angefügt; der innere wiederum entsprechend geradlinig verlaufend und, wie

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das vorliegende, von dem inneren der anderen Seite je weiter nach hinten um desto mehr abstehend; der äussere Rand dagegen ist nicht konvex, wie der vorstehende, sondern konkav verlaufend, so^zwar, dass beide Ränder zusam- men die Form eines flach gekrümmten S bilden. Alle vier Stücke zusam- mengenommen formiren das obere Zahngerüste der Schleimhaut.

Auf den unteren Abtheilungen der zweiten Visceralknorpel , woraus sich die Suspensoria des Zungenbeinkörpers abscheiden, entwickeln sich die beiden hinteren Knochenblättchen des unteren Zahngerüstes. Ihre Entstehung ist ganz dieselbe, Avie die der Knochenblättchen an den Meckelschen Knorpel. Sie sind auch, wie die letzteren, nach den entsprechenden Knorpel gewölbt, sitzen an denselben etwas fester auf, und sind von länglicher Gestalt. So- wohl die vorderen als auch die hinteren Knochenblättchen richten sich in ihrem Verlaufe nach den sie stützenden Knorpeln der Visceralbogen. Daher die respektiven von beiden Seiten winklig zu einander geneigt sind, ohne sich gegenseitig zu erreichen. Zwischen den hinteren ist die Schleimhaut, wo sie auf dem Mittelstück des zweiten Visceral bogens liegt, gewöhnlich von derberer Konsistenz j ja öfters sah ich ein wirkliches, sehr dünnes Knorpel- blättchen entstehen, welches nach hinten mit konkaven Seitenrändern ganz unmerklich in den übrigen Theil der Schleimmembran auslief. Es war, wenn ich es vorfand, durchaus sehr dünn und leiclit zu übersehen. Auf diese Weise ist nun auch das untere Zahngerüste vollendet. Es besteht aus den beiden am ersten und zweiten Visceralbogen gelegenen Knochenblätt- chen, welche mit Zähnchen versehen sind, und aus der feinen Knorpel- lamelle, welche ich zuweilen zwischen den hinteren Knochenblättchen beobachtete.

§. 71. Man kann um die Zeit, wann sowohl das obere als das untere Zahngerüste vollendet dasteht, mit einiger Geschicklichkei,t und mit der be- sonderen Rücksicht auf die übrige Schleimhaut das so gebaute Zahnskelet von den Wandungen der Visceralröhre lospräpariren , ohne auch nur im Gering- sten die Gebilde der Rücken- und Visceralplatte im Wesentlichen zu beein- trächtigen.

Mit dem Verschwinden der äusseren Kiemen, bei der kräftigeren Ausbil- dung der Kieferapparate und während der Verknöcherung des Kopf-Wirbel-

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skelets im Allgemeinen, verkümmern auch diese einzelnen Stücke des Zalmske- lets. Die Zälmchen werden wieder weich, die Knorpel- und Knochenblätt- chen werden theilweise aufgesogen, und bald ist bei dem ausgebildeten Tri- ton von dem unteren Zalmgerüste keine Spur mehr, von dem oberen nur rudi- mentäre Stücke (ossa palatina und ptert/goidea) zu finden.

Ant. Duges hat, wie schon erwähnt wurde, das obere Zahngerüste gekannt und gezeichnet. In seinem öfter schon genannten Werke rechnet er dasselbe zu seinem Appareil mandibulaire superieure der Triton -Larve und versteht darunter den oberen Zwischenkiefer mit unserem oberen Zahnge- rüste, welches er insbesondere Appareil pterygo -vomerien nennt. Auch ein kleines Knochenstückchcn, die Anlage des Oberkiefers (^Sus-maxillaire) scheint er mit in diesen Apparat hinein zu ziehen, Da in den Zeichnungen Nichts von diesem letzteren angedeutet ist, so wissen wir nicht, was für ein Bil- dungtheil derselbe gewesen. Duges verwandelt nun den genannten Apparat in die einzelnen am entwickelten Triton gleichbezeichneten Knochen des Kopfes, bringt verkümmernde Gebilde des Schleimblattes und neu entste- hende des Wirbelsystems zusammen und lässt so den jungen Triton eine Metamorphose vollenden, die derselben, wie wir uns überzeugen werden, in der That nicht erleidet. Die Abweichungen unserer Beobachtungen sind so merkwürdig, dass von einer Einigung hier wieder nicht die Rede sein kann. Wir verweisen zur genaueren Kenntnissnahme seiner Ansichten auf das ge- nannte Werk, wo im zweiten Theile, welcher von den Salamandern handelt, Cap. III. §. 2. etc. dieselben niedergelegt sind.

§. 72, Wir haben unsere Untersuchungen über dieses fragliche Zahn- skelet genau nach unserem besten Befunde angegeben. Wir ersehen aus den- selben, dass dieses Zahnskelet aus der Schleim -Membran sich entwickelt, dass es sich allerdings hie und da an die Gebilde der Visceral- und Rücken- platten anlegt und stützt, (eine Erscheinung, welche bei den anliegenden Urmem- branen des Embryo nichts Ungewöhnliches darbietet), dass es aber unbeschadet der Knorpel und Knochen des Kopfwirbelskelets frei und nur im Zusammenhange mit der übrigen Schleimhaut dargestellt werden kannj wir haben endlich beobachtet, dass dasselbe allmählig zum grössten Theile verschwinde, so bald das Kiefergerüste der Rücken- und Visceralplattc, der Ober- und Unter -Kie-

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ferapparat, mit Zähnen ausgerüstet dasteht. Fügen wir noch hinzu, dass wir in der bisherigen Entwickehmg des jungen Triton an dem Kopf-Wirbel- §jstem keine diesem Zahnskelete entsprechende Bildungs- Rudimente Avahrneh- men konnten, dass auch späterhin im ausgebildeten Individuum mehre von Ant. Duges angegebene Knochen am Kopfe des Triton rechtmässig auf eine ganze andere Art entstehen, einige aber gar nicht vorhanden sind; so finden wir uns berechtigt anzunehmen, dass vorliegendes Skelet nichts Anderes als ein stellvertretendes Eingeweide - Zahnskelet genannt werden kann. Die Na- tur hat diese mütterliche Fürsorge um so mehr nöthig, als die vollkommne Eil- dung der Ober- und ünterkieferapparate, der Träger für die ausgebildeten Verklei- nerungsorgane , noch im weiten Felde liegen und die jungen Tritonen dessen- ohncrachict schon als Raubthierc sich zeigen, welche die kleinen Entomo- straca und andere Wassergewürme , ja wo möglich, sich selbst gegenseitig verzehren. Wir haben bei diesem so interessanten Gegenstande länger ver- weilt, weil wir anfangs bei der Beobachtung des oberen Zahngerüstes glaub- ten, dass wir die den höheren Wirbclthieren eigenthümliche, obere vordere Abtheilung des ersten Visceralbogens bei den Tritonen gänzlich übersehen hätten. Der Verlauf des oberen Zahngerüstes erschien so entsprechend dem Gaumenbeine imd Os pterygoideiim, die herrschenden Ansichten über die rechtmässige Existenz der genannten Knochen waren so mahnend, dass ich von Neuem die mühsamen Untersuchungen unternahm, um über einen so wichtigen Gegenstand ins Reine zu kommen.

Vollendung des Kopfknorpelsystems der Tritonen. (S. Tab. II. Fig. 17. 18. 19. 21. 22.)

§. 73. Wir kehren jetzt zurück zu den Gebilden der Rücken- und Visceralplatten, in deren Blastema sich bereits die ersten Spuren einer Ab- scheidung in Hart- und Weichtheile zeigen. üm die freie Ansicht von der inneren Fläche zu erhalten, muss man nun in den ferneren Entwickeluhgspc- rioden die Schleimhaut mit ihrem Zahnskelet stets behutsam wegnehmen. Der Kopf des jungen Triton in dem zuletzt geschilderten Zustande besteht aus einer einfachen knorpligen Schädclröhre ohne alle Wirbelabzeichnung} aus den Bestandtheilen des Gesichtes, welche sich noch nicht in Härtgebilde gesondert hatten; und aus den knorpligen Visceralbogen , welche die Urform

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des Blastema beinahe ganz beibehalten und an ihrer äusseren Fläche die Bildungsstreifen der Unterkiefer schon raarkiren.

Visceralhöle.

§. 74. In der bevorstehenden Entwickelungsperiode bemerken wir das Streben der Natur, nachdem die Sonderung des Wirbelsjstems in die Muskel- partie und das Skelet vollendet ist, einzelne Abtheilungen für die Funktio- nen des ausgebildeten Thieres zu formiren. Am sichtbarsten geschieht dieses zuerst an den Visceralbogen. In dem ersten derselben entsteht zu jeder Seite etwas oberhalb der Mitte allmählig eine Trennungslinie, wodurch ein oberes kleineres von einem unteren grösseren Stück geschieden wird. Das obere ist breiter und etwas plattgedrückt, das untere länger, rundlich, und vereinigt sich mit dem respektiven der anderen Seite in der Mittellinie des Körpers. Beide sind von gleichem knorpligen Zustande, und es zeigt sich keine Spur von einer oberen Abtheilung des Visceralbogens , welche wie bei den Frö- schen in dem Urzustände eine Zeitlang ruhig verbleibt, um späterhin die so interessante Metamorphose in das Gaumen- und Flügelbein durchzumachen. Der Verlauf des oberen Knorpels ist von seinem Ansatzpunkte am Schädel gerade nach unten; der des unteren richtet sich, wie die untere Abtheilung des ersten Visceralbogens bei allen Wirbelthieren , etwas von hinten nach unten und vorn, und kommt dadurch unter einem stumpfen Winkel zu dem oberen Knorpel zu liegen. Wir haben über die wahrscheinlichen Bedingun- gen dieser abweichenden Lage schon früher das Nöthige beigebracht.

Vergleichen wir diese beiden Knorpel des ersten Visceralbogens jeder- seits mit analogen Stücken bei den höheren Wirbelthieren, so werden wir die Aehnlichkeit derselben schon hinsichtlich der Lage und Form mit dem Quadratbein- und Meckelschen Knorpel nicht verkennen können. Blicken wir ausserdem auf die Urbildung zurück, so sind es in der That auch nur die genannten Stücke, welche wir in dem ersten Visceralbogen der niederen Wir- belthiere erwarten dürfen. Denn derselbe ist in seiner uranfänglichen, voll- kommenen Gestalt, wie wir gesehen, nur mit der gerade nach unten verlau- fenden Partie des ersten Visceralbogens der höheren Wirbelthiere , aus wel- chem sich der Quadratbein- und Meckelsche Knorpel bilden, in Vergleich zu stellen. Die vordere , und obere Abtheilung derselben, welche der Gesichtskopf-

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beuge und der eigenthiimlichen Lage des Auges bei den höheren Wirbelthieren ihre Entwickelung verdankt und das Gaumen- und Flügelbein erzeugt, kann bei den Triton - Embryonen nicht gefunden werden. Wir haben an geeigneter Stelle dargethan, wie der Frosch, obschon im Wesentlichen den Urtypus der niederen und einfacheren Wirbelthiere sich aneignend, durch andere Um- stände begünstigt, einen komplizirteren ersteren Visceralbogen erlangt. Sein ihm eigenthümlicher Larvenzustand macht auch , dass wir die einzelnen Knor- pel des ersten Visceralbogens beim Triton vielmehr mit den respectiven der höheren Wirbelthiere in Vergleichung bringen, als mit denen der Frösche, bei welchen sogar das keilförmige Schlussstück der beiden Meckelschen Knor- pel sich zu dem sogenannten unteren Zwischenkiefer der Larve ausgebildet j das ist, was ihn wiederum vor den anderen Wirbelthieren auszeichnet.

An der Aussenseite des Quadratbein -Knorpels hat sich, wie bei den Fröschen, ein häutig -knorpliger Bildungsstreifen entwickelt, welcher zum os iympanicum sich ausbildet. Er befindet sich hier mehr an der äusseren Fläche des hinteren Randes und ist am Anfange, auch wenn er selbst schon knöchern geworden, ein so schmales, längliches Streifchen, dass man es bei dem verhältnissmässig voluminösen Quadratbeinknorpel sehr leicht vernach- lässigt. Der längs der äusseren Fläche des Meckelschen Knorpels früh sich abzeichnende Bildungsstreifen des Unterkiefers jederseits ist jetzt schon ver- knöchert, doch ohne mit Zähnchen sich zu bewaffnen. In der beschriebenen Bildungsmasse der unteren Zwischenkiefer dagegen sind die knöchernen Grundbestandtheile, mit Zähnchen ausgerüstet, schon in der vollsten Thätig- keit. Es sind also, wie bei den Vögeln, ganz evident zwei untere Zwischen- kiefer vorhanden.

§. 75. Der zweite Visceralbogen stimmt bei beiden Abtheilungen der nackten Amphibien im Wesentlichen überein. Er zerfällt in zwei Abtheilun- gen. Die obere, welche bei den höheren Wirbelthieren und einigen unge- schwänzten Batrachiern zu dem Hauptbewegungs -Gehörknöchelchen sich aus- bildet, tritt überall deswegen mit dem Knorpel des Ohrlabyrinthes in Kon- flikt. Bei den Tritonen wird durch den letzteren die obere Abtheilung des zweiten Visceralbogens mehr und mehr beeinträchtigt und soweit reduzirt, dass nur noch bandartige Massen und einige Muskelfasern zurückbleiben, um

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die untere Abtheilung dieses Bogens an das Ohrlabyrinth zu befestigen. Diese letztere setzt sich durch ein gesondertes Mi^telstück mit der respektiven der anderen Seite in Verbindung. Sie fungirt gegenwärtig, wie bei den Fröschen, als Träger des Kieraendeckels und wird später zu dem Suspensorium des Zun- genbein-Körpers. Sie hat jedoch nicht, wie bei jenen, den ausgeschweiften vor- deren und hinteren Rand, und die erweiterten Extremitäten, sondern ist ein einfacher, länglicher, etwas plattgedrückter Knorpel, an dessen äusserem hinterem Rande der ziemlich konsistente häutige Kiemendeckel sich befindet. Das Mittelstück bildet den Zungenbeinkörper, welcher sich gleichfalls in der Form sehr von dem bei den Fröschen unterscheidet. Es ist ein länglicher abgerundeter Knorpel, welcher nach hinten, wie bei den Fröschen, mit dem Theile der Membrana reuniens inferior zusammenhängt, woraus sich der Kie- menbogenträger entwickelt. Wir werden über die Entwickelung desselben späterhin noch besonders das Nothwendige in Erwähnung bringen.

Das Gesiebt.

% 76. Von den Gesichtsbestandtheilen finden wir in der gegenwärti- gen Entwickelungsperiode mehre schon als ausgebildete Knochen vorhanden. Wir machen überhaupt bei den Wirbelthieren die Beobachtung, dass diejeni- gen Gebilde, welche eigentlich ausserhalb der Rücken- und Visceralplat- tenröhre von derselben sich entwickeln, selten in einen solchen Knorpelzu- stand übergehen, wie dieses mit den eigentlichen Wirbelbogen der Fall ist. Die ungeschwänzten Batrachier allein machen durch ihre Larven- Metamorphosen hierin eine Ausnahme. Man findet bei ihnen ganz deutlich die Knorpel der Nasenbeine und des oberen Zwischenkiefers. Bei den Tritonen können wir einen derartigen Knorpelzustand, ganz so wie bei den Säugethieren und Vögeln, in den genannten Theilen nicht nachweisen. Es haben vielmehr die äusseren Entwickelungen der Wirbelröhren eine derbe konsistente Bildungs- masse, in welcher sich allerdings wohl Knorpelmaterie befindet, je- doch durch den Hinzutritt einer zweiten Substanz wahrscheinlich so verän- dert ist, dass die Pelluzidität verloren geht, und der ganze Theil durch seine weisse Farbe vor den übrigen sich auszeichnet,

in dieser Art erwähnten wir schon den knöchernen , früh sich abzeich- nenden Bildungsstreifen des Unterkiefers zur äusseren Seite des Meckelschen

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Knorpels, Zwischen den beiden von jeder Seite zeigten sich in den beschrie- benen Biklungsmassen an der Aussenseite des Schiussstiickes der Meckel- sehen Knorpel die schon mit Zähnen ausgerüsteten unteren Zwischenkiefer in vollendeter Gestalt. Ihnen gegenüber sind an der oberen Gesichtshälfte die oberen Zwischenkiefer sehr frühe schon sichtbar. Wie bei den Fröschen bilden sie zwei rechte Winkel, deren innere Schenkel dicht zusammenliegend zwischen die Bildungsmassen der Nasenbeine hinaufragen und alsbald mit knöchernen Fortsätzen der Stirnbeine in Berührung treten. Durch sie wird gewissermaassen ein perpendikulärer Theil zusammengesetzt. Die beiden horizontal verlaufenden Schenkel formiren das Mittelstück der oberen Mund- begrenzung und den vordersten Theil der unteren Nasenhölenwand. An letz- terem Orte kommen sie mit später zu erwähnenden Fortsätzen der Seiten- theile des ersten Schädelwirbels zusammen. Sie sind gleichfalls bald nach der Entstehung schon mit Zähnchen besetzt. Es besteht also der obere Zwi- schenkiefer der Tritonen, wie bei den höheren Wirbelthieren , den Frö- schen, und wie es die Urbildung erfordert, aus zwei gleichen Stücken, was Herrn Professor Duges zu beobachten nicht gelungen war.

In der derben und ziemlich konsistenten Bildungsmasse der vorde- len Stirn- oder Nasen -Fortsätze lässt sich um die jetzige Zeit keine Spur einer Ossifikation oder etwa einer ächten Chondrose erkennen. Bei Betrach- tung ihrer Form möchte man glauben, dass man ein ähnlich gestaltetes Na- senbein zu erwarten hätte wie bei den Fröschen, indessen ist es nicht ganz so der Fall. Der seitliche Stirnfortsatz und der Oberkiefer haben als knö- cherne Stücke in ihren Bildungsmassen sich gleichfalls noch nicht geschieden. Der letztere ist überhaupt derjenige Gesichtsbestandtheil , welcher beim Triton am spätesten als Knochen sich ausbildet, obgleich der Bildungsstreifen von häutig -knorpliger Beschaffenheit sich auch ziemlich früh schon markirt. Seine Bildungssubstanz hat sich seitlich wie eine Oberlippe über den unteren Kiefer ausgedehnt. Diesem entsprechend erhält sich auch das an seiner Stelle fungi- rende obere Zahngerüste am längsten von allen Stücken des Zahnskelets der Schleimhaut in seiner vollen Thätigkeit. Neben dem letzteren bestehen die vorderen Stücke des unteren Zahngerüstes so lange, bis der eigentliche

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Unterkiefer seine Zähne entwickelt. Die Gesichtsbasis ist mehr häutig- knorplig und im Allgemeinen gering ausgebildet.

Die Schädelhöle.

§. 77. Von nicht geringer Wichtigkeit sind um diese Zeit auch die Veränderungen an der Schädelhöle , welche wir als eine ganz einfache knorp- lige Röhre verliessen.

In der Gehirndecke haben sich, übereinstimmend mit den ungeschwänz- ten Batrachiern, fünf Knochenblättchen gebildet: zwei Stirnbeine, zwei Schei- telbeine, eine kleine Schuppe des Hinterhauptsbeines, welche zuweilen gar nicht ossifizirt Avird. Von dem inneren vorderen Winkel eines jeden Stirn- beines läuft ein spitzer, schmaler Fortsatz zwischen die Bildungsmassen der Nasenbeine .gerade zu nach vorn und erreicht den perpendikulären Fortsatz der entsprechenden oberen Zwischenkieferhälften. Dieser Fortsatz fehlt bei den Fröschen und scheint sich bei den Tritonen nur zur Stütze des sich früh aus- bildenden oberen Zwischenkiefers zu entwickeln, da die übrigen Bildungsbe- standtheile des Gesichtes noch nicht härtere Theile erzeugt haben.

Die Basis, welche früher ohne alle Wirbelabzeichnung kontinuirlich in die Seitentheile überging, hat sich jetzt von denselben getrennt. Man kann sie, nachdem das obere Zahngerüst der Schleimhaut hinweggenommen, frei herauspräpariren. Sie erinnert durch ihre Form an die Schädelbasis der Fische. Wir unterscheiden an ihr gegenwärtig einen vorderen knöchernen und einen kleineten, hinteren, knorpligen Theil. Der knöcherne ist seiner Form und auch der Lage nach wiederum in zwei kontinuirlich zusammen- * hängende Abtheilungen zu trennen. Die vordere ist breiter, steht mit der hier sehr unmerklichen, häutigen Gesichtsbasis in Verbindung und übernimmt mit seinem hintersten Seitenrande die Befestigung des Quadratbein ^Knorpels und somit des ersten Visceralbogens. Hierdurch ist uns seine Bedeutung als Körper des ersten Schädelwirbels gegeben. Die hinter ihm folgende, schma- lere und kürzere Abtheilung wird von den Knorpeln der Ohrlabyrinthe ein- geengt und entspricht dem Körper des zweiten Kopfwirbels, welcher seine Verbindung mit dem zweiten Visceralbogen , wie vorhin angeführt wurde, aufge- geben hat. Hinter ihm befindet sich nun der knorplige Theil der Schädelbasis,

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welcher sich mit der leicht unterscheidbaren Wirbelsäule des Rumpfes ver- bindet und dem dritten Schädelwirbel angehört

5. 78. Auch die Seitentheile der SchädelhÖle haben sich bei den jun- gen Tritonen den drei Kopfwirbeln gemäss so deutlich geschieden, dass wii; es nur bei den Säugethieren evidenter gefunden. Es ist bei ihnen freilich nicht die vollkommnere Gehirn -Ausbildung, welche den Ausschlag gegeben; sondern eine merkwürdige Entwickelung des dem ersten Schädelwirbel entspre- chenden Seitenstücks. Derselbe ist in gegenwärtiger Zeit jederseits noch im knorpeligen Zustande vorhanden und vollkommen gesondert von der hinter ihm liegenden Seitenpartie der SchädelhÖle herauszunehmen. Seine Ausdehnung nach hinten reicht so weit, als die eben beschriebene Basis des ersten Kopfwir- bels und die durchschimmernden grossen Hemisphären des Gehirnes. Nach oben grenzt er an das als Stirnbein geschilderte Knochenblättchen. Er nimmt gleichfalls an seiner hinteren Extremität, die auch etwas dicker ist, den Quadratbein -Knorpel auf, stösst an das Ohrlabyrinth und hat eine OefFnung für den durchtretenden Nervus opticus in der Nähe des anliegenden Quadrat- bein-Knorpels. Sein oberer Rand ist etwas ausgeschweift, sein unterer ziem- lich gerade verlaufend. Sein vorderes Ende entwickelt, nachdem die Schä- delhÖle eigentlich abgeschlossen, einen Fortsatz, welcher von der vertikalen Richtung des ganzen Knorpels abweichend allmählig mit seiner unteren Par- tie horizontal wird und zwischen die Gesichts -Basis, den oberen Zwischen- kiefer und die Bildungsmasse des eigentlichen Oberkiefers sich hineinschiebt. Es ist dieser ganze Knorpel, wie wir ihn beschrieben, ohne Spur irgend ei- ner Trennung, und der allmählige Uebergang des perpendikulären Stücks in den horizontal verlaufenden Fortsatz ganz augenscheinlich. Er scheint auf diese Weise der sehr unbedeutenden Gesichts -Basis Hilfe zu leisten, doch bildet er auch zugleich die untere Nasenhöle und Gaumendecke. Die Entwickelung von Fortsätzen aus den Seitentheilen der oberen Wirbelröhren ist eine Erschei- nung, welche an und für sich gar nichts Aulfallendes hat. Merkwürdig ist nur die Art und Weise, wie sie sich hier hervorbilden und zu welchen Funktionen sie dadurch gelangen. Dass bei diesem Bildungsvorgange der Mangel einer oberen und vorderen Abtheilung des ersten Visceralbogens, woraus sich Gaumen- und Flügelbein zu einer ähnlichen Funktion entwickeln,

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von Einfluss ist, kann wohl als wahrscheinlich angenommen werden. Auch tragen sie zur Stütze des oberen Gerüstes vom Zahnskelet der Schleim- haut bei.

Das Seitenstück des zweiten Schädel- Wirbelbogens ist hier, wie beiden Fröschen, durch das Ohrlabyrinth anfangs blos verdeckt, dann nach und nach mit demselben so einverleibt , dass man um die jetzige Zeit nach Heraus- nahme des Ohrlabyrinth- Knorpels eine förmliche Lücke in der Seitenpartie der Schädelhöle vorfindet. Diese Lücke korrespondirt unterhalb mit der schmaleren, kürzeren Abtheilung des knöchernen Theiles der Schädel- Basis, welche wir als dem zweiten Kppfwirbel angehörig betrachteten; nach oben stösst sie an die Scheitelbeine. Hinter derselben bemerken wir jetzt ein ziemlich regelmässiges, länglich -viereckiges Knorpelstückchen, welches durch das einfache Knochenblättchen in der Gehirndecke, der Schuppe des Hinter- hauptbeines, mit dem respectiven der andern Seite oberhalb verbunden wird. Unten entspricht beiden Theilen das von uns als Basis des dritten Schädel- wirbels beschriebene Knorpelstück, welches nach hinten mit der Wirbelsäule in Verbindung steht. Wir haben auf tliese Weise ursprünglich einen vollkom- menen dritten Schädelwirbel, wie er bei den Säugethieren vorhanden.

Metamorphose iles Kie m en n p p ar a t e s. ( S. Tab. II. Fig. 9. 10. 1 1. 12, 13.)

§. 79. Wir betrachten die Verwandlung des ganzen Kiemenappara- tes der Tritonen , wie bei den Fröschen , nur in so fern , als derselbe mit der Visceralröhre des Kopfes und Rumpfes, in Berührung kommt, und na- mentlich Hilfsleistungen von der «ersteren erhält. '

Die Kiemen entwickeln sich hier ursprünglich auf dieselbe Weise, wie bei den ungeschwänzten Batrachiern. Sie hängen innig mit den Gefässbogen der Aorta zusammen so zwar, dass es uns wiederum geschienen, als ob die uranfänglichen äusseren Kiemenfortsätze nichts Anderes seien , als blosse Ge-- fässschiingen von dem metamorphosirten serösen Blatte {Membrana reuniens in- ferior) bedeckt. Sie entstehen von den Aortenbogen erst dann, wänn diesel- ben aümählig durch die Visceralfortsätze gleichsam zurückgedrängt bis in die zweite Visceralspalte oder äussere Kiemenöffnung gelangt sind. Hier werden

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$ie durch den häutigen Kiemendeckel geschützt, sind vorn von dem hinteren Rande des zweiten Visceralbogens, und hinten durch die Visceralplatte des Rumpfes mit den Gebilden des Brustgürtels sowie besonders nach unten auch xlurch die untere Vereinigungshaut, welche die Visceral platten daselbst ver- bindet, begrenzt. Oben stossen die beiden Visceralröhren des Rumpfes und Kopfes an einander^ unten liegt, gewissermaassen als Trennungskörper der beiden zweiten Visceralspalten jederseits, die Herzhöle. Diese wird zuerst von zwei Blättern des serösen Blattes {Membr. reun. infer.) gebildet, welche sich nachträglich in zwei übereinanderliegenden Membranen scheiden. Die innere ist glänzend, mit schwärzlichen Punkten tingirt, und hängt mit der ganz ähnlich beschaffenen Membran der Rumpfhöle innig zusammen, so dass nur, wie bei den Fröschen, für die Fettmassen und für die grosse Gefässe eine unmittelbare Kommunikation mit der gleichen Hole des Rumpfes stattfindet; sie stellt das Pericardium vor. Die äussere Membran ist nun das Residuum der Membran, reun. infer. Sie geht von dem schmalen Mittelstücke des zwei- ten Visceralbogens unterhalb dem Herzen zur gleichbenannten Haut des Rumpfes über. Oberhalb bildet sie die Decke der Herzhöle, trägt und verbindet die Aortenbogen von den beiden Seiten, wird mit divergiren- den, seitlichen Rändern zur unteren Begrenzung der zweiten Visceralspalte jederseits und kommt auf diese Weise hinten mit der Membrana reimiens infe- rior y seitlich aber mehr mit der Visceralplatte des Rumpfes in Berührung.

Die äussere Gestalt der Herzhöle ist durch das beschriebene Verhalten der äusseren Membran die eines Kegels, dessen Spitze mit dem Mittelstücke des zweiten Visceralbogens in Verbindung steht, dessen Basis aber auf der Rumpfhöle ruht. Sie liegt mithin unten zwischen der unteren Kopf- und Rumpfhöle des Wirbelsystems doch so, dass sie genau genommen ursprüng- lich ausserhalb zwischen ihnen sich befindet und nur grenzweise mit der er- steren durch die zweite Visceralspalte , mit der letzteren aber inniger einmal durch die Gleichartigkeit der inneren Umhüllungen {Pericardium, Peritonaeum) und dann noch besonders durch die erwähnte Oeffnung für die grossen Ge- fässe komraunizirt. Bei den Fröschen geht nun durch die letztere Oeifnung nach dem Hinschwinden der Kiemen das Herz wirklich in die Bauchhöle hinein, und der Brustgürtel vollendet die Zuschliessung der Visceralplatten

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des Rumpfes unter ihm. Bei den Tritonen bildet es immer eine mehr ab- gesonderte Hole, welche, vor der des Rumpfes gelegen, oben und seitlich durch die Vereinigung des Mittelstücks vom zweiten Visceralbogen mit der Visceralplatte des Rumpfes (Kiemenbogenträger), unterhalb aber durch die Verwachsung des häutigen Kiemendeckels vom zweiten Visceralbogen mit dem Brustgürtel, in die untere Röhre des Wirbelsystems aufgenommen wird. Dieses interessante Verhalten der HerzhÖle lässt sich sehr gut bei jungen Tritonen verfolgen. Bei den Larven der Frösche ist das Müskelsjstem der Visceralplatten so wenig ausgeprägt, dass die Untersuchungen dadurch er- schwert werden, üeberdies bildet der Triton den reineren Uebergang in dem Verhalten der Herzliöle bei den höheren und niederen Wirbelthiere.

§. 80. Bei der Beobachtung, wie die häutigen Kiemendeckel des Tri- ton sich von beiden »Seiten vereinigen und dann mit dem Brustgürtel nach der Verkümmerung der Kiemen mit ihren Bogen verwachsen, um die durch die HerzhÖle uncj den Kiemenapparat zum Theil gehemmte Vereinigung der Visceralplatten des Kopfes und Rumpfes gleichsam durch A u s s e n bildungen derselben inniger zu bewerkstelligen^ bei dieser Beobachtung, sage ich, of- fenbart sich in dem häutigen Kiemendeckel eine zweite Funktion, welche nur der Bildungsgeschichte angehört und uns einen Aufschluss über sein rätlisejhaftes Erscheinen bei den Embryonen der Vögel giebt. Bei diesen verweijt das Herz mit seinen Aortenbogen, woran sich keine Kiemen ent- wickeln , längere Zeit in der Gegend des Halses. Dadurch und , wie ich ver- muthe, durch die Bildung der Ärtena aspera, wird hier gleichfalls die Aus- bildung der Visceralplatte theilweise gehemmt. Nachdem nun das Herz in die Bri^sthöle gekommen, die Visceralplatten und der Brustgürtel sich ge- schlossen, verwächst der häutige Kiemendeckel ganz auf gleiche Weise wie bei dem Triton, mit der Rumpf- Visceralplatte und seinen Aussengebilden : sie hilft die untere Röhre des Wirbelsystems in der bezeichneten Stelle voll- ständiger und fester konformiren, - Der häutige Kiemendeckel des zweiten Visceralbogens ist ursprünglich eine Aussenbildung der Visceralröhre. Eine Sonderung in Hart- und Weichgebilde findet in ihm meistens nicht Statt, ausser bei den Fischen, wo sich die rad'ä brancMostegi bilden. Von dem Verhalten seiner Muskeln w erden wir später Einiges anzuführen Gelegen-

III

heit haben. Wahrscheinlich werden auch bei den höheren Wirbelthieren mehre Muskelpartien, welche zwischen dem Kopfe und dem Brustgürtel gele- gen sind, dem häutigen Kiemendeckel ihre Entstehung verdanken"'),

§. 81. Wir kehren nach diesem kurzen Abschweife zu dem Kiemen- apparate im engeren Sinne zurück. Wenn die Sonderung der Bildungsmasse in Hart- uhd Weichtheile bei den Visceralbogen beginnt, so scheji wir auch an den Aortenbogen allmählig die Knorpelbogen gebildet vor uns. Woher dieselben ihre Bildungssubstanz nehmen, lass ich aus früher erwähnten Grün- den ungesagt; das aber lehrt die Entwickelungsgeschichte , dass sie an den Visceralplatten keinen Antheil haben. Es sind ursprünglicli nur drei vor- handen, welche längs den Aortenbogen verlaufen. Die zweite Visceralspalte oder äussere KiemenöfFnung , in welcher sie liegen, ist dann überall noch häutig begrenzt; nur vorn befindet sich das Suspensorium des Zungenbeines, welches schon Knorpelgestalt angenommen. Auch das Mittelstück des zweiten {- Visceralbogens , der Körper des Zungenbeines, ist knorplig geworden. Es ist ein länglicher, runder Knorpel, vorn von d,en Zungen -Suspensoria begrenzt, hinten allmählig spitz verlaufend und ziemlich weit in die obere Decke der Herzhöle, gleichsam der Verbindungshaut zwischen den beiderseitigen Kie- menbogen, hineinragend.

In die Verbindungshaut häuft sich nun die Bildungsmasse an den Rändern an und es zeigen sich sehr bald zwei länglich - runde Knorpel , welche zu beiden Seiten des Zungenbeinkörpers gleich hinter den Zungen- Suspensoria ihren Ursprung nehmen und, nach aussen sich wendend, bis zu den unteren Enden der entsprechenden ersten Kiemcnbogcn sich erstrecken. Beide zusam- men bilden demgemäss einen vorderen, spitzen Winkel, wozwischen der ver- längerte Körper des Zungenbeines sich befindet. Es ist dieser Knorpel das

*) Bei den Säugethieren weiss ich beslimnit, dass vom zweilen "Visceralbogen ein häutiger Kiemendcckel evident nicht hervorwächst. Es wird daselbst die Bildiingsniasse zur Bildung des äusseren Ohres verwandt. Es bleibt aber noch ferneren Untersuchungen vorbehalten, ob nicht der dritte Visceralhogen ein ähnliches Gebilde entwickele, oder ob die verhältnissinässige Kürze des Halses und andere Umstände dasselbe unnölhig gemacht haben.

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vordere Stück des späteren, sogenannten lu'nteren Zungenbeinhornes. Er enti wickelt sich indessen nicht aus einem Visceralbogen, sondern in der Ver-i einigungs - Membran der Kopf- und Rumpf- Visceralröhre , welche im Allge- meinen, wie wir aus der vorangegangenen Beschreibung ersehen, nur ge- wissermaassen als ein Analogon des dritten Visceralbogens betrachtet werden kann. Mithin kann eine Gleichstellung dieses Knorpels mit dem eigentlichen hinteren Zungenbeinhorne der höheren Wirbelthiere nach der Genese recht- mässig nicht ganz statuirt werden.

Nimmt nun die Ausbildung der Visceralröhren noch mehr üeberhand, so bilden sich in der genannten oberen Decke der Herzhöle noch fünf Knor-. pelstücke. (Sich. Tab. Fig. 21. 25. ) Vier von denselben setzen die Schenkel des spitzen Winkels fort, welcher durch die sogenannten hinteren Hörner des Zungenbeines gemacht wurde. Es zeigen sich drei kleinere Knorpel, welche hintereinander liegend die knorpligen Kiemenbogen zu ihren Seiten aufneh- men. Das vierte, welches sich an diese anschliesst und später entwickelt, biegt sich, als hintere Begrenzung der zweiten Visceralspalte , nach oben und hängt inniger mit der Visceralplatte des Rumpfes zusammen. Es entwickeln sich an seinem vorderen Rande, welcher zugleich die vierte Kiemenspalte' nach hinten begrenzt, Zakken, wie sie an den eigentlichen Kiemenbogen ge- funden werden. Daher ist er als vierter Kiemenbogen betrachtet wordeuj obgleich er keinen Aortenbogen hat und auch eine verschiedene Entstehung offenbart. Später, als die vier genannten, bildet sich das fünfte Knorpel- stück. Es entspringt hinter dem vorderen Stücke des sogenannten cornu posterius des Zungenbeines von dem hintersten Ende des Zungenbeinkörpers, und läuft dem ersteren parallel. Es setzt sicli hinterwärts an den inne- ren Rand des kurzen Knorpels, welcher unmittelbar den ersten Kiemenbogen trägt. Dieser bängliche, runde Knorpel ist später die Columella des Zungen- beines der Tritonen.

§, 82. Wir nennen die sechs beschriebenen Knorpelstücke, welche sich aus der oberen Decke der Herzhöle in der Membrana reuniens inferior heraus- bilden, analog mit den Fröschen, den Kiemenbogen -Träger. Durch das so- genannte, hintere Horn des Zungenbeines und durch die Columella steht der- selbe mit dem zweiten Visceralbogen, flurch den uneigentlich so bezeichneten

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vierten Kiemenbogcn mit der Visceralplatte des Rumpfes in Verbindung. Bei den Fröschen bildete er eine mehr einfache Knorpelplatte, welche seit- lich einen kleinen Hervorwuchs für den ersten Kicmenbogen und nach hinten «inen längeren als üneigentlichen vierten Kienienbogen entwickelte. War bei den letzteren die Entstehung durch die Vereinigung der Visceralplattcn des Kopfes und Rumpfes mit mehr Schwierigkeit wahrzunehmen, so ist die- ses bei den Tritonen wegen des evidenten Zusammenhanges des Skeletcs wie der Muskeln kaum zu übersehen, und die verschiedene Genese der Kicmen- bogen von der ihres Trägers und des häutigen Kiemendeckels nicht zu ver- keimen. Am Anfange sieht man auch deutlich die Scheidungsgrenze der Kic- menbogen und der respektiven Knorpelstücke des Trägers; späterlnn vereini- gen sie sich so, dass ich nicht mehr die Scheidungsgrenze bemerken konnte. Bei den Fröschen ist diese Trennung stets aufzufinden. Der Kiemenbogen- träger ist daher mit seinen Muskeln, welche theils zu den Seiten und zum Theil auch unterhalb dem Herzen hiinveglaufcn, als ein Zwischenstück der \isceralplatte des Kopfes und Rumpfes anzusehen, welches bei den Frö- schen vorübergehend, bei den Tritonen mehr bleibend, eine von der Kopf- visceral- und Bauchröhre mehr oder weniger gesonderte Hcrzhöle konsti- tuiren hilft.

§. 83. Bei der Verkümmerung des Kiemenapparates verhält sich nach meinen Beobachtungen der Triton ganz und gar auf dieselbe Weise wie der Frosch. Die Modifikation ist nur durch die verschiedene Form des Kiemcn- bogenträgers bedingt. Es hat sich in die Wissenschaft die Thatsache ver- breitet, als ob bei den Tritonen die Metamorphose anders vor sich gehe. Ant. Duges sowohl als v. Sieboldt haben dieselbe in der Art dargestellt, als Wenn der erste Kiemenbogcn sich erhalte und das hintere Stück des so- genannten Coniu posterius des Zungenbeines bilde. Dieses letztere also mit der parallel verlaufenden Columella bliebe nach der Ansicht der genannten Schriftsteller von unserem Kiemcnbogenträger allein erhalten. Alles Uebrige solle verschwinden. Nach unseren Beobachtungen verkümmert Alles, was eigentlich Kiemenbogcn und Kieme heisst. Der Kiemcnbogenträger dage- gen nur an dem Stücke, wo die Bogen befestigt sind, wie bei den Frösclien etwas zusammenschrumpfend ist auch im entwickelten Triton aufzufinden.

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Wir stimmen demnacl) mit den genannten Naturforschern darin iiberein, dass das vordere Stück des sogenannten Cornu posterius und die Columelia sich erhalten, dass aber das hintere Stück des ersteren nicht von dem ersten Kie- menbogen, sondern von dem uneigentlich so bezeichneten vierten ge- bildet werde. Die zusammengeschrumpften drei Knorpelstücke, welche un- mittelbar die Kiemenbogen tragen, erkennen wir in einem gesonderten Knor- pel, der als solcher selbst bei alten ausgebildeten Tritonen (siehe Fig. 26; 27. .Tab. II.) zwischen dem knöchernen vorderen und hinteren Stücke des soge- nannten Cornu posterius des Zungenbeines stets wiederzufinden ist. Ist der Triton noch jung, so ist dieses zwischenliegende Knorpelstück grösser, und man erkennt sogar mehre Querstreifen von den verwachsenen und zusammen- geschrumpften Knorpeln des |(iemenbogenträgers.

GestiitiAt auf diese Untersuchungen des Skeletes sowie auf die genaue Beobachtungen von dem gänzlichen Verkümmern der Kiemenbogen bei den Fröschen , begann ich an der Richtigkeit der herrschenden Meinung von dem Zurückbleiben des ersten Kiemenbogens bei den Tritonen zu zweifeln. Ich sah nun zwar nicht unmittelbar die Rudimente der drei verkümmerten Kie- menbogen eines jungen Triton, wie bei der Froschlarve; doch beobachtete ich deutlich das Kleinerwerden derselben, während der uneigentliche vierte sich vergrösserte. In der Dissertat. de salamandris und tritonibus von v. Sie- boldt, sowie in der öfters genannten Schrift des Ant. Duges finde ich aber gleichfalls keine Zeichnung oder eine Angabe, welche mir den klaren Beweis der von ihnen angenommenen Metamorphose liefern könnte. So haben wir also gemeinschaftlich den unmittelbaren Verkümmerungsprozess wegen der schwierigen Acquisition dazu geeigneter Individuen nicht beobachtet. Indes- sen hoffe ich durch Untersuchung der dabei betheiligten Muskeln »zur Genüge darzuthun, dass ausser dem beschriebenen Skelete auch namentlich die Mus- keln für die alleinige Erhaltung des Kiemenbogenträgers sprechen.

§. 84. Folgende Muskeln des jungen und ausgebildeten Triton kom- men hiebei in Betracht. (S. Tab. II. Fig. 28. 29). a. Der von Duges genannte Muscle temporo - guttural et stylo - sous - hyoidien. Dieser Muskel entspringt beim jungen Triton von dem vorderen Rande des Zungenbein - Suspensoriums, besonders wo dasselbe an dem Quadrat-

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{ »Iii bein- Knorpel und dem Ohrlab jiinth anliegt. Daher kommen auch mehre Fa- -iit>- Sern von den letzteren Theilen und selbst vom Meckelschen Knorpel, was ^U'j bei der Verschmelzung der dortigen Bildungsmassen natürlich erscheint.

Er verbreitet sich strahlenförmig in mehren Partieen an der unteren «no. Fläche des häutigen Kiemendeckels. Nach der Verkümmerung der Kie- menbogen, bei der Verwachsung der Kiemendeckel unter sich und mit dem Brustgiirtel, und während der Verwandlung des Zungenbein - Sus- pensoriums gehen die Befestigungspunkte dieses Muskels mehr auf den oberen Theil des ersten Visceralbogens und den Ohrlabyrinth -Knorpel über. Er wird so zum Constricior jpharyngis und mylohijoideus des aus- gebildeten Triton. ^ . . »

b. Bei den mit Kiemen versehenen Tritonen, der Adductor arcuum brancldalhm longus. Dieser Muskel entspringt hinter dem vori- gen mehr von der äusseren Fläche des Zungenbein -Suspensoriums, und seine Fasern verlaufen demselben entlang, von neu hinzutretenden ver- stärkt. Nach oben und hinten kommen sie mit dem ßluscle tempore-guttural etc. zusammen, und mehre Bündel gehen hier auch nach dem oberen und hinteren Ende des ersten Kiemenbogens ab, gerade wo die äussere Kieme an ihm fest- sitzt. Man muss die Lage dieses Muskels zu dem Temporo - guttural ge- nau ins Auge fassen, um sich dann ohne Schwierigkeit mit Ant. Duges und V. Sieboldt davon zu überzeugen, dass derselbe bei dem ausgebil- deten Triton nach der Verkümmerung der Kieraenbogen in dem Muscu- lus genioTiyoideus und genioglossus oder in dem von Duges einfach benann- ten Ginioglosse wiederzufinden ist. Die Veränderung seines späteren Verlaufes nach vorn ist zum Theil durch das Verkümmere der unteren Enden des Zungenbein-Suspensoriums bedingt. > ä*/

Wir haben die angeführten beiden Muskeln mehr der Vollständigkeit wegen beigebracht j die unmittelbar betheiligten sind:

c. DeT Adductor arcuum branchialium hrevis s. Müsch pre-stylo-prehrancTiial. Duges. Er kommt mit einer Sehne von dem unteren und vorderen Ende des Zungenbein- Suspensoriums und setzt sich an das hintere Ende des vorderen Stückes vom Cornu posterius des Zungenbeines.

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d. Der Aclductor arcuum hranchialium s. interbrancldal. Bug., welcher hinter dem Ädductor hrevis unter jenen drei Knorpelstücken des Kiemenbogen- trägers, die mit den Kiemenbogen in unmittelbarer Berührung stehen, nach dem vierten uneigentlichen Kiemenbogen sich hinerstreckt.

Die beiden letztgenannten Muskeln ünden sich bei jungen mit Kiemen- bogen versehenen Tritonen vor. Bei ausgebildeten Individuen ist in dieser Gegend:

e. Der Musculus ceratoglossus, welcher von dem unteren und vorderen Ende des Zungenbein -Suspensoriums längs dem vorderen Stücke des Cornu posterius bis an das hintere Ende des in Frage stehenden Knochens sich er- streckt. Wo die beiden letzteren Theile zusammenstossen, wird er durch hinzutretende neue Fasern noch verstärkt, während einzelne sich da- selbst auch befestigen.

§. 85. Es ist nun wohl kaum zu bezweifeln, dass der Lage nach, wie auch v. Sieboldt angiebt''^), der Musculus ceratoglossus theilweise aus dem Ädductor arcuum branchialium brevis der jungen Tritonen entstehe. Wird aber dieses, wie mit Recht, zugegeben^ so fragen wir, ob es nicht höchst unwahrschein- lich ist, dass der Ädductor arcuum branchialium brevis in den M. ceratoglossus übergeht, wenn auf der anderen Seite der erste Kiemenbogen erhalten blei- ben soll. Denn der Ädductor brevis reicht nur bis zu dem fraglichen Kno- chenstück beim jungen Triton. Der Ädductor arcuum branchialium longus, welcher sich mit einigen Fasern an das obere hintere Ende des ersten Kie- menbogens ansetzt, verwandelt sich, wie wir gesehen, in dem Muse, genio- hyoideus. Er kann also eigentlich Nichts zur Vergrösserung des Ädductor bre- vis beitragen. Man müsste mithin, um den ersten Kiemenbogen beibehalten zu können, annehmen, dass an demselben ein ziemlich kräftiger Muskel sich neu bilde, um mit dem Ädductor brevis in den langen M. ceratoglossus über- zugehen. Es ist diese Annahme bei der allgemeinen Verkümmerung der Kiemenbogen und Kiemen um so mehr gewagt, als man die Entstehung des Müsc. ceratoglossus ganz einfach und natürlicher vor sich gehen lassen kann,

*) T.. S. §. 23. Mnsculos cerataglossos in abductoribus arcuum branchiarutn bre- vibus cognoscimus.

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wenn man zugiebt (worauf das Skelet deutlich hindeutet), dass der frag- liche Knorpel, das hintere Stück des sogenannten Corww posterius vom Zungen- bein, nicht der erste Kiemenbogen , sondernder uneigentliche vierte sei. Denn alsdann treten bei der Verkümmerung der Kiemenbogen und durch das damit verbundene Zusammenschrumpfen der entsprechenden Knorpelstücke des Kiemenbogenträgers das vordere Stück des Cornu posterius ossis hyoidei und der uneigentliche vierte Kiemenbogen näher aneinander, der muscle interbranchial verbindet sich mit dem Ä dductor brevis, dehnt sich noch etwas über den sich annähernden, uneigentlichen vierten Kiemenbogen aus, und bildet so den Muse, ceratoglossus.

Ausser der natürlichen Einfachheit, mit welcher bei der letztgenann- ten Metamorphose das Verhalten der Muskeln und des Skeletes selbst erklärt werden kann, sind auch noch andere, weniger wesentliche Punkte, welche für unsere Ansicht sprechen. So liegt das zweite Stück des Cornu posterius vom Zungenbein so sehr nach hinten, dass der erste Kiemenbogen, wenn er erhalten bliebe, einen weiten Umweg zu machen hätte. Auch bildet dasselbe mehr eine gerade Richtung mit dem vorderen Stücke des hinteren Zungen- beinhornes, während der erste Kiemenbogen ursprünglich unter einem stum- pfen Winkel an das letztere angesetzt ist. Alle diese Umstände sind einfach und natürlich zu erklären, wenn man den uneigentlich so genannten vierten Kiemenbogen beibehält, schwer und oft garnicht zu deuten, wenn ein wirkli- cher Kiemenbogen verbleiben soll. Unter solchen Bedingungen und bei der Erwägung , dass man gegen die Analogie ohne hinlängliche Gründe nicht gern auftreten mag, am wenigsten aber, wenn es mit Schwierigkeiten verbunden ist, welche eben durch einen analogischen Prozess leicht und einfach geho- ben Averden; da fühlen wir uns gezwungen eine solche Ausnahme von der Regel abzuweisen und zur Analogie zurückzukehren, welche durch so viele Beobachtungen bestätigt und unterstützt wird.

§. 86. Ehe ich den Kiemenapparat des Triton verlasse, will ich noch erwähnen, dass ich durch die Güte des Professor Herrn H. Rathke mehre Jungen vom Blennius vivipams zum Untersuchen erhalten habe, an welchen das Verhalten der Herzhöle und des Kiemenapparates ganz wie bei den jun- gen Tritonen Statt hat. Der Unterschied besteht nur in einem neu hinzuge-

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tretenen Kiemeübogen und in der verschiedenen Anzahl der noch schwach raarkirten Stücke des Kiemenbogenträgers. Der sogenannte fünfte Kiemen- bogen hat dieselbe Beschaffenheit wie der vierte uneigentliche des jungen Triton. Man bemerkt an der innern Fläche desselben da, wo er mit dem übrigen Kiemenbogenträger sich verbindet, die Entwickelung der Ossa pha- ryngea infer'tora im Beginnen. Daher sind das hintere Stück des sogenannten Cornu 'posterius des Zungenbeines beim Triton und das hintere Horn des Zun- genbeines beim Frosch Analoga von den Ossa pharyngea inferiora. Bei den Fischen bildet sich nun noch aus den uneigentlichen fünften Kiemenbogen das Os pharyngeum superhis jederseits. Bei den Batrachiern verkümmert der an sich oberhalb und vorn weniger entwickelte, uneigentliche Kiemenbogen und hängt bei ihnen meist nur durch Muskelfasern mit dem Hinterhaupt zu- sammen. Nach hinten macht er bei den Fischen, wie schon bei den nackten Amphibien Öfters erwähnt wurde, den üebergang zum animalischen Systeme des Rumpfes. Was bei den entwickelten Gräthenfischen in dem Kiemenappa- rate der Kiemenbogenträger zu nennen ist, muss die Entwickelungsgeschichte noch genauer darlegen. Dennoch wird man zugeben müssen, dass eine un- befangene Betrachtung des Habitus der unteren Schlussstücke der sogenann- ten Kiemenbogen schon vorausahnen lässt, welche Theile für den Kiemenbo- genträger, das zwischen Kopf und Rumpf gelegene Zwischenstück der Vis-' ceralplatte, zu halten sind.

Ii a p 1 t e 1 VI.

Das Kopfskelet in seinem ossifizirten Zustande,

§. 87. Wir haben hier, wie bei den Fröschen, der Entwickelungsge- schichte gemäss zu betrachten:

1. Die Schädelhöle, welche aus der oberen Röhre des serösen Blat- tes durch Vereinigung der Rückenplatten daselbst entsteht und die vorderen Zentralorgane des Nervensystems beherbergt.

2. Die VisceralhÖle des Kopfes, welche aus der unteren Röhre des serösen Blattes durch die Entwickelung der Visceralbo^en und des Kiemenbogen- trägers sich bildet. Sie umschliesst den vordersten Theil des vegetativen Systems.

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3. Das Gesicht als den Verbindungstlicil beider Röhren zur Forminmg des Nasen- und auch des Mundkanals, zu dessen Vervollkommnung noch der ünterkieferapparat hinzutritt. sm'

Die Schädelnöle. §. 88. Wir verliessen dieselbe schon soweit ausgebildet, dass es da- mals nicht schwer hielt, die einzelnen Abtheilungen auf die verknöcherte Schädelhöle des ausgebildeten Individuums zurückzufüliren. In der oberen Decke derselben liegen vorn die Schlussstücke des ersten Schädel wirbeis, die beiden Stirnbeine, welche im ausgebildeten Individuum immer noch getrennt zu erkennen sind. Von dem inneren, vorderen Winkel derselben gingen kontinuirlich die schmalen, spitzen Fortsätze zu den respektiven perpendiku- lären Theilen der oberen Zwischenkiefer ab , um diese letzteren bei den jun- gen Tritonen zu stützen. Mit der Ausbildung der Nasen- und Oberkiefer- beine wird diese Funktion überflüssig, die Fortsätze verkümmern etwas und werden so sehr durch die Nasenbeine beeinträchtigt, dass man sie kaum in ihrer früheren Gestalt wiedererkennt. An dem Scliädel des Triton cristatus und taetiiatus kann ich sie immer auffinden, und sie liegen alsdann gleichsam als Supplemente da, wo bei den Fröschen die Knochenwucherung zwisclien Stirn- und Nasenbeinen ihre Lage hat. In den Abbildungen des Ant. Duges von der Salamandre marhree ist derselbe nicht zu bemerken, sondern es befin- det sicli daselbst eine Lücke, welche übrigens auch beim Triton inmitten dieser Fortsätze und den entsprechenden perpendikulären Theilen des oberen Zwischenlviefers zu sehen ist.

Hinter den Stirnbeinen liegen als Schlussstücke des zweiten Schädel- wirbels die Scheitelbeine, welche sich, je älter der Triton wird, um so mehr über die Pars petrosa (Ohrlabyrinth - Knorpel) und nach hinten aus- dehnen, Ihre Knochenwucherung markirt sich bei älteren Individuen auch durch das Unregelmässigwerden der, die beiden Scheitelbeine trennenden Nath. Das einfache Schlussstück des dritten Wirbels, die Schuppe des Hin- terhauptsbeines, ist bei der veränderten Verbindung des Kopfes mit der Rumpf- wirbelsäule und durch die Wucherungen der Scheitelbeine nach hinten als gesondertes Stück kaum mehr wiederzufinden.

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§. 89. In den Seitentheilen der Schädelhöle waren am deutlichsten die des ersten und letzten Wirbels ausgeprägt. Beide werden verhältniss- mässig spät ossifizirt. Bei dem ersten liegt wohl der Grund darin, dass sein horizontaler Fortsatz, welcher als untere Decke der Nasenhöle auftritt, sich dem Oberkiefer akkomodirt, bei dem letzteren, weil sich jetzt die Gelenk- fortsätze für die Rumpfvvirbelsäule ausbilden. Die Seitentheile des ersten Schädelwirbels sind im knöchernen Zustande leicht wiederzuerkennen. Der horizontale Fortsatz derselben, welcher den grÖssten Theil und besonders nach hinten die untere Wand der Nasenhöle bildet, tritt bei der Verknöche- rung mit den horizontalen Stücken des oberen Kiefers und Zwischenkiefers in Berührung, Bei jungen, ausgebildeten Tritoncn sielit man noch deutlich ' die gegenseitigen Trennungsnätbe. Man hat diesen Fortsatz wegen seiner ganz abweichenden Lage von dem eigentlichen Körper der Seitentheile, von welchem er ursprünglich hervorwächst, bisher als einen gesonderten Knochen unter dem Namen „Vomer" betrachtet. Ant. Duges nennt ihn Vomero - pala- tin und lässt ihn aus seinem Appareil pterrjgo - vomerien entstehen. Wir haben seine Genese genau, wie wir sie beobachtet, angegeben «nd können ihn weder mit dem einfachen Vomer der höheren Wirbelthiere, der auch eine ganz andere Lage hat, noch mit dem anders entstehenden, sogenannten Pflugschaarbein der Frösche vergleichen, wenn auch die Funktion und Lage der letzteren in der That gleichbedeutend ist. Werden wir uns zuerst dar- über geeinigt haben, ob die als Supplemente auftretenden Fortsätze und Kno- chenstücke nach der Genese oder nach der Lage und Funktion zu benen- nen sind, so wird auch dieser Fortsatz bald unterzubringen sein. Die eigentlichen Seitentheile des ersten Schädelvvirbels bieten ossificirt nichts Ab- weichendes dar.

Die den Scheitelbeinen entsprechenden Seitentheile sind, wie wir wissen, durch die Ohrlabjrinth - Knorpel verdrängt. Letztere vertreten jetzt ihre Stelle , obgleich sje ursprünglich gesondert dastehen und eine ganz andere Bedeutung haben. Sie sind die frühsten Knorpel am Kopf ; ihre Ossifikation ist verhältnissmäSS'ig spät. Sie werden dadurcli bei cjcn höliercn Wirbelthieren zu d^tn Partes petrosae der Schläfenbeine, bei den niederen zu den entsprechenden Thcilen der Scheitelbeine, weil die Schuppe des Schläfenbeines bei letzteren

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aus früher angegebenen Gründen fehlt. Die Seitentheile des letzten Schädel- wirbels sind diejenigen Stücke desselben, welche Avährend der Verknöcherung bei den nackten Amphibien sich vorzugsweise verändern. Es beruht dieses darauf, dass, wie bekannt, mit dem Hinschwinden der Kiemen die Verbin- dung des Schädels mit der Rumpf Wirbelsäule sich umwandelt, nämlich gelen- kig wird. Zu dieser Gelenkverbindung tragen nur die Seitentheile des Hin- terhauptsbeines bei. Während dieselben zu Gelenkköpfeii sich entwickeln, verkümmern allmählig die Schuppe und zum grossen Theil auch der Körper des letzten Schädelwirbelbogens.

§. 90. Die Basis der Schädelhöle bildete zuletzt eine knöcherne Ab- theilung für den ersten und zweiten, und eine knorplige für den dritten Wir- bel. Letztere verkümmert grösstentheils und der Rest wird durch die Kno- chenwucherungen der vorliegenden überflügelt und ersetzt. Sobald nämlich die Knorpel des Ohrlabyrinthes ossifizirt werden, verbreitet sich das entspre- chende, knöcherne Stück der Schädelbasis, welches als dem zweiten Wirbel zugehörig beschrieben wurde, durch Wucherung seitlich über die Pars pe^ trosa der Scheitelbeine, und nach hinten über die knorplige Basis des drit- ten Schädelwirbels hinweg. Man kann anfangs die genannten Theile durch die sich ausbreitende Knochenplatte durchschimmern sehen. Je älter das In.- dividuum wird, um so mehr werden dieselben unkenntlich, und wir haben dann statt der früheren, viereckigen, kleinen Basis des zweiten Schädelwir- bels eine ziemlich grosse, dreieckig gestaltete Knochenplatte vor uns, welche seitlich auf den Partes petrosae , nach hinten mit der Spitze auf dem Rudi- mente des dritten Kopfwirbelkörpers ruht. Vorn geht sie mit der Grundfläche kontinuirlich in die Basis des ersten Kopfwirbels über.

Diese letztere entwickelt sich bei den Thieren, welche eine vordere und obere Abtheilung des ersten Visceralbogens nicht besitzen, mächtiger als bei den höheren Wirbelthieren. Sie ist übrigens so einfach, wie Avir sie verliessen, wieder zu erkennen. Zu bemerken ist, dass sie sowohl, als die entsprechenden Seitentheile die Verbindung mit dem Quadratbein - Knorpel nach und nach aufgeben, indem der Ohrlabyrinth - Knorpel dieselbe über- nimmt. Vorn hängt sie mit der häutig -knorpligen und sehr schwach ausge- bildeten Gesichtsbasis zusammen. Auf der untern Fläche dieser Basis gerade

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da, wo sie mit den entsprechenden Seitentheilen sicli verbindet, findet man in erwachsenen Individuen eine Zahnreihe, welche S förmig verläuft und vorn mit der respektiven der andern Seite beinahe zusammenkommt. Man hat sie als das Rudiment eines Gaumenbeines angesehen. Die Zähnclien stützen sich auf ein schmales Knochenplättchen, welches an der genannten Stelle der Schä- delbasis nur aufliegt. Im frischen Zustande ist es sehr leicht abzunehmen, und fehlt oft ganz, so auch bei der von H. Rathke beschriebenen Salaman- drina attenuata im Zoologischen Atlas von Eschscholtz, fünftes Heft 1833. jbiese Zahnleiste ist weder mit den Zähnchen an dem sosenannten Vomer der Frösche noch mit dem Gaumenbein der anderen Wirbelthiere in Vergleich 7Ai stellen, welches letztere der Genese nach überhaupt nicht beim Triton zu erwarten ist. Es ist vielmehr das Residuum der vorderen Äbtheilunc; des oberen Zahngerüstes der Schleimhaut, welches nach und nach die Verbindung mit der hinteren Abtheilung aufgiebt und bis auf das schmale Zahnleistchen verkümmert. Ich habe diesen Prozess genau verfolgen können und werde später noch einmal darauf zurückkommen.

Die Visceralhöle des Kopfes. §. 91. Wir erinnerten schon, dass der Quadratbein -Knorpel des er- sten Visceralbogens allmählig seine Verbindung mit dem ersten Schädelwir- bel aufgiebt und höchstens ligamentös beibehält, indem er bei der Ausdeh- nung des Ohrlabjrinthknorpels an dessen äussere Fläche gelangt. Hier liegt derselbe, verkümmert dann noch etwas, ist aber im Allgemeinen beim ausgebildeten Triton im knöchernen Zustande deutlicher zu erkennen, als beim Frosch. Es ist wiederum derjenige Knochen, welcher die Gelenkfläche für den Meckelschen Knorpel wesentlich bildet und in gerader Richtung nach oben zur Pars petrosa zu verfolgen ist. An seiner äusseren Fläche be- findet sich der weissliche Bildungsstreifen, aus welchem sich beim Frosch das Os tympanicum entwickelt. Beim Triton erzeugen sich aus demselben ur- sprünglich zwei Stücke , ein oberes , breiteres , von dreieckiger Gestalt , welches mit seiner Basis an die Pars petrosa angrenzt und mit der Spitze ungefähr das erste Drittheil des Quadratbeines bedeckt. Unter demselben liegt das län- gere, zweite Stück, welches bis zur Gelenkfläche des Quadratbeines sich ausdehnt. Späterhin verwachsen diese beiden Knochenstücke zu einem ein-

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zigen , welches als solches an der äusseren Fläche des Os quadratum sehr gut schon früher gekannt ist, doch mit demselben als ein Knochen angesehen mirde. H. Rathke bemerkt in der Beschreibung des Triton ensatus a, a. O. Tab. XXII. ausdrücklich, dass das Quadratbein desselben aus zwei der Länge nach aneinanderliegenden Knochen bestehe. Ant. Duges erklärt dieses äussere Knochenstück, welches der Genese nach das Os trjmpanicim der Frö- sche ist , für sein temporo - mästoidien. Indessen ist die Pars mastoidea des Schläfenbeines wesentlich ein Ergänzungsstück in den Seitentheilen der Schä- delhöle zwischen dem zweiten und dritten Wirbel, und daher diese Benen- nung hier ganz unpassend. Wir wollen noch die Bezeichnung Os tymfani- cum^' beibehalten, wenngleich die Funktion, das Paukenfell zu stützen, bei den niederen Wirbelthieren allmählig verloren geht.

An der inneren Fläche des Quadratbeines befindet sich im entwickel- ten Individuum ein dreieckiges Knochenplättchen , welches, mit seiner Basis an dem Quadratbeine selbst gelegen, seine Spitze gegen das hinterste Ende des Oberkieferbeines hinrichtet. Dieses Knochenplättchen hat man Os ptery- goideum genannt. Wir haben gezeigt, dass das Fliigelbein der Entwickelungs- geschichte gemäss bei den niedrigsten Wirbelthieren nicht mehr vorhanden sein kann. Nach der Genese, welche wir ganz genau verfolgten, ist dieses Knochenstückchen das zweite, zurückgebliebene Rudiment des Knorpelblätt- chens , welches die hinterste Abtheilung des oberen Zahngeriistes der Schleim- haut bildete. Es lag an der inneren Fläche des Quadratbeinknorpels an, und ging von hier in die Schleimhaut der unteren Fläche der Visceralhöle über. Dieses Knorpelblättchen verknöchert alhnählig vollständig, wenn seine erste Funktion, wobei die Biegsamkeit desselben erforderlich scheint, aufhört und das Oberkieferbein sich herausbildet. Alsdann verkümmert dasselbe zugleich mit der vorliegenden Abtheilung des Zahngeriistes, ihre kontinuirliche Ver- bindung wird, befördert durch das seitliche Zurückweichen des Quadratbein- Knorpels, getrennt, und während vorn die genannte rudimentäre Zahnleiste zurückbleibt, erhält sich am Os quadratum das reduzirte Knochenplättchen m einer noch innigeren Anlage, als es der Genese nach zu erwarten stand. Die Knochenwucherung dieser Gegend bringt selbst noch eine leichte Ver-

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einigung mit der Pars petrosa zu Wege. Der Name Os pterygoideum ist mithin der Genesis nach rechtmässig nicht mehr beizubehalten.

Auch die Funktion ist im Wesentlichen anders. Es erscheint im entwickel- ten Triton gewissermaassen als die hinterste Abtheilung der knöchernen obe- ren Mundbegrenzung, übernimmt daher theilweise die Funktion, welche bei anderen ungeschwänzten Batrachiern Hallmanns Os quadrato-maxillarey Cu- viers jugale etc. versieht. Wir haben aus der Entwickelungsgeschichte ge- sehen , dass der Oberkiefer in seiner Bildungsmasse und auch in seinem häutig -knorpligen Bildungsstreifen, wo derselbe, wie bei den Fröschen> Vögeln etc. ganz deutlich zu erkennen ist, jedesmal bis zum Quadratbein- Knorpel sich hinerstreckt. Beim Triton, wie bei den geschwänzten Batra- chiern grösstentheils und auch in einigen Kröten, bildet sich im Oberkie- fer-Bildungsstreifen kein besonderes Knochenstiick zur Verbindung mit dem Quadratbein aus, sondern es verbleibt in dieser Gegend ein mehr ligamentöser oder häutig -knorpliger Zusammenhang, Diese bandartige Ver- bindung ist der Genese nach nichts Anderes als das stellvertretende Os jugale Cuv. An der inneren Fläche derselben und an der des Quadratbeines befindet sich nun das reduzirte Knochenplättchen des oberen Zahngeriistes der Schleimhaut und bildet für dieselbe nach und nach eine Rinne, worin eben die bandartige Verbindung verläuft. Die Bildungsmasse des Oberkiefers erzeugt nun nach hinten gerade bis dahin seine Knochensubstanz, wo nach innen die Spitze des dreieckigen Knochenblättchens ihren Anfang nimmt. Es ist jedoch nicht die geringste Spur einer Verbindung mit demselben vorhan- den, sondern das Oberkieferbein setzt sich, wie erwähnt wurde, ligamentös in der Rinne des dreieckigen Knochenplättchcns verlaufend, bis zum Qua- dratbein fort.

92. Es ist mir eine Freude für die Richtigkeit dieser Ansicht mehre Thatsachen, welche ich bei anderen nackten Amphibien vorgefunden, hier an- führen zu können. So fehlen ganz entsprechend bei der Salamandrina attenuata (H. Rathke a. a. O.), wo statt des ausgedehnten Zahngerüstes des Triton nur eine rundliche Zahnplatte der Schleimhaut an der Schädelbasis sich befindet, auch dieses dreieckige Knochenplättchen, und die S förmigen Zahnleisten gänzlich. Daher zeichnete auch H. Rathke den skeletirten Kopf derselbeii

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ohne diese Zahnplatte, welche übrigens bei der Ansicht der Zunge und ihrer knöchernen Stützen an der unteren Fläche der Schädelbasis deutlich iu Verbindung mit der Schleim -Membran zu sehen ist.

Ferner giebt Ant. Duges a. a. O. eine Zeichnung des Schädels der Cecilie annelee. Wir können nun zwar in der Benennung der einzelnen Knochen- stücke derselben durchaus nicht mit dem Verfasser übereinstimmen, wollen auch auf nähere Erörterungen, welche genügend aus den vorliegenden Unter- sucliungen zu entnehmen sind, nicht eingehen j man überzeugt sich aber bei der Betrachtung der unteren Fläche der Schädelbasis dieser Cöcilie augen- scheinlich, dass bei derselben noch im ausgebildeten Zustande ein oberes Zahngeriiste der Schleimhaut ganz in der Form, wie beim jungen Triton, an dem Schädel anliegt. Seine Zahnreihe verläuft parallel einer äusseren, welche den oberen Kiefern angehört. Daher kann natürlich das Knochen- plättchen des Zahngerüstes hier nicht die hinterste Partie der oberen knö- chernen Mundbegrenzung unterstützen, und die Bildungsmasse des Oberkie- ferbeines erzeugt nun wieder ein knöchernes Verbindungstück mit dem Qua- dratbein, ein Os jugale Cuv. -A^V^imtvi^U. s;

93. Bei einem Proteus, welchen ich auf dem hiesigen anatomischen Museum untersuchte, fand ich gleichfalls ein ähnliches Zahnskelet der Schleimhaut, wie bei den Tritonen, Es bleibt aber hier auch bei den ent- wickelten Thieren oben beinahe vollständig erhalten, unten gewahrte ich noch einige rudimentäre Stücke. In eben dem Maasse, als das obere Zahn- gerüste sich beinahe vollkommen erhält, bleibt der Oberkieferbildungsstreifen in seiner Entwickelung zurück. Es ist nur eine knorplige Grundlage vorhanden ohne Spur von Zähnen, die hinten häutig - fasrig mit dem Quadratbein zusam- menhängt; der obere Zwischenkiefer ist vollständig ausgebildet. Bei der schma- len Gesichtsform des Proteus kann das obere Zahngerüste auch leichter, als bei der Cöcilie und dem Triton, das Oberkieferbein ersetzen. Hiezu kommt, dass der Proteus überhaupt eine sehr zarte Konstitution des Wirbelskelets besitzt.

Wir erhalten auf diese Weise also in der Gegend dey oberen Ab- theilung des ersten Visceralbogens beim Triton drei der Länge nach ne-. ben einander liegende Knochenstücke, welche mehr oder weniger wesentlich verschieden sind. In der Mitte ist das eigentliche Quadratbein , welches stets

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die Gelenkfläche für den Meckelschen Knorpel hauptsächlich bildet: an dessen äusserer Seite, als Aussenbildung des ersten Visceralbogens , das Os tympanicim, welches ursprünglich aus einem weisslichen Bildungsstreifen entsteht, woraus zwei später innig verwachsende Knochenstücke erzeugt werden: endlich an der inneren Seite des Quadratbeines das Rudi- ment des Knochenblättchens vom oberen Zahngerüste der Schleimhaut mit seiner Rinne für diö ligaraentöse Verbindung des Oberkieferbeines mit dem Os quadratum.

Die untere Abtheilung des ersten Visceralbogens, der Meckelsche Knorpel , stimmt in seiner Verknöcherung ganz mit den übrigen Wirbelthie- ren überein. Er verkümmert um so mehr, je älter das Thier wird, und es erhält sich hauptsächlich nur selbstständig dasjenige Stück, welches wesent- lich den Gelenkkopf für das Quadratbein bildet. Von der übrigen Partie sieht man zuweilen noch mehre rudimentäre Knochenstücke, welche an der inneren Fläche des Unterkiefers lose oder in einer Rinne sich befestigen. Mit dem Meckelschen Knorpel verschwindet auch gänzlich die vordere Ab- theilung des unteren Zahngerüstes der Schleimhaut; die hintere verkümmert Weit früher. Dagegen bildet sich der Unterkiefer- Bildungsstreifen jederseits kräftiger aus. Es erzeugen sich meistens drei Knochenstücke daraus, von welchen das eine besonders noch zur Befestigung des Unterkiefergelenkes, wie oben das Os ti/mpanicum , beiträgt und an der inneren Fläche des Ge- ~ lenkkopfes des Meckelschen Knorpels emporwuchert, gleichsam einen Fro- cessus coronoideus der Säugethiere darstellend. Das Stück, welches die Zähne trägt, ist lange Zeit vom dritten, unterliegenden zu trennen. Diese beiden letzteren länglichen Stücke bilden gewissermäassen den Kern des Unterkiefers und verwachsen innig mit dem frühzeitig schon entwickelten unteren Zwi- schenkiefer.

§. 94. Die obere Abtheilung des zweiten Visceralbogens verliert ihren Knorpel durch Verkümmerung gänzlich. Es bildet sich kein Gehörknöchelchen, sondern das foramen ovale wird, wie bei Bufo igneus, durch eine knorplige Haut verschlossen, welche ihre Entstehung dem Ohrlabyrinth -Knorpel verdankt. Der Rest der Bildungsmasse von dieser oberen Abtheilung vereinigt sich mit der gleichen des ersten Visceralbogens und dem anstossenden Ohrlabyrinth-

m

Knorpel, so dass der früh entstehende häutige Kicmendeckcl oberhalb ur- sprünglich wie von dort her, auszugehen scheint. Auch die Muskeln, Welche sich an demselben entwickeln, hangen an der genannten Stelle mit jenen Theilen mehr oder weniger zusammen.

Der hauptsächlichste Knorpel der unteren Abtheilaiig des zweiten Vis- ceralbogens, das Zungenbein- Suspensorium , reicht ursprünglich, wie beim Frosch, bis zur Pars petrosa und dem unteren Ende des Quadratbeins, wo- selbst der verschwindende obere Knorpel ihn verlässt. Es wird aus einem solchen Aneinanderliegen erklärlich, wie, nach der Verkümmerung des Kiemen- apparates bei der späteren Verwandlung des Suspensoriums, die Muskelansätze des Temporo- guttural und stylo -sous-hyoidien an diesen Stellen sich danach modifiziren, wenn sie in den sogenannten miisc. pharyngeus und mylohyoideus übergehen. Die Veränderung des Suspensoriums während der Verkümme- rung des Kiemenapparates ist folgende. Sein häutiger Kiemenderkel ver- einigt sich sammt den daran sitzenden Muskeln mit der Visceralplatte des Rumpfes (Brustgürtel), Das obere und hintere Ende verkümmert noch etwas und kommt so selbst mit dem Meckelschen Knorpel in Berührung. Zu gleicher Zeit giebt auch die vordere und unte]^e Extremität ihre;, knorplige Verbindung mit dem Zungenbeinkörper allmählig auf, und an ihrec Stelle befinden sich ligamentose und muskelartige Partieen. Der Rest des Suspensoriums theilt sich in zwei Abtheilungen. Das untere und vordere wird blattartig , bleibt meist knorplig und hängt ligamentös mit dem Zungen- beinkörper zusammen. Das hintere und obere behält seine mehr länglich-: i'undliche Form und verknöchert bis auf ein unbedeutendes Knorpelstückchen.

Das knorplige Schlussstüt^k des zweiten Visceralbogens, der Körper des Zungenbeines, ist im Wesentlichen mit dem Kiemenbogenträger zugleich abgehandelt worden. Seine Ossifikation erfolgt in der Art, dass die vor- derste Abtheilung, welche mit der Zunge zusammenhe^ngt , und seine knorp- lige Verbindung mit dem Suspensorium aufgegeben hat, sich zeitlebens knorp- lig erhält. Dahinter folgt eine längliche, runde knöcherne Abtheilung und dann noch ein knorpliges hinteres Endstück, woran sich der Kiemenbogen- träger befestigt. Diese Scheidung des Zungenbeinkörpers ist durchaus nur durch die Ossifikation hervorgerufen.

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Die i:wiscfieri den Schliissstücken des ersten und zweiten Visceralbo- gens sich entwickelnde Zunge verhält sich, wie bei den Fröschen.

Das Gesicht.

§. 95. In den, von der Schädelröhre hervorwachsenden, vorderen Stirnfortsätzen haben sich jetzt allmählig ohne deutliche, ächte Chondrose die beiden Nasenbeine gebildet. Sie werden durch die erwähnten Fortsätze der Stirnbeine und durch die perpendikulären Theile der oberen Zwischenkiefer von einander getrennt. Es sind platte, unregelmässig viereckige Knochenstücke, erscheinen zuweilen wie aus zwei Stücken zusammengesetzt, und bewerk- stelligen hauptsächlich die Formirung der oberen Nasenhölcn, Wand. An ihrer Seite haben sich in der beinahe unmerklichen Bildungsmasse der seitlichen Stirnfortsätze kleine Knochenblättchen entwickelt. Es sind dies die Thrä- nenbeinchen, welche, als Supplemente in der Gesichtsformation, die seitliche Wand der Nasenhöle bilden helfen, Sie liegen ihrer Genese nach zwischen den Stirnbeinen, von wo sie auswachsen, und den Nasen- und Oberkiefer- Beinen, zwischeti welchen sie sich hineindrängen.

In der Bildungsmasse des Oberkiefers findet sich nun auch sein eigent^ licJher Knochen vor uns. Da der obere Kieferapparat ursprünglich in seiner Bildungssubstanz zweierlei Funktionen hat, nämlich die Unterstützung in der Formirung des Nasenkanals und der oberen Mundhölenwandj so thut man am besten, das obere Kiefer- und Zwischenkieferbein in zwei Knochen - Partieen zu betrachten. Die eine verläuft mehr perpendikulär und bildet die Seiten- wand der Nasenhöle. Sie kann daher mit allen Bestandtheiien der letzteren in Berührung kommen. Die zweite Knochenpartie verläuft horizontal, hilft den oberen Kieferapparat im engeren Sinne zusammensetzen, trägt die Zähne und unterstützt auch die Bildung der unteren Nasenwand, Dieser horizontale Theil nun verknöchert beim Triton nicht so vollständig wie beim Frosch. Wir haben schon darauf aufmerksam gemacht, dass der ursprüngliche Zu-^ sammenhang der Bildungsraasse des Oberkiefers mit der des Quadratbeines sich hier nicht, wie gewöhnlich, durch eine Knochenbildung dokumentirt, sondern durch eine ligamentöse Verbindung, welche an der äusseren Fläche des rudimentären Knochenplättchens vom oberen Zahngerüste der Schleimhaut

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in einer Rinne desselben bis zum Quadratbein liin verläuft. Diese ligamen- töse Verbindung ist der Genese nach das Analogon des Jugale Cuviers, und, so wie dieses, nur als der hinterste Theil des oberen Kieferbeines zu betrach- ten. Nach vorn vereinigt sich dieses horizontale Stilck des oberen Kiefers ganz innig mit dem entsprechenden des oberen Zwischenkiefers, welcher frühzeitig sich entwickelt hatte. An der unteren Wand der Nasenhöle schickt er eine Knochenwucherung aus, welche mit dem horizontalen Fortsätze des ersten" Seitentheiles der SchädelhÖle in Berührung tritt.

An dem oberen Zwischenkiefer bemerken wir nur seine Vereinigung mit den neu entstandenen Knochen des Gesichtes. Der perpendikuläre Theü, welcher für die vorderste Bildung der oberen NasenhÖlenwand be- stimmt ist, verbindet sich jetzt mehr mit dem Nasenbeine. Der horizon- tale verwächst innig mit dem gleichen des Oberkieferbeines, entwickelt ausserdem einen Fortsatz,^ welcher den voitdersten Theil der unteren Nasen- hÖlenwand bildet, und mit dem vorderen Rande des Fortsatzes vom ersten Seitentheile der SchädelhÖle sich vereinigt. Die Trennungslinien der in der unteren NasenhÖlenwand zusammengekommenen Knochenstücke sind bei älte- ren Individuen nicht mehr wieder zu erkennen. Die Gesichtsbasis ist bei den Tritonen noch unbedeutender als bei den Fröschen ; sie verknöchert selten.

III« Ali^clinitl;*

Summarische Uebersicht der Resultate aus der Entwickelungsge- schichte der nackten Amphibien.

Kapitel VII.

Die ungeschwänzten ßatrachier.

' ' §. 96. Die Entwickelung der ungeschwänzten Batrachier ist für den Embryologen von der grössten Wichtigkeit. Sie giebt uns in schon heran- gewachsenen Individuen den oifenbaren Beweis einer Metamorphose des ani- malischen und vegetativen Systems, welche wir zwar bei den Insekten, doch

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nirgend bei den Wiibelthieren in so merkwürdiger Art wiederfinden. Es sind die ungeschwänzten Batrachier diejenigen Wirbelthiere, welche bei dem Mangel einer Gesichtskopfbeuge uranfänglich mehr dem, unter den niederen Wirbelthieren verbreiteten Typus, zugehÖren, nachträglich aber eine, den höheren Amphibien, Vögeln und Säugethieren sich annäherende Form ent- wickeln. Diese Zwitterbildung der Frösche bedingt den ihnen eigenthümli- chen Larvenzustand, und auf ihr beruht Alles, was diese Thiere vor den übrigen auszeichnet. Dieser Gedanke möge uns daher durch die Entwicke- lungs- Metamorphosen der ungeschwänzten Batrachier geleiten.

Von einer behufs der Larvenmetamorphose eigends entwickelten schwar- ten Umhiillungshaut geschützt, strebt der Keim des Froscheichens mit der ersten Bildung der Urplatten des Wirbelsystems sogleich zu einer freieren Existenz. Statt schmarotzerartig die Dotterkugel, wie andere Wirbelthier- Embryonen, zu umwachsen, bis die typische Konforttiation des Wirbelsystems ein freieres Auftreten des Embryo möglich macht, erhebt sich der Frosch- keim sogleich aufwärts von der Dottersubstanz, und die eben nur in der Entwickelung begriffenen ürplatten des Wirbelsystems stehen sogleich als Träger der Dotterkugel da. Auf diese Weise wird die so merkwürdig ab- weichende, frühe Form des Froschembryo zu Wege gebracht. Es ist eigent- lich dieselbe langgestreckte Gestalt, wie wenn der Triton die Eihüllen ver- lässt, nur ist das Wirbelsystem hier als rohste Anlage vorhanden und trägt die viel voluminösere Dotterkugel.

§. 97. An diesem plumpen, unförmlichen, kaum zwei Linien lan- gen Embryo, an welchem das Schwanzende durch sein spitzes Auslaufen sich leicht markirt, befinden sich schon ganz vorn die in der Entstehung be- griffenen Saugnäpfchen, welche, aus der schwarzen Umhüllungshaut durch Faltenbildung sich entwickelnd, das einfache Befestigungs- Organ der Frosch- embryonen darstellen. Ueber denselben in einem nur sehr geringen Abstände sieht man in der Stirnwand die kleinen Erhöhungen für die Augenrudimente, hinter ihnen die erhabene Wulst, welche durch das Herz mit seinen Aorten- bogen hervorgetrieben wird. Bald darauf werden die Rückenplatten des Kopfes durch die grössere Ausbildung des Gehirnes deutlicher, und von dem bis dahin nicht zu unterscheidenden Visceralstreifen wächst all-

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mählig der erste Visceralfortsatz in gerader Richtung nach unten gegen die Saugnäpfchen hervor. Seine Anheftungsstelle an die Schädelhöle hat sich, begünstigt von der geringen Entwickelung des Auges, mehr an die vordere Partie des ersten Schädelwirbels hin erstreckt. Noch hat derselbe den re- spektiven der anderen Seite nicht erreicht, noch ist der zweite Visceralfort- satZi lange nicht vorhanden , aber die Saugnäpfchen sind dienstfähig , und dep so ausgebildete Embryo, geschützt von der schwarzen ümhüllungshaut, verlässt seine Eihüllen, wird mechanisch an die Pflanzentheilchen befestigt und ver- räth kein anderes Lebenszeichen, als den Wachsthum und die nur selten er- folgenden Seitenkrümmungen des Embryonalkörpers. Zwischen den noch unvereinigten ersten Visceralfortsätzen befindet sich die in der perpendiku- lären Axe des Embryo verlaufende, einfache Spalte des vorderen Visceral- röhren- Einganges. Mit diesen ersten Spuren einer Kopfentwickelung tritt schon der Froschembryo aus seinen Eihüllen und vollführt nun erst seine tj'^pische Konformation bei schon freier Existenz in seinem künftigen Elemente.

DieSchädelhöIe. ^ ^

§. 98. Die Rückenplatten des Kopfes bilden sich ohne besonders au- genscheinliche Entwickelungsmomente aus der präformirten Rölire des serösen Blattes und werden anfangs durch das Residuum derselben, der Membrana reuniens superior , zu einer Höle zusammengeJialten. Mit der kräftigeren Aus- bildung des Gehirnes erkennt man aucli die Wirbeiabtheilungen deutlicher, doch müssen die leicht kenntlichen Wirbel des Rumpfes, die bei allen Wir- belthieren stetige Lage des Auges an dem ersten, die des Ohrlabyrintbes, zwischen dem dritten und zweiten Wirbel, später die Visceralbogen und das durchschimmernde Gehirn selbst als wesentliclie Hilfe in der Wirbel -Unter- scheidung dienen. Ohne dass die vordere Schädclpartie durch eine Beugung ( Gesichtskopf beuge ) für das Gesicht melir isolirt wird, also in dem allgemei- nen Plane der ganzen niederen Wirbelthicr -Abtheilung, verwandelt sich die Biidungsmasse der Schädelhöle nach und nach in eine eiufaclie, zusammen- hängende Knorpelröhre, welche an der Basis und den Seitentheilcn etwas dicker, in der oberen Schlussdecke mehr membranartig, überall aber in einer Kontinuität verläuft. Sie ist also ohne alle Wirbelabtheilung, eine vollkommen

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geschlossene Gehirnkapsel, die nur den Nerven einen Durchgang gestattet. An den Seitentheilen befinden sich das Auge und der Ohrlabyrinthknorpel, ohne auch nur im Mindesten anfänglich die knorplige Schädelhöle zu beein- trächtigen, vielmehr lose anliegend, Ersteres dehnt sich während des Wachs- thumes nach hinten über den ersten Schädelwirbel hinweg, bis in den zwei- ten hinein. Das Ohrlabyrinth dagegen erweitert sich etwas nach vorn dem Auge entgegen. Beide wenden sich zugleich etwas nach unten und üben so ihren Einfluss auf die Schädelpartie der Yisceralbogen aus. Die Schädelhöle ist die einzige Partie des Kopfes, welche, bis auf die geringe Aenderung in der Verbindung mit dem Rumpfe, keinen Antheil an der Larven -Metamor- phose nimmt. Sie geht ganz so, wie sie typisch gebildet vor uns liegt, in Ossifikation über.

5.99. B<3i diesem Prozesse treten nun, wie bei allen Wirbelthieren, die Abtheilungen der Schädelwirbel namentlich an der oberen Decke und den Sei- tentheilen deutlicher hervor. Die Gehirndecke wird in fünf Stücken ossifizirt; für den ersten Wirbel zwei Stirnbeine, für den zweiten zwei Scheitelbeine und für den dritten die einfache Schuppe des Hinterhauptsbeines. Letztere bleibt bei mehren Species der Gattung Rana stets knorplig und wird über- haupt durch die kräftige Ossifikation und durch die Ausdehnung der Scheitel- beine nach hinten sehr beeinträchtigt. In den alten Individuen ist kaum noch die frühere Trennung der einzelnen Stücke zu erkennen.

Von dem Seitentheile der Gehirnkapsel geht die dem zweiten Wirbel «ntsprechende Partie dadurch verloren , dass der Ohrlabyrinthknorpel gänzlich mit ihr verschmilzt und an ihrer Stelle die Vervollständigung der Gehirn- kapsel übernimmt. Die Seitentheile des dritten Schädelwirbels entwickeln sich kräftig zu den Gelenkköpfen für die Rumpfwirbelsäule. Unter ihrer Vergrösserung und individuellen Ausbildung leidet der Körper und die Schuppe des Hinterhauptsbeines. _Am grössten sind die Seitentheile des ersten Schädel- Wirbelbogens , an deren äusserer Fläche das Auge hauptsächlich anliegt. Sie gehen erst spät in Ossifikation über, dann aber besonders vorn, wo die Ossa palatina ansitzen und das Gesicht sich vorlagert, sehr kräftig, so zwar, dass man sie mit der ganzen vordersten Schädel -Partie und einer unbedeutenden Knochenmasse zwischen den Stirn- und Nasenbeinen (entsprechend einer

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frühen weissliclieu Bildungsmasse ebendaselbst?) für einen gesonderten, beim Frosche gar nicht stattfindenden Knochen, das os ethmoideumy zu halten sich berechtigt gefühlt hat. Die Pars squamosa und mastoidea des Schläfenbeines haben wir beim Frosche nicht mehr vorgefunden.

An der Basis der Schädelhöle wird der Körper des dritten Wirbels durch die entsprechenden Seitentheile sehr beeinträchtigt, ist nui- im verküm- merten Zustande bei älteren Individuen vorhanden und wird sehr spät, oft gar nicht ossifizirt. Die Körper des zweiten und dritten Schädelwirbels ver- knöchern gleichfalls erst spät und in dem Maasse weniger kräftig, als ein knöchernes Gebilde des Schleimblattes, das fälschlich sogenannte sphenoideum basilare^ während der Ossifikation mit ihnen sich vereinigt und die ausserwe- seiitliche Funktion derselben, die Mundhöle zu decken, übernimmt. Dieses Knochenblättchen bildet sich in länglicher, hinten an den Seiten breiter wer- dender Gestalt aus der Schleimhaut des vegetativen Systems um die Zeit, Wann die Froschlarve ihre inneren Kiemen entwickelt. Es liegt dann ganz lose, nur mit ihrem Muttergebilde in Verbindung, an der Schädelbasis an. Ist die Metamorphose der Larve zum entwickelten Thierc vollendet, so dehnt es sich hinten über die Ohrlabjrintliknorpel aus, verwächst, in sehr alten In- dividuen kaum noch trennbar, mit der entsprechenden Basis der Gehirnkapsel und formirt deren äussere Lamelle. Nur die Basis des Hinterhauptsbeines und die vorderste Partie des ersten Schädelwirbelkörpers auf ihrem Uebergange zum Gesicht sind von dem knöchernen Gebilde des Schleimblattes nicht be- deckt. Letztere wird sowohl aus diesem Grunde, als auch wegen der Anlage der Ossa palaiina und des Gesichtes sehr kräftig ossifizirt und von den Anatomen mit Unrecht zum Os ethmoideum hingezogen.

D i e V i s c e r a 1 h Ö 1 e.

§. 100. Wie der Tnbus intestinalis in der Visceralhöle, so erleidet auch diese letztere am Kopfe bei der Larven -Metamorphose die meisten Verände- rungen; die Beschaffenheit des Darmkanals geht mit der der Mundhöle durch die ganze Wirbelthier- Reihe stets Hand in Hand. ,u/i^

Die Visceralhöle der ungeschwänzten Batrachier wird typisch durch zwei Visceralbogen und durch das üebergangsstück der Visceralplatte des Kopfes zu der des Rumpfes, den Kiemenbogenträger , konformirt. Der erste

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Visceralfortsatz wächst, das Herz hinterwärts drängend, in dem allgemeinen Plane der niederen Wirbelthier- Abtheilung mit seiner Basis in einer und derselben Richtung gerade nach unten, um mit dem der anderen Seite den ersten Visceralbogen zu bilden. Nur sein Anheftungspunkt fällt, begünstigt vorzüglich durch die noch geringe Ausbildung der Augen, wie bei den hö- heren Wirbelthieren, mehr nach dem vorderen Ende des ersten Schädelwir- belbogens. Beide ersten Visceralfortsätze formiren den vorderen Schluss der VisceralhÖle des Kopfes und zwischen ihnen befindet sich der durch eine perpendikulär verlaufende, einfache Spalte gebildete Eingang derselben, wel- cher sich zur Mundpifnung raetamorphosirt. Die Vereinigung der ersten Vis- ceralfortsätze, welche durch ihr Fortwachsen die unten anliegenden Saug- grübchen mehr und mehr nach unten drängen, geschieht durch ein etwas gesondertes, aus zwei Theilen bestehendes Mittelstück. Dasselbe erhält auch eine von dem ganzen Bogen abweichende , nach unten und vorn sich hinneigende Richtung und tritt während der Larvenzeit als untere Mundbegrenzung auf.

Hinter den, ersten Visceralfortsätzen wachsen die zweiten durch eine Spalte, der ersten Visceralspalte, von jenen getrennt hervor. Sie befestigen sich, dem zweiten Schädelwirbelbogen entsprechend, unmittelbar vor und et- was unter der Ohrlabyrinth- Anlage an das Schädelgewölbe. Gerade hinunter sich entwickelnd, drängen sie wiederum das Herz mit seinen Aortenbogen zurück. Beide vereinigen sich dann zu dem zweiten Visceralbogen, von dessen einfachem, noch häutigem Mittelstücke die Membrana reuniens inferior in zwei über einander liegenden Blättern, um die Herzhöle zu bilden, zu der Rumpfvisceralröhre übergeht. Ohne dass ein dritter Visceralbogen von dem Schädelgewölbe herabwächst, wird der zweite durch eine Spalte, der zweiten Visceralspalte, von der Rumpf- Visceralplatte getrennt.

Nur als Analogon eines dritten Visceralbogens entwickelt sich in dem oberen Blatte der Herzhöle, welches unten zwischen dem Mittelstücke des zweiten Visceralbogens und der Rumpfvisceralhöle sich befindet und die zweite Visceralspalte begrenzt, etwas später der von uns so genannte Kie- menbogenträger.

Die aus dem ersten und zweiten Visceralbogen und aus dem Kiemen- bogenträger typisch konforjnirte Kopf - VisceralhÖle bildet sich z-un^chst indi-

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viduell für die Larvenzeit der froschartigen Thiere aus. Die erste Visce- ralspalte schliesst sich oben mehr durch Vereinigung der entsprechenden Bildungsmassen selbst, unten mehr häutig. Die zweite metamorphosirt sich zur äusseren Kiemenspalte, wird durch die, mehr von der äusseren Fläche des zweiten Visceralbogens nach hinten wachsenden, häutigen Kiemendeckel geschützt und lässt die äusseren Kiemen durch sich heraustreten. Das aus zwei Theiien bestehende Mittelstück des ersten Visceralbogens, rüstet sich mit zwei aus der schwarzen ümhüllungshaut gebildeten, braungefärbten, hor- nigen Lamellen, und fungirt als untere Mundbegrenzung.

§. 101. Jetzt sondert sich die Bildungsmasse für die Froschlarve ; Muskeln und Knorpel entwickeln sich; Knochengebilde durften wegen der späteren Metamorphosen noch nicht konstituirt werden.

In der dem Schädelgewölbe unmittelbar anliegenden Partie der oberen Abtheilung des ersten Visceralbogens bleibt der Bildungsprozess während der Larvenzeit latent. Desto auffallender entwickelt sich das üebergangs- stück zu der unteren Abtheilung, und wird zum Quadratbeinknorpel. Derselbe ist für die Larve und deren spätere Metamorphose von der grössten Wich- tigkeit. Er liegt während der Larvenzeit mit der unteren Abtheilung und der ruhenden Partie der oberen des ersten Visceralbogens, wie dieser letz- tere typisch konformirt ist, noch in derselben geraden Richtung. Der- selbe übernimmt die Befestigung der unteren Abtheilungen des ersten Und zweiten Visceralbogens an den Schädel durch Hervorbildung eines nach oben wachsenden platten Knorpels, des Orbitalfortsatzes, welcher sich ligamentös an den vorderen Theil der Stirnwand anheftet. Nach oben geht er häutig in die brachliegende Partie des ersten Visceralbogens (os palaii' num et pteri/goideum) , nach unten trägt er gelenkig dessen untere Abthei- lung (Meckelschen Knorpel), nach hinten endlich setzt er sich mit der oberen Abtheilung des zweiten Visceralbogens in Verbindung und Uberuimmt sogar die bewegliche Befestigung der unteren Abtheilung (Suspensorium des Zungenbeines), welche den häutigen Kiemendeckel trägt.

Aus der unteren Abtheilung des ersten Visceralbogens bildet sich der Meckelsche Knorpel und zwischen den beiden jederseits das aus zwei Thei- ien bestehende Mittelstück, der uneigentliche so genannte untere Zwischen-

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kiefer, welcher mit hornigen Lamellen versehen, die untere Mundbegrenzung gegenwärtig darstellt. Genetisch ist es als das individuell für die Froschlarve entwickelte, keilförmige Schlussstück der Meckelschen Knorpel anderer Wir- belthiere anzusehen. Die Verbindung desselben mit den Meckelschen Knor- peln ist nicht gelenkig.

Zu gleicher Zeit haben sich auch die Knorpel des zweiten Visceral- bogens gebildet. Die obere Abtheilung desselben formirt, vor dem Ohrlaby- rinth gelegen, einen mehr ungestalteten Knorpel, welcher mit dem des Qua- dratbeines sich in Verbindung setzt, und auch die Befestigung der unteren Abtheilung des zweiten Visceralbogens demselben übergiebt. Diese letztere Abtheilung, jetzt der eigentliche Kieraendeckelträger , später das Zungenbein- Suspensorium , steht mit dem der anderen Seite durch ein einfaches, plattes Knorpelstuck, den Zungenbeinkörper, in Verbindung. Dieses letzt genannte Mittelstück geht in die knorplige Membran des oberen Blattes der Herzhöle, den Kiemenbogenträger, über, welcher sich nach hinten in die Rumpf- Visce- ralhÖle verliert.

Das ist das Verhalten der knorpligen VisceralhÖle im Larvenzustande,

§. 102. Während nun die Kiemen verkümmern und die Lungen sich entwickeln, das Schwanzende resorbirt wird und die Extrimitäten in ihre Funktion eintreten, während die schwarze Umhüllungshaut und ihre Gebilde hin- schwinden, und endlich die merkwürdige Metamorphose des Darmkanals ein- tritt, sehen wir auch in der Kopfvisceralhöle hauptsächlich jene interessante Verwandlung erfolgen, wodurch der Frosch den höheren Wirbelthieren theil- weise näher gestellt wird und als ausgebildetes Individuum gewissermaassen die üebergangsstufe zu ihnen einnimmt: sie erhalten ein Gaumen- und Fiti- ge Ib ein. Bevor die eigentliche Metamorphose beginnt, sehen wir noch zuerst an der äusseren Fläche des Meckelschen Knorpels den Bildungsstreifen des Unterkiefers, und an dem vorderen äusseren Rande des Quadratbeinknorpels und seines Orbitalfortsatzes einen zweiten, für das Os tympanicum bestimmt, sich hervorbilden. Ausserdem wird die bisher ruhig daliegende Partie der oberen Abtheilung des ersten Visceralbogens knorplig und theilt sich allmäh- lig in zwei Stücke, für das Gaupien- und Flagelbein, welche gegenwärtig

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mit den übrigen Knorpeln des ersten Visceralbogens noch ziemlich den ur- sprünglichen , geraden Verlauf erkennen lassen.

Nun beginnt die Metamorphose und besteht darin, dass der Quadrat- beinknorpel mit allen Theilen, die an ihm hangen, einen Rückzug nach dem Ohrlabyrinth -Knorpel unternimmt. Das Hinschwinden der Kiemenbogen mit ihren Kiemen und die theilweise oder bei einigen Fröschen auch gänz- liche Verkümmerung der oberen Abtheilung des zweiten Visceralbogens kommt ihm hiebei zu Hilfe. Zu dem Ende giebt der Orbitalfortsatz seine Ver- bindung mit der Stirnwand auf, verlängert sich unter dem Auge hin- weggehend nach hinten und wird an das Ohrlabyrinth befestigt. So fixirt, bewegt sich nun die untere Partie des Quadratbeinknorpels mit den anhangen- den Theilen immer weiter nach hinten bis in die bekannte Lage bei dem ent- wickelten Thiere. Während das Gaumenbein in seiner Lage vorn am Schä- del verbleibt, folgen ihm das Flügelbein mit dem anliegenden Bildungs- streifen des Oberkiefers und der Meckelsche Knorpel mit seinem Unterkiefer, indem sie sich nacli hinten vergrössern. Die uncigentlich so genannten , unteren Zwischenkiefer übergeben die Funktion, die untere Mundbegrenzung zu for- miren, den Meckelschcn Knorpeln und av erden als mittleres Schlussstück wiederum mit denselben gleichsam einverleibt, um eine den übrigen Wir- belthieren analogen Bogen zu bilden.

Vom zweiten Visceralbogen verkümmert bei einigen Frosch gattungen die obere Abtheilung gänzlich, bei anderen verwandelt sie sich, analogisch dem Stapes und der Columella der höheren Wirbelthiere , zu den Gehörknö- chelchen der ungescliAvänzten Batrachier, Von der unteren Abtheilung erhält sich ein schmaler Knorpelstreifcn als Suspensorium des Zungenbeines, wäh- rend das Mittelstück mit dem Kiemenbo'genträger als Körper und als lau- tere Hörner desselben fungirt. Nach dem Hinschwinden der Kiemen und Kiemenbogen schliesst sich die zweite Visceralspalte vollends^, und die Visce- ralplatten des Kopfes und Rumpfes berühren sich hier unmittelbar.

§. 103. Während der Verknöcherung Averden nun im ersten Visceral- bogen die Knorpel des Gaumen- und Flügelbeines ganz so ossifizirt, wie sie nach der Metamorphose sich darstellen. Der Meckelsche und Quadratbein- Knorpel dagegen verkümmern zum grössten Theilcj indem zugleich ihre

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Aassengebilde, der Unterkiefer und das Paukenbein, sich kräftiger entwickeln. Es erhalten sich vom Quadratbein hauptsächlich das Gelenkstück für den Meckelschen Knorpel, und eine feine Knochenlamelle, welche zwischen dem Flügelbein und dem OS tympanicum gelagert istj von dem Meckelschen Knorpel das Verbindungs- stück mit dem Quadratbein, das spätere eigentliche Gelenkstück des Unterkiefer- Apparates, und das während der Larvenzeit als unterer Zwischenkiefer fungi- rende Mittelstück, welche beide durch den eigentlichen Unterkiefer in Ver- bindung gehalten werden. Auf Kosten dieser verkümmernden Visceralknorpel entwickeln sich daher kräftiger die Aussengebilde derselben, das Pauken - und eigentliche Unterkieferbein, und stellen so einen ähnlichen Gürtel am Kopfe /dar, wie der Brust- und ßeckengürtel am Rumpfe. Ein unterer, eigentli- cher Zwischenkiefer bildet sich nicht.

Am zweiten Visceralbogen nimmt die Ossifikation ohne Veränderungen der bestehenden Knorpel ihren ruhigen Fortgang. Den Zungenbeinkörper betrachten wir wieder gemeinschaftlich mit dem Kiemenbogenträger.

Der Kiemenbogenträger.

5. 104. Von dem Mittelstücke des zweiten Visccralbogens geht die 3Iemhrana reuniens inferior in zwei Blätter, welche die Herzhöle formiren, zur Rumpfvisceralhüle über. Seitlich liegen diese Blätter beisammen und be- grenzen die zweite Visceralspalte , hinten bleiben sie offen und gestatten der Herzhöie eine Kominunikation mit der Rumpfvisceralliöle. Während nun das untere Blatt als solches sich erhält, setzt sich in dem oberen das Mittelstück des zweiten Visceralbogens mit der Rumpfvisceralplatte in Verbindung. Auf diese Weise bildet sich in demselben eine knorplige Membran aus, welche mit dem Mittelstücke des zweiten Visceralbogens, dem Zungenbeinkörper, in enger doch trennbarer Verbindung steht, seitlich nach hinten durch den vier- ten uneigentlichen Kiemenbogen an die Visceralplatte des Rumpfes, und un- mittelbar hinterwärts an die Cariilagines arytaenoideae grenzt. Ihre grösste Ausbildung besteht in der Larvenzeit, während welcher sie die drei knorpli- gen Kiemenbogen trägt, und daher der Kiemenbogenträger genannt wird.

Wenn nun die drei eigentlichen Kiemenbogen mit ihren Kiemen und Aortenästen in dem Verküramerungsprozess vergehen, so schrumpft auch die , knorplige Membran des Kiemenbogenträgers etwas zusammen, und nur sein

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hinterer, seitlicher Anhang, der vierte uneigentliche Kiemenbogen , bildet sich kräftiger zu dem sogenannten Cornu posterius s. thyreoideum des Zun- genbeines aus. Genetisch ist dieses letztere mit dem hinteren Stücke des cornu posterius der Tritonen und mit dem os pharyngeum inferius der Fische zu vergleichen. Während der Ossifikation wird dasselbe mit dem Suspenso- rium des Zungenbeines ziemlich gleichzeitig knöchern. Der Haupttheil aber des Kiemenbogenträgers verschmilzt inniger mit dem Mittelstücke der beiden Suspensoria, bildet mit denselben, kaum noch trennbar, den sogenannten Kör- per des Zungenbeines der froschartigen Thiere und verbleibt mit ihnen mei- stens im knorpligen Zustande.

DasGesicht.

§. 105. Behufs der typischen Konformation des Gesichtes, dem Ver- bindungstheil« beider Röhren des Wirbelsjstems zur Formirung der Nasen- und auch der Mundhöle, entwachsen die paarigen Nasenfortsätze der Schä- delhöle (Stirnwand), und die paarigen Biidungsmassen der Oberkiefer der Visceralröhre (obere Abtheilung des ersten Visceralbogens ), und vereinigen sich an der sie stützenden Gesichtsbasis, einer unmittelbaren Verlängerung des Grundtheiles der Gehirnkapsel. Dadurch wird die Nasenhöle, in zwei Kanäle durch die Gesiclitsbasis getrennt, gebildet. Oben befinden sich die Nasenfortsätze, seitlich die Bildungsmassen der Oberkiefer, unten wiederum die letzteren in Gemeinschaft mit der Gesichtsbasis. Die auf diese Weise zusammengesetzte untere Wand der Nasenhöle dient zugleich als obere Decke (Gaumendecke) der Mundhöle j hinten stossen die Anfänge des ersten Vis- ceralbogens unmittelbar daran. Während nun eine weissliche, für die typi- sche Gesichtsbildung weniger wesentliche Bildungsmasse zwischen den Nasenfort- sätzen und der Stirnwand, als Ersatz für die fehlenden Thränenbeinfortsätze, sich zeigt und bald darauf sich unseren Blicken entzieht, wird das Gesicht vollständig durch die paarigen Bildungsmassen des oberen Zwischenkiefers konformirt. Diese entwickeln sich hauptsächlich von der Gesichtsbasis aus- gehend zwischen die Nasen- und Oberkieferfortsätze. Sie lassen sich als- bald, um die Larvenform der Frösche zu individualisiren, seitlich den Ober- kiefern vorbeiwachsend auf den ersten Visceralbogen (Meckelschen Knorpeln) nieder, so zwar, dass sie, mit hornigen Lamellen sich bewaffnend, allein jetzt

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die obere, und die uneigentlich so genannten unteren Zwischenkiefer die untere Mundbegrenzung formiren.

§. 106. An der Absonderung von härteren , vorzüglich knorpligen Gebilden nehmen während der Larvenzeit die Bildungsmassen der Oberkie- fer und auch der Gesichtsbasis keinen Antheil. Nur die Nasenfortsätze und die oberen Zwischenkiefer bilden die für die Froschlarve eigenthümlich ge- formten Knorpel, in der Art, dass die ersteren sich mächtig nach vorn ver- längern und die Hauptstütze der letzteren übernehmen.

Sobald die Froschlarve ihr individuelles Leben beendet, und die grosse Metamorphose zum entwickelten Thiere ihren Anfang nimmt, so individuaii- siren sich auch die bisher briachliegenden Bildungsmassen der Oberkiefer. Es werden weissliche Bildungsstreifen , die Anlagen der Oberkieferbeine, sichtbar, welche nach hinten, dem ürtypus gemäss, bis zum Quadratbein zu verfolgen sind. Sie übernehmen gemeinschaftlich mit den oberen Zwischen- kiefern, welche jetzt in ihrer ursprünglichen Lage sich wieder zurückziehen, die obere Mundbegrenzung, sowie der Meckelsche Knorpel mit seinem ein- verleibten Schlussstücke (der uneigentliche so genannte untere Zwischenkie- fer) und mit dem eigentlichen Unterkiefer die untere. Dem Rückzüge des Quadratbeinknorpel muss auch der Oberkiefer folgen , indem er sich mehr und mehr nach hinten erweitert. Auch die Gesichtsbasis verknorpelt und be- festigt, in Gemeinschaft mit den Oberkieferbeinen, die allein jetzt nur vor- handenen horizontalen Theile der oberen Zwischenkiefer, während die Na- senbeinknorpel am vorderen Ende verkümmern und in ihre ursprüngliche Lage zurückgehen.

§. 107. Während der Ossifikation verknöchern nun die genannten härteren Gebilde des Gesichtes in den bekannten Formen. Zu den horizon- talen Theilen der oberen Zwischenkiefer bilden sich ohne deutlich vorange- gangene Knorpelbildung die aufsteigenden, perpendikulären Aeste. Die Bil- dungsstreifen der Oberkieferbeine werden in zwei Stücken ossifizirt. Die vorderen sind mit Zähnen bewaffnet und dienen zugleich der Nasenhölenbil- dung: sie sind die bisher eigentlich so genannten Oberkieferbeine. Die hinteren unterhalten die ursprüngliche Verbindung mit dem Quadratbein, helfen, ohne Zähnchen zu bilden, die obere Mundbegrenzung formiren und

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sind unter dem Namen ,,Jugale Cuv., os qiiadrato-maxillare Hall, etc.''^ be- kannt. In den Nasenkanälen sehen wir die Schneidersche Membran ohne alle härteren, unmittelbaren Stützen (os ethmoideim) sich ausbreiten''^). Bei älte- ren Fröschen zeigt sich nur noch während der Ueberhandnahme des Ossifi- kations- Prozesses in der unteren Wand der Nasenkanäle jederseits das mit Unrecht so genannte Pflugschaarbein. Die Bildungsmassen der Oberkiefer, Gesichtsbasis und auch des angrenzenden Visceralbogens helfen bei der Her- A'orbildung desselben. Nach der Funktion könnte man es das untere Nasen- bein oder auch die Gaumenplatten nennen, zumal es bei den Fröschen weit mehr als das Gaumenbein selbst die obere Decke der Mundhöle formirt. Auch ist zu bemerken, dass um diese Zeit zwischen den Stirn- und Nasen- beinen eine unbedeutendere Knochenmasse, entsprechend? der weisslicheni Bildungsmasse an ebenderselben Stelle , sich hervorbildet,

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Die geschAvänztenBatrac hier.

%. 108. Ist die Entwickelungsgeschichte der froschartigen Thiere so höchst interessant durch ihre eigenthümliche Larven -Metamorphose , so wird es die der Tritonen durch den ungetrübteren, leichter zu verfolgenden Ver- lauf. Die geschwänzten Batrachier veränderen sich in der That von der ursprünglichen Konformation des Wirbelsystems nur wenig; man erkennt, von den Extremitäten absehend, in dem eben aus dem Ei gekrochenen Triton die allgemeine Form des alten sehr leicht wieder. . ,

Ein zweites nicht minder wichtiges Interesse gewährt die Bildungsge- schichte des Triton dadurch, dass sie uns so augenscheinlich die Art und Weise darlegt, wie die Natur bei noch mangelhafter Ausbildung des knö- chernen Kieferapparates vikariirende Skelettheile aus dem Schleimblatt entwickelt und dieselben sogar später im rudimentären Zustande an das Wir-

*) So finden wir es wenigstens selbst noch bei ziemlich grossen, entAvi ekelten In- dividuen der Rana Jusca. Es ist möglich, dass bei ganz alten Thieren sich auch hier härtere Gebilde erzeugen. ';'>i>

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bei syst etil befestigt. Diese Thatsache erscheint mir von grosser Wichtig- keit besonders für die Deutung mehrer zum Wirbelskelet gerechneten Kopf- theile der Knorpelfische.

§. 109. Die Tritonen entwickeln nun, in üebereinstimmung mit den Fischen und abweichend von den froschartigen Thieren, die Rücken - und Visceralplatte bei der ersten Entstehung in einem solchen Verhältniss zur Dotterkugel, dass diese letztere von den Urplatten des Wirbelsystems förm- lich schmarotzerartig umgeben wird. Nachdem dann die Wirbelabzeichnun- gen deutlicher erkennbar, und mehre Bildungsfortsätze am Kopfe sichtbar geworden sind, windet sich gleichsam der Triton - Embryo allmählig von der Dotterkugel ab, um seine freiere Existenz zu Wege zu bringen. Ist mit der Vollendung der typischen Konformation auch die Freiheit errungen, dann erst verlässt der Embryo seine Eihüllen und bewegt sich nun gleich mit der grössten Behendigkeit in seinem Elemente umher, einem kleinen Fische sehr ähnlich.

Die SchädelhÖle.

§. 110, Zur typischen Konformation der SchädelhÖle vereinigen sich die Ruckenplatten des Kopfes, wie bei allen Wirbelthieren , ohne deutlich wahrnehmbare Bildungsmerkmale. Die anfänglich geringe Ausbildung des Gehirnes und seiner Abtheilungen machen auch die Wirbelabzeichnungen der Gehirnkapsel weniger augenscheinlich j während der Chondrose ist dieses deutlicher. Zur Seite der schwachgewölbten Stirnwand sind die Augenrudi- mente^ äusserst früh schon bemerkbar. Sie schreiten alsdann rasch in ihrer Ausbildung vorwärts und dehnen sich dabei seitlich nach hinten und auch nach unten aus. Hier kommen ihnen die zwischen dem zweiten und dritten Schädel- Wirbelbogen ursprünglich gelegenen Anlagen der Ohrlabyrinthe ent- gegen. Ungefähr auf der Grenze des ersten und zweiten Schädelwirbels berühren sie sich und dienen so sammt den Visceralbogen zur Unterschei- dung der einzelnen Wirbelabtheilungen.

§. III. Gemäss dem einfacheren Typus der niederen Wirbelthier- Abtheilung beugt sich nun der erste Schädelwirbelbogen nicht, sondern die typisch konformirte, gerade verlaufende Schädelröhre geht unmittelbar in den KnorpelzuMand über. Es entsteht so eine anfangs einfache, kontinuir-

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liehe Hole , an welcher besonders die Basfs des Schädels kraftiger verknor- pelt und ohne Trennung durch die dünneren Seitentheile in die knorplige Membran der Schädeldecke übergeht. An dieser knorpligen Gehirnkapsel liegen jetzt die Ohrlabyrinth - Knorpel lose an, ohne auch nur im Mindesten die entsprechenden Seitentheile zu beeinträchtigen oder lückenhaft zu machen.

Wenn die Zeit der Ossifikation sich nähert, so sieht man die knorplige Schädelröhre an den Seitentlieilen und an der Basis in einzelnen Wirbel- Abtheilungen sich abscheiden. Es lassen die Seitentheile des dritten und ersten Schädelwirbels sich isolirt darstellen. Von dem letzteren hat sich an dem vorderen Ende ein horizontaler Fortsatz zur Unterstützung der unteren Nasen- oder Gaumendecke hervorgebildet. Die dem zweiten Wirbel ent- sprechende Seitenpartie ist mit dem Ohrlabyrinth -Knorpel völlig einverleibt und wird durch denselben in seiner Funktion vertreten. In der Basis cranii hat sich das noch knorplige kleine Körperstück des dritten Schädelwirbels von der kontinuirlich zusammenhängenden knöchernen des zweiten und drit- ten geschieden. Die beiden letzteren dagegen sind durch ihre Lage und durch die bedeutend abweichende Ausdehnun»; in der Länge und Breite hinlänglich raarkirt.

%. 112. Während der allgemeiner werdenden Ossifikation zeigen sich auch in der früher mehr häutigen Schädeldecke die knöchernen Schlussstäcke der einzelnen oberen Wirbelbogen. Es bilden sich zwei Stirnbeine, zwei Scheitelbeine und die kleine unbedeutende, oft knorplig verbleibende Schuppe des Hinterhauptsbeines, welche, durch die vorliegenden Ossa parittalia stark beeinträchtigt, in älteren Individuen oft kaum noch wiederzufinden ist. Voin dem inneren Winkel der ungefähr viereckigen Stirnbeine wächst ein schma- ler, langer Fortsatz zwischen die noch häutigen Nasenbeine zu dem knöcher- nen oberen Zwischenkiefer und stützt den letzteren vi'ährcnd des häutigen Zu- standes der übrigen Gesichts -Bildungstheile. Die Seitentheile des ersten Schädelwirbels verknöchern als trennbare Stücke, wie sie knorplig vorhanden waren. Ihre horizontalen Fortsätze treten mit den gleichen der oberen Kiefer und' Zwischenkiefer in der unteren Wand der Nasenkanäle zusammen und sind in älteren Individuen nicht mehr geschieden wiederzuerkennen. Man hat sie mit Unrecht für den fehlenden Vomer der Tritonen erklärt. Die Sei-

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teiiparticen des zweiten Wirbels werden durch die Partes petrosae der Schlä- fenbeine ersetzt, die des dritten bilden sich auf Kosten des oberen und unte- ren Schlussstückes zu den Gelenkfortsätzen für die Wirbelsäule mächtiger aus. Von der Basis cranii wird durch die Ueberhandnahme der Ossifikation be- sonders das Körperstiick des zweiten Wirbels in Anspruch genommen. Das- selbe wuchert seitlich unter die Partes petrosae und nach hinten auch über einen Theil der Basis des Hinterhauptsbeines, welches erst später verknöchert.

Die Visceralhöle.

§. 113. DieVisceralhöle oder untere Röhre des Wirbelsystems verdankt ihre Entstehung am Kopf den graulich gefärbten, ungefähr dreieckig gestalte- ten Bildungsstreifen, welche unter den Ruckenplatten jederseits zu finden sind. Sie grenzen hinten grösstentheils an die Wulst, welche durch das Herz mit seinen Aortenbogen hervorgetrieben wird; vorne dehnen sie sich bis zu den Augen aus, welche, in der Entwickelung schön bedeutend vorgeschritten, un- gefähr bis zur Hälfte der Seitenth«ile des ersten Schädelwirbelbogens sich erstrecken ; unten gehen sie in die Membrana reuniens inferior über, und vorn gewahrt man zwischen ihnen eine kleine einfache Spalte, den vorderen Ein- gang zur Visceralhöle (Mundölfnung), Nun entwickeln sich die Visceralfort- s'^tze. Gemäss der genannten Ausdehnung des ursprünglichen Visceralstrei- fens nimmt der erste Visceralfortsatz von der hinteren Hälfte des ersten Schädelwirbels seinen Anfang und steigt in gerader Richtung nach unten, um sich mit dem der anderen Seite zu dem ersten Visceralbogen zu vereinigen. Dieser ist bei den niederen Wirbelthieren in seiner reinsten Form und ein- fachsten Lagerung zu finden.

Noch ehe der genannte Bogen vollkommen geschlossen, wachsen, durch die erste Visceralspalte von ihnen getrennt, die zweiten Visceralfortsätze nach unten hervor, um den zweiten Visceralbogen zu formiren. Sie sind in der Form den ersten ganz gleich. Ihr Ursprung befindet sich in der Ge- gend des zweiten Schädelwirbels dicht vor den ürrüdiraenten der Ohrlaby- rinthe. Sie sind hinten durch die zweite Visceralspalte von der Visceral- platte des Rumpfes getrennt. Unten werden sie vorläufig durch die Membrana reuniens inferior verbunden, welche von hier, wie bei den Fröschen^ in zwei Blättern, wodurch die Herzhöle konformirt wird, zur Bauchhöle übergehen.

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In dem oberen dieser Blätter vereinigt sich der zweite Visceralbogen mif der Visceralplatte des Rumpfes durch ein den niederen Wirbelthieren eigen- thümliches Gebilde, welches anfänglich als Träger der Kiemenbogen auftritt und deswegen Kiemenbogenträger" genannt ist. Auf diese Weise ist diie Kopfvisceralhöle der Tritonen typisch gebildet; einen wirklichen dritten Vis- ceralbogen finden wir nicht. ' .ii.auii<.uU >s.Uiyiii; . i -nAi

Zur Vervollständigung der typischen Konform'ation schliesst sich mehr häutig die erste Visceralspalte , wogegen die zweite, m der unteren Mitte durch die Herzhöle gesammt dem Kiemenbogenträger getheilt, zur äusseren KiemenÖfFnung sich verwandelt, die äusseren Kiemen durchtreten lässt und von dem häutigen Kiemendeckel des zweiten Visceralbogens überdeckt wird. Ferner entwickeln sich an der äusseren Fläche der Vereinigungsstelle bei- der erster Visceralfortsätze die unteren Zwischenkiefer. Durch sie sowohl^, als durch den oberen Kieferapparat wird die einfache, zwischen den ersten Visceralfortsätzen in der perpendikulären Axe des Embryo gelegene, vor- dere VisceralhölenöfFnung allmählig in die horizontal verlaufende Mundspalte verwandelt. Endlich bemerken wir noch jederseits das allmählige Hervor- wachsen eines langen, zylinderförmigen Fortsatzes, welcher seine ürsprungs- stelle an der Schädel- Abtheilung des ersten Visceralbogens hat und an der Spitze etwas angeschwollen erscheint. Es ist die so meikwürdige Kopfex- tremität der jungen Tritonen, wenn die Rumpfextremitäten noch nicht aus- gebildet sind. --y h'.yr<iV<?,'?f 5- 114. Jetzt beginnt die Chondrose der Visceralbogens die des Kie- menbogenträgers fällt später. Anfänglich sind keine Trennungen in einzelne Stücke sichtbar. Alsdann scheiden sich die knorpligen Visceralbogen jeder- seits in eine obere Abtheilung , welche am Schädel gelegen und der Bil- dungsmasse deis ursprünglichen Visceralstreifens angehört, und in eine untere, welche dem eigentlichen Visceralfortsätze seine Entstehung verdankt. Die obere Abtheilung des ersten Visceralbogens bildet den Quadratbeinknorpel, welcher nach und nach seine Verbindung mit der Schädelhöle aufgiebt und an das Ohrlabyrinth sich befestigt. Er hat an seinem unteren Ende eine Gelenkfläche für die untere Abtheilung. Diese ist der Meckelsche Knorpel, welcher mit dem der anderen Seite zu dem unteren Schlussstücke des Arsten

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Visceralbogens sich vereinigt. An der äusseren Fläche der Knorpel beider Abtheilungea werden bald weissliche Bildungsstreifen sichtbar. Zuerst an dem Meckelschen Knorpel für den unteren Kiefer und Zwischenkiefer, wel- cher letztere sehr frühe knöchern wird und mit Zähnchen sich bewaffnet. Der später entstehende Bildungsstreifen an dem Quadratbeinknorpel ist für das Paukenbein bestimmt.

Die obere Abtheilung des zweiten Visceralbogens ist kaum sichtbar geworden, um bei dem Mangel aller Gehörknöchelchen alsbald ganz zu ver- schwinden. Es bleibt allein die untere Abtheilung übrig, welche als ein länglicher, plattrunder Knorpel gegenwärtig den Kiemendeckel trägt, später zum Suspensorium des Zungenbeines sich umwandelt und an der Pars petrosa des Schläfenbeines ansitzt. Er wird mit dem der anderen Seite durch einen länglichen, runden Knorpel, welcher mit dem Kiemenbogenträger zusammen- hangt und den späteren Zungenbeinkörper darstellt, in Verbindung erhalten.

5. 115- Zur Zeit der Ossifikation und gänzlichen Individualisation des jungen Triton verengeit sich nach dem Hinschwinden der Kiemen mit ihren Bjogen die zweite Visceral- oder äussere Kiemenspalte. Der häutige Kie- mendeckel verwächst allmählig mit dem der anderen Seite und vereinigt sich alsdann, über die Herzhöle nach hinten sich ausdehnend, mit der Visceral- röhre des Rumpfes.

Während der Verknöcherung verkümmern theilweise die Knorpel des ersten Visceralbogens, indem an ihrer Stelle die Aussengebilde zu einem Kopfgürtel sich mehr und mehr ausbilden. Der Quadratbeinknorpel erhält sich noch am meisten und bildet im knöchernen Zustande hauptsächlich die Gelenkverbindung für den Meckelschen Knorpel mit dem ünterkieferapparate. Aus dem Bildungsstreifen an seiner äusseren Seite entstehen zwei Knochen- stückchen, ein oberes, breiteres, von dreieckiger Form und ein unteres mehr länglich gestaltetes. Diese vereinigen sich alsbald, und stellen das Os tympanicum der Tritonen dar, welches hier jedoch nur zur Befestigung des Quadratbeins dient. Von dem Meckelschen Knorpel bleibt im knöchernen Zustande nur das Gelenkstück von dem unteren Kieferapparate. Der übrige Theil verkümmert, während der Bildungsstreifen des Unterkiefers kräftiger

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^ ossifizirt wird und mit dem unteren Zwischenkiefer und dem Rudimente des Meckelschen Knorpels sich innig vereinigt.

Die übrig gebliebene untere Abtheilung des zweiten Visceralbogens - verwandelt nach dem Verschwinden der Kiemen die länglich - plattrunde Form in eine mehr länglich - blattförmige. Dabei giebt sie ihre knorplige Verbin- dung mit dem Zungenbeinkörper auf und wird vorzugsweise an seinem obe- ren mehr rundlich geformten Ende ossifizirt.

§. 116. Das einfache Mittelstiick oder der Zungenbeinkörper des zwei- ten Visceralbogens trägt mit seiner hinteren Extremität den Kiemenbogenträ- ger. Wir verstehen unter diesem letzteren diejenigen Skelettheile des Wir- belsystems, welche an Stelle des dritten Visceralbogens den niederen Wirbel- thieren gegeben, aus dem oberen Blatte der Herzhöle sich entwickeln, den Uebergang der Visceralröhre des Kopfes zu der des Rumpfes bilden und in ihrer grössten Entwickelung die Kiemenbogen tragen. Es erzeugen sich in dem oberen Blatte der Herzhöle, wenn die Chondrose in anderen Theilen des Kopf- Wirbelsystems schon längst begonnen, jederseits zuerst eine einfache Knorpclreihe von vier, zuletzt fünf hinter einander liegenden länglich -runden Stücken. Sie verlaufen längs den Rändern ihres Mutterblattes, mithin divergirend nach hin- ten, zu der Visceralhöle des Rumpfes und befestigen sich durch das vorderste Knorpelstück zur Seite des knorpligen ZungenbeinkÖrpers. Die mittelsten drei stutzen die drei knorpligen Kiemenbogen und das später entstehende, hinterste fünfte tritt unmittelbar zur Visceralplatte des Rumpfes. Dieses letztere ent- wickelt Zacken, wie die drei knorpligen Kiemenbogen und ist dieserhalb, wie auch wegen seiner Lage mit ünreclit der vierte Kiemenbogen genannt worden j es trägt weder eine äussere Kieme, noch einen Aortenbogen. Nun wird noch ein sechstes Knorpelstück sichtbar, welches vom Zungenbeinkörper hinter dem ersten, vordersten Stücke entspringt und parallel demselben zu dem oberen Ende des zweiten verläuft, das den ersten Kiemenbogen trägt.

Wenn darauf die Kiemen und ihre Bogen hinschwinden, so schrumpfen auch die ihnen entsprechenden Knorpelstücke des Kiemenbogenträgers zusam- men, und das hinterste fünfte, der uneigentliche vierte Kiemenbogen, rückt sich kräftiger ausbildend dem nach vorn liegenden ersten und sechsten Knor- pelstücke näher. Der Kicmenbogenträger, das Analogon des dritten Visceral-

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bogens der höheren Wiibelthiere wird auf diese Weise auf drei längliche, runde Skeicttheile , zwei vordere und ein hinterer, zurtlckgef iihrt , weiche durch das zusammengeschrumpfte Knorpclstiick getrennt werden. Während *ler Ossifikation verbleibt dieses letztere lange Zeit in seinem knorpligen Zu- stande, während die drei anderen Stücke verknöchern und dem sie tragenden Zungenbeinkörper in seiner Funktion assistiren. Man hat sie das hintere Horn und die Columella des Zungenbeines der Tritonen genannt.

DasGesicht.

§. 117. Zux typischen Konformation des Gesichtes entwachsen der oberen Röhre des Wirbelsystems (.der Schädelhöle) , die vorderen Stirn- oder ]\asenfortsätze , der unteren oder Visceralröhre , die Bildungsstreifen der oberen Kiefer. Beide vereinigen sich jederseits auf der verlängerten Schädel- oder Gesichtsbasis , welche mit ihnen zusammen die beiden Nasenkanäle konstituirt. Zur Vervollständigung erzeugt sich zwischen dem Auge und dem vorderen Stirnfortsatze jederseits die unbedeutende Bildungsmasse des Thränenbeines, der Thränenbcinfortsatz. Endlich entwickeln sich noch zum vorderen Schlüsse des Gesichtes, vorzüglich von dessen Basis, die oberen Zwischenkiefer. Sie übernehmen mit den oberen Kiefern zugleich die Bildung der oberen Mund- begrenzung. Beide zusammen aber formiren mit der Gesichtsbasis den vor- deren Theil der oberen MundhÖlen- oder unteren Nasenhölen- Wand,, und mit den vorderen und seitlichen Stirnfortsätzen das vordere Ende der oberen Nasenhölen - Decke.

§. 118. Während der Chondrose ruhen die meisten Bildungsbestand- theile des Gesichtes. Nur der obere Zwischenkiefer wird ohne deutliche Knorpelbildung sogleich vollständig ossifizirt, befestigt sich an den schmalen knöchernen Fortsätzen der Stirnbeine, rüstet sich mit Zähnchen und tritt so dem unteren Zwischenkiefer entgegen. Die Bildungsmasse des oberen Kiefers dagegen ragt lippenartig über den unausgebildeten unteren Kiefer herüber, lind entwickelt spät erst den weisslichen Bildungsstreifen für den respektiven Knochen. In der unteren Nasenhölen- Wand befinden sich jetzt schon die, von den Seitenthcilen des ersten Schädelwirbels hervorwachsenden horizon- talen Fortsätze.

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Nimmt die Ossifikation überhand, so verknöchern auch die Bihlungs- theiie des Gesichtes , We'ihrend die sclunalen Fortsätze der Stirnbeine reduzirt werden. In der oberen Decke der Nasenhölen finden sich die platten Nasen- beine, welche jederseits zuweilen wie zwcitheilig erscheinen und zugleich die oberen Zwischenkiefer befestigen. Zwischen ihnen und den aufsteigenden Th eilen der Oberkieferbeine sieht man die kleinen Thränenbeinchen. Der obere Kiefer selbst vcrknöclicrt sehr spät und ist dann durch kein gesonder- tes lüiochenstilck {Jugale Cuvier), sondern nur häutig - fasrig mit der oberen Abllicilung des ersten Visceralbogens (Quadratbein) in Verbindung erhalten. Vorn verbindet sich sein horizontaler Theil mit dem gleichen des oberen ZAvischenkiefers, und beide zusammen entwickeln noch an der unteren Nasen- hölen-Wand (Gaumengewülbe) Fortsätze, welche mit dem horizontalen Fort- satze des ersten Seitentheils der Schädelhöle zusammentreten. Anfangs unter- scheidet man noch ihre Trennungslinien, später zeigt sich nur ein kontinuir- liches, knöchernes Gaumengewölbe.

DasZahnskeletderSchleimhaut.

§. 119. Zur Assistenz des Kieferapparates der jungen Tritonen, wel- cher nur in dem oberen und unteren Zwischenkiefer besteht, entwickelt die Natur aus der Schleimhaut der Kopf- Visceralröhre jenes so höchst merkwür- dige Zahnskelet. Es entsteht durch Anhäufung des Blastema in der Schleim- Membran, welche zuerst weiss punktirt erscheint, dann Zähnchen ausbildet, endlich zu ganzen Knochenblättclicn sich verwandelt, welche tlieils unmittel- bar, theils durch platte Knorpel an das Wirbelskelet sich befestigen. Auf diese Weise erhalten wir ein oberes an der oberen und ein unteres an der unteren Visceralhölen - Wand befindliches Zahngerüste. Die beiden Knochen- blättchen des oberen Zahngerüstes haben jederseits eine ungefähr S förmige Gestalt und liegen im Allgemeinen an der vorderen Abtheilung der Schädel- basis. Vorn beginnen sie auf der Scheidungsgrenze der Schädel- und Ge- sichtsbasis, hinten befestigen sie sich durch ein zahnloses Knorpelblättchen an der inneren Fläche des Quadratbein- Knorpels. Während sie so vorn mit den respektiven der anderen Seite sich berühren, verlaufen die hinteren Enden beider divergirend. Das untere Zahngerüste besteht auf beiden Seiten aus zwei Knochenblättchen von länglicher Form. Sie befinden

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sich an der inneren Fläche der unteren Abtheilungen beider Visceralbogen, liegen an denselben ziemlich fest an und erhalten dadurch auch eine kon- vexe Wölbung. Die auf den unteren Abtheilungen des zweiten Visceralbo- gens ruhenden Knochenblättchen werden zuweilen durch ein glattes, knorp- liges Mittelstück verbunden.

Wenn die oberen und unteren Kiefer sich vollständig ausbilden, wird dieses Zahnskelet der Schleimhaut grösstentheils aufgesogen. Das untere Ge- rüste verschwindet früher und ohne Spuren seines Daseins zurück zu lassen. Das obere dagegen verkümmert später und erhält sich noch in rudimentären Stücken , welche während der Ossifikation an das Wirbelskelet sich sehr innig anlegen. Es trennt sich nämlich während des Verkümmerungsprozesses, in- dem die Quadratbeinknorpel zurückweichend sich an die äussere Fläche des Ohrlabyrinthes anlegen, jederseits der vordere, mit Zähnchen besetzte Theil von dem hinteren zahnlosen, jetzt schon verknöcherten, Knorpelblätt- chen. Der vordere Theil wird dann auf eine einfache Knochenreihe redu- zirt, welche sich ziemlich fest an die Schädelbasis befestigt. Man hat sie für das fehlende os palatinum der Tritonen gehalten. Das hintere, zahnlose Kno- chenblättchen liegt in dreieckiger Form an der inneren Fläche des Qua- dratbeines, nimmt in einer Rinne die häutig- fasrige Verbindung des Ober- kieferbeines mit dem Quadratbein auf und ist unter dem Namen des eigentlich nicht vorhandenen Os pterygoideum bekannt.

Zweiter Tlieil.

Die Bildungsgesetze des Wirbelthier -Kopfes im All- gemeinen und seine hauptsächlichsten Variationen durch die einzelnen Wirbelthierklassen.

In dem vorliegenden Theile beabsichtigen wir die Entwickelung des Kopfes der Wirbelthiere allgemein aufzufassen und den Typus desselben, wie er sich aus den bisherigen Untersuchungen ergeben, festzustellen. Gestützt dann auf die überall sich gleichförmig zeigenden Einflüsse, welche der ursprünglichen, typischen Konformation des Wirbelthierkopfes nach meinen bisherigen Beobachtungen allmählig das individuellere Gepräge geben, werde ich versuchen den allgemeinen gültigen Kopftypus in seinen Verände- rungen durch die einzelnen Wirbelthierklassen zu verfolgen.

Nicht überall können wir bei diesem Verfahren mit gleicher Bestimmtheit auftreten. Von den höheren Wirbelthieren sind uns die Säugethiere und Vögel am bekanntesten. Bei den höheren Amphibien konnten wir durch die Unter- suchungen an einem jungen Embryo einer Coluber natrix von einer wesentlichen Uebereinstimmung mit den Vögeln uns überzeugen. Von den niederen Wir- belthieren haben wir in dem ersten Theile vorliegender Schrift die Ent- wickelungsgeschichte einer sehr wichtigen Abtlieilung, der nackten Amphi- bien, niedergelegt. Auch die Uebereinstimmung in den wesentlichsten Bildungsraomenten der Grätenfische mit den gescliwänzten Batrachiern haben

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wir an einem jungen Blennius veviparus erkennen können. Es bleibt nur noch eine Reihe von Wirbelthieren übrig, deren Entwickelung von der grösstcn Wichtigkeit ist, ich meine die Knorpelfische. Können wir hier viel- leiclit noch mit einiger Sicherheit von der ersten Ordnung, der Branchiostega, welche auf der üebergangsstufe zu den Grätenfischen gesteilt ist, hinsichtlich der Kopfbildung, namentlich über das Gesicht, unser ürtheil abgeben, so er- scheinen uns die Holocephala, Plagiostomata , Cyclostomata mehr oder weniger auf einer frühen Entwickelungsstufe individuell ausgebildet zu sein, so dass die entwickelten übrigen Wirbelthiere schwerlich sofort auf sie zurück- zuführen sein werden. Wir wollen unsere muthmassliche Ansicht über die- selben am Sclilussc vorliegender Abhandlung raittheilen, nachdem wir uns mit dem Kopftj pus der anderen Wirbelthiere gpn^uer bekannt gemacht haben.

Ali^ehnitf*

Einiges über den Wirbelt3^us des Kopfes im AUgemeinejl,

Kapitell.

Sein Verhältniss zu dem ganzen Wirbelsysteme.

§. 1. Der allgemeine Plan, nach welchem der Kopf der Wirbelthiere gebildet j ist durch alle Klassen ein und derselbe: es ist der Wirbeltjpus.

§. 2. Die allgemeinste Form des ganzen im Wirbeltypus zusammenge- setzten Systems besteht in einer oberen, vollkommenen Röhre für die Zen- tralorgane des Nervensystems, und in einer darunterliegenden, unvollkomme- nen für das vegetative System, Die Letztere stellt eigentlich eine Rinne dar, welche erst durch das untere Schlussstück der oberen Röhre in einen vollkommen verschlossenen Kanal verwandelt wird. Als sekundäre, doch ganz eigenthümliche Bildungen des ursprünglichen Wirbelsystems sind die Extre- mitäten mit ihren gürtelartigen Befestigungen zu betrachten.

%. 3. Die Entwickelungsgeschichte zeigt, dass diese Röhreii des Wir-r belsystems durch Vereinigung je zweier ürplatten, den Jlücken und Visceral-

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platten, gebildet werden. Letztere entstehen wiederum aus dem serösen Blatte, welches nach unseren bisherigen Beobachtungen beide Röhren schon präformirt , und vor der Vereinigung derselben als Membrana reujiiens superior und inferior Rathk. sich dokumentirt. Ausser den beiden präformirten Haupt- röhren für das Wirbelsystem entwickelt das seröse Blatt noch eine kleinere Nebenhöle für das Herz, welche ursprünglich, bevor die Visceralbogen her- vorgewachsen, unter dem Schädel gelagert und als eine kleine Abtheilung der unteren Röhre zu betrachten ist. Mit der vollständigen Entwickelung der unteren Röhre des Wirbelsystems, wird die Herzhöle allraählig in die Rurapfvisceralhöle entweder vollkommen aufgenommen, wie bei den höheren Wirbelthieren und den Fröschen, oder nur theil weise, wie bei den ge- schwänzten Batrachiern und besonders bei den Fischen. Hier macht sie die untere, vorderste Spitze der Rumpfhöle aus, welche nicht unmittelbar m die Kopfvisceralhöle übergeht, sondern unter dem hintersten Theile der- selben (Kiemenbogenträger ) gelagert ist.

%. 4. Die Bildung der Röhren des Wirbelsysteras geschieht nun durch das allmählige Zusammenwachsen der respektiven ürplatten. Hiebei kann man sich überzeugen, dass die Röhren in der oberen und unteren Ver- einigungshaut nicht durch eine gesondert entstehende Mittelplatte oben und unten vollends verschlossen werden, sondern dass dieses eben durch das all- mählige Verwachsen der beiderseitigen Urplatten selbst vollführt wird Doch schwieriger ist die Entscheidung, wie die obere Röhre unten abge- schlossen wird. Bei den nackten Amphibien war ich bisher nicht im Stande diesen Schliessungsakt genau zu verfolgen. Bei sehr jungen Schweine -Em- bryonen und beim Hühnchen erinnere ich mich einen weissen Bildungsstrei- fen unten zwischen den Rückenplatten gesehen zu haben, und ich möchte daher wohl glauben . dass die untere Vereinigung der Rückenplatten durch ein gesondertes Mittelstück bewerkstelligt werde ^'*).

*) Die Bildung der Urröhren des Wirbelsystems ist nicht mit der Art, wie bei der Ossifikation die einzelnen Wirbelbogen zerfallen, zusammen zu bringen.

''^''"') Die genetiscbe Bedeutung der Chorda dorsalis ist mir durch die Untersuchun- gen; an den Embryonen der höheren Wirbelthiere und nackten Amphibien noch nicht

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§. 5. Noch ehe die Vereinigung der Urplatten des Wirbelsystems er- folgt ist, ja sehr bald nach dem ersten Erscheinen derselben, sehen wir ih- ren frühsten Individualisations- Akt vor sich gehen, nämlich die Abscheidung in einzelne Wirbel. Es ist dann von Hart- und Weichgebilden noch lange nicht die Rede 5 die Bildungsmasse selbst konformirt die frühsten Wirbel- Rudimente, und die Individualität des Wirbelthieres entwickelt daraus Muskel und Skelet nach dem eignen Bedürfnisse. Auf diese Weise erhal- ten wir die aus einzelnen Abtheilungen (Wirbeln) konstituirten Rohren des Wirbelsystems.

§. 6. Der Kopf ist nun der vorderste Abschnitt des ganzen Wirbelsystems und nimmt in seiner oberen Röhre das Gehirn, in seiner unteren den Schlund- und Mundkanal mit seinen Gebilden auf.

Die obere Rohre des Kopfes oder die Schädelhöle unterscheidet sich in der ursprünglichen Konformation nur durch das grössere Volumen, wel-

ganz klar geworden. Es ist höchst wahrscheinlich, dass sie mit der Bildung eines un- teren Schlusses der oheren, oder mit der allgemeinen Scheidewand heider Wirbelröhren in Beziehung stehe. Nur für den durchgreifenden Plan des ganzen Wirbelsystenis halte ich ihren Einfluss von geringerem Belange, als mein verehrter Lehrer in seinem klassi- schen Werke „die vergleichende Anatomie der Myxinoiden etc." anzunehmen geneigt scheint. Uebrigens zeigt Herr Professor J. Müller selbst, dass die Gallertsäule, wie auch ich an einem sechs Zoll langen Hay bemerkte, unmittelbar weder zu den typischen Hart- noch zu den Weichgebilden wesentlich Etwas beitrage, dass erst eine zweite fibrös- knorplige Haut um die Chorda dorsalis stricte sie dicta in den oberen Wirbelbogen übergehe, dass diese knorplig und knöchern werde, und äusserlich von ihr sich die Weich- theile befinden: sie gehört also wesentlich zum allgemeinen Plane des Wirbel- systeras. Späterhin wird die Chorda dorsalis, wie J. Müller dieses so übersichtlich darlegt, zu dem Verbindungsmittel der einzelnen, schon während der Chondrose ge- sondert auftretenden, Wirbelkörper des Rumpfes, also nur des unteren Schlussstückes der Rückenmarksröhre. Am Kopfe wird die 'geringere Trennung der einzelnen Wirbel- körper erst durch die Ossifikation hervorgerufen. jVur der letzte Wirbelkörper ist schon knorplig von dem ersten Rumpfwirbel geschieden. Ueberall, wo man die Chorda dorsalis evident am Schädel vorfand, war sie auch nur auf den hinteren Theil beschränkt. Viel- leicht ist sie wirklich nur zur Vermittelung der eigenthümlichen Bewegung der einzelnen Wirbelkörper bestimmt.

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ches durch die kräftigere Ausbildung des darin befindlichen Zentralnerven- theiles hervorgebracht wird. Die untere Röhre oder Visceralhöle des Kopfes unterscheidet sich von der Rumpf - Visceralhöle durch die Art und Weise, wie seine Röhrenforra konforaiirt wird. Es wachsen die Visceralplatten, nicht wie am Rumpfe in ihrer ganzen Masse nach unten, um sich gegensei- tig zu verbinden, sondern bilden mehre Fortsätze ( Visceralfortsätze), welche durch Spalten ( Visceralspalten ) von einander getrennt, nach und nach zu Bogen ( Visceralbogen) sich vereinigen. Es sind also die einzelnen Visce- ralbogen und die häutige Schädelabtheilung mit den ursprünglichen Wirbelrudimenten in Vergleich zu stellen; sie sind gleichfalls die Bil- dungsmassen der zu entwickelnden Hart- und auch der W e i c h gebilde. Das gesonderte Auftreten der Wirbelrudimente für die Kopf- Visceralhöle, als Visceralbogen, darf uns bei Erwägung der künftigen individuellen Ausbildung nicht befremden. Die Formirung der Mundöffnung, der Tuha Eustachii mit der Paukenhöle und dem äusseren Gehörgange , endlich die der äusseren Kie- menöfFnung sind Entwickelungen , welche die Natur bei der erwähnten ur- sprünglichen Konformation am leichtesten vollführen konnte.

§. 7. Ausser der Schädel- und Visceralhöle, welche im Wesentlichen nur als eine Fortsetzung des Rumpf - Wirbelsjstems zu betrachten sind, tritt zum Kopfe noch ein ganz neuer Bestandtheil, das Gesicht, hinzu. Es ist dasselbe, von der genetischen Seite erwogen, der durch paarige Fortsätze um die verlängerte Schädelbasis (Gesichtsbasis) konstituirte Verbindungs- theil beider Röhren des Wirbelsjstems, ursprünglich nur zur Formirung der TVasenhöle. Durch die eigenthümliche Lagerung des Gesichts, vor und über dem vorderen Eingange zur KopfvisceralhÖle (Mundölfnung), gelangen dessen Bestandtheile noch zur Hilfsleistung bei der Bildung der Mundhöle. Das Gesicht gehört demnach, wie die Extremitäten, zu den sekundären Bildun- gen des Wirbels^ Sterns , doch ist die Art seiner Konformation durch Lage und Funktion und durch die Realisirung einer Verbindung beider Röhren des Wirbelsystems eigenthümlich, und nur gezwungen mit den Extremitäten und ihren Gürteln zu vergleichen.

Nach dieser vergleichenden Schilderung des ganzen Wirbelsystems in einem Verhalten, wo weder die Sonderung der Bildungsmasse, noch

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überhaupt irgend eine individuelle Formation das einfachste Bild desselben untergraben und verdunkelt haben, finden wir iia Wesentlichen eine völlige Uebereinstimmung am Rumpfe und am Kopfe : wir sehen bei beiden einen Wirbeltypus in der genannten, allen Wirbelthieren gemeinsamen Form.

Ii a p i t e 1 II.

DieGesichts-Kopfbeuge.

§. 8. Bevor wir zu der besonderen Ausbildung des Wirbelsysterfis am Kopfe schreiten, müssen wir zuerst auf ein Phänomen aufmerksam machen, welches als der frühste Entwickelungsmoraent auf die Abscheidung säramtli- cher Wirbelthiere in zwei grossen Abtheilungen hindeutet : es ist die G e - sichtskopfbeuge. Noch ehe nämlich die Visceralplatten des Kopfes ihre Fortsätze zur gegenseitigen Verbindung entwickeln , wird der vorderste Abschnitt der Schädelhöle bei den höheren Wirbelthieren, den be- schuppten Amphibien, Vögeln und Säugethieren , nach unten gebeugt; es wird dadurch die Längenaxe der Schädelhöle in einem Winkel gekrümmt. Bei den niederen Wirbelthieren verläuft die gesammte Wirbelsäule mit dem Gesicht, wie im Embryo so im später entwickelten Zustande, in einer geraden Längen -Richtung. Wir nennen diese Beugung der Schädelhöle, die Gesichtskopfbeuge und den Winkel selbst, den Gesichts-Kopf- winkel. Es beruht die besondere Erweiterung des Gesichts der hö- heren Wirbelthiere hauptsächlich auf dem genannten Phänomen. Während das Gesicht bei den niederen Wirbelthieren , nackten Amphibien und Fischen, nur als Vereinigungst heil beider Röhren des Wirbelsystems dem ersten Schädel- ^ Wirbel vorgelagert wird , so sehen wir bei den höheren durch die Gesichtskopf- beuge den ganzen ersten Wirbel des Kopfes von den übrigen in der Rich- tung abgelenkt, in seiner Form etwas verändert, und dann zugleich in den Bereich eines erweiterten Gesichts und des Antlitzes gezogen. Es sind mit dieser modifizirten Kopfbildung zugleich andere Veränderungen des aninialen und vegetativen Systems in den beiden grossen Abtheilungen des Wirhel- thier- Reiches verbunden, doch kein unterscheidendes Merkmal ist in der früli- sten Zeit augenscheinlicher als die Gesichtskopf beuge. In ihrer reinen, un-

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j^etriibtcn Form ist sie auch nur an sehr jungen Embryonen der höheren Wirbelthierc wahrzunehmen. /

Die Hauptbedingung derselben ist, wie schon angedeutet, in dem ganzen verschiedenen Entwickelungsplan der höheren und niederen Wirbel- thierc zu suclien. Die nächste Beziehung aber, welche zwischen der Ge- sichtskopfbcugc und anderen Entvvickelungen des *animalischen Systems statt- ündet, sehe ich in dem individuelleren Auftreten der beiden Gehirnbläschen für den Geruchssinn.

Bei den nackten Amphibien habe ich nur die drei Hauptblasen des Ge- hirns uranfänglich unterscheiden können. Nun ist zwar die Entwickelungs- geschichte dieser Abtheilungen nicht genau genug bekannt, doch kann man wohl vermuthen, dass nach den drei Hauptrichtungen der Gehirn -Funktio- nen die vordere Gehirnblase für das Intellektuelle, für die Hemisphä- ren, die mittlere für die höheren Sinne oder für die Vierhügel und die thalami nervorum opticorum, endlich die hintere für die Konzentration der willkürlichen Bewegungen bestimmt sind. Bei den höheren Wirbelthieren sehe ich ganz frühe gleichfalls drei unpaarige Hauptabtheilungen und ausser- dem noch zwei kleinere Bläschen vorgelagert. Die Lage derselben, das ursprünglich paarige Auftreten, ferner der Vergleich mit den niederen Wir- h^lthieren und die nicht zu bezweifelade Thatsache, dass erst in den hÖ- lieren Wirbelthieren das Geruchsorgan von wirklicher spezifisischer Bedeu- tung ist, bei den Fischen dagegen sogar in seiner Reinheit in Frage gestellt werden kann: alles Dieses lässt mich gegen manche herrschende An- sichten vermuthen, dass die genannten Bläschen dem mächtigeren Hervor- treten des Geruchssinnes ihre Entstehung zu verdanken haben. Ist bei den niederen Wirbelthieren der Geruchssinn oder sein Analogon nur als eine spätere individuelle Produktion der Hemisphären selbst zu betrachten, so wird er bei den höheren gewissermaassen zu einer accessorischcn , klei- neren Abt h eilung des ganzen Gehirnes, die mit den Hemisphären in innigerer Beziehung als die übrigen Sinne steht.

Mit diesem ersten, gesonderten Erscheinen der Bläschen für den Ge- ruchssinn bringe ich daher das gleichzeitige, erste Auftreten der Gesichts- kopfbeuge in Verbindung. Bei den Säugethicren, Vögeln und den Sclilaiigen

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salie ich auch in der frühsten Entwickelungszeit die Gcruchbläschen haupt- sächlich den vordersten Abschnitt der Schädelhöle einnehmen, welclier zu dem übrigen unter einem Winkel gebeugt ist. Durch die weitere Fortbildung des Embryo der höheren Wirbelthiere erleiden diese Bläschen verschiedene Veränderungen je nach der eigenthümlichen Entwickelung der grossen He- misphären,

Für diese unsere Ansicht spricht ausserdem noch, dass sich die Schä- delliüle stets nach der Ausbildung des Gehirns richtet und dass besonders das Gerucliorgan ursprünglich zu der typischen Gesichtskonformation in dem eng- sten Verhältnisse ( die Bedingung ) gestellt ist.

§. 9. Bei den Säugethieren , deren Embryonen frühzeitig die Wirbel- abtheilungen der Schädelhöle erkennen lassen. Uberzeugt man sich, dass die gebeugte vorderste Schädelpartie gerade dem ersten Wirbel entspricht j bei den übrigen höheren Wirbelthieren giebt die Lagerung des ersten Visceralbo- gens die Entscheidung, Je höher nun ein Individuum in der höheren -Wir- belthier- Reihe steht, um so stärker ist die Gesichtskopf beuge , um so kleiner der Gesichtskopf Winkel, Bei den Schlangen ist der letztere noch sehr stumpf, bei dem Menschen wird er kleiner, als ein rechter Winkel.

§, 10, Die Messung des Gesichtswinkels müsste nach der vorangegan- genen Beschreibung seiner uranfänglichen Entstehung, in den entwickelten Thieren am besten durch Vergleichung der Lagerun gs -Richtung der Basis des zweiten und dritten Schädelwirbels, und der des ersten und seiner unmittel- baren Verlängerung für das Gesicht unternommen werden. Die Deckknochen der Schädelhöle können zu keiner Zeit ein Maass des Gesichts - Kopfwinkels abgeben, denn sie richten sich schon zu frühe nach der Ausdehnung der Ge- hirnblasen, Indessen auch die Schädel- und Gesichtsbasis erleiden nament- lich durch ihre gleichzeitige Bestimmung der Kopf - Visceralhöle als obere Decke zu dienen, während der individuellen Entwickelung die mannigfach- sten Veränderungen.

Vergleicht man die ganze Kopfbasis der niederen Wirbelthiere mit der bei den höheren, so findet man dieselbe bei ersteren in einer ganz geraden Richtung fortlaufend, so zwar, dass sie im Allgemeinen dieselbe Breite und Dicke beibehält, öfters sogar hinten voluminöser als vorn jst. Bei den nackten

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Amphibien wird nur die Gesichtsbasis in der senkrechten Axe als Na- senscheidewand etwas erweitert ; sonst übrigens dient die Schädelbasis einer geraden, einfachen, röhrenförmigen Gehirnkapsel. Bei einigen Fischen, bei welchen die grossen Hemisphären des Gehirnes mit den Bulbi nervi olfactorü sehr gering entwickelt sind, verschmelzen die ersten Seitentheile der Schä- delhölc dicht über der Basis zu einer einfachen, meist knorplig -häutigen La- melle. Alsdann hat es den Anschein, als ob die Basis sich hier in die ge- nannte Lamelle erweitere, doch ist sie knöchern und leicht von den häutig- knorpligen, verwachsenen Seitentheilen loszutrennen.

In der höheren Wirbelthier - Abtheilung w ird man bei der Betrachtung der unteren Fläche der Kopfbasis kaum auf den Gesichtswinkel, den sie doch so früh schon formirt, hingelcitet. Man überzeugt sich also, dass die Natur danach gestrebt hat, während der Entwickelung des Embryo den uranfängli- clien Gesichtswinkel auszugleichen, und eine so viel wie möglich gleichmässige obere Decke für die Kopf -Visceralhöle zu bilden: es erscheint dieses noth- wendig für die Funktionen des Mund- und Sclilundkanals. Abgesehen nun von allen übrigen Verhältnissen des Kopfes der höheren Wirbelthiere, welche bei dem erwähnten Streben der Natur zur Sprache kommen könnten, wollen wir uns jetzt nur an der Kopfbasis halten. In ihr erkennen wir am klar- sten die erste Spur der Gesichtskopfbeuge und sie soll uns daher auch bei dem entwickelten Thiere in ihrer veränderten Gestalt als Richtschnur dienen.

§. 11. Zu dem Ende betrachten wir die Flächen von senkrechten Längendurchschnitten, welche mitten durch den Schädel und das Gesicht geführt sind. Man gewahrt alsdann, dass die Kopfbasis durch Erweiterung nach unten den Gesichtswinkel auszugleichen strebt.

Bei den Schlangen ist dieses Verhalten durch die eigenthümliche, lockere Skeletbildung am Vorderkopfe und auch wegen der geringen Ge- sichtskopfbeuge (an dem Embryo einer Coluber natrix sah ich dieselbe übrigens ganz deutlich) weniger augenscheinlich. Die Basis des ersten Schä- delwirbels und des Gesichts befindet sich hier in einem rudimentären Zu- stande und wird durch die Knochenwucherungen der Basis des zweiten Wir- bels , durch die merkwürdige Entwickelung der Seitentheile des ersten Wirbels und der Nasenbeine, durch die ossa ethmoldea etc. ersetzt. Dennoch ist dieses

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Streben auch hier nicht zu verkennen. Bei den Eidechsen ist dasselbe schon ganz evident. Die Gesichtsköpfoeuge ist stärker geworden, schon an der vorderen Partie des zweiten Wirbelkörpers beginnt die Erweiterung und erreicht ihre grösste Höhe in der Basis des ersten Wirbels, welche als eine einfache Lamelle zum grössten Theile die beiden Augenhölen scheidet, lieber ihr liegt die Höle des ersten Wirbelbogens der SchädelhÖle. Ihre Verlängerung, die Gesichtsbasis, nimmt wieder allmählig in ihre Höhe ab. Bei den Vögeln findet im Allgemeinen dasselbe Verhältniss, wie bei den Ei- dechsen statt, nur im vergrösserten Maassstabe. Schon der ganze Körper des zweiten Schädelwirbels wird bei der Erweiterung in Anspruch genommen.

Die Gesichtskopfbeuge der Säugethiere hat bereits einen so hoben Grad erreicht, dass das bisherige Verhältniss der Kopfbildung theilweise ab- geändert werden rausste. Die Erweiterung der Kopfbasis ist hier am ausge- breitesten und stärksten. Beim Menschen bildet die Durchschnittsfläche der Kopfbasis ungefähr die Figur eines Dreiecks, dessen Spitze am fommeyi magmm, dessen Grundseite in der Nasenscheidewand gelagert ist. Im Ver- ein mit allen übrigen, die stärkere Gesichtskopfbeuge begleitenden Umständen in der Kopfbildung der Säugethiere, worauf wir an geeignetem Orte zurück- kommen, kann der vordere Theü der Kopfbasis nicht mehr als obere Decke der Kopfvisceralhöle dienen. Es entwickelt sich von den oberen Kiefern, Zwischenkiefern und Gaumenbeinen eine vikariirende Gaumendecke. Die Kopfbasis wird daselbst noch durch einen accessorischen Knochen , den Vomer, erweitert, welcher die stellvertretende Gaumendecke mit der ursprünglichen oberen Wand der Kopfvisceralhöle (namentlich Gesichtsbasis) in Verbindung setzt. Wir erhalten auf diese Weise bei den Säugethieren eine obere Decke der Kopfvisceralhöle, welche vorn durch das bekannte, eigenthümliche Gau- mengewölbe, hinten durch den grössten Theil der Schädelbasis zusammenge- setzt wird, und dadurch das allgemeine Bestreben der Natur, ein gleich- massiges Niveau an besagter Stelle soviel wie möglich zu Wege zu bringen, realisirt.

§. 12. Diese angeführten, grösseren Veränderungen an der unteren Fläche der Kopfbasis begleiten auch minder wichtige an der oberen, die dem Gehirne augekehrt ist. Wie die ganze innere Fläclie der SchädelhÖle

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von der Ausbildung des Gehirnes abhängig ist, so auch die ihrer Basis. Wir wollen hier nur besonders noch berücksichtigen die eigenthümliche Entwicke- lung der Gehirnblase für die grossen Hemisphären und der Bläschen für den Geruchssinn, sowohl an und für sich, als auch vorzüglich in ihrer Beziehung zu einander. Das uranfängliche Verhalten ist mir bisher bei den höheren Wirbelthieren überall gleichmässig erschienen, und dennoch ist die spätere, entwickelte Form so sehr abweichend. Die genauere Entwickelungsrnetamor- phosen kenne ich bei beiden nicht, aber man muss doch zugeben, dass, wie alle Gehirn - Abtheilungen unter einander, so auch besonders die grossen Hemisphären bei ihrer Ausbildung mehr oder weniger mit den an- fangs mehr isolirt dastehenden Geruchsblasen sich wieder inniger vereinigen. Unter solchen Umständen musste auch der Winkel der Gesichtskopfbeuge, welcher uranfänglich mehr in der Scheidungsgrenze dieser beiden Gehirnab- theilungen gelegen und eben durch das gesonderte Erscheinen der Geruchs- blasen unserer Ansicht nach hervorgerufen ward, Veränderungen erleiden, namentlich mehr geebnet werden. Man sieht daher in den entwickelten Schädeln die obere Fläche der Basis allmählig nach vorn sich meist nur erheben, statt einen Winkel formiren. Bei den niederen Wirbelthieren bildet sie vielmehr ein gleichmässiges Niveau mit der Horizontal -Linie.

§. 13. So ist denn also der Winkel der Gesichtskopfbeuge an der ossifizirten Schädelhöle durch die mannigfachsten Veränderungen mehr oder weniger untergraben und verdunkelt. Es bleibt uns daher zur Bestimmung der Gesichtskopfbeuge nur ein indirekter und unsicherer Weg übrig, vermittelst des Gesichtes (obere Gesichtshälfte) und des Anfangs der Rumpfwirbelsäule. Jenes giebt uns ungefähr die Richtung der gebeugten Röhre des ersten Schädel- wirbelbogens, letzteres die, welche der zweite und dritte Wirbel uranfänglich hat. Zwei Linien, die eine mitten durch den ungefähr kegelförmigen Raum bei- der Nasenhölen, durch den ersten Wirbelkörper nach der Schädelhöle, und eine zweite mitten durch die zylinderförmige Röhre der ersten Rurapfwirbel, durch das foramen magnum und durch die Schädelhöle auf die erstere gezo- gen, geben uns einigermaassen die Lagerungsrichtung der uranfängli- chen Gesichtskopfbeuge. ; : i rr ) •fr^M;;

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§: 14. Ehe ich die Gesichtskopfbeuge verlasse, will ich noch erwäh- nen, dass mit ihr gleichzeitig die Halsbeuge an der Rurapfwirbelsäule auf- tritt. Wir sind geneigt in dem Nackerihöcker der Embryonen der höheren Wirbelthier -Reihe die frühste Andeutung davon wahrzunehmen. Es bleibt übrigens noch ferneren Untersuchungen vorbehalten, zu erörtern, in wie weit die Hals- und Gesichtskopfbeuge sich gegenseitig bedingen und welchen Einfluss beide zusammen auf die ganze Wirbelsäule ausüben.

Nach diesen allgemeinen Betrachtungen über die Urform des Kopfes sämmtlicher Wirbelthiere , wollen wir auf die besonderen Bildungsgesetze desselben übergehen. Aus den angeführten Gründen theilen wir diese in zwei Abtheilungen: in die der höheren Wirbelthiere, beschuppten Am- phibien, Vögel, Säugethiere und in die der niederen, Fische, ge- schwänzte Batrachier, Frösche*). Wir lassen bei jedem Kopftheile die typi- sche Konformation im Allgemeinen vorangehen und die hauptsächlichsten Veränderungen durch die einzelnen Klassen folgen.

II« Ald^ctanitt«

Die Kopfbildung der höheren Wirbelthiere. & a p i t e 1 m.

Die SchädelhÖle, Die typische Konfo rniation im Allgemeinen. §. 15. Die SchädelhÖle wird frühzeitiger typisch konformirt als die Visceralhöle und das Gesicht. Sie ist derjenige Theil der Zentralner ven-

*) Die Abscheidung sämmtlicher Wirbehhiere nach der Gesichtskopfbeuge ist durchgreifender und allgemeiner als irgend eine andere. Sie erleidet keine Ausnahme, geht mit dem höheren Stande einer Wirbelthierklasse in ihrer grosseren Ausbildung Hand in Hand, ist endlich von dem Haupttypus der Wirbelthiere hergenommen und wie der- selbe von der eigenthüml^chen Entwickelung des edelsten Systems imKDrganismus abhängig.

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röhre des Wirbelsystems , welcher das Gehirn umschliesst, und die Ausbildung desselben hat auf die allgemeine Form der Schädelhöle den wesentlich- sten Einfluss. Noch ehe die Urplatten zur oberen Röhre sich vollkommen vereinigt, beugt sich, wie mir scheint, in Folge der besonderen Entwicke- lung der Geruchsblasen aus der vordersten Gehirn - Abtheilung, ungefähr die- jenige Partie der Schädelhöle, welche dem ersten Wirbel entspricht, nach unten j es entsteht so die erwähnte Gesichtskopfbeuge. Ausser der allen Wirbelthieren gemeinsamen voluminöseren Ausdehnung des Schädelgewolbes formirt bei den höheren der vordere Schluss desselben, gleichfalls wegen der grösseren Ausbildung des Gehirnes, eine mehr gewölbte, kappenförmige Stirnwand, ,^ - ; : , .

§. 16. Wie an dem Rumpfe, so bemerken wir auch am Kopfe die Absonderung der Urplatten in Wirbel j es sind drei an der Zahl. Während in der VisceralhÖle drei Visceralbogen sich hervorbilden, sehen wir an der Schädelhöle , besonders deutlich an der Basis derselben bei den Säuge- tliier- Embryonen, die drei Wirbelkörper abgezeichnet. Der Mangel an Weichtheilen und einer gelenkigen Verbindung der einzelnen Schädelwirbel unter sich macht, dass die Abzeichnung derselben anfangs nicht so evi- dent markirt ist, Wie am Rumpfe. Ausser den Visceralbogen, den Sinnesor- ganen und den leicht kenntlichen Rumpfwirbeln, sind es auch vorzüglich clie drei Hauptabtheilungen des Gehirnes, welclie uns die Gegenden der Schädel- wirbel andeuten, Hiebei hat man natürlich das Ineinandergreifen der ein- zelnen Gehirn- Abtheilungen und ihre grössere oder geringere Ausbildung zu berücksichtigen. --'^a* '>!>:':Hrv : .liii-n

'■ §. 17. Eine wirkliche Trennung der einzelnen Vv^irbel ist übrigens weder vor der Sonderung der Bildungsmasse, noch während der Cliondrose zu bemerken, wenn nicht äussere Einflüsse besonders einwirken j sie wird erst durch die Ossifikation hervorgerufen. Es zeigt sich alsdann, dass die normale "V erknöcherung eines oberen Wirbclbogens, durch gesonderte obere und untere einfache S clilussstücke und durch zwei Seitentheile, gemäss der grösseren Ausbildung des Gehirnes noch durch supplementarische Stücke nament- lich in der oberen Schädeldecke erweitert wird. Es erzeugen sich bei allen höhe- ren Wirbelthieren (auch bei den niederen, wenn das Kopf wirb elsystem vollständig

21^

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ossifizirt wird) im ersten und zweiten Wirbelbogen gewöhnlich zwei obere SchiussstUcke: zwei Stirnbeine (so auch bei den beschuppten Amphi- bien) und zwei Scheitelbeine. Ausserdem treten bei sämmtlichen Vögeln und Säugethieren im zweiten Schädelwirbel noch die fartea squamosae der Scldä- fenbeine als obere Schlussstücke hinzu ; endlich zeigen sich in Folge der Einwir- kungen des Ohrlabyrinthknorpels bei vielen Individuen der genannten höheren Wirbel thierklassen, zwischen dem zweiten und dritten Schädel wirbel, gleichfalls als Schlussstucke, die Partes mastoideae des Schläfenbeines und bei den meisten . Säugethieren die Ossa Wormiana. Die Partes squamosae , mastoideae und die Ossa Wormiana habe ich in der eben angeführten Bedeutung, nach welcher sie als supplementarische Knochen in der oberen Schlussdecke des Ge- hirnes dienen, bei den beschuppten Amphibien nirgends wiedergesehen. In dem weiteren Fortgange unserer Betrachtungen werden wir darthun, dass diejenigen Knochen, welche man bei ihnen dafür gehalten, die genannte Wesentliche Funktion nicht haben. Man darf aber nur das frühste Erscheinen der besagten KnochenstUcke bei den Säugethieren und Vögeln während der Ossifikation beobachtet haben, um sich zu überzeugen, dass dieselben in der häutig -knorpligen Schädeldecke entstehen, und die genannte Funktion da- her die richtige und wesentliche ist.

§. 18. Wir haben demnach an dem menschlichen Schädel, mit Hin- ' weglassung der KnochenstUcke für die Sinnesorgane, die Wirbelbogcn folgen- dermaassen ausgeprägt:

a. Für den ersten Wirbel: der vordere Keilbeinkörper in seiner ganzen Ausdehnung nach vorn, als unteres SchlussstUck j die Crista galli wird mitgerechnet; sie ist nur durch Einwirkungen des Geruchlabyrinthes während der Ossifikation abgesondert. Die vorderen KeilbeinflUgel for- miren die entsprechenden Seitentheile , und die Stirnbeine die oberen Schlussstücke.

b. Für den zweiten Wirbel: der hintere Keilbeinkörper als unteres Schluss- stück, die hinteren Keilbeinflügel als die entsprechenden Seitentheile, und die Schuppe des Schläfenbeines mit den Scheitelbeinen, als die oberen Schlussstücke.

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c. Für den dritten Wirbel das ganze Hinterhauptsbein in seiner normalen Verknöcherung eines Wirbels durch das einfache obere und untere Schluss- stück und durch die beiden Seitentheile.

Zwischen den oberen Schlussstücken des zweiten und dritten Wirbels befinden sich als Supplemente die Partes mastoideae der Schläfenbeine und die Ossa Wormiana.

Veränderungen der Schädelliöle. (S. Tab. III. Fig. I. 2. 3. 4. 5. 6.) 19. Die Veränderungen der Schädelhöle sind zuerst solche, welche durch das umhüllte Organ selbst, das Gehirn, hervorgerufen werden, und in- sofern die wesentlichen heissen. Es wird dadurch, wie schon erwähnt, die allgemeine Form und die innere Fläche der Schädelhöle ausgeprägt. In die- ser Hinsicht bemerkten wir schon an der Schädelbasis die theilweise Aus- gleichung des Gesichtswinkels, durch innigere Verschmelzung der beiden Ge- ruchsblasen mit der, den grossen Hemisphären entsprechenden, Gehirnblasc. Die übrigen Veränderungen daselbst sind für uns von geringerer Wichtigkeit.

Die allgemeine Wölbung der Schädelhöle anlangend, so ist sie vorzugs- weise von dem gegenseitigen Verhalten der einzelnen Zentralapparate des Gehirnes abhängig. Man kann drei Richtungen von einer hervorstechenden Erhebung der Schädelröhre unterscheiden. Diese werden besonders bestimmt am vorderen Theile durch die vorherrschende Ausbildung der Hemisphären, in der Mitte durch die Lohi optici und deren nächsten Verbindungen, endlich nach hinten durch die Konzentration der motorischen Apparate.

Bei den beschuppten Amphibien ist im Allgemeinen eine geringere Ent- "wickelung vorzüglich der Hemisphären und auch der Sinnesorgane j die mo- torische Kraft überwiegt, und der Schädel wölbt sich besonders am hinteren Ende. Mit der stärkeren Gesichtskopfbeuge beginnt bei den Vögeln auch eine grössere Ausbildung der Hemisphären ; die Sinne stehen höher; doch die Entscheidung wird durch die Lohi optici gegeben; daher die vorherrschende Wölbung der Schädelröhre mehr in der Mitte. Bei den Säugethieren findet im Allgemeinen eine gleichmässigere Entwickelung der Hemisphären, der Zentralorgane für die Sinne und der motorischen Apparate Statt; daher auch die Form der Schädelröhre ziemlich ebenmässig. Bei dem Menschen end- lich herrscht das Organ der intellektualen Thätigkeit; alle übrigen Apparate

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des Geliirnes sind untergeordnet; nicht die Sinne, niclit die Muskelkraft, die Intelligenz entscheidet, und die Schädelhöle wölbt sich vorn zu einer Stirnc,

Die grössere Ausbildung des Gehirnes hat auch auf die senkrechte oder mehr gegen die horizontale Ebene geneigte Stellung der Seitentheile des Schädelgewölbes Einfluss. Von der Wölbung der oberen Schädeldecke in der IVähe des Foramen magnum hangt demgemäss die Stellung des letzteren ab. Daher kommt es bei den Vögeln, den höheren Säugethieren, besonders aber beim Menschen so tief nach unten zu stehen.

5. 20. Die accidentellen , aber für uns wichtigeren Veränderungen des Schädelgewölbes entstehen durch die höheren Sinneswerkzeuge und durch die Kopfvisceralröhre mit ihren Gebilden. Ihre Einwirkungen auf das Schädel- gewölbe geschehen von aussen,

§. %\. Die Sinueswerkzeuge sind äusserst früh schon an der Schädel- röhre bemerkbar. Noch ehe die Rückenplatten am Kopfe sich besonders au- genscheinlich maclien, sieht man am vorderen Schlüsse der durch das seröse Blatt präformirten Röhre die Augenrudimente. Sie liegen ursprünglich vorn zur Seite der kappenförmig gewölbten Stirnwand. Bald darauf markiren sich vor deii Seitentheilen des letzten Schädelwirhels die Bläschen der Gehörlaby- rinthe und noch später zwischen den Augenrudimenten und den äusseren Rändern der vorderen Stirnfortsätze, die Grübclien der sich entwickelnden Ge- ruchlabyrinthe. Am frühsten sind die letzteren nach meinen bisherigen Be- obachtungen bei den Embryonen der Schlangen sichtbar. Bei den übrigen höheren Wir belthicren (Vögel, Säugethiere) sah ich sie in dem schon gebil- deten Nasenkaiiale. Ist es bei dem frühsten Erscheinen der Sinneswerkzeuge mehr odef weniger schwierig zu unterscheiden, ob sie an den Rückenplatten Theil haben oder nicht, so Avird die Integrität des Schädelgewölbes gleich nach der typischen Konformation, und das isolirte Aiiliegen der Sinneswerk- zeuge an demselben überzeugend genug, dass beide, d^s Schädelgewölbe und die Sinneswerkzeuge, dem serösen Blatte wohl ihre Entstehung verdanken, doch jeder seinem eigenthümlichen Typus folgt. t

Nur in dem Fortgange der Entwickclung , in der späteren Zeit der Chondrose und namentlicli während der Ossifikation, wirken die Sinneswerk- seuge auf das Schädcigcwölbe ein. Dip Labyrinthe des Geruch- und Gehör-

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Sinnes verhindern mehr oder weniger den Vcrknocherungsprozess in der Ge- gend ihrer Lagerung, Besonders ist es das Geliörlabyrinth , welches während der Ossifikation die Kontinuität des Schädelgewölbes unterbricht und als Pars ipetrosa des Schläfenbeines dem Wirbelsjstem der Lage nach sehr innig ein- verleibt wird. Es beeinträchtigt mehr oder weniger die Seitentheile des zweiten Scliädelwirbels (hintere Keilbeinflilgel). Das Labyrinth des Gorucli- sinnes kommt nur bei den Säugethieren mit dem Cranium in ganz naher Be- rührung, so zwar, dass es mit seiner Lamina cribrosa dem Gehirne als StiUze dient. Bei den übrigen höheren Wirbelthieren befindet es sich getrennt in den entfernter liegenden Nasenbölen, In diesem Verhalten sehe ich es auch andeutungsweise an einem Strauss- Schädel des hiesigen anatomischen Mu- seums. Daher möchte ich bezweifeln, dass das eigentliche os ethmoideum bei irgend einer Straussart in das Schädclgewölbe sich hineindränge, wenn auch, wie bei mehren Vögeln, die Nasenhölen in die Stirnbeine sich erweitern. Am wenigsten aber wäre es mit den Entwickelungsgesetzen übereinstimmend, wenn das os ethmoideum an der Oberfläche des Schädelgewölbes zwischen den Stirnbeinen hervorträte.

5. 22. Die Augen beeinträchtigen am wenigsten das Schädelgewölbe unmittelbar. Auch in dem entwickelten Zustande befinden sie sich, ihrem er- sten Erscheinen gemäss, hauptsächlich an der Seite der ossifizirten Stirn- wand d. h. an den Stirnbeinen. Nur behufs der Formirung von Augenhölen entwickeln diese letzteren während der Ossifikation einen Margo supraorbi- taliSf welcher nach hinten gewöhnlich in einen Processus orbitalis posterior, der sich mit dem Oberkiefer mehr oder weniger in Verbindung setzt, aus- läuft. Bei den Vögeln geht der Processus orbitalis posterior auf die ersten Seitentheile des Schädels über, bei den Schlangen auf die Scheitelbeine. Bei einigen Nagern findet sich auch vorn ein ähnlicher Fortsatz, welcher wohl der Glandula nasalis seine Entstehung verdankt. An dem Schädel des Ptero- dactylus crassirostris Goldf. sehe ich gleichfalls einen vorderen OrbitaHort- satz, welcher sich mit dem der hinteren Abtheilung des Oberkiefers (Joch- bein) verbindet. Wie viel zu der gegenseitigen Verbindung der Orbitalfort- sätze mit den Oberkiefern jeder von diesen Knochen beiträgt , ist sehr verschieden. Die Ursachen bleiben der spezielleren Betrachtung der ge-

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nannten Theile anheimgestellt. Ausserdem sind noch wesentlich für die Au- genhölenbildung die Seitentheile des ersten Schädelwirbels, durch welche die Sehnerven hindurchtreten. Von der Gesichts- und Kiefer -Entwickel uns: abhängig können dann noch zur Unterstützung hinzutreten : die Thränenbein- chen, die Gesichtsbasis, das Geruchlabyrinth, die hinteren Keilbeinflügel, das Gaumen-, Oberkiefer- und selbst das Flügelbein. Hierüber das Nöthige an seinem Orte.

§. 23. Wir wollen jetzt nur im Allgemeinen hervorheben , dass die Lage der Augenhölen bei den höheren Wirbelthieren an der stärker gewölbten Stirn- wand (Stirnbeine) verbleibt, und dass das Auge dadurch mehr und mehr in die Gesichtsfronte gelangt. Bei den niedrigsten beschuppten Amphibien ist dieses Verhältniss noch wenig bemerkbar, bei den Vögeln schon evidenter j noch augenscheinlicher bei den Säugethieren , jedoch mit der Modifikation, welche die grössere Ausbildung des Geruchs und die theilweise Hinzuzie- hung des Gehörsinnes zu dem Gesichte im weiteren Sinne hervorbringt. Bei dem Menschen endlich unterliegen, wie alle Sinne, so auch die Augen mit ihren Holen dem Uebergewichte des intellektualen Organes. Die Stirnbeine wölben sich vollkommen über sie herüber.

Mit der Lage der AugenhÖle ändert sich in gleichem Maasse auch die sie trennende Scheidewand. Bei den Schlangen werden die Augen noch meist durch die Seitentheile des ersten Schädel wirbels, welche die Hemi- sphären mit den vereinigten Riechkolben hier umhüllen, geschieden. Bei den Eidechsen und den übrigen beschuppten Amphibien wird das Gesicht mit seinen Sinnen mehr isolirt dem Schädel vorgelagert-, es trägt zur Augen- Scheidewand schon die erweiterte Gesichtsbasis bei. Diese letztere Ubernimmt bei den Vögeln, wo die übermächtige Ausbildung des Sehorganes die am mei- sten von der Schädelhöle entfernte Lage der Geruchhölen bedingt, vorzugs- weise die genannte Funktion. Bei den Säugethieren sind bei einer stärkeren Gesichtskopfbeuge, wodurch auch das Ohr theilweise zum Gesichte hinzuge- zogen wird, die Sinne und die Hemisphären gleichmässig ausgebildet. Es gelangt unter solchen Umständen die vorderste, mehr erweiterte Partie des Schädelgewölbes selbst wieder zu der Funktion, die Augenhölen zu trennen. Auf diese Weise wiederholt sich bei ihnen ein ähnliches Verhältniss, wie bei

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den niedrigsten beschuppten Amphibien ( Schlangen ) , aber unter Einwirkung einer grösseren Gesichtskopfbeuge und der grösseren Ausbildung der Zentral- organe des Gehirnes. Bei dem Menschen endlich überwiegt wiederum das Organ der intellektualen Thätigkeitj die Bulbi nervi olfactorii werden unter- geordnet j die Nasenhölen liegen unter der vorgewölbten Stirne, und das Labyrinth des Geruchorganes trennt allein die AugenhÖlen, sich schützend durch Erzeugung einer Lamina papyracea.

§, 24. Ehe wir die AugenhÖlen verlassen, müssen wir noch erwähnen, dass die Stirnbeine zu dem Schutze derselben ausser dem Margo supraorhi- talis noch besondere Knochenstücke, Ossa supraorhitalia , entwickeln. Sie sind accessorische Erweiterungen des oberen Augenrandes selbst, welche sich bei mehren Vögeln und Eidechsen vorfinden. Bei Struthio Rhea etc. liegt das Os supraorbitale am inneren Rande der Augenhöle und steht nach unten durch einen Proc. orb. anterior mit dem Oberkiefer in Verbindung. Auffallend sind die Augenrand - Knochen bei Lacerta agilis ausgebildet, wo deren zwei bis drei an der Zahl vorhanden sind. Man thäte Unrecht, wollte man dieselben, wie Theile der Stirnwand, mit den Stirnbeinen selbst in eine Kategorie stel- len. Letztere sind wesentlich obere Schlussstücke in dem ersten Schädel- wirbel-Bogen j die Supraorbital -Knochen dagegen wesentlich nur acciden- telle, gesonderte Erweiterungen des Margo supraorbi talis der Stirnbeine.

25. Die Veränderungen der Schädelhöle, welche durch die Visce- ralröhre mit ihren Gebilden erzeugt werden , beziehen sich einerseits auf die Schädelbasis, anderseits auf die gewölbte Partie der Gehirnkapsel. -1 , §. 26. Die ersteren haben wir zum grössten Theile schon bei der Gesichtskopfbeuge angeführt. Wir zeigten daselbst, dass das Bestreben der Natur so viel wie möglich eine gleichraässige obere Decke der Visceralröhre zu bilden, die allmählige perpendikuläre Erweiterung der Schädelbasis zu Wege bringt, damit auf diese Weise der Winkel der Gesichtskopfbeuge aus- geglichen würde. Dabei leidet am meisten der Körper des ersten Schädel- wirbels, von welchem unmittelbar die Gesichtsbasis ausgeht. Hiezu kommen bei den beschuppten Amphibien noch andere Umstände, welche den ersten Wirbelkörper oft unkenntlich machen. Bei den Schlangen (Tab. III. Fig. 1. 2.) veranlasst die lockere Zusammensetzung der Gesichtskhochen , ja selbst der

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Stirnbeine, eine geringere Ossifikation und Ausbildung der Gesichtsbasis, Der erste Wirbelkörper wird dadurch auch gleichzeitig beeinträchtigt und erhält sich meist knorplig, von einer Knochenwucherung des zweiten Wir- -belkörpers theilweise ersetzt. Das Schädelgewölbe der eigentlichen Eidech- sen wird grösstentheils gar nicht ossifizirt, sondern bleibt der Gegend der ersten und zweiten Seitentheile des Schädelgewölbes meist häutig. Auf die wahrscheinlichen Ursachen dieses Zustandes werden wir noch später zurück- kommen. Hier bemerken wir nur, dass dieses gleichfalls auf eine schwache Ausprägung des ersten Wirbelkörpers von Einfluss sein muss, welcher auch grösstentheils immer knorplig verbleibt. Bei den Vögeln sieht man ihn schon deutlicher ossifizirt, doch immer hauptsächlich lamellenartig und nur unten etwas voluminöser werdend. Eine Scheidung vom zweiten Wirbelkörper ist hier selbst frühzeitig kaum bemerkbar. Erst der Schädel der Säugethiere zeigt einen ausgeprägteren, ersten Wirbelkörper, Die Erweiterung der Schädelhöle in die Breite an dem vorderen Ende, in Folge der grösseren Ausbildung der Hemisphären des Gehirnes und der Gleichstellung derselben mit den Zentralorganen aller drei höheren Sinne, ist auf dieses Verhalten von entschiedenem Einflüsse.

§. 27. Auf den zweiten Wirbelkörper des Schädels wirkt noch beson- ders das Anliegen der Flügelbeine ein. Zur Befestigung dieser letzteren entwickeln sich zu beiden Seiten des Wirbelkörpers Fortsätze, welche nach der Lage und Funktion wohl den Querfortsätzen der Rumpfvvirbel entspre- chen. Beide dienen zur Befestigung von Skelettheilen der Visceralröhre. Diese Fortsätze finden sich beinahe in allen Klassen der höheren Wirbelthier- Reihe vor,

§. 28. Von Wichtigkeit ist die Einwirkung, welche die aufhebenden Muskeln des unteren Kiefer - Apparates auf das Schädelgewölbe ausüben. Diese Muskeln entspringen zumeist in der mittleren Region der Schädel- höle, und zwar von den Seitenwänden und besonders von den Schlussstücken des zweiten Wirbels. Sie liegen daselbst in der sogenannten Schläfengrube, welche durch die Entwickelung von Rand - Erhebungen an den Grenzen der Muskelansätze erzeugt und äusserlich von der hinteren Abtheilung des Ober- kiefers (Jochbogen) umzäunt wird. Diese Schläfengruben sind bei den

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Schlangen gar nicht vorhanden , indem die Muskeln des oberen und unteren Kiefers behufs des Schlingens eigenthümlich unter die einzelnen Knochen der Mundhöle vertheilt sind. Ein kneifzangenartiges Ergreifen, wobei die Aufhe- ber des unteren Kiefers nothwendig, findet auch hier nicht statt. Am ausgebil- detsten und von höchst merkwürdiger Art sind sie bei den Eidechsen , Schild- kröten, Krokodilen j weniger entwickelt bei den Vögeln, endlich wiederum stärker hervortretend bei den Säugethieren.

§. 29. Die Schläfengruben haben durch ihre eigenthümliche Entvvicke- lung bei den beschuppten Amphibien zu den merkwürdigsten Deutungen An- lass gegeben und den vergleichenden Anatomen bei der Vergleichung einzel- ner Schädelknochen in den verschiedenen Wirbelthierklassen häufig als Hilfs- mittel gedient. Wir müssen daher die wesentlichen Punkte etwas genauer berühren. Zunächst halten wir uns an den Säugethieren und Vögeln.

Die Schläfengrube ist hier eine Fortsetzung der Augenhöle nach hin- ten. Der Margo supraorbitalis geht in einen, von neuem sich wieder erhe- benden, Margo supratemporalis über, so zwar, dass an der Vereinigungsstelle beider gewöhnlich ein Trennungs- Fortsatz, der Processus orbitalis posterior, hervorwächst. Dieser verbindet sich meist mit der hinteren Abtheilung des Oberkiefers (Jochbein), und von der kräftigeren oder schwächeren Vereini- gung beider hangt die geringere oder grössere Gemeinschaft der Schläfen- und Augengrube ab. Die allgemeine Lage der Schläfengrube wird demnach von der Augenhöle bedingt oder richtiger: sie bedingen sich gegenseitig und sind der höheren Einheit im Organismus untergeordnet. Beide befinden sich an den Seitenwänden des ersten und zweiten Schädelwirhels. Je meJir die Augenhöle nach hinten liegt, um desto mehr weicht die Fossa temporalis zu- rück; über beide entscheidet demnach bei gleicher Schädelwölbung zunächst die stärkere Entwickelung des Auges und der Kiefennuskeln. Bei den Säuge- thieren giebt ausserdem noch die theilweise Hinzuziehung des Ohres zum Gesichte im weiteren Sinne und die gleichmässigere Entwickelung des intel- Jektualen Organes sanimt den Sinnen den Ausschlag,

Während vorn die Schläfengrube durch den Processus orbitalis posterior begrenzt ist, wird sie hinten durch einen zweiten abgeschlossen, der bei den Säugethiereii und Vögeln den Namen Processus zygomaticus ossis temporum^'

22-

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erhalten hat. Dieser hintere Fortsatz der Scliläfengrube befindet sich in den beiden oberen Wirbelthierklassen an der Schläfenscluippe. Er ist als Andeu- tung beinahe bei allen Vögeln zu bemerken; entwickelter sehe ich ihn bei den krähen- und straussartigcn Vögeln, wo er ligamentös, wie bei den Säu- gethieren gewöhnlich knöchern gegen die hinter^ Abtheilung des Oberkiefers (Jochbein) sich hinrichtet. Der Unterschied des genannten Processus zygonia- ticus der Vögel und Säugethiere beruht nur auf die gleichzeitige Gelenkbii- dung mit dem Unterkiefer bei letzteren. Es ist diese Funktioii aber rein acci- dentell und nur durch die Verwendung des Meckelschen und Quadratbein- Knorpels zu den Gehörknöchelchen hervorgerufen. Wie der Processus orbitalis anterior des Supraorbital - Knochens der Vögel mit dem Processus or- bitalis /posterior zu einem vollständigen Ringe sich vereinigt (Papagei), so sehen wir auch zuweilen eine Verbindung zwischen dem Proc. orhit. post. und dem Process. zygomaticus (Phasanen). ,

§. 30. Komplizirter wird die Fossa temporalis bei den beschuppten Amphibien, Eidechsen, Schildkröten, Krokodilen. Die geringere Wölbung der Schädelhöle und der dadurch bedingte Mangel einer Pars squamosa ossis temporum, so wie die überwiegende Stärke und Kraft der Muskeln musste eine Modifikation zu Wege bringen.

Wii' wollen zunächst eine nähere Beschreibung der Schläfengrube eines Ei- dechsenschädels (JLacerta agilis} geben. (Tab. III, Fig. 3.) Der Margo supraorbitalis setzt sich auch hier in den oberen Schläfengruben -Rand fort. Letzterer geht von dem äusseren Rande des beinahe gar nicht gewölbten Scheitelbeines ab und er- weitert sich hinten zu einem langen Fortsatze, welcher sich auf den äusseren Rand des stark hervortretenden knöchernen Ohrlabyrinthes niederlässt. Die allgemeine Lage der Schläfengrube ist demgemäss auch mehr an die Seiten- theile des zweiten Wirbels verwiesen. Wie der obere AugenhÖlen-Rand, so ist auch der Margo supratemporaUs kräftig entwickelt und vergrössert sich gleichfalls, wie der erstere, durch seibstständig werdende Randknochen. Es ist hier ein grösserer vorhanden, welcher in früher Zeit der Länge nach in zwei Stücken zerfällt ist. Mit den Ossa marginaüa der Augenhöle steht er durch zwei kleine, neben einander liegende Knochenstückchen in Verbindung. An seinem äusseren Rande befinden sicli dann noch zwei hinter einander

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liegende, schmale, längliche Knochenstücke, Das vordere erweitert gewisser- maassen den Processus orhitaUs posterior und verbindet sich mit dein mächti- gen Fortsatze der hinteren Abtheilung des Oberkiefers (Jochbein). Das hin- tere legt sich an den langen Fortsatz des Scheitelbeines, welcher die Schlä- fengrube beschliesst, und erreicht mit ihm den äusseren Rand der Pars petrosa ossis temporum da, wo das Quadratbein mit seinem Belegknochen (O« ti/mpanicum) sich befestigt.

§. 31. Bei dem Vergleich der Fossa temporalis der Säugethiere und Vö- gel mit der cigenthiimlichen bei der genannten Eidechse finden wir für beide dieselben leitenden Gesetze, nur modifizirt durch den kleinen Schädelbau uud- durch den so ausgebildeten Muskelapparat des Unterkiefers. Wir haben iiier ebenfalls eine Fortsetzung des Margo supraorhitalis in den M. supratemporalis, welcher sich bei der geringen Wölbung des Schädels mehr von dem äusseren Rande der an sich kleinen Scheitelbeine erhebt. Die Erweiterung beider Ränder durch gesonderte Randknochen {Ossa marginalia) ist bei den beste- henden Verhältnissen eine ganz natürliche Erscheinung, die wir am oberen Augenhölenrand schon bei den Vögeln etc. beobachteten. Auch sieht man hier, wie bei den Säugethieren , Vögeln etc. die TenderLZ, die Schläfengrube von der Augenhöle durch Produzirung eines Process. orhitalis posterior zu trennen, welcher hier jedoch unbedeutend durch ein Zwischenstück, mit dem kräftige- ren Fortsatze der hinteren Abtheilung des Oberkiefers (Jochbein) sich verei- nigt. Hinten wird die Schläfengrube gleichfalls durch einen Fortsatz begrenzt, der ausserdem noch durch ein kleines Rand - Knochenstückchcn verstärkt wird. Er senkt sich bei der weiten Ausdehnung der Schläfengrube nach liinten nicht auf den Jochbogen, sondern auf die Pars petrosa des Schläfenbeines herab und stützt gleichzeitig die ganze Schläfenbrücke. Bei den Vögeln und Säu- gethieren erzeugte diesen Fortsatz die Schuppe des Schläfenbeines; hier fehlt dieselbe, und das Scheitelbein muss die allgemeine Tendenz realisiren. Es erscheint mir daher passender, wenn man diesen Schlussfortsatz der Schläfen- grube allgemeiner den Processus temporalis posterior nennen würde. Der Name Processus zygomaticus squamae ossis temporum ist theiis wegen des Mangels der Schuppe des Schläfenbeines, theiis wegen des einseitigen und wankenden Begriffes vom Jochbogen und Jochbein, für die genetische Betrachtung des

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Schädels zu sehr verwirrend. Aus eben demselben Grunde enthalten wir uns bei der Beschreibung so viel wie möglich der Ausdrücke „Jochbein, Jochbo- gen" und sprechen der Genese gemäss von einer hinteren Abtheilung des Oberkiefers, welcher die ursprüngliche Verbindung des Oberkieferbeines mit dem Quadratbein bald ganz knöchern (Vögel, Krokodile, Pterodactylus crass.) bald ligamentös (die meisten beschuppten Amphibien) unterhält. Bei den Säugethieren ist diese Vereinigung durch Verwendung des Quadratbeins in den Ambos aufgehoben. Den Rest bildet noch das Jochbein, auf welchen sich stets der Processus temporalis posterior, wie bei den Hasen, Kaninchen augenscheinlicher, niedersenkt. Das Nähere hierüber später beim Gesichte.

§. 32. Hält man den allgemeinen Plan , nach welchen die Schläfen- gruben formirt sind, fest im Auge, so ist es nicht schwer die verschiedenen Ausbildungen derselben bei den übrigen beschuppten Amphibien zu verstehen und unterzubringen. Es kommt hiebei gar nicht in Betracht, wie viele ge- sonderte Ossa marginalia die Schläfenbrücke bilden ; ob letztere vollständig, oder ob nur die vordere und hintere Begrenzung, der Processus ot^bitalis und temporalis ^posterior , in Verbindung mit anderen Knochen und unter sich besonders ausgeprägt sind, wie beim Tejus teguixinj ob die Vereinigung des Processus orbitalis posterior unmittelbar, oder wie beim Schädel des Stellio > spinipes (siehe Hall, vergleichender Osteologie des Schläfenbeines etc. Tab. II I..? Fig. 15.) durch ein gesondertes Knochenstückchen mit der hinteren Abtheilung des Oberkiefers Statt hat; ob ferner der Processus temporalis posterior unmit- telbar oder durch einen Zwischenknochen mit der Pars petrosa oder mit dem Quadratbein und dessen knöchernen Belege, dem Paukenbein, in Verbindung ^ tritt, wie beim Krokodil, dem Pterodactylus crass. , der Seeschildkröte (siehe Hall. a. a. O. Taf. II. Fig. 8. 10. Fig. 11.) j ob endlich die Randbildung für die Schläfengrube von dem äusseren Rande des Scheitelbeines, oder von dessen Mitte oder bei noch grösserer Schädelwölbung von dem inneren Rande des- selben ausgehe, wie bei den Schildkröten. Alle diese genannten Verhältnisse sind für die genetische Bedeutung der Schläfengrube unwesentlich und han- gen mehr oder weniger von individuellen Rücksichten ab, deren nähere Er- örterung uns gegenwärtig nicht obliegt. Wir erwähnen nur noch, dass die obere OefFnung der Scliläfengrubc bei den Krokocfilien, Avie beim Pejus teguixin

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im erweiterten Maassstabe , nur von der unvollkommneren Verknöcherung der Schläfenbriicke im Vergleich zur Lacerta agilis herrührt, und dass bei den Landschildkröten die Schläfengrube zur Dienstleistung für die bedeutenden Nacken -Muskeln auch auf das Hinterhauptsbein sich fortsetzt. In letzterem Falle hört die sonst gewöhnliche Schlussbegrenzung durch Erzeugung eines Fortsatzes auf.

§. 33. Die verschiedenen Stücke der Schläfenbrücke bei den be- schuppten Amphibien sind von den vergleichenden Anatomen verschiedentlich benannt und zur Ausführung der verschiedensten Hypothesen verwendet. Man hat die vorderen Stücke gewöhnlich zu den Stirnbeinen, die hinteren zu den Schläfenbeinen und zu dem Kiefergerüste hingezogen. Auf die Kno- chenstücke des letzteren kommen wir beim Gesichte zurück. In Bezug auf die ersteren bemerke ich, dass nach meinen Untersuchungen bei den be- schuppten Amphibien nur zwei Stirnbeine und nirgend eine Pars squamosa ' und mastoidea des Schläfenbeines vorhanden sind. Existirte indessen von dem Zitzen- und Schuppen -Theil irgendwo bei den höheren, beschuppten Am- phibien ein Analogen, so müsste es eine ganz andere Lage haben: es müsste, wie auch das Stirnbein, ein Schlussstück in dem Schädelwirbelbogen bil- . den. Eine Lostrennung der Pars squamosa und mastoidea aber von der Schä- deldecke, heisst beide Theile aufheben. Der Benennung der einzelnen Stücke in der Schläfenbrücke müssen noch allgemeinere Untersuchungen vor- angehen j unsere Sache ist es gegenwärtig nicht. ^.-.n •^.^'.^■^r' '^■■■:'X--

§. 34. Indessen müssen wir hier noch auf eine merkwürdige Eigen- schaft des Schädels der eigentlichen Eidechsen (Tab. III. Fig. 4.) zurückkom- men: auf die mangelhafte Ossifikation des Schädelgewölbes. Wenn man näm- lich die Gehirnkapsel der Eidechsen genauer untersucht, so findet man nur <len dritten Schädelwirbel vollständig ossifizirtj der zweite hat nur die knö- chernen Scheitelbeine und den knöchernen Körper, der erste nur die ossifi- zirten Stirnbeine. Die Seitentheile des ersten und zweiten Wirbels sind häutig -fasrig, der Körper des ersten ist mehr knorplig. Die Pars petrosa des Schläfenbeines der Säugethiere und Vögel liegt ossifizirt in der hinteren Gegend des zweiten Seitentheiles und grenzt an das Hinterhauptsbein und an den zweiten Wirbelkörper. Vor ihm liegt die sogenannte Columella Cuvier's der

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Eidechsen, welche von dem Scheitelbeine in enger Verbindung mit den häutig -fasrigen, entsprechenden Seitentheilen auf das Fll'igelbein sich nieder- lässt. Nimmt man sie aus den Seitentheilen heraus, so entsteht eine Lücke in dem häutig -fasrigen Gewebe derselben. Bei älteren Individuen werden die zweiten Seitentheile theilweise ossifizirt und alsdann beobachtet man, dass die Columella von den knöchernen Massen eingeschlossen wird. Beim Cha- mäleon finden wir nur ein Analogen einer Columella, welches frei in dem fibrös -häutigen Seitentheile des Schädels gelegen, weder mit dem Scheitel- beine noch mit den Os pterygoideum in Verbindung steht. Hier sind auch die Schläfengruben bei der Vergrösserung der Augenhölen mehr nach hinten und oberhalb erweitert.

Es ist nun bei keinem anderen höheren Wirbelthiere eine so mangel- hafte Ossifikation des Schädelgewölbes, bei keinem eine Columella vorhanden. Kein Wirbelthier hat aber auch eine so merkwürdig entwickelte Schläfen- grube im Verhältniss zu einem kleinen Schädelgewölbe, wie das Eidechsen- geschlecht. Man erschrickt in der That, wenn man die grosse Muskel -Partie in derselben gewahr wird. Die Schildkröten und Krokodile besitzen gleich- falls eine ziemlich dtnsgehildeie Fossa temporalis , doch ist das Schädelgewölbe bei ihnen absolut grösser, die Ossifikation im Allgemeinen beträchtlicher, die Muskelmassen für den Unterkiefer in der Schläfengrube absolut kleiner. Ist «s nun gleich nicht evident zu erweisen, so erscheint es mir doch höchst wahrscheinlich, dass die mangelhafte Ossifikation in den Seitentheilen des Ei- ^echsenschädels mit der mächtigen Entwickelung der Ossa marginalia an den Stirn- und Scheitelbeinen in Verbindung stehe, und dass die Columella zur Verhinderung des Druckes der thätigen Muskeln auf das Gehirn in dem zwei^ ten Seitentheile des Schädelgewölbes sich erzeugt hat , also ursprünglich ein Knochen in den Seitentheilen der Schadelhöle ist. Ausser den vorhin ge- nannten Umständen sprechen für unsere Ansicht, dass bei einigen Echsen mit der geringeren Ausbildung der Ossa marginalia gleichzeitig eine stärkere Ossifikation des Schädelgewölbes eintritt, dass in eben demselben Maasse die Columella Cuvier's kleiner wird, und dass ihre lockere Verbindung mit dem Flügelbein vielmehr zur eignen Stütze als zu der des letzteren Knochens geeignet ist. Bei Chelonia sind die Seitenwände des Schädels vorn weniger

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ossifizirt und stützen sich gleichfalls auf die Fliigelbcine. Vergleicht man diese Seiten - Partieen des Schädcigewölbes mit der Columella Cuvier's, so wird man, von der Form absehend, die gleiche Lage und Funktion nicht verkennen können.

§. 35. So viel von den hauptsächlichsten Veränderungen des Schädel- gewölbes. Kaum eine flüchtige Erwähnung verdienen die Einwirkungen, welche mehre Rumpf- Muskeln auf das Hinterhauptsbein und bei den Säuge- thieren auf die Pars mastoidea durch Erzeugung von Fortsätzen und Rander- hebungen ausüben.

Irtdem wir nun vom Schädelgewölbe scheiden, wollen wir noch im Allgemeinen bemerken, dass das angebliche Fehlen irgend eines Stückes in den drei Schädel -Wirbelbogen, zu welchen doch mindestens zwei Seitentheile, ein oberes und unteres Schlussstück nöthig sind, der wesentlichen Bedeutung nach niemals angenommen werden kann. Mag auch ein Theil zuweilen we- niger ossifizirt, oder weniger augenscheinlich geschieden sein, aber fehlen kann er dem Typus nach nirgend j es sei denn , dass man das Gehirn frei zu Tage liegen lassen will.

II

K a p i t e 1 IV.

'ii DieVisceralhöledesKopfes. - Typische Konforraation.

§. 36. Die Visceralhüle des Kopfes entsteht, wie die des Rumpfes durch Anhäufung von Bildungsmasse in der von dem serösen Blatte präfor- mirteu unteren Röhre. Die dadurch erzeugte Visceralplatte des Kopfes, welche ich wegen ihrer Kleinheit den ursprünglichen Visccralstreifen nannte, liegt dann gleich unter den RUckenplatten und geht in die Membrana reuniens infe- rior über, welche zlcichzeitig die Herzhöle bildet. Dies ist das ursprüngliche, bei allen Wirbelthieren gleiche Verhalten.

§. 37. Bei den höheren Wirbelthieren nun, wo die Augenrudimente noch wenig ausgebildet zu den Seiten der hochgewölbten Stirnwand sich be- finden, erhält der ursprüngliche Visceralstreifen freieren Spielraum zu einer Entwickelung nach vorn, so dass er bis in die Gegend gelangt, wo die Ge-

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siclils-Bildungstheile entstehen. Gleichzeitig beugt sich die vorderste Partie des Schädelgewölbes und mit ihm die anliegende, nacli vorn erweiterte Bil- dungsmasse des ursprünglichen Visceralstreifens.

Kaum ist dieser Bildungsvorgang vollendet, so beginnt die Vereinigung der Visceralstreifen zur Formirung der unteren RöJire des Kopf-Wirbelsystenis, der Kopf - VisceralhÖle. Dieses geschieht nicht, wie am Rumpfe, durch das Fortwachsen der Visceralplattc in seiner ganzen Masse, sondern durch geson- dert auftretende Visceralfortsätze , weiche mit den respektiven der anderen Seite sich zu Visceralbogen verbinden. Es entwickeln sich drei Fortsätze hinter einander, so zwar, dass sie von vorn nach hinten allmählig hervortre- ten^ also der dritte am spätesten. Sie sind durch Spalten, den sogenannten Visceralspalten , von einander getrennt. Der erste Visceralfortsatz hat seine ürsprungsstelle ungefähr an der hinteren Partie der für die grossen Hemi- sphären bestimmten Gehirnblase. Er bildet so, gerade nacli unten hervor- wachsend, mit dem nach vorn erweiterten und durch die Gesichtskopf beuge niedergebeugten Theil des ursprünglichen Visceralstreifens die erste ganze Ab- thcilung desselben. Hat er sich mit dem der anderen Seite vereinigt, so erhalten wir einen ursprünglichen, ersten Visceralbogen in einer er- w^eiterten Form, wie er allein den Iiiiheren Wirbelthieren cigcnthümlich ist. Er beginnt dicht unter den Augenrudimenten, ziehet sich dann längs der Schädelbasis bis in die Gegend des Winkels der Gesichtskopf beuge, und geht nun erst gerade herunter, um den eigentlichen Bogen zu formiren. Die Ent- Wickelungsgeschichte der Frösche lehrt, dass die eigenthümliche Form des er- sten Visceralbogens der höheren Wirbelthiere einzig und allein durch die Ge- sichtskopfbeuge hervorgerufen wird. Hinter ihm entwickelt sich, durch die erste Visceralspaite getrennt, der zweite Visceralfortsatz gleich gerade nach unten gehend, und vereinigt sich mit dem respektiven der anderen Seite zu dem zweiten Visceralbogen. Seine Ursprungsstelle entspricht bei den höheren Wirbelthieren immer dem darUberliegenden Ohrbläschen und der zweiten grösseren Gehirnblase. Etwas später bildet sich in gleicher Weise der dritte Visceralbogen, von dem zweiten durch die zweite Visceralspaite, von dem Rumpfe durch die dritte geschieden. Die Gegend seiner Befestigung an den Schädel entspricht der übrig gebliebenen Schädclpartie und der dritten und

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letzten Gehiinblase, Die beiden letzten Visceralbogen geben uns das reinere Bild des unteren Wirbelbogens wieder.

So erhalten wir also eine Kopf-Visceralhöle der höheren Wirbclthiere, welche, ganz im allgemeinen Plane des Wirbelsysteras formirt, aus drei Vis- ceralbogen zusammengesetzt wird. Zwischen den Fortsätzen des ersten Vis- ceralbogens befindet sich die jetzt in der senkrechten Axe des Embryo ver- laufende Spalte des vorderen Einganges zur Visceralhöle, welche sich mit Hilfe der an der unteren Nasenhölenwand befindlichen Bildungsmassen allmäh- lig in die horizontale Mundöffnung raetamorphosirt.

Die drei Visceralbogen der höheren Wirbelthiere sind in der frühsten Zeit, vor der Chondrose und Ossifikation, die sicherste Andeutung von der Dreitheiligkeit des Kopfwirbelsystems. An der Schädelhöle sehen wir diese Sonderung wegen des Mangels irgend einer gelenkigen Verbindung der Wir- belkörper meist erst durch die Ossifikation entstehen. Mit den drei Wirbeln ganz in inniger üebereinstimmung , sieht man die drei Hauptblasen des Ge- hirnes, an welche sich vorn noch, mit der Hemisphären -Blase in enger Gemeinschaft, die beiden Bläschen für den Geruchssinn anschliessen. Doch rauss man sich hüten die Visceral- und Rippenbogen ganz in eine Kategorie zu stellen. Erst die späteren härteren Gebilde der ersteren sind am Kopfe das, was die letzteren am Rumpfe: also die Visceralbogen gleichen den zwar schon vereinigten, doch noch nicht in Hart- und Weichgebilde zerfallenen Visceralplatten des Rumpfes.

§. 38. In dem Fortgange der Entwickelung werden nun die zweite und dritte Visceralspalte bei den höheren Wirbelthieren vollkommen wieder verschlossen. Die erste dagegen verwächst nur in der Mitte ihrer Tiefe durch Erzeugung einer Bildungsmasse, welche für die mittlere Membran des Paukenfells bestimmt ist. Die ausserhalb von der letzteren gelegene Partie der ersten Visceralspalte raetamorphosirt sich in den äusseren Gehörgang, und die sie umschliessenden Ränder bei den Säugethieren zum äusseren Ohre, Die nach innen sich öffnende Abtheilung der Spalte wird nach und nach in das Cövwm tympani und die Eustachische Trompete verwandelt. Wir sehen auf diese Weise nachträglich eine eben so geschlossene Visceralhöle am Kopfe entstehen, wie sie am Rumpfe ursprünglich vorhanden ist. An der

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inneren Fläche des unteren Schlussstückes dieser Visceralhöle entwickeln sich mehre Hügelchen, von welchen das vorderste, zwischen dem ersten und zweiten Visceralbogen gelegen, für die Zunge, das mittlere, auf der Verei- nigungsfläche der beiden dritten Visceralfortsätze entstehende, bei den Säu- gethieren für den Kehldeckel, und die beiden kleinen hintersten, auf dem üebergange der Visceralhöle des Kopfes zum Rumpfe befindlichen, für die Cartilagines arytaenoideae bestimmt sind.

39. Jetzt beginnt die Sonderung der Bildungsmasse des Kopfwir- belsystems. Es erzeugen sich in den Visceralbogen knorpelartige Ablagerun- gen, welche den Verlauf derselben auch vollkommen beibehalten. In dieser Zeit gleichen die härteren Gebilde der Visceralbogen ausserordentlich ihrer allgemeinen Form nach den Rippen ; doch sind jene in einem vorübergehen- den Entwickelungszustande, diese stellen das individuellste Gepräge der här- teren Gebilde der Rumpf- Visceralhöle dar.

Die Veränderungen. §. 40. Diese knorpelartigen Visceralstreifen in den Visceralbogen scheiden sich nun in einzelne Abtheihmgen und werden zum Bedarf für das Gesicht, das Ohr, und für die Zunge individuell entwickelt. Durch die Ge- sichtskopfbcuge fällt bei den höheren Wirbelthieren der ganze erste Kopfwirbel zum grössten Theile dem Gesichte im weiteren Sinne anheim. Sein Visceral- bogen scheidet sich jederseits gewöhnlich in vier Stücke, von Avelchen zwei (Pauken- und Fliigelbeine), in der oberen nach vorn erweiterten Partie des- selben gelegen, mit der unteren Nasenhölenwand in Verbindung stehen. Die beiden anderen Theile befinden sich in der nach unten herabsteigenden Par- tie, und sind für das Quadratbein und den Meckelschen Knorpel bestimmt, welcher letztere mit dem der anderen Seite verwächst, und den unteren Schlusshogen formirt. Wir werden die Metamorphose des ersten Visceralbo- gens noch näher beim Gesichte anführen.

%. 41. Der zweite Visceralbogen wird bei den höheren Wirbelthieren in ZAvei Haupt - Abtheilungen zerfällt, von welchen die obere, dem Schädel zunächst liegende, zu dem wichtigsten Gehörknöchelchen verwendet wird. Es entwickelt sich aus ihr hei den Säugethieren der Steigbügel, bei den Vögeln und Amphibien die Columella.

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Die untere Abtheiluiig wird gesammt dem ganzen dritten Visceralbogen zur Dienstleistung für die Zunge benutzt: es entsteht aus ihnen das Zungen- bein. Seine Skelettheile zeigen mehr als alle übrigen der Kopfvisceralhölc auch im entwickelten Zustande eine analogisehe Bildung mit den Rippen. Eine doppelte Tendenz ist hiebei zu unterscheiden. Die Natur sucht einmal ein Gerüste zur Stütze für die Zunge und ihre Muskeln zu errichten, und so entsteht der Zungenbeinkörper 5 zweitens befestigt sie dieses Gerüste an die Kopfwirbelsäule, und so erhalten wir die Zungenbein -Suspciisoria oder die Horner des Zungenbeines.

Bei den Säugethieren bilden die zwei Mittelstücke aus dem dritten Visceralbogen, indem sie später inniger verwachsen, den Zungenbeinkörper j die übrige Partie der härteren Ablagerungen dieses Visceralbogens verküm- mert bis auf die hinteren Hörner. Die unteren Abtheilungen aus dem zwei- ten Visceralbogen dagegen vereinigen sich in der Mitte nicht, sondern legen sich mit ihren unteren Enden nach hinten an den Zungenbeinkörper, befesti- gen sich an denselben, bilden die vorderen Hörner, und fungiren vorzugs- weise als Zungenbein -Suspensoria. Die Verbindung derselben mit dem Schä- del findet meist dort statt, wo die Pars petrom Schläfenbeine^ mit der Pars mastoidea oder der Pars condyloidea des Hinterhauptsbeines zusammcn^ie-, gen. Dieses Zungenbein -SHspensorium theilt ^ich in den verschiedenen QxA- nungen und Familien der Säugethiere verschieden ab, wird mehr oder weniger ossifizirt, ynd ist zuweilen stellweise nur ligamentös {Ligamentum stylohyoi-. deum). Sein Zusammenhang mit dem Steigbügel ist am meisten noch beim Menschen markirt. Man sieht bei älteren menschlichen Fötus den Processus styloideuSf das oberste Ende des Zujigenbein - Suspensoriums , mit der Eminen- tia ipu'pillaris in der Paukenhöle endigen, und durch den Musculus siapedius mit dem Ambos zusammenhangen, ßei Rinder- und Schweine -Fötus ver- schmilzt schon während der Chondrose diese obere Partie des Zungenbein- Suspensoriums mit der hinterliegenden Knorpelraa^se, den grössten Theil des Canalis Fallopii an dieser Stelle bildend. UjibltMoi i', rbi ji;;^ .1 ,

§. 42. Bei den Vögeln und beschuppten Amphibien wird der Zungen- beinkörper meist von einem einfachen, mehr in die Länge gezogenen Stücke gebildet, welches seine Entstehung den zusammengewachsenen, ein-

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fachen Mittelstücken des zweiten und dritten Visceralbogens verdankt. Er entwickelt zuweilen noch Fortsätze, wie bei den Schildkröten, am vorderen Ende, welche nicht mit den vorderen und hinteren Hörnern, die den Suspensorien zugehören, zusammen zu bringen sind. n'^r'l'>)5 >i . »t

Die eigentlichen Zungenbein -Suspensoria entstehen bei den Vögeln aus dem dritten Visceralbogen , während das vordere Horn meist nur als ein kleines rudimentäres Knorpelstückchen am Zungenbeinkörper zu finden ist. Die Befestigung des hinteren Hornes ist der uranfänglichen Lage des dritten Visceralbogens gemäss grösstentheils am dritten Schädelwirbel; bei einigen (Specht) findet eine Erweiterung desselben über das Schädelgewölbe nach den Stirnbeinen statt.

Bei den beschuppten Amphibien variiren die Zungenbein- Suspensoria ausserordentlich, und richten sich in ihrer Ausbildung nach der Beweglichkeit der Zunge. Bei den Schildkröten sind beide Hörner ziemlich gleichmässig entwickelt. Bei Lacerta agilis ist dies auch der Fall, jedoch ist das hintere Horn vorzugsweise an den Zungenbeinkörper angefügt.

An dem Zungenbeine dieser Eidechse sehe ich noch einen dritten Bo- gen befestigt. Er sitzt an dem hinteren Ende des Zungenbeinkörpers und steigt zu beiden Seiten, anfangs im knorpligen Zustande, nach oben herauf. In diesem Verlaufe macht er eine ziemlich starke Biegung nach hinten, wird dabei dünner, nimmt dann wieder an Volumen zu, wird knöchern und legt sich, unter den hinteren Enden der beiden eigentlichen Zungenbein -Hör>. ner hinweggehend, an das Hinterhauptsbein dicht neben dem Foramen mag- num an. Dieser zum Theil knorplige, zum Theil knöcherne Bogen assistirt dem Zungenbeine, jedoch ist er mit den eigentlichen Zungenbeinhörnern der Genese nach nicht in eine Kategorie zu stellen. Er weicht schon in seinem Verlaufe von ihnen ab. Ueberdiess kann er nicht aus einem Visceralbogen entstehen, da nur drei an der Zahl vorhanden sind (an dem Embryo der Coluber natrix sah ich gleichfalls nur drei), und der erste von ihnen in den Gesichtstheilen , der zweite und dritte in der Columella und dem eigentli- chen Zungenbeine mit den beiden Hörnern, schon seine Skelettheile darlegt. Die Entwiekelungsgeschichte muss noch über diesen accessorischen Bogen des

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Zungenbeines der Lacerta agilis Aufschluss geben. Wahrscheinlich wird die erste Rippe des Rumpfes dazu verwendet sein. U

Kapitel V.

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Das Gesicht.

lieber die Bedeutung des Gesichtes im Allgemeinen.

5. 43. Das Gesicht im eigentlichen und engeren Sinne verdankt seine Entstehung einer sekundären Bildung der Urröhren des Wirbelsystems am Kopfe, welche jedoch ganz eigenthüralich neben den Extremitäten mit ihren Gürteln dasteht. Es erscheint gemäss seiner typischen Konformation als ein vorderer Verbindungstheil beider Röhren des Wirbelsystems, indem von dem oberen und unteren Bogen des ersten Kopfwirbels paarige Fortsätze (Nasen- beine, Oberkiefer) hervorwachsen, auf dem verlängerten, unteren Schluss- stücke des oberen Bogens (Gesichtsbasis) sich vereinigen , und durch eine dritte paarige Bildungsmasse (oberer Zwischenkiefer) sich vervollständigen. Auf diese Weise ist das Gesicht besonders dem oberen Bogen des ersten Kopfwirbels vorgelagert, wird zum vordersten Theile des ganzen Organismus, und formirt das Antlitz des Thieres. Diesem entspricht auch seine eigent- liche und wesentliche Funktion. Es bildet eine Lagerungsstätte für die Wirk- samkeit des Geruchsinnes, welcher als hauptsächlichster Leiter der Zur Er- haltung des Körpers nöthigen Stoffe dient. ,>f;.<jr >;/ y,,

§. 44. In dieser, seiner reinen Form werden wir das Gesicht nur bei einigen Fischen wiederfinden. Denn, indem die Bildungstheile des Gesichtes an besagter Stelle sich befinden, liegen sie zugleich vor und über dem vor- deren Eingange zur Kopfvisceralhöle , welche sich in die Mundöffnung ver- wandeln soll. Hierdurch erhalten schon bei den meisten niederen Wirbel- thieren die unmittelbar anstossenden Partieen des Gesichtes eine accidentelle Funktion: sie bilden die vorderste obere Wand der Mundhöle (Gaumendecke) und die obere Mundbegrenzung (oberer Kieferapparat). Ihnen entgegen tritt dann der erste Visceralbogen mit seinem Unterkieferapparate, und formirt die vorderste untere Mundhölenwand und die untere Mundbegrenzung. Die letz- teren Theile werden auf diese Weise gewissermaassen zu dem Gesichte hinzu-

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gezogen und gelangen theilweise gleichfalls in den Bereich des Antlitzes. Doch ist hierbei wohl zu berücksichtigen, dass die Kopf-Visceralröhre der niederen Wirbelthiere, wie die Schädelhöle mit dem Gesichte, in einer ge- raden, gleichraässigen Längenrichtung verläuft, dass sie so in ihrer ganzen Ausdehnung eine einfache Hole für den Kopf-Theil des vegetativen Systems bildet, welche nur zur Aufnahme von Nahrungsstotfen dient. Daher gehört auch der untere Kiefer - Apparat bei ihnen vielmehr der ganzen Kopf-Visce- "ralhöle inniger an, und gelangt gleichsam nur mit seiner vorderen Kontour in den Antlitzkreis.

§. 45. Bei den höheren Wirbelthieren wird durch die Gesichtskopf- beuge der erste Schädelwirbel mit dem ursprünglichen Gesichte dem ersten Visceralbogen entgegengebeugt. Der ganze erste Kopfwirbel tritt somit ge- sammt dem Gesichte sens. sfrict. in den Bereich des Antlitzes , und bildet einen gemeinschaftlichen Gegensatz zu dein Mittel- und Hinterkopfe. Von der Schä- delhöle kommt demgemäss das Auge, ja mit der grösseren Gesichtskopfbeuge bei den Säugethieren sogar theilweise das Ohr zu dem eigentlichen Gesichte hinzu. Von der Kopf- VisceralhÖle bildet sich der erste Visceralbogen indi- vidueller aus (er entwickelt Gaumen- und Flügelbein) und formirt eine mehr gesonderte Hole, welche sich von der übrigen Partie der Kopf-Visceralröhre ^ewisserraaassen scheidet, als Mundhöle dem Schlundkanale entgegentritt, und dann mit dem, die GeruchhÖlen konstituirenden, Gesichte in der in- nigsten Beziehung steht. Während die Schlundhöle mit den beiden letzten Schädelwirbeln dem Rumpf- Wirbelsjstem sich unmittelbar anreiht, stellt sich der Mundkanal mit dem ersten Schädel wirbel und dem eigentlich eh Gesichte dem ganzen übrigen Wirbelsjstem entgegen , präsentirt sich als Ant- litz des ganzen Körpers, und wird dann bei den höheren Wirbelthieren gemeinschaftlich unter dem Ausdruck „Gesicht" zusammengefasst. Ist daher bei den niederen und einfachsten Wirbelthieren der Geruchsinn oder das Ana- logon desselben der wesentlichste Leiter bei dem Herbeischaffen der Nah- rungsstoffe, so kommt bei den höheren stets schon das Auge, bei den Säuge- thieren sogar noch das Ohr hinzu. Das Gesicht gelangt so bei letzteren in seiner erweiterten Bedeutung zu dem Sitze der drei höheren Sinnesorgane, welche in Gemeinschaft mit der Mundhpje einem gemeinsamen Zwecke dienen.

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Bei dem Älenschen endlich unterliegt das Gesicht der hochgewölbten Stirne; nicht der Instinkt, der Gedanke richtet über Alles, was ihm zu- träglich ist.

Die typische Konformation des Gesichtes der höheren Wirbelthiere.

§. 46. Um das Gesicht in seiner reineren ursprünglichen Bedeutung, als Verbindungstheil beider Röhren des Wirbels jstems, typisch zu konformi- ren, entwachsen der kappenförmig gewölbten Stirnwand die vorderen Stirn- oder Nasen - Fortsätze. Sic zeigen sich wie Appendices derselben dicht neben der Mittellinie. An ihrer äusseren Seite sah ich an dem Embryo einer Colu- her natrix ein kleines Grübchen , welches die Andeutung des schon in der Ent- wickelung mächtiger vorgeschrittenen Gerucldabyrinthcs war. Bei den Vögeln und Säugethieren habe ich dasselbe nie so früh bemerken können. Zwischen den Nasen- Fortsätzen und den Augen befindet sich jederseits ein freierer Theil der Stirnwand, welcher bei den Säugethieren ganz deutlich, bei den Vögeln und beschuppten Amphibien weniger augenscheinlich zu einem Fort- satze sich hervorbildet, und den seitlichen Stirn- oder Thränenbein -Fortsatz vorstellt. Er ist bei den höheren Wirbelthieren überall vorhanden, jedoch dient er nicht wesentlich zur Realisirung der Idee einer Verbindung beider Wirbelröhren. Er fehlt evident bei den Fröschen, walirscheinlich auch bei den Fischen, und kann daher nur als eine wichtigere, supplementäre Bildungs- masse des Gesichtes angesehen werden.

Die zum Verbindungstheile wesentlichen, zweiten Bildungsmassen sind die Oberkiefer -Fortsätze. Sie nehmen ihren Ursprung von der dem Schädel unmittelbar anliegenden, oberen Abtheilung des ersten Visceralbogcns, so zwar, dass sie nach hinten auf der Uebergangsstelle des Bogens zu den Vis- ceralfortsätzen, also von der Quadratbein -Gegend beginnen, sich längs der vorderen oberen Partie (Flügclbcin, Gaumenbein) hinziehen und dann an der äusseren Seite der Thränenbein -Fortsätze sichtbar werden.

Beide paarigen Bildungsfortsätze des Gesichtes, die Nasenfortsätze von der oberen, die Oberkieferfortsätze von der unteren Wirbelröhre, vereinigen sich nun auf der unmittelbaren Verlängerung des ersten Wirbelkörpers, auf der Gesichtsbasis. Von dieser letzteren liauptsächlich entwickeln sich noch die Bildungsmassen der oberen Zwischenkiefer, setzen sich zur Vervollständigung

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des ursprünglichen Gesichtes mit den Nasen- und Oberkiefer- Fortsätzen in Verbindung und gelangen wohl auch zu dem vordersten Ende des ersten Vis- ccralbogens (Gaumenbein), wenn dasselbe sich gleichzeitig mit dem vorder- sten Schädel -Wirbelkörper weiter als gewöhnlich nach vorn ausdehnt (Vogel-, Eidechsen).

Auf diese Welse wird zunächst die ursprüngliche Tendenz des Ge- sichtes, die Nasenhöle zu konstituircn, rcalisirt. Die Gesichtsbasis scheidet sie in zwei Theile; die Nascnfürtsätze bilden die obere Decke, die Oberkiefer- Fortsätze liegen zur Seite, und zwischen beide drängen sich die Fortsätze für die Thränenbeinchen. Die äusseren Nasenöffnungen, den beiden Abtheilun- gen der Nasenhölen entsprechend, werden zuerst von der Gesichtsbasis und den genannten Bildungsfortsätzen formirt. Dann tritt die Bildungsinasse der oberen Zwischenkiefer hinzu und übernimmt die vordere Scliluss- Bildung der Nasenhöle und ihrer äusseren Ocffnungen. An der unteren Wand der Nasen- höle befinden sich demgemäss in der Mitte die Gesichtsbasis, zu den Seiten die vordere Partie der Oberkiefer -Fortsätze, nach vorn die Bildungsmassen der oberen Zwischenkiefer, und hinten stossca die vorderen Abtheilungen des ersten Visceralbogens daran. Zwischen den letzteren, den Oberkiefer- und Zwi- schenkiefer-Fortsätzen und der Bildungsmasse der Gesichtsbasis zeigen sich ur- sprünglich die hinteren Oeffnungen der Nasenhölen. Die hintere Wand der Höle für die Wfrksamkeit des Geruchsinncs wird durch die üebergangsstelle der Stirn- wand zu den ersten Seitenthcilen des Schädelgevvölbes dicht neben dem ersten Wirbelkörper gebildet, wo wir bei den Schlangen sehr frühe schon, bei den übrigen Wirbelthieren später, das Grübchen des Geruchlabyrinthes vorfinden. Bei der weiteren Entwickelung tritt das Geruchlabyrinth mehr und mehr in die Nasenhölen hinein, und errichtet sich bei den höheren Wirbelthieren meist ein knöchernes Gerüste (o* eihnioideum} zur unmittelbaren Unterstützung für die Ausbreitung seiner Riechhaut , woran öfters noch der Oberkiefer durch Hervorbildung einer Muschel (cowc/ia infima) vinthcil nimmt.

In den das Gesicht im engeren Sinne konstituirenden Bildungsmassen, sondern sich die bekannten härteren Gebilde ab: die Nasen-, die Oberkiefer-, die Z\vi>chenkiefer-Beine, die Thränenbeinchen und die Gesichtsbasis. Wäh-

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rend letztere eine deutliche Chondrose durchmacht, werden die übrigen, ohne einen durchscheinenden Knorpel zu bilden, ossifizirt,

§. 47. Durch die Gesichts -Kopfbeuge wird nun der gesammte erste Kopfwirbel zu dem Gesichte (^sensu strictiore) in ein engeres Verhältniss ge- bracht j beide treten, das Antlitz der höheren Wirbelthiere forrairend und ein Gesicht im erweiterten Sinne bildend, dem Mittel- und Hinter- Kopf, und somit dem ganzen Wirbelsystera entgegen. Der Schädelbogen des ersten Wirbels ist zwar durch die Beugung von den beiden anderen geschieden, doch bleibt er wegen der innigen Gemeinschaft der in dem Schädelgewölbe liegenden Gehirn -Abtheilungen mit den übrigen Wirbelbogen in engerer Verbindung; er giebt gleichsam nur das Auge dem Gesichte hin und bildet mit seinen Stirnbeinen die oberste Partie des Antlitzes. Wir haben ihn da- her passender bei der Schädelhöle besprochen.

Der untere Bogen des ersten Kopfwirbels oder der erste Visceralbo- gen ist nun in seinem ganzen Verlaufe, wie wir ihn früher beschrieben, dazu bestimmt eine von der übrigen Kopfvisceralröhre mehr gesonderte Hole zu formiren , welche mit den Geruchhölen in die engste Beziehung tritt : er bil- det mit der unteren Wand der Nasenhöle eine Mundhöle im Gegensat'^ zum Schlundkanale. Die Seitenränder der unteren Nasenhölenwand, gebildet von den oberen Kiefern und Zwischenkiefern, metamorphosiren sich in die obere Mundbegrenzung, die an der äusseren Fläche der unteren Abtbeilung des ersten Visceralbogens ( Visceralfortsätze) entstehenden unteren Kiefer und Zwischenkiefer in die untere. Die härteren Gebilde des eigentlichen ersten Visceralbogens scheiden sich jederseits in vier Theile. Zwei derselben liegen an der Basis des ersten Kopfwirbels in der nach vorn gegen die Nasenhöle erweiterten Partie, und sind für das Gaumen - und Fliigelbein bestimmt. Beide befinden sich demnach zwisclien der Basis des ersten Schädelwirbels und dem Oberkiefer; das Gaumenbein tritt vorn dicht an die untere Nasenhölen- wand, das Fliigelbein bleibt in Verbindung mit der gerade hinuntersteigen- den Partie des ersten Visceralbogens. Also die Basis des ersten Schädelwir- bels, die daneben liegenden FUlgel- und Gaumenbeine, noch mehr nach aussen der hintere Theil der beiden Oberkiefer, insgesammt reit der unmittel- bar vorn sich anschliessenden unteren Nasenhölenwand formiren bei den

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höheren Wirbelthieren einen vorderen, mehr abgesonderten Theil der oberen Wand der Kopf - Visceralhöle , eine obere Decke für die MimdhÖle d. h. Gaumendecke. Ihr entgegen tritt nun die untere Mundhölen-Wand, welche zum Theil von der zwischen dem ersten und zweiten Visceralbogen sich entwik- kelnden Zunge und besonders von der gerade herabsteigenden Partie des ersten Visceralbogens gebildet wird. Die härteren Gebilde des letzteren scheiden sich zu dem Ende in zwei Theile, von welchen der obere mit dem Fliigel- bein zusammenhangt, an dem Schädel anliegt, für das Quadratbein bestimmt ist, und den unteren und zweiten Theil, an das Schädelgewölbe befestigend, vermittelst eines Gelenkes trägt. Der untere Theil dagegen bildet vorzugs- weise die untere Mundhölen-Wand und ist der Meckelsche Knorpel. Beide Theile erzeugen Aussengebilde, das Paukenbein und den unteren Kiefer- Ap- parat, welche am Kopfe, wie die ähnlichen Gebilde an der Brust und am Becken, einen Gürtelbogen formiren. Das Paukenbein unterstützt das Qua- dratbein in seinen Funktionen , und gelangt durch seine Lage besonders zum Tragen des Paukenfells. Der Unterkiefer- Apparat übernimmt bei der Indi- vidualisation des Thieres allmählig ganz die Stelle der Meckelschen Knorpel, von welchen sich stets nur die Gelenkstücke desselben, alsResidua, erhalten.

Erwägen wir die Verhältnisse, welche zunächst diese innigere Gemein- schaft des Gesichts {sensu strictiore') mit dem ersten Visceralbogen unter- stützen , so finden wir sie in der den höheren Wirbelthieren eigenthümlichen Erweiterung des ersten Visceralbogens (Gaumenbein, Flügelbein) nach oben und vorn gegen das eigentliche Gesicht hin. Also die Gaumen- und Flügel- beine sind die Vermittel ungsglieder, durchweiche die untere Wand der Nasen- höle mit der gerade verlaufenden Partie des ersten Visceralbogens (Quadrat- bein , Meckelscher Knorpel etc.) inniger vereinigt , eine gewissermaassen geson- derte, vordere Abtheilung der Kopf- Visceralhöle d. h, die Mundhöle bilden konnte. Die genannten Theile aber sind es auch, welche eben der Gesichts- kopfbeuge oder noch weiter zurück der Individualisirung der Geruchblasen des Gehirnes ihre eigenthümliche Entstehung verdanken.

Allgemeine Bestimmung der Gesiehtsknochen ihrer Lage und Funktion nach.

§. 48. Wir folgen in der Bestimmung ganz der ursprünglich typischen Kon Formation.

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Das Nasenbein kommt seiner Bildiingsmasse gemäss von dem Stirn- beine dicht neben der Mittellinie, und berührt mit seinem inneren Rande in der ganzen Ausdehnung das der anderen Seite. Mit seinem äusseren Rande grenzt es zunächst an das Thränenbeinchen , stösst dann an das heraufstre- bende Oberkieferbein und erreicht endlich nach vorn den aufsteigenden Ast des oberen Zwischenkiefers. Es fungirt stets als hinterster, oberer Deckkno- chen der Nasenhöle. Man bemerkt im Allgemeinen, dass die Nasenbeine auf der einen Seite, und die oberen Zwischenkiefer und Thränenbeinchen auf der anderen, in ihrer Ausdehnung sich gegenseitig beschränken und dadurch in den Begrenzungen Modifikationen hervorrufen.

Das Oberkieferbein beginnt seiner ursprünglichen typischen Kon- formation nach am Quadratbein und dessen Os tympanicum , zieht sich zur Seite des ersten Schädelwirbels neben dem Flügel- und Gaumenbein zu dem Gesichte im engeren Sinne hin, begrenzt daselbst zuerst das Thränenbein- chen, stösst an das Os nasale und erreicht endlich den oberen Zwischenkie- fer. Wegen seines ausgedehnten Verlaufes, besonders aber wegen seiner doppelten Funktion scheidet sich das Oberkieferbein in zwei knöcherne Ab- theilungen, welche bei den Vögeln, als aus einem knorpelartigen Bildungs- streifen entstehend , beobachtet werden können.

Die vordere xibfheilung ist eigends für das Gesicht im engeren Sinne bestimmt, bildet mit seinem aufsteigenden Theil die Seitenwand der Nasenhöle, kommt daselbst mit den übrigen Knochen derselben in Berührung und trägt die Zähne für die Mundhöle. Mit dem horizontalen Theile hilft sie die un- tere Nasenhölen- oder obere Mundhölen- Wand formiren, und tritt hier wie- derum nach den vorhandenen Umständen mit deren Bestandtheilen in Ver- bindung. Sie ist das bisher eigentlich genannte Os maxillare superius. Die hintere Abtheilung bildet die hinterste Partie des oberen Mundhölen -Randes, mit dem Gaumen- und Flügelbein (Eidechsen, Schlangen) daselbst zuweilen in Verbindung stehend, und schützt gleichzeitig, indem sie sich an den Sei- ten des Schädels befindet, die Augen- und Schläfengrube von aussen. Bei dieser letzteren Funktion verbindet sie sich bald durch einen Fortsatz (Kro- kodil), bald durch ein gesondertes Knochenstückchen {Pterodacfi/lus crassi- rostris) vorn mit den Thränenbeinchen, in der Mitte bei dem meisten höheren

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Wirbelthieren mit dem Processus orhitalis jwsteiior oder mit den Ossa margi- nalia der Augen- und Schläfengriibe. Wo diese letztere mit der grösseren Wölbung des Schädels mehr nach vorn zu liegen kommt, gelangt auch der Processus iemporalis zu einer Verbindung mit der hinteren Abtheilung de» Oberkiefers (Säugethiere). Es entsteht dadurch der Jochbogen.

Diese hintere, mehr gesonderte Abtheilung des Oberkieferbeines wird nicht immer vollständig ossifizirt. Nur bei den Vögeln, bei einigen Schild- kröten (^Trionyx aegyptiaca, Seeschildkröte etc.), bei den Krokodilen, bei dem Pterodactylus crassirostris Goldf. ist sie bis zu dem Quadratbein und sei- nem Beleg -Knochen hin vollkommen knöchern j ja sie verbindet sich auch wohl hier durch ein gesondertes Knochenstückchen (das Quadratjochbein bei den Vögeln) mit dem Quadratbein. Bei den Schlangen dagegen, wo das Prin- zip der Beweglichkeit vorherrscht, ist sie in ihrer ganzen Ausdehnung nur fibrös vorhanden (Sieh. Fig. 1. 2. Tab. III. ) , bei den Eidechsen (Tab. III. Fig. 3. 4.) zur Hälfte knöchern und nur die Verbindung mit dem Quadrat- bein fibrös. Bei den Säugethieren ist diese letztere fibröse Verbindung durch die Verwendung des Quadratbeines zum Gehörknöchelchen (Ambos) verschwunden; die vordere Partie dagegen ist auch hier als Knochen zu fin- den (os Zi/gomaticum),

Man hat in der vergleichenden Anatomie die hintere Abtheilung des Oberkiefers von der vorderen getrennt und mit besonderer Rücksicht auf die Säugethiere „Jochbein, Quadratjochbein etc.^" genannt. Bei denjenigen Wir- belthieren, wo sie vollständig verknöchert ist, namentlich bei den Vögeln, scheint eine unbefangene Betrachtung der, zwischen dem Quadratbein und dem oberen Zwischenkiefer gelegenen, Knochenstücke dieser Sonderung schon Z.U widersprechen. Die Genesis stimmt aber damit garnicht überein. üeber- diess ist die Benennung sehr einseitig und Trennungen von ursprünglich zu- sammengehörenden Theilen schaden einer Wissenschaft stets-, an unserem Ge- genstande hat sich dieses zu reichlich bewährt. Ich mochte daher wohl behaupten, dass es rathsamer und für die typische Kopfbildung viel vortheil- hafter wäre, wenn man alle die so sehr verwirrenden Namen der hinteren Abtheilung des Oberkiefers unter einer ,,Pars posterior" im Gegensatz zu der vorderen Abtheilung ..Pars anterior'^ (bisheriges eigentliches Oberkieferbein),

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untergehen Hesse. Auch bei den niederen Wirbelthieren ist diese Verein- fachung für die bessere Einsicht weit zuträglicher.

Die Thräneub ei neben. Sie liegen an der inneren Seite des Auges mit den Stirnbeinen in Verbindung. Seitlich grenzen sie nach innen an die Nasenbeine, nach aussen an die vordere Abtheilung der Oberkiefer, Bei denjenigen Thieren, wo der obere Zwischenkiefer mächtig entwickelt ist (Vögel, Nagethiere ) , die Nasenbeine aber und öfters auch die Oberkiefersich weniger nadi vorn ausdehnen, kommt das Thränenbeinchen an seinem vor- deren Ende mit dem oberen Zwisclienkicfer in innigere Gemeinschaft, wäh- rend es sonst gewöhnlich vom Nasenbeine und Oberkiefer auch vorn um- grenzt wird. Es kann gemäss seiner genetischen Lage zur Seite der Stirn- wand noch unten mit dem Gaumenbeine in Berührung kommen. Auffallend ist dieses beim Krokodil,

Die Thränenbeinchen formiren in der Nascnhölen-Decke den Uebergang von den Nasenbeinen zu den Oberkiefern; bei den beschuppten Amphibien bilden sie vorzugsweise die Scheidewand der Geruch- und Naseuholen.

Der obere Zwischenkiefer formirt den vorderen Scliiuss der gan- zen Nasenhölc und somit auch der oberen Wand der Mundhöle. Er stützt sich zunächst auf die Gesichtsbasis. Der aufsteigende Theil stösst an das Nasen- bein, zuweilen auch an das Thränenbeinchen, der horizontale an den Ober- kiefer und öfters aiicli an das Gaumenbein (Eidechsen, Vögel).

Die Gesichtsbasis trennt die Nasenliöle in zwei Thciic, dient zur Stütze der Gesichts -Bestandtheile im engeren Sinne und bildet den vorderen mittleren Theil der oberen Mundhölen-Wand. Wo sie vom ersten Wirbelkör- per abgeht, trägt sie oben die Nasenbeine; unten stossen daran die Gaumen- beine. Dann kommen die Oberkiefer hinzu, und vorn befinden sich vor ihr die oberen Zwischenkiefer. Als Nasen-Scheidewand trennt sie gleichzeitig die Ossa ethmoidalia.

§. 49. Das Gaumenbein befindet sich ganz vorn an der äusseren Seite des ersten Wirbelkörpers der Schädelhöle. Wo dieser letztere weniger ausgebildet, und dafür die Gesichtsbasis stark erweitert ist, erleidet auch die ganze vordere, obere Partie des ersten Visceralbogens eine eigenthümiiche Verlängerung (Vögel, Echsen); das Gaumenbein liegt vorzugsweise vielmehr

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zur äusseren Seite der Gesichtsbasis als am ersten Wirbelkörper, und vorn begrenzen dasselbe die oberen Zwischenkiefer. Dieses letztere Zusammenstos- sen wird sonst durch nalieliegende Knochen (Oberkiefer, Os ethmoideum) öf- ters verhindert. An der äusseren Seite des Gaumenbeines sehen wir immer die mittlere Gegend des Oberkiefers, bald mehr, bald weniger in unmittelba- rer Berührung. Nach hinten folgt auf ihm

Das Fliigelbein. Es liegt zur äusseren Seite der hinteren Partie des ersten Wirbelkörpers und wird nach aussen von der hinteren Abtheilung des Oberkiefers begrenzt. Es macht überall mit Ausnahme der Säugethiere, wo die Entwickelung eines Amboses erforderlich ist, nach hinten den Uebergang zum Quadratbein. Dadurch wird das Flügelbein gewöhnlich mehr nach hin- ten verlängert, als seine ursprüngliche Lage ist.

Das Gaumen- und Flu gelb ein formirt mit der Basis des ersten Schädehvirbels und des Gesichts gemeinschaftlich den hinteren Theil der obe- ren Mundhölenwand. Sic sind diejenigen Knochen, durch welche die innige Beziehung der Nasen- und Mundhöle vermittelt, und letztere als ein mehr selbstständig gewordener Theil der Kopf-Visceralhöle von dem hinterliegenden Schlundkanal getrennt wird. Das Gaumenbein gelangt bei seiner Erweiterung nach vorn auch zur unmittelbaren Stütze der unteren Nasenhölen - Wand.

Das Quadratbein. Die Bildungsmasse desselben haben wir in der oberen Abtheilung der unmittelbar herunter gehenden Partie des ersten Vis- ceralbogens der höheren Wirbelthiere, welche auch den niederen zukommt. Es ist demgemäss an das hintere Ende des ersten Scliädelwirbels gelagert. Seine hauptsächlichste Funktion besteht in der Gelenkbildung für die untere Abtheilung des ersten Visceralbogens mit dessen Aussengebilden ( Meckelschen Knorpel, Unterkiefer- Apparat), und in der mittelb aren Befestigung derselben an den Schädel. Um die letztere Tendenz ins Werk zu setzen, erweitert es sich gewöhnlicli nach hinten, gelangt raeistentheils zur äusseren Fläche des zweiten Seitcntheiles der SchädelhÖle und stützt sich (lann an d|e Pars petrosa des Schläfenbeines, Dadurch erhält es öfters die Funktion das Paukenfell zu tragen (Vögel). Es steht nach vorn und oben mit dem Flügelbein, nach un- ten mit dem Meckelschen Knorpel in Verbindung. Auch hangt bald knöchern, bald blos fibrös die hintere AbtheiUmg des Oberkiefers mit ihm zusammen.

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Der Meckelsche Knorpel bildet sieh aus der unteren Abthci- hmg des ersten Visceral -Bogens, welche ursprüngiich die untere Begrenzung und die untere Wand der Mundhöle formirt. Der Meckelsche Knorpel übernimmt jedoch im ausgebildeten Thiere nur einen kleinen Theil dieser Funktion. Während seine Aussengebilde, der untere Kiefer und Zwischen- kiefer, sich vollständiger zu diesem Behufe entwickeln, bleibt er selbst stets nur das Gelenkstück für dieselben.

Bei den Säugethier en erhalien das Quadratbein und der Meckelsche Knorpel eine andere Tendenz: sie werden beide zur Disposition des Gehör- organs entwickelt. Letzteres wird dadurch bei diesen Thieren tbeilweise in den Bereich des Antlitzes und des Gesichtes im weiteren Sinne gezogen. Die knorpelartige Partie des ersten Visceralbogens der Säugethiere, weiche dem Quadratbein der anderen höheren Wirbelthiere entspricht, erzeugt zu- erst den Fortsatz {Processus longus incudis) zur Verbindung mit dem Steig- bügel und dann einen zweiten (Processus brevis incudis) zur eignen Sfütze. Der Kern dieser Partie selbst bleibt für den Körper des Amboses, giebt die Verbindung mit dem Flügelbein allmählig auf und trägt gelenkig den Meckel- schen Knorpel (Hammer), ganz wie das Quadratbein der übrigen Tliiere. Der Meckelsche Knorpel entwickelt an seiner oberen Extremität einen langen Fortsatz, welcher zur Spannung des Paukenfells dient, das MaJiuhrium mallei. Alles Uebrige des Meckelschen Knorpels Yerkümmert vollständig bis auf die oberste kleine Partie, weLche den Kopf des Hammers vorstellt, und mit dem Ambos gelenkig in Verbindung sieht. Zuweilen erhält sich noch ein an- stossender Theil des Meckelschen Knorpels, und bildet verknöchert und in kontinuirlicher Vereinigung mit dem, Kopf des Hammers den Processus FoUa- nus desselben.

5. 50. Nach ^er Analogie des Brust- und Beckengürtels entwickeln sich nun an der äusseren Fläche des Quadratbein- (Ambos) und Meckelschen Knorpels Aussengebilde: das Paukenbein und der untere Kiefer und Zwi- schenkiefer, Der von den genannten Knochen gebildete Kopfgürtel ist jedoch nicht immer vollständig, namentlich fehlt öfters das Paukenbein. Ihre Funk- tion richtet sich im Allgemeinen nach der ihrer Grundlagen,

2-5

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Das Paukenbein befindet sich an der äusseren Fläche des Quadrat- beines und bei den Säugethieren an der des Am böses. Es gelangt mit den letzteren Knochen gleichfalls zur äusseren Fläche der Pars petrosa, und er- hält dadurch namentlich die Funktion, das Paukenfell zu stützen. Ausser- dem hilft es vermöge seiner Lage das Quadratbein an den Schädel befestigen.

üeberhaupt beobachtet man, dass sowohl in der Funktion als in der grösseren Entwickelung des Paukenbeines und des Quadratbeines ein gegen- seitiges Ergänzen stattfindet. Bei den Säugethieren haben wir einen Ambos und das Paukenbein dient allein dem Paukenfelle. Bei den Vös-eln ist das Quadratbein ausserordentlich entwickelt, trägt das Paukenfell, befestigt sich selbst zur Genüge an den Schädel, und ich habe auch bei ihnen nirgend ein Paukenbein auffinden können. Bei den Schildkröten kann man grössten- theils beide Knochen in gleicher Entwickelung rieben einander erkennen. Das Paukenbein stützt das Paukenfell und befestigt gleichzeitig auch das Qua- dratbein. Dasselbe ist, wie ich glaube, auch bei den Echsen der Fall. Bei den Schlangen scheint mir in dem bisherigen Os mastoideum das Analogon des Os tympanicum zu liegen, welches hier nur die lockere Befestigung des Qua- dratbeines an den Schädel beibehalten hat; wenigstens kann dieser Knochen niemals ein wirkliches Os mastoideum vorstellen. Das Paukenbein unterhält auch sehr oft statt des Quadratbeines die Verbindung mit der hinteren Ab- theilung des Oberkiefers. ( Schildkröten ).

Noch muss ich bemerken, dass das Paukenbein nicht nothwendig aus einem einzigen Knochenstück bestehen darf; denn beim Triton sieht man aus einem einzigen Bildungsstreifen zwei Knochenstückchen sich entwickeln. Auch richtet sich seine Lage an dem Quadratbein nach der jedesmaligen Funktion, Befestigt es das Quadratbein an den Schädel, so entwickelt es sich vorzugs- weise oberhalb ; unterstützt es das Gelenk mit dem Meckelschen Knorpel und dem Unterkiefer, dann dehnt es sich mehr nach unten aus.

Der untere Kiefer und Zwischenkiefer sind knöcherne Belege des Meckelschen Knorpels, welche im entwickelten Thiere die Hauptstütze der unteren Mundhölen-Wand bilden. Ihre hauptsächlichste Funktion hierbei besteht in der Formirung eines kräftig gegen die obere Mundhölen-Wand wirkenden Knochens, welcher mit dem fester gelagerten oberen Kiefer -Ap-

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parat zum Ergreifen der Nahrung dient. Die Beweglichkeit erlangt der un- tere Kiefer- Apparat durch die Meckelschen Knorpel, welche als Residua im entwickelten Thiere die eigentlichen Gelenkstücke (man denke sich hier stets die äusseren Knochenbelege weg) bilden. Nur bei den Säugethieren wird gleichsam dieses Gelenkstück des Meckelschen Knorpels mit dem Quadratbein zum Hammer und Ambos umgewandelt. Hier muss der Unterkiefer eine an- dere gelenkige Verbindung suchen , und der Processus temporalis posterior {Apophi/sis articulari-zygomatica Müll.) kommt ihm dabei zu Hilfe.

Die Bildungsmassen des unteren Kiefers und Zwischenkiefers sind zu jeder Seite einfach vorhanden j die Ossifikation geschieht oft in mehren Stücken. Bei den Säugethieren hat man noch nicht einen gesonderten unte- ren Zwischenkiefer während der Verknöcherung unterschieden. Dennoch kann man der Bildungsgeschichte gemäss stets vcrmuthen, dass dieselben auch bei ihnen vorhanden sind.

§. 51. Ausser den genannten Knochen müssen bei den höheren Wir- belthieren zu dem Gesichte im weiteren Sinne noch der obere Bogen des ersten Kopfwirbels gerechnet werden. Wir haben denselben jedoch wegen seiner unmittelbaren Fiuiktion, das Gehirn vorn zu schützen, bei der Schä- delhöle genügend erörtert.

Die Variationen in der Gesicli tsf orination der höheren VVirbelthiere.

5. 52. Wir haben das Gesicht im engeren Sinne bei den höheren Wirbelthieren als durch den ersten Kopfwirbel eigenthümlich erweitert dar- gestellt. Es tritt mit dem Geruchsinn, welcher für die niederen Wirbelthiere der hauptsächlichste Leiter ihrer Nahrungsstoffe ist, hier noch das Auge, ja das Ohr in den Bereich des Antlitzes, und unterstützen wesentlich die ge- nannte Funktion des Geruchsinnes. Mit dieser Sinnen -Sphäre setzt sich nun die, als Mundhöle mehr gesonderte, vordere Partie der Kopf-Visceralhöle in die engste Beziehung, wird gleichfalls zum Antlitze hinzugezogen, und in ihr, was die Sinne bestimmen, für die Verdauung gewissermaassen geeig- net gemacht. Es ist jetzt unsere Aufgabe die Art und Weise im Allgemeinen darzulegen, wie die beiden genannten Tendenzen harmonirend in den ein- zelnen Klassen verschieden in Wirksamkeit treten, und dadurch die Variatio- nen der Gesichts- Formation zunächst bedingen.

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Die Schlangen. (Tab. II!. Fig. 1.2.)

§. 53. Gemäss der geringen Gesichts -Kopfbeuge und der Annäherung der Schlangen an die niederen Wirbelthiere behält auch in der Sinnensphära des erweiterten Gesichtes der Geruchsinn noch immer die Oberhand^ das Auge ist noch sehr nach hinten gelagert Bei keinem höheren Wirbelthier sind auch die Grübchen der Geruchlabyrinthe an der Stirnwand früher markiit als bei den Schlangen. Mit dieser vorherrschenden Ausbildung der Geruchlaby- rinthe verbindet sich gleichzeitig die eigenthümlicbe Art und Weise in der Formation der MundhÖle, welche die KahrungsstoHe mittelst Schling- Be- wegungen aufnimmt. Es nähert sich so die Funktion der Mundhöle der des hinterliegenden Schlundkanals, und die Isolirung des erweiterten Gesichtes ist wie am Schädel in der Sinnensphäre (Auge), so auch in der Kopf-Yis- ceralliöle weniger ausgeprägt; sie ist mit der kleinsten Gesichtskopfbeuge ajLich die geringste. Die zum Schiingen nothwendige Beweglichkeit der Ge- sichtsknochen und die gleichzeitige Sicherstelhmg der Geruchlabyrinthe wer- den demnach das Charakteristische des Schlangen -Gesichts ausmachen.

§. 54. Die Beweglichkeit zeigt sich zunächst in den bei der Nahrungs- aufnahme unmittelbar betheiligten Knochen : bei dem unteren und oberen Kiefer- Apparat saramt dem Gaumen- und Flügelbein, Der untere Zwischen- kiefer ist gewöhnlich gar nicht ossifizirt anzutreffen. Der untere Kiefer ist nicht durch das Quadratbein unmittelbar, sondern noch durch einen zweiten Knochen, das unrichtig so genannte Os mastoideum, an den Schädel ligamentös befestigt. Wir glauben, dass dieses sogenannte Os mastoideum ein eigenthüm- iich ausgebildetes Paukenbein darstellt, welches hier nur die Funktion, das Quadratbein an den Schädel zu befestigen , beibehalten hat. Ein Paukenfell fehlt bei den Schlangen. Der obere Zwischenkiefer existirt nur rudimentär, und seine Verbindungen sind nur ligamentös vorhanden. Zu den am freiesten dastehenden Knochen gehören die oberen Kiefer. Ihre hintere Abtheilungen sind fibrös und die vorderen nur in so weit ossifizirt, als sie für die Mund- höle bestimmt sind. Ein verknöcherter, aufsteigender Tlieil, welcher die Seitenwand der Nasenhöle begrenzt, findet sich nicht. Bei der gemeinschaft- lichen Funktion des oberen Kiefers des Gaumen- und auch des Fliigelbeines, wird auch letzteres mit dem ersteren durch einen eignen Knochen, das

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Os transversum , verbunden, damit auf diese Weise, bei dem Druck von oben auf die Beute, die genannten drei Knochen nicht einer zu regellosen Ver- schiebung unterliegen. Das Gaumenbein trägt Nichts zur Nasenhölenbildung bei, sondern wird, mit Zähnen ausgerüstet, allein für die Mundhöle verwen- det Es stützt sich, natürlich nur ligamentös, mit einem nach innen gehenden Fortsatze dort, wo Thränen- und Stirnbeine unten an der knorpligen Gesichts- basis zusamraenstossen. Merkwürdig ist die starke Erweiterung der Flügel- beine geii^äss den unteren Kiefern und den Quadratbeinen nach hinten, welche jedoch in der gemeinschaftlicheil Tendenz des Mund- und Schiundkanals ihre Erklärung findet.

55. Auch diejenigen Knochen des Gesichtes, welche mit der Mund- htile in keiner unmittelbaren Berührung stehen, lassen sich in ihrer Ausbil- dung und Zusammenfügung von der allgemeinen Tendenz zur Beweglichkeit leiten. Schon die Stirnbeine mit den entsprechenden Seitenthcilen liegen et- , was beweglich an den Scheitelbeinen und den zweiten Seitentheilen. Des- gleichen die Thräncnbeine, welche bei den Schlangen ausserordentlich ent- wickelt sind, die Augenhölen vorn von den Geruchhölen trennen, und für die letzteren als einzige ksiechcrne Seitenwand bestimmt sind. Am beweglichsten sind die Nasenbeine, von deren innerem Rande ein pcrpendikulärcr Thcil nach unten herabsteigt, und meist statt der Gesichtsbasis die Scheidewand der bei- den Nasenkanäle bildet. Im Einklänge mit diesem lockeren Aneinaudcrliegen der Stirnbeine sammt den ersten Seitentheilen der Schädelhölc, der N^asen-, oberen Kiefer- und Thräncnbeine ist auch die sonst zu ihrer Süitze die- nende Basis des ersten Scbädelwirbels und des Gesichtes meist knorplig vor- handen, nur bei grosseren Individuen (Riesenschlange) zuweilen stückweise ossifizirt. Sie trägt auch beinahe gar Niclsts zur Formirung einer oberen Mundhölen- Wand bei. Dieselbe wird vielmehr hinten durch einen nacli vorn verlaufenden Fortsatz des zweiten Schädel -Wirbelkörpers, und vorn durch die Geruch -Labyrinthe selbst gebildet.

§. 56. Das Os eihmoideum ist bei den Schlangen in einem so ossifiairten Zustande vorhanden, wie nirgends bei den übrigen Wirbelthieren. Es ist eine sehr harte Knochenmasse mit inneren, sinuösen Behältnissen für die sich ausbreitende Riechhaut, welciie durch ihre Festigkeit sogleich an das Labj-

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rinth des Gehörorgans (Pars petrosa) erinnert. Es bildet im Allgemeinen die Figur einer Pyramide, deren Spitze gegen den oberen Zwischenkiefer, deren Basis gegen das Stirnbein mit dem ersten Seitentheile des Schädels und gegen das Thränenbein gerichtet ist. Die innere Fläclie liegt an dem perpen- dikulären Theile der Nasenbeine, Es forniirt ferner, indem es mit seiner un- teren Fläche unmittelbar in die MundhÖle hervortritt, selbstständig die innere Nasenöffnung, welche nach hinten von dem inneren Tortsatze des Gaumenbeines begrenzt wird. Seine Verbindungen mit den die Nasenhölen konstituirenden Knochen sind nur ligamentös, so dass die bezeichnete Rich- tung der Beweglichkeit in der Konstruktion der Gesichtsknochen des Schlan- gen-Kopfes nicht beeinträchtigt wird.

Man sieht also, dass die Sicherstellung der Geruch -Labyrinthe nicht, wie gewöhnlich, durch diejenigen Knochen, welche die Nasenhölen formiren, bewerkstelligt wird, denn diese mussten sich nach anderen Gesetzen fügen, sondern durch die starke und kräftige Ossifikation der Geruchlabyrinthe selbst. Auf diese Weise hat die Natur die Tendenz zur Beweglichkeit der Gesichts- knochen gleichzeitig mit der Sicherung der Geruch - Stätten vereinigt. Bei Keinem der anderen höheren Wirbelthiere sind die knöchernen Gebilde in den Wandungen dei^ Nasenhölen so geringfügig entwickelt, bei Keinem aber auch so übermächtig das Geruch - Labyrinth ossifizirt, als bei den Schlangen. Wir machen hier wiederum darauf aufmerksam,, dass das frühe Erscheinen von Organen und Theilen im Embryo auf die spätere Wichtigkeit derselben für das entwickelte Thier hindeutet; nirgend sah ich die Grübchen für das Ge- ruchlabyrinth so früh schon markirt als bei den Schlangen,

Man hat diese so kräftig ossifizirten in die Mundhöhle hineinragenden Ossa ethmoidea für die Pflugschaarbeine der Schlangen erklärt. Man Avird in der vorangegangenen, ausführlicheren Beschreibung dieser Knochen die offen- barsten Gründe dagegen leicht herausfinden. Das Siebbein rauss immer un- mittelbar, w'ie hier, die Ricchhaut tragen. Auf das, vorzüglich nur den Säu- gethieren eigenthümliche, Pflugschaarbein werden Avir später zurückkommen ^ bei den Schlangen ist durchaus keine Spur davon zu finden

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Die Eidechsen, Krokodile, Schildkröten. (Tab. III. Fig. 3. 4. 5.)

§. 57. Bei den übrigen beschuppten Amphibien ist die Gesichtskopf- beuge schon stärker, das Auge rückt entschiedener zum Gesichte hinzu und theilt seine Lagerungsstätte meist gleichmässig mit dem Geruchsinn in der oberen Gesichtshälfte. Die Geruchhölen müssen demgemäss mehr nach vorn vorrücken, wodurch natürlich das ganze Gesicht vorwärts verlängert wird, und ein kleiner Theil der Gesichtsbasis vorn schon als Augen- Scheidewand auftritt. Ist indess bei (Ten Schlangen die bewegliche Aufnahme der Nahrungsstoffe in die Mundhöle dasjenige, was sich in der ganzen Konstitution der Gesichtsknochen ausspricht, so zeigt sich bei den übrigen beschuppten Am- phibien das kräftige, feste, kneifzangenartige Erfassen der Beute überall von Einfluss. Um diese Festigkeit beim Ergreifen der Nahrungsmittel in volle Wirksamkeit treten zu lassen, ist zunächst die kräftige Ausbildung der oberen und unteren Kiefer nothwendigj denn durch sie konnte diese Tendenz am Genügendsten erreicht werden. Die oberen und unteren Zwi- schenkiefer hönnen wegen ihrer Vorlagerung eine solche Kraft nicht so leicht in Anwendung bringen.

§. 58. Diesem gemäss sehen wir nun auch die Nascnhölen kräftig konstituirt, Ihre Knochen sind nicht ligamentös, sondern unmittelbar anein- ander gefügt. Die Nasenbeine berühren vorn die aufsteigenden Theile der oberen Zwischenkiefer und seitlich die der oberen Kiefer, welche gerade in der vorderen Abtheilung am stärksten entwickelt sind. Auch die Thränen- beine sind kräftig ossifizirt und scheiden, wie bei den Schlangen, vorn die Augen- von den Nasenhölen.

An der unteren Wand der Nasenhölen befinden sich bei den Krokodi- len nach innen gehende Fortsätze der oberen Kiefer und Zwischenkiefer, wodurch ein Gaumengewölbe, wie bei den Säugethieren zusammengesetzt wird. Bei den übrigen beschuppten Amphibien liegen an besagter Stelle nach hinten verlaufende Fortsätze der oberen Zwischenkiefer, vorzüglich aber die vordersten Partieen der Gaumenbeine,

Bei den meisten Eidechsen {Chamaeleo , Draco ausgenommen) ist diese vordere Partie des Gaumenbeines zu einem lostrennbaren Stücke ossifi- zirt. Es ist dieses eine ungewöhnliche Erscheinung , welche meines Wissens

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sonst nirgend bei den übrigen Wirbcltbieren vorkommt. Man denkt bei der ersten Anschauung sogleich an die in die Mundhöle hineinragende untere Fläche des Geruch -Labyrinthes der Schlangen. Indessen hat dieser Knochen durchaus keine Gemeinschaft mit demselben. Auch mit dem oberen Kiefer bemerkt man Jieine Verbindung. Seine vordere Spitze berührt ,etwas den oberen Zwischenkiefer, sein hinteres breiteres Ende aber steht in eng- ster Beziehung zu einem Knochenstücke, welches ohne allen Zweifel dem Gaumenbeine zugehört. Das Pfiugschaarbein kann es, was wir später darthun werden, nicht vorstellen. Daher bleibt uns nur übrig als das Wahrschein- lichste anzunehmen, dass dieses gesonderte Knochenstück an der unteren Na- senhölenwand mit dem hinterliegenden gemeinschaftlich das Gaumenbein in diesen Echsen darstelle. Lage und Funktion widersprechen dieser Ansicht nicht; denn bei den Yögeln ist das einfach ossifizirte Gaumenbein bis zum Zwischenkiefer verlängert, und dient als Knochenstück der unteren Nasenhö- lenwand. Sie widerspricht auch nicht der Genese j denn es kann unter Um- ständen die Zahl der Knochenstücke in einer einfachen Bildungsmasse varii- ren, und ebenso gut, wie in der vorderen oberen Partie des ersten Visce- ralbogens sich zwei Knochenstücke (Gaumen- und Flügelbein) erzeugen können wie hier auch drei Knochen sich entwickeln. Nur den nächsten Grund einer solchen Zerstückelung des Gaumenbeines habe ich mir bisher nicht angeben können.

In eben dem Maassc, als die NasenhÖlen nach der vorangegangenen Schilderung bei den Eidechsen, Schildkröten, Krokodilen an ihren Wandun- gen kräftig ossifizirt sind, in einem gleichen Verhältnisse sehen wir auch die Geruch -Labyrinthe Aveniger durch eigene Hartgebilde sich sichern. Meisten- theils sind nur Knorpel - Windungen vorhanden.

§. 59. Von den Knochen, welche der Mundhöle dienen, ist die Basis des ersten Scltädcl wirbeis und des Gesichtes, namentlich bei den Eidechsen, meistenthcils nur knorplig ausgebildet. Wir haben über die wahrscheinlichen Gründe dieses Pliänomens früher schon unsere Ansicht mitgetheiit. Dagegen sind die Gaumen- und Flügelbeine ausserordentlich gross, und bilden mit den oberen Kiefern und Zwischenkiefern die kräftige obere Decke der Mundhöle für die Aktionen der unteren Kiefer, Unter anderen Verhältnissen,

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als bei den Schlangen, doch mit derselben Tendenz, die Knochen der oberen Mundhölenwand fester zu konstituiren, finden wir hier wiederum zwischen der hinteren Abtheilung (Jochbein) des Oberkiefers und dem Flügelbein das accessorische Os transversum. Auch zwischen der vorderen Abtheilung und dem Gaumenbeine ist eine innigere Verbindung durch einen Fortsatz des letzteren vorhanden.

Vögel, (Tab. III. Fig. 6.)

60. Während in der Sinnensphäre des Gesichtes der höheren Wir- belthiere bei den Schlangen noch der Geruchsinn vorherrscht, bei den Ei- dechsen, Schildkröten, Krokodilen das Auge und der Geruchsinn einen mehr gleichmässigeren Stand behaupten j so gewinnt bei den Vögeln das Auge so- gar den Vorrang, und wird dadurch von Einfluss auf die ganze Konstruktion ihres Gesichte:^. Es tritt dasselbe bei einer kräftigeren Gesichts -Kopfbeuge weiter in die Gesichtsfronte vor, die Gesichtsbasis selbst formirt einen grossen Theil der Scheidewand beider Augenhölen, und die Nasenhölen werden wei- ter vom Schädelgewölbe entfernt. Diesem gemäss wird auch die ganze Mund- höle am meisten bei den Vögeln vorgelagert, und das Ergreifen der Nahrung geschieht kneifzangenartig mit den vordersten Partieen der Mundbegren- zung, mit den Zwischenkiefern, welche sich zu einem Schnabel ausbilden. Man kann unter solchen Umständen nicht übersehen, dass die überwiegende Aus- bildung und das Vortreten des Gesichtssinnes die Beschränkung der hauptsäch- lichsten Aktion der Kiefer auf die vordersten Partieen zum Theil veranlasst hat. Auch die Schläfengrube der Vögel, in welcher die wenig kräftigen Muskeln des Kiefer -Apparates gelagert sind, akkomodirt sich der ausgedehn- ten Augenhöle. Aus allen den genannten Verhältnissen entnehmen wir, dass nicht, wie bei den beschuppten Amphibien, die ausserordentliche Kraft in den Aktionen der Kiefer, sondei'n das Auge auf die Gesichts -Bildung von entschiedenem Einflüsse ist.

§. 61. An den Nasenhölen bemerken wir nun insbesondere den gerin- gen Antheil, welchen die oberen Kiefer und Nasenbeine an der Formirung derselben nehmen. Die oberen Zwischenkiefer werden behufs der Schnabel- bildung kräftiger entwickelt. Ihre aufsteigenden Theile drängen gewisser- maassen die Nasenbeine, ihre horizontalen die oberen Kiefer zurück. Nur

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die Thränenbeine werden stärker ossifizirt, und bilden fast ganz ohne Bei- hilfe der oberen Kiefer die knöchernen äusseren Seitenwände der Nasenhö- len. An der unteren Wand derselben vereinigen sich die horizontalen Theile der oberen Zwischenkiefer mit den Gaumenbeinen, In Vergleich zu den Eidechsen, Schildkröten, Krokodilen sind die Nasenhölen bei den Vögeln weniger in ihren Bestandtheilen verknöchert, und wir sehen daher auch die Geruch -Labyrinthe durch eigne Ossifikation sich mehr sichern. Ausgezeichnet entwickelt und verhältnissmässig am kräftigsten verknöchert, wie bei keinem der übrigen höheren Wirbelthiere , ist bei den Vögeln die Gesichtsbasis. Die- ses zeigt sich bei der Schnabelbildung auch als ganz nothwendig.

§. 62. Von der Mundhöle erwähnten wir schon im Allgemeinen die eigenthiimliche Vorlagerung vor der Schädelhöle und die damit verbundene Tendenz der Schnabelbildung, Zur Ausführung der letzteren dienen vorzüg- lich die oberen und unteren Zwischenkiefer. Auf diese Weise wird der Vo- gelkopf für die Bildungsgesetze des Wirbelthier- Kopfes von Wichtigkeit. Er zeigt deutlicher als die übrigen höheren Wirbelthiere die Zweit heiligkeit der zwischen den oberen und unteren Kiefern sich hineindrängenden Bil- dungsmasse, wenn auch ihre Hartgebilde durch die spätere Ossifikation wie zu einem einfachen, knöchernen Zwischenkiefer vereinigt werden.

Interessant ist ferner auch die einfache Form des knöchernen Oberkie- fers, welcher hier nur vorzugsweise die Mundhöle an ihrer hinteren Partie begrenzt und gleichzeitig zur äusseren Schutzwehr der Augenhöle dient. Zur Bildung der knöchernen Nasenliöle trägt das Oberkieferbein beinahe gar nichts bei. Diesem gemäss haben wir also bei den Vögeln vorzugsweise die hintere Abtheilung des oberen Kiefers knöchern ausgeprägt. In der frühsten Zeit der Ossifikation sieht man die rudimentäre, vordere Abtheilung, welche sich mit dem Thränenbein und dem oberen Zwischenkiefer verbindet, geson- dert von der hinteren grösseren (Jochbein), welche durch ein anfänglich gleichfalls trennbares Knochenstückchcn ( Quadrat- Jochbein ) mit dem Qua- dratbein im Zusammenhange steht.

An dem Gaumen- und Flügelbein, welche in ihrer typischen Anlage ursprünglich neben der Basis des ersten Wirbelkörpers verlaufen, ist beson- ders die Vorlagerung des ganzen Gesichtes und also auch der Mundhöle

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vvalirzunelimen. Vorzüglich clclint sich das Gaumenhein mit der Gesichtsbasis weit nach vorn aus, erreicht die oberen Zwischenkiefer und biklet mit ihnen und der Gesichtsbasis fast die ganze obere Mundholeii - Decke. Es ist dadurch hinlänglich sowohl an der Gesichtsbasis, als an dem oberen Zwischenkiefer befestigt, und hat mit ihnen ein und dieselbe Funktion in Bezug auf die Mundhüle.

Die innige Beziehung, welche zwischen dem Flügelbein und dem Ober- kiefer bei den Schlangen und den übrigen beschuppten Amphibien stattfindet, ist hier nicht vorhanden, daher sehen wir auch bei den Vögeln nirgend eine Spur von dem, jenen Thieren eigenthümlichen , Os transversum. Das Os omoi- deum erscheint hier vielmehr nur als ein befestigender Verbindungstheil mit dem Quadratbein, welches letztere an dem hier fehlenden Paukenbeine keine Unterstützung hat.

Säugethier e.

§. 63. Die Gesichtsformation der Säugethiere erhält eine eigenthüm- liche Richtung, einmal durch die theilweise Hinzuziehung des Gehörsinnes in die Sinnensphäre des Gesichtes, und dann durch die Ausbildung der Mund- höle zum Kaugeschäfte. Die kräftige Gesichts -Kopf beuge dieser Thiere, so- wie die stärkere Wölbung der Schädelhöle, namentlich in der vorderen Par- tie, sind hierbei die wichtigsten Unterstützungsmittel. Unter Begünstigung der ersteren wird der erste Viereralbogen dem Ohr -Labyrinthe genähert, und es können das Quadratbein und der Meckelsche Knorpel zum Ambos und Ham- mer sich entwickeln. Es werden also Knochen, welche durch die Gesichts- Kopfbcuge einem erweiterten Gesichte der höheren Wirbelthiere zugetheilt sind, für das Ohr - Labyrinth verwendet, und dadurch der Gehörsinn theil- weise in den Bereich des Gesichtes und Antlitzes gezogen. Nicht allein der Geruch und das Auge , sondern auch das Gehör tritt sichtbarer bei dem Su- chen von Nahrungsstolfen in Wirksamkeit. Unter solchen Verhältnissen ist das Gesicht mehr an die Schädelhöle gebunden, weil das Ohrlabyrinth aus seiner Lage zwischen dem zweiten und dritten Schädelwirbcl nicht heraus- rücken kann. War bei den beschuppten Amphibien und Vögeln die Tendenz der Verlängerung des Gesichtes nach vorn, um dem Auge und dem Gerucli- sinn ihre Wirkungsstätten zu verschaifen, mehr und mehr sichtbar geworden,

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so ist bei Säugetliicren eine Konzcntrirung der beiden genannten Sinne wegen des Gchörorganes an dem ersten Schädelbogen nothwcndig.

Es wird hierbei das alhnählige Vorrücken des Auges in die Gesichts- fronte keineswegs beeinträchtigt; denn durch die grössere Wölbung der vor- dersten Schädel -Partie und namentlich der Stirnbeine ist ein hinlänglicher Raum für die Konzentrirung der höheren Sinne mit Beibehaltung des allge- meinen Gesetzes gegeben; ja es wird dasselbe dadurch noch bedeutend unter- stützt. Es können, neben der Mittellinie der breit gewölbten Stirnwand und mit der Schädelhöle in engem Zusammenhange, die Geruch - Lab jrinthe ihre Ausbildung beginnen. An ihrer äusseren Seite befinden sich dann die Augen- liölcn, so zwar, dass zum Theil die Geruch - Lab jrinthe selbst mit der vor- dersten Partie des Schädelgewölbes die Scheidewand zwischen beiden Augen bilden. Wenn daher bei den beschuppten Amphibien und Vögeln die Augcn- und Nasenhölen nacheinander mit der gleichzeitigen Verlängerung des Ge- sichtes in dem letzteren ihre Stelle finden, so liegen dieselben bei den Säu- gethieren vielmehr n e b e n e i n a ntl er , um eine gleichmässigere Gesichtsfronte formiren zu helfen. Auf diese Weise erlangt das Gesicht der Säugethiero eine eigenthttmliche Breite, welche auch bei der Einrichtung der Mundhöle, insofern dieselbe zum Kauen organisirt ist, erforderlich scheint.

§. 64. In der Formirung der Nasenhölen ist bei den Säugethieren be- sonders hervorzuheben, dass die Thränenbeinchen in eben dem Maasse mehr und mehr geringen Antheil daran nehmen, als die Ausbildung der Oberkiefer an der vorderen Abtheilung wegen des Kaugeschäftes sehr kräftig auftreten müssen. Daher werden die äusseren Nasenhölen- Wände vorzugsweise von dem aufsteigenden Theile der Oberkieferbeine gebildet, und letztere sind es auch, welche die Augenhölen hauptsächlich vorn von den Nasenhölen scheiden, nicht, wie bei den beschuppten Amphibien und Vögeln, die Thränenbeine. Die Oberkiefer unterstützen sogar durch Erzeugung von Muscheln {concha infima) die Ausbreitung der Riechhaut: eine Eigenthümlichkeit, welche ich bei Kei- nem der übrigen Wirbelthiere mit Sicherheit nachweisen kann. Die Gesichts- basis ist bei den Säugethieren verhältnissmässig nur gering ossifizirt; der vordere Theil bleibt immer knorplig. Sie dient nur als Scheidewand der Nasenhölen und der darin liegenden Ossa ethmoidea.

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Die untere Wand der Nasenliöle wird durch eigenthüinlich hervorwach- sende horizontale Fortsätze der oberen Kiefer, Zwischenkiefer und Gaumen- beine gebildet. Indem diese Fortsätze von beiden Seiten in der Mittellinie zusammenkommen, erzeugt sich in der zwischen ihnen und der Gesichtsbasis tretenden Bildungsmasse das sogenannte Pflugschaarbein, welches in dieser Art gleichsam als eine gesonderte Erweiterung der Gesichtsbasis selbst anzu- sehen ist, und auch als Nasenscheidewand fungirt. Es ist also nur ein einfa- cher in der Mittellinie des Körpers an besagter Stelle sich befindender Kno- chen, welcher in seinem Erscheinen von der eigenthümlichen Entwickelung von horizontalen Fortsätzen der oberen Kiefer, Zwischenkiefer und Gaumen- beine abhängig ist. Daher ist das Pflugschaarbein in seiner grössten Ausbil- dung nur bei den Säugethieren zu finden. Jedoch kann es auch wegen der ähnlichen Verhältnisse bei den Krokodilen vorkommen. Bei einigen Vögeln sehe ich den Fbwier gleichfalls j indessen kommen dann auch horizontale Fortsätze der Oberkieferbeine von beiden Seiten an der unteren Fläche der Gesichtsbasis zusammen. Uebrigens ist er hier immer nur in einem rudimentären Zustande.

§. 65. Die untere Wand der Nasenhole richtet sich in ihrer indivi- duellen Ausbildung vorzugsweise nach der Mundhöle. Diese letztere hat hei den Säugethieren ihre grösste Isolirung von der hinterliegenden Schlund- höie erreicht- durch das Gaumensegel kann sie vollständig abgeschlossen wer- den. Sie fungirt nicht allein als blosses Aufnehmungsorgan der NahrungsstolFe, sondern sie soll dieselben zugleich durch das Kauen für die Verdauung geeig- net machen. Ausser der Zunge und den Zähnen unterstützt diese Funktion der Mundhöle besonders die untere Wand der Nasenhöle, welche für das Kallgeschäft ganz eigenthümlich gewölbt und in Wahrheit die Benennung „GauracngewÖlbe" verdient.- Die Oberkieferbeine tragen zum Gaumengewölbe das Meiste bei, das Flügelbein beinahe gar nichts j wie denn überliaupt dieser letztere Knochen bei den Säugethieren nur rudimentär vorhanden ist, und seine Verbindung mit dem Ambos (Quadratbein) ganz aufgegeben hat.

Die untere Wand der Mundhöle wird vorzugsweise durch die unteren Kiefer gestützt. Während die Meckelschen Knorpel bei allen übrigen Wirbel- thieren das Gelenk für den Unterkiefer- Apparat bilden, so müssen bei den Säugethieren, bei welchen die Meckelschen Knorpel sich zum Geliörknöchclchen

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(Hammer) metamorpliosiren, die unteren Kiefer eigene Gelenkköpfe entwickeln, und dieselben an den Processus temporaUs posterior ( Joclifortsatz- des Schlä- fenbeines) befestigen. Auch die unteren Zwischenkiefer stellen sich hier während der Ossifikation weniger gesondert dar, obgleich ihre Bildungsmassen, wie bei allen übrigen höheren Wirbelthieren, hinlänglich während der rein typischen Konformation markirt sind. Man darf indess auch nach der Ver- knöcherung nicht übersehen, dass derjenige Theil des unteren Kiefer -Appara- tes, welcher wie der obere Zwischenkiefer die Schneidezähne trägt, stets individuell von den eigentlichen unteren Kiefern sich abzeichnet.

§. 66. Der Mensch gehört im Allgemeinen seiner Gesichtsformation nach den Säiigethieren an. Dennoch sind es bei ihm nicht allein die Kon- zentrirung der drei höheren Sinne und die Einrichtung der Mundhöle zum Kauen, welche die Form seines Antlitzes bestimmen, sondern vorzugsweise die überwiegende Entvvickelung des intellectualen Organes. Dasselbe ist in einer Art entwickelt, wie nirgend bei den übrigen Wirbelthieren, und durch dieses tritt eine gewölbte Stirn in den Antlitz -Kreis mit solcher Ueber- macht, dass die Sinne und der Kiefer - Apparat der Funktion und dem Räume nach vollends unterliegen.

Wir haben nur die Hauptrichtungen in der Gesichtsformation ange- geben. Der Uebergänge giebt es viel, doch bleibt es einer specielleren Betrachtung überlassen zu bestimmen, welche von den Hauptrichtungen diese oder jene zweideutige Spezies besonders ausgebildet darlegt.

III. Ab^elinitt«

Die niederen Wirbelthier e.

%. 67. Die niederen Wirbelthiere charakterisirt hinsichtlich der Kopf- bildnng der Mangel einer Gesichts-Kopfbeuge. Wir deuteten im ersten Abschnitte des zweiten Theiles darauf hin, dass die wahrscheinliche Ursache davon in dem weniger individuellen Auftreten des Geruchsinnnes und in der innigen Gemeinschaft desselben mit den Hemisphären begründet liege. Es

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ist also die Ausbildung des Gehirnes, welche über die Existenz und den Mangel der Gesichts -Kopfbeuge entscheidet. Während nun die allgemeinen Gesetze der Kopfbildung bei den niederen Wirbelthieren in ganz, gleicher Art, wie bei den höheren, in Anwendung zu bringen sind, so werden da- gegen alle jene Modifikationen , welche durch die Gesichts - Kopfbeuge ent- stehen, hier nicht mehr zu suchen sein.

Ausser dem angeführten, wichtigsten Unterschiede ist noch ein zweiter vorhanden, welcher mit jenem gleichzeitig auftritt, jedoch nicht in einem so nothwendigen Zusammenhange mit ihm zu stehen scheint: es ist die mo- difizirte und weniger vollkommene Entwickelung des Gehör-Organes, Es hat indess auch diese zweite Eigenschaft der niederen Wirbelthiere eine nähere Verbindung mit der geringen Ausbildung des Gehirnes. Denn, während das Gehörorgan mehr und mehr in dem Schädel verbleibt (Fische), und schon ein wirkliches äusseres Ohr und äusserer Gehörgang selbst bei den Fröschen, welche den üebergang zu den höheren Wirbelthieren machen, nicht vor- handen ist, bildet sich gleichzeitig eine andere Oeffnung in der Kopf-Visce- ralröhre aus: die äussere Kiemen -Oeffnung. Mit ihrem und dem Auftreten der Kiemen - Athmung ist in dem engsten Zusammenhange der Mangel eines dritten wirklichen Visceralbogens, in dessen Stelle nur ein Analogen, der Kiemenbogen- Träger, sich vorfindet.

§. 68. Die niederen Wirbelthiere zerfallen gemäss der Kopfbildung in zwei Abtheilungen:

1. Thiere mit wirklicher L a r v e n -Metamorphose. Gleichzeitig findet auch die Veränderung des Athmungsorganes von Kiemen in Lungen statt. Hieher die ungeschwänzten Batrachier.

2. Thiere ohne ächte Larven -Metamorphose.

a. Die geschwänzten Batrachier, Es sind Thiere, welche ihre Athmungs- organe theilweise oder gänzlich raetamorphosiren,

b. Die Fische. Athmung durch Kiemen ohne Veränderung.

Die Unterschiede der beiden Haupt- Abtheilungen zeigen sich vorzugs- weise in der Kopf - Visceralhöle.

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Wir werden bei der Betrachtung des Kopfes der niederen Wirbel- thiere, um die Wiederholungen zu vermeiden, hauptsächlich nur auf das Ab- weichende von der höheren Wirbelthier -Abtheilung Rücksicht nehmen.

M a p i t e 1 Tl.

Die Schädelhöle. Typische Konformation.

§. 69. Die typische Konformation der Schädelhöle geschieht ursprüng- lich bei den niederen Wirbelthieren in derselben Weise wie bei den höhe- ren : durch Erzeugung und Ausbildung zweier Rückenplatten des serösen Blattes. Dieselben verlaufen in einer Richtung mit den gleichnamigen des Rumpfes, so zwar, dass anfangs nur das grössere Volumen der Schädelröhre, später die deutlichen Wirbelabzeichnungen der Rumpf - Rückenplatten die Scheidung andeuten.

Bei den Fröschen macht sich nun wegen der ihnen eigenthümlichen Larven - Metamorphose das ganze Wirbelsjstem und also auch die Schädel- höle gleich anfangs von der Dotterkugel unabhängiger, indem die Rdcken- und Visceralplatten ursprünglich in jene Richtung fortwachsen, welche das Wirbelsystem in entwickelten Thieren zeigt. Bei den Tritonen , nach V. Baer auch bei den Fischen legen sich die Rücken- und Visceralplatten zuerst schmarotzerartig um die Dotterkugel herum und erst, wenn der Kopf beinahe vollständig typisch gebildet dasteht, werden sie freier, nach und nach sich loswindend. Beide Entwickelungsarten haben indess das Gemein- same, dass Kopf und Rumpf, auch nach Vollendung der typischen Konforma- tion, eine gleichmässige gerade Längenrichtung beibehalten, dass weder ein Nackenhöcker sichtbar, noch namentlich am Kopf die vorderste Schädel- Partie niedergebeugt, und so eine Gesichts - Kopfbeuge erzeugt wird: das ganze Wirbelsystera hat durchweg einen gleichmässigen , geraden Verlauf.

§. 70. Die häutige Schädelhöle umschliesst das Gehirn ganz enge und nimmt von ihm seine allgemeine Form an. Bei den nackten Amphibien konnte ich ursprünglich nur drei Gehirn -Abtheilungen unterscheiden. Sie entsprechen der läge nach den einzelnen Scl>ädelwirbeln , wje man dieselben

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in früher Zeit mit Hilfe der Visceralbogen , des Auges, Ohres und der Rumpfwirbel zu bestimmen im Stande ist. Im Allgemeinen aber markiren sie sich um diese Zeit weniger als bei den höheren Wirbolthieren. Während der Chondrose bildet die Schädelhöle bei den Fröschen gleichfalls eine kontinuir- liche Röhre, Bei den Tritonen bewirkte die Entwickclung von Fortsätzen für die untere Nasenhölen - Wand sehr bald eine Abs(;heidung der knorpligen ersten Seitenthcile von der schon verknöcherten Basis und der häutigen Schä- deldecke. Auch die schnelle Verküinnierung der zweiten Seitenthcile durch die Einwirkungen der Ohrlabyrinthe brachte eine Isoürung der Gelenktheile des dritten Schädelwirbels hervor. Bei Jungen von ßlennius viviparus finde ich den Knorpelzustand der Schädelhöle ähnlich dem bei den Tritonen. Die Schädelbasis war schon verknöchert und grenzte vorn an die noch knorp- lige Gesichtsbasis. Sie Hess sich in zwei Thcile trennen, von welchen der hintere dem dritten, der vordere dem ersten und zweiten Schädehvirbol zu- gehört. Auf diese Weise verhält sich die Schädelbasis auch bei den Tritonen, nur ist der Körper des dritten Schädelwirbels wegen der bevorstehenden Ver- änderungen noch knorplig verblieben. Die Seitentheile der Schädelhöle bei diesen jungen Schleimfischen waren knorplig, doch ohne irgend eine Tren- nung, und gingen, wie bei den Tritonen, in die Itäutige Schädeldecke über. Durch die Ossifikation Avird nun, wie bei den höheren Wirbelthieren, auch hier das Streben der Schädelhöle, sich in einzelne Wirbel abzutren- nen, deutlicher realisirt, Waren wegen der geringeren Ausbildung des Gehir- nes schon bei den beschuppten Amphibien die accessorischen Knochen der Schädelhöle, das Os Wormianum und das Os squamosim des Schläfenbeines, nicht mehr aufzufinden, so wird man diese Stücke bei den niederen Wirbel- thieren um so weniger antreffen. Man bemerkt vielmehr da, wo die Schluss- stilcke der drei Wirbel ossifizirt sind, wie bei den beschuppten Amphibien, nur zwei Stirnbeine, zwei Scheitelbeine und eine Schuppe des Hinterhaupts- beines. Bei den Gräthen- Fischen wird durch das Zurückbleiben des Gehör- Labyrinthes die hintere Partie des Schädels erweitert, und es zeigt sich wie- derum das Os mastoideum als Schlussstück in dem hinteren Schädelwirbel. Die Seitentheile des ersten und dritten Schädelwirbels sind bei den nackten AmphibieiiL immer deutlich zu erkennen, die des zweiton durch die Ohrlaby-,

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rinthe beeinträchtigt; nur bei den Gräthen- Fischen sind diese letzteren kräf- tig ossifizirt. In der Basis der Schädelhiile ist gemeinhin nur der Körper des <lritten Wirbels von den kontinuirlich zusammenhangenden des zweiten und ersten geschieden, so dass es scheint, als ob bei den höheren Wirbelthiercn die Gesichtskopfbeuge zur Abtrennung der beiden letzteren Wirbelkörper Etwas beitrage. Bei den ungeschwänzten Batrachiern wird die Schädelbasis in dem Maasse weniger kräftig ossifizirt, als ein knöchernes Gebilde des Schleim- blattes, das sogenannte Os sphenoideum basilarCy einen grossen Theil desselben unterstützt.

§. 71. Bei den Fischen nimmt die Ossifikation, wie Herr v. Baer schon dargethan, einen von den übrigen Wirbelthiercn etAvas abweichenden Weg. Indessen ist diese Thatsache unserer Ansicht nach in viel zu weitem Umfange in Anwendung gebracht worden. Wir wollen daher den Verknöche- rungs-Process bei den Fischen, insoweit er die Schädelhöle betrifft, hier et- was näher erörtern.

Im Allgeraeinon ist bekannt, dass die noch häutige Schädelhöle bei den Fischen sich ursprünglich wie bei allen übrigen Wirbelthiercn verhält, und das Gehirn enge umschliesst. Während der Konsolidirung der Bildungs- masse verwandelt sich nun bei den Knorpelfischen die häutige Schädeldecke in Knorpelsubstanz und umgiebt dann , wie ich beim Hay und Stör sehe, unmittelbar das Gehirn. Ihre Schädelhöle hat mit der gleichen Entwicke- jungsstufe des Schädels der übrigen Wirbelthiere das Gemeinsame, dass die Wirbel - Abscheidungen nicht zu bemerken, und dass die Knorpelsubstanz viel- mehr überall in einer Kontinuität fortläuft, ohne sich zu unterbrechen. Die Wirbel müssen hier durch die sonstigen Hilfsmittel näher bestimmt werden.

Bei den Gräthen -Fischen wird nun die Knorpelmasse auch ossifizirt. Am frühsten verknöchert, wie bei den Tritonen, die Schädelbasis und zwar nach meinen Untersuchungen an Jungen von Blennius viviparus ganz in der Weise, wie bei den übrigen Wirbelthiercn. Die Schädelbasis zeigt auch hier, wie bei den geschwänzten Batrachiern, zwei trennbare Stücke, von welchen das vordere dem erste» und zweiten Schädelwirbel, das hintere dem dritten angehört. Später werden auch die knorpligen Seitenwände der Schädelhöle und die Schuppe des Hinterhauptsbeines ossifizirt. Und hier zeigt sich die

Eigenthümlichkeit der Gräthenfische , indem zuerst die äussere Rinde verknö- chert, während die Knorpelsubstanz innerhalb noch eine Zeitlang sich erhält.

Man darf jedoch diese Art der Ossifikation nicht mit den Belege -Kno- chen an den Knorpeln des ersten Visceralbogens , mit dem Paukenbein und dem Unterkiefer- Apparat zusammenbringen. Diese haben eine ganz andere Genese. Man erkennt oft ihre knorpelartigen Bildungsstreifen als gesonderte Theile auf den Knorpeln des Visceralbogens aufliegend, und selbst, wenn beide Theile ossifizirt sind, ist lange Zeit noch eine Trennung möglich. Die ober- flächliche Knochenschicht der Knorpel bei den Gräthenfischen lässt sich nie- mals ordentlich von der unterliegenden Knorpelmasse trennen, Nur mit Mühe bricht man einzelne Knochensplitter hinweg, wobei dann immer die darunterliegende Knorpelmasse zerstört wird^ kurz, es zeigt sich hier die Knochenschicht als ein integrirender Theil des ganzen Knorpels. Wenn diese Knorpel bei älteren Individuen durchgängig verknöchert werden, so ist man nicht mehr im Stande die früher ossifizirte Rinde von der übrigen Knochen- masse zu trennen oder irgend eine Scheidungslinie aufzufinden. Es ist wahrscheinlich , dass die verschiedene Struktion der Knorpelsubstanz auf diese eigenthümliche Ossifikation von'Einfluss ist.

§. 72. Hält man das Charakteristische dieser Verknöcherung fest, so wird die Scheidung von ähnlichen Verhältnissen nicht schwer. Man darf dann dieselben auch nicht mit der Knochen -Lamelle an der unteren Fläche der Basis der jüngeren Froschköpfe vergleichen. Dieselbe ist, wie wir ge- zeigt haben, ein Gebilde des Schleimblattes. Ich kenne bis jetzt nur einen Knochen bei den Fischen, welcher mit dem sogenannten Sphenoideum basilare der Frösche einen Vergleich zulässt. Dieser findet sich an der unteren Fläche der knorpligen Schädelbasis bei den Stören. Die Entwickelungsge- schichte des Störes muss über die Richtigkeit einer solchen Annahme noch entscheiden. Folgendes kann ich jedoch von meinen Untersuchungen an einem jungen sechs Zoll langen Störe, den ich der Güte des Herrn Pro- fessor Rathke verdanke , mittheilen.

Es findet sich dieser Knochen bei dem jungen Störe an der knorpli- gen Schädelbasis anliegend, so zwar, dass er durch eine Zellgewebe -Schicht, öfters sogar durch häutige Massen von derselben geschieden ist, und die

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Lostrennung auf das Leichteste von Statten geht. Nach hinten dehnt er sich in ganz gleicher Art über die Basis der ersten Rumpfwirbel hinweg, und die knorpligen Rippen sind hier nicht an ihm selbst, sondern z,ur Seite an den Wirbeln befestigt. Vorn durchschneidet er die an dem vorderen Ende der Schädelbasis hervortretende Knorpelmasse, und setzt sich dann mit dem Hautknochen an der unteren Fläche des Gesichtes sens. strict. in Verbinduno-. In der genannten Knorpelmasse liegt er ganz lose, von häutigen Massen umgeben.

Bei älteren Stören sieht man diesen Knochen inniger mit der knor- pligen Schädelbasis vereinigt. Die Abtrennung wird schwieriger, und vorn, wo er die Knorpelmasse durchschneidet, ist er sogar theilweise durchsichtig geworden, wie wenn ein Aufsaugungsprozess stattgefunden hätte. Ein Ver- glefch beider Zustände dieses Knochens giebt uns deutlich zu erkennen, dass seine grössere Selbstständigkeit, wie die des sogenannten Sphenoideum basi- lare der Frösche, während der Entwickelungszeit Statt hat, dass seine Ent- stehung wahrscheinlich in dem Schleimblatte vor sich gehe, und die Knorpel- masse am vorderen Schädelende ihn später erst umgebe. Wir werden späterhin sehen, dass auch die Gaumenplatten des Störes auf einen Ent- wickelungszustand hindeuten, in welchem die Schleim -Membran der Kopf- Visceralhöle bei mangelhafter Ausbildung des Wirbelskeletes, wie bei den Batrachiern, vikariirende Knochen der Mundhöle entwickelt.

Die Seil ä<l c I (I eck e «1er Gräthenfische.

§, 73. Die genannte Eigenthümlichkeit in der Verknöcherung nament- lich der Seitentheile der Schädelhöle ist auch auf die Schädeldecke über- getragen. Zum überführenden Beweise hat vorzugsweise der Hechtkopf ge- dient, bei welchem selbst in älteren Individuen unter einer Knochenschicht stets die Knorpelsubstanz vorgefunden werden kann. Es ist jedoch das Ver- halten der Schädeldecke bei den Gräthentischen unserer Ansicht nach ein anderes und eigenthümliches. Wir wollen daher, bevor wir unser Urtheil abgeben, die Theile, welche das Gehirn von oben schützen, zuerst näher beschreiben.

Es ist bei dieser Untersuchung nothwendig sich die Köpfe jüngerer Individuen zu verschaffen, bei welchen die Verknöcherung noch nicht zu sehr Ueberhand genommen, und die ursprüngliche Sonderung der Theile dem

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ipäter vorherrschenden Prinzipe der Festigkeit noch nicht gänzlich unter- worfen ist. Man mazerirt dann die Köpfe, oder kocht sie leicht auf, so dass die einzelnen Theile noch zusammenhangen.

An einem in letzterer Weise behandelten Hechtkopfe (Tab. III. Fig. 9.) nimmt man zunächst die sogenannten Stirn- und Scheitelbeine an der oberen Partie des Schüdels hinweg. Dieses Verfahren hat nicht die min- deste Schwierigkeit; ja bei jüngeren Individuen bin ich sehr oft im Stande gewesen durch blossen Fingerdruck die genannten Knochen zu entfernen. Man hätte glauben sollen, dass bei dem Hinwegnehmen von sogenannten Schlussstücken der Schädelhöle doch wenigstens die respektiven Seitentheile beeinträchtigt und etwas zerstört sein würden; da die Schlussstücke der Wir- belbogen doch eine unmittelbare Fortsetzung der respektiven Seitentheile selbst sind. Doch davon ist keine Spur zu bemerken; Alles befindet sich in der grössten Ordnung. Auch das Gehirn liegt nicht zu Tage, sondern wir sehen eine Knorpelschicht vor uns, welche nirgend unterbrochen ist, vorn in die Gesichtsknorpel übergeht, und hinten mit der knöchernen Schuppe de^ Hinterhauptsbeines unmittelbar und kontin uirlich zusammenhangt. Seit- lich stösst sie auf die zum Theil knorpligen ersten und auf die knöcher- nen zweiten und dritten Seitentheile. Wo sie mit den zweiten Seitentheilen zusammenkommt, erweitert sie sich nach aussen zu Rändern mit zwei Fort- sätzen, welche als gesonderte Knochenstücke (das sogenannte hintere ^Itirn- bein und die Schuppe des vSchläfcnbeines) ossifizirt werden. Wird diese Knorpelschicht entfernt, so haben wir unmittelbar darunterliegend das Gehirn von einer sehr dünnen Schicht gallert- und fettartiger Massen überzogen.

Alan nehme nun den Kopf eines Barsches (Perca ßuviatilis) und behan- dele ihn auf dieselbe Weise (Tab. III. Fig. 13.). Man kann dann wiederum ohne Schwierigkeit die sogenannten Scheitel - und Stirnbeine entfernen. Als- dann gewahrt man, ohne die Gehirnkapsel selbst zerstört zu haben, nicht eine vollständige, sondern eine lückenhafte Knorpelmasse, welche zunächst am hinteren Ende der ersten Seitentheile (zwischen den sogenannten Alae magnae Hallm. oder Alae parvae Ciw. des Keilbeines) wie eine schmale Brücke von einer Seite zu der anderen sich herüberzieht, und die sogenann- ten Stirnbeine stützt. Von der Mitte dieser knorpligen Brücke geht eine

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breitere Knorpellamelle nach hinten zu der verknöcherten Schuppe des Hin- terhauptsbeines. Der letztere Uebergang geschieht ganz kontinuirlich. Zur Seite der knöchernen Schuppe des Hinterhauptsbeines stützen sich hauptsäch- lich die sogenannten Scheitelbeine, mit einem Theile ihrer unteren Fläche aufliegend. Ausserdem sieht man nur noch die Knorpelmasse zwischen den vorderen Enden der ersten Seitentheile ( den sog. vorderen Stirnbeinen) vollständig, und dann in der Gegend etwas ausgebildet, wo die respektiven knöchernen Seitentheile sich mit der Schädeldecke in Verbindung setzen. Hier hat sich dieselbe, wie beim Hecht, gleichfalls zu knöchernen Rand- Erhebungen mit Fortsätzen erweitert. Auf sie stützen sich theil weise die so- genannten Stirn- und Scheitelbeine, gleichfalls mit der Fläche aufliegend. Die tlbrig gebliebenen Lücken in der Verknorpelung werden mit jener be- kannten fett- und gallertartigen Masse ausgefüllt, so zwar, dass die Rudi- mente von Knorpeln mit ihr ein gleiches Niveau bilden und gleichsam in dieselbe sich zu verlieren scheinen. Haben wir die rudimentären Knorpel- massen mit den an und darunter liegenden gallert- und fettartigen Massen entfernt, dann erst sehen wir das Gehirn zu Tage liegen. >

Wir haben, nun noch eine dritte Richtung in der Konsolidation der Schädeldecke näher zu berühren, und diese finden wir beim Aal. Man zieht hier zuerst die Cutis, die ohne sichtbare Spuren einer Schuppen -Bildung ist, vom Kopfe ab Dann hat man die knöcherne Schädeldecke vorn nackt, hinten von Muskel -Partieen bedeckt vor sich. Jetzt versucht man die Stirn- und Scheitelbeine, wie beim Hecht und der Perca fliwiatilisy hinweg zu neh- men. Sogleich wird man gewahr, dass diese Lostrennung durchaus nicht leicht von Statten geht. Ich hatte junge Individuen von der Länge eines halben Fusses zu meinen Untersuchungen. Indess gelang mir das Unterneh- men nur auf die Weise, wie es in gleicher Absicht auch bei den übrigen Wirbelthieren möglich ist, indem ich die Schädeldecke in einer Trennungs- nath durchstach, und nun die Stirn- und Scheitelbeine mit Mühe aus ihren Verbindungen entfernte. Dabei wird die Schäclelhöle zum grössten Theile

*) Am Rumpfe lässt sich bekanntlich die Cutis "beim Aal gleichfalls leicht abziehen, und hier sieht man auch deutlicher Schjippen- Rudimente.

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zerstört, und man bemerkt, dass die Deckknochen, nicht wie beim Hecht und dem Barsch, auf den Seitentheilen mit der Fläche gleichsam lose aufliegen, aondern dass die beiderseitigen Ränder durch Schuppennäthe inniger ineinan- der greifen. Darunter befindet sich weniger jene fett- und gallertartige Masse, auch nicht das Gehirn* unmittelbar anliegend, sondern zuerst eine etwas fes- tere Haut, welche, ähnlich der Dura mater bei den höheren Wirbel thieren, an der inneren Fläche der Schädelhöle sich hinzieht. Das Gehirn füllte das Schädelgewölbe, von den knöchernen Theilen nur durch die genannte Haut ge- schieden, vollständig aus. Beim Aale habe ich auch nie, selbst in den jüngs- ten Individuen, die eigenthümliche Verknöcherung in den Seitenwändea der Schädelhöle, wie sie bei den fibrigen Gräthenfischen stattfindet, bemerken können; sie verhält sich, wie ich vermuthe, analog den übrigen Wirbelthioren.

§. 74. Man überzeugt sich aus den mitgetheilten Untersuchungen, dass das Verhalten der knorpligen und knöchernen Theile über dem Gehirn sich nicht mit der Eigenthümlichkeit der Ossification in den Seitenwänden der Schädelhöle vergleichen lässt. Ich habe auch nie gefunden, dass in älteren Individuen die Knorpelmassen mit den darüberliegenden Knochenstücken förm- lich zu einem Knochen verwachsen. Nur da, wo sie wirkliche knöcherne Theile der Schädelhöle decken, wird durch den gleichartigen Zustand bei älteren Individuen die Vereinigung inniger, und die Abtrennung in gleichem Grade schwieriger"). Im Uebrigen aber zeigen die sogenannten Stirn - und Schcitel- beiiie bei dem Barsch und dem Hechte eine so geringe Gemeinschaft mit den die Seitenwände bildenden Knochen des Schädelgewölbes, dass ich sie gemäss den vorangegangenen Untersuchungen aus der Reihe der typischen Schädelknochen entfernen zu müssen mich berechtigt fühle. Die Scheitel- und Stirnbeine müssen ihrem Wesen nach die entsprechenden Seitentheile oben zu einem Bo- gen verbinden. Dieses thun die genannten Knochen bei den erwähnten Grä- thenfischen nicht, sondern die darunterliegende Knorpelmasse entspricht voll- kornmen dieser Funktion , und, wo diese lückenhaft ist, kommt die fett- und gallertartige Masse zu Hilfe. Nur das obere Schlussstück des dritten Schädel-

*) Dasselbe Phänomen haben wir auch an dem Haut- und Wirbelskelet der Schildkröten.

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Wirbels finde ich bei allen Giäthenfischen konstant knöchern. Diese knöcherne Schuppe des Hinterhauptsbeines steht im kontinuirlichen Zusammenhange mit den respectiven Seitentheilen und auch mit den knorpligen Deck- massen des Gehirnes, ganz so, wie man es der Genese nach bei den einzel- nen Stücken der Schädelhöle erwarten musste. Mit den sogenannten Schei- telbeinen hat sie keine andere Gemeinschaft, als dass sie denselben theilweise zur Stütze dient. Die knöcherne Schuppe des Hinterhauptsbeines mit den sich anschliessenden knorpligen Partieen und die fettartigen Massen sind also die Theile, welche der Schädeldecke bei den übrigen Wirbelthieren entspre- chen. Die sogenannten Stirn- und Scheitelbeine aber entstehen ausserhalb der Schädeldecke und gehören dem Hautsysteme an. Sie sind für den Kopf das, was die Schuppen am Rumpfe. Nicht allein die genannten knöchernen Theile an der Schädeldecke, sondern auch die Schuppen des Infraorbital -Rin- ges und mehre Knochen am Gesichte fallen dem Hautskelete zu; auf letztere kommen wir später noch zurück.

§. 75, Ist dieser Ausspruch über die Existenz eineg Hautskeletes bei den meisten Gräthenfischen gleichwohl neu und vielleicht den Naturforschern unerwartet, so scheint mir dennoch nur die verschiedene Ausprägung des Hautskeletes am Rumpfe und am Kopfe bei den genannten Thieren *) der hauptsächlichste Grund zu sein, warum unsere Ansicht noch nicht aufgekom- men ist. Denn bei den Stören und anderen Knorpelfischen, bei welchen das Hautskelet am Rumpfe und Kopfe gleichartiger entwickelt ist, hat man kei- nen Anstand genommen, die knorplige Schädeldecke von den drüberliegen- den Hautknochen zu scheiden. Dessenungeachtet ist das Verhalten der knorpligen Schä^eldecke bei den Stören im Grunde dasselbe, wie bei den Hechten. Der einzige Unterschied, welcher übrigens von keiner Bedeutung

*) An üljerzeugender Kraft gewinnen daher auch die gepanzerten Gräthenfischc. Diu-ch die Giile des Herrn Medizinalrath Dr. H. Kathke erhielt ich einen gepanzerten Wels (_Cataphractus') und einen Cottus cataphractus. Wenn gleich die Evemplare durch die lange Aufbewahrung in Weingeist zum Untersuchen nicht ganz geeignet waren, so könnt« ich mich doch von der Anwesenheit knorpliger Massen unter dem Schädel-Panzer üher- zeugen. Bei diesen Fischen aber ist die Gleichartigkeit der knöchernen Theile an der Schädeldecke und der Schilder am Rulnpfe schon beim ersten Anblick nicht zu verkennen.

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ist, beruht darin, dass bei den Stören nirgend die Ossification an der Schä- delhöle begonnen, dagegen bei dem Hechte die Schuppe des Hinterhauptsbei- nes und die Randerhebungen des knorpligen Schlussstückes im zweiten Scliii- delwirbel theilvveise verknöchert sind (sog. hinteres Stirnbein, Scliuppe des Schläfenbeines). Hat man sich aber am Hechtkopf'e überzeugt, dass die so- genannten Stirn- und Scheitelbeine nur dem Hautskclct angciiören , so ist die Anwendung einer solchen Erklärung auf die übrigen Gräthenfische, bei wel- chen die knorplige Schädeldecke nur lückenhaft entwickelt ist, nicht mehr schwierig.

§. 76. Wir haben nur die Hauptrichtungen in dem Verhalten der Schädeldecke bei den Gräthenfischen erwähnt. Geringer als bei Fercci fluvia- tilis ist die Schädeldecke bei den Cyprinoiden und bei Silurus ausgeprägt, bei denen meist nur die knorplige Brücke, welche die sogenannten Stirn- Beine (-Schuppen) stützt, und die vordere Partie vom oberen Schlussstücke des er- sten Schädclwirbels knorplig sind. Zwischen dem Barsch und dem Hecht steht Clupea Membras und der Lachs, deren knorplige Schädeldecke nur sehr geringe lückenhafte Stellen zeigt. Noch kräftiger als beim Hecht, finde ich die Schä- deldecke bei Cyclopterus lumpus verknorpelt, welchen ich der Güte des Herrn Professor H. Rathke verdanke. Nur die Knorpelmasse der Schädeldccke ist hier noch bedeutender, und die knöchernen Stirn- und Scheitel - Schuppen, wie das Hantskelet überhaupt, wenig entwickelt. Interessant sind auch die Schädel von Diodon, Tetraodon, an welchen ich die Ossifikatioa iu einem beinahe noch stärkeren Grade vorfinde, als beim Aal-Schädel. Und dennoch ist auch das Hautskelet am Kopf kräftig entwickelt. Es scheint daher, als ob gerade da die Schädeldecke stärker verknorpelt und ossifizirt wird, wo das Hautskelet entweder wenig ausgebildet (Aal, Hay etc.), oder wo dasselbe eine cigenüuimliche Entwickelungsrichtung nach aussen erhalten hat und so die Schädeldecke weniger unterstützen kann (Diodon, Tetraodon, SJÖr, Ostra- cion? etc.). Ist dagegen die Schä<!eidecke selbst nicht vollständig verknorpelt, so tritt das Hautskelet isi inijigere Beziehung zum Wirbelskclct , m ic bei den Schild- kröten, und unterstützt die mangelliaft konsolidirte Schädeldecke (Barsch etc.).

77, Merkwürdig ist, das bei der lückenhaften ^ erknorpelung der Sehädeklecke gleichzeitig jene fett- und gallertartige Masse in Menge sie!«

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erzeugt und mit den vorhandenen Knorpelmassen als Schädeldecke fungirt. Beim Hecht, Stör, Hay etc., wo die knorplige Schädeldecke mehr oder we- niger vollständig ausgebildet ist, konnte ich wenig von dieser Masse bemer- ken. Auch war ich niemals im Stande eine konsistentere Haut über dem Gehirn bei denjenigen Fischen nachzuweisen, wo die Schädelhöle in ihrer Decke unvollständig ossifizirt ist. Beim Aal hingegen ist eine solche, ahiüich der Dura mater ^ ziemisch zu unterscheiden. Mit der gallert- und fettartigen Masse lässt sie sich gar nicht vergleichen. Sie ist im frischen Zustande ohne Zellen, und getrocknet bildet sie eine härtliche, spröde Membran. Die Entwickelungsgeschichte lehrt auch, dass das evidente Auftreten der Dura mater bei den höher stehenden Wiibelthieren erst durch den Verknöcherungs- prozess bewirkt wird.

5. 78. Die Entwickelungsgescliichte der Fische, sowie zahlreichere Untersuchungen an Gräthenfischen , welche mir nicht zu Gebote stehen, wer- den über vorliegenden Gegenstand noch genauere Details angeben können. So viel jedoch glaube ich aus meinen Beobachtungen entnehmen zu können, dass die Konsolidation des Schädcigewölbes bei den Fischen im Ailgcaieinen nicht so weit, wie bei den übrigen Wirbelthieren gediehen ist, und dass da- her auch bei ihnen die Ausprägung der Wirbel- Abtheilungen weniger wahr- genommen werden kann. Bei einer ganzen Reihe von Fischen bleibt das Schädelgewölbe in dem Knorpelzustande stehen, bei anderen beginnt auch schon die Ossifikation. Auf normale Weise sehen wir hier die Basis des Schä- dels ossifizirt, eigentlulmlich und gleichsam halb verknöchert die Seitentheile, am mangelhaftesten aber ausgebildet die Schädeldecke, die öfters nicht ein- mal vollständig verknorpelt und durch Erzeugung von fett- und gallertarti- gen Massen ihre Funktion ergänzt und vervollkommnet. Diejenigen Fische, welche ich bis jetzt in der Verknöchcrung des Schädelgewölbes ganz den übri- gen Wirbelthieren ähnlich gefunden habe, sind der Aal, Diodon, Tetraodon. Sie schliessen sich daher in der Konsolidation der Gehirnkapscl an die nack- ' ten Amphibien an. Wie bei letzteren sind auch bei ihnen die einzelnen Knochen des Schädelgewölbes deutlicher aufzufinden, und nur die ersten Seitentheile zeigen sich beim Aal durch den gemeinschaftlichen Austritt der

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Sinn esncrven für das Auge und den Geruch etwas in der Ossifikation be- einträchtigt.

Die Veränderungen der Schädel hole.

§. 79. Die Veränderungen der Schädelhöle bei den niederen Wirbel- thieren hangen gleichfalls einmal von dem Gehirne selbst ab, und dann von den anliegenden Sinnesorganen und den Gebilden der Visceralhöle.

§. 80. Die Variationen des Schädelgewölbes, welche durch das Gehirn hervorgerufen werden , sind bei den nackten Amphibien von sehr geringem Belange. Die drei Haupt- Abtheilungen des Gehirnes sind hier gleichmässig ausgebildet, und die Gehirnkapsel zeigt demgemäss die einfache Zylinderform, analog dem Rückgrath , in einer Weise , wie wir sie nirgend bei den übrigen Wirbelthieren wiederfinden.

Bei den Fischen wird die vordere Abtheilung des Gehirnes, welche den grossen Hemisphären mit den vereinigten Riechkolben entspricht, öfters in ihrem Volumen verringert (Hecht). Es scheint, als ob in derselben viel- mehr der Sinn des Geruches oder dessen Analogon ausgebildet sei, als die intellektuale Thätigkeit, ohne das man irgend eine evidente Scheidung ge- wahr werden kann. Man sieht daher hier auch in gleichem Grade die vor- derste Schädel- Abtheilung zusammensinken, und die entsprechenden Seiten- theile in der Mitte zu einer knorpligen Platte (sog. Ala parva ossis sphemidei, septum interorbiiale) verschmelzen, unter welcher die knöcherne Basis fortläuft.

§. 81. Die Einwirkungen welche die Schädelhöle von aussen erleidet, geschehen einmal durch die Sinnes -Organe: durch das Auge und durch das Ohr.

§. 82. Die Augen -Rudimente befinden sich bei den niederen Wirbel- thieren gleich anfangs nicht sowohl an der gewölbten Stirnwand, welche hier ganz einfach nur die vorderste Decke der Schädelhöle bildet, sondern vielmehr auf dem Uebergange derselben zu den respektiven Seitentheilen. Bei der weiteren Ausbildung des Embryo erweitert sich das Auge an diesen ersten Seitentheilen mehr und mehr nach hinten, so dass es je nach seiner grösseren Entwickelung dieselben öfters ganz einnimmt. Es gelangt daher bei den niederen Wirbelthieren nirgend in den Bereich des Antlitzes.

Bei den nackten Amphibien befindet sich an dieser Stelle das Auge, ohne dass die Schädelhöle Augengruben, wie bei den höheren Wirbelthieren,

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formirt. Vorn und seitlich wird es bei den Fröschen von -dem Gaumen-, Flügelbein und dem Oberkiefer begrenzt, bei den geschwänzten Batrachiern hauptsächlich nur von letzterem. Hinten reicht das Auge bei den Fröschen bis zum Ohrlabyrinth, und man sieht keine Spur einer hinterliegenden Schlä- fengrube. Bei den Tritonen bemerkt man zuweilen noch ein Analogon dersel- ben. Daher erzeugt sich nun wieder, wie bei den beschuppten Amphibien, ein Scheidungs- Fortsatz, ein Processus orbitalis posterior, welcher .das Auge von den Muskeln in der Schläfengrube trennt. Bei Salamandrina aiienuata hat H. Rathke keine Spur vorgefunden (im Zoologischen Atlas von Esch- scholtz Tab. XXI. ). An älteren Individuen von Triton cristatus geht dieser Processus orbitalis posterior ungefähr von der Mitte des Scheitelbeines aus. Nach Cuvier's Angabe soll er am bedeutendsten bei Triton, Gesneri, punctatus und palmatus sein. Bei Triton torosus nach H. Rathke (a. a. O. Tab. XXI. Fig. 15.) steht er, von dem hinteren Ende des Stirnbeines ausgehend, mit der Pars petrosa des Ohres in Verbindung.

% 83. Bei den Gräthenfischen ist das Auge weit mehr durch Skelet- theile gesichert, als bei den nackten Amphibien. Die eigenthümliche Ent- wickelung ihres Gesichtes macht, dass die vordere Begrenzung anders aus- fällt als bei den Batrachiern. Die auf die ersten Seitentheile beschränkte Lagerung der Augen und die mangelhafte Ausbildung der Stirnbeine lassen vviederum eine von den höheren Wirbelthieren abweichende und modifizirte Ausführung in der Formirung der Augenhölen erwarten.

5- 84. Einen Margo supraorbitaUs finden wir bei den Gräthenfischen nicht. Es wird dagegen das Auge gewöhnlich von oben durch die Stirnbein- schilder des Hautskeletes , von unten durch den aus Haut-Schuppen gebilde- ten Infraorbital -Ring geschützt. Vor und hinter den Augen sehen wir Er- weiterungen der Schädelhöle als Begrenzungen auftreten.

Die vorderen Erweiterungen mit den Schädeltheilen, von welchen sie ausgehen, sind in der vergleichenden Anatomie die vorderen Stirnbeine ge- nannt. Beide haben indessen sehr geringe Gemeinschaft mit der hier oft wenig ausgebildeten Schädeldecke und entsprechen ihrer Lage nach ganz den Seitentheilen der Schädelhöle, so zwar, dass sie eigentlich das vorderste

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Ende der ersten Seitentlieile ausmachen, und die Erweiterungen selbst nur Fortsätze derselben formiren

Bei der Verknöcherung des ganzen ersten Seitentheiles sehen wir zuerst den erwähnten Fortsatz von dem sogenannten vorderen Stirnbeine, und dann die oberhalb dicht an die zweiten Seitentheile liegende Partie (grosser Keilbeinfliigel nach Hallmann) ossifizirtj während der mittlere Theii oft gar nicht verknöchert, wie beim Hecht, gewöhnlich aber später als ein geson- dertes Knochenstück (kleiner Keilbeinflügel nach Hall,), wie bei den Cypri- noiden. Im letzteren Falle sind die ersten Seitentheile jederseits aus drei knöchernen Stücken (das vordere Stirnbein, der kleine und grosse, Keilbein- flügel) zusammengesetzt, von welchen die mittleren dicht über der Basis zu einer einfachen knöchernen Lamelle verschmelzen. Aehnliches haben wir auch bei den Fröschen, wo gleichfalls die Enden der ersten Seitentheile stärker ossifizirt werden als die Mitte, und aus diesem Grunde mit Unrecht verschieden benannt sind. Wir müssen uns daher wiederum gegen die Zer- splitterung von typisch zusammengehörenden Stücken erklären und halten Alles, was die vordere Gehirn- Abtheilung von den Seiten schützt und vor der Ansatzstelle des ersten Visceralbogens (Quadratbein) gelegen ist, als zu dem ersten Seitentheile der Schädelhöle gehörig. Das vordere Stirnbein , der kleine und grosse Keilbeinflügel Hall, der Fische entsprechen also der Genese nach dem vorderen Keilbeinflügel der höheren Wirbelthiere. An ihrer Seite befindet sich das Auge, und der Nervus opticus und olfactorius treten am hinteren und vorderen Ende, wie bei allen Wirbelthieren, durch sie hindurch.

Die vor dem Auge befindliche Erweiterung der Schädelhöle geht also jederseits von dem ersten Seitentheile ausj sie bildet einen Fortsatz dessel- ben. Sie scheidet die Augengruben von den Nasenhölen, und bildet an ihrem unteren und äusserem Rande zuweilen einen Gelenkkopf (Karpfen, Hecht), welcher die Beweglichkeit des Oberkiefers unterstützt. Fortsätze, welche vorn das Auge begrenzen, hat man bei den höheren Wirbelthieren Processus orbi- tales anteriores genannt. Diese Benennung nach der Funktion scheint mir

*) Auch die Thränenbeine können diese Knochensfücke nicht vorstellen j da erstere nieijials an der Formirung der Schädelhöle selbst Anlheil haben kann.

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auch am passendsten für den vorliegenden Fall. Denn der Ort der Entste- hung des Processus orhitalis anterior, ob er am Thränenbein, wie beim Pte- rodactylus crassirostris Goldf., oder am Orbital - Randknochen , wie bei den Vögeln, oder am ersten Seitentheile des Schädels, wie bei den Fischen, zu suchen ist, hangt von der individuellen Form des Kopfes ab.

Hinter dem Auge befindet sich der zweite, kleinere Fortsatz. Der Schädeltheil , von welchem derselbe ausgeht, ist unter dem Namen hinteres Stirnbein bekannt. Indessen dehnt sich der erste Schädelwirbel nicht mehr bis in diese Gegend aus. Auch ist der Zusammenhang dieses sogenannten hinteren Stirnbeines offenbar nur mit dem Seitentheile der Schädelhöle, welchen Cuvier mit dem grossen Keilbeinflügel bezeichnet, und der seiner ganzen Lage nach wirklich dem hinteren Keilbeinflügel der höheren Wirbelthiere , nicht der Pars petrosa des Schläfenbeines, entspricht. Es sind daher die hinteren Stirnbeine vielmehr zu dem Schlussbogen des zweiten Schädelwirbels zu rechnen, welcher im Allgemeinen wenig ausgebildet, meist nur an den Ver- bindungsstellen mit den respektiven Seitentheilen verknorpelt, und behufs der Bildung von Gelenkflächen für das Quadratbein und von Fortsätzen für die Gruben an dem Schädel in zwei Stücken jederseits ossifizirt. Das vordere, verknöcherte Stück oder das sogenannte hintere Stirnbein erzeugt nun den genannten Fortsatz, welcher die Augenhöle von den Muskeln des Kieferappa- rates in der meist wenig ausgebildeten Schläfengrube scheidet. Wir nannten diesen Fortsatz mit der gleichen Funktion bei den übrigen Wirbelthieren, bei welchen er öfters von den Stirnbeinen (Säugethiere) oder auch von den ersten Seitentheilen (Vögel) ausgeht, den Processus orhitalis posterior. Un- serer Ansicht nach scheint diese Benennung auch bei den Fischen am zweck- raässigsten

§. 85. Ausser dem Processus orhitalis anterior und posterior ^ bewirken die Augen bei sehr vielen Gräthenfischen noch eine ganz eigenthümliche Ver- änderung an der unteren Partie der zweiten Seitentheile und des dritten Wirbel. Körpers (Tab. III. Fig. 12.) der Schädelhöle. Die Augenliölen erwei- tern sich nämlich, um die Ursprünge "raehrer Augenmuskeln zu beherbergen, über der Basis des zweiten Schädclwirbels hinweg bis in die Masse des drit- ten Wirbelkörpers, so dass letzterer öfters (Hecht) eine kegelförmige Hole

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enthält, welche sich ungefähr bis zur Mitte erstreckt. Da, wo die Muskeln über dem zweiten Wirbelkörper liegen, bilden sich aus den zweiten Seiten- theilen horizontale, nach innen gehende Fortsätze , welche ein gleiches Niveau mit der Oberfläche des dritten Wirbelkörpers annehmen, in den Mittellinien sich von beiden Seiten vereinigen und so das Gehirn vor den Muskel -Ak- tionen schützen.

Diese Erweiterung der Augenhölen giebt bei denjenigen Gräthenfischen, deren mittlere Gegend in den ersten Seitentheilen des Schädels unten zu ei- nem Septum interorbitale verschmilzt (Hecht, Barsch etc.), Veranlassung zur Erzeugung eines einzelnen Knochenstückes, welches Hallmann unter der Be- nennung Os sphenoideum superius genau beschreibt, a, a. O. S. 56. 57. Ich kann jedoch diese Ansicht nicht theilen. Wo dieser Knochen auch vorkom- men mag, immer dient er zur Bildung des foramen opticum von der hinteren Seite, während von vorn die mittlere Partie der ersten Seitentheile die Be- grenzung macht. Eine solche Funktion ist dem Keilbeinkörper ganz fremd, und gehört vielmehr den ersten Seitentheilen des Schädelgewölbes an. Wir haben überdiess den vollständigen Keilbeinkörper darunter liegend, und so nehme ich denn keinen Anstand dieses Knochenstück als den ersten Seiten- theilen zugeliörig zu betrachten, welches nur durch die genannten Umstände zu einer isolirten Verknöcherung gelangt. Man muss sich daher diesen Kno- chen aacii ganz so wie der mittleren Partie der ersten Seitentheile dieser Fische, als aus zwei seitlichen Stücken zusammengewachsen, denken, deren untere Partieen zu einer Lamelle verschmolzen, deren obere noch frei ge- blieben sind.

§. 86. Bei denjenigen Gräthenfischen, deren ganze Schädeldecke nor- mal ossifizirt wird, bemerkt man ähnliche Fortsätze zur Begrenzung des Au- ges von hinten und vorn. Bei Diodon^ Tetraodon gehen die Processus orbita- les anteriores und posteriores von den hier vollständig ossifizirten Stirnbeinen aus. Doch konnte ich bei den Individuen, welche ich untersuchte, nicht entscheiden, ob dieselben Randknochen, oder ob sie wirklich nur Erweite- rungen der Stirnbeine waren.

Bei Muraena anguilla findet man eine härtliche, durchscheinende Masse, welche das Auge vorn von der Naseugrube, hinten von der Schläfengrube

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scheidet und überhaupt eine Art Hole filr dasselbe bildet, Sie liegt an dem äusseren Rande des Stirnbeines, und bei alten Individuen beobachtet man knochenartige Stücke darin, welche ebenso durchscheinend sich darstellen, wie die Masse selbst. Die vordere Partie, welche die Stelle des Processus orhitalis anterior vertritt, erweitert sich um die Nasengruben herum, und auch hier sieht man solche durchscheinende Knochenstücke bei älteren Individuen entstehen. Diese härtliche, durchscheinende Masse mit ihren Knochenstücken hangt mit der Cutis gar nicht zusammen und kann daher zum Hautske- let nicht gehören. Gemäss der obigen Beschreibung ist sie auch dem Typus des Wirbelsjstems zu fremd, und ich bin daher geneigt anzunehmen, dass sie zu den eigenthümlichen härteren Gebilden der höheren Sinnesorgane gerech- net werden muss.

§. 87. Unter den Knorpelfischen entwickelt die knorplige Schädelhöle beim Haj, der Chimära, beim Stör, ähnlich wie hei den höheren Wirbelthie- ren, sogar einen Margo supraorbitaUs , welcher von der Schädeldecke aus- geht. Auch die Tendenz , das Auge von vorn und hinten zu sichern , erkennt man deutlich genug. An einem jungen Stör sehe ich den Processus orhitalis anterior ganz, wie beim Hecht, ausgebildet, und der Processus orhitalis poste- rior erscheint mir als ein knorpliges Stück, welches. locker mit der knorpli- gen Schädeldecke in Verbindung steht und somit nach Analogie der Rand- knochen erzeugt war.

Beim Aal, Diodon, Tetraodon und den genannten Knorpelfischen konnte ich die Erweiterung der Augenhölc, nach hinten über die Basis des zweiten Scliädelwirbels hinweg^ nicht auffinden.

§. 88. Das Ohrlabyrinth übt bei den Fische?i seinen Einfluss auf die Schädelhöle in einer anderen Art als bei den höheren Wirbelthieren aus, während die nackten Amphibien sich letzteren noch anschliessen.

Sowohl bei den geschwänzten als ungeschwänzten Batiachiern beein- trächtigt die Ausbildung der Ohr -Labyrinthe namentlich während der Ossifi- cation die zweiten Seitentheile des Schädels, so dass gemeinhin nicht eine Spur von ihnen erhalten bleibt ^ und die Partes petrosae in dorn Schädelge- wölbe ihre Steile vertreten.

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Bei den Fischen dagegen verhält sich das Ohrlabyrinth anders. An Jungen von Bloinius viviparus finde ich das Urrudiment des Ohrlabyrinthes, das Ohrbläschen, aus häutiger Substanz gebildet, zwar in derselben Gegend wie bei den übrigen Wirbelthieren sich markirend, doch innerhalb des Schä- dels gelagert. Dabei sind die knorpligen Seitenwände des Schädelgewölbes an der Lagerungsstelle durchaus unversehrt geblieben. In der höheren Wir- belthier-Abtheilung und auch bei den nackten Amphibien ist um die Zeit der Chondrose das Ohrbläschen selbst am kräftigsten verknorpelt, und befin- det sich ausserhalb der Schädelhöle. Es scheint daher, als ob das Ohrlaby- rinth seiner wahrscheinlichen Genese zu Folge bei den Fischen in der Schädelhöle verbleibt , und aus diesem Grunde sich auch weniger kräftig durch Hartgebilde schützt, Demgemäss haben wir denn auch hier nicht mehr eine Pars petrosa des Schläfenbeines zu suchen, sondern die Seitentheile des Z;weiten und dritten Schädelwirbels stützen, mehr oder weniger durch Erwei- terungen ihrer Substanz an der inneren Fläche, zur Genüge das raeist in der Schädelhöle freiliegende Labyrinth des Gehörorganes. Ausser diesen gerin- gen Veränderungen an der inneren Fläche bleiben die genannten Seiten- theile unversehrt, und namentlich die des zweiten Schädel wirbels werden vollkommener verknöchert vorgefunden, als bei den übrigen Wirbelthieren. Das Zurückbleiben des Ohrlabyrinthes innerhalb des Schädelgewölbes hat in- dess eine Erweiterung desselben in der hinteren Partie zur Folge, und diesem Verhalten schreibe ich die Entstehung eines Knochens zu, wel- chen wir nur bei den Säugethieren allein evident nachweisen konnten, nämlich das Os mastoideum,. Bei beiden Thier- Klassen liegt dieser Knochen zwischen dem zweiten und dritten Wirbel auf dem üebergange der oberen Schlussstücke zu den Seitentheilen. Bei den Säugethieren verhindert die Pars petrosa des Schläfenbeines die Verbindung mit den hinteren Keilbein- fiügeln; bei den Fischen fällt dieses weg, und das Os mastoideum grenzt auch unmittelbar an die Seitentheile des zweiten Schädelwirbels. Das Os mastoideum der Fische erzeugt auch einen Processus mastoideus, ebenso wie bei den Säugethieren. Es erscheint übrigens von aussen gewöhnlich viel grösser, als seine wirkliche Theilnahme an dem Schädelgewölbe ist

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Der genannto Fortsatz, auf den wir noch später zurückkommen, ist die Ur- sache hievon

§. 89. Auch die Geruch - Labyrinthe zeigen, abgesehen von den typi- schen Veränderungen (Gesicht), zuweilen einen besonderen Einfluss auf die vor- dere Partie des ersten Schädelwirbels. So ist die eigenthümliche Ausbildung des Processus orbitalis anterior bei den Fischen zum Theil auch durch sie bedingt. Bei den Tritonen entwickelt sich, wie wir dieses im ersten Theile beschrie- ben, ein merkwürdiger, horizontaler Fortsatz (sog. Vomer) von dem ersten Seitentheile, und unterstützt die Bildung der Nasenhölen.

5. 90. Eine zweite Reihe von äusseren Einwirkungen auf das Schädelgewölbe entsteht durch die Gebilde der Visceralhöle. Die Verän- derungen beziehen sich auf den zweiten und dritten Schädelwirbel.

5. 91. Bei den höheren Wirbelthieren hatten wir die Kiefermuskeln, welche namentlich bei den beschuppten Amphibien die kräftige Ausbildung einer Fossa temporalis hervorriefen. In der niederen Wirbelthier- Abtheihing ist im Allgemeinen diese Tendenz weniger bemerkbar, weil die Aktionen des unteren Kiefer- Apparates gegen den oberen, ziün Kauen und kneifzangenarti- gen Ergreifen der Nahrungsstoffe, hier nicht mehr so deutlich hervortreten.

Unter den nackten Amphibien sehen wir besonders bei den Fröschen die Kiefer- Apparate schwach entwickelt, so zwar, dass an den unteren Kie- fern die Zähnchen gemeinhin fehlen. Daher bemerkt man bei ihnen gar keine Spur einer Fossa temporalis. Die wenigen Muskeln, welche den unte- ren Kiefer aufheben, entspringen von der Pars petrosa und dem Quadratbein

*) Das Ohrlabyrinth {Pars petrosa) verhält sich demnacli folgen dermaassen durch die Wirbehhierklassen hindurch. Bei den Säugethieren verwächst es mit der Pars sgua- mosa, mastoidea und tympanica, und bildet mit diesen das Schläfenbein. Bei den Vögeln fehh gewöhnlich die Pars mastoidea, und immer die tympanica; das Schläfenbein wird also nur durch die Pars sguamosa und petrosa zusammengesetzt. Bei den beschuppten und nack- ten Amphibien fehlen die Part, sguamosa, mastoidea, und A\o Pars tympanica richtet sich der Genesis gemäss nach dem Quadratbein: das Schläfenbein wird daher nur von der Pars petrosa und dem Scheitelbeine gebildet. Bei den Fischen findet die innige Verschmel- zung des Gehöriabyrinthes mit anderen Theilen nicht mehr Statt. Die Pars tympanica dient als Praeoperculum und die P, mastoidea nur als Schiussstück im dritten Schädelwirbel,

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nait seinem Os fympanicum. Wahrscheinlich hangt mit der Larven - Metamor- phose diese geringe Ausbildung der Fossa temporalis und der Kiefer-Muskeln zusammen, da auf diese Weise am leichtesten der Rückzug des Quadratbein- knorpels bewerkstelligt Averden konnte. Bei den geschwänzten Batrachiern kommt die Schläfengrube gleichzeitig mit dem kräftigeren V/irken des unte- ren Kiefers wieder z-um Vorschein. Es zeigt sich dieselbe an dem Auftreten des Processus orbitalts posterior, welcher sie von der Augenhöle scheidet. Wir erwähnten schon früher, dass dieser hintere Augenfortsatz beim Triton torosus ganz ausgezeichnet entwickelt ist, und dass man nur bei der Salaman- drina attenuata gar keine Spur davon vorfindet. Hinten wird die Schläfen- grube auch hier durch die stark hervortretende Pars petrosa abgegrenzt.

Die allgemeinen Gesetze über die gegenseitige Beschränkung der Schläfen- und Augengruben gelten übrigens, wie bei den höheren Wirbel- thieren, auch bei den niederen.

%. 92. Auch bei den Gräthenfischen ist die Schläfengrube nicht in der Art ausgeprägt, wie bei den höheren Wirbelthieren. Die Fresswerk- zeuge haben hier weniger die Tendenz zum kneifzangenartigen Erfassen der IVahrungsstoiTe , und die Muskeln des unteren Kiefer- Apparates finden an dem erweiterten Quadratbeine hinlänglichen Raum. Nur bei denjenigen Grä- thenfischen, welche mit der vollständigeren Ossifikation der Schädelhöle auch eine kräftigere Aktion der Kiefer verbinden, sehen wir, wie bei den übrigen Wirbelthieren, auch die Schläfengrube wiederum an der Schädelhöle deutli- cher abgezeichnet- so beim Aal, Diodon, Tetraodon etc. Bei den übrigen Gräthenfischen liegt in der unbedeutenderen Schläfengrube die Gelenkfläche für das Quadratbein, Hinter der Fossa temporalis befindet sich bei den Fi- schen ausserdem noch eine zweite Grube, welche entweder für die Muskeln des Os pharyngeum superius, wie bei den Cyprinoiden, oder für die Muskeln zur Befestigung des Brustgürtels an den Schädel (Barsch, etc.) bestimmt ist Je nach dem verschiedenen Zwecke ist auch die Konstruktion dieser Grube etwas raodifizirt. Beide Gruben, die letzt genannte und die Schläfengrube, beschränken sich in ihrer Ausdehnung, so zwar, dass bei Diodon, Tetraodon, Aal, bei welchen die Fossa temporalis vorzugsweise entwickelt wird , die Grube für die Muskeln des Brustgürtels beinahe gar nicht zu bemerken ist.

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§. 93. Die Begrenzung dieser Gruben ( S. Tab. III. Fig. 9. 13. ) anlan- gend, haben wir schon früher erwähnt, dass die Fossa temporalis vorn durch den Processus orbitalis posterior von der Augcnhole geschieden wird. Dieser Fortsatz geht von dem vorderen ossifizirten Stück des oberen Schlussbogens im zweiten Schädelwirbel ab, welches mit Unrecht das hintere Stirnbein ge- nannt wird. Die hintere Begrenzung der Schläfengrube, und die gleichzeitige vordere der Grube für die Muskeln des Brustgürtels und des Os pJiari/ngeum superius (Cyprinoiden), macht ein Fortsatz, welcher von der hinteren ossifi- zirten Partie des oberen Schlussstückes im zweiten Schädelbogen sich ent- wickelt. Man hat diesen Fortsatz nebst dem Schädeltheile , von welchem er ausgeht, für die Schuppe des Schläfenbeines der höheren Wirbelthiere (Vögel, Säugethiere) erklärt. Ich finde keinen Grund zu der Annahme eines Kno- chens, welcher schon bei den beschuppten und nackten Amphibien nicht mehr siclitbar wird. Die Bildung des Processus orbitalis posterior und des letztgenannten Fortsatzes erscheinen mir gewissermaassen als Veranlassung zum Eiitstehen, sowohl des sogenannten hinteren Stirnbeines als der Schuppe des Schläfenbeines. Beide Knochen gehören ihrer ganzen Lagerung nach, wie schon erwähnt wurde, zu dem oberen Schlussstücke des zweiten Schädelwir- bels, welches bei den Gräthenfischen gewöhnlich mangelhaft ausgebildet ist. Der Fortsatz der sogenannten Schuppe des Schläfenbeines entspriclit seiner Funktion nach dem Processus temporalis posterior der übrigen Wirbelthiere. Beim Aal ist dieser Fortsatz ein gesonderter Randknochen, welcher an der Vereinigungsstclle der Stirn- und Scheitelbeine von daselbst befindlichen schmäleren Randknochen ausgeht.

Die beiden Knochenstückc des oberen Schlussstückes im zweiten Schä- delwirbel bilden bei den Gräthenfischen gewöhnlich gemeinschaftlich die Ge- lenkfläcljc für das Quadratbein, und der Processus orbitalis und tempoi'alis posterior befindet sich obcrlialb in der Nähe derselben. Beim Aal, Diodon, Tetraodon, wo die Schläfengrube sehr gross, die Augenhölc, besonders aber die Grube für die Muskeln des Brustgürtels kleiner ist, sieht man nur den Processus temporalis posterior mit dem hinterliegenden Processus mastoideus an der Gelenkfläohe, während der hintere Augenfortsatz oder die vikariirenden Theile an den Stirnbeinen liegen. Beim Dorsch sind die Augenhölen

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ausgebildeter, und aucli die Schläfeiigrube nicht unbedeutend. Hier sieht man die Gelenkfläche in der Nähe des Processus orbitalis posterior ^ und der Schläfenfortsatz ist weiter nach hinten gerückt, wobei die verhältnissmässig gerijigere Ausbildung der Grube für die Muskeln des vorderen Rumpfgürtcls zu Hilfe kommt. .

5. 94. Hinter der Schläfengrube liegt nun die Grube für die Mus- keln, welche den Brustgiirtel oder das Os pharyngeum superius an den Schä- del befestigen. Ihre vordere Begrenzung macht der Processus temporaUs po- stei'iory ihre hintere ein FortsatZi des Os mastoideum , der Processus mastoideus. An dem unteren Rande des letzteren befindet sich nun noch ein Fortsatz von den Seitentheilen des dritten Schädelwirbels. Dieser Fortsatz entspricht sei- ner ürsprungsstelle nach dem Processus jugidaris der höheren Wirbelthiere. Bei denjenigen Gräthenfischen, bei welchen die hinter der/ossö ifew^jora//« gele- gene Grube für die Muskeln des Os pharyngeum «w^erzMS (Cyprinoiden) be- stimmt ist, vereinigt sich der Processus jugidaris inniger mit dem Proc. mastoi- deus, und macht die hintere Begrenzung dieser Grube mit ihm gemeinschaftlich. Beide setzen sich ausserdem oberhalb mit dem Proc. temporaUs posterior in Verbindung, und bilden so eine Brücke über der Grube. Beim Barsch, Dorsel», Hecht etc., bei welchen die Muskeln des Brustgürtels kräftiger befestigt werden sollen, vereinigt sich der Processus jugularis inniger mit dem Processus temporaUs posterior, und unterstützt letzteren in der Bildung einer vorderen Begrenzung dieser Grube, während der Processus mastoideus allein die hintere Grenze formirt. Bei Silurus glanis finde ich die ebeii besprochene Grube in keiner Art ausgeprägt.

§. 95. Es sind also an den Seitenwänden der Fischschädel im Allgemei- nen drei Gruben zu bemerken. Die AugenhÖle, die Fossa temporaUs und diejenige Grube, in welcher mehre Muskeln den Brustgürtel oder das Os pha- ryngeum superius an den Schädel befestigen. Sie liegen der Reihe nach hin- tereinander und werden durch vier Fortsätze, den Processus orhit<dis ante- rior, posterior, den Processus temporaUs posterior und Proc, mastoideus be- grenzt. Von geringerer Wichtigkeit ist die Pro(5uziruiig des Stachelfortsatzes an der Schuppe des Hinterhauptsbeines duich die Rumpf- Muskeln.

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Unter den Knorpelfischen habe ich die analogischen Veränderungen an der äusseren Seitenwand des Schädels nur beim Stör gesehen. Die Fortsätze sind hier natürlich im knorpligen Zustande vorhanden.

Kapitel Vit.

Die Visceralhöle der niederen Wirbelthier- Ablheilutig. Die typische K o n f o rm a t i o n.

§. 96. Die Kopf- Visceralhöle wird, wie bei den höheren, so auch bei den niederen Wirbelthieren durch Visceralbogen, welche durch Visceralspalten getrennt werden, konformirt. Letztere entwachsen gleichfalls zuerst als Vis- ceralfortsätze dem ursprünglichen Visceralstreifen jederseits, und durch die Vereinigung derselben wird der entsprechende Bogen gebildet. Es ist nun allen niederen Wirbelthieren gemein, dass solcher Visceralbogen nur zwei, entsprechend dem ersten und zweiten Visceralbogen der höheren Wirbelthiere, sich entwickeln, und dass statt des dritten nur ein analogisches Gebilde, der Eiemenbogen-Träger, durch die Vereinigung der Visceralröhre des Kopfes und Rumpfes, produzirt wird. Ausser dieser Eigenthümlichkeit unterscheidet sich auch der erste Visceralbogen in seiner Ausbildung von dem der höheren Wirbelthier-Abtheilung. Mit dem Mangel der Gesichtskopfbeuge ist zugleich die Bedingung einer ursprünglichen Ausbildung des ersten Visceralbo- gens nach vorn und oben aufgehoben j es fehlt das Gaumen- und Flügel- bein. Derselbe formirt daher bei den niederen Wirbelthieren einen ebenso einfachen Halbbogen, wie der hinter ihm liegende zweite und die beiden hinteren der höheren Wirbelthier- Abtheilung. Er gleichet seiner Lage und Form nach der gerade heruntersteigenden Partie des ersten Visceralbogcns der höheren Wirbelthiere, welche nur das Quadratbein und den Meckelschen Knorpel mit ihren Aussengebilden entwickelt.

Die auf diese Weise konformirte Kopf-Visceralhöle der niederen Wir- belthiere verläuft, wie die obere Röhre des Kopfwirbelsystems oder die Schä- delhÖle, in einer einfachen, geraden Längenrichtung. Es fehlt die Gesichts- Kopfbeuge, und der erste Visceralbogen wird nun nicht durch Vermittelungs- glieder (Gaumenbein, Flügejbein) mit den Geruchhölen in engere Verbin-

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dung gebracht, sondern verbleibt, wie auch der erste Schädelbogen, dem hinterliegenden Kopfwirbelsystem näher gestellt, Demgemäss werden wir auch nun den ersten Visceralbogen nicht mehr bei dem Gesichte abhandeln, sondern hier bei der Visceralhöle , welcher er ursprünglich angehört.

§. 97. Mit der Eigenthümlichkeit in der Bildung der einzelnen Urbe- standtheile der Kopf- Visceralhöle zeigt sich auch im Einklänge die spätere Funktion derselben. Wir haben bei den niederen Wirbelthieren nicht mehr zwei sich absondernde Abtheilungen der Kopf- Visceralhöle, von welchen die vordere mit den Geruchhölen in engere Beziehung tritt, sondern dieselbe hat in ihrer ganzen Ausdehnung vielmehr einen einfachen Zweck: die Auf- nahme von NahrungsstolFen , doch meist ohne ein gewaltsames Erfassen, Im Allgemeinen entspricht sie also in ihrer Funktion der vorderen Abtheilung der Kopf- Visceralhöle in der höheren Wirbelthier- Abtheilung, und ist demnach MundhÖle, oder, wenn man will, Rachenhöle zu nennen. Die Schlundbewe- gungen beginnen erst hinter der Kopf- Visceralhöle in dem Pharynx, Dieser Uebergang des Kopftheiles des vegetativen Systems zu der Rurapf-Abtheilung wird ganz passend bei den niederen Wirbelthieren durch das Analogon des drit- ten Visceralbogens der höheren Wirbelthiere , durch den Kiemenbogenträger vermittelt, welcher bei den Fischen an seinem hinteren Ende die Ossa phßr ryngea entwickelt,

§. 98. Interessant ist es zu beobachten, wie bei den niederen Wirbel- thieren, gemäss der Entwickelungsgeschichte des Kopfes, mit der Trennung der Visceralhöle von der Geruchhöle auch die Bildung der MundölTnung den Bestandtheilen des Gesichtes sensu strictiori allmählig entzogen, und von der Visceralhöle des Kopfes allein übernommen wird. Bei den ungeschwänzten Batrychiern ist dieses noch wenig zu bemerken, und ihre Larven -Metamor- phose bringt sie sogar in dieser Hinsicht den höheren Wirbelthieren näher; sie erhalten ein Gaumen- und Flilgelbein. Bei den geschwänzten Batrachiern sehen wir diese Erscheinung schon deutlicher, doch trägt der obere Kiefer- Apparat noch immer zur Mundbildung bei. Bei den Fischen nimmt der obere Kiefer schon nicht mehr Antheil an der Formirung der IMundöffnung, IVur der obere Zwischenkiefer tritt noch als obere jMund-Begrenzung auf (Aal, Silurus). Bei den Knorpelfischen ist es sehr fraglich, ja ich glaube sogar.

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dass hier hirgend mehr die Bildunffstheile der Geruchhölen an der For- mirung der Mundöffnung Theil haben. Indessen bleibt die Entwickehmgs- geschichte noch immer die Richterin Uber die eben ausgesprochene Ansicht.

§. 99. Auch die Theilnahme der unteren Nasenhölenwand an der obe- ren Decke für die Kopf-Visceralhöle nimmt in gleichem Grade ab. Bei den nackten Amphibien schliesst sich noch die untere Nasenhölen - Wand, von der Gesichtsbasis , den oberen Kiefern , Zwischenkiefern etc. gebildet , an die ei- gentliche obere Decke der Kopf-Visceralhöle, an die Schädelbasis, an; alle diese T heile zusammen bilden also gewisserraaassen die Gaumendecke der niederen Wirbelthiere. Bei den Gräthen - Fischen verbleibt nur noch die Gesichtsbasis (Vomer) mit den Wirbelkörpern des Schädels in die- ser Funktion, und die oberen Kiefer und Zwischenkiefer liegen vielmehr zur Seite. Bei den Knorpelfischen (Stör) steht wiederum die Frage, ob die här- teren, wenig mit dem Schädel zusammenhangenden Gaumenplatten nicht vielmehr Gebilde des Schleimblattes sind, als Knochenstücke der unteren Nai- senhölen- Wand. Durch die Beobachtung, dass bei den jungen Tritonen und auch bei den Froschlarven sich wirklich härtere Skelettheile aus dem Schleim- blatt bilden, und für die noch nicht vollkommen entwickelte untere Nasenhö- len-Wand vikariirend fungiren, kann die obige Annahme nicht mehr so befremden.

Die Veränderungen der Visceralhöle des Kopfes bei den niederen Wirbelthieren.

Wir theilen die niederen Wirbelthiere gemäss ihrer AusbihUing der Kopf-Visceralhöle in zwei Haupt- Abtheilungen: in die ungeschwänzten Ba- trachier, und in die geschwänzten ßatrachicr sammt den Fischen.

Die Andeutungen dieses verschiedenen Verhaltens der Visceralhöle des Kopfes werden schon früh bemerkbar, daher wir Manches , was noch zur typischen Konformation gehört, unter vorliegende Rubrik bringen müssen,

Die Frösche.

§. 100. Die Frösche sind diejenigen Thiere , welche in der Entwicke- lung ihrer Kopf-Visceralhöle den so höchst interessanten und merkwürdigen Uebergang der niederen Wirbelthier- Abtheilung zu der höheren bilden , und diesen Stand ihrer eigenthümiichen Larven - Metamorphose verdanken. Wir

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wollen hier nur die Hauptpunkte dieser Eigentluimlichkeit der Frösche an- führen, da im ersten Theile die genaueren Details abgehandelt sind,

Begilnstigt von der noch geringen Ausbildung des Auges, und zum Thcil auch von der gleich anfangs freier von dem Eiweisskörper sich erhebenden Riickenplatte , dehnt sich der Visceralstreifen des Kopfes, wie bei den höhe- ren Wirbelthieren, bis zu dem vorderen Ende des ersten Schädelwirbcls aus, Demgemäss wächst auch der erste Visceralfortsatz mit einer oberen breiteren Basis, welche sich mehr an dem vorderen Ende des ersten Schädelwirbcls befindet, hervor, und verbindet sich mit dem der anderen Seite zu dem ersten Visceralbogen. Derselbe bildet, wie bei allen übrigen niederen Wirbelthieren, einen einfachen Halbbogen j nur die Anheftungsstelle an den Schädel ist vor- gerückt; und das ist, was die Visceralhöle des Frosches von der der übrigen niederen Wirbelthiere ursprünglich auszeichnet, und eine Abscheidung auch durch die späteren Folgen nothwendig macht. Die Bildung des zweiten Yisceralbogens ist durchaus gar nicht von der der höheren und übrigen niederen Wirbelthieren abweichend. Von den letzteren unterscheidet sich der Frosch auch nicht in der Hervorbildung des Kiemenbogenträgers.

Die ungeschwänzten Batrachier durchleben nur zwei Zustände: zuerst eine Larvenzeit , in welcher die Kopf- Visceralhöle in ihrer Ausbildung mehr den Typus der niederen Wirbelthiere darlegt, und dann nach der Larven- Metamorphose als entwickelte Tliicre einen Zustand, in welchem dieselben , dem Typus der höheren Wirbelthiere sich nähern.

§. 101. Nach dem Typus der niederen Wirbelthiere verwächst nun bei der Forschlarve die erste Visceralspalte gänzlich , und die zweite bildet sich zur äusseren Kicmcnspalte oder zum Kiemenloche um. In dem ersten Visceralbo- gen entwickeln sich während der Chondrose, in welchem Zustande die Larve allein verbleibt, nur der Meckelsche und Quadratbein -Knorpel. Die unmit- telbar an dem Schädel anliegende Partie markirt sich als ruhende Bildungs- masse, ohne Gaumen- und Flügelbein zu erzeugen. Das Vereinigungsstück der Meckelschen Knorpel individualisirt sich, um als uneigentlicher unterer Zwischenkiefer zu fungiren, und mit dem oberen Zwischenkiefer allein die Mundbegrenzung zu bilden. Im zweiten Visceralbogen ruhen anfangs die oberen Abtheilungen, und in der unteren bildet sich der Zungenbeinkörpei

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und die Zungenhein - Suspcnsoria , welche letztere die Membrana branchiostega tragen. Der Zungenbeinkörper steht in enger Verbindung mit dem Kiemen- bogenträger und unterstützt jetzt den letzteren in seiner Funktion.

102. Durch die Larven -Metamorphose machen die ungeschwänzten h Batrachier den Uebergang zu den höheren Wirbelthieren. Es erzeugen sieb in der ruhenden Bildungsmasse des ersten Visceralbogens das Gaumen- und Fliigelbein, welche beide nach und nach durch den eigenthUmlichen und merk- würdigen Rückzug des Quadratbeinknorpels auch eine ähnliche Lage, wie die gleichbenannten Knochen der höheren Wirbelthiere , erhalten j obschon der ganze erste Visceralbogen ursprünglich einen geraden nach unten ver- laufenden Halbbogen bildet. Die obere Abtheilung des zweiten Visceralbo- gens verschwindet entweder ganz (Bufo igneus), oder entwickelt, analog dem Steigbügel und der Columella der höheren Wirbelthiere, Gehörknöchelchen. Die Zungenbein -Suspensoria treten, sich an den Schädel befestigend, in ihre eigentliche Funktion ein. Dies thut auch der Zungenbeinkörper und wird darin von dem Kiemenbogenträger unterstützt. Während ein äusseres Ohr und ein äusserer Gehörgang in der niederen Wirbelthier- Abtheilung niclit mehr auftritt, so entwickelt sich bei den Fröschen dennoch aus der zwei- ten Visceralspalte öfters eine Eustachische Trompete, zuweilen auch eine TrommelhÖle.

Die Bildung des Kopfgürtels an der äusseren Fläche des ersten Visce- ralbogens (Quadratbein- und Meckelscher Knorpel) geht in gleicher Weise, wie bei den liöheren und übrigen niederen Wirbelthieren, vor sich. Nur sind die ungeschwänzten Batrachier, ausser den niederen Knorpelfischen, viel- leicht die einzigen Thiere, welche ganz evident keinen eigentlichen unte- ren Zwischenkiefer besitzen. Die frühe Individualisation des uneigentli- chen unteren Zwischenkiefers der Larve scheint der Grund hievon zu sein.

Die geschwänzten Batrachier und Fische. §. 103. Die geschwänzten Batrachier und Fische geben uns das reinere Bild des ursprünglichen Verhaltens der Kopf - Visceralhöle bei den niederen Wirbelthieren. Ihr erster Visceralbogen ist mit der gerade nach unten ver- laufenden Partie des ersten Visceralbogens der höheren Wirbelthiere zu ver- gleichen, und hat auch, wie jene, ihre Anheftungsstelle an dem hinteren

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Ende des ersten und grössten Scliädelwirbels. Der zweite Visceralbogen un- tersclieidet sich in der ersten Anlage von dem gleichen der höheren Wirbel- thiere gar nicht. Statt des dritten aber haben Avir bei den niederen Wirbel- thieren den Kiemenbogenträger.

§. 104. Es ist nun bei der Individualisation und den dadurch hervor- tretenden Veränderungen der Kopf-Visceralhöle zu bemerken, dass bei den genannten niederen Wirbelthieren das Gehörorgan seinen Einfluss auf dieselbe mehr oder weniger verliert. Auch die Zunge tritt nur noch bei den ge- schwänzten Batrachiern hervor. Dagegen ist den niederen Wirbelthieren der Kiemen-Apparat eigenthümlich und von der grössten Wichtigkeit für die Kopf-Visceralhöle. Die Formirung der Mundöffnung durch den ersten Visceral- bogen ist allen Wirbelthieren gemein, die Ausbildungsweise jedoch verschieden.

§. 105. Diesem gemäss schliesst sich die erste Visceralspalte vollstän- dig, die zweite dagegen verwandelt sich in die Kiemenspalte, in welcher die Kiemenbogen gelagert sind, und durch ein von der äusseren Fläche des zweiten Visceralbogens sich entwickelndes Gebilde (Membrana branchiosie^a, operculum branchiarum) geschützt werden. Bei den Fischen ist dieser Zustand bleibend. Bei mehren geschwänzten Batrachiern (Tritonen, Salamander etc.) schwindet im entwickelten Thiere der Kiemen- Apparat, die Athmung ge- schieht nur durch Lungen, es schliesst sich die Kiemenspalte, die Membrana branchiostega verwächst mit der Visceralplatte des Rumpfes, und die sich entwickelnde Zunge gebietet über die Veränderungen der Visceralliöle des Kopfes, Bei Proteus etc. bestehen neben den Lungen «och mehr oder we- niger die Kiemen. Hier schliesst sich die Kiemenspalte auch weniger voll- ständig, und die Zunge ist kaum als Anlage vorzufinden.

§. 106. Nach diesen Verhältnissen richtet sich nun auch die Ausbil- dung der Skelettheile. Der erste Visceralbogen der niederen Wirbelthiere gleicht der gerade heruntersteigenden Partie desselben bei den höheren. Daher zerfallen die Hartgebilde auch jederseits nur in zwei Haupt- Abthei- lungen. Die dem Schädel anliegende, knorplige obere Abtheilung entspricht dem Quadratbein, die untere dem Meckelschen Knorpel. Die genetische Be- deutung sowohl, als die Lage und Funktion dieser Knorpel stimmt ganz mit den gleichnamigen TJieilen bei den höheren Wirbelthieren überein. Nur die

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bewegliche Anheftung des Quadratbeines an den Schädel der Fische ist nicht an das Ohr- Labyrinth , welches innerhalb des Schädels verbleibt, son- dern da, wo das obere Schlussstück (hinteres Stirnbein und die sogenannte Schuppe des Schläfenbeines) und die Seitentheile des zweiten Wirbels der Schädelhöle zusammentreffen.

Es entwickeln sich auch in gleicher Weise Aussengebilde; an dem Quadratbein -Knorpel das Os ti/fnpanicum , an dem Meckelschen der untere Kiefer und Zwischenkiefer. Diese Belege -Knochen beobachten auch dasselbe Verhalten zu ihren knorpligen Grundlagen, wie bei der höheren Wirbel- thier - Abtheilung. Sie bilden d-en Kopfgürtel des ersten Visceralbogens , und das Paukenbein befestigt und unterstützt das Quadratbein. Die Funktion, das Paukenfell zu tragen, geht natürlich verloren. Dafür tritt bei den Fischen {Praeoperculum^ y wie wir gleich sehen werden, eine neue Bestimmung ein, nämlich : das Quadratbein in der Befestigung des knöchernen Kiemendeckels zu unterstützen. Doch die Gelenkbildung mit dem Meckelschen Knorpel bleibt immer allein dem Quadratbein überlassen.

Der untere Kiefer und Zwischenkiefer bildet sich bei den niederen Wirbelthieren wiederum vorzugsweise aus; während der Meckelsche Knorpel bald mehr bald weniger reduzirt wird, stets sich aber als Gelenkkopf des unteren Kiefer- Apparates erhält und so die Verbindung mit dem Quadrat- bein bewerkstelligt.

§. 107. Auch die Hartgebilde des zweiten Visceralbogens zerfallen im knorpligen Zustande in zwei Abtheilungen. Die obere derselben schwindet bei dem Mangel aller Gehörknöchelchen *) entweder gänzlich, oder sie erhält sich nur als ein Knorpelstück (Processus stijloideus ossis hi/oidei der Fische), welches die untere Abtheilung des Quadratbeines befestigt.

Die untere, knorplige Abtheilung des zweiten Visceralbogens, wel- che, bald selbstständig, bald durch ein rudimentäres Knorpelstück der oberen an das Quadratbein oder an die Pars ipetrosa (Tritonen) befestigt Avird,

*) Dass die sogenannten Gehörknöchelchen mehrer Gräthenfische der Genesis nach mit der oberen Abtheilung des zweiten Visceralbogens in Verbindung stehen, scheint mir wegen der eigenthümtichen Lage dieser Knöchenstückchen nicht wahrscheinlich.

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verbindet sich auch hier durch ein gesondertes, einzelnes Zwischenstück mit dem der anderen Seite, und entspricht genetisch dem vorderen Hörne und Körper des Zungenbeines der höheren Wirbelthiere. In dieser Bedeutung sehen wir es bei den geschwänzten Batrachiern wiederum vollkommen da eintreten, wo die Kiemenbogen und Kiemen gänzlich verschwinden. Es wird .dann von dem rudimentären Kiemenbogenträger, ähnlich einem hinteren Horn des Zungenbeines, in dieser Funktion noch unterstützt. Beim Proteus, wo die Kiemenbogen und Kiemen niclit vollständig reduzirt Averden, die Lungen- Atliraung nebenbei besteht, und die Zunge äusserst wenig entwickelt ist, beobachtet man auch keine entschiedene Bedeutung der genannten Ske- lettlicile. Bei den Fischen dagegen verbleiben Kiemen und Kiemenbogen, und die Zunge ist als nicht vorhanden zu betrachten. Hier behält die untere Abtheilung des zweiten Visceralbogens die Bedeutung, welche sie bei den mit Kiemen versehenen jungen Tritonen hat: 'sie ist ein Suspensorium des Kie- menbogenträgcrs, und somit der Kiemenbögen und Kiemen selbst.

Bei den niederen Wirbelthieren entwickeln sich, wie an dem ersten Visceralbogen bei allen Wirbelthieren, so auch hier an dem zweiten härtere Aussenge bilde, welche einen zweiten Kopfgiirtel formiren. Es zeigt sich in der Kiemcndeckel- Wulst der Vögel schon ein Analogon hievon, doch bleibt dieselbe bei ihnen nur von Wichtigkeit für die Konformation der Visceralliöle des Rumpfes. Bei den nackten Amphibien haben wir in dem häutigen Kie- mendeckel (^3Ie7nbrana braTichiostega) dieses in den entwickelten Indivi- duen verschwindende Analogon in einer Bedeutung, welche erst bei den Fischen, durch Radä hranchiostegi gestützt, bleibend wird, und selbst noch (kirch Aussengebilde an der oberen AbÜieilung des zweiten Visceralbogens {Operculum , Sub- und Inier -Operculum) sich vergrössert. Also das Opercu- lum, Sub- und Infer- Operculum sammt den Radä branchlostegi formiren bei den Fischen an dem zweiten Visceralbogen einen Kopfgürtel, wie das Pau- kenbein (Fraeoperculum) und der untere Kiefer und Zwischenkiefer an dem ersten bei allen Wirbelthieren.

§. 108. Das Analogon des dritten Visceralbogens der höheren Wirbel- thiere, der Kiemenbogenträger, variirt in seiner Ausbildung und Zusammcn- .sctzung. Immer aber steht er vorn in enger Verbindung mit dem Zungen-

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beinkorper, und Jäuft nach hinten, indem er zu den Seiten die Kiemenbogen aufnimmt, in den letzten uneigentlichen Kiemenbogen aus, an welchem sich nie ein Aortenbogen befindet. Ueber das Verhalten des Kiemenbogenträgers und der Kiemenbogen bei den nackten Amphibien haben wir die näheren J3etails im ersten Theile vorliegender Schrift niedergelegt. Wir zeigten da- selbst auch, dass nach dem Hinschwinden der Kiemen, der Theil, an wel- chem die Kiemenbogen unmittelbar befestigt sind, gleichfalls mehr oder we- niger verkümmert, und dass das übrig gebliebene Rudiment mit dem letzten uneigentlichen Kiemenbogen zur Assistenz des Zungenbeines erhalten bliebe. Bei den Fischen entwickelt diese letzte analogische Partie des Kiemenbogen- trägers das Os pharyngeim inferius. Sie erweitert sich bei ilmen aber auch bis an den Schädel, und bildet dann die Ossa 'pharyngea super iura, üebrigens greifen bei den Fischen der Kiemenbogenträger und die Kiemenbogen weit inniger in einander als bei den nackten Amphibien, so dass ich gegenwärtig, bei dem Mangel an Erfahrungen aus der Genesis dieser Theile, genau die bei- derseitigen Grenzen zu bestimmen nicht im Stande bin.

Zur Bestätigung dessen, was wir im Allgemeinen über die Bildungs- Gesetze und deren Veränderungen an der Kopf-Visceralhöle der niedern Wir- belthiere gesagt haben, verweisen wir, hinsichtlich der geschwänzten Batra- chier, auf die Entwickelungsgeschichte des Kopfes derselben im ersten Theile. Zur Einsicht in die eigenthUmliche doch im Wesentlichen nicht abwei- chende Ausbildung des ersten und zweiten Visceralbogens der Fische, möge dem geneigten Leser die Beschreibung der Kopf-Visceralhöle eines jungen Blennius mviparus dienen, welchen ich der Güte des Herrn Medizinal - Rath Rathke verdanke.

Die Kopf-Visceralhöle eines jungen Blennius viviparm. (Tab. III. Fig. 7. 8,)

%. 109. Der erste Visceralbogen ist in seiner knorpligen Beschaffenheit vollständig vorhanden. Er zerfällt jederseits in zwei Haupt- Abtheilungen, welche gelenkig mit einander in Verbindung stehen. Die obere Abtheilung lässt jederseits drei Stücke erkennen. Das oberste, beinahe kreuzförmig, liegt unmittelbar an den Seitenwänden des zweiten Schädelwirbels. Die nach hinten hervorstehende Knorpel -Partie trägt das leicht kenntliche, knöcherne Operculim. Sein unteres Ende geht, mehr durch eines weissliche Linie als

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leicht trennbar geschieden, in das zweite Stück (iber, welches von länglicher Form nach unten spitz ausläuft, und an seinem oberen Ende den obersten Knorpel des zweiten Visceralbogens trägt. Auf diesem folgt nun das dritte Stück, von ungefähr dreieckiger Form, welches leichter loszutrennen ist, mit seiner Basis einen Theil des zweiten Stückes deckt, an seiner Spitze mit dem noch häutigen Bildungsstreifen des Oberkiefer zusammenhangt, und dessen unterer Winkel gelenkig mit der unteren Abtheilung in Verbindung steht. Diese letztere wird nur aus einem Knorpel gebildet, welcher mit dem der anderen Seite den Schlussbogen formirt.

An der äusseren Fläche befinden sich, wie überall bei den Wirbelthie- ren, die Belege - Knochen , welche den ersten Kopfgürtel bilden. Mehr an dem hinteren Rande der ganzen, knorpligen oberen Abtheilung liegt ein schmales längliches Knochenblättchen , welches sich deutlich als Praeopercu- lum manifestirt. An der äusseren Fläche der unteren Abtheilung sind jeder- seits zwei trennbare Knochenstücke, von denen das obere in der Nähe des Gelenkes liegt und kleiner ist als das untere zweite, welches sich mit dem der anderen Seite verbindet. Letzteres entspricht wahrscheinlich dem unte- ren Zwischenkiefer, wie das darüberliegende den weniger ausgebildeten un- teren Kiefer vorstellt; jedenfalls erkennt man doch in beiden Knochenstücken Theile des unteren Kiefer - Apparates wieder.

§. 110. Die Bedeutung der knorpligen Stücke des ersten Visceralbo- gens ist nicht schwer anzugeben. Die unteren Abtheilungen entsprechen den Meckelschen Knorpeln der übrigen Wirbelthiere, welche gewöhnlich noch im rudimentären Zustande in der ünterkieferhöle bei den ausgebildeten Fi- schen vorzufinden sind, und die nur als Gelenkstücke des Unterkiefer- Ap- parates ossifizirt werden. Die drei knorpligen Stücke der oberen Abtheilung des ersten Visceralbogens sind ihrer Form nach offenbar die knorpligen An- lagen des bisher allein sogenannten Quadratbeines, des Os symplecticum und jugale Cuv. der Gräthenfische, welche später sehr innig unter einander ver- wachsen. Von der genetischen Seite erwogen entsprechen sämmtliche drei Kno- chenstücke nur dem einfachen Quadrath eine der übrigen Wirbelthiere. Denn überall trägt das Quadratbein gelenkig den Meckelschen Knorpel, und befestigt diesen sammt dem unteren Kiefer und Zwischenkiefer an den Schädel;

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überall entsteht er aus der gerade verlaufenden oberen Abtheiliing des ersten Visceraibogens. Dass dieselbe bei den Fisclien vielleicht zum Theil Avegen der Grösse und wegen der mannigfachen Verbindungen mit anderen Theilen in einzelne StUckc zerfällt, darf meines Erachtens dem durchgreifenden Ge- setze keinen Eintrag thun. Herr Professor Müller hat in seinem Werke „die vergleichende Anatomie der Myxinoiden etc." die lebenslänglich mehr getrennt verbleibenden drei Knorpel des Störes, durch welche der Unterkiefer an den . Schädel befestigt wird, gleichfalls schon gemeinschaftlich zum Quadratbein gerechnet. Bei Sqiialus finde icJi nur ein Knorpelstück , welches den Unter- kiefer-Apparat mit dem Schädel verbindet. ~

Der Belege-Knochen des Quadratbeines der Fisclie ist das Praeoperculumy welches demgemäss mit dem Paukenbeine der übrigen Wirbelthiere vergli- chen werden muss. Ein Paukenfell finden wir bei den niederen Wirbelthie- ren nicht vor. Mit dem Auftreten des Kiemendeckels bei den Gräthenfischen erlangt das Quadratbein auch die Funktion, denselben zu stützen, und sein Belege - Knochen zeigt sich hier wiederum, wie in der höheren Wirbelthier- Abtheilung beim Paukenfell, als ein assistirendes Knochenstück. Das Opercu- lum wird immer vom Quadratbein unmittelbar getragen; das Inter - opercuhm wird noch durch das Praeoperculum unterstützt.

§. III. Das Quadratbein der Gräthenfische besteht demnach gene- tisch aus drei Knochen, von welchen die beiden oberen, das bisher soge- nannte Quadratbein und das Symplecticim Cuv.^ inniger mit einander ver- bunden sind, und die Befestigung des ersten Visceraibogens an den Schädel bewerkstelligen. Der dritte, mehr isolirt dastehende Knochen ist das soge- nannte Jochbein {Jugale Cuv.) , welches die Gelenkbildung mit dem Meckel- schen Knorpel ( Unterkiefer- Apparat) und die Verbindung mit dem Oberkie- fer übernimmt. Das an der äusseren Fläche befindliche Praeoperculum (Os iijr/ipanicum) befestigt gleichzeitig die beiden mehr getrennten Abtbeilungen des ganzen Quadratbeines , welche auch schon durch die Ueberhand neh- mende Ossifikation inniger vereinigt werden. Nur diejenige Partie des Os symplecticum Cuvier ^ welche an dem hinteren Rande den Processus styloideus des Zungenbein-Suspensoriums aufnimmt, habe ich bei meinen Untersuchun- gen stets knorplig vorgefunden.

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§. 112. Die Knorpelmasse des zweiten Visceralbogens ist an dem jun- gen Blennius viviparus nicht mehr vollständig vorzufinden. Sie besteht aus einem Mittelstücke und jederseits zwei Seitentheilen. Das Mittelstück ist schon etwas verknöchert, und hangt nach hinten mit dem Kiemenbogenträger zusammen. Von den beiden Seitentheilen jederseits trägt das längere untere die knöchernen Radii branchiostegi , das obere kürzere verbindet sich mit dem Knorpel des Os symplecticum Cuv. ; die Verbindung mit dem Schädel ist bereits verschwunden.

Eine Vergleichung mit dem entwickelten Zustande der Gräthenfische ergiebt alsbald, dass wir es hier mit dem Zungenbeinkörper, mit dem Zun- genbein-Suspensorium und dem Processus siyloideus desselben zu thun haben. Nun gehört das Suspensorium und der Körper des Zungenbeines im ganzen Wirbelthier -Reiche stets der unteren Abtheilung des zweiten Visceralbogens an. Der Processus styloideus ist demgemäss das zurückgebliebene Rudiment der oberen Abtheilung desselben, welche bei den geschwänzten Batrachiein ganz verschwindet, bei den ungeschwänzten und bei den höheren Wirbel- thieren zu dem wesentlichsten Bewegungs- Gehörknöchelchen (Stapes, colu- mella) sich verwandelt. Bei den Gräthenfischen hat dieses Rudiment nur die Befestigung des Suspensoriums an das Os symplecticum Cuv.

5. 113. Ausser den genannten Knorpelstücken beiinden sich an dem zweiten Visceralbogen auch noch knöcherne Gebilde. In dem häutigen Kie- mendeckel haben sich die Radii branchiostegi gebildet, welche an der äusse- ren Fläche des hinteren Randes am Suspensorium befestigt sind. Der hau- tige Kiemendeckel erweitert sich nach oben bis zum Schädel , und in dieser Partie haben sich grössere Knochenstttcke erzeugt, das Operculum, Suh- und Inter - Opercidum , welche den knöchernen Kiemendeckel zusammensetzen. Schiiesst man von der Genesis des häutigen Kiemendeckels der nackten Amphi- bien auf den knöchernen der Fische zurück, so muss man den letzteren gleichfalls als ein Aussengebilde (Gürtelbogen) des zweiten Visceralbogens betrachten. Derselbe ist hier nur erweitert, und hat knöcherne Gebilde in sich erzeugt. Während demnach die obere, knorplige Abtheilung des zweiten Visceralbo- gens zum grössten Theile verkümmert, bilden sich um so kräftiger ihre Be- lege-Knochenaus, und stellen jenen den Fischen ganz eigenthümlichen Kieraen- deckel dar. Die Radii branchiostegi und das Oofra/'i/m branchiorum bilden

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auf diese Weise am zweiten Visceralbogen einen Gürtel, wie das Paukenbeiß ( Praeoperculum ) und der untere Kiefer und Zwischenkiefer an dem ersten.

Die gegenseitigen ünterstütz-ungen des Quadratbeines mit dem iVae- operculum und des knöchernem Kiemendeckels darf una nicht befremden. Es ist nur unter anderen Verhältnissen eine Wiederholung von Erscheinungen,; welche wir auch bei den höheren Wirbelthieren zwischen den oberen Ab- theilungen der beiden ersten Visceralbogen samtnt ihren AussengebiUlen beobachten. In der höheren Wirbelthier -Abtheilung und h.^i den Fröschen ist es das Gehör -Organ, welchem sich die genannten Theile gemeinschaft- lich akkomodiren. Bei den Fischen entscheidet statt des Gehör -Organes, welches innerbalb der SchädelhÖ]e verbleibt, die eigenthümliche Aashildung des Athmungs-Organes, das auch durch die Entwickehing der zweiten Vis- ceralspalte zur äusseren Kiemenspalte seinen Einfluss bewährt hat. Die^ Befestigung der Aussengebilde des zweiten Viseeralbogens durch die obere Abtheikmg (Quadratbein mit dem Os ti/mpanicum) des ersten zeigte sich auch schon bei den jungen Tritonen dadurch, dass die Ansatzstellen des strahl igen Muskels am häutigen Kiemendeckel oberhalb auf das Quadratbein und die- Pars petrosa etc. übergingen. (Siehe die Entwickelungsgeschichte, )

Kapitel ¥111.

Das Gesicht der niederen Wirbelthiere. Die typische Konformation.

5. 114. Bei den niederen Wirbelthieren liehrt die Konformation des Gesichtes melir und mehr in das ursprüngliche, genetische Verhalten zurück^ und scheint sogar, wie die sekundären Bildungen des Wirbelsystems über- haupt, bei den niedrigsten Knorpelfischen gar nicht zur Entwickelung zu kommen. Wir fahrten schon bei dej; Darstellung des Gesichtes der höheren Wirbelthiere an, dass eine unbefangene Betrachtung der Kopf- Entwickelung der Wirbelthiere zu einem Resultat gelangt, nach wekhem das Gesicht der- selben sich ursprünglich nur als ein V^rbindungstlieil beifler Röhren des Kopf- Wirbelsystems offenbart j dass diesemgemäss von der oberen Röhre die vorderen Stirn - oder JNasenfortsätze , von der unteren die Oberkiefer entwachsen, vor dem ersten Schädelbogen auf der verlängerten Schädel- oder der Gesichts -Ba- si& sich vereinigen, und in ihrer Vereiiiigung durch den ol>eren Zwischenkiefer

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«vervollständigt werden. Auf diese Weise wird eine Stätte konstituirt, in Welcher der Geruchsinft, als Haüptleiter für die HerbeischafFung der Nah- rungsstoffe, in Wirksamkeit treten kann , und die ursprünglich das Antlitz des Thieres bildet. Zur Assistenz der genannten Gesichts-Bestandtheile sehen wir bei den höheren Wirbelthieren stets noch den Thränenbein- Fortsatz sich entwickeln,

§, 115. Dieses Gesicht in seiner ursprünglichen Form, nur für die Wirkungsstätte des Geruchsinnes bestimmt, hat bei den höheren Wirbelthieren, von seiner eigenthümlichen Lage begünstigt, nicht allein einen Antheil an der Bildung der Mundöffnung und der vorderen oberen Decke der Kopf-Visceral- iiölej sondern es wird aucli in Folge der Gesichts -Kopf beuge der ganze erste Kopf- Wirbel mit dem ursprünglichen Gesichte in enge Verbindung gebracht. Das Auge, ja selbst bei den Säugetliieren das Ohr und eine mehr isolirte IMundhöIe vereinigen sich mit den Geruchhölen zu einem Gesicht und Ant- litze im weiteren Sinne.

§. 116. Den niederen Wirbelthieren fehlt die Gesichts -Kopf beuge, und der erste Kopfwirbel schliesst sich unmittelbar an den zweiten und nicht an .<Tie Geruchhölen an. Bei den nackten Amphibien helfen die Bestandtheile des Gesichtes sens, stricf, noch die obere Mundbegrenzung (oberer Kiefer und Zwischenkiefer) formiren, und die untere Nasenhölen-Waiid di^nt als vor- dere, obere Decke der Kopf- Visceralhöle, Die ungeschwänzten Batrachicr schliessen sich sogar durch die Entwickelung eines analogischen Gaumen- und Flügelbeines näher an die höheren Wirbelthiere an. Bei den Fischen dage- gen erlangt die Isolirung des Gesichtes im engeren Sinne ilire grösste Ausprä- gung. Der Zusammenhang n?it der Mundhöle durch die inneren NasenöfFnun- gen hört auf, die Formirung der oberen Mundbegrenzung durch den oberen Kiefer- Apparat fällt schon bei den Gräthenfischen, Avie wir später zeige» werden, meistens weg, und die Theilnahnie der unteren Nasenhölenwand an der oberen Decke der Kopf- Visceralhöle scheint unserer Ansicht nach bei den Knorpelfischen nicht mehr vorhanden zu sein. In demselben Grade wie die Gemeinschaft der Bildungsbestandtheile der Geruch -Werkstätte mit der Kopf- Visceralhöle abnimmt, in gleicher Weise sehen wir auch die Bildung des Antlitzes nach und nach nur auf das Gesicht in seiner ursprünglichen Form, auf die Wirkungsstätten des Geruchsinnes (Schnautze), beschränkt.

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DieVeränderungen.

§. 117. Die Lage und Funktion der eigentlichen Gesichtsbestandtheile gemäss der Genesis ist bei den niederen Wirbelthieren im Wesentlichen gar nicht abweichend, daher wir den geneigten Leser auf das früher Gesagte verweisen.

In Betreff der Veränderungen ist zu bemerken, dass hier natürlich nicht mehr, wie bei den hölieren Wirbelthieren, das Auge und Ohr zur Sprache kommt, da wir nur den Geruchsinn im Gesichte haben. Auch ist der Einfluss der Fresswerkzeuge an der MundöfFnung bei der immer sichtba- rer werdenden Isolirung der Mundhöle von der Nasenhöle nicht mehr in An- schlag zu bringen,

§. 118. Die Eigenthümlichkeiten des Gesichtes der nackten Amphibien sind im ersten Theile näher erörtert, und wir vermeiden hier die Wiederholungen.

Im Allgemeinen heben wir hervor, dass das Gesicht der unge- schwänzten Batrachier durch die Theilnahme ihres Gaumenbeines an der Bildung der inneren NasenölFnung eine charakteristische Auszeichnung erhält; dass ferner zuweilen {Rana temporaria, fusca etc.) an der unteren Nasenliö- lenwand jederseits sich ein accessorischer, ihnen eigenthümlicher unterer Na- sen-Knochen entwickelt, mit Zähnchen bewaffnet und mit Unrecht der Vomer der Frösche genannt worden ist; dass endlich die Thränenbeinchen in ihrem Gesichte sich nicht hervorbilden. Auch ist bei den Fröschen ge- meinhin der Oberkiefer in seiner ganzen Ausdehnung knöchern, so zwar^ dass wiederum die hintere Abtheilung, wie bei den höheren Wirbelthieren, gesondert erscheint , und unter dem JXamen Quadratliieferbein, Jugale Cuv e^c. bekannt ist

%. 119. Bei den geschwänzten Batrachiern tritt das Thränenbeinchen^ wie wir dieses bei dem Triton gezeigt haben, noch einmal wieder hervor, um dann bei den Fischen nicht mehr sichtbar zu werden. Charakteristisch

*) Ant. Duges zeicünet in dem früher angeführten Werlte ein Nasenbein, welches, von dem unsrigen verschieden da, wo unser Geruchlabyrinth liegt, zu finden ist. Es wäre möglich, dass das Geruchlabyrinth bei alten Fröschen stellenweise ossifizirt -würde. Ich habe indessen weder dieses, noch weniger aber ein anderes Knochenstöck, als den schon früher genannten, herauspräpariren können. Sollte aber wirklich bei einigen Fröschen sieh noch ein accidenteller Knochen im G&sichte vorfinden, so Avürde ei* wenigstens nie- mals eia. Nasenbein sein können«.

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jedoch für das Gesicht der geschwänzten Batracliier ist, dass der Oberkiefer, bei dem Mangel von einem Gaumen- und Fliigelbein, noch zum letzten Male im Wirbelthierreiche die Formirung der oberen Mundbegrenzung mit dem oberen Zwischenkiefer übernimmt, während bei den Fischen dieses nur noch der obere Zwischenkiefer zuweilen thut. Die hintere Abtheilung des obe- ren Kiefers ist gewöhnlich häutig -fasrig, und wird in der hinteren Mundbe- grenzuiig öfters durch ein Rudiment vom oberen Zahngeriiste der Schleimhaut (sog. FJügelbcia) unterstützt. BemerkensAverth ist noch, dass auch bei den geschwänzten Batrachiern Abweichungen in der Formirung der unteren Nasenhölenwand vorkommen, indem bei den Tritonen ein horizontaler Fortsatz von den ersten Seitentheilen des Schädels, als sogenanntes Pflug- schaarbein dieser Thiere, daran An theil nimmt. Beim Proteus unterstützt das obere Zahngerüste der Schleimhaut ziemlich fest anliegend einen Theil der unteren Nasenhölenwand.

Das Gesicht der Gräthenfisch e.

§. 120. Bei dem Mangel an Erfahrungen aus der Entwickelungsge- schichte, wollen wir unsere Deutung des Gesichtes der Fische nur insoweit als richtig anerkannt wissen, als die Genesis des Gesichtes der übrigen Wir- beithicre und namentlich der Tritonen auf eine analogisciie Entwickelung schlicssen lässt. Wiewohl das Gesicht der Gräthenfische höchst mannigfaltig in seiner äusseren Form sich darstellt, so hoffe ich dennoch durch die gene- tische Konstruktion der Grundbestandtheile eines einzigen Fisch-Gesichtes die Einsicht in alle übrigen zu eröffnen. Zu diesem Modell, an Avelchem ich die Gesichtsformation der Gräthenfische dem geneigten Leser zu dcmonstriren ge- denke, soll mir der Hechtkopf dienen. Man wähle zu den Untersuchungen wiederum jüngere Individuen, und koche sie leicht auf, damit der Zusam- menhang der Theile nicht zerstört wefde.

Alsdann entfernt man von den eigentljclten Gesichtsknochen diejenige» knöchernen Theile, welche y wie die sogenannten Stirn- und Scheitelbeine^ dem Hautskelct zugehören. Man hat die in der Mitte über dem sogenannten Os ethmaideum (hier knorplig) gelegenen zwei Schilder, welche sich an die Stirnbcinschilder anscl>liessen, zu den Nasenbeinen gerechnet. Auch befindet sisli an dem äusseren Kaude der letztgenannten Theile nocli jedcrseits ein kleineres Knochenstück , i^'elehes man, wie ich vermutlie, Os margmale tias't

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genannt hat. Ferner erstreckt sich die vordere von den Infraorbital -Schuppeft am äusseren Rande der Nasengruben zum Gesichte hin. Endlich sieht maiji beim Hecht noch eine Schuppe an der unteren Extremität des sogenaijnte^ oberen Kiefers.

Durch die Entfernung dieser knöchernen Theile ist die typische Kon- formation des Gesichtes nicht im Mindesten beeinträchtigt; es sind die Nasen- gruben unversehrt, und die Theilnahme der Gesichtsknochen an der Visce- ralhöle des Kopfes, insoweit sie bei den Fischen möglich ist, besteht ganz, als wäre mit dem Gesichte Nichts vorgenommen. Und dennoch sollen wir Na- senbeine, Thränenbeine etc. entfernt haben! Wir wollen auf weitere Erör- terungen nicht eingehen, zumal sie aus den Vorangegangenen leicht zu entr nehmen sind. Wir können hier nur mutatis mutandis wiederholen, was wir bei der Beschreibung der Schädeldecke der Gräthenfische erwähnt haben. Also Alles, was wir bis jetzt von dem Gesichte des Hechtkopfes losgelöset haben, gehört, wie die Stirn- und Scheitel - Schuppe und der Infraorbital- Ring; zum Hautskelete.

§. 121. Indem wir nun zu den typischen Gesichts-Bestandtheilen über- gehen, treffen wir zunächst in der Mitte auf eine Knorpelmasse, welche sich als eine unmittelbare Fortsetzung der knorpligen Stirnwand darstellt. Sie bildet jederseits die innere Wand und die Haupt -Grundlage der Nasengru- ben. An dem vorderen Ende ist sie zu beiden Seiten , wo sich die sogenann- ten Gaumenbeine? ( unser Oberkiefer) anlegen, etwas ossifizirt. Unter ihr be- findet sich der sogenannte Vomer (unsere Gesichtsbasis), Diese Knorpel- masse i^t für das Os ethmoideum gehalten worden. Indessen ist die Riechhaut «ier Gräthenfische, ohne alle unmittelbare knöcherne Stützen, faltenförmig ausge- breitet, und ein Siebbein fehlt daher gänzlich. Die obige Knorpelmasse aber entspricht ihrer Lage und Funktion, nach ganz den vorderen Stirn- oder Na- senfortsätzen, welche von der Stirnwand ausgehen und ein Haupt -Bildungs- theil der Wirkungsstätte für den Geruchsinn ausmachen. Sie stellt also beim Hechte die Nasenbeine der übrigen Wirbelthiere vor, welche hierzu ei- ner Knorpelmasse verschmolzen sind. Diese Modification in der Ausbildung der Nasenfortsätze der Fische darf bei dem verschiedenen Zwecke (Nasen- gruben) nicht befremden. Auch der Knorpelzustand bietet bei der man- gelhaften Verknöcherung des Hechtschädels nichts Unnatürliches dar. Uebri-

gern wird diese Knorpelmasse bei den meisten übrigen Gräthenfischen oft ganz, oft nur theilweise verknöchert. Zuweilen entwickelt sie Gelenkköpfe (Cjprinoiden), welche die oberen Zwischentiefer aufnehmen. Bei denjenigen Fischen 7 deren Schädeldecke kräftiger o«sifizirt (Aal,Diodon etc. wird die Deutung dieses Theiles, als den Nasenbeinen der übrigen Wirbeltbiere entspre- chend , erleichtert , wenn auch die Zweitheiligkeit nicht so evident hervortritt.

§: 122, Unter dieser knorpligen Masse der Nasenbeine des Hechtes liegt nun ein plattes Knochenstück, welches^ mit Zähnen versehen y für das Pfluffsehaarbein der Fische erklärt worden ist. Ohne Riicksicht auf alle die fehlenden und doch ganz noth wendigen Momente, welche bei der Ent Wicke- lung eines Vomer der Säugethiere erforderlich sind, ist auch die Lage und Funktion dieses Knochens eine ganz verschiedene. Er ist eine unmittelbare Fortsetzung der Schädelbasis*), stötzt die knorpligen Nasenbeine, und vorn auch die t'ibrigen Bestandtheile des Gesichtes. Derjenige Theil aber, welcher, als Fortsetzung der Schädelbasis, den Nasenbeinen und den Gesichtsbestand- theilen überhaupt als Stütze dient, ist der Genesis gemäss nichts Anderes als die Gesichtsbasis, und als solche müssen wir auch das sogenannte Pflug- schaarbein anerkennen. Das eigenthümliche, äussere Gepräge, welches die Gesichtsbasis der Gräthenfische auszeichnet, ist wiederum dadurch bedingt^ dass hier Nasengruben vorhanden sind, und dass die Gesiehtsbasis von den Gesichtsbestandtheilen der Gräthen -Fische noch allein als obere, vordere Decke für die Kopf- Visceralhöle übrig geblieben ist. Diese Funktion aber ist der Genesis nacb in der That einfacher, als wenn die Gesichtsbasis, wie bei allen höher stehenden Wirbelthieren , als Nasen -Scheide wand sich entwickelt.

123. Zur äusseren Seite des Nasenbein- Knorpels und der Gesiehts>- basis befindet sieh ein Knochen, welcher vom Quadratbein beginnt, sich ge- lenkig an den Proeessns erhitalis anterior anlegt, die Nasengruben von aussen begrenzt, und vorn an die knöcherne Stelle des Nasenknorpels und an die Gesiehtsba&i« sieh anlegt. Er besteht aus zwei Stücken, von wekhen das vordere,

*) An den jungen Blennius vwiparus (Tal). ITI. Fig. 7.) sieht lüan die noch häufige" Gesiehtsbasis als unmittelbare Fortsetzung der schon knöchernen Schädelbasis gleichfolfe ganz, deutlieh.

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mit Zähnchen versehen, das sogenante Gaumenbein, das hintere, zahn- lose, das Flügelbein vorstellen soll. Wir haben gezeigt, dass bei den niede- ren Wirbelthieren (mit Ausnahme der Frösche) ein Gaumen- und Flügelbein nicht mehr zu suchen ist. Wir finden uns zu dieser Annahme bei den Fischen um so weniger berechtigt, als die beiden vorliegenden Stücke, als ein Gan- zes betrachtet, nach ihrer Lage und Funktion ganz so, wie wir eben die Beschreibung gegeben, das treuste Bild des Oberkiefers, wie er der Ge- nesis nach sein soll, und auch bei den übrigen Wirbelthieren vorhanden ist, zur Anschauung bringen. Die Zerfällung des Oberkiefers in zwei Haupt-Ab- theilungen ist eine oft sich wiederholende Erscheinung, welche bei der Länge, bei den verschiedenen Funktionen und Verbindungen des Knochens, so wie hier namentlich bei der Gelenk- Verbindung desselben mit dem Processus or- hitalis anterior f durchaus nichts Ungewöhnliches darbietet. Bei älteren Hech- ten und anderen Gräthenfischen ist diese Zerstückelung des Oberkiefers wohl noch ausgedehnter. Besonders wird die hintere Abtheilung gleichsam durch gesonderte Knochen-Wucherung oberhalb erweitert, damit sie eine kräftigere Seitenwand für die Visceralhöle formirt werde. Bei ßliiraena angiälla ist da- gegen der Oberkiefer wiederum mehr einfach. Ausserdem habe ich den noch häutigen, einfachen Bildungsstreifen des Oberkiefers, wie bei den Sö- geln, Fröschen etc., so auch an dem jungen Blennius viviparus (Tab. III. Fig. 7), ganz deutlich erkennen können.

124. Vor diesen drei, jedem Gesichte nothwendigen Bildungsbe- standtlieilen befestigt sich jederseits noch ein länglicher Knochen , welcher den Namen Oberkiefer erhalten hat. Er liegt mit der oberen Extremität vorn zur Seite unseres Oberkiefers dicht neben der Gesichtsbasis, und lässt sich mit der unteren Extremität auf den Unterkiefer nieder. Diese letztere Eigenschaft kann anfänglich Uber die Bedeutung dieses Knochens uns zweifelhaft machen. Denn, obgleich dieser Knochen der Lage und Funktion nach dem genetischen obe- ren Zwischenkiefer entspricht, so ist doch die Erweiterung zur Seite auf den Unterkiefer ungewöhnlich. Hier kommt aber die Beobachtung zu Hilfe, dass während der Larvenzeit bei den Fröschen der obere ZAvischenkiefer gleich- falls auf den Mcckelschen Knorpel (Unterkiefer) sich niederlässt, und, mit hornigen braunen Lamellen versehen, allein als obere ftlundbegrenzung dient. Aus diesem Grunde nehme ich auch gar keinen Anstand, vorliegenden söge-

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nannten oberen Kiefer für den oberen Zwisclicnlviefer zu erklären, zumal die Lagerung und Funktion durchaus nicht der Genesis widerspricht.

§. 125. Wälircnd bei jüngeren, ungefähr fünf Zoll langen Hcclitcn ausser dem Nasenbein -Knorpel, der Gesichtsbasis, dem oberen Kiefer und Zwi- schenkiefer kein Knochenstück mehr im Gesichte zu finden ist, so zeigt sicli bei älteren Individuen vor dem Oberkiefer, vor der Gesichtsbasis und etwas vor der oberen Extremität des oberen Zwisclienkiefers jederseits, ein mit Zähn- chen ausgerüstetes Knöchelclien, welches man den oberen Zwischenkiefer ge- nannt hat. Dieses Knöchelchen fehlt beim Aal, Siliüuis etc. gänzlich; beim Hecht bildet es sich in der härtlichen Lippe, welche ich bei jüngeren Indivi- duen in dieser Gegend beobachtete; bei vielen anderen Fischen ist es grösser und stark entwickelt. Den oberen Zwisclienkiefcr kann es nicht vorstellen, da wir denselben bereits schon näher beschrieben, Dass es ein notliwendiger Biidungstlieil sei, dagegen spricht der Mangel desselben in allen übrigen Wir- belthierklassen, ferner das Fehlen bei vielen Fischen , und alle bisherigen Er- falirungen aus der Entwickelungsgeschichte. Auch scheint es mir seiner Lage nach nicht wahrscheinlich , dass es dem Hautskelete angehöre. Vielmehr glaube ich, dass dieses Knöchelchen , welches sich beim Hecht aus der härtlichen Lippe entwickelt, nach Analogie der bei den Knorpelfischen öfters auftretenden Lip- pen-Knorpeln sich gebildet hat. Auf diese Weise würde dann schon bei den Gräthenfischen durch diesen Lippenknochen der Anfang einer Lostrennung der Gesidits-Bestandtheile sens. strict. von der Theilnahme an der Mundbildung gemacht: ein Phänomen, welches unsere Gesetze über die Entwickelung des Wirbcithier- Gesichtes von Neuem bestätigt.

%. 126. Nach dieser genetischen Konstruktion des Gesichtes eines Hecht- kopfcs wird es nicJit schwer sein, die Gesichts -Bestandtheile der übrigen Grä- lheufische herauszufinden. Im Allgemeinen will ich bemerken, dass zuvor jedesmal das Flautskelet, welches gemeinhin zur Deutung der Nasenbeine, Thränenbeine etc. gedient hat, zu entfernen ist. Alsdann entspricht gewöhn- lich das bisher sogenannte Os ethmoideum unserem Nasenbeinknorpel beim Hechte, der Vomor der Gesichtsbasis, das Gaumen- und Flügelbein unserem Oberkiefer, und der obere Kiefer unserem oberen Zwischenkiefer, Der vor- kommende sogenannte obere Zwischenkiefer dagegen ist nach Analogie der

32

250

Lipponknorpcl entwickelt. Das Tliiäiienbeinchen aber scheint unserer An- sicht nach in dem Gesicht der Fische nicht mehr hervorzutreten.

K a p i t e 1 IX.

Die Knorpelfische.

§. 127. Wir kommen, unserem Versprechen gemäss, am Schlüsse vorlie- gender Untersuchungen noch im Allgemeinen auf die Knorpelfische zurück. Bei dem Mangel an eignen, zahlreichen Beobachtungen ist mir das klassische Werk der vergleichenden Anatomie der Mjxinoiden von J. Müller von grossem Nutzen gewesen. Dennoch sind eigene Untersuchungen bei einer eigenen Betrachtungsweise wohl stets ein nothwendiges Erforderniss. Dieses, so wie die Schwierigkeit des Gegenstandes bitte ich den geneigten Leser zu berück- sichtigen , wenn ich bei der Deutung des Kopfskeletes der Knorpelfische ganz im Allgemeinen spreche, und gewissermaassen nur das Verfahren darlege, wel- ches man bei einer solchen Deutung zu beobachten habe.

§. 128. Die Genesis des Kopfes der übrigen Wirbelthiere soll bei un- serem Verfalircn wiederum zur Richtschnur dienen, so zwar, dass wir die Knorpelfische, als in dem niederen Wirbclthicr- Plan gebildet, dicht unter die Gräthenfische stellen. Ausserdem ist zu berücksichtigen, dass das Wirbelskelet selbst bei den höheren Knorpelfischen nicht zu einer solchen Ausbildung ge- diehen, wie bei den Knochenfischen. Wo wir daher auch Abweichungen am Kopfskelet finden mögen, überall müssen dieselben als individuelle Aus- bildungen einer geringeren Entwickelungsstufe des Wirbelthier- Kopfes betrachtet werden.

§. 129. Was nun zunächst die Gehirnkapsel der Knorpelfische betriflft, so finden wir bei einer einfachen Röhrenform, wie im Knorpelzustande der übrigen Wirbelthiere, so auch hier zeitlebens keine Ausprägung von geson- derten Wirbeln. Die äusseren Veränderungen der Schädelhöle, welche bei den Gräthenfischen noch durch das Äuge und durch Gebilde der Visceralhöle hervorgerufen werden, sehen wir noch beim Störe, wie erwähnt wurde, ganz ähnlich dem Hechte, Es sind der vordere und hintere Augenfortsatz, der hintere Schläfenfortsatz und der Processus mastoideus, alle im knorpligen Zu- stande zu unterscheiden. Beim Hay, bei der Chimära treten besonders die Veränderungen des Schädels durch die Einwirkungen des Auges hervor.

251

weniger die in Folge der Muskelansätze. Bei den Cjclostomen verschwinden mit dem Maugel der genannten Einflüsse auch derartige Veränderungen: die SchadelhÖle bildet eine einfache Kapsel, an welcher sich nur die Geruch- . labyrinthe markiren.

§. 130. Unter den Hart^ebilden der Kopf-Visceralhöle darf zuvörderst nicht mehr das Gaumen- und Flügelbein gesucht werden. Alle die knöcher- nen und knorpligen Theile, welche an der unteren Fläche der Schädelbasis bald fester (Stör, Lamprete) bald loser {Narcine bras'diensis) gelagert sind, müssen daher als accessorische, dem Wirbelskelet nicht unbedingt angehö- rende Stücke angesehen werden. Die Beobachtung aber, dass, während des Knorpelzu Standes der nackten Amphibien, sich Skelettheile zur Unter- stützung der Schädelbasis, in ihrer Funktion als obere Decke der Kopf-Visce- ralhöle, aus dem Schleimblatte entwickeln, lässt wohl erwarten, dass derglei- chen Hkrtgebilde an der Schädelbasis auch bei den Knorpelfischen sehr wahr- scheinlich dem Schleimblatte ihre Entstehung verdanken. Dafür sprechen auch meine oben angeführten Untersuchungen über die knöcherne Platte an der Schädelbasis der Störe. Von der Narcine brasilie?isis und der Lamprete kann ich dieses bei dem Mangel an Präparaten nur vermuthen. Uebrigens erlaube ich mir noch die Bemerkung, dass die Befestigung der Skelettheile der Schleim - Membran an das Wirbplskelet unserer Deutung, wie wir bei den nackten Amphibien gesehen, kein Hinderniss in den Weg legt.

§. 131. Vor diesen mehr an der Schädelbasis gelegenen Hartgebilden befinden sich bei den Knorpelfischen noch andere, welche mehr an die Mund- öffnung hingelagert sind, die vorderste obere Decke der Kopf-VisceralhÖle bilden und sich vorn den Stücken, welche die obere Mundbegrenzung formiren (sog. Oberkiefer, Labialknorpel) anschliessen. J, Müller nennt diese Theile in dem angeführten Werke beim Stör den Oberkiefer- und Gaumenapparat, bei Petrormjzon marinus die Deckplatten des Mundes; bei der Chimära ver- muthe ich in den Zahnplatten ähnliche Theile etc.

Dieses Verhalten der oberen Mundhegrenzung und vorderen oberen Decke der Kopf-Visceralhöle ist eigenthümlich den Knorpelfischen, und lässt sich mit dem der übrigen Wirbelthiere an besagter Stelle nicht vergleichen. Denn bei den ihnen am nächsten stehenden Gräthenfischen fungirt als vor- dere obere Decke der Kopf-Visceralhöle die Gesichtsbasis (sog. Vomer), als

32*

252

obere Miindbegrenzung nur noch der Zwischenkiefer (Aal, Siiurus); der obere Kiefer dagegen nimmt niemals mehr an der MundöfFnung Antheih

Wenn man nun den Oberkiefer- und Gauraenapparat der Store betrach- tet, so hat man auch nicht einen einzigen, genügenden Grund, an die Ge- sichtsbasis oder an den oberen Kiefer und Zwischenkiefer zu denken. Denn die ähnliche Funktion entscheidet nicht, zumal nirgend mehr, als an besagter' (Stelle, durch die Wirbelthier- Reihe hindurch die Hartgebilde variiren. Hin- sichtlich der genetischen Lage aber müsste die Gesichtsbasis eine Fortsetzung der Schädelbasis sein, und die Gesichtsbestandtheile (Nasengruben) stützen j der Oberkiefer soll vom Quadratbein entspringen und an der Nasengruben- Bildung Antheil nehmen j der obere Zwischenkiefer endlich mit der Gesichts- basis und den oberen Kiefern zusammenhangen, und gleichfalls mit der Wir- kungsstätte des Geruchsinnes in Verbindung stehen. Der Oberkiefer- und Gaumenapparat hat aber keine Gemeinschaft mit den Nasengruben und dem Schädel, und der sogenannte obere Kiefer stützt sich auf den Meckelschen Knorpel mit dem Unterkiefer. Wollen wir daher den bisherigen Entwicke- lungs - Gesetzen des Wirbelthierkopfes, nach welchen die Theilnahme der Gesichtsbestandtheile sensu strictiori an der Kopf- VisceralhÖle und Mundöff- nung eine accidentelle ist, treu verbleiben, so müssen wir in dem Oberkie- fer- und Gaumenapparat der Störe eine Bestätigung dieser Gesetze suchen. Berücksichtigen w^'r ausserdem die interessante Erscheinung eines Zahnskele- tes der Schleimhaut bei den jungen Tritonen, während die Gesichtsbestand- theile noch weniger entwickelt sind, so scheint es nicht voreilig zu sein, wenn wir die Erzeugung des Gaumenapparates der Störe dem Schleimblatte zuschreiben. Der Oberkiefer aber würde dann aus der üebergangsstelle der Schleimhaut zur Cutis, aus der Lippe sich entwickeln, und dem Lippenkno- chen der Gräthenfische entsprechen.

Nach dieser Deutung sind auch die ähnlichen Theile dieser Gegend bei anderen Knorpelfischen zu beurtheilen. Da, wo der sogenannte Ober- kiefer kräftiger entwickelt ist (Hay, Rochen etc.), ist die Deutung als blosser Mundknorpel anfangs auffällig. Dennoch wird man überall bemerken, <lass die ganz nothwendigen Bedingungen zur Annahme eines Oberkiefers fehlen. Uebrigens ist der Lippenknochen auch bei den Gräthenfischen oft sehr stark ausgebildet, und der Grund davon liegt nur in der kräftigeren

I

•253

Aktion gegen den Unterkiefer (Meckelscher Knorpel). Bei den Mjxinoidcn fehlt mit der kräftigeren Aktion eines Kiefer -Apparates auch die entspre- chende Ausbildung der Labialknorpel. Hier ist auch die Deutungsweise gar nicht so befremdend.

Mein verehrter Lehrer, Herr Professor J. Müller hat in seinem klassischen schon öfters genannten Werke einen ausführlichen und genauen Bericht über die Labialknorpel der Knorpelfische gegeben. Auch die Mundknorpel der Mjxinoiden rechnet der Verfasser dazu, und stellt sie alle ausserhalb des Wirbeltypus. Ich habe nur diese Deutungsweise aus den schon erwähnten Gründen auch auf die sogenannten Oberkiefer der Knorpel- fische auszudehnen mich berechtigt geglaubt.

%. 132. Die Ausbildung der Visceralbogen anbelangend, bemerken wir bei den Knorpelfischen wiederum ein Zurückkehren in den einfacheren Wirbeltypus.

Wir haben angeführt, dass bei den Gräthenfischen die Entwickelung einer Kiemcnspalte aus der zweiten Vlsccralspalte, und die Lagerung der Kiemen in derselben auf die individaclie Ausbildung der Hartgcbilde der Visceralbogen, nanicntiich des zweiten, von grossem Einflüsse sei.

Bei den Knorpelfischen geht diese Tendenz mehr und mehr verloren, und diesemgemäss modifizirt sich auch die Ausbihlung der Yisceralbogen , ohne dass darauf ein anderer entschiedener Einüuss sich geltend macht Der Stör nähert sich noch am meisten den Grätlienfischen. Im ersten Visceralbogeu besteht das Quadratbein aus drei knorpligen Stücken , und dann folgt der Meckelschc Knorpel, welcher liier noch ein Aussengebilde, den Unterkiefer, entwickelt. Das obere Stück des ersten Kopfgürtels, das Praeoperculum (Pau- kenbein) dagegen fehlt. Am zweiten Yisceralbogen ist das Suspensorium des Zungenbeines und der Körper desselben deutlich , doch vermisst man von seinem Gürtel -Belege die Radii branchiostegi. Beim Hay hat das Quadratbein nur ein Stück j auch sehe ich keine Spur mehr von dem ersten Kopfgürtel der Gräthenfische 5 von dem zweiten fehlt das Operculum. Der Meckelsche Knor- pel übernimmt die untere Mundbegrenzung allein, und wird bei anderen Knor- pelfjsdien {Narcine brasiUensis etc.) noch von Labialknorpel besetzt. So be- merkt man, dass mit dem Aufhören eiaer kräftigen Aktion der Kiefer und

251

eiuer äusseren Kiemenspalte auch der erste ( Paukenbein, Unterkiefer und Zwi- schenkiefer) und zweite Kopfgilrtel ( Operculutn, radii branchiostegi) nacli und nach unnöthig wird. Bei den Myxinoiden fehlen gleichfalls die Kopfgürtei, und die Knorpel der Yisceralbogen entwickeln ein eigenthiimliches korbartiges Geflecht, in welchem das Auffinden der knorpligen Theile, die zum ersten und zweiten Yisceralbogen gehören, wohl schwerlich ohne Kenntniss derEnt- wickelungsgeschichte möglich sein wird. Wie komplizirt sich aber auch die- ses Knorpelgeflccht der Kopf-Visceralhöle bei den M3^xinoiden darstellen möge, so erkennt man in demselben dennoch nur die mehr einfache Umhüllung des Kopf-Endes vom vegetativen Systeme, welches nicht durch äussere Einflüsse wie bei den Gräthenfischen und den übrigen Wirbelthieren verändert worden ist: es sind die Hartgebildc der Köpf- Visceralhöle, bei dem niederen Stande die- ser Knorpelfische, auch auf der einfachsten Entwickelungsstufe des Wirbelthier- Kopfes individuell ausgebildet.

133. Die Gesichtsbestandtheile müssen der Genesis gemäss bei den Knorpelfischen stets in der Nähe der Geruchlabyrinthe gesucht werden; denn nur um ihretwillen zeigt sich ursprünglich die Entstehung des Gesichtes. Wie bei den übrigen Wirbelthieren, so ist auch hier das Geruch -Labyrinth ( Os etlimoideum) von den dasselbe umgebenden Gesichtsbestandtheilen wohl zu un- terscheiden. Diesem gemäss wird man finden, dass bei den Knorpelfischen die Knorpclmassen, welche die Schnautze bilden, der Inbegriff dessen sind, was man für das Gesicht zu halten hat.

Bei den Stören sieht man nun wiederum eine Annäherung an die Grä- thenfische. Man erkennt, dass der Schnautzenknorpel, wenn man ihn mit dem Gesichte des Hechtes vergleicht, nur eine durch die verschmolzene Oberkiefer und Gesichtsbasis erweiterte Nasenbeinknorpelmasse des Hechtes darstellt. Er bildet ganz ähnlich die Nasengruben, so zwar, dass die Knorpelmasse an der Basis und dem äusseren Rande kräftiger entwickelt ist, ohne sich von der inneren Partie zu sondern. Die Basüar- Partie des Schnautzen- knorpels ist aber eine unmittelbare. Fortsetzung der knorpligen Schädelbasis, welche, an ihrem Ursprünge hügelartig hervortretend, eine förmliche Scheide- wand des Schnautzcnknorpels von der Kopf-Visceralhöle bewerkstelligt, Sie entspricht also ganz einer Gesichtsbasis, welche nun keinen 7\jitheil mehr an

255

der Kopf -VisccralhÖle genommen liat. Die mittlere Partie des Schnautzenknor- pels ist eine unmittelbare Verlängerung der knorpligen Stirnwand, und bildet die innere Wand der Nasengruben. Sie entspricht also vollkommen dem ver- schmolzenen Nasenbein -Knorpel der Gräthcnfische, und entstellt also aus den vorderen Stirn fortsätzen. In der äusseren Knorpel -Partie müssen wir die oberen Kiefer wiedererkennen. Zu dieser Annahme verpflichtet uns die That- sache, dass der Oberkiefer stets zur Bildung der Wirkungsstätten des Geruch- sinnes beiträgt, und bei den Gräthenfischen die äussere, doch noch gesonderte, Wand der Nasengruben bildet. Indessen fehlt uns zu dieser Deutung des Oberkiefers eine sonst immer nachweisbare Bedingung, nämlich der Zusam- menhang mit dem Quadratbein, Bei denjenigen Exemplaren, welche ich unter- suchte, konnte ich mich von einer Verbindung dieser äusseren Knorpel-Partie des Schnautzenknorpels mit dem Quadratbein nicht überzeugen. Dennoch bleibt unter den vorhandenen Umständen noch immer das Passendste anzu- ]iehmen, dass diese ursprüngliche Verbindung, welche bei anderen Wirbelthie- ren oft nur ligamentös vorhanden ist, hier gänzlich verloren geht, und dass die gänzliche Sonderung der Nasengruben von der Kopf- Viseeralhöle als die veranlassende Ursache anzusehen ist.

§. 134. Eine ähnlicbc Deutungsweise, wie bei den Stören, lässt sich auch noch bei der Abtheilung Holocepliala in Anwendung bringen. Bei den- jenigen Knorpelfischen aber, bei welchen nicht mehr Nasengruben vorlianden sind, sondern Nasenkapseln und Nasenröhren auftreten, scheint die Gesichts- bildung nicht mehr zur Individualisation zu gelangen. Es zeigen sich die knorpligen Partieen, welche so bei dem Hay um diese Nasenröliren gelagert sind, nicht sowohl als besondere Bil düngst Ii eile, sondern nur als ein- fache Fortsätze des ersten Schädelwir bcls, und hier scheint es mir auch sehr zweifelhaft, ob es zur Bildung eines OJ)Cikicfers gekommen sei; ich konnte nirgend eine wahre Andeutung ßndcn. Die Nasenkapseln und Na- sen-Röhren selbst aber sind nur den Hartgebilden der höheren Sinnesorgane gleichzustellen, entsprechen also dem, was bei den übrigen Wirbelthieren das Os etJmoidemn genannt ist. Sie entwickeln sich bei den niederen Knorpelfi- schen in dem Maasse kräftiger, als die Gesichts- Bildungstheilc nicht mehr

256

deutlicli hervortreten : sie sind gewissermaassen die Stellvertreter des Gesich- tes dieser Thi^ere

J3enEinfluss, welchen die Erweiterung der Brustflossen der Rochen nach dem Scliädcl und Gesicht hin auf die Bildungstheile des letzteren ausüben , wag ich wegen des Mangels eigner Erfahrungen und Präparaten nicht zu deuten.

§. 135. So. ist denn das Gesicht von seiner weitesten Bedeutung, welche wir bei den höheren Wirbelthieren kennen gelernt, zunächst stufen- weise zu einer einfacheren herabgestiegen. Bei den Fröschen konnte man noch eine gewisse Annäherung an die höhere Wirbelthier- Abtheilung entde- cken. Bei den geschwänzten Batrachiern nahm das Gesicht noch innigeren Antheil an der Mundhöle. Bei den Gräthenfischen wird diese Theilnahme auffallend beschränkt. Bei den höheren Knorpelfischen (Stör etc.) steht das Gesicht in seiner einfachsten Bedeutung, als Geruchswerkstätte , ganz isolirt da.- Bei den Hajfisclien markiren sich nur noch einige Gesichtsbestandtheile als nicht individualisirtc Fortsätze des ersten Schädelwirbels, um endlich bei den Mjxinoiden etc. ein gleiches Schicksal mit allen sekundären Gebilden des Wirbelskeletes Zu erleben: ihre Spuren sind nicht mehr zu finden.

Das Geruch-Labyrinth erzeugt demnach seine Hartgebilde COs ethmoideum') über- all bei den höheren Wirbelthieren, und hier tritt auch immer die Ossification ein. Bei den nackten Amphibien entstehen nur fasrig- knorplige Stützen der Riechhaut. Bei den Gräthen- und höheren Knorpelfischen ist die faltige Kiechhaut ohne Hartgebilde in den Nasengruben gelagert. Efei den niederen Knorpelfischen wird das Os ethmoideum , Aviihrend die Gesic!)lsbestaa,dtheile hinschwinden, von neuem kräftiger ausgebildet.

Erklärung za den AfobUdungen«'

A.

Allgemein gültige Bezeichnungen der Tab, I. u. II,

R. Die Rückenplattea des Kopfes und Rumpfes.

T. Die Visceralplatten am Kopfe und Rumpfe.

W. Rumpf Wirbel.

0. Membrana reuniens superior Rathk.

1. Membr. reuniens inferior.

5. Die Stirnwand, der vordere Schluss der Rückenplatten des Kopfes. M. Der vordere Eingang zur Kopf- Visceralhöle, die MundölFnung.

Y. Die erhabene Wulst, Avelche durch das Herz mit seinen Aortenbogen hervor- getrieben wird.

G. Aeussere Kiemen.

K. Der häutige Kiemendeckel.

H. Das Herz.

B. Die Kiemenbogen. Z. Die Zunge.

q). Das Auge.

"l- Das Ohr -Labyrinth.

x. Die äussere NasenöfTnung. ~ .

ZurSchädelhöIe:

D. Die häutige Schädeldecke.

L. Die Seitenwände des Schädelgewölbes und

C. Die Schädelbasis, beide vor der Abscheidung in Wirbel - Abtheilungen.

ß. Die Basis oder der Wirbelkörper des ersten Schädelbogens, der vordere KeiU beinkörper.

Die Basis des zweiten Schädelwirbels, der hintere Keilbeinkörper. (8*. Der Körper des dritten Schädelwirbels, die Basis des Hinterhauptsbeines, im rudimentären Zustande bei den entwickelten Batrachiern.

6. Die ersten Seitentheile des Schädels, die vorderen Keilbeinflügel.

o*. Die Seitentheile des zweiten Schädelwirbels, die hinteren KeilbeinflügeL Sie sind bei den nackten Amphibien schon vor ihrer Absonderung durch die Ohr -Labyrin- the verdrängt.

o'. Die Seitentheile des dritten Schädelwirbels, die Partes condyloideae des Hinter- hauptsbeines.

33

258

o. Die oLeron Schlussstücke des ersten Schädelwirbels, die Stirnheine, o". Die zweiten oberen Schlussslücke des Schädels, die Scheitelbeine. o\ Das obere Schlussstück des dritten Schädel wirbels, die Schuppe des Hinter- hauptsbeines, im rudimentären Zustande bei den ausgebildeten Thieren.

Zur Visceralhöle des Kopfes.

f. Der erste Visceralfortsatz. f^. Der zweite.

b. Der erste Visceralbogen oder der untere Bogen des ersten Kopfwirbels. Derselbe zerfällt während der Chondrose:

X. Gaumenbein. j TV. Flügelbein. / ungeschwänzte

n. Quadratbein. ) , . l Batrachier.

lic. Meckelscher Knorpel. \ g^^^^^wanzte Batrachier. ^

Die Aussengebilde des ersten Visceralbogens nach Analogie des Brust- und Becken- Gürtels sind:

r. Das Os tympanicum an der äusseren Fläche des Quadratbeines. e. Der untere Kiefer an der äusseren Fläche des Meckelschen Knorpels. a. Die unteren Zwischenkiefer an der äusseren Fläche des Vereinigungsstückes beider Meckelschen Knorpel. b^ Der zweite Visceralbogen oder der untere Bogen des zweiten Kopfwirbels. Er zerfällt:

V. Die obere, knorplige Abtheilung, welche für die Gehörknöchelchen bestimmt

ist (Columella, stapes der höheren Wirbelthiere). ö. Das Suspensorium des Zungenbeines. X. Der Körper des Zungenbeines. Zu den Aussengebildcn des zweiten Visceralbogens gehört der später verschwindende häutige Kiemendeckcl (K).

b'. Der Kiemenbogenträger, das Analogen des dritten Visceralbogens der höheren Wirbelthiere. An ihm unterscheiden wir:

Tj. Den mittleren Theil, welcher die drei eigentlichen Kiemenbogen trägt^ und ^. den uneigentlichen vierten Kiemenbogen, das Verbindungsstück mit der Visceralplatte des Rumpfes.

g. Die erste Viscera^spalte,

g\ Die zweite oder die äussere Kiemenspalte.

Zum Gesicht.

n. Die Nasen- oder vorderen Stirnfortsätze, n'. Die Hartgebilde derselben. , m. Die Bildungsmassen der Oberkiefer, m'. Die Harfgebilde derselben, v. Die Bildungsmasse der Gesichtsbasis, v'. Das Hartgebilde derselben, z. Die Bildungsmasse der oberen Zwischenkiefer, z'. Die Hartgebilde derselben. X. Die Bildungsmasse der Thränenbeinchen (Tritonen), x'. Die Hartgebilde derselben (Tritonen).

259

Tafo. I.

Zur Entwickelungsgeschiciite des Kopfes der ungeschwänzten Batrachier.

Fig. 1. Ein Embryo von Rana fusca, ungefähr l'/j Linien lang, von den ihn noch umgebenden Eibülien befreit und vergrössert dargestellt. Rechte Seiten-Ansicht mit gleich- zeitiger Berücksichtigung der vorderen Fläche des Embryonal-Körpers. Die schwarze ümhülliingshaut ist noch nirgend lostrennbar. Frühste Andeutung der Rücken- und Visceral- platten des Kopfes und Rumpfes (R, T), welche sich sogleich von der Dotterkugel los- winden. Erste Spur des Auges (^)

a. Die Saugnäpfchen in der Entstehung,

c. Das, von den Falten der schwarzen Umhüllungshaut gebildete, noch längli- che Grübchen derselben. Fig. 2. Derselbe Embryo, wie in Fig. 1. Die rechte Kopfhälffe ist durch einen scFikrechten Schnitt mit der Scheere weggenommen. Es wird der innere Raum der Schä- del- und Visceralhöle, so Avie die innere Fläche desi linken Auges, und darunter der klei- nen Spur des linken Visceralstreifens am vorderen Ende sichtbar. Die inneren Räuüie sind von nicht unterscheidbarer Bildungsmasse angefüllt.

a. Die innere Fläche des linken Saugnäpfchens, welche die gleichnamige dös reciiten berührt.

Fig. .3. Ein Embryo desselben Frosches von ungefähr zwei Linien. Die schwarze Umhüllungshaut ist noch fest. Rechte Seiten-Ansichl. Beginnende Ausprägung der Wir- bel am Rumpfe (W). Die erste Spur der Nasen- oder vorderen Stirnlurtsätze (n), und des ersten VisceraHbrtsatzes (f).

a. Das Saugnäpfchen.

Fig. 4. Ein Embryo desselben Frosches von ungefähr 2% Lin. Länge, mit beson- derer Rücksicht der vorderen Fläche des Kopfes dargestellt. Die schwarze Unihiilhuigiiaut äril noch fest, Der ersten Visceralfortsätze (fj sind deutlif^her, haben dti> schon mehr ab- gerundeten Sauggrübchen (a) hinunter gedrängt, und zwischen ihnen ist der vordere perpen- dikuläre Eingang zur Kopf-Visceralhöle (M).

Fig. 5. Ein Embryo von Rana fusca, der die Eihüllcn schon selbstständig durch- brochen hat. Eine ähnliche Darstellung wie in Fig. 1. Die schwarze Umhüllunghant ist hier fest, doch isn einzelnen S'iellen schon lostrennhar.

a. Die Sauggrübchen, noch weiter nach unten gedrängt und vollständig ausgebildet.

Fig. G. Derselbe Embryo, wie in fig. 5; anatomisch ähnlich behandelt, wie der Embryo in Fig. 2; daher auch dieselbe Ansicht. In der Schädeihiile markiren sich die drei Wirbelbogen, entsprechend den drei Haupt- Abtheilungen des Gehirnes; davor der linke Nasenfortsatz (n). In der Visceralhöle lässt sich das Herz mit seinen Gefässen noch nicht freilogen. An der inneren Fläche des ersten, linken A'isceralfortsatzc-s (f) isfc die schwarze Liiihüliiingshaiit nicht vorhanden. Nur unicr dem Nascnfortsatze {n) liegt

260

sie fester und etwas faltig in der Nähe der TJrsprungsstelle des ersten Visceralfortsafze?;. Dies ist der Ort (c), wo die Nasenliöle formirt wird.

a. Das linke Sauggrübclien.

c. Die Stelle, wo die Nasenliöle gebildet wird. Fig. 7. Ein Embryo von Rana fusca; ungefähr A'/^ Lin. lang. Linke Seiten-An- sicht. Die schwarze Umhüllungshaut und die schon deutliche Cutis ist wegpräparirt ; man hat nur die Rücken- und Visceralplatten mit ihren Entwickelungen und die Membranae reunientes Rathkenü vor sich. Die typische Konformation des Kopfes geht ihrer Vollen- dung entgegen. Ueber die durch c in Fig. 6 bezeichnete Stelle hat sich der Bildungsstreifea des Oberkiefers, von der oberen Abtheilung des ersten Visceralbogens (b) entspringend, mit dem Nasenfortsatze in Verbindung gesetzt, und so den Grund zur Nasenhölen- und Ge- sichtsbildung gelegt. Auch der zweite Visceralfortsatz (f^) ist bereits vorhanden. Die Aortenbogen sind in der zweiten Visceral spalte (g^) schon darstellbar, und treiben die schwarze Umhüllungshaut etwas nach aussen. Auch das Ohrlabyrinth kann jetzt deut- lich unterschieden werden.

a. Die weissliche Bildungsmasse zwischen der Stirnwand und den Nasenfortsätzen, welche später verschwindet.

c. Anlage der vorderen Rumpf- Extremität.

d. Uebergang der Membrana reuniens inferior von dem zweiten Visceralbogen in zwei Blätter zur unteren Vereinigungshaut und der Visceralplatte des Rumpfes, Sie bilden die Herzhöle. Das obere Blatt wird zum Kiemenbogen träger.

Fig. 8. Ein Embryo von Rana fusca, an welchen schon zwei äussere Kiemen hervorgetre- ten sind. Die schwarze Umhüllungshaut ist hier, wie in allen folgenden Figuren weggenommen. Nur an den Kiemen ist die Abtrennung nicht möglich. Rückenlage, so zwar, dass die untere Fläche und auch etwas die linke Seite sichtbar wird. Der obere Zwi- schenkiefer (z) ist in der Bildung begriffen, linkerseits aber losgetrennt. Der vordere Ein- gang zur Visceralhöle (M) beginnt aus einem mit vier abgestumpften Ecken versehenen Quadrangulum in die horizontal -gelegene Mundspalte sich zu verwandeln. Der häutige Kiemendeckel (K) ist bereits hervorgewachsen.

a. Die weissliche Bildungsmasse, wie in Fig. 7. c. Die Stelle, wo die Sauggrübchen festsitzen.

Fig. 9. Der Embryo in fig. 8 ist hier anatomisch so behandelt, dass die innere Fläche der Kopf- Visceralhöle zur Anschauung kommt. Zu dem J!nde ist der Embryo auf dem Bauche gelagert, die Schädelhöle senkrecht durchschnitten, tind ihre Hälften auseinander gebreitet. Die erste Visceralspalte (f ) ist häutig verwachsen ; auch die obere Abtheilung des ersten Visceralbogens (Quadratbein) hat sich mit der gleichen des zweiten in Verbin- dung gesetzt.

a. Die uneigentlich sogenannten unteren ZAvischenkiefer der Frosch-Larv^e, welche aus der Vereinigungstelle der beiden ersten Visc<>ralfortsätze sich herausbilden.

c. Das obere Blatt der Herzhöle, das von der Membrana reuniens inferior der zweiten Visceralfortsätze ausgeht.

d. Innere OefFnung der Nasenhöle.

e. Die Spalten der Aortenbogen, h. Die Aortenbogen selbst.

261

Fig. 10. Ein etwas älterer Emliiyo ; als der vorhergehende, sonst auf dieselbe Weise anatomisch behandelt. Die oberen Zwischenkiefer (z) haben sich bereits über den ersten Visceralfortsatz bis zum uneigentlichen unteren Zwischenkiefer der Frosch -Larve ausge- dehnt. Die zweiten Visceralfortsätze (f^) sind schon vereinigt. Das obere Blatt der Herz- höle ist weggenommen.

a. Das Herz.

c. Die Aortenbogen.

d. Das untere Blatt der Herzhöle,

e. Innere OefFnung der Nasenhölen.

Fig. 11. Ein etwas älterer Embryo, als der in der vorigen Figiir dargestellte. Die linke Soitenwand der Kopf-Visceralhöle ist durchgeschnitten, und der Embryo alsdann so ausgebreitet, dass die äussere Fläche der Viscei"alhöle und die rechte Seite des Schä- dels sichtbar wird. Man sieht das Verhältniss der Visceralbogen zum Auge- und Ohr- Labyrinth. Auch der häutige Kiemendeckel (K) ist in seiner grössten Ausbildung vor- handen. Das untere Blatt der Herzhöle ist entfernt.

a. Das obere Blatt der Herzhöle, dessen Bildungsmasse an den Rändern etwas konsistenter geworden ist.

c. Das Herz.

d. Die Aortenbogen, an welchen die Bildungsmasse der Kiemenbogen schon sich markirt hat.

Fig. 12. Die ausgebildete Larve einer Rana fnsca. Die typische Konformation ist vollendet; es sind schon drei äussere Kiemen vorhanden und die Sonderung der Bil- dungsmasse hat bereits begonnen. Die schwarze Umhüllungshaut mit der Cutis ist ab- gestreift; desgleichen auch die braungefärbten, hornigen Lamellen, welche der Larve als Fresswerkzeuge dienen. Die Lagerung der Larve ist von der Art, dass die rechte Seite und etwas die Jintere Fläche sich präsentirt.

a. Die uneigentlich sogenannten unteren Zwischenkiefer der Frosch -Larve, c, d, e, h. Die sichtbar gewordenen Muskel-Partieen des Kopfes, p. Flossenartige, häutige Erweiterungen des Rumpf- Wirbelsystems. Fig. 13. Die untere Flüche der häutig -knorpligen Schädelbasis der Froschlarve in Fig. 12. Die Kopf-Visceralhöle ist ganz abgetrennt, das Gehirn herausgenommen. Das knorplige Ohrlabyrinth {'/_) und das Auge (9) befinden sich lose an der äusseren Schädel- wand anliegend.

a. Die häutigen, schwärzlich tingirten Massen des Geruch -Labyrinthes, c Die Stelle, bis zu welcher die grossen Hemisphären des Gehirnes sich ausdehnen.

Fig. 14. Eine Larve von Rana fusca in gleicher Ausbildung mit der in Fig. 12 und 13. Die Darstellung beabsichtigt das Verhältniss der Ansatz -Stellen beider Visceralbogen an den Schädel, von der inneren Fläche der Kopf-Visceralh/ile aus, zur Anschauung zu bringen. Zu diesem Endzweke sind die unteren Schluss-Partieen der Visceralbogen weggeschnitten, und die Ueberbleibsel, nachdem die Larve auf dem Rücken gelagert Avar, ausgebreitet. Die Augen (y) schimmern wegen ihrer schwarzen Massen hindurch. Die Visceralbogen sind schon etwa^ knorplig geworden.

262

a. Innere Ocfl'niin'; der .\;)Kpnhnle.

c. Rudinienle der vorderen iiunipf-ExtreiaitKl. Die Fig. 1 15 gehören zur Erläuterung der rein typischen Konformation des Kop- fes. Theil 1. Kaph. 1.

Fig. 13. Das vergrösserte, noch unvollendete Kopfskelet einer Larve von Ra?ia fusca, bei welcher die Knorpelniasse der Visceralbogen bereits in ein zel ne Ab th ei- lungen sich geschieden hat (Theil I. S. 27 34). Das Auge und Gehirn sind saramt den übrigen Weichtheilen entfernt. Nachdem die rechte Seitenwand der Kopf - Visceralhöle durchschnitten, ist das Kopfskelet so gelagert, dass die innere Fläche der Visceralhöle sich präsentirt. Im noch häutigen Zustande befinden/sich gegenwärtig folgende Bildungs- Bestandtheile: die Bildungsniasse des oberen Kiefers (m), die oberste Partie des ersten Visceralbogens, welche sich zum Flügel- und Gaumenbein metaniorphosirt (c), die oberste Abtheilung des zweiten Visceralbogens (v) und der Kiemenbogenträgor (h^). (), /<, ö, x, z' , sowie die Schädelbasis und Kiemenbogen sind knorplig.

a. Innere OelTnung der Nasenhöle,

c. Die häutige, brach liegende Partie des^ ersten Visceralbogens.

d. Der an der äusseren Fläche mehr sichtbare Proce^sw* orÄzia/fs des Quadratbeines.

e. Der uneigenlliche, untere Zwischenkiefer der Froschlarven.

h. Der Verbindungs -Fortsatz des Quadratbein -Knorpels mit der oberen Abthei- lung des zweiten Visceralbogens und niit dem Zungenbein-Sxispensorium.

p. Der hintere Fortsatz der oberen Extremität des Zungenbein- Suspensoriums, an welchen sich besonders der Aufheber des heutigen Kiemendeckels befestigt.

y. Die brauugefärbtcn hornigen Lamellen, die Fresswerkzeuge der Frosch-Larven.

t. Augenhöle.

Fig. 16. Vollendetes Knorpelskelet (Theil I. S. .34 38) des Kopfes einer Larve von Rana temporaria etwas vergrössei-t. Das Gehirn sammt der noch häutigen Sciiädel- decke, das Auge und das Geruch-Labyrinth sind entfernt. Die linke Seitenwand der Kopf- Visceralhöle ist durchschnitten und durch Ausbreitung die äussere Fläche derselben und des Schädels zur Anschauung gebracht. Man sieht auch die knorpligen Nasenbeine (n'j der Frosch-Larven. Ueberhaupt ist Alles knorplig, was man vor sich sieht, nur der Kie- inenbogenträger noch nicht vollständig.

d, e, h, p, t bezeichnen dasselbe wie in Fig. 15.

a. Die noch unförmliche knorplige Masse, aus welcher späterhin das Gaumen^

und Fliigelbein sich entwickeln, c. Die Gelenkverbindung zwischen dem Meckelschen und Quadratbein -Knorpel, y. Die Gelenkverbindung des Zungenbein -Suspensoriums mit dem Quadrat- ' beinknorpel.

s. Der nach hinten gerichtete Gelenk -Fortsatz des Meckelschen Knorpels. Fig. 17. Die Muskeln des Kopfes einer Larve von Rana fusca. Sie ist in gleichem Entwickelungszustande mit der Frosch -Larve der Fig. 16, und dient zur Erläuterung des in §. 24 des ersten Theiles Angeführten. Der Kopf ist auf die Kückenfläche gelegt.

a. Der untere Zwischenkiefer der Larve.

c. Vordere Extremität des Rumpfes.

d. Der ins genannten Paragraphen unter a. beschriebene Varwäriszieher des Me-« ckelschen Knorpels und unteren Zwischenkiefers,

e. Ein kleiner Muskel, welclier unter b. ebendaselbst angeführt ist und den un- teren Zwischenkiefer erweitert.

Ii. Der unter c. beschriebene Muskel, welcher' den Meckelschen Knorpel zurückzieht.

i. Der unter d. angeführte Zurückzieher des Meckelschen Knorpels.

p. Der Zurückzieher des unteren Zwischenkiefers und des Meckelschen Knorpels,

welchen wir unter e beschrieben, l. Der Aufheber des häutigen Kiemendeckels (f).

s. Der Niederdrücker desselben (g). ! .

y. Weissglänzendes Ligament, Avelches den oberen Zwischenkiefer an das Qua- dratbein befestigt.

Fig. 18. Der Kopf einer Kröten-Larve {bufo igneus), welciie sich gerade in dem Stadium der Metamorphose zum entAvickelten Thiere befindet (Theil I. S. 41 44). Die Inaungefiirbten hornigen Lamellen sind mit der Verkümmerung der schwarzen Umhüllungs- haiit verschwunden. Die Cutis ist abgestreift. Man hat die untere Fläche und die linke Seife des etwas vergrösserten Kopfes zur Ansicht. Man sieht die beginnende Erweiterung der Mundött'nung und das Verhalten der schon etwas knöchern gewordenen Bildungsstrei- fen des oheren (m') und unteren (e) Kiefers und des Os tympanicum {%).

a. Die uneigentlichen unteren Zwischenkiefer der Froschlarve, welclio jefzt anfan- gen ihre Indi\idualität aufzugeben und den Meckelschen Knorpeln, als dein gemeinsamen Sehl assstück derselben, sich einzuverleiben.

c. Die knorpligen, horizontalen Theile der oberen Zwischenkiefer.

d. Das Ueberbleibsel des Muskels, 'welchen wir in Fig. 17 mit demselben Buch- slaben bezeichneten.

e. Der Processus orbitalis des Meckelschen Knorpels, v.olcher sesne Lage und Form schon verändert hat.

h. Der hintere Fortsatz des oberen Endes vom Zungenbein -Suspensorium. Der Quadratbein- und Meckelsche Knorpel, so wie das Zungenbein -Suspensorium sind nur als durchschimmernd anzusehen.

Fig. 19. Die äussere Fläche des Kopf-Skelets -der in Fig. 18 dargeslelilcn Krö- ten-Larve. Die rechte Wand der Kopf- Visceralhöle ist durchschnitten. Man sieht die schon verknöcherte Schädeldecke. Auch die Nasenbeine (n'') haben die Ossification begon- nen. Die breiteren Knorpel sind zum Unterschiede locker punktirt. Die obere Ab- iheilung des zweiten Visceralbogens (i;), welche sich bei anderen Fi'öschen zu Gchörr knöchelchen umwandelt, ist hier ihrer gänzlichen Auflösung nahe. Die Kiemenbogen sind weggenommen, der, Kiemenbogenträger dagegen vollständig erhalten. Er ist, wie die ein- zelnen Theile beider Visceralbogen, noch ganz knorplig. Die Zunge ist im Entstehen.

a. Der untere Zwischenkiefer der Froschlarven.

c. Der Processus orbitalis des Quadratbeinknorpels.

d. Der Fortsatz des Kiemenbogenträgers, an welchen sich der erste Kiemenbo- gen befestigt. '

e. Eine häutige Masse, über welcher die Zunge liegt.

Fig. 20. Dasselbe Kopfskelet von der inneren Fläche der Visceralhöle. Die Kie- ^lenbogen haften am Kiemenbogenträger. Das Entstehen des Gaumen- und Flügelheines

264

n.) aus der oberen unförmllclien Knorpel-Partie des ersten Visceralbogens (Fig. 16. a). Das Verhältniss des sogenannten sphenoideum basilare (d) bei den Froschlarven, a. Der frühere, untere Zwischenkiefer der Larve.

c. Der Process. orbitalis des Quadratbeinknorpels.

d. Das sphenoideum basilare, noch lose an der knorpligen Schädelbasis anliegend.

e. Die Schleimhaut, in welche er übergeht, h. Das foramen ovale des Gehör- Labyrinthes.

p. Muskel -Partie des mit d in Fig. 18 bezeichneten Muskels, y. Innere OefFnung der IVasenhöle. Die Fig. 19 und 20. Zur Erläuterung der S. 44 49. Theil L

Fig. 21. Ein Theil der Schleimhaut aus der Kopf- Visceralhöle mit dem sogenann- ten sphenoideum basilare von einer jungen Froschlarve. Der Knochen ist noch in der Ver- grösserung begriffen, und man sieht um ihn herum einen durchsichtigeren Theil der Schleim- haut, welcher dazu verwendet werden soll.

a. Das sogenannte sphenoideum basilare.

c. Der zur Erweiterung der Knochen schon veränderte Theil der Schleimhaut.

d. Schleimhaut.

Fig. 22. Das Flügelbein (fr), der rudimentäre Quadratbeinknorpel [q) und das Paukenbein (z) einer beinahe ausgebildeten Rana fusca. Das Paukenbein ist von dem Quadratbeinknorpel abgenommen.

Fig. 23. Das Kopfskelet eines jungen Bufo igneus etwas vergi'össert. Man sieht die innere Fläche der linkerseits durchschnittenen und geöffneten Kopf -Visceralhöle. Die Me- tamorphose zum entwickelten Thiere geht ihrer Vollendung schon stark entgegen (Theil L S. 49 54). Die Kiemenbogen sind nur noch als Rudimente vorhanden. Auch der Qua- dratbeinknorpel hat sich mehr und mehr mit den anbangenden Theilen zurückgezogen und ist rudimentär geworden; dagegen Gaumenbein, Flügelbein und der Meckelsche Knorpel bedeutender entwickelt sind. Das Zungenbein -Suspensorium ist vollständig ausgebildet. Der vierte uneigentliche Kiemenbogen beginnt seine Umwandlung zum hinteren Horn des Zungenbeines und ist schon etwas ossifizirt. Man sieht endlich in vorliegender Figur das Verhältniss der Cartilagines arytaenoideae (d) zu den Lungen (c) und beider Theile ssusammen zu der Schleimhaut des Tubus intestinalis (p). Auf der rechten Seite ist letz- tere von dem Kiemenbogenträger und den giessbeckenförmigen Knorpeln losgelöset. a. Der frühere untere Zwischenkiefer der Froschlarve.

c. Die Lungen.

d. Cartilagines arytaenoideae.

e. Die noch etwas markirten, lockeren Massen von dem aufgesogenen Theile des Zungenbein Suspensoriums.

h. Der noch häutige Fortsatz des Flügelbeines zum Ohrlabyrinthe.

p. Tubus intestinalis. Fig. 24. Das Kopfskelet einer jungen, doch vollkommen ausgebildeten Rana fusca (Theil I. Kapit. IIL). Die linke Wand der Visceralhöle ist vom Schädel abgelöset und der Kopf auf die innere Fläche der Kopf- Visceralhöle ausgebreitet, so dass die äussere zur Anschauung kommt. Die knorpligen Theile sind locker punktirt.

a. Das iiesiduum des uneigentlich sogenannten unteren ZwischenkieferderFroschlarve.

265_

c. Diejenige Partie des ersten Seitentheiles der Schädelhöle, welche bei älteren Individuen sehr kräftig ossifizirt wird.

d. Augenhöle.

e. Die Geruchhölen. Die Labyrinthe sind entfernt.

g. Das rechte, noch knorplige Quadratbein, welches nur mit seinem Gelenk- stücke frei ist, im Uebrigen vom Paukenbein bedeckt wird.

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Tali. II,

Zur Entwickelungsgeschichte des Kopfes der geschwänzten Batrachier.

Die Untersuchungen sind meistentheils am Triton taeniatus und nicht, wie wir ange- geben, am Tr. cristatus gemacht 5 denn letzterer ist hier seltner zu finden.

Die Fig. 1 14 betreffen die rein typische Konformation des Kopfes. S. 75 93.

Fig. 1. Ein Embryo des Triton cristatus, von ungefähr l'/j Linien Länge, vergrös- sert dargeslellt. Die Eihüllen sind entfernt. Linke Seiten-Ansicht. Frühste Andeutung des Kopf-Yisceralstreifens (T). Das Auge deutlich, doch ohne Färbung. An den Rücken- und Visceralplatten des Rumpfes (R, T) erste Spuren einer Wirbel- Abzeichnung. Das schmarotzerartige Umwachsen der Rücken- und Visceralplatten um die Dotterkugel im Ge- gensatz zu den Fröschen Tab. L Fig. 1. 2. etc. Hie Membrana reuniens superior (O), hier ansichtlicher als bei den Fröschen. , f >

Fig. 2. Ein um Weniges älterer Embryo als der vorige von Triton taeniatus. Die Eihüllen sind weggenommen. Ansicht der unteren Fläche und etwas von der linken Seite. Bei dieser Lagerung ist die Kopf- Visceralplatte nicht zu erkennen.

Fig. 3. Ein ungefähr 2'/> Linien langer Embryo von Triton cristatus. Nach Ent- fernung der Eihüllen, Rückenlagerung des Embryo; stärker hervortretende Yisceralplalten des Kopfes (T), welche im Begriff' stehen den Visceralfortsatz zu entwickeln. Die erha- bene Wulst von (ien^ Herzen und den Aortenbogen (Y) ist schon etwas zurückgedrängt. Auge noch ohne Färbung.

a. Das ScliAvanzende, an der Dofterkugel festliegend.

Fig. 4. Ein Embryo von Triton taeniatus, von der Cutis und den Eihüllen befreit, und nur wenig älter als der in Fig. 4- Linke Seiten- Ansicht. Das Ohr-Labyrinth {yj ist schon markirt. Beginnendes Hervortreten des ersten Yisceralfort^atzes. Der Embryo fängt an von der Dotterkugel sich losziiwinden.

Fig. 5. Ein ungefähr drei Linien langer Embryo von Triton taeniatus. Die Eihäute sind zuerst entfernt: dann der Embryo in schwachem Acidum nitricum erhärtet; darauf die Cutis abgelöset. Getheilte Ansicht auf die untere Fläche und die linke Seitenwand. Die Nasenfortsätze (n) sind hervorgebildet, die ersten Yisceralfortsätze bedeutend entwickelt. An der erhabenen Wulst (Yj sind die länglichen Streifen von den Aortenbogen hervorge- trieben. Das Auge ist schon scliwärzlich-grau tingirt.

Fig. 6. Ein Embryo von Triton cristatus, ungefähr von derselben Entwickelungsstufe, wie in Fig. 5 der Embryo des Tritoh taeniatus. Linke Seiten-Ansicht. Das eigenthüm- liche Yerhalten der Ruiupfwirbel.

Fig. 7. Ein ungefäbr 4 Linien langer Embryo von Trito7i taeniatus nach Hinweg- nahme der Eihüllen und der Cutis, vergrösscrl dargestellt. Rückenlage. Der erste Yisccral-

34

_ 266

l'ogen ist Iteiiiahe ausgebildet; die heivorgptretenem zweiten Visceialfortsätze (f^) a\ erden noch durch die Membrana reuniens inferior verbunden. Die Bildungsmassen der OVeikiefcr (m) sind entwickelt, und setzen sich mit den Nasenfortsätzen in Vereinigung. Die IMurd- öffnung bildet ungefähr ein Viereck (M).

Fig. 8. Der vielfach vergrösserte Kopf eines rnVow taeniatus , älter als der in Fig. 7. Die Eihüllen und die Cutis sind ahgelöset, nach vorangegangenem Erhärten in Salpeter- säure. Die Ansicht der unteren Fläche und auch etwas von der rechten Seit". Es Maren geringe Sptiren von äusseren Kiemenstummeln sichtbar. Der erste Visceralbogen (b) ist vollendet, die zweiten Visceralfortsätze sind in der Vereinigung begriffen. Entstehen des häutigen Kiemendeckels (K), und der Koi)f-Extremität 'der jungen Tritonen (a). Die Mundöffnung beginnt horizontal zu werden.

a. Die Kopf- Extremität der jungen Tritonen.

c. Aortenbogen.

d. Grenze der Stirnwand (S).

'" ''' - Fig. 9. Ein Embryo des Triton taeniatus, welcher eben von den Eihüllen sich be- freit hat. Die Cutis ist abgelöset. Rückenlage. Die typische Konformation ist ihrer Vol- lendung nahe. Der zweite Visceralbogen (b^j ist vollendet, der Kiemendeckel ausgebil- det, die äusseren Kiemen (G), und darunter die vordere Rumpf- Extremität (c) sind deut- lich im Entstehen. Auch die Bildungsmassen der oberen Zwischenkiefer fz) beginnen sich bervorztibilden , und die Mundoffnung wird horizontal, beinahe halbmondförmig. Die erste Kiemenspalte (f) ist geschlossen.

a. Die Kopf- Extremität schon ausgebildet.

c. Die vordere Extremität des Rumpfes.

d. Spalte zwischen den Nasenfortsätzen.

X. Die kleine Erhabenheit der Bildungsmasse für das Thränenbeinchen (Thrä- nenbeinfortsatz).

Fig. 10. Derselbe Embryo wie in Figur 9. Ansicht der inneren Fläche der Kopf- Visceralbölc. Zu dem Ende der Embryo auf den Rücken gelegt, die Seitenwand der Yisceralhöle rechts durchschnitten und zurückgeklappt, a c, wie in der Fig. 9.

d. Oberes Blatt der Herzhöle, woraus sich der Kiemenbogenträger entwickelt.

e. Aortenbogen.

h. Durcbschnittsfllächen. Fig. Ii. Die innere Fläche der Visceralhöle eines nur wenig iWi^veu Triton taeiiiatus, als der in Fig. 10. Der junge Triton ist auf die Bauchfläche gelegt, die Rückenplatten sind senkrecht durchschnitten und auseinander geklappt.

a, c, d, e, wie in der vorigen Figur.

h. Die Durchschnittsfläche der Rückenplatten. . Fig. 12. Ein junger, etwas vergrösserter Triton taeniatus, welcher schon zwei Tage ausserhalb der Eihüllen gelebt hat. Man sieht die innere Fläche der Kopf- Visceralhöle. Die anatomische Behandlung ist zu dem Ende e^erso, wir in Fig. 10. J^ie Schleimhaut *st abgt löset. Die tA^pische iConformation ist volli ndel. Der obere und unurc Zwiscbfn- kiefer sind ausgebildet (z, «).

267

a, c, e, wie in Fig. 10, 11.

d. Das unlere Blatt der Herzhöle, das obere ist weggenommen, h. Die Dxirchsclinittsflächen.

Fig. 13. Der junge Triton der vorigen Figur, ganz unversehrt, nur die Cutis isl abgezogen. Rückenlage.

a, c, e wie in der vorigen Figur.

b. Die untere Flärhe des unteren Blattes der Herzhöle.

Fig. 14. Ein junger 2'riton taeniatus, bei welchem schon die Sonderung der Bil- tJung!5masse bereits begonnen hat. Die Cutis ist überall abgezogen, nur nicht an den äus- seren Kiemen, wo sie untrennbar festhaftet. Rückenlage. Entstehen der knorpelartigen Bildungsstreifen des unteren Kiefers und Zwischenkiefers (e, a). Die Mundölfnung ist vollständig ausgebildet.

a, c, wie in Fig. 13 etc.

e. Die durchschimmernde, weissliche Bildungsmasse, welche sich zur EntAvicke- lung des vorderen Knochenblättchens vom unteren Zahngerüste der Schleim- haut angehäuft hat.

Fig. 15. Ein schon mehr herangewachsener junger Triton taeniatus, bei welchem die vordere Rumpf- Extremität (c) schon Fingerbildung zeigt, und die Kopf- Extremität (aj im Verkümmern begriffen ist. Man sieht die innere Fläche der Kopf- Visceralhöle, bedeckt von der Schleimhaut mit ihrem Zahnskelete, welches noch nicht ganz vollendet ist. Die Knorpelmassen der Visceralbogen sind noch nicht in einzelne Abtheilungen geschieden. Der obere und unlere ZwiscTienkiefer (z, a) sind bereits ossiiizirt, mit kleinen Zähnchen besetzt. Die eigentlichen Kiemenbogen ('B ) sind entwickelt, fast knorplig und mit noch weichen Zackchen versehen. Der Kiemenbogenträger in der Bildung begriffen, a, c, wie in Fig. 14.

d. Die innere Oeffnung der Nasenhöle.

e. Das obere Blatt der Herzhiile, an welchem die Bildungsmasse an den Rän- dern sich angehäuft hat, um den Kiemenbogenträger (b^) zu bilden.

h. Die Stelle, bis zu welcher die durchschimmernden grossen Hemisphären des Gehirnes reichen.

p. Das obere Zahngerüste der Schleimhaut der Kopf- Visceralhöle, sclnvach knöchern, q. Das vordere Knocbenblättchen des unteren Zahngerüstes, schwach knöchern, t. Das hintere Knochenhhittchen desselben, noch wenig entwickelt und hier et- was stärker nmrkirt.

Fig. 16. Ein junger Triton cristatus, mehr entwickelt als der Triton taeniatus in Fig. 13. Die Kopfextremität ist verschwunden. Die vordere Rumpf- Extremität vollstän- dig atisgebildet, die hintere in der Entwickelung begritfen. Ansicht der inneren Fläche der Kopf- Visceralhöle, von der Schleimhaut mit ihrem Skelete Liedeckt. Die linke Wand der Visceralhöle ist abgelöset und zurückgeklappt.

a. Die Schleimhaut mit dem Zahnskelet.

b. Das vordere Knochenblättchen des oberen Zahngerüstes, ü. Das hintere Knochenblättchen desselben.

e. Das platte Knorpelstückchen des oberen Zahngerüsles , welches an drns Qua- dratbeinknorpel anliegt.

34 '

268

h. Das vordere KnochenLlättchen des unteren Zahngerüstes der Schleimhaut, q. Das hintere desselben.

q. Das Knorpelblättchen, welches die beiden hinteren Knochenblättchen des UO' teren Zahngerüstes verbindet.

t. Die von der Schleimhaut überzogene Vertiefung zwischen dem ersten und zweiten Visceralbogen. Fig. 17. Das Präparat der Fig. 16 nach Hinwegnahnie der Schleimhaut mit ihrem Zahnskelete. Die Schädeldecke ist noch häutig, die ersten und dritten Seitentheile des Schädelgewölbes sind knorplig, die Basis desselben bis zu dem dritten, knorpligen Wirbel- körper ist knöchern. In den Visceralbogen ist die Knorpelmasse schon längere Zeit in Abtheilungen geschieden, und das hier nicht sichtbare Paukenbein ist als knorpelartiger Bildungsstreifen vorhanden. Vom Kiomenbogenträger (b') hat sich schon das erste Knor- pelstück abgesondert; das mit demselben parallel verlaufende sechste ist noch nicht vor- zufinden; die übrigen, welche die Kiemenbogen tragen, und in den vierten uneigentlichen Kiemenbogen ausgehen, sind knorpelartiger Natur, doch nicht von einander geschieden. Das linke Auge ist herausgenommen.

a. Die horizontalen Fortsätze (sog. Vomer) der ersten Seitentheile des Schädelgewölbes.

c. Das Foramen opiicum mit demselben.

d. Tiefer liegende häutige Massen.

e. Die noch häutige untere Wand der Nasenhölen.

h. Muskel -Partieen, welche den Unterkiefer- Apparat bewegen, p. Das gesonderte, knorplige Stück des Kiemenbogenträgers. Fig. 18. Die vcrgrösserte, losgelösete Basis des Schädels der Fig. 17. Es haften an ihr noch die knorpligen Ohrlabyrinthe, an Stelle der zweiten Seitentheile, und die knorpligen Seitenlheile dos dritten Schädohvirbels (o^). ß, fJ' , sind knöchern, [p knorplig.

Die knoipligen Theile sind zum Unterschiede von den knöchernen, wo es anging, gewöhnlich locker punktirt.

Fig. 19. Die losgelöseten ersten Seitentheile des Schädels und die oberen Zwischen- kiefer von demselben Kopfe, o ist knorplig, z' knöchern. An dem linken ersten Seiten- lheile ist noch der Quadratbeinknorpel befestigt.

a. Die horizontalen Fortsätze der ersten Seitentheile. C. Die perpendikiilären Theile des oberen Zwischenkiefers. Fig. 20» Das vergrösserte obere Zahngerüste der Schleimhaut, a. Die vordeien Stücke,

»

c. Die hinteren»

d. Das halb verknöcherte Knorpelblättchen der hinteren Stücke.

e. Die Trennungsnaht beider Stücke.

Fig. 21. Die innere Fläche der Kopf - Visceralhöle eines Triton taeniatus, dessen Schädelriocke zum Theil verknöchert ist, und bei dem die hinteren Extremitäten schon fungiren* Die linke Visceralhölen - Wand ist abgeiöset und zurückgeschlagen , und das Zahnskelet mit der Schleimhaut entfernti Der zweite Wirbelkörper hat sich schon etwas seitlich und hinterwärts erweitert. Der Bildungsstreifen des Paukenbeines (r) ist schon etwa.s ossifisirt. a. Muskeln des Untcikiefers.

c. Strahlige Muskel -Partieeil an der unlcrn Fläche des h/iut'gcn Kiejncndeckels.

269

d. Die horizontalen Fortsätze der ersten, noch knorpligen Seitentheile.

e. Die häutige untere Wand der Nasenhölen.

h. Zwei sich auszeichnende Knochenstreifen in dem zweiten Wirhelkorper. Fig. 22. Der Kopf der Fig. 21. Ansicht auf die obere Fläche des Gesichts und Schädels. Die Nasenfortsätze und Oberkiefer sind noch häutiger Natur; die Stirnbeine (oj und Scheitelbeine (o^) sind ossilizirt.

a. Die perpendikulären Theile der oberen Zwischenkiefrr (z').

c. Die, von den inneren Winkeln der Stirnbeine nach den perpendikulären Thei- len der oberen Zwischenkiefer abgehenden, schmalen Fortsätze.

d. Der Raum zwischen den letztgenannten Fortsätzen.

Fig. 23. Die Ansicht auf die Oberfläche des Kopfes eines ausgebildeten, jungen Triton taeniatus. Die Augen sind herausgenommen. Die Schuppe des Hinterhauptsbeines ist nur rudimentär, zum Theil von den Scheitelbeinen bedeckt. Alles ist knöchern bis auf das Quadratbein und die Meckelschen Knorpel.

a, c, d, bezeichnen dasselbe, wie in Fig. 22.

e. Das zurückbleibende, dreieckige Knochenstückchen vom Knorpelblättchen des oberen Zahngerüstes der Schleimhaut, das sogenannte Os pterygoideum linker Seits.

h. Der fasrige Verbindungstheil des Oberkiefers mit dem Quadratbein. Fig. 24. Die Ansicht auf die untere Fläche des Schädels und Gesichtes von dem- selben Triton. Die Basis des dritten Wirbels ist von der des zweiten bedeckt, h, e, wie in Fig. 23. a. Innere OefFnung der Nasenhöle.

c. Das Rudiment von dem vorderen Stücke des oberen Zahngerüstes (Os palali- num seg.); links ist es weggenommen.

d. Die horizontalen Fortsätze des ersten Seitentheiles der Schädelhöle, p. Die des Oberkiefers,

q. Die des obern Zwischenkiefers.

t. Augenhölen. ' T. Das Paukenbein besteht noch aus zwei Stücken. Fig.* 25. Der aus:go1)ildpte Kiemenbogenträger mit dem Zungenbeinkörper der jungen Tritonen, im knorpligen Zustande.

a, c, d, die Stücke, welche Kiemenbogen tragen.

e. Das erste Stück des Kiemenbogenträgers, welches zum sogenannten vorderen Stücke des hinteren Ziingenbeinhornes der Tritonen wird.

h. Das sechste Stück, -welches in die ColiimeUa sich verwandelt.

Das fünfte Slück oder der vierte uneigentliche Kiemenbogen, schon ohne Zack- chen, welcher unserer Ansicht nach zum hinteren Stücke des hinteren Zun- genbeinhornes wird.

Fig. 26. Das Zungenbein mit dem KTemenbogenträger eines sehr jungen, aber schon ausgebihleten Triton taeniatus. Die knorpligen Partieen sind wiederum zum Unter- schiede locker punctirt.

e, h, d, Avie in voriger Figur.

a. Die zusammengeschrumpfte Knorpeunasse der drei Stücke des Kiemen nog'en- trägers, Avelche die eigentlichen Kiemenbogen trugen.

_270

Fig. S7* Der Zungenbftihköfper mit dem tudimwitärfeti Kiemfenbogentrfigw eines alten Triton taeniatm.

n, e, h, Wie in Fig. 26. u/i K

Fig. 28. Darstellung der Muskeln eines jungen mit Kiemen versehenen Triton taeniatus, welche bei der Verwandlung des Kiemen-Apparates zur Sprache kommen. Rücken- lage des Kopfes. Der häutige Kiemendeckel ist linkerseits losgetrennt und zurückge- schlagen. (Theil I. S. 114 116). c, h, wie in Fig. 27.

a. Der Muscle temporo- guttural und stylosous - hyoidien Dug. = Constrictor pha- rijngis und mylohyoideus des erwachsenen Triton.

c. Der Adductor arcuum branchialium longus v. Sieb. Muse, geniohyoideus und genioglossus im ausgehildeteti Zustande.

d. Der Adductor arcuum branchialium brevis s. Muscle pre-stylo -prebranchial Dug. p. Der Adductor arcuum branchialium s, interbranchial. Dug.

Die Muskeln d. und p. sollen nach unserer Ansicht beide zusammen den Musculus cerätoglossus Fig. 29. r]. bilden.

i. ' Das untere Blatt der Herzhöle. y. Aortenbogen.

Fig. 29. Darstellung der Muskeln in Fig. 25 eines alten Triton taeniatus. Wir be- merken hier, dass an vorliegendem Individuum das hintere Stück des hinteren Zungen- beinhornes rechterseits gänzlich fehlte. Es ist daher das fehlende Stück der Vollständige keit wegen angedeutet. Die anatomische Behandlung ist wie in Fig. 28. a. Constrictos pharyngis et mylohyoideus. c. Musculus geniohyoideus und genioglossus.

q. Musculus cerätoglossus. Rechterseits ist er kürzer, und al's aus dem Adductor arcuum branchialium brevis (Fig. 27. d.) allein entstanden, anzusehen.

e. h, wie in Fig. 58.

Allgemeingültige Bezeichnungen der Tab. III.

ZurSchuJelhÖle.

I. ß. Die Basis oder der Körper des ersten Schädel Wirbels (Vorderes Körper- stück vom Keilbein ) , ff. Die vorderen Keilbeinflügel oder die Seitentheile , und .0. Die oberen Schlussstücke desselben oder die Slirn!)clne. Iii ß"^. Die Basis oder der Körper des zweiten Schädelbogens (Hinteres Körperstück vom Keilbein), a'\ Die hinteren Keilbeinflügel oder die Seitentheile und o"^. die oberen Schlussstücke (Scheitelbeine) desselben.

lo'^. Die Schuppe des Schläfenbeines , ein accidenf elies oberes Sehl nssstück im zwei- ten St hädelbogen. ( Säugethiere . A ögel).

271

III. ß^. Die Basis oder der Körper des dritten Schädelbogens (des Hinterhauptsbeines). a^. Die Seiten- oder Gelenktheile desselben.

n^. Das obere Schlussstück oder, die Schuppe df'S Hinterhauptsbeines. '

Die accidenlcllen oboron Scbhissstücke im dritten Schäd^lbogcn oder die Partes mastoideae dos Schläfenbeines. (Säiigoihiore, Fis<;Iie).

Zur Visceral Ii öle des Kopfes. '

I. Die Hartgpbilde des ersten Vi^ceralbogens : , gl. j^/., Das Gaumenbein ^ , \

TT. Das Fliigolbein - J höhere

Q. Das Quadratbein f Ambos) ) niedere > "''jl^^jl"^!"«

(.1. Der Meckelsche Knorpel (Hammer, das Gelenkstück >Wirhel- i Frösche

' des Unter -Kiefer -Apparats) ^ thiere. )

b. Die Aussengebilde des ersten Visceralbogens, welche am Quadralbein und

dem Meckelschen Knorpel den ersten Kopfgürtel bilden : 7

z. Das Paukenbein (am Qiiadratbein) , bei den Fischen Praeoperculum. i

t. Der untere Kiefer ( i»» i i i t- i

,^ r, . , 1 . o s am Meckelschen Knorpel.

a. IJer unlere Zwischenkiefer/

II. Die Ilartgebilde des zweiten Visceralbogens:

a. V. Die obere Abtheilung, aus welcher Ac^v Stapes, Columella, die Gehörknöchelchen

der Frösche sich bilden; bei den Gräthenfischen , als Residuum, der Processua styloideiis des Zungenbeinsuspensoriums. (J. Das vordere Zungenbeinhorn. (Suspensorium).

X. Der vordere Zungenbeinkörper, oder der Zungenbeinkörper schlechtweg ge- nannt, weil der hintere öfJers fehlt.

b. Die Aussengebilde des zweiten Viscei'albogens, welche nur bei den Fischen Skelettheile zu einem zweiten Kopfgürtel erzeugen. Es sind;

O. Das Operculum ) " ■rir i r,,

S. Das Suboperculum an der oberen Abtheilung. J. Das Intcroperculum )

R. Die Radii branchiostegi am Zungenbein -Suspensorium. HI. Die Ilartgebilde des dritten Visceralbogens, des hintern Zungenbeinhornes (Sus- pensorium ) und des binleren Zungenbeinkörpers sind nirgend gezeichnet. i Statt dessen bei den niederen Wirbel thieren:

K. Der Kiemenbogenträger. Zum Gesieht:

ma. Das sogenannte eigentliche Oberkieferbein , die vordere Abtheilung des geneti- , sehen Oberkiefers.

Die hintere Abtheilung desselben, das Jochbein, Quadratjochbein, Quadrat- kieferbein etc. ...-V'..

n. Die Nasenbeine, der Nasenbeinknorpel des Hechtes, Barsches etc.

V. Die Gesichlsbasis.

z. Die oberen Zwischenkiefer.

\. Die Tbnint'uheincliei).

272

y. Der Lippenknochen der Fische. Zu den Sinnesorganen:

1. Das Ohrlabyrinth, Tars petrosa des Schläfenheines. '^p. Das Gemchlabyrinth, Os ethmoideuni'

Besondere Erläuterungen «u Tali, III.

Zu den Bildiingsgesetzen des Wirbelthier- Kopfes im Allgemeinen und seinen hauptsächlichsten Variationen durch die einzelnen Wirbelthier -Klassen.

Fig. I. Das Kopfskelet einer jungen Cohiber natrix. Der Unterkiefer^ Apparat und das Zungenbein ist hinweggenommen. Das Skclet ist auf die Oberfläche des Schädels und <jlesichtes gelegt; man sieht die ganze obere Decke der Kopf-Visceralhöle. Linkerseits ist das so merkwürdig bei den Schlangen ossifizirte Geruch -Labyrinth (r//), und das Gau- men- und Flügelbein sammt dem Oberkiefer und Os transversum aus ihrer natürlichen I^Mge gerückt. Auf diese Weise ist auch die untere Fläche des linken Nasenbeines (n) uiid Thränenbeines (x) zur Anschaiuing gebracht. Die Basis des Gesichtes tind grössten- thoils auch des ersten Schädelwirbels sind knorplig. Rechterseits bemerkt man die Theil- nahme des Os ethmoideum an der oberen Decke der Kopf-Visceralhöle. Die hintere Ab- thcilung des genetischen Oberkiefers ist fasrig. (mp.) a. Das Os transversum,

c. Der von dem inneren Rande der Nasenbeine herabsteigende Theil, welcher die Gesichtsbasis, als Nasenhölen- Scheidewand, unterstüzt.

d. Der Fortsatz vom zweiten Wirbelkörper des Schädels, welcher die meist knorplige Basis des ersten Schädelwirbels befestigt.

Fig. 2. Die Ansicht der Oberfläche desselben Kopfskelets. Linkerseits sind das Gaumen- und Flügelbein sammt dem Oberkiefer, Os trayisversum und Quadratbein wiederum seitlich aus ihrer Lage gerückt. Die Nasenbeine stehen in ligamentöser Verbindung init den Oberkiefer-, Stirn- und Thränenbeinchen.

a. Os transversum.

h. Die Processus orbitalis posterior,

d. Augenhöle.

Fig. 3. Das Kopfskelet einer jüngeren Lacerta agilis. Man sieht die Oberfläche und etwas auch die rechte Seite des Schädels und Gesichtes. Der Lnterkiefer- Apparat und das Zungenbein sind hier nicht vorhanden. Die gesonderten Randknochen über der Augen- und Schläfengrube sind durch eine stärkere Grenze markirt. Sie gehen von Rand- Erweiterungen der Stirn- und Scheitelbeine aus, deren eige n tl i ch e Grenze gleichfalls durch eine punktirte Linie bezeichnet ist. Die hintere Abtheilung des Oberkiefers, ist nur in der Nähe des eigentlich so genannten Os maxillare superms verknöchert (Jochbein), im Uebrigen ligamentös.

a. Augenhöle.

c. Schläfengrube.

d. Ossa marginalia der Augenhöle.

27;^

p. Ossa inarginalia der SchläfengruLe.

h. Die kleineren Ossa marginalia, zwischen denen der Augenhöle und Schläfen- gruhe gelegen.

p. Kin Randknochen, welcher die Stelle des Processus orbitalis posterior vertritt,

q. Processus temporalis posterior.

r. Die Grenze, von welcher die Randerweiternngen der Scheitelbeine beginnen,

t. Ein Fortsatz des Oberkiefers, welcher mit p sich verbindet.

Fig. 4. Das Kopfskelet der Fig. 3. Die Ossa marginalia der Augen- und Schläfen- gnibc sind Aveggenommen, und letztere dadurch ansiclitlicher geworden. Der Oberkiefer ist aus seiner Lage gerückt, und so das Thränenbeinchen freier gemacht. Man sieht Aorzüg- lich die rechte Seite, weniger die Oberfläche. Die Seitentheile des ersten und zweiten Schädel Wirbels, und die Basis des ersten sind häutig -fasrig.

q. t. wie in voriger Figur.

a. Das Os transversum.

c. Die Columella.

p. Der Fortsatz des Flügelbeines, Avelcher mit dem Os transversum sich verbindet.

Fig. 5. Die untere Fläche des Gesichtes und Schädels derselben Lacerta agilis. Die Basis des Gesichtes und ersten Schädelwirbels sind häutig- knorplig, a. Os transversum.

c. Innere Oelfnung der Nasenhöle.

d. Die Scheidegrenze der beiden Stücke des Gaumenbeines der Eidechsen.

Fig. 6. Das Kopfskelet eines jungen Hühnchens. Der Unterkieferapparat und das Zungenbein sind wieder entfernt. Man sieht die rechte Seite und die obere Fläche, a. Nasenhöle. c. Augenhöle.

, d. Processus orbitalis posterior, von den ersten Seiten theilen des Schädels ausgehend.

e. Processus temporalis posterior, nur als Andeutung.

h. Die Grenze, von Avelcher die noch zum Theil knorplige Gesichtsbasis anfängt.

p. Os marginale orbitale. Fig. 7. Die innere Fläche der Kopf- Visceralhöle eines noch nicht ausgebildeten Blennius viviparus. Die linke Wand der Visceralhöle ist durchschnitten. Die vier Kiemen- bogen sind aus der ZAveiten Visceral- oder Kiemenspalte entfernt. Die Gesichtsbasis, der Oberkiefer, die Nasenbeine soAA'ie die Schädeldecke sind noch häutig- fasriger Natur. Die Hartgebilde der Visceralbogen sind noch knorplig; ihre gürtelartigen Belege sind knöchern. Der Kiemenbogenträger knorpelartig. Die Seitenwände des Schädels sind knorplig, die Basis knöchern; desgleichen die oberen Zwischenkiefer" und der Lippenknochen.

a. Gegend des Aiiges.

c. Fünfter uneigentlicher Kiemenbogen.

d. Knöcherne Stücke vom Brustgürtel.

Q. Das knorplige aus drei Stücken zusammengesetzte Quadratbein der Fische: q'. Das obere Stück oder das bisher allein sogenannte Quadratbein, q". Das mittlere oder das Symplecticnm Cuv,, ()'".Das untere oder das Jugalc Cuv.

35

Flg. 8. Die sciion knöchernen Kopfgürtcl des ersten und zweiten Visceralbogcns von deniselben jungen Blennius viviparus. Aeussere Ansicht.

Fig. 9. Das Kopfskelet eines jüngeren Esox lucius. Man sieht vorzüglich die ohero Fläche des Schädels und Gesichtes, und die etwas nach aussen abgezogene linke Wand der Kopf- Visceralhöle. Die Scheitel- und Stirn -Schlippen, wie die Schilder auf dem Na- scnbeinknorpel sind rechter Seits stehen geblieben. Links sieht man die knöcherne Schupy>e des Hinterhauptsbeines übergehend in die übrige knorplige Schädeldecke, und durch letz- tere in den Nasenbeinknorpel der linken Seite.

a. Scheitel -Schuppe. , ' .

c. Slirn- Schuppe.

d. Die Schuppen des Nasenbeinknorpels.

e. Processus orbitalis anterior, zum Theil knöchern. Er geht von der vorderen knöchernen Partie (sogenanntes vorderes Stirnbein) des ersten Seitentheiles der Schädelhöle aus.

Ii. Processus orbitalis posterior, knöchern. Er geht von der vorderen knöchernen Partie (sogenanntes hinteres Stirnbein) des oberen Schlussstückes im zweiten Schädelwirbel aus.

p. Processus ternporalis posterior, knöchern. Er kommt von der hinteren ossifi- zirten Partie (sogenannte Schuppe des Schläfenbeines) des oberen Schlussstü- ckes im zweiten Schädelwirbel.

q. Processus mastoideus, knöchern.

r. Processics spinosus der Hinterhauptsschuppe.

g. Knochenwucherung an dem oberen Rande der hinteren Abtheilung des Oberkiefers, l. Die knorplige Gelenk-Partie der hinteren Abtheilung des .Oberkiefers, \velche

sich mit dem Processus orbitalis anterior verbindet, s. Die knöcherne Stelle des Nasenbeinknorpels, an welche sich der Oberkiefer vorn anlegt.

u. Die hintere ossifizirte Partie des ersten Seitentheiles der Schädelhöle (Cuviers

alleiniger vorderer Keilbeinflügel, Hallmanns hinterer Keilbeinflügel), i. Die Grube für die Muskeln des Brustgürtels. P'j P") Q'"- Die drei Stücke des Quadratbeines der Fische. Die Fig. 9, 13, 14 dienen zur besonderen Erläutening des im Theil H. §. 72 75 und §. 121 über die Schädeldecke der Fische Gesagten.

Fig. 10. Die rechte Seiten -iVnsicht des Schädels und die mit letzterem unmittelbar zusammenhangenden Gesichtsbestandtheile von Esox lucius.

a. Augenhöle. ~

c. Nasengrube.

d. Foramen opticum,

f. Processus jugularis, von den Seitentheilen des dritten Schädelwirbels ausgehend.

e. h, p, q, s, "wie in Fig. 9.

r. Die Hole des ersten Schädel wirbels, in welcher die Hemisphären mit den

bulbi nervi olfactorii verlaufen. G. Erster Seitentheil des Schädels, zerfallend: in

a'. Sogenanntes vorderes Stirnbein, hier nur noch wenig verknöchert, a". Sogenannten vorderen Keilbeinflügel (Cuv.).

275

a'". Den von beiden Seiten zusammengeschmolzenen Theil, das septum intcrorbi- fale, und in

o"". Das von Ilailmann genannte Os sphcnoideum superius, welclies Cuv. noch

zum vorderen Keilhoinfliigol rechnete. n'^. Das obere Schlussstück des zweiten Schädelwirbels, welches, grösstentheils knori)Mg, an dem äusseren Rande sich erweitert, und, wie es scheint, wegen der Bildung des Processus orbilalis und temporalis posterior daselbat in zwei Partieen ossifizirt wird: o". Die vordere Partie, sogenanntes hinteres Stirnbein, o'^^'. Die hintere Partie, sogenannte Schuppe des Schläfenbeines. ^Vo 0*' und 0^" mit dem respektiven zweiten Seitentheiie zusammenkommen, bennilet sich bei jüngeren Individuen mehr oder weniger knorplige Zwischen -Masse.

Fig. Ii. Die untere Fläche des Kopfskeletes der Fig. 10. Die Bezeichnungen blei- ben dieselben.

Fig. 12. Die untere Fläche des Kopfskeletes der Fig. 11 nach Ilinwegnahsiic der Basis des ersten und zweiten Schädelwirbels. Die Bezeichnungen bleiben überall die- selben. Man sieht die Erweiterung der Aiigenhölen behufs der Augenmuskeln nach hin- ten über die Basis des zweiten Schädel wirbels in die des dritten hinein.

t. Die horizontalen Fortsätze der zweiten Seitentheiie des Schädels, welche das

Gehirn vor den Aktionen der Augenmuskeln schützen, u. Eine flache Ilinne im Nasenbeinknorpel, welche zur Befestigung der Basis des Gesichtes und der vorderen Partie des ersten Schädelwirbel -Körpers dient. Fig. 13. Die Ansicht auf die Oberfläche des Schädels und Gesichtes nach Ilin- wegnahme des Hautskeletes von Perca fluviatilis. Der Oberkiefer ist linkerseits gaiiz, rechts nur die hintere Abtheilung weggenommen. Die Bezeichnungen im Ailgeiueincn, wie in den vorigen Figuren. Verschieden sind:

i. Die Grube für mehre Muskeln des Brustgürtels.

u. Die Lücken in der knorpligen Schädeldecke, von der gallert- und feilartigcn Masse ausgefüllt.

t. Ein runder Knorpel, welcher lose vor dem Nasenbein -Knorpel gelogen, zur bewegliclien Befestigung des Lippenknochens und des oberen Zwischenkie- fers dient.

Fig. 14. Die Ansicht auf die Oberfläche des Schädels und Gesichtes vom Muraena anguüla. Alles ist knöchern. Bechterseits ist der Oberkiefer und das Quadratbein hin- weggenommen. Die Bezeichnungen sind im Allgemeinen wie in den vorigen Figuren. Ab- weichend finden sich : '

i. Durchscheinende, halb verknöcherte Stücke, welche die Stelle des Processus - orbitalis anterior und posterior vertreten, auch um die Xasengruben gelagert

sind, und weder mit dem Haut- noch mit dem Wirbelskelet innigen Zusani- uicnhang zeigen, u. Ossa marginalia am Stirn- und Scheitelbeine.

t. Ein 0^ marginale, welches als Processus temporalis posterior fungirl. In den Figuren der Steindrucktafel sind die knorpligen Partieen locker punktirt.

Druekfeliler luitl Terbesserungeii*

Seite 8

Zeile 2 von oben statt Viscerslkolben lies Visceralkolben.

9

G von unten -

längst 1. längs.

17

2 - - -

und vorhanden nur 1. und nur.

34

- 9 . . -

knöchernen 1. knöcherne.

46

- 10 -

farpyracea I. papyracca.

- 48

6 von oben statt mit den 1. mit dem.

- 80

•2 von unten -

Eroschfamilie 1. Froschfarailie.

- 97

7 u. 15 von oben statt Wirbelsystem 1. Wirbelsystems.

- 102

13 von oben statt

knorpligen I. knorpligem.

- 106

7 von unten -

seinem 1. ihrem.

- 106

- 6 - - -

seine I. die.

- 115

16 von oben -

tempore- 1. femporo-.

- 145

6 von unten -

seine 1. die.

- 147

6 von oben

seinem 1. dem.

- 181

8 von unten

pupillaris I. papillaris.

- 221

- 1 - - -

kann I. können.

- 223

- 12 -

der mittleren 1. den der mittleren.

- 254

. 4 - . .

unmittelbare. Fortsetzung 1. unmittelbare

- 269

- 3 - - -

d 1. &.

- 270

3 von oben -

a, e, h r. a, e, h,

- 270

- 8 - - -

c, h 1. e, h.

- 270

r 16 von obe» -

ij 1. q.

In Fig. 9 und 10. Tab. 1. bedeutet p die "Vereinigungsstelle der beiden oberen Abtheilungen des er sten und zweiten Visceralbogens.

In Fig. 11). und 11. Tab. I. bedeutet a und c den uneigentlichen, unteren Zwischenkiefer der Frosch larve , und nicht das Herz.

Tah.H.

1