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ÜBER

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VON

Dr. ALFRED FISCHER,

A. 0. PUOFESSOR DER BOTANIK IN LEIPZIG.

JENA.

VERLAG VON GUSTAV FISCHER.

1897.

Alle Ee eilte Vorbehalten.

Vorwort.

Ein neues Bncli über Bakterien bedarf, da an Werken über diese Organismen wirklicli kein Mangel lierrsclit, gewisserniassen einer Ent- scliiildignng. Sie ist schon ansgesproclien in dem Titel, den das vor- liegende Buch trägt: VMrlesnngen über Bakterien. In Vorlesungen, die zur Einführung in die gesamte Bakteriologie bestimmt sind , soll ein Ueberblick gegeben, die zahllosen Einzelforschnngen sollen zu einem Ge- samtbild vereinigt werden, das im Einzelnen zwar durch feinere Details zu beleben ist, im Ganzen aber den gegenwärtigen Stand der Wissen- schaft in allgemeineren Zügen schildert. Neben der medizinischen Bakterio- logie, die in anderen VVTrken mit Recht bevorzugt wird, soll auch die Bedeutung der Bakterien für die Landwirtschaft und die Gärungsgewerbe, für die grossen Grnndprozesse alles Lebens auf der Erde, den Kreislauf des Stickstoffs und der Kohlensänre dargelegt werden. Ferner waren die grossen Fortschritte, welche die allgemeine Physiologie der Erforschnng der Bakterien verdankt, schärfer hervorznheben. Endlich erschien es wünschenswert, die Bakterien ans der Sonderstellung, die ihnen wegen ihres morphologischen und physiologischen Verhaltens vielfach zugeschrieben wird, heransznreissen und den anderen Organismen durch vergleichende Betrachtung zu nähern.

Eine solche Darstellung, die durch ihren Umfang nicht abschreckt, schien mir zu fehlen und deshalb unternahm ich es, Vorlesungen zu ver- öffentlichen, die vor Studierenden der Naturwissenschaften, der Pharmacie und Landwirtschaft, unter die als weisser Rabe auch hier und da ein Mediziner sich verlief, seit mehreren Jahren gehalten worden sind.

Leipzig, den 22. Juli 1897.

Dr. Alfred Fisclier.

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Inhalt.

Seite

I. E i 11 1 e i t n n o- , Morphologie des Y e g- e t a t i o n s k ö r p e r s.

1. Form, Grösse und Bau der Bakterieiizelle, Inhalt und Meiubrau ... 1

IT. i\l 0 r p h 0 1 0 g i e des Y e g’ e t a t i o u s k ö r p e r s.

2. Farbstoffe, besondere Zelleiiischlüsse ; Bewegung- und Bewegungsorgane ;

Zellteilung, Bildung und Keimung der Sporen 12

III. S p e c i e s b e g r i f f und Y a r i a b i 1 i t ä t ; Involution und Ab-

s c h w ä c h u n g , S 3^ s t e in d e r B a k t e r i e n 23

lY. Stellung der B a k t e i' i e ii im System der Organismen. Niedere Organismen anderer Art mit pathogenen Eigenschaften 35

Y. Y e r b r e i t u n g und Lebensweise der Bakterien; Ur- zeugung 43

YI. Allgemeine Grundlagen der E r n ä h r u n g und Kult u r . 50

YII. Die Atmung der Bakterien.

Aerobe und anaerobe Lebensweise; Leuchtbakterien und Bakterien des Meeres überhaupt; Schwefel- und Eisenbakterien 58

YIII. Einwirkung von P h y s i k a 1 i e n.

Licht, Elektricität, Druck, Temperatur und Trockenheit; physikalische Desinfektion 68

IX. Einwirkung von Chemikalien.

Chemotaxis und chemische Desinfektion 75

X. D i e Bakterien und der Kreislauf des Stickstoffes.

1. Einleitung, _ die Assimilation des freien Stickstoffes in den Knöllclien

der Leguminosen und durch Bodenbakterien 85

XL Die Bakterien und der Kreislauf des Stickstoffes.

2. Die Entbindung und Mineralisirung des organischen Stickstoffes durch

Fäulnis und Nitrittkation 95

XII. Die Bakterien und der Kreislauf der K o li 1 e n s ä u r e.

1. Einleitung, Fermentum vivum und Enzym, Kassen der Gärungs- erreger, Yergärung von Alkoholen und Säuren, optische Spaltungen . 104

XIII. Die Bakterien und d er K r e i s 1 a u f der Köhlens ä u r e.

2. Bakteriengärungen von Kohlehydraten 112

Milchsäuregärung, Buttersäuregärung , Methangärung, Schleim- gärung, besondere technische Gärungen (Indigo, Tabak, Zucker- fabriken, Brotbereitung).

VIII

Seite

XIV. Die Bakterien ii n d der Kreis! a n f d e r K o li lens ä n r e.

i). Die .S])rossi)ilz(' und die alkoholisclie (iärnno-. Tlieorie der (Tärnng’ und Ainud-oliiose. Scldnsshetraclitnn.o' über den Ki-eislanf des Stickstoffs und der Kolilensäure 121

XV. D i e B a !c t e r i e n als K r a n k li e i t s e r r e g’ e ]■.

1. rdanzenkinnklieiten ; harndose Afterndeter des Menschen; patliog-ene Bakterien, lnfektions(|uellen und Invasionsstellen 131

X\l. Die Bakterien a 1 s K r a n k h e i t s e r r e e r.

2. Beschreihniii»’ eiid^er pathog-enen Arten, Eiterlndvken, Milzbrand, Starr- krampf, Diphtherie, Tnherknlose, Typhus und Koloid)akterien, Cholera 140

XVI I. D i e Bakterien als K r a n k h e i t s e r ]• e g e r.

3. Die Wirkungsweise der Bakterien und die Beaktion des befallenen

Orgaidsmns. Serunitherapie und Inimnnität 150

Anmerkungen 101

Register 179

I

I.

Einleitung, Morphologie des Vegetationskörpers.

1. Form, Grösse und Bau der Bakterieuzelle, Inhalt und Memhran.

J'i

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V

B

Vor mehr als 200 Jahren fand der holländische Naturforscher Leeuwenhoek, der gdückliche Entdecker in der Welt des unsichtbar Kleinen, die er mit selbstg’eschliffenen Linsen von grosser Leistungs- fähigkeit durchstöberte, im Munde des Menschen winzige Organismen, die er wegen ihrer Bewegung als animalcula, Tierchen beschrieb. Seine Schilderung^) und seine in Figur 1 getreu wiedergegebeue Abbildung, in der Kugeln, kurze und lange Stäb- chen, gerade und gekrümmte Formen bereits deutlich unterschieden Averden, ist die erste Avohl verbürgte Nachricht über die Bakterien, deren Erforschung später so ge- Avaltige L^niAA’^älzungen in der Medizin und den Natur Avissenschaften hervorrufen, ja zu einer neuen Wissenschaft, der Bakterio- logie, sich ausdehnen sollte. Seit dem Jahre 1683 freilich hat sich die Bekannt- schaft mit den Bakterien lange Zeit auf n die kurzen Mitteilungen Leeuavenhoeks beschränkt. Hundert Jahre später unter- suchte sie der dänische Gelehrte Müller, reihte sie den Infusorien ein und be- nannte sie mit Namen, die heute in aller Munde sind, Avie Vibrio, Bacillus, Spirillum.

Auch EhrenberGt beschäftigte sich in Bacillus maximus buccalis, B dürfte seinem bekannten Infusorien werk (1838) ein Vibrio buccalis sein, dessen Be- mit den in grösserer Formzahl schon be- ''^®sunK bis obachteten Bakterien, die er in die

cfl?

F

Fig.

1. Alteste Abbildung echter Bakterien (Mundbakterien) wAchLeeuioen- hoeh A u. F gehören zu dem heutigen

Gruppe der Zittertierchen oder Vibrionia

sein ,

wegung bis D Leemoenlioeh verfolgte, E stellt Kokken dar und G ist wohl

ein Spirillum sputigenum. (Man vergl.

auch Fig.

26.)

A^ereinigte.

Von jetzt ab verscliAvinden die Bakterien nicht Avieder aus dem Gesichtskreis der Naturforscher. Aber erst in den siebziger Jahren fängt

A. Fischer, A'orlesungen über Bakterien. 1

2

die Medizin an mit Erfolg’ einzngreifen und hat von da an den Haupt- anteil an der Ausbildung der bakteriologischen Methoden und dem Aus- bau der Bakteriologie zu einer neuen Wissenschaft. Erst nach dem

Erscheinen von Robert Kochs -) erster Arbeit über den Milzbrand begann jene rastlose Thätigkeit zahlreicher Forscher, deren unermüdlicher Fleiss die Kenntnis dieser kleinsten aller Organismen bereits soweit gefördert, so ein riesenhaftes, freilich nicht durchweg gleichwertiges Material an- gehäuft hat, dass die grossen Sammelwerke der Bakteriologie selbst bei gewaltigem Umfange ") kaum alles zu fassen vermögen. Vor diesem glänzenden Aufschwünge, mit dem die Namen Pasteur und Koch ruhmvoll verknüpft sind, galt die Arbeit der Botaniker (Cohk, Nägeli) einerseits der allgemein physiologischen Untersuchung, anderseits der Erweiterung der Formenkenntnis, der Stellung der Bakterien im Sj’^steme : nur auf dieser Grundlage vermochte die neuere Forschung sich aufzu- bauen, Auch von dieser Anfangsperiode, in die auch die glänzenden Untersuchungen Pasteurs über die Physiologie der Gährung fallen, bieten Löeelers Vorlesungen ein reiches und wohlgeordnetes Bild, auf das hiermit alle Freunde der Geschichte der Bakteriologie hinge- wiesen sein sollen.

Der Vegetationskörper aller kleinen Bakterien besteht aus einer einzigen Zelle, die in ihrer einfachsten Form als Kugel, Coccus, erscheint. Herrscht eine Längsachse vor, streckt sich also die Kugel

Fig. 2. a. Spirillum undula, lebend, mit schraubenförmiger Krümmung , h zu halb- kreisförmigen Figuren auf dem Deckglas angetrocknet; c Vibrio cholerae schwach schraubig, d zu kommaähnlichen Formen an- getrocknet. e SpirOChaete Obermaieri des Rückfalltyphus aus Blut {wsLchSoudahewitsch) f Cladothrix dichotoma. Ein Sprossstück mit Scheide und sog. falscher Verzweigung, oberhalb f dringt eben ein kurzer Seiten- ast aus zwei Gliedern durch die Scheide hervor, g Penicillium glaucum ein Stück Mycel mit echter Verzweigung (nach B)-e- feld). Vergrösserung : a, h 1500, c,d 2250, e circa 800, f 600, g 120.

zum geraden Cylinder, so redet man von der Stäbchenform, dem Bacillus oder dem Bakterium. Eine besondere Gruppe solcher C3dindrischer Bakterien ist mehr oder weniger schraubig gekrümmt; es sind das die Vibrionen, Spirillen und Spirochaeten. Schwach, nur ein viertel Schrauben- gang lind weniger betragend ist die Krümmnng bei den Vibrionen (Fig. 2 c) einen oder einige weite Schraubengänge umfasst sie bei den Spirillen (Fig. 2u), zahlreiche enge Gänge bei der korkzieherartigen Spirochaete (Fig. 2c).

B

aus gekrümmten Zell-

Um die Formen der Bakterien fixiert zu erhalten, gibt es ein einfaclies Mittel ; man lässt ein kleines Tröpfchen der bakterienhaltigen Flüssigkeit auf einem Deckgläschen eintrocknen. Dabei lagert sich naturgemäss alles in die Ebene des Deckgiäschens und der schwach im Kaum gekrümmte ^dbrio entwirft nun das Bild eines schwach kommaartig gebogenen Körpers (Fig. 2rf), weshalb Koch die Vibrionen der asiatischen Cholera als Kommabazillen bezeichnete. Ausser der Krümmung besteht keine weitere Aehnlichkeit mit der Figur eines Komma. Ein Spirillum trocknet halbkreisförmig fest (Fig. 2ö), eine Spirochaete zu einer geschlängelten Figur (Fig. 2e, 26/’). Ob die Spirochaeten, die oft recht lang Averden, stets nur aus einer einzigen Zelle bestehen ode gliedern zusammeiigesetzt sind, bedarf noch AA^eiterer Prüfung

Alle anderen Formen aber, Kokken, Bazillen, Vibrionen und Spirillen sind stets einzellig, sie sind als Haplobakter ien den echten AÜel- zelligen Fadenbakterien, T r ich o bakteriell, gegenüberzustellen. Bei ihnen, z. B. der scliAvefelhaltigen Beggiatioa (Fig. 17 a) ist der Vege- tatiouskörper ein unverzAveigter Zellfaden, dessen einzelne cylindrische Glieder bazillenähnlich sind, aber nur zu ZAveckeii der Vermehrung sich Amu einander trennen und beAA^eglich Averden. Für unverzAveigte Bakterien- fäden ohne besondere Scheide (p. 10) ist der Kollektivname L e p t o t h r i x gebräuchlich. Den zusammengesetztesten Vegetationskörper hat die Gattung C 1 a d 0 1 h r i X , eine Wasserbakterie mit reich gabelig verzAveigtem Spross- system. Die Seitenäste entstehen dadurch, dass einzelne Glieder des Fadens (Fig. 2f) sich seitlich aus der aufgelockerten Scheide, die hier jeden Stamm und Ast des Sprosssystems überzieht, hindurchschieben und nun zu einem neuen Aestchen auswachsen. Deshalb hängen diese nur oberflächlich mit dem Mutterast zusammen (Fig. 2/; Fig. 12). Man redet hier von „f a 1 s c h e r V e r z w e i g n n g“, Pseudo verzAveigung, im Gegensatz zu der echten, Avie jedes Pilzmycel sie zeigt (Fig. 2g). Hier treibt ein Glied des Fadens seitlich zur Längsachse eine Ausstülpung hervor, die in der neuen Richtung AveiterAvachsend zum neuen Seitenast Avird. Er steht in demselben engen Verbände mit seinem Tragast Avie dessen einzelne Glieder untereinander. Solche echte VeraAveigung ist bei den Trichobakterien noch nicht beobachtet. Damit ist der Formenkreis normal entwickelter Bakterien erschöpft.

Es sei schon an dieser Stelle auf einige W u c h s f o r m e n hinge AAuesen, zu denen viele Individuen der Haplobakterien sich A^ereinigen können. So bildet der Milzbrandbacillus geAvöhnlich Ketten oder uiiA^erzweigte Fäden (Fig. 28), die von echten Fadenbakterien sich äusserlich nicht unterscheiden, Avohl aber dadurch, dass zu jeder Zeit die Kette in ihre einzelnen Glieder zerknicken kann, ohne jede Beziehung zur Fortpflanzung, dass ferner kürzere Ketten aus Avenigen Gliedern, auch paanveise zu- sammenhängende Bazillen und einzelne Stäbchen Amrkommen. Näheres über diese Wuchsformen und ähnliche Erscheinungen bei den Kokken bringt die Darstellung des Teilungsvorganges und der Speziesfrage. Nicht selten findet man zalilreiche Einzelzellen zu bald regelmässig um- schriebenen Massen (Fig. 8, 17 c, 22) zusammengelagert, bald in bunter Unregelmässigkeit durch Gallerte zusammengehalten. Man nennt solche Bakterienhaufen eine Zoogloea. Sie kann sowohl auf festen Sub- straten, Kartoffeln, Nährgelatine sich bilden, als auch in Flüssig- keiten. An deren Oberfläche A^ereinigen sich die einzelnen Indi- viduen oft noch zu einer anderen Wuchsform, der sog. Kahm haut, schlechthin auch Haut genannt, die aus dicht zusammengelagerten IndiAdduen

1*

4

bestellt (Fig. 13 e, 24« u. h). Beide, Zoogloea und Haut, sind bald nur j^-esellig-e A^'uchsformeu, wie ein AVald, eine A\4ese, keine höheren Ein- heiten von morpholog-ischem _A\^ert. ln anderen Fällen aber, wie bei der in Fig\ 3 abg’ebildeten wolkigen Zoogloea und der fein pilzinycelartigen des Bacillus proteus (Fig. 22j liegen echte Koloniebildu’ngen vor, deren Gestalt nicht mehr „zufällig“ ist, sondern bestimmten Regeln des Wachstums und der Vermehrung entspricht und unfehlbar bei jeder neuen Kultur wieder entsteht. Die Systematik hat diese Eigenschaften besonders zu beachten. In allen Zoogloeen und Häuten erscheint aber jede einzelne Bakterie selbständig und unabhängig von den übrigen, der Vegetationskörper bleibt in allen diesen Fällen eine einzige Zelle. Arbeits- teilung, wie bei höheren Koloniebildungen von niederen Pflanzen (Volvo- cineen) und Tieren (Coelenteraten) ist nicht bemerkbar.

Die Bakterien sind die kleinsten Organismen, die man gegen- wärtig kennt; der grösste Coccus hat ungefähr einen Durchmesser von

at

000

bakteriell sinkt

mm, bei den Staphylokokken, den verbreitetsten Eiter- der Durchmesser auf 0,8 das Volumen zu der

sogar

Fig. 3. Stück einer gelappten Zoogloea einer Wasserbakterie (Zoogloea ramigera der älteren Autoren), mit dichtester Lagerung der Stäbchen in der Peripherie, lockerer im Innern; alles durch Gallerte zusammen gehalten. Vergr. 36. Mau vergl. auch die Zoogloeen in Fig. 17 (? und Fig. 22/’, h.

unvorstellbaren AVinzigkeit von ^l7(MMM)Oooo Kubikmillimeter herab. Ent- sprechend der geringen Grösse und dem grossen Wasserreichtum ist auch das Gewicht unfassbar klein: 30 Billionen kommen erst auf ein Gramm. In einem AA^assertropfen von 1 Kubikmillimeter Inhalt würden bequem 1700 Millionen Eiterkokken Platz haben. Auch der bedeutend grössere Bacillus des Milzbrandes ist noch ein winziger Cylinder von 3 10 u Länge, 1 1,2 {.i Breite. Eine mittlere Cigarette müsste man sich, wenn man es könnte, auf verkleinert vorstellen, um zur Grösse eines Alilz- brandbacillus zu gelangen.

Feinerer Bau der B a k t e r i e n z e 1 1 e. 'b Es erscheint auf den ersten Blick recht hofi'nungslos, einen Einblick in den Bau dieser winzigen Organismen zu gewinnen. Dennoch ist es, dank der hohen Ijeistungs- fähigkeit der neueren Mikroskope, gelungen, wenigstens einiges festzustellen. Man hätte ja vermuten können, dass diese an der unteren Grenze des Lebens stehenden Organismen einen Aveit einfacheren Bau besässen als das Element, aus denen sich alle höheren Tiere und Pflanzen auf bauen, als die Zelle. So musste zunächst ermittelt Averden, ob man an einer Bakterie alle die Teile nacliAveisen kann, die man an einer Zelle, z. B. an einer Pflanzenzelle unterscheidet: ZellAA^and (Fig. bei w) und Inhalt, der selbst aus dem Protoplasma (Protoplast) mit Zellkern (Fig. bei j> u. k) und einer Avechselnden Menge von Flüssigkeit, Zellsaft besteht.

Dieser schiebt sich bald in kleinen Safträumchen ( Vakuolen) zAvischen das

fester erscheinende Protoplasma ein.

bald erfüllt er als grosser Zellsaft-

o

raum (Fig. 4^^ bei s) die Hauptmasse der Zelle, das Protoplasma aut einen sclimalen Saum, den sog\ protoidasmatischeu Waudbeleg (Primordial- sclilaucb) zusammemlräugeiid. Da. der Zellsait verscliiedeuartige Stoffe, minei’alisclie Salze und orgauisebe Kör])er gelöst enthält, so entwickelt er einen gewissen Druck, den osmotischen oder Lösnngsdruck, durch den der protoplasmatische Wandbeleg mehr oder weniger stark gedehnt wird. Bis zur Aufhebung des Druckes kann das Protoplasma schon deshalb nicht gedehnt werden, weil es von der weniger dehnbaren, ziemlich starren Zellwand umschlossen wird. An sie wird deshalb das Proto-

Fig. 4. Plasmolyse einer Zelle eines kleinen Haares der Spritzgurke (Fcballium elaterium). a Ur- sprüngliche Anordnung des Inhaltes in Wasser, w Zellwand, p Protoplasma (Wandbeleg, Primordial- scblauch) , s Zellsaft, grosse Vacuole, h Zellkern. h In ‘2,5 Kochsalz, mittlerer Zustand der Plas-_ molvse, das Protoplasma hat sich zurückgezogen und schnürt sich in zwei Teile durch, c Späterer Zu- stand derselben Zelle in 2,5^ 0 NaCl (vielleicht nach h.T Stde.), der Inhalt in zwei getrennte kugelige Teile zerfallen. Vergr. 800.

plasma durch den osmotischen Druck mehr oder weniger stark ange- presst. Damit dieser Zustand eintritt und andauert, die Zelle ihren Turgor behält; ist aber noch nötig, dass die im Zellsaft gelösten Stoffe nicht aus der Zelle heraustreten, denn der Lösungsdruck wird um so kleiner, je verdünnter die Lösung Avird. Der Protoplasmakörper, der rings Avie eine BlasenAvand den Zellsaft iimschliesst, lässt reines Wasser und auch sehr geringe Mengen darin gelöster Stoffe zAvar ungehindert passieren, setzt aber einer i^iiswanderung grösserer Mengen davon einen unüberwindlichen Widerstand entgegen, er ist undurchlässig, iinpermeabel. Eine Eigenschaft, die Avir hier als gegeben annehmen Avollen. Aber es muss noch eine zAveite Bedingung erfüllt sein, damit der Lösungsdruck sich entAvickelt und erhalte. Die Zelle muss in reinem Wasser oder doch in solchem liegen, das Aveniger osmotisch wirkende Stoffe enthält als ihr Zellsaft. Jetzt äiissert sich der osmotische ‘Druck, da die im Zellsaft gelösten Stoffe das Bestreben haben in die umgebende Flüssig- keit sich auszubreiten und in ihr gleichmässig zu verteilen. Da sie hierin durch den impermeablen Protoplasmaschlauch ganz oder fast ganz verhindert Averden, so äiissert sich die BeAvegung der dem Wasser zu- strebenden Moleküle als Druck auf den Plasmaschlauch, als Lösungsdruck. In den geschilderten Bedingungen befinden sich nicht bloss die Zellen aller im Wasser lebenden Pfianzen, sondern auch diejenigen der Land- pflanzen, da die Cellulosewände stets mit Wasser vollgesaugt sind.

Legt man eine solche Zelle in eine Lösung, die mehr osmotisch Avirksaine Stoffe als der Zellsaft enthält, z. B. in eine 5 % Salpeterlösung (oder 2,5 Kochsalz), so ändert sich dies Verhältnis. Der grössere Lösungs- druck Avird jetzt von der Salpeterlösung auf den Protoplasmakörper aus- geübt, der Innendruck des Zellsaftes Avird aufgehoben, der Protoplasma- körper zieht sich infolge der Entspannung mehr oder Aveniger stark zusammen, bis ein Gleichgewicht zAvischen dem Druck des Zellsaftes uiid_ dem der umgelienden Salzlösung eingetreten ist. Die Kontraktion beginnt als leichte Abhebung des Protoplasmas von der Zelhvand gerade dann, Avenn die Salzlösung aussen einen gleichgrossen Druck entAvickelt

G

Avie der ZelLsaft. So hat man ein Maass für dessen osmotische Kraft in der Konzentration, die zum Beginn der Kontraktion erforderlich ist. Man nennt diese Zusammenziehimg des Protoplasmas Plasmolyse, d. h. Ab- lösung des Protoplasmas von der Zellwand.

Da das Salz der umgebenden Lösung durch den impermeablen Protoplasmakörper nicht einzudringen vermag, so geht selbst l)ei langem Liegen in der Lösung die Plasmolyse der Zelle nicht zurück. Würde dagegen das Salz eindringen, dann würde die Plasmolyse verschwinden, weil jetzt ein Ueberdruck in der Zelle wieder einträte. Dieser ist sofort hervorzurufen dadurch, dass man die Salzlösung durch Wasser ersetzt, der Protoplasmakörper legt sich in kurzer Zeit der Zellwand wieder an, die Zelle hat ihren früheren Turgor wieder angenommen. Diese kurz geschilderte Plasmolyse lässt sich nur an lebenden Zellen hervorrufen, da nur das lebende Protoplasma die hierzu nötige Impermeabilität besitzt. Die Zelle stirbt dabei nicht ab und bleibt auch nach dem Rückgang der Plasmolyse lebendig.

In kugeligen Zellen zieht sich das Protoplasma bei der Plasmolyse zu einer Kugel zusammen, in lang cylindrischen Zellen aber, z. B. in Haaren (Fig. 4) oder in Algenzellen zerschnürt sich der Inhalt gewöhnlich in zwei, zuweilen drei und noch mehr Teilstücke, die anfangs noch durch schmale Plasmafäden Zusammenhängen (Fig. 4 b). Später zerreissen diese auch und es liegt dann im häufigsten Falle je ein kugeliges oder eiförmiges Schnürstück des Inhaltes in jedem Zellende (Fig. 4cj. Beim Wiederausgleich der Plasmolyse dehnen sich die Stücke aus und ver- schmelzen bei der Berührung zum einheitlichen Protoplasmakörper der turgescenten Zelle. Bei solchen plasmolytischen Durchschnürungen darf der Rückgang der Plasmolyse nicht allzurasch beschleunigt werden, weil sonst leicht die Teilstücke platzen und so der Inhalt getötet wird.

Die Plasmolyse bietet demnach ein sehr wichtiges Mittel zur Unter- suchung der Zelle. Ein anderes, allgemeiner gebrauchtes Mittel, um feinere, an lebendem Material nicht erkennbare Strukturen zu verdeut- lichen, besitzen wir in den zu hoher Vollendung ausgebildeten Methoden der Fixierung und Färbung.

Betrachtet man lebende Bakterien mit stärkster Vergrösserung (über 2000), so wird man nur wenig sehen. Der Bakterienkörper hat zwar einen scharfen Umriss, es ist aber nicht möglich eine Meml)ran (Zellhaut, Zellwand) von dem Inhalt zu unterscheiden. Der letztere erscheint l)lass

und homogen, nur

einige

stärker glänzende Körner treten zuweilen

deutlich hervor, bei sehr grossen Bakterien (Spirillum, Cladothrix) heben sich auch mit Saft erfüllte Räume (Vakuolen) von dem Protoplasma durch wasserähnliches Aussehen al). Von den später zu schildernden Be- w^egungsorganen ist gar nichts zu sehen.

Um Bakterien mit einem der üblichen F i x i e r u n g s in i 1 1 e 1 (z. B. J od- alkohol, Osmium säure, Chromsäure etc.) zu nachfolgender Färbung vor- zubereiten, verreibt man auf einem Deckgläschen ein kleines Tröpfchen der fixierenden Flüssigkeit mit einer Spur der l)akterienreichen Kultur und lässt eintrocknen. Die Bakterien trocknen so in fixiertem Zustande fest an das Deckglas, lassen sich durch längeres Spülen mit Wasser von dem Fixierungsmittel befreien und färben (Anilinfarben, Häniatoxylin). Ab- gesehen von den allerwinzigsten Formen werden alle anderen (Cholera, Typhus, Milzl)rand, Spirillen, Cladothrix, Fig. 5) jetzt einen überein- stimmenden Bau erkennen lassen. Die Membran tritt nur als scharfer Umriss hervor und unischliesst einen von zahlreichen Safträumchen

7

(Vakuolen) schaumig’ oder löcherig erscheiiieiideu Protoplasmakörper, der in dichter, zusammenhäugender Schicht als AV and beleg der Membran an- liegt und zwischen den A^akuolen in schmalen Bändern und FiUlen sich hinzieht. Die ganze Masse des Protoplasmas färbt sich gleichmässig und erfüllt den ganzen Kaum innerhalb der Haut, irgend welche feine Glie- derung vermag selbst die vorsichtigste Färbung nicht autzudecken. Stärker färben sich nur jene glänzenden oft schon in lebenden Bakterien sichtbaren Kügelchen, die man als C h r o m a t i n k ö r n e r zu bezeichnen pflegt, weil ihr starkes Färbungsvermögen an die der „chromatischen

Fig. 5. Mit Jodalkohol fixierte und dann in ver- schiedener Weise gefärbte Bakterien, a u. b Cladothrix dicho- tonia mit Scheide und einem (a), oder mehreren! ft) Chromatin- körnern in jeder Zelle (Hämatoxylin). c Typhusbacillen wie vorigel Methylenblau). J Vibrio Cholerae ebenso (Methylen- blau). e Bacillus Anthracis (Hämatoxylin), / Spirillum undula (Hämatoxylin). Alle Bilder lassen die im Text beschriebene Beschaffenheit des Inhaltes erkennen ; Chromatinkörner schwarz, Vacuolen (Zellsafträume) weiss, Protoplasma fein punktiert. Vergr. a— e 2250,/ 1500.

Substanz” echter Zellkerne erinnert, eine freilich nur wenig sagende Aehnlichkeit. AA^enn nur ein solches Chromatinkorn in einer Bakterienzelle liegt ’(Fig. 5«, c, d, e), dann ruft es den Eindruck eines Zellkernes hervor, sowohl durch sein Grössenverhältnis zur ganzen Zelle, als auch sehr oft durch seine Lage in deren Mitte. Da aber ebenso oft mehrere, selbst viele solcher Körner in einer Zelle enthalten sind (Fig. bb und andere), so fehlt jeder gute Grund, sie als Kerne zu deuten, so lange nicht nocli anderes als die kernähnliclie Färbung dafür anzuführeii ist. Auch zur Teilung der Zelle stehen die Chromatinkörner in keiner Be- ziehung. Alan wird sie einstweilen als Keservestofte, die Bakterienzelle als kernlos anzusehen haben. Denn mehr als diese Chromatinkörner herauszufärben, ist trotz zahlreicher Bemühungen, einen Kern nachzu- weisen, noch nicht gelungen.

Dagegen hat sich noch eine ganz abweichende Ansicht viele Freunde erworben. AA^enn man Bakterien mit Anilinfarben färbt, so scheint es, als ob diese winzigen Körperchen verhältnismässig viel Farbstoff auf- nehmen und ihn auch entfärbenden Alitteln (Alkohol, schwache Säuren) gegenüber fester halten, als das Protoplasma anderer Zellen. Da nun weiter in diesen die Zellkerne durch grössere Färbbarkeit sich aus- zeichnen, so entstand allmählich der Mythus der Kernfarbstoffe, also solcher, die von echten Zellkernen besonders intensiv gespeichert werden. Freilich war es nur ein Alythus, denn die Zellkerne speichern alle Farbstoffe stärker als das übrige Protoplasma, was nicht auf andere chemische, sondern nur andere physikalische Eigenschaften, grössere Dichte und daraus folgendes grösseres Adsorptionsvermögen, hinweist. Die Aberkennung dieser A^erhältnisse führte nun zu den in fast alle bakterio- logisclien Hilfsbücher übergegangenen Satz, dass die Bakterien sich be- sonders stark mit „Kernfarbstotfen“ färben und deshalb wohl selbst als primitive Kerne, denen Protoplasma nocli ganz oder fast ganz fehle, zu deuten seien. Spekulation schloss sich an Spekulation ; da die Bakterien

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die einfachsten Organismen sind, die wir jetzt kennen, so entstand die H.ypotliese, dass die ersten Organismen, die auf der Erde anftraten, solche protoplasmalose Kerne, zn denen erst später das Protoplasma hinzu- gekommen sei, gewesen sein müssten.

Die Färbbarkeit d e]s B a k t e r i e n i n h a 1 1 e s ist nun gar keine ungewöhnlich grosse, wenn man die ebenfalls sich färbende Membran ab- rechnet. Aber selbst dort, avo vielleicht eUvas mehr Farbstoff gespeicliert Avird, als bei anderen Protoplasmen, liegt keine Eeaktion auf Kernsiib- stanz oder Kernnatur A^or.

So Avürde die Untersuchung mit den üblichen Fixierungs- und Färbnngsmethoden ergeben, dass der Leib der Bakterien ein kernloser Protoplast ist, der von einer Membran umgeben Avird.

Diese hebt sich besonders deutlich ab bei der Plasmolvse. Um Bakterien zu plasmolysieren nimmt man ein sehr kleines Tröpfchen AVasser mit Bakterien, legt vielleicht einige Baiimwollfäden hinzu und deckt ein Deckglas auf, an dessen Unterseite immer viele Bakterien festhaften, so dass sie selbst von starken Strömungen nicht AveggeAvaschen Averden. Dann setzt man die betreffende Salzlösung am Bande zu. Alle kuge- ligen und sehr kurz cylindrischen Bakterien Averden bei der Plasmolyse nur glänzender, nur daran ist die auch hier eintretende Kontraktion des Inhaltes bei den AAdnzigen Formen zu erkennen. Gestreckt C3dindrische Zellen aber, AAÜe die Bakterien des Typhus, der Cholera, fluorescierende Bazillen, Spirillen, Cladothrix und viele andere lassen den A^organg der Plasmolyse in aller Deutlichkeit erkennen. Schon in 2,5 Kalisalpeter, oder 1 , Kochsalzlösung (Blutserum, unverdnnstet , enthält schon 0,7%) Aveicht der Inhalt A^on der jetzt deutlich als zarte Hülle sich abliebenden Alembran zurück und zerfällt, genau Avie bei gestreckten Pflanzenzellen (Fig. 4 n. 6) in zwei, zuweilen auch drei und mehr glänzende Kugeln, die beim

Fig. 6. Plasmolyse der Bakterien, a Vibrio cholerae von

einer Agarkultur ( Fleischwasser, -|- 1% Pepton F "l^’^^'^'^cnzucker ) in l,25®/o Kochsalz plasmolysiert, lebend, schwach (SOOinal) vergrössert, die Bakterien in glänzende Körnchen zerfallen, ö AVie a, aber stark vergrössert. c Vibrio Cholerae plasmolysiert, mit Geissei. d Typhus- bacillen in 2,5% Kochsalz, verschiedene Anordnung des durch- geschnürten Inhaltes, gefärbt, reclits von c ein Bild wie das der Pflanzenzelle in Fig. 4Z>. e Spirillum undula beim Eintrocknen von fauligem AVasser plasmolysiert, die Struktur der einzelnen Pro- toplasmastücke gut sichtbar. Protoplasma überall schwarz. A'ergr. a 300 h e 1500.

AiiSAvaschen der plasmolysierenden Lösung sich Avieder ausdehnen und zu dem blassen Protoplasten verschmelzen. In kürzeren Zellen schrumpft dieser geAvöhnlich nur zu einer glänzenden, kugeligen oder eiförmigen Alasse zusammen , die bald in der Mitte der Zellen liegt, bald am Ende. Plasmolysierte Bakterien (T^^phus, Cholera, Spirillen) selien bei

ob sie in glänzende Kügelchen a\ erst bei starker A^ergrössernng heiTor (Fig. Gi).

So lehrt die Plasmolyse erstens, dass die Alembran nicht fest mit dem Inhalt verbunden ist, etAva aa ie die Haut (Pellicnla) der Infusorien,

scliAvächerer Vergrössernng so aus, als und Klümpchen zerfallen Avären (Fig. 6 tritt der zarte Saum der Haut deutlich

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sondern dass sie ihn g'anz frei nniliüllt, wie die (^ellnlosemembran einer PHanzenzelle. Die riasniol3^se lehrt aber auch weiter, dass der osmotische Druck in einer Bakterienzelle fast nur 7-2 so gross ist wie in den Zellen der höheren Pflanzen, da jene schon durch eine halb so starke Salzlösung plasinolysiert wird, wie diese. Der Innen druck einer Bakterienzelle erreicht schon die stattliche Höhe von 3 ß At- mosphären. Aber noch zweierlei ist zu beachten. Tn stärkeren Salz- lösungen, • z. B. 5 *7o Salpeter geht die Plasmolyse schon in wenigen iMinnten wieder zurück, als Zeichen dafür, dass Salz eingedrungen ist, und auch in schwächeren Lösungen (2,5 % Salpeter) verschwindet sie in einigen Stunden. Hieraus folgt, dass das Protoplasma der Bakterienzelle für Salze und wohl allgemein viel durchlässiger ist, als das der Ihdieren Pflanzen. Es teilt diese grössere Permeabilität mit den Flagellaten und anderen niederii Organismen z. B. den blangrünen Algen und den Meeres- algen. Die Anbeqnemung an das Medium ist hierdurch wesentlich er- leichtert, zugleich auch die Aufnahme der Hahrungsstoffe, die Ab- gabe der Stoffwechselprodnkte , z. B. bei Gärungsbakterien der Gärnngsprodnkte , bei pathogenen der giftigen Körper, der Toxine. Endlich bleiben die beweglichen Bakterien trotz der Plasmolyse in Bewegung, woraus sich, wie in der nächsten Vorlesung gezeigt werden soll, gewisse Aufschlüsse über die Natur der Bewegungsorgane ergeben.

Bei der üblichen Herstellung von Bakterienpräparaten, Ein trocknen auf dem Deckglas, werden soviele Salze aus dem Nährsubstrat, das gewöhnlich 0,7 % Kochsalz enthält, mit übertragen, dass beim Ver- dunsten des Tropfens die für eine Plasmolyse erforderliche Konzen- tration erreicht wird. Die Bakterien trocknen plasmol3^siert fest und geben bei der Färbung ganz andere Bilder als sonst, bei Cholera, Typhus lind anderen liegt in jedem Zellende eine stark gefärbte Kugel (Polkorn) des plasmolysierten Inhalts, im übrigen ist die deutlich sichtbare Haut leer (Fig. 6). Eine richtige Beurteilung solcher und ähnlicher Bilder kann nach dem Mitgeteilten nicht schwer fallen.

Die Bakterienzelle, so dürfen wir aus dem Gesagten folgern, stellt ein gleiches osmotisches System dar, wie eine Pflanzenzelle und unter- scheidet sich von ihr besonders durch den Mangel eines Zellkernes.

Die Membran (Haut, Hülle) der Bakterien ist meistens dünn und zart, farblos und ohne feinere Struktur und besteht nicht, wie die Pflanzen- membran aus Cellulose, sondern wahrscheinlich aus einem Eiweisskörper, Avohl einer Modifikation der auch das Protoplasma auf bauen den Stoffe. Des- halb hat sie auch eine ähnliche Permeabilität wie dieses und ist weniger permeabel als die Cellulosemembran der Pflanzen. Es hat sich gewisser- massen bei den Bakterien noch nicht jene Arbeitsteilung vollzogen in eine^ sehr permeable äussere starre Haut, die Cellulosemembran, und eine Avenig permeable innere Haut, den Protoplasmaschlauch (die Plasmahaut). Der Verkehr mit der Umgebung Avird vielmehr durch zAvei Zonen mittlerer Permeabilität geregelt.

Wie die Zellhaut vieler Algen, grüner und blaugrüner, besitzt auch die Haut mancher Bakterien die Eigenschaft der Gallertbildung, bei anderen die der Scheidenbildung. Die A^ergallerte oder schleimige Membran erscheint als zarter heller Hof, der bald schmäler, bald breiter ist Avie die Amn ihm umschlossene Zelle und deren Form ge- nau entspricht (Fig. Ib d) Mit besonderem Kniff' lässt sich die Gallert- hülle auch färben. Sie entsteht durch UniAvandlung, Wasseraufnahme der äussersten Membranschichten, Avährend durch die Thätigkeit des Protoplasten

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die innersten dicliten Schichten immer wieder erneuert werden. Die ver- g’allerte Membran zertliesst mehr und melir und vereinigt grosse Mengen von Bakterien zu den schleimigen Massen der verschieden gestalteten Zoogloeen (Leuconostoc ^ auch Vorl. Xlllj. Eine deutliche Gallerthülle fehlt den meisten Bakterien, deren Membran entweder gar nicht ver- gallert oder nur von einem äusserst zarten nicht sichtbaren Gallertsaum überzogen ist. Die Natur der dargebotenen Nahrung beeinflusst die Gallertbildung oft in sehr auftälliger Weise (Fig. Ib^ c.) auch können stark schleimige, fadenziehende Massen entstehen, ohne dass eine echte Gallerthülle, vergleichbar der der Gallertalgen erkennbar ist (schleimiges Bier, Wein etc.). Nur wo ein scharf umschriebener Gallerthof die Zelle umgiebt, sollte man von „Kapseln“ reden, die dann auch ein gutes dia- gnostisches Merkmal abgeben (Leucouostoc).

Freilich darf nicht jeder helle Hof nm angetrocknete Bakterien als Kapsel gedeutet werden, wie so oft geschieht. Es können auch Artefakte vorliegen, wie folgendes Beispiel lehrt. In Trockenpräparaten aus ei- weiss- und schleimhaltiger Flüssigkeit, wie Blut und anderen Körper- säften entsteht ein gleichmässig feiner, leicht sich färbender Ueberzug der- artiger Stoffe, uud in diesen sind die Bakterien eingebettet. Meist umgibt sie ein schmaler heller Hof (Fig. 7 a), die sog. Kapsel (Milzbrand, Pneu- moniekokken). Beim Eintrocknen schrumpfen natürlich die wasserreichen Bakterien etwas, am meisten beim letzten Wasserverlust, wenn der feine

Fig. 7. Kapseln und Gallerthüllen. a Bacillus Anthracis mit sog. Kapseln im Trockenpräparat vom Lebersaft einer Milz- branclmaus ; über die Natur dieser Kapseln , ebenso wie der anderer Kapselbazilleu der Medizin vergl. man p. 10. b d LeuCO- nostoc mesenteroides (Froschlaichpilz) b auf zuckerfreiem Nährboden, ohne Gallerthülle, c mit Gallerthülle auf zuckerreichem Nähr- boden {b c nach Liesenherg und Zopf), d ältere Gallertmasse mit gewundenen Kettchen (nach van Tieghem). Vergr. a 1500, b VL c 1200, d 500.

Ueberzug aus den Stoffen des Blutes und der Säfte schon angetrocknet ist. Der helle Hof, die Kapsel, muss herVortreten. Damit stimmt überein, dass derartige Kapselbakterien in Reinkulturen keine Kapsel zeigen, dass diese nur an den geschilderten Trockenpräparaten erscheint und, zweifelhafte Ausnahmen abgerechnet, auch in Schnitten durch Gewebe nicht zn sehen ist. Milzbrandbazillen in Nierenschnitten einer an Milzbrand verendeten Maus sind kapsellos, im Blutpräparat derselben Maus haben sie eine Ka})sel (Fig. 7 a). Nur aus obigem Grunde, nicht weil in dem Blut die Bazillen anders sich verhalten nnd Gallerte bilden: denn auf Agar ge- zogene kapsellose Milzbrandbazillen im Blute oder Lebersaft einer ge- sunden Maus eingetrocknet, erscheinen nunmehr auch von einer Kapsel, dem oben geschilderten Artefakt, umgeben.

Der umgekehrte Prozess, nicht eine Verflüssigung, sondern eine Ver- dichtung und Verfestigung der änssersten Membranschichten führt zur Bildung sog. Scheiden, die bisher nur bei Fadenbakterien (Crenothrix, (ladothrix) gefunden worden sind, bei blaugrünen Algen in den Gattungen Tolypothrix, Lyngbya und vielen anderen Vorkommen. Die cylindrischen

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Fadenglieder stecken in einer Eölire, ans den festverscliinolzenen äusseren Membranschicliten, die vollkomnien von der eigentlichen AV'and (1er Glieder sich ahlösen, so dass diese frei in der Röhre verschiebbar sind (Fig. 2 lind 5). Ans ihr schlüpfen sie auch als bewegliche, unbescheidete Körper, Gonidien (Fig. 12) hervor, die wieder zu neuen Fäden mit Scheiden aus- wachsen. Ganze Sprosssysteine der Cladothrix oder einzelne Aeste werden auf diese Weise entleert, die zurückbleibenden starren Scheiden zerbrechen oder vercinellen und verschwinden schliesslich ganz. Durch Einlagerung von Eisenoxydhydrat werden diese Scheidenbruchstücke sehr widerstands- fähig, sie vergehen sehr langsam und häufen sich oft in Mengen in eisenlialtigen Wiesen- und Snmpfwässern an (vergl. Eisenbakterien).

Von einer Scheide wird man nur dann reden können, wenn eine wirkliche Röhre sich erkennen lässt, in der der Zellfaden steckt; farl)- lose Lücken in gefärbten Präparaten von Fadenbakterien sind allein noch kein Beweis für eine Scheide, da hier z. B. Plasmolyse vorliegen könnte.

I

II.

Mni'pliolocjie des Veijetatioiiskörpers.

2. Farbstoffe, besondere Zelleiiiscblüsse; Bewegung’ und Bewegungs- organe; Zellteilung; Bildung und Keimung der Sporen.

Die meisten Bakterien sind farblos und sehen, auch wenn sie. wie in Agarkulturen, in dichten Haufen bei einander liegen, entweder rein weiss oder nur schwach gelblichweiss aus. Eine grosse Anzahl aber, die P i g in e n t b a k t e r i e n oder chroinogenen, sind durch lebhafte Färbung ihrer Kulturen ausgezeichnet, schwefelgelb wachsen z. B. Sarcina-Arten, Staphylococcus pyogenus citreus, goldgelb bis orange der Staphyl. pyog. aureus, Sarcina aurantiaca, gelbbraun der Bacillus brunneus ; iii ver- schiedenen Nuancen von Eot leuchten die Kulturen des Micrococcus agilis, des Bacillus prodigiosus, des Spirillus rubrum, einen blauen Farbstoff ent- wickelt der Bacillus cyanogenus der blauen Milcli, einen tiefvioletten der Bacillus violaceus, grünlich oder bläulich fluoreszierende Verbindungen scheiden einige Bakterien des Wassers, ferner der Bacillus pyocyaiieus aus blaugrünem Eiter aus. Die Bildung aller dieser gelben, bmunen, roten, blauen, grünen und fluoreszierenden Farbstoffe ist sehr abhängig von den Kulturbedingungen, wie Luftzutritt, Beleuchtung, Temperatur, Zusammensetzung und chemische Reaktion der Nährlösung.

Die meisten Pigmentbakterien sehen unter dem Mikroskope farblos aus, so dass es schon hierdurch zweifelhaft wird, ob der Farbstoff' wirk- lich im Bakterienkörper sich ablagert. Beim Bacillus prodigiosus. dem Wundertier der blutenden Hostien, flndet man zwischen den farblosen Stäbchen kleine Körnchen und Krümel des Farbstoffes, der hier nur als „zufallig‘' gefärbte Aussclieidiing erscheint und den dichtgehäuften Massen der selbst farblosen Bakterien die charakteristische Farbe verleiht. Die fluoreszierenden Farbstoffe sind in der Kulturflüssigkeit gelöst, sie diffun- diren iu den Agar, der durchweg fluoresziert, ähnlich verhält sich der blaue Farbstoff’ des Bacillus cyanogenus. Auch hier sind die Bakterien selbst ungefärbt. Bei den meisten Pigmentbakterien verhält es sich so, sie sind nur c h r o m o p a r ‘^), einige andere dagegen sind wirklich c h r o m o - phor, d. h. der Protoplasmakörper ist selbst getarbt, so bei den roten

Scliwefelbakterien (Oliromatiuin, 'l'liiocystis etc.) und bei einigen l)latt- griinen (Bac, virens). Ob diese letzteren ") mit vollem Recht als Bakterien bezeichnet werden oder mir verkannte Algen sind, bedarf nocli weiterer Untersnchnng. Bei einigen (para Chromatophoren) Arten endlich scheint vorAviegend die Wand gefärbt zu sein (Bac. violacens).

Nur bei den Chromophoren Bakterien, deren Farbstoff nicht an be- sondere Farbstottkürper, ähnlich etwa den Chlorophyllkörnern, gebunden, sondern gleichmässig im Inhalt verteilt ist, sind Beziehnngen zwischen dem Farbstoff und der Ernährnng zu vermnten. So hat man für das Bak- teriopnrpnrin, den Farbstoff der roten Schwefelbakterien nachgewiesen, dass sein Lichtabsorptionsvermögeii zur Kohlensänreassimilation in einem ähnlichen Verhältnis steht, wie das des Chlorophylles bei den höheren Pflanzen (Vorl. VII).

Alle chromogenen Pigmeiitbakterien scheiden den Farbstoff nur als Excret ans, dessen spektroskopische und chemische Untersnchnng deshalb auch keine Rolle der Farbstoffe im Stoffwechsel anfzndecken vermag. Einige Pigmente sind fettartiger Natur (Lipochrome) andere stehen der basischen Körpergrnppe der Ptomaine nahe, andere gehören zn den Eiweisskörpern, der Farbstoff des Bacillus cyaneo-fuscns ist dem Indigo

ähnlich.

Besondere geformte Zelleinschlüsse fehlen den meisten Bakterien, deren Inhalt mit Jodlösnngeii sich goldgelb färbt, wie alles Protoplasma. Einige Bnttersänrebakterien aber (Vorl. XIII), ferner einige die mensch- liche Vnndhöhle beAvohnende Arten (Vorl. XV) färben sich mit Jod bläu- lich bis tiefscliAvarzAiolett, sie geben die sog. Grannlosereaktion. Der Stoft“, der diese Reaktion veranlasst, ist noch nicht genau bekannt, er AA’ird als Granulöse bezeichnet, weil er sich genau so färbt wie der gleich- namige Bestandteil der Stärkekörner. Ob er mit ihm chemisch ganz überein- stimmt, ist ans der Jodreaktion allein nicht zn entnehmen, ein Kohlehydrat ist er Avahrscheinlich. Zn seiner Entstehung sind Kohlehydrate erforderlich, die den Mnndbakterien ja reichlich durch die Speisen zngeführt Averden lind auch bei keiner Bnttersänregärnng fehlen. Der Körper Avird zunächst in winzigen Körnchen anfgespeichert, so dass die mit Jod gelb gefärbten Bakterien fein schwarz punktiert erscheinen, später Avachsen die Körn- chen beträchtlich heran und endlich scheint sich der Stoff mehr gleich- mässig über den ganzen Inhalt zn verteilen, der jetzt durch AA'eg blau oder Auolett sich färbt.

Sehr sonderbar verhalten sich die Buttersänrebacillen, die zunächst keine Granulöse enthalten und sie erst Avenn die Sporenbildnng heran- naht anfspeichern, aber nicht in der ganzen Zelle. Der Teil, in dem die Spore entsteht, bleibt frei davon und färbt sich bis zn ihrer völligen Ausbildung mit Jod gelb. Es tritt uns hier schon eine Art von Arbeits- teilung entgegen , ^ das eine Stück der Zelle , z. B. das kopfig ange- scliAvollene Ende, dient zur Ausbildung der Spore, der übrige, c.ylindrische Teil zur Aufnahme und Speicherung der Granulöse, die Avohl zur Ernährnng der Spore verAveiidet Avird (Fig. 11 c f).

Ganz absonderlich und im ganzen Organismenreich auf diesen einzigen Fall beschränkt ist das Vorkommen von ScliAvefel bei den Sclnvefel- bakterien (Vorl. VII). Glänzende Kugeln, die in ScliAvefelkohlenstoff, Alkohol, Xylol und Alkalien löslich sind, und, wie auch andere Reaktionen noch beAveisen, ans reinem ScliAvefel bestehen, ertüllen oft bis zur Ueber- ladnng die Zellen dieser Schwefelbakterien. Der ScliAvefel ist nicht ans- krystallisiert, sondern in Aveichen amorplien Massen abgelagert. Nach der

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Beliandlmig- mit Scliwefelkoiilenstolf bleiben zarte Lücken zurück, in denen als feste Einschlüsse in das Protoplasma die Scliwefelkörper gestecken haben.

Einlagerungen anderer Stoffe sind bis jetzt nicht beobachtet, abge- sehen von glänzenden Fetttröpfclien, die zuweilen, besonders in alten Kul- turen, auftreten.

B e w e g u n g und B e w e g u n g s o r g a n e. Wenn man Bakterien irgend beliebiger Art im AVasser betrachtet, so wird man bemerken, dass alle mehr oder weniger zitternd sich bewegen, man wird aber bald einen wesentlichen Unterschied erkennen zwischen einfachen Zitterbewegungen und einer wirklichen Ortsbewegung. Die erstere, die BuowN’sche Mole- kularbewegung begegnet uns wieder im Tanzen der Sonnenstäubchen, winziger, in der Luft schwebender Staubteilchen, die durch die mole- kularen Stösse der Luft in zitternde Bewegung versetzt werden. Alle Körperchen von einer gewissen AVinzigkeit ab führen auch, in Flüssig- keit suspendiert, solche Molekularbewegungen aus, so die winzigen Russ- teilchen fein verriebener Tusche. Auch die Bakterien sind so klein und leicht, dass sie in molekulares Zittern geraten. Eine Lebensäusserung liegt hier nicht vor.

Die selbständigen BeAvegungen der Bakterien sind entweder Sclnvimm- beAvegungen oder die seltene Form der Oscillation und Flexilität, die nur bei Fadenbakterien vorkommt.

Lebhafte S ch wimmb e Avegungen führen aus unter den Kugel- bakterien nur der rote Micrococcus agilis, unter den Stäbchenbakterien sind dauernd unbeweglich die Bazillen der Tuberkulose, Diphtherie, des Milzbrandes, die der Milchsäure- und der Essigsäuregährung, viele Pig- mentbakterien, lebhaft bewegen sich die Bakterien der Buttersäure- gährung, der Typhusbacillus und die meisten in faulen Flüssigkeiten lebenden Stäbchen. Die Vibrionen und Spirillen sind gleichfalls gute ScliAAdmiiier. Bei starker Vergrösserung scheint die ScliAvimmbeAvegung sehr schnell zu sein, sie ist es aber nur scheinbar, weil ja auch der AA^eg stark vergrössert Avird, den die Bakterie in einer gemessenen Zeit zurücklegt. Auf das wirkliche Mass reduziert Avird bei mittlerer BeAvegung in 15 Almuten etwa ein AA"eg von 10 cm zurückgelegt, ])ro Sekunde also nur hfl mm. Diese Schnelligkeit ist im A^erhältnis zur Körpergrösse der Bakterien recht ansehnlich.

Die ScliAvimmbewegung wird durch besondere Organe, Geisse! n oder Oilien unterhalten. An lebenden oder in geAvöhnlicher AA'eise gefärbten kleinen Bakterien sind die Geissein nicht sichtbar, es bedarf zu ihrem NacliAA^eis besonderer Alethoden, deren erste und beste von Löfflek aus- gearbeitet worden ist. Infolge einer Beizung mit Tannineisenlösung AAÜrd der Farbstoff nicht bloss, Avie sonst ein-, sondern, Avie Adelfach in der Fär- berei, aufgelagert und zugleich viel intensiver gespeichert, so dass auch die zarten Geisselfäden stark gefärbt Averden und zugleich, Avie auch der Bakterienkörper, durch die aufgelagerten Farbstoffe dicker erscheinen, als sie Avirklich sind und auch dadurch deutlicher hervortreten. Nach der Anordnung dei‘ Geissein hat man 3 Gruppen zu unterscheiden : monotriche, 1 o p h o t r i c h e und p e r i t r i c h e Bakterien ^ ^’) . Bei den monotrichen sitzt ein einziger Geisselfäden an einem Körper- ende, z. B. bei den Adbrionen (Fig. 8 a, 23), auch denen der Cholera, ferner dem Bac. pyocyaneus. Die lopho tri dien Bakterien tragen an einem Ende einen ganzen Schopf oder Büschel von mehreren Geisseln (Spirillen, manche Fäulnisbakterien, Fig. Hh, 22a 12). Bei den per it riehen

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endlich entspring’en die Geisselii an der ganzen Oherfläclie, bald lockerer gestellt, bald dichter, wodurch die Bakterien in ein dichtes fädiges Kleid eingehüllt erscheinen. Peritrich sind der 'l\ypliiisbacillus und der Bac. coli coinmnne, ferner einige Bnttersäurebakterien, der Henbacilliis, der

Fig. 8. Geisseltypen. a Monotrich (Vibrio Cholerae). h Lophotrich (Spirillum unclulab c Peritrich (Tvphusbazillen). d Entwicklung des neuen Geisselbüschels während der Teilung von Spirillum undula. c Teilweise und (rechts) voll- ständige Einrolluug der Geissein zu Ringen bei Bacillus SUbtiliS. Vergr. a e 2250. In der Fig. a c ist die Struktur des Zellinhaltes nach Jodpräparaten (Fig. 5) ergänzt, um den Bau der Bakterien, soweit er bis jetzt erkennbar gewesen ist, zu veranschaulichen. In Fig. d u. e ist der Inhalt gleichmässig schematisch fein punktiert; in dem nach Löfflers Methode gefärbten Präparat ist wegen starker Auflagerung von Farbstoff von dem Inhalte nichts einzelnes zu sehen. Vergl. auch Fig. 11, 12. 13. 17, 22, 23, 24, 2G u. 28, die weitere Beispiele der verschiedenen Begeisselung geben.

Bacillus proteus, einer der gewöhnlichsten Fäulniserreger, und viele andere (Fig. 8f, e, 11, 13, 22, 24, 28). Die Geisselanordnung ist für jede Art con- stant und selbst die Zahl der zum Schopf vereinigten Geissein kann zur Unterscheidung der Arten dienen.

Ihrer Natur nach entsprechen die Geissein den Fliminerhaaren der tierischen Fliminerepithelien, den Cilien der Algen- und Pilzschwärm- sporen, den Geissein der Flagellaten u. s. w. Eine Geissei ist ein dünner, zarter, langer Faden aus protoplasmatischer Substanz, der lebhaft schlägt und schwingt und so ruderartig den Körper fortbewegt. Sie wachsen langsam hervor (Fig. 8 d) und werden nicht wieder eingezogen, auch bei der plasmolytischen Kontraktion des Inhaltes nicht (Fig. 6 c). Sie erscheinen als ziemlich selbständige Organe, die natürlich die Betriebskraft für ihre Bewegungen vom Protoplasmakörper empfangen, mit dem sie durch feine Löcher der Haut verbunden sind.

Durch ungünstige Einflüsse sind die Geissein leicht zu schädigen. Bei groben Insulten werden sie abgeworfen und zersetzen sich dann oft schon in wenigen Minuten vollständig. Hierauf ist besonders bei dem Nachweis der Geissein in gefärbten Präparaten zu achten, da es ge- schehen kann, dass trotz lebhafter Bewegung keine einzige Geissel zu sehen ist, die beim Eintrocknen des Tropfens abgeworfen worden sind. Besonders nimmt in alten Kulturen die Empflndlichkeit der Geissein sehr zu. Oft werden sie nicht sogleich abgeworfen , sondern rollen sich zusammen und gehen dann erst zu Grunde, peritriche Bakterien sind oft mit einem Schaum solcher eingerollter Geissein umgeben (Fig. 8 c).

Andere Einwirkungen rufen eine G(dsselstarre, Stillstand der Be- wegung hervor, so zunehmende Säure in alten Kulturen, Sauerstottinangel unter dem Deckglas, Mangel an geeignetem Nährmaterial. Durch Neutrali- sieren der Säure, durch Lüften des Deckglases, durch Zugabe von Zucker oder Asparagin lässt sich die Starre aufheben. In Kulturen unbewegliche Bakterien wird man demnach nicht ohne weiteres als unfähig zur Loko- motion ansehen dürfen, erst längere Eilährung ist hier entscheidend; ebenso variiert die Schnelligkeit der Bewegung.

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Die Scliwiinml)ewegimg- besteht in einem Vorwärtsschreiten und ist, wie bei Algen- und Pilzsporen, bei Flagellaten auch zumeist von einer Eotation um die Längsachse begleitet, es ist anziinehmen, dass wie bei den Flagellaten das geisseltragende Ende der mono- und lophotrichen Geissein nach vorn gerichtet ist. Eine Umkehrung würde also durch eine Drehimg von 180*^^ um die Querachse eingeleitet werden. Bei peritri- chen Bakterien weicht die Bewegung im ganzen von der geschilderten nicht ab, nur ersdieinen hier sehr oft liöchst sonderbare Pnrzelbewegungen : die Zelle eilt, sich fortwährend um die Querachse überschlagend, durch das Gesichtsfeld.

Unter den Fadenbakterien beobachtet man die o sei liier ende B e w e g n n g nur bei der Schwefelbakterie Beggiatoa , deren Fäden langsam pendelnd hin- nnd herschwingen und auch vor- und rück- wärts zu gleiten vermögen. Die Erscheinung ist hier ebensowenig auf- geklärt, wie bei den blaugrünen Oscillarien, die nach dieser sonderbaren Bewegung benannt worden sind. Besondere Organe, die die Oscillation vermitteln, hat man nicht erkennen können, die Zellwand erscheint all- seits geschlossen, so dass Protoplasma in leicht nachweisbaren Mengen nicht heranstreten kann, vielleicht geben verfeinerte Untersuchungs- methoden hier Aufschluss. Dass die Bewegungen ohne unmittelbare Be- teiligung des lebenden Protoplasmas zu stände kommen, erscheint ausge- schlossen.

Von Flexilität endlich redet man, wenn die Fäden an und für sich zwar starr und ruhig, aber nicht gerade gestreckt, sondern schraubig und verschiedenartig gekrümmt sind und in mannigfach geschlungenen Bogen verlaufen. Man vermutet, dass flexile Fäden eine weniger starre Haut haben, die den Verschiebungen des von ihr umschlossenen Inhaltes nachzugeben vermag. Solche flexile Fäden kommen bei allen Tricho- bakterien vor, bei den andern dagegen ist die Membran immer starr und fest. Drehungen und Knickungen von Fäden scheinen oft rein mechanisch durch teilweise Trennung der aneinanderstossenden Fadenglieder zu ent- stehen. Genaue Untersuchung der Flexilität ist notwendig.

Vermehrung der Bakterien durch Teilung.^Q Wie jede wachstumsfähige Zelle unter günstigen Ernährungsbedingungen nach einer gewissen Grössenzunahme sich teilt und verdoppelt, so teilt sich auch die Bakterienzelle. Durch die Teilung ihrer einzelnen Glieder wachsen und verlängern sich die Fadenbakterien nur, eine Vermehrung tritt erst ein, wenn die Glieder sich aus dem Fadenverbande lösen und jedes für sich zu einem neuen Faden auswächt. Die einzelligen Vegetations- körper der Haplobakterien dagegen vermehren sich, sobald sie sich teilen. Ein Stäbchen streckt sich, wie eine C3dindrische Pflanzenzelle nnd wird dann durch eine Querwand in zwei Hälften zerlegt, Kugelbakterien werden ellipsoi- disch nnd teilen sich dann ebenso, worauf die beiden zunächst semmelförmigen Schwesterzellen wieder zur Kugel sich abrunden. Feinere, an die Teilungs- vorgänge anderer Zellen erinnernde Verschiebungen des Inhalts sind nicht wahrzunehmen, das Protoplasma schnürt sich einfach zu zwei neue, von der Teilungswand getrennte Protoplasmakörper durch, in derselben Weise wie bei der Teilung einer Cladoi)horazelle. Hier setzt sich zunächst an die Zellwand ein in das Zellinnere vorspringender schmaler Ring von Cellulose an, dort, wo die neue Teilungswand entstehen soll, also in der Mitte der Zelle (Fig. 9 a). Der Ring dringt immer tiefer in die Zelle ein, durchschneidet gleichzeitig den Protoplasmakörper (Fig. 9b) und schliesst sich endlich zur neuen Sclieidewand. Genau so wird wohl auch eine

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Bakterienzelle sich teilen, zu verfolgen sind die Einzelheiten wegen der Kleinheit des Objektes natürlich nicht.

Unter optimalen Bedingungen (Temperatur, Ernährung) teilt sich das Stäbchen des Henbacillns in einer lialben Stunde, der Choleravibrio verdoppelt sich in 20 Minuten, woraus sich für einen ü'ag die stattliche Zahl Amn 1600 Trillionen als Nachkommen einer einzigen Zelle be-

Fig. 9. Querteilung einer vielkernigen lebenden Algenzelle (Cladophora fracta), deren neue Zellwand, wie bei allen viel- kernigen Zellen unabhängig von der Teilung der Kerne entsteht.

In Fig. a erhebt sich senkrecht zur Längswand ein Ringwall der neuen Querwand, der im Bilde (optischer Längsschnitt) als stäbchenförmiger Auswuchs erscheint, an seinem freien Ende vom feinpunktierten Protoplasma umgeben. Die grossen Ringe sind Stärkekörner. Fig. b stellt ein älteres Stadium dar, die neue Wand ist bis auf eine schmale Stelle in der Mitte vollendet. Die Figur soll als Beispiel dafür dienen, wie man sich die mikro- skopisch nicht verfolgbare Teilung einer Bakterie zu denken hat.

Nach Strasburger^ Vergr. 600.

rechnen würde. Diese Menge von Bakterien würde ungefähr 2000 Centner Trockensubstanz enthalten, ein Eiesenexperiment müsste man anstellen, um einen einzigen Kommabacillus in vollster Ueppigkeit sich vermehren zu lassen. So sclilimm ist es nun freilich niemals in der Natur, denn in so regelmässig geometrischer Progression schreiten aus verschiedenen Gründen die Teilungen niemals fort. Einmal schon, Aveil das nötige Nährmaterial niemals, auch im kranken Körper nicht, zur Verfügung steht, ferner Aveil viele Individuen bald absterben, weil die Konkurrenz anderer Organismen hemmend Avirkt, und Aveil endlich, so besonders in Eeinkulturen , die eigenen Stoffwechselprodukte, z. B. Säiirebildimg, bremsen.

Zum Vergleich sei noch hervorgehoben, dass eine ganze Kern- und Zellteilung in den Staubfadenhaaren von Tradescantia 80 100 Minuten dauert, dass aber Amöben schon in 10—20 Minuten eine Teilung a^oII- enden können. Die VermehrungsgeschAvindigkeit der Bakterien ist also keine beispiellose und ganz verständlich, da keine komplizierten Um- lagerungen von Kernelementen vorausgehen, die bei der Teilung kern- haltiger Zellen Adel Zeit erfordern.

Alle cylindrischen Bakterienzellen, gleichviel ob gerade Stäbchen oder gekrümmte Vibrionen oder Spirillen teilen sich stets senkrecht zur Längsachse, niemals parallel damit, AA^as ja den gleichen Erfolg haben Avürde. Die Teilung;sAvand Avird, Avie bei allen Zellen, so sparsam angelegt, dass sie ein Minimum Avird, und das ist allein die QuerAvand. Bleiben die neuen Generationen aneinander hängen, so entsteht die Wuchsform

A. Fischer, Vorlesungen über Bakterien. 2

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der Ivetten und Fäden, die besonders bei unbeweg^liclien Bakterien^ wie dem Milzbrandbacillus, regelmässig- Vorkommen, gelegentlich auch bei den beweglichen, z. B. Choleravibrioneii (Fig. 28 />:},. wo sich aber die beweg- lichen Glieder leichter von einander losreissem Aus der für alle cylin- drischen Bakterien gleichartigen Querteilung ergiebt sich, dass andere Wuchsformen als Ketten nur dann entstehen können, wenn nachträgliche Verschiebungen der Glieder hinzukommen. Bei monotrichen und lopho- trichen Bakterien sprossen aus dem noch geissellosen Ende des zur Teilung str(d)enden Stäbchens die Geisselii für das eine neue Individuum hervor (Fig. 8(f), während die alten Geissein auf die andere Zelle übergehen. Wenn Stäbchen an beiden Enden Geissein tragen, so liegt stets ein junges Teilungsstadium vor. Für die Lebensgeschichte der Geissein ergiebt sich hieraus noch ein Kuriosum. Bei jeder Teilung wird ja nur für ein In- dividuum ein neuer Bewegungsapparat erzeugt, das andere erhält den alten, so kann sich das vielmal wiederholen. Von zwei aneinander- hängenden und zusammen dahin schwimmenden Stäbchen kann das eine einen nagelneuen Geisselapparat tragen, während der des anderen schon hunderte von Teilungen , mit durchgemacht hat. Bei peritichen Formen werden wahrscheinlich während der Streckung der Stäbchen neue Geissein zv/ischen die alten eingeschoben und so der Apparat für die Teilung vervollständigt.

Bei den Kugelbakterien ist jede durch den Mittelpunkt gehende Halbierungswand ein Minimum und für die Oekonomie der Zelle ist es daher ganz gleichgültig , in welcher Eichtung sie gezogen wird. Wenn hier eine bestimmte Eichtung der Teilungsebene eingehalten wird, so ist das schon der Ausdruck für erbliche, morphologische Eigenschaften, die den Wert von Gattungscharakteren besitzen. Am engsten an die Stäbchen- bakterien schliesst sich der Fall an , dass die Teilun,gsebenen in den aufeinanderfolgenden Generationen parallel gerichtet sind. Bleiben jetzt die Zellen aneinander hängen, so entstehen unverzweigte Ketten aus Kügelchen, wie z. B. bei Streptococcus pyogenes (Fig. 10a), einem Eiterungs- erreger, oder wie bei Leuconostoc mesenteroides (Fig. 7 d), dem Frosch- laichpilz der Zuckerfabriken (Vorl. XIII).

Kreuzen sich in regelmässiger Abwechselung die Teilungen in den beiden Eichtungen der Ebene, so entstehen kleine Täfelchen von 4, 16, 64 etc. Zellen (z. B. bei der roten Schwefelbakterie Thiopedia, bei

Fig. 10. Teilungsfolge der Coccaceen (Homococcaceen). « Streptococcus pyogenes,

Teilungswände immer parallel, Kettenwuchs, i PediOCOCCUS tetragenUS (Micrococcus tetragenus), Teilungswände abwechselnd senkrecht zu einander, in den Richtungen der Ebene, Flächen- wuchs. c Sarcina lutea, Teilungeia in den drei Richtungen des Raumes, Würfelwuchs, Packet- wuchs. Vergr. a c 1500.

Micrococcus (Pediococcus) tetragenus (Fig. 10 i). Wechseln’ endlich die successiven Teilungswände regelmässig in den drei Eichtungen ^ des Eaumes ab, so müssen sich die Zellen, wenn sie aneinander hängen bleiben, in die Ecken eines Würfels einordnen und später zu noch grösseren packetähnlichen Ballen von sehr hoher Zeilenzahl. Die Gattung Sarcina (Fig. 10c) ist hierdurch ausgezeichnet. Nur dort, wo mehrere Gene-

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rationell von Kivcfelbakterien cliircli Gallerte zusaniniengeli alten werden, ist es noch möglich, ans der Gruppierung’ die Art der Teilung- heraus- zulesen. Sobald aber die Kugeln nach der Teilung sich trennen, ist es natürlich nicht mehr möglich, über die Aufeinanderfolge der Teilungs- ebenen etwas herauszulinden.

Es bleibt noch der Fall übrig, dass keine feste Regel eingehalten wird, dass bald in dieser, bald in jener Richtung die Kugel halbiert wird. Hier würde sich eine grössere Menge von Wuchsformen, vor allen Dingen auch Verzweigungen in der Ebene und im Raum, kurz ein buntes Gewirr ergeben. Solche Verbände sind von Kugelbakterien nicht be- kannt. Wir müssen deshalb annehmen, dass auch die grosse Schaar der Mikrokokken (z. B. auch die medizinischen Staphylokokken) nach be- stimmten Regeln sich teilen, dass aber infolge schneller Trennung der Individuen keine grösseren, die Regel veranschaulichenden Verbände entstehen können. Am wahrscheinlichsten ist für die Staphylokokken wohl eine Abwechselung in den drei Richtungen des Raumes, aber nicht eine strenge, sondern schwankende, so dass einige Teilungen durch parallele Wände sich vollziehen und dann eine neue Richtung ein setzt, der schneller oder langsamer die dritte oder auch die erste wieder folgen kann. So würden kurze Kettchen, winzige Täfelchen und auch kleine Packetchen nebeneinander auftreten können, wie es in der That die Staphylokokken auch zeigen (Fig. 28a).

Die Spor enbil düng ^-). Die Bakterienzelle vermag zwar eine kurze Zeit auch ungünstigen äusseren Bedingungen (Nährstoffmangel, ungünstige Temperatur, Wassermangel) zu widerstehen, aber nicht länger, nicht Jahre lang, ebenso ist sie auch gegen andere Schädigungen nicht hinreichend geschützt. Wie alle niederen Organismen, deren Nahrungs- quellen an ihrem natürlichen Wohnort zeitweise versiechen, oder denen die Ungunst der Jahreszeit hemmend entgegentritt , so bilden auch die Bakterien besonders widerstandsfähige Ruhezustände oder Dauerformen, die als Sporen bezeichnet Averden. Der Name soll die biologische Ueber- einstimmung mit den gleichnamigen Gebilden bei Algen und Pilzen an- deuten, ohne besondere morphologische Nebenbedeutung. Diese liegt aber in dem Namen „Endosporen“ für die häufigste Art der Bakterien- sporeu.

Ihre Entwickelung würde beim Milzbrandbacillus damit beginnen, dass der Inhalt eines Stäbchens zu einem ellipsoidischen Körper sich zusammenzieht (Fig. 11a), der zunächst noch keine eigene Haut hat und von der sonst leeren Stäbchenhaut umschlosseu Avird. Später schrumpft der junge Sporenkörper noch etAvas mehr zusammen, er wird dichter und lichtbrechender als er früher Avar, als er noch als Protoplast das ganze Stäbcheninnere erfüllte. Jetzt scheidet die junge Spore eine eigene Haut aus, deren Undurchlässigkeit für Wasser und gelöste Stoffe die Spore besonders ihre grosse Widerstandskraft verdankt. Damit ist die Spore fertig, freilich immer noch umschlossen von der leeren Stäbchenhaut (Fig. 11^), durch deren langsame Auflösung sie endlich ganz befreit wird. Die reife Spore ist ein glänzendes, ellipsoidisches , unbeAvegliches Körperchen, das noch bedeutend kleiner ist, als das Stäbchen, in dem es entstand und oft von gallertigen Resten desselben zart umsäumt Avii'd (Fig. 11 y, /i, i 1). Solche freie Sporen findet man in Mengen in 2 3 Tage alten Milzbrandbkulturen, sie entwickeln sicli bei günstiger Temperatur in den ersten 24—36 Stunden. Ebenso entstehen die Endosporen des Heu-

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Dacilliis, dessen Stäbchen ihre cylindrische Gestalt dabei ebenso unver- ändert beibehalten, wie der Bacillus Anthracis (Fig. 116, 13 c).

Ein fortgeschrittenerer Typus der Sporenbildung besteht darin, dass die Stäbchen ihre Gestalt verändern, spindelförmig (Fig. 11c und d) oder durch Anschwellung des einen Endes Stecknadel- oder kaulquappen- oder trommelschlägerähnlich (Fig. 11c und f) werden und dass zwar der

Fig. 11. Sporenentwickelung und Keimung, a Milzbrandbacillus, dessen Inhalt sich zum jungen , noch hautlosen Sporenkörper zusammengezogen hat. b Reife Spore des Milzbrandes, noch eingeschlossen in das Stäbchen, dessen Gestalt während der Sporenbildung sich nicht verändert. c u. d Clostridium butyricum [Pi-azm.), c vegetatives peritriches Stäbchen , d reife Spcfren in der spindelförmig aufgeschwollenen Zelle, deren Inhalt nicht ganz zur Sporenbildung aufgebraucht wird, e U. f Ploctridium paludosum, e unverändertes Stäbchen, f kopfig angeschwollen (Kaul- quappenform, Stecknadelform) mit reifer Spore im dicken Ende, g Keimung der Sporen von Bacillus Anthracis, das Keimstäbchen streckt sich parallel zur Längsachse der kurzellipsoidischen Spore hervor, 3, 4 (nach Prazmoioshi). h Keimung der Spore von BacilluS SubtiliS, Streckung des Keimstäbchens senkrecht zur Längsachse der Spore (3 5); wie beim vorigen schlüpft es schliesslich aus der Sporenhaut (3) hervor (nach Prazmoioski). c BacilluS leptosporus. Die Spore, von einem zarten Gallerthof (punktiert 1 3) umgeben, streckt sich zum Stäbchen, ohne dass eine besondere Sporenhaut zurückbleibt (4) ; einfachste Art der Sporenkeimung (nach Vergr. a 2250, b—f circa 1200. g i 1000.

grösste Teil des Inhaltes, aber doch nicht alles, znm Sporenkörper sich znsammenzieht. Es bleibt ein äiisserst zarter, durch Plasmolyse nachweis- barer Wandbelag übrig, auf dessen Gegenwart wohl die Fortdauer der Schwimmbewegung während der Sporenbildiing ziirückziiführen ist. Die Geissein werden nicht eingezogen (Fig. 11 d und f) und schwingen noch eine Zeit lang munter weiter, bis auch hier die reifen Sporen ganz aus den absterbenden Stäbchen befreit werden.

Formänderung der sporenbildenden Zelle und nur teilweise Um- bildung des Protoplasmas zur Spore scheinen stets zusammen vorzu- kommen. So wenigstens bei den Spindeln einzelner Bnttersänrebazillen, bei den Trommelschlägern einiger Sumpfbakterien. Trotz mancher wider- sprechender Angaben ist wohl sicher, dass die Formänderungen bei den betreffenden Arten stets Vorkommen und zur systematischen Unterschei- dung verwertbar sind. Man kann die Spindeln als Clostridien, die Trommel- schläger als Plectridien unterscheiden. (Ygl. A' orl. III.)

AVeniger die Gestaltverändernng kennzeichnet diesen zweiten Typus als einen höheren, fortgeschritteneren, als vielmehr die Sonderung des Inlialts in den zur Spore werdenden Hauptteil und den das Leben des Stäbchens noch weiter unterhaltenden zarten AVandbeleg. Hierdurch ist eine primitive Art der Arbeitsteilung gegeben, die in der freien Natur

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eine Weiterbeförderung der heranreifenden Sporen an andere, ihrer zu- künftigen Keimung günstige Stellen gestattet.

Von vielen Bakterien kennt man noch keine Endosporen, so von sämtlichen Kokken und einer grossen Zahl pathogener Stäbchen, wie dem des l\vphus, der Tuberkulose, der Diphtherie, ferner vom Choleravibrio. Dass auch sie alle Sporen entwickeln, unterliegt keinem Zweifel, nur scheinen sie besondere, in den Kulturen noch nicht erreichte Bedingungen zu verlangen. Es Avird eine wichtige Aufgabe der Bakteriologie sein, diese Lücke auszufüllen. Zweifelhafte Sporen sind von den genannten pathogenen Bakterien und vielen anderen zwar als glänzende Körnchen und Kügelchen beschrieben, es fehlt aber jeder Beweis für deren Sporen- natur. Vielmehr ist sicher, dass übrig gebliebene „Chromatinkörner“ ans abgestorbenen und zerfallenen Bakterien oder andere Zusammen- klumpungen des vergehenden Protoplasmas mit echten Sporen oft ver- Avechselt worden sind.

Zu den geschilderten Eigenschaften der Sporen kommt noch eine hinzu: sie färben sich ohne besondere Vorbehandlung nicht, woraus nun freilich nicht folgt, dass jede ungefärbt bleibende Lücke eine Spore sein muss.

Um die Sporen zu färben, hat man viele Methoden ausgebildet, die schöne Doppelfärbungen gestatten, so lange noch die Spore in der Stäbchenhaut steckt. Die Undurchlässigkeit der Sporenhaut übervlndet man entweder durch starkes Erwärmen mit stark färbenden Lösungen oder durch eine Vorbehandlung, z. B. mit Cliromsäure, die entweder die Sporenliaut auflockert oder, was Avahrscheinlicher ist, geAvisse Stoffe her- auslöst und so dem Farbstoff den Weg bahnt. Aber selbst eine solche Sporenfärbung bietet noch keinen untrüglichen Beweis dafür, dass ein Gebilde auch Avirklich eine Spore ist. Hierüber entscheidet einzig und allein die Keimung.

Die Sporen sind gleich nach ihrer Eeife keimfähig und bleiben es eingetrocknet im Staube viele Jahre lang. Das ist keine besondere Eigenschaft der Bakteriensporen: gut trocken aufbeAvahrte Getreide- körner keimen noch nach 10—20 Jahren, die Sporen des Getreidebrandes, wenn sie 8 Jahre im Herbarium gelegen haben. (Vgl. Vorl. VIII.) In reinem Wasser keimen die Bakteriensporen nicht, es bedarf dazu eines von einer geeigneten Nährlösung ausgehenden Eeizes und selbstverständ- lich auch einer angemessenen Temperatur. Die Vorstufen der Keimung äussern sich in einer langsamen Aufschwellung der Spore, die dabei ihren starken Glanz mehr und mehr verliert (Fig. 11 g 2, h 2, i 3). Beim Heubacillus (Bac. subtilis) würde diese erste Keimungsphase in 1 3 Stunden verlaufen. Jetzt platzt die Sporenhaut an einer Stelle, der Inhalt, von zarter Haut umhüllt, drängt sich als kleines Knöpfchen hervor, das nun in kurzer Zeit zum Keimstäbchen sich streckt (Fig. 11h 2 6), an dessen Basis oft lange Zeit noch die leere Sporenhaut hängen bleibt. Die Keimung ist nunmehr vollendet, sie Avürde beim Heubacillus 4—5 Stunden dauern. Noch auf eine Eigentümlichkeit ist hinzuAveisen. Die Sporen des Bacillus subtilis sind kurz ellipsoidisch , in derselben Eichtling gestreckt AAÜe das sie erzeugende Stäbchen. Bei der Keimung reisst die Spore seitlich auf, das Keimstäbchen streckt sich senkrecht zu ihrer Längsachse hervor (Fig. 11 h). Die Längsachse der neuen Generation kreuzt sich also mit der der vorausgegangenen. Die Sporen des Milz- brandbacillus, des Clostridium butyricum reissen dagegen am Scheitel auf, die Längsachsen der alten und der neuen Generation sind gleich- sinnig gerichtet (Fig. 11 g).

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Beide Arten, gekreuzte und gleichsinnige Keimung kommen auch noch bei anderen Bakterien vor, sind aber für jede Spezies konstant und zu ihrer Unterscheidung verwertbar.

Am einfachsten verläuft die Keimung bei einigen harmlosen Bakterien (z. B. Bac. leptosporns) , indem die Spore sich unter allmählicher Ver- grösserung zum Bacillus streckt, ohne eine Membran abzuwerfen (Fig. 11 i). Hier wird also die ganze Haut der Spore zur Haut des neuen Stäbchens, während bei der oben beschriebenen Keimung des Heubacillus (ebenso Milzbrand, ferner Clostridium butyricum) die Sporenhaut sich spaltet, in eine äussere Schicht, die als leere Haut abgestreift wird (Fig lly 3, 4 u. h 5, 6) und in eine innere Schicht, die als Haut des neuen Stäbchens den hervorquellenden Inhalt umhüllt. In dieser Weise keimen auch viele Pilzsporen.

Ausser den Endosporen werden noch sog. Arthrosporen, Glieder- sporen von DE Bary erwähnt, die zu grossen Missverständnissen geführt haben. De Bary bezeichnet damit einmal Glieder von Fadenbakterien, wie Cladothrix (Fig. 12), Thiotaix u. s. w. , die sich ablösen, als Schwärmer herumschwimmen und zu neuen Fäden endlich auswachsen. Sie sind Fortpflanzungszellen, Gonidien, die man auch Sporen nennen kann, weil die Spore eben auch der Vermehrung dient. x4rthrosporen nannte sie DE Bary, weil ein Glied des Fadens sie bildet. Irgend welche andere Eigenschaften von Sporen kommen diesen Arthrosporen nicht zu, sie sind losgelöste Glieder ohne besondere Widerstandskraft, ohne anhaltendes Keimvermögen. Eine andere Art iVrthrosporen sind dann diejenigen, die bei Leuconostoc Vorkommen sollen. Hier wird eine ganze, etwas ver- grösserte Zelle durch Verdickung ihrer Membran zu einem Ruhezustand, einer Arthrospore, wie bei den blaugrünen Algen. Ein solcher Fall ist von den allgemein untersuchten Bakterien nicht bekannt und könnte nur dann als sicher gelten, wenn die Arthrosporen die Form der Bakterien, zu der sie gerechnet werden, noch besitzen. So müssten also die Arthro- sporen des Choleravibrio gekrümmte, glänzende Stäbchen sein, die des Bacillus violaceus langgestreckte gerade u. s. w. Die bis jetzt miss- verständlich als xWthrosporen beschriebenen Gebilde z. B. der Cholera- vibrionen sind wohl nur Kügelchen aus altem Kulturdetritus, eine wirkliche Keimung ist ja auch nicht beobachtet worden.

Ueber die Ursachen der Sporenbildung ist wenig zu sagen. Wie bei anderen Organismen verhält es sich auch hier. Ungünstige Ernährungs- bedingungen, Verbrauch der dargei'eichten Nahrung, Anhäufung schäd- licher Produkte des eigenen Lebens führen zur Sporenbildung. Die pathogenen Bakterien erzeugen inf kranken Körper, soweit wenigstens bisher genau geprüft wurde, keine Sporen. Der Milzbrandbacillus scheint die Sporen nur an offenen, der Luft zugänglichen Stellen von Kadavern zu bilden, ausserdem in den Ausleerungen der kranken Tiere. Einige weitere Bemerkungen findet man bei der Einzelbesprechung der pathogenen Bakterien (Vorl. XVI).

III.

Speciesbegi'iff und Variabilität. Involution und Abscliwächnng.

System der Bakterien.

Als man die ausserordentlich mannigfaltigen Wirkungen näher kennen lernte, die von den winzigen, morphologisch so gleichartigen Bakterien in der Natur hervorgebracht werden, da schien es manchem, als ob die Bakterien Wesen ganz besonderer Art seien, die erhaben wären über die Eegeln und Gesetze, die für alle andern Organismen gelten. Den Bakterien gegenüber schien jede Ansicht, auch die ab- surdeste erlaubt zu sein. Auch der Speciesbegriff sollte nicht gelten. Der Kampf um die naturhistorische Art hat viel Staub aufgewirbelt und ist erst seit wenigen Jahren in dem Sinne entschieden, dass für die Bakterien dasselbe gilt wie für alle andern Organismen, dass auch hier Species und Gattungen zu unterscheiden sind. Die ganze Streitfrage über den Wert der Bakterienspecies lässt sich in zwei Schlagworte zusammenfassen : P 1 e o m o r p h i e oder morphologische Wandel- barkeit und Pleogenie oder physiologische Wandelbar- keit.

Die Pleomorphisten meinten, dass ein Coccus bei seinem weiteren Lebensgange nicht immer ein Coccus’ zu bleiben braucht, sondern dass er unter gewissen Umständen zum Bacillus sich strecken kann, dass dieser zeitweise sich krümmt, Vibriogestalt annimmt, um dann später vielleicht wieder zur Kugelform zurückzukehren. Worte wie Micrococcus, Bacillus, Vibrio, Spirillum, die jetzt wohl umschriebene Gattungsbegrilfe sind, sanken zu nichtigen Zeichen für vorübergehende Gestaltung herab.

Als Muster einer fast unerschöpflichen Vielgestaltigkeit galt die ver- zweigte Wasserbakterie C 1 a d o t h r i x d i c h o t o m a. Es hat sich aber her- ausgestellt, dass auch diese keineswegs pleomorph ist. Nur zu Zwecken der Vermehrung, der Ansiedelung auf neuem Substrat lösen sich die cylin- drischen Glieder aus dem Fadenverbande, entwickeln einen Büschel von Geissein und schwärmen als G o n i d i e n , Sch wärmzellen, aus den Scheiden hervor (Fig. 12). Nach kürzerer oder längerer Schwärmzeit setzen sich die bazillenartigen Körper irgendwo fest und wachsen zu neuen Fäden aus.

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Weder Kokken, noch Vibi’ionen und Spirillen schieben sich in den Ent- wickelung’sgang ein. Vorübergehende Krümmungen und Schlängelungen

Fig. 12. Claclotlirix dichotoma, Schwärmerbildung. Die feinpunktierte Scheide hat sich am linken Aste geöffnet und entlässt einen Schwärmer, am rechten Aste ist eine ganze Gruppe von Fadengliedern in Schwärmer mit je einem seit- lichen Geisselbüschel umgewandelt. An diesem Aste ist die Scheide stark aufgelockert, verquollen. Vergr. 1000.

der Zweigstücke oder Znsammenhänfungen unbeweglich gewordener Gonidien, die früher als pleomorphe Entwickelnngsphasen gedeutet wurden, wolle man nicht für mehr halten als sie wirklich sind: zufällige Vor- kommnisse.

Eiterkokken (Staphylococcns) in beliebigen Nährsnbstraten gezüchtet, werden immer und immer wieder nur als kleine Kügelchen (Fig. 28 a) erscheinen, niemals eine andere Gestalt annehmen, also mit unerschütter- licher Beständigkeit ihre äussere Form beibehalten. x\nch der Komma- bacillns der Cholera wird sich immer als leicht gekrümmtes Stäbchen ent- wickeln, nie von dieser Form abweichen. Nur würden in manchem Nähr- böden mehr Einzelvibrionen, in anderen mehr Kettchen Vorkommen. (Fig. 28^•.)

Fig 18. Bacillus subtilis in Heuinfus, sämtliche vorkommende Zustände, a peritri- ches, bewegliches Kurzstäbchen, i unbeweg- liche Stäbchen und Ketten, d bewegliche Ketten, c Sporen in unbeweglichen Einzel- stäbchen und Ketten , die auf der Infusober- fläche zur dichten weisslichen Kahmhaut (^e) vereinigt sind. Vergr. a—d 1500, e (nach Brefeld] 250.

Eine Kultur des Bacillus subtilis, vielleicht in Heuinfus, würde neben einander enthalten: bewegliche und unbewegliche Einzel- stäbchen (Fig. 13 a u. h) bewgliche (d) und nnbewegliche , besonders auf der Oberfläche des Aufgusses zur Kahmhaut (Fig. 13 e) vereinigte

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Ivetten. Der Vegetationskörper ist hier ein einzelliges peritrich be- geisseltes, lebhaft bewegliches Stäbchen (Fig. 13 a). Zeitweise Geissel- starre giebt die nnbeweglichen Stäbchen der Infnskultur, deren be- wegliche Ketten dadurch entstehen, dass mehrere dnrcli Teilung eines Stäbchens gebildete Generationen an einander hängen bleiben (Fig. 13 d). In frischen Infuskulturen, die sich gleichinässig trüben, wird man nur diese beweglichen Zustände finden, erst später sammeln sich die beweglichen Stäbchen, von Sauerstoffhunger getrieben, an der Obei’fläche und wachsen zu nnbeweglichen, geissellosen Fäden aus, in denen die Sporen entstehen (Fig. 13 c u. e). Darauf ist der Formenkreis des Bacillus subtilis be- schränkt.

Diese Beispiele werden genügen, um zu zeigen, dass ein Pleomorphismus in dem oben angegebenen Sinne nicht besteht. Bei allen einfachen Bakterien (Haplobakterieu) schwankt nur die Wuchsform zwischen Einzel- individuen, Ketten und Haufen, denen noch Zoogloeen sich zugesellen können, einher, abhängig vom Substrat, die Form des Vegetationskörpers aber ist durchaus beständig.

Dass gute und schlechte Ernährung die Grösse der Individuen beein- flusst, bedarf wohl keines näheren Beweises, auch Zwerg- und Riesen- wuchs kommen bei den Bakterien ebenso vor, wie bei anderen Organismen und sind nicht anders wie bei diesen zu beurteilen. Für alle Bakterien- arten lässt sich eine mittlere Grösse und Form feststellen, von der keine grössere Abweichungen, wie bei anderen Organismen, zu beobachten sind. Immer vorausgesetzt, dass die Bakterien in den Kulturen sich Wohl- befinden. Das dauert aber nicht so lange, wie man für gewöhnlich wohl vermutet. Man sperre einmal einige Tausend Kinder in engem Raum zusammen, sorge für reichliche und beste Nahrung, aber entferne nicht ihre Entleerungen, schon nach wenigen Stunden würde es fürchterlich aus- sehen. Ganz in der gleichen Lage befinden sich die ungezählten Bak- terien in einem Agarbeleg , in jeder unserer künstlichen Kulturen über- haupt. So ist es nicht zu verwundern, wenn später viele Zellen zu miss- gestalteten, absterbenden Involutionsformen auswachsen und neben den morphologischen Eigenschaften auch die physiologischen, wie Gärungs- tüchtigkeit, Virulenz der pathogenen Arten, sich abschwächen.

In volutions formen (Fig. 14) bilden alle Bakterien, wenn sie längere Zeit in ihnen nicht zusagenden Bedingungen leben müssen, sie verkrüppeln und verkümmern, wie andere lebende Wesen. Die Ursachen der Involution können sehr verschieden sein, so wachsen die Essigbakterien (Fig. 14 c— c/) sowohl durch Anhäufung ihres eigenen Produktes, der Essigsäure, als auch durch eine Steigerung der Temperatur über die obere Grenze zu Missgestalten aller Art aus (Vorl. XII), so kann man durch ein Missverhältnis von Kohlenstoff und Stickstoff in der Nahrung den Bacillus suljtilis zur Involution zwingen in einer Lösung, die 0,1 % As- paragin und 10*^/,, Zucker enthält. In anderen Fällen wird dasselbe erreicht durch einen hohen Zusatz von Neutralsalzen. Ein merkwürdiger Fall von Involution ist die Bakteroidenbildung in den Leguminosenknöllclien (Vorl. X).

Die Gestalten, welche entstehen, sind sehr mannigfaltig, bald schwellen die Stäbchen Ifiasig oder eiförmig oder spindelförmig auf, bald wachsen sie zu gewundenen und geschlungenen Fädchen aus, bald treiben sie kurze Ausstülpungen, werden zwei und dreiarmig und bilden wenn Kettenwuchs herrscht, dann scheinbar' verzweigte Systeme (Fig. 14). Gleichzeitig nimmt auch der Inhalt ab und färbt sich schwächer, oft nur noch in ein-

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zelnen Körnchen. Die vollkommen aiisgebildeten Involntionsformen sind todt lind können, selbst durch die besten Bedingungen nicht wieder be- lebt und in die normale Gestalt zurückgeführt werden. In alten Kulturen Avird man selir oft solche Involutionsformen finden, besonders bei den echt parasitischen Krankheitserregern, wie dem der Tuberkulose und Diphtherie, die auch in den besten Kulturen doch nicht ganz diejenigen

Fig. 14. Involutionsformen, a Bacillus subtilis aus einer 4 Tage alten Kultur mit Chlorammonium, 2®/q Traubenzucker und 0,5%q Nährsalzen, schwach sauer, h Typhusähnliche Bazillen aus AVasser in Heuinfus Chlorammonium; unbeweglich, geissellos , an die

Bakteroiden der Leguminosenknöllchen (e u. /) erinnernd, c Bacterium aceti bei 39—41*^ nach E. Chr. Hansen, d Bacterium Pasteurianum 7 Stunden bei 34*^ nach Hansen, e BaC- teroiden aus den AVurzelknöllchen von Vicia villosa, die kleinen Kinge sind die noch gut färb- baren Inhaltsreste (nach Morde), f Bacteroiden von Lupinus albus (nach Morck, die obere vierarmige Figur gehört zu Vicia villosa). g TuberkeibacilluS, verzweigte Stücke aus Sputum (nach Coppen- Jones), h Diphtheriebazillen, sogenannte verzweigte, die sicherlich nur Involutions- formen sind (nach Bernheim u. Folger). A'ergr. a m. b 1500, c u. 100, e u, f circa 1500, g 1250, h circa 100.

Bedingungen finden, die sie verlangen. Solche Involutionsformen mit kurzen Seitenästchen hat man vielfach als BeAveise dafür angesehen, dass die Bakterien der Diphtherie (Fig. 14//) und Tuberkulose (Fig. 14//) einen reicher gegliederten Vegetationskörper besitzen, als es für geAvöhnlich erscheint. Die Stäbchen, die im kranken Körper und in den Kulturen zunächst allein aiiftreten, seien nur die eine EntAvickelungsstiife eines verzAveigten Organismus, der entweder zu den Fadenbakterien oder avoIü gar zu einfachen, fädigen Pilzen (H3q)homyceten) gehöre. Auch besondere Namen hat man schon geschaffen, den Erreger der Tuberkulose stellt man in die neue Gattung M^^cobacterium, den der Diphtherie zu Co- rynebacteriiim. Meiner Ansicht nach oline ausreichenden Grund, denn die z. B. bei der Tuberkulose erst in 3 6 Monate alten Kulturen er- scheinenden VerzAveigungen (Fig. 14 g) sind keinesAvegs allgemein und stimmen mit den degenerativen Ausstülpungen der Leguminosenbakte-

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roiden (Fig. 14 c f) und der Essigbakterieii (Fig. 14 c—d) ganz über- ein. Wie diese sind sie Involntionsformen.

Wenn man die zur Involution treibenden Umstände auf ein gewisses Maass einscliränkt, so kann man eine allgemeine Abschwäcliung der Bakterien lierbeifnliren. Bei fortgesetzter Kultur im Laboratorium tritt das allmählich von selbst ein, die pathogenen Eigenschaften, die Virulenz nehmen ab, ebenso die Gärkraft und vieles andere. Man kann die alte Kraft wieder erwecken dadurch, dass man die pathogenen Bakterien mehrmals durch den Tierkörper schickt, den Gärnngserregern Gelegenheit zu lebhafter Gärung bietet; kurz Znrnckversetzung in die natürlichen Verhältnisse kann die knltnrelle Abschwäcliung, die noch nicht bis zur

Involution sich gesteigert hat, beseitigen.

Was bei längeren Kulturen allmählich geschieht, kann man absichtlich in kurzer Zeit dadurch' erreichen, dass man die Bakterien einem stärkeren Grad ungünstiger Einwirkungen anssetzt. Um das Wichtigste, die Ab- s c h w ä c h n n g der Virulenz herbeiznführen, kann man sich aller Mittel bedienen, die das Leben schädigen, nur gilt es das rechte Mass abzupassen. Direktes Sonnenlicht in wenigen Stunden, Zusatz von 0,1 0,2 '’/o Karbolsäure schwächt die Virulenz des Milzbrandbacillus ab, Jod- trichlorid gab Erfolge bei Diphtherie- und Starrkrampf bazillen. Durch Tem- peratureinwirkuug hatPASTEun weniger virulente Formen des Milzbrandes erzeugt, die längere Zeit ihre neuen Eigenschaften bewahrten. Es genügte ein 15 Minuten langes Erwärmen auf 52 vierstündiges auf 47 ", sechstägiges auf 43 und ein 28 tägiges auf 42,5 ". Da das Temperaturoptimum für den Milzbrandbacillus bei 30 37 ", das Maximum bei 42 43 ", die Tötungs-

grenze bei 50 60" liegt (Vorl. VIII), so ersieht man, dass es nur nötig ist, über diese Werte emporzusteigen und dass die Abschwächung um so schneller eintritt, je mehr man sich der Tötungstemperatur nähert.

Dass die Abschwächung der Virulenz nur der Ausdruck einer all- gemeinen Schädigung ist, geht daraus hervor, dass die abgeschwächten Milzbrandbazillen auch die Fähigkeit verloren haben, Sporen zu bilden, dass sie „as porogen“^®) geworden sind. x\uf den ersten Blick scheint das ein ausserordentlich grosser Erfolg zu sein. Die Sporenbildung ist eine der wichtigsten morphologischen Eigenschaften. Wenn es gelingt, sie vollkommen zu unterdrücken, ja so zu unterdrücken, dass in den günstigsten Kulturen sie nicht wieder erscheint, dann wäre ja ein stiller Wunsch der Abstammungslehre erfüllt: durch äussere Einflüsse wäre eine neue Eigenschaft, die Asporogenität, erblich erzeuzt. Leider ist auch hier der Erfolg nur scheinbar. Ebenso wenig wie es möglich ist, durch rastloses xlbschneiden von Mäuseschwänzen eine schwanzlose Kasse zu erziehen, ebensowenig sind die asporogenen Milzbrandbazillen eine neue lebenskräftige Rasse. Nur die Ausbildung vollreifer Sporen von bekannter Widerstandskraft wird verhindert, rudimentäre Sporen, un- fertige Sporen werden aber gebildet. Nur eine allgemeine Degeneration, die alle Eigenschaften beeinträchtigt, ist erreichbar. Dass geht schon daraus hervor, dass schliesslich solche „asporogene“ und schwach- virulente Bazillen nach und nach absterben. Durch Einimpfung in Tiere und mehrfach wiederholte „Passage*‘ durch den üherkörper, also um medizinisch zu reden, durch corroborierende Behandlung kommen die geschwächten Bakterien wieder in den Vollbesitz ihrer ganzen Kraft, sie werden wieder hochvirulent und können auch wieder normale Sporen erzeugen, genau wie kränkelnde Pflanzen sich erholen, wenn sie in optimale Verhältnisse versetzt werden. Die grosse Bedeutung der

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experimentellen Abschwächung der Virulenz für die künstliche Immuni- sierung wird später (Vorl. XVII) besprochen werden.

Durch äussere Einwirkungen von der kurzen Dauer, die das Experiment gestattet, lässt sich demnach nur eine vorübergehende, keine erbliche Aenderuug hervorrufen, die morphologischen Eigenschaften bleiben er- halten und immer wieder kehrt die Art zu ihrer charakteristischen Form zurück. Der Species- und Gattungsbegriff ist demnach für die Bakterien kein anderer wie tür alle anderen Organismen. Die Ansicliten Bill- roth’s über die sogenannte Coccobacteria septica, wonach alle in einer Wunde vorkommenden Bakterien nur Entwickelungsstadien einer naturhistorischen Art sein sollten, die weitgehenden Spekulationen Zopf’s über Artbegriff und Formenkreise der Bakterien gehören nur noch in die Geschichte der Bakteriologie. Auch Näoeli’s ähnliche Ansicliten haben sich den neuen Erfahrungen gegenüber nicht bestätigt, die von Cohn schon lange vertretene Auffassung, dass auch die Bakterien in gute Species und Gattungen morphologisch sich einordnen lassen, dürfte jetzt allgemein anerkannt sein.

Weniger einfach ist die Frage der ph^^siologischen Wandelbarkeit, der Pleogenie zu lösen. Einzelheiten werden sich bequemer bei der weiteren Besprechung der verschiedenen biologischen Bakteriengruppen behandeln lassen, es sei deshalb auf die Vorlesungen V, XI, XII. XIII. XV verwiesen. Für jede Bakterienart besteht ein gewisser Spielraum der Entwickelungsfähigkeit auf verschiedenen Substraten, von deren Zu- sammensetzung auch die Wirkungen, die in jedem einzelnen Falle hervor- treten, abhängen. Man könnte danach wohl zwei grosse Gruppen unter- scheiden, die monotrophen und die polytrophen Bakterien. Die ersteren stellen sehr scharf umschriebene Ansprüche an die Ernährung, die nur in engeren Grenzen variieren darf, und demgemäss sind auch die Produkte des Stoffwechsels, die Wirkungen dieser Bakterien in der Natur ganz spezifische. Solche monotrophe Bakterien würden z. B. die Schwefel- und Salpeterbakterien sein, ferner die echten Parasiten, die stickstoffassimi- liereiiden Knöllchenbakterien der Leguminosen. Aber auch unter der grossen Schaar der Fäulnis- und Gärungsbakterien giebt es monotrophe. die nur ganz spezifische Gärungen hervorrufen, wie die Essigbakterien, viele Milchsäure- und Buttersäurebakterien, ferner die Harnbakterien und manche mit eng begrenzten saprogenen Eigenschaften. Daneben finden sich aber auch polytrophe, die eine Mehrzahl von Prozessen hervorrufen können. Einige Buttersäurebakterien scheinen auch imstande zu sein, Eiweiss in Fäulnis zu versetzen, neben zymogenen Eigenschaften sind saprogene vorhanden. Andere Buttersäurebakterien werden auch pathogen (Rauschbrand, malignes Oedem), umgekehrt können Bakterien mit vor- herrschend saprogenen, fäulnisserregenclen Eigenschaften auch auf fäulnis-

unfähigem Substrat wachsen und Gärungen

erzeugen.

wie der Bacillus

vulgaris und ähnliche. Während vielen Bakterien die Fähigkeit, im lebenden Körper zu gedeihen, ganz abgeht, vermögen dies andere, ihre Polytropliie ist nach dieser Seite hin ausgebildet (Typhus, Choleravibrio).

Beispiele für ähnliche Verschiedenheiten bei anderen Organismen brauchen wohl nicht angeführt zu werden. Am schärftsten tritt auch physiologisch der Artcharakter natürlich bei den monotrophen Formen hervor, aber auch die polytrophen behalten trotz wechselnder Leistungen ihren Wert als Species. Eine ümzüchtung in Rassen mit erblichen neuen Eigenschaften ist wohl im Experiment nicht ausführbar, denn die Ab- schwächung der Virulenz ist nicht erblich, sie ist durch Tierpassage zu

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beseiti«-en. Man hat es ganz in seinem Belieben, patliogene Bakterien

mit allen Abstufungen der Virulenz lieranzuzüchten, je nachdem man sie

Tieren einimpft und erzielten Abarten haben aber nur den Wert

läno'ere Zeit ohne Tier kultiviert oder gewissen

dergleichen. Alle die so von Laboratiumsrassen , eine erbliche Variation ist nicht eingetreten. Anderer Art sind die Kulturrassen der Gärungsorganismen , über die man Vorl. XII und XIV vergleichen wolle.

Eine gänzliche Unterdrückung einer biologischen Eigenschaft ist bis jetzt noch nicht gelungen, denn die Angaben aus früherer Zeit, als man mit der Technik der Reinkulturen noch nicht so vertraut war, wie heute, sind nicht mehr beweiskräftig. Die Umzüchtung der Milzbrandbazillen in den harmlosen Heubacillus, die einst viel Aufsehen erregte, hat sich nicht bestätigt.

Wenn nach alledem darüber kein Zweifel mehr herrschen kann, dass die Bakterien genau wie andere Organismen in naturgeschichtliche Arten und Gattungen zerfallen, so ist doch die grosse Schwierigkeit hervor- zuheben, die einer Umgrenzung der systematischen Ein- heiten entgegensteht. Die morphologische Eintönigkeit der Kugel- bakterien, die grosse Aehnlichkeit vieler Stäbchenbakterien macht eine rein morphologische Charakteristik der Arten ganz unmöglich. Man hat daher zu physiologischen Merkmalen gegriffen und benutzt neben der Form auch noch folgende Eigenschaften: Wuchs auf verschiedenen

Nähr Substraten und Anforderungen an die Ernährung (Vorl. VI), spezi- fische Produkte, wie Farbstoff, Licht, Granulöse, Schwefel, spezifische Leistungen wie Fäulnis, Gärung, Krankheit, das Verhalten zum Sauer- stoff’ (Vorl. VII) und vieles andere. Experimentelle Pathologie, physio- logische Chemie und Botanik müssen Zusammenwirken, um eine zuverlässige Artbeschreibung zu ermöglichen.^^) Das ist freilich zum grossen Teile noch eine Aufgabe für die Zukunft. Die Einteilung der Bakterien allein nach ihren besonders hervorstechenden Leistungen ist gewiss nicht zu unterschätzen, sie führt aber nur zu physiologischen Gruppen, von denen die wichtigsten die folgenden sind : saprogene oder Fäul- n isb akterien, zymogene oder Gärungsbakterien, chromo- gene oder Farbstoffbakterien, photogene oder Leucht- bakterien, t h e r m 0 g e n e oder W ä r m e b a k t e r i e n , pathogene oder Krankheitsbakterien, ferner Nitrit- und Ni trat bakte- riell, Schwefelbakterien, Eisenbakterien, Purpurbakte- rien. Unberechtigt aber ist es, nach diesen Gesichtspunkten auch Gattungsnamen zu machen und diese gleichwertig mit morphologischen Gattungen zu gebrauchen. Solche physiologische Gattungen, die in einem System der Bakterien keinen Platz beanspruchen können, sind: Photo- bacteriiim, Nitrobacter, Nitrosomonas und Nitrosococcus, Granulo- bacter für Buttersäurebakterien mit Graniilosereaktion, Jodococciis für ebenso reagierende Mimdbakterien, Halibacterium für die Meeresbakterien, Gonococcus für die Tripperkokken, Proteus für einige Fäulnisbakterien und andere. Sie sind ja als leicht zu handhabende 1'rivialnanien sehr brauchbar und empfehlenswert, müssen aber im System ziirückstehen hinter denjenigen Gattungen, die durch morphologische Merkmale unter- scheidbar sind. Denn auf diesen hat zunächst das System aller Orga- nismen sich aufzubauen, auch das der Bakterien. Wenn bei ihnen gerade die morphologischen Merkmale bei der Speciesiinterscheidung ganz im Stich lassen und durch physiologische ersetzt werden müssen, so muss doch andrerseits alles versucht werden, um Avenigsteus die Gattungen

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morplioloo-iscli zu umgrenzen. Das war l)ereits der Gedanke des jetzt nicht mehr ausi’eiclienden Systems von Comn das muss auch hei jedem neuen V ersucli festgehalten werden. Die S y s t e m a t i k d e r B a k t e r i e n leidet an einem Uebelstande, dem andererseits freilich die vielseitige Kenntnis dieser Organismen zu danken ist^ an dem, dass zu verschieden- artig geschulte Forscher hineinzureden haben. Neben den medizinisch ausgebildeten Bakteriologen, denen die streng aufgebauten Gesetze der Systematik nicht bekannt sein können, wetteifern in der Art- und Gattungs- fabrikation die Untersucher der technischen Gärungen und der biochemi- schen Processe in der Landwirtschaft, ferner eine grosse Zahl andrer Phjrscher. Ich meine nun keineswegs, dass zum Ausbau eines S3"stems der Bakterien nur die Botanik berechtigt sei, ich möchte nur hervorheben, dass nach den Prinzipien ihrer allgemeinen Systematik auch von den andern Forschern vorgegangen werden muss. Schon in der Wertschätzung der wenigen morphologischen Merkmale, die der Bakterienkörper darbietet, herrscht noch eine grosse Willkür. Uebereinstimmung besteht nur in der Gruppierung nach der äusseren Form des Vegetationskörpers in Kugel-, Stäbchen-, Schrauben- und Fadenbakterien, die Cohn’s System schon ein- führte. Aber schon der Gegensatz zwischen Fadenbakterien und allen anderen, deren Vegetationskörper eine einzige Zelle ist, verdient mehr hervorgehoben zu werden, als es gewöhnlich geschieht. Die Fadenbakterien sind als 0 r d n u n g der T r i c h o b ak t e r i e n den anderen, den Haplo- bakterien gegenüberzustellen , bei denen nur als vorübergehende Wuchsformen Ketten oder andere mehr oder weniger scharf umschriebene Zusammenhäufungen, wie die Packete der Sarcinen, die spinnwebartigen Zoogloen des Bacillus vulgaris Vorkommen. Mit Eecht legt man der Be- weglichkeit und ihrem Fehlen grossen s3^stematischen Wert bei, nur wird die Beständigkeit der Begeisselung (monotriche, lophotriche, peritriche) unterschätzt. Ein Choleravibrio oder ein Bac. pyoc3^aneus trägt stets nur eine Geissei, seltene Ausnahmen mit 2 abgerechnet, ein Typhus- bacillus oder ein Heubacillus und sehr viele andere sind stets peritrich begeisselt, endlich tragen lophotriche Formen, wie die Spirillen und manche Wasserbakterien, auch der Bacillus S3mcyaneus der blauen IVilch stets ein polares Geisselbüschel, dessen Geisselzahl annähernd bestimmt ist und keinen zu grossen Schwaukungen unterliegt. Wenn im Präparat mancheiTei Unregelmässigkeiten in der Geisselzahl Vorkommen, so ist das auf die grosse Empfindlichkeit der leicht abfallenden Geissein zurück- zuführen, nicht eine ursprüngliche Unregelmässigkeit. Wie bei den Flagellaten, ist auch bei den beweglichen Bakterien die Zahl und An- ordnung der Geissein ein mori)hologisches Merkmal von fiuidamentalem systematischem AVert. Ein zweites liegt in der Form der sporenbildenden Stäbchen, das zwar vielfach als unbeständig und sclnvankend bezeichnet wird, in Wirklichkeit aber gleichfalls diejenige Beständigkeit besitzt, die man von einem systematischen Unterscheidungsmerkmal verlangen muss. Die Milzbrandbacillen behalten stets während der Sporenbildung ihre zylindrische Gestalt, die Tetanusbazillen nehmen ausnahmslos Trommel- schlägerform (Plectridien) an, einige Buttersäurebakterien werden durch- weg zu Spindeln, nur wenige Missbildungen würden abzurechnen sein, unter vielen Hunderten nur einige. Das Chaos der Stäbchenbakterien lässt sich mit Hilfe der Geissein und Sporenzellen in einige gut um- schriebene Gattungen einteilen, die sogar in Unterfamilien sich zusaninien- fassen lassen. Man wendet ein, dass die Sporen von vielen Bakterien noch unbekannt sind. Das ist wahr, aber dann ordne man doch wenigstens

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die vollständig bekannten Bakterien in gute Gattungen ein und bringe nur den Rest provisorisch unter. Diesen wenigstens nach der leicht er- kennbaren Begeisselnng, einstweilen in diejenigen Gattungen, deren Stäb- chen sich bei der Sporenbihlnng nicht verändern.

Die Namen der Gattungen würden sich bequem so einrichten lassen, dass das Stamm wort die Form des sporenhaltigen Stäbchens, die Endung die Art der Begeisselnng kennzeichnet, ininm für monotriche, illnm für lophotriche, idium für peritriche. Stab (baktron), Spindel (kloster) und Trommelschläger (plektron) geben die Stammworte. Einfacher gestaltet sich die Einteilung der weniger zahlreiclien Spirillaceen, wie die fol- gende Uebersicht ergeben wird. Bei den Coccaceen hat man die Gattungen bereits nach der Teilnngsart unterschieden, es würde sich aber empfehlen, noch mehr den Gegensatz zwischen zwei Gruppen, den Honiococca- ceen und den Allococcaceen hervorznheben. Bei den Gattungen der ersten sind die aufeinanderfolgenden Teilnngsebenen scharf und be- stimmt orientiert bei den Allococcaceen herrscht keine solche Regel (p. 18, 19).

Noch ein Wort über die alten Namen Bacterinm und Bacillus. Sie werden in den beiden neuesten Systemen-^) ganz verschieden gebraucht. Lehmakn und Neumann bezeichnen mit Bacterinm alle Stäbchenbakterien, deren Sporen man noch nicht kennt, worauf doch gar kein Wert zu legen ist, da sich das jeden Tag ändern kann. Die Gattung Bacillus umfasst alle Stäbchen mit Endosporen. Auf die Begeisselnng wird gar keine Rücksicht genommen.

Migula hingegen rechnet alle unbeweglichen Stäbchen in die Gattung Bacterinm, alle peritrich begeisselten zu Bacillus und die übrigen beweg- lichen mit polaren Geissein zu der neuen Gattung Psendomonas. Hier wird zwar dem Umstande, ob man Endosporen schon kennt oder nicht, mit Recht keine Bedeutung beigemessen, aber auch die Form der Sporenstäbchen vernachlässigt, endlich ^ber werden die mono- und lopho- trichen m die Gattung Psendomonas znsammengeworfen.

Die alte Gattung Bacterinm wird man wohl am besten ganz ein- ziehen, da das Wort sich zur Bezeichnung der ganzen Organismnsgruppe eingebürgert hat, die Gattung Bacillus dürfte wohl am besten zum ehrenden Andenken an Koch’s erste Arbeit denjenigen Bakterien vorzn- behalten sein, die, wie der Milzbrandbacillus sich verhalten, d. h. dauernd unbeweglich sind und bei der Sporenbihlnng sich nicht verändern.

Der Gallertbildung, den sog. Kapseln, kann bis auf eine genaue Unter- suchung ein entscheidender generischer Wert nicht zngestanden werden, für die Speciesbeschreibnng dagegen ist sie nicht zu vernachlässigen. Die Trichobakterien umfassen noch so wenige Gattungen, dass einstweilen es genügen dürfte, sie in eine Familie mit dem Charakter der Ordnung zu vereinigen.

Das Sj^stem der Bakterien würde also folgende Ordnungen, Familien und Gattungen umfassen, unter letzteren sind einige seltenere ans- gelassen.

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1. Orclmmg. Haplobacterinae.

Vegetationskörper einzellig, kugelig, cylindriscli oder schraubig, einzeln oder zu Ketten und andern Wuclisformen vereinigt.

1. Familie. Coccaceae, Kugelbakterien. Vegetationskörper kugelig.

1. Unterfamilie Allococcaceae. ^

Mit beliebig wechselnder Teilungsfolge, keine scharf ausgeprägten ■\Vuchsformen, bald kurze Ketten, bald traubige Häufchen, bald paarweise

und einzeln.

Gattung Micrococcus Cohn. Unbeweglich.

Hierher gehört die Hauptmasse der Kugelbakterien, auch die medizinischen Gattungen Staphylococcus, Gonococcus.

Gattung Planococcus Migula. Beweglich.

2. Unterfamilie. Homococcaceae.

Mit bestimmter, für jede Gattung typischer Teilungsfolge.

Gattung Sarcina Goodsir. Die Teilungswände folgen sich in den drei Kichtungen des Eaumes, es entstehen packetartige Wuchsformen, unbeweglich.

Gattung Plano sarcina Migula, Avie die Awige, aber beAA^eglich, mono- trich begeisselt.

Gattung Pediococcus Lindner. Teilungswände kreuzAveise in den beiden Kichtungen der Ebene abAvechselnd , Zellen zu vier oder zu Täfelchen zusammengelagert. Hierher der Micrococcus tetra- genus von Koch und Gaefey, ferner die Sclnvefelbakterie Thiopedia und andere, Avahrscheinlich noch einige der ge- wöhnlich zu Micrococcus gestellten Formen.

Gattung Streptococcus (Billroth). TeilungSAvände immer parallel, nur in derselben Richtung; Wuchs in Ketten.

Hierher auch der Streptococcus der Medizin , auch der gallertumhüllte Leuconostoc.

2. Familie. Bacillaceae, Stäbchenbakterien.

Vegetationskörper cylindriscli, ellipsoidisch, eiförmig, gerade; bei den kurzen, fast kugeligen Formen Avird die Trennung von Kokken scliAver;

Teilung immer senkrecht zur Längsachse.

1. Unterfamilie Bacilleae.

Sporeiibildeiide Stäbchen unverändert, cylindrisch.

Gattung- Bacillus (Cohn). Unbeweglich.

Hierher der Bacillus Anthracis, tiiberculosis, dijihtheriae und viele andere.

Gattung Bactrininm A. Fischer, beweglich, monotrich, mit einer

polaren Geissei.

Hierher einstweilen alle monotrichen Stäbchenbakterien, deren Sporen noch unbekannt sind, z. B. der Bacillus pyocyaneus.

(fattang Bactrillum A. Fischer, mit lophotrichen Geissein; hierher einstweilen auch viele ohne bekannte Sporen, z. B. Bacillus syii- C3^aneus (cyaiiogenus) der blauen Milch.

(-iattung Bactridium A. Fiscnmi, beweglich, peritrich, vorläufig auch ohue Sporen; eine grosse Schaar gehört hierher. Die Sporen kennt man von Bac. subtilis, Bac. Megatherium, ferner hierher Bacillus vulgaris und verwandte (alte Cfattung Pi’oteus), ferner Bacillus typhi, Bacillus coli etc.

2. Unterfamilie Clostridieae.

S p 0 r e n b i 1 d e 11 d e Stäbchen s p i n d e 1 f ö r m i g.

Gattung Clostridium (Prazmowski) , beweglich, peritrich; hierher einige Buttersäurebakterien.

Andere Gattungen mit monotrichen und lophotrichen Geissein sind noch

unbekannt.

3. Unterfamilie Plectridieae.

S 0 r e n b i 1 d e n d e Stäbchen t r o m in e 1 s c h 1 ä g e r f ö r m i g.

Gattung Plectridiiim A. Fischer, beiveglich, peritrich; hierher einige Buttersäure-Bakterien, eine Methanbakterie, ferner der Tetanus- bacillus.

iVudere Gattungen noch unbekannt.

3. Familie. Spirillaceae, Schraubenbakterien.

Vegetationskörper cylindrisch, aber schraubig gekrümmt, Teilung immer

senkrecht zur Längsachse.

Gattung Vibrio (Müller-Loeeler), schwach kommaförmig gekrümmt, be- Aveglich, monotrich; Vibrio cholerae asiaticae und zahlreiche Vibrionen des süssen Wassers und Meeres.

Gattung S])irillum (Ehrenrerg), stärker schraubig in weiten Win- dungen gekrümmt, beiveglich, lo])hotrich.

Spirillum undiila, Sjhrillum rubrum etc.

Gattung Spirochaete (Ehrenberg), sehr enge, zahlreiche Schrauben- windungen, Geissein unbekannt, Zelhvand vielleicht Üexil.

Spirochaete Obermaieri (Eückfallstyphus).

A. Fis eil er, Vorlesmiffeii über Bakterien.

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2. Tricliobacteriiiae.

Veg’etatioiiskörper ein unverzweig’ter oder verzweig-ter Zellfaden, dessen Glieder als Scliwärinzellen (Gonidien) sicli ablösen.

1. Familie. Trichobacteriaceae, Fadenbakterien.

Charakter der Ordnung-.

a) Fäden nnbeweg-licli, starr, in eine Sclieide ein^esclilossen.

Gattung- Crenotlirix Cohn, Fäden unverzweig-t, ohne Scliwefel. Gattung- Thiothrix Winogradsky, wie vorige, aber mit Schwefel.

Gattung Cladothrix Cohn (inkl. Sphaerotilus), Fäden verzweigt, pseudo- dichotom.

b) Fäden pendelnd und langsam kriechend beweglich, ohne Scheide.

Gattung Beggi(atoa Trevisan mit Schwefel.

Ueber die Gattung Streptothrix sehe man die nächste Vorlesung nach. Dieser kui’ze Ueberblick über das des weiteren Ausbaues natürlich noch sehr bedürftigen Systems mag genügen. Die Speciesunterscheidung, zu der die oben genannten Eigenschaften alle herangezogen Averden müssen, ist nicht Sache dieser Vorlesungen. Man vergleiche die in An- merkung- 3 genannten Werke.

IV.

8telhm(( der Rakteiieii im System der Oitjaiiismeii. Niedere Oriiaiiismeii aiidei'er Art mit i)atlio(jeneii Eigenschaften.

Man bekommt oft die Frage vorgelegt: sind die Bakterien eigentlich Pflanzen ? Der Begrilf ,/Iher“ und „Pflanze“

Tiere oder einer Zeit.

und „Pflanze“ stammt ans wo man solche winzige Organismen, wie die Bakteiien noch gar nicht kannte, er wurde vom Laien geschaffen für das Moos und das Insekt, den Elephanteu und den Eichbaum. So Avar es ein überflüssiges Bemühen, Avenn man in früherer Zeit sich quälte, die Grenze zAvischen Tier- und Pflanzenreich mit den grössten Spitzfindigkeiten innerhalb jener AA'inzigen Organismen festzustellen, für die der Begrilf Tier und Pflanze gar nicht geschaffen Avorden war. Deshalb ziehen Hackel und viele andere es vor, neben den beiden Reichen der Tiere und Pflanzen noch ein drittes, das der Protisten oder U r o r g a n i s m e n anzunehmen, bei denen die Scheidung noch nicht sich vollzogen hat, die bald mehr Pflanze sind, bald mehr Tier. Zu diesen Protisten würden die Protozoen, also Radiolarien und Infusorien, Flagellaten und andere gehören, aus dem Pflanzenreich würden die blaugrünen Algen (C3mnophyceen) und einige Gruppen einfacherer grüner Algen und auch Pilze hierher zu verAveisen sein. Die Grenze zAvischen Protisten einerseits, Tieren und Pflanzen andererseits würde freilich auch nur künstlich zu ziehen sein. Zu diesen

Protisten, denen die jetzt gebräuchlichen Namen „Mikroorganismen“ „Mikroben“ annähernd entsprechen, gehören auch die Bakterien.

Nicht seltener als die erste Frage taucht eine andei'e auf: sind die Bakterien vielleicht Pilze?, Avas ja schon durch den Namen Spaltpilze an- gedeutet zu Averden scheint. In der Lebensweise stimmen Pilze und Bak- terien völlig überein; abgesehen von den Salpeterbakterien und einigen an- deren sind beide niclit im Stande, organisches Material aus uiiorgauischen Verbindungen aufzubauen, sie sind beide metatroph, d. h. in ihrer Ernähi'ung auf diejenigen organischen Verbindungen angeAviesen, die höhere Orga- nismen, Tiere und Pflanzen erzeugt haben, oder sie sind sogar i)aratroi)h, d. h. sie vermögen nur als Parasiten in andern Organismen zu leben (Vorl. V p. 47).

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Trotz aller ])liysiol()g-isclieii Uebereinstiminim^ bestehen aber sehr grosse mo]‘j)liologisclie Unterscbiede zwisclieii IMlzeii und .Bakterien. GHeicliviel ob man einen Cliam])io’non oder eine Morchel, einen Brand- pilz auf Getreide oder einen gemeinen Schinimeli»ilz (Fig. 15c) auf Komi)ot oder bei der Bläschentleclite (Herpes tonsurans) betrachtet, immer wird mau zwei Teile uutersclieideu können: den vegetativen Teil, das Mycelium, und diesem aufsitzend die verschieden gestalteten Frucht- bildungen. Im einfachsten Falle einzelne oder zu Ivetten aneinander ge- reihte besondere Fortpflanzungszellen (Conidien), auf der höchsten Stufe die zusammengesetzten Fruchtkörper der Schwämme. Das Mycel bestellt aus einem reich verzweigten , strahlig sich ausbreitende Fadenwerk

Fig. 15. a Oscillaria tenuis (Cyanophycee), Fadeiistück, ch hohlcyliiidrisches Chromatophor (FarbstofFkörper), c sog. Centralkörper, Hauptmasse des feinvakuoligen Protoplasmas mit stark färbbaren Körnern (schwarz), h Polytoma UVella, Flagellatc mit zwei Geissein am Vorder- ende, V kontraktile Vakuole, Tc Zellkern, h Zellhaut, der Inhalt mit Assimilationsprodukten (kleinen Ringen, Paramylum) erfüllt, c Peniciliium glaucum (echter Pilz, Mycomycet). Mycelstück aus einer ausgekeimten Conidie («) entstanden , an besonderen in die Luft ragenden Ästchen neue pinselförmige Conidienträger (5) mit Conidienketten. Vergr. a 2250, h circa 600, c (nach Brefeld) 120.

(Fig. 15c), das bei den meisten Pilzen, z. B. bei dem auch pathogenen, schwarzen Kolbenschimmel (Aspergillus niger) aus cylindrischen Zell- gliedern, die in ihrer Form einer Stäbchenbakterie gleichen, zusammen- gesetzt ist. Lange Zeit vermag das Mycel auf dem Nährboden zu pere- nieren und üppig zu wuchern, immer neue Fortpflanzungsorgane und Fruchtkörper erzeugend.

Von alledem ist bei den Bakterien nichts zu sehen. Ihr Vegetations- körper ist entweder nur eine einfache Zelle oder ein Zellfaden, an dem besondere Fortpflanzungsorgane sich nicht entwickeln, der vielmehr wie bei Cladothrix (Fig. 12) gänzlich in Gonidien zerfällt. Auch bei der Sporenbildung hört die ganze Bakterienzelle als solche auf zu bestehen. Ebenso Avie bei den Schleimpilzen (Myxomyceten) und vielen andern Pro- tisten verwandelt sich der ganze Vegetationskör] >er ohne einen Aveiter- lebenden Kest in die Fortpflanzungsorgane, die Bakterien sind holo- karpisch, sie stehen noch auf der tiefsten Stufe der morphologischen Gliederung. Die Pilze dagegen sind eukarpisch. derselbe Vegeta- tionskörper vermag längere Zeit hindurch besondere Früchte zu erzeugen, sie stehen also morphologisch viel höher als die Bakterien. Ihre syste-

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matisclien Bezielmii<;'eii iiiüsseii deshalb an anderen Stellen des Protisten- reiches anfeesucht werden, besonders sind zwei Gruppen zu beachten: einmal die blauo’riinen iVl^’en (Gyano])hyceen) und zweitens die Flagellaten.

ln der äusseren Gliederung des Vegetation sköi'pers stimmen die einfachen blaugrünen Algen mit den Bakterien überein, wie hier finden wir auch dort kugelige Formen (Ohroococcus) oder Stäbchen (Aphanothece), Avie bei den Bakterien vereinigen sich auch die einzelnen blaiigrünmi Zellen zu Packeten (Gloeocapsa Sarcina) oder zu Täfelchen (Meris- mopoedia), endlich giebt es gerade (Oscillaria) und spiralig gedrehte (Spirulina) uiiverzweigte Fäden. Auch die Scheidenbildung und unechte Verzweigung der Cladothrix finden ihresgleichen bei den blaugrünen Scytonemeen (^roly|)othrix). Freilich Avürde man dieselbe Mannigfaltigkeit der äusseren Form auch bei den grasgrünen Algen (Chlorophyceen) wiederfinden. Der mehlige grüne Ueberzug an der Nordseite unserer Waldbäume besteht aus kleinen grünen Kugeln (Pleurococcus) , grünes Teiclnvasser wird oft von echten Stäbchen (Stichococcus) gefärbt, die Krümmung der Vibrionen begegnet uns bei den zierlichen Eaphidien. Auch Beispiele für Gallert- und Scheidenbildung fehlen nicht. Es kann das ja auch nicht überraschen, da freilebende Zellen entweder die Form von Kugeln oder Cylindern haben müssen und ihre einfachste Verbindung die zu Fäden, Tafeln und Packeten ist. So geAvährt die äussere Über- einstimmung der Form nur eine oberflächliche Aehnlichkeit, die noch nicht zu einer systematischen Vereinigung berechtigt.

Die Cyanophyceenzellen, gleichviel ob sie isoliert leben (Chroococcus, Aphanothece) oder zu Fäden verbunden, A^ermehren sich, Avie jede andere Zelle auch durch Teilung, genau Avie die Bakterien. Ebenso Avie bei diesen lösen sich auch bei den isoliert lebenden Cyanophyceenzellen die ScliAvesterindividuen von einander ab, sie „spalten“ sich, Aveshalb man die blaugrünen Algen als Spaltalgen (Schizophyceen) mit den Spaltpilzen (Schizomyceten) in die Pflanzenklasse der Spalt pflanzen (Schizo- phyten) vereinigte, gestützt ausser auf die oberflächliche Aehnlichkeit der Form auf die nicht minder oberflächliche der „Spaltung“, die stets eintritt, Avenn isoliert lebende einzellige Organismen sich teilen, und keine besondere Eigentümlichkeit der Spaltpflanzen ist. So war auch die An- nahme, dass die Bakterien farblose Parallelformen der Spaltalgen seien, nur locker begründet.

Ebenso gross als diese Aehnlichkeiten sind aber auch die Ver- schiedenheiten zAvischen den beiden Gruppen. Die Cyanophyceen sind, abgesehen Amn den leichten ScliAvingimgen und KriechbeAvegungen der Oscillarien dauernd unbeAveglich, Avährend eine grosse Zahl von Bakterien (Vibrionen, Spirillen, viele Bazillen etc.) lebhafte ScliAAmrinbeAvegungen ausführen und auch besondere Organe dazu, die Geissein, tragen, nicht bloss vorübergehend, als Fortpflanzungsstadien, sondern Zeit ihres Lebens. Auch die Sporenbildung ist eine andere, Endosporen bilden die Gyano- pli3"ceen nicht, hier verwandelt sich eine Zelle, meist unter ansehniicher Vergrösserung im ganzen zur Spore, die eine echte Arthrospore ist.

Die feinere Struktur der Zelle zeigt nur eine Uebereinstimmung zAvischen Cyanophyceen und Bakterien, das Fehlen eines Zellkernes, AAnhrend im übrigen die blaugrünen Algen bereits eine Aveit entAvickelte Arbeitstheilung erkennen lassen. Sie besitzen alle einen besonderen Farb- stoöfräger, ein Chromatophor (Fig. 15 c bei rh), das geAVöhnlich hohl- cylindrisch resp. bei kugeligen Zellen hohlkugelig gestaltet ist und die Hauptmasse des Protoplasmas mit den anfgesi)eicherten, stark färbbaren

Köniei'ii der Assimilate nmsr.liliesst 15^/ bei r). So ei’.sclieint iiiiierlialb (les01iromat()i)liors (der ^riiiieii Kinde)' ein stark färbbares Gebilde ((-eiitral- körper), das keriiäliiilicli aiissielit, aber kein Kern ist, ebensowenig wie die leiclit fäiKbaren Körnclien sclileclitliin als Kern-Clironiatin bezeichnet werden dürfen. Ihre Natur ist nnbekannt wie die der sog. Cliromatin- körner der Bakterien (p. 7). Eine solche Differenzierung des Protoplasten fehlt allen Bakterien, auch den farbstoffbildenden.

Vergleicht man eine Flagellate, z. B. das in fauligem Wasser oft massenhaft vorkommende Polytoma uvella (Fig. Ibh) mit einer beweg- lichen Bakterie, so besteht auf den ersten Blick grosse Uebereinstim- mung: eine eiförmige Zelle mit deutlicher Haut (/O, dauernd durch ein polares Geisselpaar beweglich. Bei anderen Flagellaten, wie Monas würde nur eine Geissei, bei anderen wie ^J'etramitus ein Schopf von 4 Geissein an dem bei der Bewegung nach vorn gerichteten Körperende sitzen. Dazu käme dann die Aehnlichkeit der Endosporen mit den Cysten der Flagellaten. So zieht sich bei Monas der grössere Teil des Inhalts zu- sammen und umgiebt sich mit einer neuen Membran, er wird zur Cyste, die schliesslich durch die Zersetzung des übrig gebliebenen Körpers befreit wird genau wie die Endospore einer Bakterie. Ein grosser Gegensatz besteht aber im feineren Bau, die Flagellaten haben einen Zellkern (Fig. 15 h bei /C, der den Bakteiäen noch fehlt. So würde es nicht richtig sein, die Bakterien von den Flagellaten abzuleiten oder ihnen als Parallel- reihe zur Seite zu stellen; ebenso unberechtigt ist freilich auch die schon besprochene Vereinigung mit den Spaltalgen (Cyanophyceen). Unseren heutigen Kenntnissen entspricht es wohl am besten, wenn man die Bakterien als eine besondere Gruppe der Protisten auffasst und zwar die niedrigste, die wir kennen. Sie gewährt einerseits Anklänge an die Flagellaten, andererseits an die (Cyanophyceen, als deren gemeinsame Wurzel die Bakterien zu betrachten wären. Die Arbeitsteilung in Chro- matophoren und farblose Protoplasten, noch nicht begleitet von der Aus- bildung eines echten Kernes, führt zu den Cyanophyceen, die Ausbildung eines echten Kernes und Verallgemeinerung des Bewegnngsvermögens zu den Flagellaten. In der Stammgruppe der Bakterien selbst Avürden un- bewegliclie und be^vegliche Formen als gleichwertige Ausgangspunkte für die beiden Entwickelungsreihen neben einander zu stellen sein, ferner würden sich hier Fadenwnchs, Gallert- und Scheidebildnng als ursprüng- liche Erscheinungen darbieten, die bei C3^anoph3T.een und Flagellaten wiederkehren und zn höherer Ausbildung gelangen.

Die niederen Organismen (IVrikroorganismen, Mikroben), in deren System wir den Bakterien ihren Platz anznweisen versuchten, sind nicht bloss ausserordentlich mannigfach gestaltet, sondern haben auch eine sehr verschiedene Lebensweise, bringen sehr verschiedenartige Wirkungen her- vor, die freilich nur dann zu so benierklicher Höhe sich steigern wie bei den Bakterien, wenn ein dichtes geselliges Zusammenleben möglich ist. Schnelles Wachstum befähigt die meisten Mikroorganismen auch hierzu, so dass einige in ihren Leistungen mit den Bakterien wetteifern können. Es sei an die Sprosspilze der alkoholischen Gärung (Vorl XIV), an die üppig wuchernden Mycelien der Schimmelpilze und die durch sie bewirkten energischen Stoffzersetznngen erinnert. xAuch pathogene Eigen- schaften sind bei zahlreichen anderen jUikroorganismen --) bekannt ge- worden, Avenige freilich nur sind Erreger echter Infektionskrankheiten, die meisten siedeln sich nur in vereinzelten lA'illen im IMenschen und höheren Tieren an nnd rufen seltenere i)arasitäre Krankheiten hervor.

Die Sprosspilze (Saccliaromyceten, Vorl. XIV) sind erst seit wenig’en Jahren in die Reihe pathogener Organisnien eingetreten. Man hat verschiedene rein gezüchtete Brennerei- und Braiiereihefen Versnclis- tiereii injiziert und so sogar schwere, znin Tode führende Krankheiten (Saccharoinycosen) liervorgernfen, deren Syniptoine und pathologische Be- funde freilich nocli keinen sicheren Anhalt dafür geben, welche Krank- heiten des ÄEenschen, deren parasitische Natur wahrscheinlich ist, durch solche Sprosspilze veranlasst sein könnten. Sie hatten sich reichlich ent- wickelt, waren im Blut und fast in allen Organen des Versuchstieres nachzuweisen. Eine Infektion mit den allverbreiteten Hefepilzen würde ja ebenso leicht möglich sein, wie mit Bakterien. Der Verdacht lenkt sich neuerdings auf den Krebs (Carcinom) und ihm ähnliche Geschwülste, in denen man hefeartige Bildungen wenigstens in gefärbten Schnitten glaubt gesehen zu haben, lieber diesen ersten Anfang ist die Forschung noch nicht hinweg. Viele meinen sogar, dass nur variable Zellformen und Zellfragmente der Geschwülste für hefeähnliche Parasiten gehalten worden sind, viele bestreiten überhaupt den parasitären Ursprung des Krebses. Gleichfalls zu den Sprosshefen scheint der Soorpilz (Saccharomyces albicans) zu gehören, der Erreger der Mundschwämmchenkrankheit der Säuglinge. Wie echte Sprosshefe, deren langgestrecktenFormen die einzelne Zelle des Soorpilzes ähnlich sieht, vermehrt auch dieser sich durch Spros- sung und wächst an der Oberfläche von Kulturflüssigkeiten zu mycelartigen Sprossverbänden aus, die sich zu dichter Kahmhaut zusammenschliessen. Ausserdem erzeugt der Soorpilz auch schwache alkoholische Gährung, z. B. in Bierwürze. Ob die Mycelien, die einige Forscher beschrieben haben , nur solche mycelähnliche Sprossverbände waren oder echte Schimmelpilzmycelien lässt sich nicht immer entscheiden. Desshalb muss es zweifelhaft bleiben, mit welchem Recht der Soorpilz von einigen Untersuchern zu echten Schimmelpilzen (Monilia candida , Oidium) gestellt wird. Die mit den Bakterien nahe verwandten Flagellaten (Mastigophoren) kommen gelegentlich als Vernnreinigungen vor, wirklich pathogen sind sie noch nicht beobachtet worden. Für den Menschen wären zu er- wähnen Trichomonas vaginalis, die metatroph in dem Vaginalschleim der Frauen zwischen andern Bakterien nicht selten lebt, ferner eine Tricho- monas intestinalis, die im Darminhalt bei andern Erkrankungen (Diarrhoe, Cholera), gelegentlich auch in der Lunge, wenn diese durch Bakterien ge- schädigt ist, sich einfindet. Beide Trichomonaden sind wohl nur Wasser- organismen, die sich in den menschlichen Körper verirrt haben.

Grössere Bedeutung hat eine andere Gruppe der Protozoen, die Sarkodinen, hüllenlose, Protoplasmakörper, die durch Ausstülpung und Wiedereinziehung von protoplasmatischen Fortsätzen (Psendopodien) unter fortwährender Aenderung ihres Umrisses sich bewegen. Die einfachsten liierher gehörigen Organismen sind die Amöben, nach denen die charakte- ristische Bewegung als amöboide bezeichnet wdrd. Sie teilen sich einfach dadurch, dass sie in zwei getrennte Stücke sich durchschnüren und ver- mehren sich recht schnell. Der Ruhezustand, die bewegungslose Cyste, mit einer allen solchen Zuständen eigenen Widerstandskraft, ist von einer dicken Haut umgeben, die von der zur Kugel sich abrundenden, keine Pseudopodien mehr aussendenden Amöbe ausgeschieden wird. Bei der Keimung schlüpft der Inhalt wieder amöboid hervor. Amöben ge- hören zu den gemeinsten Bewohnern jedes Sumpfwassers, auch in der Erde fehlen sie wohl nie, ihre gelegentliche Uebertragnng in den mensch- lichen Körper ist deshalb leicht möglich. Als iVmoeba coli wird eine

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bei J)yseiiierie unreg’el massig- voi-komineiide Art besdirieben , die aiiHi im gesuiideii Darm autzutreten sclieint. Ob sie die Urlieben'ii der sog. Amöbendysenterie wirklich ist, bedarf nocdi weiterer Prüfung. Ihikterien- freie Reinkulturen und daran sich anschliessende Tierexperimente sind noch nicht gelungen.

Ein amöbenartiger Organismus (Cytoryctes variolae) von noch recht zweifelhafter Jvegitimität soll in den Kuh})Ocken sich finden, dei’ viel- gesuchte Erregei- dieser Ki-ankheit ist er aber sicher nicht. Die hohen Geldpreise, die für die Entdeckung des K u h ]) o c k e n o r g a n i s m u s aus- gesetzt sind, harren noch des glücklichen Finders.

Nahe Beziehungen zu den echten Amöben hat zweifellos auch das sog. P 1 a s in 0 d i u m m a 1 a r i a e , auch Haemamöba, Laverania und sonst- Avie noch genannt, der bei Wechselfieber das Blut bevölkernde Orga- nismus. Yorwiegend in den roten Blutkörperchen, aber auch in der Blut- flüssigkeit treten kleine, amöboid sich bewegende Körperchen auf, an- fangs farblos, später mit dunklen Körnchen (Melanin) des zersetzten Blutfarbstoffes beladen. Zur Zeit eines neuen Fieberanfalles, je nach der Art der Krankheit also nach 3, 4 Tagen oder weniger, regelmässig- täglich, sollen diese xAmöben am häufigsten sein und nun entweder eine Anzahl kleiner Kügelchen, Sporen genannt, bilden oder in leblose Trümmerchen zerfallen. Bis zum neuen Fieberanfall nimmt dann die Zahl der Amöben wieder zu. Ob die sog. Sporen Avirklich diesen Namen verdienen, ist, wie so vieles andere, Avas von den Malariaparasiten ge- schildert AAÜrd, noch nicht erAviesen, denn eine Auskeimung ist noch nicht beobachtet Avorden. Auch die Reinkultur des Plasmodium malariae ist noch nicht geglückt. Dennoch scheint seine Natur als Erreger des Fiebers kaum noch zAveifelhaft zu sein, da durch Injektion mit amöbenreichem Malariablut die Krankheit sich übertragen liess. Wie die Plasmodien in den Körper gelangen, ob, was sehr Avahrscheinlich, durch kleine Wunden, besonders Insektenstiche, oder auch noch durch Einatmung und durch den Darm, das alles bedarf noch der Feststellung. Auch der Wohnort des allem Anschein nach nur fakultativen Parasiten, der in den Malaria- gegenden wohl als metatropher Organismus im Freien lebt, ist noch un- bekannt.

Aehnliche, mit dem Plasmodium malariae zu der Gruppe der H a e m o - sporidia vereinigte, Blutparasiten finden sich sehr häufig bei Fröschen, Reptilien und A^ögeln, eine abgeschlossene Entwicklungs- und Krankheits- geschichte fehlt auch hier noch. Die Froschparasiten (Drepanidium ranae), früher als Blutwürmchen, Cytozoen, bezeichnet, haben eine Zeit lang eine grosse Rolle gespielt, da sie nicht als Parasiten, sondern als Körperelemente des Frosches gedeutet wurden und begreiflicherAveise eine grosse Revolution in den allgemeinen Anschauungen hervorzurufen anfingen. Ihre Parasitennatur ist aber jetzt allgemein anerkannt.

Eine grosse Zahl anderer Parasiten der verschiedensten Tiere Avürden sich hier noch anschliessen , alle gehören in die Protozoengruppe der Sporozoen (Gregarinen, Coccidien, Sarcosporidien etc.), alle sind, da eine Reinkultur noch von keinem geglückt ist, nur lückenhaft bekannt.

Untei- den echten Pilzen Avird Avohl die kleine medizinische Grut)pe der Strep to tricheen unterznbringen sein, äusserst zartfädige, atv- zAveigte Mycelien, von denen einige auch pathogene Eigenschaften haben. In den Reinkulturen Avachsen diese Streptotriclieen entAveder als sterile, d. h. keine Fortpfianzungszellen (Sporen, Conidien) bildende ]\rycelien oder sie entAvickeln bald einzeln, bald in kurzen Kettchen an den

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IMycelästcheii sitzende Conidieii, vevlialten sicdi also wie die eiutaelisteii der eiiifaclien Seliinnnelpilze (Haploinyceten, Hyjdioniyceteii), zii^deiieii sie aiudi o-ehören. ]\Iit den Bakterien liabeii sie niclits gemein. Es sclieint sieh mit der Gattung S tr e ]) to tli r ix (von einigen auch Oospora genannt) so zu verhalten Avie mit der alten (Tattung Leptomitus, zu der früher alle fädigen Organismen gestellt wurden . die in verAvahrlosten Apothekerlösnngen. in den Keagentien chemischer Ijahoratorien, in 4hnte n. s. Av. sich entAvickelten. Jetzt Aveiss man, dass diese Lei)tomitusarten keine besonderen Organismen sind, sondern Mycelieii verschiedener Schimmelpilze, die in den mehr oder Aveniger zusagenden Lösungen ein kümmerliches Dasein führen und steril bleiben. Mit Streptothrix be- zeichnet man alle auf den üblichen Nährböden der Bakteriologie schleclit und recht gedeihenden sterilen, sehr zartfädigen Pilzmycelien, deren Zu- gehörigkeit zu Avohlbekannten Schimmelpilzen sicher einst sich heraus- stellen Avird, sobald man 'andere Nährsnbstrate noch aiiAveiidet.

Auch die am genauesten untersuchte Streptothrix Actino- myces, früher als Actinomyces bovis bezeichnet, der Strahlenpilz, scheint in der Kultur noch nicht ihren vollen Eiitwicklnngscyklns ent- entfaltet zu haben. Der feinfädige Vegetationskörper dieses Organismus ist aus cylindrischen Gliedern zusammengesetzt, genau Avie ein Pilz- myceliuni, und bildet auf festem Substrat (Agar, Blutserum) dichte Knäuel verflochtener und durcheinander gewirrter Mycelfäden, von denen auch ein Aveisslicher Flaum zarter Luftfäden, die Conidieii bilden, emporwächst. Jedoch scheint diese Conidienfrnktifikation noch weiteren Vergleiches mit andern Hyphomyceten zu bedürfen.

Der Strahlenpilz ruft häuflg beim Kind, selten auch bei Menschen, eitrige GescliAvülste, besonders des Kiefers, hervor, kann sich aber auch an andern Stellen festsetzen. Seine Uebertragung scheint besonders durch Grasspelzen und Getreidegrannen, an denen Avahrscheinlich der Strahlenpilz als Schimmel Avächst, zu geschehen. Experimentell hat man die Aktiuo- mykose Aveder mit Keinkulturen des Pilzes, noch mit kranken GeAA^ebs- stücken hervorrufen können. In den letzteren findet man drusenartige, dicht- verfilzte Massen des Pilzes, von denen nach allen Seiten feine Mycel- fäden ausstrahlen, deren Enden keulig anschwellen und so den Prä- paraten der Aktinomycesdrusen ein unverkennbares Aussehen geben. Die Kolben, die auch in älteren Kulturen sich entAvickeln, hielt man früher für Sporangien, sie sind aber nach neueren Erfahrungen nur eigenartige Gallertbildungen der FadeiiAvand und wohl eher als eine Degenerations- erscheinung, als eine besondere EntAvicklungsstufe des Strahlenpilzes

aufzufassen.

Eine Reihe von Hautkrankheiten Avird durch einfache Schimmelpilze hervorgerufen. Ob hier echte Parasiten vorliegen, oder ob diese Pilze noch sonst in der Natur unter den unzähligen Schimmeln zu finden sind, bedarf noch Aveiterer Prüfung. Es Avürden zu nennen sein T r i c h o - phyto 11 ton SU raus, als Urheber der Herpes tonsurans, einer mit Haarverliist verbundenen Krankheit der Haare. Das Mycel des Pilzes findet sich in den Schuppen und Bläschen der behaarten Haut und schnürt in der Kultur Ketten cylindrischer Conidien ab.

Bei Favus, einer den Menschen und die Haustiere befallenden grindigen Hautkrankheit, findet sich ein anderer Schimmelpilz, Achorion Schoenleinii, der nach neuerer Ansicht aber in eine Mehrzahl ver- schiedener Favuspilze zerlegt Averden müsste, Avälirend andere mit einer Species auszukommen glauben. Die Morphologie des Achorion ist trotz

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zahlreicher üntersiiclimi^^’eii im hotaiiisclieii Sinne nocli niclit g-anz klar gestellt, nur soviel ist sicher zu entnehmen, dass ein Schimmelpilz aus der Gru})])e der Haplomyceten vorliegt. Aiudi die stattlichen Schimmel der (Gattung A s])ergillus, von der neben den gestielten Köi)fchen mit ihren allseitig ausstrahlenden Conidienketten , aiudi noch eine andere P'ruchtform (Perithecien) bekannt ist, siedeln sich gelegentlich am Menschen an. Diese As])ergillus- oder Kolbenschimmel gehören nach ihren Peri- thecien zu den Asconiyceteu fspez. Perispor iaceen), als deren unvollständig bekannte Schimmelfruktifikation oft sämtliche Haplo- und Hy])honiyceten aufgefasst werden. Demnach müsste man erwarten, dass auch für Acho- rion, Trichophyton und unzälilige andere noch solche höhere Früchte, Ascnsfrüchte , sich nachweisen Kessen. Jedoch geht man hierin wolil zu weit, es giebt wohl sicher einfache Schimmelpilze, deren ganzer Ent- wicklnngscyklus auf das Mycel und die Conidien, die auch austrocknen können und doch keimfähig bleiben, beschränkt ist. Auch die Aspergillus- arten leben oft lange, in Kulturen jahrelang nur auf diese einfache Art, ohne ihre Ascnsfrüchte zu bilden.

Pathogene Eigenschaften liaben die durch schwarze und schwarz- braune Conidienbüschel gefärbten Arten Aspergillus f u m i g a t u s und A. niger und der gelbliche A. flavus. Sporenaufschwemmungen, die man Versuchstieren injiziert, rufen eine tödtliche Krankheit hervor, in allen Organen des Körpers findet man kleine Pilzmycelieu. Natürliche In- fektionen werden -in den Luftwegen der Vögel öfter beobachtet und er greifen hier auch den Menschen; daneben auch in dem Ohr, am und vereinzelten andern Stellen.

Ueber den ganzen Körper verbreiten sich die Aspergillen von ihren Invasionsstellen aus nicht. Ob sie stets die wirklichen Urheber der zu beobachtenden krankhaften Zustände sind oder ob ihnen durch andere Organismen oder durch Verletzungen erst der Boden bereitet werden muss, bedarf in jedem Falle einer besonderen Untersuchung. Die Asper- gillusschimmel sind überall verbreitet und können daher leicht als Ver- unreinigungen sich einstellen.

Endlich bleiben noch einige Arten der Gattung Muco r übrig, eben- falls eines Schimmelpilzes, dessen Mycel aber nicht aus cylindrischen Gliedern zusammengesetzt, sondern ein scheidewandloser, reich verästelter Schlauch ist, von dem einzelne Aeste senkrecht in die Luft wachsen und die Sporangien, kugelige, geschlossene Sporenbehälter, entwickeln. Die Mucorineen gehören wegen ihres Mycelbaues zu der grossen Gruppe der Phy comyce ten. Mucor rhizo podi formis und Mu. corym- bifer und einige andere Arten wirken, wenn man ihre Sporen Kaninchen injiziert, ähnlich wie die Aspergillen, in allen Organen entwickeln sich kleine Mycelien. Ansser einem Fall sind Mncormykosen beim ]\renschen noch nicht beobachtet. ErAvähnt mag noch werden, dass diejenigen Mucor- und Aspergillusarten, welche im Körper der Warmblüter sich zu entwickeln vermögen, nur bei Bluttemperatur üppig gedeihen, dass aber die grosse Menge der andern Species der beiden Gattungen, die geringere Ansprüche an die Temperatur stellen, in den Versuchstieren schlecht oder gar nicht Avachsen.

Auge

V.

VerbreituiKj imd Le1)eiisweisp dpr Bakteiieii, Ui'zeiujiiiKj.

Keine andere Darstellung- vermag- so treffend und zug-leicli so kurz die Verbreitung- der Bakterien in der Natur zu schildern, wie das Dicliter- Avort :

Der Luft, dem Wasser, wie der Erden

Entwinden tausend Keime sich,

Im Trocknen, Eeuchten, Warmen, Kalten!

Und auch der stolze Schlusssatz des Mephisto:

Hätt’ ich mir nicht die Flamme vorhehalten;

Ich hätte nichts Apart’s für mich.

g-emahnt uns daran, dass die Flamme die sicherste Gewalt ist, die der Mensch über die Bakterien für sich voraus hat, denn das Feuer ist das zuverlässigste, freilich so oft nicht anwendbare Vernichtungsmittel für die Bakterien.

Wenn man weiter auf deren Verbreitung- eingehen will, so hat man Avohl zu unterscheiden zAvischen dem Vorkommen lebensfähigei’ Keime und üppiger Vegetation. In der Form sehr widerstandsfähiger Sporen oder der Aveniger resistenten, aber auch noch Avochenlang das Austrocknen vertragenden staubtrocknen, vegetativen Zuständen findet man Bakterien- keime überall, im Staub, in trockner Erde, an allen Gebranchsgegen- ständen, auf unserer Haut u. s. av., kurz überall. In üppiger EntAvick- lung und Vermehrung dagegen Avird man die Bakterien nur dort finden, Avo alle Bedingungen für ihr Gedeihen erfüllt sind; neben einer geeig- neten Temperatur müssen Wasser^ das Lebenselement aller Organismen, und zusagende Nährstoffe vorhanden sein. Die Orte, an denen man im Freien Bakterien zu suchen hat, ergeben sich hieraus von selbst. Wasser, das durch absterbende Tier- und Pfianzenkörper verunreinigt ist, Avird stets eine Unzahl von Bakterien , untei-mengt mit anderen niederen Or- ganismen, beherbergen, ferner Mist und Jauche, feuchter Ackerboden, auf feuchtem Waldboden verfaulende Kadaver; im Haushalte des Menschen werden die Milch und die Molkereiprodukte, ferner nnznreichend ge-

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scliützte aller Ai’t der Kii)uistiiiig' von Bakterien aiis-

f>-esetzt sein. In den meisten Fällen sind es liarnilose i^akterien, die im Freien gut gedeiken und sich vei-nieliren ,* es wird aber eine Haupt- aufgabe einei’ ziikiinftigen Floristik der Bakterien sein, auch pathogene in ii])piger Fntwicklung aufzusuchen, nicht, wie bisher, einzelne ent- wicklungsfähige Feime, sondern ganze Häufchen und Kolonieen.

Die ]\Iethoden zum Nachweis von Bakterien in Luft, A\'asser, Frde sind iu den letzten Jahren sehr vervollkommnet worden, ihre Beschreibung gehört in die methodischen Hilfsbüclier , nicht hierher, wo nur auf die allgemeinen Grundlagen hingewiesen werden kann.-h

Fm aus der Luft Bakterienkeime in roliester Weise aufzufängen, genügt es, einen geeigneten Nährboden offen stehen zu lassen. Um aber auch die Keime zählen zu können, die in einem gewissen Quantum Luft schweben, saugt man diese langsam durch eine lange Glasröhre, deren Innenfläche mit steriler Nährgelatine überzogen ist. Beim langsamen Durchstreichen der Luft setzen sich die Keime ab und jeder entwickelt eine scharfumschriebene Kolonie, deren Zahl nun leicht zu bestimmen, ist. Zahlreiche andere Methoden beruhen auf einem langsamen Filtrieren der Luft durch Watte oder Sand oder Glasperlen in hoher Schicht, die alle Keime zurückhalten und sie nunmehr bei geeigneter Aussaat in Nähr- material zu zählen gestatten.

Zehn Ijiter Lnft eines Krankensaales enthielten 30 110 Keime, zehn Liter Luft im Freien 1—5 Bakterien und Pilze, annähernd zu gleichen Mengen. Ist die Luft andauernd ruhig, so nimmt die Keimzahl ab, wird sie durch Kehren bewegt und werden dabei neue Staubteilchen vom Boden anfgewirbelt , so steigt ihre Zahl, da die Avinzigen Bakterien in- folge ihres geringen spezifischen GeAvichtes längere Zeit, ähnlich den Sonnenstäubchen, in der Luft zu scliAveben vermögen, bevor sie sich Avieder absetzen. An solche feine Staubteilchen sind die Keime in der Luft oft angetrocknet.

Wenn jede Gefahr ausgeschlossen ist, dass bakterienreiche AusAvürfe Kranker (Tuberkulose, Diphtherie) zu Staub eintrocknen und in die Luft übergehen, so sind die hier uachAveisbaren Keime geAvöhnlich von harmloser Natur. Nicht selten sind eitererregende Kokken gefunden Avorden.

Die Atemluft, d. h. die Luft, Avelche AAur ausatmeu, ist keim- frei, so dass die Atmungsorgane geAvissermaassen als Filter Avirken. Alle Bakterien, die Avir ein atmen, Averden im Körper zurükgehalten , zum Teil setzen sie sich schon in Mund, Nase uud Eachen fest, znm kleinsten Teil nur gelangen sie Avohl auch in die Lungen. Da nun ein ErAvachsener pro Stnnde etwas über 500 Liter Lnft einathmet, so Averden im Freien dabei ungefähr 50 250 Keime eiugeführt. Da die meisten harmlos sind, so ist das nicht schlimm, man ersieht aber daraus, Avelche Gefahr die Feber- tragung pathogener Keime in den Staub mit sich bringt.

Grosse Bedeutung hat man dem Wasser als Vermittler von an- steckenden Krankheiten A^-on jeher zugeschrieben, seine Fntersuchnng ant Bakterien erscheint daher von besonderer AVichtigkeit. Schon das ge- Avöhnliche destillierte AV a s s e r unserer Laboratorien enthält noch genügende Atcmgen Nälirmaterial, um eine scliAvache EutAvickluug zu ge- statten, Avas leicht verständlich ist, da 30000 Bakterien nur Milli- gramm Avasserfreie Substanz enthalten. Das RegeiiAvasser enthält diejenigen Keime, die es aus der Luft mit niedergerissen hat, in einem Falle z. B. 35 Keime pro Liter.

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Sein* yerscliieden ist der Gelialt des B u ii ii e ii - und F 1 ii s s w a s s e r s , entsprecliend ilirer aiissei*oi‘dentlicli verscliiedeiien Zusammensetzung’. So- bald A\5isser mit organiscdien Stoffen vei’uureiuigt Avird , Avie durcli Zu- füliruug’ Amu Sclileusseu in die Flüsse, so ist es jetzt nicht bloss Avie reines AVasser geeignet. Jhikterienkeime längere Zeit entAvicklnngsfäliig zu er- halten, sondern es wird geradezu zu einer Nährlösung, in der die Ihikterien üppig gedeilien. So Avnrden im SpreeAvasser oberhalb Berlin im Knbik- centimeter 6140, nnterhalb 243000 Bakterien gezählt. AVichtiger freilich als das Quantum , dessen Bestimmung Avohl oft zu peinlicli und hand- AA'erksmässig betrieben Avird, ist das (j)nale. Die Mengen von Bakterien, die im FlnssAvasser sich finden, sind meist nnschnldiger Art, es sind sog. AVasserbak terieii, die hier ihren natürlichen Standort haben und die organischen A^erniireinignngeii des AA^assers anfzehren. Unter besoii- derii Umständen Averden auch pathogene Keime in Brniineii und Flüsse gelangen und hier zAvischen den AA^asserbakterien zu leben vermögen, freilicli nur geAvisse, Avie die der Cholera und des Typhus, deren A^or- kommen im Wasser später noch genauer besprochen Averden soll (XTII. und XIA^. Vorlesung), lieber die Bakterien des MeeresAvassers vergleiche man den Abschnitt über die Lenchtbakterien (A^orl. VII).

Hat die mikroskopische Prüfung eines AVassers ergeben, dass es nicht allzuviel Bakterien enthält, daun ist die bakteriologische Unter- snchnng ziemlich einfach. Man vermischt einen Knbikcentimeter davon mit verfiüssigter Nährgelatine und giesst diese auf eine Glasplatte oder in eine Glasschale breit ans. Die Keime Averden in der Gelatine gleich- mässig verteilt und nach deren Erstarrung festgehalten, die Zählung der heran Avachsenden Kolonien ist einfach. Bakterienreiches \A^asser muss man entsprechend verdünnen und dann AAÜe oben verfahren. Beim NacliAveis vereinzelter pathogener Keime (Typhus, Cholera) in verhältnis- mässig reinem AVasser bedient man sich der sog. Anreichernngs- methode. Man versetzt das AVasser mit sterilisierter Nährlösung (Peptonznckerlösnng), damit die Avenigen Keime sich reichlich vermehren können und nun leichter sich durch das Plattenverfahren reinigen lassen. Freilich hat diese Methode den Nachteil, dass auch die AA^asserbakterien durch die zngesetzte Nährlösung zu üppigem Wachstum angeregt Averden und die gesuchten pathogenen Keime leicht überwuchern.

Auch das Eis ans Flüssen und Teichen enthält eine lebensfähiger Bakterien (z. B. pro ccm 2000), die den Einschluss in Eis oft sehr lange ohne Schaden vertragen.

Im Erdboden, von dem geAVogene Mengen mit Nährgelatine ver- mengt Averden , finden sich stets sehr viele Bakterien, teils als ruhende Keime, teils in lebhafter A^egetation, Avie die Salpeterbakterien. AATe beim AVasser erhöht sich auch beim Boden die Zahl der Bakterien, so- bald organische Stoffe aufgenommen und festgehalten Averden. In einem Gramm Gartenerde Avird man immer mehr als 100000 Bakterien finden können, darunter auch regelmässig solche, die pathogene Eigenschaften besitzen, Avie der Erreger des AVnndstarrkrampfes, des malignen Oedenis, ferner Gärnngs- und Fänlnisbakterien, Farbstoffbakterien, Salpeter- bakterien und AÜeles andere.

Die qualitative Untersnchnng Amn Luft, AVasser, Boden und Staub, überhaupt unserer Umgebung auf Bakterien, kann, so lange sie im Dienst der Gesundheitspflege geschieht, sich darauf beschränken, durch gut nährende Substrate, Peptonznckergelatine oder Blutserum, die

grosse

Menge

Keime zur

EntAvicklung

anzuregen,

teils mit Luftzutritt, teils bei Ijuft-

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abscliliiss. Es würde sicli liieraii dann eine langwierige Prüfung der einzelnen isolierten Formen auf ihre pathogenen Eigenschaften anzu- schliessen haben. Soll aber eine solche Untersuchung eine vollständige Aufzählung aller sich findenden Bakteiienarten liefern, dann sind ver- schiedene Nährböden, bessere und schlechtere, anzuwenden. So würde es nicht gelingen, die nitrifizierenden und die stickstoffassimilierenden Bakte- rien des Ackerbodens neben den Bazillen des Starrkrampfes mit dei‘ ge- wöhnlichen Nährgelatine nachzuweisen. Je nach den Ansprüchen, die die Bakterien an die Ernähning stellen (vgl. York VI), Avird sich im einzelnen Falle die Auiswahl der Nährsubstrate zu richten haben.

Ihrer LebensAveise nach pflegt man die Bakterien in zAvei grosse Gruppen einzuordnen, die Saprophyten und die Parasiten, die beide nicht fähig sind , ihre organische Leibessubstanz aus anorga- nischem Material anfzubauen und durch dessen Verarbeitung die für den Betrieb des Lebens eiforderliche Kraft (Energie) zu geAvinnen. Beide Gruppen sind demnach auf diejenigen organischen Verbindungen ange- Aviesen, die andere Organismen (Tiere und Pflanzen) ihnen liefern. Ver- mag eine Bakterie nur dann zu gedeihen, Avenn sie in einem andern lebenden Organismus sich einnistet und so unmittelbar an der (ijuelle dessen Substanz sich aneignet, so bezeichnet man sie als Parasiten, genügt ihr aber das orga- nische Material in den Ausscheidungen lebender AVesen, in dessen Ex- ki’ementen und Sekreten und fernerhin die Substanz des todten Orga- nismus, so ist die Bakterie ein Saprophyt. Diese alte, jetzt allgemein gelänflge Unterscheidung genügt aber seit der Entdeckung der Er- nährungSAveise von Salpeter- und ScliAvefelbakterien , ferner der Stick- stoflbakterien, denen sich geAAfss noch andere anschliessen Averden, nicht mehr. Sie konnte befriedigen, so lange. zAvei alte, als unumstösslich geltende Sätze der allgemeinen Physiologie, denen sie geAvissermaassen Ausdruck verleiht, keine Einschränkung erfuhren. Der eine dieser Sätze lautete, dass nur die grünen Pflanzen (und die roten und braunen Algen des Meeres) die Kohlensäure der Luft mit Hilfe des Sonnen- lichts assimilieren und in organische Substanz überführen können, und dass nur auf diesem AVege farblosen Organismen (Pilzen, Tieren) die Kohlensäure der Luft zugänglich gemacht Averde. Auch alle sapro- phytischen Bakterien sollten diesem Gesetz unterAvorfen sein und nur aus kolilenstolfhaltigen Produkten des Tier- und Pflanzenkörpers ihren Kohlen- stoffbedarf befriedigen können. Die Entdeckung, dass die farblosen Salpeterbakterien auch ohne die Energie des Sonnenlichtes die Kohlen- säure der Luft sich anzueignen vermögen, brach die allgemeine Giltig- keit des obigen Satzes. Auch das andere Gesetz, dass der freie Stick- stoff der Luft überhaupt keinem Organismus als Nahning dienen könne, dass der Salpeterstickstoft“ zAvar für die grüne Pflanze genüge, aber für alle ungefärbten Organismen (Tiere, Pilze) also auch die saprophytischen Bakterien nicht ausreiche, musste fallen, als die Bindung des atmo- spliärischen Stickstoffes durch die Knöllchenbakterien der Leguminosen sicher beAviesen Avurde, als zu Erfahningen über die ErnahrungsAveise von Schimmelpilzen auch die Aveitere Eigenschaft der Salpeterbakterien hinzukam, ihre Leibessubstanz aus der Kohlensäure der Luft und dem Stickstoff des Salpeters anfzubauen. So trat unter den Bakterien, denen bei genauerer Erforschung geAviss auch andere niedere Organismen (Pro- tozoen) sich anreiheu Averden , eine besondere Gruppe hervor, ausge- zeichnet durch primitiven Stottwechsel, der diese Bakterien an die ScliAvelle alles Lebens stellt. Diese bescheidenen Formen kann man unmöglich als

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Sapropliyteii bezeicliiieii und dadui*(di mit den ansprnclisvollen Fänlnis- erreg’ern auf eine Stufe stellen. Es wird sich deshalb emi)fehlen, die Bakterien nach ihrer Lebensweise in drei biologische G r n p ]) e n einznordneii : prototrophe, me tatro ])he und paratro])he Bakte- rien.-’L Die pro totro})hen bedürfen entweder gar keinei* organischen Nahrung (Salpeterbakterien), ja verschmähen sie sogar oder veianögen doch wenigstens den Stickstoff in elementarer Form zu verarbeiten bei Gegeinvart organischer Kohlenstoffpnellen, vielleicht einfaclister Art (StickstoffFakterien). Andere prototrophe endlich, Avie die Sclnvefel- und Eisenbakterien zersetzen anorganische Verbindniigen besonderer Art und geAvinnen hierdurch Enei’gie, unter den bescheidensten Ansprüchen an or- ganische Nahrung. IMancherlei ist hier noch anfznklären und festzn- stellen, auch an Uebergängen zur Metatrophie fehlt es nicht. Allen Proto- trophen gemeinsam erscheint schon jetzt die Fähigkeit , ganz oder teil- Aveise ohne organische Nahrung zu gedeihen. Diese Avircl verlangt von allen metatrophen Bakterien, deren Ansprüche an organische Kohlen- stoff- und Stickstoffqnellen freilich recht verschieden sind, Avie die fol- gende Vorlesung zeigen Avird. Die Metatrophen, die Hauptmasse der Bakterien, gedeihen übemll dort, aa^o organische Nahrniig ihnen geboten Avird. also soAvohl in nnreinem Wasser, auf Nahrungsmitteln aller Art, als auch in den von aussen zugänglichen Höhlungen des tierischen und menschlichen Körpers, die in Sekreten oder Naliningsresten geeignete Nährstoffe darbieten. Solche me t atrophe Bakterien beAvohnen Mnnd- nnd Nasenhöhle, den Darmkanal, die Aveibliche Scheide. Ein Teil der metatrophen Bakterien ruft tiefgehende Zerspaltungen der organischen Stoffe hervor, sei es unter der Erscheinung der Gärung als zymogene Bakterien, sei es als saprogene, als Erreger der Fäulnis. Andere nieta- trophe Arten verändern die dargebotene Nahrung nicht so stürmisch und siedeln sich besonders dort gern an , avo durch saprogene Bakterien ein buntes Gemenge organischer Stoffe verschiedener Art erzeugt Avird. Man könnte diese als saprophil bezeichnen. Manche metatrophe Bakterien können, je nach den sich bietenden Bedingungen, verschiedene Eigen- schaften entAvickeln (polytroph), Avährend andere mit weniger vielseitigen Fähigkeiten ausgestattet sind und nur als ' spezifische Erreger eines Zersetznngsprozesses gedeihen (monotroph , Vorl. III). Viele meta- trophe Bakterien können überhaupt nicht im lebenden Organismus AAvachsen, sie sind exklusiv oder obligat metatroph, es sind das die sog. obligaten Sapropliyteii. Andere leben zwar für geAvöhnlich nieta- troph, können aber auch paratroph gedeihen und so als Krankheits- erreger Avirken. Sie sind fakultative Parasiten (Choleravibrio, Milzbrand-, vielleicht Typhnsbazillen).

Die paratroph en Bakterien endlich, die Parasiten, vermögen nur in andern lebenden AVesen zu Avachsen und sind in der freien Natur entweder gar nicht Amrhanden (Gonokokken) oder nur als staubtrockene Ruhezustände (Tuberkel, Diphtherie). Nur Avenn jede Konkurrenz mit metatrophen ferngehalten Avird und die Bedingungen möglichst dem lebenden Körper entsprechen (Blnttemperatnr , Blntsernm), gelingt es, diese paratrophen auch in Reinkulturen zu züchten. Andere paratroi)he Bakterien scheinen leicht auch ausserhalb des Körpers zu gedeihen, sie können auch fakultativ metatrophisch leben; jedoch bedarf diese Frage noch Aveiterer Untersuchung, da die konkurrenzlosen Reinkulturen der Laboratorien darüber nicht zu entscheiden vermögen, sondern nur eine Floristik der Bakterien.

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So gelangen Avir zu folgender IJebersiclit :

I. Pro totr oi>lie Bakterien.

Salpetei'bakterien, Stickstolfbakterien, ScliAvefel- und Eisenbakterien; nur in dei“ freien Natur, nie parasitiscli und immer monotropb.

TL Met atrophe Bakterien.

Zymogene, saprogene und sapropliile Bakterien ; in der freien Natui’ und auf der inneren Obertläclie des Kör])ers, zinveilen auch parasitisch (fakultative Ihrrasiten), teils monotroph, teils polyti’oph.

III. Par atrophe Bakterien.

Nur im Innern, den Säftebahnen und den Geweben lebender Organismen.

Echte (obligate, exklusive) Parasiten.

Nebenbei sei bemerkt, dass auch alle anderen Organismen in diese drei biologischen Gruppen sich einordnen lassen. So sind alle gefärbten Pflanzen, von der einzelligen Alge bis zum höchsten Banm prototroph, alle Pilze und Tiere, soweit sie nicht parasitisch leben, metatroph.

Da entAvicklungsfähige Keime metatropher Bakterien überall sich finden, so ist nicht zu verAAumdern , dass alle Lösungen, die geeignete Nährstoffe enthalten, Infnse ans Hen und Stroh, Aufgüsse von Fleisch u. s. Av., Avenn sie unbedeckt stehen gelassen Averden in kurzer Zeit sich trüben durch reiche EntAvicklung der hineingefallenen Keime. So siclier Avir heutigen Tages Avissen, dass solche unsichtbare Keime vorhanden sind und dass durch ihre EntAvicklung allein die zalillosen Bakterien ent- stehen (omne vivnm e vivo), so überraschend und rätselhaft musste in früherer Zeit ihr Erscheinen sein. Schien es doch, als ob aus nichts, d. h. genau, gesagt, aus unbelebten Bestandteilen des Infnses die Bakterien sich zu entAAuckeln vermöchten, als ob sie durch U r z e u g u n g (Generatio spontanea oder aequivoca) entstanden AAdtren. Aelter noch als das Ab- stammnngsproblem , das heute aller NaturAvissenschaft zn Grunde liegt, ist das Problem der Urzeugung, d. h. der Entstehung des Lebenden aus dem Unbelebten: eine nnniittelbare Forderung der KANT-LAPLACE’schen Theorie der Urgeschichte unserer Erde, die erst allmählich sich soAveit abkühlte und veränderte, dass organische Wesen auf ihr zu leben ver- mochten. Wo kamen diese ersten Wesen her, Avnrden sie durch den Weltenraum von anderen Himmelskörpern der Erde rechtzeitig zuge- sendet oder entstanden sie auf ihr selbst ans dem allein vorhandenen anorganischen Material? Wäre das erstere der Fall geAvesen, AAms ganz unAvahrscheinlich ist, so Avürde die Frage nach der Entstehung der ei’sten Wesen doch nur von der Erde auf eine andere Welt verlegt nnd sofort, das Problem der Urzeugung Aväre nicht erledigt. Viel Avahrscheinlicher ist es, dass anf unserer jungen Erde selbst die ersten, einfachsten Wesen durch Urzeugung entstanden nnd dass von ihnen aus, AA’ie die EntAvicklungslehre anuimmt, in ununterbrochener Folge die Organismen- Avelt bis zn ihrer heutigen H(")he sich entAvickelte. Ohne die Annahme einer einmaligen Ui’zeugung kommt die Abstammnngslehre nicht ans. AAhis früher geschehen, könnte aber auch noch geschehen, neben den fort nnd fort Aveiter sich entAvickelnden Organismen kcninten unausgesetzt durcli Ur- zeugung neue sich bilden. Da man mit Recht annahni, dass hierdurch

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nur allereinfacliste Wesen entstehen k(")nnten , so ist es begreiflicli, dass

Erre^^'er von Gärung-en (Hefe-

erzeug’en versuclite.

inan Infusorien , besonders die winzigen pilze und Bakterien) durch Generatio aeqnivoca zu Da selbst 1—2 Btniiden langes Kochen nicht immer genügte, um eine Ti'übnng des wohlverschlossenen Infnses von Heu oder Käse durch Oi- ganismen zu verhindern, so schien hier wirklich ürzengnng vorziiliegen. Denn dass Keime lebender Wesen eine so grosse Widerstandskraft gegen die Siedehitze haben könnten, widersprach aller P]rfahrnng. Blieb nach längerem Erhitzen der Infus klar, so meinten die hartnäckigen Verfechter der experimentellen Ürzengnng, dass die Nährflüssigkeit sich verändert habe und nicht mehr zur Urzeugung tauglich sei. Da Durch- leitnng von Luft nachträglich eine Trübung des gekochten Infnses herbeiführte, so schien es, als ob durch die Luft jene ungünstige Ver- änderung wieder beseitigt werden könne. Viele andere Schwierigkeiten und Widersprüche tauchten auf. die Gegner und Anhänger des Pro- blemes in gleich grosse Verlegenheit brachten. Wurde die Luft durch Schwefelsäure oder Watte flltriert oder geglüht, bevor sie in den gekochten Infus eintrat, so blieb dieser meistens zwar klar, aber doch nicht in allen Fällen. AVir wissen heute, dass die Bakterien, um die es sich hier handelt, aus ihren besonders widerstandsfähigen Kuhezu- ständen, den Sporen, deren Eigenschaften in den folgenden Kapiteln uns noch oft beschäftigen werden, sich entwickelten, auch in dem stundenlang gekochten Infus. AVir wissen auch, dass diejenigen, welche durch das Glühen der Luft die Keime tödten oder sie durch die Filtration durch Schwefelsäure oder AVatte zurückhalten wollten, ßecht hatten und dass deshalb die Infuse oft klar blieben.

Genügend lange gekochte Infuse, einfach mit AVatte abgeschlossen, bleiben jahrelang vollkommen klar, eine Urzeugung findet nicht statt. AVie alle Organismen, können auch die Bakterien nur aus ihren Keimen sich entwickeln. So sind denn auch die von Zeit zu Zeit immer wieder auftauchenden, oft recht phantastischen Nachrichten, dass das absterbende Protoplasma höherer Organismen in Bakterien zerfalle oder dass doch Urzeugung beobachtet worden sei, mit gebührendem Kopf- schütteln aufzunehmen. Nicht minder gilt das gegenüber der Behauptung, dass es sogar stickstofffreie, nur aus Kohlenstoff, AVasserstoflf und Sauer- stoff aufgebaute niedere Organismen gäbe.-®)

Nach einer anderen Seite hin hat aber doch die Physiologie der Bakterien das immer und immer wieder sich aufdrängende Urzeugungs- problem geklärt. Solange man nur metatroplie Organismen kannte, zu denen der üblichen Annahme nach, auch alle Infusorien und Protozoen überhaupt gerechnet werden , bestand eine unüberwindliche Schwierig- keit darin, wie man sich die Ernährung der durch Urzeugung entstan- denen AA^esen zu denken habe. Seitdem der primitive Stoffwechsel der prototrophen Bakterien, besonders der Salpeterbakterien, die nur aus an- organischem Material ihre Kör[)ersnbstanz autbauen, bekannt geworden ist, fehlt es nicht mehr an einem Beispiel für die Lebensweise der Erstlingsorganismen.

A. PUscIm*)', Voi'lesmigeii ühPi- Bakterien.

4

VI.

Allgemeine Grundlagen der Ernälining und Kultur.

Chemische Z u s am m e ii s e t z ii n g d er B a k t e r i e n.- ') Wie der lebende Körper aller Org^anismen, besteht auch der der Bakterien A^or- wiegend ans Wasser, ca. 85 7o (Mensch 65 70^/,,, krautige Pflanzen 60 80%, Algen ca. 90%). Ihr hoher Wassergehalt, der auch in dei* feinen Struktur des zellsaft- und vaknolenreichen Protoplasmas lierAmr- tritt, erklärt sich daraus, dass sie Bewohner des M'assers und von Flüssig- keiten aller Art sind, keine Landorganismen. Eine Analyse der von Beimengungen des Nährbodens möglichst gereinigten Bakterien ergab für ein Gemisch verschiedener, lebhafter bewegter Fäulnisbakterien (Nencki) und für Keinkultiiren des roten Bacillus prodigiosus folgendes:

Fäulnisbakterien Bac. prodigiosus

(Nencki) (Kappes)

Wasser 83,42 85,45

Eiweisskörper ' 13,96 10,33

Fett 1,00 0,7

Asche 0,78 1,75

Rest 0,84 1,57

(nicht untersucht)

Diese beiden Analysen können natürlich nur ein allgemeines Bild geben, im Einzelfalle würden grössere Differenzen Vorkommen, da die Bakterien in ihrer Zusammensetzung von der dargebotenen Nahrung ebenso abhängig sind, wie andere Organismen. Wie diesen freilich Avird auch den Bakterien die Fähigkeit einer beschränkenden AusAvahl der vor- handenen Nahrung zukommen, so dass zAvar bei grösserem Salzgehalt des Nährbodens auch die Aschenbestandteile zunehmen, bei üppig nährenden Pep- tonlösungen mehr Eiweisskörper entstehen als bei schlecht nährendem Sal- miak-Glycerin, ungeAvöhnliche AbAveichungen aber Avohl kaniii Vorkommen. Eine von allen andern Organismen Aveit abAveichende Zusammensetzung haben nach den beiden mitgeteilten Analysen die Bakterien keinesAvegs.

Nencki “’) stellte den EiAveisskörper so dar, dass er die Bakterien' durch Kochen mit Salzsäure ausfällte, dann mit Äether und Alkohol fett-

51

g’e-

frei machte, in Kali löste* und mit Kochsalz aussalzte. Der so woiinene schwefelfreie Eiweisskörper, das Myco})rotein enthält 52,39 %0, 7,55 H, 14,75“/,» N und ca. 25 7oO und steht einem von SchlossuerctF-k ans Sprosshefe darg'estellten Körper ziemlich nahe. Wenn auch angenommen werden darf, dass das Mycoprotein ein unver- änderter Bestandteil des Bakterienleibes ist und nicht erst durch Spaltung zusammengesetzter Proteinkörper entstanden ist, so folgt doch hieraus noch nicht, dass das Mycoprotein, also ein Schwefel- und phosphorfreier, sehr einfacher Eiweisskörper, die Hauptmasse des Bakterienprotoplasmas bildet und so znm Träger des Lebens wird. AVäre diese Annahme richtig, so würden ja auch in dieser Beziehung die Bakterien auf der niedersten Stufe der Organismen stehen, deren I/ebensänssernngen an viel zusammengesetztere Körper, Nnkleine imdNukleoalbnmine mit hohem Phosphorgehalt gebunden erscheinen. Da solche Körper in anderen Bakterien sicher nachgewiesen worden sind, so Avird es Aveiterer Untersnchnngen bedürfen, um die Be- deutung des Mj^coprote'ines festzustellen.

An die Ehveisskörper (im Aveiteren Sinne) des Bakterienprotoplasmas schliessen sich Avohl am nächsten giftige Stoffe an, die als Toxine be- zeichnet Averden, ihrer chemischen Natur nach aber noch ganz nnbe- kannt sind. lieber ihre Bedentnug für den Verlauf der Infektionskrank- heiten vergleiche man Vorlesung XVII.

Kohlehydrate Averden AVohl in keiner Bakterie fehlen, einen so Avesentlichen Anteil an dem Aufbau ihres Körpers aber, wie bei den Pflanzen, haben sie keinesfalls. So besteht, Avie schon erwähnt, die Wand, Hülle, der meisten Bakterien nicht aus Cellulose, sondern einem protein- artigen Körper. So fehlen auch kohlehydratische Inhaltsbestandteile; die Grannlosereaktion (p. 13), der Bnttersänrebacillen und einiger Mnnd- bakterien Aveist auf ein freilich nur Avegen der Jodfärbnng als Granu- löse bezeichnetes, noch nicht genau untersuchtes Kohlehydrat hin. Die Gallerte des später zn besprechenden Froschlaichpilzes (Lenconostoc) und anderer schleimbildender Bakterien in Wein und Bier besteht Avahrschein- lich ans einem Kohlehydrat, Dextran (CßHjoOg), das der Cellulose und ihren schleimigen Produkten bei Gallertalgen ähnlich ist.

lieber besondere Einschlüsse der Bakterienzelle, wie Farbstoffe Avnrde schon in der II. Vorlesung gesprochen.

Endlich Avird man noch alle diejenigen Stoffe als Bestandteile der Bakterienzelle anfzufassen haben, Avelche bei Gärung und Fäulnis ge- bildet Averden, sich aber in der Zelle in grossen Mengen nicht anhänfen, sondern als Stoffwechselprodnkte , die nicht speichernngsfähig sind, ans- geschieden Averden. lieber die grosse Zahl derartiger Verbindungen ver- gleiche man die Vorlesungen XI XIV.

Die vorliegenden Elementaranalysen der Asche geben über den An- teil, den die mineralischen Elemente am Autban des Bakterienkörpers haben, keinen Aufschluss, Aveil die dargebotenen Nährhisnngen nicht be- sonders auf diese Frage zubereitet waren.

Die Nährstoffe der Bakterien.-^ Mineralische Nährstoffe verlangen die Bakterien so gut wie alle anderen Organismen, nur be- darf es sehr geringer Mengen selbst zu üppigem Wachstum, denn bei durchschnittlich 1% Asche würden 1 Milligramm lebendige Bakterien, d. h. ca. 30 Milliarden Individuen nur Milligramm Mineralstoffe enthalten. Deshalb genügen für künstliche Nährlösungen auch sehr ge- ringe Salzzusätze, vielleicht 0,1— 0,2%. Man Avürde von Elementen un- bedingt zu bieten haben ScliAvefel, Phosphor, Calcium Magnesium, Kalium

4*

ScliAvefel lind

(

52

imd Natrium, eine Spur Chlor und Eisen. Ob nur ein Alkalimetall, also Kalium oder Natrium <>enüg't, ob andere Alkalien, wie Rubidium und Cäsium dafür Ersatz bieten können, ob auch statt des Calcium ein anderes alka- lisches Erdmetall, wie Baryum und Strontium genügt, bedarf noch weiterer und erneuerter. Untersuchung, ist aber nach neueren Erfahrungen an Schimmelpilzen wenig wahrscheinlich.

Nähere Auseinandersetzungen über die vorteilhafteste Darbietung der mineralischen Stoffe gehören in die methodischen Handbücher. In der folgenden Schilderung enthalten, wenn kurz von „nötige Salze“ ge- sprochen Avird, die Lösungen: 0,1^7« Dikaliumphosphat (K0HPO4), 0,02 Magnesiumsulfat (Mg SO4) 0,01 'Vo Cblorcalcium (CaCL), keine besonderen Zusätze von Natriufti und Eisen, die, wenn man nicht ganz besonders gereinigte Chemikalien und ausserdem Leitun gswasser benutzt, in aus- reichender Menge vorhanden sind. Beigabe von 0,1 "/„ Kochsalz oder auch bis zu 0,7 7o kann bei pathogenen Bakterien vorteilhaft sein. Be- reitet man seine Nährlösungen mit Infusen von Fleisch oder mit Fleisch- extrakt so bedarf es besonderen Salzzusatzes nicht.

Zum Aufbau ihres Körpers brauchen Avohl alle Bakterien keine anderen als die oben genannten Mineralstoffe, dagegen stellen die drei früher unterschiedenen biologischen Gruppen der prototrophen, meta- trophen und paratrophen Bakterien sehr ungleiche x\nsprüche an die Er- nährung mit Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen, denen sie die Avich- tigsten Elemente zur Bildung der lebenden Substanz entnehmen.

Die prototrophen Salpeterbakterien, die uns später noch genauer be- schäftigen Averden, gedeihen vorzüglich in folgender Nährlösung :

100 g Wasser,

0,05 g salpetrigsaures Kali,

0,02 g Dikaliumphosphat,

0,03 g schwefelsaure Magnesia,

0,05 g Soda,

0,05 g Kochsalz.

Als Stickstoffquelle genügt die salpetrige Säure, der Kohlenstoff Avird nicht der Soda, sondern der Kohlensäure der Luft entnommen.

Andere prototrophe Arten des Ackerbodens, die den atmosphärischen Stickstoff zu assimilieren vermögen, verlangen ausser den nötigen Salzen nur noch eine Kohlenstoffquelle, z. B. Zucker in der Nährlösung.

Das Wachstum nietatropher Bakterien in Nährlösungen mit ver- schiedenen Kohlenstoff- und Stickstoffquellen mag zunächst folgende Tabelle veranschaulichen. Alle Lösungen enthielten gleiche Mengen der nötigen Salze und reagierten, avo nicht anders angegeben, ganz scliAvach alkalisch, da freie Säure, Avie auch aus der Tabelle her- vorgehen Avird, meist hemmend Avirkt. Die Kultnren Avurden bei günstigster Temperatur gehalten und 14 Tage überAvacht, damit nicht ein geringes, verspätetes Wachstum übersehen Avurde. Es bedeutet:

-] I |- = sehr üppiges Wachstum, Flüssigkeit stark getrübt resp.

daneben noch häutige Anliäufung an der Oberfläche (Cholera, Bac. subtilis) oder beim IMilzbrand starker Bodensatz in der klar gebliebenen Flüssigkeit.

-[ 1~ = mittleres Wachstum, deutliche, Avenn auch sclnvache Trübung, sclnvache Haut.

4- = geringes Waclistnm, leichte Trübung nur beim vor- siclitij^’eu Scliüttelii in feinen Wolken bemerkbar: Kill 4- = AVaclistiim fast 0, kaum bemerkbar.

0 = kein Wachstum.

Die einzelnen Grade können natürlich nur schätzung’s weise bestimmt werden, wollte man ganz exakt Vorgehen , so müsste man die Keime zählen, die gleiche Mengen z. B. 1 ccm der Nährlösungen nach gleicher Zeit enthalten, nach derselben Methode wie bei bakterienreichem AVasser (p. 45).

Nr.

Stickstoff-

Quelle

Kolileustoff-

Quelle

Chemische

Reaktion

Bacillus

Anthracis.

Bacillus

typhi

Bacillus coli

1.

1% Pepton

1^/oTraubenzuck.

alk.

+++

+++

+++

2.

1 Pepton

(Pepton)

??

++

++

++

3.

1 Asparagin

1 Traubenzuck.

?5

0

+

+++

4.

1

1

sauer

0

+ ?

++-1-

5.

1

(Asparagin)

alk.

0

0

++

6.

1

sauer

0

0

+

i.

1 weinsaures

1 Glycerin

alk.

0

0

++

Ammonium

8.

1

(weins. Ammon.)

»

0

0

+ ?

9.

1 Clilorammon.

1 Glycerin

alk.

0

0

4-++

10.

1

n

sauer

0

0

+++

11.

1 Kalisalpeter

1 Traubenzuck.

alk.

0

0

+

12.

1

1 Glycerin

J)

0

0

0

13.

1 Zucker

)?

0

0

0

14.

1 Kalisalpeter

5)

0

0

0

0)

O

i-l OJ

cc

pq «3

CO

03

.'75 o3 ü

§

M

+++

0

++

0

+

+++

+

4-

+

+4-+

+-H-

+

4-

0

4-+

0

+ ?

0

0

0

0

4-?

++

4-+

4-+

0

0

0

44-

-f

+4-4-

0?

0

Als erstes und wichtiges Eesultat springt aus der Tabelle der grosse Gegensatz zwischen dem Milzbrandbacillus und dem Bac. pyoc^^aneus hervor, der erstere gedeiht nur, wenn Pepton als StickstolFquelle gegeben wird, er ist eine Peptonbakterie, der andere wächst noch ebenso üping mit prächtiger Fluorescenz wie auf Pepton, auch auf Kalisalpeter (12), er ist eine Nitrobakterie und steht den echten prototrophen Bakterien, den nitrifizierenden am nächsten. Von ihnen unterscheidet er sich aber dadurch , dass er noch einer besonderen Kohlenstolfquelle bedarf, nicht die Kohlensäure der Luft assimilieren kann (14). Eine grosse Zahl metatropher Bakterien begnügt sich mit dem Stickstoff des Ammoniakes und wächst damit bei geeigneter besonderer Kohlenstoffquelle noch ganz oder beinahe ebenso üppig, wie auf Pepton. Zu diesen Ammon- bakterien gehören nach unserer Tabelle der Bacillus coli, der Vibrio cholerae und der Bac. subtilis. Höhere Ansprüche stellt die Gruppe der Amidobakterien, die wie der Typhusbacillus noch ziemlich gut mit Amidoverbindungen (Asparagin, Leucin etc.) gedeihen, aber nicht mit Ammoniakstickstoff'. AVenn man nach ihrem Stickstoff'bedürfniss die Bakterien in die vier Gruppen der Pepton-, Amido-, Ammoniak- und Nit robakterien einordnet, wolle man nicht übersehen, dass auch

54

die Kolilenstoftqiielle, die man g’] ei cli zeitig’ darbietet, von grosser Bedeutung für die Verwei’tung’ der Stickstoifverbindung ist. 8o können die Animon- bakterien der Tabelle auch noch den Salpeterstickstoff verwerten, wenn ihnen im Zucker eine geeignete KolilenstoffVerbindiing gereicht Avird, Avährend Glycerin nicht genügt. Ohne Stickstoff vermag keine Bakterie zu Avachsen, denn die geringe Entwicklung des Bac. pyocyaneus (13) in reiner Zuckerlösung könnte auch , Aveitere Prüfung Vorbehalten, auf ge- ringen Verunreinigungen des Zuckers oder auf Absorption geringer Ammo- niakmengen aus der Laboratoriumsluft beruhen.

Die Grundlage für diese Unterscheidung der Bakterien nach ihrer Fähigkeit, Stickstoffverbindungen zu verarbeiten, Avurde bereits vor längerer Zeit von Naegeli geschaffen, der auch Spross- und Schimmel- pilze daraufhin untersuchte. Später hat Beverinck die Frage Aveiter verfolgt. -®)

In der medizinischen Bakteriologie sind die flüssigen Nährsubstrate mit verschiedeuAvertigen Stickstoffquellen niemals allgemein angewendet und durch die schablonenhafte Kultur auf Gelatine und Agar mit Peptonzuckerzusatz verdrängt Avorden. Wohl nur zum Nachteil vieler Fragen, denn das Beispiel von Typhus- und Kolonbacillus, der erstere eine Amido-, der andere eine Ammonbakterie, zeigt am schlagendsten, Avelcher Wert für die Differentialdiagnose ähnlicher Arten diesen Nähr- lösungen zukommt.

Nicht minder Avichtig sind die Eückschlüsse, die aus der Tabelle ^ auf das Vorkommen pathogener Bakterien in der freien Natur gezogen Averden können, Avie hier, unter Himveis auf späteres nur angedeutet sein mag. Auch die Wirkung der chemischen Eeaktion ändert sich bei verschiedenen Stickstoffquellen, je besser diese, je kräftiger also die Bakterien gedeihen, um so unempfindlicher sind sie gegen nicht zusagende, saure Eeaktion der Lösung. Erhaben hierüber erscheint in der Tabelle nur der Bacillus coli, deutlich gehemmt durch saure Eeaktion AAÜrd der Bac. pyocyaneus erst bei Salmiak als Stickstoffquelle (9 und 10) nicht Avenn Asparagin geboten wird (3 6). Ganz unterdrückt Avird durch freie Säure der sehr empfindliche Choleravibrio (4 und 6), Avährend der in scliAvachsaurem Heuinfus Avohl gedeihende Heubacillus Aveniger ein- deutig sich verhält.

Auch die Farbstoff bildung des Bac. pyocyaneus und anderer chroino- gener Bakterien ist abhängig von der Stickstoffquelle und chemischen Eeaktion.

Obgleich die organischen Stickstoffverbindungen alle Kohlenstoff' ent- halten, reichen sie allein doch nicht für üppiges Gedeihen aus, Avie ein Vergleich der Nummern 1 und 2, 3 und 5 zeigt, ja der Kohlenstoff' des Aveinsauren Ammons (8) ist für Bac. subtilis ganz unbrauchbar, der Kolon- bac. und Bac. pyocyaneus fristen damit nur ein sehr kümmerliches Dasein. Die Beigabe einer besonderen Kohlenstoffquelle ist deshalb stets anzu- empfehlen. Ihr Wert ist ein dop[)elter. Einmal scheint der Ueberschuss an organisch gebundenem Kohlenstoff' den Aufbau der lebenden Substanz zu erleichtern und zweitens, Avohl hauptsächlich, liefert die Kohlenstoff'- qiielle das Atmungs- resp. Gäningsmaterial zur GeAvinnung freier TCnergie, die auch die VerAveilung einer geringeren Stickstoff(iuelle er- möglicht (11 und 12). Die organische n Kohl e n s t o f f Ver-

bindungen besitzen einen sehr verschiedenen Wert für die Er- nährung der Bakterien, dei’ zAvar vorAviegend von der Verbrennungs- wärme abzuhängen scheint, aber doch nichf ausschliesslich. Traubeu-

55

Zucker, überhaupt Zuckerarteii, siud die besten, ihnen scliliessen sich Gly- cerin und andere melirwertige Alkohole, wie Mannit und Dulcit an. Dann folgt eine grosse Zahl zwar noch brauchbarer, aber doch schlecht uährender Yerbindungen : Weinsäure, Bernsteinsäure, Benzoesäure und ähnliche, ferner einwertige Alkohole und ihre verschiedenartigen Deri- vate, Avie Fettsäuren, ilmine und dergleichen. Einzelheiten, die ei'ii enter Prüfung sehr bedürftig sind, findet man bei Naeüelt.^®)

Nicht brauchbar als Kohlenstottquelle sind Harnstoff*, Oxalsäure, d. h. diejenigen, deren Kohlenstoff* unmittelbar mit Sauerstoff* verkettet ist, und ebenso Cyan, die Stickstoffvei’bindung. So hat es den Anschein, als ob der Kohlenstoff* am brauchbarsten sei, wenn er nur mit Wasser- stolf verbunden ist , also als CHg , Aveniger gut als CH , noch minder- Avertiger als CHOH und gar nicht als CO und CN. Eine ganz glatte Skala hat man hier freilich nicht vor sich.

Um eine Bakterienart ernährungsphysiologisch zu kennzeichnen, Avählt man am besten ihr Verhalten gegenüber verschiedenen Stick- stoftquellen, denn das scheint doch schärfere und tiefere Unterschiede zu geAvähreu, als die Ansprüche an die Kohlenstoffquelle. Die paratrophen Bakterien endlich gedeihen in den Nährlösungen unserer Tabelle ent- Aveder gar nicht oder nur in peptonhaltigen , sie stehen also den meta- trophen Peptonbakterien am nächsten. Ueber diese gehen aber ihre An- sprüche oft hinaus, so dass die Kultur nur auf albuminhaltigen Nähr- böden, Avie erstarrtem Blutserum, gelingt. So wachsen Gonokokken hier allein, die Diphtheriebazillen hier am besten. Nur der vorläufig noch als echter Parasit anzusehende Tuberkelbacillus gedeiht auf minder- Avertigen Nährböden, sogar auf dem der Ammoniumbakterien, worüber man Vorlesung XVI vergleichen wolle.

In der Bakteriologie bedient man sich gewöhnlich neben der Bouillon sog. fester Nährböden aus Gelatine und Agar. Am gebräuch- lichsten ist ein Fleischinfus (ein Pfund Fleich auf ein Liter Wasser), der noch mit Pepton und Zucker, je 1 2^o versetzt und nun mit Gelatine (10%) oder Agar (1 2^Vß) gekocht und heiss filtriert wird. Man erhält so einen sog. festen, durchsichtigen Nährboden, die nährende Lösung suspendiert und gleichmässig verteilt in der durchsichtigen, selbst nicht nährenden Gelatine- oder Agargallerte. Die Einführung -®) derartiger Nähr- böden in die Bakteriologie hat wesentlich zu deren Aufschwung beige- tragen, denn mir mit solchen leicht zu verflüssigenden und leichterstarrenden Substraten Avurde es möglich, Bakterien aus Gemischen bequem zu iso- lieren und rein zu geAvinnen. Es versteht sich von selbst, dass man die Nährlösungen der Tabelle ebenfalls in Gelatine und Agar einschliessen und alle Vorteile beider mit einander verbinden kann. Um jede orga- nische Verbindung auszuschliessen, kann man auch Kieselgallerte als durch- sichtige Matrix benutzen.

In der Zusammensetzung der üppig nährenden Fleischwasserpepton- zuckersubstrate hat man grosse Freiheit, jedes bakteriologische Labora- teriuin hat fast seinen besonderen, durch langjährige Erfahrung oder einseitige Liebhaberei festeingeAvurzelten Nährboden, der zuAveilen unnötig überstopft mit Nährstoffen ist. Ausser mit Fleisch lassen sich Infuse auch aus Heu, Stroh, Kartoffeln und vielem anderen Material herstellen und ebenso wie Bierwürze, Pflaumendekokt und dergl. in Gelatine suspen- dieren. Als undurchsichtige feste Nährböden sind beliebt die Kartoffeln. Eine reiche Auswahl von Nährsubstraten, über deren Herstellung die praktischen Handbücher zu vergleichen sind.

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Die A^erscliiedeiieii Bakterien waclisen, g'anz abgeselieu von Farb- stoff- und Gasproduktion, auf demselben Nälii’bodeu nicht f>’]eichartig und lassen sich hierdurch bis zu einem ^»’ewisseu Grade von einander uiitei’- sclieiden. Jedoch darf man, wie es wohl zuweilen g’eschieht, hierauf nicht zu viel AVert legen. In Nährlösungen, z. B. Bouillon wird man zwei Hauptwachstumsart eil zu unterscheiden haben, ohne und mit Trübung der Lösung. Bleibt die Lösung klar, so hat man es mit unbeweglichen Formen mit ausgesprochenem Ketten- und Fadenwuchs zu tliun, an den AVänden des Gefässes und besonders auf dem Boden entwickeln sich flockige, flaumige Massen, die beim Schütteln als kleine Flöckchen auf- steigen (Milzbrandbacillus, Streptococcus). Haben solche unbewegliche Formen ein lebhaftes Sauerstoffbedürfnis, wie z. B. der kompakt wachsende Tuberkelbacillus, so bildet sich au der Oberfläche eine kräftige, bald mehr glatte, bald runzelig faltige, grubige Haut über der klaren Flüssigkeit.

Diese wird gleichmässig getrübt, von dickmilchiger Undurchsichtig- keit herab bis zu leichtem Schleier, der oft erst beim Schütteln durch zarte AVölkchen erkennbar wird, durch alle isoliert lebenden Formen und besonders durch die bewegliclien (Cholera, lYphus). Dem Sauerstoff zueilend sammeln sich viele Bakterien zu einer Haut (Kahinhaut) auf der Oberfläche der trüben Flüssigkeit (Cholera, Bac. subtilis).

Die Gela t ine kill tur gestattet die Bakterien in zwei grosse Gruppen einzuordnen, die grosse Masse derjenigen, welche Gelatine durch ein peptonisierendes Enzym (siehe später) mehr oder weniger schnell auch bei Zimmertemperatur verflüssigen und die weniger zahlreichen nicht verflüssigenden (Bac. typhi, coli commune, Streptococcus, Milchsäure- bacillus etc.). Um weitere AVachstumsdifferenzen auf Gelatine zu sehen, empfiehlt sich am meisten die Platten- und die Stichkultur. Die Platten- k ul tur mit geringer Einssaat in die vorher durch Erwärmen ver- flüssigte und dann zu dünner Schicht breit ausgegossene Gelatine giebt kleine scharf umschriebene Kolonien, die aus einem oder doch nur wenigen zusammenverklebten Individuen herangewachsen sind. Besonders in den ersten Tagen lassen die auf der Gelatineschicht liegenden Kolonien, die Oberflächenkolonien, mancherlei charakteristische Unterschiede erkennen. Neben der Verflüssigung oder deren Fehlen ist auf die Farbe und die bei schwacher A^ergrösserung erkennbare Structur des Häufchens, ferner auf seine Form und seinen Umriss, seinen Glanz und seine Konsistenz zu achten. Besser als eine Aufzählung aller der einzelnen hierbei zu unter- scheidenden Abstufungen, über die Lehmann-Neumann ^^) eine ausführ- liche Uebersicht geben, wird eine Schilderung zweier Oberflächenkolonien das AVesentliche hervortreten lassen, der beiden farblosen, die Gelatine verflüssigenden Bakterien des Milzbrandes iijid der Cholera, die aller- dings hinlänglich schon an ihrer verschiedenen Zellgestalt erkenn- bar sind.

Die Milzbrandkolonien verflüssigen langsam, sind rund und weiss- lich, schwach vergrössert am Rande lockig-fädig, nicht glatt, später liegt ein unregelmässiger , rundlicher Ballen in der fast klaren verflüssigten Gelatine ; die Cfliolerakolonien verflüssigen schnell, sind gelb- lichweiss gefärbt, sclnvach vergrössert körnig krümelig mit leicht Avelligem, nicht lockigem Rande, um die langsam zerbröckelnden Kolonien sammelt sich trübe verflüssigte Gelatine. Es darf nicht verschwiegen werden, dass mancherlei Schwankungen Vorkommen und dass besonders einander sehr ähnliche Formen, wie z. B. die verschiedenen AA^asservibrionen und

I

57

der Cholevavibrio oder der M^vplinsbacillus und der Rucillns coli coiniimuis durch ihre Platteukoloiiieii uiclit siclier zu uiiterscJieideu sind.

Die G elatiiiestiehkult ur in Reao'euzo'läserii Avird dadiircli her- ^>-estellt, dass mau mit einem geraden Ihatindralit grössere Mengen einer anderen Knltui’ in eine hohe Schiclit erstarrter Gelatine durch senk- rechten Stich einimpft. Grosses Sauerstofthedürfnis änssert sich darin, dass an der Einstichstelle, aber nicht längs des Jmpfstiches die Bakterien zu sichtbaren Massen heran wachsen , Abneigung gegenüber dem Saiier- stotf führt zu Wachstum in den tieferen Schichten der Gelatine. Faden- und Ketteinvnchs änssert sicli darin, dass A^om Stichkanal feine zarte Fädchen horizontal in die Gelatine ausAvachsen, der Impfstich erscheint federig oder fein behaart (Milzbrand) ; EinzelAvuchs bescliränkt sich auf die Ober- fläche des Stichkanals. Bei verflüssigenden Arten Avird der Form der Verflüssigung, ob sie gleichmässig längs des ganzen Impfsticlies an- fängt und diesen schlauch- oder sackförmig erAveitert, oder ob sie schneller an der Einstichstelle beginnt und langsam in die Tiefe dringend zu trichterförmigen Bildungen führt, grosser Wert beigelegt. Auch hier sind aber grosse ScliAvankungen möglich, nahe verwandte Arten dadurch nicht zu unterscheiden.

In schräg gelegten Reagenzgläsern schräg erstarrten x\gar endlich benutzt man zu den Strich kulturell, die einfach dadurch angelegt Averden, dass man die Bakterien mit einem Platindraht längs der Agar- oberfläche ausstreicht. Beim Agar fällt die Verflüssigung Aveg, im übrigen Avird Färbung, Umriss, Glanz und Konsistenz der längs des Striches herauAvachsenden Bakterienmassen ebenso Avie bei den Plattenkolonien Unterschiede liefern.

Ernährungsbedingungen besonderer biologischer Gruppen Averden die folgenden Vorlesungen enthalten.

VII.

Die Atiimiig der Bakterien.

Aerobe und anaerobe Lebensweise ; Lenchtbakterien, Bakterien des Meeres im all gern einen; Schwefel- und Eisenbakterien.

Der alte, jetzt verscliollene Name des SaiierstolFes, Lebensluft, sollte aiidenten, dass ohne sie kein Leben möglich sei; nnnmstösslich schien der Satz der allgemeinen Physiologie zu sein, dass alle Tiere und alle Pflanzen atmen, d. h. SauerstolF der Luft aufnehmen müssen, um damit organische Verbindungen zu zerlegen und so Kraft (Energie) für die zahlreichen Lebensverrichtnngen zu gewinnen. Entziehung der Luft und Tod durch Erstickung schienen unzertrennbar zu sein. Wiederum war es die Er- forschung niederer Organismen, besonders der Hefepilze und der gärung- erregenden Bakterien, welche eine fundamentale Umgestaltung des Lebens- begrilfes veranlasste. Pasteur entdeckte im Jahre 1861 dass solche zymogene Bakterien ohne Sauerstoff zu leben und lebhafte Gährung her- vorzurufen vermochten, er nannte sie deshalb an aerob. Seitdem ist die an- fangs überraschende, fast märchenhaft erscheinende Thatsache allgemein anerkannt und oft bestätigt worden, man teilt die Bakterien in zwei biologische Gruppen ein, die aeroben und a n a e r o b e n. Die ersteren atmen wie alle anderen Organismen und zerlegen dabei l.)esonders stickstofffreie organische Verbindungen, wie Zucker, Glycerin in Kohlensäure und AVasser, weshalb sie zu ihrem besseren Gedeihen derartige A^erbindungen als be- sonderes Atmungsmaterial verlangen. Aber ebenso wie die Pflanzen und Tiere vermögen aucli diese aeroben Bakterien stickstoffhaltige organische ATrbindnngen, Pepton, Amidokörper zu veratmen, freilich weniger leicht und anscheinend mit geringerem Energiegewinn als die stickstofffreien. AJele dieser aeroben Bakterien können ohne Sauerstoff' gar nicht gedeihen, sie ersticken schliesslicli wie eine Maus in reinem AAhisserstoff. Sie sind exklusiv oder 0 bl igat aerob und gedeihen am besten bei vollem Luft- zutritt .In verdünnter Luft oder in künstlichen Gasmischlingen mit ge- ringem Sauerstoffgehalt wachsen sie um so schlechter, je weniger „Lebens- luft“ ihnen geboten wird, zugleich nehmen auch alle oder einzelne Iiebens-

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äusserung’eii besonders ab (Essig’bakterieii, Heubacillus). Scliou bevor z. R durch die Luftpumpe ein vollkomuieues Vakuum erreiclit ist, hören sie auf zu wacliseu.

Iliueu g’eg’euiiber steht die Gruppe der obligat au aeroben, zu denen einige Buttersäiirebakterieu, darunter auch die Erreger des StaiT- kraiu])fes, des Rauschbraudes und des maligueu Oedems gehören. Nur ohne Sauerstotf wachsen sie, schon Spuren davon hemmen ihre Eiit- Avickluug. Eine grosse Schaar von Bakterien mit allen möglichen Ab- stiifimgeu der Empfindlichkeit schiebt sich zwischen diese beiden Extreme ein. Diese „fakultativen“ Anaeroben euDyickeln sich am üppigsten bei Lnftzntritt , vermögen aber auch in verdünnter Luft und sogar bei gänzlichem Fehlen des Sauerstotfes, oft freilich nur kärglich und stark beeinträchtigt in ihren Lebensäusserungen zu gedeihen. Obligate und fakultative Anaeroben haben wir in der Natur überall dort zu suchen, wo die Luft überhaupt nicht hinzudringen vermag oder durch andere Gase verdrängt wird, also in tiefen Schichten der Erde, in dem schwarzen Schlamm von Flüssen und stehenden Gewässern, im Schlicke des Meeres- bodens, im Mist, in unseren Exkrementen. An allen diesen Stellen sind Anaeroben oft die einzigen, sicher die vorherrschenden Vertreter des Lebens und ihre gärung- und fäulniserregenden Eigenschaften tragen hier in erster Linie zur Zersetzung abgestorbener Tier- und Pfian zenkörper bei, worüber später ausführlich gesprochen werden soll. Dort wird sich auch bei der theoretischen Erklärung des Gäruugsvorganges die beste Gelegenheit finden, die Anaerobiose von allgemeinem Standpunkte aus zu betrachten. Fakultativ anaerob sind die meisten Fänlnisbakterien , die Milchsäure- und andere Gärnngsbakterien , unter den pathogenen die Bakterien des Typhus, der Cholera, ferner viele Eiterkokken (Strepto- kokken lind Staphylokokken). Die anaerobe Fähigkeit scheint sogar bei derselben Art verschiedener Herkunft oder Kulturmethode wechseln zu können. Ebenso mannigfaltig beeinträchtigt die Sauerstoftentziehung einzelne Eigenschaften. Einige Farbstoffbakterien, z. B. der schwarz- blaue Bac. violaceus, wachsen ohne Sauerstoff farblos, umgekehrt sollte Spirillum rubrum nur anaerob Farbstoff bilden, was sich aber nicht aus- nahmslos bestätigt hat. Viele obligat anaerobe, wie einige Buttersäiire- bazillen sind beweglich, in der sauerstofffreien Kultur beziehen sie die Kraft für die an und für sich zwar geringe, im Verhältnis zu ihrem Körper aber doch ansehnliche Arbeitsleistung aus weniger tief gehender Spaltung des Moleküls der gärfähigen Subtanz. Sie hören auf sich zu bewegen, sobald Sauerstoff ihnen znströmt. Dagegen verfallen die aeroben in eine Geiselstarre, wenn ihnen der Sauerstoff entzogen wird und bewegen sich um so lebhafter, je reichlicher dieser vorhanden ist. Sie sammeln sich im Präparat nm Lnftbläschen oder am Rande des Deckglases in grossen Mengen an, angezogen durch den Sauerstoff der Luft. Besonders sanerstoffbedürftige Aeroben hat Engelmänn -^-) benutzt bei seiner geistreichen Bakterienmethode des Sauerstoffhachweises. Mit dem lebenden Reagenz gelang das, was reinchemisch vorläufig unmöglich ist: der mikrochemisclie Nachweis freien Sauerstoffes.

Neben der Atmung, mit Aufnalnne von Sauerstoff und Aussclieidnng von Kohlensäure, geht bei allen gefärbten Pflanzen noch ein zweiter Gaswechsel einher, der die Assimilation der Luftkohlensäure begleitet und fälsclilicher- weiseoft auch als Atmung bezeichnet wird. Die anfgenommene Kohlensäure wird in der Pflanze mit Hilfe des Sonnenlichts zerlegt, Sauerstoff dabei ausge- schieden, „ausgeatmet“. Nicht alle Strahlengattungen des Sonnenlichts

m

^reifen o'ieicliinässi^- in diesen Assiniilations})rozess ein. Das Absorptions- spektrum eine]’ Dösnno’ von Blatt^irün (niloi’0])liyll) lelirt. dass dieses am stärksten die roten Inclitsti’alilen in dem Bezirk zwisclien den Fhauun- iionimsclieii Ijinien 7> und C absoi’biert, ziemlich stark aucli einen 'J'eil des violetten Lichts. ENuiUiMANN entwarf nun mit seinem Mikrospektralapparat in dem (L^sichtsfelde des Mikroskopes ein Miki’ospektrum, in das g-rüne Algenfädeii oder Moosblätter scharf eingestellt werden konnten (Fig. 16j.

o ß c D j: b F

Fig. 16. Sauerstoffnachweis mit Bak- terien nach Engelmann Die senkrechten Linien a F geben die Fraunhofer sehen Linien eines Mikrospektrums an , das mit Hilfe von Engelmanns Alikrospektralapparat im Gesiclitsfelde des Mikroskopes entAvorfen Avird. In dieses Spektrum ist ein Algen- faden (Cladophora) eingestellt, um den zAvischen B und C und neben F grössere Mengen \mn Bakterien herumAvimmelu (vergl. Text). Vergr. 200.

Bei starker Beleuchtung und guter Abhaltung alles übrigen Lichtes durch einen dunklen Kasten sammeln sich dem Präparat zugesetzte sauerstolf- emptindliche Bakterien an denjenigen Stellen des assimilierenden Pflanzen- körpers in reichen Schwärmen an, die im roten Teil des Mikrospektrums liegen, dort, wo die Hauptabsorption des Chlorophjdles hinfällt. Eine zweite, weniger starke, aber deutliche Ansammlung entspricht der Ab- sorption im violetten Teil, bei der Linie F. Der übrige Teil der Pflanze wird nur von einigen wenigen Bakterien umschwärmt, hier ist die Sauer- stolfausscheidung sehr gering, während sie im Rot ihr Maximum erreicht. Die Strahlen, die am stärksten vom Chloroph}^! absorbiert werden, liefern am meisten Sauerstotf als Zeichen dafür, dass mit ihrer Hilfe die Kohlen- säure der Luft am reichlichsten zerlegt wird. Auf mancherlei besondere Fragen, die zu entscheiden der Pflanzenphysiologie zukommt, kann hier nicht eingegangen werden. Die Anwendung der ENGELMANNschen Methode verlangt stets grosse Sorgfalt, besonders auch in der Beurteilung der Resultate, da die Geissein vieler Bakterien nicht bloss durch Sauerstoff, sondern auch durch bessere Nährstoffe und mancherlei andere Chemi- kalien zu lebhafteren Bewegungen veranlasst werden, wie die später zu schildernde Chemotaxis, von der die Bakterienmethode ENtJELMAXNs ja nur ein S])ezialfall ist, zeigen wird.

Die grossen Enei’giemengen, welche durch die Veratmung organischer Verbindungen, wie der Kohlehydrate, mit hoher Verbrennungswärme frei werden, werden nicht alle zur Arbeitsleistung verwendet, sondern äussern sich zum Teil in einer Steigerung der Körpertemperatur (AVarmblüter, Blütenkolben von Aroideen). Auch gärende und faulende Massen (Heu, Mist, Baumwollenabfälle, sog. Nissel) erhitzen sich in ihrem Innern oft recht ansehnlich, bis 60 70 Diese Selbsterhitzung, die sogar bis zur Selbstentzündung sich soll steigern können, bei’uht auf lebhafter Atmung aerober Bakterien (thermogene Cohn), die Gärung und Fäulnis her- vorrufen. Cohn"") fand in feuchten Baumwollenabfällen einen l\Iic]’ococcus,

*) Berichte deutsch. Bot. Ges. XI. p. (66).

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der bei Tjuflzutritt Kolileiisäure als Atimiii^^'spi’odiikt reiclilicli ausf^ab, daneben ancli Triinetliylainin entwickelte und bei geeigneter Verhinderung der Wärmeansstralilnng die fanlende Masse bis auf 67 " erhitzte.

Auch als Licht kann ein Teil der durch gesteigerte Atinnng befreiten

Energie hervortreten. Lenchtende Pilzmy(;elien rnfen das gesi)enster- hafte Lenchten alter V^eiden hervor; lenchtende ^biere giebt es sowohl anf dein Lande (Johanniswnrnichen), als besonders ini Meer (Feuerwalzen, Lenchtschnnren und viele andere). Das allbekannte Lenchten des Meeres wird von solchen leuchtenden Tieren zum grossen Teil veranlasst, be- sonders aber und in unseren Breiten fast ausschliesslich durch Bakterien, L e n c h t b a k t e r i e n. In die biologische Gattung P h o t o b a k t e r i u m gehören lebhaft bewegliche, teils gerade, teils gekrümmte vibrionenartige Stäbchen, deren Artumgrenzung ziemlich unsiclier ist, sodass Namen, wie Bacterium phosphorescens, Bacillus Inminosns, ferner der leuchtende Vibrio albensis keine naturwissenschaftlichen Spezies vorstellen. Mit Seefischen, die sehr oft leuchten, gelangen die Leuchtbakterien auch ins Binnen- land, siedeln sich gelegentlich auch auf Fleisch an und bringen dieses znm Lenchten. Ob es Süsswasser bewohnende photogene Bakterien giebt, ist noch zweifelhaft; die genau untersuchten Leuchtbakterien sind durchweg Meeresbewohner. Als solche verlangen sie 2 3 *Vo Kochsalz in dem Nähr- boden, der ausser den üblichen Salzen Pepton und meistens eine besondere Kohlenstoffquelle (Zucker, Glycerin, Asparagin) enthalten muss. Die Leucht- bakterien scheinen also Peptonbakterien zu sein und im Meer auf ab- gestorbenen Tieren und Pflanzen zu wachsen, von denen sie durch den Wogenschlag losgerissen werden und so in unzähligen Mengen in das Meer- wasser gelangen. Die Leuchtbakterien der Nord- und Ostsee wachsen am besten bei 18 aber auch noch recht gut bei sehr niederer Temperatur, bis auf 0 herab. Sie schliessen sich hierin den Bewohnern nordischer Meere an. Ohne Sauerstoff vermögen sie zwar langsam zu gedeihen, Licht wird aber nur bei Luftzutritt entsendet. Die Lichtentwickelung ist ein exklusiv aerober Prozess, wie jeder, der das Meeresleuchten ge- sehen hat, weiss. Das ruhige Meerwasser leuchtet nicht, aber jeder AVellenkamm leuchtet, jedes Aufrühren des Wassers und feuchten Sandes ruft Leuchten hervor infolge der Luftzufuhr.

Dass durch die Atmung das Licht entwickelt wird, geht besonders daraus hervor, dass bei Aufhebung der Atmung, also Luftentziehung, das Licht sofort erlischt, dass es durch reiches Atmungsmaterial (Kohle- hydrate, Glycerin) gesteigert wird. Ferner hört mit dem Leben der Bakterien das Leuchten sofort auf. Auch von vorausgehender Insolation ist das Leuchten unabhängig; im Finstern erwachsene Bakterien leuchten ebensogut wie am Tageslicht gezogene. Ihre Phosphorescenz ist also nicht derjenigen der Sulfide der alkalischen Erden (Schwefelbaiyum, Schwefel- strontium etc.) zu vergleichen, die nur Licht aussenden, wenn sie vorlier stark beleuchtet waren. Endlich ist es auch nicht möglich gewesen, einen besonderen Leuchtstoff (Luciferin) zu isolieren, der ausserhalb der lebenden Zelle weiterleuchtet, er müsste denn ausserordentlich unbeständig sein. Man kann sich Leuchtbakterien leicht verschaffen, wenn man das Fleisch frischer Seefische (besonders ungesalzene, sog. grüne Heringe) mit 2—3 ‘V(, Kochsalzlösung übergiesst und bei niederer 'l'emperatur (5 10**) hinstellt. In 1-2 Tagen leuchtet nicht bloss das Fleisch, sondern auch das AVasser in mattem, meist grünlich weissem Lichte, das durch Hinzufügung von Zucker oder Glycerin, d. li. von Atmungsmaterial erheblich gesteigert Averden kann. So kann man sich in kurzer Zeit ein künstliches Meer-

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leucliteii lierstolleii. Mit Pepton und Zucker versetzte Seefisclibouillon in Gelatine suspendiert g’estattet auch die Tsolieruug’ uud Reinkultur. Die Kolouien der Leuclitbakterien entsenden soviel Licht, dass es bei langer Expositionszeit gelingt, sie bei ilireni eigenen Licht zu photographieren. Es besteht nur aus stärkei- breclibaren Strahlen, von der Linie I) al) hinauf bis zu G, was sclion der bläuliche oder grünliche Schimmer des Lichts erkennen lässt.

Anhangsweise mögen einige Worte über die Bakterien des Me eres überhaupt eingeschaltet werden, von denen viele, aber nicht alle leuchten. Auf der deutschen Plauktonexpedition wurden Kokken selten gefunden, kurze Stäbchen und Vibrionen, alle lebhaft Ijeweglich, herrschten vor. Ihre Verbreitung steht durchaus unter dem Einfluss des Landes, denn nahe der Küste ist die Vegetation der Meeresalgen am üpidgsten, hier sammeln sich aucli an gelockt davon zahllose iVleerestiere. kurz esgiebt in den vielen hier absterbenden Organismen genug organisches Material für metatrophe Bakterien. Drei bis fünf Kilometer weit er- sti-eckt sich dieser Einfluss der Küste, die Zahl der Bakterien pro Kubik- centimeter Meerwasser ist gross, stellenweise aber sehr klein. Tmmei- schwanken aber die Zahlen ausserordentlich, sowohl an der Küste, als auch auf dem freien Ocean, eine gesetzmässige Verteilung war nicht zu bemerken. Auch die Beleuchtung ist belanglos. Das an der Obei’fläche geschöpfte Meerwasser enthielt pro Kubikcentimeter z. B.

1 Seemeile von der Küste Flut 3960

(Rhede von Plymouth) Ebbe 13320

240 Seemeilen von der Küste (Golfstrom) 645

450 (Sargassosee) 20, 200, 206, 168

Keime, die aber nicht alle zu Bakterien gehörten (auch Schimmelpilze). In 54 "/,j aller solcher Proben waren circa 100 Bakterien im Kubik- centimeter enthalten. In tiefen Wasserschichten, 800 1100 ]\leter tief, Avurden nur wenige Keime, 8 12 im Kubikcentimeter, gefunden.

Schlammproben vom Meeresboden enthielten in mehreren Kubik- centimetern bei einer Tiefe von 1523 und 2406 Metern keine Keime, bei 4099 und 5250 Meter 1 4. Das scheint sehr wenig zu sein, denn selbst in diesen Tiefen beträgt die Temperatur noch 2 5 Organismen anderer

Art, sicher doch Protozoen (Foraminiferen und Radiolarien) gedeihen noch in grossen Mengen. Es dürfte wohl die Wahl des Kulturbodens (See- fischbouillon mit Pepton in Gelatine) nicht unwesentlich das Resultat be- einflusst haben, da er nur metatrophe Bakterien, ähnlich den Leuchtbakterien, zu kultivieren gestattete, prototrophe aber nicht. Gerade nach prototrophen Bakterien mit vielleicht ganz absonderlicher, primitiver Form des Stoff- wechsels, die zu konstruieren uns jeder Anhalt fehlt, Avürde auf dem Grunde des Meeres zu suchen sein. Ganz unerwartete Einblicke in das Leben des Meeres wären davon zu erhoffen. Nitrate rediicierende aerobe Arten wurden von Russnii im Meerschlamm nachgewiesen.

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Die bisher besprochenen aeroben Bakterien oxydieren bei der Atinnng’ organisclies Material und g’ewinnen daraus die für das Beben erfoi'derliclie Energie, die anaeroben Bakterien zielien ihren erheblich kleineren Energie- gwinn ebenfalls aus organischen, gärungs- und fäulnisfähigen Stotfen, kurz alle diese Bakterien sind metatroph auch in dieser Beziehung.

Eine der Atmung vergleichbare Oxydation anorganischer Verbindungen dagegen liefe]’t vielen prototrophen Bakterien die nötige Energie, so den Salpeterbakterien, die in geeigneterem Zusammenhänge später besprochen Averden sollen, so den sonderbaren Schwefelbakterien, dem klassischen Beispiel einer prototrophen A t m u n g.

Sch w e f e 1 b a k t e r i e n (Thiobakterien) (p. 13), die mit kugeligen, glänzenden Massen reinen Schwefels oft überladen erscheinen, kommen in der Natur dort vor, avo SchwefelAvasserstoff sich findet, in den ScliAvefel- quellen, avo er meist mineralchemisch entsteht, und auf dem Boden stehender GeAvässer und des Meeres (Aveisser und roter Grund), wo durch Fäulnis abgestorbener Tier- und Pflanzenkörper SchAvefelwasserstoff' frei Avird. Diesen hielt man früher für ein Produkt der Schwefelbakterien, Aveshalb man ihnen einen Avichtigen Anteil an der Bildung mancher Schwefelquellen zuschrieb. Durch Winogeadskys schöne Untersuchungen ist aber sicher nach- geAviesen, dass der SchwefelAvasserstoff ein unentbehrlicher Nährstoff' für die ScliAvefelbakterien ist. Man kann sie das ganze Jahr hindurch finden, ihre HauptentAvicklungszeit ist das zeitige Frühjahr und der späte Herbst, jene Zeiten also, in denen die Pfianzenreste der letzten Vegetationsperiode auf dem Grunde unserer stehenden GeAvässer durch andere Bakterien unter SchwefelAvasserstottentwickelung zersetzt und vernichtet Averden. Bald Avird man die faulende Pflanzendecke von einem feinflaumigen schnee- Aveissen Filz übersponnen finden, bald werden dazwischen schön dunkel- i'osae Fleckchen, die in das Wasser sich verbreiten, auffallen, bald Avird die Masse gleiclimässig schmutzig lila gefärbt erscheinen. Farblose und rosa oder lila gefärbte ScliAvefelbakterien finden sich stets nebeneinander A^or, die ersteren überall hin sich ausbreitend, die letzteren an Stellen bestimmter Helligkeit sich jansammelnd. Die farblosen Ueberzüge be-

a. h c d

Fig. 17. Schwefelbakterien, a —c Beggiatoa, derselbe Faden, a dick mit Schwefel (schwarzen Eingen) vollgestopft, h teilweise entschwefelt durch 24stündiges Liegen in Brunnenwasser. c F'ast ganz schwefelfVei nach weiteren 24 48 Stunden in schwefelwasserstofffreiein AVasser. d Chronatium Okenii, schmutzig-rosae Purpurschwefelbakterie, e Stück einer durchlöcherten Zoogloea von Lamprocystis roseo-persiclna. Vergr. a c 1000, d 900, e, 500; « -c nach WinOijradski, d, e nach Zopf.

stehen ans fädigen Arten , hauptsächlich den unverzAveigten , zartschei- digen, dem Substrat fest ansitzenden und davon in das Wasser aus- strahleiiden, unbeAveglichen Fäden der Gattung T h i o t h r i x. 1 )azAvischen finden sich langsam pendelnde, freie Fäden der Beggiatoa (Fig. 17 c),

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die oft aiicli in aiiselinlidien Massen die faulenden Reste überzieht. Auch farblose Schwefel lialtif>'e Einzelzellen wird man finden. Einen grösseren Eormenkreis ninfassen die roten Schwefelbakterien, die P u r p u r b a k t e r i en. Lebhaft rote, besonders bei Sonnenschein an g-ewissen Stellen auffallende Fleckchen bestehen aus den lebhaft beweg’lichen plumi)en Stäbchen der Gattung- C h i- o in a t i n m (bes. Ohr. Okenii), die oft g-anze 'J'eiche schmutzigrosa färbt (Fig-. \ld). Dazwischen sclilängeln sich die roten Schwefelspirillen (^IMi ios pi 1‘il 1 u in) und andere. Die schmutzig rosaen Ueberzüge bestehen meist aus einem bunten Gemenge unbewegliclier Formen: kleine Täfelchen kugliger Zellen (T h i o p e d i a), Haufen kugliger und cylindrischer Formen, bald in scharf bestimmbarer Anordnung, bald regellose durchlöcherte Zoogloen (L am pro cy s t is Fig. Ile). Neun Gattungen davon wird man bei MTNOdu.vDSKY beschrieben finden.

Schon die Ansammlung der roten Bakterien an beleucliteten Stellen zeigt, dass hier Beziehungen zum Licht bestehen, die unabhängig von der Oxydation des Schwefelwasserstoffs in die Ernährung eingreifen und erst dargestellt werden können nach einer Schilderung der einfächeren farblosen Schwefelbakterien. Deren wahrscheinlich vollkommen proto- trophe Lebensweise ist noch nicht ganz klar gelegt, nur ihre Beziehungen zum Schwefelwasserstoff sind genau bekannt. Gut nährende Substrate (Peptonzuckergelatine und ähnliche) werden von ihnen durchaus ver- schmäht, es genügen als Kohlenstoffquelle sehr geringe Mengen von Ameisen- und Propionsäure, als Stickstoffquelle Ammoniak, lauter Verbindungen, die bei der Fäulnis stets entstehen. In den Schwefelquellen sind organische Stoffe nur sehr spärlich nachgewiesen, im Weilbacher Wasser nur 0,0048 Gramm im Liter und doch wachsen darin die Schwefelbakterien sehr üppig. Sie sind streng aerob und gedeihen auch im Dunkeln, am besten in Wasser mit 100 Milligramm Schwefelwasserstoff im Liter (Stachel- berger Quelle 73 Milligramm). Gesättigtes Schwefelwasserstoffwasser (4,56 Gramm HoS pro Liter) tötet sie. Bringt man schwefelreiche Fäden in Brunnenwasser, so werden sie in 24—48 Stunden (Fig. 17« c) vollkommen schwefelfrei und gehen schliesslich an Schwefelwasserstoff- hunger zu Grunde. Führt man solchen entleerten Fäden Schwefelwasser- stoffwasser längere Zeit zu, so beladen sie sich allmählich wieder mit den glänzenden Schwefelkugeln und wachsen munter weiter. Der Schwefel- wasserstoff' wird zu Schwefel oxydiert und zunächst als solcher in den Zellen gespeichert, als Reservematerial. In reinem Wasser oder bei eintretendem Slangei an Schwefelwasserstoff' wird der Reserveschwefel weiterox}xliert zu Schwefelsäure, die zunächst an Alkalien gebunden wird und schliess- lich mit dem Kalk des Wassers zu Gips sich umsetzt. Andere im Sumpfe lebende Bakterien, Spirillen, Cladothrix. ferner Schimmelpilze können den Schwefelwasserstoff nicht in dieser Weise verarbeiten, sie kränkeln dort, wo die Schwefelbakterien wohl gedeihen. Da Schwefelwasserstoff- Avasser schon durch den Sauerstoff' der Luft sehr leicht unter Abscheidung von Schwefel zersetzt, mit Baumwolle oder anderen porösen Körpei’ii ver- mengt sogar zu Schwefelsäure oxydiert wird, so würden die Sclnvefel- bakterien aus dieser leichten Oxydierbarkeit schon Vorteil ziehen können einfach durch die Eigenschaft, im schAvefehvasserstoff'haltigen AVasser nicht zu Grunde zu gehen. Der eingedrungene Schwefelwasserstoff' Avürde schon durch den Luftsauerstoff' zu Sclnvefel oxydiert und damit Aväre eine reiche Energieciuelle für weitere Oxydationen geschaffen. Es würde zu obigea- Fähigkeit also nur noch die andere liinzuzukommen haben, die oxydierende Kraft des Luftsauerstoff's durch das Protoplasma zu steigern, ihn zu

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aktivieren. Der Energiegewiiin ist ein ganz beträclitliclier, 71 Kalorien (meclian. Wärmeeinheiten) liefert schon die Oxydation des wassergelösten Schwefehvasserstolfs zn Schwefel, dessen Oxydation zu Schwefelsäure sogar 2109 Kalorien. Dass wirklicli die Oxydation des Schwefels als eiipige Energiequelle die Atmung anderer Organismen vertritt, geht wohl sicher daraus schon hervor, dass organisches Material, das zu Kohlensäure oxy- diert Averden kininte, den Schwefelbakterien gar nicht geboten zu werden braucht und dass sie ohne Sclnvefel, d. h. ohne Atmungsmaterial zu Grunde gehen.

Die beiden grossen physiologischen Prozesse: Aufnahme und Auf- speichernng von Atmnngsmaterial einerseits, Befreiung der darin ge- bundenen Energie durch Oxydation (Atmung) andererseits, würden dem- nach bei grünen Pflanzen, metatrophen Bakterien und Schwefelbakterien folgendermassen sich gestalten:

I. Aneignung des Atmnngsmaterials:

grüne Pflanzen metatroplie Bakterien Schwefelhakterieu

Aufnahme : Kohlensäure und organisches Material, Schwefelwasser-

Wasser, Euer- z. B. Zucker , der stoff und Sauer-

gie des Sonnen- nicht weiter ver- stoff

lichtes ändert, sondern so-

fort veratmet wird

Ausgabe : Sauerstoff Wasser

Speicherung: Kohlehydrate Schwefel

II. xA.tmung, Befreiung der Energie:

grüne Pflanzen inetatrophe Bakterien Scliwefelbakterien

Kraftquelle : Kohlehydrat organisches Material, ScliAvefel

z. B. Zucker

Aufnahme : Sauerstoff Sauerstoff Sauerstoff

Ausgabe: Kohlensäuren. Kohlensäure und Schwefelsäure

AVasser W asser

EnergiegeAvinn : über 6000 Kal. über 6000 Kal. 2109 Kal.

Mehr als ein Schema soll diese Uebersicht nicht geben, einzelne Be- denken Avird Jeder sich selbst zurecht legen können. Die grüne Pflanze bezieht die grosse Energie, die zur Bildung von Kohlehydraten ans Kohlen- säure und Wasser erforderlich ist und später bei der Atmung ansgenutzt werden soll, bekanntlich von der Sonne. Die metatrophen Bakterien ver- langen organisches Material, dass sie sofort als Kraftquelle veratmen, die ScliAvefelbakterien endlich gewinnen mit geringem AnfAvand den Schwefel. Bei seiner Oxydation entsteht sehr Adel freie Energie, die Avohl mehr als ausreichend ist, um das Leben so zu unterhalten, wie es nach obiger Darstellung sich abspielt, d. h. mit geringen Mengen von Fettsäure und Ammoniak, die zur lebenden Substanz zusammengearbeitet Averden müssen. Fast scheint es, als ob noch an eine andere Verwen- dung der Energie gedacht werden könnte, besonders seitdem man die Salpeterbakterien genauer kennt. Wie diese die Kohlensäure der Luft ohne Sonnenhilfe assimilieren, so können das vielleicht auch die SchAvefelbakterien, die durch die Oxydation des ScliAvefels viel mehr Energie gewinnen, als die Salpeterbakterien durch die Oxydation von Stickstoffverbindungen. Würde sich diese, weiterer Untersuchnng be-

A. Fischer, A^orlesimgen über Bakterien. 5

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dürftige Verniutimg bestätigen, so wäre aucli eine bessere Verbindung mit den gefärbten Scliwefelbakterien, den P ii r p n r b a k t e r i e n ”) geschaffen. Bei ilinen treten zu den Eigenschaften der farblosen Tliiobakterien nocli die- jenigen hinzu, welclie mit dem roten Farbstoff, dem B a k t e r i o p u r p u r i n verbunden sind. Hein Absorptionsspektrum ist nach Engelmanns subtilen Untersnchnngen ein höchst sonderbares, einzigartiges. Neben einer starken Absorption der roten Strahlen zwischen den Linien B und C überrascht eine besonders starke der unsichtbaren, ultraroten, sog. dunklen Wärniestrahlen von 0,8 0,9 Wellenlänge. Mit der Bakterienmethode

(p. 60) konnte Engelmann nachweisen, dass auch in diesem unsicht- baren Teile des Spektrums Sauerstoff' ausgeschieden wird, dass also die Energie der dunklen Wärmestrahlen zur Assimilation der Kohlensäure von den Purpurbakterien ebenso benutzt wird, wie die der sichtbaren roten Strahlen. Wieder eine ungeahnte Bereicherung der allgemeinen Plpysiologie durch das Studium der Bakterien. So erwächst den Purpur- bakterien ein doppelter Energiegewinn, einmal durch die Oxydation des Schwefels und zweitens durch die Absorption des Lichtes durch den Farbstoff. Biologisch dürfte das grossen Vorteil gewähren, da beim Ver- sagen der einen Energiequelle, beim Schwefelwasserstoffmangel, durch den die farblosen Schwefelbakterien schliesslich zu Grunde gehen, die andere an ihre Stelle treten könnte, in günstigen Verhältnissen sogar beide zur Verfügung ständen. Welche Assimilationsprodukte aus der Kohlensäure der Luft gebildet werden, bedarf noch Aveiterer Unter- suchung, Stärke ist nicht nachzuweisen.

Die Purpurbakterien gehören zu den lichtempfindlichsten photo- taktischen Organismen, die man kennt, schon geringe Abnahme der Helligkeit schreckt sie zurück, geringe Zunahme lockt sie her- bei. Unter teilweiser Verdunkelung des mikroskopischen Gesichtsfeldes lassen sich die lebhaft beweglichen Chromatien wie in einer Lichtfalle einfangen. Die Bedeutung der Schwefelbakterien für den grossen Kreis- lauf des Stoffs in der Natur liegt darin, dass sie den SchAvefel des für grüne Pflanzen nicht venvertbaren Schwefelwasserstoffes in gut aufnehm- bare Sulfate überführen und so ein regelmässiges Produkt der Fäulnis toter Organismen zum Aufbau neuen Lebens befähigen.

Nicht minder merkAvürdig scheint die Ernährung der freilich noch sehr lückenhaft bekannten Eisenbakterien’^®) (Ferrobakterien) zu sein, die sich durch prototrophe Atmung an die ScliAvefelbakterien an- schliessen. Stehendes Wasser auf sumpfigen Wiesen ist oft mit einer dünnen, fettig glänzenden, bräunlichen Haut überzogen, die vonviegend aus Eisenhydroxyd , untermischt mit organischen Bestandteilen und phosphorsaurem Eisenoxyd, besteht und sich als Easeneisen oder Sumpf- erz absetzt. Durch reduzierende Stoffe, die bei Fäulnis und VerAvesung entstehen, werden die Oxydverbindungen des Eisens, besonders das stets vorhandene Eisenoxydhydrat zu Oxydulen reduziert, die durch die Kohlen- säure des Wassers als kohlensaures Eisenoxydul gelöst werden. Schon der Sauerstoff der Luft genügt, um diesen Körper langsam in Oxyd zurück- zuverAvandeln und so seine Ablagerung als Eisenoxydhydrat herbeizu- führen. Schon nach dieser Auffassung greifen lebende Organismen ein, da sie die reduzierenden Kräfte liefern. Winogradsky zeigte aber, dass auch die Oxydation des kohlensauren Eisenoxydules nicht rein mineral- chemisch verläuft, Avenigstens nicht ausschliesslich, und durch Bakterien, Eisenbakterien, sicher beschleunigt Avird. In den glänzenden Eisenablage- rungen der Wiesentümpel findet man oft ungeheure Mengen kurzer

()7

rühriger Bniclistücke der Scheide einer imverzweigteii Fadeiibakterie, die bis auf weiteres als Leptothrix ochracea zu bezeiclmeii ist. Diese gelblichbräuulicheu Sclieideu färben sich mit Salzsäure und gelbem Blut- laugeusalz deutlich blau, sie euthalteii Eiseiioxydhydrat. Baseueiseii- steiu aus Sibirien, Schweden und der uorddeiitsclieii Tiefebene eiitliielt unter 34 Proben allerdings nur in 3 grosse Mengen solcher Bakterien-

scheiden. *

Ausser den leeren Scheiden wird man stets auch üppig vegetierende Fädengewirre der Leptothrix finden, deren Scheiden durchweg noch die cylindrischen Zellen enthalten oder doch nur teilweise durch Aiiswan- dnng der Glieder als Gonidien (wie bei Cladothrix) entleert sind. Löst man mit kohleusänrehaltigem Wasser ans den gelbbraunen Scheiden lebender Fäden das Eisen heraus, entfärbt sie so und bringt sie dann in eine schwache Lösung von kohlensanrem Eisenoxydul, gemäss der Zu- sammensetzung der stehenden Wiesenwässer, so färben sich die Scheiden von neuem. Aber nur dort , wo sie lebende Glieder noch enthalten, die entleerten Scheidenstücke bleiben farblos. Die lebende Bakterienzelle beschleunigt also sicherlich die Oxydation des kohlensauren Eisenoxy- dnies, ebenso wie bei den Schwefelbakterien die Oxydation des Schwefel- wasserstoffes und gewinnt, wie diese, hieraus Energie, freilich nicht all- zuviel. Da Gelbfärbung von Scheiden und Zellmembranen durch Einlage- rung von Eisenoxydnl auch bei andern Wassergewächsen vorkommt, z. B. Cladothrix und Crenothrix unter den Bakterien, Conferva (Psicho- hormium) unter den Fadenalgen, so bedarf es noch weiterer Untersuchung darüber, ob eine biologische Gruppe besonderer Eisenbakterien zu unter- scheiden ist. Auch ihre Ernährung mit Kohlen- und Stickstoff bedarf noch genauerer Prüfung. Prototroph werden sie wohl sicher auch sein.

Mit einigem Eecht würden hier die Essigbakterien anzuschliessen sein, die aber besser im Zusammenhang mit den übrigen Gärnngsbakterien behandelt werden.

5*

Einwirkung von Pliysikalien.

I

Liclit, Elektricität, Druck, Temperatur und Trockenheit ;

physikalische Desinfektion.

Die einzigen Bakterien, in deren Ernährimg eine Lieh t Wirkung wie bei den höheren Pflanzen eingi’eift, sind die roten Schwefelbakterien, Purpnrbakterien, die deshalb in Zimmerkulturen die beleuchtete Seite des Glassgefässes phototaktisch aufsuchen, hier gefärbte Ueberzüge bildend. Alle anderen Farbstolfbakterien, die ja meist nur chroinopar (p. 12) sind, vermögen mit ihren Farbstolfen zwar bestimmte Strahlen des Sonnen- lichts zu absorbieren, der Zelle geht aber die Fähigkeit der Kohlensäure- assimilation durchaus ab. Die Farbstoffe erscheinen nur als „zufällig“ gelärbte Stoffwechselprodukte und werden bei allen sowohl im Finstern, als bei Beleuchtung gebildet. Farbstoffbakterien, ins Finstere gebracht, etiolieren nicht, verbleichen nicht, woraus allein schon hervorgeht, dass die Pigmente nicht die Funktion des Chlorophylles zu erfüllen haben.

Alle farblosen Bakterien gedeihen bei Lichtabschluss ebensogut wie bei schwacher difl'user Beleuchtung. Uebersteigt diese einen gewissen Grad, so verlangsamt sich das Wachstum und endlich kann in unseren Kulturen eine andauernde Beleuchtung sogar die Bakterien schädigen. Bei der Beurteilung solcher in grosser Zahl angestellter Versuche'"®) ist nicht zu übersehen, dass die Bakterien in unseren beengten Kulturen, gleichviel ob festen oder flüssigen, ob in Glasgefässen oder Blechkästen, der lästigen Beleuchtung nicht ausweichen können und allmählich ab- sterben. In der freien Natur dagegen wird es allen beweglichen Bakterien leicht möglich sein, die ihnen zusagende Helligkeit aufzusuchen, denn sie können ja schon hinter winzigen Wasserpflänzchen (x41genzellen), hinter Schlammsplitterchen reichlichen Schatten Anden. So dürfte das dilfuse Licht im freien Geschehen der Natur ganz unschädlich sein. Auch das auf Kulturen viel heftiger als das diffuse wirkende direkte Sonnenlicht kann in der Natur nur hemmen, die Entwicklung von Bakterien an gänzlich schattenlosen, d. h. für sie schattenlosen Stellen verhindern oder sie von hier vertreiben, tödliche Wirkungen aber in grösserem Maass-

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stabe, etwa bei der Selbstreinig'ung der Flüsse '®), niclit ausüben. Un- mittelbare Besonnung* von Kulturen tötet die Zellen und die S^joren schon in wenigen (1 3) Stunden, nicht etwa durch Wärme Wirkung, sondern durch Lichtwirknng. Man ersieht das ans Versuchen unter doppelwandigen Glasglocken, die entweder mit Kalinmbichromatlösung zur Abhaltung der stärker brechbaren Strahlen des Lichtes oder mit Knpferoxydammoniak, das die gelben und roten Strahlen absorbiert, gefüllt waren. Liess man direktes Sonnenlicht anffallen, so war mit Typhusbacillen frisch geimpfte Nährbouillon hinter dem Kaliumbichromat nach 8 Stunden stark getrübt, im blauen Licht des Kupferoxydammoniaks dagegen waren die Kulturen nach 5 Tagen noch vollkommen klar. Die schädliche Wirkung der Be- sonnnng, überhaupt des Lichtes beruht also, abgesehen von einer gelegent- lichen ungünstigen Veränderung des Substrates, auf den stärker brech- baren Strahlen mit stark photochemischen Eigenschaften. Dieselben Strahlen sind es auch, die bei einem der gemeinsten Schimmelpilze (Botrytis cinerea) die Sporenbildnng verhindern, weshalb er nur des Nachts seine Fortpflanznogszellen zu entwickeln vermag. Andere Pilze dagegen, wie der auf Pferdemist stets sich einstellende 1 2 Millimeter grosse Hut- werfer (^Pilobolus), der seine reifen Sporangien über einen Meter hoch schleudert, und der später erscheinende Tintenblätterpilz (Coprinns) bedürfen des Lichtes zur Frnktifikation , sie vergeilen im Finstern wie eine grüne Pflanze. Allgemeine Gesetze für das Verhalten farbloser Pilze zum Licht lassen sich demnach nicht aiifstellen. Vielleicht giebt es auch lichtfreimdliche Bakterien ausser den gefärbten Purpurbakterien und dem zu ihnen gehörigen, äusserst lichtempfindlichen Bacterium p h 0 1 0 m e t r i c u m Exgelmax ns. Jedenfalls wird man Kulturen entweder ins Dunkle stellen oder doch wenigstens vor zu greller Beleuchtung zu schützen haben, schwaches Tageslicht schadet nicht. Zu Desinfektions- zwecken im grossen eignet sich Licht, auch der Sonnenschein nicht.

Starke elektrische Ströme^^) töten die Bakterien, deren Proto- plasma hierbei sicherlich in gleicher Weise verändert wird, wie das von Pflanzenzellen. Neben einer solchen unmittelbaren Wirkung des Stromes können auch durch ihn her vor gehr achte Temperatursteigerungen, be- sonders aber elektrolytische Zerlegungen des Nährbodens die Bakterien schädigen. Diese NebeuAvirkungen des elektrischen Stromes setzen seiner AuAvendung zur Desinfektion von Genussmitteln grosse ScliAvierigkeiten entgegen, die auch in dem ' Brennereibetriebe aau man mit Strömen von circa 5 Ampere die Bakterien zu unterdrücken versucht, ohne die Alkoholhefe selbst zu schädigen, Avohl noch nicht ganz überAvunden sind.

ScliAvache Ströme Averden vermutlich auf beAvegliche Bakterien ähnlich Avirken Avie- auf Infusorien und andere beAAUgliche Organismen die sich galvanotropisch an der Kathode (negativer Pol) ansammeln. Kehrt man durch einen StromAvechsler den Strom um, so drehen sich die Infusorien bald schneller, bald langsamer iim 180®, stellen sich mit ihrer Achse in die Stromrichtung und eilen dem neuen negatiA^en Pol zu. Spezielle Ver- suche mit Bakterien, deren Kleinheit die feinere Beobachtung ihres Gal- vanotropismus sehr erscliAvert, sind noch nicht angestellt Avorden.

Die Röntgen sehen Strahlen^'') haben in gründlichen Ver- suchen auf die Bakterien nicht eingewirkt, nicht einmal entAvickelungs- hemmend ; der voreilige Lärm, der sich schon bis zur Verheissung einer inneren Xstrahlendesinfektion des Kranken verstiegen hatte, ist Lärm geblieben. Auch an höheren Pflanzen hat man bis jetzt sichere Wirkungen nicht beobachtet.

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Hoher Druck'“')? selbst bis zu 600 Atmosphären gesteigert, ver- mochte Milz])raiiclsporen in 24 Stunden weder zu töten nocli abzuschwächen. Alkoholgälirung und Fäulnis verliefen noch unter 300 500 Atmosphären Druck. Bereclinet man den Druck, der hierbei auf einem einzigen Milz- brandbacillus von 5 // Länge, 1 fi Breite lastet, so kommt man zu er- stauiilich geringen Zahlen, bei 500 Atmosphären nur ungefähr 80 Milli- gramm. ln der grössten Meerestiete (7086 Meterj würde ein Kokkus von 2 Durchmesser unter einem Wasserdruck von circa 90 Milligramm stehen. Es dürfte unmöglich sein, sich eine klare Vorstellung darüber zu machen, ob das Keicli des unendlich Kleinen ohne weiteres mit den Erfahrungen an grossen Organismen gemessen werden darf. Vorläufig scheint es wohl nicht richtig, den Bakterien schlechthin eine besonders grosse Beständigkeit gegenüber dem Druck zuzuschreiben. Die Schwer- kraft hat keine, den geotropischen und geotaktischeii Erscheinungen an höheren Pflanzen entsprechende Wirkung.

Die Bakterien gehören, wie die Pflanzen und Kaltblüter, zu den- jenigen Organismen, deren Körpertemperatur annähernd mit der ihrer Umgebung übereinstimmt, mit ihr steigt und fällt, sie sind p o i k i 1 o t h e r m. Ihre Abhängigkeit von der Temperatur'^') spiegelt sich wieder in den drei Kardinalpunkten: Minimum, Optimum, Maximum, die für jeden Organismus, auch die Warmblüter, sich bestimmen lassen. Die verschiedenen Lebensverrichtungen sind aber nicht in gleichem Maasse von der Temperatur abhängig, die eine verlangt höhere Temperatur, die andere geringere. So würden auch tür Wachstum, Bewegung, Sporenbildung und Sporenkeimung, Gärwirkung und Giftproduktion der Bakterien be- sondere Kardinalpunkte sich aufstellen lassen. Einen guten Durchschnitt davon giebt das Wachstum, das bei einzelligen Organismen, wie den Bak- terien, mit der Vermehrung zusammenfällt. Die folgenden Kardinalpunkte sind diejenigen des Wachstums. Das Minimum ist diejenige niederste Temperatur, bei der die betreffenden Bakterien eben noch, wenn auch sehr spärlich und langsam, wachsen, das Optimum ist die Temperatur des besten Gedeihens, das Maximum bezeichnet die obere Grenze, die ohne gänzliche Einstellung des W achstums vertragen wird. Kleine Schwankungen der angeführten Werte sind selbstverständlich.

Minimum

Optimum

Maximum

Keimpflanzen des Weizens

5—7 *> C,

. 29“ C. 42,5“ C.

Kürbis

13,7

33,7

46,2

Bacillus Anthracis

14

37

45

Tuberkelbacillus

30

38

42

Bacillus thermophilus

42

63—70

72

Bacillus subtilis

6

30

50

Bacillus fluorescens liquaefaciens 5 6

20—25

38

Bacillus phosphorescens

0

20

38

Weizenkeimlinge und bei

uns im Freien

lebende,

metatrophe Bak-

terien (Bac. subtilis, liquaefaciens) stellen annähernd die gleichen Ein- sprüche an die Temperatur, dagegen weist das Aufrücken der Kardinal- punkte des Kürbis auf dessen wärmere, freilich nicht genau bekannte Heimat hin. Mit ihm stimmt der Bac. Anthracis und der Choleravibrio (Optim. 30—40*9 ziemlich überein. Tief hinab reicht das Minimum der Leuchtbakterie, die als Bewohnerin nördlicher Meere (Nordsee) dort mit höheren Wärmebedürfuissen gar nicht gedeihen könnte. Ihr

gegen-

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über stellt der höchst sonderbare Bacillus thermophiliis, als Vertreter einer neuen biologischen Gruppe, der therinophilen Bakterien. In die engsten '’J'eniperaturgrenzen ist der Tuberkelbacillus eingeschlossen, nur ein Spiel- raum von 12 trennt Minimum und Maximum. Er ist, um einen Aus- druck der Tierbiologie zu gebrauchen, stenotherm. Alle echten Para- siten der AVarmblüter, wie die Erreger der Diphtherie, der Gonorrhoe sind stenotherm. Dagegen gehören alle metatrophen Bakterien zu den Eurythermen, d. h. sie gedeihen noch bei grossen Abweichungen vom Optimum , der i\.bstand von Maximum und Minimum beträgt 30 ** und mehr. Sobald eine für AVarmblüter pathogene Bakterie eurytherm ist, wie z. B. der Bacillus Anthracis, dann ist schon sehr wahrscheinlich, dass sie in unserem Klima auch metatroph vorkommt.

Sonderbar erscheint es auf den ersten Blick, dass die thermo- phileii'^®) Bakterien bei uns allgemein verbreitet sind, eine grössere Anzahl von Arten ist aus Abort- und Cloakenflüssigkeit, aus Erde isoliert worden. AA^o finden diese anspnichsvollen Bakterien, meist un- bewegliche, aerobe Stäbchen mit guter Sporenbildung, geeignete Stätten für ihre EntAvickelung ? Der Erdboden erwärmt sich bei andauernder Besonnung auch bei uns zuweilen bis auf 70® und könnte so eine vorübergehende A'ermehrung der thermophilen Bakterien ermöglichen. Häufiger wohl werden im Mist, der bei seiner Zersetzung sich auch stark erwärmt , und ebenso bei ähnlichen Gärungen anderer Stoffe diese merkwürdigen Organismen sich reichlich entwickeln können. Sie werden aber wohl auf sehr lange Euheperioden angewiesen sein. Das Maximum, ja selbst das Optimum des Bac. thermophilus reicht an die Koagulationstemperatur mehrerer Eiweisskörper heran. Diese schwankt für denselben Stoff, je nach Reaktion seiner Lösung und manchem anderen, in weiten Grenzen, sodass von diesem Gesichtspunkte aus die thermophilen Bakterien noch nicht zu den ganz unverständlichen Naturwundern gehören. In heissen Quellen auf Ischia, an den Fuma- rolen bei Neapel leben auch noch niedere Organismen bei 60 ® C. und mehr, im Abfluss des Karlsbader Strudels entwickelt sich bei 54® ein dichter Ueberzug farbloser Fadenbakterien (Leptothrix), zu denen sich sehr bald spangrüne Oscillarien gesellen. Die „Anpassung“ an unge- wöhnlich hohe Temperaturen ist also nicht auf die thermophilen Bak- terien beschränkt, auch Krebse und Insektenlarven kennt man als fröhliche Bewohner über 60® heisser Quellen.

Nach dem Optimum zerfallen die Bakterien in 2 grosse Gruppen, diejenigen, welche am besten bei Zimmertemperatur (20® C.) wachsen (Bac. fluorescens, phosphorescens , prodigiosus und viele andere meta- trophe) und diejenigen, welche eine höhere Temperatur verlangen. Um diese gleichmässig zu erhalten, bedient man sich besonderer Heizschränke, die in grosser Mannigfaltigkeit und Ausstattung jetzt zu haben sind, mit Thermoregulatoren. Sie gestatten eine sehr genaue Einhaltung der ge- wünschten Temperatur und geben nur Schwankungen von 0,1 0,5®. Noch vorteilhafter ist ein Zimmer mit konstanter Bruttemperatur. Diese prak- tischen Fragen werden in den in Anmerkung 3 citirten Büchern ausführlich behandelt.

AVenn die Temperatur sich dem Minimum oder Maximum nähert, so sinkt nicht bloss das AA^achstum stark herab, sondern alle Funktionen erlahmen. Besonders eine andauernde Kultur nahe dem Maximum bringt schwere Schädigungen hervor, die von den Bakterien, auch wenn sie in optimale Verhältnisse zurückversetzt sind, nur sehr langsam

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überwimden Averden. Die Abscliwäcliiino’ ])atliog'eiier Bakterien zu Im- munisieriingsz wecken (vg'l. Vorl. III n. XVII) ist eine solche AVirkiing*.

Alle poikilotbermen Oi*g’anisinen vermög-en tiefe ein p erat ii re n, die weit unter das Minimum lierabg’elien, recht gut zu ertragen, sie verfallen in eine Kälteruhe, Mduterruhe. Auch die Bakteilen vertragen, man kann fast sagen, jede beliebige Temperatur unter 0. Sporenfreie Mi\z- brandstäbchen sterben erst, wenn sie länger als 12 Tage ununter- brochen — 26,8*’ ausgesetzt werden; die Sporen des Milzbrandes Avaren, nachdem sie 20 Stunden bei —130® C. gehalten Avorden Avaren, noch keimfähig und ])athogen. Längerer Einschluss in Eis, Aviederholtes Auftauen und Gefrieren können die Bakterien Avochen- und monatelang er- tragen. Sie verhalten sich nicht anders Avie Wasserpflanzen (Algen u. dergl.). Zur Vernichtung von Bakterien reicht unsere Winterkälte demnach nicht aus, zur Desinfektion sind auch die tiefsten, künstlich herstellbaren Tem- peraturen unbrauchbar. ® )

Schnell zum Tode führt die U e b e r s c h reit u n g des a x i -

mums, besonders durch die Gerinnung des Protoplasmas. Deshalb genügt schon ein 10 Minuten langes ErAvärmen auf 50 60 ®, um die sporen- freien, saftreichen Zellen aller Bakterien zu vernichten. Bei 70® sterben sie schon in 5 Minuten. Das Pasteurisieren (ErAvärmen auf 70® während 30 Minuten) beruht hiei’auf und Avird in der Konservierungs- praxis von Nahrungs- lind Genussmitteln und bei der Wein- und Bier- bereitung ausgedehnt angeAvendet. Auch die fraktionierte Sterilisation solcher Nährböden, Avie Blutserum, die ohne Nachteil nicht auf 100® er- hitzt AA' erden können, sucht nur die sporenfreien Zellen zu A^ernichten. Nur ist dafür zu sorgen, dass die nicht getöteten Sporen auskeimen, damit ihre noch sporenfreie Nachkommenschaft beim nächsten ErAA’ärmen getötet Avird, bis schliesslich, vielleicht nach 5 6 Wiederholungen, volle Sterilität erreicht Avird.

Viel Aviderstandsfähiger sind die Sporen^'), um so mehr, je trockener sie sind. Hierin darf man aber keine besondere Eigentümlichkeit der Bakteriensporen suchen, denn, alles ruhende Protoplasma ist infolge seines geringen Wassergehalts sehr Aviderstandsfähig. Getreidesamen, denen unter dem Exsikkator ihr Wasser so vollständig als möglich ent- zogen Avar, vertrugen stundenlang eine trockene Hitze von 100 110®, ohne ihre Keimfähigkeit einzubüssen. Sie stehen darin nicht viel hinter absolut trockenen Milzbrandsporen zurück, die erst einer dreistündigen Erhitzung auf 140® erlagen. Wollte man mit trockener Hitze eine alle Sporen vernichtende Sterilisation oder Desinfektion erreichen, so Avürde das Avohl ohne Schädigung oder gänzliche Vernichtung vieler Objekte ganz unmöglich sein. Die trockene Hitze Avird zum Sterilisieren von GlasAvaaren zu KulturzAvecken mit bestem Erfolg angeAvendet, Avährend

chirurgischen Verbandstoffen und Instrumenten

man zur Sterilisirung von

Hunderte von um der leidenden zu lassen (Asep-

siedendes Wasser und strömenden Dampf bevorzugt Sterilisierungsapparaten sind jetzt täglich im Gebrauch, j\[enschheit die Wohlthaten der Forschung angedeihen sis p. 84).

Schneller gehen die Sporen zu Grunde, Avenn sie in Flüssigkeiten erhitzt Averden, freilich bedarf es, Avenn nur die Siedetenii)eratur des AVassers angeAvendet Averden soll, doch noch eines mehr als einstündigen Kochens, um sicher auch die fast unverAvüstlicheu Sporen des Heu-' bacillus und einiger ihm verAvandter Arten zu vernichten. Die Milzbrand- sporen sterben in kochendem AVasser sicher und allgemein in 2-5 Ali-

73

nuten, nur wird man, stets damit zu rechnen haben, dass einige Sporen von ganz heimtückisclier A\dderstandskraft erst nacli 10 12 Minuten ge- tötet Averden.

Feuchte Ptlanzensamen gehen allerdings viel schneller zu Grunde, schon unterhalb der Siedehitze. M'oranf diese Eigenschaft der Bakterien- sporen beruht, entzieht sich unserer Beurteilung, Avahrscheinlich wirken eine grosse Zähigkeit des Protoplasmas und eine sehr geringe Durch- lässigkeit der Sporenmembran für Wasser zusammen. Wäre letzteres der Fall, dann Avürden die Sporen in der siedenden Flüssigkeit nur sehr langsam mit Wasser so stark sich durchtränken, dass nunmehr ihr Proto- l)lasma so Avasserreich geAvorden ist, um der Hitze zu erliegen. Die Sporen Avürden gewissermaassen Avähreud der ersten Zeit des Kochens als trockene Sporen in der Flüssigkeit herumtanzen. Diese Ansicht gewinnt an Wahrscheinlichkeit, Avenn man bedenkt, dass Sporen des Heubacillus ohne besondere Vorbereitung sehr langsam auskeimen, dass viele Stunden vergehen , bevor die Spore durch Wasseraufnahme aufquillt und ihren Glanz verliert. Schneller Avird dieses erste Stadium der Keimung durch- laufen, Avenn die Sporen vorher 5 Minuten gekocht Averden. Hier scheint doch die ]\Iembran anfangs sehr Avenig permeabel für Wasser zu sein. Das ist auch für die Häute von Pilz- und Algendauersi)oren bekannt. Dauerzustände anderer niederer Organismen, Avie die der Amöben, Infusorien und Flagellaten, die noch nicht untersucht sind, Averden sich sicherlich ähnlich verhalten Avie die Bakteriensporen.

Die Sterilisation durch Kochen von eingemachten Avohlverschlossenen Früchten ist allbekannt und schon seit dem vorigen Jahrhundert in Ge- brauch. Auf die verschiedenen Einrichtungen, wie die AiiAvendung des strömenden Dampfes im KocH’schen Dampfkochtopf, die des gespannten Dampfes, der bei 140® schon in einer Minute auch die allerzähesten Sporen vernichtet, kann hier nicht eingegangen Averden. Sie benutzt man in der bakteriologischen Technik zum Sterilisieren der Nährsub- strate. Die hohe EntAvicklung dieser ph3’-sikalischen Desinfektionsmethode zu sanitätspolizeilichen ZAvecken Avird man aus den Lehrbüchern der Hj^giene ersehen.

Gegen V' a s s e r m a n g e 1 und gänzliches A u s t r o c k n e n haben sich Pflanzen aller Art nicht bloss in den Steppen und Wüsten zu schützen, sondern auch in unserer Flora. So trocknen Moose und Flechten, die auf nacktem Gesteine sich angesiedelt haben, zu brüchigen, zerreibbaren Massen ein und verfallen in einen Euhezustand (Trockenruhe), in dem sie Avochen- lang entwicklungsfähig bleiben. Algen unserer Tümpel oder auf perio- disch befeuchteter Erde können ebenfalls Avochen- und monatelang der Trockenheit Aviderstehen. In allen diesen Fällen, Moose, Flechten, Algen, Steppen- und Wüstenpflanzen, verfällt der ganze Vegetationskörper in einen Ruhezustand (Vegetationsruhe), der zwar lange Zeit ohne Nachteil vertragen Avird, aber doch nicht allzulange. Auch ganze Tierkörper, wie Rädertierchen (Rotatorien), Tardigraden (Bärentierchen) und kleine Würmer (Anguillullen) können Avochen- und monatelang eingetrocknet liegen und beim Befeuchten zu neuem Leben erAvachen.

Viel sicherer vermögen die Organismen aber durch besondere Dauer- zustände, Sporen, Cvsten und Samen, kurz durch Samenruhe andauernder Trockenheit zu trotzen. Die Sporen des Getreidebrandes (Ustilago carbo) keimen noch, in A\Asser geljracht, nachdem sie 7 10 Jahre im Herbarium trocken gelegen haben, Getreidekörner keimen noch sehr gut nach 10 Jahren und viele sind, Avenn sie nur sorgfältig vor vorübergehender

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Befeuchtung’ geschützt Averdeii, selbst nach 20 Jaliren noch keimfähig. Unbegrenzt ist aber diese Samenrnhe niclit, die oft als 'Whmder ange- stannte Keimung des Mnmienweizeiis , der tausende von Jahren alt ist, gehört in das Reich der P^abel.

Auch die Sporen der Bakterien, z. B. die des Milzbrandbacillus, keimten noch, nachdem sie 10 Jahre trocken gelegen hatten. Die Samen- ruhe, richtiger Sporenrnhe, dehnt sich demnach bei Bakterien auf ähnliche Zeiträume ans, wie bei den Pflanzensamen und wird durch vorüber- gehende Befeuchtung oder dumpflge Umgebung genau so verkürzt wie bei diesen.

Durch Yegetationsruhe vermögen die Bakterien ebenfalls dem Austrocknen zu widerstehen, lufttrockene Stäbchen des Tuberkelbacillus bleiben wochenlang entwicklungstähig , die der Diphtherie und des Typhus, staubtrockene Eiterkokken (Staplyylokokken ) desgleichen. Echte Mmsserbakterien dagegen, wie der Vibrio der asiatischen Cholera, widerstehen der Wasserentziehung nur kurze Zeit, 2—5 Stunden. Ueber die Bedeutung dieser kürzeren oder längeren Vegetationsruhe staubtrockener Bakterien für die Infektionskranheiten vergleiche man Vorlesung XV und XVI.

Zu Desinfektionszwecken ist die Austrocknung nicht brauchbar. Da- gegen erscheint sie als ein Hauptfaktor der natürlichen Desinfection, der unzählige staubtrockene Bakterienleiber allmählich erliegen. Finden solche eingetrocknete Bakterien bei vorübergehender, einige Tage anhaltender Befeuchtung die nötigen Nahrungsmittel, so werden sie sich vermehren können, um von neuem in Vegetationsruhe zu verfallen. Im Freien werden deshalb eingetrocknete Auswürfe Kranker , von organischen Stoffen verunreinigte Erde der natürlichen Desinfektion durch Austrocknung schwer oder gar nicht zugänglich sein.

I

Einwirkung von Clieinikalien.

Clieiuotaxis und chemische Desinfektion.

AVenii man faulig’es A^"asser untersiiclit , so wird man sehen, dass Bakterien und vielerlei Protozoen (Infusorien, Flagellaten) oft in dichten Schwärmen an kleinen Brocken und Flocken der faulenden Substanzen sich ansammeln, als ob sie durch die nahrungspendenden Beste ange- zogen Avürden, wie Fische, die zugeworfenem Brot eilig 'zuschwimmen, wie Ameisen, die Blattläuse aufsuchen. Was bei diesen Tieren als „In- stinkt“ bezeichnet wird und unter diesem Namen auch bei dem Anthro- pomorphisten Gnade findet, das verrichten die einzelligen Bakterien mit derselben Pünktlichkeit. Haben sie auch Instinkt? Das wäre ja wunderbar.

Genauer wurden derartige Eigenschaften der niederen Organismen zuerst von Stahl ^0 an den Plasmodien der Schleimpilze (Myxomyceten) studiert. Die nackten grossen Protoplasmamassen Messen sich durch ein- seitig dargebotene Nährstoffe anlocken, sie waren trophotropisch. Der Trophotropismus , Anlockung durch Nahrungsmittel , schien der ge- eignete Ausdruck für diese Erscheinungen zu sein. Zu gleicher Zeit hat Pfeffer an Bakterien, Protozoen und den Spermatozoiden der höheren Kryptogamen (Moose, Farne) solche Reiz Wirkungen durch Chemi- kalien von allgemeinerem Gesichtspunkte aus untersucht. Er stellte schliesslich fest, dass der Nährwert der Stoffe nicht immer und allein entscheidet, sondern dass zunächst nicht weiter zerlegbare, in der chemischen Natur der Reizmittel wurzelnde Eigenschaften entscheiden können und führte den jetzt allgemein gebräuchlichen Namen Chemo- taxis ein.

Um die Chemotaxis der Bakterien schnell und sicher hervorzurufen, bedient man sich nach Pfeffer folgender Methode. Man injiziert kurze (^/o 1 cm), an einem Ende zugeschmolzene Kapillarröhrchen bis zur Hälfte mit der zur prüfenden Lösung, z. B. einer 5% schwach alkalischen Imsung von Liebig’s Fleischextrakt oder von Pepton und schiebt sie, sauber abge- spült, zu einem offenen Wassertropfen, in dem gut bewegliche Bakterien

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solchen ]\lengen entlialten sind, dass er g-anz leiclit ^^etrübt ei’sclieint Schon in sehr kurzer Zeit, 5 10 Sekunden, beginnen die Bakterien um den Mnnd der Kaidllare sicli zu sammeln, in wenigen Minuten sind sie schon zn einem dichten Schwarm vermehrt, dei‘ nun auch in das Innere der Köhre einzndringen beginnt (Fig. 18«). Die Bewegung dei* Bakterien wird, sobald sie in die Ditfusionszone des Peptones gelangen, lebhafter nnd steigert sich zu einem tollen Dnrcheinandei’wirbeln am Eingang der Köhre. Der Näln’stoff liefert Kraft zn lebhaften Schwingungen der Geissein. Legt man später ein Deckglas auf und sperrt dadurcli die

I

0

j

fl

Fig. 18. Chemotaxis. a Teil eines Wassertropfens mit Bacillus fiuorescens liquaefaciens und einer oben zugeschmolzenen Kapillare, die teilweise mit scliAvach alkalischer Peptonlösung gefüllt ist, bei l Luftblase. Vielleicht 4 Min. nach dem Einlegen der Kapillare, starke positiv chemotaktische Häufung der Bakterien im Kapillarenmunde, b H t'o StuiMe später, die dichteste Menge der Bakterien hat sich, ihrem Sauerstoffbedürfnis folgend, an der Luftblase im oberen Teil der Kapillare angesammelt. Kach der Natur. Vergr. 50.

Luft ab, so hat man Gelegenheit, eine zweite Art der Chemotaxis zu sehen. Die in die Kapillare eingeschwärmten Bakterien rücken all- mählich in ihr aufwärts, angelockt durch die Luft im oberen Stück. In einer halben Stunde vielleicht steckt ein dichter Pfropf lebhaft wimmeln- der Bakterien in dem oberen, an die Kapillarenluft angrenzenden Ende der Peptonlösung (Fig. 18 Beide in einem Versuche zu beobachtende Erscheinungen, die Anziehung durch Luft und die durch Fleischextrakt oder Pepton könnten als Trophotropismus gedeutet werden, die Chemotaxis kommt noch nicht rein zum Ausdruck. Keine Salzlösungen, z. B. 1.9 Chlorkaliiim wirken ebenfalls stark anziehend und locken die Bakterien in die Kapillaren hinein ; schwach selbst noch in einer Verdünnung von 0.019 %. Unter den Alkalien ruft das Kalium die stärkste Chemotaxis hervor, ihm schliesst sich Natrium, Kubidium u. s. w. an, schwächer wirken die alkalischen Erden. Den Hauptanteil an der Wirkung eines Salzes hat sein elektropositiver Bestandteil, während die Säure zurück- tritt. Näheres hierüber und viele andere interessante Einzelheiten sind bei Peefeek zu finden.

Unter den organischen Stoffen, die zugleich gute Nährstoffe und Kraft- quellen sind, ziehen Pepton, Asparagin die Bakterien sehr stark an, während Zucker, der doch als Kraftquelle den ersten Kang einnimmt, nur wenig wirkt. Gl3xerin gegenüber reagieren die genauer unter- suchten Bakterien gar nicht. Der bis jetzt geschilderten Anziehung, der positiven Chemotaxis, steht eine oft sehr energische Abstossung, negative Chemotaxis, gegenüber. So kann schon in Salzen das Metall positiv, die Säure negativ wirken (Monokaliumphosphat 8,48 kohlensaures Ammon 1,76). Die Bakterien nehmen dann eine resultierende IMittelstellung in gewisser Entfernung vom Kapillarenmunde ein. Freie Säure und freies Alkali, auch der Alkohol wird in allen Verdünnungen von den Bakterien „instinktiv“ vollkommen verschmäht, die Kapillare bleibt ganz leer.

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Ebensowenig’ wie der Nälirwert allein massgebend ist für die chemo- taktische Anziehung, ebensowenig ist es die Giftigkeit für die Repulsion. Eine Lösnng von 0,019 Ohlorkalinm + 0,01 Sublimat loc^t die Bakterien ents])rechend dem Kaligehalte stark an, sie stürzen sich in die Kapillaren lind linden hier durch das Sublimat einen schnellen Tod. Die Chemotaxis kann also, so nützlich sie bei der Anfsuchnng von Nährstolfen ist, die Bakterien auch ins Verderben führen, freilich lauern auf sie in der freien Xatnr nicht so heimtückisch gefüllte Kapillaren.

Vdll man diese in reinlichen Experimenten leicht zu beobachtenden Thatsachen zur Illustration des Bakterienlebens an ihrem natürlichen AVohnort, im sumpligen Wasser oder im kranken Körper benutzen, so hat man auf einige Punkte besonders noch zu achten. Erstens kann Chemotaxis nur bei beweglichen Bakterien und in dem zur Aus- führung der Bewegung erforderlichen Medium, also in Flüssigkeiten eintreteii. Ferner verhalten sich verschiedene Bakterienarten gegen- über demselben Stoffe nicht gleich. Drittens ist der Wirkungskreis einer Kapillare kein allzugrosser, es gelingt nicht, alle Bakteiien eines AVassertropfens damit einzufangen, es würde auch dann nicht glücken, wenn die diffundierte Substanz in den Kapillaren wieder ersetzt würde, ähnlich wie vielleicht im Teichschlamm ein faulendes Bröckelchen längere Zeit hindurch Stoffe ausscheiden könnte. Sobald in den AVassertropfen ein Teil der reizenden Stoffe übergetreteii ist, würde, selbst wenn in der Kapillare die ursprüngliche Konzentration wieder hergestellt würde, nicht mehr der gleiche Erfolg wie zuerst zu erzielen sein. Denn die Bakterien würden durch die diffundierten Stoffe bereits schwach gereizt sein, so dass zur Auslösung einer vollen chemotaktischen Bewegung jetzt eine höhere Konzentration erforderlich ist, als anfangs, als die Bakterien noch in reinem AVasser sich befanden. Das AA^EBER’sche Gesetz (Psycho- physische Gesetz Fechner), dass dem Verhältnis der Reizgrösse zur Empfindungsstärke unserer Sinneswahrnehmungen bestimmten Ausdruck verleiht, beherrscht auch die chemotaktischen Bewegungen der winzigen Bakterien. Nach dem AVEBER’schen Gesetz muss eine von aussen wirkende Kraft, die wir zunächst zu empfinden vermögen, in einem bestimmten A^erhältnis an wachsen, damit wir die gleiche Empfindung wie das erste Alal haben. Lege ich 1 g auf meine Hand, so habe ich eine Druck- empfindung, die ich nur von neuem hervorrufen kann, wenn ich zu dem 1 g noch §’ hinzufüge; 10 g müssten ebenfalls um d. h. auf 13,3 g vermehrt werden, um eine neue Druckempfindung aus- zulösen. Für Temperaturreize beträgt die Steigerung , für Licht des bereits wirkenden Reizes, damit die Reizschwelle wieder über- schritten wird.

So bedarf es bei einer häufigen Fäulnisbakterie sogar einer fünf- fachen Vermehrung des Reizes, um merkliche chemotaktische Bewegungen Avieder herbeizuführen. Befinden sich also die Bakterien in einer 0,1 % Fleischextraktlösung, so muss eine Kapillare mit 0,5 Ao zugeschoben werden, zu einer 1% demnach eine ö^o, um eine gleichstarke Chemotaxis zu erzielen. Starke Erfolge Avürden erst bei einer noch stärkeren Steige- rung,, vielleicht auf das 10— 20 fache her vor treten. Auf diesen Punkt ist besonders zu achten, wenn Ansammlungen der Bakterien im kranken Körper und ebenso die von Leukocyten um Bakterienheerde herum auf Chemotaxis zurückgeführt werden sollen. Eine genaue Analyse der A'erhältnisse dürfte in keinem Falle vollkommen möglich sein, denn die Zusammensetzung der Körpersäfte, ihr Gehalt an denjenigen Stoffen,

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(lenen clieniotaktisclie Wirkungen zngesclnieben wei’den, sind docli lauter nnbekannte Grössen. Gewisse Vorsicht mit dei’ znni beliebten Sclilag- wort gewordenen Chemotaxis ist deslialb empfehlenswert. (Vei'gl. Voi’- lesnng XYII.)

Sehr gering ist die absolute Menge mancher Stoffe, z. B. von Pepton, die genügt, um eine eben merkliche Peaktion hervoi’znrnfen. Pfeffer berechnet, dass in einer Kapillare , die mit 0,01 " ^ Peptonlösung gefüllt war und im AVasser schwimmende Bakterien eben sichtbar zu reizen vermochte, nur der 200 millionste dVil eines Milligramms Pepton ent- halten war, angesichts der AVinzigkeit der Bakterien (p. 4j freilich immer noch verhältnismässig genug.

Das AVesen der Chemotaxis ist dunkel, wie alles, was in letzter In- stanz auf die lebende Zelle zurückweist. Soviel lässt sich zum weiteren A'erständnis sagen, dass die Bakterien durch die aus der Kapillare heraus- tretenden Stoffe in eine bestimmte Kichtung eingestellt werden (da- her Chemo-Taxis) und zwar mit ihrer Achse parallel dem Diffusionssti’om, dem sie entgegen sich bewegen (positive Chemotaxis) oder dem sie folgen (neg’ative Chemotaxis). AA'arum aber der eine Stoff positiv, der andere Stoff negativ wirkt, das entzieht sich jeder Erklärung. AA^eitere An- deutungen würden eine lange Auseinandersetzung, zu der hier der Raum fehlt, verlangen, und auch nur Andeutungen sein können.

Auch diejenigen Stoffe, welche in verdünnter Lösung positive Chemo- taxis anregen, wirken in stärkerer Konzentration zuweilen noch in gleicher AA^eise (z. B. Chlorkalium 19 %), in anderen Fällen aber tritt dann eine Repulsion ein. Solche neutrale Stoffe, wie Chlorkalium, Chlornatriiim, werden oft in hoher Konzentration vertragen, der Heubacillus wächst noch gnt in Infus mit Kochsalz, Salmiak, 11 Chlorkalium, 10 ®/o Kalisalpeter. Diese Neutralsalze sind nicht giftig und hemmen schliesslich das AVachstum durch den osmotischen Druck.

Ein grosses praktisches Interesse knüpft sich an die giftigen Chemikalien, die schon in geringen Mengen das Leben der Zellen schädigen. Spezifische Bakteriengifte sind sie keineswegs, ihre Giftigkeit für diese ist oft nicht grösser als für die Zellen amierer Organismen. So tötet z. B. eine 0,1 Sublimatlösung Tuberkelbazillen in 10 Alinuten und ebenso schnell, eher noch schneller eine beliebige Algenzelle; in einer einprozentigen Karbolsäure, die Tuberkelbazillen in 1 Minute ver- nichtet, sterben Pflanzenzellen in der gleichen Zeit. Das Protoplasma aller Organismen wird, einzelne Schwankungen und Ausnahmen ab- gerechnet, von den stärkeren dieser Gifte annähernd gleich schnell zerstört.

Die Vernichtung der Bakterien durch Gifte, die chemische Des- infektion^O oder Sterilisation hat überall dort einzugreifen, wo die in der letzten Vorlesung geschilderte Desinfektion durch hohe Tem- peratur, z. B. wegen Schädigung der Desinfektionsobjekte, nicht aus- führbar ist.

Die AVider Standskraft der Bakterien gegen Chemikalien ist nicht bloss bei verschiedenen Arten eine ungleiche, sondern schwankt auch bei derselben Art nach verschiedenen Umständen und ist am grössten, wenn die Bakterien in den besten Vegetationsverhältnissen sich befinden, also Nährboden, Temperatur und alle anderen Bedingungen optimale sind. Die Bakterien sind eben Organismen, wie andere auch, die am dauer- haftesten und widerstandsfähigsten sind, wenn sie sich am wohlsten be- finden. Stets ist der Gegensatz gross zwischen den Sporen und den viel

79

empliiidlicheren sporenfreien Zellen, sodass ein Desinfektionsmittel iinr dann als erprobt gelten kann, wenn es Sporen gegenüber kräftig wirkt. Freilich kann ja in besondei'en Fällen, deren Beurteilnng der Praxis zu überlassen ist, Von dieser Forderung abgegangen werden.

Jedes Desinfektionsmittel müsste rite auf folgende drei Punkte ge- prüft sein:

1. In welcher Konzentration muss es einem bestimmten Substrat zugesetzt werden, um eingeimpfte Bakterien , ohne sie zu töten, an der Entwicklung und Vermehrung zu verhindern; es Avürde das der Hemmuugswert sein.

2. In welcher kürzesten Zeit vermag ein Mittel bei mässiger, keine anderen Nachteile bietenden Konzentration und bei Zimmer- temperatur sporenfreie Bakterien in Wasser abzutöten; es würde das der kleine Giftwert sein.

3. In welcher kürzesten Zeit Averden unter denselben Bedingungen

wie bei 2 die Sporen getötet; der grosse Giftwert.

Eine Unzahl mühevoller Arbeiten hat sich mit der Feststellung dieser drei Werte für alle Klassen anorganischer und organischer Körper be- schäftigt, sodass bereits eine Avohl geprüfte Auswahl derjenigen Stoffe vor- liegt, die besonders zur Desinfektion sich eignen. Einige Beispiele bringen die folgenden Tabellen, Aveitere i^ngaben findet man in der in Anmerkung 3 und 54 citierten Litteratur.

I. H e m m u n g s Av e r t für M i 1 z b r a n d b a z i 1 1 e n in Kinder-

b 1 u t s e r u m.

Nach Versuchen von Behring die Zahl giebt an, auf wieviel Kubikcentimeter des Serums ein Gramm fester, ein Kubikcentimeter fiüssiger Desinfektionsmittel zugesetzt Avorden war; also z. B. Sublimat 10000 = 1 Gramm HgCB auf 10000 Kubikcentimeter Serum.

Cyanin und Malachitgrün

40000

Höllenstein

30000

Sublimat

10000

Jodtrichlorid

1500

Natronlauge

1500

Cadaveriu (Bacterientoxin.)

1500

Salzsaures Chinin

500

Karbolsäure

500

Thymol

250

Salicyls. Natron

150

Alkohol

15

Kochsalz

15

Die erstaunlich geringen Mengen, die von manchen Stoffen schon genügen, um, Avie man oft sagt, Asepsis, Fäulnisfreiheit zu erreichen, können natürlich nicht die eingesäten Bakterien töten, sie verhindern nur deren Vermehrung.

80

II.

T ö t ii 11

o-swert für Sporen freie "ruberkelbazillen.

Kleiner Giftwert; angegeben die Zeit, in welcher einer Kultur ent- noininene, nicht in Sputiini eingeschlossene, Tuberkelbazillen getötet werden ; nach Yeksin '^^):

Karbolsäure 5 %

30

Sekunden

r /o

1

Minute

absolut. Alkohol

5

Minuten

Jodoform 1

5

Aether

10

Sublimat 0,1 \

10

Thymol 0,3 ^/o

3

Stunden

Salicylsäure 0.25 %

6

Um die Bakterien im Auswurfe Tuberkulöser zu töten, müssten dm oben angegebenen Konzentrationen viel längere Zeit Avirken Avegen des hindernden Schleimes ; so z. B. 10 % Lysol 12 Stunden. Die Zahlen sind so geAA^onnen, dass Tuberkelbazillen aus einer AA^achstumsfähigen Rein- kultur mit dem Desinfektionsmittel Amrmengt und von Zeit zu Zeit Proben herausgenommen und ausgesät Avurden. Die angeführten Werte gelten im allgemeinen für alle sporenfreien Bakterienzellen, deren Empfindlich- keit durch dieses eine Beispiel hinreichend veranschaulicht Avird.

III. T ö tungSAverte für Milzbrandsporen.

Nach Paul und Krönig Zeit der Einwirkung bei 18*^*;

Sublimat

1,7 »/„

( 16

Liter) 12 14 Minuten

0,84

,,

( 32

) 24-30

0,42

,,

( 64

) 45 60 ,,

0,2

5?

(128

) 60—80

0,1.

(256

) über 120

4,25

( 4

??

) 15-60

0,08

(200

5,

) noch nicht in 10 Co Stunden

16

J,

( 1

,,

) nicht in 10 Tagen

32,5

( 1

) 7

4,9

( 2

) noch nicht in 30 Stunden

5,6

( 1

) nach 18 Stunden

3,95

( 4

) in 40 Minuten

7,4

,,

( 4

J,

) noch nicht in 4 Tagen

Höllenstein

Kupfervitriol

Bleizucker

Schwefelsäure

Kalilauge

Uebermangans. Kali 8 Liter + 8 Salzsäure in 5 Minuten Chlorwasser 0,22 7o (32 Liter) in 2 Minuten BroniAvasser 0,5 (32 ) 2

Karbohvasser 5 ,, nicht in 24 Stunden Formaldehyd '5' in 120 Minuten.

Die TötungSAverte für Sporen bestimmt man in der Weise, dass man die Sporen an Seidenfäden, Glasstücken, am besten gut gereinigten

81

Granaten angetrocknet in die Lösungen legt und zeitweise Proben lieraus- nimmt und ausscät. Damit keine Gifte in die Kulturen übertragen werden, müssen die Seidenfäden, Granaten und dergleichen vorher sehr sorgfältig gereinigt werden, Spülen mit destilliertem Wasser genügt hier- für nicht, so müssen die löslichen Metallsalze durch Schwefelammonium aus- gefällt werden. Nur daun ist man sicher, ein reines Bild der desinfi- zierenden Kraft eines Giftes zn bekommen, denn selbst kleine, den Sporenkörpern anhaftende Giftmengen würden genügen, um die vielleicht noch gar nicht abgetöteten Sporen schon in den ersten Stadien der Keimung, schon während der Aufquellung zu vernichten oder sicher dann das hervortretende Keimstäbchen. Bei den in Tabelle III angeführten Versuchen wurden 15 000 20 000 Sporen in den angegebenen Zeiten ge- tötet. Die Konzentration ist in Prozenten, eingeklammert auch in mole- kularem Maasse angegeben, z. B. 16 1 bei Sublimat bedeutet, dass in 16 Liter der Lösung das Molekulargewicht des Quecksilberchlorides, 271, in Grammen

271

enthalten ist, in 100 ccm der Lösung also g = 1,7 g. Diese in der

modernen phj^sikalischen Chemie übliche Konzentrationsbestiminung ist beigegeben, weil sie schneller einen Vergleich der Lösungen verschiedener Salze gestattet.

Die Tabelle sei noch ergänzt durch die Angabe, dass nach Koch absoluter Alkohol, konz. Glycerin, konz. Kochsalzlösung, destilliertes Wasser auch nach monatelanger Wirkung die Milzbrandsporen nicht uni- zubringen vermögen. Aus der Tabelle geht hervor, dass die Halogene (Chlor, Brom) und unter den Metallsalzen das Sublimat die giftigsten sind. Das salpetersaure Silber leistet ja auch noch einiges, Knpfersulfat und Bleizucker dagegen sind fast ganz machtlos. Von freier Säure und freiem Alkali bedarf es doch schon recht ansehnlicher Mengen, ebenso von chromsaurem Kali, einem kräftigen Oxydationsmittel, während das schwächer oxydierende Kaliumpermanganat in gleicher Konzentration recht kräftig Avirkf.

Den grossen Unterschied zwischen Sporen und sporenfreien Zellen veranschaulichen Tabelle II und III sehr gut , so vergleiche man 5 ^/o Karbolsäure, die in 30 Sekunden die Tuberkelbazillen, aber noch nicht in 24 Stunden die Milzbrandsporen tötet, oder 0,1 7o Sublimat mit 10 Minuten und 60—80 Minuten oder den absoluten Alkohol. Die Eigen- schaft der Sporen beruht wohl hauptsächlich auf einer geringen Durch- lässigkeit, fast vollkommenen Impermeabilität der Sporenhaut gegen ge- löste Stoffe aller Art, eine Eigenschaft, die die Hüllen und Schalen um die Euhezustände anderer niederer Organismen ebenfalls besitzen, die auch die Schale der Pfianzensamen auszeichnet. Ohne einen solchen Schutz würde ja überhaupt ein auf längere Ruhepausen eingerichteter Zustand gar nicht denkbar sein. Bei den Pflanzensamen und den Sporen A^on Algen Avird die Undurchlässigkeit der Schale durch Einlagerung fett- und harzartiger Stoffe bedingt, vielleicht ist auch die Haut der Bakteriensporen ähnlich imprägniert. Zu diesen Eigenschaften tritt dann noch die grössere Widerstandskraft des ruhenden, wasserarmen Proto- plasmas hinzu.

Die allbekannte grosse Giftigkeit des Sublimates erscheint auf den ersten Blick nur als ein Spezialfall der Giftigkeit aller Quecksilbersalze, ihnen allen glaubte man eine gleich grosse Giftwirkung zuschreiben zu müssen , Avenn nur die Lösungen eine gleiche Menge des giftigen

A. Fischer, A^orlesungen über Bakterien. 6

82

Metalles enthielten, aeciuimolekulare Lösungen müssten also gleich gut desinfizieren. Diese Anschauung konnte von Untersuchungen die auf der neuen physikalisch-chemischen Theorie der Lösungen fiissen, nicht be- stätigt werden, es hat sich vielmelir ergeben, dass wahrscheinlich mit dem Dissociationsgrad auch die giftigen Eigenschaften sicli ändern. Die Dissociationstheorie hat gezeigt, dass die Lösung eines Salzes nicht nur dessen unzerlegte Molekel, also beim Sublimat: HgClg enthält, son- dern dass ein Teil des Salzes in elektrisch aktive Komponenten, die Ionen, zerlegt ist, das elektropositive Metallion (Kation) Hg und das negative Säureion (Anion) CI, neben einem Eest unzersetzter Molekeln HgCl.2. Der Dissociationsgrad, d. h. das Verhältnis zwischen unzerlegten und gespaltenen Molekeln ändert sich mit der Konzentration der Lösung, der Temperatur, dem Lösungsmittel und anderen hier nicht zu besprechenden Bedingungen, verschiedene Salze desselben Metalles sind verschieden stark dissociiert. Von dem Dissociationsgrad einer Lösung hängen auch viele ihrer physikalischen Eigenschaften, wie elektrische Leittähig- keit, Siedepunkt und Gefrierpunkt, osmotischer Druck, ab. Auch die Giftigkeit schliesst sich wahrscheinlich an. Da nun die Quecksilbersalze in sehr ungleichem Masse in wässriger Lösung dissociiert sind, so war zu erwarten, dass hiernach auch ihre Giftwirkung verschieden ausfallen würde. In der That zeigt sich, dass das äusserst wenig, fast gar nicht dissociierte Cyanquecksilber in 16 I^terlösung (1,58 7o) Staphylokokken in 3 Minuten nicht vernichtet, während eine nur so starke Sublimat- lösung 64 Liter (0,4 7o) in der gleichen Zeit alle tötete; Milzbrand- sporen 20 Minuten in dieser Sublimatlösung waren bis auf wenige (7 Kolo- nieen wuchsen) abgestorben, während noch unzählige Kolonieen anwuchsen, wenn eine gleiche Zeit lang das Cyanquecksilber (16 1) gewirkt' hatte.

Der Vergleich verschieden dissociierter Quecksilbersalze zeigt also deutlich den Zusammenhang der Giftwirkung mit der Dissociation. Noch anschaulicher tritt dieses Verhältnis hervor, wenn dieselbe Salzlösung in verschiedenem Dissociation sgrade angewendet wird. Da in einer ge- gebenen Lösung eines Salzes, z. B. des Sublimates, das Verhältnis des dissocierten Anteiles zum nicht dissocierten konstant ist, also z. B. der Chlorionen zu den unzerlegten Molekeln HgClg des Sublimates, so kann man durch Hinzufügung anderer Chlorionen, z. B. von stärker dissocierten! Kochsalz die Dissociation des Sublimates zurückdrängen, gemäss dem Verhältnis des höheren Dissociationsgrades des Koch- salzes zu dem geringeren des Sublimats. Eine 16 Literlösung dieses Salzes enthalte z. B. x Chlorionen und v unzerlegte Molekel, so ist

y

= c, eine Konstante. Bringe ich dazu noch soviel Kochsalz, dass da-

von ebenfalls 16 Liter gelöst sind, so giebt das Avegen der höheren Dissociation des Kochsalzes x-|-in Chlorionen von NaCl. Für die reine Sublimatlösung gilt x = cy, für die mit NaCl versetzte aber x-|-(x-|-m)

cv ni

= cy oder x = " ^ , also die Chlorionen des Sublimates nehmen ab,

dessen Dissociation Avird zurückgedrängt.

In dem Grade nimmt auch die GiftAvirkung ab Avie folgende Tabelle in der Zahl der Kolonieen erkennen lässt, die aus annähernd gleicher Zahl der Sporen erAvachsen, Avenn die Lösungen 6 Minuten gewirkt haben.

83

Sublimat

16 1

8

Kolonieen,

+

1 Kochsalz 32

»

2

, 124

5?

+

3 ,,

, 282

))

1

-I-

•1 .

, 382

5?

+

4,6

410

(Sublim atpastillen des deut-

schen Arzneibuches)

n

>?

+

6

803

+ 10 ,,

1087

y,

Die Abnahme der Giftigkeit ist unverkennbar und bedarf keines Aveiteren Kommentares.

Bei Versuchen über den Desinfektionswert des Sublimates in koch- salzhaltigem Substrat, wie Blntsernm oder Bouillon, die circa 0,7 % (8 1) Kochsalz enthalten, ist auf die besprochene Erscheinung wohl zu achten, es Avird ein höherer Siiblimatzusatz erforderlich sein. Eine Aveitere Steige- rung desselben ist aber noch nötig, Aveil das Sublimat mit den Eiweiss- körpern des Serums und dem Pepton einer Peptonbouillon unlösliche Ver- bindungen eingeht und dadurch teilweise in seiner Giftigkeit herabgesetzt Avird.

Da die Dissociation von der Temperatur und dem Lösungsmittel abhängt, so ändert sich auch demgemäss der DesinfektionsAvert, dessen Steigerung durch Temperatur freilich nicht allein hierauf zurückzuführen ist. Wenn auch die grosse Desinfektionspraxis durch diese neuen Er- fahrungen einstAveilen nicht getroffen Avird, so haben diese dagegen ein hohes Avissenschaftliches Interesse, das der Einsichtige wohl zu schätzen Avissen Avird.

Ausser den bisher besprochenen Körpern äussern noch viele andere mehr oder weniger starke Giftwirkungen, die auch zu Desinfektions- zwecken ausreichen Avürden, z. B. viele Anilinfarbstoffe (Methylviolett), ätherische Gele, zahlreiche Verbindungen der aromatischen Körperklasse, worauf nur hingeAviesen sein mag. Es tauchen ja täglich neue Des- infektionsmittel auf, die mit viel Geschrei oft angepriesen Averden, um bald lautlos Avieder zu verscliAvinden.

Gase, Avie Kohlensäure, Kohlenoxyd, Wasserstoff, Stickoxydul, Stick- oxyd, ScliAvefelAvasserstoff, schweflige Säure, Leuchtgas Avirken zwar, über Agarkulturen in langsamen Strom hinweggeleitet , wachstumshemmend, sind aber zur Desinfektion nicht zu brauchen. Auch der Ozongehalt der Luft steigt selbst in den ozonreichsten Sommerfrischen nicht so hoch, um desinfizierend Avirken zu können.

Da täglich tausende von Bakterien unsere Verdanungsorgane passieren, so fragt es sich, ob deren Säftezusammensetzung für eine natürliche Desinfektion genügt. Der Mundspeichel und der Pankreassaft reagieren schwach alkalisch und können die Bakterien nicht schädigen, der letztere ist sogar infolge seines Eiweissgehaltes ein guter Nährboden. Hemmend Avirkt zAvar die Gallensäure, aber nur die freie Säure (2 S^^/oo), des Magensafts vermag Bakterien abzutöten, freilich nur die sporenfreien Zellen und auch diese nicht präcis. Normaler Magensaft vernichtete im Keagenzglas in ^2 Stunde die Bakterien der Cholera, des Typhus und des Kotzes, Eiterkokken und die sporenfreien Stäbchen des Milzbrand und Tetanus. Sporen gehen nngeschädigt durch den Magen, denn es bedarf einer sechsstündigen Wirkung einer 2 Salz- säure, um z. B. Milzbrandsporen vollkommen abzutöten. Der sclnvache

6*'

84

Salzsäureofelialt (0,2 des Magensaftes Avürde dazu selbst bei tagelanger Behandlung nicht ausreichen, und auch als Schutz gegen si)orenfreie Bakterien ist er nicht von der Bedeutung, wie obige Angaben veianuten lassen, da an Versuchstiere mit der Nahrung verfütterte Bakterien (Bac. pyocyaneus, Milzbrandblut, tuberkulöses Material) im Magen selbst nach 6—8 Stunden nicht gänzlich vernichtet wurden.

Eine chemische Desinfektion erkrankter Körperteile ist unmöglich, da die den Bakterien allein zugedachte Schädigung durch Chemikalien unfehlbar auch die Zellen des Körpers trifft. Auch Wunden, in denen sich Bakterien eingenistet haben, können durch chemische Desinfektion nicht gereinigt Averden, eine Antisepsis, eine Vernichtung der Bakterien in der AVunde ist unmöglich. Man muss vielmehr, Avenn eine ope- rative Keinigung der AVunde nicht möglich ist, dem Körper selbst den Kampf gegen die Eindringlinge überlassen und kann ihn hierin nur durch Asepsis, d. h. Reinlichkeit unterstützen. Die Asepsis beschränkt sich auf die Behandlung der AAAinden mit keimfrei gemachten, sterili- sierten Instrumenten und A^erbandstoffen, ohne gleichzeitige Anwendung bakterientötender Chemikalien. Die Asepsis genügt auch, um frische, noch nicht mit Bakterien infizierte AA^unden, z. B. Opera tionsAvunden bakterienfrei zu erhalten und zu heilen.

AVorauf die tötliche AVirkung eines Desinfektionsmittels beruht, entzieht sich meistens unserer Kenntnis. ScliAvere Metallsalze (Sublimat, Höllenstein) sind Fällungsmittel für EiAveisskörper und werden Avohl da- durch das Leben zerstören, dass sie aus dem hochzusammengesetzten Protoplasma einzelne Körper ausfällen. Andere Stoffe, Avie Alkalien und Säuren können auch durch eine teihveise Herauslösung von EiAveisskörpern die Struktur des Protoplasmas A^ernichten. Schon der Umschlag in der chemischen Reaktion könnte zur Ausfällung Amn Protoplasmabestandteilen führen. In den meisten Fällen freilich vermag man keine Erklärung zu geben, weil die das Leben bedingende Struktur des Protoplasmas selbst noch ganz unbekannt ist.

X.

Die Bakterien und der Kreislauf des Stickstoffes.

1. Eiuleitiiufif ; die Assiiiiilatiou des freien Stickstoffes in den

Knöllchen der Leguminosen und durch Bodenhakterien.

Abgesehen von einigen bereits geschilderten Wirkungen der Bak- terien, wie Farbstoff- und Lichtentwickhmg, dem sonderbaren Stoffwechsel der Schwefel- und Eisenbakterien, umfasst ihre Thätigkeit in der Natur drei grosse Gebiete:

1. Den Kreislauf des Stickstoffes in den Prozessen der Fäulnis und Verwesung, der Nitrifikation oder Salpeterbildiing, der Assimilation des atmosphärischen Stickstoffes.

2. Den Kreislauf der Kohlensäure unter den Erscheinungen der Gärung von Kohlehydraten und anderen stickstofffreien Pro- dukten des Tier- und Pfianzenkörpers.

3. Die Krankheitserregung in anderen Organismen, besonders beim Menschen und den warmblütigen Tieren.

Den Organismen, Tieren und Pflanzen, stehen in der Natur fünf Stickstoffqnellen offen: 1. der freie Stickstoff der Luft, die davon un- gefähr 79 Volumprozent enthält, 2. die salpetersauren Salze des Bodens und geringe Mengen salpetriger Säure, die bei Gewitter in der Luft sich bilden, 3. der Stickstoff' des Ammoniaks, das in sehr geringen Mengen in der Luft vorkommt und bei Fäulnis und Verwesung der Organismen stets reichlich entsteht, 4. der Stickstoff in den Exkrementen der Tiere, ge- bunden an eine grosse Eeihe mannigfacher organischer Verbindungen herab bis zu Ammoniak, 5. der Stickstoff in den Leibern der Tiere und Pflanzen.

Da alle Tiere ihren Stickstoff bedarf entweder unmittelbar als Pflanzen- fresser von den Pflanzen beziehen oder ihn erst auf dem Umwege durch andere Tiere sich aneignen, so sind für sie die unter 1 3 genannten Stickstoffquellen bedeutungslos. Den Pflanzen dagegen schien er allein in

86

einer dieser Formen zugänglich zu sein. Die Pflanzeni)hysiologie kam zu der Ansicht, dass die Pflanze in der freien Natur nur den Salpeterstickstolf des Bodens anfnimmt und mit ihm ihren ganzen Bedarf deckt. Der Stick- stoff der Ammoniaksalze vermag wolil im Experiment eine grüne Pflanze vollständig zu ernähren, seihst gasförmiges Ammoniak wird l)ei geeigneter Versnchsanstellung aufgenommen die natürliche Stickstoflfluelle für die Vegetation bildet aber das Ammoniak nicht. Der atmosphärische Stickstoff' endlich, dieses grosse Stickstoffmagazin der Natur, schien den Pflanzen gänzlich verschlossen zu sein.

Erst die genauere Erforschung der Hülsenfrüchte oder Leguminosen, deren Fähigkeit, auf einem anerkannt stickstoffarmen Boden auch ohne besondere Stickstoffdüngung vortrefflich zu gedeihen, schon lange bekannt war. stellte den Anteil fest, den der atmosphärische Stickstoff an der Ernährung der Pflanzen, besonders unserer Kulturpflanzen hat. Der Stick- stoff^ den die Leguminosen als Stickst off mehr er oder Stick- st offs am ml er dem Ackerboden znführeu, besonders wenn sie als Gründung nntergepflügt werden, stammt aus der Atmosphäre. Alle anderen Pflanzen, alle Hack-, Halm- und Oelfrüchte der Kultur dagegen sind Stick- stoflzehrer, sie entziehen dem Ackerboden Stickstoff, da sie nur denjenigen des Salpeters, nicht den der Luft zu assimilieren vermögen. Die beiden Pflanzengruppen unterscheiden sich auch wesentlich durch ihren Stick- stoffgehalt, z. B. enthält der Same der Lupine 5,7 der des stickstotf- zehrenden Weizens nur 2,1 %, das Stroh der ersteren 0,94, das des letz- teren nur 0,5% Stickstoff. Bei einem Versuch mit Erbsen, deren Samen 16 Milligramm N enthielten, erwuchs eine Ernte mit 499 Milligramm N, der Stickstoff von 4 Kilo Boden stieg von 22 Milligramm auf 57 Milli- gramm — ein Gesamtgewinn von 518 Milligramm. In die grosse Praxis übertragen, giebt das ganz ansehnliche Zahlen ; so schätzt man den jähr- lichen Gewinn für 1 Hektar Lupinen auf 227 Kilogramm Stickstoff. Durch kosmisch-chemische Bindung des Luftstickstoffes, der bei Gewittern in geringen Mengen zu salpetriger Säure und Salpetersäure ox}Miert wird, würde ein Hektar Boden jährlich nur 0,09 1,8 Kilogramm Stickstolf zu- geführt bekommen. Nur aus dem reichen Stickstoffvorrat der Atmosphäre, können demnach die Stickstoff'sammler schöpfen.

Da alle anderen Kulturpflanzen dazu nicht befähigt sind, auch der weisse Senf nicht, so scheint auf den ersten Blick eine höchst sonder- bare Fähigkeit der Leguminosen, denen sich vielleicht noch die Erle und Elaeagnus mit ihren Wurzelknöllchen anreihen, vorzuliegen. Freilich würde man fehlgehen, wenn man diese Eigentümlichkeit darin suchen wollte, dass die Leguminosen selbst den Stickstoff der Luft assimilieren. Ihm gegenüber verhält sich die Leguminose selbst nicht anders wie jede andere Pflanze, erst durch eine Vereinigung mit Bakterien, die in den sog. W u r z e 1 k n ö 1 1 c h en reichlich sich entwickeln, werden die Legumi- nosen zu den Stickstoffmehrern der Landwirtschaft. Die Knöllchen entstehen an den Wurzeln wenige Wochen alter Keimpflanzen als winzige, weisslich oder rosa gefärbte Knötchen, die bald sich vergrössern und je nach der Leguminose deren Wurzeln mehr oder weniger stark verun- stalten (Fig. 19 a u.i), sodass es aussieht, als ob sie mit Pilzgallen be- setzt wären. Zunächst sind die Knöllchen prall und fest, sobald aber die Pflanzen üppiger ins Kraut schiessen und Früchte ansetzen, werden sie runzelig, schrumpfen mehr und mehr, bis sie endlich bei der Samen- reife brüchig und rissig werden. Mit dem im Ackerboden zurückbleibenden

87

AVurzelwerk der Leguminose verwesen auch die vertrockneten Knöllchen- reste.

Die Knöllchen sitzen entweder der Wurzel seitlich an und sind mit ihrem Gefässbündel durch ein kleines Zweigbündelchen verbunden oder der A\'urzelkörper selbst schwillt stellenweise knollig auf. In beiden Fällen stehen die bakterienhaltigen Zellen der Knöllchen mit den Stoffwaiiderungs- bahnen der Leguminose in engster Verbindung (Fig. 19 i). Auf dem Quer- schnitt durch ein jüngeres, noch pralles Knöllchen, das beim Drücken einen milchig trüben Saft abgiebt, fallen grosse, dicht mit feinstricheligem Inhalt erfüllte Zellen auf, die nach früherem Gebrauch auch heute noch als das Bakteroidengewebe bezeichnet werden (Fig. 19 6 bei ii\ 19c).

Fig. 19. Wurzelknöllchen der Leguminosen.

a Wurzelk nöllchen der Lupine in natürlicher Grösse (nach Woronin). h Längsschnitt durch eine LupinenAvurzel mit Knöllchen; g das Wurzel- gefdssbündel , von dem aus nach allen Teilen des Knöllchens und seinen bakterienreichen Zell- gruppen (w) feine Aestchen abgehen (starke Lupenvergrösserung, nach Woro7u'n). c Eine Zelle eines Lupinenknöllchens , vollgestopft mit Bak- terien (schwarz) , zwischen denen ein zarteres Gerüst des Protoplasmas der Lupinenzelle sicht- bar ist. An den Zellkanten Intercellularräume (weiss). Nach einem TMikrotomschnitt (Fixierung mit Fle^nmingscher Lösung. Färbung nach Gram), d Knöllchenbakterien der Lupine , noch unver- ändert. e u. / Bakteroiden von Vicia villosa und Lupinus albus (nach Morde). Vergr. c 600, d—f circa 1500.

Oft sind über den Querschnitt der Knöllchen mehrere Nester solcher Zellen verstreut, oft schliessen sie sich zu grösseren Verbänden zusammen. Die Zellen, die weiter nichts sind wie vergrösserte, aufgeschwollene Zellen der Leguminosenwurzel, sind vollgestopft mit zarten, schlanken Stäbchen fFig. 19 r/), deren Natur verschieden gedeutet wurde. Der erste Beob- achter (Woronin 1866) hielt sie für bakterienähnliche Teile eines in den Knöllchen schmarotzenden Pilzes, später deutete man sie für leb- lose krystallähnliche Ablagerungen von Eiweiss und nannte sie wegen ihrer Bakterienähnlichkeit Bakteroiden. War dieses richtig, so waren die Knöllchen keine krankhaften Gebilde, sondern besondere Organe der Leguminose, gewissermaassen EiweisskartÖffelchen, in denen die mit Stick- stoff der Luft erzeugten Eiweisskörper als Bakteroiden abgelagert wurden. Jetzt ist sicher erwiesen, dass lebende Bakterien die trüben Knöllchen- zellen erfüllen (Fig. 19c f). Aber nur in jüngeren Knöllchen sind diese Bakterien schlank und gesund, mit Anilinfarben gleichmässig färbbar, wie andere Bakteiien. Sehr bald aber nehmen sie Missgestalten aller Art an, bald an ein lateinisches Y erinnernd, also unregelmässig dreiarmig, bald spindelförmig angeschwollen, bald zu unregelmässig stumpfkantigen, breit

88

ovalen Körperchen aufgebläht. Diese verunstalteten Bakterien allein nennt man jetzt noch Bakteroiden (Fig. 19 c, /■), sie sind sog. Involutions- forinen, die lebende Bakterien aller Art unter ungünstigen Verhältnissen bilden, z. B. die Essigsäurebakterien bei einem gewissen Gehalt der Lösung au Essigsäure, die Diphtherie- und Tuberkelbazillen in älteren Kulturen u. s. w. (p.25). Neben der äusseren Verunstaltung geht auch eine Ab- nahme des Inhalts einher, oft bleiben nur ein oder wenige färbbare Körnchen zurück, oft scheint es, als ob nur noch eine entleerte Haut sich mit Anilinfarbe schwach färbte. Kurz die Umwandlung der Bakterien in Bakteroiden ist ein Zeichen ihres Absterbens und ihrer Verarbeitung durch die Leguminose, die kräftiger zu wachsen beginnt, sobald die Bakteroiden erscheinen. Bei der Samenreife enthalten die zusammen- gesimkenen entleerten Knöllchen neben zahlreichen Trümmern von Bak- teroiden auch noch eine Anzahl intakter gesunder Stäbchen, die als Saat- material für das nächste Jahr in den Ackerboden übergehen.

In allen Knöllchen aller Leguminosen ( Papilionaceen, Mimosaceen. C'aes- alpiniaceen) sind Bakterien und Bakteroiden beobachtet Avorden, Knöllchen ohne Bakterien giebt es nicht. Da nun weiter knöllchenfreie Leguminosen keinen Stickstoff sammeln, sondern ihre Stickstoff bilanz der anderer Pflanzen gleicht, so ergiebt sich, dass die Bakterien die eigentlichen Stick- stoffsammler sein müssen. Durch die bahnbrechenden Untersuchungen von Hellriegel und Wileahrt die auch unzweifelhaft nachwiesen, dass der Stickstoff der Atmosphäre von den knöllchentragenden Legumi- nosen aufgesammelt wird, wurde die obige Anschauung, die lange schon in der Luft schwebte, fest begründet. Es galt Leguminosen in sterilisierter Erde und bei steriler Aussaat knöllchenfrei zu ziehen, also während der einige Monate langen Kultur gegen Bakterieneinwanderung zu schützen; es galt ferner zu zeigen, dass auch ohne Stickstoffdüngung die Legumi- nosen üppig gedeihen und Stickstoff speichern, wenn sie nur Bakterien zur Knöllchenbildung in der Erde vorfinden oder mit einer Aufschwemmung von Erde, auf der schon Leguminosen gewachsen Avaren, geimpft Averden. Endlich musste der Gegensatz gegen einen Stickstoffzehrer (Hafer) scharf hervortreten. Aus den mühevollen Experimenten Hellriegels und Wil- FAHRTs seien folgende zusammengestellt:

Stickstoffgebalt

des

Samens und Bodens.

Stickstoff der Ernte.

Stickstoffljilanz der Ernte.

I. Mcht sterilisiert, nicht geimpft.

a) Ohne besondere Stickstoff- düng' u n g.

Hafer

Erl)se

0.027 g 0,041

0,007 g 1,283

0,020 g

+ 1,242 ;

b) M i t Salpeter- sanreni Kalk ge- düngt (N = 0,112 g).

Hafer

Erbse

0,139 0,153

0,09 0,700

- 0,049 0,547

89

Stickstoffgellalt

des

Samens und Bodens.

Stickstoff der Ernte.

Stickstoffbilanz der Ernte.

n. Geimpft mit Erdaiif- scliwemmuujr , nicht sterilisiert.

a) 0 li 11 e besondere Stickstoff- d ü u ,o- 11 n g-,

Hafer

Erbse

0,027 g 0,038

0,007 g 0,459

- 0,020 g

+ 0,421

b) M i t K a 1 k s a 1 p e t e r (N == 0,112).

Hafer

Erbse

0,139 0,150

0,088 ,. 0,220

, ^ 0,051 + 0,070

HI. Geimpft und dann sterilisiert.

a) Ohne besondere N - D ü n g- 11 11 g.

Erbse

0,038

0,015

- 0,023

b) Mit N - D ü 11 g u n g (N = 0,112).

Erbse

0,045

0,014

0,031

Zu der Tabelle dürften nur wenige Bemerkungen nötig sein. Wie der Hafer verhält sich die Erbse nur dann, wenn sie steril, ohne Knöllchen kultiviert wird (III), während sie sonst, schöne Knöllchen tragend, at- mosphärischen Stickstolf sammelt, gleichviel ob der Boden noch besonders mit Stickstoff gedüngt war, wodurch der Hafer viel stickstoffreicher wird (Ib, Hb), während die Leguminose damit nichts anzufangen weiss fllla u. b). Vorteilhaft wirkt dagegen auch auf sie jede Düngung, die dem Boden andere unentbehrliche Nährstoffe zuführt, so besonders mit Kaliphosphat. Eine Impfung mit Boden ist beim Hafer, der wie alle Halmfrüchte keine Knöllchen trägt, ganz erfolglos (II).

Es erwuchs nun die neue Aufgabe, die Knöll eben bakteriell rein zu kultivieren und ihr Verhalten zum atmosphärischen Stickstoff zu prüfen. Das erste gelingt leicht in einer Abkochung von Leguminosenkraut, der 7^ ^/o Asparagin und 2% Zucker zugesetzt werden. Hier wachsen aus Knöllchen steril übergeimpfte Bakterien recht gut, anfangs vom Stickstoff des Asparagins zehrend, als schlanke dünne, auch bewegliche, aerobe Stäbchen, die auch zur Bakteroidenbildung neigen. Nach zwei Monaten ergab sich pro Liter Kultur ein Stickstoffgewinn von 9 18 Milligramm, der nur aus der At- mosphäre stammen konnte (Beyekinck); bessere Ausbeute bei geringer Abänderung der Kultur erhielt Maze, in 15 Tagen eine Zunalinie um 47,5 Milligramm, in einem anderen Falle in 18 Tagen 23,4 Milligramm atmosphärischen Stickstoff. Wenn auch Aveitere Untersuchungen noch er- wünscht sind, so ist es doch zweifellos erwiesen, dass die rein kultivierten Knöllchenbakterien den freien Stickstoff der Luft assimilieren.'“)

In den Reinkulturen aus verschiedenen Leguminosen sehen die Bak- terien alle ganz gleich aus und wachsen auch auf Gelatine, die nicht

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verflüssigt wird, ohne auffällige Unterschiede. Auch in den Knöllchen der verschiedenen Hülsenfrüchte haben die Bakterien die gleiche Form und selbst die Bakteroiden geben keine durchgreifenden Unterschiede, was von Involutionsfornien auch kaum zu erwarten ist. 8o schien es, als ob alle Leguminosenknöllchen von derselben Spezies bewohnt würden. Sie erhielt den Namen Bacillus radicicola Beyerinck (Rhizobium Leguminosarum B. Frank).

Begiesst man sterile Kulturen beliebiger Leguminosen, z. B. von Klee, Erbse und AVicke mit einer Aufschwemmung von Bakterien, die aus Erbsenknöllchen rein kultiviert worden sind, so entstehen zwar an der Erbse zahlreiche Knöllchen, ebenso an der Wicke, dagegen nur wenige oder selbst gar keine am Klee, der infolgedessen auch schlechter gedeiht. Umgekehrt waren Kleebakterien fast wirkungslos auf AA^icke und Erbse. Nobbe und Hiltner'^-), die solche A^ersuche mit freilich noch nicht ganz widerspruchslosem Erfolg angestellt haben, sind der Ansicht, dass Knöllchen- bakterien sich nur zwischen den Angehörigen der natürlichen G-ruppen der Papilionaceen austauschen lassen, z. B. von Klee auf andere Trifolieen, wie Luzerne und Steinklee, aber nicht auf Phaseoleen (Phaseolus, Lupinusj und A^icieen (Vicia, Ervum, Pisum), umgekehrt von den letzteren nicht auf die Trifolieen. Es würden demnach Kulturrassen einer Bakterieuart (Bacillus radicicola) vorliegen, die allmählich, ungeahnt von der Land- wirtschaft, durch die Legumiuosenkultur herangezüchtet worden sind, ver- gleichbar den Heferassen der Gärungsgewerbe oder auch vergleichbar den von Eriksson erkannten Rassen des Getreiderostes (Puccinia graminis).

Nobbe und Hiltner haben ihre, weitere Prüfung noch verlangende Theorie auch bereits für den Pflanzenbau nützlich zu machen versucht durch Einführung des Nit rag ins, dessen Herstellung und A^erkauf die Höchster Farbwerke übernommen haben. Zur Zeit werden 8 verschiedene Nitragine für Erbse, Bohne, Lupine etc. empfohlen. Das Nitragin ist eine Rein- kultur von Knöllchenbakterien auf Nährgelatine, gewissermaassen ein Düngemittel aus lebenden Organismen, das entweder dem Saatgut bei- gemengt oder mit Erde verarbeitet auf dem Acker ausgestreut wird. Es soll besonders den Anbau der Leguminosen auf jungfräulichem, schlechtem Boden, z. B. in der Moorkultur, erleichtern oder dort angewendet werden, wo viele Jahre hindurch keine Leguminosen gebaut worden sind und deshalb eine A^erarmung des Bodens an Knöllchenbakterien anzunehmen ist. Die Erfolge in der Praxis sind wohl noch ungleiche und oft schwer zu beurteilende, sodass man sich nicht wundern darf, wenn der Eine die Wirksamkeit des Nitragins in den Himmel hebt, der Andere verächtlich verneint. Statt des Nitragins wird auch eine Impfung mit „Leguminosen- boden“ erfolgreich angewendet.

Das merkwürdige Verhältnis zwischen den Leguminosen und den Knöllchenbakterien wird gewöhnlich als eine S3nnbiose aufgefasst, als ein Zusammenleben, von dem beide Teile A^orteil haben, ähnlich wie Alge und Pilz zum Flechtenkörper sich vereinigen sollen. Dieser besteht be- kanntlich aus farblosen, zu dichtem Filzwerk verflochtenen Fäden eines Pilzes und dazwischenliegenden grün, blaugrün oder braun gefärbten Zellen einer Alge (Fig. 20). Diese soll dem metatrophen Pilz die nötige organische Nahrung bereiten und dafür von ihm durch eine Gegenleistung entschädigt werden , nämlich durch Y ersorgung mit AVasser und mineralischer Nahrung und durch allgemeinen Schutz. So sagen wenigstens diejenigen, die dem symbiosefrolien Zuge unserer Zeit folgend auch den Flechtenkörper als eine S}mibiose auffassen. Nun

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können aber die Algen, auch die in die Flechte eingesperrten, ganz selbständig leben, Wasser und Mineralstoffe aufnehmen, sie bedürfen dazu des Pilzes nicht und empfangen sie von ihm auch gar nicht in dem leicht mit Wasser sich vollsaugenden Flechtenkörper. Schutz finden sie hier auch kaum, denn die Pilzfäden umschlingen die Algen von allen Seiten (Fig. 20^), senden auch kurze Saugfortsätze in sie hinein, kurz

Fig 20. Parasitismus der Flechten, a Durch- schnitt durch den Thallus von Xanthoria parietina (nach Schwendener). b Algenzellen von den feinen Fäden des Flechtenpilzes umsponnen, von Cladotlia furcata (nach Bornet). Die grünen Algenzellen schwarz punktiert. Vergr. a 500, h 950.

verhalten sich wie Parasiten, die auf den. Algen leben Wenn der Pilz mit seinem weitläufigen Mycelium auf der kleinen Alge schmarotzen will, so kann er natürlich nicht hineinkriechen, wie der Bandwurm in den Menschen, sondern er muss sie umschlingen und umwickeln und ihr in seinem Mycelgeflecht (Flechtenthallus) ein luft- und lichtreiches Plätz- chen gewähren. So erklärt sich die absonderliche Erscheinung sehr ein- fach, der parasitische Pilz umschliesst seinen Wirt, die kleine Alge, und bildet so den Flechtenkörper.

Ein ähnlicher, zunächst sehr paradox erscheinender Parasitismus begegnet uns auch zwischen Leguminose und Knöllchenbakterien, die

Fig. 21. Einwanderung der Bakterien in die Leguminosenwurzel, a Eine Zelle aus der Wurzelrinde der Erbse mit Zellkern und sog. Infektionsschlauche, einem breiten Strom einer dicht gedrängten Bakterienzoogloea, die durch die Zellwände sich hindurchschiebt (nach Praz- moiüshi). h Ende eines Wurzelhaares der Erbse, an dessen Spitze einige kleine Erdteilchen (rechts) kleben und Bakterien (links) sich angesammelt haben. Im Innern der Spitze dichtes Protoplasma untermengt mit Bakterien, die als fädige Zoo- gloea (Infektionsfaden) in dem Haar empor- wandern (nach B. Frank). Vergr. a 650, b 175.

Leguminose schmarotzt auf den Bakterien. Um diese Ansicht uns zu- gänglicher zu machen, wollen wir die Entwicklung der Knöllchen näher verfolgen. Die feinen Wurzelhärchen einer jungen, noch knöllchen- freien Leguminosenpflanze schieben und drängen sich überall zwischen die Bodenteilchen ein, um hier Wasser und mineralische Salze auf- zunehmen, ja sie sclieiden sogar besondere Stoffe aus, um die Erd-

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teilclien, mit denen sie dicht verkleben, zu lösen. So wird schon die unverletzte Oberfläche der Wurzeln chemotaktisch wirkende Stoffe vielfach absondern. Dazu kommen noch zahlreiche verletzte Wurzelhaare oder andere leichte AV linden der Wurzel, die anlockend auf Knöllchenbakterien wirken werden, wenn diese in den wassererfüllten Räumchen zwischen den Boden- teilchen herumschwärmen. Wovon hier die Bakterien leben, bedarf noch weiterer Untersuchung-, denn sie müssten hier natürlich mit bescheideneren Kohlenstoff- und Stickstoffquellen vorlieb nehmen als in der Reinkultur mit Asparagin und Zucker. Gerade solche Stoffe, besonders das chemo- taktisch sehr wirksame Asparagin ist in den Keimpflanzen der Legumi- nosen stets reichlich enthalten und wird bei jeder Verletzung der AVurzel hervortreten. So könnte ihm wirklich die' Rolle des Anlockungsstoffes für die Knöllchenbakterien zufallen, die in ein aufgerissenes AVurzelhaar genau so einschwärmen würden, wie in eine mit Asparagin gefüllte Kapillare (Fig. 21 h). Ja es scheint sogar, als ob die Leguminosen durch Auflockerung der Zellwände an manchen AVurzelhaaren u. s. w. die An- lockung der Bakterien vorbereiteten. Sicher ist, dass sie chemotaktisch angelockt werden und nun, sobald sie unter die besseren Ernährungs- bedingungen gekommen sind, sich reichlich vermehren. *In dichtgedrängten Zügen dringen sie von der Oberfläche der Wurzel in deren Innei’es vor, wobei ihnen wiederum die Leguminose den Weg zu ebnen scheint da- durch, dass sie die schwer durchdringbaren Zellwände etwas auflockert. Als sog. I n f e k t i 0 n s s c h 1 a u c h (Fig. 21 a u. b) setzen sich die breiten Strassen der Bakterienzoogloea in das Innere der Wurzel von Zelle zu Zelle fort. Jetzt beginnt auch eine sichtbare Reaktion der Leguminose. Sie erweitert viele ihrer AVurzelzellen, schafft aus dem oberirdischen Kraut Kohlehydrate und Asparagin reichlich , herbei und bereitet so eine mit Nährstoffen vollgestopfte Brutstätte für die Bakterien, äusserlich sichtbar an den jetzt rasch sich entwickelnden Knöllchen.

In ihnen legt sich die Leguminose geradezu eine Bakterienkultur an. Hier vermehren sich die Bakterien zunächst auf Kosten der Leguminose. Bald fangen sie aber an, selbständig zu arbeiten und den Stickstoff der Luff zu assimilieren, während ihr Kohlenstoffbedarf wohl während des ganzen Sommers durch die anfangs reichlich zugeführte Stärke, die allmählich, vielleicht von der Leguminose selbst, verzuckert wird, gedeckt werden muss. Jetzt ist das Knöllchen in voller Thätigkeit, die Luft umspült in kleinen Intercellularräumchen^^^) die bakterienreichen Zellen (Fig. 19 c), in denen der Stickstoff festgehalten wird. Bald entstehen die ersten Bakteroiden und damit beginnt die Aufzehrung der eiweissreichen Bakterien durch ihren Parasit, die Leguminose, die allmählich den Stickstoff der Knöllchen, die bei blühenden Lupinen 5,2 "/o davon enthalten, in die Samen überführt. Dadurch sinkt der Stickstoffgehalt der Knöllchen bei der Samenreife auf 1,7 während die knöllchenfreien Teile der AVurzeln immer unge- fähr ebensoviel, l,6^/o enthalten. Ob die Leguminose zur Lösung der Knöllchenbakterien ein peptonisierendes Enzym absondert, bedarf noch weiterer Untersuchung, ist aber sehr wahrscheinlich. Nur ein kleiner Teil der Bakterien geht unversehrt in den Ackerboden über, die Haupt- masse wird von der Leguminose buchstäblich aufgefressen ; Symbiose liegt liier »nicht vor. Denn das Asparagin und die Kohlehydrate, die von der Leguminose den angelockten Bakterien geboten werden, sind doch nur ein heimtückisch gespendetes Darlehn, das später mit AVucher als kost- barer Stickstoff zurückgefordert wird. So erscheint wohl die Ansicht, dass die Leguminose der Parasit der Knöllchenbakterien ist, nicht mehr

verdreht. Sie muss den viel kleineren Wirt gerade so in sich einschliessen, wie der Pilz die Alge im Flechtenkörper. Während im letzteren Falle ein voller Parasitismns vorliegt, sind die Leguminosen nur H a 1 b p a r a s i t e n , nur in ihrem Stickstolfbedarf, den sie weder aus der Atmosphäre noch ans dem Salpeter des Bodens zu decken vermögen (p. 88, 89 Tab. III). Für die Assimilation der Kohlensäure und für die Aufnahme der mineralischen Nahrung sorgen die Leguminosen selbst. Sie schliessen sich hierin anderen grünen Halbparasiten, wie Thesium, Rhinanthaceen etc. an, von denen nur noch nicht bekannt ist, welche Nährstoffe sie ihren Wirtspflanzen, mit deren Wurzeln ihre Wurzeln verwachsen, entziehen.

Da in jedem mit Leguminosen bebauten Acker, ja fast in jedem Boden Knöllchenbakterien vorhanden sind, so war, noch zu versuchen, sie direkt aus dem Boden rein zu kultivieren. Auch ist, wie schon er- wähnt, noch nicht bekannt, ob die Knöllchenbakterien frei im Boden leben und sich vermehren können oder ob sie hier nur in Vegetations- ruhe (Sporen noch unbekannt) liegen, bis sie durch die Wurzeln der Leguminosen von neuem belebt werden.

Die Isolierung der Knöllchenbakterien aus Ackerboden ist noch nicht gelungen, dagegen hat Winogeadsky eine andere Bodenbakterie aufge- funden, die den atmosphären Stickstoff assimiliert.'^^) Sie wird als Clostridium Paste urianum bezeichnet und gehört zu den Butter- säurebakterien. Ihre Reinkultur gelang in einer Nährlösung, die ausser mineralischen Salzen, natürlich mit Ausschluss von Stickstoffverbindungen, nur Zucker, als Kohlenstoffquelle, enthielt. Dieser wird in Buttersäure und Essigsäure, Kohlensäure, Wasserstoff und einige nicht bestimmte Nebenprodukte vergoren und gleichzeitig wird Stickstoff gebunden, um so stärker, je mehr Zucker da war, d. h. um so energischer die Gärung verlief Zum Beispiel :

Dextrosegehalt der Nährlösung.

Stickstoff der

Stickstoff der Ernte

Gramm

Nährlösung.

in Milligramm.

1

0

3.0

2

0

2,9

3

0

8,1

6

0

i2;8

Der Stickstoff wird möglicherweise durch naszierenden Wasserstoff gebunden, sodass als erstes Assimilationsprodukt Ammoniak entstehen würde. Die i’ein kultivierte Bakterie war ein kräftiger, anaerober, in schleimigen Massen wachsender, lebhaft beweglicher Bacillus, der sich von den dünnen und^ schlanken Knöllchenbakterien wesentlich unterscheidet. Er bildet in spindelig augeschwollenen Stäbchen (daher Clostridium), Si)oren und giebt auch, wie andere Buttersäurebakterien, mit Jod die Granulosefärbung.

Unter welchen Bedingungen das Clostridium Pasteurianum in der freien Natur sich entwickelt, von welcher Kohlenstoffquelle es besonders im Ackerboden zehrt, bedarf noch weiterer Untersuchung. Sollte es Zucker notwendig als gärungsfähige Substanz verlangen, so würde es wohl niclit in ungedüngtem Boden leben, aber überall dort gedeihen können, wo Gärungs- und Fäulnisprozesse in buntem Durcheinander sich abspielen. Ob auch die anderen, später zu schildernden Butter- säurebakterien den atmosphärischen Stickstoff assimilieren, ist un-

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bekannt. Gewiss darf aber angenommen werden, dass noch andere, viel- leicht ganz prototrophe Bodenbakterien diese Fähigkeit besitzen werden.

Besonders wird man dem Walde, der ja nie gedüngt wird und doch jedes Jahr ungeheure Mengen von Stickstoff in organischer Substanz festlegt, seine Aufmerksa'mkeit zu schenken haben, im Waldboden nach Bakterien suchen müssen, die den Luftstickstoff' assimilieren. Freilich mit der nötigen Kritik, da der in landwirtschaftlichen Kreisen auftauchende Gedanke, dass alle Bodenbakterien Stickstoff' binden, keine Berechtigung hat. Grüne und blaugrüne Algen, denen man früher diese Eigenschaft zuschrieb, be- sitzen sie nach neueren Untersuchungen nicht. Dass Schimmelpilze freien Stickstoff binden, wird zwar behauptet, ist aber noch nicht unter Berücksichtigung aller Fehlerquellen erwiesen. Vielleicht wird einst das Nitragin durch Reinkulturen frei im Boden lebender, Stickstoff' bindender Bakterien ersetzt, die man gewissermaassen als Zwischensaat zwischen stickstoffzehrende Kulturgewächse verwenden könnte.

XI.

Die Bakterien und der Kreislauf des Stickstoffes.

2. Die Entbindung und Mineralisierung des organischen Stickstoffes

durch Fäulnis und Nitrifikation.

Wenn der Stickstoff einmal von den Pflanzen in ihre Körpersub- stanz aufgenoininen und in Eiweisskörpern, giftigen und ungiftigen Pflanzenstoffen aller Art (z. B. Alkaloiden), dem Chlorophyll und anderen Farbstoffen (z. B. Indigo) chemisch gebunden worden ist, dann wird er erst wieder durch den Tod der Pflanze, durch Fäulnis und Verwesung zu neuem Kreislauf befähigt: denn die Pflanze scheidet während ihres Lebens Stickstoff in keiner Form aus ihrem Körper aus und kann lebend nur Parasiten und Pflanzenfressern als Stickstotfquelle dienen.

Im Tierkörper ist der Stickstoff vorwiegend an Eiweisskörper im weitesten Sinne und an ihre Derivate, die sogenannten Albuminoide, wie Mucin (Schleimj, Glutin (Leim), Keratin (Horn), Elastin (elastische Substanz) gebunden, ferner an die hochzusammengesetzten Stoffe, wie Hämoglobin, Nuclein, Chitin, Lecithin und viele andere. Aus allen diesen Verbin- dungen wird der Stickstoff schliesslich erst nach dem Tode des Tieres durch Fäulnis und Verwesung in einfachere chemische Körper zurück- geführt. Dazu kommt allerdings, dass die Tiere sowohl in Sekreten, wie der Milch, als auch in ihren Exkrementen, im Harn und Kot eine Keihe stickstotthaltiger Verbindungen regelmässig abgeben. Dieser Stickstoff“ der Exkremente, bereichert durch den Stickstoff der Stallstreu, ist es ja, der dem Dünger unserer Zuchttiere seinen hohen Wert verleiht. In frischem Stalldünger hat aber der Stickstoff noch nicht jene Form, in der er Avieder als Pflanzennahrung dienen kann.

Im Harn der Pflanzenfresser ist er vorwiegend als Hippursäure, im menschlichen Harn als Harnstoff neben Harnsäure und einigen andern Harnkörpern vorhanden. In den Exkrementen Anden sich neben EiAveiss- resten der unverdauten Nahrung zahlreiche stickstoffhaltige Produkte einer im Darm schon beginnenden, durch Bakterien hervorgerufenen Fäul- nis der Verdauungsrückstände, wie Indol, Skatol, Leucin, Tyrosin herab bis zu Ammoniak. Keine dieser Verbindungen, selbst das Ammoniak

9B

nicht, ist geeignet, den grünen Pflanzen, durch die doch aller Kreis- lauf des Stickstolfes sich liindurchbewegt, als Nahrung zu dienen. Erst durch die Fäulnis wird aller Stickstolf aus dem organischen Molekel entbunden, erst durch die Nitrifikation wird er wieder mineralisiert und als Salpeterstickstoff der Pflanze zugänglich.

Nur wenn alle Bedingungen für die Entwicklung lebender Wesen erfüllt sind, tritt Fäulnis ein, sie ist ein biochemischer Prozess. Sinkt die Tempe- ratur unter eine gewisse Grenze, so faulen Kadaver überhaupt nicht, wie der überraschende Fund vollkommen wohlerhaltener Mammutleichen im grossen Eisschranke der Natur, im nördlichen Sibirien, zeigt. Ihr Fleich war noch so wenig verändert, dass es von Hunden gefressen wurde und doch hatte es unberechenbare Tausende von Jahren gelegen. Wird ein an- derer Faktor des Lebens, das Wasser ferngehalten, so unterbleibt die Fäulnis ebenfalls, trockenes Fleisch fault nicht. Trockenheit und niedere Temperatur verhindern oft zusammen die Fäulnis, so in Kirchen krypten. wo unbalsamierte Leichname aus früheren Jahrhunderten dem staunenden Besucher wohlerhalten gezeigt werden. Weitere Mittel, die Fäulnis zu verhindern, bietet die bereits besprochene chemiche und ph}^sikalische Des- infektion, der ersteren bedient man sich zur Balsamierung der Leichen, zur Konservierung von Nahrungsmitteln. Nur durch lebende Organismen und zwar durch saprogene Bakterien, Fäulnisbakterien wird Fäulnis (Putrescenz, Putrefactio) hervorgerufen. Sie ist demnach die Zersetzung stickstoffhaltiger Produkte des Tier- und Pflanzenlebens, besonders der Eiweisskörper durch Bakterien. Diese vermögen sich in den ei weissarmen aber pflanzensäurenreichen Früchten (Obst, Wein- beeren, Apfelsinen), deren Säure sie hemmt, nicht einzunisten. Die Fäul- nis dieser Früchte wird von Schimmelpilzen verschiedener Art (Peni- cillium, Mucor, Botrytis) erregt. ‘^'^)

Die Zersetzung abgestorbener Tier- und Pflanzenkörper, der tierischen Exkremente und des landwirtschaftlichen Stalldüngers, ist nun freilich nicht ein einfacher Fäulnisprozess, da gleichzeitig neben diesem noch mancherlei Gärungen die stickstofffreien Produkte der Organismen er- greifen und andere biochemische Prozesse, wie die Nitrifikation hinzu- kommen. Ein buntes Gemisch von BakterienAvirkungen ist demnach die Zersetzung der Kadaver und des Mistes, so dass es oft unmöglich Avird, den Anteil jeder einzelnen Bakterienart genau herauszufinden. Stätten der Fäulnis sind ausser dem Darminhalte des Menschen, den Tierkadavern und den Düngerhaufen alle Abortgruben und Schleussen. der schlammige Boden von Teichen und Flüssen, der Meeresboden, kurz jeder Ort, avo stickstoffhaltige organische Körper bei geeigneter Tempe- ratur und Feuchtigkeit sich selbst, d. h. der EiiiAvirkung von Bakterien überlassen sind.

Die faulenden EiAveisskör per zerfallen in eine grosse Zahl A'er- schiedenartiger, teils stickstoffhaltiger, teils stickstofffreier Verbindungen, genau denen gleich, die bei der künstlichen Zersetzung des EiAA^eisses im Laboratorium durch Kochen mit Salzsäure oder BarythjTlrat, durch Schmelzen mit Aetzkali entstehen. Folgende 5 Gruppen Avürden zu unter- scheiden sein:

1. A 1 b u m 0 s en und P e p t o n e , Avasserlösliche, dem EiAveiss noch sehr nahe stehende Körper, die auch bei der Verdauung entstehen und Avie bei ihr auch von den Bakterien durch besondere Enzyme, dem Pepsin unseres Magens entsprechend, gebildet Averden.

2. Aromatische Verbindungen in grosser Zahl, darunter das

97

o

O.

4.

o.

stickstolflialtig’e Indol und 8katol, die vornelimsten Stinkstolfe der menscliliclien Exkremente ; daneben stickstofffreie, wie Phenol, riienjdessig’säiire, Phen^ylpropionsäiire.

Ainidokör per, alle stickstoffhaltig*: Leucin und T}TOsin, As- parag'insäure, GI3XOC0II.

Fett- und Carbon säuren, durchweg* stickstofffrei und des- halb für den Kreislauf des Stickstoffes belanglos, wie Essigsäure, Buttersäure, Valeriansäure, Bernsteinsäure etc.

Anorganische Endprodukte der Fäulnis: freier Stick- stoff“, Ammoniak, freier Wasserstoff“, Methan (Sumpfgas), Kohlen- säure, Methjdmerkaptan, Schwefelwasserstoff. Ob auch Phosphor- wasserstoff, der durch den Luftsauerstoff sofort ox}^diert wird, ent- steht, ist zwar nicht erwiesen, aber doch wohl anzunehmen.

Zu diesen Zersetzungsprodukten des faulenden Eiweisses, die zum grössten Teil auch bei der chemischen Eiweissspaltung* sich bilden, kommt noch eine sechste Körpergruppe hinzu, die man als spezifische Fäulniskörper bezeichnen könnte, die sog*. Pt omaine oder Fäulnis alk aloide zu den Aminbasen gehörend und alle stickstoffhaltig. Es sind bereits eine grosse Zahl solcher Körper, teils sehr giftige, teils harmlose beschrieben worden, die meisten freilich, wie das bei der Schwierigkeit ihrer Eein- darstellung nicht anders möglich, noch ziemlich lückenhaft. Aus faulendem Fleisch (Säugetiere, Menschenleichen, Fische) und Leim wurden von Brieger isoliert das Neuridin (CgHj^K.,), Trimethylamin (C3H9N), das Cadaverin (Pentameth3dendiamin 0511^4^2), ferner Putrescin, ein Diamin der Meth34enreihe (C^H^o No), alle diese sind gar nicht oder nur in grossen Dosen einverleibt, giftig*. Sehr giftig* dagegen sind einige aus verdorbenen, faulenden Nahrungsmitteln hergestellte Stoffe, die schwere Yergiftungs- fälle hervorrufen, wie AYurstgift (Ptomatropin), Käsegift (T3Totoxin). Die giftigen Aminbasen pflegte man früher als Toxine (Fäulnis- und Leichen- gifte) zu bezeichnen, jedoch ist dieser Name in neuerer Zeit auf alle giftigen Produkte des Bakterienlebens ausgedehnt worden, unbekümmert um ihre chemische Natur. So werden auch die später (York XYII) zu erw^ähnenden Gifte pathogener Bakterien als Toxine bezeichnet (Diphtherie- toxin, Tetanustoxin etc.).

Für den Kreislauf des Stickstoffes sind die Endprodukte der Fäulnis, freier Stickstoff und Ammoniak allein wichtig*. Bis zn ihnen herab werden allmählich auch alle stickstoffhaltigen Zwischenprodukte der Fäulnis zerlegt, bei längerer Dauer des Prozesses z. B. liefert Leucin: Yaleriansäure, Ammoniak, Kohlensäure und W asserstoff ; Tyrosin gab bei Luftzutritt Hydroparacumarsäure , Paraox3^phenylessigsäure , Parakresol, Phenol, Ammoniak, Kohlensäure; ohne Luftzutritt, bei anaerober Fäulnis Indol, Kohlensäure, fYasserstolf.

Die Aufzählung* der Fäulnisprodukte ist durchaus keine vollständige, da selbst die qualitative Erforschung* des komplizierten Yorganges noch lange nicht abgeschlossen, eine quantitative aber ganz unmöglich ist. So fehlt es durchaus noch an Erfahrungen darüber, unter welchen Umständen das eine oder das andere Zwischenprodukt vorwiegend auftritt.

Genauer bekannt ist nur der Einfluss des Sauerstoffes.®^) Findet die Fäulnis aerob statt, so verläuft sie oft ganz geruchlos, weil der Sauerstoff“ der Luft die übelriechenden Endprodukte, wie Ammoniak und Schwefelwasserstoff sogleich oxydiert unter Bildung* von Nitraten und Sulfaten. Diese Mineralisierung geschieht teilweise ebenfalls durch aerobe Bakterien, wie die Salpeterbakterien, die Schwefelbakterien.

A. Fischer, Voiiesungeu über Bakterien.

98

Ferner kommt es bei aerober Fäulnis gar nicht zur Ansammlung der stark stinkenden Zwisclienprodukte, wie Indol, Skatol. Man nennt eine solche Fäulnis ohne übermässigen Gestank gewöhnlich Verwesung; sie findet statt an der Oberfläclie von Düngerhaufen und Kadavern, in gut durch- lüftetem Boden.

Die a 11 a e r 0 b e Fäulnis führt zunächst, ebenso wie die anaerobe Gärung, nur weniger tiefe Spaltungen des Eiweissmoleküles herbei, die stinkenden ZAvischenprodukte, Indol und Sk-atol sowohl, als die Amidokörpei’ (Leucin, Tyrosin etc.) häufen sich an (z. B. in den Exkrementen), dazu kommt ferner, dass die Endprodukte nicht sogleich oxydiert werden. Hieraus folgt, dass die anaerobe Fäulnis unter heftigem Gestank verläuft, wie Jeder weiss, der ein fauliges, von den Zersetzungsgasen aufgeblähtes x\as aufsticht oder tiefere Schichten fauligen Teichschlammes heraufholt.

So hängt der Verlauf der Fäulnis wesentlich vom Luftzutritt ab, die Endprodukte sind aber schliesslich die gleichen: freier Stickstoff', Ammoniak, Methan, Kohlensäure, Schwefelwasserstoff', freier Wasserstoff'. Auch eine menschliche Leiche fault schliesslich zu diesen Stoff'en zu- sammen.

Kurz sei noch erwähnt, dass man Vermoderung die Zersetzung ei- weissarmer, aber cellulosereicher Pfianzensubstanz nennt, wobei zahlreiche Huminkörper entstehen. Dieser Vorgang dessen biochemischer Charakter kaum bestritten werden kann, ist auf die Einwirkung von Bakterien noch nicht genau erforscht.

Als Fäulnisbakterie par excellence galt das Bacterium termo, nach CoHxs Beschreibung ein schwach fluoresciereiides, lebhaft beweg- liches, kurz eiförmiges Stäbchen, dessen Zugehörigkeit zu einer der jetzt genauer beschriebenen Bakterien arten sich nicht bestimmen lässt (Fig. 22 a). Bacterium termo ist jetzt nur noch ein Sammelbegriff' für in faulenden Substraten aiiftretende bewegliche, sonst nicht genau untersuchte Bak- terien. Was jetzt noch unter diesem Namen segelt, kann sehr verschiedenes sein. In der reichen Bakterienflora 'D einer faulenden Flüssigkeit wird man zunächst zwei biologische Gruppen von Bakterien zu unter- scheiden haben, echte Fäulniserreger, saprogene Bakterien und zweitens saprophile, die nur von den Produkten der ersteren leben. Saprophil sind z. B. die Schwefelbakterien auf dem Teich- und Meeres- boden, wo sie die fauligen Massen der Pflanzenreste überziehen, ferner die Salpeterbakterien, wenn sie durch Fäulnis erzeugtes Ammoniak oxy- dieren. Die Fähigkeit, saprophil zu leben, besitzen überhaupt sehr viele metatrophe Bakterien, auch pathogene, auch die grossen Spirillen (Spirillum iindula) des Wassers. Saprophile Bakterien sind nicht selbst im Stande, die Eiweissmolekel anzugreifen und zu zerlegen. Diese Eigenschaft zeichnet die saprogenen aus. Wenn man alle in fauligen Substraten erscheinenden Bakterien als Saprophyten bezeichnet, so ist, wie obige Auseinandei-setzung wohl gezeigt hat, damit gar nichts gesagt.

Saprogene Eigenschaften kennt man bei einer sehr grossen Zahl von Bakterien, die bald sehr energische Fäulniserreger sind, wie der Bac. vulgaris (Proteus Heuseii), bald nur langsam die Eiweissmolekel zu zerlegen vermögen. Spezifische Fäulnisprodukte, die zur Cliarakteristik der einzelnen saprogenen Arten dienen könnten, werden, abgesehen von einigen Toxinen, nicht gebildet. So bilden sämtliche saprogene Vibrionen (Fig. 22 h)^ nicht bloss clei’ Komabacillus, ferner der Bacillus coli commune und viele andere Bakterien Indol und Schwefelwasserstoff' u. s. w. An diese iiathogenen Bakterien mit saprogenen Eigenschaften würden sich

99

Am biolog'isclieii Gruppen noch anscliliessen viele fliiorescierencle und Liclit entwickelnde Bakterien.

Der aus Wasser leicht isolierbare Bacillus fl u o r e s c e n s 1 i q ii a e - faciens, ein lebhaftes bewegliches Stäbchen, bildet aus Eiweiss : Pepton, Fettsäuren und andere Fäiilnisprodukte; ein als Bacillus pntrificns coli früher beschriebenes Stäbchen ans dem Darm, das bei der Si)orenbildnng kopfig anschwillt, lieferte Pepton, Indol, Skatol, Amidokörper, schliesslich Am- moniak; ihm ähnlich verhält sich gegen Eiweiss und Fleisch der Bacillus vulgaris (Proteus vulgaris) nebst Verwandten, der auch reichlich Toxine erzeugt. Der Bacillus vulgaris erscheint fast regelmässig, wenn man Fleischinfus offen stehen lässt. Er ist ein schlankes, 1,5 4 (.l langes, circa 0,5 breites Stäbchen mit ausgesprochenem Ketten wuchs , sehr lebhaft beAveglich durch zahlreiche peritriche Geissein. Ihm schliessen sich als morphologisch kaum trennbare Verwandte (Adelleicht als Bactridium Proteus zu vereinigen) mit stark saprogenen Eigenschaften an : Bacterium Zopfii Kurth und einige andere, die insgesamt von Heuser in die alte Gattung Proteus gestellt Averden Avegen der mannigfaltigen Gestalt, die ihre Kolonieen auf Gelatine annehmen. Hier bilden sie an Pilzmycel erinnernde, reich verzweigte Zoogloen und überspinnen so die'ganze Gelatine- platte. Die pilzähnlichen Fäden bestehen aus unregelmässig zusain men- gelagerten, durch Gallerte vereinigten Einzelindividuen (Fig. 22d—h).

Fig. 22. FäulnisbaktGrien. a Bactrillum pSGUdotermO, der Uo/mscheu Beschreibung des alten Bacterium Termo am meisten entsprechend, b Vibrio aus fauligem Wasser, choleraähnlich, c Bacillus urcaG , der häufigste Erreger der Harnfäulnis und wohl dem Micrococcus ureae Pasteurs entsprechend, d—li Bactridium PrOtGUS (Bacillus vulgaris, Bacterium Zopfii, Proteus vulgaris etc.), d peritriche Stäbchen, e spinnewebig feinfädiger oder mycelartiger Wuchs (Zoogloeal auf Gelatine, ganz schwach (50 mal) vergrössert, / stärker (300) vergrösserte gewundene Fäden und Fadenbänder solcher mycelartiger Massen, rj schöner Bänmchenwuclis auf Gelatine mit knorrigen und wurstförmigen Anschwellungen. 50 mal vergrössert, h Stücke des vorigen Bildes 300 fach vergrössert, um die A^erschlingung der Fäden zu den Anschwellungen der mycel- artigen Zoogloea zu zeigen. Vergr. a d circa 1500, e u. >j 50, / n. li 300.

Aber auch diese scheinbar siiecifischeii Fäuliiiserreger kann man doch nicht als exklusiv ansehen, etwa Avie die Schwefel- oder die Sal- peterbakterien, die nur eine Art des Stoffwechsels liaben und nur dann gedeilien, Avenn er sich abspielen kann. Zu den saprogenen Figenscliaften treten z. B. bei den Proteusarten aucli zvinogene hinzu, sie können auch

7*

100

Kolileliyclrate unter Gas- und Sänrebildiiiig- vergäieii, ebenso der Bacillus coli coinmnne.

Es wird noch sehr sorgsamer chemischer Versuche mit Eeinknltnreii bedürfen, um in dieses Chaos von Eigenschaften bessere Ordnung zn bringen. Dem heutigen Stande der Kenntnis entspricht es Avohl am besten, Avenn man den Begriff des Fänlniserregers etAvas Aveit fast und zn ihm alle Bakterien mit saprogenen Eigenschaften rechnet, gleichviel ob auf diesen allein die Ernährung beruht oder ob, bei anderem Sub- strat, an ihre Stelle andere pleotrophe Eigenschaften, z. B. zymogene, eintreten können.

Sicher ist, dass viele Bakterien, so fast alle Kokken und sehr Adele Farbstoff’bakterien keine saprogenen Eigenschaften besitzen.

Die saprogenen Bakterien können Ehveisskörper aller Art und in jeder morphologischen Form, als Zellprotoplasma, als Mnskelfleisch, in jedem Organ des todteii Organismus zerlegen; AvieAveit die saprogenen Eigenschaften pathogener Bakterien bei der Krankheitserregnng ein- greifen, Avdrd später kurz erwähnt Averden.

Aehnlich Avie das frühere Bacterinm termo als einziger Erreger der Fäulnis, wurde der von Pasteur entdeckte Micrococcns nreae, ein kurzes, fast kugeliges, imbeAvegliches Stäbchen (0,8 1,2 Durchmesser), das meist in Pärchen, aber auch in Kettchen Avächst, als der spezifische Er- reger der sog. fauligen Gärnng des Harnes^^ ^^0 angesehen (Fig. 22 c). Gesunder menschlicher, bakterienfrei ansfliessender Harn ver- liert beim längeren Stehen seine saure Eeaktion, der Harnstoff hat sich •durch Hydratation in koblensaures Ammon iimgeAvandelt, zu dem mit einigen ZAvischenstufen auch die Hippursäure im Harn der Pflanzen- fresser und auch die Harnsäure umgesetzt Avird. Der Erreger dieses in den Kreislauf des Stickstoffes ebenso tief Avie die EiAveissfäulnis ein- greifenden biochemischen Prozesses ist zAvar sehr häufig der Micrococcus ureae Pasteurs, aber doch nicht ausschliesslich. Nahezu 60 (?) verschie- dene Arten mit der gleichen Eigenschaft sollen in Mist und Jauche Vor- kommen, auch der Bacillus vulgaris, ferner ein fluorescierendes Stäbchen gehören hierher. Unfähig, den Harnstoff in kohlensaures Ammon umzu- setzen, sind z. B. der Bac. subtilis, die Erreger des Milzbrand, JYphus und Cholera, die Eiterkokken und auch manche saprogene Bakterien. Umgekehrt vermögen die Harnbakterien nicht EiAA^eiss zu zersetzen, was bei der grossen Verschiedenheit des Prozesses nicht zu verAvundern ist.

Die Keime der Harnbäkterien finden sich überall in Mist, Jauche, Erde, Luft; aller Harn, der im Freien abgelassen Avird, verfällt der AVir- kung dieser Bakterien. Wie gross die Menge von Stickstoff“ ist, die durch sie in kohlensaures Ammon verAvandelt und so zur Nitrifikation und zu neuem Kreislauf durch die Pflanze vorbereitet Avird, geht daraus hervor, dass in einer Stadt Avie Leipzig pro Tag ungefähr 4200 Kilo Stickstoff in menschlichem Harn entleert Averden.

Durch die geschilderten Vorgänge Avird schliesslich die Hauptmasse alles organisch gebundenen Stickstoffes, auch der der untergepflügten Gründüngungspfianzen und der im Boden bleibenden Ernterückstände in Ammoniak verwandelt, neben einer geringen Menge freien Stickstoffes. Der letztere ist ohne Aveiteres den Knöllchenbakterien und auch andern Boden- bakteiien zugänglich, der xAmmoniak stick Stoff aber, auch der des als Düngemittel viel angeAvandten sclnvefelsaureii Ammoniaks der Gasfabriken muss, damit er für die stickstoftzehrenden Pflanzen brauchbar Avird,in Sali»eter- säure übergeführt Averden. Dieser Prozess der N i t r i f i k a t i o n galt früher

101

für eine rein clieinisclie Ox3^(lation diircli den Lnftsanerstoff, bald melirten sich aber die Anzeiclien, dass ancli liier ein biocheinisclier, dnrcli Bakterien vermittelter Vorgang' sich abspiele. Nach zahlreichen vergeblichen Be- mnhnngen Anderer, diese nitritizierenden Bakterien zn isolieren und zn knltivieren, gelang es endlich dem rnssischen Naturforscher AAhNOGRADSKY die sonderbare, vollkommen prototrophe Lebensweise der Salpeter- bakterien "“b aufzndecken und sie rein zu kultivieren. Die Wissen- schaft verdankt diesen Arbeiten Winü(ii{adsky’s nicht bloss die Aufliellung der Nitritikation als eines biochemischen Vorganges, sondern auch zu- gleich Einblicke in die einfachsten Lebensbedingnngen niederer Orga- nismen. Ueberall im Ackerboden und in nnknltivierter Erde, in der oberen Schicht des Düngerhaufens sind die Salpeterbakterien unermüd- lich thätig. In grossem Maassstabe werden sie, ohne dass man sie kannte, seit Jahrhunderten in den Salpeterplantagen gezüchtet, in denen man fänlnisfähiges Material (Dünger, tierisclie Abfälle aller Art, Fell- und Leimreste n. s. w.) mit kalkreicher Erde vermengt und in Hänfen anf- schichtet.

Die grossen Salpeterlager Chiles verdanken ihre Entstehung der Thätigkeit von Salpeterbakterien in einer früheren Erdperiode, im Quartär, und sind Avahrscheinlich durch Zusammenschwemmnng des an verschie- denen Orten aus faulenden Organismen gebildeten Salpeters in den regen- losen Küstenstrichen entstanden.

Die Isolierung der Salpeterbakterien ans Ackererde gelingt nicht mit den üblichen Peptonznckernährböden, auf denen diese bescheidensten aller Bakterien überhaupt nicht gedeihen. Sie verschmähen jede orga- nische Nahrung und sind prototroph im wahrsten Sinne des Wortes. Um sie zunächst en gros zn züchten, bedient man sich folgender Nährlösung, die man mit etwas Erde impft:

1 1 Wasser,

0,2 gr Dikaliumphosphat,

0,3 schwefelsanres Magnesium,

0,5 Soda (oder kohlensanres Magnesium),

0,5 Kochsalz,

und fügt anfangs nur wenig, vielleicht 20 50 mgr schwefelsanres Ammo- niak bei, das dann später, nach 8 Tagen, durch grössere Gaben, 1 g, immer wieder ersetzt wird. Die Nährlösung bietet als einzige Stickstotf- qnelle das Ammon dar, der Kohlenstoff wird nicht ans der Soda oder dem Magnesinmcarbonat, die nur zur Bindung der entstehenden salpetrigen und Salpetersäure hinzugesetzt werden, entnommen, sondern aus der Kohlensäure der Luft. Das Kochsalz befördert in vorläufig nnerklärlicher Wise den Prozess.

Der Ammon Stickstoff’ wird nicht sofort zu Salpetersäure ox^vliert, wie man früher annalim, sondern zunächst zu salpetriger Säure und diese dann zn Salpetersäure. Der Prozess zerfällt demnach in zwei Teil- imozesse, eine Nitritbildung aus Ammoniak und eine Nitratbildung aus Nitriten. Jeder dieser beiden Prozesse wird von besonderen Bakterien durchgeführt , die einen, die Nitrit hak terien , vermögen nur den Ammoniak zu salpetiiger Säure zu verarbeiten, die anderen, die Nitrat- bakterien, die letztere zu Salpetersäure. Beide Bakterienarten kommen nebeneinander im Ackerboden vor und da nun die eine sogleich weiter verarbeitet, was die andere gebildet hat, so liänft sich salpetrige Säure

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gar nicht an, es erscheint ini Boden nur das Endprodukt der beiden Teilprozesse , die Salpetersäure.

Nur im Experiment mit reinen Kulturen lassen sich die beiden Vor-

gänge getrennt verfolgen, beide verlaufen hier ziemlich langsam, z. B.

Tage alten Kultur täglich 00 mgr

Avurden in einer 10

Ammoniak in salpetrige Säure verwandelt

in einer

schwefelsaures 0 Wochen alten

Kultur täglich 64 mgr salpetrigsaures Kali in Salpetersäure. In der freien Natur, avo die Salpeterbakterien jedenfalls unter günstigeren Bedin- gungen Avachsen, die das Experiment noch nicht ganz glücklich hat nach- ahnieii können, dürfte der Prozess schneller verlaufen.

Um aus der oben geschilderten Rohkultur die beiden Sorten zu iso- lieren, bediente sich Winogradsky des bekannten Plattenverfahrens, nur benutzte er als feste durchsichtige Matrix für die Nährlösung nicht Gela- tine, sondern eine Kieselgallerte, über deren Herstellung die citierten Arbeiten zu vergleichen sind. Auch sehr sorgfältig ausgeAvaschener Agar ist geeignet. Für die Nitritbakterien setzt man scliAvefelsaures Ammon in der oben angegebenen Menge der Nährlösung zu, für die Nitratbakterien salpetrigsaures Kali.

Die Nitritbakterien, von Winogeadsky in die biologischen Gattungen Nitrosococcus und Nitrosomonas gestellt, sind teils unbeAveg- liche Kugelbakterien bis zu 3 ii Durchmesser (Nitrosococcus aus süd- amerikanischer und australischer Erde), teils lebhaft beAvegliche, sehr kurze ellipsoidische Stäbchen (Nitrosomonas). Unter den letzteren seien zAvei x^rten besonders hervorgehoben: Nitrosomonas europaea (Fig. 23g), überall in Erde aus Europa, Afrika und Japan gefunden, 0,9 1 /< breit,

f

a.

, J Fig. 23. Salpeterbakterien nach WinofjradsTcy.

^ a Nitrosomonas europaea (Nitritbakterien von Zürich ). b Nitrosomonas javanensis (Nitritbakterien von Java). c. c Nitrobacter (^Kitratbakterien aus Quito). A^ergr. 1000.

1,2— 1,8 f-L lang, mit einer kurzen Cilie ; Nitrosomonas javanensis aus Buitenzorger Erde (Fig. 23/>), fast kugelig, 0,5— 0,6 Durchmesser mit

einer bis 30 i-i langen Geissei, der längsten, die man bisher bei Bakterien gefunden hat. Sporenbildung ist noch nicht beobachtet. Die Nitrit- bakterien trüben die Nährlösung leicht, solange sie gut beAveglich sind und bilden ausserdem auch Zoogloeu, die bei Zugabe von kohlensaurem Magnesium um dessen unlösliche Kryställchen sich anhäufen, die Bak- terien fressen sich in diese säurebindenden Stückchen tief hinein, Avie die Kalkflechten ins Gestein.

Die bis jetzt bekannt geAvordenen Nitratbakterien (Nitrobac- ter, Fig. 23 c) sind Avinzige, unbewegliche Stäbchen (0,5 f.i lang, 0,25 .g breit), die die Nährlösung gar nicht trüben und dünne zarte Häutchen auf dem Boden und an den Wänden der Kulturgefässe bilden. Sporen sind auch hier noch nicht beobachtet.

Alle Salpeterbakterien wachsen nur aerob, Avas bei ihrer oxydierenden AVirkung nicht zu verAvundern ist, des Lichtes bedürfen sie aber nicht, trotzdem sie die Kohlensäure der Luft assimilieren. Das ist eine der Avichtigsten Entdeckungen in der neueren Physiologie, Avorauf schon früher (p. 46) liingeAviesen Avurde. ln drei A' ersuchen, bei denen die ur-

sprüiisi'liclie Nälirlösimo' 0 mg Kolilensäure als kolileiisaures Magnesium eiitliielt , ergab nacli melireren Wochen die Ernte 37,6, 26, 17,5 mg Kolilensäure, die, wie Godlewski ’•*) später noch besonders bewiesen hat, aus der Luft anfgenommen worden war, assimiliert ohne Licht und Ohloroplpyll. Der Stickstolf wird, wie schon erwähnt, dem zu oxydierenden Matei'ial, dem Ammoniak oder der salpetrigen Säure entnommen, ja es wird sogar etwas freier Stickstolf allgegeben. Die Bausteine der Leibes- substanz der prototrophen Salpeterbakterien sind also die einfachsten Verbindungen : Kohlensäure, Ammoniak oder salpetrige Säure neben den nötigen Mineralsalzen, gewiss die primitivste Synthese von Eiweisskörpern, die man sich denken kann. Die Energiequelle für diese Prozesse liefert die Oxydation des Ammoniaks und der salpetrigen Säure.

Nicht alle Salpetersäure , die durch die Bakterien erzeugt worden ist, kommt den stickstoffzehrenden Pflanzen Avieder zu Gute, da im Acker- boden und im Mist auch andere Bakterien Vorkommen, die das tvieder zerstören, was die einen geschaffen haben.

Diese nitratreduzierenden Bakterien können einen Verlust an Salpeterstickstoff' zwar hervorrufen , zu gefährlich für die Landwirt- schaft sind sie aber nicht. Wenigstens ist vorläufig keine Angst nötig; dagegen trübt natürlich diese Denitrifikation ^0 ausserordentlich das glatte und klare Bild, welches man vom Kreislauf des Stickstoffes sich zu entAverfen pflegt.

Es sind schon mehrere Arten solcher reduzierender, natürlich anae- rober Bakterien aus Mist kultiviert Avorden. Sie wuchsen in einer Nähr- lösung, die 0,3 Natronsulfat, 0,3 ^/o Zucker und die nötigen Salze ent- hielt. Von dem dargeliotenen Stickstoff Avurden 82,7 in elementarer Form aufgefangen, bei einer anderen Art sogar 99%, der Best diente zum Autbau der Leibessubstanz.

Wie diese Bakterien das Widerspiel der Salpeterbakterien, so sind die desulfurierenden das der ScliAvefelbakterien. Aus Kloaken und schmutzigen Gräben ist ein solcher, ebenfalls anaerober Organismus (Spirillum desulfuricans) bekannt, der aus schAA^efelsauren Salzen ScliAvefelAvasserstoff bildet. Eine vollständig abgeschlossene Lebens- geschichte dieses Spirillum fehlt aber noch."^)

Es ist Avohl anzunehmen, dass ähnliche biochemische Prozesse auch sonst noch in der Natur sich abspielen, die Mineralchemie Avird den Bakterien ihre Aufmerksamkeit schenken müssen. Vielleicht Avird es sogar gelingen, prototrophe Bakterien aufzufinden, die den Silicaten zu Leibe gehen. Darüber Aveiter nachzudenken, mag dem Leser selbst über- lassen bleiben.

XII.

Die Bakterien und der Kreislauf der Kohlensäuie.

1. Einleitung-, Eermentuin yivuni und Enzym, Rassen der Gärungs- erreger, Yergärung toii Alkoholen und Säuren, optische Spaltungen.

Die einzige Ivohlenstolfqiielle, aus der alle Organismen unmittelbar oder mittelbar schöpfen, ist die Kohlensäure der Luft, in deren Kreislauf die Bakterien nicht weniger tief und vielseitig eingreifen, wie in den des Stickstoffes. Wie bekannt, können die Tiere nicht selbst die Kohlen- säure in organische Verbindungen überführen, sie sind in ihrem Kohlen- stoffbedarf auf die Versorgung durch die Pflanzen angewiesen. Unter diesen vermögen nur die gefärbten, die grünen Land- und Wasserpflanzen und die grünen, roten und braunen Algen des süssen Wassers und des Meeres die Kohlensäure der Luft zu assimilieren und bedürfen dazu der Energie des von ihren Farbstoffen absorbierten Sonnenlichtes. Die einzige Ausnahme von diesem Gesetz bilden von allen Organismen nur die prototrophen Salpeterbakterien. Die zahlreichen organischen Verbin- dungen ohne und mit Stickstoff, die die Pflanzen ans der Kohlensäure der Luft autbauen, sind die Grundlagen für alles tierische Leben auf der Erde. Die Zurückgabe des organisch gebundenen Kohlenstottes als Kohlensäure in die Atmosphäre verbürgt allein den Fortbestand alles Erdenlebens. Für diese Befreiung der Kohlensäure sorgen zum Teil alle lebenden Organismen, dÜere und Pflanzen, schon selbst durch die Atmung, wobei die von der Pflanze mit Sonnen energie beladene, organisch ge- bundene, Kohlensäure ihrer Energie zur Unterhaltung des Lebens beraubt und an die Atmosphäre znrückgegeben wird.

Alle andere Kohlensäure aber, die nicht ausgeatmet wird und beim Aufbau des Körpers in organischen Verbindungen festgefahren worden ist, wird erst nach dem Tode eines Organismus durch dessen Zersetzung befreit. Soweit der Kohlenstoft* mit Stickstoff zusammen zu Eiweiss- körpern und anderen auf p. 96 n. 97 genannten Stoffen vereinigt ist. ent- weicht er als Kohlensäure bei der Fäulnis. Die zahllosen stickstottfreien Verbindungen des Tier- und Pflanzenkörpers aber, wie Kohlehydrate (Ziickei-, Stärke, Cellulose), (Bykoside, ein- und mehrwertige Alkohole, organische Säuren und Fette sind nicht fänlnisfähig; sie Averden durch

105 ■—

die Gärung zersetzt, Avobei Kolileusäure scliliesslicli das Endi)rodiikt ist. Einscliräiikeud sei bemerkt, dass über die Vergärung’ Aaju Glykosiden keine, über die biocliemisclie Spaltung’ der Fette nur orientierende Ver- suclie Aaudiegen , nach denen einige Bakterien, Avie der ClioleraAubrio, Typlinsbacillns , der Bacillus pyocyanens, OliA^enöl und Rinderfett in Glycerin und Fettsäure zerlegen und dadnrcli gärfäliig machen.

Die Gärungen sind in der Natur noch vei’breiteter Avie die Fäulnis und arbeiten mit dieser zusammen an der Zerstörung aller abgestoi’benen Tiere und Pflanzen, ferner dienen sie auch zur Bereitung zahlreicher Nahrungs- und Genussmittel (saure Milch, Käse, Sauerkraut, Brot, Alkohol] und sind gefürchtet als Verderber Amu Milch, Butter, AVein, Bier u. s. av., endlich greifen sie bald helfend, bald schädigend auch in viele technische Prozesse ein.'^'^)

Ueber den Begriff der Gärung (Fermentatio) gehen die An- sichten sehr auseinander, bald bezeichnet man als Gärung jede „durch die Lebensthätigkeit von Pilzen hervorgerufene Zersetzung oder Umsetzung von Substanzen mannigfaltiger Art“ ( Anm. 77 p. 24) und rechnet dann auch die Fäulnis, die Nitrifikation und Ox3Tlation des ScliAvefehvasserstofles, kurz alle biochemischen Prozesse dazu. Von einer solchen Auffassung aus ist es nur noch ein kleiner Schritt, um auch das lieben des Menschen als eine Gärung aufzufassen. Meiner Ansicht nach ist eine engere Um- grenzung des Begriffes sowohl der Klarheit als auch seiner historischen und sprachlichen EntAAdcklung Avegen erforderlich. Als Gärung soll hier, nach dem Beispiele AÜeler Autoren, die biochemische Zersetzung stickstoff- freier organischer A'erbindungen, besonders der Kohlehydrate durch be- sondere Gärungserreger, Fermentorganismen, bezeichnet Averden.

Bedingungen für die Gärung sind ausser dem löslichen, gärungs- fähigen Material noch die nötigen Nährstofle, vor allem auch eine be- sondere Stickstoffquelle, ferner geeignete Temperatur und Feuchtigkeit, genau Avie bei der Fäulnis. Obgleich man lange Avusste, dass ein ge- AA’isses EtAAms, das Fermentum, zu der Lösung hinzukommen muss, damit Gärung eintritt, so gelang es doch erst Pasteur’'), nachzuAveisen, dass jede Gärung von einem Ferm ent um vivum, einem lebenden Organis- mus, erregt wird, nicht von einem chemischen Ferment, einem Enz y m , Avie man früher vermutete.

Den Enzymen’®), chemischen vom lebenden Organismus erzeugten pern und den Gärungs er regem gemeinsam ist die beschränkte Fähigkeit, spezifische Umsetzungen hervorzurufen, aber immer nur eine bestimmte, eng umgrenzte und keine andere. Und weiter stimmen das chemische Ferment und das lebende darin überein, dass die eigen- artigen Prozesse, die sie scheinbar ohne besonderen EnergieaufAAnnd hervorrufen, die Avie von selbst sich abspielen, im Laboratorium nur durch heftige AVirkungen, hohe Temperatur oder starke chemische Eingriffe oder bis jetzt überhaupt nicht nachzuahmen Avaren. Endlich drittens verscliAvindet Aveder das Enzym noch das Fermentum vivum, Avie sonst ein chemischer Körper bei einer Reaktion in einer neuen A^er- bindung verscliAvindet, das zugesetzte Etwas kann eine sein eigenes Ge- Avicht hundert- und tausendfach übertreffende Stoffmenge in spezifischer AVeise verändern. So vermögen Avir zwar Stärke durch Kochen mit Salz- säure zu verzuckern, in der Pflanze besorgt das scheinbar ohne An- strengung ein Enzym, die Diastase, die aber nur diese Leistung, keine andere zu verrichten vermag, Avährend man durch Kochen mit Salzsäure eine Unzahl chemischer Reaktionen ansführen kann ; so kann man Alilcli-

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säure aus Zucker durcli Erwäriueii mit Alkalien lierstelleiij die Milcli- säurebakterieu leisten dasselbe durcli eine Gärung', krnmeii aber uiclit Buttersäure bilden. Alkohol aus Zucker zu erzeugen, ist im Laboratorium überhaupt noch nicht gelungen.

Der grösste Unterschied aller, der zwischen Enzymen und Gärungs- orgauismeu besteht iiutl viele kleinere Gegensätze bedingt, ist der, dass die Gärungserreger wachsen und sich vermehren in dem Maasse, als ihnen gärfähiges Material und Nahrung geboten wird, dass aber das Enzym das nicht vermag. Es ist und bleibt eben, trotz mancher an lebende AVesen erinnernden Eigenschaften, ein lebloses Produkt von aller- dings leicht zerstörbarer Konstitution, die es aber mit den Eiweisskörpern, denen es auch sonst nahe steht, teilt. In AA'asser gelöste Enzyme werden schon durch kürzeres Erwärmen auf 50—60", die Tötungstemperatur sporenfreier Zellen, also auch aller Gärnngserreger, unwirksam, manche vertragen mehr. Gegen Gifte sind die Enzyme viel weniger empfindlich, ihre AVirkungeu dauern ungeschwächt an, wenn arsenige Säure, Phenol, Salycilsäure , Chloroform etc. in solcher Yerdünnung beigesetzt werden, dass die Gärungserreger gehemmt werden. Chloroform scheint einige Enzyme aber doch bald zu beeinträchtigen.

Sehr gross endlich ist der Unterschied in der chemischen AYirkung. Die Enzyme rufen nur sog. hydroljTische Prozesse hervor, d. h. sie ver- Avandeln durch AA^asseranlagerung unh'isliche Körper in Avasserlösliche, allerdings mit neuer chemischer Konstitution, aber ohne Nelienprodukte, ohne Gasentwicklung; es findet eine glatte, durch Formeln ausdrückbare Umsetzung statt. So verwandelt Diastase durch AYasseranlagerung 1 Molekel Stärke in 1 Molekel Traubenzucker (Cj3Hjo05 -p HoO = CßH^._>0(.), in gleicher AYeise das Invertin, ein Enzym der Bierhefe 1 Molekel Eohrzucker in je 1 Molekel Glukose und Fruktose (Cj.iHooO]! -[- HoO == CßHjoOß + CßH^oOß). Das Pepsin des Magens verwandelt die unlöslichen Ei weisskörper in lösliche Albumosen und Pepton^. Ganz anders arbeiten die Gärungsorganismen, sie i’ufen tief gehende Zersetzungen hervor, es bilden sich ein oder auch einige Hauptprodukte, gewöhnlich auch Gase und Nebenprodukte. Deshalb ist es nicht möglich, eine kurze chemische Formel für die Gärung aufzustellen, etwa

OßHioOß 2 ChH,0 -f 2 CO,

Glukose Alkohol Kohlensäure

für die Alkoholgärung , oder

+ 2 CO, + 4 H

Buttersäure Kohlensäure AYasserstolf

für die Buttersäuregärung, denn es würden zahlreiche sjiäter zu erwähnende Nebenprodukte fehlen. Da Kohlensäure fast bei jeder Gärung als gas- förmiges Hauiitprodukt erscheint, so liezeichnet man die Gärungen nach dem anderen Hauptprodukt, wie oTiige Beispiele schon gezeigt lialieu. Ein Nebenprodukt der einen Gärung, z. B. die Essigsäure bei der Alkohol- gärung, kann Hauptprodukt einer anderen sein.

Für Gärungserreger braucht mau oft auch den Ausdruck Hefe und unterscheidet dann genauer als Spalthefe, die. Gärungsbakterieu, als S p r 0 SS h e f e, die Sprosspilze (Saccharomyces), die Erreger der alkoholischen Gärung des Zuckers, im täglichen Gebrauch schlechthin Hefe genannt, und endlich die Schimmelliefe, Schimmelpilze, die nur ausnahmsweise eingreifen, z. B. die Mucorhefe als ATrunreinfgung des AVeines.

107

sog. Scliimnielliefen (Aspergillusliefe), die in China und Japan zur g- des Eeisweines (Sake), zur Herstellung der Sojasance ver-

Die

Bereitung

Avendet Averden, Avirken nur durch Enzyme, Avährend mit ihnen A^er- gesellschaftete Sprosshefen z. B. hei der Sakehereitnng die alkoholische Gärung A^ermitteln. Aehnlich sind im Eagi, der „Hefe“ der Arak- fabrikation, mit einem Sprosspilz, der den Alkohol bereitet, auch noch Schimmelhefen, besonders eine Mucorinee (Ehizopus Oryzae) vermischt, die durch diastaseähnliche Enzyme die Eeisstärke verzuckern und so den Sprosspilzen zugänglich machen. ( 'itronensäurebildnng durch Schim- melpilze, auch technisch veiAvertet, Avürde Aveiterhin zu nennen sein.* '

Als Pasteur nacliAvies, dass die meisten

Gärungen

durch Bakterien

hervorgerufen Averden. standen ihm die kunstvollen Methoden, die Avir jetzt als selbstverständlich hinnehmen, noch nicht zu Gebote, die Unter- scheiduug naheverAAmndter Arten Avar unmöglich. So Avar es zunächst ausreichend, für jede Gärung einen spezifischen Erreger vorauszusetzen, ein Bacterium aceti als den der Essigsäuregärung, ein Bact. butyricum (Vibrion butyrique) für die Buttersäuregärung u. s. av. ; so unterschied man auch bis zu Hansees uimvälzeuden Forschungen nur Avenige Species von Sprosshefe, den Saccharomyces cerevisiae der Bierbrauerei, den Sacch. ellipsoideus der Weinbereitung und einige andere. Heute unterscheidet man hunderte von Heferassen der alten Species Saccharomyces cere- visiae und ebenso der Weinhefe. Bei diesen technischen Gärungen, die so alt sind AAÜe die menschliche Kultur, hat sich an den Avinzigen, Jahr- tausende lang unbekannten Gärungsorganismen dasselbe vollzogen, Avas AA’ir an unseren Kulturpflanzen und -tieren absichtlich hervorzurufen uns bemühen : Eassenbildung. So leicht es nun ist, die Eassen unserer Kultur- pflanzen zu unterscheiden, so scliAver ist es, Merkmale herauszufinden für die morphologisch scliAver oder gar nicht trennbaren Heferassen. Es müssen hier physiologische Merkmale, Avie Verhalten zur Temperatur (verschiedenes Optimum), spezifische Gärtüchtigkeit, Art und Mischungs- verhältnis der Nebenprodukte und vieles andere herangezogen Averden; die Eassenunterscheidung ist keine leichte Aufgabe. Auch darf man nicht übersehen, dass die Eassenbildung unausgesetzt fortgeht, dass alte Eassen ausstei'ben, neue unter anderen Betriebsbedingungen an ihre Stelle treten. VJe schnell in doch verhältnismässig kurzer Zeit Kulturrasseu entstehen können, zeigt schon die Modeliebhaberei der Blumenzucht (Chrysan- themum), zeigt die Kartoffel mit über 500 durch Gestalt und Farbe, Stärke- und EiAveissgehalt, Geschmack und anderes unterschiedenen Eassen, die alle erst durch die allgemeine Weltkultur dieser Pflanze in 2 3 Jahr- hunderten entstanden sind. Wie die Sprosshefe sind auch viele Bakterien Erreger von Gärungen uralter Kultur, z. B. bei der Käsebereitung, bei der Essiggärung, auch hier sind viele Eassen entstanden, die im Inter- esse der LandAA'irtschaft in besonderen Laboratorien rein gezüchtet Averden.

Es kommt aber noch hinzu, dass mehrere, auch morphologisch Avohl trennbare Bakterienarten gleiche zymogene Eigenschaften besitzen; nicht einen, sondern schon 10 12 Erreger der Milchsäuregärung, der Buttersäuregärung kennt man, mehr oder Aveniger genau allerdings. Da die Beschreibungen nicht immer mit der gleichen Sorgfalt l)earbeitet sind, so giebt es sicher jetzt mehr Speciesnamen für Gärungsbakterien als Avirkliche Arten, ein Labyrinth, aus dem auch der Faden der Ariadne nicht heraushilft. Ich muss mich deshalb in der folgenden Besprechung auf einige Avenige Arten beschränken, ebenso kann ich nicht näher auf eine Beschreibung der Eassen eingehen. Einige Gärungsbakterien können

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aucli patliogeiiv werden, so zAvei anaerobe Bnttersänrebakterien des Erd- bodens, von denen die eine den Eansclibrand (Bacillus Cliaiivoeij, die andei’e das maligne Oedein liervorrnft. Auch der vielgenannte Bacillus coli coinmnne vergärt Traiibenzncker und zwar in jMilclisänre, Bernstein-

Fig. 24. Gärungsbakterien, a c Essigbakterien nach E. Clir. Hansen, a BacilluS aceti. b Bac. Pasteurianus, c Bac. Kütiingianus. d Bac. acidi lactici, häufigster Erreger der Milchsäuregärung, e CloStridium butyricum, einer der anaeroben Erreger der Buttersäuregärung, mit Granulosereaktion, rechts Spore im spindeligen Stäbchen, f Plectridium paludosum anaerobe Gärungsbakterie aus Sumpfwasser, in der Form den Methanbakterien und einigen Buttersäure- bakterien entsprechend. Vergr. a—f 1000.

Säure, Aetli^d- und Propylalkobol, Kohlensäure. Die meisten Gärnngs- bakterien sind aber harmlos, was bei der Unzahl, die Avir täglich davon in Milch und Käse und anderen Nahrungsmitteln in uns aufnehmen, zur Beruhigung dienen Avird.

Gut zu übersehen ist der Chemismus nur bei den sog. Oxv- d at ionsgär nn gen, zu denen die Essiggärung gehört. Hier Avird mit Hilfe des Lnftsanerstoffes der Alkohol zunächst zu Alde- hyd und Wasser, das Aldehyd dann zu Essigsäure oxydiert und schliess- lich Avird diese, wenn der Prozess nicht unterbrochen Avird, sogar zu Kohlensäure und Wasser verbrannt, entsprechend den drei Formeln:

C,R,0 -pO =CoH40 + H.,0

Aldehyd

Cb H4 0 -|- 0 Essigsäure

CÖH4O.3 +40 = 2CO., + 2HoO.

Diese Gärung schliesst sich also eng dem Atmnngsprozesse und ähn- lichen Oxydationswirkungen der Salpeter- und ScliAvefelbakterien an. Sie Aveicht von den andern Gärungen auch durch das Fehlen von Nebenpro- dukten ab. In den Kreislauf der Kohlensäure greift die Essiggärung aber ebenso ein, Avie die andern Gärungen, die sog. Spaltungsgär u ngen. Ihr Chemismus Avird durch zahlreiche Nebeii])rodukte sehr verdunkelt und ist noch für keine genau festgestellt. Einiges darüber Avird die Theorie der Gärungen bringen (Vorl. XIV).

Unter den Gärungen eiiiAvertiger Alkohole hat die schon erAvähnte Essiggärung des Aethyl alkoh oles ^-) allein praktische Bedeutung. Alkoholhaltige Flüssigkeiten, Avie Bier, Wein, bedecken sich bei längerem Stehen an der Luft und Avarmer Temperatur mit einer

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zarten, weissliclieii Haut und werden sauer. Die Haut l)estelit aus Essig'bakterien, jedoch nicht immer. Zuweilen liat sicli statt ilirer der sog. Kalimpilz, eine Sprosshefe (Saccharomyces Mycoderma) eingetunden, die den Alkohol sofort zu Kohlensäure und Wasser oxydiert, was die hlssig- bakterien langsam mit der länger der Oxydation widerstehenden Zwischenstufe der Essigsäure endlich auch thuii. In Flüssigkeiten mit mehr als 14 Alkohol vernuigen die Essigbakterien nicht zu wachsen. Die alte Species Bact. aceti ist durch Hanseks Untersuchungen in drei Arten zerlegt worden: Bacillus aceti, Bac. Pasteurianus und Bac. Kützingianus (Fig. 24u— c). Morphologisch stehen die drei Arten einander sehr nahe, es sind unbewegliche, mittelgrosse Stäbchenbakterien, die zu Kettenwuchs neigen und in der Essighaut als lange gewundene Ketten, untermischt mit Einzelzellen sich zusammenlagern. Durch ihr Verhalten gegenüber maximaler Temperatur und einige feinere Abweichungen der Gestalt sind sie wohl zu unterscheiden, auch die Färbung der Gallerthülle mit Jod ist anzuführen. Der Bacillus aceti wird rein gelb gefärbt, bei den beiden andern aber färbt sich die Gallerthülle, die der Essighaut festen Halt giebt. bläulich, der Zellkörper selbst gelb. Ob ein Kohlehydrat vor- liegt. muss solange zweifelhaft bleiben, so lange die Zusammensetzung der Membran, deren äussere verquollene Schichten die blau sich färbende Gallerte liefern, selbst zweifelhaft ist. Aus Cellulose soll sie nicht be- stehen.

Das Optimum der Essiggärung liegt bei 34 Minimum 4 7 ", Maximum 42 ". Durch Annäherung an das Maximum , in Kulturen bei 40 40,5" bilden die drei Essigbakterien mannigfach gestaltete Tn- volutionsformen (Fig. 14 c, d, pag. 26). Die Grenzen der Nachbarzellen werden undeutlich, die einzelnen Glieder schwellen kugelig oder bim- förmig oder gestreckt spindelig auf, auch kurze Seitenäste, ähnlich wie bei Bakteroiden, entstehen an den verschlungenen und gewundenen Fäden. Die- selben vielgestaltigen Involutionen bilden sich auch bei optimaler Tempe- ratur, sobald der Essigsäuregehalt eine gewiss üebelbeiinden der Bakterien hervorruft, die endlich bei ca. säure ganz zu wachsen aufhören und schliesslich absterben. Um ihre Thätigkeit noch an einem speziellen FalPO vorzuführen, sei erwähnt, dass Bacillus Pasteurianus in 125 cbcm eines Lagerbieres, das 3,7 Volum- prozent Alkohol enthielt, bei 34® C. nach 7 Tagen 4,2 g Essigsäure gebildet hatte. Der Alkohol war ganz verschwunden und allmählich ging auch infolge weiterer Oxydation die Essigsäure zurück. In einer Parallelkultur war nach 21 Tagen nur noch 0,7 g davon nachzu weisen.

Die technische Essigfabrikation muss demnach, um Verluste möglichst zu vermeiden, den gebildeten Essig immer zur rechten Zeit ab fangen, damit er nicht weiter verbrannt wird. In jeder Essigfabrik besteht die sog. Essigmutter, der Gärungserreger, aus den geschilderten Essigbakterien, von denen wahrscheinlich noch viele Kulturrasseii gezüchtet werden. Die gebräuchlichsten Methoden, die noch aus einer Zeit stammen, als man die Essigbildung nur für eine Wirkung der Luft, d. h. ihres Sauer- stoffes hielt, zielen deshalb darauf ab, die alkoholische Flüssigkeit mög- lichst mit der Luft in Berührung zu bringen, entweder in grossen Fässern oder bei der Schnellessigfabrikation dadurch, t liohe Schichten eng zusammengerollter Hobelspähne fliesst. Der bessere Zutritt der Luft befördert ja in dei Essigbildung, aber nur mittelbar dadurch, dass er die auf den Hobel- spähnen wachsenden Essigbakterien reichlich umspült. Als Essiggut,

Höhe erreicht und ein 14®/o Essig-

die Flüssigkeit durch langsam hindurch- That die

110

(1. li. zu vergärende alkoliolisclie Flüssigkeit kann Beeren- und Obst- wein, dünner Branntwein, kurz dünner Alkoliol jeder Herkunft ver- wendet werden. Nur verleiht die Art des Essiggntes dem Essig stets noch einen besonderen Geschmack durch die von der Gärung niclit ver- änderten Bestandteile. Als Nebenprodukt entstellt Essigsäure bei der Fäulnis und zahlreichen Gärungen, z. B. Alkohol-, Milchsäure-, Butter- säuregärung etc.

In alkoholfreien Substraten gedeihen selbst bei bestem Nährstoff die Essigbakterien nicht, den Stickstoff vermögen sie auch Ammonsalzen zu entnehmen, im Essiggut wird er ihnen stets in Protein stoffen geboten. Ob der Alkohol als einzige Kohlenstoffquelle oder nur als Energielieferant nnentbehrlich ist, bedarf noch weiterer Prüfung. Andere Vergärungen einwertiger Alkohole sind zwar noch nicht beschrieben, kommen aber sicherlich vor.

G ä r u 11 g mehrwertiger Alkohole® bewirkte ein aus Schaf- mist isoliertes, bewegliches, einzeln oder in Ketten wachsendes Stäliclien, der Bacillus e t h a c e t i c u s. Nach 3 Monaten waren aus 60 g Gl3xerin gebildet :

7,52 g Aethylalkohol,

3,88 g Essigsäure,

0,06 g Bernstein säure,

Spur Ameisensäure,

Kohlensäure und Wasserstoff,

unzersetzt waren 24,19 g Glycerin geblieben. Dieselbe Bakterie zer- setzte Mannit in ähnlicher Weise, nicht den isomeren Diilcit. Auch der sog. FniEDLÄNDER’sche Kapselbacillus der Pneumonie vergärt Mannit zu den gleichen Produkten, nicht Dulcit.

Ein anderer, ebenfalls aus Mist isolierter, dem vorigen ähnlicher Bacillus (ethacetosuccinicus) vergor sowohl Mannit als Dnlcit, und zwar waren in 85 Tagen in Kulturen mit den nötigen Nährstoffen und 8 g gärfähiger Substanz gebildet worden;

aus Dulcit

Mannit

Aethylalkohol

1,011 g

1,03 g

Ameisensäure

0,128

0,263

Essigsäure

0,322

0,308

Berstein säure

0,264

0,29

Kohlensäure

1,05

la

Wasserstoff

0,04 ., .

0,03 ,,

un vergorener Rest

2,62

3,2 ,,

Die genaue Analyse ist interessant, da sie die Hanptprodnkte Aethyl- alkohol- und Kohlensäure deutlich gegenüber den allerdings sehr reich- lichen Nebenprodukten hervortreten lässt. Ferner sei besonders darauf liingewiesen, dass Aethylalkohol, dessen Bereitung fast als Monopol der Sprosspilze gelten könnte, doch auch durch Bakterien gebildet werden kann, z. B. ausser der genannten auch uocli von einer ans Heninfus ge- wachsenen Art (Bac. Fitzianns).

Glycerin kann noch in verschiedene Produkte durch Bakterien vergoren Averden, man kennt Butylalkoliol, Buttersäure als Haui)tpro- dukte (Bacillus ortliobutylicus, Vorl. Xlll).

111

Als Beispiele für G ä r u n <>’ e n v o n F e 1 1 - ii n d C a r b o ii^s ä u reu. als neutrale Salze dar^eboten, seien fol^^’ende erwähnt. Die Essigsäure wird durch ihre Erzeuger selbst, durcli die Essigbakterien zu Koldensäure und AVasser weiter verarbeitet. Die AVeinsänre (Rechtsweinsäure) des AVeines zertällt durch verschiedene Bakterien in mehrere Fettsäuren, z.B. Ameisen- säure, Essigsäure, Proi)ionsäure und Buttersäure, daneben Beriisteinsäiire und Alilchsäure. Auf der Eimvirkung derartiger, freilich noch nicht ge-

nau untersuchter Bakterien beruht zum

grossen

Teil die Säureabnahme

des AVeines beim Lagern, auch eine AA^einkrankheit, das sog. Umschlagen wird vorwiegend hierauf zurückzuführen sein.

Aehnlicli verhält es sich mit der Apfel säure im Apfelwein, die in Essigsäure, Propionsäure, Buttersäure, Koldensäure und AVasserstolf zer- legt wird. Zersetzungen ähnlicher Art sind ferner bekannt für Citronen- säiire, Bernsteinsäure und andere; in allen diesen Fällen fehlt noch die bakterio-chemische Anal3^se. Die Alilchsäure, selbst ein Produkt zahl- reicher Gärungen von Kohleh}^draten , wird durch Buttersäurebakterien (A^orl. XIII) in Buttersäure, Kohlensäure und AVasserstotf vergoren.

Sehr merkwürdige optische Sp al tungen ^'^) von inaktiven, das polarisierte Licht nicht drehenden Säuren, die aus gleichen Teilen rechts- und links drehenden, sog. stereo-isomeren Säuren zusammengesetzt sind, werden gleichfalls von noch nicht rein kultivierten Bakterien bewirkt. So wird aus dem Ammonsalz der optisch inaktiven Traubensäure nur die Linksweinsäure in nachweisbaren Mengen frei, die ihr entsprechende Alenge Rechts Weinsäure dagegen wird von den Bakterien verbraucht. Aehnlicli wirken auch Schimmelpilze. Auch die inaktive Milchsäure und Alandelsäure lassen sich biochemisc]i in ihre optisch aktiven Komponenten zerlegen. In diesen Fällen handelt es sich nur scheinbar um eine tiefer gehende chemische Spaltung, in AATrklichkeit wird nur der eine der beiden aktiven Bestandteile, die ja neben einander in der Lösung sich finden, verarbeitet. Es ist nur ein elektiver Stoftwechselprozess. So wird z. B. von einem Schleim bildenden Bacillus die Fumarsäure verbraucht, die ihr stereoisomere Maleinsäure nicht.

In die gleiche Gruppe von Erscheinungen gehört auch, dass eine Rasse des Bacillus coli commune aus Traubenzucker, je nach der Stickstoft- ({uelle, optisch verschieden reagierende Alilchsäure erzeugt. Bei phosphor- saurem Ammon entsteht Linksmilchsäure, bei Peptonnahrung dagegen Rechtsmilchsäure, während die gewöhnlich bei Gärungen sich bildende Gärungsmilchsäure optisch inaktiv ist.

Die Thatsachen müssen einstweilen so hingenommen werden, eine Erklärung ist nicht möglich. Die stereochemischen Hypothesen, mit denen die neuere Chemie diesen isomeren Verbindungen gerecht zu werden versucht, sind vorläufig nicht geeignet, den biochemischen Vorgang unserem A^erständnis näher zu rücken.

/

XIII.

Die Bakterien und der Kreislauf der Kolilensäiire.

2. Bakterien gäriiii gen von Kohlehydraten.

In der ganzen Natur verbreitet ist die Mil cli säuregär iing. die nicht bloss in dem Molkereibetrieb eine grosse Rolle spielt, sondern auch in viele andere Prozesse eingreift, bald als unentbehrlicher Gehilfe, bald als gefürchteter Eindringling, Vei’gärungsfähig sind Traubenzucker, Rohr- zucker, Milchzucker; andere Zuckerarten, wie Malzzucker und Kohle- hjulrate, wie Stärke, Cellulose müssen erst durch Enzyme in die gärungs- fähige Form übergeführt werden und hierzu würde die Beiwirkuug anderer Organismen nötig werden, da die Milchsäurebakterien solche EnzAune nicht ausscheiden.

Die Milchsäuregärung ist ein aerober Prozess , dessen Optimum zwischen 30 35 liegt, für gewisse Arten bei 47 52 und der nur

dann längere Zeit andauert, wenn durch Zusatz von kohlensauren Salzen, z. B. kohlensaurem Kalk die gebildete Säure neutralisiert wird. Denn schon 0,15 % freie Milchsäure genügt, um die Gärung zu unterbrechen. Das wichtigste Produkt ist die sog. Gärungsmilchsäure, die optisch in- aktive oder Aethylidenmilchsäure, in die gegen 80% des vergorenen Zuckers verwandelt werden; daneben entstehen dann in wechselnden Mengen Essigsäure, optisch aktive Milchsäuren und andere Nebenprodukte, auch Kohlensäure.

Eine sehr grosse Zahl von Bakterien besitzt die Fähigkeit, ]\Iilch- säiire aus Zucker zu bilden, so fast alle Vibrionen, auch der der Cholera, ferner der rote Bacillus prodigiosus, Bakterien aus dem Milchkot der Säuglinge, Sarcinaarten der Brauereien und viele andere. Neben diesen haben wir aber nocli die ständigen Erreger der Milchsänregärnng zu unterscheiden, d. h. diejenigen, die im landwirtschaftlichen Betrieb die Säurung der Milch spontan hervorrufen und früher als Bacterium acidi lactici^*^) bezeichnet wurden. Auch diese S})ecies ist hinfällig geworden, seitdem man eine grössere Zahl aus saurer Milch isoliert, bald die eine, bald die andere als Hauptsäuerer gefunden hat. Sehr häulig sind un- bewegliche, 1 2 u lange, 0,5 l)reite Stäbchen (Sporen nnbekannt), die die Gelatine nicht verflüssigen, auch fakultativ anaerob wachsen (Fig. 24(/).

Sie i>’elieii unter verscliiedeiieii Naineii, wie l^acillus aero^>’eiies, Bacillus acidi lactici etc. und stellen einander sein' nahe, sind Rassen von viel- leicht mir einer nrsprnno-lieheii Art. Man kann sie als die ty])isclien Erreger der Milclisänreg-ärnng- bezeichnen. Zwischen ihnen , zuweilen in gTOssen l\rassen tinden sich auch kugelige oder sehr kurz ellijisodische Bakterien der IVlilchgerinnnng. Endlich ist es sicher, dass die Milch- sänregärnng, die z. B. in den Brennereien der Alkoholgärnng vorans- geschickt wird, nicht durch dieselben Bakterien, wie die Säuernng der Milch, besorgt wird, sondern durch grössere Stätichen (Bacillus acidificans 1 ongissimns), die circa 1 breit und über 2,5 lang sind.*^') Kurz die Zahl der Milchsänrebakterien ist gross, die Artuin- grenznng auch hier sclnvierig.

Es wird sich verlohnen, die vielseitige Bedentnng der Milchsäure- gäriing noch an einigen Beispielen genau zu schildern.

1. IMilch und Molkereiprodnk te.^^5 Die Kuhmilch mit neu- traler Reaktion, 4 5'*/,» Milchzucker, 4^7o Casein und 0,7 "/„ der er- forderlichen IVrineralsalze ist ein ausgezeichneter Nährboden ihr Bakterien aller Art und enthält auch, wenn sie znin Verkauf gelangt, stets sehr viele Bakterien, deren Zahl natürlich von der Reinlichkeit beim Melken und der weiteren Behandlung ausserordentlich beeinflusst wird und deshalb zwischen weiten Grenzen schwankt. Es werden zwischen 100 6000000 Keime und noch mehr pro Knbikcentimeter angegeben. Die Sterilisation der Milch, besonders der Kindermilch, ist daher zu einer Hani)t- und Staatsaktion geworden, die verschiedensten Apparate hat

man erdacht, um sie so

gründlich

wie mögdich vornehmen zu können.

Immer bleiben aber, selbst nach 1 V.> ^tündigem Kochen im SoxLETHSchen Apparat noch einige unverwüstliche Sporen zurück, eine vollständige Sterilisierung erscheint ohne Veränderung der Milch unmöglich. Da nnn die Hauptmasse der Milchbakterien sporenfreie Zellen sind, die schon in kurzer Zeit, durch 5 10 Minuten langes Kochen sicher getödtet werden, so kehrt man allmählich zu dem altbewährten Verfahren der Hausfrau in der guten alten Zeit zurück und stellt dann die abgekochte Milch hübsch kühl, damit die nicht getödteten Sporen nicht auskeimen können.

Neben den weitaus vorherrschenden Milchsäurebakterien sind immer auch Labfermentbakterien, oft auch vereinzelte Keime chromogener und schleimbildender Bakterien in der Marktmilch zu Anden. Da die Ver- unreinigung durch pathogene Bakterien gefährlich werden kann, so hat man auch experimentell ihr Verhalten in der Milch geprüft. Die Bakterien des Tj^phus, Milzbrandes und Rotzes, der Tuberkulose, Di- phtherie und Cholera wachsen sehr gut, ohne auffällige Veränderungen im Aussehen der Milch hervorzurufen, wie man es ja auch einer frischen Marktmilch nicht ansieht, dass sie Millionen von Bakterien enthält. Erst nach längerer Zeit wird die Milch verändert, sie gerinnt infolge der Säiirebildung; der Milzbrandbacillus bildet Essigsäure und Caprousäure. Ob in die Milch kranker Kühe, abgesehen von nachträglicher Verun- reinigung, pathogene Bakterien übergehen, ist noch nicht für alle Fälle sicher gestellt, bei tuberkulösen (perlsüchtigen) Tieren ist es sicher beobachtet.

Die Säuerung der Milch zur Bereitung der Sauermilchkäse wird durch die schon genannten Milchsäurebakterien veranlasst, infolge der Säure- bildung fällt das (-asein aus, die Milch gerinnt. Dasselbe wird auch (Labkäsebereituug) durch das Lab, ein Enzym aus dem Labmagen des Rindes, ohne Säurebildung erreicht. Das so oder so ausgefällte Casein

A. Fischer, Vorlesungen über Bakterien. ^

114

von der Milelifliissig-keit (Molke) befreit, liefert den (J>nark und Briicli, die Masse zur Käsebereitnng’.

Zahlreiclie Mi 1 cli kran kb ei t en sind das AVerk von Bakterien. 8o kommt es nicht selten vor, dass die Milch, auch ohne sauer zu werden, s])ontan gerinnt, sog*. Labfermentbakterien, die das gleiche Enzym ab- scheiden wie dei’ Labmagen, sind besonders im Käse (Tyrothrix-Ai-ten) ge- funden worden. Oft wird Milcb durch eine grosse Zahl von Pigment- l)akterien gefärbt, so entsteht rote Milch durch Einnistung des Bacillus prodigiosns. ferner einer Sarcina, blaue Milch bildet der harmlose Bacillus cyaiiogenus, ein kleines beAvegliches Stäbchen, das auf dem Agar je nach den Nährstoffen bald in leicht blaugrauen, bald schön dunkelblauen Belagen Avächst. Auch aus gelber Milch sind mehrere Pigmentbakterien gezüchtet Avorden. Die bunte Milch ist zugleich auch mehr oder Aveniger sauer ge- worden. Schleimige fädenzieheiide Milch ist eine Folge der später zu schildernden Schleimgärung. Bitter Avird Avie Milch endlich besonders durch Pepton, das von Bakteiien mit selir Aviderstandsfähigen Sporen (p. 113) gebildet AAÜrd.

Die Butter enthält immer viel Bakterien, z. B. eine IMünchener Molkereibutter in 1 Gramm 6—25 Millionen, die auch, da die Butter immer noch 7-2 IVe'Vo Milchzucker und auch sonst die nötigen Nährstoffe enthält, Veränderungen hervorrufen können durch Bildung von Milch- und Butter- säure. Die Butter schmeckt dann scharf und ranzig, jedoch ist ihr Ranzig- Averden vorAviegend eine rein chemische Oxydation des Butterfettes zu Fettsäuren (Buttersäure, auch Milchsäure) durch den Luftsauerstoff, oft ge- fördert durch das Tageslicht. Das eigenartige Aroma, Avas manche Butter- arten besonders schmackhaft macht, hat man auch als ein Produkt be- sonderer Bakterien , der sog. Aromabakterien , erkannt , die bereits in Molkereilaboratorien rein gezüchtet und dem frischen Butterfette zu- gesetzt AA^erden.^*^)

Ein sehr verAAdckelter und in seine Einzelphaseu sehr schwer zer- legbarer Vorgang, der durch ein buntes Gemenge von Bakterien hervor- gebracht Avird, ist die Reifung des Käses ‘^^), der daher stets unge- heure Mengen von Bakterien enthält. In einem Gramm Hauskäse fand inan 5—6 Millionen, in einem Gramm ScliAveizerkäse gegen 1 Alillion Keime, in anderen Sorten noch viel mehr. Neben den Bakterien Averden bei der Bereitung des Roquefort noch Schimmelpilze (Penicillium glaucum) mit schimmeligem Brot in die Käsemasse gebracht, sie bilden die be- kannten grünen Nester; in anderen Fällen Avirken andere Schimmelpilze (Oidium lactis) und aiicli Sprosspilze mit.

Nicht alle Bakterien des Käses tragen in gleichem AFaasse zu seiner Reifung bei ; viele sind nur wirkungslose Ansiedler auf dem günstigen Nährsubstrat, andere bestimmeu vielleicht nur feine Nuancen im Ge- schmack, andere endlicli verrichten die Hauptarbeit. Zu den letzteren gehören die Milch- und die Buttersäurebakterien, Avährend die speziell als Käsebakterien (Tyinthrix Duclanx) beschriebenen, den Heubazillen ähnlichen Arten nicht die grosse Rolle spielen, die ihnen anfangs zu- geschrieben wurde. AVie scliAvierig es ist, den Anteil jeder Sorte zu be- stimmen, wird schon daraus einleuchten, dass in einem Käse nicht Aveniger als 19 verschiedene Bakterienarten und daneben noch 3 Si)rosspilze ge- funden AAUirden, in anderen die Flora sogar noch reichhaltiger ist und ansseixlem in den verschiedenen Stadien der Käsereifung Avechselt. So erklärt es sich, dass trotz zahlreicher und soi'gfältiger Arbeiten die Bio- cliemie des Käses ei'st zu wenigen, Aviderspruclislosen Resultaten gelangt

115

ist. Selbst die qualitative Zusauniieusetziiiig’ der Jväsearteii^ sclnvaiikt ausserordeutlicli, (lie (luantitative Analyse uiiiss liier einstweilen ebenso wie bei der Fäulnis der Znknnft überlassen bleiben. Als Beisjiiel sei erwähnt, dass reifer Fninienthaler Käse enthält: Milchsäure, Bnttersänre, Bencin, dATOsin, Phenylaniidopropionsänre, Aniinoniak, ferner (hsein, teils nnverändert, teils als Avasserlüsliche Albnniosen, endlich Milchfett und natnrli(*h noch vieles andere, z. B. Fettsäuren (Essigsäure, Valeriansänre). Der frische Quark und Bruch, die ürniasse des Käses, enthält drei Haupt- bestandteile, durch deren Yerändernngen der Käse reift: 1. Kohlehydrat: ^niclizncker, 2. EiAA'eisskörper : (Aisein und Paracasein, 8. Fett. Der Milch- zucker Avird schon anfangs dnrcli Milchsänrebakterien und bald auch durch Bnttersänrebakterien zersetzt, ausser den hierbei entstehenden Säuren Avird auch Kohlensäure und freier Wasserstolf gebildet, die sich in der Käsemasse sammeln, sie blähen, ihre „Lochung“ bewirken. Das Casein Avird zunächst in albnnioseähnliche Körper (unzutreffend als Caseoglntin bezeichnet) durch Enzyme der Bakterien iimgeAvandelt und zerfällt znm Teil später in d\vrosin, Leucin, Phenylaniidopropionsänre, Ammoniak. Echte Fänlnisprodnkte, Avie Indol, Skatol, treten nicht auf, sodass die Zersetzung des Caseins nur als eine fänlnisälinliche betraclitet werden kann, bei der auch Fettsäuren entstehen. So nimmt während der Reifung die ]\[enge des nnzersetzten Caseines mehr und mehr ab und ist, Avenn der Käse „durch“ ist und zu laufen anfängt, Avohl ganz verscliAvnnden. Welche Bakterien diesen Hanptprozess der Käsereifnng, die Unnvandlnng des Caseins besorgen, ist noch nicht sicher gestellt. Fett Avird ans Chsein nicht gebildet; das schon in der frischen Käsemasse enthaltene Bntterfett Avird zunächst Avenig angegriffen und erst in sehr alten Käsen scheint es reichlich in Glycerin und Fettsäuren zerspalten zu Averden. Die beiden Avichtigsten Umsetzungen, die sich Avährend der Käsereifnng abspielen, sind demnach die Yergärnng des Milchzuckers und die Zer- legung des Caseins.

Ein weiteres Produkt der Milch, der Kefir, ein schwach alkoholisches, stark schäumendes Getränk ans Kuh- oder Stutenmilch, entsteht durch das ZusammeiiAvirken von Milchsänrebakterien und einem Sprosspilz (Saccharo- myces). Beide zusammen bilden die Kefirkörner des Handels, die seit Alters her in den Kankasnsländern gebrauchten Erreger der Kefirgärung. Der Sprosspilz vermag mit einem besonderen, ihm eigentümlichen Enzym (Lactase) den Milchzucker in Traubenzucker zu verwandeln und zu Alkohol und Kohlensäure zu vergären; die Milchsänrebakterien verleilien durch ihre Produkte (Milchsäure) dem Getränk den säuerlichen Geschmack und sorgen für eine sehr feinfiockige, leicht verdauliche Fällung des Caseins. Als Nebenprodukte der kombinierten Kefirgärung sind noch zu nennen Essigsäure, Bernsteinsäui’e.‘^ Q)

2) Im Br eu ne reibe trieb ®-) hatte man früher sehr die EntAvick- lung von Buttersäurebakterien zu fürchten, deren Sporen bei der Be- reitung der Hefemaische aus Grünmalz, trotz zAveistüiidigem ErAvärmen auf 70 natürlich nicht getödtet werden. In der Praxis kam mau schliess- licli zu der Einsicht, dass ein gewisser Säuregrad der Maische diese ge- fürcliteten Buttersäurebakterien unterdrücke, ohne die Sprosshefe zu schädigen. Die genauere Verfolgung dieser Erfahrung ergab, dass die Hefemaisclie durcli Milchsäurebakterien gesäuert Avird. Mau schickt uiiiimehr eine solche Milclisäuregärimg durch den grossen Bacillus acidi- ficans der Aufzuclit der Hefe, die st)äter iii die grossen Gärbottiche als Aussaat geschüttet Averden soll, voraus indem man die Hefemaische mit

8*

11()

Reinkulturen der Sänrebildnei* impft und l)ei 50", dem 0])timnm für diese Milclisäni’ebakteiien, hält. Ks entwickelt sich reichlich , bis zn 1 Milchsäure, die die Bnttersänrebakterien vollkommen zniäickdräng’t. Diese erliegen ausserdem, da ihr Optimum circ.a 40" ist, bei der hohen Temperatur überhaupt sclion dei’ Konkurrenz der J\lilchsäurel)akterien.

J)iese wichtige Anwendung der Milchsänregärung wird vielfach ver- diüiigt durch eine weit einfachere Bekämpfung der Bakterien mit dem K V V IM) N T s c h e n F 1 u s s s ä n r e v e r f a h r e n. Die S])rossliefen sind an lind für sich gegen Säure überhaupt viel weniger em])tindlich als Bak- terien lind vertragen auch geringen Fliisssäiirezusatz. da man kann durch fortgesetzte Kultur mit steigendem Fliisssäuregehalt die Sprosshefe an so hohe Beigaben von Flusssäiire geAVölmen, dass dadurch die Bakterien auf ein unschädliches Minimum zurückgedrängt oder ganz unterdrückt werden. Man kann die Alkoholhefe in wenigen Monaten bis an dO g Fluss- säure im Hektoliter Maische gewöhnen, 10 g genügen schon, um die Bakterien zu beseitigen. Auch andere Gifte sind noch ansprobiert worden, so scheint das Formaldehyd fast nocli vorteilhafter zu sein, als die Flnss- säiire. lieber elektrische Sterilhaltung vergleiche p. 69.

3. Verderben von Getränken und Nahrungsmitteln durch Milchsäuregärung kommt oft vor. Das Umschlagen des Bieres,

über 7 "/„ geschützt ist, beruht auf

das erst bei einem Alkoliolgehalt von der Wirkung von Milchsäurebakterien, die das Bier mehr und mehr trüben und ihm einen widerlichen Geschmack verleihen. Ziehender Wein ent- hielt bis über 2 "/„ Milchsäure, die von Bakterien aus dem Fruclitzucker gebildet worden war. Dieser „Stich“, Milclisäurestich, ist zAvar nicht selten, aber doch weniger häiilig als der Essigstich, der durch Essig- säurebakterien erzeugt Avird. Gekochte Gemüse Averden sehr oft durch Milchsäurebakterien „sauer“, hierbei greift auch die Buttersäuregärung ein.

4. F u 1 1 e r b e r e i t u n g s a r t e n ^•"), Avie Braunheu, Sauerfutter, Grün - jiressfutter (SAveet ensilage) gründen sich auf Milchsäuregärung, durch die das Futter soAvohl haltbar als auch schmackhafter gemacht Avird. Auch das Sauerkraut wäre hier anzuschliessen. Neben der Milchsäure- gärung Avirkt in allen diesen Fällen auch die folg-ende mit.

II. Die Buttersä uregärung,

ein vonviegend streng

anae-

rober Prozess, dessen Bedeutung für die allgemeine Theorie der Gärung die nächste Vorlesung behandeln Avird, ist nicht minder in der Natur verbreitet Avie die Milchsäuregärung. Man kann sich auf verschiedene Weise leicht eine freilich nicht ganz reine Bnttersäuregärnng verschaffen, die dann zur Reinzüchtung der anaeroben Erreger unter luftleeren oder mit einem indifferenten Gas (Wasserstoff) gefüllten Glocken dienen kann. Es genügt z. B., einige Erbsen in eine zuckerhaltige Nähr- lösung zu Averfeii, den Glaskolben mit einem Kork zu verschliessen und durch ihn ein Gasableitungsrohr zu führen, das in einem daneben stehenden Glase unter Wasser ausmündet. Bei 30—40" tritt in 1 2 Tagen eine lebhafte Gärung, ein, starke GaseutAvicklnng und Geruch nach Butter

säure. Nach einer andern Methode kocht

niaii

eine Mischung von

5

O’

&

dh^aubenzucker und 5 g fein gemahlenem Fibrin in 100 (umi Wasser und inficiert Avährend des Kocliens mit etAvas Gartenerde. Bei 35" ist nach 24 48 Stunden die Gärung im Gange, fast rein durch Grannlobacter saccharobutyricus ( Beyekinck ).

Früher galt als einziger und vielseitiger Erreger der Buttersäure- gärung der Vibrion butyrique Pasteuks, Amylobacter bntyricus van Ti Eo II CMS, der aber soAAmhl morphologisch als physiologiscli eine KollektiA^-

117

species ist, ebenso Avie das Clostridium biityricum PjiA/MowsKi’s. lln,i^e’tälir 20 versidiiedene Bii 1 1 ersä iir eb ak t er ien sind mein* oder weniger ge- nau besclirieben , ihre Zalil Aviirde sieb wohl auf einige wenige Arten einscliränken lassen. Viele daAmn sind durch die ]). Cd beschriebene (Iranulosereaktion ausgezeichnet (daher die biologische Gattung Gi’annlo- bakter Bk.ykhinck), allen gemeinschaftlich ist die Fornnawänderiing der ^Stäbchen AAdihrend der Sporenbildung (Fig. 24c,/'), die hier mit grosser Regelmässigkeit gegen das Ende der Gärung eintritt. Die spindelige A lisch Avelliing herrscht Aor (Clostridium), einige Arten scliAA^ellen kopfig an (Plectridium). Fast alle sind lebhaft beweglich und peritrich be- geisselt. auch verhältnismässig gross, 0,5 1 breit, 5 5, selbst 10

lang (Fig. 24c und f).

Ansehnliche Mengen von Bnttersänre, dann Kohlensäure und Wasser- stoff, ferner Essigsäure und geringe Mengen anderer h^ettsäureii liefern folgende Arten :

Grannlobacter saccharobutyriciis, anaerob, Clostridium, mit Granulöse,

lactobutyricus,

Bacillus orthobutylicus ohne

Der letztere vergärt allerlei: Glycerin, Mannit, Glucose, Invertzucker, Rohrzucker, Malzzucker, Milchzucker, Arabinose, Stärke, Dextrin, Inulin, nicht Trehalose, Erythrit, arab. Gummi ; zum Teil natürlich nach vorheriger EnzyiuAvirkung. Die beiden andern sind, wie schon ihre Speciesnamen aussagen, Avählerisch, neben Traubenzucker auf Rohrzucker oder Milch- zucker abgestimmt.

Der Bacillus orthobutylicus vergor z. B. 2,4 g Glucose in 20 Tagen und lieferte dabei

0,842 g Buttersäure (normale),

0,264 Butylalkohol,

0,229 Essigsäure,

daneben AVasserstotf und Kohlensäure, die bei andauernder Gärung mehr und mehr zunahm, Avoraus Avohl folgt, dass die Gärprodnkte selbst noch Aveiter bis zu Kohlensäure zerspalten Averden.

Besonders ist noch ein anaerobes Clostridium mit Granulöse zu er- Avähneu, das zAvar keine Bnttersänre, aber doch auch einen Körper der Butylgruppe, Butylalkohol neben Kohlensäure und Wasserstoff aus Malz- zucker liefert. Die in Erde vorkommende Bakterie Avird von Beyerinck als Grannlobacter butylicus bezeichnet.

Buttersäure ist, AAÜe schon erAVähnt, auch ein häutiges Produkt der Fäulnis, ja es scheint sogar, dass manche Buttersäurebakterien auch saprogene Eigenschaften besitzen und das EiAveissmolekel angreifen

(Bacillus butyricus Hüppe’s), während andere, z. B. der Bacillus orthobutylicus aus Pepton allein, ohne besonderen Zusatz einer der oben genannten stickstofffreien Verbindungen keine Buttersäure bilden kann. Saure Milch verfällt beim längeren Stehen einer Buttersänregärung, die soAvohl den übrigen Milchzucker, als auch die Milchsäure ergreift. Rein tritt diese Wirkung der Buttersäurebakterien bei der Vergärung des milchsauren Kalkes hervor, Avobei die Buttersäure aus der Milch- säure entsteht. lieber die Beteiligung der Buttersäurebakterien an der Käsereifung siehe p. 114, über das Vorkommen dieser Anaeroben in der

118

Natur ]>. rJ9, eudlicli ve.rg’luicdie mau iiocli die Stickstoltassimilatiou durcli buttersä urebildeude Jtodeubakterieii (}). 98).

HL Neben der Buttersä uregäruiig- spielt aucli die aiiaerobe 8iiui])f- g’as- oder M (?tli aiig-är uu g- der Cellulose eine giusse Eolle bei der Vei’iiiclitiiiig' der cellulosereiclieii Pflaiizeiireste auf dem Boden von 8üss- Avasseransammlungen und des Meeres, im Mist. Auch im Darm der l^flanzenfresser und des Menschen entwickeln die Metlianbakterien ilire aufblähende Thätigkeit. Die Cellulose wird zunächst durch ein Enzym verzuckert (C^-Hi^O.-, + H20 = C(.H,.,0,5 ) und dann in Methan (CH^) und Kohlensäure, auch Nebenprodukte aus der Fettsäurereihe verg’oi'en. Mit 8tickstotf und Kohlensäure g’enieng’t steigt das Methan als Sumpfg'as empor, wenn man mit einem Stock in die fäulnis- und gärungsreichen Schichten von Teichschlamm einsticht.

jMethanbakterien scheint es auch eine grössere Zahl zu geben, so gehört sicherlich der Vibrio rugula (anaerob, mit Granulosereaktion) hierher, ferner wurde aus Kloakenschlamm ein zartes Stäbchen (anaerob, lebhaft beweglich, Plectridiiim) isoliert, das Filtrierpapier in kurzer Zeit in lebhafte Gärung versetzte. Das aufgeweichte Papier wird zunächst durchsichtig und schmierig und schliesslich fast vollständig gelöst.

IV. Der S chl eimgär ung verfallen sehr oft Wein, Bier, Milcli, sie werden schleimig und fädenziehend, „lang‘k Auch abgekochte Ge- müse werden schleimig. Wiederum sind Bakterien die Erzeuger diesei- Schleimgärung der Kohlehydrate , die als Hauptprodukt den Schleim liefert, ferner Kohlensäure und Wasserstoff und daneben die unvermeid- lichen Fettsäuren. Der Wasserstoff im Status nascens verbindet sich zu- weilen mit der Dextrose zu Mannit, der dann als Produkt dieser „Mannit- gärung“ erscheint. Der Schleim ist ein andren Pflanzenschleimen und den Gnmmiarten nahestehendes Kohlehydrat von der Zusammensetzung der Cellulose (CßHujOrJ und ist nicht in dem Sinne Produkt der Gärung wie Buttersäure, Milchsäure etc., die als unmittelbare Stoffwechselprodukte im Protoplasma der Gärungserreger entstehen. Der Schleim dagegen ist ein Produkt der Membran, die bei den Schleimbakterien sehr zur Gallert- bildung neigt und in dem Zncker von Wein, Bier, Milch reichliches Material zu ungewöhnlicher Schleimentwicklung zu finden scheint. Es würde verlohnen, die chemische Natur der unverschleimten inneren Membranschicht genau zu untersuchen, vielleicht bestehen sie aus einem Cellulose ähnlichen Kohlehydrat.

Die Zahl der Schleimbakterien ist schon recht gross geworden, denn die verschiedenen Zuckerarten sollen ihre besonderen Schleimbildner haben, so soll ein Bacillus viscosus sacchari nur rohrzuckerhaltige Flüssig- keiten „lang“ machen, ein andrer soll nur in sauren Traubenzuckerlösungen (Wein) gedeihen, ein dritter (lactici) Milchzucker verlangen.

V. B e s 0 n d e r e technische G ä r u n g e n. Sobald gäruugsfähiges Material im Grossen verarbeitet wird, ist auch die Gefahr gegeben, dass Gärungsbakterien sicli einnisten können. Aber ebenso ist auch für der- artige Betriebe anzunehmen, dass mancher Prozess, der, einmal einge- leitet, scheinbar von selbst weiterläuft und von Alters her ausgebeutet worden ist, der Thätigkeit von Bakterien zu danken ist. Ein Jeder wird sich ja selbst die Orte ausmalen können, avo der Bakteriologe solchen verkannten biocliemisclien Prozessen nachzuspüren hat; in einigen Fällen, z. B. für die Gerberei (Säuerung der Gerberbrühe) liegen ein- leitende Lhitersuchungen bereits vor. Einiges mag noch genauer erAvälint werden.

Die (TespiinistfaserpfDiiizeii, wie Flaclis, Hanf wei'deii zur He,- freiuiio' der Fa.^erii von den sie einliüllenden Geweben der so<>'. Ivös te ^') unterworfen, sie werden läno-ere Zeit in Wasser und fano-en an

zu g-ären. Das Gewebe lorkert sicdi liierbei duredi Lösung* dei‘ die Zellen als lUittellainelle der ^^^äude zusauinienlialtenden, kolileliydratäbnliclieu rektiustoffe (pektiusaui'er Falk) und kann nun leicht durch das Brecdien und Hecheln niechauisch von den Fasern ab^^’elöst werden. Bis jetzt ist genauer eine Bakterie bekannt, welche die Gärung der Pektinstotfe bei der Küste veranlasst, ein anaerobes, leicht sporenbihlendes Plectridinni (10 15 /< lang, 0,8 f-L breit), das mit Ammoniak als Stickstoffqnelle vor- lieb nimmt nml ans Lein, Birnen, Rüben bereitete Pektinstotfe vergärt. Cellulose und Gummi arabicum werden nicht angegriffen. Dagegen werden auch andere Kohlehydrate vergoren, wenn Pepton als Stickstoff- quelle geboten wird, lieber die Produkte der Pektinvergärung ist noch nichts mitgeteilt, es dürfte aber wahrscheinlich sein, dass es Kohlen- säure, Fettsäuren, wie bei anderen Gärungen sind. Eine Cellulose Ver- gärung, für welche man früher die Röste der Gespinnstpflanzen hielt, ist sie sicherlich nicht.

Die Gewinnung des Indigos beginnt ebenfalls mit einer

Bakteriengärung , der man die Indigopflanzen (Indigofera tinctoria etc.) in besonderen Cisternen unterwirft. Die Pflanze enthält ein Glycosid, das Indican, das bei 25—35'' in 8 15 Stunden durch die anaerob ver- laufende Gärung in Indigweiss und eine Zuckerart (ludigglucin) zerlegt wird. Nur an der Oberfläche der Gärungsküpen nimmt das grünlich-gelbe Wasser eine bläuliche Färbung durch Bildung von Indigblau an, das man durch „Schlagen“ der Flüssigkeit, also durch reichliche Berührung mit dem Sauerstoff der Luft, endlich allgemein erzeugt. Näher ist der Chemismus der Indigogärung noch nicht verfolgt. 'Man fand einen mit deutlicher Gallerthülle umgebenen kurzen Bacillus (indigogenus), ohne dessen Zuthun sterilisierte Extrakte aus Indigopflanzen keinen Farbstoff bildeten.

Auch in der Tabaksindust rie^®) spielen Bakteriengärungen eine grosse Rolle. Die getrockneten Blätter werden wieder angefeuchtet und in grossen Haufen „fermentiert“, vergoren, wobei die Kohlehydrate, das Nikotin und Pflanzensäuren teil^veise verarbeitet und in Kohlensäure, Buttersäure, Bernsteinsäure und noch unbekannte Stoffe, daneben auch „Aromastoffe“ zerlegt werden. Das Eiweiss der Tabaksblätter soll nicht angegriffen werden. Verschiedene Bakterien sind bereits aus gärenden Tabakshaufen isoliert Avorden, aus Havannatabaken andere als aus dem Pfälzer, so dass man mit gewissem Erfolg diese letzteren durch Havanua- bakterien zu veredeln vermochte. Ob es freilich ganz gelingen Avird, dem Pfälzerkraut den lieblichen Duft der Havanna durch Bakterien an- zugären, ist fraglich, da neben den zymogenen Aroniastoffen doch auch noch die des Krautes, des „GeAvächses“ in Rechnung zu bringen sind. Beispiele ähnlicher Art liefert die Veredelung minderw^ertiger Moste mit feinen Heferassen (Vorl. XIV).

Im Rübensaft von Z u c k e r f a b r i k e iL und auch in Zucker- rafflnerien flndet sich zuweilen als grosse Plage der sog. Froschlaichpilz (Leuconostoc mesenteroides, Fig. Ih d. pag. 10) ein, eine Bakterie der Schleimgärung. Sie Avii’d speziell als Dextrangärung bezeichnet, Aveil der in ungeheui’en Mengen sich bildende Schleim einem Kohlehydrat der Zuckerrübe, dem Dextran gleich sein soll, Avas noch Aveiterer 'Unter- suchung bedürftig erscheint. Bei optimaler Temperatur (30 35 ") Avächst

120

der Fi'osclilaiclipilz aiissei'ordentlic.li rascli, so diii’cliwiiclierte er in eiiieiii Falle einen Bottich mit 49 Hektoliter Melasse von 10 ‘7„ Zucker in 12 Stunden mul ei’füllte ilin mit seinen znsammenliän, senden froschlaicli- älinliclien Massen. Neben dem Schleim fand man wenig’ Milchsäure und Kohlensäni’e, tiefere Spaltungen grösseren Umfanges kommen nicht vor. Die Bakterie gehört zu den Kngelbakterien mit fest orientierten Teilnngs- ebenen und bildet nnverzweigte farblose Ketten , die in Gallerte einge- bettet sind wie die rosenkranzlörmigen blangrünen Fäden einer Nostoc (dabei- Leuconostoc) ; Arthrosporen, etwas vergrösserte, glänzende Zellen, sollen Vorkommen, sind aber zweifelhaft. Rohr- und Traubenzucker sind zur Schleimbildnng notwendig, auf Nährböden ohne diese Zuckerarten

wächst der Leuconostoc (Fig. Ih).

in gallertfreien Ketten wie ein Streptococcus

Bei der Brotbereitun g

hilfe von Mikroora’anismen

kann der Mensch auch nicht der Bei- entraten, durch die erst der ganze Zweck,

das nahrhafte Mehl schmackhaft und geniessbar zu machen, erreicht wird. Die Hefe, mit der der Teig versetzt und zum „Aufgehen“ ge- bracht wird, ist ein Gemisch von Sprosspilzen der Alkoholgärung und Bakterien verschiedener Art, die soAvohl durch Bildung von Säure (Milch- säure, Essigsäure etc.), als auch durch Enzyme, Verzuckerung der Stärke, in die alkoholische Brotgärung eiligreifen. 'Letztere erzeugt pro Kilo Brot circa 2,5 g Alkohol und 2,7 g Kohlensäure, durch die das Brot aufgelockert, blasig wird. Beim Backen wird das noch gesteigert durch die Ausdehnung der Kohlensäure, des Alkoholes, von Wasserdämpfen. Ein Teil der Gärungsprodukte ist auch noch im ausgebackenen Brote enthalten nnd trägt zu dessen Geschmack Avesentlich bei.

XIV.

Oie Bakterien und der Kreislauf der Koldensiiiire.

3. Die Hprosspilze und die alkoholische (järuiiJi;*. Theorie der (järmii:^ lind Anaerobiose. Schlnsshetrachtnng über den Kreislauf des Stick- stoffs lind der Kohlensäure.

Einige Bakterien bilden zwar ancli Aetli^dalkoliol (Bac. etliaceticiis), die allgemein verbreitete und tecliniscli bei der Wein- und Bierbereitnng, in der Brennerei verwendete Alk oliolgärnng wird aber durch andere niedere Organismen, die Sprosspilze^*''^) (Blastomy ceten, Saccharomy ceten), erregt. Der stets unbewegliche Yegetations- körper dieser Hefen im populären Sinne ist eine einzige Zelle, die aber Aveder Stäbchen- noch kugelförmig gestaltet ist, sondern ellipsoidisch, bald gestreckt, bald kurz ellipsoidisch oder eiförmig (Fig. 25). Die Form der Zellen dient Avesentlich mit zur Charakteristik der auch hier scliAver ab- grenzbaren Species und Bassen (p. 107, 123), erscheint aber bei flüchtiger Betrachtung Adel unregelmässiger als sie Avirklich ist, Avegen der eigen- artigen Yermehrungsart der Zellen, der sog. Sprossung. Nicht eine Teilung in zAvei gleich grosse Hältten Avie bei den Bakterien und den geAVöhnlichen GeAvebszellen der Pflanzen führt zur Yermehrung der Zellen, sondern es Avächst an einer beliebigen Stelle eine zunächst kleine Aus- stülpung kopfartig hervor, Avodurch schon das neue Bild (Fig. 25) einer ausgeAA^achsenen Hefezelle mit einem kleinen kugeligen Ansatz entsteht. Dieser schwillt mehr und mehr an und wird, noch lange bevor er zur Grösse der Mutterzelle sich ausgedehnt hat, durch eine Zelhvand von ihr abgetrennt und dadurch selbständig zur neuen Zellgeneration, die nun Aviedernm knospen und sprossen kann. Der Gegensatz gegenüber der Teilung ist sehr auffällig. Bei ihr entfällt auf jede Zelle der neuen Generation eine Hälfte der alten, die als solche authört zu bestehen. Bei der Sprossung dagegen löst sich nur ein junger AusavucIis von der alten Generation ab, die selbst Aveiter lebt und zahlreiche neue Knospen noch treiben kann. Auch die Sprossung geht schnell von statten , in 2 Stunden folgt eine neue, sodass auch die Hefezellen rasch sich ver- mehren, nur Avenig langsamer als die Bakterien. Wie liier die verschiedenen

(leiienitioiieii zu KeU.eii verbunden bleiben, so l)leil)en aiK'li die Spi’ossniig'en aneinander liän^-eii und bilden melir oder weni<,^er ansg-edelinte Spross- verbände (Fi^^’. 25). Diese sind al)e]‘ verzweigt, niclit bloss in dei- Ebene, sondern nnregelniässig ini Räume, da die nenen Sprossknosjien an jeder beliebigen Stelle der Zelle und ohne jede (jesetzinässigkeit lier- vortveten können. Sowohl nntergetanclit in Flüssigkeiten als an der Obertläclie entstehen derartige Sprossverbände, die ans kleinen und grossen,

Fig. 25. Saccharomyceten (Sprosspilze), a Saccharomyces cerevisiae Nr. I. 5 Sacch. Pasteurianus Nr. lll. c Sacch. ellipsoideus ( ^Vei^hefe) Nr. 1. SaCCh. ellipS. Nr. II. c und

/ Hautwuchs des SaCCh. eilipsoideus Nr. 1 e bei 34 20 oder G 7*’, /* bei 15 30** (Spross- ni}'celium). i/— /o Sporeiihaltige Zellen, <j Sacch. cerevisiae I, li Sacch. Pasteur. I. i u. ^•. Sacch. ellipSOid. 1 u. II. L Keimung von zwei freien Sporen des SaCCh Ludwigii bei 18 20*’ von links ab nach 18, 20, 26, 28, 29, 30 '/o und 33 Stunden. Alle Kulturen in Bierwürze, nach K. Chr. Hansen, Vergr. 1000.

ausgewachsenen und eben erst hervorgetriebenen jungen Sprösschen be- stehen. An der Obertläche breiten sich diese Sprossverbände oft zu

grösseren häutigen Ueberziigen (Kahmhant) ans. gleichzeitig strecken sich (lie Zellen oft etwas, wodurch das Ganze einen invcelartigen Habitus ( Fig. 25 e u. /’j bekommt (Sprossmy cel). Seiner Entstehnng nach bleibt es aber trotz aller Aehnlichkeit mit einem echten Pilznna'el ein Spross-

123

V

verbaud, eine Wurlisfonii. Die einzelne Hefe zelle ist von einer JMeinbran ninlüillt mul hat den üblichen protophisniatischen Inhalt, in den auch ein Zellkern eino-ebettet zu sein scheint. Klein sind auch die S[)rosspilze noch, aber doch gTösser Avie die Bakterien, unf>’efähr 8 10 // Durchmesser. Alle praktisch Avichtigen Hefen sind farblos und wachsen nach Bakterienart kultiviert, in Aveissen oder sclnvach gelblichen Kolonieen. Eine häufige Verunreinigung der Kultnrplatten Avird durch eine rosae Hefe (Saccharomyces glutinis) mit scliAvacher (lärkraft veranlasst, seltener

ist die scliAvarze Hefe.

Unter geAvissen Bedingungen (reichlichem Luftzutritt, Kultur auf feuchter Oberfläche, nicht untergetaucht, günstige Temperatur 25**) Averden auch Sporen gebildet dadurch, dass der Inhalt in mehrere getrennte Teile zerfällt, deren jeder sich mit eiiier Membran umgiebt und zur Spore Avird. Statt einer Endospore, Avie bei den Bakterien, Averden stets mehrere, meist 2—4 (1-10) in jeder Zelle erzeugt (Fig. 25 <7 k). Die Sporen besitzen erheblich geringere Widerstands- kraft (Tötungstemperatur 62 70** in 5 Min.) Avie Bakteriensporeu, sind sogleich keimfähig und bleiben es auch ausgetrocknet lange Zeit. Die keimende etAvas aufgescliAvollene Spore treibt sofort neue Sprossungen, nachdem die Sporenhaut abgeworfen worden ist (Fig. 25/). Von be- sonderer Bedeutung ist nach Hansens Untersuchungen die Sporenbildung und ihre x^bhängigkeit von der Tem])eratur für die Art- und Rassen- unterscheidung, freilich nur in der Hand des Erfahrenen, der alle Nebenumstände, die beschleunigen und hemmen können, zn Avürdigen ver- steht. Die Unterschiede äussern sich soAvohl in verschiedenem Optimum, als auch besonders Maximum der Sporenbildung ; für eine Oberhefe (Sacch. cerevisiae), zAvei Rassen einer Avilden Hefe (Sacch. Pasteurianus) aus Brauereiluft und eine Rasse der Weinhefe (Sacch. ellipsoideus) mögen folgende Zahlen angeführt Averden. xingegeben ist, in Avelcher Zeit die Sporenbildung Amllendet AAmr:

Tempe-

ratur

C.

S. cerevisiae

S. Paste

I.

urianus

II.

S. ellipsoideus.

37,5

keine Sporen

36-37

29 Std. Maximum

35

25 Std.

31,5

keine Sporen

36 std. IMaximum

30

20 Std. Optimum

30 Std. Maximum

27,5

24 Std. Optimum

34 Std. Maximum

25

23 Std.

25 Std. Optimum

21 Std. 0])timum

18

50 Std.

35 Std.

3() Std.

33 Std.

11—12

10 Tg’. Minimum

77 Std.

7

keine Sporen

7 Tage

7 Tage

11 Tg. Minimum

3—4

14 Tg. Minimum

17 Tg. Minimum

keine Sporen

Die Lage der Kardinalpunkte der d^emperatur ist in der Tabelle erAvähnt und es bedarf Avohl keines Aveiteren Himveises darauf, Avelche Avertvollen Mei’kmale hieraus sich entnehmen lassen. Noch subtilere Unter- schiede sind zu beachten, Avenn es um uaheverAvandte technische Rasseii sich handelt. Um sie sicher zu bestimmen, sind noch die Sprossungsform, die Gestalt der Zellen, die Kardinalpunkte der S])rossuiig, die Gärkraft, das Gärvermögen gegenüber den verschiedenen Zuckerarten, besonders

%

124

aii(*li den nalievei’wandten derselben clieinisdien (Inipi)e und vieles andere j^’enan festznstellen. Da sclion einig’e der natiirlicli vorkoninienden Hefe- rassen nicht zur Sporenlnldiin^i’ zu zwingen sind, ansclieinend oline diese iliren Del)enscyklns vollenden, so versnclite sie Hansen'"') bei anderen, gut sporenerzeugenden Rassen kiinstlicli zu unterdrücken durcli dasselbe Mittel, was auch asporogene Milzbrandbazillen lieterte fp. 27). diu-cli Uebersclireitung der Maxinialteni])ei‘atur. Die S])orenbildung blieb aus und trat aucli bei der AVeiterzüchtung in optimalen Verhältnissen nicht wdeder hervor, zugleich hatte die Gäi’kraft sich etwas geändert. AVar das epochemachende Experiment, was beim Milzbrand nur gelungen zu sein schien, liiei“ wirklich geglückt? Sporen lose A^arie täten von AVeinhefen gingen in Erde schon nach 1 Jahre zu Grunde, während die si)orenbildende sonst gleiche Rasse 3 Jahre dort zn leben vermag. Hieraus würde schon eine gewisse Degeneration der Sporenlosen sich er- geben, auch sind noch einige, nicdit mit wenigen AVorten zu erledigende Anzeigen dafür da, dass die neuen sporenfreien Rassen allgemein geschwächt sind, genau wie der asporogene Milzbrand. AA^^enn demnach eine künst- liche Züchtung von Rassen mit neuen morphologischen Eigenschaften (Sporenveiiust) bis jetzt noch nicht einwmrfsfrei gelungen ist, so ist es dagegen möglich, die physiologischen Eigenschaften, die Gärart zu beein- flussen, neue, haltbare Rassen zu ziehen, die mehr oder weniger Alkohol liefern und besonders auch die Nebeni)rodukte dei* Gärung in anderen Alischungsverhältnissen und sogar neue Nebenjirodukte erzeugen. Im Brauereigew'erbe"’'''i sind hunderte solcher Rassen allmählich entstanden und beeinflussen den spezifischen Geschmack der verschiedenen Bräue. Um diese AA'irkungen sicher zu erzielen und nach Belieben variieren zu können, hat man nach Hansens A^organge die Hefereinzucht eingeführt.

Auch die AVeiuhefen zerfallen in zahlreiche Rassen, last jede be- sondere Pflege hat ihre eigenen Rassen, die, wJe bei der Brauerei, durch Quantität des Alkoholes und der Nebenprodukte, besonders auch die sog. sekundären Bouquettstoffe (Gärungsbouquette) die einzelnen Marken er- zeugen helfen. Freilich giebt die Traube selbst wmhl den Ausschlag durch ATelerlei, nicht zuletzt durch die primären Bouquettstofle (Trauben- bouquett), die wie die sekundären zu den Estern, Verbindungen von organischen Säuren mit Alkoholen, gehören. So darf man auch von der A^eredelung mindeiAvertiger Moste durch reine Hefen '"^) aus besten Pflegen nicht zu viel erwairten, ein Aleissner Säuerling kann nicht durch Johannis- berghefe zum Kabinetswein aufgebessert Averden; ein wesentlicher Fort- schritt ist aber sicher durch die A'erwendung reiner Hefen von bekannter Gärart angebahnt. Bei der alten Art der A^Vinbereitnng verlässt man

auf die „von selbst“ im Most sich entAvickelnden Hefen, das sind diejenigen, die an den AVeinbeeren stets in grossen Alengen festsitzen, besonders an den ge])latzten und angefressenen sich schon am Stock vermehren und im ganzen Berge von W.spen Aveiter verschlei)]>t, geAvisser- maassen auf natürlichem AVege A^erim])ft Averden. Nach der Ernte bleiben unzählige Hefemengen im Berge zurück, sie überwJntern hier im Erd- boden. Soll mit reinen Hefen die Mostgärung durchgeführt Averden. so braucht man diese AVeinbergshefen nicht durch Kochen zu töten, es ge- nügt, eine grosse Menge der reinen Kultur dem Moste zuzusetzen und so eine Konkurrenz hervoi'zurufen, bei der fast ausnahmslos die minder- zähligen Berghefen unterliegen.

Der Sp e ciesbe griff ist für die Sprosspilze nicht anders zu fossen Avie für die Baktei'ien und alle andern Organismen, nur ist zu bedenken.

(lass S(^l{'lie alte Kultur, ^ewä(*lise wie AW,iu- und Hierliefe uuzälili^’e Rassen bilden nmssteu. So wird mau als iiaturliistoriscdie rasseiireiclie Species der Hier- und Hreimerei^’äruu^' aucdi heute uocli S acchur ouiy ces cereAMsiae iiebeu eiuig’eu audereu g’elteu lassen iiiüsseii, für die Weiii- liefe, den Saccli. e llii)soid e us, letzterer etwas sdiiualer und kleiner, als der erstere (Fig. '250, c und (/). Dazu Avürdeu noch eine grosse Zahl neuer Species koimueu.

Die eigeuartige Vermehruu.g durch Sprossung kennzeichnet die S])ross- l)ilze allein schon als eine Avohl abgrenzbare systematische (frnpi)e niedei-er Organismen, deren Selbständigkeit nicht hätte angezAveifelt Averden können, Avenn nicht die gleiche Sprossung noch bei andern Pilzen beobachtet Avorden Aväre In Mistdekokt ansgesäte Sporen der Brandpilze (Usti- higineen) keimen zunächst mit einem Avenigzelligen Keimschlancli, der bald seitliche Sprossungen treibt. Diese Sprosszellen (Sporidien) Amrmehren sich nun hier im Mistdekokt unausgesetzt durch Sprossung Aveiter, bilden Sprossverbände, die den echten Sprosshefen zum Verwechseln ähnlifdi sehen, aber keine alkoholische Gärung hervoiTufen können. Auch das vermögen, Avenii auch nur scliAvach, die sog. Mncorhefen, kugelige, durch Siirossnng sich vermehrende Zellen, in Avelche das fädige Mycelinm ge- wisser Schimmelpilze (Mncor raceniosns, erectns, circinelloides) zerfällt, Avenn es nntergetancht in zuckerhaltigen Nährlösungen kultiviert Avird. Kudlich vereinigen gewisse Ascomyceten (Exoasus) mit der Fdlhigkeit der Simossung eine Art der Sporenbildung (Ascosporen), die oberflächlich an die der Sprosspilze erinnert, indem Avie bei ihnen eine Anzahl Sporen in einer schlauchförmigen Zelle (Ascus) entstehen. Das schienen Gründe genug zu sein, um die Selbständigkeit der Sprosspilze anzuzAveifeln und in ihnen nur Abkömmlinge einer dieser höheren Pilzgruppen zu sehen, die nur die Fähigkeit, zu den höheren EntAvicklungsstufen ihrer Stamm- eltern aiiszuAAmchsen, verloren hätten. Denn eine echte Sprosshefe bildet immer nur Sprossverbände und Sporen, niemals etwas anderes und alle auch in neuerer Zeit Avieder auftauchenden Behauptungen, dass die Züchtung echter Alkoholhefen ans anderen Pilzformen gelungen sei, haben sich als IiTtum herausgestellt.

Auch zu einer phylogenetischen Ableitung der Sprosspilze von höheren Pilzen, die bald von den Mucorinen, bald von den Ustilagineen, bald und mit besonderer Vorliebe von den Exoasceen als rudimentäre Asco- myceten (daher Hefeascus für die sporenbildenden Zellen) A^ersucht Avird, scheint mir kein ausreichender Grund vorzuliegen. Denn die Sprossung bietet doch nur eine äussere Aehnlichkeit einer Vermehrungsart der Zelle, die unabhängig mehrmals sich ausgebildet haben kann. Es ist deshalb Avold ganz gerechtfertigt, die Sprosspilze als eine selbständige G r n p p e Jiiederer Organismen, die der S a c c h a r o niy c e t e n , aufzufassen.

Die S])rosshefen sind metatroph und verlangen die gleiche Ernährung Avie Adele Bakterien, als Stickstofüiuelle steht Pepton (dAenau, dann As- pamgin. aber selbst Ammonsalze genügen noch, als K(ddenstoff(|uelle dient das gärungsfähige Mateilal (Zuckerarten, nicht über 55 *V,„ Optimum 2 4 oder 20 25'Vo), das auch, Avenn es sich nur um die Kultur handelt, durch Glycerin oder Mannit ersetzt Averdeu kann. Die Reaktion der Lösung kann sauer, sogar ziemlich stark sauer sein, Avährend freies Al- kali hemmt. Durch diese Eigenschaft Avird es möglich, viele gerade ent- gegengesetzt sich A^erhaltende Bakterien einzuschränken und auch ganz fernzull alten (p. 115).

Unmittelbar gärungsfähig '*’*) sind nur die Monosaccharide, die ein-

126

faclieii Zuckei’ der Formel

'vie Glukose (Traubeiiziickerj und

F'ruktose (Grucditzucker), ferner Galaktose und andere. Eine feinere Ab- stnfiing der zalilreicben , in neuerer Zeit dargestellten Zuckerarten in Bezug- auf ihre Verg-äruugsfäliigkeit lässt sich auch aus den neueren An- sichten über den Aufbau dieser Zucker ableiten. Hierauf sei nur hin-

g-e wiesen.

Alle anderen zu den Pol.ysacchariden g-ehörig-en Zuckerarten, also die drei häufig*en Disaccharide Rohrzucker (Saccharose), Malz-

zucker (Maltose), Milchzucker (Lactose) werden nicht unmittelbar ver- goren, sondern erst durch Enzyme die die Sprosshefen selbst abscheiden, hydrolytisch in Monosaccharide gespalten. Die Bier- und Weinhefen verwandeln mit einem Enzym (Invertin) den Rohrzucker in Invertzucker (p. 106), mit einem andern (Maltase oder Hefeglukase) den Malzzucker in Glukose, können aber den Milchzucker nicht enzymatisch verarbeiten und daher auch nicht vergären. Andere Hefen, z. B. in den Kefir- köi-nern (p. 115) invertieren mit einem besonderen Enzym (Laktase) den Milchzucker. Jede Hefenart hat ihre besonderen enzymatischen Eigen- schaften.

Die nicht zuckerähnlichen Polysaccharide , wie Cellulose, Stärke, Dextrine und Gummiarten sind den Saccharomyceten überhaupt nicht zu- gänglich und müssen erst durch Enzyme anderer Herkunft verzuckert werden, z. B. bei der Bierbereitung die Stärke des Gerstenkornes durch dessen eigene Diastase zu Malzzucker.

Die zahlreichen Produkte, die neben Aethylalkohol und Kohlensäure als Hauptprodukten entstehen, mag folgende Gärungsanalyse ver- anschaulichen. Fis waren aus 1000 g Traubenzucker- durch eine Wein- hefe, freilich keine Reinkultur nach heutigen Begriffen, gebildet worden :

Spuren

'506,15

0,02

0,015

0,51

0,02

1,58

21,2

2,05

4,52

oder circa:

506

30

Aldehyd g Aethylalkohol,

normaler Propylalkohol, Isobutylalkohol,

,, Amylalkohol,

Genau thylätlier,

Isobutylenglycol,

Glycerin,

Essigsäure,

Bernsteinsäure

g Alkohol,

Nebenprodukte,

dazu schätzungsweise 450 g Kohlensäure. Ungefähr 1 7o ^^es Zuckers waren zur Idrnälirung der Hefe aufgewendet worden. Unter den Neben- ])rodukten tritt Glycerin mit über 2"/„ hervor, seine ^lenge im Weine ist von grösserem Einfluss auf den Wohlgeschmack, als man zunächst vermuten möchte. Ihm schliesst sich Flssigsäure und Bernsteinsäure an. A\4r haben freilich hier nur einen Speziallfall vor uns, der für andere FJllle nicht als Norm gelten kann, da besonders die Nebenprodukte bei den verschiedenen technischen Gärungen (inantitativ und ([ualitativ sehr wechseln. Bei der Brennerei entstehen noch höhere Alkohole (Fhiselöle) als im obigen Beisidel, bei der A\'eingäi-ung so g(*ringe Mengen der Bomiuettstoffe (Ester), dass ihr Naclnveis und ilire Isolierung nicht

127

möo’licli ist. Und doch sind o-emde die Boiiqiietstoffe der Gäniii«’ und der ^rraube schon in lioni()0])atliisclien Verdünn nng'en inassgebeiid für den Geschmack und Duft, die J^lume des Weines.

Die Gärung' schliesst ab, sobald sämtlicher Zucker verarbeitet ist, nur darf der Alkoholgehalt nicht über 12 14*’/,, ansteig’en, sonst steht die Gärung' still, bevor aller Zucker zeileg't ist. Die alkoholische Flüssig- keit bleibt süss, Avie viele südlichen Weine, die allerdings zu grösserer Haltbarkeit noch mit Alkohol versetzt werden. (?)

Die alkoholische Gärung (Optimum 25-80**, Minimum gegen 0*’, Maximum circa 58'*) kann aerob und anaerob verlaufen, im ersten Falle, bei Luftzutritt vermehren sich die Hefezelleii ausserordentlich stark, ihre Gär kraft aber, d. h. die Zuckernienge, die in der Zeitein- heit von der Hefeeinheit vergoren Avird, ist gering. Umgekehrt steigert Sauei’stotfmangel die Gärkraft, setzt aber die Wachstnmsgeschwindigkeit herab. Um 800 ccm Most ganz zu vergären, Avaren 28 Tage erforder- lich, gleichviel ob mit oder ohne Luftzutritt, aber die Zahl der Hefe- zellen, die das geleistet hatte, Avar sehr ungleich. Bei Durchlüftung ent- hielt 1 ccm des ausgegoreneii Mostes 4454800 Zellen, bei Luftabschluss nur 50160 von entsprechend AÜel grösserer GärAvirkung.^"^)

Die technischen Gänmgen (Wein, Bier, Brennerei) verlaufen alle anaerob, cleiin Avenu auch anfangs Luft in der Flüssigkeit euthalteu ist und frei hinzutveteu kann, so Avird sie doch bald zum Wachstum der Hefezellen verbraucht, die entstehende Kohlensäure lagert sich über die gärende Masse und sperrt sie gänzlich gegen .die Luft ab. Die Hefe- zellen entfalten demnacli das Maximum ihrer Gärkraft und liehst viel Alkohol. Wünscht man, Avie in den Hefefabriken,

geben

niog-

zu

geAVimieu ,

aus einer so hat mau

gegebenen Zuckermenge möglichst viel Hefe für ausreichende Durchlüftung zu sorgen.

Eine theoretische Erklärung der Gärung und Fäulnis**'^*) scheint auf den ersten Blick die Thatsache zu bieten, dass viele Gärungen an aerob, bei Luftabschluss verlaufen. Aber selbst Avenn man die sog. Oxydationsgärungen, Avie die Essigbildung, die nur aerob sich vollziehen können, ausscheidet, so sind doch auch nicht alle Spaltungsgärungen an- aerobe Prozesse. Streng anaerob verlaufen die meisten Buttersäure- gärungen, die Methangärung, auch die alkoholische Gärung findet bei Wein- und Bierbereitung vonviegend ohne Luftzutritt statt und erreicht nur so ihren höchsten Wert, vermag aber auch bei reichlicher Durch- lüftung der gärenden Flüssigkeit nur etAvas langsamer sich abzuspielen. So ist die alkoholische Gärung, Avie viele andere Spaltungsgärungen nur als fakultativ auaerob zu bezeichneu, d. h. sie kann mit und ohne Luft- zutritt vor

sich gehen.

Man hat zum Verständnis dieser Erscheinung an die sog. intra- molekulare Atmung der Tiere und höheren Pflanzen angeknüpft, die im sauerstoflfreien Raume, z. B. in Wasserstoff, Kohlensäure ausscheideu und in den GeAveben auch etwas Alkohol bilden, freilich nur kurze Zeit und dann absterben. So schien es, als ob aller lebenden Substanz die Fähig- keit zukäme, fakultativ ohne Sauerstoff zu leben und dabei das Atmungs- matei'ial (Kohlehydrate, vielleicht aucli EiAveiss) in ähnlicher Weise zu spalten Avie z. B. die Sprosshefe, deren Gärkraft nur ein gesteigertes und andauerndes Vermögen zu intramolekularer Atmung sein Avürde. I )er Name intramolekulare Atmung sollte andeuten, dass Avie bei normaler Atmung PO., ausgeschieden Avürde, das Behvort in t]*am o lekul ar sollte an- deuten, dass der Sauerstoff hierbei nicht der Atmosphäre entnommen.

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sondern ans znsannneng-esetzten Molekeln, z. Ik des Zuckers, lierans- ,i>'erissen würde. wol)ei dieser selbst in die Gärungsprodukte zerfiele. Es finden ja bei sobdien anaeroben Gärungen, z. B. bei Buttersäuregärung, in der Tliat starke Keduktionen statt, es entsteht freier Wasserstoff, der zugesetzte organische Farbstoffe, z. Ik Indigo, Laknius, Methylenblau ent- färl)t, in ihre gewöhnlicdi uni 2H reicheren Leukokörjier verwandelt. Solche entfärbte Gärnngsffüssigkeiten werden beim Zutritt der ljuft wieder oxydiert, färben sich von neuem blau, zum Zeichen dafür, dass die Farb- stoffe selbst keine tieferen Zersetzungen erfahren haben, als die An- gliederung von nascierendem Wasserstoff, der bei der Zertrümmerung tler Molekel des Gärmateriales entstand. Ob er hierbei wirklich da- durch frei wird, dass die Gärungsorganismen dem Molekel Sauerstoff ent- reissen, oder ob durch Spaltungen uns unbekannter Art, die nur das lebende Protoplasma herbeizuführen vermag, das entzieht sich unserer Kenntnis. So würde schon hieraus sich ergeben, dass Pasteurs Theorie der Gärung, die sog. Sauerstoffentziehungstheori e, die in dem Satze gipfelt „Gärung ist Leben ohne Sauerstoff“, nicht mehr ganz den Thatsacheu entspricht. Da aber anderseits die Gärung, auch die alkoholische, durchaus nicht an das Fehlen des Sauerstoffs gebunden ist, so ergiebt sich hieraus ein weiterer Einwand gegen Pasteurs Theorie und gegen die Deutung dei’ Gärung als einer intramolekularen Atmung im obigen Sinne. Schon vor Pasteurs Hypothese war von Traube (1858) eine andere Erklärung gegeben Avorden, die Enzym theorie. Die Gärungsorganismen sollten besondere Enzyme ausscheiden, die die Spaltung des Gärmateriales bewirken sollten. Eine solche däieorie war nur möglich, so lange man nicht Avusste, dass z. B. bei der Alkoholgärung eine grosse IVIenge von Nebenprodukten entstehen, so lange man glaubte, der Vorgang vollziehe sich glatt nach der Formel

CcHi.Oß = 2aH«0 + 2 00.,.

Da es nun aber niemals gelingen wollte, aus den Sprosshefen ein solches Enzym zu isolieren, da ausserdem die Nebenprodukte bekannt Avurden, so Avar für die alkoholische Gärung und alle anderen Gärungen mit Nebenprodukten auch diese Enzymtheorie aufzugeben.^ " ) Nur für die Fäulnis des Harnstoffes, die ja glatt und nebenproduktlos nach der (fleichung

NH.

CO + 2H.>0 = (NHJaCO,

NH.

als Hydrol^'se, ähnlich anderen Enzym Avirkungen verläuft, Avar ein Enzym zu vermuten. In der That ist es gelungen, ein solches als Urase"-) bezeichnetes Enzym von freilich grosser Unbeständigkeit nachzuAveisen und zu isolieren. Dass Enzyme fast stets in Gärungsprozesse eingreifen, ist ja zweifellos, es handelt sich aber nur um vorbereitende Veränderungen, Avie bei der Inversion des Eohrzuckers und Malzzuckers durch die Spross- hefe, bei der Peptonisierung des EiAveisses durch Fäulnisbakterien. Die Gärung selbst mit ihren vielen Nebeni)rodukten ist durch EnzyniAvirkung nicht zu erklären.

Auf ganz anderem WTge versuchte Naeueiu (1879) mit seiner mole- knlar-physikalischen Tlieorie die Gärung zu erklären. Nach ihm vollzieht sich der Prozess extracellulär, durch üebertragung von IMole- kularscFAA’ingungen des lebenden Protoi>lasmas auf das Gärmatculal, AATidurch

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dieses in starke molekulare Heweg’ung’en versetzt werde und aussei'liall) der Zellen in die (TÜrprodiikte zerfalle. Dieser zunächst sein- g'e- fällio’en Theorie steht aber wohl schon das eine Bedenken entgeo^en, dass die niolekularen Schwingungen des Protoplasmas durch die stai’re Haut der Hefezelle jedenfalls sehr stark abgeschwäc-lit werden. Frei- li(*h lässt sich mit Avenigeu Worten diese Theorie nicht widerlegen, wie j(‘de Erklärung, die auf das rein hyi)otlietische Dehiet der Molekular- physiologie iibergreift. Dem i)hysiologischen oder biochemischen Charakter aller Gärungs- und Fäulniserscheinungen, d. h. ihrem Gebundenseiii an die Thätigkeit lebender Wesen, entst)richt wohl am besten die Stoff- wechseltheorie, die den Spaltungsprozess in den Zellleib der Gärungs- organismeu verlegt. Sie haben besondere, anderen Organismen nicht zu- kommende Eigenschaften und durch diese allein werden sie befähigt, an Orten in der Natur zu leben, die eine Verbrennung des Nährmaterials bis zu Kohlensäure und AVasser nicht gestatten. Es würden das also alle jene Stellen sein, zu denen der freie Sauerstoff der Luft keinen Zutritt hat, z. B. die an organischen Stoffen reichen tiefen Schlammschichten auf dem Grunde von Teichen und Tümpeln, das Innere faulender Kadaver, der Darminhalt, die inneren Schichten der Misthaufen, kui’z alle jene Stellen, wo Gärung und Fäulnis anaerob verläuft. Die Energie, die alle höheren Tiere und Pflanzen durch die Atmung gewinnen, wird hier durch eine weniger tiefe Zerspaltung der Molekeln erlangt und die grössere Menge der mit kleinerem Energiegewinn zersetzten Molekeln ersetzt den grösseren Gewinn bei der tief eingreifenden Veratmung geringer Mengen. So bleiben bei allen Gärungen noch Köri)er mit hoher Verbrennungs wärme zurück, Alkohol 3246 Kalor., Buttersäure 3679.

Der Grad der Anpassung, wenn man das AVort gern hört, an solche sauerstofflose AA^ohnorte ist bei den verschiedenen Gärungsorganismen ver- schieden. Die einen, z. B. die Buttersäurebakterien, die Methanbakterien sind die vollkommensten ihrer Art, sie haben sich das Leben mit Sauer- stoff’ und die Atmung ganz abgewöhnt, sie sind streng anaerob, andere, wie die Alkoholhefen, die Milchsäurebakterien und alle anderen Erreger von Spaltungsgärungen und der Fäulnis sind nur fakultativ anaerob, sie sind noch nicht ganz entwöhnt vom Sauerstoff, der für sie noch nicht zum Gift geworden ist. Auch bei seiner Anwesenheit können sie die hesondere Eigenschaft ihrer Protoplasmen äiissern, das organische Molekel von hoher A^erbrennuiigswärme mit bescheidenem Energiegewinn zu zer- legen, zugleich aber veratmen sie auch einen Teil davon, denn die Alkohol- hefe atmet neben ihrer Gärwirkung bei Luftzutritt zweifellos, bildet mehr Kohlensäure, als dem Alkohol entspricht. Vielleicht ist hierauf sogar das schnelle AA^achstum bei Durchlüftung zurückzuführen, weil der grössere Energiegewinn aus der Verbrennung des Zuckers zu Kohlensäure und Wasser auch eine grössere ßetriebskraft für den Aufbau neuer Zell- substanz liefert. Fällt die Atmung weg, so bleibt nur die andere Art der Energiebefreiung übrig, und da schwer ein vollkommener Ersatz ge- schaffen, also nicht die gleiche Betriebskraft wie bei aerobem Leben ge- wonnen werden kann, so sinkt das Wachstum herab. Auf diese wenigen Bemerkungen, die nur zu einer vorläufigen Orientierung über das schwierige Problem dienen sollen, müssen wir uns hier beschränken. Nur noch ein Wort über die Nebenprodukte, die bis zu Kohlensäure, AAhasserstoff, bei der Fäulnis Ammoniak, freiem Stickstoff hembgehen, also Kör[)ern mit geringer potentieller Energie. Sieht man genau zu, so findet man eine ganze Stufenleiter von dem Hauptprodukt der Gärung mit

9

A. Fi.sclior, Vorlesungen über Bakterien.

liolier Verbremiuiigswävine bis lieral) zu den g-eiiainiteii. Es liegt die Venmitiing wohl nicht allziifeni, dass das Haiii)T,))rodukt selbst laiigsaiii weiter verarbeitet wird und daun auch die Nebenprodukte mit hölierer Verbrenn uug’swärme, sodass stets in jeder Zelle des (lärungserregers zahl- reiche Prozesse neben- und durcheinander herlaufeig alle charakterisiert dadurch, dass ein Stotf nur sta hei weise in einfachei*e zerlegt, seine potentielle Energie ganz allmählich abgezapft wird. Die Folge davon würden die Nebenprodukte der Gärung sein.

Das Bild, welches in den letzten fünf Vorlesungen über das Ein- greifen der Bakterien in den Kreislauf des Stickstohs und der Kohlen- säure entworfen wurde, würde unvollständig sein und zu fälschen An- nahmen führen, wenn der Anteil nicht erwähnt würde, den zahlreiche andere niedere Organismen an der Verarbeitung abgestorbener Tier- und Phanzenkörper haben. Dass mau gerade über die Leistungen der Bak- terien so gut unteniclitet ist, erklärt sich aus den Interessen der Medizin, die zu so gründlicher und allseitiger Erforschung der Bakterien anregten. Es erklärt sich auch daraus, dass die technischen Gärungen vorwiegend durch Bakterien bewirkt werden. Kaum zu zweifeln ist daran, dass aucli zahlreiche andere Protozoen (Infusorien, Flagellaten, Amöben etc.), die ja an Orten der Fäulnis und Gärung sich in ungezählten Scharen ein- hnden, hier nicht bloss saprophil leben, sondern selbst an der Zerstörung der organischen Substanz mitarbeiten, in den Kreislauf von Stickstoff und Kohlensäure eingreifen. Erforscht ist davon freilich noch nichts. Auch darf nicht ükersehen werden, dass Schimmelpilze und alle anderen Pilze bis hinauf zum Steinpilz nur von vergehender organischer Substanz leben und so mindestens durch deren teilweise Veratmung den Kreislauf der Kohlensäure beschleunigen, ausserdem die schwerer vergängliche Sub- stanz in leichter zerstörbare Pilzmassen überführen. Still und unscheinbar vollzieht sich die Arbeit der winzigen Pyrenomyceten, die nicht zu unter- schätzen sind. Keinen abgestorbenen Ast auf dem Boden des Waldes, kein vertrocknetes Kraut wird man vergebens nach den kleinen Früchten der Pyrenom3^ceten untersuchen. Schliesslich fällen aber alle diese Pilze doch der Fäulnis anheim.

So könnte es scheinen, als ob allmählich die Erde an Bakterien er- sticken müsste. Jede Bakterienzelle lebt aber nur bestimmte Zeit und kann nur eine, wenn auch grosse, aber doch beschränkte Zahl von Nach- kommen hinterlassen, die schliesslich selbst absterben und von ihresgleichen für einen neuen Kreislauf der Kohlensäure und des Stickstoffs aufgearbeitet werden. Ein guter Teil der Bakterien dient anderen Protozoen, wie Infusoi’ien und Amöben, die oft vollgestopft damit sind, als Nahrung und wird so vernichtet.

XV.

Die Hakteiieii als Ki'anklieitserr

1. Pflaiizeuliraiiklieiteii; liariiilose Afterinieter des Menschen ; pathogene Bakterien; Intektionsqnellen und Invasionsstellen.

Abgesehen von den Kn()llelienbakteri(Mi, deren sonderbare Bezielinngen zu den Leguminosen bereits früher (Vorl. X) geschildert wurden, ist kein einziges Beispiel dafür, dass Bakterien in den geschlossenen, lebenden Zellen einer Pflanze sich einnisten können, bis jetzt bekannt geAvorden. Die unverletzte Pflanze steht mit der Aussen weit nur durch die Spalt- (ittiuingen in oifener Verbindung, die selbst sich darauf beschränkt, dass das gegen die Zellen ganz abgeschlossene System der Infterfüllten Inter- cellnlarräiime mit der Anssenlnft kommuniziert. Wenn durch den Wind oder durch Regen Bakterienkeime in die Spaltöttnungen geführt werden, so gelangen sie von hier ans nur in diese Intercellnlärränme, wo ihnen ausser dampfgesättigter Luft nichts Aveiter geboten Avird, avo alle Nähr- stoffe fehlen, ohne die keine Bakterienspore auskeimt, keine Bakterienzelle sich vermehrt. Selbst Avenn auch solche Bakterien, die Cellulose lösen können (Methanbakterien), in die Intercellnlärränme gebracht Averden, so können sie sich doch hier nicht ernähren und ihre Eigenschaft, die Zell- Avand anfznlösen, entfalten. Mit Erfolg vermögen deshalb in die Pflanze nur solche Organismen parasitisch einzudringen, deren Keime soviel Nährstofle mit auf den Weg bekommen haben, dass sie auch in reinem Wasser anskeimen, den Nahrungsmangel, der sie zuerst trifft, übenvinden lind ihre Angriffe auf die schützenden Zelhvände auf eigene Kosten er- öffnen können. Das ist erfüllt bei den Sporen der parasitischen Pilze, die mit ihren Reservestoflen einen Keimschlanch treiben, der nun un- mittelbar die Epidermis der Pflanze durchbohrt (Kartoffelpilz, Phytophthora infestans) oder durch eine Spaltöffiinng (Rostpilze) zunächst in das Inter- cellnlarsystem eindringt und von hier ans, die Zellwände durchsetzend, in die Zellen hineiiiAvnchert oder in sie docli wenigstens besondere Seiten- zAveiglein seines Mycelinms als Sangfortsätze (Hanstorien) entsendet. Alle diese Fähigkeiten fehlen den Bakterien, gegen die eine unverletzte Pflanze vollkommen geschützt ist. Aber auch die verAvnndete Pflanze

9*

würde mir in den ,<>’eöifneten, verletzten. Zellen Nälir.stolfe fiii’ Bnkterien darbieten, eine Quelle, die bald dadurch abg’escdinitten wird, dass unter der AViinddäclie eine nndnivlilässi^’e Korkschiclit (AVnndkorkj entsteht, die jeden weiteren 8äfteaiistritt ans der Wunde verhindert. Die AVnnde bleibt nicht feucht, die verletzten Zellen schrninpfen und trocknen ein lind damit ist den Bakterien der Eingang- genau so vers]»errt wie an der nnverletzten Pflanze. Bir drohen deinnach auch keine AVnnd- infektionskrankheiten durch Bakterien, deren A\"eiterverschle])i)iing in der Phaiize gleichfalls iinniöglich ist. Nach alledem ist der Erfolg einer Injektion von Bakterien, auch für Tiere und MenscBen pathogenen, in die lebende Pflanze leicht vorauszusagen: keine Entwicklung in den Inter- cellularräiimen, vielleicht eine ganz geringe, bald erlöschende Vermehrung an grossen Wunclflächen. . Die Versuche sind genau so ausgefallen und bedürfen keiner weiteren Besprechung.'^") Dennoch tauchen immer und immer wieder Beschreibungen neuer, durch Bakterien hervorgerufener Pflanzenkrankheiten auf, freilich oft was für Beschreibungen und Avas für kritiklose Versuche. Dass in kranken Pflanzen Bakterien oft in Un- mengen sich finden, ist sicher, sie lialien sich aber hier stets nur meta- troph auf dem durch echte Pilze zerklüfteten und zersetzten Gewebe angesiedelt und helfen nun allerdings an dem Aveiteren ZerstörungSAverk, können auch dem Aveiteren Verlaufe der Krankheit ein besonderes Ge- präge verleihen. Die ersten Angrifte auf die Pflanze müssen aber, von anderen Schädigungen Avie Frost, Tiere etc. abgesehen, durch die Pilze geschehen, nicht bloss bei Erkrankungen intakter Pflanzen, sondern auch bei Wundinfektionen, die oft durch Pilze sehr sich ausdelineii und zu unheilbaren Schäden Averden. Von der Gommose bacillaire des Wein- stockes bis zum Schorf der Kartoffel sind alle sog. Bakt er lösen der Pflanzen anderen Ursprungs, die Bakterien nur metatrophe Verun- reinigungen, nicht selbsterobernde Parasiten.

Pein metatroph leben Bakterien auch auf insektenfressenden Pflanzen (Pinguicula, Drosera, Nepenthes), die bekanntlich kleine, mit besonderen Einrichtungen eingefangene und festgehaltene Insekten verdauen und deren Lösungsprodukte in sich aufnehinen. Da die insektivoren Organe, Avie die Blätter der Pinguicula, die Kannen der Neiienthes nicht abge- schlossen gegen die AusseuAvelt sind und sein können, so Averden durch den Wind und durch Tiere Bakterienkeime auch hierher gebracht und es Aväre Avimderbar, Avenn diese an solchen saft- und iiahrungsreichen Stellen sich nicht vermehren und von den Verdauungsprodukten des gefangenen Tierchens zehren Avürden. Mau hat auch hier eine Symbiose vermutet, die Bakterien, die ja auch mit peptonisierenden Eigenschaften ausgestattet sind, sollten unentbehrlich sein für die Auflösung der Beute. Genaue AbAvägung der Verhältnisse hat dieses neue SymbioseAvunder nicht be- stätigen können. Ob die Stäbchenbakterien in den Schuppenhöhlen der SchuppeiiAvurz (Lathraea), deren Kopfhaare oft dicht damit gespickt sind, auch nur metatroph sich festsetzen, bedarf noch Aveiterer Unter- suchung.^^''')

Bakterienkrankheiteu niederer Tiere sind noch Avenig bekannt, geAviss aber sehr häufig; die sog. Eaulbrut der Bienen, die von Pastecu erforschte Schlafsucht der Seidenraupen gehören hierher, ein Bacterium ranicidum, für Frösche und Fische pathogen, Aväre noch zu erAvähnen."")

Das Hauptinteresse konzentriert sich begreiflicher Mäuse auf das Verhalten der Bakterien zum Menschen und den Sänge tiereii. Da die Bakterienkrankheiten beider in allen ihren Avesentlicheii Eigenschaften

und Krsclieiimu,£>’eii übereinstimmen, so soll iiii Fol^’ornleii nur der Mens(di als \Mrt patliog’ener Bakterien berücksichtigt werden.

Viele Krankheiten sind Menschen und liöheren Säugetieren geniein- sam, ganz ohne Wirkung auf das eine oder andere Versuchstier ist auch keiner der ihr Menschen specihschen Krankheitserreger. Die Wissenschaft besitzt hierin ein nneiitbehrliches Hilfsmittel für das Stndinm der Krankheiten, den Tierversuch, die experimentelle Hervorriifnng einer Krankheit durch Einfnhrnng der rein gezüchteten pathogenen Bakterien. Die ganze Fülle unseres Wissens über diese Organismen, die Seruni- therapie und das Tnberknlin fassen auf dem Tierexperiment.

Jeder, auch der gesündeste Mensch schleppt stets eine Unzahl von metatrophen Bakterien mit sich hemm, harmlose Aftermieter, die alle von aussen zugänglichen Höhlungen des Körpers beAVohnen. Auf den Schleimhäuten und der durch Sekrete feuchten Oberfläche der Mund- nnd Nasenhöhle, der weiblichen Geschlechtsorgane " ^) , im Darm findet sich stets eine reiche Vegetation metatropher Bakterien, die nur von den ansgeschiedeneii Stötten leben, nicht in die Gewebe eindringen, und in jeder der genannten Höhlungen eine von der Beschattenheit des Sekretes, von der dargebotenen Nahrnng abhängige und wohl bestimmte Lokal- flora znsammensetzen. Einige Formen sind konstante Bewohner, andere sind bald häufiger, bald seltener, dei‘ Platz ist aber stets besetzt durch diejenigen metatrophen, die sich am Avolilsten hier befinden und gewissermaassen einen Schutz gegen die Einnistung anderer, vielleicht pathogener, geAvähren. Auch die trockene Haut der Körperoberfläche ist stets durch entwicklungsfähige Keime von Bakterien verunreinigt, deren Qualität in erster Linie natürlich von der Beschäftigung des betrettenden Individnnms, deren Quantität von seiner Peinlichkeit abhängt.

Sehr reichhaltig ist die Bakterienflora der Mnndschleim- h a nt n n d der Z ä h n e ^ ^ ^), gegen 50 Arten sind hier schon gefunden Avorden, viele davon nnr als zufällige Passagiere, einige als specifische MnndbeAVohner, deren Hanptformen bereits Leeitavenhoek (Fig. 1, p. 1) zu unterscheiden vermochte. Früher fasste man alle diese nie fehlenden, durch Peinlichkeit allerdings auf ein Minimum znrückdrängbaren Formen unter dem Namen der L e p t o t h r i x b n c c a 1 i s zusammen, eine hochpleo- morphe Art, da alle Kugeln, kurzen und langen Stäbchen, Vibrionen und Spirillen nnr als EntAvicklnngsstnfen der längeren, ans Speiseresten hervor- sprossenden Fadeubüschel, der Leptothrixfäden, angesehen Avnrden. Diese Anffassnng ist anfgegeben Avorden, der Name Lephothrix bnccalis hat nnr noch den Wert eines Trivialnamen für die gesamte Mnndflora (Fig. 26«).

Einige der jetzt als besondere iVrten anfgefassten Bakterien geben Grannlosereaktion , so die dicken, oft zu fädigen Ketten verbundenen Stäbchen des B a c i 1 1 n s in a x i m n s bnccalis (Fig. 26 d\ auch eine Kngel- bakterie (Jodococcns). Andere, Avie die dünnen Ketten der Leptothrix innominata, der dem Choleravibrio ähnliche Vibrio bnccalis (Fig. 26//), die zarte, geschlängelte Spirochaete deutinni (Fig. 26 /j färben sich mit Jod gell). Die Peinknltnr der Mnndbakterien ist noch nicht dnrcliAveg geglückt, auch der nie fehlende und typische Bacillus maximns bnccalis ist noch nicht rein kultiviert. Die biochemischen Leistungen der einzelnen Arten sind deshalb auch nocli nicht erforscht, sicher ist, dass das bunte Gemenge ans den Speiseresten Milchsäure und andere Säuren bildet, durch die dei* Zahnschmelz stellemveisi' entkalkt Avird. Jetzt ist der W'Tg ins Innere des Zahnes erfltthet, die Bakterien bohren sich durch ihre Säure immer tiefer in die Zahnkanälchen (Fig. 26 /Q ein, Avie die Flechte

134

in das Ivalkoesteiii, liölileii (Um Zaliii melir oder weiiig’ei’ aus und iiiaclieii ihn l)randig, vernie.liten teilweise aiicli seine organisclie Substanz. Folgende Analyse giebt liierril)er die nötige Auskunft:

187,2 Kubikinill. gesundes Dentin 187,2 cariöses

Verlust

Gewicht . Kalk organische Stotfe

ö lu 8 /()

0,36 g 0,26 72 \ 0,1 28 'V,

0,08 0,02 26 ‘Vo 0,06 74 'Vo

0,28 g 0,24 0,04.

Der Verlust an Kalksalzen durch die Säure der Mundl)akterieii beträgt also 92 ^/o, der au organischen Stoffen 40 '7,,.

Zerstöruiiffswerk der Mund-

Die Zahncaries ist das

gemeinsame

bakteriell, unter deiieii keine als der spezifische Erreger sich bezeichnen lässt. Nicht als eine echte Krankheit, nur als unabweisbare Folge der selbst uiiausbleiblichen Vermehrung aller der Bakterien, die mit Speise und Trauk täglich den Mund passieren, ist die Zahncaries aufzufasseii. AVoher die typischen Muiidbewohiier freilich kommen, ist noch nicht festgestellt.

Fig. 2G. Bakterien der Mundhöhle und der Zähne. Bakterienhaufen (nach Miller). h Zahnbeinkanälchen teils mit Kokken, teils mit Stäbchen vollgestopft und erweitert (nach Miller), c Spirillum sputigenum. d Bacillus maxim. buccalis,

mit Granulosereaktion. e Kokken, f SpirO-

chaete dentium ^ Vibrio buccalis. A Stäb- chen , wahrscheinlich Milchsäurebakterien (Bac. acidi lactici). Vergr. a circa 250, b 400, c h circa 1200.

denn der der Kultur bis jetzt trotzende Bacillus maxinius buccalis z. B. ist ausserhalb des Körpers noch nicht gefunden worden. Dass er von jeher wohl ein Begleiter des Menschen gewesen ist, beweist die Unfer- suchung ägyptischer Mumien, die schon dieselben Bakterien in den hohlen Zähnen haben, wie wir heute noch.

Der gesunde Magen ist infolge der säuern Eeaktion des Magen- saftes nicht geeignet zur Entwicklung einer regulären Lokalfiora, Avohl aber gestattet der erkrankte die Vermehrung der mit der Nahrung auf- genomnienen Arten. Nicht selten entwickeln sich dann die in jedem Wasser, auch gutem Leitungswasser, nie fehlenden Sarcinen, bald färb-

lose, bald g'elbe Arten, die man friilier als eine besondere, leicht [)atliog’ene Art, Sarc.ina venti-icnli anffasste.

Kine reiclie Brutstätte ITir Bakterien aller Art, aerobe und anaerobe, Gärnng’s- und Fänlnisbakterien ist der Inhalt des Darmes, Der frische Mensclienkot enthält 75'*/,) Wasser und vielleiclit 1 'V„o Bakterien, viele Sporen aller Grössen, verschiedene Stäbchen, auch zahlreiche leicht erkennbare, hernntergesclilnckte Individuen des Bacillus maximns bnccalis lind vieles andere. Man hat berechnet, dass ein Mensch mit den täg- lichen Faeces 12 15 JMilliarden Bakterien ans dem Kör])er entfernt.' Neben abgestorbenen, durch mangelhafte Färbbarkeit erkennbaren, herrschen lebenskräftige Individuen, die im Darminhalt üp])ig gedeihen, vor, auch die Sporen entstehen hier znni allergrössten Teil, wie schon

daraus hervorgeht, dass viele von ihnen noch in die Zellen eingeschlossen sind, wenn die Exkremente entleert werden.

Die Verdannngsrnckstände werden durch die Darmbakterien in Fäulnis und Gärung versetzt, deren Art und Verlauf natürlich von der Znsammensetznng der genossenen Nahrung abhängt, bei Fleischnahrnng herrscht Fäulnis mit Tyrosin, Lencin, Indol, Skatol, Schwefelwasser- stoff, Ammoniak als Produkten, denen sich nach Vorl. XI noch andere anschliessen, vor, bei kohlehydratreicher Pflanzenkost nehmen die Gärnngen, besonders die Methangärnng der Cellulose, die erste Stelle ein. Bei regel- mässigem Leben bildet sich eine ziemlich beständige Darmflora ans, als deren Leitbakterie der pleotrophe Bacillus coli commune ' -") gelten kann, der zymogene und saprogene Eigenschaften besitzt (Vorl. XVI). Daneben treten noch andere, der weiteren üntersiichimg bedürftige Arten auf (Bac. pntrificns coli, Vorl. XI). Die Zersetznngsvorgänge verlaufen im Innern des Darminhalts und der Kotmasse ausschliesslich an aerob, an der Darmwand aber, die dicht mit Bakterien tapeziert ist, auch aerob.

Wie die Bakterien in den Darm gelangen, braucht wohl nicht weiter erörtert zn Averden, denn mit der Nahrnng nehmen AAur ja stets un- zählige Mengen auf, so dass es wunderbar wäre, Avenn im Darm mit ge- eigneter alkalischer Reaktion keine Bakterien sich entwickelten. Ihr Vorkommen ist eine unabänderliche Folge ihrer allgemeinen Ver- breiuing, aber keine Symbiose zAvischen Mensch und Bakterien, die etAva bei der Verdannng der Nahrnng mithelfen. In einer so kläglichen Abhängigkeit von den Bakterien steht der Mensch glücklicherweise nicht. Durch Verfütternng sterilisierter Nahrnng an neugeborene Tiere'-') ist es möglich, die Darmbakterien eine Zeit lang fernznhalten oder doch auf eine geringe Menge einznschränken , ohne das Wohlbefinden des Versuchstieres zn beeinträchtigen, was bei einer regelrechten Symbiose nicht gelingen Avürde. Gegen diese sprechen auch schon die von den Darmbakterien gelieferten Produkte, die für die Anfsangnng durch die Darm- Avand lind die Weiterverarbeitung im Körper ganz ungeeignet erscheinen.

Der Darm neugeborener Kinder' - -) ist ganz steril, aber schon in Avenigen Stunden nisten sich die ersten Bakterien ein, noch vor der ersten Nahrnngsanfnahme Avnrden 7 verschiedene Bakterien arten ans den Därmen einiger solcher armen Säuglinge isoliert. Der erste von allen ist der Ba- cillus coli commune, der als Milchkotbakterie sich im jungen Erden- bürger festsetzt und bis znm Tode sein steter Begleiter ist. Woher diese Kolonbazillen kommen, ist experimentell noch nicht entschieden, am Avahr- scheinlichsten ist, dass sie metatrophe Wasserbakterien sind. Zn ihnen gesellen sich bei künstlicher Ernährung des Säuglings sogleich die Milch- bakterien lind so vermehrt sich allmählich mit jeder Znfiihr eines neuen

1H6

Nalminj?!smittels die uiivermeidliclie. Bakterieiiflora des Mundes und des Darmes. Sie bleibt barnilos, so lange das Darmepitliel unverletzt ist, denn in seine Zellen können die Bakterien nicbt eindringen ' sie können aber znni Ansgangspnnkte von Erkrankungen werden, sobald die sclintzende Zellscliicht auch nur an einer einzigen Stelle- verletzt wird. Denn unter den metatroplien Darinbakterien sind manche, be- sonders auch der Bacillus coli commnne, auch pathogen.

Mein bezeichnet als I n f e k t i o n s k r a n k h e i t e n ^ alle diejenigen, zu deren Entstehung ein gewisses Etwas, der Krankheitserreger, in den Körper einverleibt werden muss, genau wie bei den Gärungen. Wie für sie das Feiunentum, so war das Kraukheitsvirus notwendig zur Hervor- rufung dieser Krankheiten. Man sprach früher, ehe man die pathogenen

b C

Fig. 27. Fiirbungspräparate aus Zieglers Lchrb. il. allgem. Pathologie I. Btl. 8. Autl. a Auswurf eines Lungenkranken, auf ein Deckglas ausgestrichen und angetrocknet, mit Fuchsin und Methylenblau gefärbt, Tuberkelbazillen rot, Gewebseleinente blau, b Gonokokken (IVlicrO- COCCUS Gonorrhoeae) in frischem Trippersekret, Deckglaspräparat a Schleim mit einzelnen Kokken und Pärchen, b und c Eiterkörperchen mit und ohne Kokken. Methylenblau-Eosin, Kokken blau, c Mikrotomschnitt durch eine Milzbrandpustel nach GraimchQY Methode gefärbt, Bac. Anthracis dunkelblau, das Gewebe durch Vesuvin bräunlich. Vergr. a 400, b 700, e 350.

Bakterien kannte, von einem C o n t a g i u m , wenn die Krankheit nur durch innige Berührung mit einem Kranken übertragen werden konnte, von Miasma, wenn das vorausgesetzte Krankheitsgift auch durch die Luft zugeführt zu werden schien. Und ebenso, wie für die Erklärung der

187

Gärun,i>eii au die Stelle des leblosen Fenneiites später das Feniieiitum viviiiu trat, so bracli sieh sidioii um die Mitte dieses Jalii'liiiudei’ts die Aiivsielit Haliii. dass aiieli ein (b)ii ta.g i um vivum, ein Virus auiumtum die Frsaidie der austeckeiideii und ei)ideuiiselieu Kraiiklieiteu sei. Wie all- bekauut, sind die Bakterien das Virus aiiimatum der meisten lutektious- krauklieiteu.

Der Naelnveis der Bakterien im Blute und den Gewebssäfteu eines Kranken ist leielit, sobald es sich um gTössere Ph')rmen, wie die Milz- brandbazillen handelt. Diese kann man schon im frischen Blut als zarte blasse Stäbchen zwischen den Blntkörperchen erkennen, und hier sind sie auch nm das Jahr 1850 entdeckt worden. AVinzigere Formen aber, wie Kokken, die leicht mit körnigen Gebilden des Blutes verwechselt werden können, kann man nur durch besondere Präparation erkennen, durch Färbung, besonders mit Anilinfarben. Die kranken Gewebe müssen fixiert, in dünne Schnitte zerlegt und gefärbt werden, nm die Bakterien gegenüber den andern Gewebselementen hervorziiheben (Fig. 27). Hierzu genügen alle jene Methoden, die zur üntersnchnng des Zellinhalts über- haupt in so grosser Mannigfaltigkeit ansgebildet worden sind. Prinzipiell Neues verlangt der Nachweis der Bakterien nicht, nur bedarf es in ein- zelnen Fällen noch besonderer Knifie, die jedes methodische Hilfsbiich in reicher Auswahl beschreibt. (Vergl. Fig. 27.)

Die Isolierung der pathogenen Bakterien ans den kranken Organen geschieht, wie die Reinzüchtimg aus fauligem AVasser, mit Hilfe der Plattenmethode (pag. 56), in manchen Fällen (Tuberkulose etc.) ent- halten die kranken Herde schon selbst Eeinknlturen, deren sterile Ab- impfung keine Schwieiägkeiten bereitet. Schwerer wird die Aufgabe, wenn ans einem bunten Gemenge von Bakterien, welche die kranken Organe lind Gewebe bevölkern, alle einzelnen Arten isoliert und die wirklichen Erreger der Krankheit von nachträglichen Eindringlingen unterschieden werden sollen.

Die Ansprüche pathogener Bakterien an die künstliche Kultur sind verschieden, je nachdem ein echter Parasit, eine paratrophe Bakterie, oder eine metatrophe vorliegt. Die letzteren lassen selbst wieder verschiedene Abstufungen erkennen, Avorüber Vorl. VI zu vergleichen ist. Die echten Parasiten, Tuberkel- und Diphtheriebazillen, Gonokokken verlangen die bgste Nahrung (Vorlesung VI und die Einzelbeschreibungen in A^orlesung XVI). Lang andauernde Kultur pathogener Bakterien schwächt ihre Eigenschaften, eine Abnahme der Virulenz macht sich bemerkbar (Vorl. III), auch in morphologischen Veränderungen (Invo- lution Vorl. III) äussert sich das Missbehagen der paratrophen Bakterien in den den lebenden AVirt doch nie ganz ersetzenden Kulturen. Die Abschwächung lässt sich durcli mancherlei Einwirkungen beschleunigen lind innerhalb bestimmter Grenzen fast gradweise regulieren, sie Avird zum Ausgangspunkt der künstlichen Immunität durch Schutzimpfling, sie lag auch den ersten Versuchen über die Sernmtherapie zu Grunde (Vorl. XVII).

Infektionsquellen und Invasionsstellen. Schon früher geschilderten Widerstandsfähigkeit der Bakterienzellen sonders ihrer Sporen gegenüber der Austrocknung geht hervor.

Staub eingetrocknete Auswürfe Erkrankter eine reiclie Infektionsquelle sein können, Tuberkelbazillen Avachsen noch nach 2—8 Monaten aus trockenem Staub hervor. Alle echten paratrophen Krankheitsbakterien,

zu a’edeihen vermögen, können nni'

aus

und

der

be-

zu

die ausserhalb des Oi’ganisnms nicht

diilv.h die ki’aiikliafteii Aiisscdieidiin^’eii in die Ausseiiwelt ^•elaii^>’eii uml erliegen dort, sell)st wenn alle Bedingungen zu einei' ki'äftigeii Lehensentwick- lung erfüllt sind, also in Wasser, das i’eich an organischen Stötten ist, auf gäi’ungs- und fänlnisfäliigeni Material aller Art, unfehll)ai- der Konkurrenz der sclineller und ii])i)iger wachsenden metatropliisclien Arten. So hleiht für die echten Parasiten, wue Tuberkel- und l)i})litheriehacillus fdie (4onokokken sind noch einpfindliclier. Vorl. XVI), der staubtrockene Rulie- zustaud allein übrig als derjenige, in dein sie ausserhalb eines Wirtes entwicklnngsfaliig sich bis ,zu neuer Invasion erhalten können. Ausserlialh des Organismus wird man diese Kranklieitserregei’ nie in A^kacllstum und Vermehrung an treffen.

Viele Infektioiiskranklieiten werden nun aber von metatroplien Bak- terien liervorgerufen, die nicht auf das Lehen als Parasiten angewiesen sind, auch ausserhalb zu gedeihen vermögen. Da hier eine ganze Stufen- leiter von langsamer und schneller Avachsenden Arten, Amn solchen, die grössere, und solchen, die geringere Ansj)rüche an die Kohlenstoff- und Stickstoffquellen stellen, schon im Exjieriment sich ergehen hat, so Avird auch Amn Fall zu Fall, von Art zu Art die Möglichkeit, in der freien Natur üppig zu gedeihen, eine verschieden grosse sein. Wie schon früher ei’Avähnt, hat eine zukünftige Floristik der Baktei'ien darauf zu achten. Für alle metatroplien Krankheitseri’eger treten also zu dem Staub und den Auswürfen der Kranken noch alle jene Orte als Infektionsquellen hinzu, Avo Lehen sich entfalten kann, also Speisen und Geti-änke ver- schiedener Art, unreines Wasser, kurz die oben schon gekennzeichneten Stellen. Hieraus Avürde sich ergeben, dass für alle metatroi)]ien Krank- heiten viel mehr Infektionsquellen vorhanden sind, als für rein para- trophe, Avas hier nur angedeutet sein mag.

Der NacliAveis und die Isolierung pathogener Keime aus bunten Ge- mengen von Bakterien, Avie sie verunreinigtes Wasser z. B. stets enthält, ist oft eine sehr sclnvere Aufgabe und erfordert viele Sorgfalt und Uebung, die nur lange Bescliäftigung mit dem Gegenstand geAvähren kann. Auf die Anreicherungsmethode Avurde schon ]). 45 liingeAA'iesen, hier sei nur ergänzt, dass bei der fonnellen Gleichartigkeit vieler Bakterien nur das Tierexperiment eine sichere Bestimmung der isolierten Arten verbürgt.

Natürliche I n v a s i o n s s t e 1 1 e n am vollkommen unverletzten Körper sind alle seine nach aussen offenen Höhlungen, besonders diejenigen, Avie Lunge und Magendarmkanal, welche regelmässig Stoffe von aussen aufzunehmen bestimmt sind. Es Aväre gegen alle Natur, Avenn diese auf den Verkehr mit der AusseiiAvelt berechneten Höhlungen nicht selbst schon einen Schutz gegen die unvermeidlich mit eiiiAvandernden Bakterien besässen, der sie am Eindringen in das GeAvebe verhindert. In der Thal scheint nun das unverletzte Magen- und Darmepithel, die Mundschleim- haut, kurz jede intakte Fpithelfläche, auch die Haut des Körpers, für Bakterien undurchdringlich zu sein. Selbst Avenn also i)athogene Keime, sogar in grosser Zahl und in giftigstem Zustande eingeführt Averden, be- dai‘t es noch, damit eine Infektion erfolgt, besonderer Umstände, die mit dem Worte Disposition oder P r ä d i s p o s i t i o n bezeichnet Averden und vor- läufig sich dei‘ genaueren Forschung unzugänglich erAveisen. Sobald die schützende Decke der Epithelien auch nur an der kleinsten Stelle unter- l)rocIien Avird, sobald also Wunden entstehen, ist den eiiigCAvaiiderten Keimen nun auch eine Pforte zur Avirklichen Finuistung in den Körper eröffnet. Was bei der Infektion von äusseren Haut- und FleiscliAAuinden offenkundig sich abs])ielt, das Avird Avohl in vielen Fällen unnacliAATisbar

von der inneren ]vöri)ero])erHäclie ans die Infektion veranlassen. Ks wird gewiss zur Klärung beitragen, wenn liier noelinials auf die Pdaiizen hin- gewiesen wird. Sie scliliessen ihre Wunden sehr bald diiirh Ib'ldnng nndnrchdringlicher Korkschichten unter dem absterbenden Whindgewebe, das selbst bald eintrocknet nnd keine Nahrnng fiir eingebrachte Bak- terien weiterhin zngefiihrt bekommt. Anders beim Tier, wo ans den AVnnden anstretendes Blnt oder andere (jewebstlüssigkeit reiche Nähr- stotfe nnd die feuchte Obertläche der Wunde den besten Nährboden dai- bietet. Erst Avenn durch Wbinden oder auf anderen selteneren WT.gen die Bakterien wirklich in die Gewebe eingedrnngen sind, ist die Infektion beendet. Um diese im Tierex])eriment möglichst sdinell nnd sicher zu bewirken, bedient man sich stets der Verwundung, z. B. durch Ein- spritzung unter die Haut oder in das Blntgefässsysteni. So tindet ja auch die Infektion durch Insektenstiche statt.

AVie viele Keime nötig sind, um auf dem angegebenen Wege eine Krankheit hervorznrnfen, Avie viele besonders beim natfirlichen Gange einer Infektion eingeführt Averden, bedarf noch Aveiterer Erforschung. Beim Tierexperiment umfassen selbst die minimalen tötlichen Dosen viele tausende Amn Bakterien, jedoch sollen schon 10 unter die Haut einge- brachte Keime genügen, um bei Meerscliweinchen einen tötlichen Milz- brand heiTorzurufen. ^ ^ )

Wenn die Bakterien an einer Stelle in das Gewebe eingedrungen sind, so ist Avohl für alle die Möglichkeit vorhanden, dass sie in die Blut- imd Lymphbahnen gelangen und nun im ganzen Körper verschleppt Aver- den, Avodurch dann ausser der lokalen Erkrankung am Orte ihres Ein- dringens eine allgemeine Erkrankung von grösserer Gefahr für den Organismus, oder auch nur diese allein entsteht. So kann der Milzl)rand als Milzbrandkarbnnkel (Pnstnla maligna) eine lokal beschränkte Infektion sein, so kann er zu einer allgemeinen werden, so können Eiterkokken lokale Schwäre nnd Furunkeln erzeugen oder bei allgemeiner Aus- breitung im Körper die scliAveren Zustände der Pyäinie nnd Septicämie herbeiführen. AA^as für die eine Art gilt, gilt im Prinzip auch für die andere, nur sind in den einzelnen Fällen die Krankheitsbilder sehr mannig- facher Natur, über die die medizinische Litteratur verglichen Averden muss. Manche Krankheiten zeigen starke Bakteiuenentwicklung im Blut, Avie Milzbrand und Eückfalltyphiis, andere vorwiegend in den GeAveben, AAÜe Tuberkulose.

Gegenüber den einzelnen Zellleibern der infizierten GeAvebe und ihrer krankhaften A^eränderungen verhalten sich die verschiedenen pathogenen Bakterien wohl alle gleichartig, sie leben teils intra-, teils und zAvar vorAviegend extracellnlar, d. h. sie drängen sich zwischen die einzelnen Zellen ein und vermehren sich besonders in den Eäumen, die durch krankhafte Auflockerung und Zerstörung der fixen GeAvebszellen ent- stehen, hier also von den Exsudaten, den verschiedenen normalen nnd pathologisclien Gewebsflüssigkeiten sich ernährend. So erscheint in den meisten Fällen die Zerstörung der einzelnen Zelle als ein sekundäi'er AMr- gang, nicht bedingt durch das Eindringen der Bakterien in den Zell leib.

XVI.

Die Bakterien als KranklieitseiTeger.

2.

Besclireibuii^ einiger pathogener Arten.

Die folgende Beschreibung muss sich natürlicli auf das allgeniein Naturwissenschaftliche, auf die Naturgeschichte beschränken, da nur der Fachmann dazu berechtigt ist, die si)eziell medizinischen Fragen zu be- handeln.^-*^) Da seit dem Bestehen des Menschengeschlechts Krankheit und Elend sein irdisches Los sind, so hat seit Urzeiten her gewisser- maassen auch eine natürliche Züchtung pathogener Bakterien stattge- lunden, deren mannigfaltige Kassen durch verschiedene Virulenz und (Giftigkeit sich anszeichnen werden, ähnlicli wie die Rassen der Gärungs- bakterien. Neben dem morphologischen Merkmale als Grundlage für die Unterscheidung der Arten und Rassengrnppen wird stets das Tier- experiment zur näheren Bestimmung heranznziehen sein. In vielen Fällen Avird selbst die subtilste Forschung wohl nicht im stände sein, Rassen, dei’en Bestehen aus ' einzelnen Beobachtungen Avahrscheinlich ist. sicher zu beschreiben und ähnlichen gegenüber zu kennzeichnen. Ersclnvert A^■ird diese Unterscheidung noch durch die vorübergehend bei der Kultur entstehenden, aber nicht mit erblichen Eigenschaften ansgestatteten Laboratorinnisrassen (Vorl. III. p. 29).

1. Die Elterkokken (Fig. 28 n c, Fig. 27^). Wenngleich durch Experimente festgestellt ist, dass auch ohne Beteiligung von Bakterien, z. B. durch Höllensteinätznng oder Sublimat eine Eiterung, das heisst die Absonderung einer mit zahlreichen Wanderzellen (Lenkocyten) er- füllten Flüssigkeit an einer Wnndfläche herbeigeführt Averden kann, so Averden doch alle eiterigen Erkrankungen sicher durch Bakterien her- vorgerufen, von der eiterigen Infektion einer Wunde bis zum kleinsten Bickel der HaarAvnrzeln und Talgdrüsen herab. l\[orphologisch sind die pyogenen Bakterien, die geAvöhnlich Vorkommen, alle durch Kugel- gestalt ausgezeichnet, es sind Eiterkokken, denen als Eiteriingserreger in speziellen Fällen noch andere, Avie der Typlmsbacillns, der Rotzbacillus 1111(1 der Stiuhlenpilz anzuschliessen Avären, fermu' auch Bar. pyocyanens

des blauen und

grnnen

Eiters.

141

Allg'emeiu verlnvitet und zn,i>dei(di der liiiniiloseste Kiteriino’sen'e^’er ist der S t a }) li y l o c o c c u s \>y o e n e s a u r e u s (Micrococ.ciis pyog’eiiesj, eine larbstolt’bildemle Form, die auf A^-ar zu ()raiift-ej^'el])eu Hele^-eu aus- wäclist und auch den Kiter intensiv färbt. Die einzelne Zelle bat dnrcbsclinittlich einen Durelnnesser von (),cS //, ist also sein* klein, selbst farblos nnd nnbeweglicli ; bald liegen die Zellen einzeln oder paarweise oder ancli zu kurzen Kettchen aneinandergereiht, meistens aber in Häufchen (Fig. 28 r/). Neben dieser häufigsten orangegelben Form kommt noch eine blass citrongelbe und eine weisse (Stapliyl. pyogenus citrens nnd albus) vor, die allem Anschein nach, besondere Arten sind, zwar die- selben Kigenschaften besitzen wie die orangegelben, aber nicht so all- gemein bei eiterigen Prozessen Vorkommen wie dieser, ln der freien Natur sind die Keime der Staphylokokken überall verbreitet, woraus schon ihre metatrophische Lebensweise wahrscheinlich wird.

Am häufigsten finden sich diese Staphylokokken l)ei lokalen Ver- eiterungen der Talgdrüsen (Akne) und Haarwurzeln (Sykosis), bei Pauaritien, ferner bei Schwären (Furunkel), bei Knocheneiterungen (Osteomyelitis, Periostitis), (takue rieb sich eine Reinkultur des Stapliyl. pyogenes aureus auf dem Arm ein und konnte so Fdirunkel erzeugen, in denen die eingebrachten Bakterien reichlich wucherten. Gelangen die Kokken von solchen lokalen Herden aus in den ganzen Körper, so treten in verschiedenen Organen und Gelenken ähnliche Eiterungsprozesse auf unter den Erscheinungen der Pyämie.

Ein anderer sehr häufiger Eiterungserreger ist der Streptococcus pyogeues^'O, der Ketten coccus, von dem mehrere schwer zu uuter- scheideiide Rassen vorzukoninien scheinen. Sowohl in den kranken Ge- weben, als besonders in Bouillonkulturen bildet er lange, unverzweigte Ketten etwas grösserer Kügelchen als beim vorigen. Die Teilung er- folgt immer nur in derselben Ebene, wodurch sich der Kettenwuchs er- klärt (Fig. 28 b). Er findet sich regelmässig bei Erysipel (Rose) und bei vielen anderen Eiterungsprozessen, oft vergesellschaftet mit dem vorigen, oft allein und ist gefährlicher als dieser, besonders sobald er durch Ver- schleppung im ganzen Körper Pyämie und S e p t i k ä m i e hervorruft. Als Begleiter der spezifischen Erreger bei Diphtherie nnd Phthisis wird er wichtig für den scheinenden Krankheit.

Der Streptococcus geht in den Kulturen viel schneller zu Grunde, schon nach wenigen Wochen und ist in der freien Natur viel seltener als der vorige möglicherweise wird er ein echter Parasit sein.

Sicher ist der Erreger der Gonorrhoe, der sog. Gonococcus^-'^'), der Micrococcus gonorrhoeae (Fig. 28 c, 27^^), ein echter Parasit, dessen Reinkultur aus Trippersekret nur auf Blutserum möglich ist, da er auf anderen und selbst den besten Nährböden nicht gedeiht. Woher der Gonococcus stammt, ist unbekannt, sicher ist er ein steter Begleiter des Menschen- geschlechts, der nur durch Berührung übertragen werden kann, da in der freien Natur er gar nicht vorkommt und auch staubtrocken nur wenige Stunden lebensfähig bleibt, ln Wasser gehen die Gonokokken innerhalb 5 Stunden zu Grunde und da ausserdem ilir Temperaturmiiiimum bei 25 *’ liegt, so ist jede Vermehrung im kühlen BadeAvasser, z. B. in Schwimmbassins, ganz ausgeschlossen, ja sie dürften Avohl hier in kurzer Zeit schon absterben, hfine Infektionsgefalir ist in Bädern also nicht zu befürchten, es kann ruhig Aveiter gebadet Averden. Er findet sich im Sekret, soAVohl in der Flüssigkeit als auch in den Eiterzellen (Fig. 27 />),

ganzen Verlauf der nunmehr als Mischinfektion er-

142

und o’elit auc.li in die Ki)it]ielien und Didisen, scldies.slicli auf den ganzen (jenitalai)i)ai‘at über, ja selbst seine Vei’sclileppnng iin ganzen Körper

(Tri})perrlieuina.tisnius) ist niclit aiisgesclilossen. Gewölinlicli liegen die liieren törniigen Kiigelclien paarweise als Dijilococcns aneinander, getrennt diircli eine belle Linie, sie sind nnbeweglicli und niclit grösser als die Stapliylokokken, von denen sie aber leicht durch die paarweise Gruppierung zu unterscheiden sind.

Ah:m allen den bes])rochenen Eiterkokken kennt man noch keine Sporen; ein anderer, Entzündung und Eiterung erregender Kokkns von all- gemeiner Eedeutiing für den Menschen ist auch der FnÄNivELsche Diplo- coccus (Pneiiniococcus), der gewöhnliche Erreger der Lungenentzündiiug.

2. Der Milzbrandbacillns, Bacillus Anthracis (Fig. 28f/, 27 c, 5 c, 7, llo, _(/, 2}J). Schon Anfang der 50er Jahre Avurden im Blute milzbrandiger Tiere farblose unbeAvegliche Stäbchen aufgefuiideu, deren Eigenschaft als Krankheitserreger zAvar vermutet, aber doch erst später (1808) erAviesen Avurde. Zum klassischen, jetzt überall geschilderten Bei- spiel einer bakteriellen Infektionskrankheit AVurde der Milzbrand aber erst durch Kochs Arbeit, die die Eeinzucht und Sporenbilduug des Milz- brandbacillus und die experimentelle Erzeugung der Krankheit vorführte. Mit dieser Arbeit erölfnete Koch seine glänzende Laufbahn als Schö[)fer der Bakteriologie.

Die einzelne Zelle des Bac. Anthracis ist schon recht gross, cylindriscli, 3 6 lang, 1—1,5 dick, mit den üblichen ScliAA^ankungeu

der Dimensionen. Im Blute und den GeAveben kommen soAvohl einzelne Stäbchen als besonders auch kurze Ketten vor (Fig. 27 c), AA^ährend in den Kulturen ausgesprochener Fademvuchs herrscht, Aveshalb auf Gelatine- platten die Kolonieen lockig-kräiiselig, die Stichkulturen borstig-federig erscheinen. EigenbeAvegung fehlt, dagegen Averden in Kulturen reiclilich Sporen gebildet, über deren Entwicklung (p. 19), Keimung (p. 21) und Verhalten gegen Hitze (p. 72), Trockenheit (p. 74) und Gifte (p. 80) schon gesprochen AVurde. Auch die AbscliAvächung dei’ Virulenz und die allgemeine Degeneration bei längerer Kultur AVurde schon geschildert (p. 27, asporogen).

Der Milzbrandbacillus gedeiht zAvar in den Kulturen sehr gut, ver- langt aber doch bessere Kohlenstoff- und Stickstoff quellen, er ist eine Peptonbakterie (p. 53). Dennoch unterliegt es keinem ZAveifel, dass er ein metatropher Organismus ist, kein strenger Papasit. So hat man beobachtet, dass er in Kuhmist, in verunreinigter Erde üppig zu Avachseii und Sporen zu bilden vermag. Das gibt auch Anhaltspunkte für die Entstehung der Krankheit unter dem Zuchtvieh, das ja besonders ge- fährdet ist, Avährend der Mensch nur selten eine allgemeine Iiifektiou erAvirbt, meist mit einer lokalen Hautinfektion davoukommt, Aveil Haut- Avunden wohl die gewöhnliche Eingangspforte beim Menschen sind. Das ATeh dagegen nimmt auch mit der Nahrung Milzbi’audkeime , Avohl be- sonders Sporen auf, die den Magen glatt passieren und im Darm aus- keimen, unter den Erscheinungen des zur allgemeineu Krankheit und meist zum Tode führenden Darmmilzbrandes. Ob die Bakteilen die Fähig- keit l)esitzen, auch die geschlossenen Darmepithelieu zu durchbohren oder ol) zur Infektion auch hier A^erletzuugen der DariuAvand, vielleicht durch Futtersplitter uotAvendig sind, entzieht sich der sicheren Entscheidung. Die Krankheit selbst ruft bei kleinen, sehr schnell (1 3 Tagen) er- liegenden 3Mereu, Avie Mäusen, keine starken ATräuderuugeu der Organe hervor, die aber bei Schafen und Kindern umfangreicher und mannig- faltiger sich gestalten. Im kranken Körper und zunächst in den Kadavern

werden

rn

bei ^’uter Durcliliiftun«- und

ceine Sporen o-ebildet, die nur

eini^eratur zwiseben IS S4 " sieh entwickeln, Hedingnng’en, die sieb in den blntig-en bbitleernng-en niilzbrandkranker Tiere, in ol)ertiäelili(b ver- seliarrten Kadavern ini Soniiner vortinden.

S. Der A\bTndstarrkrampf, Tetanus,'-’-) (Fig-. 2Se) wi rd_ dnirb eine inetatro])lie Bakterie bervorg’erufen, die ini Erdboden allg-eniein ver- breitet ist und hier als anaerober Erreger von Fäulnis nnd (TÜrung’ wohl je nach dein vorhandenen Nährinaterial lebt. Denn dei’ Tetanus- bacillus verniag’ sowohl Eiweiss in zuckerfreier Lösung’ zu Schwefel- wasserstolf. Kohlensäure, Wasserstoff, Merkaptan und Suinpfg’as bei grossem Destank zu zersetzen, als auch Zucker zu spalten. Nicht diircdi diese Eig’enschaften, sondern durch die Produktion eines lieftigen, noch nicht rein dargestellten (fiftes ruft der Bacillus den gefürchteten Starr- kramiif hervor, der als eine echte Wundinfektionskrankheit nur durch Verunreinigung von Wunden mit Erde oder Heu- und Strohstaul) ent- steht. Die Bazillen wachsen lokal nur in der Wunde und auch hier nur spärlich und breiten sich nicht im Körper aus.

Der Tetanusbacillus (Plectridium tetani) ist ein schlankes, beweg- liches Stäbchen, 2 4// lang, 0,8 -0,5// breit, das besonders in den anaei'oben Kulturen zu Fadenwuclis neigt und deshalb strahl ig-fädige, filzige Kolonieen Ihldet bei aerober Kultur nur in den tiefen Schi(diteu hoher Gelatine wächst. Vor der Sporenbildung, die regelrecht eintritt, S(diwellen die Stäbchen an einem Ende kopflg-keulig an und hier ent- steht die Spore. Diese Stecknadel- oder trommelklöppelähnlichen Formen verweisen neben der i)eriticlien Begeisselung den Bacillus in die Gattung Dlectridium. Zwei andere, ebenfalls nnaerobe Bodenbakterien mit saju’o- genen und z^miogenen Eigenschaften rnfen den Eauschbrand (Bac. (hauvoei) und das maligne Oedem (Bac. oedematis maligni) hervor.

4. Der zuerst von LörFLCK isolierte und rein kultivierte D i p hthei’ie- bacillus (Fig. 28/', 14//) (Bac. diphtheriae Löffler, Coiynebacterium diphtheriae Lehm, und Neum.) findet sich in den allermeisten Fällen aut den äusseren Schichten der diphtherischen Membranen und hat schon, dieses oberflächlichen Vorkommens wegen, wenig Neigung im ganzen Körper sich auszubreiten, er bleibt meistens lokal auf die Höhlungen, die den Sitz der gewöhnlichen Diphtherie bilden, beschränkt. Freilich nicht ausnahmslos. Sehr oft ist er mit Streptokokken zu einer Misch- infektion vergesellschaftet, in manchen Fällen war es überhaupt nicht möglich, ihn zu finden. Er ist ein echter Parasit, der an die Kultur- böden hohe Ansprüche stellt, am besten wächst er auf mit Zuckerbouillon versetztem Blutserum. Aber selbst hier neigt er trotz kräftiger Ver- mehrung sehr bald zur Involution, wobei unregelmässig aufgetriebene Stäbchen und auch kurze Verzw’eigungen entstehen (Fig. 14//), die, wie schon erwähnt, wohl mit Unrecht für eine höhere morphologisclie Ent- wicklungsstufe gehalten werden (p. 26).

In den diphtherischen Membranen und in frischen Kulturen erscheint der Bacillus als ein kleines, keulenförmiges oder gestreckt eiförmiges Stäb- clien von circa 1,5 2 // Länge, 0,5 // Breite, ohne Bewegung; Si)oren sind noch nicht bekannt. In jungen Kulturen färbt sich der Inhalt an- scheinend gleich mässig, häufig treten einzelne stärker färbbare Körnchen hervor, die besonders dann, wenn sie gross sind und in den Enden liegen, einen auffälligen Eindruck machen, aber doch nichts weiter sind, als die schon früher beschriebenen sog. (Jhromatinkörner. Der an- scheinend gleichmässig gefärbte Inhalt

zeigt

ini

übrigen die gleiche

144

Sti’nktur, wie. a.lle anderen Bakterien, d. li. das I?roto])lasma nin^^iebt als Waiidbelag’ einen Zellsaftrauin, der wie bei allen g'esti’eckten Formen von (^iierbändern ans Pj'otoplasma durcdisetzt wird. Besonders in älteren Knltnren wird das Protoplasma substanzärmer, die Septen rücken weiter auseinander, weshalb die geiarbten Bazillen ([uergebändei-t erscheinen (einige in Fig. ‘28/ ) mit breiten farblosen Lücken zwischen den ge- färbten Plasmabinden. Fine neue Struktur tritt jetzt nicht hervor, die ursi)rüngliche AA'ird nur deutlicher.

In der freien Natur kommt dei“ Diphtheriebacillus nicht vor, auch entwickelungsfähige Keime von ihm sind bisher nur dort gefunden worden, wo eine Herkunft von Diphtheriekranken sicher zu erweisen war, so an Wäsche, Spielzeug, AVänden und Fussboden von Zimmern, in Mund und Nasenhöhle der Angehörigen von Diphtheriekrankeu. Die staubtrockenen Stäbchen bleiben mehrere Wochen lang eiiDvicklungsfähig.

Schon an seiner vom gestreckten Cylinder abweichenden Gestalt ist der Diphtheriebacillus leicht zu erkennen, freilich wird auch hier erst das 'rierexpenment eine sichere Entscheidung gestatten, lieber Gift- produktion und Serumtherapie vergleiche man den nächsten Absclmitt.

Fig. 28. Pathogene Bakterien, a Staphylococcus pyogenes aureus (Micrococcus pyogenes). b Streptococcus pyogenes, c Micrococcus gonorrhoeae (Gonococcus). d Bacillus Antliracis,

rechts mit Sporen, e BacilluS ( Plectridium ) tetani, bewegliche Stäbchen, unbewegliche Kette, Sporen. /' BacillUS diplltheriae, einige Stäbchen kenlig angeschwolleii, teils mit grossen Chromatin- körnern (schwarz), teils mit Querbinden des stark zurückgegangenen Protoplasmas, fj BacilluS tuberculosis, Inhalt der Stäbchen teils dicht, teils körnig zerfallen, Avie im Sputum oft zu sehen. h Bacillus (Bactridium) typhi, i BaCilluS (Bactridium) COM h Vibrio Cholerae einzeln und eine Kette. Vergr. circa 1500.

5. Ein echter Parasit ist gleichfalls der Tuberkelbacillus ’-'p (IDg. 28(7, 27 g, 14 y) dessen mit besonderer Schwierigkeit verbundene Ent- deckung und Reinzüchtung Koch zu verdanken ist. MTiingleich es nun- mehr eine Leichtigkeit ist, im Simtnm und dem erkrankten Gewebe Tuberkulöser die winzigen Bazillen färberisch nachznweisen und von daneben vorkommenden Bakterien zn unterscheiden, so ist dagegen die Isolierung und Weiterkulfur auch jetzt noch eine schwierige Aufgabe. Selbst auf den geeignetsten Nährböden, Blutserum oder Glycerinagar lind in geeignetster d^emperatur (Optimum p. 70) wachsen die

Tuberkelbazillen ausserordentlich langsam, erst nach 2 4 MTclien er- reichen die Kulturen einen Umfang, zn dem andere Bakterien schon in ebensoviel däigeii heranwachsen. A^ielleicht wird es nie gelingen, ein schnellei'es Wachstum des echten Parasiten in unseren metatrophen

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Kulturen zu erreichen, da diese den lebenden Wirt nie ganz zu ersetzen vermögen, yielleiclit bedarf es aber nur eines glücklichen Zufalls, um von der üblichen Schablone der Bakterienzüchtnng etwa ganz abweichende Knltnrbedingnngen optimal zu gestalten. Vielleicht giebt die Erfahrung, dass auch minderwertige Nährlösungen mit Glycerin als Kolilen- stolf-, Ammon als StickstoUquelle ein, z\var sehr langsames AVachstnm gestatten, dass auch Kai'toüeln und andere Pflanzennährböden genügen, zu weiterer Forschung A^eranlassnng.

AVachstnm und A'ermehrnng in der Natur konnte bisher nicht be- obachtet werden, auch fehlen im Staube entwicklungsfähige Keime überall dort, wo eine A^erunreinigung durch Auswürfe Kranker ausge- schlossen ist. Da die Tuberkelbazillen staubtrocken einige Monate lang entwicklungsfähig bleiben, so dürften sie die natürliche Infektionsquelle bilden, daneben dann die bazillenhaltige Alilch tuberkulöser (perlsüchtiger) Kühe besonders für Kinder in Betracht kommen. Im letzteren Falle würde die Invasion vorwiegend vom Darm aus erfolgen , während wohl neben AA^undinfektionen der gewöhnlichste AA^eg die Einatmung bazillenhaltigen Staubes, der die Umgebung Kranker am meisten ausgesetzt ist, sein dürfte. Stets wird es aber noch einer weiteren Praedisposition der Lunge zunächst bedürfen, damit die eingeatmeten und zurückgehaltenen Keime sich entwickeln können, am ehesten würde wieder an kleine Läsionen zu denken sein. Die sog. Vererbung der Tuberkulose wird in vielen Fällen wohl nur eine A^ererbung der Dispositionsgefahr sein, obgleich auch der Uebergang von Tuberkelbazillen auf die Frucht im Mutterleibe beim Alenschen sicher beobachtet und durch das Tierexperiment bestätigt worden ist. Durch die Spermatozoiden ist eine bakterielle A^ererbung unmöglich, vom Ei aus nicht erwiesen. Die Tuberkulose tritt ge- wöhnlich als allgemeine Krankheit auf, es können in allen Körperteilen und Organen knötchenförmige (daher Knötchenkrankheit) Entzündungs- herde auftreten, die später in käsige Massen sich verwandeln und stets grosse Mengen der Tuberkelbazillen enthalten, die reichlich auch in den Zellen wuchern und deren Zerfall und zahlreiche ihm vorausgehende pathologisch-anatomische Veränderungen hervorrufen. So ist die Lungen- schwindsucht (Phthise) nur eine und zugleich die häufigste Erscheinungs- form der Tuberkulose, die auch in Knochen, Drüsen, Gelenken, kurz überall sich festsetzen kann.

Den Tuberkelbacillus hat bereits das Schicksal vieler, oft unter- suchter Organismen, mehrmals grundlos getauft zu sein, ereilt (Bacillus tuberculosis R. Koch 1884, Sclerothrix Kochii Metschnikoff 1889, Myco- bacterium tuberculosis Lehmann und Neumann 1896, Tuberculomyces CoppEN-JoNES 1896). Er ist ein zartes dünnes, oft etwas gekrümmtes, unbewegliches Stäbchen, 1,5 4 lang, 0,2 0,4 ft dick, das im Sputum und den Tuberkelknötchen zwar gehäuft, aber isoliert vorkommt, in Kultur aber auch zu Ketten aus^vächst und auf festen Nährböden in dicht aneinander gepressten Massen trockene schuppige und grieselig- körnige, schwer zerreibbare Auflagerungen bildet. Infolge seiner ge- ringen Dicke ist von feinerer Struktur seines Inhalts, der sehr zellsaft- arm und dicht zu sein scheint und deshalb einmal eingelagerte Farbstotte mit grosser, den färberischen Nachweis begünstigender Zähigkeit festhält, nichts zu sehen. ln alten Kulturen und ebenso im Sputum und den Tuberkeln erscheint der Bacillus meist gekörnt, stark färbbare Kügel- chen (Fig. 28 r/, einige) wechseln mit ungefärbten Lücken ab, eine ähn- liche Erscheinung wie beim Diphtheriebacillus und auch wie bei diesem

A. Fischer, Vorlesungen über Uakterien. * 10

146

als Degeneration, niclit als 8porenbildung oder eine spezifische Struktur zu deuten. AVirkliclie Sporen kennt man noch nicht.

Als Aveiterer Ausdruck des Unbehagens, das den echteib Parasiten in der metatrophen Kultur befällt, erscheinen nicht selten Involutions- tbrmen, keulig aufgetriebene Stäbchen und schwache, an Leguminosen- bakteroiden erinnernde Verzweigungen (Fig. 14 r/), denen ein systematisch- niorpliologischer Wert von manchen mit Unrecht beigelegt wird (p. 26.j

Grosse Aehnlichkeit mit dem Tuberkelbacillus hat der vermutliche Erreger des Aussatzes (Lepra), dessen Reinzüchtung aber noch niclit ge- lungen ist.

Während die Diagnose der bisher besprochenen Krankheitserreger und ihre Unterscheidung von ähnlichen Arten schon auf morphologischem AVege möglich ist und durch das Tierexperinient leicht vervollständigt werden kann, trifft die sichere Erkennung der folgenden auf grössere Schwierigkeiten, die im Einzelfalle ganz unüberwindbar sein können.

6. Im Darm und in den Exkrementen des Menschen findet sich stets nnd in grossen Mengen der schon p. 53, 54, 135 erwähnte. K o 1 o n b a c i 1 1 u s (^Bactridiuni [Bacillus] coli commune) als harmloser Aftermieter, der aber so- wohl für Tiere als auch den Menschen pathogene Eigenschaften besitzt. Schon dadurch, dass ihm ähnliche metatrophe Bakterien bekannt sind, wird seine Unterscheidung oft schwer, besonders aber fällt seine Aehnlichkeit mit einer anderen pathogenen Form, dem Erreger des Unterleibs- typhus (Bactridium [Bac.J typhi), schwer ins Gewicht (Fig. 28 h u. ^, Fig. 5 c, 6f/, 8c). Unendliche Mühe ist bereits aufgewendet worden, um durch- schlagende Unterschiede zwischen diesen beiden Arten aufzudecken, und doch dürfte auch heute noch die Differentialdiagnose zwischen beiden eine sehr heikle Sache sein.^^’) Da der Kolonbacillus viel schneller wächst als der Typhusbacillus und diesen bei allen Isolierungsversnchen aus typhösen Geweben oder aus verdächtigem Trinkwasser zu überwuchern droht, so erwächst hieraus eine neue, oft unüberwindbare Schwierigkeit.

Gemeinsam ist beiden (Fig. 28 h u. i) die Stäbchenform mit annähernd gleichen Dimensionen (typhi 1 4 f.i lang, 0,6 0,8 dick; coli 1 3 }.i

lang, 0,4 0,6 dick, der letztere also meist etwas dünner und kürzer), eine mehr oder weniger lebhafte Bewegung durch peritriche Geissein, deren Zahl bei ihrer grossen Empfindlichkeit keine Unterschiede abgiebt, ferner Mangel der Sporenbildung auf den üblichen Nährböden, Nichtverflüssigung der Gelatine. Man hat deshalb zu physiologischen Unterschieden ge- griffen, von denen jetzt folgende die beliebtesten sind : Coli besitzt Gärungs- vermögen, bildet Gas, bringt Milch unter starker Säuerung zur Gerinnung und giebt in Peptonwasser Indolreaktion, der Bac. typhi dagegen hat keine dieser Eigenschaften. Dazu kommt noch das schnellere Wachstum des Coli und sein Vorliebnehmen mit minderwertigen Nährstoffen. Das letztere Verhalten dürfte nach dem bereits p. 53, 54, Gesagten und in der 'Tabelle Angeführten wohl besonders zur Differentialdiagnose zu empfehlen sein. Es zeigt auch, dass der Kolonbacillus als Ammonbakterie ein sehr bescheidener metatropher Organismus ist, Avofür auch sein häufiges A^oi’- kommen in unreinem Wasser S})richt, Avälirend der Typhusbacillus, als ansi)ruclisvollei‘e Amidobakterie an paratrophe Eigenschaften erinnert und in unreinen Brunnenwässern autochthon Avohl gar niclit vorkommt, aber doit Avohl zu gedeilien vermag, Avenn sie durch Dejektionen Ty])]iuskranker verunreinigt Averden und damit aiicli zugleicli die nötigen Nährstoffe für ilin empfangen.

Das Gesagte A\Ird genügen , um den heutigen Stand der Frage,

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deren ausführliclie Bespreclmiift- niclit liierlier o’elH’d't, zu kennzeichnen. Beim Unterleil)st3q)lius lassen sich in allen Oro-aiien des Unterleibes (Milz, »Leber, Niere, L^ymphdriisen) kleinere Aiisammliing’en der zwischen den Zellen lehemlen Bakterien nachweisen, aber auch in das Blnt und andere Körperteile ptleg-t der T.yi)husbacillus überzngeheii. Seine Invasion er- folgt wohl von dem Darm ans. Der geschilderten Form steht der Erreger des Mäiisetvphus (Bac. typhi miirium) nahe, der zur Vertilgung der Feldmäuse von LörrLKR empfolilen wird und mit viel Erfolg schon ange wen det worden ist. ^ •’ * )

7. Als Robert Koch im Jahre 1883 von seiner ruhmvollen Reise in das Heimatland der Cholera (Ostindien) mit der Entdecknng des K 0 ni m a b a c i 11 n s znrückkehrte, erschien dessen sichere Wiedererkennnng ein leichtes zn sein, da er als pathogener der erste seiner Art war, ein bewegliches, gekrümmtes, sich schlängelndes Stäbchen. Als aber dann später bei europäischen Epidemieen die Untersnchnng unserer einheimischen Gewässer (Anreichernngsverfabren p. 45) en gros betrieben wurde, da mehrten sich bald die Angaben, dass ähnliche Kommabakterien wohl in keinem Wasser fehlten, was Jedem, der fauliges AVasser (Fig. 22^) einmal an- gesehen hat, wohl sofort auffallen muss. Es begann nunmehr ein rast- loses Suchen nach unterscheidenden Merkmalen, von denen allerdings viele, wie die Indolreaktion, der AAJichs im Gelatinestich bald als un- genügend sich erwiesen. Ob der neueste Versuch dieser Art, die spez. Immunitätsreaktion nach Peeiefer, über die man das nächste Kapitel vergleichen wolle, den an sie geknüpften Erwartungen dauernd entsprechen wird, kann erst die Zukunft lehren.

Das Tierexperiment bedarf auch noch weiterer Ausbildung, da alle Tiere, auch im Heimatlande der Cholera, die Krankheit nicht bekommen und nur nach besonderer Vorbereitung es möglich ist, Meerschweinchen eine choleraähuliche Erkrankung durch Verfütterung von Kommabazillen beizubringen. Vermeidet man die natürliche Eingangspforte der Cholera, den Mund, und injiziert die Bakterien in die Bauchhöhle, so sterben zwar die A^ersuchstiere, aber unter Erscheinungen, die auf gleiche AA^eise auch durch andere Bakterien hervorgerufen werden können und zur Difterential- diagnose der choleraähnlichen AVasservibrionen deshalb nicht ausreichen. Aber nicht bloss die AVasseruntersuchung, auch die bakteriologische Prüfung der Ausleerungen bei choleraverdächtigen Fällen stösst auf die gleichen Scliwierigkeiten und sollte stets ohne Beunruhigung der öffentlichen Meinung, der ein gut Teil Skepsis für alle Fälle anzuempfehlen ist, ge-

schehen.

Bei echter Cholera enthalten die charakteristischen Entleerungen (Reiswasserstühle) meist grosse Mengen der Koch sehen A^ibrionen, die besonders in den schleimigen Flöckchen in wahren Reinkulturen Vor- kommen. Die Bakterien finden sich im Darm, dessen AA^and zuweilen durchwuchert wird, oft aber intakt bleibt. In andere Körperteile gehen die Bakterien gewöhnlich nicht über, es genügt zu ihrer vollen AATrkung die Entwicklung im Darmtraktus, aus dem sie im Falle der Genesung nach 1 2 Wochen wieder verschwinden. Obgleich schon der Befund bei den Epidemieen kaum noch Zweifel übrig lässt, dass wirklich der Kommabacillus der Erreger der verheerenden Krankheit ist, so müssen alle Bedenken verschwinden gegenüber den Erfolgen, die Laboratoriums- infektionen nnd freiwillige Experimente an Menschen ergeben haben. So erkrankteu PETTENKf)EER und Emmeimc-h ' “’), der erstere wenigei*, der letztere sehr bedenklich au cholei'aoleicheu Eischeinuugeu nachdem sie

10*

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r»einkultiiren von Vibrionen, die aus der Hamburger Epidemie stammten, verscliluckt hatten. Dass wie bei allen Infektionskrankheiten zu der Einführung der Bakterien auch noch das unbekannte Etwas der indivi- duellen Prädisposition hinzukommen muss, versteht sich von sell)st. Be- sonders dürfte für die Cholera eine Herabsetzung der bakterienfeindlichen sauren Beaktion (p. 83) des Magensaftes durch Vei dauungsstörungen, hervorgerufen durch IJnmässigkeit oder klimatische Ursachen, wie bei uns im Hochsommer, zu denken sein. Jede Magen- und Darmschwäche wird als Prädisposition anzusehen sein.

Der KocHsche Bacillus (Vibrio cholerae) (Fig. 28/’, 2 c p. 2, bd p. 7, c p. 8) ist wie andere Vibrionen ein kleines, gekrümmtes, lel)haft be- wegliches Stäbchen (2 {.l lang, 0,4 (.i breit), das an einem Ende eine Geissei trägt, sehr selten zwei, niemals mehr. An der Oberfläche flüssiger Substrate (Bouillon, Asparaginzuckerlösung) bildet er, den Sauer- stotf der Luft begierig aufsuchend, gewöhnlich dichte Häutchen und trübt gleichzeitig die ganze Flüssigkeit, neben vorbei rschenden Einzel- ijidividuen nun auch viele kürzere oder längere, lebhaft bewegliche Ketten (Fig. 28/;) bildend, die fälschlich als Spirillen bezeichnet werden, in Wirklichkeit aber nur aus aneinandergereihten Vibrionen bestehen. Echte endogene Sporen, die sicher gebildet werden, vielleicht aber nur in der tropischen Heimat, kennt man noch nicht, aus alten Kulturen beschriebene, als Sporen gedeutete Körnchen sind nur Produkte des Zerfalls und der Involution, die auch in abenteuerlichen Verunstaltungen der Form sich äussert.

Die sporenfreien Kommabazillen der Kulturen vertragen das Aus- trocknen nur kurze Zeit, schon in wenigen Stunden sterben sie, so dass also eine staubtrockene Euheperiode, wie sie beim Tuberkelbacillus be- steht, ganz fehlt, und auf diesem Wege auch eine Infektion ausgeschlossen ist. Dagegen vermag der Choleravibrio als echter Met atroph und Wasser- organismus im Wasser mehrere Wochen entwicklungsfähig sich zu er- halten und verlangt auch keine ausschliessliche Peptonzuckernahrung, er ist, wie die Tabelle auf p. 53 zeigt, sogar eine Ammonbakterie, die in Glycerin-Salmiaklösungen bei geeigneter alkalischer Eeaktion noch recht flott wächst, bei ungünstiger Eeaktion aber ganz versagt. So erklärt es sich, dass die Bakterien in den Dejektionen und auf damit verunreinigter, feucht bleibender Wäsche sich vermehren und auch in Gewässern mit fäulnisfähigen Stoffen gedeihen. Aus ihnen, z. B. in Peptonbouillon, erzeugt der Choleravibrio gewöhnlich Indol und andere Fäulnisprodukte, denen sich Milchsäurebildung aus Zucker anschliesst.

Aus verunreinigtem Fluss- und Teichwasser, das getrunken oder zu AVirtschaftszwecken verwendet wird, gelangen die Bakterien in den Magen und Darmkanal, so dass der Mund die gewöhnliche Eingangs- pforte der Krankheit bildet und dem Wasser bei einer Epidemie die grösste Ueberwachung zuzu wenden ist.

In seinen metatrophen Eigenschaften schliesst sich der Cholera- vibrio unseren einheimischen, ihm gleichgestalteten AA^asservibrionenJ^^) vollkommen an, deren Wohnort er im Hochsommer auch zu teilen ver- mag. Der Choleravibrio ist aber ein echter Tropenbewohner, seine Hei- mat ist Ostindien, wo er fauliges Wasser genau so bewohnt, wie seine Verwandten bei uns. Er verlangt nur eine höhere Temperatnr (Optimum 30-40*’), um üppig zu gedeilien und zugleich auch seine grösste Virulenz zu erreichen, eine Bedingung, die bei uns im Hoclisommer, unserer Cholera-

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zeit, am besten erfüllt ist. Arcli eiiii^fe unserer einheimischen "Wasser- vibrionen, wie der Vibrio berolinensis und danubiciis besitzen scdion pathogene Eigenschaften, ob auch für den Menschen, bedarf noch einer weiteren Untersnchnng. Die grössere Giftigkeit des trojdschen Wasser- organismns würde unter die allgemeine Regel fallen, dass in den günstigen Temperaturverhältnissen der Tropen Ptlanzengifte stets kräftiger sich entwickeln, wie bei uns, wde z. B. auch die Haschischproduktion aus

TT

Hanf

zeigt.

So erscheint die Cholera als eine durch einen tropischen AVasser- organismus, eine metatrophe Fänlnisbakteiie hervorgerufene Darmkrank- heit, deren Erreger sich dauernd in unserem Klima nicht festzusetzen - vermag, sondern von neuem wieder durch den Weltverkehr bei uns von Zeit zu Zeit eingeschleppt wird.

8. Ausser den genauer besprochenen Krankheitserregern kennt man noch viele andere mehr oder weniger gut, so die Spirochaeten des Rück- falltyphus, die Stäbchen des Rotzes, des Schweinerotlaufes und einer An- zahl anderer Tierseuchen, für andere Infektionen aber, wie Hundswut, Rinderpest, Scharlach, Masern, Keuchhusten und andere kennt man die spezifischen Erreger, die auch unter den Bakterien vermutet werden, noch nicht. Einige andere pathogene Mikroorganismen und Pilze wurden schon in A^orl. IV kurz besprochen.

XVII.

Die Bakterien als Kraiiklieitserreger.

3. Die Wirkungsweise der Bakterien und die Reaktion des Gefallenen Orgaiiismns. Serumtlierapie und Immimität.

Wenn pathogene Bakterien auf den oben geschilderten Wegen in den Körper eingedrungen sind, so vergeht bis zum Ausbruch der Krank- heit noch eine verschieden lange Zeit, die Inkubationszeit, die z. B. bei Impfung von Meerschweinchen mit Streptokokken 15 60 Stunden beträgt, bei Cholera 1 3 Tage, beim Menschen für Milzbrand 3 7 Tage, Syphilis 3—4 Wochen, Hunds wnt 40 Tage und mehr.

AVährend dieser Zeit vermehren sich die eingewanderten Bakterien lind rufen dadurch einen zunächst ohne krankhafte Symptome verlaufenden oder nur durch schwaches Uebelbefinden bemerkbaren Kampf des Orga- nismus gegen die Eindringlinge hervor. Siegt der Körper schon im An- fang, dann briclit die Krankheit gar nicht ans. So manches vorüber- gehende Uebelbefinden und flüchtige lokalisierte Schmerzen dürften wohl oft Zeichen eines solchen Kampfes sein, der durch die Niederlage der Bakterien den Ausbruch der Krankheit verhindert. Denn es ist doch zweifellos, dass viel öfter t)athogene Keime in den Körper eindringen, als es nach der Zalil der wirklichen Krankheitsfälle scheinen möchte.

Wenn die ersten Abwehrversnche des Körpers erfolglos geblieben sind lind die Bakterien reichlich sich vermehrt haben, dann bricht die Krankheit hervor, der Kampf zwischen Wirt und Parasit steigert sich zu den heftigsten Symptomen, von denen es nicht mehr möglich ist zu bestimmen, wie viele noch als Abwehrerscheinungen des Körpers gegen die Bakterien, tvie viele bereits als Zeichen seines Unterliegens aiifzii- fassen sind.

Selbst bei stärkerer Yermehriing der Bakterien und einer Dnrch- Avncheriing des ganzen Körpers werden diesem doch nur wenig Näh r- s t 0 f f e i m ganz e n e n t z o g e n , so dass hierdurch eine Schwäch img kaum entstehen dürfte. Sind metatrophe (Tärnngs- und Fäulnis- erregei’ eingedrungen, so würde die Menge der dem Körper entzogenen Stoffe nicht einfach gleicli sein der Menge der herangewachsenen Bakterien-

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Substanz, da bei den g'enaiinteu Prozessen die einzelne Zelle eine ihr Gewicht hundert- und tausend fach iibertretfende Menge gärnngs- und fänlnisfähigen Materiales zu zersetzen vermag. Als verschlimmernde Nebeinvirknng dürfte dieser Umstand wohl nicht zu unterschätzen sein, auch die Gewebszerstörnng könnte hierauf beruhen. Auch rein ])hysi- kalisch können die Bakterien die Blntziidcnlation lokal stören, wenn sie sich in den Kapillaren, wie z. ß. bei Milzbrand, dicht hänfen und sie schliesslich streckenweise ganz verstopfen.

Während man früher geneigt war, den geschilderten Wirkungen einen sehr grossen, vielleicht zu grossen Eintlnss znznschreiben, sieht man jetzt in ihnen mir Nebeiierscheinnngen, Avährend man den stürmischen Verlauf der Krankheit und ihre schweren Folgen auf Vergiftung durch von den Bakterien erzeugte Gifte, Toxine, znrückführt. Das Contaginm animatnm. das von aussen anfgenommen wird, erzeugt im Körper das Virus inanimnm, das leblose Gift. Die Erforschung dieser Gifte ist jetzt in vollem Gange, begreiflicherweise aber mit den grössten Schwierigkeiten verbunden, da es sich zum Teil um eiweissartige Körper handelt, die der chemischen Forschung noch wenig zugänglich sind, zum Teil wohl auch um leicht zerstörbare Stoffe anderer Art. Sicher hat sich bereits ergeben, dass giftige Körper von sehr verschiedener chemi- scher Natur entstehen können.

Die eine Gruppe, die der Pt omaine, der Fäulnis- und Kadaver- alkaloide, sogenannt wegen ihrer an Pflanzenalkaloide erinnernden Ke- aktionen ist die am längsten bekannte (p. 97), an den toxischen AVir- kungen pathogener Bakterien aber wenig beteiligt.

Die Eeindarst ellung ihrer spezifischen Toxine ^^’’) aus Kul- turen hat trotz eifrigster Arbeit noch wenig Erfolg gehabt, so dass man wohl von den Giften redet, ohne sie aber in AVirklichkeit rein zu kennen.

Um ihre Wirkung zu studieren, wäre das zwar sehr erwünscht, aber ist doch nicht unbedingt notwendig, wie die folgende Darstellung zeigen wird. Um solche in der Kulturflüssigkeit lösliche Gifte von den Bakterien zu befreien, genügt es, Bouillonkulturen durch Porzellan- oder Kiesel- guhrfilter zu filtrieren. Spritzt man auf diese Weise dargestellte gift- li a 1 1 i g e Lösungen z. B. vom Tetanusbacillus Tieren ein, so erkranken sie unter den gleichen Erscheinungen des Starrkrampfes wie bei der Impfung mit Tetanusbazillen. Ebenso gelingt es, mit flltrierten Kulturen von Diphtherie die Versuchstiere zu vergiften. Kurz, es hat sich heraus- gestellt, dass alle pathogenen Bakterien lösliche Gifte erzeugen und dass diese allein nicht bloss genügen, die schweren S^unptome der betreffenden Krankheit hervorzurufen, sondern dass auch von ihnen allein Art und Verlauf der Krankheit abhängt. Besonders alte Kulturen enthalten viel von diesen Toxinen, sie sind giftiger, während die jüngeren durch grössere AVachstumsfähigkeit der Bakterien sich auszeichnen, sie sind nach der üblichen BezeichnungSAveise virulenter.

Die Filtrate kann man zunächst im luftleeren Baum durch AVr- dunstung konzentrieren und erhält so eine wirksamere Giftlösung, aus der endlich durch Fällungsmittel, wie Alkohol oder durch Aussalzen ein Niederschlag von noch grösserer Giftigkeit sich abscheiden lässt. Freilich enthält dieser Niederschlag noch ein buntes Gemenge verschiedener Stoffe, z. B. eiweiss- und albumoseartiger Stoffe aus der Nährbouillon, Aschenbestandteile und dazwischen nun auch die Toxine. Sie vollständig zu isolieren, ist noch nicht gelungen. AVährend man

früher meinte, dass diese Toxine eiweissartige Körper seien (Tox- albnniine), hat die weitere Reinigung ergeben, dass sie einfacliere Stoffe sein können. Sie sind ansserordentlicii giftig, von einem mögliclist kon- zentrierten Tetannstoxin tödtete schon Milligr. eine Maus, für

den Mensclien würden vielleicht 0,23 Milligr. genügen. Auch durch Ex- traktion der Bakterienleiber lassen sich die in ihnen enthaltenen Gifte gewinnen, das bekannteste Beispiel dieser Art ist das KocHsche Tuber- kulin ein Reinigungsprodukt eines Glycerinauszuges aus Tuberkel- bazillen. Reine Gifte hat man auch auf diesem AAege noch nicht her- stellen können, das Tuberkulin von 1890 enthielt dem Nährboden ent- stammende Albumine, Albumose und Pepton und dazwischen das noch unbekannte Gift.

Auch die a'l 1 e r n e u e s t e n T u b e r k u 1 i n p r ä p a r a t e (TO und TR) Kochs sind Extrakte aus im Mörser zerstossenen , trockenen Tuberkel- bazillen hoch virulenter Reinkulturen. Die fein zerstäubten Bazillen werden mit destilliertem AVasser centrifugiert, der erste, gelbliche, klare Extrakt ist das TO mit einer dem alten Tuberkulin ähnlichen AA^irkung, die wiederholte Centrifugierung des Bodensatzes von TO giebt dann das günstiger als dieses wirkende TR. Beide, zu besserer Haltbarkeit mit 20% Glycerin versetzt, sind also auch nur gifthaltige Gemische aller in AA^asser löslichen Stoffe, vermengt mit winzigen Trümmern der zer- stossenen Bazillenleiber.

Die festen gifthaltigen Substanzen und die Bouillonfiltrate bewahren ihre Giftigkeit ziemlich lange, sind aber z. B. gegen höhere Tempera- turen, gegen Säure und Alkalien sehr empfindlich. So wird das Tetanus- toxin schon in wenigen Minuten durch 65 vernichtet, das Diphtherie- toxin durch 58 in 2 Stunden. AA'enn auch diese grosse Empfindlich- keit gewisse Anklänge an die Eigenschaften der Enzyme darbietet, so ist doch daraus eine Verwandtschaft beider Körperklassen nicht ab- znleiten.

Die Gifte sind ein Produkt des Bakterienlebens, ebenso wie die Gär- produkte, ebensogut wie die Alkaloide unserer Giftpfianzen, die Gifte der Schlangen, und werden schon während des Lebens der Bakterienzelle ausgeschieden, gelangen aber besonders in die Kulturflüssigkeit, wenn die Bakterien in grösserer Alenge absterben, woraus sich die grössere Giftigkeit älterer Kulturen erklärt. Da auch im kranken Körper Bak- terien zu Grunde gehen, Avie die mikroskopische Beobachtung schon er- kennen lässt, so Avird dadurch die A'ergiftung nur gesteigert.

Da die Bakterien, Avie auch mehrere Funde fossiler Arten ans der Steinkohlenzeit nnd anderen Erdperioden bestätigen, sicher zu den ältesten Organismen anf nnserei’ Erde gehören nnd schon allgemein ver-

breitet Avaren. als im

Tertiär die EntAvicklung

der Avarmblütiß'en Tiere

einsetzte, so Aväre es Avnnderbar, Avenn diese nicht im Laufe ihrer phylo- genetischen A^ervollkomninnng allmählich Eigenschaften entAvickelt hätten, um die ihnen stets drohenden Eindringlinge zn bekämpfen.

Die Erforschung dieser Fähigkeiten bescliäftigt jetzt in hohem Alaasse die AAbssenschaft und hat auch bereits in der Serumtherapie Aveiteren Er- folg verheissende Früchte getragen. Dei‘ Gegensatz der praktischen Er- fahrungen sowohl als auch der theoretischen Anschauungen ist freilich ein so grosser noch, dass es noch langer Zeit bedarf, bis eine feste Grund- lage geschaffen sein wird.

Die Aufmerksamkeit der Foi’scher Avendete sich zuerst, besonders unter AIhtscjimkuhi s Führung, den Aveissen Blutkörperchen (Leukocyten)

15H

oder Lyniphzellen des Kih-pers zu, deren grosse Bedf^utuiig für pliysio- logisclie und patliologische Prozesse mehr und mehr gewürdigt wurde. Als Wand er zellen bezeichnet man diese hüllenlosen Gebilde, die im Knochenmark, in der Milz und anderen blntbereitenden Organen ent- stehen, deshalb, Aveil sie ans den Blut- und L3nni)hbahnen, in denen sie durch den ganzen Körper verbreitet Averden, ansznvvandern und zwischen die festen (feAvebszellen sich einzndrängen vermögen. So vermehren sie sich in den Darmzotten nach der Nahrnngsanfnahnie, so bilden sie einen Hani)tbestandteil des Eiters als Eiterkörperchen. Man redet dann kurz von Lenkocytose. Im Blute milzbrandkranker Tiei-e, bei Eiternngs- prozessen aller Art enthalten die Lenkocyten nun sehr oft, freilich nicht immer, Bakterien, bald nur einzelne, bald grössere Mengen, die zum Teil durch schlechtere Färbbarkeit und Veränderungen ihres Inhaltes abge- storben aussehen (Fig. 29 a u. h). Metschnikoff gründete auf diese Vor- kommnisse seine Lehre von der Phagocy tose^^-’), die Lenkocyten sollten als riiagocyten, Fresszellen, AAÜrken und die in den Körper einge-

Fig. 29. PhagOCytOSe nach Metschnikoff. a Leukocyt aus Taubenblut mit Milzbrandbazillen, die zum Teil noch intakt sind und sich kräftig färben (schwarz) , zum Teil mehr oder weniger verändert und blass (punktiert), der locker punktierte Körper ist der Zellkern, b Ein lebender Taubenleukocyt, Bazillen in sich aufnehmend. Vergr. 1000.

drungenen Bakterien in sich aufnehmen und töten, die Phagocyten sollten eine durch den ganzen Körper verschickbare x4.rmee der Verteidigung sein. Sprach schon die unmittelbare Beobachtung für diese iVnsicht, so Avurde sie dann noch Avesentlich gestützt, als man die Chemotaxis der Lenkocyten’’-') genauer studierte, speziell auch gegenüber den Bakterien und ihren in die Kulturflüssigkeit übergehenden StoffAvechsel- produkten. Mit diesen angefüllte Kapillaren brachte man in den Körper und fand sie nach einiger Zeit vollgestopft mit lierbeigeAvanderten Leuko- cyten, deren Herbeilockung man auf Chemotaxis zurückführte, freilich Avohl nicht immer mit ausreichender Berücksichtigung des p. 77 schon besprochenen WEBEEschen Gesetzes. Da nun um Bakterienherde fast regelmässig Lenkocyten sich ansammeln und als Phagocyten sich mit Bak- terien beladen, so schien Metschnikoffs Theorie Avohlbegründet.

Die Entdeckung einer Eigenschaft der zellenfrei gemachten Blut- flüssigkeit, des Blutserums, schien anzudeuten, dass die Phagocytose Aveder das einzige und sicher nicht das wichtigste Bekämpfungsmittel der eingedrungenen Bakterien sei. Säte man beliebige Bakterien im zellenfreien Blutserum aus und prüfte voji Zeit zu Zeit durch Platten- kulturen ihre Zahl, so fand man, dass immer Aveniger Keime aufgingen, bis endlich nach mehrstündiger Wirkung des Serums alle unterdrückt Avaren. Diese bak t er icide Eigenschaft des Serums, die es allen Bakterien gegenüber äussern soll, Avird durch einstündiges Erwärmen auf 55" verniclitet, ebenso durch Verdünnung mit destilliertem Wasser. Nach Büchner beruht die bakterienfeindliche Wirkung des Blutserums auf

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besonderen vStolfen, den Alexin en'*®) (AbwelirstofFen), die freilicli ebenso- wenio’ wie die Toxine bislier sich rein darstellen Hessen und selir leicht zerstörbar sein sollen. Da durch Erwärmen wirkungslos gewordenes Serum schon durch Zusatz von 0,3 Kochsalz oder eines anderen Salzes reakti- viert werden kann, so scheint auch hinter den Alexinen noch manches Ge- heimnis zu stecken.

In der Zeit, als die Phagocytentheorie und die Alexintheorie sich gegenübertraten, Anfang der achtziger Jahre, legte man noch den Haupt- Avert auf die Vernichtung der Bakterien, erst später trat die Vergiftungs- theorie der InfektionskrankheiteiP^'^) in den Vordergrund und damit ent- stand die Frage nach der Vernichtung der Bakteriengifte, nach dem Vorhandensein von Gegengiften, Antitoxinen. Da das Leben der verschiedenen Bakterien durch ein und dasselbe Gift vernichtet wird, so Avar es nicht nötig, nach spezifischen Alexinen zu suchen. Gegen die verschiedenen Toxine der pathogenen Bakterien erschienen aber auch spezifische Antitoxine erforderlich, Avie fast jedes Gift sein besonderes Antidot verlangt. Die an ti toxischen oder toxiciden Eigen- schaften des Blutserums lassen sich nur mit Hilfe des Tierexperimeutes erforschen, da das Tier an und für sich schon das sicherste Reagenz auf die Bakterientoxine ist und bei der Unkenntnis dieser Toxine im reinen Zustande vorläufig überhaupt das einzige, an dem deren Vernichtung durch die Antitoxine des Serums erkannt werden kann.

Auch diese Antitoxine ist es noch nicht gelungen, rein dar- zustellen, sie sollen etwas widerstandsfähiger als die Toxine sein, jedoch Aveichen die Angaben verschiedener Forscher über dasselbe Antitoxin, das immer nur gelöst im Serum untersucht werden konnte, oft noch recht sehr voneinander ab.

Da das zellenfreie Serum an und für sich ein lebloses Gebilde ist, so Aveist alles darauf hin, in den Zellen des Blutes, in den Leukocyten die Träger und Erzeuger derjenigen Stoffe zu sehen, Avelche dem Serum seine baktericiden und toxiciden Eigenschaften verleihen sollen. Alexine und Antitoxine sind Produkte der Leukocyten, die mehr hierdurch, als durch ihre Eigenschaften als Fresszellen den Kampf des Organismus gegen die Bakterien zu führen scheinen. So (^rgiebt sich ein bereits vielseitig anerkannter Kompromiss zAAUschen der mehr von den französi- schen Forschern betonten Theorie Metschnikoffs und der besonders in Deutschland angesehenen Lehre von den Antikörpern.

Ein anderes natürliches Kampfmittel gegen die Bakteriengifte be- sitzt der Mensch und jeder Organismus überhaupt in der Fähigkeit der GiftgeAvöhnung, die nur ein besonderer Fall der aller lebenden Substanz inneAvohnenden Eigenschaft ist, dauernd auf sie einAvirkenden äusseren Einflüssen, wenn diese langsam sich steigern und niclit plötzlich über ein geAvisses Maass hinausgehen, sich anzubequemen. Dass diese Fähigkeiten bei einzelnen Organismen besonders stark entAvickelt sind, auch individuell schwanken, ist ja bekannt. So braucht nur an die Akklimatisationsfähigkeit von Tieren und Pflanzen, der verschiedenen Menschenrassen, ja an viele Bakterien selbst erinnert zu Averden, die z. B. in unseren Reinkulturen oft unter ganz anderen Bedingungen, als ilirem natürlichen Vorkommen entspricht, gut gedeihen. Beispiele von Gift- geAvöhnung sind bekannt genug, die Arsenikesser lernen allmählich 0,4 Gramm auf einmal vertragen, Avährend die tötliche Dosis sonst 0,1 bis 0,2 Gramm beträgt, Morphinisten geAvöhnen sich an die vierfache tötliche Dosis (0,4 Gramm per os). Durch langsame Steigerung ur-

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spriinglich g’evinger

(liftmeiigeii ist es gelungen, weisse Mäuse

gegen

Kiciu (Gift des Ricinussamens) giftfest zu inaclien, so dass sie scliliesslicli die lOOfaclie tötliclie Dosis oline Schädigung vertrugen, sie waren

sogar

g i f t i m in u n , r i c i n i m in n n geworden. ' ' ^ )

Auch an die Toxine der pathogenen Bakterien kann sich der Körper gewöhnen. Es dürfte sich verlohnen, einmal nur von diesem Gesiidits- pnnkte aus die zahllosen Erfahrungen der letzten Jahre über die Im- in nnisierung lind Sernintherapie zu hetrachten, ohne Rücksicht zunächst auf die Theorie der Antitoxine. Um z. B. ein Meerschweinchen gegen Diphtheriegift giftfest, aktiv iinmnii zu machen, verfährt man folgendermaassen '•^®) : Man bestimmt zunächst von einem gifthaltigen Filtrat einer Boiiilloukiiltiir die tötliclie Minimaldosis, d. h. wie viel Kiibik- ceiitimeter gerade genügen, um, subkutan eingespritzt, ein Meerschweinchen zu töten. Es mögen das 0,3 Kiibikcentinieter auf 1000 Gramm Tier- geAvicht seki, also für ein MeerscliAveinchen von 250 Gramm circa 0,08 Kiibik- centimeter. Dieser Titre ist natürlich nicht ein fester AVert, ver- gleichbar dem Titre einer maassanalytischen Normallösiing, sondern Avechselt je nach den Kiiltiirbedingiingen, der Giftigkeit der Bazillen. Man geht nun auf geringere Dosen herab, beginnt vielleicht mit der Einspritzung von 0,001 Knbikcentimeter, die ein vorübergehendes Unwohlsein hervor- riifen, dann steigert man und kann so nach längerer Zeit schliesslich sogar weit über die tötliclie Dosis liinaiisgeheii, ohne Schädigung des jetzt giftfest geAvordenen Tieres. Auf die gleiche AA^eise Averden auch in den Höchster Farbwerken Pferde zur GeAvinniing des Beheik eschen Heil- serums gegen Diphtheriegift giftfest gemacht.

Statt mit kleinen Dosen des iingescliAvächten Giftes kann man auch mit grösseren Dosen eines durch ErAvärmen auf 50—70^ oder durch Zu- sätze chemischer Stoffe, Avie Karbolsäure, Jodtrichlorid, a b g e s ch av ä ch t e n G i f t es beginnen. Endlich führt auch die Impfung mit a b g e s c h av ä c h t e n Bakterien selbst zum Ziele. Prinzipiell kommt diese Behandlung auf dasselbe hinaus wie die mit bakterienfreien schwachen Giftlösungen, da mit der vegetativen AbscliAvächung der Bakterien durch die auf p. 27 geschilderten Mittel natürlich stets auch eine Herabsetzung ihrer Gift- produktion verbunden ist. Die Immunisierung durch a b ge- sell av ächte Bakterie 11 kulturell war der Ausgangspunkt für die reine Giftbehandluiig. Mit Tetanusbazillen, die durch Jodtrichlorid in verschiedenem Grade abgescliAvächt Avaren, gelang es Beheing*^^’), ein Pferd in 70 —80 Tagen derartig tetanusinimun zu machen, dass es 100 Knbik- centimeter einer vollvirulenten Kultur, von der sonst schon 0,5 Knbik- centimeter zur Tötung genügt hätten, ohne Schädigung vertrug. Alehrere 100 Kubikeentimeter verschiedengradig abgescliAvächte Kulturen Avaren dazu erforderlich geAvesen. Mehr als 800 Kubikeentimeter gifthaltige nitrierte Diphtheriebouillon sind iiotAvendig, um ein Pferd in 80 Tagen starkimmun zu machen. Jetzt ist es zur Abzapfung von Heilserum geeignet.

Die Giftfestigkeit lässt sich durch Aveitere Behandlung noch steigern und hält ohne Fortsetzung der Einspritzungen längere Zeit an, z. B. bei einem gegen Tetanus immunisier teil Pferde 2 Jahre, bei den Höchster Diphtheriepferden Avohl ähnliche Zeit; bei Versuchen mit anderen Bak- teriengiften ergaben sich zwar keine so langen Zeiträume, immerhin doch viele Wochen und Monate. Schwankuiigen sind hier natürlich unaus- bleiblich.

Vorausgesetzt, dass die experimentelle Immunisierung durch Toxine

15B

eine reine Giftgewr)]innng ist, so würde ilir Erlösclien einfach sich da- dnrcli erklären, dass die Gifte allinälilich ans dem Körper wieder ent- fernt werden und schliesslich ganz verschwinden. Die Zellen des Körj)ers würden so allmählich wieder entwöhnt. Das lange Bestehen einer solchen (Bftfestigkeit, 2 Jahre und noch mehr, würde nicht gegen diese Anf- fassnng sprechen, da Gifte oft ausserordentlich langsam aus dem Körper ausgeschieden werden, man denke nur an das Quecksilber, das nach Kuren erst in 0 Monaten und noch längerer Zeit vollkommen verschwindet.

Als eine experimentelle ehr on is che Vergiftung ist doch zweifellos die Immunisierung durch Toxinimpfnng anzusehen.

Ein e solche künstliche G i f t f e s t i g k e i t schützt natürlich nicht bloss gegen die unmittelbare Einwirkung des spezifischen Giftes, sondern auch gegen das von eingedrnngenen Bakterien abgeschiedene Gift; ein- geimpfte Tetaniisbakterien z. B. werden zwar nicht in der Entwicklung gehemmt, nur ihr Gift vermag nicht mehr zu schädigen. Tn anderen Fällen, z. B. bei Diphtherie, ist es ebenso während für andere Krank- heiten noch keine Klarheit darüber gewonnen ist, ob eine Giftimmnni- sierung zugleich auch eine Wachstumshemmung der entsprechenden Bakterien bewirken kann, ob also baktericide Eigenschaften nebenbei gefördert werden (Cholera, p. 158). Die Giftfestigkeit ist eine streng spezifische, mit Diphtheriegift kann nur gegen dieses selbst, nicht auch gegen Tetanus und Milzbrand oder beliebige andere immunisiert werden. Auch das würde leicht durch die Giftgewöhnung zu erklären sein. Diese würde überhaupt ausreichen, um alle diejenigen neuen Eigen- schaften, die das immunisierte Tier gegenüber sich selbst bekommt, voll- kommen zu erklären. Nun treten aber auch nichtimmunisierten Tieren gegenüber andere, neue Eigenschaften hervor, die als Grundlage der Serumtherapie dienen.

Durch Einspritzung von Serum immuner Tiere kann man andere Tiere ebenfalls immun machen, „passiv“ immunisieren und ihnen an- nähernd die Eigenschaften des serumliefernden Tieres verleihen. Auch die Milch immunisierter Tiere ist dazu geeignet, z. B. von diph- therieimmunen Ziegen, freilich erreicht ihre Wirkung nur Yso derjenigen des zugehörigen Blutserums. Durch zahlreiche Tierexperimente ist auch festgestellt, dass eine immunisierte Mutter auf ihre Nach- kommen ihre Giftfestigkeit vererben kann, freilich nicht als dauernde, erblich fixierte Eigenschaft, sondern nur auf einige Zeit, nach wenigen, 2 3 Monaten ist sie erloschen. Durch den Vater ist die Immunität nicht übertragbar.^"'^) Alle diese Leistungen eines immunisierten Tieres würden schon ohne Annahme von Antitoxinen dadurch sich erklären, dass die früher eingeführten Toxine nur langsam den Körper verlassen und erst nach Monaten und vielleicht Jahren ganz ausgeschieden werden. So lange noch geringe, dem exakten Nachweis sich entziehende ]\rengen vorhanden sind, ist das Tier noch immun, freilich mit steter Abnahme. Ebensolange aber auch enthält sein Serum geringe Giftmengen, die nun, einem frisclien Tiere wiederholt eingespritzt, in ihm allmählich eine Giftgewöhnung herbeiführen. An je grössere Dosen das serumliefernde Tier gewöhnt ist, um so mehr Gift enthält sein Serum, um so höher ist auch sein Immunisierungswert. Schliesslich könnte das Gift sich so an- sammeln, dass das Tier selbst daran zu Grunde geht, während sein Serum den höchsten Immunisierungswert erlangt. Diese sog. lieber- em p f i n d 1 i c h k e i t , die von Behkinc j ^ ■''’) bei einzelnen Serum tieren

157

beobachtet wurde und durcli die Aiititoxiutlieoiie ganz uuerklärlicli ist, wäre oliue weiteres verstand] ich.

A\^eim nur auf einer Uebertraguug sehr verdünnter Toxine die Wir- kung des Heilserums beruhte, so müsste seine Wirkung am grössten sein vor der Einverleibung der Infektionseri'eger, weil dann die Giftgewölinung schon begonnen hat, wenn die Krankheit einsetzt. Eine vielfältige P]r- fahrung lehrt nun, dass noch sehr vorteilhaft eine gleichzeitige Einver- leibung wirkt, sei es, dass das Schutzserum und das Gift, resp. die Bakterien bereits vermischt eingespritzt werden oder getrennt, aber so- gleich nacheinander. Würde man hier von der Antitoxinlehre absehen Avollen, so wäre auch jetzt noch eine Deutung plausibel, man könnte an- nehmen, dass das Gift in dem Serum giftgewöhnter Tiere leichter re- sorbierbar geworden ist, als das frische Toxin aus einer Bouillonkultur und letzterem also in seiner Wirkung vorauseilt. ^

Wenn wirklich freies Bakteriengift in dem Serum das wirksame Agens Aväre, so könnte es scheinen, als ob nun notwendig auch die gleichen Symptome wie bei starker Gifteinführung hervortreten müssten. Ganz ohne Eeaktion des Organismus verläuft ja die Serum- einspritzung niemals, oft kommen sogar, wie bekannt, starke Neben- wirkungen vor. Da aber die Giftmenge des Serums eine sehr ge- ringe nur sein könnte, vielleicht sogar bei der grossen Giftigkeit der Toxine (p. 152) sein müsste, so brauchten deutliche Eeaktionen gar nicht aufzutreten.

Das Gesagte kann keineswegs genügen, eine volle Erklärung zu geben, es wird aber zeigen, wie weit man auch ohne die Annahme V 0 11 s p e z.‘ iV n t i 1 0 X i n e n zu kommen vermag, nur mit der einen, aller- dings weiterer Erklärung einstweilen nicht zugänglichen Eigenschaft der Giftgewöhnung. Zu ihr tritt, sobald man Antikörper voraussetzt, noch eine zweite, ganz dunkle Eigenschaft des Organismus hinzu, nämlich die, zu jedem Toxin ein entsprechendes Antitoxin bilden zu können, eine Forderung, die schliesslich auch für alle anderen Gifte zuge- standen werden müsste. Die theoretische Medizin neigt augenblick- lich sehr dazu, die Immunität und S er um th erapie durch solche Antitoxine zu erklären. Durch die Einverleibung des Giftes soll der Körper zur Bildung von Gegengiften angereizt werden, diese sollen in dem Maasse zunehmen, als die Immunität wächst und sie sollen auch das Wirksame im Serum sein, die Serumtherapie und die Serumimmunisierung würde also in einer Uebertragung von Antikörpern bestehen. Wie schon erwähnt, sind diese noch gänzlich unbekannt, auch über die Art ihrer Wirkung, ob sie das Gift durch chemische Bin- dung gewissermaassen neutralisieren oder ob sie nur den Körper zu grösserer Widerstandskraft anregen oder in anderer Weise wirken, über alle diese Fragen und viele andere daran sich anschliessende sind die Ansichten geteilt.

Die Theorie der Antikörper kommt auch in der von Beheing und Ehrlich eingeführten Bezeichnung des in den Handel gebrachten Diphtherieserums zum Ausdruck.

Als Normal giftlösung gilt eine diphtheriegifthaltige Nähr- bouillon (ältere filtrierte Kulturen), von der 0,3 ccm genügen, um 1 kg- Meerschweinchen bei subkutaner Injektion sicher zu töten, von der also für ein Meerschweinchen von 200— 300 g 0,1 ccm genügen würden. Als N orm al- An ti toxin ein h eit (A. E.) ist eine solche Antitoxinlösung festgesetzt, von der 0,1 ccm genügen, um 1 ccm Normaigiftlösung un-

158

scliädlicli zu maclieii, also ein Meerscliweiiiclien g’eg'eii die lOfaclie töt- liclie Dosis zu scliUtzeu, was mir durcli das d'ierexperiuieiit, gleiclizeitige Eiuspritzuug- der Miscliuiig-, festgestellt werden kann. Um also ein Meer- scliweinclien geg’en die tötliclie Dosis von 0,1 ccm Normalgiftlösnng zu sclintzeii, würden 0,01 ccm der normalen Antitoxinlösnng erforderlicli sein. Normals er um endlicli enthält in 1 ccm 1 Antitoxineinheit, es würde also 1 ccm genügen, um 10 Meerschweinchen gegen die 10 fache Dos. leth. zu immunisieren. Eine Flasche mit 2 ccm 8ernm und der Be- zeichnung 300 A. E. würde also pro ccm 150 Normalantitoxineinheiten enthalten, die zur Immunisierung von 1500 Meerschweinchen ausreichen

würden oder . ^ = 0,0007 ccm für ein Tier. Die Antitoxineinheit 1500

(A. E.) wird auch als Inimunisierungseinheit (T.E.) bezeichnet.

Auf die therapeutische und klinische Frage der Serum behand- lung kanu ich hier nicht eingehen, nur sei erwähnt, dass ein endgültiges Urteil über den Wert der Methode, wenn es nicht unreif sein soll, erst nacli einer grossen Reihe von Jahren möglich sein wird.^'^'*)

Grosse Schwierigkeit bereitet einer theoretischen Erklärung der Immunität die Trennung der baktericiden und antitoxischen Eigen- schaften, die vorausgesetzt werden. Während für Diphtherie und Tetanus allgemein zugegeben wird, dass die Antikörper antitoxisch wirken, d. h. die Bakteriengifte unschädlich machen, sollen bei der Choleraimmuni- sierung Antikör])er mit baktericiden, antibakteriellen Eigenschaften die entscheidende Rolle spielen, und zwar sollen diese nur spezifisch auf die Gholeravibrionen wirken. PrEirrEus S e r u m r e a k t i o n der Cholera, um deren Tragweite augenblicklich eine lebhafte Debatte geführt wird, mag als Beispiel für diese, auch auf andere Krankheitserreger (Typhus, Coli, Streptokokken) ausgedehnte Forschungsrichtung dienen.^

Die Immunisierung der Meerschweinchen beginnt mit toten Cholera- kulturen, denen in angemessenen Zeiträumen immer steigende Dosen leben- der, virulenter Vibrionen folgen, die in die Bauchhöhle eingespritzt werden. Endlich erhält man Immunität, ein Serum, das zur spez. Reaktion sich eignet. Vermengt man vielleicht 30 mg eines solchen Serums mit einer sonst tötlichen Menge von Choleravibrionen und spifitzt in die Bauchhöhle ein, so sollen die Vibrionen hier unbeweglich W'erden, zu Flocken und Klumpen sich zusammenballen, sogar in Körnchen zerfallen, kurz durch das Serum vernichtet werden. Auch ausserhalb des Tieres, schon im hängenden Tropfen lässt sich die Erscheinung beobachten : Zusammenballung ( Agglu- tination), Stillstand der Bewegung und „körniger Zerfidl“. Andere Vibrionen, gegen die nicht immunisiert wurde, und überhaupt andere Bakterien sollen die Reaktion nicht geben, es liegt nach Pfeiffer eine spez. bak- tericide Wirkung des Antikörpers der Cholera vor, die für eine Differential- diagnose der oft so ähnlichen Vibrionensorten verwendbar sein soll. Be- denken hat diese Reaktion schon vielfach erweckt, so dass ihre Zuver- lässigkeit keineswegs allgemein anerkannt ist. Auch die Reindarstellung: des vermeintlichen Antikörpers ist ebensowenig gelungen, wie die der anderen Antitoxine. Da ein „seit Monaten in starker Fäulnis begriftenes Serum seinen spez. Wirkungswert fast ungeschwächt“ '^*‘) behalten liatte, so müsste der Antikörper von einer mineralischen Beständigkeit sein und sehr wesentlich von den Antitoxinen, überhaupt den organischen Pro- dukten des Tierkörpers abweichen. Da auch normales verdünntes ü'auben- blutserum den si)ezifisch körnigen Zerfall echter Choleravibrionen giebt,

159

da diese ferner im Häiigetropfen sich schliesslich von der lähmenden

Wirkling des (hioleraseriims und holen, so dürfte wohl einige Vorsicht

sogar

vom körnigen Zerfall wieder er-

am I?latze sein. Die

ganze

Er-

scheinnng hat eine sehr verdächtige Aehnlichkeit mit der Plasmolyse ip. 8), die hier durch die Salze des Serums und der Bouillon hervorgerufen

werden könnte.

Die geschilderten Erfahriingen umfassen freilich nicht alles, aber doch das wichtigste Material, auf dem sich eine Theorie der Im- in nnität anfzubauen hat. x\ls Immunität bezeichnet man seit Alters her die Unempfänglichkeit gegen eine Krankheit, die Widerstandskraft gegen die ein verleibten Krankheitserreger. Nach den neueren Er- lährnngen würde man speziell eine Immunität gegen die Bakterien (das Virus) und eine solche gegen ihr Toxin zu iinterscheiden haben, virus- i m m ii n und t o x i n i m m n n E erner hat man zu unterscheiden zwischen der natürlichen (angeborenen) und der erworbenen Immunität. Natürlich imninii sind z. B. die kaltblütigen Tiere gegen die Krankheiten der V^armblüter, unsere Haustiere gegen die Cholera, der Hund gegen nicht allzu starke Mengen von Milzbrandbazillen. Freilich kommen in- dividuelle ScliAvankungen genug vor, auch beim Menschen; eine persön- liche Immunität unerklärlicher Art, die zum Teil unter den Begriff der Prädisposition fällt, scheint zu bestehen. Auch mit dem Alter ändert sich die natürliche Immnnität, wie die Kinderkrankheiten zeigen. Ob diese selbst nicht als Immnnisierungskrankheiten, die den jungen Erden- bürger für das bakterienumgebene Dasein vorbereiten und festigen sollen, anfznfassen wären, mag nnerörtert bleiben.

Erwerben lässt sich Immimität nur auf pathologischem Wege, sei es durch Ueberstehen der natürlichen Krankheit, sei es durch deren künst- liche Hervorriifung in schwächerem Maasse, was bei jeder Impfung an- gestrebt wird. So geht ja auch die älteste Schutzimpfung, Jenners Pockenimpfung (entdeckt 1796), von der Erfahrung aus, dass die Kiihpocken (Vaccine) geeignet sind, den Menschen unter schwachen Krankheitserscheinungen gegen die gefährlichen Pocken oder Blattern (Variola) immun zu machen. Auch heute kennt man trotz aller Forschung die Erreger der Kuhpocken noch nicht und ebensowenig das wirksame Etwas der zur Impfung benutzten Lymphe.

x4nch von der Tollwut, gegen die Pasteue ^^-) eine Schutzimpfung mit abgeschwächtem Virus, d. h. mit vorbehandelten Organstücken wut- kranker Tiere ein geführt hat, ist der Erreger noch nicht bekannt. Für diese beiden Impfungen, die den Ausgangspunkt für die ganze Impf- forschiing der Jetztzeit gebildet haben, vermag man einstweilen keine thatsächlichen Erklärungen vorzubringen.

Pasteur wieder war es, der mit abgeschwächten Milzbrandbakterien (Karbolsäure oder höhere Temperaturen p. 27) eine Schutzimpfung einführte, die sich in Frankreich sehr vorteilhaft bewährt hat. Wäh- rend früher die Sterblichkeit am Milzbrand bei Rindvieh 5%, bei den Schafen 10" betrug, ist sie seit der Einführung der Schutzimpfung auf 0,3 iin d 1 gesunken . ^ " =^) Kochs T u b e r k u 1 i n i m p f n n g, ^ ^ 0

deren Wirksamkeit sich freilich nicht so bewährt hat, wie geschwätzige Indiskretion und unsaubere Gewinnsucht Anderer zunächst ausposaunten, wird doch ihre fundamentale Bedeutung stets behalten, weil hier zuerst in rationeller Weise die Stoffwechselprodukte der Bakterien allein ver- Avendet Avurden, nicht abgescliAvächte Bakterien Avie bei Pasteurs Milz- brandimpfung , nicht ein unbekanntes EtAvas Avie bei der Pocken-

I

160

imi)fuiig. Erst auf Kocns Tuberkulinimpfuiig und den zahllosen Erfahrnno-en, die sie brachte, konnte sich die neue Serumtherapie BiniuiN(is anfbanen, die, wie schon gezeigt, nur durch die Einführung des Giftes die serninliefernden Tiere immunisiert.

Eine Immnnitätstheorie, die nicht allzuweit in das fabelreiche Land der Hyi)othesen sich verliert, sondern wirklich Hand und Kuss hat, ist zur Zeit noch ganz unmöglich. Die Alexine und Antitoxine, denen die namenfreudige Forschung der letzten Jahre noch andere wie Glabri- hcine, Lysine und Antilysine „zur rechten Zeit“ beigefügt hat, sind in Wirklichkeit ja noch ganz unl)ekannt, das Neben- und Durcheinander- wii’ken der antibakteriellen und antitoxischen Eigenschaften der Körper- säfte und ihre Beziehungen zum Krankheitsverlauf und zur Immunität sind exakt noch nicht aufgehellt. Auch sind die AVirkungen des nor- malen Serums nicht immuner Individuen auf die Bakterien nocli nicht so allseitig und zuverlässig bekannt, um scharfe Unterschiede gegen das Immunserum immer aufstellen zu können. Die grösste Schwierigkeit bietet aber sicher die lange Andauer der Immunität nach überstandener Krankheit.

Anmerkungen.

1. (p. 1.) Anton v. Leeuwenhoek, Arcana naturae detecta. Die aus dem

Jahre 1683 stammende Abbildung ist nach einer neuen Auflage der Arcana von 1722 (II. Bd. p. 40) wiedergegeben.

2. (p. 2.) Robert Koch, Kreisphysikus in Wollstein, Die Aetiologie der

Milzbrandkrankheit, begründet auf die Entwicklungsgeschichte des Bacillus Authracis. 1876. Beiträge z. Biol. der Pflanzen, heraus- gegeben von Ferdinand Cohn, II. Bd.

3. (p. 2.) Von neuen grösseren Werken sind zu nennen : Flügge, Die Mikro-

organismen. 3. Aufl. 1896, Lehmann u. Neumann, Atlas und Grundriss der Bakteriologie und Lehrbuch der speziellen bakterio- logischen Diagnostik, München 1896, ferner für Gärungsorganisraen : Laear, Technische Mykologie, Jena 1897, bis jetzt nur der erste Band (Schizomyceten-Gärungen) erschienen. Anm. 126.

Ausführliche Referate bringen; BaüMGARTEN, Jahresbericht über die Fortschritte in der Lehre von den pathogenen Mikroorganismen, Koch, Alered, Jahresb. über die Fortschritte in der Lehre von den Gärungsorganismen, ferner Centralblatt für Bakteriologie, I. Abt. Medizinisch hygienische II. Abt., allgemeine, landwirtschaftl. technologische Bakteriologie, Gärungsphysiologie und Pflanzenpathologie.

Als Anleitung zu praktischen Arbeiten sind dem Anfänger zu em- pfehlen : Frankel, Grundriss der Bakterienkunde, 4. Aufl., GÜNTHER, Einführung in das Studium der Bakteriologie. Die französische Schule findet man bei Mace, Traite pratique de Bacteriologie. 2. Aufl. 1891.

4. (p. 2.) LÖEELER, Vorlesungen über die geschichtliche Entwicklung der

Lehre von den Bakterien. I. Teil. Bis zum Jahre 1878 (mehr ist nicht erschienen). Leipzig 1887.

5. (p. 4.) Zusammenfassende Darstellungen über den Bau des Bakterienkörpers

und neue eigene Beobachtungen bei BuTSCHLl, Weitere Ausführungen über den Bau der Cyanophyceen u. Bakterien, Leipzig 1896, und A. Fischer, Untersuchungen über den Bau der Cyanophyceen u. Bakterien, Jena 1897.

6. (p. 12.) Ueber die im Text angeführte Einteilung der Farbstoffbakterien

vergleiche man Beyerinck, Die Lebensgeschichte einer Pigment-

A. Fischer, Vorlesungen über Bakterien. 11

1

bakterie, Botanische Zeit. 1891 ; ferner 8cilROi'n’K>H, Ueber einige durch Bakterien gebildete Pigmente, Colins Beitr. z. Biol. 1. Bd.

7. (p. 13.) Näheres über die Assimilationsthätigkeit dieser grünen Bakterien,

die vielleicht winzige grüne Algen, Protococcaceen, sein könnten, bei Engrlman, Zur Biologie der Schizomyceten, Bot. Zeit. 1882.

8. (p. 14.) Eine scharfsinnige Betrachtung hierüber bietet Naegelt, lieber

die Bewegung kleinster Körperchen, in Untersuchungen über niedere Pilze 1882 , auch Sitzungsb. Münchener Akad., inathem. phys. Klasse. 1879.

9. (p. 14.) Löfeler, Centralbl. für Bakteriol. VI u. VII. Seit Löfflers

grundlegenden Arbeiten sind die Geissein der Bakterien sehr oft untersucht worden ; einige Angaben über allgemeine Morphologie und Physiologie der Geissein bei A. FisCllER, Untersuchungen über Bakt. Jahrb. f. wiss. Bot. XXVII. 1895.

10. (p. 14.) Diese jetzt allgemein gebräuchliche Einteilung stammt von Messea,

Kivista d’igiene e sanitä publica 1890. 1.

11. (p. 16.) Beobachtungen lebender Bakterien während der Teilung sind mit-

geteilt bei Brefeld, Untersuchungen über Schimmelpilze IV (Bacillus sübtilis). Bestimmung der Wachstumsgeschwindigkeit des Cholera- vibrio durch die Plattenmethode bei Büchner, Lüngari) u. Biedlin, Ueber die Vermehrungsgeschwindigkeit der Bakterien, Centralbl. f. Bakt. II. Bd.

12. (p. 19.) Die Sporen der Bakterien wurden zwar früher schon gelegentlich

beschrieben, ihre Eigenschaften aber und ihre genauere Entwicklung schilderte zuerst CoHN, Untersuchungen über Bakterien IV. in Beitr. z. Biol. d. Pflanzen II. Bd. 1876. Keimung der Sporen wurde beob- achtet vpn Brefeld, Anm. 11, ferner Prazmowski, Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte u. Eermentwirkung einiger Bakterien- arten, Leipzig 1880, ferner Biol. Centralbl. IV, 1884 (Bac. sübtilis

u. Bac. Anthracis) ; die neueste, ältere Angaben bestätigende und erweiternde Arbeit über die Bedingungen der Sporenbildung lieferte Schreiber, Centralbl. f. Bakt. 1, Abt. XX. Bd. 1896.

13. (p. 22.) Ueber die Charaktere der Arthrosporen lese man DE Bary nach:

Vergleichende Morphologie u. Biologie der Pilze, Mycetozoen u. Bakterien, Leipzig 1884, p. 496, 506.

14. (p. 23.) Näheres über die lange Zeit sehr umstrittene Speciesfrage z. B.

bei Billroth, Coccobacteria septica, Berlin 1874; Naegeli, Die niederen Pilze in ihren Beziehungen zu den Infektionskrankheiten und der Gesundheitspflege, München 1877 ; ZoPF, Zur Morphologie der Spaltpflanzen, Leipzig 1882 diese Arbeiten im pleomorphischen Sinne, dagegen CoHN, Beitr. z. Biol. der Pfl. I u. II; ferner DE Bary, Vergleichende Morphol. u. Biologie der Pilze, 1884, p. 511, als Ver- treter der Ansicht, dass auch die Bakterien in gute Gattungen und Arten zerfallen ; ferner HÜPPE , Die Formen der Bakterien , AVies- baden 1886.

15. (p. 23.) BüsGEN, Kulturversuche mit Cladothrix dichotoma, Ber. d. deutsch.

bot. Ges. XII, 1894.

16. (p. 25.) Involutionsformen (nach Naegeli, Anm. 14) findet man in zahl-

reichen Abhandlungen beschrieben, so bei BuCHNER in Naegeli, Unter- suchungen über niedere Pilze; ferner Hüppe, Formen der Bakterien; PjiAZMOWöKl, Anm. 12; ZoPF, Die Spaltpilze, Breslau 1885, 3. Aufl.;

163

über die sog. verzweigten Tid)erkell)azillen z. B. Copl’KN JoNKS, H. Bruns in Centralbl. f. Bakt. XVII. Bd. ; für Diplitheriebazillen, Berniiuim u. Folgur, ibid. XX. Bd.

17. (p. 27.) Pasteur, Chaimrerlanu u. Roux, De l’attenuation des virus et

de leur retour a la viruleuce, Comptes rendus de l’Acad, Paris 1881, 92. Bd. ; ferner ClTAMREmiANU, Le charbon et la vaccination cbarbon- neuse, d’apres des recents travaiix de M. Pasteur, Paris 1883 ; dann CiiAMREREANl) et Roux , Sur ratteiiuatioii de la virulence de la bacteridie charbonneuse sous l’influence des antiseptiques. Comptes rendus, 97. Bd. 1883.

18. (p. 27.) lieber asporogenen Milzbrand und seine Eigenschaften: Roux,

Bacteridie charbonneuse asporogene, Annales de l’Instit. Pasteur 1890, IV. Bd. ; Phisalix in Comptes rendus der Pariser Akad, 1892, 1 14. Bd. p. 684, 115. Bd. p. 253.

19. (p. 29.) Eine sehr gute und kritische, morphologisch-physiologische Dia-

gnostik der bisher beschriebenen Bakterien, allerdings mit starker Bevorzugung der pathogenen Arten geben Lehmann u. Xeumann in dem bereits Anm. 3 citierten Werke, das Jedem auf das Wcärmste zu empfehlen ist.

20. (p. 30.) Cohns System der Bakterien in Beitr. z. Biologie d. Pfl. II. Bd.

21. (p. 31.) Versuche neuer Systeme, auch mit neuen Gattungen, sind in letzter

Zeit veröffentlicht von A. FiSCHER, Untersuchungen über Bakt., Jahrb. f. wiss. Bot. XXVII. Bd. ; MiGULA in Die natürlichen Pflanzen- familien, herausgegeb. von Engler u. Prantl, Lief. 129, und von Lehmann u. Neumann (Anm. 3). Das im Text besprochene System möchte der Verf. weiterer Beachtung und Prüfung empfehlen.

22. (p. 38.) Ueber andere, nicht zu den Bakterien gehörige niedere Organismen

und Pilze mit pathogenen Eigenschaften vergl. die 3. Aufl. von Flügge, Mikroorganismen (Anm. 3). II. Bd., dort auch ausführliche Litteratur und Abbildungen.

23. (p. 44.) Die Methoden zur bakteriologischen Untersuchung von Luft, Wasser,

Erde, Nahrungsmitteln und Gebrauchsgegenständen aller Art sind ausser in den Anm. 3 citierten Hilfsbüchern auch in jedem Lehr- und Handbuch der Hygiene beschrieben. Damit der Anfänger an einem Beispiel die Art der Untersuchung und ihre Resultate kennen lerne, sei noch auf folgende Arbeiten hingewiesen : Hn^sSE, Ueber quantitative Bestimmung der in der Luft enthaltenen Keime, Mitteilung, a. d. kaiserl. Gesundheitsamte II. Bd. 1884; MiQUEL, Des organismes vivant de Fatmosphere, Paris 1883 ; Roux, Precis d’analyse microbio- logique des eaux, Paris 1892; WoLEEHÜGEL, Erfahrungen über den Keimgehalt brauchbarer Trink- und Nutzwässer, Mitteil. a. d. Reichsgesundheitsamt 1886; Löeeler, Das Wasser u. die Mikro-: Organismen. Handb. f. Hygiene, I. Bd. 2. Abt. 1896-

24. (p. 47.) Mit der Einführung dieser Unterscheidung würde, wie auch ihre

Anwendung in diesen Vorlesungen wohl zeigen dürfte, manche lange Umschreibung überflüssig werden.

25. (p. 48.) Eine anziehende Schilderung des langen Kampfes um das Ur-

zeugungsproblem bringen Löeelers Vorlesungen (Anm. 4), ausführlich auch Laear, Technische Mycologie ; PASTryURs durchschlagende Arbeit ist : Memoires sur les corpuscules qui existent dans l’atmosphere, Examen de la doctrine des generations spontanees, Annales de Chimie et

11*

164

Physique 1862. 3. Serie 64. Bd. Auch in deutscher Uebersetzung von WiELi^R in OsTWALDs Klassikern der exakten Naturwissenschaften, Nr. 39, Leipzig, bei Engelmann.

26. (p. 49.) Zu dieser kühnen Behauptung versteigt sich Fermi, Centralbl.

für Bakt., 2. Abt., II. Bd., 1896.

27. (p. 50.) Nencki und Scheeeer , lieber die chemische Zusammensetzung

der Fäulnissbakterien, in Beiträgen z. Biol. der Spaltpilze, herausgegeb. von Nencki, Leipzig 1880 (Sep.-Abdr. aus Journal f. praktische Chemie, neue Folge XIX. u. XX. Bd.), ferner Kat'PES, Analyse der Massenkulturen einiger Spaltpilze und der Soorhefe, Leipziger Disser- tation. 1889. Gramer, Die Zusammensetzung der Cholerabazillen. Archiv f. Hygiene XXII, 1895.

28. (p. 51, 54, 55.) Naegeli, Ernährung der niederen Pilze durch Kohlen-

stoff- und Stickstoffverbindungen, Untersuchungen über niedere Pilze, 1882 (auch Hitzungsber. der math.-phys. Klasse der Münchener Akad. d. Wissensch. 1879), man vergleiche besonders auch Beye- RINCK, Over lichtvoedsel en plastisch voedsel van Lichtbakterien, Versl. en Mededel. der Amsterdamer Akad. d. Wissensch. Naturwiss. Abt. 2. Serie. VII. Bd. 1890. Hier auch die Einteilung in Pepton-, Amid- und Ammonbakterien; endlich FränkEL, Beiträge z. Kenntnis des Bakterienwachstums auf eiweissfreien Nährbörden, Hygienische Rundschau IV, 1894. Die Tabelle auf p. 53 nach eigenen Versuchen.

29. (p. 55.) Die Gelatine wurde von Robert Koch (Zur Untersuchung von

pathogenen Organismen, Mitteilung a. d. kaiserl. Gesundheitsamte, I. Bd. 1881) eingeführt, Agar (Gallerte von roten Meeresalgen, Gracilaria , Eucheuma) soll nach HÜPPE (Methoden der Bakterien- forschung, 5. Aufl. p. 250) von Frau Hesse zuerst angewendet worden sein.

30. (p. 56.) Lehmann und Neumann, I. Bd. p. 115 (vgl. Anm. 3).

31. (p. 58.) Pasteur, Infusoires vivant sans gaz oxygene libre, Comptes

rendus der Pariser Akad. 52. Bd. p. 344 und p. 1260. 1861 ;

Pasteur, Etudes sur la biere, Paris 1876, Kapitel VI; Nencki in den Anmerk. 27 citierten Beiträgen. Die Zahl der neuen Arbeiten über die Anaerobiose ist unergründlich gross. AuchAnmerk.68,94,95,1 10.

32. (p. 59.) Engelmann, Neue Methode zur Untersuchung der Sauerstoff-

ausscheidung pflanzlicher und tierischer Organismen, Bot. Zeit., 1881, und Ueber Sauerstoffausscheidung von Pflanzenzellen im Mikro- spektrum, Bot. Zeit., 1882.

33. (p. 60.) Cohn, Ferdinand, Ueber thermogene Bakterien, Berichte der

deutsch, bot. Gesellsch., XI, p. (66), 1893.

34. (p. 61.) Ueber Leuchtbakterien vergleiche man PelÜGER, Ueber die

Phosphorescenz verwesender Organismen, Archiv f. d. gesamte Physio- logie, XI, 1875; Ludwig, Die bisherigen Untersuchungen über photogene Bakterien, Bakteriol. Centralbl. II, 1887 ; ferner E Fischer, Zeitschr. f. Hygiene, I. u. II. Bd., 1886, 87; Beyerinck , die Anm. 28 citierte Arbeit und im Archives Neerlandalses des Sciences exactes et nat., XXIII. Bd., 1889, E. Fischimi, Die Bakterien des Meeres, Plankton-Expedition, IV. Bd., 1894; Kutscher, Deutsche mediz. Wochenschr., 1893.

35. (p. 62.) Nach E. Fischer, Plankton-Expedit., IV. Bd., 1894.

165

36. (p. 63.) AViNCHiH AD8KY, Ueber Scliwefelbakterien, Bot. Zeit., 1887; Der-

selbe , Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Bakterien, Leipzig 1888.

37. (p. 66.) EnCtELMANN, Die Purpurbakterien und ihre Beziehungen zum

Liebte, Bot. Zeit., 1888, und WiNoauADSKY vorige Anmerkung.

38. (p, 66.) WinoCtRADSKY , Ueber Eisenbakterien, Bot. Zeit., 1888; Mo-

LISCJI, Die Pflanze in ihren Beziehungen zum Eisen, Jena 1892, p. 60.

39 (p. 68.) Eine Versuchsreihe über Einfluss des Lichts auf Typhusbazillen veröffentlichte Janowski, Zur Biologie der Typhusbazillen, Centralbl. f. Bakt. VIII. Bd. 1890 ; ferner Buchnee, ibid. XI u. XII.

40. (p. 69.) Nach Büchner, Centralbl. f. Bakt. XI. p. 782 soll der Einfluss

des Lichtes gegenüber den hygienisch in Betracht kommenden Arten (Typhus , Cholera , Fäulniserreger) bei der Selbstreinigung von Flüssen und Seen entscheidend eingreifen. Ja, BuCHNER schlägt so- gar weiss zementierte Klärbecken vor, in denen durch das Sonnen- licht städtische Abwässer desinfiziert werden sollen, bevor sie den Flüssen zugeführt werden. Dann müsste es aber den Bakterien un- möglich gemacht werden, dass sie sich in den Schatten und sei es auch nur in den von Rissen und Sehnlichen des weissen Zementbewurfes, zurückziehen können.

41. (p. 69). Ueber die Wirkung des Lichtes auf Pilze vergleiche man:

Klein, L., Ueber die Ursachen der ausschliesslich nächtlichen Sporenbildung von Botrytis cinerea. Bot. Zeit. 1885. Beeeeld, Bot. Untersuchungen über Schimmelpilze. 3. Heft p. 87 (Coprinus), 4. Heft p. 76 (Pilobolus).

42. (p. 69.) Cohn und Mendelsohn, Ueber die Einwirkung des elektrischen

Stromes auf die Vermehrung der Bakterien. Beitr. z. Biol. III. 1883.

43. (p. 69.) Möller, Referate im Centralbl. f. Bakt., 2. Abt., I. Bd. p. 294

und 753 u. Original, ibid. III. Bd., 1897.

44. (p. 69.) Man vgl. Verworn, Psycho - physiologische Protistenstudien,

Jena 1889.

45. (p. 69.) WiTTLiN, Centralbl. f. Bakterien, 2. Abt., II. Bd., 1896, p. 676.

46. (p. 70.) Certes, De l’action des hautes pressions sur les phenomenes

de la putrefaction et sur la vitalite des microorganismes d’eau douce et d’eau de mer. Comptes rendus , Pariser Akad., 1884, 99. Bd., p. 385 (Ref. Bot. Zeit., 1885.)

47. (p. 70,72.) Die Litteratur über Temperatur und Bakterien ist ungeheuer-

lich angeschwollen, da jede Arbeit beinahe, in der neue Formen er- wähnt werden, auch die Temperaturansprüche schildert. Die Grundlage für diese Forschungen legte, selbst fussend auf den alten Erfahrungen der Urzeugungsforscher und der Pflanzenphysiologie, der Botaniker CoHN (Untersuchungen über Bakterien IV, in Beitr. z. Biol. II. Bd. 1876), der auch die Kochfestigkeit der Bakteriensporen (Heubacillus) ex- perimentell zum ersten Male feststellte. Durch Robert Koch wurden die pflanzenphysiologischen Anschauungen auch in die medi- zinische Bakteriologie eingeführt (Beitr. z. Biol. II. Bd.).

48. (p. 71.) Miquel, P., Annuaires de Tobservatoire de Montsouris 1881 und

Monographie d’un bacille vivant au delä de 70 centigrades (Bac. thermophilus) in Annales de Micrographie, I, 1888 (Ref. Centralbl.

16B

f. Bakt., 5. Bd., 1889); ferner GLOBKr, Zeitschr. f. Hygiene, III. Bd., 1888, RAmNowiTRCiT, ibid. XX. Bd.

49. (p 72). lieber tiefste künstliche Temperaturen und ihre Wirkung auf Or-

ganismen aller Art vergleiche man die Zusammenstellung bei Weltek, Die tiefen Temperaturen, ihre künstliche Erzeugung etc., Krefeld 1895.

50. (p. 74.) Versuche über die Austrocknungsfähigkeit von pathogenen Bak-

terien sind unzählige angestellt worden; die Grundlage bilden auch hier die pflanzenphysiologischen Untersuchungen Cohn’s in den Beitr. z. Biol. und auch Eidam, Die Einwirkung verschiedener Tempe- raturen und des Eintrocknens auf die Entwicklung von Bacterium termo, Beitr. z. Biol. I. Bd. 1875.

51. (p, 75.) Stahl, Zur Biologie der Myxomyceten, Bot. Zeit. 1884 (p. 165

Trophotropismus).

52. (p. 75.) Peeeeer , AV. , Lokomotorische Hichtungsbewegungen durch

chemische Heize, Untersuchungen aus dem bot. Institut Tübingen,

1. Bd., 1884, und Ueber chemotaktische Bewegungen von Bakterien, Flagellaten und Volvocineen, ibid. II. Bd., 1888. In diesen beiden grundlegenden Arbeiten findet sich auch eine genaue Betrachtung über das WEBER’sche Gesetz und die Chemotaxis.

53. (p. 77, 135.) Ueber Chemotaxis von Leukocyten vergleiche man : Massart

et Bordet, Hecherches sur Tirritabilite des leucocytes, Societe royal des sc. nat. de Bruxelles, 1890, Gabritschewsky in Annales de ITust. Pasteur, 1890; Büchner, Berl. klin. Wochenschr., 1890, ferner die Darstellune^ bei Bieder, Beiträge zur Kenntnis der Leukocytose, Leipzig 1892.

54. (p. 78, 79, 80.) Ueber die chemische Desinfektion bringt die medizinische

Litteratur ein überaus reiches Material ; eine ausführliche Behandlung findet man bei Behrino , Bekämpfung der Infektionskrankheiten, 1894. Grundlegend war die Arbeit von B. Koch, Ueber Des- infektion in Mitteilungen des kaiserl. Gesundheitsamtes I. Bd. 1881, ferner sei erwähnt Geppert, Die AVirkung des Sublimates auf Milz- brandsporen, Deutsche mediz. Wochenschr., XVII. Bd. 1890. Yersin, De l’action de quelques antiseptiques et de la chaleur sur le bacille de la tuberculose, Annales de Tlnst. Pasteur. 1888.

55 (p. 80.) Paul und Krönig, Ueber das Verhalten der Bakterien zu che- mischen Beagentien , Zeitschr. f. physik. Chemie, XXI, 1896, und Münchener Mediz. AVochensohr. 1897. Ferner: Die chemischen Grund- lagen der Lehre von der Giftwirkung und Desinfektion, Zeitschr. f. Hygiene XXV. 1897. In diesen Arbeiten sind zum ersten Male in exakt-naturwissenschaftlicher A¥eise die Beziehungen zwischen Giftig- keit einer Lösung und ihrer Dissociation dargelegt.

56. (p. 82). Ueber die neue Theorie (Dissociationstheorie) der Lösungen

siehe OsTWALD, Grundriss der allgemeinen Chemie, 2. Auf!., und ganz ausführlich in dessen grossem Lehrbuch der allgemeinen Chemie,

2. Aufl.

57. (p. 83.) Beferat über eine russische Arbeit von Kubloee und AVagner,

Ueber die Einwirkung des menschlichen Magensaftes auf krankheits- erregende Keime, Centralbl. f. Bakt., 7. Bd., 1890, ferner Ham- burger, Ueber die AVirkung des Magensaftes auf pathogene Bakterien, Centralbl. f. klinische Medic., 1880.

58. p. 84.) Cadeac et Bournay, Bole microbicide des sucs digestifs et con-

167

tagioii par les inatiöres fecales (La province medicale, VIII, 1893, refer. im Centralbl. f. Bakt., 16. Bd., 1894, p. 672).

59. (p. 86, 88.) HKLLHlECrKL lind WlLEAliTH, Untersuchungen über die Stick-

stoffnahrung der Gramineen und Leguminosen, 1888, Beilageheft zu der Zeitschr. d. Vereins f. d. Bübenzucker-Industrie d. D. B.

60. (p. 86.) Ueber Anatomie und Entwicklung der Knöllchen und der Bakte-

roiden sind zu vergleichen: WoKONiN , Ueber die bei der Schwarz- erle und der gewöhnlichen Lupine auftretenden Wurzelanschwellungen, Memoires de l’Acad. imp. Petersburg, 7. Serie, X. Bd. , 1866. BeverinCK, Die Bakterien der Papilionaceenknöllchen , Bot. Zeit., 1888, auch Centralbl. f, Bakt., XV. Bd., 1894. Frank, B., Ueber die Pilzsyinbiose der Leguminosen, Landwirthsch. Jahrb., 1890. Prazmoavski , Landwirtsch. Versuchsstation, 1890, XXXVII und XXXVIII. Bd. Gonnermann, Die Bakterien in den Wurzel- knöllchen der Leguminose, Landwirthsch, Jahrb., XXIII, 1894.

61. (p. 89.) Beyerink, Over ophooping van atmospherische stickstof in

culturen von Bacillus radicicola, Akad. d. Wissensch., Amsterdam 1891 ; referiert in Koch’s Jahresber., III. Bd., p. 205, Maze, Fixa- tion de Tazote libre par le bacille des nodosites des Legumineuses, Annales Pasteur, XI, 1897.

62. (p. 90.) Nobbe, Hiltner und Schmid, Versuche über die Biologie der

Knöllchenbakterien der Leguminosen , insbesondere über die Frage der Arteinheit derselben, Landwirtsch. Versuchsst. , 45. Bd., 1895. Nobbe und Hiltner, Ueber die Anpassungsfähigkeit der Knöllchen- bakterien ungleichen Ursprungs an verschiedene Leguminosen- gattungen, ibid. 47. Bd., 1896. In diesen Arbeiten findet man die experimentellen Grundlagen für das Nitragin.

63. (p. 92). Wenn die von Frank herrührende Behauptung, dass in das

Bakteroidengewebe keine Intercellularräume sich einschieben und daher der freie Stickstoff nicht hinzutreten kann, richtig wäre, dann könnte doch auch der Sauerstoff der Luft nicht in diese Teile der Wurzel- knöllchen gelangen , sie lebten anaerob ! Genaue Betrachtung eines jeden Querschnitts durch Knöllchen lehrt das Gegenteil, was ja selbst- verständlich ist.

64. (p. 93.) WiNOGRADSKY, Sur l’assimilation de l’azote gazeux de l’atmo-

sphere par les microbes. Comptes rendus der Pariser Akad. 1893, 116. Bd., p. 1385, 1894, 118. Bd., p. 353, und eine ausführliche Zusammenfassung in Archives des Sciences biologiques, 3. Bd., 1895, St. Petersburg (Befer. Bot. Zeit. 1895).

65. (p. 94.) Ueber diese Streitfrage hat die Arbeit von KOSSOAVITSCH,

Untersuchungen über die Frage, ob die Algen freien Stickstoff assi- milieren, Bot. Zeit. 1894, einen neuen Aufschluss gebracht. Hier sind auch die Versuche von Sci-ILOESING und Laurent (Annales de l’Institut Pasteur, 1892) kritisch besprochen.

66. (p. 96.) Wehmer, Untersuchungen über die Fäulnis der Früchte, in Bei-

trägen zur Kenntnis einheimischer Pilze. 2. Heft. Jena 1895.

67. (p. 97.) Selmi im Sitzungsber. d. Akad. zu Bologna, 1872 u. 73, ferner

Alcaloidi cadaverici , Bologna 1881. Brieger , Ueber Ptomaine, Berlin 1885 86 , Untersuchungen über Bakteriengifte in Berliner klinische Wochenschrift, 1890, und viele andere Aufsätze. Man ver- gleiche auch Kobert, Lehrbuch der Intoxikationen, 1893.

168

68. (p. 97.) HoPPPi-SEYLER , lieber die Einwirkung von Sauerstoff auf die

Lebensthätigkeit niederer Organismen , Zeitschr. f. physiol. Chemie, 1884, VIII. Bd. NencIvI, lieber den chemischen Mechanismus der Fäulnis, Journal f. prakt. Chemie, XVII. Bd. BiENSTOCK, lieber die Bakterien der Faeces , Zeitschr. f. klinische Medicin , 8. Bd. Herfeld, Die Bakterien des Stalldüngers und ihre Wirkung, Centralbl. f. Bakt., 2. Abt., I. Bd., 1895.

69. (p. 98.) WOLLNY", Die Zersetzung der organischen Stoffe und die Humus-

bildungen mit Rücksicht auf die Bodenkultur. Heidelberg 1897.

70. (p. 98.) Morphologie der Fäulnisbakterien behandeln spezieller : CoHN,

Beiträge z. Biol. , I. Bd., 1872; Hauser, lieber Fäulnisbakterien und deren Beziehungen zur Septikämie, Leipzig 1885; BiENSTOCK (Anmerk. 68) ; Kuhn, Morphol. Beiträge zur Leichenfäulnis, Archiv f. Hygiene, XIII. Bd., 1891. lieber saprogene Eigenschaften, be- sonders auch über Indolbildung der pathogenen Bakterien bringt die medizinische Litteratur sehr viele Angaben, die auch in den in Anmerk. 3 citierten Werken von Flügge und Lehmann-Neumann zusammen- gestellt sind.

71. (p. 100.) Pasteur et JouBERT, Sur la fermentation de Turine. ^ Comptes

rendus der Pariser Akad., 1876, 83. Bd. Miquel, P., Etüde sur la fermentation ammoniacale et sur les ferments de l’uree. Annales de micrographie 1889 1893, Bd. I III, V. In Miquel’s Arbeiten sehr ausführliche Beschreibungen über Vorkommen, Art und Wirkungsweise der zahlreichen Harnbakterien (Gute Ref. in Koch’s Jahresber. I, II, IV).

72. (p. 101.) Die zahlreichen Arbeiten von Warington, Müntz und anderen

über die Nitrifikation haben ja zur Klärung des Problemes wesent- lich beigetragen, aber den Kernpunkt traf doch erst WinOGRADSKY, Recherches sur les organismes de la nitrification , 1 5 memoire,

1889 1891, Annales de l’Institut Pasteur IV, V, und Contri- butions ä la morphologie des organismes de la nitrification, Archives de Sciences biol. publ. par l’Inst. imper. de med. exper. ä St. Petersbourg, I, 1892, endlich : Zur Mikrobiologie des Nitrifikations- prozesses, Centralbl. f. Bakt., 2. Abt., II., 1896. In jüngster Zeit veröffentlichten Stutzer und Hartleb neue Untersuchungen über den Salpeterpilz (Centralbl. f. Bakt., 2. Abt., III, 1897), die wohl geeignet sein dürften , mykologisch weniger geschulte Leser irre- zuführen. Es soll aus den Bakterien ein Pilzmycel und eine ganze Schaar verschiedener Fruchtformen entstehen, kurz Stutzer und Hartleb versetzen uns wieder in die glücklich überwundene Zeit des tollsten Pleomorphismus. Die Untersuchungen der Ge- nannten sind ganz ungenügend und lückenhaft , es fehlt jeder exakte Beweis für die absurden Behauptungen, die nach Brefeld’s Arbeiten doch nicht mehr auftauchen sollten. Die echten Salpeterbakterien sind Bakterien wie alle anderen und damit mag sich der Leser be- ruhigen.

73. (p. 103.) Godlewski, Ueber die Nitrifikation des Ammoniaks und die

Kohlenstoffquellen bei der Ernährung der nitrificierenden Fermente. (Polnisch.) Referat im Centralbl. f. Bakt. 2. Abt. II. p. 458.

74. (p. 103.) Burri u. Stutzer, Ueber Nitrat zerstörende Bakterien und den

durch dieselben bewirkten Stickstoffverlust, Centralbl. f. Bakt. 2. Abt. I, 1895,

169

75. (p. 103.) Beyerinck, lieber Spirilluin desulfuricans als Ursache der

Sulfatreduktion, Centralbl. f. Bakt. 2. Abt. I. 1895.

76. (p. 105.) V. SoMMARUGA, Ueber Stolfwechselprodukte von Mikroorganismen

III. Zeitschr. f. Hygiene XVIII. Bd. 1894.

77. (p. 105.) Die neueste Zusammenfassung giebt Laear, Technische Myko-

logie; empfehlenswert auch DuCLAUX, Chimie biologique, Paris 1883.

78. (p. 105.) Pasteurs bahnbrechende Untersuchungen über die Gärungs-

organismeu begannen mit der Erforschung des Urzeugungsj)roblems und sind ausser in der in Anm. 25 citierten Arbeit noch in einer grossen Zahl anderer niedergelegt. Zu denen über Anaerobiose (Anm. 31) seien noch genannt: Memoire sur la fermentation acetique (Annales de l’Ecole normale superieure I, 1864) Memoire sur la fer- mentation appelee lactique (Annales de chimie et de physique 3. Serie

52. Bd.) ; zahlreiche Angaben über Krankheiten von Wein und Bier ^ ^ ^ in der Etüde sur le vin 1866, Etüde sur la biere 1876. Die

gärungsphysiologischen Arbeiten Pasteurs erfüllen die erste Periode

seines glänzenden Eorscherlebens , der sich als ihrer Grundlage die

zweite Periode mit dem Studium der pathogenen Organismen anschliesst.

79. (p. 105.) Ueber Enzyme und ihre Bedeutung für die Ernährung der Tiere

und Pflanzen geben alle Lehrbücher der Physiologie und physiologischen Chemie Auskunft und Litteratur. Theoretisches bei E. Fischer, Ueber den Einfluss der Konfiguration auf die Wirkung der Enzyme I— III. Ber. deutsch, ehern. G. XXVII— XXVIII. Bd. 1894, 95.

80. (p. 107.) Ueber die sog. Aspergillushefe siehe Centralbl. f. Bakt. 2. Abt. I

Wehmer (p. 150, 565), Wext und Prinsen Geerligs (p. 501); II Wehmer (p. 140).

81. (p. 107.) Wehmer, Beitr. zur Kenntnis einheimischer Pilze, l.Heft, 1893.

82. (p. 108.) Hansen, Recherches sur les bacteries acetifiantes, Annales de

Micrographie 1894, auch Travaux du laboratoire de Carlsberg III. Bd. (Meddelelser fra Carlsberg Laboratoriet, Kopenhagen) ; diese Arbeit behandelt vorwiegend die Morj)hologie der Essiggärung, deren chemischer Verlauf schon durch Pasteurs Arbeiten und die viel jährigen Er- fahrungen der Praxis klar war.

83. (p. 109.) Nach Laear, Physiologische Studien über Essiggärung und

Schnellessigfabrikation, Centralbl. f. Bakt. 2. Abt. I. 1895.

84. (p. 110.) Referat in Kochs Jahresb. III, 1892 p. 230 32 über Arbeiten

Franklands und verschiedener Mitarbeiter.

85. (p. 111.) Pasteur, Comptes rendus Pariser Akad. 1860, 51. Bd. p. 298

(Traubensäure); Lewkowitch, Bericht deutsch, ehern. Ges. 16. Bd. (Mandelsäure) ; Pere, Sur la formation des acides lactiques isomeriques par l’action des microbes sur les substances hydrocarbonees (Annales Pasteur VII. Bd. 1893).

86. (p. 112, 113.) Pasteur, Anm. 78; Huppe, Untersuchungen über die

Zersetzung der Milch durch Mikroorganismen, Mitteilung a. d. Reichs- gesundheitsamt II. 1884 ; Escherich, Darmbakterien des Säuglings, Stuttgart 1886 ; ferner Kramer, Die Bakteriologie in ihren Be- ziehungen zur Landwirtschaft, 2. Teil, Wien 1892 ; Duclaux, Le lait, Paris 1887. Bakteriengehalt von Milch und Käse z. B. bei V. Freudenreich, Ueber den Einfluss der beim Nachwärmeii des Käses angewandten Temperatur auf die Bakterienzahl in der Milch

170

und im Käse, Landwirtscli. Jalirb. d. Scliweiz IX. Bd. (Ref. Centralbl. f. Bakt. 2. Abt. I. Bd. 1895).

87. (p. 113.) La] Die künstliche Säuerung des Hefegutes der Brennereien,

Centralbl. f. Bakt. 2. Abt. II. 1896.

88. (p. 113.) FlijCiGK, Die Aufgaben und Leistungen der Milchsterilisierung

gegenüber den Darinkrankheiten der Säuglinge, Zeitschr. f. Hygiene XVII. Bd. 1894.

89. (p. 113.) Hi'TiiNr, lieber das Verhalten der Krankheitserreger der Cholera,

des Unterleibstyphus und der Tuberkulose in Milch, Butter, Molken und Käse, Mitteil. Reichsgesundheitsamt 1889; Obermüller, Heber Tuberkelbazillenbefunde in der Marktmilch, Hygienische Rundschau 1895.

90. (p. 114.) CuNN , The relation of pure cultures to the acid, davor and

aroma of butter, Centralbl. f. Bakt, 2. Abt. II. 1896 ; III. 1897.

91. (p. 114.) Kramer, Duclaux in Anm. 86; ferner im Centralbl. f. Bakt,

2. Abt. I. Bd. 1895: v. Freudenreich, Bakteriol. Untersuchungen über den Reifungsprczess des Emmenthaler Käses; 1. c. II. Bd. 1896: V. Klecki, Heber den Reifungsprozess des Käses ; Einen neuen Buttersäuregärungserreger (Bac. saccharobutyricus) und dessen Be- ziehungen zur Reifung und Lochung des Quargel käses ; Weizmann, Heber den jetzigen Stand etc. des Käsereifungsprozesses ; v. Freuden- reich, Bemerkungen dazu.

91a. (p. 115.) V. Freudenreich, Bakteriol. Untersuchungen über den Kefir, Centralbl. f. Bakt. 2. Abt. III. 1897.

92. (p. 115.) Vgl. Anm. 87, ferner Laear , Technische Mykologie I. Bd.

Zahlreiche Arbeiten Eeeronts sind ref. in A. Kochs Jahresbericht ; Rothenbach , Die Anwendung spaltpilzfeindlicher Agentieii im Brennereibetriebe mit besonderer Berücksichtigung der Kunsthefe- führung, Zeitschr. f. Spiritusindustrie 1896.

93. (p. 116.) Näheres bei Laear, Technische Mykologie I. Bd. p. 232.

94. (p. 116 ) Pasteur, Anm. 31; van Tieghem, Sur le Bacillus amylobacter,

Bullet, soc. botan. XXIV. 1877 u. Identite du Bacillus amylobact. et du vibrion butyrique de Pasteur. Comptes rendus, Paris 1879, 89. Bd.; Prazmowski, Anm. 12; Grimbert, Fermentation anaerobie produite par le Bacillus orthobutylicus , ses variations sous certaines infiuences biologiques, Annales Pasteur VII. 1893; Beyerinck, Heber die Butylalkoholgärung u. das Butylferment, Verhandlungen der kgl. Akad. Amsterdam, 2. Sekt. I. 1893 u. Centralbl. f. Bakt. 2. Abt. II. p, 699 ; V. Klecki, Ein neuer Buttersäuregärungserreger (Bac. saccharobutyricus) ibid. ; Baier, Heber Buttersäuregärung, zusammen- fassende Uebersicht, ibid. 2. Abt. I. 1895.

95. (p. 118.) VAN Tieghem, Sur le Bacillus amylobacter et son role dans la

putrefaction de la cellulose, Comptes rendus, Paris, 88. Bd. 1879; Hotig^-SeyIjER, Zeitschr. f. physiol. Chemie 10. Bd. ; OmeliANSKI, Sur la fermentation de la cellulose, Comptes rendus 1895.

96. (p. 118.) Pasteur, Etüde sur le vin 1866; van Laer, Note sur la

fermentation visqueuse, Memoires couronnes der belgischen Akad. Brüssel, 43. Bd. 1889 ; Kil\MER, Studien über die schleimige Gärung, Sitzungsber. Wiener Akad. d. Wiss. Natur-Cl. 1889; Leichmann, Heber eine schleimige Gärung der Milch, Landwirtscli. Versuchsstat. 43. Bd.

171

97. (p. 119.) AV’iNO(iitA])SKY, Sur le rouisstige du liri et son agent microbien.

Comptes rendus, Paris 1895.

98. (p. 119.) Alvakkz, Sur un nouveau microbe, determinent la ferinentation

indigotique et la production de Tindigo bleu. Comptes rendus, Paris.

105. Bd. 1887.

99. (p. 119.) Behrens, Die Beziehungen der Mikroorganismen zum Tabakbau

und zur Tabakfabrikation. Centralbl. f. Bakt. 2. Abt. II. 1896.

100. (p. 119.) VAN Tieghem, Leuconostoc mesenteroides, Annales d. sc. nat.

Botanique, 6. Serie VII. Bd. ; Liesenberg und Zote, lieber den sog. Froschlaichpilz, Beitr. zur Physiol. u. Morphol. niederer Organismen, herausgegeben von Zopf, 1. Bd. 1892 ; KoCH, A., u. HosaeüS, lieber einen neuen Froschlaichpilz der Zuckerfabriken, Centralbl. f. Bakt. XVI. 1894.

101. (p. 120.) Lehmann, lieber die Sauerteiggärung und die Beziehungen

des Bac. levans zum Bac. coli, CentralW. f. Bakt. XV. 1894; PuPOEE, Sur un bacille anaerobie de la ferinentation pannaire, Annales Pasteur 1890 ; Peters, Die Organismen des Sauerteiges und ihre Bedeutung für die Brotgärung, Bot. Zeit. 1889.

102. (p. 121.) Eine interessante Darstellung der Geschichte der Alkohoigärung,

die zum grossen Teil auch mit der Geschichte des Urzeugungsproblems zusammenfällt, giebt Mayer, Adolf, Lehrbuch der Gärungschemie,

з. Aufl. Heidelberg 1879.

103. (p. 121.) Reess, Botanische Untersuchungen über die Alkoholgärungs-

pilze 1870. Ein ungeahnter Fortschritt in der Morphologie und Physiologie der Hefen und ihrer technischen Anwendung und Aus- nutzung wurde hervorgerufen durch die zahlreichen Arbeiten des dänischen Forschers Emil Christian Hansen, veröffentlicht in den Meddelelser fra Carlsberg Laboratoriet in Kopenhagen, I III. Bd. 1878 94 und in Untersuchungen aus der Praxis der Gärungsindustrie Heft I 3. Aufl. 1895, Heft II 1892. Nach Hansens Vorgänge, der besonders die Bierhefen erforschte, haben später WoRTMANN, Unter- suchungen über reine Hefen, Landwirtsch. Jahrb. 1892, 1894,

Aderholh, Müller-Thurgau und andere auch die Weinhefen be- arbeitet.

104. (p. 124.) Hansen, E. Ch., Experimental studies on the Variation of

yeast'Cells, Annals of Botany IX. 1895.

105. (p. 124.) Einen Einblick in den Umfang, den die Mikrobiologie in der

Technik angenommen hat, giebt Linhner, Mikrobiologische Betriebs- kontrolle in dem Gärungsgewerbe, Berlin 1895; über Weinbereitung in populärerer Form WoRTMANN, Anwendung und Wirkung reiner Hefen in der Weinbereitung; Berlin 1895,

106. (p. 125.) Breeeld, Botanische Untersuchung über Hefepilze V. 1883

(Ustilagineen) ; Breeeld, Landwirtsch. Jahrb, V. 1876 (Mucorhefe) ; DE Bary, Vergleichende Morphologie und Biologie der Pilze 1884 p. 286 (Exoascus und Verwandtschaft mit Saccharomyces) Klöcker

и. ScHlÖNlNG, Experiment. Unters, über die vermeintliche Umbildung verschiedener Schimmelpilze in Saccharomyces , Centralbl. f. Bakt. 2. Abt. II. 1896 u. Que savons-nous de Torigine des Saccharomyces Meddelelser fra Carlsb. Labor. 4. 1896,

107. (p. 125.) Ueber das Gärungsvermögen und die verschiedenen Enzyme

der Hefearten und ihrer Rassen vergleiche Fischer, E., u. Lindner,

172

lieber Enzyme einiger Hefen, Woclienschr. f. Brauerei 1895; ferner E. Fihcher in Anm. 79; Bkyekinck, lieber Nachweis und Ver- breitung der Glukase, das Enzym der Maltose, Centralbl. f. Bakt. 2. Abt. I. 1895.

108. (p, 126.) Claudon u. Morin, Comptes rendus, Paris, 105. Bd. 1887,

ref. im Centralbl. f. Bakt. 2. Bd.

109. (p. 127.) Wortmann, Untersuchungen über den Einfluss des Lüftens,

sowie den der dauernden Gärthätigkeit auf den Charakter der Hefe, Weinbau u. AVeinhandel 1895 Nr. 25 27.

110. (p. 127.) Die wichtigsten Arbeiten zur Theorie der Gärung sind : Traube,

Theorie der Fermentwirkungen, Berlin 1858; Pasteur, Etüde sur la biere 1876. Kapitel VI: Theorie physiologique de la Fermentation, zuerst ausgesprochen 1861 Anm. 31 ; Naegeli, Theorie der Gärung, München 1879. Ueber intramolekulare Atmung vgl. man die Lehr- bücher der Physiologie. Die Stofifwechseltheorie hat eine sorgfältige Bearbeitung, die auch alle Einwände der anderen Theorieen berück- sichtigt, bis jetzt noch nicht gefunden , sie ist vielmehr nur der spekulationslose Ausdruck der Thatsachen.

111. (p. 128.) H. Büchners neueste Mitteilung (Die Bedeutung der aktiven

löslichen Zellprodukte für den Chemismus der Zelle, Münch, mediz. Wochenschr. 1897 Nr. 12), dass ein zellfreier Presssaft aus Hefe den Zucker in Alkohol und Kohlensäure zu spalten vermöge, dass also Gärung ohne lebende Zellen stattfinde, ist noch zu unvollkommen, um die bisherige Auffassung über den Haufen werfen zu können. So fehlt in dem Bericht jede Gärungsanalyse, die man doch verlangen kann, wenn so grosse Umwälzungen verkündet werden, wie in Büchners Vortrag. Auch in den beiden Mitteilungen Eu. Büchners, Alkoholische Gärung ohne Hefezellen, Ber. d. deutsch, ehern. Ges. 1897 p. 117 u. p. 1110, die zwar einige Anläufe zu analytischen Belegen nehmen (das Gas wird als Kohlensäure, in zwei Versuchen auch der ent- standene Alkohol bestimmt), fehlen doch noch überzeugende Belege für das Dasein und die Wirkungsweise der „Zymase“, das alkohol- bildende Enzym der Hefezellen.

112. (p. 100, 128.) MiQUEL Anm. 71 u. Sur le ferment soluble de Turee, Comptes

rendus, Paris 1890. 111. Bd. Die Urase zersetzt sich bei 50*^ in

3 4 Stunden, bei 75® in einigen Minuten, bei hält sie sich in Bouillon wochenlang. Ihr Optimum soll 50 55 ® sein. Die Urase, die Urobacillus Schüzenbergii in 1 Liter Peptonbouillon in 5 Tagen bildet, verwandelt bei 47® 35 Gramm HarnstofiF in kohlensaures Ammon.

113. (p. 132.) Kornauth, Ueber das Verhalten pathogener Bakterien im

lebenden Pflanzengewebe, Centralbl. f. Bakt. XIX. 1896; Kaspareck u. Kornauth, Ueber die Infektionsfähigkeit der Pflanzen mit Milz- brandböden, Archiv f. d. gesamte Physiol. 63. Bd. 1896.

114. (p. 132.) Frank u. KrÜGtEK, Untersuchungen über den Schorf der Kar-

toffeln, Zeitschr. f. Spiritusindustrie 1896; Bathay, Ueber das Auf- treten von Gummi in der Bebe und über die „Gommose bacillaire“, Jahresb. u. Programm der k. k. önologischen u. pomologischen Lehr- anstalt Klosterneuburg, Wien 1896 ; Mangin, Sur la gommose de la vigne und Sur la pretendue „Gommose bacillaire“ Bevue de viticulture 1895 (Bef. im Centralbl. f. Bakt. 2. Abt. II. 1896).

173

115. (p. 132.) Tischutkin, Die Rolle der Bakterien bei der Veränderung

der Eiweissstoft’e auf den Blättern von Pinguicula, Ber. d. deutsch, bot. Gres, VII. Bd. ; ScHERFFFJi, Die Drüsen in den Höhlen der Rhizomschuppen von Lathraea Squamaria, Mitteilung des bot. Instit. Graz I. Bd. u. Bot. Zeit. 1890.

116. (p. 132.) Watson-Chfyne and CiiESHiRE, The pathogenic history under

cultivation of a new bacillus (Bac. alvei) Journal of the^ royal micr. society, London 1885 (Faulbrut der Bienen); Pasteur, Etüde sur la maladie des vers ä soie Paris 1879 (Schlafsucht, Placherie der Seiden- raupen) ; Sanarelli, lieber einen neuen Mikroorganismus desWassers etc. Centralbl. f. Bakt. IX. 1891 ; Ernst, Beiträge z. patholog. Anat. V. Ziegler, VIII. Bd. p. 203.

117. (p. 133.) Menge u. Krönig, Bakteriologie des weiblichen Genitalkanales.

Leipzig 1897.

118. (p. 133.) Miller, Die Mikroorganismen der Mundhöhle. Die örtlichen

und allgemeinen Erkrankungen, welche durch dieselben hervorgerufen werden. 2. Aufl. Leipzig 1892 ; Miller, Einleitung zum Studium der Bakterio-Pathologie der Zahnpulpa, Centralbl. f. Bakt. XVI. 1894.

119. (p. 135.) Gilbert et Dominici, Recherches sur le nombre des microbes

du tube digestif. (La semain medicale 1894, Ref. in Baumgartens Jahresber. X. p. 608.)

120. (p. 135.) Escherich, Darmbakterien des Säuglings, Stuttgart 1886;

Kiessling, Das Bacterium coli commune, zusammenfassende Ueber- sicht. Hygienische Rundschau 1893; vgl. auch Anm. 137.

121. (p. 135.) Nuttall und Thierfelder, Tierisches Leben ohne Bakterien

im Verdauungskanal I II, Zeitschr. f. physiol. Chemie XXI. u. XXII. Bd.

122. (p. 135.) Schild, Bakterien im Darminhalt Neugeborener, Zeitschr. f.

Hygiene XIX. Bd.

123. (p. 136.) Neisser, lieber die Durchgängigkeit der Darmwand für Bak-

terien, Zeitschr. f. Hygiene XXII. Bd.

124. (p. 136.) lieber die interessante Geschichte der Lehre von den Infektions-

krankheiten vgl. Löffler, Anm. 4. Heber den Begriff verbreitet sich Behring, Infektion und Desinfektion, Leipzig 1894.

125. (p. 139.) Watson Cheyne, Report on a study of the conditions of

infection. British medical Journal, 1886, 31. Jahrg.

126. (p. 140.) Jedes Lehrbuch der einzelnen medizinischen Fächer bringt einen

besonderen Abriss der Bakteriologie und giebt über deren Bedeutung für das besondere Gebiet genaue Auskunft. Deshalb sei nur noch auf Baumgarten, Pathologische Mycologie 1890, Cornil und Babes, Les bacteries, 3. Aufl. 1893 verwiesen.

127. (p. 141.) Rosenbach, Mikroorganismen bei den Wundinfektionskrank-

heiten des Menschen, 1884; Garre, Zur Aetiologie akut eitriger Entzündungen (Osteomyelitis, Furunkel und Panaritium), Fortschritte d. Med. 1885 ; Passet, Untersuchungen über die Aetiologie der eitrigen Phlegmone des Menschen, Berlin 1885; LÜBBERT, Biologische Spalt- pilzuntersuchung, Würzburg 1886.

128. (p. 141.) Rosenbach, vorige Anm. ; Fehleisen, Aetiologie des Erysipeles,

Berlin 1883; Petruschky, Die verschiedenen Erscheinungsformen der

174

Streptokokkeiiinfektion in ihren Beziehungen zu einander, Zeitschr. f. Hygiene XVllI. 1894.

129. (p. 141.) Neisseu, A., lieber den Pilz der Gonorrhoe, Centralbl. f. d.

ges. Med. 1879 ; Bumm, Die Mikroorganismen der gonorrhoischen Sclileiinliauterkrankung, AViesbaden 1887 ; Wertheim, Die ascendirende Gonorrhoe beim AVeibe. Bakteriologische und klinische Studien zur Biologie des Gonococcus Neisser, Archiv f. Gynäkologie 42, Bd. 1892; Finger, Ghon und Schlagenhaueer, Beiträge zur Biologie des Gonococcus etc., Archiv für Dermatologie XXVIII. 1894.

130. (p. 142.) Frankel, A., Bakteriologische Mitteilung, Zeitschr. f. klinische

Med. X. 1886 u, AVeitere Beiträge zur Lehre von der genuinen fibrinösen Pneumonie ibid XI. 1886 ; AVeichselbaum, A., lieber die Aetiologie der akuten Lungen- und Pippenfellentzündungen, AViener mediz. Jahrb. 1886.

131. (p. 142.) Koch, Robert, Die Aetiologie der Milzbrandkrankheit, be-

gründet auf die Entwicklungsgeschichte des Bacillus Anthracis 1876. Beiträge z. Biol. der Pflanzen II. Bd. u. Mitteilung aus dem Reichs- gesundheitsamte I. 1881. Die Milzbrandstäbchen wurden zuerst im Blute beobachtet von Rayer, Memoire de la societe de Biologie II. Bd., Paris 1851 ; Pollender, Mikroskopische u. chemische Unter- suchung des Milzbrandblutes, Caspers Yierteljahrsschr. f. gerichtl, Med, VIII. 1855 ; Brauell, Versuche und Untersuchungen, betreffend den Milzbrand des Menschen u. der Tiere, Virchows Archiv 9. Bd. 1857. Den experimentellen Nachweis dafür, dass die Stäbchen die Erreger der Krankheit sind, erbrachte, soweit das damals ohne Reinkultur möglich war, Davaine durch Impfung mit bakterienhaltigem Blut : Recherches sur les infusories du sang dans la maladie connue sous le nom de sang de rate, Comptes rendus 57. Bd. 1863, 59. Bd. 1864 etc. Man vgl. ferner Anm. 17 u. 18.

132. (p. 143.) NiCOLAIER. Beiträge zur Aetiologie des AVundstarrkrampfes,

Dissert. Göttingen 1885 (auch Deutsche mediz. AVochenschr. 1884); Kitasato, Ueber den Tetanusbacillus, Zeitschr. f. Hygiene AHI. 1889 ; Kitt, Ueber Tetanusimpfungen bei Haustieren, Centralbl. f. Bakt. VII. Bd. 1890.

133. (p. 143.) LÖEELER, Untersuchungen über die Bedeutung der Mikro--

Organismen für die Entstehung der Diphtherie. Mitteilung, aus d. Reichsgesundheitsamte II. Bd. 1884; Roux et Yersin, Contribution ä l’etude de la diphtherie, Annales Pasteur II., III., IV. Bd. 1888 bis 1890; Escherich, Aetiologie u. Pathogenese der epidemischen Diphtherie, AV^ien 1894.

134. (p. 144.) Koch, R., Die Aetiologie der Tuberkulose, Mitteilung a. d.

kaiserl. Gesundheitsamte II. 1884 ; NoCARD et Roux, Sur la culture du Bacille de la tuberculose, Annales Pasteur I. 1887; Proskauer und Beck, Beiträge zur Ernährungsphysiologie des Tuberkelbacillus, Zeitschr. f. Hygiene XVIII. 1894; Ozablewski, Die Untersuchung des Auswurfes auf Tuberkelbazillen, Jena 1891, ferner Anm. 16.

135. (p. 145.) Gärtner, Ueber die Erblichkeit der Tuberkulose, Zeitschr. f.

Hygiene XIII. 1893.

136. (p. 145.) Nacli R. Kochs neuesten Mitteilungen (Ueber neue Tuberkulin-

präparate, Sonderabdr. aus Deutsch, med. AVochenschr. 1897) soll die stärkere Färbbarkeit auf dem Gelialt von 2 Fettsäuren beruhen, nach

175

I

deren Entfernung mit heisser Natronlauge die Tuberkelbazillen sich •nur noch so färben wie andere Bakterien. Nach meiner Ansicht ver- trägt sich diese Beobachtung auch vollkommen mit der physikalischen Theorie der Färbung (A. F]SCHF;R, Untersuchungen über den Bau der Cyanophyceeu und Bakt. 1897), denn heisse Natronlauge ver- mindert die Dichtigkeit des Bazilleninhalts und seiner Haut doch zweifellos und setzt so die Speicherungskraft für Farbstoffe herab. Nur hierdurch, nicht durch die Herauslosung der Fettsäuren, die bei der Färbung selbst sicher ganz unbeteiligt sind, erklärt sich Kochs Beobachtung.

137. (p. 146.) Gaitky, Zur Aetiologie des Abdominaltyphus, Mitteil, aus

dem Beichsgesundheitsamt II. 1884; EsCHElilCH u. KiESSLiNO, Anm. 120; Eheeneest, Studien über die „Bacterium coli ähnlichen“ Mikroorganismen normaler menschlicher Fäces, Archiv f. Hygiene XXVI. 1896; LörrLEE u. Aeel, Ueber die spezifischen Eigenschaften der Schutzkörper im Blute Typhus- und Coli-immuner Tiere, Centralbl. f. Bakt. 19. Bd. 1896.

138. (p. 147.) LÖEFLEE, Ueber Epidemieen unter den im hygienischen Institute

zu Greifswald gehaltenen Mäusen und über die Bekämpfung der Feld- mäuseplage, Centralbl. f. Bakt. XI. 1892; Koenauth, Die Bekämpfung der Mäuseplage mittels des Bacillus typhi murium, ibid. XVI. 1894, Berichtet über Versuche von 36 Landwirten, von denen 30 einen guten, teilweise glänzenden Erfolg hatten.

139. (j). 147.) Koch, B., in Bericht über die Thätigkeit der zur Erforschung

der Cholera im J. 1883 nach Egypten und Indien entsandten Kom- mission, Berlin 1887 bei Springer. VOOES, Die Cholera-Immunität, zusammenfassende Uebersicht, Centralbl. f. Bakt., XIX, 1896.

140. (p. 147.) Pettenkoeee , M. v., Ueber Cholera, mit Berücksichtigung

der jüngsten Choleraepidemie in Hamburg. Münchener mediz. Wochen- schrift, XXXIX, 1892.

141. (p. 148.) Ueber choleraähnliche Vibrionen, z. B. Finkeee und Peioe,

Forschungen über Cholerabakterien, Bonn 1884, Gamaleia , Vibrio Metschnikovi et ses rapports avec le microbe de cholera asiatique, Annales Pasteur, II, 1888. Heidee, Vibrio danubicus, Centralbl. Bakt., XIV, 1893. Günthee , Vibrio aquatilis , Deutsch, mediz. Wochenschr., 1892. Dieudonee, Zusammenfassende Uebersicht über die in den letzten zwei Jahren gefundenen „choleraähnlichen“ Vi- brionen, Centralbl. f. Bakt., XVI, 1894.

142. (p. 151,154.) Versuche über Gewinnung des D i ph t h e r i e t o x i n e s bei

Boux und Yeesin, Annales Pasteur, II. IV., 1888 90. Löfelee, Der gegenwärtige Stand der Frage nach der Entstehung der Diph- therie, Deutsche mediz. AVochenschr., 1890. Beiegee u. C. FeÄNKEL, Untersuchungen über Bakteriengifte, Berliner klinische Wochenschr., 1890. Dzieegowski und Bekowski, Becherches sur la trans- formation des milieux nutritifs par les bacilles de la diphtherie et sur la composition chimique de ces microbes , Archives de scienc. biol. publ. par l’Inst. imp. de med. experim. Petersbourg, I. Bd., 1892. Kossel , Zur Kenntnis des Diphtheriegiftes, Centralbl. f. Bakt., XIX, 1896. Ueber Tetanusgift: Kitasato , Experi- mentelle Untersuchungen über das Tetanusgift, Zeitschr. f. Hygiene, X, 1890. Gumpeecht , Versuche über die physiologische Wirkung

176

des Tetanusgiftes im Organismus, Archiv f. die ges. Physiol., 59. Bd., 1894. Bkie(iIER und Cohn, Untersuchungen über das Tetanusgift, Zeitschr. f. Hygiene, XV, 1893. Brieoer und BoER , Deutsche mediz. AVochenschr., 1896, No. 49. Vergl, auch Anm. 143, 145, 147, 152. Zur Zeit arbeitet man fieberhaft daran, die Toxine aller pathogenen Bakterien zu isolieren.

143. (p. 152.) Koch, K., Weitere Mitteilungen über ein Heilmittel gegen

Tuberkulose, Deutsche mediz. Wochenschr., 1890, No. 46% 1891, No. 3; Kühne, Zeitschr. f. Biologie, Neue Folge, 11. Bd., 1893 (Chemische Untersuchung des Tuberkulins von 1890); Koch, B., Ueber neue Tuberkulinpräparate, Deutsche mediz. Wochenschr., 1897, No. 14.

144. (p. 152.) VAN Tieghem , Sur le ferment butyrique ä l’epoque de la

.houille (Steinkohlenperiode), Comptes rendus, Paris 1880, 99. Bd., und Annales d. scienc. nat. Botan. , 6. Öerie, IX., 1880, ferner Kenault, Becherches sur les bacteriacees fossiles, ibid. 8. Seriell. 1896.

145. (p. 153.) Metschnikoee , Ueber die Beziehungen der Phagocyten zu

Milzbrandbazillen, ViRCHOW’s Archiv, 97, 1884, Theorie des Phaco- cytes, Annales Pasteur, I, 1887, und zahllose andere Arbeiten Metschnikoee’s, die besonders auch der heftigen Polemik , die über seine Lehre hereinbrach, gewidmet sind. Hierzu Flügge, Studien über die Abschwächung virulenter Bakterien und die erworbene Im- munität, Bitter, Kritische Bemerkungen zu Metschnikoee’s Phago- cytenlehre ; NuTTALL, Experimente über den bakterienfeindlichen Ein- fluss des tierischen Körpers, Zeitschrift f. Hygiene, IV, 1888; Baum- GARTEN , Ueber das „Experimentum crucis“ der Phagocytenlehre, Ziegler’s Beiträge zur pathol. Anat., VII., 1889. Metschni- koee, Immunität in Weyl’s Handb. d. Hygiene, IX. Bd., 1. Lief., 1897.

146. (p. 154.) Büchner, Ueber die bakterientötende Wirkung des zellen-

freien Blutserums, Centralbl. f. Bakt.. V. und VI, 1889, Ueber die nähere Natur der bakterientötenden Substanz im Blutserum , ibid. VI, Untersuchungen über die bakterienfeindlichen Wirkungen des Blutes und Blutserums, Archiv f. Hygiene, X, p. 84 173, 1890. FodOR , Neue Untersuchungen über die bakterientötende AVirkung des Blutes und über Immunisation, Centralbl. f. Bakt. VII, 1890. Vergl. auch Anmerkung 154 161 über die spezifischen Serumreaktionen.

147. (p. 154.) Bordet, Sur le mode d’action des serums preventifs, Annales

Pasteur, 1896, X. Les leucocytes et les proprietes actives du serum chez les vaccines, ibid. IX, 1895. Boux , Sur les serums antitoxiques , ibid. 1894, VIII. Hahn, Ueber die Beziehungen der Leukocyten zur baktericiden Wirkung des Blutes, Archiv f. Hygiene, XXV., 1895.

148. (p. 155.) Ködert, Lehrbuch der Intoxikationen, 1893, p. 261, 554;

Ehrlich, P., Experimentelle Untersuchungen über Immunität, Deutsche mediz. Wochenschr., 1891, No. 32 u. 44 (Versuche mit Abrin, Gift des Samen von Abrus precatorius, und Bicin).

149. (p. 155.) Behring, Infektion und Desinfektion, 1894, p. 172 etc. und

viele andere Schriften, vgl. auch die folgenden Anmerkungen. Ehr- lich, Kossel und Wassermann , Ueber Gewinnung und Verwen- dung des Diphtherieheilseruras, Deutsche mediz. Wochenschr., 1894, No. 16 ; Ehrlich und AVassermann, Zeitschr. f. Hygiene, XVIII, 1894.

177

150. (p. 155.) Behring, Die Blutsenimtherapie. I. Die praktischen Ziele

und die Immunisierungsmethoden zura Zweck der Gewinnung von Heilserum ; II. Das Tetanusheilserum und seine Anwendung auf tetanuskranke Menschen, Leipzig 1892.

151. (p. 155.) Roux et Martin, Contrihution ä Tetude de la diphtherie,

Annales Pasteur, VIII, 1894.

152. (p. 156.) Behring, Bekämpfung der Infektionskrankheiten, Infektion

und Desinfektion, 1894, p. 188, und an vielen andern Stellen wird die spec. anti toxi sehe Wirkung des Serums betont, dem anti- bakterielle fehlen.

153. (p. 156.) Ehrlich und Wassermann, lieber die Gewinnung der

Diphtherieantitoxine aus Blutserum und Milch immunisierter Tiere, Zeitschr. f. Hygiene, XVIII, 1894.

154. (p. 156.) Ehrlich und Hübener , lieber die Vererbung der Im-

munität bei Tetanus, Zeitschr. für Hygiene, XVIII, 1894. VaillarI), Sur l’heredite de rimraunite acquise, Annales Pasteur, X, 1895.

155. (p. 156.) Behring, Infektion und Desinfektion, p. 160, und Deutsche

mediz. Wochenschr., 1893, No. 48. Wlalimiroee, lieber die anti- toxinerzeugende und immunisierende Wirkung des Tetanusgiftes, Zeitschr. f. Hygiene, XV, 1893.

156. (p. 157.) Wäre diese Annahme richtig, dann würde sich hieraus auch

die allbekannte Thatsache erklären, dass erfolgreich nur die frühesten Fälle von Diphtherie durch Serumbehandlung sich bekämpfen lassen, dass ebenso das neue Tuberkulin Koch’s (Amn. 143) bei Meer- schweinchen nur dann wirkliche Heilung hervorbringt, wenn die Be- handlung schon ein bis zwei Wochen nach der Impfung mit Tuberkel- bazillen, denen die Meerschweinchen gewöhnlich nach wenigen Wochen erliegen , beginnt. In allen diesen Fällen würde das Toxin des Heilserums , resp. des Tuberkulins eine Giftgewöhnung herbeiführen können, bevor der Körper von den Bakterienherden aus mit frischem Gift überschwemmt wird.

157. (p. 157.) Roux, Sur les serums antitoxiques (Annales Pasteur, 1894),

hält es für wahrscheinlich, dass die Antitoxine im allgemeinen auf die Körperzellen wirken und sie gegen Toxine unempfindlich machen. Behring (Infektion und Desinfektion) neigt dazu, eine Vernichtung der Gifte durch die Antitoxine anzunehmen.

158. (p. 157.) Behring in den citierten Schriften, ferner in : Die Geschichte

der Diphtherie , Leipzig 1893 , und Gesammelte Abhandlungen zur ätiologischen Therapie, Leipzig 1893, Ehrlich, Die staatliche Kon- trolle des Diphtherieheilserum, Berl. klin. Wochenschr., 1896.

159. (p. 158.) Eine Flut von Arbeiten über den Wert der Serumtherapie

ist schon erschienen ; es sei nur genannt : Behring, Die Statistik der Heilserumfrage, Marburg 1895; Hi:ubner , Klinische Studien über die Behandlung der Diphtherie mit dem BEHRlNG’scheu Heil- serum, Leipzig, 1895; Escherich , Diphtherie, Croup und Serunv therapie, 1895; Gottstein und Schleich, Immunität, Infektions- theorie und Diphtherieserum, Berlin 1894; Ganghoener , Die Serumbehandlung der Diphtherie, Jena 1897.

160. (p. 158.) Peeieeer, Die Differentialdiagnose der Vibrionen der Cholera

asiatica mit Hilfe der Immunisierung, Zeitschr. f. Hygiene, XIX, 1895; Peeieeer, Centralbl. f. Bakt., XIX, 1896, p. 191, 385, 593,

A. Fi.sclier, Vorlesimgen über Bakterien. 12

178

ibid. XX, 1896, p. 129; Bordet, Sur le mode d’action des serunis preventifs, Annales Pasteur, 1896, Dunear, Zur Differentialdiagnose der Choleravibrionen, Zeitschr. f. Hygiene, XXI. Bd.

161. (p. 158.) Peeifeer und Proskauer, Beiträge zur Kenntnis der spezi-

fisch wirksamen Körper im Blutserum von choleraimmunen Tieren, Centralbl. f. Bakt., XIX, 1896, J). 197.

162. (p. 159.) Pasteur, Comptes rendus, 1885, 26. Oktob., und viele

andere Arbeiten über diese höchst merkwürdige Impfung , die ge- wissermaassen auch eine Serumtherapie ist, denn in den verwendeten Organen (Rückenmark und Q-ehirn) der wutkranken Tiere war doch sowohl das Grift, als auch das von vielen verlangte Antitoxin ent- halten. Seine Uebertragung auf den Gebissenen geschah nur durch ein anderes Vehikel, als das Serum. Der geistvolle Erfinder bedurfte gar keiner Reinkulturen des überhaupt ganz unbekannten Hunds- wuterregers. Das giebt Hoffnung, auch für andere Krankheiten nach Pasteur’s Art vorzugehen.

163. (p. 159.) Chamberland, Resultats pratiques des vaccination contre

le charbon et le rouget en France. Annales Pasteur, VIII, 1894; auch Anm. 17.

164. (p. 160.) Gruber, Münchener mediz. AVochenschr., 1896, nennt Glabri-

ficine die gänzlich unbekannten Stoffe im Serum immunisierter Tiere, die die Hüllen der Bakterienleiber zum Verquellen bringen sollen, die Zusammenballung der Bakterien hervorbringen. Lysine und Antilysine führte Krusse, Flügge, Mikroorgan., 3. Aufl. , I. Bd., p. 409, 414 ein. Von allen diesen Stoffen kennt man bis jetzt nur die Namen.

Register.

Abschwäclmug der Virulenz 27, 155. Acliorion Schoeiileinii 41.

Ackerboden, Bakterien 45, 92, 93, 94, lOO, 101.

A. E. 157, 158. aerob 58, obligat- 58.

Aetliylalkoliol, Bildung durch Bakterien,

110.

Hefen 121—127.

Agar 55, 164.

Agglutination 158.

Aktiuoinykose 41.

Alexine 154, 160.

Algen, blaugrüne 37.

Alkohole, einwertige, Vergärung 108, 110.

mehrwertige, Vergärung 110. Alkoholgärung 121 127.

Allococcaceae 32.

Amidobakterien 53.

Ammonbakterien 53.

Ammoniakstickstoff 86, 100.

Nitrifikation 101, 102.

Amöben, pathog. 39.

Amylobacter butyricus 116.

Anaeroben 58.

fakultative 59.

obligate 59.

Theorie 127—129.

Vorkommen 59, 129.

Analysen, ehern, von Bakterien 50.

der alkoholischen Gärung 126.

anderer Gärungen 110, 117. Anreicherungsmethode bei der Wasser- untersuchung 45.

Autilysine 160.

Antisepsis 84.

Antitoxine 154.

Wirkung 157.

Antitoxineinheit 157.

Arakhefen 107.

Artbegriff 23, 29.

Arthrosporen 22.

Asepsis 84.

Aspergillus, pathogen 42.

Hefen 107.

asporogene Bakterien 27.

Hefen 124.

Atemluft, Bakteriengehalt 44.

Atmung der Bakterien 58.

der Schwefelbakterien 65.

intramolekulare 127, 128.

prototrophe 63.

Austrocknen, Wirkung auf Bakterien 73, 74.

Bacillaceae 32.

Bacilleae, Unterfamilie 33.

Bacillus 31, 33, siehe auch Bacterium.

aceti 109.

acidi lactici 112.

acidificans longissimus 113.

Anthi’acis 142, siehe auch Milzbrand-

bacillen.

brunneus 12.

coli commune 146, siehe Kolonbac.

cyanogenus 114.

ethaceticus 110.

ethacetosuccinicus 110.

Fitzianus 110.

fluorescens liquaefaciens 70, 99.

indigogenus 119.

Kützingiaims 109.

levans 171.

luminosus 61.

maximus buccalis 133.

orthobutylicus 117.

Pasteurianus 109.

phosphorescens 70.

prodigiosus 12.

pyocyaueus 13, 30, 53.

radicicola 90.

subtilis 15, 20, 24, 53, 70.

thermophilus 70, 71.

tuberculosis 145, siehe Tuberkelbazillen.

typhi 146, siehe Typhusbazillen.

typhi murium 147.

virens 13.

12*

180

Bacillus vulo-ai'is 1)8, Oi), 100. hactericide Eioenscliaftcii des Serums 153. Bacteriopurpuriu 00.

Bacterioseu der rOinizeu 132.

Baeteriuiu 31, siehe auch Ihudllus.

aceti 100.

acidi lactiei 112.

pliosphoreseeus 01.

photometricum 00.

raiiicidum 132.

termo 98.

Zopfii 00.

Bacteroideii, Deutung- 87, 88. Bacteroideug-ewehe 87.

Bactridium 33.

coli 140.

Proteus 99.

typhi 146.

Bactrillum 33.

Bacti’iuium 33.

Beggiatoa 34, 63.

Behriug’s Serum siehe Heilserum. Bewegung’ 14, 15.

abhäugig vom Sauerstoff 59. Beweguugsorgane 14.

Bierhefe 123, 125. biologische G-ruppeii 47. hllastomyceteu 121.

Blutparasiten 40.

Blutserum, hactericide Eigeusch. 153.

toxicide 154.

Bodenbakterien, Stickstoö’assiniil. 93, 94;

45, 92, 100, 101.

Bouquettstoff'e 124, 126.

Brennereien, Milchsäuregärung 115. Brotgärung 120.

Brunnenwasser 45.

Butter und Bakterien 114. Buttersäurebakterien 110, 117. Buttersäuregärung 116, 117, 114. Butylalkohol, Bildung 117.

Carbolsäure 79, 80, 81.

Carbonsäuren, Gärung 111.

Carcinom 39.

C'aries der Zähne 134.

Cellulose, Vorkommen hei Bakterien 9.

Vergärung 118.

Centralkörper der Cyanophyceen 38. Chemikalien zur Desinfektion 81, 82, 83. chemische Zusammensetzung der Bakt. 50. Chemotaxis 75, 76, 77, 92.

der Ijeukocyten 153.

('hloroplijueen 37.

Cholera 147.

experimentelle des Menschen 147.

( dioleravibrionen 147.

Arthrosporen 22.

Bau 7.

Geissei 15.

Kettenwuclis 24.

Kommaform 2, 3.

Nachweis im Wassei' 45, 147.

Pfeiffers Serumreaktion 158.

Plasmolyse 8.

Sporen 21, 148.

Cdioleravibrionen, Stickstoffl)edarf 53.

Teilungsgescliwindigkeit 17.

Vegetationsruhe 74.

Wuchsform 24.

CI irom atinkörner 7 .

Cliromatiuin 13, 64, 66. chromogeu 12. chromopar 12.

Chromophor 12.

Cilien 14.

Cdadothrix dicliotoma 3, 23, 34. Clostridieae, Unterfamilie 33.

Clostridium 33, 20.

l)utyricum 117.

Pasteurianum 93.

Coccaceae 32.

Coccobacteria septica Billroth 28.

Coccus 2.

Contagium 136.

vivum 137.

Corynebacterium 26.

Crenothrix 34.

Cyanophyceen 37.

Bau u. Verwandtschaft mit Bakt. 37, 38. Cytoryctes variolae 40.

Cytozoen des Frosches 40.

Dampfsterilisation 72, 73.

Darmbacterien 135.

Dauerzustände 19, 73, 138. Deckglaspräparate 3, 6, 9.

Degeneration 25 27.

Denitrifikation 103.

Desinfektion, chemische 78-84.

natürliche 74, 83.

physikalische 68 74 (Licht, Elektricität,

Druck, Temperatur, Trockenheit). Desulfuration 103.

Dextrangärung 119.

Diastase 106.

Differentialdiagnose 54, 56, 158. Diphtheriebazillen 26, 143.

Diphtherietoxin 152, 155.

Diplocoeeus 142.

Disposition 138, 145.

Dissociation der Lösungen und Giftigkeit 82, 83.

Drepanidium ranae 40.

Druck, hoher, Wirkung auf Bakterien 70.

osmotischer 5.

Dünger 95, 96.

Dulcit, Vergärung 110.

Einatmung, Infektion durch 145.

Eis, Bakteriengehalt 45.

Eisenbakterien 11, 66.

Eiterkokken 140.

Ei weisskörper der Bakterien 51. Elektrische Ströme, Wirkung auf Bakterien 69.

Endosporen 19.

Engelmann, Bakterienniethode 59. Entkalkung der Zähne 133, 134.

Enzyme 105, 106, 128.

(ier Alkoholhefen 126, 172.

Erde, Bakterien 45, siehe auch Ackerboden.

181

Eniterückstände 100.

Essig-bakterien 26, 109.

Essig’fabrikation 109.

Essiggärmig* 108, 109.

Essig'mutter 109. eukarpiscli 36. eurytlierme Bakterien 71.

Exkremente, Stickstoffverb. 95.

Fadenbakterien 3, 30.

Faeces, Bakterien 135.

Fäden, Wiiclisform 3.

Färbung- der Bakterien 6, 8.

patbog-. Bakt. 137.

der Sporen 21.

Fäulnis, aerob 97, anaerob 98.

Alkaloide 97.

Bakterien 98 100.

patliog-eiie 150.

Bediug-nugeu 96.

Definition 96.

Endprodukte 97, 129.

der Früchte 96.

Produkte 96.

Verbreitung- 96.

Zwischenprodukte 97, 129.

und Kreislauf des Stickstoffes 95, 96, 130. Farbstoffbakterien 12, 13, 59, 68, 114, 141. Farbstoffe der Bakterien 12, 13, 59, 66, 68. Fanlbrut der Bienen 132.

Favus 41.

Fermentnm vivum 105, 106.

Fette, in Bakterien 14.

Gärung 105.

Fettsäuren, Gärung 111.

Produkte der Fäulnis 97.

Produkte der Gärungen 108 130. Fixierung der Bakterienform 3.

des Inhaltes 6.

Flagellaten 38.

pathogene 39.

Flechten, Parasitismus 91.

Flexilität 16.

fluorescierende Bakt. 12, 99.

Formenkreis der Bakterien 23, 24. Flusssäure verfahren Effronts 116. fossile Bakterien 162.

Froschlaichpilz 10, 119.

Futterbereitnng 116.

Gärkraft 126.

Gärung, Analysen 110, 117, 126.

Bedingungen 105.

Begriff 105.

Formeln 106.

Theorie 127—130.

Verbreitung 105, 129. Gärungsbakterien, Arten und Rassen 107.

pathog. Eigenschaften 108, 143, 150.

saprogene 117, 143.

Gallerte der Membran 9.

chemische Natur 51, 118, 119. Galvanotropismus 69.

Gartenerde, siehe Ackerboden.

Gase, Wirkung auf Bakterien 83. Gattungen, biologische 29.

Gattungen, systematische 29—34.

Geisselu 14.

Abwerfen 15.

Eiurollung 15.

Entwicklung 15, 18.

Starre 15.

Gelatine 55.

Verflüssigung 56.

Gifte der Bakterien 97.

zur Tötung- der Bakterien 78. Giftfestigkeit 155, 156.

Art der Wirkung auf die spec. Bakt. 156.

spec. 156.

Giftgewöhnung 154, 155. giftimmun 155.

Giftwert, kleiner, grosser 79.

und Dissociation 82, 83.

Glabrificine 160.

Glycerin, Vergärung- 110.

Glykoside, Gärung 105.

Gommose bacillaire 132.

Gonidien 11, 22, 23.

Gonococcus 29, 141.

Granulobacter. 29.

butylicus 117.

lactobutyricus 117.

saccharobutyricus 117. Granulosereaktion 13.

Grösse der Bakterien 4.

Gründüngung 86, 100. grüne Bakterien 13.

Haemamoeba 40.

Haemosporidien 40.

Halbparasiten, Leguminosen 93. Halibacterium 29.

Halogene, Desinfektion 80, 81. Haplobakterien 3, 30, 32.

Haplobacteriuae, Ordnung- 32. Haplomyceten 42.

Harn, faulige Gärung 100.

Enzym^ 128, 172.

Stickstoffverbindungen 95. Harnbakterien 100.

Haut der Bakterienzelle 9.

des Menschen und Bakt. 133, 138.

Hefe 106, 121—127.

Heferassen 107.

Hefezelle, Bau 123.

Heilserum 155.

Dosierung 157, 158.

Eigenschaften 156.

Herstellung 155.

Theoretisches 154, 155, 156, 157. Hemmungswert von Chemikalien 79. Herpes tonsurans 41.

Heubacillus 15, 17, 20, 24.

Hitze, trockene, zum Sterilisieren 72. holokarpisch 36.

Homococcaceae 32.

Hülle 9.

Hundswut 149, 159.

Hydrolytische VTrkuiig der Euzymel06,l 28. I. E. 158.

Immunisierung durch Gifte 155, 156.

182

TmmunisieruiiG: flurcli abg^eschwächte Bakt. 155.

Immimisierung'seiiilieit 158. Immuiiisieruiigswert 15ß.

Immunität 159.

aktive 155.

bakterielle 156, 158.

erworbene 159.

experimentelle gegen Tetanus 155. g’eg'en Diphtherie 155.

künstliche 159.

natürliche 159.

pathologische 159.

passive 156.

persönliche 159.

toxische 156.

Impfung 159.

Indigogärung 119.

Indolbildung 97, 99, 147. Infektionskrankheiten 136. Infektionsquellen 137, 138. Infektionsschlauch der Wurzelkiiöllchen 92. Inkubationszeit 150.

Insektenfressende Pflanzen 132. intramolekulare Atmung 127. luvasionsstellen 138.

Invertin 106, 126.

Involution 25, 26.

Jodfärbung der Bakterien 13.

Jodococcus 29.

Jodtrichlorid z. Abschwächung 27, 155. Isolierungsmethodik 45, 55, 137.

Kälte, Wirkung auf Bakterien 72.

Käse 114, 115.

Kahmhaut 3.

Kahmpilz 109.

Kapseln 10.

Kefir 115.

Keimfähigkeit der Sporen 21, 123. Keimung der Sporen, Bakterien 21, 22.

Hefen 123.

Kern in Bakterien 7.

Kernfarbstoffe 7.

Ketten 3.

Keuchhusten 149.

Knöllchenbakterien 89, 92, 93. Körperoberfläche, Bakterienflora der 133. Kohlehydrate, alkoholische Gärung 125, 126.

Bakteriengärungen 112 120.

der Bakterien 51, 118, 119. Kohlensäure, Assimilation durch Pflanzen

59, 104.

durch Purpurbakterien 66.

durch Salpeterbakterien 102.

durch Schwefelbakterien 65.

Kreislauf 104.

Kohlenstoffquellen für Bakterien 52, 53, 55.

für andere Organismen 104. Kolonbazillen 53, 54, 135, 146. Koloniebildung 4.

Kommabazillen 3, 147.

Koth, Stickstoffverb. 95.

Krankheiten des Menschen 39 42, 131 160.

der Nahrungsmittel 116, 118.

der Pflanzen 131, 132.

Krebs 39.

Kreislauf der Kohlensäure 104—130.

der Schwefelsäure 66.

des Stickstoffes 85 103.

Kuhpocken, Organismen 40. Kulturmerkmale 55 57.

liabfermentbakterien 114. Laboratoriumsmassen 29.

Lamprocystis 64.

Lathraea 132.

Laverania 40.

Lebensdauer der trockenen Bakterienzellen 73, 74, 134.

Sporen 73.

Lebensweise der Bakterien 46. Leguminosen 86,

Lepra 146.

Leptomitus 41.

Leptothrix (Kollektivname) 3.

buccalis 133.

innominata 133.

ochracea 67,

Leuchtbakterien 61.

Temperaturansprüche 70.

Leuconostoc 10, 119.

Leukocyten 153.

Chemotaxis 77, 153.

Licht, Einfluss auf Bakterien 68, 69.

Entwicklung durch Bakterien 61. Lipochrome 13.

Lösungsdruck 5.

Lokomotion der Bakterien 14. lophotrich 14.

Luciferin 61.

Luft, Bakteriengehalt 44. Lungenentzündung 142. Lungenschwindsucht 145.

Lysine 160.

mäusetyphus 147,

Magen, Bakterien 134.

Magensaft, desinficirende Eigenschaft 83, 84. Malaria-Parasiten 40.

Mannit, Bildung 118,

Vergärung 110.

Masern 149.

Meer, Bakteriengehalt 62.

Meeresleuchten 61.

Membran der Bakterienzelle 8, 9. Merkmale, physiolog. 29.

morpholog. 30.

Metallsalze zur Desinfektion 80, 81. metatrophe Bakterien 47.

Methangärung 118, 135.

Miasma 136.

Micrococcus 32.

agilis 14.

Gonorrhoeae 141.

pyogenes 141.

prodigiosus 12.

tetragenus 18.

ureae 100.

Mikroben 35.

Mikroorganismen 35.

Milch, Bakteriengehalt 113.

183

Milch, Kraiikheiten der 114.

imiiiimisierter Tiere 156.

Sterilisierung- 113. Milchkotbakterien 135. Milchsänrebakterien 112, 133, 135. Milchsäureg-ärimg- 112 116, 133. Milzbrand 142.

Milzbrandbazillen 142.

x^bschwächnng- 27.

asporog-en 27.

Bewegung- 14.

Druck 71).

Gattung- 31, 33.

Hemmung durch Chemikalien 79.

Inhalt 7.

Kapseln 10.

Kettenwuchs 3.

Metatrophie 47.

MUch 113.

Schutzimpfung- 159.

Sporenbildung- 19.

Sporenkeimung 21, 22.

Stickstoffbedarf 53.

Temperatur, Kardinalpunkte 70.

Tötung durch Temperatur 72, 73. durch Chemikalien 80 83.

Trockenheit 73.

Minimaldosis, tödtliche 155.

Mist, Zersetzung 96, 118. Molekularbewegung 14.

Monilia candida 39^. monotrich 14. monotrophe Bakterien 28.

Mucor, pathogene 42.

Mucorhefe 125.

Mundbakterien 133.

nach Leeuwenhoek 1.

Mycelium der Pilze 36. Mycobacterium 26, 145.

tuberculosis 145.

Mycoderma 109.

My coprotem 51.

Jiährböden, feste 55.

Nährlösungen 52, 53, 55.

Nährstoffe der Bakterien 51.

kohlenstoffhaltige 54, 55.

mineralische 51.

stickstoffhaltige 52, 53.

der Hefen 125^.

Nahrungsaufnahme 9.

Nebenprodukte bei Gärung und Fäulnis 129. Nitragin 90.

Nitratbakterien 101, 102.

Nitratbildung 101.

Nitratreduktion durch Bakterien 103. Nitrifikation 100, 101.

Nitritbakterien 101, 102.

Nitritbildung 101.

Nitrobacter. 29, 102.

Nitrobakterien 53.

Nitrococcus 29, 102.

Nitrosomonas 29, 102. Normalantitoxineinheit 157. Normalgiftlösung der Diphtherie 157.

Normalserum 158.

Nukleine in Bakterien 51.

Oedem, malignes 143.

Oospora 41.

optische Spaltungen 111.

Oscilhition 16. osmotischer Druck 5.

in Bakterien 9.

Oxydationsgärungen 108.

Ozon, Desinfektion 83.

parachroniatophor 13.

Parasiten 46.

fakultative 47. paratrophe Bakt. 47.

Pasteurisiren 72.

pathogene Bakterien , Ausbreitnng im Körper 139.

Gifte 151, 152.

Isolierung 137, 138.

in der Milch 113.

Nachweis in Geweben etc. 137, 1,38.

Vorkommen in der Natur 47, 54, 138.

Wirkungsweise 150, 151.

Pediococcus 18, 32.

tetragenus 18.

Pektinstoffe, Vergärung- 119. Peptonbakterien 53. peritrich 14.

Permeabilität des Protoplasmas 9.

der Sporenhaut 21, 73, 81.

der Zellhaut 9.

Pfeiffers Serumreaktion 158. Pflanzenkrankheiten durch Bakt. 131, 132. Phagocytose 153.

Phagocyten 153.

Phosphorescenz 61.

Photobacterium 29, 61. photogen 29.

Phototaxis der Purpurbakterien 66. Pigmentbakterien 19, s. auch Farbstoff etc. Pilze, Verwandtschaft mit Bakterien 35, 36. Planococcus 32.

Planosarcina 32.

Plasmodium Malariae 40.

Plasmolyse der Bakterien 8.

der Pflanzenzelle 5.

Plattenkultur 56.

Plectridieae, Unterfamilie 33.

Plectridium 20, 32, 117, 119.

paludosum 20, 108.

tetani 143.

Pleogenie 23, 28.

Pleomorphie 23.

Pneumococcus 142.

Pockenimpfung 159.

Polkörner 9.

Polysaccharide, Vergärung- 126.

Polytoma uvella 38. polytrophe Bakterien 28.

Prädisposition 138, 145.

Präparate, mikroskopische 3, 6, 9, 137. Proteus, Gattung 29, 98, 99.

vulgaris 99.

Protisten 35.

184

rrotoi)lasiiia der Bakterien (i 8, 51. l)r()totroplie Bakterien 47.

Pseudoinonas 81. rtoniaine t)7, 151. rnri)ni’l)akterien (54, 6(5.

Pyämie 139, 141. pyogene Bakterien 140.

Ctueeksilbersalse, Giftigkeit und Dissocia- tion 81, 82.

Raseneisenstein 67.

Kassen, der Alkoliulliefen 123.

der Gärnngserreger 107.

der Knöllclienbakterien 90.

der pathogenen Bakterien 140. Rausclibrand 143.

Reaktion, clieniische der Näbrsubstate 54. Reduktionen durch Bakt. bei Gärung 128.

der Nitrate 103.

der Sulfate 103.

Rhizobium Leguminosarum 90.

Rhizopus Oryzae 107.

Riciugewühnung 155.

Rinderpest 149.

Röntgen’sche Strahlen, Wirkung auf Bak- terien 69.

Röste des Flachses etc. 119.

Rotlauf 149.

Rotz 149.

Rückfalltyphus 149.

Saccharomyces albicans 39.

cerevisiae 123, 125.

ellipsoidens 122, 123, 125.

glutinis 123.

Ludwigii 122.

Pasteurianus 122, 123.

Saccharomyceten 121, 125.

pathogene 39.

Säuglingsdarm 135.

Säuren, zur Desinfektion 79—81. Salpeterbakterien 101—103, 168. Salpeterlager Chiles 101.

Salpeterplantagen 101.

Samenruhe 73. saprogene Bakterien 29, 98. saprophile Bakterien 47, 98.

Saprophyten 46.

obligate 47.

Sarcina 18. 32, 112.

aurantiaca 18.

lutea 18, 134.

ventriculi 135.

Sarkodinen, pathogene 39.

Sauerstoff und alkoholische Gärung 127.

und Bakterien 59, 60.

und Fäulnis 97.

, Nachweis durch Bakterien 59. Sauerstoffentziehungstheorie 128.

Scharlach 149.

Scheidenbildung 10.

Schimmelhefen 107.

Schimmelpilze 41, 42.

Schizomyceten 37.

Schizophyceen 37.

Schizoi)hyten 37.

Scbleimgärung 118, 119.

Schorf der Kartoffel 132. Schraubenbakterien 2.

Schutzimpfung 159.

Schwärmbewegung 14.

Schwefel in Bakterien 13. Schwefelbakterien 63—66. Scliwefelwasserstoff, Bildung durch Bakt. 97, 103.

und Schwefelbakterien 63, 64. Schwerkraft, Wirkung auf Bakterien 70. Schwimmbewegung 14, 16.

Sclerothrix Kochii 145.

Selbstentzündung gärender Massen 60. Selbstreinigung der Flüsse, Bedeutung des Lichtes 69.

Septikämie 139, 141.

Serumreaktion auf Choleravibrionen 158. Serumtherapie, Gi'undlage 156.

Soorpilz 39.

Spaltalgen 37.

Spalthefe 106.

Spaltpllanzen 37.

Spaltpilze 37.

Spaltungsgärungen 108.

Species, physiologische Merkmale 29. Speciesbegriff 23, 29.

bei Hefen 124.

Sphaerotilus 34.

Spirillaceae 33.

Spirillum 2, 33.

desulfuricans 103.

rubrum 12.

sputigenum 134.

undula 2, 7, 8, 15, 98.

Spirochaete 2, 33.

dentium 133.

Obermaieri 2.

Sporen der Bakterien 19 22 (Entwicklung und Keimung).

der Hefen 123, 124.

pathogener Bakt. 21.

rudimentäre 27.

Ursachen der Sporenbildung 22. Sporenhaut, Permeabilität 21, 73, 81. Sporenruhe 74.

Sporentötimg durch Gifte 80, 81.

durch Hitze 72, 73.

Sporozoen 40.

Sprosshefe 106.

Sprossmycel 122.

Sprosspilze 121, 125.

pathogene 39.

Sprossung 121, 125.

Sprossverbände 122.

Sputum 80, 136, 145.

Stäbchenform 2.

Staphylococcus, Grösse 4.

Wuchsform 24.

pyogenus albus 141.

aureus 141.

citreus 141.

steuotherme Bakterien 71. stereoisomere Verbindungen 111. Sterilisation 72, 73, 78.

185

Sterilisation, fraktionierte 71.

Stichknltnr 57.

Stickstoff des Ammoniaks, Kreislauf 100, 101.

atmosphärischer, Assimilation durch Kiiöllchenhakterien 88, 80.

durch Bodenhakterien 03, 04.

durch Alg'en und Pilze 04.

freier, hei Fäulnis 07.

des Harns, Kreislauf 100.

oro-anisch gebundener, Kreislauf 07, 100. Stickstoffbedlirfnis, Einteilung der Bak- terien nach 53.

Stickstoffgehalt, Lupine, Weizen 86. Stickstoffnahrung 52, 53.

Stickstoffquellen in der Natur 85. Stickstoff'sammler 86.

Stickstoff'zehrer 86.

StoffAvechselprodukte der Bakterien zur Impfung 150.

Strahlenpilz 41.

Streptococcus 32.

pyogenes 141, 18.

Streptothrix 41.

Actinomyces 41.

Streptotricheen 40.

Strichkultur 57.

Sublimat, Giftigkeit 81, 82, 83. Sumpfgasgärung 118.

Symbiose 00.

bei Flechten 01.

Leguminosenknollcheu 02.

Systematik der Bakterien 30.

System, Stellung der Bakterien im System der Organismen 38.

Uebersicht 32.

Tabakgärung 110.

Technische Gärungen 118.

Temperatur des Bakterienleibes 70.

Kardinalpunkte 70.

Maximum 70.

Minimum 70,

Optimum 70.

Tötung 72, 73.

Tetanusbazillen 143.

Tetanustoxin 143, 151, 152.

Teilung der Bakterienzelle 16 18.

der Hefezelle 121. thermogene Bakterien 29, 60. thermophile Bakterien 71.

Theorie der Alexine 154.

der Antitoxine 157.

der Gärung 127, 128.

der Immunität 159.

der Infektionskrankheiten 151.

der Phagocytose 153.

Thiobakterien 63.

Thiopedia 64.

Thiothrix 63, 34.

Tierexperiment, Bedeutung 133. 139, 140, 147, 154.

Tötung der Bakt. durch Chemikalien 78— 84.

Druck 70.

Elektrizität 69.

Licht 69.

Temperatur 70.

Tötung, Wassermangel 73.

der S})oren, siehe Sporen.

Tollwut 159.

Tollwutimpfung 150.

Toxalhumine 152. toxicide Eigenschaften 154.

Toxine 07, 151.

Traultensäure, optische Spaltung 111. Trichobactei'iaceae, Familie 34. Trichobakterien 3, 30.

Trichobacterinae, Ordnung 34.

Trichomonas vaginalis und intestinalis 39. Trichophyton tonsurans 4L Ti’ockenheit und Bakterien 73. Trophotropismus 75.

Tuberculomyces 145.

Tuberkelbacillus 144.

Infektionsquellen 138.

Involution 26.

Parasitismus 47, 137.

Temperaturgrenzen 70, 71.

Tötung mit Chemikalien 80.

mit Wassermangel 74.

Tuberkulin 152.

TO u. TB 152.

Impfung 159.

Tuberkulose 145.

Turgor 5.

Typhus 146.

Typhushazillen 146.

Bau 7.

Differeiitialdiagnose gegen Koloubacillus

54, 146.

Geissein 15.

Lichtwirkung auf 69.

Plasmolyse 8.

Stickstoffbedarf 53.

Vegetationsruhe 74.

Tyrothrix 114.

Tyrotoxin 97.

üeberempffndlichkeit immunisierter Tiere 156.

Umzüchtung von Bakterien 20.

Ultrarote Strahlen, Absorption durch Pur- purbakterien 66.

Urase 128, 172.

Urobacillus 172.

Urzeugung 48.

Vakuolen 4, 6.

Variabilität 23.

Vegetationskörper 2.

Formbeständigkeit 25.

Vegetationsruhe 73, 74.

Verbreitung der Bakterien in der Natur 43.

Vererbung der Immunität 156.

der Tuberkulose 145.

Vergiftung durch Bakterien 97, 151, 154 bis 159.

Vermehrung 16.

Vermoderung 98.

Verwandtschaft, System, der Bakterien 35-38.

Verwesung 98.

186

Yerzweig-ung-, falsche eclite 8.

Yibrio 2, 33.

albeiisis ßl.

beroliiieiisis 149.

biiccalis 133.

,cbolerae 147 (.siebe Cboleravibrioiien).

daiml)icu.s 149.

nigula 118.

Yibrioii ])utyrique 107, 116.

Yibrioiiia 1.

Yiruleiiz 151.

Abscbwäcbniig 27.

Yirus iiianiiium 151.

W ärmebiblung durcli Bakterien 60. Wauderzellen 153.

Wasser, Bakterien gebalt 44.

Brnnnen- und Flnsswasser 45.

destiliertes 44.

Regenwasser 44.

AYasserbakterien 45,

Wassergehalt 50.

Wassermangel 73.

Wasservibrionen, cboleraäbnlicbe 147, 149. Weber’sches Gesetz des Reizes 77. Weinbefe, Rassen 124.

Weinveredelnng durch reine Hefen 124. Wuchs auf verscbiedenen Substraten 56.

Wucbsformen 3, 18.

Wiicbsformen auf verscbiedenen Substraten/ 56.

^^bmden, Desinfektion 84.

Wunden als Tnvasionsstellen 138, 139. Wundstarrkraini)f 143.

Wurzelknöllcben der Leguminosen 86.

Bau 87.

Deutung 91.

Entwicklung 91, 92.

Infektionsschlaucb 92.

Stickstoffassimilation 88, 89.

Symbiose 90.

Zähne und Bakterien 133, 134.

Zelle der Bakterien 4.

Zellinhalt 4—9, 13.

Zellen, sporenfreie, Tötung durch Chemi- kalien 80.

Temperatur 72.

Zellkern 7.

Zellteilung 16.

Zoogloea 3.

Zucker, gärungsfäbige 126.

Zuckerfal3riken, Froscblaichpilz 119. Zymase 172. zy mögen 29.

Lippert ACo. (G. Pätz’scbe Bucbdr.), Naumburg a/S.

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