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DAS MIKROSKOP

und

seine Anwendung, insbesondere für Pflanzen -Anatomie.

Zugleich ein eiuleitender Unterricht

in der Physiologie der Gewächse.

Von

I)r. HERMANN SCHACHT,

PIUVATDOCENT AN DER UNIVERSITÄT ZU BERLIN.

Mit 51 iu den Text geilruckten Holzschnitten und 111 Abbildungen auf fünf

lithographirten Tafeln.

Zweite verbesserte und stark vermehrte .\iiflage,

BERLIN.

VERLAG VON G. W. F. MÜLLER.

1855.

WELLCOMF INSTITUTE LIB9ARY

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V 0 r w 0 r t.

Es ist mir die Freude geworden, auch für Deutschland eine zweite Auflage dieses Buches bearbeiten zu müssen, nachdem ich kurz zuvor eine gänzliche Umarbeitung desselben für England geliefert habe. Die zweite englische Auflage ist soeben, gleich der ersten, von Frederick Currey übersetzt, bei S. Ilighley in London erschienen. Die vorliegende deutsche Ausgabe ist, als die später bearbeitete, noch durch meine allerneuesten Erfahrungen .^verbessert und vermehrt worden.

In der Eintheilung und in der Anordnung des Stoffes habe ich, weil mir dieselbe zweckmäfsig erscheint, nichts ändern wollen, dagegen ist jeder Abschnitt von mir aufs sorgfältigste von neuem durchgearbeitet worden. Mängel und Irrthümer sind, soweit ich sie erkannt habe, verbessert und berichtigt, zahlreiche neue Er- fahrungen sind hinzugekommen.

Der Abschnitt IV. enthält in aller Kürze das Wesentlichste über Bau und Form der Pflanzenzellen; in dem Abschnitt V. wird dagegen auf alle wichtigeren anatomisch- physiologischen Ver- hältnisse im Pflanzenreiche hingewiesen. Die vorliegende Schrift kann deshalb neben ihrer Hauptaufgabe, den Lernenden mit dem Weg der Untersuchung bekannt zu machen, auch dazu dienen, ihn in das Studium der Pflanzen- Anatomie und Physiologie über-

IV

VORWORT.

lianpt einzufüliren, indem sie in kurzen Umrissen den gegenwär- tigen Stand unserer Wissenschaft bezeichnet.

Die Holzschnitte aus meinen bereits erschienenen Büchern werden, am passenden Orte, gewifs willkommen sein; für einige neu hinzugefügte, desgleichen für die ganz neuen Tafeln wird man, wie ich hoffe, meinem Verleger Dank wissen, der, ohne den Preis wesentlich zu erhöhen, für die besonders schöne Aus- stattung dieser vermehrten Auflage sorgte. Ich darf deshalb hoffen, dafs die Theilnahme, deren sich das Buch bei seinem ersten Er- scheinen erfreute, auch auf die zweite, wesentlich verbesserte Auflage übergehen wird.

Die Benutzung meiner Figuren ist Anderen sehr gern, jedoch nur mit Bewilligung und vorangegangener Entschädigung meines Verlegers gestattet.

Wer nicht stille steht, sondern selbst fortwährend lernt, der kann am besten auch Andere belehren. Wer aber durch eigene Forschung lernt, dem wird der Irrthum, der ihm oft begegnet, nicht mehr als Feind erscheinen; denn welche schwierige Frage der Wissenschaft, die überhaupt gelöst ist, wäre wohl mit einem Schlag jemals zum sichern Ziel gekommen? Wie ohne Kampf kein Sieg, so entwickelt sich erst aus dem Irrthum die Wahrheit. Nicht dem Irrthum , vielmehr der Eitelkeit , die sich desselben schämt, sollte man deshalb zürnen. Ueberall ist unser Wissen noch gering, und darum auch die Hoffnung, noch recht viel zu lernen, um so gröfser.

Berlin, ira Februar 1855.

Dr. Hermann Schacht.

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I n h a 1 t.

Seite

r. Einleitung.

Das mikroskopische Selien, Schwierigkeiten desselben 2

Der richtige Gebrauch des Mikroskops und die JMelhode der Untersuchung 3

II. l’ebcr die zu einer «i.ssenscliaftlicli-mikroskopi.sclicn l’ntcrsuchnng nothwendigcn Ilülfsmittel.

1. Das zusammengesetzte Mikroskop 5

Ilauptbedingungeu eines guten Mikroskops 5

Der optische Theil desselben 5

Das Stativ des Mikroskops 6

Die Einstellung (einfach und doppelt) 6

Der Beleuchtungsapparat, die Blendungen 7

Die Beleuchtung durch schiefes Licht 8

Das Prisme oblique von Nachez 9

Die Sammellinse von Nobert 9

Die Beleuchtungslinse für opake Gegenstände 10

Der Objecttisch 10

Der 3Iefsapparat 10

Die Objectplatten und die Deckgläser 11

Die vorzüglichsten Mikroskope der neueren Zeit 11

Prüfung des IMikroskopes 17

2. Das einfache Mikroskop 19

.3. Die Lupe 20

4. Die Camera lucida, deren Anwendung 20

5. Das Compressorium 22

G. Die Rasirmesser 22

7. Die Scalpels 23

8. Die Präparirnadeln 23

9. Die Scheerc 23

10. Die Pincetten 23

11. Die Schleifsteine 23

12. Der Streichriemen 24

13. Der Metallring zum Schneiden zwischen Kork 24

14. Die Haarpinsel 25

15. Glasgeräthc 25

VI

INHALT.

Seite

16. Porzellanschalen 25

17. Spiriluslampe 25

18. Fliederniark und Tücher zum Reinigen der Ohjective 26

19. Chemisclie Reagenlien 26

Alkohol, Aelher, Aetzkalilösung, Jodlösung 26

Concentrirte und etwas verdünntere Schwefelsäure 26*

Chlorzink - Jodlösung 26

Zuckerlösung, Salpetersäure, Salpetersäure und chlorsaures Kali (Mace-

ralionsverfahren nach Schulz) 27 \

Citronenöl 28

Salzsaurer Kalk, Oelsüfs, Copallack, Canadahalsain 28

Kohlensaures Natron 28

20. Papier, Bleifedern, Farben u. s. w 29 u. 178

21. Der Polarisalionsapparat 29

III. Allgemeine Regeln für den Gebrauch des Mikroskopes und für die Ilerrichtung der Gegenstände,

Lage des Zimmers 30

Betrachtung der Präparate bei Lampenlicht 30

Tageslicht (durchfallendes und auffallendes) 31

Arbeitstisch, Eigenschaften desselben 32

Das Beschlagen der Gläser 32

Anwendung schwacher Vergröfserungen für den Totaleindruck .... 32

Steigern der Vergröfserung 33

Werth der starken Ohjective 33

Verkürzung des Rohres 33

Mittel zum Abhalten des fremden Lichtes vom Auge 33

Gerade durchfallendes und schiefes Licht ^ . 34

Auffallendes Licht; Lieberkühn’scher Spiegel 34

Betrachtung der Gegenstände unter Wasser und unter verschiedenen Medien 34

Anwendung der Deckgläser 35

Vorsicht bei Anwendung chemischer Reagentien 35

Schutz des Mikroskopes für Staub 36

Reinigung der Ohjective und Oculare 36

Reinlichkeit bei der Beobachtung selbst 37

Täuschungen durch fremde Stoffe u. s. w 37

Bewegungserscheinungen, av eiche Täuschungen veranlassen können ... 38

Täuschungen durchs Auge selbst (Mouches volantes u. s. w.) 39

Ilerrichtung der Gegenstände 40

Für feste homogene. Stoffe 40

Für aus verschiedenen Organen zusammengesetzte Körper 40

Handgriffe beim Schneiden 40

Für Gegenstände von ungleicher Beschaffenheit 41

Für saftige Gewebe 41

Das Doppelmesser 41

INHALT.

VII

Seite

Verfahren für die Zerlegung sehr kleiner Gegenstände. . . 41

Entfernung der Luft aus den Präparaten 43

Uebertragen der Präparate aus einer Flüssigkeit in die andere .... 43

Genaue Einstellung des Mikroskopes , Täuschungen 43

Beugungserscheiniingen hei einer gewissen Einstellung 45

Hin- und Herrollen kleiner Körper unter dem Mikroskop 46

j^iwendung von Druck 46

Vermeidung des Drucks 47

Inhalt der Zellen 47

Zucker, Gummi, stickstoffhaltige Substanzen, Oel, Salze 47

Stärkemehl, Inulin, Chlorophyll, Kryslalle 48

Anwendung chemischer Reagentien auf die Zellwand 50

Gröfsenbestimmung der Gegenstände; das Glasmikrometer 50

Bestimmung der Vergröfserung des Mikroskopes 52

Das Schraubenmikromeier . . . .’ 52

rV. Die Pflanzeiizelle in ihrer verschiedenen Gestalt, Ausbildung und

Anordnung.

Die freie Zelle, der Zellkern * 53

Färbung der Zellmembran durch .lod und Schwefelsäure 54

Cellulose und stickstoffhaltige Substanz 54

Der Primordialschlauch '. 56

1. Wachsthum der Zelle 56

a) nach allen Seiten gleichmäfsig 57

b) nach einer Seile überwiegend 57

c) an gewissen Stellen des Umkreises überwiegend (sternförmige Zel- len u. s. w.) 57

2. .Verdickung der Zelle 58

Spiralbildung bei der Verdiekung 58

Schichtenbildung durch die Verdickung 59

Porenkanäle, Tüpfel 60

Grad der Zellenverdickung 61

Parenchym, Prosenchym, GefäfszeUen 61

Wirkliche Löcher in den Zellen 62

Alien der sogenannten Gefäfse 62

Saftführende und luftführende Zellen 63

3. Anordnung der Zellen zu Geweben, Intercellularsubslanz 63

A. Nahrungsgewebe (Parenchym) 63

B. Fortbildungsgewebe (Cambium) 64

Zellenarten des Gefäfsbündels 64

C. Oberhautgewebe 66

Epidermis, Spaltöffnungen 66

Haare, einfache und zusammengesetzte; Schuppen der Oberhaupt . . 67

Cuticula 68

Epithelium , Epiblema 68

X

INHALT.

Seite

Beispiele, a) Lathraea und Pedicularis 140

b) Canna 142

c) Viscum 145

d) Taxus und Pinus 149

Weitere Entwickelung des Keimes 158

Methode für die Entwickelungsgescliichte der Pflanzenzelle 159

Entwickelung der Sporen 160

Entwickelung des Pollens 161

Entwdckelung der Brulknospen 162

Entwickelung der Zellen des geschlossenen Gewebes 163

Gegenwärtige Ansichten über Zellenbildung 163

VI. Einige Bci.si)icle für die Entwickelungsgeschichtc der Blüthe.

Asclepias syriaca 167

Agropyrum giganteum 170

VII. lieber das Zeichnen natunvissenschafllicher, insbesondere mikroskopischer Gegenstände.

Anforderungen an den Zeichner 176

Das Zeichnen nach der Natur 176

Versländnifs des Gegenstandes 177

Anwendung des Phisels und der Farben 178 u. 185

Die Schattirung 179

Das Zeichnenpapier 180

Die Bleifeder und der Pinsel 180

Vorzug des Pinsels vor der Zeichnenfeder 180

Das Zeichnen mit der Camera lucida . 181

Die Ausführung der mikroskopischen Zeichnung 181

Kleine Handgriffe heim Zeichnen 183

Wahl der Figuren für die Veröffenthchimg 184

Angabe der Vergröfserung neben jeder Figur 184

Bestimmung der Vergröfserung des Mikroskops 185

VIII. Heber die Aufbewahrniig mikroskopischer Präparate.

Wichtigkeit der Präparate für die Vergleichung 186

Anforderungen an eine Sammlung solcher Präparate 186

Die Aufbewahrungsflüssigkeiten 187

Die Glastafehi 188

Anwendung der Chlorcalciumlösung 189

Anwendung des Oelsüfses 191

Anwendung des Copallacks 191

Anfertigung von Präparaten mit luftdichtem Verschlufs 192

Zweckmäfsige Aufbewahrung der Präparate 195

DAS MIKROSKOP.

T.

E i n 1 e i t ii n g.

T)le Fortschrllte in den Naturwissenschaften sind mit den Fortschritten in der Optik und durch die letzteren, so ziemlich gleichen Schritt ge- gangen; durch die glänzenden Verbesserungen des Fernrohrs und des Mikroskopes hat die Wissenschaft der neueren Zeit, von einer besseren Methode geleitet, so Ungeheuern Aufschwung genommen. Wie die Welt des Grofsen, der gestirnte Himmel, dem menschlichen Auge durchs Fernrohr erschlossen, ihm durch dasselbe eine Kenntnifs der grofs- artigsten und einfachsten Naturkräfte gegeben ward, so wird ihm die Welt des Kleinen mit ihrer staunenswürdigen Regelmäfsigkeit durchs Mikroskop eröffnet. Das Fernrohr dient, wie schon sein Name sagt, der Ferne, es führt uns in ferne, uns unerreichbare Gefdde, es zeigt uns das Walten unabänderlicher, seit Jahrtausenden bestehender Ge- setze. Das Fernrohr entrückt uns der Erde, es zeigt uns andere Wel- ten; das Mikroskop führt uns zur Erde zurück, es dient so recht unserem Planeten, es ist das Sehrohr der Nähe, es erschliefst uns das Kleine, es zeigt uns den innersten Bau der uns umgebenden Gegen- stände. ln der Regelmäfsigkeit dieses Baues, der uns besonders schön in allen Organismen entgegentritt, den wir aber auch in den kleinsten Krystallformen der Gesteine bewundern, erkennen wir ebenfalls allge- meine, von einer höheren Macht gegebene Gesetze, wenngleich die Kräfte, unter denen diese Gesetze stehen, uns noch nicht so genau als die Gesetze des Weltraums bekannt sind. Die Welt im Grofsen folgt grofsartigen Gesetzen; auf die Welt im Kleinen kann auch das Kleine Einflufs üben. Die Erkenntnifs des Kleinen und der Einflüsse und Veränderungen, unter denen es steht, ist für viele Zweige der Natur-

1

2

EINLKITUNG.

Wissenschaften überaus wichtig ; der Chemiker , der Zoolog , der Geognost und der Botaniker kann dieser Kenntnifs nicht entbehren, ihm ist das IMikroskop ein nothwendiges Werkzeug, ein unentbehrliches Mittel zur Erkenntnifs geworden.

Aber nicht der Besitz eines Mikroskopes und die Güte eines sol- chen Instrumentes allein genügen; für brauchbare Forschungen ge- hört noch mehr. Man mufs sowohl mit der Behandlung des Mi- kroskopes als auch der zu untersuchenden Gegenstände genau bekannt sein, man mufs vor allem mit Verständnifs sehen, man mufs mit Urtheil beobachten lernen. Das Sehen ist, wie Schleiden sehr richtig sagt, eine schwere Kunst; das mikroskopische Sehen ist noch um so schwerer, da es unserem Auge alle Anhaltspunkte aus unserer nicht vergröfserten Umgebung raubt und deshalb einen Vergleich mit derselben unmöglich macht. Wir müssen uns zunächst dieses Verhältnisses bewufst werden und dasselbe immer berücksich- tigen lernen.

Für das mikroskopische Sehen ist namentlich zweierlei zu beachten

1. Dafs wir im Mikroskop, zumal bei starken Vergröfserungen nicht Körper, sondern nur Flächen sehen. (Aus verschiedenen Flächen- ansichten, durch veränderte Einstellung desselben, in seiner Lage nicht veränderten, durchsichtigen Gegenstandes verschaffen wir uns einen Blick in die Tiefe des letzteren ; durch mehrere Flächenansichten des- selben Gegenstandes bei veränderter Lage und zwar nach den Rich- tungen der drei Dimensionen, wird es erst möglich denselben als Kör- per zu construiren; dies hat in vielen Fällen durch die Beschaffenheit des Gegenstandes selbst, seine grofsen Schwierigkeiten).

2. Dafs wir selten unter dem Mikroskop die Gegenstände in ihrem natürlichen Verhältnifs vor uns haben; dafs wir somit immer die Ver- änderungen, welche wir zum Theil selbst, entweder durch das Medium, in welches der Gegenstand gelegt ward, oder durch das Messer, oder durch andere Einwirkungen, hervorriefen, berücksichtigen müssen.

Eine lange und gründliche Beschäftigung mit dem Mikroskop sichert vor Täuschungen, an denen niemals das Instrument, sondern nur der Beobachter Schuld ist, indem er einerseits das Mikroskop mit dem er arbeitete und dessen Eigenthümlichkeiten nicht kannte und das vom gewöhnlichen Sehen so abweichende Verhältnifs des mikroskopischen Sehens nicht beachtete, dann aber andererseits das natürliche und das veränderte Verhältnifs des Gegenstandes der Beobachtung nicht genug-

KINLF.ITONG.

3

sain von einander trennte. Hierzu gesellen sich noch die Täuschungen durch das Auge selbst, durch sogenannte Mouches volantes, so wie Täuschungen durch Unbekanntschaft mit den allgemein in der Luft und iin Wasser verbreiteten Dingen, die wir Staub oder Schmutz zu nennen |3flegen. Endlich gehören hierher noch die Luftblasen, sowie die Bewegungserscheinungen kleiner Körper, die (sogenannte Molecular- hewegung), desgleichen ein Strom durch Verdunstung des Wassers auf dem Objectlräger oder durch Mischung zweier Flüssigkeiten auf demsel- ben entstanden. Alle diese Dinge mufs man genau kennen und unter- scheiden lernen, dann aber ist eine Täuschung durch dieselben nicht mehr möglich.

Der richtige Gebrauch des Mikroskope s bleibt immer die Hauptsache. Hedwig hat mit den Mikroskopen seiner Zeit mehr über Laubmoose gesehen, die Wissenschaft mehr gehirdert, als mancher Beobachter nach ihm mit ungleich besseren Instrumenten. Zum richtigen Gebrauch des Mikroskopes gehört, aufser der Fertigkeit in der Behandlung des Instrumentes und der Gegenstände, vor allen Dingen eine richtige mit ürtheil angewendete Methode, die sich von allem was sie thut genaue Rechenschaft zu geben weifs. Die Unter- suchung schreitet mit ihr zwar langsam, aber sicher vorwärts; man sucht den Gegenstand von möglichst vielen Seiten zu erfassen und möglichst gründlich zu erforschen, man erwägt alles aufs ge- naueste, prüft seine eigenen Beobachtungen aufs gewissenhaf- teste und gelangt so, Schritt Für Schritt weiter gehend, zu einem sicheren Ziele.

Eine Arbeit ohne Methode wird selten zu einem Resultate führen; die zartesten Holzschnitte, nur in einer Richtung, oder gar in einer falschen Richtung ausgeführt, geben keine Erkenntnifs des unter- suchten Holzes; einzelne hier und da zerstreute Beobachtungen können gleichfalls nur für den Zustand, den man gerade beobachtete beweisen, aber keine Aufklärungen über frühere oder spätere Zustände gewäh- ren; während nach richtiger Methode erhaltene Reihen sich fol- gender Zustände für die Entwickelungsgeschichte des untersuchten Gegenstandes unumstöfslichc Beweise liefern. Manche streitige Frage würde, wenn man von richtiger Methode geleitet, planmäfsig und con- sequent vorgeschritten wäre, längst erledigt sein; ohne Beharrlichkeit wird man am Mikroskop überhaupt nichts erreichen, dagegen durch Ausdauer und Gründlichkeit sichere Resultate gewinnen.

1*

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F.INLETTÜNG.

Auch in dieser neuen sehr vermehrten üinarbeiliing wird man 1 freilich nicht für jeden speciellen Fall die specielle Methode finden, da ich unmöglich aus eigener Erfahrung alle diese Fälle kennen und i ebenso wenig sie hervorheben kann ; manches werde ich ohnehin, da | es mir an Vorgängern in dieser Art fehlt, übersehen, auch vielleicht 1 manches Ueberflüssige gegeben haben; für die wicht igeren Verhält- i nisse wird man indefs alles finden, was ich nach reiflicher üeber- i

legung für nothwendig halte. Hat man erst einige Untersuchungen i

mit Gründlichkeit ausgeführt, hat man durch sie Beobachten gelernt, so wird man bald sehen worauf es ankommt und keines Führers mehr h bedürfen, man wird sich selbst einen eigenen, der Frage und dem n Gegenstände angemessenen Gang zu bilden wissen.

Gründliche Untersuchungen sind, selbst wenn sie nichts Neues bringen, wenn sie nur bestätigen, von unschätzbarem Werthe; ober- flächliche Beobachtungen helfen dagegen der Wissenschaft zu nichts. > Spielereien, d. h. ein Befrachten dieser und jener Gegenstände ohne s Zweck und Zusammenhang mögen hier und da recht unterhaltend sein, i zur Belehrung des Beschauers werden sie nur wenig beitragen, da ein ) Wissen ohne Zusammenhang zu keiner wirklichen Erkenntnifs führt. AVer in diesem Buche eine Aufzählung hübscher und belustigender mikroskopischer Gegenstände sucht, der wird sich täuschen, wer da- gegen meine am Mikroskop gesammelten Erfahrungen für eine wissen- schaftliche Untersuchung benutzen will, dem biete ich mich dreist und gern als Führer an.

11.

Ueber die zu einer wissenschaftlich -mikroskopischen Untersuchung nothwendigen Hülfsmittel.

1. IJas zusammengesetzte Mikroskop. Das wesentlichste Erfor- dernifs eines guten Mikroskopes ist unbedingt die Schärfe und Klarheit seiner Bilder. Die Bilder zarter Gegenstände (und solche können über- haupt nur als Probeobjecte für durchfallendes Licht dienen) müssen leise, aber scharf gezeichnete Umrisse, oh n e Farbensaum besitzen; je zarter und schärfer die Begränzungslinien, um so besser ist das Mikroskop. Das Gesichtsfeld mufs aufserdem hell erleuchtet und von keinem Farbensaum umgeben sein.

Die Schärfe der Bilder und die helle Erleuchtung derselben ist zunächst von den Objectiven, d. h. von denjenigen Gläsern, welche das Bild des Gegenstandes auffangen, um es dem Sammelglase des Oculars zu überliefern, abhängig; je genauer die Objective gearbeitet sind, um so vollkommener wird auch das Bild, welches sie entwerfen, sein. Das Ocularglas dient nur dazu, das vom Objectiv entworfene und durch’s Sammelglas aufgefangene, Bild nochmals zu vergröfsern; mit dem Bilde wird aber natürlich auch jeder Fehler desselben durclPs Ocular vermehrt. Mit der Stärke des Oculars nimmt überdies die Menge des zum Auge gelangenden Lichtes ab, das Bild erscheint dun- keler und schon dadurch undeutlicher.

Diese Gründe bestimmten Oberhäuser, Amici, Nobert und Beneche ihre Mikroskope mit starken Objectiven und schwachen Ocularen zu versehen ; der einzige Nachtheil dieser Einrichtung ist der kurze Ab- stand zwischen dem zu beobachtenden Gegenstand und dem Objectiv. Da man jedoch, des umgekehrten Bildes halber, das zusammengesetzte Mikroskop nicht zum Präpariren benutzt, so kommt dieser Nachtheil

6

ZUR MIKROSKOPISCHEN UNTERSUCHUNG

bei der grofsen Vollkoimnenheit des so erreichten Bildes gar nicliL in Betracht. (Oherhäusers Objecli\"system 7 ist noch ohne Deckglas brauchbar, die Systeme 8 und 9 erfordern dagegen ein Deckglas).

Wenn man Oherhäusers Mikroskop neben einem Instrument von Schiek oder Plöfsl bei gleicher Stärke der Vergröfscrung mit dem- selben schwierigen Objecte, z, B. mit Schmelterlingssehuppen oder Infusorienpanzern prüft, so erkennt man auf den ersten Blick die un- geheuren Vortheile dieser Einrichtung ; zwar ist bei Oberhäuser der Abstand und das Gesichtsfeld kleiner, das Bild dagegen ungleich schärfer.

Aufser den eigentlich optischen Theilen des Mikroskopes, d. h. aufser den Objeetiven und den Ocularen, ist auch das Stativ desselben nicht unwesentlich. Ein gutes Mikroskopstativ mufs feststehen ; einen grofsen, wo möglich festen Tisch, eine genaue, wo möglich doppelte Einstellung und einen zweckmäfsig eingerichteten Beleuchtungsapparat besitzen.

Es wäre sehr zu wünschen, dafs alle Optiker, wie es Schleiden bereits ausgesprochen'), ihren Mikroskopen eine solche Höhe gäben, dafs man mit ihnen sitzend arbeiten könnte. Das Mikroskop von Amici, desgleichen sämmtliche Mikroskope Oberhäusers, aufserdem die kleinen Instrumente von Schiek, sowie ähnliche von Beneche besitzen eine derartige Höhe; die grofsen Mikroskope von Schiek, Plöfsl und Nobert sind dagegen viel zu hoch. Das Trommelstativ, welches Oberhäuser früher verwendete, noch mehr aber das neue Stativ seiner grofsen Mi- kroskope, hat wegen seiner Festigkeit und der Gröfse und zweck- mäfsigen Einrichtung seines Tisches grofse Vorzüge vor allen bishe- rigen Stativen; der Tisch des letzteren ist sammt dem Mikroskoprohr um seine Axe drehbar, sonst aber durchaus unbeweglich. Diese ver- tikale Drehung des Tisches wird sowohl bei schief durchfallendem Licht, als auch bei auffallendem Licht sehr wichtig. Das hier be- sprochene grofse Stativ Oberhäusers ist jetzt von den meisten deut- schen Optikern, so von Beneche, Wappenhans, Merz dlf Söhne fast unverändert angenommen.

Eine einfache, sogenannte grobe Einstellung des Mikroskopes, sie mag nun durch Zahn und Trieb, (Schiek, Plöfsl, Amici, Nobert), oder durch Verschiebung des Rohres in einer Hülse (Oberhäuser, Beneche, Wappenhans, Merz, Nachez) erreicht werden, hat immer etwas un-

*) Schleiden, Griuulzüge. Aull. 111. Band 1. Pag. 95.

NOTHWENDIGE HÜLFSMITTEL.

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bequemes; die Einstellung durch Zahn und Trieb ist selten, mit Aus- nahme von Schick, hinreichend gut gearbeitet; die sanfte Verschie- bung des Rohres erfordert dagegen schon einige Gewandtheit. Die besten neuen Mikroskope haben deshalb, aufser der soeben genannten (groben) Einstellung, noch eine Mikrometerschraube zur feinen Ein- stellung. Bei allen älteren, mir bekannten Mikroskopen war für die- sen Zweck der Objecttisch selbst beweglich, er ward durch die Mikro- meterschraube dem Ohjcctiv genähert oder entfernt; nur Oberhäuser gab seinen gröfseren Mikroskopen einen unbeweglichen Tisch, die Mikro- raelerschraube hebt oder senkt das Rohr, welche Einrichtung unbedingt vorzüglicher ist. Sämmtliche neuere Mikroskope von Schick, desglei- chen die kleineren Instrumente von Bencche und von Wappenhans sind mit einer, allerdings der Theorie nach fehlerhaften feineren Einstellung versehen, die sich dessen ungeachtet in der Praxis sehr bewährt. Der hinreichend grofse Ohjecttisch ist nämlich, nach dem Princip von No- bert durch zwei feine Spitzen, gewissermafsen wie eine Klappe, an der Säule des Stativs bew^egllch aufgehängt. (Taf. 2, Fig. 1.) In dem die Stellung des l'isches zur Säule des Stativs sich vermittelst einer Schraube etwa von 88® bis 92® verändern läfst, wird der Gegenstand dem Ob- jectiv genähert oder entfernt. Das Bild schlottert nicht, der Tisch ist hinreichend fest und der früheren Einrichtung dieser Mikroskope bei weitem vorzuziehen.

Zum Beleuchtungsapparat gehören zunächst der Spiegel und die Blendungen , dann eine Beleuchtungslinse für undurchsichtige Gegen- stände, eine Sammellinse nach Nobert, ein Prisme oblique nach Nachez u. s. w. Die beiden zuletzt genannten Apparate sind jedoch bei einem guten Stativ mit schiefer Spiegelstellung durchaus überflüssig.

Wenn das 3Iikroskop, wie bei gröfseren Instrumenten gewöhn- lich, einen Plan- und einen Hohlspiegel besitzt, so verwendet man den ersteren für schwache Vergröfserungen. Amici hat nur einen Planspiegel, über demselben jedoch eine, sowohl in der Höhe wie seit- lich verschiebbare Sammellinse, sein Spiegel kann demnach ohne oder mit der Sammellinse, als Plan- oder als Hohlspiegel, wirken. Durch ein Auf- oder Ahwärtsschieben der Sammellinse kann man aufserdem den Brennpunkt der Letzteren unter, auf oder über den Gegen- stand werfen und dadurch die Intensität des Lichtes vermehren oder vermindern. Oberhäuser erreicht dasselbe, indem er seinen Hohlspiegel auf- und abwärts schiebt; sein neues grofses Stativ besitzt einen Plan-

8

ZUR MIKROSKOPISCHEN UNTERSUCHUNG

Spiegel lind einen Hohlspiegel; ebenso die grofsen Inslniinente von Beneche, Wappenhans und Merz.

Die Cylinderblendungen, welche zuerst von Oberhäuser eingeführt wurden, verdienen unbedingt den Vorzug vor allen übrigen Vorrich- tungen dieser Art. Am unzweckmäfsigsten sind die sogenannten dreh- baren Scheibenblendungen, wenn selbige in bedeutender Entfernung, oftmals fast einen Zoll unterhalb des Gegenstandes angebracht sind. Schon weit besser wirken einfache in der Mitte durchbohrte Platten, welche man in die Oelfnung des Tisches, unmittelbar unter die Object- platte legt; Beneche giebt die letzteren für seine kleinen Mikroskope. Die Oeffnungen in den Cylinderblendungen müssen schon der Theorie nach ungleich kleiner als die Oeffnungen der tiefer gelegenen Scheiben- blendungen sein, sie concentriren dadurch das nöthige Licht unweit besser auf den Gegenstand und gewähren überdies die grofse Annehm- lichkeit, dafs man kleine Gegenstände unmittelbar über ihre Oelfnung legen kann und sich dadurch das oft zeitraubende Suchen des Gegenstan- des unter dem Mikroskop erleichtert. Der gröfste Vortheil der Cylinder- blendungen beruht jedoch in ihrer Verschiebbarkeit; je nachdem man dieselben der Objectplatte nähert, oder von ihr entfernt, verstärkt oder dämpft man das Licht. Bei Mikroskopen ohne solche Blendungen mufs man sich durch Beschatten mit der Hand zu helfen suchen. Die Oeff- nung der benutzten Blendung mufs immer der Vergröfserung ange- messen sein; bei schwachen Vergröfserungen benutzt man weite Oeff- nungen, bei starken dagegen enge. Wenn man sehr schief durchfal- lendes Licht anwendet, so müssen die Blendungen ganz entfernt wer- den, damit der Tisch ein weites Loch erhält, weil sonst das schiefe Licht nicht gehörig auf den Gegenstand einwirken kann. Einem geübten Beobachter wird es wohl selten begegnen, dafs ihm für den- selben Gegenstand ein Wechseln der Blendung wünschenswerth wird; Oberhäuser hat sein neues grofses Stativ auch für diesen Fall zweck- mäfsig eingerichtet, die Blendungen können vertauscht werden, ohne dafs man den Gegenstand zu verschieben braucht.

Bei den älteren Mikroskopen war der Hohlspiegel zwar nach meh- reren Richtungen, jedoch immer nur innerhalb der Axe des Rohres beweglich, eine Beleuchtung mit schief durchfallendem Licht war des- halb nur innerhalb sehr beschränkter Grenzen möglich. Amici zeigte zuerst wie wichtig eine solche Art der Beleuchtung in manchen Fällen wird und Oberhäuser vervollkommnete diese Einrichtung, indem er

NOTHWENDIGE IIÜLFSMITTEL,

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die Drehung des Tisches um sich selbst hinzuhrachte und dadurch Gelegenheit gab, das schief durchfallende Licht in jedem heliehigen AVinkel auf den Gegenstand wirken zu lassen. Was Oberhäuser durch die Verschiebbarkeit seines Spiegels aufserhalb der Axe des Rohres und durch die Drehung seines Tisches erreichte, suchte Nachez durch sein Prisme oblique, welches er zwischen Spiegel und Objecttisch, um seine Axe drehbar, anbrachte, zu erlangen und wirklich leistet dieser Ap- parat bei schwierigen Objecten, z. B. den Flügelschuppen des Weib- chens der Ilipparchia Janira, sehr gute Dienste; er ist für alle grös- seren Stative anwendbar und wird vom Optiker Zeifs in Jena auf Verlangen angefertigt”). Die von Nobert erfundene Sammellinse, die an der unteren Seite plan, an der oberen dagegen am Rande convex und in der Mitte concav geschliffen ist, hat eine ähnliche Wirkung wie das Prisme oblique; hier kommt es jedoch, da sich die Licht- strahlen auf dem Gegenstände kreuzen, nicht wie bei letzterem auf die Lage des Gegenstandes an; mehrere Schuppen der Ilipparchia Ja- nira, deren Richtung eine verschiedene ist, zeigen deshalb gleichzeitig die zarten Querstreifen, während beim schief durchfallenden Licht, es sei nun durch Verschiebung des Spiegels aufserhalb der Axe, oder durch’s Prisme oblique erhalten, immer nur diejenige Schuppe deut- liche Querstreifen zeigt, deren Längsstreifen dem schief durchfallenden Licht parallel vorlaufen, wo mithin das Licht im rechten Winkel gegen die Querstreifen fällt. Auch diese Sammellinse ist leicht für jedes gröfsere Stativ anwendbar, sie wird ebenfalls von Zeifs in Jena an- gefertigt. Ich bemerke hier nochmals, dafs bei den grofsen Stativen von Oberhäuser, Beneche, Wappenhans und Merz sowohl das Prisme oblique als auch die Nobertsche Linse überflüssige Dinge sind. Da- gegen sind dieselben zur Verbesserung solcher Instrumente, deren Stativ eine andere Einrichtung besitzt, cmpfehlenswerth.

Die Verschiebbarkeit des Spiegels aufserhalb der Axe des Rohres ist für jedes ältere Instrument, mit Ausnahme der kleinen Stative nach Oberhäuser und des Trommelstativs, leicht einzurichten, es bedarf dazu nur eines etwa 1} Zoll langen Metallarmes, an dessen einem Ende der Bogen, in welchem sich der Spiegel bewegt, drehbar befestigt wird, während das andere Ende des Metallarmes, ebenfalls drehbar und zwar

*) Um diesen Apparat zweokmäfsig anzubringen, ist eine Uebersemlung des 31ikroskopcs an genannten Optiker nothwendig.

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ZUR MIKROSKOnSCUEN ÜNTERSÜCUÜNG

in einer dem Brennpunkte des Spiegels angemessenen Höhe, ans Stativ befestigt ^Adrd°). Sogar die kleinen Mikroskope der neuesten Einrich- tung von Beneche, Wappenhans und Merz, desgleichen von Kellner, sind für schiefe Spiegelstellung eingerichtet.

Die Beleuchtungslinse für undurchsichtige Gegenstände, die fast keinem Mikroskope fehlt, ist in der Regel, da ihr Durchmesser zu klein ist und sie selbst eine zu geringe Krümmung besitzt, wenig brauch- bar; Oberhäuser giebt deshalb für seine neuen grofsen Mikroskope eine Sammellinse von 8 Centimelres Durchmesser, die selbst bei trübem Himmel eine hinreichende Menge Licht auf den Gegenstand concentrirt. Wenn man diese Linse, welche auf einem besonderen, schweren Stativ nach verschiedenen Richtungen drehbar ist, vor das Mikroskop stellt und selbige auf farbige Schmetterlingsflügel wirken läfst, so erhält man bei langsamer Drehung des Tisches um seine Axe, indem das Licht in verschiedenen Richtungen auf die Schuppen des Flügels fällt, die schön- sten Farbenerscheinungen. Bei Betrachtung opaker Gegenstände wirkt diese Sammellinse in Verbindung mit der Axendrehung des Tisches nicht selten vortrefflich.

Der Tisch des Mikroskopes mufs, wie schon erwähnt, hinreichend grofs und möglichst fest sein; seine Fläche mufs glatt, ohne vorstehende Schrauben und ohne festsitzende Klammern zum Festhalten der Präpa- rate u. s. w. sein ; selbst der sogenannte Sclditten , eine Vorrichtung, welche mit Hülfe kleiner Stellschrauben das Object unterm Mikroskop verschiebt, wird für jeden geübten Beobachter nur störend wirken. Für einzelne Fälle mögen dagegen 2 Federklammern, welche in den Tisch gesteckt werden, zweckmäfsig erscheinen.

Als Mefsapparat benutzt man das sogenannte Schraubenmikrometer und das Glasmikrometer, beide haben ihre Vorzüge und ihre Nachtheile; Schick, Plöfsl, Nobert und Merz geben in der Regel Schraubenmikro- meter; Amici, Oberhäuser, Beneche, Wappenhans und Nachez liefern da- gegen Glasmikrometer. Die Anwendung des Schraubenmikrometers ist etwas zeitraubend , da man mindestens 7 bis 8 Messungen mit verschie- denen Stellen der Schraube vornehmen und daraus das Mittel berech- nen mufs. Das im Ocular liegende Glasmikrometcr, welches Oberhäuser auf Verlangen beigiebt, ist sehr genau getbeilt, und wie mir scheint für jede mikroskopische Messung, die ohnehin niemals absolut genau

*) Vergleiche Taf. II. Fig. 1.

NOTHWENDIGE HCLFSMITTEL.

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sein wird, ausreichend; die Messung selbst ist sehr einfach, man zählt nur die Theilstriche und berechnet das Gefundene auf die bekannte Vergröfserung"), Das Schraubenmikrometer ist ohnehin eine sehr theure Zugabe des Mikroskopes, man wird dasselbe unter 40 Thaler nicht er- halten; ein Ocular mit Glasinikrometer kostet dagegen hei Oberhäuser nur 25 Fr.

Als nöthige Zugaben fürs Mikroskop betrachte ich nur noch die Objectträger, deren Gröfse und Gestalt dem Objecttisch angemessen sein und die aus hlasenfreiem , reinem , nicht zu dickem Spiegelglas bestehen müssen; ferner die Deckgläser, die jetzt sehr gut in England geblasen werden. Die geschliffenen Deckgläser sind zwar, wenn sie gut polirt sind , vorzuziehen, dafür aber auch ungleich theuerer. Die Dicke der Deckgläser mufs den Anforderungen der Objective entsprechen. Alle übrigen Zugaben, z. B. kleine bewegliche, auf dem Ohjccttisch zu befestigende Zangen und Nadeln, sind überflüssige Spielereien; eben so werthlos sind die unter Glimmer zwischen Holz aufbewahrten so- genannten Probeobjecte. Wer ein gutes Mikroskop besitzt und wem es Ernst ist damit zu arbeiten, der mufs binnen kurzem selbst so viel Geschicklichkeit erlangen, dafs er sich Gegenstände zu präpariren ver- steht. Als Probeobjecte, welche keinem guten Mikroskope fehlen soll- ten, bezeichne ich dagegen die Schuppen des Weibchens von Hipparchia Janira, ferner für die gröfsesten und besten Mikroskope einige Kiesel- panzer der Navicula Hippocampos angulata. Ein Mikroskop, das bei gehöriger Vergröfserung und Beleuchtung und bei richtiger Einstellung hier dasjenige leistet, was ich von ihm verlange“), bedarf keiner wei- teren Empfehlung; ein Mikroskop dagegen, welches hier nicht Stich hält, ist für schwierige Untersuchungen unzureichend.

Die besten mir bekannten Mikroskope der neuesten Zeit, und von diesen kann bei den ungeheuren Fortschritten in der Optik, hier überall nur die Rede sein, werden von Georges Oberhäuser in Paris, von Amici in Florenz, von Nobert in Greifswald, von Schick in Berlin, von Beneche und Wasserlein ebendaselbst, von Wappenhans gleichfalls in Berlin, von Plitfsl in Wien, von Merz und Söhne in München, von Kellner in Wetzlar und von Nachez in Paris verfertigt. Auch aus an- deren Werkstätten mögen recht brauchbare Instrumente hervorgehen.

') Siehe den folgenden Abselniilt dieses Buches. “) Siehe weiter oben.

n

?ÜR MIKROSKOPISCHEN ÜNTERSÜCHÜNG

da ich aber fllr die gegenwärtige Schrift den Grundsatz festhalten mufs, nur das zu empfehlen und nur über das zu urtheilen, was ich aus eigener Erfahrung kenne, so mufs ich mich auf die genannten gröfsten- theils in der Wissenschaft rühmlich bekannten Namen beschränken, Die englischen Mikroskope sind mir leider nur aus Abbildungen be-- kannt; danach ist zum wenigsten das Stativ lange nicht so zweckmäfsig als nach Oberhäusers Einrichtung.

Ich habe vielfach Gelegenheit gehabt verschiedene Mikroskope aus genannten Werkstätten mit meinem besten Instrumente, einem grofsen Oberhäuser der neuesten Construction, und zwar unter gleichen äufseren Verhältnissen mit denselben schwierigen Objecten zu prü- fen, mufs aber gestehen, dafs sowohl in der Schärfe der Zeichnung, als auch in der Eleganz des Bildes, mein Mikroskop sich immer ganz vorzüglich bewährt hat. Ich habe mindestens 30 Mikroskope verschiedener Gröfsen, von Oberhäuser angefertigt, unter den Händen gehabt; ich habe Jahre lang, erst mit einem kleinen, darauf mit einem mittleren Instrumente dieses Optikers gearbeitet, und deren Bilder sehr häuBg, sowohl mit verschiedenen Mikroskopen von Schiek und Plöfsl, als auch mit einem Instrumente von Nobert verglichen; derVergleieh entschied fast immer zu Gunsten Oberhäusers. Ich habe kein schlech- tes Instrument aus dieser Werkstatt gesehen; mit der Gröfse der Mi- kroskope und mit dem Preise derselben steigt jedoch, wie natürlich, auch die Güte der Objective. Nächst dem Mikroskope von Oberhäuser kenne ich die Instrumente von Beneche und von Wappenhans, beide in Berlin, am besten. Genannte Optiker liefern vortreffliche Gläser.

Oberhäusers grofses, neues Stativ habe ich, da es von mehreren Optikern (Beneche, Wappenhans, Merz) fast unverändert angenommen ist, gewissermafsen als Normalstativ auf Tafel 1 abgebildet; in der Erklärung dieser Tafel bitte ich die einzelnen Details nachzulesen. Das Mikroskop steht sehr fest, es ist jedoch für die Reise etwas schwer; auch ist der Kasten, da das Stativ, was ich übrigens nur loben kann, nicht auseinander genommen wird, etwas grofs und dadurch beim Transport unbequem. Die Objective sind mit den Cylinderblendungen in einem besonderen Kästchen aufbewahrt, (sehr zweckmäfsig und auch anderen Optikern zur Nachahmung zu empfehlen).

Mein Mikroskop besitzt die Objectiv- Systeme, 4, 7, 8 und 9. Das System 7 giebt mit dem ersten Ocular eine mehr als 200malige, das vSystem 9 mit demselben Ocular eine mehr als 40ümalige Linearver-

N 0 T HWI? ND 1 GK n Ü LF S5II T TEL .

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gröfseriing. Der Oculare sind 5, das stärkste derselben gewährt mit dem System 9 eine mehr als löOOmalige, noch durchaus brauchbare Vergröfsening (die Querstreifen der Schuppen des Weibchens der Hip- parchia Janira erschienen bei dieser Vergröfsening als dicke scharfe Federstriche, sie sind mit Bequemlichkeit zählbar). In neuester Zeit A'erferligt Oberhäuser ein noch stärkeres Linsensystem (Nr. 10), welches, gleich dem System 9 vortreffliche Bilder gewährt. Für die Systeme 9 und 10 ist die bereits erwähnte Navicula Ilippocampos angulata ein vorzügliches Probeobject. Die schwächeren Objectivsysteme sind nicht im Stande die Liniensysteme dieses Kieselpanzers, drei an der Zahl, auch nur andeutungsweise zu entwickeln ). Der grofse um seine Axe drehbare Tisch, der sehr zweckmäfsig angebrachte Spiegel und der nicht minder zweckmäfsig construirte Blendungsapparat leisten in Verbindung mit den vortrefflichen optischen Theilen des Mikros- kopes etwas Ausgezeichnetes. Den Kasten des Blendungsapparates habe ich mir durch Zeifs auch zur Anwendung der Nobertschen Linse und des Prisme oblique von Nachez einrichten lassen. Zu Messungen ist eines der 5 Oculare mit einem sehr schönen Glasraikrometer ver- sehen. Das genannte Mikroskop ist seit April 1849 in meinen Händen. Ob die mittleren Instrumente Oberhäusers noch jetzt das Trommelstativ besitzen, kann ich nicht mit Sicherheit angeben; ein solches Stativ hat vor dem Stangenstativ, welches Schiek, Plöfsl und Nobert im all- gemeinen anwenden, grofse Vorzüge, aber leider ist bei dem ersteren und ebenso bei dem kleineren Stativ von Oberhäuser der Spiegel nur innerhalb der Axe des Rohres beweglich. Die kleinen Mikroskope des letztgenannten Optikers sind äufserst preiswürdig, sie besitzen die Systeme 4 und 7 und zwei, auf Verlangen auch drei Oculare; die grobe Einstellung wird, wie bei allen Mikroskopen Oberhäusers, durch Verschiebung des Rohres innerhalb einer Hülse gegeben. Die Stative der kleinen Mikroskope von Schiek, Beneche, Wappenhans und Merz sind jedoch, weil sie eine freie Säule mit schiefer Spiegelstellung be- sitzen, in Betreff des Stativs empfehlenswerther. Der Tisch der aller- kleinsten Mikroskope Amn Oberhäuser (zu 100 Fr.) ist etwas zu schmal; Weshalb ich die ihnen folgende, nur AA'enig iheuerere Sorte, mit gröfse- rem Tisch, deren optischer Theil derselbe bleibt, A'orziehen wMrde. (Oberhäusers Adresse ist Place Dauphine 19. Paris).

*) Älan vergleiche Aveiter oben.

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ZUR MIKROSKOPISCHEN UNTERSÜCHÜNC

Das Mikroskop von A m i c i in Florenz (Schleiden besitzt ein solches) ist in seinen optischen Theilen vorlrefFlich, die Messingarbeit ist da- gegen über alle Mafsen schlecht. Das ganze Instrument ist nur niedrig und deshalb zum Gebrauch bequem. Amici’s Mikroskop zeichnet sich vor allen mir bekannten dadurch aus, dafs jedes seiner Linsensysteme, um ein vollkommenes Bild zu geben, eines Deckglases von bestimm- ter, oft beträchtlicher Dicke bedarf; wendet man ein Deckglas von zu geringer oder von zu grofser Dicke an, so verliert die Schärfe des Bildes. Da die Objective meines Mikroskopes, dessen Bilder dem ge- nannten keinesweges nachstehen, ja dasselbe oftmals übertreffen, für die Dicke der Deckgläser weit weniger empfindlich sind, (das System 7 giebt mit oder ohne Deckglas ein gleich vollkommenes Bild) so scheint mir diese Eigenthümlichkeit von der Güte der Objective unabhängig

zu sein. Ganz neue stärkere Objective, welche Hofmeister von Amici

*

erhalten hat, geben ausgezeichnete Bilder; sie bewähren sich für die schwierigsten Probeobjecte, z. B. für Navicula Hippocampos angulata Navicula fulva u. s. w. vortrefflich. Jedes Objectiv verlangt wie früher ein Deckglas von bestimmter Dicke, das stärkste Objectiv mufs sogar durch eine Wasserschicht von dem Deckglase getrennt sein. Man giebt einen Wassertropfen auf das Deckglas und erhält auf diese Weise ein ungleich schöneres Bild, als wenn eine Luftschicht das Objectiv vom Deckglase trennt.

Noberts Mikroskop hat sehr schöne Gläser und nicht minder vortreffliche Mefsapparate. Der Objecttisch ist eigenthümlich, erhängt mit zwei Stiften, gewissermafsen in einer Angel beweglich, an der Stange des Stativs“). Es hat mir leider die Gelegenheit gefehlt, neuere Mikroskope von Nobert zu sehen, ich weifs deshalb nicht ob die mancherlei Mängel des Statives jetzt verbessert sind.

Die Mikroskope von Schick, Pi stör undPlöfsl haben schöne Gläser, ihre Objective sind indefs viel schwächer, die Oculare dagegen viel stärker als hei den Instrumenten der drei zuerst genannten Optiker. Bei Schick ist die Messingarbeit überall vortrefflich, hei Plöfsl ist sie weniger zu rühmen. Schick verfertigt kleine und mittlere Mikroskope, die sehr preiswürdig und sehr zu empfehlen sind.

Die beiden Mikroskope Pistors, welche ich zu sehen Gelegenheit hatte, hesafsen das Trommelstativ Oberhäusers mit geringen Abände-

*) jffan vergleiche pag. 7.

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MOTinVENDIGE llÜLFSMITTEL.

rungen. Die kleinen Mikroskope von Plöfsl kenne ich nicht. (Schicks Adresse ist Marienstrafse No. 1 a, Berlin).

Bene che und Wasserlein in Berlin (Leipzigerstrafse No. 80) haben in neuester Zeit sich sehr hervorgethan; die Mikroskope, in verschiedenen GrtJfsen und zu sehr verschiedenen Preisen, welche ich zu prüfen Gelegenheit hatte, waren vortrefflich und höchst preis würdig. Das Bild dieser Mikroskope und namentlich das der iheuereren, kommt dem Bilde meines Instrumentes am allernächsten; es ist ihm an Schärfe und gänzlichem Farbenmangel gleich; insbeson- dere sind die stärksten Objectivc genannter Herren ausgezeichnet. Das System 10 und noch mehr das System 11, welches sie in neuester Zeit verfertigt haben, ist wohl die stärkste Ohjectivvergröfserung, die bisjetzt von einem Optiker mit Glück hergestellt wmrde. Mit dem schwächsten Ocular gewährt dies Objectivsystem hei 250 M. Entfernung eine Vergröfserung \'on 625mal. Das Bild ist aufser ordentlich scharf und vollständig farbenfrei, man sieht bei richtiger Beleuchtung die drei Liniensysteme des Panzers von Navicula Ilippocampos angulata sehr zart und scharf gezeichnet. Die Lichtstärke dieses Ohjectivsystems ist für den kleinen Durchmesser der untersten Linse bedeutend, dasselbe ist noch mit dem stärksten Oculare meines Mikroskopes anwendbar und gewährt mit demselben eine weit über 2000mal hinausgehende noch brauchbare Vergröfserung. Der Focalahstand ist freilich sehr gering, nur die allerdünnsten Deckgläser sind hier anwendbar. Benechc und Wasserlein haben für ihre gröfseren und mittleren Instrumente das grofse Stativ Oberhäusers (siehe Taf. 1) unverändert angenommen, ihre kleinen Mikroskope besitzen den beweglichen Tisch nach Nobert (vergl. pag. 7) und sind Für schiefe Spiegelstellung eingerichtet. Die- selben gewähren eine Vergröfserung von 25 400mal, sie sind demnach für die meisten Untersuchungen ausreichend. Der kürzlich ermäfsigsle Preis beträgt 30 Thlr. Pr. Cour.

Noch kleinere Instrumente, nach dem Vorbilde Lerebours in Paris construirt, wo die eine Seitenwand und der Boden des Kastens mit zum Stativ gehören, während der Kasten selbst abgezogen einem Schilder- hause vergleichbar ist, kosten nur 15 Thlr. Pr. Cour. Auch die Objective der letzteren sind recht gut; unbillig würde es jedoch sein hier die- selbe Vollkommenheit wie bei den iheureren Instrumenten beanspruchen zu wollen; sie sind jedenfalls den gleichen Mikroskopen von Lerebours weit vorzuziehen.

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ZUR MIKROSKOnSCIIEN ÜNTRRSÜCHÜNG

Wappenhans (Besselstrafse 18, Berlin), dessen Mikroskope mir erst seit einigen Jahren bekannt geworden sind, liefert vortreffliche Gläser, deren Bild besonders scharf aber nicht ganz farbenfrei ist. Nach Verlangen giebt derselbe soM^obl das grofse Stativ nach Oberhäuser, als auch das Stangenstativ nach Schiek. Die kleineren Instrumente (zu 50 Thlr. Pr. Cour.) haben den Tisch nach Nobert (vergl. p. 7) und eine sehr zweckmäfsig constriiirte Einrichtung für schiefe Spiegel- stellung. Die Vergröfserung dieser Mikroskope geht von 36 700mal. Noch kleinere Instrumente nach dem Vorbilde der kleinen Mikroskope von Oberhäuser kosten 35 Thaler.

Wenn ich von meinem Mikroskop, das allerdings für mich einen grofsen Werth besitzt, zunächst redete und mit demselben die Instru- mente anderer Optiker verglich, so geschah dies hauptsächlich deshalb, weil ich das genannte Mikroskop und die Vorlhcile seines complicirten, aber äufserst zweckmäfsigen Stativs am genauesten kenne und es hier zunächst meine Aufgabe ist eigene Erfahrungen mitzulheilen, ich möchte aber keineswegs mifsverstanden werden: sämmt liehe von mir erwähnte Mikroskope sind mehr oder weniger zur Untersuchung brauchbar; jeder mufs hier selbst prüfen und ich will nur kurz be- merken, worauf man namentlich zu achten hat. In Betreff des Stativs thut die Gewohnheit viel, der eine wird die Construction des einen Mikroskops, der andere die eines anderen bequemer finden, je nachdem er gewohnt ist, mit dem einen oder mit dem andern zu arbeiten.

Nach den Ansprüchen, welche der Beobachter macht und nach den Fragen, die er durch seine Forschungen zu lösen wünscht, wird sich auch immer die Güte und darnach wiederum der Preis des Mi- kroskopes richten müssen. Für alle systematischen und morphologi- schen Untersuchungen, desgleichen für Anfänger, sowie zur Prüfung der Gewebefasern”) wird ein Mikroskop wie es Beneche für 15 Thlr. liefert vollkommen ausreichen ; will man dagegen sehr schwierige Fragen der Pflanzenanatomie und Physiologie, z. B. Zellenbildung, Entstehung des Embr^mn, Anatomie der Zellwand u. s. w. ergründen, so sind die iheuersfen Mikroskope, d. h. wenn sich ihr Preis nach der Güte ihrer Objective und nach der vollkommneren Einrichtung ihres Stativs, wie cs meistens der Fall ist, richtet, nicht zu kostbar;

*) Man vergleiche meine Schrift: die Prüfiuig der Gewehefasera, durch das Mikroskop und durch chemische Reagentieu.-

NOTinVKNDlGE IlÜLFSMlTTEL. 1’?’

wer solche Fragen entscheiden Avill, inufs auch die besten Instrumente besitzen. Im allgemeinen wird man jedoch mit den kleinen 3Ilkros- kopen von Oberherhänser, von Schick, von Bensche, von Wappenhans nnd Merz, die nahebei im Preise sich gleichkommen, vollständig ausreichen.

Die Güte eines Mikroskopes beurtheilt man am sichersten nach der Vergröfserung, bei welcher es die Details eines Gegenstandes deut- lich zeigt; je schwächer diese Vergröfserung zu sein braucht, um so besser ist das Mikroskop. Ein sehr gu tes Mikroskop zeigt z. B. die Eängsstreifen der Schuppen des Weibchens der Ilipparchia Janira, hei SOfacher, die Längsstrclfen der Schuppen von Lepisma saccharina dagegen schon bei dOfacher Linearvergröfserung. Die Querstreifen der Ilipparchia- Schuppen sehe ich mit meinem Mikroskop schon bei 200 maliger Vergröfserung, die Linien berühren sich dann fast einander, es ist die genaueste Einstellung nothwendig; bei 300 oder 400 maliger Vergröfserung, durch stärkere Objective gegeben, treten sie immer deutlicher hervor; die Anwendung starker Oculare zeigt dann nichts mehr, die Linien treten nur weiter von einander, man sieht sie des- halb deutlicher. Ein Mikroskop ersten Ranges mufs diese Linien, die jedoch auch hier nur bei schiefer Spiegelstellung und zwar wenn das schiefe Licht iin rechten Winkel gegen die Querstreifen fallt, in diesem Grade sichtbar sind, als scharfe dicht neben einander liegende Linien, die sich mit den Längsstreifen kreuzen, aber weit geringere Abstände wie letztere besitzen, zeigen. Die langen hellen Schuppen sind die schwierigsten und gerade solche mufs man zur Prüfung wählen; auf Taf. II, Fig. 9 gebe ich einen Theil einer solchen Schuppe mit meinem System 9 und Ocular 3 (bei 500 maliger Ver- gröfserung) betrachtet. Wenn die Querstreifen nicht als scharfe Linien, sondern körnig erscheinen, so ist das Mikroskop weniger gut. Die Nobertsche Probeplatte ist, da ein Exemplar nicht absolut wie das andere ausfällt, zur Prüfung weniger geeignet; mein Mikroskop löst sämmtliche Liniensysteme dieser Platten, deren ich bereits 5 Exemplare aufs genaueste prüfte. Die Navicula Ilippocampos angulata (Fig. 1), welche man, um sicher zu gehen, als Probeobject von Bourgogne in Paris beziehen kann; ist für die Güte der stärksten Objectivsysteme wohl das beste mir bekannte Prüfobject. Die 3 Systeme äufserst zarter Linien dieses Kieselpanzers, werden mit schwächerercn Gläsern als das System 9 von Oberhäuser und Bencche schwerlich sichtbar zui

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ZUR MIKROSKOnSCIIEN UNTERSUCIIDNG

machen sein, zuin wenigsten gelang es mir auf kei- nerlei Weise, Selbst bei dieser Vergröfserung, ja so- | gar bei dem System 11 bedarf es einiger Uebnng und || Kenntnifs der Beleuchtungsweise, welche sich wiederum nach der Beschaffenheit des Lichtes ändern mufs. Jedes Liniensyslem wird am besten für sich sichtbar ge- macht, indem man das Licht des bedeutend aus der Achse des Rohres geschobenen Spiegels, durch die weite OefTnung des Tisches (der ganze Blendungs- apparatwird herausgezogen) im rechten Winkel gegen die Streifen fallen läfst. Der Panzer mufs so liegen, dafs seine Längsrippe mit dem schief einfallenden Licht einen rechten Winkel bildet, man wird hier zuerst das eine und bei verändertem Focus auch das andere der beiden sebief A^erlaufenden, sich kreuzen- den Liniensysteme erblicken; dreht man alsdann den Tisch oder die Objectplatte um 90”, so dafs die Längsrippe des Panzers parallel dem schiefdurchfal- lenden Lichte verläuft, so wird man auch das dritte System (die Querlinien) wahrnehmen. Für die Sicht- barmachung eines jeden Liniensystems ist in manchen Fällen aufser der Drehung des Tisches noch eine ge- ringe Aenderung der Einstellung nothwendig; es zeigt sich nämlich, dafs jedes Liniensystem einer anderen Schicht des Kieselpanzers angehört und deshalb höher oder tiefer als das andere liegt, wie dies auch bei den Längs- und Querstreifen der Schmetterlingsschuppen entschieden der Fall ist. Die Längsstreifen der Schuppen von Lepisma saccharina gehören z, B, der obersten Schicht, man findet sie bisweilen stellenweise abgeblättert, die schiefen Streifen liegen dagegen unter dieser Schicht. Die dunklen Linien der Quer - und Längsstreifen bei den Schmetterlingsschuppen so- wohl als hei den Kieselpanzern der Diatomeen (Navicula) werden dem- nach durch den Schatten in einer Vertiefung, gleich den Linien eines Glasmikrometers, hervorgerufoi, deshalb wirkt das schiefe Licht am besten, wenn es im rechten Winkel gegen diese Linien fällt. Die Quer- linien der Navicula Hippocampos sind am schwierigsten sichtbar zu

Fig. 1, Ein Panzer von NaviciJa Illppocainpos angulata bei 650inaliger Ver- gröfsenuigw

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Fig, 1,

NOTIIWENDIGF. IlÜLFSMITTEL.

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machen; die beiden sich kreuzenden Liniensysteme kann man dagegen bei einer gewissen Einstellung gleichzeitig sehen; alle drei Liniensysteme sind nur bei sehr günstigem Licht gleichzeitig zu erblicken. Diese Linien müssen, wenn das Objectiv besonders gut ist, zart aber durch- aus scharf gezeichnet sein. Am besten sieht man dieselben mit dem schwächsten Ocular, doch mufs hei sehr günstigem Licht auch noch das letzte Ocular von Oberhäuser und Beneche vertragen werden, ohne der Schärfe des Bildes wesentlich zu schaden.

Die sehr starken Objectivsysteine (No. 10 u. 11) sind nur für ganz grofse Mikroskope mit dem vollkommensten Beleuchtungsapparat und nur für einen sehr kundigen Beobachter brauchbar. Sie finden nur für bestimmte Fälle Anwendung, sind dann aber von grofser Bedeu- tung. Sehr starke Objectivc verlangen überhaupt immer die vorzüg- lichsten Präparate und den tüchtigsten Beobachter; es ist durchaus ver- kehrt, wenn man glaubt mit starken Vergrüfserungen in allen Fällen mehr sehen zu können als mit schwachen. Wenn man nicht zu prä- pariren versteht, wdrd man sogar mit ihnen ungleich weniger als mit den schwächeren Gläsern sehen, weil in dem Grade, wie die Vergröfse- rung zunimmt, das Licht abnehmen wdrd, W'^eshalb die gröfsere Zart- heit des Gegenstandes diesen Lichtverlust ersetzen mufs.

2. Ein einfaches, am besten mit Doppellinsen versehenes Präparir- mikroskop. Ein solches Instrument mufs aufser guten Linsen einen feststehenden, nicht allzu kleinen Tisch besitzen; auf diesem Tisch sind ein Paar Federklammern, zum Festhalten der Objectplatte anzu- bringen. Das Stativ wird am zweckmäfsigsten auf einem ziemlich schweren Holzklotz, der zu beiden Seiten eine hervorragende Backe besitzt, befestigt; jede dieser Backen dient während des Präparirens der Hand zum Stützpunkt (Taf. II, Fig. 2).

Ich arbeite seit mehreren Jahren mit einem solchen Instrument von Carl Zeifs in Jena, und kann dasselbe sehr empfehlen. Ein der- artiges einfaches Mikroskop hat nach Verlangen, 3 6 Doppellinsen, deren Vergröfserung 15, 30, 50, 120, 200 und 300 beträgt; der Focalabstand der dritten Linse ist noch so grofs, dafs selbige, sehr ' bequem, zum Präpariren gebraucht werden kann. Wer ein zusam- mengesetztes Mikroskop besitzt, wird die drei letzten Linsen, bei denen kein Präpariren möglich ist, entbehren können. Der Tisch ist unbeweglich, die Einstellung ist doppelter Art; über dem Planspiegel ist eine Sammellinse, die man beliebig zur Seite schieben kann, an-

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ZUR MIKROSKOPISCHEN ÜNTERSUCIIÜNG

gebracht. Der Preis eines solchen, einfachen Mikroskopes mit 3 Doppel- linsen betrügt 11 Thlr. Pr. Cour.; mit 4 Linsen dagegen 13 Tblr. Die 2 stärksten Linsen (Triplets), welche in ihrer Art vollkommen sind, können für manche Fälle ein zusammengesetztes Mikroskop ersetzen, j man sieht mit ihnen die Querstreifen der Ilipparchia- Schuppen in i überraschend schöner Weise. Der Holzklotz mit den Backen wird auf Verlangen für einen mäfsigen Preis hinzugefügt. Aehnliche Instru- mente, zu gleichem Preise, jedoch etwas anders construirt, werden i von dem Sohne des verstorbenen Dr. Körner (Bernhard Körner in Jena) angefertigt. Die Herren Beneche und Wasserlein in Berlin liefern j dieselben ebenfalls. Die einfachen Mikroskope von Schick haben achro- i matische Objective und eine durchweg andere Construction. i

3. Eine gute Lupe. Bei der Lupe hat man weniger auf die ! starke Vergröfserung als auf die Schärfe des Bildes und auf die Gröfse i des Gesichtsfeldes zu achten. Die gewöhnlichöii, aus einem planconvexen oder gar einem biconvexen Glase bestehenden Liipeii gewähren nur für die Mitte ein richtiges Bild. Bei den auf Art des Oculars con- struirten Doppellupen ist diesem Uebelstande abgeholfen, dieselben besitzen in der Regel ein grofses Gesichtsfeld , das in seiner ganzen j Ausdehnung ein richtiges Bild gewährt; sie lassen sich überdies sehr zweckmäfsig auf dem Stativ der vorerwähnten einfachen Mikroskope verwenden. Oberhäuser führt 3 solcher Lupen von verschiedener, jedoch nicht bedeutender Vergröfserung, das Gesichtsfeld ist grofs, das Bild i vortrefflich; C. Zeifs in Jena liefert eine solche Lupe von bfacher, und eine andere von 12facher Vergröfserung; beide sind sehr zu empfehlen. Beneche führt sie ebenfalls.

4. Eine Camera lucida. Die einfachste und zweckmäfsigste Einrich* '

tung dieser Art ist das über dem Ocular anzubringende Zeichnenprisma. (

Dasselbe hat vor allen mir bekannten diesem Zwecke dienenden Ap- ;

paraten (der Camera lucida nach Oberhäuser, dem Sömmering’schen i

Spiegel u. s. w.) den Vorzug, dafs es ungleich weniger Licht absor- birt; das durch’s Prisma aufs Papier entworfene Bild ist fast ebenso ;

lichtstark und in seiner Zeichnung fast ebenso scharf wie das un- l

mittelbar durchs Ocular empfangene Bild. Das Prisma ist überdies für i

alle vorhandenen Oculare brauchbar, der Abstand vom Ocular richtet sich jedoch nach der Vergröfserung des letzteren, bei schwachen Ocu- laren mufs die untere Fläche des Prismas vom Ocularglase entfernt, bei starken dagegen demselben genähert werden. Das Zeichnenprisma

NOTHWENDIGE IIÜLFSMITTEL.

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wird verniiltelst eines Ringes aufs Mikroskoprohr gesleekt; seine Fas- sung inufs für dreierlei Bewegungen des Prismas eingerichtet sein, 1, Blufs man das Prisma dem Ocularglase nähern oder es von selbigem entfernen können, 2, mufs das Prisma in horizontaler Richtung be- weglich sein, so dafs man dasselbe beliebig ganz zur Seite schieben kann, 3. mufs es sich sowohl horizontal als schief stellen lassen. Beim Gebrauch des Zeichnenprismas hat man nun sowohl auf die Entfer- nung desselben, vom Ocular, als auf seine Stellung zum Ocularglase zu achtem Man mufs das ganze Gesichtsfeld hell und weifs erleuchtet vor sich sehen; wenn nur ein kleiner Theil des Gesichtsfeldes pro- jectirt wird, so ist die Entfernung des Prismas vom Ocular zu be- deutend, wenn dagegen die eine Seite des Gesichtsfeldes farbig er- scheint, so ist die Stellung des Prismas zum Ocularglase unrichtig; einige Uebung zeigt hier bald wie diesen Fehlern abzuhelfen ist. Für die Benutzung des Zeichnenprismas bedarf man eines Zeichnenpultes, welches hinter das Mikroskop aufgestellt wird; dasselbe kann zweckmäfsig wie ein Notenpult zum Auf- und Niederklappen eingerichtet werden. ]>lan hat vor allem auf die Lage des Papiers zum auffallenden Bilde zu achten, das letztere mufs genau im rechten Winkel auf das Papier entworfen werden, weil es sonst nothwendig ein verzogenes wird; auch ist für die Vergröfserung auf die Entfernung des Papiers vom Zeichnenprisma zu achten; ich zeichne immer bei gleicher Entfernung, bei 250 Millim. Abstand. Beim Nachziehen der Umrisse des vergröfser- ten Gegenstandes legt man das Auge dicht an die kleine Oelfnung in der Blendling des Prismas und gewöhnt sich vor allen Dingen den Kopf recht ruhig zu halten. Mit einiger Uebung gelangt man sehr bald zu einer grofsen Fertigkeit. Ich benutze obige Camera lucida überall und mit grofsem Vorlheil; der einzige Nachtheil, welchen sie mit sich führt, ist die nochmalige Umkehrung des Bildes, was man bei genauer Ausführung der Zeichnung, wenn man das Prisma zur Seite geschoben hat, wohl beachten mufs; bei etwas verwickelter Zeichnung lasse ich deshalb die Camera über dem Ocular, oder vergleiche zum wenigsten die fertige Zeichnung mit Beihülfe der Camera (Taf. II, Fig. 3).

Das besprochene Zeichnenprisma wird von C. Zeifs in Jena, in zweckmäfsiger Fassung und ln einem besonderen Kästchen verwahrt, angefertigt; die Weite des Ringes, welcher das Prisma trägt, richtet sich natürlich nach dem Durchmesser des Mikroskoprohres unterhalb

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ZUft MJKßOSKOPISCHEN UNTERSUCHUNG

des Oculars; derselbe ist deshalb bei der Bestellung genau anzugeben. Beneche sowie Wappenhans liefern dasselbe gleichfalls.

5. Ein Coinpressoriuin , oder mikroskopischer Quetscher. Dies Instrument, welches bei pflanzlichen Untersuchungen nur verhältnifs- mäfsig selten angewendet wird, kann in einzelnen Fällen durch einen sanften Druck mit dem Nadelheft auf die Deckplatte ersetzt werden; wo es dagegen darauf ankommt Veränderungen eines Gegenstandes während des Druckes und durch denselben wahrzunehmen, da ist ein solches Instrument unentbehrlich.

Die bisher gebräuchliche Einrichtung des Quetschers, der sowmhl eine untere Glasplatte zur Aufnahme des Gegenstandes, als auch eine obere Glasplatte, welche als Deckglas diente, besafs, war sehr unbe- quem; man mufste den Gegenstand erst auf die untere Platte des Quetschers übertragen und brachte ihn dadurch häufig aus seiner gün- stigen Lage. Zeifs in Jena verfertigt jetzt Quetscher nach Oberhäusers Princip, denen jedoch beide Glasplatten fehlen und wo man den Ge- genstand unmittelbar, wie man ihn vorher zur Beobachtung halte, gleichgültig ob mit einer dicken oder dünnen Deckplatte versehen, unter den Quetscher bringt. Nach der Breite des Objecttisches mufs sich die Breite der unteren Platte des Quetschers richten, weshalb es gut sein wird bei der Bestellung die Breite dieses Tisches anzugeben.

6. Gute englische Rasirmesser. Da die Schärfe des Messers, wenn man irgend ein genügendes Präparat erhalten will, ein Haupl- erfordernifs ist, so hat man vor allen Dingen für gute Messer zu sorgen und dieselben in gutem Stand zu erhalten. Es läfst sich hier sehr schwer eine bestimmte Fabrik empfehlen, da bekanntlich die Messer- klingen derselben Fabrik nicht immer vollkommen gleich ausfallen; auch kann man nicht für alle Zwecke einerlei Messer gebrauchen. Am besten haben sich mir alte englische Rasirmesser bewährt, welche man bis- weilen bei den Schleifern und Barbieren erhält; den mit Cast -Steel bezeichneten Klingen möchte ich vor allen den Vorzug geben. Für harte Sachen, z. B. für Holz, für Rinde, für Samenschalen u. s. w. sind Messer mit starkem Rücken, die nicht hohl geschliffen sind, am vorzüglichsten; für weiche, saftige Gegenstände mufs man dagegen viel leichtere, hohl geschliffene Messer anwenden. Man schleift seine Messer am zweckmäfsigsten selbst, da selbige, so wie man sie in der Regel vom Schleifer erhält, noch lange nicht scharf genug sind; auch mufs man, wenn man gute Präparate erhalten, dabei Zeit sparen und

NOTllWENDIGE IlÜLFSMITTEL.

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sehi Messer scharf erhalten will, es sich ziun Gesetz machen das letz- tere nach jedem zweiten oder dritten Schnitt ein paar Mal über den Streichriemen zu führen.

7. Einige Scalpels, am besten mit gerader Schneide, welche sehr stark (strohgelb) gehärtet sein müssen. Die gewöhnlichen anatomischen Scalpels sind in der Regel zur Herstellung mikroskopischer Schnitte viel zu weich. Die Scalpels scheinen mir ziemlich entbehrlich, weil sich das Rasirmesser, wenn man sich an dasselbe gewöhnt hat, viel sicherer führen läfst. Für einzelne Fälle finden dagegen auch die Scalpelle ihre Anwendung. Die Gewöhnung thut hier wie überall das Beste.

8. Einige Präparirnadeln. Dieselben werden sehr zweckmäfsig so eingerichtet, dafs sie bequem aus dem Heft genommen und mit einer andern vertauscht werden können; man sorgt dafür, dafs ihre Spitze möglichst fein und jederzeit rostfrei ist und schleift sie, wenn dies nicht sein sollte, unter häufigem Umdrehen selbst auf einem mäfsig feinen Schleifstein. Je schwieriger die Präparation, und je stärker die Vergröfserung ist, unter welcher man präpariren will, um so feiner und glatter mufs auch die Spitze der Nadeln geschliffen werden. Man betrachtet die Spitze derselben zuvor mit der Lupe und giebt ihr, wenn sie fein genug ist, den letzten Schliff auf einem recht feinen Wasser- steine, wodurch sie gewissermafsen Politur erhält. Englische Nähnadeln sind trotz ihrer schönen Politur, weil sie zu schwach sind und des- halb federn, wenn man sie nicht tief ins Heft einschieben kann, für jede feine Zerlegung unbrauclibar. Aufser geraden Nadeln , deren man zwei besitzen mufs, sind Nadeln mit einer hackenförraig gebogenen Spitze, desgleichen andere, die an ihrer Spitze ein kleines Messerchen tragenj für manche Fälle zu empfehlen. (Taf. II, Fig. 5, 6 u. 7).

9. Eine feine anatomische Scheere.

10. Stahlpincetten von verschiedener Gröfse. Für kleine Gegen- stände ist eine Pincette mit ganz feinen, genau auf einander fassenden Spitzen sehr zu empfehlen; die innere Seite dieser Spitzen darf nicht gekerbt, sie mufs durchaus glatt sein, weil sie sonst sehr zarte Theile leicht zerdrückt.

11. Schleifsteine von verschiedener Feinheit, die nach einander und zwar vom gröberen zum feineren übergehend, angew^endet wer- den. Beim Schleifen mufs man das Messer durchaus flach legen, so dafs Rücken und Schneide gleichzeitig den Stein berühren, man mufs

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ZUR MIKROSKOPISCHEN UNTERSUCHUNG

langsam und sicher ziehen, aber niemals fest aufdrücken; für den letzten Schliir sind die grauen Wassersleine, die auch von den Bar- bieren vielfach benutzt werden, sehr empfehlenswerlh. Bei richtiger Handhabung wird ein gutes Messer höchst seilen Scharten bekommen. In letzterem Falle oder wenn die Schneide des Messers bei längerem Gebrauch dick geworden ist, rathe ich, das Messer dem Schleifer zu geben, ln Berlin werden die Messer bei Füller am llausvoigteiplatz vorzüglich gut geschliffen.

12. Ein guter Streichriemen. Die bekannten Goldschmidt’schen Riemen oder ähnliche von Füller scn. in Berlin verfertigt, sind be- sonders zu empfehlen.

13. Ein etwa f Zoll hoher Metallring von einer Weite die einen mäfsigen Bouteillenkork aufzunehmen vermag; statt dessen kann man auch, wie ich es anfangs gethan, eine kleine durchbohrte Platte von dickem Spiegelglas anwenden; in letztere oder noch besser in den vorerwähnten Ring schiebt man einen recht weichen fehlerfreien Kork, den man mit einem scharfen Messer der Länge nach halbirt hat; zwischen die beiden Korkhälften wird zuvor der Gegenstand, von dem man einen dünnen Schnitt zu haben wünscht , sorgfältig und mit ge- nauer Beachtung seiner Lage gebracht; (Taf. II. Fig. 4.). Die beiden genau aneinander gelegten Korkhälften, die vom Ringe zusammenge- halten den Gegenstand festklemmen , Averden etwa i Linie über den Rand des Ringes hervorgeschoben; man befeuchtet die Oberfläche des Korks mit etwas Wasser und schneidet jetzt mit einem scharfen Rasir- messer, dem der Kork selbst zur Leitfläche dient, indem man das Messer flach auflegt und die Schneide desselben parallel der Halbirungs- linie des Korkes führt, aus der Mitte möglichst dünne Korklamellen; mit diesen Korklamellen erhält man eben so zarte Schnitte des zwi- schen den beiden Korkhälften befindlichen Gegenstandes, welche man mit einem feinen Haarpinsel A’om Messer abhebt und von den Kork- schnitten sondert. Noch zweckmäfsiger ist für Adele Fälle ein kleiner Handschraubstock, ein sogenannter Stielkloben mit möglichst brei- ten Backen, zAAUschen Avelchc man zAvei glatte Korkscheiben mit dem zu schneidenden Körper einschraubt. Ich benutze diesen Stiel- kloben jetzt statt des obenervA^älmten Metallrings. Dieses Verfahren des Schneidens zwischen Aveichem Kork ist in vielen Fällen sehr em- pfehlensw^erth , es eignet sich für alle dünnen, soAvic für alle kleinen nicht allzu zarten Gegenstände, z. B. für Quer- und Längsschnitte

NOTIl WENDIGE IlÜLFSMITTEL.

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durch Bläller, durch Moosstengel, durch kleine Samen u. s. w. Ist der Gegenstand etwas dicker, so höhlt man zweckmäfsig die Kork> hälften an der Stelle, welche ihn aufnehmen soll, ein wenig aus. Für sehr weiche Gegenstände ist dies Verfahren nicht brauchbar, dieselben können nur in freier Hand geschnitten werden. Der besprochene Ring oder der Stielkloben ersetzt mir die sogenannten Mikrotome, die ebenfalls nur für ziemlich harte Gegenstände anwendbar sind. Durch beharr- liche Uebung erlangt man sehr bald die nöthige Fertigkeit im Schneiden, welche durch künstliche Schneideapparate niemals ersetzt werden kann.

14. Einige gröfsere und kleinere Haarpinsel, um die erhaltenen Schnitte vom Rasirmesser auf die Objectplatte zu übertragen ; für ganz kleine Gegenstände sind nur die allerfeinsten Tuschpinsel brauchbar.

15. Einige Glasgeräthe, z. B. kleine Glasglocken, um einmal er- haltene Präparate vor Staub zu schützen, auch zur Zucht von Laub- und Lebermoosen brauchbar. Chrgläser von ziemlich grofsem Durch- messer, um darin Präparate mit Wasser, Alkohol oder Aether zu be- handeln, auch zum Kochen dünner Schnitte mit chlorsaurem Kali und Salpetersäure. Kleine, am besten gestielte Porzellanpfannen, um Ge- genstände in Kalilauge u. s. w. zu kochen, wozu Uhrgläser nicht wohl tauglich sind, weil selbige beim Erhitzen der Kalilösung leicht zer- springen. Lange und ziemlich weite Kochröhren zum Erwärmen von Präparaten mit Wasser oder Alkohol, auch zum eben erwähnten Kochen gröfserer Theile mit chlorsaurem Kali und Salpetersäure. Möglichst dünne Glasstäbe, um kleine Tropfen gewisser Reagentien aufs Prä- parat zu bringen. Länglich viereckige Platten von dünnem, möglichst reinem Spiegelglas zum Aufbewahren von Präparaten.

16. Einige, ziemlich Hache, weifse Porzellanschalcn, am besten gewöhnliche weifse Untertassen. Man mufs deren mindestens zwei, mit reinem Wasser gefüllt, auf seinem Arbeitstische haben, die eine dient alsdann zum augenblicklichen Gebrauch bei der Beobachtung, die andere aber zur Aufnahme der bereits gebrauchten Objectplatten und Deckgläser. Da zu jeder ordentlichen Untersuchung die gröfste Rein- lichkeit und Accuratesse erforderlich ist, und überdies sowohl Object- ais Deckplatten weit schwerer zu reinigen sind und unweit leichter schrammig werden, wenn Gegenstände auf ihnen festtrocknen, so sind auch dergleichen scheinbar unwichtige Dinge wohl zu berück- sichtigen.

17. Eine Spirituslampe.

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ZUR MIKROSKOPISCHEN UNTERSUCHUNG

18. Etwas Fliedermark und feine, oft gewaschene Leinwand, am besten gebrauchtes Kammerlucb, zum Reinigen der Objectiv- und Oculargläser des Mikroskopes. Ein solches Tuch darf niemals zum Reinigen der Objectplatten oder der Deckgläser benutzt werden; für letzteren Zweck kann man minder feine Leinwand anwenden.

19. Einige chemische Reagentien.

a) Alkohol, hauptsächlich zum Entfernen der Luft aus Holz- schnitten und anderen Präparaten, auch als Auflösungsmittel einiger Harze und Farbstolfe etc., desgleichen zur Contraction des sogenannten Primordialschlauchs der Pflanzenzellen.

h) Aether, hauptsächlich als Auflösungsmittel von Harzen, von fetten und ätherischen Oelen etc. Auch zum Entfernen der Luft brauchbar.

c) Aetzkalilösung, als Auflösungsmittel von Fetten, auch viel- fach durch seine Einwirkung auf den übrigen Zellinhalt und nament- lich als Auflösungsmiltel des Interzellularstoffs, sowie des Holz- und Korkstolfs der Pflanzenzelle anwendbar. Die Aetzkalilösung wirkt häufig erst nach dem Erwärmen.

d) Jodlösung (1 Gran Jod, 3 Gran Jodkalium, 1 Unze destillirtes Wasser), zum Färben der Zellmembran und des Zelleninhalts.

e) Concentrirte englische Schwefelsäure; vorzüglich hei der Un- tersuchung des Pollens und des Sporen nothwendig.

f) Eine etwas verdünntere Schwefelsäure (3 Theile englische Schwefelsäure und 1 Theil Wasser), zum Färben der zuvor mit Jod- lösung befeuchteten Pflanzenzellen. Man betupft das Präparat mit der Jodlösung, entfernt darauf dieselbe mit einem feinen Haarpinsel und giebt nunmehr vermittelst eines Glasstabes einen Tropfen Schwefel- säure auf das Präparat und bedeckt es sogleich mit einer Deckplatte. Die Einwirkung der Schwefelsäure und des Jods, und gleichfalls die Einwirkung der Chlorzink - Jodlösung erfolgt nicht immer über die ganze Fläche eines Präparates gleichmäfsig, wo die Mischung con- centrirter einwirkt, ist die Färbung intensiver, manchmal bleiben so- gar Stellen ungefärbt. Die Färbung ändert sich nach einiger Zeit ; nach 24 Stunden ist das Blau häufig in Roth verwandelt.

g) Chlorzink- Jodlösung. Ein Tropfen dieser Mischung auf ein in wenig Wasser liegendes Präparat bewirkt dieselbe Färbung als Jod und Schwefelsäure. Diese Mischung ward vom Prof. Schulz, gegen- wärtig in Rostock, empfohlen, sie ist bequemer als Jod und Schwefel-

NOTUWENDIGE UÜLFSMITTEL.

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säure zu verwenden und leistet ungefähr dieselben Dienste, wirkt da- gegen nicht wie die Schwefelsäure zerstörend. Bisweilen färbt sie nicht, wo durch Jod und Schwefelsäure noch eine blaue Färbung des Zellstoffes hervortritt; man wird deshalb in solchen Fällen sowohl diese Lösung als auch Jod und Schwefelsäure anwenden müssen. Die genaue Vorschrift zu dieser Mischung ist folgende: Man löse Zink in Salzsäure auf, dampfe die Lösung unter Berührung mit metallischem Zink bis zur Syrupdicke ab und löse darauf in diesem Syrup Jod- kalium bis zur Sättigung. Alsdann wird Jod zugesetzt und die Lö- sung, wenn es nölhig ist, mit Wasser verdünnt.

h) Zuckerlösung, «) schwacher Zukersyrup der Apotheken als Rea- genz auf Stickstoffverbindungen. Man tränkt das Thier- oder Pflanzen- präparat mit der Zuckerlösung, entfernt selbige darauf sorgföllig mit dem Pinsel und giebt alsdann mit einem Glasstab einen Tropfen der unter / besprochenen Schwefelsäure hinzu. Wenn Stickstoffverbin- dungen zugegen sind, so färbt sich das Präparat nach 5 bis 10 Mi- nuten heller oder dunkler rosenroth. Ist die Färbung sehr schwach, so verschwindet dieselbe bisweilen unter dem Mikroskop, man legt die Objectplatte dann zweckmäfsig über weifses Papier, wo das Roth deutlicher hervortritt, ß) Zuckerwasser zum Contrahlren des Primor- dialschlauchs der mit Saft erfüllten Pflanzenzellen u. s. w.

i) Salpetersäure, noch besser chlorsaures Kali und Salpetersäure, als Trennungsmittel der Zellen. Das von Schulz in Rostock entdeckte, sehr zweckmäfsige Macerationsverfahren ist folgendes : Man zerkleinert den Gegenstand, z. B. Holz, bis zur Dicke eines Schwefelhölzchens, schüttet denselben in eine lange und mäfsig weite Kochröhre, giebt dem Volumen nach etwa eben so viel chlorsauren Kali hinzu und so- viel Salpetersäure, dafs Holz und Kali mindestens davon bedeckt werden; man erwärmt jetzt über der Weingeistlampe; es tritt bald eine leb- hafte Gasentwickelung ein, man entfernt die Kochröhre von der Flamme, läfst das oxydirende Gemisch noch etwa bis 3 Minuten einwirken und schüttet darauf das Ganze in eine Schale mit Wasser; man sam- melt alsdann die noch ziemlich zusammenhängenden Stückchen, bringt sie abermals in eine Kochröhre und kocht sie wiederholt so lange mit Alkohol aus, als sich derselbe färbt, dann kocht man sie zuletzt noch einmal mit Wasser. Das Auskochen mit Alkohol ist in jedem Falle zu empfehlen, weil man nicht allein die vorhandenen harzigen Farb- stoffe entfernt, sondern auch durch Aelherbildung den letzten Rest

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ZUR MIKROSKOriSCIIEN UNTERSUCHUNG

tler flüclulgen Säure beseitigt, welche immer den Objectiveji der Mi- kroskope mehr oder weniger gefährlich werden kann. Die Zellen werden jetzt unter dem einfachen Blikroskop mit der Nadel isolirt und aus- gesucht. Das Kochen mit Salpetersäure und chlorsaurem Kali darf niemals in dem Zimmer geschehen, wo das Mikroskop aufgestellt ist, weil dessen Gläser durch die sich entwickelnden Dämpfe leiden könnten. Dünne Pllanzenschnitte, z. B. Holz- oder Blattschnilte erwärmt man zweckmäfsiger bis 1 Minute lang in einem Uhrglase, das Auskochen ist hier überflüssig, man hebt die Pflanzenschnille mit einem Stäb- chen heraus und überträgt sie in ein Uhrschälchen mit Wasser.

h) Cilronenöl oder ein anderes ätherisches Del, zur Betrachtung des Pollens und der »Sporen.

l) Eine mäfsig starke Auflösung von salzsaurem Kalk (1 Theil trocknet' salzsaurer Kalk und 3 Theile destillirtes Wasser), zum Auf- bewahren mikroskopischer Präparate. Diese Lösung ist für die meisten Sachen, selbst für zarte Präparate, nur nicht für Stärkmehl, brauch- bar. Wenn man ein Präparat, das man nicht sogleich zwischen Glas- platten anfbewahren will, einige Tage zu erhalten wünscht, so giebt man sehr zweckmäfsig einen Tropfen dieser Lösung auf dasselbe und legt es zum Schutz gegen Staub unter eine Glasglocke.

m) Oelsüfs, ebenfalls zum Aufbewahren mikroskopischer Präpa- rate, für Zellen welche Stärkmehl enthalten sehr geeignet. Das letz- tere erhält sich unverändert; bei Körnern, welche eine Schichtung zeigen, z. B. bei der Kartoffelstärke, pflegt dieselbe freilich für die ersten Stunden unsichtbar zu werden, nach 24 Stunden tritt die Schich- tung dagegen um so deutlicher hervor. Das Oelsüfs macht die Präpa- rate in der Regel durchsichtiger, und ist deshalb in vielen Fällen an- wendbar, ja häufig als Aufbewahrungsmitlel dem Chlorkalium vorzii- ziehen, dagegen aus demselben Grunde wieder für sehr durchsichtige Gegenstände nicht zu empfehlen, so bewahrt man sehr zarte Präpa- rate über Pflanzenbefruchtung viel zweckmäfsiger unter Chlorkalium- lösung.

n) Copallack und Canadabalsam , ebenfalls zum Aufbewahren mikroskopischer Gegenstände, sind nur bei weniger dünnen Holzschnit- ten, z. B. bei fossilen Hölzern zu empfehlen, da beide den Gegen- stand durchsichtiger als die Chlorkaliumlösung machen.

o) Endlich möchte noch kohlcnsaures Natron in ziemlich starker Auflösung zur Digestion der Braunkohlenhölzer, sowie Salzsäure zur

NOTIIWENDIGE nÜLFSMlTTEIi. 29

Digestion, freilich selten vorkonimeiuler , in kolilens<iurcn Kalk über- gegangener fossiler Hölzer, Erwähnung finden. Die Essigsäure, welche für thierische Gegenstände oft mit Vortheil gebraucht wird, ist für pflanzliche Untersuchungen ziemlich nberfiüssig.

20. Zeichnenpapicr, Bleifedern , Pinsel und Farben sind ebenfalls zu jeder tüchtigen Untersuchung unentbehrlich.

21. Der Polarisationsapparat läfst sich beim grofsen Sta- tiv nach Oberhäuser sehr becpiem anwenden; das eine der Nicol’schcn Prismen kommt in den Blendungsapparat unter den Objectlisch, das andere wird am zweckmäfsigsten im Rohr und zwar über den Oh- jectiven angebracht. Oberhäuser giebt dafür ein besonderes Rohr. Man kann jedoch das zweite Prisma auch über dem Ocular anwenden; in diesem Falle müssen jedoch beide Prismen einen gröfsern Durchmesser besitzen, damit durch sie das Gesichtsfeld nicht beschränkt wird. Ein oder mehrere Gipsblältchen von verschiedener Dicke sind, um die Farbe des Gesichtsfeldes zu verändern, als Zugabe angenehm. Der Pola- risationsapparat ist am Mikroskop mehr für aufserordentliche hübsche Spielereien als zur wissenschaftlichen Belehrung geeignet; derselbe weist zunächst Spannungs- oder Dichtigkeitsunterschiede in der Masse eines Körpers nach. Er ist besonders brauchbar, um die geschichtete Be- schaffenheit eines Gegenstandes darzuthun. Stärkmehlkörner und stark verdickte querdurchschniltene Zellen zeigen deshalb bei seiner Anwen- dung ein schwarzes Kreuz, dasselbe gilt für die Tüpfel- und Poren- kanäle, wenn man von oben auf dieselben sieht. Der Länge nach durchschnittene Bastzellen, z. B. der China, liefern dagegen prächtige Farbenerscheinungen ').

Eine Zusammenstellung der neuesten Preiscourante von Bnieche, Merz, Oberhäuser, Schick, Wappenhans und Zeifs findet man in meinen Beiträgen zur Anatomie und Physiologie der Gewächse.

’) Man vergleiche meine Pflanzenzelle p. 429 434.

III.

Allgemeine Regeln für den Gebrauch des Mikroskopes und für die Herrichtung der Gegenstände.

Ein Ilauptbedürfnifs für jede mikroskopische Untersuchung ist, aufser guten Instrumenten, das gehörige Licht. Wer über die Lage und Be- schaffenheit seines Arbeitszimmers frei disponiren kann, sollte die Fen- ster nach Westen oder Norden, oder noch besser ein Eckzimmer, nach beiden genannten Himmelsgegenden mit Fenstern versehen, wählen. Die letzteren müssen möglichst hoch sein, da das vom Horizont er- haltene Licht immer das günstigste ist; auch das von einer weifsen Wand, oder auch von einer weifsen Wolke, reflectirte Licht, ist oft sehr vortheilhaft; das Licht schnell vorüberziehender Wolken ermüdet dagegen durch den raschen Wechsel der Intensität und Farbe das Auge, man mufs bei einer solchen Beleuchtung die Spiegelstellung fortwährend ändern. Im Sommer wird man gut ihun das Fenster zu öffnen, weil das Fenster- kreuz und die Rahmen immer Licht wegnehmen. Bei directem Sonnen- licht ist keine ordentliche Untersuchung möglich; dies Licht ist 1. viel zu blendend und für’s Auge unerträglich, es bewirkt aber auch 2. Erscheinungen, die zu den gröbsten Täuscbungen Veranlassung geben. AVer des Vormittags und Mittags mit dem Mikroskope arbeitet, hat des- halb ein nach Osten oder Süden gelegenes Zimmer zu vermeiden; durch weifse Rouleaux oder Gardinen kann man jedoch dem Uebel ziemlich abhelfen.

Wer sein Auge lieb hat, sollte bei Abend niemals mikroskopi- sche Untersuchungen vornehmen; man sieht zwar bei Lampenlicht manche Gegenstände recht schön, dies Licht ist aber unweit greller als das Tageslicht. Wenn man es durch farbige, namentlich durch

GKBRAüCH DES MIKROSKOPES.

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blaue Gläser auf den Spiegel fallen läfst, MÜrd .es dem Tageslichte ähnlicher und für das Auge angenehmer; ein mallgeschlilfenes , in einen Ilolzrahmen gefafstes, nicht gefärbtes Spiegelglas vor die Lampe gestellt, w^irkt in ähnlicher Weise. Fertige Präparate kann man hei einer derartigen Regulirung des Lampenlichts sehr wohl bei Abend vor- zeigen, dagegen ist es nicht wohl möglich hei solcher Beleuchtung feine Präparate darzustellen. Für die eigentliche Untersuchung mufs man sich demnach auf den Tag beschränken.

Um das Licht des Horizontes durch den Spiegel des Mikroskopes aufzufangen, stellt man das letztere mindestens 3 Fufs vom Fenster auf; man wendet das Mikroskop mit dem Spiegel nach der Lichtseite und gieht dem ganzen Instrumente, namentlich aber dem Spiegel, in- dem man in’s Ocular sieht, die verschiedensten Stellungen, d. h. man sucht nach Licht. Erst wenn das Gesichtsfeld am reinsten und weifse- sten erleuchtet ist, schiebt man den Gegenstand, den man beobachten will, unters Mikroskop. Bei den gröfseren Instrumenten, deren Spiegel nach mehreren Richtungen drehbar ist, braucht man die Stellung des Mikroskopes selbst weniger zu verändern, hier sucht man das Licht zunächst durch die verschiedenen Stellungen des Spiegels; bei Ober- sers kleinem Stativ, dessen Spiegel nur nach einer Richtung beweg- lich ist, hat man dagegen die Stellung des Mikroskopes selbst zum Licht ungleich mehr zu beachten.

Will man undurchsichtige Gegenstände mit auffallendem Lichte betrachten, so nähert man oftmals das Mikroskop mit Vortheil dem Fenster. Da man für diese Art der Beleuchtung unweit mehr Licht bedarf, so ist hier directes Sonnenlicht bisweilen anwendbar, in Er- mangelung desselben bedient man sich der Sammellinse, durch welche man möglichst viel Licht auf den Gegenstand concentrirt. Man v'er- hindert dabei den Zutritt des von unten kommenden , bei dieser Art der Beleuchtung störenden, Lichts am besten durch eine auf den Oh- jecttisch gelegte geschwärzte Glas- oder Ilolztafel; für ganz dunkele Gegenstände ist eine weifse, nicht glänzende, Unterlage oftmals sehr vortheilhaft. Die Beleuchtung von oben scheint selbst bei durchsich- tigen Gegenständen manchmal Vortheil zu gewähren, so sieht man z. B. die 3 Liniensysteme der Navicula Ilippocampos angulata, wenn man von oben beleuchtet, schon mit Objectiven, welche dieselben bei einer Beleuchtung von unten nicht zeigen würden. Man stellt zu diesem Ende das Mikroskop so schief, dafs die Sonnenstrahlen direkt zwischen

GKBEAÜCH DES MUTROSITOPES UND

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das Objecliv und <len Gegenstand einfallen können. Das System 7 von Oberhäusev und von Bnieche, desgleichen die stärkste Coinbination von Wappenbans zeigen in diesem Falle mit starken Ocularen die Streifung sehr deutlich; die Panzer schillern hierbei in den ver- schiedensten Farben.

Der Tisch, an dem man eine mikroskopische Untersuchung vor- nimmt, mnfs hinreichend grofs sein und recht feststehen; man mufs sich überhaupt so einrichten, dafs alle Apparate, die man etwa be- nutzt, bequem zur Hand sind, man erspart dadurch viel Zeit und die letztere vergeht bei einer mikroskopischen Untersuchung nur ohnehin zu schnell, überdies ist bei einem allzu beschränkten Raum ein wirk- liches Präpariren unter dem einfachen Mikroskop kaum möglich. Wie der Chemiker für genaue Untersuchungen eines besonderen Labora- toriums bedarf, so mufs auch der mikroskopische Beobachter für seine Forschungen mindestens einen eigenen Arbeitstisch, der zu keinem anderen Zwecke dient, besitzen. Geräumige Schiebladen, zur Auf- nahme der verschiedenen Apparate, sind an diesem Tisch sehr wün- schenswerth.

Im kalten Zimmer beschlägt sowohl das Ocular als auch die Deck- platte, unter welcher ein Gegenstand liegt, vom Hauche des Beobachters. Dasselbe erfolgt, wenn man das Mikroskop aus einem kalten Raum in ein warmes Zimmer bringt. Man bewahrt deshalb sein Mikroskop für den Winter zweckmäfsig im geheizten Zimmer, da es, zumal bei einem sehr massiven Objectlische, oftmals lange dauert, ehe sich das Instrument hinreichend erwärmt hat.

Jeden zu untersuchenden Gegenstand betrachtet man zuerst unter einer schwachen Vergröfserung, da man bei ihr einen unweit gröfseren Theil desselben übersieht und so einen besseren Totaleindruck erhält. Bei einer schwachen Vergröfserung benutzt man für durchfallendes Licht die Blendungen mit weiter Oelfnung; sollte das Licht zu stark sein, so verwendet man statt des Hohlspiegels zweckmäfsig den Plan- spiegel, der an gröfseren Mikroskopen selten fehlt. Bei Mikroskopen mit Cylinderblendungen dämpft man aufserdem das Licht durch all- mäliges Herabziehen der Blendung, bei der Scheibenblendung beschattet man dagegen den Gegenstand durch langsames Auf- und Abbewegen der linken Hand vor dem Spiegel. Nachdem man sich bei einer schwachen, etwa 50 fachen , in einzelnen Fällen bei einer noch schwä- cheren, Vergröfserung gehörig orientirt hat, vertauscht man das

IIERBICHTÜNG DER GEGENSTÄNDE.

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schwache Objectivsystem mit einem stärkeren; erst wenn das stärkste Objectivsystem , oder nach der Einrichtung der Mikroskope von Nobert, Schick, Plüfsl und Wappenhans die stärkste Linsencombination ver- wandt ist, und man eine noch stärkere Vergröfserung wlinschensw'^erth findet, greift mau zu einem stärkeren Oculare. Ich benutze in der Regel nur das schwächste Ocular meines Mikroskopes (Oberhäusers Nr. 1.) und steigere wie angegeben die Vergröfserung, indem ich nach einander von den schwächeren zu den stärkeren Objectivsystemen übergehe. Was ich bei dem stärksten Objectivsystem (Nr. 11.) Amn Beneche und dem schwächsten Ocular nicht sehen kann, macht mir auch kein stärkeres Ocular mehr sichtbar; aber dennoch ist ^um bequemeren Sehen und namentlich zum Zeichnen die Anwendung eines stärkeren Oculars oftmals nicht ohne Vortheil. So lange man durch Objective die Vergröfserung erböhen kann, sollte man indefs niemals zum Oculare seine Zuflucht nehmen, da durch ein stärkeres Ocular das Licht, noch mehr aber die Schärfe in der Zeichnung des Bildes nothwendig abnimmt, was bei Anwendung starker Objective nicht der Fall ist. Wo es sich um eine bedeutende Schärfe des Bildes handelt, ist es sogar oftmals vortheilhaft das Rohr des Mikroskopes zu verkürzen und dadurch das Ocular dem Objectivsystem zu nähern, das Bild wird ZAA'ar kleiner aber ungleich schärfer und lichtstarker als bei langem Rohr. Bei Anwendung der stärkeren Ob- jective benutzt man vortheilhaft eine Blendung mit kleiner Oeffnung; indem dieselbe das überflüssige Licht abhält, gewinnt das Bild an Schärfe; durch ein ganz allmäliges Herabziehen der Cylinderblendung beschränkt man alsdann den Lichtkegel, der vom Spiegel auf den Ge- genstand geworfen wird, noch mehr. Dureh ein solches behutsames Dämpfen des Lichts A'erleiht man dem Gegenstände in der Regel eine dunklere und somit deutlichere Zeichnung. In ganz schwierigen Fällen ist es gut das ins Mikroskop sehende Auge mit der linken Hand zu beschatten; Oberhäuser empfiehlt für denselben Zweck einen etwa Fufs langen und fast eben so breiten Pappschirm, der vor dem Mikroskop an einer in den Arbeitstisch eingeschraubten Eisenstange auf und ab bewegt werden kann. Dieser Schirm wird an der Stange soweit gehoben und A^ermittelst einer Schraube festgestellt, dafs der Spiegel sein Licht vom Horizont empfangen kann; er dient, wie die Beschattung mit der Hand, namentlich dazu um fremdes Licht Amm Auge abzuhalten. Das Beschatten mit der Hand ist bequemer und in

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GEBRAUCH DES MIKROSKOPES UND

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der Regel ausreichend; es ist auch hei auffallendem Licht mit Vor- iheil anzuwenden.

Zuerst betrachtet man den Gegenstand, wenn er zart genug ist, um mit durchfallendem Licht gesehen zu werden, mit gerade durch- fallender Beleuchtung und zwar bei verschiedenen allmälig gesteigerten Vergröfserungen ; bleiben alsdann noch Einzelnheiten in der Zeichnung undeutlich, so benutzt man darauf schief durchfallendes Licht und läfst dasselbe in den verschiedensten Winkeln auf den Gegen- stand einwirken. Bei Oberhäuser’s grofsem Blikroskop erreicht man das letztere durch die Drehung des Objecttisches um seine Axe, wo diese Einrichtung fehlt, mufs man dagegen die Lage des Gegenstandes durch Verschiebung mit der Hand verändern. Kürperliche Linien durch Erhöhungen oder Vertiefungen , durch ungleiche Dichtigkeit der Masse, oder durch ein ungleiches Brechungsvermögen der Substanz hervor- gerufen, treten immer am schärfsten hervor, wenn das schiefe Licht im rechten Winkel gegen sie f$llt; wo man demnach eine solche Linie vermulhet, oder nur undeutlich wahrnimmt, hat man hierauf besonders zu achten. Bei sehr schiefer Spiegelstellung kann man nur Blendungen mit weiter OelTnung benutzen; bisweilen entfernt man hier zweckmäfsig den ganzen Blendungsapparat. Für die Betrachtung mit auffallendem Licht gilt so ziemlich dasselbe, auch dort sollte man niemals versäumen durch Drehung des Tisches, oder durch Drehung des Gegenstandes selbst, das concentrirte Licht in den verschie- densten Richtungen auf den Gegenstand einwirken zu lassen. Für die Betrachtung mit auffallendem Licht sind die ganz starken Objective nicht mehr brauchbar, da ihre kurze Focaldistanz das Licht vom Gegen- stände abhält, hier mufs man sich oft mit schwächeren Objectiven und mit stärkeren Ocularen helfen; in der Regel bedarf man nur schwacher Vergröfserungen. Der Lieberkühn’sche Spiegel, ein kleiner kranzartiger Metallspiegel, welcher über die Objective geschraubt wird, wirkt bei stärkeren Vergröfserungen etwa wie auffallendes Licht. Man kann denselben nur bei einer Blendung mit weiter Oeffnung anwenden, weil neben dem Gegenstände noch hinreichend Licht direkt an die Spiegel- fläche des Lieberkühn’s gelangen mufs, um v'on ihr auf den Gegen- stand zurückgeworfen zu werden. Nur selten wird man Gelegen- heit haben, diesen Apparat zu verwenden.

In den meisten Fällen wird man die Gegenstände unter Wasser betrachten; bisweilen, z. B. bei dem Pollen und bei den Sporen, ist

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HERRICHTÜNG DER GEGENSTÄNDE.

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cs nothwendig dieselben unter verschiedenen öledien und ebenso auch trocken zu beobachten. Bei auffallendem Licht wirkt oft das Wasser, zumal wenn es den Gegenstand nicht ganz bedeckt, sehr störend , es ist deshalb für einzelne körperliche Gegenstände, z. B. für das Embryon der Gräser, zweckmäfsig dieselben zuerst ohne Wasser und darauf unter Wasser zu betrachten. Durch Bedecken mit einer Deckplatte, und HinzufUgen von Wasser mit einem Haarpinsel gelingt es meistens den Gegenstand vollständig unter Wasser zu bringen. Für etwas dickere Präparate sind hier Objectgläser mit eingeschliffenen Vertiefungen mit Vortheil anzuwenden.

Bei schwachen Vergröfserungen ist ein Bedecken des Gegenstandes mit einem Deckglase nicht nothwendig; ja es ist oftmals, wenn man das Präparat umzukehren wünscht, oder dasselbe durch einen noch- maligen Schnitt oder ein weiteres Präpariren zu verbessern hofft, sehr vortheilhaft es nicht zu bedecken. Bei Anwendung ganz starker Objectivsysteme wird der Focalabstand leider gar zu kurz; in diesem Falle ist man, um ein Beschlagen der Linse oder gar ein Eintauchen derselben in die auf dem Objectträger befindliche Flüssigkeit zu ver- meiden, genöthigt Deckgläser anzuwenden. Selbst beim Gebrauch der letzteren vermindert sich häufig während der Beobachtung die Flüssig- keit, in welcher der Gegenstand liegt, man führt alsdann einen neuen Tropfen derselben, vermittelst eines Glasstabes oder eines reinen Pin- sels, an den Rand des Deckglases. Denselben Handgriff benutzt man zweckmäfsig bei Präparaten, die schon im Wasser liegen, und denen man chemische Reagentien zuführen will.

Wenn man irgend chemische Reagentien, es sei nun Jod, Aetz- kali oder irgend eine Säure anwendet, so sollte man niemals ein Bedecken des Gegenstandes mit einer dünnen Platte versäumen; bei flüchtigen Säuren, namentlich bei Salpetersäure und Salzsäure kann man nicht behutsam genug zu Werke gehen; ich vermeide ihren Ge- brauch soviel ich irgend kann. Noch ungleich nachtheiliger wirkt Schwefelwasserstoffgas auf das Flintglas, welches bei den Objectiven einiger Optiker die nach unten gewandte Planseite der letzteren bildet. Für diese Gasart und ebenso für Chlor und derartige Dämpfe ist das Mikroskop sorgfältig zu schützen, weshalb auch, wie ich schon oben erwähnte, das von Schulz vorgeschlagene Kochen der Gegenstände mit chlorsaurem Kali und ' Salpetersäure nicht in dem Zimmer, wo das Mikroskop steht, vorzunehmen ist. ln einem chemischen Labo-

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GEBRAUCH DES MIKROSKOPES UND

ratorio sollte man aus demselben Grunde niemals ein Mikroskop be- wahren.

Wer das Mikroskop täglich gebraucht, der wird es zweckmäfsig unter einer hohen Glasglocke, oder noch besser unter einem Glaskasten, der verschliefsbar ist, verwahren. Ehe man sein ölikroskop, nach been- digtem Tagewerk, zur Seite stellt, empfehle ich namentlich jedem Anfänger eine sorgfältige Prüfung seiner Objectivlinsen vermittelst der Lupe, da es sogar einem geübten Beobachter nicht selten vorkommt, dafs er sein Objectiv in die Flüssigkeit des Ohjectträgers taucht oder dasselbe sonstwie verunreinigt. Ward die Linse nur durch Wasser benetzt, so schadet dieses nichts; ein Eintrocknen des Wassers auf der Linse, namentlich wenn selbiges an Kalksalzen reich ist, möchte schon weniger gleichgültig sein, da nach dem Verdunsten des Wassers .die Kalksalze fest auf dem Glase haften und so später beim Reinigen leicht zu kleinen Schrammen Veranlassung geben können. Man reinigt die Objective, wenn sie bestäubt oder durch atmosphärische Nieder- schläge etwas blind geworden sind, mit trockenem Fliedermark, indem man mit einem reinen Rasirmesser die Fläche, die einmal benutzt ist, abschneidet und die neue Fläche zur weiteren Reinigung anwendet; mit einem reinen Haarpinsel entfernt man zuletzt die Partikeln des Fliedermarks. Ist die Linse nafs geworden, so trocknet man sie zuerst vorsichtig mit einem reinen, oftmals gewaschenen leinenen Tuche, am besten mit sogenanntem Kammer- oder Nesseltuch und benutzt darauf das Fliedermark. Ist die Linse gar mit einer Säure oder einer andern scharfen Flüssigkeit verunreinigt, so spült man sie vermittelst der Spritzflasche mehrmals mit destillirtem Wasser ab und trocknet und reinigt sie dann, wie soeben angegeben. Die Oculare und der Spiegel werden am besten mit weichem Kammertuch, auch wohl mit Fliederraark gereinigt. Alkohol und Aelher sollte man niemals, oder doch nur mit grofser Vorsicht, zum Reinigen der Objective anwenden, da diese Flüssigkeiten leicht zwischen die Fassung der Linse dringen und an den Kitt, der Krön und Flintglas verbindet, gelangen können. Eine auf diese Weise verdorbene Linse kann nur durch einen geschick- ten Optiker, der sie auseinandernimmt und neu zusammenkittet, wieder brauchbar gemacht werden. Je vorsichtiger man sein Mikroskop vor allen Nachtheilen zu schützen sucht, je sauberer man dasselbe hält, um so bessere Dienste wird es leisten und um so länger wird es seine ursprüngliche Güte bewahren.

IIERRICHTÜNG DER GEGENSTÄNDE.

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Die gröfste Reinlichkeit und Accuratesse ist überhaupt für mi- kroskopische Forschungen unerläfslich; man mufs es sich zum Gesetze machen, immer nur das reinste Wasser, in dem reinsten Gefäfse zum Benetzen der Ohjectplatte zu gebrauchen. Aber selbst hei dieser Vorsicht läfst sich eine Verunreinigung des zu betrachtenden Gegen- standes durch Staubtheile nicht gänzlich vermeiden. Einem geübten Beobachter werden derartige fremde Dinge nicht leicht gefährlich wer- den, einen Anfänger können sie jedoch sehr leicht auf falsche Wege führen. Gestandenes Wasser sollte man niemals benutzen, da dasselbe nur zu häufig niedere Thiere und Pflanzen enthält, ebenso sollte man, wenn man nacheinander verschiedenartige Gegenstände untersucht, für jeden neuen Gegenstand jedesmal auch neues Wasser nehmen, da- mit nicht Theile der früher untersuchten Gegenstände mit dem Wasser auf die Ohjectplatte kommen. Manche Irrthümer entstanden vielleicht einzig und allein aus einer solchen kleinen Nachlässigkeit.

Um fremde, nicht zum Untersuchungsgegenstjind gehörige, Stoffe als solche zu erkennen, ist es sehr gut, sich mit den Dingen, die trotz aller Vorsicht nicht immer zu vermeiden sind, vorher bekannt zu machen: dahin gehören 1. die Luftblasen; selbige erscheinen bei durchfallendem Licht meistens als gröfsere oder kleinere, am Rande dunkel schwarz gefärbte Kreise, bei auffallendem Licht zeigt sich ihr Rand dagegen weifs gefärbt. Bei Anwendung der Deckplatten und ebenso bei Berührung mit den Gegenständen nehmen die gröfseren Luftblasen häufig eine sehr unregelmäfsige Gestalt an; das erwähnte optische Verhalten ist jedoch überall, so auch in und zwischen den Zellen, der beste Beweis für die Gegenwart von Luft. 2. Farblose oder bunt gefärbte Fasern, aus Papier oder leinenen, baumwollenen und seidenen Geweben, durch Tücher, mit denen man die Object- gläser reinigte, auf letzteren zurückgeblieben, desgleiehen thierische Haare, durch den Pinsel veranlafst. 3. Unregelmäfsige, körnige, oft- mals gefärbte Staubtheile, wahrscheinlich Zersetzungsproducte von Or- ganismen. — Wenn man Pflanzen oder Theile derselben, die in oder auf der Erde oder im Wasser wachsen, beobachten will, so mufs man aufserdem eine grofse Sorgfalt auf die vielen dort vorkommenden Organismen verwenden, man mufs sich durch eigene Anschauung mit den niederen Thier- und Pflanzenformen bekannt zu machen suchen, man mufs z. B. die allgemeinen Formen der Infusorien, mit und ohne Kieselpanzer, desgleichen die Gährungspilze, die Schimmelbildungen,

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CEBRA.UCH DES MIKROSKOPES UND

die Oscillatorien, die Conferven u. s, w. kennen lernen, um selbige von dem eigentlichen Gegenstände der Untersuchung sondern zu können. Gegenstände, welche gleichfalls Täuschungen veranlassen können, sind die Eipithelialzellen der Schleimhaut des Mundes, wenn man, was frei- lich niemals empfehlenswerth ist, den Pinsel mit dem man den Ge- genstand auf die Objectplatte bringt, vorher durch den Mund gezogen hat. Wenn man kleine Gegenstände zwischen Daumen und Zeigefinger oder auf letzterem schneidet, so erhält man häufig zu gleicher Zeit dünne Schnitte durch die Haut des Fingers; man inufs sich mit ge- nannten Dingen, desgleichen wenn man zwischen Kork schneidet, mit dem letzteren vorher bekannt machen.

Das Messer verursacht bisweilen Täuschungen anderer Art, in- dem es, zumal bei ungenügender Schärfe, Streifen auf der Schnittfläche veranlafst; bei harten Hölzern, z. ß. beim Holz der Palmen und baum- artigen Farren, desgleichen hei starkverdicktem Sameneiweifs (Phyte- lephas macrocarpa) ist diese Erscheinung häufig bemerkbar. Man darf eine solche Streifung nicht für etwas dem Gegenstände Angehöriges, etwa für eine Schichtung in der Verdickungsmasse halten. Wenn man genau beachtet wie und in welcher Richtung hier das Messer wirkte, wird man sich leicht orientiren.

Allgemein verbreitete oder zufällige Bewegungserscheinungen können aufserdem Irrthümer veranlassen; man mufs deshalb auch diese kennen. Die Molecularbewegung ist allen ganz kleinen, in einem dünnflüssigen Medium enthaltenen, Körpern eigen, sie besteht in einer gewisser- mafsen zitternden Bewegung der letzteren; man sieht sie häufig beim Inhalt der Pollenkörner, man beobachtet sie noch besser bei einigen Flüssigkeiten, z. B. der Milch, von der man ein Minimum, in Wasser vertheilt, bei 200— 400maliger Vergröfserung unters Mikroskop schiebt. Ist man einmal mit diesem Phänomen bekannt, so wird man durch selbiges nicht mehr getäuscht werden. Dasselbe gilt von den zufälli- gen Strömungen der Flüssigkeit auf der Objectplalte, die sowohl durch ein Verdunsten, als durch eine Mischung zweier Flüssigkeiten von ungleichem specifischen Gewicht, oder durch eine Auflösung vorhan- dener Salze u. s. w. hervorgerufen werden. Wenn man neben dickeren Gegenständen aueh kleinere und zwar zunächst runde Körper, z. B. neben den' Klappen einer Lebermooskapsel auch Sporen und Schleuderer, auf einer Objectplatte und unter einem und demselben Deckglas betrach- tet, so schwimmen die letzteren häufig zu Anfang im Wasser um-

HERRICIITUNG DER GEGENSTÄNDE.

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her; man darf sich hierdurch nicht täuschen lassen, diese Bewegung verschwindet, sobald die Flüssigkeit in Ruhe kommt. Das Schwingen der Oscillatorienfäden is^ dagegen eine wirkliche, wenngleich noch nicht erklärte, der Pflanze eigenthüraliche Bevvegungserscheinung, das- selbe gilt von den raschen und scheinbar willkürlichen Bewegungen der Spiralfäden reifer Anlheridien, sowie der bewimperten Algen- sporen. Ganz besonders interessant ist auch das Strömen des Zell- safts in der Pflanzenzelle selbst. Ueber alle diese Erscheinungen findet man im fünften Abschnitt das Nähere.

Zu Täuschungen, die durch das Auge selbst entstehen, gehören die sogenannten Älouches volantes; sie sind zweierlei Art: 1. schlei- mige Absonderungen der Meibomschen Drüsen; es laufen schleimige 'Fäden über das Sehfeld; diese Erscheinung ist bei Leuten, die selten mit dem Mikroskop arbeiten, häufiger; 2. die Schattenbilder von Gefäfs- verzweigungen in einer gewissen Region des Auges. Da die Verzwei- gungen der Blutgefäfse sich in ihrer Lage nicht ändern, so bleibt auch die Gestalt der Erscheinung unverändert; man bemerkt dieselben nicht allein wenn man ins Blikroskop blickt, sondern auch und zwar noch deutlicher, wenn man auf eine weifse Schneefiäche oder auf eine hell erleuchtete Wolke sieht. Diese Art der Mouches volantes sind mehr oder weniger jedem Auge, wenn man genau darauf achtet,

. eigen; wenn sie dagegen sehr unangenehm hervortreten, so dafs man dieselben überall erblickt, so bekundet dies Verhältnifs eine gereizte Beschaffenheit des Auges. Ich erinnere endlich noch an eine andere, durch gar zu grelles Licht hervorgerufene Erscheinung ; sie zeigt sich bei Anwendung von direktem Sonnenlicht oder ungedämpftem Lampen- oder Kerzenlicht; es sind Flecken von verschiedener Gröfse unregel- mäfsig über das Sehfeld verbreitet, die man bei Tageslicht dort nicht bemerkt; dreht man das Ocular, so drehen sie sich mit, reinigt man das letztere sorgfältig, so vermindern sie sich; es sind somit nur Unreinigkeiten auf oder in den Gläsern, die bei sehr hellem Licht als runde Flecken hervorlreten.

Da man verhältnifsmäfsig selten mit auffallendem Licht beobach- tet, das durchfallende Licht aber nur für ganz zarte Gegenstände anwendbar ist, so besieht die IJauptaufgabe des Beobachters darin, den nicht durchsichtigen Gegenstand planmäfsig so herzurichten, dafs man die Einzelheiten desselben bei durchfallendem Licht deutlich wahr- nehmen kann. Nach dem Gegenstand und nach der Frage, die man

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GEBRAUCH DES MIKROSKOPES UND

durchs Mikroskop zu beantworten wünscht, wird hier das Zerkleine- rungsverfahren einzurichten und zvveckmäfsig zu verändern sein. Feste gleichartige Gewebe, z. B, Hölzer, wird man ganz anders als weiche, aus verschiedenen Organen zusammengesetzte Theile, z. B. Knospen und Blüthen, zu behandeln haben; bei ersteren genügt es, möglichst dünne Schnitte nach bestimmten Richtungen zu führen ; bei letzteren kommt es nicht allein auf die Richtung, sondern eben so sehr auf den Punkt, durch den der Schnitt geführt wird, an; man mufs hier einen gelungenen Längsschnitt genau durch die Bütte des ganzen Pllan- zentheils und eben so gelungene Querschnitte in verschiedenen Höhen, um die Stellung der Organe zu einander zu erfahren, darstellen; aufserdem mufs man die einzelnen Theile selbst lostrennen und wie- derum für sich untersuchen. Hier kann man oftmals, namentlich für die Enlwickelungsgeschichte, das Präparirmikroskop nicht entbehren.

Selbst die Art des Blessers mufs, wenn man mit Erfolg arbeiten will, dem Gegenstand entsprechen; für Hölzer und harte Gegenstände verwendet man, wie ich schon oben bemerkte, am besten sehr gute englische, nicht hohl geschliffene Rasirmesser mit breitem Rücken. Ehe man schneidet, benetzt man die Schnittfläche des Gegenstandes jederzeit mit etwas Wasser; man macht zuvor zweckmäfsig die Oberfläche mit einem minder guten Blesser glatt und schneidet darauf, indem man das Blesser ganz flach auflegt und ganz langsam, aber ohne abzu setzen, mit sicherer Hand nach sich hin- zieht. Nach jedem zweiten oder höchstens jedem dritten Schnitt mufs das Blesser wieder über den Streichriemen gezogen werden. Die erhaltenen dünnen Schnitte bringt man darauf mit einem feinen Haar- pinsel, den man vorher in reines Wasser taucht, in einen Wasser- tropfen, den man auf der Objectplatte für selbige bereit hielt. Bei weichen oder saftigen Gegenständen sind hohl geschliffene Rasirmesser ungleich vortheilhafter. Bei saftigen Gegenständen ist ein Befeuchten der Schnittoberfläche überflüssig, im übrigen verfährt man ganz, wie soeben angegeben ward. Blau darf den Pinsel, mit dem man die Ge- genstände auf die Objectplatte überträgt, niemals durch den Blund ziehen, indem man sonst, durch Epithelialzellen der Schleimhaut des Blundes den Gegenstand verunreinigt. Nur selten werden gröfsere Schnitte über ihre ganze Ausdehnung gleich vollkommen ausfallen. Die Randpartien solcher Schnitte sind meistens am gelungensten, man hat überhaupt weniger für die Gröfse des Schnittes, als für die zarte

IIERRICIITÜNG DER GEGENSTÄNDE.

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Beschaffenheit desselben und für die vollkommene Erhaltung seiner Zellen zu sorgen.

Die ungleiche Beschaffenheit der Gewebe eines Gegenstandes ver- ursacht oftmals für den Schnitt weit gröfsere Schwierigkeiten wie die Kleinheit anderer Körper. Wenn man z. B. einen zusammenhängenden zarten Quer- und Längsschnitt durch Rinde, Cambium, Holz und Mark eines dicotyledonen Stammes oder Zweiges verlangt, so wird ein solcher Schnitt nicht überall im Augenblick darzustellen sein, weil an den Grenzen der verschiedenen Gewebe meistens durch das Messer eine Trennung derselben von einander erfolgt; man wird hier aus vielen Schnitten den vollkommensten erwählen müssen. Das aller- schärfste Messer und eine sichere und langsame Führung des- selben ist hier durchaus nolhwendig. Im Allgemeinen wird es rath- samer sein, von der harten in die weiche Partie überzugehen; bis- weilen gelingt auch der Schnitt, wenn man das Messer gleichzeitig auf die verschiedenen Theile und zwar in etwas schiefer Richtung zum Verlauf der Holzzellen, oder beim Querschnitt zum Verlauf der Markstrahlzellen, einsetzt. Hier wie in so vielen anderen Fällen läfst sich keine bestimmte Regel angeben, der Untersucher mufs hier selbst prüfen und nach der Beschaffenheit des Gegenstandes sich selbst ein Verfahren bilden. Die Schnittfläche ist auch hier jederzeit feucht zu erhalten.

Saftige oder schwammige Gewebe sind in der Regel grofszellig, sie bedürfen deshalb keines dünnen Schnittes, der bei ihnen immer seine Schwierigkeiten hat. Weiche thierische Gewebe legt man, wenn es nicht darauf ankommt sie ganz frisch zu beobachten, zweck- mäfsig einige Tage in Spiritus oder Holzessig, desgleichen in eine Auflösung von chromsaurem Kali. Ein Tränken des Gegenstandes mit dickem Gummischleim und ein langsames Eintrocknen des letz- teren an der Luft ist aufserdem in manchen Fällen für weiche Thier- und Pflanzenlheile zu empfehlen. Das für weiche thierische Gewebe, wie einige behaupten, unentbehrliche Doppclmesser erscheint mir für die Pflanzenanatomie durchaus überflüssig. Bei Anwendung des Doppel- messers für thierische Gegenstände hat man namentlich darauf zu achten, dafs, ehe man scheidet, der Raum zwischen beiden Messer- klingen mit Wasser gefüllt wird, was man am besten durch Schlicfseu des Messers unter Wasser erreicht.

Die relative Gröfse der Gegenstände bedingt aufserdem noch

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GEBRAUCH DES MIKROSKOPES UND

Aenderungen des Verfahrens der Zerkleinerung. Während man gröfsere Gegenstände mit der linken Hand oder mit dem Daumen und Zeige- finger derselben fafst, klemmt man sehr kleine oder sehr dünne Gegen- stände, z. B, Moosstengel, dünne Zweige und Wurzeln, Blätter, kleine Saamen u, s. w. , in der auf Pag. 24 beschriebenen Weise, zwischen Kork. Kleine ganz zarte Theile, die den Druck zwischen Kork nicht vertragen, legt man endlich mit genauer Berücksichtigung ihrer Lage, ohne sie zu drücken, zwischen Daumen und Zeigefinger. Dies Ver- fahren wird besonders da anwendbar, wo man einen kleinen Gegen- stand-in zwei gleiche Hälften theilen will; wünscht man dagegen die Mittellamelle eines kleinen Gegenstandes, z. B. einer Samenknospe zu erhalten, so bringt man selbige oftmals zweckmäfsiger auf den Zeige- finger, und benutzt den Daumen nur um ein Verschieben derselben zu verhüten. Oft ist es vortheilhaft, den Finger ein wenig zu be- feuchten, indem sich der Gegenstand alsdann weniger leicht verschiebt. Man führt den Schnitt auch hier ganz langsam und mit sicherer Hand, indem man, was überhaupt beim Schneiden vortheilhaft ist, den linken Arm fest gegen den Tisch stemmt. Die so erhaltenen Durchschnitte kleiner Gegenstände betrachtet man zuerst ohne Deck- glas mit einer entsprechenden Vergröfserung. Oft ist es gut, das Präparat umzukehren, namentlich dann, wenn man durch einen noch- maligen Schnitt dasselbe zu verbessern wünscht; man bemerkt sich dann genau die Seite, an welcher der neue Schnitt auszuführen ist, und die Stelle, wo man etvA^as Avegzunehmen hat. Ganz kleine Gegenstände legt man nun wiederum, wie vorhin beschrieben, auf den Zeigefinger der linken Hand und versucht einen neuen Schnitt, der, wenn auch nicht immer, so doch häufig gelingt. Ehe man schnei- det, empfehle ich hier die Anwendung der Lupe, um durch sie von der richtigen Lage des Gegenstandes für den auszuführenden Schnitt überzeugt zu sein. Ist der Schnitt jetzt dünn genug, sind aber noch Theile vorhanden, deren Entfernung zur Lösung der Hauptfrage wün- schenswerth ist, so bringt man denselben nunmehr unter das Präparir- raikroskop und versucht die störenden Theile mit der Nadel oder mit einem feinen Messer zu entfernen.

Für ganz kleine Samen, Pollenkörner und für die Sporen der Kryptogamen empfehle ich ein Verfahren, welches sehr häufig schöne Durchschnitte gewährt. Man bestreicht einen glatten Bouteillenkork mit dickem Gummischleiin, streut die Samen u. s. w. darauf, drückt

HERRICHTUNG DER GEGENSTÄNDE.

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sie mit dem Finger sanft hinein und läfst die Gummilösung an der liUft langsam trocknen; dann bestreicht man die mit den kleinen Körpern bestreute Fläche nochmals mit Giimmischleim , damit derselbe die Körperchen ganz bedeckt und läfst ihn wieder langsam trocknen. Ist die Gummifläche trocken geworden, was nach 1 oder 2 Tagen erfolgt, so führt man mit einem sehr scharfen, hohl geschliffenen Rasirmesser nach einander langsam sehr zarte Schnitte längs der Gummifläche und bringt dieselben mit einem trocknen Pinsel in einen Tropfen Wasser. Das Gummi löst sich augenblicklich; unter vielen unbrauchbaren, d. h. nicht in der rechten Richtung durch- schnittenen Samen u. s. w. wird man jederzeit einige linden, welche allen billigen Ansprüchen genügen. So untersuchte ich die kleinen Samen der Orobanche, der Monotropa und viele Pollenkörner.

Bei stark behaarten Pflanzentheilen , ebenso in den Luftgängen, desgleichen in den Gefäfsen und im Holz wird oft die Gegenwart der Luft, die sich in den genannten Räumen angesammelt hat, für die Beobachtung sehr unangenehm. Blan entfernt dieselbe am besten, in- dem man das Präparat für einige Minuten in ein Uhrgläschen mit Alkohol legt; aus dem letzteren mufs es dann wieder in Wasser ge- bracht und darauf erst auf die Objectplatte übertragen werden. In Fällen, wo auch der Inhalt der Zellen, auf den der Alkohol in der Regel verändernd einwirkt, zu berücksichtigen ist, bedient man sich zur Entfernung der Luft mit Vortheil des Quetschers, indem man denselben ganz allmälig, während man ins Mikroskop sieht, wirken läfst. In Ermangelung des Quetschers wendet man einen leisen Druck des Fingers auf die Deckplatte an. Als Beispiel gedenke ich der Samen- knospen der Orchideen, die erst nach der Entfernung der Luft zwi- schen den Integumenten und dem Knospenkern zur Beobachtung taug- lich werden.

Für die Uebertragung der Präparate aus einer Flüssigkeit in die andere, ist ein ganz feiner Haarpinsel auf einem Pinselstock sehr zweckmäfsig; die Nadel oder andere scharfe Instrumente sollte man für diesen Zweck niemals anwenden, da selbige gar zu leicht das Präparat verletzen können. Wenn das Letztgenannte sehr klein ist, so stellt man, um es leichter herauszufinden, das Uhrschälchen zweck- mäfsig auf eine dunkele Unterlage.

Das Mikroskop giebt nur eine Flächenansicht, es genügt deshalb, wenn man Körper betrachtet, die Ansicht einer Seite niemals

gebrauch des mikroskopes und

zum richtigen Verständnifs ; man mufs, aiifser einem Querschnitt, auch noch einen Längsschnitt, und zwar noch häufiger mehrere Längs- schnitte in verschiedenen, bestimmten Richtungen genau betrachtet und mit einander verglichen haben, ehe man nur daran denken kann, sich den Körper, den man beobachtet, zu construiren. Was man bei gröfseren Gegenständen durch das Messer zu erreichen sucht, gewinnt man bei ganz kleinen undurchsichtigen Gegenständen durch Betrachten derselben von verschiedenen Seiten. Bei kleinen, sehr durchsichtigen Körpern, z. B. den Samenknospen der Orchideen, den Pollen- und den Stärkmehlkörnern, benutzt man für diesen Zweck eine mehrmals veränderte genaue Einstellung des Mikroskops selbst, indem man da- durch nacheinander zuerst die obere Seite, dann die Mitte als opti- schen Quer- oder Längsschnitt, und zuletzt die untere Seite zur An- schauung bringt. Je vollkommener die Objective des Mikroskopes sind, um so genauer wird die optische Ebene und um so empfind- licher wird das Mikroskop für jede kleine Focalveränderung sein, weshalb man bei genauen Untersuchungen die zur feinen Einstellung dienende Schraube nicht wohl aus der Hand lassen darf. Mit der Stärke der Vergröfserung vermehrt sich bei guten Instrumenten auch diese Empfindlichkeit, daher erblickt man auf den Flügelschuppen des Weibchens der Hipparchia Janira niemals die auf Taf. 11. Fig. 9 u. 10. abgebildeten Querstreifen gleichzeitig über die ganze Flügel- schuppe, man sieht sie immer, nur an denjenigen Stellen, die mit einander auf gleicher optischer Ebene liegen; eine geringe Aenderung in der Einstellung macht darauf die Querstreifen für andere Theile der Schuppe sichtbar, wobei die zuerst gesehenen verschwinden ; das- selbe gilt für die Betrachtung eines jeden Präparates. Durch eine zweckmäfsige Einstellung kann man deshalb oftmals ein unvollkom- menes Präparat, z. B. einen nicht hinreichend dünnen Schnitt, ver- wenden, indem bei einem recht lichtstarken und möglichst vollkom- menen Mikroskope alles über und unter der optischen Ebene gele- gene für das Auge zur Zeit so gut wie nicht vorhanden ist.

Die genannte Eigenschaft des Mikroskopes, nur optische Flächen zu zeigen , erschwert aber in vielen Fällen und namentlich bei starken Vergröfserungen die richtige Deutung des Gesehenen. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn ein Gegenstand plötzlich neben einander Erhe- bungen und Vertiefungen zeigt oder gar sich wellenförmig krümmt. Hier sieht man die Erhebung meistens scharf begrenzt, als wäre sie

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HERRICHTUNG DER GEGENSTÄNDE.

von der Vertiefung getrennt. Bei ganz frei liegenden Theilen kann inan alsdann durch eine sorgfältig und zwar sehr langsam veränderte Einstellung ins Klare kommen , wenn dagegen der betreffende Theil nicht frei liegt, so wird eine richtige Deutung des Bildes oftmals unmöglich. Deshalb ist es ganz unmöglich, über die Einwirkung des Pollenschlauchs bei der Befruchtung zu entscheiden , es sei denn, dafs man die Spitze des Embryosackes und den in selbige eingedrun- genen Pollenschlauch vollständig freigelegt habe.

Die genaue Einstellung eines Gegenstandes beurtheilt man nacK der Schärfe in der Zeichnung des Bildes; je zarter, aber je schärfer begrenzt die Linien, je kleiner, aber um so deutlicher gezeich- net, d. h. von einer leisen jedoch bestimmten Contour umgehen, kleine Gegenstände erscheinen, um so richtiger sind sie eingestellt. Die llipparchiaschuppen und noch mehr die Navicula Hippocampos angulala sind sehr geeignet, um die Bedeutung einer richtigen Ein- stellung kennen zu lernen, die kleinste Focalveränderung läfst ihre Querstreifen verschwinden. Ich empfehle deshalb das genaue Studium dieser Prüfungsobjecle, sowohl für die Beleuchtung als für die rich- tige Einstellung; wer hier genau Bescheid weifs, wird auch in an- deren Fällen richtig beleuchten und richtig einstellen können.

Auch einige optische Erscheinungen, wie ich glaube zum Tbeil Beugungsphänomene, sind bei der Einstellung zu beachten. Dahin gehört z. B. eine schwache, gelbliche oder röthliche Färbung der Ränder eines Gegenstandes bei einer gewissen Einstellung. Diese Farben- ränder, welche bei Anwendung starker Oculare noch mehr hervor- treten, zeigen, dafs die Objective nicht absolut achromatisch sind. Die Gläser von Oberhäuser, Beneche und Plöfsl sind entweder ganz oder beinahe farbenfrei. Die Objective von Kellner haben dagegen, soweit ich dieselben kenne, obschon sie ein sehr scharfes Bild gewähren, mehr Farbe. Bei den Doppelgläsern des einfachen Mikroskopes treten diese Farbenerscheinungen noch stärker hervor. Auf einer zarten Fläche wird man sie kaum wahrnehmen, wenn man dagegen ge- wölbte oder vertiefte Gegenstände betrachtet, so treten dieselben bei einer bestimmten Einstellung deutlicher hervor, Grofse Slärkmehlkör- ner, z, B. der Kartoffelstärke, zeigen diese Farbenränder, welche immer als Fehler des Objectivs zu betrachten sind, besonders deutlich; man wird je nach der Einstellung den Rand der Körner mit einem breiten dunkel schwarzen Saum, oder mit einem schmäleren farbigen Saum,

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GEBRAUCH DES MIKROSKOPES UND

oder endlich ohne einen solchen, von einer leisen, aber scharfen Con- tour nmgeben, erblicken. In letzterem Falle liegt die 31itte des Kornes genau in der optischen Ebene, man erkennt bei der letzteren Ein- stellung den Kern und die concentrischen Ringe des Stärkemehls am besten; der dunkele Saum der anderen Einstellung wird durch den nicht im Focus liegenden Rand hervorgerufen; der farbige Saum ist endlich die erwähnte optische Erscheinung. Man nimmt dieselbe bei starken Vergrüfserungen auch an feinen Schnitten wahr und mufs sich deshalb für eine Täuschung durch dieselbe hüten. Bei den Gläsern einiger Optiker erscheint dieser Farbensaum gelb, bei anderen dagegen mehr rüthlich. Auf dünnen Holzschnitten sieht man z. B. den Rand der Verdickungsmasse der Holzzellen bei einer gewissen Einstellung oftmals von einem schmalen hellgelb gefärbten Saum umgeben; nach aufsen ist die Verdickungsmasse von einer scharfen Schattencontour begrenzt , der scbmale gelbliche Saum ist dagegen nach der anderen Seile niemals scharf begrenzt, er verliert sich ganz allmälig; er un- terscheidet sich durch letzteres Verhalten von einer besonderen Schicht oder inneren Membran der Holzzelle, die, wenn sie vorhanden ist, auch jederzeit eine deutliche Contour besitzt. Ein Objectiv, das diesen farbigen Saum gar nicht oder nur in sehr geringem Grade zeigt, ist immer vorzüglicher als ein anderes, bei welchem derselbe stärker hervortritt.

Bei kleinen runden Körpern, z. B. bei den Pollenkörnern, ist eine Aenderung der Lage durch ein leichtes Verschieben der Deckplatte, wodurch ein Hin - und Herrollen derselben erzielt wird, zu empfehlen; man erblickt auf diese Weise den Gegenstand von verschiedenen .Seiten und kann sich nunmehr aus den verschiedenen Bildern die w'ahre Ge- stalt desselben construiren.

Ein Zerdrücken kleiner Gegenstände zwischen zwei Glasplatten sollte man, als ein zu rohes Verfahren , eigentlich niemals anwenden; wo man aber dennoch durch Druck etwas zu erreichen glaubt, da empfehle ich das Compressorium. Bei vorsichtiger Anwendung dessel- ben kann man sich wenigstens durch sorgfältiges Beobachten, während man den Quetscher wirken läfst, über die Veränderungen durch den Druck desselben Auskunft geben. In anderen Fällen, wo es z. B. fraglich ist, ob man eine sehr zarte Zelle, oder einen Tropfen irgend einer Flüssigkeit vor sieh hat, kann ebenfalls das Compressorium nützen, indem, wenn eine Zellhaut vorhanden ist, dieselbe bei ver-

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inehrtem Drucke platzen und ihren Inhalt plötzlich entlassen wird, während der Tropfen, er sei nun Del, flüssiges Harz oder sonst ein von dem Medium auf dem Ohjectträger chemisch verschiedener Stoff, nur einfach seine Gestalt verändern kann. Will man sehr zarte Gegenstände mit Hülfe der Deckplatte hin und her rollen, ohne die- selben zu zerdrücken, so bedient man sich zweckmäfsig eines oder ^ mehrerer Fäden von Glas oder Siegellack, deren Dicke dem Gegen- stand entspricht, die Deckplatte rollt über diesen Fäden wie über einer Walze dahin. Auch in anderen Fällen, wo man ein Zerdrücken des Gegenstandes durch das Deckglas vermeiden will, ist es rathsam, solche Fäden anzuwenden ; ein Holzsplitterchen versieht zwar denselben Dienst, es saugt aber gleichzeitig von der Flüssigkeit in sich auf, was hei dem Glase oder dem Siegellack nicht der Fall ist.

Bei thierischen wie bei pflanzlichen Gegenständen hat man nicht allein auf die Zellen ^ ihre Beschaffenheit, ihre Form und ihre An- ordnung, sondern auch auf ihren Inhalt, der hei den Pflanzenzellen nach den Functionen , die ihnen von der Natur angewiesen sind, ver- schieden ausfällt, zu achten. Man hat demnach zu unterscheiden 1. ob eine Zelle leer ist, d. h. oh sie Luft enthält, wie z. B. die aus- gebildeten Gefäfse und die Holzzellen, 2. ob sie einen flüssigen und in demselben wiederum einen festen Inhalt besitzt. Die Beschaffenheit des flüssigen Inhalts, ob er aus einer gleichmäfsigen Flüssigkeit be- steht, oder ob sich Flüssigkeiten von verschiedener Consistenz, die sich, wie es scheint, nicht mit einander mischen, in derselben Zelle vorfinden und das V^erhalten dieser Flüssigkeiten zu Reagentien, sind wieder neue Fragen. Endlich sind 3. die festen Bestandlheile des Zellen- inhalts und ihre physikalischen und chemischen Beschaffenheiten zu beachten.

Für manche im Zellsaft gelöste Substanzen, z. B. für den Zucker haben wir keine bestimmte chemische Reagentien, und doch möchte vielleicht die rothe Färbung des Inhalts reifer Pollenkörner, die man oftmals auf Zusatz concenlrirter Schwefelsäure bemerkt, eine Reaction auf Zucker sein, da, wie schon oben angegeben wurde, durch Zucker und Schwefelsäure, bei Gegenwart einer stickstoffhaltigen Substanz, eine rothe Färbung hervorgerufen wird*). Gummi und Dextrin gerinnen durch Alkohol; stickstoffhaltige Substanzen prüft man, wie eben bemerkt.

*) Man vergleiche p. 27.

Fig. 2.

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mit Zucker und Schwefelsäure, wo eine rosenrothe Färbung eintriU, oder mit Jod- sowie mit Chlorzink- Jodlösung, auch mit Salpeter- säure und nachherigera Zusatz von Ammoniak ; es erfolgt in allen 3 Fällen eine intensiv gelbe bis braune Färbung. Wenn man in vor- handenen Tropfen Oel oder Harz vermuthet, so legt man das Präpa- rat für einige Stunden in Aetber oder in absoluten Alkohol, der beides auflösen wird. Für im Zellsaft aufgelöste Salze möchten hie und da einige, auf diese Salze wirkende bestimmte Reagenlien anzuwenden sein.

Zu den festen ßestandlbeilen der Zelle gehören, aufser den Kry- stallen, vornehmlich das Stärkemehl (Fig. 2.), das Inulin und die Chloro- phyllkörner. Ueher diese Gegenstände bitte ich in Schleidens Grundzügen '), desgleichen in meiner Pflanzenzelle“) nachzulesen. Bei den Krystallen wird man häufig schon aus ihrer Gestalt auf deren chemische Zusammensetzung schliefsen können. Die so häufig in den Pflan- zen verbreiteten Octaöder, sowie die langen vierseitigen Spiefse, mit zugespitzten Enden, die sogenannten Raphiden, sind nach Einigen oxalsaurer Kalk. Auch der Polarisationsapparat zeigt wenigstens, ob die Krystalle zum regu- •^lären System gehören oder nicht. Wo die Krystallform nicht ausreicht, hilft oft die An- wendung chemischer Reagentien; so erkennt man den kohlensauren Kalk, aufser an dem Verschwinden seiner Krystalle, bei Zusatz von Salzsäure an dem gasförmigen Entweichen der Kohlensäure. In diesem Falle ist es nothwendig die augenblickliche Einwirkung der Säure auf den Krystall zu beobachten; dies geschieht am besten, wenn der Ge- genstand unter einem Deckglase in einer geringen Menge Flüssigkeit liegt, man bringt alsdann, vermittelst eines dünnen Glasstabes einen Tropfen der Säure vorsichtig an den Rand des Deckglases, derselbe erreicht so ganz allmälig den Gegenstand der Untersuchung und man

Flg. 2. Slärlcenielilkörner bei 200 SOOinaliger Ycrgröfsming; a aus der Kartoffel, h westindischer Arroow-root, c u. d aus Curcuma Zedoaria, c von der Seile gesehen als jdatle Scheibe, e aus der Sarsaparillwurzel, yu. ^ aus der Knolle von Ilimantoglossum, A u. i aus der Bastzelle von Euphorhia anliquorum.

*) Schleidens Grundziige, Aufl. III. Band I. p. 168. “) Schacht, die Pflanzenzelle p. 39.

HERRICHTUNG DER GEGENSTÄNDE.

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hat Zeit die erste Einwirkung der Säure auf die Krjstalle zu beobach- ten. Bei der Anwendung von Jod und Schwefelsäure empfehle ich, wenn es darauf ankommt, die erste Einwirkung der Säure auf den mit Jod getränkten Pflanzenschnilt zu sehen, ebenfalls dies Ver- fahren.

Das Stärkemehl charakterisirt sich durch seine blaue Färbung auf Jodzusatz; das Inulin wird durch Jod schwach gelb gefärbt und oft erst nach dessen Anwendung sichtbar; das Chlorophyll ist jeder- zeit grün gefärbt, seine Körner verlieren dagegen diese Farbe durch Behandlung mit Alkohol, der grüne Farbstoff, welcher dieselben über- zieht, scheint somit chemisch anders zusammengesetzt als die Körner selbst zu sein , die nach Schleiden aus einem wachsartigen Stoff, aber ungleich häufiger aus Stärkemehl bestehen. Noch mancherlei andere feste oder halbfeste Körper die zum Theil mit bestimmter Gestalt, zum Tbeil formlos in der Pflanzenzelle auftreten und sich meistens durch Jod gelb oder bräunlich färben , bisweilen aber auch keine Farbenveränderung zeigen (z. B. die Körner in den Blättern einiger Lebermoose, Jungermannia anomala, Alicularia scalaris) können wir zur Zeit durchs Blikroskop noch nicht bestimmen. Zu den sich durch Jod braun färbenden Stoffen gehört auch der Inhalt der Zellen des Samen- eiweifses vieler Pflanzen, z. B. der Rhinanthaceen (wahrscheinlich so- genanntes Legumin). Für die mikroskopische Untersuchung mit An- wendung chemischer Reagentien ist noch ein grofses Feld geöffnet. Sehr häufig findet man fettes Del emulsionsartig gebunden in den Pflanzenzellen; Zusatz von Schwefelsäure macht alsdann das Del frei, es erscheint in Tropfengestalt auf der Objectplatte.

Für die Erforschung des Stärkemehls möchte die Chlorzink- Jod- lösung noch einige Vortheile gewähren. Prof. Schulz in Rostock hatte die Güte, mir hierüber seine Wabrnehmungen milzutheilen. Ich habe seine Versuche mit ächt westindischem Arrow -rool wiederholt; die Körner färbten sich anfangs hellbraun- violett, die Schichtung war nicht besonders deutlich, durch ein gelindes Erwärmen der Object- platte über der Spirituslampe trat aldann eine blaue Färbung ein, die Schichten lösten sich, indem sie ganz allmälig von Aufsen nach Innen aufquollen; der innere Theil der Stärkemehlkörner erschien bisweilen noch unverändert, während die äufseren Schichten sich bereits abge- löst hatten. Nach Stunde war die Färbung violett, sämmtliche Schichten halten sich mehr oder weniger aufgelockert, die äufseren

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GEBRAUCH DES SIIKROSKOPES UND

Wären zuui Tlieil nicht mehr kenntlich , sondern in einen blau oder violett gefärbten körnigen Stolf iibergegangen.

Die Anwendung chemischer Reagentien ist aber nicht allein für den Zellinhalt, sondern auch für die Kenntnifs der Zellwandung von «•rofser Wichtigkeit; durch Jod und Schwefelsäure oder durch Chlorzink- Jodlösung erkennt man z. B. an der blauen Färbung die Gegenwart des Pflanzenzellstoffes in der Zellwand. Nach der Maceration durch chlorsaures Kali und Salpetersäure werden sämmtliche Holz- und Ge- fäfszellen durch ihre ganze Masse von Chlorzink- Jodlösung blau ge- färbt, was vorher in der Regel nieht der Fall ist. Die oxydirende Flüssigkeit löst hier aufser dem Interzellularstoff, welcher die Zellen mit einander verbindet, auch den Holzstoff, der gleich dem Korkstoff die blaue Färbung des Zellstoffs durch Jod und Schwefelsäure ent- weder ganz behindert oder als grüne Färbung erscheinen läfst. Während sich der Holzstoff löst, wird der eigentliche Korkstoff in eine wachs- artige Masse verwandelt; um ihn zu entfernen, kocht man die Pflanzen- theile in einer Porzellanschale mit Aetzkalilösung und süfst dieselben in Wasser, am besten durch mehrmaliges Auskochen aus; jetzt färhen nicht allein Jod und Schwefelsäure, sondern sogar Jodlösung für sich in der Regel den zurückbleibenden Zellstoff blau oder violett. Der Holzstoff findet sich in der Wand aller verholzter Zellen, der Kork- stoff erscheint dagegen in allen Korkbildungen, ferner in den soge- nannten Cuticularschichten der Oberhautzellen, z. B. in der Oberhaut von Viscum. Die Cuticula wird von kochendem Aetzkali gleich dem Interzellularstoff gelöst; der Zellstoff quillt hierbei nur etwas auf, er wird nicht aufgelöst, dagegen löst das Macerationsverfahren nach Schulz bei längerer Anwendung auch die aus Zellstoff bestehende Zell- wand vollständig, was sehr zu beachten ist, um nicht in Irrthümer über den Bau der Zellwand zu verfallen. In macerirten Zellen findet man z. B. häufig Löcher, obschon* vor der Maceration ein zartes Häutchen das scheinbare Loch überkleidete; man findet ferner freie Fasern, wo vormals eine zusammenhängende Membran, welche nur faserartig angeordnet diehtere Partien besafs, vorhanden war, z. B. bei vielen Bastzellen. Für derartige Fragen darf man sich deshalb auf das Macerationsverfahren niemals allein verlassen. Die wirkliche Inter- zellularsubstanz und die Cuticula werden weder vor noch nach der Maceration von Chlorzink- Jodlösung blau gefärbt.

Die Gröfsenbestimmung kleiner Gegenstände durchs Mikroskop ist

HERRICIITÜNG DER GEGENSTÄNDE.

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ebenfalls nicht selten von Wichtigkeit, man benutzt für sie das Schrauben- mikrometer und das Glasmikrometer. H. v. Mohl°) behandelt in seiner Mikrographie diesen Gegenstand sehr gründlich, ich verweise deshalb auf ihn und will nur kurz der beiden Messungsmelhoden gedenken, die ich anzuwenden pflege und die auch v. Mohl für genügend er- khärt. Für beide benutzt man das Glasmikrometer, und kommt es deshalb zunächst auf die genaue Theilung eines solchen an. Die Messung durch das im Ocular auf dem Diaphragma liegende Glas- mikrometer, wie es Oberhäuser heigiebt, ist sehr bequem, man zählt nur die Theilungen des Mafsstabes, von der einen Grenze des Gegen- standes bis zur andern. Der Werth dieser Theilungen ist aber na- türlich nach der angewandten Objectivvergröfserung ein anderer; diesen Werth mufs man genau kennen, Oherhäuser gieht ihn gevC^öhnlich für jedes Objectivsystem an, und man bedarf alsdann nur einer kleinen Rechnung, um aus der direkt gefundenen Zahl die wahre Gröfse des Gegenstandes zu erfahren. Will man den Werth der Theilungen des Ocularmikrometers bei verschiedenen Objectivvergröfserungen selbst bestimmen, so benutzt man ein anderes Glasmikrometer, das unters Objectiv gelegt wird, und sieht jetzt hei genauer Einstellung, indem man das Ocular so dreht, dafs die Theilstriche seines Mafsstahes genau über die Theilstriche des unterm Objectiv liegenden Mafsstabes fallen, in welchem Verhältnisse die Theilungen des einen zu denen des an- deren stehen. Ich benutze zum Unterlegen ein vortreffliches, in Mes- sing gefafstes Glasmikrometer (|- Milliinetre in 100 Theile getheill). 9 Theilungen meines Mikrometeroculars decken hei System 4 diesen j Millimetre; 20 Theilungen desselben Oculars entsprechen dagegen bei System 7 nur 30 Theilungen des als Object benutzten Mikro- meters. 9 Theilungen des Ocularmikrometers sind also für System 4 = Millimetre, 20 Theilungen desselhen Oculars dagegen für Sy- stem 7 = oder ^ Millimetre. Etwas umständlicher, aber wohl noch etwas genauer, wird die Messung durch das unterm Objectiv liegende Glasmikrometer mit Hülfe der Camera lucida. Man entwirft hier zuerst, in einer bestimmten Entfernung von der Camera (etwa bei 250 Millimetres Abstand) mit der letzteren eine genaue Umrifszeich- nung des Gegenstandes, und läfst alsdann ebenfalls mit der Camera lucida, bei gleicher Entfernung, das Bild des Mafsstabes auf

*) V. Mohl’s Mikrograpliie pag. 278 320.

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gebrauch des mikroskopes.

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die Zeichming fallen; hier findet man, da man im Glasmikrometer ein bekanntes Mafs benntzle, direct den Gröfsenwerlb des Gegenstandes.

Dasselbe Verbibren benutzt man zweckmäfsig zur Bestimmung der Vergröfserungen seines Mikroskopes, indem man das Bild des Glasmikrometers entweder direct auf einen anderen Mafsstab fallen läfst , oder die Tbeilstriche des vergröfserten Mafsstabes mit der Blei- feder auf Papier zeichnet und mit dem Zirkel auf den nicht vergröfser- ten Mafsstab überträgt. Ich habe alle meine Vergröfserungen auf diese Weise, bei 250 Millimetres Abstand, bestimmt; ich benutzte dazu das erwähnte Glasmikrometer Millimetre in 100 Theile getheilt), welches ich unter das Mikroskop legte, als nicht vergröfserter Mafs- stab diente 1 Decimetre in Millimetres gelheilt. Im Abschnitt VII. spreche 'ich noch einmal über diesen Gegenstand.

Bei Anwendung des Schraubenmikrometers ist ein Fadenkreuz im Ocular nothwendig; man stellt den Gegenstand so ein, dafs dessen äufsere Grenze den einen Faden genau zu berühren scheint, und merkt sich alsdann genau die Stellung der mit einem Gradbogen, dem mei- stens noch ein Nonius beigegeben ist, versehenen Mikrometerschraube. Man bewegt jetzt diese Schraube so lange bis die entgegengesetzte Grenze des Gegenstandes den Faden zu berühren scheint und sieht nun wieder auf den Gradbogen und Nonius der Mikrometerschraube. Nach der Zahl der gemachten ganzen Umdrehungen, welche eine Seiten- theilung angiebt, sowie nach der letzten unvollständigen Umdrehung, welche man durch den Gradbogen und den Nonius der Mikrometer- schraube erfährt, berechnet man darauf die wahre Gröfse des gemessenen Gegenstandes. Der Werth der Theilungen wird von jedem Optiker angegeben. Da selbst bei der gröfsesten Genauigkeit nicht alle Theile der Mikrometerschraube vollkommen gleich ausUdlen, so genügt hier eine Messung nicht, man mufs deren mindestens 4 bis 5 und zwar mit verschiedenen Stellen der Schraube ausfiihren und aus den gefun- denen Zahlen die Mittelzahl als wahre Gröfse des Gegenstandes be- trachten.

IV.

Die Pflanzenzelle in ihrer verschiedenen Gestalt, Ausbildung und Anordnung.

l^ic Pdanzenzelle ist die Grundlage aller Pflanzentheile, eine gründ- liche Kenntnifs dieser Zelle in den verschiedenen Zuständen ihrer Aus- bildung ist demnach, ehe man mit einigem Erfolg specielle Unter- suchungen vornehmen kann, durchaus nothwendig. Eine Kenntnifs nach Büchern und Abbildungen ist hier nicht ausreichend, man mufs die Elementartheile der Pflanze aus eigener Anschauung kennen lernen und deshalb sein Studium mit ihnen beginnen. Ich will in diesem Abschnitt auf die wichtigsten Momente im Bau der Zelle auf- merksam machen und zugleich zeigen, wo man die passenden Ge- genstände findet und wie man sich mit ihnen am besten bekannt macht.

Ich beginne mit der freien Zelle. Im Fruchtbrei saftiger Früchte, z. B. in der reifen Johannisbeere oder Himbeere, desgleichen in den Früchten der Schneebeere, auch in den Blättern der Nelkenarten sind die Zellen so lose verbunden, dafs man nur kleine Portionen des Frucht- breies oder Blattparenchyms mit einem Messer abzuheben, unter Wasser auf eine Objectplatte zu bringen und auf derselben möglichst dünn auszubreiten hat. Man wird in diesem Falle eine Menge isolirter Zel- len , als ringsumschlossene Säckchen finden , die bei der Johannisbeere und Himbeere einen gefärbten, hei der Schneebeere dagegen einen nicht gefärbten flüssigen, von körnigen Schleimfäden oftmals vielfach durchzogenen Inhalt besitzen. Jede dieser Zellen führt in der Regel einen deutlichen Zellkern (Cytoblasten), d. h. ein rundes oder länglich rundes, oft scharfgezeichnetes und durchsichtiges, häufiger jedoch minder scharf umgrenztes, körniges Körperchen,' in dessen Inneren

54 DIE PFLA^ZENZEDLE, IHRE GESTALT,

mau häiilig noch ein oder mehrere viel kleinere, runde, meistens hell durchscheinende Körperchen, die sogenannten Kernkörperchen

des Zellkernes, erblickt. In einer Jahreszeit, wo es keine derartigen Früchte giebt, kann man sich zweckmäfsig einer nafsfaulen Kartoffel bedienen. Der nasse breiige Theil derselben be- steht nämlich aus isolirten Zellen, welche in der Regel noch reichlich Stärkemehl enthalten, aber auch häufig schon von Pilzfäden vielfach durchbrochen sind. Die breiig faulen Partien eines Apfels oder einer Birne zeigen dasselbe. Behandelt man eine solche frei liegende Zelle mit Jodlösung, so färbt sieh die ölembran der Zelle selbst schwach gelb, während der Zellkern und der körnige, ihn häufig umgebende und ebenso meist im Umkreis der Zellwandung verbreitete Schleim eine braungelbe Färbung annimmt; entfernt man jetzt, wie ich es auf Pag. 26 angegeben, die Jodlösung vermittelst eines Haarpinsels und fügt man einen Tropfen Schwefelsäure von der bestimmten Stärke hinzu; oder wendet man noch besser einen Tropfen der von Schulz empfohlenen Chlorzink- Jodlösung an, so färbt sich die Membran der Zelle selbst schön blau, während der Zellkern und der körnige Schleim ihre braungelbe Farbe behalten. Der Zellkern ist bisweilen so durch- sichtig, dafs man ihn erst durch Jodzusatz erkennbar macht; man findet ihn besonders schön in den Geweben der Orchideen (Fig. 3.); er ist dort grofs und scharf gezeichnet. Die Chlorzink- Jodlösung wirkt jedoeh, wie schon bemerkt, nicht in allen Fällen blau färbend, was zum Theil von dem Grade der Concentration, in welchem sie ange- wendet worden, noch mehr aber von der Beschaffenheit der Membran der Zelle selbst abhängig ist.

Die blaue Färbung eines Pflanzentheiles durch Jod und Schwefel- säure hat man bisher als sicheres Reagenz auf Pflanzenzellstoff (Cel- lulose) betrachtet; ich sehe mich durch mehrjährige Beobachtungen veranlafst, dieselbe nur als Nachweis für einen bestimmten Hjdrat- zustand dieses Stoffes anzunehmen. Die Membran ganz junger Zellen wird nämlich durch Jod und Schwefelsäure anfänglich gelb, dann

Fig. 3. Eine Zelle aus der Wurzel von Himantoglossum hircinum mit den Wänden benachbaiter Zellen; a die Zellwand, h der Primordialschlauch, c der Zellenkern (200 mal vergröfsert).

AUSBILDUNG UND ANORDNUNG.

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röthUch, darauf violett und zuletzt, oftmals erst nach Verlauf einer Stunde, blau gefärbt, während die Membran älterer Zellen augenblick- lich diese Färbung annimmt. Da die Schwefelsäure wahrscheinlich wasserentziehend auf den Zellstolf wirkt, so scheint mir die Membran der jüngeren Zellen einen gröfseren Wassergehalt zu besitzen oder zum wenigsten das Wasser fester gebunden zu enthalten, so dafs erst allmälig derjenige Hydratzustand eintreten kann, für welchen die blaue Färbung charakteristisch ist. Dieselbe blaue Färbung des Zellstolfs erfolgt durch Zusatz von Chlorzink- Jodkaliumlösung, auch heim Be- tupfen eines Pflanzenschnittes mit Jodtinctur ; in letzterem Falle mufs man jedoch das Präparat vorher eintrocknen lassen, und später de- stillirtes Wasser hinzufügen. Hier scheint dem Zellstolf durchs Aus- trocknen Wasser entzogen zu werden. Abgestorbene braune Zellen färben sich durch Jod und Schwefelsäure, desgleichen durch Chlor- zink-Jodlösung, nicht mehr blau; die Zellwand der hraungefärbten Partien einer kranken Kartoffel bleibt braun, während die benachbar- ten noch gesunden Zellen eine schöne blaue Färbung annehmen.

Die braune Färbung des Zellkernes und des körnigen Schleimes durch Jod und die Fortdauer dieser Färbung auf Zusatz von Schwefel- säure wird ziemlich allgemein als Beweis für die Gegenwart des Stick- stoffes angesehen. Dafs sowohl der Zellkern als der körnige innere

ft

Schleimüberzug, (v. Mohl’s Primordialschlauch), stickstoffhaltig sind, ist wohl mehr als wahrscheinlich, obschon diese braune Färbung allein keinen Stickstoffgehalt mit Sicherheit begründen kann, da sowohl ab- gestorbene Zellen, z. B. in der kranken Kartoffel und ebenso die so- genannte Cuticula der Blätter durch Jod, sowie durch Jod und Schwefel- säure gelb oder gelbbraun gefärbt werden, ohne dafs man hier, wie ich glaube, einen Stickstoffgehalt annehmen darf. Ich mufs jedoch bemerken, dafs alle diese Theile schon vor der Anwendung von Jod gelb gefärbt erscheinen und dafs diese Färbung durch das Jod nur noch erhöht wird, während der Zellkern und der körnige Schleim meistens vorher farblos sind. Die Chemie läfst uns hier leider noch sehr oft im Stich; wir können nur wenige Stoffe im Inhalt der Zelle z. B. Stärkemehl, Inulin, Chlorophyll und einige krystallisirte Salze mit Sicherheit unterscheiden. Die rothe Färbung durch Zucker und Schwefelsäure hervorgerufen, ist jedenfalls ein viel besserer Beweis Pur die Anwesenheit des Stickstoffes; doch ist zu bemerken, dafs dies Verfahren sehr geringe Mengen des genannten Stoffes nicht anzeigt.

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niE PFLANZENZELLE, TlinE GESTALT,

weil dann die Färbung allzu schwach auftritt. Th. Hartig hat ^anz neuerlich die Beobachtung gemacht, dafs stickstoffhaltige Stoffe viel rascher und intensiver Pdanzenfarhstoff aufnehmen; so wird nach ihm der Zellkern und die Protoplasmaströme , welche von selbigem zur Peripherie verlaufen, durch Carminlösung lebhaft roth gefärbt; Indigo- lösung, Tinte u, s. w. wirken ähnlich. Die Hartig’sche Entdeckung kann vielleicht für das Auflinden stickstoffhaltiger Verbindungen sehr wichtig werden.

Nachdem man sich mit dem Bau der einzelnen Zelle als geschlos- senes Säckchen, mit flüssigem und festem Inhalt erfüllt, bekannt ge- macht hat, nachdem man im Zellkern einen wesentlichen, in jungen Zellen niemals fehlenden, nur durch den körnigen Inhalt der Zelle oftmals verdeckten Theil des Inhalts derselben gefunden und sich auch über dessen Bau, die Anw^esenheit oder Abwesenheit der Kernkörperchen und über deren Zahl, sowie über das Verhalten des Zellkernes zur Zelle, ob er central oder wandständig ist, d. h. ob er in der Mitte der Zelle oder an der Wand in dem vorhandenen Proto- plasma liegt, verständigt hat, empfehle ich noch die Einwirkung ver- dünnter Säuren (verdünnte Schwefelsäure oder Salpetersäure) auf die frische Zelle zu beachten. Durch selbige, desgleichen durch Alkohol und durch Zuckerwasser, wird nämlich die meistens körnige innere Schleim auskleidun g der Zelle zum Gerinnen gebracht, sie zieht sich in der Regel wie ein geschlossener Sack, den festen Inhalt der Zelle umfassend, zusammen; v. Mohl nannte sie den Primordialschlauch. Man findet denselben in allen jungen Zellen, ebenso in den Zellen aller saftigen Gewebe, im Blatte der Aloe und Agave, im frischen Blatte der Lebermoose, in den Zellen saftiger Früchte, im jungen Rindenparenchym der Linde u. s. w. ; in stark verdickten Zellen ist der Primordialschlauch nur selten nachzuweisen; in allen bereits Luft führenden Zellen fehlt derselbe.

Betrachten wir jetzt die Pflanzenzelle in ihrer weiteren Ausbil- dung, so haben wir vor allem drei Punkte ins Auge zu fassen. 1. Das Wachsthum d. h. das Gröfserwerden der Zelle. 2. Den Grad und die Weise der Verdickung der Zellwand. 3. Die Anordnung der Zellen zu einander.

1. Die Pflanzenzelle, die hei ihrem Entstehen sehr häufig ein rundes, geschlossenes Säckchen bildet, vergröfsert sich später entweder a) nach allen Seiten und an allen Stellen ihres Umkreises gleich-

AUSBILDUNG UND ANORDNUNG.

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inäfsig; die Zelle behält dann, wenn sie von benachbarten Zellen wenig gedrückt wird, ihre ursprüngliche runde Gestalt. Diese Zellform ist in der Natur verhältnifsmäfsig selten, man findet sie^öfter bei den Fortpflanzungszellen, den Sporen und den Pollenkörnern, aufserdem im Fruchtbrei reifer saftiger Früchte. Häufiger werden derartige Zellen durch gegenseitigen Druck vieleckig, die Zahl dieser Ecken rich- tet sich nach der Zahl und Anordnung der sie umgrenzenden Zellen; sehr häufig erscheinen derartige Zellen auf einem Querschnitt als 5, 6 oder mehreckig. Gewebe, aus solchen Zellen bestehend, hat man als regelmäfsiges Parenchym bezeichnet. Dasselbe ist sehr verbreitet, man findet es in der Kartoffel, im Mark der meisten Bäume, in den Wurzeln der Orchideen , im Blatt der Aloe' u. s. w.

b) Die Pflanzenzelle entwickelt sich nach einer Richtung über- wiegend; wir erhalten auf diese Weise entweder der Länge oder der Breite nach langgestreckte Zellen. Länge und Breite kann hier nur mit Bezug auf die Anordnung der Zellen zu einander eine Be- deutung haben; als der Länge nach gestreckte Zellen betrachte ich z. B. die Holzzellen, weil sie der Längsrichtung des Stammes folgen, als der Breite nach gestreckte Zellen dagegen die Markstrahlzellen, weil sie in der entgegengesetzten Richtung verlaufen. Je nach dem Grade der einseitigen Ausdehnung erhalten wir mehr oder minder langgestreckte Zellen. Im Stengel saftiger Pflanzen, z. B. im Stengel der Balsaminen findet man das sogenannte langgestreckte Parenchym, aus ziemlich weiten nur schwach verdickten Zellen bestehend; das Cambium der dicotyledonen Pflanzen enthält ebenfalls langgestreckte enge, sehr zartwandige Zellen; auch die Holzzellen sind in der Regel langgestreckt und dabei stark verdickt, jedoch an beiden Enden zuge- spitzt. Um die Gestalt aller dieser Zellen genau zu erforschen, bedient man sich zweckmäfsig des von Schulz vorgeschlagenen Macerations- verfahrens.

c) Die Pflanzenzelle vCrgröfsert sich zwar nach allen Seiten hin, aber nicht an allen Stellen ihres Umkreises, in gleichem Mafse. Die zierlichste Art dieser Zellen bildet das sogenannte sternförmige Ge- webe z. B. im Mark der Binsen (Juncus conglomeratus), im Blattstiel von Musa ; weniger regelmäfsig findet man dasselbe in vielen anderen schwammigen Pflanzengeweben. Es ist hier oftmals schwierig, die eigentliche Form der Zellen, wenn ihre Scheidewände sehr zart sind, zu erkennen. Chlorzink- Jodlösung oder Jod und Schwefelsäure, wo-

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DIE I’FLANZENZELLE , IHRE GESTALT,

durch diese Zellen in der Regel blau gefärbt erscheinen , sind in diesem Falle sehr anwendbar. Ein solches Gewebe ist, da sich seine Zellen nur an bestiinmlen, oft sehr beschränkten Stellen berühren, von Luft- kanälen durchzogen; daher seine schwammige Beschaffenheit, Die Ober- haut vieler Pflanzen, z. B. des Blattes der Buche, desgleichen vieler Farrenkrautblätter, besteht aus flachen Zellen, deren Wände zahnförmig in einander greifen, indem ge- nau jeder Vorsprung der einen Zelle in eine ent- sprechende Vertiefung der benachbarten Zelle ein- greift; ein derartiges Gewebe unterscheidet sich vom schwammförmigen Gewebe durch das Fehlen der Luftkanäle zwischen den Zellen. Das Peri- derma der Kiefer (Flg. 4.) ist solcher Oberhaut ähnlich gebaut. Die pergamentartigen Flügel der Borkenschuppen dieses Baumes bestehen aus dem- selben; man isolirt diese Peridermaschichten am besten nach der Methode von Schulz.

2. Die Pflanzenzelle verdickt sich, wie es scheint, nur durch Ablagerung fester Substanzen von Innen her auf ihre ursprüngliche, aus Zellstoff bestehende, Wand. Diese Ablagerung neuen Zellstoffs scheint vielfach unter der Form einer Spirale zu erfolgen (Fig, 5);

Fig 5. Holzzellen, z. B. bei den jüngsten Holz-

zellen eines frischen Zweiges von Picea \Tilgaris erkennt man im Frühling und Sommer das zierlichste Spiralband; in den älteren Holzzellen ist es dagegen fast verschwunden. Das Spiralband der sogenannten Spiralgefäfse , die Zeichnung in den Verdickungsschichten der Bastzellen von Vinca minor, die Anordnung der verdünnten Stellen in der Verdickungsmasse der Holzzellen von Caryota urens und Hernandia sonora, sowie die Stellung der spaltenförmigen Poren vieler Holz- zellen, z. B. bei Cycas, sind ebenfalls Beweise für die Ab- lagerung der Verdickungsmasse in Form einer Spirale. In vielen anderen Fällen, z. B. beim Sameneiweifs der Dattel, des Cyla-

Fig. 4. Zellen aus dem Periderma der Kiefer (Pinus silvestris), 200 mal vergröfsert. Dieselben sind durch Kochen mit chlorsaurem Kali imd mit Salpeter- säure isolirt worden.

Fig. 5. Eine Zelle aus dem Gefäfsbündel von Mamillaria steUaris. Das Spiralband ist hier plaltenförmig ausgebildet. (Vergröfserung 200 mal).

Fig. 4.

AUSBILDUNG UND ANORDNUNG.

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inen, ferner im sogenannten Collencliym der Rinde, desgleichen im Blattgewebe vieler Lebermoose, wo nur die Ecken der Zellen verdickt sind (Jungermannia anomala, J. crenulata), ist keine Spirale in den übrigens sehr entwickelten Verdickungsscbichten nachweisbar. Die letz- tere, sowie die ringförmige Verdickungsweise scheint überhaupt nur da aufzutreten, wo die Zellen selbst noch eine Zeit lang stark ver- längert werden, während schon eine Verdickung erfolgt ist. Die nicht verdickten Partien der Zellwand strecken sich bei dieser Verlängerung, die Windungen des Spiralhandes oder die Ringe werden dadurch mehr und mehr von einander gezogen, was schon bei einer netzPörmigen Verdickungsweise, wo auch nach der Längsrichtung Verdickungen ent- standen sind, nicht mehr oder in beschränkterem Grade möglich ist. Eine genaue Entwickelungsgeschichte der Stengelglieder der Balsamine ist für diese wichtige Frage besonders zu empfehlen. In den jüngsten Internodien findet man hier nur Spiral- und Ringgefäfse mit dicht an einander liegenden Windungen oder Ringen; je mehr sich das Inter- nodium verlängert, um so mehr wachsen dagegen auch mit ihm seine Zellen. Die Windungen und Ringe der zuerst entstandenen Gefäfse sind jetzt weit von einander gezogen, sie entfernen sich noch immer mehr, je mehr sich das Internodium verlängert. Hierbei entstehen fortwährend neue Gefäfse und zwar so lange das Längswachsthum des Stengelgliedes fortdauert, derselben Art, sobald dagegen die Ver- längerung des Internodiums beendigt ist, bilden sich netzförmige Ge- fäfse u. s. w. Die Entwickelungsgeschichte der Stengelglieder junger Zweige eines jeden Waldbaumes lehrt dasselbe; deshalb erscheinen in der Markscheide überall Spiral- oder Ringgefäfse, während selbige in den meisten Fällen im eigentliehen Holz nicht mehr Vorkommen. Die Markscheide aller Coniferen zeigt statt der Holzzellen spiralförmig verdickte Zellen °).

In fast allen stark verdickten Zellen, z. B. in vielen Holzzellen, erblickt man aufserdem eine deutliche Schichtung in der Verdickungs- masse; es scheint darnach als ob die Verdickung periodisch erfolgte. Beobachtungen an den Holzzellen von Carjota urens und Hernandia sonora“) zeigten mir, dafs mit diesen Schichten sich auch die Rich- tung der Spirale ändern könne. Die Verdickungsmasse verbreitet sich,

*) Man vergleiche meine Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Ge- wächse p. 248 264.

**) Botanische Zeitung von 1850. No. 39.

60 DIE PFDANZENZELLE, IHRE GESTALT,

wie schon das Spiralband zeigt, nicht über die ganze Wand der Zelle gleichinäfsig, sie besteht nicht aus spiralig verlaufenden Fasern, die Spirale bezeichnet nur stärker verdickte Stellen der Schichten').

In der Verdickungsmasse der Zellwand zeigen sich hier und da, häufig in der Richtung einer Spirale gestellte, oft regelmäfsig geformte, verdünnte Stellen, welche namentlich dem Stoffwechsel der Zellen unter einander zu dienen scheinen. Selbst in schwach verdick- ten Zellen erkennt man auf dünnen Längs- oder Querschnitten, zu- mal bei Anwendung von Chlorzink- Jodlösung oder Jod und Schwefel- säure, die verdünnten Stellen der Zellwand, indem selbige beinahe

farblos bleiben, während sich die ver- dickten Partien der Zellwand schön blau färben. (Als Beispiele das Stärkmehl führende Gewebe der Kartoffel, die Zellen des Laubes von Fegatella conica, von Preissia commutata u. s. w.). Bei stärker verdickten Zellen erscheinen diese ver- dünnten Stellen als Porenkanäle; diese Porenkanäle kommen , mit Ausnahme der Blattoberhaut einiger Pflanzen (Cycas re- voluta, Aloö succotrina, Hakea u. s. w.), immer nur da vor, wo sich zwei Zellen berühren , der Porenkanal der einen Zelle trifft dann immer genau auf den Poren- kanal der anderen Zelle, beide sind je- doch durch eine dünne Membran von einander geschieden. (Als vorzügliches Beispiel das Sameneiweifs des Dattelkerns) (Fig. 6). Zwischen den Wänden beider Zellen findet sich häufig ein linsenför- miger Raum , der sogenannte Tüpfelraum. Die Holzzellen der Coniferen bieten hier- für die besten Beispiele, auch die Gefäfs-

Fig. 6. Zellen aus dem Sameneiweifs der Dattel im Querschnitt und im Längsschnitt; a die stark verdickten Partien der Zelhvandung, h die Porenka- näle, X die Trennungslinie der beiden sich berührenden Zellen. (400mal vergr.).

’) Man vergleiche meine Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Ge- wächse p. 221 235.

Fig. 6.

AUSBILDÜNG UND ANORDNUNG.

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zellen der tropischen Schlinggewächse (BUttneria, Porana), bei denen häufig verzweigte Porenkanäle Vorkommen, sind sehr zu empfehlen. Porenkanäle in Verbindung mit dem erwähnten linsenförmigen Raum nennt man T.üpfel. Um sich über den Bau der letzteren zu ver- ständigen, mufs man sie von 3 Seiten sehen. Auf einem Querschnitt und einem Längsschnitt, welcher sich mit den Markstrahlen kreuzt, sieht man sie bei Pinus silvestris von der Seite, man erkennt den Porenkanal einer jeden Holzzelle und zwischen beiden den linsenför- migen Raum; auf einem Längsschnitt, welcher den Markstrahlen folgt, erblickt man dagegen die Tüpfel von oben, und zwar als einen gröfseren und als einen kleineren Kreis; der gröfsere Kreis ist die Grenze des linsenförmigen Raumes, der kleinere in seiner Mitte, entspricht dem Porenkanal. Der letztere erscheint nicht immer als Kreis, bei den Holzzellen von Cycas ist er z. B. spaltenförmig, weil hier der Poren- kanal platt gedrückt ist. Wenn der Porenkanal endlich, wie es bei einigen Hölzern der Fall ist, kegelförmig ins Lumen der Zelle mün-

Fig. 7. Partie aus zwei neben einander liegenden und mit emander ver- bundenen Ilolzzellen von einem fossilen Leguminosenstamm. Der kohlensaure Kalk, in den dieses Holz übergegangen war, ist durch sehr verdünnte Salz- säure entfernt worden; man sieht die Tüpfelräume (d) und die Porenkanäle (c), welche auf dieselbe verlaufen, von einer zarten Haut (?>), der Jüngsten Yer- dickungsschicht dieser Zehen, umkleidet, die älteren Verdickungsschichtcn (J") sind stark verändert, sie werden durch Betupfen mit einem Pinsel leicht ent- fernt. Bei e sieht man einen Porenkanal von oben, bei y erblickt man ihn von der Seite. Der Porenkanal ist hier spaltenförmig. (300 mal vcrgröfsert).

,, 0 Nach dem Grade der Verdickung unterschei-

de? det man Parenchymzellen (meistens schwach J verdickte, an den Enden nicht zugespitzte und

,e spricht (Fig. 7.).

det, so erscheint zwischen den beiden ge- nannten Kreisen noch ein dritter Kreis, welcher der weiten Mündung des Porenkanals ent-

nicht in einander geschobene Zellen) und Pro- senchym- oder Holzzellen, deren Wandungen meistens stark verdickt sind und die sich mit spitzen Enden in einander sehieben. Mit selbigen nahe verwandt sind die Bastzellen, deren Ver- dickungsmasse jedoch weniger fest und spröde, sondern mehr biegsam und zähe ist, wodurch

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DIE PFEANZENZELLE , IHRE GESTALT,

sie vielfach technisch so brauchbar werden. Die Gefäfszellen unter- scheiden sich von allen anderen Pllanzenzellen dadurch, dafs sie in Reihen übereinanderslehend durch das entweder vollständige oder theil- weise Fehlen ihrer Querscheidewände mit einander in unmittelbarer Verbindung stehen und so gewissermafsen eine zusammenhängende Röhre bilden. Wenn die Querwände der Gefäfszellen in horizontaler Richtung auf einander treffen, so findet man in der Regel die Quer- wand von einem runden Loch durchbrochen (dieser Fall ist der ge- wöhnlichste); treffen die Querwände dagegen in schiefer Richtung auf einander, so sieht man sehr häufig statt der runden Löcher soge- nannte leiterförmige Scheidewände, d. h. der Breite nach verlaufende spaltenförmige, neben einander liegende Löcher; bei den Gefäfszellen von Ainus, Betula, Corjlus, Platanus, Buxus, Thea Bohea, Caryota urens u. s. w. ; bei Ephedra kommen unter gleichen Verhältnissen statt der spaltenförmigen Löcher meistens doppelte Reihen runder Löcher vor. Wirkliche Löcher der Zellwand finden sich aufserdem nur sehr selten, z, B. im Blatt und in der Rinde des Stengels von Sphagnum.

Das Spiralgefäfs ist der eigentliche Typus der Gefäfszelle, in ihm ist die Ablagerungsmasse als fortlaufendes Spiralband entwickelt; im Ringgefäfs ist dagegen die Verdickungsmasse in Ringforra abgelagert, jeder Ring steht mit dem vorhergehenden und dem folgenden in keinem Zusammenhang. Im Stengel der Balsamine und bei vielen anderen saftigen Pflanzen findet man die schönsten üebergänge vom Spiral- zum Ringgefäfs. Bei den sogenannten treppenförmigen Gefäfsen, welche im Holz des Weinstocks, auch in den Blattstielen der Farrenkräuter, am gröfsten aber im Stamm der Baumfarren auftreten , sind die fast wagerechten Verdickungsleisten, welche vielleicht als Spiralbänder ge- deutet werden können, gewissermafsen durch senkrechte Verftickungs- leisten, welche nur an den Ecken der Gefäfszelle auftreten, verbun- den. Bei netzartig, oftmals sehr zierlich, verdickten Zellen treten diese Längsleisten, welche die Spirale verbinden, noch zahlreicher hervor (Fig. 8). Die Gefäfsbündel des Stengels der Balsamine zeigen, mit Ausnahme der Treppengefäfse, alle hier genannten Formen in schönster Ausbildung. Getüpfelte Gefäfse findet man besonders schön im Holz von Laurus Sassafras, desgleichen bei der Hainbuche (Car- pinus); bei Tilia europaea sind Tüpfel und Spiralband vorhanden, dasselbe gilt für die Holzzellen von Taxus. Das Treppengefäfs zeigt auf dem Längsschnitt zwischen je zwei Windungen einen Tüpfelraum,

AUSBILDUNG UND ANORDNUNG.

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dieser Tüpfelraum ist, wie der sehr gelungene Querschnitt nachweist, spaltenförmig; dasTreppen- gefäfs steht somit, weil es Tüpfelräume besitzt, dem getüpfelten Gefäfs am nächsten. Das von Schulz vorgeschlagene Macerationsverfahren ist für die Erforschung der Zellen selbst sehr empfehlens- werth. Für die Beobachtung der Gefäfszellen sind alle saftigen Stengel, fast ohne Ausnahme, sehr geeignet.

Die Gefäfse und die Holzzellen führen, sobald sie als solche ausgebildet sind, Luft; das Paren- chym ist dagegen mit flüssigem Inhalt, in welchem feste Stoffe gelöst oder vertheilt Vorkommen, er- füllt. Wenn man einen nicht zu dünnen Längs- schnitt durch das Gefäfsbündel eines frischen Pflan- zentheils unter Wasser betrachtet, so wird man, ehe das Wasser Zeit hat, in die Gefäfszellen zu dringen, dieselben bei auffallendem Licht weifs, dagegen bei durchfallendem Licht schwarz erblicken, eine Erscheinung die bekanntlich Luft anzeigt; legt man jetzt den Schnitt in Alkohol, um die Luft aus den Gefäfsen zu ent- fernen und bringt ihn dann wieder in einem Wassertropfen unters Mikroskop, so haben sich die Gefäfszellen mit Wasser gefüllt, sie er- scheinen jetzt durchsichtig gleich den Zellen des Parenchyms.

3. Die sowohl im Wachsthum als in der Verdickungsweise so verschiedenen Pflanzenzellen bilden mit einander vereinigt, d. h. durch ein Secretionsprodukt der Zellen selbst (durch die Intercellularsubstanz) mit einander verklebt, die verschiedenen Arten der Gewebe. Man mufs hier, wie ich glaube, vornehmlich 3 Arten unterscheiden:

A. Nahrungsgewebe (Parenchym).

B. Fortbildungsgewebe (Cambium), aus welchem die Gefäfsbündel mit ihren verschiedenen Zellenarten, den Gefäfszellen, Holz- zellen, dem Holzparenchym und den Bastzellen, entstehen.

C. Oberhaut gewebe.

A. Das Nahrungsgewebe charakterisirt sich durch dünnwan- dige Zellen, sogenannte Parenchymzellen, deren Form jedoch sehr ver-

Fig. 8. Ein kleiner Theil eines netzförmig verdickten Gefäfses der wilden Balsamine (Impatiens noli tangere); a u. 5 die Grenze der Zellen, aus denen dieser Theil des Gefäfses besieht. (200 mal vergröfserl).

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DIE PFLANZENZELLE, IHRE GESTALT,

schieden sein kann. Das regelmäfsige , aus nahebei runden, oder aus eben so langen als breiten Zellen bestehende Parenchym finden wir iin Mark der meisten Bäume; langgestrecktes regelmäfsiges Parenchym begegnet uns im Mark und in der Rinde schnell wachsender Pflanzen; sternförmiges Parenchym zeigt sich im Mark der Binsen; schwamm- förmiges Parenchym sehen wir im vStengel vieler Wasserpflanzen. Das verfilzte Gewebe des Flechlenlaubes , wie dasjenige der höheren Pilze, möchte ich als eine besondere Art des Parenchyms betrachten. Die parenchymatischen Gewebe sind die eigentlich lebensthätigen der Pflanze, in ihnen bilden sich neue Zellen, insbesondere aber verschie- dene Pflanzenstoffe, z. B. Stärkmehl, Inulin, Zucker, ätherische und fette Oele, in ihnen scheiden sich Krystalle aus u. s. w. Man kann ein Urparenchym annehmen, welches zunächst der Zellenvermehrung dient und die Fähigkeit besitzt, alle Zellenarten zu erzeugen, so in der jüngsten Anlage des Keimes und im Vegetationskegel des Stammes und der Wurzel.

B. Das Fortbildungsgewebe oder das Cambium der Gefäfs- bündel (Fig. 9) besteht aus sehr zartwandigen Zellen, welche sich Fig, 9. allmälig und zwar nach bestimmter

Reihenfolge in die verschiedenen Zel- lenarten des Gefäfsbündels umbilden. Wenn dies Cambium, indem es nach der einen Seite hin den Ilolzkörper, nach der anderen Seite hin dagegen den Bastkörper des Gefäfsbündels ent- wickelt, überdies für seine eigene Fortdauer sorgt, so verdickt sich durch dasselbe das Gefäfsbündel fort- während nach beiden Seiten hin. Hierauf beruht das Entstehen der Jahresringe unserer Bäume, indem alljährlich durch das Cambium eine neue Holzlage gebildet wird, aber auch gleichzeitig durch das Cambium die Rinde zunimmt. Diese Art der Fortbildung bezeichnet das Gefäfsbündel der Dicotyledonen. Die Gefäfszelle entsteht direkt aus einer Cambiumzelle; indem die Querwände einer Längsreihe solcher Zellen verschwinden, bildet sich aus ihnen eine Röhre oder das sogenannte Gefäfs. Bei der Bildung

Fig. 9. Partie aus einem Längsschnitt durch den Daltelkeim; au. a Nahrungs- gewebe, ch Cambium. (200 mal vergröfserl).

AUSBILDÜNG UND ANORDNUNG.

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der Holzzelle entstehen in einer Cambiumzelle der Länge nach zwei Tochterzellen, die eine dieser beiden Tochterzellen wird zur Holzzelle, während die andere noch eine Zeit lang als Cambium- zelle verbleibt. Die aiisgebildete Holzzelle (Fig. 10.) endigt in den Fig. 10. meisten Fällen nach beiden Seiten mit einer Spitze,

ihre Wand ist in der Regel stark verdickt und mit wirklichen Tüpfeln (p. 61) versehen. Das H 0 1 z p a r e n c hy m entsteht wiederum durch eine Zellenbildung im Innern der ganz jugendlichen Holzzelle ; es bilden sich im Innern der letzten durch Quertheilung in der Regel mehrere Toch- terzellen. Häufig wird die Mutterzelle, die ur- sprüngliche Holzzelle, resorbirt, nicht selten bleibt sie jedoch, so beim Weinstock, wo die eigentliche Holzzelle ein Spiralband besitzt, das Holzparen- chym dagegen ein solches entbehrt. Ein Holz- parenchym ist vielen Bäumen, z. B. der Eiche und Buche, ferner den Leguminosen eigen; bei Ulex und Spartium ist dasselbe noch mit einem zierlichen Spiralband versehen. Man erkennt es jederzeit an der Kürze seiner Zellen im Ver- gleich zu den wirklichen Holzzellen, ferner an dem Mangel spitzer Enden xind endlich an seinem Inhalt, der häufig aus Stärkmehl und anderen Kohlenhydraten besteht, welche den Holzzellen überall fehlen“). Die Bast zellen (Fig. 11) entstehen, wie die Holzzellen, durch Längsthei- lung einer Cambiumzelle, doch scheinen meistens mehr als 2, in der Regel 4 Bastzellen aus einer Cambiumzelle hervorzugehen. Die aiisgebildete Bastzelle endigt, gleich der Holzzelle, nach beiden Seilen hin mit einer Spitze; sie verdickt sich wie diese, zeigt aber niemals wirkliche Tüpfel, wohl aber Porenkanäle. Die Bastzellen einiger Pflanzen, z. B.

Fig. 10. Ä. Tlieil einer isolirlen Holzzelle der Kiefer; x der TUpfelraum, y der Porenkanal des Tüpfels, von oben gesehen. B Partie zweier Ilolzzellen im Längsschnitt gegen die Markstrahlen.

*) Bei einigen Nadelhölzern, z. B. hei Taxus, wo die Ilarzgängc fehlen, ist stall derselben ein mit Harz erfülltes Holzparenchym vorhanden.

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DIE PFLANZENZELLE, IHRE GESTALT,

Fig. 11.

Gefäfse z. B. an

der Tanne, Fichte u. s, w,, sind, nachdem sie mehrere Jahre unverholzt, nur der Saft- führiing gedient haben, noch zur Zellen- bildnng fähig, in ihnen entstehen die se- cnndären Bastzellen, welche in der Regel verholzen und bei der Tanne durch ihre eigen ihümliche, vielfach verzweigte Ge- stalt ausgezeichnet sind.

Das Cambium selbst führt niemals Stärkmehl oder andere Kohlenhydrate, sein Inhalt ist körnig, Zucker und Schwefelsäure bewirken eine rosenrothe Färbung, er ist demnach reich an stickstoffhaltigen Substan- zen. — Die Gefäfszellen und die Holzzellen ^ führen im ausgebildeten Zustande Luft; die Bastzellen sind dagegen, zum wenigsten bei den meisten Pflanzen, für eine lange Zeit mit Saft erfüllt.

Die Entwickelungsgeschichte des Cam- biums und der Holzzellen verfolgt man am besten im Frühjahr in der Wurzel von Pi- nus, Ahies und Larix. Das Entstehen der zeigt sich am schönsten an schnell wachsenden Dicotyledonen, Zweigen von Broussonetia, Paulownia u. s. w. Die Entwick-

lungsgeschichte des Holzparenchyms und der Bastzellen läfst sich Wahrscheinlich am Weinstock leicht nachweisen®).

C. Das Oberhau tgewebe ist sehr mannigfaltiger Art; dahin gehört a) die eigentliche Oberhaut (die Epidermis), meistens nur aus einer Lage ziemlich dickwandiger Zellen bestehend. Die Form dieser Zellen selbst ist nach den Pflanzen sehr verschieden; bei den mono- cotyledonen Pflanzen, den Gräsern, Irideen, Orchideen u. s. w. , sind die Zellen langgestreckt und regelmäfsig; auf den Blättern der Farren- kräuter sind sie dagegen höchst unregelmäfsig, fast sternförmig in

Fig. 11. Isolirle Zellen; a ein Baumwollenhaar,* & eine Baslzelle aus der Leinpflanze, c eine solche aus der Ilanfpflanze, e \i. d Bastzellen als Quer- schnitte. (200 mal vergröfscrt).

) Man \crgleiche für das Ivahere meine Pflanzenzelle und meinen Baum.

AÜSBILDÜNG UND ANORDNÜNG.

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einander gefügt; auf den Blättern dicotyledoner Gewächse sind sie je nach der Pflanze A'erschieden geformt. Nicht selten hat auch die un- tere Seite desselben Blattes eine anders geformte Oberhaut als die obere Seite, z. B. bei der Kartoffel. Zwischen diesen Oberhautzellen, häufiger jedoch dicht unter ihnen, liegen die sogenannten Spaltüffnun- gen. Mit Ausnahme der Marchantien werden dieselben wohl immer nur aus 2 Zellen gebildet (Fig. 12). Bei Cycas und einigen Protea-

ceen liegen diese beiden Zellen sehr ver- tieft unter einem, aus mehreren Oberhaut- zellen gebildeten kraterförmigen Hügel, bei Nerium Oleander liegen sie gar in bestimmten tiefen Gruben des Blattes ge- sellig bei einander, während die glatte obere Fläche des Blattes keine Spalt- öffnungen besitzt. In der Regel sind die Spaltöffnungen bei in der Luft wachsen- den Pflanzen vorzugsweise an der Unter- seite der Blätter zu suchen; bei Cycas und Nerium, bei Fagus, Quercus, Ainus u. s. w. fehlen sie z. B. der Oberseite gänzlich; bei den schwimmenden Blättern der Wasserpflanzen (z. B. Hydrocharis, Nymphaea) erscheinen sie dagegen nur auf der Oberseite. Der Oberhaut untergetauchter Blätter der Wasser- pflanzen, z. B. Potamogeton , fehlen die Spaltöffnungen gänzlich.

Die Oberhaut ist häufig mit Haaren bekleidet; in der Regel sind diese Haare verlängerte Zellen der Oberhaut selbst. Die Haare können aus einer oder aus mehreren Zellen bestehen, im letzteren Falle en- digen sie häufig mit einem zelligen Knöpfehen, als sogenannte Drüsen- haare (bei Pinguicula vulgaris, Solanum tuberosum). Die Brennhaare der Urticeen bestehen dagegen nur aus einer Zelle, deren sehr ver- schmälertes Ende ein kleines etwas gebogenes, sehr leicht abbrechen- des Knöpfchen trägt. Die Schuppen der Elaeagneen , einiger Bromella- ceen u. s. w. gehören ebenfalls hierher, es sind gewissermafsen zu- sammengesetzte Haare. Verzweigte, nicht zusammengesetzte, vielmehr

Fig. 12. Oberhaut der unteren Seite vom Blatte der Bocksorchis (Ilimanto- glossum) von Oben und als Querschnitt gesehen; a die Spaltöffnung, h die Athenihölde unter ihr, c eine Oberhautzelle. (200 mal vergröfscrl).

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Fig. 12.

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DIE PFLANZENZELLE, IHRE GESTALT,

aus einer Zelle bestehende Haare sind verhältnifsmäfsig seilen; man findet sie bei den Alyssuin- Arten, noch schöner bei einigen Amaran- ihaceen, z. B. auf den Blättern von Alternanthera axillaris, auch am Blüthenkolben einiger Cycadeen.

Die eigentliche Oberhaut und ebenso die ihr angehörenden Theile, z, B. die Haare und die Aufsenseite der Spaltöffnungszellen sind, wie ich glaube, überall, nur nicht überall in gleicher Stärke, mit einem zusammenhängenden Ueberzug, einem Secretionsprodukt dieser Zellen, das man Cuticula genannt hat, bekleidet. Bei jungen Oberhautzellen ist diese Cuticula sehr schwach entwickelt, später erscheint sie als feste, der stärksten Schwefelsäure widerstehende Membran; besonders schön ist selbige auf den Blättern einiger Orchisarten (Himantoglos- sum, Orchis fusca, Limodorum), ferner auf den Haaren der Monolropa, der Borrago- Arten u. s. w. , wo sie Streifen oder warzenförmige Er- hebungen bildet, vorhanden. Was bei lederartigen oder glänzenden Blättern, z. B. bei Viscum, Aloö u, s. w. , wirkliche Cuticula ist und was den Verdickungsschichten der Oberhautzellen angehört, kann für jeden einzelnen Fall nur eine genaue Untersuchung feststellen. Bei Aloe und noch schöner bei Gasteria obliqua, bei Viscum und bei Phormium tenax wird der gröfste Theil der sogenannten Cuticula von den Cuticularschichten der Oberhautzellen gebildet, über diesen Schichten liegt dagegen ein wirkliches Secret, die wahre Cuticula. (Man er- wärmt dünne Querschnitte in Aetzkalilösung).

Die Epidermis bekleidet Blatt und Stengel der höheren Gewächse; bei den niedrigsten Pflanzen, den Pilzen, Algen und Flechten fehlt sie gänzlich, bei den Laubmoosen erscheint sie an der Fruchtkapsel, bei den Marchantieen an der Oberseite des Laubes, bei Anthoceros an der Fruchtkapsel und zwar dort mit sehr schönen regelmäfsigen Spaltöffnungen versehen. Bei den höheren Kryptogamen ist sie, wie schon erwähnt, vorhanden. Die jungen Zweige der Bäume sind jeder- zeit mit einer Oberhaut bekleidet, unter derselben bildet sich später- hin eine Korkschicht, durch welche darauf die Epidermis abstirbt.

h) Das Epitheli um, eine zarte Oberhaut ohne Spaltöffnungen, oft aus papillösen Zellen, welche dann häufig eine Flüssigkeit secerniren, bestehend. Man findet ein derartiges Epithelium vorzugsweise auf der Narbe, im Staubwegkanal und im Fruchtknoten der Phanerogamen ; auch die sammetartige Oberfläche vieler Blumenblätter, z. B. der Ro- sen, besteht aus einem derartigen Gewebe, Die zarte Oberhaut der

AUSBILDUNG UND ANORDNUNG.

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Wurzeln und Nebenwurzeln , die keine Spaltöffnungen, wolil aber \Vurzelhaare besitzt, wird ebenfalls hierher zu rechnen sein; Schleiden bezeichnet sie als Epibleina.

c) Der Kork; aus zahlreichen Schichten tafelförmiger, meist dünn- wandiger Zellen bestehend (Fig. 13). Der ausgebildele Kork führt gleich 13^ dem Holz nur Luft; er wird nicht

selten, und zwar periodisch, mit der Rindensehicht, welcher er an- gehört, abgeworfen und von einer neu entstandenen Rindenschicht wiederum neu gebildet. Der Kork ist bei einigen Acerarten, bei Ul- mus suberosa, bei Quercus suber u. s. w. sehr schön entwickelt. Wenn die Korkbildung bis ins Innere der Rinde vordringt, so entsteht die Borke; die ausgebildete Kork- schicht hindert nämlich fortan den Saftaustausch von innen her, alle aufserhalb des Korkes liegenden Zellen sterben ab. Die Borkenbildung beobachtet man sehr schön an der Kiefer, Fichte, Eiehe u. s. w. Ich unterscheide zwischen gemeinem Kork und Lederkork (Periderma). Der letztere ist bei der Birke besonders schön entwickelt, er zeigt sieh ferner bei der Tanne, Buche, Hainbuche, Kirsche, überhaupt bei allen Bäumen mit glatter Slammoberfläche').

Die Gefäfsbündel sind gruppenarlig verbundene Zellen ver- schiedener aber bestimmter Art, die unter sich im Zusammenhang stehen, und welche die höheren Pflanzen als ein zusammenhängendes System durchziehen ; ihre Entwickelung verfolgt man am besten bei der Keimung des Samens. Im Stammlheil des Embryon treten sie dicht unterhalb der Samenlappen zuerst und zwar als Cambiumbündel hervor”).

Der wesentlichste Theil eines Gefäfsbündels sind seine langge- streckten dünnwandigen Zellen, die ich, da sie dem Cambium des di- cotyledonen Stammes entsprechen, als Cambiumzellen bezeichnen will.

Fig. 13. Längsschnitt durch das Rindengewebe einer jungen Kartoffelknolle ; a der Kork, b die Zellen, durch welche sich derselbe fortbildet, c Nahrungs- gewebe mit Stärkmehlkörnern erfüllt, d Inlercellidarraum. (50 mal vergröfsert).

*) Man vergleiche meinen Baum p. 221 244.

**) lUan vergleiche meinen Baiun p. 108, ferner meine Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Gewächse p. 105.

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DIE PFLANZENZELLE, IHRE GESTALT.

Es giebt ausgebildete Gefäfsbiindel , wenngleich selten, die nur aus solchen Zellen bestehen. Iin VVurzelstock und in den Ausläufern von Epipogum Gmelini findet inan nur höchst selten eine schwache An- deutung von Gefäfszellen, erst im Stengel und in den BlUthentheilen erscheinen die letzteren, auch bei Najas und Caulinia sind nur Cam- biumbündel ohne Gcfäfse vorhanden. Wo sich ein neues Gefäfsbiindel bildet, z. B. im Embryon der Phanerogamen, besteht dasselbe an- fänglich ebenfalls nur aus Cambiumzellen (p. 69), erst später entwickeln sich einige derselben zu den sogenannten Gefäfszellen. Die Lage dieser Cambiumzellen bedingt auch das Wachslhum des Gcfäfsbündels und damit die Art des Wachsthums der Pflanze selbst. Bei dem dicotyle- donen Gefäfsbiindel, das anfänglich eben so gut wie das monocotyle- done Gefäfsbiindel, auf einem Querschnitt von den benachbarten Bündeln getrennt erscheint, liegt diese Cambiumschicht nach Aufsen, d. h. der Peripherie des Stammes zugewandt; das Cambium ist hier nach Aufsen in seiner Fortbildung nicht gehindert, es kann nach Innen neues Holz, nach Aufsen neue Kinde bilden, dadurch ist auch ein Wachsthum des Stammes im Umfang möglich geworden (Fig. 14). Schleiden nennt dies Gefäfsbiindel sehr treffend ein ungeschlossenes im Gegensatz zum geschlossenen, d. h. von Holzzellen rings umgebenen Gefäfsbiindel.

Fig. 14. Thcil eines Querschnittes durch einen jiuigen Zweig von Cocculus lamifolius ; a Ilolzkörper der Gefäfsbiindel, a liasttheil derselben, ci. Cambium des Gefäfsbiindels , ci.i?. \mbckungsring, e Mark, f ursprünglicher (jirimäi’er) Markstrahl. (25 mal vergröfsert).

Fig. 15. Querschnitt durch das Gefäfshiindel im Hahn des Hafers (Avena); ch. Cambium, e weite Gefäfszellen, f engere Spiralgefäfse. (200 mal vergr.). -

Fig. 14.

ch

AUSBILDUNG UND ANORDNUNG.

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Das geschlossene Gefäfsbiindel ist den monocotjledonen Pflanzen und den höheren Kryptogamen eigen, dort sind die Canihiumzellen von verdickten Zellen rings umschlossen (Fig. 15), das Gefäfsbiindel kann sich deshalb nicht seinem Umfange nach vergröfsern, es wächst nur an seiner Spitze; indem es sich aber durch Theilung vielfach vermehrt, ent- stehen zahlreiche Bündel neben einander, welche auf dem Querschnitt als getrennte Gefäfsbündel erscheinen, z. B. das Palinenholz der Schirmstöcke.

Das Wachsthum der Gefäfsbiindel im Stamm und in der Wur- zel höherer Pflanzen wird noch durch ein auf dem Querschnitt des Stammes ringförmig erscheinendes Gewebe, welches schon in der Axe des Keimes vorhanden ist und dort das Mark von der Rinde schei- det, befördert. Dieser Zellenring oder, vielleicht anschaulicher be- zeichnet, Zcllencylinder, welcher zunächst der Zellenvermehrung dient, verliert sich oben in den Vegetationskegel (Vegetationspunkt) der Stamm- spitze, unten dagegen in den Vegetationskegel der Wurzelspitze. Ich bezeichne diese Schicht als Cambium- oder Verdickungsring, ln diesem Cambiumring entstehen die ersten Gefäfsbündel der Keimaxe, durch ihn wachsen sie sowohl nach der Länge als nach der Breite weiter. Durch diesen Verdickungsring verdickt sich deshalb der Stamm und die Wurzel; wenn derselbe unthätig wird, hört das Dickenwachs- thum auf, so bei der Wurzel der Monocotyledonen , wo dessen Thä- ligkeit frühe erlischt. Die Gefäfsbündel der Monocotyledonen ver- mehren sich durch Theilung oder Zweigbildung der vorhandenen Bün- del, was hei der Keimung besonders sichtbar wird. Als schönes Bei- spiel hierfür erwähne ich noch des Blüthenstcngels A^on Epipogum Gmelini, dessen Gefäfsbündel gewissermafsen als Zweige aus dem ein- fachen centralen Cambiumbündel der Wurzel hervorgehen und sich später noch mehrmals verzweigen; ganz dasselbe zeigt der Stengel und der ßlüthenstiel von Goodyera repens.

Aufser den nie fehlenden Cambiumzellen findet man im Gefäfs- bündel meistens sogenannte Gefäfszellen (reihenartig über einander ge- stellte Zellen deren Querwände durchbrochen sind und welche Luft führen , siehe Pag. 62) und Ilolzzellen (siehe Pag. 65). Die Anordnung des dicotyledonen Gefäfsbündels läfst sich nur in der höchsten Spitze eines neuen Triebes oder in der Keimpflanze, wo die neu entstan- denen Gefäfsbündel noch getrennt erscheinen, studiren. (Sehr schön bei Viscum, hei Tilia, bei Pinus). Bei den Palmen liegt die Cambium- schicht zwischen den grofsen Gefäfszellen und dem meistens sehr ent-

72

DIE PFLANZENZELLE, IHRE GESTALT,

wickelten Holzkörper; bei den Farrenkräiitern uiugiebt sie die Gefäfs- zellen (Fig. 16), wird aber selbst von einem mehr oder weniger stark

entwickelten Ring verholzter Zellen umschlossen.

Die Gefäfsbündel bilden sich nie- mals in der Rinde, sie geben aber vom Stamm aus durch die Rinde in die Zweige und Blätter hinüber ; auf einem horizontalen Querschnitt durch die Rinde erscheinen sie des- halb immer schief durchschnitten.

Die Bastbündel sind die in der Rinde gelegenen Theile der di- cotyledonen Gefäfsbündel , deren Holzlheil innerhalb des Cambium- ringes liegt und bei unseren Bäu- men den Holzring bildet. Bei den Monocotjledonen , wo diese Tren- nung der Theile des Gefäfsbündels durch den Verdickungsring nicht erfolgt, lassen sich die Bastzellen von den Holzzellen schwer unterscheiden, man kann hier eigentlich nur von verholzten zugespitzten Zellen des Gefäfsbündels reden. Bei Viscum erscheinen auch im Holzkörper zerstreute Bastzellen. Bei einigen Palmen finden sich Bastbündel in der Rinde; hier sind als- dann sämmtliche Zellen eines in die Rinde hinüber verlaufenden Ge- fäfsbündelzweiges als Bastzellen ausgebildet. Ganz ähnliche Bast- oder Holzbündel zeigen sich, wenngleich seltener, auch im Innern des Palmenstammes selbst.

Bei den Apocyneen und den Asclepiadeen finden sich Bastzellen, die einen Milchsaft führen. Die sogenannten Milchsaftgefäfse der Euphorbiaceen , des Schöllkrautes (Chelidonium), des Mohns (Papaver), der Lactucaarten u. s. w. sind nach meinen Untersuchungen verzweigte Milchsaft führende Bastzellen. Wirkliche Milchsaftgefäfse, welche als ein zusammenhängendes Netzwerk die Theile der Pflanze durchzögen,

Fig. 16. Quei’sohnilt durch ein Gefäfsbündel im Wedel des Adlerfarrens (Pteris aquilina); cb. Cambiumzellen , e weite Treppengefäfse, f enge spiral- förmig verdickte Gefäfse. Das Gefäfsliündel wird von stark verdickten und ver- holzten Zellen umschlossen. (ISOmal vergröfsert).

ADSBILDÜNG UND ANORDNUNG.

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und von denen früher viel gefabelt ward, sind, soweit meine Beobach- tungen reichen, gar nicht vorhanden.

Da, wo mehrere Zellen an einander stofsen, zeigen sich häufig zwischen diesen Zellen mit Luft, seltener mit einer Flüssigkeit erfüllte Lücken , die sogenannten I n t e r c e 1 1 u 1 a r r ä u m e ; dieselben erscheinen besonders schön auf dem Querschnitt des Blattstiels von Cycas revo- luta, sie finden sich aber auch in den meisten parenchymatischen Geweben, z. B. im Mark der Bäume. Diese Intercellulargänge bilden gewissermafsen zusammenhängende, die Zellen umgebende Luftkanäle, die, wie es scheint, in die sogenannten Athemhöhlen, unterhalb der Spaltölfnungen ausmünden. Aufserdem gieht es noch Luftgänge oder Luftkanäle, d. h. gröfsere mit Luft erfüllte Räume, welche einen Pllan- zentheil auf längere Strecken durchziehen, und die namentlich in den Blattstielen der Wasserpflanzen, z. B. hei Nymphaea und Victoria sehr ausgeprägt aufireten.

Die Zellen der Pflanze sind ihrer Function und deshalb auch ihrem Inhalt nach sehr verschiedener Art. Die eine Zelle gebraucht andere Stoffe als die andere, die eine Zellenart verarbeitet die auf- genommenen Stoffe anders als die andere. Die ganze Pflanze ist ein sehr zusammengesetzter Organismus, aus ungleichwerthigen Zellen be- stehend; indem jede Zelle in bestimmter Weise sowohl für sich als auch für ihre Nachbarzellen sorgt, lebt und wächst die Pflanze nach der für sie nothwendigen Ordnung. Nur durch die sorgfältigste Beachtung des Zelle nlehens kann man das Leben der Pflanze überhaupt verstehen lernen.

V.

lieber die Methode der Untersuchung.

Die Methode der Untersuchung ist für das Resultat derselben überaus wichtig; wenn die Methode richtig ist, so wird auch das Resultat wer th voll sein, wenn dagegen die Methode falsch ist, so kann auch das Resultat der Untersuchung nichts beweisen. Die Methode ist aber richtig, sobald sie der Frage, welche man zu lösen wünscht, sowie dem Gegenstand der letzteren angemessen ist. Für die Methode ist demnach zweierlei noth- wendig, 1. eine richtige Art seine Fragen zu stellen und 2. eine richtige Anwendung zweckmäfsiger Mittel zur Lösung der ge- stellten Fragen. Um richtig fragen zu können, mufs man aber zu- vor wissen, weshalb man so und nicht anders fragt und was die Antwort entscheiden soll; um richtige Mittel an wenden zu können, mufs man sowohl die letzten, als auch ihre Wirkung kennen.

Ehe man an die eigentliche Untersuchung geht, ist es darum nothwendig, sich mit dem Gegenstand derselben im allgemeinen be- kannt zu machen. Bei noch streitigen Fragen der Wissenschaft wird diese Bekanntschaft allein nicht einmal genügen, hier mufs man auch die verschiedenen Ansichten und die Untersuchungen , auf welche sich dieselben stützen, kennen. Ehe man mit einer wissenschaftlichen Arbeit hervortritt, sollte man überhaiipt niemals unterlassen sich, soweit es möglich ist, mit allem was über denselben Gegenstand, zum wenigsten in neuerer Zeit beobachtet ward, vertraut zu machen; man wird auf diese Weise viel weniger leicht etwas übersehen, man wird den Ge- genstand selbst vielseitiger auffassen und gründlicher erfor- schen, man wird die Ansicht, die man sich selbst gebildet hat, um so schärfer prüfen und dadurch ein um so sichereres Resultat

METHODE DER UNTERSÜCHÜNG.

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gewinnen und noch obendrein einen geschichtlichen Ueberblick über den Entwickelungsgang der Frage selbst erhalten.

Die grofsen Fortschritte, welche unser Jahrhundert in den Natur- wissenschaften bereitet hat, verdanken wir zum gröfsten Theil der durch Induction geleiteten Methode; sie allein kann und wird uns weiter führen. Obschon die Inductionsinetbode vom Einzelnen zum Allgemeinen, d. h. vom Theil zym Ganzen übergeht, so möchte ich doch für die mikroskopische Untersuchung eine oberlläcliliche Kenntnifs des Gegenstandes im allgemeinen voraussetzen; eine genaue Unter- suchung der einzelnen Theile des Ganzen wird dann zum Endresultat, zur genauen Kenntnifs des Gegenstandes nach allen Seiten hin führen. Die Untersuchung mufs, mit anderen Worten, mit einer oberflSchlichen Kenntnifs des Gegenstandes beginnen, und darauf von dieser zum Einzelnen übergehen, um durch das Einzelne zur genauen Kenntnifs des Gegen- standes in seiner Gesammtbeit zu gelangen.

3Ian wird mir vielleicht einwenden, dafs eine oberflächliche Kenntnifs des Gegenstandes zur Erforschung seiner Theile unnöthig ist; ich glaube schon, dafs man hie und da ohne sie zum Ziel, zur genauen Kenntnifs des Ganzen, gelangen kann, ich mufs jedoch bemerken, dafs man auf diesem Wege weit leichter etwas übersieht oder gar sich täuscht, und überdies mehr Zeit verbraucht. Bei der Entwickelungsgeschichte halte ich es in manchen Fällen für unmög- lich, ohne eine oberflächliche Kenntnifs des ganzen fertigen Pflanzen- theils zu einer richtigen Erkenntnifs der sich bildenden Theile zu kom- men, weil man ohne eine solche Kenntnifs nicht wcifs, worauf man zu achten und welehe Fragen man zu stellen hat. Ich nenne diese Kenntnifs des fertigen Ganzen, die man sich mit unbewaffnetem Auge oder mit Hülfe einer Lupe erwirbt, eine oberflächliche im Gegensatz zu der genaueren, welche eine allseitige Betrachtung der einzelnen Theile von Aiifsen und Innen bei verschiedenen Ver- gröfserungen verlangt; kennt man auf die letztere Weise die einzelnen Theile und ihr Verhältnifs zu einander, so kennt man natürlich auch das Ganze, und zwar nicht mehr wie anfangs oberflächlich, son- dern nunmehr genau, d. h. von Aufsen und von Innen.

Der Gang der Untersuchung, dessen Grundprincip unver- änderlieh dasselbe bleibt, mufs sich, wie schon erwähnt, nach der Art der Frage und nach der Beschaffenheit des Gegenstandes ver-

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METHODE DER UNTERSUCHUNG.

schiedenllich inodinciren. Die Unlersuchung der äufseren Gestalt wird einen anderen Gang wie die Erforschung feiner Struktiirverhältnisse nehmen; die Entwickelungsgeschichte einzelner Pflanzentheile wird wiederum anders als die Entwickelungsgeschichte der Zellen selbst zu führen sein. Oft wird man im Laufe der Untersuchung selbst auf Nebenfragen gelenkt; nicht selten wird auch die Hauptfrage während der Untersuchung wesentlich verändert werden. Die Nebenfragen ver- langen in der Regel eine besondere Antwort, man darf durch sie nie- mals die Hauptfrage aus dem Gesicht verlieren, man mufs sich viel- mehr zunächst bemühen, die letztere von den verschiedensten Seiten zn beleuchten, wozu die Nebenfragen häufig Gelegenheit bie- ten; in diesem Falle darf man sie nicht unberücksichtigt lassen, wo sie dagegen für die Haiiptfrage ohne Einflufs sind, ist es oft besser sie vorläufig zu ignoriren. Bei der Untersuchung selbst hat man sorg- fältig auf alles, was irgend zur Losung der Hauptfrage dienen kann, zu achten, man hat alles aufs genaueste zu erwägen und aufs vielseitigste und gewissenhafteste zu prüfen, wird dann aber auch zu einem sicheren Resultat gelangen. Die für die Hauptfrage gleichgültigen Nebenfragen liefern oftmals Stoff zu künftigen Unter- suchungen.

Ich halte es aus eigener Erfahrung nicht für rathsam, sich mit mehreren Untersuchungen gleichzeitig zu beschäftigen; eine gründ- liehe Untersuehung fesselt den Geist und die Zeit des Beobachters hinreichend; die Arbeiten werden in der Regel unter einer Theilung leiden. Die Entwickelungsgeschichte macht hier bisweilen eine Aus- nahme, indem man nicht selten bei ihr von Woche zu Woche den- selben Gegenstand untersuchen mufs, um seine weiteren Entwickelungs- zustände verfolgen zu können. In solchen Fällen kann man recht gut in der Zwischenzeit noch eine andere Untersuchung ausführen. Da- gegen ist es dann unerläfslich , sofort seine Beobachtungen mit dem Datum des Tages versehen, niederzuschreiben, was für die Zeitbe- stimmung, innerhalb welcher die Ausbildung eines Pflanzentheils er- folgt, oftmals sehr wichtig wird.

Bei der Mannigfaltigkeit der Pflanzen und ihrer Theile wird es kaum möglich sein für alle vorkommenden Fälle einen genauen Unter- suchungsgang zu bezeichnen; der erfahrene Beobachter wird sich selbst nach der Eigenthümlichkeit des Gegenstandes einen seiner Frage an- gemessenen Gang zu bilden wissen, dem minder Erfahrenen will ich

METHODE DEE DNTERSDCHDNG.

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dagegen durch meinen Rath, so gut ich kann, zur Hand gehen. Ich mufs hier die Untersuchung fertiger Pflanzen oder ihrer Theile von der Entwickelungsgeschichte scheiden, und ziehe es vor mit der er- steren, als der leichteren, zu beginnen; beide Abschnitte müssen von zwei Gesichtspunkten, vom morphologischen, d. h. in Bezug auf die äufsere Gestalt, und vom anatomischen, d. h. in Bezug auf den inneren Bau, betrachtet werden.

Wer selbst zeichnet, dem rathe ich bei allen mikroskopischen Untersuchungen jederzeit die Präparate, welche ihm interessant oder wichtig erscheinen, möglichst genau aufs Papier zu bringen und in kurzen Bemerkungen alles das, was sich durch die Zeichnung nicht ausdrtlcken läfst, hinzuzufngen ; man kann in dieser Weise, wie schon oben bemerkt, nicht zu viel aber sehr leicht zu wenig thun. Für morphologische Verhältnisse sind einfache aber genaue Umrisse oft- mals durchaus genügend; bei anatomisch -physiologischen Fragen ist dagegen häufig Zelle für Zelle mit ihrem Inhalt aufs genaueste wiederzugeben. Durch eine Reihe solcher Zeichnungen, denen man in schwierigen Fällen aufbewahrte Präparate zugesellt, wird ein Ver- gleich der verschiedenen Theile einer Pflanze, oder der verschiedenen Entwickelungszustände eines Pflanzentheils, sehr erleichtert, und da- durch das Verständnifs derselben sehr befördert, ja oftmals einzig und allein möglich gemacht.

Ich habe es mir zum Gesetz gemacht, alles was mir wichtig er- scheint, sogleich und zwar durchaus genau zu zeichnen; aus einer grofsen Anzahl von Figuren wähle ich dann später diejenigen heraus, welche ich zur Lösung der Frage nothwendig und am geeig- netsten erachte. Wenn man, wie ich, mit der Camera lucida zeichnet und überdies einige Uebung in der Führung der Bleifeder und des Pinsels, desgleichen in der Anwendung der Farben besitzt, so wird der geringe Zeitverlust durch den Reichthum treuer Bilder zehnfach ersetzt und das Resultat der Untersuchung durch dieselben ungemein befestigt. Schematische Zeichnungen mufs ich dagegen überall ver- werfen, dieselben geben nur ein Bild der Vorstellung des Beobach- ters, keineswegs aber ein Bild des Gegenstandes selbst; diese Vor- stellung ist subjectiv und kann als solche irrig sein, eine getreue Zeichnung ist dagegen von der Vorstellung des Beobachters durchaus unabhängig ; aus der Deutung der verschiedenen getreuen Zeichnungen oder vielmehr der ihnen zu Grunde liegenden Präparate, bildet sich

78 METHODE DER ÜNTERSUCIIÜNG.

erst dessen Vorstellung: getreue Bilder behalten daher, selbst wenn ihre Deutung unrichtig war, immerhin ihren wissenschaft- lichen Werth. Wenn man die Entwickelungsgeschichte irgend eines Pdanzentheils verfolgt, ist es zweckmäfsig, neben jeder Figur, die einem Entwickelungszustande entspricht, das Datum, vielleicht als Bruchzahl heizufiigen, die Untersuchung selbst gewinnt durch eine genaue Beachtung der Zeitfolge. Für die Untersuchung der Knospe nach ihrer Entstehung und Ausbildung ist die Beachtung der Zeitfolge ganz unerläfslich °).

Aiifser der Zeichnung und aufser den Präparaten wird es noch gut sein, alles was wichtig erscheint, ja seihst das minder Wichtige, sogleich zu notiren, da man während der Untersuchung nicht wissen kann, welchen Einflufs oft Kleinigkeiten auf das Resultat derselben aiisüben können. Wie man nicht leicht zu viel zeichnen kann, so kann man auch nicht leicht zu viel notiren; hei der Zusammenstel- lung des Ganzen wird es sich dann zeigen, welche Zeichnung, welche Notiz man benutzen und welche man als unwesentlich unbenutzt lassen kann. Gefährlich ist es dagegen, namentlich hei umfassenderen Un- tersuchungen, sich auf sein Gedächtnifs zu verlassen; manches wird dadurch übersehen, manches wird ungenau oder gar unrichtig ange- geben. Man mufs es sich überhaupt zum Gesetz machen , wenn nicht gleich bei der Untersuchung selbst, so doch jeden Abend dasjenige kurz zu bemerken, was man am Tage beobachtet hat und was zur Ergänzung der Zeichnungen und Präparate dieses Tages dienen kann. Die ganze Schilderung gewinnt dadurch an Frische und man ist noch über Jahr und Tag im Stande, über die kleinsten Verhältnisse die ge- naueste Auskunft zu geben. Unerläfslich ist die sofortige Angabe der benutzten Vergröfserung über oder neben jeder Figur, am besten als Bruchzahl (-^®- = 100 mal); in schwierigen Fällen sollte man sogar zur gröfseren Sicherstellung der Beobachtung, das benutzte Objectiv- systein und Ocular bemerken, da es, Avie ich schon hervorgehohen habe, nicht gleichgültig ist, ob eine Beobachtung bei übrigens gleicher Vergröfserung, mit einem sta rke n Ohj ecti vsy stem und schwa- chen Ocular oder umgekehrt mit einem schwachen Objectiv- system und starken Ocular angestellt wird; eine Beobachtung

*) Man vergleiche meine Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Ge- wächse. Ueher die Knospen der Nadelhölzer, p. 182 219.

METHODE DER DNTERSUCHÜNG.

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mit starker Objectiv - und schwacher Ocularvergröfserung wird in vielen Fällen ungleich mehr Gewicht erhalten.

Für die rein morphologische Untersuchung genügen in der Regel schwache Vergrüfserungen; man wird hier häufig auffallendes Licht anwenden müssen, das Präpariren wird sich hier in der Regel auf ein Ablösen der Theile beschränken ; man wird das einfache Mikroskop und die Nadel zur Ablösung kleiner Theile mehr als das Messer an- zuwenden haben. Für die Beobachtung mit auffallendem Licht wird man die pag. 31 und 34 angegebenen Regeln beachten müssen.

Wohl selten wird sich eine Untersuchung mit den äufseren For- men allein begnügen, man wird in der Regel auch den inneren Bau des einen oder anderen Theils zu erforschen suchen , man wird somit die morphologische Untersuchung mit der anatomischen verknüpfen müssen. Für letztere ist das durchfallende Licht ungleich wichtiger; über die Anwendung desselben bitte ich pag. 32 nachzulesen. Hier wird sich das Messer und die geübte Führung desselben besonders geltend machen, die Nadel und das einfache Mikroskop wird nur dazu dienen, dünne Schnitte durch Entfernung störender Theile zu ver- bessern; die Anwendung der Reagentien (pag. 50) wird hier über die chemische Beschaffenheit der Theile Aufschlufs geben.

Da nun die morphologische Untersuchung mit der anatomischen Hand in Hand geht, so will auch ich beide neben einander behandeln; auch scheint es mir richtiger mit den niederen Pflanzen, als den ein- fachsten Erzeugnissen des Pflanzenreichs , zu beginnen und von ihnen zur Untersuchung der höher entwickelten Gewächse überzugehen. Aus demselben Grunde möchte ich dem Anfänger ralhen, mit den niederen Gewächsen seine Studien anzufangen; die Kleinheit der Theile wird, wenn man erst einige Gewandtheit im Präpariren unter dem einfachen Mikroskop erlangt hat, ein geringes Hindernifs sein. Ich habe mit den Lebermoosen meine Untersuchungen begonnen, und bewahre, vielleicht nur aus diesem Grunde, eine grofse Vorliebe für diese an Formen so reiche, höchst interessante Pflanzengruppe. Bei der Untersuchung der höher organisirten Gewächse wird man schon auf weit gröfsere Schwie- rigkeiten stofsen, man wird Verhältnisse antreffen, die nur durch eine genaue vielseitige Kenntnifs vom Bau der Pflanzen überhaupt zu ent- räthseln sind.

Indem ich nunmehr auf den Untersuchungsgang specieller ein- gehe, trenne ich zunächst die Untersuchung des Entstehens, mit an-

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MF.TIlOnE DER UNTERSUCHUNG.

deren Worten die Entwickeliingsgeschichle von der Untersuchung der fertigen Gegenstände; mit der letzteren will ich beginnen.

I. Untcrsucliuiigsgang für fertige Pflauzeugebilde.

Unter den kryptogamischen Gewächsen sind die sogenannten Zellenpflanzen, d. h. diejenigen wo noch keine deutlich entwickelte Gefäfsbündel auflreten (Pilze, Algen, Flechten, Charen, Laub- und Lebermoose) die einfachsten. Bei den 3 ersten Gruppen sind, trotz des grofsen Formenreichthums einzelner Ablheilungen derselben, noch keine Unterschiede ln Stamm und Blätter wissenschaftlich zu begrün- den, erst bei den Laub- und Lebermoosen sind wirkliche Blätter, d. h. aus vielen Zellen bestehende Organe, die einem anderen Ent- wickelungsprincip als der Stengel folgen, vorhanden.

Bei den niedrigsten Pilzen, den Fadenpilzen, wohin die Schimmel- arten gehören , und ebenso bei den niedrigsten Algen , den Confer- ven, die nur aus Zellenfäden bestehen, ist gar kein eigentliches Prä- pariren nöthig, es genügt hier die durch einander geschlungenen Fä- den unterm einfachen Mikroskop mit der Nadel zu entwirren und sie allenfalls durch Abspülen mit Wasser von anhängendem Schmutz zu reinigen. Man hat hier vor allem auf die Beschalfenheit der Zellen, sowohl ihrer Wandungen wie ihres Inhalts zu achten; die Anwen- dung von Jodlösung und von Jod und Schwefelsäure wird oftmals zu empfehlen sein. Auch den Bau der Charen wird man ohne eigentliche Präparation ziemlich genau studiren können; dieselben sind häufig mit kohlensaurem Kalk inkrustirt, man entfernt denselben durch sehr ver- dünnte Salzsäure. Die Zellenbildung durch Theilung beobachtet mau bei einigen Algen, so bei Chladophora und Conferva besonders schön; die Anwendung chemischer Reagentien ist auch hier namentlich von grofser Bedeutung. (Man sehe weiter hinten bei der Entwickelungs- gcschichte der Zelle).

Bei den schon mehr entwickelten Pilzen, z. B. den Hut- und Becherpilzen, desgleichen bei den höheren Algen, z. B. den Fucus- arten , und ebenso bei allen Flechten, ist für die anatomische Unter- suchung ein dünner Schnitt durch verschiedene Theile der Pflanze und in verschiedenen, aber bestimmten Richtungen geführt, noth- wendig. Trockene Fucusarten und Flechten erweichen sehr gut durch

METHODE DER UNTERSUCHUNG.

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mehrstündiges Liegen in kaltem Wasser; man führt den Schnitt ent- weder aus freier Hand oder zwischen Kork. Für die Untersuchung der Pilze wird man dagegen nur frische Exemplare benutzen können. Wo es überhaupt möglich ist frische Pflanzen zu erhalten, sollte man niemals trockene Exemplare zur Untersuchung verwenden; für die Entwickelungsgeschichte sind überall nur frische Pflanzen zulässig.

Bei den Hut- und Becherpilzen hat man die Sporenbildung an der unteren Seite des Hutes zu suchen, sie erscheint dort in Form so- genannter Tetraden, d. h. als stielartige Ausdehnungen des äufsersten Endes der Sporenzellen; in jeder Ausdehnung bildet sich eine Spore, die durch Abschnürung des Stielchens frei wird, ln der Regel trägt jede Sporenzelle (Basidium) 4 solcher gestielten Sporen, doch kommen bei gewissen Gattungen auch Sporenzellen mit 2 und mit 1 Spore vor (Calocera viscosa) (Fig. 17).

Die Sporen der höheren Algen liegen iheils auf der Oberfläche, theils in Höhlungen des Laubes, bisweilen in eigenen Fruchtästen (Carpoclonia Kütz.). Da sich bei Fucus die Früchte an der Spitze des Laubes entwickeln, so hat man sie durch auf einander folgende

Fig. 17. Fig. 18.

Fig. 17. Partie eines Längsschnittes durch die Fruchtlamelle des Fliegen- schwammes (Amanita muscaria); a Uebergang des fadenförmigen Pilzgewebes in runde Zellen, b ein Sporenschlauch (Basidia), c vier Sporen kurz vor der Ab- lösung von ihrem Sporenschlauch. (400 mal vergröfsert).

Fig. 18. Der Sporenschlauch einer Flechte (Borrera ciliaris) von Saftfäden umgeben; ah \i. c Sporen in verschiedener Entwickelung (400 mal vergröfsert) im Innern des Sporenschlauchs,

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METHODE DER UNTERSUCHUNG.

von der Spitze ab beginnende Querschnitte, desgleichen auf Längs- schnitten durch die Mitte der Laubspitzen, zu suchen.

Bei den Flechten findet man die Sporen an bestimmten Stellen des Laubes, die meistens als Schlüssel oder Becher aiiftreten, in be- sonderen Schläuchen (Asci) (Fig. 18), von sogenannten Saftfäden (Pa- raphysen) umstellt. Ich empfehle für die Untersuchung Borrera ciliaris und Peltigera canina oder P. venosa. Für die Entwickelung des Spo- ren sind hier wie überall nur frische Exemplare brauchbar; eine schwache Jodlösung färbt die Sporenschläuche und Saftfäden mehr oder minder blau. Flechten und Pilze lassen sich anatomisch nicht scharf unterscheiden, weil wir viele Pilze kennen, welche gleich den Flechten ihre Sporen im Innern sogenannter Sporenschläuche (Asci) entwickeln, z. B. die Trüffel (Tuber cibarium), die Morchel (Ilelvella und Morchella, desgleichen Peziza).

Das Gewebe der höheren Pilze, sowie des Laubes der Flechten besteht aus vielfach verschlungenen, aus Zellen gebildeten Fäden; selbst die sogenannte kugelige Zellenschicht unter dem Fruchllagcr ^ der Flechten wird nach meinen genauen Untersuchungen an Borrera und Peltigera, desgleichen bei Calocera viscosa, aus dem genannten Filzgewebe, dessen Zellen hier nur kürzer und noch mehr verschlungen sind, gebildet. Die Sporenzellen (asci und basidia) sind demnach die Endglieder dieses Gewebes. Nicht überall, aber in manchen Fällen gelingt es, auf dünnen Schnitten, die in Wasser gekocht, oder mit Kali behandelt sind, diese Zellenfäden auseinander zu legen und ihren Zusammenhang unter einander genau kennen zu lernen*).

Das Gewebe der Pilze färbt sich durch Jod und Schwefelsäure in der Regel nicht blau. Der Pilz auf dem Kartoffelkraut (Peronospora infestans) und einige andere werden im jugendlichen Zustande blau gefärbt. Bei den Fucusarten ist die Form und die Anordnung der Zellen nach der Pflanzenart sehr verschieden. Da hier auch langgestreckte Zellen Vorkommen, so ist aufser einem Querschnitt durch das Laub ebenfalls ein Längsschnitt durch die Mitte desselben unerläfslich. Einen überaus zierlichen Bau besitzt die Gat- tung Caulerpa, wo jede Pflanze, obschon sie aus einer einzigen Zelle besteht, was die Gestalt anbetrifft, Stamm, Blätter und Wurzeln un- terscheiden läfst. Die stark verdickte Wand solcher Zelle schickt viel-

*) Man vergleiche meine Pflanzenzelle p. 140. Taf. I. Fig. 7, 8, 10 u. 11.

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fach verzweigte, aus Zellstoff bestehende Fäden, welche ohne Regel auf einander treffen, pfeilerartig ins Innere der Zelle. Eine ähn- liche Bildung findet man in der vorderen Aussackung des Embrjosacks am halbreifen Samen von Pedicularis silvatica* **)). liier sind zarte Längsschnitte und Querschnitte nothwendig. Die Reagentien, nament- lich Jod und Chlorzink- Jodlösung, auch Jod und Schwefelsäure sind aufserdem nicht zu versäumen.

Die sogenannten Antheridien der Florideen und Fucaceen (Ah- thcilungen der höheren Algen) möchten, wie es scheint, mit den wirklichen Antheridien der höheren Kryptogamen, welche bewegliche Spiralfädcn (Schwärmfäden) entwickeln, zu vergleichen sein; es sind gröfsere Zellen, aus denen zur Zeit der Reife zahlreiche, sehr kleine runde oder längliche Zellen hervortrelen, welche hei den Florideen, nach Thuret, unbeweglich und ohne Wimper, dagegen bei den Fuca- ceen beweglich und mit einer langen schwingenden und einer kürzeren ruhenden Wimper versehen sind. Aehnliche Bildungen hei den Flechten wurden von Itzigsohn ebenfalls Antheridien genannt; die Schwärmfäden, welche Itzigsohn hier zu sehen glaubte, sind jedoch durch Fäidnifs hinzugekommene fremde Wesen”), w'ahrscheinlich Vi- brionen. Dagegen hat Tulasne und de Bary bei einigen Flechten und Pilzen aufser den gewöhnlichen Sporen noch kleinere Zellen, die an bestimmten Orten und in bestimmter Weise ausgebildet werden, nach- gewiesen. Diese kleinen Zellen, deren Bedeutung man bis jetzt nicht kennt, sind vielleicht als eine zweite Sporenart, wie solche namentlich bei niederen Pilzen häufig vorkommt, zu betrachten.

Die kleinen Zellen der Algen -Antheridien sollen nach Thuret zur Keimung der grofsen eigentlichen Sporenzellen nothwendig sein; wenn beide mit einander in Berührung kommen, keimen die letzteren. Pringsheim hat ganz neuerlich diese Beobachtung bestätigt.

Die niedrigsten Pilze und Algen sind durch die v'erschiedenen Formen, unter welchen sie nach der Oerllichkeit und Lebensweise auftreten können, ausgezeichnet; um eine derartige Pflanze richtig zu bestimmen, müfste man deshalb billigerweise alle ihre Lebensphasen kennen.

Bei den Charen, desgleichen bei den folgenden Gruppen der Krypto-

*) Meine Pflanzenzelle, p. 158. Taf. VI. Fig. 1 4 u. 8.

**) 3Ieine Pflanzenzelle, p. 120.

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METHODE DER UNTERSUCHUNG.

gauien sind wirkliche Anlheridien bekannt; doch erscheinen sie bei den höher entwickelten Gruppen, z. B, den Equisetaceen und Farren- kräutern, nicht mehr an der ausgebildeten Pflanze selbst, wohl aber am Vorkeim. Bei den Charen ist die Antheridie viel complicirter ge- baut als bei allen übrigen Kryptogamen; die Zellen, in denen sich der Spiralfaden entwickelt, sind hier zu langen Fäden vereinigt, während sie in den Antheridien aller übrigen Kryptogamen getrennt erscheinen. Auch die Sporen der Charen unterscheiden sich durch Stellung und Bau von den Sporen aller anderen Kryptogamen. Eine einzige grofse Zelle, die eigentliche Spore, wird von einer aus 5 Zellen gebildeten Hülle, welche dem Keimorgan (Archegoiilum) der übrigen Kryptoga- men entspricht, umschlossen.

In den Zellen des Stengels der Charen ist die Bewegung des Protoplasma oftmals sehr gut zu beobachten; für diesen Zweck sind die Nitellaarten am günstigsten; es sind dazu ganz frische, lebens- kräftige Exemplare bei warmer Witterung einzusammeln und möglichst frisch zu verwenden. Auch sollte man nicht unterlassen, die Einwirkung der verdünnten Zuckerlösung u. s. w. auf die Bewe- gung zu studiren.

Bei den Laub - und Lebermoosen tritt uns Stengel und Blatt deutlich entgegen; beide Theile sind hier besonders zu betrachten. Die Blätter der Lebermoose bestehen immer nur aus einer Zellenlage, ihnen fehlt jederzeit der Mittelnerv, welcher die Blätter der Laubmoose charakterisirt. Für die Blätter beider MÜrd in den meisten Fällen eine Betrachtung von oben genügen, nicht so für den Stengel; von ihm erhält man mit einiger Ausdauer aus freier Hand oder zwischen Kork gute Längs- und Querschnitte; auch für die Blätter ist es keineswegs unmöglich, auf diese Weise zarte Querschnitte darzustellen. Im Stengel von Cinclidium stygium und ebenso im laubigen Stengel v^on Diplo- laena Lyellii wird man auf diese Weise die ersten Andeutungen eines centralen Gefäfsbündels, aus langgestreckten engen Zellen bestehend, finden; bei Sphagnum ist dagegen ein concentrischer , aus langge- streckten, verdickten, braungefärbten Zellen bestehender Ring, welcher gewissermafsen Mark und Rinde scheidet und den grofse durchlöcherte Zellen (die Rinde) umkleiden, vorhanden; bei Plagiochila und wie ich glaube bei allen beblätterten Lebermoosen, desgleichen bei vielen Laub- moosen sind die Zellen des Stengelumkreises verdickt, es fehlt dafür jegliche Andeutung der Gefäfsbündel. Der ganze Bau dieser Pflänz-

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chen ist schon viel complicirter, als bei den vorhin genannten Grup- pen; dies zeigt sich namentlich im Bau der Fortpflanzungsorgane. Man findet hier Pistille d, h. Organe, in denen sich die junge Frucht entwickelt, und meistens Hüllblätter, welche dieselben umgeben. Die morphologischen Verhältnisse, d. h. die Form und die Stellung der Blät- ter zum Stengel, sowie der Hüllblätter und des Kelches der Lebermoose zur Frucht, läfst sich am besten unter dem einfachen Mikroskop, oder mit Hülfe der Lupe auf dem Stativ desselben, studiren. Die gekrümmte oder messerartig geschliffene Nadel leistet hier zum Ablösen der ein- zelnen Theile gute Dienste. Bei der reifen Frucht hat man auf den Bau ihrer Wandung, sowie auf deren Inhalt zu achten. Zarte Längs- schnitte und Querschnitte durch die halbreife Frucht der Laubmoose geben über den Bau derselben, über ihren Mündungsbesatz (Peristom), ihr Deckelchen u. s. w. schöne Aufschlüsse. Die reifen Sporen sind wie der Pollen trocken, unter Wasser, unter Citronenöl und unter concentrirter Schwefelsäure zu betrachten. Auch ist es nicht unmög- lich, durch Behandlung mit Gummischleim (p. 42) zarte Querschnitte der gröfseren Sporenarten zu erhalten. Bei den sogenannten Schleu- derern der Lebermoose ist die Art ihres Zusammenhanges mit der Fruchtkapsel und die Anordnung des einfachen oder doppelten Spiral- bandes in der zartwandigen, und deshalb früher häufig übersehenen, Zelle zu beachten.

Laub- und Lebermoose besitzen Antheridien; man hat auf deren Stellung an der Pflanze, auf ihr Vorkommen mit den Pistillen auf einer Pflanze oder auf getrennten Pflanzen, auf die Zeit ihres Vor- kommens, auf ihre Gestalt, ob länglich oder rund, ob lang- oder kurz- gestielt, und endlich auf ihren Bau, ob mit einer einfachen (bei den meisten Laub- und Lebermoosen) oder mit einer doppelten Aufsen- schicht (Haplomitrium, Plagiochila) , zu achten. Wenn die Antheridie reif ist, so platzt sie meistens von selbst, oft nach kurzer, oft nach längerer Zeit, (5 bis 15 Minuten) im Wasser des Objectträgers. Bei Poljtrichum, dessen Antheridien im Frühjahr reifen, braucht man nur ein frisches männliches Köpfchen sanft zwischen den Fingern zu drücken; sobald eine milchartige Flüssigkeit aus dem Schüsselchen hervorquillt, sind bewegliche Schwärmfäden vorhanden. Ein Minimum dieser Flüssigkeit in einem Wassertropfen auf den Objectträger ge- bracht, zeigt unterm Mikroskop (200 400 mal) die Bewegung vor- trefflich. Die meisten Lebermoose reifen ihre Antheridien gleichfalls

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METHODE DER DNTERSÜCHÜNG.

im Frühjahr; Ilaplomita’imn bringt zweimal, im Frühjahr und im Herbst sowohl Pistille als Anlheridien. Um die Spiralfäden genau zu sehen, wird^ine starke Objectivvergröfserung mit dem schwächsten Ocular am geeignetsten sein; ein Zusatz von Jodlösung hemmt augen- blicklich jede Bewegung, man erkennt die Gestalt des Fadens oftmals so am besten. Auch ein langsames Eintrocknen der im Wasser ver- theilten Schwärmfäden auf der Objectplalte ist hier zu empfehlen. Man läfst die Schwärmfäden, mit einem zarten Deckglase oder mit einem Glimmerblättchen bedeckt, ruhig liegen, und betrachtet sie wieder, sobald die Flüssigkeit verdunstet ist. Der eigentliche Bewegungsfaden, welcher hei Polytrichum, Sphagnum, Pellia, Plagiochila, Haplomi- trium u. s. w. einfaeh und einer langen Peitschenschnur vergleichbar

ist, wird jetzt sehr deutlich sichtbar (Fig. 19). Man hat zunächst auf die Zahl der dicke- ren Windungen des Schwärm- fadens und auf die zarte Ver- längerung desselben zu achten. Nach Thuret sollen 2 schwin- gende Fäden vorhanden sein; ich finde , wenn der Faden so liegt, dafs man die Uebergangs- slelle des schnurförmigen Thei- les in den dickeren Theil deut- lich vor sich hat, immer nur eine Wimper. Die eingetrock- neten Schwärmfäden der Kry- ptogamen lassen sieh Jahre lang aufbewahren; man bestreicht die Deckplatte an den Rändern mit etwas Gummischleim.

Bei den Lycopodiaceen , Equisetaceen und Pterideen sind Stamm

Fig. 19. Schwärmfäden einiger Jiöheren Kryptogamen; a bis d von Pellia epiphylla (Lebermoos), a der anfgeroUte Faden innerhalb seiner Zelle, h der Schwärmfäden in Bewegung, c derselbe durch Jodzusafz zur Ruhe gebracht, d die scheibenförmig zusammengesunkene Zelle, welche sich bisweilen von dem SVhwarmfaden trennt; e bis i von Polyti’ichum commune (Laubmoos), e der baden dreht sich innerhalb seiner Zelle um seine Achse, /u. g der freie Schwärm- faden, dessen Zelle zerflossen ist, ?i u. i der Faden als getroclmetes Präparat, k u. l von Pteris serrulala (Farrenkraut) von der Seite und von Oben gesehen Der Faden schleppt seine Zelle als zarte Blase nach. (400 mal vergröfsert).

METHODE DER ÜNTERSÜCHÜNG.

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und Blätter (mit entwickelten Spaltöffnungen) sowie die Fruchtorgane besonders zu untersuchen. Für Stengel und Blatt ist die Anordnung der Theile des Gefäfsbündels wichtig; die Richtung der Längsschnitte mufs sich deshalb nach der Anordnung dieser Theile, die man aus einem Querschnitt kennen lernt, richten. Es wird aufserdem sehr wichtig sein, den Verlauf der Gefäfsbündel und namentlich das Ent- stehen neuer Bündel und deren Zusammenhang mit den bereits vor- handenen genau zu verfolgen.

Bei den 3 zuletzt genannten Gruppen sind an der fertigen Pflanze niemals Antheridien gefunden , ftir den Vorkeim der Elquisetaceen und Pterideen sind sie dagegen unzweifelhaft nachgewiesen. Bei Isoctes und Selaginella (Lycopodiaceae) , desgleichen bei den Rhizocarpeen sind selbige nach Mettenius und Hofmeister ebenfalls vorhanden, doch sind sie dort etwas anders gebaut, auch ist die Keimung der Lyco- podiaceen und Rhizocarpeen von der Keimung der Pterideen und Equi- setaceen wesentlich verschieden.

Das V^orkommen der Antheridien am Vorkeim liefs gleichzeitig auf die Gegenwart von Pistillen (oder wie ich es für diese Gruppen richtiger zu bezeichnen glaube, Keimorganen) am Vorkeim schliefsen. Wo an der fertigen Pflanze Antheridien bekannt sind, kennt man nämlich auch Pistille (Laub- und Lebermoose); bei den Farrenkräu- tern, den Equisetaceen , den Lycopodlaceen und Rhizocarpeen sind jetzt die Analoga der Pistille, die Keimorgane bereits nachgewiesen. Auch die sogenannte Spore der Charen ist, wie ich glaube, mehr einem Keimorgan vergleichbar, in dessen Innern sich der Keim aus- bildet. Das Verhältnlfs der Antheridien iind namentlich ihres Inhaltes zum Pistill oder zum Keimorgan ist übrigens noch bei keiner Gruppe vollständig aufgeklärt. Um die Keimorgane (Archegonia nach Hofmeister) zu sehen, macht man am besten Querschnitte durch den Vorkeim zwischen Kork“).

Die Schwärmfäden der Farrenkräuter (Flg. 19. p. 86) und der Equisetaceen erscheinen als schraubenförmig gewundene Bänder, welche entweder über ihre ganze Länge oder nur für bestimmte Windungen mit schwingenden Wimpern besetzt sind. Die Schwärmfäden der Ly- copodiaceen und der Rhizocarpeen sind dagegen nach Hofmeister, mit

*) Für tlas Nähere vergleiche inan die Arbeiten von Hofmeister, Mettenius, Milde, desgleichen meinen Aufsatz in der Linnaea 1849, p. 751.

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METHODE DER UNTERSUCHUNG.

Ausnahme von Isoctes, nicht bewimpert; sie gleichen denen der Laub- imd Lebermoose. Ein allmäliges Austrocknen auf der Objectplatte ist auch hier zu empfehlen.

Bei den Lycopodiaceen sucht man die Früchte in den Achseln der Blätter, häufig auf besonderen Fruchtzweigen , bei den Equiseta- ceen sind sie dagegen an der Unterseite eigener Schuppenblätter, den Antheren der Cupressineen ähnlich, in Aehren zusammengestellt. Die Farrenkräuter besitzen entweder gestielte, gesellig in Häufchen neben einander, meist an der Unterseite der Blätter vorkommende, zur Zeit der Reife aufspringende Sporenbehälter von zierlichem Bau (Pteris, Aspidium u. s. w.), oder die Sporen entwickeln sich, wie bei Botry-

hergehenden Gruppen, deutliche Gefäfsbündel auf. Die Sporen und die Anlheridien erscheinen an der entwickelten Pflanze entweder getrennt oder gemeinschaftlich in besonderen Hüllorganen. Bei Salvinia und bei Pilularia erhält man zwischen Kork sehr gute Quer- und Längsschnitte des Stengels und der Blätter; die Sporen- und Antheridienhülle mufs man dagegen aus freier Hand durchschneiden , dasselbe gilt von der Spore, die auf den Zeigefinger gelegt mit dem Rasirmesser ganz so behandelt wird, wie ich es später bei der Samenknospe beschreiben werde.

Fig. 20. Sporen verschiedener Krjqitogamen ; a vom Fliegenschwamm, h der GährungspUz des obergährigen Bieres, c die Spore der Trüffel, d die Spore von Borrera ciliaris , e von Pteris aquilina , f 'o, g von Equisetum.

chium und Osmunda, in einer ungeslielten leder- artigen Kapsel an besonderen Fruchtwedeln. (Fig. 20). Sowohl für die Sporen im allgemeinen als insbesondere für die Untersuchung der Sporen und Sporenfriichte der letztgenannten Gruppen empfehle ich die Anwendung der concentrirten Schwefelsäure; man erkennt durch selbige die Zahl und die Beschaffenheit der Sporenhäute. Bei den grofsen Sporen kann man aufserdem durch Behandlung mit Gummischleim, in der p. 42 beschriebenen Weise, Querschnitte erhalten.

Bei den Rhizocarpeen , die nach den neueren Untersuchungen von Mettenius und Hofmeister entschieden den Kryptogamen angehören, treten aufser Blatt und Stengel auch, wie in den vor-

METHODE DER UNTERSDCHüNC,

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Bei den Phanerogamen hat man Stamm (Stamm, Stengel oder Zweig), Wurzel und Blatt w'^ohl zu unterscheiden und auf be- sondere Weise zu untersuchen; auch bei den Gefäfs-Kryptogaraen sind diese drei wesentlichsten Theile von einander zu trennen. Bei den Algen, Pilzen, Flechten und Charen ist es, wie schon oben bemerkt, anatomisch nicht gerechtfertigt, diese 3 Theile unterscheiden zu Mmllen. Bei den Laub- und Lebermoosen sind allerdings Stamm und Blatt vorhanden, doch fehlt die eigentliche Wurzel, welche bei den Farren- kräutern, Schachtelhalmen, Lycopodiaceen und bei den Rhizocarpeen vorhanden ist.

Untersuchung des Stammes und der Wurzel.

Beim kryptogamen und beim monocotyledonen Stamm hat man zunächst auf die Anordnung der Theile des Gefäfsbündels und auf die Stellung der Gefäfsbiindel zu einander zu achten, wozu ein recht zarter Querschnitt nöthig ist. Hat man sich durch selbigen über die Vertheilung der sogenannten getrennten und geschlossenen Gefäfsbündel und über die Stellung der wesentlichen Theile des Gefäfsbündels zu einander selbst orienlirt, so macht man darauf dünne Längsschnitte in verschiedenen aber bestimmten Richtungen durch das Gefäfsbündel, um über die Beschaffenheit seiner Elemente ins Klare zu kommen. Man achtet hier zunächst auf die Cambiumzellen des Gefäfsbündels, dann auf die Beschaffenheit der Gefäfszellen und endlich auf die ver- holzten Zellen jedes Bündels. Man sieht ferner beim monocotyledonen Stamme darauf, ob sich, wie bei den Palmen, eine Art Rinde unter- scheiden läfst; ist dies der Fall, so richtet man sein ganz besonderes Augenmerk auf das Parenchym zwischen den Gefäfsbündeln , ob sich in der Beschaffenheit seiner Zellen eine gewisse Grenze zwischen dieser Rinde und dem eigentlichen Holzkörper wahrnehmen läfst; für eine solche Untersuchung können jedoch nur frische Exemplare dienen. Das kryptogame Gefäfsbündel unterscheidet sich im allgemeinen vom monocotyledonen Gefäfsbündel durch die Lage der Gefäfse in der Mitte des Bündels (Fig. 16. p. 72) (bei den Farrcnkräutern, Lycopodiaceen, Rhizocarpeen u. s. w.), das Cambium umgiebt dieselben. Das mono- cotyledone Gefäfsbündel hat dagegen jederzeit sein Cambium in der Mitte (Fig. 15. p. 70), Gefäfse und verholzte Zellen umgeben dasselbe. Bei den Palmen liegt meist eine Gruppe stark verholzter Zellen der Rinde zugewendet; selbige möchte dem Bastkörper des dicotyledonen Ge-

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METHODE DER DNTERSüCHUNG.

fäfsbUndels vergleichbar sein (Fig. 14. p. 70). Für die auf dem Querschnitt in gewissen nahen allerdings getrennten (zerstreuten) Gefäfsbiindel von Epipogum Gmelini und Goo- djera repens kann ich mit Sicherheit eine Verzweigung, ja ein Hervorgehen sämrat- licher Gefäfsbiindel durch suc- cessive Theilung aus einem einzigen centralen Gefäfs- hündel des Rhizoms nach wei- sen. Bei einigen von mir frisch untersuchten Palmen (Rhapis üabelliformis) fand ich eben- falls unterhalb der Axenspitze eine Theilung der Gefäfsbün- del. Im Embryon des Dattel- kernes verzweigen sich gleichfalls die Gefäfsbündel der Samenlappen; unterhalb der Terminalknospe liegt der gemeinsame Bildungsheerd für die Gefäfsbündel. Ein genaues Studium des Gefäfsbündelverlaufs der Monocotyledonen ist überhaupt für die AVissenschaft sehr wünschens- werth; man wird hierzu mehrere Wege befolgen können, man wird nämlich 1. durch Fäiilnifs die Gefäfsbündel, wenn sie durch zart- wandiges Parenchym getrennt sind, freilegen können; wo sie dagegen von Holzparenchym umgeben werden, wird man 2. mit einem scharfen und spitzen Scalpel oder Federmesser das Holzparenchym sorgfältig entfernen und den Lauf eines einzelnen oder mehrerer Gefäfsbündel verfolgen müssen; 3. wird man sich durch Querschnitte in verschie- denen Höhen und zwar von der Wurzel, oder überhaupt von unten her in die Höhe steigend, von der Vermehrung und veränderten Stel- lung der Gefäfsbündel überzeugen (Fig. 21), und dann durch Längs- schnitte in entsprechender Richtung die Weise dieser Vermehrung der

Fig. 21. Quer- und LängsschniU durch den Stanun von Dracaea; f die Korkscliicht, cl Rindenparenchym, chB. Camhhunring , y Gefäfsbündel, welche entstanden sind, nachdem das Langswaehsthum des Stammes aufgehört hatte, X früher entstandene Gefäfsbiindel. (20 mal vergr.).

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Gefäfsbündel aufzusuchen haben; 4. und ganz besonders ist eine ge- naue Untersuchung des Gefäfsbündelverlaufs im Embrjon des reifen Samens und bei der Keimung desselben sehr zu empfehlen. Ich habe alle 4 Wege benutzt. Das Isoliren durch Fäulnifs führt leicht zu Täuschungen, da die jungen noch nicht verholzten Gefäfsbündel mit dem Parenchym verwesen, während nur die älteren, bereits ver- holzten, Zurückbleiben; man wird deshalb hier bisweilen getrennte Theile finden, zwischen welchen während des Lebens der Pflanze ein Zusammenhang bestand. Der zweite Weg mit dem dritten verbunden liefert ungleich bessere Resultate. Der vierte Weg mit dem dritten verbunden , besiegt endlich alle noch etwa möglichen Zweifel über den Zusammenhang der Gefäfsbündel innerhalb der Pflanze. Die Gefäfs- bündel der Pflanzen stehen demnach mit einander im Zusammenhang, nirgends bildet sich unabhängig ein neues Gefäfsbündel, sondern ein solches entsteht immer, auch bei den Kryptogamen und Monocotyle- donen, durch Fortbildung und gleichzeitige Theilung eines bereits vorhandenen Bündels. Die Gefäfshündel der Monocotyledonen erschei- nen nur auf dem Querschnitt getrennt, Längsschnitte liefern dage- gen über ihren Zusammenhang unter einander unzweifelhafte Beweise (Fig. 21).

Auch die Oberhaut des monocotyledonen Stammes ist zu beach- ten; bei einigen Palmen und bei Dracaena zeigt sich eine, unter ihr entstandene, mehr oder weniger entwickelte Korkschicht.

Die Wurzeln der Mo nocotyledonen haben, soviel mir be- kannt ist, sämmtlich ein einziges centrales Gefäfsbündel, oder richtiger einen Gefäfsbündelkranz, der z. B. bei der Rad. sarsaparillae, bei den Wurzeln der Palmen u. s. w. durch eine Reihe sehr verdickter, meistens sehr enger Zellen von der Aufsenschicht, die man hier wohl Rinde nennen könnte, getrennt ist. ln der Anordnung der Theile dieses zentralen Gefäfsbündels erkennt man jedoch bisweilen sehr deutlich, und zwar durch die getrennten Cambiuragruppen im Rhizom und in den Nebenwurzeln von Cephalanthera, Epipactis u. s. w. die einzelnen Gefäfsbündel, welche hier den Gefäfsbündelkranz zusammensetzen*). Selbst das centrale Cambiumbiindel im Rhizom von Epipogum wird vielleicht richtiger als ein Kranz unentwickelter Gefäfsbündel (Cambium- bündel) aufgefafst. Die Wurzel ist nach Aufsen mit einer Oberhaut,

*) Meine Pflanzenzelle Taf. XV. Fig. 12 u. 13.

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METHODE DER UNTERSUCHUNG.

die niemals Spaltöffnungen besitzt, dagegen häufig lange Wurzelhaare ausschickt, bekleidet. Die Untersuchung wird wie beim Stamme aus- geführt.

Die Wurzelspitze ist, wie bei allen Wurzeln, auch hier mit einer Wurzelhaube, d. h. mit einer Hülle abgestorbener Zellen, welche mit der in der Fortbildung begriffenen Spitze in direktem Zusammenhang steht, bekleidet. Der Längsschnitt mufs genau die Mitte der Wurzel- spitze treffen, er mufs gleichfalls äufserst zart sein, um über den Bau der Wxirzelhaube und ihren Zusammenhang mit dem Vegetations- kegel der Wurzelspitze ins Klare zu kommen. Am reifen Keim der Nadelhölzer, wie überhauj)t an der Wurzel dieser Bäume ist die Wurzelhaube vorzugsweise ausgebildet, bei einigen Pflanzen ist sie dagegen ungleich schwächer entwickelt.

Beim dicotyledonen Stamm ist der Qxierschnitt ebenfalls zuerst anzufertigen; man erhält ihn mit Hülfe eines sehr scharfen Rasirmessers aus freier Hand oder, wenn das Stück zu klein ist, zwischen Kork auf die oben (p. 24) angegebene Weise. Der Quer- schnitt mufs sehr zart sein; man hat zunächst auf die Anordnung der Theile des Stammes und zwar von Innen nach Aufsen zu sehen, und hier 4 Theile genau zu unterscheiden; 1. das Mark, 2. das Holz, 3. das Cambiura, 4. die Rinde. Für das Mark bat man auf die Gröfse und Form desselben, (bei einigen tropischen Schlingpflanzen, des- gleichen im Stamm und in den Zweigen der Eiche, der Kastanie u. s.w. hat dasselbe keine runde, sondern eine eckige Gestalt); auf die Beschaffen- heit der Zellen ; auf den Uebergang der Markzellen zu den Holzzellen, (der sogenannten Markkrone oder Markscheide u. s. w.) und endlich auf den Inhalt der Markzellen zu achten. Für den Holzring, der das Mark umschliefst, hat man zu sehen a) auf die Anordnung der Markstrahlzellen, d. h. derjenigen Zellen, welche strahlenartig vom Mark zur Rinde gehen; ob sie ein- oder mehrreihig auftreten, ob sie sämmtlich bis zum Marke gehen, (bei ganz jungen Pflanzen regel- mäfsig) oder ob sich einige derselben als secundäre, d. h. später ent- standene Markstrahlen im Holzring verlieren; ob sie zahlreich und nahe bei einander oder seltener und in weiten Abständen von einander auftreten; ob sie alle von gleicher Breite sind, wie bei der Linde, Weide, Pappel und bei den Coniferen, oder ob breite und schmale Markstrahlen neben einander Vorkommen, wie bei der Eiche und Buche; (bei der Hainbuche, Haselnufs und Erle sind nur scheinbar zweierlei

METHODE DER UNTERSüCHüNG.

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Markstrahlen vorhanden"); und wie die Markstrahlen sich endlich in der Rinde verhalten; &) auf die Anordnung der Holzzellen, ob selbige mit Gefäfszellen untermengt sind, oder ob ihnen, wie den Coniferen und Cycadeen die eigentlichen Gefäfszellen fehlen. Bei den Coniferen hat man namentlich auf die Stellung der Tüpfel, ob selbige nur in der Richtung der Markstrahlen vorhanden sind, oder ob sie auch, wenngleich seltener, in der entgegengesetzten Richtung auflreten, ferner auf das Vorhandensein oder Fehlen der Harzgänge, und auf die Stellung derselben innerhalb eines Jahresringes zu sehen. Bei den Angiospermen ist dagegen die Anordnung, Griifse und Verdickungs- weise der Gefäfszellen, und die Vertheilung der Holzzellen um selbige wichtig. Bei sämmtlichen dicotyledonen Stämmen hat man ferner auf die Grenze der Jahresringe, ob dieselbe stark oder schwach markirt ist, oder ob sie, wie bei vielen tropischen Bäumen, gänzlich fehlt, zu achten, c) auf das C am bi um, namentlich auf dessen Uebergang zum Holz sowohl wie zur Rinde. Der Querschnitt mufs so rein und zart sein, dafs man sowohl die Zahl der Reihen, als auch die Be- schaffenheit der Cambiumzellen und deren Inhalt deutlich erkennt; verdünnte Kalilauge entfernt hier oftmals den körnigen Inhalt und maeht die Zellen klarer. Man unterscheidet alsdann im Camblumring schon der Form nach das Cambium, welches Holz- und Gefäfszellen ' bildet, von dem Cambium, welches die Markstrahlen erzeugt*"). Den Inhalt der Cambiumzellen hat man zuvor mit Jodlösung, auch mit Zucker und Schwefelsäure zu prüfen. Für die Rinde beachtet man zunächst die Anwesenheit und die Anordnung der Bastzellen in der secundären, d. h. in der durch das Cambium nachgebildeten Rinde. Die primäre Rinde ist schon im Keim, desgleiehen in der jungen Knospe enthalten, der Cambiumring oder Verdickungsring, in welchem später die Gefäfsbündel entstehen (p. 71), scheidet hier die primäre Rinde vom Marke. Die secundäre Rinde wird dagegen erst durch das Cam- bium gebildet, sie wächst mit dem Holzring, in ihr liegt der Bast- oder der Rindentheil des dicotyledonen Gefäfsbündels. In der primären Rinde finden sich dagegen niemals Bastbündel, obschon auch in ihr bisweilen, z. B. bei Ephedra, einige verholzte Zellen auftreten. Man hat darauf zu achten, ob der Bast in Bündeln oder, MÜe bei den

*) Meine Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Gewächse, p. 52.

”) Das Cambium der Markstrahlen betrachte ich als dem Verdickungsring angehörig.

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METHODE DER UNTERSUCHUNG.

Cupressinen, in Reihen angeordnet erscheint. Ferner hat man darauf zu sehen, ob eine Epidermis, die im jugendlichen Zustande niemals fehlt (sehr entwickelt beiViscum), noch vorhanden ist, oder ob eine Korkschicht auflritt und deren Mächtigkeit, sowie die Art ihres Auf- tretens; ob nämlich ein glatter Kork, ein Lederkork (Periderma) den Stamm umhüllt, wie hei der Birke, dem Kirschbaum, oder ob ein rissiger Kork, wie bei der Korkeiche, bei Acer campestre u. s. w., erscheint, oder oh endlich eine Korkbildung im Innern der Rinde das Entstehen der Borke veranlafst, und dann die Beschaffenheit, sowie die Weise des Abwerfens dieser Borke zu beachten").

Aufser des soeben beschriebenen Querschnitts bedarf man für den dicotyledonen Stamm noch zweierlei Längsschnitte, 1. eines Längsschnittes parallel mit den Markstrahlen (eines Radialschnittes) ; derselbe mufs vom Mark durch den llolzring, durch das Cambium und durch die Rinde gehen. Nur bei ganz dünnen Stämmen oder Zweigen wird es möglich sein, einen solchen Schnitt im Ganzen zu erhalten, in der Regel wird man sich mit mehreren Schnitten, von denen der eine das Mark und das sogenannte Kernholz (das innerste, älteste Holz), ein zweiter vielleicht die Mitte des Holzringes und ein dritter die äufsere Grenze des Holzringes mit dem Cambium und der Rinde darstellt, begnügen müssen ; dasselbe gilt vom Querschnitt durch einen gröfseren Stamm. 2. eines Längsschnittes, der sich mit den Mark- strahlen kreuzt, (eines Tangential- oder Secantenschnittes); ein solcher Schnitt, etwa durch die Mitte des Holzringes, und ein anderer durch die secundäre Rinde geführt, werden in der Regel genügen.

Beim radialen Längsschnitt hat man wiederum zu achten 1. für das Mark, auf die Länge oder Kürze seiner Zellen und auf die poröse Beschaffenheit ihrer Wände, desgleichen auf den Inhalt dieser Zellen, ferner auf die Zellen der Markscheide. In derselben wird man Spiral - und Ringgefäfse finden, wenn selbige auch im Holz- ring nirgends weiter Vorkommen. 2. für den Holzring, a) auf die Markstrahlzellen, ob sie lang oder kurz, schmal oder breit, grofs- oder kleinporös, oder deutlich getüpfelt sind, desgleichen auf die Art und Weise ihrer Verdickung (Fig. 22 u. Fig. 23), und endlich auf den Inhalt dieser Zellen; b) auf die Holzzellen und auf das Vorhanden-

*) Man vergleiche hierfür Ilanstein: lieber die Baumrinde. Berlin 1853. und meinen Baum, p. 221 244.

METHODE DER UNTERSUCHUNG.

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Fig. 22.

Fig. 23.

sein eines Holzparenchyms, das hei den Leguminosen besonders schön entwickelt, aber auch hei der Eiche und Buche vorhanden ist (letzte- res führt häuüg Stärkemehl, welches in wirklichen llolz- zellen niemals vorkommt); auf die Gröfse und Stellung der Tüpfel, auf die Form und Richtung des Porus derselben; ferner auf die Gegenwart einer mehr oder minder deutlichen Spirale in der Ilolzzelle (bei Taxus und bei Vilis, im llolz- parenchym von Clex und Spartium); c) auf die Ge- fäfs e, ob deren Zellen mit geraden oder schiefen Quer- wänden auf einander tref- fen; in ersterem Falle wer- den sie meistens von einem runden Loch, im ande- ren von sogenannten lei- terförmigen Scheidewänden durchbrochen sein (Ainus, Betula, Corylus, Platanus, Buxus, Thea u. s. w.) ; selten kommen beide Formen in einem Stamme vor (in einem A^on mir untersuchten fos- silen Holz aus England). Ferner ist die Art der Ver-

Fig. 22. Radialer Längsschnitt durch das Holz der Tanne (Abies peclinala); a Ilerbstholz, h Frühlingsholz, von e bis e Markstrahlzellen. (200jnal vergr.).

Fig. 23. Radialer Längsschnitt durch das Holz der Kiefer (Pimis silvestris); h Friildingsholz, d. h. HolzzeUen im FrühllDg entstanden, xx J^Iarkstrahlzellen

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3IETH0DE DER ÜNTERSUCIIÜNG.

dickung der Gefäfse, ob sie als Spiral- oder Ireppengefäfse u. s, w. aiiftreten, ob sie getüpfelt sind, ob Tüpfel und Spirale gleichzeitig vorkoumien (Tilia, Prunus Padus, Carpinus), zu erwägen. Bei den Coniferen hat man auch auf die Ilarzgänge, sowie auf die von Hartig nachgewiesenen sogenannten Zellfasern (vereinzelt vorkoininende , mit geraden Querscheidewänden auf einander treffende Zellen , welche Harz enthalten und dem Holzparenchym der Laubhölzer entsprechen), zu sehen; letztere finden sich hei Thuja, Cupressus, Taxodium, Junipe- rus, Chamaecyparis , Pinus Cedrus, sie fehlen dagegen, wie es scheint, überall wo Harzgänge im Holz auflreten. 3. für das Cambium ist die Form und der Inhalt der Zellen desselben und ihr allmäliger Febergang nach der einen Seite ins Holz, nach der anderen dagegen in die Rinde zu berücksichtigen. (Das Camhium ist im frischen Zu- stande reich an stickstoffhaltiger Substanz; Zucker und Schwefelsäure färben dasselbe rosenroth). 4. für die Rinde endlich ist deren Pa- renchym mit seinem Inhalt, die Bastzellen, deren Kürze oder Länge, desgleichen das Vorkommen secundärer Bastzellen, welche bei Abies pectinata verzweigt, dagegen bei Picea vulgaris Link kubisch sind und Längsreihen bilden, ferner auch die Schichtenbildung der Bastzellen überhaupt zu beachten. Der Bau der Korkzellen ist, wenn eine Kork- schicht oder eine Borke anwesend ist, gleichfalls zu untersuchen.

Der Tangential- oder Secantenschnitt wird namentlich für den Holzring und zwar für die Anordnung der Markstrahlen wich- tig, man erfährt durch ihn, ob letztere, wie bei allen ächten Coni- feren, nur eine Längsreihe von Zellen bilden, (die Markstrablen von Epbedra bilden 2 bis 3 Zellenreihen), oder ob sie in der Mitte aus mehreren, ja aus vielen Zellenreihen bestehen, und daher auf dem Tangentialschnitt in der Mitte bauchig und an beiden Enden zuge- spitzt erscheinen (Laurus Sassafras, Hernandia sonora, mehr oder we- niger bei allen Leguminosen und bei den dicotyledonen Hölzern mit breiten und schmalen Markstrahlen, z. B. bei der Eicbe und bei der Buche). Der Verlauf der Holzzellen wird in solchem Fall not h wendig ein geschlungener. Bei den Coniferen kommt auch die Zahl der über einander liegenden einreihigen Markstrahlzellen, dem- nach die Kürze oder Länge der Markstrahlen, in Betracht. (Juniperus hat Markstrahlen aus 1 bis 5 Zellen, Taxus aus 2 bis 24 Zellen be-

mit eigenthümlicher Verdickung oluie grofse Tüpfel, yy Markshaldzellen mit sehr grofsen Tüpfeln. (200 mal vergröfsert).

METHODE DER ÜNTERSÜCHÜNG.

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stehend). Bei den Coniferen hat inan aufserdem auf das Vorkommen horizontaler Harzgänge im Innern breiterer, nur sparsam vorkominender Markstrahlen zu achten, (Pinus silvestris und Pinus maritima). Der Tangentialschnitt ist bei den Coniferen auch für den Bau der Tüpfel wichtig; man erkennt (besonders schün bei Taxus und hei Pinus ma- ritima) den linsenförmigen Raum und den Porenkanal, der von den beiden benachbarten Holzzellen gegen diesen Raum verläuft.

Für die Darstellung der Präparate gilt hier ganz dasselbe, was ich schon früher (p. 40) angegeben habe. Für die Coniferen ist es, wie überhaupt bei allen harzreichen Pflanzen , gut , die Schnittfläche des Gegenstandes statt des Wassers mit Alkohol zu befeuchten; auch wird es in der Regel vortheilhaft sein, die Schnitte vor der Beobach- tung in Alkohol zu legen, theils um die Luft auszutreiben, iheils um das vorhandene Harz zu lösen; bei den Coniferen ist eine solche Be- handlung mit Alkohol unerläfslich. Will man die Struktur der ein- zelnen Zellen des Stammes noch genauer studiren, so empfehle ich das Macerationsverfahren von Schulz, ferner das Kochen mit Kali auf zarte Quer- und Längsschnitte angewendet, desgleichen die Anwen- dung der Chlorzink- Jodkaliumlösung auf die so macerirten Zellen, und ebenfalls auf die mit Aetzkalilösung gekochten und sorgfältig aus- gesüfsten Schnitte. Sehr harte Hölzer, z. B. das Holz der Baumfarren und der Palmen legt man zweckmäfsig 24 bis 48 Stunden in Wasser; die Holzzellen scheinen dadurch etwas erweicht zu werden, sie lassen sich dann besser scheiden. Der Querschitt einiger sehr harter Hölzer rollt sich, wenn er sehr zart ist, jederzeit auf, man kann hier nichts weiteres thun, als ihn mit der Nadel sorgfältig auseinander breiten und durch eine nicht zu leichte Deckplatte flach drücken. Dünne Schnitte weicher Hölzer legen sich dagegen oft zusammen, man mufs sie ebenfalls unter dem einfachen Mikroskop mit Hülfe der Nadel aus- einander breiten.

Für die Untersuchung der Wurzel dicotyledoner Pflanzen gilt im allgemeinen das für den Stamm beschriebene Untersuchungsver- fahren. Die Wurzel ist gleich dem Stamm fast überall mit einem Mark versehen, doch ist dies Mark bisweilen sehr klein und verholzt, es fehlt deshalb scheinbar, die Entwickelungsgeschichte des Holzrings der Wurzel lehrt dagegen, dafs es eigentlich vorhanden ist. Für die Wurzelspitze ist auf den Grad der Ausbildung der Wurzelhaube zu achten; selbige ist bei den Nadelhölzern sehr stark entwickelt. Die

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METHODE DER UNTERSÜCHüNG.

primäre Rinde der Wurzel läfst häufig zwei Schichten unterscheiden, deren äufsere früher als die innere abstirbt. Ferner sind sämmtliche Zellen der Wurzel, der secundären Rinde sowohl als auch des Holz- rings, weiter; die Holzzellen der Nadelhölzer haben deshalb in der Wurzel 2 und 3 Tüpfelreihen, im Stamm dagegen nur eine solche Reihe, worauf hei der Untersuchung wohl zu achten ist. Die Wurzel von Viscum album , welche in der Rinde der Nährpflanze verläuft, besitzt nur ein centrales Gefäfshündel , sie hat kein Mark.

Will man Braunkohlenhölzer untersuchen, so ist es bis- weilen gut, dieselben mehrere Tage lang in einer Auflösung von kohlensaurem Natron zu digeriren und darauf mit Wasser auszulau- gen. Hölzer, welche vor dieser Behandlung keine brauchbaren Quer-

und Längsschnitte gaben, lassen sich meistens nach diesem Verfahren

%

sehr wohl behandeln. Hölzer, die in kohlensauren Kalk verwandelt sind, geben bisweilen mit Hülfe einer Ubrfedersäge und nachherigem Abscbleifen sehr gute Quer- und Längsschnitte. Am besten verfährt man hier, wenn man die mit der Säge erhaltene gerade Schnittfläche auf einem feinen Schleifstein mit Wasser glatt schleift und dann erst zum zweitenmal die Säge anwendet. Den jetzt erhaltenen, mäfsig dünnen Quer- oder Längsschnitt kittet man darauf an seiner bereits glaltgeschlilFenen Seite mit etwas Siegellack auf einen Kork; mit einer englischen Feile nimmt man alsdann das Gröbste hinweg und schleift darauf zuletzt den Schnitt auf einem Schleifstein unter Wasser vollends fein. Der Kork wird dann mit dem Schnitt in Alkohol gelegt, der letztere löst sich ab, man reinigt ihn mit einem Haarpinsel und be- wahrt ihn vortheilhaft unter Copallack oder Canadabalsam. Dasselbe Verfahren ist den Zootomen für die Herstellung zarter Knochen- und Zahnschliffe zu empfehlen. Bei Kieselhölzern beschränkt man sich zweckmäfsig aufs Absprengen zarter Lamellen durch vorsichtiges Pochen mit einem kleinen Stahlhammer; das Sägen und Schleifen solcher Kiesel- hölzer ist in der Regel zu zeitraubend und zu selten von einigem Er- folg gekrönt. Dagegen kann man z. B. von Oschatz in Berlin \ind von C. Zeifs in Jena sehr schöne Präparate geschliffener Kieselhölzer käuflich beziehen. Zur Herstellung derselben gehört nolhwendig ein vollständiger Schleifapparat,

METHODE DER ÜNTERSOCHDNG.

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Untersuchung der Blätter,

Für die Untersuchung der Blätter bedarf man zunächst zarter Quer- und Längsschnitte durch das Blatt; diese erhält man bei nicht sehr fleischigen Blättern am besten zwischen Kork. Auch bei den Blättern der Alof- und Agavearten, überhaupt bei allen sehr saftigen Blättern mufs man, wenn man die Oberhaut studiren will, diese mit einigen unter ihr liegenden Zellenschichten ablösen und zwischen Kork bringen, da man auf keine andere Weise hinreichend zarte Schnitte erhält. (Vergl. p. 24).

Beim Blatte hat man zunächst auf die Oberhaut desselben ; ob beide Blattseiten eine gleiche oder eine verschieden gebaute Oberhaut mit oder ohne Spaltöffnungen besitzen, zu achten. Den Bau der Spaltöffnungen selbst erfährt man bei regelmäfsiger Stellung derselben durch den Querschnitt, und durch Betrachtung der abgelösten Ober- haut von oben. Für die Spaltöfl’iiungen ist auf ihre Lage und An- ordnung, ob sie über die ganze Fläche oder nur an gewissen Stellen der Oberhaut vorhanden sind, ob sie alle in derselben Richtung liegen oder ob sie unregelmäfsig Vorkommen, ob sie mit der Oberhaut in einer Höhe oder unter derselben auftreten u. s. w, zu sehen. Das Ver- halten der Cuticula erfährt man auf sehr dünnen Querschnitten durch eine Behandlung mit C'hlorzink -Jodlösung, durch Anwendung con- centrirter Schwefelsäure, durch Kochen mit Aetzkali und durch die Maceration nach Schulz. Man erkennt durch ein solches Verfahren, dafs die sogenannte Cuticula der meisten Autoren zweierlei Dinge umfafst, dafs sie nach Aufsen aus einer strukturlosen Ausscheidung der Oberhautzellen, nach Innen dagegen aus den chemisch veränderten äufseren Schichten der Oberhautzellen selbst besteht; beide sind mei- stens so innig verbunden, dafs sie durch concentrirte Schwefelsäure und Maceration nicht von einander getrennt werden, durch Kochen mit Aetzkali fallen dagegen die einzelnen Oberhautzellen (bei Gasteria obliqua, Phormium tenax, Viscuui album) auseinander, während sich das Secret der Oberhaut, die eigentliche Cuticula, in den meisten Fällen körnig auflöst. (Eine vergleichende Untersuchung junger und alter Blätter ist hier sehr empfehlensw'^erlh).

Auch die Bekleidung der Oberhaut durch Haare, und die Ein- fügung sowie der Bau dieser Haare ist zu beachten, ferner wird die An- ordnung des Blattparenchyms und die Vertheilung der Gefäfsbündel,

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METHODE DER ÜNTERSDCHDNG.

als Blattnerveii, in demselben wichtig. Wohl selten (bei Viscum) wird das Blattparenchym der oberen Seite in seiner Anordnung dem der unteren entsprechen. In der Regel ist das Parenchym derjenigen Blattseite, welche keine SpallöfFnungen besitzt, dichter als das Pa- renchym der anderen Hälfte, welches häufig grofse, mit Luft erfüllte Räume zwischen sich läfst. Auch der Zellinhalt des Blattparenchyms und der Oberhaut verdient Beachtung. Für die Untersuchung des Blattstiels gilt alles soeben Gesagte. Durch aufeinander folgende Quer- schnitte erkennt man in ihm die Stellung und Zahl der vom Zweig ins Blatt übertretenden Gefäfsbündel und die Weise ihrer weiteren Zertheilung zur Bildung der Blattnerven.

Sehr zarte Blumenblätter schneidet man zwischen Kork oder noch zweckmäfsiger zwischen Fliedermark. Auf diese Weise ist es mir so- gar nicht selten gelungen, sehr zarte Querschnitte der nur aus einer Zellenlage bestehenden Lebermoosblätter zu erhalten , nur mufs der Kork alsdann recht weich und das Messer ganz besonders scharf sein.

Bei vielen Urticeen (Urtica, Ficus) kommen in gewissen Zellen des Blattes traubenförmige, von einem Stiel getragene Körper vor (Fig. 24 und 25), deren Bildungsweise eigenthümlich ist. Bei vielen Acanlhaceen (Justicia, Ruellia, Beloperome) finden sich ähnliche, oft- mals spiefs- oder donnerkeilartig geformte Körper. Dieselben bestehen

Fig. 24. Fig. 25.

Fig. 24 u. 25. Partien aus den Querschnitten eines ganz jungen und eines älteren Blattes von Ficus australis; a Oberhautzellen, h Blattparenchym, c kleine Spitze der grofsen Zelle d, unter derselben erscheint die erste Anlage zum Stiel, welcher später die mit kohlensaurem Kalk geschwängerte Traube trägt. (400 mal vergröfsert).

METHODE DER DNTERSÜCHUNG.

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aus Zellstoffschichten, in welchen reichlich kohlensaurer Kalk abgela- gert ist. Man erkennt sie auf zarten Quer- oder Längsschnitten; es ist zunächst auf die Lage dieser Zellen, die bei den Acanthaceen auch im Stengel Vorkommen, zu achten").

Die Untersuchung der Bliithe und der Frucht.

Bei der einzelnen Bliithe ist zunächst auf das Zahlen- und Stel- lungsverhältnifs der Blüthenlheile zu einander \ind dann auf den Bau dieser Theile selbst zu achten.

Für das Zahlen- und Stellungsverhältnifs der Blüthentheile ist ein mäfsig dünner glatter Querschnitt durch eine noch vollständig ge- schlossene Knospe, und zwar aus verschiedenen Höhen am geeignet- sten. Ein solcher Querschnitt aus der Spitze der Knospe wird in der Regel nur das Stellungsverhältnifs des Kelches und der Blumenblätter und deren Knospenlage zeigen; ein etwas tiefer geführter Querschnitt wird darauf bei Zwltterblüthen auch die Antheren und deren Ver- hältnifs zu den Blumenblättern, häufig auch Staubweg oder Narbe, ja bei oberständigem Fruchtknoten, die Stellung des letzteren zu den ihn umgebenden Blüthentheilen nachweisen. Ein noch etwas tieferer Querschnitt MÜrd selten überflüssig sein; bei BlUthen mit unterstän- digem Fruchtknoten dürfen aueh Querschnitte in verschiedenen Höhen durch den letzteren nicht unterlassen werden. Durch solche Quer- schnitte, die übrigens nicht zu dünn sein dürfen, indem sonst die einzelnen Theile leicht auseinander fallen, erhält man wirkliche Blüthen- grundrisse; man orientirt sich durch selbige aufs leichteste über die ganze Anordnung der Blüthentheile, man erkennt deutlich die ver- schiedenen Blattkreise, man sieht, wie sich die Kelch- und Blumen- blätter in der Knospenlage verhalten , wie die Antheren vor dem Auf- springen beschaffen sind, ob Kelch- und Blumenblätter, desgleichen ob die Staubfäden mit einander abwechseln oder nicht, man erkennt das Verhältnifs cbr Fruchtknotenfächer zum vorhergehenden Blatt- kreis u. s. w. Auf Tafel V, Fig. 6 habe ich einen derartigen Quer- schnitt durch die Knospe von Asclepias syriaca abgebildet. Häufig erhält man mit dem Knospenquerschnitt zugleich auch einen Quer-

*) In den Abhandlungen der Senkenbergischen Gesellschaft von IS.'Sd habe ich über die Entwickelungsgeschichte dieser Bddungen geschrieben; in meinen Beiträgen zur Anatomie und Physiologie der Gewächse ist derselben gleichfalls gedacht (p. 241 248).

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METHODE DER ÜNTERSÜCHUNG.

schnitt durch das Deckblatt, welchem die Knospe entsprossen ist. Bei solchen Querschnitten hat man indefs sehr darauf zu achten, dafs man nicht durch Berührung mit der Nadel oder mit sonstigen Instru- menten etwas verschiebt. Bei jungen Knospen wird dies bei einiger Vorsicht leicht zu vermeiden sein; Knospen, welche dem Aufbrechen nahe sind, kann man aus diesem Grunde nicht mehr zum Querschnitt benutzen. Man hebt solche Querschnitte, wie überhaupt die meisten zarten Präparate, mit einem feinen Haarpinsel vom Messer. Schnitte, die nicht ganz wagerecht durch die Knospe gingen, sind überall zu

verwerfen.

Aufser den besprochenen Querschnitten, die ich für eine ordentliche ßlüthenanalyse durchaus nolhwendig halte, sind auch Längsschnitte genau durch die Mitte der Knospen in Richtungen, welche durch den Querschnitt bestimmt werden, erforderlich. Man orientirt sich durch sie aufs leichteste, 1. über die Einfügung der Blumenblätter und Staub- fäden ; ob selbige mit den Kelchblättern in nahebei gleicher Höhe ent- springen oder ob sie von einem Discus getragen werden, ob bei Blüthen mit ungetrennten Blumenblättern die Filamente der Antheren mit den letzteren verbunden sind , und wo sie sich von ihnen trennen ; 2. über

Fig. 26.

die Stellung des Fruchtknotens zu den übrigen Blüthentheilen; ob er ober-, mittel- oder unter- ständig ist, wie der Staubweg sich zu ihm verhält und auf welche Weise der Staubweg- kanal mit den Fruchtknoten- fächern in Verbindung steht (diese Frage wird in manchen Fällen nur durch die Entwick- lungsgeschichte des Fruchtkno- tens und S^^ubweges zu ent-

Fig. 26. A Längsschnitt durch die Bütte einer Blüthenknospe von Syinphy- tum asperrimum; a Kelchblatt, b Blumenkrone, c Staubblatt, d die der Länge nach durchschnittene Tasche (Ilohlschuppe) eines Blumenblattes, s die Narbe, f/ die Samenknospe, daneben der Raum, in welchen die Pollenschläuche herab- steigen, um zu den Samenknospen zu gelangen (16 mal vergi-öfsert), B Eine Blumenkrone von der Seite gesehen; d die Taschen. C Eine Blumenki-one der Länge nach aufgeschhtzt und auseinander gebreitet; b der röhrenförmige Theil derselben, c die Staubblätter, d die Taschen. (5 mal vergröfsert).

METHODE DER UNTERSUCHUNG.

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scheiden sein). Man wird aufserdem bei solchen Längsschnitten durch die Knospe auf manche interessante Erscheinung geführt werden. Ich gebe als Beispiel in der Figur 26 A einen Längsschnitt genau durch die Mitte der ziemlich entwickelten Knospe von Symphytum asperri- mum; man erkennt hier unter andern, dafs die sogenannten Hohl- schuppen (fornices) der Borragineenblüthen gewissermafsen taschen- artige Erhebungen der Blumenblätter sind. Die Quer- und Längs- schnitte der Knospe gewähren aufserdem über die Art der Behaarung vortreffliche Aufschlüsse. ~ Bei den Compositen hat man zuerst einen Längsschnitt durch die Mitte des ganzen Köpfchens und aufserdem noch die besprochenen Quer- und Längsschnitte durch die Einzeln- blüthen auszuführen. Man sollte hier nie unterlassen, die Randblülhen und die Blüthen der Mitte besonders zu untersuchen, da selbige oft- mals interessante Verschiedenheiten darbieten.

Wenn man so mit der Blülhe im Allgemeinen bekannt ist, wendet man sich zur Untersuchung der einzelnen Theile derselben.

o) Für das Deckblatt und den Kelch gilt das über die anato- mische Untersuchung der Blätter im Allgemeinen gesagte. Bei der Blüthenanalyse hat man hier zunächst die äufsere Beschaffenheit, z. B. die Gestalt, die Färbung, die Art der Behaarung, dann aber auch die saftige, holzige, lederarlige oder trockne Beschaffenheit der Gewebe und ihre Veränderungen nach der Blüthezeit zu beachten.

b) Für die Blumenblätter möchte ebenfalls wenig zu erwähnen sein; durch zarte Quer- und Längsschnitte zwischen Kork wird man den Bau der Blumenblätter und ihrer Oberhaut erfahren, durch eine Betrachtung des ganzen Blumenblattes von oben bei schwacher Ver- gröfserung oder bei auffallendem Licht wird man über die Vertheilung der Gefäfsbündel in selbigen, die oftmals eine so zierliche Zeichnung der Blumenblätter veranlassen, ins Klare kommen. Der häufig schön gefärbte flüssige Zellinhalt ist hier gleichfalls zu beachten. Die Gestalt der Blumenblätter, ihre Farbe und ihre äufsere Beschaffenheit, wird jedoch bei der Blüthenanalyse besonders hervorzuheben sein.

c) Für die Staubfäden ist eine genaue Untersuchung der Staub- beutel unerläfslich ; man mufs dieselben aus der Knospe (im noch ge- schlossenen Zustande) und kurz vor und nach dem Aufspringen unter- suchen; in letzterem Falle ist ein Querschnitt selten ausnthrbar. In der Regel wird man die Anthere in der Knospe vierfächerig finden (Fig. 27); das Parenchymband, welches die zwei Fächer jeder Seite

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METHODE DER UNTERSDCHONG.

trennt, wird alsdann später ganz oder iheilweise resorbirt, so dafs der Staubbeulel zur Zeit der Blütlie nur zweifächerig erscheint. Es giebt dagegen auch ursprünglich zweifächerige Antheren ; zweifächerig ist z. B. die Anthere vieler Coniferen, als Abies, Pinus, Picea, Larix (Fig. 28), während das Staubblatt anderer Nadelhölzer, Thuja, Cupres- sus u. s. w. sowie der Cycadeen, viele einzelne, oft thuruaartig (Fig. 29) hervortretende Fächer (Pollensäcke) besitzt"); zweifächerige Antheren Fig. 27. Fig. 28. Fig. 29.

finden sich ferner unter den Amaranthaceen , (Goinphrena decumbens, Alternanthera diffusa; Albersia und Celosia besitzen dagegen normale vierfächerige Staubbeutel). Die Anthere von Meryolix serrulata ent-

Fig. 27. A Staubblatt des Mandelbaumes (Amygdalus) mit \aerfäclieriger Anthere. B Querschnitt durch die letztgenannte; au.a' die beiden Slaubbeutel- fächer der einen Seite, a" ein Fach der anderen Seite, b der Träger (Filament), X die Längsfurche, in welcher 2 Fächer einer Seite aufspringen, y das Gefäfs- bündel des Connectivs.

Fig. 28. Staubfäden der Lerche (Larix europaea). A Im halbreifen Zu- stande; au. a' die beiden Fächer, h das Filament, x die Linie, nach welcher späterhin der Staubfaden aufspringt. JB Querschnitt eines solchen Staubfadens; y das Gefäfsbündel. C Ein bereits aufgesprungener Staubfaden von der Hinter- seite; c die Spitze desselben, der Spitze einer Lerchennadel entsprechend. Die übrigen Bezeichnungen bei B mul C gleichbedeutend mit A. fV^ergröfserung bei A SOmal, bei B 50 mal und bei G 6 mal).

Fig. 29. A das schildförmige Staubblatt der Cypresse (Cupressus semper- virens) von unten gesehen; a die Blatlfläche, h das Filament, c einer der Pollen- säcke. B Ein Längsschnitt durch ein ganz junges Staubblatt; die Bezeiclmung wie oben. {A 8 mal, B 25 mal vergröfsert).

) Ein Fach solcher Staubblätter wurde in der ersten Auflage dieser Schrift irrthiimlich von mir als die Anthere selbst beschrieben.

METHODE DER UNTERSDCHDNG.

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wickelt ihren Pollen in getrennten Gruppen von Mutterzellen, erst später verschwindet das Parenchym, welches diese Gruppen trennte; die Anthere öffnet sich, den übrigen Onagrarieen ähnlich, mit zwei Längsspalten. Auch bei Viscum erscheinen die Mutterzellen iii Grup- pen, durch Parenchym von einander getrennt. Aceutohium Oxycedri (Viscum Oxycedri) hat gar ein einziges kreisförmiges Antherenfach, welches gleich dem Rand einer Schiefsscheibe ein Centrum umgiebt. Da man nicht immer diese Verhältnisse vorher bestimmen kann, so ist ein Querschnitt durch die Anthere einer Knospe für eine genaue Blüthenanalyse unerläfslich ; man hat bei ihm aufserdem noch auf die Stellung des Connectivs oder Mittelbandes, das immer durch sein Gefäfsbündel charakterisirt wird, zu den Staubbeutelfächern und auf die Wandung der letzteren selbst, namentlich auf die meistens dort vorhandenen Zellen mit zierlichem Spiralbande und auf die Lage dieser Zellen als äufserste oder als darauf folgende Schicht, zu achten. Bei Abies und bei Picea bilden die Spiralzellen die äufserste Schicht des Staubbeutelrandes; bei Quercus, Fagus, Hippuris u. s. w. erscheinen sie dagegen als die innerste Schicht; bei Monotropa fehlen die spiral- förmig verdickten Zellen gänzlich, desgleichen bei der Kartoffel.

In morphologischer Beziehung ist die Art der Befestigung der Antheren auf dem Filament, die Art ihres Aufspringens, die Gestalt der Staubbeutel, ob sie nach oben und unten Verlängerungen oder Haarschöpfe besitzen, (besonders für die Compositen wichtig), ob zu

beiden Seiten des Connectivs die Fächer normal entwickelt sind, oder ob nur die eine Seite Pollen entwiekelt (Salvia, Canna), zu beachten (Fig. 30). Auch die Gestalt des Staubbeutelträgers, ob er kurz oder lang, gerade oder gebogen, einfach oder mit Anhängseln versehen (Asclepias, Bor- rago), oder gar gespalten (Carpinus, Corylus, Be- tula, Ainus) ist, mufs genau beobachtet werden; ferner hat man auf die Einfügung desselben, ob jedes Filament einzeln auftritt oder ob mehrere am Grunde mit einander verbunden sind (bei Hypericum, Calothamnus) , oder ob endlich eine

Fig. 30. B Die beiden Staubblätter von Salvia nivea; a die zweifächerige ausgebildete Seite eines derselben, h die andere Seite ohne Staubbeutel. A Ein Querschnitt durch das sehr junge Staubblatt; a n. h wie oben, y das Gefäfs- bündel des Connectivs. {A 50mal, B 8 mal vergröfsert).

106

METHODE DER UNTERSÜCHDNG.

gemeinsame Röhre die einzelnen kürzer oder länger gestielten Staub- beutel trägt (bei Ruscus und bei einigen Amaranlbaceen), zu sehen.

Für jede vollständige Blütbenanalyse 'wird auch der Inhalt der An- there, der reife Pollen, sehr wichtig. Man untersucht denselben so- wolil trocken, als auch unter Wasser, unter Citronenöl und unter concentrirter Schwefelsäure; in einigen Fällen wird es zweckmäfsig sein, ihn noch mit Chlorzink- Jodlösung, desgleichen mit Salpetersäure zu behandeln. Beim Pollen ist namentlich auf die Structur seiner Häute und auf die zum Austritt des Pollenschlauchs bestimmten Stellen, deren Zahl und Anordnung, ob sie, wie häufig in Vertiefungen (Längs- falten) der äufseren Pollenhaut liegen (meistens nur bei der Betrach- tung des Pollens ohne Wasser erkennbar), ob sie, wie bei Stellaria mit Deckelchen versehen sind u. s. w. zu achten. Der Bau der äufseren Haut, die oft die zierlichsten Formen annimmt, (Cichoraceae, Stella- ria, Cucurbitaceae, Amaranthaceae) und die Färbung dieser Cuticula durch concentrlrte Schwefelsäure verdient gleichfalls Beachtung (Fig. 31).

Fig. 31.

Von den Pollinarien der Asclepiadeen erhält man zwischen Kork dünne Querschnitte, man erkennt alsdann in der lederartigen Umhüllung (bei Anwendung concentrirter Schwefelsäure färbt sich dieselbe roth) , ein Secret der Pollenzellen. Bei den Orchideen hat man die Pollenmassen in ihrem Zusammenhang mit dem Viscinstrang des sogenannten Re-

Fig. 31. Bliilhenstaul) verscliledener Pflanzen. A Vom Wiesenbocksbart (Tragopogon pralense), imler Schwefelsäure gesehen; a die hervorlretende innere Pollenzelle, deren Ausdehnung später den Pollenschlauch bilden würde. JS u. C Blüthenstaub der Stechpalme (Ilex aquifolium). B Im trockenen Zustande, C unter Wasser gesehen; a die innere Pollenzelle. Z) Ein Pollenkorn einer Malve (La- vatera) unter Citronenöl. E Ein Pollenkorn einer Orchis (Epipactis palustris), (400 mal vergröfsert).

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METHODE DER DNTERSDCHDNG.

I tinaculuins (der Viscin absondernden Drüse), dann einzelne Lappen der Pollenmasse und zuletzt einzelne Pollenkörner und zwar letztere unter verschiedenen Medien zu untersuchen. Bei Cephalanthera und Limodorum sind die Pollenkörner frei und nicht zu 4 vereinigt, auch die Viscinstränge fehlen. Häufig wird es sehr werthvoll sein , das Her- vortreten des Pollenschlauchs aus dem Pollenkorn zu beobachten, na- I mentlich da, wo nur ein e Pollenhaut vorhanden scheint. In der Kegel ist es nicht schwer, sich durch Ueberlragen des Pollens auf die Narbe der Pflanzen Pollenschläuche zu verschaffen, in 1 bis 8 Tagen pflegen dieselben zahlreich vorhanden zu sein. Der Saft, den die Narbe von lloja carnosa absondert, ist für die Bildung der Pollenschläuche sehr geeignet; bringt man den Pollen anderer Pflanzen auf diesen Narben- körper, so erhält man meistens sehr schöne Pollenschläuche; die An- wendung von Zuckerwasser hat seltener ein günstiges Resultat. Bei Limodorum abortivuni entwickeln sich die Pollenschläuche schon inner- halb der Antheren (Taf. HI. Fig. 1 4).

Der frische Pollen ist immer für die Untersuchung geeigneter als der ältere, bereits trocken gewordene Blüthenstaub, weil dessen Inhalt in der Regel nicht wieder aufweicht. Im frischen Pollenkorn einiger Nadelhölzer (Abies, Picea, Pinus, Larix) erkennt man z. B. ein aus mehreren Zellen bestehendes Körperchen, welches an der Wand der 1 Mutterzelle festsitzt und dessen Endzeile zum Pollenschlauch wird (Taf. IV. Fig. 16 22). Wenn man Salpetersäure anwendet, so tritt die Pollenzelle hier aus der Cuticula hervor; man erblickt das Zellen- körperchen jetzt sehr deutlich. Bei Thuja, Cupressus und Taxus theilt sich dagegen die Pollenzelle in zwei ungleiche Hälften, die gröfsere Tochterzelle wird hier zum Pollenschlauch*) (Taf. IV. Fig. 1 u. 2).

d) Für Staubweg und Narbe, diese mögen nun einfach oder in der Mehrzahl vorhanden sein, sind in der Regel dünne Längsschnitte ausreichend. Für die Narbe hat man zunächst auf die, eine Flüssigkeit absondernde Oberhaut, die meistens papillenartig entwickelt ist, zu achten; für den Staubweg wird der Verlauf seines ^Canals und das leitende Zellgewebe desselben, zunächst wiehtig sein. Ein zarter Quer- schnitt durch den Staubweg leistet oftmals gute Dienste, man erkennt durch ihn auch die Vertheilung der Gefäfsbündel in selbigem.

e) Für die Untersuchung des Fruchtknotens sind sehr dünne

*) Meine Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Gewächse, p. 148 u.284.

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METHODE DER UNTERSÜCHDNG.

Querschnitte in verschiedenen Höhen nothwendig. Man mufs, wenn der Fruchtknoten inehrfächerig zu sein scheint, sich bisweilen noch mit Hülfe der Nadel unter dem einfachen Mikroskop überzeugen, ob dies wirklich der Fall ist. Sehr viele Fruchtknoten, die in den meisten Handbüchern als mehrfächerig mit centralem Samenträger angegeben sind, erscheinen in der Wirklichkeit, wenigstens im oberen Theil, einfächerig mit mehreren wandständigen, sich dicht aneinander legen- den Samenträgern versehen, dagegen sind sie im unteren Theile wirk- lich mehrfächerig, so bei den Onagrarieen, Pyrolaceen, Monotropeen u. s. w. Die Cucurbitaceen haben einen für seine ganze Länge mehr- fächerigen Fruchtknoten mit wandständigen Samenträgern. Bei den Onagrarieen sind nämlich 4 wandständige Samenträger, die auf dem Querschnitt leistenartig in die Fruchtknotenhöhle vorspringen und an ihrem Ende sich nach beiden Seiten, an jeder Seite eine Reihe Samenknos- pen tragend, ausbreiten und aneinander legen, vorhanden (Fig. 32); zwischen den Ader sich berührenden Samenträgern bleibt ein freier Raum, der gewisser- mafsen als Fortsetzung des Staub weg- kanals dient; in der unteren Hälfte des Fruchtknotens sind dagegen die 4 Samen- träger mit einander vereinigt. Bei den erwähnten Querschnitten durch den Fruchtknoten ist aufserdem auf die An- ordnung der Samenträger und die Ver- theilung der Samenknospen an ihnen zu achten; auch die Vertheilung der Gefäfsbündel im Fruchtknoten und im Samenträger, desgleichen die Behaarung des Fruchtknotens A^erdient Berücksichtigung. Bei der Buche ist das Mittelsäulchen im Innern des Fruchtknotens stark behaart").

Die Richtung des Längsschnitts durch die Mitte des Fruchtknotens richtet sich theils nach der Anordnung der Samenträger, theils nach der Stellung des Staubwegs und der Narben. Sehr häufig Avird man

Fig. 32. Querschnitt aus der oberen Hälfte des Fruchtknotens von Oeno- thera inuricata; d die Wand desselben, sp. einer der A’ier Avandständigen Samen- träger, gern, eine Samenknospe. (10 mal vergröfsert).

) Meine Beiträge zur Anatomie und Physiologie der GcAvächse, Taf. III. Figur 34.

Fig. 32.

METHODE DER UNTERSUCHUNG.

109

Längsschnitte in verschiedenen Richtungen, durch die Mitte des Frucht- knotens und wenn es möglich ist, auch durch die Mitte des Staub- wegs und durch einen Theil der Narbe geführt , darstellen müssen ; noch häufiger wird man, wenn dies nicht möglich ist, Narbe und Staubweg für sich untersuchen müssen. Bei diesen Längsschnitten durch den Fruchtknoten hat man wiederum besonders auf das Ver- halten der Samenträger und der Samenknospen, auf die Stellung der letzteren, auf die Verbindung des Staubwegkanals mit der Frucht- knotenhöhle, auf die Vertheilung der aus dem Stengel in den Frucht- knoten übergehenden Gefäfsbündel und deren weitere Verzweigung in die übrigen Blüthentheile zu achten.

Der wichtigste Theil der Fruchtknotens ist die Samenknospe; eine genaue Blütlienanalyse mufs deshalb auch über ihr Verhalten zur Blüthezeit Auskunft geben.

f) Für die Samenknospe ist dreierlei hervorzuheben: 1. die An- wesenheit und die Zahl der Knospenhüllen , 2. die Richtung der Samen- knospe, namentlich für die Lage des Knospenmunds, d. h. desjenigen Punktes, wo die Knospenhüllen endigen, zum Anheftungspunkt der Samenknospe, 3. die Lage und das Verhalten des Embryosacks zum Knospenkern.

Diese Fragen lassen sich nur in den wenigsten Fällen durch die Betrachtung der ganzen Samenknospe lösen; bei den Orchideen, bei Monotropa, bei den Pyrolaarten, deren Samenknospen sehr klein und durchsichtig sind, und deren weiche Beschaffenheit kein Präpariren zuläfst, ist dies schon durch eine genaue Einstellung möglich. In den meisten Fällen wird man dagegen dünne Längsschnitte, genau durch die Mitte der Samenknospe anfertigen müssen; in einzelnen Fällen, z. B. bei Oenothera, gelingt dies am besten bei Herstellung dünner Längsschnitte durch den Fruchtknoten selbst; unter den vielen durchschnittenen Samenknospen findet man hier und da eine, welche vom Schnitt richtig getroffen ward, diese mufs man dann mit Hülfe des einfachen Mikroskops herauslcsen; bei anderen Pflanzen, z. B. bei Iris und bei Cucurbita ist dagegen ein dünner Querschnitt durch den Fruchtknoten vortheilhafter. In den allermeisten Fällen wird man die Samenknospe selbst ablösen, dieselbe auf den Zeigefinger bringen und mit Hülfe eines sehr scharfen, hohlgeschlifTenen Rasirmessers durch zwei Schnitte so zerlegen müssen, sodafs man eine zarte Längslamelle, welche genau die Mitte der Samenknospe bildet, erhält. Man verfährt

110

METHODE DER ÜNTERSDCIIDNG.

hier am besten, indem man erst die eine Seite der Samenknospe hin- wegnimmt, darauf die letztere mit Hülfe eines feinen Haarpinsels um- wendet und nunmehr auch die andere Seite der Samenknospe entfernt. Man bringt den so erhaltenen Schnitt unters Mikroskop; ist er im allgemeinen gelungen, so kann man ihn häufig durch einen dritten oder vierten Schnitt, in derselben Weise ausgeführt, verbessern. Ueber die richtige Lage kleiner Samenknospen auf dem Finger orientirt inan sich erst mit Hülfe der Lupe. Die Samenknospen sämmllicher Perso- naten, der Labiaten, Borragineen, der Coniferen u. s. w. verlangen eine derartige Behandlung.

In einzelnen Fällen wird man auch mit den gelungensten Schnitten über die Anwesenheit der Knospenhüllen nicht ins Klare kommen, dies gilt besonders für die Fälle, wo der Knospenkern sehr unent- wickelt ist und sehr früh vom Embryosack verdrängt wird , hier kann es ohne die Entwickelungsgeschichte zweifelhaft bleiben, ob ein nackter Knospenkern, oder ein einfaches sehr entwickeltes Integument vorhan- den ist; als Beispiel erwähne ich Asclepias syriaca, deren Enlwickelungs- geschichte ich im Abschnitt VI dieser Schrift vollständig mittheile.

Für die Richtung der Samenknospe will ich nur 3 Ilaupttypen hervorheben, a) die gerad- läufige (orthotrope) Samenknospe, wo der Knos- penmund in einer geraden Linie über dem An- heftungspunkt liegt, (Hj’^drocharis , Taxus, Ju- glans, Polygonum) (Fig. 33); h) die gegenläufige (anatrope) Samenknospe, wo der Knospenmund neben dem Anheflungspunkt liegt und wo das Gefäfsbündel des Knospenträgers (die Raphe) längs der einen Seite der Samenknospe verläuft (Cucurbitaceae, Irideae, Lillaceae, luipatiens, Viola, Podocarpus) (Fig. 34). Bei dieser und der vorigen Samenknospe liegt der Knospengrund (Chalaza, der Ort wo das Gefäfsbündel des Knospenträgers endet) dem Knospenmunde gegen-

Fig. 33. Längsschnitt durch den Fruchtknoten von Polygonum Convohmlus (dem Buchweizen verwandt). Auf der Narbe ia) liegen Pollenkörner (i), welche durch den Staubwegkanal (c) Schläuche zur Samenknospe {gm) herabsenden, einer derselben ist durch den Knospeimnmd in den Embryosack (se.) getreten und dort bereits kugelig angeschwoUen. (Vergröfseruug 40 mal).

Fig. 33.

METHODE DER UNTERSDCHÜNG.

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Fig. 34. über, der Knospenkern und Em-

bryosack sind nicht gekrümmt; c) die gekrümmte (campylotrope) Samenknospe; hier hat die Ent- Wickelung säimntlicher Theile nur einseitig stattgefunden, der Knos- penmund liegt neben dem Anhef- tungspunkt, die Raphe ist sehr kurz, der Embryosack ist ge- krümmt (Capsella, die Amarantha- ceen) (Fig. 35). Die zahlreichen Zwischenformen und Modificatio- nen dieser Typen , die zum Theil besondere Namen erhalten haben, aber durch selbige lange nicht ge- nügend zu charakterisiren sind, übergehe ich mit Stillschweigen; eine genaue Zeichnung der untersuchten Samen- knospe wird jederzeit besser wie die weitläuf- tigste Beschreibung ihre Eigenschaften darthun.

In Betreff des Embryosacks hat man namenl- lieh auf dessen Verhalten zum Knospenkern zu achten. Bei den Orchideen und bei den Perso- naten wird der Knospenkern frühzeitig vom Em- bryosack verdrängt; bei den Rhinanthaceen, Oro- bancheen, Acanthaeeen und bei den Labiaten bildet der Embryosack oft sehr bedeutende Aussackungen, welche das Parenchym des ein-

Fig. 35.

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Fig. 34. Enlwickeliingszustände der Samenknospe von Viola tricolor. A selir junger Zustand , B etwas später, Leide als Längsschnitte eingestellt, C zur Blüthe- zeit im Längsschnitt. D Ein Pollenkorn, welches einen mehrfach verzweigten Schlauch treibt, nc der Knospenkern der Samenknospe, ie die äufsere Knospen- hiille, ii die innere Knospenhülle, se der Emhryosack, r die Raphe oder das Gefäfsbündel, welches vom Samenträger bis zum Knospengrund ch (zur Cha- laza) verläuft. (150 mal vergröfsert).

Fig. 35. Eine campylotrope Samenknospe von Gypsopila effusa im Längs- schnitt; ie die äufsere Knospenhülle (Integumentum externum), ii die innere Knospenhülle, nc der Knospenkern (Nucleus), se der Embryosack, ch der Knospen- grund, / der Knospenträger (Funiculus), x der Knospenmund (Micropyle). (Ver- gröfserung 20 mal).

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METHODE DER DNTERSUCHUNG.

fachen Integuments resorbirend, dasselbe durchbrechen und oftmals frei in die Frucbtknotenböhle treten; nur ganz zarte, genau durch die Mitte der Samenknospe geführte Längsschnitte können dies oft höchst interessante Verhalten des Embryosacks deutlich machen. (Für das Nähere verweise ich auf meine Entwickelungsgeschichte des Pflanzen- embryon. Amsterdam bei Sulpke 1850.) Ferner hat man auf das Vorhandensein eines wirklichen Endosperms zur Blüthezeit zu achten (Personaten, Hallorageen, Hippurideen); auch wird es für die rich- tige Auffassung der Befruchtungsvorgänge wichtig, sich von dem et- wanigen Vorhandensein oder Fehlen einzelner Zellen in der Spitze oder an beiden Enden des Embryosacks zu überzeugen.

Mancherlei Nebenorgane der Blüthe als sogenannte Nebenstaub- fäden , Nectarien , Discus u. s. w. will ich nicht besonders aufführen ; wer den von mir beschriebenen üntersuchungsgang genau befolgt, der wird unmöglich irgend ein derartiges Organ, wenn es vorhanden ist, übersehen können. Die Deutung dieser Organe ist zum gröfsten Theil noch der Entwickelungsgeschichte zur Lösung Vorbehalten.

g) Für die Untersuchung der reifen Frucht gilt im allgemeinen das für die Untersuchung des Fruchtknotens angegebene Verfahren. Man hat hier in anatomischer Hinsicht namentlich auf die Verände- rungen in der Ausbildung der Gewebe, auf stattgefundene Resorptio- nen u. s. W. zu achten. In morphologischer Beziehung wird die Ge- stalt und die Art des Aufspringens der Frucht wichtig, auch bat man die Veränderungen der übrigen Blülhentheile, ob sie bald nach der Blüthe abfallen, oder ob sie verbleiben und welchen Antheil sie an der Bildung der Frucht oder des Fruchtstandes nehmen, zu berücksichtigen.

h) Der reife Same wird ähnlich wie die Samenknospe untersucht; in morphologischer Beziehung hat man auf seine Gestalt und auf die Beschaffenheit seiner Aufsenfläche zu sehen. Durch dünne Querschnitte und Längsschnitte überzeugt man sich A’on den Veränderungen des einfachen oder doppelten Integuments zur Samenschaale; vom Vor- handensein oder Fehlen des vormaligen Knospenkernes, dessen Ge- webe, wenn es in der Frucht vorhanden ist, als Perisperm bezeichnet wird (Nymphaeaceae); von dem Vorhandensein oder Fehlen des Samen- eiweifses oder Endosperms, eines im Innern des Embryosacks ent- standenen Parenchyms (Euphorbiaceae, Rhinanthaceae), und endlich von der Beschaffenheit der Zellen des Embryon selbst. Bei diesen Untersuchungen ist der Inhalt der Zellen durch Jod und Clfforzink-

J

METHODE DER DNTERSÜCHUN6.

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Jodlösung zu prüfen. Aus dem reifen Samen kann man in der Regel Uber die zur Blüthezeit vorhandene Zahl der Knospenhüllen nichts erfahren.

Für das Embryon selbst und dessen Lage im reifen Samen ist eine Theilung des letzteren in zwei gleiche Hälften, desgleichen ein nicht allzu dünner Querschnitt oftmals vortheilhaft ; harte Samen er- weicht man zweckmäfsig durch 24stUndiges Liegen in Wasser. Nicht selten wird auch ein Freipräpariren des ganzen Embryon aus dem Samen wünschenswerth sein; man wird denselben in schwierigen Fällen mit auffallendem Licht unter schwacher Vergröfserung von mehreren Seiten betrachten und auf die mannigfachste Weise beleuchten müssen. Das Embryon der dicotyledonen Pflanzen wird selten für die ünter- suehung schwierig sein; man unterscheidet bei ihm die Achse des- selben, d. h. den ungetheilten Körper, welcher in der Richtung des Knospenmundes als Würzelchen, an dem anderen Ende dagegen zwi- schen den beiden Samenlappen als Stammknospe (Plumula) endet und die beiden Samenlappen, welche aus dieser Achse hervorgehen; viele Conifereü (Pinus, Abies, Picea, Larix) haben mehr als zwei Samen- lappen; die beiden Samenlappen der Linde (Tilia) sind nur tief ge- theilt; die Orobanchen, Monotropa, und unter den Monocotyledonen

Fig. 36.

Fig. 36. Der Kern, d. li. das Sameneiweifs mit dem Keim, des Samens der Kiefer (Pinus silvestris). A Im Längsschnitt; al Sameneiweifs, cbü- Ver- dickungsring, c( Sarnenlappen, cj> Corpusculum, .r Wurzelliaube. B Ein Quer- schnitt in der Höhe von C Ein Querschnitt in der Höhe von L Das Samen- eiweifs ist entfernt. Die Bezeiclmungen wüe bei A. (Vergröfserung 30mal).

8

114

METHODE DER UNTERSDCHDNG.

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die Orchideen, besitzen dagegen gar keine Sainenlappen. Die Staimn- knospe (Pluinula) des Einbryon ist bei einigen Pflanzen sehr entwickelt 37^ (beiTropaeolum sind schon 2 Blätter voll-

ständig angelegt) bei anderen ist sie da- gegen nur als kleiner Hügel zwischen den Samenlappen vorhanden, (Pedicu- laris, Impaliens, Hippnris); der Keim der Wallnufs besitzt aiifser 2 angeleg- ten Fiederblättern noch 2 Längsreihen von Achselknospen. Die Radiciila aller von mir untersuchten dicotyledonen Pflanzenkeime ist mit einer Wurzelhaube versehn (als Beispiel die Nadelhülzer), Mark und Binde sind bei allen durch den Cambiumring geschieden (Fig, 36), manchen F'ällen (bei der Eiche und ,1 Wallnufs) sind im Keim schon einige Gefäfse vorhanden. Das Embryon der monocotyledonen Pflanzen bietet der Untersuchung in der Regel gröfsere, oft nur durch die Enlwickelungsgeschichte zu beseitigende Schwie- rigkeiten. Gelungene Längsschnitte sind hier sehr wichtig; bei den Gramineen erkennt man durch sie die Entwickelung der Nebenwurzeln. Das Radi- culaende des Keimes wird hier nämlich nicht zur Wurzel, den Monocotyledonen fehlt deshalb die eigentliche Pfahlwurzel. Die Scheide, aus welcher die junge Pflanze hervortritt, ist als das erste Blatt derselben zu betrachten ; bei einigen Palmen bleiben 2 und 3 Blätter scheidenartig (Fig. 37).

Ein fortbildungsfähiges Gewebe, welches bei Monocotyledonen unter derPlumula liegt, bezeichne ich als Keimlager (F, 38C. a;); aus demselben

Fig. 37. Der runde Same der Chamaedorea durcbsrhnillen vor und im Be- ginn der Keimung, desgleichen ein Längsschnitt durch die Mitte des Keimes vor der Keimung (2.5 mal vergröfsert) , endlich eine Keimpflanze, welche bereits das vierte Blatt (e) entfaltet hat; a der Vegetalionspunkt der Stammknospe, h das erste, c das zweite, d das dritte, e das vierte Blatt; al das Sameneiweifs, ct der Samenlappen, em der Keim,

METHODE DER DNTERSÜCHÜNO.

115

entspringen die Gefäfsbündel, die ersten Nebenwurzeln gehen gleich- falls aus ihm hervor, so bei den Gräsern und bei den Palmen.

Fig. 38. Die Gestalt und die Lage des

Embryon im Samen, desglei- chen das Vorhandensein oder

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Fig. 39.

sind für die systematische Bo- tanik sehr wichtig (Fig. 39).

Die Bewegung des Protoplasma möchte hier am passendsten ihren Platz linden, man sieht sie nicht bei allen Pflanzen, obschon sich vermulhen läfst, dafs sie in allen lebhaft vegetirenden Pflanzenzellen vorkommt. Am einfachsten ist sie

Fehlen des Sameneiweifses

in den Wurzelhaaren von llydro- charis Morsus ranae. Man mufs die Pflanze an einem warmen Som- mertage möglichst frisch be- nutzen; die Wurzelhaare, welche schlaff herunter hängen, zeigen keine Strömung, dagegen vermifst man sie bei denjenigen , welche wage- recht von der langen dünnen Wur- zel abstehen , selten. Man bringt

Fig. 38. A Der Keim eines Grassamens (Agropyrnm fasluosum) von oben gesehen. B als Längsschnitt von Oben. C als Längsschnitt von der Seite, a der Vegelationskegel der Slammlcnospe (die Phmmla), unter welcher schon 3 Blätter entstanden sind, c das erste dieser Blätter, (welches auf dem Querschnitt nur 2 Gefäfsbündel zeigt), aus dessen Spalte beim Keimen der jimge Halm hervor- tritt, und welches als Sclieide (Coleopyle) verbleibt, h das zweite Blatt, welches sich gleich den folgenden vollständig ausbildet, d der Samenlappen, e ein Theil desselben, aus welchem c hervortrilt, ß y, h, k, Nebenwurzeln, x das Keim- lager unter dem A^egetationskegel, (10 mal vergröfsert). D ein keimendes Samen- korn; die Nebenwmrzeln f, y, A sind schon hervorgetreten.

Fig. 39. A n. B Polygonum Fagopyrum, Cxi.D Polygonum Convolvulus, A u. C Querschnitte durch den reifen Samen, a das Sameneiweifs (Endosperm), h der Keim. B u, D der Keim aus dem Sameneiweifs vorsichtig herausgelöst. (8 mal vergröfsert).

8*

116 METHODE DER UNTERSUCHUNG.

ein Stück der letzteren in Wasser unters Mikroskop, legt ein Deck- glas auf und betrachtet ein bestimmtes Haar anhaltend und aufmerk- sam. Selten braucht man lange zu warten ; die Bewegung scheint zu Anfang manchmal gestört zu sein , sie tritt dann meistens nach einigen Minuten wieder hervor. Der Strom verläuft längs der Wandung der Zellen, man sieht ihn an der Spitze des Haares deutlich umbiegen. Auch das junge Blatt von Hydrocharis, desgleichen das Blatt von Stratiotes aloides und Valisneria spiralis zeigen dieselbe Bewegung auf dünnen Schnitten; bei Valisneria werden gröfsere Chlorophyllkörner von dem Strom mit fortgeführt. Complicirter ist die Bewegung in den Staiibfadenhaaren von Tradescantia ; dort sind gröfsere, an der Wandung verlaufende und kleinere, vom Cytablasten zur Wandung gehende Ströme sichtbar, die Richtung der letzteren ändert sich häutig, sie brechen ab und es entstehen neue. Die Haare junger Fruchtknoten Fig. 40. Oenothera und Clarkia zeigen ähnliche Strömungen

(Fig. 40). Warme helle Tage und ganz frische Pflanzen sind für diese Beobachtungen noth- wendig. Die Saflbewegung in den Parenchymzellen, z. B. aus der Schneebeere (Symphoricarpos racemosa), in den jüngsten Endospermzellen von Pedicularis u. s. w. ist viel seltener zu beobachten; hier kommt es zunächst auf einen glücklich getroffenen Zustand an. So beobachtete ich, freilich nur zweimal, aber in der gröfsesten Vollkommenheit, eine sehr complicirte Saftstörung in der vorderen Aussackung des Embrj'osacks von Pedicularis silvatica, auf welche ich alle geübteren Forscher beson- ders aufmerksam machen will, weil selbige wahrscheinlich über die Abscheidiingsweise des Zellstoffes werthvolle Auf- schlüsse liefern wird. Während nämlich um die Zeit der Befruchtung dieses Stromnetz sichtbar ist, zeigt sich später an seiner Stelle ein entsprechendes Netz von Zellstofffäden.

^^'er die Protoplasmaströmung nur ein paarmal mit Aufmerk- samkeit beobachtet hat, überzeugt sich leicht, dafs hier von keinem Gefäfssystem im Innern der Zelle die Rede sein kann; man erkennt vielmehr, dafs die BcAvegung von einer Flüssigkeit herrührt, die von dem übrigen flüssigen Zellinhalt verschieden ist und sich nicht mit

Fig. 40. Haar des jungen Fruchtknotens einer Nachtkerze (Oenothera muri- cata). Die Pfeile zeigen die Richtung des Stromes. (200mal vergröfsert).

METHODE DER UNTERSUCHUNG.

117

selbigem vermischt. Jod, sowie Jod und Schwefelsäure färben die strömende Flüssigkeit gelb, die Bewegung hört alsdann natürlich auf, dagegen hindert ein Zusatz von Zuckerwasser in manchen Fällen, z. B. bei Chara, die Saftströmung nicht; der gesammte körnige Zell- inhalt zieht sich in der Regel etwas zusammen, er trennt sich von der Wand und die Strömung wird langsamer.

II, UntersucIiiiiigsgcUig für die Enlwickelungsgesclilclite.

Für die Entwickelungsgeschichte ist es, wenn sie wirklich wissen- schaftlichen Werth besitzen soll, nothw endig, bis auf das erste Entstehen einer Pflanze oder eines Pflanzentheiles zurückzugehen. Die Entwickelungsgeschichte des Embryon hat deshalb das Entstehen der ersten Zelle desselben mit Sicherheit nachzuweisen; die Entwicke- lungsgeschichte der Blüthe mufs deshalb mit dem Auftreten der Blüthen- axe als einfaches, rundes, zelliges Körperchen beginnen. Wenn sie nicht so weit zurückgeht und nicht von diesem Punkte aus, ohne üeb erspringung wichtiger Momente, sicher vorwärts- schreitet, so ist sie unvollständig und in manchen Fällen unzureichend; wo sie dagegen vollständig ist, d. h. wo sie durch eine Reihe einander folgender Entwickelungsstufen gesichert ist, da wird sie für die Wissenschaft von grofsem Nutzen, ja oft der einzige Weg zur richti- gen Deutung. Für die Entwickelungsgeschichte sind immer nur ganz frische Pflanzen brauchbar.

Den Gang der Entwickelungsgeschichte für die einzelnen Gruppen der Kryptogamen zu bezeichnen, würde, bei der Mannigfaltigkeit derselben, nicht allein langweilig, sondern auch kaum ausführbar sein. Ich habe in der ersten Hälfte dieses Abschnittes bei ihnen schon auf die Hauptsachen hingewiesen und will hier nur kurz dasjenige er- wähnen, was ich gegenwärtig zur Förderung der Wissenschaft als Gegenstände der Untersuchung namentlich empfehlen möchte. Dahin gehören zunächst: Keimungsgeschichten sämmllicher Kryptogamen. Man wird sich hier die Arbeiten Amn Hofmeister, Mettenius und Milde als Vorbild nehmen können. Durch genannte Forscher sind zwar die wich- tigeren anatomischen Fragen bereits entschieden, aber dennoch ist zur Zeit das Verhältnifs der Schwärmfäden zur freien Zelle im Innern des

118

METHODE DER UNTERSUCHUNG.

Pistills oder Keimorgans noch nicht genügend aufgeklärt. Auch die Ge- stalt und die Entwickelungsweise der Schwärmfäden der verschiedenen Pflanzengruppen könnte noch mancherlei Interessantes liefern. Selbst die Bildung der Frucht innerhalb des Pistills oder das Entstehen der jungen Pflanze innerhalb des Keimorgans, desgleichen die Entwickelung der Sporen innerhalb der Sporenfrüchte oder Sporangien; hei den Farrenkräutern endlich das Vorkommen von Brutknospen, das Ent- stehen derselben und deren Entwickelung zur jungen Pflanze dürfte bei vergleichender Untersuchung noch sehr lehrreich werden.

Aufser den genannten Fragen würden, nach der Eigen ihümlichkeit der Gruppen, ja nach der Eigenthümlichkeit der Gattungen, hier noch viele interessante Aufgaben zu stellen sein.

Für die Algen im allgemeinen ist z. B. durch die neueren Forschun- gen die Bedeutung der Sporen sehr wichtig geworden. Man kennt be- reits für viele Algen mehrere, unter sich durchaus verschiedene Sporen- arten , welche man zunächst als Schwärmsporen und als ruhende Spo- ren unterscheidet. Die Schwärmsporen (Fig. 41) entstehen zu 1 (bei Oedogo- nium) häufiger jedoch in gröfserer An- zahl (Ulothrix, Achlia) innerhalb einer Mutterzelle, sie sind mit schwingenden Wimpern besetzt, deren Zahl und Stel- lung an der Spore bestimmt ist. Die Schwärmspore von Vaucheria ist z. B. über ihre ganze Fläche mit Wimpern bekleidet, die Spore von Oedogonium trägt zahlreiche Wimpern gleich einer Bürste auf einem Fleck versammelt, an- dere haben wiederum nur 4 oder 2 (Chlamidococcus) schwingende Wimpern neben einander. Die Schwärm- sporen treten meistens mit einander aus einem Rifs der Mutterzelle hervor, sie bewegen sich längere oder küi’zere Zeit, nach der Art verschieden, im Wassser des Objectträgers; die Bewegung wird all- mälig langsamer, die Spore verlängert sich, sie keimt, die Wimpern verschwinden, aus ihr wird eine neue Alge. Diese höchst interes-

Fig. 41. Schwärmsporen einiger Algen; a von Chlamidococcus pluvialis, h von Stigeoclonium , c bis y von Ulothrix; e u. f im Beginne der Keimung. (400 mal vergröfsert).

Fig. 41.

METHODE DEIt UNTERSUCHUNG.

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santen üntersuchuHgen sind nur im Sommer anzuslellen; bei Chlami- dococcus pluvialis, den man trocken jahrelang in Papier verwahren kann, gelingt es jedoch auch im Winter, die Bildung und Keimung der Schwärmsporen zu beobachten. Man bringt zu dem Ende eine kleine Probe der eingetrockneten grün oder rotli gefärbten Masse; welche aus dieser einzelligen Pflanze besteht, in ein Uhrschälchen mit W^asser und läfst selbige im warmen Zimmer dem Licht ausgesetzt stehen; schon nach etwa 2 Tagen beginnt das Ausschlüpfen der Schwärmsporen, welches inan in den ersten Morgenstunden, oder wenigstens am Vormittag bäuliger als Nachmittags und Abends, wahr- nehmen wird. Aufser diesen eigentlichen Schwärmsporen, deren Kei- mung in den meisten Füllen bekannt ist, linden sich unter Umständen noch kleinere, ebenfalls bewegliche Zellen, die sogenannten Mikrogo- nidien, deren Bedeutung für die Pflanze man bis jetzt nicht kennt, und welche vielleicht den kleineren Zellen in den sogenannten An- iheridien der Pilze, Flechten u. s. w. entsprechen. Durch die ruhende Spore der Spirogyra, welche durch sogenannte Copulalion zweier Fäden entsteht, überwintert die Pflanze; im Sommer vermehrt sie sich durch Ablösung einzelner Zellen, welche zur selbstständigen Pflanze werden, wahrscheinlich aufserdem noch durch Schwärmsporen. Das- selbe Verhältnifs scheint mehrfach zwischen den Schwärmsporen und den ruhenden Sporen stattzufinden. Durch erstere, welche sofort kei- men, vermehrt sich die Alge im Sommer, durch die anderen, welche in der Regel erst im Herbst entstehen, überwintert dieselbe (so bei Oedogonium und bei Ulothrix).

Bei den Pilzen und Flechten ist, wie schon erwähnt (p. 83), gleich- falls auf die verschiedenen Arten der zur Fortpflanzung dienenden Zellen zu achten. Derartige Untersuchungen sind immer nur zur geeigneten Zeit anzustellen.

Für die höheren Algen wäre ferner z. B. die Art ihres Wachs- thums und insbesondere die Art der Verdickung ihres perennirenden, vom llaftorgan ausgehenden Stockes zu erforschen; für die Pilze wäre namentlich auf das Verhalten ihrer Zellmembran im jungen und im alten Zustande gegen chemische Agentien zu achten; die Membran der Pilze verholzt z. ß. bei Polyporus. Für die beblätterten Leber- moose wäre eine Entwickelungsgeschichte des sogenannten Kelchs, für den nur einige genaue Untersuchungen vorhanden sind, wünschens- werth; für alle mit Stamm und Blättern versehene Kryptogamen würde

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METHODE DER UNTERSUCHUNG.

aufserdem eine vergleichende Entwickelungsgeschichte ihres Stammes und ihrer Blätter jedenfalls willkommen sein.

Das Keimen der Farrnkräuter bewirkt man am besten durch gröblich zerschnittene Stücke eines reife Sporen tragenden Blattes, die man in einem flachen irdenen Gefäfs auf Torf oder Gartenerde legt und mit einer Glastafel, bedeckt; die Erde mufs hinreichend feucht erhalten und das Gefäfs an einem mäfsig warmen schattigen Ort auf- gestellt werden. Nach vierzehn Tagen bis fünf Wochen pflegen die Sporen zu keimen (Pteris serrulata keimt besonders leicht), ein grüner Anflug ist das erste Wahrzeichen der Keimung. Man hebt einige Sporen heraus und spült sie ab. Die Antheridien sind an den jüngeren Exem- Fig. 42. plaren oft am schönsten zu

beobachten. Wenn der Vor- keim blattartig geworden ist, macht man Querschnitte zwi- schen Kork; dies ist nament- lich für das Keimorgan und des- sen Entwickelungsgeschichte wichtig; das Keimorgan ist anfangs geschlossen, es ö ff net sich erst später“) (Fig. 42). Die sichere Beob- achtung des Entstehens der ersten Zelle innerhalb dieses Keimorgans und das Verhal- ten der Schwärmfäden zu der- selben würde für die Wissen- schaft höchst wünschenswert!! sein. Für die Spiralfäden wird ihre Entwickelung, ihr Ent- schlüpfen aus den Antheridien

Fig. 42. Keimung eines FaiTenkrautes (Pteris serrulata); A der Vorkeim aus der Spore hervorgegangen; a die Spore, b Wurzelhaare, x n. y Antheri- dien. (SOmal vergrofsert). B Theil eines Längsschnittes durch einen weiter ent- wickelten Vorkeim; k ein Keimorgan, dessen Halstheü sich noch nicht geöffnet hat, k ein ganz junges Keimorgan. (200 mal vergrofsert). C die junge Pflanze mit ihrem Vorkeim in natürlicher Gröfse ; zc der erste Wedel , r die erste Wurzel.

•) Linnaea. Jahrg. 1849, p. 751 u.ff.

METHODE DER DNTERSÜCHÜNG.

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und aus den Zellen, die Zahl ihrer Windungen, deren Wimperbeklei- dung, desgleichen die Art ihrer Bewegung und ihr Verhalten zu den chemischen Agentien wichtig (vergl. Fig. 19, p. 86). Die Lebermoos- sporen keimen meistens leicht auf weifsem feuchten Sand unter einer Glasglocke (Pellia keimt schon in wenig Tagen); die mit einer dop- pelten Haut versehenen Sporen brauchen etwas längere Zeit. Die Spo- ren von Equisetum keimen nur, wenn sie ganz frisch aus der Frucht- kapsel fallen; sind sie trocken geworden, so keimen sie nicht mehr.

Die Entwickelung der Pistille verfolgt man bei Laub- und Leber- moosen in der Regel am besten auf dünnen Längsschnitten durch die Mitte des jungen Stammes; man findet sie, wie das Keimorgan der Farrenkräuter anfänglich immer geschlossen, erst später öffnen sie sich an ihrer Spitze. Für die Entwickelung der Sporenfrucht und der Sporen sind dünne Längs - und Querschnitte durch die jüngsten Frucht- anlagen bis zur reifen Frucht nothwendig, die Anwendung der Rea- gentien wird hier sehr wesentlich sein. Blasia und Pellia sind für die Entwickelungsgeschichte der Sporen sehr geeignet. Für das Ent- stehen der Brutknospen ist die Umwandlung der einzelnen Zellen der Mutterpflanze und deren weitere Entwickelung zur Brutknospe durch Längs- und Querschnitte oder durch sorgfältiges Ablösen der betref- fenden Theile zu erforschen, (Bei Blasia bleiben die Brutknospen noch eine Zeit lang durch einen mehrgliederigen Zellenstiel mit der Mutterpflanze verbunden). Bei den Lebermoosen sind die Pistille immer früher als der Kelch vorhanden, die Bildung des letzteren scheint nur, wenn eine Fruchtanlage im Innern des Pistills entstanden ist, zu er- folgen; der Kelch entsteht nicht aus verwachsenen Blättern, er erhebt sich als ein ringförmiger Wulst um die Pistille. (Liochlaena lanceo- lata, Frullania dilatata). Für alle diese Untersuchungen wird das Prä- parirstativ sehr gute Dienste leisten.

Die Entwickelungsgeschichte des Stengels und Blattes der Krypto- gamen, desgleichen ihrer Gefäfsbündel, verlangt denselben Unter- suchungsgang wie die betreffenden Theile der Phanerogamen.

Methode für die Entwickelungsgeschichte des Stammes, der Wurzel und der Blätter, desgleichen der Gefäfs- bündel in ihnen.

Für die Entwickelungsgeschichte des Stammes und der Blätter kann man zwei Wege wählen; der erste beschäftigt sich mit der kei-

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METHODE DER UNTERSUCHUNG.

mendeii Pflanze, dev andere mit der Untersuchung der Knospe und des jungen Zweiges; zur Erreichung eines recht siclieren Resultates ist es zweckmäfsig, beide Wege zu verfolgen. Für beide Unter- suchungen sind zunächst recht dünne Längsschnitte senkrecht und zwar genau durch die Mitte der Stauimspitze geführt, noth- wendig. Wenn der Schnitt so ist, wie er sein mufs, so wird man die Stammspitze, gleichgültig ob von einem Keimling oder aus einer Knospe, als kleine mehr oder weniger kegelförmige, von einem Epi- thelium bekleidete, vollkommen geschlossene Erhebung und unter der- selben ein aus kleinen, mit körnigen Stolfen erfüllten Zellen bestehen- des Gewebe, dessen Inhalt sich durch Jod hochgelb färbt, linden. Dieses Gewebe verliert sich etwas tiefer in die verschiedenen Gewebe des Stammes, es steht demnach auch mit dem Cambiumring in di- rektem Zusammenhang, ln letzterem entstehen aber die ersten Gefäfs- bündel und durch ihn bilden sie sich weiter, deshalb zeigt sich am Zweig, der sich von unten nach oben entwickelt, nach abwärts eine weitere Ausbildung der Gefäfsbündel, was sich bei der Entfaltung der Zweigknospen unserer Laubbäume so schön nachweisen läfst. Bei einem sehr gelungenen Längsschnitt durch die Spitze eines jungen Zweiges kann man deshalb das Alter der Zellen genau studiren; um so tiefer selbige liegen, um so mehr sind sie, sowohl in ihrer Länge und Breite als auch in dem Grade ihrer Verdickung entwickelt; je weiter nach der Spitze, um so unentwickelter, um so jünger sind dagegen die- selben. Behandelt man einen solchen Schnitt mit Jod und Schwefel- säure, so färben sich die unteren Theile desselben augenblicklich blau, nach der Spitze zu erfolgt diese Färbung erst ganz allmälig und durch die verschiedensten Nüanzen von Gelb, durch Roth und Violett zu Blau; das kegelförmige Ende des Stammes wird oftmals erst nach einigen Stunden blau gefärbt.

Unter diesem kegelförmigen Stammende (dem Vegetalionskegel oder dem Punctum vegetationis) sieht man bei ganz gelungenen Schnit- ten zu beiden Seiten andere kleine zellige Erhebungen, die mit dem- selben Epitheliuin wie der Vegetationskegel bekleidet sind, und die aus denselben Zellen wie das Gewebe des letzteren bestehen. Je weiter man am Stamm abwärts geht, um so mehr entwickelt erscheinen diese Erhebungen; man erkennt sehr bald in ihnen die Anfänge der Blätter,

Häufig erscheint bald nach dem Auftreten dieser Blattanfänge und zwar in der Achsel derselben, eine ähnliche warzenförmige Erhebung,

METHODE DER UNTERSUCHUNG.

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welche zur Achselknospe wird. Das Blatt entwickelt sich in der Re- gel unverzüglich, seine Achselknospe ruht dagegen längere oder kür- zere Zeit, und entfaltet sich dann erst zum Zweig oder zur Blüthe. Die Spitze des Blattes stirbt darauf frühzeitig ab, sie wird zum End- zahn desselben. Während sich bei dicotyledonen Blättern der Mittel- nerv und nach beiden Seiten die Blattfläche entwickelt, hört deren Rand ebenfalls früher auf neue Zellen zu bilden, er wird gezähnt, ge- sägt u. s. w. Die Ilauptseitennerven entstehen vom Mittelnerv aus, die Seitennerv^en zweiter Ordnung und die Zwischennerven entspringen nach einander; erst wenn die ganze Blattfläche mit allen ihren Theilen ange- legt ist, wächst sie, wie es scheint, zunächst durch Zellenausdehnung. Für die Entwickelungsgeschichte der Blätter wählt man die Knospen, und entblättert dieselben zum Theil bis zum Vegetationspunkt, was zuletzt unter dem einfachen Mikroskop geschehen mufs, man erhält so die verschiedenen Entvvickelungsstufen des Blattes nach einander; dicht unter dem Vegetationskegel liegen natürlich die jüngsten Blätter. Längsschnitte durch die Mitte der Knospe sind ebenfalls für die Ent- wickelungsgeschichte der Blätter nothwendig. Man hat darauf zu achten, dafs ein solcher Längsschnitt genau die Mitte des Vegetations- kegels trifft, weil schiefgeführte Schnitte leicht zu Irrthümern Veran- lassung geben.

Bei der Entwickelung des Blattes hat man auf die bereits ange- gebenen Momente und auf die Wachsthumsart zu achten”). Die Spitze des Blattes ist in allen Fällen der Theil desselben, welcher zuerst aufhört, sich durch Zellenvermehrung weiter fortzubildcn. Auf das Entstehen der Achselknospen ist gleichfalls bei der Blattentwickelung zu merken; es scheint nämlich, als ob alle Achselknospen bald nach der Anlage ihrer Stützblätter angelegt werden. Endlich ist auf die Ausbildung der Blattnerven und des Blattstiels zu sehen.

Eine Achselknospe besteht anfänglich aus einer kegelförmigen Erhebung, dieselbe verlängert sich, sie wird zum Stammtheil der Knospe, unter ihrer Spitze entstehen Blattanlagen, welche in der Regel zu Deckschuppen der Knospe werden (Fig. 43); so ruht dieselbe kürzere oder längere Zeit, dann bildet ihr Stammtheil neue Blätter, die ent- weder längere oder kürzere Zeit unter dem Schutz der Deckschuppen

*) 3Ian vergleiche den Abschnitt I. meiner Beiträge zur Anatomie und Phy- siologie: lieber die Entwickelungsgeschichte der Blätter.

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METHODE DER UNTERSÜCHUNG.

verweilen (bei den Laub- und Bliithenknospen , welche überwintern) (Fig. 44), oder welche sofort hervorbrechen und sich vollständig ausbil-

den (bei den Blatt- und Blüthenknospen der einjährigen Pflanze, wo deshalb auch die eigentlichen Deckschuppen fehlen). Die Blüthenknospen sind anfänglich von den Blattknospen nicht zu unterscheiden.

Aufser der Endknospe und der Achsel- knospe kennen wir noch die eigentliche Nebenknospe, w^elche am Cainbiumring des Stammes oder der Wurzel entspringt oder sich im Blattparenchjm, z. B. bei Bryo- phyllum und vielen Farrenkräutern bildet und die ebenfalls zxi Anfang aus einer kleinen kegelförmigen Erhebung besteht, und die Thellungsknospe, welche der Theilung des Vegeta- tionskegels ihr Entstehen verdankt. Durch die letzte Art der Knospen- bildung verzweigt sich der Stamm von Selaginella, ferner das Rhi- zom von Epipogum und von Cor- rallorhiza. Statt dafs der Vege- tationskegel eines Zweiges als ein- facher Zweig fortwächst, spaltet er sich hier in 2 oder mehrere Theile, deren jeder zum beson- deren Zweige wird. Die beiden Blüthen in der Cupula der Buche*)

Fig. 43. A

Fig. 44.

Fig. 43. Längsdurchschnilt durch die Endknospe eines Tannenzweiges , am 27. Juli untersucht; ac der Verdickungsring des Zweiges, h m. c das Mark, den beiden Seitenknospen angehörig, fv der Vegetalionspimkt der geschlossenen Itnospe. (Vergröfserung 12 mal).

Fig. 44. Längsschnitt durch die Endknospe eines Zweiges derselben Tanne, am 26. August untcrsuclit; ac der Verdickungsring, pv der Vegetationspunkt der Knospe, auf dem jungen Trieb des kommenden Jahres, x die Grenze zwi- schen dem jungen Trieb und dem Zweig. (Vergröfserung 12mal).

’) Man vergleiche den Absclmitt III. meiner Beiträge zur Anatomie u. s. w. über die Entwickelungsgeschichte der Cupuliferenblüthe.

METHODE DER DNTERSUCHUNG.

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entstehen ebenfalls auf diese Weise. Für die Entwickelungsgeschichte der Knospen sind die Zeitbestimmungen unerläfslich ; man erfährt daraus, wie lange eine Knospe braucht, um, nachdem sie mit dem Blatte, in dessen Achsel sie auftritt, angelegt ist, sich zum Zweig oder zur Blüthe zu entfalten, und findet alsdann nach den verschie- denen Pflanzen wesentliche Verschiedenheiten. So wird die Knospe, welche den Zapfen der Tanne bildet, schon 2 Jahre früher, im Spät- sommer mit der Nadel, in deren Achsel sie auftritt, angelegt, im Frühjahr darauf bildet sie ihre Deckschuppen, im Sommer entsteht unter dem Schutz derselben die Anlage zum Zapfen, im folgenden Frühjahr bricht derselbe aus seinen Deckschuppen hervor und entwickelt sich im Sommer zum Zapfen"). Selbst zwei Knospen, welche neben einander in der Achsel eines und desselben Blattes entstehen, ent- falten sich bei vielen Pflanzen in verschiedener Weise und zu verschie- dener Zeit, so bei der Linde und beim Weinstock.

Für die Untersuchung aller Knospen sind aufserdem Längsschnitte und Querschnitte nothwendig. Durch den Längsschnitt erfährt man den Zusammenhang der Gefäfsbündel der Knospe mit den Gefäfsbün- deln des Stammes oder der Wurzel, aus denen sie hervorgeht; durch Querschnitte lernt man dagegen die Stellungsverhältnisse der Blätter und die Blattlage in der Knospe kennen.

Führt man dünne Querschnitte dicht unter dem Vegetationskegel eines jungen Zweiges, so wird man bei dicotyledonen Pflanzen zuerst einen Ring zartwandiger Zellen gewahr, welcher Mark und Rinde scheidet; etwas tiefer erblickt man in diesem Ringe, den ich Cambium- ring oder Verdickungsring nenne, und der schon im Keime der Dico- tyledonen vorhanden ist, mehrere getrennte Gefäfsbündel, deren IIolz- körper dem Mark, deren Cambium dagegen der Rinde zugewendet ist. Diese Gefäfsbündel sind durch ein oft sehr breites Parenchymband getrennt. Im ganz jungen Zustande sind die Holz- und Gefäfszellen kaum vom Cambium zu unterscheiden, Bastzellen sind meistens noch gar nicht vorhanden; etwas später sondern sich die Theile schärfer, es treten an der Aufsenseite des Cambiums Bastzellen auf, die Gcfäfs- bündel breiten sich aus, das Parenchym, das sie anfänglich trennte, verschwindet bis auf einen geringen Ueberrest, den wir in den Mark-

*) Man vergleiche hierüber Abschnitt XI. meiner Beiträge zur Anatomie u.s.w. Ueber die Entwickelung der Knospen bei den Coniferen.

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BIETHODK DER UNTERSÜCIIDNG.

Strahlen wiedererkennen. Jetzt ist ein geschlossener Holzring entstan- den, der alljährlich durch den Cambiuinring im Umfang zuniinrat, indem sich vom Camhium aus nach Innen neues Holz, nach Aufsen neue Kinde bildet. Bei den Kryptogamen und den Monocotyledonen, wo das Camhium der Gefäfshündel nicht mit dem Cambiumring zu- sammenfällt (p. 71), wächst der vStamm zwar in die Dicke, aber seine Gefäfshündel verdicken sich nicht, sie verzweigen sich dagegen im Verdickungsring; ihre Zahl vermehrt sich deshalb mit dem Alter und mit der Dicke des Stammes, so bei vielen Palmen. Wenn die Thälig- keit des Verdickungsringes aufhört, ist auch die Verdickung des Stammes oder der Wurzel beendigt.

Für die Bildung des jungen Holzes sind Quer- und Längsschnitte nach zwei Richtungen, im Frühjahr und Sommer angestellt, nolh- wendig, die Schnitte müssen äufserst dünn, namentlich mufs das Cam- bium recht glatt durchschnitten sein. Es ist vortheilhaft, diese Schnitte für einige Minuten in verdünnte Kalilauge zu legen, die Cambium- zellen werden dadurch häufig klarer, auch Oelsüfs müchte hier von Nutzen sein. In den jungen Holzzellen bei Pinus und Picea wird man sowohl eine deutliche Spirale, als das allmälige Entstehen der Tüpfel beobachten können.

Der vorhin für die Bildung des Stammes und der Blätter be- sprochene sehr dünne Längsschnitt aus der Spitze eines ganz jungen Zweiges giebt auch für das Entstehen der Gefäfshündel genügend Aus- kunft. Man sieht, wie alle Theile derselben, Cambium, Holz, Gefäfse und Bastzellen aus dem kleinzelligen Gewebe unterhalb des Vegetations- kegels hervorgehen; man kann, von diesem Punkte nach abwärts ge- hend, bei sehr gelungenen Schnitten die weitere Ausbildung dieser Zellen verfolgen, und besonders in den Gefäfszellen das ganz allmälige Auftreten ihrer eigenthümlichen Verdickungsschichten wahrnehmen. Man sieht ferner, wie eine Zellenvermehrung namentlich, ja vielleicht allein, in dem Gewebe unterhalb der Stammspitze und im Cambium der dicotyledonen Pflanzen erfolgt, wie dagegen das Wachsthum der vom Vegetationskegel entfernteren Theile, vornehmlich in einem Gröfser- werden der Zellen und zwar besonders in einer Längsstreckung der- selben beruht. Zellen Vermehrung und Zellen au sdeh nun g sind überhaupt zwei wesentlich verschiedene Dinge, welche man für die Entwickelungsgeschichte sehr genau unterscheiden m u f s.

METHODE DER UNTER SÜCHUNG.

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Wo junge Blätter entstehen, sieht man bei dicotyledonen Pflan- zen und eben so bei den inonocotyledonen Pflanzen , welche ich in dieser Beziehung untersucht habe (Epipogum, Goodyera), an der Aufscn- seite des Gefäfsbündels das Entstehen eines Gefäfsbündelzweiges, der sich ins Parenchym des jungen Blattes verliert und sich mit demselben weiter ausbildet. Durch die Gefäfsbiindel der Blätter entstehen die Blatt- nerven; die Art und Weise wie sie sich in der Blattfläche zerlheilen bedingt die Art der Nervatur des Blattes.

Die Gefäfsbiindel stehen bei allen Pflanzen, wo selbige über- haupt vorhanden sind, in einem bestimmten Zusammenhang, welcher durch ihre Entstehung selbst bedingt wird. Es ist deshalb unrichtig den Stamm als aus verwachsenen Blättern entstanden, zu betrachten ; die Entwickelungsgeschichte beweist das direkte Gegentheil. Beim dicotyledonen Embryon ist der einfache Centraltheil, die Achse, früher vorhanden, die beiden Samenlappen entwickeln sich erst zu beiden Seiten aus demselben, zwischen ihnen liegt die Phimula, welche dem Vegeta- tionskegel der Stammspitze entspricht. Die beiden ersten Blätter sind hier somit aus dem Stamm, gewissermafsen durch Theilung desselben, nicht aber umgekehrt der Stamm durch Verwachsung zweier Blätter ent- standen. Der weitere Verlauf der Entwickelungsgeschichte bestätigt ganz dasselbe; wo neue Blätter entstehen, bildet sich unter dem Vege- tationskegel deren Anlage und gleichzeitig mit derselben gehen neue Seitenäste vom Gefäfshündelring des Stammes ah, deren Fortbildung mit der Entwickelung der Blätter gleichen Schritt hält. Das Blatt empfängt somit seine Gefäfsbiindel vom Stamm, aber niemals tritt aus dem Blatte ein neues Gefäfsbiindel heraus, um sich mit den Ge- fäfsbündeln des Stammes zu verbinden. Ganz dasselbe gilt für das Entstehen neuer Knospen in den Achseln der Blätter und am Cambiinn- ring des Stammes oder der Wurzel; die erste Anlage zur neuen Knospe und ebenso zur Nebenwurzel geht immer vom Gefäfsbiindel der Achse aus; in der xV ch s en sp i t z e sowie im Cambium der Gefäfsbiindel des Stammes und der Wurzel, und zwar hier allein, liegt der Heerd der Neubildungen für .Stamm- und Wiirzelknospen.

Ich habe mich hier etwas länger verweilen müssen, weil mir dieser Punkt besonders wichtig erscheint. Man hat namentlich auf sehr ge- lungene Schnitte zu achten; die schiefen Schnitte haben, wie ich glaube, gerade hier manchen Irrthum veranlafst. Man hütet sich vor ihnen am besten, wenn man mit einem recht scharfen Rasirmesser möglichst

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METHODE DER UNTERSDCHDNG.

feine Längsschnitte durch die Stainmspitze anfertigt und dieselben neben einander unters ölikroskop schiebt und nunmehr denjenigen heraus- wählt, welcher 1. vollkommen senkrecht durch den Stengel geführt ist und 2. genau die Mitte desselben darstellt. Der A^egelalionskegel erscheint dann immer als kleiner Kegel ; wo derselbe als solcher fehlt, da ist der Schnitt entweder nicht gerade oder nicht genau durch die Mitte gegangen. Ferner hat man hier vor allen Dingen Zellenver- mehrung und Zellenvergrüfserung scharf zu unterscheiden.

Für die Entwickelung der Wurzel gilt fast dasselbe als für den Stamm; auch die Wurzel wächst an ihrer Spitze, jedoch ist diese Spitze mit einer Wurzelhauhe, d. h. mit abgestorbenen Zellschichten, bedeckt; sie kann deshalb nicht wie der Stamm, dessen Vegetations- kegel unbedeckt ist, Blätter bilden. Die Entwickelung der Pfahlwurzel verfolgt man hei der Keimung dicotjledoner Pflanzen; die Entwicke- lung der Nebenwurzel beobachtet man dagegen hei der Keimung mono- cotyledoner Gewächse, desgleichen bei der Bildung von Nebenwurzeln am Stamm oder an der Wurzel. Die letztere verzweigt sich auf diese Weise; am Verdickungsring der Wurzel entsteht nämlich eine Wurzel- knospe, welche die Rinde durchbricht und zum Wurzelzweig wird. Doch kann sich die Wurzelspitze auch iheilen; dieser seltene Fall ist bei der getheilten Orchideenknolle und bei den eigenthUmlichen Luft- wurzeln der Cycadeen zu beobachten*)-

Methode für die Entwickelungsgeschichte der Blüthe.

Die Entwickelungsgeschichte der Blüthe hat schon ungleich grö- fsere Schwierigkeiten, als die Bildungsgeschichte des Stammes, der Wurzel und der Blätter; man hat bei der Kleinheit des Gegenstandes die Richtung des Schnittes nicht immer in seiner Gewalt, man mufs daher oftmals aus sehr vielen Schnitten diejenigen wählen, welche in der rechten Richtung getroffen sind. Lui dies genau bestimmen zu können, mufs man schon einige Untersuchungen der Art gemacht haben. Bei unregelmäfsigen Blüthen wird die Sache noch ungleich schwieriger; aufserdem hält das Wachsthum der verschiedenen Blatt- kreise nicht immer gleichen Schritt, die Blumenblätter, obschon jederzeit früher als die Staubfäden angelegt, bleiben z. B. häufig in ihrer wei- teren Entwickelung hinter letzteren zurück, und können deshalb bis-

*) Man vergleiche meine Beiträge zur Anatomie und Physiologie p. 15G— 164-

METHODE DER UNTERSUCHUNG.

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weilen übersehen werden. Ich ralhe deshalb jedem Anfänger, ehe er sich an die Enlwickelungsgeschichte iinregelmäfsiger Blüthen begieht, sich zuvor durch gründliche Untersuchungen über die Entwickelung der regehnäfsigen Blüthe genau zu orientiren; als sehr geeignet für diese Untersuchungen empfehle ich aus eigener Erfahrung Oenothera, Clarkia, Epilohium. Man hat überhaupt, um sich die Sache zu er- leichtern, Pflanzen mit ähren- oder rispenartigen Blüthenständen, ferner nur wenig behaarte Pflanzen zu wählen, weil der Längsschnitt durch die Mitte einer Blüthenähre in den Achseln der Deckblätter abwärts vom Vegetationskegel eine Reihenfolge von Entwickelungsstufen der Blüthe darbietet, und weil bei unbehaarten Blüthen die Beobachtung ungleich sicherer ist, da hier die Luft nicht stört, welche sich zwi- schen den Haaren anzusammeln pflegt und die erst durch Alkohol entfernt werden mufs, dessen Anwendung aber bei so jungen Gegen- ständen selten rathsam ist.

Es giebt auch hier zwei Wege der Untersuchung, 1. ein Frei- präpariren der auf einander folgenden Stadien der Blüthenanlage unter dem einfachen Mikroskop und 2. die Darstellung höchst zarter, in be- stimmten Richtungen geführter Längs- und Querschnitte durch den ganzen Blüthenstand. Ich mufs dem zweiten Verfahren entschieden das Wort reden, cs führt, wie ich aus eigener Erfahrung weifs, viel rascher und viel sicherer zum Ziel, es gewährt einen viel genaueren Blick in die inneren Verhältnisse der Blüthe und ihrer Theile, es ist endlich bei einiger Uebung ungleich bequemer und leichter ausführbar. Beim Freipräpariren ist man, selbst bei der gröfsten Gewandtheit in Führung der Nadeln, niemals ganz vor Verletzungen durch dieselben gesichert; die Beobachtung selbst wird endlich, da man die BlUthen- anlage nicht wie bei dem Verfahren durch den Schnitt als Flächen- ansicht, sondern als Körper bei sehr verschiedener Einstellung be- trachten mufs, erschwert. In vielen Fällen, z. B. für die Ent- wickelung der Grasblüthe, wird man zweckmäfsig beide Methoden anwenden.

Zur Untersuchung wählt man zunächst die allerjüngsten Blüthen- zweige, man macht Längsschnitte aus freier Hand; der Schnitt mufs hinreichend dünn, genau die Mittellamelle des Blüthenzweiges darstel- len, man mufs an ihm die Terrainalknospe und unterhalb derselben die werdenden Blätter erblicken; in den etwas tiefer gelegenen Blät- tern (hier Deckblätter genannt) wird mau die erste Anlage der achsel-

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METHODE DER DNTERSUCHDNG.

Ständigen Blüthen, als rundes zelliges Kürperclien, der ersten Anlage einer Blattknospe durchaus ähnlich, wahrnehmen; dies zellige Körperchen ist die eigentliche Achse der Blüthe. In der Achsel der etwas tiefer gelegenen Blätter wird inan im Umkreis dieses zelligen Körperchens die Kelchblätter als runde Wärzchen hervortreten sehen; wo der Schnitt eine solche Blüthenanlage halbirt hat, wird man zwischen den Kelch- rudimenten die Spitze der Blüthenachse als runde Erhebung (als Ter- minalknospe oder Vegetationskegel) erblicken. Noch weiter abwärts wird man auf einem solchen Schnitt das Auftreten des zweiten Blatl- kreises, darauf des dritten u. s. w. wahrnehmen (Taf. V. Fig. 21 kann hier als Beispiel für die Grasähre dienen; Fig. 22 zeigt eine Spicula der schon etwas weiter vorgerückten Aehre, wofür die Tafelerklärung das Nähere angiebl).

Kat man sich durch Längsschnitte einigermafsen orientirt, so verfertigt man dünne Querschnitte, von der Spitze des BlUthenstandes ausgehend; hier ist oftmals, weil die Stellung der Blüthenanlagen zur Hauptachse (zum gemeinschaftlichen Blüthensliel) meistens eine etwas seitliche ist, ein etwas schief gegen die Hauptachse geneigter Schnitt empfehlenswerth; dies wird namentlich für die tiefer gelegenen Blüthen- anlagen gelten. Für die Untersuchung kommt es hier zunächst auf scharfe, sich genau mit der Längsachse der Blüthenanlage kreuzende Querschnitte an, man mufs deshalb aus der grofsen Menge von durch- schnittenen Blüthenrudimenten, die ein einziger solcher Schnitt zu liefern pflegt, diejenigen herauswählen, welche vom Messer in der rechten Richtung getroffen sind. Man wird oft lange schneiden müs- sen, ehe man für die verschiedenen Entwickelungsstadien die nöthigen vollkommenen Präparate erhält.

Da eine lückenfreie Reihenfolge der Entwickelungsstufen hier durchaus nothwendig ist, so halte ich es für sehr zweckmäfsig, alle gelungenen Quer- und Längsschnitte dieset Art in ihren Umrissen genau zu zeichnen. Wenn man darauf die Längs- und Querschnitte gleicher Entwickelungsstufen mit einander vergleicht, kann das Ver- ständnifs derselben nicht fehlen. Die wenigen Beispiele, die ich auf Taf. V. gegeben habe, werden dies beweisen, sie werden zugleich besser als eine langweilige Beschreibung dasjenige zeigen, worauf man zu achten hat und wie sich dasselbe nach diesem Untersuchungsver- fahren dem Auge darstellt. Für die Untersuchung selbst mufs ich noch bemerken, dafs zur Verbesserung des Längsschnittes, durch Ent-

METIIODK DER DNTERSUCHÜNG.

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fernung störender Theile und ebenso zum Isoliren der brauchbaren Präparate eines durch den ganzen Bliiihenstand geführten Querschnit- tes das einfache ölikroskop unentbehrlich ist. Den Längsschnitt wird man häufig durch mehrmaligen Gebrauch des Rasirmessers verbes- sern können; für den Querschnitt ist eine derartige Verbesserung selten zulässig, w'eil die einzelnen Theile dabei meistens verschoben oder gar von einander gelöst werden.

Für die Entwickelungsgeschichte der Blüthe hat man beim Quer- schnitt vor allem zu achten:

1. Auf die Reihenfolge der Blattkreise und auf die Zahl der- selben.

2. Auf die »Stellung der Theile eines Blattkreises zu den Theilen des vorhergehenden ; wenn diese Theile nicht mit einander abwech- seln, so hat man zunächst nach den Rudimenten eines sich vielleicht nicht ausbihlenden Blattkreises zu suchen. Sollten sich selbige nicht finden, so ist es dennoch nicht gerechtfertigt, von einem verküm- merten oder fehlgeschlagenen Blaltkreise zu reden").

3. Auf die Zahl der Theile jedes Blattkreises und deren Ueberein- stimmung mit einander. Wo der eine Blattkreis weniger Theile als der vorhergehende besitzt, erkennt man in der Regel schon an der Stellung zu den Theilen des vorhergehenden das Verkümmern des einen oder anderen Organs; man hat dann sorgfältig nach dessen Anlage zu suchen und wird sie nicht selten als unscheinbares Wärzchen an ihrer richtigen Stelle finden; so bei Salvia nivea, wo der dritte Blattkreis, die Antheren, nicht vollzählig sind, von den fünf Wärzchen, welche hervortreten, werden nur zwei als Antheren ausgebildet. Wenn da- gegen, was freilich sehr selten der Fall ist, ein Kreis mehr Theile als der vorhergehende besitzt, so ist zunächst darauf zu sehen, ob der vorhergehende Kreis vollzählig ist und ob die überzähligen Theile des folgenden Kreises wirklich diesem Kreise angehören. Bei Cleome zählt der dritte Blattkreis, die Staubblätter, zwei Elemente mehr als die beiden vorhergehenden viergliedcrlgen Kreise. Bei Balsamina hat

*) Durch zahlreiche genaue Untersuchungen veranlafst, habe ich hier meine frühere Ansicht (erste Auflage dieses Buches) durchaus ändern müssen; ich kann jetzt nur da ein Verkümmern annehmen, wo sich die Rudimente der verkümmerten Tlieile, oder wenigstens statt derselben Lücken an derjenigen Stelle, wo sie auftreten müfsten, durch die Entwickelungsgeschiclite nach weisen lassen.

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METHODK DER ÜNTERSUCIIÜNG.

der dritte Kreis, die Staubblätter, ein Element raebr als die beiden vorbergebenden viergliederigen Kreise,

4. Auf das sogenannte Verwachsen der anfänglich getrennt auf- tretenden Theile des einen oder anderen Blattkreises; dasselbe erkennt man nur durch Vergleichung glücklich geführter Querschnitte aus ver- schiedenen Entwickelungsstadien. Hier zeigt sich denn, dafs ein wirk- liches Verwachsen sehr selten vorkommt, dafs dagegen die weitere Trennung der Theile eines oder mehrerer Blattkreise häufig unter- bleibt; auf diese Weise entsteht die sogenannte verwachsen -blätterige Blumenkrone (corolla gamopetala), desgleichen der sogenannte ver- wachsen-blätterige Kelch, ferner die Antherenröhre, z. B. bei Buscus, und endlich der Fruchtknoten sehr vieler Pflanzen“).

5. Auf den Bau der Antheren, oh sie bis zu einer gewissen Zeit ein-, zwei- oder vierfächerig sind.

6. Auf die den Fruchtknoten bildenden Theile. Der oberständige Fruchtknoten kann als geschlossene Röhre entstehen, er kann aber auch aus Blättern gebildet werden. Der- selbe kann alsdann aus einem (Fig.-45), aber auch aus mehreren Blättern entste- hen. Die Zahl dieser Theile steht selten zu den Theilen der vorhergehenden Blattkreise in einiger Beziehung. In sehr vielen Fällen wird die Deutung ob Stamm- oder Blatt- fruchtknoten zweifelhaft bleiben; der unter- ständige Fruchtknoten (Fig. 46) wird dage- gen, weil er die übrigen Blattkreise trägt, immer als hohlgewordenes Stammorgan be- trachtet werden müssen.

Fig. 45. A Längsschnitt einer ganz jungen Kirsclibliithe (Prunus Cerasus). a Kelchblatt, b Blumenblatt, c', c" u. c”' Staubblätter, drei verschiedenen Kreisen angehörig, d der Fruchtknoten, .aus einem Fruchtblatt entstanden, e der Blüthen- boden, d. h. der Grund der Blüthe, Avelcher Staubblätter, Blumenblätter und Kelchblätter trägt. B Querschnitt einer Blüthenknospe desselben Entwickelungs- zustandes in der Höhe von g bei A ausgeführt. Die Bezeichnung wie bei A. (V ergröfserung 40 mal).

Fig. 45.

A

) Man vergleiche den Abschnitt VI. meiner Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Gewächse: lieber die Entwickelungsgeschichte des Fruchtknotens,

31ET1I0DE DER UNTERSDCIIÜNG.

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7. Auf das Entstehen der Sauienträger und der Samenknospen an ihnen. Diese Untersuchung wird sehr wichtig, man erfährt

durch sie, ob man es mit wahren oder mit falschen Scheidewänden zu thun hat; falsch sind dieselben bei Oeno- ihera, Clarkia, Epilobium, den Cucur- bitaceen, Pjrola, Monotropa u. s. w. ; dort werden sie nämlich durch die wandständigen Samenträger gebildet, (Fig. 32 p. 108). Die ächten Scheide- wände entstehen dagegen durch die einwärts geschlagenen mit einander ver- bundenen Ränder von je 2 Fruchtblät- tern, so bei den Papaveraceen und bei den Nj^raphaeaceen. Die falschen Schei- dewände sind viel häufiger als die ächten.

Ueber Narbe und Staubweg wird der Querschnitt nur selten ge- nügende Auskunft geben.

Belm Längsschnitt hat man zu achten:

1. Auf die ursprüngliche Einfügung der Theile eines oder mehrerer Blattkreise und auf deren spätere Stellung, ob dieselbe unverändert geblieben, oder ob die Theile des einen oder des anderen Blatlkreises höher hinaufgerückt sind; ferner auf die Bildung eines Discus, auf das Entstehen appendiculärer Organe, auf die Entwickelung der Haare u. s. w. Die Cupula der Eiche und der Buche entwickelt sich aus einem Discus, welcher sich, nachdem die übrigen Blüthentheile ange- legt sind, erhebt und unter seinem Rande Blätter bildet, die bei der Eiche schuppenarlig bleiben, sich bei der Buche dagegen nicht unbe- deutend verlängern.

2. Auf die Entwickelung des Fruchtknotens, ob nämlich im Innern seiner Höhlung die eigentliche Spitze der zur Blüthe gewordenen Knospe

Fig. 46. Ä Querschnitt; einer sehr jungen Blülhenanlage der Oenothera mu- ricata; a Kelchblätter, i Blumenblätter, c' n. c” Staubblätter des ersten und des zweiten Staubblatlkreises , d Anlage des Frnclitknotens. B Längsschnitt des- selben Entwickelungszustandes; d die Fruchlknolenböhlc, e der Tbeil, welcher später die Kelchröhrc bildet. (Vergröfs. 40 mal). C Längsschnitt einer Blume zur Blüthezeit (natürbche Gröfse); / die Narben. Die übrigen Buchstaben tvie oben.

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METHODE DER UNTERSUCHUNG.

crkcniibRr ist, und ob dieselbe sieb erbebend entweder zum freien mitlelstäiidigen Samenträger wird, wie bei den Primulaceen und einigen Ainaranthaceen, oder ob sie mit den vorhandenen wandständigen Samenträgern vereint, den unteren Theil des Fruchtknotens mehr- fächerig macht, während der obere Theil, zu welchem dies Mittel- säulchen nicht hinaufreicht, einfächerig bleibt, wie bei Oenothera und

J^lonotropa, oder ob sich endlich dieses Mittelsäulchen mit wirklichen Fruchtblättern vereinigt, wie hei Papaver und Nymphaea. Bei Tro- paeolum , wo einwärts geschlagene Blattränder die Scheidewände des Fruchtknotens bilden, trägt das Mittelsäulchen die Samenknospen. In- teressant ist es noch, auf die Fortbildung des Fruchtknotens, ob der- selbe an seiner Spitze oder an seiner Basis wächst, und wie sich Narbe und Stauhweg bilden, zu achten.

3. Auf den Zusammenhang des Staubwegkanals mit der Frucht- knoteiihöhle ; dieser Verbindungsweg wird oftmals nur durch, die Ent-

Fijf

wickelungsgeschichte der Bliithe richtig er- kannt; einVergleich gelungener Längsschnitte verschiedener Stadien läfst über ihn niemals in Zweifel (Fig. 47).

Ueber die Entwickelungsgeschichte der Samenknospe spreche ich weiter oben, bei der Entstehung des Embrjon.

Die Benennung des Verwachsens für vereinigte Blüthentheile, z. B. für die so- genannten verwachsenen Blumenblätter der Gamopetalen enthält in vielen Fällen einen unrichtigen Begriff; die änfän glich als ge- trennte Theile herv^or tretenden Blumen- oder Kelchblätter verwachsen nicht späterhin am Grunde mit einander, im Verlauf ihrer an der Basis fortschreitenden EntVAUckelung unterbleibt nur späterhin die Trennung ; man sollte demnach richtiger von nicht getrennten Blumen- blättern reden. Eine wirkliche Verwachsung erfolgt dagegen beim Narbenkörper der Apocyneen und Asclepiadeen ; dort verwachsen die

Fig. 47. A Längsdurchschnilt durch einen sehr jungen Fruchtknoten der Salvei (Salvia nivea); d die Wand der Fruchlknolenhöhle, f die Narbe, gern, die Samen- knospe; h der Stauhweg, sp. der Knospcnlräger. B Querdurchschnitt der Frucht- knotenhöhle; die Bezeichnung wie oben. GN^ergröfscrung 40 mal).

METHODE DER UNTERSUCHUNG.

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i

beiden anfänglich vollständig getrennten Narben eines jeden Frucht- knotens erst später mit einander zu einem Ganzen. (Man vergleiche die Entwickelungsgeschichte von Asclepias sjriaca im folgenden Ab- schnitt).

Methode für die Entwickelungsgeschichte des Pflanzen-

embry on.

Wer mit irgend einigem Erfolg diese schwierigste aller ana- tomisch-physiologischen Untersuchungen ausführen will, der mufs sich zunächst durch die Entwickelungsgeschichte mit dem Bau des Frucht- knotens, des Staubwegs und der Narbe der von ihm zu untersuchen- den Pflanzen und ebenso mit der Entwickelung ihrer Samenknospen genau bekannt machen; der mufs wenigstens bei einigen Pflan- zen den Staubwegkanal der unbestäubten und ebenfalls den Staubweg- kanal einer von ihm selbst bestäubten Blüthe genau untersuchen, um den Weg der Pollenschläuche und die Veränderungen, welche sie im Staubwegkanal hervorgerufen haben, kennen zu lernen ; der mufs end- lich und zwar in allen Fällen den Zustand der Samenknospe und des Embryosacks zur Blüthezeit, ehe ein Pollenschlauch die Samen- knospe erreichte, recht gründlich untersuchen, und namentlich auf den Inhalt des Embryosacks aufs genaueste achten, weil es einzig und allein auf diese Weise möglich ist, über die später durch den Pollenschlauch hervor gerufenen Veränderungen ein richtiges Ur- theil zu gewinnen.

Um den Verlauf der Pollenschläuche von der Narbe bis in die Fruchlknotenhöhle zu verfolgen, bestäubt man sich am besten selbst die Blüthen. Man untersucht dann täglich eine oder mehrere dersel- bexi, indem man dünne Längsschnitte aus der Mitte des Staubwegs und des Fruchtknotens darstellt, und erfährt dabei zugleich die Zeit, welche der Pollen etwa gebraucht um Schläuche zu treiben und sel- bige bis in die Fruchtknotenhöhle zu schicken. Wem Limodorum abortivum zu Gebote steht, der findet in ihr die geeignetste Pflanze, um die Entwickelung der Pollenschläuche aus dem Pollenkorn zu ver- folgen. Man kann sich hierbei leicht und sicher überzeugen, dafs kein einziger Pollenschlauch absolut dem anderen gleicht, sondern dafs nach der Weise, wie die Ernährung erfolgt, sich auch die Gestalt der Schläuche ändert. Die Pollenkörner von Limodorum treiben schon im Antherenfach ihre Schläuche (Taf. 111, Fig. 1 4); für die Coniferen

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METHODE DER UNTERSDCHÜNG,

geschieht dasselbe bisweilen bei Cupressiis (T af. IV, Fig. 1 u. 2). Die Narbe von Hoya carnosa ist sehr geeignet, das Treiben der Pollenschläuche überhaupt zu befördern; in Zuckerwasser gelingt es ungleich seltener. Bei recht gelungenen Längsschnitten ist es oft vortheilhaft, die Wan- dungen des Staubwegkanals unter dein einfachen Mikroskop mit der Nadel etwas von einander zu entfernen; man sieht dann häufig ein starkes Bündel Pollenschläuche mit Zellen des leitenden Zellgewebes untermischt und kann dasselbe nicht selten unter dem einfachen Mi- kroskop mit der Nadel bis in die Fruchlknotenhöhle verfolgen. Bei Pflanzen mit langem dünnen, bald dahinwelkenden Staubweg ist es mir fast niemals gelungen, dem Lauf der Pollenschläuche ohne Unter- brechung zu folgen, bei Pflanzen mit kurzem fleischigen Staubweg ist es dagegen durchaus nicht schwer; am günstigsten sind für diese Beobachtung die Orchideen. Wenn man den Staubweg der vor 8 Tagen bestäubten Blüthe einer Epipactis auf die angegebene Weise untersucht, so wdrd man sich über die ungeheure Zahl der Pollen- schläuche verwundern und selbige mit Leichtigkeit in starken Bündeln bis zu den Samenknospen begleiten können. Auch Viola tricolor, sowie Ribes nigrum und rubrum sind für diesen Zweck zu empfehlen; für die erste Pflanze wählt man eben verwelkende Blüthen, man findet hier nicht selten verzweigte Pollenschläuche; noch häufiger trifft man die letzteren bei Fagus silvatica und bei Oenothera muricata. Für die Nadelhölzer fand ich bei Thuja orientalis ein Prachtexemplar eines vielfach verzweigten Pollenschlauches (Taf. IV, Fig. 15). In den mei- sten Fällen mufs man jedoch lange darnach suchen; nur bei der Buche sind fast alle Pollenschläuche verzweigt.

Für die EnUvickelungsgeschichte der Samenknospe läfst sich kein bestimmtes Verfahren angeben, dasselbe mufs sich nach der Zahl und Anordnung der Samenknospen im Fruchtknoten richten ; danach wird bald der Querschnitt, bald der Längsschnitt bessere Dienste leisten. Man mufs das Hervortreten des Knospenkerns aus dem Gewebe des Samenträgers als kegelförmiges zelliges Körperchen, dann das Ent- stehen der Knospenhüllen als Kreisfalten um selbigen und gleichzeitig die etwaige Krümmung der Samenknospe und das Auftreten und Ver- halten des Embryosacks im Knospenkern beachten (Taf. V, Fig. 17—19). Für die Samenknospe ohne Integumente empfehle ich Hippuris und Myriophyllum (die Samenknospe ist hier anatrop, und zwar mit einem Gefäfsbündel im nackten Knospenkern versehen), bei Thesium ist der

METHODE DER UNTERSUCHUNG.

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Knospenkern ebenfalls nackt, aber ohne GefäfsbUndel. Für Samen- knospen mit einem Integument verweise ich auf Juglans, Taxus (orthotrop), Impatiens, die Rhinanthaceen (anatrop, bei letzteren bildet der Embryosack zellenleere Aussackungen, welche im Parenchym des Integuments liegen, Taf. III, Fig. 16, 17 u. 23). Für Samenknospen mit zwei Integumenten empfehle ich Ilydrocharis, Polygonum (orlbo- trop) (Fig. 33, p. 110), Viola, Oenothera, die Orchideen (anatrop) (Fig. 34, p. 111). Für das Speciellere dieses Abschnittes mufs ich jedoch auf meine Schrift: »Entwickelungsgeschichte des Pflanzen-

embryon « ') verweisen.

Sehr viele Samenknospen sind zur Blülhezeit so grofs, dafs sie sich herauslösen und auf den Finger gelegt, durchschneiden lassen; man hat hier vor allen Dingen auf die Richtung des Schnittes zu achten. Man nimmt mit einem äufserst scharfen hohlgeschlilfenen Rasir- messer zuerst die eine Seite der Samenknospe hinweg, wendet sie dann mit Hülfe eines feinen Haarpinsels vorsichtig um und entfernt nun ebenfalls durch einen sicheren, langsam geführten Schnitt die andere Seite, so dafs von der ganzen Samenknospe nur die Mittel- lamelle, diese aber unversehrt, zurückbleibt. Man darf das Präparat während des Schneidens nicht trocken werden lassen, und mufs des- halb den Finger feucht erhalten. Das Präparat schiebt man sogleich ohne Deckglas unters Mikroskop ; oft mufs ein dritter und vierter, in ähnlicher Weise geführter Schnitt noch mancherlei verbessern. Sehr häufig geht das Präparat dabei zu Grunde, nicht selten gelingt es aber, die hie und da störenden Theile glücklich zu entfernen, wozu man häufig auch die Nadel und das einfache Mikroskop benutzen wird.

Wenn es möglich ist, wird es wünschenswerth sein, den Em- bryosack der unbestäubten Blüthe ganz freizulegen, er erscheint alsdann als einfache Zelle; in den meisten Fällen ist er jedoch so zart, dafs ein solches Freilegen ihn selbst oder zum wenigsten die in ihm entstandenen Zellen zerstören würde; es ist in diesem Fall besser, sich mit möglichst dünnen Längsschnitten zu begnügen und den Inhalt des Embryosacks, insbesondere das Vorkommen oder Fehlen von Zellen in selbigem und deren Lage genau zu studiren. Jod- lösung ist hier ebenfalls am Platze, Man darf sich nicht mit einem

*) Verhandelingen der eerste Klasse van het Koninklyk-Nederlandsche In- slituut. 3 Reeks 2te Deel. Amsterdam 1850. J. C. A. Sulpke.

138

METHODE DER DNTEBSÜCHDNG.

Präparate, sei es auch noch so gelungen, begnügen, man mufs deren viele und in möglichster Vollkommenheit darstellen und selbige mit einander vergleichen; man wird dann bald sehen, ob eine Zellenbildung im Embryosack, noch ehe der Pollenschlauch in die Samenknospe eingedrungen ist, constant stattfindet oder nicht, und welche Bedeutung diesen Zellen zukommt. (Bei den Rhinantha- ceen und Halorageen, desgleichen bei Viscum bilden sich schon vor der Befruchtung die ersten Mutterzellen für das Endosperm). '

Es ist in den meisten Fällen gar nicht schwer, gelungene Längs- schnitte der jüngeren Zustände einer Samenknospe zu erhalten, weil die noch kleinen Samenknospen nicht für sich, sondern auf Quer- oder Längsschnitten durch den Fruchtknoten mit durchschnitten werden, was später, wenn die Samenknospe gröfscr geworden, nur selten noch* ausführbar ist.

Kennt man nunmehr die Samenknospe und insbesondere das Ver- halten des Embryosacks vor der Bestäubung, so verfährt man ganz in derselben Weise auch mit den Samenknospen der kürz- lich bestäubten Blüthen. Bei den Orchideen, deren Samenknospen sehr klein und sehr weich sind, ist es nicht möglich, Schnitte durch dieselben zu erhalten, sie sind deshalb für die Entstehung des Em- bryon selbst nicht brauchbar, d. b. ihre Untersuchung kann keinen entscheidenden Beweis weder für noch wider eine der drei strei- tenden Ansichten“) liefern; dagegen beobachtet man an ihnen mit Leichtigkeit den Eintritt des Pollenschlauchs in den Knospenmund. Man braucht die Samenknospen des angeschwollenen Fruchtknotens

*) AVährend nach Schleiden und mir die erste Zelle des Emhryon im In- nern des Pollenschlauchs entsteht, wird nach Amici, Hofmeister und v. Mohl eine im Emhryosack schon vor der Befruchtung vorhandene Zelle nur durch den Pollenschlauch befähigt, zur ersten Zelle des Emhryon zu werden; nach Tulasne entsteht endlich diese erste Zelle des Emhryon als Produkt einer Ver- einigung des Pollenschlauchs mit der Membran des Emhryosacks. Die Beweise, welche Hofmeister für seine Ansicht vorbringt, sind sämmtlich negativer Art; in meiner Pllanzcnzelle (p. 411) habe ich mich über die Beweiskraft derselben meinen Beobachtungen gegenüber ausgesprochen. Neue Untersuchungen des letz- ten Sommers (18o4) über Canna, Viscum, Lalhraea, Pinus, Taxus und Thuja haben mir wiederum und zwar so vollständige Beweise für die Richtigkeit meiner Ansicht geliefert, dafs ich diese schwierige Frage in der Hauptsache als erledigt betrachten mufs. Die Untersuchungen von Deecke (S^erhandlungen der natur- forschenden Gesellschaft zu Halle. 1854) haben für Pedicularis das von mir Beobachtete vollständig bestätigt.

aiETHODK DER UNTERSUCHUNG.

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von Orchis nur mit der Nadel abzuheben (dieselben lassen, wenn sic befruchtet sind, sehr leicht vom Samenträger), und man wird oft einen bis fünf Pollenschläuche in einem Knospenmund entdecken (meistens wird hier zur Entfernung der Luft ein gelinder Druck durchs Compressorium nothwendig sein). Euphrasia officinalis ist für den- selben Zweck nicht minder günstig; man braucht den Fruchtknoten einer kürzlich verwelkten Blüthe nur mit der Nadel zu zerreifsen, fast jede Samenknospe wird einen Pollenschlauch erhalten haben; Ve- ronica serpyllifolia zeigt dasselbe auf zarten Quer- und Längsschnitten durch den Fruchtknoten der bestäubten Blüthe. Bei einigen Pflanzen ist dagegen aus verschiedenen Ursachen der Eintritt der Pollenschläuche in die Samenknospe schwieriger zu beobachten, weil selbige entweder, so weit sie aus der Samenknospe hängen, sehr bald resorbirt werden (Ornithogalum , Hippuris), oder in Folge der eigenthümlichen Lage der Samenknospe selbst in der Regel durch den Schnitt hinweggenommen werden (Oenothera); hier findet man jedoch den Pollenschlauch bei gelungenen Präparaten entweder innerhalb des Knospenmundes oder (wie bei Oenothera) auf seinem Durchgang durch den Knospeukern.

Wenn es irgend möglich ist, sollte man nunmehr Embryosack und Pollenschlauch vollständig freilegen, weil dies Verfahren meiner Ueberzeugung nach, der einzige Weg zur vollständigen Lösung dieser so wichtigen aber schwierigen Frage ist.

Nicht bei allen Pflanzen wird ein Freilegen der Spitze des Em- bryosacks mit dem in selbige eingedrungenen Pollenschlauch möglich sein. Derartige Pflanzen, auf welche sich Hofmeister vielfach stützt, können aber für diese Frage auch niemals ein entscheidendes Ge- wicht in die Waage legen. Sehr günstig sind dagegen alle diejenigen Pflanzen, wo sich die Spitze des Embryosacks nicht mit Zellen füllt, z. B. die Personaten , bei welchen überdies zur Zeit der Befruchtung die Spitze des Embryosacks frei im Integumente liegt, weil das Ge- webe des Knospenkernes frühzeitig resorbirt ward. Ganz besonders kann ich aus vielfacher Erfahrung Lathraea squamaria und Pedicularis silvatica, ferner die verschiedenen Cannaarten iind endlich Viscum album empfehlen. Bei allen diesen Pflanzen ist ein gänzliches Freilegen der Spitze des kürzlich befruchteten Embryosackes ausführbar; durch sie gelingt es bei genügender Ausdauer und geschickter Präparation, un- umstöfsliche Beweise, sowohl für das Eindringen des Pollenschlauchs in den Embryosack, als auch für das Entstehen der ersten Zellen des

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METHODE DER DNTERSDCHÜNG.

Embryon iia Innern des eingedrungenen Poflenschlauches zu erhallen. Jede dieser Pflanzen hat aber ihre Eigenthümlichkeiten, die inan genau kennen mufs, und wornach sich das Verfahren der Untersuchung zu richten hat.

Der eigenthüuiliche Bau der Samenknospe von Lathraea und Pe- dicularis (Taf. III, Taf. 16 u. 23), mit dem man sich zuvor aufs ge- naueste befreunden mufs, ist für die Untersuchung selbst sehr günstig, weil man nach der Gestalt der Samenknospe die Richtung des zu füh- renden Schnittes leicht bestimmen kann. Die, wie oben beschrieben, erhaltene Mittellamelle einer solchen Samenknospe betrachtet man zuerst unter dem zusammengesetzten Mikroskop und zwar von beiden Seiten, bei etwa 200facher Vergröfserung (mit dem schwäehsten Ocular, welches überhaupt für diese Untersuchung allein anwendbar ist). Wenn man durch einen neuen Sehnitt noch einiges zu verbessern hofft, so merkt man sieh genau die Seite und die Stelle, wo noch etwas hinwegzu- nehmen ist und richtet danach die Führung seines Messers. Das Prä- parat wird jetzt wieder betrachtet und wenn der Schnitt nach Wunsch gelungen ist, unter das einfache Mikroskop gebraeht (eine 30 40 fache Vergröfserung ist hier am zweckmäfsigsten), um mit der Nadel das die i Spitze des Embryosackes umgebende Parenchym zu entfernen. Bei die- sen Bemühungen wird es, zumal bei Lathraea, nur seilen gelingen, den ganzen Embryosack mit seinen beiderseitigen wunderliehen Aussackun- gen unversehrt vollständig freizulegen. Für die Entwickelungsgeschichte des Embryon ist ein vollständiges Freilegen der Spitze des Embryo- sackes, um das Verhalten dieser Spitze zum eingedrungenen Pollen- schlauch gründlich studiren zu können, ausreichend, und dies gelingt bei einiger Ausdauer und Geschicklichkeit sehr häufig. Eine grofse Reihe solcher Präparate habe ich als gewichtige Beweise für meine Behauptung unter Chlorcalium bewahrt und kann sie jederzeit als solche vorlegen. Einige derselben habe ich auf Fig. 17—21 der Taf. III. aufs genaueste abgebildet. Man wird sowohl bei Pedicularis als auch bei Lathraea, nur selten ein längeres Stück des Pollenschlauches aufser- halb der Spitze des Embryosackes finden (derselbe wird im Knospen- mund sehr bald erweicht und aufgelöst); bei Lathraea wird man da- gegen in der zellenleeren Spitze des Embryosackes häufig zwei Pollen- schläuche antreffen, von welchen jedoch immer nur einer zum Endosperm gelangt, um sich dort als Embryon zu entwickeln. Die eingedrunge- nen Pollenschläuche sind in der Regel wie auf Fig. 18, 19, 20 u. 21, I

METHODE DER UNTER SDCHDNG.

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oben geschlossen; nicht immer gewahrt man an ihnen Ueberreste des im Knospenmimd befindlichen Theiles vom Pollenschlauch, dagegen erkennt man fast zu jeder Zeit, bei genauerEinstellung, rich- tiger Beleuchtung und hei sorgfältiger Betrachtung des Präparates von verschiedenen Seiten, dafs der Schlauch, welcher durch die zellenleere Spitze des Embryosackes geht und ins i Endosperm gelangend, zum Embryon wird, nicht innerhalb des i Embryosackes entstanden sein kann, vielmehr von aufsen einge- I drungen sein mufs, weil das obere, meistens rundlich geschlossene ^ Ende desselben immer über die Spitze des Emhryosackes und zwar

äoft bedeutend hervorragt (Taf. 111, Fig. 19) und sich überdies an der Stelle, wo der Pollenschlauch eingedrungen ist, in den meisten Fällen ein Zurückweichen der Membran des Embryosackes vor dem ( eingedrungenen Pollenschlauch entschieden kundgiebt (Taf. 111, P Fig. 18 u. 25).

Durch eine grofse Reihe auf die angegebene Weise dargestellter f Präparate verfolgte ich bei Lathraea und Pedicularis das Entstehen des Embryon, von der Bildung der ersten Zelle im Innern des Pollen-

1 Schlauches ausgehend, bis zum Auftreten der beiden Samenlappen.

Th. Deecke ist im Sommer 1854 so glücklich gewesen von Pedicularis silvatica ein Präparat zu gewinnen, welches dem langen Streit mit einemmal ein Ende macht. Aus einer kürzlich befruchteten Samenknospe gelang es ihm nämlich die schnabelförmige Spitze des Embryosackes mit dem eingedrungenen Pollensschlauch unversehrt frei- zulegen. Ein Millim. langes Stück des Pollenschlauches befindet sich aufserhalb des Embrjmsackes , während der eingedrungene Theil desselben -4^ Millim. mifst; im geschlossenen Ende des Pollenschlauches erblickt man bereits die erste Zelle der Keimanlage. Wenn man mit Hülfe des Zirkels die schnabelförmige freigelegte Spitze des Embryo- sackes in ihr altes Bette, d. h. ins Integument, welches an besagtem Präparate noch ebenfalls vorhanden ist, zurückprojektirt, so blickt der f Pollenschlauch noch etwa -5^ Millim. lang aus dem Knospenmund der Samenknospe hervor.

Durch genanntes Präparat, welches mir Deecke in freundlicher Weise zur Ansicht sandte und welches ich mit seiner Erlaubnifs als Fig. 24 der Taf. 111. aufs genaueste abgebildet habe, wird die Iden- tität des Schlauches innerhalb des Embrj'osackes mit dem Schlauch aufserhalb desselben unumstöfslich bewiesen. Der Sclilauch aufserhalb

142 METHODE DER UNTERSÜCHÜNG.

desselben kann aber, \Ade jeder der auch nur irgend ein Verständnifs von dem Verlauf der Pollenscliläuche zur Samenknospe hat, zugeben mufs, nichts anderes als der Pollenschlauch sein, und somit ist denn durch dieses Präparat das Entstehen der ersten Zelle des Keimes im Innern des in den Embrjosack eingedrungenen Pollenschlauches un- widerlegbar bewiesen. Auch die Annahme einer Befruchtung durch Copulation, d. h. durch Vereinigung des Pollenschlauches mit einer im Embryosack vorhandenen Zelle, welche noch immer mehr Wahrschein- lichkeit als eine dynamische Befruchtung für sich hätte, ist durch das Präparat Amn Deecke beseitigt Avorden").

Bei Canna (die Species scheint hier nicht in Betracht zu kom- men) ist der Pollenschlauch sehr derb, und die Spitze des Embryo- sacks zur Zeit der Befruchtung nur Amn wenigen Zellenreihen des Knospenkerns bedeckt. Nicht selten gelingt es auch diese zu entfernen, so dafs die Spitze des Embryosacks freiliegt und das Verhalten des Pollenschlauches zu derselben klar A'or Augen tritt.

Die gegenläufige Samenknospe von Canna liat ZAvei sehr kurze Integumente, der Chalazatheil (q) ist dafür um so mehr ausgebildet; der Embryosack A^erlängert sich in denselben (Taf. III, Fig. 10).

Wenn man die Samenknospen einer BliUhenknospe untersucht, deren Anthere noch nicht geöffnet ist, so findet man in der Spitze des Embryosackes 2 bis 3 sehr zarte mit einem Zellkern versehene Zellen (Taf. III, Fig. 11. y). Die Samenknospe der bereits geöffneten Blüthe zeigt diese Zelten ebenfalls, aber sie haben in der Regel um diese Zeit ein mehr körniges Ansehen, auch sind ihre Umrisse bereits minder scharf als vorher. Wenn der Fruchtknoten etAA’’as angeschAVol- len, und die Bhunenkrone abgefallen ist, so zeigt ein Längsschnitt durch die befruchtete Samenknospe bisAveilen noch die eine oder die andere dieser Zellen, noch häufiger uingiebt dagegen eine körnige Schleimmasse die jetzt in der Spitze des Embryosacks A^orhandene An- lage des Embryon.

Aus einem solchen Längsschnitt der kürzlich befruchteten Samen- knospe läfst sich, selbst Avenn der Schnitt noch so glücklich geführt ward, und die erhaltene Lamelle noch so zart ist, über die Ent-

*) In der Versammlung naturforscliender Freunde zu Berlin, am 19. De- eember 1854, habe ich das genannte Präparat unterm Mikroskope vorgelegt und ausführlich über dasselbe gesprochen. In der Flora Amn 1855 ist mein Vorti’ag gedruckt erschienen; ich bitte denselben zu vergleichen.

METHODE DER DNTERSDCHONG.

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stehungsweise des Eiubiyon nicht viel entscheiden; ja man kann nicht einmal wissen, ob einer oder ob mehrere Pollenschlauche bis zum Embryosack herabgestiegen sind. Die Fig. 12 der Taf. III mag hier als Beleg dienen. Während ein Pollenschlauch {tp.a) auf die Spitze des Emhryosacks traf und dieselbe durchbohrte, legte sich ein zweiter Pollenschlauch {tp. b) schlangenförmig äufserlich um die Spitze des Embryosackes. Genanntes Präparat liegt wohlbehalten unter Chlor- kaliumlösung; es beweist wie wichtig und wie nothwendig das gänz- liche Freilegen des Embryosackes wird, und welchen Täuschungen man ohne dasselbe preisgegeben ist.

Das wirkliche Eindringen des Pollenschlauchs in den Embryosack läfst sich bei Canna nicht in Zweifel ziehen ; selbst Hofmeister hat es hier zugeben' müssen , dagegen behauptet er, dafs auch hier eine der schon vor der Bestäubung im Embryosack vorhandenen Zellen, welche er deshalb Keimbläschen nennt, durch den Pollenschlauch befruchtet, zur Anlage des Keimes werde. Wenn man aber recht gelungene Längsschnitte der kürzlich befruchteten Samenknospe sorgfältig mit der feingeschliffenen Nadel unter dem einfachen Mikroskop weiter behan- delt und alles zu entfernen sucht, was sich ohne Verletzung des Em- bryosackes und des Pollenschlauches entfernen läfst, so überzeugt man sich leicht, dafs Hofmeister im Irrthum ist. Der Pollenschlauch, welcher schon aufserhalb der Samenknospe und im Knospenmund häufig An- schwellungen oder seitliche Ausbuchtungen bildet oder auch sich hin- und herwindet, benimmt sich nämlich, wie ich schon in meiner Preis- schrift*) angegeben habe, innerhalb des Embryosacks nicht viel anders. So sehen wir auf Fig. 13 u. 14 der Taf. III ein anderes Präparat und zwar vor und nach der Entfernung des inneren Integuments. Ehe dasselbe, desgleichen die körnigen Stoffe, welche den in den Embryo- sack eingedrungenen Pollenschlauch umgeben, entfernt war, liefs sich nicht entscheiden, ob die Anlage zum Embryon dem Pollenschlauch oder einer ihm dicht anliegenden Zelle angehöre. So wie sich dasselbe Präparat später auf Fig. 114 darstellt, kann dagegen über den Ur- sprung der Keimanlage (.r) im Innern des Pollenschlauches kein Zweifel bleiben; kaum in den Embryosack eingedrungen, hat der letztgenannnte nämlich einen seitlichen, nach aufwärts gerichteten, Seitenast gebildet, welcher sich darauf nach abwärts krümmt und zum wirklichen

*) Enlwickelungsgeschichte des Pllanzencmbiyon. Taf. \TI, Fig. 7 u. 11.

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METHODE DER UNTERSUCHUNG.

Keimbläschen angeschwollen isl, in welchem bereits zwei Zellenkerne entstanden sind.

Schon aufserhalb der Samenknospe wird der Pollenschlauch dieses Präparates durch seine Krümmungen und Ausbuchtungen lehrreich; so künnte man hei a der Fig. 13 glauben, dafs hier der eigentliche Pollenschlauch zu Ende wäre. Der Pollenschlauch von Limodorum, den ich als Fig. 4 der Taf. 111 ahgehildet habe, zeigt bei Z> und c Aus- buchtungen von oben gesehen, während man bei d eine derartige Ausbuchtung von der Seile erblickt. Der viel verzweigte Pollenschlauch von Thuja, dessen getreues Bild ich auf Fig. 13 der Taf. IV gegeben habe, bietet ähnliche Verhältnisse dar. Diese Fälle genügen, um den Grund einer Art der Täuschung nachzuweisen, welcher man in allen Fällen ausgesetzt ist, wenn man die Spitze des Embryosacks nicht vollständig freigelegt hat. Wenn nämlich der Pollenschlauch plötzlich eine Krümmung macht, und wenn man von oben auf die- selbe sieht, so wird man, wie auf Fig. 13a (Taf. 111) das Ende des Pollenschlauches wahrzunehmen glauben. Durch veränderte Einstellung wird hier zwar etwas, aber nicht viel geholfen, und Längsschnitte kann man bekanntlich nur von zwei Seiten betrachten, aber nicht hin- und herwenden, während man sich, sobald die Spitze des Embryo- sackes freiliegt, leicht und sicher von der wahren Sachlage über- zeugen kann.

Ich habe hier und da wohl die Bemerkung hören müssen, dafs man bei gänzlicher Freilegung der Spitze des Embryosackes nicht unterscheiden könne, was ursprünglich sei und was für Verände- rungen (Verletzungen oder Verschiebungen) durch die Nadel hervor- gerufen würden. Als Antwort hierauf bemerke ich 1. dafs wer seine Nadel ordentlich zu handhaben versteht, nur solche Theile berührt, die er berühren will, und 2. dafs, wer eine Einbuchtung der Mem- bran des Embryosackes durch den eingedrungenen Pollenschlauch (Taf. 111, Fig. 18, 19 u. 25) für das Werk der Nadel hält, mir doch er- klären möge, warum die schlauchförmige Zelle, in deren unterem Ende, bei Lathraea sowohl als auch bei Pedicularis die Anlage zum Keime entsteht, immer aufserhalb der Membran des Embryosackes endet, und warum diese Membran niem als nach auswärts, sondern immer nach einwärts gedrängt ist? was ich durch mehr als 50 Präparate beweisen kann. Wer mit der Nadel viel präparirt hat, weifs überdies eine Verletzung durch die Nadel von einem natürlichen Verhältnifs wohl

METHODE DER ÜNTERSÜCIIÜNG.

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ZU unterscheiden. Man wolle deshalb nicht von mir erwarten, dafs ich auf derartige Einwendungen künftighin nur irgend Rücksicht nehme.

Wie die Pollenschläuche von Limodorum nicht alle nach dem- selben »Schema wachsen (Taf. III, Fig. 1 4), so macht auch der Pollenschlauch derselben Cannaart, wenn er in den Erabryosack ein- gedrungen ist, nicht immer dieselben Windungen; bisweilen steigt er ganz gerade herab, so auf Fig. 15 der Taf. III.

Die Zellen, welche vor der Bestäubung unter der Spitze des Em- bryosackes liegen, und die schon zur Blüthezeit ein körniges Ansehen gewinnen, sind bald nach der Blüthe gänzlich verschwunden, es bilden sich auch im Embryosack von nun an keine neue Zellen wieder. Canna, Tropacolum und die Orchideen bieten deshalb den seltenen Fall eines Embryosackes ohne vorübergehendes Sameneiweifs, während bei allen anderen Pflanzen, selbst wenn ihr reifer Same eiweislos ist, bald nach der ersten Anlage des Keimes eine Endospermbildung ein- tritt. Die Zellen des Sameneiweifses ernähren in allen anderen be- kannten Fällen den Keim, gleichgültig ob derselbe bis zur Reife des Samens das Endosperm ganz oder nur iheilweise verzehrt; im ersten Fall erhalten wir einen eiweislosen , im anderen einen eiweishalligen Samen. Noch mufs ich bemerken, 1. dafs sowohl bei Canna als bei Tropaeolnm der Chalazatheil der Samenknospe überwiegend ausge- bildet ist, und 2. dafs sowohl bei Tropaeolum als auch bei vielen Orchideen eine aus Zellen bestehende Verlängerung des Embryoträgers aus der Samenknospe hervorbricht und frei in die Fruchtknotenhöhle tritt, wahrscheinlich um auch von dorther dem Embryon Nahrung zu verschaffen. Bei Canna fehlt diese Verlängerung; der sehr kleine Keim des reifen Samens dieser Pflanze wird dagegen später vom Gewebe des Chalazatheils ernährt , dasselbe versieht für ihn bei der Keimung die Stelle eines wirklichen Sameneiweifses. Bei Tropaeolum und bei den Orchideen ist kein Gewebe vorhanden, welches das Sameneiweifs ersetzen könnte; die grofsen fleischigen Samenlappen des ersten geben, der Eichel vergleichbar, der Keimpflanze Nahrung; der sehr unent- wickelte kugelige Keim der Orchideen mufs sich dagegen selber helfen.

BeiViscum album ist eine Samenknospe als besonderes Organ nich t vorbanden; der »Stengellheil der Knospe, welcher zur weiblichen Blüthe wird, entwickelt im Innern seines Markes einen oder zwei Em- bryosäcke (Taf. III, Fig. 9), deren Anlage schon im October vorhanden

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JIETIIODK DER UNTERSUCHUNG.

ist, obsclioii die Belruchtung erst Milte Mai des folgenden Jahres erfolgt. Die weibliche Bliilhe der Mistel besitzt 4 Perigonblätter (2 zweiglie- drigen Blallkreisen angehörig), welche bald abfallen und 4 braune Flecken auf der reifen Beere binterlassen; zwei sehr kleine Wärzchen, von diesem Perigon umfafst, können als die Rudimente zweier Narben betrachtet werden. Unter ihnen lockert sich das Gewebe auf, die Pollenschläiicbe gelangen durch dasselbe zu dem Embryosacke. Wenn die Mistel von einem Nadelholz ernährt wird (Abies pectinata, Pinus sllvestris), so gehört das Vorkommen zweier Kmbryosäcke in einer Beere zu den seltenen Fällen, wenn der Schmarotzer dagegen auf dem Laubholz (Betula alba, Populus nigra) wächst, so besitzt fast jede Beere zwei Embryosäcke. Auf dem Laubholz gedeiht der Schmarotzer überhaupt viel üppiger, seine Stengelglieder und seine Blätter werden auf der Schwarzpappel und auf der Birke doppelt so lang als auf der Kiefer.

Stellt man zu Ende April einen Längsschnitt aus der weiblichen Blüthenknospe dar, so erscheint der Embryosack als mäfsig langer dickwandiger Schlauch, welcher am oberen Ende, häufiger aber an beiden Enden, eine Zelle gebildet hat (Taf. 111, Fig. b y.y). Etwa 14 Tage später ist der ganze Elmbryosack mit einer Reihe von Zellen erfüllt (Taf. 111, Fig. 6). Der Anfang dieser Endospermbildung entsteht, wie wir gesehen haben, von den beiden Endpunkten des Embryo- sackes aus; die Bildung der Zellen erfolgt durch Theilung des Inhalts.

Jetzt ist die Zeit der Befruchtung gekommen. Man verfährt nun am besten, wenn man die junge Beere, deren Perigonblätter bereits abgefallen sind, so zwischen Daumen und Zeigefinger legt, dafs das Messer die Beere nach ihrer breiten Seite halbirt , weil man alsdann beim Laubholzschmarotzer beide Embryosäcke auf einen Schnitt erhält. Die Längslamelle aus der Beere mufs gerade die Mitte des Markes durchschneiden, weil der Gefäfsbündelring {h), welcher gewissermafsen als Markscheide dasselbe umgiebt, so lange er das Mark bedeckt, die Embryosäcke unkenntlich macht. Einen derartigen Längsschnitt bringt man darauf zuerst bei etwa 200facher Vergröfserung unters zusam- mengesesetzte Mikroskop, und überzeugt sich, wo die Embryosäcke liegen. Dieselben werden darauf unter dem einfachen Mikroskop mit Hülfe der Nadeln isolirt, Avohei man darauf zu achten hat, dafs die Nadel niemals den Embryosack selbst berühre, AA'’eil derselbe in diesem Falle durch den klebenden Saft, AA'elcben das Gewebe des Markes aus-

METHODE DER ÜNTERSÜCHÜNC.

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sondert, meistens an der Nadelspitze hängen bleibt. Man entfernt das umgebende Gewebe am besten , indem man es von unten her nach beiden Seiten abzulösen sucht, wobei oft eine messerartig zu geschliffene Nadel zur Halbirung des Markes sehr nützlich wird.

Bei gehöriger Vorsicht ist es gar nicht schwer den Embryosack, aus dem oftmals ein langer Pollenschlauch hervorhängt, vollständig freizulegen. Man sieht alsdann, dafs die schon vor der Bestäubung in der Spitze des Embryosackes vorhandene Zelle (y), welche Hof- meister das Keimbläschen nennt, mit der Befruchtung nichts zu thun hat (Taf. 111, Fig. 6), dagegen gewahrt man, dafs der Pollen- schlauch entweder dicht unter derselben, oder mehr seitlich in den Embryosack und in die zweite Zelle (a) eingedrungen ist, dort an- schwillt und in seinem Innern die erste Zelle zur Keimanlage (s) ent- wickelt. Bisweilen treten auch bei Viscum 2 Pollenschläuche in den- selben Embryosack, der eine (tp.'^) scheint dann, wie bei Lathraea, zu verkümmern. Da die Membran des Embryosacks hei Viscum so ungewöhnlich stark ist, so erblickt man, wenn das Präparat gut liegt, die Durchgangsstelle des Pollenschlauchs besonders deutlich (Fig. 6). In einem sehr glücklichen Falle hatte das Messer die eine Seite des Embryosackes so hinweggeschält, dafs der in den Embryosack einge- drungene Pollenschlauch beinahe freigelegt wurde (Fig. 7).

Der schleimig körnige Inhalt der ersten Endospermzellen, welcher sich häufig zusammenballt und nicht zu beseitigen ist, stört leider bei der Mistel oftmals die Beobachtung; man kann deshalb nicht aus jedem Präparate sogleich die Wahrheit erfahren, sondern mufs auch hier mit Beharrlichkeit nach solchen Zuständen suchen, wo entweder diese Körneranhäufung fehlt, oder wo sie so liegt, dafs der Zusammenhang des eingedrungenen Pollenschlauches mit der Anlage zum Embryon nicht durch sie verdeekt wird. Bisweilen, jedoch selten, erfolgt auch, und zwar wie es scheint, wenn kein Pollenschlauch eindringt, eine Zellenbildung in derjenigen Zelle, welche Hofmeister für das Keimbläschen hält; diese Zellenbildung ist jedoch von der wirklichen, im Innern des eingedrungenen Pollenschlauches entstandenen, Keim- anlage leicht zu unterscheiden, sie entwickelt sich nicht weiter.

Seihst noch späterhin (im Juni), wenn sich der Embryosack schon bedeutend vergröfsert hat, und wenn statt der einfachen Zellenreihe bereits ein dichtes Zellengewebe als Endosperm die Keimanlage um- giebt, welche ihrerseits nunmehr gleichfalls aus vielen Zellen besteht,

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METIIODK DER ÜNTERSUCHÜNG.

läfst sich iiichl seilen der Zusammenhang des Pollenschlaiiches mit dieser Keimanlage noch direct nachweisen (Taf. III, Fig. 8). Die sehr kräftigen Pollenschläuche erhalten sich bei Viscuni ungewöhnlich lange; ich bewahre mehrere Präparate dieser Art.

Wenn in einer Beere zwei befruchtete Embryosäcke vorhanden sind, so verwachsen dieselben alsbald zu einem Samen, der dann zwei Keime besitzt. Dießlistel, welche auf der Birke und der Schwarzpap- pel nistet, hat deshalb fast immer Samen mit zwei Keimen, während der Schmarotzer auf der Tanne und namentlich auf der Kiefer in der Regel nur Samen mit einem Keim besitzt.

Wir wenden uns zum Schlufs noch zu den Nadelhölzern, deren Befruchtungsweise nur scheinbar sehr verwickelt ist. Die Hauptunter- schiede der Nadelhölzer von den übrigen Phanerogamen sind in kurzem folgende; Bei den Nadelhölzern wird 1. die Pollenzelle des Blüthen- staubes nicht selbst zum Pollenschlauch, es geht vielmehr in ihr eine Zellentheilung vor sich, durch welche bei den Abietineen (Abies, Picea, Pinus und Larix) ein Zellenkörper entsteht, dessen Endzeile e (Taf. IV, Fig. 16 19), indem er den Inhalt der Zelle d verzehrt, zum Pollen- schlauch wird (im Pollenkorn der Ephedra erscheint derselbe Zellen- körper Taf. IV, Fig. 20 22), bei den Cupressineen und bei den Taxineen (Cupressus, Thuja, Callytris, Juniperus und Taxus), wo kein solcher Zellenkörper entsteht, entwickelt sich dagegen die Zelle c?, welche bei den Abietineen die Endzeile e ernährt, selbst zum Pollen- schlauch (Taf. IV, Fig. 1 u. 2). Bei allen von mir untersuchten Nadel- hölzern wird aufserdem beim Hervortreten des Pollenschlauches die Cuticula als zweiklappige Hülle abgestreift*). 2. Dringt bei den Nadel- hölzern der Pollenschlauch in eine bestimmte grofse Endospermzelle (in das Corpusculum) ; erst wenn sich dort in ihm, und zwar in bestimmter Weise, ein Zellenkörper gebildet hat, werden die Endzeilen dieses Körpers ins Innere des Sameneiweifses hinabgeführt, um daselbst zum Keime heranzuwachsen. Bei den Nadelhölzern und bei den Cycadeen kann man deshalb in doppelter Weise von einer gewissermafsen indirekten Befruchtung reden; dagegen hat sich die Vermuthung Hofmeisters, nach welcher im Pollenschlauch der Nadelhölzer Schwärinfäden ent- stehen sollten, in keiner Weise bestätigt; der Befruchlungsact

*) Man vergleiche meine Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Ge- wächse p. 148 u. p. 284.

31ETH0DE DEE ÜNTERSÜCIIUNC.

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der Nadelhölzer hat mit der Keimbildung der höheren Kryptogamen durchaus gar nichts gemein, er läfst sich mit derselben in keinerlei Weise vergleichen.

Ich will mich hier auf Taxus und auf Pinus silvestris beschrän- ken. Bei beiden Pflanzen, wie bei den Nadelhölzern überhaupt, ist es durchaus nothwendig, dafs man sich über alle Entwickelungs- zuslände, deren einige von langer Dauer sind, dagegen andere wieder sehr schnell durchlaufen werden, die vollkommenste Rechen- schaft zu geben vermag. Sobald hier eine Lücke bleibt, kann man nicht weiter. Nun w^erden aber gerade die wichtigsten Entwickelungsmomente des Befruchtungsacts, nämlich der Eintritt des Pollenschlauches ins Corpusculum und die Vorgänge, nachdem der- selbe eingedrungen ist, bis zur Bildung der Embryonalschläuche, welche das Embryon tragen, ungewöhnlich rasch durchlaufen. Man mufs deshalb, sobald der Pollenschlauch über dem Corpusculum liegt, min- destens jeden zweiten Tag eine grofse Reihe von Embryosäcken , und zwar von demselben Standort, ja von demselben Pflanzenexemplar, aufs genaueste untersuchen. Nur auf diese Weise, welche ich im letzten Sommer (1854) für Taxus, für Pinus silvestris, für Thuja orientalis und für Th. oxydentalis befolgt habe, ist es möglich, über die näheren Verhältnisse der Befruchtung ins Klare zu kommen. Auf der Tafelerklärung bemerke ich deshalb hier und bei der Abbildung der anderen Befruchtungspräparate den Tag, an welchem selbige dar- gestellt wurden, damit diejenigen, welche meine Untersuchungen wieder- holen wollen, im Stande sind, den ungefähren Zeitpunkt richtig zu erfassen.

Indem ich die jüngeren Zustände der aufrechten Samenknospe von Taxus, welche mit einem Integument versehen ist, als bekannt übergehe"), bemerke ich nur, dafs hier und auch bei Thuja, wie be- kannt, nicht selten 2 Embryosäcke Vorkommen. Bei beiden Pflanzen liegen selbige aber nicht, wie beiViscum, neben, sondern über einander. Bei Taxus wird in solchem Falle meistens nur der untere Embryosack befruchtet (Taf. IV, Fig. 4); auch bei Thuja ist der untere immer mehr entwickelt als der obere.

In der Regel treten bei Taxus mehrere, 2 bis 5, Pollenschläuche durch das aufgelockerte Gewebe der Kernwarze bis zum Embryo-

’) Man sehe meine Entwickelungsgeschichtc des Pflanzenembryon, p. 71.

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aiETllOUE OER UNTERSUCHUNG.

sack herab; sie legen sich über oder um die Spitze des letzteren, welcher um diese Zeit noch keine Zellen enthält (Taf. IV, Fig. 3) und dessen Spitze als schlauchförmige Verlängerung gewissermafsen dem Pollenschlauch entgegen wächst. Während darauf im Embryosack und zwar von seinem ganzen Umkreis aus, eine Zellenbildung statt- findet, bleibt die scblauchförmig verlängerte Spitze desselben leer, sie entwickelt sieb fortan nicht weiter. Aus den im Innern des Embryo- sacks entstandenen Zellen entsteht darauf, indem sich die durch freie Zellenbildung hervorgegangenen Zellen ihrerseits zu theilen beginnen, allgemaeh ein Endosperm, welches bald den ganzen Embryosack er- füllt. Indem einige der ursprünglichen Zellen, an der Spitze des Embryosaeks gelegen, ihrerseits keine Theilung eingehen, sondern sich einfach vergröfsern, werden dieselben zu den sogenannten Corpusculis, deren bei Taxus mehrere (bis 8) Vorkommen. In der Spitze eines solehen Corpusculums entsteht darauf, wahrscheinlich durch Theilung eine kleine Zelle, welche ihrerseits, wieder durch Theilung übers Kreuz, die 4 Schlufszellen bildet, welche, von oben auf das Corpuscu- lum gesehen, sowohl bei Taxus als auch bei Thuja und bei Juniperus vorhanden sind. (Auf dem Längsschnitt erblickt man natürlich nur 2 solcher Zellen, Taf. IV, Fig. 6 y). Dieselben sind früher von mir bei Taxus übersehen worden.

Während sich der Embryosack in der angegebenen Weise für die Befruchtung ausbildet, vergröfsert sich auch der Pollenschlauch. In der Regel liegen mehrere Pollenschläuche als weite Blasen über der oberen Fläche des Embryosacks, wo sie, Ausbuchtungen bildend, sich in die Vertiefungen desselben, unter welchen die Corpuscula lie- gen, senken. In den Corpusculis sieht man um diese Zeit aufser einem Zellenkern zahlreiche gröfsere oder kleinere Scheinzellen (Vacuolen) d. h. kugelige, von einer klaren Flüssigkeit erfüllte Räume, die ge- wissermafsen in dem dichteren körnigen Protoplasma eingebettet sind. Nicht selten und vorzugsweise bei Pinus umschliefst eine grofse Va- cuole mehrere kleine (Taf. IV, Fig. 23), bisweilen wird auch, und zwar vorzugsweise bei Thuja, eine grofse Vacuole von einem dunkeln körnigen Saume, welcher erhärtet, umgeben (Taf. IV, Fig. 6 b). Ein Corpusculum der letzten Art entwickelt niemals eine Keimanlage. Bei der Tanne (Abies pectinata), welche im Sommer 1854 am Thüringer- walde entweder gar nicht oder sehr schlecht bestäubt war, zeigte sich diese Erscheinung ebenfalls nicht selten ; sie war auch hier immer ein

SIKTIIODE r»KR rNTERSOCHUNC.

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Zeichen für den nahen Untergang des Corpuscuhims. Die Scheinzellen oder Vacuolen, welche kleinere Bildungen gleicher Art uinschliefsen, und die auch um dieselbe Zeit im Pollenschlauch Vorkommen , sind wahrscheinlich von Hofmeister, welcher früher das ganze Corpusculura mit freien Zellen erfüllt sein liefs°), jetzt aber eingesehen hat, dafs diese freien Zellen doch nur Vacuolen waren, für wirkliche Zellen ge- halten worden. Das zweite Verhältnifs, dessen ich oben gedachte, erklärt mir aufserdem den Widerspruch , in welchem ich hier zu Hof- meister stehe”), indem ich die Anwesenheit wirklicher Zellen im In- nern des Corpuscuhims, bevor der Pollenschlauch in dasselbe getreten ist, aufs entschiedenste verneinen mufs.

Wenn man es jetzt versucht, auf gelungenen Längsschnitten durch die Samenknospe den Pollenschlauch, noch ehe derselbe ins Corpusculum eindringt, mit Hülfe der Nadel vorsichtig zu entfernen, so findet man überall, da wo derselbe über einem Corpusculum ge- legen hat, eine der Vertiefung entsprechende Ausbuchtung (Taf. IV, Fig. 6) und in derselben häufig entweder eine sehr zarte, blasse, flache Zelle (bei c) oder noch häufiger einen Zellenkörper, welcher von oben gesehen, eine aus 4 Zellen bestehende Rosette darstellt (Fig. 6 a;). Läfst man sich die Mühe nicht verdriefsen, sondern opfert ganze Tage dieser schwierigen Untersuchung, so gelingt es, Zustände zu er- halten, wie ich selbige auf Fig. 7, 8, 9, 10 u. 11 abgebildet habe. .Man erfährt auf diese Welse, dafs die Mutterzelle, welche die aus 4 Zellen bestehende Rosette x bildet, schon im Pollenschlauch ent- steht, noch ehe derselbe ins Corpusculum gelangt ist, man überzeugt sich gleichfalls, dafs die Schlufszellen (y) der Corpuscula, noch ehe der Pollenschlauch eindringt, verschwinden (ebenso bei Thuja und bei Juniperus), man erkennt ferner, dafs der Pollenschlauch, nachdem er eingedrungen ist, sich im Corpusculum ausdehnt, und dafs aus der Rosette x sowohl die Anlage zu den Embryonalschläuchen, als auch zum künftigen Keim hervorgeht (Taf. IV, Fig. 13 u. 14).

Hofmeister kann zwar das Entstehen der besprochenen Rosette im Pollenschlauch, welcher über dem Embryosack liegt, nicht leugnen, er glaubt aber durch Messungen die Unmöglichkeit des Eindringens solcher Rosette in das Corpusculum beweisen zu können“”). Alle diese

*) W. Hofmeister, Untersuchungen über d. höheren Kryptogamen, p. 131 u. 134.

'*) Hofmeister über die Befruchtung der Nadelhölzer (Flora 1854), p. 532.

"•) Flora 1854, p. 539.

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METHODE DER UNTERSUCHUNG.

Messungen beweisen aber gar nichts, weil 1. die Mündung der Cor- puscula, wie deren Gefäfse überhaupt, bei Taxus von sehr verschie- dener Weile ist, und weil 2. höchst wahrscheinlich die Rosette iin sehr kleinen Zustande durch den Pollenschlauch ins Corpusculum ge- führt MÜrd (Fig. 7 u. 8). Gröfsere Rosetten, wie man selbige z. B. Fig. 6 X wahrnimmt, halte ich schon zur Erftillung ihres Zweckes für unfähig, dieselben gelangen wahrscheinlich nicht mehr ins Corpusculum, sie können sich jedoch, über demselben verbleibend, noch mehr ver- gröfsern und ihre Zellen weiter ausdehnen, wofür mir Hofmeister ein interessantes Beispiel vorlegte. Es ist mir überdies, wie Fig. 10 u. 11 zeigen, gelungen, den eingedrungenen Pollenschlauch sammt der in ihm entstandenen Rosette aus dem Corpusculum unversehrt heraus zu präpariren. In der Regel reifst es zwar an der verengerten Stelle des Corpusculums, wo vormals die Schlufszellen lagen, ab (Fig. 12), was sehr erklärlich ist.

Die aus 4 Zellen bestehende Rosette, welche man Fig. 12 am Grunde des Corpusculums findet, gleicht, von oben betrachtet, voll- ständig der Rosette x aus den Fig. 6, 8 u. 10. Ich habe mich aufser- dem aufs bestimmteste davon überzeugt, dafs wenn eine solche Ro- sette am Grunde des Corpusculums liegt, eine andere in der Spitze desselben niemals vorhanden ist, dafs vielmehr, und ebenso bei Thuja, die Rosette oben und zwar in der beschriebenen Weise ent- steht und allmälig nach abwärts geführt wird, um dort angelangt, sowohl die Embryonalschläuche, als auch die ersten Zellen des Em- bryon zu bilden.

Obschon derselbe Pollenschlauch bei Taxus mehrere Corpuscula befruchten kann, wird doch nur selten mehr als ein Keim vollständig ausgebildet. Aber gerade, weil derselbe Pollenschlauch mehrere Cor- puscula befruchtet, kann man sich hier und bei Thuja sehr leicht täuschen; daher der Widerspruch zwischen Hofmeister und mir.

Bei Thuja, wo in der Regel 2 oder 3 Pollenschläuche zu den zahlreichen, dort dicht neben einander liegenden, nicht wie bei Taxus durch gewöhnliche Endospermzellen vou einander getrennten Corpusculis herabsteigen, kann gleichfalls ein Pollenschlauch mehrere Corpuscula befruchten; jedoch gelang es mir, weil der Theil des Pollenschlauchs, welcher über dem Embryosack liegt, hier aufserordentlich zart wird, niemals, denselben unverletzt aus dem Corpusculum hervorzuzieben. Thuja ist deshalb für die Beobachtung weniger günstig als Taxus,

METHODE DER UNTERSUCHUNG.

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doch kommen bei ihr, wie schon erwähnt, bisweilen höchst interes- sante, vielfach verzweigte Pollenschläuche vor (Taf. IV, Fig. 15).

Für Pinus silvestris, mit zweijähriger Samenreife, beginnt die eigentliche Befruchtung der im Jahr zuvor bestäubten Samenknospe erst zu Anfang des Juni; der Pollenschlauch ist um diese Zeit so weit, dafs er Miene macht, ins Corpusculum hineinzutreten. Die Cor- puscula der Abetineen sind nach aufsen hin von einer Lage kleiner Zellen umgeben, welche sich durch die gelbliche Färbung ihres fein- körnigen Protoplasma von den übrigen Endospermzellen unterscheiden. Der Inhalt der Corpuscula selbst besteht aus einem körnigen, ziemlich dickflüssigen Protoplasma, in welchem zahlreiche Scheinzellen (Va- cuolen) vertheilt sind (Taf. IV, Fig. 23). Auch im Pollenschlauche selbst findet man ähnliche Vacuolen. Für jedes Corpusculum scheint hier nur ein Pollenschlauch bestimmt zu sein, derselbe senkt sich in den Kanal, welcher zum Corpusculum führt, er drängt die Schlufszellen, welche hier jedoch etwas anders als bei Taxus und Thuja ge- baut sind , und welche auch nicht wie dort resorbirt werden, auseinander und liegt so, eine geringe Einbuchtung bildend, unmit- telbar über der Membran der Corpuscula. Jetzt scheint in der Ein- buchtung des Pollenscblauchs , wie bei Taxus, eine Zelle gebildet zu werden, welche, während der Pollenschlauch ins Corpusculum ein- dringt, mehr oder weniger anschwillt und sich darauf zu thellen be- ginnt (Taf. IV, Fig. 24, 25, 26, 27 u. 28). Ob die zuerst entstandene Zelle, deren Entstehungsweise mir noch nicht ganz klar ist, sich ihrerseits zuerst einmal in wagerechter Richtung theilt (Fig. 26 u. 28), oder ob diese wagerechte Theilung bisweilen unterbleibt und sofort eine senkrechte Theilung eintritt (Fig. 25 u. 27), vermag ich nicht zu entscheiden; es scheint jedoch, als ob beide Fälle Vorkommen.

Durch die letzte Art der Theilung, welche übers Kreuz geschehen raufs, entsteht darauf ein aus 4 Zellen bestehender Körper, den wir auf Fig. 29 als x in der Spitze des Corpusculums am schlauchförmigen Theii des eingedrungenen Pollenschlauches hängend, finden; der letzt- genannte Theil entspricht hier dem Embryoträger der übrigen Pha- nerogamen.

Schon kurz vor dem Eintritt des Pollenschlauches ins Corpuscu- lum wird das Protoplasma des letzteren, und zwar von oben nach unten gehend, dünnflüssiger; die Vacuolen verschwinden ira oberen Theil, während sie sich in der unteren Hälfte noch etwas länger er-

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METHODE DER UNTERSUCHUNG.

halten. Wenn das Messer ein Corpusculum in diesem Sladio verletzt, so fliefst der Inhalt der oberen Hälfte freiwillig aus, während der In- halt der unteren Hälfte erst durch Betupfen mit dem Pinsel entfernt werden mufs. Bald nachdem der Pollenschlauch eingetreten ist und sich der an ihm hängende ZellenktJrper ausgebildet hat, löst sich der- selbe vom schlauchförmigen Theil, oder vom Embrjoträger ab und gelangt, von dem dickflüssigen Protoplasma in der unteren Hälfte des Corpusculums getragen, allmälig an den Ort seiner Bestimmung, an den Grund des Corpusculums, wo er sich weiter aushildet und aus ihm sowohl die Embryonalschläuche als auch die Keimanlage entstehen.

Bei dem Versuch, das auf Fig. 29 getreu abgebildete Präparat unter Chlorcalciumlösung aufzubewahren, trennte sich der Körper x von seinem Aufhängefaden, er liegt gegenwärtig an der mit a be- zeichneten Stelle und gieht von oben gesehen das Bild der Fig. 30; er entspricht demnach vollkommen der aus 4 Zellen bestehenden Ro- sette, welche man später am Grunde befruchteter Corpuscula findet, und welche ich auf Fig. 33, als von oben betrachtet, dargestellt habe.

Gerade dieses Präparat habe ich, neben anderen, bei einer von Hofmeister gewünschten freundschaftlichen Zusammenkunft in Halle demselben vorgelegt und gerade dieses Präparat wird jetzt von ihm, wunderbarer Weise, für »ein Artefact, wo die Zellenroselte einem be- nachbarten Corpusculum angehörig, durch den Schnitt in ein unbefruch- tet gebliebenes Corpusculum gedrückt ward“*), gehalten. Hofmeister erklärt es überdies für unwahrscheinlich, dafs zwei Corpuscula eines und desselben Embryosackes so verschiedene Entwickelungszustände der Embryoanlage zeigen könnten; allein der Beweis der Möglichkeit ist gerade durch dieses Präparat gegeben. Hofmeister hätte viel- leicht besser gethan, erst die Veröffentlichung meiner Abbildungen und deren Erklärungsweise abzuwarten ; er würde alsdann wenigstens auf passendere Einwendungen Bedacht genommen haben.

Die Herstellung eines Zustandes, wie ich ihn auf Fig. 29 mit vollster Klarheit beobachtet habe, ist eine Glückssache; es wird vielleicht nur selten gelingen, ein solches Präparat zu gewinnen. Da- gegen ist die Herstellung jüngerer Zustände, als Fig. 26, 27 u. 28, keineswegs schwierig. Hier darf man noch das Corpusculum selbst durchschneiden , ja man mufs sogar eine zarte Längslamelle aus der

') Hofmeister in der Flora 1854, p. 541,

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METHODE DER UNTERSUCHUNG.

Mitte desselben gewinnen , wenn inan die Bildung des Körpers x genau wahrnehinen will; später darf man dagegen das Corpusculum nicht im mindesten verletzen, weil sich alsdann das, dem Aufhängefaden oder dem Embryoträger nur noch lose anhängende, Körperchen von selbigem trennt und meistens beim Uebertragen des Schnittes auf die Objectplatte aus dem angeschnittenen Corpusculum verloren geht.

Einen indirekten Beweis, dafs das besprochene, in der Spitze des Corpusculums entstandene, Körperchen x mit der später im Grunde des Corpusculums vorhandenen Rosette identisch ist, gewinnt man aufserdem noch dadurch, dafs, solange der Körper x an seinem Em- bryoträger hängt (Fig. 26 29), im Grunde des Corpusculums keine Rosette vorhanden ist; dafs dagegen, sobald sich eine solche findet, auch jederzeit der ziemlich tief ins Corpusculum eingedrungene schlauch- förmige Theil des Pollenscblauches , als entleerter Einbryoträger ihr gegenüberliegend, erscheint, und in der Regel an demselben noch kleine Fetzen, einer zerrissenen Membran angehörig, sichtbar sind (Taf. IV, Fig. 29, 31 u. 32 /. s).

Nach Hofmeisters neuester Darstellung soll die im Grunde des Corpusculums befindliche Rosette aus einer einfachen Zelle entstehen, deren unmittelbare Berührung mit dem Pollenschlauch er nicht wahr- genommen. Aber Hofmeister ist sicher im Irrthum, die von mir mitgetheilten Thatsachen wiederlegen ihn zur Genüge; dazu kommt noch das Unbegreifliche einer Befruchtung durch den Pollen- schlauch aus der Entfernung, an welche doch schwerlich heut zu Tage noch irgend jemand glauben wird; zumal da in der neuesten Zeit Newport, Keber, Meifsner, Bischof und Andere nachgewiesen haben, dafs auch im Thierreich die Samenfäden, oder die sogenannten Samenthlere, nicht, wie man bisher glaubte, nur das Ei umspielen, sondern dafs sie wirklich in das Innere desselben eindringen und an der Bildung des Keimes materiellen Antheil nehmen.

Ob die Theilung des im Pollenschlauch entstandenen Körpers x zur Bildung der vierzelligen Rosette in allen Fällen schon in der Spitze des Corpusculums vor sich geht, oder ob sich der Körper bisweilen ablöst, noch ehe diese Theilung erfolgt ist, lasse ich freilich dahinge- stellt. In einem solchen, aber gewifs selten vorkommenden, Falle wäre es möglich, dafs eine grofse, einfache, wirkliche Zelle im Grunde des befruchteten Corpusculums gefunden würde. Ich selbst habe nie- mals eine derartige ungetheilte Zelle im Grunde des Corpusculums

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METHODE DER UNTERSÜCllONG,

gesehen, ich traf die dort vorhandene Rosette sogar häufiger schon in der zweiten Theilung begriffen (Fig. 31), so dafs aus 4 Zellen be- reits 8 Zellen entstanden waren, deren je 2 über einander lagen. Die oberste Zellenreihe a bildet nunmehr keine neue Zellen, dagegen theilt sich die untere Lage h noch einmal; jetzt besteht die Rosette aus 3 mal 4 über einander liegenden Zellen (Fig. 32). Die unterste Zellenlage (c) theilt sich endlich wiederum ; so entstanden die Zellen- lagen a, J), c u. d der Fig. 29, wo a äufserst zartwandig bleibt und bald verschwindet, h dagegen den Befestigungspunkt der Embryonal-

Fig. 48.

be-

schlauche c mit dem Corpuscu- lum abgiebt und als sogenannte untere Rosette bekannt ist und d endlich die Anlage des künftigen Keimes bildet.

Bei Pinus silvestris finden sich mehrere, 2 bis 5, Cor- puscula; es werden auch häufig mehrere derselben befruchtet, aber dennoch fand ich nie- mals reife Samen mit zwei Keimen“).

Die Keimanlage gelangt bei allen von mir untersuchten Co- niferen durch dieVerlängerung ihrer Embryonalschläuche tief in das Sameneiweifs hinab (Fig. 46), und bildet sich in der Achse desselben zum Keim heran. Die Embryonal- schläuche sind , wenn der Same reift, in der Regel ver- schwunden ; nur bei der Lerche

Fig. 48. Der Befrnchtungsact der Kiefer. A Eine junge Fruchtschuppe dieses Baumes, bald nach ihrem Entstehen vom Aveihlichen Blüthenstande ge-

*) Eine vorläufige kurze Mittheilung meiner neuen Untersuchungen über die Befruchtung der Nadelhölzer habe ich im Anhang meiner Beiträge zur Ana- tomie und Physiologie der Gewächse gegeben, auf dieselbe bezieht sich Hof- meisters Entgegnung in der Flora No. 34. von 1854.

METHODE DER ÜNTERSDCHUNG.

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und bei einigen Cycadeen lassen sie sich noch iin reifen Samen nach- weisen. Diese Embryonalschläuche sind am besten dem gleichfalls sehr langen, auch aus mehreren Zellenreihen bestehenden, Embryoträger von Tropaeolum zu vergleichen.

Ueber die Befruchtung von Citrus, wo durch einen Pollenschlauch mehrere Keimanlagen gebildet werden, wird mit nächstem eine ge- naue Darstellung von mir erfolgen. (In der Flora von 1855).

Die Wichtigkeit der Frage und die grofsen Schwierigkeiten ihrer Lösung liefsen mich hier mehr als anderswo ins Specielle eingehen; es war hier durchaus nothwendig, für den einzelnen Fall auch eine ganz bestimmte Methode anzugeben, und auf die mancherlei Täu- schungen, denen man ausgesetzt ist, aufmerksam zu machen. Auf die Untersuehung der Orchideen kann ich z. B. gar kein Gewicht legen, hier täuschen die Zellen der Integumente zu sehr; nicht viel besser ist es mit anderen Pflanzen, die ein Freilegen der Spitze des Embryo- sackes unmöglich machen.

Wie nothwendig es ist, durchaus lückenfreie Entwickelungsreihen zu besitzen, zeigen namentlich die Nadelhölzer; wenn hier ein Zustand fehlt, so wird unter Umständen das ganze Verhältnifs dunkel. Aus diesem Grunde werde ich auch im nächsten Jahre meine Untersuchun- gen an diesen Pflanzen weiter führen, zumal da noch einige Punkte vergleichend zu erledigen sind. Es ist nämlich unter anderem noch festzustellen, ob bei allen Abietineen mit hängendem Zapfen, die Be-

löst. Die Leiden Samenknospen {gm) sind bereits angelegt. (VTrgrofs. 10 mal). B Längsschnitt durch eine Samenknospe, die bereits bestaubt ist; auf der Spitze ihres Knospenkerns (nc) liegen Pollenkörner; is die einfache KnospenhüUc, se der Embryosack, m welchem bereits eine ZellenbUdung stattgefunden. (NTrgröfserung 35 mal). Bis zum kommenden Frühjahr bleibt die Samenknospe ziemlich un- verändert; jetzt entstehen, mit dem Erwachen der Natur, im Zellengewebe des Keimsackes die Corpuscula. G giebt einen Längssclinitt durcli den Knospenkern der Samenknospe im zweiten Frühjahr; die Knospenhülle ist entfernt; nc der Knospenkern, in dessen Gewebe Pollenschläuche {tp) zum Cor|)usculum {cp) hinabsteigen und in dasselbe hineindringen; alb das Eiweifs oder das Zellgewebe im Embryosack, x die Partie desselben, welche sich auflockert und in welche später die Embryonalscliläuche hinabsleigen. D Der obere Theil des Eiweifses {alb) der befruchteten Samenknospe im Längsschnitt (einige Wochen später); cp Corpusculum, a die Zellen der Rosette im Innern eines PoUenschlauches, der in ein Corpusculum gedrungen ist, entstanden, b die Zellen der Embryonal- schläuche, em die Anlage zum Embryon , aus welchem sich der Keim der Kiefer bildet. {G und D 100 fach vergröfsert).

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METHODE DER UNTERSUCHUNG.

fnichlung wie bei der Kiefer erfolgt, und ob bei denen mit aufrechtem Zapfen die Weise von Taxus, nämlich das weitere Eindringen des Pollenschlauches in das Corpusculum statlfindet, so dafs in dem einen Falle die Rosette durch ihre eigene Schwere, in dem andern dagegen, was auf diesem Wege nicht wohl möglich wäre, durch eine Ausdeh- nung des Pollenschlauches selbst an den Ort ihrer Bestimmung ge- bracht wird.

Es wäre sehr zu wünschen, dafs der Streit über die Befruchtung endlich geschlichtet würde. Ich meinerseits habe das Mögliche gelhan und die Beobachtungen, auf welche ich meine Ansicht stütze, aufs sorg- fältigste und vielfachste wiederholt; der Erfolg blieb in der Haupt- sache immer derselbe. Durch Deecke’s schöne Untersuchungen und durch das höchst glückliche, von ihm bei Pedicularis silvalica gewon- nene, Präparat sind meine Beobachtungen für diese Pflanze aufs voll- kommenste bestätigt worden. Deecke hat aufs neue den Beweis ge- . liefert, dafs man durch Ausdauer und Beharrlichkeit in dieser Frage bei einer geeigneten Pflanze mehr erreicht, als durch die flüchtige Untersuchung vieler verschiedener, oft sehr ungünstiger, Pflanzen. Ich kann nur auffordern seinem Beispiel zu folgen. Sowohl die Pflanzen, welche man zu wählen hat, als auch die Weise, wie man bei ibnen verfährt, sind deshalb von mir aufs genaueste bezeichnet worden. Beobachtungen, wie selbige Hofmeister in Menge geliefert hat, bleiben zwar durch ihre Nebenresultate für die Enlwickelungsgeschichte im allgemeinen wer th voll; für die Befruchtungsfrage selbst, d. h. für das Verhalten des Pollenschlauches zum Einbryosack, haben sie dagegen keine Bedeutung, weil eine Thatsache durch negative Beobachtungen niemals widerlegt werden kann. .

Für die weitere Ausbildung der Embryonanlage zum Keime hat man bei dicotyledonen Pflanzen auf das erste Hervortreten der beiden Samenlappen als kleine Erhebungen der anfangs runden Embryon- anlage zu achten; man hat dann weiter auf die Ausbildung dieser Samenlappen und der Slaminspilze (der Plumula) zwischen ihnen, des- gleichen auf das Entstehen des Cambiumringes in der Keimachse und auf die Bildung der Wurzelhaube am Radiculaende zu sehen, und end- lich das Verhallen des Embryon im reifen Samen, die Lage und Form desselben, die Anwesenheit oder das Fehlen des Elweifses (bei Nym- phaea ist ein doppeltes Eiweifs), die Veränderungen des Integuments durch Resorption oder Zellverdickung u. s. w. zu untersuchen. Beim

METHODE DER UNTERSUCHUNG.

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I Albuinen ist dessen Inhalt mit Reagentien zu prüfen. Die Samenschale, welche meistens aus den Integumenten entstanden ist, zeigt oftmals stark und sehr zierlich verdickte Zellen.

Das Embryon der Monocotyledonen bietet in seiner Gestalt und in der Anordnung seiner Theile weit mehr Verschiedenheiten als das Embryon der Dicotyledonen, eine genaue Untersuchung desselben, ver- bunden mit einer Keimungsgeschichle (Fig. 37 u. 38, p. 114 u. 115), wird deshalb für manche Fälle sehr wUnschenswerlh sein.

Für die Keimung sowohl monocotyledoner als dicotyledoner Pflan- zen endlich ist zuerst eine genaue Untersuchung des Embryon vor der Keimung, ob schon GefäfsbUndel vorhanden sind und wie selbige verlaufen, ob in der Plumula Blätter angelegt sind oder nicht, noth- wendig. Man beobachtet dann in kurzen Zwischenräumen das Weiter- schreiten des Keimlings; man achtet wiederum zunächst auf das Wachs- thum der Achse (Stamm und Wurzel), auf die Vertheilung der Gefäfs- bündel und -auf die allmälige Heranbildung des Holzringes aus ihnen. Man hat ferner auf die anatomische Grenze zwischen Stamm und Wurzel, welche sich in der Regel schon äufserlich kundgiebt und bei einigen Pflanzen dicht unterhalb der Samenlappen liegt (Quercus, Juglans), bei anderen aber erst weiter abwärts auftritt (bei den Nadelhölzern, bei Fagus u. s. w.) zu achten. Auch die Stellung der jungen Blätter, ob sie derjenigen entspricht, welche die ältere Pflanze zeigt u. s. w., ist hier zu berücksichtigen“).

Methode für die Entwickelungsgeschichte der

Pflanzenzelle.

Die Entwickelungsgeschichte der Pflanzenzelle erfordert im Allge- meinen eine unweit geringere Fertigkeit im Präpariren, als die Ent- wickelungsgeschichte der Pflanzentheile selbst, aber dennoch gehört sie zu den sch wierigsten Fragen. Für ihre Lösung ist ein aufmerk- samer, unbefangener, urlheilsfähiger Beobachter, der viel gesehen haben mufs und aufserdem ein Mikroskop ersten Ranges nothwendig. Die Reagentien wirken hier nur bei sehr vorsichtiger An- wendung; Jod und Schwefelsäure greifen z. B. die ganz jungen Zellen zu

*) Als Beispiel einer derartigen Untersuchung verweise ich auf die Kei- mungsgeschichte der Wallnufs in meinen Beiträgen zur Anatomie und Physio- logie der Gewächse.

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METHODE DER UNTERSUCHUNG.

energisch an, der Zellinhalt gerinnt in der Regel augenblicklich; Jod- lösung, Clüorzink- Jodlösung, verdünnte Kalilösung und verdünnte Säu- ren, desgleichen Zuckerwasser, auch Oelsüfs und zwar im mehr oder weniger verdünnten Zustande, sind hier mit gröfserem Vortheil anzu- wenden. Eine grofse Reihe von Beobachtungen und eine richtige Deu- tung ihrer Reihenfolge ist auch hier sehr wesentlich. Am schwierigsten wird die Beobachtung für das geschlossene Gewebe.

Die Entwickelung unverbundener Zellen sludirt man bei Krj'^pto- gamen an den Sporen und Brutknospen, bei den Phanerogamen da- gegen am Blülhenstaube. Für Sporen- und Pollenentwickelung sind zarte Quer- und Längsschnitte durch die jüngsten Zustände der Sporen- frucht und der Anthere nothwendig; man mufs so weit zurückgehen, dafs man bei Laub- und Lebermoosen (llypnum, Anthoceros) nur eine Zellenreihe der ersten Mutterzellen im Umkreis des Mittelsäulchens findet; bei den Farreu mufs man mit dem Auftreten des Sporangiums als einfache Zelle beginnen; bei den Phanerogamen mufs man eben- falls so junge Antheren wählen, um mit dem Auftreten einer einzigen Reihe von Mutterzellen in jedem Antherenfach anfangen zu können. Indem man die Gröfse der Sporenfrucht oder der Blüthenkuospe genau beachtet, selbige bisweilen mifst und deren Maafs notirt, schreitet man darauf allmälig vorwärts. Für die Pollenuntersuchung ist der ähreii- ständige Blüthenstand sehr günstig; man beginnt dort mit den Knos- pen der höchsten Spitze und geht von ihnen langsam, ohne Ueber- springung, nach abwärts. Bei ganz jungen Zuständen werden die Querschnitte am besten durch die ganze Knospe geführt; man isolirt dann die durchschnittenen Antheren unter dem einfachen Mikroskop, betrachtet sie zuerst als Querschnitte, um die Anordnung der Mutter- zellen im Antherenfach kennen zu lernen, und löst letztere darauf, durch Entfernung des umgebenden Parenchyms mit der Nadel, frei. Für die Mutterzellen des Pollens sowohl als der Sporen hat man auf deren Gröfse, auf die Beschaffenheit ihrer Wandungen, ob selbige mit doppelter oder einfacher Contour sichtbar ist, ob sie Verdickungs- schichten zeigt, bei Viscum, oder nicht und auf die Reaction derselben gegen Jod , sowie gegen Chlorzink - Jodlösung , ganz besonders aber auf deren Inhalt zu achten. Man hat dann vornämlich darauf zu sehen, ob ein Zellkern vorhanden, und ob derselbe central oder wand- ständig ist, ob er eine Anlage zur Theilung zeigt, oder wohl gar schon in der Theilung begriffen ist; man hat ferner auf die Zahl seiner

METHODE DER UNTERSUCHUNG.

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Kernkörperchen; auf die Verlheilung des meistens körnigen Schleims im Umkreis der Zellwandung (von Mohl’s Protoplasma) und dessen

Verhalten zu den Cytoblasten zu sehen. Man hat endlich darauf zu achten, ob diese ersten Mutterzellen wiederum zu Mutterzellen für andere werden, oder ob sich in ihnen sogleich die Sporen oder Pollenkörner ent- wickeln; bei Anthoceros*) ist letzteres der Fall, in der Anlhere von Meriolix bildet da- gegen die Mutterzelle erst mehrere Genera- tionen anderer Mutterzellen, ehe sich in der letzten Generation die 4 Pollenkörner ent- wickeln. Die Zahl dieser Mutterzellen -Generationen wird, da es hier an sicheren Anhaltspunkten für die Enlwickelungsslufen fehlt, oftmals kaum mit Gewifsheit zu bestimmen sein (Fig. 49).

Der oft sehr körnige Inhalt der Multerzellen und der Tochler- zellen in ihnen erschwert in einzelnen Fällen die Beobachtung; da man hier aber nicht mit einer, sondern mit einer grofsen Menge von Zellen operirt, so mufs man aus ihnen die günstigsten wählen; ver- dünnte Kalilüsung bessert hier bisweilen einiges. Man mufs die Unter- suchung bis zur völligen Ausbildung des Sporen oder des Pollens fort- fiihren; die Anwendung von Jod und Chlorzink- Jodlösung ist dabei für die chemische Beschaffenheit der Zellen und ihres Inhalts wichtig. Ein Maceriren der ganzen Anthere oder der Sporenfrucht nach der Schulz’schen Methode und ein nachheriges Behandeln derselben mit Chlorzink- Jodlösung möchte auch vielleicht nicht unvortheilhaft sein. Für die Behandlung der fertigen Sporen sowie des Pollens verweise ich auf das bei der fertigen Blüthe Gesagte.

Bei Viscum läfst sich die Bildung der einzelnen Häute des jungen Pollenkornes besonders schön verfolgen. Es zeigt sich nämlich bald nachdem die Theilung des Inhaltes der Mutterzelle in 4 gleiche Por- tionen, deren jede ihren Zellkern besitzt, erfolgt ist, eine deutliche

Fig. 49. Mutterzellcn des Sporen von Blasia pusiUa. a vor der Theilung des Zelleninhaltes, h im Beginn der Theilung, c und d weiter vorgesehrittene Zu- stände der Theilung; die erweichte jMemhran der Mutterzelle hat sich unter blauer Färbung in Chlorzmk- Jodlösung aufgelöst (400mal vergröfsert).

Fig. 49.

*) Botanische Zeitung 1850. pag. 457.

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162

JiETllODIC DER UNTERSUCHUNG.

feste Scheidewand, welche die MuUerzelle jetzt in 4 Fächer theilt; diese Scheidewand, welche als das erste Produkt des getheilten Inhalts der Mutterzelle betrachtet werden inufs, entspricht den Speciahnutter- zellen nach Nägeli. Bei Althaea rosea’) macht es sich ebenso, und dort erkennt man deutlich, dafs eine jede der quer durch die Mutter- zelle gehenden Scheidewände aus 2 Platten besteht, wonach sich die sogenannnte Specialmutterzelle als die erste häutig ausgeschiedene Schicht der jungen Pollenzelle ergiebt. Bald zeigt sich hei Viscum ums junge Pollenkorn eine zweite und darauf eine dritte Schicht. Diese beiden Schichten, welche anfänglich in ihrem chemischen Verhalten einander gleich sind, zeigen drei verdünnte Stellen. Die obere Schicht, welche anfangs gleich der unter ihr liegenden glatt ist, bildet bald darauf nach aufsen hin kleine warzenförmige Erhebungen, wobei jedoch die verdünnten Stellen frei bleiben; diese Erhebungen wachsen und mit ihnen nimmt die ganze Schicht an Dicke zu; sie wird zur Cuticula, welche sich von nun ab auch als solche durch ihr chemisches Ver- halten zu erkennen giebt. Die unter ihr liegende Schicht, welche sich gleichfalls verdickt, bildet die Pollenzelle. Vergleicht man im Frühling darauf ein reifes Pollenkorn der Mistel mit dem jungen Pollenkorn des vorigen Sommers, so sieht man, dafs die Cuticula noch bedeutend an Dicke zugenommen hat, ohne dafs sich ihre warzenförmigen Erhe- bungen vergröfsert haben; es bleibt mir deshalb fraglich, ob die Dickenzunahme der Cuticula hier durch eine Secretion von Cuticular- stoff durch die Membran der Pollenzelle vermehrt ward, oder ob die Pollenzelle selbst sich durch Schichtenbildung verdickt hat, und ihre älteren Schichten zu Cuticularschichten geworden sind, was ich sogar für wahrscheinlicher halte; in diesem Falle würde man bei der Cuticula des Pollenkornes, wie bei den Oberhautzellen, eine wahre Cuticula und Cuticularschichten zu unterscheiden haben. Die Membran der Mutter- zellen und die Specialmutterzellen verschwinden.

Die Entwickelung der Brutknospen, sie mögen sich nun in eigenen Organen oder an bestimmten oder unbestimmten Stellen der Pflanze entwickeln, hat man jederzeit von der ersten Zelle ab zu verfolgen. Die Untersuchung der Brutknospen von Blasia liefert viel Interessantes; dort sind dünne Längsschnitte durch den Brutknospen -Apparat noth-

*) Meine Pilanzenzelle, Taf. VI, Fig. 17, 18. Pringsheim über Zellenbildung, Taf. IV, Flg. 4—12.

METHODE DER HNTERSTH TirNC.

163

wendig. Bei der sterilen Form von Jnngerinannia anoinala entwickeln sich im Winter und Frühjahr aus der Unterseite der jüngsten Blätter ähnliche Brutknospen; hier sind ganz dünne Längsschnitte durch die l\Iitte des Stengels erforderlich. Für die Brutknospen der Kryptogamen wäre deren weitere Ausbildung zur Pflanze, verbunden mit einer Kei- mungsgeschichte aus der Spore derselben Pflanzenart, als vergleichende Untersuchung von hoher Bedeutung.

Für die Untersuchung der geschlossenen Gewebe, die wegen der Kleinheit der Zellen und der Menge des kürnigen Inhalts in der Regel grofse Schwierigkeiten darbietet, ist die Spitze der Achse, d. h. des Stammes sowohl als auch der Wurzel, und die Basis der jungen Blät- ter, nur selten brauchbar. Die Entwickelung der Lebermoos- und der Sphagnumblätter ist dagegen für die Zellenbildung durch Theilung sehr günstig*).

Für die Zellenbildung überhaupt ist der Embryosack und die erste Bildung des Zellengewebes in ihm sehr zu empfehlen. Die ersten Zellen im Embryosack der Nadelhölzer, der Onagrarieen u. s. w. , entstehen um freie Cytoblasten, sie werden darauf zu Mutterzellen, welche durch Theilung ihres Zelleninhaltes Tochterzellen bilden. Durch den Embryo- sack kann man dennoch sowohl die freie Zellenbildung als auch die Zellenbildung durch Theilung kennen lernen. Im Embryosack von Viscum (Taf. III, Fig. 5 und 6), von Pedicularis, Lathraea (Taf. III, Fig. 17), Monotropa, und wabrscheinlich noch bei vielen anderen Pflan- zen, erfolgt auch die Bildung der ersten Zellen durch Theilung. Beide Typen der Zellenbildung kommen demnach auch hier vor, und nicht die freie Zellenbildung allein, wie ich es bisher angenommen habe. Die ersten Zellen im Pollenschlauch scheinen sogar immer durch Thei- lung des Inhaltes nach vorangegangener Bildung eines Cytoblasten zu erfolgen (Taf. III, Fig. 6, 14, 20 u. 24).

Um den Vorgang der Zellenbildung durch Theilung wirklich zu studiren, sind jedenfalls die niederen Algen, z. B. Chladophora, Con- ferva, Oedogonium u. s. w. , am geeignetsten; an selbigen hat Prings- heim ganz neuerlich wichtige Beobachtungen gemacht**).

*) Man vergleiche mebe Pflanzenzelle, pag. G6. Taf. IV, Fig. 8 10 und Taf. V, Fig. 37.

**) Nach Pringsheim giebt es keinen Primordialschlauch als besondere 3Icm- bran ; dasjenige, was man bisher so nannte, ist nach ihm die äufsere hautartig ge- wordene Schicht des Protoplasma, welche erllautschicht desselben nennt und

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164

METHODE DER UNTERSUCHUNG.

Ich glaube es giebt nur eine Art der Zellenbildung, ein Ent- stehen von Tochterzellen in Mutterzellen. Ich glaube es giebt keine Zelle nbildung ohne Cytobl asten. Der Cyto- blast entsteht entweder neu oder durch Theihing eines älteren Cyto- blasten; gewöhnlich zerfällt der letztere in zwei Theile; bei der Spo- renbildung von Anthoceros theilt sich der so entstandene Cytoblast noch einmal in derselben Weise. Welchen Einflufs der Cytoblast auf das Entstehen der jungen Zelle hat, zeigt sich gerade bei Anthoceros sehr deutlich“); eine Masse von Schleimfäden verläuft vom Umkreis der Mutterzelle zu den Cytoblasten, endlich theilt sich diese Schleim- umkleidung der Mutterzelle in vier Theile, in vier ringsum geschlos- sene Schleimzellen, deren jede ihre Cytoblasten besitzt; dann erst ent- wickelt sich (über die oder aus der zuerst enstandenen stickstolflialtigen Schicht?) das stickstofffreie Zellstoffhäutchen. Im Embryosack der Pha- nerogamen entsteht bei der freien Zellenbildung ebenfalls zuerst der Cytoblast, ihn umgiebt eine mehr oder weniger mächtige Schleimzone, aus dieser scheint sich die stickstoffhaltige erste Umhüllung (der so- genannte Primordialschlauch) zu bilden, über selbige zeigt sich dann etwas später die Zellstoffzelle. Im Embryosack beginnt die Zellenbil- dung immer im Umkreis der Membran desselben; es scheint demnach als wenn auch hier durch Anhäufung des Protoplasma die erste Ver- anlassung zur Zellenbildung gegeben würde. Ich mufs zwei Modifica- tionen der übrigens gleichen Zellenbilduug annehmen; indem sich das eine Mal der gesammte Inhalt der Mutterzelle in so viel Theile theilt als Tochterzellen entstehen, das andere Mal aber eine directe Theilung des Zellinhaltes nicht erfolgt; in beiden Fällen bildet sich die Zell- stoffhülle erst später als der sogenannte Primordialschlauch. Die Schwärmsporen der Algen (Chlamidococcus) haben anfänglich keine Zellstoffhülle.

welche allmälig entweder zur primären Zellstoffwand einer neuen Zelle, oder zur Verdickungsschicht einer bereits vorhandenen Zelle wird. Während nun die Haut- schicht des Protoplasma zur Zellenmembran wird, bildet sich, nach Pringsheim, aus dem körnig -flüssigen Theil des Protoplasma, welchen er Körnerschicht desselben nennt, eine neue Hautschicht u. s. w. Die ZeUenbildung durch Thei- lung erfolgt nach ihm durch Abschnürung der Hautschicht vom Rande her. Für das Nähere mufs ich auf das Werk selbst verweisen. (N. Pringsheim, Bau- und Bildung der Pflanzenzellen, Berlin bei Hirschwald. 1854).

*) Botanische Zeitung (18.50. Taf. YI, Fig. 8—22).

METHODE DER DNTERSUCHDNG.

165

Bei der Theilung des Inhalts der Miitterzelle in eine bestimmte Zahl von Portionen wird in den meisten Fällen die Zellstoffhülle der Mutterzelle resorbirt. Die Zellstoffhülle der Mutterzelle erscheint oftmals schon während der Theilung ihres Inhaltes gallertartig erweicht, so bei der Pollenbildung von Viscum und Althaea ; später ist sie gänzlich verschwunden. Die Tochterzellen bilden jetzt ihrerseits Zellstoffschich- len; die erste Zellstoffhülle, welche um die Tochterzelle entsteht, wird häufig, so bei vielen Pollenkörnern, später mit der Membran der Mutter- zelle aufgelöst; diese zuerst entstandene Zellstoffhülle ist in solchem Falle Nägeli’s Specialmutterzelle. Bei Ulolhrix zonata und bei einigen anderen Algen wird die Wand der Mutterzelle nicht resorbirt’).

*) Man vergleiche meine Pflanzenzelle, p. 153. Taf. III, Fig. 11 15.

VI.

Einige Beispiele für die Entwickelungsgeschichte

der Blüthe.

Um eine langweilige Erklärung jedes einzelnen Theiles der Figuren zu ersparen und um dieselben auf den ersten Blick verständlicher zu machen, habe ich die einzelnen d heile mit den ersten Buchstaben ihrer lateinischen Benennungen bezeichnet; dieselben sind folgende:

anth. Antliera.

bract. Braclea.

fdam. Filamentum.

gemni. Gemmula.

germ. Germen.

iTi. poll. Massa pollinis.

pet. Petaluin.

sep. Sepalum.

spernioph. Spermophorum.

sligm. Stigma.

styl. Stylus.

Für die regelmäfsige Blüthe, d. h. für die Blüthe, deren Blatt- kreise aus einer gleichen Anzahl Blätter gebildet werden, habe ich Asclepias gewählt, da sowohl der Bau des Filamentes und der An- there als auch des Fruchtknotens in ihrer weiteren Ausbildung eigen- thümliche Abweichungen vom gewöhnlichen Entwickelungsgange zeigen.

Für die unrcgelmäfsige Blüthe wähle ich jetzt eine Grasart (Agro- pyrum giganteum), weil hier sowohl der erste als auch der zweite Blattkreis nicht vollzählig sind ; die in der ersten Auflage dieser Schrift besprochenen Beispiele von Stachys, Salvia und Cleome sind schon oben im Text berührt worden.

BEISPIELE FÜR DIE EXTWICKELÜNGSGESCHICHTE.

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Asclepias syriaca.

(Taf. V. Fig. 1—23).

Die erste Anlage zur Blüthe erscheint als rundes, zelliges Wärz- chen in der Achsel eines jungen Deckblattes ; ein wenig später zeigen sich auf diesem Wärzchen fünf kleine in einen Kreis gestellte Erhe- bungen, die fünf Kelchblätter (Fig. 5). Ein Längsdurchschnitt zeigt in diesem Stadio die Achsenspitze als wenig gewölbte, von den Kelch- blättern umgebene Fläche (Fig. 4). Etwas später erscheinen die fünf Blumenblätter als fünf mit den Kelchblättern, die inzwischen gröfser geworden sind, alternirende Erhebungen. Bald darauf zeigt sich ein dritter, aus 5 Wärzchen bestehender Blattkreis (die Antheren), selbige allerniren mit den Blumenblättern (Fig. 6). Bis dahin erhielt sich die Achsenspitze als gewölbte Fläche, jetzt aber erheben sich aus ihr zwei kleine Wärzchen, die ersten Anlagen des Fruchtknotens (Fig. 6). Sämmtliche Blüthentheile sind nunmehr angelegt, sie entwickeln sich mit einander weiter; für den Kelch und die Blumenblätter ist ferner nichts besonderes zu bemerken, die fünf Staubblätter und die beiden Pistille fesseln von nun an allein unsere Aufmerksamkeit. Die Antheren, als rundliche Wärzchen entstanden, erscheinen bald auf dem Querschnitt länglich (Fig. 8), sie sind, wie der Längsschnitt (Fig. 7) zeigt, etwas höher als die Blumenblätter eingefügt; noch etwas später zeigt sich auf dem Querschnitt sowohl das Gefäfsbündel des Comentivs (Fig. 10 a) als auch die Anlage zu den beiden Antherenfächern (Fig. 10 h.I).). Die Längsschnitte Fig. 9 u. 11 zeigen ebenfalls das Entstehen der Antheren- fächer (5); die Spitze der Antheren (^) breitet sich schon auf beiden Figuren flächenartig über den Narbenkörper aus, das Filament der Anthere ist noch einfach, ohne irgend ein Anhängsel.

Kehren wir jetzt zu den Pistillen, die wir auf Fig. 6 als zwei kleine warzenförmige Erhebungen, von den Antheren umgeben, ver- liefsen, zurück. Schon auf Fig. 8 sehen wir dieselben als zwei halb- mondförmige mit ihren Rändern gegen einander gewendete Organe. (Fig. 7 zeigt dieselben auf dem Längsschnitt). Mit der weiteren Ent- wickelung vermehrt sich die Krümmung jeder Fruchtknotenanlage, die beiden Ränder nähern sich an der Basis mehr und mehr einander und schlagen sich zuletzt vollständig nach Innen, die höheren Theile des Pistills krümmen sich dagegen nicht in demselben Mafse, ja die Narbe krümmt sich gar nicht, der Staubweg mündet deshalb nicht, wie bei

168

BEISPIELE

anderen Pflanzen auf, sondern unterhalb der Narbe. Die Längs- schnitte Fig. 9 u. 11 zeigen bei a die Stelle, wo der Staubweg endet, später bildet sich dort ein leitendes Gewebe, aus langen Papillen be- stehend (Fig. 14 a). Auf Fig. 9 u. 11 ist der Narbenkörper der beiden Pistille noch nicht verwachsen; ein wenig später (auf Fig. 13) ist schon die Verwachsung erfolgt. Querschnitte durch den Fruchtknoten aus dieser Periode in verschiedenen Höhen, die auf Fig. 13 mit a', V , c' und d' bezeichnet sind, zeigen auf Fig. 12 das über die Ent- wickelung jeder einzelnen Fruchtknotenanlage vorhin Gesagte; d' ist

«

der unterste Theil der beiden jugendliehen Pistille, rf: ist eins der Ge- fäfsbündel des Bliilhenbodens , -t- dagegen, das auf c' V u. a' wieder- kehrt, ist das Gefäfsbündel des Pistilles selbst; auf d' der Fig. 12 schlagen sich die beiden Ränder eines jeden Pistills vollständig nach Innen, sie bilden später die Samenträger (Fig. 16); bei c' der Fig. 12 ist diese Krümmung noch vorhanden, durch sie entsteht der Staub- wegkanal (^); auf V der Fig. 12 zeigt sich die Mündung dieses Ka- nals unterhalb des Narbenkörpers, und auf d der Fig. 12 die letzte Spur desselben (x) in den beiden bereits verwachsenen Narbenkörpern.

L^m die Zeit, wo beide Narbenkörper mit einander verwachsen, entsteht unterhalb der bereits ziemlich entwickelten Anlhere eine kleine Erhöhung, in deren Achsel sich ein Wärzchen erhebt (Fig. 13 a u. 5). Das Gefäfsbündel der Anthere macht jetzt an dieser Stelle eine eigen- thUmliche Krümmung, die mit der weiteren Entwickelung dieser An- hängsel bedeutend zunimmt, h wird zur tutenförmigen Ausbreitung des Filaments, a zum Horn, das sich aus ihr erhebt Fig. 1 u. 2 au. 5).

Wir sind jetzt bis zur völligen Ausbildung der Blüthe gekom- men. Kelch und Blumenblätter sind nicht verwachsen, beide schla- gen sich zur Zeit der Blüthe nach abwärts (Fig. 2 u. 3) ; die Filamente der Antheren sind dagegen im unteren Theil mit einander zu einem fleischigen Ring vereinigt; aufser den beiden erwähnten Anhängseln, (a u. h der Fig. 2) tritt an jeder Seite der Anthere noch eine flügel- förmige Ausbreitung des Filaments hervor, je zwei solcher Flügel, verschiedenen Filamenten angehörend, legen sich dicht neben einander (Fig. 1 u. 2 c), während eine dünne hautartige Ausbreitung (e) von der Spitze der Anthere ausgehend, den Narbenkörper bedeckt (Fig. 1. 2. 9. 11. 13). Die Anthere ist von Anfang an zweifächerig (Fig. 10 und 23); in ihren beiden Fächern entwickeln sich keine vereinzelt lie- genden Pollenkörner, wie bei den meisten anderen Pflanzen, sondern

FÜR DIE ENTWICKELUNGSGESCHICIITE.

169

eine zusammenhängende, von einer lederartigen Haut umhüllte Pollen- masse. Die Entwickelung der Zellen dieser Pollenmasse konnte ich, des körnigen Inhalts wegen, nicht genau verfolgen; die Matterzellen, deren erste ürmutterzelle , im Begriff zwei neue Zellen zu bilden, auf Fig. 20 aus einem Querschnitt durch eine ganz junge Anthere dar- gestellt ist, liegen später in Reihen (Fig. 9 u. 11). Ein dünner Quer- schnitt durch die ausgebildete Pollenmasse zeigt auf Fig. 24 die Pollen- zellen und die lederartige, sie umhüllende Haut. Ich halte die letz- tere für ein Secret; mit concentrirter Schwefelsäure färbt sich dieselbe hurgunderroth, die hie und da zwischen den Pollenzellen ergossene Substanz färbt sich in gleicher Weise.

Der Narbenkörper ist fünfeckig; an fünf bestimmten Stellen des- selben ist die Oberhaut papillenartig entwickelt (Fig. 14). Diese Stellen, die auf dem Querschnitt eine Rinne bilden (Fig. 15), sondern eine Flüssigkeit aus, die allmälig erhärtet, eine bestimmte Form annimmt und zu der sogenannten Drüse, welche zwei Pollenmassen verbindet, wird (Fig. 15 a; und 22 x). Die absondernde Fläche des Narbenkörpers erstreckt sich in einem schwächeren Grade bis zu der Stelle, wo sich das Antherenfach öffnet; das Secret dieser Fläche bildet den Strang [y), den die sogenannte Drüse (Fig. 22) nach beiden Seiten aussendet und der die Pollenmassen trägt. Die Lage der absondernden Fläche des Narbenkörpers über c (Fig. 1) bedingt das eigenthümliche Verhältnifs, dafs eine jede der sogenannten Drüsen zwei Pollenmassen und zwar aus zwei verschiedenen Antheren vereinigt.

Dafs man es hier mit keiner wirklichen Drüse, sondern mit einem wahren Secret zu ihun habe, zeigt die Entwickelungsgeschichte aufs bestimmteste; auf ganz dünnen Querschnitten durch den Narben- körper verschiedener Stadien findet man das Secret flüssig; halbflüssig und schon nach Aufsen erhärtet, während die Narbenfläche selbst es noch durch neue Ausscheidungen vermehrt. Die scheinbar zcllige Structur der fertigen Masse wird durch den Abdruck der secernirenden Zellen hervorgerufen ; ein dünner Schnitt durch diese Masse und eine Behandlung desselben mit Aetzkali zeigt die gleichförmige Beschaffen- heit der letzteren. Die sogenannte Drüse der Asclepiadeen ist somit etwas ganz anderes als das Retinaculum der Orchideen, das wirklich aus Zellen mit schleimig klebrigem Inhalt, besteht. Ich überlasse es Andern, die sogenannte Drüse der Asclepiadeen passend zu benennen. Auf Fig. 15 X habe ich dieselbe im zarten Querschnitt und zwar

170

BEISPIELE

in ihrer Lage zur secernirenden Fläche des Narbenkörpers abge- bildet.

Die Asclepiadeen können , wie längst bekannt, nur durch Insekten oder künstlich befruchtet werden; dicht unter dem Narbenkörper liegt die Stelle, wo Pollenschläuche eindringen können (Fig. 14 a), lange Papillen bezeichnen dieselbe; auch das Epitheliura des Filaments der Antheren secernirt an dieser Stelle.

Die beiden Fruchtknoten der fertigen Blüthe bleiben, obschon ihre Narben verwachsen sind , bis zur Basis vollkommen getrennt, die Samenträger eines jeden Fruchtknotens breiten sich auf dem Quer- schnitt nach beiden Seiten aus (Fig. 16), indem sie mehrere Reihen von Samenknospen tragen.

Die Samenknospe hat nur ein Integument, der nur wenig ent- wickelte Knospenkern verschwindet früh, der Embryosack resorbirt ihn; zur Zeit der Blüthe ist derselbe nicht mehr vorhanden (F. 17—19).

Das Pistill wächst, wie aus der mitgetheilten Entwickelungsge- schichte deutlich erhellt, an seiner Spitze, die beiden Narben sind zuletzt gebildet, sie entstanden getrennt und vereinigten sich erst später an ihrer Spitze; fortbildungsfähige Zellen müssen demnach an dieser Spitze liegen (Fig. 11 u. 13). Das Staubblatt wächst dagegen an seiner Basis, was hier ganz besonders schön ersichtlich ist, der Anhängsel z der Anthere ist nämlich schon da, wenn sich die Antherenfächer bil- den (Fig. 9. 11. 13 u. 2); die Anhängsel a\x.l) des Filaments (Fig. 13) entstehen dagegen erst viel später; die sich mit der weiteren Ent- wickelung gedachter Anhängsel vermehrende Krümmung des Gefäfs- bündels deutet ebenfalls auf eine Fortentwickelung des letzteren an dieser Stelle.

Die beiden Narben der getrennten Pistille vereinigen sich hier durch eine wirkliche Verwachsung, während die meisten soge- nannten verwachsenen Theile anderer Blüthen nur durch nicht er- folgte Trennung ihrer Theile verbunden sind.

Agropyrum giganteum.

(Taf. V. Fig. 24—43).

Um eine Entwickelungsgeschichte der Grasblüthe zu erhalten, mufs die Untersuchung mit dem ersten Auftreten der Anlage zur künf- tigen Aehre beginnen. Bei der Wintersaat, Weizen und Roggen, findet man die junge Aehre in einem milden Herbst schon im De-

FÜR DIE ENTWICKELUNGSGESCHICUTE.

171

cember angelegt. Ich benutzte für diese Untersuchung, welche im Sommer 1850 ausgeführt ward, Gräser, welche im botanischen Garten zu Jena im Frühling gesäet waren. Die Untersuchung begann am 22. Mai; sie ward am 29. Juli, um welche Zeit die Pflanzen in voller Blüthe standen, beendigt.

Schält man die ganz jungen Aehren aus den zahlreichen stengel- umfassenden Blättern, welche sie umhüllen, heraus, so erhält man einen winzig kleinen, gelblich gefärbten, weichen Kegel, welcher bei 40facher Vergröfserung sich als Fig. 24 der Taf. V. darstellt. Das Körperchen endigt, wie jede Zweiganlage, mit einem Vegetationske- gel (pü.'*’), unter demselben sind abwechselnd an der einen und an der anderen Seite kleine halbstengelumfassende Wärzchen (br^) ent- standen. Solches Wärzchen, welches sich nicht weiter ausbildet, ist das eigentliche Deckblatt, in dessen Achsel das Aebrchen oder die Spi- cula auftritt. Schon im dritten Deckblatt der rechten Seite unserer Figur finden wir die Anlage eines Aehrchens {sp.), als für sich be- stehenden seitenständigen Vegetationskegel, welcher seinerseits schon anfängt, Blätter zu bdden. Je weiter wir jetzt abwärts gehen, um so entwickelter erscheint die Spicula, deren erstes Blatt (7) in allen tiefer gelegenen Aehrchen deutlich ausgebildet ist.

Die eben besprochene Figur zeigt, dafs die eigentliche Bractea oder das Deckblatt, in dessen Achsel das Aehrchen (die Spicula) auf- treten soll, zwar der Anlage nach vorhanden ist ihr.''), aber dafs sie nicht weiter ausgebildet wird. Jede Spicula liegt bei Agropyrum mit ihrer breiten Seite der Hauptspindel zugewendet. Löst man 8 Tage später eine Spicula von der Ilauptspindel, so erhält man, wenn dies Aehrchen auf der breiten Seite liegt, ein Bild, wie es die Fig. 25 darstellt. Die Blätter des Aehrchens sind halbstengelumfassend, in den Achseln der beiden untersten Blätter (7u. 77) erscheint keine Blüthenknospe, in den Achseln der darauf folgenden Blätter (777^ 7F und V) zeigt sich dagegen bereits die Anlage einer solchen {xM.pv.’). Das Aehrchen selbst endigt mit einem Vegetationskegel (pv.), unter dem neue Blattanlagen entstehen. Jedes Aehrchen unserer Pflanze hat demnach zu unterst 2 sterile Blätter, die sogenannten Glumae, die darauf folgenden Blätter tragen alsdann in ihrer Achsel eine Blüthe; die Terminalknospe oder der Vegetationskegel des Aehr- chens selbst wird nicht zur Blüthe, sie verkümmert. Fig. 26 zeigt dasselbe Aehrchen von der Seite in seiner Lage zur Hauptspin-

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BEISriELK

del (r); die Zahlen der Blätter entsprechen den Zahlen der vorigen Figur.

Jede Blüthe erscheint jetzt in der Achsel ihres Deckblattes zuerst als kleiner Vegetationskegel (Fig. 25 pv.’)) unter ihm zeigt sich als- bald der erste Blattkreis (Fig. 25 x). Nur wenig später erscheinen der zweite und der dritte Blattkreis (Fig. 27 29). Wenn man um diese Zeit eine Blülhenanlage freilegt, so stellt sie sich mit ihrem Deck- blatt {hr.f) von oben gesehen als Fig. 27 dar; nach Entfernung des Deckblattes zeigt sich dieselbe Blüthe von oben als Fig. 28, dagegen auf der Seite liegend als Fig. 29. Der zuerst entstandene Blattkreis {x) ist zu einer dreizüpfeligen, etwas ausgehöhlten Fläche geworden, auf derselben und zwar zwischen je 2 Züpfeln liegen die sehr kleinen runden Wärzchen [y), welche dem zweiten Blattkreis angehören, und deren in der Regel nur zwei deutlich sichtbar sind; an der vom Deck- blatt abgekehrten Seite fehlt das dritte Wärzchen fast in allen Fällen, nur einmal sah ich eine Andeutung desselben (Fig. 32). Diese Wärz- chen habe ich mit y bezeichnet, aus ihnen werden die sogenannten Lodiculae oder Squamulae hypogynae der Grasblüthe. Der dritte Blattkreis, welcher die Antheren (anth) bildet, ist um dieselbe Zeit schon weit mehr entwickelt, als die beiden ihm vorangehenden Kreise; jedes Staubblatt {anth.) entspricht seiner Lage nach einem Züpfel des ersten Blattkreises. Auch die Anlage zum Fruchtknoten {g) ist nunmehr vorhanden, dieselbe erscheint als kleine kreisförmige Wulst, deren Wall sich nach der Seite des Deckblattes etwas mehr erhebt, als nach der entgegengesetzten Seite (Fig. 31 u. 33).

Der unterste Blattkreis erhebt sich darauf einseitig ; die Seite des Deckblattes bleibt frei, während nach der Seite der Spindel des Aehr- chens eine die inneren Blüthentheile halbumfassende Hülle entsteht, welche aus den beiden Züpfeln a u. 5 (Fig. 29. 30. 32. 33 u. 34) und dem zwischen ihnen liegenden Theil des ersten Blattkreises hervorge- gangen ist. Diesen beiden Züpfeln oder diesen beiden Blattanlagen entsprechend, besitzt genannte Hülle auch 2 Gefäfsbündel; da wo ein solches liegt, ist die Hülle seitlich geflügelt (Fig. 36 u. 37); wdr er- kennen in ihr die Palea superior der Autoren, während die Palea in- ferior der Schriftsteller aus dem Deckblatt jeder Blüthe gebildet wird.

Während sich die drei Antheren zu vierfächerigen Staubblättern ausbilden, bleiben die beiden Wärzchen {y) nur klein (Fig. 34 u. 36). Der Fruchtknoten, welcher als ein geschlossener Kreis entstand, er-

Für die entwickeldngsgeschichte.

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bebt sich auch ferner als ein Ganzes, doch treten an seinem schon ursprünglich höheren Rande alsbald 2 kleine Erhebungen auf, welche ihrer Lage nach vor den beiden seitlichen Staubblättern liegen; eine dritte Erhebung nach der Seite des Deckblattes hin fehlt. Aus den beiden soeben besprochenen Erhebungen bilden sich die beiden Nar- ben des Fruchtknotens (Fig. 38). Der Fruchtknoten kann der Ent- wickelungsgeschichte nach sehr wohl als ein Blattgebilde, aus 3 nicht getrennten Blattanlagen entstanden, betrachtet werden. Wie von dem ersten und dem zweiten Blattkreise nur 2 Elemente zur Ausbildung kommen, so entwickeln sich auch hier wiederum nur 2 Blaltanlagen zu wirklichen Narben ; die Stelle der dritten Narbe bleibt leer.

In der Fruchtknotenhöhle entsteht, sobald sich die Anlage der Narben kundgiebt (Fig. 35), eine ursprünglich grundständige Samen- knospe, welche später seitenständig wird (Fig. 39), 2 Integumente entwickelt, und deren Knospenmund zur Blüthezeit nach abwärts ge- richtet erscheint.

Die beiden ersten Blütben jedes Aehrchens haben bei Agropynim giganteum in der Regel keine Antheren, die beiden Schüppchen (Lo- diculae) sind alsdann weniger fleischig, dagegen etwas gröfser und zwar als kleine häutige spitz endigende Blätter entwickelt.

Auch für Lolium perenne gewährt die Entwickelungsgeschichte nahebei dasselbe Resultat. Hier bleibt das Deckblatt der Hauptspindel, aus dessen Achsel die Spicula hervortritt, ebenfalls unentwickelt. Die Fig. 50. beiden ersten untersteh Blätter jeder Spicula sind auch hier steril, d. h. ohne Blüthe, doch ist, weil die Spicula hier nicht, wie bei AgropjTum, mit ihrer breiten, sondern mit ihrer schmalen Seite der Hauptspindel anliegt, das erste, der Hauptspindel zugewendete, Blatt nur der Anlage nach als warzenförmige Erhebung vorhanden (Fig. 50 ir.st.I)', deshalb besitzt Lolium schein- bar für jede Spicula nur ein steriles Deckblatt, demnach nur eine und zwar grannenlose Gluma. Das Deckblatt der Blüthe ist hier mit einer langen

Fig. .50. Längsschnitt durch den unteren Theil einer ganz jungen SpiciJa von Lolium perenne. br.st.I Das erste sterile Deckblatt, br.st.II das zweite sterile Deckblatt, br.f II das zweite Deckblatt, in dessen Achsel eine Blüthe auftritt, r die Spindel der Aehre. (\^ergröfserung 40 mal).

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BEISPIELE

Granne versehen, es entspricht der Palea inferior; aus dem ersten Blaükreis (x) entsteht auch hier eine zweinervige Hülle, die Palea su- perior; die beiden warzenförmigen Erhebungen y des zweiten Blatt- kreises werden auch hier zu den Lodiculis; die 3 Antheren und der oberständige Fruchtknoten mit 2 Narben verhalten sich gleichfalls wie bei der vorigen Grasart.

Es ist demnach sowohl für Agropyrum als auch für Lolium gerecht- fertigt, 4 auf einander folgende, ursprünglich dreigliederige Blattkreise, deren Elemente in den drei ersten Kreisen mit einander wechseln, an- zunehmen. Die 3 Elemente des ersten Blattkreises sind zwar der An- lage nach vorhanden, aber nur 2 derselben bilden sich aus, diese beiden erheben sich ungetrennt als Palea superior; der zweite Blatt- kreis, welcher schon der Anlage nach meistens nicht vollzählig ist, bleibt überhaupt sehr zurück, ihm gehören die beiden Lodiculae; der dritte Blattkreis wird dagegen vollzählig ausgebildet, ihm gehören die 3 Staubblätter, und der vierte Blaükreis endlich, dessen Theile den Theilen des vorhergehenden Kreises vorgestellt sind, bringt, gleich den beiden ersten Blattkreisen, nur 2 seiner Glieder, als 2 Narben, zur

vollständigen Ausbildung. Der Fruchtknoten ent- steht als ein Ganzes und zwar nach dieser Deu- tung aus drei nicht getrennten Fruchtblättern. Ein schematischer Grundrifs (Fig. 51) wird die Stellungsverhältnisse in der besprochenen Gras- blüthe besser als eine weitläufige Beschreibung versinnlichen können.

Wigand hat ganz neuerlich eine Entwickelungs- geschichte der Grasblülhe veröffentlicht'). In Be- zug auf die Deutung der Palea inferior als Deckblatt der Einzelblüthe stimme ich mit ihm überein, aber in Betracht der Palea superior, welche Wigand als Vorblatt der Blüthe ansieht, und der Lodiculae, welche die Nebenblätter dieses Vorblattes darstellen sollen, kann ich ihm nicht Recht geben, denn 1. entspricht die Palea superior, wie die Entwickelungsgeschichte nachweist, nicht einem, sondern zwei

Fig. 51.

br/\

Fig. 51. Schematischer Grundrifs der Grasblülhe. r.sy. die Spindel der Spi- cula , br.f das Deckblatt (jialea inferior), x die Palea superior, y die Lodiculae, st. die Narben, g die Samenknospe.

*) A. Wigand: Botanische Untersuchungen, p. 87 126.

FÜR DIE ENTWICKELUNGSGESCHICHTE.

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Blattorganen, und 2. stehen die Lodiculae ursprünglich höher an der BlUthenachse, als die Palea superior. Wenn Wigand ferner angiebt, dafs die Lodiculae erst lange nach den Staubblättern angelegt werden, so ist dies nicht ganz richtig; sie sind nur anfangs so klein, dafs sie leicht übersehen werden können. Auch weifs jeder, der sich viel mit Blüthenentwickelung beschäftigt hat, dafs in sehr vielen Fällen der Kreis der Staubblätter dem allerdings vor ihm angelegten Blattkreise bedeutend voraneilt. Dieser Fall tritt nun in der Grasblüthe sehr deutlich hervor; sowohl die Palea superior, als auch die Lodiculae sind in den ersten Stadien der Blüthenentwickelung weit hinter den Staubblättern zurück. Für die Deutung des Pistills bin ich ebenfalls nicht mit Wigand einverstanden, derselbe läfst nämlich den Fruchtknoten aus einem einzigen Blattorgan entstehen, obschon ich zugeben mnfs, dafs hier verschiedene Anschauungsweisen zulässig sind. In meinen Bei- trägen zur Anatomie und Physiologie der Gewächse habe ich bereits nachgewiesen, dafs eine grofse Anzahl von Fruchtknoten aus einem Gan- zen entsteht, und dafs auf dem Rande des sich erhebenden Walles die Narben hervortreten; da bei der Grasblüthe nun 2 Narben entstehen, welche in ihrer Stellung den beiden seitlichen Staubblättern entsprechen, so glaube ich mit einigem Recht den Fruchtknoten der Gräser als aus drei nicht getrennten Blattanlagen hervorgegangen betrachten zu dürfen. Die Samenknospe mufs ich dagegen mit Wigand für das letzte Er- zeugnifs des Vegetationskegels der Blüthenaxe erklären.

Dafs nach meiner Deutung der letzte Blattkreis in seinen Theilen nicht mit dem vorhergehenden alternirt, darf nicht befremden, es ist eine sehr gewöhnliche Erscheinung, z. B. bei Monotropa, bei Limo- dorum u. s. w. , wie überhaupt das Alterniren auf einander folgender Blattkreise nichts durchgreifend Gesetzmäfsiges ist; ich darf nur an die Blüthe der Manglesia und an die männliche Blüthe von Ainus erinnern.

yii.

lieber das Zeichnen naturwissenschaftlicher, insbeson- dere mikroskopischer Gegenstände.

Für alle Fächer der Naturwissenschaften ist einige Fertigkeit im Zeich- nen unenthehrlich. Wer das von ihm Beobachtete nicht selbst als Zeichnung wiederzugeben vermag, sondern sich erst fremder Hülfe bedienen mufs, wird überall im Nachtheil sein, weil für naturwissen- schaftliche Zeichnungen immer zweierlei nothwendig ist: a) eine Fer- tigkeit im Zeichnen, h) ein Verständnifs des Gegenstandes. Je gröfser beide sind, um so werthvoller wird die Zeichnung sein; wo eins von beiden fehlt, wdrd auch die Zeichnung häufig mangelhaft, ja wohl gar unbrauchbar ausfallen.

Unter Fertigkeit im Zeichnen verstehe ich nicht allein eine geschickte Handhabung der Bleifeder oder des Pinsels und eine Kennt- nifs und richtige Anwendung der Farben, obschon ich auch diese für sehr wichtig halte, nein, vor allen Dingen eine richtige Auffas- sung der Natur, Die Zeichnung mufs lebendig sein, man mufs aus ihr sogleich ersehen, dafs der Zeichner den Charakter des Gegen- standes erkannte und denselben richtig wiederzugeben verstand. Für eine solche Auffassung ist vor allen Dingen nöthig, dafs man richtig sehen lernt; aber nur in der Natur und durch die Natur kann man sehen lernen,

ln den Unterrichtsanstalten Deutschlands und Frankreichs ist in neuerer Zeit eine auf dem Princip der Auffassung gegründete Methode des Zeichnenunterrichts eingeführt; es wäre wünschensw^erth, dafs selbige überall angenommen und über alle Schulen, die höheren so- wohl als auch die niederen, ausgedehnt w-ürde. Eine Zeichnenmethode, welche des Schülers Anschauungs- und Auffassungsvermögen ausbildet.

DAS ZEICHNEN NATÜRWISSENSCHAFTLICIIER GEGENSTÄNDE 177

wirkt ZU gleicher Zeit auch vortheilhaft auf seinen Verstand ; er lernt, indem er zeichnet, den Werth der Verhältnisse zu einander schätzen, er lernt die so wichtigen Gesetze der Perspective und des Schatten- falles kennen. Aus der Perspective lernt er wiederum die Entfernun- gen bestimmen , aus dem Schattenfall aber die Art der Beleuchtung, deren Einflufs auf das Hervortreten der Formen und die Nüancirung der Farben verstehen. Wer dagegen nur gegebene Bilder nachzeich- net, der wird höchstens genau copiren, aber niemals das Wahre von dem Falschen unterscheiden, niemals durch sein Zeichnen die Natur verstehen lernen.

Wenn ich soeben auf die Wichtigkeit eines rationellen Zeichnen- unterrichts zur Ausbildung eines jeden jungen Mannes hinwies, so glaube ich zu dieser Behauptung vollkommen berechtigt zu sein. Ich habe vorhin gezeigt, wie ein derartiger Zeichnenunterricht das Auge schärft und die durch selbiges erregten Geislesfähigkeiten entvi'^ickelt. In den Handwerkerschulen ist dies längst erkannt, in den Gelehrten- schulen wird dagegen der Zeichnenunterricht mehr als billig vernach- lässigt und doch würde sich später so mancher Mediciner, so mancher, der sich den Naturwissenschaften gewidmet hat, freuen, wenn er ein wenig zeichnen könnte, er würde sich dadurch sein eigenes Studium wesentlich erleichtern und manches ihm interessante Vorkommen sich und der Wissenschaft als Zeichnung erhalten können. Um einen Gegenstand in der Natur sich und Anderen verständlich als Zeich- nung wiederzugeben, braucht man aber noch kein grofser Künstler zu sein, man mufs, wie schon erwähnt, nur richtig sehen, man mufs nur richtig auffassen können. Es würde endlich keinem Theologen, keinem Juristen schaden, wenn er ein wenig zeichnen könnte, der Mediciner und der Naturforscher kann es ohnehin nicht ent- behren. Viele Dinge in der Natur würde man mit mehr Interesse an- sehenj bei Manchem würde vielleicht ein jetzt schlummerndes Talent geweekt, es würde Adelleicht der Eine oder der Andere der Kunst zugeführt. Vielen aber würde eine angenehme Beschäftigung in Mufse- stunden gegeben Averden.

Zum Verständnifs des Gegenstandes gehört eine genaue Be- kanntschaft desselben in allen seinen Theilen und mit der Bedeutung dieser Theile zum Ganzen. Das Verständnifs eines Gegenstandes ist somit von der richtigen Auffassung desselben durchaus A^erschieden ; die letztere erfafst zunächst das Charakteristische, sie glebl einen

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Totalei ml ruck, beldimiiiert sich dagegen nicht um Einzelnheiten; für (las Verständnifs sind aber auch die letzteren nothwendig. Die Ha- bitiiszeichnung eines Thieres oder einer Pflanze wird in der Regel von einem wirklichen Künstler ungleich besser als von einem Manne der Wissenschaft dargestellt werden. Der- erstere begnügt sich, wie es hier durchaus richtig ist, mit dem Totaleindruck, er vermeidet Alles, was denselben stören könnte, er zeichnet nur das, was er wirklich sieht; der Mann der Wissenschaft bringt dagegen, wenn er nicht gleichzeitig auch Künstler ist, was leider nur sehr selten zusammen- trifft, gar leicht zu viel in seine Zeichnung ; es ist aber auch hier wie überall Gesetz, nur das zu zeichnen, was man wirklich sieht und sowie man es sieht. Für die Habituszeichnung ist der Habitus, d. h. der äufsere Charakter des Ganzen, für die Zergliederungen des Gegen- standes sind dagegen die Einzelheiten besonders liervorzuheben ; dort ist der Totaleindruck des Gegenstandes, hier sind die einzelnen Theile in ihrer Bedeutung zu einander die Hauptsache. Wie nothwendig es deshalb, namentlich für die Zergliederungen eines Thieres oder einer Pflanze ist, dafs der Beobachter selbst zeichnen könne, erhellt schon hieraus zur Genüge.

In den meisten Fällen wird dem Naturforscher eine Zeichnung mit der Bleifeder, oder noch besser mit Tusche oder mit Sepia ge- nügen. Wer zu zeichnen versteht, kann mit wenig Mit- teln viel erreichen, dies beweisen die vortrefflichen Vegetations- ansichten der Palmen in Blume’s Rumphia; in ihnen hat sieh ein Künstler, der die Natur verstand, verewigt. In vielen Fällen wird aber auch eine Kenntnifs der Farben wünschenswerlh sein; für selbige inufs man allerdings etwas Farbensinn mitbringen. Die Nüancen der Farben mufs man in der Natur studiren, die Mischung derselben für diese Nüancen wird man dagegen am besten von einem tüchtigen Meister oder durch langjährige eigene Uebung erlernen. Zu wissen- schaftlichen Zeichnungen sind die Wasserfarben in der Regel aus- reichend, ja meistens nur allein anwendbar; Oelfarben kann man nur für sehr grofse Habituszeichnungen benutzen, die Behandlung der- selben verlangt eine besondere Kenntnifs; die Aquarellfarben sind jedoch, mit wenigen Ausnahmen, auch für diesen Zweck genügend. Die englischen Wasserfarben von Ackermann und die französischen Honigfarben von Paillard möchte ich besonders empfehlen. Die Honig- farben eignen sich ganz vorzüglich für Habituszeichnungen, sie geben

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mehr Körper, die Ackermannsehen Farben sind dagegen, wegen ihrer grofseren Durchsichtigkeit, für mikroskopische Zeichnungen sehr brauch- bar. Ich benutzte früher beiderlei Farben, die französischen Honig- farben verwendete ich für Habituszeichnungen, die englischen Wasser- farben benutzte ich dagegen für mikroskopische Bilder, Jetzt bediene ich mich einzig und allein der Honigfarben; man kann mit ihnen ebenso gut körperlich als auch durchsichtig malen, doch man mufs sie erst kennen und gehörig anwenden lernen,

lieber die Anwendung der Farben läfst sich wenig sagen, man mufs sie förmlich studiren. Nur selten wird man reine Farben benutzen können, man mufs sie deshalb mischen lernen, aber dazu ist es nöthig, dafs man die Eigenthümlichkeit jeder Farbe aufs ge- naueste kenne; dies gilt insbesondere für die Lasurfarben (Carmin, Carminlack, gebrannte Sienna, Gummi Gutt, Saftgrün, Stil de grain, Biester), Will man z. B, das feurige Roth der Granalblüthe darstellen, so legt man mit Gummi -Gutt unter, läfst obige Farbe trocknen und malt mit Carmin über; mischt man dagegen beide Farben mit einander, so erhält man ein ganz anderes, keineswegs brillantes Roth. Für einzelne Nüancen in Violett ist es ebenfalls richtiger, das Blau nicht mit dem Roth zu mischen, sondern beide Farben nach einander an- zuwenden. Für die Mischung des Grüns sollte man niemals Berliner- blau benutzen, da selbiges, zumal wenn es nicht dem Lichte ausgesetzt ist, nachdunkelt, d. h. nach einiger Zeit mehr wie anfänglich hervor- tritt; Indigo und Gummi- Gutt sind dagegen sehr zu empfehlen; für ein glänzendes Grün ist Saftgrün (vert de vessie) und Stil de grain (Brown pink der Ackermannschen Farben) anzuwenden.

Bei Habituszeichnungen ist eine richtige Schattirung wesentlich; ein Untermalen der Schattirungen mit einer unbestimmten Farbe, der sogenannten Neutral -tint, deren man mehrere Nüancen besitzt, ist hier sehr rathsam ; man trägt die Schatten in ihrer vollen Stärke auf und setzt dann späterhin die Farbe über. Durch das Untermalen mit der blauschwarzen Neutral- tint erhält der Gegenstand gewissermafsen einen Luftton. Nur für einzelne Farben wirkt die Neutral -tint nach- theilig; der Schatten eines reinen Gelb wird durch sie etwas schmutzig, hier unterlegt man entweder gar nicht oder nur sehr schwach. Die Ackermannsche Neutral -tint aller Nüancen hat den grofsen Vortheil, dafs sic die nässeste Farbe verträgt, ohne, wenn sie einmal trocken gewesen ist, zu verwachsen; die Neutral -tint der Honigfarben kann

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man, weil sie diese Eigenschaft nicht besitzt, zum Untermalen nicht benutzen; ebensowenig kann man chinesische Tusche, wohl aber Sepia für diesen Zweck anwenden. Die chinesischen Tusche benutzt man dage- gen mit grofsem Vortheil für feine und bestimmte Conturen, für welche weder Neutral -tint noch Sepia geeignet sind, nur hüte man sich vor kräftigen Strichen, weil dieselben hei späterer Anwendung einer nassen Farbe erweichen und die letztere schmutzig machen; die kräftigen Striche müssen deshalb zuletzt ausgeführt werden. Ebenso benutzt man für ganz dunkele Schattirungen zu allerletzt noch in der Regel die Lasurfarben; auch etwas Gummiwasser oder ein geringer Zusatz arabischen Gummis zur Farbe kann hie und da für diesen Zweck von Wirkung sein. Doch hat der Glanz der mit Gummi überzogenen Partien für mich etwas Unangenehmes, auch kann man durch einen sehr tiefen Schatten, zu dessen Erreichung Säpia oder Indigo, in an- deren Fällen Tusche sehr geeignet sind, dasselbe und zwar mit mehr Naturwahrheit erreichen.

Sehöne Zeichnungen verlangen auch ein schönes Papier, das nach der Art der Zeichnung ein anderes sein mufs. Für mikroskopische, mit dem Pinsel auszuführende Zeichnungen ist ein glattes englisches Velinzeichnenpapier zu empfehlen; für eigentliche Farbenzeichnungen eignet sich ein minder glattes, für ganz grofse Habitus- oder Vegeta- tionsbilder ist sogar ein körniges Papier, wie es der Landschafter an- wendet, vorzüglich. So unwichtig diese Sache Manchem erscheinen mag, so wesentlich ist sie zur Erreichung wirklich schöner Zeich- nungen; es ist ein durchaus verkehrter Glaube, dafs man auf jeg- lichem Papier gut zeichnen oder malen könne.

Für brauchbare Bleifedern empfehle ich die Fabriken von Faber sowie von Rehbach. Wer mit der Bleifeder schaltirt, mufs mehrere Sorten besitzen, wer sie nur zur Anlage benutzt, bedarf der harten Sorten nicht. Als Pinsel sind die besten und theuersten wiener oder pariser Pinsel anzurathen ; für ganz feine Umrisse sind die Pinsel aus schwarzem Marderhaar, welche in eine sehr feine Spitze auslaufen müssen, besonders geeignet. Man mufs der Pinsel mindestens sechs bis acht von verschiedener Dicke und Stumpfheit besitzen; für das Verwaschen breiter Schattirungen sind ganz stumpfe abgemalte Pinsel am vorzüglichsten.

In der Regel benutzt man die Zeichnenfeder zu feinen Umrissen ; ich gebe dem Pinsel entschieden den Vorzug. Die Anwen-

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düng des letzteren erfordert freilich mehr Uebiing, wer ihn aber ein- mal zu brauchen versteht, wird mit ihm ungleich mehr als mit der Feder erreichen und ungleich schneller vorwärts kommen. Eine mi- kroskopische Zeichnung mit dem Pinsel ausgeführt, ist überdies viel weicher, es läfst sich durch den Pinsel die relative Stärke und Kraft einer jeden Linie weit besser und getreuer wiedergeben.

Ich halte eine genaue wissenschaftliche Zeichnung für etwas sehr werthvolles und wichtiges, ich mache an dieselbe grofse Ansprüche und wünsche, dafs sie auch von anderen gemacht werden ; ich wünsche vor Allem, dafs man nie vergessen möge, was eine naturwissen- schaftliche Zeichnung sein soll: ein getreues Bild der Natur, aber keine subjective Vorstellung. Aus diesem Grunde verwerfe ich, wie schon erwähnt, alle schematischen Bilder; ich verlange dagegen auch nicht von Jedem und nicht für alle Fälle künstlerisch -schön ausge- fUhrte Bilder, wohl aber getreue und verstandene Zeichnungen,

Für mikroskopische Abbildungen sind in der Regel Umrifszelch- nungen vollkommen genügend; bei der Entwickelungsgeschichte der Blülhenlheile erscheint mir eine weitere Ausführung sogar mehr als überflüssig; bei anderen mikroskopischen Gegenständen sind dagegen vielfach nur die Umrisse der Zellen und deren Inhalt Mächtig. Wer niemals zeichnete, wird, M^enn es ihm wirklich Ernst ist, durch einige Uebung leicht so viel erlernen, dafs er brauchbare mikroskopische Bilder, die ja meistens nur Flächenansichten darstellen, liefern kann; die Camera lucida wird ihn hierbei kräftig unterstützen.

Die Habituszeichnung wird dagegen ungleich schwueriger; für selbige ist auch eine künstlerische Auffassung nothwendig. Man hat hier, aufser den Gröfsen- und Formenverhältnissen auch auf die rechte Stellung des Gegenstandes, auf die eintrelenden, durch die Perspective bedingten Verkürzungen und auf den Fall des Schattens zu achten; man hat deshalb, wenn man einen körperlichen Gegenstand zeichnen will, denselben in das richtige, d. h. zur Erkennung seiner Formen und äufseren Eigenschaften günstigste Verhältnifs in Bezug auf Licht und Stellung zu bringen; man mufs endlich den Gegenstand von einem und demselben Standpunkt aus und bei einer und derselben Beleuch- tung auffassen. Was sich auf diese Weise durch eine Zeichnung nicht erreichen läfst, mufs man durch zwei oder mehrere Zeich- nungen desselben Gegenstandes bei verschiedener Stellung und Beleuch- tung zu gewinnen suchen.

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DAS ZEICHNEN

Unlerm Mikroskop belrachtet man in der Regel nur zarte Schnitte, seltener körperliche Gegenstände, und letztere dann meistens bei schwacher Vergröfserung und bei auffallendem Lichte. Für solche Fälle gilt schon hier dasselbe, was ich soeben für die Habituszeichnung er- wähnt habe; auch hier mufs man die beste Stellung des Gegenstandes zum Licht auswählen, und gleichzeitig auf die Schattirung und die Perspective achten.

Man darf auch hier nicht willkürlich die Annahme der Beleuch- tung ändern. In der Regel nimmt man für körperliche Gegenstände das Licht als von der linken Seite kommend an, die rechte Seite liegt deshalb im Schatten. Wenn nun eine Tafel mehrere Figuren enthält, so mufs der Schatten auf allen Figuren an der rechten Seite liegen, weil man nur auf diese Weise im Stande ist, nach der Zeichnung einen gewölbten Körper von einem hohlen Gegenstände zu unterschei- den. Der Künstler wird gegen eine solche Regel niemals verstofsen, dem Mann der Wissenschaft kann es dagegen wohl Vorkommen, dafs er eine derartige scheinbare Kleinigkeit unbeachtet läfst. Bei stärkeren Vergröfserungen und bei durchfallendem Licht betrachtet man in der Regel nur Flächen; hier wird nur an den Grenzen des Gegenstandes oder an den Grenzen der Zellen ein Schatten bemerkbar sein. Je dünner der Schnitt ist und um so gerader das Licht durch ihn fällt (zumal vom Planspiegel), um so schwächer wird dieser Schatten auf- treten; bei schief durchfallendem Licht werden die Schatten mehr be- merkbar und gerade darauf beruht die grofse Bedeutung dieser Art der Beleuchtung. Wo man im Mikroskop einen solchen Schatten sieht, mufs man ihn auch im Bilde wiedergeben; man mufs sich überhaupt sowohl bei der mikroskopischen als auch bei jeder naturwissenschaft- lichen Zeichnung zum Gesetz machen, alles das zu zeichnen, was man sieht und wie man es sieht, nachdem man es als zum Gegenstand gehörig erkannt hat. Noch wichtiger als dieser Schlag- schatten, der uns die Tiefe der Zellen erkennen läfst und namentlich bei allen Holzzellen deutlich auftritt, ist der Grad der Schärfe, der Breite und der Schwärze der einzelnen Linien in der Zeichnung des Bildes selbst. Indem man genau zeichnet, macht man hier oftmals die wichtigsten Beobachtungen, die man sonst vielleicht übersehen hätte, man wird viel genauer mit den einzelnen Details bekannt, man verlangt viel gelungenere Präparate, man ist überhaupt nicht so leicht befriedigt, als man es vielleicht sonst sein würde; mit den An-

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Sprüchen steigert sich aber auch die Vollendung und der Werth, sowohl der Zeichnung als auch der ganzen Beobachtung.

Wenn man mit der Camera lucida zeichnet, so kommt es, na- mentlich bei starken Vergröfserungen, häufig vor, dafs sich bei Aen- derung der Einstellung das Bild etwas verschiebt, man hat alsdann das Papier, ehe man weiter zeichnet, gleichfalls zu verschieben, so dafs Bild und Zeichnung \sdeder übereinander fallen; dasselbe gilt für den Fall, wo man den Gegenstand, um andere Theile desselben unters Gesichtsfeld zu bringen, weiter rückt. Durch eine geringe Uebung wird man mit solchen kleinen Ilandgrilfen leicht vertraut. Man mufs sich aufserdem gewöhnen, während der Beobachtung beide Augen offen zu halten. Wer viel mit dem Mikroskop beobachtet, sollte nie- mals mit den Augen wechseln; das Auge, mit dem man immer ob- servirt, gewöhnt sich nämlich immer mehr ans Mikroskop, man sieht mit ihm viel schärfer, es wird dagegen, wenn es sonst gesund ist, all- mälig etwas kurzsichtiger. Das Auge, welches man nicht gebraucht, ist für die Zeit, ohne geschlossen zu sein, unthätig.

Bisweilen ist es wünschenswerth, auf einer und derselben Zeich- nung die obere und die untere Seite eines Schnittes zu besitzen; man zeichnet dann zuerst die eine dieser Seiten, legt die Umrisse und wich- tigen Details derselben mit Tusche an, löscht darauf die früheren Blei- federslriche aus und zeichnet nun die andere Seite darüber; die un- tere Seite mufs in diesem Falle so gehalten werden, als ob man in die Tiefe der Zellen sähe. Derartige Zeichnungen, die selten Vorkom- men, erfordern, um natürlich dargestellt zu werden, einige Uebung.

Für die Blüthenanalyse, wie für so manche andere Fälle, ist oftmals neben den Zergliederungen auch eine Ilabituszeichnung wün- schenswerth; bei schöner Ausführung ist dieselbe eine Zierde solcher Tafel. Aber auch hier ist eine Umrifszeichnung, wenn selbige richtig aufgefafst ist, sobald man von der Farbe absieht, vollkommen aus- reichend. Wem eine Körperzeichnung grofse Schwierigkeiten macht, der sollte nicht mit ihr seine Zeit verschwenden, die genauen Zer- gliederungen sind hier jedenfalls das Wichtigere; sie sind zunächst und aufs sorgfältigste zu beachten, für sie kann man nicht zu viel, aber leicht zuwenig thun, Untersuchung und Zeichnung müssen hier gleich genau sein. Die schönste Habituszeichnung hat bei einem Mangel guter Blülhenanalysen nur geringen wissenschaftlichen Werth.

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DAS ZEICHNEN

Bei der Entwickelungsgeschichte der Blüthe oder anderer Pflanzen^ theile ist es oft vorlheilhaft, die Bilder der einzelnen Entwickeliings- zustände nicht sogleich auszufUhren, sondern dieselben nur mit der Bleifeder anzulegen und die Präparate für einige Stunden zu bewahren; man erhält nämlich bei der fortgesetzten Untersuchung häufig bessere Präparate und löscht dann die Umrisse der früheren, nicht so gelun- genen, aus, um sie durch bessere zu ersetzen. Man spart auf diese Weise Zeit und Papier. Bei der Entwickelungsgeschichte der Zelle ist dagegen immer das Bild des ersten Augenblickes aufzufassen und aufs genaueste wiederzugeben, dort treten zu rasche und zu wesent- liche Veränderungen ein, als dafs man irgend mit der genauen Aus- führung der Zeichnung säumen dürfte. Für die Entstehung des Em- bryon der Phanerogamen ist eine möglichst genaue Zeichnung des ganz frischen Präparats von beiden Seiten und ebenfalls eine Zeich- nung desselben Präparats, wenn es unter Chlorcalciumlösung aufbe- wahrt ist, wichtig. Aus einer solchen vergleichenden Zeichnung er- kennt man den Werth dieser Präparate für die Lehre von der Pflanzen- befruchtung, man sieht wie gerade diese Präparate (bei Lathraea, Pedicularis, Viscum, Canna, Pinus, Taxus u. s. w.) sich in der Haupt- sache nicht wesentlich verändern, wie sie demnach ihre volle Be- weiskraft behalten.

Aus einer gröfseren Anzahl von Zeichnungen, die man für sich anfertigte, wird man dann später die geeignetsten Figuren zur Ver- öffentlichung wählen müssen, man wird hierbei, wenn es auf eine allgemeine Verbreitung ankommt, allen überflüssigen Aufwand zu ver- meiden haben; die Genauigkeit der Zeichnung darf aber niemals unter dieser Beschränkung leiden. Für mikroskopische Gegenstände ist mir eine auf Stein radirte Zeichnung oder eine Weise der Darstellung wie sie C. F. Schmidt in Berlin anwendet, sehr angenehm. Wer selbst or- dentlich zeichnen kann, dem wird auch die Führung der Radirnadel wenig Schwierigkeiten machen, der wird nöthigenfalls seine Zeich- nungen selbst auf den Stein übertragen und um so mehr für ihre Richtigkeit einstehen können. Dasselbe gilt für den Holzschnitt, wenn der Beobachter, wie ich es in der letzten Zeit angefangen habe, die Zeichnung selbst auf den Holzstock anfertigt, sodafs der Xylograph die Originalzeichnung direkt in das Holz überträgt. Ein derartiger Holzschnitt ist gleich einer Radirung als Original zu betrachten.

Jede mikroskopische Zeichnung mufs neben oder über sich die

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Vergröfserung bei der sie gezeichnet ward, am zweckmäfsigslen als Bruchzahl (| = natürliche Gröfse, = 100 mal im Durchmesser), fuhren. Wenn man das mikroskopische Bild mit der Camera lucida und zwar in einer gemessenen Entfernung von der letzteren, aufs Papier entwirft, so kann man nicht allein die Vergröfserung ziemlich genau bestimmen, sondern auch das Gröfsenverhältnifs der Theile, die bei derselben Vergröfserung gezeichnet wurden, zu einander schätzen, ja sogar mit dem Zirkel ziemlich genau ermitteln. In manchen Fällen wird es sogar werthvoll sein, dafs jede Figur, M'^elche einen Entwicke- lungszustand darstellt, noch aufserdem mit ihrem Datum versehen ist, für die Entwickelungsgeschichte der Knospe unserer Bäume ist dies z. B. unerläfslich; man kann jedoch, um die Tafel selbst nicht durch Buch- staben und Zahlen zu überladen, die Angabe des Datums auch für die Erklärung der Figuren aufsparen.

Um die Vergröfserung einer jeden Combination seines Mikroskopes genau zu bestimmen, bedient man sich am zweckmäfsigsten eines Glasmikrometers, der unter das Objectiv gelegt wird; man entwirft mit der Camera lucida ein Bild desselben auf einen statt des Papiers untergelegten Mafsstab, oder man zeichnet noch besser die Theilstriche des Mikrometers auf Papier und überträgt sie mit einem Zirkel auf den Mafsstab. Ich habe alle meine Vergröfserungen bei 250 Millim. Abstand, bei welcher Entfernung ich zeichne, gemessen. Wenn hier z. B. j Millimetre des Glasmikrometers (ich besitze Glasmikrometer, wo der Millimetre in 100, in 200 und in 400 Theile gelheilt ist) 25 Millimetres des Mafsstabes deckt, so ist die Vergröfserung 8 mal 25, folglich 200. Durch eine ähnliche sehr leichte Rechnung bestimmt man alle seine Vergröfserungen. Ich habe mir für selbige eine Tabelle angefertigt.

Wer mit Honigfarben malen will, für den sind nach meiner Er- fahrung folgende Farben nothwendig: Carmin oder Carminlack, Ber- linerblau (aus beiden wird das Violett gemischt), Indigo, Gummigutt (beide geben gemischt ein stumpfes Grün), Vert de vessie, Stil de grain (das eine oder das andere mit Gummigutt oder mit Indigo, auch für sich als glänzendes Grün), gebrannte Sienna (kann mit Gummigutt, Carmin und Sepia als Braun gemischt werden), Sepia (giebt mit an- deren Farben gemischt eine tiefe Schattenfarbe, ebenso Indigo), Ultra-

186 DAS ZEICHNEN NATDBWISSENSCIIAFTLICIIER GEGENSTÄNDE.

marin, Vermillon und Blanc d’argent (werden selten gebraucht). Aufser diesen Honigfarben sind noch chinesische Tusche und Neutral* lint nothwendig. Für die festen Honigfarben gebraucht man keine Pa- lette, man malt direct von der Farbe ab und probirt den Ton der- selben, namentlich bei einer Mischung, jederzeit auf einem Stück Papier. Bei den Honigfarben geniefst man den Vortheil, dafs man die Farbe durch einen nassen Pinsel wieder entfernen kann; diese Eigenthüm- lichkeit der Farben macht aber andererseits eine vorsichtige Behandlung bei der Schattirung nothwendig, weil man beim Uebertragen eines neuen Farbentons Gefahr läuft, die unten liegenden Farben wieder w'eg zu waschen; man mufs deshalb für solchen Fall die letzten Farben trockener halten, ln neuester Zeit sind auch nasse Honigfarben, in kleinen Blechkapseln bewahrt, zur Anwendung gekommen; diese eng- lischen Honigfarben sind sehr schön, aber auch sehr theuer. Für die mit Gummi zubereileten Wasserfarben , welche abgerieben werden, ist eine Porzellanpalette nothwendig; die Mischung der Farben ge- sehieht auf der Palette, ihr Gebrauch erfordert weniger Vorsicht. Es werden dieselben, oben angegebenen, Farben angewendet.

VIII.

Ueber die Aufbewahrang mikroskopischer Präparate.

IJie Anfertigung haltbarer mikroskopischer Präparate ist jedenfalls ein wesentliches Mittel zur Förderung der AVissenschaft. Durch solche Präparate können schwierige Fragen oftmals aufs sicherste entschieden werden, indem es durch sie möglich wird ein wichtiges, vielleicht nur selten gelingendes Präparat als Document der späteren Vergleichung zu erhalten. Erst in neuester Zeit ist es gelungen, brauchbare Ver- fahren zur Aufbewahrung solcher Präparate zu entdecken, erst in neuester Zeit haben deshalb derartige Präparate wissenschaft- lichen AA’^crth gewonnen. Die erste Klasse des Königl. Instituts der Niederlande verlangte zuerst in ihrer im Jahre 1847 ausgeschrie- benen Preisfrage, über die Entstehung des Pflanzenembryon , neben dem Manuscript und den Zeichnungen mikroskopische Präpa- rate, welche Beobachtung und Zeichnung controlliren und unterstützen sollten. In dem Programm der ersten Klasse des Königl. Instituts, das mir den Preis zuerkannte, sowie in dem A^orwort meiner Preis- schrift ward meinen Präparaten einiges Lob gespendet. Ich glaube durch selbige, die in Amsterdam geblieben sind, noch mehr aber durch neuere Präparate von Lathraea und Pedieularis, Viscum , Canna, Pinus und Taxus, die sich in meinem eignen Besitz befinden , und welche ich im vergangenen Sommer durch neue, noch vollständigere Suiten ver- mehrt habe, die Entstehung der ersten Zellen des Embryon im Innern des Pollenschlauehs hinreichend beweisen zu können.

Die Aufbewahrung mikroskopischer Präparate kann aber nur dann werthvoll sein, wenn das Präparat selbst ein gelungenes ist; man mufs deshalb erst Präparate darstellen und den Werth derselben beur- theilen können, ehe man an die Aufbewahrung derselben denken kann.

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DIE AUFBEWAHRUNG

Ebenso überflüssig als eine Sammlung schlechter Präparate halte ich eine Sammlung aufbewahrter Dinge, die man täglich ohne grofse Mühe in gleicher Vollkommenheit darstellen kann. Eine Sammlung gelun- gener und nach bestimmten Grundsätzen angefertigter Präparate ist dagegen etwas sehr Werthvolles und Wichtiges; ich will deshalb, ehe ich zur Aufbewahrungsmethode selbst übergehe, die Regeln nach welchen eine solche Sammlung einzurichten ist, näher erörtern.

Das mikroskopische Präparat ist die Grundlage der mikroskopi- schen Beobachtung, nach dem Präparat entwirft man die Zeichnung, aus einer Vergleichung mehrerer Präparate zieht man die Schlüsse; eine Sammlung mikroskopischer Präparate mufs deshalb, wenn sie die Beobachtung und Zeichnung controlllren soll, möglichst vollständig sein, d. h. alles für die Untersuchung Wichtige enthalten. Für die Untersuchung der Hölzer ist z. B. der schönste Querschnitt allein nicht genügend, es müssen noch zwei ebenfalls gelungene Längsschnitte (ein Radial- und ein Tangentialschnitt) aufbewahrt werden. Für die L^n- tersuchung der Blätter ist die Oberhaut der oberen und der unteren Seite, ein dünner Querschnitt und ein Längsschnitt durch das Blatt nothwendig. Für die Untersuchung der Entwickelungsgeschichtc müssen die verschiedenen einander folgenden Stadien aufbewahrt werden; das- selbe gilt für die Entwickelungsgeschichte des Embryon u. s. w.

Als Aufbewahrungsmittel erwähnte ich schon früher verschiedener Flüssigkeiten: a) Chlorcalciumlösung, h) Oelsüfs, c) Copallack, d) Zucker- wasser u. s. w.

Die Chlorcalciumlösung eignet sich für alle Holz- und Blatt- schnitte, sowie für die meisten, selbst für jüngere Pflanzengewebe vortrefflich; die Präparate über Pflanzenbefruchtung werden durch sie gleichfalls nur wenig verändert, dagegen werden die Farbstoffe in den Zellen mehr oder weniger zerstört; die Slärkemehlkörner quellen auf und werden unkenntlich, sie stören aber selten den Gesammteindruck des Präparats. Die Lösung des salzsauren Kalkes bedarf keines luft- dichten Verschlusses; ich bewahre Präparate der verschiedensten Art schon länger als 10 Jahre, ohne dafs sich dieselben nur verändert hätten; die Chlorcalciumlösung ist deshalb überall da zu empfehlen, wo eine etwaige Veränderung des Farbstoffes und des Stärkemehls keinen Nachtheil bringt, man benutzt die Chlorcalciumlösung in dem Pag. 28 angegebenen Mischungsverhältnisse. Die Chlorcalciumlösung ward zuerst von Harting in Uetrecht angewendet.

MIKROSKOPISCHER PRÄPARATE.

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Das Oelsüfs ist für dieselben Gegenstände brauchbar, es be- darf gleichfalls keines luftdichten Verschlusses; Präparate, welche ich seit 4 Jahren in demselben bewahre, haben sich vortrefflich erhalten. Im Oelsüfs bleibt das Stärkemehl unverändert, auch das Chlorophyll hält sich in dieser Flüssigkeit viel besser. Die Schichten der Stärke- mehlkörner verschwinden zwar anfänglich, sie treten jedoch nach 24 Stunden um so schöner hervor. Das Oelsüfs ist deshalb überall, wo es auf die Erhaltung eines derartigen Inhalts ankommt, anzura- then. Es erhellt aufserdem den Gegenstand, und macht somit das Präparat durchsichtiger, was oftmals wünschenswerth ist, bei ganz zarten Gegenständen dagegen für die Erkennung zarter Strukturv^er- hältnisse nachtheilig wird. Nach der Beschaffenheit des Gegenstandes wählt man deshalb zwischen der Chlorcalciiimlösung und dem Oelsüfs. Bei zarten Gegenständen verdünnt man dasselbe vorher mit Wasser, weil es unverdünnt der jungen Zellmembran zu heftig Wasser ent- zieht und ein Zusammenfallen derselben veranlafst ; auch für die Chlor- calciumlösung ist eine solche Vorsicht manchmal anzurathen. Präparate über Pflanzenbefruchtung sollte man niemals in Oelsüfs bewahren, da- gegen eignet sich diese Flüssigkeit Pdr thierische Gegenstände vortrefflich.

Der Copallack und ebenso der Canadabalsam sind für we- niger durchsichtige Gegenstände, namentlich für fossile Hölzer empfeh- lenswerth; feine Holzschnitte werden im Copallack zu durchsichtig, doch ist es, wenn man viele gelungene Schnitte besitzt, oftmals recht gut auch einige derselben, zur Vergleichung mit den Chlorcalcium- und Oelsüfspräparaten, unter Copallack zu bewahren.

Wenn man Zuckerwasser oder eine andere dem Verderben oder der Verdunstung unterworfene Flüssigkeit als Medium für das aufzubewahrende Präparat anwendet, so wird ein luftdichter Verschlufs durchaus nothwendig.

Das Verfahren der Aufbewahrung der Präparate in einer Flüs- sigkeit zwischen zwei Glasplatten hat bereits Schleiden *) in seinen Grundzügen ausführlich besprochen, ich kann mich deshalb kürzer fassen und brauche nur die Hauptsachen hervorzuheben.

Die Glastäfelchen werden von dünnem, höchstens 1 Millimetre dickem, reinem Spiegelglase, das nicht durchaus weifs zu sein braucht, aber frei von Blasen und anhängendem Schleifmaterial, das sich

*) Gnuidzüge. Aull. III. Band. I. pag. 1*25.

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DIE AUFBEWAIIRDNG

als dunkele, meistens rothe Punkte auf der Oberfläche des Glases kund- giebt, sein mufs, in einer bequemen Gröfse angefertigt. Je dünner das Glas, um so angenehmer ist es, weil man alsdann auch stärkere Objectivvergröfserungen anwenden kann (Oberhäusers System 8 ist bei einer Dicke von 1 Millim. nicht mehr zu benutzen). Die Länge der Platte richtet sich nach der Zahl der Präparate, die man auf einer Platte zu bewahren wünscht, und die man durch schmale Papier- streifen von einander trennt. Ich bewahre nie mehr als höchstens vier Präparate auf einer Platte; bei llolzpräparaten nehme ich jetzt, aufser den drei erwähnten Schnitten noch macerirte Holz- und Gefäfszellen auf dieselbe Platte und bestimme für letztere den vierten Raum. Die Länge einer solchen Platte für vier Präparate darf nicht unter 8 Cen- timetres, die von der Länge unabhängige Breite dagegen niemals unter 2 Centimetres betragen, besser ist es die Platte etwas breiter zu wählen. Auf Taf. 11. Fig. 11 habe ich eine solche Glastafel mit vier Präparaten abgebildet.

Nachdem die beiden Glastafeln aufs sorgfältigste gereinigt sind, werden auf die eine Tafel die Papierstreifen (x) mit etwas Gummi- schleim vorsichtig aufgeklebt; für beide Enden wählt man die Streifen zweckmäfsig breiter, als zwischen den Präparaten. Diese Papier- streifen dienen nicht allein zur nachherigen Befestigung beider Platten mit einander, sondern namentlich zur Vermeidung des Druckes der Platten auf die Präparate. Das für die Streifen gewählte Papier darf aus diesem Grunde nicht dünner wie die Präparate sein, weil es sonst seinen Zweck nicht erfüllen würde, es darf aber auch wieder nicht viel dicker sein, weil die Präparate dann nicht festliegen und durch Verschiebung leiden werden. Man mufs deshalb Papiere von verschie- dener Dicke zur Hand haben und die Stärke seiner Präparate gehörig schätzen lernen. In den meisten Fällen, z. B. für Holzschnitte, wird man nur sehr dünnes Postpapier anwenden können, seltener, z. B. für Präparate aus der Entwickelungsgeschichte, wird man sogar bisweilen starkes Zeichnenpapier benutzen müssen. Präparate von sehr ungleicher Dicke kann man nicht wohl auf derselben Glastafel bewahren.

Wenn die Papierstreifen angetrocknet und die Tafel nochmals sauber gereinigt ist, bringt man in die Mitte eines jeden fürs Prä- parat besliramlen Raumes, vermittelst eines dünnen Glasstabes, einen Tropfen der Cblorcalciumlösung oder des Oelsüfses. Sehr zweckmäfsig ist cs die Tafel vorher anzuhauchen, der Tropfen haftet dann besser

JIIKROSKOPISCHER PRÄPARATE.

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am Glase, er breitet sich auseinander und man hat weniger Schwie- rigkeit hei der Uebertragung der Präparate. Die Präparate selbst müssen vorher aufs sorgfältigste liergerichtet sein. Präparate frischer Sachen behandelt man nur selten vorher mit Alkohol, Holzschnitte dagegen müssen immer erst vorher in Alkohol gelegt werden (zur Entfernung des Harzes und der Luft), man darf sie aber nicht sogleich vom Al- kohol in die Chlorcalciumlösung bringen, man mufs sie vielmehr zu- nächst in ein Uhrschälchen mit Wasser übertragen , damit der Alkohol aus ihnen entfernt wird. Nunmehr hebt man jedes einzelne Präparat mit einem äufserst feinen Haarpinsel heraus und bringt es in den für dasselbe bestimmten Tropfen der Chlorcalciumlösung. Hier wird es oftmals zweckmäfsig sein, das ührschälchen auf einen dunkelen Gegenstand (geschwärztes Holz oder Papier) zu setzen, man findet dann seht kleine Präparate um so leichter. Sind die Präparate sämml- lich auf der Platte, so schiebt man letztere unter das einfache Mi- kroskop und bringt sie durch sorgfältiges Auseinanderbreiten mit der Nadel in die richtige Lage; zu gleicher Zeit entfernt man die zufäl- ligen aber unvermeidlichen Staublheilchen, als Fäden oder Haare u.s.w., die während des Herrichtens der Platte sich eingefunden haben.

Durch das Uebertragen der Präparate mit dem Pinsel aus dem Wasser in die Chlorcalciumlösung, ist eine Verdünnung der letzteren unvermeidlich, es ist daher sehr zweckmäfsig und ich unter- lasse es niemals, jetzt vermittelst eines stärkeren, durchaus reinen Pinsels den gröfsten Theil der Flüssigkeit, in der das Präparat Hegt, zu entfernen; bei einiger Hebung gelingt dies ohne eine Berührung oder Verschiebung des Präparates. Die hinweggenommene Flüssigkeit wird darauf durch einen neuen Tropfen Chlorcalciumlösung ersetzt, die Gröfse dieses Tropfens richtet sich nach der Dicke des zu den Streifen verwendeten Papiers; ist der Tropfen zu grofs geworden, so entfernt man einen Theil der Flüssigkeit wie vorhin mit einem Pinsel. Ehe man jetzt die Deckplatte aufklebt, ist es rathsam seine Präparate nochmals unter dem einfachen Mikroskop, oder unter dem Compositum bei schwacher Vergröfserung zu betrachten, um nöthigenfalls das Eine oder Andere noch verbessern zu können. Man bestreicht dann die Papierstreifen der unteren Glasplatte vorsichtig mit etwas Gummi- schleim und legt eben so vorsichtig die obere Platte auf und drückt sie mit den Daumen beider Hände fest auf einander; dieser Druck darf nieht über die Streifen binausgehen, weil er sonst leicht das

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DIE AÜFBEWAHRDNG

eine oder das andere Präparat beschädigen könnte. Späterhin umklebt man die Tafel an beiden Enden mit weifsem Papier, auf dem man seine Bemerkungen über das Präparat notirt; ich pflege darauf auch die Jahreszahl zu verzeichnen.

Die Hauptschwierigkeit bei Herstellung solcher Präparate beruht auf der richtigen Menge der Aufbewahrungsflüssigkeit; ist deren zu wenig vorhanden, so pflegt das Präparat an der einen Seite trocken zu liegen, ist deren zu viel, so zieht sich die Flüssigkeit ins Papier der Zwischen- streifen (Taf. II, Fig. 11c?) und das Präparat kommt ebenfalls aufs Trockne; es verdirbt dadurch keinesweges, da es immer noch mit Chlorcalcium durchdrungen ist, es verliert aber für die Betrachtung und man ist häufig genöthigt die Glasplatten durch Aufweichen in Wasser von einander zu lösen und die Präparate von neuem auf- zulegen. Liegt das Präparat jedoch, wie es sein mufs und wie ich es auf Fig. 11 der Taf. II a u. h abgebildet habe, in der Mitte eines durch- aus isolirten Tropfens, so braucht man für seine Erhaltung keine weitere Sorge zu tragen.

Für die Anwendung des OelsUfses gilt ganz dasselbe Verfahren; es bedarf auch hier keines luftdichten Verschlusses, wie ich früher glaubte. Das Oelsüfs zieht sich nicht so leicht als die Chlorcalcium- lösung in die Papierstreifen, es ist deshalb im Allgemeinen bequemer als die Chlorcaleiumlösung anzuwenden.

Für die Anwendung des Copallacks ist bei übrigens gleicher Behandlung der Glastafeln ein Erwärmen der unteren Tafel mit den Präparaten, die man hier besser aus Alkohol oder Aether in den Copallack überträgt, zweckmäfsig. Durch ein solches Erwärmen wird alle noch im Präparat vorhandene Feuehtigkeit ausgetrieben und zu- gleich der Copallack durch Verdampfen des Terpentinöls verdickt ; man erwärmt zuletzt auch die Deckplatte und verklebt sie mit der andern.

Die Herstellung eines luftdichten Verschlusses durch geschmolzenen Kaoutschouk, deren Schleiden’) gedenkt, mufs ich leider als für die Praxis unbrauchbar erklären; sämmtliche von mir auf diese Weise mit aller Vorsicht dargestellten Präparate sind später verloren gegangen. Der geschmolzene Kaoutschouk scheint für die geringsten Temperatur- veränderungen sehr empfindlich zu sein, er zieht sich unter beiden Platten hin und her, wodurch nicht allein der anPänglich luftdichte

*) Gnmdziige Aufl. III. Bd. I. pag. 127.

MIKROSKOPISCnKR PRÄPARATE.

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Verscblufs aufgehoben, sondern auch das Präparat selbst bin- und hergeschoben oder gar in die Kaoutscboukmasse gebettet wird. Der Nachlheil dieser Methode zeigt sich nicht immer in den ersten Wochen oder Monaten, er bleibt übrigens nur in ganz seltenen Fällen aus. Durch die Aufbewahrung in Oelsüfs erreicht man aufserdem in Bezug auf die Klarheit der Präparate dasselbe als durch Zuckerwasser.

Will' man dagegen, zur Aufbewahrung ganz zarter Gegenstände, z. B. junger Zellen u. s. w., welche durch Oelsüfs verschrumpfen, eine möglichst indifferente Flüssigkeit anwenden, so ist ein luftdichter Verscblufs nothwendig. Denselben erreicht man am besten auf fol- gende in England gebräuchliche Weise. Man wählt eine Objectplatte von der oben besprochenen Form und Gröfse und macht auf derselben drei oder vier Abtheilungen, deren jede für ein Präparat bestimmt ist (Taf. II, Fig. 12). Diese Abtheilungen werden nicht durch Papierstreifen, sondern durch einen rasch trocknenden Oel- oder Spirituslack gebildet, den man mit einem Pinsel so aufträgt, dafs jede Abtheilung ein ge- schlossenes Viereck bildet. Man läfst den Lack vollkommen trocken werden, und trägt, falls die Präparate zu dick sein sollten, über die durch den nunmehr trockenen Lack gebildete viereckige Umgrenzung des zur Aufnahme des Präparates bestimmten Raumes, noch einmal eine zweite Lage desselben Firnisses auf und läfst auch diese wieder trocken werden. Wie vorhin die Dicke der Papierstreifen, so mufs hier die Stärke des aufgetragenen Lackrandes der Dicke des Präpa- rates entsprechen. Ist der Lack vollkommen trocken, so reinigt man nochmals aufs Sorgfältigste den Raum, der das Präparat aufnehmen soll, giebt alsdann mit einem Glasstabe einen Tropfen der Aufbewah- rungsflüssigkeit darauf, und bringt das Präparat in diesen Tropfen, breitet es sorgfältig aus, wie oben angegeben wurde, und bedeckt es, wenn man sich überzeugt hat, dafs die Menge der Flüssigkeit hinreicht, um den Raum zwischen den Lackrand auszufüllen, mit einem zarten quadratischen Deckglase, welches so grofs sein mufs, dafs dessen Rand überall auf dem Lackrahmen ruht. Wenn man zu- viel Flüssigkeit verwendet hat, so tritt dieselbe beim Auflegen über den Rand der Deckplatte, man entfernt dieselbe alsdann sorgfältig mit einem weichen Tuche und läfst darauf die Präparatplatte einige Minuten liegen, damit die Feuchtigkeit am Rande des Deckglases Amllständig verdunsten kann und bestreicht dann erst den Rand des Deckglases mit demselben rasch trocknenden Lack, wodurch die Deckplatte ge-

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DIE AUFBEWAIIRONO

wissermafsen mit dem Lackrand unter ihr ziisammengekittet wird. Um ganz sicher zu gehen, ist es zweckmäfsig, sobald der Lack voll- ständig trocken geworden ist, noch eine zweite Lage mit derselben Vorsicht aufzutragen. Die Methode dieser Aufbewahrung hat, da man sehr dünne Deckgläser verwenden kann, den Vorzug, dafs die so be- wahrten Gegenstände auch mit starken Vergröfserungen betrachtet werden können, während die nach der andern Methode dargestellten Objecte des starken Deckglases halber, nur für schwächere 200 bis 250malige, und bei Anwendung starker Oculare bei etwa öOOmaliger Vergröfserung anwendbar sind. Ich benutze deshalb für manche Fälle das letztere Verfahren auch dann, wenn kein luftdichter Verschlufs nöthig ist und wähle sowohl Chlorcaliumlösung als aueh Oelsüfs als Aufbewahrungsmittel. Da der Lack zum Trocknen kürzere oder län- gere Zeit bedarf, so ist es zweckmäfsig sich Objectplatten mit Lack- rahmen von verschiedener Dicke vorräthig zu halten.

So schön und zweckmäfsig die letztgenannte Art der Aufbewah- rung erscheint, so hat sie doch ihre grofsen Schattenseiten, welche zum Theil auf der Schwierigkeit beruhen, einen geeigneten schnelltrock- nenden und später nicht klebenden, Lack zu erhalten. Ehe man es unternimmt dies Verfahren anzuwenden , sollte man sich deshalb mit der Beschaffenheit des Lackes, den man benutzen will, vollkommen bekannt machen, da man sonst, wie ich leider aus eigener Erfahrung weifs, gar leicht manches schöne Präparat einbüfsen wird.

Ich habe in letzter Zeit das oben beschriebene Verfahren wieder aul^egeben und benutze jetzt statt des Lackrandes einen Papierrahmen. Die Oeffnung in diesem Rahmen kann sowohl rund als auch viereckig sein (Taf. II, Fig. 12); denselben klebe ich mit Gummischleim auf die Glastafel und verfahre sonst wie oben angegeben wurde. Wenn Alles in Ordnung ist, wird der Papierrahmen mit etwas Gummischleim be- strichen und die dünne Deckplatte vorsichtig aufgelegt. Hat man eine Flüssigkeit angewendet, welche einen luftdichten Verschlufs verlangt, so bestreicht man nach Verlauf weniger Stunden den Rand der Deck- platte mit schnelltrocknertdem Spirituslack. Bei diesem Verfahren hat man jedoeh wieder darauf zu achten, dafs der Tropfen der Aufbewah- rungsflüssigkeit weder zu grofs noch zu klein ist, er darf den Papier- rahmen nirgends berühren. In England macht man jetzt den Rahmen, dessen freie Mitte das Präparat aufnehmen soll, aus dünnem Glase und beseitigt hiermit alle Uebelstände. Wenn man den mit Gummi aufge-

MlKROSKOPISCnER PRÄPARATE. 195

klebten Papierrahmen mit Schellacklösung bestreicht, so möchte man vielleicht dieselben Vortheile, welche der Glasrahmen gewährt, er- reichen. Eine Auflösung von Schellack in Alkohol möchte überhaupt, da sie schnell trocknet und sehr fest wird, dem Virnifs vorzuziehen sein.

Für die Aufbewahrung der Präparatplatten ohne luftdichten Ver-

schlufs ist nur darauf zu achten, dafs sie immer auf ihrer Fläche

liegen, weil, wenn sie lange auf ihrer Kante liegen, sich namentlich

die Chlorcalciumlösung leicht aus der Mitte verzieht; der gegenseitige \

Druck mehrerer auf einander liegender Plattenpaare schadet hier nur selten, die Papierstreifen schützen das Präparat. Die Präparate nach der anderen Methode dargestellt sind dagegen etwas sorgfältiger zu verAvahren. Die dünnen Deckgläser werden nämlich viel leichter be- sehädigt, jeder Druck wirkt bei ihnen mehr oder weniger nachtheilig; deshalb ist es sehr zweckinäfsig den freien Raum zwischen den Deck- gläsern durch aufgeklebte Pappslreifen auszufiillen, wodurch beim Auf- einanderlegen der Platten jeder Druck auf das Object selbst vermie- den wird.

Die Präparate beider Arten bewahre ich in flachen Kästen, welche unten und oben mit Sammet ausgefiittert und gepolstert sind, über einander liegend. Man hat vor allem darauf zu sehen, dafs die Präparate immer wagrecht liegen, weil jedes zarte Object, das in einer Flüssigkeit aufbewahrt ist, Gefahr läuft bei einer anderen Stellung der Objectplatte aus seiner Lage verschoben zu werden. Eine zweck- mäfsige Anordnung der Präparatplatten, entweder nach den Pflanzen oder nach den Pflanzentheilen, ist aufserdem für jede gröfsere Samm- lung zu empfehlen*).

*) Sehr schöne Präparate unter luftdichtem Verschlufs werden vom Dr. Osehatz (Stallsclireiherstrafse 33. Berlin) angefertigt und verkauft; auch Bourgogne' in Paris liefert dergleichen. Für hotanische Zwecke hat ebenfalls ganz neuerlich Dr. Specr- schncider in Blankenburg hei Rudolstadt Präparatsammlungen angekündigt. Ferner ist mir von C. Zeifs in Jena die Mittheilung geworden, dafs er eine Sclileifferei zur Herstellung von Quer- und Längsschliffen fossiler Hölzer u. s. w. einge- richtet hat und erbötig ist, aus den ihm zu übersendenden Fossilien, nach be- stimmter Angabe, mikroskopische Scliliffe darzustellen. Bei einem gröfseren Auf- trag dieser Art wird für nicht gar zu kleine Stückchen der Quadratcentimeter (circa 9 par. Quadrallinien) fertiges Präparat mit 3 4 Sgr. berechnet. Bei klei- neren Aufträgen ist der Preis etwas höher. Für sehr schwierig darzustellende Schliffe läfst sich ohnehin kein Preis vorher bestimmen. Die Schliffe verkicseller Hölzer, von Zeifs dargestellt, welche ich gesehen habe, sind vortrefflich.

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Erklärung der Abbildungen.

Mit Ausnahme der Figuren auf den Tafeln I u. U. sind sämmtliche Figuren mit der Camera lucida gezeichnet, lieber jeder vergröfserten Figur ist die Vergröfse- rung als Bruchzahl angegeben.

Tafel I.

Oberhäuser’s grofses Mikroskop neuester Construction (ln nahebei halber Gröfse). a) das Ocular, i) der obere Theil des Rohrs, der sich in den unteren Theil des Rohres c hineinschieben läfst (das verkürzte Rohr ge- währt ein kleineres, aber schärferes Bild); d) die Hülse in der das ganze Rohr auf- und abgeschoben wird (beim Wechsehi der Objective zieht man das Rohr heraus; die grobe Einstellmig wird durch ein Auf- und Niederziehen des Rohrs in dieser Hülse gegeben), e) das Objectivsystem. y) der Objecttisch, derselbe ist mit dem Cylinder i und dem Hohlcylinder A, welcher an dem Arme p die Hülse d trägt, durch Schrauben fest verbunden. Der Objecttisch ist um seine Achse drehbar, mit ihm dreht sich folglich auch das Mikroskoprohr, der Gegen- stand wird somit durch die Drehung des Tisches nicht aus dem Gesichtsfeld verrückt. Durch die Schraube k wird die feine Einstellung gegeben, l ist der Knopf eines Kastens, der wie ein Sclüitten unter den Tisch eingeschoben wird, und in seiner Mitte den Cylinder m trägt, dieser Cylinder sitzt in einer Hülse, er läfst sich auf- und abziehen, der Cylinder selbst hat oben eine kleine runde Oeffnung, in welche die Cylinderblendung n hineingeschoben wird. (WiU man die Blendung wechseln , so wird der Cjdinder ?n abwärts gezogen und der ganze Blendungsapparat aii dem Knopf l seitwärts unter dem Tisch hervorgezogen). Der Spiegel o (an der einen Seite plan, an der anderen concav) ist vermittelst des Knopfes ^ in der Gabel p beweglich, diese Gabel ist wiederum drehbar an dem Arme r befestigt. Der Arm r ist so angebracht, dafs man ihn nach beiden Seiten führen kann (durch diese Einrichtung bringt man den Spiegel aus der Achse des Rohrs und gewinnt schief durchfallendes Licht). Die starke Säule t, welche den Objecttisch trägt , hat von -j- bis zu -1- + einen breiten Einschnitt, in welchem der Arm r des Spiegels vermittelst der zur Feststellung dieses Ar-

ERKLÄRUNG DER ABBILDUNGEN.

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mes bestiimnten Schraube s auf- und abwärts gezogen wird. (Diese Einrich- tung ersetzt die verscliiebbare Sammellinse über dem Planspiegel des Mikroskops von Amid), u ist der schwere hufeisenförmige F ufs des Dliki’oskops. v ist die grofse Sammelhnse, w der Knopf, durch den sie bewegt wird, x die rimde Säule, welche in den Cylinder y eingeschhffen und sowohl ein Auf- und Ab- wärtsziehen der Säule, als auch eine seithche Drehung derselben erlaubt; z end- lich ist der schwere Fufs des Stativs der Sammellinse.

Tafel II.

Fig. 1. Ein kleines Mikroskop vonBe'neche (zu 30 Thlr.) m halber Gröfse. Die Verschiebung des Rohres, das aus zwei in einander verschiebbaren Stücken {b u. c) besteht, wie bei dem grofsen Instrumente von Oberhäuser in der Hülse d. Der hinreichend breite Tisch (f) hängt gleich einer Klappe an der Säide t; die Schraube k bewegt ihn auf- und abwärts, indem sie gegen den Stift x drückt; die Feder y regulirt diese Bewegung. Eine durchbohrte Platte n dient als Blendung im Tische. Der Hohlspiegel o ist an dem Hebel r befestigt und kann durch ihn aufserhalb der Achse des Rohres bewegt werden. u endlich bildet den runden schweren Fufs. Die kleinen Mikroskope von Schiek und von Wappenhans haben ein durchaus ähnliches Stativ.

Fig. 2. Das einfache zum Präpariren bestimmte Mikroskop von Zeifs (j der wahren Gröfse). a Die Doppellinse, b der Arm, welcher sie trägt und welcher durch die eingesclüiffene Stange c sowohl auf- und ab- wärts bewegt, als seitwärts geschoben werden kann (mit diesem Arm giebt man die grobe Einstellung); für die feine Einstellung dient die Schraube d; e ist der feststehende Objecttisch , f die verschiebbare Sammellinse unter demselben, g der Spiegel, h eine Feder, welche die feine Einstellung gleichförmiger macht. i,i sind die beiden Backen des schweren Ilolzldotzes, in dem das Stativ eingesclmoben ist; das letztere kann jedoch ebenfalls auf dem Kasten, welcher das Mkroskop sammt den übrigen Linsen aufnimmt, befestigt werden.

Fig. 3. Der Pag. 24 beschriebene Metalh'ing mit dem der Länge nach ge- spaltenen Kork, als Längsdurchschnitt abgebildet (wahre Gröfse). a Der Metall- ring, b der Kork, c der zu schneidende Gegenstand. Der Kork wird soweit, wie hier abgebildet ist, über den Ring hervorgeschoben.

Fig. 4. Eine Präparirnadel mit ihrem Heft (halbe Gröfse). a die Nadel, b ein aus Messing oder Neusilber bestehender Ring, c das hölzerne Heft; das letztere hat bei a' einen tiefen Einschnitt, in denselben pafst der untere breite und flache Theil der Nadel, den die Figuren 5 u. 6 deutlich zeigen, der Ring b liäh (he Nadel in dem Hefte unbeweghch fest; die beiden anders geformten Na- deln (Fig. 5 u. 6) können in dasselbe Heft geschoben werden.

Fig. 5 u. 6. Zwei aus dem Heft genommene Präparirnadeln; die eine hat eine gekrümmte, die andere eine messerförmig angescldiffene niclit gekrümmte Spitze, a’ ist der untere flache Theil der Nadel, welcher ins Heft geschoben wird. (Halbe Gröfse).

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ERKLÄRUNG DER ABBILDUNGEN.

Fig. 7. Eine ganze Schuppe von der Unterseite des Oberllügels des Weib- chen der llipparchia Janira, bei richtiger Einstellung und gedämpftem Licht; man sicht die Längsstreifen (Oberhäuser’s System 4 und Ocular 3).

Fig. 8. Der untere Theil derselben Schuppe mit schief durchfallendem Licht bei genauer Einstellung; der Raum zwischen den Längsstreifen erscheint ge- wölbt; die Querslreifeu erscheinen als ganz zarte aber scharfe Linien (Oberhäuser’s System 9 und Ocular 3).

Fig. 9. Ein ganz kleiner Theil der vorigen Schuppe hei a mit scliief d ur chfallendem L icii t, hei hellem günstigen Himmel und genauer Einstellung. Längsstreifen sowold als Querstreifen sind mit der Camera lu- cida gezeichnet; aucli der Raum zwischen den Querstreifen scheint sich nach beiden Seiten abzurunden. Die Querslreifen sind auch hier noch durchaus scharf gezeichnet, sie erscheinen nirgends köniig. (Oberhäuser’s System 9 und Ocular 5). Ein älmliches Bild gehen die Systeme 9 u. 11 von Be’neche.

Tafel III.

Pflanzenbefruchtung.

Häufig wiederkehrende Bezeichnungen :

ch. Chalaza, edp. Endosperm. em. Embryon.

ie. Integumentum externum. ii. Integumentum internum. is. Integumentum simplex. nc. Nucleus.

se. Sacculus embryonalis. tp. Tubus pollinis.

Fig. 1 4. Limodorum abortivum (p. 135).

Fig. 1 4. PoDenkörner, welche im Innern des Staubbeutels Schläuche ge- tileben haben. Kein Sclüauch verhält sicli wie der andere ; der eme bleibt schlauch- förmig und macht leichte Ausbuchtungen (Fig. 4: h c d), der andere erweitert sich blasenförmig (Fig. 2) imd Avird dann wieder schlauchförmig oder theUt sich gar (Fig. 3). Die zierlich gefelderte Cuticula (a) wii'd nur in sehr seltenen Fallen abgestreift. (Juni 1854).

Fig. 5 9. Viscum album (p. 145).

Fig. 5. Ein Embryosack, am 28. April 1854 freigelegt, yu.y ZAvei Zellen, an beiden Enden des Embryosacks durch Theilung entstanden.

Fig. 6. Ein befrucliteter Embryosack vom 13. Mai. Es sind zA\’ei Pollen- scldäuche eingetrelen, der eine verkümmert, der andere hat dagegen in seinem Imiern bereits die erste Zelle (.r) zum künftigen Keim gebildet. Die beiden Zellen y u. y an beiden Enden des Embryosacks wie auf der \mrhergehenden Figur. a die Zelle, in welche der PollenscUauch eingedrungen ist.

ERKLÄRUNG DER ABBILDUNGEN.

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Fig. 7. Die Spitze eines Embryosacks von demselben Tage. Der Sclmilt hat die eine Seile der Wand des J-Ril^iyosacks hinweggeschält. Im eiugetrelenen Pollenschlauch ist bereits die erste Zelle (j) des Keimes entstanden.

Fig. 8. Ein Längsschnitt durch die Spitze eines befruchteten Embryosacks vom 3. Juli. Ein langes Stück des Pollenschlauches ist noch aufserhalb des Embryosacks vorhanden. Die Anlage des Keimes {em) besteht schon aus zahl- reichen Zellen; sie wird von einem dichten Gewebe, dem Endosperm {edp.) um- schlossen.

Fig. 9. Längsschnitt aus der jungen Mistelbeere zu derselben Zeit, a Die primäre Rinde, in Aveleher die Gefäfsbündel zu den Narben der bereits abgefal- lenen Perigonblätler d verlaufen; h die Markscheide, c das ]\Iark, in demselben liegen hier zwei befruchtete Embryosäcke (se.); ff die beiden Slülzblätter der jungen Beere, e die Stelle, welche die Narbe vertritt.

Fig. 10 15. Canna (p. 142).

Fig. 10. Ein Längsschnitt aus der Mitte der Samenknospe zur Blüthezeit. q derjenige Theil, welcher später als falsches Perisperm das keimende Embryon ernährt.

Fig. 11. Die Spitze einer niclit befruchteten Samenknospe im Längsschnitt. y in der Spitze des Embryosacks gelegene Zellen.

Fig. 12. Die Spitze eines kürzlich befruchteten Embryosacks, vollständig freipräparirt. Neben dem cingedrungenen Pollenschlauch {tp“) schlingt sich seit- lich ein zweiter Pollenschlauch {tpJ’) um die Membran des Embryosacks, z Ein Schleimklümpchen oder eine in der Resorption begriffene Zelle des Knospenkerns (?).

Fig. 13. Die Spitze einer kürzlich befruchteten Samenknospe vor Enlfernimg des innern Integuments.

Fig. 14. Dasselbe Präparat nach Entfernung desselben. Man sieht, dafs der Pollenschlauch nicht allein aufserhalb der Samenknospe, sondern auch im Innern des Embryosackes bedeutende Krümmungen macht, und so leicht Täuschungen herbeiführen kann. In seiner geschlossenen Spitze sind bei x zwei Zellkerne entstanden. (21. September 1854).

Fig. 15. Die Spitze eines Embryosacks der vollständig freigelegt war. Der vielleicht vor einigen Tagen eingetlrungene Pollenschlauch hat in seinem Innern schon zahlreiche Zellen entwickelt. Aus der Spitze {em) des in ihm entstandenen Zellenkörpers geht später die Keimanlage hervor.

Fig. 16 22. Lathraea squamaria (p. 140).

Fig. 16. Längsschnitt aus einer kürzlich befruchteten Samenknospe, a Die vordere Aussackung des Embryosacks , b die hintere Aussackung ; r das Gefäfs- bündel der Raphe.

Fig. 17. Eine jüngere, soeben befruchtete Samenknospe im Längsschnitt, zwei Pollenschläuche treten ein ; der eine {tp.'^ ) gelangt in die Spitze des Enibryo- sacks um die Zeit , wo sich die vordere und die hintere Aussackung {a u. b) zu entwickeln beginnen. iVn beiden Enden des Embryosacks lag kurz vorher eine grofse Zelle, die vordere bei a gelegene Zelle IhcUt sich in der Regel, bevor

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ERKLÄRUNG DER ABBILDUNGEN.

sie gleich der hinteren unlergeht, indem wahrscheinlich durch ihre Mitwirkung die beiden zellenleeren Aussackungen des Emhryosacks entstehen. Aufser den beiden genannten Zellen, welche verschwinden, zeigen sich in dem Theil des Embryosackes, der später das Endosperm enthält, noch eine Reihe von Zellen, aus denen durch Theilung nach und nach das Endosperm entsteht. Ein beson- deres Epithehum (e), der inneren Seite des einfachen Integumentes angehörig, bekleidet diesen Theil des Embryosackes. (2. Mai 1854).

Fig. 18. Die Spitze eines Embryosackes freigelegt; ein Pollenschlauch ist eingedrungen, aber noch nicht bis zum Endosperm herabgestiegen, dennoch hat sich derselbe bereits nach oben abgeschnürt.

Fig. 19. Die Spitze eines anderen Embryosackes freigelegt; der eingedrun- gene und bis zum Endosperm gelangte Pollenschlauch ragt keulenförmig weit aus dem Embryosack hervor; er ist an seiner Spitze vollständig geschlossen, worüber die Figuren 20 u. 21 Auskimff geben.

Fig. 20 u. 21. Aehnliche Präparate, doch liegt über dem gleichfalls etwas aufserhalb des Embryosacks rundlich abgeschlossenen Pollenschlauch noch ge- Avissermafsen als Kappe ein Stück desjenigen Theiles, welcher sich im Knospen- mund befindet und der, weil er daselbst nicht weiter ernährt wird, absterben und verschwinden mufs.

Fig. 22. Ein ährdiches Präparat, doch so gelegen, dafs man von oben auf die Eintrittsstelle (/) des PoUenschlauchs in den Emhryosack herabsieht. Bei c, wo der Pollenschlauch, wie bei c"*", eine seitliche Ausbuchtung macht, ist sel- biger mit der Membran des Embryosacks verwachsen. Das Endosperm ist bis auf wenige Zellen vollständig entfernt, der Theil des PoUenschlauchs, in welchem sich die Anlage zum Embryon {emb.) gebildet hat, liegt hier voUständig frei. (7. Mai 1854).

Fig. 23 25. Pedicularis silvatica (p. 140).

Fig. 23. Eine kürzlich befruchtete Samenknospe im Längsschnitt. Die Spitze des Embryosacks liegt schnabelförmig im einfachen Integument, von ilir geht die vordere Aussackung a seitlich ab ; die hintere Aussackung (5) bleibt ziemlich unentwickelt. Bevor die vordere Aussackung sich entwickelt, enthält der Embryosack der noch nicht entwickelten Samenknospe, wie bei Lathraea, eine Reihe von Zellen, die oberste und die unterste dieser Zellen werden nicht zu Mutterzellen, sie vergehen wie bei Lathraea, die übrigen ZeUen werden dagegen zu Multerzellen des Endosperms. Eine andere ZeUe als die genannte, welche vergeht, ist weder hei Lathraea noch bei Pedicularis vor dem Eintritt des PoUen- schlauchs in der Spitze des Embryosacks vorhanden. Hofmeister hat sich ge- täuscht, wenn er solche zu sehen geglaubt hat.

Fig. 24. Die Spitze des Emhryosacks mit dem in dieselbe eingedrungenen Pollenschlauch freipräparirt. Im Pollenschlauch ist bereits die erste ZeUe (x) als Anfang der Keimanlage entstanden. Dies Präparat ist von Herrn Th. De ecke angefertigt; ich habe dasselbe den Herren A. Braun, Ehrenberg, MitscherUch, J. Müller, Pringsheim, II. Rose und Andern vorgelegt und gebe hier eine ganz getreue Abbildung, wie es sich gegenwärtig unter Chlorcalciumlösung darsteUt.

ERKLÄRUNG DER ABBILDUNGEN.

201

Fig. 25. Die Spitze des Embryosacks, in welche der Pollenschlauch einge- drungen ist. Man erblickt das Loch , welches man auf Fig. 22 von oben sali, hier von der Seile. (30. Mai 1849).

Tafel lY.

Befruchtung der Nadelhölzer.

Oftmals wiederkelirende Bezeiclmungen: corp. Corpusculum. edp. Endosperm. em. Emhryon. nc. Nucleus.

se. Sacculus emhryonalis.

tp. Tubus poUinis.

Fig. 1 2. Cupressus sempervirens (p. 148).

Fig. 1. Ein Pollenkorn um. die Zeit, wo sich die Pollensäcke der Anthere öffnen, a Die Cuticula, b die eigentliche PoUenzelle; in derselben sind durch Theilung zwei Tochterzellen, c u. d, entstanden.

Fig. 2. Ein Pollenkorn, welches einen Poüenschlauch entwickelt. Die Cu- ticula (a) wird als zweiklappige Hülle abgestreift, die Membran der eigentlichen PoUenzelle (6) ist gallertartig erweicht, sie wird vom PoUenschlauch, welcher aus einer Verlängerung der Tochterzelle d hervorgeht, durchbrochen. (3. April 54).

Fig. 3 14. Taxus baccata (p. 149).

Fig. 3. Partie aus dem zarten Längssclmitt durch den Knospenkern emer bestäubten Samenknospe. Der Pollenschlauch legt sich über die schlauchförmig vorgezogene Spitze (a) des noch zellenleeren Embryosacks. (30. Mai 1854).

Fig. 4. Längsschnitt durch den Knospenkern einer Samenknospe mit zwei Embryosäcken. Drei eingedrungene PoUenschläuche legen sich blasenartig über den imteren Embryosack, welcher bereits Endosperm gebildet hat. (11. Juni 54).

Fig. 5. Ein Embryosack aus derselben Zeit, freigelegt.

Fig. 6. Partie aus einem Längsschnitt durch die Samenknospe. Das« Ge- webe des PoUenkorns ist von dem blasenförmig angeschwoUenen PoUenscldauch entfernt, derselbe ist vom Endosperm, über welchem er gelegen hat, sorgfältig abgehoben; man sieht, dafs er über jedem Corpuscidum eine Ausbuchtung bil- dete, bei c liegt in dieser Ausbuchtung schon die Mutterzelle der nachhcrigen Rosette. Bei x zeigt sich eine bereits fertige, aus 4 Zellen bestehende Rosette im Innern des Pollenschlauchs. In dem kleinsten Corpusculum erbbckt man eine dunkle, körnige Kugel, welche aus einer Vacuole entstanden ist. (18. Juni 54).

Fig. 7. Die Ausbuchtung eines Pollenschlauchs, Avelche über einem Cor- pusculum lag; in derselben ist die Anlage zur Rosette (x) vorhanden.

Fig. 8. Ein gänzbch freigelegter PoUenschlauch mit der über einem Cor- pusculum entstandenen Anlage zur Rosette (x).

Fig. 9. Der untere Theil dieses Pollenschlauches, stärker vergröfsert; jede Zelle der Rosette zeigt einen Zellenkern. (18. Juni 1854).

207.

ERKLÄRUNG DER ABBILDUNGEN.

Fig. 10. Theil eines freipräpariileii Pülleiisclilauclis, der seine Rosette (.r) bereits ins Corpusculum gesenkt halte.

Fig. 11. Theil eines anderen, gleichfalls freipräparirten Pollenschlauches, welcher noch tiefer ins Corpusculum eingedj'ungen war, und dessen Rosette nicht mehr aus einer, sondern schon aus zwei Zellenlageu bestand.

Fig. 12. Ein Corpuscidum, in welches der Pollcnschlauch bereits herabge- sliegen ist, die Rosette liegt am Grunde; der Pollenschlauch ist über der v^er- engerten Wandung des Corpusculums abgerissen.

Fig. 13. Ein Pollenschlauch im Corpusculum. Aus der ursprünglich vier- zeiligen Rosette ist ein nicht ganz regelmäfsig geordneter Zellenkörper geworden.

Fig. 14. Ein Pollenschlauch, bis zu den Embiyonalschläuchen (c) herab frei- gelegt. em. Die Anlage zum Embryon. (23. Juni 1854).

Fig. 15. Thuja orientalis (p. 144).

Ein vielfach verzweigter PoUenschlauch aus dem Gewebe der Kernwarze, vollständig freigelegt, y Ausbuchtungen, welche sich in die Corpuscula senken. Von der Region c ab, wo der Pollenschlauch den Knospenkern verläfst und sich in die Vertiefung des Endosperms, unter welcher die zahlreichen Corpuscula liegen, einbettet, wird derselbe so aufserordenllich zart, dafs seine Umrisse nur sehr schwach gezeichnet erscheinen, es gelang mir deshalb niemals, den ins Cor- pusculum gedrungenen Theil des Pollenschlauches unversehrt aus selbigem heraus- zuziehen. (12. Juli 1854).

Fig. 16 u. 17. Larix europaea (p. 148).

Fig. 16 u. 17. Zwei Pollenkörner zur Zeit wo die Staubbeutel aufspringen, a Die Cuticula, h die Membran der eigentlichen Pollenzelle, in derselben ist durch wiederholte Theilung ein Körper entstanden , dessen Endzeile e zum Pollen- scldauch wird, d ernährt diese Endzeile, während hei Cupressus (Fig. 1 u. 2) gerade diese Zelle (d) zum Pollenschlauch wird. Der Zellenkörper im Innern des PoUenkorns besteht bei Larix aus 4 Zellen, die beiden untersten verlieren bald ihren Zellsaft und erscheinen dann als zwei Spalten in der Membran des Pollen- korns, so auf Fig. 17. (10. April 1854).

Fig. 18 u. 19. Pinus silvestris (p. 148).

Fig. 18. Ein Pollenkorn zur Zeit, wo die männliche Blüthe stäubt, a Die Cuticula, b die bereits aufgelockerte Membran der eigentlichen Pollenzelle, c die imterste Zelle des Körpers, als dessen Endzeile e auftrilt.

Fig. 19. Ein Pollenkorn unter Salpetersäure; die stark aufgequollene Pollen- zelle (h) hat die Cuticula abgestreift, die Tochterzelle e tritt schon als Anfang eines Pollenschlauchs hervor. (2. Juni 1853).

Fig. 20 22. Ephedra major (p. 148).

Fig. 20. Ein Pollenkorn aus der Zeit, wo die Antheren stäuben.

Fig. 21. Ein PoUenkorn aus derselben Zeit, welches im Wasser des Object- trägers seine Cuticula (a) abstreift; e diejenige Tochterzelle, welche zupi Pollen- schlauch wird, d die Zelle, welche ihm die erste Nahrung bietet.

ERKLÄRUNG DER ABBILDUNGEN.

203

Fig. 22. Ein PoUenkom ohne seine Culieula. Der Zelleukörper besieht aus 3 Zellen, die erste, kleinste Zelle (c) zeigt sieh aueh, indem sie ihren Saft ver- liert, bisweilen scheinbar als Spalte. (4. November 1854).

Fig. 23 33. Pinus silvestris (p. 1.53).

Fig. 23. Partie aus eineih Längsschnitt durch die Samenknospe. Der Pollen- schlauch hat sich zwischen die Schlufszellen (y) gedrängt und liegt jetzt unmit- telbar über der Membran des Corpusculums , welche durch ihn etwas nach Innen gedrängt ist. Sowohl im Pollenschlauch als auch im Corpusculum sind zahl- reiche Scheinzellen (Vacuolen) vorhanden. (9. Juni 1854).

Fig. 24. Partie aus einem ähnlichen Längsschnitt. Nur der obere Theil des Corpusculums, in welches, wie auf der vorigen Figur, ein Pollenschlauch ein- dringt, ist gezeichnet.

Fig. 25. Ein ähnliches Präparat; im Pollenschlauch beginnt eine Zellenbildung.

Fig. 26. Ein ähnliches Präparat; am eingedrungenen PoUenschlauch hängt eine kugelige Zelle x.

Fig. 27. Ein darauf folgender Zustand; die kugelige Zelle x der vorigen Figur hat sich getheilt ; aus der oberen Hälfte des Corpusculums sind die Schein- zellen verschwimden.

Fig. 28. Ein etwas jüngerer Zustand; die Zelle x ist in der Theilung be- griffen, sie wird in diesem Falle noch von einer besonderen Stielzelle, welche sich auf Fig. 32 wiederfindet, getragen.

Fig. 29. Partie aus einem Längssclmitt durch die Mitte der Samenknospe. Zwei Corpuscula, deren jedes durch einen besonderen Pollensehlauch befruchtet wurde. Im Corpusculum der rechten Seile hängt der Zellenkörper x, dessen Bildung wir in den vorhergehenden Figuren verfolgt haben, noch am emge- drungenen Pollenschlauch. Die Scheinzellen sind aus der oberen Hälfte des Cor- pusculums versclmuinden. Im Corpiiscidum der linken Seite sieht man dagegen den PoUenschlauch als entleerten Embryoträger (fs) ; aus dem Grunde des Cor- puscidums steigen bereits Embryonalschläuche (c) herab, welche die Anlage zum Embryon (em.) tragen. (21. Juni 1854).

Fig. 30. Das Körperchen x aus der vorigen Figur von oben gesehen, das- selbe liegt jetzt im aufbewahrten Präparat an der mit a bezeichneten Stelle.

Fig. 31. Längsschnitt durch ein Corpusculum. Der eingedrungene Pollen- schlauch als entleerter Embryoträger in der Spitze desselben; ihm gegenüber im Grunde des Corpusculums liegt der ZeUenkörper x der vorigen Figur, dessen Zellen sich bereits in wagerechler Richtung einmal getheilt haben. Die obere

ZeUenlage a theilt sich darauf nicht wieder, o

Fig. 32. Ein etwas späterer Zustand, der eingedrungene PoUenschlauch wieder als entleerter Embryoträger ; die ZeUenlage b der vorigen Figur hat sich hier in wagerechter Richtung gelheilt; die obere Lage 6 (Fig. 32) theilt sich darauf nicht wieder, die Lage c ist dagegen schon in der TheUung begriffen, jede U)rer Zellen enthält schon zwei Zellenkerne , so entstehen die ZeUenlagen au.b der Fig. 29, desgleichen die Embryonalschläuche c und endlich die Zdlcii d, welche das Embryon bUden.

204

ERKLÄRUNG DER ABBILDUNGEN.

Fig. 33. Eine sogenannte untere Rosette, d. Ji. der im Grunde des Cor- pusculums gelegene, aus 4 Zellen bestehende Körper, aus einem Zustande, welcher etwa der Fig. 31 entspricht, von oben gesehen, derselbe erscheint mit dem Zellenkörper x der Figur 29 identisch.

Tafel V.

Die Buchstaben haben fiii’ dieselbe Pflanze immer dieselbe Bedeutung, sie sind deshalb in der Regel nur einmal erklärt.

Entwickelungsgeschichte der Blüthe von Asclepias syriaca. (Vergl. Pag. 166).

Fig. 1. Die entfaltete Blüthe von oben gesehen.

Fig. 2. Eine entfaltete Blüthe der Länge nach halbirt. a, ö, c auf beiden Figuren gleichbedeutend; a, b Anhängsel des Filaments.

Fig. 3. Eine entfaltete Blüthe von der Seite gesehen.

Fig. 4. Ein Längsschnitt und Fig. 5 ein Quersclmitt durch eine ganz junge Blulhenanlage.

Fig. 6 u. 8. Quersclinitte ; auf Fig. 8 sind nur zwei Kelchblätter gezeichnet.

Fig. 7. Ein Längsschnitt, der Fig. 8 entsprechend.

Fig. 10. Ein Querschnitt; die Kelchblätter sind ganz weggelassen, von den Blumenblättern ist nur eins gezeichnet.

Fig. 9 u. 11. sind Längsschnitte; sowohl die Kelch- als die Blumenblätter sind weggelassen.

Fig. 12. a! h’ c' d' sind vier Querschnitte durch die beiden Fruchtknoten einer jungen Blüthe in verschiedenen Höhen; auf Fig. 13 ist die Höhe jedes Schnittes mit denselben Buchstaben bezeichnet.

Fig. 13. Ein Längsschnitt; Kelch- und Blumenblätter sind weggelassen, nur eine Anthere ist gezeichnet; es bilden sich die Anhängsel des Filaments, a u. h.

Fig. 14. Längsschnitt durch den oberen Theil des Pistills , aus einer fast entwickelten Blüthe, a die imter dem Narbenkörper befindliche Stelle, wo die PoUenschläuche in den Staubwegkanal treten, y die absondernde Stelle des Narben- körpers. Nur die eine Hälfte des Präparates ist gezeichnet.

Fig. 15. Ein kleiner Theil eines dünnen Querschnittes durch den Narben- körper einer beinahe entwickelten Blüthe. y das absondernde Epithelium , aus langen dünnen Papillen bestehend, x das erhärtete Secret, die sogenannte Drüse, ebenfalls als dünner Querschnitt, mit den Papillen verklebt.

Fig. 16. Querschnitt aus dem unteren Theü eines Fruchtknotens zur Blüthezeit,

Fig. 17 19. Entwickelungszustände der Samenlcnospe.

Fig. 20. Eine Urmutterzelle aus dem Quersclmitt durch eine ganz junge Anthere, noch von den benachbarten kleinen Zellen umgeben; (zwei Zellkerne und zwischen ihnen eine Linie deuten auf das Entstehen zweier neuen Zellen in der Mutterzelle).

Fig. 21. Zwei Pollenmassen, verschiedenen Antheren angehörend, durch die sogenannte Drüse x und deren strangartige Verlängerungen (beides Secre- tionsproducte) mit einander verbunden.

ERKLÄRUNG DER ABBILDUNGEN.

205

Fig. 22. Querschnitt aus dem oberen Theil einer ausgebildeten Anthere. (Nach der Höbe, in welcher ein solcher Schnitt geführt wird, erhält man bei der wunderbaren Gestalt des Staubfadens sehr verschiedene Ansichten). Die An- there ist von Anfang an zweifächerig, a das Gefäfsbündel des Connectivs, h h die beiden Anlherenfächer.

Fig. 23. Partie von einem dünnen Querschnitt durch die Pollenmasse, a die Aisonderungsschicht, h eine der Pollenzellen.

Fig. 24 40. Entwickelungsgeschichte derBlüthe vonAgropyrum

giganteum (p. 170).

Fig. 24. Eine ganz junge Aehre (Spica) , von sämmtlichen sie umhüllenden Blättern befreit, a u. h die Basis der beiden letzten, mit der Nadel entfernten stengelumfassenden Blätter; hr.'^ das Rudiment eines Deckblattes (der Bractea) an der Hauptspindel, in dessen Achsel eine Knospe auftritt, welche zum Aehrchen (zur Spicula) wird (sp.); pv.'^ der Vegetationskegel der Hauptspindel. In der Spindel selbst sieht man nach beiden Seiten den Verlauf der Gefäfsbündel zu jedem Aehrchen; die letzteren wechseln von Anfang an in ihrer Stellung mit einander, d. h. es steht kein Aehrchen der einen Seite mit einem anderen Aehrchen der anderen Seite auf gleicher Höhe. Die Linie zur rechten Seite der Figur bezeichnet die wahre Gröfse der jungen Aehre. (22. Mai 1850).

Fig. 25. Ein Aehrchen, am 31. Mai von der Spindel einer jungen Aehre abgelöst. Auch hier haben sich nach beiden Seiten des Aehrchens halbstengel- umfassende Blätter (I VIII) gebildet, welche ebenfalls mit einander ab wech- seln. In der Achsel der beiden untersten Blätter (I u. II) ist keine Blüthen- knospe entstanden. In der Achsel der Blätter IV u. V erscheint die Knospe noch als nackter Vegetationskegel {pv), während am Blatte III schon der erste Blattkreis x der Blüthenknospe angelegt ist. Die Linie zur rechten Seite der Figur bezeichnet die wahre Gröfse der Aehre.

Fig. 26. Ein Aehrchen in demselben Zustande, von der schmalen Seite, der Spindel (r) der Aehre anliegend, gesehen. II VIII bezeiclmen die Blätter, denen der vorigen Figur entsprechend.

Fig. 27 29. Eine junge Blüthe am 12. Juni von einem Aehrchen abge- löst. Fig. 27 zeigt die Blüthenanlage von oben gesehen mit der Bractea {br.f). Fig. 28 zeigt dieselbe nach Entfernung dieses Deckblattes und Fig. 29 giebt die- selbe in der Seitenansicht, x der erste Blattkreis als dreizüpfelige , an den Rän- dern etwas aufgebogene Fläche. Die 3 Antheren {anth) als dritter Blattki’eis verdecken die beiden noch sehr kleinen Wärzchen des zischen Urnen liegenden Kreises. Der- Fruchtknoten {germ) erscheint als kleines, in der Mitte etwas ausgehöhltes Wärzchen auf der Spitze der Blüthenanlage.

Fig. 30 u. 31 gehen ähnliche Zustände, die beiden Wärzchen des zweiten Blattkreises (y) sind hier deutlicher sichtbar.

Fig. 32. Eine Blüthenanlage aus derselben Zeit zeigt als sehr seltenen Fall auch die Anlage zu einem dritten Wärzchen, dasselbe liegt dem äufseren Staub- faden gegenüber an der anderen Seite des Fruehtknotens , es kommt nicht zur

206

ERKLÄRUNG DER ABRILDUNCEN.

Ausbildung. Die Linie zur linken Seite der Figur bezeichnet die Avabre Oröfse der Aehre.

Fig. 33. Eine nur wenig weiter vorgerückte Bliitbenknospe von der der Spindel des Aebrchens zugewendeten Seite gesehen. Der erste Blattkreis x hat sich nach dieser Seite etwas erhoben, man sieht die beiden Züpfel au. h.

Fig. 34. Dieselbe Blülhenknospe von der anderen Seite gesehen; der dritte Züpfel des ersten Blattkreises, den Avir auf Fig. 29 deutlich sehen, ist nicht AA^eiter zur Ausbildung gekommen, dagegen haben sich die beiden Wärzchen y als Lodiculae erhoben. (4. Juni 1850).

Fig. 35. Eine Blüthe am 12. Juni, von der der Spindel zugeAvendeten Seite gesehen, a u. b die beiden Züpfel des ersten Blattkreises x, Avelcher bereits zur Palea superior geworden ist. Auf dem Rande des Fruchtknotens (y) erhe- ben sich 2 kleine Warzen als die Anfänge der beiden Narben.

Fig. 36. Eine Blüthe am 17. Juni, von der anderen Seite gesehen.

Fig. 37. Ein Querschnitt durch solche Blüthe.

Fig. 38. Der junge Fruchtknoten mit seinen beiden Narben (st.) freipräpa- rirt. (17. Juni 1850).

Fig. 39. Längsschnitt durch einen jungen Fruchtknoten. Die Samenknospe {gemm.) ist bereits seitenständig gCAvorden, sie besitzt 2 Integumente. (29. Juni 50).

Fig. 40. Eine geöffnete Blüthe.

Fig.41— 43. Lolium perenne (p. 173).

Fig. 41. Eine junge Blüthenanlage , von der Seite der Bractea gesehen.

Fig. 42. Eine ähnliche Blüthenanlage mit ihrem Deckblatt (br.f), Avelches eine Granne entwickelt, von der anderen Seite. (27. Juni 1850).

Fig. 43. Ein Fruchtknoten mit seinen beiden Narben, der geöffneten Blüthe entnommen. (15. Juli 1850).

DRUCK VON GUSTAV SCHADE IN BERLIN, Oranienburgerstr. 27.

Taf./.

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